Familiengerichtsbarkeit: Kommentar zu den materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften [Reprint 2019 ed.] 9783110872453, 9783110100778


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German Pages 1839 [1840] Year 1992

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Table of contents :
Aufteilung der Kommentierung
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Wirkungen der Ehe im allgemeinen
Eheliches Güterrecht
Scheidung der Ehe. § 1564 - § 1586
Scheidung der Ehe. § 1587 - § 1587
Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG)
Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet (VAÜG)
Unterhaltspflicht
Elterliche Sorge
2. Hausratsverordnung (HausrVO)
3. Zivilprozeßordung (ZPO)
4. Freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG)
5. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
6. Gerichtskostengesetz (GKG)
7. Kostenordnung (KostO)
Stichwortverzeichnis
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Familiengerichtsbarkeit: Kommentar zu den materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften [Reprint 2019 ed.]
 9783110872453, 9783110100778

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Familiengerichtsbarkeit

Sammlung Guttentag

Familiengerichtsbarkeit Kommentar zu den materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften

von

Wilhelm Baumeister Gerhard Griesche August Kayser

Hans-Werner Fehmel Gerhard Hochgräber Hartmut Wiek

w DE

G 1992 Walter de Gruyter • Berlin • New York

Die Autoren Wilhelm Baumeister, Richter a m Kammergericht, Berlin Hans-Werner Fehmel, Vors. Richter am Kammergericht a . D . , Berlin Gerhard Griesche, Vors. Richter am Kammergericht, Berlin Gerhard Hochgräber, Richter am Kammergericht, Berlin August Kajser, Dr. jur., Vors. Richter a m Kammergericht, Berlin Hartmut Wiek, Richter a m Oberlandesgericht, Celle

Zitiervorschlag: Kajser

in F a m G b § 1564 Rdnr. 2

Dte Deutsche Bibliothek —

CIP-Einhettsaufnahme

Familiengerichtsbarkeit Kommentar / von Wilhelm Baumeister ... — Berlin ; New York : de Gruyter, 1992 (Sammlung Guttentag) ISBN 3-11-010077-0 NE: Baumeister, Wilhelm

© Copyright 1992 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, D-1000 Berlin 30 Buchbindearbeiten: Lüderitz & Bauer GmbH, D-1000 Berlin 61

Aufteilung der Kommentierung Baumeister, Wilhelm

§§ 1372-1390 BGB § 53 a FGG

Fehmel, Hans-Werner

§§ 1361a, b, 1634, 1671, 1672, 1696 BGB § § 1 - 2 7 HausrVO §§ 50a—d FGG

Griesche, Gerhard

§§ 1361, 1569-1586b, 1601-1615 BGB §§ 253, 254, 256, 258, 265, 323, 767, 916, 940 ZPO

Hochgräber, Gerhard

§ 1629 BGB §§ 93a, 97, 114, 115, 117-121, 124, 127, 127a, 708, 709 ZPO §§ 13 a, 20 a FGG §§ 1, 12, 14, 17, 17 a, 18, 19 a 20, 65 GKG §§ 1 - 3 , 5, 7, 8, 18, 30, 94, 97, 99, 131, 131a KostO

Kayser, August

§§ 1564-1568 BGB §§ 78, 606-630 ZPO § 64 FGG §§ 23 a—c, 72, 119, 133, 138, 170, 199, 200 GVG

Wiek, Hartmut

§§ 1587-1587 p BGB § § 1 - 1 3 VAHRG § § 1 - 5 VAÜG §§ 53 b—g FGG

Vorwort Die Flut der Verfahren, die von den Eheleuten seit der Eherechtsreform zur Regelung ihrer familienrechtlichen Verhältnisse vor die Familiengerichte gebracht wird, ist unübersehbar geworden. Sie wird verstärkt durch die Umwandlungen in den neuen Bundesländern, die dort nicht nur neue Rechtszustände erzeugt, sondern auch zu Erschütterungen ungeahnten Ausmaßes im menschlichen Bereich geführt haben. Die Familiengerichte, die schon seit je besonderer Belastung ausgesetzt waren, sind dem nur schwer gewachsen, nicht zuletzt angesichts einer immer verworrener werdenden Gesetzeslage samt einer Überfülle von Rechtsprechung. Die gerade erst ansatzweise erkennbar gewesene Konsolidation ist wieder in Frage gestellt. Dies hat die Verfasser bewogen, eine übersichtliche Zusammenfassung des gesamten Bereichs der Familiengerichtsbarkeit vorzulegen, die es dem Leser ermöglichen soll, sich auf allen Gebieten in einem Buch zu unterrichten. Dabei ist nicht so sehr darauf abgestellt worden, sich mit den vielfältigen Streitpunkten im einzelnen auseinander zu setzen, vielmehr glaubten die Verfasser, aus langjähriger Erfahrung als Familienrichter Hilfen zur eigenen Meinungsbildung geben zu können. Das Buch soll in erster Linie der Praxis dienen. Es verzichtet daher weitestgehend auf systematische Darstellungen. Angesichts des Werkumfanges waren Einschränkungen in der Darstellungsbreite unerläßlich. Besonders die Vorschriften über die Scheidung der Ehe sind davon betroffen. Es wird dabei nicht verkannt, daß die Scheidung Voraussetzung für alles weitere Geschehen im Scheidungsprozeß ist. Dennoch hat sich entgegen den Erwartungen zu Beginn der Reform herausgestellt, daß der Streit der Parteien in den allermeisten Fällen nicht so sehr um die Auflösung der Ehe als vielmehr um die Scheidungsfolgen geht. Demgegenüber treten die die Scheidung aufhaltenden Vorschriften in ihrer forensischen Bedeutung zurück. Wenige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der Obergerichte haben den Weg gewiesen, auf dem die Rechtsprechung weitergeht. Vieles, vor allem der Bereich des Sorgerechts, ist im Familienrecht von Wertung bestimmt. Kein Fall gleicht dem anderen. Deshalb ist versucht worden, durch möglichst ausführliche und wörtliche Zitate den Benutzer der täglichen Praxis, dem die weit gefächert dargebotenen Veröffentlichungen ohne leistungsfähige Bibliothek oft nicht zugänglich sind, in den Stand zu setzen, die Quelle zu nutzen, ohne den vollen Wortlaut der Veröffentlichung vor sich zu haben. Die Alleinzuweisung der Ehewohnung bei Getrenntleben (§ 1361 b BGB), infolge des Mangels an preiswertem Wohnraum häufig ein Hauptstreitpunkt des beginnenden Ehescheidungsverfahrens, wird im Rahmen des § 1 8 a Hausratsverordnung eingehend erörtert. Besonders ausführlich sind das Unterhaltsrecht, der Versorgungsausgleich und das Güterrecht behandelt worden. Sie bilden regelmäßig den Kern ehelicher Streitigkeiten, weil ihre Regelung maßgeblich die nacheheliche Lebensgestaltung bestimmt. Beim Versorgungsausgleich waren die weitreichenden Rechtsänderungen durch die Rentenversicherungs- und die Beamtenversorgungsreform zu berücksichtigen, die am 1.1. 1992 in Kraft getreten sind. Um dem Benutzer den Rechtsübergang zu erleichtern, ist in wichtigen Abschnitten sowohl das alte als auch das neue Recht erläutert worden. Im Zuge der Abschlußarbeiten konnte außerdem noch das für die Rechtsanwendung im VII

Vorwort Beitrittsgebiet besonders wichtige Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz (VAÜG), das ebenfalls am 1. 1. 1992 in Kraft getreten ist, berücksichtigt und kurzgefaßt kommentiert werden. Das Zivilprozeß-, Gerichtsverfassungs-, Prozeßkostenhilfe- und Kostenrecht sind mit der gebotenen Knappheit erläutert worden, weil die Übersichtlichkeit und leichte Handhabung im Vordergrund gestanden haben und der Benutzer auf diesen Gebieten mehr als sonst die allgemeinen Erläuterungsbücher zur Hand hat. Trotz Bedenken haben die Verfasser davon abgesehen, die einschlägigen Vorschriften des IPR in einem eigenen Abschnitt einzubeziehen. Die Kommentierung der IPRVorschriften hätte den für ein Werk, das auf den Handgebrauch des Praktikers zugeschnitten ist, vertretbaren Umfang gesprengt. Auch angesichts dessen, daß im IPR derzeit vieles im Fluß ist und sich die Entwicklung nicht sicher abschätzen läßt, erschien es vertretbar, die für Fälle mit Auslandsbezug notwendigen Hinweise bei den einzelnen Vorschriften des materiellen Rechts und des Prozeßrechts zu geben. Die Verfasser danken Frau Angelika Berlit für die Erstellung des Stichwortverzeichnisses. So übergeben die Verfasser die „Familiengerichtsbarkeit" dem Leser mit der Bitte, Anregungen und Kritik mitzuteilen. Sie sollen mit Dank entgegengenommen werden. Berlin, Mai 1992

VIII

Die Verfasser

Inhaltsübersicht Seite

1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 1 Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) 779 Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet (VAÜG) 908 2. Hausratsverordnung (HausrVO) 1226 3. Zivilprozeßordnung (ZPO) 1364 4. Freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) 1584 5. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) 1696 6. Gerichtskostengesetz (GKG) 1732 7. Kostenordnung (KostO) 1764

Inhaltsverzeichnis Seite

Aufteilung der Kommentierung Vorwort Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis

V VII IX XIX

1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Wirkungen der Ehe im allgemeinen §1361 Unterhalt bei Getrenntleben § 1361 a Hausratsverteilung bei Getrenntleben § 1361b Ehewohnung bei Getrenntleben

1 20 20

Eheliches Güterrecht Vorbemerkungen zu den §§ 1372-1390 BGB § 1372 Zugewinnausgleich in anderen Fällen (als dem Todesfall) § 1373 Begriff des Zugewinns § 1374 Anfangsvermögen § 1375 Endvermögen § 1376 Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens § 1377 Verzeichnis des Anfangsvermögens § 1378 Ausgleichsforderung § 1379 Auskunftspflicht bei Beendigung des Güterstandes § 1380 Anrechnung von Vorausempfängen §1381 Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit § 1382 Stundung der Ausgleichsforderung § 1383 Übertragung von Vermögensgegenständen § 1384 Berechnungszeitpunkt bei Scheidung § 1385 Vorzeitiger Zugewinnausgleich bei Getrenntleben § 1386 Vorzeitiger Zugewinnausgleich in sonstigen Fällen § 1387 Berechnungszeitpunkt bei vorzeitigem Ausgleich § 1388 Eintritt der Gütertrennung § 1389 Sicherheitsleistung § 1390 Ansprüche des Ausgleichsberechtigten gegen Dritte

21 49 52 53 62 76 109 115 129 139 153 167 176 181 186 190 195 196 197 205

Scheidung der Ehe § § § § § § §

1564 1565 1566 1567 1568 1569 1570

Scheidung durch Urteil Zerrüttungsprinzip; Mindesttrennungsdauer Zerrüttungsvermutungen Getrenntleben Härteklauseln Anspruch auf Unterhalt Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

212 214 217 218 220 224 231 XI

Inhaltsverzeichnis § 1571 § 1572 § 1573 § 1574 § 1575 § 1576 § 1577 § 1578 § 1578 a § 1579 § 1580 §1581 § 1582 § 1583 § 1584 § 1585 § 1585 a § 1585 b § 1585 c § 1586 § 1586 a § 1586 b Anhang

Unterhalt wegen Alters Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit Angemessene Erwerbstätigkeit Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt aus Billigkeitsgründen Einkünfte und Vermögen des Unterhaltsberechtigten Maß des Unterhalts; Lebensbedarf Aufwendungen bei Körper- oder Gesundheitsschaden Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit Auskunftspflicht Unterhalt nach Leistungsfähigkeit Zusammentreffen von Ansprüchen eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten Gütergemeinschaft mit neuem Ehegatten Rangfolge mehrerer Unterhaltspflichtiger Art der Unterhaltsgewährung Sicherheitsleistung Unterhalt für die Vergangenheit Unterhaltsverträge Wiederheirat oder Tod des Berechtigten Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs Tod des Verpflichteten zu den §§ 1361, 1569 bis 1586b

243 247 251 266 274 283 289 312 349 349 379 380 393 398 399 400 403 405 407 416 417 421 424

Vorbemerkungen zu § 1587 BGB § 1587 Voraussetzungen des Versorgungsausgleichs § 1587 a Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche § 1587 b Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften durch das Familiengericht § 1587 c Ausschluß des Versorgungsausgleichs § 1587 d Ruhen der Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften § 1587e Auskunftspflicht; Erlöschen des Ausgleichsanspruchs § 1587 f Antrag auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich; Voraussetzungen § 1587 g Anspruch auf Rentenzahlung § 1587 h Ausschluß des Ausgleichsanspruchs § 1587 i Abtretung von Versorgungsansprüchen § 1587 k Anwendbare Vorschriften; Erlöschen des Ausgleichsanspruchs § 15871 Abfindung künftiger Ausgleichsansprüche § 1587 m Tod des Berechtigten § 1587n Anrechnung auf Unterhaltsanspruch § 1587o Vereinbarungen über den Ausgleich; Form § 1587 p Leistung an den bisherigen Renteninhaber

431 453 472 635 669 697 701 709 717 729 734 737 741 750 751 752 774

Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) Vorbemerkungen zu den §§ 1 - 1 3 VAHRG §1 Realteilung; Quasi-Splitting §2 Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich §3 Geltung der Vorschriften über den Versorgungsausgleich §3a Verlängerung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs § 3b Regelungsmöglichkeiten des Familiengerichts § 3c Ausschluß von Ausgleichsleistungen

779 782 806 810 813 833 854

Vorbemerkungen zu den §§ 4 - 1 0 VAHRG §4 Tod des Berechtigten vor Empfang angemessener Leistungen §5 Unterhaltsfälle

855 856 860

XII

Inhaltsverzeichnis §6 §7 §8 §9 § 10 § 10 a § 10 b § 10 c § 10 d §11 § 12 §13

Nachzahlungen in den Unterhaltsfallen RückZahlungsanspruch bei Zahlungen an gesetzliche Rentenversicherung RückZahlungsanspruch bei freiwilligen Zahlungen Antrag; Vererblichkeit des Anspruchs; Auskunftsrecht; Mitteilungspflicht Quasi-Splitting Abänderung von Entscheidungen Sofortiges Beitragsverfahren Nachversicherung. Zahlungen im Lauf des Versorgungsausgleichsverfahrens Geltung der verfahrensrechtlichen Vorschriften über den Versorgungsausgleich; Auskunftspflicht Geltung im Land Berlin Inkrafttreten; Außerkrafttreten

864 865 866 867 870 870 901 902 903 904 906 906

Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet (VAÜG) Vorbemerkungen § 1 Grundsatz, Begriff §2 Durchführung, Aussetzung und Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs . . . §3 Durchführung des Versorgungsausgleichs vor der Einkommensangleichung . . . . §4 Anwendung der §§ 3 b und 10 a des Härteregelungsgesetzes vor der Einkommensangleichung §5 Durchführung des Versorgungsausgleichs nach der Einkommensangleichung . . .

908 914 917 920 928 930

Unterhaltspflicht §1601 Verwandte in gerader Linie § 1602 Unterhaltsberechtigte § 1603 Voraussetzungen der Unterhaltsverpflichtung § 1604 Einfluß des Güterstandes § 1605 Auskunftspflicht § 1606 Reihenfolge des Unterhaltsverpflichteten §1607 Ersatzhaftung § 1608 Vorrang der Haftung des Ehegatten § 1609 Reihenfolge bei mehreren Bedürftigen §1610 Angemessener Unterhalt § 1610a Sozialleistungen §1611 Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung § 1612 Art der Unterhaltsgewährung § 1612a Anpassung von Unterhaltsrenten §1613 Unterhalt für die Vergangenheit §1614 Verzicht auf den Unterhaltsanspruch; Vorausleistung § 1615 Erlöschen des Unterhaltsanspruchs Anhang zu den §§ 1 6 0 1 - 1 6 1 5 BGB

932 933 950 997 998 1010 1022 1024 1025 1032 1058 1061 1065 1076 1077 1090 1092 1093

Elterliche Sorge Vorbemerkungen zu § 1629 BGB § 1629 Vertretung des Kindes § 1634 Recht zum persönlichen Umgang mit dem Kind; Auskunft Vorbemerkungen zu den §§ 1671, 1672 und 1696 BGB § 1671 Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern § 1672 Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern § 1696 Änderung von Anordnungen des Vormundschafts- und des Familiengerichts

1096 1096 1104 1144 1149 1215 . . . 1220 XIII

Inhaltsverzeichnis

2. Hausratsverordnung (HausrVO) Allgemeine Vorbemerkungen §1 Aufgabe des Richters §2 Grundsätze für die rechtsgestaltende Entscheidung

1226 1229 1245

Vorbemerkungen zu den § § 3 — 7 HausrVO §3 Wohnung im eigenen Hause eines Ehegatten §4 Dienst- und Werkwohnung §5 Gestaltung der Rechtsverhältnisse §6 Teilung der Wohnung §7 Beteiligte

1249 1251 1254 1258 1267 1269

Vorbemerkungen zu den § § 8 — 10 HausrVO §8 Gemeinsames Eigentum beider Ehegatten §9 Alleineigentum eines Ehegatten § 10 Gläubigerrechte

1274 1278 1289 1294

Vorbemerkungen zu den §§ 11 - 1 9 HausrVO §11 Zuständigkeit §12 Zeitpunkt der Antragstellung §13 Allgemeine Verfahrens Vorschriften § 14 Rechtsmittel §15 Durchführung der Entscheidung §16 Rechtskraft und Vollstreckbarkeit §17 Änderung der Entscheidung §18 Rechtsstreit über Ehewohnung und Hausrat §18a Getrenntleben der Ehegatten §19 (aufgehoben) § 20 Kostenentscheidung Kosten des Verfahrens § 21 §22 (aufgehoben) § 23 Kosten des Verfahrens vor dem Prozeßgericht §24 (aufgehoben) § 25 Aufhebung und Nichtigerklärung der Ehe §26 (aufgehoben) §27 Inkrafttreten

1297 1298 1300 1303 1316 1321 1324 1326 1330 1335 1355 1356 1359 1362 1362 1363 1363 1363 1363

3. Zivilprozeßordung (ZPO) § 78 Anwaltsprozeß §93a Kosten in Ehesachen § 97 Rechtsmittelkosten Anhang zu den §§ 93 a, 97 ZPO

1364 1367 1374 1378

Vorbemerkungen zu §§ 114ff ZPO § 114 Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe §115 Einzusetzendes Einkommen und Vermögen §117 Antrag §118 Bewilligungsverfahren; Vergleich §119 Bewilligung für jeden Rechtszug § 120 Festsetzung von Raten; vorläufige Einstellung der Zahlungen § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts § 124 Aufhebung der Bewilligung §127 Entscheidungen; Rechtsmittel §127a Prozeßkosten Vorschuß in Unterhaltssachen

1386 1387 1387 1406 1409 1414 1416 1419 1424 1427 1432

XIV

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung vor §§ 253 §253 Klageschrift § 254 Stufenklage § 256 Feststellungsklage § 258 Klage auf wiederkehrende Leistungen § 265 Veräußerung der Streitsache §323 Abänderungsklage

ff

1433 1433 1435 1438 1440 1442 . . 1449

Allgemeine Vorschriften für Ehesachen Vorbemerkungen zu § 606 Z P O §606 Zuständigkeit § 606 a Internationale Zuständigkeit § 607 Prozeßfähigkeit; gesetzliche Vertretung § 608 Anzuwendende Vorschriften § 609 Besondere Prozeßvollmacht § 610 Verbindung von Verfahren; Widerklage §611 Neues Vorbringen; Ausschluß des schriftlichen Vorverfahrens § 612 Termine; Ladungen; Versäumnisurteil § 613 Persönliches Erscheinen der Ehegatten; Parteivernehmung Aussetzung des Verfahrens § 614 § 615 Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln § 616 Untersuchungsgrundsatz §617 Einschränkung der Parteiherrschaft §618 Zustellung von Urteilen §619 Tod eines Ehegatten § 620 Einstweilige Anordnungen § 620 a Verfahren bei einstweiliger Anordnung § 620 b Aufhebung und Änderung des Beschlusses §620c Sofortige Beschwerde; Unanfechtbarkeit § 620 d Begründung der Anträge und Entscheidungen § 620 e Aussetzung der Vollziehung § 620 f Außerkrafttreten der einstweiligen Anordnung §620g Kosten einstweiliger Anordnungen

1480 1481 1485 1487 1489 1490 1491 1492 1493 1495 1497 1499 1500 1501 1503 1504 1505 1513 1515 1517 1520 1520 1521 1523

Verfahren in anderen Familiensachen Vorbemerkungen zu § 621 Z P O § 621 Zuständigkeit des Familiengerichts; Verweisung oder Abgabe an Gericht der Ehesache §621a Anzuwendende Verfahrensvorschriften §621b Güterrechtliche Streitigkeiten §621c Zustellung von Endentscheidungen § 621 d Revision § 621 e Befristete Beschwerde; weitere Beschwerde § 621 f Kostenvorschuß

.1524 1524 1528 1530 1530 1530 1531 1537

Scheidungs- und Folgesachen Vorbemerkungen zu § 622 Z P O § 622 Scheidungsantrag § 623 Verbund von Scheidungs- und Folgesachen § 624 Besondere Verfahrens Vorschriften § 625 Beiordnung eines Rechtsanwalts § 626 Zurücknahme des Scheidungsantrags § 627 Vorwegentscheidung über elterliche Sorge

1538 1538 1540 1544 1545 1547 1549

XV

Inhaltsverzeichnis § 628 § 629 §629 a § 629 b § 629 c §629d § 630 §708 § 709 § 767 §916 § 940

Scheidungsurteil vor Folgesachenentscheidungen 1550 Einheitliche Endentscheidung; Vorbehalt bei abgewiesenem Scheidungsantrag . . . 1554 Rechtsmittel 1557 Zurückverweisung 1562 Erweiterte Aufhebung bei Teilanfechtung 1563 Wirksamwerden der Entscheidungen in Folgesachen 1564 Einverständliche Scheidung 1565 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1567 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1567 Vollstreckungsabwehrklage 1570 Arrestanspruch . 1574 Einstweilige Verfügung zur Sicherung des Rechtsfriedens 1575

4. F r e i w i l l i g e G e r i c h t s b a r k e i t § 13a §20 a

(FGG)

Kosten Anfechtung von Kostenentscheidungen

1584 1584

Vorbemerkungen zu den Anhörungsvorschriften der §§ 50 a ff F G G § 50 a Persönliche Anhörung der Eltern in Sorgerechts verfahren §50b Persönliche Anhörung des Kindes oder Mündels in Sorgerechtsverfahren § 50 c Anhörung der Pflegeperson in Personensorgerechtsverfahren §50d Einstweilige Anordnung bei Herausgabe eines Kindes §53a Ausgleich des Zugewinns

1590 1603 1610 1628 1630 1632

Vorbemerkungen zu den §§ 53 b—53 g F G G §53b Versorgungsausgleich § 53 c Aussetzung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich § 53 d Vereinbarung über den Versorgungsausgleich § 53 e Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften § 53 f Aufhebung der früheren Entscheidung bei schuldrechtlichem Versorgungsausgleich § 53 g Wirksamkeit und Anfechtbarkeit von Entscheidungen; Zwangsvollstreckung . . . § 64 Familiensachen

1638 1659 1677 1679 1683 1687 1688 1692

5. G e r i c h t s v e r f a s s u n g s g e s e t z §23 a §23b " § 23 c

(GVG)

§ 72 § 119 §133 §138 §170 § 199 §200

Zuständigkeit in Kindschafts-, Unterhalts-und Ehesachen 1696 Familiengerichte 1717 Gemeinsames Amtsgericht in Familien-, Vormundschafts-, Betreuungs- und Unterbringungssachen 1727 Zuständigkeit in Zivilsachen in 2. Instanz 1727 Zuständigkeit der Oberlandesgerichte in Zivilsachen 1728 Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen 1729 Verfahren vor den Großen Senaten 1730 Nichtöffentliche Verhandlung in Familien- und Kindschaftssachen 1730 Dauer der Gerichtsferien . 1731 Feriensachen 1731

§1 §12 §14 §17 §17a

Geltungsbereich 1732 Wertberechnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Scheidungsfolgesachen . 1734 Wertberechnung in Berufungs- und Revisionsverfahren 1743 Wiederkehrende Leistungen 1746 Versorgungsausgleich 1750

6. G e r i c h t s k o s t e n g e s e t z

XVI

(GKG)

Inhaltsverzeichnis §18 §19a § 20 § 65

Stufenklage Scheidungssachen und Folgesachen Arreste, einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen Vorauszahlung und Vorschuß in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten . . . .

1752 1755 1757 1763

7. Kostenordnung (KostO) §1 §2 §3 §5 §7 §8 §18 § 30 § 94 § 97 § 99 § 131 § 131 a

Geltungsbereich Allgemeiner Grundsatz Weitere Kostenschuldner Mehrere Kostenschuldner Fälligkeit Vorschüsse Grundsatz für den Geschäfts wert Angelegenheiten ohne bestimmten Geschäftswert, nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten Einzelne Verrichtungen des Vormundschaftsgerichts und des Familiengerichts . . . Verfügungen des Vormundschaftsgerichts oder des Familiengerichts, die sich nicht auf Minderjährige, Betreute oder Pflegebefohlene beziehen Versorgungsausgleich bei Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung einer Ehe Beschwerden, Anrufung des Gerichts gegen Entscheidungen anderer Behörden oder Dienststellen Beschwerden in Versorgungsausgleichssachen

Stichwortverzeichnis

;

1764 1766 1766 1766 1768 1768 1770 1770 1770 1771 1771 1776 1777 1779

XVII

Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO ABA AbgG abl. Abs. Abschn. abw. a.F. AG AK Alt. Amtl.Mitt. Anh. Anm. Anl. AnVNG AnwBl. AP Art. ArVNG Aufl. AuskunftsVO

AVG BAFöG BAG BAGE BarwertVO BayObLG BB BBankG BBesG BBG BeamtVG

BeamtVGÄndG BAnz BEG Begr.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz) vom 18.2. 1977, BGBl. I S.297 ablehnend Absatz Abschnitt abweichend alte Fassung Amtsgericht Alternativ-Kommentar zum BGB Alternative Amtliche Mitteilungen Anhang Anmerkung Anlage Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz Anwaltsblatt (Jahr und Seite) Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des BAG) Artikel Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz Auflage Zweite Verordnung über die Erteilung von Rentenauskünften an Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung (Auskunftsverordnung) vom 5. 8. 1977, BGBl. I S. 1486 Angestelltenversicherungsgesetz Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) i.d.F. vom 6.6. 1983, BGBl. I S. 646 Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des BAG, Amtliche Sammlung (Band und Seite) Barwertverordnung Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater (Jahr und Seite) Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26.7. 1957, BGBl. I S.745 Bundesbesoldungsgesetz Bundesbeamtengesetz Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz) i.d.F. vom 12.2. 1987, BGBl. I S. 570; ab 1.1. 1992 i.d.F. vom 24.10. 1990, BGBl. I S. 2298 Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienstund versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 18.12. 1989, BGBl. I S. 2218 Bundesanzeiger Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) vom 29. 6. 1956, BGBl. I S. 562 Begründung XIX

Abkürzungsverzeichnis Beisp. BErzGG

bzw.

Beispiel(e) Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz) i.d.F. vom 25. 7. 1989, BGBl. I S. 1550 Beschluß Betriebliche Altersversorgung, Mitteilungsblatt der ABA (Jahr und Seite) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12. 1974, BGBl. I S. 3610 Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt (Teil I) Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, Zivilsachen, herausgegeben von Richtern des BGH, Loseblatt Entscheidungen des BGH in Zivilsachen, Amtliche Sammlung (Band und Seite) Bundesminister(ium) für Arbeit und Sozialordnung Bundesminister(ium) der Finanzen Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz) i.d.F. vom 27.7. 1971, BGBl. I S. 1166 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Beamtenrechtsrahmengesetz Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (Bundesseuchengesetz) i.d.F. vom18.12. 1979, BGBl. I S.2262 Bundessozialhilfegesetz Bundessozialgericht Entscheidungen des BSG, Amtliche Sammlung (Band und Seite) Bundestags-Drucksache Buchstabe Beurkundungsgesetz Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsgesetz Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) i.d.F. vom 22.1. 1982, BGBl. I S.21 beziehungsweise

ca.

circa

DAV DB DDR ders. DFGT d.h. dies. Diss. DM DOD DRiG DRV

Die Angestelltenversicherung (Jahr und Seite) Der Betrieb (Jahr und Seite) Deutsche Demokratische Republik derselbe Deutscher Familiengerichtstag das heißt dieselbe(n) Dissertation Deutsche Mark Der öffentliche Dienst (Jahr und Seite) Deutsches Richtergesetz Die Rentenversicherung (Jahr und Seite)

EG EGBGB EGGVG

Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz

Beschl. BetrAV BetrAVG BfA BGB BGB1. (I) BGH BGHR BGHZ BMA BMFin BMinG BRAGO BRD BR-Drucks. BRRG BSeuchG BSHG BSG BSGE BT-Drucks. Buchst. BeurkG BVerfG BVerfGG BVersG (BVG)

XX

Abkürzungsverzeichnis EheG 1.EheRG Einl. entspr. Erl. evtl.

Ehegesetz Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.6. 1976, BGBl. I S. 1421 Einleitung entsprechend Erläuterung(en) eventuell

f, ff FamG(e) FamRAndG FamRZ FamS FamGB (FGB) FGG Fn. FRG FuR

folgende Familiengericht(e) Familienrechtsänderungsgesetz Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (Jahr und Seite) Familiensenat Familiengesetzbuch der (früheren) DDR Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Fremdrentengesetz vom 25. 2. i960, BGBl. I S. 93 Familie und Recht (Jahr und Seite)

G 131

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen l.d.F vom 13.10. 1965, BGBl. I S. 1686 Gesetz über die Altershilfe für Landwirte l.d.F. vom 14.9. 1965, BGBl. I S. 1448 Gesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsamer Senat der obersten Gerichte des Bundes grundsätzlich Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz

GAL Ges. GG ggf. GKG GmbH GmS-OGB grds. GVB1. GVG HBeglG 1983 HBeglG 1984 Hdb. HEZG

h.M. HRG Hs. 1 .HStruktG 2.HStruktG HwVG

l.d.F. l.d.R. i.e. insbes. IPR

Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20.12. 1982, BGBl. I S. 1857 Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22.12. 1983, BGBl. I S. 1532 Handbuch Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz) vom 11.7. 1985, BGBl. I S. 1450 herrschende Meinung Hochschulrahmengesetz Halbsatz Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (Haushaltsstrukturgesetz) vom 18.12. 1975, BGBl. I S. 3091 Zweites Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) vom 22.12. 1981, BGBl. I S. 1523 Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz) vom 8.9. 1960, BGBl. I S.2104 in der Fassung in der Regel im einzelnen insbesondere Internationales Privatrecht XXI

Abkürzungsverzeichnis IPRax i.S. (d., v.) i.V. (m.)

Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr und Seite) im Sinne (des, der, von) in Verbindung (mit)

JBeitrO JR JurBüro Justiz

Justizbeitreibungsordnung Juristische Rundschau (Jahr und Seite) Das juristische Büro (Jahr und Seite) Die Justiz (Jahr und Seite)

Kap. KEZG

Kapitel Gesetz über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags (Kindererziehungszuschlagsgesetz) i.d.F. des Art. 16 BeamtVGÄndG vom 18.12. 1989, BGBl. I S. 2218 (2234) Kammergericht; Kommanditgesellschaft Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (KindererziehungsleistungsGesetz) vom 12. 7. 1987, BGBl. I S. 1585 Kommentar Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung) Kostenrechtsprechung (Entscheidungssammlung) kritisch Gesetz über die Sozialversicherung der Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz) vom 27.7. 1981, BGBl. I S. 705

KG KLG Komm. KostO KostRspr krit. KSVG LAG LG LSG LVA LwVG

Lastenausgleichsgesetz Landgericht Landessozialgericht Landesversjcherungsanstalt Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen

m.abl.Anm. m.Beisp. MDR MüKo m.w.Nw. m.zust.Anm.

mit ablehnender Anmerkung mit Beispiel(en) Monatsschrift für deutsches Recht (Jahr und Seite) Münchner Kommentar zum BGB mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung

Nds.Rpfl. n.F. NJW NJW-RR Nr(n). NVwZ

Niedersächsische Rechtspflege (Jahr und Seite) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Jahr und Seite) Nummer(n) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Jahr und Seite)

o. o.ä. OEG

oben oder ähnlich(es) Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz) vom 11.5. 1976, BGBl. I S. 1181 Oberlandesgericht

OLG ParlStG PKH PSVaG

XXII

Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre vom 24.7. 1974, BGBl. I S. 1538 Prozeßkostenhilfe Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit

Abkürzungsverzeichnis Rdn. RegE RG RGZ RiA RKG RpflG RRG 1992 Rspr. RÜG RVO S. s. SchlHA SdL SG SGB I, IV, VI s.o. sog. SozR SozVers s.u. (SVG) SoldVersG SZG

Randnummer Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Amtliche Sammlung (Band und Seite) Das Recht im Amt (Jahr und Seite) Reichs knappschaftsgesetz Rechtspflegergesetz Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12. 1989, BGBl. I S.2261 Rechtsprechung Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Uberleitungsgesetz) vom 25.7. 1991, BGBl. S. 1606 Reichsversicherungsordnung Satz; Seite siehe Schleswig-Holsteinische Anzeigen (Jahr und Seite) Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft (Jahr und Seite) Soldatengesetz Sozialgesetzbuch, 1. Buch: Allgemeiner Teil; 4. Buch: Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung; 6. Buch: Gesetzliche Rentenversicherung siehe oben sogenannte(r) Sozialrecht (Rechtsprechungssammlung) Die Sozialversicherung (Jahr und Seite) siehe unten Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz) i.d.F. vom 5.3. 1987, BGBl. I S. 842 Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung i.d.F. vom 23.5. 1975, BGBl. I S. 1173

teilw.

teilweise

u. u.a. u.ä. Urt. usw. u.U.

unten unter anderem und ähnliche(s) Urteil und so weiter unter Umständen

VA VAErstattVO

Versorgungsausgleich Verordnung über das Berechnen und Durchführen der Erstattung nach § 1304 b Abs. 2 Satz 2 RVO und § 8 3 b Abs. 2 Satz 2 AVG vom 11.3. 1980, BGBl. I S. 280, geändert durch VO vom 20.12. 1985, BGBl. I S.2553 Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet (Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz) i.d.E des Art. 31 RÜG Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Versorgungsausgleichs Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder(-Satzung) Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Vorbemerkung(en) Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag

VAHRG VAÜG VAWMG VBL(-S) VGH vgl. VO Vorbem. VVaG VVG

XXIII

Abkürzungsverzeichnis Werteinheiten Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Jahr und Seite) Wohngeldgesetz

WE WEG WM WoGG z.B. ZBR ZDF ZfSH/SGB Ziff. zit. ZPO

zs

zutr. ZVG z.Zt.

zum Beispiel Zeitschrift für Beamtenrecht (Jahr und Seite) Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch (Jahr und Seite) Ziffer zitiert Zivilprozeßordnung Zivilsenat zutreffend Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung zur Zeit

Verzeichnis der in Anmerkungen abgedruckten Nebenvorschriften AbgG § 25 a AVG § 83 BarwertVO BeamtVG § 55 a Bekanntmachung der Rechengrößen zur Durchführung des VA BetrAVG § 16 BGB §§ 1408, 1410 EGBGB Art. 234 § 6 1. EheRG Art. 12 Nr. 3 Abs. 1 u. Abs. 3 S. 1 u. 2 Abs. 3 S. 3 u. 4 Einigungsvertrag Kap. III Sachgebiet B Abschn. II Nr. 2 Rechengrößen-Bekanntmachung zur Durchführung des VA RVO § 1304 SVG § 55 a VAWMG Art. 4 § 1 Art. 4 § 2

XXIV

§ 1587 a BGB Rdn.329 s. RVO Anh. I zu § 1587 a BGB § 1587 a BGB Rdn.336 s. Rechengrößen-Bekanntmachung § 1587 a BGB Rdn. 299 § 1587o BGB Rdn. 3 Vor § 1587 BGB Rdn. 39 Vor § 1587 BGB Rdn. 35 § 1587 c BGB Rdn. 71 Vor § 1587 BGB Rdn. 43 Anh. II zu § 1587 a BGB § 1587 a BGB Rdn. 89 s. BeamtVG § 10 a VAHRG Rdn. 77 § 1 VAHRG Rdn. 65

1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Wirkungen der Ehe im allgemeinen § 1361 BGB Unterhalt bei Getrenntleben (1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- und Gesundheitsschadens gilt § 1610 a. Ist zwischen den getrenntlebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. (2) Der nichterwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. (3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 7 über die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen ist entsprechend anzuwenden. (4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360 a Abs. 3, 4 und die §§ 1360 b, 1605 sind entsprechend anzuwenden. Schrifttum vgl. auch zu §§ 1578, 1579. Brüggemann Ehegattenunterhalt während des Getrenntlebens und nach der Scheidung, Zweiter Deutscher Familiengerichtstag, S. 71 ff; Christi Quotenunterhalt und Bedarfskontrolle, N J W 82, 961; Dieckmann Die Unterhaltsansprüche geschiedener und getrenntlebender Ehegatten nach dem ersten EheRG, FamRZ 77, 81, 161; Dillen Zur Rückforderung von Trennungsunterhalt, FamRZ 88, 349; Graba Mietfreies Wohnen und Unterhalt, FamRZ 85, 657; Miesen Kindesbetreuung und Ehegattenunterhalt während der Zeit des Getrenntlebens, M D R 81, 542. Übersicht Rdn.

Rdn. I. Grundsätzliches II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Getrenntleben — Völlige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft 2. Gründe der Trennung unerheblich . . 3. Kein Zusammenleben erforderlich . . 4. Dauer der Trennung

2 3 4 5

6

5. Bedürftigkeit des Berechtigten — Einkommens- und Vermögenserträgnisse . . . — Bedürftigkeit bei bestehender Erwerbsobliegenheit — Wohnen im eigenen Heim . . . .. — Miete und Mietnebenkosten . . .. — Verwertung des Vermögensstamms

Gerhard Griesche

7

8 9, 10 11-15 16

1

§ 1 3 6 1 BGB

Wirkungen der Ehe im allgemeinen Rdn.

6. Leistungsfähigkeit des Verpflichteten — Erwerbs- und Vermögensverhältnisse — Selbstbehalt im Falle des Getrenntlebens

V. Die Härteklausel 17 18, 19

III. Umfang des Anspruchs 1. Eheliche Lebensverhältnisse und angemessener Unterhalt — Bedarfsbestimmung 2. Veränderungen während der Zeit der Trennung — Grundsätzliche Berücksichtigung von Veränderungen — Ausnahme 3. Vorsorge unterhalt

20 21

22 23 24

IV. Erwerbsobliegenheit 1. Grundsätzliches — § 1361 Abs. 2 als Schutzvorschrift für den nichterwerbstätigen Ehegatten 25 — Anwendbarkeit auch bei Teilzeitbeschäftigung 26 2. Persönliche und wirtschaftliche Lebensverhältnisse 27 — Allgemeines — Alter und Gesundheitszustand, Betreuung von Kindern 28 — Vorbereitung auf einen Beruf während der Trennungszeit 29 — Dauer der Trennung bei der Ausleg u n g von Abs. 2 30 — Fortsetzung einer vor der Trennung ausgeübten Erwerbstätigkeit 31 —33

VI. Art und Weise der Unterhaltsgewährung 1. Zahlung einer Geldrente — Deckung des laufenden Unterhalts, insbesondere Krankenversicherung — Vereinbarungen — Monatlich im voraus — Tod des Berechtigten und Scheidung 2. Entsprechende Anwendung des Verwandtenunterhaltsrechts — Allgemeines — Umzugs- und Umzugsnebenkosten als Sonderbedarf 3. Prozeßkostenvorschuß — Grundsatz — Persönliche Angelegenheit . . . . — Anspruch eines wiederverheirateten Ehegatten bei Prozessen gegen den geschiedenen Ehepartner . . — Leistungsfähigkeit des in Anspruch genommenen — Prüfung der Erfolgsaussicht . . . — Kein Vorschuß nach Beendigung des Prozesses — Rückzahlungspflicht — § 1360 a Abs. 4 als Grundlage eines Anspruchs auf Beschaffung eines Unterhaltstitels 4. Anwendbarkeit der §§ 1360 b, 1605 .

Rdn. 34

35 36 37 38

39 40 41 42

43 44, 45 46 47, 48 49, 50

51 52

I. Grundsätzliches 1

Die Vorschrift, die in der Praxis der Familiengerichtsbarkeit eine große Rolle spielt, regelt die Voraussetzungen, unter denen im Fall des Getrenntlebens von Ehegatten Unterhalt in Form einer Geldrente zu zahlen ist. Dabei wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Trennung selbst die wechselseitige wirtschaftliche Verantwortlichkeit der Eheleute nicht beseitigt. Deshalb wird dem wirtschaftlich Schwächeren ein Unterhaltsanspruch gegen den wirtschaftlich Stärkeren eingeräumt. Dabei soll im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe in die wirtschaftliche Lebensgestaltung der Eheleute so wenig wie möglich eingegriffen werden und der Lebensstandard erhalten bleiben. In der Mehrzahl der Fälle läßt sich dieses Ziel allerdings schon deshalb nicht erreichen, weil die Eheleute auch vor der Trennung das gemeinsame Erwerbseinkommen für die Lebensführung verbraucht haben und die Trennung meistens Mehraufwendungen verursacht. Der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt besteht unabhängig von dem zwischen den Eheleuten geltenden Güterstand, insbesondere auch bei der Gütergemeinschaft (BGH FamRZ 90, 851, 852).

II. Anspruchsvoraussetzungen 2

1. Getrenntleben Anspruchsvoraussetzung ist zunächst das Getrenntleben der Eheleute. Im Schrifttum ist umstritten, ob der Begriff des Getrenntlebens im Sinn von § 1361 der Legaldefinition 2

Gerhard Griesche

§ 1361 BGB

Unterhalt bei Getrenntleben

des § 1567 Abs. 1 entspricht. Da das Gesetz in § 1361 Abs. 1 die Kriterien nicht nennt, nach denen sich das Getrenntleben richtet, spricht viel dafür, auf § 1567 Abs. 1 zurückzugreifen (so: Soergelj Lange, Rdn. 2; MüKo/lKwvfei, Rdn. 4; PalandtjDiederichsen, Rdn. 10, Ermanj Heckelmann, Rdn. 4). Diese Ansicht trägt aber der Tatsache nicht Rechnung, daß es Fälle gibt, in denen die Eheleute zwar die häusliche Gemeinschaft vollständig aufgehoben haben, sich aber gleichwohl nicht scheiden lassen wollen. Dann kann es fraglich sein, ob das in § 1567 Abs. 1 S. 1 vorausgesetzte Merkmal der Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorliegt. Deshalb ist das entscheidende Kriterium in solchen Fällen die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft (Johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 6; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 7; Rolland, Rdn. 4). Allerdings darf die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht auf zwingende äußere Gründe — wie Strafhaft, Krankheit, Wohnungsnot und dergl. — zurückzuführen sein {Göppingerj Kindermann, Rdn. 240; Ermanj Heckelmann, Rdn. 4). Ebenso findet § 1361 auf Fälle einer vorübergehenden Trennung keine Anwendung. Die häusliche Gemeinschaft muß vollständig aufgehoben worden sein. Dies kann 3 zwar auch im Fall des Getrenntlebens innerhalb der ehelichen Wohnung angenommen werden (§ 1567 Abs. 1 S. 2); jedoch dürfen dann keinerlei Gemeinsamkeiten mehr bestehen. Der BGH hat ein Getrenntleben in einem Fall verneint, in dem trotz häuslicher Trennung die Ehefrau weiter im Betrieb des Mannes mitgearbeitet und von dem Verdienst den wesentlichen Teil ihres Unterhalts bestritten hat (FamRZ 61, 432). 2. Gründe der Trennung unerheblich Anders als nach der vor Inkrafttreten des 1. EheRG geltenden Regelung kommt 4 es auf die Gründe der Trennung nicht an. Diese brauchen daher im Rahmen der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1361 nicht angegeben zu werden (vgl. auch BGH FamRZ 79, 569). Ebenso ist es unerheblich, ob der Unterhaltsberechtigte ein Recht zum Getrenntleben hat {SoergeljLange Rdn. 2). Das Fehlen von Umständen, die ein Recht zum Getrenntleben begründen, kann auch nicht zur Einschränkung des Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1361 Abs. 3, 1579 führen (a. A. Soergel/Lange, Rdn. 2). Im einzelnen wird auf die Rdn. 29 zu § 1579 verwiesen. 3. Kein Zusammenleben erforderlich Der Unterhaltsanspruch aus § 1361 hängt nicht davon ab, ob die Ehegatten zu 5 irgendeinem Zeitpunkt zusammengelebt oder damit begonnen haben, einen gemeinsamen Lebensplan zu verwirklichen (BGH FamRZ 80, 876; 82, 573; OLG Hamm FamRZ 80, 882). Der Anspruch beruht auf der Ehe als solcher, nicht auf dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Haben die Ehegatten zwar zusammengelebt, aber zu keinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Einheit gebildet und mit völlig getrennten Kassen gewirtschaftet, so kann der wirtschaftlich Schwächere gleichwohl den anderen Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch nehmen (BGH FamRZ 85, 376, 378; 89, 838, 839; Urteil vom 21.4. 1982 — IV bZR 693/80 — nicht veröffentlicht, zitiert in den beiden anderen Entscheidungen; einschränkend: OLG Celle FamRZ 90, 519, 520). Die von Henrich (FamRZ 89, 839) geäußerte Vermutung, bei der nicht veröffentlichten habe es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt, trifft nicht zu. Diese Entscheidung steht vielmehr in Einklang mit der Auslegung der Vorschrift des § 1361 durch den BGH, der der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse hinsichtlich des Grundes des Anspruchs keinerlei Bedeutung beimißt. 4. Dauer der Trennung Dem Unterhaltsbegehren steht auch nicht entgegen, daß das Getrenntleben schon 6 sehr lange andauert und keinerlei Gemeinsamkeiten mehr bestehen (BGH FamRZ 86, Gerhard Griesche

3

§ 1 3 6 1 BGB

Wirkungen der Ehe im allgemeinen

244; Schivab/Borth IV Rdn. 61). Zwar wird normalerweise der Zustand des Getrenntlebens ein vorübergehender sein und entweder durch Scheidung oder durch Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft beendet werden; zwingend ist dies indessen nicht. Auch bei längerem Getrenntleben besteht das rechtliche Band der Ehe weiter; dies rechtfertigt die Inanspruchnahme des wirtschaftlich stärkeren Ehegatten. Ist die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs für längere Zeit unterblieben, so hindert dies den Unterhaltsberechtigten grundsätzlich nicht daran, für die Zukunft Unterhalt zu fordern, wenn die Ehe fortbesteht. Er braucht auch nicht zu erläutern, warum er bisher keinen Unterhalt gefordert hat. Es reicht aus, die gegenwärtigen beiderseitigen Erwerbs- und Vermögensverhältnisse darzulegen (BGH FamRZ 86, 244, 246). Der wirtschaftlich stärkere Ehegatte kann sich also nicht darauf verlassen, daß seine Inanspruchnahme auch weiterhin unterbleibt. Ihm steht es frei, den Schwebezustand durch Einleitung eines Scheidungsverfahrens zu beenden. Gegen die Geltendmachung eines Unterhaltsrückstandes kann der Unterhaltspflichtige sich zwar nicht mit der Einrede der Verjährung zur Wehr setzen (§ 204 BGB); unter Umständen wird indessen Verwirkung eingewendet werden können. Im einzelnen wird hierzu auf die Rdn. 35 — 37 zu § 1613 verwiesen.

7

5. Bedürftigkeit des Berechtigten Der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt besteht nur, soweit der Ehegatte nicht in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Er setzt also — wie jeder andere Unterhaltsanspruch auch — auf Seiten des Berechtigten Bedürftigkeit voraus (BGH FamRZ 85, 360). Die Bedürftigkeit wird im allgemeinen durch Erwerbseinkommen oder Vermögenserträgnisse beseitigt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Bedürftigkeit — eingeschlossen das Fehlen von Erwerbseinkommen und anderweiter Bedarfsdeckung — trifft den Ehegatten, der Ansprüche aus § 1361 herleiten will (BaumgärteljLaumen, Rdn. 1). Der Begriff der Einkünfte im unterhaltsrechtlichen Sinn ist weitgefaßt. Er erstreckt sich auf alle geldwerten Zuwendungen, gleich welcher Art sie sind und aus welchem Anlaß sie gewährt werden. In erster Linie wird die Bedürftigkeit durch Einkommen aus zumutbarer Erwerbstätigkeit beseitigt. Inwieweit Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit auf den Bedarf anzurechnen sind, ist in § 1361 nicht geregelt worden. Rechtsprechung und Schrifttum stimmen aber darin überein, daß die Vorschrift des § 1577 Abs. 2 entsprechend anzuwenden ist (BGH FamRZ 83, 146, 148; 90, 989, 991; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1039). Auf die Rdn. 5 6 - 6 3 zu § 1577 kann daher verwiesen werden.

8

Kommt der bedürftige Ehegatte einer bestehenden Erwerbsobliegenheit nicht nach, muß er sich so behandeln lassen, als ob er Erwerbseinkommen erzielt. Im Fall des Getrenntlebens ist aber zu beachten, daß nach § 1361 Abs. 2 der nicht erwerbstätige Ehegatte nur in eingeschränktem Maß auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit verwiesen werden darf (vgl. unten Rdn. 24 — 32). Was bei der Ermittlung des unterhaltspflichtigen Einkommens zu beachten ist, ist in den Rdn. 4—51 zu § 1603 ausführlich dargestellt worden; darauf wird Bezug genommen. Wegen der Anrechnung von tatsächlichem oder fiktivem Entgelt für Leistungen im Haushalt eines neuen Lebensgefährten wird auf die Rdn. 11 — 19 zu § 1577 verwiesen. Auch hinsichtlich der Verringerung der Bedürftigkeit infolge der Gewährung von sozialstaatlichen Leistungen genügt ein Hinweis auf die Rdn. 22 — 40 zu § 1577, da beim Getrenntlebendenunterhalt keine Besonderheiten bestehen. 9 Vermögenserträgnisse und Gebrauchsvorteile führen gleichfalls zu einer Minderung der Bedürftigkeit (vgl. Rdn. 41—54 zu § 1577). Einer besonderen Erörterung bedarf noch der Fall des Wohnens des Berechtigten in einem Eigenheim oder einer Eigen4

Gerhard Griesche

§ 1361 BGB

Unterhalt bei Getrenntleben

tumswohnung, die in gemeinschaftlichem Eigentum beider Ehegatten steht oder die dem Unterhaltsberechtigten allein gehört. Zwar führt die endgültige Trennung von Eheleuten, die bisher in einem in ihrem Miteigentum stehenden Familienheim gewohnt haben, zu einer so grundlegenden Änderung der Verhältnisse, daß jeder Ehegatte eine neue Regelung der Verwaltung und Benutzung nach § 745 Abs. 2 verlangen kann (BGH FamRZ 82, 355; 83, 795 ff; 86, 436, 437; 86, 434). Die Veräußerung des Familienheims kann aber jedenfalls in den ersten Jahren der Trennung nicht gefordert werden (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 268; 87, 281; OLG Zweibrücken FamRZ 89, 390; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 163). Erst bei länger andauernder Trennung kann im Einzelfall eine Verwertung des Vermögensstamms durch Veräußerung des Hauses in Betracht kommen (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 163; OLG Hamm FamRZ 89, 619, 620; anders: OLG Düsseldorf FamRZ 82, 268: erst nach Rechtskraft der Scheidung). Deshalb stellt sich in der Praxis häufig die Frage, wie der Umstand, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte — zum Teil auch mit gemeinschaftlichen Kindern — in dem Familienheim zurückbleibt, unterhaltsrechtlich zu beurteilen ist. Da der Wohnbedarf gedeckt ist, muß sich dies auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs auswirken. Es entspricht indessen gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, daß nicht der volle Wohnwert des Familienheims bedarfsdeckend in Ansatz gebracht werden kann. Vielmehr ist der Wohnvorteil nur mit einem unterhaltsrechtlich angemessenen Betrag anzurechnen. Dessen Obergrenze wird im allgemeinen mit etwa einem Drittel des Betrages angesetzt, den der Unterhaltsberechtigte für die Deckung seines Bedarfs insgesamt zur Verfügung hat (BGH FamRZ 88, 1160, 1163; OLG Karlsruhe FamRZ 84, 1019, 1021; Leitlinien des OLG Celle, FamRZ 88, 1238 unter I, 9; Leitlinien des OLG München FamRZ 88, 1021 unter I, 9; Leitlinien des OLG Schleswig FamRZ 89, 22 unter A III, 2; WendljStaudigl, S. 60 f; Schwab/Borth, IV Rdn. 709). Bleibt der Wohnwert unter dieser Drittelobergrenze, so bildet er die Grenze dessen, was der Unterhaltsberechtigte sich als bedarfsdeckend anrechnen lassen muß. Trägt in einem solchen Fall der Unterhaltspflichtige die Aufwendungen für das 1 0 Familienheim, so kann er diese von seinem Nettoeinkommen in Abzug bringen. Bei einem beiden Ehegatten gehörenden Haus gilt dies für die verbrauchsunabhängigen Grundstückskosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Hausverwaltung, Schornsteinfeger, notwendige Instandsetzungskosten) und die Zins- und Tilgungsleistungen (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 268, OLG Saarbrücken FamRZ 82, 919; OLG Zweibrücken FamRZ 89, 390; OLG Hamm FamRZ 89, 619, 620; FamRZ 90, 47; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 163). Gehört dagegen das Familienheim dem Unterhaltsberechtigten allein, kann er außer den verbrauchsunabhängigen Kosten nur die Zinsen, nicht dagegen die Tilgungsleistungen absetzen, da er insoweit Vermögensbildung betreibt (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 281; OLG Frankfurt FamRZ 88, 1054, 1055). Nicht selten wird in Unterhaltsprozessen, die getrenntlebende Eheleute gegeneinander 11 führen, sowohl von dem Unterhaltsberechtigten als auch von dem Unterhaltspflichtigen eine besondere Berücksichtigung der Miet- und Mietnebenkosten begehrt. Grundsätzlich gehören indessen die Kosten für die Unterkunft zum allgemeinen Lebensbedarf; die konkrete Höhe der Miete kann deshalb für die Bemessung des Unterhalts keine Rolle spielen (OLG Schleswig FamRZ 90, 518; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 285). Andererseits ist es in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt, daß — jedenfalls bis zum endgültigen Scheitern der Ehe — es dem Ehegatten, der in der Ehewohnung zurückgeblieben ist, nicht zugemutet werden kann, die Wohnung aufzugeben; dies gilt auch dann, wenn die Wohnung zu groß und zu teuer ist (OLG Zweibrücken FamRZ 82, 269; OLG Saarbrücken FamRZ 82, 919; OLG Hamm FamRZ 84, 790, 791 f; OLG Gerhard Griesche

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Düsseldorf FamRZ 89, 278; OLG Frankfurt FamRZ 90, 49; WendljStaudigl, S. 60; KalthoenerjBüttner, Rdn. 289). Ebensowenig kann von dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten verlangt werden, daß er Teile der zu großen Wohnung untervermietet (BGH FamRZ 89, 1160, 1161). Während der Zeit des Getrenntlebens ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht auszuschließen, so daß die Ehewohnung erhalten bleiben muß (BGH FamRZ 89, 1160, 1161). Da in der Regel die Kosten der für die Familie bestimmten Ehewohnung die zur Deckung des eigenen Wohnbedarfs des in der Wohnung zurückgebliebenen Ehegatten übersteigen, ist ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich geboten. 12

Ist der unterhaltsbedürftige Ehegatte in der früheren Ehewohnung zurückgeblieben und zahlt er die Miete, so kann er die Kosten der Vorhaltung der früheren Ehewohnung zusätzlich zu seinem sonstigen Unterhaltsbedarf vom Unterhaltsverpflichteten im Rahmen von dessen Leistungsfähigkeit verlangen. Es handelt sich dabei um trennungsbedingten Mehrbedarf (OLG Frankfurt FamRZ 90, 49; vgl. auch Kalthoener\Büttner, Rdn. 289). Dabei darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß mit der Mietzahlung auch der eigene Wohnbedarf des Unterhaltsberechtigten gedeckt wird. Hierfür ist ein Anteil von bis zu einem Drittel des Betrages, den der Unterhaltsberechtigte für seinen gesamten Bedarf zur Verfügung hat, in Ansatz zu bringen (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 272; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 278; OLG Schleswig FamRZ 90, 518). Trennungsbedingter Mehrbedarf ist also der die Drittelobergrenze übersteigende Anteil der tatsächlichen Miete.

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Zahlt der Untierhaltspflichtige die Miete und wohnt der Berechtigte infolgedessen mietfrei, so muß er sich diesen Vorteil auf den Quotenunterhalt anrechnen lassen. Dabei ist aber wiederum nicht die ganze Miete in Ansatz zu bringen, sondern nur die unterhaltsrechtlich angemessene Miete ohne Mietnebenkosten, also ein Anteil von bis zu einem Drittel dessen, was der Berechtigte für seinen Unterhalt zur Verfügung hat (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 1272; OLG Frankfurt FamRZ 90, 49; Graba FamRZ 85, 657, 661). Sind beide Ehegatten Mieter, so braucht der Unterhaltsberechtigte die Begleichung der Mietschulden durch den Pflichtigen dann nicht hinzunehmen, wenn die Mietzahlungen nicht pünktlich geleistet werden. Der Berechtigte hat nach § 1361 Abs. 4 S. 1 einen Anspruch auf Zahlung einer Geldrente; dies bezieht sich auch auf den Teil des Unterhalts, der der Deckung des Wohnbedarfs dient. Der Ansicht des OLG Frankfurt (FamRZ 90, 49, 50), der Unterhaltsberechtigte habe nur einen Anspruch auf Befreiung von der Mithaft gegenüber dem Vermieter, kann daher nicht zugestimmt werden.

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Bleibt der unterhaltspflichtige Ehegatte in der Ehewohnung zurück, braucht auch er nicht in eine kleinere und preiswertere Wohnung umzuziehen, bevor feststeht, daß die Ehe endgültig gescheitert ist. Ein Teil des Mietzinses ist deshalb als besondere Belastung anzuerkennen und vorab von seinem Einkommen abzuziehen (OLG Düsseldorf FamRZ 89, 278; OLG Schleswig FamRZ 90, 518). Bei der Bestimmung der Höhe dieses Betrages ist wiederum darauf abzuheben, daß der Wohnkostenanteil üblicherweise bis zu einem Drittel des verfügbaren Einkommens beträgt; um den dieses Drittel übersteigenden Teil ist die Kaltmiete zu bereinigen. Die verbrauchsabhängigen Mietnebenkosten hat der Unterhaltspflichtige dagegen als Kosten der allgemeinen Lebensführung von dem ihm verbleibenden Einkommen selbst zu tragen.

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Eine solche Handhabung ist aber nur bis zum endgültigen Scheitern der Ehe gerechtfertigt. Steht fest, daß die Ehegatten die Ehe nicht wiederherstellen wollen, ist auch kein Grund mehr vorhanden, die Ehewohnung zu erhalten. Nunmehr hat jeder seinen Wohnbedarf aus den eigenen Mitteln zu decken; nach dem endgültigen Scheitern der Ehe gehen beide Eheleute auch wirtschaftlich eigene Wege. Wann dieser Zeitpunkt 6

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erreicht ist, ist eine Frage der Beurteilung im Einzelfall. Jedenfalls bis zum Ablauf des Trennungsjahres im Sinn von § 1565 Abs. 2 wird im allgemeinen noch nicht von einem endgültigen Scheitern ausgegangen werden können. Bei mehrjähriger Trennung wird dagegen meist die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten sein. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß im Hinblick auf den Mangel an preiswerten Wohnungen vor allem in Ballungsgebieten es dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten nicht immer gelingen wird, sofort nach dem endgültigen Scheitern der Ehe eine andere Wohnung zu finden. Gerade der Unterhaltsberechtigte wird oft gezwungen sein, vorerst in der Ehewohnung zu bleiben. Die hiermit verbundene finanzielle Last darf ihm nicht allein aufgebürdet werden. Findet der Unterhaltsberechtigte trotz ernsthaften Bemühens keine preiswerte Wohnung, hat sich der Unterhaltspflichtige auch weiterhin an den Kosten der Ehewohnung zu beteiligen, und zwar in Höhe der Differenz der tatsächlichen, für die Ehewohnung zu bezahlenden Kaltmiete und dem Betrag, auf den der angemessene Wohnbedarf des in der Ehe wohnung verbliebenen Ehegatten zu schätzen ist (KG, 18. Zivilsenat, Urteil vom 18. 1. 1989 - 18 UF 2655/88 - nicht veröffentlicht). Zahlt der Unterhaltspflichtige die Miete für die Ehewohnung weiter, kann er diese Differenz von seinem Nettoeinkommen als Familienlast absetzen, im übrigen ist die Mietzahlung als Erfüllungsleistung auf den dem Berechtigten zustehenden Unterhaltsanspruch anzusehen (KG ebd.). Darauf hinzuweisen ist noch, daß in Rechtsprechung und Schrifttum auch andere Lösungsmöglichkeiten der in Zusammenhang mit der Zahlung der Miete während der Trennungszeit entstehenden Probleme erörtert worden sind (OLG Zweibrücken FamRZ 82, 269; OLG Hamm FamRZ 84, 790, 791 f; Wendl\Staudigl, 1. Aufl. S. 50 f). Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich nicht, ob der bedürftige Ehegatte zur 1 6 Deckung seines Bedarfs auch den Vermögensstamm einsetzen muß. In Rechtsprechung und Schrifttum wird dies indessen bejaht (BGH FamRZ 85, 360). Dabei ist zu beachten, daß Einschränkungen geboten sind. Die äußerste Grenze setzt die Vorschrift des § 1577 Abs. 3; die Verwertung des Vermögensstamms darf nicht unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht unbillig sein. Auf die Rdn. 66—69 zu § 1577 wird insofern verwiesen. Darüber hinaus darf nicht außer acht gelassen werden, daß zwischen noch miteinander verheirateten Ehegatten eine stärkere personale Verantwortung füreinander besteht als nach der Scheidung. Dies kann dazu führen, vorhandenes Vermögen zu erhalten, um die wirtschaftliche Grundlage der ehelichen Gemeinschaft nicht zu beeinträchtigen (BGH FamRZ 85, 360). Weitere Kriterien bei der Abwägung sind die Höhe des vorhandenen Vermögens, die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen und dessen Vermögen, die Dauer der Ehe sowie die Frage, ob auch bei intakter Ehe schon Vermögen zur Befriedigung des laufenden Bedarfs herangezogen worden ist. 6. Leistungsfähigkeit des Verpflichteten Anspruchsvoraussetzung ist ferner die Leistungsfähigkeit des auf Unterhalt in 1 7 Anspruch genommenen getrenntlebenden Ehegatten. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird — ebenso wie die Bedürftigkeit des Berechtigten — durch seine Erwerbs- und Vermögensverhältnisse geprägt. Seine Arbeitsfähigkeit muß der Unterhaltspflichtige so gut wie möglich einsetzen. Verletzt er diese Obliegenheit, ist ihm ein Aktives Einkommen anzurechnen. Im einzelnen wird hinsichtlich der Anforderungen an die Leistungsfähigkeit auf die Erläuterungen zu den §§ 1581, 1603 verwiesen, da insoweit dieselben Grundsätze zu beachten sind. Beim Einsatz des Vermögensstamms, Gerhard Griesche

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der im Rahmen des § 1581 S. 2 auch beim Getrenntlebendenunterhalt in Betracht kommt, ist zunächst zu berücksichtigen, daß bis zur Scheidung auch vom Berechtigten noch ein höheres Maß an Rücksichtnahme auf die Belange des Pflichtigen verlangt werden muß. Nach Möglichkeit ist eine grundsätzliche Veränderung der Lebensverhältnisse zu vermeiden. Deshalb kann während des Getrenntlebens die Veräußerung eines Familienheims im allgemeinen nicht gefordert werden (BGH FamRZ 86, 556, 557). 18 Wie die Grenze der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Fall des § 1361 zu bestimmen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, daß, obwohl das Gesetz eine dem § 1603 Abs. 2 entsprechende Regelung nicht enthält, sich der Unterhaltspflichtige auch gegenüber dem Anspruch eines getrenntlebenden Ehegatten auf seinen notwendigen Eigenbedarf verweisen lassen muß (KG FamRZ 85, 597, OLG Karlsruhe FamRZ 89, 388; Leitlinien des OLG Köln, B III Nr. 45; Düsseldorfer Tabelle, D IV; Leitlinien des OLG Stuttgart II 2; Leitlinien des Kammergerichts III 3; Leitlinien des OLG Frankfurt B IV, Ermanj Heckelmann, Rdn. 10; Soergel\Lange Rdn. 16; MüKo/IVache Rdn. 14). Zum Teil wird dies nur dann befürwortet, wenn der getrenntlebende Ehegatte minderjährige Kinder zu versorgen hat, die ebenfalls Unterhalt von dem Schuldner verlangen können (Leitlinien des OLG Hamm, III, 33; Leitlinien des OLG München IV 1; Kalthoenerj Büttner Rdn. 40; Büttner N J W 87, 1855, 1858). Andere billigen dem getrenntlebenden Ehegatten den angemessenen Unterhalt im Sinne des § 1603 Abs. 1, den sogenannten großen Selbstbehalt, zu (Leitlinien des OLG Schleswig, D 2; Leitlinien des OLG Oldenburg IV 1). Schließlich wird auch auf einen Mittelwert zwischen notwendigem und angemessenem Selbstbehalt abgehoben (Leitlinien des OLG Celle, IV 3; JohannsenjHenrichj Voelskow Rdn. 25). 19

Der BGH hat zu § 1581 entschieden, daß dem geschiedenen Ehegatten grundsätzlich der eigene angemessene Unterhalt verbleiben müsse, der dem eheangemessenen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 gleichzusetzen sei (FamRZ 90, 260, 263 ff). Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um den eheangemessenen Unterhalt beider geschiedener Ehegatten — einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs — zu decken, so braucht der Unterhaltspflichtige nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es der Billigkeit entspricht. Diese Grundsätze sind auf die Leistungsfähigkeit des getrenntlebenden Ehegatten, der auf Unterhalt in Anspruch genommen wird, entsprechend anzuwenden ( Wendlj Staudigl, S. 418; GöppingerjWenRdn. 1175; anders: PalandtjDiederichsen, Rdn. 20, die auf den Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern abheben). Die Erwägungen, mit denen der BGH (FamRZ 90, 260, 263 ff) seine Auffassung zur Auslegung des § 1581 S. 1 begründet hat, gelten für getrenntlebende Eheleute im wesentlichen im gleichen Sinne. Allerdings wird es wegen der stärkeren Verknüpfung vor allem in der Anfangsphase des Getrenntlebens eher gerechtfertigt sein, aus Billigkeitsgründen eine weitergehende Herabsetzung des angemessenen Selbstbehalts des Verpflichteten vorzunehmen (ebenso: Wendlj Staudigl, aaO; Kalthoenerj Büttner Rdn. 40). Im übrigen wird auf die Rdn. 21—25 zu § 1581 verwiesen.

III. U m f a n g des A n s p r u c h s 1. Eheliche Lebensverhältnisse und angemessener Unterhalt 20 Für die Höhe des Unterhaltsanspruches sind nach § 1361 Abs. 1 S. 1 die ehelichen Lebensverhältnisse maßgebend. Diese werden durch die Erwerbseinkünfte, die Kapitalund anderen Vermögenserträgnisse sowie sonstige wirtschaftliche Nutzungen, die den Eheleuten während des Zusammenlebens zur Verfügung standen, geprägt (BGH FamRZ 85, 354, 356; 86, 434; 86, 437, 438; 88, 1145). Verlangt werden kann der nach den 8

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ehelichen Lebensverhältnissen angemessene Unterhalt. Obwohl dies im Gesetz nicht klar zum Ausdruck gekommen ist, besteht in Rechtsprechung und Schrifttum Übereinstimmung darin, daß mit dem angemessenen Unterhalt im Sinn von § 1361 Abs. 1 S. 1 dasselbe gemeint ist wie in § 1578 Abs. 1 S. 1 (BGH FamRZ 84, 356, 357; SchwabI Borth IV C Rdn. 76; RGRK\Cuny, Rdn. 8; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 46; JohannsenjHenrich/ Voelskoiv, Rdn. 42). Deshalb kann weitgehend auf die Kommentierung der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 S. 1 (Rdn. 1—71) verwiesen werden. In erster Linie werden die ehelichen Lebensverhältnisse durch das Erwerbseinkommen geprägt, in einer Doppelverdienerehe daher durch die zusammengerechneten Einkünfte beider Ehegatten (BGH FamRZ 86, 244, 245; 89, 838, 839). Dem weniger verdienenden Ehegatten steht ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu (OLG Hamburg FamRZ 89, 394). Der Lebensbedarf eines Unterhaltsberechtigten erfaßt grundsätzlich nicht die Mittel, die er zur Deckung einer Unterhaltspflicht gegenüber einem Dritten benötigt. Hatte der Unterhaltsberechtigte allerdings während der intakten Ehe Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen und hat er hiervon den Unterhalt eines vorehelichen oder auch nichtehelichen Kindes bestritten, so sind die hierfür aufgewandten Beträge bei Anwendung der Differenzmethode einkommensmindernd zu berücksichtigen (BGH FamRZ 91, 1163, 1164). Das gleiche gilt im Regelfall, wenn der Berechtigte eigene Einkünfte eingesetzt hat, um Kreditverbindlichkeiten zu tilgen. Bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bestehen keine Bedenken, derartige Leistungen von den Einkünften des Berechtigten abzusetzen, da sie für die Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht verfügbar waren (BGH FamRZ 91, 1163, 1165 f). Von der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens an ist allerdings zu erwägen, den durch den Abzug der Kreditverbindlichkeit höheren Unterhalt nach den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 7 maßvoll herabzusetzen, da der Verpflichtete an einer Vermögensvermehrung auf Seiten des Berechtigten aufgrund der Regelung des § 1384 nicht mehr teilnimmt (BGH FamRZ 91, 1163, 1166). Bei der Bestimmung des Bedarfs nicht zu berücksichtigen sind die Anteile des 21 Erwerbseinkommens, die nicht der Bedarfsdeckung, sondern der Altersvorsorge oder der Vermögensbildung gedient haben (BGH FamRZ 87, 36, 39; Kalthoener\Büttner, Rdn. 50). Dabei ist indessen zu bedenken, daß infolge der Trennung meist Mehrkosten anfallen. Vermögensbildung wird deshalb nicht mehr im gleichen Umfang wie vor der Trennung betrieben werden können. Zudem ist nach der Rechtsprechung des BGH bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen; eine zu aufwendige oder eine — gemessen am verfügbaren Einkommen — zu dürftige Lebensführung hat außer Betracht zu bleiben (BGH FamRZ 87, 36, 39; 89, 838, 839, 89, 1160, 1161). So wird zum Beispiel eine besonders sparsame Haushaltsführung, die dem Erwerb eines gemeinsamen Familienheims gedient hat, nicht beizubehalten sein (BGH FamRZ 88, 259, 262). Ebenso außer Ansatz bleibt Erwerbseinkommen, das aus überobligationsmäßiger Erwerbstätigkeit erzielt wird (BGH FamRZ 85, 360, 362; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1039). Der Bedarf kann nur an solchen Lebensverhältnissen ausgerichtet werden, die die Gewähr der Stetigkeit in sich tragen. An diesem Kriterium fehlt es im Fall der Ausübung einer unzumutbaren Tätigkeit, da diese jederzeit beendet werden kann. 2. Veränderungen während der Zeit der Trennung Für die Zeit des Getrenntlebens soll nach Möglichkeit der bis zur Trennung bestehende 22 Lebenszuschnitt erhalten werden. Deshalb sind solche Änderungen der Lebensstellung zu vermeiden, die sich im Fall der Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft als nachteiGerhard Griesche

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lig herausstellen könnten. Unter diesem Gesichtspunkt hat der BGH (FamRZ 81, 439) es abgelehnt, von einem Studenten, der aufgrund gemeinsamer Planung das Studium aufgenommen hatte, dessen Abbruch zu verlangen, wenn es planvoll betrieben wurde und seine Beendigung in absehbarer Zeit zu erwarten war (kritisch zu dieser Entscheidung: Johannsen\Henrich\Voelskoni, Rdn. 18). Anders als beim Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, der sich der Höhe nach nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Zeitpunkt der Scheidung richtet, bemißt sich der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt grundsätzlich nach dem jeweiligen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse (BGH FamRZ 86, 244, 245; 88, 256, 257). Da die Ehe fortbesteht, nehmen beide Ehegatten an Veränderungen teil, die während des Getrenntlebens eintreten. Das gilt für Einkommenssteigerungen ebenso wie für Einkommensverringerungen (GöppingerjKindermann, Rdn. 675). Ist die Einkommensverringerung allerdings die Folge eines Verstoßes gegen die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen, so braucht der andere Ehegatte dies nicht gegen sich gelten zu lassen (offengelassen von BGH FamRZ 88, 145, 147; 88, 256, 257; siehe auch OLG Bamberg FamRZ 89, 392, 393). 23

Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen während des Getrenntlebens kommt keine Bedeutung zu, wenn und soweit diese auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (BGH FamRZ 82, 576, 578; 88, 256, 257; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 51; Göppingerj Kindermann, Rdn. 75). Denn in diesem Fall basiert die Veränderung auf Umständen, die ihre Ursache nicht in den früheren Arbeits- und Lebensverhältnissen der Ehegatten haben. Ebenso werden die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt durch Veränderungen, die nur eine Folge der Trennung sind. Das gilt zum Beispiel dann, wenn ein Ehegatte eine Erwerbstätigkeit aufnimmt oder ausdehnt, weil er hierzu durch trennungsbedingte wirtschaftliche Not gezwungen wird (BGH FamRZ 84, 149). Veräußert ein Ehegatte während der Trennung ein ihm gehörendes, während der intakten Ehe als Ehewohnung genutztes Einfamilienhaus, weil er infolge der Trennung die finanziellen Lasten nicht mehr tragen kann, so wirkt sich dies auf die Bedarfsbestimmung nicht aus; der Wohnwert ist weiterhin dem Familieneinkommen zuzurechnen (BGH FamRZ 86, 439, 440). Eine Einkommensverringerung, die infolge der Geburt eines nichtehelichen Kindes den Unterhaltspflichtigen nach der Trennung trifft, ist auf den Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten gleichfalls ohne Einfluß (KG FamRZ 88, 720, 721).

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Der zweite Halbsatz von Satz 1 ist durch das Gesetz zur unterhaltsrechtlichen Berechnung von Aufwendungen für Körper- oder Gesundheitsschäden vom 1 5 . 1 . 1 9 9 1 (BGBl. I, S. 46) eingefügt worden. Er verweist auf die gleichzeitig in Kraft getretene Vorschrift des § 1610 a. Zur Erläuterung kann daher auf die Kommentierung dieser Bestimmung Bezug genommen werden.

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3. Vorsorgeunterhalt Nach § 1361 Abs. 1 S. 2 gehören von der Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens an die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zum Unterhalt. Durch diese Regelung wollte der Gesetzgeber eine Lücke in der sozialen Biographie schließen, weil nach § 1587 der Versorgungsausgleich nur die Zeit bis zum Ende des Monats erfaßt, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht, und weil nach § 1578 Abs. 3 die Pflicht zur Zahlung von Vorsorgeunterhalt erst mit der Rechtskraft der Scheidung einsetzt (BT-Drucks. 7/4361, S. 27). Große praktische Bedeutung hat die Bestimmung 10

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nicht, weil meistens die vorhandenen Mittel nicht einmal zur Deckung des Elementarunterhalts ausreichen. Zur Erläuterung wird auf die Rdn. 72—84 zu § 1578 Bezug genommen. Besonderheiten bestehen beim Getrenntlebendenunterhalt nicht.

IV. Erwerbsobliegenheit 1. Grundsätzliches Die Voraussetzungen, unter denen der getrenntlebende bedürftige Ehegatte gehalten 25 ist, seinen Bedarf durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu decken, lassen sich der Vorschrift des § 1361 Abs. 2 entnehmen. Diese Regelung geht von der Erwägung aus, daß nach dem Grundsatz der gesteigerten Eigenverantwortung nach der Trennung jeder Ehegatte nach Möglichkeit für seinen eigenen Unterhalt selbst zu sorgen hat. Mit der Trennung hat das gemeinsame Leben ein Ende gefunden, und die bisherige Funktionsteilung im Rahmen des gemeinschaftlichen Haushalts ist gegenstandslos geworden. Deshalb ist grundsätzlich jedem Ehegatten eine Erwerbstätigkeit anzusinnen (BGH FamRZ 81, 439, 440). Dieser Grundsatz erfährt durch Abs. 2 eine erhebliche Einschränkung zugunsten des während der Ehe nichterwerbstätigen Ehegatten. Er kann nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit zu verdienen, als dies gemäß § 1574 nach der Scheidung der Fall ist. Durch die Schutzvofschrift des § 1361 Abs. 2 (vgl. BGH FamRZ 89, 1160) soll verhindert werden, daß der nichterwerbstätige Ehegatte sofort nach der Trennung gezwungen wird, sich auf die Auflösung der Ehe einzustellen {Soergelj Lange, Rdn. 13). Über die sich aus der Trennung selbst ergebenden Folgen hinaus soll seine Lebensstellung zunächst so wenig wie möglich beeinträchtigt werden (OLG Frankfurt FamRZ 82, 376, 377). Der im Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung, § 1361 Abs. 2 müsse einschränkend ausgelegt werden, weil sich in der Praxis herausgestellt habe, daß die Trennung der Eheleute in den meisten Fällen doch zur Scheidung führe und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sogar eheerhaltend wirke (Palandtf Diedericbsen, Rdn. 28;]ohannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 12), kann nicht gefolgt werden. Mit der Rechtswirklichkeit stimmt diese Ansicht nicht überein. Die Obliegenheit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stellt also bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 die Ausnahme dar (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 285; OLG Frankfurt FamRZ 82, 376, 377; Soergelj Lange, Rdn. 13; MüKo ¡Lange, Rdn. 26; Er man / Heckelmann, Rdn. 13). Obwohl nach dem Wortlaut des Gesetzes nur der Ehegatte geschützt wird, der 26 während des Bestehens der intakten Ehe gar keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, ist eine entsprechende Anwendung der Vorschrift geboten, wenn der Ehegatte neben der Haushaltsführung noch in geringerem Umfang erwerbstätig war (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 245; OLG Hamm FamRZ 88, 1270, 1271; GöppingerjKindermann, Rdn. 242). 2. Persönliche und wirtschaftliche Lebensverhältnisse Der nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstätige Ehegatte kann nur dann 27 darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu verdienen, wenn dies nach seinen persönlichen Verhältnissen und den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten von ihm erwartet werden kann. Zu den persönlichen Verhältnissen des bedürftigen Ehegatten gehören alle Umstände, die die Gestaltung seines Lebens bis zur Trennung bestimmt haben. Ausdrücklich hervorgehoben hat der Gesetzgeber den Fall der Ausübung einer früheren Erwerbstätigkeit und die Dauer der Ehe. Entscheidend ist, inwieweit der bedürftige Ehegatte an eine früher ausgeübte Gerhard Griesche

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Wirkungen der Ehe im allgemeinen

Erwerbstätigkeit anknüpfen kann. Je länger die Zeit der Erwerbstätigkeit zurückliegt, umso schwieriger wird sich im allgemeinen die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben gestalten. Dabei spielt auch die Art der Erwerbstätigkeit eine Rolle. So hat der BGH der Tatsache, daß eine Frau während der Ehe über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren in ihrem Beruf als Spulerin nicht gearbeitet hatte, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zugemessen, weil es möglich sei, eine angemessene Betätigung im Bereich der Raumpflege oder im früher ausgeübten Beruf ohne das Auftreten von Wiedereingliederungsschwierigkeiten zu finden (FamRZ 81, 17, 18). Problemen bei der Wiedereingliederung, die auf inzwischen eingetretene technische Entwicklungen zurückzuführen sind, ist angemessen Rechnung zu tragen. 28

Zu den zu berücksichtigenden Faktoren gehören ferner das Alter und der Gesundheitszustand des bedürftigen Ehegatten. Da der getrenntlebende Ehegatte nicht schlechter gestellt werden darf als der geschiedene, scheidet eine Erwerbsobliegenheit generell aus, wenn einer der Tatbestände der §§ 1570 bis 1573 verwirklicht ist (BGH FamRZ 85, 782, 783; Soergelj Lange, Rdn. 13, Ermanj Heckelmann, Rdn. 13). Deshalb kann eine junge und gesunde Frau, die nach kurzer Ehedauer wieder an eine frühere Erwerbstätigkeit anknüpfen könnte, nicht hierauf verwiesen werden, wenn und soweit sie durch die Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder an der Berufsausübung gehindert ist. Aber auch die Betreuungspflicht gegenüber Kindern aus einer früheren Ehe und vorehelichen Kindern gehört zu den zu beachtenden persönlichen Verhältnissen (BGH FamRZ 79, 569, 571; 81, 17). Im Fall der Betreuung eines Pflegekindes gilt dies jedenfalls dann, wenn sich eine Eltern-Kind-Beziehung entwickelt hatte (BGH FamRZ 81, 752, 754). Dem Umstand, daß das Kind aus einem Ehebruch des betreuenden Ehegatten stammt, kann nur im Rahmen der Prüfung der Härteregelung nach den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 6 Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 82, 463). Zur Frage, inwieweit die Betreuung und Erziehung minderjähriger Kinder der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht, wird im einzelnen auf die Rdn. 9 — 29 zu § 1570 verwiesen. Der Umstand, daß der betreuende Ehegatte von dem minderjährigen Kind nach § 1606 Abs. 3 S. 2 nicht auf Barunterhalt in Anspruch genommen werden kann, spielt im Verhältnis zwischen den getrenntlebenden Eheleuten keine Rolle (BGH FamRZ 81, 1159, 1160). Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten bedeutet, daß außer dem Erwerbseinkommen und Vermögen auch das Bestehen anderweiter Unterhaltsverpflichtungen sowie sonstiger Verbindlichkeiten zu beachten ist. 29 Trifft den bedürftigen Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit, so liegt es nahe, daß er in den einmal erlernten Beruf zurückkehrt. Zwingend ist dies indessen nicht. Grundsätzlich steht es ihm vielmehr frei, die Art der für ihn zumutbaren, nach den Maßstäben des § 1574 Abs. 2 angemessenen Erwerbstätigkeit selbst zu bestimmen (BGH FamRZ 88, 1145, 1146). Ist es zur Erlangung der späteren wirtschaftlichen Selbständigkeit erforderlich, daß sich der getrenntlebende Ehegatte die notwendigen Kenntnisse beschafft, so hat der andere Ehegatte die Ausbildung zu finanzieren (BGH FamRZ 85, 782 ff; 88, 1145, 1146). Allerdings kommt während der Zeit der Trennung ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt grundsätzlich nur insoweit in Frage, als er sich nach den Maßstäben der §§ 1573 Abs. 1, 1574 Abs. 3 begründen läßt. Kann der Bedürftige dagegen eine nach § 1574 Abs. 2 angemessene Erwerbstätigkeit finden, so steht ihm ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt auch dann nicht zu, wenn die Voraussetzungen des § 1575 erfüllt sind (BGH FamRZ 85, 782, 783 ff; 88, 1145, 1146). Dies ist erst dann anders zu beurteilen, wenn sich der bedürftige Ehegatte auf die Endgültigkeit der vom anderen vollzogenen Trennung und auf dessen konkret erkennbar gewordene Scheidungsabsicht 12

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Unterhalt bei Getrenntleben

§ 1361 BGB

einstellen muß (BGH FamRZ 85, 782, 785). Hatte der bedürftige Ehegatte im Einvernehmen mit dem Partner vor der Trennung eine Ausbildung, die den ehelichen Lebensverhältnissen entsprach, begonnen, so kann der Abbruch dieser Ausbildung jedenfalls dann nicht gefordert werden, wenn diese planvoll betrieben wird und ihre Beendigung in absehbarer Zeit zu erwarten ist (BGH FamRZ 81, 439, 440; OLG Düsseldorf FamRZ 83, 585, 586). Zu den persönlichen Verhältnissen im Sinne von § 1361 Abs. 2 gehört auch die Dauer 3 0 der Trennung. Je länger diese dauert, umso eher muß sich der bedürftige Ehegatte darauf einstellen, daß er für seinen Lebensunterhalt künftig selbst aufkommen muß. Von welchem Zeitpunkt an die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gefordert werden kann, wird nicht einheitlich gesehen. Von der obergerichtlichen Rechtsprechung wird eine Erwerbsobliegenheit im ersten Trennungsjahr meist verneint (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 245; OLG Oldenburg FamRZ 86, 1218, 1219; OLG Hamm FamRZ 86, 1108; 88, 1270, 1271). Dem ist zuzustimmen, weil der Gesetzgeber die Scheidung grundsätzlich von der Einhaltung des Trennungsjahres abhängig gemacht hat (ebenso: Palandtj Diederichsen, Rdn. 28; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 36; Soergelj Lange, Rdn. 14). Soweit in der Rechtsprechung dagegen auch der Dreijahresfrist des § 1566 Abs. 2 Bedeutung beigemessen wird (vor allem: OLG Düsseldorf FamRZ 80, 245), kann dem nicht gefolgt werden. Die Annahme des Einsetzens einer Erwerbsobliegenheit hängt von einer Reihe von Kriterien ab — Dauer der Ehe, Lebensalter des Bedürftigen bei Beginn der Trennung, eine früher ausgeübte Erwerbstätigkeit, die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Partner —, so daß die in § 1566 Abs. 2 enthaltene Zerrüttungsvermutung für die Auslegung der Vorschrift des § 1361 Abs. 2 nichts hergibt. Die Feststellung, daß die Ehe endgültig gescheitert ist, spricht allerdings für den Beginn der Erwerbsobliegenheit. Die Umstände des Einzelfalles können aber auch eine andere Beurteilung rechtfertigen (Schwab/Borth IV, Rdn. 66). Sind beide Ehegatten vor der Trennung voll erwerbstätig gewesen, so hat es, wenn 31 nicht trennungsbedingte Umstände eine andere Handhabung notwendig machen, dabei zu verbleiben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach § 1360 unterhaltsrechtlich geschuldet war (SoergeljLange, Rdn. 15; MüKo/Wacke, Rdn. 27). War der weniger verdienende Ehegatte nur teilzeitbeschäftigt, so hat er die Tätigkeit nach Möglichkeit auszudehnen (Palandtj Diederichsen, Rdn. 34; Soergelj Lange, Rdn. 15; ErmanjHeckelmann, Rdn. 14; a.A.: OLG Stuttgart FamRZ 78, 681). Dies gilt nur dann nicht, wenn er aufgrund besonderer Umstände — Krankheit, Kindesbetreuung — daran gehindert ist. Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, inwieweit einem Ehegatten, der'seit der 3 2 Trennung allein die Aufgabe der Kindesbetreuung wahrzunehmen hat, die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann. Der BGH hat es für zumutbar gehalten, daß eine Mutter von zwei Kindern im Alter von zwölf und vierzehn Jahren ihre Halbtagstätigkeit als Lehrerin auch nach der Trennung fortsetzt (FamRZ 81, 1159). Das OLG München hat es dagegen gebilligt, daß eine Mutter von zwei elf und dreizehneinhalb Jahre alten Kindern die Tätigkeit als Büroangestellte von einer Ganztagsbeschäftigung auf eine 25-Stunden-Woche reduziert hatte (FamRZ 82, 270). Nach Auffassung des OLG Düsseldorf ist die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit generell als unzumutbar anzusehen, wenn ein eineinhalb Jahre altes Kind zu betreuen ist; daß das Kind während der berufsbedingten Abwesenheit seiner Mutter von der Großmutter betreut wurde, ist als nicht entscheidungserheblich angesehen worden (FamRZ 85, 1039). Mit dem BGH (FamRZ 81, 1159) ist davon auszugehen, daß ein während der 3 3 Ehe erwerbstätiger Ehegatte diese Tätigkeit grundsätzlich auch nach der Trennung Gerhard Griesche

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Wirkungen der Ehe im allgemeinen

fortzusetzen hat, denn die ehelichen Lebensverhältnisse sind dadurch geprägt worden, daß beide Ehegatten erwerbstätig waren (ebenso: Soergelj Lange, Rdn. 15, Göppingerj Kindermann, Rdn. 242; Schwab\Borth IV, Rdn. 67). Dies schließt es indessen nicht aus, trennungsbedingte Veränderungen bei der Prüfung, inwieweit die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit zumutbar ist, zu berücksichtigen. Denn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nimmt an der Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse bis zur Scheidung teil. Konnten etwa die Eheleute eine Doppelverdienerehe nur deshalb führen, weil sie ihre Arbeitszeit so aufeinander abgestimmt hatten, daß die Kindesbetreuung gewährleistet war, so scheidet eine uneingeschränkte Fortsetzung der Erwerbstätigkeit auch des Ehegatten, der die Kinder von der Trennung an allein zu betreuen hat, aus. Ebenso ist der trennungsbedingte Wegfall einer Betreuungsperson beachtlich (SoergeljLange, Rdn. 15). Meist wird zumindest eine Reduzierung der Arbeitszeit des die Kinder betreuenden Ehegatten notwendig sein. Wird die während des Zusammenlebens ausgeübte Ganztagstätigkeit ohne Rücksicht auf die durch die Trennung eingetretene Veränderung der Lebenssituation fortgeführt, so ist das dadurch erzielte Einkommen ganz oder teilweise als das Ergebnis einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit anzusehen. Eine Anrechnung des Einkommens findet dann nach Maßgabe des § 1577 Abs. 2 statt (BGH FamRZ 83, 146, 148). Die Beurteilung der Tätigkeit als unzumutbar bedeutet zugleich, daß sie jederzeit aufgegeben oder dem zumutbaren Maß angepaßt werden darf. V. D i e Härteklausel 34 Nach § 1361 Abs. 3 ist die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 7 über die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen entsprechend anzuwenden. Der Unterhalt kann also auch für die Zeit des Getrenntlebens herabgesetzt sowie ganz oder teilweise versagt werden, wenn einer der Tatbestände der Nummern 2 bis 7 von § 1579 erfüllt ist und die Zubilligung des angemessenen Unterhalts grob unbillig wäre. Hinsichtlich der einzelnen Härtegründe sowie des Merkmals der groben Unbilligkeit kann auf die Kommentierung der Vorschrift des § 1579 verwiesen werden. Ein sachlicher Unterschied besteht nicht (a. A.: Soergelj Lange, Rdn. 30). Ausdrücklich ausgenommen ist die Vorschrift des § 1579 Nr. 1; die kurze Ehedauer rechtfertigt also nicht den Ausschluß, die Herabsetzung oder die zeitliche Begrenzung des Unterhalts. Damit hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, daß im Fall des Getrenntlebens das rechtliche Eheband noch besteht und auch nicht voraussehbar ist, ob es zur Scheidung kommt (BGH FamRZ 82, 573, 574). Auch wenn die Ehegatten nie zusammengelebt haben, kommt die Anwendung des § 1579 nicht in Betracht. Die kurze Ehedauer gehört indessen zu den bei der Anwendung des § 1361 Abs. 2 maßgebenden Kriterien. Außerdem kann, wenn einer der Tatbestände des § 1579 Nr. 2 bis 7 erfüllt ist, es bei der Prüfung des Merkmals der groben Unbilligkeit eine Rolle spielen, daß die Ehe nur kurze Zeit bestanden hat. VI. A r t und Weise der U n t e r h a l t s g e w ä h r u n g 1. Zahlung einer Geldrente 35 Die Vorschrift des § 1361 Abs. 4 regelt die Art und Weise der Unterhaltsgewährung. Nach Satz 1 ist der laufende Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente zu decken. Leben die Eheleute in Güterstand der Gütergemeinschaft, ist dagegen § 1420 anzuwenden. Soweit für den Trennungsunterhalt nach dieser Bestimmung das Gesamtgut zu verwenden ist, kann der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach § 1451 Mitwirkung bei den Maßregeln verlangen, die zur ordnungsgemäßen Verwendung des Gesamtguts für den Unterhalt erforderlich sind (BGH FamRZ 90, 851, 852). Die Pflicht zur Zahlung der Geldrente 14

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§ 1361 BGB

Unterhalt bei Getrenntleben

setzt mit der Trennung ein; jedoch ist zu beachten, daß Unterhalt für die Vergangenheit nur bei Verzug des Verpflichteten oder bei Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs gefordert werden kann (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1613 Abs. 1). Mit dem laufenden Unterhalt ist der regelmäßig wiederkehrende Bedarf — Nahrung, Kleidung, Wohnungsmiete, Körperpflegemittel — gemeint. Ob hierzu auch die Kosten einer angemessenen Krankenversicherung zu rechnen sind, ist nicht zweifelsfrei. Soweit der Unterhaltspflichtige in einer gesetzlichen Versicherung versichert ist, stellt sich diese Frage nicht, weil nach § 205 R V O d e r nichtVersicherte unterhaltsberechtigte

Ehegatte bis zur Rechtskraft der Scheidung Versicherungsschutz genießt. Praktische Bedeutung gewinnt das Problem in den Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige privatversichert ist und sich nach der Trennung weigert, die Versicherungsprämie für den Ehegatten zu entrichten. Allgemein wird angenommen, daß zum angemessenen Unterhalt in diesem Fall auch die Aufwendungen für die Krankenversicherung zählen (OLG Köln FamRZ 85, 926; OLG Hamm FamRZ 87, 1142; Palandt\Diederichsen, Rdn. 54, Schwab] Borth, Rdn. 79; Göppinger, Rdn. 959). Dem ist trotz des Fehlens einer dem § 1578 Abs. 2 entsprechenden Regelung für den Fall des Getrenntlebens zuzustimmen, weil ein unabweisbares Bedürfnis nach Deckung dieses Bedarfspostens besteht. Allerdings umfaßt der Begriff des laufenden Unterhalts im § 1361 Abs. 4 S. 1 diese Kosten nicht, da anderenfalls der Grundsatz der hälftigen Teilhabe beider Ehegatten an den zur Verfügung stehenden Einkünften verletzt werden würde (ebenso: Schwab/Borth aaO). Die Unterhaltsberechnung ist in der Weise vorzunehmen, daß vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen vorab die Krankenversicherungsprämie für beide Ehegatten abgezogen und danach die dem Berechtigten zustehende Quote gebildet wird. Die gesetzliche Regelung, nach der der Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente zu 36 gewähren ist, ist abdingbar. So können die Ehegatten vereinbaren, daß der Verpflichtete die vom Berechtigten geschuldete Wohnungsmiete entrichtet oder daß dem Berechtigten ein Kraftfahrzeug zur Benutzung überlassen wird (BGH FamRZ 65, 125; OLG Hamm FamRZ 84, 790; UüKo/Wacke, Rdn. 43; ErmanjHeckelmann, Rdn. 19). Nach § 1361 Abs. 4 S. 2 ist die Geldrente monatlich im voraus zu zahlen. Die 37 Regelung entspricht der für das Verwandtenunterhaltsrecht in § 1612 Abs. 3 S. 1 getroffenen. Ebenso wie dort sollte nur die Zahlungsperiode festgelegt und nichts über den Fälligkeitszeitpunkt bestimmt werden. Die Unterhaltsperiode von einem Monat beginnt mit dem Eintritt der Bedürftigkeit und nicht mit dem Ersten des vorangegangenen oder des folgenden Monats (str.; vgl. im einzelnen Rdn. 30, 31 zu § 1612). Stirbt der Unterhaltsberechtigte im Laufe eines Monats, so hat der Verpflichtete 38 nach Abs. 4 S. 3 noch den vollen Monatsbetrag zu entrichten. Nach einer im Schrifttum weit verbreiteten Auffassung soll diese Regelung entsprechend gelten, wenn ein Scheidungsurteil im Laufe eines Monats rechtskräftig wird {Schwab¡Borth IV, Rdn. 87; JohannsenjHenrichj Voelskow, Rdn. 60; Soergelj Lange, Rdn. 38; MüKo\Wacke, Rdn. 43; Luthin FamRZ 85, 262, 263; ebenso: OLG Hamm FamRZ 86, 362). Dem ist der BGH zu Recht nicht gefolgt (FamRZ 84, 256, 257; 88, 370, 372). Mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils erlischt der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt. Da zwischen den Ansprüchen auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (FamRZ 80, 1099; 81, 242; 81, 441), die jedenfalls jetzt vom Schrifttum überwiegend akzeptiert wird, keine Identität besteht, kommt § 1361 vom Tage der Rechtskraft der Scheidung an als Anspruchsgrundlage nicht mehr in Betracht. Eine den §§ 1585 Abs. 1 S. 3, 1612 Abs. 3 S. 2, 760 Abs. 3 entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber für den Fall, daß der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt durch Gerhard Griesche

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Wirkungen der Ehe im allgemeinen

Rechtskraft der Scheidung erlischt, nicht getroffen. Soweit die Praxis die Rechtsprechung des BGH mißachtet, ist dies keinesfalls zu begrüßen (so aber: Johannsen/Henrich/ Voelskow, aaO).

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2. Entsprechende Anwendung des Verwandtenunterhaltsrechts Die Vorschrift des § 1361 Abs. 4 S. 4 ordnet die entsprechende Anwendung von § 1360 a Abs. 3 (und damit der §§1613 bis 1615), 1360 a Abs. 4 (Prozeßkostenvorschuß), 1360 b (im Zweifel keine Rückforderung zuviel geleisteten Unterhalts) und 1605 (Auskunftserteilung) an. Zur Auslegung der §§ 1613 bis 1615 wird in erster Linie auf die Kommentierung dieser Bestimmungen verwiesen. Zusätzlich ist folgendes zu bemerken: Umzugs- und Umzugsnebenkosten sind vom BGH dann als Sonderbedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2 anerkannt worden, wenn der Wohnungswechsel aus beruflichen Gründen geboten war (FamRZ 83, 29). Dagegen sollen die Kosten der Wohnungsbeschaffung zur Ermöglichung des Getrenntlebens nur dann als Sonderbedarf gelten, wenn der Unterhaltsberechtigte dartut, daß ihm ein Getrenntleben in der Ehewohnung nicht möglich oder unzumutbar war (OLG Köln FamRZ 86, 163; Palandtj Diederichsen, Rdn. 53, SoergeljLange, Rdn. 33). Dieser Beschränkung kann nicht zugestimmt werden. Im allgemeinen wird ein Getrenntleben in der Ehewohnung auf Dauer auch dann nicht verlangt werden können, wenn die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 nicht erfüllt sind. Umzugskosten sind deshalb dann als unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf anzusehen, wenn der Unterhaltsberechtigte sich nicht rechtzeitig auf die dadurch entstehenden Ausgaben durch Ansparen einstellen kann (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 1068). Entsprechendes hat hinsichtlich der Kosten der Instandsetzung der neuen Wohnung und der Erneuerung von Hausratsgegenständen zu gelten {SoergeljLange, Rdn. 33; Ermanj Heckelmann, Rdn. 20). Wird der Unterhaltspflichtige auf einen besonders hohen Sonderbedarf in Anspruch genommen, kann dies zu einer vorübergehenden Reduzierung des nach Abs. 4 S. 1 zu zahlenden laufenden Unterhalts führen (OLG Stuttgart FamRZ 78, 684). Die Verweisung auf § 1614 stellt klar, daß — im Gegensatz zur Regelung des § 1585 c — auf Getrenntlebendenunterhalt nicht mit Wirkung für die Zukunft verzichtet werden kann. Unterhaltsvereinbarungen, die im Ergebnis auf eine Beschränkung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts hinauslaufen, sind deshalb für die Zeit des Getrenntlebens unwirksam. 3. Ptozeßkostenvorschuß Durch die Verweisung auf § 1360 a Abs. 4 ist klargestellt, daß der getrenntlebende bedürftige Ehegatte gegen den anderen einen Anspruch auf einen Prozeßkostenvorschuß hat, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dieser Anspruch ist unterhaltsrechtlicher Natur (BGH FamRZ 85, 802; 85, 902). Die Kosten eines Rechtsstreits, der eine für den Bedürftigen persönliche Angelegenheit betrifft, gehören zu seinem Lebensbedarf. Dagegen handelt es sich nicht um einen Sonderbedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2, da dessen Voraussetzungen nicht gegeben sein müssen (BGH FamRZ 84, 148). Die Auslegung des Begriffs der persönlichen Angelegenheit im Sinne von § 1360 a Abs. 4 bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Kein geeignetes Abgrenzungskriterium ist die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen für den Bedürftigen lebenswichtigen Prozeß handelt. Schließlich fallen sowohl Rechtsstreitigkeiten zwischen den Ehegatten selbst als auch solche des Unterhaltsberechtigten gegen Dritte unter § 1360 a Abs. 4. Für den Bereich der Familiengerichtsbarkeit ist eine 16

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Unterhalt bei Getrenntleben

genaue Abgrenzung dieses Begriffes indessen weitgehend entbehrlich. Denn die Prozesse, die dem Familienrichter zur Entscheidung unterbreitet werden, sind in aller Regel persönliche Angelegenheiten des Unterhaltsberechtigten. Das Vorliegen einer persönlichen Angelegenheit ist nämlich sowohl für alle Ehesachen im Sinne von § 606 Abs. 1 ZPO als auch für alle Familiensachen im Sinne von § 621 Abs. 1 ZPO anzunehmen {Schwab¡Borth IV, Rdn. 39). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich für den bedürftigen Ehegatten um einen Aktiv- oder einen Passivprozeß handelt ( G ö p p i n g e r , Rdn. 825). Allenfalls bei direkter Anwendung von § 1360 a Abs. 4 — wenn sich also Ehegatten, die in intakter Ehe leben —, um das Bestehen einer Prozeßkostenvorschußpflicht streiten, kann eine genaue Abgrenzung des Begriffs der persönlichen Angelegenheit bedeutsam werden. Derartige Fälle kommen indessen in der Praxis kaum vor. In Rechtsprechung und Schrifttum umstritten ist die Frage, ob ein wiederverheirate- 43 ter Ehegatte, der Ansprüche gegen seinen früheren Ehepartner — etwa auf Zugewinnausgleich — geltend macht, von seinem jetzigen Ehegatten einen Prozeßkostenvorschuß verlangen kann. Zum Teil wird dies verneint mit der Begründung, daß im Verhältnis zu dem neuen Ehegatten der persönliche Bezug fehle (OLG Düsseldorf FamRZ 84, 388; OLG Nürnberg FamRZ 86, 697; Soergelj Lange, Rdn. 26 zu § 1360 a; RGRKjWen%_, Rdn. 29; Rolland, Rdn. 38 zu § 1360 a; HeisslHeiss 11.13). Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Dem Gesetz läßt sich nicht entnehmen, daß Ansprüche, die ihre Wurzel in der ehelichen Lebensgemeinschaft zu einem früheren Ehegatten haben, keine persönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360 a Abs. 4 sind. Vielmehr ist allein entscheidend, daß Klagen auf Zugewinnausgleich — wie andere Familiensachen — persönliche Angelegenheiten sind (OLG Frankfurt FamRZ 81, 164, 165; OLG Hamm FamRZ 81, 275; OLG Koblenz FamRZ 86, 466; Schwab I Borth IV, Rdn. 41). Daran ändert sich nicht dadurch etwas, daß der Prozeßgegner der frühere Ehepartner des bedürftigen Ehegatten ist (OLG Koblenz FamRZ 86, 466; OLG Hamm FamRZ 89, 277; Schwab/ Borth aaO; Kalthoener\Büttner, Rdn. 319; MüKo\Wacke, Rdn. 28 zu § 1360 a; Ermanj Heckelmann, Rdn. 22 zu § 1360 a). Nach § 1360 a Abs. 4 hängt die Inanspruchnahme des Ehegatten auf Zahlung eines 44 Prozeßkostenvorschusses ferner davon ab, daß sie der Billigkeit entspricht. Dieses Erfordernis ist nur dann gegeben, wenn der Verpflichtete leistungsfähig ist. Dabei braucht sich der in Anspruch genommene nicht auf seinen notwendigen Selbstbehalt verweisen zu lassen; die Leistungsfähigkeit entfällt vielmehr mit der Beeinträchtigung des angemessenen Unterhalts {KalthoenerjBüttner, Rdn. 319; MüKo¡Wacke, Rdn. 34 zu § 1360 a; Soergelj Lange, Rdn. 23 zu § 1360 a; Göppinger, Rdn. 552). Das Bestehen anderweiter Verbindlichkeiten steht der Prozeßkostenvorschußpflicht nicht ohne weiteres entgegen. Vielmehr ist nach Billigkeitsgesichtspunkten zu prüfen, inwieweit der Unterhaltspflichtige bei Aufstellung eines angemessenen Tilgungsplans in der Lage ist, neben der ratenweisen Begleichung seiner Schulden den geforderten Prozeßkostenvorschuß zu leisten. Gegegebenenfalls kann auch eine geringfügige Grundstücksbelastung zumutbar sein (OLG Celle FamRZ 78, 783, 784). Im Unterhaltsprozeß besteht eine Pflicht zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht, wenn der mit hinreichender Aussicht auf Erfolg verlangte Unterhalt zusammen mit anderen zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ausschöpft (LG Braunschweig MDR 68, 581; Soergelj Lange, Rdn. 63 zu § 1360 a). In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht Streit darüber, ob die Prüfung der 45 Leistungsfähigkeit entbehrlich ist, wenn der auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses in Anspruch genommene seinerseits Prozeßkostenhilfe, sei es auch nur unter Auferlegung von Raten, erhalten würde. Zum Teil wird angenommen, daß es generell mit der Gerhard Griesche

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Billigkeit nicht vereinbar sei, einen Rechtssuchenden, der nach dem Willen des Gesetzgebers bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur einen Teil seines Einkommens soll einsetzen müssen, auch noch mit Prozeßkosten des Gegners zu belasten (OLG Köln, 25. ZS FamRZ 82, 416; OLG Karlsruhe FamRZ 84, 919; 87, 1062, 1063; OLG Hamm FamRZ 86, 1013; KG FamRZ 85, 1067, inzwischen hat derselbe Senat seine Rechtsprechung geändert: FamRZ 90, 183). Dieser Rechtsprechung kann indessen nicht gefolgt werden. Dem Gesetz läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß ein Anspruch auf Vorschuß nicht gegeben ist, wenn der Verpflichtete die Leistung nur in Raten erbringen kann. Da ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß zu dem nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Vermögen gehört, ist es nicht haltbar, in derartigen Fällen eine Vorschußpflicht generell zu verneinen (OLG Köln FamRZ 88, 1300; KG FamRZ 90, 183; Schwab ¡Borth, IV, Rdn. 43; Göppinger, Rdn. 552; Soergelf Lange, Rdn. 23 zu § 1360 a). Allerdings darf dies nicht dazu führen, daß die ratenweise Zahlung des Prozeßkostenvorschusses eine Verzögerung des Rechtsstreits zur Folge hat, weil der nach § 65 GKG geschuldete Gerichtskostenvorschuß nicht aufgebracht werden kann und der Rechtsanwalt auf der Entrichtung eines Vorschusses nach § 17 BRAGO besteht. In Grenzfällen kann es auch der Billigkeit entsprechen, daß der getrenntlebende Ehegatte einen angemessenen Bruchteil der Prozeßkosten vorschießt (OLG Bremen FamRZ 84, 919). 46

Zu den Billigkeitserwägungen gehört auch die Prüfung, inwieweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Aussicht auf Erfolg bietet. Uberwiegend wird angenommen, daß die Inanspruchnahme auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nur dann nicht der Billigkeit entspreche, wenn die geplante Rechtsverfolgung mutwillig oder offenbar aussichtslos sei (OLG Frankfurt FamRZ 82, 606; SoergeljLange, Rdn. 24 zu § 1360 a; M.üKo ¡Wacke, Rdn. 25 zu § 1360a; RGRK/lVen%, Rdn. 37; Ermanj Heckelmann, Rdn. 25 zu § 1360 a; Rolland, Rdn. 45). Vorzuziehen ist die Auffassung, die eine Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht wie bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe befürwortet {Schwab¡Borth IV, Rdn. 46; Göppinger, Rdn. 55; HeissjHeiss, 11.14). Dem unterhaltspflichtigen Ehegatten kann es nicht zugemutet werden, einen Prozeß zu finanzieren, den der Unterhaltsberechtigte voraussichtlich nicht gewinnen wird. Es ist Aufgabe des Unterhaltsberechtigten, die Erfolgsaussichten eines Prozesses darzulegen und glaubhaft zu machen, und zwar auch, wenn der Rechtsstreit gegen einen Dritten geführt wird.

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Aus dem Zweck und dem Begriff eines Prozeßkostenvorschusses folgt, daß dieser nicht mehr verlangt werden kann, wenn der Rechtsstreit, dessen Führung er dienen soll, bereits beendet ist (BGH FamRZ 85, 802, 803; 85, 902). Eine nachträgliche Geltendmachung des Anspruchs kommt auch dann nicht in Betracht, wenn dem Unterhaltsberechtigten in dem Rechtsstreit die Kosten auferlegt worden sind, denn die Unterhaltspflicht umfaßt nicht die Pflicht, Schulden des Bedürftigen zu tilgen (BGH FamRZ 64, 558, 559; 71, 360, 362; 85, 902). Hieran ändert sich nichts, wenn der vorschußberechtigte Ehegatte seinem Verfahrensbevollmächtigten den Anspruch abgetreten hatte (BGH FamRZ 85, 902).

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Nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum verbreiteten Ansicht soll der Anspruch auf einen Prozeßkostenvorschuß auch nach Beendigung des Rechtsstreits bestehen bleiben, wenn der Verpflichtete zuvor in Verzug gesetzt worden war. Begründet wird dies mit der unterhaltsrechtlichen Natur des Anspruchs (OLG Bamberg FamRZ 86, 484; KG FamRZ 87, 956; Ermanj Heckelmann, Rdn. 26 zu § 1360 a; MüKo ¡Wacke, Rdn. 26 zu § 1360 a). Dem kann nicht zugestimmt werden, weil sich diese Auffassung mit dem Begriff eines Vorschusses nicht vereinbaren läßt. Allenfalls bei gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs nach den §§ 127 a, 620 Abs. 1 Nr. 9, 621 f Abs. 1 ZPO kann 18

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§1361 BGB

Unterhalt bei Getrenntleben

die Zuerkennung nach Beendigung des Hauptprozesses erwogen werden (SchwabIBorth IV, Rdn. 50). Der BGH hat die Frage ausdrücklich nicht entschieden (FamRZ 85, 802, 803). War der Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses vor Ablauf des Rechts- 49 streits bereits tituliert, bleibt die Zwangsvollstreckung zulässig. Denn der Verpflichtete darf keinen Vorteil dadurch erlangen, daß er freiwillig nicht gezahlt und es verstanden hat, sich der Vollstreckung bis zur Vollendung des Hauptprozesses zu entziehen (BGH FamRZ 85, 802, 803; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 295, 296; MüKo/tVacke, Rdn. 26 zu § 1360 a). Ebenso steht es dem Vorschußanspruch nicht entgegen, daß die anwaltlichen Tätigkeiten, die für die Rechtsverfolgung notwendig waren, bereits entfaltet waren (BGH FamRZ 85, 802, 803). Aus dem Vorschußcharakter folgt, daß das Geleistete zurückgefordert werden kann, 50 wenn die Voraussetzungen, unter denen der Vorschuß verlangt werden konnte, nicht mehr gegeben sind (BGH FamRZ 85, 802; 90, 491; OLG Karlsruhe FamRZ 86, 376). Ein solcher Rückforderungsanspruch kommt in Betracht, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers wesentlich gebessert haben oder wenn die Rückzahlung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Dies richtet sich bei einem Rechtsstreit unter getrenntlebenden Eheleute nicht nach der Kostenentscheidung im Hauptprozeß (BGH FamRZ 85, 802; 90, 491). Die Kostenentscheidung betrifft nur die prozessuale Kostentragungspflicht und beruht allein auf der Tatsache des (teilweisen) Unterliegens. Um einen RückZahlungsanspruch anzunehmen, müssen weitere Umstände hinzukommen, die eine solche Entscheidung als billig erscheinen lassen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 1360 a Abs. 4 von Anfang an nicht gegeben waren, wobei es nicht allein darauf ankommt, ob der Vorschuß durch Täuschung oder sonstige Arglist erlangt worden war (BGH FamRZ 90, 491). Der RückZahlungsanspruch ist als familienrechtlicher Ausgleichsanspruch besonderer Art anzusehen, der sich aus den unterhaltsrechtlichen Vorschriften ableiten läßt (BGH FamRZ 90, 491; Göppinger, Rdn. 565); auf § 818 Abs. 3 kann sich daher der Vorschußempfänger nicht berufen. Auf einen Prozeß des Vorschußempfangers gegen einen Dritten sind diese Grundsätze in gleicher Weise anzuwenden, wenn der Ehegatte unterlegen ist. Im Falle des Obsiegens hat er die vom Prozeßgegner erstatteten Kosten dagegen an den Vorschußgeber abzuführen, wobei es dahinstehen kann, ob sich diese Pflicht unmittelbar aus § 1360 a Abs. 4 ergibt (so: Gernhuber, § 21 IV 6) oder ob Bereicherungsrecht anzuwenden ist (Soergel\ Lange, Rdn. 33 zu § 1360 a; MüKo¡Wache, Rdn. 31 zu § 1360 a; Göppinger, Rdn. 566). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist umstritten, ob sich aus dem Grundgedan- 51 ken des § 1360 a Abs. 4 eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, auf seine Kosten dem Unterhaltsgläubiger einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen, herleiten läßt. Einigkeit besteht darin, daß der Gläubiger, auch wenn der Schuldner den Unterhalt regelmäßig, pünktlich und vollständig zahlt, ein Rechtsschutzinteresse an der Erlangung eines vollstreckbaren Titels hat. Zum Teil wird indessen angenommen, daß in diesem Fall der Gläubiger die Kosten der Titulierung zu tragen habe (OLG Hamm FamRZ 83, 69; 85, 506; OLG Schleswig FamRZ 83, 828). Demgegenüber vertreten andere den Standpunkt, daß der Unterhaltsschuldner die Kosten der Beurkundung aufbringen müsse (OLG Karlsruhe FamRZ 84, 584; OLG Frankfurt FamRZ 84, 1230). Der ersten Ansicht ist der Vorzug zu geben. Auch wenn § 1360 a Abs. 4 als Anspruchsgrundlage herangezogen werden könnte, führt dies nicht dazu, den Unterhaltsschuldner zur Tragung der Kosten der Beurkundung heranzuziehen. Denn es entspricht nicht der Billigkeit, dem freiwillig und pünktlich zahlenden Unterhaltspflichtigen die Kosten der Beurkundung aufzubürden (a. A.: OLG Frankfurt FamRZ 84, 1230). Erkennt der Unterhaltsschuldner in einem Rechtsstreit den Klageanspruch in einem solchen Fall sofort an, hat der Gläubiger nach § 93 ZPO die Kosten zu tragen. Gerhard Griesche

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§§1361 a; 1361b BGB

Wirkungen der Ehe im allgemeinen

4. Anwendbarkeit der §§ 1360 b, 1605 52 Nach § 1361 Abs. 4 S. 4 ist auch die Vorschrift des § 1360 b entsprechend anzuwenden. Im Zweifel besteht also kein Anspruch auf Rückzahlung zuviel entrichteten Unterhalts. Bei Getrenntleben wird es aber in der Regel leichter sein, die Vermutung des § 1360 b zu widerlegen, als dies bei einer intakten Ehe der Fall ist. Indessen ist aus dem Getrenntleben allein keine Rückforderungsabsicht herzuleiten. Verwiesen wird ferner auf den Auskunftsanspruch nach § 1605. Auskunft kann nur verlangt werden, wenn der Unterhaltsanspruch von den wirtschaftlichen Verhältnissen der getrenntlebenden Eheleute abhängt (BGH FamRZ 82, 1189, 1192). Steht dagegen fest, daß die verlangte Auskunft den Unterhaltsanspruch in keiner Weise beeinflussen kann, ist die Auskunftsklage abzuweisen (BGH FamRZ 82, 996). Im einzelnen wird auf die Kommentierung der Vorschrift des § 1605 Bezug genommen.

§ 1361 a BGB* Hausratsverteilung bei Getrenntleben (1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann jeder von ihnen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten herausverlangen. Er ist jedoch verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum Gebrauch zu überlassen, soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht. (2) Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, werden zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt. (3) Können sich die Ehegatten nicht einigen, so entscheidet das zuständige Gericht. Dieses kann eine angemessene Vergütung für die Benutzung der Haushaltsgegenstände festsetzen. (4) Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt, sofern die Ehegatten nichts anderes vereinbaren. § 1361 b BGB* Ehewohnung bei Getrenntleben (1) Leben die Ehegatten getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, daß ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überläßt, soweit dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht. (2) Ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung zu überlassen, so kann er vom anderen Ehegatten eine Vergütung für die Benutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

* Die Vorschriften sind im Rahmen der Hausratsverordnung (dort § 1 8 a Rdn. 7 ff und 23 ff) kommentiert. 20

Hans-Werner Fehmel

Vor §§1372-1390 BGB

Vorbemerkungen

Eheliches Güterrecht Vorbemerkungen zu den §§ 1 3 7 2 - 1 3 9 0 BGB Schrifttum v. Bar Internationales Privatrecht; Böhmer Das Ehe- und Familienrecht im Einigungsvertrag mit IPR und Ubergangsvorschriften, StAZ 90, 357; Bosch Familien- und Erbrecht als Themen der Rechtsangleichung nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland — Teil III: Eheliches Güterrecht — FamRZ 91, 1001; Brudermülkrj Wagenit? Das Ehe- und Familienrecht in den neuen Bundesländern, FamRZ 90, 1294; Dörner/Mejer-Sparenberg Rechtsanwendungsprobleme im Privatrecht des vereinten Deutschlands, DtZ 91, 1; Eherhardt Die Novellierung des Familiengesetzbuchs der DDR, FamRZ 90, 917; Grandhe Familienrecht in der ehemaligen DDR nach dem Einigungsvertrag, DtZ 90, 321; Henrich Probleme des interlokalen und des internationalen Ehegüterund Erbrechts nach dem Einigungsvertrag, IPRax 91, 14; ders. Probleme der deutschen Rechtseinheit im Familienrecht, FamRZ 91, 873; Jajme Allgemeine Ehewirkungen und Ehescheidung nach dem Einigungsvertrag — Innerdeutsches Kollisionsrecht und Internationales Privatrecht, IPRax 91, 11; Kommentar zum Familiengesetzbuch der DDR, herausgegeben von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Karl-Heinz Eberhardt, Staatsverlag der DDR, 5. Aufl. 1982; Lehrbuch des Familienrechts, herausgegeben von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Anita Grandke, Staatsverlag der DDR, 3. Aufl. 1981; Mansel Zum Anwendungsbereich der Artt. 2 3 0 - 2 3 5 EGBGB, DtZ 91, 124; ders. Staatsverträge und autonomes internationales Privat- und Verfahrensrecht nach der Wiedervereinigung, JR 90, 441; ders. Perspektiven eines deutschen interlokalen Privat- und Verfahrensrechts nach der Wiedervereinigung, IPRax 90, 283; Pawlomski Entwicklungen und Entwicklungstendenzen im Ehe- und Familienrecht in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR, DRiZ 76, 101; Pleyerj Lieser Eheliches Güterrecht und Wirtschaftsordnung in beiden Teilen Deutschlands, FamRZ 70, 1; Rauscher Intertemporale Bestimmungen zum Internationalen Ehegüterrecht im Einigungsvertrag, DtZ 91, 20; Reichel Ergänzende Bemerkungen zur Überleitung des Güterstandes nach Art. 234 § 4 EGBGB — insbesondere zur Ermittlung des Anfangsvermögens, in: Schwab Familienrecht und deutsche Einigung, 1991, S. 86; Wassermann Die güterrechtlichen Beziehungen von Übersiedlern aus der DDR, FamRZ 90, 333; Westen Der Stand des Zivilrechts in der DDR und seine Reformbedürftigkeit, DtZ 90, 1; Wirsing Das eheliche Güterrecht der DDR — Teil einer sozialistischen Gesetzgebung, 1973.

Übersicht Rdn. 1

Einleitung A. Artikel 236 E G B G B §§ 1 - 3 I. Allgemeines II. Beurteilungskriterien für die A n w e n d u n g des maßgeblichen IPR III. Interlokales Privatrecht IV. Einzelregelungen

1-10 2 3-6 7—8 9—10

B. Artikel 234 § 4 E G B G B 11-62 I. Allgemeines 11-12 1. Verhältnis zwischen Artt. 234 und 236 EGBGB 11 2. Überblick über die Regelungen des Art. 234 § 4 EGBGB 12 II. Voraussetzungen für die Überleitung der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft 13 — 15 1. Bestehen der Errungenschaftsgemeinschaft am Stichtag 13 — 14 2. Abweichende Vereinbarungen der Ehegatten 15

III. Rechtsfolgen der Überleitung IV. Vermögensauseinandersetzung und Zugewinnausgleich in den Übergangsfallen . . 1. Scheidung vor dem 3. Oktober 1990 (Art. 234 § 4 Abs. 5 EGBGB). Vermögensauseinandersetzung nach § 39 FGB. Analoge Anwendung des Art. 234 § 4 Abs. 5 E G B G B 2. Zugewinnausgleich. Erbrechtliche Lösung 3. Zugewinnausgleich. Güterrechtliche Lösung a) Anfangsvermögen b) Endvermögen c) Sinngemäße Anwendung von § 39 FGB V. Ausschluß der Überleitung 1. Allgemeines 2. Voraussetzungen des Ausschlusses . . 3. Ausschlußverfahren

Wilhelm Baumeister

Rdn. 16 — 17 18 — 25

18 19 20—25 21 22 23-25 26-30 26 27 28 — 30

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Vor § § 1 3 7 2 - 1 3 9 0 BGB

Eheliches G ü t e r r e c h t

Rdn. VI. Rechtsfolgen der Fortgeltungserklärung 31—35 1. Aufrechterhaltung der Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 234 §4 . Abs. 2 Satz 3 EGBGB) 31 2. Einwendungsausschluß (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 4 EGBGB) 32-33 3. Eintragung in das Güterrechtsregister (Art. 234 § 4 Abs. 3 Satz 6 EGBGB) 34 4. Zwangsvollstreckung 35 C.

Das Güterrecht der DDR

36-62

I. Historischer Überblick 36 — 37 II. Gesetzlicher Güterstand 38 — 62 1. Allgemeines 38,-40 2. Gemeinschaftliches Eigentum und Alleineigentum (§ 13 FGB) 41-48

1

Rdn. a) Kriterien zur Abgrenzung von gemeinschaftlichem Eigentum und Alleineigentum b) Gemeinschaftliches Eigentum . . c) Alleineigentum 3. Verteilung des gemeinschaftlichen Vermögens a) Anlaß der Vermögensauseinandersetzung b) Gegenstand der Vermögensauseinandersetzung c) Zuteilung gleicher Anteile . . . . d) Zuteilung ungleicher Anteile . . . e) Verfahren D. Texte Familiengesetzbuch Rechtsanwendungsgesetz OGRL vom 27. Oktober 1983

41 —44 45 — 46 47—48 49 — 62 49 50 — 51 52 53 — 59 60-62 63 64 65

Einleitung Das nach der Wiedervereinigung geltende güterrechtliche Übergangsrecht ist infolge eines Nebeneinanders von Kollisionsregeln des Intertemporalen, Internationalen und Interlokalen Privatrechts äußerst unübersichtlich. Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 gilt in den Ländern der ehemaligen DDR (Beitrittsgebiet) nicht nur das Güterrecht, sondern auch das Internationale Privatrecht (IPR) der Bundesrepublik (Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2 EGBGB). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Artt. 234 § 4, 236 § § 1 - 3 EGBGB. Die Regelungsbereiche der'Artt. 234, 236 EGBGB sind grundverschieden. Während Art. 236 EGBGB die Ablösung des IPR der DDR (einschließlich der das Güterrecht betreffenden Vorschriften des IPR der DDR) durch das IPR der Bundesrepublik zum Gegenstand hat, regelt Art. 234 EGBGB die Einführung des Familienrechts der Bundesrepublik im Beitrittsgebiet. Dabei kommt Art. 236 EGBGB eine doppelte Bedeutung zu. Er regelt primär die Ersetzung des IPR der DDR durch dasjenige der Bundesrepublik in Fällen mit Auslandsberührung, findet jedoch im Bereich innerdeutschen Kollisionsrechts (Interlokales Privatrecht) entsprechende Anwendung und entscheidet daher auch die Frage, von welchem Zeitpunkt an das IPR der DDR durch das Interlokale Privatrecht der Bundesrepublik abgelöst wird (DörnerjMeyer-Sparenberg DtZ 91, 1, 2; BayObLG NJW 91, 1237, 1238). A. Artikel 236 EGBGB §1 Abgeschlossene Vorgänge A u f v o r dem W i r k s a m w e r d e n des Beitritts abgeschlossene V o r g ä n g e bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar.

§2 Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse Die W i r k u n g e n familienrechtlicher Rechtsverhältnisse unterliegen v o n dem W i r k s a m w e r d e n des Beitritts an den Vorschriften des Z w e i t e n Kapitels des Ersten Teils.

§3 Güterstand Die güterrechtlichen W i r k u n g e n v o n Ehen, die v o r dem W i r k s a m w e r d e n des Beitritts geschlossen w o r d e n sind, unterliegen v o n diesem Tag an dem A r t i k e l 1 5 ; dabei tritt an die Stelle des Zeitpunkts 22

W i l h e l m Baumeister

Vor § § 1 3 7 2 - 1 3 9 0 BGB

Vorbemerkungen

der Eheschließung der Tag des Wirksamwerdens des Beitritts. Soweit sich allein aus einem Wechsel des anzuwendenden Rechts nach Satz 1 Ansprüche wegen der Beendigung des früheren Güterstandes ergeben würden, gelten sie bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Beitritts als gestundet.

I. Allgemeines Die Regelungen der Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2 EGBGB haben, soweit das IPR 2 betroffen ist, einen doppelten Zweck. Sie führen im Beitrittsgebiet mit dem Inkraftsetzen des IPR der Bundesrepublik neues Kollisionsrecht ein und schaffen damit ein einheitliches Kollisionsrecht für ganz Deutschland (Rauscher DtZ 91, 20). Die Einzelheiten der Überleitung werden durch Art. 236 EGBGB bestimmt. Gegenstand der Regelung ist die Entscheidung, ob und in welchem Umfang das IPR der DDR bei der Beurteilung von Altfällen weiterhin anwendbar bleibt (Palandt\Heldrich Art. 236 EGBGB Rdn. 1, 2). Im Anschluß an Art. 220 EGBGB bleibt auf vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossene Vorgänge das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar (Artt. 220 Abs. 1, 236 § 1 EGBGB), unterliegen die Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse vom 3. Oktober 1990 an dem IPR der Bundesrepublik (Artt. 220 Abs. 2, 236 § 2 EGBGB) und richten sich die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die vor dem 3. Oktober 1990 geschlossen worden sind, von diesem Tage an nach Art. 15 EGBGB (Artt. 220 Abs. 3 Satz 2, 236 § 3 EGBGB).

II. Beurteilungskriterien für die Anwendung des maßgeblichen IPR Bei am 3. Oktober 1990 noch nicht abgeschlossenen Vorgängen (vgl. dazu D'orner\ 3 Mejer-Sparenberg DtZ 91, 1, 5) bereitet die Anwendung des Ubergangsrechts keine besonderen Schwierigkeiten. So unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die nach dem 2. Oktober 1990 geschlossen worden sind, von Anfang an der Regelung des Art. 15 EGBGB (Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2, 236 § 2 EGBGB). Umso problematischer ist dagegen die Ermittlung des maßgeblichen IPR für die Beurteilung der am 3. Oktober 1990 abgeschlossenen Vorgänge (Art. 236 § 1 EGBGB) sowie der familienrechtlichen, insbesondere der güterrechtlichen Wirkungen bis zum 2. Oktober 1990 (Art. 236 § 2, 3 EGBGB). Das Gesetz regelt diese Frage nicht (Brudermüller\Wagenit^ FamRZ 90, 1294; Dörnerj Meyer-Sparenberg aaO S. 2; Rauscher aaO S. 21). Auch eine spätere Regelung ist nicht geplant (BT-Drucks. 11/7817 S. 36, 37). Vor dem Beitritt unterlag die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts bei Sachver- 4 halten mit Auslandsbeziehung dem jeweiligen IPR der Bundesrepublik und der DDR. In der Bundesrepublik galten die Artt. 3 — 38 EGBGB, in der DDR das Rechtsanwendungsgesetz (RAG) vom 5. Dezember 1975 (GBL I S. 748), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Januar 1990 (GBl. I S. 10). Bei Sachverhalten mit zusätzlicher oder ausschließlicher innerdeutscher Beziehung fand in der DDR das RAG unmittelbare Anwendung, in der Bundesrepublik, die die DDR nicht als Ausland behandelte, galt das Innerdeutsche Kollisionsrecht, das im wesentlichen in einer entsprechenden Anwendung des IPR bestand. Ein einheitliches deutsches Kollisionsrecht zur Beurteilung von Sachverhalten mit innerdeutschen Beziehungen gab es indes nicht. Daran fehlt es auch nach dem Beitritt in dem Bereich, in dem Art. 236 § 1 EGBGB für abgeschlossene Vorgänge ein Nebeneinander des IPR der Bundesrepublik und der DDR vorsieht. Gleichwohl besteht bis zur endgültigen und vollständigen Rechtsangleichung ein 5 dringendes Bedürfnis nach einheitlichen innerdeutschen Kollisionstegeln zur Beurteilung der Frage, ob auf einen Sachverhalt mit Auslandsbeziehung das IPR der Bundesrepublik oder das RAG der DDR zur Anwendung kommt. Davon ist schon deshalb Wilhelm Baumeister

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Vor § § 1 3 7 2 - 1 3 9 0 BGB

Eheliches Güterrecht

auszugehen, weil die Beurteilung internationalprivatrechtlicher und innerdeutscher Rechtskonflikte in ganz Deutschland einheitlich sein muß und nicht dem Zufall überlassen werden darf, ob ein Gericht im ehemaligen Bundesgebiet oder ein solches des Beitrittsgebietes angerufen wird (Rauscher aaO S. 20, 21; unklar Palandtj Heldrich Art. 236 Rdn. 4, 5; a. M. offenbar Dörner[Meyer-Sparenberg aaO S. 2, 3). Problematisch ist, nach welchen Grundsätzen das maßgebliche IPR in den Fällen bestimmt wird, in denen Art. 236 EGBGB das bisherige IPR für anwendbar erklärt. Ein Vorrang des Innerdeutschen Kollisionsrechts der Bundesrepublik gegenüber dem RAG läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dies folgt insbesondere nicht aus Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2 EGBGB, zumal das Innerdeutsche Kollisionsrecht bislang nicht die Funktion zur Entscheidung der Frage hatte, ob auf einen Sachverhalt mit Auslandsbeziehung das IPR der Bundesrepublik oder der DDR Anwendung findet; jeder Teilstaat ging nach dem lex fori-Prinzip von der Anwendung seines IPR aus. Es handelt sich daher um eine neue Fragestellung, die in entsprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB durch Ermittlung der engsten Verbindung zu lösen ist (Rauscher aaO S. 21; Palandt/Heldrich Art. 236 EGBGB Rdn. 7). 6

Soweit güterrechtliche Fragen in Rede stehen, ist zwischen der Anwendung von Art. 15 EGBGB und § 19 RAG zu entscheiden. Als Kriterien zur Ermittlung der engsten Verbindung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB kommen der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten, der gewöhnliche Aufenthalt eines Ehegatten mit deutscher Staatsangehörigkeit oder auch die Belegenheit von Vermögensgegenständen in der Bundesrepublik oder der DDR in Betracht. Soweit der Sachverhalt mit Auslandsbeziehung keinerlei Anknüpfungspunkte zur Bestimmung des maßgeblichen IPR bietet, soll die Regelung des EGBGB als die den Beitritt überdauernde Rechtsordnung den Vorrang haben (Rauscher u. PalandtjHeldrich aaO).

III. Interlokales Privatrecht 7

Der primäre Anwendungsbereich des Art. 236 § 1 EGBGB ist die Bestimmung des maßgeblichen IPR bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung. Soweit der Sachverhalt lediglich eine Inlandsbeziehung aufweist, besteht aber dieselbe Problematik. Die Auffassung von PalandtjHeldrich (Art. 236 EGBGB Rdn. 4—6), daß für die Lösung dieser Konflikte von einem Vorrang des Innerdeutschen Kollisionsrechts (analoge Anwendung des EGBGB) auszugehen sei, ist aus denselben Gründen abzulehnen, die für die Verneinung eines entsprechenden Vorrangs bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung maßgebend sind (Rdn. 5). Es fehlt an einem geschriebenen oder ungeschriebenen Kollisionsrecht zur Entscheidung der vorrangigen Frage, ob auf einen Sachverhalt mit Inlandsbeziehung das bisherige Innerdeutsche Kollisionsrecht der Bundesrepublik oder das RAG der DDR Anwendung finden soll; ein solches Kollisionsrecht konnte daher auch nicht gemäß Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2 EGBGB auf das Beitrittsgebiet erstreckt werden. Solange die vollständige Rechtsangleichung noch aussteht und soweit Art. 236 § 1 EGBGB auch weiterhin die Anwendung des bisherigen IPR vorsieht, kann die Frage, ob auf einen Sachverhalt mit Inlandsbeziehung das Innerdeutsche Kollisionsrecht oder das RAG Anwendung findet, auch hier nur im Wege einer entsprechenden Anwendung von Art. 236 §§ 1 - 3 EGBGB (Rdn. 1 a. E.; BayOblG N J W 91, 1237, 1238; Mansel DtZ 91, 124, 128 m. w. N.;. Dörnerj Meyer-Sparenberg DtZ 91, 1, 2; BT-Drucks. 11/7817 S. 37; a. M. PalandtjHeldrich, Anh. zu Art. 3 EGBGB Rdn. 1 und Art. 236 EGBGB Rdn. 4, 7; v. Bar, IPR II, Rdn. 127; abweichend auch BGH FamRZ 91, 421, 422 zum Versorgungsausgleich, ohne auf die Problematik einzugehen) und bei abgeschlossenen Vorgängen (Art. 236 § 1 EGBGB) durch eine sinngemäße Heranziehung der Grundsätze des Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB entschieden werden (Rdn. 5; Mansel aaO S. 126; ders. JR 90, 448). 24

Wilhelm Baumeister

Vor §§1372-1390 BGB

Vorbemerkungen

In der Praxis dürften die beiden dargestellten Methoden zur Ermittlung des maßgeb- 8 liehen Kollisionsrechts allerdings zu keinen wesentlich unterschiedlichen Ergebnissen führen. Denn die Vertreter einer analogen Anwendung von Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB greifen zur Konkretisierung der engsten Verbindung des Sachverhalts im Sinne dieser Bestimmung auf die Regelungen des EGBGB zurück, die als ein Modell kollisionsrechtlicher Interessenbewertung angesehen werden können (Mansel aaO S. 126 Fn. 21 m. w. N.). Andererseits richten die Befürworter einer ausschließlichen Anwendung Innerdeutschen Kollisionsrechts dieses am Prinzip der engsten Verbindung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB aus {Mansel aaO S. 130; PalandtjHeldrich, Anh. zu Art. 3 EGBGB Rdn. 6 a. E.). IV. E i n z e l r e g e l u n g e n Das auf den Sachverhalt anwendbare IPR ist nach den dargelegten Kriterien in ent- 9 sprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EGBGB zu ermitteln (Rdn. 5, 7). Dabei sind Rück- und Weiterverweisungen, insbesondere diejenigen des Art. 4 Abs. 1 EGBGB und des § 3 RAG, zu beachten. Die Anwendung des RAG kommt nur noch in engem Rahmen in Betracht: auf vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossene Vorgänge (Art. 236 § 1 EGBGB) sowie auf familienrechtliche Rechtsverhältnisse und für die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen bis zum 2. Oktober 1990 (Art. 236 §§ 2, 3 EGBGB). Im übrigen wird das RAG durch die Regelungen des EGBGB abgelöst (Arn. 8 EinigsV, 230 Abs. 2, 236 EGBGB). Von besonderer Bedeutung sind hier die Bestimmungen des Art. 236 § 3 EGBGB. 1 0 Danach unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der vor dem 3. Oktober 1990 geschlossenen Ehen von diesem Tag an dem Art. 15 EGBGB. Nach welchen Bestimmungen sich die güterrechtlichen Wirkungen dieser Ehen bis zum 2. Oktober 1990 richten, sagt das Gesetz nicht, jedoch wird man in Anwendung von Artt. 8 EinigsV, 236 § 1 EGBGB davon auszugehen haben, daß bis zu diesem Zeitpunkt das bisherige IPR maßgebend ist {PalandtjHeldrich Art. 236 EGBGB Rdn. 10). Es wird aber die Aufgabe der Rechtsprechung sein, die damit zusammenhängenden mißlichen Rechtsfolgen (Abwicklung mehrerer Güterstände) durch eine geeignete Reduzierung des Regelungsinhalts von Art. 236 §§ 1, 3 EGBGB zu mildern (a.M. Rauscher DtZ 91, 20, 21 f). Dies entspricht jedenfalls der Tendenz der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie sie in den Entscheidungen zu der vergleichbaren Regelung des Art. 220 Abs. 3 EGBGB zum Ausdruck kommt (FamRZ 86, 1200, 1202; 87, 679, 680; vgl. auch Rdn. 16, 17). Der BGH vermeidet im Falle eines aufgrund der Übergangsvorschriften eintretenden Statutenwechsels die Annahme gesonderter aufeinanderfolgender Güterstände mit doppelter Auseinandersetzung (BGH aaO). B. Artikel 234 EGBGB §4 Eheliches Güterrecht (1) Haben die Ehegatten am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gelebt, so gelten, soweit die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben, v o n diesem Zeitpunkt an die Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. (2) Jeder Ehegatte kann, sofern nicht vorher ein Ehevertrag geschlossen oder die Ehe geschieden worden ist, bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Beitritts dem Kreisgericht gegenüber erklären, daß für die Ehe der bisherige gesetzliche Güterstand fortgelten solle. § 1411 Wilhelm Baumeister

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Vor §§1372-1390 BGB

Eheliches Güterrecht

des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. Wird die Erklärung abgegeben, so gilt die Überleitung als nicht erfolgt. Aus der Wiederherstellung des ursprünglichen Güterstandes können die Ehegatten untereinander und gegenüber einem Dritten Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft, das nach der Überleitung zwischen den Ehegatten oder zwischen einem von ihnen und dem Dritten vorgenommen worden ist, nicht herleiten. (3) Für die Entgegennahme der Erklärung nach Absatz 2 ist jedes Kreisgericht zuständig. Die Erklärung muß notariell beurkundet werden. Haben die Ehegatten die Erklärung nicht gemeinsam abgegeben, so hat das Kreisgericht sie dem anderen Ehegatten nach den für Zustellungen von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung bekanntzumachen. Für die Zustellung werden Auslagen nach § 137 Nr. 2 der Kostenordnung nicht erhoben. Wird mit der Erklärung ein Antrag auf Eintragung in das Güterrechtsregister verbunden, so hat das Kreisgericht den Antrag mit der Erklärung an das Registergericht weiterzuleiten. Der auf Grund der Erklärung fortgeltende gesetzliche Güterstand ist, wenn einer der Ehegatten dies beantragt, in das Güterrechtsregister einzutragen. Wird der Antrag nur von einem der Ehegatten gestellt, so soll das Registergericht vor der Eintragung den anderen Ehegatten hören. Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. (4) In den Fällen des Absatzes 1 gilt für die Auseinandersetzung des bis zum Wirksamwerden des Beitritts erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens § 39 des Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik sinngemäß. (5) Für Ehegattert, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschieden worden sind, bleibt für die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens und für die Entscheidung über die Ehewohnung das bisherige Recht maßgebend. (6) Für die Beurkundung der Erklärung nach Absatz 2 und der Anmeldung zum Güterrechtsregister sowie für die Eintragung in das Güterrechtsregister beträgt der Geschäftswert 5000 Deutsche Mark.

I. Allgemeines 1. Verhältnis zwischen Artt. 234 und 236 EGBGB 11

Während Art. 236 EGBGB die Überleitung des IPR regelt, enthält Art. 234 § 4 EGBGB die Überleitungsregelung für die Sachvorschriften des ehelichen Güterrechts. Bei der Prüfung, welches Recht auf einen Sachverhalt Anwendung findet, wird Art. 236 EGBGB den Vorschriften des Art. 234 § 4 EGBGB vorgeschaltet. Nach Art. 236 EGBGB ist in drei Stufen zu entscheiden: welches IPR eingreift, ob in Anwendung dieses IPR ausländisches oder deutsches Recht gilt und schließlich, wenn deutsches Recht Anwendung findet, ob das Recht der Bundesrepublik oder des Beitrittsgebiets maßgebend ist. Führt diese Prüfung zu der Feststellung, daß das Recht des Beitrittsgebiets anzuwenden ist, ergibt sich aus Art. 234 § 4 EGBGB, ob und in welcher Form das Recht der früheren DDR oder das übergeleitete Recht der Bundesrepublik gilt (vgl. Rdn. 1 — 10). 2. Überblick über die Regelungen des Art. 234 § 4 EGBGB

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Die Regelung steckt zunächst ihren gegenständlichen Anwendungsbereich ab. Sie gilt nur für Ehegatten, die am 3. Oktober 1990 00.00 Uhr verheiratet waren (Abs. 1, 5). Auf die güterrechtlichen Verhältnisse von Ehegatten, die die Ehe am 3. Oktober 1990 oder später geschlossen haben, findet von vornherein das neue Recht Anwendung (Artt. 8 EinigsV, 234 § § 1 , 4 Abs. 1 EGBGB). Umgekehrt gilt für Ehegatten, die vor dem 3. Oktober 1990 rechtskräftig geschieden worden sind, das bisherige Recht weiter (Abs. 5). Soweit die Ehegatten am 3. Oktober 1990 00.00 Uhr im Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der DDR (Errungenschaftsgemeinschaft) gelebt haben, gelten von diesem Zeitpunkt an die Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft; die Ehegatten können aber etwas anderes vereinbaren (Abs. 1). Für Ehegatten, die am 3. Oktober 1990 in Gütertrennung gelebt haben, trifft 26

Wilhelm Baumeister

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Vorbemerkungen

das Gesetz keine Regelung (dazu Rdn. 14). Die Überleitung der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft bleibt während einer Übergangszeit in der Schwebe. Die Ehegatten können in Anlehnung an Art. 8 I Nr. 3 GleichberG und § 2 Abs. 1 Satz 1 VFGüterstandsG binnen einer Frist von zwei Jahren nach dem 3. Oktober 1990 erklären, daß für sie der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft fortgelten soll (Abs. 2, 3). Ebenfalls in Anlehnung an § 5 VFGüterstandsG wird bestimmt, daß für die Beurkundung der Fortgeltungserklärung (Abs. 2) immer von einem festen Geschäftswert in Höhe von 5000,— DM auszugehen ist (Abs. 6). Soweit die Überleitung des Güterstandes erfolgt, soll für die Auseinandersetzung des bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens der Ehegatten § 39 FGB sinngemäß gelten (Abs. 4).

II. Voraussetzungen für die Überleitung der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft Die Überleitung der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft hängt 13 von der doppelten Voraussetzung ab, daß die Ehegatten am 3. Oktober 1990 00.00 Uhr im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gelebt und nichts anderes vereinbart haben. 1. Bestehen der Errungenschaftsgemeinschaft am Stichtag Die Überleitung in die Zugewinngemeinschaft erfolgte nur dann, wenn zwischen den Parteien am Stichtag der gesetzliche Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft (Errungenschaftsgemeinschaft) bestand (§§ 13 — 16 FGB). Dies traf in den weitaus meisten Fällen zu, weil die Ehegatten zwar von den Regelungen des § 13 FGB abweichende Vereinbarungen treffen (§14 FGB a. F.), aber den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nicht ausschließen konnten (Lehrbuch S. 131). Gleichwohl gibt es Fälle, in denen sie am Stichtag in Gütertrennung lebten. Zum einen sah bereits das bisherige Recht eine Klage auf vorzeitige Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft vor (§ 41 FGB). Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes erfolgte durch Gestaltungsurteil oder durch Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs. Als Folge des gerichtlichen Gestaltungsurteils oder des Vergleichs trat Gütertrennung ein (Lehrbuch S. 139). Außerdem ist § 14 FGB durch das Gesetz zur Änderung des Familiengesetzbuches der DDR — Erstes Familienrechtsänderungsgesetz — vom 20. Juli 1990 (GBl. I S. 1038) geändert worden. Die geänderte Fassung trat am 1. Oktober 1990 in Kraft und hatte bis zur Ablösung durch das Recht der Bundesrepublik (Artt. 8 EinigsV, 230 Abs. 2 EGBGB) eine Lebensdauer von 48 Stunden (vgl. Böhmer StAZ 90, 357). Nach § 14 Abs. 2 FGB n. F. konnten die Ehegatten Eheverträge schließen, insbesondere den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ausschließen und Gütertrennung vereinbaren (Eberhardt FamRZ 90, 920). Ehegatten, die am 1. und 2. Oktober 1990 Gütertrennung vereinbart haben, lebten daher am Stichtag nicht mehr im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Das Gesetz läßt die güterrechtliche Behandlung von Ehegatten, zwischen denen am 14 Stichtag Gütertrennung bestand, in den Übergangsvorschriften ungeregelt. Zu erwägen ist, ob der Güterstand der Gütertrennung auch in diesen Fällen in unmittelbarer Anwendung von Artt. 8, 230 Abs. 2, 234 § 1 EGBGB in die Zugewinngemeinschaft übergeleitet wurde. Die Frage ist zu verneinen, weil Art. 234 § 4 EGBGB diesen Regelungen als lex specialis vorgeht. Sein Wortlaut und Sinngehalt läßt sich mit der Annahme, daß auch der Güterstand der Gütertrennung in die Zugewinngemeinschaft übergeleitet wurde, Wilhelm Baumeister

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nicht vereinbaren. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der entsprechenden Übergangsvorschrift des Art. 8 I Nr. 5 GleichberG, wonach der bisherige Güterstand der Gütertrennung in die Gütertrennung des Gleichberechtigungsgesetzes übergeleitet wurde. Dies galt sowohl für den Fall, daß die Gütertrennung alten Rechts durch Ehevertrag vereinbart worden war, als auch dann, wenn sie — von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen — kraft Gesetzes eingetreten war (vgl. SoergeljLange, GleichberG Rdn. 9; vgl. auch unter Rdn. 15). Der Güterstand der Gütertrennung bleibt daher bestehen.

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2. Abweichende Vereinbarungen der Ehegatten Die Überleitung in die Zugewinngemeinschaft trat auch in den Fällen, in denen die Ehegatten am Stichtag im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft lebten, nicht ein, soweit sie etwas anderes vereinbart haben. Diese Einschränkung ist der rechtsähnlichen Übergangsregelung des Art. 8 I Nr. 3 Abs. 1 GleichberG nachgebildet. Es kann daher auch auf die dazu vertretenen Auffassungen zurückgegriffen werden. Danach ist der Übergang von der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft sowohl im Falle einer vor dem Stichtag (Rdn. 13, 14: Vereinbarung der Gütertrennung durch notarielle Beurkundung oder durch Abschluß eines entsprechenden Prozeßvergleichs) als auch im Falle einer nachträglich getroffenen Vereinbarung ausgeschlossen (SoergeljLange aaO Rdn. 7; Palandt\Diederichsen Art. 234 § 4 EGBGB Rdn. 6).

III. Rechtsfolgen der Überleitung 16

Das Gesetz regelt die Rechtsfolgen der Überleitung nicht ausdrücklich. Eine vordergründige Betrachtung könnte zu dem Ergebnis führen, daß die Ehegatten bis zum 2. Oktober 1990 im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft und ab 3. Oktober 1990 im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, so daß beide Güterstände getrennt und unabhängig voneinander auseinanderzusetzen sind. Gerade dies ist aber nicht gemeint. Dagegen spricht insbesondere der Umstand, daß die Errungenschaftsgemeinschaft nicht abgewickelt, sondern in die Zugewinngemeinschaft übergeleitet wird (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 3 EGBGB). Dieser Auffassung steht auch Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB nicht entgegen. Die darin vorgesehene Auseinandersetzung des im Rahmen der Errungenschaftsgemeinschaft bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens in sinngemäßer Anwendung des § 39 FGB besagt nicht, daß die Errungenschaftsgemeinschaft mit dem Stichtag aufgelöst wird. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers stellt dies nur eine Regelung für die künftige Auseinandersetzung des Güterstandes dar; eine vorzeitige Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft soll vermieden werden (BT-Drucks. 11/7817 S. 43, 44). Für eine vorzeitige Auseinandersetzung fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage. Denn nach den §§ 39, 41 FGB endet die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft erst mit der Beendigung der Ehe (Tod eines Ehegatten, Rechtskraft eines Ehescheidungs- oder Nichtigkeitsurteils, rechtskräftige Todeserklärung eines Ehegatten) oder im Falle eines nach § 41 FGB ergehenden rechtskräftigen Gestaltungsurteils oder abgeschlossenen Prozeßvergleichs (Lehrbuch S. 131, 132). Einen weiteren Aufhebungsgrund hat das Gesetz dem nicht hinzugefügt ( P a l a n d t j Diederichsen Art. 234 § 4 EGBGB Rdn. 10).

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Vor diesem Hintergrund ist im Anschluß an die Rechtsprechung des BGH zu der vergleichbaren intertemporalen Übergangsregelung des Art. 220 Abs. 3 EGBGB davon auszugehen, daß der in die Zugewinngemeinschaft übergeleitete gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft das gesamte Vermögen der Ehegatten umfaßt, 28

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Vorbemerkungen

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ohne daß eine güterrechtliche Aufspaltung in zwei sich einander ablösende Güterstände erfolgt (BGH FamRZ 86, 1200, 1202; 87, 679, 680; PalandtjHeldrich Art. 15 EGBGB Rdn. 12, 13; PalandtjDiederichsen Art. 234 § 4 EGBGB Rdn. 10). Dies hat zur Folge, daß sich das Anfangs vermögen der Ehegatten (§ 1374 BGB) nach dem Datum der Eheschließung und nicht dem Zeitpunkt der Überleitung des Güterstandes (3. Oktober 1990) richtet PalandtjDiederichsen aaO). Die Regelung des Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB, wonach § 39 FGB sinngemäß anzuwenden ist, hat nur noch im Rahmen des übergeleiteten Güterstandes der Zugewinngemeinschaft Bedeutung für die Berechnung der Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 BGB) und für die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Auseinandersetzung des bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens der Ehegatten (PalandtjDiederichsen aaO Rdn. 10, 18—23; siehe unten Rdn. 1 8 - 2 5 ) .

IV. Vermögensauseinandersetzung und Zugewinnausgleich in den Übergangsfallen 1. Wenn die Ehegatten bereits vor dem 3. Oktober 1990 rechtskräftig geschieden 1 8 worden sind, erfolgt die Auseinandersetzung des Eigentums und Vermögens ausschließlich nach § 39 FGB (Abs. 5). Daß das Auseinandersetzungsverfahren am 3. Oktober 1990 bereits rechtshängig war, wird nicht vorausgesetzt (PalandtjDiederichsen Art. 234 § 4 EGBGB Rdn. 4, 5). Allerdings ist die Regelung des Art. 234 § 4 Abs. 5 EGBGB redaktionell zu eng. Sie knüpft nur an die Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft durch rechtskräftige Scheidung vor dem 3. Oktober 1990 an, läßt dabei aber außer Betracht, daß die rechtskräftige Scheidung nur einer von mehreren Gründen für die Beendigung der Ehe ist, die die gleichzeitige Beendigung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft auslöst (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FGB). Die Ehe wird auch durch den Tod eines Ehegatten, die Rechtskraft eines Urteils auf Nichtigkeitserklärung der Ehe sowie durch die Rechtskraft eines Beschlusses beendet, der die Todeserklärung eines Ehegatten ausspricht (Lehrbuch S. 131, 132; Kommentar § 39 S. 111). Die Bestimmung des §234 § 4 Abs. 5 EGBGB ist daher in analoger Anwendung auf diese Beendigungsgründe zu erstrecken. Anderenfalls wäre die gesetzliche Regelung lückenhaft und ergäbe auch keinen Sinn, weil die bereits vor dem 3. Oktober 1990 beendete Errungenschaftsgemeinschaft mangels Fortbestehens nicht in die Zugewinngemeinschaft übergeleitet worden sein kann (Art. 234 § 4 Abs. 1 EGBGB). Hinzu kommt, daß eine solche analoge Anwendung auch im Interesse einer Harmonisierung mit Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB und § 1371 Abs. 1 BGB geboten ist. Denn die Durchführung der erbrechtlichen Lösung durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils (§ 1371 Abs. 1 BGB) kann naturgemäß nur dann greifen, wenn der vorverstorbene Ehegatte nach dem Erbrecht des BGB beerbt worden ist; nach Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt aber das bisherige Erbrecht der DDR maßgebend, wenn der Erblasser vor dem 3. Oktober 1990 gestorben ist. 2. In den übrigen Fällen wird der Zugewinnausgleich, wenn die Ehegatten nicht von 1 9 der Option zur Aufrechterhaltung der Errungenschaftsgemeinschaft Gebrauch gemacht haben (Abs. 2, 3), nach den §§ 1371 — 1390 BGB durchgeführt. Soweit es zur erbrechtlichen Lösung kommt (§ 1371 Abs. 1 BGB), bereitet die Anwendung des Übergangsrechts keine besonderen Schwierigkeiten. Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten wird unabhängig davon, ob ein Zugewinn erzielt worden ist, um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Außerdem steht dem überlebenden Ehegatten der Voraus zu (§ 1932 BGB). Daneben findet eine rechnerische Durchführung des Zugewinnausgleichs nicht Wilhelm Baumeister

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statt. Die sinngemäße Anwendung des § 39 FGB kommt daher im Falle der erbrechtlichen Lösung nicht in Betracht. Insoweit ist der Anwendungsbereich des Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB einzuschränken. 20 3. Problematisch ist die Durchführung der güterrechtlichen Lösung des Zugewinnausgleichs (§§1371 Abs. 2, 1372—1390 BGB) insofern, als in diesem Zusammenhang § 39 FGB für die Auseinandersetzung des bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens sinngemäß anzuwenden ist (Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB). Bei richtigem Verständnis dieser Regelung sind nicht zwei selbständige Vermögensmassen auseinanderzusetzen, vielmehr ist § 39 FGB im Rahmen der vorrangigen Durchführung des Zugewinnausgleichs als integraler Bestandteil des Zugewinnausgleichsrechts anzusehen (Rdn. 16, 17). Dabei ist die Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 BGB) wie folgt zu ermitteln: 21

a) Zum Anfangsvermögen (§ 1374 BGB) der Ehegatten gehören die im Zeitpunkt der Eheschließung vorhandenen Gegenstände (Rdn. 17). Hausratsgegenstände, die an sich Bestandteil der Errungenschaftsgemeinschaft waren (Lehrbuch S. 121), bleiben unberücksichtigt (§ 1376 Rdn. 7 — 13). Dies steht nicht in Widerspruch zu Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB, weil die Regelung des § 39 FGB danach nur sinngemäß anzuwenden ist. Der Hausrat ist nach der Hausratsverordnung zu verteilen, die gemäß Art. 8 EinigsV seit dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet ebenfalls geltendes Recht ist (im Ergebnis a. M. Palandtj Diederichsen Art. 234 § 4 Rdn. 39).

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b) Zum Endvermögen der Ehegatten gehören sämtliche am Stichtag vorhandenen Gegenstände einschließlich derjenigen, die sie vor dem 3. Oktober 1990 erworben haben {PalandtjDiederichsen Rdn. 10, 23). Der Wert der im gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten stehenden Gegenstände (§13 Abs. 1 FGB) ist je zur Hälfte im Endvermögen beider Ehegatten anzusetzen. Außerdem muß, um die gemäß § 39 FGB gebotene vorrangige Verteilung des bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinschaftlichen Vermögens im Rahmen der endgültigen Ermittlung der Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 BGB) korrigierend zu neutralisieren, der hälftige Wert der nach § 39 FGB zu Alleineigentum zugeteilten gemeinschaftlichen Gegenstände im Endvermögen des Erwerbers als Aktivposten und in demjenigen des anderen Ehegatten als Passivposten berücksichtigt werden (ähnl. Palandtj Diederichsen Rdn. 23, vgl. auch unten Rdn. 25). Hausratsgegenstände bleiben bei der Ermittlung des Endvermögens ebenso wie beim Anfangsvermögen außer Ansatz (Rdn. 21).

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c) Das bis zum 2. Oktober 1990 erworbene gemeinsame Vermögen der Ehegatten (§13 Abs. 1 FGB) ist in sinngemäßer Anwendung von § 3 9 FGB zu verteilen (vgl. dazu Rdn. 20, 22). Durch diese als lex specialis anzusehende Regelung wird § 1383 BGB hinsichtlich des bis zum 2. Oktober 1990 erworbenen gemeinsamen Vermögens verdrängt, jedoch auch gleichzeitig erweitert, weil § 39 FGB im Gegensatz zu § 1383 BGB die Übertragung von Vermögensgegenständen nicht nur auf den Ausgleichsgläubiger, sondern auch auf den Ausgleichsschuldner gestattet. Für Gegenstände, die nach dem 2. Oktober 1990 erworben werden, gilt nur § 1383 BGB. Dabei ist zu beachten, daß eine mögliche Surrogation von Vermögensgegenständen für die Zeit vor und nach dem 3. Oktober 1990 unterschiedlich geregelt ist. Der Bestimmung des § 13 FGB liegt das Prinzip der Surrogation zugrunde, wonach Erwerb aus einem bestimmten Vermögen wieder in dieses Vermögen zurückfallt (Kommentar S. 49; Lehrbuch S. 130; vgl. auch Rdn. 43). Erwerb von Gegenständen mit in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Geldmitteln begründet gemeinschaftliches Eigentum an den Gegenständen, die Erlöse aus dem Verkauf gemeinschaftlichen Eigentums bleiben gemeinschaftliches Eigentum (Kommentar aaO). Demgegenüber findet nach dem am 3. Oktober 1990 in Kraft getrete30

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Vorbemerkungen

nen Recht des BGB mangels einer entsprechenden Bestimmung keine dingliche Surrogation statt. Die Eigentumsverhältnisse sind daher von diesem Zeitpunkt an nach rechtsgeschäftlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die Bestimmung des § 39 FGB findet auf den Neuerwerb seit dem 3. Oktober 1990 keine Anwendung {PalandtjDiederichsen Rdn. 20). Allerdings sieht § 1370 BGB für die als Ersatz von Hausrat angeschafften Gegenstände in gewissem Umfang eine Surrogation vor, diese Regelung hat aber für den Zugewinnausgleich keine Bedeutung, weil Hausratsgegenstände im Hausratsverfahren verteilt werden (Rdn. 21, 22). Nach § 39 Abs. 1 Satz 3 FGB kann das Gericht im Falle der Zuteilung von Alleineigen- 2 4 tum zugunsten eines Ehegatten dem anderen eine Ausgleichszahlung auferlegen. Für die Anwendung dieser Regelung besteht im Rahmen des Zugewinnausgleichsrechts kein Bedürfnis, weil die nach § 39 FGB verteilten Gegenstände bereits im Endvermögen beider Ehegatten als Aktiv- bzw. Passivposten berücksichtigt werden (Rdn. 22) und die erforderliche Ausgleichung daher bereits im Rahmen der rechnerischen Ermittlung der Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 BGB) erfolgt (abweichend Palandtj Diederichsen Rdn. 23). Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 FGB kann das Gericht auf Antrag ungleiche Anteile 2 5 festlegen. Diese Bestimmung steht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zu der durch § 1378 Abs. 1 BGB angeordneten hälftigen Teilung und kann daher in den Fällen der Überleitung des gesetzlichen Güterstandes nicht angewandt werden. Die Bestimmung des Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB steht nicht entgegen, weil dadurch nur eine sinngemäße Anwendung des § 39 FGB vorgeschrieben wird. Die Bildung unterschiedlicher Quoten ist dem Zugewinnausgleichsrecht, soweit nicht die Voraussetzungen des § 1381 BGB vorliegen, wesensfremd. Vor diesem Hintergrund kann das Gericht das bis zum 2. Oktober 1990 erworbene gemeinschaftliche Vermögen zwar ungleich verteilen, durch den Ansatz der entsprechenden Werte in den Aktiva und Passiva des Endvermögens beider Ehegatten wird aber gewährleistet, daß dem Gläubiger im Ergebnis nur die Hälfte des Zugewinnüberschusses zusteht (Rdn. 22). Unter diesen Umständen kommt § 39 FGB nur die Funktion einer erweiterten Regelung des § 1383 BGB zu (Rdn. 23). V. A u s s c h l u ß der Überleitung 1. Allgemeines Der Übergang der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft 2 6 erfolgt nach dem Vorbild von Art. 8 I Nr. 3 GleichberG und § 1 Abs. 1 Satz 1 VFGüterstandsG kraft Gesetzes (Abs. 1). Diese automatische Einführung der Zugewinngemeinschaft bietet gegenüber der Alternative, den Ehegatten den Güterstandswechsel durch Abschluß eines Gütervertrages zu überlassen, den Vorteil, daß viele Ehegatten davon infolge von Rechtsunkenntnis oder aus Nachlässigkeit keinen Gebrauch gemacht hätten und damit nicht sofort die erbrechtliche Begünstigung erlangt hätten, die ihnen § 1371 Abs. 1 BGB im Falle des Todes eines Ehegatten durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ein Viertel gewährt (BT-Drucks. 11/7817 S. 43). Der Güterstandswechsel soll ihnen aber auch nicht gegen ihren Willen aufgezwungen werden. Deshalb sieht das Gesetz zu Gunsten jedes Ehegatten die Möglichkeit vor, sich binnen einer Frist von zwei Jahren seit dem Beitritt für die Aufrechterhaltung des bisherigen gesetzlichen Güterstandes der Errungenschaftsgemeinschaft zu entscheiden (Abs. 2). Auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge ist die vorgesehene Option aber auch beschränkt. Die Ehegatten können nicht durch einseitige Erklärung einen anderen Güterstand oder Gütertrennung wählen (BT-Drucks. aaO). Unbenommen bleibt ihnen aber die Möglichkeit, ihre güterrechtlichen Verhältnisse auch nach Uberleitung des Güterstandes in die Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag zu regeln. Die ihnen nach den §§ 1408 BGB, 14 FGB n. F. zustehenden Rechte werden durch Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB weder ausgeschlossen noch beschränkt {Palandtj Diederichsen Rdn. 29; Brudermüller FamRZ 90, 1294, 1298).

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2. Voraussetzungen des Ausschlusses Jeder Ehegatte hat das Recht, sich binnen der zweijährigen Frist für die Aufrechterhaltung des bisherigen gesetzlichen Güterstandes der Errungenschaftsgemeinschaft zu entscheiden. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dieser Regelung ist jedoch, daß zwischen den Ehegatten am 3. Oktober 1990 die Errungenschaftsgemeinschaft besteht; anderenfalls kann sie nicht fortgelten (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Wenn sie vor dem 3. Oktober 1990 durch ein nach § 41 FGB ergangenes Gestaltungsurteil beendet worden war, leben die Ehegatten in Gütertrennung und können daher nicht mehr für die Aufrechterhaltung der Errungenschaftsgemeinschaft optieren (Rdn. 13, 14). Dasselbe gilt schon nach dem Wortlaut der Regelung, wenn sie zuvor einen abweichenden Ehevertrag geschlossen haben, insbesondere wenn sie vor oder nach dem 3. Oktober 1990 Gütertrennung vereinbart haben (Rdn. 15). Dagegen steht es der Wirksamkeit der Fortgeltungserklärung nicht entgegen, wenn sie den Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gemäß § 14 FGB lediglich modifiziert haben {PalandtjDiederichsen Rdn. 28). Außerdem wird die Option für den Fall ausgeschlossen, daß die Ehegatten bereits vor Wirksamwerden der Fortgeltungserklärung rechtskräftig geschieden worden sind. Dann soll es bei der Überleitung in die Zugewinngemeinschaft und einem möglicherweise aaO). Weitere bereits durchgeführten Zugewinnausgleich bleiben {PalandtjDiederichsen Gründe für den Ausschluß der Fortgeltungserklärung sieht das Gesetz nicht vor. Jeder Ehegatte kann vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs selbst dann noch für die Errungenschaftsgemeinschaft optieren, wenn er im Verbundverfahren Zugewinnausgleichsansprüche geltend gemacht hatte oder wenn der andere Ehegatte vor Ablauf der Zweijahresfrist verstorben ist {PalandtjDiederichsen aaO).

3. Ausschlußverfahren Die Erklärung kann, wenn die Ehegatten nicht schon vorher einen auf Aufrechterhaltung der Errungenschaftsgemeinschaft gerichteten Ehevertrag geschlossen haben, von jedem Ehegatten allein oder von beiden gemeinsam abgegeben werden (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 EGBGB). Die einseitige Erklärung eines Ehegatten bedarf nicht der Zustimmung des anderen, dieser kann ihr auch nicht widersprechen. Die Erklärung ist, um eine vorherige Beratung der Ehegatten sicherzustellen (BT-Drucks. 11/7817 S. 43), notariell zu beurkunden (Abs. 3 Satz 2) und kann zur Vermeidung von Zuständigkeitsschwierigkeiten gegenüber jedem Kreisgericht (Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1), jedoch entgegen dem Wortlaut dieser Regelung auch gegenüber jedem Amtsgericht abgegeben werden (BT-Drucks. aaO). Inhaltlich ist sie darauf zu richten, daß der bisherige gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft fortgelten soll (Abs. 2 Satz 1). Für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatten gilt die Regelung des § 1411 BGB entsprechend (Abs. 2 Satz 2). 29 Die Erklärung kann nur binnen einer Ausschlußfrist von zwei Jahren abgegeben werden (Abs. 2 Satz 1). Die Frist beginnt am 3. Oktober 1990 00.00 Uhr und endet gemäß §§ 187 Abs. 2,188 Abs. 2 BGB am 2. Oktober 1992 24.00 Uhr {PalandtjDiederichsen Art. 234 § 1 EGBGB Rdn. 6). Mit Rücksicht auf die verhältnismäßig lange Dauer der Erklärungsfrist sind die Vorschriften für die Verjährungshemmung (§§ 203, 206 BGB) anders als bei Art. 8 I Nr. 3 Abs. 2 S. 5 GleichberG nicht für entsprechend anwendbar erklärt worden {Brudermüller FamRZ 90, 1294, 1298).

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Vor §§1372-1390 BGB

Vorbemerkungen

Das Ausschlußverfahren ist eine Angelegenheit der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 3 0 (Abs. 3 Satz 8). Nach Eingang der einseitigen Erklärung eines Ehegatten hat das Gericht diese dem anderen zuzustellen (Abs. 3 Satz 3). Die Zustellung ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gilt fort, sobald die Erklärung bei Gericht eingegangen ist (Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 6). Der Geschäftswert des Verfahrens beträgt nach Art. 234 § 4 Abs. 6 EGBGB stets 5000,— DM (Rdn. 12).

VI. Rechtsfolgen der Fortgeltungserklärung 1. Aufrechterhaltung der Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 3 EGBGB) Die Erklärung wird mit ihrer Abgabe gegenüber dem Gericht wirksam (Rdn. 30). 31 Damit gilt die Überleitung von der Errungenschaftsgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft gemäß Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 3 EGBGB rückwirkend als nicht erfolgt (BT-Drucks. 11/7817 S. 43). Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gilt aufgrund der Erklärung ebenfalls rückwirkend fort (Art. 234 § 4 Abs. 3 Satz 6 EGBGB). Der Güterstand richtet sich nach den §§ 13—16, 39—41 FGB in der Fassung des Ersten Familienrechtsänderungsgesetzes vom 20. Juli 1990 (Rdn. 13). Diese aufgrund der Erklärung eingetretenen Rechtswirkungen können nicht einseitig rückgängig gemacht werden. Die Ehegatten behalten aber das Recht, ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag zu regeln (Rdn. 26). Während des Schwebezustandes aufgrund des Rechts der Zugewinngemeinschaft vorgenommene Rechtshandlungen verlieren vorbehaltlich der Regelung des Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 4 EGBGB ihre Wirksamkeit. Ein in der Zwischenzeit eingeleitetes Zugewinnausgleichsverfahren ist als in der Hauptsache erledigt anzusehen (PalandtjDiederichsen Rdn. 34). Die Anwendung des Zugewinnausgleichsrechts entfällt seinem ganzen Umfang nach. Dies gilt insbesondere für die sich aus § 1371 Abs. 1 BGB ergebenden Vorteile (BT-Drucks. aaO). 2. Einwendungsausschluß (Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 4 EGBGB) Die rückwirkende Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft kann 3 2 dazu führen, daß Rechtsgeschäfte der Ehegatten unwirksam werden, die nach dem während der Schwebezeit anwendbaren Recht der Zugewinngemeinschaft wirksam waren. Dies gilt insbesondere für obligatorische Verträge und Verfügungen über Häuser und Grundstücke, weil § 15 Abs. 2 FGB insoweit weitergehende Verfügungsbeschränkungen vorsieht als dies nach den §§ 1364, 1365, 1369 BGB der Fall ist (vgl. Palandtj Diederichsen Rdn. 36); Verfügungen im Sinne des § 15 Abs. 2 FGB sind auch Miet- oder Nutzungsverträge über Häuser und Grundstücke (Kommentar, § 15 S. 54). Zum Schutz des Rechtsverkehrs bestimmt Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 4 EGBGB, daß solche nach der Überleitung (3. Oktober 1990) vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht nur im Verhältnis zu Dritten, sondern auch im Verhältnis der Ehegatten zueinander wirksam bleiben. Die Schutzfunktion beschränkt sich auf Verfügungen, die zwischen dem 3. Oktober 3 3 1990 und dem Wirksam werden der Fortgeltungserklärung vorgenommen worden sind. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Regelung („nach der Überleitung vorgenommene Rechtsgeschäfte"), muß jedoch ihrem Zweck, den Rechtsverkehr während der Schwebezeit zu schützen, entnommen und auch im Interesse einer angemessenen zeitlichen Limitierung des Vertrauensschutzes angenommen werden. Der Einwendungsausschluß gilt daher nicht für Rechtsgeschäfte, die nach der Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft vorgenommen wurden und wegen Verstoßes gegen § 15 Abs. 2 FGB unwirksam sind. Ein weitergehender Schutz gegenüber solchen RechtsgeWilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

Schäften läßt sich allenfalls durch eine analoge Anwendung von § 1412 Abs. 1 BGB erreichen. Dies erscheint aber zweifelhaft, weil während der Übergangszeit mit der Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft zu rechnen ist und es daher jedem Vertragspartner zugemutet werden kann, sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen abzusichern.

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3. Eintragung in das Güterrechtsregister (Art. 234 § 4 Abs. 3 Satz 6 EGBGB) Der Umstand, daß der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft aufgrund der Erklärung fortgilt, ist auf Antrag eines Ehegatten in das Güterrechtsregister einzutragen (Abs. 3 Satz 6). Der Antrag kann mit der Fortgeltungserklärung verbunden werden; in diesem Fall hat das Kreisgericht (Amtsgericht) ihn ohne nähere Nachprüfung (Brudermüller FamRZ 90, 1294, 1299) an das zuständige Registergericht weiterzuleiten (Abs. 3 Satz 5). Der Eintragungsantrag kann, wenn nur ein Ehegatte die Fortgeltungserklärung abgegeben hat, auch von dem anderen Ehegatten gestellt werden (Abs. 3 Satz 6). Wird der Antrag nur von einem Ehegatten gestellt, soll das Registergericht den anderen Ehegatten vor der Eintragung hören (Abs. 6 Satz 7). Das Verfahren ist eine Angelegenheit der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Abs. 3 Satz 8 i. V. m. §§ 161, 162 FGG). Der Geschäftswert beträgt auch für die Eintragung in das Güterrechtsregister stets 5000,— DM (Abs. 6). 4i Zwangsvollstreckung Soweit der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft aufrechterhalten bleibt, sind für die Zwangsvollstreckung in Gegenstände des gemeinschaftlichen Vermögens der Ehegatten gemäß § 744 a ZPO n. F. die §§ 740—744, 774, 860 ZPO entsprechend anzuwenden (vgl. dazu Wassermann FamRZ 91, 507). C. Das Güterrecht der DDR

I. Historischer Überblick 36

In der Nachkriegszeit galt in beiden Teilen Deutschlands das Güterrecht des BGB. Gesetzlicher Güterstand war derjenige der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes (§§ 1363 — 1425 BGB a. F.). Subsidiärer gesetzlicher Güterstand war die Gütertrennung. Daneben sah das Gesetz die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft als Vertragsgüterstände vor (vgl. SoergeljGaul, vor § 1408 Rdn. 1). Die Rechtsspaltung begann mit dem Inkrafttreten der DDR-Verfassung am 7. Oktober 1949. Anders als in der Bundesrepublik, in der das der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 GG) entgegenstehende Recht bis zum 31. März 1953 in Kraft blieb (Art. 117 GG), hob die Verfassung der DDR (Art. 7, 30, 144) alle Bestimmungen auf, die der Gleichberechtigung von Mann und Frau widersprachen (BrudermüllerjWagenit^ FamRZ 90, 1294, 1297). Damit wurde das Güterrecht des BGB obsolet. In der Folgezeit vom 7. Oktober 1949 bis zum 31. März 1966 ging die Rechtsprechung von der Gütertrennung als gesetzlichem Güterstand aus, entwickelte aber einen Ausgleichsanspruch der nicht berufstätigen Ehefrau hinsichtlich des vom Ehemann durch Berufstätigkeit erworbenen Vermögens (Brudermüller\Wagenit% aaO; Wassermann FamRZ 90, 333, 335; Lehrbuch S. 119).

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Am 1. April 1966 trat das Familiengesetzbuch (FGB) vom 20. Dezember 1965 in Kraft (GBl. 1966 I S. 1), das die Gütertrennung durch die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der Ehegatten (§§ 13 — 16 FGB) als ausschließlichen gesetzlichen Güterstand ersetzte. Der Sache nach handelt es sich um eine Errungenschaftsgemeinschaft, die auch 34

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Vorbemerkungen

als solche bezeichnet wird (vgl. Brudermüller\Wagenit£ u. Wassermann aaO m. w. N.). Der neue gesetzliche Güterstand erfaßte auch das vor dem Inkrafttreten des FGB erworbene Vermögen der Ehegatten, sofern die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 FGB erfüllt waren (§ 4 EGFGB). Seine Bestimmungen galten praktisch ohne nennenswerte Änderungen beinahe 25 Jahre (Eberhardt FamRZ 90, 917). Die erste einschneidende Änderung brachte das Familienrechtsänderungsgesetz vom 20. Juli 1990 (GBl. I S. 1038). Es trat am 1. Oktober 1990 in Kraft und hatte eine Lebensdauer von nur 48 Stunden (Rdn. 13).

II. Gesetzlicher Güterstand 1. Allgemeines Der ausschließliche gesetzliche Güterstand ist die Eigentums- und Vermögens- 3 8 gemeinschaft der Ehegatten (§§ 13 bis 16, 39—41 FGB). Seine Regelungen sind auch in Zukunft von Bedeutung. Er gilt gemäß Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 1, 3 EGBGB fort, wenn ein Ehegatte bis zum 2. Oktober 1992 eine entsprechende Erklärung abgibt (Rdn. 26—30). Soweit die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft in die Zugewinngemeinschaft übergeleitet wird, bleibt § 39 FGB für die Auseinandersetzung des bis zum Wirksamwerden des Beitritts erworbenen gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens gemäß Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB sinngemäß anwendbar (Rdn. 2 0 - 2 5 ) . Der Sache nach ist der gesetzliche Güterstand eine Errungenschaftsgemeinschaft 3 9 (Rdn. 37). Das Gesetz unterscheidet zwischen gemeinschaftlichem und persönlichem Vermögen der Ehegatten (§13 FGB) mit deutlicher Tendenz zugunsten der Bildung gemeinschaftlichen Vermögens (Rdn. 43). Die Ehegatten konnten bereits bisher von § 13 FGB abweichende Vereinbarungen über die Zugehörigkeit einzelner Gegenstände zum gemeinschaftlichen oder alleinigen Vermögen treffen (§ 14 Abs. 1 FGB a. F.), jedoch den gesetzlichen Güterstand nicht ausschließen (Lehrbuch S. 131). Die durch das Familienrechtsänderungsgesetz vom 20. Juli 1990 geänderte Fassung des § 14 Abs. 2 FGB enthält aber insoweit eine Annäherung des gesetzlichen Güterrechts an dasjenige des BGB. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse nunmehr durch Ehevertrag umfassend regeln, den gesetzlichen Güterstand insbesondere auch ausschließen mit der Folge, daß Gütertrennung eintritt (Eberhardt FamRZ 90, 917, 920). Verfügungen über Gegenstände des gemeinschaftlichen Eigentums sind in beiderseitigem Einverständnis der Ehegatten zu treffen, jedoch sind Verfügungen nur eines Ehegatten im Außenverhältnis wirksam, es sei denn, daß dem Dritten ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist (§15 Abs. 1 FGB). Über gemeinschaftliche Häuser, Grundstücke und Gegenstände des ehelichen Haushalts können die Ehegatten nur gemeinsam verfügen (§15 Abs. 2 FGB n. F.). Für Gegenstände des ehelichen Haushalts ist die Verfügungsbefugnis noch weiter eingeschränkt. Jeder Ehegatte kann selbst über die in seinem Alleineigentum stehenden Haushaltsgegenstände nur verfügen, wenn der andere Ehegatte einwilligt (§15 Abs. 3 FGB n. F.). Für gemeinsame Verbindlichkeiten beider Ehegatten haftet das gemeinschaftliche Vermögen uneingeschränkt. Dies wird im Gesetz, weil selbstverständlich, nicht ausdrücklich hervorgehoben (Lehrbuch S. 127). Die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger wird aber durch § 16 FGB noch erweitert. Danach haftet das gemeinschaftliche Vermögen der Ehegatten grundsätzlich auch für die während der Ehe entstandenen persönlichen Verbindlichkeiten und für Unterhaltsverpflichtungen. Die Vermögensgemeinschaft der Ehegatten endet mit Beendigung der Ehe und 4 0 ist dann dinglich auseinanderzusetzen (§ 39 FGB). Darüber hinaus ermöglicht die neu geschaffene Vorschrift des § 39 a FGB gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts auch die Zuteilung von im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Haushaltsgegenständen an den anderen. Bei der Vermögensauseinandersetzung wird das gemeinschaftliche Wilhelm Baumeister

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Vor § § 1 3 7 2 - 1 3 9 0 BGB

Eheliches Güterrecht

Vermögen grundsätzlich zu gleichen Anteilen geteilt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FGB). Soweit die dingliche Verteilung nicht zu gleichen Anteilen führt, ist dem begünstigten Ehegatten die Erstattung der Wertdifferenz aufzuerlegen (§ 39 Abs. 1 Satz 3 FGB). Auf Antrag eines Ehegatten kann das Gericht unter besonderen Umständen ungleiche Anteile am gemeinschaftlichen Vermögen festlegen (§ 39 Abs. 2 Satz 1 FGB). Für die Fälle, in denen auch eine solche Auseinandersetzung zu keiner angemessenen Beteiligung der Ehegatten an dem während der Ehe Erarbeiteten führt, sieht das Gesetz in § 40 FGB über die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens hinaus einen Ausgleichsanspruch vor, der sich gegen das Alleineigentum des anderen Ehegatten richtet. Dieser auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtete Anspruch ist gegeben, wenn ein Ehegatte zur Vergrößerung oder zur Erhaltung des Alleinvermögens des anderen Ehegatten außergewöhnlich beigetragen hat (vgl. dazu Lehrbuch S. 136—138). Die Vermögensauseinandersetzung findet grundsätzlich erst bei Beendigung der Ehe statt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FGB). Wenn es zur Wahrung der Interessen eines Ehegatten oder der minderjährigen Kinder erforderlich ist, kann das Gericht die Vermögensgemeinschaft auch schon während des Bestehens der Ehe vorzeitig aufheben (§ 41 FGB). Dies gilt insbesondere für den Fall des Getrenntlebens (§ 41 Abs. 1 Satz 2 FGB). Die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens erfolgt auch hier auf Klage nach den Grundsätzen des § 39 FGB (§ 41 Abs. 1 Satz 1 FGB).

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2. Gemeinschaftliches Eigentum und Alleineigentum (§ 13 FGB) a) Das Gesetz unterscheidet zwischen drei Vermögensmassen: dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Alleineigentum beider Ehegatten. Kriterium zur Abgrenzung zwischen gemeinschaftlichem Eigentum und Alleineigentum ist neben einem zeitlichen Moment die Herkunft der Vermögensgegenstände. Die während der Ehe durch Arbeit oder aus Arbeitseinkünften erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Eigentum (§13 Abs. 1 FGB), die vor der Eheschließung erworbenen und während der Ehe als Geschenk oder Auszeichnung zugewendeten oder im Wege der Erbschaft erworbenen Gegenstände fallen demgegenüber in das Alleineigentum jedes Ehegatten (§13 Abs. 2 Satz 1 FGB). Ohne Rücksicht auf diese Kriterien sind Alleineigentum jedes Ehegatten auch die zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse (Kleider, Schmuck) oder zur Berufsausübung nur von ihm genutzten Sachen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 FGB).

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Der Erwerb von gemeinschaftlichem Eigentum oder Alleineigentum tritt bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes ein. Auf die beim Erwerbsakt abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen eines oder beider Ehegatten kommt es nicht an (Lehrbuch S. 121; Kommentar S. 47). Die Wirksamkeit des Erwerbs ist aber von der Redlichkeit des Erwerbers abhängig. Werden Gegenstände aufgrund einer strafbaren Handlung oder auf andere Weise unrechtmäßig erworben, entsteht weder persönliches noch gemeinschaftliches Eigentum (Lehrbuch S. 122; Kommentar S. 49 m. w. N.). 43 An sich läßt sich aus den Voraussetzungen für das Entstehen gemeinschaftlichen Vermögens (§13 Abs. 1 FGB) im Wege des Umkehrschlusses folgern, welche Gegenstände Alleinvermögen der Ehegatten sind. Das Gesetz grenzt die Vermögensmassen jedoch ausdrücklich positiv gegeneinander ab (§13 Abs. 2 FGB). Diese Regelung kann zu Schwierigkeiten führen, wenn sich die Herkunft eines Gegenstandes nicht zuverlässig feststellen läßt. Eine Vermutung der Zugehörigkeit von Gegenständen zum gemeinschaftlichen Eigentum oder zum Alleineigentum eines Ehegatten ist im Gesetz nicht ausdrücklich formuliert (Lehrbuch S. 130). Aus der Gesamtkonzeption der Regelung ist aber zu schließen, daß die Vermutung für die Zugehörigkeit zum gemeinschaftlichen Vermögen spricht, wenn sich nicht klären läßt, wie und mit welchen Mitteln ein 36

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Vor § § 1 3 7 2 - 1 3 9 0 B G B

Votbemerkungen

Gegenstand angeschafft worden ist (Lehrbuch aaO; vgl. auch Richtlinie des Obersten Gerichts der D D R vom 27. Oktober 1983 - GBl. I S. 309 - O G R L Nr. 1. 3 und 1. 7). Der Regelung des § 13 F G B liegt das Prinzip der Surrogation zugrunde (Kommentar S. 49). Die Gegenstände bleiben daher unabhängig von ihrer Veränderung in der ursprünglichen Vermögensmasse. Erwerb mit Mitteln des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Alleineigentums begründet wieder gemeinschaftliches Eigentum oder Alleineigentum (Kommentar aaO; Lehrbuch S. 122). Gegenstände, die teilweise mit gemeinschaftlichen und teilweise mit persönlichen Mitteln erworben wurden, gehören zum gemeinschaftlichen Vermögen, wenn nicht der Anteil der verwendeten gemeinschaftlichen Mittel unbedeutend ist ( O G R L vom 27. Oktober 1983 Nr. 1.3). Eine rechtliche Sonderstellung nehmen während der Ehe erworbene Grundstücke 4 4 ein. Nach § 299 Abs. 1 Z G B wird ein Grundstück, das ein verheirateter Bürger mit Mitteln seines persönlichen Eigentums erwirbt, gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten. Das Grundstück fällt aber in das Alleineigentum des Erwerbers, wenn der andere Ehegatte durch eine beglaubigte Erklärung bestätigt, daß die familienrechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb von Alleineigentum erfüllt sind (§13 Abs. 2 FGB), oder wenn die eheliche Vermögensgemeinschaft vorzeitig aufgehoben wird (§§ 299 Abs. 2 Z G B , 41 FGB). b) Gemeinschaftliches E i g e n t u m wird nur während Bestehens der Ehe, also nach 4 5 der Eheschließung und vor rechtskräftiger Auflösung der Ehe, gebildet. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten während der Ehe voneinander getrennt leben. Etwas anderes gilt nur, wenn die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft vorzeitig durch Gestaltungsurteil aufgehoben wird (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGB). Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch vorehelich erworbenes Alleineigentum mit der Eheschließung gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten werden (Kommentar S. 47). Dies gilt insbesondere für Gegenstände, die schon vor der Eheschließung der gemeinsamen Lebensführung dienten oder die die künftigen Ehegatten aus beiderseitigen Mitteln erworben haben. Davon wird man auch dann auszugehen haben, wenn sie das Einkommen des einen für die gemeinsame Lebensführung und das des anderen für die Anschaffung oder die Bildung von Ersparnissen genutzt haben (Kommentar aaO; O G R L vom 27. Oktober 1983 Nr. 1.6). Gemeinschaftliches E i g e n t u m entsteht nur an Gegenständen, die entweder unmittel- 4 6 bar durch Arbeitsleistung eines Ehegatten oder mit Mitteln erworben werden, die während der Ehe erarbeitet wurden. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn der Gegenstand mit einem Kredit erworben wird, dessen Rückzahlung aus den Arbeitseinkünften erfolgt ( O G N J 70, 718). Den Arbeitseinkünften sind Renten, Stipendien oder ähnliche wiederkehrende Leistungen gleichgestellt (§ 13 Abs. 1 Satz 2 FGB). Dagegen ist der noch nicht erfüllte Anspruch auf Arbeitsentgelt — anders als der bereits gezahlte Geldbetrag selbst — mit Rücksicht auf seine Verwurzelung in einem individuellen Arbeitsrechtsverhältnis kein gemeinschaftliches Vermögen, sondern Alleinvermögen (Lehrbuch S. 122). Zu den unmittelbar durch Arbeitsleistung erworbenen Gegenständen gehören beispielsweise Erzeugnisse aus dem Garten, selbst hergestellte Produkte und Bauleistungen an einem Einfamilienhaus ( O G N J 74, 536). Selbst wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 F G B für den Erwerb gemeinschaftlichen Eigentums vorliegen, kann der erworbene Gegenstand gleichwohl in das Alleineigentum eines Ehegatten fallen, wenn er zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur B e r u f s a u s ü b u n g bestimmt ist (§13 Abs. 2 Satz 2 FGB). Das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten ist eine Art des Gesamteigentums im Sinne des § 34 Abs. 2 Z G B (Kommentar S. 46). Das Gesamteigentum steht beiden Ehegatten ohne quotenmäßige Aufteilung gemeinsam zu (§ 34 Abs. 2 Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

Satz 4 ZGB). Eine Verfügung über Anteile ist nicht möglich. Die Ehegatten können nur nach Maßgabe des § 15 FGB über den Gegenstand insgesamt verfügen. 47 c) Das von einem Ehegatten vorehelich erworbene Eigentum bleibt auch nach der Eheschließung ohne Rücksicht auf Herkunft und Erwerbsart sein Alleineigentum (§ 13 Abs. 2 Satz 1 FGB). Ebenso erwirbt jeder Ehegatte Alleineigentum an denjenigen Gegenständen, die ihm während der Ehe als Geschenk oder als Auszeichnung zugewendet werden oder die ihm im Wege der Erbschaft zufallen (§13 Abs. 2 Satz 1 FGB). Wird die Schenkung beiden Ehegatten zugewendet oder werden sie beide Erben, entsteht gemeinschaftliches Vermögen (Lehrbuch S. 129; Kommentar S. 48). Bei Hochzeitsgeschenken wird in der Regel eine Zuwendung an beide Ehegatten anzunehmen sein (Kommentar S. 48). Alleineigentum wird auch an Geschenken der Ehegatten untereinander begründet, und zwar auch dann, wenn der Schenker die Mittel zum Erwerb der Schenkung nicht nur aus seinem Alleineigentum, sondern auch aus dem gemeinschaftlichen Eigentum entnimmt (Kommentar S. 48). Zahlt ein Ehegatte im Rahmen einer Erbauseinandersetzung die anderen Miterben mit Mitteln aus dem gemeinschaftlichen Eigentum oder dem Alleineigentum des anderen Ehegatten aus, entsteht an den erlangten Erbschaftsgegenständen gemeinschaftliches Eigentum (Kommentar S. 48). Das als Auszeichnung Zugewendete begründet nur dann Alleineigentum des ausgezeichneten Ehegatten, wenn es sich dabei um die Anerkennung außergewöhnlicher Leistungen handelt. Zuwendungen, auf die im Rahmen eines Arbeitsrechtsverhältnisses ein Rechtsanspruch besteht, fallen nicht darunter (Lehrbuch S. 129). 48

Alleineigentum jedes Ehegatten sind auch diejenigen Gegenstände, die nur von ihm zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Berufsausübung genutzt werden (§ 13 Abs. 2 Satz 2 FGB). Dies gilt auch dann, wenn an sich die Voraussetzungen für den Erwerb gemeinschaftlichen Eigentums (§13 Abs. 1 FGB) vorliegen. Hier entscheidet allein die Zweckbestimmung über die Zuordnung zum Alleineigentum (Lehrbuch S. 129). Dagegen ist die Zweckbestimmung ohne Bedeutung, wenn ein Ehegatte mit persönlichen Mitteln Gegenstände zum gemeinsamen Gebrauch erwirbt. Hier kommt der Grundsatz der Surrogation zur Anwendung (Rdn. 43), wonach Erwerb aus einem bestimmten Vermögen wieder in dieses Vermögen zurückfällt (OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 1. 3 und 1.5; Lehrbuch S. 130). Auch die zum persönlichen Gebrauch und zur Berufsausübung eines Ehegatten genutzten Sachen werden, sofern die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 FGB vorliegen, gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten, wenn ihr Wert im Verhältnis zum Wert des gemeinschaftlichen Einkommens und Vermögens unverhältnismäßig hoch ist (§ 13 Abs. 2 Satz 2 FGB). Dies ist anzunehmen, wenn das Mißverhältnis so groß ist, daß die Interessen des anderen Ehegatten durch die Regelungen der §§ 39 Abs. 2, 40 FGB nicht mehr ausreichend gewahrt werden können (Kommentar S. 49).

3. Verteilung des gemeinschaftlichen Vermögens a) Anlaß der Vermögensauseinandersetzung 49 Das gemeinschaftliche Vermögen ist nur bei Beendigung der Ehe (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FGB) und im Falle einer vorzeitigen Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft auseinanderzusetzen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 FGB). Die Ehe wird beendet beim Tode eines Ehegatten oder mit der Rechtskraft eines Scheidungsurteils, eines Urteils auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe oder eines Beschlusses auf Todeserklärung eines Ehegatten (§ 23 FGB). Mit der Beendigung der Ehe oder der vorzeitigen Aufhebung der Vermögensgemeinschaft verliert diese ihre Grundlage. Neues gemeinsames Vermögen wird nicht gebildet (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGB). Das bereits entstandene gemeinschaftliche Vermögen besteht aber fort und bedarf der Auseinandersetzung (Kommentar S. 120). 38

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Vor §§1372-1390 BGB

Vorbemerkungen

b) Gegenstand der Vermögensauseinandersetzung Der Auseinandersetzung unterliegt nur das gemeinschaftliche Vermögen der Ehe- 5 0 gatten (§§ 13, 14 FGB). Das Alleineigentum der Ehegatten oder das Eigentum Dritter werden grundsätzlich nicht verteilt (OGNJ 76, 116). Ausnahmsweise können aber im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Haushaltsgegenstände dem anderen Ehegatten gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zu Alleineigentum zugeteilt werden (§ 39 a FGB n. F.). Dagegen gewährt die Regelung des § 40 FGB lediglich einen Zahlungsanspruch (Rdn. 40; Kommentar S. 122). In zeitlicher Hinsicht fällt in die Verteilungsmasse das zwischen der Eingehung der 51 Ehe und ihrer Beendigung gebildete gemeinschaftliche Vermögen. Im Fall der Beendigung der Ehe durch Scheidung kommt es auf die Rechtskraft des Scheidungsurteils an (OGNJ 67, 742; 80, 570). Wird die Ehe im Verbundverfahren geschieden, ist auf den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens zur Zeit des letzten Verhandlungstermins abzustellen (Kommentar S. 112). Gegenstand der gerichtlichen Regelung sind nicht nur die Aktiva, sondern auch die mit der Bildung des gemeinschaftlichen Vermögens in Zusammenhang stehenden Passiva. Das Gericht hat im Rahmen der Gesamtregelung eine Entscheidung darüber zu treffen, zu welchen Anteilen die Ehegatten diese Verbindlichkeiten im Innenverhältnis zu tragen haben (OGNJ 78, 319; 78, 550; OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 3. 3 und 3. 4; Latka N J 78, 519). Wenn die Ehe durch den Tod eines Ehegatten beendet worden ist, findet vor der Erbauseinandersetzung (§ 423 ZGB) zunächst die Teilung des gemeinschaftlichen Vermögens gemäß § 39 FGB zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben des verstorbenen Ehegatten statt (Kommentar S. 111). Soweit der überlebende Ehegatte selbst Miterbe ist, stehen diesem gemäß § 365 Abs. 1 Satz 3 ZGB neben seinem Erbteil auch alle Haushaltsgegenstände zu (vgl. dazu Kommentar S. 115). c) Zuteilung gleicher Anteile Nach der Systematik des Gesetzes ist das vorhandene Vermögen gegenständlich 5 2 aufzuteilen. Dabei gebührt jedem Ehegatten grundsätzlich ein gleicher Anteil (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FGB). Für die Verteilung kommt es, soweit nicht die besonderen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 FGB vorliegen, nicht darauf an, in welcher Weise und in welchem Umfang jeder Ehegatte zur Bildung des gemeinschaftlichen Eigentums beigetragen hat. Bei der gegenständlichen Verteilung sind aber gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 FGB die bisherigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Ehegatten zu berücksichtigen. Dazu gehören ihr Alters- und Gesundheitszustand, der Grad ihrer Erwerbsfähigkeit sowie ihre Eigentums- und Vermögensverhältnisse, insbesondere aber das Interesse eines Ehegatten an bestimmten Gegenständen, weil er diese zur Betreuung der Kinder oder aus beruflichen Gründen benötigt (OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 2. 1 und 2. 2; Lehrbuch S. 114). Als Ergebnis der gegenständlichen Verteilung ist darauf zu achten, daß der Wert der jedem Ehegatten zugeteilten Gegenstände in etwa seinem hälftigen Anteil entspricht. Gelingt dies nicht, ist nach durchgeführter gegenständlicher Verteilung dem begünstigten Ehegatten zum Ausgleich der ungleichen Verteilung die Verpflichtung zur Zahlung der Wertdifferenz aufzuerlegen (§ 39 Abs. 1 Satz 3 FGB). Bei der Bewertung der gemeinschaftlichen Vermögensgegenstände ist von deren Wert im Zeitpunkt des Stichtages (Rdn. 51) auszugehen (Kommentar S. 112; a. M. BGH FamRZ 92, 421: letzte Verhandlung; BezG Cottbus FamRZ 91, 710, 711). d) Zuteilung ungleicher Anteile Das Gesetz gestattet unter besonderen Voraussetzungen auf Antrag die Zuteilung 5 3 ungleicher Anteile (§ 39 Abs. 2 FGB). Dabei ist in der Weise vorzugehen, daß nach Erfassung der Aktiva und Passiva zunächst eine Regelung über die Erfüllung der Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

Verbindlichkeiten im Verhältnis der Ehegatten zueinander zu treffen ist und alsdann die beiden zustehenden Quoten festzulegen sind. Dabei sind sämtliche Umstände des Falles und die Interessen der Ehegatten unter familienrechtlichen Gesichtspunkten angemessen zu berücksichtigen (OGNJ 74, 507). Danach ist zu entscheiden, welche Gegenstände des gemeinschaftlichen Vermögens jedem Ehegatten unter Anrechnung auf seine Quote zu übertragen sind (Lehrbuch S. 133). 54 Das Hauptanwendungsgebiet der Regelung sind die Fälle, in denen ein Ehegatte nach Auflösung der Ehe die Kinder zu betreuen hat (§39 Abs. 2 Satz 2 1. Altem. FGB). Voraussetzung ist, daß es sich um noch unterhaltsberechtigte minderjährige oder volljährige gemeinsame Kinder der Ehegatten handelt. Dem erhöhten Bedarf des betreuenden Elternteils kann regelmäßig durch Zuteilung zusätzlicher Sachwerte, insbesondere von Haushaltsgegenständen, Rechnung getragen werden. Allerdings haben die Kinder keine selbständigen Ansprüche. Das während der Ehe gebildete gemeinschaftliche Vermögen steht nur den Ehegatten zu (OGNJ 71, 530, 532; 76, 116). Das nach Zuteilung zusätzlicher Sachwerte verbleibende gemeinschaftliche Vermögen ist grundsätzlich je zur Hälfte zu verteilen (OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 2. 3; Kommentar S. 116, 117; a.M. Lehrbuch S. 134). 55

Die Bildung ungleicher Anteile ist auch dann gerechtfertigt, wenn einem Ehegatten bereits während der Ehe erhebliche Mittel aus dem gemeinschaftlichen Vermögen zugeflossen sind. Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn aus diesem Vermögen unverhältnismäßig hohe Ausgaben zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse eines Ehegatten bestritten oder wenn daraus seine persönlichen Verbindlichkeiten erfüllt worden sind (OGNJ 80, 570). Dasselbe gilt, wenn die persönlichen Gläubiger eines Ehegatten das gemeinschaftliche Vermögen gemäß § 16 Abs. 1 FGB im Wege der Vollstreckung in Anspruch genommen haben, ohne daß eine Aussonderung gemäß § 16 Abs. 2 FGB erfolgt ist (Kommentar S. 117).

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Ausnahmsweise rechtfertigt auch der Umstand, daß ein Ehegatte weder zu den Aufwendungen der Familie noch zur Vermögensbildung beigetragen hat, die Festsetzung ungleicher Anteile. Obwohl grundsätzlich weder das Verhalten eines Ehegatten während der Ehe noch eine unterschiedliche Einkommenshöhe zur Festsetzung ungleicher Quoten führen (Rdn. 52, 59), kann dies unter besonderen Umständen geboten sein, wenn ein Ehegatte beispielsweise für längere Zeit nicht im Haushalt tätig ist und auch kein oder nur ein unangemessenes Arbeitseinkommen erzielt, dieses für ungerechtfertigte persönliche Aufwendungen verbraucht oder ohne Zustimmung des anderen Ehegatten in nicht zu billigender Weise über Gegenstände des gemeinschaftlichen Vermögens verfügt hat (OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 2. 5; Kommentar S. 117). 57 Andererseits rechtfertigen aber auch die überobligationsmäßigen Arbeitseinkünfte eines Ehegatten oder seine mit unverhältnismäßig hohen Einnahmen verbundenen Leistungen auf wissenschaftlichem, künstlerischem oder einem anderen Gebiet die Festsetzung einer entsprechend höheren Verteilungsquote zu seinen Gunsten (Kommentar S. 118; OGNJ 79, 277, 278; OGRL vom 27. Oktober 1984 Nr. 2. 6). Dasselbe gilt auch dann, wenn ein Ehegatte mit seinem persönlichen Vermögen in größerem Umfang zum Erwerb sowie zur Erhaltung und Mehrung des gemeinschaftlichen Vermögens beigetragen hat (OGNJ 71, 594; 74, 566; OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 2. 7). 58 Die Bildung unterschiedlicher Quoten ist auch dann gerechtfertigt, wenn einem Ehegatten nach Auflösung der Ehe die Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag allein zustehen, die Versicherungsbeiträge aber aus dem gemeinschaftlichen oder aus dem persönlichen Vermögen des anderen Ehegatten gezahlt worden sind (Kommentar S. 118; OGNJ 71, 497). Dasselbe gilt für die Ausgleichung des Vorteils, den ein Ehegatte 40

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Vorbemerkungen

deshalb hat, weil er eine AWG-Wohnung nach Auflösung der Ehe allein weiterbenutzen darf (OGNJ 69, 479; OGRL vom 27. Oktober 1983 Nr. 2. 8; Kommentar S. 118). Das Verhalten eines Ehegatten, das zur Trennung und Scheidung führt, bleibt bei 5 9 der Festsetzung der Anteile grundsätzlich unberücksichtigt. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn dieselbe Verhaltensweise sich auch ungünstig auf das gemeinschaftliche Vermögen der Ehegatten ausgewirkt hat (OGNJ 78, 232). e) Verfahren Das Gesetz bevorzugt die außergerichtliche Vermögensauseinandersetzung (§ 39 6 0 Abs. 1 Satz 2 FGB). Bei dieser sind die Ehegatten an die Verteilungsgrundsätze des § 39 FGB nicht gebunden. Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung, ist das gerichtliche Auseinandersetzungsverfahren im Wege der Klage anzustrengen. Soweit die Auseinandersetzung für den Fall der Scheidung begehrt wird, ist im Verbund zu entscheiden (§ 623 Abs. 1 ZPO). Die Klage muß einen bestimmten Auseinandersetzungsvorschlag enthalten. Die Festsetzung unterschiedlicher Anteile setzt immer einen Antrag voraus (§ 39 Abs. 2 Satz 1 FGB). Dieser kann aber auch in der Weise stillschweigend gestellt werden, daß das gegenständliche Auseinandersetzungsbegehren auf die Zuteilung von mehr als der Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens gerichtet wird. Das Gericht hat auf eine Einigung der Parteien hinzuwirken. Gelingt diese nicht, sind 61 nach den dargelegten Grundsätzen die Anteile festzusetzen und das gemeinschaftliche Vermögen gegenständlich zu verteilen. Gleichzeitig befindet das Gericht über die Auferlegung einer Erstattungsverpflichtung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 FGB oder einer Ausgleichsverpflichtung nach § 40 FGB (vgl. dazu Rdn. 40, 52). Das Gericht ist auf Antrag auch berechtigt, einem Ehegatten die Herausgabe von Gegenständen aufzuerlegen, die dieser dem anderen unberechtigt vorenthält (Lehrbuch S. 136). Die gerichtliche Entscheidung, durch die den Ehegatten die Gegenstände des gemein- 62 schaftlichen Vermögens zugewiesen werden, ist ein Gestaltungsurteil. Mit der Einigung oder der Rechtskraft der Gestaltungsentscheidung wird jeder Ehegatte Alleineigentümer der ihm zugeteilten Vermögensgegenstände (§ 39 Abs. 3 Satz 1 FGB). Die gerichtliche Auseinandersetzung kann auch nach Rechtskraft der Scheidung im isolierten Verfahren beantragt werden. Wird der Auseinandersetzungsantrag nicht innerhalb eines Jahres seit der Rechtskraft des Scheidungsurteils oder des Urteils auf Nichtigkeitserklärung der Ehe gestellt, erlangt jeder Ehegatte Alleineigentum an denjenigen beweglichen Sachen, die sich in seinem Besitz befinden (§ 39 Abs. 3 Satz 2 FGB). D. Texte Familiengesetzbuch Eigentums- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten §13 (1) Die von einem oder beiden Ehegatten während der Ehe durch Arbeit oder aus Arbeitseinkünften erworbenen Sachen, Vermögensrechte und Ersparnisse gehören beiden Ehegatten gemeinsam. Den Arbeitseinkünften sind Einkünfte aus Renten, Stipendien oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen gleichgestellt. (2) Jedem Ehegatten allein gehören die v o r der Eheschließung erworbenen, die ihm während der Ehe als Geschenk oder als Auszeichnung zugewendeten und die durch Erbschaft zugefallenen Sachen und Vermögensrechte. Desgleichen sind Alleineigentum jedes Ehegatten die nur v o n ihm zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Berufsausübung genutzten Sachen, soweit nicht ihr Wert gemessen am gemeinschaftlichen Einkommen und Vermögen unverhältnismäßig groß ist. Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

§14 Fassung bis 30. September 1990 (1) Von den Regelungen des § 13 abweichende Vereinbarungen der Ehegatten sind zulässig. Über Sachen des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens, die der gemeinsamen Lebensführung der Familie dienen, können abweichende Vereinbarungen nicht getroffen werden. (2) Abweichende Vereinbarungen sollen schriftlich getroffen werden. Vereinbarungen über Grundstücke und Gebäude bedürfen der Beurkundung. Vereinbarungen über eingetragene Rechte an Grundstücken und Gebäuden bedürfen der Beglaubigung. Fassung ab 1. Oktober 1990 (1) Von den Regelungen des § 13 abweichende Vereinbarungen der Ehegatten über einzelne Gegenstände des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens sowie des Alleineigentums sind möglich. Sie sollen schriftlich getroffen werden. Vereinbarugen über Grundstücke und Gebäude bedürfen der Beurkundung, über eingetragene Rechte an Grundstücken und Gebäuden der Beglaubigung. (2) Die Ehegatten können ihre Eigentums- und Vermögensverhältnisse sowohl vor als auch nach der Eheschließung abweichend von § 13 durch Vertrag (Ehevertrag) regeln. Sie können den Ehevertrag nachträglich aufheben oder ändern. Der Ehevertrag sowie seine Aufhebung oder Änderung bedürfen der Beurkundung. Aus einem Ehevertrag können Einwendungen gegenüber einem Dritten nur hergeleitet werden, wenn der Ehevertrag im Güterrechtsregister des zuständigen Gerichts eingetragen oder dem Dritten zu dem Zeitpunkt bekannt war, als das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, auf das sich die Einwendungen beziehen. § 14a in Kraft seit 1. Oktober 1990 (1) Das Güterrechtsregister wird bei dem Kreisgericht geführt, in dessen Bereich die Ehegatten ihren gemeinsamen Wohnsitz haben oder ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Hatten die Ehegatten keinen gemeinsamen Wohnsitz begründet, ist das Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte zuständig. (2) Die Eintragung eines Ehevertrages und jeder Änderung erfolgt auf Antrag eines oder beider Ehegatten. Sie ist gebührenpflichtig. (3) Das Güterrechtsregister ist öffentlich. Es kann von jedem, der darum ersucht, während der Öffnungszeiten des Gerichts eingesehen werden. Wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird, ist auch Einsicht in die Verträge zu gewähren. (4) In das Güterrechtsregister sind a) Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum der Ehegatten, b) Datum und Ort der Eheschließung, c) der gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz jedes Ehegatten, d) Datum des Ehevertrages und evtl. weiterer Eheverträge sowie die wesentlichen Charakteristika und e) Veränderungen des gemeinsamen Wohnsitzes eintragen. (5) Verlegen Ehegatten, für die ein gültiger Ehevertrag eingetragen ist, ihren ' gemeinsamen Wohnsitz, sind sie verpflichtet, die Verlegung unter Mitteilung des neuen Wohnsitzes dem registerführenden Gericht mitzuteilen. In diesem Fall sind die Eintragungen unter Angabe des neuen Wohnsitzes zu schließen und die Verträge an das nunmehr zuständige Gericht zur Eintragung abzugeben. Die Abgabe unterbleibt, wenn der neue gemeinsame Wohnsitz im Ausland begründet wird. (6) Die Führung des Güterrechtsregisters obliegt dem Justizsekretär. Werden gegen Maßnahmen des Sekretärs Einwendungen erhoben, entscheidet er darüber durch Beschluß. Gegen den Beschluß ist die Beschwerde zulässig. Auf das Verfahren über die Beschwerde finden die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung Anwendung. 42

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Vorbemerkungen

§15 Fassung bis 30. September 1990 (1) Verfügungen über Sachen und Vermögensrechte des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens treffen die Ehegatten im beiderseitigen Einverständnis. Gegenüber Außenstehenden kann jeder Ehegatte die Gemeinschaft allein vertreten; die Verfügung ist jedoch unwirksam, wenn dem Dritten bei Vornahme des Rechtsgeschäftes ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist. (2) Über Häuser und Grundstücke können die Ehegatten nur gemeinsam verfügen. Für Verfügungen über Einlagen bei Sparkassen oder Banken gelten die Vorschriften des Sparkassen- und Bankverkehrs. Fassung ab 1. Oktober 1990 (1) Verfügungen über Sachen und Vermögensrechte des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens treffen die Ehegatten im beiderseitigen Einverständnis. Gegenüber Außenstehenden kann jeder Ehegatte die Gemeinschaft allein vertreten; die Verfügung ist jedoch unwirksam, wenn dem Dritten bei Vornahme des Rechtsgeschäftes ein entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist. (2) Uber Häuser, Grundstücke und Gegenstände des ehelichen Haushalts können die Ehegatten nur gemeinsam verfügen. Für Verfügungen über Einlagen bei Sparkassen oder Banken gelten die Vorschriften des Sparkassen- und Bankverkehrs. (3) Über im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Gegenstände des ehelichen Haushalts kann er nur verfügen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. §16 (1) Für während der Ehe entstandene persönliche Verbindlichkeiten und für Unterhaltsverpflichtungen eines Ehegatten haftet nach seinem persönlichen Vermögen auch das gemeinschaftliche Eigentum und Vermögen. (2) Widerspricht der andere Ehegatte der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers zur Wahrung seiner Rechte und der Rechte des widersprechenden Ehegatten in entsprechender Anwendung der Bestimmungen über die Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens bei Beendigung einer Ehe (§ 39) festzulegen, inwieweit Teile des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens der Haftung unterliegen. (3) Bei Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens für persönliche Verbindlichkeiten oder Unterhaltsverpflichtungen eines Ehegatten kann jeder Ehegatte die vorzeitige Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft verlangen, wenn es zum Schutz der Interessen eines Ehegatten oder minderjähriger Kinder erforderlich ist (§ 41).

Beendigung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft §39 (1) Bei Beendigung der Ehe wird das gemeinschaftliche Eigentum und Vermögen zu gleichen Anteilen geteilt. Über die Verteilung entscheidet, falls eine Einigung nicht zustande kommt, das Gericht unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse der Beteiligten. Es kann insbesondere einem der Beteiligten das Alleineigentum an bestimmten Sachen oder Vermögensrechten zusprechen und ihm die Erstattung des anteiligen Wertes in Geld an den anderen auferlegen, soweit dessen Anspruch nicht durch Zuteilung anderer Sachen oder Vermögensrechte aus dem gemeinschaftlichen Eigentum und Vermögen abgegolten wird. (2) Das Gericht kann auf Antrag. eines Beteiligten ungleiche Anteile am gemeinschaftlichen Eigentum und Vermögen festlegen. Das gilt insbesondere, wenn ein Ehegatte eines größeren Anteils an den Sachen des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens bedarf, weil gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder bei ihm leben, oder wenn ein Ehegatte weder durch Erwerbstätigkeit Wilhelm Baumeister

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noch durch Arbeit im Haushalt einen angemessenen Beitrag zur Schaffung des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens geleistet hat. In besonderen Fällen kann das Gericht einem Beteiligten das gesamte gemeinschaftliche Eigentum und Vermögen zusprechen. (3) Mit der Einigung der Beteiligten oder der Rechtskraft der Entscheidung wird jeder Beteiligte Alleineigentümer der ihm zugeteilten Sachen und Vermögensrechte. Wird bis zum Ablauf einer Frist von einem Jahr nach Scheidung bzw. Nichtigkeitserklärung ein Antrag auf Vermögensteilung nicht gestellt, so wird nach Ablauf dieser Frist jeder Beteiligte Alleineigentümer derjenigen beweglichen Sachen des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens, die sich in seinem Besitz befinden.

§ 39 a in Kraft seit 1. Oktober 1990 Haushaltsgegenstände, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, kann das Gericht dem anderen Ehegatten als Alleineigentum zuteilen, wenn dieser auf ihre Weiterbenutzung angewiesen ist und dem Eigentümer die Übertragung zugemutet werden kann. In diesem Falle ist über die Zahlung eines angemessenen Entgelts zu entscheiden.

§40 (1) Hat ein Ehegatte zur Vergrößerung oder zur Erhaltung des Vermögens des anderen Ehegatten wesentlich beigetragen, kann ihm das Gericht bei Beendigung der Ehe außer seinem Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum und Vermögen auch einen Anteil am Vermögen des anderen Ehegatten zusprechen. (2) Der Anteil kann sich bis zur Hälfte dieses Vermögens erstrecken. Der Anspruch verjährt nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Ehe; er ist nicht übertragbar. (3) Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten beendet, so steht dem anderen Ehegatten der Anspruch neben seinem Erbteil zu. (4) Der Anspruch ist nicht vererblich. Hinterläßt jedoch, ein Ehegatte, der nach Abs. 1 einen Ausgleichsanspruch hätte, nach seinem Tode Kinder, die nicht zu den gesetzlichen Erben des anderen Ehegatten gehören, so kann das Gericht diesen Kindern den Ausgleich oder einen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des überlebenden Ehegatten und der Interessen gemeinschaftlicher Kinder zu bemessenden Teil des Ausgleiches zusprechen. Der Anspruch verjährt nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Ehe.

§41 (1) Das Gericht hat unter Beachtung der Bestimmungen des § 39 Absätze 1 und 2 und Abs. 3 Satz 1 auf Klage eines Ehegatten die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft schon während des Bestehens der Ehe aufzuheben, wenn es zum Schutz der Interessen des klagenden Ehegatten oder minderjähriger Kinder erforderlich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ehegatten getrennt leben, weil einer oder beide nicht gewillt sind, die eheliche Gemeinschaft fortzuführen. (2) Die nach Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft erworbenen Sachen und Vermögensrechte gehören jeweils dem Ehegatten, der sie erworben hat. Lebten die Ehegatten bei der Aufhebung der Vermögensgemeinschaft getrennt, treten die Wirkungen des § 13 mit der Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft wieder ein, sofern nicht schriftlich eine andere Vereinbarung getroffen wird. Im übrigen bedarf es zum Wiedereintritt der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft einer schriftlichen Vereinbarung der Ehegatten. (3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann auch der Anspruch auf Zahlung des Ausgleichs gemäß § 40 schon vor Beendigung der Ehe geltend gemacht werden.

Rechtsanwendungsgesetz § 19 64

Die persönlichen Beziehungen, die Unterhaltsansprüche und die Vermögensverhältnisse der Ehegatten bestimmen sich nach dem Recht des Staates, dessen Bürger die Ehegatten sind. Sind die Ehegatten Bürger verschiedener Staaten, so ist das Recht der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden. 44

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Vorbemerkungen

Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik zur Rechtsprechung bei der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft der Ehegatten nach Beendigung der Ehe vom 27. Oktober 1983 (GBl. I Nr. 32 S. 309) - OGRL die ihre Verbindlichkeit schon vor dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 verloren hatten (BGH FamRZ 92, 414, 415). Bei der Anwendung der §§ 13, 14 und 39 des Familiengesetzbuches haben sich in der gerichtlichen Praxis materiell- und verfahrensrechtliche Fragen ergeben, die einer einheitlichen Beantwortung bedürfen. Zur Gewährleistung der Einheitlichkeit und Wirksamkeit der Rechtsprechung beschließt das Plenum des Obersten Gerichts daher folgende Richtlinie: 1. Zur Klärung der Eigentumsverhältnisse 1.1.

Das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten, das gemäß § 13 FGB kraft Gesetzes entsteht, umfaßt alle beweglichen Gegenstände, Grundstücke, Gebäude, Baulichkeiten, Eigentumsrechte und Ersparnisse, die während der Ehe von den Ehegatten aus Arbeitseinkünften oder ihnen gleichstehenden regelmäßigen Einkünften — wie Renten oder Stipendien — erworben wurden. Gemeinschaftliches Eigentum sind auch Sachen, die aus den genannten Einkünften für persönliche Bedürfnisse oder für die Berufstätigkeit eines Ehegatten erworben wurden, wenn der Wert gegenüber dem gesamten gemeinschaftlichen Eigentum unverhältnismäßig groß ist. Als Ersparnisse zählen auch die Sparguthaben, die dadurch entstanden sind, daß ein oder beide Ehegatten während der Ehe Beiträge zu sparwirkenden Personenversicherungen, insbesondere zu Lebensversicherungen, gezahlt haben. Gemeinschaftliches Eigentum sind auch die während der Ehe an einen oder beide Ehegatten ausgezahlten oder fallig gewordenen Leistungen aus Personenversicherungen, soweit die Beiträge nicht ausschließlich vor der Eheschließung gezahlt wurden. Für Leistungen aus Sachversicherungen trifft das dann zu, wenn sich die Versicherung auf Sachen des gemeinschaftlichen Eigentums erstreckt hat. Zu den Arbeitseinkünften der Ehegatten zählen auch Jahresendprämien, sonstige Prämien, Vergütungen für Neuerer- und Erfinderleistungen sowie die Vergütung zusätzlicher Arbeit in der Freizeit. 1.2.

Gemeinschaftliches Eigentum entsteht auch an Sachen, die durch eigene Arbeit geschaffen wurden, z. B. ein Eigenheim auf Boden, der gemeinschaftliches Eigentum ist. Es kommt nicht darauf an, ob diese Leistungen von einem oder beiden Ehegatten erbracht wurden. 1.3. Werden für Anschaffungen zur gemeinsamen Lebensführung teils alleinige, teils gemeinschaftliche Geldmittel oder Sachwerte eingesetzt, entsteht gemeinschaftliches Eigentum, sofern nicht andere Vereinbarungen getroffen wurden. Das Verhältnis, in welchem gemeinschaftliches oder alleiniges Eigentum eingesetzt wurde, ist dabei unbeachtlich, es sei denn, das verwendete gemeinschaftliche Eigentum ist gegenüber dem eingesetzten Alleineigentum unbedeutend. 1.4. Gemäß § 13 Abs. 2 FGB bleibt das Eigentum der Ehegatten, das sie vor Eheschließung erworben hatten, als alleiniges Eigentum erhalten. Alleiniges Eigentum eines Ehegatten werden die bei staatlichen oder gesellschaftlichen Auszeichnungen festgelegten Geldleistungen, Geschenke und ihm zugefallene Erbschaften. Die von einem Ehegatten zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Berufsausübung genutzten Sachen gehören ebenfalls zum Alleineigentum, soweit ihr Wert gegenüber dem gesamten gemeinschaftlichen Eigentum nicht unverhältnismäßig groß ist. Die für den Handwerks- oder Gewerbebetrieb eines Ehegatten eingesetzten Ersparnisse und beweglichen Sachen gehen in das Betriebsvermögen ein. 1.5. An den ausschließlich aus dem Alleineigentum eines Ehegatten erworbenen Sachen oder Rechten entsteht wiederum Alleineigentum. Allerdings können die Ehegatten gemäß § 14 FGB vereinbaren, daß daran gemeinschaftliches Eigentum begründet werden soll. Davon ist beim Erwerb beweglicher Gegenstände, die der gemeinsamen Lebensführung dienen, dann auszugehen, wenn ausdrückliche Erklärungen darüber vorliegen oder wenn sich aus den Umständen ergibt, daß der verfügende Ehegatte mit Zustimmung des anderen Ehegatten damit gemeinschaftliches Eigentum begründen Wilhelm Baumeister

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wollte. Bei Sachen, mit denen alltägliche notwendige Lebensbedürfnisse der Ehegatten und der Kinder befriedigt werden oder die eine kurze Lebensdauer oder einen geringen Wert haben (z. B. Haushaltswäsche, Geschirr oder andere Haushaltsgegenstände, einfaches Werkzeug), gilt das bereits dann, wenn sie zur Nutzung für die Ehegatten und die Familie eingesetzt wurden und keine entgegenstehenden Erklärungen oder Umstände vorlagen. 1.6. Mit der Eheschließung entsteht gemeinschaftliches Eigentum an beweglichen, der gemeinsamen Lebensführung dienenden Gegenständen, an Rechten und Ersparnissen, die die Ehegatten vorher aus beiderseitigen Mitteln erworben bzw. geschaffen haben. Gleiches gilt, wenn die künftigen Ehegatten das Einkommen des einen für den gemeinsamen Lebensunterhalt und das des anderen für Anschaffungen oder die Bildung von Ersparnissen benutzt haben. 1.7. Geben die Ehegatten im Gerichtsverfahren unterschiedliche Darstellungen über die Eigentumsverhältnisse an den während der Ehe durch die Ehegatten erworbenen beweglichen Gegenständen, Rechten und Ersparnissen und ist der Sachverhalt nicht aufklärbar, ist davon auszugehen, daß gemeinschaftliches Eigentum vorliegt. 1.8.

Geschenke, die nach ihrem Gebrauchswert und dem Anlaß der Schenkung (z. B. Eheschließung) für die Familie bestimmt sind, sind gemeinschaftliches Eigentum, es sei denn, daß ausdrückliche Erklärungen oder besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß sie einem Ehegatten allein zugewandt wurden. Dasselbe gilt für Geschenke der Ehegatten untereinander, die nach ihrem Gebrauchswert für die Familie bestimmt sind. 1.9. Die Feststellung, ob ein Grundstück oder ein rechtlich selbständiges Gebäude gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten oder Alleineigentum eines Ehegatten ist (§ 299 ZGB), ergibt sich aus der Eintragung im Grundbuch, es sei denn, es liegt ein Fall nach den §§ 4 und 11 E G F G B vor. 1.10. Sofern der Ehegatte materielle Vorteile aus strafbaren Handlungen gezogen hat, gehen sie nicht in das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten ein. Sie stehen zur Einziehung, zur Schadenswiedergutmachung oder zur Tilgung von Geldstrafen zur Verfügung, wenn sie nicht an den Eigentümer herauszugeben sind. Die Gerichte haben im Interesse des Schutzes des sozialistischen und des persönlichen Eigentums bei der Eigentumsverteilung nach Ehescheidung oder im Zusammenhang mit der vorzeitigen Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft (§ 41 F G B ) zu gewährleisten, daß Sicherungs- und Vollstreckungsmaßnahmen staatlicher Organe aufgrund von Vermögenseinziehungen oder wegen Geldstrafen, Schadensersatz- und anderen Ansprüchen Dritter nicht zugunsten eines oder beider Ehegatten beeinträchtigt werden. Bei der vorzeitigen Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft haben die Gerichte darauf hinzuwirken, daß die differenzierten Entscheidungsmöglichkeiten, die sich aus § 132 Abs. 2 ZPO, § 16 Abs. 2 F G B ergeben, genutzt werden. 2. Zur Verteilung des gemeinschaftlichen E i g e n t u m s 2.1.

Der Verteilung unterliegt nach § 39 F G B ausschließlich das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten. Nach dem Gesetz kommt es für die Verteilung nicht darauf an, in welcher Weise und in welchem Umfang jeder Ehegatte zur Bildung des gemeinschaftlichen Eigentums beigetragen hat, falls nicht Besonderheiten gemäß § 39 Abs. 2 F G B zu beachten sind. Die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft erfolgt mit dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung, in selbständigen Verfahren mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder der verbindlichen Einigung der Prozeßparteien. Die Ehegatten entscheiden selbst darüber, ob sie über ihr Eigentum eine eigene Regelung treffen oder im Gerichtsverfahren über einen Teil oder das Gesamte eine Verteilung herbeiführen. Die grundsätzliche Festlegung des § 39 Abs. 1 F G B , daß jeder Ehegatte einen gleichen Anteil erhalten soll, erfordert eine im Ergebnis ausgeglichene Verteilung. Liegen nur geringe Unterschiede im Anteil der Ehegatten vor, sind keine Erstattungsbeträge festzulegen. 46

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Vorbemerkungen

2.2. Bei der Verteilung von Sachen ist vom Nutzungsbedürfnis des einzelnen Ehegatten sowie der unterhaltsberechtigten Kinder auszugehen. Die bisherigen und künftigen Lebensverhältnisse der Beteiligten sind zu beachten. Sind mehrere Sachen mit einem höheren Wert vorhanden, soll eine gleichmäßige Verteilung erfolgen. Sachen, die der alltäglichen notwendigen Lebensführung der Ehegatten und der unterhaltsberechtigten Kinder dienen (Betten, Geschirr, Haushaltswäsche und kleiner Hausrat), sind nach der Zahl der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Familienmitglieder zu verteilen. 2.3. Nach § 39 Abs. 2 F G B sind bei der Verteilung von Sachen die Interessen unterhaltsberechtigter Kinder zu berücksichtigen. Das geschieht am besten, wenn dem Elternteil, der erziehungsberechtigt ist bzw. bei dem volljährige Unterhaltsberechtigte leben, die Sachen übertragen werden, die für die Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse bei bestehender Ehe genutzt wurden. Es kann einer klaren Verteilung dienen, wenn die Ehegatten unter sich bzw. mit ihren volljährigen Kindern vereinbaren, daß diese Sachen Eigentum der Kinder werden. Es ist auch zulässig, diese Sachen dem betreffenden Elternteil auf seinen Anteil nicht anzurechnen. Bei der Verteilung ist auch zu beachten, daß ein Ehegatte wegen der Kinder an bestimmten Haushaltsgegenständen einen entsprechend höheren Bedarf hat (z. B. Kühlschrank, Waschmaschine). Neben der Zahl der Kinder ist auch ihr Alter bei der Verteilung zu berücksichtigen. So kann ein langjähriges weiteres Zusammenleben der Kinder mit einem Elternteil erfordern, bei der Zuweisung von Sachen auch ihre künftigen höheren Bedürfnisse zu berücksichtigen. Das weitere Eigentum ist grundsätzlich je zur Hälfte zu verteilen. 2.4. Bei der Verteilung können zugunsten eines Ehegatten auch besondere persönliche Lebensumstände (Alter, Gesundheitszustand, Grad der Erwerbsfahigkeit) berücksichtigt werden, um insbesondere durch einen höheren Anteil an Sachen eine die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse beachtende Lebensführung zu unterstützen. 2.5. Das Verhalten eines Ehegatten während der Ehe ist gemäß § 39 Abs. 2 F G B für die Eigentumsverteilung nur dann beachtlich, wenn er — gegebene subjektive Möglichkeiten vorausgesetzt — weder durch Erwerbstätigkeit noch durch Arbeit im Haushalt einen angemessenen Beitrag geleistet hat. Unter dieser Voraussetzung erhält er weniger. In ähnlicher Weise kann für die Verteilung zu berücksichtigen sein, daß ein Ehegatte durch ein nicht zu billigendes Verhalten das gemeinschaftliche Eigentum erheblich gemindert hat. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Ehegatte sein Arbeitseinkommen für ungerechtfertigte persönliche Aufwendungen verbraucht hat und deshalb nur in geringem Maße zum Familienaufwand und zur Eigentumsbildung beigetragen hat oder wenn ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen zum Nachteil des gemeinschaftlichen Eigentums verfügt hat. Wird durch eigenmächtige Verfügungen das gemeinschaftliche Eigentum in seiner Substanz derart geschmälert, daß die Ansprüche des anderen Ehegatten aus dem übriggebliebenen Eigentum nicht mehr befriedigt werden können, ist durch Erstattungszahlungen ein Wertausgleich zu schaffen. 2.6.

Ausnahmsweise können hohe Einkünfte eines Ehegatten für die Familie zu einem größeren Anteil führen, wenn sie bei zusammenfassender Betrachtung im Verhältnis zu den Leistungen des anderen Ehegatten außergewöhnlich hoch sind. Bei hohen Arbeitsleistungen eines Ehegatten für die Familie (z. B. für den Bau eines Eigenheimes) ist davon auszugehen, daß sich der andere Ehegatte entsprechend seinen Möglichkeiten und Verpflichtungen gleichfalls, wenn auch in anderer Weise, für die Familie eingesetzt hat, indem er z. B. die Erziehung der Kinder und weitere Leistungen im wesentlichen allein übernommen hat. Auch Arbeit von Verwandten und anderen Bürgern sowie von Betrieben ist in der Regel zugunsten der Familie und nicht für einen einzelnen Ehepartner zu werten. 2.7. Hat ein Ehegatte bei bestehender Ehe bzw. vor Eheschließung durch die Verwendung von Alleineigentum zur Bildung des gemeinschaftlichen Eigentums oder zur Lebensführung der Familie in größerem Umfange beigetragen, kann ihm ein höherer Anteil zugesprochen werden. Da die Wilhelm Baumeister

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BGB

meisten Sachen im Laufe der Jahre einer Wertminderung unterliegen, ist auch die Zeitdauer seit der Verwendung des Alleineigentums wesentlich. Je länger sie ist, um so weniger ist sie für eine Besserstellung zu beachten. Der Einsatz von Alleineigentum kann innerhalb eines höheren Anteils auch dadurch berücksichtigt werden, daß der betreffende Ehegatte die Sachen erhält, die mit dem Alleineigentum oder an seiner Stelle erworben wurden. 2.8.

Haben die Ehegatten eine AWG-Wohnung, kann der Vorteil, der sich für den Ehegatten ergibt, der die Wohnung weiterhin benutzt, bei der Eigentumsverteilung ausgeglichen werden, indem der andere einen höheren Anteil erhält. 3. Zu verfahrensrechtlichen Fragen 3.1. Die Gerichte haben darauf hinzuwirken, daß jede Prozeßpartei in ihrem Sachantrag eindeutig angibt, welche Sachen und Rechte und welchen Anteil vom Sparguthaben sie aus dem gemeinschaftlichen Eigentum verlangt. Sie braucht nicht darzulegen, welche Teile des gemeinschaftlichen Eigentums der andere Ehegatte erhalten soll. Ergibt sich aus dem konkret gefaßten Antrag einer Prozeßpartei, daß sie mehr als die Hälfte gemeinschaftlichen Eigentums beansprucht, ist ein ausdrücklicher Antrag, zu ihren Gunsten gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 FGB einen höheren Anteil festzusetzen, nicht erforderlich. Im Rechtsmittelverfahren liegt der Ausgangspunkt für die Antragstellung im erstinstanzlichen Urteil. Die Anträge müssen deshalb eindeutige Angaben enthalten, in welchen Punkten eine Änderung des Urteils durch das Berufungsgericht begehrt wird. 3.2. Die Gerichte haben erforderlichenfalls den Zeitwert der zu verteilenden Sachen zu schätzen, wenn dazu aufgrund der Angaben der Prozeßparteien keine Feststellungen getroffen werden können. Dabei empfiehlt es sich, in der Regel vom Anschaffungspreis auszugehen und eine Minderung nach den im staatlichen Gebrauchtwarenhandel üblichen Minderungssätzen vorzunehmen. Besonderheiten, auf die die Prozeßparteien hinweisen (z. B. Beschädigungen, erhöhte Abnutzung), sind angemessen zu berücksichtigen. Sachverständige sind mit der Ermittlung des Zeitwertes dann zu beauftragen, wenn die Schätzung besondere Kenntnisse oder einen hohen Zeitaufwand verlangt oder wenn sie ohne Besichtigung an Ort und Stelle nicht vorgenommen werden kann. 3.3. Sind bei der Eigentumsverteilung gemeinschaftliche Kredit-, Darlehns- oder sonstige Zahlungsverpflichtungen bzw. gemeinschaftliche Forderungen zu berücksichtigen, kann darüber eine Entscheidung nur ergehen, wenn das Bestehen und die Höhe dieser Verpflichtungen oder Forderungen feststeht oder festgestellt werden kann. Die dazu in der Entscheidung oder Einigung zu treffenden Festlegungen dürfen sich nur auf das Verhältnis der Prozeßparteien untereinander beziehen. Das Gericht hat die Prozeßparteien darauf hinzuweisen, daß unabhängig von diesen Festlegungen die Gläubiger gemeinsamer Verpflichtungen die Erfüllung von jeder Prozeßpartei fordern können. 3.4. Haben die Prozeßparteien zum Bestand oder zur Höhe gemeinschaftlicher Verpflichtungen bzw. Forderungen unterschiedliche Angaben gemacht, hat das Gericht auf die Klärung hinzuwirken (z. B. durch Vernehmung des Gläubigers bzw. Schuldners als Zeugen). Ist der Sachverhalt nicht aufklärbar, ist ohne Berücksichtigung der streitigen Verpflichtungen oder Forderungen zu entscheiden. Falls jedoch wegen dieser Verpflichtungen oder Forderungen vor der Entscheidung über die Eigentumsverteilung ein selbständiger Rechtsstreit anhängig wird, ist in der Regel das Verfahren zur Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 71 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zu unterbrechen, oder es sind beide Verfahren gemäß § 34 ZPO zu verbinden. Ist eine Entscheidung über die strittigen Verpflichtungen oder Forderungen im Verfahren zur Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht möglich, sind die Prozeßparteien darauf hinzuweisen, daß das nach Klärung des Sachverhalts aufgrund einer neuen Klage nachgeholt werden kann. 48

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§ 1372 BGB

Zugewinnausgleich in anderen Fällen

3.5. Die Gerichte haben den Abschluß von außergerichtlichen Vereinbarungen der Ehegatten über die Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums oder von Einigungen in Verfahren zu fördern. Bei Vorliegen der Voraussetzungen haben sie auf den Abschluß von Teileinigungen hinzuwirken. Einigungen oder außergerichtliche Vereinbarungen der Ehegatten müssen nicht den Verteilungsgrundsätzen des § 39 FGB entsprechen. Es ist insbesondere zulässig, daß ein Ehegatte wegen der Übertragung des Erziehungsrechts für die gemeinsamen Kinder oder aus anderen gerechtfertigten Gründen mehr erhält, als er zu beanspruchen gehabt hätte. Eine außergerichtliche Vereinbarung über die Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentums an Grundstücken und an rechtlich selbständigen Gebäuden bedarf gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 FGB in Verbindung mit § 297 Abs. 1 Satz 1 ZGB der Beurkundung. Die Eigentumsgemeinschaft endet mit der Eintragung in das Grundbuch. Die Eintragung ist, falls die außergerichtliche Vereinbarung bereits vor Rechtskraft der Scheidung beurkundet wurde, erst mit deren Eintritt möglich. Eine Einigung kann vom Gericht nicht bestätigt werden, wenn sie den Grundsätzen des sozialistischen Rechts widerspricht. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Interessen der Kinder nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder für einen Ehegatten eine unvertretbare ungünstige wirtschaftliche Lage entstanden ist oder die Rechte von Gläubigern beeinträchtigt wurden. Außergerichtliche Vereinbarungen sind nichtig, wenn die Voraussetzungen der §§ 68 bzw. 70 ZGB vorliegen. 3.6. Im Ehescheidungsverfahren ist darauf hinzuwirken, daß die Ehescheidung und die Eigentums Verteilung durch eine Entscheidung erfolgen. Die Ehescheidung darf jedoch wegen einer länger dauernden Eigentumsverteilung nicht verzögert werden. In diesen Fällen hat ein Teilurteil zur Ehescheidung und den damit verbundenen Ansprüchen zu ergehen, soweit diese nicht in Beziehung zur Eigentumsverteilung stehen. 3.7. Sofern es erforderlich ist, eine Verpflichtung zur Zahlung eines Erstattungsbetrages festzulegen, weil die Verteilung des Eigentums zu keinem ausgeglichenen Verhältnis führte, sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozeßparteien bei der Festlegung von Ratenzahlungen angemessen zu berücksichtigen. Es kann auch festgelegt werden, daß die gesamte restliche Summe zu zahlen ist, wenn der Verpflichtete eine Rate nicht zum festgelegten Zeitpunkt erbringt. Um finanzielle Nachteile für den Anspruchsberechtigten zu vermeiden, ist auf Antrag festzulegen, daß der Erstattungsbetrag ab Rechtskraft der Entscheidung in der Höhe zu verzinsen ist, in der Kreditinstitute für Spareinlagen Zinsen gewähren. Ist der Verpflichtete in Verzug, sind statt dessen Zinsen gemäß § 86 Abs. 3 ZGB in Höhe von 4% zu zahlen. 4. Die Richtlinie Nr. 24 des Plenums des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik zur Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der Ehegatten während und nach Beendigung der Ehe vom 22. März 1967 (GBl. II Nr. 30 S. 180) in der Fassung des Änderungsbeschlusses des Plenums des Obersten Gerichts vom 17. Dezember 1975 — Richtlinie Nr. 24 — (GBl. I 1976 Nr. 11 S. 182) wird aufgehoben.

§ 1372 BGB Zugewinnausgleich in anderen Fällen Wird der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Zugewinn nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1390 ausgeglichen. Schrifttum zu den §§ 1372-1390 BGB Benthin Probleme der Zugewinngemeinschaft heute, FamRZ 82, 338; Bosch Das eheliche Güterrecht, insbesondere der gesetzliche Güterstand, in der Bundesrepublik Deutschland, mit Ausblicken auf jüngste Änderungen des Erbrechts, speziell des Ehegatten-Erbrechts, Archivum Juiridicum Cracoviense 88, 71; Dörr Hausrat, Schlüsselgewalt, Verfügungsbeschränkungen des gesetzlichen Güterstands und vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten in der Entwicklung seit dem Wilhelm Baumeister

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§ 1372 BGB

Eheliches Güterrecht

1. EheRG, N J W 89, 810; ders. Die Entwicklung des Güterrechts seit dem 1. EheRG, N J W 89, 1953; Gernhuber Geld und Güter beim Zugewinnausgleich, FamRZ 84, 1053; Goppinger Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, 5. Auflage 1985; Johannsen Vermögensrechtliche Auseinandersetzung unter Ehegatten nach Auflösung der Ehe beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft, W M 78, 654; Heinrich Lange Die Stellung des überlebenden Ehegatten bei der Zugewinngemeinschaft, N J W 57, 1381; Lehmann Das Ende der ehelichen Zugewinngemeinschaft aus ökonomischer Sicht, Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 89, 991; Liebl Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, 1970; Moench Eheliche Güterstände und Erbschaftssteuer — Steuerbare Erwerbe vor und während der Ehe, Deutsches Steuerrecht 89, 299; Müller-Freienfels Nachehelicher Vermögensausgleich in Skandinavien und Deutschland, Festschrift Nial, 1966, S. 404; Papantoniou Die Auswirkungen des Zugewinnausgleichs auf das Erbrecht — rechtsvergleichende Bemerkungen zum griechischen und deutschen Recht —, FamRZ 88, 683; Reinicke Die Berechnung der Ausgleichsforderung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, BB 57, 759; Sandweg Ehebedingte Zuwendungen und ihre Drittwirkung, N J W 89, 1965; Schwab Neue Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich, FamRZ 84, 429, 525; Schopp Probleme der Zugewinngemeinschaft bei der Ehescheidung, Rpfleger 64, 69; ders. Der Zugewinnausgleich in der Praxis, FamRZ 65, 409; Tiedtke Rechtsprechung des BGH zum ehelichen Güterrecht seit dem 1. Januar 1978, J Z 84, 1018, 1078.

I. Allgemeines 1

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 Abs. 1) sieht zwei verschiedene Ausgleichsformen vor: die erbrechtliche (erbtechtliche Lösung) und die rechnerische (güterrechtliche Lösung). Der während der Ehe erzielte Zugewinn wird ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet (§ 1363 Abs. 2 Satz 2). Das Gesetz unterscheidet danach, ob der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten oder aus anderen Gründen endet. Während § 1371 Abs. 1 die erbrechtliche Lösung für den Fall regelt, daß der gesetzliche Güterstand durch den Tod eines Ehegatten endet, enthalten die §§ 1372 bis 1390 die Regelung der güterrechtlichen Lösung für die Fälle, in denen der Güterstand auf andere Weise beendet wird. Die güterrechtliche Lösung besteht darin, daß das Vermögen der Ehegatten zwar weiterhin getrennt bleibt (§ 1363 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs.), jedoch ein Zugewinnausgleich durch Begründung eines Zahlungsanspruchs stattfindet (§§ 1363 Abs. 2 Satz 2, 1378 Abs. 1). Die Bestimmung, daß die §§ 1373 bis 1390 (güterrechtliche Lösung) gelten sollen, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten endet (§ 1372), wird nicht konsequent durchgeführt. Die güterrechtliche Lösung greift auch dann ein, wenn der überlebende Ehegatte nicht Erbe wird und ihm auch kein Vermächtnis zusteht (§ 1371 Abs. 2).

II. Fälle der güterrechtlichen Lösung 2

Zur güterrechtlichen Lösung kommt es mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes in folgenden Fällen: 1. Wenn der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet wird, der überlebende Ehegatte aber nicht Erbe wird und ihm auch kein Vermächtnis zusteht (§ 1371 Abs. 2); 2. Nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe (§ 1564); 3. Nach rechtskräftiger Aufhebung der Ehe (§§ 29, 37 Abs. 1 EheG); 4. Wenn die Ehe rechtskräftig für nichtig erklärt wird (§§ 23, 26 Abs. 1 EheG; vgl. aber Rdn. 3); 5. Im Falle der Wiederverheiratung eines Ehegatten, wenn der für tot erklärte andere Ehegatte noch lebt (§ 38 Abs. 2 EheG); 6. Wenn der gesetzliche Güterstand durch Ehevertrag beendet wird (§§ 1408, 1414); 7. Wenn rechtskräftig auf vorzeitigen Zugewinnausgleich erkannt wird (§§ 1385, 1386, 1388). 50

Wilhelm Baumeister

§ 1372 BGB

Zugewinnausgleich in anderen Fällen

Die bei aufgehobenen und für nichtig erklärten Ehen für den gutgläubigen 3 Ehegatten vorgesehene Möglichkeit, den Eintritt der vermögensrechtlichen Folgen durch Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten auszuschließen (§§26 Abs. 2 Satz 1, 37 Abs. 2 Satz 1 EheG), läßt die Durchführung des Zugewinnausgleichs unberührt, weil die vermögensrechtlichen Folgen nur für die Zukunft ausgeschlossen werden können. Dies gilt auch für nichtige Ehen (Soergelj Lange Rdn. 4; MüKojGerrthuber Rdn. 7; MüKo/ Miiller-Gindullis § 26 EheG Rdn. 15 — 17; Palandtj Diederichsen § 26 EheG Anm. 3 b; a. M. Schwab VII Rdn. 11; Soergelj Heint^mann §26 EheG Rdn. 8). Die Argumentation von Schwab aaO, durch die Erklärung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 EheG werde der Güterstand nicht im Sinne des § 1372 beendet, sondern von der Nichtigkeit der Ehe mit erfaßt, entfernt sich zu sehr vom Text der gesetzlichen Regelung und läßt außer Betracht, daß § 26 Abs. 1 EheG die Geltung der für den Fall der Scheidung vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen zunächst ohne Einschränkung und unabhängig davon anordnet, ob eine Erklärung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 EheG abgegeben wird. Diese kann die damit angeordnete Rechtsfolge daher auch nur mit der durch § 26 Abs. 2 Satz 1 vorgegebenen Einschränkung für die Zukunft rückgängig machen. Auch die von Soergelj Heint^mann aaO geforderte einschränkende Auslegung, wonach die Wendung „Ausschluß für die Zukunft" nur rechtskräftig abgeschlossene Zugewinnausgleichsverfahren unangetastet lassen wolle, findet im Gesetz keine hinreichende Grundlage. Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 Satz 1 EheG ist ausschließlich materiell-rechtlicher Natur. Sie schränkt den Regelungsbereich des § 26 Abs. 1 EheG ein (wegen der konkurrierenden Ansprüche zweier Ehegatten im Fall einer Doppelehe vgl. § 1381 Rdn. 52 — 55).

III. Kein Zugewinnausgleich Kein Zugewinnausgleich findet statt, wenn der gesetzliche Güterstand durch gleichzei- 4 tigen Tod beider Ehegatten beendet wird (BGH FamRZ 78, 678). Auch der Konkurs eines Ehegatten beendet den Güterstand nicht. Für eine dem §1419 a. F. (Güterstand der Verwaltung und Nutznießung) entsprechende Regelung besteht kein Bedürfnis, weil jeder Ehegatte sein Vermögen selbständig verwaltet (§ 1364).

IV. Abweichende Vereinbarungen Die Parteien können den Zugewinnausgleich abweichend von den gesetzlichen Bestim- 5 mungen regeln, den gesetzlichen Güterstand insbesondere auch vor und nach Eingehung der Ehe aufheben (§§ 1408, 1414). Heben sie ihn nach Eheschließung ohne nähere zeitliche Bestimmung auf, ist es eine Frage der Auslegung, ob der Ausschluß nur für die Zukunft gelten oder auch eine bereits entstandene Ausgleichsforderung erfassen soll. Im Zweifel bezieht sich der Ausschluß nur auf den künftigen Zugewinn (a. M. Ermanj Heckelmann Rdn. 4). Als Inhalt weiterer zulässiger Vereinbarungen kommen in Betracht der Ausschluß bestimmter Vermögensgegenstände von der Ausgleichspflicht, die Änderung des Berechnungsmodus, die Festsetzung eines Höchstbetrages oder einer von der hälftigen Zugewinnbeteiligung abweichenden Quote (Näheres s. jeweils am Ende der Einzelkommentierung). Die Vertragsfreiheit findet ihre Grenzen in § 138 (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 83, 498; OLG Karlsruhe FamRZ 91, 332, 333), aber auch darin, daß einzelne Bestimmungen zwingendes Recht darstellen und daher nicht abbedungen werden können. Dies gilt insbesondere für den Auskunftsanspruch (§ 1379), die Einrede grober Unbilligkeit (§ 1381) sowie den Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§§ 1385, 1386). Die Formbedürftigkeit abweichender Vereinbarungen hängt von der Beendigung 6 des Güterstandes und der damit zusammenfallenden Entstehung der Ausgleichsforderung Wilhelm Baumeister

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§ 1373 BGB

Eheliches Güterrecht

ab (§ 1378 Abs. 3 Satz 1). Vor der Beendigung des Güterstandes bedürfen sie der Form des Ehevertrages (§ 1410: Notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten) oder der für Scheidungsvereinbarungen vorgesehenen notariellen Beurkundung (§ 1378 Abs. 3 Satz 2). Die letzteren können nach der Rechtsprechung des BGH in der Form der notariellen Beurkundung bereits vor Anhängigkeit eines Eheauflösungsverfahrens wirksam getroffen werden (dazu und zur Abgrenzung zwischen Ehevertrag und Scheidungsvereinbarung § 1378 Rdn. 29, 32). Nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes unterliegen abweichende Parteivereinbarungen weder inhaltlichen noch formalen Beschränkungen. Sie können formfrei getroffen werden (§ 1378 Rdn. 25). § 1373 BGB Begriff des Zugewinns Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.

I. Allgemeines 1

Die Regelung bestimmt den Begriff des Zugewinns als den Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt. Die Definition stellt klar, daß der Begriff des Zugewinns lediglich eine Rechengröße darstellt, die sich als die Differenz aus den beiden weiteren Rechengrößen Anfangs- und Endvermögen ergibt. Der Zugewinn ist kein Sondervermögen der Ehegatten. Die Bestimmung des § 1363 Abs. 2 Satz 1, wonach die Vermögensmassen beider Ehegaten getrennt bleiben, wird auch nach Beendigung des Güterstandes konsequent durchgeführt. Der berechtigte Ehegatte erhält keine dingliche Berechtigung am Vermögen des anderen. Der Zugewinnausgleich wird durch Begründung einer auf Zahlung eines Geldbetrages gerichteten schuldrechtlichen Ausgleichsforderung verwirklicht (§ 1378 Abs. 1).

II. Zugewinn als positive Größe 2

Die Zugewinngemeinschaft ist keine Verlustgemeinschaft (OLG München FamRZ 76, 26). Die Rechengröße Zugewinn kann daher stets nur ein positiver Wert sein, der mindestens Null berägt. Sprachlich wird dies in § 1373 dadurch zum Ausdruck gebracht, daß der Zugewinn den Betrag darstellt, um den das Endvermögen das Anfangsvermögen „übersteigt". Der Betrag, um den das Endvermögen hinter dem Anfangsvermögen zurückbleibt, geht deshalb in die Berechnung ebensowenig ein, wie dies für die Berücksichtigung negativer Größen bei der Feststellung des Anfangsvermögens (§ 1374 Abs. 1, 2. Halbs.) und grundsätzlich auch bei derjenigen des Endvermögens gilt (§ 1375 Abs. 1 Satz 2). Hatte ein Ehegatte bei Beginn des Güterstandes Schulden von 20 000, — DM und beläuft sich sein Endvermögen auf 50 000,— DM, beträgt sein Anfangsvermögen Null und sein Zugewinn 50 000,— DM und nicht 70 000,— DM. Hatte ein Ehegatte ein Anfangsvermögen von 100 000,— DM und hat er bei Beendigung des Güterstandes Schulden von 50 000, — DM, beträgt sein Zugewinn Null und nicht minus 150 000,— DM oder zumindest minus 50 000,— DM. Hat der andere Ehegatte einen Zugewinn von 100 000,— DM, beläuft sich die Ausgleichsforderung des ersten auf 50 0 0 0 , - D M .

III. Ausgleichspflicht ohne Rücksicht auf die Herkunft des Zugewinns 3

Darauf, auf welche Weise der Zugewinn erzielt worden ist, kommt es grundsätzlich nicht an. Vermögenszuwächse, die auf Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder auf Kapital52

Wilhelm Baumeister

§1374 BGB

Anfangsvermögen

vermögen oder auf Lottogewinne (BGH FamRZ 77, 124) zurückgehen, sind ebenso ausgleichspflichtig wie Wertsteigerungen, die einzelne Vermögensgegenstände während der Ehe erfahren haben (FamRZ 74, 83, 84). Das Gesetz stellt nicht darauf ab, ob der Zugewinn erarbeitet oder auf andere Weise erzielt oder auf eine Mitarbeit oder Mitwirkung des anderen Ehegatten zurückzuführen ist. Obwohl der Gedanke der Lebens- und Wirkungsgemeinschaft den inneren Grund für die Zugewinngemeinschaft darstellt (BGH FamRZ 79, 904), enthalten die §§ 1373 ff keine konsequente Ausprägung des Grundsatzes, daß der Vermögenserwerb eines Ehegatten nur dann in den Zugewinnausgleich einbezogen werden soll, wenn der andere Ehegatte in bestimmter Weise zu dem Erwerb beigetragen hat. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr für eine schematische und starre Regelung entschieden, die darin besteht, daß die Ehegatten grundsätzlich an allem, was sie in der Ehe hinzuerworben haben, bei Beendigung des Güterstandes wertmäßig zu gleichen Anteilen beteiligt werden ohne Rücksicht darauf, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie an dem Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände mitgewirkt haben (BGH FamRZ 77, 124, 125; 81, 239, 240). Andererseits besteht aber auch keine Verpflichtung oder Obliegenheit der Ehegatten, das Vermögen so zu verwalten, daß sie einen möglichst hohen Zugewinn erzielen. Zwecks Milderung der Härten, die sich aus dieser abstrakten und starren Berechnungs- 4 methode im Einzelfall ergeben können, gewährt das Gesetz eine Reihe von Regulativen in Form des § 1374 Abs. 2 (Erhöhung des Anfangsvermögens um eheneutralen Erwerb), des § 1375 Abs. 2 (Erhöhung des Endvermögens um illoyale Vermögensminderungen), des § 1381 (Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit), der §§ 1384, 1387 (Vorverlegung des Berechnungszeitpunktes), des § 1380 (Anrechnung von Vorausempfangen) sowie des § 1390 (Durchgriffshaftung gegen Dritte). IV. Reale und scheinbare Z u g e w i n n e Die Erzielung eines Zugewinns kann entweder darauf beruhen, daß während des 5 Güterstandes weitere Vermögensgegenstände hinzugekommen sind, oder auch darauf, daß Vermögensgegenstände, die sich schon im Anfangsvermögen befanden, wertvoller geworden sind (vgl. BGH FamRZ 74, 83, 84). Solche realen Wertsteigerungen mehren das Endvermögen wirklich und sind daher auszugleichen (BGH FamRZ 74, 83, 84; Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1057). Dagegen stellt der nur nominelle Wertzuwachs, der allein darauf beruht, daß der Wert des Geldes, das der Bewertung der Vermögensgegenstände des Anfangsvermögens zugrundegelegt wird, inzwischen geringer geworden ist, nur einen scheinbaren und daher nicht auszugleichenden Zugewinn dar (BGH FamRZ 74, 83, 84; vgl. dazu § 1376 Rdn. 92-103).

§ 1374 BGB Anfangsvermögen (1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört; die Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden. (2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Wilhelm Baumeister

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§ 1374 BGB

Eheliches Güterrecht

Schrifttum S. zunächst das Schrifttum zu § 1380. Ferner: Battes E h e g e w i n n und eheneutraler E r w e r b — E i n e G r u n d s a t z f r a g e des gesetzlichen Güterrechts, in Bosch N e u e r e E n t w i c k l u n g e n im Familienrecht. Schriften zum Bürgerlichen Recht, B a n d 122, 1990, 4 9 — 6 2 ; Brüning Ehegatten-Innengesellschaft und A n f a n g s v e r m ö g e n beim A u s g l e i c h des Z u g e w i n n s , N J W 74, 1802; Buchwaldüzs A n f a n g s v e r m ö gen nach d e m Gleichberechtigungsgesetz, B B 58, 493; Gamp Schmerzensgeld und Z u g e w i n n a u s gleich, J R 81, 508; Oehlers B e w e r t u n g s - und Z u r e c h n u n g s f r a g e n im Z u g e w i n n , 5. D F G T , 1984, 82. Übersicht Rdn. I. Allgemeines II. Stichtag III. Anfangsvermögen IV. Verbindlichkeiten V. Kaufkraftschwund

1 2 3 4—6 7

VI. Privilegierter Erwerb (§ 1374 Abs. 2) . . 8 - 3 4 1. Allgemeines 8—9 2. Keine besondere Vermögensmasse . . 10 — 12 3. Verbindlichkeiten 13-20 a) § 1374 Abs. 1, 2. Halbs 14 b) Minderungen des Erwerbs um die mit ihm in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten 15

c) Keine Hinzurechnung negativen Erwerbes d) Verrechnung des Erwerbes mit negativem Anfangsvermögen . . . . e) Keine Verrechnung des privilegierten Vermögens mit im Zeitpunkt des Erwerbes bestehenden Verbindlichkeiten 4. Arten des privilegierten Erwerbes . . a) Erwerb von Todes wegen . . . . b) Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht c) Schenkungen d) Ausstattung (§ 1624) 5. Einkünfte 6. Keine analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2

Rdn. 16 17 — 19

20 21 — 32 22—23 24-29 30—31 32 33 34

I. Allgemeines 1

Die Bestimmung definiert das Anfangsvermögen als das Vermögen, das einem Ehegatten bei Beginn des Güterstandes gehört. Die Wahl des Begriffs Vermögen ist mißverständlich, weil er die Vorstellung vermittelt, daß es sich um eine besondere Vermögensmasse, also um ein Sondervermögen handelt. Gerade dies ist aber nicht gemeint. Das Anfangsvermögen stellt ebenso wie die Begriffe Endvermögen und Zugewinn eine bloße Rechengröße zur Ermittlung der Ausgleichsforderung dar. Es handelt sich um eine Wertermittlungsregelung. Begrifflich schärfer ist es deshalb, den rechnerischen Vorgang, wie dies in § 1376 zum Ausdruck kommt, als Feststellung des Wertes von Anfangs- und Endvermögen zu bezeichnen (Schwab FamRZ 84, 429). Dabei handelt es sich nicht um eine rein akademische Erörterung. Die Verwendung des Begriffs Vermögen ist zumindest mitursächlich für die zahlreichen systemwidrigen Versuche, die auf die beiden Stichtage bezogene strikte Wertermittlungsmethode zu vernachlässigen und das Schicksal einzelner Vermögensgegenstände oder von Teilen des Vermögens vom Beginn des Güterstandes bis zu seiner Beendigung zu verfolgen (§ 1376 Rdn. 97).

II. Stichtag 2

Nach § 1374 Abs. 1 ist der für die Berechnung des Anfangsvermögens maßgebende Stichtag der Beginn des Güterstandes, also regelmäßig der Tag der Eheschließung, wenn die Parteien den gesetzlichen Güterstand nicht ausgeschlossen haben. Vereinbaren sie den gesetzlichen Güterstand später, kommt es mangels einer anderweitigen vertraglichen Regelung auf den Tag des Vertragsschlusses an (wegen möglicher abweichender Vereinbarungen s. § 1372 Rdn. 5). Bei den vor dem 1. Juli 1958 geschlossenen Ehen kommt es für die Berechnung des Anfangsvermögens auf diesen Zeitpunkt an (Art. 8 I Nr. 3 Abs. 1 GleichberG vom 18. Juni 1957 - BGBl. I S. 609). 54

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§ 1374 BGB

Anfangsvermögen

Wegen der Rechtslage für Vertriebene und Flüchtlinge s. das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen vom 4. August 1969 (BGBl. I S. 1067, s. SoergeljLange Einl. zum ehelichen Güterrecht Rdn. 11).

III. Anfangsvermögen Das Anfangsvermögen umfaßt alle dem Ehegatten bei Beginn des Güterstandes 3 zustehenden rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, alle ihm gehörenden Sachen und alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die am Stichtag bereits entstanden sind (BGH FamRZ 84, 144, 145). Da die Probleme bei der Feststellung, welche Vermögenspositionen zu erfassen und wie sie zu bewerten sind, bei Anfangsund Endvermögen dieselben sind, werden sie zusammen dargestellt (§ 1376 Rdn. 6 ff).

IV. Verbindlichkeiten Von den aktiven Vermögenswerten sind die Verbindlichkeiten abzusetzen. Nur der 4 Überschuß der Aktiva über die Passiva fließt als Wert des Nettovermögens in den Rechenvorgang zur Ermittlung der Ausgleichsforderung ein (wegen der zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten im einzelnen s. § 1376 Rdn. 43). Nach § 1374 Abs. 1, 2. Halbsatz sind die Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Aktivvermögens abzuziehen. Diese Regelung führt zu dem mißlichen Ergebnis, daß der bei Beginn des Güterstandes verschuldete Ehegatte den während des Güterstandes erzielten Gewinn zunächst zur Abdeckung seiner Schulden verwenden kann. In diesem Umfang erzielt er rechnerisch keinen Zugewinn, während der bei Beginn des Güterstandes nicht verschuldete Ehegatte seinen Gewinn voll ausgleichen muß. Hatte ein Ehegatte bei Beginn des Güterstandes Schulden von 100 000,— DM und 5 beträgt sein Endvermögen Null, weil er die Schulden bis zur Beendigung des Güterstandes tilgen konnte, dann fingiert das Gesetz, daß er keinen Zugewinn erzielt hat; er kann den anderen bei Eheschließung nicht verschuldeten Ehegatten, der während des Güterstandes ebenfalls 100 000,— DM hinzuerworben und deshalb ein Endvermögen in dieser Höhe hat, auf Zahlung von 50 000, — DM in Anspruch nehmen. Der Zweck der Regelung soll sicherstellen, daß der bei Ehebeginn verschuldete Ehegatte, der bei Beendigung des Güterstandes über ein gewisses Endvermögen verfügt, im Wege des Zugewinnausgleichs nicht sein gesamtes Endvermögen verliert und auch nicht vor die Notwendigkeit gestellt wird, zur Befriedigung der Ausgleichsforderung erneut Verbindlichkeiten einzugehen. Hatte ein Ehegatte bei Ehebeginn Schulden von 150 000,— DM und bei Beendigung des Güterstandes ein aktives Vermögen von 100 000,— DM, dann betrüge sein Zugewinn ohne die Regelung des § 1374 Abs. 1, 2. Halbs. 250 000,— DM, so daß er, wenn der andere Ehegatte keinen Zugewinn erzielt hat, einer Ausgleichsforderung von 125 000,— DM ausgesetzt wäre, die allerdings auf die Höhe des vorhandenen Vermögens von 100 000,— DM zu begrenzen ist (§ 1378 Abs. 2). Trotz ihres berechtigten Anliegens wird die gesetzliche Regelung zu Recht als 6 unangemessen angesehen, weil sie den Schutz des verschuldeten Ehegatten überspannt (M ü K o/ Gernbub er Rdn. 11/13 m. w. Nachw.; SoergeljLange Rdn. 8; PalandtlDiederichsen Anm. 3 a cc vor § 1363; Gernhuber FamRZ 84, 1053). Die gesetzliche Fiktion, die tatsächliche Schulden als nicht existent behandelt, führt zu dem dogmatisch unbefriedigenden Ergebnis, daß der bei Ehebeginn nicht oder geringer verschuldete Ehegatte an dem wirklichen wirtschaftlichen Zugewinn des anderen nicht teilhat. Mit dieser krassen Konsequenz ist die gesetzliche Regelung schlicht güterstandsfremd (MüKo¡Gernhuber Rdn. 12). Der mit ihr bezweckte Erfolg wird, soweit er darauf gerichtet ist, den ausgleichspflichtigen Ehegatten vor einer erneuten Verschuldung zu bewahren, bereits durch § 1378 Abs. 2 erreicht. Im übrigen erscheint es nicht unangemessen, daß das Wilhelm Baumeister

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§ 1 3 7 4 BGB

Eheliches Güterrecht

vorhandene Endvermögen zur Durchführung eines Vermögensausgleichs verwandt wird, der dem wirklichen beiderseitigen Zugewinn entspricht. Die Mitarbeit am Abtragen von Schulden verdient denselben gesetzlichen Schutz wie die Mitwirkung am Wachstum des Aktivvermögens (S oergell Lange aaO).

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V. K a u f k r a f t s c h w u n d Der Wert des Anfangsvermögens ist für den Rechenvorgang in dem Verhältnis aufzuwerten, in dem die Kaufkraft des Geldes vom Beginn des Güterstandes bis zu dessen Beendigung gesunken ist (wegen der Problematik des scheinbaren Zugewinns vgl. im einzelnen § 1376 Rdn. 9 2 - 1 0 3 ) .

VI. Privilegierter E r w e r b (§ 1374 A b s . 2) 1. Allgemeines 8 Obwohl das Gesetz grundsätzlich nicht darauf abstellt, auf welche Weise der Zugewinn erzielt wird, insbesondere ob dieser auf einer Mitwirkung des anderen Ehegatten beruht (BGH FamRZ 77, 124, 125; 81, 239, 240), entzieht es der Ausgleichsregelung eine Reihe unentgeltlicher Erwerbsarten, bei denen die mangelnde Verbindung mit dem Gedanken der Zugewinngemeinschaft evident ist. Gesetzestechnisch wird dies durch Hinzurechnung des privilegierten Erwerbs zum Anfangsvermögen erreicht. Damit fallt dieses Vermögen in Höhe des Wertes, den es im Zeitpunkt des Erwerbes hatte (§ 1376 Abs. 1), nicht in den Zugewinnausgleich. Die abschließende, einer analogen Anwendung nicht zugängliche Regelung (Rdn. 34) wird allgemein als zu eng angesehen, weil sie zahlreiche Erwerbsvorgänge unberücksichtigt läßt, für die das gesetzgeberische Motiv in gleicher Weise zutrifft. 9 Die Hinzurechnung erfolgt unabhängig davon, ob der Erblasser oder der Schenker dies bestimmen. Auf ihren Willen kommt es nicht an (anders die Regelung für das Vorbehaltsgut in § 1418 Abs. 2 Nr. 2). Sie können auch nicht bestimmen, daß Zuwendungen, die nicht unter § 1374 Abs. 2 fallen, hinzugerechnet werden. Sie haben nur die Möglichkeit, die Wirksamkeit des Erwerbs davon abhängig zu machen, daß die Ehegatten einen Ehevertrag schließen, der die Hinzurechnung der Zuwendung vorsieht (Palandtj Diederichsen Anm. 4); anderenfalls fallt ein solcher Erwerb in den Zugewinn. 2. Keine besondere Vermögensmasse Der Berechnung des privilegierten Vermögens wird der Wert zugrundegelegt, den dieses im Zeitpunkt des Erwerbes hatte (§ 1376 Abs. 1). Dabei handelt es sich ebenso wie bei den Begriffen Anfangs- und Endvermögen sowie Zugewinn um eine bloße Rechengröße. Diese bleibt für den Rechenvorgang mit dem einmal ermittelten Wert (§ 1376 Abs. 1) konstant, wenn man davon absieht, daß auch dieser Betrag um den Kaufkraftschwund aufzuwerten ist (§ 1376 Rdn. 99). Der privilegierte Erwerb stellt deshalb kein Sondervermögen dar, das bei der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung als solches außer Betracht bliebe. 11 Daraus folgt einerseits, daß sich die Hinzurechnung auf den Wert beschränkt, den das privilegierte Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbes hatte; spätere Wertsteigerungen und Wertminderungen verändern den hinzuzurechnenden Betrag ebensowenig wie der Umstand, daß die privilegierten Gegenstände vor Beendigung des Güterstandes veräußert werden oder verloren gehen. Andererseits folgt daraus aber auch, daß der privilegierte Erwerb, weil er zum Vermögen des erwerbenden Ehegatten gehört, bei der Feststellung seines Endvermögens zu dem dann maßgeblichen Wert (§ 1376 Abs. 2) in Ansatz gebracht werden muß. Reale Wertsteigerungen und auf ihnen beruhende Gewinne erhöhen, Verluste mindern den Zugewinn.

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Anfangsvermögen

§ 1374 BGB

Es wäre daher rechnerisch verfehlt, das privilegierte Vermögen aus Gründen der 1 2 Vereinfachung des Rechenwerks sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen außer Ansatz zu lassen. Ein Vermögensgegenstand kann beim Endvermögen nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil er schon bei Beginn des Güterstandes vorhanden war und deshalb auch zum Anfangsvermögen gehört. Er ist vielmehr auch dort zu veranschlagen. Nur auf diese Weise trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, daß ein ehebezogener Erwerb nicht vorliegt (BGH FamRZ 83, 882, 884). 3. Verbindlichkeiten Die Verbindlichkeiten spielen bei der Feststellung des Anfangs Vermögens unter fünf 1 3 verschiedenen Gesichtspunkten eine Rolle: a) Kein negatives Anfangsvermögen. Nach § 1374 Abs. 1, 2. Halbs, können Ver- 1 4 bindlichkeiten nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden (Rdn. 4—6). b) Minderungen des Erwerbs um die mit ihm in Zusammenhang stehenden 1 5 Verbindlichkeiten. Der privilegierte Erwerb wird dem Anfangsvermögen nur in Höhe seines Nettowertes, also nach Abzug der Verbindlichkeiten, hinzugerechnet, die mit dem Erwerbsvorgang in einem inneren Zusammenhang stehen. Dazu gehören alle gesetzlichen, privaten und öffentlich-rechtlichen Schulden (Nachlaßverbindlichkeiten, Erbschaftssteuern) sowie alle zum Zwecke des Erwerbes eingegangen rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen Verbindlichkeiten, die lediglich in Erwartung des Erwerbes oder nach Abschluß des Erwerbsvorganges begründet worden sind. Dazu gehören beispielsweise in Erwartung einer Erbschaft eingegangene Kreditverbindlichkeiten (M-ÜK.OjGernhuber Rdn. 25) oder aus der Verwaltung des Nachlasses herrührende Schulden. Das folgt auch schon aus der Regelung des § 1376 Abs. 1, 3, wonach es für die Bewertung des aktiven und passiven Vermögens ausschließlich auf den Zeitpunkt des Erwerbes ankommt. c) Keine Hinzurechnung negativen Erwerbes. Die Bestimmung des § 1374 Abs. 2 1 6 regelt anders als dessen Abs. 1, 2. Halbs, nicht ausdrücklich, daß die Passiva nur bis zur Höhe der Aktiva abgezogen werden dürfen. Gleichwohl kann der Wert des hinzuzurechnenden Vermögens nach unbestrittener Auffassung keine negative Größe sein. Dieser Wert ist vielmehr mit mindestens Null in Ansatz zu bringen. Davon ist nicht nur im Wege der Auslegung des Textes auszugehen, der eine Hinzurechnung vorsieht; wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen, liegt ein Erwerb, der hinzugerechnet werden kann, nicht vor, das Anfangsvermögen bleibt unverändert. Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Regelung, die ausschließlich dem Schutz des erwerbenden Ehegatten dienen soll. Der Ansatz eines negativen Erwerbes schmälert das Anfangsvermögen und vergrößert den Zugewinn, würde sich mithin gerade zum Nachteil des Erwerbers auswirken. Dies führte insbesondere auch zu dem mißlichen Ergebnis, daß ein Ehegatte, der aus familiärer Rücksichtnahme eine überschuldete Erbschaft annimmt, für diesen Entschluß mit der Verkürzung seines Zugewinnausgleichsanspruchs bestraft würde, obwohl es auf der Hand liegt, daß solche Verluste, solange die Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 Nr. 3 nicht vorliegen, von beiden Ehegatten in gleicher Weise zu tragen sind (SoergeljLange Rdn. 11). d) Verrechnung des Erwerbes mit negativem Anfangsvermögen. Streitig ist, ob 1 7 der privilegierte Erwerb bei negativem Anfangsvermögen zunächst mit den Schulden zu verrechnen ist oder ob er dem auf Null gesetzten Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 1) hinzuzurechnen ist. Hatte ein Ehegatte bei Beginn des Güterstandes Schulden von 20 000,— DM und erbt er später 50000,— DM, beträgt sein Anfangsvermögen entweder 30000,— DM ( 5 0 0 0 0 , - DM ./. 2 0 0 0 0 , - DM) oder 5 0 0 0 0 , - DM (Null + 5 0 0 0 0 , - DM). Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

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Die Entstehungsgeschichte (vgl. Bericht des Abgeordneten Seidl BT-Drucks. 2/3409 S. 9) und der Wortlaut der Vorschrift scheinen für die zweite Alternative, also gegen eine Verrechnung zu sprechen, weil § 1374 Abs. 2 auf den in Abs. 1 definierten Begriff des Anfangsvermögens Bezug nimmt und Bestandteil dieser Begriffsbestimmung auch ist, daß das Anfangsvermögen nicht negativ sein kann (so OLG Bamberg FamRZ 88, 506; StaudingerjThiele Rdn. 32; Palandt\Diedericbsen Anm. 3; RGRK j Finke Rdn. 23; Remiche BB 57, 759, 761; Schopp Rpfleger 64, 69, 71). 19 Zwingend sind diese Gesichtpunkte indes nicht. Da das Gesetz die Frage nicht ausdrücklich regelt, verdient eine zweckorientierte Auslegung den Vorzug gegenüber einer reinen Wortinterpretation. Anderenfalls würde der erwerbende Ehegatte in unangemessener Weise begünstigt werden. Schon die durch § 1374 Abs. 1 angeordnete Nullsetzung ist güterstandsfremd (Rdn. 6). Ihre unerfreulichen Auswirkungen sind deshalb durch eine möglichst restriktive Auslegung zu limitieren. Dies wird sichergestellt, indem man die in § 1374 Abs. 2 enthaltene Bezugnahme auf den Begriff des Anfangs Vermögens (Abs. 1) auf die naheliegende Bedeutung beschränkt, daß der Ansatz eines negativen Anfangsvermögens lediglich im Ergebnis bei dem endgültigen Rechenvorgang, nicht jedoch schon bei der vorangehenden stufenweisen Ermittlung des Anfangsvermögens zu unterbleiben hat. Der erwerbende Ehegatte soll durch die angeordnete Nullsetzung nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn ihm der privilegierte Erwerb bereits vor Beginn des Güterstandes zugeflossen wäre und in diesem Fall schon gemäß § 1374 Abs. 1 zunächst mit seinen Schulden hätte verrechnet werden müssen. Daß die Gegner der Verrechnung dieses unvertretbare Ergebnis in Kauf nehmen, zeigt folgendes Beispiel: Hatte ein Ehegatte bei Ehebeginn 20 000, — DM Schulden und erbt er später 50 000, — DM, dann beträgt sein Anfangsvermögen nach dieser Auffassung 50 0 0 0 , - DM (Null + 50 0 0 0 , - DM). Wäre er dagegen bereits vor Ehebeginn Erbe geworden, beliefe sich sein Anfangsvermögen lediglich auf 30 000,— DM (50 000,— DM ./. 20 000,—DM). Die h. M. steht deshalb zu Recht auf dem Standpunkt, daß der privilegierte Erwerb zunächst mit den bei Ehebeginn bestehenden Schulden zu verrechnen ist (MüKo¡Gernhuber Rdn. 16; SoergeljLange Rdn. 10; Ermanj Heckelmann Rdn. 8; Bärmann AcP 157, 145, 169; Schwab VII Rdn. 87, FamRZ 84, 429, 435; Johannsenj Henrich) Jaeger Rdn. 29). 20

e) Keine Verrechnung des privilegierten Vermögens mit im Zeitpunkt des Erwerbes bestehenden Verbindlichkeiten. Endlich stellt sich auch noch die Frage, wie die Verbindlichkeiten zu behandeln sind, die ein Ehegatte im Zeitpunkt des Erwerbes hatte. Diese sind von den Aktiva des Erwerbes nur insoweit abzusetzen, als sie mit diesem in Zusammenhang stehen (Rdn. 15). Andere Verbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage, weil nach § 1376 Abs. 1, 2, 3 nur Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, die im Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung des Güterstandes bestehen.

4. Arten des privilegierten Erwerbes Hinzuzurechnen ist nur das während des Güterstandes erworbene Vermögen. Ein vorher erfolgter Erwerb gehört, soweit er bei Beginn des Güterstandes noch wertmäßig vorhanden ist, bereits gemäß § 1374 Abs. 1 zum Anfangsvermögen (RGRK¡Finke Rdn. 20). Auch ein nachträglicher Vermögenserwerb nach Beendigung des Güterstandes wird nicht berücksichtigt. Ein solcher erhöht das Endvermögen nicht (§ 1376 Abs. 2), so daß es auch keiner Hinzurechnung zum Anfangsvermögen bedarf, um ihn vom Zugewinnausgleich auszunehmen (BGH FamRZ 83, 882, 885). 22 a) Erwerb von Todes wegen. Dazu gehört alles, was einem Ehegatten aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge zufließt einschließlich der Vermächtnisse und 21

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Wilhelm Baumeister

§ 1374 BGB

Anfangsvermögen

Pflichtteilsansprüche sowie der Auseinandersetzungsansprüche aus einem Erbschaftsstreit. Dies gilt auch für die infolge Erbfolge eintretende Befreiung von einer Verbindlichkeit durch Konfusion (OLG Düsseldorf FamRZ 88, 287). Femer zählen dazu Abfindungsansprüche für weichende Erben nach den Anerbengesetzen und Entgelte für die Ausschlagung einer bereits angefallenen Erbschaft. Auch die Anwartschaft des Nacherben stellt einen gegenwärtigen Vermögenswert dar und ist deshalb grundsätzlich zu berücksichtigen (BGH FamRZ 83, 882; vgl. dazu näher § 1376 Rdn. 2 7 - 3 1 ) . Die Wertsteigerung von Nachlaßvermögen, die während des Güterstandes durch das allmähliche Absinken des Wertes eines vom Erblasser angeordneten lebenslangen Nießbrauchs eintritt, unterliegt nicht dem Zugewinnausgleich. Soweit sich die Wertsteigerung während der Ehe durch Absinken des Nießbrauchwertes verwirklicht, handelt es sich im Sinne von § 1374 Abs. 2 um Vermögen, das der Empfänger nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen erwirbt. (BGH FamRZ 90, 603; vergl. auch Rdn. 27, 29). Nicht hinzuzurechnen ist demgegenüber die durch Kauf erworbene Anwartschaft 2 3 des Nacherben, weil sie nicht auf einem Erwerb von Todes wegen, sondern auf einem Geschäft unter Lebenden beruht (OLG Hamm FamRZ 84, 481, 482). Dasselbe gilt, soweit im Einzelfalle keine Schenkung vorliegt, für Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall (MüKo¡Gernhuber Rdn. 18). Die Anwartschaft eines durch Erbvertrag Bedachten, später Erbe des Erblassers zu werden, besitzt keinen objektivierbaren Vermögenswert und ist deshalb außer Ansatz zu lassen (OLG Koblenz FamRZ 85, 286). Errichtet ein Ehegatte in Erwartung der Erbfolge auf dem Grundstück des Erblassers ein Wohnhaus und wird er später Erbe, fällt nur der Grundstücks wert unter § 1374 Abs. 2. Der Wert des Wohnhauses ist nicht privilegiert, weil er der Substanz nach aus dem Vermögen des Ehegatten stammt und erwartungsgemäß an ihn zurückgelangt ist (MüKo/Gernhuber Rdn. 17; a. M. OLG Köln FamRZ 83, 71). b) Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht. Ob Vermögen mit Rücksicht 2 4 auf ein künftiges Erbrecht erworben wird, richtet sich in erster Linie danach, ob die Vertragschließenden mit der Ubergabe einen erst künftigen Erbgang vorwegnehmen wollen (BGH FamRZ 90, 1083, 1084). Dazu zählen Vermögensüberlassungen unter Lebenden in Vorwegnahme eines erbrechtlichen Anfalls wie die Hofübergabe und die vorzeitige Übertragung eines Unternehmens, außerdem Abfindungen für Erb verzichte und Verzichte auf den Pflichtteil sowie der vorzeitige Erbausgleich des nichtehelichen Kindes (§ 1934 d). Die Wendung „mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht" stellt klar, daß der Erwerber weder gesetzlicher noch Erbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung zu sein braucht, es reicht aus, daß der Erwerbsvorgang eine letztwillige Verfügung ersetzen soll (OLG Düsseldorf MDR 72, 782). Ebensowenig stellt der Wortlaut der Regelung auf die Rechtsform des Erwerbsvorganges ab. Ein Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht kann deshalb selbst dann vorliegen, wenn der Erwerb auf einem Kaufvertrag beruht, die Würdigung der Gesamtumstände aber ergibt, daß ein künftiges Erbrecht vorweggenommen werden sollte (BGH FamRZ 78, 334, 335; OLG Koblenz FamRZ 85, 286). Ein privilegierter Erwerb liegt dann allerdings nur insoweit vor, als ihm keine Gegenleistung gegenübersteht (OLG Düsseldorf MDR 72, 782). Die Entgelte sind deshalb vom privilegierten Erwerb abzuziehen, weil sie den Zugewinn andernfalls grundlos schmälern würden (BGH FamRZ 90, 1217, 1218; Rdn. 15, 20). Uberlassen Eltern eines Ehegatten diesem vor Eheschließung unter Vorbehalt des 2 5 lebenslänglichen Nießbrauchs ein Grundstück, dann fällt die Werterhöhung, die das Grundstück im Falle des Erlöschens des Nießbrauchs während des Güterstandes erfährt, unter § 1374 Abs. 2 (OLG Koblenz FamRZ 83, 166). Diese Werterhöhung zählt zwar nicht zum Erwerb von Todes wegen, weil sie nicht auf Erbfolge beruht. Als spätere Wilhelm Baumeister

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§ 1374 BGB

Eheliches Güterrecht

Auswirkung des Überlassungsvertrages gehört sie aber zum Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, weil der Erwerber mit dem Eigentum am Grundstück auch gleichzeitig eine Anwartschaft auf lastenfreies Eigentum erhält (vgl. auch Rdn. 26 ff, § 1375 Rdn. 23, 2 7 - 3 1 ) . 26

Die Höhe der Gegenleistung ist für die Qualifizierung eines unter § 1374 Abs. 2 fallenden Erwerbes nicht immer entscheidend. Übergeben Eltern einem Abkömmling unter Lebenden ein Grundstück, ein landwirtschaftliches Anwesen oder ein Unternehmen, so handelt es sich regelmäßig schon von der Natur der Sache her um einen Erwerb „mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht". Soweit das Kind die Eltern in solchen Verträgen von Verbindlichkeiten freistellt, ihnen einen lebenslangen Nießbrauch oder ein Leibgedinge (Altenteil) einräumt oder Ausgleichszahlungen an erbberechtigte Geschwister übernimmt, handelt es sich um für eine vorweggenommene Erbfolge typische Abreden. Selbst wenn die Gegenleistung den Wert des Erwerbes übersteigt, nimmt das ihm noch nicht den die Erbfolge vorwegnehmenden Charakter (BGH FamRZ 90, 1083, 1084; OLG Köln FamRZ 89, 1186, 1187).

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Diese Qualifizierung des Erwerbes besagt aber noch nichts über die rechnerische Berücksichtigung der übernommenen Gegenleistungen und Belastungen. Der Wert von Nießbrauch und Leibgedinge verringert sich mit zunehmendem Zeitablauf, bis diese mit dem Tode des Berechtigten erlöschen. Dem Absinken ihres Wertes entspricht eine gleiche Wertsteigerung des übernommenen Vermögens, die jedoch gemäß § 1374 Abs. 2 ebenso wie das Vermögen selbst nicht dem Zugewinnausgleich unterliegt. Der künftige Erbe hat das Vermögen von vornherein mit der sicheren Aussicht erworben, daß die Belastung durch Nießbrauch und Leibgedinge wegfällt. Soweit sich diese Aussicht während der Ehe durch Absinken des Belastungswertes verwirklicht, handelt es sich im Sinne von § 1374 Abs. 2 um Vermögen, das der Empfanger nach Eintritt des Güterstandes als spätere Auswirkung des Überlassungsvertrages mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt (BGH FamRZ 90, 603; 90, 1083, 1084; 1217, 1218; OLG Koblenz FamRZ 83, 166, 168; OLG Köln FamRZ 89, 1186, 1187; OLG Schleswig FamRZ 91, 943). Nach diesen Grundsätzen ist rechnerisch unabhängig davon zu verfahren, wann das Vermögen erworben wurde und wann Nießbrauch oder Leibgedinge erloschen sind. Für die Anwendung des § 1374 Abs. 2 ist allein entscheidend, ob und in welchem Umfang der Wert der Belastungen während des gesetzlichen Güterstandes abgesunken ist (OLG Koblenz FamRZ 83, 166: Erwerb des Vermögens vor Beginn des gesetzlichen Güterstandes; BGH FamRZ 90, 603: Erwerb während der Ehe und Fortbestand der Belastung am Ende des Güterstandes; BGH FamRZ 90, 1217: Erwerb während der Ehe und Erlöschen der Belastung ebenfalls während der Ehe).

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Dagegen fallen die aufgrund des Übergabevertrages übernommenen Verbindlichkeiten der Eltern und zugunsten der Geschwister eingegangenen Ausgleichszahlungen nicht unter §1374 Abs. 2 (BGH FamRZ 90, 1217, 1218). Sie sind daher bei der Bestimmung des Anfangsvermögens vom Nachlaßwert abzusetzen (Rdn. 15). 29 Nach BGH FamRZ 90, 603, 604 kann rechnerisch in der Weise vorgegangen werden, daß die unter § 1374 Abs. 2 fallenden Belastungen (Rdn. 27) sowohl im Anfangsais auch im Endvermögen außer Ansatz bleiben. Dies gilt allerdings nur für den dort entschiedenen Fall, weil sich entsprechende Ansätze rechnerisch nicht ausgewirkt hätten. Bei anderen Konstellationen ist von einer wortgetreuen Anwendung des § 1374 Abs. 2 auszugehen. Im Anfangs- und Endvermögen ist der Nachlaßwert unter Berücksichtigung der jeweiligen Nießbrauchsbelastung anzusetzen und dem Anfangsvermögen ist zusätzlich der Wertzuwachs hinzuzurechnen, der sich durch das zwischenzeitliche Absinken des Nießbrauchswerts ergeben hat. Es ist grundsätzlich rechnerisch verfehlt, das privilegierte 60

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Anfangsvermögen

§ 1374 BGB

Vermögen aus Gründen der Vereinfachung des Rechenwerks sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen außer Ansatz zu lassen (Rdn. 12). Auswirkungen kann dies im Einzelfall insbesondere wegen der gebotenen Verrechnung des privilegierten Erwerbs mit dem negativen Anfangsvermögen haben (Rdn. 17 bis 19). c) Schenkungen. Hinzuzurechnen sind Schenkungen. Der Schenkungsbegriff ent- 3 0 spricht demjenigen des § 516. Vorausgesetzt wird eine Zuwendung, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens vermindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt (BGH FamRZ 87, 910, 911). Arbeits- oder Dienstleistungen können daher ebensowenig wie Gebrauchsüberlassungen als Zuwendungen angesehen werden, weil sie keine Vermögenseinbuße bewirken (BGH FamRZ 87, 910, 911). Schenkungen Dritter an beide Ehegatten sind regelmäßig beiden Anfangsvermögen je zur Hälfte hinzuzurechnen. Wird für die Zuwendung aus steuerlichen Gründen eine Gegenleistung vereinbart, ist für die Frage, ob eine die Anwendung des § 1374 Abs. 2 rechtfertigende verschleierte Schenkung vorliegt, entscheidend, ob die Vertragschließenden zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben (BGH NJW 62, 295; 80, 1572, 1573). Nach denselben Grundsätzen ist eine Schenkung zu beurteilen, die dem Zweck dient, sich wegen der Inanspruchnahme durch Dritte vermögenslos zu machen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 81, 556, das jedoch § 117 nicht erörtert). Problematisch ist die Behandlung von Schenkungen zwischen Ehegatten. Nach 31 früher h. M. erfaßte die Regelung auch Schenkungen eines Ehegatten an den anderen. In Rechtsprechung und Literatur bestand sogar die Tendenz, die Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus nicht nur auf Schenkungen, sondern auch auf alle Zuwendungen zwischen Ehegatten anzuwenden, die gemäß § 1380 auf die Ausgleichsforderung anzurechnen sind (BGH FamRZ 76, 82, 84). Dieser Entwicklung ist die Rechtsprechung des BGH in der Folgezeit entgegengetreten. Nachdem er zunächst entschieden hatte, daß § 1374 Abs. 2 auf unbenannte Zuwendungen keine Anwendung findet (BGH FamRZ 82, 246, 248; 82, 778, 779), hat er später klargestellt, daß die Regelung nur für Schenkungen Dritter gilt und Schenkungen unter Ehegatten dem Anfangsvermögen des Beschenkten nicht hinzuzurechnen sind (BGH FamRZ 87, 791, 792; 88, 373, 374). Diese folgerichtige Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung führt zu dem Ergebnis, daß aus dem Anwendungsbereich der Regelung künftig sämtliche Zuwendungen zwischen Ehegatten einschließlich der Schenkungen herauszunehmen und die auftauchenden Probleme nur noch im Rahmen des § 1380 zu lösen sind (§ 1380 Rdn. 4—11, dort auch zum Problem des Widerrufs von Schenkungen zwischen Ehegatten Rdn. 50—54). d) Ausstattung (§ 1624). Privilegiert ist endlich auch der Erwerb, der einem Ehegatten 32 als Ausstattung zufließt. Unter Ausstattung (§ 1624 Abs. 1) ist zu verstehen, was einem Kind mit Rücksicht auf seine Eheschließung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von einem Elternteil zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung zugewendet wird (vgl. dazu BGH FamRZ 65, 502). Ebensowenig wie bei der Schenkung (Rdn. 30) fallen darunter Arbeitsleistungen und Gebrauchsüberlassungen (BGH FamRZ 87, 910, 911). Die Legaldefinition des § 1624 Abs. 1 erfaßt nur Ausstattungen, die Kinder von ihren Eltern erhalten; ihr Wert ist dem Anfangsvermögen auch insoweit hinzuzurechnen, als sie nach § 1624 Abs. 1 nicht als Schenkung gelten. Zuwendungen, die ein Ehegatte von Dritten (Großeltern) aus den in § 1624 Abs. 1 geregelten Anlässen erhält, sind demgegenüber regelmäßig Schenkungen und dem Anfangsvermögen daher schon als solche hinzuzurechnen. 5. Einkünfte Nicht hinzuzurechnen ist privilegierter Erwerb, soweit er den Umständen nach zu 3 3 den Einkünften zu rechnen ist. Darunter sind Zuwendungen zu verstehen, die nicht zum Wilhelm Baumeister

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§ 1375 BGB

Eheliches Güterrecht

Zwecke der Vermögensbildung, sondern für den alsbaldigen Verbrauch bestimmt sind. Da Zuwendungen dieser Art den Zugewinn regelmäßig nicht mehren, ist es nicht billig, den Zugewinn des erwerbenden Ehegatten durch Hinzurechnung eines entsprechenden Betrages zu seinem Anfangsvermögen zu mindern. Die Bestimmung als Einkunft kann sich aus der Natur der Zuwendung (Trinkgeld, Nadelgeld, Studienbeihilfe) oder aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Entscheidend sind wirtschaftliche Gesichtspunkte: der Anlaß der Zuwendung, die Absicht des Zuwendenden und die Verhältnisse des Erwerbers (BGH FamRZ 87, 910, 911; OLG Zweibrücken FamRZ 84, 276 m. w. Nachw.). Für eine Bestimmung als Einkunft spricht der Umstand, daß die Zuwendung aus Anlaß besonderer Bedarfssituationen erfolgt (OLG Zweibrücken FamRZ 84, 276; Schwab FamRZ 84, 429, 434), wie beispielsweise bei Krankenhausaufenthalt, Umzug, Erwerb des Führerscheins und Starthilfe nach Umsiedlung. Die Bestimmung ist endgültig. Ebenso wie der privilegierte Erwerb trotz Verbrauchs hinzuzurechnen ist, wenn keine Bestimmung als Einkunft vorliegt, hat die Zurechnung im Falle einer Bestimmung als Einkunft auch dann zu unterbleiben, wenn die Zuwendung bestimmungswidrig nicht verbraucht wird (vgl. auch BGH FamRZ 87, 910, 912). Im letzteren Fall beruht die dadurch bewirkte Vermögensmehrung nicht so sehr auf der Tatsache der Zuwendung als vielmehr auf der Sparsamkeit der Ehegatten, so daß eine Verkürzung des Zugewinns um diesen Erwerb nicht vertretbar wäre ('Staudinger¡Thiele Rdn. 37). 6. Keine analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2 34 Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Regelung als Ausnahmevorschrift keiner analogen Anwendung auf andere Erwerbsarten zugänglich (BGH FamRZ 88, 593, 594 m. w. Nachw.). Der BGH hat eine Analogie bisher für folgende Fälle abgelehnt: Lottogewinn (FamRZ 77, 124); Leistungen nach dem BVG (FamRZ 81, 239), Schmerzensgeld (FamRZ 81, 755); Abfindungen für Witwenrente (FamRZ 82, 147); Abfindungen für Schadensersatzrente und Schmerzensgeld (FamRZ 82, 148; vgl. auch OLG Saarbrücken — FamRZ 85, 710 — für Renten und Abfindungen nach dem BEG). Der BGH begründet seine Auffassung mit dem Hinweis, daß der Gesetzgeber sich für eine schematische und starre Regelung entschieden habe, nach der die Ehegatten grundsätzlich an allem, was sie während der Ehe hinzuerworben hätten, ohne Rücksicht darauf teilnähmen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie an dem Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände mitgewirkt hätten. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung des Gesetzgebers, daß von diesem Prinzip nur die Fälle des § 1374 Abs. 2 auszunehmen seien, in denen der Erwerb auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden oder auf ähnlichen besonderen Umständen beruhte, verbindlich und von den Gerichten hinzunehmen (BGH FamRZ 77, 124; 81, 239, 240). Der an dieser Rechtsprechung geübten Kritik Schwabs (FamRZ 84, 429, 435) kommt nur rechtspolitische Bedeutung zu, de lege lata ist jede Analogie abzulehnen, weil sie praktisch zu einer uferlosen Ausweitung der wenigen Ausnahmefälle führen müßte {Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1057). § 1375 BGB Endvermögen (1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Die Verbindlichkeiten werden, wenn Dritte gemäß § 1390 in Anspruch genommen werden können, auch insoweit abgezogen, als sie die Höhe des Vermögens übersteigen. 62

Wilhelm Baumeister

§ 1375 BGB

Endvermögen

(2) Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, daß ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes 1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, 2. Vermögen verschwendet hat oder 3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. (3) Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist. Übersicht Rdn. 1

I. Allgemeines II. Stichtag III. Endvermögen IV. Verbindlichkeiten (§ 1375 Abs. 1 Satz 1 , 2 )

V. Dem Endvermögen hinzuzurechnende Vermögensminderungen (§ 1375 Abs. 2, 3) 9 - 4 3 9-17 1. Allgemeines 9 a) Zweck der Regelung b) Hinzurechnung nur während des Güterstandes erfolgter Vermögensminderungen 10 c) Keine Hinzurechnung von unter § 1380 fallenden Vermögensminderungen 11 d) Keine analoge Anwendung . . . 12 e) Hinzurechnung des Wertes der Vermögensminderung im Zeitpunkt ihres Eintritts (§ 1376 Abs. 2) 13 f) Hinzurechnung bei negativem Endvermögen. Verrechnung mit den Verbindlichkeiten 14 g ) Keine Außenwirkung der Hinzu15 rechnung h) Über die Hinzurechnung hinausgehende weitere Rechtsfolgen . . 16, 17 2. Unentgeltliche Zuwendungen (Abs. 2 18-34 Nr. 1) 19 a) Begriff der Zuwendung b) Begriff der Unentgeltlichkeit . . 2 0 - 2 6 aa) Mangelnde Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung. Gemischte Schenkungen 21

Rdn. 22 bb) Verträge zugunsten Dritter 23 cc) Ausstattung (§ 1624) . . . . dd) Zuwendungen mit Rücksicht 24 auf ein künftiges Erbrecht ee) Abfindungsklauseln in Gesell schafts vertragen 25 ff) Tilgung von Verbindlich26 keiten 27-33 c) Pflichtzuwendungen aa) Spenden an karitative Organisationen oder in Not- und 28 Katastrophenfallen bb) Ausstattungen (§ 1624) . . . 29 Erbcc) Vorweggenommene folge 30 dd) Unterstützung bedürftiger Verwandter 31 ee) Zuwendungen im Rahmen nichtehelicher Lebensge32 meinschaften Freiwillige Sozialleistungen eines Ehegatten als Arbeitgeber 33 34 d) Anstandszuwendungen 35 Verschwendung (Abs. 2 Nr. 2) . . . Benachteiligungsabsicht (Abs. 2 36-38 Nr. 3) 39, 40 Vermögensminderung Keine Hinzurechnung (§ 1375 Abs. 3) 41-43 42 a) Zehnjahresfrist b) Einverständnis des anderen Ehe43 gatten

ff)

VI. Beweislast VII. Abweichende Vereinbarungen

44-48 49-51

I. Allgemeines Mit der Definition des Endvermögens (§ 1375) bestimmt das Gesetz nach derjenigen 1 des Anfangsvermögens (§ 1374) den zweiten Faktor zur Berechnung des Zugewinns (§ 1373). Das Endvermögen bezeichnet ebenso wie die Begriffe Anfangsvermögen und Wilhelm Baumeister

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§ 1 3 7 5 BGB

Eheliches Güterrecht

Zugewinn keine besondere Vetmögensmasse, sondern stellt einen bloßen Berechnungsfaktor dar (§ 1374 Rdn. 1). Sein Wert ist der rechnerische Überschuß der Aktiva über die Passiva im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes. Gegenstand der Bewertung (§ 1376 Abs. 2) sind grundsätzlich alle am Stichtag vorhandenen Vermögensgegenstände ohne Rücksicht auf die Art des Erwerbsvorganges (BGH FamRZ 84, 31). Ohne Bedeutung ist es auch, ob und in welchem Umfang die Erwerbsvorgänge auf einem wie immer gearteten Zusammenwirken der Eheleute beruhen (BGH FamRZ 66, 560, 562; 76, 82; 77, 124, 125). Die Bestimmung des § 1587 Abs. 1 Satz 2, wonach bei der Regelung des Versorgungsausgleichs solche Anwartschaften außer Betracht bleiben, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit eines Ehegatten erworben oder aufrechterhalten worden sind, findet im Recht des Zugewinnausgleichs keine, auch keine entsprechende Anwendung (BGH FamRZ 81, 239, 240). Zu berücksichtigen sind auch die Vermögensobjekte, deren Wert dem Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 2 hinzuzuzählen ist, soweit sie bei Beendigung des Güterstandes noch vorhanden sind (§ 1374 Rdn. 11). Aus dem Vermögen der Ehegatten bis zum Stichtag ausgeschiedene Gegenstände bleiben demgegenüber unberücksichtigt. Bewertet wird nur der Status an den Stichtagen. Das Schicksal der einzelnen Vermögensgegenstäride zwischen den beiden Stichtagen ist ohne Bedeutung und bleibt deshalb unaufgeklärt (BGH FamRZ 84, 31). Nur der Wert illoyaler Vermögensminderungen ist dem Endvermögen hinzuzurechnen (§ 1375 Abs. 2).

2

3

II. Stichtag Die Bestimmung, daß es für die Berechnung des Endvermögens auf den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes ankommt (§ 1375 Abs. 1 Satz 1), hat nur einen geringen Anwendungsbereich. Für den in der Praxis häufigsten Fall der Beendigung des Güterstandes durch Scheidung wird der Berechnungszeitpunkt auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorverlegt (§ 1384). Entsprechendes gilt für die Beendigung des Güterstandes durch Aufhebungs- oder Nichtigkeitsurteil (§§37 Abs. 1, 26 Abs. 1 EheG). Auch in den Fällen der Verurteilung zum vorzeitigen Zugewinnausgleich (§§ 1385, 1386) wird auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abgestellt (§ 1387). Die Beendigung des Güterstandes kommt deshalb als Berechnungszeitpunkt praktisch nur in den Fällen der Eheauflösung durch Tod (§ 1371 Abs. 2, 3), der Wiederverheiratung nach unrichtiger Todeserklärung (§ 38 Abs. 2 EheG) und der Aufhebung des Güterstandes durch Ehevertrag in Betracht (§ 1384 Rdn. 2). Stirbt ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens oder während eines Rechtsstreits um vorzeitigen Zugewinnausgleich und richtet sich der Ausgleich deshalb nach § 1371 Abs. 2, sind die §§ 1384, 1387 entsprechend anzuwenden, obwohl § 1371 Abs. 2 keine dahingehende Verweisung enthält (BGH FamRZ 87, 353; § 1384 Rdn. 9).

III. E n d v e r m ö g e n Das Endvermögen umfaßt alle dem Ehegatten bei Beendigung des Güterstandes zustehenden rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, alle ihm gehörenden Sachen und alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die am Stichtag bereits entstanden sind (BGH FamRZ 84,144,145). Da die Probleme bei der Feststellung, welche Vermögenspositionen zu erfassen und wie sie zu bewerten sind, bei Anfangsund Endvermögen dieselben sind, wird dieser Fragenkomplex bei der Kommentierung des § 1376 erörtert (Rdn. 6 ff). 64

Wilhelm Baumeister

§1375 BGB

Endvermögen

IV. Verbindlichkeiten (§ 1375 Abs. 1 Satz 1, 2) 1. Die Regelung des § 1375 Abs. 1 Satz 2 geht von dem unausgesprochen gebliebe- 4 nen Grundsatz aus, daß Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Aktivvermögens abgezogen werden. Dies entspricht der vergleichbaren Bestimmung für das Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 1, 2. Halbs.). Anders als dort bedurfte diese Frage für das Endvermögen keiner ausdrücklichen Regelung. Daß ein Ehegatte mit überschuldetem Endvermögen nicht ausgleichspflichtig ist, folgt, weil er keinen Zugewinn erzielt hat und vermögenslos ist, schon aus den §§ 1373,1378 Abs. 2. Für die Ermittlung einer Ausgleichsforderung gegen den anderen Ehegatten kann auf Seiten des Berechtigten ebenfalls von keiner negativen Größe ausgegangen werden, weil der Zugewinn nach herrschender Meinung mindestens Null beträgt (§ 1373 Rdn. 2). 2. Die Regelung des § 1375 Abs. 1 Satz 2 ist daher nur insofern von Relevanz, 5 als sie bestimmt, daß Verbindlichkeiten über den Stand des Aktivvermögens hinaus ausnahmsweise insoweit abzuziehen sind, als Dritte gemäß § 1390 in Anspruch genommen werden können. Für das Verhältnis der Ehegatten zueinander ist dies ohne Bedeutung. Der Zweck der Bestimmung besteht ausschließlich darin, Ansprüche des ausgleichsberechtigten Ehegatten gegen Dritte aus § 1390 in denjenigen Fällen auszuschließen, in denen ein Zugewinnausgleichsanspruch auch dann nicht entstanden wäre, wenn das Vermögen nicht durch illoyale Maßnahmen (§ 1375 Abs. 2) gemindert worden wäre. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte soll durch § 1390 nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn vermögensmindernde Maßnahmen unterblieben wären. Die Haftung des Dritten, die an die Stelle des gemäß § 1378 Abs. 2 gekürzten Zugewinnausgleichsanspruchs tritt, beschränkt sich höchstens auf die Differenz zwischen dem gekürzten und dem hypothetischen Zugewinnausgleichsanspruch, der sich ohne die Begünstigung des Dritten ergeben hätte (MüKo¡Gernhuber § 1375 Rdn. 14 und § 1390 Rdn. 12; Soergel\Lange § 1375 Rdn. 13). Der Grundsatz, daß Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Aktivvermögens abzuziehen sind, hätte, wie das folgende Beispiel zeigt, eine Besserstellung des ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Folge (Schema nach MiiKojGernbuber § 1390 Rdn. 12 und Massfeiler Betr. 57, 499, 502): Ausgleichsberechtigter Ehegatte: Ausgleichsverpflichteter Ehegatte:

Kein Zugewinn

Anfangsvermögen: End vermögen: Passiva: End vermögen: Hinzuzurechnen gemäß § 1375 Abs. 2 Nr. 1: Zugewinn: Zugewinnausgleichsforderung: Kürzung des Anspruchs gemäß § 1378 Abs. 2 um Anspruch gegen den Dritten aus § 1390:

Berechnung nach § 1375 Abs. 1 Satz 1

Berechnung nach § 1375 Abs. 1 Satz 2

0 30 40 0 10 10 5 5 5

0 30 40 - 10 10 0 0 0 0

000 000 000 000 000 000 000

000 000 000 000

Diese Berechnung beruht auf der Prämisse, daß die illoyalen Vermögensminderungen 6 dem auf Null gesetzten Endvermögen hinzuzurechnen sind. Nach richtiger Auffassung Wilhelm Baumeister

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sind sie jedoch zunächst mit den Passiva zu verrechnen (Rdn. 14). Dadurch wird derselbe rechnerische Effekt erzielt, der durch § 1375 Abs. 1 Satz 2 erreicht werden soll: Korrigierende Berechnung nach § 1375 Abs. 1 Satz 1 Aktiva: Passiva: Endvermögen: Hinzuzurechnen gemäß § 1375 Abs. 2 Nr. 1:

30 000 40 000 0 10 000 -

Verrechnung: 40 0 0 0 - 1 0 000 = Zugewinn:

30 000 0

Ergebnis Keine Zugewinnausgleichsforderung und kein Anspruch gegen den Dritten aus § 1390. Da diese Auffassung im Ergebnis dasselbe Ziel erreicht, kommt der Regelung des Abs. 1 Satz 2 praktisch keine Bedeutung zu. 7 3. Vom Aktivvermögen sind nur solche Verbindlichkeiten abzusetzen, die bereits vor dem Stichtag entstanden sind. Dazu gehören im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Tod eines Ehegatten und Durchführung des güterrechtlichen Zugewinnausgleichs nach § 1371 Abs. 2 nicht die Nachlaß Verbindlichkeiten, weil diese erst mit dem Erbfall entstehen. Im Rahmen der Auseinandersetzung des überlebenden Ehegatten mit den Erben des anderen sind die Nachlaßverbindlichkeiten daher bei Ermittlung der Ausgleichsforderung nicht abzusetzen, sie belasten allein die Erben. Die Nachlaßverteilung ist dem Zugewinnausgleich nachgeordnet (MüKo¡Gernhuber Rdn. 15 m. w. Nachw.). 8

4. Eine besondere Problematik besteht bei der Berücksichtigung von Gesamtschulden der Ehegatten. Hier kommt es für die Frage, von wessen Endvermögen die Schuld abzusetzen ist, ausschließlich auf das Innenverhältnis, nicht jedoch auf die Haftung im Außenverhältnis an. Sind sie im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet (§ 426 Abs. 1 Satz 1), ist von beider Endvermögen die Hälfte der Schuld abzusetzen (BGH FamRZ 91, 1162). Wenn demgegenüber ein Ehegatte die Verbindlichkeit im Innenverhältnis allein zu tragen hat oder mangels Leistungsfähigkeit des anderen tatsächlich endgültig trägt, ist die Gesamtschuld nur von seinem Endvermögen abzuziehen (vgl. BGH FamRZ 87, 1239, 1240; O L G Hamburg FamRZ 83, 168, 170; O L G Frankfurt FamRZ 85, 482; O L G Karlsruhe FamRZ 91, 1195; Soergel\Lange Rdn. 11).

V. Dem Endvermögen hinzuzurechnende Vermögensminderungen (§ 1375 Abs. 2, 3) 9

1. Allgemeines a) Die Ehegatten trifft keine Verpflichtung oder Obliegenheit, ihr Vermögen während des Güterstandes so zugewinnfördernd zu verwalten, daß ein optimaler Zugewinn erzielt wird; sie unterliegen nur den Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365, 1369. Dieser Grundsatz kann indessen nicht ausnahmslos gelten. Die Grenze ist erreicht, wenn ein Ehegatte sein Vermögen willkürlich oder unredlich schmälert (illoyale Vermögensminderungen). Das Gesetz ordnet deshalb an, daß der Wert solcher Vermögensminderungen dem Endvermögen hinzugerechnet wird. Die Hinzurechnung erfolgt sowohl beim Endvermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten als auch bei demjenigen des 66

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ausgleichsberechtigten Ehegatten, soweit dieser sein Vermögen ebenfalls durch unter § 1375 Abs. 2 fallende Handlungen vermindert hat. Der Schutzzweck der Regelung ist darauf gerichtet, eine Vereitelung der Ausgleichsforderung zu verhindern, unter denselben Voraussetzungen aber auch darauf, das Entstehen einer Ausgleichsforderung zu versagen, wenn sich der Gläubiger ebenfalls illoyal verhalten hat. Allerdings ist der gewährte Schutz nicht nahtlos, weil die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des bei Beendigung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens begrenzt wird (§ 1378 Abs. 2) und auch die durch § 1390 begründete Haftung Dritter nicht alle Fälle des Abs. 2 abdeckt {SoergeljLange Rdn. 14). b) Relevant sind nur während des Güterstandes erfolgte Vermögensminderungen. 10 Es bleiben daher alle vor Beginn des Güterstandes vorgenommene Handlungen und auch solche Verfügungen außer Betracht, zu denen sich ein Ehegatte vorher wirksam verpflichtet hatte; die erst während des Güterstandes vollzogene Schenkung (§518 Abs. 2), die auf einem zuvor formlos und daher nicht bindend abgegebenen Versprechen (§ 518 Abs. 1) beruhte, ist dagegen zu berücksichtigen. Nicht erfaßt werden auch nach Beendigung des Güterstandes erfolgende Vermögensminderungen. Maßgebend ist der Berechnungsstichtag (Rdn. 2; § 1384 Rdn. 4). c) Nicht erfaßt werden Zuwendungen an den anderen Ehegatten, die gemäß 11 § 1380 anzurechnen sind. Dies folgt für Handlungen nach Abs. 2 Nr. 1, 2 aus Abs. 3, der die Tatbestandsmäßigkeit ausschließt, wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist. Dasselbe gilt auch für Abs. 2 Nr. 3, weil das Einverständnis den Tatbestand der Benachteiligungsabsicht ebenfalls begrifflich ausschließt. d) Als Ausnahmeregelung ist die Vorschrift keiner analogen Anwendung zugänglich 1 2 (OLG Karlsruhe FamRZ 86, 167, 168). Da sie im Einzelfall dazu führen kann, daß der verpflichtete Ehegatte dem anderen sein gesamtes noch vorhandenes Vermögen überlassen muß, ist sie vielmehr restriktiv auszulegen. Eine Ausdehnung auf Vermögensminderungen, die auf fahrlässigen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen beruhen, ist deshalb nicht möglich. Die zwischen den Ehegatten bestehende Schicksalsgemeinschaft rechtfertigt es, daß der andere Ehegatte diese Vermögensminderungen mit trägt. Bei einer gegen ihn selbst gerichteten unerlaubten Handlung wird es dagegen darauf ankommen, ob der verpflichtete Ehegatte in Benachteiligungsabsicht gehandelt hat (Abs. 2 Nr. 3). Ebenso ist bei Verlusten, die auf Spiel, Wette oder Spekulation zurückgehen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Abs. 2 Nr. 2, 3 vorliegen {SoergeljLange Rdn. 22; Staudingerl Thiele Rdn. 30). e) Durch die Hinzurechnung wird der reale Bestand des Endvermögens nicht effektiv 1 3 erhöht. Ihre Bedeutung beschränkt sich vielmehr auf einen bloßen Rechenvorgang im Rahmen des Gesamtrechenwerks zur Ermittlung der Ausgleichsforderung. Durch den berichtigenden Rechnungsposten der Hinzurechnung soll der benachteiligte Ehegatte rein rechnerisch so gestellt werden, wie er ohne die Vermögensminderung gestanden hätte (BGH FamRZ 86, 565, 567). Hinzugerechnet wird der Wert der Vermögensminderung in dem Zeitpunkt, in dem sie eingetreten ist (§ 1376 Abs. 2). Daraus folgt, daß es auf das weitere Schicksal der Vermögensgegenstände, deren Wert hinzuzurechnen ist, nicht ankommt. Die Beschränkung des Zurechnungsbetrages auf den Wert im Zeitpunkt der Vermögensminderung schließt insbesondere die fiktive Berücksichtigung von Wertsteigerungen und Zinserträgen aus, die bis zur Beendigung des Güterstandes erzielt worden wären, wenn die Vermögensminderung unterblieben wäre {SoergeljLange Rdn. 14; MüKo¡Gernhuber Rdn. 30). Wegen der Berücksichtigung eines KauikraftWilhelm Baumeister

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schwundes zwischen dem Zeitpunkt der Vermögensminderung und der Beendigung des Güterstandes wird auf die Erörterungen zu § 1376 Rdn. 102 Bezug genommen. f) Im Falle eines negativen End Vermögens ist der hinzuzurechnende Betrag nach h. M. nicht dem Wert Null hinzuzurechnen, sondern zunächst mit den Schulden zu verrechnen. Allerdings legt der Wortlaut des Abs. 2 mit seiner Anknüpfung an den Begriff des Endvermögens, den die Legaldefinition des Abs. 1 Satz 1 als das um die Verbindlichkeiten berichtigte Aktivvermögen bestimmt, an sich eine andere Auslegung nahe,-zumal auch die Regelung des Abs. 1 Satz 2 die Unterschreitung des Mindestbetrages Null nur ausnahmsweise gestattet (Rdn. 4,5). Die reine Wortinterpretation führt indes zu unvertretbaren Ergebnissen. Dies wirkt sich zwar, wenn das Endvermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten nach Abs. 2 zu erhöhen ist, regelmäßig nicht aus, weil die durch die Nullsetzung bedingte höhere Ausgleichsforderung ohnehin durch das tatsächlich vorhandene Vermögen begrenzt wird (§ 1378 Abs. 2) und in den Fällen der Durchgriffshaftung (§ 1390) die Verrechnung der Aktiva mit den Passiva schon nach Abs. 1 Satz 2 zu erfolgen hat (Staudingerj Thiele Rdn. 33). Zu unbefriedigenden Ergebnissen kommt es aber dann, wenn das Endvermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu erhöhen ist; denn in diesen Fällen würde der ausgleichsverpflichtete Ehegatte besser gestellt werden, als er ohne die illoyalen Vermögensminderungen des ausgleichsberechtigten Ehegatten stünde, wie folgendes Beispiel zeigt: Beide Ehegatten hatten kein Anfangsvermögen, die Ehefrau hatte bei Beendigung des Güterstandes 5000,— DM Schulden, jedoch 25 000,— DM verschenkt, der Ehemann hat einen Zugewinn von 50 000, — DM erzielt. Die Ausgleichsforderung der Ehefrau beläuft sich an sich auf 5 0 0 0 0 , - D M . / . 2 5 0 0 0 , - D M (§ 1375 Abs. 2 Nr. 1) = 25 000, - D M : 2 = 12 5 0 0 , - DM. Wäre die Schenkung unterblieben, hätte der Ehemann mit Rücksicht auf die dann zweifellos gebotene Verrechnung der Aktiva mit den Passiva im Endvermögen der Ehefrau mehr, nämlich 50 0 0 0 , - DM ./. 20 0 0 0 , - DM (25 0 0 0 , - DM ./. 5 0 0 0 , - DM) = 3 0 0 0 0 , - D M : 2 = 1 5 0 0 0 , - DM zahlen müssen. Da der Zweck der Regelung sich darauf beschränkt, daß ein Ehegatte durch die illoyalen Vermögensminderungen des anderen keine Nachteile erleidet, ihm aber auch keine Vorteile bringen sollte, ist durch eine Verrechnung der Aktiva mit den Passiva sicherzustellen, daß sich die Ausgleichsforderung nach demselben Vermögensstand bemißt, der ohne die beanstandeten Handlungen bestünde (StaudingerjThiele aaO; SoergeljLange Rdn. 16; MüKo¡Gernhuber Rdn. 31). Die Ausgleichsforderung der Ehefrau beläuft sich deshalb auf 15 000,— DM. g) Die Regelung ist inhaltlich auf die angeordnete Hinzurechnung bei der Ermittlung der Ausgleichsforderung beschränkt. Sie besagt nichts über die Wirksamkeit der den illoyalen Vermögensminderungen zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte, und zwar weder im Verhältnis der Ehegatten zueinander noch im Verhältnis zu Dritten. Eine Außenwirkung kommt ihr nicht zu. Der Regelungszweck setzt die Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis voraus. Denn nichtige Rechtsgeschäfte mindern das Endvermögen mit Rücksicht auf die dann bestehenden Rückgewähransprüche nicht, erfordern mithin auch keine dem Abs. 2 entsprechende Regelung (MüKo/Gernhuber Rdn. 4). Die Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte bemißt sich daher ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften (insbesondere §§ 138, 1365, 1369); sie sind nicht allein deshalb nichtig, weil sie die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllen. h) Das Gesetz knüpft an die illoyalen Vermögensminderungen über die angeordnete Hinzurechnung hinaus weitere Rechtsfolgen. Der andere Ehegatte kann, wenn eine erhebliche Gefährdung der künftigen Ausgleichsforderung zu besorgen ist, auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen (§ 1386 Abs. 2 Nr. 2) und nach Klageerhebung auch Sicherheitsleistung verlangen (§ 1389). Neben der Möglichkeit, Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich zu erheben und damit die Beendigung des gesetzlichen Güterstandes zu bewirken (§ 1388), gewährt das 68

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Gesetz keinen Schutz gegen künftige illoyale Vermögensminderungen. Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch scheidet schon deshalb aus, weil die Vermögensminderungen den anderen Ehegatten nicht in seinen Rechten verletzen (Staudinger ¡Thiele Rdn. 35; SoergeljLange Rdn. 26). Allerdings kam in den Fällen des Abs. 2 Nr. 2 eine Entmündigung des verschwendenden Ehegatten unter der zusätzlichen Voraussetzung in Betracht, daß er sich oder seine Familie der Gefahr des Notstandes aussetzte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 a.F.). 2. Unentgeltliche Zuwendungen (Abs. 2 Nr. 1) Dem End vermögen hinzuzurechnen ist der Wert aller während des Güterstandes 1 8 gemachten unentgeltlichen Zuwendungen, soweit diese nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprachen. Zuwendungen vor Eintritt des Güterstandes und solche an den anderen Ehegatten werden nicht berücksichtigt (Rdn. 10, 11). a) Zuwendung ist die Hingabe von Vermögenswerten aller Art an einen Dritten. Dazu 1 9 gehört auch die Begründung einer wirksamen Verpflichtung und der Erlaß bestehender Verbindlichkeiten. Ferner sind dazu zu zählen der Abschluß eines Vertrages zugunsten Dritter (Sparguthaben, Lebensversicherung) sowie die Übernahme einer Bürgschaft oder die Bestellung einer Hypothek für eine fremde Schuld, soweit daraus effektiv Leistungen erbracht worden sind (RGRK¡Finke Rdn. 11). Dagegen liegt in dem Verzicht eines Ehegatten auf das Erbrecht nach einem Dritten keine Zuwendung, und zwar auch dann nicht, wenn der Verzicht ohne Abfindung erfolgt {Staudinger¡Thiele Rdn. 18 a. E.). b) Die Zuwendung muß ferner unentgeltlich sein. Dies ist sie dann, wenn ihr keine, 2 0 wie auch immer geartete Gegenleistung, auch nicht diejenige eines Dritten gegenübersteht. Unentgeltlichkeit ist auch nicht gegeben, wenn die Zuwendung in Erwartung einer Gegenleistung erfolgt, diese aber ausbleibt (MüKo¡Gernhuher Rdn. 19). Der Begriff der unentgeltlichen Zuwendung geht über denjenigen der Schenkung weit hinaus. Dazu zählen insbesondere auch Ausstattungen, Stiftungen, Spenden und Leistungen in Vorwegnahme eines Erbrechts. Dagegen sind rechtsgrundlose Leistungen — vom Fall des § 814 abgesehen — regelmäßig keine unentgeltlichen Zuwendungen, weil der Vermögensverlust durch entsprechende Rückgewähransprüche (§ 812) neutralisiert wird (MüKo/ Gernhuher Rdn. 23). aa) Erhebliche Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung der entgeltlichen von den 21 unentgeltlichen Zuwendungen in den Fällen, in denen sich Leistung und Gegenleistung wertmäßig nicht entsprechen. Eine mangelnde Äquivalenz begründet noch keine Unentgeltlichkeit. In Anlehnung an § 516 Abs. 1 (Einigung über die Unentgeltlichkeit) kommt es für die Abgrenzung auch hier auf die subjektive Willensrichtung von Zuwendendem und Zuwendungsempfänger an. Die Parteien können bei einem auf Leistung und Gegenleistung gerichteten Geschäft die beiderseitigen Leistungen grundsätzlich selbst frei bewerten; selbst bei einem groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann es an einer Einigung über die Unentgeltlichkeit fehlen (BGH N J W 61, 604, 605; MüKo ¡Gernhuher Rdn. 18; Staudinger ¡Thiele Rdn. 18). Es ist deshalb verfehlt, Abs. 2 Nr. 1 schon bei einem objektiven Ungleichgewicht der Leistungen im Umfang des Wertüberschusses heranzuziehen (so aber offenbar RGRKIFinke Rdn. 11). Vielmehr setzt dies zunächst die Feststellung des auf die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gerichteten Willen voraus. Es kommt subjektiv darauf an, ob nach dem Willen der Parteien die minderwertige Leistung als Gegenleistung gemeint war oder hinsichtlich des Wertüberschusses die Zuwendung eine unentgeltliche sein sollte (BGH N J W 61, 604, 605; FamRZ 61, 272, 275; StaudingerlReuss § 516 Rdn. 16). Allerdings kommt dem Wilhelm Baumeister

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anderen Ehegatten im Rechtsstreit eine wesentliche Beweiserleichterung zugute. Bei einem großen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sich die Parteien über die Unentgeltlichkeit der dem anderen Teil zugewandten Bereicherung einig waren (BGH FamRZ 72, 503). Diese Beweiserleichterung ist in der Praxis vor allem für die gemischte Schenkung von Bedeutung. Sie liegt vor, wenn die Leistung wesentlich geringer ist als die Gegenleistung und der Parteiwille auf die schenkweise Zuwendung des Wertüberschusses gerichtet ist (Staudinger/ Reuss aaO; RGZ 163, 257, 259). 22

bb) Bei Verträgen zugunsten Dritter kommt es für die Frage, ob eine unentgeltliche Zuwendung an den Dritten vorliegt, auf das Valutaverhältnis an (BGH WM 84, 1190, 1191). Bei einem Lebens Versicherungsvertrag sind dem End vermögen die gezahlten Prämien hinzuzurechnen (RGRK¡Finke Rdn. 11).

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cc) Bei der Ausstattung ist in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren. Für die Hinzurechnung kommt es zunächst auf die Unentgeltlichkeit an. Diese wird regelmäßig zu bejahen sein, weil kein gesetzlicher Anspruch auf eine Ausstattung besteht. Die Legaldefinition des § 1624 erfaßt nur Zuwendungen der Eltern an ihr Kind zu einem bestimmten Zweck und auch nur in bestimmter Höhe. Ausstattungen durch Dritte oder das Maß des § 1624 überschreitende Ausstattungen des Kindes sind meistens Schenkungen und schon als solche hinzuzurechnen. Soweit ausnahmsweise ein vertraglicher Anspruch auf Ausstattung besteht, kommt es auf die Unentgeltlichkeit des rechtsgeschäftlichen Erwerbsgrundes an. Hinzuzurechnen sind nur unentgeltliche Ausstattungen, und zwar auch nur dann, wenn sie nicht einer sittlichen Pflicht entsprachen (Rdn. 2 7 - 3 3 ) .

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dd) Unentgeltlich sind nach h. M. Zuwendungen an Abkömmlinge und andere Verwandte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht (RGRK¡Finke Rdn. 11; MüKo/ Gernhuber Rdn. 20; Staudingerl Thiele Rdn. 18). Die Durchführung des ungeschmälerten Ausgleichs geht dem künftigen Erbrecht ebenso wie im Falle des Zugewinnausgleichs beim Tode einer Partei vor (§ 1371). Dies gilt unabhängig davon, ob die Zuwendung gegen einen Erbverzicht erfolgt. Selbst wenn man darin ein gegenseitiges Schuldverhältnis erblickt, läßt sich die Unentgeltlichkeit nicht in Zweifel ziehen, weil der künftige Erbe keinen Anspruch auf die Vorwegnahme der Erbfolge hat; allerdings kann diese ausnahmsweise einer sittlichen Pflicht entsprechen (Rdn. 27). Anders ist deshalb der vorzeitige Erbausgleich des nichtehelichen Kindes zu behandeln (§ 1934 d). Hier ist Entgeltlichkeit anzunehmen, weil der Vater den vorzeitigen Ausgleich zu Lebzeiten nicht ablehnen kann (MüKo¡Gernhuber aaO).

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ee) Umstritten ist die Behandlung von Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, die bestimmen, daß ein Gesellschafter oder seine Erben im Falle seines Ausscheidens oder Todes keine oder eine geringere als die buchmäßige Abfindung erhalten (§ 1376 Rdn. 75 — 77). Die h. M. erblickt in der Vereinbarung solcher Klauseln keine unentgeltliche Zuwendung an die übrigen Gesellschafter, weil es sich um spezifisch gesellschaftsrechtliche Abreden handelt und der Gegensatz entgeltlich-unentgeltlich in diesem Bereich kein geeignetes Abgrenzungskriterium bildet (vgl. BGH NJW 57, 180; BGH DNotZ 66, 620, 622; Staudinger ¡Thiele Rdn. 20; MüKo ¡Gernhuber Rdn. 22; Rittner FamRZ 61, 505, 509; Benthin FamRZ 82, 338, 346). Für den Zugewinnausgleich ist die Frage von untergeordneter Bedeutung, weil in den Fällen, in denen das Unternehmen über den Stichtag hinaus fortgeführt wird, die Beteiligung des Ehegatten nicht zum Klauselwert, sondern zum vollen Wert in die Ausgleichsbilanz einzusetzen ist (BGH FamRZ 86, 1196). Das Problem stellt sich deshalb nur dann, wenn die Abfindungsklausel zum Tragen kommt, weil das Unternehmen nicht fortgeführt wird oder der an dem Unterneh70

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men beteiligte ausgleichspflichtige Ehegatte stirbt (§ 1371 Abs. 2). Auch in diesen Fällen hat die Hinzurechnung zu unterbleiben, weil der Abfindungsausschluß keine unentgeltlich Zuwendung darstellt. Der abweichenden Auffassung von Heckelmann (Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen 1973, 68 ff; teilweise ebenso für den Todesfall Flume, Die Abfindungsklauseln beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personalgesellschaft, Festschrift für Ballerstedt 197, 210; Erman\Heckelmann Rdn. 8 und § 1376 Rdn. 6 — 10) kann nicht gefolgt werden, weil die isolierte Betrachtung der Abrede dem Umstand nicht Rechnung trägt, daß die Klausel integrierter Bestandteil des Gesellschaftsvertrages eines auf Gewinnerzielung gerichteten Unternehmens ist. Ebensowenig überzeugt die Meinung, daß der vereinbarte Abfindungsausschluß zumindest dann eine unentgeltliche Zuwendung darstellt, wenn er nur einen oder einzelne Gesellschafter betrifft (so aber h. M.: Staudingerj Thiele Rdn. 20; MüKo/Gernhuber Rdn. 22 unter Hinweis auf BGH N J W 57, 180 und DNotZ 66, 620, 622; Johannsen] Henrich]Jaeger Rdn. 20). Die Beschränkung des Abfindungsausschlusses auf einzelne Gesellschafter kann mannigfache Ursachen haben, beispielsweise darauf zurückzuführen sein, daß diese Gesellschafter keine Einlage geleistet haben oder höher als die übrigen Gesellschafter am Gewinn beteiligt waren. Die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung läßt sich deshalb im Regelfall mit dem Gesellschaftszweck nicht in Einklang bringen, sie ist allenfalls begründet, wenn sie durch besondere atypische Umstände gestützt wird (vgl. auch Schwab VII Rdn. 95 Fn. 10). ff) Die zur Tilgung einer Schuld erbrachte Zuwendung ist immer entgeltlich, weil die 2 6 Befreiung von der Schuld für den Schuldner einen Vermögensvorteil darstellt (BGH FamRZ 86, 565, 567). Die Erfüllung einer Verbindlichkeit ist nicht schon deshalb unentgeltlich, weil es sich um eine unvollkommene Verbindlichkeit handelte oder dem Ehegatten ein Leistungsverweigerungsrecht zustand. Da er sein Vermögen selbständig verwaltet (1364) und ihn auch keine Obliegenheit zu einer zugewinnfördernden Verwaltung trifft (Rdn. 9), kann er ohne güterrechtliche Sanktionen nach eigenem Ermessen entscheiden, ob er Spiel- und Wettschulden sowie verjährte Forderungen erfüllt oder gestundete Ansprüche vorzeitig erfüllt. Aus denselben Erwägungen liegt auch keine Unentgeltlichkeit vor, wenn der Ehegatte als Erbe eines überschuldeten Nachlasses auf die Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung verzichtet und die Nachlaßverbindlichkeiten erfüllt (MüKo/Gernhuber Rdn. 20, 21; RGRK¡Finke Rdn. 11). c) Pflichtzuwendungen Trotz Unentgeltlichkeit nicht hinzuzurechnen sind Zuwendungen, die einer sittlichen 2 7 Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprachen. Die auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 70, 15, 19) zurückgehende überkommene Definition des Begriffs der sittlichen Pflicht nimmt zwar zutreffend Freigebigkeiten aus Mitleid und Nächstenliebe aus, beschränkt die Annahme einer sittlichen Pflicht aber auf diejenigen Fälle, in denen dem Schenker eine besondere Pflicht für eben diese Zuwendung oblegen hat, eine Pflicht, die aus den konkreten Umständen des Falles erwachsen ist und in den Geboten der Sittlichkeit wurzelt, wobei das Vermögen und die Lebensstellung der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen untereinander zu berücksichtigen sind (BGH LM § 534 BGB Nr. 1). Die Beschränkung auf eine besondere Pflicht für die konkrete Zuwendung wird heute allgemein als zu eng empfunden, weil sie Spenden an karitative Organisationen oder aus Anlaß von Not- und Katastrophenfallen zu Unrecht ausnimmt. Einer zeitgemäßeren Auslegung entspricht es daher eher, auf die konkrete Verrechtlichung des Zuwendungsverhältnisses zu verzichten und darauf abzustellen, ob die Zuwendung generell in den Geboten der Sittlichkeit wurzelt. Wilhelm Baumeister

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aa) Bei einer solchen generellen Betrachtungsweise können Spenden an karitative Organisationen oder aus Anlaß von Not- und Katastrophenfällen einer sittlichen Pflicht entsprechen, soweit sie sich im Rahmen der Vermögensverhältnisse der Ehegatten bewegen (im Ergebnis ebenso StaudingerjThiele Rdn. 22; SoergeljLange Rdn. 19; MüKo/ Gernhuber Rdn. 24). bb) Bei Ausstattungen der Kinder (Rdn. 23) ist die Erfüllung einer sittlichen Pflicht jedenfalls insoweit zu bejahen, als sich die Ausstattung im Rahmen des § 1624 Abs. 1 hält (Staudinger\Thiele Rdn. 22; SoergeljLange Rdn. 19; nur im Ergebnis ebenso MüKo/ Gernhuber Rdn. 24 unter Verneinung der sittlichen Pflicht, aber Rechtfertigung durch die sittliche Idee der Familiengemeinschaft), sie kann jedoch in besonderen Fällen auch dann angenommen werden, wenn sie dieses Ausmaß übersteigt (KGKY^jFinke Rdn. 12). Demgegenüber wird es bei der Ausstattung anderer Verwandter regelmäßig an der Erfüllung einer sittlichen Pflicht fehlen. cc) In den Fällen der vorweggenommenen Erbfolge liegt regelmäßig die Erfüllung einer sittlichen Pflicht nicht vor. Da das künftige Erbrecht gegenüber der unverkürzten Durchführung des Zugewinnausgleichs zurückzutreten hat, würden die Rechte des anderen Ehegatten anderenfalls in unangemessener' Weise ausgehöhlt werden (MüKo/ Gernhuber Rdn. 24). Der davon abweichenden Entscheidung des OLG München (FamRZ 85, 814) kann daher nicht gefolgt werden (zustimmend aber SoergeljLange Rdn. 19). dd) Die Unterstützung bedürftiger, jedoch gesetzlich nicht unterhaltsberechtigter Verwandter entspricht einer sittlichen Pflicht (RGRK/ Finke Rdn. 12; Staudinger ¡Thiele Rdn. 22). ee) Ebenfalls zu bejahen ist die Erfüllung einer sittlichen Pflicht bei unentgeltlichen Zuwendungen eines Mannes zugunsten der mit ihm in nichtehelicher Gemeinschaft lebenden Frau (Staudingerj Thiele aaO). ff) Dagegen werden freiwillige Sozialleistungen, die ein Ehegatte als Arbeitgeber gewährt, nicht in Erfüllung einer sittlichen Pflicht, sondern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses und daher entgeltlich erbracht, und zwar auch dann, wenn sie nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer, sondern an besondere Unterstützungs- und Pensionskassen geleistet werden (StaudingerjThiele Rdn. 22 m. w. Nachw.). d) Anstandszuwendungen Eine Zuwendung, die einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entspricht, ist nach der überkommenen Definition gegeben, wenn sie nach den Anschauungen, wie sie in den dem Zuwendenden sozial gleichstehenden Kreisen vorherrschen, nicht unterbleiben könnte, ohne daß dort der Zuwendende an Achtung und Ansehen verlieren würde (BGH FamRZ 81, 34 m. w. Nachw.). Dazu gehören zunächst solche unentgeltlichen Zuwendungen, die schon nach allgemeiner Verkehrsanschauung als Anstandsschenkungen gelten, wie beispielsweise gebräuchliche Geigenheitsgeschenke des täglichen Lebens (§§ 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG, 32 Nr. 1 KO) oder auch übliche Geschenke unter nahen Verwandten wie Weihnachts-, Geburtstags-, Hochzeitsgeschenke sowie auch Trinkgelder. Andere unentgeltliche Zuwendungen, die sich nicht bereits generell durch typische Merkmale als Anstandsschenkungen erweisen, sind nur dann tatbestandsmäßig, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles vom Sinngehalt der gesetzlichen Regelung erfaßt werden. Zu verneinen ist dies bei der Schenkung eines Grundstücks durch den Vater an seine Tochter und seinen Schwiegersohn (BGH FamRZ 81, 34). 3. Verschwendung (Abs. 2 Nr. 2) Das Tatbestandsmerkmal der Verschwendung ist nicht identisch mit dem Parallelbegriff in § 6 Abs. 1 Nr. 2 a.F. Anders als dort erfordert es der Zweck der gesetzlichen Regelung 72

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hier nicht, daß der verschwendende Ehegatte einen besonderen Hang zur Vermögensvergeudung hat und damit die Gefahr eines Notstandes herbeiführt. Die Hinzurechnung kann deshalb bereits durch eine einzelne verhältnismäßig erhebliche Vermögensminderung ausgelöst werden. Andererseits genügt aber nicht schon jede, den Einkommensund Vermögensverhältnissen der Ehegatten nicht entsprechende übermäßige Ausgabe (so aber offenbar RGRK¡Finke Rdn. 13) oder ein zu großzügiger Lebensstil. Der Zweck des § 1375 Abs. 2 Nr. 2 ist es nicht, die Lebensführung der Ehegatten generell darauf zu überprüfen, ob ihr Konsumverhalten über ihren Verhältnissen lag (OLG Karlsruhe FamRZ 86, 167). Der Gesetzeszweck erfordert vielmehr die Beschränkung auf solche Ausgaben, die unnütz und übermäßig sind sowie jegliches vernünftige Maße und Ziel vermissen lassen (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 806, 807; OLG Karlsruhe FamRZ 86, 167; OLG Schleswig FamRZ 86, 1208; Staudinger ¡Thiele Rdn. 24; Soergelj Lange Rdn. 20). Eine Verschwendung kann auch darin liegen, daß Erwerbschancen aus UnWirtschaftlichkeit, Leichtsinn oder Starrsinn sinnlos ungenutzt bleiben (Staudingerl Thiele aaO). Der BGH erblickt dies bereits darin, daß ein Ehegatte die gemeinsame Steuerveranlagung grundlos verweigert und damit eine Steuermehrbelastung herbeiführt (NJW 77, 378; ablehnend Tiedtke FamRZ 77, 686, 691). Allerdings darf nicht ausschließlich auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abgestellt werden, der Begriff der Verschwendung bedarf der Einschränkung auch in subjektiver Hinsicht. Eine Verschwendung liegt daher nicht vor, wenn ein Ehegatte zwar objektiv zu mißbilligende, aber menschlich verständliche und daher entschuldbare Ausgaben macht (vgl. OLG Schleswig FamRZ 86, 1208). 4. Benachteiligungsabsicht (Abs. 2 Nr. 3) Hinzuzurechnen sind schließlich alle Vermögensminderungen durch in Benachteiii- 3 6 gungsabsicht begangene Handlungen, seien sie rechtsgeschäftlicher Natur oder bloße Realakte. Der Tatbestand ist den Regelungen in den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG, 31 Nr. 1 KO nachgebildet, setzt aber anders als dort nicht voraus, daß der Zuwendungsempfänger die Benachteiligungsabsicht kannte; dies ist nur für eventuelle Herausgabeansprüche gegen den Zuwendungsempfänger von Bedeutung (§ 1390 Abs. 2). Bloßer Vorsatz des schädigenden Ehegatten reicht nicht aus. Hinzukommen muß die 3 7 Benachteiligungsabsicht. Diese ist nur dann gegeben, wenn die Schädigung des anderen Ehegatten zwar nicht der ausschließliche, aber doch der treibende Beweggrund für die Vornahme der nachteiligen Handlung war; übergeordnete oder gleichrangige Motive anderer Art schließen den Tatbestand aus (MüKo¡Gernhuber Rdn. 28; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 806; unscharf, aber im Ergebnis zutreffend OLG Frankfurt FamRZ 84, 1097: keine Benachteiligungsabsicht bei Zerstörung von Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit einem Selbstmordversuch; KG FamRZ 88, 171, 173). Die Aufstellung dieses strengen Erfordernisses geht auf die inzwischen aufgegebene 3 8 frühere Rechtsprechung zu den rechtsähnlichen §§ 2287, 2288 zurück (Nachweise bei BGH N J W 73, 240, 241). Nach der neueren Rechtsprechung braucht die Benachteiligungsabsicht nicht der treibende Beweggrund gewesen zu sein, es genügt, daß kein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der Schenkung zu erkennen ist (BGH N J W 73, 240; 76, 749, 751). Die Übernahme dieser modifizierten Rechtsprechung auch auf den Anwendungsbereich des Abs. 2 Nr. 3 wird von der h. M. zu Recht abgelehnt, weil die Stellung des sein Vermögen selbständig verwaltenden Ehegatten (1364) stärker ist als diejenige des vertraglich gebundenen Erblassers (MüKo¡Gernhuber Rdn. 29; Staudingerj Thiele Rdn. 27; Soergelj Lange Rdn. 21; a. M. RGRK j Finke Rdn. 14). Wilhelm Baumeister

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5. Vermögensminderung 39 Die Hinzurechnung setzt voraus, daß das Endvermögen eines Ehegatten durch dessen Handlung effektiv vermindert worden ist. Auf die Art der Handlung kommt es nicht an. Neben Rechtsgeschäften kommen Realakte in Betracht (OLG Frankfurt FamRZ 84, 1097: Vernichtung von Vermögensgegenständen). Es ist deshalb auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Die endgültige Besitzaufgabe reicht ebenso aus wie die Eingehung von Verbindlichkeiten. Allerdings ist immer zu prüfen, ob der Vermögenseinbuße eine Gegenleistung gegenübersteht, die eine Minderung ausschließt. Die Weggabe von Vermögensgegenständen aufgrund eines nichtigen gegenseitigen Vertrages führt nicht zu einer Minderung, weil sich gleichwertige Rückgewähransprüche gegenüberstehen (vgl. auch Rdn. 20). 40

41

42

Tatbestandsmäßig ist auch die Minderung solchen Vermögens, das dem Ehegatten bereits bei Beginn des Güterstandes gehörte oder das seinem Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 2 hinzuzurechnen ist. Da die gesetzliche Systematik auf die Bildung besonderer Vermögensmassen verzichtet und das Anfangsvermögen dem Ausgleich nur rein rechnerisch dadurch entzieht, daß sein Wert von demjenigen des Endvermögens abgesetzt wird, mindern solche Maßnahmen das Endvermögen und führten, wenn die Hinzurechnung unterbliebe, mit Rücksicht auf die bereits erfolgte rechnerische Berücksichtigung des Anfangsvermögens und der dem Anfangsvermögen hinzuzurechnenden Beträge zu einer zusätzlichen Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Ehegatten (StaudingerjThiele Rdn. 31). Zur Behandlung von rückabgewickelten Zuwendungen und widerrufenen Schenkungen vgl. § 1380 Rdn. 5 0 - 5 4 . 6. Keine Hinzurechnung (§ 1375 (Abs. 3) Die Hinzurechnung unterbleibt, wenn die Vermögensminderung mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist (Abs. 2 Nr. 1—3) oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung (Abs. 2 Nr. 1, 2) einverstanden gewesen ist. a) Zehnjahresfrist Anders als bei der rechtsähnlichen Regelung des § 2325 Abs. 3, die auf den Vollzug der Leistung abstellt (vgl. dazu BGH NJW 74, 2319), kommt es hier auf den Eintritt der Vermögensminderung an, die bereits in der Eingehung einer rechtswirksamen Verpflichtung liegen kann. Wird eine vor Fristbeginn begründete wirksame Verpflichtung daher erst innerhalb der Frist erfüllt, so hat eine Hinzurechnung nach Abs. 3 zu unterbleiben, weil das Vermögen des Ehegatten bereits vor Fristbeginn mit der Verbindlichkeit belastet worden ist (MüKo/Gernhuber Rdn. 33; SoergeljLange Rdn. 23; RGKK.jFinke Rdn. 17; mißverständlich Staudinger ¡Thiele Rdn. 36; a. M. Ermanj Heckelmann Rdn. 11). Anders ist die Rechtslage aber zu beurteilen, wenn die Verbindlichkeit vor Fristbeginn nicht wirksam begründet worden ist (Rdn. 10).

b) Einverständnis des anderen Ehegatten 43 Die Hinzurechnung unterbleibt ferner, wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist; für den Regelungsbereich des Abs. 2 Nr. 3 bedurfte es eines entsprechenden Hinweises nicht, weil es im Falle des Einverständnisses schon an der Schädigungsabsicht fehlt. Die Billigung kann ausdrücklich oder stillschweigend, insbesondere auch durch schlüssiges Handeln erklärt werden. Dagegen genügt ein bloßes Dulden oder Schweigen nicht, weil dies seine Ursache auch in dem Bestreben haben kann, den Familienfrieden nicht zu stören. Ob ein bestimmtes Verhalten als Einverständnis gewertet werden kann, ist Tatfrage und daher nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Falles zu 74

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§ 1375 BGB

Endvermögen

entscheiden. Einerseits setzt die Billigung nicht die Teilnahme an den vermögensmindernden Handlungen voraus, andererseits muß aber nicht in jeder Art von Teilnahme immer eine Billigung liegen. Widerspricht ein Ehegatte dem verschwenderischen Lebenswandel des anderen, so liegt ein Einverständnis nicht schon darin, daß er die bereits verschwenderisch angeschafften Genußmittel mit verzehrt (Staudinger¡Thiele Rdn. 37).

VI. Beweislast Für die allgemeine Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Zugewinnausgleichsprozeß wird Bezug genommen auf § 1378 Rdn. 47—51. 1. Der Gläubiger der Ausgleichsforderung hat sowohl sein eigenes als auch das Endvermögen des anderen Ehegatten darzulegen und zu beweisen. Dafür, daß zum Endvermögen des anderen ein Sparguthaben gehört, genügt der Nachweis des Guthabenstandes und der Kontoinhaberschaft des anderen Ehegatten; beruft sich dieser darauf, ein Teilbetrag des Sparguthabens werde von ihm nur treuhänderisch verwaltet, so trägt er die Beweislast hierfür (OLG Karlsruhe FamRZ 79, 432, 434). 2. Die Vorschrift des § 1375 Abs. 2 stellt gegenüber dessen Abs. 1 eine Ausnahmeregelung dar. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Ausnahmeregelung von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft. Da es im Zugewinnausgleichsprozeß jedem Ehegatten zum Vorteil gereicht, daß das eigene End vermögen niedrig, dasjenige des anderen aber hoch ist, läuft diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast darauf hinaus, daß jeder Ehegatte die Voraussetzungen der Hinzurechnung für das Endvermögen des anderen darzulegen und zu beweisen hat (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 806, 807). Dies gilt auch für die Benachteiligungsabsicht in § 1375 Abs. 2 Nr. 3. Allerdings dürfen an diesen Beweis keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. In Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 2287, deren Übernahme für das materielle Recht auszuscheiden hat (Rdn. 38), muß es im Rahmen der Beweislastverteilung genügen, wenn der benachteiligte Ehegatte den Nachweis erbringt, daß der andere kein rechtfertigendes Eigeninteresse an der vermögensmindernden Handlung gehabt hat (Baumgärtel/ Laumen Rdn. 3 unter Hinweis auf BGH FamRZ 76, 205, 207). Zu einer Umkehr der Beweislast führt diese Beweiserleichterung indes nicht. Beruft sich der andere Ehegatte auf Umstände, die seine benachteiligende Handlung als vom eigenen Interesse getragen erscheinen lassen, dann gehen Zweifel an der Benachteiligungsabsicht nach Durchführung einer entsprechenden Beweisaufnahme zu Lasten des benachteiligten Ehegatten (Baumgärtelj Laumen aaO). 3. Im Einklang mit der Beweislastverteilung für § 1375 Abs. 2 gilt auch für § 1375 Abs. 3 der Grundsatz, daß seine Voraussetzungen derjenige zu beweisen hat, der sich darauf beruft. Jedem Ehegatten gereicht zum Vorteil, daß sein eigenes Endvermögen möglichst niedrig bleibt. Er hat deshalb als Ausnahme von der Ausnahme darzulegen und zu beweisen, daß die Erhöhung seines Endvermögens zu unterbleiben hat, weil die Vermögensminderung mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist oder der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder Verschwendung einverstanden gewesen ist.

44 45

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VII. Abweichende Vereinbarungen 1. Die Ehegatten können Vereinbarungen treffen, die eine von § 1375 abweichende 4 9 Berechnung des Endvermögens vorsehen. Soweit diese vor der Ehe oder während des Güterstandes getroffen werden und eine abstrakte Regelung enthalten, stellen sie formbedürftige Eheverträge dar (§§ 1408, 1410). Vereinbarungen, die die Berechnung Wilhelm Baumeister

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§ 1376 BGB

Eheliches Güterrecht

des Endvermögens im Hinblick auf eine konkret bevorstehende Beendigung der Ehe vorsehen, sind zwar keine Eheverträge (BGH FamRZ 70, 391; 80, 878, 879), sie unterliegen aber der Formvorschrift des § 1378 Abs. 3 Satz 2. Demgegenüber sind Vereinbarungen dieses Inhalts, wenn sie erst nach Beendigung des Güterstandes getroffen werden, formlos möglich (vgl. § 1378 Rdn. 25). 50

2. Inhaltlich kann die modifizierende Regelung beispielsweise darauf gerichtet sein, daß bestimmte Gegenstände von der Einbeziehung in das Endvermögen ausgenommen werden oder daß ein Höchstbetrag des End Vermögens vereinbart wird (MüKo ¡Gernhuber Rdn. 34).

51

3. Umstritten ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß die durch § 1375 Abs. 2 angeordnete Hinzurechnung ausgeschlossen werden kann. Der strikten Auffassung Gernhubers, der diese Regelung für zwingend hält (MüKo Rdn. 35), folgt die h. M. zu Recht nicht, kommt jedoch mit derselben Begründung in vielen Fällen zur Nichtigkeit gemäß §138 Abs. 1 (Soergell Lange Rdn. 6; RGRK ¡Finke Rdn. 20; Staudinger\Thiele Rdn. 40). Danach ist die Nichtigkeit in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit lassen sich aber allgemeine Richtlinien aufstellen. So erscheint es, wenn nicht besondere Umstände eine andere Wertung rechtfertigen, kaum vorstellbar, daß sich ein Ehegatte von vornherein für alle Fälle von den Sanktionen des Abs. 2 Nr. 2, 3 (Vermögensverschwendung und Schädigung in Benachteiligungsabsicht) freizeichnen kann, ohne dabei gegen die guten Sitten zu verstoßen; die Möglichkeit einer späteren Billigung schließt das Recht auf einen abstrakten und generellen vorweggenommenen Verzicht nicht ein (MüKo¡Gernhuber aaO). Demgegenüber wird man den Ausschluß von Zurechnungen nach Abs. 2 Nr. 1 (unentgeltliche Zuwendungen) unter sittlichen Aspekten in weitaus größerem Umfang für zulässig halten können {Staudinger¡Thiele Rdn. 40).

§ 1376 BGB Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens (1) Der Berechnung des Anfangsvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbes hatte. (2) Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, eine dem Endvermögen hinzuzurechnende Vermögensminderung in dem Zeitpunkt hatte, in dem sie eingetreten ist. (3) Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend für die Bewertung von Verbindlichkeiten. (4) Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu berücksichtigen ist, ist mit dem Ertragswert anzusetzen; die Vorschrift des § 2049 Abs. 2 ist anzuwenden. Schrifttum Bachmann Bewertungsgrundsätze des Anfangs- und Endvermögens beim güterrechtlichen Zugewinnausgleich, Diss. Mainz 1970; Bielefeld Der Ausgleich scheinbarer Zugewinne, Diss. Münster 1986; BrambringVorerbe und Zugewinnausgleich, DNotZ 80, 725; Breet^ke Zugewinn bei Änderung des Geldwertes, FamRZ 59, 445; Buchwald Das Anfangsvermögen nach dem Gleichberechtigungsgesetz, BB 58, 493; Damm Die Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe beim Zugewinnausgleich, 76

Wilhelm Baumeister

Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

§ 1376 BGB

1986; Diederichsenj WinklerfHamm Ehescheidung in der Landwirtschaft, 1987; Erdlenbruch Die Bewertung von Arztpraxen im gerichtlichen Verfahren, ArztR 86, 257; Faßbender Anmerkungen zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bewertung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes beim Zugewinnausgleich nach § 1376 IV BGB, AgrarR 90, 243; Fichtelmann Der Verlustabzug nach § 10 d EStG als Bestandteil des Anfangs- und Endvermögens beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1374, 1375 BGB?, N J W 72, 2118; Fischer/Stock Bewertung landwirtschaftlicher Grundstücke beim Zugewinnausgleich, AgrarR 85, 220; Gernhuber Geld und Güter beim Zugewinnausgleich, FamRZ 84, 1053; Graba Das Familienheim beim Scheitern der Ehe, N J W 87, 1721; Grossfeld Unternehmensbewertung als Rechtsproblem, J Z 81, 641; ders. Unternehmensbewertung im Gesellschaftsrecht 1983; Haegele Landgut und Ertragswert im bürgerlichen Recht, BWNotZ 73, 34, 49; Hahndorf Zur Problematik des § 1376 Abs. 4 BGB nach dem Beschluß des BVerfG vom 16. Oktober 1984, AgrarR 87, 33; Harrer Das Problem und die Behandlung der Geldentwertung beim Zugewinnausgleich, Diss. Freiburg 1977; Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 1973; Herrmann Die Vermögensbewertung beim ehelichen Zugewinnausgleich, Diss. Tübingen 1976; Höt^elj Huppert^ Verkehrswert oder Ertragswert für die Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe beim Zugewinnausgleich?, AgrarR 83, 119; Hohloch Gesamtschuld und Zugewinnausgleich, JuS 88, 740; Kohler Das Geld als Wertmaßstab beim Erb- und Zugewinnausgleich, NJW 63, 225; Köhne Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe beim Zugewinnausgleich, AgrarR 83, 34; Kot^ur Die Rechtsprechung zum Gesamtschuldnerausgleich unter Ehegatten, NJW 89, 817; Kroeschell Die Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe beim Zugewinnausgleich, 1983; Krüger Bewertungsprobleme bei der Zugewinngemeinschaft, DB 58, 1189; Langenfeld Der Ehevertrag in der Landwirtschaft, Schriftenreihe des Instituts für Landwirtschaftsrecht an der Universität Passau, Bd. 2, 1989, 37; hau Zur Zugewinnberechnung bei Grundstücken, ZMR 78, 5; Lenken Der Zugewinnausgleich bei Gesellschaftsbeteiligungen, BB 74, 1050; Mann Geldentwertung und Recht, NJW 74, 1297; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 1974, S. 306 ff; Medicus Privatrechtliche Fragen zur Geldentwertung, DB 74, 759; Merkert Der Kaufkraftschwund der DM als Rechtsproblem der Gewinnbesteuerung, DB 74, 496; ±Höxter Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 1983; MüllerFreienfels Nachehelicher Vermögensausgleich in Skandinavien und Deutschland, in Festschrift Nial, 1966, S. 404; Münstermann Wert und Bewertung der Unternehmungen, 3. Aufl. 1970; Nonnenkamp Das Eigenheim bei Unterhalt und Vermögensauseinandersetzung, 7. DFGT, 1988, 67; Oehlers Bewertungs- und Zurechnungsfragen im Zugewinn, 5. DFGT, 1984, 82; Olbrich Zur Unternehmensbewertung beim Zugewinnausgleich, Die Wirtschaftsprüfung 82, 247; v. Olshausen Probleme des Zugewinnausgleichs nach der neuen Höfeordnung, FamRZ 77, 361; ders. Geldwertänderung und Zugewinnausgleich, FamRZ 83, 765; Oswald Berücksichtigung des Wertes einer freiberuflichen Praxis bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs, AnwBl. 79, 368; Pade Die Berechnung des Zugewinns, Probleme im Zusammenhang mit Grundstücken, Diss. Göttingen 1973; Peinemann Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe beim Zugewinnausgleich, Festschrift Büttner, 1986, S. 109; Pilt\\Wissmann Unternehmensbewertung beim Zugewinnausgleich nach Scheidung, N J W 85, 2673; van Randenborgh Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, BB 86, 75; Reichert-Facilides Geldentwertung und Recht, J Z 74, 483; Reinicke Die Berechnung der Ausgleichsforderung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, BB 57, 759; Rid Nochmals: Unternehmensbewertung beim Zugewinnausgleich nach Scheidung, NJW 86, 1317; Rittner Handelsrecht und Zugewinngemeinschaft (III): Der Zugewinnausgleich, FamRZ 61, 505; RößlerjLangnerjSimon Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 4. Aufl. 1981; Schacht Berücksichtigung der Währungsumstellung und Inflation bei der Berechnung des Zugewinns, AnwBl. 81, 380; Schlebusch Probleme der Bewertung von Vermögensgegenständen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs, Diss. Münster 1966; Schmidt-Raquet Unternehmensbewertung bei Zugewinnausgleich — Ein Stichtagsproblem, DB 86, 1484; Smid Zum Verhältnis von Hausratsverteilung und Zugewinngemeinschaft, N J W 85, 173; Stöcker Ungelöste Fragen des Höferechts im Anschluß an die Entscheidung des BVerfG zu § 1376 Abs. 4 BGB, AgrarR 86, 65; Strohm Bewertung einer Anwaltspraxis bei Praxisübernahme oder für den Zugewinn, AnwBl. 77, 389; Stuby Wertveränderungen an Gegenständen des Anfangsvermögens und ihre Auswirkungen auf die Berechnung des Zugewinnausgleichs, FamRZ 67, 181; Sudhoff Gesellschaftsrechtliche Abfindungsklauseln bei Errechnung des Pflichtteilsund Zugewinnanspruchs, N J W 61, 801; Thierfelder Echter und unechter „Zugewinn" FamRZ 59, 225; 60, 184; 63, 328; Tiedtke Die Berücksichtigung latenter Steuerverbindlichkeiten bei der BerechWilhelm Baumeister

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§ 1376 BGB

E h e l i c h e s Güterrecht

n u n g des Z u g e w i n n a u s g l e i c h s , F a m R Z 90, 1188; Troll\Simon Wertermittlung bei Geschäfts- u n d Fabrikgrundstücken, 1986; Viel\BredtjRenard Die Bewertung v o n Unternehmungen und Unternehm u n g s a n t e i l e n , 5. A u f l . 1975; Werner W e r t e r h ö h u n g als ausgleichspflichtiger Z u g e w i n n u n d erbrechtlicher Vorempfang?, D N o t Z 78, 66; Zehner U n t e r n e h m e n s b e w e r t u n g i m Rechtsstreit, D B 81, 2109. Übersicht Rdn. 1

I. Allgemeines

2-5 2 3-5

II. Bewertungsstichtage 1. Anfangsvermögen 2. Endvermögen III. Abgrenzungskriterien zur Erfassung der anzusetzenden Vermögenspositionen IV. Außer Ansatz bleibende Vermögenspositionen 1. Hausrat 2. Dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrechte 3. Ansprüche auf künftig fällige, wiederkehrende Leistungen V. Nach Art, Zweck und Entstehungsstadium anzusetzende Vermögenspositionen 1. Gegenstände, die im Zeitpunkt beider Stichtage vorhanden waren . . 2. Für das Getrenntleben bestimmte Hausratsgegenstände 3. Gegenstände des persönlichen Bedarfs 4. Eheneutraler Erwerb 5. Nicht vererbliche und nicht übertragbare Vermögenspositionen . . 6. Anwartschaften 7. Vorerbschaft 8. Nacherbschaft 9. Noch nicht fällige Rechte . . . . 10. Bedingte Rechte und Verbindlichkeiten, ungewisse und unsichere Rechte sowie zweifelhafte Verbindlichkeiten 11. Befristete Rechte und Verbindlichkeiten VI. Allgemeine Bewertungsgrundsätze

. .

7-17 7-13 14, 15 16-17

18-34 18 19 20 21 22 23 24-26 27-31 32

33 34 35-41

VII. Bewertung einzelner Gegenstände . . 1. Forderungen und Verbindlichkeiten 2. Anwartschaftsrechte (Lebensversicherung, Rechtsstellung des Nacherben) 3. Rechtsstellung des Vorerben . . . 4. Bedingte und befristete Rechte und Verbindlichkeiten, ungewisse und unsichere Rechte sowie zweifelhafte Verbindlichkeiten 5. Hausrat 6. Kunst, Schmuck und Liebhaberobjekte 7. Gebrauchte Kraftfahrzeuge . . . . 8. Grundstücke 9. Heimstätte 10. Erbbaurecht 11. Sonstige die Nutzung eines Grundstücks betreffende Rechte . . . . 12. Unternehmen Vergleichswertmethode . . . . Frtragswert verfahren Substanzwertmethode Mittelwertmethode Bewertung nach dem Liquida13. Unternehmensbeteiligungen . a) Bewertung der Beteiligung b) Abfindungsklauseln 14. Wertpapiere 15. Praxen freiberuflich Tätiger . 16. Land- und forstwirtschaftliche triebe (Abs. 4)

. . . .

. . Be-

Rdn. 42-91 42, 43

44-47 48

49 50, 51 52 53 54-59 60 61 62-64 65-73 66 67-68 69 70, 71 72, 73 74-77 74 75-77 78 79, 80 81-91

VIII. Reale und scheinbare Zugewinne . . . 92—103 1. Reale Zugewinne 92 2. Scheinbare Zugewinne 93—102 3. Umwertung bei Deflation . . . . 103

I. Allgemeines 1

Nach den Begriffsbestimmungen für den Zugewinn (§ 1 3 7 4 ) u n d d a s E n d v e r m ö g e n

(§ 1 3 7 3 ) , d a s

Anfangsvermögen

(§ 1 3 7 5 ) r e g e l t § 1 3 7 6 d i e B e w e r t u n g

des

Vermögens

u n d der Verbindlichkeiten. E r legt die f ü r die B e w e r t u n g m a ß g e b e n d e n Z e i t p u n k t e fest ( A b s ä t z e 1 bis 3) u n d e n t h ä l t B e w e r t u n g s g r u n d s ä t z e f ü r land- u n d

forstwirtschaftliche

B e t r i e b e ( A b s . 4). D e r R e g e l u n g s i n h a l t d e r V o r s c h r i f t ist i n d e s g e r i n g . D i e

Bewertungs-

z e i t p u n k t e f ü r das A n f a n g s - u n d E n d v e r m ö g e n sowie die Verbindlichkeiten e r g e b e n sich s c h o n a u s d e n §§ 1 3 7 4 A b s . 1, 1 3 7 5 A b s . 1, s o d a ß d i e S t i c h t a g s r e g e l u n g s i c h n u r d e n p r i v i l e g i e r t e n E r w e r b (§ 1 3 7 4 A b s . 2 ) u n d d i e d e m E n d v e r m ö g e n Vermögensminderungen 78

für

hinzuzurechnenden

(§ 1 3 7 5 A b s . 2 ) a u s w i r k t . I h r e B e d e u t u n g b e s c h r ä n k t s i c h d e s W i l h e l m Baumeister

Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

§ 1376 BGB

halb auf die zusammenfassende Feststellung, daß es für die Wertermittlung von Anfangs- und Endvermögen auf den Vetmögensstand bei Beginn und Beendigung des Güterstandes ankommt, während für den Wert des privilegierten Erwerbes auf den Zeitpunkt des Erwerbes und für denjenigen einer dem Endvermögen hinzuzurechnenden Vermögensminderung auf den Zeitpunkt ihres Eintritts abzustellen ist. Die nur für landund forstwirtschaftliche Betriebe geltende Bestimmung, daß diese mit dem Ertragswert anzusetzen sind, bleibt hinter dem Regelungsbedürfnis in diesem Bereich erheblich zurück. Für die Bewertung anderer Vermögensgegenstände ist deshalb auf allgemeine Bewertungsgrundsätze zurückzugreifen.

II. Bewertungsstichtage 1. Anfangsvermögen (§ 1376 Abs. 1, 3) Bewertungsstichtag ist der Beginn des Güterstandes (vgl. dazu § 1374 Rdn. 2), für 2 privilegierten Erwerb (§ 1374 Abs. 2) der Zeitpunkt des Erwerbes. Erfaßt wird nur der an diesen Stichtagen vorhandene Vermögensbestand mit dem Wert, den er am Stichtag hat. Dem Vermögensbestand immanente Wertsteigerungen und -einbüßen bleiben unberücksichtigt. Dies ist vor allem bei einem Auseinanderfallen von obligatorischem Verpflichtungsgeschäft und dinglichem Erwerbsakt von Bedeutung. Ist beispielsweise ein Kaufvertrag am Stichtag noch nicht erfüllt, kommt es auf den Wert der gegenseitigen Ansprüche und Verpflichtungen an; auf Seiten des Ehegatten, der Käufer ist, ist der Wert des Anspruchs auf Übereignung der gekauften Sache bei den Aktiva und der Wert der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises bei den Passiva in Ansatz zu bringen. Diese strikte Bilanzierung wirkt sich rechnerisch aus, wenn sich die beiden Werte nicht decken. Auf die Entwicklung nach dem Stichtag, insbesondere auf den Wert von Ansprüchen und Verpflichtungen im Zeitpunkt der Erfüllung, kommt es ebensowenig an wie nachträgliche Bestandsänderungen (Verjährung, Erlaß, Vergleich) die Bewertung unberührt lassen {Staudinger\Thiele Rdn. 4). Nach denselben Grundsätzen ist im Falle des Erwerbes von Todes wegen (Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteilsanspruch) auf den Wert des Erwerbes im Zeitpunkt seines Anfalles, also beim Tode des Erblassers (§§ 1922, 2176, 2317), nicht jedoch auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Ehegatte die Leistungen effektiv erhält (RGRK¡Finke Rdn. 9; Staudinger\Thiele Rdn. 6: bei als Vermächtnis vermachten Wertpapieren ist allein der Kurswert zur Zeit des Erbfalls, nicht zur Zeit der Übereignung der Wertpapiere maßgebend). Die Vollendung des Erwerbstatbestandes (mit dem Abschluß des obligatorischen Geschäfts oder dem Vermögensanfall kraft Gesetzes nach den §§ 1922, 2176, 2317) bestimmt auch den Stichtag für die Bewertung von Verbindlichkeiten, die von dem privilegierten Erwerb (§ 1374 Abs. 2) abzusetzen sind (MüKo¡Gernhuber Rdn. 6). 2. Endvermögen (§ 1376 Abs. 2, 3) Bewertungsstichtag für das Endvermögen ist der Zeitpunkt, in dem der Güterstand 3 endet (§ 1372 Rdn. 2). Das Gesetz sieht indes durch Vorverlegung des Berechnungszeitpunktes zahlreiche Ausnahmen von diesem Grundsatz vor (§ 1375 Rdn. 2 und wegen der verschiedenen prozessualen Situationen im Falle eines ScheidungsVerfahrens § 1384 Rdn. 8 —15). Stichtag für die Bewertung der dem Endvermögen hinzuzurechnenden Vermögensminderungen (§ 1375 Abs. 2) ist der Zeitpunkt des Eintritts der jeweiligen Vermögensminderung (§ 1376 Abs. 2). Ebenso wie beim Anfangsvermögen (Rdn. 2) kommt es auch hier auf die effektive 4 Vermögenslage am Stichtag an. Da bereits das obligatorische Geschäft zu einer unmittelbaren Vermögensänderung führt, sind, soweit dieses am Stichtag noch nicht erfüllt Wilhelm Baumeister

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§ 1376 BGB

Eheliches Güterrecht

worden ist, die gegenseitigen Ansprüche und Verpflichtungen in Ansatz zu bringen. Dies gilt auch für die Fixierung des Zeitpunktes, der für die Bewertung der nach § 1375 Abs. 2 hinzuzurechnenden Vermögensminderungen maßgebend ist. Da bereits die Eingehung der Verpflichtung das Vermögen mindert (Schenkungsversprechen), kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Verpflichtung wirksam begründet worden ist (MüKo/ Gernhuber Rdn. 7). 5 Für die Bewertung ist strikt auf den Wert am Stichtag abzustellen. Im Einklang mit der starren Struktur des Zugewinnausgleichs bleiben hypothetische Vermögensentwicklungen außer Betracht. Für die Hinzurechnung des Wertes eines verschenkten Gegenstandes (§ 1375 Abs. 2 Nr. 1) kommt es nur auf dessen Wert im Zeitpunkt der Vermögensminderung, nicht aber auf den Wert an, den dieser Gegenstand inzwischen ohne die Schenkung gehabt hätte. Für den Ansatz eines entgangenen Gewinns oder eines Zinszuschlages zum Betrage verschwendeten Geldes (§ 1375 Abs. 2 Nr. 2) ist daher kein Raum (MüKo¡Gernhuber Rdn. 7). Ebenso bleibt den Ehegatten die Berufung darauf versagt, daß die Gegenstände, deren Wert nach § 1375 Abs. 2 hinzuzurechnen ist, sich bei Güterstandsende auch ohne die vorgenommene Vermögensminderung ohnehin nicht mehr im Endvermögen befunden hätten, weil sie durch Brand vernichtet worden oder durch Diebstahl abhanden gekommen wären {Staudinger¡Thiele Rdn. 8/9). Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn die Vermögensminderung bereits vor Güterstandsende etwa durch einen Widerruf oder einen Rücktritt rückgängig gemacht worden ist {Staudinger ¡Thiele, MüKo ¡Gernhuber aaO).

III. Abgrenzungskriterien zur Erfassung der anzusetzenden Vermögenspositionen 6

Nach einer vom BGH gebrauchten Formel umfaßt das Anfangs- und Endvermögen alle den Ehegatten am Stichtag zustehenden geldwerten rechtlich geschützten Positionen (FamRZ 77, 41, 42; 80, 39) oder alle rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert (FamRZ 81, 239; 82, 147; 83, 881, 882; 84, 666). Diese Formel bietet allerdings nur ein grobes Abgrenzungskriterium. Da der Vermögensbegriff im Gesetz nicht näher bestimmt wird und in den Vorschriften des BGB auch nicht immer derselbe ist, kommt es für die Frage, welche Vermögenspositionen in die Zugewinnausgleichsbilanz aufzunehmen sind, letztlich immer auf den mit den Begriffen Anfangs- und Endvermögen verfolgten Zweck an (vgl. BGH FamRZ 81, 1051, 1055; 87, 909, 910). Vor diesem Hintergrund folgen eine Übersicht der nach Art und Zweck des Zugewinnausgleichs außer Ansatz zu lassenden Positionen (IV), eine Zusammenstellung der grundsätzlich anzusetzenden Positionen (V) unter besonderer Erörterung der Frage, ob ihnen nach dem Stadium des Entstehens oder Erlöschens, in dem sie sich am jeweiligen Stichtag befinden, ein gegenwärtiger Vermögenswert zukommt (vgl. Schwab FamRZ 84, 429, 430), allgemeine Bewertungsgrundsätze (VI) sowie die Bewertung einzelner Vermögensgegenstände (VII). Gegenstand der Bewertung sind dabei grundsätzlich alle am Stichtag vorhandenen Vermögensgegenstände ohne Rücksicht auf die Art des Erwerbsvorganges; ohne Bedeutung ist es insbesondere auch, ob und in welchem Umfang die Erwerbsvorgänge auf einem wie immer gearteten Zusammenwirken der Eheleute beruhen (vgl. § 1375 Rdn. 1).

IV. Außer Ansatz bleibende Vermögenspositionen 7

1. Hausrat Außer Ansatz bleiben Hausratsgegenstände. Der BGH (FamRZ 84,144,146) hat sich in dieser früher heftig umstrittenen Frage einer bereits gefestigten oberlandesgerichtlichen 80

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Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

§ 1376 BGB

Rechtsprechung angeschlossen (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 277; OLG Hamm FamRZ 82, 937 und FamRZ 83, 72; OLG Köln FamRZ 83, 709; zustimmend: Schwab FamRZ 84, 429/430; Lange Anm. J Z 84, 383; Tiedtke J Z 84, 1078/1081; Smid NJW 85, 173/177). Die Kritik Gernhubers (FamRZ 84, 1053/1054 und MüKo § 1375 Rdn. 8) ist nicht berechtigt. Die Feststellung, daß das Hausratsverfahren eine die güterrechtlichen Vorschriften verdrängende spezialgesetzliche Sonderregelung darstellt, entspricht nicht nur einem dringenden Bedürfnis der Praxis, sondern ist auch deshalb geboten, weil die im Hausratsverfahren nach Billigkeitserwägungen getroffene Verteilung einen bestimmten Wertausgleich schaffen soll, der nachträglich korrigiert würde, wenn die Hausratsgegenstände auch im Zugewinnausgleichsverfahren Berücksichtigung fänden (Bachmann S. 138). Soweit der Umstand, daß der Wert der Hausratsgegenstände außer Ansatz bleibt, im Einzelfall zu großen Ungerechtigkeiten führt, kann dies auf andere Weise korrigiert werden. Wenn das Hausratsverfahren vor dem Zugewinnausgleich durchgeführt worden ist, sollte eine Änderung der Hausratsentscheidung gemäß § 17 Abs. 1 HausratsVO zugunsten des benachteiligten Ehegatten erwogen werden (Smid aaO S. 176). Im umgekehrten Fall können grobe Ungerechtigkeiten im Rahmen der nach Billigkeitserwägungen zu treffenden Hausratsentscheidung weitestgehend vermieden werden. Im übrigen ermöglicht das Verbundverfahren eine angemessene Gesamtentscheidung. Inkonsequent ist allerdings die Meinung des BGH, daß nur solche Hausratsgegen- 8 stände außer Ansatz bleiben, die entweder in gemeinsamem Eigentum der Ehegatten stehen oder für die die Vermutung gemeinsamen Eigentums (§ 8 Abs. 2 HausrVO) gilt; demgegenüber sollen Hausratsgegenstände, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen und dem anderen deshalb nur ausnahmsweise zugewiesen werden dürfen (§ 9 Abs. 1 HausrVO), im Zugewinnausgleichsverfahren berücksichtigt werden, wenn ein solcher Ausnahmefall nicht vorliegt (BGH FamRZ 84, 144, 147; 91, 43, 49; 91, 1166, 1168; zustimmend die h. M.: Lange und Tiedtke aaO; Johannsen\Henrich\Jaeger §1374 Rdn. 13 und § 1375 Rdn. 7 - 1 1 ; Soergel\Lange § 1372 Rdn. 1 0 - 1 2 ; Schwab VII Rdn. 24; vgl. auch Smid aaO S. 177). Dieser einschränkenden Auslegung der spezialgesetzlichen Natur des Hausratsverfahrens, die auch der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung widerspricht (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 82, 277; OLG Hamm FamRZ 82, 937; 83, 72; OLG Köln FamRZ 83, 709), ist nicht zu folgen. Schon systematisch läßt sich nicht begründen, daß der Charakter der Hausratsverordnung als einer Sonderregelung sich auf einen Teil der Hausratsgegenstände beschränkt; die Bestimmung des § 9 Abs. 1 HausrVO ist vielmehr Teil dieser Sonderregelung, so daß auch die darin enthaltene Anordnung, daß im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Häusratsgegenstände diesem grundsätzlich verbleiben, einschließlich des damit verbundenen Wertausgleichs zu respektieren ist. Die Herausnahme dieser Gegenstände stellte die Praxis vor unüberwindliche Schwierigkeiten, weil in den Fällen, in denen das Zugewinnausgleichsverfahren dem Hausratsverfahren vorangeht, nicht in einer für das letztere bindenden Weise festgestellt werden kann, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 HausrVO vorliegen oder nicht. Die Empfehlung Langes (aaO S. 384), die Zugewinnausgleichsentscheidung mit einem entsprechenden Vorbehalt zu versehen, wird nicht näher erläutert, führt aber zu dem unerfreulichen Ergebnis, daß ein neuer Rechtsstreit angestrengt werden müßte. Grobe Unbilligkeiten sollten deshalb nur auf die oben vorgeschlagene Weise beseitigt werden (Rdn. 7). Der spezialgesetzlichen Natur des Hausratsverfahrens ist in konsequenter Weise Rech- 9 nung zu tragen. Dem entspricht es, daß der Wert der Hausratsgegenstände sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen außer Ansatz bleibt, und zwar unabhängig davon, ob sie bei Beginn des Güterstandes vorhanden waren oder ob ihr Wert dem Anfangsvermögen gem. § 1374 Abs. 2 hinzuzurechnen wäre (Schwab FamRZ 84, 439, Wilhelm Baumeister

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430; Schwab VII Rdn. 24; Lange J Z 84, 383, 384; Soergelj Lange § 1372 Rdn. 11). Der abweichenden Auffassung von Johannsen\Henrich¡Jaeger (§ 1374 Rdn. 13; so auch OLG Hamm FamRZ 85, 71, 72) kann nicht gefolgt werden, weil der Zugewinn des betreffenden Ehegatten anderenfalls durch die Zurechnung eines Wertes systemwidrig gemindert würde, der im Endvermögen nicht zur Verteilung gelangt (Soergelj Lange und Schwab aaO). 10

Außer Ansatz bleiben allerdings nur Hausratsgegenstände (zum Begriff vgl. § 1 HausrVO Rdn. 40 ff). Zum Hausrat gehören nur die beweglichen Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten für die Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt sind; Gegenstände, die ausschließlich als Kapitalanlage oder dem Beruf eines Ehegatten dienen, gehören nicht dazu und sind deshalb im Zugewinnausgleichsverfahren zu berücksichtigen (BGH FamRZ 84, 144, 146 f). Dasselbe gilt auch für die Gegenstände des persönlichen Bedarfs und für solche Gegenstände, die für das Getrenntleben eines Ehegatten bestimmt sind, in der Regel also die erst nach der Trennung angeschafften Hausratsgegenstände, soweit sie nicht unter die Surrogationsregelung des § 1370 fallen (BGH FamRZ 84, 144, 146 f).

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Die unter den Hausratsbegriff fallenden Gegenstände bleiben immer außer Ansatz, und zwar unabhängig davon, ob ein Hausratsverfahren bereits eingeleitet worden oder eine Entscheidung in diesem Verfahren ergangen ist oder ob die Parteien sich über die Verteilung des Hausrats geeinigt haben (BGH FamRZ 84, 144, 147; Schwab FamRZ 84, 439, 430; Johannsen\Henrich\Jaeger § 1375 Rdn. 8). 12 Problematisch ist die Frage, wie Ausgleichszahlungen zu behandeln sind, die der Hausratsrichter für die Zuweisung von Hausratsgegenständen auferlegt (§§ 8 Abs. 3 Satz 2, 9 Abs. 2 Satz 2 HausrVO) oder die die Parteien selbst vereinbaren. Der hier vertretenen strengen Trennung zwischen Hausrats- und Zugewinnausgleichsverfahren entspricht es, diese Ausgleichszahlungen außer Ansatz zu lassen (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 277, 278; OLG Hamm FamRZ 82, 937, 938). Im Falle einer Verbundentscheidung oder wenn das Hausratsverfahren dem Zugewinnausgleichsverfahren zeitlich nachfolgt, bereitet dies keine systematischen Schwierigkeiten, weil der Anspruch auf die Ausgleichszahlung im Zeitpunkt des für die Berechnung des Zugewinnausgleichs regelmäßig maßgeblichen Stichtages (§ 1384) noch nicht zur Entstehung gelangt ist und daher in der Ausgleichsbilanz auch nicht berücksichtigt werden kann; im Verbund ergehende Hausratsentscheidungen werden frühestens mit der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wirksam (§§ 623, 629 d ZPO). Anders ist dies, wenn sich die Parteien vor Zustellung des Scheidungsantrages (§ 1384) endgültig über den Hausrat auseinandersetzen und dabei eine Ausgleichszahlung vereinbaren. Die wortgetreue Anwendung des § 1375 Abs. 1 Satz 1 gebietet es an sich, den Anspruch auf die Ausgleichszahlung bzw. ein ihm entsprechendes, im Endvermögen noch vorhandenes Äquivalent zu berücksichtigen. Eine solche Handhabung widerspräche indes der spezialgesetzlichen Natur der beiden Verfahren, weil sie das im Hausratsverfahren aufgrund von Billigkeitserwägungen gefundene Ergebnis verfälschte; der Eigentümer verlöre den Hausratsgegenstand und müßte darüber hinaus auch noch die hinter dessen Wert regelmäßig zurückbleibende Entschädigung teilen. Die Ausgleichszahlungen müssen deshalb auch in diesen Fällen außer Ansatz bleiben (Johannsen/Henrich ¡Jaeger § 1375 Rdn. 10). Rechnerisch ist dabei so vorzugehen, daß der Wert des Endvermögens um die Höhe der Ausgleichsforderung gemindert wird. Dieser Abzug ist stets vorzunehmen, um der im Hausratsverfahren getroffenen Entscheidung Geltung zu verschaffen. Die Minderung kann deshalb nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Ausgleichszahlung oder ihr Surrogat im Endvermögen noch tatsächlich vorhanden ist (a. M. Jaeger aaO). 82

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Abweichend von diesen Grundsätzen ist zu verfahren, d.h. der Wert der Hausratsge- 1 3 genstände ist in der Ausgleichsbilanz bei Anfangs- und Endvermögen in Ansatz zu bringen, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wird und der überlebende Ehegatte den Ausgleich des Zugewinns gem. § 1371 Abs. 2 verlangt (Lange, Anm. J Z 84, 383, 384). Denn in diesen Fällen findet eine Auseinandersetzung nach der Hausratsverordnung nicht statt (§ 1 HausrVO Rdn. 9). Dem überlebenden Ehegatten stehen die Hausratsgegenstände auch nicht gem. § 1932 Abs. 1 als Voraus zu, weil dies voraussetzt, daß er Erbe ist. Er muß sich wegen der Hausratsgegenstände mit den Erben vor dem Prozeßgericht auseinandersetzen (§13 HausrVO Rdn. 15). 2. Dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrechte Kraft ausdrücklicher Regelung (§ 1587 Abs. 3) unterliegen dem Zugewinnausgleich 1 4 nicht Anwartschaften oder Aussichten, über die der Versorgungsausgleich stattfindet. Diese Vermögenspositionen werden weder im Anfangs- noch im Endvermögen berücksichtigt, und zwar auch dann nicht, wenn ein Versorgungsausgleichsverfahren nicht durchgeführt wird, weil die Voraussetzungen des § 1587 c vorliegen oder die Ehegatten eine Vereinbarung nach § 1587o getroffen haben (Palandt/Diederichsen § 1587 Anm. 4; Schwab FamRZ 84, 429, 431). Von erheblicher Bedeutung ist diese Regelung für Anwartschaften aus Lebensversi- 1 5 cherungsverträgen. Dem Grundsatz nach unterfallen dem Versorgungsausgleich nur Renten oder Rentenanwartschaften aus solchen Verträgen (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 5), während Anrechte aus Lebensversicherungen, die auf Zahlung eines Kapitalbetrages gerichtet sind, dem Zugewinnausgleich unterliegen. Dies gilt auch für solche KapitalLebensversicherungen, die zur Befreiung von der gesetzlichen Angestelltenversicherungspflicht nach Art. 2 § 1 AnVNG abgeschlossen worden sind oder die im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung bestehen (BGH FamRZ 84, 156). Selbst dann, wenn Kapitalversicherungen für den versicherten Ehegatten ein Rentenwahlrecht vorsehen, unterliegen sie grundsätzlich dem Zugewinnausgleich, dem Versorgungsausgleich nur dann, wenn das Rentenwahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ausgeübt worden ist (BGH FamRZ 84, 156). 3. Ansprüche auf künftig fällige, wiederkehrende Leistungen Eine besondere Problematik bietet die Bewertung von Dauerschuldverhältnissen, die 1 6 vor dem Stichtag begründet worden sind. Wollte man die nach dem Stichtag künftig fällig werdenden Teilleistungen, wie dies an sich naheliegt, kapitalisieren und in die Ausgleichsbilanz einsetzen, führte dies zu dem unbefriedigenden Ergebnis, daß der betroffene Ehegatte im Zugewinnausgleichsverfahren Leistungen zu teilen hat, mit denen er seinen künftigen Unterhalt bestreiten muß. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist daher anerkannt, daß Ansprüche auf solche künftigen Teilleistungen, insbesondere auf Arbeitsentgelt, Unterhalt, Einkommen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aufgrund von Versorgungsgesetzen sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen unberücksichtigt bleiben, weil sie noch keinen gegenwärtigen Vermögenswert darstellen, sondern das künftige Einkommen des Berechtigten sichern sollen (BGH FamRZ 80, 39; 81, 239, 240; 82, 147; 82, 148; 82, 684; 83, 881, 882). Noch nicht fällige Ansprüche auf Teilleistungen nehmen künftiges Einkommen vorweg, ihre Berücksichtigung etwa im Endvermögen würde den Zugewinnausgleich daher in die Zeit nach der Beendigung des Güterstandes verlängern (BGH FamRZ 80, 39). Der Ansatz künftiger Teilleistungen hat nicht nur in den Fällen zu unterbleiben, in denen das Stammrecht noch nicht entstanden und fällig ist (BGH FamRZ 80, 39; 82, 147; 82, Wilhelm Baumeister

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684; 83, 881), sondern auch dann, wenn das Stammrecht am Stichtag bereits entstanden und fällig war (BGH FamRZ 81, 239, 240). Diese Herausnahme künftiger Teilleistungen, die der Rechtsprechung zu § 1365 entspricht (BGH FamRZ 87, 909), folgt nicht aus dem Vermögensbegriff (§§ 1374, 1375), der im Gesetz nirgends genau bestimmt wird (BGH FamRZ 81, 1051, 1055), sondern aus dem Zweck des Gesetzes, der es gebietet, im Zugewinnausgleichsverfahren nicht nur Versorgungsanwartschaften (§ 1587 Abs. 3), sondern auch Anrechte unberücksichtigt zu lassen, die den künftigen Unterhalt des Berechtigten sicherstellen sollen (BGH FamRZ 81, 239; 82, 147). Mit dieser Begründung hat der BGH unberücksichtigt gelassen Versorgungsrechte nach dem Bundesversorgungsgesetz (FamRZ 81, 239), die Abfindung für die Witwenrente nach Wiederverheiratung gem. § 1302 RVO (BGH FamRZ 82, 147; a. M. AG Stuttgart FamRZ 90, 1358), die Anwartschaften eines Soldaten auf Zeit auf Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG (FamRZ 80, 39), die Ausgleichszahlung nach § 38 Abs. 1 SVG (FamRZ 82, 684) und die Übergangsbeihilfe nach § 12 Abs. 1 SVG, wenn der Soldat erst nach dem Stichtag in den Ruhestand tritt (FamRZ 83, 881 gegen die h. M.; vgl. außer den Zitaten bei BGH FamRZ 83, 881, 882 auch Schwab VII Rdn. 34; Dehlers, 5. DFGT, S. 98 ff; wie BGH JohannsenjHenrichjJaeger § 1375 Rdn. 5). 17 Die Herausnahme beschränkt sich auf die künftig fällig werdenden Leistungen. Teilleistungen, die im Zeitpunkt des Stichtages bereits fällig waren, oder erbrachte und noch vorhandene Leistungen werden dem Anfangs- und Endvermögen hinzugerechnet (BGH FamRZ 81, 239, 240). Diese letztere Ausnahme gilt aber nur für die fälligen Rückstände. Soweit die falligen Leistungen für einen Zeitraum nach dem Stichtag vorgesehen sind, bleiben sie aus den oben dargelegten Gründen außer Betracht (BGH FamRZ 81, 239, 240 m. w. Nachw.; Schwab VII Rdn. 30; a. M. MüKo¡Gernhuber § 1375 Rdn. 11). Dagegen wird eine bereits gezahlte Abfindung für künftige Leistungen berücksichtigt (BGH FamRZ 82, 148). Dieselben Grundsätze gelten auch für Verbindlichkeiten. Am Stichtag vorhandene Unterhaltsrückstände sind abzusetzen (OLG Karlsruhe FamRZ 86, 167; OLG Frankfurt FamRZ 90, 998; OLG Celle FamRZ 91, 944, 945).

V. Nach Art, Zweck und Entstehungsstadium anzusetzende Vermögenspositionen 18

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1. Gegenstände, die im Zeitpunkt beider Stichtage vorhanden waren Der Umstand, daß ein Gegenstand Bestandteil sowohl des Anfangs- als auch des Endvermögens war, rechtfertigt es nicht, ihn aus Vereinfachungsgründen bei beiden Vermögensmassen unberücksichtigt zu lassen. Dies führte zu rechnerisch falschen Ergebnissen, wenn das Anfangs- oder Endvermögen des betreffenden Ehegatten überschuldet war. Der Wert solcher Gegenstände ist deshalb sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen in Ansatz zu bringen (BGH FamRZ 83, 882, 884; Schwab FamRZ 84, 429, 430; vgl. auch § 1374 Rdn. 12, 29). 2. Für das Getrenntleben bestimmte Hausratsgegenstände Hausrat bleibt bei der Berechnung des Zugewinns grundsätzlich unberücksichtigt (Rdn. 7 — 13). Dies gilt indes nicht für solche Gegenstände, die für das Getrenntleben der Ehegatten bestimmt sind. Dazu gehören regelmäßig die erst nach der Trennung angeschafften Haushaltsgegenstände (BGH FamRZ 84, 144, 147). Da sie weder für die Ehewohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt waren, fallen sie nicht unter den Begriff des Hausrats im Sinne der HausrVO und unterliegen deshalb dem Zugewinnausgleich, soweit sie einem Ehegatten am maßgeblichen Stichtag gehörten (§ 1 HausrVO Rdn. 53; vgl. auch oben Rdn. 10). 84

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3. Gegenstände des persönlichen Bedarfs Auch Gegenstände des persönlichen Bedarfs gehören nicht zum Hausrat und unterlie- 20 gen deshalb dem Zugewinnausgleich (BGH FamRZ 84, 144, 145). Dazu zählen insbesondere Schmuck, Kleidung und den individuellen Zwecken eines Ehegatten dienende Sachen wie Familienandenken, persönliche Sammlungen etc. (§ 1 HausrVO Rdn. 49; OLG Hamm FamRZ 80, 683, 685). 4. Eheneutraler Erwerb Schwab hat die Frage erörtert, ob Gegenstände, die weder auf einem Vermögenseinsatz 21 noch auf einer Mitwirkung des anderen Ehegatten beruhen, sondern als Ausgleich für die Schädigung personaler Güter gewährt worden sind, bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs unberücksichtigt bleiben können (VII Rdn. 44 und FamRZ 84, 429, 430, 435). Entzündet hat sich diese Diskussion vor allem an dem evident eheneutralen Erwerb von Schmerzensgeld und Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz. Für beide hat der BGH die Berücksichtigungsfähigkeit indessen bejaht (FamRZ 81, 239 und 755). Es gibt auch keine überzeugende Begründung für die Herausnahme dieser Positionen. Am ehesten ließe sich noch die Auffassung vertreten, daß solche Leistungen nicht unter den zweckorientierten und funktionellen Vermögensbegriff des Zugewinnausgleichs (§§ 1374, 1375) fallen (vgl. Rdn. 36). Dies erscheint aber bedenklich, weil die genannten Leistungen zumindest teilweise der Kompensation immaterieller Schäden durch Einsatz von Geldmitteln, also von Vermögen dienen. Es läßt sich daher nicht sagen, daß sie, soweit fällig und noch vorhanden, keinen gegenwärtigen Vermögenswert darstellten (vgl. Rdn. 6, 23; Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1057). Auch eine Analogie zu § 1587 Abs. 1 Satz 2 hat auszuscheiden (BGH FamRZ 77, 124; 81, 239, 240; 82, 147). Ebensowenig kommt eine Heranziehung des § 1374 Abs. 2 in Betracht, weil diese Regelung einer analogen Anwendung nicht zugänglich ist (vgl. § 1374 Rdn. 34). Sie würde, wie Gernhuber aaO zutreffend bemerkt, praktisch zu einer uferlosen Ausweitung dieser Ausnahmeregelung führen, zumal es eine ganze Reihe anderer Vermögenspositionen gibt, die mit gleicher Berechtigung ausgenommen werden müßten. Danach bleibt zur Ausscheidung haarsträubender Ungerechtigkeiten (Schwab aaO) nur noch eine großzügige Anwendung des § 1381, der aber nur dann zum Zuge kommt, wenn der Empfanger der hier in Rede stehenden Leistungen Ausgleichsschuldner ist (vgl. BGH FamRZ 81, 755, 756). 5. Nicht vererbliche und nicht übertragbare Vermögenspositionen Der BGH hatte in früheren vereinzelt gebliebenen Entscheidungen im Anschluß an 22 Rittner (FamRZ 61, 505, 506) ausgesprochen, daß der Ehegatte durch den Zugewinnausgleich an dem Vermögen teilhaben solle, das im Erbgang auf andere Personen übergehen könne, aber auch nur an diesem und nicht an Gütern, die im Erbfall mit ihrem bisherigen Inhaber untergingen (BGH FamRZ 77, 286; 81, 755; 82, 148). Diese Rechtsprechung, der das Schrifttum zu Recht nicht gefolgt ist (vgl. insbesondere Schwab FamRZ 84, 429, 430 und Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1054), kann heute als praktisch überholt angesehen werden. Nach einer neueren Entscheidung des BGH (FamRZ 86, 1196, 1197) soll der andere Ehegatte im Rahmen des Zugewinnausgleichs an allem teilhaben, was nach der Verkehrsauffassung einen objektiv bewertbaren wirtschaftlichen Wert darstellt, auch wenn es nicht auf einen Erben übergehen kann. Es wäre nicht gerechtfertigt, Nutzungsrechte, die dem Berechtigten nur auf Lebenszeit zustehen und daher nicht vererblich sind, aber einen erheblichen wirtschaftlichen Wert unter Lebenden darstellen, in der Ausgleichsbilanz unberücksichtigt zu lassen. Dies entspricht herrschenWilhelm Baumeister

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der Meinung (Johannsenj Henrichjjaeger § 1374 Rdn. 8 m. w. Nachw.). Im Anfangs- und Endvermögen sind deshalb auch der Wert eines Nießbrauchs (BGH FamRZ 88, 593; KG FamRZ 88, 171, 172), einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, Gesellschaftsanteile mit personenrechtlichem Einschlag oder auch ein Schmerzensgeldanspruch anzusetzen, der gem. § 847 Abs. 1 Satz 2 noch nicht übertragbar und vererblich ist (Schwab aaO). Allerdings ist es richtig, daß der Umstand mangelnder Übertragbarkeit und Vererblichkeit sich auf den Wert eines Vermögensrechts auswirken kann (Gernhuber und Johannsen\ Henrich]Jaeger aaO). Zu beachten ist auch, daß im Falle des Zugewinnausgleichs von Todes wegen (§ 1371 Abs. 2) das unvererbliche Gut beim Endvermögen außer Ansatz zu lassen ist. Die innere Rechtfertigung dafür beruht aber nicht auf der mangelnden Vererblichkeit, sondern darauf, daß dieses Gut mit dem Erbfall ersatzlos wegfällt (Gernhuber aaO). 6. Anwartschaften 23 Zu berücksichtigen sind auch Anwartschaften, wenn ihnen ein gegenwärtiger Vermögenswert zukommt (BGH FamRZ 77, 41; 81, 239). Ob dies zutrifft oder ob nur ein künftiger Anspruch vorliegt, dessen Entstehung noch ungewiß erscheint (BGH FamRZ 83, 881, 882), ist Tatfrage. Es kommt auf die tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung der Vermögensposition an. Dafür, daß eine bereits zur Anwartschaft verdichtete geschützte Position vorliegt, spricht insbesondere ihre Veräußerlichkeit und Vererblichkeit (BGH FamRZ 83, 881, 882). Zu den geschützten Anwartschaften zählen vor allem die Anwartschaft des Nacherben (dazu Rdn. 27 ff, 47), des Vorbehaltskäufers (Bewertung Rdn. 46) und des Versicherungsnehmers (Bewertung Rdn. 44). Dasselbe gilt auch für eine unverfallbare Anwartschaft des Arbeitnehmers aus einer vom Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung als Direktversicherung geschlossenen Kapitallebensversicherung (BGH FamRZ 92, 411 unter Aufgabe von BGH FamRZ 84, 666). Eine der geschützten Anwartschaft vergleichbare Rechtsstellung gewährt ein Anspruch auf künftige Leistung, der auf Überlassung der Nutzung einer Sache gerichtet ist, sofern dieser Anspruch nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben bewertbar ist (BGH FamRZ 83, 881, 882). Demgegenüber hat der BGH eine bewertbare Anwartschaft verneint für am Stichtag noch nicht entstandene Ansprüche auf Übergangsgebürnisse nach § 11 SVG (FamRZ 80, 39), auf die Ausgleichszahlung nach § 38 SVG (FamRZ 82, 684) sowie auf die Übergangsbeihilfe nach § 12 SVG (FamRZ 83, 881; a.M. Schwab VII Rdn. 34 und FamRZ 84, 429, 430; vgl. näher oben Rdn. 16 a. E.). 7. Vorerbschaft 24 Die besonderen Probleme, die sich bei der Bewertung der einem Vor- oder Nacherben am Stichtag zustehenden Vermögenspositionen ergeben, lassen sich nur unter genauer Würdigung ihrer wirtschaftlichen Rechtsstellung lösen (vgl. Brambring DNotZ 80, 725). a) Vor dem Tode des Erblassers steht dem künftigen Erben nur eine tatsächliche Aussicht, aber noch keine zu einem Anwartschaftsrecht verdichtete Vermögensposition zu ( P a l a n d t j Edenhof er, vor § 1922 Anm. 5). Diese tatsächliche Aussicht bleibt bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs außer Ansatz. b) Mit dem Tode des Erblassers erwirbt der Vorerbe zwar den Nachlaß, er ist jedoch durch das Anwartschaftsrecht des Nacherben beschränkt. Da er den Nachlaß bei Eintritt des Nacherbfalls an den Nacherben herauszugeben hat (§ 2130 Abs. 1) und diesem für selbst verwendete Erbschaftsgegenstände auf Schadensersatz haftet (§ 2134), wäre es falsch, den Substanzwert der Erbschaft in Ansatz zu bringen. Die der Rechtsstel86

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lung eines Treuhänders vergleichbaren Beschränkungen gebieten es vielmehr, lediglich den Nutzungswert zu berücksichtigen, der dem Vorerben am Stichtag zusteht (Bewertung Rdn. 48). c) Der strengen Stichtagsregelung entspricht es, daß jeweils nur der Wert der Vermö- 2 5 gensposition in Ansatz gebracht wird, die dem Ehegatten am Stichtag zusteht. War der Ehegatte sowohl bei Beginn als auch bei Beendigung des Güterstandes Vorerbe, ist der Nutzungswert an beiden Stichtagen anzusetzen. In den Zugewinnausgleich fallt dann nur eine eventuelle Wertsteigerung abzüglich des Kaufkraftschwundes, die das Nutzungsrecht in der Zwischenzeit erfahren hat (Brambring aaO); ein Wertverlust muß in derselben Weise Berücksichtigung finden. Wenn der Nacherbfall zwischen den Stichtagen eintritt, ist das Nutzungsrecht des Vorerben nur beim Anfangsvermögen zu berücksichtigen, weil die Rechtsstellung des Vorerben mit dem Nacherbfall erlischt (§ 2130). Wird der Vorerbe zwischen den Stichtagen Vollerbe, weil die Beschränkung des Vorerben etwa durch Ausschlagung des Nacherben (§ 2142) wegfällt, ist im Anfangsvermögen der Substanzwert des Nachlasses im Zeitpunkt des Wegfalls der Beschränkung (§§ 1374 Abs. 2, 1376 Abs. 1) und im Endvermögen der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes in Ansatz zu bringen, soweit dieser dann noch vorhanden ist. Tritt der Wegfall der Beschränkung demgegenüber erst nach Beendigung des Güterstandes ein, wirkt sich dies bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nicht mehr aus, weil es nach § 1376 Abs. 2 auf den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes ankommt, ein späterer Vermögenserwerb mithin unberücksichtigt bleibt (Brambring aaO S. 730; vgl. Rdn. 4). Der Umstand, daß die Ausschlagung des Nacherben und damit auch der Wegfall der Beschränkung des Vorerben auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückwirken (§§ 2142 Abs. 1, 1953 Abs. 2), ist ohne Bedeutung, weil die Stichtagsregelung des § 1376 der erbrechtlichen Bestimmung des § 1953 Abs. 2 vorgeht. d) Diese Grundsätze gelten auch für den befreiten Vorerben, weil dessen erweitertes 2 6 Verfügungsrecht (§§ 2136, 2134) den Kern der gesetzlichen Regelung der Vorerbschaft nicht beseitigt (Brambring aaO S. 729). 8. Nacherbschaft Der Nacherbe erwirbt schon mit dem Erbfall ein veräußerliches und vererbliches 2 7 Anwartschaftsrecht (BGH FamRZ 62, 468, 470; 83, 882, 884 m. w. Nachw.). Indes dürfte die Frage, wie dieses Anwartschaftsrecht bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs berücksichtigt wird, noch nicht abschließend geklärt sein (wegen der Bewertung vgl. Rdn. 47). a) Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Wert des Anwartschaftsrechts, 2 8 wenn dieses im Zeitpunkt beider Stichtage bestand, sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen anzusetzen (FamRZ 83, 882, 884). Dies hätte an sich zur Folge, daß Wertsteigerungen, die das Anwartschaftsrecht zwischen den Stichtagen erfahrt, in den Zugewinnausgleich fallen. Entsprechendes müßte gelten, wenn der Erbfall erst zwischen den Stichtagen eintritt; der Wert des Anwartschaftsrechts wäre dem Anfangsvermögen gem. § 1374 Abs. 2 hinzuzurechnen, die Wertsteigerungen bis zur Beendigung des Güterstandes müßten aber ausgeglichen werden. Diese Konsequenz zieht der BGH nicht. Nach seiner Auffassung fallen, da das Anwartschaftsrecht sich auf das Vollrecht hin entwickelt (Eintritt des Nacherbfalls) und deshalb nur eine Vorstufe des Vollrechts darstellt, nicht nur der Wert des Anwartschaftsrechts im Zeitpunkt seines Anfalls, sondern auch die Wertsteigerungen unter § 1374 Abs. 2, die es zwischen Anfall und Ende des Güterstandes erfahrt (BGH FamRZ 83, 882, 884). Danach ist der Wert des Anwartschaftsrechts im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes rechnerisch sowohl beim AnfangsverWilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

mögen ( § 1374 Abs. 2) als auch beim Endvermögen anzusetzen, so daß die zwischenzeitliche Wertsteigerung aus dem Zugewinnausgleich herausgehalten wird. Verfehlt wäre es allerdings auch nach der Rechtsprechung des BGH, den Wert des Anwartschaftsrechts aus Vereinfachungsgründen sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen außer Ansatz zu lassen. Dies verstößt gegen den Grundsatz, daß im Zeitpunkt beider Stichtage vorhandene Vermögensgegenstände immer zu berücksichtigen sind (Rdn. 18), und führt in den Fällen eines negativen Anfangs- oder Endvermögens zu falschen Ergebnissen (so richtig OLG Hamm FamRZ 84, 481, 482; a.M. Tiedtke J Z 84, 1078, 1080 und ihm folgend Johannsen\Henrich\Jaeger § 1374 Rdn. 21). Anders ist die Rechtslage dann, wenn der Nacherbfall zwischen den Stichtagen eintritt. Dann ist der Wert des Nachlasses dem Anfangsvermögen gem. § 1374 Abs. 2 hinzuzurechnen und die Wertsteigerungen zwischen Nacherbfall und Ende des Güterstandes fallen in den Zugewinn (BGH FamRZ 83, 882, 885; Schwab FamRZ 84, 429, 432). 29

b) Die Rechtsprechung des BGH ist indes, soweit sie auch die Wertsteigerungen des Anwartschaftsrechts unter § 1374 Abs. 2 fallen läßt, zu Recht auf Kritik gestoßen (vgl. Schubert Anm. zu BGH JR 84, 21, 23; Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1058). Der BGH behandelt Anwartschafts- und Vollrecht gleich, um zu vermeiden, daß der Nacherbe, der bei Beendigung des Güterstandes nur ein Anwartschaftsrecht hat und deshalb auch nur dessen Wert gem. § 1374 Abs. 2 in Ansatz bringen könnte, beim Zugewinnausgleich schlechter steht als derjenige Nacherbe, dem die Erbschaft bereits angefallen ist und in dessen Anfangs vermögen nach § 1374 Abs. 2 der Wert des gesamten Nachlasses anzusetzen wäre (BGH FamRZ 83, 882, 885). Schon diese Ausgangserwägung legt indes das vom BGH gewonnene Ergebnis nicht nahe, da sie auf einer einseitigen Beurteilung aus der Sicht des ausgleichspflichtigen Ehegatten beruht und die starre Stichtagsregelung des Zugewinnausgleichs auch sonst zu unbilligen Ergebnissen führt, die indes nur über § 1381 korrigiert werden können. Auch systematisch läßt sich die Auffassung des BGH nicht überzeugend begründen. Die Annahme, daß das gesamte Zwischenstadium unter § 1374 Abs. 2 fällt, besticht nur auf den ersten Blick, läuft aber letztlich darauf hinaus, daß dem Anwartschaftsrecht des Nacherben die rechtliche Verselbständigung versagt bleibt (Schubert, Gernhuber aaO). Es ist deshalb richtiger, dem Anfangsvermögen nur den Wert des Anwartschaftsrechts im Zeitpunkt seines Anfalls (Eintritt des Erbfalls) hinzuzurechnen (§§ 1374 Abs. 2, 1376 Abs. 1) und im Endvermögen denjenigen Wert anzusetzen, den das Anwartschaftsrecht in dem dann maßgeblichen Zeitpunkt hat. Daß Wertveränderungen von Vermögenspositionen zwischen den Stichtagen voll durchschlagen, ist dem Wesen des Zugewinnausgleichs nicht fremd. Bei dieser Lösung bereitet die Berücksichtigung von Wertsteigerungen, aber auch von Wertverlusten des Anwartschaftsrechts keinerlei Schwierigkeiten, während der BGH bisher nicht ausgesprochen hat, wie Wertverluste zu berücksichtigen sind. Tiedtke und Jobannsen/Henrich¡Jaeger aaO wollen den anderen Ehegatten an dem Risiko, daß das Anwartschaftsrecht zwischen den Stichtagen an Wert verliert, nicht beteiligen und dem Anfangsvermögen demgemäß nur dessen geringeren Wert hinzurechnen. Dafür gibt es indes keine Rechtsgrundlage. 30 c) Die hier vertretene Auffassung steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH, wonach die Wertsteigerung von Nachlaßvermögen, die während des Güterstandes durch das allmähliche Absinken des Wertes eines vom Erblasser angeordneten lebenslangen Nießbrauchs eintritt, in Anwendung von § 1374 Abs. 2 nicht dem Zugewinnausgleich unterliegt (BGH FamRZ 90, 603 und 90, 1083; vgl. § 1374 Rdn. 22 a. E, 27). Nach diesen Grundsätzen könnte man nur die Wertsteigerung unberücksichtigt lassen, die das Anwartschaftsrecht mit Rücksicht auf das Näherrücken des Nacherbfalls erfahren hat, nicht jedoch Wertsteigerungen aus anderen Gründen wie etwa aufgrund des Anstiegs der Grundstückspreise (vgl. dazu auch BGH FamRZ 90, 603, 604). 88

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d) Veräußert der zum Nacherben eingesetzte Ehegatte sein Anwartschaftsrecht 31 während der Ehe, so fällt der Verkaufserlös in den Zugewinn (Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1059). Der Erlös wird dem Anfangsvermögen auch nicht gem. § 1374 Abs. 2 hinzugerechnet, weil er nicht auf einem Erwerb von Todes wegen, sondern auf einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beruht (vgl. OLG Hamm FamRZ 84, 481, 482). Für die abweichende Auffassung von Tiedtke und JohannsenjHenrich\Jaeger aaO, daß der Verkaufserlös als Surrogat des Anwartschaftsrechts anzusehen und daher dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen sei, gibt es ebenfalls keine Rechtsgrundlage (vgl. Rdn. 28 a. E.). 9. Noch nicht fällige Rechte Der Umstand, daß ein am Stichtag bereits entstandenes Recht noch nicht fällig 3 2 ist, steht seinem Ansatz nicht entgegen (wegen der Bewertung vgl. Rdn. 42, 43). Zu berücksichtigen sind daher der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens, eine gestundete Kaufpreisforderung sowie das Anwartschaftsrecht aus einer Lebensversicherung (BGH FamRZ 81, 239). Außer Ansatz bleiben jedoch Rechtsverhältnisse, die wiederkehrende Ansprüche auf Arbeitsentgelt oder Unterhaltsleistungen vermitteln, weil sie künftiges Einkommen vorwegnehmen und ihre Berücksichtigung den Zugewinnausgleich in die Zeit nach der Beendigung des Güterstandes verlagern würde (BGH FamRZ 80, 39; 81, 239; vgl. dazu Rdn. 16, 17). Dasselbe gilt auch für künftig fällige Zahlungen aus einem gegenseitigen Dauerschuldverhältnis, soweit die Gegenleistungen des anderen Ehegatten noch ausstehen (BGH FamRZ 83, 881, 882; Schwab FamRZ 84, 429, 432). Demgegenüber ist der Vermögensgegenstand selbst, dessen Erträge die künftig fällig werdenden Teilleistungen sind, ebenso zu berücksichtigen wie der Wert eines Stammrechts, das wie beispielsweise ein Leibrentenrecht oder ein Nießbrauch die künftig wiederkehrenden Leistungen gewährt (vgl. Schwab VII Rdn. 42). Der Wert von am Stichtag bereits entstandenen, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten ist gem. § 1376 Abs. 3 nach denselben Grundsätzen anzusetzen (OLG Hamburg FamRZ 83, 168). 10. Bedingte Rechte und Verbindlichkeiten, ungewisse und unsichere Rechte sowie zweifelhafte Verbindlichkeiten Das Pflichtteilsrecht enthält für die Behandlung von Rechten und Verbindlichkeiten, 3 3 die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unsicher sind, in § 2313 eine eingehende Sonderregelung. Für den Bereich des Zugewinnausgleichsrechts hat der BGH die analoge Anwendung dieser Regelung entgegen früherer Stimmen im Schrifttum aus überzeugenden Gründen abgelehnt (BGH FamRZ 83, 882, 884). Im Vordergrund seiner Argumentation steht der Gesichtspunkt, daß das Stichtagsprinzip im Zugewinnausgleich aus Gründen der einfachen und schnellen Abwicklung des Güterstandes sowie zwecks Vermeidung von Manipulationen strenger durchgeführt sei als bei der Pflichtteilsberechnung. Es entspreche dem Gesetz daher mehr, die Schwierigkeiten und Unsicherheiten, die mit der Bewertung bedingter oder zweifelhafter Rechte und Verbindlichkeiten zu bestimmten Stichtagen verbunden seien, in Kauf zu nehmen. Solche Rechte und Verbindlichkeiten sind deshalb mit ihrem Schätzwert an den jeweiligen Bewertungsstichtagen in die Zugewinnbilanz einzustellen (BGH FamRZ 83, 882, 885; 86, 37, 39; vgl. wegen der Bewertung Rdn. 49). 11. Befristete Rechte und Verbindlichkeiten Die analoge Anwendung des § 2313 auf befristete Rechte und Verbindlichkeiten 3 4 hat schon deshalb auszuscheiden, weil diese Rechte und Verbindlichkeiten auch im Wilhelm Baumeister

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Pflichtteilsrecht nicht unter die Regelung des § 2313 fallen (BGH FamRZ 79, 787, 788). Ihr Wert an den Stichtagen ist deshalb ebenso wie derjenige bedingter und unsicherer Rechte und Verbindlichkeiten zu schätzen (BGH FamRZ 79, 787, 788; Rdn. 33 a. E. und Rdn. 49).

VI. Allgemeine Bewertungsgrundsätze 35

Das BGB enthält keine allgemeine Bewertungsregelung (vgl. Pilt^JWissmann N J W 85, 2673, 2675). Auch das Zugewinnausgleichsrecht hat bis auf eine Bestimmung für landund forstwirtschaftliche Betriebe (§ 1376 Abs. 4) von einer Einzelregelung abgesehen. Die Bewertungsmethode hat sich daher ebenso wie die Definition des Vermögensbegriffs (vgl. Rdn. 6) am konkreten Bewertungszweck zu orientieren (Rittner FamRZ 61, 505, 514). Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Bewertung der „objektive, innere, wahre, wirkliche, wahre innere Wert" zugrundezulegen (FamRZ 77, 38, 40; 77, 386; 80, 37, 38; 86, 37, 39; 86, 1196, 1197; N J W 65, 1589, 1590). Mit dieser Umschreibung ist indessen noch nicht viel gewonnen. Sie besagt lediglich, daß der andere Ehegatte an dem vollen effektiven Vermögenszuwachs teilhaben soll. Die im Steuerrecht (Einheitswerte) und im Handelsrecht (stille Reserven) möglichen Unterbewertungen haben deshalb auszuscheiden {SoergeljLange Rdn. 7). Ausgangspunkt der Bewertung ist die konkrete Anknüpfung an einen dem Bewertungsgegenstand nach der Verkehrsanschauung eigentümlichen Lebenssachverhalt. Danach lassen sich drei Wertbegriffe unterscheiden (Schwab VII Rdn. 48): Der Verkehrswert im Sinne des Veräußerungswertes als Erlös, den der Ehegatte im Bewertungszeitpunkt unter Ausnutzung aller Marktchancen erzielen könnte (MüKo/Gernhuber Rdn. 8), der Wiederbeschaffungswert als Preis, den der Ehegatte für den Erwerb des zu bewertenden Gegenstandes aufwenden müßte, und der Nutz- oder Ertragswert als der kapitalisierte, in einer Geldsumme ausgedrückte Wert der mit dem Gegenstand erzielbaren künftigen Nutzungen {Schwab aaO).

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Welche dieser Bewertungsmethoden zum Zuge kommt, kann nicht allgemein entschieden werden. Eine bestimmte Bewertungsmethode schreibt das Gesetz bis auf § 1376 Abs. 4 nicht vor. Die Bewertung ist Sache des Tatrichters und kann vom Revisionsgericht nur in Grenzen überprüft werden (BGH FamRZ 86, 37, 39). Es kommt immer auf den Einzelfall, insbesondere auf die Eigenart des zu bewertenden Gegenstandes, aber auch auf die konkrete Lebenssituation des betreffenden Ehegatten an, die Rückschlüsse auf das von diesem zu erwartende wirtschaftliche Verhalten zuläßt. Es ist derjenige Wert anzusetzen, den der Gegenstand gerade in der Hand dieses Ehegatten hat (Schwab VII Rdn. 52). Vor diesem Hintergrund läßt sich mit Johannsen\Henrich\Jaeger (Rdn. 6) in Anlehnung an andere zweckorientierte Begriffsbestimmungen unserer Rechtsordnung wie etwa an das den Umfang von Schadensersatzansprüchen beschränkende Erfordernis des Schutzzwecks der Norm (BGH N J W 86, 1329, 1332) sagen, daß der Wertbegriff des Zugewinnausgleichsrechts kein absoluter, sondern ein am Bewertungszweck orientierter funktioneller und deshalb relativer Begriff ist, der die gerechte Beurteilung des individuellen Rechtsverhältnisses ermöglichen soll. Aus diesen Leitlinien lassen sich folgende Grundsätze ableiten:

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1. Die primäre und zuverlässigste Bewertungsmethode besteht in der Ermittlung des Veräußerungswertes. Der wirkliche Wert eines Vermögensgegenstandes wird in vielen Fällen mit dem Veräußerungswert zusammenfallen. Dies liegt bei unserem Wirtschaftssystem, das seine Maßstäbe für den Wert von Gegenständen weithin am Markt findet, nahe (BGH FamRZ 86, 37, 40; MüKojGernhuber Rdn. 9). Nach dieser Methode ist insbesondere bei Gegenständen zu verfahren, die zur Veräußerung bestimmt sind oder deren Wert zumindest typischerweise durch Veräußerung realisiert wird (Schwab VII 90

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§ 1376 BGB

Rdn. 51). Dies gilt auch für solche Gegenstände, die der ausgleichspflichtige Ehegatte als Folge des Zugewinnausgleichs veräußern muß, um die Ausgleichsforderung erfüllen zu können (BGH FamRZ 86, 37, 40; 89, 1276, 1279). 2. Problematisch für die gerichtliche Praxis ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt der 3 8 Veräußerungszwang feststehen muß, um bei der Bewertung berücksichtigt werden zu können. An sich verbietet die strenge Stichtagsregelung des § 1376 die Berücksichtigung von bewertungserheblichen Umständen, die erst nach dem Stichtag eintreten. Selbst ein am Stichtag anhaltender nur vorübergehender Preisrückgang muß grundsätzlich beachtet werden. Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn die den Preis drückenden Umstände bei nüchterner Beurteilung bereits im Zeitpunkt des Beurteilungsstichtags als nur vorübergehend erkennbar waren (BGH N J W 65, 1589, 1590 das Pflichtteilsrecht betreffend). Diese Rechtsprechung spricht an sich dafür, einen sich erst nach dem Stichtag zur Gewißheit verdichtenden Veräußerungszwang unberücksichtigt zu lassen. Da dieser indes letztlich auf die mit der Zustellung des Scheidungsantrages veranlaßte Durchführung des Zugewinnausgleichs, also auf einen am Stichtag (§ 1384) bereits bestehenden Umstand zurückzuführen ist, muß es genügen, daß der Veräußerungszwang in der letzten mündlichen Verhandlung festgestellt wird (vgl. Rittner FamRZ 61, 505, 514; Johannsenj Henrich\Jaeger Rdn. 5). 3. Wenn sich zu diesem Zeitpunkt ein Veräußerungszwang nicht feststellen läßt, ist 3 9 die Bewertung auf der Grundlage eines fiktiven Veräußerungserlöses nicht zwingend. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ehegatte den Vermögensgegenstand nicht zu veräußern, sondern weiter zu nutzen beabsichtigt und die Veräußerung zu einem Erlös führen würde, der unter dem Ertragswert liegt. In diesen Fällen bestimmt die weitere Nutzungsmöglichkeit den wahren Wert des Vermögensgegenstandes, so daß die Bewertung auf der Grundlage des Nutzwertes zu erfolgen hat (BGH FamRZ 80, 37, 38; 86, 37, 40; 86, 1196, 1197). 4. Der Ansatz eines Veräußerungswerts scheidet schon von der Natur der Sache her 4 0 aus bei allen nicht übertragbaren Rechten wie etwa bei einem Nießbrauch. In diesen Fällen wird die Bewertung regelmäßig nach dem Nutzwert (Ertragswert) zu erfolgen haben. 5. Die Bewertung von Gegenständen, bei denen sowohl eine Veräußerung als auch 41 eine weitere Nutzung in Betracht kommt, muß von den Umständen des Einzelfalles abhängig gemacht werden. Dabei kann auch eine Kombination verschiedener Bewertungsmethoden angezeigt sein. Auf einer solchen Kombination beruhen die von der Betriebswirtschaftslehre für die Unternehmensbewertung entwickelten Formeln, die auch die gegenseitige Abhängigkeit und Wechselwirkung mehrerer Bewertungsmethoden erkennen lassen, wie dies beispielsweise darin zum Ausdruck kommt, daß der Verkehrswert eines Unternehmens nach dem Ertragswertverfahren bestimmt wird.

VII. Bewertung einzelner Gegenstände 1. Forderungen und Verbindlichkeiten Am Stichtag fällige Forderungen und Verbindlichkeiten sind mit ihrem wirtschaftli- 4 2 chen Wert anzusetzen. Dies ist bei Geldforderungen und -Verbindlichkeiten der Nennwert (BGH FamRZ 91, 43, 45). Streitig ist, ob der Nennwert auch für am Stichtag noch nicht fallige zinslose Geldforderungen und -Verbindlichkeiten maßgeblich ist. Die bisher herrschende Meinung bejaht dies {Staudinger\Thiele Rdn. 36; Soergelj Lange Rdn. 15; MüKo/ Gernhuber Rdn. 15). Dem kann aber bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht gefolgt werden, weil eine am Stichtag noch nicht fallige Forderung weniger wert Wilhelm Baumeister

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ist als eine fällige und eine noch nicht fallige Verbindlichkeit das Vermögen des Ehegatten weniger belastet als eine fällige Schuld (Johannsenj Henrich]Jaeger Rdn. 9; Er man / Heckelmann Rdn. 5; Bachmann S. 148). Noch nicht fällige Forderungen und Verbindlichkeiten sind daher in Höhe eines angemessenen Zwischenzinses zu diskontieren (BGH FamRZ 90, 1217, 1218; 92, 411, 413). Darin liegt ebenso wie bei der Eliminierung scheinbarer Zugewinne (Rdn. 93 ff) kein Verstoß gegen das nominalistische Prinzip, da es ausschließlich um die Bewertung des Vermögens am Stichtag geht. 43

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Verbindlichkeiten sind grundsätzlich ebenso zu bewerten wie Forderungen (§ 1376 Abs. 3). Berücksichtigt werden nur bis zum Stichtag entstandene Verbindlichkeiten. Auf die Fälligkeit kommt es nicht an (Rdn. 42). Diese Grundsätze gelten auch für Steuerschulden. Die Steuerschuld entsteht gem. § 38 AO erst, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (BGH FamRZ 86, 37, 39; 91, 43, 45, 48; JohannsenjHenrich¡Jaeger § 1374 Rdn. 15 und § 1375 Rdn. 14). Einkommen- und Kirchensteuer entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Wenn der Stichtag vor diesem Zeitpunkt liegt, können sie nicht berücksichtigt werden (BGH FamRZ 91, 43, 45, 48). Am Stichtag bedingte, ungewisse oder zweifelhafte Verbindlichkeiten sind mit ihrem Schätzwert anzusetzen (Rdn. 33). Für noch nicht fällige Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen gelten dieselben Grundsätze wie für Ansprüche auf künftig fällige wiederkehrende Leistungen (Rdn. 16, 17). Negative Kapitalkonten aus Beteiligungen an Abschreibungsgesellschaften sind als solche keine Verbindlichkeiten im Sinne von § 1375 Abs. 1 Satz 1 (BGH FamRZ 86, 37). Haften die Ehegatten als Gesamtschuldner, kommt es für den Ansatz der Verbindlichkeit auf das Innenverhältnis an (§ 1375 Rdn. 8). 2. Anwartschaftsrechte (Lebensversicherung, Rechtsstellung des Nacherben) Der in der Praxis häufigste Fall ist die Bewertung von Anwartschaften aus Kapitallebensversicherungsverträgen. Wenn der Versicherungsfall am Stichtag bereits eingetreten war und Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bestand, ist die Höhe des auszuzahlenden Kapitals maßgebend. Bei noch laufenden Versicherungen kommt es auf den Zeitwert als den gegenwärtigen Vermögenswert an. Diesen bemißt der BGH bei mit laufenden Prämien zu bedienenden Versicherungsverträgen (§ 165 VVG) in ständiger Rechtsprechung nach der Höhe des Rückkaufwerts am Stichtag (FamRZ 77, 41, 42; 81, 239; 84, 666). Die Praxis ist dem gefolgt, obwohl die Identifizierung von Zeit- und Rückkaufwert nicht immer zutrifft {Soergelj Lange Rdn. 11). In den Fällen, in denen der Ehegatte die Versicherung nach dem Stichtag fortführt, gibt der Rückkaufwert nicht ihren vollen wirtschaftlichen Wert wieder, weil seiner Berechnung eine fingierte Kündigung (§ 165 VVG) und ein nicht unerheblicher Abzug von der Prämienreserve zugrundeliegt (§ 176 Abs. 4 VVG). Die Prämisse der Auflösung des Versicherungsvertrages steht daher in Widerspruch zu der konkreten Lebenssituation des Ehegatten und dem allgemeinen Bewertungsgrundsatz, wonach es auf den Wert ankommt, den der Gegenstand gerade in der Hand dieses Ehegatten hat (Rdn. 36; so zutreffend Johannsenj Henrich] Jaeger Rdn. 11). Ebenso wie bei einer aufrechterhaltenen Unternehmensbeteiligung die weitere Nutzungsmöglichkeit des Ehegatten deren wahren Wert bestimmt (BGH FamRZ 86, 1196, 1197), muß auch bei einem Lebensversicherungsvertrag auf den Wert abgestellt werden, den dieser für den Ehegatten unter Einbeziehung des Umstandes hat, daß er weiter bestehen bleibt. Der Bewertung ist deshalb der volle Kapitalwert der eingezahlten Prämien zuzüglich der vom Versicherer zu gewährenden Gewinnbeteiligung zugrundezulegen (MüKo/Gernhuber Rdn. 20; Johannsenj Henrich]Jaeger aaO; Soergelj Lange Rdn. 11). 92

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Bei der Bewertung einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung geschlossenen 4 5 Direktversicheiung (Rdn. 23) muß der Ungewißheit, ob die Versicherungsleistung dem Ehegatten oder seinen Erben zufallen wird, durch einen im Wege der Schätzung vorzunehmenden Abschlag vom Ausgangsbetrag Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 92, 411, 414). Das Anwartschaftsrecht aus einem Kauf unter Eigentumsvorbehalt ist mit dem 4 6 vollen gegenwärtigen Sachwert anzusetzen; die noch ausstehenden Ratenzahlungsverpflichtungen des Käufers werden bei den Passiva berücksichtigt {Soergelj Lange Rdn. 11; JohannsenjHenrich]]aeger § 1374 Rdn. 8). Dasselbe gilt für den Ansatz des Sicherungseigentums bei der Bewertung des Vermögens des Sicherungsgebers {SoergeljLange aaO). Die exakte Bewertung des dem Nacherben nach Eintritt des Erbfalls zustehenden 4 7 Anwartschaftsrechts kann nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig unterbleiben, weil der Wert dieses Anwartschaftsrechts in dem für die Berechnung des Endvermögens maßgebenden Zeitpunkt nicht nur dem Endvermögen, sondern auch dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 hinzuzurechnen ist (vgl. Rdn. 27—31 und die Berechnung in BGH FamRZ 83, 882, 886 a. E.; beachte aber auch Rdn. 28 a. E.). Die hier vertretene Auffassung, nach der Wertsteigerungen des Anwartschaftsrechts zwischen den Stichtagen in den Zugewinnausgleich fallen, impliziert demgegenüber auch das Erfordernis der Bewertung an beiden Stichtagen und in den Fällen, in denen das Anwartschaftsrecht dem Ehegatten während des Güterstandes angefallen ist, in dem für die Hinzurechnung des Vermögens maßgebenden Zeitpunkt (§ 1374 Abs. 2). Das Anwartschaftsrecht des Nacherben hat, zumal es veräußerlich ist, einen gegenwärtigen objektivierbaren Zeitwert (BGH FamRZ 83, 882, 884). Dieser Wert ist im Wege der Schätzung zu ermitteln und in die Zugewinnbilanz einzustellen. Bei der Bewertung sind die bestehenden Unsicherheiten zu berücksichtigen (BGH FamRZ 83, 882, 885; Bachmann S. 158). Dies wird in der Regel die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich machen. Ausgangspunkt der Schätzung ist der Substanzwert des Nachlasses und die unter Einbeziehung sämtlicher Umstände des Falles, vor allem der zeitlichen Verhältnisse, zu bewertende Chance des Nacherben, mit dem Eintritt der Nacherbfolge unter Wegfall der Rechte des Vorerben Erbe zu werden (§ 2139). 3. Rechtsstellung des Vorerben Gegenstand der Bewertung ist nicht die Substanz des Nachlasses, sondern das dem 4 8 Vorerben zustehende Nutzungsrecht (Rdn. 24; Brambring DNotZ 80, 725, 728). Anzusetzen ist daher der Nutzungswert am jeweiligen Stichtag. Dieser ist ebenso wie bei einem Nießbrauch oder Wohnrecht auf der Grundlage der Kapitalisierung des jährlichen Nutzungswerts zu ermitteln (Brambring aaO S. 730). Die Kapitalisierung ist allerdings entgegen Brambring aaO für Anfangs- und Endvermögen gesondert vorzunehmen. Dabei muß bei der Ermittlung des Kapitalisierungsfaktors dem Umstand Rechnung getragen werden, daß der Wert des Nutzungsrechts mit zunehmendem Zeitablauf abnimmt, weil der Eintritt der Nacherbfolge näherrückt (§2139). Dieser Gesichtspunkt wird bei dem von Brambring aaO gewählten Beispiel rechnerisch vernachlässigt, weil er vorschlägt, die sich an den beiden Stichtagen ergebende Differenz der Mehreinkünfte zu kapitalisieren. 4. Bedingte und befristete Rechte und Verbindlichkeiten, ungewisse und unsichere Rechte sowie zweifelhafte Verbindlichkeiten Die zutreffende Auffassung des BGH, daß auf solche Positionen § 2313 keine Anwen- 4 9 dung findet (BGH FamRZ 83, 882, 884; vgl. Rdn. 33, 34), macht ihre Bewertung Wilhelm Baumeister

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erforderlich. Sie sind mit ihrem Schätzwert an den Bewertungsstichtagen in die Zugewinnbilanz einzustellen (BGH FamRZ 83, 882, 885). Maßgeblich ist der Wert des Rechts, welcher der abschätzbaren Wahrscheinlichkeit seiner Realisierung entspricht (Schwab, Handbuch, 1. Aufl., Rdn. 745). Allgemeine Bewertungsgrundsätze lassen sich nicht aufstellen. Ausgangspunkt der Schätzung sollte aber wie in anderen Bewertungsfällen auch der Wert des Vollrechts sein, von dem je nach den Umständen des Falles ein Abzug vorzunehmen ist (vgl. BGH FamRZ 80, 37, 38; 86, 1196, 1197). Ebenso ist auch der Wert befristeter Rechte und Verbindlichkeiten zu schätzen (BGH FamRZ 79, 787, 788). Die Bewertung nach dem Schätzwert, bei der die bestehenden Unsicherheiten im Zeitpunkt des Stichtages zu berücksichtigen sind, ist endgültig und kann nicht mehr korrigiert werden (BGH FamRZ 83, 882, 885). 5. Hausrat 50 Ebenso wie seine Berücksichtigungsfähigkeit (Rdn. 7 bis 13) ist auch die Bewertung des Hausrats umstritten. Die h. M. geht vom ursprünglichen Anschaffungspreis oder vom Wiederbeschaffungspreis für gleichwertigen neuen Hausrat aus und nimmt für die Abnutzung bis zum Stichtag einen angemessenen Abschlag vor (MüKo¡Gernhuber Rdn. 10; SoergeljLange Rdn. 11; Staudinger ¡Thiele Rdn. 35; Johannsenf HenrichjJaeger Rdn. 8; Herrmann S. 113; Bachmann S. 145; vgl. WertR — s. Rdn. 54 — mit Tabelle über die Wertminderung von Hausrat in der Anlage 8 S. 54, 56). Dem ist nicht zu folgen. Die Bewertungsmethode der h. M. ist von dem an sich berechtigten Anliegen getragen, den Wertverlust auch nur kurzfristig gebrauchten Hausrats auf ein erträgliches Maß zu korrigieren (MüKo¡Gernhuber aaO). Dies darf aber nicht zu einer Überbewertung des Hausrats führen. Anzusetzen ist der wirkliche Wert, den der Gegenstand gerade in der Hand des betreffenden Ehegatten hat (Rdn. 36). Da Hausrat nicht zur Veräußerung, sondern zur Benutzung bestimmt ist, kann nicht auf den Veräußerungswert abgestellt werden (so aber Schwab VII Rdn. 55), sondern es muß der Anschaffungspreis zugrundegelegt werden, dieser jedoch nicht bezogen auf vergleichbaren neuwertigen Hausrat, sondern auf denjenigen Preis, den der Ehegatte bei einem Alt- oder Gebrauchtwarenhändler zum Erwerb vergleichbaren gebrauchten Hausrats aufwenden müßte. Erforderlichenfalls ist dazu ein Sachverständigengutachten einzuholen. 51

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Nach denselben Grundsätzen sind auch andere Gebrauchsgegenstände, insbesondere die zum persönlichen Bedarf der Ehegatten bestimmten Gegenstände zu bewerten, die nicht unter den Haushaltsbegriff fallen (BGH FamRZ 84, 144, 145). 6. Kunst, Schmuck und Liebhaberobjekte Nach verbreiteter Meinung soll auch für die Bewertung von Kunst- und Schmuckgegenständen der Wiederbeschaffungswert maßgebend sein (Herrmann S. 115; SoergeljLange Rdn. 11). Dem ist nicht zu folgen. Anders als bei Hausrat, auf dessen Benutzung jeder angewiesen ist, wird die Bewertung dieser Gegenstände nach der Verkehrsanschauung nicht so sehr durch ihren Nutzwert, sondern auch durch Gesichtspunkte der Vermögensanlage bestimmt. Dies rechtfertigt es, ihrer Bewertung den mußmaßlichen Veräußerungserlös zugrundezulegen (Bachmann S. 241; Schwab VII Rdn. 55). Der Ansatz des Wiederbeschaffungspreises liefe im Ergebnis auf eine Bewertung nach dem Katalogpreis der gewerblichen Händler hinaus und widerspräche daher dem Grundsatz, daß es auf den Wert ankommt, den der Gegenstand gerade in der Hand des Ehegatten hat (Schwab VII Rdn. 52). Anzusetzen ist deshalb der Veräußerungserlös, den der Ehegatte erzielen könnte. Ein Affektionsinteresse (Liebhaberwert) bleibt dabei ebenso wie im Schadenser94

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satzrecht ( P a l a n d t j H e i n r i c h s § 251 Anm. 4) unberücksichtigt (Staudinger¡Thiele Rdn. 10; ErmanjHeckelmann Rdn. 5). Anders ist dies aber dann, wenn das Liebhaberinteresse den Marktpreis mitbestimmt. 7. Gebrauchte Kraftfahrzeuge Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Kraftfahrzeuges wird durch dessen Nutzung 53 bestimmt. Grundlage der Bewertung ist daher der Wiederbeschaffungswert (Johannsenj Henrich¡Jaeger Rdn. 8), der in der Praxis anhand der sogen. Schwacke-Listen bestimmt zu werden pflegt. Falls der Ehegatte zwecks Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung zur Veräußerung seines Kraftfahrzeuges gezwungen ist, muß demgegenüber auf den Veräußerungserlös abgestellt werden (vgl. Rdn. 37, 38), der mit Rücksicht auf die Händlerspanne etwa 20—25% unter dem Wiederbeschaffungswert liegt (PalandtjHeinrichs § 251 Anm. 5 A a). 8. Grundstücke Grundstücke, die Bestandteil eines Unternehmens sind, werden nicht einzeln bewertet, 5 4 sondern bei der Unternehmensbewertung mitberücksichtigt. Die Bewertung von Einzelgrundstücken erfolgt in der Praxis nach der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken — WertV — in der Fassung vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2209) in Verbindung mit den Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrs wertes von Grundstücken vom 31. Mai 1976 — WertR 76 — (Beilage 21/76 zum BAnz Nr. 146 vom 6. August 1976; vgl. auch Sammlung amtlicher Texte zur Wertermittlung von Grundstücken in BAnz Nr. 102 a vom 4. Juni 1987). Nach § 7 WertV kommen für die Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks das Vergleichswertverfahren (Wertbestimmung nach dem Veräußerungserlös von Vergleichsgrundstücken), das Ertragswertverfahren (kapitalisierter Wert der künftigen Erträge) sowie das Sachwertverfahren (Bewertung nach dem Bau- und Bodenwert) in Betracht. Das jeweilige Verfahren ist nach Lage des Einzelfalles auszuwählen und das Ergebnis erforderlichenfalls unter Heranziehung der übrigen Bewertungsmethoden zu korrigieren. Diese Bewertung nach der dem Einzelfall angemessenen Methode hat auch die Rechtsprechung geprägt (BGH N J W 70, 2018; FamRZ 86, 37, 39; OLG Frankfurt FamRZ 80, 576). Dabei kommt die Interdependenz verschiedener Bewertungsmethoden (Rdn. 41) darin zum Ausdruck, daß der Verkehrswert (Veräußerungswert) eines Grundstücks auch nach einer Bewertungsmethode mitbestimmt wird, die nicht auf den Fall der Veräußerung, sondern auf die künftige Nutzung (Ertragswertverfahren) abstellt. Vor diesem Hintergrund lassen sich folgende allgemeine Bewertungsgrundsätze aufstellen: a) Nicht entscheidend sind die Herstellungskosten (BGHZ 10, 171, 180; 17, 236, 5 5 241). Die Aufwendungen, die man machen muß, um einen Gegenstand zu erlangen, sind oft nicht identisch mit einer realistischen Erlöschance (Schwab VII Rdn. 50). b) Soweit sich der Verkehrswert im Sinne des am Stichtag erzielbaren Veräußerungs- 5 6 wertes aufgrund ausreichender Daten durch das Vergleichswertverfahren bestimmen läßt, wird es auf diesen Wert gleichwohl nur ausnahmsweise und auch nur dann ankommen, wenn eine typische Veräußerungssituation vorliegt, das Grundstück also entweder schon zur Veräußerung bestimmt war oder zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung veräußert werden muß (BGH FamRZ 86, 37, 40; vgl. Rdn. 37, 38). Der Veräußerungswert wird aber regelmäßig den Mindestwert des Grundstücks darstellen (Johannsenj Henrichjjaeger Rdn. 13; a. M. SoergeljLange Rdn. 12). c) Der Wert von Miethäusern und anderer Rendite-Objekte ist nach dem Ertrags- 5 7 wertverfahren zu bestimmen (BGH N J W 70, 2018, 2019; OLG Frankfurt FamRZ 80, Wilhelm Baumeister

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576). Eine Berichtigung dieses Wertes im Hinblick auf den höheren Sachwert findet regelmäßig nicht statt, weil für einen potentiellen Käufer nur die Ertragsfähigkeit von Interesse ist (OLG Frankfurt FamRZ 80, 576; abweichend OLG Düsseldorf FamRZ 89, 280, 282: leichte Korrektur nach höherem Sachwert). 58 d) Dagegen kann der Wert eines bebauten Grundstücks, das weder veräußert noch als Rendite-Objekt genutzt werden soll, sondern von einem Ehegatten weiterhin bewohnt wird (Eigenheim), weder nach dem erzielbaren Veräußerungserlös noch ausschließlich nach dem Ertragswertverfahren bestimmt werden. In diesen Fällen ist vielmehr in erster Linie vom Substanzwert (Sachwert) auszugehen (BGH N J W 70, 2018, 2019). Der Gesichtspunkt der Eigennutzung läßt es als angemessen erscheinen, daß der Ehegatte, der das Grundstück weiterhin selbst nutzt, auch die in einer Zeit steigender Grundstückspreise und Baukosten höhere Bewertung nach dem Sachwertverfahren hinnimmt, zumal die während der Ehe für den Hausbau gemachten Aufwendungen den Zugewinn ohnehin mindern {Johannsen\Henrich\Jaeger Rdn. 13). In der Praxis dürfte aber zumal bei großen Divergenzen zwischen Sach- und Ertragswert eine Bewertung nach dem Mittelwert zwischen Sach- und Ertragswert überwiegen (vgl. BGH FamRZ 86, 37, 39). Der Mittelwert kann indes nicht schematisch in Ansatz gebracht werden. Vielmehr ist der Bewertung nach der einen oder anderen Methode je nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der gewählten Nutzungsart, der Vorrang zu geben (BGH N J W 70, 2018, 2019; SoergeljLange Rdn. 12; so auch Johannsen/Henrichjjaeger aaO, die den Sachwert um einen Betrag mindern, der unter der Hälfte der Differenz zwischen den beiden Werten liegt). Abweichend von diesen Grundsätzen ermittelt das OLG Celle (FamRZ 81, 1066, 1068) den Wert eines Eigenheims auf der Grundlage eines Veräußerungserlöses pro Quadratmeter Wohnfläche zuzüglich des Grundstückswertes, wobei es für die Größe der Wohnfläche nicht auf die Bauzeichnung, sondern auf die tatsächliche Nutzung ankommen soll. 59

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e) Problematisch ist die Berücksichtigung von vorübergehenden Schwankungen auf dem Grundstücksmarkt. Bei Grundstücken, die zur Veräußerung bestimmt sind oder als Folge des Zugewinnausgleichs veräußert werden müssen, ist die strenge Durchführung des Stichtagsprinzips geboten, so daß am Stichtag bestehenden Preisrückgängen durch einen rezessionsbedingten Abschlag Rechnung zu tragen ist (vgl. Rdn. 2—5, 38). Wenn das zu bewertende Grundstück aber gar nicht verkauft werden soll, sondern weiterbenutzt wird, besteht zu einem solchen Abschlag keine Veranlassung, weil es auf den wirklichen Wert ankommt, der höher als der aktuelle Veräußerungswert sein kann. Ein vorübergehender Preisrückgang ist auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn er bei nüchterner Beurteilung schon zum Stichtag als vorübergehend erkennbar war (BGH N J W 65, 1589, 1590; FamRZ 86, 37, 40). 9. Heimstätte Bei der Bewertung einer Heimstätte ist zu berücksichtigen, daß der Heimstätter in der freien Verfügung über sein Eigentum beschränkt ist. Dem Ausgeber steht ein Vorkaufsrecht zu (§11 RHeimstG). Bei Ausübung des Vorkaufsrechts hat der Ausgeber nach § 15 RHeimstG an sich nur den Betrag zu zahlen, der sich bei Zugrundelegung des für den Boden bei der Errichtung der Heimstätte festgesetzten Betrages (§ 6 RHeimstG) unter Hinzurechnung des noch vorhandenen Wertes etwaiger Baulichkeiten und Verbesserungen ergibt. Durch diese Regelung soll indes nur eine gewinnbringende Veräußerung vermieden werden, weil die Heimstätte grundsätzlich nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs ist. Der Heimstätter, der zu einer Veräußerung genötigt ist, muß daher mindestens den Preis erhalten, der ihn in die Lage versetzt, sich unter gleichen Bedingungen 96

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ein gleichwertiges anderes Familienheim als Heimstätte zu verschaffen. Daher ist der Wiederbeschaffungswert am Stichtag zur Grundlage für die Bewertung der Heimstätte zu machen (BGH N J W 75, 1021). Wenn allerdings der Bodenwert zwischenzeitlich erheblich gestiegen ist, kann auch für den Grund und Boden gem. den §§ 36, 31, 10 AVO-RHeimstG ein höherer Wert anzusetzen sein (BGH N J W 75, 1021; 72, 1669, 1670). 10. Erbbaurecht Eine eingehende Darstellung der Grundsätze, nach denen der Wert eines Erbbaurechts 61 zu bestimmen ist, enthalten die Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken vom 31. Mai 1976 - WertR 76 - (vgl. Rdn. 54: in Teil II 5. 2 S. 20, 21 mit zahlreichen Berechnungsbeispielen in den Anlagen 11 — 16 S. 59 — 67). Wesentliche Bewertungsfaktoren sind der Gebäudewert, der Bodenwertanteil des Erbbaurechts, der Erbbauzins sowie die Restlaufzeit des Erbbaurechts (vgl. auch BayObLGZ 76, 239; Bachmann S. 107; Herr mann S. 50). 11. Sonstige die Nutzung eines Grundstücks betreffende Rechte In Betracht kommen dingliche Rechte an Grundstücken (Grunddienstbarkeiten, Nieß- 62 brauch, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten), Nachbarrechte (Überbaurechte, Notwegrechte, Wasser- und Wassernutzungsrechte) sowie auch Ansprüche aus schuldrechtlichen Verträgen (Miet- und Pachtrechte). Die Bewertung solcher Dauernutzungsrechte erfolgt im Wege der Kapitalisierung des abgezinsten Nettowerts der jährlich erzielbaren Nutzungen. Bei zeitlich befristeten Rechten kommt es auf die Restlaufzeit, bei Rechten auf Lebenszeit auf die am Stichtag maßgebende statistische Lebenserwartung an; die Regelungen der Kostenordnung (§ 24 KostO) und des Bewertungsgesetzes (§ 14 BewG) können nicht herangezogen werden, weil sie den Kostenschuldner und Steuerpflichtigen begünstigen (KG FamRZ 88, 171, 172). In der Praxis erfolgt die Bewertung nach der Rentenbarwertformel (vgl. WertR 76 — s. Rdn. 54 — in Teil II 5. 3 S. 22 mit Berechnungsbeispielen und Tabellen in den Anlagen 17—22 S. 68—75; vgl. auch KG FamRZ 88, 171, 172). Berechnungsbeispiel (nach WertR 76 S. 70: Nießbrauch zugunsten eines 55jährigen 63 Mannes an einem Mietwohngrundstück): Jährlicher Reinertrag 8 0 0 0 , - DM Vervielfältiger (Rentenbarwertfaktor) bei einer restlichen Lebenserwartung von 19 Jahren (nach Tabelle S. 74) und einem Zinssatz von 5 % (nach Tabelle S. 44): 12,09 Wert des Nießbrauchs: 8000 x 12,09 =

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Bei Rechten auf Lebenszeit kommt es für die Bewertung immer auf die am Stichtag 64 maßgebende statistische Lebenserwartung an. Dies gilt auch dann, wenn der Berechtigte im Zeitpunkt der Entscheidung bereits verstorben ist und damit feststeht, daß die statistische Lebenserwartung über- oder unterschritten worden ist (BGH FamRZ 79, 787, 788; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 56, 57; KG FamRZ 88, 171, 172; Schwab FamRZ 84, 429, 432, 433). 12. Unternehmen Die Unternehmensbewertung ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil 65 sämtliche Bewertungsmethoden auf letztlich unzuverlässige Schätzungen angewiesen sind. Im Rechtsstreit ist regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens Wilhelm Baumeister

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erforderlich. Dabei sind die zu anderen Zwecken aufgestellten Bilanzen, insbesondere die Steuer- oder Handelsbilanz nicht maßgebend. Ziel der Begutachtung ist vielmehr die Ermittlung des wirklichen Unternehmenswerts (Rdn. 35). Dieselbe Aufgabe stellt sich im Prinzip auch der Betriebswirtschaftslehre bei der Bestimmung des Kaufpreises für zu veräußernde Unternehmen. Auf die dort entwickelten Bewertungsmethoden kann deshalb zurückgegriffen werden (BGH N J W 73, 509, 510; FamRZ 82, 54). Der jahrzehntelange Streit in der Betriebswirtschaftslehre um die richtige Unternehmensbewertung ist inzwischen beendet. Es besteht Einigkeit darüber, daß der wirkliche Wert eines Unternehmens nach dessen zukünftigem Ertrag zu bestimmen ist, weil kein potentieller Käufer bereit ist, für das Unternehmen mehr zu zahlen als den Wert des Nutzens, der ihm in Zukunft aus dem Unternehmen zufließen wird (Pilt^jWissmann N J W 85, 2673, 2674; einschränkend Rid N J W 86, 1317; vgl. auch Reimann FamRZ 89, 1248, 1250; Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 15, 39, 54/55, 203). Dem ist für die Praxis mit folgenden Einschränkungen zu folgen: 66

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a) Vergleichswertmethode Die Bewertung nach einem Preisvergleich spielt in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle, weil Vergleichspreise nicht zur Verfügung stehen. Immerhin kann auf einen solchen Kaufpreis ausnahmsweise zurückgegriffen werden, wenn das zu bewertende Unternehmen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Stichtag veräußert worden ist und wesentliche Veränderungen des Marktes nicht zu beobachten waren (BGH FamRZ 82, 571, 573: Veräußerung ein Jahr nach dem Stichtag; Pilt^jWissmann aaO, S. 2677: bis zu zwei Jahren). b) Ertragswertverfahren Der Ertragswert ist die in einem Geldbetrag ausgedrückte Summe aller kapitalisierten zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens. Er schließt, da er auf die künftigen Erträge abstellt, einen etwaigen gewinnerhöhenden good will des Unternehmens (Geschäftswert, Firmenwert) mit ein, der im Gegensatz zum Substanzwert auf den sogenannten unfaßbaren Unternehmensfaktoren wie beispielsweise Standort, Name, Ruf, Organisation, Qualität des Managements sowie Verbindungen des Unternehmens beruht. Der good will ist der über den Substanzwert des Unternehmens hinausgehende Wert. Er verkörpert die zukünftigen über der Normalverzinsung liegenden Erträge (Übergewinne) und läßt sich in dem Betrag ausdrücken, den ein Käufer des Unternehmens über den Substanzwert hinaus zu zahlen bereit ist (BGH FamRZ 78, 332, 333; 82, 54; Pilt^j Wissmann S. 2674). Wenn sich — wie regelmäßig bei kleineren Unternehmungen — ein good will nicht feststellen läßt, soll nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH die Bewertung nach der Ertragswertmethode unzulässig sein und ausschließlich auf den Substanzwert abgestellt werden (BGH FamRZ 77, 38: Büro eines Vermessungsingenieurs; FamRZ 77, 386: Handelsvertreterunternehmen; FamRZ 78, 332: Bäckerei; so auch OLG Hamm FamRZ 81, 1065, 1066: Pension). Diese Rechtsprechung beruht im wesentlichen auf der Erwägung, daß Unternehmungen dieser Art nicht veräußerlich seien und deshalb auch keinen Geschäftswert hätten. Der Schluß von der mangelnden Veräußerlichkeit auf das Fehlen eines Geschäftswerts ist indes nicht zwingend, weil die den good will begründenden Umstände den Gewinn unabhängig von der Veräußerlichkeit des Unternehmens erhöhen und im Falle seiner Fortführung auch nach dem Stichtag erhöhen werden. Nachdem der BGH anerkannt hat, daß auch unvererbliche und unveräußerliche Rechte Gegenstand des Zugewinnausgleichs sind (BGH FamRZ 86, 1196; Rdn. 22), bestehen gegen die Bewertung nach der Ertragswertmethode in diesen Fällen umso weniger 98

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Bedenken, als gerade die weitere Nutzungsmöglichkeit durch den Ehegatten den wirklichen Wert seines Unternehmens bestimmt (BGH FamRZ 86, 1196, 1197). Der Gefahr, daß auf diese Weise durch einen überhöhten Wertansatz das grundsätzlich nicht ausgleichspflichtige künftige Arbeitseinkommen des Unternehmer-Ehegatten ausgeglichen werden könnte {Johannsen\Henrich\Jaeger Rdn. 16), ist dadurch zu begegnen, daß die künftigen Erträge um einen angemessenen Unternehmerlohn bereinigt werden, um den rein subjektbezogenen Mehrwert des Unternehmens zu eliminieren, der nur von dieser Unternehmerpersönlichkeit dank ihrer besonderen Fähigkeiten und nicht übertragbaren persönlichen Beziehungen realisiert werden kann (vgl. auch BGH FamRZ 91, 43, 47). c) Substanzwertmethode Der Substanzwert (Reproduktionswert) besteht in der Summe aller zum Wiederbe- 6 9 schaffungswert (Zeitwert) anzusetzenden veräußerungsfähigen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden, wobei im Gegensatz zum Liquidationswert von einer Fortführung des Unternehmens ausgegangen wird {Pilt^J Wissmann aaO S. 2674). Der Substanzbewertung liegt die Vorstellung zugrunde, daß sich der Wert des Unternehmens aus der Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter zusammensetzt (Pilt%[ Wissmann aaO). Der good will wird anders als beim Ertragswertverfahren (Rdn. 67, 68) von dieser Bewertung nicht erfaßt. d) Mittelwertmethode Der BGH gibt keiner bestimmten Bewertungsmethode den Vorzug. Die Auswahl der 7 0 sachverhaltsspezifisch richtigen Methode obliegt dem Tatrichter (BGH N J W 72, 1269; FamRZ 86, 37, 39; 86, 776, 779). In der Bewertungspraxis und der Rechtsprechung der Instanzgerichte herrschte bisher die sogenannte Mittelwertmethode vor, die der BGH ausdrücklich gebilligt hat (NJW 73, 509; FamRZ 82, 54; 86, 37, 39). Nach dieser Methode wird der Verkehrswert des Unternehmens auf die Hälfte der Summe von Ertrags- und Substanzwert festgesetzt. Möglich ist auch eine davon abweichende, den Umständen des Einzelfalles angepaßte Gewichtung von Ertrags- und Substanzwert, insbesondere die Berichtigung des Substanzwerts nach Maßgabe der Ertragsfähigkeit des Unternehmens (BGH FamRZ 77, 386; N J W 82, 2441). Einer besonderen Ermittlung des Geschäftswerts bedarf es in diesen Fällen nicht, weil der good will im Ertragswert enthalten ist (BGH FamRZ 82, 54). Die Mittelwertmethode hat sich in der Praxis bewährt, weil sie in der Regel zu 71 vertretbaren Ergebnissen führt. Gleichwohl wird man sich der Forderung nach ausschließlicher Bewertung nach dem Ertragswertverfahren nicht auf Dauer verschließen können, weil dieses allein dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerecht wird (Pilt^J Wissmann aaO S. 2674, 2677; unverändert indes BGH FamRZ 86, 776, 779). Die Heranziehung des Substanzwerts sollte daher in Zukunft nur noch die Funktion eines Regulativs zur Vermeidung von unvertretbaren Ergebnissen haben, die im Hinblick auf die Ungenauigkeiten des Ertragswertverfahrens (Rdn. 65) in der Natur der Sache liegen (vgl. Rid NJW 86, 1317; Johannsen¡Henrich¡Jaeger Rdn. 17). e) Bewertung nach dem Liquidationswert Der Liquidationswert ist der Wert, der sich im Falle einer Veräußerung sämtlicher 72 Vermögensgegenstände des Unternehmens nach Abzug der Schulden ergibt. Anders als der Substanzwert, der die Fortführung des Unternehmens voraussetzt (Rdn. 69), betrifft die Bewertung nach dem Liquidationswert den Fall, daß das Unternehmen tatsächlich aufgelöst wird. Der Veräußerungserlös ist daher um sämtliche aus Anlaß der Veräußerung entstehenden unvermeidbaren Kosten einschließlich der Ertragssteuer zu bereinigen, die Wilhelm Baumeister

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in diesem Fall nach § 16 EStG anfallen kann (BGH NJW 72, 1269; 73, 509, 510; FamRZ 82, 571, 573; 86, 776, 779; 89, 1279; 91, 43, 48). 73 Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gilt der Liquidationswert im Falle einer Bewertung des Unternehmens nach anderen Bewertungsmethoden als Wertuntergrenze {Piltz!Wissmann aaO S. 2679). Dem folgt der BGH für den Bereich des Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsrechts aus zutreffenden Gründen nicht. Nach seiner Rechtsprechung kann der Liquidationswert nur in drei Fällen in Ansatz gebracht werden: Wenn der Unternehmer-Ehegatte das Unternehmen zwecks Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung auflöst (Rdn. 37 — 39), wenn das Unternehmen am Stichtag keinen positiven Ertragswert hatte und später (selbst drei Jahre nach dem Stichtag) ohne Erlös liquidiert worden ist oder wenn der Ehegatte gegenüber dem anderen zur Liquidation verpflichtet ist, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn er ein unrentables, liquidationsreifes Unternehmen aus wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Gründen weiterführt (BGH N J W 82, 2441; 73, 509, 510; FamRZ 82, 571; 86, 776, 779). In allen übrigen Fällen kommt der Ansatz des Liquidationswertes nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ehegatte das Unternehmen aus noch vertretbaren Gründen fortführt, obwohl der Ertragswert unter dem Liquidationswert liegt oder sogar negativ ist. Der BGH trägt den Zwecken des Zugewinnausgleichsrechts Rechnung, indem er die Bewertung an der konkreten Lebenssituation ausrichtet, in der sich der ausgleichspflichtige Ehegatte befindet (Rdn. 36). Dabei obliegt es — von extremen Ausnahmefällen abgesehen — grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung, ob er das Unternehmen fortführt oder dieses liquidiert und damit den Liquidationswert realisiert (BGH N J W 73, 509, 510; FamRZ 86, 776, 779). Wenn der Ansatz des Liquidationswerts ausscheidet, hat die Bewertung nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen, also nach dem Ertragswertverfahren oder aufgrund der Mittelwertmethode. Eine solche Bewertung muß allerdings versagen, wenn der Ertragswert negativ ist. Dann liegt es nahe, der Bewertung den Substanzwert zugrundezulegen und diesen unter Berücksichtigung der Ertragslage und der zukünftigen Ertragserwartung zu berichtigen (BGH FamRZ 86, 776, 780). 13. Unternehmensbeteiligungen a) Bewertung der Beteiligung 74 Grundlage der Bewertung sind der volle Unternehmenswert und der Umfang der Beteiligung (BGH FamRZ 80, 37, 38). Der Wert der Beteiligung wird durch Umlage des Untemehmenswertes auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer prozentualen Beteiligung an der Gesellschaft ermittelt. Allerdings ist die in der betriebswirtschaftlichen Bewertungspraxis anerkannte, von der prozentualen Beteiligung abweichende Bewertung von Anteilen, die mit unterschiedlichen Herrschaftsrechten verbunden sind, zu beachten. So ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß im Geschäftsverkehr eine über 50% der Anteile hinausgehende Beteiligung mehr wert ist als dem prozentualen Anteil dieser Beteiligung am Unternehmen entspricht. Dasselbe gilt für die Fälle, in denen eine von der kapitalmäßigen Beteiligung abweichende Gewinnbeteiligung bestimmt ist. Daß nach dem für das Innenverhältnis der Gesellschafter maßgebenden Gesellschaftsrecht unterschiedliche Herrschaftsrechte den Anteilswert etwa im Falle einer Auseinandersetzung nicht beeinflussen sollen, ist für das Zugewinnausgleichsrecht nicht entscheidend, weil hier der volle Wert, also de'r für die Beteiligung erzielbare Veräußerungserlös maßgebend ist (vgl. zu dieser Problematik Pilt^JWissmann aaO S. 2680). 75

b) Abfindungsklauseln Problematisch ist die Behandlung von Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, die bestimmen, daß ein Gesellschafter oder seine Erben im Falle seines Ausscheidens 100

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oder Todes keine oder eine unter dem vollen wirtschaftlichen Wert der Beteiligung liegende Abfindung erhalten sollen (vgl. zur Frage der Unentgeltlichkeit solcher Klauseln § 1375 Rdn. 25). Es ist fraglich, ob der Wert der Beteiligung unter Berücksichtigung der Klausel (Klauselwert) zu bestimmen oder ob der volle wirtschaftliche Wert des Anteils (Vollwert) in Ansatz zu bringen ist. In drei Fällen ist unstreitig nur der Klauselwert einzusetzen: Wenn der Gesellschafter-Ehegatte stirbt und der Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 durchgeführt wird {Rittner FamRZ 61, 505, 507; Benthin FamRZ 82, 338, 344), wenn die Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung bereits vor dem Stichtag erfolgt war (BGH FamRZ 80, 37, 38) oder wenn spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter feststeht, daß der Ehegatte den Gesellschaftsanteil veräußern muß, um die Zugewinnausgleichsforderung befriedigen zu können (vgl. Rdn. 37—39; JohannsenjHenrichjJaeger Rdn. 18; Staudinger j Thiele Rdn. 29 m. w. Nachw.). In diesen Fällen kommt die Abfindungsklausel wegen Aktualisierung ihres Regelungstatbestandes (Ausscheiden aus der Gesellschaft) auch im Zugewinnausgleichsrecht zum Tragen. Wenn der Ehegatte die Gesellschaftsbeteiligung dagegen über den Stichtag hinaus 76 aufrechterhält, ist nicht der Klauselwert, sondern der Vollwert in Ansatz zu bringen, weil die weitere Nutzungsmöglichkeit den wahren Wert der Beteiligung bestimmt (BGH FamRZ 80, 37, 38; 86, 1196, 1197; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 48; OLG Schleswig FamRZ 86, 1208, 1209). In Rechtsprechung und Lehre vertretene andere Lösungsmöglichkeiten zu dieser Problematik hat der BGH zu Recht verworfen (vgl. Nachweise bei Benthin FamRZ 82, 338, 344 und Pilt^jWissmann aaO S. 2681). Dies gilt insbesondere für die Auffassung, im Hinblick auf die eingeschränkte Verwertbarkeit der Beteiligung nur den Klauselwert in Ansatz zu bringen, und den Vorschlag, in Analogie zu § 2313 Abs. 1 Satz 1, 3 zunächst nur den Klauselwert zugrundezulegen, aber einen nachträglichen weiteren Ausgleich für den Fall der späteren Realisierung des Vollwerts vorzubehalten (vgl. dazu auch BGH FamRZ 83, 882, 884 und Rdn. 33). Da die weitere Nutzungsmöglichkeit den wirklichen Wert der Beteiligung bestimmt und das Nutzungsrecht einen erheblichen wirtschaftlichen Wert unter Lebenden darstellt, ist es nicht gerechtfertigt, einen wesentlichen Teil dieses Werts auch nur vorläufig unberücksichtigt zu lassen (BGH FamRZ 86, 1196, 1197). Allerdings kann sich der Umstand, daß die Beteiligung zwar voll genutzt, aber nicht 77 frei verwertet werden kann, auch nach Auffassung des BGH (FamRZ 86, 1196, 1197) wertmindernd auswirken. Dabei soll sich der Grad einer etwaigen Wertminderung nicht danach richten, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Fall der Kündigung eintreten werde, da die Bewertung nicht subjektbezogen, sondern nach objektiven Kriterien vorzunehmen sei; entscheidend sei vielmehr, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß sich die eingeschränkte Verwertbarkeit der Beteiligung nach der Verkehrsanschauung auf deren Wert auswirke (BGH FamRZ 80, 37, 39). Es erscheint aber fraglich, ob eine solche Differenzierung zwischen subjektiver und objektiver Sicht bei der Bewertung hilfreich ist, zumal der eigene Hinweis des BGH auf die weitere Nutzungsmöglichkeit durch den Unternehmer-Ehegatten gerade auch subjektbezogene Elemente mit einbezieht. Außerdem steht diese Meinung in Widerspruch zu allgemeinen Bewertungsgrundsätzen, wonach es auch auf die konkrete Lebenssituation der Ehegatten ankommen soll (Rdn. 36). Die Wertminderung ist daher zwar danach zu bemessen, in welchem Ausmaß sich die eingeschränkte Verwertbarkeit der Beteiligung nach der Verkehrsanschauung auf deren Wert auswirkt, in diese Beurteilung sind indes richtiger Auffassung nach sämtliche Umstände des Einzelfalles einschließlich subjektiver Gegebenheiten einzubeziehen. Beim Ansatz einer Wertminderung ist aber äußerste Vorsicht geboten. Sie sollte nur ausnahmsWilhelm Baumeister

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weise in Betracht gezogen werden. Zutreffend weisen Pilt^jWissmann (aaO S. 2682, 2683) darauf hin, daß zahlreiche für die Wertminderung der Beteiligung sprechende Gesichtspunkte durch andere neutralisiert werden, zumal die Abfindungsklausel für den Gesellschafter-Ehegatten im Falle des Ausscheidens anderer Gesellschafter sogar von Vorteil sein kann, weil ihm die Differenz zwischen Klauselwert und Vollwert dieser Beteiligungen dann entweder allein oder zumindest teilweise zuwächst (zustimmend JohannsenjHenrichjjaeger Rdn. 18). Dem OLG Schleswig (FamRZ 86, 1208, 1209) kann daher nicht gefolgt werden, wenn es den Wert einer Beteiligung von rund 100 000 DM ohne nähere Begründung um 15 000 DM herabsetzt. 14. Wertpapiere 78 Börsengängige Wertpapiere sind mit dem mittleren Tageskurs des Börsenplatzes anzusetzen, der dem Wohnsitz des betreffenden Ehegatten am nächsten gelegen ist {StaudingerjThiele Rdn. 32 m. w. Nachw.). Vor und nach dem Stichtag zu verzeichnende Kursschwankungen sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, weil der Wert dieser Wertpapiere nach der Verkehrsanschauung durch den Börsenkurs am Stichtag bestimmt wird (anders für die Bewertung von Grundstücken Rdn. 59). Die abweichende Meinung, daß es nicht auf den Kurswert, sondern auf den „wahren Wert" ankomme (so LG Berlin FamRZ 65, 438), kann als überholt angesehen werden, weil sich ein solcher Wert nicht bestimmen läßt (MüKo¡Gernhuber Rdn. 13). Bei Aktienpaketen ist ein im Wege der Schätzung vorzunehmender Zuschlag gerechtfertigt (StaudingerjThiele aaO; vgl. Rdn. 74). Soweit kein Börsenkurs besteht, ist auf die für die Bewertung von Unternehmen und Unternehmungsbeteiligungen maßgebenden Grundsätzen zurückzugreifen (vgl. Rdn. 65 — 77; vgl. zur Bewertung von Wertpapieren ohne Börsenkurs Herrmann S. 97 ff). 15. Praxen freiberuflich Tätiger 79 Ähnlich wie bei der Bewertung von kleinen gewerblichen Unternehmen und von Handwerksbetrieben (Rdn. 68) steht auch bei der Bewertung von Praxen freiberuflich Tätiger die Frage im Vordergrund, ob der zu bewertenden Praxis über den reinen Substanz- oder Liquidationswert hinaus ein good will („innerer" Geschäftswert, Firmenwert) zukommt. Trifft dies nicht zu, ist je nach den Umständen des Falles der Substanzodet Liquidationswert anzusetzen (vgl. Rdn. 69, 72, 73). Anderenfalls muß neben dem Substanzwert auch ein für den good will in Ansatz zu bringender Betrag berücksichtigt werden, der dem Substanzwert hinzuzurechnen ist (BGH FamRZ 77, 38, 39; 91, 43). Dagegen scheidet das Ertragswertverfahren (Rdn. 67) als Bewertungsmethode aus, weil die Ertragshöhe wesentlich von der Persönlichkeit des jeweiligen Praxisinhabers bestimmt wird und sich diese subjektiven Umstände einer zuverlässigen Bewertung entziehen (BGH FamRZ 91, 43, 44; JohannsenjHenrichjjaeger Rdn. 19). 80 Ob im konkreten Fall ein good will in Ansatz gebracht werden muß, ist Tatfrage. Sie ist unter Würdigung der Gegebenheiten des Falles, insbesondere unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und Gepflogenheiten zu entscheiden. In erster Linie kommt es dabei darauf an, ob ein potentieller Erwerber der Praxis bereit wäre, als Kaufpreis einen Betrag zu zahlen, der neben dem Substanzwert auch den good will abgilt. Die Veräußerung zu einem den Substanzwert übersteigenden Preis ist aber nicht der einzige Weg, sich den inneren Wert einer Praxis nutzbar zu machen. Dies kann vielmehr auch dadurch geschehen, daß der Praxisinhaber einen jüngeren Kollegen gegen Entgelt als Sozius aufnimmt, das auch in der Übernahme der Verpflichtung bestehen kann, dem Praxisinhaber später einen Beitrag zu seiner Alters- oder Hinterbliebenenversorgung zu leisten (OLG Frankfurt FamRZ 87, 485). 102

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Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

§ 1376 BGB

Nach diesen Grundsätzen entscheidet auch die gerichtliche Praxis (vgl. BGH MDR 60, 387: Anwaltspraxis; FamRZ 77, 38: Vermessungsingenieur; NJW 73, 98: Anwaltspraxis; FamRZ 91, 43 mit Anmerkung Klingelhöffer FamRZ 91, 882: orthopädische Praxis; OLG Celle AnwBl. 77, 216; OLG Hamm FamRZ 83, 812; OLG Saarbrücken FamRZ 84, 794 und OLG Frankfurt FamRZ 87, 485, jeweils zu Anwaltspraxen; OLG Koblenz FamRZ 82, 280: Zahnarztpraxis; OLG München FamRZ 84, 1096:-Architektenbüro; OLG Koblenz FamRZ 88, 950: Arzt für Allgemeinmedizin). Für die Bewertung des good will gibt es keine allgemeingültigen Maßstäbe. In der Praxis ist jedoch die Methode weit verbreitet, der Bewertung einen bestimmten Prozentsatz des in den letzten drei Jahren vor dem Stichtag erzielten durchschnittlichen Umsatzes oder Gewinns zugrundezulegen (vgl. für die Bewertung einer Rechtsanwaltspraxis BGH N J W 73, 98 und OLG Frankfurt FamRZ 87, 485; orthopädische Praxis BGH FamRZ 91, 43; Zahnarztpraxis OLG Koblenz FamRZ 82, 380; Praxis für Allgemeinmedizin OLG Koblenz FamRZ 88, 950; vgl. auch Kot^ur NJW 88, 3239, 3240). 16. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Abs. 4) a) Die Sonderregelung des § 1376 Abs. 4 ist die einzige BewertungsVorschrift des 81 Zugewinnausgleichsrechts. Sie ordnet an, daß land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit dem Ertragswert anzusetzen sind. Sie führt zur Begünstigung des Betriebsinhabers, weil der Ertragswert in der Regel hinter dem vollen Wert (Verkehrswert) zurückbleibt (BGH FamRZ 89, 1276, 1277). Der Zweck der Regelung ist aber nicht auf den Schutz der privatwirtschaftlichen Interessen des Betriebsinhabers gerichtet. Sie soll vielmehr im öffentlichen Interesse der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien dienen. Der Gesetzgeber will die Zersplitterung derartiger Betriebe vermeiden, die droht, wenn der Zugewinnausgleich auf der Basis der realen Werte durchgeführt wird (BVerfG FamRZ 63, 228; 85, 256, 260; BGH FamRZ 89, 1276, 1277; 91, 1166, 1167). Angesichts dieses Gesetzeszweckes kommt es auf den Ertragswert nur dann an, wenn dieser niedriger ist als der Verkehrswert. Wenn der Ertragswert den Verkehrswert übersteigt, hat die Bewertung nach allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 65 ff) zu erfolgen (Staudinger¡Thiele Rdn. 14; MüKo¡Gernhuber Rdn. 34 Fn. 63 m. w. Nachw.; a. M. Er manj Heckelmann Rdn. 11 und Herrmann S. 60). Einer analogen Anwendung ist die Regelung nicht zugänglich (vgl. BGH FamRZ 86, 776, 778). b) Der Kernbereich der Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil die 82 besonderen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen mit spezifischen Betriebsrisiken und erheblichen Benachteiligungen verbunden sind und es deshalb rechtfertigen, den ausgleichspflichtigen Inhaber eines solchen Betriebes gegenüber Inhabern gewerblicher Betriebe zu begünstigen (BVerfG FamRZ 85, 256, 260). Diese Begünstigung darf indes nur im Rahmen des Normzweckes und daher nicht uneingeschränkt angeordnet werden. Das BVerfG hat § 1376 Abs. 4 deshalb wegen Verstoßes gegen Artt. 3, 6 GG insoweit für nichtig erklärt, als der Ertragswert ausnahmslos den Bewertungsmaßstab bilden soll (FamRZ 85, 256, 260). Auszuscheiden sind insbesondere die Fälle, in denen das landwirtschaftliche Vermögen nur noch aus dem Grund und Boden besteht, der jedoch vom Eigentümer nicht mehr persönlich, sondern im Wege der Verpachtung wirtschaftlich genutzt wird, und auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß er oder seine Abkömmlinge den Hof in Zukunft wieder bewirtschaften könnten; die Bewirtschaftung durch einen entfernteren Verwandten reicht nicht aus (BVerfG FamRZ 89, 939). Dann besteht kein zureichender Grund, den ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den Ertragswert zu verweisen. Vielmehr reichen die Regelungen der §§ 1381, 1382, 1383 BGB aus, um Härten zu vermeiden (BVerfG FamRZ 85, 256, 261; vgl. zur Ausfüllung der Wilhelm Baumeister

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§ 1376 BGB

Eheliches Güterrecht

Rechtsprechung des BVerfG nunmehr BGH N J W 87, 1260; FamRZ 87, 378; 89, 1276). In diesen Fällen ist der Betrieb daher nach den allgemeinen Grundsätzen (Rdn. 65 ff) zu bewerten (BGH FamRZ 86, 776, 778; 89, 1276, 1278). 83 c) Der Begriff des landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebes ist identisch mit demjenigen des Landgutes im Sinne der §§ 98 Nr. 2, 2049 Abs. 1, 2312 Abs. 1. Danach handelt es sich um Besitzungen, die eine zum selbständigen Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellen und mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen sind (BGH FamRZ 64, 432; 72, 455; 87, 378, 379; VersR 83, 1080; N J W 87, 1260). Der Schutzzweck der Regelung setzt voraus, daß der Ehegatte Eigentümer des Grundstücks und Inhaber des Betriebes ist. Ist er nur Pächter, aber nicht zugleich Eigentümer des Grundstücks, kommt ein Ansatz zum Ertragswert nicht in Betracht (RGRK¡Finke Rdn. 33; StaudtngerjThiele Rdn. 19). Dagegen ist nicht erforderlich, daß der Ehegatte den Betrieb persönlich betreibt. Privilegiert wird vielmehr grundsätzlich auch der Ehegatte, der den Betrieb verpachtet hat (BGH FamRZ 64, 432; 87, 378, 379; vgl. aber Rdn. 82). 84

Andererseits hält es der BGH aber mit Rücksicht auf den vom BVerfG in den Vordergrund gestellten öffentlichen Interessen dienenden Zweck des Gesetzes (vgl. Rdn. 81) für geboten, den Schutzzweck der Regelung neu zu formulieren (BGH N J W 87, 1260, 1261). Der Ansatz des Betriebes zum Ertragswert ist deshalb nicht gerechtfertigt, wenn im Einzelfall nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzeszweck, nämlich die Erhaltung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes in der Hand des begünstigten Ehegatten erreicht werden kann. Die Privilegierung entfallt daher, wenn es sich um ein Landgut handelt, das nicht mehr lebensfähig ist und daher auch nicht mehr als geschlossene Einheit fortgeführt wird, oder um einen Betrieb, der zwar noch bewirtschaftet wird, von dem aber abzusehen ist, daß er binnen kurzem nicht mehr als solcher erhalten werden kann (BGH N J W 87, 1260, 1261; FamRZ 89, 1276, 1277; 91, 1166, 1167). Nach diesen Grundsätzen entfällt die Privilegierung eines landwirtschaftlichen Betriebes aber nicht schon deshalb, weil sein Verkehrswert infolge Stadtnähe erheblich gestiegen ist (BGH MDR 72, 496 = LM §2312 BGB Nr. 2; a. M. OLG Stuttgart N J W 67, 2410). Anders kann diese Beurteilung aber für einzelne Grundstücke eines Betriebes ausfallen, die als Bauland oder Bauerwartungsland anzusehen und zur Bewirtschaftung des Betriebes nicht erforderlich sind (BGH N J W 87, 1260, 1262).

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d) Die Bewertung des Betriebes nach dem Ertragswert erfolgt einheitlich. Die betriebszugehörigen Gegenstände werden nicht gesondert erfaßt und bewertet. Zum Betrieb gehören alle Gegenstände, die der Betriebsinhaber dazu nach der Verkehrsauffassung durch Widmung bestimmt hat, also nicht nur Zubehör im Sinne des § 98 Nr. 2 (BGH FamRZ 91, 1166,1168; MüKo¡Gernhuber Rdn. 36 m. w. Nachw.). Auf die Erforderlichkeit des Gegenstandes für den Betrieb kommt es mit Rücksicht auf diese funktionale Abgrenzung (Gernhuber aaO) grundsätzlich nicht an, es sei denn, daß die Privilegierung im Einzelfall im Hinblick auf den Gesetzeszweck entfallt (Rdn. 84). Auszuscheiden und zum Verkehrswert anzusetzen sind daher insbesondere die zu privaten Zwecken bestimmten Gegenstände (Schmuck, Kleidung, Luxusgegenstände). Bei gemischter Nutzung (Pkw) kommt es darauf an, welche Nutzungsart überwiegt (Soergel\Lange Rdn. 21).

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e) Der Umfang des Betriebes ist rechtlich nicht ohne Bedeutung. Er muß eine gewisse Größe erreichen und für den Inhaber eine selbständige Nahrungsquelle darstellen, die allerdings nicht in Ackernahrung zu bestehen braucht. Wenn der Betrieb 104

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Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

§ 1376 BGB

zu einem erheblichen Teil zum Lebensunterhalt seines Inhabers beiträgt, kann er auch nebenberuflich geführt werden (BGH FamRZ 87, 378, 379 m. w. Nachw.; OLG Stuttgart N J W — RR 86, 822). Dagegen ist eine bloße Nebenerwerbsstelle kein Landgut (OLG Hamm MDR 65, 488; RGRK/Finke Rdn. 35). f) Problematisch ist die Bewertung von Mischbetrieben. Darunter fallen Verbindun- 87 gen von landwirtschaftlichen mit gewerblichen und handwerklichen Betrieben. Das Bewertungsprivileg ist nur für landwirtschaftliche Betriebe vorgesehen und auf diese zu beschränken. Die Betriebseinheiten sind daher grundsätzlich in der Weise gesondert zu bewerten, daß der landwirtschaftliche Betrieb zum Ertragswert und der Gewerbebetrieb zum Verkehrswert anzusetzen sind. Das Bewertungsprivileg ist nur dann auf den gesamten Betrieb zu erstrecken, wenn es sich um einen sogenannten unselbständigen Nebenbettieb handelt, der dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet und von diesem abhängig ist (MüKo ¡Gernhuber Rdn. 38 m. w. Nachw.). Eine weitergehende Heranziehung des Bewertungsprivilegs, etwa danach, ob dem landwirtschaftlichen Betrieb das Übergewicht zukommt (so aber RGRK/Finke Rdn. 34), findet im Gesetzestext keine hinreichende Stütze. g) Der Gesetzestext macht die Anwendung des Bewertungsprivilegs im Einklang 88 mit seinem gesetzgeberischen Zweck davon abhängig, daß der Betrieb sowohl im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen zu berücksichtigen ist. Das Privileg entfallt daher, wenn der Betrieb erst während des Güterstandes erworben oder vor Beendigung des Güterstandes veräußert worden ist. Diese Fallgestaltungen werden vom Gesetzeszweck (Rdn. 81) nicht umfaßt, zumal der zwischenzeitliche Erwerb oder Verkauf zum Verkehrswert erfolgen (BGH FamRZ 91, 1166, 1167). Zum Anfangsvermögen gehört aber auch ein Betrieb, den ein Ehegatte während des Güterstandes unter den Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 erworben hat. Das Privileg ist nicht davon abhängig, daß im Anfangs- und Endvermögen derselbe Betrieb zu berücksichtigen ist. Vielmehr setzt die h. M. den Ertragswert auch im Falle eines Betriebswechsels unabhängig davon an, aus welchen Gründen der Betriebswechsel erfolgt ist (vgl. Nachweise bei MüKo/ Gernhuber Rdn. 32; vgl. dort aber auch Rdn. 37; a.M. offenbar BGH FamRZ 91, 1166, 1167). Voraussetzung ist aber, daß der neue Betrieb rechtlich und wirtschaftlich an die Stelle des alten getreten ist {SoergeljLange Rdn. 19). Dies trifft nicht zu, wenn der Umfang des neuen Betriebes von demjenigen des alten erheblich abweicht (StaudingerjThiele Rdn. 23; MüKo/Gernhuber Rdn. 37). h) Dem Grundsatz, daß die zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenstände bei der 89 Ermittlung des Ertragswertes weder gesondert erfaßt noch bewertet werden (Rdn. 85), entspricht es, daß auch Veränderungen des Betriebsvermögens während des Güterstandes grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, zumal sie sich auf die Höhe des Ertragswertes nicht auszuwirken brauchen. Wird die Größenordnung des Betriebes durch die Veränderung des Betriebsvermögens jedoch wesentlich beschränkt oder erweitert, rechtfertigt der Gesetzeszweck den Ansatz des Ertragswerts in diesem Umfang nicht mehr (BGH FamRZ 91, 1166, 1167). Dies gilt insbesondere, wenn während des Güterstandes Grundstücke veräußert oder erworben werden. Einer solchen Umwandlung des Betriebsvermögens in freies Vermögen oder umgekehrt muß dadurch Rechnung getragen werden, daß die betroffenen Gegenstände aus dem Anfangs- oder Endvermögen herausgenommen und zum Verkehrswert angesetzt werden (BGH FamRZ 91, 1166, 1167; Staudinger\Tbiele Rdn. 21; MüKo ¡Gernhuber Rdn. 37). i) Die rechnerische Ermittlung des Ertragswertes ist gesetzlich geregelt. Seine 90 Höhe bestimmt sich nach dem entsprechend anwendbaren § 2049 Abs. 2 nach dem Wilhelm Baumeister

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Eheliches Güterrecht

Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann. Der Kapitalisierungsfaktor richtet sich gem. Art. 137 EGBGB nach Landesrecht. Dabei handelt es sich um eine sogenannte statische Verweisung (BVerfG FamRZ 85, 256, 259; vgl. auch BGH N J W 87, 1260, 1261), die die landesrechtlichen Regelungen in der Fassung erfaßt, die diese im Zeitpunkt der Verkündung des Gleichberechtigungsgesetzes am 18. Juni 1957 hatten. Danach ist der Ertragswert überwiegend in Höhe des fünfundzwanzigfachen, in Bayern jedoch des achtzehnfachen Betrages des jährlichen Reinertrages festzustellen (vgl. Palandtj Edenhofer Art. 137 EGBGB Anm. 2). Grundlage für die Ermittlung des tatsächlich erzielbaren Reinertrages sind die betriebswirtschaftlichen Jahresabschlüsse, nicht jedoch die allein steuerlichen Zwecken dienenden Feststellungen des Finanzamtes nach dem Bewertungsgesetz (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 168, 169). 91

j) Ein weiteres Bewertungsprivileg im Anwendungsbereich des § 1371 Abs. 2, 3 (güterrechtliche Lösung) zugunsten des Hoferben enthält § 12 Abs. 10 HöfeO (vgl. dazu MüKo¡Gernhuber Rdn. 39 und Olshausen FamRZ 77, 361).

VIII. Reale und scheinbare Z u g e w i n n e 1. Reale Zugewinne 92 Das Endvermögen kann das Anfangsvermögen nicht nur deshalb übersteigen, weil während des Güterstandes weitere Vermögensgegenstände erworben worden sind, sondern auch deshalb, weil Vermögensgegenstände, die schon im Anfangsvermögen vorhanden waren, inzwischen wertvoller geworden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gehört zum Zugewinn auch der Vermögenszuwachs, der durch eine reale Erhöhung des Wertes von Vermögensgütern eingetreten ist (NJW 74, 137, 138 = FamRZ 74, 83). Auf die Ursachen des Wertzuwachses kommt es nicht an. Das Gesetz macht den Ausgleichsanspruch nicht von einer im Einzelfall festzustellenden Mitwirkung oder Mitarbeit des Gläubigers abhängig (BGH FamRZ 66, 560, 562). Im Einklang damit bestimmt § 1374 Abs. 2 abschließend, welcher Erwerb zugewinneutral bleiben soll, ohne die realen Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen einzubeziehen, die diese während des Güterstandes erfahren haben (MüKo/Gernhuber § 1374 Rdn. 15). Diese realen Wertsteigerungen können grundsätzlich auch nicht über § 1381 korrigiert werden.

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2. Scheinbare Zugewinne Im Gegensatz zu diesen realen Wertsteigerungen, die sich daraus ergeben, daß ein Wirtschaftsgut im Verhältnis zu anderen höher eingeschätzt wird, stehen die nominellen Werterhöhungen von Vermögensgegenständen, die ausschließlich darauf beruhen, daß die Kaufkraft des Geldes gesunken ist. Die darin liegende Werterhöhung ist nur eine scheinbare, weil sie darauf beruht, daß bei der Differenzrechnung Anfangs- und Endvermögen mit einem äußerlich gleichen, in Wahrheit aber unterschiedlichen Maßstab (Geldeinheit Deutsche Mark) bewertet werden. Darin liegt nur ein nomineller, jedoch kein substantieller Vermögenszuwachs; ein echter Zugewinn ist nicht erzielt. Der Ausgleich solcher scheinbarer Zugewinne verstieße gegen § 1373, weil der ausgleichspflichtige Ehegatte die Substanz seines Anfangsvermögens vermindern müßte. Die Rechengrößen Anfangs- und Endvermögen sind daher bei Ermittlung des Zugewinns in der Weise miteinander vergleichbar zu machen, daß das Anfangsvermögen nach demselben Verhältnis aufgewertet wird, das dem inzwischen eingetretenen Kaufkraftverlust und der Verteuerung der Güter entspricht (BGH N J W 74, 137 = FamRZ 74, 83; WM 75, 28; FamRZ 84, 31; 87, 791). 106

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§ 1376 BGB

Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens

Diese Methode verstößt nicht gegen das nominalistische Prinzip der Währungsge- 9 4 setze, weil es nicht um die Erfüllung von Geldschulden, sondern im Rahmen von Vermögensbewertungen um die Vorfrage geht, ob ein echter Zugewinn erzielt worden ist (Gernhuber FamRZ 84, 1053, 1059 m. w. Nachw.). Die Meinung des BGH entspricht inzwischen gesicherter gerichtlicher Praxis und hat auch im Schrifttum weitestgehend Zustimmung gefunden (vgl. Nachweise bei Johannsenj Henrich jjaeger Rdn. 22; SoergeljLange Rdn. 9 Fn. 9). Nach allgemein anerkannter Auffassung ist auch in dem rechtsähnlichen Fall der Ausgleichung und Anrechnung von Zuwendungen auf den Pflichtteil nach denselben Grundsätzen zu verfahren (BGH N J W 75, 1831). Die Aufwertung des Anfangsvermögens erfolgt nach folgenden Grundsätzen von 9 5 Amts wegen (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 48): a) Umrechnungsmaßstab ist der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Preisindex für die Lebenshaltung in langjähriger Übersicht (BGH FamRZ 74, 83, 84). Die mit dieser Umrechnungsmethode verbundenen Mängel sind evident, weil der Lebenshaltungsindex einseitig auf Verbrauchsgüter ausgerichtet ist, jedoch Wertschwankungen für Anlagegüter ebenso außer Betracht läßt wie die Entwicklung im Ausland und außerdem auch die unterschiedlichen Ursachen der Preisentwicklung nicht voneinander sondert (, Rdn. 2; Holzhauer J Z 77, 73, 74). Demgemäß hat derjenige geschiedene Ehegatte, der nachehelichen Unterhalt beansprucht, das Vorliegen der Voraussetzungen eines der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff darzutun und gegebenenfalls zu beweisen (Baumgärteil Laumen, Rdn. 1 zu § 1569; MüKo ¡Richter aaO). Auch kann nicht bei jeder nach der Scheidung schicksalhaft eintretenden Bedürfnislage Unterhalt verlangt werden. Die Bedürftigkeit muß — abgesehen von den Fällen der §§ 1570, 1576 — zu bestimmten Einsatzzeitpunkten eintreten. 3. Charakter des Unterhaltsanspruchs Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt stellt sich als familienrechtlicher An- 3 Spruch dar, der seine Rechtsgrundlage in der früheren Ehe hat (RGRK¡Cuny, Rdn. 7 vor § 1569; MüKo ¡Richter, Rdn. 6; Rolland, Rdn. 6). Die durch die Ehe begründete Beistandspflicht besteht in bestimmten Fällen aufgrund nachehelicher Solidarität weiter. Wie bei anderen Unterhaltsansprüchen auch sind Anspruchsvoraussetzungen ferner die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten (§§ 1577, 1581). Nicht erforderlich ist, daß die Bedürftigkeit ehebedingt ist. Die Beschränkung nachehelicher Unterhaltsansprüche auf ehebedingte Bedürfnislagen läßt sich weder dem Wortlaut der §§ 1569 ff noch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes entnehmen (BGH FamRZ 81,1163,1164; 82, 28; 83, 800, 801; Rolland, Rdn. 7; Schwab ¡Borth, Rdn. 91; a. A. MüKo/Richter, Rdn. 2; Schuhmacher MDR 76, 881). Die in den §§ 1570 ff getroffene Regelung ist abschließend; die Zubilligung von nachehelichem Unterhalt aufgrund anderer Vorschriften — insbesondere des § 242 — kommt nicht in Betracht (Rolland, Rdn. 5; Johannsen/Henrich! Voelskow, Rdn. 3). 4. Keine Identität zwischen Getrenntlebendenunterhalt und nachehelichem Unterhalt Die früher in Rechtsprechung und Schrifttum lebhaft umstrittene Frage, ob zwischen 4 dem Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt gemäß § 1361 und auf nachehelichen Unterhalt nach den §§ 1570 ff Wesensgleichheit besteht, hat der BGH dahin entschieden, daß die Identität verneint worden ist (FamRZ 81, 242; 81, 441; 82, 782, 783; 84, 148, 149; 85, 51, 52; ebenso für den Unterhaltsanspruch nach altem Recht: BGH FamRZ 80, 1099). Die Oberlandesgerichte folgen dem BGH, während das Schrifttum zum Teil noch immer einen abweichenden Standpunkt vertritt (wie BGH: RGRK ¡Cuny, Rdn. 9 vor § 1569; SoergeljHäberle, Rdn. 10; WendljStaudigl, S. 236; Heiss/Heiss, 10.2; Erman\DieckGerhard Griesche

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§ 1569 BGB

Scheidung der Ehe

mann, Rdn. 20 vor § 1569; a. A.: Johannsen\Henrich] Voelskow Vorbemerkung 27 vor § 1569; Gernhuber, § 30 13; Rolland, Rdn. 9; Göpppingerj Kindermann, Rdn. 292; Göppinger\Wax, Rdn. 3052; MüKo¡Richter, Rdn. 9; Mutschier FamRZ 81, 244; Bosch FamRZ 81, 442 und FamRZ 81, 1034). Der Ansicht des BGH ist uneingeschränkt zuzustimmen. Zwar ist Rechtsgrundlage auch für das Bestehen des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt die — gescheiterte — Ehe; dieser Anspruch ist aber anders ausgestaltet. Der nichterwerbstätige Ehegatte kann nach der Scheidung sehr viel eher auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit verwiesen werden als das vorher möglich war. Das Entstehen einer Bedürfnislage führt beim geschiedenen Ehegatten nicht ohne weiteres zu einem Unterhaltsanspruch; vielmehr muß ein konkreter Unterhaltstatbestand verwirklicht sein. Auch praktische und prozeßökonomische Gesichtspunkte sprechen nicht ohne weiteres dafür, unter Außerachtlassung rechtsdogmatischer Überlegungen die Identität zwischen beiden Ansprüchen zu bejahen. In der Praxis legt der Verlauf des Prozesses über den Getrenntlebendenunterhalt häufig die Annahme nahe, daß nach der Scheidung die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr gegeben sein werden, etwa weil den unterhaltsbedürftigen Ehegatten dann voraussichtlich eine Erwerbsobliegenheit treffen wird. Es wäre wenig prozeßökonomisch, in solchen Fällen einen Unterhaltstitel zu schaffen, der über die Rechtskraft der Scheidung hinaus fortgilt. 5

Aufgrund der fehlenden Wesensgleichheit zwischen beiden Unterhaltsansprüchen muß der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt im Wege einer neuen Leistungsklage geltend gemacht werden. Ist der Getrenntlebendenunterhalt durch das Urteil eines Oberlandesgerichts geregelt worden, so wird aufgrund dieses Titels der Unterhalt nach § 1361 nicht nur bis zur Verkündung des Berufungsurteils, sondern bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Revisionsfrist geschuldet, und zwar auch dann, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist (BGH FamRZ 90, 283, 286 f). Nimmt der Unterhaltsgläubiger den Schuldner nach Rechtskraft der Scheidung aus einem Titel über Getrenntlebendenunterhalt in Anspruch, so kann dieser sich hiergegen mit der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzen, denn der titulierte Anspruch ist mit der Rechtskraft der Scheidung erloschen (BGH FamRZ 81, 242). Haben die Eheleute einen Prozeßvergleich über den Getrenntlebendenunterhalt geschlossen, so kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß hierdurch auch der nachehelichen Unterhalt geregelt werden sollte (BGH FamRZ 82, 782). Ein über den Getrenntlebendenunterhalt abgeschlossener Prozeßvergleich kann auch nicht durch nachträgliche Vereinbarung dahin abgeändert werden, daß an die Stelle des Getrenntlebendenunterhalts der nachehelichen Unterhalt gesetzt und zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung gemacht wird (BGH FamRZ 82, 782). Dagegen erfaßt eine gemäß § 620 S. 1 Nr. 6 ZPO erlassene einstweilige Anordnung trotz fehlender Identität bis zum Wirksamwerden einer anderweiten Entscheidung auch den nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 83, 355). Dies ergibt sich aus der Sonderregelung des § 620 f ZPO, die auch für die Zeit nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung zuläßt; eine gegen die einstweilige Anordnung gerichtete Vollstreckungsgegenklage, die nur auf das Erlöschen des Anspruchs auf Getrenntlebendenunterhalt gestützt wird, kann deshalb keinen Erfolg haben (BGH FamRZ 85, 51, 52).

5. Einheitlichkeit des Anspruchs 6 Bei dem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, unabhängig davon, ob mehrere Einzeltatbestände gleichzeitig oder auch im zeitlichen Anschluß nacheinander verwirklicht worden sind (BGH FamRZ 84, 353, 354). Deshalb erfaßt ein Urteil über den nachehelichen Unterhalt den Anspruch in dem ausgeurteilten Umfang insgesamt, das heißt ohne Rücksicht darauf, welcher der Tatbestände der §§ 1570 ff in Betracht kommt und vom Gericht geprüft worden ist (BGH 226

Gerhard Griesche

§ 1569 BGB

Anspruch auf Unterhalt

FamRZ 84, 353, 354). Gleichwohl empfiehlt es sich, im Urteil über den nachehelichen Unterhalt die jeweils vorliegenden Unterhaltstatbestände möglichst genau zu bestimmen (BGH FamRZ 88, 265, 266; 90, 492, 493; OLG Stuttgart FamRZ 79, 1018). Soweit Unterhalt wegen Kindesbetreuung verlangt wird, ist dies schon deshalb geboten, weil dieser Anspruch in mehrfacher Hinsicht privilegiert ist (Dieckmann FamRZ 87, 981, 982). Ferner gilt generell, daß im Hinblick auf die im Unterhaltsrecht stets in Betracht kommenden Abänderungsklagen es möglichst feststehen sollte, aus welcher Anspruchsgrundlage der Richter bei der Erstfestsetzung des Unterhalts den Anspruch hergeleitet hat (BGH FamRZ 88, 265, 266; 90, 492, 493). Allerdings sollte dabei nicht außer acht gelassen werden, daß die Ermittlung sämtlicher Anspruchsgrundlagen prozeßunökonomisch sein kann. So kann es zum Beispiel in einem Fall, in dem sowohl § 1570 als auch § 1572 als Anspruchsgrundlage in Erwägung zu ziehen sind, angebracht sein, die Prüfung der Voraussetzungen des § 1572 zu unterlassen, etwa wenn hierfür eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich wird, während der Tatbestand des § 1570 zweifelsfrei verwirklicht ist. Im Hinblick auf § 1572 Nr. 2 ist es unbedenklich, die Feststellungen zur krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit auf den Zeitpunkt des Auslaufens des Anspruchs aus § 1570 zu verschieben. In der Vergangenheit war die Frage, in welchem Verhältnis die §§ 1570 bis 1572 7 einerseits zu § 1573 Abs. 2 andererseits stehen, umstritten. Der BGH hat zunächst die Auffassung vertreten, daß die §§ 1570 bis 1572 auch dann allein Anspruchsgrundlage seien, wenn der aufgrund einer dieser Bestimmungen anspruchsberechtigte Ehegatte Einkünfte aus einer angemessenen Teilzeittätigkeit erziele und solche Einkünfte selbst bei einer Ausdehnung auf eine Ganztagsarbeit, die aber wegen Kindesbetreuung oder infolge einer Krankheit nicht zumutbar sei, nicht ausreichten, um den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 zu decken (BGH FamRZ 86, 886, 888; 87, 572, 573; 87, 1011, 1012). In Übereinstimmung mit Teilen des Schrifttums ( G ö p p i n g e r j Kindermann, Rdn. 259; MüKo/Richter, Rdn. 22 zu § 1573; Jaeger FamRZ 86, 737, 744 ff; Dieckmann FamRZ 87, 981, 982) hat der BGH diese Ansicht später in einer Entscheidung, die das Verhältnis zwischen § 1570 und § 1573 Abs. 2 betraf, aufgegeben (FamRZ 90, 492, 493). Danach kann ein geschiedener Ehegatte, von dem wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nur die Ausübung einer Teilzeittätigkeit erwartet werden kann, nach § 1570 Unterhalt nur bis zur Höhe des Mehreinkommens verlangen, das er durch eine Vollerwerbstätigkeit erzielen könnte. Reicht der ihm hiernach zustehende Unterhalt zusammen mit dem Einkommen aus der Teilzeittätigkeit zu seinem vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht aus, kommt zusätzlich ein Anspruch aus § 1573 Abs. 2 in Betracht. Dasselbe hat für das Verhältnis von § 1572 zu § 1573 Abs. 2 zu gelten. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 15.73 Abs. 5 hat diese Frage nicht nur theoretische Bedeutung. Anders als nach dem vor Inkrafttreten des 1. EheRG geltenden nachehelichen Unter- 8 haltsrecht verlangt das Gesetz grundsätzlich, daß die Bedürfnislage zu bestimmten Einsatzzeitpunkten vorliegen muß. Hiermit wird ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal eingeführt, von dessen Vorliegen das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs abhängt (OLG Stuttgart FamRZ 83, 501). Es sollen nicht alle Bedürfnislagen, die im allgemeinen Lebensrisiko wurzeln, zu einem Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten führen (Gernhuber, § 30 I 5; Göppingerj Kindermann, Rdn. 262). Ausgenommen hiervon sind die Tatbestände der §§ 1570 und 1576; die Voraussetzungen dieser Bestimmungen müssen nicht zur Zeit der Scheidung oder zu bestimmten anderen Einsatzzeiten vorliegen (Johannsen\Henrich\ Voelskow, Rdn. 4; SoergeljHäberle, Rdn. 18; Holzhauer J Z 77, 73, 74). Die Unterhältstatbestände der §§ 1570 ff können auch nacheinander eingreifen, zum 9 Beispiel wenn der Unterhaltsberechtigte nach Beendigung der Pflege und Erziehung eines Kindes infolge Krankheit erwerbsunfähig wird. Der sogenannte AnschlußunterGerhard Griesche

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§ 1569 BGB

Scheidung der Ehe

halt wird aber nur dann geschuldet, wenn die einzelnen Unterhaltsansprüche wegen verschiedener Unterhaltstatbestände zeitlich lückenlos aneinander anschließen (OLG Stuttgart FamRZ 82, 1015; WendljStaudigl, S. 247; Gernhuber, § 30 IV 2; SoergeljHäberle, Rdn. 20; GöppingerjKindermann, Rdn. 265). Konnte aufgrund des ursprünglich vorliegenden Unterhaltstatbestandes nur Teilunterhalt verlangt werden, so beschränkt sich auch der Anschlußunterhalt aufgrund eines anderen Tatbestandes auf den zuvor geschuldeten Teilunterhalt (OLG Stuttgart FamRZ 83, 501; Göppingerj Kindermann, Rdn. 265; SoergeljHäberle, Rdn. 25; Gernhuber §30 III 3 Fn 4; Dieckmann FamRZ 77, 81, 95). Die Einsatzzeitpunkte haben den Zweck, dem Unterhaltspflichtigen von vornherein Klarheit darüber zu verschaffen, mit welchen Unterhaltsansprüchen er zu rechnen hat. Damit wäe es aber unvereinbar, einen bei Rechtskraft der Scheidung geschuldeten Teilunterhalt zu einem späteren Einsatzzeitpunkt auszudehnen.

II. Weitere Auswirkungen des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt 10

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1. Kein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß Welche Folgen die nachehelichen Unterhaltspflicht als Nachwirkung früherer Mitverantwortung über die in den § 1570 ff geregelten Ansprüche hinaus noch haben kann, wird nicht einheitlich gesehen. So war im Schrifttum und in der obergerichtlichen Rechtsprechung lange umstritten, ob zwischen geschiedenen Ehegatten in entsprechender Anwendung der §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 4 S. 4 ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß bestehe. Der BGH hat dies in einer Grundsatzentscheidung verneint (FamRZ 84, 148 mit einer umfassenden Darstellung des Meinungsstandes bis zu diesem Zeitpunkt). Das Schrifttum folgt seitdem überwiegend der Ansicht des BGH. {Palandtj Diederichsen, Rdn. 13 zu § 1360 a; WendljStaudigl, S. 250; KalthoenerjBüttner, Rdn. 320, wenn auch zum Teil Kritik geäußert wird: HeissjHeiss, 2.55; Göppinger, Rdn. 519, Fn 3; Herpers FamRZ 84, 465). 2. Mitwirkung beim begrenzten Realsplitting Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich grundsätzlich für beide Ehegatten die Pflicht, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit mit zu verringern, wenn dies ohne Verletzung eigener Interessen durchführbar ist. Diese familienrechtliche Verpflichtung bleibt auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen (BGH FamRZ 77, 38, 40). Hieraus hat die Rechtsprechung die Verpflichtung des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten hergeleitet, dem sogenannten begrenzten steuerlichen Realsplitting zuzustimmen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat der Unterhaltspflichtige die Möglichkeit, Unterhaltsleistungen an seinen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten bis zum Höchstbetrag von 27 000,— DM im Jahr als Sonderausgaben geltend zu machen. Der Höchstbetrag von 27 000,—DM ist durch das EStG 1990 eingeführt worden; für die Zeit davor galt ein Höchstbetrag von 18 000,— DM, bis einschließlich 1985 konnten jährlich 9000,— DM als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Der Antrag, der für jedes Kalenderjahr erneuert werden muß, muß mit Zustimmung des Empfängers der Unterhaltsleistungen gestellt werden. Verweigert der Unterhaltsberechtigte seine Zustimmung, kann er vom Unterhaltspflichtigen vor den Familiengerichten auf Mitwirkung an der Durchführung des begrentzen Realsplittung in Anspruch genommen werden (BGH FamRZ 83, 576; 84, 1211; 85, 1232). Die Klage ist auf Abgabe einer Willenserklärung durch Unterschriftsleistung zu richten, also auf eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (OLG Düsseldorf FamRZ 83, 73). Aus Beweisgründen sollte grundsätzlich Wert darauf gelegt werden, daß eine schriftliche Verpflichtungserklärung vorliegt. Sie kann auch im Verlauf des Rechtsstreits schriftsätzlich abgegeben werden (BGH FamRZ 83, 576, 578). Ob der Unterhaltspflichtige einen 228

Gerhard Griesche

Anspruch auf Unterhalt

§ 1 5 6 9 BGB

Anspruch daraufhat, daß der Unterhaltsberechtigte das von den Finanzbehörden ausgegebene Formular (Anlage U zur Einkommenssteuererklärung) unterzeichnet, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (bejahend: OLG Bamberg FamRZ 82, 301; OLG Köln FamRZ 83, 595; verneinend: OLG Koblenz FamRZ 80, 791; KG FamRZ 84, 1122, 1123). Da das Gesetz eine bestimmte Form für den Antrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG und die Zustimmungserklärung des geschiedenen Ehegatten nicht vorschreibt, spricht mehr dafür, den Anspruch auf die Abgabe einer formlosen Zustimmung zu beschränken. Zumindest kann die Unterzeichnung der Anlage U nicht gefordert werden, wenn darin unzutreffende Angaben enthalten sind (OLG Hamm FamRZ 90,1244,1245). Streiten die geschiedenen Eheleute über die Höhe des entrichteten Unterhalts — etwa weil der Unterhaltspflichtige Sachleistungen als Unterhalt anerkannt sehen will —, kann die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nur soweit gefordert werden, als unstreitig Unterhalt gezahlt worden ist (OLG Hamm FamRZ 91, 830). Hat der Unterhaltsberechtigte in diesem Fall die Wirkung der Sachleistungen als Unterhaltszahlung zu Unrecht in Abrede gestellt, muß er dem Unterhaltspflichtigen die hierdurch entstandenen steuerlichen Nachteile ersetzen. Die Nichtzahlung des laufenden Unterhalts begründet kein Zurückbehaltungsrecht des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zum Realsplitting (OLG Hamm FamRZ 91, 832). Ein langwieriger, aber mit vertretbaren Argumenten geführter Streit um Modalitäten des begrenzten Realsplittings berechtigt den Unterhaltsgläubiger im allgemeinen nicht, seine Mitwirkung am Realsplitting künftig grundsätzlich abzulehnen (OLG Hamburg FamRZ 91, 831). Der Anspruch auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting besteht auch dann noch, wenn zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieses Anspruchs Unterhalt nicht mehr gefordert werden kann, weil insoweit ein Unterhaltsabfindungsvergleich abgeschlossen worden ist und die Abfindungssumme bereits ausgezahlt worden war; Voraussetzung ist nur, daß der Vergleichsbetrag den Veranlagungszeitraum erfaßt hat (OLG Hamm FamRZ 88, 1176). Ein geschiedener Ehegatte, der seine Zustimmung zum steuerlichen Realsplittung 1 2 verweigert, kann sich dem Unterhaltspflichtigen gegenüber schadensersatzpflichtig machen (BGH FamRZ 88, 820; OLG Köln FamRZ 86, 1111). Auf der anderen Seite hat der Unterhaltspflichtige auch im Interesse des Berechtigten 1 3 alles zu tun, um seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen und den sich aus dem begrenzten Realsplitting ergebenden Steuervorteil in Anspruch zu nehmen (BGH FamRZ 83, 670, 673; OLG Hamm FamRZ 87, 489). Das bedeutet indessen nicht, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte vom anderen Teil die Abgabe einer bestimmten Steuererklärung verlangen kann. Dies würde zu weit in die Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen eingreifen (AG Regensburg FamRZ 87, 715). Unterläßt der Unterhaltsschuldner die Geltendmachung des begrenzten Realsplittung, so hat er sich allerdings fiktive Steuervorteile zurechnen zu lassen, die ihm zugeflossen wären, wenn er die nach dem Steuerrecht bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hätte. Dabei ist zu beachten, daß es im Einzelfall günstiger sein kann, anstelle der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings nach § 33 a Abs. 1 Nr. 1 EStG vorzugehen und die Unterhaltsleistungen bis zur dort vorgesehenen Höchstgrenze als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen; die Wahl der voraussichtlich steuerlich günstigeren Möglichkeit steht dem Steuerpflichtigen frei (OLG Hamm FamRZ 88,1059). Der Steuerpflichtige ist nicht gehalten, von der Möglichkeit, in Höhe des gezahlten Unterhalts bis zur Höchstgrenze von 27 000,— DM jährlich auf seiner Lohnsteuerkarte einen Freibetrag eintragen zu lassen, Gebrauch zu machen (OLG Bamberg FamRZ 88, 727; OLG Koblenz88, 402, 403; Soerge/f Haberle, Rdn. 42 zu § 1578; a. A.: OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1259, 1260 siehe auch: OLG Frankfurt FamRZ 90, 62). Er kann gute Gründe haben, von der Eintragung des Freibetrages abzusehen und die Sonderausgaben erst mit der Steuererklärung geltend zu machen. Gerhard Griesche

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§ 1 5 6 9 BGB 14

Scheidung der Ehe

Nach § 22 Nr. 1 a EStG führt das begrenzte Realsplitting, soweit der Betrag des steuerlichen Existenzminimums ( § 32 a Abs. 1 Nr. 1 EStG) überschritten ist, zu einer steuerlichen Belastung des Unterhaltsberechtigten, weil er die empfangenen Unterhaltsleistungen versteuern muß. Von dieser Steuerschuld muß der Unterhaltspflichtige den Berechtigten freistellen, da die Zustimmung zum Realsplitting sich nicht zu dessen Nachteil auswirken darf (BGH FamRZ 83, 576; 84, 1211; 85, 1232). Hierbei handelt es sich um einen Anspruch des Berechtigten eigener Art, der auf Billigkeitserwägungen beruht (BGH FamRZ 85, 1232). Die Zustimmung braucht also nur Zug um Zug gegen die bindende Erklärung, durch die sich der Unterhaltspflichtige zur Freistellung des Berechtigten von den bei ihm entstehenden steuerlichen Nachteilen verpflichtet, erteilt zu werden (BGH FamRZ 85, 1232). Der Begriff der auszugleichenden Nachteile ist weit zu fassen. So liegt ein als Folge der Durchführung des steuerlichen Realsplittings zu erstattender Nachteil auch darin, daß der jetzt zur Versteuerung des empfangenen Unterhalts herangezogene Ehegatte infolge steuerlicher Ausnutzung des ihm zustehenden Kinderfreibetrags den Anspruch auf den Kindergeldzuschuß gemäß § 11 a BKGG verliert (OLG Frankfurt FamRZ 91, 834). Dagegen hat der Unterhaltsschuldner dem wiederverheirateten Unterhaltsberechtigten nicht die Steuermehrbelastung zu ersetzen, die allein dadurch entsteht, daß der Unterhaltsberechtigte mit seinem neuen Ehegatten die steuerliche Zusammenveranlagung wählt (OLG Karlsruhe FamRZ 91, 832; OLG Stuttgart FamRZ 91, 1063; Philippi FamRZ 89, 1086; Schulde FamRZ 91, 415; Kalthoenerj Büttner N J W 90, 1640, 1644; a. A. OLG Hamm FamRZ 89, 638; 90, 757). Die Gegenansicht verkennt, daß zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem neuen Ehegatten keine Rechtsbeziehungen bestehen, so daß sich die Pflicht zur Erstattung von Steuernachteilen auf das beschränken muß, was der Unterhaltsberechtigte an zusätzlichen Steuern zu zahlen hat.

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Der Anspruch des Berechtigten auf Ersatz der Nachteile hat nicht zur Folge, daß der Unterhaltspflichtige vorab einen im Wege der Schätzung zu ermittelnden, der voraussichtlichen Steuerschuld entsprechenden Betrag zahlen müßte. Auch eine Sicherung in Form einer Sicherheitsleistung kann im Regelfall nicht verlangt werden (BGH FamRZ 83, 576; a. A. OLG Koblenz FamRZ 80, 791; KG FamRZ 82,1020). Nur soweit konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, daß der Unterhaltsschuldner nicht bereit oder in der Lage sein wird, die Verpflichtung zur Freistellung unverzüglich nach Festsetzung der Steuer des Berechtigten einzuhalten, kann der Unterhaltsempfänger Sicherheitsleistung beanspruchen und auf einen entsprechenden Urteilstenor hinwirken (OGH aaO). 16 Dem geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten können auch Nachteile daraus erwachsen, daß ihm öffentlich-rechtliche Leistungen gekürzt oder entzogen werden, weil ihre Gewährung von einer bestimmten Höhe des zu versteuernden — und nicht des tatsächlichen — Einkommens abhängt und diese Einkommensgrenze als Folge des begrenzten Realsplittings überschritten wird. Auch diese Nachteile hat der Unterhaltspflichtige, der die Zustimmung zum Realsplitting begehrt, auszugleichen. Der Berechtigte muß dann aber jeweils im Einzelfall substantiiert die öffentlichen Leistungen — der Höhe und den Grundlagen der Berechnung nach — angeben (BGH FamRZ 83, 576). Zu den Nachteilen können ferner Kosten gehören, die der Berechtigte aus Anlaß der Zustimmung zum Realsplitting zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Interessen aufwendet, etwa die Kosten für Inanspruchnahme eines Steuerberaters (BGH FamRZ 88, 820; OLG Hamm FamRZ 87, 1046). Allerdings wird es im allgemeinen nicht nötig sein, daß ein Unterhaltsempfänger sich an einen Steuerberater wendet, ehe er sich über die Zustimmung zum Realsplitting schlüssig wird. Anders kann es sein, wenn der Unterhaltspflichtige vom Berechtigten die Ausschöpfung „sämtlicher Steuervorteile" verlangt und seine Freistellungserklärung entsprechend einschränkt. Von Bedeutung ist auch, ob es sich um einen steuerlich unerfahrenen Empfänger von Unterhaltsleistungen 230

Gerhard Griesche

Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

§ 1570 BGB

handelt. Auf die Beratung durch das Finanzamt kann er jedenfalls nicht verwiesen werden (BGH FamRZ 88, 820). Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, dem anderen die aus der Zustimmung zum Realsplitting folgenden Nachteile zu erstatten, erstreckt sich ferner auf die vom Finanzamt nach § 37 EStG festgesetzten Vorauszahlungen, soweit diese auf den Unterhaltsleistungen beruhen (OLG Bamberg FamRZ 87, 1047; OLG Köln FamRZ 88, 951; AG Mannheim FamRZ 88, 846). Auch die Zahlungen, die aufgrund des Vorauszahlungsbescheides geleistet werden müssen, sind Steuernachteile. Wenn bei der endgültigen Festsetzung der Einkommenssteuer eine geringere Steuerschuld entsteht, ist dies im Wege der Verrechnung auszugleichen. Etwa auftretende praktische Schwierigkeiten, im Fall zuviel entrichteter Steuervorauszahlungen die entsprechenden Beträge vom Unterhaltsgläubiger zurück zu erhalten, müssen in Kauf genommen werden (AG Mannheim FamRZ 88, 842). Läßt der Unterhaltspflichtige erkennen, daß er die den Berechtigten treffenden Mehr- 17 steuern nicht vorbehaltlos, sondern durch Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen erstatten will, kann der Berechtigte die Zustimmung zum Realsplitting verweigern (OLG Köln FamRZ 88, 1059). Dagegen kann der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Zustimmung nicht von der Zusage der Beteiligung an einer Steuerersparnis des Pflichtigen abhängig machen (BGH FamRZ 83, 576, 577; 84, 1211; 85, 1232; OLG München FamRZ 83, 594; OLG Köln, 4. ZS FamRZ 82, 383; a. A. OLG Köln, 21. ZS FamRZ 83, 597). Die Veranlagung zur Einkommensteuer führt zu einer Anhebung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen infolge der Anerkennung von Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG erst in dem Jahr, in dem es zur Steuererstattung kommt. Hat die Steuererstattung eine wesentliche Veränderung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zur Folge, kann der Berechtigte dies im Wege der Abänderungsklage geltend machen. 3. Aufteilung von steuerlichen Freibeträgen für gemeinschaftliche Kinder Die sich aus dem Wesen der Ehe ergebende Verpflichtung, die finanziellen Lasten des 1 8 anderen Teils nach Möglichkeit zu verringern, kann auch dazu führen, daß ein Elternteil einer anderen als der hälftigen Aufteilung des Ausbildungsfreibetrages für gemeinschaftliche Kinder gemäß § 33 a Abs. 2 EStG sowie des Pauschbetrages für körperbehinderte Kinder gemäß § 33 b Abs. 5 EStG zuzustimmen hat, etwa wenn ein Eltemteil über kein zu versteuerndes Einkommen verfügt oder die Freibeträge sich bei ihm nicht oder jedenfalls nicht voll steuermindernd auswirken oder wenn sich überhaupt die Steuersätze der Eltern erheblich unterscheiden und sich die abweichende Aufteilung zur Ausschöpfung eines größtmöglichen Steuervorteils empfiehlt (BGH FamRZ 88, 607, 608). Jedoch braucht auch insoweit der Elternteil nur Zug um Zug gegen eine bindende Erklärung zuzustimmen, daß sich der andere Elternteil, der durch die abweichende Aufteilung der Freibeträge begünstigt wird, zum Ausgleich der dem anderen entstehenden finanziellen Nachteile verpflichtet.

§ 1570 BGB Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 0 BGB

Scheidung der Ehe

Schrifttum Barth Die Betreuungsleistung der Mutter, ZBIJugR 78, 49; Derleder/ Der/eder Kindesbetreuung und Ehegattenunterhalt, FamRZ 77, 587; Diederichsen Ehegattenunterhalt in Anschluß an die Ehescheidung nach dem 1. EheRG, N J W 77, 353; Limbach Das Verhältnis von Familie und Beruf im Unterhaltsrecht nach der Scheidung, NJW 82, 1721; Roth-Stielow Betreuung volljähriger Kinder und Unterhaltsanspruch, N J W 82, 425; Walter Grundsätze des Unterhaltsrechts in der Ausgestaltung durch die Rechtsprechung, N J W 84, 257. Übersicht Rdn. I. Grundsätzliches 1. Zweck der Vorschrift 2. Privilegierung des spruchs aus § 1570

1 Unterhaltsan2

II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Pflege oder Erziehung — Erläuterung der Begriffe . . . . — Verhältnis von § 1570 zu § 1606 Abs. 3 S. 2 2. Rechtmäßigkeit der Betreuung . . . — Gemeinschaftliche Kinder . . . . — Behandlung des scheinehelichen Kindes — Kein gemeinschaftliches eheliches Kind III. Solange und soweit eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann 1. Allgemeines 2. Abgrenzungskriterien nach der Rechtsprechung 3. Alter der Kinder — Kinder bis zu 8 Jahren — Kinder zwischen 8 und 11 Jahren — Kinder zwischen 11 und 15 Jahren — Kinder im Alter von 15, 16 Jahren 4. Anzahl der Kinder — Grundsatz

5. 6. 7. 8.

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Rdn. — Teilzeitbeschäftigung bei zwei Kindern 16 17 — Abweichende Ansichten Volljährige Kinder 18 Abweichung zugunsten des Berechtigten 19 Abweichung zugunsten des Pflichtigen 20 Tatsächliche Betreuung — Heim- oder Internatsunterbringung 21 — Besuch von Kindertagesstätten oder Kindergärten 22 — Hilfe von Verwandten bei der Betreuung 23 — 27 — Vorübergehende Hinderung an der Ausübung der Betreuung . . 28 Unterscheidung zwischen Aufnahme und Fortsetzung der Erwerbstätigkeit — Grundsatz 29 30 — Einschränkungen Gleichbehandlung von Vater und Mutter 31 Betreuung gemeinschaftlicher Kinder durch beide Elternteile 32 Zeitliche Begrenzung 33 Anschlußunterhalt 34

IV. Darlegungs- und Beweislast — Grundsatz — Abänderungsklage

35 36

I. Grundsätzliches 1. Zweck der Vorschrift 1 Die Vorschrift enthält den für die Praxis wichtigsten Unterhaltstatbestand. Sie dient vorrangig den Interessen und dem Wohl der Kinder, die durch das Scheitern der Lebensgemeinschaft ihrer Eltern ohnehin erheblichen Belastungen ausgesetzt sind. Die staatliche Gemeinschaft hat nach Artikel 6 Abs. 2 GG zu gewährleisten, daß Eltern ihre Kinder pflegen und erziehen können; deshalb hatte der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Unterhaltsrechts dafür Sorge zu tragen, daß Kinder unter der Scheidung ihrer Eltern nicht mehr als unvermeidbar zu leiden haben (BGH FamRZ 84, 361, 364; 85, 788, 789; 87, 252). Es entspricht dem Wohl eines Kindes, wenn es sich nach der Trennung und Scheidung seiner Eltern in der Obhut eines Elternteils befindet, der hinreichend Zeit hat, auf seine Fragen, Wünsche und Nöte einzugehen (BVerfG FamRZ 81, 745, 749). An diesen Kriterien hat sich die Auslegung der Vorschrift des § 1570 zu orientieren. Die Belange beider Elternteile haben gegenüber denen des Kindes zurückzustehen (BVerfG FamRZ 74, 579, 588; 81, 745, 749). 232

Gerhard Griesche

Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

§ 1570 BGB

2. Privilegierung des Unterhaltsanspruchs aus § 1570 Aus diesem Grund ist der Unterhaltsanspruch aus § 1570 gegenüber den anderen 2 Unterhaltstatbeständen in verschiedener Hinsicht privilegiert. Einmal braucht sich die Notwendigkeit der Betreuung von Kindern nicht zu bestimmten Einsatzzeitpunkten zu ergeben. Unterhalt nach § 1570 kann ein geschiedener Ehegatte zum Beispiel auch dann verlangen, wenn das Kind zuvor anderweit — etwa bei Verwandten oder in einem Heim — untergebracht war und erst dann von einem Elternteil aufgenommen wird. Der Anspruch kann nach seinem Wegfall auch wieder neu entstehen, so wenn das nicht mehr betreuungsbedürftige Kind nach einem Unfall Dauerschäden erleidet und wieder auf die Pflege eines Elternteils angewiesen ist (PalandtjDiederichsen, Rdn. 20). Im Fall der Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten lebt der Anspruch gemäß § 1586 a wieder auf, wenn die spätere Ehe aufgelöst wird. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1579 müssen die Belange des betreuungsbedürftigen Kindes gewahrt werden, so daß vor allem die völlige Versagung des Unterhalts nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen wird. Der Betreuungsunterhalt des geschiedenen Ehegatten hat nach § 1582 Vorrang vor dem des neuen Ehegatten, und zwar auch, wenn dieser seinerseits nach § 1570 anspruchsberechtigt wäre. Betreuungsunterhalt wird auch geschuldet, wenn im Zeitpunkt der Scheidung zu erwarten war, daß der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert war, das Vermögen später aber wegfällt (§ 1577 Abs. 4 S. 2). Schließlich wird die Zeit, in der ein Ehegatte wegen der Pflege und Erziehung eines Kindes einen Unterhaltsanspruch hatte, der Ehedauer gleichgestellt (§§ 1571 Nr. 2, 1572 Nr. 2, 1573 Abs. 5 S. 2, 1574 Abs. 2 2. Halbsatz, 1578 Abs. 1 S. 3, 1579 Nr. 1 2. Halbsatz).

II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Pflege oder Erziehung Die Begriffe Pflege oder Erziehung sind in demselben Sinn wie in Artikel 6 Abs. 2 3 GG und 1606 Abs. 3 S. 2 zu verstehen. Die Pflege bezieht sich mehr auf das äußere Wohl, die Erziehung dient vorrangig der geistig-seelischen Entwicklung des Kindes. Die Erziehung endet mit der Volljährigkeit des Kindes, während die Pflegebedürftigkeit bestehen bleiben kann. Ist das Kind wegen einer dauerhaften Erkrankung nach Eintritt der Volljährigkeit pflegebedürftig und wird es deshalb von dem unterhaltsberechtigten Elternteil betreut, kann dieser weiterhin Unterhalt nach § 1570 fordern. Trotz der Identität der in § 1570 und in § 1606 Abs. 3 S. 2 verwendeten Begriffe 4 „Pflege" und „Erziehung" folgt aus der Verneinung einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils gegenüber dem Kind nicht, daß dieser auch hinsichtlich seines eigenen Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten von der Obliegenheit freigestellt ist, seinen Lebensbedarf ganz oder teilweise durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu decken. Insoweit gelten nicht die Maßstäbe des § 1606 Abs. 3 S. 2, sondern die für den Geschiedenenunterhalt aufgestellten Regeln des Gesetzes (BGH FamRZ 81, 541, 543; 81, 1159, 1160; 85, 50, 51). 2. Rechtmäßigkeit der Betreuung Im Schrifttum umstritten ist, ob die Betreuung des Kindes rechtmäßig, also entweder 5 mit Einwilligung des anderen geschiedenen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung, erfolgen muß. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß bei fehlendem Einverständnis des anderen Ehegatten die Übertragung der elterlichen Sorge Anspruchsvoraussetzung für § 1570 sei (Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 5; Heissj Heiss, 1.5; RGRK¡Cunj, Rdn. 8; Koehler, Rdn. 365; Diederichsen, NJW 77, 353, 354; Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 0 BGB

Scheidung der Ehe

Der leder J Z 80, 576). Der Gegenmeinung, die auf die faktische Betreuung abstellt, ist der Vorzug zu geben (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1262, 1263; SoergeljHäberle, Rdn. 3; Rolland, Rdn. 3 bis Rdn. 3 d; MüKo[Richter, Rdn. 5; Schwab/Borth IV, Rdn. 111 ; Göppingerj Kindermann, Rdn. 1114, Anmerkung 11). Das tatsächliche Betreuungsbedürfnis entsteht unabhängig von der Sorgerechtsregelung. Der BGH hat zu dieser Frage bisher nur im Rahmen einer Entscheidung über den Getrenntlebendenunterhalt nach § 1361 Stellung genommen und hat hierbei die Auffassung vertreten, daß die tatsächliche Kindesbetreuung durch den bedürftigen Ehegatten nicht ausreiche (FamRZ 80, 665, 667; vgl. auch BVerfG FamRZ 81, 745, 749). Entgegen der Annahme des B G H (ebd.) können tatsächliche Betreuung und Sorgerechtsregelung auch nach Scheidung der Ehe auseinanderfallen. Zwar muß nach den §§ 623 Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 1, 627 Z P O eine gerichtliche Sorgerechtsregelung vorliegen, es kommt aber vor, daß ein Kind nach der Scheidung sich in die Obhut des anderen Elternteils begibt, ohne daß sofort eine Änderung der Sorgerechtsregelung erfolgt. In diesen Fällen kann für die Frage der Anspruchsberechtigung nach § 1570 nur darauf abgestellt werden, wer das Kind tatsächlich pflegt und erzieht. In aller Regel wird sich das Problem ohnehin nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum stellen. 6

Unterhalt kann nur im Fall der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes verlangt werden. Die Formulierung ist vom Gesetzgeber bewußt gewählt worden, um einen Ehegatten, der der Aufnahme eines Angehörigen oder eines Pflegekindes des anderen Ehegatten in den gemeinsamen Haushalt zugestimmt hat, nicht mit dem Risiko zu belasten, nach Scheidung der Ehe für den Unterhalt der Betreuungsperson aufkommen zu müssen (BT-Drucks. 7/650, S. 123). Die Betreuung eines Pflegekindes begründet also keinen Unterhaltsanspruch nach § 1570, und zwar auch dann nicht, wenn beide Ehegatten das Kind gemeinsam aufgenommen haben (BGH FamRZ 84, 361, 362). Allerdings ist in einem solchen Fall die Anwendung des § 1576 in Erwägung zu ziehen. Ein gemeinschaftliches Kind ist dagegen das Adoptivkind, weil es durch die Adoption in den Familienverbund eingegliedert worden ist (§ 1754). Dabei kommt es nicht darauf an, ob beide Ehegatten das Kind gemeinschaftlich angenommen haben oder ein Ehegatte das Kind des anderen ( R G R K j C u n j , Rdn. 6).

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Ein scheineheliches Kind ist bis zur Rechtskraft eines die Nichtehelichkeit feststellenden Urteils gemeinschaftliches Kind der Ehegatten. Das gilt auch, wenn die Mutter der Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage treuwidrig entgegengewirkt hat oder wenn die Abstammung des Kindes von einem Dritten zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BGH FamRZ 85, 51, 52; O L G Köln FamRZ 81, 553; RGRK/C««j, Rdn. 7; Johannsen/ Henrich/ Voelskow, Rdn. 3; WendljStaudigl, S. 251; SchwabjBorth IV, Rdn. 97). Das ist zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung anders gesehen worden (OLG Hamm FamRZ 81, 257; O L G Celle FamRZ 81, 268; O L G Frankfurt FamRZ 81, 1063, 1064; siehe auch Rolland, Rdn. 16 a; MuK^oj Richter, Rdn. 6; ErmanjDieckmann, Rdn. 9). Hat die Ehefrau den Ehemann von der rechtzeitigen Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage abgehalten, ist die Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 6 oder 7 in Erwägung zu ziehen (BGH FamRZ 85, 51, 53).

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N i c h t vorausgesetzt wird in § 1570, daß es sich um ein gemeinschaftliches eheliches Kind handelt. Dem Wortlaut nach liegen die Voraussetzungen der Bestimmung auch dann vor, wenn das Kind aus einem Geschlechtsverkehr der Eltern nach Scheidung der Ehe stammt (SoergeljHäberle, Rdn. 5; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 98). Nach dem Sinn des Gesetzes kommt indessen ein Unterhaltsanspruch in diesem Fall nicht in Betracht {Dieckmann, FamRZ 77, 81, 93). 234

Gerhard Griesche

Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

§ 1570 BGB

III. Solange und soweit eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann 1. Allgemeines Unterhalt kann der bedürftige Ehegatte von dem anderen nur verlangen, solange 9 und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht verlangt werden kann. Der Gesetzgeber hat bewußt davon Abstand genommen, zur Ausfüllung und Abgrenzung des unbestimmten Rechtsbegriffs „solange und soweit" Auslegungsregeln aufzustellen (BT-Drucks. 7/650, S. 122; 7/4361, S. 29). Die in Betracht kommenden Lebenssachverhalte sind zu unterschiedlich, um allgemeingültige Auslegungshilfen zuzulassen. Letztendlich ist jeweils im Einzelfall die Frage zu beantworten, ob die Doppelbelastung, die durch die Betreuung von Kindern und die Ausübung einer Erwerbstätigkeit entsteht, im Interesse der Kinder zu verantworten ist ( R G R K ¡ C u n j , Rdn. 9). 2. Abgrenzungskriterien nach der Rechtsprechung In der Rechtsprechung wird deshalb zunächst stets hervorgehoben, daß sich das Maß 1 0 der zumutbaren Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalles richte (BGH FamRZ 82, 148; 84, 769, 770; 85, 50, 51; KG FamRZ 84, 898; OLG Bamberg FamRZ 88, 725). Gleichwohl haben die Gerichte — einem Bedürfnis der Praxis entsprechend — Kriterien entwickelt, die im Einzelfall zu beachten sind. Danach kommt es neben den persönlichen Umständen des den Unterhalt begehrenden geschiedenen Ehegatten — wie dessen Alter, Gesundheitszustand und Berufsausbildung — auch auf die sonstigen persönlichen Verhältnisse an, wobei insbesondere die frühere berufliche Betätigung des Unterhaltsberechtigten, die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zu berücksichtigen sind (BGH FamRZ 81, 17, 18; 82, 148, 149 f; 84, 364, 365; 89, 487). Vorrangig werden aber von der Praxis im Anschluß an das von DerlederjDerleder (FamRZ 77, 587 ff) entwickelte Phasenmodell bei der Auslegung auch objektive Kriterien herangezogen, die sich an dem Alter der zu betreuenden Kinder orientieren; auch anderweit vorhandene Betreuungsmöglichkeiten können bedeutsam sein (GöppingerjKindermann, Rdn. 1116; RGRK/C»»j, Rdn. 9; Walter N J W 84, 257, 259). 3. Alter der Kinder Betreut der sorgeberechtigte Elternteil ein noch nicht schulpflichtiges Kind, so 11 braucht er sich in aller Regel nicht auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit verweisen zu lassen (BGH FamRZ 82, 25, 27; 83, 456, 458; 84, 356; OLG Karlsruhe FamRZ 81, 559; OLG Hamm FamRZ 80, 255). Nach allen Erkenntnissen über die grundlegende Bedeutung der Betreuung eines Kleinkindes durch eine feste Bezugsperson läßt die Wahrung des Kindeswohls eine Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils nicht zu {DerlederjDerleder, FamRZ 77, 587, 589). Aber auch in den ersten beiden Grundschuljahren — also etwa bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres — ist eine Erwerbsobliegenheit zu verneinen (BGH FamRZ 83, 456, 458; OLG Koblenz FamRZ 86, 999, 1000; OLG Köln FamRZ 84, 1108, 1110; OLG Oldenburg FamRZ 79, 38; Kalthoener\Büttner, Rdn. 349; Heissl Heiss, 1.7; Göppinger\Kindermann, Rdn. 1116 a; WendljStaudigl, S. 253). Schulkinder in den ersten beiden Schuljahren haben nur wenige und unregelmäßige Schulstunden, die zudem noch häufiger ausfallen, so daß eine regelmäßige außerhäusliche Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils nicht in Betracht kommt. Zum Teil wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein Einsetzen der Erwerbsobliegenheit erst vom Abschluß der Grundschulzeit an angenommen (Leitlinien des OLG Bremen Nr. 36 a; Leitlinien des OLG Düsseldorf Nr. 40; Leitlinien des OLG Celle, Gerhard Griesche

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III 4). Andererseits wird auch die Ansicht vertreten, daß die Obliegenheit zur Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung schon einsetze, wenn das zu betreuende Kind das erste Schuljahr absolviert habe ( M ü K o ¡ R i c h t e r , Rdn. 10). 12 Betreut ein Elternteil ein Kind im Alter zwischen 8 und 11 Jahren, wird das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit von der obergerichtlichen Rechtsprechung und vom Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird angenommen, daß der betreuende Elternteil gehalten sei, einer Teilzeitarbeit nachzugehen, wobei die Gestaltung der Arbeitszeit sich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu richten habe (Nr. III 5 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG München; OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 151; 88, 725; OLG Stuttgart FamRZ 79, 588; SoergeljHäberle, Rdn. 10; MüK.o\Richter, Rdn. 10; Göppingerf Kindermann, Rdn. 1116a; HeissjHeiss, 1.9). Von anderen wird das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit bis zum Ende der Grundschulzeit bzw. bis zur Vollendung des 11. Lebensjahres grundsätzlich verneint (OLG Koblenz FamRZ 89, 627; Nr. III 4 der Leitlinien des OLG Celle; Nr. 36 a der Leitlinien des OLG Bremen, Empfehlungen des 3. Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 80, 1173; OLG Frankfurt, mitgeteilt von Weychardt, DAVorm 84, 244). Der BGH hat sich gegen die Aufstellung einer allgemeinen Regel bei Kindern dieser Altersstufe ausgesprochen und gemeint, daß es auf die persönlichen Verhältnisse des betreuenden Elternteils und die Umstände des Einzelfalles ankomme (FamRZ 89, 487; 90, 989, 991). Außer einer etwaigen früheren beruflichen Tätigkeit des Unterhaltsberechtigten sollen die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien berücksichtigt werden. In dem ersten Fall, in dem das zu betreuende Kind 9 Jahre alt war, hat der BGH die Erwägungen des OLG, das das Nichtbestehen einer Erwerbsobliegenheit damit begründet hatte, daß die Mutter während der Ehe seit der Geburt der Tochter nicht gearbeitet hatte und außerdem keine Betreuungsperson zur Beaufsichtigung des Kindes zur Verfügung stand, gebilligt. Gegen die Festlegung allgemeiner Auslegungsregeln bei der Betreuung von Kindern zwischen 8 und 11 Jahren haben sich auch das OLG Hamm (Nr. 31 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien) und das KG (Nr. 40 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien) ausgesprochen. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Beachtet werden sollte aber die Tatsache, daß von dem Zeitpunkt an, in dem das Kind in die 3. Klasse kommt, der Umfang der Betreuungstätigkeit abnimmt. Das Kind hält sich in den Vormittagsstunden durchgehend in der Schule auf, so daß der betreuende Elternteil — meist die Mutter — in zeitlicher Hinsicht nicht mehr so stark gebunden ist. Es sollte daher angestrebt werden, daß die Mutter während dieser Zeit einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht. 13 Einem Eltern teil, der ein Kind im Alter zwischen 11 und 15 Jahren betreut, ist die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung, die nicht notwendigerweise einer Halbtagsarbeit gleichkommen muß, grundsätzlich zuzumuten (BGH FamRZ 81, 17, 18; 81, 752, 754; 82, 148; 84, 769, 770; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1262, 1263). 14 Das Hereinwachsen des Kindes in ein Alter von 15 bis 16 Jahren ermöglicht dem betreuenden Elternteil in aller Regel die Ausdehnung der Tätigkeit in eine Ganztagsarbeit (BGH FamRZ 83, 569, 571; 84, 149, 150; 85, 50, 51; 88, 265, 266; 90, 260, 262; 90, 496, 497). Der Jugendliche kann in diesem Alter für seine Pflege weitgehend selbst sorgen, und es ist für seine Entwicklung sogar förderlich, wenn ihm eine größere Selbständigkeit eingeräumt wird. Dabei müssen die Bemühungen um die Erlangung einer Erwerbstätigkeit einsetzen, bevor das zu betreuende Kind das 16. Lebensjahr erreicht hat, da diese Entwicklung voraussehbar ist (OLG Zweibrücken FamRZ 89, 1192, 1193).

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4. Anzahl der Kinder Sind zwei oder mehr Kinder zu betreuen, ist zu berücksichtigen, daß jedes Kind ein bestimmtes Maß an Pflegeleistungen benötigt, so daß der Arbeitsaufwand mit der Anzahl 236

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der Kinder unvermeidbar zunimmt. Auch ist zu beachten, daß die Betreuung eines Kindes sich nicht in der äußeren Versorgung erschöpft, sondern daß jedes Kind zum Gedeihen einer auf seine Eigenart eingehenden persönlichen Zuwendung bedarf. Die zusätzliche Betreuung, die jedes Kind benötigt, schränkt deshalb die Arbeitskraft und die Leistungsfähigkeit des betreuenden Elternteils ein. Im Fall der Betreuung von drei und mehr Kindern im betreuungsbedürftigen Alter kann eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden (OLG Koblenz FamRZ 84, 1225, 1226; Kalthoener\Büttner, Rdn. 349; MüKo j Richter, Rdn. 13; SoergeljHäberle, Rdn. 12; Göppinger\Kindermann, Rdn. 1116a; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 11; einschränkend: Palandt]Diederichsen, Rdn. 14, wo auf die Betreuungsbedürftigkeit des jüngsten Kindes abgestellt wird.) Der BGH hat auch insoweit angenommen, daß die Frage nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden könne (FamRZ 90, 283, 286). In FamRZ 81, 341 hat er den Unterhaltsanspruch einer Mutter mit Kindern im Alter von 20, 15 und 13 Jahren ohne weiteres bejaht, ohne sich mit der Frage zu beschäftigen, ob nicht die Tatsache, daß das älteste Kind schon volljährig war, die Ausübung einer Teilzeitarbeit ermöglicht hätte. Im Fall der Betreuung von zwei Kindern kommt die Aufnahme einer Teilzeitbe- 1 6 schäftigung in Betracht, wenn das jüngere Kind das 8. Lebensjahr vollendet hat und die dritte Klasse besucht; jedenfalls ist die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei zwei Kindern im schulpflichtigen Alter von 8 bis 16 Jahren nicht von vornherein unzumutbar (BGH FamRZ 79, 571, 572; 81, 541, 543; 81, 1159, 1160; 82, 148, 150; 83, 569, 570; OLG München FamRZ 81, 461; a.A. OLG Karlsruhe FamRZ 85, 286, 287; OLG Oldenburg FamRZ 86, 1218; OLG Frankfurt FamRZ 82, 818; differenzierend: Göppingerj Kindermann, Rdn. 1116 a: wenn das jüngste Kind das 12. Lebensjahr erreicht hat). Jedenfalls gelten diese Grundsätze nur, wenn nicht die Umstände des Einzelfalles eine andere Handhabung gebieten. So hat der BGH bei einem Alter der Kinder von 12 und 13 Jahren jede Erwerbsobliegenheit der Mutter verneint, weil diese sich in vorgerücktem Alter befand, der Altersunterschied zu beiden Kindern erheblich war und sie während einer relativ langen Dauer der Ehe nur ein Jahr gearbeitet hatte (FamRZ 82, 148, 150). Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum grundlegende Bedenken gegen die bei 1 7 der Auslegung der Vorschrift des § 1570 bestehenden Praxis geäußert worden sind (Johannsen] Henrich] Voelskow, Rdn. 15, 16 zu § 1361 und Rdn. 10 ff zu § 1570; OLG Hamm FamRZ 86, 360; nicht eindeutig: Rolland, Rdn. 7 ff), kann dem nicht gefolgt werden. Zwar trifft es zu, daß in zunehmendem Maße in intakten Familien Mütter auch kleinerer Kinder einer Erwerbstätigkeit nachgehen, es geschieht aber im Einvernehmen der Eheleute unter möglichst weitreichender Wahrung der Belange der Kinder. Nach dem Auseinanderbrechen der Familie hat sich die Situation meist entscheidend verändert, und zwar auch zu Ungunsten der Kinder. Das kann bei der Prüfung der Erwerbsobliegenheit des nunmehr nur noch allein sorgeberechtigten Elternteils nicht außer Betracht bleiben. Im einzelnen wird hierzu auf die nachstehenden Rdn. 21 bis 27 verwiesen. 5. Volljährige Kinder Sind die Kinder volljährig, kommt im allgemeinen ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 1 8 nicht mehr in Betracht, auch wenn die Kinder noch im Haushalt des vormals betreuenden Elternteils leben und noch versorgt werden (a.A. Roth-Stielow, NJW 82, 425). Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein oder mehrere Kinder infolge körperlicher oder geistiger Behinderungen noch pflegebedürftig sind (OLG Celle FamRZ 87, 1038: ein autistisches Kind war aufgrund seiner Behinderung nicht altersgemäß entwickelt und bedurfte ständiger Beaufsichtigung und Betreuung; OLG Frankfurt FamRZ 87, 175: ein sechzehnGerhard Griesche

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jähriges taubstummes Kind mußte ganztags betreut werden). Ohnehin ist überdurchschnittlich hoher Betreuungsbedarf sogenannter Problemkinder zu berücksichtigen (BGH FamRZ 84, 769, 770). Allerdings muß ein labiler Zustand nicht jede Erwerbstätigkeit des Betreuenden ausschließen (BGH 769, 770).

generell ein angemessen psychischer FamRZ 84,

6. Abweichung zugunsten des Berechtigten 19 Wer eine Ausnahme von der unter den Rdn. 9 bis 18 dargestellten regelmäßigen Handhabung für sich in Anspruch nimmt — etwa mit der Behauptung, das von ihm betreute Kind sei nicht altersgemäß entwickelt oder bereite Schulschwierigkeiten, die einen erhöhten Betreuungsaufwand erforderlich machten —, trägt für die Voraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast (BGH FamRZ 83, 456, 458; 85, 50, 51; Wendlj Staudigl, S. 255; PalandtjDiederichsett, Rdn. 19; BaumgaerteljLaumen, Rdn. 1 zu § 1570; a. A. Johannsenj Henrich jVoelskow, Rdn. 10).

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7. Abweichung zugunsten des Pflichtigen Eine Abweichung vom Regelfall zugunsten des unterhaltspflichtigen Ehegatten kommt in Betracht, wenn dieser in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist und nur den Billigkeitsunterhalt nach § 1581 schuldet. Dieser Umstand führt zu einer Verschärfung der Anforderungen an die im Rahmen des § 1570 vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung. Der Unterhaltsberechtigte wird dann eher gezwungen sein, eine Doppelbelastung durch Betreuung der Kinder und Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Kauf zu nehmen (BGH FamRZ 83, 569, 571; Palandtj Diederichsett aaO). 8. Tatsächliche Betreuung Der Unterhaltsanspruch aus § 1570 setzt voraus, daß der Unterhaltsberechtigte die Kinder auch tatsächlich betreut. Fehlt es hieran — etwa weil das Kind in einem Internat oder einem Heim untergebracht ist —, so kann von dem sorgeberechtigten Elternteil die Ausübung einer Ganztagsbeschäftigung erwartet werden ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 14 zu § 1570; Heissl He iss, 1.4; Wendlj Staudigl, S. 251). Gleiches gilt, wenn das Kind eine Tagesheimschule besucht, weil für das Kind tagsüber in ausreichender Weise gesorgt ist und jedenfalls das Kindeswohl es nicht erforderlich macht, daß der betreuende Elternteil sich nicht dem Erwerbsleben zur Verfügung stellt {GöppingerjKindermann, Rdn. 1113; MüKo¡Richter, Rdn. 10; HeissjHeiss, 1.4). Halten sich die Kinder zwar während längerer Zeiträume, aber nicht regelmäßig bei Dritten auf, so besteht kein Grund zur Versagung eines Unterhaltsanspruchs aus § 1570 (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1262, 1263). Dagegen wird dadurch, daß das Kind eine Kindertagesstätte, einen Kindergarten oder einen Hort besucht, dem betreuenden Elternteil regelmäßig noch nicht die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ermöglicht (BGH FamRZ 83, 456, 458; OLG Bamberg FamRZ 88, 727; RGRK jCuny, Rdn. 10; SoergeljHäberle, Rdn. 10; Göppingerj Kindermann, Rdn. 1116a; KalthoenerjBüttner, Rdn. 353; a. A. JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 10; Rolland, Rdn. 8). Einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils steht der Umstand entgegen, daß die regelmäßige Versorgung des Kindes nicht gewährleistet ist. Infolge häufigerer Erkrankungen von Kindern im entsprechenden Alter, bestehender Verkehrsprobleme, möglicher Schwierigkeiten bei der Einstellung auf Öffnungszeiten und Ferien des Kindergartens sowie auftretender Ausfalle muß damit gerechnet werden, daß die Kinder öfter unbeaufsichtigt bleiben, wenn der betreuende Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht. 238

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Nicht einheitlich wird die Frage beurteilt, ob den betreuenden Elternteil eine Erwerbs- 2 3 Obliegenheit trifft, wenn er sich zur Versorgung und Betreuung der Hilfe Verwandter — etwa der Großmutter des Kindes — bedient. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß jedenfalls dann, wenn das Kind noch nicht schulpflichtig ist, eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils gleichfalls verneint werden sollte (OLG Bamberg FamRZ 88, 727; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 353; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 10; Soergel\Häberle, Rdn. 10). Andere meinen, daß eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils in Betracht komme, wenn die Versorgung des Kleinkindes durch andere Personen, insbesondere durch nahe Verwandte gewährleistet sei (Heiss/Heiss, 1.12; Johannsen\Henrich\Voelsko)v, Rdn. 15 zu § 1361 und Rdn. 10 ff zu § 1570). Das OLG Schleswig (FamRZ 84, 1099, 1100) bejaht in diesem Fall gleichfalls das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit, verlangt indessen, daß das Kind auch während des Bestehens der Ehe im Einvernehmen der Ehegatten durch andere Personen betreut worden ist. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist der Mutter eines Kleinkindes grundsätzlich 2 4 auch dann nicht zuzumuten, wenn das Kind während ihrer berufsbedingten Abwesenheit von zu Hause von einem nahen Angehörigen beaufsichtigt werden kann. Ein Kleinkind benötigt zu seiner gedeihlichen Entwicklung die volle Zuwendung durch eine Bezugsperson. Deshalb wird aus psychologischer Sicht die Ansicht vertreten, daß innerhalb der ersten drei Lebensjahre eines Kindes eine Berufstätigkeit der Mutter grundsätzlich als unerwünscht bezeichnet werden muß (Barth ZBIJugR 78, 49, 51; Limbach, N J W 82, 1721, 1723). Aus der Tatsache, daß von einer Mutter, die ihr Kind in einem Heim oder einem Internat unterbringt, die Ausübung einer Ganztagstätigkeit verlangt wird, kann nicht hergeleitet werden, daß gleiches dann auch bei ganztägiger Betreuung des Kleinkindes durch die Großmutter gelten müsse. Daß die kollektive Erziehung des Kindes ohne Vorhandensein einer festen Bezugsperson zu Entwicklungsdefiziten und geistig-seelischen Störungen führen kann, ist kaum in Zweifel zu ziehen (vgl. Barth aaO mwN). Wenn gleichwohl in Fällen der Heimunterbringung von Kindern den Müttern eine Erwerbstätigkeit abverlangt wird, so beruht dies darauf, daß durch die Kindesbetreuung ihre Zeit jedenfalls in meßbarem Umfang nicht in Anspruch genommen wird. Anders ist es aber dann, wenn die Mutter die Kinder während der Zeit ihrer berufsbedingten Abwesenheit durch dritte Personen betreuen läßt. In diesem Fall bleibt sie einmal die Hauptbezugsperson des Kindes, und außerdem ist sie immer noch einer Doppelbelastung ausgesetzt, die sich insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende auswirkt. Die vorstehend erörterten Grundsätze beschränken sich aber nicht auf die Möglich- 2 5 keit einer Fremdbetreuung von Kindern im Alter bis zu 3 Jahren. Auch in den folgenden Jahren benötigen die Kinder noch eine kontinuierliche und gründliche Vorbereitung auf die Anforderungen des Lebens durch eine primäre Bezugsperson (Barth aaO, S. 53). Deshalb ist bis zur Vollendung des 2. Schuljahres des Kindes auch dann eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils zu verneinen, wenn ein naher Verwandter oder eine andere dritte Person vorhanden ist, die zeitweise die Beaufsichtigung des Kindes übernimmt ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 15; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 18; Schwab, 1. Auflage, Rdn. 244; a. A. wohl Ermanj Dieckmann, Rdn. 16). Zutreffend hat deshalb der BGH einen Unterhaltsanspruch in einem Fall bejaht, in dem die Mutter sich einer Ausbildung unterzogen hat und während der Zeit ihrer Abwesenheit von zu Haus ihr Kind von dessen Großmutter hat betreuen lassen (FamRZ 87, 252, 253; anders aber: OLG Schleswig FamRZ SchlHA 84, 163). Nicht gefolgt werden kann dagegen dem OLG Koblenz (FamRZ 87,1269), das die Betreuung eines sechsjährigen Kindes durch den Lebensgefährten der Mutter während der Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung als ausreichende Wahrung der Belange des Kindes angesehen hat. Gerhard Griesche

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Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zwingend, daß der sorgeberechtigte Elternteil nicht gegen seinen Willen darauf verwiesen werden kann, das Kind bei einer Pflegemutter oder in einem Heim unterzubringen, bzw. es von einem Verwandten ganz oder teilweise betreuen zu lassen mit der Folge des Ansatzes eines Entgelts aus fiktiver Erwerbstätigkeit, wenn er dem nicht nachkommt (OLG Stuttgart FamRZ 84, 611; RGRK/C»«y, Rdn. 18; Soergel/Häberle, Rdn. 10; HeissjHeiss 1.6; Koehkr, Rdn. 370; DerlederjDerleder FamRZ 77, 587, 589; a . A . Johannsen¡Henrich¡Voelskon>, Rdn. 11 ff; Rolland, Rdn. 11).

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Soweit der hier vertretenen Auffassung entgegengehalten wird, daß diese nicht in Einklang mit dem wohlverstandenen Interesse der Frauen an einer Wiedereingliederung in das Berufsleben, die trotz Kindesbetreuung das Ziel sein müsse, stehe (Johannsenj Heinrich/Voelskow, Rdn. 12; aber auch Göppingerj Kindermann, Rdn. 1117; Derlederj Derleder FamRZ 77, 587, 589; Limbach N J W 82, 1721, 1725), kann das nicht akzeptiert werden. Daß die Eingliederung, respektive Wiedereingliederung der Mutter in das Erwerbsleben möglichst schnell verwirklicht werden sollte, unterliegt keinem Zweifel. Bei einer Abwägung zwischen Kindeswohl und Elterninteresse hat aber — vor allem in Hinblick auf den Zweck der Vorschrift des § 1570 — ersteres den Vorzug.

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Ist der betreuende Elternteil vorübergehend an der tatsächlichen Betreuung des Kindes gehindert — etwa weil sich das Kind im Krankenhaus aufhält oder eine längere Ferienreise unternimmt —, so bleibt grundsätzlich der Unterhaltsanspruch aus § 1570 bestehen (Schwab/Borth IV, Rdn. 99; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 354 a; ErmanjDieckmann, Rdn. 16). Dies kann indessen anders zu beurteilen sein, wenn dieser Zustand über einen längeren Zeitraum hinweg anhält (KalthoenerjBüttner aaO drei Monate). Es kommt dann die vorübergehende Übernahme von Aushilfstätigkeiten in Betracht. Hat der sorgeberechtigte Elternteil seine Hinderung, das Kind zu betreuen und zu erziehen, selbst zu verantworten — so im Fall der Verhängung einer Freiheitsstrafe — kann der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte für diesen Zeitraum nicht auf Unterhalt in Anspruch genommen werden, selbst wenn noch ein ungedeckter Bedarf bestehen sollte {ErmanjDieckmann aaO).

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9. Unterscheidung zwischen Aufnahme und Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit Bei den Anforderungen an den Umfang der Erwerbsobliegenheit wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschieden zwischen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Trennung oder Scheidung und der Fortsetzung einer vor diesem Ereignis ausgeübten Tätigkeit. Fast allgemein wird angenommen, daß die Fortsetzung einer während des Bestehens der Ehe verrichteten Erwerbstätigkeit eher zumutbar sei (BGH FamRZ 81, 1159, 1161; 83, 569, 570; OLG Düsseldorf FamRZ 80, 685; OLG Karlsruhe FamRZ 80, 365; Wendl¡Staudigl, S. 256; PalandtjDiederichsen, Rdn. 17; Soergel\ Rdn. 1116). AllerHäberle, Rdn. 9; a.A. KG FamRZ 81, 869, 870; GöppingerjKindermann, dings gilt dies von vornherein dann nicht, wenn die Erwerbstätigkeit aus Not, etwa weil der andere Ehegatte bei Einsetzen der Ehekrise den Familienunterhalt nicht mehr zur Verfügung gestellt hat, aufgenommen worden ist; in diesem Fall ist die Fortsetzung der Tätigkeit — bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1570 — schlechthin unzumutbar (BGH FamRZ 81, 1159, 1161; OLG Karlsruhe FamRZ 81, 559; OLG Stuttgart FamRZ 80, 1003, 1004; HeissjHeiss, 1.8; R G R K / C u n j , Rdn. 15). Beruhte die Ausübung der Erwerbstätigkeit dagegen auf einem gemeinsamen Entschluß der Ehegatten, soll hieraus ein bedeutsames Indiz über die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung hergeleitet werden (BGH FamRZ 81, 1159, 1161; Koehler, Rdn. 373). Dies wird zum Teil auch dann so gesehen, wenn es sich um ein Kleinkind 240

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handelt, das die Ehegatten aufgrund eines gemeinsam gefaßten Entschlusses von Dritten haben betreuen lassen, um beiden Eltern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (OLG Schleswig FamRZ 84, 1099, 1100; RGRK¡Cuny, Rdn. 15). Richtig ist, daß in derartigen Fällen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch durch 3 0 den Ehegatten, der nach der Scheidung die Betreuung der Kinder übernimmt, den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hat. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß die Trennung und anschließende Scheidung der Eheleute fast immer mit einschneidenden Veränderungen für alle Beteiligten verbunden ist. Während bestehender Ehe haben sich die berufstätigen Partner die anfallenden Betreuungsaufgaben in aller Regel geteilt; mit der Trennung und Scheidung fallt einer der Ehegatten weg, so daß die ganze Pflege und Erziehung auf dem anderen Teil lastet. Auch bedürfen insbesondere kleinere Kinder nach der Trennung der Eltern erhöhter Zuwendung, um die Folgen des Auseinanderbrechens der Familie wenigstens einigermaßen zu verkraften. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß § 1570 in erster Linie dem Schutz des Kindes dient, muß es in aller Regel dem betreuenden Elternteil selbst überlassen bleiben, ob er neben der Betreuung eines kleineren Kindes im Alter von etwa bis zu 6 Jahren die vorher ausgeübte Erwerbstätigkeit weiter fortsetzen will (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 354; a. A. RGRK ¡Cuny, Rdn. 15). In allen anderen Fällen sind bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit alle Faktoren zu berücksichtigen, die infolge der Trennung und Scheidung eine Änderung erfahren haben (OLG Karlsruhe FamRZ 80, 365; OLG München FamRZ 82, 270; OLG Koblenz FamRZ 84, 1225, 1226; Der/eder/Derleder, FamRZ 77, 587, 590 f). In Betracht kommen die Veränderung und Erschwerung der Verkehrsverbindungen zum Arbeitsplatz infolge Umzugs und Wegfalls der Möglichkeit, den Pkw des Ehegatten mitzubenutzen (OLG Karlsruhe FamRZ 80, 365), der Fortfall des Anreizes, durch Mehrverdienst ein besonderes Ziel — etwa die Schaffung eines Familienheims — zu erreichen (OLG München FamRZ 82, 270), die Beendigung der Mitarbeit in einem Familienbetrieb (OLG Karlsruhe FamRZ 84, 1225, 1226), der Wegfall eines Verwandten, der den Ehegatten helfend zur Seite stand (Derleder/ Derleder aaO). Stets ist zu prüfen, wie sich im Einzelfall die infolge der Trennung fehlende Möglichkeit, sich innerhalb einer Partnerschaft gegenseitig bei der Erwerbstätigkeit und der Kinderpflege Hilfe zu leisten und die Familienaufgaben auf zwei Personen zu verteilen, auswirkt (Limbach, NJW 82, 1721, 1724). Das gelegentlich in der Rechtsprechung verwendete Argument, wegen des Wegfalls jeder Haushaltsleistung gegenüber dem Mann sei die Fortsetzung der Berufstätigkeit der Frau eher zuzumuten (OLG Nürnberg FamRZ MDR 80, 229, 230), läßt jedenfalls auf ein mangelndes Verständnis der Rechte und Pflichten der Ehegatten, die vor der Trennung eine Doppelverdienerehe geführt haben, schließen (vgl. §§ 1356 Abs. 2, 1360 S. 1). 10. Gleichbehandlung von Mutter und Vater Bei der Prüfung der Anspruchs Voraussetzungen des § 1570 darf nicht darauf abgestellt 31 werden, welcher der beiden Elternteile die gemeinschaftlichen Kinder betreut; Unterhalt kann deshalb auch der betreuende Vater beanspruchen. Dieser Grundsatz ist auch zu beachten, wenn es um die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung einer während der Ehe ausgeübten Erwerbstätigkeit geht (KG FamRZ 81, 869). Soweit im Schrifttum die Ansicht vertreten wird, dem während der Ehe voll berufstätig gewesenen Vater sei die Fortsetzung der Berufstätigkeit zumutbar, der Doppelbelastung sei dadurch Rechnung zu tragen, daß der Vater einen durch die Betreuung des Kindes entstehenden Sonderbedarf von seinem unterhaltsrechtlich erheblichen Einkommen absetzen könne (RGRK¡Cuny, Gerhard Griesche

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Rdn. 16), kann dem nicht gefolgt werden. Diese Auffassung läßt sich mit dem sich aus Artikel 3 Abs. 2 GG ergebenden Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen nicht vereinbaren (a. A. aber auch MüKo/Richter, Rdn. 17, Anmerkung 51).

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11. Betreuung gemeinschaftlicher Kinder durch beide Elternteile Nicht im Gesetz geregelt ist der Fall, daß beide Elternteile gemeinschaftliche Kinder betreuen und damit die Anspruchs Voraussetzungen des § 1570 erfüllen können. Da eine gegenseitige Unterhaltspflicht nicht in Betracht kommt, ist davon auszugehen, daß zur gleichen Zeit nur ein geschiedener Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen haben kann. Wem der Anspruch zusteht, richtet sich nach der Bedürftigkeit und der Leistungsfähigkeit. Anspruchsberechtigt kann nur der gar nichts oder weniger verdienende Ehegatte sein (KG FamRZ 82, 386, 387; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 355; MüKo/Richter, Rdn. 17; HeissjHeiss, 1.14; Johannsen\Henrich/ Voelskaw, Rdn. 13; RGRK/ Cttny, Rdn. 16). Dabei kann bei einer Veränderung der tatsächlichen Umstände die Anspruchsberechtigung auch wechseln. 12. Zeitliche Begrenzung Eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs aus § 1570 kommt nur in Frage, wenn im Einzelfall hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß von einem bestimmten Zeitpunkt an die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr gegeben sein werden (OLG Karlsruhe FamRZ 79, 821; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 17). Eine solche Prognose wird nur ausnahmsweise möglich sein. In der Praxis ist die Benennung eines festen Endzeitpunkts für die Unterhaltspflicht unüblich; die Gerichte verweisen den Unterhaltspflichtigen auf die Erhebung einer Abänderungsklage (vgl. BGH FamRZ 79, 470, 471). 13. Anschlußunterhalt Die Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes hat das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs aus § 1570 zur Folge. Ist die Pflege oder Erziehung eines Kindes nicht mehr erforderlich, weil es älter geworden ist, so wird der zuvor betreuende Elternteil nicht mehr an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert. Es bleibt dann aber im Einzelfall zu prüfen, ob ein Anspruch auf Anschlußunterhalt nach den §§ 1571 Nr. 2, 1572 Nr. 2, 1573 Abs. 3 in Betracht kommt. Die Darlegungs- und Beweislast trifft insoweit den Unterhaltsgläubiger.

IV. Darlegungs- und Beweislast 35

Der Unterhaltsberechtigte hat grundsätzlich auch im Fall des § 1570 die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Hierzu gehört es an sich auch, daß er die Gründe vorträgt und erforderlichenfalls beweist, aus denen sich ergeben soll, daß wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes von ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach der Rechtsprechung des BGH bestehen aber zugunsten des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten, der ein minderjähriges Kind betreut, bestimmte Erfahrungsregeln, so etwa, daß im allgemeinen eine Erwerbsobliegenheit des Elternteils, der ein Kind unter 8 Jahren versorgt, zu verneinen ist. In einem solchen Fall soll es Sache des Unterhaltspflichtigen sein, darzulegen und zu beweisen, daß und warum eine Ausnahme von diesem Grundsatz gemacht werden müsse (BGH FamRZ 83, 456, 458; 83, 996, 997). Dies gilt umgekehrt zulasten des Unterhaltsberechtigten ebenso, wenn es darum geht, die Erfahrungsregel, daß das Heranwachsen eines Kindes in das Alter von etwa 16 Jahren dem betreuenden 242

Gerhard Griesche

§ 1571 BGB

Unterhalt wegen Alters

Elternteil in aller Regel die Möglichkeit eröffnet, eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen (BGH FamRZ 85, 50, 51). Das Schrifttum hat sich der Auffassung des BGH zu Recht weitgehend angeschlossen (MuKoj Richter, Rdn. 15; Soergel/Häberle, Rdn. 17; Palandt\ Diederichsen, Rdn. 19, kritisch: Ermanj Dieckmann, Rdn. 20). Im Abänderungsprozeß trägt zwar grundsätzlich der Abänderungskläger die Darle- 3 6 gungs- und Beweislast für eine wesentliche Veränderung der Umstände, die für die Erstfestsetzung des Unterhalts maßgebend waren. Steht aber fest, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 1570 nachträglich entfallen sind, muß der Unterhaltsberechtigte, der sich gegenüber der Abänderungsklage des Unterhaltspflichtigen darauf beruft, daß ein anderer Unterhaltstatbestand verwirklicht sei, die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen und beweisen (BGH FamRZ 90, 496, 497). § 1571 BGB Unterhalt wegen Alters Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt 1. der Scheidung, 2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder 3. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573 wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Übersicht I. Grundsätzliches II. Begriff des Alters — Keine bestimmte Altersgrenze — Behandlung Selbständiger — Vorgezogene Altersgrenze

Rdn. 1

2—3 4 5

Rdn. -

Flexible Altersgrenze, §§ 25 Abs. 3 AVG, 1248 Abs. 3 R V O — Beispiele aus der Rechtsprechung. . . .

6 7

III. Anspruchskonkurrenzen

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IV. Bestimmte Einsatzzeitpunkte

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I. Grundsätzliches Nach § 1571 ist ein Unterhaltsanspruch gegeben, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit 1 dadurch entstanden ist, daß der Berechtigte wegen seines Alters keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben kann. Es muß ein Kausalzusammenhang zwischen dem Alter des Berechtigten und der Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit bestehen (JohannsenjHenrich] Voelskow, Rdn. 1; Rolland, Rdn. 5; SoergeljHäberle, Rdn. 8). Dagegen setzt der Anspruch nicht voraus, daß die Bedürftigkeit ehebedingt entstanden ist (BGH FamRZ 82, 28; 83, 150, 151). Der Berechtigte braucht also nicht während der Ehe alt geworden zu sein. Vielmehr sind die Tatbestandsvoraussetzungen auch erfüllt, wenn die Eheleute in fortgeschrittenem Alter geheiratet haben, etwa wenn der Berechtigte bereits im Zeitpunkt der Eheschließung wegen seines Alters keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen konnte (OLG Düsseldorf FamRZ 78, 342).

II. Begriff des Alters Eine bestimmte Altersgrenze hat der Gesetzgeber bewußt nicht vorgeschrieben. 2 Der Vorschlag der Eherechtskommission, für Frauen eine feste Altersgrenze von 55 Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 1 BGB

Scheidung der Ehe

Jahren einzuführen, ist im Gesetzgebungsverfahren nicht angenommen worden, weil es für eine Frau unverhältnismäßig leichter sei nachzuweisen, daß sie wegen ihres Alters keine angemessene Erwerbstätigkeit finde, als für den Mann, daß eine solche Erwerbsmöglichkeit vorhanden sei (BT-Drucks. 7/650, S. 123). Gleichwohl wird im Schrifttum mehrheitlich angenommen, daß jedenfalls dann, wenn die in der öffentlichen Rentenversicherung nach den §§ 1248 Abs. 5 RVO, 25 Abs. 5 AVG, 48 Abs. 5 RKnG und in der Beamtenversorgung nach § 41 Abs. 1 BBG festgelegte Altersgrenze von 65 Jahren erreicht ist, auch unterhaltsrechtlich eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann {Kalthoener ¡Büttner, Rdn. 358; RGRK¡Cunj), Rdn. 4; Soergel/Häberle, Rdn. 2; Göppinger/Kindermann, Rdn. 1131; Koehler, Rdn. 284; a. A. JohannsenjHenrich) Voelskow, Rdn. 2f). Die Rechtsprechung sieht dies ebenso, ohne hierfür eine Begründung zu geben. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 1571 sind bei über 65 Jahre alten Unterhaltsberechtigten meist ohne weiteres bejaht worden (BGH FamRZ 80, 981, 982; OLG Koblenz FamRZ 80, 589, 591; OLG Hamm FamRZ 87, 829, 830). Allerdings hat der BGH es in einem Fall für erforderlich gehalten, daß das OLG, an das die Sache aus anderen Gründen zurückverwiesen worden war, bei einem fast 73jährigen Rentner tatsächliche Feststellungen treffen sollte, ob wegen des Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden konnte (FamRZ 84, 364, 365). 3

Der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ist zu folgen. Nach Erreichen des 65. Lebensjahrs kann jedenfalls von einem unselbständigen Erwerbstätigen nicht mehr erwartet werden, daß er weiterhin einen Beruf ausübt. Hierfür spricht nicht nur eine tatsächliche Vermutung (so aber: Bastian] Roth-StieloivjSchmeiduch, Rdn. 3; MüKol Richter, Rdn. 8). Daß Arbeitnehmer vom 65. Lebensjahr an keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen, steht in Einklang mit einer allgemeinen sozialen Gepflogenheit, die auch im Unterhaltsrecht zu berücksichtigen ist. Außerdem darf der in der Ehe nicht erwerbstätige Ehegatte nicht schlechter gestellt werden als der Erwerbstätige, dem vom 65. Lebensjahr an eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zugemutet wird (BT-Drucks. 7/650, S. 123).

4

Andere Maßstäbe gelten für Selbständige und Freiberufler. Für diesen Personenkreis lassen sich hinsichtlich der altersbedingten Beendigung der Berufstätigkeit keine allgemeingültigen Regeln aufstellen. Soziale Gepflogenheiten, die auch im Unterhaltsrecht beachtet werden sollten, existieren gerade nicht. Selbständige richten ihre Entscheidung über die altersbedingte Einstellung der Berufstätigkeit mehr am Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte aus; auch die Sicherung der Altersversorgung spielt eine maßgebende Rolle. Von wann an von einem Unterhaltsberechtigten, der eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, die Fortsetzung dieser Tätigkeit nicht mehr erwartet werden kann, muß deshalb der Beurteilung im Einzelfall überlassen bleiben ( G ö p p i n g e r j Kindermann, Rdn. 1131; Soergel] Häberle, Rdn. 4; MüKo ¡Richter, Rdn. 7; Gernhuber, § 3 0 III 2; KalthoenerjBiittner, Rdn. 358; a. A. Koehler, Rdn. 384, der sich auch bei Freiberuflern für eine absolute Altersgrenze von 65 Jahren ausspricht sowie Schwab ¡Borth IV, Rdn. 121, die nur bei Vorliegen besonderer Umstände — etwa beengter wirtschaftlicher Verhältnisse — dem Freiberufler nach Vollendung des 65. Lebensjahres noch eine Erwerbstätigkeit zumuten wollen).

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Vorgezogene Altersgrenzen sollten für die Frage, ob im Unterhaltsrecht die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann, generell nicht berücksichtigt werden. Sie beruhen vorwiegend nicht auf Gründen, die etwas mit der allgemeinen Erwerbsfähigkeit des Betroffenen zu tun haben, sondern auf anderen Erwägungen, etwa dem Schutz der Allgemeinheit bei gefährdeten Berufen oder einer Entlastung des Arbeitsmarkts. Soweit für bestimmte Berufsgruppen — etwa Polizeivollzugsbeamte, 244

Gerhard Griesche

§ 1 5 7 1 BGB

Unterhalt wegen Alters

Bergleute, Soldaten — vorgezogene Altersgrenzen gesetzlich festgelegt sind, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob der Einsatz in einem anderen Beruf in Betracht kommt {Rolland, Rdn. 4; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 359; Koehler, Rdn. 384). Häufig werden allerdings andere Faktoren vorliegen, die der Aufnahme einer anderen Tätigkeit entgegenstehen. So ist die vorzeitige Pensionierung eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit vom anderen geschiedenen Ehegatten unterhaltsrechtlich hinzunehmen (BGH FamRZ 84, 662, 663 f); das gilt in gleichem Maße für den Unterhaltsberechtigten wie für den Unterhaltspflichtigen. Zum Teil wird im Schrifttum angenommen, daß die Regelungen über die flexible 6 Altersgrenze und den Vorruhestand sowie die in den §§ 25 Abs. 3 AVG, 1248 Abs. 3 RVO für Frauen vorgesehene Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen schon mit der Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente zu beantragen, auch bei der Auslegung des § 1571 zu beachten seien {GöppingerjKindermann, Rdn. 1133; SoergeljHäberle, Rdn. 2; RGRK\Cuny, Rdn. 8; Heissl Heiss, 1.17; differenzierend: Schwab jBorth IV, Rdn. 120). Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Insbesondere die Annahme, aus der Regelung der §§ 25 Abs. 3 AVG, 1248 Abs. 3 RVO folge, daß von Frauen vom Alter von 60 Jahren an auch unterhaltsrechtlich nicht mehr die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erwartet werden könne, führt zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Differenzierung der Erwerbsobliegenheit für Männer und Frauen. Die Besserstellung der Frauen in der Rentenversicherung beruht nicht auf medizinischen, sondern auf sozialpolitischen Erwägungen (MüKo/Richter, Rdn. 6; Rolland, Rdn. 4; a. A. Göppingerj Kindermann aaO). Deshalb ist für eine Privilegierung der Frauen auch im Unterhaltsrecht kein Raum (Koehler, Rdn. 384). Allerdings wird in der Praxis die Neuaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres sowohl für Männer als auch für Frauen kaum realisierbar sein. Dagegen ist von einem geschiedenen Ehegatten, der bereits erwerbstätig ist, unterhaltsrechtlich zu erwarten, daß er diese Tätigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fortsetzt (KG FamRZ 81, 1173, MüKo ¡Richter aaO; Rolland aaO). Tut er dies nicht und macht er von der Möglichkeit, eine vorgezogene Altersrente zu erlangen, Gebrauch, wird er im allgemeinen seinen geschiedenen Ehegatten nicht nach § 1571 auf Unterhalt in Anspruch nehmen können. Richtlinien, von welchem Lebensjahr an frühestens Unterhalt „wegen Alters" gefor- 7 dert werden kann, sind in Rechtsprechung und Schrifttum nicht entwickelt worden. Das OLG Köln (FamRZ 80, 1006) hat einer 54jährigen Frau die Gewährung von Unterhalt nach § 1571 versagt; ebenso hat das Kammergericht bei einer 58jährigen Frau entschieden (mitgeteilt von Griesche FamRZ 81, 423, 425). Bei einer gleichaltrigen Frau hat das OLG Zweibrücken (FamRZ 83, 1138) § 1571 als mögliche Anspruchsgrundlage nicht einmal erörtert. Andererseits hat das OLG München (FamRZ 83, 925) bei einer 50jährigen Frau das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1571 bejaht, weil die Arbeiten, die sie noch hätte verrichten können, den ehelichen Lebensverhältnissen nicht entsprochen hätten. Einer 57jährigen Frau, die während der zwanzig Jahre währenden Ehezeit nicht berufstätig gewesen war, ist bei den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet worden (OLG Stuttgart FamRZ 78, 249, 251). Ebenso hat das OLG Düsseldorf (FamRZ 81, 1184) im Fall einer 60jährigen Frau, die während der zweiunddreißigjährigen Ehe den Haushalt geführt und zwei Kinder großgezogen hatte, entschieden. Das OLG Koblenz (FamRZ 89, 59) hat die Voraussetzungen der Vorschrift des § 1571 bei einer 59jährigen Frau bejaht, ohne dies mit einem Wort zu begründen. Einer 53jährigen Frau ohne Berufsausbildung hat das OLG Hamburg (FamRZ 91, 445) nach 20jähriger Ehe Altersunterhalt zugesprochen, wobei dem Umstand, daß der Mann sich in guten wirtschaftlichen Verhältnissen befand, Gerhard Griesche

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§ 1571 BGB

Scheidung der Ehe

Bedeutung beigemessen wurde. Diese Beispiele machen deutlich, daß generelle Erwägungen nicht greifen. Es kommt vielmehr stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Ob wegen Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann, hängt nämlich auch davon ab, welche Art von Tätigkeit im konkreten Fall in Betracht kommt. Hierzu bestimmt § 1574 Abs. 1, daß der geschiedene Ehegatte nur eine angemessene Tätigkeit auszuüben braucht. Auf welche Kriterien bei der Prüfung des Begriffs der Angemessenheit abzuheben ist, ist in § 1574 Abs. 2 geregelt worden. Die inhaltliche Beschränkung der Obliegenheit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie die gesetzliche Umschreibung der Angemessenheit tragen somit zur Konkretisierung der Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs wegen Alters bei (BGH FamRZ 83, 144, 145). Es kommt also unter anderem auf den Gesundheitszustand des Unterhaltsberechtigten, die ehelichen Lebensverhältnisse, die Dauer der Ehe und die Art der Erwerbstätigkeit, die angemessen wäre, an. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Frage, ob der geschiedene Ehegatte während der Ehe berufstätig war oder sich der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat ( R G R K ¡ C m y , Rdn. 6).

III. Anspruchskonkutrenzen 8

Der Anspruch aus § 1571 kann mit anderen Unterhaltstatbeständen konkurrieren. Häufig liegen neben den Voraussetzungen des § 1571 die des § 1572 (Unterhalt wegen Krankheit) oder des § 1573 Abs. 1 (Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit) vor. Grundsätzlich sollte im Urteil über den nachehelichen Unterhalt klar zum Ausdruck kommen, aus welcher Anspruchsgrundlage die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt hergeleitet wird (vgl. Rdn. 7 zu § 1569). Wie sich aus dem Wortlaut von § 1573 Abs. 1 ergibt, ist der Unterhaltsanspruch aus § 1571 gegenüber dem Anspruch auf Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit vorrangig. In der Praxis ist es indessen oft schwer feststellbar, ob die Bedürfnislage auf die fortgeschrittenen Lebensjahre des Bedürftigen oder auf die ungünstige Situation auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen ist; beide Ursachen greifen auch ineinander über. Trotz der Vorrangigkeit des Anspruchs aus § 1571 empfiehlt es sich, in derartigen Zweifelsfallen § 1573 Abs. 1 als Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Dies ermöglicht eine flexiblere Handhabung bei Abänderungsklagen und dient den Interessen des Unterhaltspflichtigen, weil der Anspruch nicht zwingend für die Zukunft festgeschrieben wird, während der Berechtigte wegen der Regelung es § 1571 Nr. 3 keine Nachteile erleiden kann (RGRK¡Cuny, Rdn. 17; SoergeljHäberle, Rdn. 8; Gernhuber, § 30 III 2).

IV. Bestimmte Einsatzzeitpunkte 9

Der Unterhaltsanspruch aus § 1571 ist nur dann gegeben, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zu bestimmten Einsatzzeitpunkten erfüllt sind. In Betracht kommen der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils (§ 1571 Nr. 1), die Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes (§ 1571 Nr. 2) und des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 oder 1573 (§1571 Nr. 3). Obwohl dies im Wortlaut des §1571 Nr. 2 nicht deutlich genug zum Ausdruck kommt, genügt nicht die tatsächliche Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes; vielmehr müssen die Anspruchsvoraussetzungen des § 1570 vorgelegen haben und später weggefallen sein (Rolland, Rdn. 8; Johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 6; HeisslHeiss, 1.19). Das ist im Fall der Pflege oder Erziehung eines einzelnen Kindes in der Regel dann der Fall, wenn dieses das 15. oder 16. Lebensjahr vollendet hat (BGH FamRZ 90, 260, 262). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob Unterhalt wegen Kindesbetreuung verlangt worden war. Durch die Aneinanderknüpfung verschiedener Einsatzzeitpunkte wird gewährleistet, daß ein Unterhaltsanspruch wegen Alters auch dann besteht, wenn der Zeitraum zwischen Rechtskraft der Scheidung und Eintritt des 246

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Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen

§ 1 5 7 2 BGB

Alters durch einen oder mehrere Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 ff abgedeckt ist. Dabei ist eine große Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten denkbar (Beispiele bei Rolland, Rdn. 9). Es darf indessen keine zeitliche Lücke entstehen (OLG Stuttgart FamRZ 82, 1015; s. a. Rdn. 9 zu § 1569). Anschlußunterhalt wegen Alters in voller Höhe kann der Unterhaltsberechtigte nur verlangen, wenn auch der Voranspruch den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 umfaßt hat. Traf den Unterhaltsberechtigten dagegen trotz Kindesbetreuung oder Krankheit die Obliegenheit zur Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung, so führt der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit infolge Alters zur keiner Erhöhung des Anspruchs (JohannsenjHenrich\ Voelskow, Rdn. 7; Rolland, Rdn. 15; HeissjHeiss, 1.21; vgl. auch Rdn. 9 zu § 1569).

§ 1572 BGB Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt 1. der Scheidung, 2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, 3. der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder 4. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573 an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht verlangt werden kann. Übersicht Rdn. I. Begriff der Krankheit — Allgemeines — Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht — Rentenneurose — Kurzfristige Erkrankungen — Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Nichtausübung der Erwerbstätigkeit — Erforderliche Substantiierung . . . .

Rdn. II. Weitere Einzelfragen — Völlige Erwerbsunfahigeit nicht erforderlich 7 — Ehebedingtkeit der Krankheit? . . . . 8 — Zeitliche Begrenzung des Anspruchs 9 — Anspruchskonkurrenzen 10 — Erfordernis der Einsatzzeitpunkte . . 11 — 12

I. Begriff der Krankheit Nach § 1572 besteht ein Unterhaltsanspruch, solange und soweit wegen Krankheit eine angemessene volle oder teilweise Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die vom Gesetz verwendete Formulierung „Krankheit oder andere Gebrechen oder Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte" ist aus dem Sozialversicherungsrecht übernommen worden (§§ 24 Abs. 2 AVG, 1247 Abs. 2 RVO). Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, daß die im Sozialversicherungsrecht entwickelten Grundsätze uneingeschränkt zur Anwendung kommen (BT-Drucks. 7/650, S. 124). Es muß also ein objektiv faßbarer regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorliegen, der entweder nur der ärztlichen Behandlung bedarf oder (zugleich oder ausschließlich) Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (BSG Bd. 26, 240, 242 f; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 2; Göppingerj Kindermann,

Rdn. 1125;]ohannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 1).

Unerheblich ist, ob die Krankheit selbstverschuldet ist. Deshalb kann auch Alkohol", Drogen- und Medikamentensucht einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 begrünGerhard Griesche

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§ 1 5 7 2 BGB

Scheidung der Ehe

den (OLG Stuttgart FamRZ 81, 963; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 1177, 1178; 87, 1262). Dies kann einmal darauf beruhen, daß auch nach therapeutischer Behandlung (Entziehungskur) körperliche oder psychische Schäden zurückbleiben, die echten Krankheitswert haben, etwa aufgrund eines Persönlichkeitsabbaus (RGRK/Cunj, Rdn. 5). Aber auch die Sucht als solche kann zur ganzen oder teilweisen, dauernden oder vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit führen. Jedoch ist stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 vorliegen, weil der Unterhaltsberechtigte es unterlassen hat, eine medizinisch gebotene Entziehungskur zu machen. Im einzelnen wird insoweit auf die Rdn. 15 zu § 1579 verwiesen. 3

Nicht selten werden durch die mit Trennung und Scheidung verbundenen Belastungen seelische Störungen und Fehlreaktionen ausgelöst, die die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen oder sogar aufheben können. Hierdurch wird grundsätzlich der Krankheitsbegriff im Sinne von § 1572 in gleicher Weise erfüllt wie durch organische Leiden. Ein Sonderfall einer seelischen Fehlreaktion ist die sogenannte Rentenneurose. Sie ist durch die unrichtige oder übertriebene Vorstellung des Berechtigten gekennzeichnet, arbeitsunfähig zu sein. Das Verhalten des Rentenneurotikers wird wesentlich durch die Begehrensvorstellungen geprägt; seine Flucht in die Krankheit darf im allgemeinen nicht dadurch honoriert werden, daß der geschiedene Ehegatte zu Unterhaltszahlungen herangezogen wird. Krankheitswert kommt der Rentenneurose allerdings dann zu, wenn die seelische Störung so übermächtig ist, daß der Berechtigte sie auch im Fall der Aberkennung des Unterhaltsanspruchs nicht überwinden kann, sondern arbeitsunfähig bleibt (BGH FamRZ 84, 660, 661; Göppingen Kindermann, Rdn. 1128; RGRK /Cunj, Rdn. 6; Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 2). Die Beweislast dafür, daß die neurotische Fehlhaltung eine Arbeitsaufnahme ausschließt, trägt der Unterhaltsgläubiger (RGRK/ Cuny aaO; Göppinger/Kindermann aaO). Der Berechtigte ist auf jeden Fall gehalten, den ernsthaften Versuch zu unternehmen, eine Berufstätigkeit auszuüben (OLG Hamburg FamRZ 82, 702; zum Fall einer Rentenneurose vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 90, 68, das zwar die Voraussetzungen des § 1572 bejaht, aber — zu Unrecht — Unterhalt unter Anwendung von § 1579 Nr. 7 versagt hat). Von der Rentenneurose zu unterscheiden ist die simulierte Krankheit, die keinen Unterhaltsanspruch begründet. Im Hinblick darauf, daß die Verstellung schwer erkennbar ist, wird die Hinzuziehung eines qualifizierten Facharztes für Psychiatrie in derartigen Fällen meist unvermeidbar sein.

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Auch kurzfristige vorübergehende Erkrankungen, wie zum Beispiel ein schwerer grippaler Effekt, können einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 auslösen ( G ö p p i n g e r j Kindermann, Rdn. 1125; RGRK/Ca«)', Rdn. 2; MüKo/Richter, Rdn. 4; Heiss/Heiss, 1.22; Schwab/Borth IV, Rdn. 132; a. A. Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 4; Bastian/Roth-Stielow/ Schmeiduch, Anmerkung 2; Schuhmacher, DRiZ 76, 343). Es ist kein Grund ersichtlich, dem Ehegatten, der im Zeitpunkt der Scheidung nicht erwerbstätig ist und durch eine vorübergehende Krankheit an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert wird, einen Unterhaltsanspruch zu versagen. Der Erwerbstätige, der kurzfristig erkrankt, hat dagegen keinen Unterhaltsanspruch nach § 1572, da er Krankengeld erhält und dieses als Einkünfte im Sinne von § 1577 Abs. 1 anzusehen ist, es somit an der Unterhaltsbedürftigkeit fehlt (Göppinger/Kindermann aaO; Soergel/Häberle, Rdn. 3).

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Der umfassende aus dem Sozialversicherungsrecht übernommene Krankheitsbegriff macht es notwendig, den Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit zu prüfen {Göppinger/Kindermann, Rdn. 1126; Rolland, Rdn. 3; Heiss/Heiss, 1.27 a). Der Lebenserfahrung entspricht es, daß sehr viele Berufstätige — jedenfalls in fortgeschrittenerem Lebensalter — trotz gesundheitlicher Beschwer248

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Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen

§ 1572 BGB

den und Abnutzungserscheinungen voll einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Weit verbreitete Unpäßlichkeiten und Abnutzungserscheinungen sind im allgemeinen nicht geeignet, eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 1572 herbeizuführen (BGH FamRZ 84, 353, 356; Göppingerj Kindermann aaO; HeissjHeiss aaO). Allerdings braucht der Berechtigte keinen Raubbau an seiner Gesundheit zu treiben. Insbesondere ist er nicht verpflichtet, durch die Aufnahme oder die Fortsetzung einer Berufstätigkeit eine Verschlimmerung bestehender Leiden in Kauf zu nehmen. Der Unterhaltsberechtigte muß, um die Voraussetzungen des § 1572 darzutun, im 6 einzelnen die Krankheiten, an denen er leidet, angeben und vortragen, inwiefern sich das auf seine Erwerbsfähigkeit auswirkt. Pauschale und kurzgefaßte Angaben über den Gesundheitszustand genügen nicht (BGH FamRZ 82, 779, 781). Führt der behandelnde Arzt zum Beispiel in einer ärztlichen Bescheinigung aus, die geschiedene Ehefrau sei durch die Versorgung des Haushalts und der schwerkranken erwachsenen Tochter ausgelastet und ihr Gesundheitszustand sei nicht gut, so läßt sich hiermit ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 nicht begründen (OLG Köln FamRZ 80, 1006). Als ausreichend hat der BGH dagegen das Vorbringen einer geschiedenen Ehefrau angesehen, sie sei zu einer weitergehenden als der 15 bis 18 Stunden wöchentlich ausgeübten Erwerbstätigkeit gesundheitlich nicht in der Lage, weil sie an einer schmerzhaften Wirbelsäulenerkrankung und einer hochgradigen Beckenbodensenkung leide, weswegen ihr eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 Prozent anerkannt worden sei (BGH FamRZ 88, 265, 266). Bestreitet der in Anspruch genommene Unterhaltspflichtige das tatsächliche Vorbringen, so wird im allgemeinen die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich werden. Vorgelegte Bescheinigungen des behandelnden Arztes sind zwar im Wege des Urkundenbeweises zu würdigen (BGH FamRZ 82, 779, 781; 85, 50, 51); sie werden aber im allgemeinen zum Beweis der Behauptung, daß infolge Krankheit eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann, nicht ausreichen. So hat der BGH die Beurteilung des behandelnden Arztes, der geschiedenen Ehefrau seien allenfalls noch körperliche Frauenarbeiten von 4 bis 6 Stunden täglich unter Vermeidung von Zwangshaltung und Heben und Tragen von Lasten zumutbar, deshalb nicht für beweiserheblich gehalten, weil es sich um eine subjektive Bewertung oder Schlußfolgerung, mithin um eine Gutachterfrage und nicht um eine Tatsache, die Gegenstand eines Zeugenbeweises sein könne, handele (BGH FamRZ 87, 912). Dies schließt es nicht aus, den behandelnden Arzt als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, wenn ein entsprechender Beweisantritt vorliegt. Die Entscheidung darüber, ob infolge der von dem behandelnden Arzt angegebenen Krankheit keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden kann, sollte aber in der Regel nach Hinzuziehung eines neutralen Sachverständigen getroffen werden. Dabei ist indessen zu beachten, daß die Einholung eines Sachverständigengutachtens dem Richter die selbständige und eigenverantwortliche Überprüfung und Würdigung des Falles in medizinischer Hinsicht nicht abnimmt (OLG Stuttgart N J W 81, 2581; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 8). In Hinblick darauf, daß der Gesetzgeber in § 1572 den Krankheitsbegriff aus dem Sozialversicherungsgesetz übernommen hat, ist vom Bestehen einer Erwerbsunfähigkeit auch in unterhaltsrechtlichem Sinne auszugehen, wenn im Unt'erhaltsrechtsstreit Rentenbescheide vorgelegt werden, nach denen der Unterhaltsbedürftige die Voraussetzungen der §§ 1247 Abs. 2 RVO, 24 Abs. 2 AVG erfüllt (BGH FamRZ 83, 574, 576). Eine zusätzliche Prüfung, ob infolge der Krankheit eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, ist nicht erforderlich (a. A. RGRK ¡Cuny, Rdn. 7). II. Weitere E i n z e l f r a g e n Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs aus § 1572 setzt nicht voraus, daß der 7 Berechtigte schlechthin erwerbsunfähig ist; ein Anspruch ist vielmehr bereits dann Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 2 BGB

Scheidung der Ehe

gegeben, wenn oder soweit er aufgrund der Erkrankung keine angemessene Erwerbstätigkeit mehr auszuüben vermag (BGH FamRZ 83, 144, 145 f; OLG Stuttgart FamRZ 79, 1018; SoergeljHäberle, Rdn. 2; Palandtj Diederichsen, Rdn. 8). Zu berücksichtigen sind also neben dem Gesundheitszustand die Ausbildung, die Fähigkeiten und das Lebensalter des Berechtigten sowie die ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1574 Abs. 2). Im einzelnen wird insofern auf die Rdn. 3 — 13 zu § 1574 verwiesen. 8 Keine Anspruchsvoraussetzung ist, daß die durch Krankheit verursachte Bedürfnislage ehebedingt entstanden ist. Jede Krankheit unter Einschluß derjenigen, die bereits bei der Eheschließung vorhanden war, ist geeignet, die Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten auszulösen (BGH FamRZ 81, 1163; OLG Nürnberg FamRZ 81, 964; OLG Oldenburg FamRZ 91, 827). Ebenso ist es unerheblich, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte bei der Eheschließung über die schon bestehende Krankheit informiert war (BGH FamRZ 81, 1163). Im Fall des bewußten Verschweigens der Krankheit bis zur Heirat ist allerdings die Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 7 in Erwägung zu ziehen (JohannsenjHenrich\Voelskow, Rdn. 5; SoergeljHäberle, Rdn. 4). 9 Ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 besteht nur, „solange und soweit" wegen Krankheit von dem geschiedenen Ehegatten eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wird in der Praxis allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, weil es nicht vorauszusehen ist, wann die Krankheit soweit abgeklungen sein wird, daß dem Berechtigten eine Erwerbstätigkeit wieder zugemutet werden kann. Bestehen insofern Zweifel, ist der Unterhalt zeitlich unbegrenzt zuzusprechen und der Unterhaltsschuldner auf den Weg der Abänderungsklage zu verweisen (OLG Hamm FamRZ 82, 170; RGRK¡Cuny, Rdn. 10). Den Unterhaltsgläubiger trifft in einem solchen Fall die Obliegenheit, auf eine entsprechende Anfrage Auskunft über die gesundheitliche Entwicklung zu erteilen (OLG Schleswig FamRZ 82, 1018). Ist trotz der Krankheit noch die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung zu erwarten, so kann nur Teilunterhalt gefordert werden. 10

Auch der Unterhaltsanspruch aus § 1572 kann mit anderen Unterhaltstatbeständen konkurrieren; insbesondere führt oft erst das Zusammenwirken von Alter und Krankheit dazu, daß im Einzelfall die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Welchem dieser beiden Faktoren das Übergewicht zukommt, wird nur schwer festzustellen sein. Deshalb können — in Abweichung von der unter Rdn. 7 zu § 1569 dargestellten Regel — in einem solchen Fall beide Bestimmungen als Anspruchsgrundlage im Urteil genannt werden (a. A. RGRK\Cuny, Rdn. 16). Dagegen muß wegen des Vorrangs des Anspruchs aus § 1572 gegenüber § 1573 Abs. 1 klargestellt werden, inwieweit Unterhalt wegen Krankheit verlangt werden kann. Zu beachten ist dabei, daß beide Tatbestände auch nebeneinander erfüllt sein können, so etwa, wenn dem Unterhaltsberechtigten trotz bestehender Krankheit zwar noch eine Teilzeitbeschäftigung zugemutet werden kann, er aber wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Im übrigen wird wegen der auftretenden Konkurrenzfragen auf die Rdn. 7 zu § 1569 und die Rdn. 8 zu § 1571 Bezug genommen. 11 Anders als nach dem bis zum 30. 6. 1977 geltenden nachehelichen Unterhaltsrecht kann Unterhalt wegen Krankheit nur gefordert werden, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zu bestimmten Einsatzzeitpunkten gegeben sind. Es sind dies der Eintritt der Rechtskraft der Scheidung (§ 1572 Nr. 1), das Ende der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes (§ 1572 Nr. 2), das Ende der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (§ 1572 Nr. 3) und der Wegfall der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573 (§ 1572 Nr. 4). Gegenüber der Vorschrift des §1571 unterscheidet sich §1572 dadurch, daß die Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung als zusätzlicher Einsatzzeitpunkt aufgeführt ist. 250

Gerhard Griesche

Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1 5 7 3 BGB

Ein Anschlußtatbestand nach § 1572 Nr. 2 ist gegeben, wenn die Krankheit in dem Zeitpunkt ausgebrochen war, in dem die Voraussetzungen für einen auf § 1570 gestützten Unterhaltsanspruch wegfallen; im allgemeinen ist dies mit der Vollendung des 16. Lebensjahres des gemeinschaftlichen Kindes der Fall (BGH FamRZ 90, 260; 90, 496, 498). Fehlt der zeitliche Zusammenhang zwischen Beendigung det Erziehung und Pflege des gemeinschaftlichen Kindes und dem Ausbruch der Krankheit, ist noch zu erwägen, ob Anschlußunterhalt nach § 1572 Nr. 4 in Verbindung mit § 1573 Abs. 1 geschuldet wird. Dem steht nicht ohne Weiteres entgegen, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte nach Vollendung des 16. Lebensjahres des Kindes keine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dies gilt vor allem dann, wenn der Unterhaltspflichtige den zuvor nach § 1570 titulierten Unterhalt weiterzahlt und der Berechtigte im Vertrauen auf ein Fortbestehen der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes von Erwerbsbemühungen Abstand genommen hat (BGH FamRZ 90, 496, 498). Zu beachten ist, daß es für die Entstehung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1572 1 2 ausreicht, wenn die Krankheit im Zeitpunkt der Scheidung oder zu einem späteren Einsatzzeitpunkt in der Weise latent vorhanden war, daß sie in nahem zeitlichen Zusammenhang, etwa nach Ablauf einer Inkubationszeit ausbricht (OLG Stuttgart FamRZ 83, 501, 503; MüKoIRichter, Rdn. 10; Rolland, Rdn. 5; johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 7; HeissjHeiss, 1.26; Gernhuber, §30 IV Fn. 5; SoergeljHäberle, Rdn. 5; a. A. RGRK\Cuny, Rdn. 12). Verschlimmert sich ein Leiden, das im Zeitpunkt der Scheidung zwar schon bestand, aber noch die Ausübung einer Teilzeitarbeit zuließ, später so, daß es zur völligen Erwerbsunfähigkeit führt, so sind die zeitlichen Voraussetzungen gegeben; vom Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit an kann der volle Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 gefordert werden (BGH FamRZ 87, 684, 685; Schwab!Borth IV, Rdn. 134). Nicht erforderlich ist, daß die Verschlimmerung in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Rechtskraft der Scheidung steht (a. A. insoweit OLG Stuttgart FamRZ 83, 501, 503, obwohl der BGH FamRZ 87, 684, 685 sich unter anderem auf diese Entscheidung beruft; in dem vom BGH entschiedenen Fall war das Scheidungsurteil am 21. 7. 1983 rechtskräftig geworden und die völlige Erwerbsunfähigkeit im Sommer 1985 festgestellt worden, so daß von nahem zeitlichen Zusammenhang keine Rede sein konnte). Klingt die Krankheit, die im Zeitpunkt der Scheidung zur Erwerbsunfähigkeit geführt hatte, später ab, so entfällt der Unterhaltsanspruch auch dann, wenn die Erwerbsunfähigkeit fortbesteht, weil der Berechtigte an einem anderen Leiden erkrankt ist. Hinsichtlich der später entstandenen Krankheit fehlt es am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen besteht, etwa wenn ein Alkoholkranker durch eine Entziehungskur geheilt wird, infolge des Alkoholmißbrauchs aber später organische Schäden auftreten, die eine Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben.

§ 1573 BGB Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit (1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den § § 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 3 BGB

Scheidung der E h e

(3) Absätze 1 u n d 2 gelten entsprechend, w e n n Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind. (4) Der geschiedene Ehegatte k a n n auch d a n n Unterhalt verlangen, w e n n die E i n k ü n f t e aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es i h m trotz seiner B e m ü h u n g e n nicht g e l u n g e n war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es i h m gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so k a n n er den Unterschiedsbetrag zwischen d e m nachhaltig gesicherten und d e m vollen Unterhalt verlangen. (5) Die Unterhaltsansprüche nach Abs. 1 bis 4 k ö n n e n zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der E h e sowie der Gestalt u n g von H a u s h a l t s f ü h r u n g u n d Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, w e n n der Unterhaltsberechtigte nicht n u r vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht der E h e d a u e r gleich. Schrifttum Christi Zeitliche Begrenzung des Ehegattenunterhalts als Prozeßrisiko: F a m R Z 86, 627; Raiser Hinreichende B e m ü h u n g e n u m angemessene Erwerbstätigkeit; N J W 86, 1919; Vogt Zur „Nachhaltigkeit" der Unterhaltssicherung im künftigen Unterhaltsrecht, F a m R Z 77, 105.

Ubersieht I. Grundsätzliches

Rdn. 1,2

II. Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit (Abs. 1) — Subsidiarität des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 3 — Keine bzw. keine volle Erwerbstätigkeit 4, 5 — Umfang der Erwerbsobliegenheit . . 6 — Art der Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit 7 — 13 — Darlegungs- und Beweislast 14 — Fortdauer der Erwerbsobliegenheit nach Titulierung eines Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 15 — Erforderlichkeit des Vorhandenseins einer Beschäftigungschance 16, 17 — Anspruch auf Finanzierung einer Ausbildung 18 — Zeitpunkt des Beginns der Bemühungen um eine Beschäftigung 19 — 21 — Folgen der Verletzung der Bemühungen um eine Beschäftigung 22 — Dauer des Anspruchs 23 III. Aufstockungsunterhalt (Abs. 2) 1. Grundsätzliches 2. Ausgleich geringer Einkommensunterschiede 3. Aufstockungsunterhalt bei Verletzung der Erwerbsobliegenheit 4. Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht erforderlich 5. Bemessung der Höhe des Anspruchs 252

24 25, 26 27 28 29

Rdn. IV. Zusätzliche Einsatzzeitpunkte (Abs. 3) — Grundsätzliches — Praktische Bedeutung der Vorschrift

30 31

V. Nachträglicher Verlust einer angemessenen Erwerbstätigkeit (Abs. 4) 1. Keine selbständige Anspruchsgrundlage 32 2. Anwendung von Abs. 4 bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor der Scheidung 33 3 Betrachtung ex ante oder ex p o s t . . . 34, 35 4. Einzelfälle 36, 37 5. Zeitfaktor 38 6. Erfordernis der Bemühung um eine Sicherung der Beschäftigung 39 7. Nur Sicherung der Einkünfte aus Erwerbstätigkeit 40 8. Abs. 4 Satz 2 41 VI. Zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs (Abs. 5) 1. Bedeutung der Vorschrift 2. Unterschiede zu § 1578 Abs. 1 Satz 2 3. Vorrangige Anwendung in Fällen des § 1573 Abs. 2 4. Übergangsfrist 5. Darlegungs- und Beweislast 6. Keine Ermessensentscheidung . . . . 7. Zeitpunkt der Entscheidung 8. Beschränkung des Klageantrags . . .

Gerhard G rie sehe

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Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1 5 7 3 BGB

I. Grundsätzliches Kann der geschiedene Ehegatte aus den §§ 1570 bis 1572 keinen Unterhaltsanspruch 1 herleiten, weil er infolge Kindesbetreuung, Alter oder Krankheit nicht an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, so hat er nach dem in § 1569 normierten Grundsatz der Eigenverantwortung für seinen Unterhalt an sich selbst aufzukommen. Der Gesetzgeber mußte indessen dem Umstand Rechnung tragen, daß die Scheidung auch aus anderen mit der Ehe in Zusammenhang stehenden Gründen eine Bedürfnislage des geschiedenen Ehegatten herbeiführen kann. Deshalb begründet § 1573 für drei verschiedene Bedürfnislagen einen Unterhaltsanspruch: Nach Abs. 1 kann der geschiedene Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag (Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit). Übt der geschiedene Ehegatte zwar eine Erwerbstätigkeit aus, kann er aber hierdurch nicht seinen vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 decken, so steht ihm nach Abs. 2 ein Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen seinen Einkünften und dem vollen Unterhalt zu (Aufstockungsunterhalt). Schließlich kann Unterhalt auch dann gefordert werden, wenn eine im Zeitpunkt der Scheidung ausgeübte angemessene Erwerbstätigkeit später wegfällt, bevor eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts eingetreten war (Abs. 4). Die Vorschrift hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung gewonnen; insbesondere 2 mit Unterhaltsansprüchen wegen Arbeitslosigkeit sowie mit Ansprüchen auf Gewährung von Aufstockungsunterhalt hat sich der Familienrichter sehr häufig zu befassen. Dabei ist zu beachten, daß die Absätze 1 und 2 selbständige, voneinander unabhängige Ansprüche begründen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 1; R G R K j C u n y , Rdn. 4; Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 1). Durch Abs. 2 wollte der Gesetzgeber dem weniger verdienenden Ehegatten auch nach der Scheidung die Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards sichern.

II. Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit (Abs. 1) 1. Anspruchsvoraussetzungen Die Zubilligung von Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 setzt zunächst voraus, daß der 3 bedürftige Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat; Abs. 1 ist also gegenüber den genannten Vorschriften subsidiär. Dasselbe gilt gegenüber den Ansprüchen aus den §§ 1575 und 1576, obwohl diese Bestimmungen in § 1573 Abs. 1 nicht genannt sind. Denn auch in den dort geregelten Fällen trifft den bedürftigen Ehegatten keine Erwerbsobliegenheit ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 2; MüKoIRichter, Rdn. 8; Rolland, Rdn. 5; Gernhuber, § 30 V 1). Wird der bedürftige Ehegatte, der im Zeitpunkt der Scheidung trotz ausreichender Bemühungen keine Erwerbstätigkeit finden konnte, im weiteren Verlauf infolge Krankheit erwerbsunfähig, so ist von diesem Zeitpunkt an nicht mehr § 1573 Abs. 1 Anspruchsgrundlage, sondern § 1572; der notwendige zeitliche Zusammenhang mit der Scheidung ist nach § 1572 Nr. 4 gewahrt (BGH FamRZ 88, 927, 928). Ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach Abs. 1 ist nur gegeben, 4 wenn der bedürftige Ehegatte im Zeitpunkt der Scheidung nicht oder nicht voll erwerbstätig ist (BGH FamRZ 85, 53, 55; Lohmann, S. 16). Dagegen ist es unerheblich, ob er gerade wegen der Ehe keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist; die Ehebedingtheit der Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit braucht deshalb nicht festgestellt zu werden (BGH FamRZ 80, 126, 127; MüKo ¡Richter, Rdn. 9; Soergel\Häberle, Rdn. 5; Lohmann, aaO). War der bedürftige Ehegatte während der Ehe berufstätig, hatte er die Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 3 BGB

Scheidung der Ehe

Tätigkeit aber kurz vor der Scheidung aufgegeben, so können die Voraussetzungen des § 1573 Abs. 1 zwar erfüllt sein; es wird in einem solchen Fall jedoch stets zu prüfen sein, inwieweit ein Unterhaltsanspruch nach § 1579 Nr. 3 entfällt (SchwabIBorth IV, Rdn. 139). 5

Nach § 1573 Abs. 1 anspruchsberechtigt ist auch, wer im Zeitpunkt der Scheidung erwerbstätig ist, wenn es sich hierbei um eine unangemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 Abs. 2 handelt ( . S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 4; MüKo/Richter, Rdn. 9; Schwab/ Borth IV, Rdn. 136; a. A. Johannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 4). Eine unangemessene Erwerbstätigkeit kann jederzeit, ohne daß hieraus Nachteile erwachsen können, aufgegeben werden. Behält der anspruchsberechtigte Ehegatte die unangemessene Erwerbstätigkeit bei, ist bei der Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 1 nach § 1577 Abs. 2 zu prüfen, inwieweit das Einkommen bedarfsmindernd heranzuziehen ist.

6

Die Anwendung des Abs. 1 der Vorschrift setzt weiter voraus, daß der geschiedene Ehegatte keine angemessene Tätigkeit zu finden vermag. Aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, daß den bedürftigen Ehegatten die Obliegenheit trifft, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn der bedürftige Ehegatte seine Arbeitssuche zunächst auf bestimmte Tätigkeiten — etwa auf einen vor der Eheschließung ausgeübten Beruf — beschränkt (SoergeljHäberle, Rdn. 7). Bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen muß er aber jede angemessene Erwerbstätigkeit anstreben, denn die unterhaltsrechtlich anzuerkennende Bedürftigkeit setzt erst ein, wenn der geschiedene Ehegatte überhaupt keine angemessene Tätigkeit im Sinne von § 1574 Abs. 2 findet (BGH FamRZ 84, 988, 989).

7

Der sich aus § 1573 Abs. 1 ergebenden Erwerbsobliegenheit kommt der bedürftige Ehegatte nur nach, wenn er unter Einsatz aller ihm möglichen Mittel angemessene Anstrengungen unternimmt, um eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit finden und aufnehmen zu können (OLG Hamm FamRZ 83, 927). Die Meldung beim Arbeitsamt ist zwar erforderlich, sie reicht aber in aller Regel nicht aus (BGH FamRZ 86, 244, 246; 86, 1085, 1086). Das Arbeitsamt hat das staatliche Monopol für die Arbeitsvermittlung. Dennoch suchen sich viele Arbeitgeber ohne Einschaltung des Arbeitsamtes die für offene Stellen benötigten Arbeitskräfte, insbesondere über Stellenanzeigen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern (OLG Stuttgart FamRZ 83, 1233, 1235). Deshalb ist es erforderlich, daß der geschiedene Ehegatte für ihn in Betracht kommende Stellenanzeigen in Zeitungen intensiv studiert und sich systematisch und kontinuierlich bewirbt. An die Erfüllung dieser Obliegenheit werden von der obergerichtlichen Rechtsprechung zu Recht strenge Anforderungen gestellt (OLG Karlsruhe FamRZ 85, 1045; OLG Oldenburg FamRZ 86, 64; OLG Hamm FamRZ 87, 1249).

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Soweit in der jeweiligen Branche schriftliche Bewerbungen üblich sind, muß dem Rechnung getragen werden. Etwa vorhandene Zeugnisse sind beizufügen (OLG Frankfurt FamRZ 82, 376, 377). Das Bewerbungsschreiben darf nicht durch seine äußere Form Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung aufkommen lassen (OLG Bamberg FamRZ 88, 1277). So ist etwa der Hinweis auf die Notwendigkeit der Bewerbung aufgrund eines anhängigen Unterhaltsrechtsstreits unbedingt zu unterlassen (Schwab/Borth IV, Rdn. 141). Auch sind gravierende Form- und Schreibfehler zu vermeiden (OLG Bamberg FamRZ 88, 1277). Zu der Erwerbsobliegenheit des bedürftigen Ehegatten gehört es auch, daß er sich darüber informiert, wie Bewerbungsschreiben nach Form und Inhalt auszusehen haben. Wahllose Bewerbungen bei Firmen, die nicht mit einem Arbeitsplatzangebot in Form einer Stellenanzeige oder durch einen Aushang am Firmengebäude an die Öffentlichkeit getreten sind, erscheinen von vornherein zwecklos und erwecken nur den Eindruck, daß dem Bewerber nicht ernsthaft daran gelegen ist, einen Arbeitsplatz zu finden (OLG Zweibrücken FamRZ 86, 811; OLG Bamberg FamRZ 88, 1277). 254

Gerhard Griesche

Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1573 BGB

Telefonische Bewerbungen sind zumindest für qualifizierte Berufe unangebracht. 9 Sie können nur dann als ausreichend anerkannt werden, wenn der unterhaltbegehrende Ehegatte nachweist, daß in der bestimmten Branche Einstellungen aufgrund telefonischer Bewerbungen vorgenommen werden. Erforderlich ist auch in diesem Fall, daß die einzelnen telefonischen Bewerbungen konkret angegeben werden (OLG Karlsruhe FamRZ 85, 1045). Auch hat der bedürftige Ehegatte dafür Sorge zu tragen, daß er die telefonischen Bewerbungen gegebenenfalls beweisen kann (Anrufe in Gegenwart eines zuverlässigen Zeugen). Überwiegend wird in Rechtsprechung und Schrifttum gefordert, daß der unterhaltsbe- 1 0 gehrende Ehegatte auch eigene Stellenanzeigen aufgibt (OLG Frankfurt FamRZ 82, 376, 377; OLG Bamberg FamRZ 88, 725, 726; HeissjHeiss, 1.37; Rolland, Rdn. 6). Dem ist grundsätzlich zu folgen. Jedoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob dem geschiedenen Ehegatten die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Einen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Erstattung derartiger Aufwendungen hat der bedürftige Ehegatte nicht (a. A. Rolland, Rdn. 6). Von dem geschiedenen Ehegatten muß schließlich verlangt werden, daß er nicht nur 11 auf den Nachweis offener Stellen durch das Arbeitsamt wartet; er muß vielmehr immer wieder bei der Behörde vorsprechen, um die Ernsthaftigkeit seines Wunsches, einen Arbeitsplatz zu finden, unter Beweis zu stellen. Erfahrungsgemäß werden von den Arbeitsämtern vorrangig solche Bewerber in offene Stellen vermittelt, die durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht haben, daß die Meldung als Arbeitsuchender nicht nur formale Gründe hatte. Von der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zum Teil angenommen, daß die 1 2 bestehende Erwerbsobliegenheit auch die Verpflichtung auslöse, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch einen Ortswechsel zu vergrößern (OLG Zweibrücken FamRZ 86, 811; OLG Oldenburg FamRZ 88, 724; Ermanj Dieckmann, Rdn. 9). Zur Begründung wird vor allem darauf hingewiesen, daß der BGH einem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten einen Ortswechsel zumute (FamRZ 81, 539, 540), die Anforderungen an eine Erwerbsobliegenheit beim Berechtigten und Verpflichteten aber grundsätzlich gleich zu beurteilen seien. Letzteres ist sicherlich richtig (Kalthoener] Büttner, Rdn. 374; Schwab]Borth IV, Rdn. 143). Dennoch wird ein Ortswechsel nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Der BGH berücksichtigt in der genannten Entscheidung auch beim Unterhaltspflichtigen den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Im allgemeinen wird man aber einem geschiedenen Ehegatten — vor allem nach längerer Dauer der Ehe — in Hinblick auf bestehende familiäre und sonstige persönliche Bindungen einen Wechsel seines Lebensbereiches nicht zumuten können (Schwab/Borth IV, Rdn. 143). Die Frage nach der Häufigkeit der Bemühungen um einen Arbeitsplatz kann nicht 1 3 generell beantwortet werden, da die Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht überall gleich liegen. Auf jeden Fall ist eine intensive Arbeitsplatzsuche erforderlich. Der bedürftige geschiedene Ehegatte muß jede sich bietende Gelegenheit, einen Arbeitsplatz zu finden, nutzen. Er darf die Arbeitsplatzsuche nicht einige Wochen oder gar einige Monate unterbrechen, ohne daß hierfür ein bestimmter Grund vorhanden ist {Schwab¡Borth IV, Rdn. 142). Die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 1573 14 Abs. 1 trifft den Anspruchsteller. Deshalb hat dieser auch in nachprüfbarer Weise vorzutragen, welche Schritte er im einzelnen unternommen hat, um einen Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen (BGH FamRZ 86, 244, 246; 86, 1085, 1086; 87, 144, 145). Die Beweiserleichterung des § 287 Abs. 2 ZPO kommt Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 3 BGB

Scheidung der Ehe

ihm nicht zugute (BGH FamRZ 86, 885, 886). Bewerbungsschreiben und die Antworten hierauf sind vorzulegen. 15 Ist der Anspruch aus § 1573 Abs. 1 tituliert worden, weil die Bemühungen des Unterhaltsberechtigten um einen Arbeitsplatz nicht zum Erfolg geführt haben, so besteht die Erwerbsobliegenheit grundsätzlich weiter {Johannsen\Henrich\Voelskon>, Rdn. 6). Macht der Verpflichtete in einem Abänderungsprozeß geltend, der Bedürftige habe sich inzwischen nicht in einem ausreichenden Maße um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht, so trifft allerdings nunmehr ihn die Darlegungs- und Beweislast für das tatsächliche Vorbringen (OLG Hamm FamRZ 88, 840; MüKo¡Richter, Rdn. 15; BaumgaerteljLaumen, Rdn. 2; a. A. SoergeljHäberle, Rdn. 14; Klauser MDR 82, 535). Das gleiche gilt, wenn die Abänderungsklage damit begründet wird, daß sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt inzwischen gebessert habe. 16

Die Zuerkennung von Unterhaltsleistungen nach § 1573 Abs. 1 kommt nach der zutreffenden Rechtsprechung des BGH trotz des Fehlens ausreichender Bemühungen des Unterhaltsberechtigten um einen Arbeitsplatz dann in Betracht, wenn nach der objektiven Lage auf dem Arbeitsmarkt und den persönlichen Verhältnissen des Anspruchstellers (Alter, Vorbildung, Berufserfahrung, Gesundheitszustand) eine Beschäftigungschance praktisch ausscheidet (BGH FamRZ 86, 885, 886; 87, 144; 87, 689, 690; 87, 691, 693; 87, 912). Eine auf § 1573 Abs. 1 gestützte Unterhaltsklage darf deshalb nicht schon dann abgewiesen werden, wenn ausreichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle nicht bewiesen worden sind, sondern erst dann, wenn feststeht oder zumindest nicht auszuschließen ist, daß bei ausreichenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Der Tatrichter hat sich aufgrund der jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall die Frage vorzulegen, ob die Möglichkeit, durch eine ernsthafte Arbeitssuche eine Stellung zu finden, real oder doch nicht völlig irreal oder nur theoretischer Art ist. Ernsthafte Zweifel gehen zulasten des Anspruchstellers, da er die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1573 Abs. 1 hat.

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Eine zuverlässige Beurteilung der Lage auf dem Arbeitsmarkt wird im allgemeinen nur durch Einschaltung der Arbeitsämter möglich sein (Schwab/Borth IV, Rdn. 145). Jedenfalls muß einem auf die Einholung einer Auskunft des Arbeitsamtes gerichteten Beweisantrag des Unterhaltsklägers stattgegeben werden, wenn insoweit Streit zwischen den Parteien besteht. Die amtliche Auskunft einer Behörde ersetzt die Zeugenvernehmung des zuständigen Sachbearbeiters (BGH FamRZ 84, 159, 161; 87, 912). Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß eine Zeugenvernehmung meist eine weitergehende Klärung des Sachverhalts ermöglicht, da sich behördliche Auskünfte auf kurze, allgemein gehaltene Hinweise beschränken. Den Besonderheiten des Einzelfalls wird eine Auskunft des Arbeitsamts im allgemeinen nicht gerecht. Allerdings kommt eine Zeugenvernehmung des zuständigen Sachbearbeiters des Arbeitsamts nicht von Amts wegen in Betracht; es muß vielmehr ein entsprechender Beweisantrag gestellt werden.

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Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Vorschrift des § 1573 Abs. 1 auch anzuwenden, solange der geschiedene Ehegatte einer sich aus § 1574 Abs. 3 ergebenden Obliegenheit, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, nachkommt, weil dies zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist (FamRZ 84, 561, 563; ebenso SoergeljHäberle, Rdn. 10; Gernhuber, § 30 VI 3; WendljStaudigl, S. 267; Lohmann, S. 20). Andere leiten in diesem Fall einen Unterhaltsanspruch aus § 1575 her ( P a l a n d t j Diederichsen, Rdn. 11 zu § 1574; Rolland, Rdn. 5 zu § 1573; MüKoj Richter, Rdn. 23 zu § 1574). Entgegen der Ansicht des BGH (FamRZ 84, 561, 563) kann es durchaus darauf ankommen, welcher Vorschrift die Anspruchsgrundlage zu entnehmen ist. Macht der Unterhaltsberechtigte einen Anspruch auf Vorsorgeunterhalt geltend, kann die Klage nur 256

Gerhard Griesche

Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1573 BGB

Erfolg haben, wenn § 1573 Abs. 1 angewendet wird, denn in § 1578 Abs. 3 wird auf § 1575 nicht verwiesen (vgl. auch MüKo/Richter aaO). Der Auffassung des BGH ist der Vorzug zu geben, weil die Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsobliegenheiten nach § 1574 Abs. 3 zu der allgemeinen Obliegenheit gehört, alles zu tun, um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden (Kalthoener\Büttner, Rdn. 376). Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 kann nur verlangen, wer „nach der Scheidung" keine 1 9 angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Diese Formulierung macht einerseits deutlich, daß die Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu einem Zeitpunkt einsetzen müssen, der noch in zeitlichem Zusammenhang mit der Scheidung steht. Andererseits ist der Einsatzzeitpunkt des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 nicht so eng an die Scheidung gebunden wie in den Fällen der §§ 1571, 1572, denn dort wird auf den „Zeitpunkt der Scheidung" abgestellt (BGH FamRZ 87, 684, 687). Wann die Bemühungen um die Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Fall des § 1573 Abs. 1 spätestens anfangen müssen, kann indessen nicht für alle in Betracht kommenden Fälle einheitlich beurteilt werden. Davon auszugehen ist, daß mit der Arbeitssuche jedenfalls zu einem Zeitpunkt begonnen werden muß, der „kurz nach Rechtskraft der Scheidung" liegt (GöppingerjKindermann, Rdn. 266 b), wobei ein Zeitraum von drei Monaten nach Rechtskraft der Scheidung nicht mehr als kurz zu bezeichnen ist ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 8). Von der Rechtsprechung ist der zeitliche Zusammenhang mit der Scheidung in Fällen verneint worden, in denen die Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit eineinhalb Jahre (BGH FamRZ 87, 684, 687) bzw. ein Jahr (OLG Oldenburg FamRZ 86, 64) nach der Scheidung eingesetzt hatten. Darin erschöpft sich die aus dem Einsatzzeitpunkt „nach der Scheidung" ergebende 20 Problematik indessen nicht. So gibt es Fälle, in denen die Bemühungen erst längere Zeit nach Rechtskraft eingesetzt haben, ohne daß es gerechtfertigt erscheint, dem bedürftigen Ehegatten den Vorwurf einer Obliegenheitsverletzung zu machen. Nicht selten machen geschiedene Ehefrauen nach Rechtskraft des Scheidungsverfahrens Unterhaltsansprüche mit der Begründung geltend, sie seien infolge Krankheit erwerbsunfähig und infolge dessen nach § 1572 anspruchsberechtigt. Stellt sich nun in der Beweisaufnahme heraus, daß die Voraussetzungen des § 1572 nicht bewiesen werden können, so kann es dem Anspruchssteiler, der Atteste seiner behandelnden Ärzte, in denen ihm substantiiert völlige Erwerbsunfähikeit bescheinigt worden war, vorgelegt hatte, unterhaltsrechtlich nicht angelastet werden, wenn er erst nach Bekanntwerden des Gutachtens im Unterhaltsrechtsstreit mit der Arbeitssuche beginnt (ebenso Schwab!Borth Rdn. 171). Auf der anderen Seite kann der Anspruchsteller nach den Umständen des Einzelfalles 21 auch schon vor Rechtskraft der Scheidung gehalten sein, sich um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu bemühen (BGH FamRZ 85, 782, 784; 86, 553, 555; OLG Zweibrücken FamRZ 82, 1016, 1017; OLG Hamm FamRZ 86, 1108; 87, 947, 949; 87, 1249; 91, 1310; OLG Bamberg FamRZ 86, 682; MüKo ¡Richter, Rdn. 10; RGRK ¡Cuny, Rdn. 7;]ohannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 5; Ermanj Dieckmann, Rdn. 10). Nur eine solche Auslegung der Vorschrift des § 1573 Abs. 1 wird den Bedürfnissen der Praxis und den schützenswerten Interessen auch des Unterhaltspflichtigen gerecht. Bei längerer Trennungszeit sowie wenn sich der bedürftige Ehegatte auf die Scheidungsabsicht seines Ehepartners und die Endgültigkeit der Trennung einrichten muß, besteht eine Obliegenheit, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Hinsichtlich der Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung nach § 1574 Abs. 3 hat dies auch der BGH angenommen (FamRZ 85, 782, 784; 86, 553, 555). Dann kann aber für den Zeitpunkt der Aufnahme der Bemühung um eine Erwerbstätigkeit ohne die NotwendigGerhard Griesche

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keit, eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung zu absolvieren, nichts anderes gelten. Allerdings hat der BGH die Anspruchsvoraussetzungen des § 1573 Abs. 1 in seinem Urteil vom 1. 4. 1987 (FamRZ 87, 691, 692) mit der Begründung abgelehnt, die Ehefrau sei während der Zeit der Trennung nicht gehalten gewesen, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, weil sie sich auf die Schutzvorschrift des § 1361 Abs. 2 habe berufen können. Andererseits hat der BGH in seinem Urteil vom 2. 7. 1986 (FamRZ 86, 1085, 1086) ausdrücklich hervorgehoben, daß die Erwerbsobliegenheit während der Ehe an andere Voraussetzungen geknüpft ist als die in § 1569 festgeschriebene Obliegenheit eines geschiedenen Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Inwieweit diese Entscheidungen miteinander in Einklang stehen, kann dahingestellt bleiben. Soweit hieraus abzuleiten sein sollte, daß der BGH die Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, grundsätzlich erst mit der Rechtskraft der Scheidung entstehen lassen will, kann dem nicht zugestimmt werden. Jedenfalls bei länger anhaltender Trennung ist es mit dem Grundsatz der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten (§ 1569) nicht zu vereinbaren, daß er sich erst nach Rechtskraft des Scheidungsurteils auf Arbeitssuche begeben muß und den anderen Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann, bis er eine passende Stelle findet (RGRK¡Cuny, Rdn. 7; vgl. auch MüKo¡Richter, Rdn. 10). Eine abweichende Beurteilung liefe darauf hinaus, daß jedenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum der während der Ehe nicht erwerbstätige Ehegatte stets nach § 1573 Abs. 1 unterhaltsberechtigt ist. Feste Grundsätze darüber, wie lange die Trennung gedauert haben muß, um eine Obliegenheit zur Arbeitssuche entstehen zu lassen, können nicht aufgestellt werden (anders: OLG Hamm FamRZ 87, 947, 949: nach dreijähriger Trennung). Dies muß vielmehr der Beurteilung im Einzelfall überlassen bleiben (ebenso RGRK ¡Cuny aaO). 22

Unterläßt der bedürftige Ehegatte die notwendigen Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit, so fehlt eine der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 1; ein solcher Anspruch entsteht gar nicht erst ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 8; MüKojRichter, Rdn. I I a ; Schwab/Borth IV, Rdn. 461; Johannsen]Henrich]Voelskow, Rdn. 6; HeissjHeiss, 1.46). Ob das Verhalten des Unterhaltsbedürftigen darüber hinaus als mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit im Sinne von § 1579 Nr. 3 zu werten ist, ist nicht entscheidungserheblich. Sollte aus der Entscheidung des BGH vom 23. 10. 1985 (FamRZ 86, 553, 555) etwas anderes herzuleiten sein — Schwab!Borth IV, Rdn. 164 und Ermanj Dieckmann, Rdn. 12 nehmen dies an —, könnte dem nicht gefolgt werden. In der Praxis wird dem bedürftigen Ehegatten, der einer ihn treffenden Erwerbsobliegenheit nicht nachkommt, ein Unterhaltsanspruch versagt, ohne daß geprüft wird, ob die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 erfüllt sind. Dies steht in Einklang mit der Überlegung, daß ein Unterhaltsanspruch gar nicht erst entsteht, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 1570 bis 1576 nicht erfüllt sind. Bemüht sich der geschiedene Ehegatte zu den im Gesetz vorgesehenen Einsatzpunkten nicht um die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit, obwohl solche Bemühungen erfolgversprechend wären, fehlt es an einem Merkmal des § 1573 Abs. 1 („solange und soweit er keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag").

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Der Unterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 1 steht dem Unterhaltsberechtigten, soweit nicht die Voraussetzungen des Abs. 5 vorliegen, grundsätzlich zeitlich unbegrenzt zu. Dies schließt es jedoch nicht aus, Unterhalt nur für eine bestimmte Zeit zuzuerkennen, wenn sich der Zeitraum, den der Berechtigte für die Arbeitssuche voraussichtlich benötigen wird, einigermaßen sicher überblicken läßt (OLG Karlsruhe FamRZ 83, 716; Palandtj Diedertchsen, Rdn. 13; Soergel\Häherle, Rdn. 11; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 380). Dagegen kommt eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitserwägun258

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Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1573 BGB

gen — etwa weil der Unterhaltsanspruch wegen Arbeitslosigkeit vom Gesetzgeber nur als Übergangsregelung konzipiert worden war — nicht in Betracht (anders: OLG Hamm FamRZ 80, 258, 260). Eine auf derartige Überlegungen gestützte zeitliche Begrenzung ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen von § 1573 Abs. 5 erfüllt sind. Dies führt im Hinblick auf die Regelung der §§ 1571 Nr. 3, 1572 Nr. 4 in der Praxis häufig dazu, daß ein ursprünglich aus § 1573 Abs. 1 hergeleiteter Unterhaltsanspruch zu einem Anspruch auf Lebenszeit wird.

III. Aufstockungsunterhalt (Abs. 2) 1. Grundsätzliches Durch § 1573 Abs. 2 wird dem geschiedenen Ehegatten, der eine angemessene volle 2 4 Erwerbstätigkeit ausübt, von seinem eigenen Einkommen jedoch nicht den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 decken kann, ein Anspruch auf Ergänzungsunterhalt zugebilligt. Die Vorschrift, die mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerfG FamRZ 81, 745, 750 f), begründet einen gegenüber § 1573 Abs. 1 selbständigen Anspruch. Sie setzt — im Gegensatz zu Abs. 1 — voraus, daß der geschiedene Ehegatte nach der Scheidung erwerbstätig ist (BGH FamRZ 82, 360, 361). Zweck der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung ist es, dem sozial schwächeren Ehegatten den in der Ehe durch die gemeinsame Leistung erreichten Lebensstandard zu erhalten {Schwab/Borth IV, Rdn. 179; Soergel\Häberle, Rdn. 15; MüKo¡Richter, Rdn. 16). Der Anspruch kann auch bestehen, wenn der Anspruchsteller schon vor der Scheidung erwerbstätig war und ein Einkommen erzielt, von dem er, ohne sich nennenswert einschränken zu müssen, seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte (vgl. die vorstehenden Zitate). Soweit in der Rechtsprechung früher vereinzelt eine andere Aufassung vertreten wurde (OLG Braunschweig FamRZ 79, 1020; AG Starnberg FamRZ 79, 590; AG Charlottenburg FamRZ 81, 1182), kann dies als überholt bezeichnet werden (BGH FamRZ 82, 360, 362; 84, 988, 990; 85, 161, 164). Allerdings wurde und wird von Teilen des Schrifttums die Vorschrift des § 1573 Abs. 2 als rechtspolitisch verfehlt bezeichnet und deshalb eine einschränkende Interpretation durch die Rechtsprechung gefordert (vgl. vor allem: ErmanjDieckmann, Rdn. 26; ders.: FamRZ 77, 81, 86; Holzhauer J Z 77, 779, 735 f; Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 12 f). Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Da der Gesetzgeber in § 1578 Abs. 1 S. 1 das Maß des Unterhalts an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichtet hat, war es zwingend geboten, auch dem Ehegatten, der selbst durch eine angemessene Erwerbstätigkeit zur Deckung seines Bedarfs beiträgt, einen Anspruch auf Zahlung des Unterschiedbetrages zwischen seinem Einkommen und dem vollen Unterhalt einzuräumen (Göppinger/Kindermann, Rdn. 261). Es ist auch nicht gerechtfertigt, das Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes zum Anlaß zu nehmen, § 1573 Abs. 2 einschränkend zu interpretieren (so aber: Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 13). Die durch das UÄndG eingeführte Neuregelung des § 1573 Abs. 5 soll in bestimmten Fällen eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Arbeitslosigkeit und des Aufstockungsunterhalts ermöglichen. Das kann aber nicht zur Folge haben, auch bei Sachverhalten, auf die Abs. 5 nicht anzuwenden ist, Abs. 2 gegen seinen Wortlaut und gegen die Absicht des Gesetzgebers des 1. EheRG einschränkend auszulegen. Die Rechtsprechung hat dies bisher auch nicht getan (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 162, 164; KG FamRZ 87, 181, 183). 2. Ausgleich geringer Einkommensunterschiede Entgegen der im Schrifttum überwiegend vertretenen Ansicht (MüKo/Richter, 2 5 Rdn. 19,19 a; Palandt/Diederichsen, Rdn. 15; Schwab/Borth IV, Rdn. 183; Erman/Dieckmann, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Rdn. 26; HeisslHeiss, 1.60) sind auch geringfügige Einkommensunterschiede auszugleichen (ebenso SoergeljHäberle, Rdn. 20). Haben die Eheleute, die in einer Doppelverdienerehe gelebt haben, während des Bestehens der Ehe ihr gesamtes Einkommen verbraucht und kein Vermögen gebildet, so besteht kein Grund, in Fällen, in denen die Einkommensdifferenz nur geringfügig war, von der Anwendung der §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 Abstand zu nehmen. Eine andere Handhabung ist mit dem Gesetz nicht vereinbar, abgesehen davon, daß es auch Ansichtssache sein kann, welcher Einkommensunterschied als „geringfügig" anzusehen ist. Das Unterhaltsrecht enthält eine Fülle von unbestimmten Rechtsbegriffen, was nicht unbedingt zur Rechtssicherheit beiträgt (vgl. Gernhuber FamRZ 83, 1069 ff). Es ist deshalb nicht angebracht, ohne Not und gegen den Wortlaut des Gesetzes die Zahl der unbestimmten Rechtsbegriffe zu vermehren. Bezeichnenderweise will das Kammergericht (FamRZ 81, 156, 157) die Entscheidung der Frage, was als geringfügig anzusehen ist, dem Einzelfall überlassen; SchwabjBorth (IV, Rdn. 183) halten einen Einkommensunterschied von 150,— DM bei beiderseitigen Einkünften im Bereich des notwendigen Selbstbehalts für beachtlich, bei gehobenen Einkommensverhältnissen für geringfügig. 26

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Von der Rechtsprechung werden überwiegend auch geringe Einkommensdifferenzen ausgeglichen (BGH FamRZ 84, 988, 990; OLG Hamm FamRZ 82, 70; KG FamRZ 87, 181, 183; anders: OLG Hamburg FamRZ 86, 1001: kein Aufstockungsunterhalt bei Einkünften von 2200 und 2150 DM). Eine große Rolle spielt diese Frage in der Praxis indessen nicht, was darauf hindeuten dürfte, daß das Argument, die geschiedenen Ehegatten würden beim Ausgleich geringer Einkommensdifferenzen auch in Fällen voneinander wirtschaftlich abhängig bleiben, in denen das von der Sache her nicht geboten ist (vgl. Eyrich FamRZ 84, 941, 944), der Rechtswirklichkeit nicht Rechnung trägt. 3. Aufstockungsunterhalt bei Verletzung der Erwerbsobliegenheit Aufstockungsunterhalt wird nicht nur geschuldet, wenn der bedürftige geschiedene Ehegatte — entsprechend einer gegebenen Erwerbsobliegenheit — eine angemessene Erwerbstätigkeit tatsächlich ausübt. Die Bestimmung gilt vielmehr auch, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich um die ihm obliegende Tätigkeit nicht ausreichend bemüht hat, von einem erzielbaren Einkommen seinen vollen Unterhalt aber nicht bestreiten könnte (BGH FamRZ 88, 927, 928; OLG Stuttgart FamRZ 83, 1233). Die durch Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit erzielbaren Einkünfte sind aufgrund der gegebenen Umstände gemäß § 287 ZPO fiktiv zu ermitteln; die Differenz zwischen dem fiktiven Einkommen und dem vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 ist der nach § 1573 Abs. 2 in diesem Fall zu zahlende Aufstockungsunterhalt [Soergel/ Häher le, Rdn. 16).

4. Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht erforderlich 28 Die Anwendung von Abs. 2 setzt nicht voraus, daß zwischen den geschiedenen Ehegatten zu irgendeinem Zeitpunkt eine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden hat (OLG Düsseldorf FamRZ 83, 1139; SoergeljHäberle, Rdn. 15; für den Fall des § 1361 ebenso: BGH FamRZ 89, 838; a. A. OLG Zweibrücken FamRZ 82, 269). Die ehelichen Lebensverhältnisse sind auch dann von den beiderseitigen Einkünften geprägt worden, wenn während des Zusammenlebens zu den gemeinsamen Ausgaben jeder die Hälfte beigesteuert hat. Obwohl dies in § 1573 Abs. 2 nicht ausdrücklich gesagt worden ist, muß auch diese Bedürfnislage noch in zeitlichem Zusammenhang mit der Scheidung entstanden sein 260

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Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1 5 7 3 BGB

(BGH FamRZ 83, 886; Soergel\Häberle, Rdn. 17). Dies ergibt sich schon aus der in § 1573 Abs. 3 normierten zeitlichen Erweiterung des Anspruchs, die sich auch auf den Aufstockungsunterhalt gemäß Abs. 2 bezieht. 5. Bemessung der Höhe des Anspruchs Für die Berechnung der Höhe des Aufstockungsunterhalts kommt es darauf an, 2 9 ob die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Einkünfte beider Ehegatten bestimmt worden sind (Doppelverdienerehe) oder ob bis zur Scheidung nur der Unterhaltspflichtige Einkommen erzielt hat (Alleinverdienerehe). Im ersten Fall ist der Unterhaltsanspruch nach der Differenzmethode zu ermitteln, das heißt dem weniger verdienenden Ehegatten steht ein bestimmter Anteil der Einkommensdifferenz als Unterhalt zu. Bei der Alleinverdienerehe ist der volle Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 nur nach den Einkünften des bis zur Scheidung erwerbstätigen Ehegatten zu bestimmen. Hierauf ist nach der Anrechnungsmethode das Einkommen des Unterhaltsberechtigten anzurechnen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rdn. 49, 50 zu § 1578 verwiesen. Ist der anspruchsberechtigte Ehegatte nur teilweise erwerbstätig, weil von ihm aus einem der in den §§ 1570 bis 1572 genannten Gründe eine Ganztagsbeschäftigung nicht erwartet werden kann, kommt zusätzlich ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 in Betracht, wenn das Erwerbseinkommen und der nach den §§ 1570 bis 1572 geschuldete Unterhalt den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 nicht decken (BGH FamRZ 90, 492, 494). Im einzelnen wird auf die Rdn. 7 zu § 1569 Bezug genommen.

IV. Zusätzliche Einsatzzeitpunkte (Abs. 3) Durch § 1573 Abs. 3 werden die in Abs. 1 und Abs. 2 geregelten Ansprüche in 3 0 zeitlicher Hinsicht erweitert. Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit und Aufstockungsunterhalt kann danach auch dann verlangt werden, wenn nach der Scheidung der bedürftige Ehegatte zunächst nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 anspruchsberechtigt war, die Voraussetzungen dieser Bestimmungen später aber weggefallen sind. Anschlußunterhalt wird dann geschuldet, wenn vom Zeitpunkt der Scheidung an ohne zeitliche Lücke die Anspruchsvoraussetzungen der verschiedenen Tatbestände gegeben sind. Praktische Bedeutung hat die Vorschrift vor allem beim Wegfall eines Unterhaltsan- 31 spruchs wegen Kindesbetreuung (BGH FamRZ 85, 161, 162). Kindesbetreuung mag zwar der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen; sie hindert den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten von einem bestimmten Zeitpunkt an aber nicht, sich um eine spätere Arbeit zu bemühen (Ermanj Dieckmann, Rdn. 28). Wann der anspruchsberechtigte Ehegatte in diesem Fall mit der Suche nach einer angemessenen Erwerbstätigkeit beginnen muß, ist in Rechtsprechung und Schrifttum noch weitgehend ungeklärt ( S o e r g e l j Häberle, Rdn. 24: „innerhalb des Einsatzzeitraums"; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 13: „im Einzelfall Einsatz der Bemühungen um einen Arbeitsplatz, bevor der vorangegangene Anspruch endgültig entfallen ist"). Allgemeingültige Regeln lassen sich deshalb nicht aufstellen, weil nicht generell gesagt werden kann, von wann an ein Kind nicht mehr betreuungsbedürftig ist. Von dem anspruchsberechtigten Ehegatten muß indessen verlangt werden, daß er nicht erst dann mit der Arbeitsuche beginnt, wenn die Voraussetzungen des § 1570 bereits entfallen sind. Ein am Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit (§ 1569) und der Pflicht, die finanziellen Lasten des geschiedenen Ehegatten möglichst zu verringern (vgl. BGH FamRZ 77, 38, 40), orientiertes Verhalten begründet die Obliegenheit des Bedürftigen, mit den Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu beginnen, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

wenn sich das Ende der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes abzeichnet. Hinsichtlich der hierfür maßgebenden Kriterien wird auf die Rdn. 9 ff zu § 1570 verwiesen. Will der anspruchsberechtigte Ehegatte Anschlußunterhalt nach Wegfall der Voraussetzungen des § 1572 geltend machen, muß er mit den Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit einsetzen, sobald und soweit sein Gesundheitszustand die hiermit verbundenen Belastungen zuläßt. Im Fall des § 1575 ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem sich der Erfolg der Ausbildung mit großer Wahrscheinlichkeit abzeichnet [Ermanj Dieckmann, Rdn. 28). Anschlußunterhalt wird stets nur in dem Umfang geschuldet, in dem ein Vortatbestand gegeben war (OLG Stuttgart FamRZ 83, 501; Göppingerj Kindermann, Rdn. 265). Bestand nur ein Anspruch auf Teilunterhalt, hat es dabei sein Bewenden.

V. Nachträglicher Verlust einer angemessenen Erwerbstätigkeit (Abs. 4) 32

1. Keine selbständige Anspruchsgrundlage Aus Abs. 4 der Vorschrift ergibt sich, daß die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten nicht ein zwangsläufiges endgültiges Erlöschen des Unterhaltsanspruchs aus Abs. 1 zur Folge hat. Vielmehr lebt der Anspruch aus Abs. 1 wieder auf, wenn die Einkünfte zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erzielt werden, weil es dem bedürftigen geschiedenen Ehegatten nicht gelungen war, seinen Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nachhaltig zu sichern. Damit ergänzt Abs. 4 die in den Absätzen 1 und 3 genannten Einsatzzeitpunkte; eine selbständige Anspruchsgrundlage gegenüber den Absätzen 1 bis 3 enthält die Vorschrift nicht ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 25; M ü K o ¡ R i c h t e r , Rdn. 26).

2. Anwendung von Abs. 4 bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor der Scheidung 33 Die Regelung des Abs. 4 kann auch dann praktische Bedeutung gewinnen, wenn der bedürftige Ehegatte schon während der Ehe erwerbstätig war. In diesem Fall ist die Frage, ob durch die Tätigkeit der Unterhalt nachhaltig gesichert war, aus der Sicht im Zeitpunkt der Scheidung zu beurteilen. Dieser Zeitpunkt ist somit der frühestmögliche, auf den bei der Prüfung der Voraussetzungen des Abs. 4 abzustellen ist (BGH FamRZ 85, 53, 55). 3. Betrachtung ex ante oder ex post 34 Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte die angemessene Erwerbstätigkeit erst nach der Scheidung aufgenommen, so war im Schrifttum lange umstritten, von welchem Zeitpunkt aus zu beurteilen ist, ob der Bedürftige durch diese Tätigkeit seinen Unterhalt nachhaltig gesichert hatte. Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, daß es auf den Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit ankomme (Betrachtung ex ante); andere haben sich dafür ausgesprochen, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (Betrachtung ex post, vgl. im einzelnen die Schrifttumsnachweise in BGH FamRZ 85,791). Der BGH hat sich der zuerst genannten Ansicht angeschlossen (FamRZ 85, 1234; 88, 701, 702). Die Streitfrage kann damit zumindest für die Praxis als geklärt angesehen werden. 35

Die Betrachtung ex ante bedeutet nicht, daß aufgrund einer subjektiven Vorausschau nach dem Erkenntnisstand der geschiedenen Eheleute zur Zeit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit festzustellen ist, ob mit einer nachhaltigen Sicherung des Unterhalts gerechnet werden konnte (BGH FamRZ 85, 791). Vielmehr kommt es darauf an, ob bei Aufnahme 262

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Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1 5 7 3 BGB

der Erwerbstätigkeit nach objektiven Maßstäben und allgemeiner Lebenserfahrung mit einer gewissen Sicherheit der Lebensunterhalt als sichergestellt angesehen werden konnte oder ob befürchtet werden mußte, daß der Bedürftige durch außerhalb seiner Entschließung liegende Umstände die Erwerbstätigkeit in absehbarer Zeit wieder verlieren würde. Dabei sind vom Standpunkt eines objektiven Betrachters auch solche Umstände in die Beurteilung einzubeziehen, die zwar bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit schon vorhanden waren, nach außen aber erst später erkennbar geworden sind (BGH FamRZ 85, 1234; 88, 701, 702). Dies bedeutet praktisch, daß die objektivierende vorausschauende Betrachtung häufig zum gleichen Egebnis führen wird wie eine Beurteilung aus nachträglicher Sicht (MüKo¡Richter, Rdn. 28; SoergeljHäberle, Rdn. 27). 4. Einzelfalle Bei einer Beurteilung nach diesen Maßstäben kann nicht von einer nachhaltigen Siehe- 3 6 rung des Unterhalts ausgegangen werden, wenn bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine Erkrankung bereits latent vorhanden war, die schließlich zur Arbeitsunfähigkeit und zum Verlust der Stellung geführt hat (BGH FamRZ 85, 791, 792; OLG Celle FamRZ 83, 717, 718). Das gleiche gilt, wenn der Berechtigte im Rahmen einer zeitlich befristeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig geworden war (OLG Frankfurt FamRZ 87, 1042), wenn ihm im Verlauf der Probezeit gekündigt worden ist oder wenn zu dem maßgebenden Zeitpunkt eine Kündigung durch den Arbeitgeber bereits zu erwarten war (BGH FamRZ 85, 53, 55). Fehlen dem bedürftigen geschiedenen Ehegatten bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit die notwendigen Branchenkenntnisse und das ausreichende Startkapital, kann gleichfalls von einer nachhaltigen Sicherung des Unterhalts keine Rede sein (BGH FamRZ 85, 1234, 1235). Ebenso ist zu entscheiden, wenn wegen zu erwartender Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung und fehlender Kenntnisse auf diesem Gebiet die Stellung als ungesichert anzusehen ist (BGH FamRZ 88, 701, 702). Nachhaltigkeit der Unterhaltssicherung ist von der Rechtsprechung dagegen bejaht 3 7 worden, wenn der bedürftige geschiedene Ehegatte nach Abschluß eines langfristigen Anstellungsvertrages und kurzer Beschäftigungszeit seinen Arbeitsplatz wieder verliert, weil der Arbeitgeber unerwartet in Konkurs fällt (BGH FamRZ 84, 1234; Schwab/Borth IV, Rdn. 176; a. A. Palandt\Diederichsen, Rdn. 23; MüKo/Richter, Rdn. 27, die sich — zu Unrecht — auf BGH FamRZ 85,53,54 berufen). Auch bei Verlust einer gesicherten Erwerbstätigkeit infolge einer Erkrankung, die bei Aufnahme der Arbeit noch nicht bestand, oder aufgrund eines Unfalls lebt der Unterhaltsanspruch nicht nach Abs. 4 wieder auf (Schwab/ Borth aaO; a. A. auch insofern PalandtjDiederichsen aaO). 5. Zeitfaktor Auf die Zeitspanne, in der der bedürftige Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nachgegan- 3 8 gen ist, kommt es bei der Auslegung des Merkmals der Nachhaltigkeit nicht an (BGH FamRZ 85, 1234: kein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs bei unerwartetem Verlust der Stellung nach kurzer tatsächlicher Beschäftigungszeit; OLG Koblenz FamRZ 86, 471: keine Nachhaltigkeit trotz fünfjähriger Erwerbstätigkeit, wenn bei Aufnahme der Tätigkeit abzusehen ist, daß bis zum Eintritt des Rentenalters ein ausreichendes gesichertes Altersruhegeld nicht erreicht werden kann). Der Ansicht Richters (MüKo¡Richter, Rdn. 29), der sich dafür ausspricht, nach einem Zeitraum von zwei Jahren in der Regel davon auszugehen, daß ein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht komme, kann deshalb nicht zugestimmt werden. 6. Erfordernis der Bemühung um eine Sicherung der Beschäftigung Aus der Formulierung des Gesetzes „trotz seiner Bemühungen nicht gelungen" ergibt 3 9 sich, daß die Anwendung von Abs. 4 S. 1 nur in Betracht kommt, wenn der bedürftige Gerhard Griesche

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Ehegatte sich um die Erlangung einer nachhaltigen Erwerbstätigkeit erfolglos ernstlich bemüht hat (SoergeljHäberle, Rdn. 66; MüKo/Richter, Rdn. 30). Hieran fehlt es, wenn er eine Stellung, die seinen Unterhalt nachhaltig gesichert hätte, ohne vernünftigen Grund kündigt oder wenn er die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung durch grobes Fehlverhalten veranlaßt hat (MüKo/Richter aaO; PalandtjDiederichsen, Rdn. 23). Begnügt sich der bedürftige Ehegatte mit der Verrichtung einer vorübergehenden Erwerbstätigkeit, so entfällt ein Unterhaltsanspruch, falls sich feststellen läßt, daß eine nachhaltige Erwerbstätigkeit bei entsprechenden ernsthaften Bemühungen hätte gefunden werden können {SoergeljHäberle, Rdn. 26).

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7. Nur Sicherung der Einkünfte aus Erwerbstätigkeit Die Vorschrift des Abs. 4 stellt nur auf die Sicherung des Unterhalts durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit ab. Auf andere Einkünfte, zum Beispiel auf solche aufgrund der Versorgung eines neuen Partners, ist die Bestimmung nicht anzuwenden (BGH FamRZ 87, 689). Eine dem § 1573 Abs. 4 vergleichbare Regelung enthält für den Fall der Sicherung des Unterhalts durch Vermögen § 1577 Abs. 4 S. 1. Hat der geschiedene Ehegatte keine angemessene Erwerbstätigkeit ausgeübt, so bedarf es im Fall des Verlustes dieser Stellung nicht der Heranziehung des Abs. 4; der Unterhaltsanspruch ergibt sich vielmehr direkt aus § 1573 Abs. 1. 8. Abs. 4 S. 2 Abs. 4 S. 2 bezieht sich auf den Fall, daß der bedürftige Ehegatte seinen vollen Unterhalt durch Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung teilweise nachhaltig sichern konnte; der Unterhaltsanspruch ist dann auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen dem vollen Unterhalt und dem nachhaltig gesicherten gerichtet.

VI. Zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs (Abs. 5) 42

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1. Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift des Abs. 5, die unter bestimmten Voraussetzungen eine zeitliche Begrenzung der auf Abs. 1 und Abs. 2 beruhenden Unterhaltsansprüche ermöglicht, ist durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz eingefügt worden. Grund der Neuregelung war vor allem, daß wegen der ungünstigen Entwicklung der Arbeitsmarktlage Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 weitaus häufiger und für längere Zeiträume zugesprochen werden mußte, als dies vor Inkrafttreten des 1. EheRG vorausgesehen worden war. Die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts wurde für notwendig gehalten, weil die Regelung des § 1573 Abs. 2 in der Praxis der Gerichte eine Bedeutung erlangt hatte, mit der man nicht gerechnet hatte (BT-Drucks. 10/2888, S. 18). Vor allem in Fällen von kinderlos gebliebenen Ehen von nicht allzu langer Dauer kann es im Einzelfall unbillig sein, zeitlich unbegrenzt Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 oder Abs. 2 zuzuerkennen. Durch die gewählte Formulierung „zeitlich unbegrenzter Unterhalt unbillig wäre" wollte der Gesetzgeber indessen zum Ausdruck bringen, daß die Bestimmung Ausnahmecharakter haben soll (BT-Drucks. 10/4514, S. 21). Das ist bei der Anwendung und Auslegung zu beachten. 2. Unterschiede zu § 1578 Abs. 1 S. 2 Von der ebenfalls durch das UÄndG eingefügten, im Wortlaut nahezu gleichen Vorschrift des § 1578 Abs. 1 S. 2 unterscheidet sich § 1573 Abs. 5 einmal dadurch, daß der Unterhaltsanspruch nach Ablauf einer gewissen Ubergangsfrist völlig aberkannt werden kann, 264

Gerhard Griesche

Unterhalt bis zur Erlangung angemessener Erwerbstätigkeit

§ 1573 BGB

während § 1578 Abs. 1 S. 2 nur eine Reduzierung auf den angemessenen Lebensbedarf zuläßt. Andererseits ist § 1578 Abs. 1 S. 2 auf alle Unterhaltsansprüche anwendbar und geht insoweit über § 1573 Abs. 5 hinaus. Die Anwendungsbereiche beider Bestimmungen können sich auch überschneiden. So kann zum Beispiel im Fall des § 1573 Abs. 1 zunächst nach einer Übergangsfrist eine Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf vorgenommen und nach Ablauf einer weiteren Frist der Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 5 ganz versagt werden (BT-Drucks. 10/2888, S. 19). Welche Regelung der Billigkeit am ehesten entspricht, muß der Beurteilung im Einzelfall überlassen werden (vgl. die Beispiele in MüKo/Richter, Rdn. 45). Die Anwendung der Vorschrift erfordert nicht die Feststellung einer groben Unbilligkeit (BGH FamRZ 89, 483, 486; 90, 492, 494). Sie kann auch im Fall einer Kindesbetreuung in Betracht kommen, wenn der Unterhaltsberechtigte hierdurch keine beruflichen Nachteile oder nur kurzfristige Einkommenseinbußen erlitten hat (BGH FamRZ 90, 492, 494). 3. Vorrangige Anwendung auf Fälle des § 1573 Abs. 2 Obwohl der Gesetzgeber in § 1573 Abs. 5 nicht zwischen Arbeitslosen- und Aufstok- 44 kungsunterhalt differenziert, wird eine zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts eher in Erwägung zu ziehen sein {Palandtj Diederichsen, Rdn. 34; MüKo / Richter, Rdn. 43; SoergeljHäberle, Rdn. 40). Die Vorschrift des § 1573 Abs. 2 führt häufig nicht zum Ausgleich ehebedingter Nachteile, sondern zur Erhaltung ehebedingter Vorteile; die zeitlich begrenzte Zubilligung des vollen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen wäre deshalb — bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Abs. 5 — in diesen Fällen meist unbillig. Auch ist die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts für den Berechtigten im allgemeinen mit weniger einschneidenden Folgen verbunden als im Fall des Abs. 1. 4. Übergangsfrist Aus der Formulierung des Gesetzes ergibt sich, daß Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 oder 45 Abs. 2 nicht sofort versagt werden kann. Dem Unterhaltsberechtigten muß vielmehr eine Übergangsfrist zugestanden werden, damit er sich auf den Wegfall seines Unterhaltsanspruchs einstellen kann. Hinsichtlich der Bemessung der Frist wird auf die Rdn. 65 zu § 1578 verwiesen, da die Kriterien insoweit identisch sind. 5. Darlegungs- und Beweislast Abs. 5 ist eine Ausnahmevorschrift, die zu einer Einschränkung des Unterhaltsanspruchs 46 führt. Deshalb hat der Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich die Unbilligkeit der Zuerkennung einer zeitlich unbegrenzten Unterhaltsrente ergeben soll (BGH FamRZ 90, 857, 859; SchwabjBorth IV, Rdn. 218 ff; MüKo/ Richter, Rdn. 40; SoergeljHäberle, Rdn. 38). Dem Unterhaltspflichtigen wird indessen in der Regel die Beweisführung dadurch erleichtert, daß der Berechtigte bereits seinerseits die Umstände vorbringen und gegebenenfalls beweisen muß, die für seine Bedürftigkeit ursächlich sind, so zum Beispiel, daß er eine Arbeitsstelle verloren habe und keine angemessene Erwerbstätigkeit finde oder daß seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht zu seinem vollen Unterhalt ausreichten (BGH FamRZ 90, 857, 859). 6. Keine Ermessensentscheidung Trotz der im Gesetz enthaltenen Formulierung „können zeitlich begrenzt werden", steht 47 diese Entscheidung nicht im Ermessen des Richters. Vielmehr muß bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs vorGerhard Griesche

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§ 1574 BGB

Scheidung der Ehe

genommen werden (JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 34). Dies gilt auch dann, wenn sich der Unterhaltspflichtige nicht ausdrücklich auf die zeitliche Begrenzung des Unterhalts berufen hat {Schwab!Borth IV, Rdn. 618).

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7. Zeitpunkt der Entscheidung Über die zeitliche Begrenzung wird im allgemeinen bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts zu entscheiden sein, denn die Gründe, die eine zeitliche Begrenzung rechtfertigen, werden in diesem Zeitpunkt meist schon vorliegen. Im Hinblick auf die Präklusionsnorm des § 323 Abs. 2 ZPO muß der Unterhaltspflichtige daran interessiert sein, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1573 Abs. 5 vor der ersten Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt vorzutragen. Spielen Umstände eine Rolle, die sich noch nicht abschließend beurteilen lassen, können diese im Wege der Abänderungsklage geltend gemacht werden. 8. Beschränkung des Klageantrags Kommt eine Anwendung der Vorschrift des § 1573 Abs. 5 dem Grunde nach in Betracht, so ist der Unterhaltsberechtigte nicht daran gehindert, dem Rechnung zu tragen und seinen Klageantrag einzuschränken. Hinsichtlich der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen der zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs kann im Hinblick auf den insoweit völlig übereinstimmenden Wortlaut von §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 S. 2 auf die Rdn. 5 8 - 6 6 zu § 1578 Bezug genommen werden.

§ 1574 BGB Angemessene Erwerbstätigkeit (1) Der geschiedene Ehegatte braucht nur eine ihm angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. (2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht; bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. (3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Schrifttum Bosch Neues Ehegattenunterhaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland? FamRZ 84, 1165; Deubner Der Weg in die Unterhaltsknechtschaft, ZRP 72, 153; Dieckmann Die Unterhaltsansprüche geschiedener und getrenntlebender Ehegatten nach dem 1. EheRG vom 14. 6. 1976, FamRZ 77, 81 ff und 161 ff; Holzhauer Die Neuregelung des Unterhalts Geschiedener, JZ 77, 73; Limbach Der Begriff der Angemessenheit im Unterhaltsrecht, Brühler Schriften zum Unterhaltsrecht Bd. 5, S. 26 ff; Lücke Soziologische Aspekte des Problems der „sozialen Gleichwertigkeit" von „ehelichen Lebensverhältnissen" und nachehelicher Erwerbstätigkeit in der Angemessenheitsklausel (§ 1574 BGB) des neuen Scheidungsfolgenrechts (1. EheRG), FamRZ 79, 373; Schumacher Zum Begriff der angemessenen Erwerbstätigkeit im künftigen Unterhaltsrecht geschiedener Ehegatten, DRiZ 76, 343. 266

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Angemessene Erwerbstätigkeit

§ 1 5 7 4 BGB Übersicht Rdn. 1,2

I. Grundsätzliches II. Angemessenheit der Erwerbstätigkeit 1. Allgemeines 2. Ausbiidungsniveau 3. Fähigkeiten geistiger und körperlicher Art 4. Lebensalter des Unterhaltsberechtigten 5. Gesundheitszustand 6. Die ehelichen Lebensverhältnisse — Grundsatz — Berufstätigkeit während der intakten Ehe — Bedeutung der ehelichen Lebensverhältnisse für eine Hausfrau — Dauer der Ehe — Tätigkeiten unter dem Ausbildungsniveau — Kritik an der Rechtsprechung . . .

3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Rdn. III. Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung 1. Allgemeines 2. Ausbildungsobliegenheit wegen schlechter Arbeitsmarktlage 3. Erforderlichkeit von Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung 4. Erfolgreicher Abschluß zu erwarten . . 5. Beginn der Ausbildung 6. Grundlage des Unterhaltsanspruchs wäh rend der Ausbildung 7. Zeitliche Begrenzung des Anspruchs . . 8. Folgen eines fehlenden Erfolges der Ausbildung 9. Obliegenheitsverletzung — Meinungsstand — Anspruch kommt nicht zum Entstehen

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

I. Grundsätzliches Für den Fall, daß der unterhaltsbedürftige geschiedene Ehegatte nach den §§ 1570 bis 1 1572, 1573 gehalten ist, seinen Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu decken, wird dies durch § 1574 Abs. 1 dahin eingeschränkt, daß ihm nur die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit obliegt. Was unter einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu verstehen ist, ist in Abs. 2 der Vorschrift gesetzlich definiert worden. Diese inhaltliche Beschränkung der Obliegenheit zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit hat eine besondere praktische Bedeutung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aus § 1573 Abs. 1 erlangt (Schwab jBorth IV, Rdn. 148). Die gesetzliche Regelung war von Anfang an nicht unumstritten, weil sie den Unter- 2 haltsberechtigten übermäßig bevorzuge und zu einer lebenslangen „Unterhaltsknechtschaft" des Unterhaltspflichtigen führen könne (Deubner ZRP 72, 153; Ermanj Dieckmann, Rdn. 2; Holzhauer J Z 77, 729, 734). Zum Teil wird eine einschränkende Interpretation empfohlen mit der Begründung, daß jede anständige Arbeit auch als angemessen angesehen werden müsse (JohannsenjHenrichj Voelskow, Rdn. 2; Henrich in Festschrift für MüllerFreienfels 289, 326 Fn. 120). Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat bewußt die ehelichen Lebensverhältnisse in den Kreis der Anspruchskriterien einbezogen, um den Ehegatten, der während des Bestehens der Ehe seine Arbeitskraft voll in den Dienst der Familie gestellt hatte, durch die Scheidung nicht zu zwingen, seinen eigenen Lebenszuschnitt zu ändern (BT-Drucks. 7/655, S. 129). Hieran hat der Gesetzgeber auch trotz anderslautender Empfehlungen ( B o s c h FamRZ 84, 1165, 1168) bei der teilweisen Änderung des nachehelichen Unterhaltsrechts durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz festgehalten. Deshalb ist es auch nicht gerechtfertigt, das Merkmal der Angemessenheit allein deshalb als erfüllt anzusehen, weil der Bedürftige die Tätigkeit tatsächlich ausübt, und zwar unabhängig davon, wann er die Tätigkeit aufgenommen hat ( O L G Zweibrücken FamRZ 83, 600, 601; a. A. JohannsenjHenrich\Voelskow, Rdn. 1). Vielmehr führt die Ausübung einer unangemessenen Tätigkeit nicht automatisch zu einer Entlastung des verpflichteten geschiedenen Ehegatten; in einem solchen Fall ist eine Prüfung nach § 1577 Abs. 2 erforderlich, inwieweit der Bedarf des Unterhaltsberechtigten als gedeckt anzusehen ist ( R o l l a n d , Rdn. 1 sowie nachstehend Rdn. 56—63 zu § 1577). Gerhard Griesche

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§ 1574 BGB

Scheidung der Ehe

II. Angemessenheit der Erwerbstätigkeit 3

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1. Allgemeines Inwieweit die Erwerbstätigkeit für den bedürftigen geschiedenen Ehegatten angemessen ist, richtet sich gemäß Abs. 2 danach, ob sie der Ausbildung, den Fähigkeiten, seinem Lebensalter und seinem Gesundheitszustand sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Nach allgemeiner Meinung im Schrifttum sind diese fünf Merkmale, an denen der Gesetzgeber die Beurteilung, ob die Erwerbstätigkeit angemessen ist, ausrichtet, nicht als abschließender Katalog zu sehen, der die Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte von vornherein ausschließt (Schwab¡Borth IV, Rdn. 149; MüKo¡Richter, Rdn. 5; SoergellHäberle, Rdn. 9; Rolland, Rdn. 3). So hat der BGH auch objektive Merkmale — wie die ungünstige Lage auf dem Arbeitsmarkt — in die Prüfung der nach § 1574 Abs. 2 konkret zu beurteilenden Erwerbstätigkeit einbezogen (FamRZ 85, 908, 909). Vorrangig wird indessen daran festzuhalten sein, daß den im Gesetz genannten Kriterien bei der Gesamtabwägung eine besondere Bedeutung zukommt ( S o e r g e l j H ä b e r l e aaO; Schwab ¡Borth aaO). 2. Ausbildungsniveau Soweit das Gesetz in Abs. 2 auf die Ausbildung des geschiedenen Ehegatten abstellt, ist in erster Linie die vor oder während der Ehe abgeschlossene Berufsausbildung gemeint, die zur Ausübung eines bestimmten Berufs berechtigt (MüKo¡Richter, Rdn. 6). War die Berufsausbildung nicht abgeschlossen, ist die Fortsetzung der Ausbildung nach Maßgabe des Abs. 3 in Erwägung zu ziehen. Im Hinblick auf die Veränderungen in der Arbeitswelt, die vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten stattgefunden haben, kommt es nicht allein auf die bestimmte an einem konkreten Berufsbild orientierte Ausbildung an. Gemeint ist vielmehr auch das Ausbildungsniveau, das eine Erwerbstätigkeit in einem dem erworbenen Status entsprechenden Beruf zuläßt (BT-Drucks. 7/650, S. 129). Das Ausbildungsniveau sollte aber, um dem Faktor der Angemessenheit zu entsprechen, eingehalten, jedenfalls nicht wesentlich unterschritten werden (MüKo/Richter, Rdn. 6; Schwab)Borth IV, Rdn. 150; a. A. JohannsenjIIenrichj Voelskow, Rdn. 6). Allerdings wird vor allem dann, wenn der geschiedene Ehegatte lange nicht berufstätig war, wegen der inzwischen eingetretenen Weiterentwicklung eine Wiederaufnahme der Tätigkeit auf dem einmal erlangten Ausbildungsniveau meist nicht möglich sein. Dann ist zur Erlangung einer angemessenen Tätigkeit die Aufnahme einer Fortbildung, gegebenenfalls auch einer Umschulung erforderlich (§ 1574 Abs. 3).

3. Fähigkeiten geistiger und körperlicher Art 5 Unter den Fähigkeiten, deren Berücksichtigung nach Abs. 2 gleichfalls vorgeschrieben ist, sind solche Fähigkeiten geistiger oder körperlicher Art zu verstehen, die der geschiedene Ehegatte außerhalb einer Berufsausbildung durch ausgeübte Tätigkeiten vor oder während der Ehe erworben hat. Gemeint sind sowohl die durch tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlangten Fähigkeiten als auch solche, die auf einer besonderen Begabung — zum Beispiel auf künstlerischem oder musischem Gebiet — beruhen. Zu denken ist etwa an die Ehefrau eines Selbständigen, die im Gewerbebetrieb ihres Ehemannes mitgearbeitet und sich dabei Fertigkeiten im Büro oder im Verkauf verschafft hat (Schwab/Borth IV, Rdn. 151; PalandtjDiederichsen, Rdn. 5; MüKoj Richter, Rdn. 7). Aber auch die Versorgung des Haushalts und die Betreuung der Kinder kann eine geeignete Grundlage für Tätigkeiten in einem fremden Haushalt oder einem sozialpflegerischen Beruf sein (MüKoj Richter aaO; Johannsen/Henrich ¡Voelsfeow, Rdn. 8). Es mag sein, daß im konkreten Fall die Obliegenheit zur Aufnahme einer solchen 268

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§ 1574 BGB

Angemessene Erwerbstätigkeit

Tätigkeit nicht besteht, weil andere in § 1574 Abs. 2 erwähnte Merkmale fehlen und die Erwerbstätigkeit deshalb nicht angemessen ist — die Ehefrau eines gutverdienenden Akademikers wird nicht im Hinblick auf die während der Ehe erworbenen hauswirtschaftlichen Fähigkeiten eine Arbeit als Haushälterin annehmen müssen, da dies nicht den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechen würde (vgl. auch Schwabj Borth IV, Rdn. 51) —, das Vorhandensein entsprechender Fähigkeiten kann jedenfalls nicht in Abrede gestellt werden. Unter Fähigkeiten im Sinne von Abs. 2 sind nur solche zu verstehen, die bei der Scheidung schon tatsächlich vorhanden waren, nicht auch entwickelbare Anlagen {SoergeljHäberle, Rdn. 3). 4. Lebensalter des Unterhaltsberechtigten Das Lebensalter des Berechtigten kann schon der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit 6 generell entgegenstehen, weil die Voraussetzungen des § 1571 erfüllt sind. Ist dies noch nicht der Fall, muß im Einzelfall geprüft werden, ob die konkrete Tätigkeit, um die es geht, im Hinblick auf das Alter noch zumutbar ist. Eine mit erheblichem körperlichem oder seelischem Kraftaufwand verbundene Tätigkeit kann für einen Menschen in fortgeschrittenem Lebensalter unzumutbar sein. Bestimmte Berufe (Pilot, Berufssportler, Vorführdame, Mannequin) können schon in einem Lebensalter nicht mehr ausgeübt werden, in dem die Leistungsfähigkeit im übrigen noch erhalten geblieben ist. War der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte vor der Eheschließung in einem solchen Beruf tätig, trifft ihn die Obliegenheit — eventuell nach Durchführung einer Umschulungs- oder Weiterbildungsmaßnahme —, eine andere Erwerbstätigkeit zu ergreifen (MüKo/Richter, Rdn. 8). Im übrigen wird das Lebensalter bei der Prüfung der Angemessenheit einer Erwerbstätigkeit eine umso größere Rolle spielen, je mehr sich der Unterhaltsberechtigte der Altersgrenze nähert, von der an in der öffentlichen Altersversicherung eine Altersrente gewährt wird (grundsätzlich abweichend: JohannsenjHenrich/ Voelskow, Rdn. 9). 5. Gesundheitszustand Auch der Gesundheitszustand ist bereits bei der Frage, ob eine Erwerbstätigkeit 7 überhaupt noch zu erwarten ist, zu berücksichtigen (§ 1572). Ist dies der Fall, kommt es darauf an, inwieweit der Gesundheitszustand des Berechtigten mit den Anforderungen der bestimmten, in Aussicht genommenen Tätigkeit vereinbar ist. So kann zum Beispiel eine Bürokraft, die an einem Wirbelsäulenleiden erkrankt ist, zwar unter Umständen nicht mehr zu Schreibarbeiten an der Schreibmaschine herangezogen werden, aber sie kann noch anderweit einsetzbar sein (MüKo¡Richter, Rdn. 9; Schwab/Borth IV, Rdn. 152). Zu beachten ist, daß es nicht nur auf den Gesundheitszustand im Augenblick der Beurteilung ankommt, sondern dessen voraussichtliche Entwicklung mit in Rechnung zu stellen ist (MüKo ¡Richter aaO; Johannsenj Henrich] Voelskow, Rdn. 10). Soweit die gesundheitliche Beeinträchtigung auf ehebedingte geistig-seelische Störungen zurückzuführen ist, ist mit in Erwägung zu ziehen, ob der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht sogar eine therapeutische Bedeutung zukommt und sie aus diesem Grund wünschenswert ist ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 5). 6. Die ehelichen Lebensverhältnisse Schließlich stellt der Gesetzgeber nicht nur hinsichtlich der Festsetzung der Höhe des 8 Unterhalts auf die ehelichen Lebensverhältnisse ab (§ 1578 Abs. 1 S. 1), sondern auch insofern, als dieses Kriterium für die Angemessenheit einer Erwerbstätigkeit mitbestimmend ist. Die Auslegung dieses Merkmals ist vor allem im Schrifttum nicht unumstritten. Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

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Zu unterscheiden ist zunächst danach, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der Ehe berufstätig war. Hat er durchgehend oder überwiegend eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, so ist diese selbsterwählte Tätigkeit grundsätzlich auch dann als angemessen im Sinne von § 1574 Abs. 2 anzusehen, wenn das daraus erzielte Einkommen deutlich niedriger lag als das des anderen Ehegatten. Die ehelichen Lebensverhältnisse waren in diesem Fall dadurch geprägt, daß die Ehegatten eine Doppelverdienerehe mit unterschiedlichen Einkünften geführt haben; der weniger Verdienende kann nicht nach der Scheidung geltend machen, die von ihm ausgeübte Tätikeit sei nicht den ehelichen Lebensverhältnissen angemessen (OLG Celle FamRZ 80, 581; OLG Köln FamRZ 80, 1006; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 153; Kalthoener\Büttner, Rdn. 347; Ermanj Dieckmann, Rdn. 9).

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Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein Ehegatte — meist die Frau — längere Zeit vor der Scheidung keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder sich nur ein Taschengeld hinzuverdient hat. In diesem Fall kommt den ehelichen Lebensverhältnissen mit zunehmender Dauer der Ehe eine ausschlaggebende Bedeutung zu, wobei nach § 1574 Abs. 2 2. H. S. die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes mitzuberücksichtigen ist (BGH FamRZ 83, 144, 145; KG FamRZ 84, 898, 899; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 815, 816; OLG Zweibrücken FamRZ 83, 600; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 154; Soergeij Häher le, Rdn. 6; M ü K o ¡ R i c h t e r , Rdn. 10; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 9; kritisch: JohannsenjHenrich¡Voelskow, Rdn. 2, 11; Bosch FamRZ 84, 1165, 1168). Die Hausfrau, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg der Versorgung des Haushalts und der Kinderbetreuung gewidmet hat, ist vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht so stark in die durch das Einkommen des Mannes geprägten ehelichen Lebensverhältnisse hineingewachsen, daß ihr eine Abkehr hiervon in aller Regel nicht zuzumuten sein wird. Die Erhaltung des in langjähriger Ehe erworbenen Lebensstandards hat der Gesetzgeber auch sonst privilegiert (§ 1573 Abs. 2). Bei einer über einen längeren Zeitraum hinweg eingetretenen Verfestigung des wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs ist die Verbindung zu den vorehelichen Lebensverhältnissen nicht mehr vorhanden, und eine Rückstufung kann dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht zugemutet werden. Die Angemessenheit einer Berufstätigkeit ist aber vorrangig nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu beurteilen (BGH FamRZ 84, 988, 989). Die hier vertretene Auffassung steht nicht in Widerspruch zur Ansicht des BGH, nach der die ehelichen Lebensverhältnisse bei § 1574 Abs. 2 nur einen von mehreren Gesichtspunkten darstellen, deren Beachtung das Gesetz nach § 1574 Abs. 2 vorschreibt (FamRZ 84, 561, 562). Dies schließt es nicht aus, daß sich die Bedeutung der einzelnen für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebenden Kriterien mit zunehmender Dauer der Ehe und der Kindesbetreuung verschiebt.

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Feste Regeln darüber, von welcher Ehedauer an die Bedeutung der ehelichen Lebensverhältnisse in den Vordergrund tritt, lassen sich deshalb nicht aufstellen, weil die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse im Einzelfall zu unterschiedlich sein kann. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu § 1582 (FamRZ 83, 886) ist aber auch hier daran zu denken, bei einer Ehedauer von etwa 15 Jahren an bei der Beurteilung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit wesentlich auf die ehelichen Lebensverhältnisse abzustellen (Beispiele aus der Rechtsprechung OLG Zweibrücken FamRZ 83, 600; OLG Hamm FamRZ 83, 181, 182; KG FamRZ 84, 898, 899; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 815, 816; 87, 1259, 1260; OLG Karlsruhe FamRZ 85, 1045; aber auch OLG Schleswig FamRZ 82, 703).

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Die Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse kann auch dazu führen, daß der bedürftige Ehegatte sich auf Erwerbstätigkeiten verweisen lassen muß, die unter 270

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seinem Ausbildungsniveau liegen, wenn die Gestaltung der Lebensführung während der Ehe dies rechtfertigt (OLG Hamm FamRZ 88, 840, 841; Heiss/Heiss, 1.43). Von der Rechtsprechung wird die Regelung des § 1574 Abs. 2 oft nicht ausreichend 1 3 beachtet. Vielfach wird — vor allem bei Frauen im mittleren Alter — davon ausgegangen, daß ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne weiteres zugemutet werden kann. Die wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen die Eheleute vor dem Auseinanderbrechen der Ehe gelebt haben, treten dabei oft in den Hintergrund, ohne daß hierzu im einzelnen Stellung genommen wird. In der Tendenz liegen viele Entscheidungen auf der von JohannsenfHenrich] Voelskow aaO und Bosch aaO vertretenen Linie. Auch der BGH hat indessen in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (FamRZ 91, 416) hervorgehoben, daß eine Frau von 50 Jahren, deren frühere Ausbildung wegen der inzwischen eingetretenen Entwicklung eine Rückkehr in den erlernten Beruf nicht mehr zulasse, nach 23jähriger Ehe in guten finanziellen Verhältnissen sich um eine angemessene Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt bemühen müsse. In dem konkret entschiedenen Fall hat der BGH die Tätigkeit der geschiedenen Ehefrau eines Diplomingenieurs mit einem Bruttoeinkommen von rund 10 000,— DM im Monat als Verkäuferin in einem gehobenen Einrichtungshaus nicht als von vornherein unangemessen bezeichnet; es komme auf den Stil des Hauses und die dort herrschenden Arbeitsbedingungen, etwa die Art und den Umfang des regelmäßigen Publikumsverkehrs an (aaO, S. 420). Die Entscheidung vermag nicht zu überzeugen. Die Tätigkeit als ungelernte Verkäuferin kann der geschiedenen Ehefrau eines Diplomingenieurs mit einem überdurchschnittlichen Einkommen auch dann nicht als angemessen i. S. von § 1574 Abs. 2 zugemutet werden, wenn sie in einem Einrichtungshaus mit gehobenem Niveau ausgeübt wird.

III. Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung 1. Allgemeines Nach § 1574 Abs. 3 trifft den geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit, sich aus- 1 4 bilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, soweit dies zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist und ein erfolgreicher Abschluß erwartet werden kann. Die in Abs. 3 verwendeten Begriffe haben dieselbe Bedeutung wie in § 1575 BGB. Auf die Rdn. 3, 25 zu § 1575 wird daher verwiesen. Die Bestimmung ist als Ausprägung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit nach der Scheidung anzusehen und ist deshalb auch mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar (OLG Schleswig FamRZ 82, 703, 704; SoergeljHäberle, Rdn. 14). Die Obliegenheit zur Weiterbildung tritt an die Stelle der Obliegenheit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, wenn im konkreten Einzelfall nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die nach den Kriterien des § 1574 Abs. 2 als unangemessen anzusehen sind (BGH FamRZ 84, 561, 562; 86, 1085, 1086). Nach den Gesetzesmaterialien hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorschrift vor allem die Fälle im Auge, in denen der geschiedene Ehegatte nach der Scheidung den Anforderungen der Arbeitswelt nicht mehr gewachsen ist und deshalb keine angemessene Erwerbstätigkeit findet (BT-Drucks. 7/650, S. 129). Eine Weiterbildung kann ferner geboten sein, wenn sich die Lebensstellung des unterhaltsbedürftigen Ehegatten während der Ehe verbessert hat und ihm die erlernte oder früher ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann (Schwab!Borth IV, Rdn. 159; Göppinger]Kindermann, Rdn. 1041). 2. Ausbildungsobliegenheit wegen schlechter Arbeitsmarktlage Die Obliegenheit nach § 1574 Abs. 3 besteht auch dann, wenn der geschiedene Ehegatte 1 5 wegen der schlechten Arbeitsmarktlage keine Erwerbstätigkeit findet {Kalthoenerj Büttner, Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 4 BGB

Scheidung der Ehe

Rdn. 376; a. A. Schwab, 1. Aufl., Rdn. 258; GöppingerjKindermann, Rdn. 1041; zweifelnd: Schwab ¡Borth IV, Rdn. 151; offengelassen von: OLG Karlsruhe FamRZ 84, 1018). Mit dem in § 1569 normierten Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit nach der Scheidung ist nur eine Auslegung des § 1574 Abs. 3 vereinbar, die es dem bedürftigen Ehegatten auferlegt, nach Möglichkeit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß er seinen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit decken kann. Nicht anwendbar ist die Bestimmung dagegen, wenn der geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, die seinen vollen Unterhalt aber nicht deckt (MüKo/Richter, Rdn. 23; Schwab/Borth IV, Rdn. 160; a.A. SoergeljHäberle, Rdn. 14; Göppingerj Kindermann, Rdn. 1041; Rolland, Rdn. 17). Die Gegenansicht ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck der Vorschrift vereinbar. Dem geschiedenen Ehegatten, der voll erwerbstätig ist, ohne mit dem Verdienst seinen vollen Unterhalt sichern zu können, steht nach § 1573 Abs. 2 ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu; eine Weiterbildung oder Umschulung kann nicht von ihm verlangt werden.

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3. Erforderlichkeit von Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung muß zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich sein. Dieses Merkmal ist nur erfüllt, wenn ohne die Maßnahme die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht möglich ist (BGH FamRZ 84, 561, 563). Ziel der Fortbildung muß ein dem Typ nach anerkannter Beruf sein, der geeignet ist, den Unterhalt nachhaltig zu sichern (OLG Schleswig FamRZ 82, 703, 704). Den berechtigten Wünschen und Neigungen des geschiedenen Ehegatten ist angemessen Rechnung zu tragen. Er braucht sich nicht ohne Rücksicht auf seine Neigungen einem Beruf zuzuwenden, der ihm nach möglichst kurzer und möglichst kostengünstiger Ausbildung den Zugang zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit erschließt. Eine besonders zeit- und kostenaufwendige Ausbildung kommt aber nur in Betracht, wenn außergewöhnliche Gründe dies rechtfertigen (BGH FamRZ 84, 561, 563). Auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen kann in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein. 4. Erfolgreicher Abschluß zu erwarten Die Obliegenheit zur Ausbildung oder Weiterbildung besteht nur dann, wenn ein erfolgreicher Abschluß zu erwarten ist. Dies wird einmal von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten sowie dem Gesundheitszustand und dem Alter des geschiedenen Ehegatten abhängen (PalandtjDiederichsen, Rdn. 15). Eine Obliegenheit zur Ausbildung entfällt vor allem dann, wenn der geschiedene Ehegatte sich nach Abschluß der Ausbildung in einem Alter befindet, in dem er nicht mehr damit rechnen kann, einen Arbeitsplatz zu finden (JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 19). Im Fall einer im Zeitpunkt des Beginns einer fünf Jahre dauernden Ausbildung 45jährigen Frau ist das Bestehen einer Ausbildungsobliegenheit in der Rechtsprechung bejaht worden (OLG Schleswig FamRZ 82, 703, 704); bei einer 56jährigen Frau ist das OLG Zweibrücken (FamRZ 83, 600, 601) zum gegenteiligen Ergebnis gekommen. Zu berücksichtigen sind ferner äußere Umstände wie die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Es muß eine Prognose aufgestellt werden, ob in den in Betracht kommenden Bereichen objektiv ein Bedarf an Arbeitskräften besteht (BGH FamRZ 86, 553, 555).

5. Beginn der Ausbildung 18 Anders als § 1575 Abs. 1 S. 1 schreibt § 1574 Abs. 3 nicht vor, wann mit der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung begonnen werden muß. Daraus wird zum Teil im 272

Gerhard Griesche

Angemessene Erwerbstätigkeit

§ 1574 BGB

Schrifttum die Auffassung hergeleitet, daß ein zeitlicher Zusammenhang mit der Scheidung nicht gefordert werden kann (Rolland, Rdn. 18 b). Überwiegend wird indessen angenommen, daß die Aufnahme der Ausbildung in angemessenem zeitlichen Abstand zur Scheidung oder einem gleichgestellten Einsatzzeitpunkt stehen muß (PalandtlDiederichten, Rdn. 13; Soergel\Häberle, Rdn. 19; RGRK/C»»j, Rdn. 16; HeissjHeiss, 1.46; Schwab j Borth IV, Rdn. 160). Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, da anderenfalls die Belange des Unterhaltspflichtigen nicht gewahrt würden, denn dieser hat ein berechtigtes Interesse daran, alsbald nach der Scheidung zu erfahren, welche finanziellen Belastungen aus der gescheiterten Ehe noch auf ihn zukommen. Andererseits muß dem bedürftigen Ehegatten eine gewisse Überlegungsfrist eingeräumt werden, da die Entscheidung für eine bestimmte Aus- oder Fortbildungsmaßnahme nicht immer leicht sein wird. Soweit im Schrifttum vom Bestehen einer Ausbildungsobliegenheit im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung (SoergeljHäberle, Rdn. 19) oder sogar schon während der Zeit der Trennung (JohannsenjHenrichj Voelskow, Rdn. 19) ausgegangen wird, wird dies den Interessen des bedürftigen Ehegatten häufig nicht gerecht werden. Hatte der geschiedene Ehegatte — etwa aufgrund präziser Atteste seines behandelnden Arztes — Grund zu der Annahme, daß ihn aus gesundheitlichen Gründen weder eine Erwerbs- noch eine Ausbildungsobliegenheit treffe, und stellt sich in der Beweisaufnahme heraus, daß die Voraussetzungen des § 1572 nicht vorliegen, so kann ihm dies unterhaltsrechtlich nicht zum Nachteil gereichen. Ihm muß vielmehr die Möglichkeit eingeräumt werden, innerhalb angemessener Frist mit einer Maßnahme der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung zu beginnen (vgl. auch Rdn. 20 zu § 1573). 6. Grundlage des Unterhaltsanspruchs während der Zeit der Ausbildung Aufgrund welcher Vorschrift der geschiedene Ehegatte, der einer sich aus § 1574 19 Abs. 3 ergebenden Obliegenheit nachkommt, während der Dauer der Fortbildung den Unterhaltspflichtigen auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann, ist umstritten. Zum Teil wird der Anspruch aus § 1573 Abs. 1 hergeleitet (BGH FamRZ 84, 561, 563; OLG Hamm FamRZ 83, 181, 182; Göppingerj Kindermann, Rdn. 1041 Anmerkung 13; Schwab/ Borth IV, Rdn. 162; SoergeljHäberle, Rdn. 18; Gernhuber § 30 VI 3); andere sehen § 1575 als die richtige Anspruchsgrundlage an {Palandtj Diederichsen, Rdn. 11; MüKo/Richter, Rdn. 27; Rolland, Rdn. 5 zu § 1573). Die Frage ist nicht nur theoretischer Natur, da einerseits § 1575 keinen Anspruch auf Vorsorgeunterhalt gewährt (§ 1578 Abs. 3) und andererseits bei Anwendung des § 1573 Abs. 1 unter Umständen eine zeitliche Begrenzung des Anspruchs in Betracht kommen könnte (§ 1573 Abs. 5). Da die Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung an die Stelle der Obliegenheit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit tritt, weil ohne diese Maßnahme keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden ist, schuldet der Unterhaltspflichtige dem anderen Ehegatten während der Dauer der Fortbildung nach § 1573 Abs. 1 Unterhalt. 7. Zeitliche Begrenzung des Anspruchs Läßt sich im Zeitpunkt der Zuerkennung des Unterhalts die Dauer der Ausbildung 20 einschließlich einer etwa erforderlichen Abschlußprüfung übersehen, so ist ein zeitlich begrenzter Unterhalt zuzusprechen (BGH FamRZ 86, 553, 555; Schwab/Borth IV, Rdn. 162; Soergel/Häberle, Rdn. 18). Dies ergibt sich vor allem aus der Erwägung, daß der Berechtigte die tatsächlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten darzulegen hat. Soweit Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 in Verbindung mit § 1574 Abs. 3 geschuldet wird, steht die zeitliche Begrenzung von vornherein fest. Es wäre unangebracht, dem Berechtigten einen zeitlich unbeschränkten Unterhalt zuzubilligen und den Unterhaltspflichtigen auf den Weg der Abänderungsklage zu verweisen. Gerhard Griesche

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§ 1575 BGB

Scheidung der Ehe

8. Folge eines fehlenden Erfolges der Ausbildung 21

Führt die Fortbildungsmaßnahme nicht zum Erfolg, etwa weil der geschiedene Ehegatte ohne sein Verschulden die Abschlußprüfung nicht besteht oder weil er entgegen der ursprünglichen Erwartung keinen Arbeitsplatz findet, so braucht er den empfangenen Unterhalt nicht zurückzuzahlen. Ein RückZahlungsanspruch ergibt sich weder aus ungerechtfertigter Bereicherung noch aus den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (MüKo¡Richter, Rdn. 28; SoergeljHäberle, Rdn. 20).

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Die Folgen einer Verletzung der sich aus § 1574 Abs. 3 ergebenden Obliegenheit werden in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Sicher ist nur, daß der Unterhaltspflichtige keinen einklagbaren Rechtsanspruch darauf hat, daß der andere Ehegatte sich ausbilden, fortbilden oder umschulen läßt, denn diesen trifft nur eine entsprechende Obliegenheit. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, daß sich die Verletzung der Ausbildungsobliegenheit dann auf den Unterhaltsanspruch des bedürftigen geschiedenen Ehegatten auswirke, wenn die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 erfüllt sind (BGH FamRZ 86, 553, 555; 86, 1085, 1086; 88, 701, 702; ebenso RGRK/C»«y, Rdn. 17; JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 20). Im Schrifttum wird teilweise die Meinung geäußert, daß der Verpflichtete in diesem Fall dem Berechtigten eine Einwendung entgegenhalten könne, die zum endgültigen Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führe (SoergeljHäberle, Rdn. 20; PalandtjDiederichsen, Rdn. 11; Göppingerj Kindermann, Rdn. 1042; Dieckmann FamRZ 77, 81, 90). Andere nehmen einen Verlust des Anspruchs nur für den Zeitraum an, in dem der Berechtigte der ihn nach § 1574 Abs. 3 treffenden Obliegenheit schuldhaft nicht nachgekommen war (MüKolRichter, Rdn. 29; Gernhuber § 30 VI 2 Fn. 63; Schwab/Borth IV, Rdn. 169; im Ergebnis ähnlich: Rolland, Rdn. 18 c bis 18 e).

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Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, die aus der Verletzung der Ausbildungsobliegenheit nur dann Folgen für das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs herleiten will, wenn die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 gegeben sind. Vielmehr kommt in diesem Fall — ebenso wie bei Verletzung der Erwerbsobliegenheit nach § 1573 Abs. 1 — ein Unterhaltsanspruch nicht zum Entstehen. Es ist kein Grund ersichtlich, die Nichtbeachtung der Ausbildungsobliegenheit anders zu behandeln als den Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit (ebenso HeissjHeiss, 1.46; mit Einschränkungen auch: Ermanj Dieckmann, Rdn. 18; a. A. Schwab/Borth IV, Rdn. 165 und 169). Die Ausbildungsobliegenheit tritt unter den in § 1574 Abs. 3 genannten Voraussetzungen an die Stelle der Erwerbsobliegenheit (BGH FamRZ 84, 561, 562; 86, 1085, 1086). Eine Verletzung der Ausbildungsobliegenheit hat dann aber dieselben Folgen wie eine Nichtbeachtung der Erwerbsobliegenheit (vgl. Rdn. 22 zu § 1573).

9. Obliegenheitsverletzung

§ 1575 BGB Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die 274

Gerhard Griesche

§ 1575 BGB

Ausbildung, Fortbildung oder U m s c h u l u n g

Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen. (2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen läßt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind. (3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht. Schrifttum Paulus D e r Anspruch des getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten auf Ausbildungsunterhalt im Verhältnis zur Ausbildungsförderung nach d e m Bundesausbildungsförderungsgesetz ( B A f ö G ) F a m R Z 81, 640; ders. D e r Anspruch auf Finanzierung einer A u s b i l d u n g im Unterhaltsrecht und im Sozialrecht. Übersicht I. Grundsätzliches

Rdn. 1,2

II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Begriff der Berufsausbildung 2. Abbruch einer Ausbildung in Erwartung oder während der Ehe — Abbruch während der Ehe — Abbruch vor der Ehe 3. Nichtaufnahme einer Berufsausbildung . . 4. Entsprechende Ausbildung 5. Keine wesentlich teurere und längere Ausbildung — Promotion 6. Mangelnde Identität zwischen abgebrochener und späterer Ausbildung 7. Beginn sobald wie möglich — Überlegungsfrist — Wahrung der Interessen des Unterhaltspflichtigen — Andere Einsatzzeitpunkte — Verzögerung der Aufnahme der Ausbildung — Erstreckung des Anspruchs auf Warteund Überlegungszeit

3

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Rdn. 8. Zweck der Ausbildung — Nachhaltige Sicherung des Unterhalts 16 — Angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1575 Abs. 1 17 9. Erwartung eines erfolgreichen Abschlusses — Prognose bei Beginn der Ausbildung 18 — Fortbestand der Erfolgsaussicht . . . 19 10. Keine Finanzierung einer Zweitausbildung 20 11. Zumutbarkeit gegenüber dem Verpflichteten 21 III. Dauer der Ausbildung 1. Durchschnittliche Dauer 2. Folgen einer Zeitüberschreitung

22 23

IV. Abs. 2 1. Ausgleich ehebedingter Nachteile . . . . 24 2. Begriff der Fortbildung und der Umschulung 25 3. Vorliegen der Voraussetzungen von Abs. 1 26 V. Abs. 3

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I. Grundsätzliches Die Vorschrift gewährt einem geschiedenen Ehegatten, der nach der Scheidung eine 1 Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung absolvieren will, unter bestimmten Voraussetzungen einen privatrechtlichen Unterhaltsanspruch. Zweck der Bestimmung ist es einmal, den geschiedenen Ehegatten zu befähigen, auf Dauer eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, damit die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen den früheren Eheleuten möglichst endgültig gelöst werden können und damit ein Kernanliegen des Gesetzgebers verwirklicht wird (BGH FamRZ 85, 353, 354). Außerdem verfolgt die Regelung den Sinn, Nachteile auszugleichen, die der geschiedene Ehegatte im Hinblick auf die Ehe in seinem beruflichen Fortkommen erlitten hat (BT-Drucks. 7/650, S. 130). Sind die Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt, so kann der unterhaltbegehrende Ehegatte nicht darauf verwiesen werden, eine nach den Kriterien der §§ 1573 Abs. 1, 1574 Abs. 2 vorhandene angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen (BGH Gerhard Griesche

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§ 1575 BGB

Scheidung der Ehe

FamRZ 85, 782, 784; 87, 795, 796). Damit geht der Anwendungsbereich des § 1575 über den Fall, daß der Unterhaltsberechtigte ohne die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, bewußt hinaus. Auch wenn keine sich aus § 1574 Abs. 3 ergebende Erwerbsobliegenheit besteht und somit § 1573 Abs. 1 als Anspruchsgrundlage ausscheidet, kann nach § 1575 Ausbildungsunterhalt geschuldet werden. 2 Die gesetzliche Regelung ist im Schrifttum zum Teil als zu weitgehend und als rechtspolitisch verfehlt bezeichnet worden (Schwab/Borth IV, Rdn. 227; JohannsenjHenrich] Voelskow, Rdn. 2; Holzhauer J Z 77, 73, 76; Dieckmann FamRZ 77, 81, 91). In der Rechtsprechung wird eine einschränkende Interpretation empfohlen (BGH FamRZ 87, 795, 796; OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 151; KG FamRZ 84, 897, 898). Große praktische Bedeutung hat die Vorschrift nicht erlangt, wie sich unter anderem aus der relativ geringen Anzahl der veröffentlichten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen entnehmen läßt (vgl. auch Schwab/Borth aaO; Johannsenj Henrich/ Voelskow, Rdn. 4).

II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Begriff der Berufsausbildung 3 Nach Abs. 1 kann Ausbildungsunterhalt gefordert werden, wenn der Anspruchsteller in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat. Der Begriff der Berufsausbildung ist in weitestem Sinn zu verstehen; eine Beschränkung auf die im BAföG vorgesehenen Ausbildungsmöglichkeiten ist nicht gewollt (Soergel/Häberle, Rdn. 4; MüKo¡Richter, Rdn. 11). Andererseits setzt eine Ausbildung voraus, daß ein nach einem bestimmten Plan ausgearbeitetes Ausbildungsverhältnis besteht, das von einem Ausbilder geleitet wird. Deshalb ist die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit selbst dann nicht als Ausbildung im Sinne von § 1575 Abs. 1 zu verstehen, wenn danach eine Prüfung abgelegt werden kann, die zu einer besonderen Qualifikation führt (BGH FamRZ 87, 795, 796 f: keine Ausbildung, wenn eine Frau zusammen mit zwei anderen Partnern einen selbständigen Buchhandel betreibt und nach vierjähriger praktischer Tätigkeit nach § 40 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz eine Abschlußprüfung für den Beruf einer Buchhändlerin ablegen will).

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2. Abbruch einer Ausbildung in Erwartung oder während der Ehe Ausbildungsunterhalt wird einmal geschuldet, wenn der Anspruchsteller in Erwartung oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung abgebrochen hat. Bei einem Abbruch der Ausbildung während der Ehe ist es nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum nicht erforderlich, darzulegen und nachzuweisen, daß der Abbruch wegen der Ehe erfolgt ist (BGH FamRZ 80, 126, 127; PalandtjDiederichsen, Rdn. 7; SoergeljHäberle, Rdn. 2; Johannsenj Henrich jVoelskow, Rdn. 9). Eine Aufklärung der Motive, die zum Abbruch der Ausbildung während der Ehe geführt haben, wird im Einzelfall meist nicht möglich sein. Deshalb hat es der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen, daß auch solche geschiedenen Ehegatten, die aus anderen als ehebedingten Gründen ihre Ausbildung abgebrochen haben, eine Finanzierung der Ausbildung fordern können. Einem Abbruch der Ausbildung hat der BGH eine längere Erkrankung, die die ganze Arbeitskraft aufgezehrt hatte, gleichgesetzt (FamRZ 80, 126, 127). Bei einem Abbruch der Ausbildung vor der Ehe ist es im Schrifttum umstritten, ob der Berechtigte nachweisen muß, daß die Aufgabe der Ausbildung auf die bevorstehende Eheschließung zurückzuführen war (bejahend Palandtj Diederichsen, Rdn. 7; Soergelj 276

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Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung

§ 1 5 7 5 BGB

Häberle, Rdn. 2; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 392; Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 8; Heissj Heiss, 1.70; Erman/Dieckmann, Rdn. 8; verneinend Schwab/Borth IV, Rdn. 237; RGRK/ Cuny, Rdn. 8; Rolland, Rdn. 8). Der zuerst erwähnten Ansicht ist zuzustimmen. Mit der Formulierung „in Erwartung der Ehe" hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß ein Zusammenhang zwischen Abbruch der Ausbildung und der beabsichtigten Eheschließung bestanden haben muß. Allerdings braucht die bevorstehende Heirat nicht das einzige Motiv für die Beendigung der Ausbildung gewesen zu sein (Palandt/ Diederichsen aaO; Heissl Heiss aaO). Ein Anspruch aus § 1575 Abs. 1 besteht unter anderem auch dann nicht, wenn die Ausbildung während des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft abgebrochen worden war; das gilt auch dann, wenn die Partner nach einem später gefaßten Entschluß doch noch geheiratet haben. 3. Nichtaufnahme einer Berufsausbildung Dem Abbruch stellt das Gesetz die Nichtaufnahme einer Schul- oder Berufsausbil- 6 dung gleich. Dabei ist zweifelhaft, wie konkret die beruflichen Pläne des Anspruchstellers im Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sein müssen. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß das Vorhandensein von generellen Ausbildungsplänen ausreiche; es sei nicht erforderlich, daß die Ausbildungsabsicht bereits eine konkrete Form angenommen gehabt habe (MüKo/Richter, Rdn. 12; Rolland, Rdn. 4). Dem folgt die h. M. zu Recht nicht (OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 151; OLG Frankfurt FamRZ 85, 712, 713; Palandt/ Diederichsen, Rdn. 7; Soergel/Häberle, Rdn. 4; Schwab/Borth IV, Rdn. 239, 241; Göppinger/ Kindermann, Rdn. 1138; Kalthoener/Büttner, Rdn. 392; Heiss/Heiss, 1.70; Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 7). Indem das Gesetz den Anspruchsteller auf die baldige Aufnahme „dieser oder einer entsprechenden Ausbildung" verweist, macht es deutlich, daß im Zeitpunkt der Eheschließung bereits konkrete Berufspläne bestanden haben müssen. Darüber hinaus wird von Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil gefordert, daß die Verwirklichung des festen Berufsplanes bereits durch konkrete Maßnahmen, wie zum Beispiel Anmeldung bei der Ausbildungsstätte, Beschaffung von Unterlagen und dergleichen nach außen in Erscheinung getreten sein muß (OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 151; OLG Frankfurt FamRZ 85, 712, 713; Palandtj Diederichsen aaO; Soergel/Häberle aaO; Göppinger/Kindermann aaO; Heiss/Heiss aaO). Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Dem Gesetz läßt sich nicht entnehmen, daß Ausbildungsunterhalt nur geschuldet wird, wenn die Verwirklichung des konkreten Berufsziels vor der Eheschließung schon nach außen erkennbar in die Wege geleitet worden war. Dem Anspruchsteller muß vielmehr die Möglichkeit zugestanden werden, auch auf andere Weise das Bestehen eines bestimmten Berufsplans darzutun und nachzuweisen (RGRK¡Cuny, Rdn. 9; Johannsen/ Henrich/Voelskow aaO). Allerdings kann dies im Einzelfall auf Beweisschwierigkeiten stoßen. 4. Entsprechende Ausbildung Liegen die vorstehend dargestellten Voraussetzungen vor, so kann der geschiedene 7 Ehegatte Ausbildungsunterhalt fordern, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung aufnimmt. Was mit einer entsprechenden Ausbildung gemeint ist, ist vom Gesetzgeber nicht definiert worden. In Rechtsprechung und Schrifttum besteht Einigkeit darüber, daß es darauf ankommt, ob die neugewählte Ausbildung in der sozialen Einordnung der früher nicht aufgenommenen oder abgebrochenen Ausbildung gleichwertig ist (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 585, 586; OLG Hamm FamRZ 83, 181, 183; OLG Schleswig SchlHA 84, 163; Palandtj Diederichsen, Rdn. 8; Soergel/ Häberle, Rdn. 6; MüKo/Richter, Rdn. 14). Die Entsprechung zielt also nicht auf das Fach, sondern auf die Statusidentität. Gerhard Griesche

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§ 1575 BGB

Scheidung der Ehe

Deshalb wird im allgemeinen ein Wechsel der Studienrichtung vom Unterhaltspflichtigen hinzunehmen sein (OLG Hamm FamRZ 83, 181, 183: Wechsel von einem Medizin- zu einem Betriebswirtschaftsstudium). Hatte der geschiedene Ehegatte allerdings das erste Studium in einem weit fortgeschrittenen Stadium abgebrochen, ist die Aufnahme eines neuen Studiums nur in Ausnahmefällen zu finanzieren; Zumutbarkeitsgesichtspunkte werden dabei eine besondere Rolle spielen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 6; Rolland, Rdn. 10; SchwabjBorth IV, Rdn. 242). Setzt das abgebrochene Studium nur das Vorhandensein des Realschulabschlusses voraus, so kommt die Finanzierung eines Universitätsstudiums nicht in Betracht (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 585, 586: kein Medizinstudium nach Abbruch eines Kunststudiums).

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5. Keine wesentlich teurere und längere Ausbildung Eine wesentlich teurere und längere Ausbildung braucht im allgemeinen nicht finanziert zu werden (OLG Frankfurt FamRZ 79, 591; MüKo¡Richter, Rdn. 14). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die teurere Ausbildung bereits während des Bestehens der Ehe im Einvernehmen mit dem anderen Ehegatten eingeleitet worden war (KaltboenerlBüttner, Rdn. 392: Jurastudium einer Beamtin im mittleren Dienst, die während der Ehe das Abitur nachgeholt und mit dem Studium begonnen hatte). Erwählt der geschiedene Ehegatte eine unter dem Niveau der abgebrochenen liegende Ausbildung, so ist ein Anspruch aus § 1575 Abs. 1 gegeben (MüKo/Richter, Rdn. 14; Palandtj Diederichsen, Rdn. 8: MTA anstelle eines Medizinstudiums). Die Vorbereitung einer Promotion, die nach Abschluß eines Universitätsstudiums, für das Ausbildungsunterhalt nach § 1575 Abs. 1 gezahlt wurde, erfolgt, rechtfertigt nicht die Weiterzahlung des Unterhalts, wenn auf diese Weise nur die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden sollen (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 708, 709).

6. Mangelnde Identität zwischen abgebrochener und späterer Ausbildung 10 Entspricht die aufgenommene Ausbildung nicht der abgebrochenen in dem dargestellten Sinne, so entfallt ein Unterhaltsanspruch (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 585; OLG Schleswig SchlHA 84, 163; HeissjHeiss, 1.71). Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, daß teilweiser Unterhalt bis zur Höhe derjenigen Aufwendungen, die für eine dem § 1575 Abs. 1 entsprechende Ausbildung notwendig gewesen wäre, geschuldet werde (SoergeljHäberle, Rdn. 6; Rolland, Rdn. 10 a; ähnlich R G R K ¡ C u n j , Rdn. 15), kann dem nicht gefolgt werden. Der Schutz des Unterhaltspflichtigen vor überhöhten Unterhaltsansprüchen steht einer ausdehnenden Auslegung des § 1575 Abs. 1 entgegen. Ob die abweichende Ausbildung geeignet ist, den Unterhalt des Anspruchstellers nachhaltig zu sichern (so Rolland aaO; RGRK ¡Cunj aaO), wird sich meistens erst mit letzter Sicherheit nach Abschluß der Ausbildung herausstellen. Diesem Risiko darf der Unterhaltspflichtige nicht ausgesetzt werden.

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7. Beginn sobald wie möglich Die Ausbildung muß sobald wie möglich aufgenommen werden. Diese Formulierung hat der Gesetzgeber gewählt, weil er — anders als in den Fällen der §§ 1571, 1572 — keinen bestimmten Einsatzzeitpunkt festschreiben wollte. Dem anspruchsberechtigten Ehegatten soll eine gewisse Überlegungszeit eingeräumt werden (OLG Hamm FamRZ 83, 181, 183; Palandt\Diederichsen, Rdn. 9; SchwabIBorth IV, Rdn. 240; MüKo/Richter, Rdn. 15). Ebenso muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß ein Ausbildungsverhältnis meist nicht jederzeit aufgenommen werden kann (Anmeldefristen, Semesterbeginn, und dergleichen). 278

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Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung

§ 1575 BGB

Andererseits sind auch die Interessen des Unterhaltspflichtigen angemessen zu 12 berücksichtigen. Er muß zu einem möglichst frühen Zeitpunkt wissen, welche finanziellen Belastungen noch auf ihn zukommen; sein Risiko muß überschaubar sein. Deshalb hat der Anspruchsteller nach Rechtskraft der Scheidung die nächste sich bietende Gelegenheit zur Ausbildung in dem von ihm erwählten Beruf zu ergreifen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 7). Der Begriff „sobald wie möglich" kann im Sinn von „ohne schuldhaftes Zögern" aufgefaßt werden (Rolland, Rdn. 11). Wird zum Beispiel der Beginn des Studiensemesters versäumt, weil der Unterhaltsberechtigte einen schwer erkrankten Angehörigen pflegen mußte, so kann ihm diese zeitliche Verzögerung nicht zugerechnet werden ( P a l a n d t j Diederichsen aaO). Als Anknüpfungszeitpunkt kommt nicht nur die Rechtskraft der Scheidung in 13 Betracht. Wird der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte durch die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder durch Krankheit an der Aufnahme einer Ausbildung gehindert, verschiebt sich der Einsatzzeitpunkt. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt setzt in diesen Fällen erst mit dem Wegfall der Voraussetzungen der §§ 1570, 1572 ein, so daß unter Umständen auch eine Ausbildung, mit der erst Jahre nach der Scheidung begonnen wird, noch finanziert werden muß (Rolland, Rdn. 11). Verzögert der unterhaltsberechtigte Ehegatte den Beginn der Ausbildung, ohne 14 hierfür einen vernünftigen Grund zu haben, so entfällt ein Anspruch aus § 1575 Abs. 1; er lebt auch nicht wieder auf, wenn die Ausbildung dann doch noch aufgenommen wird (Schwab¡Borth IV, Rdn. 240; R G R K / C u n j , Rdn. 10; SoergeljHäberle, Rdn. 7). Der Unterhaltspflichtige durfte sich in diesem Fall darauf einstellen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Der Anspruch aus § 1575 Abs. 1 setzt grundsätzlich nicht erst mit der Aufnahme 15 der Ausbildung ein, sondern er umfaßt die davorliegende Warte- und Überlegungszeit (OLG Hamm FamRZ 83,181,183). Von dem Unterhaltsberechtigten ist aber zu erwarten, daß er in der Ubergangszeit durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu seinem eigenen Unterhalt beiträgt, da die finanzielle Belastung für den Verpflichteten möglichst gering zu halten ist (Schwab/Borth aaO; RGRK¡Cuny aaO;Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 13). 8. Zweck der Ausbildung Die Ausbildung muß dem Zweck dienen, eine angemessene Erwerbstätigkeit, die 1 6 den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen. Mit dieser Einschränkung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, daß eine Ausbildung, die nur zum bloßen Vergnügen betrieben wird, vom Verpflichteten nicht finanziert werden muß (BGH FamRZ 85, 782, 784). Darüber hinaus ist Ausbildungsunterhalt aber auch dann zu versagen, wenn wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht damit zu rechnen ist, daß die Ausbildung zur Erlangung der wirtschaftlichen Selbständigkeit führt ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 8; Johannsen/ Henrich/Voelskow, Rdn. 10; Schwab/Borth IV, Rdn. 244). Dem Verpflichteten kann die Unterhaltslast nicht aufgebürdet werden, wenn bei Beginn der Ausbildung zu erwarten ist, daß nach ihrem Abschluß kaum eine Chance besteht, einen Arbeitsplatz zu finden. Indessen geht es zu weit, schon bei unsicheren Zukunftschancen den Unterhaltsanspruch abzuerkennen. Dieses Kriterium trifft auf zahlreiche Ausbildungsgänge zu. Es würde den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten deshalb in seinen Wahlmöglichkeiten zu sehr einengen, wenn ihm der Zugang zu einem Beruf von vornherein wegen unsicherer Zukunftschancen verbaut werden würde (MüKo/Richter, Rdn. 16, Fn. 34; zu eng: OLG Frankfurt FamRZ 85, 712; Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 10; differenzierend: Heiss/Heiss, 1.72). Die Verwendung des Begriffs der „angemessenen Erwerbstätigkeit" in § 1575 1 7 Abs. 1 S. 1 bedeutet nicht, daß Ausbildungsunterhalt nur bei Bestehen einer AusbildungsGerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Obliegenheit gemäß § 1574 Abs. 3 geschuldet wird. Ziel der Ausbildung kann auch eine Erwerbstätigkeit sein, die zu einer Verbesserung des bestehenden Status im Erwerbsleben führt (BGH FamRZ 85, 782, 784; Soergel/Häberle, Rdn. 8; MüKo¡Richter, Rdn. 16; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 243; Johannsen\ Henrich \Voelskow, Rdn. 11; a. A. Rolland, Rdn. 13; HeisslHeiss, 1.72). Zum Begriff der Nachhaltigkeit der Unterhaltssicherung wird auf die Rdn. 32 bis 42 zu § 1573 verwiesen.

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9. Erwartung eines erfolgreichen Abschlusses Die Gewährung von Ausbildungsunterhalt hängt ferner davon ab, daß der erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Dieses Tatbestandsmerkmal macht eine Prognose bei Beginn der Ausbildung erforderlich, bei der die Vorbildung, die Fähigkeiten, der Gesundheitszustand, das Alter und der Leistungswille des Anspruchstellers zu würdigen sind (Soergel\Häberle, Rdn. 9). Auch der zeitliche Abstand von der Beendigung einer abgebrochenen Ausbildung sowie die voraussichtliche Dauer der Ausbildung können von Bedeutung sein. Besteht eine Ausbildungsobliegenheit nach § 1574 Abs. 3, wird die Erwartung eines erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung meist zu befürworten sein. Strengere Anforderungen sind zu stellen, wenn der geschiedene Ehegatte an sich eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 Abs. 2 finden könnte, er seinen bestehenden Status aber verbessern möchte (MüKo/Richter, Rdn. 17). Bestimmte Altersgrenzen kennt das Gesetz nicht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist Frauen, die bei Beginn der Ausbildung das 40., bzw. das 45. Lebensjahr bereits überschritten hatten, Ausbildungsunterhalt zugesprochen worden (OLG Hamm FamRZ 83, 181; OLG Schleswig SchlHA 84, 72). Bei noch fortgeschrittenerem Alter wird die Wahrscheinlichkeit, nach Abschluß der Ausbildung noch einen Arbeitsplatz zu finden, indessen immer geringer. Dies gilt insbesondere, wenn die Ausbildung sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, etwa bei akademischen Berufen. Dem wird Rechnung getragen werden müssen. Aussicht auf Erfolg muß nicht nur bei der Aufnahme der Ausbildung vorhanden sein, sondern auch während der Ausbildung fortbestehen. Erbringt der Unterhaltsberechtigte nicht die erforderlichen Leistungen, so erlischt der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt (OLG Hamm FamRZ 88, 1280: ein nach vier Semestern fälliges Vordiplom war nach neun Semestern noch nicht abgelegt worden). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der mangelnde Erfolg auf einen fehlenden Leistungswillen des Berechtigten zurückzuführen ist oder ob seine geistigen Fähigkeiten nicht ausreichen. Entfallen die Anspruchsvoraussetzungen des § 1575 Abs. 1, so kann der Unterhaltspflichtige dies mit der Abänderungsklage geltend machen. Der geleistete Unterhalt kann indessen nicht mit der Begründung zurückgefordert werden, daß der angestrebte Erfolg nicht eingetreten sei (MüKojRichter, Rdn. 19; RGRK/C»«j, Rdn. 11; Soergel/Häberle, Rdn. 9). 10. Keine Finanzierung einer Zweitausbildung Ein Anspruch aus § 1575 Abs. 1 besteht nicht, wenn der geschiedene Ehegatte bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, die ihm die Ausübung einer einträglichen, angemessenen Erwerbstätigkeit ermöglicht. Das Verlangen nach Finanzierung einer Zweitausbildung ist mit dem Gedanken der nachehelichen Solidarität nicht vereinbar (BGH FamRZ 85, 782, 785 f). Dabei kommt es auch nicht darauf an, wann die Erstausbildung absolviert worden ist und wer sie finanziert hat (BGH FamRZ 85, 782, 785 f; OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 152; Soergel/Häberle, Rdn. 10; Schwab/Borth IV, Rdn. 246; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 18). 280

Gerhard Griesche

Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung

§ 1575 BGB

II. Zumutbarkeit gegenüber dem Verpflichteten Zum Teil wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß das Verlangen des 21 Anspruchstellers nach Finanzierung der gewünschten Ausbildung nur dann gerechtfertigt sei, wenn dies dem Verpflichteten auch zugemutet werden könne {Schwab/Borth IV, Rdn. 246; MüKo/Richter, Rdn. 18; Dieckmann FamRZ 77, 81, 92). Dieses zusätzliche Zumutbarkeitserfordernis wird mit verschiedenen Erwägungen gerechtfertigt, so etwa mit dem Hinweis auf das Gegenseitigkeitsprinzip (Richter aaO). Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Mit dem Gesetz ist eine solche Einschränkung des Unterhaltsanspruchs aus §1575 Abs. 1 nicht zu vereinbaren (Soergel/Häberle, Rdn. 2; RGRK/Cuny, Rdn. 17). Es besteht auch kein Bedürfnis für ein zusätzliches Zumutbarkeitserfordernis. Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Verpflichteten schreibt § 1581 vor, daß unter Billigkeitsgesichtspunkten zu prüfen ist, ob die Finanzierung einer Ausbildung des Berechtigten verlangt werden kann (Soergel/Häberle aaO). III. Dauer der A u s b i l d u n g 1. Durchschnittliche Dauer Nach § 1575 Abs. 1 S. 2 besteht der Anspruch längstens für die Zeit, in der eine 22 solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird. Durch diese Regelung soll verhindert werden, daß der Berechtigte auf Kosten des Unterhaltspflichtigen unangemessen lange die Ausbildung ausdehnt (MüKo/Richter, Rdn. 20). Praktische Bedeutung kommt der Bestimmung vor allem im Fall der Absolvierung eines Hochschulstudiums zu. Maßgebend ist nicht die vorgeschriebene Mindeststudiendauer, sondern die nach der Statistik zu ermittelnde durchschnittliche für ein Studium aufgewendete Zeit (Palandt/ Diederichsen, Rdn. 13; MüKo/Richter, Rdn. 20). Die im BAföG vorgesehenen Förderungszeiten können einen Anhaltspunkt dafür liefern, bis wann ein Studium im allgemeinen abgeschlossen sein kann, jedoch ist eine Überschreitung dieser Zeiten dann unschädlich, wenn sie allgemein üblich ist (Rolland, Rdn. 18). Persönliche Gründe — wie etwa ein Versagen während des Studiums oder ein Wechsel des Studienfachs — verlängern die Zeit, für die Unterhalt geschuldet wird, nicht; etwas anderes gilt nach § 1575 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 nur für ehebedingte Verzögerungen. Hierzu gehören Umstellungsschwierigkeiten nach der Scheidung oder die Notwendigkeit der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes. Verzögerungen infolge einer Erkrankung sind dann als ehebedingt zu behandeln, wenn sie einen inneren Zusammenhang mit der Ehe dadurch aufweisen, daß sie von den Ehegatten planmäßig und einverständlich in Kauf genommen worden sind (BGH FamRZ 80,126,127). Soweit im Schrifttum darüber hinaus die Auffassung vertreten wird, daß krankheitsbedingte Verzögerungen der Ausbildung stets zu berücksichtigen seien (Schwab/Borth IV, Rdn. 249; Heiss/Heiss, 1.74), kann dem nicht zugestimmt werden. Das Gesetz läßt Verzögerungen aufgrund persönlicher Umstände nur dann gelten, wenn ein Zusammenhang mit der Ehe besteht. Daran fehlt es, wenn der anspruchsberechtigte Ehegatte während eines nach der Scheidung aufgenommenen Studiums erkrankt und sich seine Ausbildung dadurch verlängert. Während der Ausbildung besteht kein Anspruch des Verpflichteten auf Information über den Verlauf. Bricht der Berechtigte die Ausbildung ab, hat er den anderen Ehegatten dagegen hierüber zu unterrichten (Schwab/Borth IV, Rdn. 250; Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 15). 2. Folgen einer Zeitüberschreitung Wird die Zeit, innerhalb derer der Berechtigte die Ausbildung zu absolvieren hatte, 2 3 überschritten, so erlischt der Unterhaltsanspruch, und zwar auch dann, wenn die Ausbildung noch nicht beendet ist (Schwab/Borth IV, Rdn. 251; Soergel/Häberle, Rdn. 10). Gerhard Griesche

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§ 1575 BGB

Scheidung der Ehe

Vollstreckt der Berechtigte in diesem Fall aus einem erwirkten Titel weiter, kann der Verpflichtete dem mit der Vollstreckungsgegenklage entgegentreten [Schwab]Borth aaO). Eine zeitliche Begrenzung des Titels auf die Dauer der Ausbildung wird allerdings meist nicht in Betracht kommen, da nicht alle Faktoren vorausschauend berücksichtigt werden können ( R G R K ¡ C u n j , Rdn. 16; a. A. Schwab ¡Borth aaO; Dieckmann FamRZ 77, 81, 91). IV. A b s . 2 1. Ausgleich ehebedingter Nachteile 24 Nach § 1575 Abs. 2 ist unterhaltsberechtigt der Ehegatte, der sich nach der Scheidung fortbilden oder umschulen läßt, um ehebedingte Nachteile auszugleichen. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der anspruchsberechtigte Ehegatte gleichfalls nicht darauf verwiesen werden, eine an sich mögliche im Sinn von § 1574 Abs. 2 auch angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Gedacht ist vor allem an Frauen, die wegen der Ehe nicht die Möglichkeiten eines beruflichen Aufstiegs nutzen konnten und die sich nach dem Scheitern der Ehe die Kenntnisse verschaffen möchten, die erforderlich sind, um im Berufsleben bestehen zu können. 2. Begriff der Fortbildung und Umschulung 25 Die Begriffe Fortbildung und Umschulung sind in dem Sinn zu verstehen, in dem sie im Arbeitsförderungsgesetz definiert worden sind. Danach dienen der beruflichen Fortbildung Maßnahmen, die das Ziel haben, berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzen (§ 41 Abs. 1 AFG). Die berufliche Umschulung hat das Ziel, den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit zu ermöglichen, insbesondere um die berufliche Beweglichkeit zu sichern oder zu verbessern (§ 47 Abs. 1 AFG).

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3. Vorliegen der Voraussetzungen von Abs. 1 Durch die Verweisung auf § 1575 Abs. 1 („entsprechendes gilt") wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, daß die materiellen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein müssen (Schwab/Borth IV, Rdn. 254). Die Fortbildung oder Umschulung muß also so bald wie möglich aufgenommen werden, ein erfolgreicher Abschluß muß zu erwarten sein, und die Maßnahmen müssen geeignet sein, eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen. Darüber hinaus muß ein Kausalzusammenhang zwischen der Ehe und der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Fortbildung oder Umschulung vorhanden sein. Als ehebedingter auszugleichender Nachteil kommt dabei nicht nur ein geringerer finanzieller Ertrag der Berufstätigkeit, sondern auch das Fehlen einer angemessenen Entfaltung der Fähigkeiten und Kenntnisse in Betracht (BGH FamRZ 84, 988, 989). Allerdings kann eine optimale berufliche Erfüllung nicht gefordert werden (BGH aaO; Soergel\Häberle, Rdn. 17; JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 16). Im Hinblick auf die rasante technische Entwicklung und die daraus resultierenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt können an die Feststellung von ehebedingten Nachteilen, die durch Fortbildung oder Umschulung ausgeglichen werden sollen, keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (RGRK¡Cuny, Rdn. 21). V. A b s . 3 Gelingt es dem Unterhaltsberechtigten nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung nicht, eine Erwerbstätigkeit auf dem erlangten Niveau zu finden, so 282

Gerhard Griesche

§ 1576 B G B

Unterhalt aus Billigkeitsgründen

kann er zwar nach § 1573 Abs. 3 weiterhin Unterhalt beanspruchen. Um dem Pflichtigen nicht auch noch das Risiko des Erfolgs der Weiterbildung aufzubürden, bestimmt jedoch § 1575 Abs. 3, daß bei der Feststellung der angemessenen Erwerbstätigkeit der Ausbildungsstand, der durch die Weiterbildung erreicht worden ist, unberücksichtigt bleibt. Abs. 3 ist allerdings nicht anzuwenden, wenn die Ausbildung absolviert werden mußte, um überhaupt eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben zu können, wenn also eine Ausbildungsobliegenheit nach § 1574 Abs. 3 bestand. Dem Unterhaltsberechtigten muß nach Beendigung der Ausbildung eine angemessene Frist, sich um die Erlangung einer seiner erhöhten Qualifikation entsprechenden Erwerbstätigkeit bemühen zu können, zugestanden werden. Bis zum Ablauf dieser Frist gilt die sich aus § 1575 Abs. 3 ergebende Einschränkung noch nicht ( O L G Düsseldorf F a m R Z 87, 708, 709). Die Bemessung dieser Frist ist den Umständen des Einzelfalles anzupassen.

§ 1576 B G B Unterhalt aus Billigkeitsgründen Ein geschiedener Ehegatte k a n n von d e m anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange v o n i h m aus sonstigen s c h w e r w i e g e n d e n Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet w e r d e n kann u n d die Versagung v o n Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten g r o b u n b i l l i g wäre. S c h w e r w i e g e n d e Gründe dürfen nicht allein d e s w e g e n berücksichtigt werden, w e i l sie z u m Scheitern der E h e geführt haben. Übersicht I. Grundsätzliches

Rdn. — Vom Bedürftigen aufgenommene Pflegekinder 13 — Mit Z u s t i m m u n g des Ehepartners in den Haushalt aufgenommenes K i n d des Bedürftigen 14

Rdn. 1

II. Anspruchsvoraussetzungen 1. Anwendungsbereich — Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder — Betreuung von Angehörigen — Besondere Lebensleistung oder besondere O p f e r — Ausbruch einer Krankheit nach der • Scheidung — Verlust eines scheinbar nachhaltig gesicherten Arbeitsplatzes — K e i n e A n w e n d u n g im Fall der Ausbildung 2. Besondere Einsatzzeitpunkte nicht erforderlich 3. G r o b e Unbilligkeit 4. Weitere zu beachtende Umstände . . . . 5. Besonderheiten im Fall der Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder — Vorliegen besonderer Umstände . . . — Gemeinsam a u f g e n o m m e n e Pflegekinder

2 3 4 5 6 7 8 9 10

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— Betreuung eines aus einem Ehebruch stammenden K i n d e s 6. Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit im Bereich des §1576 . 7. Verhalten des Unterhaltsbedürftigen während der E h e

15 16 17

III. Bedeutung v o n S. 2

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IV. Zeitliche Begrenzung des Anspruchs

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V. H ö h e des Anspruchs — Grundsatz — Einschränkungen V I . Weitere Einzelfragen — Rangverhältnis — Subsidiarität des Anspruchs

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I. G r u n d s ä t z l i c h e s Durch die Vorschrift, die als positive Billigkeitsklausel bezeichnet wird, wollte der Gesetzgeber nach Art eines Auffangtatbestandes Regelungslücken schließen und Härten vermeiden, die sich aus dem enumerativen Tatbestandskatalog der §§ 1570 bis 1575 für den bedürftigen geschiedenen Ehegatten ergeben können ( B G H F a m R Z 83, 800, 801; Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 6 BGB

Scheidung der Ehe

84, 361, 362). Es handelt sich nicht um eine unterhaltsrechtliche Generalklausel, die der Gesetzgeber nicht gewollt hat, sondern um eine Härteklausel für Ausnahmefalle, die deshalb eng auszulegen ist (allgemeine Meinung, vgl. z. B.: Soergel/Häberle, Rdn. 2; Schwab/Borth IV, Rdn. 258). Die Bestimmung ist nicht nur auf gegenständlich andere als die in den §§ 1570 ff aufgeführten Regelungsbereiche anzuwenden. Sie gilt vielmehr auch für die in den vorerwähnten Vorschriften genannten Bedürfnislagen (Kindesbetreuung, Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit). Da indessen Unterhalt aus sonstigen schwerwiegenden Gründen und bei Vorliegen des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals einer groben Unbilligkeit gefordert werden kann, wird das kasuistische System der §§ 1570 bis 1575 nicht in Frage gestellt. Abgrenzungsschwierigkeiten haben sich in der Praxis insoweit bisher auch nicht ergeben (anders Schwab/Borth IV, Rdn. 272). Der Anwendungsbereich von § 1576 beschränkt sich nicht auf den Ausgleich ehebedingter Bedürfnislagen, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt (BGH FamRZ 83, 800, 801). II. A n s p r u c h s v o t a u s s e t z u n g e n 1. Anwendungsbereich 2 Anspruchsvoraussetzung ist einmal, daß der geschiedene Ehegatte aus sonstigen schwerwiegenden Gründen an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die seinen Unterhalt sichern könnte, gehindert ist. In erster Linie kommt die Betreuung eines nicht gemeinschaftlichen minderjährigen oder behinderten Kindes durch den geschiedenen Ehegatten in Betracht. Derartige Sachverhalte waren vor allem der Grund für die Schaffung der Vorschrift (BT-Drucks. 7/4361, S. 17), und die höchstrichterliche sowie die obergerichtliche Rechtsprechung war bisher fast ausschließlich mit solchen Sachverhalten befaßt (BGH FamRZ 83, 800; 84, 361; 84, 769). Dabei kann es sich sowohl um ein voreheliches Kind des Bedürftigen oder des Verpflichteten als auch um ein Pflegekind handeln. 3

Ein sonstiger schwerwiegender Grund kann ferner vorliegen, wenn der bedürftige Ehegatte eigene Angehörige — etwa seine Eltern — während der Ehe mit Zustimmung des anderen Ehegatten in seinen Haushalt aufgenommen hatte, um diese zu pflegen (.Rolland, Rdn. 11; SoergeljHäberle, Rdn. 10; MüKo/Richter, Rdn. 11). Aber auch die Pflege naher Angehöriger des anderen Ehegatten während der Ehe kann einen Unterhaltsanspruch nach § 1576 auslösen (Soergel/Häberle aaO; Rolland, Rdn. 12 f; Schwab/Borth IV, Rdn. 216; Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 3). 4 Nach den Gesetzesmaterialien sind ferner Fälle gemeint, in denen der bedürftige Ehegatte während der Ehe eine besondere Lebensleistung oder besondere Opfer erbracht hat (BT-Drucks. 7/4361, S. 30). Zu denken ist etwa an die Ehefrau, die erwerbstätig war, um ihrem Ehemann das Studium zu finanzieren, und außerdem den Haushalt versorgt und die Kinder betreut hat (MüKo/Richter, Rdn. 13). In der Praxis hat dieser Lebenssachverhalt indessen bisher keine Rolle gespielt. 5 Ausnahmsweise kann nach § 1576 Unterhalt verlangt werden, wenn eine Krankheit erst nach der Scheidung zum Ausbruch kommt, so daß die Voraussetzungen des § 1572 nicht vorliegen (BGH FamRZ 90, 496, 499; MüKo/Richter, Rdn. 12; Soergel/Häberle, Rdn. 10; Schwab/Borth IV, Rdn. 260). Ein solcher Fall wird allerdings sehr selten sein (vgl. etwa das Beispiel bei Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 8). 6 Schließlich kann eine Anwendung der Bestimmung gerechtfertigt sein, wenn der bedürftige Ehegatte einen Arbeitsplatz verliert, der im Sinne von § 1573 Abs. 4 nachhaltig gesichert zu sein schien, und die Voraussetzungen der §§ 1570 ff wegen der dort vorgeschriebenen Einsatzzeitpunkte nicht vorliegen. 284

Gerhard Griesche

§ 1576 BGB

Unterhalt aus Billigkeitsgründen

Ausgeschlossen ist die Anwendung von § 1576 dagegen, wenn der Bedürftige Aus- 7 bildungsunterhalt fordert, ohne daß die Tatbestände der §§ 1575, 1573 in Verbindung mit 1574 Abs. 3 verwirklicht sind. Denn diese Bestimmungen enthalten eine abschließende Regelung (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 585, 587; SoergellHäberle, Rdn. 10; MüKo/Richter, Rdn. 14; differenzierend Er man j Dieckmann, Rdn. 8). 2. Besondere Einsatzzeitpunkte nicht erforderlich Unterschiedlich wird im Schrifttum die Frage beantwortet, ob die „anderen schwerwie- 8 genden Gründe" zu bestimmten Einsatzzeitpunkten vorliegen müssen, um einen Unterhaltsanspruch auszulösen. Zum Teil wird dies mit der Begründung bejaht, daß dem Verpflichteten die Inanspruchnahme nicht mehr zugemutet werden könne, wenn sie längere Zeit nach der Scheidung an ihn herangetragen werde. Auch seien an den nur subsidiären Billigkeitsanspruch keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die Ansprüche aus den §§ 1571 ff (.Kalthoenerj Büttner, Rdn. 400; RGRK¡Curry, Rdn. 10; Heiss\ Heiss, 1.81 f; Schwab, 1. Aufl., Rdn. 294). Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Das Gesetz macht den Billigkeitsanspruch aus § 1576 nicht vom Vorliegen eines besonderen Einsatzzeitpunktes abhängig. Das ist auch durchaus sachgerecht. Die Regelung könnte der ihr zugedachten Funktion, zur Vermeidung von eintretenden Härten mögliche Regelungslücken zu schließen, nicht gerecht werden, wenn nur schwerwiegende Gründe, die bereits bei der Scheidung oder zu späteren bestimmten Einsatzzeitpunkten vorliegen, berücksichtigt werden dürfen. Die Belange des anderen Ehegatten werden dadurch gewahrt, daß bei der gebotenen Billigkeitsprüfung auch seine Interessen Beachtung finden müssen. Deshalb wird im Ergebnis ein aus § 1576 hergeleiteter Anspruch, mit dem der Pflichtige erst lange Zeit nach der Scheidung konfrontiert wird, nur selten durchdringen (ebenso: Schwab ¡Borth IV, Rdn. 261; MüKo ¡Richter, Rdn. 18; Soergelj Häberle, Rdn. 7; Rolland, Rdn. 18; GöppingerjKindermann, Rdn. 1141). 3. Grobe Unbilligkeit Das Vorliegen sonstiger schwerwiegender Gründe führt dann zur Zuerkennung von 9 Unterhalt, wenn eine Versagung unter Berücksichtigung beider Ehegatten grob unbillig wäre, d. h. eine Ablehnung dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspräche. Durch dieses Tatbestandsmerkmal erfährt die Regelung eine weitere Einschränkung, die den Charakter einer Ausnahmevorschrift begründet (BGH FamRZ 83, 800, 802; 84, 361, 362). 4. Weitere zu beachtende Umstände Zu den zu berücksichtigenden Belangen der Eheleute gehören Alter und Gesund- 1 0 heitszustand des Bedürftigen, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die Dauer der Ehe (BGH FamRZ 84, 361, 362; SchwabjBorth IV, Rdn. 265). Aber auch solche Umstände sind zu würdigen, die bei den anderen Unterhaltstatbeständen erst im Rahmen von § 1579 zu prüfen wären. Nach § 1576 kann Unterhalt nur zuerkannt werden, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten nicht wegen des Vorliegens einer der in § 1579 aufgeführten Tatbestände grob unbillig ist (BGH FamRZ 84, 361, 364). 5. Besonderheiten im Fall der Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder Auch die Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder nach der Scheidung durch 1 1 den bedürftigen Ehegatten reicht für sich nicht aus, um einen Unterhaltsanspruch nach § 1576 zu begründen; es müssen auch in diesem in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fall besondere Umstände hinzukommen, die die Versagung von Unterhalt als grob Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 6 BGB

Scheidung der Ehe

unbillig erscheinen lassen. Wird der betreuende Ehegatte durch die Scheidung nicht anders gestellt, als wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre, fehlt ein Grund für die Zuerkennung von Unterhalt (OLG Bamberg FamRZ 80, 587; OLG Köln FamRZ 80, 886, 890; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 1070). 12 Bei Pflegekindern, die von beiden Ehegatten gemeinsam in den Haushalt aufgenommen worden sind, wird die Billigkeit im allgemeinen der Versagung von Unterhalt entgegenstehen, wenn der bedürftige Ehegatte das Kind nach der Scheidung weiterhin betreut und erzieht. Denn durch die gemeinschaftliche Aufnahme des Pflegekindes in den Haushalt haben beide Ehegatten die Verantwortung für das Kind übernommen und hierdurch einen Vertrauenstatbestand geschaffen (BGH FamRZ 84, 361, 362; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1254). Das gilt insbesondere dann, wenn das Pflegekind in noch sehr geringem Alter aufgenommen worden ist und die Pflege über eine Reihe von Jahren angedauert hat. 13

Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der bedürftige Ehegatte das Pflegekind allein in den Haushalt aufgenommen und der andere Ehegatte dem nur zugestimmt hat (BGH FamRZ 84, 769, 771). In diesem Fall kann der andere Ehegatte im allgemeinen nicht über die Dauer der Ehe hinaus Unterhaltsansprüchen nur deshalb ausgesetzt sein, weil er sich der Aufnahme des Pflegekindes nicht widersetzt hat (Rolland, Rdn. 10; SchwabI Borth IV, Rdn. 266; zweifelnd: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 402). Nur bei Hinzukommen zusätzlicher Umstände kann auch in diesem Fall die Zuerkennung von Unterhalt gerechtfertigt sein. Das gilt etwa dann, wenn der bedürftige Ehegatte auf Veranlassung des anderen eine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat, die er neben der Betreuung des Pflegekindes hätte ausüben können und die nach der Scheidung nicht wieder aufgenommen werden kann (Rolland, Rdn. 10). Ähnlich kann es liegen, wenn die Pflege des Kindes vor der Aufnahme in den gemeinsamen Haushalt auf andere Weise gesichert war, diese Möglichkeit aber nach der Scheidung nicht mehr besteht. Maßgebender Gesichtspunkt ist bei derartigen Fallkonstellationen, daß die nach der Scheidung entstandene Situation letztlich auch in den Verantwortungsbereich des anderen Ehegatten fallt (Rolland aaO).

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Nach ähnlichen Kriterien ist der Fall zu bewerten, in dem ein Ehegatte der Aufnahme eines leiblichen Kindes des anderen in den gemeinsamen Haushalt zugestimmt hat (BGH FamRZ 84, 800, 802). Auch hier kommt es darauf an, ob der andere Ehegatte durch sein Verhalten einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen es unbillig wäre, den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung neben der Betreuung des Kindes auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu verweisen (Schwab/ Borth IV, Rdn. 263).

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Unterschiedlich wird in Rechtsprechung und Schrifttum die Frage gesehen, ob im Fall der Betreuung eines aus einem Ehebruch stammenden Kindes nach erfolgter Anfechtung der Ehelichkeit der Frau ein Unterhaltsanspruch nach § 1576 zustehen kann. Zum Teil wird dies generell verneint, weil es mit der Billigkeit unvereinbar sei (OLG Celle FamRZ 79, 238; MüKo¡Richter, Rdn. 16; Rolland, Rdn. 6; HeissjHeiss, 1.81; Ermanj Dieckmann, Rdn. 11). Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht zugestimmt werden. Es kommt vielmehr auch hier auf die Umstände des Einzelfalles an ( R G R K j C u n y , Rdn. 6; Palandtj Diederichsen, Rdn. 8; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 403; vgl. auch den vom OLG Frankfurt FamRZ 82, 299 entschiedenen Fall).

6. Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit im Bereich des § 1576 16 Ebenso ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob im Fall des § 1576 an die Zumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den bedürftigen 286

Gerhard Griesche

§ 1576 BGB

Unterhalt aus Billigkeitsgründen

Ehegatten strengere Anforderungen zu stellen sind. Überwiegend wird angenommen, daß für den bedürftigen Ehegatten im Fall der Betreuung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bestehe (OLG Düsseldorf 3. FamS, FamRZ 80, 56; Kaltboenerl Büttner, Rdn. 406; Schwab/Borth IV, Rdn. 264; MüKo ¡Richter, Rdn. 9; HeissjHeiss, 1.80; Er man / Dieckmann, Rdn. 7). Bei der Prüfung der Billigkeit kommt auch hier dem Kindeswohl eine besondere Bedeutung zu (BGH FamRZ 84, 361, 364). Soweit im Schrifttum die Ansicht vertreten wird, daß bei der Billigkeitserwägung nur die Belange der Ehegatten, nicht das Kindeswohl zu berücksichtigen seien (Johannsenj HenrichfVoelskow, Rdn. 6), steht das weder mit der Entstehungsgeschichte noch mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang (zutreffend: Schwab/Borth IV, Rdn. 268). Nicht gemeinschaftliche Kinder bedürfen der Pflege und Erziehung des betreuenden Ehegatten in gleicher Weise wie gemeinschaftliche Kinder (OLG Düsseldorf 6. FamS FamRZ 81, 1070; RGRK\Cuny, Rdn. 5). Wenn dennoch strengere Anforderungen an die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den betreuenden Ehegatten gestellt werden, führt dies zu einer durch nichts gerechtfertigten Vernachlässigung der Interessen des Kindes. 7. Verhalten des Unterhaltsbedürftigen während der Ehe Bei der Billigkeitsentscheidung können sich erhebliche Gesichtspunkte außerdem 1 7 auch aus dem Verhalten des unterhaltsbedürftigen Ehegatten während der Ehe herleiten lassen. Dies gilt vor allem, wenn er für die Lebensgemeinschaft und/oder den anderen Ehegatten beim Aufbau oder der Sicherung der gemeinschaftlichen Existenz oder auch in Zeiten von Krankheit oder sonstigen Notlagen besondere Opfer gebracht hat (BGH FamRZ 83, 800, 802). Einem solchen Verhalten des bedürftigen Ehegatten kann nicht nur im Fall der Pflege und Erziehung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes, sondern auch bei Vorliegen anderer „schwerwiegender Gründe" Bedeutung zukommen. So kann die aufopferungsvolle Pflege des anderen Ehegatten oder naher Angehöriger des anderen Ehegatten die Zuerkennung von Unterhalt nach § 1576 rechtfertigen (Schwab/ Borth IV, Rdn. 267; MüKo¡Richter, Rdn. 13; Rolland, Rdn. 16).

III. Bedeutung von S. 2 Nach S. 2 dürfen schwerwiegende Gründe nicht allein deshalb berücksichtigt wer- 1 8 den, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber verhindern, daß der bedürftige Ehegatte den anderen allein mit der Begründung, dieser habe das Scheitern der Ehe verschuldet, auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann. Damit sollte der Wiedereinführung des im Scheidungsrecht aufgegebenen Verschuldensprinzips in das Scheidungsfolgerecht entgegengewirkt werden (BGH FamRZ 84, 361, 364). Dies schließt es indessen nicht aus, daß eheliches Fehlverhalten, das zum Scheitern der Ehe geführt hat, in die Billigkeitsprüfung einzubeziehen ist (Schwab/Borth IV, Rdn. 270; SoergeljHäherle, Rdn. 4; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 2). Im übrigen wird auf die Ausführungen unter Rdn. 10 verwiesen.

IV. Zeitliche Begrenzung des Anspruchs Unterhalt nach § 1576 wird geschuldet, „soweit und solange" von dem geschiedenen 1 9 Ehegatten aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Das bedeutet einmal, daß der Anspruch entfällt, wenn die schwerwiegenden Gründe nicht mehr gegeben sind, wenn also z. B. das nicht gemeinschaftliche Kind nicht mehr der Pflege und Erziehung bedarf. Ist der geschiedene Ehegatte bei Wegfall der ursprünglichen anspruchsbegründenden Voraussetzungen aus anderen Gründen — z. B. wegen Alters oder Krankheit — zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage, so läßt sich eine Fortdauer des Anspruchs nicht aus §§ 1571 oder 1572 herleiten, denn Gerhard Griesche

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§ 1576 BGB

Scheidung der Ehe

§ 1576 ist in dem Katalog möglicher Voransprüche in den §§ 1571, 1572 nicht genannt (M.ÜK.OIRichter, Rdn. 19; Soergel/Häberle, Rdn. 8; RGRK/Cuny, Rdn. 11; Göppinger/Kindermann, Rdn. 264; Erman/Dieckmann, Rdn. 12; a. A. Rolland, Rdn. 19). Billigkeitserwägungen können aber gleichwohl dazu führen, dem bedürftigen Ehegatten in einem solchen Fall weiterhin einen Unterhaltsanspruch zu belassen (vgl. die vorerwähnten Zitate; a. A. Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 10; einschränkend auch: Palandt/Diederichsen, Rdn. 7).

V. Höhe des Anspruchs 20

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs wird in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend angenommen, daß nicht der Völle Unterhalt im Sinne von § 1578 geschuldet werde, sondern stets Billigkeitsgesichtspunkte herangezogen werden müßten (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 56, 57; OLG Köln FamRZ 80, 886, 890; Soergel/Häberle, Rdn. 9; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 269; Kalthoener\Büttner, Rdn. 407; Erman/Dieckmann, Rdn. 13; Rolland, Rdn. 20; Johannsen/Henrich/Voelskoiv, Rdn. 10). Dem kann vom dogmatischen Ansatz her nicht gefolgt werden. Schon aus der Stellung der Vorschrift im Gesetz ergibt sich, daß der Gesetzgeber dem nach § 1576 anspruchsberechtigten geschiedenen Ehegatten — wie bei Vorliegen eines anderen Unterhaltstatbestandes auch — grundsätzlich einen Anspruch auf den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 gewähren wollte (RGRK/Cuny, Rdn. 12). Dies ist auch sachgerecht; es besteht kein Grund, dem geschiedenen Ehegatten, der ein nicht gemeinschaftliches Kind betreut und erzieht und deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, einen Teil des sich aus § 1578 ergebenden Unterhalts vorzuenthalten, zumal dies im allgemeinen mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sein dürfte. Gegen die herrschende Ansicht spricht auch der Umstand, daß die Bestimmung der Höhe des Anspruchs allein nach Billigkeitsgesichtspunkten eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge hätte, da irgendwelche Bemessungskriterien nicht angegeben werden.

21

Dies schließt es indessen nicht aus, im konkreten Fall den nach § 1578 ermittelten vollen Unterhalt herabzusetzen. Die Formulierung des Gesetzes macht deutlich, daß auch der Höhe nach Unterhalt nur geschuldet wird, „soweit" unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten eine Versagung grob unbillig wäre. Es müssen jedoch vom Unterhaltspflichtigen konkrete Umstände vorgetragen werden, aus denen die grobe Unbilligkeit einer Zuerkennung des vollen Unterhalts hergeleitet werden kann.

VI. Weitere Einzelfragen 22

Das Rangverhältnis ist einer Billigkeitsabwägung nicht zugänglich. Soweit der geschiedene Ehegatte nach § 1582 Abs. 1 S. 2 Vorrang vor dem neuen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen hat, gilt dies auch im Fall des § 1576 ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 9; RGRK/Cuny, Rdn. 12; MüKo¡Richter, Rdn. 21; a. A. Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 10). 23 Der Anspruch aus § 1576 ist gegenüber den anderen Unterhaltstatbeständen der §§ 1570 bis 1575 subsidiär; das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Bestimmung ist also nur zu prüfen, wenn ein Anspruch aus den §§ 1570 bis 1575 auszuschließen ist {SoergeljHäberle, Rdn. 11; Schwab/Borth IV, Rdn. 275). Der BGH hat dies aus dem Wortlaut der Vorschrift, der Stellung im Gesetz und der Tatbestandsstruktur hergeleitet, soweit es um das Verhältnis von § 1576 zu § 1570 geht (FamRZ 84, 361, 363; 84, 769, 770). Obwohl der BGH das in den genannten Entscheidungen hat dahinstehen lassen, ist Subsidiarität des Anspruchs aus § 1576 auch im Verhältnis zu den anderen Unterhaltstatbeständen anzunehmen (a. A. MüKo/Richter, Rdn. 11). 288

Gerhard Griesche

§ 1577 BGB

Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1577 B G B Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen (1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. (2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht. (3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. (4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, daß der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalles von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Schrifttum Christi Unterhalt und Wohngeld, DAVorm 82, 621; Dieckmann Nachehelicher Unterhalt und Wiederaufleben von Witwen- und Witwerrente - § 1291 Abs. 2 RVO, § 68 Abs. 2 AVG, § 83 Abs. 3 R K G , § 44 Abs. 2 B V G , FamRZ 87, 231; Graba Mietfreies Wohnen und Unterhalt, FamRZ 85, 657; ders:. Das Familienheim beim Scheitern der Ehe, N J W 87, 1721; Hampel Zur Bemessung des Ehegattenunterhalts, FamRZ 84, 621; Köhler Die Bedeutung unentgeltlicher Zuwendungen Dritter für den Unterhaltsanspruch, N J W 57, 940; Kren^ler Zur Auslegungsproblematik gemäß § 1577 Abs. 2 B G B , FamRZ 83, 653; Nonnenkamp Das Eigenheim bei Unterhalt- und Vermögensauseinandersetzung, Brühler Schriften, Bd. 5, S. 67; Roth-Stielow Eheloses Zusammenleben eines Unterhaltsgläubigers als Bedürfnisproblem, J R 82, 53; Schöltj Trennungs- und Scheidungsunterhalt bei Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, M D R 83, 441; Schwab § 1577 Abs. 2 B G B — das große Rätsel? Brühler Schriften Bd. 1, S. 23 ff; Wendt Anrechnung des Pflegegeldes für ein behindertes Kind nach § 6 9 B S H G als Elterneinkommen? FamRZ 87, 1106; Winkler von Mohrenfels Die unterhaltsrechtliche Verpflichtung (Obliegenheit) zur Realisierung individueller vermögensrechtlicher Ansprüche, FamRZ 81, 521. Übersicht Rdn.

Rdn. I. Grundsätzliches — Erfordernis der Bedürftigkeit — Darleguogs- und Beweislast — Teilweise Bedürftigkeit — Kein Nachholbedarf

. . . .

II. Fehlen der Unterhaltsbedürftigkeit 1. Eigene Einkünfte — Begriff und Umfang der eigenen Einkünfte — Gleichbehandlung von Berechtigtem und Verpflichtetem 2. Behandlung von Verbindlichkeiten . 3. Verletzung der Erwerbsobliegenheit — Ansatz fiktiver Einkünfte . . . . — Bemessung der Höhe eines fiktiven Einkommens

1 2 3 4

4. Andere Fälle selbstverschuldeter Bedürftigkeit 5. Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft — Grundsätzliches — Übernahme der Haushaltsführung durch den Bedürftigen — Bedarfsdeckung auch bei nicht feststellbaren Unterhaltsbeiträgen — Entgelt für Wohnungsgewährung — Erfordernis der Leistungsfähigkeit des Partners — Darlegungs und Beweislast im Fall einer gemeinsamen Haushaltsführung — Von der Rechtsprechung des B G H abweichende Ansicht . . .

Gerhard Griesche

10

12, 13

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§1577 BGB

Scheidung der Ehe

Rdn. — Bewertung der Versorgungsleistungen 19 6. Berücksichtigung von Versorgungsleistungen für Verwandte — Grundsatz 20 — Einschränkungen 21 7. Sozialstaatliche Leistungen — Grundsätzliche Anrechnung . . . 22 — Arbeitslosenhilfe 23 — 25 — Unterhaltsgeld und Berufsausbildungsbeihilfe 26 — Leistungen nach dem BAföG . . 27, 28 — Erziehungsgeld 29 — Pflegegeld 30 — Sozialhilfe 31 — Altersruhegeld und Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente . . . . 32 — 35 — Wiederaufgelebte Witwenrente . 36, 37 — Wohngeld 38-40 8. Anrechnung von Vermögenserträgnissen — Grundsätzliches 41 — Erträgnisse aus der Veräußerung eines Familienheims und Zahlung des Zugewinnausgleichs 42 — Obliegenheit zur Anlage von Vermögen 43 — Bedarfsdeckung durch Zinsen vom Zeitpunkt der Anlage des Vermögens 44 — Folgen einer Obliegenheitsverletzung 45 — Spielraum bei der Anlage von Vermögen 46 — Erwerb von Immobilien . . . . 47 — Fiktive Vermögenserträgnisse . . 48 — Verwendung zugeflossenen Vermögens zur Finanzierung des Umzugs und der Neueinrichtung einer Wohnung 49

1

2

Rdn. 9. Vermögensnutzung in Form von Gebrauchsvorteilen — Nutzung des Familienheims durch den Unterhaltsberechtigten . . . — Bewertung der Gebrauchsvorteile — Einhaltung der Drittelobergrenze — Nutzung des Familienheims durch den Berechtigten und gemeinschaftliche Kinder 10. Anrechnung von freiwilligen Leistungen Dritter III. Einkünfte aus unzumutbaren Einkunftsquellen (Abs. 2) 1. Grundsätzliches 2. Feststellung des vollen Unterhalts . . 3. Berechnung gemäß Abs. 2 S. 1 . . . 4. Anwendung von Abs. 2 auf andere Einkunftsarten 5. Anwendung von Abs. 2 S. 2 — Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen — Keine Schematisierung bei der Billigkeitsprüfung — Billigkeitserwägungen im Einzelfall . . . . IV. Verwertung des Vermögensstamms (Abs. 3) — Grundregel — Einschränkung der Grundregel durch Abs. 3

50 51 52, 53

54 55

56 57 58 59

60 61 62, 63

64 65

— UnWirtschaftlichkeit

66, 67

— Unbilligkeit — Verbrauch des Vermögens in angemes. senen Raten

68, 69

V. Die Vorschrift des Abs. 4 1. S. 1 2. S. 2

70 71 72

I. Grundsätzliches Aus Abs. 1 ergibt sich, daß der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt — wie jeder andere Unterhaltsanspruch auch — auf Seiten des Berechtigten Bedürftigkeit voraussetzt. Das Vorliegen eines Unterhaltstatbestandes der §§ 1570 bis 1573, 1575, 1576 reicht nicht aus, um einen Unterhaltsanspruch zu begründen. Hinzu kommen muß, daß der Berechtigte nicht in der Lage ist, aus seinen Einkünften und seinem Vermögen seinen Bedarf zu decken. Die Fassung des Gesetzes („aus seinem Vermögen") macht deutlich, daß der Berechtigte nicht nur sein Erwerbseinkommen und seine Vermögenserträgnisse, sondern auch den Stamm seines Vermögens einsetzen muß, um seinen Unterhalt zu bestreiten. Dies erfahrt indessen durch Abs. 3 erhebliche Einschränkungen. Anders als die entsprechende Vorschrift im Verwandtenunterhaltsrecht (§ 1602 Abs. 1) ist § 1577 Abs. 1 negativ gefaßt. Dies ändert aber nichts daran, daß auch der geschiedene Ehegatte, der nachehelichen Unterhalt fordert, seine Bedürftigkeit darlegen und beweisen muß (BGH FamRZ 80, 126, 128; 83, 150, 152; 86, 244, 246). Im Hinblick auf den Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten (§ 1569) besteht kein Anlaß, von dem allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsatz, daß der 290

Gerhard Griesche

Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1577 BGB

Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für seine Bedürftigkeit hat, abzugehen. Er ist also gehalten, Angaben zu seiner konkreten Lebenssituation und zu den wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen er lebt, zu machen (OLG Zweibrücken FamRZ 81, 550). Dabei dürfen indessen die Anforderungen nicht überspannt werden. Es reicht aus, wenn der Berechtigte darlegt, daß ihm keine mögliche und zumutbare Einkommensquelle zur Verfügung steht. Weist der Unterhaltspflichtige demgegenüber konkret auf ein erzielbares Einkommen hin, muß der Berechtigte auf diesen Punkt eingehen und erforderlichenfalls den Negativbeweis führen (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 56, 57). Kann der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf nur zum Teil aus eigenen Einkünften 3 decken, so kann er hinsichtlich des Restes den Pflichtigen in Anspruch nehmen. Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht, wenn der Berechtigte für einen vorübergehenden Zeitraum seinen vollen Unterhalt selbst bestreiten kann. Fallen die Einkünfte später weg, so kann der Berechtigte Unterhalt fordern, falls die Voraussetzungen eines Unterhaltstatbestandes noch gegeben sind ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 2). Eine Ausnahmeregelung enthält Abs. 4; auf die nachstehenden Rdn. 71, 72 wird verwiesen. Das geltende Unterhaltsrecht kennt keinen Nachholbedarf, den der Verpflichtete 4 später bei gesteigerter Leistungsfähigkeit zu decken hätte (BGH FamRZ 85, 155, 156). Die Frage der Bedürftigkeit beurteilt sich vielmehr stets nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen in dem Zeitraum, für den der Unterhalt gefordert wird.

II. Fehlen der Unterhaltsbedürftigkeit 1. Eigene Einkünfte Unterhaltsbedürftig ist der nach den §§ 1570 bis 1573, 1575, 1576 anspruchsberechtigte 5 geschiedene Ehegatte nicht, soweit er sich aus seinen eigenen Einkünften oder seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Der Begriff der Einkünfte ist weitgefaßt. Hierunter fallen alle geldwerten Zuwendungen, gleich welcher Art sie sind und aus welchem Anlaß sie gezahlt werden. In erster Linie ist das Einkommen aus zumutbarer Erwerbstätigkeit zu erfassen; zu den Einkünften zählen aber auch Vermögenserträgnisse und andere wirtschaftliche Nutzungen, die der Unterhaltsberechtigte aus vorhandenem Vermögen zieht, etwa das kostenlose Wohnen im eigenen Haus. Bei öffentlich-rechtlichen Leistungen ist deren sozialpolitischer Zweck grundsätzlich nicht maßgebend. Es kommt vielmehr darauf an, ob solche Einkünfte tatsächlich zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehen und dafür verwendet werden, Die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unter- 6 haltspflichtigen werden in gleicher Weise durch ihre Erwerbs- und Vermögensverhältnisse geprägt. Das Unterhaltsrechtsverhältnis nötigt zu einer gleichmäßigen Behandlung beider hieran beteiligten Seiten (BGH FamRZ 81, 541, 542; SoergeljHäberle, Rdn. 3; MüKo/Richter, Rdn. 4; Schwab/Borth IV, Rdn. 402). Deshalb sind einmal an die Obliegenheit des Berechtigten und des Verpflichteten zum Einsatz ihrer Arbeitskraft gleiche Anforderungen zu stellen. Ebenso ist das unterhaltspflichtige Einkommen und Vermögen grundsätzlich nach denselben Regeln zu ermitteln ( G ö p p i n g e r , Rdn. 1004). Im wesentlichen kann daher auf die Kommentierung der Vorschrift des § 1603 verwiesen werden, in der die bei der Erfassung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu beachtenden Faktoren im einzelnen dargestellt worden sind. Hinsichtlich des Einkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit wird auf die Rdn. 4—38 Bezug genommen. Die im Zusammenhang mit der Erfassung der Einkünfte von Freiberuflern und Gewerbetreibenden auftretenden Fragen sind in den Rdn. 39 — 51 erörtert worden. Gerhard Griesche

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§ 1577 BGB

Scheidung der Ehe

2. Behandlung von Verbindlichkeiten 7 Zum Teil wird in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung vertreten, daß gegebenenfalls nicht das gesamte Nettoeinkommen des Unterhaltsberechtigten auf den vollen Unterhalt anzurechnen sei; dieses sei um Verbindlichkeiten zu bereinigen (MüKo ¡Richter, Rdn. 15; HeissjHeiss 2.62; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 607; Ermanj Dieckmann, Rdn. 17; OLG Hamburg FamRZ 89, 394, 395; für den Fall des Getrenntlebens: OLG Frankfurt FamRZ 81, 955). Der BGH ist dem in einem Fall, in dem die getrenntlebende unterhaltsberechtigte Ehefrau auch während der intakten Ehe den Unterhalt eines Kindes aus einer früheren Ehe von ihrem Einkommen bestritten und andere eigene Schulden getilgt hatte, gefolgt (FamRZ 91, 1163, 1165). Er hat dies mit der Notwendigkeit, den Unterhaltsberechtigten und den Unterhaltspflichtigen gleich zu behandeln, begründet. Für den Bereich des Getrenntlebendenunterhalts mag dies zutreffen. Ob dies auch hinsichtlich des nachehelichen Unterhaltsrechts gilt, ist im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut der §§ 1581 S. 1, 1603 Abs. 1 einerseits und der §§ 1577 Abs. 1, 1602 Abs. 1 andererseits mehr als zweifelhaft. Im einzelnen wird auf die Rdn. 7, 8 zu § 1578 Bezug genommen. 3. Verletzung der Erwerbsobliegenheit 8 Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum entfällt die Unterhaltsbedürftigkeit nicht nur, solange und soweit der Unterhaltsberechtigte sich aus seinen Einkünften selbst unterhalten kann. Kommt er seiner Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht nach, muß er sich vielmehr so behandeln lassen, als ob er das erzielbare Einkommen tatsächlich bekommen habe. In Höhe des erzielbaren, fiktiven Einkommens ist er nicht als unterhaltsbedürftig anzusehen (BGH FamRZ 81, 541, 543; 81, 752, 755; 84, 374, 377; SoergelfHäberle, Rdn. 9). 9

10

Der Höhe nach sind die fiktiven Einkünfte nach § 287 Abs. 2 zu schätzen. Dabei ist auf ein vergleichbares Einkommen abzustellen, das der Berechtigte nach seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten erreichen könnte. Ein Anhaltspunkt für die Schätzung läßt sich den in den Anlagen zum Fremdrentengesetz aufgeführten durchschnittlichen Bruttojahresentgelten entnehmen (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 255, 256). Diese sollen eine Gleichstellung der nach dem Fremdrentengesetz anspruchsberechtigten Personen mit vergleichbaren Arbeitnehmern, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelebt haben, ermöglichen und enthalten amtliche Erhebungen und Feststellungen. Das erzielbare Bruttoarbeitseinkommen ist um die Lohn- und Kirchensteuer sowie die Sozialabgaben zu bereinigen. 4. Andere Fälle selbstverschuldeter Bedürftigkeit Von den Folgen unzureichender Bemühungen um einen Arbeitsplatz sind andere Fälle einer selbstverschuldeten Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten zu unterscheiden. Gibt etwa der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte eine zumutbare Erwerbstätigkeit auf und wird er hierdurch bedürftig, so entfallt ein Unterhaltsanspruch nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 erfüllt sind. Dies wird im Schrifttum nicht immer genau genug beachtet (vgl. etwa WendljStaudigl, S. 111; HeissjHeiss 2.60), und auch einige Entscheidungen des BGH lassen die exakte Unterscheidung vermissen (vgl. die Anmerkung von HoppenFamRZ 88, 151 zu BGH FamRZ 88, 145). Grundsätzlich ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine selbstverursachte Bedürftigkeit zu einem Wegfall oder zu einer Minderung des Unterhaltsanspruchs führt, in § 1579 Nr. 3 abschließend geregelt (BGH FamRZ 88, 1031, 1032). Lediglich im Fall 292

Gerhard Griesche

Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1 5 7 7 BGB

des Unterlassens der Aufnahme einer möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit kommt der Ansatz eines bedarfsmindernden fiktiven Einkommens in Betracht (BGH FamRZ 81, 1042, 1043). 5. Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Mit den Auswirkungen der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft 1 1 des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten auf seine Unterhaltsbedürftigkeit hat sich die Praxis seit Inkrafttreten des 1. EheRG häufig befaßt. Anfangs tendierte die obergerichtliche Rechtsprechung weitgehend dazu, den in § 122 S. 2 in Verbindung mit § 1 6 BSHG enthaltenen Rechtsgedanken entsprechend anzuwenden; es wurde angenommen, daß eine widerlegbare Vermutung dafür spreche, daß der geschiedene Ehegatte von dem neuen Partner Zuwendungen erhalte, die seine Unterhaltsbedürftigkeit ausschlössen (OLG Köln FamRZ 78, 252, 254; OLG Celle FamRZ 79, 119; OLG Frankfurt FamRZ 79, 438). Dem ist der BGH zu Recht nicht gefolgt (FamRZ 80, 40, 41 f; 80, 665, 668), weil das Sozialhilferecht nicht geeignet ist, das Problem der eheähnlichen Verbindungen im Rahmen des nachehelichen Unterhaltsrechts zu lösen. Auch freiwillige Zuwendungen des neuen Partners an den geschiedenen Ehegatten wirken sich nicht bedarfsmindernd aus, weil der Partner im Zweifel nur den Empfänger der Leistung und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten will (BGH FamRZ 80, 40, 41 f; 80, 665, 668; 80, 879, 880). Übernimmt der geschiedene Ehegatte indessen die Aufgabe, seinem neuen Partner 1 2 den Haushalt zu führen und ihn zu versorgen, und erhält er hierfür finanzielle Beiträge für die gemeinsame Lebensführung, so ist darin ein Entgelt für die Haushaltsführung und die sonstige Versorgung zu erblicken, das die Unterhaltsbedürftigkeit mindert (BGH FamRZ 80, 40, 41 f und seitdem ständige Rechtsprechung). Dabei kommt es nicht auf entsprechende Absprachen der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an; es reicht aus, daß den Zuwendungen des Partners in den ihm gegenüber erbrachten Versorgungsleistungen ein wirtschaftlicher Gegenwert gegenübersteht. Die Vergütung für Haushaltsführung und Versorgung des neuen Partners ist nicht als Entgelt für eine Erwerbstätigkeit anzusehen, denn der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte hat keinen Rechtsanspruch auf entsprechende Zahlungen (BGH FamRZ 87, 689). Es handelt sich vielmehr um eine besondere Art anderweiter Deckung des Unterhaltsbedarfs, den unberücksichtigt zu lassen, unbillig erschiene (BGH FamRZ 87, 1011, 1013; Soergelj Häberle, Rdn. 12). Die Frage der Zumutbarkeit solcher Betreuungsleistungen stellt sich im allgemeinen nicht. Allein die tatsächliche Übernahme derartiger Tätigkeiten ist als gewichtiges Indiz für ihre Zumutbarkeit zu werten (BGH FamRZ 87, 1011, 1013). Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte neben dem neuen Partner noch minderjährige Kinder betreut (BGH FamRZ 83, 146, 149). Übt der geschiedene Ehegatte dagegen neben der Betreuung des Partners noch eine 1 3 Erwerbstätigkeit aus, braucht er sich kein Entgelt für die Versorgungsleistungen als bedarfsmindemd anrechnen zu lassen (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 99, 100; Schwabj Borth IV, Rdn. 742). Dasselbe ist anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte eine Teilzeitbeschäftigung verrichtet und zusäzlich gemeinschaftliche Kinder zu versorgen hat (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 684, 685; Kalthoener\Büttner, Rdn. 433; Schwabj Borth aaO). Der Ansatz einer bedarfsmindernden Vergütung für Versorgungsleistungen kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte einer Erwerbstätigkeit nicht oder nur in untergeordnetem Umfang nachgeht (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 99, 100). Ist der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte gesundheitlich nicht in der Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 7 BGB

Scheidung der Ehe

Lage, dem Partner den Haushalt zu führen, scheidet der Ansatz eines bedarfsmindernden Entgelts gleichfalls aus (BGH FamRZ 89, 1279). 14 Häufig läßt sich nicht feststellen, welche Zuwendungen der Partner dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten erbringt und welcher Anteil hieran als Entgelt für dessen Leistungen anzusehen ist. Ebenso kommt es vor, daß der Partner dem geschiedenen Ehegatten für dessen geldwerte Leistungen nichts zukommen läßt oder daß der Beitrag des Partners hinter dem tatsächlichen Wert der Versorgungsleistung zurückbleibt. Gleichwohl ist auch in solchen Fällen eine angemessene Vergütung für die Versorgungsleistungen in Ansatz zu bringen. Dies folgt aus einer Anwendung des in § 850 h Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens, wonach in Fällen, in denen ein Schuldner einem Dritten ständig Dienste leistet, die üblicherweise vergütet werden, im Verhältnis des Gläubigers zum Empfänger der Leistung eine angemessene Vergütung als geschuldet gilt (BGH FamRZ 80, 665, 668; FamRZ 80, 879). 15

Zu den Zuwendungen, die dem Unterhaltsberechtigten auch ohne Absprache mit dem Partner als bedarfsminderndes Einkommen anzurechnen sind, gehört auch das Entgelt für Wohnungsgewährung (BGH FamRZ 82, 365, 366; 83, 150, 151). Nimmt der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte den Partner in seiner Wohnung auf, so ist von einer die Bedürftigkeit mindernden Zuwendung in Form der Bereitstellung von Wohnraum auszugehen (BGH FamRZ 83, 150, 151; SchwabjBorth IV, Rdn. 738). Das gleiche muß gelten, wenn der Unterhaltsberechtigte in die Wohnung des Partners einzieht oder das eheähnliche Zusammenleben in einer neu angemieteten Wohnung stattfindet (BGH FamRZ 80, 665, 668).

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Die Anrechnung einer wirklichen oder fiktiven Vergütung für Versorgungsleistungen oder Wohnungsgewährung kommt nur in Betracht, wenn der Partner leistungsfähig ist (BGH FamRZ 85, 273; 87, 1011, 1014; 89, 487, 488; 89, 1279; OLG Nürnberg FamRZ 81, 954, 955; OLG Düsseldorf FamRZ 82, 1076, 1077; OLG Hamm FamRZ 86, 1102; OLG Bamberg FamRZ 87, 1153). Soweit im Schrifttum eine andere Auffassung vertreten wird {Schwab¡Borth IV, Rdn. 738; HeissjHeiss 2.72; Luthin FamRZ 86, 1166, 1168; Johannsen!Henrichj Voelskow, Rdn. 43 zu § 1579, anders aber: Rdn. 41 zu § 1361), kann dem nicht gefolgt werden. Sicherlich ist es richtig, daß die Partnerwahl in der Risikosphäre des Unterhaltsberechtigten liegt; dies kann aber nicht dazu führen, seinen Unterhaltsanspruch herabzusetzen, weil er sich einem Partner zugewandt hat, der finanziell nicht in der Lage ist, die Versorgungsleistungen zu vergüten. Ob der Partner finanziell leistungsfähig ist, ist keine Tatfrage, die durch Nichtbestreiten oder Zugestehen unstreitig gestellt werden kann, sondern setzt eine wertende Feststellung voraus (BGH FamRZ 89, 487, 488). Bei einem Einkommen des Partners von 1410 DM hat der BGH (FamRZ 89, 487, 488) angenommen, daß dieser nicht von vornherein außerstande sei, zumindest gewisse Versorgungsleistungen zu vergüten. Ein verfügbarer Nettobetrag von 1366 DM erlaubt nach Ansicht des BGH jedenfalls die Vergütung solcher Aufwendungen, die der Partner, wenn er allein lebte, ebenfalls aus seinem vorhandenen Einkommen finanzieren müßte (FamRZ 87, 1011, 1014). Dagegen hat der BGH bei einem Einkommen des Partners von 1973 DM und bestehenden Unterhalts Verpflichtungen von 900 DM die Leistungsfähigkeit verneint (FamRZ 89, 1279). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Grenze der Leistungsfähigkeit des Partners im Bereich zwischen notwendigem Eigenbedarf und eigenem angemessenen Unterhalt angesiedelt (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 1076, 1077; OLG Bamberg FamRZ 87, 1153; OLG Düsseldorf FamRZ 88, 509).

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Da der Berechtigte generell die Darlegungs- und Beweislast für seine Bedürftigkeit trägt, hat er im Falle des Bestehens von Anhaltspunkten für das Vorliegen eines eheähnlichen Verhältnisses darzulegen und zu beweisen, daß dadurch keine teilweise 294

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1577 BGB

Bedarfsminderung eingetreten ist (Palandtj Diederichsen, Rdn. 5; HeissjHeiss 2.75, 2.76; Köhler, Rdn. 429). Dies bedeutet indessen nicht, daß das Eingehen eines eheähnlichen Verhältnisses im Zweifel die Annahme einer gemeinsamen Haushaltsführung zur Folge hat (BGH FamRZ 80, 879; 85, 155). Insbesondere tritt eine Minderung der Unterhaltsbedürftigkeit nicht schon deshalb ein, weil der neue Partner wiederholt in der Wohnung des Unterhaltsberechtigten übernachtet hat. Bleiben Zweifel an der Erbringung von Versorgungsleistungen und der Bereitstellung von Wohnraum, geht dies allerdings aufgrund der Verteilung der Beweislast zu Lasten des Bedürftigen (BGH FamRZ 91, 670, 673). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zum Teil die Auffassung vertreten, daß 18 im Fall des Zusammenlebens mit einem neuen Partner auch dann eine Minderung der Bedürftigkeit eintrete, wenn keine Versorgungsleistungen erbracht würden (OLG Frankfurt FamRZ 85, 957; OLG Hamburg FamRZ 87, 1044, 1045; ebenso: HeissjHeiss, 2.74; Rolland, Rdn. 7d; wohl auch: Schwab/Borth IV, Rdn. 741). Begründet wird dies mit der Erwägung, daß das Zusammenwirtschaften mit einem Dritten regelmäßig zu einer Ersparnis von 20 bis 25% führe. Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Die Bemessung des vollen Unterhalts im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 geht vom Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft und den damit verbundenen Vorteilen aus. Eine Ersparnis tritt infolgedessen allein durch die Begründung eines eheähnlichen Verhältnisses nicht ein. Anders ist die Rechtslage nur dann zu beurteilen, wenn bei der Bestimmung des vollen Unterhalts auch trennungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt worden ist; dieser entfallt im Fall der Begründung einer neuen Lebensgemeinschaft (ebenso Soergel\Häberle, Rdn. 12). Die Bewertung der Versorgungsleistungen, die der Unterhaltsberechtigte seinem 1 9 neuen Partner erbringt, bereitet in der Praxis noch immer erhebliche Schwierigkeiten. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zeigt ein uneinheitliches Bild (OLG Celle FamRZ 80, 256, 258: 400 DM bei einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 2 Std.; OLG München FamRZ 79, 34: 360 DM bei gleichem Zeitaufwand; OLG Hamm NJW 81, 464: 750 DM bei einer täglichen Arbeitszeit von 2 bis 3 Std.; OLG Frankfurt FamRZ 81, 455, 456: 300 DM ohne Angabe des Zeitaufwandes; OLG Hamm FamRZ 84, 498, 500: 700 DM einschließlich kostenfreien Wohnens; OLG Düsseldorf FamRZ 88, 509: 500 DM). In Ziffer III 7 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG München (Stand: 1.1. 1989, FamRZ 88, 28) wird vorgeschlagen, die Versorgung des Lebensgefährten im Durchschnitt mit 400 DM bis 800 DM zu bewerten; darin soll der Mietwert, der durch die Aufnahme in die Wohnung des Partners tatsächlich geboten wird, enthalten sein. Der BGH hat sich schon früher dafür ausgesprochen, auf Richtsätze, die auf die gegebene Sachlage abgestellt sind und der Lebenserfahrung entsprechen, zurückzugreifen (FamRZ 80, 40, 42; 80, 665, 668). Später hat er dann eine Anwendung der Richtlinien und Erfahrungssätze, die zur Bemessung von Schadensrenten bei Verletzung oder Tötung von Hausfrauen entwickelt worden sind {Schul^-Borckj Hofmann Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt mit Berechnungstabellen, 1978) empfohlen (FamRZ 84, 662, 663). Diese Entscheidung hat im Schrifttum nur zum Teil Zustimmung gefunden (vgl. etwa MüKo¡Richter, Rdn. 13), verbreitet ist sie auch auf Kritik gestoßen {Kalthoenerj Büttner, Rdn. 434; SoergeljHäberle, Rdn. 14; R G R K j C u n y , Rdn. 13). Von der obergerichtlichen Rechtsprechung ist sie — soweit ersichtlich — mit Zurückhaltung aufgenommen worden (OLG Frankfurt FamRZ 85, 957; 87, 588, 589; zustimmend aber: OLG Koblenz FamRZ 91, 444). Es besteht Anlaß zu der Annahme, daß der BGH die Ermittlung des Wertes von Betreuungsleistungen anhand der Richtlinien von SchufyBorckjHofmann nicht als die einzig zulässige Methode zur Lösung des Problems ansieht. Gerhard Griesche

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jedenfalls hat er in einer neueren Entscheidung die vom OLG ohne nähere Begründung vorgenommene Schätzung des Wertes mit 500, — DM im Monat uneingeschränkt gebilligt (FamRZ 91, 670, 673). Die Anwendung der Erfahrungssätze für die Bemessung von Schadensersatzrenten bei Verletzung oder Tötung von Hausfrauen erscheint wenig geeignet, das Problem der Bewertung von Versorgungsleistungen für den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft angemessen zu lösen. Sie wird — wie die in FamRZ 87, 588, 589 veröffentlichte Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt — häufig zu überhöhten Beträgen führen. Die Partnerin einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird im allgemeinen auch nicht wie eine Haushälterin tätig, zumal dann nicht, wenn sie eigene Kinder mitbringt. Richtiger erscheint der Ansatzpunkt, den die obergerichtliche Rechtsprechung im allgemeinen wählt: ausgehend von der Überlegung, daß es ausschließlich auf den objektiven Wert der erbrachten Leistung — ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Partners — ankommt, wird es im Regelfall angebracht sein, den täglichen Arbeitseinsatz auf 2 bis 3 Stunden zu veranschlagen. Besonderheiten des Einzelfalles — etwa die Betreuung von Kindern des Partners — ist Rechnung zu tragen. Bei der Bemessung des Stundensatzes ist zwar zunächst auf das im Reinigungsgewerbe ortsübliche Entgelt abzustellen, wobei die Unterschiede zwischen Großstädten und dem flachen Land zu berücksichtigen sind; zu beachten ist aber, daß normalerweise von der Vergütung Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgehen. Der Wert der Arbeitsleistung für den Partner ist um diese Kosten zu bereinigen, da sie tatsächlich nicht anfallen. Ein Abschlag von 30% vom Bruttolohn wird normalerweise angemessen sein (SchwabjBorth IV, Rdn. 740; HeisslHeiss, 2.74). Berechnungsbeispiel: 2,5 Std. = 75 Std./Monat; Stundenlohn: 11 DM, Bruttolohn: 825 DM ./. 30% (248 DM); Nettovergütung: 577 DM. Hinzu kommen die Vorteile, die mit der Bereitstellung von Wohnraum verbunden sind. Insoweit ist eine am Einzelfall ausgerichtete Schätzung, die die tatsächlich anfallenden Miet- und Mietnebenkosten berücksichtigt, geboten (vgl. z. B. BGH FamRZ 82, 365, 366). Erbringt der Partner seinerseits Leistungen, die dem Unterhaltsbedürftigen oder dessen Kindern zugute kommen — etwa durch Beaufsichtigung der Hausaufgaben der Kinder des geschiedenen Ehegatten —, so mindert dies zwar im Verhältnis den Anspruch des Berechtigten gegen den Dritten. Im Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen ist gleichwohl der Wert der Betreuungsleistungen des Berechtigten voll in Abzug zu bringen, da den Unterhaltsschuldner keine Verpflichtung trifft, für die Leistung des Dritten ein Entgelt zu erbringen (BGH FamRZ 83, 146, 148). 6. Berücksichtigung von Versorgungsleistungen für Verwandte 20 Die Frage der Berücksichtigung von Versorgungs- und Betreuungsleistungen des Unterhaltsberechtigten für Verwandte hat in der Praxis bisher wenig Beachtung erlangt. Nur vereinzelt hat die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu ansatzweise Stellung genommen (OLG Düsseldorf FamRZ 78, 342, 343: Anrechnung von 150 DM, weil die geschiedene Ehefrau ihren erwachsenen Sohn in ihre Wohnung aufgenommen hatte und ihn versorgte; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1262: je 100 DM für die Betreuung von 2 erwachsenen Söhnen). Zur Frage der Herabsetzung des Unterhalts aufgrund völliger oder teilweiser Deckung des Wohnbedarfs infolge Zusammenlebens mit Eltern, Geschwistern oder Freunden oder in einer Wohngemeinschaft hat sich der BGH dahin geäußert, daß nach der mutmaßlichen Willensrichtung des Zuwendenden keine Entlastung des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten herbeigeführt werden solle; deshalb sei das mietfreie Wohnen nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen (FamRZ 90, 979, 981). Demgegenüber wird im Schrifttum überwiegend angenommen, daß die 296

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im Zusammenhang mit der Behandlung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entwikkelten Grundsätze entsprechend anzuwenden seien {Johannsenj Henrich jVoelskow, Rdn. 41 zu § 1361; SoergeljHäherle, Rdn. 10; vgl. auch R G R K ¡ C u n j , Rdn. 13; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 432; Schleswiger Leitlinien FamRZ 89, 22, C 5), Die Rechtsprechung des BGH begegnet Bedenken. Es ist nicht recht einzusehen, warum im Fall des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Wille des Partners unberücksichtigt bleibt — dieser will im Zweifel gleichfalls nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten —, während es bei einer Wohngemeinschaft mit Angehörigen oder auch mit Fremden (ohne Lebensgemeinschaft) ausschließlich auf die Absicht des Dritten ankommen soll. Zudem ist freies Wohnen oft nicht freiwillige Zuwendung, sondern Ausgleich für eine gewisse Mithilfe {KalthoenerjBüttner aaO). Bei Versorgungs- und Betreuungsleistungen für Verwandte ist allerdings die uneinge- 21 schränkte Übertragung der für die nichteheliche Lebensgemeinschaft erarbeiteten Grundsätze nicht ohne weiteres zulässig. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß vor allem geschiedene Frauen mit Kindern vorrangig mit Angehörigen zusammenziehen, um nach dem Scheitern ihrer Ehe Geborgenheit und Schutz zu finden. Der Ansatz eines Entgelts für Betreuungsleistungen kommt deshalb in einem solchen Fall selbst dann nicht in Betracht, wenn sie einen nennenswerten Umfang erreichen. Werden dagegen die Versorgungsleistungen in erster Linie im Interesse der Angehörigen erbracht — etwa weil die Eltern krank und pflegebedürftig sind oder weil Geschwister und erwachsene Kinder infolge Berufstätigkeit im Haushalt der Hilfe bedürfen —, ist der Ansatz eines fiktiven Einkommens nach § 850 h Abs. 2 ZPO angebracht (KalthoenerjBüttner, Rdn. 432; R G R K j C u n y , Rdn. 14). Entsprechende tatsächliche Feststellungen müssen im Einzelfall getroffen werden. Voraussetzung der Herabsetzung des Unterhalts wegen der Betreuung von Angehörigen ist auch insoweit, daß diese leistungsfähig sind. Für die Bewertung der Versorgungsleistungen gelten die unter der Rdn. 19 dargestellten Grundsätze. 7. Sozialstaatliche Leistungen Die Bedürftigkeit kann auch durch sozialstaatliche Leistungen verringert oder 2 2 aufgehoben werden. Derartige Leistungen rechnen daher ebenfalls zum Einkommen im Sinne von Abs. 1. Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um Leistungen handelt, die nur subsidiär gewährt werden, wie etwa die Sozialhilfe. Grundsätzlich finden dieselben Maßstäbe Anwendung wie beim Kindesunterhalt. Deshalb wird zunächst auf die Rdn. 12 bis 40 zu § 1602 und die 66 — 76 zu § 1603 verwiesen. Im Folgenden wird noch besonders auf die sozialstaatlichen Zuwendungen eingegangen, die in der Praxis bei der Prüfung der Unterhaltsbedürftigkeit eines unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten eine herausragende Rolle einnehmen. Der Arbeitslosenhilfe (§§ 134 ff AFG) kommt — wie dem Arbeitslosengeld — eine 2 3 Lohnersatzfunktion zu (BGH FamRZ 87, 456, 458). Anders als das Arbeitslosengeld wird die Arbeitslosenhilfe indessen nur gewährt, wenn der Arbeitslose bedürftig ist, d. h. wenn er u. a. bestehende Unterhaltsansprüche nicht durchsetzen kann (§§ 134 Abs. 1 Nr. 3, 137 Abs. 1, 138 Abs. 1 AFG). Nach § 140 Abs. 1 AFG kann das Arbeitsamt in diesem Fall dem Arbeitslosen zur Vermeidung von Härten Arbeitslosenhilfe zahlen. Die Gewährung der Arbeitslosenhilfe hat das Arbeitsamt dem Unterhaltspflichtigen unverzüglich anzuzeigen (§ 140 Abs. 1 S. 2 AFG). Die Anzeige bewirkt, daß der Unterhaltsanspruch des Arbeitslosen gegen den Pflichtigen in Höhe der gezahlten Arbeitslosenhilfe auf den Bund übergeht (§ 140 Abs. 1 S. 3 AFG). Daraus folgt, daß die Arbeitslosenhilfe eine subsidiäre Sozialleistung ist und die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten Gerhard Griesche

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nicht vermindert (BGH FamRZ 87, 456, 458; OLG Hamburg FamRZ 82, 710; OLG Frankfurt FamRZ 83, 917, 918). 24 Etwas anderes gilt dann, wenn das Arbeitsamt — entgegen § 140 Abs. 1 S. 2 AFG — dem Unterhaltspflichtigen die Gewährung der Arbeitslosenhilfe nicht anzeigt. Denn in diesem Fall entsteht kein Erstattungsanspruch gegen den Pflichtigen, und dem Berechtigten verbleiben die Leistungen der Arbeitslosenhilfe, so daß insoweit sein Bedarf gedeckt ist (OLG Schleswig FamRZ 85, 68; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 417; Göppinger, Rdn. 218; Schivab\Borth IV> R d n - 434; offen gelassen von BGH FamRZ 87, 456, 458). 25 Auch wenn das Arbeitsamt von der Überleitungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist eine Prüfung daraufhin geboten, ob die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen angemessen ist. Ist der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe höher als der Unterhaltsanspruch, verbleibt dem Berechtigten der überschießende Teil der Arbeitslosenhilfe, denn im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes ist er insoweit bedürftig. Dies kann dazu führen, daß der Unterhaltsberechtigte zusammen mit dem vollen Unterhalt mehr Mittel zur Verfügung hat als der Unterhaltspflichtige; ein solches Ergebnis bedarf der Korrektur in Form einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs (Schwab/Borth IV, Rdn. 434; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 417 mit Berechnungsbeispiel). 26

Das Unterhaltsgeld, das gemäß § 44 AFG im Fall der Förderung von Fortbildungsmaßnahmen (§ 41 AFG) oder einer Umschulung (§ 47 AFG) gewährt wird, hat Lohnersatzfunktion und ist voll auf den Bedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten anzurechnen ( R G R K j C u n j , Rdn. 8; Göppinger, Rdn. 162). Ein Ubergang von Unterhaltsansprüchen auf den Bund ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das gleiche gilt grundsätzlich in Bezug auf Berufsausbildungsbeihilfen, die unter bestimmten Voraussetzungen nach §40 Abs. 1 S. 1 AFG gezahlt werden (OLG Oldenburg FamRZ 89, 531; OLG Schleswig SchlHA 88, 53; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 506). Etwas anderes läßt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 6. 11. 1985 (FamRZ 86, 151, 153) herleiten. Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die Gewährung einer Vorauszahlung ohne Rücksicht auf bestehende Unterhaltsansprüche nach § 40 Abs. 3 AFG in Betracht gekommen wäre. Die in § 40 Abs. 3 S. 2 AFG enthaltene Verweisung auf § 140 Abs. 1 S. 2 —4 AFG macht deutlich, daß im Fall der Vorauszahlung einer Ausbildungsbeihilfe nach § 40 Abs. 3 S. 1 AFG Subsidiarität anzunehmen ist (OLG Oldenburg FamRZ 89, 531; OLG Schleswig SchlHA 88, 53; AG Brühl FamRZ 90, 783; Kalthoenerj Büttner aaO; Göppinger, Rdn. 218; a. A. KG 19. ZS, Urteil vom 12. 5. 1990 - 19 UF 31/90 nicht veröffentlicht —). Insoweit gelten dann die Ausführungen unter den Rdn. 23 bis 25 zur Arbeitslosenhilfe entsprechend. Für Zeiträume vor Zugang der Ubergangsanzeige (§ 140 Abs. 1 S. 2 AFG) kommt eine Rückforderung der nach § 40 Abs. 3 gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe nicht in Betracht.

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Leistungen nach dem BAföG sind grundsätzlich als Einkünfte auf den Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten anzurechnen (BGH FamRZ 80, 126, 128). In § 11 Abs. 2 BAföG wird der Personenkreis, dessen Einkommen und Vermögen bei der Prüfung, ob Anspruch auf BAföG besteht, zu berücksichtigen ist, abschließend aufgezählt; der geschiedene Ehegatte gehört nicht dazu. Ein gesetzlicher Forderungsübergang kommt deshalb nicht in Betracht ( R G R K j C u n j , Rdn. 7). Auch soweit die Leistungen darlehensweise gewährt werden, wirken sie sich bedarfsmindernd aus (BGH FamRZ 85, 916; Soergelj Häherle, Rdn. 7; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 432). 28 Steht dem Unterhaltsberechtigten ein Anspruch auf BAföG zu, ist eine Bedarfsdekkung im allgemeinen auch dann anzunehmen, wenn der Anspruch nicht geltend gemacht worden ist und Gelder deshalb nicht gezahlt werden (BGH FamRZ 80, 126, 128; RGRK jCunj, Rdn. 7). Denn vom Unterhaltsberechtigten ist zu erwarten, daß er 298

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erzielbare Einkünfte auch tatsächlich einzieht. Inwieweit es dem Berechtigten anzulasten ist, daß er auf eine falsche mündliche Auskunft hin seinen Anspruch nicht weiter verfolgt hat, ist Tatfrage. Hat er sich bei der zuständigen Stelle erkundigt, wird die Anrechnung fiktiver Einkünfte kaum in Betracht kommen (BGH FamRZ 80, 126, 128). Erziehungsgeld nach dem BErzGG wird in Höhe von 600 DM im Monat für 15 2 9 Monate nach der Geburt gewährt, und zwar in den ersten 6 Monaten unabhängig vom Einkommen des Berechtigten. Nach § 9 S. 1 BErzGG werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Gewährung des Erziehungsgeldes nicht berührt. Das bedeutet, daß das Erziehungsgeld weder den Bedarf des Unterhaltsberechtigten mindert noch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen erhöht (BGH FamRZ 89, 1279; OLG Zweibrücken FamRZ 87, 820; OLG Koblenz FamRZ 89, 286, 288; OLG Köln FamRZ 89, 1178). Mit dieser Regelung soll die Betreuung von Kleinstkindern in der ersten Zeit nach der Geburt gefördert werden. Hiermit hat der Gesetzgeber erstmals der Rechtsprechung des BGH, nach der es auf den sozialpolitischen Zweck öffentlich-rechtlicher Leistungen für die unterhaltsrechtliche Beurteilung grundsätzlich nicht ankommt, in der Weise Rechnung getragen, daß die Nichtberücksichtigung dieser Leistung ausdrücklich vorgeschrieben ist (Schwab!Borth IV, Rdn. 443; KalthoenerjBüttner, Rdn. 496). Der eindeutige Wortlaut des Gesetzes läßt eine Teilanrechnung des Erziehungsgeldes auf den Bedarf des Unterhaltsberechtigten auch dann nicht zu, wenn dieser zusammen mit dem Unterhalt mehr Mittel zur Verfügung hat als der Unterhaltspflichtige (OLG Köln FamRZ 89, 1178; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 496). Nach § 9 S. 2 BErzGG gilt S. 1 der Bestimmung u. a. nicht im Fall des § 1579. Diese Formulierung ist im Schrifttum als verunglückt bezeichnet worden (SchwabjBorth IV, Rdn. 444). Der Kritik kann nicht zugestimmt werden. Der Gesetzgeber wollte offensichtlich zum Ausdruck bringen, daß bei der im Fall des Vorliegens des Tatbestandes des § 1579 vorzunehmenden Billigkeitsabwägung das Erziehungsgeld voll als Einkommen des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten in Ansatz zu bringen ist. Soweit aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften ein weitergehendes Familiengeld gewährt wird (in Berlin: 600 DM für die Dauer von insgesamt 2 Jahren, Amtsblatt für Berlin 1989, 2089), ist die Vorschrift des § 9 BErzGG gleichfalls anzuwenden (KG FamRZ 90, 1120). Das Pflegegeld, das bis zum 31. 12. 1990 nach den §§ 6 Abs. 2 und Abs. 1 in 3 0 Verbindung mit § 5 Abs. 1 S. 3 JWG im Fall der Aufnahme fremder Kinder in den Haushalt der Pflegeperson gezahlt wurde und das seit dem 1.1. 1991 seine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen des KJHG hat, übersteigt den Unterhaltsbedarf des Kindes und enthält einen Anteil, der als Anrechnung für die Bemühungen der Pflegeperson gedacht ist. Der BGH behandelt diesen Anteil als bedarfsminderndes Einkommen des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten, der ein Pflegekind betreut (FamRZ 84, 769, 771). Ebenso hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem Pflegegeld für zwei behinderte Kinder nach § 69 Abs. 3 und § 4 BSHG gezahlt worden war (FamRZ 87, 259, 261). Diese Rechtsprechung ist vom Schrifttum zum Teil kritisiert worden (KalthoenerjBüttner, Rdn. 492; Wendt FamRZ 87, 1106). Sozialhilfe, die dem Bedürftigen gewährt wird, hat auf den Unterhaltsanspruch 31 keinen Einfluß. Sie verringert die Bedürftigkeit nicht, weil sie subsidiären Charakter hat und den Unterhaltspflichtigen nicht von seiner Leistungspflicht befreien soll (BGH FamRZ 81, 30, 31; 83, 574; 84, 364, 366; 85, 1245). Die Subsidiarität der Sozialhilfe ergibt sich auch daraus, daß der Träger der Sozialhilfe nach den §§ 90, 91 BSHG den Unterhaltsanspruch auf sich überleiten kann. Darauf, ob der Träger der Sozialhilfe von der Uberleitungsmöglichkeit Gebrauch macht, kommt es nicht an (BGH FamRZ 84, Gerhard Griesche

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364, 366). Ist der Unterhaltsanspruch übergeleitet worden, kann der Unterhaltsberechtigte für die Zukunft weiterhin Zahlung des Unterhalts an sich verlangen (BGH FamRZ 82, 23, 25). Im einzelnen wird insofern auf die Rdn. 8 zu § 265 ZPO verwiesen. 32 Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion sind Altersruhegeld sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung; sie zählen also zu den Einkünften im Sinne von Abs. 1. Die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten entfallt allerdings ganz oder teilweise erst vom Zugang der Leistungen an. In der Zeit zwischen Einreichung des Rentenantrags und Auszahlung der Rente besteht die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten weiter; auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe darf er nicht verwiesen werden (BGH FamRZ 83, 574, 575; 90, 269, 272). Dem Unterhaltspflichtigen steht es jedoch frei, dem Berechtigten zur Abwendung der Bedürftigkeit ein zins- und tilgungsfreies Darlehen anzubieten mit der Maßgabe, daß im Fall der Ablehnung des Rentenantrags auf Rückzahlung verzichtet wird. Zur Sicherung des Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens kann der Anspruch auf Rentennachzahlung gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 SGB I abgetreten werden. Den Berechtigten trifft die Obliegenheit, ein solches Angebot anzunehmen (BGH FamRZ 83, 574, 575; 90, 269, 272; RGRK\Cuny, Rdn. 21). 33

Macht der Unterhaltsverpflichtete von der Möglichkeit, den Bedarf des Berechtigten durch ein zins- und tilgungsfreies Darlehen für die Übergangszeit ganz oder teilweise zu decken, keinen Gebrauch, so wird es im Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente bei Rentenbewilligung in der Regel zu höheren Rentennachzahlungen kommen, da zwischen Einreichung des Rentenantrages und Entscheidung erfahrungsgemäß ein längerer Zeitraum verstreicht. Diese Rentennachzahlung ist für die künftige Unterhaltsgewährung auf einen längeren Zeitraum verteilt unterhaltsrechtlich in der Weise zu berücksichtigen, daß eine völlige oder teilweise Bedarfsdeckung anzunehmen ist (Schwab/ Borth IV, Rdn. 451; Kalthoener\Büttner, Rdn. 739 für den Fall der Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen). Die Höhe der Raten ist den Umständen des Einzelfalles anzupassen.

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Hat der Unterhaltspflichtige den Unterhalt für die Zeit zwischen Beginn der Rente und Auszahlung schon entrichtet, so steht ihm ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen den Unterhaltsberechtigten zu (BGH FamRZ 83, 574, 575; OLG Hamm FamRZ 88, 732, 734; OLG Frankfurt FamRZ 87, 1270; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 1043). Der Höhe nach bemißt sich dieser Anspruch danach, inwieweit der Unterhalt sich ermäßigt hätte, wenn die Rente schon während des fraglichen Zeitraums gezahlt worden wäre (BGH FamRZ 83, 574, 575; 89, 718, 719 f; 90, 269, 272). Beruft sich in diesem Fall der Unterhaltsberechtigte auf den Rechtsgedanken des Wegfalls der Bereicherung, wird es darauf ankommen, inwieweit nach Billigkeitsgesichtspunkten der Unterhaltsberechtigte den Pflichtigen über das laufende Rentenverfahren und die Nachzahlung hätte informieren müssen (OLG Hamm FamRZ 88, 732, 734; Kalthoenerj Büttner aaO).

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Soweit die Rente auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs beruht, hat sie Unterhaltsersatzfunktion. Dieser Teil der Rente bleibt bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 außer Ansatz, weil er nur eine Folge der Scheidung ist. Er ist nach § 1577 Abs. 1 bedarfsmindernd zu berücksichtigen, so daß sich der Unterhaltsanspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rentenanteil und dem vollen Unterhalt beschränkt (BGH FamRZ 87, 459, 460; OLG Hamm FamRZ 86, 362; KG FamRZ 88, 1171, 1172; R G R K j C u n j , Rdn. 22; HeissjHeiss 2.93; einschränkend: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 476). Auch in diesem Fall kann es zu Rentennachzahlungen für einen Zeitraum kommen, für den der Unterhaltspflichtige den vollen Unterhalt schon 300

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entrichtet hatte. Der Pflichtige hat dann ebenfalls einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch in der Höhe, in der sich der Unterhaltsanspruch des Berechtigten ermäßigt hätte (OLG Frankfurt FamRZ 87, 1270; Kalthoener\Büttner, Rdn. 1043, Stichwort „Versorgungsausgleich"; nach BGH FamRZ 82, 470 Bereicherungsanspruch). Die Zubilligung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs beschränkt sich indessen nicht nur auf Fälle, in denen infolge der Rentenbewilligung die Rente des Pflichtigen gekürzt wird und der Träger der Rentenversicherung eine entsprechende Überzahlung feststellt und zurückfordert. Ein solcher Anspruch kann auch in anderen Fällen einer nachträglichen Rentengewährung in Betracht kommen (vgl. BGH FamRZ 90, 269, 273). Erfüllt der Unterhaltsberechtigte die Voraussetzungen für den Bezug einer Berufsoder Erwerbsunfähigkeitsrente, trifft ihn die Obliegenheit, einen Rentenantrag zu stellen. Unterläßt er dies, ist er so zu behandeln, als ob er die Rente tatsächlich bezöge {SoergeljHäberle, Rdn. 7). Wiederaufgelebte Witwenrenten aus vorangegangener Ehe (§§ 1291 Abs. 2 S. 1 3 6 RVO, 68 Abs. 2 S. 1 AVG; 83 Abs. 3 S. 1 RKnG; 44 Abs. 1 BVersG; 61 Abs. 3 BeamtVersG) haben keine Unterhaltsersatzfunktion in Bezug auf die neue Ehe; sie bleiben daher bei der Feststellung des Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen zweiten Ehegatten außer Ansatz, so daß § 1577 Abs. 1 nicht anzuwenden ist (BGH FamRZ 79, 211; 79, 470). Auch gegenüber dem nach §1579 gekürzten Unterhaltsanspruch ist die wiederaufgelebte Witwenrente subsidiär (BGH FamRZ 86, 889; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 478; RGRK¡Cuny, Rdn. 20; kritisch insoweit Dieckmann FamRZ 87, 231 ff und Ermanj Dieckmann, Rdn. 8). Das gleiche gilt, wenn nur Billigkeitsunterhalt nach § 1581 geschuldet wird (BGH FamRZ 79, 470; BSG FamRZ 70, 314 jeweils zu § 60 EheG; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 391; Kalthoener\Büttner, Rdn. 478). In Einzelfällen kann die Nichtberücksichtigung der wiederaufgelebten Witwenrente 3 7 zu grob unbilligen Ergebnissen führen, so daß eine Korrektur geboten ist (so auch BGH FamRZ 79, 470, 471; 86, 889). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein nach Treu und Glauben zu korrigierender Ausnahmefall schon dann angenommen worden, wenn dem Berechtigten mehr verbleibt als dem Pflichtigen (OLG Hamm FamRZ 85, 604; OLG Koblenz FamRZ 87, 1154; so auch PalandtjDiederichsen, Rdn. 3). Richtiger dürfte es sein, darauf abzustellen, daß dem Pflichtigen der angemessene Bedarf verbleiben muß, wenn dem Berechtigten insgesamt mehr zur Verfügung steht (so: Kaltboenerl Büttner, Rdn. 478). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist Wohngeld Einkommen, das sowohl 3 8 beim Unterhaltsberechtigten als auch beim Unterhaltspflichtigen entsprechend berücksichtigt werden muß (BGH FamRZ 80, 771, 772; 82, 587, 589; 82, 898, 899; 84, 772, 774; 85, 374, 375). Dies wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung und vom Schrifttum jetzt allgemein akzeptiert. Gleichwohl spielt in der Unterhaltsrechtspraxis das Wohngeld nur eine untergeordnete Rolle (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 763). Das beruht darauf, daß nach der Rechtsprechung des BGH das Wohngeld außer Betracht bleibt, wenn ihm ein entsprechend erhöhter Wohnkostenbedarf gegenübersteht. Im allgemeinen kann man annehmen, daß den Wohngeldempfänger Wohnkosten treffen, die als unterhaltsrechtlich überhöht zu bezeichnen sind (BGH FamRZ 84, 772, 774). Dies bedeutet aber nicht, daß ohne jede weitere Sachprüfung unterstellt werden kann, daß sich Wohngeld und Übermaß an Wohnaufwand gegenseitig aufheben (so im Ergebnis aber: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 763; SoergeljHäberle, Rdn. 7; Ermanj Dieckmann, Rdn. 8). Der BGH hat stets betont, daß eine solche Übereinstimmung nicht in jedem Fall in Betracht kommt (FamRZ 84, 772, 774), und er hat verlangt, daß der Wohngeldempfänger darlegt, daß das Wohngeld im Einzelfall Wohnkosten ausgleicht. Unterbleibt eine solche Gerhard Griesche

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Darlegung, ist das Wohngeld als Einkommen anzurechnen (BGH FamRZ 85, 374, 375). Beispiele dafür, wann eine Berücksichtigung des Wohngelds als Einkommen in Betracht kommt, finden sich in der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 82, 587, 589; 82, 898, 899; 85, 374, 375). 39 Um zu prüfen, ob der Unterhaltsberechtigte, der Wohngeld bezieht, sich dieses ganz oder teilweise als Einkommen auf den Unterhaltsanspruch anrechnen lassen muß, hat er darzulegen, wie hoch die gezahlte Miete ist, wieviele Personen die Wohnung bewohnen, für welche Personen das Wohngeld gezahlt wird und wie hoch der im Unterhaltsanspruch enthaltene Wohnkostenanteil ist. Der im Unterhaltsanspruch enthaltene Wohnkostenanteil hat sich an der jeweiligen Unterhaltshöhe zu orientieren. Der Anteil wird im Durchschnitt auf ein Drittel des Unterhalts zu bemessen sein, weil erfahrungsgemäß nicht mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens für die Deckung des Wohnbedarfs verwendet wird. In ländlichen Gegenden kann der Anteil geringer sein, in Großstädten auch etwas höher. Wenn die Differenz zwischen Mietzins und Wohnkostenanteil niedriger ist als das Wohngeld, bleibt das Wohngeld in Höhe der Differenz anrechnungsfrei, während der überschießende Teil des Wohngeldes als Einkommen anzurechnen ist ( W e n d l j S t a u d i g l S. 87 mit anschaulichen Rechenbeispielen). 40

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In den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte wird nur noch vereinzelt angenommen, daß das Wohngeld in der Regel nur einen erhöhten Wohnbedarf ausgleiche und deshalb nicht als Einkommen zu behandeln sei (KG Nr. 10; OLG Schleswig A I 7). Überwiegend wird darauf verwiesen, daß Wohngeld Einkommen sei, soweit es nicht einen erhöhten Wohnkostenbedarf decke (OLG München I 8; OLG Köln B IV 26; OLG Hamm I 10; OLG Celle I 6; OLG Düsseldorf A 110). Die veröffentlichten Entscheidungen der Oberlandesgerichte lassen das Wohngeld dagegen meist anrechnungsfrei (OLG Karlsruhe FamRZ 81, 783, 784; 85, 286, 288; OLG Hamburg FamRZ 85, 290, 292; anders: OLG Düsseldorf FamRZ 89, 57, 59). 8. Anrechnung von Vermögenserträgnissen Nach § 1577 Abs. 1 muß sich der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte auch die Erträgnisse seines eigenen Vermögens bedarfsmindernd anrechnen lassen. Damit trägt der Gesetzgeber dem — auch im Verwandtenunterhaltsrecht geltenden — Prinzip, daß unterhaltsbedürftig nur derjenige ist, der sich nicht selbst unterhalten kann, Rechnung. Auf die Rdn. 41 —48 zu § 1602 wird zunächst verwiesen. Im nachehelichen Unterhaltsrecht ergeben sich zusätzliche Probleme daraus, daß Erträge aus Kapital, das dem Unerhaltsberechtigten nach Veräußerung eines Eigenheims oder im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung zugeflossen ist, anfallen. Grundsätzlich gilt, daß sämtliche Kapitalerträgnisse ohne jede Einschränkung auf den Bedarf anzurechnen sind. Auf die Herkunft des Vermögens kommt es nicht an; entscheidend ist allein, inwieweit der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte seinen Bedarf aus den Erträgen seines Vermögens decken kann. Auch eine Billigkeitsabwägung findet nicht statt (BGH FamRZ 85, 354, 356; 85, 357, 359; 87, 912; 88, 1031, 1034). Deshalb gehören zu den Einkünften auch Erträge, die der Berechtigte aus dem Erlös beim Verkauf eines ihm bis zur Scheidung als Familienwohnung genutzten gemeinschaftlichen Eigenheims erzielt (BGH FamRZ 85, 354, 356). Ebenso sind Kapitalerträgnisse zu behandeln, die der Berechtigte aus der Anlage im Wege des Zugewinnausgleichs erlangten Vermögens erhält (BGH FamRZ 85, 357, 359). Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung früher eine andere Auffassung vertreten worden ist (OLG Köln FamRZ 81, 882, 883; OLG Hamm FamRZ 83, 924; OLG Frankfurt FamRZ 84, 487; OLG Karlsruhe FamRZ 84, 1019, 1020; KG FamRZ 85, 485), muß dies als 302

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1 5 7 7 BGB

überholt bezeichnet werden. Aus derselben Erwägung leitet der BGH seine Auffassung, daß auch Zinseinkünfte aus der Anlage von Schmerzensgeld bedarfsmindernd anzurechnen seien, her (zustimmend: ErmanjDieckmann, Rdn. 9; SoergeljHäberle, Rdn. 8; kritisch: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 440; Voelskow FamRZ 89, 481). Ebenso sind Erträge aus einem von laufenden Unterhaltszahlungen angesparten Kapital zu behandeln (BGH FamRZ 85, 582, 583). Aus § 1577 Abs. 1 folgt grundsätzlich die Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, vorhandenes Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen. Die Bedürftigkeit wird auch durch solche Kapitalerträgnisse gemindert, die zwar tatsächlich nicht erzielt werden, aber in zumutbarer Weise hätten erzielt werden können (BGH FamRZ 86, 439, 440 f; 88,145, 150). Das bedeutet indessen nicht, daß der Bedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten unmittelbar von dem Zeitpunkt an, zu dem ihm der Erlös aus der Veräußerung eines Familienheims oder der Zugewinn zugeflossen ist, in Höhe des fiktiven Zinsertrages als gedeckt anzusehen ist. Vielmehr kann er eine angemessene Frist für die Überlegung in Anspruch nehmen, auf welche Weise er das Kapital anlegen will (BGH FamRZ 86, 441, 443). Von der Anlage des Kapitals an sind allerdings die Zinsen auch bei nachträglicher Zinszahlung als laufende monatliche Einkünfte zu behandeln (BGH FamRZ 88, 1145; Kalthoenerj Buttner, Rdn. 446). Auch das 13. Monatsgehalt, das ein unselbständiger Arbeitnehmer erhält, wird meist erst am Ende des Kalenderjahres nachträglich gezahlt (Weihnachtsgeld); gleichwohl wird es auf die einzelnen Monate des abgelaufenen Jahres verteilt. Ebenso ist bei der Anlage des nach der Scheidung dem Berechtigten zugeflossenen Vermögens zu verfahren. Die Zeit zwischen der Anlage des Vermögens und der Zahlung der ersten Zinsen kann dadurch überbrückt werden, daß entweder nicht das ganze Vermögen angelegt oder ein Darlehen aufgenommen wird. Kommt der Unterhaltsberechtigte der Obliegenheit, sein Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen, nicht nach, sind fiktive Zinseinkünfte in Ansatz zu bringen, weil auch solche Einkünfte die Bedürftigkeit mindern, die in zumutbarer Weise eingezogen werden könnten, aber tatsächlich nicht erzielt werden (BGH FamRZ 86, 439, 440; 90, 989, 991). Die Anrechnung fiktiver Vermögenserträgnisse entfällt allerdings dann, wenn das Vermögen nicht mehr vorhanden ist (BGH FamRZ 88, 159, 160; 90, 989, 991). Dann bleibt nur noch zu prüfen, ob der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte durch die Verwendung des Vermögens seine Unterhaltsbedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat (§ 1579 Nr. 3). Bei der Frage, wie ein angefallenes Vermögen anzulegen ist, ist stets eine Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmen, bei der die Belange des Berechtigten und des Pflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles angemessen gegeneinander abzuwägen sind (BGH FamRZ 86, 439, 440; 88, 145, 150; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 392f; SchwabjBorth IV, Rdn. 717). In diesem Zusammenhang hat der BGH es einer Frau, die ein großes, luxuriöses Einfamilienhaus bewohnte, zugemutet, mit den Kindern in eine weniger kostspielige Wohnung zu ziehen oder durch Vermietung einzelner Räume Mieteinnahmen zu erzielen (FamRZ 88, 145, 150 mit ablehnender Anmerkung von HoppenIn einer anderen Entscheidung hat der BGH es als zumutbar angesehen, von einem erwachsenen Sohn, der zuvor eine Dachgeschoßwohnung unentgeltlich bewohnt hatte, ein Entgelt zu fordern oder die Wohnung anderweit zu vermieten (FamRZ 90, 269, 271). Besitzt der Unterhaltsberechtigte ertragloses Vermögen (z. B. eine Münzsammlung, Goldbarren, ein leerstehendes Haus), ist ihm die Umschichtung in ein Erträge abwerfendes Vermögen zuzumuten (BGH FamRZ 86, 439, 440; KalthoenerjBüttner, Rdn. 445). Eine besondere Rolle spielt in der Praxis die Frage, ob es dem Unterhaltsberechtigten, der vor der Scheidung ein Familienheim bewohnt hat, gestattet werden kann, unter Gerhard Griesche

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Verwendung des Veräußerungserlöses wieder Wohnungseigentum zu erwerben. Der BGH hat ursprünglich die Auffassung vertreten, daß es dem Berechtigten nicht erlaubt sei, aus den Erträgen des Vermögens zu Lasten des Verpflichteten Rücklagen zwecks Erwerbs von Wohnungseigentum zu machen (unveröffentlichte Entscheidung nach Lohmann, S. 110; ebenso: OLG Düsseldorf FamRZ 85, 392; R G R G j C u n y , Rdn. 3; Johannsen\ Henrich/ Voelskow, Rdn. 4). In einer späteren Entscheidung hat es der BGH gebilligt, daß sich eine Frau, der von dem Veräußerungserlös eines Familienheims 200 000 DM zugeflossen waren, eine Eigentumswohnung für 255 000 DM gekauft hatte, um darin mit einem gemeinschaftlichen Kind zu wohnen (FamRZ 86, 439; ebenso: OLG Bamberg FamRZ 81, 150, 153; OLG Hamm FamRZ 82, 170, 172; OLG Saarbrücken FamRZ 85, 477, 479). Dem ist zuzustimmen (ebenso: KalthoenerjBüttner, Rdn. 459; Schwab/Borth IV, Rdn. 717 f). Verwendet der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte den ihm zugeflossenen Teil des Veräußerungserlöses nicht zur Wiederanschaffung von Wohnungseigentum, ist der Ertrag aus der anderweitigen Anlage des Vermögens im Wege der Anrechnungsmethode auf den Unterhalt anzurechnen (BGH FamRZ 85, 357, 359; 87, 912, 913; OLG Koblenz FamRZ 89, 59, 60; KalthoenerjBüttner, Rdn. 461). Denn diese Erträgnisse haben die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt, und § 1577 Abs. 1 schreibt eine volle Anrechnung auf den Bedarf vor. Daß meist auch dem Unterhaltspflichtigen ein entsprechender Teil des Veräußerungserlöses zugeflossen sein wird, gewinnt erst dann Bedeutung, wenn seine sonstige Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Zu berücksichtigen ist indessen, daß zum Bedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen das ganz oder teilweise mietfreie Wohnen im eigenen Haus gehört. Dem ist bei der Ermittlung des vollen Unterhalts im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 Rechnung zu tragen (vgl. Rdn. 12 zu § 1578). 48

Kommt der Ansatz fiktiver Vermögenserträgnisse in Betracht, weil der Unterhaltsberechtigte die Obliegenheit zur ertragreichen Anlage von Vermögen verletzt hat, ist hinsichtlich der Höhe der Erträge auf die jeweilige Lage am Kapitalmarkt abzustellen {KalthoenerjBüttner, Rdn. 445 Anm. 9). Zu berücksichtigen ist, daß die Erträge versteuert werden müssen und daß notwendige Werbungs- und Erhaltungskosten entstehen (Schwab/ Borth IV, Rdn. 719; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 446). Die Unkosten sind nicht — wie im Steuerrecht (§§ 9 a Nr. 20, 20 Abs. 4 EStG) — zu pauschalieren, sondern konkret zu ermitteln. 49 Nicht zu beanstanden ist es, daß der Unterhaltsberechtigte einen Teil des zugeflossenen Vermögens für den Umzug und die Neueinrichtung einer angemieteten Wohnung verwendet (OLG Hamburg FamRZ 86, 1212, 1213). Ebenso muß es ihm gestattet sein, nicht das gesamte Kapital in Wertpapieren anzulegen, sondern eine schnell verfügbare Reserve einzubehalten (nach OLG Hamburg FamRZ 86, 1212, 1213 10 000 DM auf einem Sparkonto).

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9. Vermögensnutzung in Form von Gebrauchsvorteilen Nicht immer haben Trennung und Scheidung zur Folge, daß das vorher gemeinsam bewohnte Familienheim veräußert werden muß. Bewohnt der Unterhaltsberechtigte das in seinem Eigentum stehende Familienheim nach der Scheidung allein weiter, so fließen ihm die Vermögensnutzungen im Sinn von § 100 BGB in der Form von Gebrauchsvorteilen zu. Der Wert ist den Einkünften des Berechtigten hinzuzurechnen, soweit er die Belastungen übersteigt, die durch allgemeine Grundstücksunkosten und -lasten sowie gegebenenfalls duch Zins- und Tilgungsverpflichtungen entstehen (BGH FamRZ 86, 434; 86, 437, 438; 88, 1031, 1034; 89, 1160, 1162). Das gleiche gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung — etwa von dem ihm zugeflossenen Zugewinnausgleich — ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung erworben hat. 304

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

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Auszugehen ist bei der Bewertung vom objektiven Wohnwert des Hauses, der 51 entweder im Wege der Schätzung des Mietwerts anhand gleichwertiger Objekte oder notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln ist. Hiervon sind, falls das Objekt dinglich belastet ist, die Z i n s z a h l u n g e n a b z u z i e h e n , n i c h t dagegen die T i l g u n g s r a t e n , da diese nach der Scheidung allein der Vermögensbildung des Unterhaltsberechtigten dienen (Schwab/Borth IV, R d n . 713 in Verbindung mit

Rdn. 711). Abzugsfähig sind ferner die verbrauchsunabhängigen Grundstückskosten

wie Grundsteuer, Gebäudebrandversicherung, Hausverwaltung, Schornsteinfeger, Instandsetzungskosten, soweit es sich u m notwendigen Erhaltungsaufwand handelt ( B G H F a m R Z 88, 145, 150; 84, 39, 41; O L G K o b l e n z F a m R Z 89, 59, 60; Schwab/Borth IV, Rdn. 704). E t w a s anderes gilt hinsichtlich der verbrauchsabhängigen K o s t e n für Strom, Heizung, G a s , Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, da sie auch bei mietfreiem Wohnen entstehen und ihre H ö h e sich nach dem tatsächlich anfallenden Verbrauch richtet {Kaltboenerl Büttner, R d n . 694; Graba F a m R Z 85, 657; der B G H hat in F a m R Z 88, 145, 150 ohne nähere B e g r ü n d u n g auch die Energiekosten als abzugsfähig behandelt). Z u m Teil werden die vorstehend erwähnten K o s t e n im Fall des Bestehens eines Mietverhältnisses üblicherweise auf den Mieter umgelegt, etwa die K o s t e n für Müllabfuhr, Wasser und Abwasser; ist dies der Fall, so sind sie als Mietbestandteil anzusehen und deshalb nicht v o m Mietwert in A b z u g zu bringen (Graba F a m R Z 85, 657, 659). Allgemein anerkannt ist in Rechtsprechung und Schrifttum, daß dem Unterhaltsberechtigten indessen n i c h t der sich aus vorstehender Berechnung ergebende v o l l e W o h n w e r t

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des Hauses oder der Eigentumswohnung als bedarfsmindernd angerechnet werden kann, sondern nur der unterhaltsrechtlich angemessene Betrag (BGH FamRZ 89,

1160, 1162 f; O L G Karlsruhe F a m R Z 84, 1019, 1021; O L G München F a m R Z 84, 173, 174; 87, 169, 171; O L G Karlsruhe F a m R Z 88, 1272; Schwab/Borth IV, Rdn. 709; Wendl) Staudigl S. 61; Graba F a m R Z 85, 657, 658). Dies beruht auf der E r w ä g u n g , daß nach

der Lebenserfahrung in der Regel nur ein Teil des Einkommens für Wohnzwecke

aufgewendet wird. Als O b e r g r e n z e wird weitgehend ein D r i t t e l des Betrages angenommen, der dem Unterhaltsberechtigten zur D e c k u n g seines Gesamtbedarfs zur V e r f ü g u n g steht ( B G H F a m R Z 89, 1160, 1162 f mit weiteren Nachweisen). A b e r auch andere Prozentsätze werden als Obergrenze genannt ( O L G Karlsruhe F a m R Z 84, 1019, 1021; Schwab/Borth a a O : 3 0 % ; O L G Karlsruhe F a m R Z 88, 1272: 2 5 % ; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 287: 18 bis 2 5 % ; Schleswiger Leitlinien III 2: ein Fünftel bis ein Drittel). D i e Drittelobergrenze dürfte zumindest bei Häusern, die nicht in Ballungsgebieten liegen, recht hoch bemessen sein und sollte daher nur in Ausnahmefallen in Ansatz gebracht werden (vgl. hierzu auch die Rdn. 83, 84 zu § 1603).

Liegt der u m die zu berücksichtigenden Belastungen ermittelte o b j e k t i v e M i e t w e r t 5 3 ü b e r der im Einzelfall als unterhaltsrechtlich angemessen anzusehenden O b e r g r e n z e , so bleibt der D i f f e r e n z b e t r a g u n b e a c h t l i c h ; der Unterhältsbedarf wird nur durch den der Obergrenze entsprechenden Betrag gemindert. O b den Unterhaltsberechtigten die O b l i e g e n h e i t trifft, durch U n t e r v e r m i e t u n g etwa nicht benötigten Wohnraums w e i t e r e s E i n k o m m e n zu erzielen, ist zwar eine F r a g e des E i n z e l f a l l s ; im allgemeinen wird die Untervermietung bei einem Einfamilienhaus oder einer E i g e n t u m s w o h n u n g indessen nicht mehr zumutbar sein (Graba N J W 87, 1721, 1727).

Bewohnt der Unterhaltsberechtigte das frühere Familienheim zusammen mit 54 g e m e i n s c h a f t l i c h e n K i n d e r n , so wird meist diesen — solange sie minderjährig sind — ein Wohnwert n i c h t z u g e r e c h n e t , weil in den Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle mitberücksichtigt ist, daß ein minderjähriges K i n d wohnkostenfrei im Haushalt eines Elternteils lebt und deshalb einen verminderten Unterhaltsbedarf hat (insofern kritisch Gerhard Griesche

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Schwab!Borth IV, Rdn. 709). Zumindest bei älteren Kindern wird indessen nicht außer acht gelassen werden dürfen, daß ihr Vorhandensein den Wohnraumbedarf steigert und sich damit auch die Kosten erhöhen. Der BGH hat in anderem Zusammenhang die vom OLG vorgenommene Aufteilung der Wohnraumkosten bei einem Elternteil und zwei bei ihm lebenden Kindern im Verhältnis 2 : 1 : 1 gebilligt (FamRZ 88, 921, 925). Vom OLG Celle ist dem Umstand, daß die Mutter mit einem Sohn die Wohnung bewohnte, in der Weise Rechnung getragen worden, daß nur zwei Drittel des Mietwerts als auf die Mutter entfallend in Ansatz gebracht worden sind (FamRZ 87, 1038, 1042). Daß auch nach Rechtskraft der Scheidung der Unterhaltsberechtigte ein Familienheim bewohnt, das noch den geschiedenen Eheleuten gemeinschaftlich gehört oder im Eigentum des Unterhaltspflichtigen steht, wird in der Praxis nur selten vorkommen. Diese Problematik ergibt sich häufiger während der Zeit des Getrenntlebens. Auf die Rdn. 9, 10 zu § 1361 wird deshalb Bezug genommen.

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10. Anrechnung von freiwilligen Leistungen Dritter Die Frage, ob freiwillige Leistungen Dritter, auf die der Unterhaltsberechtigte keinen Rechtsanspruch hat, dessen Bedürftigkeit vermindern, hängt entscheidend vom Willen des Zuwendenden ab. Wollte dieser den Unterhaltsberechtigten unterstützen, tritt eine Entlastung des Unterhaltspflichtigen nicht ein (BGH FamRZ 80, 40, 42; 80, 879, 880; 85, 584). Nur wenn positiv festgestellt werden kann, daß der Dritte dem Unterhaltspflichtigen etwas zukommen lassen wollte, erlischt der Unterhaltsanspruch im Umfang der tatsächlichen Leistung. Ausschlaggebend für die Feststellung des Willens des Zuwendenden kann die Art der Beziehung zu den am Unterhaltsrechtsverhältnis beteiligten Personen sein. Im Zweifel ist nicht anzunehmen, daß eine Entlastung des Unterhaltspflichtigen beabsichtigt war ( R G R K / C u n j , Rdn. 15). Nicht anzuwenden sind diese Erwägungen auf den Fall der Gewährung von Versorgungs- und Betreuungsleistungen und die kostenlose Überlassung von Wohnraum (Kaithoenerj Büttner, Rdn. 466). Insoweit gelten die unter den Rdn. 11 bis 19 dargestellten Grundsätze.

III. E i n k ü n f t e aus u n z u m u t b a r e n E i n k o m m e n s q u e l l e n ( A b s . 2) 1. Grundsätzliches 56 Nach Abs. 2 S. 1 sind Einkünfte nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 leistet. Die Auslegung dieser Bestimmung, die nach allgemeiner Meinung mißverständlich gefaßt und gesetzestechnisch mißglückt ist, hat der Praxis in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des 1. EheRG erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Inzwischen können die aufgetretenen Streitfragen indessen als weitgehend geklärt bezeichnet werden. Wesentlich ist zunächst, daß durch Abs. 2 nicht die Anrechnung von Einkünften aus zumutbarer Erwerbstätigkeit geregelt wird (BGH FamRZ 83, 146, 148 mwN). Anrechnungsfrei bleiben daher nur solche Einkünfte, die aus der Ausübung einer nicht angemessenen oder einer solchen Erwerbstätigkeit, die vom Unterhaltsberechtigten wegen des Vorliegens eines Unterhaitstatbestandes der §§ 1570 ff nicht erwartet werden kann, erzielt werden. Welche Erwerbstätigkeit angemessen ist, ergibt sich aus § 1574 Abs. 2. Auf die Gründe, die den Unterhaltsberechtigten zur Aufnahme der unzumutbaren Erwerbstätigkeit veranlaßt haben, kommt es nicht an. Insbesondere ist es ohne Bedeutung, ob der Unterhaltsberechtigte dazu genötigt wurde, weil der Verpflichtete den geschuldeten Unterhalt nicht gezahlt hat; die Bestimmung ist keine Strafvorschrift zu Lasten des säumigen Unterhaltspflichtigen, sondern eine Schutzvorschrift zugunsten des Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 83, 146, 149). 306

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

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2. Feststellung des vollen Unterhalts Um den Umfang des nach Abs. 2 S. 1 anrechnungsfrei bleibenden Teils der Einkünfte 5 7 aus unzumutbarer Tätigkeit zu ermitteln, ist es erforderlich, die Höhe des vollen Unterhalts festzustellen. Was unter dem „vollen Unterhalt" zu verstehen ist, ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 1578. Der volle Unterhalt im Sinne von § 1577 Abs. 2 S. 1 ist daher grundsätzlich der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1. Soweit der Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 S. 2 auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist, muß dies auch bei der Anwendung des § 1577 Abs. 2 S. 1 beachtet werden. Bei der Ermittlung des vollen Unterhalts bleiben die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit auch dann außer Ansatz, wenn dieser die Tätigkeit schon vor der Scheidung ausgeübt hatte, denn diese Einkünfte haben die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nachhaltig geprägt; der Unterhaltsberechtigte konnte die Tätigkeit als unzumutbar jederzeit einstellen (BGH FamRZ 84, 365; OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1039; SoergeljHäberle, Rdn. 18; KalthoenerjBüttner, Rdn. 410; MüKo¡Richter, Rdn. 23). Zu berücksichtigen ist dagegen ein trennungsbedingter Mehrbedarf, der allerdings vom Unterhaltsberechtigten geltend gemacht und konkret dargelegt werden muß. Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter den Rdn. 36—38 zu § 1578 wird verwiesen. 3. Berechnung gemäß Abs. 2 S. 1 Für die Nichtanrechnung der Einkünfte nach § 1577 Abs. 2 S. 1 ist es maßgebend, 5 8 inwieweit die geschuldete Unterhaltsleistung des Unterhaltspflichtigen — zusammen mit etwaigen anderen Einkünften des Unterhaltsberechtigten aus zumutbarer Erwerbstätigkeit oder Vermögen — hinter dem zuvor errechneten vollen Unterhalt zurückbleibt. Das sich dabei möglicherweise ergebende Defizit stellt den Rahmen dar, innerhalb dessen die Einkünfte des Berechtigten aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit nach § 1577 Abs. 2 S. 1 nicht anzurechnen sind (BGH FamRZ 83, 146, 149; OLG Schleswig SchlHA 79, 18; OLG Frankfurt FamRZ 84, 798, 800). Berechnungsbeispiel (anhand von O L G Düsseldorf FamRZ 84, 800): Bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen Einkommen der Unterhaltsberechtigten Davon aus zumutbarer Tätigkeit Einkommensdifferenz zwischen Einkommen des Unterhaltspflichtigen und aus zumutbarer Tätigkeit des Unterhaltsberechtigten (1689 ./. 750) 3/7 der Einkommensdifferenz zzgl. trennungsbedingter Mehrbedarf voller Unterhalt (750 + 402 + 248) Ermittlung des nach § 1577 Abs. 2 S. 1 anrechnungsfreien Betrages: voller Unterhalt ./. Differenzunterhalt ./. Einkünfte aus zumutbarer Tätigkeit anrechnungsfrei bleiben

1689 D M 1422 D M 750 D M 939 402 248 1400 1400 402 750 248

DM DM DM DM DM DM DM DM

Dieser anrechnungsfreie Betrag ist also identisch mit dem trennungsbedingten Mehrbedarf. Das ist kein Zufall, sondern eine Folge der oben dargestellten Auslegung der Vorschrift des § 1577 Abs. 2 S. 1 durch Rechtsprechung und Schrifttum. Dies läßt sich anhand von beliebigen Berechnungsbeispielen belegen (vgl. Schwab/Borth IV, Rdn. 735; HeissjHeiss 2.66; KalthoenerjBüttner, Rdn. 413; SoergeljHäberle, Rdn. 23; MüKo/ Richter, Rdn. 32). Die praktische Bedeutung der Bestimmung beschränkt sich deshalb — soweit nur Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird — auf Fälle, in denen ein trennungsbedingter Mehrbedarf geltend gemacht und konkret berechnet wird. Gerhard Griesche

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4. Anwendung von Abs. 2 auf andere Einkunftsarten 59 Der Gesetzeswortlaut zwingt nicht zu der Annahme, daß Abs. 2 der Vorschrift nur auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit anzurechnen ist, denn es ist allgemein von Einkünften die Rede. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich allerdings, daß der Gesetzgeber mit der Regelung nur die Einkünfte aus unzumutbarer Verwertung der Arbeitskraft im Auge hatte (Rechtsanwenderbroschüre des Bundesjustizministeriums, S. 179 f). Im Schrifttum besteht indessen Ubereinstimmung dahingehend, daß durch Abs. 2 auch sonstige Einkünfte, deren Erzielung dem Unterhaltsberechtigten nicht zugemutet werden kann, erfaßt werden ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 25; MüKo¡Richter, Rdn. 20; Palandtj Diederichsen, Rdn. 3; ErmanjDieckmann, Rdn. 25; Kren^ler FamRZ 83, 653). In Betracht kommen Einkünfte aus Untervermietung trotz beengter räumlicher Verhältnisse oder Vermögenserträgnisse aus einem Kapital, das aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes stammt, dessen Verwertung nach § 1577 Abs. 3 nicht verlangt werden konnte (MüKo/Richter aaO). Auch Altersrenten, die aufgrund der Ausübung einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit gezahlt werden, unterliegen nur unter den Voraussetzungen von § 1577 Abs. 2 der Anrechnung auf den Bedarf des Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 88, 145, 151; kritisch insoweit: Ermanj Dieckmann, Rdn. 24).

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5. Anwendung von Abs. 2 S. 2 Erzielt der Unterhaltsberechtigte Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, so sind diese nach Abs. 2 S. 2 insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist nicht erneut auf den Grad der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit abzuheben (OLG Köln FamRZ 84, 1108, 1110; KalthoenerjBüttner, Rdn. 412).

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Die Billigkeitsprüfung wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung z. T. in der Weise vorgenommen, daß schematisch ein prozentualer Anteil an dem Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit angerechnet wird (OLG Hamm FamRZ 81, 362, 365; OLG Frankfurt FamRZ 82, 818, 820; OLG Schleswig FamRZ 84, 588, 591; OLG Düsseldorf FamRZ 84, 800, 801; 85, 1039, 1040; III 6 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG München). Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Eine Schematisierung scheidet schon deshalb aus, weil die Billigkeitsvorschrift des § 1577 Abs. 2 S. 2 gerade Ausdruck des gesetzgeberischen Unvermögens, klare Anrechnungsvorschriften zu formulieren, ist. Es ist deshalb stets auf den Einzelfall abzustellen (ebenso: OLG Köln FamRZ 84,1108, 1110; OLG Frankfurt FamRZ 84, 798, 800; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 412; MüKo ¡Richter, Rdn. 26; RGRK jCunj, Rdn. 28; Kren^ler FamRZ 83, 653, 656).

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Ausgangspunkt der im Einzelfall vorzunehmenden Billigkeitsprüfung muß die Überlegung sein, daß die Einkünfte, die der Berechtigte erzielt, aus einer überobligationsmäßigen Verwendung seiner Arbeitskraft herrühren, also das Ergebnis eines Sonderopfers an Freizeit, Kraft und Gesundheit sind. Es ist deshalb grundsätzlich nicht als unbillig anzusehen, wenn dem Unterhaltsberechtigten im Ergebnis mehr verbleibt als dem Unterhaltspflichtigen {Kalthoenerj Büttner aaO; MüKo ¡Richter aaO; Kren^ler aaO; Ermanj Dieckmann, Rdn. 40). Auch kann eine Anrechnung der Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit ganz unterbleiben, wenn ein solches Ergebnis nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der geschiedenen Ehegatten als billig anzusehen ist.

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Um zur Anrechnung eines Teils der Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit zu gelangen, bedarf es deshalb der Feststellung eines sich aus den wirtschaftlichen Verhältnis308

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1577 BGB

sen der Beteiligten ergebenden besonderen Umstandes. So wird eine Anrechnung in Betracht kommen, wenn einerseits dem Pflichtigen bei Entrichtung des vollen Unterhalts nicht der angemessene Eigenbedarf verbleibt, während andererseits der Berechtigte aufgrund der unzumutbaren Tätigkeit mehr zur Verfügung hat. Von Bedeutung kann ferner sein, ob auch der Unterhaltspflichtige übermäßige Belastungen auf sich nimmt, um die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu erzielen. Sofern er dies schon während des Zusammenlebens der Ehegatten getan haben sollte, ist auch dies ein Billigkeitskriterium, das zu beachten ist. Ferner ist die Entstehung eines erheblichen Ungleichgewichts in den beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnissen gegebenenfalls durch Anrechnung nach § 1577 Abs. 2 S. 2 zu korrigieren (Rolland, Rdn. 11 d). Kein bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigendes Kriterium ist es, daß der Berechtigte die Erwerbstätigkeit aufnehmen mußte, weil er vom Verpflichteten im Stich gelassen wurde; § 1577 Abs. 2 ist keine Strafvorschrift zu Lasten des Unterhaltspflichtigen (RGRK/C«/y, Rdn. 28; a.A. ErmanjDieckmann, Rdn. 40; Rolland, Rdn. I I b ; Palandt\Diederichsen, Rdn. 24). Führt die Billigkeitsprüfung zu dem Ergebnis, daß die Einkünfte nach S. 2 anzurechnen sind, so hat dies im Weg des Direktabzugs von der Unterhaltsschuld zu geschehen (BGH FamRZ 83, 146, 150). IV. V e r w e r t u n g des V e r m ö g e n s s t a m m s ( A b s . 3) Nach der Grundregel des § 1577 Abs. 1 hat der geschiedene Ehegatte vor Inanspruch- 6 4 nähme des anderen auch den Stamm seines Vermögens zur Deckung seines Bedarfs einzusetzen. Erst wenn er sein gesamtes Vermögen verbraucht hat, kann er sich an den Unterhaltspflichtigen wenden. Auf die Herkunft des Vermögens kommt es nicht an. Deshalb ist auch Vermögen zu verwerten, das dem geschiedenen Ehegatten im Wege des Zugewinnausgleichs (BGH FamRZ 85, 357, 359) oder nach Durchführung einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung (BGH FamRZ 85, 354, 356; 87, 912, 913) zugeflossen ist. Diesen Grundsatz schränkt § 1577 Abs. 3 dahin ein, daß eine Verwertung des 6 5 Vermögensstamms nicht in Betracht kommt, soweit diese im Einzelfall unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Für das Eingreifen der Ausnahmeregelung reicht es aus, daß eine der beiden Alternativen vorliegt ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 28; MüKol Richter, Rdn. 31; PalandtjDiederichsen, Rdn. 11). Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum angenommen wird, daß die Gesichtspunkte der Unwirtschaftlichkeit und der Unbilligkeit im Zusammenhang gesehen werden müßten (OLG Stuttgart FamRZ 85, 607, 609) oder daß bei Unwirtschaftlichkeit eine zusätzliche Billigkeitsprüfung stattzufinden habe (Rolland, Rdn. 14; Dieckmann FamRZ 77, 81, 101), steht dies in Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Unwirtschaftlich ist die Veräußerung von Vermögensgegenständen unter anderem 6 6 dann, wenn auf längere Sicht der Ertrag den Unterhalt des Berechtigten besser gewährleistet als der erzielbare Erlös. Daß der Verbrauch des Vermögens zur Beseitigung der darin liegenden Einkommensquelle führt, begründet allerdings noch keine Unwirtschaftlichkeit, da sonst die Pflicht zur Verwertung des Vermögensstamms weitgehend aufgehoben werden würde. Die Tatsache, daß bei einer sofortigen Verwertung künftige Preissteigerungen nicht ausgenutzt werden können, hat nicht die Annahme einer Unwirtschaftlichkeit zur Folge (BGH FamRZ 80, 43, 44). Bei einem Sparguthaben scheidet die Annahme einer Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von vornherein aus (BGH FamRZ 85, 360, 361). Gerhard Griesche

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§ 1577 BGB

Scheidung der Ehe

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Dagegen liegt Unwirtschaftlichkeit vor, wenn der Vermögensgegenstand nur zu einem erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Preis verkauft werden kann (OLG Celle NdsRpfl 77, 209). Ebenso ist der Verkauf oder die Beleihung eines Miteigentumsanteils an einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung zu beurteilen, da sich hierbei der Verkehrswert nicht realisieren läßt; es ist ein Gebot der Wirtschaftlichkeit, in einem solchen Fall eine Verwertung im Wege der Aufhebung der Gemeinschaft herbeizuführen (BGH FamRZ 84, 662, 663). Unwirtschaftlich ist auch eine sofortige Verwertung bei ungünstiger Marktlage, die Zins- und Substanzeinbußen zur Folge hat; in diesem Fall ist eine Beleihung zur Uberbrückung in Erwägung zu ziehen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 34; Göppinger j Kindermann, Rdn. 1062; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 450). Die Verwertung des Anteils an einem Unternehmen kann nicht gefordert werden, wenn dies den Zusammenbruch des Betriebes zur Folge hätte (RG Recht 1911, 3330; Göppinger/Kindermann, Rdn. 1062).

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Bei der Prüfung des Merkmals der Unbilligkeit ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse abzuheben; der BGH bezieht aber zu Recht auch persönliche Umstände — wie Alter und Gesundheitszustand des Berechtigten (BGH FamRZ 84, 364, 367) oder die Belange naher Angehöriger (BGH FamRZ 80, 126, 128) — in die Würdigung ein. Eine besondere Rolle spielt in der Praxis die Frage, ob dem Berechtigten die Verwertung eines nach Durchführung einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung oder im Wege des Zugewinnausgleichs erlangten Vermögensgegenstandes zugemutet werden kann. Dies wird im allgemeinen der Billigkeit nicht entsprechen, wenn auch der andere Ehegatte einen gleichen Erlösanteil erhalten hat (BGH FamRZ 85, 354, 356; 85, 357, 359; 87, 912, 913). Auch sonst spielt die Einkommens- und Vermögenssituation des Unterhaltspflichtigen eine wesentliche Rolle. Verfügt er über ein umfangreiches Vermögen oder kann er den vollen Unterhalt des Berechtigten ohne Einschränkungen aus seinen laufenden Einkünften aufbringen, wird dem Berechtigten die Verwertung seines — geringen — Vermögens nicht anzusinnen sein (BGH FamRZ 86, 441, 443; OLG Saarbrücken FamRZ 85, 477, 479; OLG Stuttgart FamRZ 85, 607, 609).

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Die Billigkeit gebietet es, dem Berechtigten einen „Notgroschen" zu belassen, damit er insbesondere bei Krankheit oder in Notfällen eine Rücklage besitzt (BGH FamRZ 84, 364, 367; 85, 354, 356; 85, 360, 361). Bei der Festlegung der Höhe des Notgroschens kann als Anhaltspunkt die Vorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG dienen (4000 DM); das Schonvermögen sollte aber über dem im Sozialhilferecht geltenden Betrag liegen {KalthoenerjBüttner, Rdn. 452; SoergeljHäberle, Rdn. 29 Anm. 25). In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind dem Unterhaltsberechtigten Beträge von bis zu 20 000 DM belassen worden (OLG Düsseldorf FamRZ 85, 392, 393), was indessen — jedenfalls bei durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen — überhöht sein dürfte (ebenso: SoergeljHäberle, Rdn. 29 Anm. 24). Unbillig wäre es auch, von dem Unterhaltsberechtigten den Verkauf eines kleineren Hausgrundstücks (vgl. § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG), das er allein oder zusammen mit Familienangehörigen bewohnt, zu verlangen (KalthoenerjBüttner, Rdn. 451; GöppingerjKindermann, Rdn. 1063; Soergelj Häberle, Rdn. 29). Daß der Veräußerungserlös höhere Erträge abwerfen würde, ist in einem solchen Fall nicht entscheidungserheblich. Bis zu welcher Größe ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung als angemessen anzusehen sind, ist eine Frage des Einzelfalles, wobei auch die Belange des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind. Dem Berechtigten wird es ferner im allgemeinen nicht zuzumuten sein, Vermögensgegenstände, die für ihn einen erheblichen ideellen Wert besitzen, zu veräußern, insbesondere, wenn der zu erzielende Erlös außer Verhältnis zur Dringlichkeit des damit zu deckenden Lebensbedarfs steht {GöppingerjKindermann, Rdn. 1063; strenger: OLG Köln FamRZ 82, 310

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Einkünfte und Vermögen des Unterhaltspflichtigen

§ 1577 BGB

1018, 1019). Schmerzensgeld braucht nicht zur Deckung des laufenden Bedarfs verwendet zu werden, weil es dem Ausgleich immaterieller Schäden dient und zur beliebigen Verwendung des Empfangers bestimmt ist (BGH FamRZ 88, 1031, 1034). Letztendlich läßt sich die Frage, ob die Verwertung von Vermögensgegenständen unbillig ist, nicht allgemein, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen (BGH FamRZ 85, 357, 359). Die Billigkeitserwägung unterliegt als tatrichterliche Aufgabe nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Überprüfung (BGH FamRZ 86, 560, 561; 87, 912, 913). Der Vermögensstamm kann in angemessenen Raten verbraucht werden. Der Umfang 7 0 der Raten ist so zu bemessen, daß der Vermögensstamm bei der Berücksichtigung der überschaubaren wirtschaftlichen Entwicklung zum Unterhalt während der voraussichtlichen Dauer des Lebens des Berechtigten gerade ausreicht. Denn der Forderung, den Stamm des Vermögens zu verwerten, liegt der Gedanke zugrunde, daß dieser nicht den Erben erhalten bleiben soll, wenn der Berechtigte während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens davon den Unterhalt bestreiten kann (BGH FamRZ 66, 28, 29). Deshalb spielt die voraussichtliche Dauer der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten eine Rolle (BGH FamRZ 85, 357, 359; RGZ 97, 276; OLG Stuttgart FamRZ 85, 607, 609; Göppinger/ Kindermann, Rdn. 1068). Dabei ist auch die Gestaltung der Erwerbsverhältnisse, wie sie künftig nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten ist, zu berücksichtigen (RG J W 04, 297). V. D i e Vorschrift des A b s . 4 1. S. 1 War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, daß der Unterhalt des Berechtigten 71 aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Unterhaltsanspruch (§ 1577 Abs. 4 S. 1). Diese Regelung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, nach dem bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Unterhaltstatbestandes (§§ 1570 bis 1573, 1575, 1576) der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen auch dann auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Bedürfnislage entsteht. Die Bestimmung ergänzt § 1573 Abs. 4 S. 1: Beiden Vorschriften liegt der Gedanke zugrunde, daß derjenige Ehegatte, dessen Unterhalt entweder durch eine Erwerbstätigkeit oder durch vorhandenes Vermögen nachhaltig gesichert zu sein schien, auf eine nachwirkende eheliche Solidarität später nicht mehr zurückgreifen dürfen, sondern alle Folgen der noch ungewissen künftigen Entwicklung unterhaltsrechtlich allein tragen soll (BGH FamRZ 87, 689). Unerheblich ist es, ob der Unterhaltsberechtigte den ursprünglich nicht erwarteten Vermögensverlust zu vertreten hat (SchwabjBorth IV, Rdn. 729). Die Beurteilung, ob eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts aufgrund vorhandenen Vermögens anzunehmen war, hat nicht ex post, sondern ex ante, also aus der Sicht zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung zu erfolgen. Wegen der an den Begriff der Nachhaltigkeit zu stellenden Anforderungen wird auf die Rdn. 32 bis 42 zu § 1573 verwiesen. 2. S. 2 Nach Abs. 4 S. 2 bleibt der Unterhaltsanspruch — abweichend von der in S. 1 72 getroffenen Regelung — erhalten, wenn im Zeitpunkt des Wegfalls des Vermögens von dem Unterhaltsberechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden konnte. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, daß die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes zu den Nachwirkungen der Ehe gehört, die auch den Unterhaltspflichtigen Gerhard Griesche

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§ 1578 BGB

Scheidung der Ehe

treffen würden. Deshalb kann nach Beendigung der Kindesbetreuung weiterhin Unterhalt gefordert werden, wenn nunmehr ein anderer Unterhaltstatbestand gegeben ist (Soergel/ Häberle, Rdn. 36; MüKoIRichter, Rdn. 37; Erman/Dieckmann, Rdn. 50; a. A.: Rolland, Rdn. 20). § 1578 BGB Maß des Unterhalts, Lebensbedarf (1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die Bemessung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen kann zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich begrenzte Bemessung nach S. 1 unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf. (2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575. (3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Schrifttum Brüchert Zum Verhältnis von Vorsorgeunterhalt und Elementarunterhalt, FamRZ 85, 235; Büttner Abzugs-, Differenz- und Summenmethode, FamRZ 84, 534; Christi Quotenunterhalt und Bedarfskontrolle, NJW 82, 961; Christi ¡Spring Klage auf Vorsorgeunterhalt — zu kompliziert und riskant?; FamRZ 89, 347; Deisenhofer Der Mindestbetrag des unterhaltsberechtigten Ehegatten, FamRZ 90, 580; Derleder Die ehelichen Lebensverhältnisse, FuR 90, 9; Diederichsen Die Änderungen des materiellen Rechts nach dem Unterhaltsrechtsänderungsrechts, N J W 86, 1283; Giesing Bemessung des Erwerbslosen- und Aufstockungsunterhalts bei zeitlicher Begrenzung nach §§ 1578 Abs. 1 S. 2, 3 und 1573 Abs. 5 BGB, FamRZ 86, 937; Gleixner Anwendungsmethode und trennungsbedingter Mehrbedarf, FamRZ 91, 1011; Graba Die Entwicklung des Unterhaltsrechts nach der Rechtsprechung des BGH im Jahr 1988, FamRZ 89, 562; ders. Die Entwicklung des Unterhaltsrechts nach der Rechtsprechung des BGH in den Jahren 1989/1990, FamRZ 90, 1045; ders. Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen, N J W 89, 2786; Gröning Vorsorgeunterhalt und Elementarunterhalt, FamRZ 82, 459; ders. Elementarunterhalt, Vorsorgeunterhalt und Krankenversicherungsunterhalt, FamRZ 83, 331; ders. Elementarunterhalt und Vorsorgeunterhalt, FamRZ 84, 736; Hahne Zur Auslegung der §§ 1578 Abs. 1 S. 2 und 3 und 1573 Abs. 5 BGB i. d. F. des Unterhaltsänderungsgesetzes vom 20. 2. 1986, FamRZ 86, 305; Hampel Probleme des Altersvorsorgeunterhalts, §§ 1361 Abs. 1 S. 2, 1578 Abs. 3 BGB, FamRZ 79, 249; ders. Quotenunterhalt und voller Unterhalt des geschiedenen Ehegatten gemäß den ehelichen Lebensverhältnissen, FamRZ 81, 851; ders. Zur Bemessung des Ehegattenunterhalts, FamRZ 84, 621; ders. Aktuelle Fragen zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts, FamRZ 89, 113; von Hornhardt Differenz- oder Anrechnungsmethode bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts, N J W 82,17; Kalthoenerj Büttner Die Entwicklung des Unterhaltsrechts bis Mitte 1989, N J W 89,2777; Krenstfer Unterhalt „nach den ehelichen Lebensverhältnissen" — Dogmatische Grundlagen und ihre Konsequenzen —, FamRZ 90, 221; Luthin Zum Bedarf nach den ehelichen Verhältnissen unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH, FamRZ 88,1109; Schwab Zur Sättigungsgrenze beim Unterhalt geschiedener Ehegatten, FamRZ 82, 456; Walter Grundsätze des Unterhaltsrechts in der Ausgestaltung durch die Rechtsprechung, NJW 84, 257; Wejchardt Zur Bemessung des Ehegattenunterhalts: Differenz- oder Abzugsmethode?, NJW 84, 2328. 312

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M a ß des Unterhalts, Lebensbedarf

§ 1578 BGB

Übersicht I. Grundsätzliches

Rdn. 1-3

II. Orientierung an den ehelichen Lebensverhältnissen 1. Erwerbseinkommen •. 4 — Nachhaltigkeit des Einkommens 5 — Tatsächlich zur Verfügung stehendes Einkommen 6 — Berücksichtigung von Schulden des Berechtigten 7, 8 2. Sozialstaatliche Leistungen — Allgemeines 9 — Kindergeld 10 3. Vermögenserträgnisse 11 — Familienheim 12 4. Einkommen, das der Vermögensbildung gedient hat — Allgemeines 13 — Lebens Versicherungsprämien . . 14 5. Objektiver Maßstab bei der Bemessung des Bedarfs — Allgemeines 15 — Kritik an der Rechtsprechung des BGH 16 — Korrektur im Fall des Kaufs eines Eigenheims 17 6. Maßgebender Zeitpunkt Zeitpunkt der — Grundsätzlich: Scheidung 18 — Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zwischen Trennung und Scheidung 19 — Ausnahmen 20 — 23 7. Veränderungen nach Rechtskraft der Scheidung — Grundsatz 24, 25 — Einkommensverbesserungen nach der Scheidung 26 — Kritik an der Rechtsprechung . . 27 — Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Rechtskraft der Scheidung . 28 — Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch andere Umstände 29 — Wegfall von Unterhaltspflichten . 30 — Verbesserungen der wirtschaftlichen Verhältnisse als Scheidungsfolge 31 — Einkommensrückgang nach der Scheidung 32-35 8. Trennungsbedingter Mehrbedarf — Grundsätzliche Berücksichtigung 36 — Keine Pauschalierung 37 — Besondere Geltendmachung erforderlich 38 9. Aufteilung der vorhandenen Mittel 39 — Allgemeines — Kein genereller Lebensbedarf und keine Sättigungsgrenze 40, 41 — Mindestbedarf 42, 43

Rdn. 10. Halbteilungsgrundsatz — Allgemeines 44 — Halbteilungsgrundsatz bei Einkünften aus Erwerbstätigkeit . . 45, 46 — Bemessung der Unterhaltsquote . 47, 48 11. Differenz- und Anrechnungsmethode — Berechnung des Aufstockungsunterhalts 49 — Berechnung des Unterhalts im Fall der Zuverdienstehe 50 — Berechnung bei Einkünften aus Erwerbstätigkeit und anderen Einkunftsquellen 51 — Anwendung der Anrechnungsmethode 52-54 — Aufnahme der Tätigkeit zwischen Trennung und Scheidung . . . . 55 — Ausweitung einer Teilzeitbeschäftigung nach der Scheidung . . . 56 12. Bedarfsberechnung bei Leben im Ausland 57 III. Zeitliche Begrenzung auf den angemessenen Lebensbedarf (Abs. 1 S. 2, 3) 1. Grundsätzliches 58 2. Dauer der Ehe 59-61 3. Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit 62 4. Auswirkung der Kindesbetreuung . 63 5. Rechtsfolgen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1578 Abs. 1 S. 2 — Angemessener L e b e n s b e d a r f . . . 64 65 — Übergangsfrist — Verfahrensrechtliche Überlegungen 66 IV. Gesamter Lebensbedarf V. Kosten einer angemessenen Sicherung für den Fall der Krankheit (Abs. 2) — Beitritt des Unterhaltsberechtigten zur gesetzlichen Krankenversicherung . . — Private Krankenversicherung und Beihilfe — Kranken Versicherungskosten zusätzlich zum Elementarunterhalt VI. Vorsorgeunterhalt 1. Allgemeines 2. Kein eigenständiger Anspruch . . . 3. Wahlrecht des Gläubigers — Keine Zahlung auf bestimmtes Versicherungskonto 4. Zweckbindung des Vorsorgeunterhalts — Folgen einer Verletzung der Zweckbindung 5. Wegfall des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt

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68 69 70, 71

72 73 74 75 76 77 78, 79 313

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Scheidung der Ehe Rdn.

6. Berechnung des Vorsorgeunterhalts — Allgemeines — Berechnungsmethode nach BGH

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— Vorrang des Elementarunterhalts — Besonders günstige wirtschaftliche Verhältnisse des Pflichtigen . — Vorsorgeunterhalt ohne Elementarunterhalt

Rdn. 82

83 84

I. Grundsätzliches 1

Ist ein geschiedener Ehegatte nach den §§ 1570 bis 1573, 1575, 1576 dem Grunde nach unterhaltsberechtigt, so richtet sich die Höhe des Anspruchs gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Anders als im Verwandtenunterhaltsrecht (§ 1610 Abs. 1) wird also nicht an die Lebensstellung des Bedürftigen angeknüpft. Der Gesetzgeber wollte mit der in Abs. 1 S. 1 gewählten Formulierung — entsprechend § 58 Abs. 1 EheG — dem bedürftigen Ehegatten den angemessenen Unterhalt gewähren, um ihm den erreichten Lebensstandard zu erhalten und ihn vor einem sozialen Abstieg zu bewahren (BT-Drucks. 7/650, S. 136). Trotz der Abkehr vom Verschuldensprinzip bei der Scheidung ist damit die obere Grenze dessen gewählt worden, was in Betracht kam. Diese Entscheidung hat dem Gesetzgeber im Schrifttum Kritik eingetragen, weil die zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie nicht zu einem grundsätzlich verschuldensunabhängigen Scheidungsrecht passe (Dieckmann FamRZ 77, 81, 83 ff; ders. FamRZ 84, 946, 949; Holzhauer J Z 77, 729, 736; Diederichsen N J W 86, 1283, 1287; Engelhardt FamRZ 85, 433, 435). Wie weit diese Kritik berechtigt ist, kann dahinstehen. Daß die Praxis — vor allem der BGH — die Vorschrift zu weit ausgelegt habe, kann trotz entsprechender Meinungsäußerungen im Schrifttum (vgl. Johannsen\Henrich ¡Voelskow, Rdn. 4 mit weiteren Nachweisen) nicht anerkannt werden. In gewisser Weise hat der Gesetzgeber der geäußerten Kritik Rechnung getragen, indem er durch das UAndG in § 1578 Abs. 1 die Sätze 2 und 3 eingefügt und damit die zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie in bestimmten Fällen eingeschränkt hat.

2

Was zum angemessenen Unterhalt gehört, ist in § 1578 Abs. 1 S. 4, Abs. 2 und 3 näher zum Ausdruck gekommen. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf; der Unterhaltsberechtigte soll also in die Lage versetzt werden, alle einen wirtschaftlichen Aufwand verursachenden Lebensbedürfnisse — Ernährung, Wohnung, Kleidung, Gesundheitspflege, geistige und kulturelle Interessen, Erholung und Freizeit — zu befriedigen. Durch Abs. 2 wird klargestellt, daß zum Lebensbedarf auch die Kosten einer Krankenversicherung, Schul- oder Berufsausbildung, Fortbildung oder Umschulung rechnen. Uber das bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG geltende Recht hinaus bestimmt Abs. 3, daß der Lebensbedarf auch die Kosten einer Alters- und InvaliditätsVersicherung umfaßt. Mit dieser Regelung soll eine Lücke in der sozialen Biografie geschlossen werden, die dadurch entsteht, daß der Unterhaltsberechtigte am Ausbau seiner Versorgung gehindert ist, weil er wegen des Vorliegens der Tatbestände der §§ 1570 bis 1573 oder 1576 keiner oder nur einer teilweisen Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

3

Die Verwendung des Begriffs voller Unterhalt in den §§ 1573 Abs. 2, 1577 Abs. 2 meint nichts anderes als § 1578. Der volle Unterhalt ist der angemessene Unterhalt in den Grenzen der ehelichen Lebensverhältnisse, denn in den genannten Vorschriften wird zur Begriffsbestimmung § 1578 ausdrücklich zitiert (Lohmann S. 63).

II. Orientierung an den ehelichen Lebensverhältnissen 4

1. Erwerbseinkommen Durch welche bestimmten Umstände die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt sein müssen und auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, ist im Gesetz nicht geregelt worden. 314

Gerhard Griesche

§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

Das ist von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs herausgearbeitet worden. In erster Linie werden die ehelichen Lebensverhältnisse durch das Erwerbseinkommen bestimmt, das einer der Ehegatten oder beide während des Bestehens der Ehe erzielen (BGH FamRZ 80, 876, 877; 81, 241, 242; 82, 360, 361; 82, 892, 893; 84, 149, 150; 84, 151, 153). Gegenüber dem materiellen Bedarf spielen sozialer Status, berufliche Stellung und gesellschaftliches Ansehen keine Rolle (RGRK¡Cuny, Rdn. 3). Gehen beide Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nach, werden die ehelichen Lebensverhältnisse durch das gemeinsame Einkommen geprägt; dabei kommt es nicht darauf an, wessen Einkünfte höher sind (BGH ebd.). Ist in einer Doppelverdienerehe der Ehegatte, der das höhere Einkommen erzielt hat, seiner Verpflichtung, den anderen an seinem Mehrverdienst zu beteiligen, nicht nachgekommen, kann hieraus keine Beschränkung des Unterhaltsbedarfs des Ehegatten mit dem geringeren Einkommen hergeleitet werden (BGH FamRZ 80, 876, 877; 83, 352, 353). Das Arbeitseinkommen bestimmt die ehelichen Lebensverhältnisse insoweit, als es 5 nachhaltig erwirtschaftet worden ist (BGH FamRZ 83, 146, 149; 88, 145, 146; 88, 256). An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn einer der Ehegatten eine unzumutbare Erwerbstätigkeit leistet; die Beurteilung einer Tätigkeit als unzumutbar hat zur Folge, daß derjenige, der sie ausübt, nicht daran gehindert ist, sie jederzeit zu beenden (BGH FamRZ 83, 146, 149; 88, 145, 146; 88, 256; RGRK/Cuny, Rdn. 4). Deshalb werden die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung nicht durch Einkünfte aus einer kurz zuvor eingestellten Nebentätigkeit bestimmt (OLG Frankfurt FamRZ 90, 62). Die ehelichen Lebensverhältnisse werden nur durch solche Erwerbseinkünfte geprägt, 6 die den Ehegatten tatsächlich zur Verfügung standen. Dies ist nicht der Fall, wenn einem der Ehegatten wegen Verletzung einer Erwerbsobliegenheit ein fiktives Einkommen zugerechnet wird (BGH FamRZ 85, 374, 376). Aus demselben Grunde muß das in die Berechnung des Unterhaltsbedarfs einfließende Einkommen zunächst auf den Betrag „bereinigt" werden, der während des Bestehens der Ehe verfügbar war; Beiträge zur Alters- und Krankenvorsorge sind also vorweg abzuziehen (BGH FamRZ 85, 471, 472; 90, 503; 90, 1085, 1086). Auch der Vorwegabzug des Kindesunterhalts ist gerechtfertigt und sogar geboten, wenn es sich um den Unterhalt für ein gemeinschaftliches Kind handelt, selbst wenn dieses bereits volljährig und somit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig ist (BGH FamRZ 81, 241; 84, 151, 153; 85, 912, 916; 87, 456, 458; 89, 842, 843). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die sich aus dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts ergebende Verteilung der zum Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel in einem Mißverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten steht (BGH ebd.). Zu beachten ist, daß bei der Bedarfsermittlung der jeweils nach der Düsseldorfer Tabelle tatsächlich geschuldete Kindesunterhalt in voller Höhe abgezogen werden muß. Der Anteil des Unterhaltsverpflichteten am staatlichen Kindergeld ist hiervon nicht in A b z u g zu bringen, weil sonst a u f Seiten des Unterhaltspflichtigen d a s hälftige Kindergeld unterhaltsrechtlich als Einkommen b e r ü c k s i c h t i g t werden, während a u f Seiten

des Unterhaltsberechtigten eine solche Anrechnung nicht erfolgen würde (BGH FamRZ 86, 783, 786; SchwabjBorth IV, Rdn. 630). Aus § 1578 Abs. 1 S. 1 ergibt sich jedoch auch, daß der Kindesunterhalt, den der Unterhaltsverpflichtete an ein später geborenes Kind zu entrichten hat, nicht vorweg abgezogen werden darf, da dies zu einer ungerechtfertigten Schmälerung des Unterhaltsbedarfs des Unterhaltsberechtigten führen würde (BGH FamRZ 87, 456, 458). Der Höhe nach ist bei der Bedarfsermittlung grundsätzlich der Kindesunterhalt in Abzug zu bringen, der sich aus materiellem Recht ergibt. In welcher Höhe der Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Kindesunterhalt tituliert ist, ist im Regelfall unerheblich, weil bei Abweichungen vom materiellen Recht eine Änderung des Titels herbeigeführt werden kann (BGH FamRZ 90, 1091, 1094). Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein höherer als der nach der materiellen Rechtslage geschuldete Unterhalt aufgrund eines Titels während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft über mehrere Jahre hinweg tatsächlich gezahlt worden war. Denn dann hat diese Verbindlichkeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt (BGH FamRZ 90, 979; 90, 1091, 1095). 7

Inwieweit Schulden, die der Berechtigte allein zu tilgen hat, sich auf den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen auswirken, ist von Rechtsprechung und Schrifttum bisher noch nicht abschließend geklärt worden. Zum Teil wird darauf abgehoben, ob die Schulden während des Bestehens der intakten Ehe oder nach der Trennung zum Zweck der Einrichtung einer neuen Wohnung eingegangen wurden. Dies soll, wenn der Berechtigte nach der Scheidung eigenes Einkommen bezieht, dazu führen, das nach § 1577 Abs. 1 anzurechnende Einkommen des Berechtigten um die Kreditraten zu mindern (OLG Hamburg FamRZ 89, 394, 395; MüKoj Richter, Rdn. 15 zu § 1577; Heissl Heiss 2.62; Schwab\Borth IV, Rdn. 607). Andere meinen, daß Schulden, die aus der Zeit des ehelichen Zusammenlebens herrühren, keinen Einfluß auf die ehelichen Lebensverhältnisse hätten, wenn sie begründet worden seien, um Kosten der allgemeinen Lebensführung zu bestreiten (OLG Hamm FamRZ 90, 998, 999; RGRK/Cunj, Rdn. 7; Hoppen Rdn. 9 unter Berufung auf eine unveröffentlichte Entscheidung des BGH vom 30.11.1983 - IV b ZR 32/82 - , die sich indessen mit vom Unterhaltspflichtigen aufgenommenen Schulden befaßt; Heiss/Heiss 2.14).

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Um zu einer zutreffenden Beurteilung der Rechtsfrage zu gelangen, muß ein anderer Ansatzpunkt gewählt werden. Unterhalt dient grundsätzlich der Deckung des laufenden Lebensbedarfs des Berechtigten. Hierzu gehören Verbindlichkeiten nicht (Göppinger/ Kindermann, Rdn. 973 und 1145; Schn>ab\Borth aaO, am Anfang der Rdn.). Deshalb können Verbindlichkeiten, die vor Entstehen der aus den §§ 1570 ff hergeleiteten Unterhaltspflicht begründet worden sind, sich nicht bedarfserhöhend auswirken {Kalthoener\Büttner, Rdn. 327). Hat der Unterhaltsberechtigte dagegen nach Entstehen des Unterhaltsanspruchs einen Kredit aufgenommen, weil der Unterhaltspflichtige den geschuldeten Unterhalt nicht gezahlt hat, so erhöht sich der zu deckende Bedarf um die Kreditrate (Kalthoener\ Büttner aaO; Göppingerj Kinder mann, Rdn. 973). Das gleiche gilt, wenn die Begründung der Verbindlichkeit erforderlich wurde, um einen Sonderbedarf abzudecken. Eine Unterhaltsschuld des Berechtigten erhöht den Bedarf grundsätzlich nicht, weil sonst im Ergebnis der Pflichtige den Unterhalt für einen Dritten aufbringen müßte, dem er nicht zum Unterhalt verpflichtet ist (RGRK¡Cuny, Rdn. 23; Gernhuber § 41 III, S. 602; GöppingerjKindermann, Rdn. 974; Kalthoener\Büttner, Rdn. 328). Der BGH hat dies allerdings in einem Fall, in dem die getrennt lebende unterhaltsberechtigte Ehefrau auch während der intakten Ehe den Unterhalt eines Kindes aus einer früheren Ehe von ihrem eigenen Einkommen bestritten hatte, anders gesehen (FamRZ 91, 1163, 1165). Ebenso soll die Tilgung von Schulden des Berechtigten, der eigene Einkünfte hatte, behandelt werden. Begründet wird dies vor allem mit der Notwendigkeit einer Gleichbehandlung von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltspflichtigen. Ob diese Grundsätze auch auf den nachehelichen Unterhalt ausgedehnt werden können, hat der BGH ausdrücklich dahinstehen lassen, da im Bereich des Getrenntlebendenunterhalts den §§ 1569, 1577 entsprechende Regeln fehlen. Da die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten als bedarfssteigernd vom dogmatischen Ansatz her bedenklich ist, ist eine zurückhaltende Anwendung des vom BGH aufgestellten Grundsätze angezeigt. 316

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§ 1 5 7 8 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

2. Sozialstaatliche Leistungen Inwieweit staatliche Sozialleistungen, die nicht Lohnersatz- oder Unterhaltsersatz- 9 funktion haben (zweckbestimmte Sozialleistungen, Zahlungen zum Familienlastenausgleich, vgl. Rdn. 23 — 40 zu § 1602), bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen sind, wird in Rechtsprechung und Schrifttum bisher relativ wenig diskutiert. Fraglich kann sein, ob in den Fällen, in denen die Eheleute vor der Trennung ganz oder fast ausschließlich von staatlichen Transferleistungen gelebt haben, überhaupt ein Unterhaltsanspruch in Betracht kommt (verneinend: Er man / Dieckmann, Rdn. 15; bejahend: SoergeljHäberle, Rdn. 24). Daß zumindest zusätzlich zum Arbeitseinkommen gewährte öffentlich-rechtliche Leistungen zu erfassen sind, sofern sie bedarfssteigernde Wirkung haben, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Dem Umstand, daß solche Leistungen im Laufe der Zeit — vor allem aus politischen Gründen — der Höhe nach wechseln, kann keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen (so aber Ermanj Dieckmann aaO). Das Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die den Zweck hat, die Unterhaltslasten 1 0 von Familien mit Kindern zu erleichtem. Deshalb wirkt es sich — bei zweckentsprechender Verwendung — auf Seiten des Empfängers nicht einkommenserhöhend aus, denn für die Deckung des eigenen Bedarfs ist es nicht bestimmt. Im Hinblick darauf hat die Praxis das Kindergeld jedenfalls bei der Bestimmung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen stets unberücksichtigt gelassen. Soweit sich das Schrifttum mit dieser Frage überhaupt befaßt hat, ist sie bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen in gleicher Weise behandelt worden (ErmanjDieckmann aaO; Blaese FamRZ 88, 294). In neueren Entscheidungen hat der BGH dagegen bei der Bemessung des Bedarfs das Kindergeld als einen das Einkommen des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Faktor gewertet (FamRZ 90, 499, 502; 90, 979, 980). Diese Entscheidungen sind indessen nicht dahin zu verstehen, daß das Kindergeld stets bedarfserhöhend in Ansatz zu bringen ist (so aber: PalandtjDiederichsen, Rdn. 6). Beiden Entscheidungen des BGH lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der unterhaltspflichtige Ehemann allein für den Unterhalt seiner bereits volljährigen Kinder aufzukommen hatte. Auf den Regelfall, in dem ein Elternteil ein minderjähriges Kind betreut und der andere für den Barunterhalt aufkommt (§ 1606 Abs. 3 S. 2), lassen sich die vom BGH aufgestellten Grundsätze nicht übertragen (ebenso Graba FamRZ 90, 1045, 1049). Insoweit ist das Kindergeld auch bei der Bestimmung der Höhe des Ehegattenunterhalts nicht als Einkommen zu werten; es ist vielmehr hälftig zwischen den Eltern aufzuteilen (BGH FamRZ 78, 177). 3. Vermögenserträgnisse Die ehelichen Lebensverhältnisse werden aber nicht nur durch Erwerbseinkünfte 11 geprägt, sondern auch durch Kapital- und andere Vermögenserträgnisse sowie durch sonstige wirtschaftliche Nutzungen, soweit diese den Eheleuten während des Zusammenlebens zur Verfügung gestanden haben (BGH FamRZ 85, 354, 356; 86, 434; 86, 436, 437; 88, 1145). So sind z. B. Erträge aus einer während der Ehe angefallenen Erbschaft zu berücksichtigen, wenn sie für den Familienunterhalt verwendet worden sind (BGH FamRZ 88, 1145; OLG Koblenz FamRZ 90, 51, 54). Einkünfte aus einem Pflichtteil eines Ehegatten sind als unterhaltsbestimmend anzusehen, sofern sie bei intakter Ehe für den Unterhalt der Familie herangezogen worden wären (BGH FamRZ 82, 996, 997). Die einem Arbeitnehmer gezahlte Abfindung ist nicht nur bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu würdigen; vielmehr ist der Abfindungsbetrag auch bei der Festsetzung des Bedarfs des Berechtigten zu erfassen und auf eine angemessene Zeit zu verteilen (BGH FamRZ 87, 359, 360). Leben die Eheleute in einem ihnen gehörenden Einfamilienhaus oder einer Eigen- 1 2 tumswohnung, so entfällt die Notwendigkeit einer Mietzahlung. Ergibt sich bei einer Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Gegenüberstellung der ersparten Mietzinsaufwendungen mit den mit dem Eigentum verbundenen Unkosten — allgemeine Grundstückskosten sowie Zins- und Tilgungsaufwendungen — ein Überschuß des Nutzungswertes des Hauses, wohnen die Eigentümer also „billiger" als Eheleute, die für eine vergleichbare Wohnung Miete zu zahlen haben, so ist die Differenz zwischen dem Nutzungswert des Grundeigentums und dem Aufwand bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 den Einkünften der Eheleute hinzuzurechnen (BGH FamRZ 85, 354, 356; 85, 357, 359; 86, 434; 86, 437, 438; 90, 269, 272; 90, 989, 990). Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum kann der Wohnvorteil dem Berechtigten allerdings nur mit einem unterhaltsrechtlich angemessenen Betrag zugerechnet werden. Dessen Obergrenze wird im allgemeinen mit einem Drittel des Betrages in Ansatz gebracht, den der Berechtigte für die Deckung seines Bedarfs insgesamt zur Verfügung hat (BGH FamRZ 89, 1160, 1163 mit weiteren Nachweisen; 90, 989, 991). Auch ein mietfreies Wohnen in einem dritten Personen gehörenden Haus hat eine Erhöhung des Lebensstandards zur Folge, der geldwerte Vorteil ist der Betrag, der sich infolge der unentgeltlichen Nutzungsmöglichkeit errechnet (OLG Hamm FamRZ 87, 710, 711). Dagegen gehören die Zinserträge, die die Eheleute nach Veräußerung des Eigenheims aus der Anlage ihrer Erlösanteile erzielen, nicht zu den nach § 1578 Abs. 1 S. 1 zu berücksichtigenden Einkünften, denn diese Vermögensvorteile haben die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt (BGH FamRZ 85, 354, 356; 90, 269, 272). Veräußern die Eheleute ihr Haus allerdings unabhängig von der Trennung in Verfolgung eines schon zuvor gefaßten Plans, so sind die zu erzielenden Zinsen den ehelichen Lebensverhältnissen hinzuzurechnen, falls der erforderliche zeitliche Zusammenhang gegeben ist (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1259).

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4. Einkommen, das der Vermögensbildung gedient hat Bei gehobenen bis höheren Einkünften kann es zu den Lebensverhältnissen der Ehegatten gehören, daß sie ihr Einkommen nicht ganz verbraucht, sondern Teile zur Vermögensbildung verwendet haben. Dem ist auch bei der Bestimmung des nach § 1578 Abs. 1 S. 1 maßgeblichen Unterhaltsbedarfs des unterhaltsberechtigten Ehegatten Rechnung zu tragen. Der Teil des Einkommens, der zuvor zur Vermögensbildung verwendet worden ist, bleibt unberücksichtigt (BGH FamRZ 80, 665, 669; 82, 151, 152; 84, 151, 153; 87, 36, 39). Ob und in welchem Umfang Familieneinkommen der Vermögensbildung zuzuordnen ist, kann allerdings nicht Gegenstand eines Erfahrungssatzes sein, es bedarf deshalb der individuellen Feststellung der zur Vermögensbildung herangezogenen Einkommensteile im Einzelfall (BGH FamRZ 87, 36, 39). Unter dem Gesichtspunkt der Vermögensbildung hat es der BGH auch gebilligt, daß der Unterhaltspflichtige Prämien für Lebensversicherungen nicht zu den nach § 1578 Abs. 1 S. 1 maßgebenden ehelichen Familienverhältnissen rechnen wollte (FamRZ 84, 149, 151); er hat aber darauf hingewiesen, daß es in einem solchen Fall dem Unterhaltspflichtigen nicht gestattet werden könne, durch Aufrechterhaltung der Lebensversicherung einseitig zu seinen Gunsten die Vermögensbildung fortzusetzen, wenn der in der Ehe erreichte Lebensstandard infolge trennungsbedingten Mehrbedarfs nicht aufrechterhalten werden könne. Hat der ursprünglich selbständig erwerbstätige Unterhaltspflichtige nach der Scheidung eine andere Altersversorgung erlangt — etwa durch eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst —, liegt es nahe, die Beiträge zur beibehaltenen Lebensversicherung nicht mehr vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen, weil diese nunmehr der Vermögensbildung dienen (BGH FamRZ 90, 1091, 1092). In einem Fall, in dem Lebensversicherungsbeiträge des Unterhaltsschuldners nicht der Altersvorsorge dienten, 318

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

sondern zum Zweck der Tilgung eines Darlehens entrichtet wurden, sind die Zahlungen nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden (OLG Hamm FamRZ 91, 1310, 1312). Keine Vermögensbildung ist anzunehmen, wenn der Unterhaltspflichtige während des Bestehens der Ehe Gelder für Bedarfsgüter mit höherem Vermögenswert (Fotound Filmausrüstung, Wohnwagen, Pkw, Motorräder) abgezweigt hat (BGH FamRZ 84, 149, 151). Vielmehr handelt es sich insoweit um Aufwendungen, die der Lebensführung gedient haben, denn der Wert der angeschafften Gegenstände verringert sich laufend. 5. Objektiver Maßstab bei der Bemessung des Bedarfs Die Feststellung, welche Einkünfte den Ehegatten während des Bestehens der Ehe 1 5 zur Verfügung gestanden haben und was sie davon für ihren Lebensunterhalt aufgewendet haben, führt nicht zwangsläufig dazu, dem bedürftigen Ehegatten hieran einen bestimmten Anteil als Unterhalt zuzuweisen. Vor Inkrafttreten des 1. EheRG wurde allgemein angenommen, daß sich die Höhe des Unterhalts nicht nach dem tatsächlichen Lebenszuschnitt der Ehegatten richte, der besonders sparsam, aber auch besonders aufwendig gewesen sein könne; maßgebend sei vielmehr der Lebensstandard, den Ehegatten in vergleichbarer Lage gewählt hätten (Gernhuber § 30 X I ; Schwab 1. Aufl., Rdn. 328; Rolland, Rdn. 2, jeweils mit Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum aus der Zeit vor 1977). In Anlehnung hieran vertritt der BGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen sei. Entscheidend sei ein Lebensstandard, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters nach dem sozialen Status der Ehegatten im Regelfall gewählt werde (BGH FamRZ 82, 151; 83, 678, 679; 84, 358, 360 f; 88, 256, 258; 89, 838, 839; 89, 1160, 1161; 90, 283, 285). Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum zum Teil Zustimmung gefunden (siehe die oben angeführten Zitate sowie Erman\Dieckmann, Rdn. 29; Schwab FamRZ 82, 456, 457 f), ist aber auch auf Kritik gestoßen (Luthin FamRZ 83, 929; 88, 1109, 1110 f; Limbach, Brühler Schriften, Bd. 5, 26, 35 ff). Den Befürwortern der Rechtsprechung des BGH ist darin zuzustimmen, daß ein ausnahmsloses Anknüpfen an die tatsächliche Lebensführung der Ehegatten im Einzelfall zu einer Aufrechterhaltung von Zuständen führen kann, die allgemein als ungerechtfertigt empfunden werden, obwohl mit der Scheidung der Ehe die von den früheren Ehegatten getroffene Lebensentscheidung ihre personale Grundlage verloren hat und damit gegenstandslos geworden ist. Es ist schwer einzusehen, warum sich ein Ehegatte an einem während der Ehe zugunsten der Vermögensbildung gewählten Konsumverzicht festhalten lassen soll, wenn die Gründe für die finanziellen Einschränkungen entfallen sind (so ausdrücklich BGH FamRZ 87, 36, 39). Ebensowenig kann im Fall einer verschwenderischen Lebensführung während der Ehe Unterhalt in einer Höhe zuerkannt werden, für die es an der wirtschaftlichen Basis fehlt. Diese Erkenntnis muß bereits bei der Bedarfsbestimmung berücksichtigt werden und nicht erst bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gemäß § 1581: Gleichwohl darf die Korrektur der tatsächlichen Lebensführung der Ehegatten 1 6 nach einem objektiven Maßstab nur ausnahmsweise erfolgen, um offensichtlich ungerechte Ergebnisse zu vermeiden. Von den Kritikern der Rechtsprechung des BGH wird zu Recht darauf hingewiesen, daß es kaum möglich sei, einen objektiven Maßstab zu finden, der auch nur einigermaßen allgemeinverbindlich sein könne (vgl. vor allem Limbach aaO mit Beispielen aus der Rechtsprechung). Im Ergebnis würde eine routinemäßige Uberprüfung der Lebensführung der Eheleute darauf, ob sie den Maßstäben eines „vernünftigen Betrachters" standhält, oft darauf hinauslaufen, daß als Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten das festgelegt wird, was der jeweils entscheidende FamilienGerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

richter für vernünftig hält. Beispiele aus der obergerichtlichen Rechtsprechung lassen sich anführen. So hat der 6. FamS des OLG Düsseldorf bei einem gemeinsamen Einkommen der Eheleute von 3316 DM angenommen, daß bei einer vernünftigen ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung 400 DM zur Vermögensbildung verwendet würden, so daß dieser Betrag bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt bleiben müsse (FamRZ 83, 400, 403 f). Von einem Einkommen von 4250 DM sind 1050 DM bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs aus demselben Grunde nicht erfaßt worden (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 927, 931). Zur Begründung hat das OLG Düsseldorf auf die Ermittlungen des statistischen Bundesamts verwiesen, wonach ein Vier-Personen-Haushalt 1981 über ein Nettoeinkommen von 2994 DM verfügt und hiervon im Durchschnitt 309 DM als Ersparnis zurückgelegt habe. Das OLG Koblenz (FamRZ 85, 479) hat im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO für eine Reihe von Bedarfsposten feste Beträge eingesetzt, andere Positionen dagegen unberücksichtigt gelassen, weil nach dem Scheitern der Ehe bestimmte Hobbies von der Ehefrau nicht mehr weiterbetrieben werden könnten; die Begründung vermag indessen kaum einzuleuchten (kritisch zu diesem Urteil auch: Luthin FamRZ 88, 1109, 1110). Überzeugend wirkt demgegenüber die Bemerkung des 5. FamS des OLG Düsseldorf (FamRZ 81, 1184, 1185 f), daß auch bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise den Eheleuten ein beträchtlicher Spielraum dafür überlassen bleiben müsse, ob sie sparen oder mehr für den Konsum ausgeben wollten. Haben die Eheleute im Einvernehmen miteinander in Verhältnissen gelebt, die weder durch besonderen Geiz noch durch übertriebene Verschwendung gekennzeichnet waren, so ist diese Art der Lebensführung auch bei der Unterhaltsbedarfsbestimmung nach § 1578 Abs. 1 S. 1 hinzunehmen (für ein Regelausnahmeverhältnis auch: R G R K ¡ C u n y , Rdn. 8; Henrich S. 89; Luthin FamRZ 83, 929; 88, 1109, l l l O f ) . 17 Zustimmung verdienen die Gerichtsentscheidungen, die im Fall des Kaufs eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung die weitere Berücksichtigung der hieraus erwachsenen finanziellen Belastungen bei der Bedarfsbestimmung nach dfer Scheidung ablehnen (OLG Stuttgart FamRZ 84, 1105; OLG Hamm FamRZ 86, 1210, 1211; OLG Schleswig FamRZ 89, 629; AG Kulmbach FamRZ 85, 606). Haben die Eheleute unter weitgehendem Konsumverzicht überdurchschnittlich viel für ihren Wohnbedarf und zur Vermögensbildung ausgegeben, weil sie sich einen in der Bevölkerung weitverbreitetem Wunsch, ein Eigenheim zu besitzen, erfüllen wollten, so kann der bedürftige Ehegatte an dieser Art der Lebensführung nach der Scheidung nicht gegen seinen Wüllen festgehalten werden (BGH FamRZ 90, 283, 285). Ist der andere Ehegatte nicht zu einem Verkauf des Hauses bereit, so kann er dem Berechtigten bei der Bedarfsbestimmung die mit dem Haus verbundenen finanziellen Lasten nicht bedarfsmindernd entgegenhalten.

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6. Maßgebender Zeitpunkt Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kommt es für die Bestimmung des Bedarfs auf die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung (nicht der Trennung) an (BGH FamRZ 80, 770; 81, 241; 81, 539, 541; 81, 752, 754). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß mit dem Eheband die daraus resultierende Verantwortung der Ehegatten füreinander auch nach der Trennung fortbesteht und deshalb der bis zur Auflösung der Ehe erreichte Lebensstandard maßgebend sein muß. Der BGH hat an seiner Auffassung trotz in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum geäußerter Kritik (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 887, und FamRZ 82, 927; OLG Bamberg FamRZ 80, 687; Hampel FamRZ 84, 621, 622 ff) bis zuletzt festgehalten (BGH FamRZ 88, 930, 931; 87, 913; 87, 459, 460). Das Schrifttum stimmt der höchstrichterlichen Rechtsprechung überwiegend zu. Die abweichende Ansicht, die auf den Zeit320

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punkt der Trennung abstellen will, wird nur noch selten vertreten (Johannsen/Henrichj Voelskow, Rdn. 8). Wird über den nachehelichen Unterhalt im Verfahrenverbund entschieden, können nur die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter erkennbar gewordenen Verhältnisse in die Beurteilung einbezogen werden (BGH FamRZ 85, 357, 359; 85, 471, 472). Seit Inkrafttreten des UÄndG ist zu beachten, daß im Fall der Anfechtung der Folgesache Ehegattenunterhalt nach § 629 a Abs. 3 S. 1 ZPO der Scheidungsausspruch rechtskräftig werden kann, bevor über den Unterhalt endgültig entschieden worden ist. Ändern sich zwischen der Trennung und der Rechtskraft der Scheidung die 1 9 Einkommensverhältnisse der Ehegatten oder sonstige Umstände, die die ehelichen Lebensverhältnisse in finanzieller Hinsicht beeinflussen, so wirkt sich dies grundsätzlich auf die Höhe des nachehelichen Unterhalts aus, da erst die Rechtskraft der Scheidung den Endpunkt für die Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse setzt (BGH FamRZ 82, 575 und 576; 82, 892, 893; 86, 244, 245; 88, 256, 257; 90, 503). Unerheblich ist es, ob sich der tatsächliche Lebensstandard dadurch auseinanderentwickelt hat, daß der besserverdienende Ehegatte nach der Trennung zum Lebensunterhalt des anderen nichts beigetragen hat; die ehelichen Lebensverhältnisse sind eine objektiv bestimmbare Größe (BGH FamRZ 80, 876; 86, 244, 245). Auch Veränderungen im Ausgabenbereich sind zu berücksichtigen. Erspart einer der Ehegatten infolge eines nach der Trennung vollzogenen Umzugs Fahrtkosten, so führt dies zu einer Verringerung des Bedarfs (BGH FamRZ 82, 575). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn das Einkommen eines oder 20 beider Ehegatten während des Getrenntlebens bis zur Scheidung eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung genommen hat, die auch bei der Bestimmung des Getrenntlebendenunterhalts außer Betracht hätte bleiben müssen (BGH FamRZ 82, 575, 576). Denn in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Einkommensverhältnisse, wie sie sich im Augenblick der Scheidung darstellen, Ausdruck der ehelichen Lebensverhältnisse sind und diese maßgebend geprägt haben (Beispiel: der Inhaber eines kleinen Pelzgeschäfts entwickelt dieses während einer langen Trennungszeit mithilfe einer anderen Partnerin zu einem gutgehenden größeren Unternehmen, BGH FamRZ 82, 576, 578. Dagegen ist keine völlig außerhalb der Ehe angelegte Entwicklung in einem Fall angenommen worden, in dem ein Zeitsoldat während der Zeit des Getrenntlebens ein Studium absolviert und eine Stellung als Gewerbelehrer angetreten hatte: OLG Hamm FamRZ 90, 1361). Das gleiche gilt in Bezug auf Einkünfte, die die ehelichen Lebensverhältnisse zu keinem Zeitpunkt geprägt haben, und zwar auch nicht dadurch, daß die zu diesen Einkünften führende berufliche Entwicklung bereits während des Zusammenlebens der Eheleute angelegt war und erwartet werden konnte (BGH FamRZ 91, 307). Mit der letzteren Erwägung hat der BGH den Aufstieg eines Schweißers, der als Mitglied des Betriebsrats im Zeitpunkt der Trennung an einem Lehrgang zur gewerkschaftlichen Funktionsumschulung teilgenommen hatte, zum Gewerkschaftssekretär den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet (BGH FamRZ 91, 307 = FuR 91, 97 mit abl. Anm. von Struck). Läßt der Unterhaltspflichtige im Fall der unerwarteten Entwicklung — etwa durch entsprechende Unterhaltszahlungen — den getrenntlebenden Ehegatten an seinem gestiegenen Lebensstandard teilhaben, so ist dies bei der Bemessung auch des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen (BGH FamRZ 82, 576, 579; OLG Hamm FamRZ 90, 1361, 1362; SoergeljHäberle, Rdn. 6; GöppingerjKindermann, Rdn. 675, Fn 39). Die Frage, ob ein unerwarteter nachhaltiger Einkommensrückgang zwischen 21 Trennung und Scheidung — etwa infolge eines plötzlich einsetzenden und anhaltenden Gerhard Griesche

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geschäftlichen Mißerfolges eines selbständig Erwerbstätigen — bei der Unterhaltsbestimmung unberücksichtigt bleiben kann, hat der BGH in einem zu § 1361 ergangenen Urteil als zweifelhaft bezeichnet; er hat nicht abschließend Stellung genommen, aber zu erkennen gegeben, daß er die Außerachtlassung des Einkommensrückgangs für unbillig hält (FamRZ 88, 256, 257; ebenso im Ergebnis Soergel¡Häherle 12. Aufl. Rdn. 6 gegen 11. Aufl., Nachtrag, Rdn. 3 ff zu § 1578). Dem kann nicht gefolgt werden. Unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende negative Einkommensentwicklungen müssen bei der Bedarfsbestimmung gleichbehandelt werden. Die gebotene Korrektur kann im Fall des Einkommensrückgangs über § 1581 herbeigeführt werden (ähnlich Luthin FamRZ 88, 1109, 1113). Nicht als außergewöhnliche und deshalb unbeachtliche Entwicklung hat das OLG Bamberg (FamRZ 88, 1277, 1278) es angesehen, daß ein Unternehmer aus konjunkturellen Gründen und wegen veränderter örtlicher Konkurrenzverhältnisse seinen Arbeitnehmern über Jahre hinweg immer geringere Löhne zahlen konnte. Ein Anstieg des Einkommens infolge der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland ist als eine dem Normalverlauf entsprechende Entwicklung gewertet worden (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 1149). Im Fall des Wechsels eines kaufmännischen Angestellten in den Beruf eines freien Handelsvertreters ist die Berücksichtigung der höheren Einkünfte als Handelsvertreter verneint worden, weil diese Entwicklung erst drei Jahre nach der Trennung eingetreten war (OLG Stuttgart FamRZ 91, 952 mit zustimmender Anm. von Francke). Diese Rechtsprechung ist zum Teil unausgewogen und erweckt den Eindruck, daß das im Einzelfall gewünschte Ergebnis entscheidungserheblich war. Der Grundsatz, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte bis zur Rechtskraft der Scheidung an der Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse, teilnimmt, wird nicht immer ausreichend beachtet. 22 Bei der Bedarfsbestimmung unberücksichtigt bleiben ferner solche Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute, zu denen es ohne die Trennung nicht gekommen wäre (BGH FamRZ 84, 149, 150; 85, 354, 356; 86, 439, 440). So hat der BGH den durch die trennungsbedingte Veräußerung eines Familienheims erzielten Kauferlös nicht zu den die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Umständen gerechnet (FamRZ 86, 439, 440). 23 Nach diesem Maßstab richtet sich auch die Beurteilung der Frage, ob Einkünfte aus einer der Ehegatten erst während der Trennung aufgenommenen oder ausgeweiteten Erwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse prägen. War die Aufnahme oder die Ausweitung der Erwerbstätigkeit schon während des Zusammenlebens geplant oder doch zumindest vorauszusehen, so zählen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit zu den Umständen, die die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung geprägt haben. Wäre es dagegen ohne die Trennung nicht zu einer Aufnahme oder Ausdehnung der Tätigkeit gekommen, wirken sich die Einnahmen nicht auf das Maß des nachehelichen Unterhalts aus (BGH FamRZ 81, 752, 754; 84, 149, 150; 86, 783, 785). Denn Einkünfte, die nur im Hinblick auf das Scheitern der Ehe erzielt werden, können die ehelichen Lebensverhältnisse nicht bestimmen. Generell kann gesagt werden, daß trennungsbedingte Vorteile den Bedarf nicht erhöhen. Läßt sich auch bei einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nicht feststellen, ob die Erwerbstätigkeit auch ohne die Trennung aufgenommen oder ausgedehnt worden wäre, haben die daraus erzielten Einkünfte bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs außer Ansatz zu bleiben (BGH FamRZ 84, 149, 150).

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7. Veränderungen nach Rechtskraft der Scheidung Die Rechtskraft der Scheidung setzt grundsätzlich den Endpunkt in der Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse. Zwar soll einerseits durch die Regelung der 322

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

§§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 S. 1 nach Möglichkeit dem unterhaltsbedürftigen geschiedenen Ehegatten der erreichte Lebensstandard erhalten bleiben; an einer positiven oder negativen Weiterentwicklung soll er jedoch nicht teilhaben. Dies gilt indessen nur mit Einschränkungen. Daß die nach den ehelichen Lebensverhältnissen errechnete Unterhaltsrente an gestiegene Lebenshaltungskosten und an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt werden muß, kann nicht zweifelhaft sein. Zum Teil wird in Rechtsprechung und Schrifttum angenommen, daß der nach den ehelichen Lebensverhältnissen ermittelte Bedarf eine sich grundsätzlich verselbständigende Rechengröße sei; einer Veränderung sei er nur nach den vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Preisindices zugänglich (OLG Düsseldorfs. FamS FamRZ 85, 1262, 1263; OLG Hamm 10. FamS FamRZ 86, 362, 363; 87, 600, 601; Lutbin FamRZ 83, 1236 f; 86, 786 f; 88, 1109, 1111 f; ebenso: Empfehlungen des 8. Deutschen Familiengerichtstages Nr. A I a, cc FamRZ 90, 24). Dem ist der BGH zu Recht nicht gefolgt (FamRZ 87, 459, 460 f; 90, 503, 504; ebenso: OLG Düsseldorf 9. FamS, FamRZ 88, 67; OLG Karlsruhe FamRZ 88, 507). Bei einer Anpassung allein auf der Grundlage der allgemeinen Lebenshaltungskosten können die Besonderheiten des Einzelfalles nicht hinreichend berücksichtigt werden, so etwa wenn bei stagnierenden Lebenshaltungskosten der Unterhaltspflichtige Lohnsteigerungen erhält, ohne daß sich an seiner Stellung etwas wesentliches ändert. Der BGH berücksichtigt in ständiger Rechtsprechung Veränderungen nach Rechts- 2 5 kraft der Scheidung dann, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht des Zeitpunktes der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und wenn diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältisse bereits geprägt hat (BGH FamRZ 82, 684, 686; 82, 895, 896; 85, 161, 162f; 85, 791, 793; 86, 148; 87, 913, 914f; 87, 459, 460f; 88, 701, 703f; 88, 817). Von dieser Rechtsprechung werden die schon erwähnten Änderungen der Lebenshaltungskosten und die allgemeine Einkommensentwicklung erfaßt (BGH FamRZ 82, 895, 896; Lohmann S. 71; Göppinger] Kindermann, Rdn. 677 a Fn 16). Inwieweit darüber hinaus eine Entwicklung im Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist, kann nicht generell gesagt werden, sondern muß der Beurteilung im Einzelfall überlassen bleiben. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, daß nur in besonderen Ausnahmefallen Ereignisse nach der Scheidung die Bemessung des nachehelichen Unterhalts beeinflussen können (BGH FamRZ 86, 783, 785; 88, 701, 703). Eine Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung durch künftige Entwicklungen kommt in Betracht, wenn sich die Eheleute üblicherweise bei der Gestaltung ihres Lebenszuschnitts — etwa bei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Altersversorgung, dem Entschluß zum Erwerb eines Familienheims und den Überlegungen hinsichtlich der Ausbildung der Kinder — hierauf einzustellen pflegen (BGH FamRZ 82, 684, 686). Es ist aber nicht erforderlich, daß eine die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Erwartung einer Einkommensverbesserung schon in konkreten Dispositionen der Eheleute für die Zukunft zum Ausdruck gekommen ist ( H o p p e n R d n . 13 unter Hinweis auf die unveröffentlichte Entscheidung des BGH vom 27. 6. 1984 - IV b ZR 23/83 - ) . Zu beachten ist, daß Einfluß auf die ehelichen Lebensverhältnisse künftigen Veränderungen nicht etwa schon deshalb zuzubilligen ist, weil sie mit Sicherheit zu erwarten sind und ihr Eintritt sich auch zeitlich mehr oder weniger genau voraussagen läßt (BGH FamRZ 88, 701, 703). Einkommensverbesserungen nach Rechtskraft der Scheidung hat der BGH zum 2 6 Beispiel im Fall der Beförderung eines Hauptmanns der Bundeswehr — Besoldungsgruppe A l l — zum Oberstleutnant — Besoldungsgruppe A 14 — bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts berücksichtigt (FamRZ 82, 684, 686). Ebenso hat er im Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Fall eines Assistenzarztes entschieden, der sich im Augenblick der Rechtskraft der Scheidung nach Absolvierung des zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung in der praktischen Ausbildung in einem Krankenhaus befand und acht Monate nach der Scheidung als Arzt angestellt worden war (FamRZ 86, 148). In einem nicht veröffentlichten Urteil vom 27. 6. 1984 - IV b ZR 23/83 - (zitiert in FamRZ 85, 791, 793) hat der B G H es nicht beanstandet, daß eine erst nach der Scheidung realisierte Anstellung als Kraftfahrzeugmeister vom O L G den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet worden war, weil der Unterhaltspflichtige die Meisterprüfung schon vor der Scheidung abgelegt hatte und die Einstellung als Meister mit Sicherheit zu erwarten war. Dagegen hat der B G H im Fall eines Diplommathematikers, der im Zeitpunkt der Scheidung als wissenschaftlicher Assistent an einer Fachhochschule tätig war und etwa zweieinhalb Jahre später eine wesentlich besser bezahlte Stellung als Computerfachmann gefunden hatte, es abgelehnt, der Einkommenssteigerung Bedeutung für die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse beizumessen (FamRZ 85, 791). Ebenso hat er den Aufstieg eines angestellten Vertriebsingenieurs zum Geschäftsführer einer GmbH als unerwartete Entwicklung nach der Scheidung unberücksichtigt gelassen (FamRZ 90, 1085, 1086). Der Karrieresprung von einem Sachbearbeiter im Innendienst zum Repräsentanten im Außendienst drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung mit einem Einkommenszuwachs von 3170 D M auf 4130 D M netto ist als außergewöhnliche Entwicklung angesehen worden ( O L G Hamm 5. FamS, FamRZ 90, 65, 66). In einer anderen Entscheidung hat das O L G Hamm die Beförderung eines stellvertretenden Amtsleiters zum Amtsleiter bei der Bestimmung des Bedarfs unberücksichtigt gelassen (13. FamS, FamRZ 90, 413, 414). 27

Diese Rechtsprechung begegnet zum Teil Bedenken. Daß ein Beamter, der sich zum Zeitpunkt der Scheidung in der Laufbahn des gehobenen Dienstes befindet und nach der Besoldungsgruppe A l l bezahlt wird, mit „hoher Wahrscheinlichkeit" erwarten kann, in die Laufbahn des höheren Dienstes aufzusteigen und dabei sogar noch über das Eingangsamt des höheren Dienstes hinaus befördert zu werden, entspricht weder den Laufbahnbestimmungen des Beamtenrechts noch der tatsächlichen Beförderungspraxis (zutreffend daher: R G Z 75, 124, 126; O L G Saarbrücken FamRZ 82, 711 Struck FuR 91, 98, 99; Derleder FuR 90, 9, 17; zurückhaltend gegenüber der Rechtsprechung des B G H auch RGRK¡Cuny, Rdn. 15). Die „heutige Beförderungspraxis" darf nicht allgemeinen Stellenanhebungen im öffentlichen Dienst gleichgesetzt werden, durch die in der Vergangenheit das Besoldungsgefüge zum Teil erheblich verändert worden ist (vgl. Dieckmann FamRZ 77, 81, 84). Diese allgemeinen Stellenanhebungen finden in Zeiten knapper finanzieller Mittel nicht mehr statt. Vertretbar ist es deshalb allenfalls, Beförderungen innerhalb derselben Laufbahn um eine Besoldungsgruppe als voraussehbar zu bezeichnen (OLG Schleswig FamRZ 82, 705). In einer neueren Entscheidung hat der B G H es lediglich erwähnt, daß das O L G die durch die Beförderung vom Amtsrat zum Oberamtsrat eingetretene Besoldungserhöhung bei der Bestimmung des Bedarfs unberücksichtigt gelassen hat (FamRZ 90, 981, 983). Die Assistenzarztentscheidung des B G H (FamRZ 86, 148) beruht, wie die Begründung eindeutig erkennen läßt, auf Billigkeitserwägungen (so auch Luthin FamRZ 88, 1109, 1112). Die Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen bei der Festlegung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen steht indessen nicht in Einklang mit einer früheren Entscheidung des B G H (FamRZ 84, 151, 152). Dort hat er ausgeführt, daß bei der nach objektiven Kriterien vorzunehmenden Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse Billigkeitserwägungen nicht herangezogen werden könnten. Zur Begründung hat er zutreffend darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber die Fälle, in denen Gesichtspunkte der Billigkeit im Unterhaltsrecht zu beachten sind, ausdrücklich geregelt hat (§§ 1573 Abs. 5, 1576, 1577 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3, 1578 Abs. 1 S. 2, 1579, 1581, 1361 324

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

Abs. 3); die Vorschrift des § 1578 Abs. 1 S. 1 gehört nicht dazu. Gleichwohl will der BGH offensichtlich an dieser Entscheidung nicht mehr festhalten, wie sich insbesondere aus seinem Urteil vom 11.5.1988 (FamRZ 88, 817, 819) ergibt. Darin hat er die Berücksichtigung einer Altersrente der unterhaltsberechtigten Ehefrau, die ihre Rentenanwartschaft nahezu ausschließlich vor der Eheschließung erworben hatte, bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen nur damit begründet, daß eine andere Handhabung zu einem höchst unbilligen Ergebnis führen würde. Nimmt der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätig- 2 8 keit auf oder weitet er die zuvor ausgeübte Teilzeitbeschäftigung in eine Ganztagstätigkeit aus, bleiben die hieraus erzielten Einkünfte bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse außer Betracht, weil es sich um Veränderungen nach dem maßgebenden Endzeitpunkt handelt (BGH FamRZ 81, 539, 541; 82, 255, 257; 85, 161, 162). In einer späteren Entscheidung hat der BGH diese Grundsätze auch auf einen Fall angewandt, in dem die Aufnahme oder die Ausweitung der Erwerbstätigkeit einem schon vor der Trennung gefaßten gemeinsamen Plan der Eheleute entsprochen hatte (FamRZ 86, 783, 785 mit zustimmender Anmerkung von Luthirr, ebenso Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 15; HoppenRdn. 1; Lohmann S. 77; a. A. SoergeljHäberle, Rdn. 8). Zur Begründung hat der BGH in erster Linie auf den nach der Scheidung stärker als nach der Trennung geltenden Grundsatz der Eigenverantwortlung hingewiesen. Eine andere Beurteilung komme nur dann in Frage, wenn die Eheleute den gemeinsamen Lebensplan vor der Scheidung teilweise verwirklicht hätten. In dem konkreten Fall verdient die Entscheidung des BGH Zustimmung, weil die Ehefrau die Erwerbstätigkeit erst fast zwei Jahre nach der Scheidung aufgenommen hatte, es also an einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung fehlte. Diesem Kriterium, auf das der BGH in anderem Zusammenhang wiederholt abgehoben hat (FamRZ 86, 148; 87, 684, 687; 88, 701, 703; 88, 817, 819), dürfte auch hier entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen. Erfolgt die vorher gemeinsam geplante Aufnahme oder Ausweitung der Erwerbstätigkeit dagegen in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung, so dürften die unter den Rdn. 19 bis 23 dargestellten Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Einkünfte bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen — entgegen der Auffassung des BGH — gegeben sein. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf Seiten des Berechtigten oder 2 9 des Verpflichteten nach der Scheidung kann auch auf andere Umstände zurückzuführen sein. Ist bei der erstmaligen Festsetzung des Bedarfs die Zahlung von Kreditraten durch den Verpflichteten bedarfsmindernd berücksichtigt worden, so kommt eine Heraufsetzung des vollen Unterhalts in Betracht, wenn die Kredite ordnungsgemäß getilgt sind. Denn mit dem Eintritt dieser Einkommenssteigerung war bei Rechtskraft der Scheidung zu rechnen, und die Ehegatten werden diesem Umstand im allgemeinen bereits prägenden Einfluß auf ihre Lebensverhältnisse eingeräumt haben, indem sie Einschränkungen in Kauf genommen haben (OLG Hamm FamRZ 86, 362, 363; Kalthoener/Büttner, Rdn. 67; nicht ganz eindeutig: BGH FamRZ 88, 701, 703; Schwab/Borth IV, Rdn. 649 a. E. entnehmen diesem Urteil, daß sich der Wegfall von Darlehensverbindlichkeiten nicht bedarfserhöhend auswirke). Richter (in MüKo, Rdn. 5 g) will die Besserung der finanziellen Situation infolge des Wegfalls von Ratenzahlungsverpflichtungen berücksichtigen, wenn dies noch in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung steht. Dem Wegfall von Unterhaltspflichten gegenüber gemeinschaftlichen Kindern 3 0 wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung und vom Schrifttum mehrheitlich bedarfserhöhende Wirkung beigemessen (OLG Hamm 3. FamS, FamRZ 87, 829, 832 f; OLG Düsseldorf FamRZ 88, 67, 68; Palandt/Diederichsen, Rdn. 17; Soergel/Häberle, Rdn. 4; Gerhard Griesche

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Ewers FamRZ 87, 1043; Empfehlungen des 8. Deutschen Familiengerichtstages I I a , dd, FamRZ 90, 24; a . A . Kren^ler FamRZ 90, 221, 225 f). Der BGH hat den Wegfall von Unterhaltslasten dagegen zunächst nur dann als bedarfserhöhend anerkannt, wenn er in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung erfolgt und wenn außerdem die Eheleute diesem Umstand schon während des Bestehens der Ehe einen prägenden Einfluß auf ihre Lebensverhältnisse eingeräumt hatten (BGH FamRZ 88, 701, 703 f; 88, 817, 819). Der enge zeitliche Zusammenhang ist bei einem Zeitraum von zwei Jahren und acht Monaten verneint worden (FamRZ 88, 701, 703). In einer späteren Entscheidung (FamRZ 90, 258) hat der BGH dann vom Erfordernis des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Scheidung in Mangelfällen Abstand genommen. Schließlich hat er der massiven Kritik an seiner Rechtsprechung (OLG Hamm FamRZ 89, 870; Ewers FamRZ 88, 704; Hampel FamRZ 89, 113, 123; Graba NJW 89, 2786, 2789) Rechnung getragen und seine frühere Rechtsprechung aufgegeben (BGH FamRZ 90, 1085, 1087; 90, 1090, 1091). Fällt nach Rechtskraft der Scheidung Kindesunterhalt weg, so erhöht sich der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten, sofern nicht die freiwerdenden Mittel nach objektivem Urteil der Vermögensbildung oder anderen nicht dem Lebensbedarf zuzurechnenden Zwecken dienen. Die Änderung der Rechtsprechung des BGH ist vom Schrifttum teils begrüßt worden {Schol^ FamRZ 90, 1088), sie ist aber auch auf Widerspruch gestoßen (Dieckmann FamRZ 90, 1335). Der Kritik Dieckmanns ist vom dogmatischen Ansatz her eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Man kann daher über Einzelheiten der Begründung unterschiedlicher Auffassung sein. Das Ergebnis der geänderten Rechtsprechung des BGH wird aber — entgegen der Auffassung Dieckmanns — den Bedürfnissen der Praxis gerecht. Ist im Einzelfall der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf die Hälfte des Einkommens des Unterhaltspflichtigen festgesetzt worden, so scheidet ein weiterer Anstieg des Bedarfs über die Hälfte hinaus aus; eine Bedarfserhöhung läßt sich dann auch nicht mit dem Wegfall von Unterhaltsleistungen gegenüber Kindern begründen, weil das halbe Einkommen des Pflichtigen die Obergrenze bildet (BGH FamRZ 90, 269, 271). 31 Nachträgliche Verbesserungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zugunsten des Unterhaltsberechtigten, die eine Folge der Scheidung sind, können nicht als eine Fortentwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse angesehen werden. Wird einer unterhaltsberechtigten Ehefrau nach Scheidung der Ehe eine Sozialversicherungsrente zuerkannt, so ist der auf den bei der Scheidung durchgeführten Versorgungsausgleich entfallende Teil der Rente nicht bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse, sondern nach § 1577 Abs. 1 bedarfsmindernd zu berücksichtigen (BGH FamRZ 87, 459, 460; 87, 913, 914; 88, 817, 818 f; 89, 159, 160). Ebenso ist ein Rentenbezug, der darauf zurückzuführen ist, daß die erforderliche Mindestwartezeit erst infolge der Übertragung von Rentenanwartschaften im Zuge des Versorgungsausgleichs erfüllt ist, nicht den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurechnen (BGH FamRZ 87, 913, 914f). 32 Wie Einkommensminderungen nach der Scheidung den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen beeinflussen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum bisher noch wenig erörtert worden. Hat der Unterhaltsverpflichtete einen Einkommensrückgang unter Verletzung einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit bewußt herbeigeführt, so wirkt sich dies auf den Bedarf nicht aus; dieser bleibt vielmehr uneingeschränkt bestehen (OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1059; Soergel\Häberle, Rdn. 6); der BGH hat die Beantwortung dieser Frage dahinstehen lassen (FamRZ 88, 145, 147). Muß der Unterhaltsberechtigte die Verringerung der Einkünfte durch Handlungen des Unterhaltspflichtigen hinnehmen, so schlägt dies jedenfalls dann nicht auf die Bemessung des Bedarfs durch, 326

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

wenn der Einkommensrückgang nur vorübergehend ist (BGH FamRZ 88, 145, 147). Stellt sich später heraus, daß die nach der Scheidung eingetretene Einkommensminderung dauerhaft wird, so kann nichts anderes gelten; der Bedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten wird nicht dadurch geringer, daß der Unterhaltspflichtige nicht mehr die Mittel zur Verfügung hat, um den Bedarf zu decken. Allerdings ist gemäß § 1581 im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Bedarfsdeckung noch der Billigkeit entspricht. Der BGH hat allerdings hierzu ausdrücklich nicht Stellung genommen (FamRZ 88, 145, 147). Sind die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen nach der Scheidung zurückgegangen, 3 3 ohne daß er hierzu etwas beigetragen hat und er sich deshalb ein fiktives Zusatzeinkommen anrechnen lassen müßte, so sollen nach Auffassung des BGH die tatsächlichen Einkünfte als Bemessungsmaßstab dienen (FamRZ 88, 705, 706). Dem kann nicht zugestimmt werden. Da Einkommensverbesserungen nach der Scheidung nur dann bedarfserhöhend wirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht des Zeitpunkts der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und die auch die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte, ist nicht einzusehen, warum dies bei Einkommensrückgängen anders sein soll. Die Erwägung des BGH, der Unterhaltsberechtigte könne auch bei bestehender Ehe nur an den tatsächlich vorhandenen Einkünften mit dem ihm gebührenden Anteil partizipieren (FamRZ 88, 705, 706), überzeugt nicht. Damit läßt sich jedenfalls eine Veränderung des Bedarfs nicht begründen. Der geschiedene Ehegatte soll im Normalfall an Entwicklungen nach der Scheidung nicht beteiligt werden. Zu berücksichtigen ist der Einkommensrückgang allerdings bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit. Wenn der BGH in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, es sei unbefriedigend, den Verpflichteten bis an die Grenze seines Selbstbehalts für den Unterhaltsberechtigten aufkommen zu lassen (FamRZ 87, 459, 460), so beruht dies auf einer Verkennung des Anwendungsbereichs der Vorschrift des § 1581 S. 1. Die Zuerkennung von Billigkeitsunterhalt nach § 1581 bedeutet nicht, daß der Unterhaltspflichtige stets bis an die Grenze seines Selbstbehalts zur Unterhaltszahlung herangezogen werden kann, um den Bedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu decken {Hampel FamRZ 89, 113, 115 £; vgl. auch Rdn. 2 1 - 2 5 zu § 1581). Einkommensrückgänge infolge vorzeitiger krankheitsbedingter Berentung hat 3 4 der BGH den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet, weil die Grundlage des Rentenbezuges in der Ehezeit gelegt worden und mit diesen Bezügen schon zum Zeitpunkt der Scheidung zu rechnen war (FamRZ 87, 459, 461; 87, 913, 914). Beiden vom BGH entschiedenen Fällen war gemeinsam, daß der Rentenbezug in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung erfolgte. Bei dieser Konstellation ist gegen die Berücksichtigung des Einkommensrückgangs gegenüber den ehelichen Lebensverhältnissen nichts einzuwenden (ebenso: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 640). Nach den Ausführungen unter den Rdn. 24 ff würde sich unter dieser Voraussetzung auch eine Einkommensverbesserung bedarfserhöhend auswirken. Fehlt es aber am zeitlichen Zusammenhang, ändert sich der Bedarf indessen nicht. Das gilt auch und insbesondere hinsichtlich der Berentung oder Pensionierung wegen Erreichens der Altersgrenze. Zwar steht von vornherein fest, daß eine solche Einkommensminderung eintreten wird. Einflüssen auf die ehelichen Lebensverhältnisse ist künftigen Veränderungen nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 88, 701, 703) aber nicht schon deshalb zuzubilligen, weil sie mit Sicherheit zu erwarten sind und ihr Eintritt sich auch zeitlich mehr oder weniger genau vorhersehen läßt. Diese Erwägung kann nicht nur dann gelten, wenn das Einkommen steigt. Die notwendigen Korrekturen sind auch insofern durch Anwendung der Vorschrift des §1581 herbeizuführen (vgl. auch Luthin FamRZ 88, 1109, 1113; a.A. OLG Hamm FamRZ 87, 597, 599; Jobannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 16; Schwab]Borth IV, Rdn. 653; MüKo\Richter, Rdn. 5f; Palandt\Diederichsen, Rdn. 18; WendljStaudigl S. 324). Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, daß der BGH die Rechtslage offensichtlich anders beurteilt. In einem Fall, in dem der Unterhaltsverpflichtete bei Rechtskraft der Scheidung bereits Rente bezog und die Unterhaltsberechtigte erst später Rentnerin wurde, hat der BGH die auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs beruhende Kürzung der Rente als für die Bedarfsermittlung unerheblich angesehen, weil dem ein ausgleichender Rentenzufluß auf Seiten der Unterhaltsberechtigten gegenüberstehe (FamRZ 89, 159, 161). Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine mit dem Urteil vom 11.5.1988 (FamRZ 88, 817, 819) eingeleitete Rechtsprechung fortgesetzt (vgl. auch Lohmann S. 74). Danach muß davon ausgegangen werden, daß der BGH — dem Wortlaut des Gesetzes zuwider — bei der Auslegung des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse Billigkeitserwägungen heranziehen will (vgl. die Ausführungen unter der Rdn. 27). 35

Ein Absinken des Lebensstandards, der auf einer ungünstigeren Besteuerung des Unterhaltspflichtigen beruht (Steuerklasse I anstelle von Steuerklasse III), ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung früher bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen überwiegend nicht berücksichtigt worden (OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1262, 1263; 87, 1254, 1255; 87, 595; 87, 1259; OLG Hamm FamRZ 88, 290, 291 f; 88, 1283; OLG Karlsruhe FamRZ 88, 507). Der BGH ist dieser Rechtsprechung jedoch nicht gefolgt. Er stellt bereits bei der Bedarfsbestimmung auf die jeweilige reale Höhe des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen ab, und zwar auch dann, wenn dies auf einem Wechsel der Steuerklasse nach der Scheidung beruht (FamRZ 88, 817, 818; 90, 499, 501 f; 90, 503, 504; 90, 979, 980; 90, 981, 983). Danach ist für die Höhe des nachehelichen Unterhalts das unter Zugrundelegung der Steuerklasse I erzielte niedrigere Nettoeinkommen maßgebend. Heiratet der Unterhaltspflichtige erneut und steht ihm aufgrund dessen der Splittingvorteil wieder zu, so nimmt der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte an dieser Einkommensverbesserung teil. Auch andere Abzüge oder Zuschläge, die auf einer Änderung der persönlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen beruhen, sind nach der Rechtsprechung des BGH bei der Bedarfsbestimmung zu berücksichtigen (FamRZ 90, 981, 983: erhöhter Ortszuschlag und Kinderzuschläge für die Kinder aus der zweiten Ehe; ebenso: BGH FamRZ 90, 1091, 1092). Einschränkungen macht der BGH nur dann, wenn in das zu versteuernde Einkommen Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit oder einer sonstigen Erwerbsquelle eingeflossen sind, die die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben. Das gleiche gilt, wenn steuerrechtlich mögliche Abschreibungen vorgenommen worden sind, die dem Unterhaltsberechtigten nicht bedarfsmindernd entgegengehalten werden können. Die Rechtsprechung des BGH hat Zustimmung gefunden (MüKo¡Richter, Rdn. 5 d; Graba N J W 89, 2786, 2788), ist aber auch auf Widerspruch gestoßen (Schwab/Borth IV, Rdn. 642, 661; Kalthoener/Büttner, Rdn. 72 und N J W 89, 2777, 2779; Hampel FamRZ 89, 113, 118 f; Wejchardt FamRZ 88, 930; Luthin FamRZ 88, 1109, 1112). Dogmatisch vermag die Auffassung des BGH nicht zu überzeugen. Die Änderung der Steuerklasse hat die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt, sondern ist ausschließlich eine Folge der Trennung und Scheidung. Derartige Eeignisse sind aber sonst auch nach der Rechtsprechung des BGH bei der Bedarfsermittlung nicht zu erfassen (FamRZ 83, 146; FamRZ 84,149,150). Es ist nicht einzusehen, warum dies im Fall des Absinkens des Nettoeinkommens infolge Änderung der Steuerklasse anders sein soll. Noch weniger verständlich ist, daß im Fall der Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen der Gläubiger wieder an den steuerlichen Splittingvorteilen teilhaben kann. Praktisch läuft das darauf hinaus, daß der Mann seiner geschiedenen Frau mehr Unterhalt zahlen muß, weil er wieder geheiratet hat (so zutreffend: Wejchardt aaO). Zugegeben ist dem BGH allerdings, daß die von ihm gefundene Lösung einfacher zu handhaben ist. Daß die Berechnung des Einkommens nach fiktiven Steuerklassen den Tatrichter „vor kaum lösbare praktische Probleme stelle", 328

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§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

ist dagegen weit übertrieben. Die Ermittlung eines fiktiven Nettoeinkommens anhand von Steuertabellen ist dem Tatrichter durchaus möglich und auch zumutbar. Die obergerichtliche Rechtsprechung folgt dem BGH inzwischen jedenfalls zum Teil „im Interesse der Rechtseinheit" (OLG Düsseldorf 6. FamS 89, 57, 58; OLG Hamm 5. FamS 90, 998, 999; siehe aber auch: OLG Hamm 8. FamS FamRZ 89, 1087, 1090; OLG Düsseldorf 5. FamS FamRZ 89, 746). Der BGH hält trotz der geäußerten Kritik an seiner Rechtsprechung fest (FamRZ 90, 499, 501 f; 90, 503). 8. Trennungsbedingter Mehrbedarf Zu dem vollen an den ehelichen Lebensververhältnissen ausgerichteten Bedarf gehört 3 6 grundsätzlich auch der Mehrbedarf, der in den meisten Fällen infolge der Trennung entsteht. Dieser besteht darin, daß vor allem doppelte Miet- und Mietnebenkosten anfallen. Die Grundgebühren für Strom, Telefon und Fernsehen sind zusätzlich zu entrichten. Außerdem tritt eine Erhöhung der allgemeinen Lebenshaltungskosten dadurch ein, daß eine Person die auf Mehrpersonenhaushalte zugeschnittenen Sparpackungen bei Lebens-, Reinigungs- und Genußmitteln in aller Regel nicht verwenden kann. Der BGH erkennt in ständiger Rechtsprechung an, daß dieser trennungsbedingte Mehrbedarf bei der Bestimmung des vollen Unterhalts zu berücksichtigen ist (FamRZ 82, 255, 257; 83, 678, 679; 83, 886, 887; 83, 146, 150). Der BGH hat sich aber dagegen gewandt, daß einzelne Oberlandesgerichte die 3 7 Unterhaltsquote um Pauschalbeträge erhöht haben (vgl. z. B. OLG Hamm FamRZ 82, 70, 71 in Anlehnung an Hampel FamRZ 81, 851 ff). Erforderlich ist eine konkrete Darlegung und Bezifferung des Mehrbedarfs sowie eine Würdigung der Umstände des einzelnen Falles, wobei nach § 287 ZPO allgemeine Erfahrungssätze herangezogen werden können (BGH FamRZ 82, 255, 257; 83, 678, 679; 83, 886, 887; 83, 146, 150; 84, 151, 153; 86, 783, 786; 88, 701, 704; 90, 258, 260; 90, 979, 981; 91, 670, 671). Keine tatsächlichen Schwierigkeiten dürfte im allgemeinen die Bezifferung der zusätzlichen Miet- und Mietnebenkosten bereiten (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 87, 295, 297; 87, 1254, 1255; KG FamRZ 85, 937). Allerdings ist nicht jede Mietmehrbelastung als trennungsbedingter Mehrbedarf anzusehen. Der Unterhaltspflichtige braucht es nicht hinzunehmen, daß der frühere Ehegatte eine Wohnung anmietet, die nach Größe, Ausstattung und Mietzins deutlich über die während des Zusammenlebens bestehenden Verhältnisse hinausgeht (OLG Düsseldorf FamRZ 90, 1364, 1365). Dabei muß indessen auch dem Umstand Rechnung getragen werden, daß es vor allem in Großstädten derzeit oft nicht möglich ist, billigen Wohnraum zu finden. Im Gegensatz zu den Miet- und Mietnebenkosten sind die Kosten der doppelten Haushaltsführung infolge der Notwendigkeit, kleinere Mengen einzukaufen, nicht konkret bezifferbar. Die Praxis bringt insofern einkommensunabhängige Pauschalbeträge in Ansatz (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 295, 297; 87, 595, 596; 87, 1254, 1255; 88, 67, 69; 89, 57, 58). Der BGH hat eine mit § 287 ZPO begründete pauschale Schätzung in einem Fall nicht beanstandet, in dem die Eheleute während der Ehe mit geringen finanziellen Mitteln auskommen mußten, so daß die durch die Trennung veranlaßten Mehrkosten stärker ins Gewicht fielen (FamRZ 89, 842, 843). Ebenso hat er den Ansatz eines trennungsbedingten Mehrbedarfs in Höhe von 150 DM gebilligt, den das OLG damit begründet hatte, daß der Unterhaltsberechtigte 700 DM Miete zahlen, 104 DM an Krankenversicherungsbeiträgen entrichten, Telefonkosten von monatlich 65 DM aufbringen und für seine Hausratsversicherung im Jahr 165 DM zahlen mußte (FamRZ 90, 499, 502 f). Das allgemeine Bestreiten der Entstehung eines trennungsbedingten Mehrbedarfs durch den Unterhaltspflichtigen hat der BGH in dieser Entscheidung als unbeachtlich bezeichnet. Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Trennungsbedingter Mehrbedarf muß vom Unterhaltsberechtigten ausdrücklich geltend gemacht werden. Die Entstehung trennungsbedingter Mehrkosten liegt nicht auf der Hand. Ein Sachvortrag hierzu ist in jedem Fall erforderlich. Soweit das OLG Düsseldorf (FamRZ 85, 1262, 1263) eine gegenteilige These vertritt, zeigt gerade der konkret entschiedene Fall, daß die Trennung nicht zwangsläufig Mehrkosten zur Folge haben muß (so auch BGH FamRZ 90, 258, 260; 90, 1085, 1088). Sofern Mittel zur Deckung des trennungsbedingten Mehrbedarfs zur Verfügung stehen (vgl. hierzu Rdn. 52 ff), ist zu bedenken, daß auch beim Unterhaltspflichtigen meist trennungsbedingte Mehrkosten entstehen werden. 9. Aufteilung der vorhandenen Mittel Die Feststellung, daß die ehelichen Lebensverhältnisse in erster Linie durch Erwerbseinkommen der Eheleute sowie durch sonstige Vermögenserträgnisse und wirtschaftliche Nutzungen geprägt werden und daß außerdem infolge Trennung und Scheidung meist ein trennungsbedingter Mehrbedarf entsteht, beantwortet noch nicht die Frage, inwieweit ein geschiedener Ehegatte einem anderen nach der Scheidung Unterhalt zur Verfügung stellen muß. In der Mehrzahl der Fälle bedeutet dies praktisch, daß zu klären ist, wie die vorhandenen Mittel unter den geschiedenen Eheleuten zu verteilen sind.

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Dadurch, daß das Gesetz in § 1578 Abs. 1 S. 1 an die ehelichen Lebensverhältnisse im konkreten Fall anknüpft, ist zunächst einmal klargestellt, daß der nacheheliche Unterhaltsanspruch nicht nach dem generell zu ermittelnden Lebensbedarf einer volljährigen Person und damit nach bestimmten Richtsätzen zu bemessen ist (BGH FamRZ 81, 241; 84, 356, 357). Daraus folgt aber zugleich, daß es für den Lebensbedarf auch keine absolute Obergrenze geben kann. Der BGH hat deshalb in ständiger Rechtsprechung die Anerkennung einer sogenannten Sättigungsgrenze abgelehnt (FamRZ 80, 665, 669; 82, 151, 152; 82, 680, 681; 83, 150, 151). In dem zuletzt erwähnten Urteil hat er dies in Anlehnung an eine von Schwab (FamRZ 82, 456, 458) verwendete Formulierung dahingehend eingeschränkt, daß eine Sättigungsgrenze allenfalls in seltenen Ausnahmefällen bei besonders hohen Einkünften als Beschränkung des Unterhalts auf die Mittel, die eine Einzelperson auch bei Berücksichtigung hoher Ansprüche für billigenswerten Lebensbedarf sinnvoll ausgeben könne, in Betracht zu ziehen sei.

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Die Rechtsprechung des BGH steht in Einklang mit der weit überwiegenden Meinung im Schrifttum {KaltboenerlBüttner, Rdn. 33; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 27; Göppingerj Kindermann, Rdn. 674; Soergel\Häberle, Rdn. 12; WendljStaudigl S. 344; Heiss/Heiss 2.55 f). Die Gegenmeinung wird nur vereinzelt vertreten (MüKo/Richter, Rdn. 33: bei Nettoeinkommen von mehr als 5000 DM dienen in der Regel wesentliche Teile der Vermögensbildung). Die Ablehnung einer absoluten Sättigungsgrenze bedeutet indessen nicht, daß das gesamte Einkommen der geschiedenen Eheleute zur Bedarfsdeckung heranzuziehen ist. Vielmehr ist dem Umstand Rechnung zu tragen, inwieweit die Eheleute während des Bestehens der Ehe Vermögensbildung betrieben haben. Nur soweit der Unterhaltsberechtigte trennungsbedingten Mehrbedarf konkret darlegt und beziffert, ist auf während des Bestehens der Ehe zur Vermögensbildung verwendete Einkommensteile zurückzugreifen. Die vom BGH (FamRZ 83, 150, 151) in Erwägung gezogene Beschränkung auf solche Beträge, die für einen billigenswerten Lebensbedarf sinnvoll ausgegeben werden können, begegnet denselben Bedenken, die unter den Rdn. 15 bis 17 gegen die Heranziehung des Standpunktes eines vernünftigen Betrachters dargestellt worden sind. Im Regelfall sollte bei besonders hohen Einkünften darauf abgestellt werden, was die Eheleute tatsächlich zur Bedarfsdeckung verwendet haben, wobei auch Luxusbedarf zu berücksichtigen ist. Dies macht es erforderlich, daß der Unterhaltsgläubiger die tatsäch330

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

liehen Lebensverhältnisse konkret darlegt und gegebenenfalls beweist (OLG Bamberg FamRZ 81, 668; OLG Frankfurt FamRZ 81, 1061; OLG Hamm FamRZ 83, 924; OLG München FamRZ 83, 925). Das OLG Düsseldorf (FamRZ 91, 76, 77) hat im Wege konkreter Bedarfsberechnung einen Betrag von 4000 DM bei gehobenen, aber nicht luxuriösen Verhältnissen als Unterhalt in Ansatz gebracht. Ob die Bezugnahme auf die ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 S. 1 auch 4 2 der Annahme eines Mindestbedarfs entgegensteht, ist umstritten. Der BGH ist der Ansicht, daß sich aus dem Gesetz die Festlegung eines allgemeinen Mindestbedarfs für einen nicht erwerbstätigen geschiedenen Ehegatten nicht herleiten lasse (FamRZ 87, 266, 267; 87, 689, 691; 88, 705, 708; ebenso: OLG Koblenz, 11. ZS FamRZ 91, 444; RGRK/ Cuny, Rdn. 19; Palandtj Diederichsen, Rdn. 3; ErmanjDieckmann, Rdn. 31; WendljStaudigl S. 342). Der gegenteiligen — vor allem in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (OLG Koblenz 15. ZS FamRZ 80, 583, 584; OLG Düsseldorf FamRZ 82, 1076, 1077; OLG München FamRZ 84, 393; OLG Oldenburg FamRZ 91, 473, 475; ebenso: SoergeljHäberle, Rdn. 24; HeissjHeiss 2.34; Henrich S. 114; Köhler, Rdn. 549; Hampel FamRZ 89, 113, 120; Deisenhofer FamRZ 90, 580) - ist der Vorzug zu geben; zwar zwingt der Umstand, daß nach allgemeiner Praxis dem Unterhaltspflichtigen ein Selbstbehalt belassen wird, nicht zur Anerkennung eines Mindestbedarfs der Unterhaltsberechtigten (so aber: SoergeljHäberle aaO). Denn nach § 1581 muß eine Gefahrdung des eigenen angemessenen Unterhalts des Unterhaltspflichtigen unter Billigkeitsgesichtspunkten vermieden werden, während das Gesetz für den Unterhaltsberechtigten eine vergleichbare Regelung nicht enthält. Gegen die Auffassung des BGH spricht aber entscheidend die Tatsache, daß auch nach Trennung und Scheidung das Existenzminimum aller Familienmitglieder erhalten bleiben muß. Daß der Unterhaltspflichtige häufig nach der Scheidung die finanziellen Mittel hierfür nicht mehr aufbringen kann, ist keine Frage des Bedarfs sondern der Leistungsfähigkeit. Der Bedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten wird meist aufgrund der Trennungs- und Scheidungsfolge eher höher sein als vorher. Praktische Bedeutung kommt der Frage des Mindestbedarfs in den sogenannten 4 3 Mangelfallen zu, in denen die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die Bedürfnisse aller Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen zu befriedigen. Bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH kann für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten kein bestimmter Betrag als Mindestbedarf eingesetzt werden, vielmehr ist eine Quote des verbleibenden Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen zu bilden, die oft nicht annähernd ausreicht, um das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten zu sichern. Diese Handhabung hat eine Ungleichbehandlung des geschiedenen Ehegatten und der minderjährigen Kinder zur Folge, obwohl alle Unterhaltsgläubiger nach § 1609 Abs. 2 gleichrangig berechtigt sind. Denn der Mindestbedarf der minderjährigen Kinder wird vom BGH auch bei der Mangelfallberechnung in voller Höhe in Ansatz gebracht, während der Bedarf des geschiedenen Ehegatten zum Teil unberücksichtigt bleibt. Diese Verzerrung zu Lasten des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist ein weiteres Argument gegen die Rechtsprechung des BGH. Den Interessen aller Beteiligten wird deshalb nur eine Mangelfallberechung gerecht, bei der auch der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten zunächst voll berücksichtigt wird. Eine Korrektur ist gegebenfalls bei der Prüfung der . Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen vorzunehmen. Der Höhe nach empfiehlt es sich, den Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten mit einem Betrag in Ansatz zu bringen, der dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern entspricht, denn dieser stellt das Existenzminimum dar (OLG Oldenburg FamRZ 91, 473, 475). Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

10. Halbteilungsgrundsatz 44 Darüber, wie im Normalfall, der weder durch Mangel noch durch besonderen Überfluß gekennzeichnet ist, der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen ist, besteht im Grundsatz in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend Übereinstimmung. Wie sich aus den §§ 1360 bis 1360 b ergibt, haben beide Ehegatten während des Bestehens der Ehe am ehelichen Lebensstandard in gleicher Weise teilgenommen. Deshalb ist grundsätzlich jedem der Ehegatten auch nach der Scheidung die Hälfte des anrechnungsfahigen Einkommens zuzubilligen (BGH FamRZ 79, 692, 693 und seitdem in ständiger Rechtsprechung; a. A. Weychardt FamRZ 89, 239; Palandtj Diederichsen, Rdn. 20). Dieser Halbteilungsgrundsatz gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn der Unterhaltspflichtige Rente oder Pension bezieht (BGH FamRZ 82, 894, 895; 83, 150, 151; 84, 662, 664; 85, 161, 164). Erhalten beide geschiedene Ehegatten Rente oder Pension, ist die Hälfte der verteilungsfähigen Differenz demjenigen als Unterhalt zuzuerkennen, der über die geringeren Einkünfte verfügt. Ein Abweichen vom Halbteilungsgrundsatz bei Rentnern bedarf einer besonderen Begründung (BGH FamRZ 82, 894, 895; 83, 150, 151; 84, 662, 664; 85, 161, 164). Kein Grund für eine andere Unterhaltsbemessung ist das Vorbringen des Unterhaltspflichtigen, er habe als Nachwirkung seiner Berufstätigkeit besondere gesellschaftliche Verpflichtungen (BGH FamRZ 84, 662, 664). Dagegen können finanzielle Belastungen infolge Krankheit eine maßvolle Abweichung von der Halbteilung rechtfertigen (BGH FamRZ 84, 662, 664 und FamRZ 90, 981, 982). 45

Inwieweit der Halbteilungsgrundsatz gilt, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt und er hiervon den Unterhalt zur Verfügung stellen muß, ist in der Vergangenheit zum Teil unterschiedlich gesehen worden. Der BGH hat stets die Auffassung vertreten, daß es dem Halbteilungsgrundsatz nicht widerspreche, zugunsten des erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten von einer strikt hälftigen Einkommensaufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um den mit der Berufsausübung verbundenen Aufwand zu berücksichtigen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen (BGH FamRZ 79, 692, 694; 81, 442, 444; 81, 1165, 1166; 82, 894, 895; 83, 150, 151; 83, 662, 684; 84, 988, 990; 85, 908, 910). Damit war aber nicht zwingend die Annahme verbunden, daß bereits bei der Bedarfsbestimmung vom Halbteilungsgrundsatz abgewichen und eine Quote von weniger als 50% des bereinigten Nettoeinkommens als Unterhaltsbedarf des berechtigten Ehegatten festgesetzt werden muß. Deshalb ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung früher der Halbteilungsgrundsatz bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 mehrheitlich auch dann angewendet worden, wenn der Unterhaltspflichtige Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielte. Der Erwägung, daß der allein erwerbstätige Ehegatte einen pauschalen Ausgleich für den mit der Berufstätigkeit verbundenen erhöhten Aufwand und zum Anreiz seiner Arbeitsfreude benötigt, ist von dieser Rechtsprechung in einem zweiten Rechenschritt bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten Rechnung getragen worden (OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1262, 1263; 87, 595; 87, 1254, 1255; OLG Hamm FamRZ 87, 829, 831; 88, 290, 292 f; OLG Karlsruhe FamRZ 88, 507, 508). Auch der BGH hat zunächst hervorgehoben, daß die Bemessung des Billigkeitsunterhalts in zwei Stufen vorzunehmen sei; zunächst sei in Anwendung des § 1578 Abs. 1 S. 1 der volle Unterhalt zu ermitteln, danach sei gegebenenfalls in einem zweiten Rechenschritt nach § 1581 eine Kürzung nach Billigkeitsgesichtspunkten erforderlich (FamRZ 83, 678). Inzwischen hat der BGH aber klargestellt, daß er die Berücksichtigung des „Erwerbstätigenbonus" schon bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen als geboten erachtet; danach ist, wenn der Unterhaltspflichtige Erwerbseinkünfte erzielt, 332

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Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

der volle Unterhalt des Berechtigten stets mit einer unter 50% des bereinigten Nettoeinkommens liegenden Quote in Ansatz zu bringen (FamRZ 88, 265, 267; FamRZ 88, 701, 704). Die obergerichtliche Rechtsprechung folgt nunmehr zum Teil dem BGH „im Interesse der Rechtssicherheit" und setzt ebenfalls den vollen Unterhalt dem Quotenunterhalt gleich (OLG Düsseldorf FamRZ 89, 57; OLG Hamm FamRZ 88, 1283; FamRZ 89, 634; der 8. FamS des OLG Hamm ist der Rechtsprechung des BGH in drei ausführlich begründeten Entscheidungen entgegengetreten: FamRZ 89, 742; 89, 870; 89, 1087). Im Schrifttum ist die Auffassung des BGH dagegen auf Kritik gestoßen (ErmanjDieckmann, Rdn. 44; Kalthoener\Büttner, Rdn. 52 und NJW 89, 2777, 2779; Luthin FamRZ 88, 1109, 1113; Hampel FamRZ 89, 113, 116f; zustimmend zur Rechtsprechung des BGH: Palandtj Diederichsen, Rdn. 21; Graba NJW 89, 2786, 2792). Der Auffassung des BGH kann nicht gefolgt werden. Mit dem auch vom BGH 4 6 bejahten Halbteilungsgrundsatz steht es nicht in Einklang, die Höhe des Bedarfs mit einer unter 50% des bereinigten Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen liegenden Quote in Ansatz zu bringen. Es widerspricht der Lebenserfahrung, daß der unterhaltspflichtige erwerbstätige Ehegatte während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft üblicherweise einen höheren Anteil des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens für sich in Anspruch nimmt. Dem Umstand, daß berufsbedingte Aufwendungen im Sinne echter Werbungskosten — Fahrtkosten, Fachliteratur, Kosten für Arbeitskleidung, Gewerkschaftsbeiträge — auch bei intakter Ehe anfallen, trägt die vorerwähnte obergerichtliche Rechtsprechung Rechnung, indem sie das Nettoeinkommen um eine Pauschale von 5% bereinigt oder auf konkreten Nachweis hin berufsbedingte Aufwendungen abzieht. Soweit der Erwerbstätige weitere finanzielle Nachteile hat, etwa weil er weniger Zeit hat, günstigere Einkaufsmöglichkeiten zu suchen, sich preiswert Essen zuzubereiten und Dienstleistungen des täglichen Lebens selbst zu erbringen, ist dies erst eine Folge der Trennung und Scheidung. Denn während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft entstehen diese Nachteile nicht, weil der Haushalt durch den nichtberufstätigen Ehegatten versorgt wird (vgl. auch Ewers FamRZ 88, 268). Einen besonderen Anreiz zur Erwerbstätigkeit braucht der berufstätige Ehegatte bei intakter Ehe nicht; dieses Problem stellt sich erst nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Allerdings hält der BGH die unterschiedlichen Gesichtspunkte — echte berufsbedingte Aufwendungen im Sinne von Werbungskosten einerseits sowie mit der Ausübung der Berufstätigkeit verbundene nicht ziffernmäßig konkret meßbare Nachteile andererseits — nicht auseinander. So hat er schon in seinem Urteil vom 7. 12. 1988 (FamRZ 89, 483) einen Zusammenhang zwischen dem Abzug einer Pauschale von 5% wegen berufsbedingter Aufwendungen und der Festlegung einer Einkommensquote bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hergestellt. In späteren Entscheidungen hat er es ausdrücklich gerügt, daß das OLG das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen um 5% wegen berufsbedingter Aufwendungen bereinigt und zusätzlich einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 in Ansatz gebracht hatte. Der BGH hat gemeint, daß bei einer solchen Handhabung der Erwerbstätigenbonus nur noch dazu diene, einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu verschaffen und es daher naheliege, den Erwerbstätigenbonus geringer als sonst üblich zu bemessen (FamRZ 90, 979, 981; 90, 989, 991; 90, 1085, 1087; 90, 1090, 1091; FamRZ 91, 416, 420). Mit diesen Entscheidungen ist der BGH einer in der Praxis der Oberlandesgerichte weit verbreiteten Übung entgegengetreten, ohne sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen, daß in Wirklichkeit keine doppelte Berücksichtigung derselben Gesichtspunkte vorliege (zutreffend daher die Anm. von Schol^ FamRZ 90, 1088 f). Indessen wird die Praxis der Rechtsprechung des BGH Rechnung tragen und entweder den Erwerbstätigenbonus niedriger — etwa mit 1/14 — festsetzen oder den pauschalen Ansatz von 5% wegen berufsbedingter Aufwendungen unterlassen müsGerhard Griesche

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sen. Der BGH scheint der Möglichkeit, vom Ansatz einer Pauschale wegen berufsbedingter Aufwendungen Abstand zu nehmen, den Vorzug zu geben (FamRZ 90, 979, 981; FamRZ 91, 416, 420). Soweit der BGH den Ansatz des Erwerbstätigenbonus schon bei der Bestimmung des Bedarfs damit begründet, daß eine Korrektur nach § 1581 nicht in Betracht komme, wenn die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht berührt sei (FamRZ 89, 842, 844), vermag auch dies nicht zu überzeugen. Die Auslegung der Vorschrift des § 1581 S. 1 durch den BGH (FamRZ 90, 260, 263 ff) hat, wie er in dem genannten Urteil selbst eingeräumt hat (S. 264), zur Folge, daß in einer Vielzahl von Fällen der Unterhalt des berechtigten Ehegatten nach Billigkeitsgrundsätzen zu ermitteln ist, so daß im Regelfall die Korrektur zum Tragen kommt. In den relativ seltenen Fällen, in denen die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht tangiert wird, besteht keine Notwendigkeit, ihm den „Erwerbstätigenbonus" zu belassen und damit den Halbteilungsgrundsatz aufzugeben. Auch das Argument, bei intakter Ehe pflegten die Eheleute das Einkommen nicht in einer Weise aufzuteilen, wie es zur Berechnung des Trennungsoder des nachehelichen Unterhalts erforderlich sei, ist nicht stichhaltig. Indem § 1578 Abs. 1 S. 1 auf die ehelichen Lebensverhältnisse verweist, schreibt das Gesetz zwingend vor, daß der Unterhaltsberechtigte in demselben Umfang an den Einkünften aus der Ausübung der Erwerbstätigkeit zu beteiligen ist wie vor Trennung und Scheidung. Ob dabei schon vor der Trennung eine tatsächliche Aufteilung des Einkommens stattgefunden hat, ist für das „Maß" des Unterhalts ohne Bedeutung. Die Rechtsprechung des BGH läuft deshalb im Ergebnis auf eine Aufgabe des Halbteilungsgrundsatzes hinaus, wenn der Unterhaltspflichtige Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezieht. Gleichwohl hat sich die Praxis überwiegend zu Recht darauf eingestellt, den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 mit dem Quotenunterhalt gleichzusetzen. Denn der BGH hält trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik an seiner Auffassung fest (FamRZ 89, 842, 843 f; 90, 258, 260; 90, 503, 504; 90, 979, 980; 90, 1085, 1087; 90, 1090, 1091; 91, 670, 671; 91, 1414). 47

Die Bemessung der Quote hat der BGH grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung überlassen. Er hat sowohl die Quote von 3/7 zu 4/7 (FamRZ 82, 360, 361) als auch die von 2/5 zu 3/5 (FamRZ 79, 692, 694) gebilligt. Auch die in früheren Jahren gelegentlich verwendete Quotierung von 1/3 zu 2/3 hat die Zustimmung des BGH gefunden (FamRZ 81, 241, 242). Eine Quotierung von 1/4 zu 3/4 hat der BGH dagegen abgelehnt (FamRZ 79, 692, 694). Nicht beanstandet hat der BGH aber auch die Festsetzung des Unterhalts nach Richtsätzen. So hat er die Anwendung der von Köhler (S. 322 f) entwickelten Unterhaltstabelle gebilligt, weil die darin enthaltenen Richtsätze der Lebenserfahrung entsprächen (FamRZ 82, 148, 149). Die Nürnberger Tabelle, in der in den Rastern für den Ehegattenunterhalt betragsmäßige Werte ausgewiesen sind, ist vom BGH gleichfalls nicht als zur Bedarfsermittlung ungeeignet bezeichnet worden, wenn auch in einem Einzelfall das gefundene Ergebnis wegen Verletzung des Grundsatzes der gleichmäßigen Teilhabe nicht akzeptiert worden ist (FamRZ 83, 678). Für die Praxis kommt dem indessen keine besondere Bedeutung zu, weil von der Mehrzahl der Familiengerichte der Quotenunterhalt zuerkannt wird. Bei der Quotierung hat sich das früher sehr uneinheitliche Bild seit dem 1. 1. 1989 gewandelt. Mit Ausnahme des OLG Stuttgart (FamRZ 89, 139) und des OLG Frankfurt - bis auf den 2. FamS in Kassel (FamRZ 90, 947, 948) - wenden jetzt alle Oberlandesgerichte die 3/7 zu 4/7-Quote an (vgl. die Zusammenstellung in N J W 89, 504 f). Das OLG Stuttgart geht von einem Bedarf in Höhe der Hälfte der berücksichtigungsfähigen Einkünfte nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, zieht aber vorweg vom Nettoeinkommen berufsbedingte Mehraufwendungen ab, die pauschaliert in der Regel mindestens 10% des Nettoeinkommens betragen. Auch diese Methode ist vom 334

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BGH akzeptiert worden (FamRZ 82, 579, 581). Das OLG Frankfurt hat die Ende 1984 erarbeitete Tabelle (FamRZ 84, 1072) fortgeschrieben ( N J W 89, 505) und damit - mit Ausnahme des 2. FamS — an der Quote von 2/5 zu 3/5 festgehalten. Vor Bildung der Quote ist das Einkommen des Unterhaltspflichtigen um die echten 4 8 berufsbedingten Aufwendungen — wie Fahrtkosten, Fachliteratur, Kosten für Arbeitskleidung, Gewerkschaftsbeiträge und dergleichen — zu bereinigen. Dieser Aufwand ist in der höheren Quote, die dem Unterhaltspflichtigen belassen wird, nicht enthalten. Die höhere Quote dient vielmehr neben dem Anreiz der Arbeitsfreude dem Ausgleich der Mehrkosten, die der Erwerbstätige deshalb hat, weil ihm weniger Zeit zur Verfügung steht, günstigere Einkaufsmöglichkeiten zu nutzen, sich preiswert Essen zuzubereiten und Dienstleistungen selbst zu erbringen. Diese Kosten lassen sich der Höhe nach kaum beziffern und müssen deshalb durch die höhere Quote mit abgegolten werden. Wie indessen unter Rdn. 46 bereits erörtert, differenziert der BGH nicht zwischen den unterschiedlichen berufsbedingten Aufwendungen. Eine Begründung ist der BGH bisher schuldig geblieben (wie hier: Hampel FamRZ 89, 113, 114; Ewers FamRZ 88, 268; Schol% FamRZ 90, 1088 f; Düsseldorfer Tabelle B Anm. zu I bis III, FamRZ 88, 911, 913). Ob die echten Werbungskosten mit einem Pauschalbetrag — etwa in Höhe von 5% des Einkommens — abzugelten sind oder konkret beziffert und im Streitfall nachgewiesenwerden müssen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Von der Mehrzahl der Oberlandesgerichte wird zu Recht eine konkrete Darlegung unter Vorlage von Belegen gefordert. Im einzelnen wird auf die Rdn. 29 — 35 zu § 1603 Bezug genommen. 11. Differenz- und Anrechnungsmethode Haben beide Ehegatten schon vor der Trennung und Scheidung Erwerbseinkom- 4 9 men bezogen und setzen sie dies nach der Scheidung fort, so steht dem weniger Verdienenden nach § 1573 Abs. 2 ein Aufstockungsunterhaltsanspruch zu. Der Höhe nach ist dieser Anspruch nach der sogenannten Differenzmethode zu berechnen. Diese beruht auf der Vorstellung, daß beide Ehegatten mit ihrem Einkommen zum ehelichen Lebensstandard beigetragen haben. Der so bemessene Unterhalt des Berechtigten geht daher von einem Bedarf aus, wie er durch die ehelichen Lebensverhältnisse in einer Doppelverdienerehe bestimmt wird (BGH FamRZ 79, 692, 693; 81, 241, 242; 81, 539, 541; 82, 255, 257; 84, 356, 357; 86, 783, 785). Bei Anwendung der Differenzmethode wird von dem bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen das bereinigte Nettoeinkommen des Berechtigten abgezogen. Dem Berechtigten steht zur Deckung seines Bedarfs sein eigenes Einkommen und zusätzlich eine bestimmte Quote der Einkommensdifferenz zur Verfügung. Bei der Bestimmung der Quote tritt dieselbe Problematik auf, die oben unter den Rdn. 45, 46 abgehandelt worden ist. Der BGH geht auch hier vom Halbteilungsgrundsatz aus, meint aber, daß es diesem Grundsatz nicht widerspreche, zugunsten des weniger verdienenden Ehegatten schon bei der Bedarfsbemessung von einer strikt hälftigen Teilung in maßvoller Weise abzuweichen (FamRZ 88, 265, 267). Der Bedarf errechnet sich nach dieser Rechtsprechung also nicht durch eine hälftige Teilung der Einkommensdifferenz; er beschränkt sich vielmehr auf eine unter 50% liegende Quote — etwa von 3/7 — dieser Differenz. Die unter Rdn. 46 geäußerten Bedenken gegen die Rechtsprechung des BGH gelten auch hier, und zwar in verstärktem Maße. Warum die Arbeitsfreude des mehrverdienenden Ehegatten durch Belassung einer höheren Quote der Einkommensdifferenz stärker gefördert werden muß, ist nicht einzusehen, und der mit der Berufsausübung verbundene höhere Aufwand trifft bei einer Doppelverdienerehe beide geschiedenen Ehegatten in gleicher Weise. In der Praxis hat die Streitfrage bei der Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs im Wege der Differenzmethode bisher keine wesentliche Rolle gespielt. Dies beruht auf der Erwägung, daß von der Bedarfsermittlung Abstand genommen werden könne, wenn den Eheleuten nach der Scheidung keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stünden. Denn in diesem Fall stehe fest, daß der Unterhaltspflichtige den vollen Bedarf einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs wegen mangelnder Leistungsfähigkeit nicht decken könne. Hierbei wird indessen außer acht gelassen, daß eine Billigkeitsentscheidung nach § 1581 eine Abwägung der individuellen Umstände des Einzelfalles erforderlich macht, die nicht durch einen Hinweis auf eine regelmäßige Handhabung in Mangelfällen ersetzt werden kann (BGH FamRZ 90, 260, 266). Im einzelnen wird auf die Rdn. 33 zu § 1581 verwiesen. 50

Hat einer der Ehegatten während des Bestehens der Ehe nur in geringem Umfang durch eigene Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beigetragen (sogenannte Zuverdienstehe), kommt es darauf an, ob die ehelichen Lebensverhältnisse durch den Nebenverdienst spürbar beeinflußt worden sind. Das wird umso eher der Fall sein, wenn der Ehegatte, von dessen Einkommen die Eheleute im wesentlichen gelebt haben, relativ wenig verdient hat. Fällt der Zuverdienst bei Betrachtung des gesamten Einkommens dagegen nicht ins Gewicht, so ist bei der Ermittlung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen von einer Alleinverdienerehe auszugehen. Das gilt etwa dann, wenn sich die Ehefrau durch gelegentliche Aushilfstätigkeiten nur ein Taschengeld hinzuverdient hat. Im Schrifttum wird dies indessen auch anders gesehen und auch bei der Zuverdienstehe stets die Anwendung der Differenzmethode befürwortet {Soergelj Häberle, Rdn. 7). 51 Die Abweichung des BGH vom Halbteilungsgrundsatz, soweit es Einkünfte aus Erwerbstätigkeit angeht (vgl. vorstehend Rdn. 45), erfaßt Einkünfte aus anderen Quellen — etwa Vermögenserträgnisse oder Renten — nicht. Dem ist bei der Bedarfsbestimmung in der Weise Rechnung zu tragen, daß diese Einkünfte voll, das Einkommen aus Erwerbstätigkeit dagegen nur nach Abzug des „Erwerbstätigenbonus" in Ansatz zu bringen sind (BGH FamRZ 90, 989, 991; KG FamRZ 87, 283; OLG Koblenz FamRZ 90, 51, 53; OLG Hamm FamRZ 90, 65, 67). Berechnungsbeispiel (im Anschluß an B G H FamRZ 89, 1160, 1163): Einkommen des Unterhaltspflichtigen aus Erwerbstätigkeit davon 6/7 Einkünfte aus Kapitalvermögen Gesamteinkommen Unterhaltsanspruch des Berechtigten (die Hälfte)

2770,— 2374,105,— 2479,— 1239,50

DM DM DM DM DM

Dies ist ebenfalls zu beachten, wenn auch der Unterhaltsberechtigte Einkünfte aus verschiedenen Quellen — darunter aus Erwerbstätigkeit — hat; der „Erwerbstätigenbonus" ist gleichfalls vorab mit einer bestimmten Quote, die der beim Verpflichteten in Ansatz gebrachten entsprechen muß, in Abzug zu bringen. 52 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann die Differenzmethode nicht angewandt werden, wenn im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nur einer der Ehegatten erwerbstätig war und sein Arbeitseinkommen den Lebensstandard der Ehegatten geprägt hat (FamRZ 81, 539, 541; 82, 255, 257; 84, 151, 152; 84, 356, 357). Dies gilt unabhängig davon, daß Haushaltsführung und Kindesbetreuung des anderen Ehegatten wirtschaftlich der Erwerbstätigkeit des einen grundsätzlich gleichwertig sind (BGH FamRZ 85, 161, 163; 86, 783, 785). Nimmt der bis zur Scheidung nicht erwerbstätige Ehegatte eine Arbeit auf, so ist das hieraus erzielte Einkommen auf den nach § 1578 336

Gerhard Griesche

§ 1 5 7 8 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

Abs. 1 S. 1 ermittelten Bedarf anzurechnen (Anrechnungsmethode). Dabei ist indessen dem Umstand Rechnung zu tragen, daß auch dem später erwerbstätig gewordenen geschiedenen Ehegatten der mit der Erwerbstätigkeit verbundene erhöhte Aufwand abzugelten und ihm ein Anreiz für die Erwerbstätigkeit zuzubilligen ist (BGH FamRZ 85, 161, 164; 88, 265, 267). Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten ist daher ein Erwerbstätigenbonus in gleicher Höhe zu belassen, der auch dem Unterhaltspflichtigen zugute kommt; bei Anwendung der 3/7 zu 4/7-Quote sind somit nur 6/7 des bereinigten Nettoeinkommens anzurechnen. Das gilt auch, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und ihm wegen Verletzung einer Erwerbsobliegenheit ein fiktives Einkommen zugerechnet wird (OLG Hamm FamRZ 88, 1283). Die Anwendung der Anrechnungsmethode durch den BGH ist im Schrifttum 5 3 verbreitet auf Kritik gestoßen, weil sie zu einer schwerwiegenden Benachteiligung von Hausfrauen führe, die während des Bestehens der Ehe mit der Betreuung von Kindern befaßt gewesen seien (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 42; RGRK¡Cuny, Rdn. 28; Johannsen\HenrichjVoelskow, Rdn. 45 zu §1361; Göppinger j Kindermannj Roth-Stielow, Rdn. 58; Büttner FamRZ 84, 534, Weychardt N J W 84, 2338; Hampel FamRZ 84, 621, 627 f; Walter J Z 84, 238; Empfehlungen des 8. Deutschen Familiengerichtstages A I 1 a, dd FamRZ 90, 24; AG Charlottenburg FamRZ 90, 170 mit zustimmender Anm. von Rupsch; AG GroßGerau FamRZ 90, 754). Den Kritikern des BGH ist darin Recht zu geben, daß die Anrechnungsmethode im Einzelfall zu Ergebnissen führen kann, die als ungerecht empfunden werden können. Dem kann aber insofern Rechnung getragen werden, als der BGH stets hervorgehoben hat, daß die Aufteilung des Einkommens letztlich vom Tatrichter auf ihre Angemessenheit überprüft werden muß (FamRZ 81, 539, 541; 82, 255, 257). Außerdem können Ungereimtheiten durch Geltendmachung des trennungsbedingten Mehrbedarfs weitgehend beseitigt werden (vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 86, 1103). Die Berücksichtigung des trennungsbedingten Mehrbedarfs, die deshalb möglich ist, weil gegenüber den Verhältnissen bis zur Scheidung infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den unterhaltsberechtigten Ehegatten zusätzliche Mittel vorhanden sind, mildert die Auswirkungen der Anrechnungsmethode für den Berechtigten (RGRK¡Cuny, Rdn. 28). Die obergerichtliche Rechtsprechung folgt jedenfalls nach anfänglichen Abweichungen (OLG Köln FamRZ 82, 706, 710) jetzt dem BGH (Düsseldorfer Leitlinien Nr. 39; Hammer Leitlinien Nr. 30; Leitlinien des OLG Celle III 1 b; Kölner Leitlinien III 14; Leitlinien des OLG München 3.4; Schleswiger Leitlinien C 1 c; Leitlinien des KG Nr. 39). Eine Minderung des Unterhaltsanspruchs des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten hat allerdings die unter Rdn. 45 dargestellte Rechtsprechung des BGH zur Folge, nach der als Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine unter 50% liegende Quote in Ansatz zu bringen ist. Denn der auf diese Weise als Bedarf ermittelte Betrag, auf den das eigene Einkommen des Unterhaltsberechtigten anzurechnen ist, muß zwangsläufig niedriger sein als bei strikter Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes (vgl. auch Luthin FamRZ 88, 1109, 1113). Ausnahmsweise ist im Fall der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den unter- 5 4 haltsberechtigten Ehegatten nach der Scheidung die Differenz — und nicht die Anrechnungsmethode anzuwenden, wenn im Zeitpunkt der Scheidung eine solche Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte. Im einzelnen wird insoweit auf die vorstehenden Ausführungen in der Rdn. 28 verwiesen. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit der Erwerbstätigkeit nach der Trennung, 5 5 aber vor Rechtskraft der Scheidung begonnen, ist zu unterscheiden: War die Aufnahme Gerhard Griesche

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§ 1578 BGB

Scheidung der Ehe

der Erwerbstätigkeit schon während des Zusammenlebens geplant oder doch zumindest vorauszusetzen, so zählen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit zu den Umständen, die die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung bereits geprägt haben mit der Folge, daß die Differenzmethode anzuwenden ist. Wäre es dagegen ohne die Trennung nicht zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit gekommen, sind die Einkünfte aus zumutbarer Erwerbstätigkeit auf den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen anzurechnen (BGH FamRZ 84, 149, 150; 84, 151, 152; 85, 161, 162). Im Fall der Aufnahme einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit nach der Trennung sind weder die Differenz- noch die Anrechnungsmethode anzuwenden; eine etwaige Anrechnung der Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit richtet sich ausschließlich nach § 1577 Abs. 2 (BGH FamRZ 83, 146, 149; 84, 151, 152). Auf die Rdn. 56 bis 63 zu § 1577 wird verwiesen. 56

Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte eine im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ausgeübte Halbtagsbeschäftigung später zu einer Vollerwerbstätigkeit ausgeweitet, so bestimmt sich der Bedarf auf der Grundlage des Einkommens aus der Halbtagstätigkeit, wobei in2wischen mögliche Einkommenssteigerungen zu berücksichtigen sind, so daß ein fiktives Einkommen in Ansatz zu bringen ist (BGH FamRZ 85, 161, 163). Auf den Bedarf ist gemäß § 1577 Abs. 1 im Wege der Anrechnungsmethode das gesamte Einkommen aus der Ganztagstätigkeit anzurechnen (BGH FamRZ 85, 161, 164; vgl. auch BGH FamRZ 90, 1085, 1086). Beispiel: Einkommen des Unterhaltspflichtigen zum Zeitpunkt der Scheidung Einkommen des Unterhaltsberechtigten aus der Halbtagstätigkeit zum Zeitpunkt der Scheidung Bestimmung des Anspruchs fünf Jahre nach der Scheidung: Einkommen des Unterhaltspflichtigen aufgrund üblicher Gehaltssteigerungen fiktives Einkommen des Unterhaltsberechtigten aus Halbtagstätigkeit tatsächliches Einkommen aus Ganztagstätigkeit Familieneinkommen insgesamt

Bedarf des Berechtigten: 3/7 des Familieneinkommens anzurechnen sind 6/7 des tatsächlichen Einkommens Unterhaltsanspruch deshalb

57

3 5 0 0 , - DM 7 5 0 , - DM

DM DM DM DM + 9 7 5 , - DM = 5475,- DM 4500,975,2000,4500,-

2 3 4 6 , - D M (gerundet) 1 7 1 4 , - D M (gerundet) 6 3 2 , - DM

12. Bedarfsbestimmung bei Leben im Ausland Lebt der Unterhaltsberechtigte im Ausland, so sind für die Höhe des Unterhaltsanspruchs die Geldbeträge maßgebend, die er an seinem Aufenthaltsort aufwenden muß, um den ihm zustehenden Lebensstandard aufrecht erhalten zu können (BGH FamRZ 87, 682, 683 m. w. N.). Ist die Ehe in der Bundesrepublik Deutschland geführt worden, so ist von den Beträgen auszugehen, die der Unterhaltsberechtigte fordern könnte, wenn er noch hier leben würde. Zu berücksichtigen ist indessen, welchen Betrag der Berechtigte benötigt, um im Ausland den ihm zustehenden Lebensstandard zu finanzieren (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 1149, 1150). Dabei muß der Unterhalt so erbracht werden, wie es den durch das Devisenrecht vorgeschriebenen Erfüllungsmöglichkeiten entspricht. Der Berechtigte kann nicht darauf verwiesen werden, sich illegal zu verhalten und DM zu Schwarzmarktkursen zu tauschen (BGH FamRZ 87, 682, 683). 338

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§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

III. Zeitliche Begrenzung auf den angemessenen Lebensbedarf (Abs. 1 S. 2, 3) 1. Grundsätzliches Die zeitlich unbegrenzte Ausrichtung des Unterhältsanspruchs an den ehelichen 58 Lebensverhältnissen ist vielfach kritisiert und als mit dem in § 1569 normierten Grundsatz der Eigenverantwortung unvereinbar bezeichnet worden. Vor allem in den Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch die Ehe keine nennenswerten beruflichen Nachteile erlitten hatte und die Ehe nicht von langer Dauer war, wurde die zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie als unbillig empfunden. Dem hat der Gesetzgeber des UÄndG durch Einfügung der S. 2 und 3 in Abs. 1 von § 1578 in gewisser Weise Rechnung getragen. Danach kann die Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse bei der Bestimmung der Höhe des Bedarfs zeitlich begrenzt werden. Nach Ablauf einer Übergangsfrist kann auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich begrenzte Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Die Vorschrift, die für alle Unterhaltstatbestände der §§ 1570 bis 1573, 1575, 1576 gilt, erfordert eine umfassende Billigkeitsabwägung unter Einbeziehung der Umstände des Einzelfalles. Dabei sind vom Gesetzgeber die Dauer der Ehe und die Gestaltung von Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung besonders hervorgehoben worden und deshalb stets zu berücksichtigen; aus dem Wort „insbesondere" ergibt sich jedoch, daß auch andere im persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten liegende Umstände — wie Alter oder schlechter Gesundheitszustand des Unterhaltsberechtigten, aufopferungsvolle Pflege des kranken Verpflichteten durch den Berechtigten — in die Würdigung einzubeziehen sind (BTDrucks. 10/2888, S. 18). 2. Dauer der Ehe Der Begriff der Ehedauer ist vom Gesetzgeber nicht näher bestimmt worden. In 59 den Gesetzesmaterialien ist nur zum Ausdruck gekommen, daß die Ehe nicht lange gedauert haben soll (BT-Drucks. 10/2888, S. 19). Im Schrifttum wird zum Teil an die Auslegung des Begriffs einer Ehe von langer Dauer im Sinne von § 1582 Abs. 1 S. 2 (BGH FamRZ 83, 886, 888; OLG Hamm FamRZ 82, 70) angeknüpft und angenommen, daß bei einer Ehe, die länger als 10 Jahre gedauert hat, das Schicksal der Ehegatten so miteinander verflochten sei, daß eine zeitliche Begrenzung des an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichteten Unterhalts als unbillig angesehen werden müsse (Göppinger j Kindermann, Rdn. 679; Soergel\Häberle, Rdn. 31 zu § 1573; RGRK¡Cunj, Rdn. 30; Eyrich FamRZ 84, 941, 944; Hahne FamRZ 85, 113, 115 und FamRZ 86, 305, 307; Giesing FamRZ 86, 937, 938; Borth, Neuregelung des Scheidungsfolgenrechts S. 23; AG Peine FamRZ 87, 593; OLG Schleswig FamRZ 89, 1092, 1094). Andere lehnen die Festlegung einer pauschalen Obergrenze ab und wollen nur auf die Umstände des Einzelfalles abstellen (OLG Karlsruhe FamRZ 89, 511, 512; Johannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 19 zu § 1573; HeissjHeiss 2.33 f). Der BGH hat sich der letzteren Auffassung angeschlossen und sich gegen die Festlegung einer bestimmten Zeitschranke von 10 Jahren ausgesprochen (FamRZ 90, 857 zu § 1573 Abs. 5). Er hat aber hinzugefügt, daß sich eine Ehedauer von mehr als 10 Jahren dem Grenzbereich nähere, in dem der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium ein ausschlaggebendes Gewicht zukomme. Ob der Grenzbereich erst bei einer Ehedauer von 15 Jahren erreicht ist, hat der BGH dahingestellt sein lassen. In dem konkreten Fall hatte die Ehe 10 Jahre und 3 Monate gedauert. Bei einer Ehedauer von 28 Jahren hat der BGH die Anwendung von Abs. 1 S. 2 nur unter ganz außergewöhnGerhard Griesche

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§ 1578 BGB

Scheidung der Ehe

liehen Umständen in Betracht gezogen (FamRZ 91, 307, 310). Solche Umstände hat er nicht in einem der Scheidung vorangegangenen sehr langen Getrenntleben erblickt. 60 Nicht gerechtfertigt ist es, bei der Beantwortung der Frage, ob die Ehe von längerer Dauer war, auch auf das Lebensalter der Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen und bei Eheschließung in vorgerückterem Alter schon nach einer Ehedauer von 5 Jahren von der Anwendung des § 1578 Abs. 1 S. 2 Abstand zu nehmen (so aber: Heiss/Heiss, 2.33 a). Eine solche Differenzierung ist mit dem Gesetz nicht vereinbar. Auf Ehen von kurzer Dauer von weniger als 3 Jahren kommt § 1578 Abs. 1 S. 2 dann zur Anwendung, wenn eine grobe Unbilligkeit im Sinne von § 1579 Nr. 1 nicht gegeben ist {SoergeljHäberle, Rdn. 20; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 32). Unter der Dauer der Ehe ist die Zeit zwischen Eheschließung und Rechtsanhängigkeit des Scheidungsantrags zu verstehen (BGH FamRZ 86, 886, 888). Bei geschiedenen Eheleuten, die wieder geheiratet haben und dann erneut geschieden werden, ist der Dauer der letzten Ehe die der vorhergehenden nicht hinzuzurechnen (OLG Karlsruhe FamRZ 89, 511, 512). 61

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Der Ehedauer gleich steht nach § 1578 Abs. 1 S. 3 die Zeit der Kindesbetreuung. Damit ist die Zeit, in der ein Ehegatte gemeinschaftliche Kinder rein tatsächlich betreut hat, gemeint. Praktische Bedeutung hat dies vor allem für die Zeit zwischen der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und der Rechtskraft der Scheidung sowie für die nacheheliche Kindesbetreuung ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 30 zu § 1573). Ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 besteht, ist unerheblich. Die Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn das gemeinschaftliche Kind am Tage in einer Kindertagesstätte untergebracht ist oder wenn es oft von Hilfskräften betreut wird [Göppinger\Kindermann, Rdn. 680). Keine Kindesbetreuung findet bei Internats- und Heimunterbringung statt. 3. Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit Neben der Ehedauer ist nach § 1578 Abs. 1 S. 2 HS. 1 die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein entscheidungserhebliches Kriterium. Dieses Merkmal ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, um damit den häufigsten Fall einer ehebedingten Unterhaltsbedürftigkeit aufzugreifen, nämlich die sogenannte Hausfrauenehe (BT-Drucks. 10/4514 S. 21 f). Wenn die Ehefrau im Einvernehmen mit dem Ehemann während des Bestehens der Ehe auf eine Berufstätigkeit verzichtet hat, um sich der Haushaltsführung und der Kindesbetreuung widmen zu können, so ist die Bedürftigkeit nach der Scheidung ehebedingt, und eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts wird im allgemeinen der Billigkeit nicht entsprechen (RGRK/ Cuny, Rdn. 33; Hahne FamRZ 86, 305, 307; Göppingen Kindermann, Rdn. 679). Dies gilt nicht mehr, wenn der bedürftige Ehegatte nach der Scheidung die ehebedingten beruflichen Nachteile wieder ausgeglichen hat, indem er etwa in seinen vor der Eheschließung ausgeübten Beruf zurückgekehrt ist und sich auch Einkommensnachteile nicht mehr feststellen lassen (Hahne FamRZ 85, 113, 116 und FamRZ 86, 305, 307; Göppingerj Kindermann, Rdn. 679). Nicht in die Billigkeitserwägung einzubeziehen ist ein Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten während und nach der Ehe; insoweit enthält § 1579 eine Sonderregelung (BGH FamRZ 89, 483, 486). 4. Auswirkung der Kindesbetreuung Nach § 1578 Abs. 1 S. 2 HS. 2 kommt eine zeitliche Begrenzung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalts in der Regel nicht in Betracht, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind betreut hat oder betreut. Die Tatsache der Kindesbetreuung allein schließt 340

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§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

im Regelfall die Abstufung des Unterhalts aus, ohne daß es darauf ankommt, ob die Bedürfnislage ehebedingt entstanden ist (RGRK¡Cuny, Rdn. 35; Giesing FamRZ 86, 937; wohl auch BGH FamRZ 87, 572, 575; a. A. OLG Karlsruhe FamRZ 89, 511, 513; ]ohannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 21 zu § 1573; Dieckmann FamRZ 87, 981, 988; Hahne FamRZ 86, 305, 308). Der insoweit eindeutige Wortlaut des Gesetzes läßt im Fall der Kindesbetreuung im Sinn des § 1578 Abs. 1 S. 2 HS. 2 eine Prüfung, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten hat, nicht zu. Etwas anderes kann man auch nicht daraus herleiten, daß die Anwendung von § 1578 Abs. 1 S. 2 in den Fällen des HS. 2 nur „in der Regel" ausgeschlossen sein soll. Durch diese Formulierung wollte der Gesetzgeber es vermeiden, daß der Unterhaltsberechtigte sich auf die Tatsache der Kindesbetreuung auch dann berufen kann, wenn diese gegen den Willen des anderen oder entgegen einer gerichtlichen Regelung der elterlichen Sorge erfolgt (BT-Drucks. 10/4514 S. 21). Dagegen wird durch die Einschränkung („in der Regel") nicht jeder Fall einer Doppelverdienerehe, in der der weniger verdienende Ehegatte keine ehebedingten Nachteile erlitten hat, erfaßt. Entgegen der von Dieckmann (aaO) geäußerten Kritik steht die Entscheidung des BGH (FamRZ 87, 572, 575) im Ergebnis mit dem Gesetz in Einklang. 5. Rechtsfolgen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 1578 Abs. 1 S. 2 Führt die umfassende Billigkeitserwägung zu dem Ergebnis, daß eine zeitliche Begren- 64 zung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Betracht kommt, so ist der Unterhalt nach einer Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. Was unter dem „angemessenen Lebensbedarf' zu verstehen ist, kommt im Gesetz nicht zum Ausdruck. Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung wird vom Schrifttum zu Recht kritisiert {Schwab FamRZ 86, 128; SoergeljHäberle, Rdn. 18; Johannsenj HenrichjVoelskow, Rdn. 20; Göppinger/Kindermann, Rdn. 682; Luthin FamRZ 88, 1109, 1110). Aus dem Wort „angemessen" läßt sich jedenfalls ableiten, daß dem Unterhaltsberechtigten ein Betrag verbleiben muß, der oberhalb des Existenzminimums und des notwendigen Unterhalts liegt (BGH FamRZ 86, 886, 889; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 595, 597). Aber auch mit dem Billigkeitsunterhalt im Sinne von § 1581 ist der angemessene Lebensbedarf nicht gleichzusetzen (BGH FamRZ 86, 886, 889). Die wirtschaftliche Lage des Unterhaltspflichtigen spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle (RGRK¡Cuny, Rdn. 37). Schließlich ist der in den gängigen Leitlinien der Oberlandesgerichte vorgesehene Mindestbedarf gegenüber volljährigen Kindern von derzeit 1400 DM ebenfalls kein geeignetes Bemessungskriterium (a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1254, 1257; OLG Bremen FamRZ 89, 746, 748; Göppinger ¡Kindermann, Rdn. 682; zweifelnd: Hahne FamRZ 86, 305, 310), und zwar auch nicht insoweit, als dieser Betrag die untere Grenze bildet, auf die der Unterhalt abgesenkt werden darf (a. A. Johannsen/ Henrichj Voelskow aaO; Giesing FamRZ 86, 937, 938 f; Diederichsen N J W 86, 1283, 1288). Anzuknüpfen ist vielmehr allein an die Lebensstellung, die der Unterhaltsberechtigte vor der Eheschließung hatte, und die er jetzt noch hätte, wenn er nicht wegen der Eheschließung seine Beschäftigung aufgegeben oder eingeschränkt hätte (BGH FamRZ 86, 886, 889; OLG Bamberg FamRZ 88, 1277, 1279 f). Die vorehelichen Lebensverhältnisse sind in der Weise fortzuschreiben, daß einmal die inzwischen eingetretene allgemeine Preisentwicklung berücksichtigt und außerdem im jeweiligen Einzelfall geprüft wird, welche beruflichen Entwicklungschancen bestanden, die infolge der Ehe nicht verwirklicht werden konnten ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 18; Johannsenj HenrichjVoelskow, Rdn. 29; Hahne FamRZ 86, 305, 310). Bei der Feststellung der beruflichen Aufstiegschancen hat der Familienrichter alle Faktoren zu berücksichtigen, die erfahrungsgemäß die Entwicklung im Berufsleben beeinflussen, wie etwa Qualifikation, besondere Fähigkeiten Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 8 BGB

Scheidung der Ehe

und Neigungen und dergleichen. Letztendlich wird insofern eine Schätzung unvermeidbar sein. Ergibt diese Prüfung, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Eheschließung einen die ehelichen Lebensverhältnisse übersteigenden Lebensstandard erreicht hätte, so bleibt es bei der Bemessung des Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 S. 1. Denn der volle Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist stets das höchste, was dem Berechtigten zusteht; die Anwendung von Abs. 1 S. 2 kann nur zu einer Reduzierung des Unterhalts führen ( S o e r g e l j H ä b e r l e aaO; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 37; Göppinger\Kindermann, Rdn. 682; Hahne FamRZ 86, 305, 309). Auch bei der Festsetzung des Altersvorsorgeunterhalts kann die Vorschrift des § 1578 Abs. 1 S. 2 eine Rolle spielen. Als „angemessener Unterhalt" sind insofern die Beträge anzusehen, die der Unterhaltsberechtigte vor der Eheschließung für die Altersvorsorge aufgewendet hat. Konnte der Unterhaltsberechtigte aus finanziellen Gründen keinerlei Altersvorsorge betreiben, kommt nach Verstreichen der Ubergangsfrist der völlige Wegfall der Leistungen für den Altersvorsorgeunterhalt in Betracht (BGH FamRZ 89, 483, 487). 65 Die Absenkung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf kommt erst in Betracht, nachdem eine Übergangsfrist verstrichen ist, in der dem Unterhaltsberechtigten noch der volle Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zusteht. Anhaltspunkte dafür, wie diese Zeitspanne zu bemessen ist, sind dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Nach den Gesetzesmaterialien wollte der Gesetzgeber eine Anpassung an die Dauer der zurückgelegten Ehejahre, die andere Rechtssysteme kennen, nicht vornehmen, weil dies zu einem nicht gerechtfertigten Schematismus führe (BR-Drucks. 501/ 1984 S. 19; BT-Drucks. 10/2888 S. 18). Erwogen werden soll vielmehr, welche Zeit der Berechtigte braucht, um sich auf die neue Lebenssituation einzustellen oder die drohende Lücke im Einkommen durch eigene Erwerbstätigkeit zu schließen. Dennoch wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die zurückgelegte Ehedauer als wichtiges, wenn nicht als das entscheidende Kriterium bezeichnet (OLG Hamm FamRZ 86, 908; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 162, 163; OLG Hamburg FamRZ 87, 1250, 1251; OLG Bamberg FamRZ 88, 1277, 1279 f; anders OLG Frankfurt FamRZ 86, 683, 684). Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Zeit, die der Unterhaltsberechtigte benötigt, um die ehebedingten Nachteile auszugleichen, hat mit der Dauer der zurückgelegten Ehejahre nichts zu tun. Eine Zuerkennung des vollen Unterhalts für neun Jahre und viereinhalb Monate (OLG Hamburg FamRZ 87, 1250, 1251) oder für acht Jahre (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 162, 163) ist mit dem Zweck der in § 1578 Abs. 1 S. 2 getroffenen Regelung unvereinbar (insoweit zutreffend: OLG Bamberg FamRZ 88, 1277, 1279; gegen eine schematische Bemessung der Frist nach der Dauer der Ehezeit auch OLG Karlsruhe FamRZ 89, 511, 514; OLG Schleswig FamRZ 89, 1092, 1095; für einen Fall des § 1573 Abs. 5 vgl. auch OLG Hamm FamRZ 90, 413). Zur Umstellung auf die nach der Scheidung entstandene neue Lebenssituation werden in keinem Fall acht bis neun Jahre benötigt. Die Orientierung an der Ehedauer ist auch nicht zur Vermeidung von Willkür erforderlich (so OLG Düsseldorf FamRZ 87, 162, 165). Anhand der Umstände des Einzelfalles läßt sich feststellen, welche Zeit der Berechtigte voraussichtlich benötigt, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dabei spielen Lebensalter und Gesundheitszustand, die berufliche Qualifikation des Berechtigten sowie die Arbeitsmarktlage eine ausschlaggebende Rolle. 66

Verfahrensrechtlich ist bereits bei der ersten Titulierung des Unterhaltsanspruchs die Abstufung nach Ablauf der Übergangsfrist in den Tenor aufzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1578 Abs. 1 S. 2 vorliegen. Spätere Veränderungen sind mit der Abänderungsklage geltend zu machen. Da § 1578 Abs. 1 S. 2 als rechtsvernichtende 342

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§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

Einwendung ausgestaltet ist, trägt die Darlegungs- und Beweislast der Unterhaltspflichtige. Dieser hat auch zu beweisen, daß die Erwerbslosigkeit des Berechtigten nicht ehebedingt ist (BGH FamRZ 90, 857, 859; OLG Hamm FamRZ 87, 829, 832; Hahne FamRZ 86, 305, 310).

IV. Gesamter Lebensbedarf Nach § 1578 Abs. 1 S. 4 umfaßt der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf; die 6 7 Regelung entspricht der des § 1610 Abs. 2. Zum Lebensbedarf gehört auch der Sonderbedarf, der in § 1613 Abs. 2 als unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf definiert wird. Als Sonderbedarf sind z. B. die Umzugskosten angesehen worden, die der unterhaltsberechtigten Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit entstanden waren (BGH FamRZ 83, 29). Ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß besteht dagegen zwischen geschiedenen Eheleuten nicht (BGH FamRZ 84, 148).

V. Kosten einer angemessenen Sicherung für den Fall der Krankheit (Abs. 2) Durch § 1578 Abs. 2 wird klargestellt, daß der Lebensbedarf auch die Kosten einer 68 angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit umfaßt. Soweit der unterhaltsberechtigte Ehegatte infolge einer Erwerbstätigkeit einen eigenständigen Versicherungsschutz genießt, hat diese Regelung keine praktische Bedeutung. War er dagegen nur bei dem andern Ehegatten mitversichert, so erlischt nach § 205 RVO dieser Versicherungsschutz mit der Rechtskraft der Scheidung. Der geschiedene Ehegatte hat dann nach § 176 b Abs. 1 Nr. 1 RVO die Möglichkeit des freiwilligen Beitritts zur gesetzlichen Krankenversicherung. Da dieser Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung kostengünstig ist, kann von dem geschiedenen Ehegatten im allgemeinen erwartet werden, daß er von dieser Möglichkeit auch Gebrauch macht (BGH FamRZ 83, 888, 889; OLG Hamm FamRZ 82, 172, 173; RGRK\Cuny, Rdn. 47). Dabei ist zu beachten, daß der Beitritt nur innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Scheidung erklärt werden kann (§ 176 b Abs. 2 S. 2 RVO). Versäumt der unterhaltsberechtigte Ehegatte diese Frist und hat er deshalb für die Krankenvorsorge erhöhte Beiträge aufzuwenden, so beschränkt sich der Unterhaltsanspruch auf den Betrag, der bei rechtzeitigem Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte gezahlt werden müssen. Den Unterhaltsberechtigten trifft die Obliegenheit, sich schon während des Scheidungsverfahrens um die Frage des Versicherungsschutzes zu kümmern (RGRK/Ca/ry, Rdn. 51). Er wird sich deshalb im allgemeinen nicht darauf berufen können, keine Kenntnis von der Monatsfrist des § 176 b Abs. 2 S. 2 RVO gehabt zu haben. Waren die Ehegatten während des Bestehens der Ehe privat krankenversichert, so 6 9 braucht sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung nicht auf die gesetzliche Krankenversicherung verweisen zu lassen, da sich die Art des Versicherungsschutzes nach den ehelichen Lebensverhältnissen zur Zeit der Scheidung bestimmt (BGH FamRZ 83, 676, 677; SoergeljHäberle, Rdn. 46). Aus demselben Grunde kann auch die Aufrechterhaltung bestehender Zusatzversicherungen — etwa einer Krankentagegeldversicherung — verlangt werden (RGRK/Cuny, Rdn. 47; Bartsch JZ 80, 181, 182; einschränkend KalthoenerjBüttner, Rdn. 168). Beamte und Richter haben während der Ehe Anspruch auf Zahlung einer Beihilfe auch für den nicht selbst beihilfeberechtigten Ehegatten. Dieser Anspruch erlischt mit der Rechtskraft der Scheidung. Deshalb wird zur Deckung des vollständigen Krankheitsrisikos der Abschluß einer Zusatzversicherung erforderlich, der dem unterhaltsberechtigten Ehegatten obliegt (BGH FamRZ 83, 676, 677). Da der Beitritt zur gesetzlichen Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

§ 1578 BGB

Krankenversicherung nach den §§ 176, 176 b RVO nicht möglich ist, kann sich die Aufrechterhaltung eines gleichwertigen Versicherungsschutzes als zu aufwendig herausstellen. In einem solchen Fall kommt die Herabsetzung des Versicherungsschutzes in Betracht, wobei die vom Unterhaltspflichtigen zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge in einem angemessenen Verhältnis zum Elementarunterhalt stehen müssen (BGH FamRZ 89, 483, 484). Bei der Verteilung der gesamten Unterhaltsschuld auf den Elementar- und den Krankenvorsorgeunterhalt ist allerdings zu beachten, daß — anders als beim Altersvorsorgeunterhalt — kein Vorrang des Elementarunterhalts besteht (BGH FamRZ 89, 483, 485). 70

In allen anderen Fällen kann der unterhaltsberechtigte Ehegatte die nach der Scheidung für die Krankheitsvorsorge anfallenden zusätzlichen Kosten vom Unterhaltsverpflichteten neben dem Elementarunterhalt fordern; in den üblichen Unterhaltsquoten sind die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit nicht enthalten (BGH FamRZ 83, 676, 677; 83, 888, 889; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 814, 815). Der die Krankenvorsorge betreffende Teil des Unterhalts ist zweckgebunden und steht nicht zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung. Allerdings kann der Unterhaltspflichtige im allgemeinen nicht verlangen, daß der Beitrag direkt an die Krankenversicherung gezahlt wird, da auch der Krankenvorsorgeunterhalt als Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs grundsätzlich durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren ist (§ 1585 Abs. 1 S. 1). Gegen nicht bestimmungsgemäße Verwendung der Beiträge ist der Unterhaltspflichtige dadurch geschützt, daß der Unterhaltsberechtigte im Krankheitsfall so zu behandeln ist, als habe er die Beiträge regelmäßig an die Krankenversicherung abgeführt (BGH FamRZ 83, 676, 677; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 170). Allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände, die das Verlangen des Unterhaltsgläubigers auf Zahlung der Beiträge an sich selbst als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, kann auf Zahlung der Beiträge an den Versicherungsträger erkannt werden (BGH FamRZ 82, 1187, 1189). Das hat auch bei einer zweckwidrigen Verwendung des Krankheitsvorsorgeunterhalts zu gelten; diese rechtfertigt die Erhebung der Abänderungsklage (BGH FamRZ 89, 483, 485). 71 Anders als beim Altersvorsorgeunterhalt hat bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen der Anspruch auf Elementarunterhalt keinen Vorrang vor dem Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt, denn die Krankenvorsorge ist Teil der dringenden gegenwärtigen Unterhaltsbedürfnisse (OLG Hamm FamRZ 82, 172, 173 f; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 169). Da bei der Ermittlung der dem Unterhaltsberechtigten zustehenden Quote die Kosten für eine angemessene Krankenversicherung des Unterhaltspflichtigen vorab vom Bruttoeinkommen abgesetzt werden (vgl. oben Rdn. 6), muß zur Vermeidung eines Ungleichgewichts das Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen zusätzlich um die Krankenversicherungskosten des Unterhaltsberechtigten bereinigt werden, bevor der Elementarunterhalt errechnet wird (BGH FamRZ 83, 888, 889; OLG Karlsruhe FamRZ 80, 365, 367; OLG Hamm FamRZ 82, 172, 173 f; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 814, 815). Beziehen beide Ehegatten Erwerbseinkommen, sind bei der Anwendung von Differenz- oder Abzugsmethode beiderseits die Krankenversicherungskosten von den Bruttoeinkünften abzuziehen {KalthoenerjBüttner, Rdn. 168). Nach § 1578 Abs. 2 rechnen auch die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung zum Lebensbedarf. Gemeint sind die neben dem allgemeinen Lebensbedarf anfallenden Ausbildungskosten, also die Aufwendungen für Lehrbücher und sonstige Lernmittel, Gebühren und dergleichen. Dieser Anspruch besteht sowohl im Fall des § 1575 als auch in dem des § 1574 Abs. 3. 344

Gerhard Griesche

§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

VI. Vorsorgeunterhalt 1. Allgemeines Leitet der Unterhaltsberechtigte seinen Anspruch aus den §§ 1570 bis 1573 oder aus 72 § 1576 her, so gehören gemäß § 1578 Abs. 3 zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Zweck der Vorschrift ist es, dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten die Möglichkeit zu verschaffen, — aufbauend auf den im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften — seine Versorgung durch eine freiwillige Weiterversicherung zu erhöhen, um auf diese Weise die sonst entstehende Lücke in seiner sozialen Biografie zu schließen (BT-Drucks. 7/650 S. 136). Die Kosten des Vorsorgeunterhalts wurden nach früherem Recht nicht geschuldet. Deshalb werden sie in den gängigen Unterhaltstabellen und Richtlinien nicht erfaßt. Der Vorsorgeunterhalt ist also zusätzlich zum Elementarunterhalt zu entrichten, falls der Pflichtige leistungsfähig ist. In der Praxis spielt der Vorsorgeunterhalt nach wie vor keine große Rolle. Dies dürfte vorrangig darauf zurückzuführen sein, daß in den meisten Fällen die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen begrenzt ist. 2. Kein eigenständiger Anspruch Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dem Vorsorgeunterhalt nicht 73 um einen eigenständigen Anspruch, der durch Klagehäufung geltend zu machen ist, sondern um einen unselbständigen Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 82, 255, 257). Gleichwohl steht es im Belieben des Gläubigers, den Vorsorgeunterhalt geltend zu machen; von Amts wegen wird er nicht zuerkannt (BGH FamRZ 85, 690; a. A. Gröning FamRZ 82, 459, 460; 84, 736, 737). Hat der Berechtigte den Quotenunterhalt eingeklagt und dabei Vorsorgeunterhalt nicht verlangt, so kann er dies nur im Wege der Abänderungsklage für die Zukunft nachholen (BGH FamRZ 85, 690). Voraussetzung ist, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse in irgendeinem Punkt wesentlich geändert haben. Ist dies der Fall, so steht § 323 Abs. 2 ZPO der nachträglichen Geltendmachung des Vorsorgeunterhalts nicht entgegen, weil ein weiteres Festhalten an der Nichtforderung von Vorsorgeunterhalt unbillig wäre (BGH FamRZ 85, 690). 3. Wahlrecht des Gläubigers Da das Gesetz keine bestimmte Art der Versicherung vorschreibt, kann der Unterhalts- 74 gläubiger zwischen der freiwilligen Rentenversicherung in der Sozialversicherung (§§ 10 Abs. 1 AVG, 1233 Abs. 1 RVO) oder einer privaten Lebensversicherung frei wählen. Er ist auch nicht gehalten, sich für die wirtschaftlich sinnvollste Anlageform zu entscheiden (BGH FamRZ 82,1187,1189). Dementsprechend braucht er im Prozeß keine bestimmte Form der Vorsorgeversicherung anzugeben und die benötigten Beiträge nicht konkret nachzuweisen. Es reicht der Hinweis, daß Vorsorgeunterhalt verlangt werde, und die Angabe des geforderten Betrages (BGH FamRZ 83, 152, 153f; 82, 887, 889 f; 82, 1187, 1188 f; 85, 912, 915). Der Unterhaltspflichtige kann im Regelfall nicht fordern, daß auf Zahlung auf ein 75 bestimmtes Versicherungskonto erkannt wird. Denn der Vorsorgeunterhalt ist ein unselbständiger Teil eines einheitlichen auf Zahlung einer Geldrente an den Unterhaltsgläubiger gerichteten Anspruchs. Stimmt der Unterhaltsberechtigte allerdings einer unmittelbaren Zahlung auf ein Versicherungskonto zu, so kann auch ein entsprechendes Urteil ergehen (BGH FamRZ 82, 1187, 1188; 90, 1095, 1097). In Ausnahmefällen, in Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 8 BGB

Scheidung der Ehe

denen das Verlangen des Unterhaltsgläubigers auf Zahlung an sich selbst als Verstoß gegen Treu und Glauben empfunden werden muß, ist das Gericht ebenfalls berechtigt, ein auf Zahlung an einen bestimmten Versicherungsträger lautendes Urteil zu erlassen (BGH FamRZ 82, 1187, 1188; 90, 1095, 1097).

76

4. Zweckbindung des Vorsorgeunterhalts Der Vorsorgeunterhalt unterliegt einer bestimmten Zweckbindung. Er soll die Alterssicherung des Unterhaltsberechtigten gewährleisten und den Unterhaltspflichtigen nach Eintritt des Versicherungsfalls unterhaltsrechtlich entlasten. Deshalb darf der Unterhaltsberechtigte den Vorsorgeunterhalt nicht beliebig für seinen laufenden Unterhalt verwenden (BGH FamRZ 82, 887, 890; 82, 1187, 1188). Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, welcher Teil der Unterhaltsrente zweckgebunden gezahlt wird, ist der Vorsorgeunterhalt im Tenor des Urteils gesondert auszuweisen (BGH FamRZ 81, 442, 445; 82, 465, 466; 82, 1187, 1188; 83, 152, 154). Wegen der Zweckbestimmung des Vorsorgeunterhalts ist ein prozessuales Anerkenntnis des Unterhaltspflichtigen unwirksam, soweit es das Verhältnis zwischen Elementar- und Vorsorgeunterhalt betrifft (BGH FamRZ 85, 912, 915). Da bei der Bemessung des Vorsorgeunterhalts im Verhältnis zum Elementarunterhalt weitgehend unabhängig vom Parteivorbringen zu verfahren ist, bildet die nach § 308 Abs. 1 ZPO zu beachtende Grenze nur der gesamte geforderte Betrag (BGH FamRZ 89, 483, 485).

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Bei Verletzung der Zweckbindung muß sich der Unterhaltsberechtigte später so behandeln lassen, als hätten die als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beiträge zu einer entsprechenden Versicherung geführt (OLG Karlsruhe FamRZ 78, 501, 502; OLG Hamm FamRZ 87, 829, 831 f; Palandtj Diederichsen, Rdn. 57; ErmanjDieckmann, Rdn. 43; Soergeil Häberle, Rdn. 54; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 63; Rolland, Rdn. 12; Johannsen/Henrich\Voelskow, Rdn. 53 zu § 1361; Köhler, Rdn. 440). Auch der BGH hat dies ursprünglich so gesehen (FamRZ 82, 1187, 1189); später hat er bei nicht zweckentsprechender Verwendung des Vorsorgeunterhalts Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch nur noch dann angenommen, wenn der Berechtigte sich über die erkannten Folgen für die spätere Bedürftigkeit mutwillig hinweggesetzt hatte (FamRZ 87, 684, 686 mit ablehnender Anm. von Wejchardt FamRZ 87, 1130 und zustimmender Anm. von Hoppen% FamRZ 88, 151, 153; BGH FamRZ 88, 817, 820; ebenso: WendljStaudigl S. 360; Lohmann S. 150). Der Ansicht des BGH kann nicht gefolgt werden (so auch Palandt\Diederichsen aaO; Soergelj Häberle aaO). Dogmatisch ist die Anwendung von § 1579 Nr. 3 nicht zwingend (vgl. Wejchardt aaO), und der Schutz des Unterhaltspflichtigen gegen eine zweckwidrige Verwertung der von ihm als Vorsorgeunterhalt geleisteten Zahlungen wird vom BGH vernachlässigt. Deshalb muß dem Unterhaltspflichtigen zumindest ein Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zugebilligt werden, damit er einer zweckwidrigen Verwendung der als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beiträge durch Erhebung einer Abänderungsklage möglichst bald entgegenwirken kann ( Wejchardt aaO; vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 78, 501, 502; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 622; Dieckmann FamRZ 77, 81, 103). In entsprechender Anwendung von § 1605 Abs. 2 kann grundsätzlich Auskunft in zweijährigem Abstand verlangt werden.

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Nach der Rechtsprechung des BGH entfällt eine Vorsorgebedürftigkeit nur dann, wenn für den Unterhaltsgläubiger eine Altersversorgung zu erwarten ist, die diejenige des Unterhaltsschuldners erreicht (FamRZ 81, 442, 445; 88, 1145, 1148). In Abweichung

5. Wegfall des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt

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§ 1578 BGB

Maß des Unterhalts, Lebensbedarf

hiervon werden in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum zum Teil weitergehende Einschränkungen gemacht, so soll z. B. Vorsorgeunterhalt nicht mehr geschuldet werden, wenn eine Versicherung für den Fall des Alters nicht mehr möglich ist, weil der Unterhaltsberechtigte bereits Altersruhegeld bezieht, §§ 1233 Abs. 2 a RVO, 10 Abs. 2 a AVG (Rolland, Rdn. 9; vgl. auch: OLG Hamm FamRZ 87, 829, 830; OLG Köln FamRZ 87, 1257, 1258 f; KG FamRZ 86, 1109; Soergel\Häberle, Rdn. 55). Das OLG Frankfurt meint, daß Altersvorsorgeunterhalt nur bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres verlangt werden könne (FamRZ 90, 1363). Der Ansicht des BGH ist der Vorzug zu geben. Zwar wird in einem Fall, in dem der 7 9 Unterhaltsberechtigte bereits Altersruhegeld bezieht, auch der Abschluß einer privaten Lebensversicherung nicht mehr realisierbar sein. Es kommen aber auch noch andere Alterssicherungen in Betracht. Der Unterhaltsberechtigte, der zur Deckung seines laufenden Lebensbedarfs auf die Unterhaltszahlungen des Unterhaltspflichtigen angewiesen ist, muß dagegen abgesichert werden, daß bei einer Vermögensverschlechterung oder im Fall des Vorversterbens des Unterhaltspflichtigen Zahlungen nicht mehr geleistet werden. Eine solche Absicherung kann jedenfalls bis zu einem gewissen Grade dadurch erreicht werden, daß der Unterhaltspflichtige einen im Wege der Schätzung zu ermittelnden Prozentsatz des Elementarunterhalts als Vorsorgeunterhalt zu zahlen hat (vgl. im einzelnen: OLG Düsseldorf FamRZ 81, 1184, 1187 f). Erst wenn die Altersversorgung in vollem Umfang anderweit gesichert ist, entfällt der Grund für die Zahlung von Vorsorgeunterhalt (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 181). Das wird im allgemeinen aber erst bei Vorliegen der vom BGH (FamRZ 81, 442, 445; 88, 1145, 1148) genannten Voraussetzungen angenommen werden können.

6. Berechnung des Vorsorgeunterhalts Hinsichtlich der Berechnung des Vorsorgeunterhalts herrschte in der ersten Zeit nach 8 0 Inkrafttreten des 1. EheRG eine weitgehende Rechtsunsicherheit. Es wurden verschiedene Methoden entwickelt und Theorien vertreten (vgl. Hampel FamRZ 79, 249 m. w. N.). Durch die grundlegende Entscheidung des BGH vom 25. 2. 1981 (FamRZ 81, 442, 444) ist die von der Praxis benötigte Klarheit geschaffen worden. Der BGH hat trotz geäußerter Kritik {Gróning FamRZ 82, 459; 83, 331; 84, 736; Hampel FamRZ 84, 621, 630 ff) konsequent an seiner Rechtsprechung festgehalten (BGH FamRZ 81, 864, 865; 82, 255, 257; 82, 465; 82, 781, 782; 82, 890; 82, 1187; 83, 152, 154; 83, 888, 889; 88, 145, 150). Die Berechnungsmethode des BGH baut auf der Regelung in der gesetzlichen 81 Rentenversicherung auf. B e m e s s u n g s g r u n d l a g e ist der an sich zu zahlende Quotenunterhalt, der in einem ersten Rechenschritt zu errechnen ist. Dieser Betrag ist als (fiktives) Nettoeinkommen aus einer Erwerbstätigkeit anzusehen. Entsprechend der in § 14 Abs. 2 SGB IV im Fall der Vereinbarung eines Nettoarbeitsentgelts getroffenen Regelung ist dieses Nettoeinkommen durch Hinzurechnung fiktiver Lohnsteuer nach Steuerklasse I sowie des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (nicht der Beiträge zur Krankenversicherung) auf ein Bruttoeinkommen hochzurechnen. Zur Erleichterung dieses Rechenschritts hat das OLG Bremen eine Tabelle entwickelt (FamRZ 79, 120), die wegen der Änderung der Beitragssätze in der Sozialversicherung sowie der Beitragsbemessungsgrenze immer wieder auf den neuesten Stand gebracht worden ist. Die letzte Fassung stammt vom 1.1. 1990 (FamRZ 90, 134); sie gilt ab 1. 1. 1991 weiter (FamRZ 91,292), die Beitragsbemessungsgrenze beträgt derzeit 6500 DM. Die Bremer Tabelle ist vom BGH bei der Ermittlung des Vorsorgeunterhalts stets herangezogen worden. Von dem auf diese Weise errechneten Bruttoeinkommen ist der Gerhard Griesche

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§ 1578 BGB

Scheidung der Ehe

Vorsorgeunterhalt zu ermitteln, indem der jeweils geltende Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt wird. Im nächsten Rechenschritt wird dieser Betrag vom bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogen. Das ist erforderlich, weil der errechnete Vorsorgeunterhalt — ebenso wie die vom Unterhaltspflichtigen gezahlten Sozialversicherungsbeiträge — für den allgemeinen Lebensbedarf der geschiedenen Eheleute nicht mehr zur Verfügung steht. Dem Grundsatz der hälftigen Teilhabe der Ehegatten am Nettoeinkommen würde es widersprechen, wenn der ungekürzte Elementarunterhalt und der Vorsorgeunterhalt nebeneinander gezahlt werden müßten. Vom verbleibenden Nettoeinkommen wird dann im letzten Rechenschritt nach der maßgebenden Quote der endgültige Elementarunterhalt errechnet. Berechnungsbeispiel auf der Grundlage des Zahlenwerks in BGH FamRZ 83, 888, 890: a) bereinigtes Nettoeinkommen des Ehemannes b) vorläufige Quote von 3/7 (fiktives Nettoarbeitsentgelt c) fiktives Bruttoarbeitsentgelt (Bremer Tabelle FamRZ 90, 134) + 37% d) Vorsorgeunterhalt ( 1 8 , 7 % aus c) e) verbleibendes bereinigtes Nettoeinkommen f) Elementarunterhalt (3/7 aus e) insgesamt zu zahlen

82

5213,2234,2234,827,= 3061,572,4641,1989,1989,-

DM DM DM DM DM DM DM DM DM + 5 7 2 , - DM = 2 5 6 1 , - DM

Dieses Rechenbeispiel macht deutlich, daß die Gesamtbelastung für den Unterhaltspflichtigen wächst, wenn neben dem Elementarunterhalt noch Vorsorgeunterhalt gefordert wird. Vielfach kann bei der gebotenen Berücksichtigung der Belange des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 der volle Unterhalt des Berechtigten nicht befriedigt werden. Reicht der nach Ermitlung des Vorsorgeunterhalts verbleibende Elementarunterhalt für den laufenden Unterhaltsbedarf nicht aus, hat der Elementarunterhalt Vorrang (BGH FamRZ 81, 442, 445; 82, 887, 890). Der Tatrichter hat in einem solchen Fall eine den Interessen beider Parteien gerechtwerdende anderweite Bemessung des Unterhalts vorzunehmen.

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Lebt der Unterhaltspflichtige in besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, so daß der Elementarunterhalt nicht nach einer Quote, sondern nach dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten zu berechnen ist, entfällt die Notwendigkeit einer mehrstufigen Berechnung des Vorsorgeunterhalts (BGH FamRZ 82, 1187, 1188; 88, 1145, 1148). Denn dann ist gewährleistet, daß der Grundsatz der hälftigen Teilhabe der geschiedenen Ehegatten am ehelichen Lebensstandard auch bei Zahlung des vollen Elementar- und Vorsorgeunterhalts gewahrt bleibt. Die unter Rdn. 81 dargestellte Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts ist in gleicher Weise vorzunehmen, wenn dem Unterhaltsberechtigten nur ein Anspruch auf Aufstokkungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 zusteht, weil der Berechtigte durch eine Erwerbstätigkeit eine der Höhe des daraus erzielten Einkommens entsprechende Altersvorsorge begründet (BGH FamRZ 82, 255, 257). 84 Ist der Elementarunterhalt des Berechtigten durch anderweitige Leistungen gedeckt, ohne daß hierdurch gleichzeitig Versorgungsanwartschaften begründet werden (Gewährung von Naturalunterhalt durch einen neuen Partner), kann auch nur Vorsorgeunterhalt zuerkannt werden (BGH FamRZ 82, 679). Bemessungsgrundlage ist in diesem Fall der hypothetische Elementarunterhalt, der ohne die anderweite Bedarfsdeckung zu zahlen wäre. In gleicher Weise ist der Vorsorgeunterhalt zu ermitteln, wenn der Berechtigte 348

Gerhard Griesche

Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

§§ 1578 a; 1579 BGB

eine nicht versicherungspflichtige Teilzeitarbeit ausübt. Der Verdienst aus der Teilzeitbeschäftigung ist bei Feststellung der hypothetischen Bemessungsgrundlage unberücksichtigt zu lassen (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 180; offengelassen von BGH FamRZ 82, 255, 257). § 1578 a BGB Für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610 a. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur unterhaltsrechtlichen Berechnung von Aufwendungen für Körper- oder Gesundheitsschäden vom 15. 1. 1991 (BGBL I S. 46) eingefügt worden. Sie verweist auf die gleichzeitig in Kraft getretene Bestimmung des § 1610 a. Zur Erläuterung kann daher auf die Kommentierung dieser Bestimmung Bezug genommen werden.

§ 1579 BGB Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil 1. die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte, 2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, 3. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, 4. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, 5. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, 6. den Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fallt oder 7. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den N u m mern 1 bis 6 aufgeführten Gründe. Schrifttum Bosch Neues Ehegatten- und Unterhaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland?, FamRZ 84, 1165; Büttner Die feste soziale Verbindung — ein neues Institut des Familienrechts, FamRZ 87, 23; Dieckmann Zur Einschränkung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach dem U Ä n d G für „Berufstätigenehen", FamRZ 87, 981; ders. Rückkehr zum Verschuldensprinzip im nachehelichen Unterhaltsrecht?, FamRZ 84, 946; Diederichsen Die Änderungen des materiellen Rechts nach dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, N J W 86, 1283; Eyrich Wende im nachehelichen Unterhaltsrecht?, FamRZ 84, 941; Finger Geplante Änderungen im Unterhaltsrecht, JR 85, 1; Häberle Die Erweiterung der negativen Härteklausel (§ 1579 BGB) durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, FamRZ 86, 311; ders. Zum Einfluß persönlicher Eheverfehlungen auf den Ehegattenunterhalt, FamRZ 82, 557; Henrich Die negative Härteklausel (§ 1579 BGB n. F.) und die Belange des Kindes, FamRZ 86, 401; Limbach Unterhaltsverlust wegen grober Unbilligkeit bei Getrenntleben, N J W 80, 871; dies. Die Rechtsprechung des B G H in Unterhaltssachen — eine kritische Bestandsaufnahme, Brühler Schriften Bd. 2, S. 36; dies. Kritik der geplanten Korrekturen des nachehelichen Unterhalts, Z R P 85, 129; Liebt¡Biittersdorfl Schäfer-Liebl Drei Jahre Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, FamRZ 89, 1241; Luthin Gerhard Griesche

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§ 1 5 7 9 BGB

S c h e i d u n g der E h e

Z u r „ o b j e k t i v e n U n z u m u t b a r k e i t " einer Leistung v o n nachehelichem U n t e r h a l t in der Rechtsprec h u n g des B u n d e s g e r i c h t s h o f s , F a m R Z 8 6 , 1 1 6 6 ; Müller U n t e r h a l t t r o t z Z u w e n d u n g zu einem anderen Partner?, D A V o r m 8 5 , 8 7 2 ; Nehlsen-von Stryk Z u r unterhaltsrechtlichen R e l e v a n z des „ a u f D a u e r angelegten Verhältnisses", F a m R Z 9 0 , 109; Oetker Unterhaltsausschluß durch ein „Verhältnis" des U n t e r h a l t s b e r e c h t i g t e n mit einem D r i t t e n im S c h e i d u n g s f o l g e n r e c h t , Z R P 84, 9 3 ; Ramm Zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, J Z 8 6 , 1 6 4 ; Willut^ki D a s G e s e t z z u r Ä n d e r u n g unterhaltsrechtlicher u n d anderer V o r s c h r i f t e n — R a n d k o r r e k t u r e n o d e r G e g e n r e f o r m a t i o n ? Z B I J u g R 85, 7. Uber Rdn. I. Grundsätzliches Normzweck Veränderung durch das UÄndG Anwendungsbereich

1 2 3

II. Die einzelnen Härtegründe 1. Kurze Ehedauer (Nr. 1) — Allgemeines — Rechtsprechung des B G H zum Begriff der kurzen Ehedauer — Kritik an der Rechtsprechung . . . . — Zu berücksichtigende Umstände . . . — Zeit der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes 2. Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen (Nr. 2) — Begriffsbestimmung — Einzelfälle 3. Mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit (Nr. 3) — Begriff der Mutwilligkeit — Auszug aus der Ehewohnung . . . . — Aufgabe einer Erwerbstätigkeit . . . — Versäumung einer Ausbildungsmaßnahme — Alkohol-, Tabletten- und Drogensucht — Mangelnde Durchsetzung von bestehenden Ansprüchen und Rechten . . — Unterlassen der Erzielung von Vermögenserträgnissen und Verwertung des Vermögensstamms — Abgrenzung zum Fehlen der Bedürftigkeit — Weiterer Einzelfall 4. Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen (Nr. 4) ' — Allgemeines — Schwerwiegendes Vermögensinteresse — Einzelfälle . 5. Unterhaltspflichtverletzung (Nr. 5) — Allgemeines . — Begriff der gröblichen Unterhaltspflichtverletzung — Verschulden — Längere Zeit 6. Offensichtlich schwerwiegendes, einseitiges Fehlverhalten (Nr. 6) — Entstehungsgeschichte — Verletzung der ehelichen Treuepflicht — Andere Fälle des offensichtlichen Fehlverhaltens 350

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sieht Rdn. — Einseitigkeit des Fehlverhaltens . . . 30 — Darlegungs- und Beweislast in diesem Zusammenhang 31 — Offensichtliches Fehlverhalten nach Scheidung 32 — Fehlverhalten gegen Angehörige . . . 33 7. Die Auffangklausel (Nr. 7) — Generelle Bedeutung der Auffangklausel 34 — Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft 35 — Weitere Fallgruppen der Nr. 1 . . . . 36 — Verhältnis der Nr. 1 bis 6 zum Auffangtatbestand 37 III. Grobe Unbilligkeit 1. Allgemeines 2. Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder — Rechtmäßige Betreuung — Vorrang des Kindeswohls vor Interessen des Unterhaltspflichtigen — Besonders krasser Fall der Verwirklichung der Härteklausel — Keine zeitliche Begrenzung des Unterhalts bei Kindesbetreuung — Herabsetzung des Unterhalts in diesem Fall — Umfang der Herabsetzung — Berücksichtigung der Kindesbelange in der Zeit vor dem 1. 4. 1986 3. Andere bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigende Faktoren — Allgemeines — Einzelne Faktoren IV. Rechtsfolgen — Allgemeines — Völliger Unterhaltsausschluß — Herabsetzung und zeitliche Begrenzung

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V. Wiederaufleben des Anspruchs — Allgemeines 51 — Kein Wiederaufleben im Fall der Nr. 1 . . 52 — Behandlung der Fälle der Nr. 2, 4, 5 . . . 53 — Wiederaufleben im Fall der Nr. 3 . . . . 54 — Fall der Nr. 6 55 — Fall der Nr. 7 56 VI. Verteilung von Darlegungs- und Beweislast — Allgemeines — Anscheinsbeweis

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

§ 1579 BGB

I. Grundsätzliches Durch die negative Härteklausel des § 1579 hat der Gesetzgeber dem Umstand 1 Rechnung getragen, daß es infolge der im Scheidungsrecht vollzogenen Abkehr vom Verschuldensprinzip im Unterhaltsrecht zu groben Ungerechtigkeiten kommen kann, wenn die Zubilligung von Unterhalt bei bestimmten Bedürfnislagen im wesentlichen nur noch von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen abhängt. Der damit verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Unterhaltspflichtigen bedarf einer Korrektur, wenn die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird. Dies kann die Folge eines vorwerfbaren Verhaltens des Unterhaltsberechtigten sein, es kann sich aber auch aus objektiven, nicht vom Berechtigten zu verantwortenden Tatumständen ergeben. Ohne die getroffene Regelung wäre der sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt mit der Folge einer Verfassungswidrigkeit des geltenden Unterhaltsrechts (BVerfG FamRZ 81, 745, 748). Ihren jetzigen Wortlaut hat die Vorschrift durch das am 1. 4. 1986 in Kraft getretene 2 UÄndG erhalten. Durch dieses Gesetz ist der zuvor geltende Abs. 2 gestrichen worden, der die Verwirkungsregelung des Abs. 1 a. F. für nicht anwendbar erklärte, wenn von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden konnte. Die Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder wird jetzt im Einleitungssatz der Neufassung vorgeschrieben. Diese Gesetzesänderung war erforderlich, weil das Bundesverfassungsgericht (FamRZ 81, 745, 748) Abs. 2 a. F. teilweise wegen Unvereinbarkeit mit Art. 2 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärt hatte. Außerdem sind durch das UÄndG die Einzeltatbestände um die Nrn. 4 bis 6 erweitert worden. Hierin liegt aber keine wirkliche Änderung der vor dem 1. 4. 1986 geltenden Rechtslage, sondern nur eine gesetzliche Fixierung und Stabilisierung gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BT-Drucks. 10/4514 S. 20). Zwischen der vor dem 1. 4. 1986 geltenden Regelung und der Neufassung bestehen jedenfalls keine substantiellen Unterschiede, so daß die frühere Rechtsprechung bei der Auslegung weiter berücksichtigt werden kann (MüKo/Richter, Rdn. 1). Die seit Inkrafttreten des UÄndG eingetretene Entwicklung zeigt, daß — wie vorausgesagt (.Diederichsen N J W 86, 1283, 1291) — ein „unterhaltsrechtlicher Erdrutsch" nicht stattgefunden hat (LiebljBlittersdorfflSchöfer-Liebl FamRZ 89, 1241). Die im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung weit verbreitete — vielfach überzogene — Kritik (vgl. z. B. Limbach ZRP 85, 129; Ramm J Z 86, 164, 167 f) hat sich jedenfalls als nicht gerechtfertigt herausgestellt. Die Rechtsmißbrauchsklausel des § 1579 ist auf alle Unterhaltstatbestände — mit 3 Ausnahme des § 1576 (s. dort die Rdn. 10) — anzuwenden. Als Sonderregelung schließt sie einen Rückgriff auf allgemeine Grundsätze — wie etwa Verwirkung — aus (BGH FamRZ 82, 898; 83, 803, 804; RGRK\Cuny, Rdn. 8; SoergeljHäberle, Rdn. 3). Die Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs hängt zunächst vom Vorliegen einer der in den Nrn. 1 bis 7 normierten Tatbestände ab. Sind die Voraussetzungen eines der Tatbestände erfüllt, ist ferner zu prüfen, inwieweit die Beschränkung des Unterhalts der Billigkeit entspricht, wobei die Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes eine besondere Rolle spielt.

II. Die einzelnen Härtegründe 1. Kurze Ehedauer (Nr. 1) Nach Nr. 1 kommt die völlige oder teilweise Versagung sowie die zeitliche Begrenzung 4 des Unterhalts in Betracht, wenn die Ehe — einschließlich der Zeit der Pflege oder Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

§ 1579 BGB

Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes durch einen nach § 1570 unterhaltsberechtigten Ehegatten — von kurzer Dauer war. Dabei wird in § 1579 Nr. 1 nicht auf die Dauer des tatsächlichen Zusammenlebens der Ehegatten abgestellt (BGH FamRZ 80, 981 und seitdem in ständiger Rechtsprechung). Maßgebend ist vielmehr die Zeit von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des zur Scheidung führenden Scheidungsantrags (BGH FamRZ 81, 140). Soweit früher in der obergerichtlichen Rechtsprechung auf den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils abgehoben wurde (vgl. z. B. OLG Hamm FamRZ 79, 38), ist dies im Hinblick auf die abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung als überholt zu bezeichnen (vgl. aber Göppingerj Kindermann, Rdn. 277). Die Zusendung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe steht der Zustellung des Scheidungsantrags nicht gleich (OLG Köln FamRZ 85, 1046). Ob der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags auch dann maßgebend ist, wenn dieser vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht und das Verfahren vom Gericht verzörgerlich bearbeitet wird, so daß im Augenblick der mündlichen Verhandlung die materiellen Voraussetzungen des § 1565 erfüllt sind, kann zweifelhaft sein. Das OLG Frankfurt (FamRZ 91, 823) meint, daß auch in diesem Fall die Ehedauer mit der Zustellung des Scheindungsantrags ende. Dem kann zumindest dann nicht zugestimmt werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß mit der verfrühten Einreichung des Scheidungsantrags die Möglichkeit einer Anwendung von § 1579 Nr. 1 erreicht werden sollte. 5 Wann von einer kurzen Dauer der Ehe die Rede sein kann, ist vom Gesetzgeber nicht geregelt worden. Dies schließt es aus, für alle Ehen gleichermaßen anwendbare abstrakte Maßstäbe zu entwickeln. Gleichwohl hat der BGH es im Interesse einer praktischen Handhabung für notwendig gehalten, den Bereich dahin abzugrenzen, daß eine Ehe bis zu zwei Jahren im allgemeinen als kurz anzusehen ist, während eine Ehe von mehr als drei Jahren in der Regel nicht mehr als kurz gelten soll (BGH FamRZ 81, 140; 82, 254; 82, 28, 30; 82, 582; 82, 894; 86, 886). Innerhalb des Zeitraums von zwei bis drei Jahren soll es darauf ankommen, ob die Ehegatten die Lebenspositionen in der Ehe bereits soweit aufeinander eingestellt und in wechselseitiger Abhängigkeit auf ein gemeinschaftliches Ziel ausgerichtet haben, daß die unterhaltsrechtliche Verpflichtung des einen gegenüber dem anderen für die Zeit nach der Scheidung nicht mehr dem Billigkeits- und Gerechtigkeitsempfinden in grober Weise widerspricht. Eine Abweichung von der Regel hält der BGH nur dann für gerechtfertigt, wenn besondere außerhalb des Regelfalls liegende Umstände dies rechtfertigen. Ein Ausnahmefall ist nicht anzunehmen, wenn die Eheleute die Ehe in vorgerücktem Alter geschlossen oder nur kurze Zeit zusammengelebt haben (BGH FamRZ 82, 254; 82, 582; 82, 894). Lediglich in einem Fall hat der BGH eine Ehe, die drei Jahre und vier Monate gedauert hatte, als kurz angesehen, weil der durch Krankheit unterhaltsbedürftig gewordene Ehemann sich bei Ausbruch seiner Krankheit noch nicht darauf eingestellt hatte, in dauernder wirtschaftlicher Abhängigkeit von der — damals noch jugendlichen — Ehefrau zu leben (nicht veröffentlicht, zitiert bei Lohmann, S. 39). 6 Die Begrenzung der Ehedauer auf einen Zeitraum von drei Jahren wird vom Schrifttum teilweise als zu starr empfunden, weil auch nach einer längeren Ehedauer die Ehegatten häufig ihre Lebensverhältnisse noch nicht ausreichend aufeinander eingestellt hätten, was vor allem bei Eheschließung in jungen Jahren gelte {Johannsen\Henrich(Voelskow, Rdn. 15; Schwab jBorth IV, Rdn. 307; Erman] Dieckmann, Rdn. 6). So wird empfohlen, eine Ehedauer von bis zu sechs (Gernhuber, § 30 VII 8; Schopp FamRZ 80, 215, 218; Dieckmann FamRZ 77, 81, 104) oder bis zu fünf Jahren (MäKol Richter, Rdn. 15 a; Klauser MDR 79, 898; Göppinger Vereinbarungen, Rdn. 4), als „kurz" im Sinne des Gesetzes anzuerkennen, wenn die Ausgestaltung des konkreten Sachverhalts dafür spreche. 352

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

§ 1579 BGB

Auch die obetgerichtliche Rechtsprechung hat sich nicht uneingeschränkt an die vom BGH vorgegebenen Richtlinien gehalten. So hat das OLG Köln (FamRZ 85, 1046) die objektive Obergrenze erst bei einer Ehedauer von fünf Jahren gesehen und im konkret zu entscheidenden Fall bei einer Ehedauer von drei Jahren und neun Monaten § 1579 Nr. 1 angewandt, weil die Frau schon viele Jahre vor der Heirat psychisch krank gewesen und keiner geregelten Arbeit nachgegangen sei, die Eheschließung also nicht zu einer Änderung ihrer Lebensverhältnisse geführt habe. Auf der gleichen Linie liegt eine Entscheidung des OLG Frankfurt (FamRZ 89, 630), das bei einer Ehedauer von vier Jahren und fünf Monaten ebenfalls die langjährige psychische Erkrankung der Ehefrau vor der Ehe und das relativ kurze tatsächliche Zusammenleben der Eheleute als entscheidungserheblich angesehen hat (s. a. OLG Düsseldorf FamRZ 83, 1139, 1140: Anwendung des § 1579 Nr. 1 bei fast vierjähriger Ehedauer, weil die Eheleute auf Selbständigkeit großen Wert gelegt und die Ausgaben für persönliche Bedürfnisse und Hobbies vom jeweils eigenen Einkommen bestritten hatten und es außerdem bald nach der Heirat zu einem tiefgreifenden Zerwürfnis gekommen war; OLG Hamm FamRZ 88, 1284: Ehedauer drei Jahre, ein Monat und acht Tage; § 1579 Nr. 1 wurde angewendet, weil die Eheleute bei der Heirat noch sehr jung waren, jeder sein eigenes wirtschaftliches Auskommen hatte und sie ihre Lebenspositionen noch nicht aufeinander eingestellt hatten). Grundsätzlich sollte der Rechtsprechung des BGH gefolgt werden. Sie hat den Vorteil größerer Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Entscheidung im Einzelfall für sich. Außerdem läßt der Begriff „kurze Dauer" nach der Verkehrsanschauung und der sprachlichen Bedeutung dieser Wörter eine ausdehnende Anwendung des § 1579 Nr. 1, wie sie von Teilen des Schrifttums und der Rechtsprechung befürwortet wird, nicht zu (vgl. KG FamRZ 81, 157, 159). Geringfügige Überschreitungen der Dreijahresfrist werden — wie das bei Lobmann aaO erwähnte Beispiel zeigt — auch vom BGH im Einzelfall für gerechtfertigt gehalten; ohnehin hat der BGH stets betont, daß die Zeitspanne von zwei bis drei Jahren als Regelfall anzusehen sei, so daß Ausnahmen zwecks Vermeidung grob unbilliger Ergebnisse in Betracht zu ziehen sind. Beispiele aus der Rechtsprechung für Umstände, die bei der Beurteilung, ob eine 7 kurze Ehedauer vorliegt, berücksichtigt worden sind: Ohne Bedeutung ist es, wenn die Eheleute vor der zu scheidenden Ehe schon einmal verheiratet waren (BGH FamRZ 86, 886; siehe aber auch: OLG Hamm FamRZ 89, 1091), wenn infolge der Eheschließung der Anspruch auf Witwenrente nach dem ersten Ehemann erloschen war (OLG Hamm FamRZ 84, 903), wenn einer der Partner seine Wohnung nebst Inventar anläßlich der Eheschließung aufgegeben hatte (OLG Hamm FamRZ 88, 400), wenn die Ehegatten zeitweilig getrennt gelebt haben (OLG Hamm FamRZ 86, 908, 909). Gegen die Annahme einer kurzen Ehe spricht es, wenn vor der Eheschließung entscheidende Lebensdispositionen — wie Aufgabe der Wohnung und der Arbeitsstätte, Umzug zum späteren Ehepartner, einschneidende Vermögensdispositionen — getroffen worden waren (BGH FamRZ 86, 886), wenn sich einer der Partner in besonderem Maße auf ein gemeinsames Leben mit dem anderen eingerichtet hatte (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 595, 596), wenn der Berechtigte besondere Opfer für den anderen erbracht hat (OLG Köln FamRZ 85, 1046, 1047). Nach § 1579 Nr. 1 2. Hs. steht der Ehedauer die Zeit gleich, in der der Berechtigte 8 wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte. Vor Inkrafttreten des UÄndG bestand der Zweck der Vorschrift darin, einem nach § 1570 Unterhaltsberechtigten, bei dem nach Ablauf der Betreuungszeit die Voraussetzungen für einen Anschlußunterhaltstatbestand vorlagen, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

den Unterhaltsanspruch zu erhalten; für den Anspruch aus § 1570 dagegen hatte die Bestimmung keine Bedeutung, da nach § 1579 Abs. 2 a. F. die Anwendung der Härteklausel ohnehin nicht in Betracht kam. Durch das UÄndG ist § 1579 Abs. 2 aufgehoben worden; § 1579 Nr. 1 2. Hs. ist dagegen unverändert geblieben. Dies hat zu Kontroversen in Rechtsprechung und Schrifttum über die Auslegung der Bestimmung in der Fassung des UÄndG geführt. Der BGH hat zunächst angenommen, daß im Fall des § 1570 bei der erstmaligen Festsetzung des Unterhalts der Ehedauer stets die Zeit der voraussichtlichen Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes hinzugerechnet werden müsse (FamRZ 87, 572, 573). Diese Auslegung würde die Bedeutung der Vorschrift des § 1579 Nr. 1 im Falle des Vorhandenseins gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder erheblich einschränken, da dann eine Ehe von kurzer Dauer kaum noch vorstellbar wäre. Der Entscheidung des BGH ist als erster Dieckmann entgegengetreten (FamRZ 87, 981, 983 und ErmanjDieckmann, Rdn. 7). Das Schrifttum hat die Kritik Dieckmanns für methodisch berechtigt gehalten, sich im Ergebnis aber gleichwohl dem BGH angeschlossen (MüKo ¡Richter, Rdn. 15 b; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 311). Inzwischen ist die Kontroverse überholt, da das Bundesverfassungsgericht die Auffassung vertritt, daß die Auslegung durch den BGH zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen könne (FamRZ 89, 941). Das Vorhandensein gemeinschaftlicher Kinder soll gerade nicht den nahezu automatischen Ausschluß der Härteklausel des § 1579 zur Folge haben. Deshalb ist zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse bei der Anwendung und Auslegung des § 1579 Nr. 1 zunächst nur von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen und dann ausschließlich die zur Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder gesetzlich vorgeschriebene Abwägung vorzunehmen. Auch der BGH hat dem inzwischen Rechnung getragen (FamRZ 90, 492).

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2. Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen (Nr. 2) Durch Nr. 2 wird die Möglichkeit einer unterhaltsrechtlichen Sanktion daran geknüpft, daß der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen schuldig gemacht hat. Gegenüber der Vorschrift des § 66 EheG stellt dies eine Einschränkung insofern dar, als „schwere Verfehlungen" nur dann unterhaltsrechtliche Folgen haben können, wenn der Berechtigte gravierende Straftaten begangen hat. Was Verbrechen oder Vergehen sind, ergibt sich aus § 12 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Ob das Vergehen ein schweres im Sinne von § 1579 Nr. 2 ist, richtet sich nicht nach der Höhe des angedrohten Strafmaßes, sondern danach, ob der Verpflichtete durch die Straftat besonders schwer getroffen wird (Schwab¡Borth IV, Rdn. 317; AG Besigheim FamRZ 83, 1140). Dabei wird zu berücksichtigen sein, inwieweit der Unterhaltsberechtigte, der von dem geschiedenen Ehegatten nacheheliche Solidarität fordert, es seinerseits an einer solchen hat fehlen lassen (OLG Düsseldorf FamRZ 89, 61). Der Verletzung der familienrechtlichen Beziehung und der Ausnutzung des familiären Vertrauens kommt ein besonderes Gewicht zu (PalandtjDiederichsen, Rdn. 15). Ob im Einzelfall ein schweres vorsätzliches Vergehen begangen worden ist, hat der Tatrichter zu entscheiden; revisionsrechtlich ist nur zu überprüfen, ob er hierbei von zutreffenden Rechtsvorstellungen ausgegangen ist (BGH FamRZ 84, 34, 35). Die Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 2 setzt ein schuldhaftes Verhalten und damit auch Schuldfähigkeit voraus; bei verminderter Schuldfähigkeit kann es am Merkmal der groben Unbilligkeit fehlen (BGH N J W 82, 100; s. a. OLG Hamm FamRZ 90, 887: sexueller Mißbrauch der Stieftochter bei verminderter Zurechnungsfahigkeit). Es wird dann allerdings in solchen Fällen noch zu prüfen sein, inwieweit die Voraussetzungen der Nr. 7 vorliegen (Schwab/Borth IV, Rdn. 314). Es kommt nicht darauf an, ob 354

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

§ 1579 BGB

der Unterhaltsberechtigte wegen der Tat strafrechtlich verurteilt worden ist. Hat ein Strafverfahren stattgefunden, so ist der Zivilrichter nicht an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil gebunden {Ermanj Dieckmann, Rdn. 9). Auch die rechtliche Beurteilung durch den Strafrichter kann nicht als für das Familiengericht verbindlich angesehen werden, so daß auch nach rechtskräftigem Freispruch oder nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Schuldunfahigkeit des Täters die Anwendung der Härteklausel in Erwägung zu ziehen ist {Ermanj Dieckmann aaO; a. A. OLG Bamberg FamRZ 79, 505; Palandt\Diederichsen, Rdn. 15, 16). Handelt es sich bei der Straftat um ein Antragsdelikt (§247 StGB), so kann § 1579 Nr. 2 auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein Strafantrag nicht gestellt worden war. Hat der Unterhaltsberechtigte die Straftat während des Zusammenlebens der Ehegatten begangen und wird die eheliche Lebensgemeinschaft nach Aufdeckung der Tat fortgesetzt, so greift § 1579 Nr. 2 nicht ein, weil der Unterhaltspflichtige durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Verfehlung als nicht so schwerwiegend empfunden hat {Schwab]Borth IV, Rdn. 315; SoergeljHäberle, Rdn. 8; a. A. MüKo/Richter, Rdn. 16; ErmanjDieckmann, Rdn. 11; Gernhuber § 3 0 VII 9). Wann die Straftat verübt worden ist — ob während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft, bzw. nach der Trennung oder der Scheidung —, ist nicht entscheidungserheblich. Allerdings wirkt sich das strafbare Verhalten erst von der Tatbegehung an unterhaltsrechlich aus; bis dahin aufgelaufener rückständiger Unterhalt kann weiterhin gefordert werden (BGH FamRZ 84, 34). Der Wortlaut der Vorschrift könnte darauf schließen lassen, daß nur vollendete Straftaten zu einem Unterhaltsausschluß führen können ( R G R K j C u n j , Rdn. 13). Rechtsprechung und Schrifttum lassen jedoch auch Versuch sowie jede Form der Teilnahmehändlung ausreichen (BGH FamRZ 84, 32; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 883 und 89, 61; Ermanj Dieckmann, Rdn. 9; Palandt\Diederichsen, Rdn. 15). Gegen den Verpflichteten selbst oder einen seiner Angehörigen muß die Straftat gerichtet gewesen sein. Auf die Definition des Begriffs „naher Angehöriger" im Strafrecht (§11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) kann nicht zurückgegriffen werden. Es kommt vielmehr darauf an, inwieweit das Tatopfer dem Unterhaltspflichtigen nahe steht; nicht der Grat der Verwandtschaft ist entscheidend, sondern die soziale Verbundenheit {Palandtj Diederichsen, Rdn. 16; MüKo ¡Richter, Rdn. 16). Unter den Begriff fallen der neue Ehegatte oder der Verlobte des Unterhaltspflichtigen sowie dessen Pflegekinder [Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 20), nicht dagegen der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (MüKolRichter, Rdn. 16; Göppinger, Rdn. 811; GöppingerjKindermann, Rdn. 280; a. A. RGRK\Cuny, Rdn. 19). In der Praxis die größte Rolle bei der Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 2 1 0 spielt der Tatbestand des versuchten oder vollendeten Prozeßbetruges, wobei meist falsche Aussagen des Unterhaltsberechtigten im Unterhaltsrechtsstreit über eigenes Einkommen sowie das Verschleiern vorhandener Erwerbsmöglichkeiten erörtert worden sind (vgl. z.B. BGH FamRZ 90, 1095, 1096; OLG Frankfurt FamRZ 90, 1363). Meist führt ein solcher Tatbestand zum völligen Ausschluß des Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 81, 539; 84, 32 jeweils zu § 66 EheG; OLG Düsseldorf FamRZ 81, 883, 884; 89, 61; OLG Hamburg FamRZ 87, 1044; OLG Celle FamRZ 91, 1313; AG Besigheim FamRZ 83, 1140; AG Altötting FamRZ 85, 1048). Ebenso ist im Fall einer falschen uneidlichen Aussage der geschiedenen Ehefrau im Anfechtungsprozeß über die Ehelichkeit des scheinehelich geborenen Kindes entschieden worden (OLG Bremen FamRZ 81, 953). Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen. Nach der Trennung und Scheidung der Eheleute hat der Unterhaltsverpflichtete keinen Einblick in die Einkommens- und Vermögenssituation des anderen Ehegatten, der vorgibt, bedürftig zu sein. Insofern ist er besonders darauf angewiesen, daß die Angaben über erzielte Einkünfte, Gerhard Griesche

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bestehende Erwerbsmöglichkeiten und den Gesundheitszustand des Berechtigten richtig und vollständig sind. Ein Mißbrauch der nachehelichen Solidarität ist deshalb im allgemeinen als schweres Vergehen anzusehen. Eine andere Beurteilung kommt dann in Betracht, wenn der durch die Täuschungshandlung verursachte Schaden geringfügig ist (KG FamRZ 87, 181, 182; Kalthoenerl Büttner, Rdn. 973; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 14). Auch bei geringem Schaden kann ein Prozeßbetrug als schweres Vergehen angesehen werden, wenn der Berechtigte aus besonders verwerflicher oder gehässiger Gesinnung gehandelt hat (BGH FamRZ 81, 539, 540; 84, 32, 33). Nicht unter § 1579 Nr. 2 zu subsumieren ist dagegen das Verschweigen der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten nach Beendigung des Unterhaltsrechtsstreits. Mag auch eine aus Treu und Glauben abgeleitete Pflicht zur unaufgeforderten Mitteilung über die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen des Unterhaltsberechtigten bestehen, so ist eine Verletzung dieser Pflicht noch nicht ohne weiteres mit einer strafrechtlichen Sanktion verbunden (a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 88, 841). Zu denken ist in einem solchen Fall indessen an eine Anwendung von § 1579 Nr. 4. Nicht selten kommt es vor, daß der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung von einer fortbestehenden Kontovollmacht Gebrauch macht und Gelder vom Konto des Unterhaltspflichtigen abhebt, obwohl er hierzu im Innenverhältnis nicht mehr berechtigt ist. Inwieweit ein solches Vergehen als schweres vorsätzliches Vergehen gewertet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls, wobei es auch auf den Umfang der unerlaubten Abhebungen ankommt. Trägt der unerlaubt verfügende Unterhaltsberechtigte Tatsachen vor, nach denen er sich zu seinem Vorgehen für berechtigt halten durfte, scheidet eine Anwendung von § 1579 Nr. 2 aus (OLG Hamburg FamRZ 87, 1250, 1251). Bei Körperverletzungen entscheiden Schwere und Folgen der Tat. Der Schlag mit einer Bierflasche auf den Kopf des Unterhaltspflichtigen, der eine Platzwunde, einen achttägigen Krankenhausaufenthalt und längere Arbeitslosigkeit des Schuldners sowie eine Verurteilung der Unterhaltsberechtigten wegen gefährlicher Körperverletzung zur Folge hatte, hat zum Ausschluß des Unterhaltsanspruchs geführt (BGH FamRZ 84, 34, 35). Anders ist in einem Fall entschieden worden, in dem die Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen einen Faustschlag aufs Ohr versetzt hatte, was einen siebentägigen Krankenhausaufenthalt und eine operative Beseitigung eines Lochs im Trommelfeld erforderlich machte (OLG Düsseldorf FamRZ 83, 585, 587). Bei Schlägen mit einem Kleiderbügel und mit einem mit einer Schnalle versehenen Lederriemen, die eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zur Folgen hatten, ist gleichfalls der völlige Ausschluß des Unterhalts bejaht worden (OLG Koblenz FamRZ 91, 1312). Einzelne, auch grobe Beleidigungen und Verleumdungen rechtfertigen die Anwendung des Rechtsmißbrauchstatbestandes nicht. Dagegen kann im Fall jahrelanger schwerwiegender Beleidigungen, Verleumdungen und falscher Anschuldigungen ein teilweiser oder auch völliger Ausschluß des Unterhaltsanspruchs in Betracht kommen, vor allem wenn derartige Ehrverletzungen mit nachteiligen Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Entfaltung sowie die Stellung des Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit verbunden waren (BGH N J W 82, 100).

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3. Mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit (Nr. 3) In der Praxis erhebliche Bedeutung hat die Vorschrift des § 1579 Nr. 3, nach der eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kommt, wenn der Berechtigte die Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Mutwilligkeit setzt nach der Rechtsprechung des BGH, der sich die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum inzwischen angeschlossen haben, weder Vorsatz noch die Absicht, die Bedürftigkeit herbeizuführen, 356

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voraus (FamRZ 81, 1042; 84, 364, 367; 88, 375, 378; 88, 1031, 1033). Vielmehr reicht ein leichtsinniges, leichtfertiges Verhalten des Anspruchstellers, das allerdings unterhaltsbezogen sein muß. Unterhaltsbezogen ist das Verhalten, wenn die Vorstellungen und Antriebe, die ihm zugrunde liegen, sich auf die Bedürftigkeit als Folge dieses Verhaltens erstrecken. Der Unterhaltsberechtigte muß im Bewußtsein dieser Möglichkeit sich unter grober Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder in Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigen über die erkannte Möglichkeit nachteiliger Folgen für seine Bedürftigkeit hinwegsetzen (BGH FamRZ 84, 364, 367). Unter diesem Gesichtspunkt kommt eine Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 3 1 2 nicht schon deshalb in Betracht, weil der Unterhaltsberechtigte die Bedürftigkeit durch den Auszug aus der Ehewohnung herbeigeführt hat (BGH FamRZ 79, 569, 570; 86, 434, 436). Wer seinen Entschluß zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch Auszug aus der Ehewohnung verwirklicht, muß es notwendigerweise in Kauf nehmen, seinen Unterhalt nicht mehr in Form des Familienunterhalts nach § 1360 a in Empfang nehmen zu können. Verbindet der Unterhaltsberechtigte den Auszug aus der Ehewohnung mit einem Wechsel des Wohnorts mit der Folge des Verlustes des Arbeitsplatzes, wird es auf die Motive ankommen, die ihn hierzu veranlaßt haben. Keine nachteiligen Folgen für den Unterhaltsanspruch hat es, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich von der Erwägung hat leiten lassen, hierdurch den Beistand eines nahen Angehörigen zu erlangen (OLG Bamberg FamRZ 88, 285; a. A. Kalthoenerj Büttner, Rdn. 976). Anders ist die Rechtslage dagegen zu beurteilen, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnort wechselt, um mit einem neuen Partner zusammenleben zu können (OLG Bremen FamRZ 78, 410, 411; KalthoenerjBüttner aaO). Gibt der unterhaltsberechtigte Ehegatte angesichts der bevorstehenden Scheidung 1 3 seine zuvor ausgeübte angemessene Erwerbstätigkeit auf, um den anderen Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch nehmen zu können, liegt ein mutwilliges Herbeiführen der Bedürftigkeit vor (.SoergeljHäberle, Rdn. 12). Das gleiche gilt, wenn er aus Arbeitsunlust oder im Interesse einer „Selbstverwirklichung" die Kündigung durch den Arbeitgeber provoziert (OLG Köln FamRZ 85, 930; Schwab)Borth IV, Rdn. 324; ErmanjDieckmann, Rdn. 15). Nicht zu beanstanden ist es, wenn der Unterhaltsberechtigte seine Tätigkeit im Betriebe des Ehepartners nicht fortsetzen möchte; dies wird ihm im allgemeinen — zumindest bei kleineren Betrieben — nicht zumutbar sein (KalthoenerjBüttner, Rdn. 976). Hat die Kündigung durch den Arbeitgeber Gründe, die nicht im Verantwortungsbereich des Berechtigten liegen, scheidet eine Anwendung von § 1579 Nr. 3 aus. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß er den anderen Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann. Trifft ihn eine Erwerbsobliegenheit, so muß er sich um die Erlangung einer anderen Erwerbstätigkeit bemühen. Kommt er dem nicht hinreichend nach, so sind fiktive Einkünfte in Ansatz zu bringen mit der Folge, daß es bereits an der Unterhaltsbedürftigkeit fehlt (§ 1577 Abs. 1). Die Verknüpfung von fehlender Bedürftigkeit infolge der Verletzung einer bestehenden Erwerbsobliegenheit und einer mutwilligen Herbeiführung der Bedürftigkeit wird oft nicht genug beachtet (SchwabIBorth IV, Rdn. 321; Ermanj Dieckmann, Rdn. 15; SoergeljHäberle, Rdn. 12; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 978). Die Frage nach der Anwendung von § 1579 Nr. 3 stellt sich nur dann, wenn feststeht, daß dem Berechtigten keine fiktiven Einkünfte anzurechnen sind, die seine Bedürftigkeit beseitigen würden, und wenn es dann um die Beurteilung eines abgeschlossenen, in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts geht (BGH FamRZ 83, 804, 805; 86, 560, 562; KalthoenerjBüttner, Rdn. 978). Gerhard Griesche

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Die zur freiwilligen Aufgabe eines Arbeitsplatzes oder zur provozierten Kündigung durch den Arbeitgeber dargestellten Grundsätze gelten auch im Fall der Versäumung einer als notwendig erkannten, erfolgversprechenden Ausbildungsmaßnahme (BGH FamRZ 86, 553, 555; OLG Hamburg FamRZ 91, 445). Dabei kann dem Umstand Bedeutung zukommen, ob den Berechtigten eine Ausbildungsobliegenheit traf. Die Feststellung, daß der Unterhaltsberechtigte sich einer beruflichen Fortbildung hätte unterziehen und auf diese Weise seine berufliche Qualifikation hätte verbessern können, reicht allerdings nicht zur Anwendung des § 1579 Nr. 3 aus; es muß ein unterhaltsbezogenes, leichtfertiges Verhalten hinzukommen (BGH FamRZ 88, 701, 703; kritisch insoweit: Ermanj Dieckmann, Rdn. 15).

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Im Fall einer durch Alkohol-, Tabletten- oder Drogensucht verursachten Bedürftigkeit ist die Annahme einer mutwilligen Herbeiführung dieses Zustandes nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil die schädlichen Folgen eines Mißbrauchs voraussehbar und damit vermeidbar waren (OLG Stuttgart FamRZ 81, 963; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1262; RGRK\Cuny, Rdn. 26; SoergeljHäberle, Rdn. 11; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 977; für den Fall der Alkoholsucht im Ansatz anders: BVerwG N J W 80, 1347, 1348; MüKo/ Richter, Rdn. 22). Insbesondere die Alkoholsucht ist eine Krankheit, deren Ursachen medizinisch noch weitgehend ungeklärt sind. Zu berücksichtigen ist indessen, daß derartige Erkrankungen einer Therapie zugänglich sind, wenn auch die Erfolgsaussichten begrenzt sein mögen. Im Fall einer Erkrankung trifft den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit, alles zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft Erforderliche zu tun, um seine Unterhaltsbedürftigkeit zu beseitigen. Deshalb kommt es im Fall einer Alkoholabhängigkeit nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der Kranke zu einer Zeit, als seine Einsicht und die Fähigkeit, danach zu handeln, dies noch zuließen, eine ihm angeratene Entziehungskur unterlassen hat und sich dabei der Möglichkeit bewußt war, daß er außerstande sein werde, eine Berufstätigkeit aufzunehmen und sich seinen Unterhalt selbst zu verdienen (BGH FamRZ 81, 1042, 1045; 87, 359, 361; 88, 375, 378; OLG Hamburg FamRZ 87, 1250, 1252; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1262). Ist der Kranke infolge einer Persönlichkeitsstörung und einer daraus resultierenden Einschränkung der Steuerungsfahigkeit sowie infolge einer Willensschwäche nicht in der Lage, die Notwendigkeit, eine Entziehungskur zu machen, einzusehen, kommt die Annahme einer mutwilligen Aufrechterhaltung der Bedürftigkeit nicht in Betracht (BGH FamRZ 88, 375, 378). Im allgemeinen wird der Familienrichter, um die notwendigen medizinischen Feststellungen treffen zu können, sich der Hilfe eines Sachverständigen bedienen müssen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 11). In einem Fall, in dem der an Depressionen leidende Unterhaltsberechtigte aufgrund der Folgen des dritten mißlungenen Selbsttötungsversuchs arbeitsunfähig und damit unterhaltsbedürftig geworden war, hat der BGH auf der Linie seiner Rechtsprechung zu § 1579 Nr. 3 darauf abgehoben, ob er diese Folgen bewußt ins Auge gefaßt, gebilligt und sich rücksichtslos und verantwortungslos über die erkannte Möglichkeit derartiger nachteiliger Folgen für seine unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit hinweggesetzt hat (FamRZ 89, 1054, 1057). Der BGH hat es gebilligt, daß das OLG auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens Mutwilligkeit verneint hat.

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Eine mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit kommt ferner dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte es in der Vergangenheit unterlassen hatte, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen oder sozialstaatliche Zuwendungen zu erlangen. Unter diesem Gesichtspunkt sind in der Rechtsprechung erörtert worden die unterbliebene gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Körperverletzung (BGH FamRZ 88, 1031, 1033), die verspätete Beantragung von Arbeitslosenhilfe (BGH, 358

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§ 1 5 7 9 BGB

Urteil vom 29. 6. 1983 - IV ZR 395/81 - , zitiert bei Lohmann, S. 46), die unterbliebene Einreichung eines Antrags auf Invaliditätsrente (OLG Bamberg FamRZ 84, 388), die Nichtinanspruchnahme von Arbeitslosengeld oder Krankengeld (OLG Nürnberg, Beschluß vom 10.1.1987 - 7 UF 28/77 - , zitiert bei Kalthoenerj Büttner, Rdn. 978 Anm. 238), die Nichtbegründung von Rentenanwartschaften in der Vergangenheit (BGH FamRZ 83, 803, 804). Die subjektiven Voraussetzungen der Vorschrift des § 1579 Nr. 3 werden indessen in solchen Fällen meist nicht erfüllt sein; in den erwähnten Beispielen sind sie jeweils verneint worden. Unterläßt der Unterhaltsberechtigte es, ihm — etwa im Wege des Zugewinnausgleichs 1 7 oder aufgrund einer Vermögensausseinandersetzung zwischen den Ehegatten — zugeflossenes Vermögen in zumutbarer Weise ertragbringend anzulegen, so ist nach § 1579 Nr. 3 zu prüfen, ob dies mutwillig war. Dies wird im allgemeinen zu verneinen sein, wenn der Bedürftige Vermögen in ein von ihm bewohntes Haus investiert (BGH FamRZ 86, 560, 562; 88, 145, 150). Wird das Geld für die Anschaffung von Hausratsgegenständen verwendet, so ist im einzelnen zu prüfen, inwieweit hierdurch die Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt worden ist. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß ein infolge der Trennung notwendig gewordener Umzug erfahrungsgemäß Kosten verursacht, weil Einrichtungsgegenstände nicht passen oder aus sonstigen Gründen ersetzt werden müssen (BGH FamRZ 90, 989, 992). Die Zuwendung eines Sparbriefs in Höhe von 21 0 0 0 , - DM an die gemeinschaftliche Tochter ist aufgrund der Umstände des Einzelfalles nicht als mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit gewertet worden (BGH FamRZ 90, 989, 992). Bei einer Verwertung des Vermögensstamms ist zunächst zu prüfen, ob und inwieweit nach § 1577 Abs. 3 eine Verwertung geboten war; ist dies zu verneinen, kommt die Anwendung von § 1579 Nr. 3 von vornherein nicht in Betracht (BGH FamRZ 84, 364, 367; SchwabjBorth IV, Rdn. 321). Greift diese Vorschrift nicht ein, kommt es darauf an, ob der Vorwurf unterhaltsbezogener Leichtfertigkeit gerechtfertigt ist. Die Verwendung eines vorzeitig zugeflossenen Zugewinnausgleichs für Luxusausgaben mit der Folge des Eintritts einer Mittellosigkeit ist in der Rechtsprechung als mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit gewertet worden (OLG Karlsruhe FamRZ 83, 506, 507). Dagegen hat der BGH bei einem Mann, der von der Substanz seines Vermögens gelebt und dabei mehr ausgegeben hatte, als es dem der Düsseldorfer Tabelle entnommenen angemessenen Eigenbedarf entsprach, die mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit verneint (FamRZ 84, 364, 367 f). Im Schrifttum wird zum Teil angenommen, daß die vorstehend unter den Rdn. 16, 1 8 17 erörterten Verhaltensweisen des Bedürftigen — etwa die unterbliebene Geltendmachung von Ansprüchen auf Arbeitslosen- und Krankengeld oder die Nichterzielung möglicher Vermögenserträgnisse — nicht unter dem Gesichtpunkt des § 1579 Nr. 3 zu prüfen seien; vielmehr soll es in einem solchen Fall bereits an der Bedürftigkeit fehlen, weil fiktive Einkünfte anzurechnen seien ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 12; Schivabj Borth IV, Rdn. 329; Hoppen^ FamRZ 88, 151). Dem kann nicht gefolgt werden. In anderem Zusammenhang (Rdn. 10 zu § 1577) ist bereits hervorgehoben worden, daß es bei der Abgrenzung zwischen der Anrechnung fiktiver Einkünfte nach § 1577 Abs. 1 und der Frage, wann eine mutwillige Herbeiführung einer bestehenden Bedürftigkeit vorliegt, entscheidend darauf ankommt, ob ein abgeschlossener, in der Vergangenheit liegender Sachverhalt zu beurteilen ist. In letzterem Fall findet § 1579 Nr. 3 Anwendung (BGH FamRZ 83, 803, 804; 86, 560, 562). Hat ein geschiedener Ehegatte in der Vergangenheit zuerkannten Vorsorgeunterhalt 1 9 nicht bestimmungsgemäß verwendet, so wirkt sich dies dementsprechend auf seinen Gerhard Griesche

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Unterhaltsanspruch nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1579 Nr. 3 aus. Der Berechtigte ist nicht so zu behandeln, als habe er die erreichbare Altersversorgung auch tatsächlich erlangt (BGH FamRZ 87, 684, 686; 88, 817, 820; kritisch insoweit: Ermanj Dieckmann, Rdn. 15 a. E.).

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4. Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen (Nr. 4) Die Vorschrift der Nr. 4 ist durch das UÄndG in das Gesetz eingefügt worden. Sie erfaßt die Fälle, in denen sich der unterhaltsbegehrende geschiedene Ehegatte gegenüber dem anderen ein Fehlverhalten auf vermögensrechtlichem Gebiet hat zuschulden kommen lassen. Sachlich enthält die Bestimmung nichts Neues; vor Inkrafttreten des UÄndG wurde insoweit die Generalklausel des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 a. F. angewendet. Der Gesetzgeber wollte hiermit vor allem solche Unterhaltsberechtigte der Sanktion des § 1579 aussetzen, die den Verpflichteten bei dessen Arbeitgeber anschwärzen und damit seinen Arbeitsplatz gefährden (BT-Drucks. 10/2888, S. 202).

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Die Anwendung setzt ein sich Hinwegsetzen über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten voraus. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß einer Pflichtwidrigkeit des Berechtigten nur dann Bedeutung zukommen soll, wenn sie den Verpflichteten ebenso trifft wie der Verlust des Unterhaltsanspruchs den Berechtigten (Häberle FamRZ 86, 311 m. w. N.). Subjektiv muß der Unterhaltsberechtigte mutwillig gehandelt haben. Die Auslegung dieses Begriffs kann sich an der vom BGH entwickelten Rechtsprechung zu § 1579 Nr. 3 orientieren. Allerdings ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten des Unterhaltsberechtigten unterhaltsbezogen war (Soergelj Häberle, Rdn. 13; MüKo ¡Richter, Rdn. 25; Schwab/ Borth IV, Rdn. 332; Ermanj Dieckmann, Rdn. 17; Palandtj Diederichsen, Rdn. 21; a.A. Kalthoenerj Büttner, Rdn. 980; Eyrich FamRZ 84, 941, 943; Richter JR 85, 133, 135). Die Gefährdung von Vermögensinteressen des Verpflichteten wirkt sich meist auch negativ auf den Unterhaltsanspruch des Berechtigten aus, da häufig die Existenz des Verpflichteten bedroht ist. Wenn man auf einen unterhaltsbezogenen Mutwillen abstellt, führt das dazu, daß in der Mehrzahl der Fälle eine Anwendung von § 1579 Nr. 4 von vornherein ausscheidet. Das Verhalten des Berechtigten braucht nicht zum Eintritt eines Vermögensschadens geführt zu haben; die Vermögensgefährdung reicht aus (OLG Koblenz FamRZ 91, 1312). Eine Zeitgrenze hat der Gesetzgeber bewußt nicht setzen wollen. Die Vorschrift ist also auch dann anwendbar, wenn das Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sich nach Rechtskraft der Scheidung ereignet hat.

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Die Rechtsprechung hatte sich bisher vorwiegend mit Fällen zu befassen, in denen der Berechtigte den Verpflichteten bei seinem Arbeitgeber und bei Behörden angeschwärzt hatte. Im allgemeinen hat ein solches Verhalten zum völligen Ausschluß des Unterhaltsanspruchs geführt (OLG Zweibrücken FamRZ 80, 1010; 89, 63; OLG Hamm FamRZ 87, 946; OLG Koblenz FamRZ 91, 1312). Auf der gleichen Linie liegt die Untergrabung der Existenz eines Selbständigen (AG Darmstadt FamRZ 79, 507). Der BGH hat § 1579 Nr. 4 auf einen Fall angewandt, in dem die Unterhaltsberechtigte einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt erfolgreich durchgesetzt und dabei verschwiegen hatte, daß sie die Ausbildung bereits abgebrochen hatte (FamRZ 90, 1095, 1096). Die Verletzung der Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen hat der BGH darin gesehen, daß bei der gerichtlichen Auseinandersetzung um den Unterhaltsanspruch im Abänderungsprozeß die Darlegungs- und Beweislast auf ihn übergegangen war. Bei Strafanzeigen wird es auf die Art der Straftat ankommen. Der Auffassung, daß Strafanzeigen in der Regel keine unterhaltsrechtliche Sanktion zur Folge hätten (OLG München FamRZ 81, 154, 155), kann nicht zugestimmt werden. Allerdings wird eine 360

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Anzeige wegen Unterhaltspflichtverletzung im allgemeinen nicht die Anwendung von § 1579 Nr. 4 zur Folge haben (OLG Stuttgart FamRZ 79, 40; vgl. aber auch OLG München FamRZ 82, 270). Eine Anzeige wegen unerlaubten Waffenbesitzes, die zur Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten geführt hatte, ist als Grund zum Ausschluß des Unterhaltsanspruchs gewertet worden (OLG Zweibrücken FamRZ 89, 63; anders aber: OLG Celle FamRZ 87, 69, 70, weil der Unterhaltsverpflichtete die Unterhaltsberechtigte einen Tag vor der Anzeige aus dem Haus gewiesen hatte). Wegen der Wahrung der öffentlichen Interessen ist eine Anzeige wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluß als nicht ausreichend angesehen worden (OLG Bamberg FamRZ 87, 1264, 1265). Mit dieser Begründung könnte man allerdings die Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 4 im Falle einer Strafanzeige fast immer ablehnen, da die Verfolgung von Straftaten meist im öffentlichen Interesse liegt. Von Bedeutung kann in derartigen Fällen das Ausmaß der Auswirkungen auf die Vermögensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen sein; ferner wird es auch darauf ankommen, ob ein besonders gehässiges Verhalten des Unterhaltsberechtigten vorliegt (so im Ergebnis auch Schwab/ Borth IV, Rdn. 374: „Befriedigung von Rachegelüsten"). Unter den Tatbestand der Nr. 4 kann das Verschweigen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten nach einer für ihn günstigen Beendigung eines Unterhaltsrechtsstreits fallen ( P a l a n d t j Diederichsen, Rdn. 21; anders OLG Düsseldorf FamRZ 88, 841: Ziffern 2, 7; vgl. auch vorstehend Rdn. 10). Wird von einem Ehegatten die außereheliche Zeugung eines Kindes geleugnet (BGH FamRZ 85, 267, 268) oder wird der Ehemann von der Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes abgehalten, so wird von einem Teil des Schrifttums die Anwendung des § 1579 Nr. 4 befürwortet {PalandtjDiederichsen aaO; Ermanj Dieckmann, Rdn. 16). Näher liegt es indessen, diesen Fall unter § 1579 Nr. 6 einzuordnen, da der Schwerpunkt des Fehlverhaltens hier im persönlichen Bereich zu suchen ist (Schwab/Borth IV, Rdn. 374). 5. Unterhaltspflichtverletzung (Nr. 5) Auch die Nr. 5 ist durch das UÄndG in das Gesetz eingefügt worden; sie hat ihr 23 Vorbild in den §§ 1587 c Nr. 3 und 1587 h Nr. 3. Die vor Inkrafttreten des Gesetzes geäußerten Befürchtungen (vor allem von Bosch FamRZ 84, 1165, 1170), in der Mehrzahl der Verfahren werde künftig der Mann den Standardvorwurf auftischen, die Frau habe die Haushaltsführung vernachlässigt, haben sich nicht bestätigt. Veröffentlichte Entscheidungen liegen bisher nicht vor, so daß die Auswirkungen der Gesetzesänderung mehr als gering sind {Liebl\Blittersdorf\Schöjer-Liebl FamRZ 89, 1241, 1246). Auf die Einfügung der Nr. 5 in das Gesetz hätte deshalb verzichtet werden können (so der Vorschlag von Willut^ki ZBIJugR 85, 7, 11). Von den §§ 1587 c Nr. 3, 1587 h Nr. 3 unterscheidet sich die Bestimmung nur insofern, als die Unterhaltspflichtverletzung vor der Trennung begangen worden sein muß. Im übrigen kann auf die zur Auslegung der entsprechenden Regelung im Versorgungsausgleichsrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Der Begriff Familienunterhalt ist im Sinne der §§ 1360, 1360 a zu verstehen. Zu denken ist in erster Linie an die Vernachlässigung des Haushalts und der Kindesbetreuung durch den haushaltsführenden Ehegatten und die Verweigerung der Abführung eines ausreichenden Wirtschaftsgeldes durch den erwerbstätigen Ehegatten (Häberle FamRZ 86, 311, 312). Gehen beide Partner einer Erwerbstätigkeit nach, wird eine Verletzung der Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, besonders schwer feststellbar sein. Vorausgesetzt wird eine gröbliche Unterhaltspflichtverletzung. Als gröblich ist eine 24 Unterhaltspflichtverletzung erst dann zu bezeichnen, wenn weitere objektive Merkmale Gerhard Griesche

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vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht verleihen, etwa wenn der andere Partner und die Kinder dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Beschaffung ihres Lebensbedarfs geraten sind (BGH FamRZ 86, 658, 660). Jedoch ist das Entstehen einer Notlage nicht Voraussetzung für das Eingreifen der Härteklausel. Hat der haushaltsführende Ehegatte zusätzlich eine Berufstätigkeit ausgeübt und dadurch den Familienunterhalt gesichert, so ist das Fehlverhalten des anderen eher gravierender (OLG Hamburg FamRZ 84, 712, 713). 25

Die Pflichtverletzung muß schuldhaft sein. Im Schrifttum sind die Meinungen geteilt, ob Vorsatz erforderlich ist ( R G R K ¡ C u n j , Rdn. 33), einfache Fahrlässigkeit ausreicht {Palandtj Diederichsen, Rdn. 22; Ermanj Dieckmann, Rdn. 20) oder ein grob fahrlässiges Verhalten verlangt werden sollte ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 14; MüKoj Richter, Rdn. 31; Kaltboenerl Büttner, Rdn. 985; GöppingerjKindermann, Rdn. 283). Der h. A., die die Bestimmung bei grober Fahrlässigkeit anwenden will, ist zu folgen. Mit dem Erfordernis einer „gröblichen" Pflichtverletzung läßt es sich nicht vereinbaren, einfache Fahrlässigkeit genügen zu lassen. Bei einer vorsätzlichen Unterhaltspflichtverletzung dürften die Voraussetzungen von § 1579 Nr. 2 erfüllt sein, so daß der Nr. 5 keinerlei Bedeutung mehr zukäme.

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Vor der Trennung längere Zeit hindurch muß die Unterhaltspflichtverletzung begangen worden sein. Was unter „längerer Zeit" zu verstehen ist, kommt im Gesetz nicht zum Ausdruck. Klar ist nur, daß eine gelegentliche Pflichtverletzung nicht ausreicht (Häberle FamRZ 86, 311, 312). Im Schrifttum werden Zeiträume zwischen wenigen Monaten und drei Jahren genannt (vgl. Ermanj Dieckmann, Rdn. 20; SoergeljHäberle, Rdn. 14; Weychardt DAVorm 84, 840, 845). Man wird auf den Einzelfall abzustellen haben, wobei die Dauer der Ehe und die Auswirkungen der Verfehlung zu berücksichtigen sind.

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6. Offensichtlich schwerwiegendes einseitiges Fehlverhalten (Nr. 6) Mit der Einfügung der Nr. 6 in das Gesetz wollte der Gesetzgeber des UÄndG eine ständige Rechtsprechung des BGH, die sich im Laufe der Jahre entwickelt hatte, auf eine gesetzliche Grundlage stellen und diese stabilisieren (BT-Drucks. 10/2888, S. 12, 19 f). Schon im Gesetzgebungsverfahren zum 1. EheRG war erkannt worden, daß es trotz der grundsätzlichen Abkehr vom Verschuldensprinzip im Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht Fälle geben kann, in denen die Zuerkennung von Unterhalt mit dem Gerechtigkeitsgefühl schlechthin unvereinbar ist (vgl. SoergeljHäberle, Rdn. 15; MüKo/ Richter, Rdn. 33 jeweils m. w. N.). Weil man die „Gefahr einer zu weit gehenden Anwendung des Unterhaltsausschlusses mit einer möglichen Verlagerung des alten Streits um das Verschulden in die Auseinandersetzungen über den Unterhalt" fürchtete (BTDrucks. 7/4361, S. 32), unterblieb jedoch eine detaillierte gesetzliche Regelung. Die Berücksichtigung von persönlichen Eheverfehlungen des unterhaltsbedürftigen Ehegatten war deshalb nur im Rahmen der Generalklausel des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 a. F. möglich. Praktisch hatte der Gesetzgeber damit der Rechtsprechung die Aufgabe übertragen, Abgrenzungskriterien zu entwickeln, nach denen persönliche Eheverfehlungen des bedürftigen Ehegatten bei der Entscheidung über den Unterhalt zu berücksichtigen waren. Die Rechtsprechung hat diese Aufgabe auch bewältigt. Erstmals hat der BGH mit seinem Urteil vom 7. 3. 1979 (FamRZ 79, 569, 570) entschieden, daß ein schwerwiegendes und klar bei dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten liegendes evidentes Fehlverhalten geeignet sein kann, den Unterhaltsanspruch zu beschränken oder auszuschließen. Diese Formulierung hat der BGH in der Folgezeit mitunter leicht variiert (Lohmann S. 50), im wesentlichen aber beibehalten (vgl. z. B. BGH FamRZ 80, 665, 666; 82, 463, 464; 83, 142; 83, 569, 571; 85, 267, 268). In den späteren Entscheidungen fehlt die Wendung, 362

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daß das Fehlverhalten „evident" sein müsse, ohne daß damit eine sachliche Änderung beabsichtigt war. Auch das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 14. 7. 1981 (FamRZ 81, 745), mit der es die Ubereinstimmung des neuen nachehelichen Unterhaltsrechts mit der Verfassung bejaht hat, betont, daß Ausnahmen von der Verpflichtung eines getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen seines Partners notwendig seien, soweit dieser sich in einer besonders schwerwiegenden Weise ganz bewußt von jeden ehelichen Bindungen gelöst habe, und es hat dabei die vom BGH entwickelte Formel wörtlich wiedergegeben (FamRZ 81, 745, 748). Obwohl danach zum Zeitpunkt des Inkraftttretens des UÄndG eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Problemkreis vorlag, war es richtig, daß der Gesetzgeber dieser Rechtsprechung durch Einfügung der Nr. 6 in den Katalog des § 1579 eine gesetzliche Grundlage gegeben hat {Ermanj Dieckmann, Rdn. 22; MüKo/ Richter, Rdn. 33). Einmal wurde die Rechtsprechung des BGH zum Teil als gesetzeswidrig angegriffen (AG Melsungen NJW 84, 2370, 2371; Ramm J Z 86, 164, 167; im Ergebnis auch Limbach ZRP 84, 199, 200 f; Finger JR 85, 1, 4f). Außerdem hat der Gesetzgeber des UÄndG damit nur etwas nachgeholt, was er im Interesse der Normenklarheit schon bei. Einführung des neuen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts hätte tun sollen. Im Wortlaut weicht § 1579 Nr. 6 etwas von der vom BGH entwickelten Formel ab, indem das vom BGH zuletzt nicht mehr verwendete Wort „evident" durch „offensichtlich" ersetzt worden ist und statt von einem „klar bei einem Ehegatten" von einem „eindeutig bei ihm" liegenden Fehlverhalten gesprochen wird. Diese Formulierung sollte den Ausnahmecharakter der Vorschrift besonders kennzeichnen (SchwabjBorth IV, Rdn. 342). Die sprachliche Abweichung ist im Schrifttum auf berechtigte Kritik gestoßen (.Diederichsen N J W 86, 1283, 1289; Ramm J Z 86, 164, 168; Willut^ki ZFJ 85, 7, 11). Sie wäre besser nicht vorgenommen worden, zumal sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, daß eine inhaltliche Abweichung nicht beabsichtigt war (BT-Drucks. 10/2888, S. 20). Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum sind sich jedenfalls darin einig, daß die vom BGH vor Inkrafttreten des UÄndG entwickelten Grundsätze weiterhin zu beachten sind. Entgegen der von Kritikern der Gesetzesänderung geäußerten Erwartung, die neue Regelung werde zur Wiedereinführung des Verschuldensgrundsatzes in das Unterhaltsrecht führen (.Limbach ZRP 85, 129, 131; Willlut^ki ZFJ 85, 7, 10; Ramm J Z 86, 164, 167 ff), ist keinerlei Änderung in der Entscheidungspraxis der Oberlandesgerichte und des BGH eingetreten (vgl. u. a. Liebl\Blittersdorff\Schöfer-Liebl FamRZ 89, 1241, 1244). Auch ist keine „in ihren Ausmaßen kaum vorstellbare Prozeßlawine" niedergegangen (Ramm J Z 86, 164, 169). Vielmehr ist die Zahl der zu diesem Problemkreis veröffentlichten Gerichtsentscheidungen seit Inkrafttreten des UÄndG rückläufig, was auch im übrigen mit den Erfahrungen der Praxis in Einklang steht. Als offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten kommt 2 8 vor allem die Verletzung der ehelichen Treuepflicht in Frage. Dieser Tatbestand ist einmal dann verwirklicht, wenn der unterhaltsbegehrende Ehegatte sich gegen den Willen des anderen von der Ehe abkehrt und einem anderen Partner zuwendet, dem er die seinem Ehegatten geschuldete Hilfe und Betreuung leistet (BGH FamRZ 80, 665, 666; 81, 752, 753). Auch ohne Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist ein nachhaltiges, auf Dauer angelegtes Verhältnis mit einem anderen Partner ein Grund, der die Anwendung von § 1579 Nr. 6 rechtfertigt (BGH FamRZ 81, 439, 440; 81, 1042, 1043; 82, 463, 464). Als nachhaltig hat der BGH eine Beziehung angesehen, wenn die subjektive Vorstellung der Beteiligten, das Verhältnis sei auf längere Zeit angelegt, auch objektiv soweit verwirklicht ist, daß es über eine flüchtige Augenblicksbeziehung hinausgeht (nicht veröffentlicht, zitiert bei Lohmann S. 50). Dies schließt es aus, einen einmaligen Ehebruch als offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten zu werten, Gerhard Griesche

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auch wenn daraus ein Kind hervorgegangen sein sollte (Kalthoener/Büttner, Rdn. 1002; Johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 32; Schwab/Borth IV, Rdn. 343; SOer gelj Häberle, Rdn. 18; a. A. Palandtj Diederichsen, Rdn. 26; Scheid FamRZ 78, 651 und für den Fall, daß aus dem Ehebruch ein Kind hervorgegangen ist: GöppingerjKindermannn, Rdn. 284 a Anm. 10). Ein schwerwiegender Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht ist dagegen anzunehmen, wenn der unterhaltsbegehrende Ehegatte intime Beziehungen zu wechselnden Partnern aufnimmt, auch wenn damit eine Trennung nicht verbunden ist (BGH FamRZ 83, 670, 671). Grund für die Anwendung der Härteklausel ist in all diesen Fällen, daß die Lösung des einen Ehegatten aus den ehelichen Bindungen mit dem Gegenseitigkeitsprinzip, das dem ehelichen Unerhaltsrecht zugrunde liegt, nicht vereinbar ist (BGH FamRZ 81, 439, 441; 81, 752, 753; 83, 670, 672). Vom Kammergericht ist auch eine offen gezeigte Zuneigung zu einem anderen Partner ohne Bestehen sexueller Beziehungen als offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten gewertet worden (FamRZ 89, 868 mit abl. Anm. von Finger FamRZ 89 1180; zustimmend dagegen Diener FamRZ 90, 407; ebenso: Palandtj Diederichsen, Rdn. 26; daraufhinzuweisen ist, daß der BGH das Prozeßkostenhilfegesuch gegen das Urteil des Kammergerichts wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Revision zurückgewiesen hat). 29

Ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten kommt aber nicht nur bei einem Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht in Betracht. Allerdings rechtfertigt allein die Trennung von dem anderen Ehegatten, auch wenn sie anscheinend grundlos und völlig überraschend erfolgt, die Anwendung der Härteklausel nicht. Denn nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben (BGH FamRZ 86, 434, 436; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1259, 1261; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 991; Johannsenj IIenrich j Voelskow, Rdn. 33; Göppingerj Kindermann, Rdn. 284). Ob bei Vorliegen besonders gravierender Umstände — etwa Zurücklassen des Unterhaltspflichtigen in hilfloser Lage — eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein kann (so: JohannsenjHenrichjVoelskoiv aaO; Rolland, Rdn. 25 b; KalthoenerjBüttner, Rdn. 1004; Klauser MDR 79, 896), ist zweifelhaft; dagegen spricht der Umstand, daß nach § 1353 Abs. 2 bei einer gescheiterten Ehe die Trennung stets berechtigt ist {GöppingerjKindermann aaO Anm. 9). Deshalb kann der Ansicht von HeissjHeiss (9.28), ein grundloses Verlassen stelle im Hinblick auf die Regelung des § 1353 Abs. 2 stets ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar, nicht gefolgt werden. Auch die Auffassung von Richter (MüKo, Rdn. 39), es müßten zumindest verständliche, das Verlassen erklärende Gründe dargetan werden, ist nicht haltbar. In der Weigerung eines Ehegatten, einen gemeinsamen Wohnsitz an dem von dem anderen gewünschten Ort zu begründen, kann ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten zu erblicken sein, wenn er sich einem objektiv vernünftigen und zumutbaren Vorschlag, ohne sachliche Gründe von einigem Gewicht vollständig verschlossen hat (BGH FamRZ 90, 492, 495). Der Wunsch, einen Arbeitsplatz nicht aufzugeben, ist als beachtlicher Grund anzusehen. Ein die Aufwendung von § 1579 Nr. 6 rechtfertigendes schwerwiegendes Fehlverhalten hat der BGH darin erblickt, daß eine Frau ihrem Ehemann versichert hatte, ein von ihr während der Ehe empfangenes und geborenes Kind stamme von ihm, und ihn jahrelang geflissentlich in diesem Glauben belassen hatte, obwohl das Kind einen anderen Mann als Vater hatte und die Frau hiermit auch gerechnet hatte (FamRZ 85, 267, 268). Dem ist zuzustimmen, wenn — wie in dem vom BGH entschiedenen Fall — sich die Frau von der Erwägung leiten läßt, ihren Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren. Anders wäre zu entscheiden, wennn im Vordergrund andere Motive gestanden haben, wie etwa, den Erhalt der Familie im Interesse anderer gemeinschaftlicher Kinder zu sichern (Schwab/ Borth IV, Rdn. 344; Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 33). Hat eine Ehefrau in Kenntnis 364

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

§ 1579 BGB

der nichtehelichen Abstammung eines während der Ehe geborenen Kindes es verstanden, den Ehemann treuwidrig von der rechtzeitigen Erhebung der Anfechtungsklage abzuhalten, kommt gleichfalls die Anwendung der Härteklausel in Betracht (BGH FamRZ 85, 51, 52). Dagegen ist die Anwendung von § 1579 Nr. 6 nicht gerechtfertigt, wenn die Ehefrau nur mit der Möglichkeit rechnen mußte, daß das Kind von einem anderen Mann stammen könne, und hierüber den Ehemann nicht von sich aus aufgeklärt hat (a. A. OLG Oldenburg FamRZ 91, 448. Die Auswanderung des sorgeberechtigten Elternteils mit einem gemeinschaftlichen Kind ist im allgemeinen nicht als schwerwiegendes Fehlverhalten anzusehen, auch wenn dadurch dem anderen Elternteil die Ausübung des ihm zustehenden Umgangsrecht praktisch unmöglich gemacht wird (BGH FamRZ 87, 356, 358). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Auswanderung nicht nur ausschließlich dem Zweck dient, das Kind dem umgangsberechtigten Elternteil zu entziehen. Behindert der sorgeberechtigte Elternteil in Zuwiderhandlung gegen das sich aus § 1634 Abs. 1 S. 2 ergebende Wohlverhaltensgebot in besonders massiver Weise das Umgangsrecht des anderen Elternteils, so ist in gravierenden Einzelfällen eine Auswirkung auf den Unterhaltsanspruch in Erwägung zu ziehen (Häberle FamRZ 86, 311, 313; Ermanj Dieckmann, Rdn. 24; Johannsen\Henrich\ Voelskow, Rdn. 33; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 990). Zwar sollte nach Möglichkeit eine Verknüpfung vom Umgangsrecht und Unterhaltsansprüchen vermieden werden. Die Praxis kann sich aber der Erkenntnis nicht verschließen, daß es Extremfälle gibt, in denen das Verhalten des sorgeberechtigten Elternteils unterhaltsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen sollte. Eine Änderung der Sorgerechtsentscheidung nach § 1696 kommt häufig nicht in Betracht, da das Kindeswohl dem entgegensteht. Im Fall der Weigerung eines Ehegatten, an einem bestimmten Ort einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen, hat der BGH nur dann einen Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 6 gesehen, wenn er sich einem objektiv vernünftigen und zumutbaren Vorschlag ohne sachliche Gründe von einigem Gewicht willkürlich verschlossen hat (FamRZ 87, 572, 574). Den Wunsch des Berechtigten, einen gesicherten Arbeitsplatz nicht aufzugeben, hat der BGH dabei als beachtlich bezeichnet. Das Verschweigen eigener Einkünfte nach erfolgter gerichtlicher Regelung des Ehegattenunterhalts ist als offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten anzusehen. Allerdings wird hierdurch im allgemeinen der Tatbestand des § 1579 Nr. 4 verwirklicht sein (vgl. vorstehend Rdn. 22). Kommt in einem solchen Verhalten besonders verwerfliche und gehässige Gesinnung zum Ausdruck, so ist zu erwägen, zusätzlich Nr. 6 anzuwenden und die Weiterzahlung von Unterhalt ganz auszuschließen (vgl. Schwab/ Borth IV, Rdn. 348; Kalthoener\Büttner, Rdn. 990). Voreheliche Täuschungshandlungen des Unterhaltsberechtigten im Sinne von § 33 EheG rechtfertigen jedenfalls dann nicht die Anwendung der Härteklausel des § 1579 Nr. 6, wenn sie zuvor erfolglos - in einem Eheaufhebungsverfahren geltend gemacht worden sind; dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung des § 37 EheG (BGH FamRZ 83, 456, 457; OLG Celle FamRZ 86, 910, 911 in einem Fall, in dem der Unterhaltspflichtige die eingereichte Eheaufhebungsklage zurückgenommen hatte). Das offensichtlich schwerwiegende Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten hat nur dann unterhaltsrechtliche Konsequenzen, wenn es eindeutig bei ihm liegt. Auch insoweit hat der Gesetzgeber des UÄndG die Rechtsprechung des BGH zur Auslegung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 a. F. aufgegriffen und dabei eine Formulierung gewählt, die der BGH — neben anderen — direkt benutzt hat (FamRZ 85, 267, 268). Sachlich war ohnehin kein Abweichen von der Rechtsprechung des BGH beabsichtigt (BT-Drucks. 10/ 2888 S. 20), so daß diese weiterhin zu beachten ist. Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

Ein eindeutig beim Unterhaltsberechtigten liegendes Fehlverhalten ist nicht anzunehmen, wenn der Verpflichtete seinerseits sich Verfehlungen hat zuschulden kommen lassen, die dem Berechtigten das Festhalten an der Ehe erheblich erschwert haben und sein eigenes Fehlverhalten deshalb in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGH FamRZ 82, 463, 464; 82, 779). Das bedeutet allerdings nicht, daß im Rahmen der Prüfung der Einseitigkeit des Fehlverhaltens des Unterhaltsberechtigten jedem Vorwurf nachgegangen werden muß, der gegen den Pflichtigen erhoben wird; dies wäre mit der grundsätzlichen Abkehr des Gesetzgebers vom Schuldprinzip nicht vereinbar (BGH FamRZ 82, 463, 464). Es muß sich vielmehr um Verfehlungen von einigem Gewicht handeln, die der Unterhaltsberechtigte konkret zu schildern hat. Als Gegenvorwurf von einigem Gewicht ist es z. B. angesehen worden, daß der Mann seit längerer Zeit kaum noch mit seiner Frau gesprochen, sondern nur über Zettel mit ihr verkehrt hatte (BGH FamRZ 83, 670, 671). Das gleiche gilt hinsichtlich der Behauptung, der Mann sei oft völlig betrunken nach Hause gekommen, habe die Frau dann beschimpft und Wasser und Kot ins Bett gelassen (BGH FamRZ 82, 463, 464). Ein einseitiges Fehlverhalten entfällt vor allem auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige sich vorher von der Ehe losgesagt und einem anderen Partner zugewandt hatte (BGH FamRZ 87, 356, 357). Nimmt der Unterhaltspflichtige dagegen seinerseits intime Beziehungen zu einem anderen Partner zeitlich erst nach dem Fehlverhalten des Berechtigten auf, ist dies grundsätzlich nicht geeignet, diesem Fehlverhalten die Einseitigkeit zu nehmen (BGH N J W 86, 722, 723). Zwischen dem Fehlverhalten des Berechtigten und den Verfehlungen des Verpflichteten muß ein innerer Zusammenhang bestehen; die Einseitigkeit des Fehlverhaltens entfallt nur dann, wenn der Verpflichtete seinerseits durch sein Vorgehen dem Fehlverhalten den Boden bereitet hatte (BGH FamRZ 85, 267, 268; N J W 86, 722, 723). Deshalb ist nicht jedem vom Unterhaltsberechtigten erhobenen Vorwurf nachzugehen und die ganze Ehegeschichte aufzurollen (MüKo¡Richter, Rdn. 41). Hat die Verfehlung des Verpflichteten keinen Bezug zu dem offensichtlich schwerwiegenden Fehlverhalten des Anspruchstellers, so ist die Härteklausel des § 1579 Nr. 6 anzuwenden (Schwab/Borth IV, Rdn. 349). Eine Berücksichtigung der Verfehlungen des Unterhaltspflichtigen kommt ferner dann nicht in Betracht, wenn diesen hieran kein Verschulden trifft (BGH FamRZ 89, 1279, 1280: Krankheitsbedingte Verhaltensauffälligkeiten eines an Depressionen leidenden Mannes). 31 Da den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des § 1579 Nr. 6 trifft, hat er außer dem Fehlverhalten des Anspruchstellers auch zu beweisen, daß es sich um ein einseitiges Fehlverhalten handelt (BGH FamRZ 82, 463, 464; 83, 670, 671; 84, 364, 368; 85, 267, 268). Hierzu gehört es, Gegenvorwürfe auszuräumen, die gegen ihn erhoben werden. Diesen Anforderungen kann er nur genügen, wenn der andere Ehegatte sich nicht auf allgemeine Andeutungen beschränkt, sondern konkrete Vorfälle schildert, die im Fall des Bestreitens auch Gegenstand einer Beweisaufnahme sein können. So hat der BGH den Vorwurf einer Frau, der Mann habe „seinerseits in erheblichem Maß gegen die Treuepflicht verstoßen und sie ständig beschimpft und geprügelt", für zu allgemein gehalten und als nicht hinreichend substantiiert angesehen (FamRZ 83, 670, 671). Ebenso reicht die Behauptung, es habe eine lieblose Atmosphäre geherrscht, so daß als Ergebnis einer Vereinsamung die Liebe zu dem Partner schließlich erloschen sei, nicht aus (OLG Bamberg FamRZ 85, 598). Mißhandlungen und Schläge müssen konkret dargelegt werden. Häufig wird in der Praxis der Vorwurf eines übermäßigen Alkoholkonsums erhoben. Auch insoweit bedarf es einer eingehenden Schilderung, inwieweit der Alkoholkonsum von den allgemeinen Trinkgewohnheiten abweicht und 366

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warum dies eine die eheliche Lebensgemeinschaft beeinträchtigende Verfehlung sein soll (vgl. z. B. OLG Bamberg FamRZ 86, 1104). Werden konkrete Vorwürfe erhoben, die der Unterhaltspflichtige bestreitet, sind nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an die Substantiierung des Bestreitens keine hohen Anforderungen zu stellen; denn im wesentlichen wird die Behauptung negativer Tatsachen in Betracht kommen (BGH FamRZ 82, 463, 464). Der Unterhaltspflichtige braucht vor allem nicht zu beweisen, daß er sich während der Ehe einwandfrei verhalten habe. Er kann sich auf die Widerlegung der bestimmten Vorwürfe beschränken (Lohmann S. 54). An einem zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen führenden einseitigen Fehlverhalten fehlt es auch dann, wenn der in Anspruch genommene Ehegatte sich schon vorher von den ehelichen Bindungen gelöst hatte, so daß die Ehe als gescheitert angesehen werden konnte (BGH FamRZ 81, 439, 441; 81, 1042, 1043). Aus diesem Grund hat der BGH z. B. die Anwendung der Härteklausel in einem Fall abgelehnt, in dem vor der Aufnahme eines ehebrecherischen Verhältnisses durch die Frau der Mann als erster Scheidungsabsichten geäußert und die Frau zum Auszug aus der Ehewohnung gedrängt hatte (FamRZ 81, 752, 753). Die „reaktive Flucht" aus einer gescheiterten Ehe rechtfertigt die Anwendung des § 1579 Nr. 6 nicht (OLG Frankfurt FamRZ 81, 455). Ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten kann auch noch nach Scheidung 3 2 der Ehe begangen werden, denn § 1579 Nr. 6 enthält keine Zeitgrenze. Da mit der Scheidung der Ehe indessen die eheliche Treuepflicht endet, läßt sich in der Mehrzahl der Fälle die Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr aus Nr. 6 der Vorschrift herleiten. Dies gilt auch dann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte schon während der Ehe durch Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 6 den Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirkt hatte. Zwar hat der BGH entschieden, daß im Fall der Fortsetzung des Verhältnisses nach der Scheidung auch nachehelicher Unterhalt nicht verlangt werden könne (FamRZ 83, 569, 572; 83, 676; 84, 154, 155). Diese Urteile sind indessen vor Inkrafttreten des UÄndG ergangen und konnten sich infolge dessen mit dem Verhältnis zwischen Ziffer 6 und Ziffer 7 der Bestimmung nicht befassen. Nach Inkrafttreten des UÄndG hat der BGH klargestellt, daß im Fall der Fortsetzung der während der Ehe begonnenen nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Inanspruchnahme des Verpflichteten auf nachehelichen Unterhalt nach § 1579 Nr. 7 — nicht nach Nr. 6 — unzumutbar sein könne (FamRZ 89, 487, 489; 91, 670, 673). Dies führt dazu, daß der Nr. 6 im wesentlichen nur aufgrund der in § 1361 Abs. 3 enthaltenen Verweisung für den Trennungsunterhalt praktische Bedeutung zukommt. Für den nachehelichen Unterhalt kommt eine Anwendung der Nr. 6 nur in den relativ seltenen Fällen in Frage, in denen dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten eine offensichtliche schwerwiegende Verletzung der Obliegenheit zur nachehelichen Solidarität vorgeworfen werden kann, so etwa, wenn der sorgeberechtigte Elternteil das Umgangsrecht des anderen in besonders krassen Fällen vereitelt. In der Mehrzahl der Fälle, die die Praxis beschäftigen, bleibt im Bereich des nachehelichen Unterhaltsrechts auch nach Inkrafttreten des UÄndG der Auffangtatbestand der Nr. 7 die einzige Möglichkeit des Unterhaltspflichtigen, sich gegen eine unzumutbare Inanspruchnahme zu wehren. Dies zeigt, wie wenig fundiert die im Zusammenhang mit der gesetzlichen Neuregelung geäußerte Auffassung, nach Inkrafttreten des UÄndG sei kein Raum mehr für die Beibehaltung des Auffangtatbestandes (vgl. z. B. Willut^ki ZFG 85, 7, 10) war. Richtet sich das offensichtlich schwerwiegende Fehlverhalten gegen einen Angehöri- 33 gen des Unterhaltspflichtigen, kommt eine Anwendung der Härteklausel nicht in BeGerhard GrieBche

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Scheidung der Ehe

tracht, sofern nicht die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 erfüllt sind. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Der Regierungsentwurf sah ursprünglich die Anwendung der Härteklausel auch im Fall eines Fehlverhaltens gegen einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen vor (BT-Drucks. 10/2888 S. 6). Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde dieser Passus aber gestrichen (BT-Drucks. 10/4514 S. 21). Angesichts dieser Entstehungsgeschichte ist auch eine Anwendung der Auffangklausel der Nr. 7 nicht vertretbar {Häberle FamRZ 86, 311, 314; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 356; JohannsenjHenrich] Voelskow, Rdn. 36). 7. Die Auffangklausel (Nr. 7) 34 Entsprechend der vor Inkrafttreten des UÄndG geltenden Regelung enthält die negative Härteklausel des § 1579 in der Nr. 7 einen Auffangtatbestand. Dieser stimmt wörtlich mit § 1579 Abs. 1 Nr. 4 a. F. überein. Der Gesetzgeber wollte sichergestellt wissen, daß auch weiterhin im Fall des Vorliegens anderer Gründe, die ebenso schwer wiegen wie die in den Ziffern 1 bis 6 aufgeführten, unterhaltsrechtliche Sanktionen verhängt werden können. Allerdings ist die praktische Bedeutung des Auffangtatbestandes dadurch geringer geworden, daß infolge der Einfügung der Nrn. 4 bis 6 zusätzliche Ausschlußtatbestände geschaffen worden sind, die Fälle eines persönlichen Fehlverhaltens der Unterhaltsberechtigten regeln. Die Generalklausel mußte aber vor allem deshalb bestehen bleiben, weil nur auf diese Weise Fälle einer objektiven Unzumutbarkeit einer Gewährung des vollen Unterhalts erfaßt werden können. Seit dem Urteil vom 26. 1. 1983 (FamRZ 83, 569, 572) hat der BGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß ein anderer schwerwiegender Grund sich nicht nur aus einem vorwerfbaren Verhalten des Unterhaltsberechtigten ergeben, sondern auch auf objektiven Begebenheiten und Entwicklungen der beiderseitigen Lebensverhältnisse beruhen könne. Dies hat der BGH vor allem aus der in § 1579 Abs. 1 Nr. 4 a. F. enthaltenen Verweisung auf die Nr. 1 hergeleitet, die gleichfalls einen Tatbestand enthalte, in dem sich die Unbilligkeit der Unterhaltszahlung aus objektiven Umständen ergebe. Entscheidend sei, ob die aus der Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen aufgrund der nach dem Scheitern der Ehe eingetretenen Entwicklung für den Unterhaltsschuldner die Grenze des Zumutbaren überschritten. 35

Vorwiegend hat der BGH in den nach Erlass des Grundsatzurteils getroffenen Entscheidungen sich mit Sachverhalten befaßt, in denen die objektive Unzumutbarkeit der Unterhaltsleistung von den Schuldnern damit begründet worden war, daß der Unterhaltsberechtigte mit einem anderen Partner eine nichteheliche Lebensgemeinschaft eingegangen war (BGH FamRZ 83, 996, 997; 84, 986, 987; 86, 443, 444; 87, 689, 690 und 1011, 1014). Dabei war nicht immer hinreichend klar, unter welchen Voraussetzungen in solchen Fällen eine objektive Unzumutbarkeit anzunehmen sein soll (vgl. Luthin FamRZ 86, 1166 und Anm. zu FamRZ 87, 1011, 1014). In einem weiteren Grundsatzurteil vom 21. 12. 1988 (FamRZ 89, 487, 489 ff) hat der BGH aber nunmehr Grundsätze herausgearbeitet, die die vorher bestehenden Unklarheiten weitgehend beseitigt und die für die Praxis Leitlinien sein werden (vgl. auch Kalthoener] Büttner, Rdn. 1014). Ausgangspunkt ist die Überlegung, daß allein die Aufnahme einer nichtehelichen Beziehung keinen anderen Grund im Sinn von § 1579 Nr. 7 darstellen kann. Solche Verbindungen sind heute so weit verbreitet, daß die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung nicht schon deshalb unzumutbar wird. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang auch, ob der neue Partner an den Unterhaltsleistungen partizipiert, denn dem Unterhaltsberechtigten steht es frei, nach Belieben über den ihm zustehenden Unterhalt zu verfügen (BGH FamRZ 89, 487, 489). Eine andere Beurteilung ist dann geboten, wenn sich der Unterhaltsberechtigte dem neuen Partner schon vor der Scheidung zugewandt und dadurch die Voraussetzungen 368

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der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 6 erfüllt hatte (BGH FamRZ 83, 569, 572; 83, 676; 84, 154, 155). Zwar hat die eheliche Treuepflicht mit der Auflösung der Ehe ihr Ende gefunden. Die einmal eingetretene vollständige oder teilweise Verwirkung des Unterhaltsanspruchs setzt sich in diesem Fall aber nach der Scheidung fort. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der neue Partner leistungsfähig ist und für den Unterhalt des Unterhaltsberechtigten aufkommen kann (BGH FamRZ 89, 487, 489). Die Annahme einer besonderen Härte kann ferner dann gerechtfertigt sein, wenn der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte die nichteheliche Lebensgemeinschaft zwar erst nach der Scheidung aufgenommen hat, die Begleitumstände des Verhältnisses aber geeignet sind, den Unterhaltspflichtigen in außergewöhnlicher Weise zu treffen, etwa weil er hierdurch in der Öffentlichkeit bloßgestellt oder in seinem Ansehen geschädigt wird (BGH FamRZ 89, 487, 490). Dies kann bei kränkenden oder anstößigen Begleitumständen der Fall sein. Unterläßt der Unterhaltsberechtigte die Eheschließung mit seinem neuen Partner, um seinen Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten nicht zu verlieren, so kann auch hierin ein „anderer Grund" im Sinne von § 1579 Nr. 7 erblickt werden (BGH FamRZ 80, 40, 41; 82, 896, 897 jeweils zu § 6 6 EheG; 84, 986, 987; 87, 1011, 1014; 89, 487, 490). Dies ist indessen anders zu sehen, wenn beachtliche Gründe den Unterhaltsberechtigten von der Heirat abhalten, so etwa weil der neue Partner finanziell nicht in der Lage ist, den Unterhaltsbedarf des Berechtigten auf Dauer sicherzustellen. Unterblieb die Eheschließung aus hinnehmbarem Grunde, so kann gleichwohl das Weiterbestehen der Unterhaltsbelastung mit dem damit verbundenen Eingriff in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen für diesen unzumutbar werden. Es kommt dann darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte einen verständlichen Grund angeben kann, der die Partner davon abhält, zu einer „ehegleichen ökonomischen Solidarität" zu gelangen, also eine Unterhaltsgemeinschaft zu bilden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die unterhaltsberechtigte geschiedene Frau den Haushalt versorgt und eventuell vorhandene gemeinsame Kinder betreut, die Partner also in einer Weise zusammenleben, in der es als selbstverständlich angesehen werden kann, daß der Mann für den Unterhalt der Frau aufkommt. Das setzt allerdings voraus, daß der Unterhaltsberechtigte in der Unterhaltsgemeinschaft so gestellt wird, daß sein den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 entsprechender Bedarf gedeckt werden kann. Fehlen dem neuen Partner die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel, kommt eine Anwendung des § 1579 Nr. 7 aus diesem Gesichtspunkt in der Regel nicht in Betracht (BGH FamRZ 80, 40, 41; 82, 896, 897; 84, 986, 987; 87,1011,1014; 89,487, 490). Aber auch wenn die Begründung einer Unterhaltsgemeinschaft unterbleiben muß, weil der neue Partner nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen den angemessenen Unterhalt der geschiedenen Frau nicht aufbringen kann, kann noch Raum für die Anwendung der Härteklausel des § 1579 Nr. 7 sein. Für den früheren Ehegatten kann die weitere Zahlung von Unterhalt objektiv unzumutbar sein, wenn die Partner nicht nur probeweise, sondern auf Dauer in einer verfestigten Gemeinschaft zusammenleben und dies sich auch in der Öffentlichkeit so darstellt (BGH FamRZ 83, 569, 572; 84, 986, 987; 89, 487, 491). Haben die Partner diese Lebensform bewußt für die Zukunft gewählt, kann die Unzumutbarkeit der Weitergewährung des Unterhalts für den Unterhaltspflichtigen nicht von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des neuen Partners abhängig gemacht werden.. Von wann an das Bestehen einer festen sozialen Verbindung die Weiterzahlung des vollen Unterhalts objektiv unzumutbar werden läßt, kann nicht generell gesagt werden. Jedoch ist für den Regelfall davon auszugehen, daß eine Mindestdauer von zwei bis drei Jahren nicht unterschritten werden darf (BGH FamRZ 89, 487, 491; a. A. Soergelj Gerhard Griesche

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Häberle, Rdn. 25: ein bis 2wei Jahre; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 44: vier bis sechs Jahre; Erman\ Dieckmann, Rdn. 27 a halten die vom BGH verlangte Probezeit von zwei bis drei Jahren für zu lang, insbesondere, wenn die geschiedene Ehefrau von ihrem neuen Partner ein Kind erwartet, vgl. auch OLG Hamm FamRZ 89, 631; AG Menden FamRZ 91, 712). Die sich aus § 1579 Nr. 7 ergebende unterhaltsrechtliche Sanktion greift erst von dem Zeitpunkt an ein, in dem von einer auf Dauer angelegten verfestigten Gemeinschaft gesprochen werden kann. Vom Schrifttum wird zum Teil in Zweifel gezogen, ob es auf das Erscheinungsbild der festen sozialen Verbindung in der Öffentlichkeit ankommen kann (MüKo/Richter, Rdn. 47; JohannsenjHenrichjVoelskoiv, Rdn. 42). Ob die Partner es verstehen, ihre Verbindung in der Öffentlichkeit geheim zu halten oder ob sie sich öffentlich dazu bekennen, dürfe nicht entscheidungserheblich sein (so insbesondere Johannsenj Henrich f Voelskow aaO; kritisch zum Merkmal des Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit auch Nehlsen-von Strjk FamRZ 90, 109, 111). Dem kann nicht gefolgt werden. Objektiv unzumutbar wird die Weitergewährung des Unterhalts für den Verpflichteten gerade dadurch, daß die Öffentlichkeit vom Bestehen der dauerhaften Verbindung Kenntnis erlangt (vgl. OLG Hamm FamRZ 88, 729 und 730; OLG Koblenz FamRZ 88, 295; 89, 632; OLG Hamm FamRZ 91, 828, 829). Gelingt die Geheimhaltung der Beziehung, besteht kein Grund für die Anwendung der Vorschrift des § 1579 Nr. 7 unter diesem Gesichtspunkt. Anders ist die Rechtslage im Fall des Bestehens einer Unterhaltsgemeinschaft zu beurteilen. In diesem Fall kann es auf das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit nicht ankommen, weil maßgebend die ehegleiche ökonomische Solidarität ist. Hierin unterscheiden sich beide Lebenssachverhalte gerade wesentlich voneinander. Große Bedeutung kommt dieser Frage in der Praxis deshalb nicht zu, weil es den Partnern meist nicht gelingt, das Bestehen ihrer Beziehung vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Die feste soziale Verbindung setzt nicht notwendigerweise einen gemeinsamen Haushalt voraus. Auch bei einer anders gestalteten dauerhaften Verbindung kann je nach dem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ein Grund für die Anwendung der Härteklausel bestehen (BGH FamRZ 84, 986, 987; OLG Hamm FamRZ 89, 631; OLG Koblenz FamRZ 91, 1314). Ebenso spricht es nicht gegen das Bestehen einer festen sozialen Verbindung, daß die Partner die Kosten für Lebensmittel und Kleidung jeweils vom eigenen Einkommen bestreiten (OLG Hamm FamRZ 86, 1219). Das Bestehen sexueller Kontakte ist gleichfalls nicht erforderlich (OLG Hamm FamRZ 81, 162; 86, 1219, 1220). Existiert allerdings nur eine Wohngemeinschaft ohne gemeinsame Haushaltsführung und irgendeine Form des gemeinsamen Wirtschaftens, fehlt es am Merkmal der festen sozialen Verbindung (BGH FamRZ 81, 1042, 1043; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 1013). Die Rechtsprechung des BGH zu den unterhaltsrechtlichen Folgen einer festen sozialen Verbindung gilt auch im Bereich des Getrenntlebendenunterhalts, obwohl in § 1361 Abs. 3 nicht auf § 1579 Nr. 1 — also einen objektiven Härtegrund — verwiesen wird (OLG Stuttgart FamRZ 87, 479, 481). 36 Das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft stellt zwar den Hauptanwendungsbereich der Vorschrift des § 1579 Nr. 7 dar; in der Rechtsprechung sind jedoch noch weitere Fallgruppen herausgearbeitet worden, in den aus objektiven Gründen unterhaltsrechtliche Sanktionen für erforderlich gehalten werden. Aus der Rangordnung des § 1582 ergeben sich zuweilen Härten, wenn der Unterhaltspflichtige dem geschiedenen und seinem neuen Ehepartner gegenüber unterhaltspflichtig ist. Geht der geschiedene dem neuen Ehegatten im Rang vor, so muß der Steuersplittingvorteil aus der neuen Ehe für den Unterhalt des neuen Ehegatten erhalten bleiben, wenn sonst die Grenzen des Zumutbaren für den Unterhaltspflichtigen überschritten werden (BGH FamRZ 85, 911, 912; 90, 981, 983). Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist dann um den 370

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit

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Splittingvorteil zu kürzen (vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 87, 387, 390). Führt die Einbeziehung des Splittingsvorteils in die Bemessung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten indessen nicht zu einem Mangelfall, so kommt eine Anwendung des § 1579 Nr. 7 nicht in Betracht, weil der Unterhalt des neuen Ehegatten gesichert ist (BGH FamRZ 88, 486, 487). Eine Anwendung der Härteklausel kommt im Fall des § 1582 auch dann in Frage, wenn der neue Ehegatte gemeinschaftliche Kinder zu betreuen hat und sein Mindestbedarf nicht gedeckt ist (BGH FamRZ 88, 705, 709). Der BGH hat die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf die Dauer von 5 Jahren in einem Fall gebilligt, in dem — ohne daß die Voraussetzungen der Nr. 1 vorlagen — eine schon bei der Eheschließung erwerbsunfähige 31jährige Frau ihren Mann während dessen Strafhaft geheiratet hatte und die Ehegatten nach der Entlassung des Mannes nur wenige Monate zusammengelebt hatten (FamRZ 88, 930; OLG Hamm FamRZ 87, 1151,1152). Diese Entscheidung wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung und vom Schrifttum weitgehend dahin verstanden, daß § 1579 Nr. 7 dann anwendbar sei, wenn zwar keine Ehe von kurzer Dauer vorliege, die Eheleute tatsächlich aber nur kurze Zeit zusammengelebt hätten (OLG Celle FamRZ 90, 524, 526; Kalthoener] Büttner, Rdn. 1017 und N J W 89, 801, 809; HeissjHeiss, 9.40; SoergeljHäberle, Rdn. 26; Schwabj Borth IV, Rdn. 365; lirmanj Dieckmann, Rdn. 26 und Rdn. 28 a. E.). Dem kann nicht zugestimmt werden. Der vom BGH entschiedene Fall zeichnete sich durch die Besonderheit aus, daß die Ehegatten infolge der Strafhaft des Mannes noch keine Gelegenheit hatten, ihre Lebensdispositionen aufeinander einzustellen; hierauf hat das OLG unter anderem auch entscheidend abgehoben. Eine Verallgemeinerung dieser Entscheidung auf alle Fälle kurzen Zusammenlebens stünde mit dem vom BGH sonst stets hervorgehobenen Grundsatz, daß in Fällen, in denen die Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 6 nicht erfüllt sind, weil es an einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal fehlt, der gleiche Sachverhalt nicht nochmals als anderer Grund im Sinne der Nr. 7 berücksichtigt werden kann (FamRZ 87, 572, 574 und nachstehend Rdn. 37), nicht in Einklang. In Rechtsprechung und Schrifttum wird zum Teil die Anwendung der Härteklausel der Nr. 7 in besonders engen Ausnahmefällen befürwortet, so etwa wenn die Unterhaltslast wegen der beengten wirtschaftlichen Situation des Verpflichteten erdrückend wirkt, die Bedürftigkeit des Berechtigten schon vor der Eheschließung bestand und die Eheleute nur verhältnismäßig kurz zusammengelebt haben (OLG Celle FamRZ 86, 910, 912; MüK.oj Richter, Rdn. 49; KalthoenerjBüttner, Rdn. 1017; Palandt\Diederichsen, Rdn. 36). Dies führt indessen zu einer zu weiten Auslegung des Auffangtatbestandes und läßt das Verhältnis zwischen diesem und den Einzeltatbeständen der Nrn. 1 bis 6 außer acht (gegen die Entscheidung des OLG Celle auch: OLG Düsseldorf FamRZ 87, 595, 597). Kein Härtegrund im Sinne der Nr. 7 ist gegeben, wenn der Bedürftige die Bedürftigkeit schuldlos herbeigeführt hat (BGH FamRZ 89, 1054, 1057), wenn der sorgeberechtigte Elternteil mit den Kindern ins Ausland auswandert und damit die Ausübung des Umgangsrechts durch den anderen Elternteil verhindert (BGH FamRZ 87, 356, 358), wenn der geschiedene Ehegatte, der sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt, nach dem Transsexuellengesetz seinen Vornamen ändert (OLG München FamRZ 86, 171), wenn die Ehefrau abredewidrig keine empfängnisverhütenden Mittel genommen und es abgelehnt hat, das Kind abtreiben zu lassen (OLG Stuttgart FamRZ 87, 700). In der Rechtsprechung ist eine zeitliche Begrenzung eines Unterhaltsanspruchs aus § 1572 bejaht worden, wenn die Erkrankung schon vor der Eheschließung bestanden und eine völlige Erwerbsunfähigkeit zur Folge hatte (OLG Oldenburg FamRZ 91, 827: multiple Sklerose; AG Rastatt FamRZ 91, 824: Epilepsie). Dieser Rechtsprechung kann nicht zugestimmt werden, da den Unterhaltspflichtigen bei der Heirat die Erkrankung Gerhard Griesche

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bekannt war (Für den Fall des bewußten Verschweigens der Krankheit: vgl. die Rdn. 8 zu § 1572). 37 Das Verhältnis zwischen den Einzeltatbeständen der Nrn. 1 bis 6 und dem Auffangtatbestand der Nr. 7 wird von der Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt. Ausgehend von dem Grundgedanken des Gesetzgebers, daß die Nr. 7 Sachverhalte erfassen soll, die denjenigen nach den Nrn. 1 bis 6 entsprechen (BTDrucks. 7/4361 S. 32 f), lehnt der BGH es grundsätzlich ab, in Fällen, in denen nach den Nrn. 1 bis 6 ein Härtegrund nur unter besonderen Voraussetzungen anerkannt werden kann und es an einem dort festgelegten gesetzlichen Tatbestandsmerkmal fehlt, den gleichen Lebenssachverhalt nochmals daraufhin zu überprüfen, ob ein „anderer Grund" im Sinne der Nr. 7 vorliegt (FamRZ 80, 981, 983; 82, 573, 575; 87, 572, 574; ebenso: OLG Hamm FamRZ 87, 597, 600; GöppingerjKindermann, Rdn. 286; RGRK\Cuny, Rdn. 42). Diese Ansicht ist auf Widerspruch gestoßen (OLG Celle FamRZ 90, 524, 526; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 368; Erman) Dieckmann, Rdn. 28 a; MuKoj Richter, Rdn. 49 Fn. 182 a; Dieckmann FamRZ 87, 981, 986). Der Auffassung des BGH ist der Vorzug zu geben; anderenfalls besteht die Gefahr einer vom Gesetzgeber nicht gewünschten zu weiten Ausdehnung des Auffangtatbestandes. Dagegen können die einzelnen Tatbestände der Nrn. 1 bis 6 mehrfach verwirklicht worden sein (BGH FamRZ 90, 1095, 1096 zu § 1579 Nr. 2 und Nr. 4). Dies kann für die Billigkeitsabwägung und für die Frage, ob der Unterhaltsanspruch ganz auszuschließen oder nur herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist, bedeutsam sein. III. G r o b e U n b i l l i g k e i t 1. Allgemeines 38 Das Vorliegen eines der Tatbestände des § 1579 Nrn. 1 bis 7 führt nicht ohne weiteres zur Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs; hinzukommen muß vielmehr, daß die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig ist. Diesen sich aus dem Einleitungssatz der Vorschrift ergebenden Kriterium wird in der Praxis nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet. Besondere Bedeutung kommt im Rahmen der Billigkeitsprüfung „der Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes" zu. Diese Formulierung ist durch das UÄndG in das Gesetz eingefügt worden. Sie ist an die Stelle des § 1579 Abs. 2 a. F. getreten, der vom Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für verfassungswidrig erklärt worden war (FamRZ 81, 745, 749).

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2. Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder Das gemeinschaftliche Kind muß dem Unterhaltsberechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertraut worden sein. Dies kann auf einer Vereinbarung der Eltern oder einer gerichtlichen Übertragung der elterlichen Sorge beruhen; die bloße Tatsache der Kindesbetreuung reicht nicht aus (BVerfG FamRZ 81, 745, 750; BGH FamRZ 83, 142; 87, 1238). Nimmt die Ehefrau bei der Trennung die Kinder eigenmächtig mit, ohne das Einverständnis des Ehemannes herbeizuführen, kann sie sich nicht darauf berufen, daß sie ein gemeinschaftliches Kind zu versorgen hat. Wird ihr später vom Familiengericht die elterliche Sorge übertragen, kann sie erst vom Wirksamwerden dieser Entscheidung an die Schutzwirkung des Einleitungssatzes von § 1579 für sich in Anspruch nehmen. Eine Rückwirkung des Vorrangs kommt nicht in Betracht (teilweise anders: MüKo/ Richter, Rdn. 12 Fn. 31). Die leider verbreitete Unsitte, Kinder aus der vertrauten Umgebung ohne Abstimmung mit dem anderen Elternteil herauszureißen, ist im allgemei372

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Unterhaltsanspruch bei grober Unbilligkeit nen dem Kindeswohl nicht dienlich, so daß eine Rückwirkung Gesetzeszweck nicht vereinbar ist (vgl. auch Kalthoenerj Büttner, Ein gemeinschaftliches Kind muß betreut werden. Diese bei einem scheinehelichen Kind gegeben. Im einzelnen wird auf den Rdn. 6, 7 zu § 1570 verwiesen.

§ 1 5 7 9 BGB des Vorranges mit dem Rdn. 1025). Voraussetzung ist auch die Ausführungen unter

Mit der Formulierung „Wahrung der Belange" eines gemeinschaftlichen Kindes wollte 4 0 der Gesetzgeber den Kindesbelangen grundsätzlich den Vorfang vor dem Interesse des Verpflichteten an einer Einschränkung oder dem Wegfall der Unterhaltslast einräumen. Der Regierungsentwurf sah ursprünglich nur eine „Berücksichtigung" der Kindesbelange vor. Die Änderung entspricht einer Empfehlung des Rechtsausschusses, der damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden wollte (BTDrucks. 10/4514 S. 20). Der gesetzlich normierte Vorrang der Kindesbelange schließt es aus, diese zurückzu- 4 1 stellen, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte eines der Tatbestandsmerkmale des § 1579 in besonders krasser Weise verwirklicht hat. Das ist allerdings nicht unumstritten. Der BGH hat es dahingestellt sein lassen, ob es Fälle gibt, in denen zur Vermeidung untragbarer Ergebnisse die Belange des Kindes denen des Unterhaltspflichtigen weichen müssen (FamRZ 89, 1279, 1280); er hat jedoch gemeint, daß es sich nur um seltene Ausnahmefälle handeln könne. Wie problematisch es ist, Abgrenzungskriterien dafür zu finden, wann ein solch seltener Ausnahmefall gegeben sein könnte, zeigt schon ein Überblick über die vor Inkrafttreten des UÄndG zum Begriff des besonderen Härtefalles ergangene Rechtsprechung (BGH FamRZ 83, 569, 574; 83, 676, 677; 84, 154, 156; 84, 356, 358; 85, 51). Häufig wird sich die Wertung auf die lapidare Feststellung beschränken, es handele sich um einen besonders krassen Ausnahmefall (vgl. OLG Celle FamRZ 87, 603). Abgesehen von den bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten läßt auch der mit der Regelung des § 1579 verfolgte Zweck eine Zurückstellung der Kindesbelange nicht zu. Etwas anderes ergibt sich nicht etwa daraus, daß im Gesetzgebungsverfahren ein Antrag der SPD-Fraktion, auch in Fällen außergewöhnlicher Härte den Unterhalt nur auf den notwendigen Bedarf herabzusetzen, von der Mehrheit abgelehnt worden ist (BT-Drucks. 10/4514 S. 20). Damit ist zwar klargestellt, daß auch ein völliger Ausschluß des Unterhaltsanspruchs trotz der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausnahmsweise in Betracht kommen kann. Dies setzt aber voraus, daß der Unterhalt des betreuenden Ehegatten anderweitig gedeckt ist oder die Pflege und Erziehung des Kindes auf andere Weise gewährleistet werden kann (Soergel/Häberle, Rdn. 35; Schwab/Borth IV, Rdn. 294; Johannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 9; HeissjHeiss, 9.5; Henrich FamRZ 86, 401, 404 f). Dies ist etwa der Fall, wenn das Kind während der berufsbedingten Abwesenheit des betreuenden Elternteils von Dritten — z. B. seiner Großmutter — betreut wird. Daß der Dritte nur den betreuenden Elternteil unterstützen, nicht dagegen den Unterhaltspflichtigen entlasten will, kann im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1579 keine Rolle spielen (Soergel\Häberle aaO). Können die Belange des Kindes dagegen auf diese Weise nicht gewahrt werden, ist die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen auch bei besonders krasser Verwirklichung eines der Tatbestände des § 1579 durch den Unterhaltsberechtigten unvermeidbar (a. A. MüKo ¡Richter, Rdn. 11; Ermanj Dieckmann, Rdn. 35 b; Göppinger/Kindermann, Rdn. 289). Ist danach die völlige Versagung des Unterhaltsanspruchs nur in Ausnahmefällen 4 2 in Erwägung zu ziehen, nämlich wenn die Pflege und Erziehung des Kindes trotzdem gesichert bleibt (vgl. auch BGH FamRZ 89, 1279, 1280), so wird eine zeitliche Begrenzung generell ausscheiden. Wann und in welchem Umfang den betreuenden Elternteil trotz der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbsobliegenheit Gerhard Griesche

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trifft, ist bereits bei der Prüfung der Tatbestandvoraussetzungen des § 1570 zu berücksichtigen. Eine Vorverlegung des Zeitpunkts, zu dem eine Teilzeit- oder Ganztagstätigkeit aufgenommen werden muß, wird in aller Regel mit den Belangen des Kindes unvereinbar sein (vgl. SoergeljHäberle, Rdn. 33; Henrich FamRZ 86, 401, 402). Soweit im Schrifttum vorgeschlagen wird, in jedem Fall eine zeitliche Begrenzung auf den Zeitpunkt anzuordnen, in dem die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes unter normalen Umständen zunächst teilweise und später ganz endet (Johannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 11), kann dem nicht gefolgt werden. Die Entwicklung läßt sich meist nicht so weit voraussehen, daß eine genaue zeitliche Fixierung sachgerecht wäre. 43

Dagegen werden durch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs die Belange des Kindes häufig nicht tangiert. Wenn der betreuende Elternteil sich in seinen Bedürfnissen einschränken muß, so hat dies — für sich gesehen — keine Beeinträchtigung der Kindesbelange zur Folge (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1267, 1269). Allerdings darf der Unterhaltsberechtigte durch die Herabsetzung des Unterhalts nicht genötigt werden, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen (so aber: OLG Koblenz FamRZ 88, 295 und FamRZ 89, 632, 633; Erman\Dieckmann, Rdn. 35 b; Heiss/Heiss, 9.5; Henrich FamRZ 86, 401, 404). Dies ist mit dem Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe nicht zu vereinbaren. Außerdem darf dem Hilfsbedürftigen nach § 18 Abs. 3 S. 2 BSHG eine Arbeit nicht zugemutet werden, soweit dadurch die geordnete Erziehung eines Kindes gefährdet werden würde. Dem muß auch bei der Entscheidung, wieweit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1579 der Unterhaltsanspruch herabgesetzt werden kann, Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 89, 1279, 1281; SoergeljHäberle, Rdn. 35).

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Bei der Frage nach dem Umfang der Herabsetzung muß darauf abgehoben werden, daß der Unterhaltsberechtigte nicht genötigt wird, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Teile seines Bedarfs selbst zu decken; anderenfalls werden die Belange des Kindes nicht hinreichend gewahrt. Bedenkenfrei ist deshalb die Herabsetzung auf den angemessenen Selbstbehalt, der derzeit von den Oberlandesgerichten mit 1400,— DM in Ansatz gebracht wird. Verschiedentlich wird darüberhinaus angenommen, daß auch bei einer Herabsetzung bis zur Grenze des notwendigen Selbstbehalts die Belange eines gemeinschaftlichen Kindes noch gewahrt werden (OLG Hamm FamRZ 87, 1265, 1266; 87, 600, 602; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 684; 86, 912, 913; 87, 1267, 1269; OLG Oldenburg FamRZ 91, 448, 450; zustimmend: MüKo/Richter, Rdn. 13 a und wohl auch SoergeljHäberle, Rdn. 34; nur in Mangelfallen: PalandtjDiederichsen, Rdn. 11; ablehnend: ErmanjDieckmann, Rdn. 35 b). Der BGH ist der obergerichtlichen Rechtsprechung, die eine Herabsetzung des Unterhalts auf das Existenzminimum als mit der Wahrung der Kindesbelange vereinbar ansieht, gefolgt (FamRZ 89, 1279, 1280). In den zitierten obergerichtlichen Entscheidungen wird zum Teil auf den notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners abgehoben, teils wird als Existenzminimum der Betrag angesehen, der einem nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen belassen wird und der derzeit überwiegend mit 1000,— DM angenommen wird. Da die Gründe, die die Mehrzahl der Oberlandesgerichte veranlassen, den Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen höher anzusetzen (vor allem: Anreiz zur Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit, vgl. Rdn. 45 zu § 1578), hier nicht vorliegen, sind die Kindesbelange hinreichend gewahrt, wenn dem Berechtigten für seinen Unterhalt ein Betrag von monatlich 1000,— DM zur Verfügung steht. Darüberhinaus hat der BGH die Herabsetzung auf den Mindestbedarf des in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebenden, nicht erwerbstätigen Bedürftigen — derzeit nach der Düsseldorfer Tabelle: 730,— DM — erwogen (FamRZ 91, 670, 673). Das soll dann in Betracht kommen, wenn der unterhaltsberechtigte 374

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geschiedene Ehegatte mit einem neuen Partner zusammenlebt. Da infolge gemeinsamer Haushaltsführung mit dem Partner der Bedarf aus tatsächlichen Gründen geringer ist, kommt es nicht darauf an, daß der Partner außerhalb des Unterhaltsverhältnisses steht und rechtlich nicht verpflichtet ist, sich zugunsten des Unterhaltspflichtigen einzuschränken. Der Betrag von 730,— DM ist aber die unterste in Betracht kommende Grenze; es ist stets eine individuelle Prüfung der Lebensverhältnisse der Beteiligten geboten (BGH aaO). Da bei der Billigkeitsabwägung nach § 1579 auch die Einkommens Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind, kommt eine Anhebung auf den eigenen angemessenen Unterhalt, der nach der Düsseldorfer Tabelle zur Zeit mit 1400,— DM anzunehmen ist, in Frage, wenn der Unterhaltspflichtige in überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (OLG Köln FamRZ 91, 707, 708: Nettoeinkommen: 7 0 0 0 , - DM). Aus der Übergangsregelung zum UÄndG ergibt sich, daß § 1579 in seiner jetzigen 45 Fassung nur für Unterhaltsansprüche gilt, die nach dem 31. 3.1986 fallig geworden sind (BGH FamRZ 87, 356, 357; 88, 259, 260). Das bezieht sich auch auf den im Einleitungssatz enthaltenen Vorrang der Wahrung der Kindesbelange. Für die vor Inkrafttreten des UÄndG liegenden Zeiträume bleibt es bei der zuvor geltenden Regelung. Das Bundesverfassungsgericht hatte § 1579 Abs. 2 a. F., der die Verwirklichungsregelung des Abs. 1 a. F. generell für nicht anwendbar erklärte, wenn von dem Berechtigten wegen der Pflege und Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden konnte, in besonders gelagerten Härtefallen, in denen die unverkürzte Zubilligung des eheangemessenen Unterhalts zu einer mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbaren Belastung des Unterhaltspflichtigen führen würde, für verfassungswidrig erklärt (FamRZ 81, 745, 748). Wann ein besonderer Härtefall anzunehmen war, ist vom BGH in mehreren Entscheidungen entwickelt worden (FamRZ 83, 676, 677; 84, 154, 156; 84, 356, 358; 84, 662, 665; 84, 986, 988; 88, 259, 260 f). Diese Rechtsprechung ist weiterhin anzuwenden, falls es noch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen um vor dem 1. 4. 1986 fallig gewordene Unterhaltsansprüche kommen sollte. 3. Andere bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigende Faktoren Die Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder ist nur einer der Faktoren, die 46 bei der Billigkeitsprüfung Bedeutung haben. Darüberhinaus muß bei allen Unterhaltsansprüchen — also nicht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1570 — geprüft werden, inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Die Formulierung des Gesetzes „grob unbillig" deutet auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift hin; ihre Anwendung darf nicht zur Folge haben, daß die gesetzliche Regelung in ihr Gegenteil verkehrt wird (BGH FamRZ 90, 981, 983). Grobe Unbilligkeit ist dann anzunehmen, wenn und soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspricht (BGH FamRZ 82, 582, 583; GöppingerjKindermann, Rdn. 287). Im Einzelfall ist eine umfassende Abwägung aller Umstände vorzunehmen, in die sowohl anspruchserhaltende als auch anspruchsvernichtende Faktoren einzubeziehen sind {Schwab/Borth IV, Rdn. 286). Vom BGH ist wiederholt hervorgehoben worden, daß es wesentlich darauf ankomme, 47 in welcher Weise die Unterhaltslast den Schuldner treffe (FamRZ 82, 582; 85, 267, 268; 89, 483, 486). In wirtschaftlich beengten Verhältnissen wird die Inanspruchnahme vom Unterhaltspflichtigen regelmäßig als besonders drückend empfunden werden (BGH FamRZ 83, 670, 672). Ein bedeutsamer Faktor ist ferner die Dauer der Ehe, und zwar nicht nur in den Fällen des § 1579 Nr. 1. Mit der Zunahme der Ehedauer geht im Gerhard Griesche

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allgemeinen eine steigende Verflechtung der Lebensverhältnisse einher und tritt eine wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit des bedürftigen Ehegatten ein (BGH FamRZ 86, 443, 444; 86, 889). Bei einer extrem kurzen Ehedauer von wenigen Wochen wird allein deshalb ein völliger Ausschluß des Unterhaltsanspruchs angebracht sein (BGH FamRZ 81, 944, 946). Hat die Ehe bis zu zwei Jahren gedauert, sind an die Darlegung der Unbilligkeitsgründe geringere Anforderungen zu stellen (BGH FamRZ 82, 582; 89, 483, 486). Neben der Ehedauer sind das Alter und der Gesundheitszustand des Unterhaltsberechtigten (OLG Bamberg FamRZ 87, 1153 und FamRZ 88, 285, 286), der Umstand, daß der Berechtigte ein oder mehrere Kinder großgezogen und den Haushalt über einen längeren Zeitraum versorgt hat (BGH FamRZ 83, 670, 672; OLG Hamburg FamRZ 87, 1044, 1045), die Chancen des Berechtigten, überhaupt eine Erwerbstätigkeit — auch eine unangemessene — zu finden (BGH FamRZ 83, 670, 672; OLG Bamberg FamRZ 87, 1153, 1154), das Ausmaß ehebedingter Nachteile (OLG Bamberg FamRZ 86, 1104, 1105; 87, 1153, 1155; OLG Köln FamRZ 85, 1046, 1048) und die wirtschaftliche Bedeutung des Unterhalts für den Berechtigten (BGH FamRZ 85, 267, 268; OLG Hamm FamRZ 86,1219,1220; OLG Zweibrücken FamRZ 89, 63, 64) zu würdigen. Insbesondere in den Fällen des § 1579 Nr. 2 und 6 spielt ferner das Ausmaß des Fehlverhaltens des Berechtigten eine Rolle (BGH FamRZ 85, 267, 268; 86, 889; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 62; OLG Hamburg FamRZ 87, 1044, 1045; OLG Zweibrücken FamRZ 89, 63, 64; OLG Koblenz FamRZ 89, 632, 633). Hat der Unterhaltsberechtigte einen dieser Tatbestände in besonders krasser Weise verwirklicht, führt dies zum Ausschluß des Unterhaltsanspruchs. Lebt der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner in einer Unterhaltsgemeinschaft oder einer festen sozialen Verbindung, ist auch dies ein Umstand, der bei der Billigkeitsprüfung zu würdigen ist (BGH FamRZ 86, 443, 444; OLG Hamm FamRZ 88, 622). Keine Bedeutung hat der BGH dem Umstand beigemessen, daß der Unterhaltsberechtigte die Trennung und Scheidung nicht herbeigeführt hatte, da seit der Abkehr vom Verschuldensprinzip nur ein eindeutiges und klar bei einem Ehegatten liegendes Trennungsverschulden erheblich sein kann (FamRZ 89, 483, 486).

IV. Rechtsfolgen 48

Sind die Voraussetzungen einer der Nrn. 1 bis 7 des § 1579 erfüllt und ist die Inanspruchnahme des Verpflichteten als grob unbillig anzusehen, so tritt als Rechtsfolge die völlige Versagung, die Herabsetzung und/oder die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs ein. Von welcher dieser Begrenzungsmöglichkeiten der Familienrichter im Einzelfall Gebrauch macht, liegt im Bereich des tatrichterlichen Ermessens und ist einer Angemessenheitskontrolle durch das Revisionsgericht entzogen (BGH FamRZ 88, 930). Jedoch sollte sich die Praxis der Möglichkeit einer abgestuften Ausgestaltung der Sanktion stärker bewußt werden, um im Einzelfall dem Ausmaß der Billigkeit besser Rechnung zu tragen {SchwabjBorth IV, Rdn. 296; SoergeljHäberle, Rdn. 28). 49 Der völlige Ausschluß des Unterhaltsanspruchs ist anzuordnen, wenn anders ein grober Widerspruch zum Gerechtigkeitsempfinden nicht zu vermeiden ist (BGH FamRZ 82, 582, 583; 83, 670, 672; 84, 362, 364). Entscheidend wird es darauf ankommen, ob dem Unterhaltspflichtigen wenigstens eine teilweise und/oder zeitweise Inanspruchnahme zugemutet werden kann. Dabei sind neben dem Ausmaß des Fehlverhaltens des Berechtigten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, die Länge der Ehedauer und die Verdienste des Berechtigten um die Familie wesentliche Faktoren (BGH FamRZ 83, 670, 672; OLG Frankfurt FamRZ 87, 161 und FamRZ 88, 62; s. a. OLG Hamm FamRZ 90, 633: Herabsetzung des Unterhalts um ein Drittel auf 877,— DM bei einem Einkommen des Unterhaltspflichtigen von 3400,— DM, 25jähriger Ehe, fehlender Be376

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rufsausbildung der 53jährigen Ehefrau und eingeschränkter Erwerbschancen infolge gesundheitlicher Beeinträchtigungen). Im Fall der Herabsetzung wird oft der Erhalt des Existenzminimums als wesent- 50 licher Umstand gewertet (OLG Frankfurt FamRZ 87, 161; 88, 62; SoergeljHäberle, Rdn. 28). Mit dem Gesetz ist es aber durchaus vereinbar, bei einer Kürzung das Maß des notwendigen Unterhalts zu unterschreiten (MüKo¡Richter, Rdn. 54). Eine zeitliche Begrenzung wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn dem Berechtigten Gelegenheit gegeben werden soll, sich um eine — auch nicht angemessene — Erwerbstätigkeit zu bemühen.

V. Wiederaufleben des Anspruchs 1. Allgemeines Die Frage nach der Endgültigkeit eines Ausschlusses oder einer Beschränkung des 51 Unterhaltsanspruchs wurde früher von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums überwiegend bejaht (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 779; OLG Hamm FamRZ 81, 257, 258; OLG Oldenburg FamRZ 81, 775, 778; OLG Zweibrücken FamRZ 83,1039). Der BGH ist dem nicht gefolgt und hält im Fall einer Änderung der Umstände, die die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des geschiedenen Ehegatten begründet hatten, eine Überprüfung der getroffenen Entscheidung für geboten (FamRZ 86, 443, 444; 87, 689, 690; 87, 1238). Dem hat sich auch das Schrifttum angeschlossen; die gegenteilige Position wird nur noch vereinzelt vertreten {Erman] Dieckmann, Rdn. 37). Dem Wortlaut des § 1579 läßt sich — anders als der Vorschrift des § 66 EheG — nicht entnehmen, daß eine Verwirklichung des Tatbestandes ein Wiederaufleben eines ausgeschlossenen Unterhaltsanspruchs nicht zuläßt; auch der Gesetzeszweck zwingt nicht zu dieser Annahme. Indessen lassen sich keine allgemeinen Grundsätze aufstellen, nach denen sich die Frage eines Wiederauflebens des Unterhaltsanspruchs richten könnte; vielmehr ist eine differenzierende Betrachtungsweise erforderlich, bei der es auch darauf ankommt, welcher Tatbestand des § 1579 zur Anwendung der negativen Härteklausel geführt hat. Ist der Unterhaltsanspruch wegen kurzer Ehedauer ausgeschlossen worden, wird 5 2 dies im allgemeinen nicht mehr zu revidieren sein, weil der unterhaltsrechtlichen Sanktion die Beurteilung eines abgeschlossenen Lebenssachverhalts zugrunde liegt und sich die tatsächlichen Umstände nicht mehr ändern können (SchwabjBorth IV, Rdn. 372; RGRK/ Cuny, Rdn. 59; Kalthoener\Büttner, Rdn. 1032). Eine andere Entscheidung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn in den Billigkeitskriterien einschneidende Veränderungen eingetreten sind, etwa weil sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen wesentlich verbessert haben (Kalthoenerj Büttner, Rdn. 1031, 1032). Beruht die Anwendung der Härteklausel auf den Nrn. 2, 4 oder 5, kommt gleichfalls 5 3 ein Wiederaufleben im Regelfall nicht in Betracht. Diese Tatbestände ähneln den in § 66 EheG genannten Verwirkungsgründen; das Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten verliert nicht durch Zeitablauf an Unrechtsgehalt (für den Fall des Prozeßbetruges durch Verschweigen eigener Einkünfte: OLG Celle FamRZ 91, 1313; KalthoenerjBüttner, Rdn. 1033; SchwabjBorth IV, Rdn. 372; RGRK/C»«j, Rdn. 60, 61 \ SoergeljHäberle, Rdn. 36; einschränkend: Göppingerj Kindermann, Rdn. 235). Im Fall der Verwirklichung des Tatbestandes des § 1579 Nr. 3 wird es darauf ankom- 5 4 men, wie sich der Unterhaltsberechtigte nach dem Ausschluß des Unterhaltsanspruchs verhält. Bemüht er sich erfolgreich um die Erlangung einer Erwerbstätigkeit, so kann der Vorwurf des Verstoßes gegen die Pflicht zur eigenverantwortlichen Versorgung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Verliert er ohne eigenes Zutun diese Erwerbstätigkeit wieder, so besteht Anlaß zu einer Überprüfung, ob die nach § 1579 getroffene Maßnahme Gerhard G riesche

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§1579 BGB

Scheidung der Ehe

bestehen bleiben kann (Schwab¡Borth IV, Rdn. 372; ]ohannsen\Henrich\Voelskou>, Rdn. 46; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 62; Kalthoenerj Büttner, Rdn. 1036). 55 Hat ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten zum Ausschluß des Anspruchs auf Getrenntlebendenunterhalt geführt, so ist bei Fortsetzung des Fehlverhaltens über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus auch der nacheheliche Unterhalt nicht zu gewähren; die fehlende Identität zwischen dem Anspruch auf Getrenntlebenden- und nachehelichen Unterhalt steht dem nicht entgegen (BGH FamRZ 83, 569, 571 f; 83, 676; 84, 154, 155; 84, 662, 664). In der Praxis am häufigsten ergibt sich diese Konstellation bei der Fortsetzung eines vor der Scheidung aufgenommenen eheähnlichen Verhältnisses mit einem anderen Partner. Wechselt der Unterhaltsberechtigte den Partner, so kann dies nicht zu einer anderen Beurteilung führen (OLG Hamm FamRZ 87, 600, 602; PalandtjDiederichsen, Rdn. 54). Dies gilt nicht nur dann, wenn — wie in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall — der Wechsel kurz vor dem Scheidungstermin stattgefunden hat. Auch wenn nach der Scheidung keine Verpflichtung zur ehelichen Treue mehr besteht, liegt ein kontinuierliches Fehlverhalten vor, wenn der Tatbestand des § 1579 Nr. 6 vor der Scheidung verwirklicht worden war. Es kann nicht entscheidend darauf ankommen, wann der Wechsel zu einem anderen Partner stattgefunden hat. 56 Ein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs kommt insbesondere dann in Frage, wenn objektive Gründe die Anwendung der Härteklausel gerechtfertigt hatten, die später entfallen sind. Hatte der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte mit einem Dritten eine Lebensgemeinschaft begründet mit der Folge des Ausschlusses des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7, so ist im Fall der Beendigung dieser Lebensgemeinschaft zu prüfen, ob und inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten noch immer als unzumutbar angesehen werden muß. Die Beendigung der Lebensgemeinschaft hat allerdings nicht automatisch das Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs zur Folge (BGH FamRZ 87, 689, 690; unzutreffend deshalb: OLG Düsseldorf FamRZ 88, 509, 510). Vielmehr ist eine umfassende Abwägung der Belange der am Unterhaltsrechtsverhältnis beteiligten geschiedenen Ehegatten vorzunehmen. Dabei kommt eine wesentliche Bedeutung einmal dem Zeitfaktor zu, und zwar sowohl hinsichtlich der Dauer der geschiedenen Ehe als auch in Bezug auf die Intensität und die Länge der Beziehung zu dem anderen Partner (BGH aaO). Ferner spielt es eine Rolle, inwieweit sich der Unterhaltspflichtige auf den endgültigen Wegfall der Unterhaltslast einrichten konnte und eingerichtet hat, etwa indem er Kredite aufgenommen oder durch Eingehung einer neuen Ehe Unterhaltsverpflichtungen begründet hat. In allen Fällen der Anwendung der Härteklausel kann der Unterhaltsanspruch wieder aufleben, wenn aufgrund einer Änderung der Sorgerechtsregelung dem bedürftigen geschiedenen Ehegatten die elterliche Sorge für gemeinschaftliche Kinder übertragen und er damit nach § 1570 unterhaltsberechtigt wird. Denn dann macht die Wahrung der Kindesbelange eine Uberprüfung erforderlich, inwieweit an dem Ausschluß des Unterhalts festgehalten werden kann.

VI. Verteilung von Darlegungs- und Beweislast 57

Wird ein Sachverhalt vorgetragen, der die Anwendung des § 1579 rechtfertigen könnte, so ist das Vorliegen der Voraussetzungen der Bestimmung zu prüfen, auch ohne daß der Unterhaltspflichtige sich ausdrücklich darauf beruft. Denn es handelt sich um eine rechtsvernichtende Einwendung und nicht um eine Einrede. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der einzelnen Härtegründe und die Annahme einer groben Unbilligkeit trifft den Unterhaltspflichtigen. Im Fall einer möglichen Anwendung von § 1579 Nr. 6 hat er nicht nur das Fehlverhalten des anderen Ehegatten zu beweisen, 378

Gerhard Griesche

§ 1580 BGB

Auskunftspflicht

sondern er muß auch etwaige Gegenvorwürfe des Unterhaltsberechtigten ausräumen, da die Einseitigkeit des Fehlverhaltens Voraussetzung für die Anwendung der Härteklausel ist (BGH FamRZ 83, 670, 671). Soweit er die Gegenvorwürfe lediglich bestreiten kann, sind allerdings an die Substantiierung seines Vorbringens keine hohen Anforderungen zu stellen, da es sich letztlich um die Behauptung negativer Tatsachen handelt (BGH FamRZ 82, 463, 464). Bleibt unklar, ob ein einmal begründetes Zusammenleben mit einem anderen Partner sein Ende gefunden hat, geht dies zu Lasten des Unterhaltspflichtigen, der auch insofern das Fortbestehen des Ausschlußtatbestandes zu beweisen hat (BGH FamRZ 91, 670, 672). Anders ist dies allerdings im Abänderungsprozeß (BGH aaO). Bei Vorliegen bestimmter Konstellationen kann der Unterhaltspflichtige sich auf 58 die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins berufen (BGH FamRZ 85, 267, 268 für die Frage des Bestehens eines bedingten Vorsatzes bei der Unterschiebung eines scheinehelichen Kindes). Im Schrifttum wird zu Recht angenommen, daß im Fall des § 1579 Nr. 6 es ausreicht, wenn der Unterhaltspflichtige Umstände darlegt und beweist, die nach der Lebenserfahrung für das Bestehen einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Unterhaltsberechtigten und einem Dritten sprechen. Dem Unterhaltsberechtigten obliegt es dann, den Anscheinsbeweis in Frage zu stellen, indem er hierfür geeignete Tatsachen vorträgt (Schwab¡Borth IV, Rdn. 375; Johannsenjl lenrichj Voelskow, Rdn. 49; Baumgärtelj Laumen, Rdn. 9). Dagegen besteht kein Erfahrungssatz, daß ein außereheliches Verhältnis andauert. Daß unverheiratete Partner, die zu einer auf Dauer angelegten verfestigten Gemeinschaft zusammenleben, sich trennen, ist weder selten noch ungewöhnlich (BGH FamRZ 91, 670, 672). § 1580 BGB Auskunftspflicht Die geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist entsprechend anwendbar. Durch S. 1 der Vorschrift wird eine gegenseitige Auskunftspflicht der geschiedenen 1 Ehegatten über ihr Einkommen und ihr Vermögen begründet. Der Auskunftsanspruch soll die geschiedenen Eheleute in die Lage versetzen, sich über die wirtschaftliche Situation des anderen zu informieren, um nach Möglichkeit einen Unterhaltsrechtsstreit zu vermeiden. Wenn dies nicht gelingt, soll der Unterhaltsberechtigte seinen Anspruch der Höhe nach richtig berechnen und der Unterhaltsverpflichtete begründete Einwendungen vorbringen können (BT-Drucks. 7/650, S. 172). Obwohl im Gesetz vom „geschiedenen" Ehegatten die Rede ist, sind Rechtsprechung 2 und Schrifttum darin einig, daß die Auskunftspflicht schon von der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an besteht (BGH FamRZ 82, 151; 82, 996, 997; OLG Düsseldorf FamRZ 80, 260, 261; KG FamRZ 81, 156; PalandtjDiederichsen, Rdn. 1). Der Anspruch kann im Verbund im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden. Über das Auskunftsbegehren ist dann vorab vor der Entscheidung über den Scheidungsantrag durch Teilurteil zu befinden (BGH FamRZ 82, 151). Die Auskunftsansprüche geschiedener Eheleute bestehen zwar wechselseitig; daraus 3 folgt aber nicht, daß sie Zug um Zug zu erfüllen sind oder der in Anspruch genommene Ehegatte ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann (OLG Bamberg FamRZ 85, 610, 611; OLG Köln FamRZ 87, 714; OLG München FamRZ 89, 284, 286; Schwab] Borth IV, Rdn. 520; HeissjHeiss, 6.4; a. A. im Fall des § 1379: OLG Stuttgart FamRZ 82, 282; zweifelnd auch Ermanj Dieckmann, Rdn. 3). Der Zweck des ZurückbehaltungsGerhard Griesche

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§ 1581 BGB

Scheidung der Ehe

rechts, den selbst anspruchsberechtigten Schuldner vor der Gefahr zu schützen, einseitig seine Leistung erbringen zu müssen, ohne die ihm zustehende Gegenleistung zu erhalten, rechtfertigt es nicht, für Auskunftsansprüche ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis zu begründen. Die Nachteile, die dem zuerst auf Auskunftserteilung in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten daraus erwachsen, daß er die Auskunft erteilt, ohne über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des anderen informiert zu sein, sind nicht gravierend, da die Auskunft die eigentliche Auseinandersetzung erst vorbereitet. 4

Der geschiedene Ehegatte braucht dann keine Auskunft zu erteilen, wenn unabhängig von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ein Unterhaltsanspruch gegen ihn nicht in Betracht kommt (BGH FamRZ 82, 996, 997; 83, 996). Allerdings kann die Frage, ob ein Unterhaltsanspruch überhaupt besteht, auch von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des in Anspruch genommenen Ehegatten abhängen; in diesem Fall wird die Auskunft geschuldet (BGH FamRZ 82, 1189, 1192). Deshalb schließt das Vorliegen eines der Tatbestände des § 1579 den Auskunftsanspruch im allgemeinen nicht aus; die gebotene Billigkeitsprüfung macht es erforderlich, sich über die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen zu unterrichten (BGH FamRZ 83, 996 ff; OLG Frankfurt FamRZ 88, 62).

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Nach § 1580 S. 1 ist nur über die Einkünfte und das Vermögen des geschiedenen Ehegatten Auskunft zu erteilen. Weitgehend wird indessen aus § 242 die Verpflichtung hergeleitet, auf Verlangen auch andere Umstände zu offenbaren, die für einen etwaigen Unterhaltsanspruch von Bedeutung sein können (OLG Schleswig FamRZ 82, 1018; OLG Braunschweig FamRZ 87, 284; Schwab\Borth IV, Rdn. 497; SoergeljHäberle, Rdn. 6; MüKo ¡Richter, Rdn. 5; Er man / Dieckmann, Rdn. 11). Hierzu gehört es z. B., daß der nach § 1572 anspruchsberechtigte Ehegatte den anderen über das Fortbestehen der Krankheit unterrichtet oder der, dem Unterhalt nach § 1573 Abs. 1 zusteht, Auskunft darüber erteilt, welche Bemühungen er entfaltet hat, eine Erwerbstätigkeit zu erlangen. Ebenso ist ein Unterhaltsgläubiger zur Auskunft darüber verpflichtet, ob und wie er das ihm zugeflossene Vermögen — etwa den Zugewinnausgleich — angelegt hat und welche Vermögenserträgnisse er erzielt (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 756).

6

Darüber hinaus kommt als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei Vorliegen besonderer Umstände auch eine Verpflichtung zur ungefragten Information des anderen Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses in Betracht, und zwar dann, wenn eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist und das Schweigen über diese Veränderung evident unredlich erscheint (BGH FamRZ 86, 794, 796; 88, 270, 271; OLG Hamburg FamRZ 87, 1044; OLG Düsseldorf FamRZ 88, 841, 842; vgl. auch Hoppen% FamRZ 89, 337 und Rdn. 30 zu § 1605).

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Hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der Auskunftspflicht wird in § 1580 S. 2 die entsprechende Anwendung des § 1605 angeordnet. Auf die Kommentierung dieser Bestimmung wird deshalb Bezug genommen.

§ 1581 BGB Unterhalt nach Leistungsfähigkeit Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefahrdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehe380

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§1581 BGB

Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

gatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Schrifttum Büttner Z u r M a n g e l v e r t e i l u n g i m U n t e r h a l t s r e c h t , N J W 87, 1855; ders. Viererlei M a ß — W i d e r s p r ü c h l i c h e B e m e s s u n g d e s E x i s t e n t m i n i m u m s bei Sozialhilfe, P f ä n d u n g , P r o z e ß k o s t e n h i l f e u n d n o t w e n d i g e m S e l b s t b e h a l t i m U n t e r h a l t s r e c h t , F a m R Z 90, 4 5 9 ; Christian D i e B e r e c h n u n g u n d G e l t e n d m a c h u n g d e s M a n g e l s i m U n t e r h a l t s r e c h t , D A V o r m 8 4 , 2 5 3 ; Delsenhof er "Der U n t e r h a l t des m i n d e r j ä h r i g e n K i n d e s b e i m M a n g e l f a l l , F a m R Z 87, 885; Dieckmann D e r S e l b s t b e h a l t — V e r s u c h e i n e r s y s t e m a t i s c h e n E i n o r d n u n g , B r ü h l e r S c h r i f t e n z u m F a m i l i e n r e c h t B d . 1, S. 41 ff; ders. Z u r B e s t i m m u n g d e s S e l b s t b e h a l t s a u s d e r Sicht d e s P r a k t i k e r s . . . E i n e E n t g e g n u n g , D A V o r m 7 9 , 5 5 3 ; Duder Stadt U n t e r h a l t s r e c h t l i c h e M a n g e l f a l l e , F a m R Z 87, 549; Graba Z u r U n t e r h a l t s b e r e c h n u n g i m M a n g e l f a l l , F a m R Z 89, 233; Kunkel U n t e r h a l t s r e c h t u n d S o z i a l r e c h t a u s d e r Sicht d e s F a m i l i e n r i c h t e r s , F a m R Z 9 1 , 1 4 ; Spangenberg D e r S e l b s t b e h a l t eines U n t e r h a l t s p f l i c h t i g e n g e g e n ü b e r d e m g e s c h i e d e n e n E h e g a t t e n , D A V o r m 84, 455; Wagner—Münch Beispiele f ü r M a n g e l f a l l - B e r e c h n u n g e n , D A V o r m 90, 915; Wejchardt Z u r Bes t i m m u n g des S e l b s t b e h a l t s a u s d e r Sicht d e s P r a k t i k e r s , D A V o r m 79, 321. Übersicht Rdn. I. Grundsätzliches . . . . — Ausgangspunkt des Gesetzes — Stufenweise Berechnung des Billigkeitsunterhalts

— Prozeßkostenhilferaten — Verbindlichkeiten bei Wiederzusammenleben der geschiedenen Ehegatten

II. Erwerbs- und Vermögens Verhältnisse 1. Allgemeines 2. Berücksichtigung von Steuervorteilen des Unterhaltspflichtigen — Splittingvorteil nach Wiederheirat — Wahl der Steuerklasse — Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte 3. Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit 4. Einsatz der Arbeitskraft — Umfang der Erwerbsobliegenheit — Folgen des Verlustes eines Arbeitsplatzes — Aufgabe des Arbeitsplatzes zwecks Betreuung minderjähriger Kinder — Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch Zusammenleben mit neuem Partner — Finanzielle Beiträge des Partners zur Miete 5. Gebrauchsvorteile durch Wohnen im eigenen Haus — Bei Alleineigentum des Unterhaltspflichtigen — Miteigentum der geschiedenen Eheleute 6. Berücksichtigung von Verbindlichkeiten — Allgemeines — Schulden zur Finanzierung des Zugewinnausgleichs — Schulden als Folge des Erwerbs des Miteigentumsanteils am Familienheim

III. Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts — Erhaltung des eigenen angemessenen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen — Billigkeitsanspruch als Folge der Gefahrdung des eigenen angemessenen Unterhalts — Kein Unterschreiten des notwendigen Selbstbehalts — Verschiedene Auffassungen zur bestimmung des Selbstbehalts

4 4 5 6, 7

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IV. Rechtsfolgen der Billigkeitserwägung — Notwendigkeit einer Überprüfung aller Faktoren unter dem Merkmal der Billigkeit — Einbeziehung von Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit . . . . — Gleichbehandlung von Berechtigtem und Verpflichtetem — Freiwillige Zuwendungen Dritter . . — Begrenzung der Anrechnung berufsbedingter Aufwendungen — Erwerbstätigen bonus — Individuelle Billigkeitsabwägung läßt keinen Hinweis auf regelmäßige Handhabung in Mangelfallen zu . . . — Notwendigkeit einer Bedarfsermittlung von Berechtigtem und Verpflichtetem auch bei Anwendung der Differenzmethode — Mangelfallberechnung V. Verwertung des Vermögensstamms . . .

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§ 1581 BGB

Scheidung der Ehe

I. Grundsätzliches 1

Der nach den §§ 1570 bis 1573, 1575, 1576 anspruchsberechtigte geschiedene Ehegatte, der seinen vollen Unterhalt nicht aus seinen Einkünften und aus seinem Vermögen bestreiten kann, kann den anderen nur dann zur Deckung seines Lebensbedarfs heranziehen, wenn und soweit dieser leistungsfähig ist. Dabei geht das Gesetz davon aus, daß der Unterhaltspflichtige grundsätzlich in der Lage ist, für den eheangemessenen Unterhalt des Berechtigten aufzukommen. In der Praxis ist dies indessen umgekehrt. Da die Trennung und Scheidung für beide Ehegatten fast immer mit Mehrkosten verbunden sind, reichen die vorhandenen Mittel meist nicht aus, um sowohl den vollen Unterhalt des Berechtigten im Sinn von § 1578 Abs. 1 S. 1 als auch den eigenen angemessenen Unterhalt des Pflichtigen zu sichern. Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es in § 1581 bestimmt, daß sich bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit der Anspruch in einen Billigkeitsanspruch umwandelt.

2

Die Bemessung des Unterhalts nach Billigkeitsgrundsätzen ist stufenweise vorzunehmen (BGH FamRZ 79, 692, 693; 83, 678, 679). Zunächst ist festzustellen, welche finanziellen Mittel dem Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehen. Danach ist der den ehelichen Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehegatten entsprechende volle Unterhalt des Unterhaltsberechtigten zu ermitteln (§ 1578 Abs. 1 S. 1). Auf derselben Stufe ist zu errechnen, was unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen der Unterhaltsschuldner zur Bestreitung seines eigenen angemessenen Unterhalts benötigt. Bei diesen Feststellungen ist für Billigkeitserwägungen — abgesehen von der in § 1581 S. 2 vorgesehenen Prüfung, ob der Stamm des Vermögens zu verwerten ist — kein Raum (SoergeljHäberle, Rdn. 3; MüKo¡Richter, Rdn. 3; Ermanj Dieckmann, Rdn. 3). Erst wenn feststeht, daß bei voller Befriedigung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten eine Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts des Unterhaltspflichtigen eintritt, findet in einer zweiten Berechnungsstufe eine Anpassung des Unterhaltsanspruchs an die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen nach Billigkeitsgrundsätzen statt (BGH FamRZ 83, 678, 679).

II. Erwerbs- und Vermögensverhältnisse 3

4

1. Allgemeines Die Frage, ob der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist, richtet sich nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verbindlichkeiten. Bei der Feststellung der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse gelten dieselben Grundsätze wie im Verwandtenunterhaltsrecht. Es kann daher im wesentlichen auf die Kommentierung der Vorschrift des § 1603 verwiesen werden. Nur einige Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im nachehelichen Unterhaltsrecht eine besondere Rolle spielen, sollen noch zusätzlich erläutert werden. 2. Berücksichtigung von Steuervorteilen des Unterhaltspflichtigen Zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen gehören Steuervorteile, die ihm nach der Scheidung zufließen, auch soweit sie mit der geschiedenen Ehe nichts mehr zu tun haben. Insbesondere verbleibt der Splittingvorteil, der dem Unterhaltspflichtigen nach einer Wiederheirat zugute kommt, nicht der neuen Familie, sondern er rechnet zum unterhaltspflichtigen Einkommen (BGH FamRZ 80, 984, 985; 85, 911). Diese Rechtsprechung des BGH ist zwar im Schrifttum auf Kritik gestoßen {ErmanjDieckmann, Rdn. 6; Weycbardt FamRZ 88, 930); für die Praxis ist die Frage aber als geklärt anzusehen. 382

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§ 1581 BGB

Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

Geht der neue Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nach, so ist der Unterhaltspflichtige 5 nicht daran gehindert, sein Einkommen nach der Steuerklasse IV versteuern zu lassen, und zwar auch dann nicht, wenn sein Einkommen höher ist als das des jetzigen Ehegatten (OLG Koblenz FamRZ 88, 402, 403; OLG Köln FamRZ 89, 65; Soergel\Häberle, Rdn. 8; KalthoenerjBüttner, Rdn. 779). Läßt sich der geschiedene Ehegatte allerdings in die Steuerklasse V einstufen, um damit seinem Ehepartner den Splittingvorteil nach Steuerklasse III zu verschaffen, so braucht dies der Unterhaltsberechtigte nicht hinzunehmen. Die vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer ist in diesem Fall durch einen Abschlag zu korrigieren, durch den die mit der Einreihung in die Steuerklasse V verbundene Einkommensverringerung möglichst ausgeglichen wird {KalthoenerjButtner, Rdn. 781). Aus der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit, in zumutbarem Rahmen Steuervorteile 6 wahrzunehmen (vgl. KalthoenerjBüttner, Rdn. 774), wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung verbreitet die Auffassung hergeleitet, daß der Unterhaltspflichtige gehalten sei, während des laufenden Steuerjahres alle in Betracht kommenden Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen (OLG Hamburg FamRZ 85, 1142; OLG Bamberg, 2. ZS FamRZ 87, 1031; OLG Düsseldorf FamRZ 87, 1259, 1260; OLG Frankfurt FamRZ 90, 62, 64; Schwab\Borth IV, Rdn. 553). Einzuräumen ist, daß eine andere Handhabung häufig dazu führen wird, daß der Unterhaltsberechtigte nicht anteilig an den Steuervorteilen partizipiert, da er sich einmal rechtzeitig über die Höhe der aufgrund eines Lohnsteuerjahresausgleichs oder einer steuerlichen Veranlagung gezahlten Steuererstattungsbeträge informieren und außerdem Abänderungsklage erheben muß (so insbesondere OLG Frankfurt FamRZ 90, 62, 64). Andererseits darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß die steuerlichen Verhältnisse häufig so komplex gestaltet sind, daß ein Herausgreifen bestimmter Freibeträge der Gesamtsituation nicht gerecht wird. Keinesfalls kann von dem Unterhaltspflichtigen gefordert werden, durch den Antrag auf Eintragung von Freibeträgen gemäß § 39 a Abs. 1 EStG die steuerliche Veranlagung gewissermaßen vorwegzunehmen (so im Ergebnis aber OLG Hamburg FamRZ 85, 1142; OLG Bamberg FamRZ 87, 1031). Eine besondere Rolle spielt das Problem der Eintragung von Freibeträgen auf der 7 Lohnsteuerkarte im Zusammenhang mit dem sogenannten begrenzten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 EStG. Überwiegend wird auch insofern eine entsprechende Obliegenheit befürwortet (vgl. die vorstehenden Zitate). Verletzt der Unterhaltspflichtige diese Obliegenheit, soll er sich so behandeln lassen müssen, als ob er die Steuervorteile tatsächlich in Anspruch genommen hätte. Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Einmal spricht dagegen der Umstand, daß im Unterhaltsrechtsstreit zwischen geschiedenen Ehegatten meist noch gar nicht feststeht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Inanspruchgenommene Unterhalt schuldet. Zumindest in diesen Fällen kommt die Eintragung eines Freibetrages von vornherein nicht in Betracht (OLG Koblenz FamRZ 88, 402, 403). Außerdem ist ein so weitreichender Eingriff in die Rechte des Unterhaltspflichtigen, seine steuerrechtlichen Belange nach seinen eigenen Einschätzungen vorzunehmen, nicht zu rechtfertigen. Bei der Komplexität des Steuerrechts läßt sich vor Beginn eines Steuerjahres häufig nicht überblicken, inwieweit ein Steuervorteil, der sich zunächst einmal anzubieten scheint, durch andere Faktoren aufgehoben wird. Der Unterhaltspflichtige kann durchaus gute Gründe haben, von der Eintragung eines Freibetrages Abstand zu nehmen, um später auf ihn zukommende Steuernachzahlungen zu vermeiden (OLG Bamberg, 7. ZS FamRZ 88, 727, 728). Dem braucht er sich nicht auszusetzen. Eine fiktive Einkommensberechnung auf der Basis der unterbliebenen Eintragung des begrenzten Realsplittings auf der Steuerkarte muß mit Sicherheit zu Gerhard Griesche

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§ 1581 BGB

Scheidung der Ehe

Ergebnissen führen, die dem tatsächlichen Nettoeinkommen nicht entsprechen. Es besteht daher kein Grund, in diesem Punkt von der Rechtsprechung des BGH, nach der Steuervorteile erst dann dem Einkommen zuzurechnen sind, wenn sie tatsächlich anfallen (FamRZ 80, 984; 85, 911 f; 86, 798; 88, 486; 88, 817 f) abzugehen.

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3. Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit Geht der Unterhaltspflichtige einer Erwerbstätigkeit nach, die ihm ganz oder teilweise nicht zuzumuten ist, so will der BGH im allgemeinen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden, ob und in welcher H ö h e das Einkommen g l e i c h w o h l als Unterhalts rechtlich relevant anzusehen

ist (FamRZ 79, 210, 211; 80, 984; 83, 152, 153; 85, 360, 362). Diesen Ausgangspunkt läßt der BGH auch in den Fällen gelten, in denen der berufstätige Ehegatte, der schon vor der Scheidung eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, diese neben der Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder fortsetzt. Er meint aber, daß es mit Treu und Glauben vereinbar sei, das neben der Kindererziehung erzielte Einkommen der Berechnung von Unterhaltsansprüchen des anderen geschiedenen Ehegatten in vollem Umfang zugrunde zu legen; nur solche Beträge seien abzusetzen, die für die infolge der Berufstätigkeit notwendige anderweite Betreuung der Kinder aufgebracht werden mußten (FamRZ 82, 779, 780). Im Gegensatz hierzu wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch die Ansicht vertreten, daß das neben der Kinderbetreuung erzielte Einkommen teilweise außer Ansatz bleiben müsse (KG FamRZ 81, 869, 870; 82, 386, 387 f; OLG Hamm FamRZ 80, 255; OLG Köln FamRZ 84, 1108, 1109). Der obergerichtlichen Rechtsprechung ist der Vorzug zu geben. Der betreuende Elternteil — in den entschiedenen Fällen handelte es sich stets um den Vater —, der neben der Kindesbetreuung einer vollen Erwerbstätigkeit nachgeht, ist, jedenfalls, wenn er nicht auf die Hilfe Verwandter oder anderer Betreuungspersonen zurückgreifen kann, einer Doppelbelastung ausgesetzt, die es als treuwidrig erscheinen läßt, sein Einkommen bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs des anderen Ehegatten voll zu berücksichtigen. Es ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, dem Umstand, daß der voll berufstätige alleinerziehende Vater überobligationsmäßig erwerbstätig ist, nicht Rechnung zu tragen. Allerdings ist der in der obergerichtlichen Rechtsprechung befürwortete Ansatz der Hälfte des Nettoeinkommens (KG FamRZ 81, 869, 870; 82, 386, 387 f) zu schematisch. Richtiger ist es, einen Pauschalbetrag außer Ansatz zu lassen, der der Höhe nach variiert und damit den Umständen des Einzelfalles gerecht wird. Bemerkenswert ist, daß auch der BGH in anderen Entscheidungen den Abzug pauschaler Freibeträge vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen durch das OLG unbeanstandet gelassen hat, ohne auf den Widerspruch zu dem oben zitierten Urteil einzugehen (FamRZ 86, 790, 791; Urteil vom 29.6.1983 - IV b ZR 379/81, zitiert bei Lohmann S. 136; ebenso Kalthoener\Büttner, Rdn. 868; siehe auch PalandtjDiederichsen, Rdn. 9). 4. Einsatz der Arbeitskraft 9 Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch sein tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGH FamRZ 80, 43; 84, 374, 377; 87, 252, 253). Er hat seine Arbeitskraft nach seinen Fähigkeiten in zumutbarer Weise bestmöglich einzusetzen. Dabei hat er auch einen Berufs- oder Ortswechsel in Kauf zu nehmen, wenn er auf diese Weise seine Chancen im Erwerbsleben verbessern kann. Dies gilt nicht nur gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger unverheirateter Kinder, sondern auch im Verhältnis zu seinem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten (BGH FamRZ 81, 539, 540; 384

Gerhard Griesche

§ 1581 BGB

Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

KG FamRZ 84, 592; MüKo¡Richter, Rdn. 5; Soergel\Häberle, Rdn. 6). Kommt er dem nicht nach, so hat er sich fiktiv das anrechnen zu lassen, was er bei optimaler Ausnutzung seiner Arbeitskraft verdienen könnte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rdn. 52 — 56 zu § 1603 Bezug genommen. Die Folgen unzureichender Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit sind nicht gleichzu- 1 0 setzen mit dem Verlust der Stellung aufgrund äußerer Geschehnisse, etwa infolge Kündigung durch den Arbeitgeber. Die auf diese Weise eintretende Leistungsunfähigkeit ist grundsätzlich zu beachten, da das nacheheliche Unterhaltsrecht in Bezug auf die Leistungsfähigkeit eine dem § 1579 Nr. 3 entsprechende Bestimmung nicht enthält. Deshalb ist selbst der aufgrund eigener Kündigung herbeigeführte Zustand der Leistungsunfähigkeit unterhaltsrechtlich relevant (BGH FamRZ 85, 158, 159 f; 87, 930, 933; 88, 597, 599). Das führt indessen nicht dazu, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte den Pflichtigen in solchen Fällen stets nicht auf Unterhalt in Anspruch nehmen kann. Der Unterhaltspflichtige kann sich auf die allein oder mitverschuldete Leistungsunfähigkeit nicht berufen, wenn hierin ein Verstoß gegen Treu und Glauben zu erblicken ist. Im einzelnen wird insofern auf die Rdn. 58—65 zu § 1603 Bezug genommen. Wird ein wiederverheirateter unterhaltspflichtiger geschiedener Ehegatte dadurch lei- 11 stungsunfähig, daß er seinen Arbeitsplatz aufgibt, um sich der Pflege und Erziehung der aus der zweiten Ehe hervorgegangenen minderjährigen unverheirateten Kinder widmen zu können, so kann er dies dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten nicht ohne weiteres entgegenhalten. Das hat der BGH zunächst im Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder entwickelt und aus der Gleichrangigkeit der Unterhaltsansprüche der Kinder aus beiden Verbindungen hergeleitet (FamRZ 81, 43, 44; 82, 25, 26; 82, 590, 591; 84, 374 ff). Später hat er diese Grundsätze dann aber auch auf die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsschuldners gegenüber seinem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten ausgedehnt und dabei ebenso auf die sich aus § 1609 ergebende Gleichrangigkeit der Ansprüche minderjähriger Kinder und des geschiedenen Ehegatten hingewiesen (BGH FamRZ 87, 252, 253 f). Der entstehende Konflikt ist nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten unter Heranziehung der Regeln der Unterhalts rechtlichen Rangfolge zu lösen. Ob sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen dadurch erhöht, daß er mit 1 2 einem neuen Partner zusammenlebt und von diesem Versorgungsleistungen empfängt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nur wenig erörtert; überwiegend sind nur die Auswirkungen einer solchen Beziehung auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten Gegenstand von Stellungnahmen in Rechtsprechung und Schrifttum. Soweit das Problem abgehandelt wird, wird eine Anhebung der Leistungsfähigkeit verneint (OLG München FamRZ 84, 173, 175; OLG Hamm FamRZ 89, 1305; Goppinger\Weni, Rdn. 87; a. A. KalthoenerjBüttner, Rdn. 682). Der überwiegend vertretenen Meinung ist jedenfalls im Grundsatz zu folgen. Es kann schon rein tatsächlich nicht davon ausgegangen werden, daß der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte — meist der Mann —, der einer vollen Erwerbstätigkeit nachgeht, einer in seinen Haushalt aufgenommenen Lebensgefährtin Versorgungs- und Betreuungsleistungen erbringt, denen in Anwendung des sich aus § 850 h Abs. 2 ZPO ergebenden Rechtsgedankens Entgeltcharakter zukommt. Seine Leistungsfähigkeit erhöht sich jedenfalls nicht. Eine andere Beurteilung kann geboten sein, wenn der in die Wohnung aufgenommene 1 3 Lebensgefährte rein tatsächlich zu den Wohn- und Wohnnebenkosten finanzielle Beiträge zusteuert; denn insoweit wird der Unterhaltspflichtige entlastet und seine Leistungsfähigkeit gesteigert. Wird dagegen ein Mietzuschuß nicht entrichtet, kommt der Ansatz eines fiktiven Mietbetrages nur in Betracht, wenn die Größe und der Zuschnitt Gerhard Griesche

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der Wohnung ein Mitbewohnen oder eine Untervermietung als zumutbar erscheinen lassen {Kalthoenerj Büttner, Rdn. 704). Bei der Aufnahme einer Lebensgefährtin in eine 2-Zimmer-Wohnung kann dies nicht angenommen werden (OLG München FamRZ 84, 173, 175). Ebenso ist die Überlassung von Wohnraum durch den Unterhaltspflichtigen an volljährige Kinder nicht stets ein Grund für den Ansatz einer fiktiven Miete, so etwa wenn sich der Volljährige noch in der Ausbildung befindet und über geringfügige Einkünfte verfügt. Anders kann es bei unentgeltlicher Wohnraumüberlassung an vollverdienende erwachsene Kinder zu handhaben sein {KalthoenerjBüttner, Rdn. 603).

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5. Gebrauchsvorteile durch Wohnen im eigenen Haus Auch bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stellt sich gelegentlich die Frage, wie sich Gebrauchsvorteile, die ihm durch das Wohnen im eigenen Haus zufließen, nach Rechtskraft der Scheidung auswirken. Steht das frühere Familienheim im Alleineigentum des Unterhaltspflichtigen, so ist der Wohnwert seinem Vermögen hinzuzurechnen, wenn er das Haus oder die Eigentumswohnung allein weiterbewohnt. Hinsichtlich der Grundstücksunkosten und -lasten sowie in Bezug auf das Verhältnis zwischen objektivem und unterhaltsrechtlich relevantem Wohnwert gelten dabei dieselben Erwägungen wie im Fall der Folgen für die Beurteilung der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten, der das ihm gehörende Haus als eigene Wohnung beibehält. Auf die Rdn. 50 bis 54 zu § 1577 wird daher verwiesen. Gehört das vom Unterhaltspflichtigen bewohnte Haus noch beiden geschiedenen Eheleuten, so kann jeder gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen, da sich die der gemeinschaftlichen Nutzung zugrundeliegenden Verhältnisse entscheidend geändert haben (BGH FamRZ 82, 355, 356; 83, 795, 796; 86, 434, 435). Diese Neuregelung kann so aussehen, daß der nicht mehr im Haus wohnende Ehegatte gegen den anderen eine Klage auf Zahlung eines angemessenen Nutzungsentgelts erhebt; hierdurch wird in der Regel ein Mietverhältnis begründet (BGH FamRZ 82, 355, 356). Da nach Rechtskraft der Scheidung keine Notwendigkeit zur Beibehaltung der Ehewohnung mehr besteht, kann auch eine Verwertung des Hauses im Wege des freihändigen Verkaufs oder der Aufhebung der Gemeinschaft gefordert werden. Bis zur Durchsetzung einer solchen Regelung ist dem Umstand, daß der Unterhaltspflichtige die Wohnung weiter bewohnt, in der Weise Rechnung zu tragen, daß die ihm zufließenden Gebrauchsvorteile bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit voll erfaßt werden (OLG Düsseldorf FamRZ 87, 833).

6. Berücksichtigung von Verbindlichkeiten 16 Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist unter Berücksichtigung seiner „sonstigen Verbindlichkeiten" zu prüfen. Im Schrifttum wird mehrheitlich angenommen, daß — anders als bei der insofern gleichlautenden Vorschrift des § 1603 Abs. 1 — zunächst alle Schulden generell zu beachten seien und erst im Rahmen der Billigkeitsprüfung abzuwägen sei, inwieweit eine die Leistungsfähigeit beeinträchtigende Wirkung von Verbindlichkeiten anzuerkennen sei ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 11; MüKo¡Richter, Rdn. 9; Schwab 1. Aufl., Rdn. 342). Im Hinblick auf den insoweit übereinstimmenden Wortlaut von § 1581 S. 1 und § 1603 Abs. 1 ist der Auffassung der Vorzug zu geben, die schon bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit zwischen berücksichtigungswürdigen und nicht berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten differenziert {ErmanjDieckmann, Rdn. 12; PalandtjDiederichsen, Rdn. 11). Deshalb kann im wesentlichen auf die Rdn. 95—110 zu § 1603 Bezug genommen werden, unter denen die Grundsätze, die bei 386

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Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

der Frage nach der Berücksichtigung von Schulden zu beachten sind, umfassend dargestellt worden sind. Nur einige Besonderheiten, die lediglich im nachehelichen Unterhaltsrecht eine Rolle spielen, bedürfen einer zusätzlichen Erörterung. Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob Kreditraten, die der unterhaltspflichtige 1 7 Ehegatte auf sich nehmen mußte, um den von ihm zu zahlenden Zugewinnausgleich finanzieren zu können, zu den berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten gehören (bejahend: OLG Hamm FamRZ 85, 483, 484; verneinend: OLG Hamburg FamRZ 86, 1212, 1213; PalandtjDiederichsen, Rdn. 11; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 44 vor § 1581). Der ersteren Auffassung ist der Vorzug zu geben. Zwar ist nicht zu verkennen, daß auf diese Weise der ausgleichsberechtigte Ehegatte in Form einer Verringerung seines Unterhalts zur Finanzierung des Zugewinnausgleichs beiträgt. Entscheidend ist aber, daß es sich um eine für den Unterhaltspflichtigen unvermeidbare Verbindlichkeit handelt, die seine Leistungsfähigkeit anhaltend erheblich herabsetzen kann. Dies kann nicht unbeachtlich bleiben. Erwirbt der unterhaltspflichtige Ehegatte den Grundstücksanteil eines vorher beiden 1 8 Partnern gehörenden Eigenheims, so mindern die hieraus resultierenden Verbindlichkeiten seine Leistungsfähigkeit nicht (OLG Stuttgart FamRZ 84, 1105, 1107). Nach dem Scheitern des gemeinsamen Lebensplans führt der Erwerb der dem anderen Ehegatten früher gehörenden Grundstückshälfte ebenso zur Vermögensbildung wie dies beim Kauf von Immobilien auch sonst der Fall ist. Wird dem Unterhaltspflichtigen im Scheidungsverfahren Prozeßkostenhilfe nur unter 1 9 Auferlegung von Raten bewilligt, so mindern diese Raten seine Leistungsfähigkeit, wenn der andere Ehegatte die Folgesache nachehelichen Unterhalt anhängig macht. Dasselbe gilt, wenn nachehelicher Unterhalt in einem isolierten Verfahren nach Rechtskraft der Scheidung gefordert wird (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 202 und FamRZ 88, 400, 401; Schwab!Borth IV, Rdn. 789; HeissjHeiss, 3.65; Hoppenz FamRZ 87, 324, 326; einschränkend: Kalthoener!Büttner, Rdn. 921). Ebenso sind monatliche Zahlungen auf einen Prozeßkostenvorschuß für das Scheidungsverfahren zu behandeln (KG FamRZ 88, 720, 722). Leben geschiedene Ehegatten wieder zusammen, so können Verbindlichkeiten, die der 2 0 Unterhaltspflichtige während dieser Zeit im Einvernehmen mit dem anderen eingeht, seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, wenn es dann wieder zur Trennung kommt und nachehelichen Unterhalt beansprucht wird (OLG Hamm FamRZ 84, 283, 284). III. G e f ä h r d u n g des eigenen a n g e m e s s e n e n Unterhalts Der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Gewährung des vollen Unterhalts nach 21 den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1) erfahrt eine Einschränkung, wenn dadurch eine „Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts" des Unterhaltspflichtigen eintreten würde. Vor allem im Hinblick auf den weitgehend gleichen Wortlaut in § 1603 Abs. 1 („ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts") wird in Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil die Auffassung vertreten, bei der Bestimmung dieses Begriffs sei ein genereller Maßstab in der Weise anzulegen, daß dem Verpflichteten der sogenannte große Selbstbehalt verbleiben müsse (OLG Frankfurt FamRZ 78, 433; 84, 282; 84, 593; JohannsenjHenrichj Voelskow, Rdn. 3; Kunkel DAVorm 88, 641, 655; Weychardt DAVorm 79, 328 ff und DAVorm 84, 81 ff). Auch den unterhaltsrechtlichen Leitlinien mehrerer Oberlandesgerichte liegt diese Erwägung zugrunde (OLG Schleswig FamRZ 89, 22, 25, D 2; OLG Oldenburg FamRZ 90, 355, 359 VI 1). Demgegenüber steht das Schrifttum mehrheitlich auf dem Standpunkt, daß der angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen — ebenso wie der des Berechtigten — nach den ehelichen Gerhard Griesche

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Lebensverhältnissen zu ermitteln sei (SoergeljHäberle, Rdn. 12; Ermanj Dieckmann, Rdn. 14; Schwab\Borth IV, Rdn. 752; Göppinger\Wenz, Rdn. 1212; Hamptl FamRZ 89, 113, 115). Der BGH hat zu dem Problem längere Zeit hindurch nur beiläufig Stellung genommen und sich dabei unterschiedlich geäußert (FamRZ 83, 678, 679; 84, 358, 360; 85, 782, 785 einerseits, FamRZ 87, 916, 917; 88, 265, 267; 88, 705, 708 andererseits). In seinem Grundsatzurteil vom 18.10.1989 (FamRZ 90, 260, 263 ff) hat er sich dafür ausgesprochen, den eigenen angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 mit dem eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 gleichzusetzen. Dem ist zuzustimmen. Die Vorschriften der §§ 1578 und 1581 müssen im Zusammenhang gesehen werden. Der Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der geschiedenen Eheleute macht es erforderlich, bei der Bestimmung des angemessenen Unterhalts beider denselben Maßstab anzulegen. 22

Diese Auslegung der Vorschrift des § 1581 S. 1 führt allerdings dazu, daß in der Mehrzahl der Fälle das zu verteilende Einkommen nicht ausreicht, um beiden geschiedenen Ehegatten den eheangemessenen Unterhalt zuzubilligen; auch der BGH hat dies nicht verkannt (FamRZ 90, 260, 264). Haben die Ehegatten das gemeinsame Einkommen während des Zusammenlebens im wesentlichen verbraucht, ohne Vermögen zu bilden, so unterliegt schon deshalb der Unterhalt nach der Scheidung Einschränkungen, weil auf beiden Seiten meistens trennungsbedingter Mehrbedarf auftreten wird, für den zusätzliche Mittel benötigt werden würden. Nur wenn die Eheleute vor der Trennung im größeren Umfang Vermögensbildung betrieben haben oder wenn infolge der Aufnahme einer zuvor nicht ausgeübten Erwerbstätigkeit durch einen der Ehegatten zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen, kommt eine Deckung des angemessenen Unterhalts von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltspflichtigem in Betracht.

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Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um den eheangemessenen Unterhalt — einschließlich trennungsbedingtem Mehrbedarfs — beider geschiedener Ehegatten zu decken, so braucht der Unterhaltspflichtige nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es der Billigkeit entspricht. Der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf den vollen Unterhalt verwandelt sich also in einen Billigkeitsanspruch, dessen Umfang im Einzelfall unter Abwägung der den geschiedenen Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel und ihrer Bedürfnisse individuell zu ermitteln ist (BGH FamRZ 90, 260, 265). 24 Der Umstand, daß § 1581 S. 1 es dem gegenüber einem geschiedenen Gatten Unterhaltspflichtigen nicht ermöglicht, seinen „angemessenen Unterhalt" im Sinne von § 1603 Abs. 1 zu verteidigen, hat indessen nicht zur Folge, daß er über jede Opfergrenze hinaus in Anspruch genommen werden kann. Denn es entspricht nicht der Billigkeit, im Fall besonders geringer Einkünfte des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen, diesen ebenso wie den Unterhaltsberechtigten auf die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verweisen. Insoweit besteht auch kein Streit in Rechtsprechung und Schrifttum. 25

Dagegen war es zumindest bis zur Entscheidung des BGH zur Auslegung des § 1581 S. 1 (FamRZ 90, 260, 263 ff) umstritten, wie der Selbstbehalt eines geschiedenen Ehegatten zu bestimmen ist. Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte enthalten hinsichtlich des Selbstbehalts des geschiedenen Ehegatten Regelungen, die stark voneinander abweichen. Mehrheitlich wird — ausgehend von der Düsseldorfer Tabelle — angenommen, daß die Billigkeitsabwägung im Einzelfall dazu führen könne, den Unterhaltspflichtigen auch beim nachehelichen Unterhalt auf das Existenzminimum im Sinne von § 1603 Abs. 2 zu verweisen (vgl. im einzelnen: Kalthoenerj Büttner, Rdn. 41). Zum Teil wird dieses Ergebnis nur dann für gerechtfertigt gehalten, wenn der geschiedene Ehegatte mit minderjährigen Kindern zusammenlebt (OLG Hamm FamRZ 88, 1017, 1020 III Nr. 33; OLG München FamRZ 88, 1021, 1024, IV.l). Der BGH ist dem zu Recht nicht gefolgt und hat den Ansatz des notwendigen Selbstbehalts als Opfergrenze 388

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Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

im Sinne von § 1581 S. 1 für den Regelfall verworfen (FamRZ 90, 260, 265 = J R 90, 371 mit Anm. von Böhmer). Die unterhaltsrechtliche Gleichbehandlung von minderjährigen Kindern und geschiedenen Ehegatten bei der Festlegung des Selbstbehalts wird weder dem unterschiedlichen Wortlaut der Vorschriften der §§ 1581 S. 1, 1603 Abs. 2 noch dem Regelungszweck des § 1603 Abs. 2 gerecht. Minderjährige Kinder haben schon aufgrund ihres Alters von vornherein nicht die Möglichkeit, durch eigene Anstrengungen etwas zur Deckung ihres Lebensunterhalts beizutragen (BGH FamRZ 86, 254, 257); sie sind daher besonders schutzwürdig. Entsprechendes gilt für unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatten nur dann, wenn sie im Einzelfall ähnlich hilflos und bedürftig sind wie ein minderjähriges Kind; in einem solchen Ausnahmefall entspricht es der Billigkeit, den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten bis zur Opfergrenze des notwendigen Selbstbehalts in Anspruch zu nehmen (BGH FamRZ 90, 260, 265). Einige Oberlandesgerichte nehmen gegenüber dem Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten einen Selbstbehalt an, der zwischen notwendigem und angemessenem Selbstbehalt liegt (OLG Celle FamRZ 88, 1238, 1240, IV 3: 1250 DM; K G FamRZ 89, 248, 251, D IV: 1300 DM; zustimmend MüKoIRichter, Rdn. 21). Diese Lösung hat den Vorteil, daß sie einerseits dem unterschiedlichen Wortlaut und Zweck der §§ 1581, 1603 Rechnung trägt, andererseits die Berechnung des Unterhaltsanspruchs mehrerer Unterhaltsberechtigter im Mangelfall kalkulierbar macht (vgl. K G FamRZ 79, 926, 928 und FamRZ 81, 869, 871; OLG Oldenburg FamRZ 80, 53). Der BGH hat indessen zu Recht auch diese Ansicht nicht gebilligt (FamRZ 90, 260, 265). Die Annahme eines festen Betrages als „Billigkeitsunterhalt" läßt keinen ausreichenden Raum für eine Einzelabwägung, die den Besonderheiten des konkreten Falles Rechnung trägt (ebenso: Schwab/Borth IV, Rdn. 754; PalandtjDiederichsen, Rdn. 24; Büttner NJW 87, 1855, 1858; Mutschier FamRZ 82, 105). Es ist zu hoffen, daß die Instanzgerichte die neue Rechtsprechung des BGH „annehmen" und nicht aus Gründen der Voraussehbarkeit der Entscheidung an festen Selbstbehaltssätzen festhalten. Zu Recht verweisen Palandtj Diederichsen (aaO) darauf, daß die bisherige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum Selbstbehalt als weitgehend überholt anzusehen ist. Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte sollten der neuen Rechtsprechung des BGH angepaßt werden (vgl. z. B. OLG Hamburg FamRZ 91, 953, 954).

IV. Rechtsfolgen der Billigkeitsabwägung Ergibt die Prüfung im Einzelfall, daß der Verpflichtete den vollen Unterhalt im Sinn 26 von § 1578 Abs. 1 S. 1 nur bei Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts aufbringen kann, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Dies bedeutet einmal, daß alle bei der Ermittlung der Anspruchsberechtigung nach den §§ 1570 bis 1575 sowie der Bemessung des vollen Unterhalts erörterten Faktoren daraufhin überprüft werden müssen, ob die Mangellage eine Verschärfung der Anforderungen an den Berechtigten notwendig macht (SoergeljHäherle, Rdn. 15). Dies gilt auch im Fall des § 1570 (BGH FamRZ 83, 569, 571; 87, 46, 47); zu erwägen ist die Obliegenheit zur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung auch bei Betreuung kleinerer Kinder oder zur verstärkten Bemühung um eine Heimarbeit. Die zeitweise Beaufsichtung der Kinder durch Dritte wird in Mangelfällen eher in Betracht gezogen werden müssen. Allerdings ist stets darauf zu achten, daß die Interessen des zu betreuenden Kindes nicht vernachlässigt werden dürfen (BGH FamRZ 83, 569, 571; SoergeljHäherle aaO). In die Billigkeitserwägung ist die Frage einzubeziehen, ob Einkünfte des Unterhalts- 2 7 berechtigten aus unzumutbarer Tätigkeit über das in § 1577 Abs. 2 vorgesehene Maß Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

hinaus auf den Bedarf angerechnet werden müssen (BGH FamRZ 83, 146, 148). Ebenso kann der Unterhaltsberechtigte sich nicht darauf beschränken, sich um angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 Abs. 2 zu bemühen (MüKo/Richter, Rdn. 15; SoergeljHäberle, Rdn. 15; Ermanj Dieckmann, Rdn. 16; a. A.: R G R K j C u n j , Rdn. 8). Hat der Berechtigte eine Ausbildung aufgenommen, die nicht zur Sicherung einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich war, so kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1581 ein Wegfall oder eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kommen (BGH FamRZ 85, 782, 785). 28 Zu beachten ist immer, daß Belastungen und Einschränkungen beide geschiedene Ehegatten gleichmäßig treffen sollten. Auch dem Unterhaltspflichtigen ist es zuzumuten, im Rahmen des Möglichen zusätzliche Arbeiten zu übernehmen, wie z. B. das Austragen von Zeitungen oder das Verteilen von Werbematerial (MüKo/Richter, Rdn. 15). Dabei darf allerdings nicht aus den Augen verloren werden, daß jede Anforderung ihre Grenze an der Erhaltung der Arbeitskraft findet ( R G R K j C u n y , Rdn. 7). 29 Billigkeitserwägungen gebieten es ferner, freiwillige Zuwendungen Dritter — abweichend vom Regelfall — ganz oder teilweise auf den Bedarf anzurechnen ( S o e r g e l j Haberle, Rdn. 16; MüKo ¡Richter, Rdn. 13; RGRK ¡Cunj, Rdn. 10). Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners kann dazu führen, daß nicht alle Bedürfnisse des Berechtigten befriedigt werden können. Dem laufenden Unterhalt ist im Verhältnis zum Vorsorgeunterhalt der Vorrang einzuräumen (BGH FamRZ 81, 442, 445). Zu den elementaren Bedürfnissen gehören die Kosten einer angemessenen Krankheitsvorsorge (MüKoIRichter, Rdn. 14). 30

Auf Seiten des Unterhaltspflichtigen kann eine Begrenzung bei der Anerkennung berufsbedingter Aufwendungen in Betracht kommen, wenn diese nicht in Form einer Pauschale, sondern konkret geltend gemacht werden. Dem Unterhaltspflichtigen wird es zuzumuten sein, auf ein Kraftfahrzeug zu verzichten und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wenn die Arbeitsstelle ohne größere Beeinträchtigung auch auf diese Weise erreicht werden kann (SoergeljHäherle, Rdn. 16; MüKo j Richter, Rdn. 14). 31 Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist auch abzuwägen, inwieweit dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen eine die Hälfte des Erwerbseinkommens übersteigende Quote belassen werden kann, um den mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand auszugleichen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen (SoergeljHäberle, Rdn. 16; Hampel FamRZ 89, 113, 116). Der gegenteiligen Auffassung des BGH, der die Quotenregelung bereits bei der Bemessung des vollen Unterhalts im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 berücksichtigt (vgl. FamRZ 88, 265, 267 und seitdem ständige Rechtsprechung; auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zutreffend: OLG Düsseldorf FamRZ 90, 1364, 1365, das bei der Bedarfsbestimmung des Unterhaltspflichtigen eine Quote von 4/7 in Ansatz bringt), kann nicht gefolgt werden. Im einzelnen wird auf die Ausführungen unter Rdn. 46 zu § 1578 verwiesen. Da die Quotenregelung auf Billigkeitserwägungen beruht, ist der Richter relativ frei bei der Bemessung der Höhe der Quote; so ist es z. B. unbedenklich, daß die Rechtsprechung den Erwerbstätigenbonus zwar überwiegend auf 1/7 festsetzt, zum Teil aber auch noch an der Aufteilung des Einkommens im Verhältnis von 3/5 zu 2/5 festhält (anders insofern: KalthoenerjBüttner NJW 91, 398, 401 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH FamRZ 90, 979 und FamRZ 90, 1085; insofern wird auf die Rdn. 46 zu § 1578 Bezug genommen). 32

Die gesetzlich vorgeschriebene individuelle Billigkeitsabwägung darf nicht durch einen Hinweis auf eine regelmäßige Handhabung in Mangelfallen ersetzt werden. Eine vom Tatrichter nach Billigkeitsgesichtspunkten getroffene Entscheidung unterliegt zwar nur in eingeschränktem Umfang einer revisionsrechtlichen Überprüfung 390

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§ 1 5 8 1 BGB

Unterhalt nach Leistungsfähigkeit

(BGH FamRZ 83, 678, 680; 90, 260, 266). Wenn indessen die Maßstäbe, nach denen die Billigkeitsentscheidung ergangen ist, nicht erkennbar sind, ist dies ein gravierender Mangel. Deshalb hat der BGH die Entscheidung eines Oberlandesgerichts, die nur damit begründet worden war, daß sich in Mangelfällen, in denen das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten nicht sichergestellt sei, der Unterhaltspflichtige mit dem notwendigen Selbstbehalt begnügen müsse (OLG Düsseldorf FamRZ 89, 982), aufgehoben (FamRZ 90, 260, 266). Mit der Notwendigkeit, im Einzelfall die Maßstäbe darzustellen, nach denen die 3 3 getroffene Billigkeitsentscheidung zustande gekommen ist, ist auch die in der Praxis weitverbreitete Übung, bei Anwendung der Differenzmethode von der Ermittlung des angemessenen Bedarfs sowohl des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltspflichtigen Abstand zu nehmen und das vorhandene Einkommen, — bzw. im Fall des § 1573 Abs. 2 die Einkommensdifferenz — nach einer bestimmten Quote — meist 3/7 zu 4/7 — aufzuteilen, nicht vereinbar. Stehen den geschiedenen Ehegatten nach der Scheidung keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung, so ist stets davon auszugehen, daß der Unterhaltspflichtige den vollen Unterhalt des Berechtigten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs nicht decken kann, weil seine Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Es ist also eine Billigkeitsentscheidung nach § 1581 erforderlich. Hierbei geht es aber nicht nur um eine von § 1578 Abs. 1 S. 1 abweichende Verteilung des Einkommens {ErmanjDieckmann, Rdn. 16). Vielmehr ist eine Ermittlung des vollen Bedarfs des Unterhaltsberechtigten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs erforderlich; das gleiche gilt in Bezug auf den Unterhaltsschuldner; soweit dieser trennungsbedingten Mehrbedarf geltend macht, hat auch er ihn konkret darzulegen (BGH FamRZ 90, 979, 981). Sodann ist festzustellen, ob aufgrund der verschärften Anforderungen im Mangelfall (vgl. vorstehend Rdn. 26 bis 31) eine zusätzliche Verteilungsmasse verfügbar ist. Ist dies auszuschließen und verbleibt dem Unterhaltspflichtigen bei einer Aufteilung des Einkommens nach einer Quote zumindest der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1603 Abs. 1, wird diese Verteilung im allgemeinen der Billigkeit entsprechen. Zwingend ist dies indessen nicht. So kann vor allem bei Entstehung erheblichen trennungsbedingten Mehrbedarfs auf Seiten des Unterhaltspflichtigen eine andere Aufteilung billig sein. Insoweit ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um den angemessenen Unterhalt des 3 4 Unterhaltspflichtigen im Sinne von § 1603 Abs. 1 zu befriedigen, ist in jedem Fall eine individuelle Abwägung der Belange der geschiedenen Ehegatten geboten. Generelle Richtlinien lassen sich insoweit nicht aufstellen. Als gewisser Anhalt für die Untergrenze dessen, was dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muß, kann der sogenannte große Selbstbehalt im Sinne von § 1603 Abs. 1 dienen. Je nach den Umständen des Falles, insbesondere den Verhältnissen des Berechtigten, kommt aber auch der Ansatz eines darunter liegenden Betrages in Betracht. Auf das Existenzminimum kann der Unterhaltspflichtige indessen nicht verwiesen werden (BGH FamRZ 90, 260, 265). Es kann aber durchaus der Billigkeit entsprechen, dem Unterhaltspflichtigen einen Betrag zu belassen, der über dem großen Selbstbehalt liegt (ebenso PalandtfDiederichsen, Rdn. 24). Zwar wird dies in einer größeren Anzahl von Fällen zur Folge haben, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte genötigt sein wird, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Dies hat auch der BGH so gesehen und unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 1. 1984 (FamRZ 84, 346, 349) als "hinzunehmende Folge des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des geschiedenen Ehegatten für seinen Unterhalt gewertet. Gerhard Griesche

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§1581 BGB

Scheidung der Ehe

Wird der Unterhaltspflichtige zusätzlich von nach § 1609 Abs. 2 S. 1 gleichrangigen minderjährigen unverheirateten Kindern auf Unterhalt in Anspruch genommen, so wird eine Mangelfallberechnung erforderlich. Nach der Rechtsprechung des BGH ist dabei in einer ersten Berechnungsstufe der Bedarf aller Unterhaltsberechtigten sowie des Unterhaltspflichtigen zu ermitteln (FamRZ 83, 678, 679; 88, 705, 708). Dabei bringt der BGH für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten keinen Mindestbedarf im Ansatz, sondern den Betrag, der nach den Maßstäben des § 1578 Abs. 1 S. 1 errechnet worden ist und bei geringer Verteilungsmasse auch unter dem sogenannten Existenzminimum liegen kann (FamRZ 87, 266, 267; 87, 689, 691; 88, 705, 708). Dem kann nicht zugestimmt werden. Bei der Bedarfsberechnung ist allein maßgebend, welche Mittel der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte benötigt, um überhaupt existieren zu können. Falls der Unterhaltsschuldner diese Mittel nicht aufbringen kann, hat eine Korrektur in der zweiten Berechnungsstufe zu erfolgen (OLG Koblenz FamRZ 80, 583, 584; OLG Düsseldorf FamRZ 82, 1076, 1077; OLG München FamRZ 84, 393; OLG Oldenburg FamRZ 91, 473, 475; Duderstadt FamRZ 87, 548, 556; Deisenhofer FamRZ 87, 885, 886; Büttner NJW 87, 1855; Spangenberg DAVorm 88, 223, 226; Hampel FamRZ 89, 113, 119). Im einzelnen wird auf die Rdn. 42, 43 zu § 1578 verwiesen. Für die minderjährigen Kinder ist bei der Mangelfallberechnung in der ersten Stufe gleichfalls der Mindestbedarf im Sinne von § 1610 Abs. 3 als Einsatzbetrag anzunehmen. Der BGH vertritt auch insoweit einen anderen Standpunkt und meint, daß in der ersten Berechnungsstufe die Unterhaltsbeträge, die den Kindern bei voller Leistungsfähigkeit des Schuldners nach dessen Einkommen zustünden, als Einsatzbeträge festzustellen seien (FamRZ 83, 678, 679; 88, 705, 708). Dabei wird nicht berücksichtigt, daß in verschärften Mangelfällen oft nicht einmal der Mindestbedarf im Sinne von § 1610 Abs. 3 erreicht wird. In diesen Fällen muß aber aus den gleichen Erwägungen, die für die Berechnung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten angestellt worden sind, jedenfalls der Mindestbedarf gesichert werden. Ergibt die Ermittlung des angemessenen Unterhalts der Kinder nach dem Einkommen des Schuldners Beträge, die über dem Mindestbedarf liegen, stellt sich das Problem gar nicht. 35 In einem zweiten Rechenschritt sind die Ansprüche der gleichrangig Unterhaltsberechtigten zu kürzen, wobei zu beachten ist, daß der Unterhaltspflichtige seinen minderjährigen Kindern gegenüber bis zur Opfergrenze des § 1603 Abs. 2 unterhaltspflichtig ist, die der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte nicht für sich in Anspruch nehmen kann (BGH FamRZ 90, 260, 265). Infolgedessen sind die Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten und der minderjährigen Kinder nicht anteilig nach ihrem Verhältnis zueinander zu kürzen. Vielmehr ist nacli^ Billigkeit im Einzelfall zu bestimmen, welcher Betrag dem geschiedenen Ehegatten verbleiben muß. Zwar führt dies zu einer gewissen Rechtsunsicherheit und Unkalkulierbarkeit, weil die Basis eines Richtwerts fehlt. Indessen geht es zu weit, davon zu sprechen, daß aus der Einzelfallgerechtigkeit eine Einzelfallwillkür werde (so Büttner NJW 87, 1855, 1860). Die vom Gesetz geforderte Kürzung der Ansprüche nach Billigkeitsgrundsätzen zur Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen läßt eine Festschreibung bestimmter Selbstbehaltssätze nicht zu. Zur Berechnung anhand eines Beispielfalls wird auf die Rdn. 13 zu § 1609 verwiesen (vgl. auch das Rechenbeispiel bei Graba FamRZ 89, 232, 234). V. Verwertung des Vermögensstamms 36 Wie sich aus § 1581 S. 2 ergibt, hat der Unterhaltspflichtige bei Fehlen sonstiger Mittel auch den Stamm seines Vermögens zu verwerten. Diese Obliegenheit entfallt, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. S. 2 stimmt mit der den Berechtigten betreffenden 392

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Ansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten

§ 1582 BGB

Vorschrift (§ 1577 Abs. 3) wörtlich überein, so daß im wesentlichen auf die Rdn. 64 bis 70 zu § 1577 Bezug genommen werden kann. Aus der in FamRZ 86, 556, 557 veröffentlichten Entscheidung des BGH, die sich ausdrücklich mit dem Anspruch eines getrenntlebenden Ehegatten befaßt, wird im . Schrifttum hergeleitet, daß nach der Scheidung eine Obliegenheit zur Vermögensverwertung nicht schon deshalb ausscheide, weil sie eine Vernichtung der beruflichen Existenz zur Folge habe (MuKo/Richter, Rdn. 16; Erman/Dieckmann, Rdn. 9 a). Falls die Entscheidung des BGH so gemeint sein sollte, könnte dem nicht zugestimmt werden. Im allgemeinen wird die mit dem Verlust der beruflichen Existenz verbundene Vermögensverwertung unbillig sein; auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1579 Nr. 7 kommt es dabei nicht an (so aber ErmanjDieckmann aaO). Wesentlich ist, daß Berechtigter und Verpflichteter gleich behandelt werden müssen. Fällt bei der Vermögensauseinandersetzung dem Berechtigten ein Gegenstand zu, dessen Verwertung von ihm nicht gefordert wird (etwa die zuvor gemeinsam bewohnte Eigentumswohnung), so hat auch der Unterhaltsverpflichtete seinen entsprechenden Anteil an der Vermögensauseinandersetzung nicht für Unterhaltszwecke zur Verfügung zu stellen (MüKo¡Richter, Rdn. 6 unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Entscheidung des OLG Stuttgart).

§ 1582 BGB Zusammentreffen von Ansprüchen eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten (1) Bei Ermittlung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten geht im Falle des § 1581 der geschiedene Ehegatte einem neuen Ehegatten vor, wenn dieser nicht bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574, § 1576 und des § 1577 Abs. 1 unterhaltsberechtigt wäre. Hätte der neue Ehegatte nach diesen Vorschriften einen Unterhaltsanspruch, geht ihm der geschiedene Ehegatte gleichwohl vor, wenn er nach § 1570 oder nach § 1576 unterhaltsberechtigt ist oder die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Der Ehedauer steht die Zeit gleich, in der ein Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 unterhaltsberechtigt war. (2) § 1609 bleibt im übrigen unberührt. Übersicht Rdn.

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1. Grundsätzliches . II. Verfassungsmäßigkeit der Regelung — Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts — Abweichende Ansichten III. Die Regelung des Abs. 1 — Grundsätzlicher Vorrang des Anspruchs des geschiedenen Ehegatten — Gleichrang beider Ansprüche bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen . . . . — Ausnahme vom Gleichrang in drei Fällen

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Rdn. — Ehe von langer Dauer 7 — Grundsätzlich keine Abweichung vom Vorrang nach Billigkeitsgrundsätzen . . . 8 — Fälle des § 1579 Nr. 7 9 — Rangfolge bei mehrfacher Scheidung . . 10 IV. Die Regelung des Abs. 2 — Grundsätzliche Bedeutung 11 — Problematik bei Vorhandensein minderjähriger Kinder und Vorrang des geschiedenen Ehegatten 12 — Lösung durch den B G H 13 — Vorwegabzug des Kindesunterhaits . . . 14

I. Grundsätzliches Die Vorschrift regelt für den Fall der Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen das 1 Rangverhältnis zwischen den Unterhaltsansprüchen des geschiedenen und des neuen Gerhard Griesche

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§ 1 5 8 2 BGB

Scheidung der Ehe

Ehegatten. Durch den Hinweis auf § 1581 wird deutlich gemacht, daß sich die Frage nach der Anspruchskonkurrenz nur bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen stellt. Im Unterschied zu dem bis zum 30. 6. 1977 geltenden Recht, das nach h. M. von einer Gleichrangigkeit beider Unterhaltsansprüche ausging, wollte der Gesetzgeber die Rechtsstellung des geschiedenen Ehegatten verbessern. Die Regelung läuft im Ergebnis auf einen Vorrang des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten hinaus. Der Gesetzgeber wollte verhindern, daß sich die Position des geschiedenen Ehegatten durch eine Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen wesentlich verschlechtern kann. Er hat den neuen Ehegatten als weniger schutzwürdig angesehen, weil dieser zum Zeitpunkt der Eheschließung Kenntnis von den bestehenden Unterhaltspflichten hat. Außerdem sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß nach Einführung des Zerrütttungsprinzips der wirtschaftlich schwächere Ehegatte auf Dauer eine Scheidung nicht verhindern kann. Da die Regelung des § 1582 eine bewußte Abkehr von dem zuvor geltenden Recht darstellt, ist eine entsprechende Anwendung auf vor dem 1. 7. 1977 geschiedene Ehen nicht möglich (OLG Frankfurt FamRZ 79, 41; OLG Oldenburg FamRZ 80, 53; OLG Düsseldorf FamRZ 80, 1013; OLG Köln FamRZ 83, 508; OLG München FamRZ 89, 1309).

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II. V e r f a s s u n g s m ä ß i g k e i t d e r R e g e l u n g Bereits im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sind verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Das OLG Schleswig (FamRZ 83, 282) hat in einem Vorlagebeschluß die Auffassung vertreten, daß jedenfalls dann ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vorliege, wenn beide Ehegatten minderjährige Kinder zu betreuen hätten und die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten nicht einmal zur Befriedigung des Mindestbedarfs des jeweiligen Ehegatten ausreiche. Das Bundesverfassungsgericht ist dem jedoch nicht gefolgt (FamRZ 84, 346). Es hat angenommen, daß auch den Folgewirkungen einer geschiedenen Ehe, zu denen die Unterhaltsregelung gehöre, der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG zukomme. Deshalb sei nur zu prüfen, ob es für die vom Gesetzgeber angeordnete unterschiedliche Behandlung des geschiedenen und des neuen Ehegatten hinreichende Gründe gebe. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bejaht und sich dabei mit den einzelnen in den Gesetzesmaterialien erörterten Gründen auseinandergesetzt. Trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden im Schrifttum zum Teil weiterhin Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Grundgesetz jedenfalls für die Fallgruppen geäußert, zu denen das Bundesverfassungsgericht nicht Stellung bezogen hat, also wenn der Vorrang der geschiedenen Ehegatten nicht aus § 1570 hergeleitet wird, sondern sich auf § 1576 oder eine Ehe von langer Dauer, bzw. auf den Umstand stützt, daß für den neuen Ehegatten die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1569 bis 1574, § 1576, § 1577 Abs. 1 nicht gegeben wären (JohannsenjHenrich/ Voelskow, Rdn. 3 und 5; SoergeljHaberle, Rdn. 6; PalandtjDiederichsen, Rdn. 3; Ermanj Dieckmann, Rdn. 2). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird bei der Prüfung der Übereinstimmung mit der Verfassung auch dem Umstand Bedeutung beigemessen, ob der Mindestbedarf aller Beteiligten sichergestellt ist (OLG Schleswig FamRZ 82, 705, 706 und FamRZ 83, 282, 284; OLG Frankfurt FamRZ 87, 1155; Johannsen¡Henrichj Voelskoiv, Rdn. 5; PalandtjDiederichsen aaO). Ebenso wird als zu beachtendes Kriterium erwähnt, ob der geschiedene Ehegatte für die Zerrüttung der Ehe verantwortlich war (OLG Hamm FamRZ 82, 69; OLG Frankfurt FamRZ 84, 62; Ermanj Dieckmann aaO). Dem kann nicht zugestimmt werden. Die im erwähnten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts enthaltenen Ausführungen legen vielmehr die Annahme nahe, 394

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Ansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten

§ 1582 BGB

daß die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift insgesamt bejaht werden sollte (ebenso MüKo/Richter, Rdn. 7). In Übereinstimmung damit hat der BGH entschieden, daß die Regelung des § 1582 Abs. 1 S. 2 mit dem Grundgesetz auch für den Fall vereinbar sei, daß der Vorrang des geschiedenen Ehegatten auf der langen Dauer der Ehe beruhe und weder er noch der neue Ehegatte nach § 1570 unterhaltsberechtigt seien (FamRZ 85, 362, 363; 85, 911, 912). Auch die in Rechtsprechung und Schrifttum geäußerte Ansicht, daß jedenfalls zuerst der Mindestbedarf der früheren und der neuen Ehefrau sichergestellt werden müsse und erst dann der Rest nach Maßgabe der §§ 1581, 1582 aufgeteilt werden könne, ist vom BGH abgelehnt worden (FamRZ 86, 790, 792; mißverständlich insofern BGH FamRZ 87, 916, 917).

III. Die Regelung des Abs. 1 Abs. 1 der Vorschrift ist vom Wortlaut her kompliziert gefaßt. Durch S. 1 wird 4 zunächst der Vorrang des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten vor dem des neuen begründet. Der neue Ehegatte kann deshalb aus § 1360 — oder im Fall der Trennung auch aus § 1361 — keinen Unterhaltsanspruch herleiten, bis der Anspruch des geschiedenen Ehegatten voll erfüllt ist ( S o e r g e l j L a n g e , Rdn. 2; MüKo ¡Richter, Rdn. 8). Wäre der neue Ehegatte indessen nach den § § 1569 bis 1574, § 1576, § 1577 Abs. 1 5 unterhaltsberechtigt, tritt ein Gleichrang der Unterhaltsansprüche beider anspruchsberechtigter Ehegatten ein. Es ist also fiktiv zu prüfen, ob der neue Ehegatte, wäre auch er geschieden, nach den §§ 1569 ff anspruchsberechtigt wäre. Die Erwähnung des § 1569 ist dahin zu verstehen, daß die getroffene Regelung abschließend sein soll (MüKo/Richter, Rdn. 9). Der fiktive Unterhaltsanspruch ist nach denselben Kriterien zu ermitteln, die für den Anspruch des geschiedenen Ehegatten maßgebend sind. Die Voraussetzungen der §§ 1570 ff müssen für die Zeiträume erfüllt sein, für die der geschiedene Ehegatte den Unterhaltspflichtigen in Anspruch nimmt. Dagegen kommt es auf die Einsatzzeitpunkte nicht an, da die Scheidung nur fingiert wird. Die Vorschrift des § 1575 ist bewußt unerwähnt geblieben, weil die bei dieser Anspruchsgrundlage erforderliche hypothetische Betrachtung bei bestehender Ehe nicht in Betracht kommt (Johannsenj HenrichjVoelskow, Rdn. 7; Rolland, Rdn. 7). Die entsprechende Anwendung von § 1577 Abs. 1 bedeutet, daß ein Gleichrang des neuen Ehegatten entfallt, wenn er sich aus seinem Einkommen oder aus seinen Vermögenserträgnissen selbst unterhalten könnte (Soergel/ Häher le, Rdn. 42; Ermanj Dieckmann, Rdn. 7). Durch § 1582 Abs. 1 S. 2 wird der Vorrang des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen 6 Ehegatten auch vor dem hypothetischen Anspruch des neuen Ehegatten in drei abschließend aufgezählten Fällen begründet, nämlich wenn ihm ein Anspruch wegen Kindesbetreuung (§ 1570), bzw. nach § 1576 zusteht oder wenn die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Dabei steht nach S. 3 der Ehedauer die Zeit gleich, in der der geschiedene Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 unterhaltsberechtigt war. Im Schrifttum wird verbreitet Kritik daran geübt, daß der Rangvorzug auch dem nach § 1576 unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten eingeräumt wird ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 5; Ermanj Dieckmann, Rdn. 10; Johannsenj HenrichjVoelskow, Rdn. 11; anders PalandtjDiederichsen, Rdn. 9). Die Kritik ist jedenfalls dann berechtigt, wenn der Billigkeitsanspruch nicht auf der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes beruht, sondern andere Billigkeitserwägungen anspruchsbegründend wirken. Zumindest in solchen Fällen ist eine Überprüfung der Übereinstimmung der gesetzlichen Regelung des § 1582 Abs. 1 S. 2 mit Art. 6 Abs. 1 GG geboten. War die Ehe des geschiedenen Ehegatten von langer Dauer, so ist sein Unterhaltsan- 7 Spruch gegenüber dem neuen Ehegatten stets vorrangig. Bei der Berechnung der Gerhard Griesche

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§ 1582 BGB

Scheidung der Ehe

Ehedauer ist die Zeit von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend (BGH FamRZ 83, 886, 887; 85, 362). Eine Ausdehnung bis zur Rechtskraft der Scheidung kam vor allem deshalb nicht in Betracht, weil sich der potentiell Unterhaltsberechtigte sonst veranlaßt sehen könnte, durch Einlegung von Rechtsmitteln oder auf andere Weise den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils hinauszuzögern. Wann eine Ehe von langer Dauer vorliegt, ist im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen. Im Gesetzgebungsverfahren ist jedenfalls eine Ehe, die 20 Jahre bestanden hat, als von langer Dauer angesehen worden (BT-Drucks. 7/650, S. 143). Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß nach Ablauf von 15 Jahren eine den Unterhaltsrang sichernde lange Ehedauer vorliegt (FamRZ 83, 886, 888; 85, 362; 86, 790, 792; 87, 916, 917). Wird der Zeitraum von 15 Jahren nicht ganz erreicht, so kann es aufgrund der Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt sein, eine Ehe von langer Dauer anzunehmen. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte wegen der Übernahme von Haushaltsführung und Kindererziehung auf eine eigene Berufsausbildung verzichtet und sich auf den Fortbestand der Ehe verlassen hat (BGH aaO). Ist der wirtschaftlich schwächere Ehegatte dagegen während der Ehe einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und kann er aufgrund dessen für seinen Unterhalt selbst sorgen, so ist erst nach Ablauf von 15 Jahren das Tatbestandsmerkmal einer Ehe von langer Dauer erfüllt (OLG Koblenz FamRZ 83, 281, 282; a. A. OLG Hamm FamRZ 82, 70, 72). Nach Ablauf von 8 Jahren liegt in keinem Fall eine Ehe von langer Dauer vor (BGH FamRZ 83, 678, 680). 8

Die durch § 1582 Abs. 1 S. 2, 3 getroffene Vorrangsregelung zugunsten des geschiedenen Ehegatten läßt grundsätzlich keinerlei Abweichung aufgrund von Billigkeitserwägungen zu. Im Gesetzgebungsverfahren ist der Vorschlag, den unterhaltsrechtlichen Nachrang des neuen Ehegatten durch eine Härteklausel abzuschwächen, nicht verwirklicht worden. Daraus folgt, daß der Vorrang stets zu beachten ist (BGH FamRZ 85, 911, 912).

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Ihre Grenze finden die sich daraus ergebenden Konsequenzen allerdings dort, wo die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1579 Nr. 7 erfüllt sind. So hat der BGH die Anwendung des § 1579 Nr. 7 befürwortet, wenn der Unterhaltspflichtige mit seinem neuen Ehegatten in einem Land lebt, das im Fall eintretender Notlage keine der Sozialhilfe vergleichbaren öffentlichen Mittel zur Verfügung stellt (FamRZ 88, 705, 709). Eine solche Situation ist auch dann gegeben, wenn der wiederverheiratete Unterhaltspflichtige den durch die Heirat erworbenen steuerlichen Splittingvorteil an den nach § 1582 Abs. 1 S. 2 bevorrechtigten früheren Ehegatten weiterleiten müßte, obwohl er nicht über genügend Mittel verfügt, um den Unterhalt seines neuen Ehegatten zu sichern (BGH FamRZ 85, 911, 912; 88, 145, 148; 88, 486, 487). Im einzelnen wird auf die Ausführungen in der Rdn. 36 zu § 1579 verwiesen.

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Obwohl sich dem Gesetzeswortlaut insoweit nichts entnehmen läßt, besteht im Schrifttum Übereinstimmung darin, daß § 1582 auch dann anzuwenden ist, wenn das Rangverhältnis bei mehrfacher Scheidung zu bestimmen ist {PalandtjDiederichsen, Rdn. 5; Soergelj Häberle, Rdn. 7; MüKo¡Richter, Rdn. 26; Ermanj Dieckmann, Rdn. 4). Wird auch die zweite Ehe geschieden und heiratet der Unterhaltspflichtige ein drittes Mal, so wirkt sich dies auf den Vorrang des aus der Erstehe Unterhaltsberechtigten nicht aus. Im Verhältnis zum dritten Ehegatten ist dagegen dem zweiten geschiedenen Ehegatten der Vorrang des § 1582 Abs. 1 einzuräumen (Erman( Dieckmann aaO; Soergelj Häberle aaO, MüKo/Richter aaO, Rolland, Rdn. 15 ff). Heiratet der Unterhaltspflichtige nach Scheidung der zweiten Ehe seine erste Frau wieder, so bleibt der Vorrang, den diese gegenüber der zweiten Ehefrau nach § 1582 Abs. 1 hatte, bestehen (AG Bochum FamRZ 90, 1003). 396

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§ 1582 BGB

IV. D i e R e g e l u n g des A b s . 2 Nach § 1582 Abs. 2 bleibt § 1609 im übrigen unberührt. Diese Vorschrift ist auf 11 Anregung des Bundesrats in das Gesetz eingefügt worden, der im Hinblick auf § 1609 Abs. 2 eine Regelung des Rangverhältnisses zwischen den Unterhaltsansprüchen minderjähriger unverheirateter Kinder des Unterhaltspflichtigen und denen des früheren und des neuen Ehegatten für erforderlich hielt (BT-Drucks. 7/650, S. 266). Die Anwendung der Bestimmung bereitet keine Schwierigkeiten, wenn die Ansprüche des geschiedenen und des neuen Ehegatten gleichrangig sind. Aus dem nach § 1582 Abs. 2 heranzuziehenden § 1609 Abs. 2 S. 1 ergibt sich ein Gleichrang der Ansprüche aller minderjährigen Kinder und der beiden Ehegatten. Im Mangelfall ist dann in der ersten Berechnungsstufe der volle Bedarf aller Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts zur Deckung des Bedarfs der Berechtigten nicht aus, so ist in einem zweiten Rechenschritt eine proportionale Kürzung vorzunehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rdn. 12, 13 zu § 1609 und das dort dargestellte Rechenbeispiel verwiesen. Ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach § 1582 Abs. 1 gegenüber 1 2 dem des neuen Ehegatten vorrangig, so ergeben sich bei Vorhandensein minderjähriger unverheirateter Kinder Berechnungsprobleme, die sich bei strikter Anwendung des § 1609 Abs. 2 S. 1 nicht lösen lassen. Im Gesetzgebungsverfahren ist zwar anhand eines Rechenbeispiels ein Lösungsvorschlag erarbeitet worden, der sowohl den Gleichrang zwischen den Unterhaltsansprüchen der minderjährigen Kinder und denen des geschiedenen und des neuen Ehegatten als auch dem rechtlichen Rangvorbehalt des geschiedenen vor dem neuen Ehegatten Rechnung tragen sollte (vgl. Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 7/4361, S. 33 f). Mit dem Gesetz ist aber auch dieser Vorschlag nicht zu vereinbaren (vgl. SoergeljHäberle, Rdn. 12 bis 14; MüKo¡Richter, Rdn. 20 bis 22). Nach § 1609 Abs. 2 S. 1 steht „der" Ehegatte den minderjährigen unverheirateten Kindern im Rang gleich; diese Formulierng bezieht sich sowohl auf den geschiedenen als auch auf den neuen Ehegatten. Hiernach wären somit alle Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder und der beiden Ehegatten in gleichem Umfang zu befriedigen. Dies ist aber mit § 1582 Abs. 1, wonach im Verhältnis zum neuen der geschiedene Ehegatte vorrangig zu befriedigen ist, nicht zu vereinbaren. Der BGH hält eine berichtigende, den Widerspruch des Gesetzes korrigierende 1 3 Auslegung für geboten (FamRZ 88, 705). Dabei geht er davon aus, daß nach dem Willen des Gesetzgebers minderjährige unverheiratete Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen, weil sie für ihren Unterhalt nicht selbst sorgen können. Daneben räume das Gesetz in den Fällen der Nachwirkung der früheren Ehe auch dem geschiedenen Ehegatten ein vorrangiges Schutzbedürfnis ein. Deshalb müsse in Mangelfällen bei Vorhandensein minderjähriger Kinder § 1609 Abs. 2 dahin ausgelegt werden, daß sich der Gleichrang mit „dem Ehegatten" nur auf den geschiedenen und nicht auf den relativ nachrangigen Ehegatten beziehe. Diese Entscheidung hat im Schrifttum allgemeine Zustimmung gefunden (PalandtjDiederichsen, Rdn. 11; Erman] Dieckmann, Rdn. 14; MüKo/Richter, Rdn. 25; KalthoenerjBüttner, Rdn. 92). Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, daß bereits im Gesetzgebungsverfahren erwogen worden war, daß die Unterhaltsansprüche aller minderjähriger Kinder den Vorrang des geschiedenen Ehegatten teilen sollten (BT-Drucks. 7/650, S. 266). Der Rechtsausschuß ist diesem Vorschlag des Bundesrates ausdrücklich nicht gefolgt (BT-Drucks. 7/4361, S. 33; vgl. auch BVerfG FamRZ 84, 346, 347). Gleichwohl verdient die vom BGH gewählte Lösung Zustimmung. Solange der Gesetzgeber die Rangfolge nicht anders regelt, müssen die Gerichte den Widerspruch des geltenden Rechts in einer den Bedürfnissen der Praxis entsprechenden Weise beheben. Diesem Erfordernis wird der vom BGH gewählte Weg gerecht. Gerhard Griesche

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§ 1583 BGB 14

Scheidung der Ehe

Trotz des Gleichrangs zwischen den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder und des geschiedenen Ehegatten ist es allgemein üblich, vor Ermittlung der Unterhaltsquote des geschiedenen Ehegatten den Kindesunterhalt vorab vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen. Befindet sich das an sich nach § 1609 Abs. 2 S. 1 2. Hs. nachrangige volljährige Kind noch in der Ausbildung, wird in gleicher Weise verfahren. Dies wird vom BGH in ständiger Rechtsprechung gebilligt, weil die ehelichen Lebensverhältnisse' dadurch geprägt waren, daß die für den Kindesunterhalt benötigten Mittel den Eheleuten auch während intakter Ehe nicht zur Verfügung standen (BGH FamRZ 84, 151, 153; 86, 456, 458 f; 86, 553, 555; 90, 979, 980). In Mangelfällen hat ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts dagegen zu unterbleiben, da sonst ein Verstoß gegen die Rangregelung des § 1609 Abs. 2 vorliegt (BGH ebd.). § 1583 BGB Gütergemeinschaft mit neuem Ehegatten Lebt der Verpflichtete im Falle der Wiederheirat mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend anzuwenden.

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Die Vorschrift regelt die Besonderheiten, die sich hinsichtlich der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines geschiedenen Ehegatten ergeben, der nach Wiederverheiratung mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft lebt. Die Verweisung auf § 1604 hat zur Folge, daß auch das Gesamtgut des Unterhaltsschuldners vom unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten in Anspruch genommen werden kann. 2 Wird nur der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte von seinem früheren Partner und eventuell auch von seinen Kindern aus der geschiedenen Ehe zum Unterhalt herangezogen, so ist seine Leistungsfähigkeit so zu beurteilen, als ob ihm das Gesamtgut allein gehört. Dies ergibt sich aus der Verweisung auf § 1604 S. 1. Die Vereinbarung der Gütergemeinschaft bei Eingehung der neuen Ehe kann also den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten erheblich verbessern, da das Gesamtgut überwiegend oder sogar ganz vom neuen Ehegatten stammen kann. Zu berücksichtigen sind im Rahmen des § 1581 aber auch die Gesamtgutsverbindlichkeiten und der aus dem Gesamtgut zu deckende Bedarf des neuen Ehegatten. Neben dem Gesamtgut ist auch etwaiges Sonderoder Vorbehaltsgut des Unterhaltsschuldners bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit zu erfassen. 3

Die Verweisung auf § 1604 S. 2 betrifft den Fall, in dem beide in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten ihren früheren Partnern, Kindern oder sonstigen Verwandten gegenüber unterhaltspflichtig sind. Hinsichtlich des Gesamtguts wird ein Gleichrang zwischen den Unterhaltsgläubigern des neuen Ehegatten und denen des geschiedenen Ehegatten hergestellt. Bei der Prüfung, inwieweit das Gesamtgut des Unterhaltsschuldners und seines neuen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten begründet, sind die Unterhaltsverpflichtungen beider in Gütergemeinschaft lebender Eheleute nach Maßgabe der §§ 1581, 1582 zu berücksichtigen. Dabei braucht das Gesamtgut nicht notwendigerweise gleichmäßig für die jeweiligen Unterhaltsberechtigten herangezogen zu werden (MüKo/Richter, Rdn. 3; SoergeljHäberle, Rdn. 3; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 4; a. A. ]ohannsen\Henrich\Voelskow, Rdn. 1). Das Vorbehalts- und das Sondergut steht nur den Unterhaltsgläubigern des Unterhaltspflichtigen zur Verfügung, dem es gehört. 4 Leben der Unterhaltsschuldner und sein neuer Ehegatte im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder in Gütertrennung, so finden die §§ 1583, 1604 keine Anwendung. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist allein nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen zu beurteilen. 398

Gerhard Griesche

Rangfolge mehrerer Unterhaltspflichtiger

§ 1584 BGB

§ 1584 BGB Rangfolge mehrerer Unterhaltspflichtiger Der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte haftet vor den Verwandten des Berechtigten. Soweit jedoch der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist, haften die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten. § 1607 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Die Vorschrift regelt den Fall des Zusammentreffens von Unterhaltsansprüchen des bedürftigen geschiedenen Ehegatten gegen seinen ehemaligen Ehepartner und gegen Verwandte gerader Linie. Der Unterhaltsberechtigte kann es sich nicht aussuchen, wen er in Anspruch nehmen will. Durch S. 1 wird vielmehr grundsätzlich ein Vorrang der Haftung des geschiedenen Ehegatten vor der der Verwandten begründet. Der Gesetzgeber hat diese Regelung getroffen, weil die Unterhaltstat bestände der §§ 1570 ff überwiegend eine ehebedingte Bedürftigkeit voraussetzen (BT-Drucks. 7/650, S. 144). Die Bestimmung ist auch dann anzuwenden, wenn der geschiedene Ehegatte in relativ bescheidenen finanziellen Verhältnissen lebt, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommenden Verwandten — etwa die Eltern — dagegen sehr reich sind. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Eltern vor der Heirat ihre sich aus § 1610 Abs. 2 ergebende Pflicht, ihrem Kind eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf zu finanzieren, erfüllt haben. Die vorrangige Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten findet ihre Grenze in seiner Leistungsfähigkeit. Nach S. 2 haften die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten, soweit der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte nicht leistungsfähig ist. Das bedeutet, daß die Haftung der Verwandten dann in Betracht kommt, wenn der geschiedene Ehegatte anderenfalls seinen angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 S. 1 angreifen müßte. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der angemessene Unterhalt im Sinne von § 1581 der eheangemessene Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 S. 1 (FamRZ 90, 260; 90, 979, 981). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des S. 2 haften die Verwandten vorrangig; sie haben also keinen Ersatzanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten, und zwar auch dann nicht, wenn sich dessen finanzielle Verhältnisse später wesentlich bessern. Kann der geschiedene Ehegatte ohne Beeinträchtigung des eigenen angemessenen Unterhalts einen Teil des Bedarfs seines früheren Partners decken, so haben die Verwandten nur für den Restbetrag einzustehen. Auch die Verwandten haften nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1). Ihnen muß der sogenannte große Selbstbehalt verbleiben. Soweit die Verwandten nicht leistungsfähig sind, kommt nunmehr die Inanspruchnahme des geschiedenen Ehegatten auf Billigkeitsunterhalt im Sinne von § 1581 in Betracht. Für Unterhaltstatbestände, für die nur der geschiedene Ehegatte haftet — Alters vorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 —, haben die Verwandten auch dann nicht aufzukommen, wenn sie leistungsfähig sind. Dies ist auch dann zu beachten, wenn der geschiedene Ehegatte teilweise leistungsfähig ist. Es geht nicht an, die leistungsfähigen Verwandten für den Elementarunterhalt einstehen zu lassen und den geschiedenen Ehegatten für den Vorsorgeunterhalt. Dies liefe auf eine mittelbare Inanspruchnahme der Verwandten auf den Vorsorgeunterhalt hinaus. Der Vorsorgeunterhalt muß deshalb in einem solchen Fall außer Ansatz bleiben (Erman jDieckmann, Rdn. 4). Nach S. 3 ist § 1607 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Aufgrund dessen haben die Verwandten neben dem geschiedenen Ehegatten zu haften, wenn die Rechtsverfolgung gegen den Ehegatten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Wird aus diesem Grund ein Verwandter zur Unterhaltszahlung herangezogen, so geht nach § 1607 Abs. 2 S. 2 der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten auf ihn über. Im einzelnen wird auf die Rdn. 4, 5 zu § 1607 verwiesen. Gerhard Griesche

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Im Schrifttum ist umstritten, ob die Vorschrift des § 1611 Abs. 3 im nachehelichen Unterhaltsrecht entsprechend an2uwenden ist. Bejaht man dies, so würde der Ausschluß des Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten nach § 1579 zwangsläufig dazu führen, daß auch die Verwandten nicht mehr herangezogen werden können. Überwiegend wird darauf abgehoben, welcher der Ausschlußtatbestände des § 1579 verwirklicht ist {Soergelj Häberle, Rdn. 7; MüKo ¡Richter, Rdn. 3; Schwab ¡Borth IV, Rdn. 830). Dem kann nicht zugestimmt werden. Für eine entsprechende Anwendung von § 1611 Abs. 3 ist kein Raum. Vielmehr ist auch bei Bejahung der Voraussetzungen des § 1579 im Unterhaltsprozeß gegen die Verwandten zu prüfen, ob und inwieweit die Tatbestandsmerkmale des § 1611 Abs. 1 erfüllt sind {GöppingerjKindermann, Rdn. 1238; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 9).

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Nimmt der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte seine Verwandten auf Unterhalt in Anspruch, so hat er darzulegen und zu beweisen, daß der nach § 1584 S. 1 vorrangig unterhaltspflichtige frühere Partner in dem oben dargelegten Sinn nicht leistungsfähig ist. Ebenso hat er das Vorliegen der Voraussetzungen von S. 3 in Verbindung mit § 1607 Abs. 2 zu beweisen. Dem in Anspruch genommenen Verwandten obliegt der Beweis, daß der Unterhaltsanspruch von dem geschiedenen Ehegatten erfüllt worden sei. Im Rechtsstreit zwischen dem früheren Ehegatten hat der Unterhaltspflichtige, der sich auf den Vorrang der Haftung von Verwandten nach S. 2 berufen will, die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß er dem anderen Unterhalt nicht ohne Gefährdung des eigenen eheangemessenen Unterhalts leisten kann. Führt er diesen Beweis, hat der Berechtigte darzulegen und zu beweisen, daß seine Verwandten ebenfalls im Sinne von § 1603 Abs. 1 nicht leistungsfähig sind.

§ 1585 BGB Art der Unterhaltsgewährung (1) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im voraus zu entrichten. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch im Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des Berechtigten erlischt. (2) Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet wird. Übersicht Rdn. I. Art der Unterhaltsgewährung (Abs. 1) — Zahlung einer Geldrente — Monatlich im voraus — Rechtzeitige Absendung — Zeitliche Befristung des Unterhalts . . . . — Keine ausdehnende Anwendung von Abs. 1 S. 3

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Rdn. II. Kapitalabfindung (Abs. 2) — Grundsätzliches 6 — Vorliegen eines wichtigen Grundes . . . . 7, 8 — Keine unbillige Belastung des Verpflichteten 9 — Bemessung des Umfangs der Kapitalabfindung 10 — Abwicklung des Anspruchs auf Kapitalabfindung . 11

I. A r t d e r U n t e r h a l t s g e w ä h r u n g ( A b s . 1) 1

Die Vorschrift regelt die Art, in der der Unterhalt zu entrichten ist. Nach S. 1 ist der laufende Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Der auch in § 1361 Abs. 4 S. 1 verwendete Begriff „laufender Unterhalt" soll klarstellen, daß der Berechtigte 400

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Art der Unterhaltsgewährung

daneben noch einmalige Zahlungen bei Entstehen eines Sonderbedarfs fordern kann. Anders als im Verwandtenunterhaltsrecht (§ 1612 Abs. 1 S. 2) kann der Unterhaltspflichtige nicht verlangen, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen den Unterhalt anders als in Form einer Geldrente zu erbringen. Dagegen sind abweichende Vereinbarungen zulässig (§ 1585 c). Nach S. 2 ist die Unterhaltsrente monatlich im voraus zu entrichten. Dies bedeutet, 2 daß als Fälligkeitsdazum jeweils der Erste eines Kalendermonats anzunehmen ist ( P a l a n d t j Diederichsen, Rdn. 3; Göppinger, Rdn. 350). Die erste Unterhaltsperiode beginnt allerdings mit dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt eingetreten sind, also z. B. mit dem Tage der Rechtskraft der Scheidung (BGH FamRZ 84, 256, 257; 88, 370, 372; Ermanj Dieckmann, Rdn. 3; R G R K j C u n y , Rdn. 3). Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung vertreten wird, daß die erste Monatsperiode mit dem Ersten des auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monats einsetze (OLG Hamm FamRZ 86, 362; SoergeljHäberle, Rdn. 4; Rolland, Rdn. 4), kann dem nicht zugestimmt werden. Dies würde dazu führen, daß vom Tage der Rechtskraft der Scheidung bis zum folgenden Monatsersten kein Unterhalt geschuldet werden würde, denn der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt erlischt mit der Rechtskraft der Scheidung (BGH FamRZ 84, 256, 257; Ermanj Dieckmann aaO; a. A. OLG Hamm FamRZ 86, 362; SoergeljHäberle aaO; Luthin FamRZ 85, 262). Monatlich im voraus ist die Geldrente entrichtet, wenn sie im am Ersten eines 3 Monats abgeschickt worden ist. Denn Geld hat nach § 270 Abs. 1 der Schuldner im Zweifel auf seine Kosten und seine Gefahr dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln. Bei Überweisung auf ein Bankgiro- oder ein Postgirokonto genügt der Eingang des Überweisungsauftrages am Monatsersten. Ebenso reicht die rechtzeitige Absendung eines Bank- oder eines Postschecks aus. Auf den Zeitpunkt, zu dem der Unterhaltsgläubiger über das Geld verfügen kann, kommt es nicht an (allgemeine Meinung, vgl. z. B. SoergeljHäberle, Rdn. 3; MüKojRichter, Rdn. 3; R G R K j C u n y , Rdn. 2). Im Hinblick darauf, daß laufende Verpflichtungen zum Teil vom Unterhaltsgläubiger zum Monatsersten erfüllt werden müssen, hat dieser sicherlich ein Interesse daran, zu diesem Zeitpunkt bereits über den Unterhalt verfügen zu können. Durchsetzbar ist das aber nur, wenn die Parteien des Unterhaltsrechtsverhältnisses eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben (AG Überlingen FamRZ 85, 1143). In der Praxis wird nachehelicher Unterhalt üblicherweise zeitlich unbefristet zuer- 4 kannt. Dies ist an sich nur im Fall des § 1571 oder bei dauerhafter Erkrankung auch im Fall des § 1572 unbedenklich. Bei den anderen Unterhaltstatbeständen kann es absehbar sein, daß die Unterhaltsberechtigung zu einem bestimmten Zeitpunkt entfallen wird, so etwa wenn gemeinschaftliche Kinder nicht mehr der Pflege oder Erziehung bedürfen. Die Praxis benachteiligt den Unterhaltsschuldner auch insofern, als er auf den Weg einer Abänderungsklage verwiesen wird und er im Abänderungsverfahren — im Gegensatz zur üblichen Verteilung der Darlegung- und Beweislast — den Wegfall der Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers nachzuweisen hat. Verbreitet wird deshalb im Schrifttum gefordert, die Unterhaltsrente nur zeitlich begrenzt zuzuerkennen (SchwabjBorth IV, Rdn. 832; Johannsenj Henrich jVoelskow, Rdn. 4; SoergeljHäberle, Rdn. 4; Göppinger, Rdn. 1714). Wenn die Dauer der Bedürftigkeit bei Zuerkennung des Unterhalts gemäß § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt werden kann, ist die Befristung der Unterhaltsrente geboten. Häufig wird es indessen an den erforderlichen Schätzungsgrundlagen fehlen, so etwa im Fall des § 1573 Abs. 1 oder wenn sich nicht beurteilen läßt, wie lange eine Krankheit den Unterhaltsberechtigten an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hindern wird. Nach Abs. 1 S. 3 schuldet der Verpflichtete den vollen Unterhalt für den laufenden 5 Kalendermonat, in dem der Unterhaltsanspruch durch Tod oder Wiederheirat erlischt. Gerhard Griesche

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Vielfach wird empfohlen, diese Bestimmung auf andere Fälle des Wegfalls einer Unterhaltsverpflichtung im Laufe des Kalendermonats entsprechend anzuwenden. Zu denken ist an die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die Verwirkung des Anspruchs nach § 1579, das Ende der Betreuung eines Kindes und dergleichen (MüKoIRichter, Rdn. 4; SoergeljHäberle, Rdn. 5; R G R K j C u n y , Rdn. 3). Dem kann nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 1585 Abs. 1 S. 3 ist als Ausnahmeregelung anzusehen, die einer ausdehnenden Auslegung nicht zugänglich ist. Die Vereinfachung der Berechnung des geschuldeten Unterhalts rechtfertigt jedenfalls eine entsprechende Anwendung des § 1585 Abs. 1 S. 3 auf andere Fälle des Erlöschens einer Unterhaltsschuld im Laufe eines Kalendermonats nicht (zweifelnd auch ErmanjDieckmann, Rdn. 3; Rolland, Rdn. 4). II. K a p i t a l a b f i n d u n g (Abs. 2) Nach Abs. 2 kann der Berechtigte anstelle der Rente eine Kapitalabfindung verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete hierdurch nicht unbillig belastet wird. Die Vorschrift ist geschaffen worden, um die wirtschaftliche Verbindung geschiedener Eheleute so bald wie möglich zu lösen, damit ein neuer Lebensweg unbelastet beschritten werden kann (BT-Drucks. 7/650, S. 146). In der Praxis hat sie keine Bedeutung erlangt, vor allem wohl deshalb, weil die Unterhaltsschuldner nur selten in der Lage sind, die Mittel für eine Kapitalabfindung aufzubringen. 7 Ein wichtiger Grund kann einmal auf Seiten des Berechtigten gegeben sein. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn er einen größeren Kapitalbetrag braucht, um sich — etwa durch den Kauf eines Betriebes — eine selbständige Lebensstellung zu verschaffen. Zu denken ist ferner an die Finanzierung einer Aus- oder Fortbildung oder an die Vorbereitung einer Auswanderung. Kein wichtiger Grund ist die bevorstehende Änderung in den persönlichen Verhältnissen, vor allem nicht die beabsichtigte Wiederheirat des Berechtigten. Auch aus dem Verhalten des Unterhaltspflichtigen kann ein wichtiger Grund herzuleiten sein. Gerät der Unterhaltsschuldner immer wieder in Zahlungsverzug, verschleudert er sein Vermögen oder trifft er sonstige Maßnahmen zur Verringerung seiner Leistungsfähigkeit, so kann dies ein Recht des Unterhaltsgläubigers begründen, eine Kapitalabfindung zu fordern. Gleiches gilt, wenn der Unterhaltspflichtige ins Ausland auswandert und dadurch die Realisierung des Rentenanspruchs gefährdet. Die Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen hat zwar das Hinzukommen weiterer Unterhaltsgläubiger zur Folge, vor allem, wenn aus der neuen Ehe Kinder hervorgehen; als wichtiger Grund ist diese Veränderung in den persönlichen Verhältnissen des Verpflichteten dennoch nicht anzusehen {SoergeljHäberle, Rdn. 9; Ermanj Dieckmann, Rdn. 4; z. t. a. A. MüKo/Richter, Rdn. 6; Göppinger, Rdn. 364). 6

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Nach der amtlichen Begründung soll ein wichtiger Grund im Sinne von § 1585 Abs. 2 auch dann anzunehmen sein, wenn der Berechtigte die Kapitalabfindung fordert und der Pflichtige unschwer in der Lage ist, die Mittel hierfür aufzubringen (BT-Drucks. aaO). Für eine solche Auslegung der Vorschrift spricht das Ziel, die wirtschaftliche Verbindung geschiedener Eheleute so bald wie möglich zu beenden. Mit dem Wortlaut des Gesetzes ist diese Interpretation indessen nicht zu vereinbaren. Das Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel kann für sich allein keinen Anspruch auf Kapitalabfindung begründen, da es an einem wichtigen Grund fehlt (ebenso Göppinger aaO; MüKo/ Richter aaO). 9 Trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes kann der Berechtigte nicht die Zahlung einer Kapitalabfindung verlangen, wenn der Verpflichtete dadurch unbillig belastet wird. Dem Verpflichteten dürfen keine unzumutbaren Opfer auferlegt werden. Ihm muß der eigene angemessene Unterhalt verbleiben. Zur Veräußerung von Vermögenswerten 402

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ist er nur verpflichtet, wenn dies keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung seiner Lebensumstände zur Folge hat. Eine Kreditaufnahme kann im allgemeinen nicht erwartet werden. Generell ist zu sagen, daß sich eine Kapitalabfindung nur durchsetzen läßt, wenn der Verpflichtete in überdurchschnittlich guten Vermögensverhältnissen lebt. Bei der Bemessung des Umfangs der Kapitalabfindung sind alle Umstände heranzu- 10 ziehen, die sich auf Höhe und Dauer der abzulösenden Rente auswirken können und die im Zeitpunkt der Entscheidung absehbar sind. Die voraussichtliche Lebenserwartung des Unterhaltsberechtigten ist nur einer der maßgeblichen Faktoren, so daß die Sterbetafeln der Versicherungsgesellschaften kein ausreichendes Entscheidungskriterium sind (Göppinger, Rdn. 366 Anm. 15). Zu berücksichtigen sind ferner die Aussichten des Berechtigten auf Wiedereingliederung in das Berufsleben, die Entwicklung seiner Bedürftigkeit, die Möglichkeit der Wiederverheiratung und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Ergibt die Prüfung der Leistungsfähigkeit, daß die nach den übrigen Faktoren an sich geschuldete Kapitalabfindung den Verpflichteten zu stark belasten würde, ist der Abfindungsbetrag nicht etwa herabzusetzen, vielmehr ist das Abfindungsbegehren abzulehnen, weil es an einer Voraussetzung des § 1585 Abs. 2 fehlt. Der Unterhaltsgläubiger kann die Kapitalabfindung nicht nur bei Beginn der Unter- 11 haltspflicht, sondern auch nach längerem Bezug einer Unterhaltsrente fordern. Er macht mit dem Verlangen nach Kapitalabfindung von einem Gestaltungsrecht Gebrauch. Mit dem Zugang der Erklärung beim Verpflichteten (§ 130 Abs. 1 BGB) tritt die Rechtsgestaltung ein, der Anspruch auf eine Rente erlischt, und an seine Stelle tritt der Anspruch auf Kapitalabfindung (MüKo/Richter, Rdn. 9; Soergel\Häberle, Rdn. 13; Göppinger, Rdn. 365; Schwab\Borth IV, Rdn. 836). Soweit im Schrifttum abweichende Ansichten vertreten werden (JohannsenjHenrich\ Voelskow, Rdn. 8: Zahlung der Abfindung; Ermanj Dieckmann, Rdn. 6: Ende des Monats, in dem das Urteil auf Zuerkennung einer Abfindung rechtskräftig wird), kann dem nicht gefolgt werden. Der Forderung auf Kapitalabfindung kann die rechtsgestaltende Wirkung nicht mit der Begründung genommen werden, damit werde dem Unterhaltsberechtigten ein zu großes Risiko aufgebürdet, bzw. die tatsächlichen Verhältnisse könnten sich nach Zugang der Erklärung ändern. Das Risiko muß der Unterhaltsgläubiger vor Abgabe der Erklärung abwägen, und eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse muß im Fall der Umwandlung eines Rentenanspruchs in einen Anspruch auf Kapitalabfindung generell unberücksichtigt bleiben. Die Grundsätze über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage gelten nicht (RGZ 106, 326). Spätere Verschlechterungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Berechtigten lassen den Rentenanspruch nicht wieder entstehen, und der Verpflichtete kann die Abfindung nicht ganz oder teilweise zurückfordern, wenn sich seine wirtschaftliche Lage ungünstiger entwickelt, als dies zu erwarten war. Hat der Unterhaltsberechtigte allerdings die Abfindung erschlichen, indem er eine unmittelbar bevorstehende Wiederheirat verheimlicht und als Grund für das Abfindungsbegehren den Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz vorgespiegelt hat, kann ein Schadensersatzanspruch aus § 826 bestehen (RGDR 39, 308). § 1585 a BGB Sicherheitsleistung (1) Der Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu leisten. Die Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Unterhaltsleistung gefährdet oder wenn der Verpflichtete durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. Der Betrag, für den Sicherheit zu leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht übersteigen, sofern nicht Gerhard Griesche

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nach den besonderen Umständen des Falles eine höhere Sicherheitsleistung angemessen erscheint. (2) Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Umständen; die Beschränkung des § 232 gilt nicht. 1

Die Vorschrift sieht in S. 1 vor, daß der Unterhaltsberechtigte zugleich mit der Festsetzung des Unterhalts die Sicherstellung durch Sicherheitsleistung verlangen kann. Die Zuerkennung der Sicherheitsleistung dem Grunde nach setzt auf seiten des Berechtigten nur einen entsprechenden Antrag voraus. Der Gesetzgeber hat sich von der Erwägung leiten lassen, daß der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten in besonderem Maße vor Zahlungsunwilligkeit und planmäßiger Anspruchsvereitelung durch den Unterhaltsschuldner gesichert werden muß. Das Verwandtenunterhaltsrecht kennt eine solche Regelung nicht, und auch auf Ansprüche getrenntlebender Ehegatten ist die Vorschrift nicht entsprechend anzuwenden (OLG Düsseldorf FamRZ 80, 1116 und FamRZ 81, 67). In der Praxis hat die Bestimmung allerdings keine Bedeutung erlangt.

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Gegenüber dem Verlangen auf Sicherheitsleistung kann der Verpflichtete einwenden, es bestehe kein Grund zur Annahme, daß die Unterhaltsleistung gefährdet sei oder daß er durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet werde (§ 1585 a Abs. 1 S. 2). Die Darlegungs- und Beweislast für den entsprechenden Tatsachenvortrag trifft den Unterhaltsschuldner. Eine Gefährdung des Unterhaltsanspruchs entfällt, wenn der Schuldner in der Vergangenheit den Unterhalt regelmäßig und pünktlich gezahlt hat und in geordneten Einkommens- und Vermögensverhältnissen lebt. Anders zu entscheiden ist bei schleppender Entrichtung des Unterhalts, häufigem Arbeitsplatz- oder Wohnsitzwechsel oder bevorstehender Auswanderung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes reicht die objektive Gefährdung des Unterhaltsanspruchs aus. Als Beispiel für eine unbillige Belastung wird in der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 7/650, S. 146 f) der Fall eines Selbständigen genannt, dessen Kreditvolumen durch das Verlangen nach Sicherheitsleistung so stark eingeschränkt wird, daß seine wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt werden würde.

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Hinsichtlich der Höhe der Sicherheitsleistung sieht Abs. 1 S. 3 für den Regelfall den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente vor. Ein höherer Betrag kommt nur bei Vorliegen besonderer Umstände, etwa im Fall besonders verschwenderischer Lebensführung des Unterhaltschuldners in Betracht. Endet die Unterhaltsverpflichtung vor Ablauf eines Jahres, ist die Sicherheitsleistung auf den insgesamt geschuldeten Unterhalt zu begrenzen. 4 Das Gericht hat auch die Art der Sicherheitsleistung zu bestimmen. Nach Abs. 2 ist es dabei nicht an die in § 232 aufgeführten Möglichkeiten gebunden. In Betracht kommen etwa die Verpfändung eines Anspruchs aus einer Lebensversicherung oder die Bürgschaft eines nahen Angehörigen des Unterhaltsschuldners, falls gesichert ist, daß dieser bereit ist, die Bürgschaft zu übernehmen. 5 Hat der Unterhaltsberechtigte es unterlassen, bei der Erstfestsetzung des Unterhalts Sicherheit zu verlangen, so besteht die Möglichkeit, dies später im Wege der Nachforderungsklage nach § 324 ZPO nachzuholen. Allerdings setzt dies nunmehr voraus, daß eine erhebliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verpflichteten eingetreten ist. Diese hat der Unterhaltsgläubiger darzulegen und zu beweisen. Mit der Nachforderungsklage kann auch eine Erhöhung der zuvor festgesetzten Sicherheit gefordert werden. Der Verpflichtete hat die Möglichkeit, im Wege der Nachtragsklage geltend zu machen, daß die Voraussetzungen für die Sicherheitsleistung entfallen sind (RGZ 164, 69). Ihm obliegt es, die entsprechenden Tatsachen vorzutragen und zu beweisen. 404

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§ 1585 b BGB

Unterhalt für die Vergangenheit

§ 1585 b BGB Unterhalt für die Vergangenheit (1) Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen. (2) Im übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. (3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Unterhalt dient der Befriedigung der laufenden Lebensbedürfnisse. Deshalb ist es an 1 sich nicht erforderlich, für einen zurückliegenden Zeitraum Unterhaltsansprüche fortbestehen zu lassen. Der völlige Ausschluß von Ansprüchen auf rückständigen Unterhalt hätte aber zur Folge, daß der Bestand und die Verwirklichung von Unterhaltsansprüchen weitgehend der Willkür des Unterhaltspflichtigen überlassen bliebe (BT-Drucks. 7/650, S. 148). Aus diesem Grund übernimmt § 1585 b die für das Recht des Verwandtenunterhalts geltende Regelung des § 1613. Im Interesse des Unterhaltspflichtigen schränkt Abs. 3 zusätzlich die Möglichkeit, für die Vergangenheit Unterhalt zu fordern, zeitlich ein. Die am weitesten gehende Ausnahme von dem Grundsatz, daß Unterhalt für die 2 Vergangenheit nicht verlangt werden kann, gilt für Sonderbedarf. Denn wegen eines Sonderbedarfs braucht der Unterhaltsberechtigte den Schuldner nicht durch Mahnung oder gerichtliche Geltendmachung in Verzug zu setzen. Deshalb ist die für Sonderbedarf geltende Regelung in Abs. 1 an den Anfang der Vorschrift gesetzt worden (BT-Drucks. aaO). Was unter Sonderbedarf zu verstehen ist, ist im § 1613 Abs. 2 S. 1, auf den § 1585 b Abs. 1 ausdrücklich verweist, gesetzlich definiert worden. Auf die Rdn. 26—32 zu § 1613 kann daher Bezug genommen werden. Ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß kann gegen den geschiedenen Ehegatten auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 2 S. 1 erfüllt sind, weil nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 84, 148) vom geschiedenen Ehegatten grundsätzlich kein Prozeßkostenvorschuß gefordert werden kann. Nach § 1585 b Abs. 2 kann der Unterhaltsberechtigte Unterhaltsrückstände und 3 Schadensersatz für die Nichterfüllung nur nach Rechtshängigkeit des Anspruchs oder Verzug des Schuldners verlangen. Diese Bestimmung entspricht der des § 1613 Abs. 1 fast wörtlich, so daß im wesentlichen auf die Rdn. 2—25 zu § 1613 verwiesen werden kann. Eine Mahnung ist aufgrund der Vorschrift des § 284 Abs. 2 S. 1 dann entbehrlich, wenn der Verpflichtete über seine Schuld auch der Höhe nach informiert ist (BGH FamRZ 81, 866, 867). Anders als das Verwandtenunterhaltsrecht (§ 1610 Abs. 3) kennt das nachehelichen Unterhaltsrecht keinen Mindestbetrag, so daß im allgemeinen eine Bezifferung erforderlich sein wird (KalthoenerjBüttner, Rdn. 185 a. E.). Aufgrund einer auf Zahlung des Trennungsunterhalts gerichteten Mahnung gerät 4 der Verpflichtete nicht wegen des künftigen Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt in Verzug. Nach der Rechtsprechung des BGH sind die Ansprüche auf Getrenntlebendenund nachehelichen Unterhalt nicht identisch (FamRZ 81, 242). Ein etwa existierender Titel über den Getrenntlebendenunterhalt erlischt mit der Rechtskraft der Scheidung. Da eine bereits vor der Entstehung eines Anspruchs ausgesprochene Mahnung wirkungslos ist und es auch nach dem Eintritt dieser Voraussetzungen bleibt, empfiehlt es sich, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt im Verbund geltend zu machen (BGH FamRZ 88, 370, 372 mit kritischer Anmerkung von Schmitt^ FamRZ 88, 700; OLG Hamm FamRZ 89, 634; Erman\Dieckmann, Rdn. 3). Soweit hiergegen eingewandt wird, daß dies den Gläubiger vor praktisch nicht lösbare Probleme stelle (Schmitt aaO; vgl. auch Kalthoenerj Büttner, Rdn. 192), kann dem nicht gefolgt werden. Der Gläubiger kann den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt im Verbund verfolgen und auf diese Weise das Entstehen von Rechtsnachteilen vermeiden. Weigert sich der Schuldner vor Rechtskraft der Scheidung definitiv, nachehelichen Unterhalt zu zahlen, ist allerdings eine Mahnung jedenfalls dann entbehrlich, wenn die Ehegatten noch kurz vor der Scheidung über den nachehelichen Unterhalt verhandelt haben und alsbald nach Ausspruch der Weigerung die Rechtskraft eintritt (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 70). Das OLG Celle (FamRZ 91, 1202) hat einer Mahnung, die nach mündlicher Verhandlung über den Scheidungsantrag, aber vor Rechtskraft des die Ehe scheidenden Urteils erfolgt war, hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts verzugsbegründende Bedeutung beigemessen. Die Entscheigung ist nicht bedenkenfrei, weil ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zum Zeitpunkt der Ubersendung der Mahnung noch nicht einmal entstanden war. 5

Soweit in § 1585 b Abs. 2 auch von Schadensersatz wegen Nichterfüllung die Rede ist, sind damit Vermögensschäden im Sinne des § 286 Abs. 1 gemeint. Zu denken ist etwa an Zinsen für die Aufnahme eines Kredits sowie an die in § 288 vorgesehenen Verzugszinsen (ErmanjDieckmann, Rdn. 3; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 17).

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Auf vertragliche Unterhaltsansprüche findet § 1585 b Abs. 2 selbst dann keine Anwendung, wenn die vertragliche Regelung sich auf die Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhalts beschränkt (RGZ 164, 65, 69; BGH FamRZ 89, 150, 152; OLG Bremen FamRZ 81, 972). Die gleichen Erwägungen, die im Fall des Verzuges oder der Rechtshängigkeit für das Fortbestehen des Anspruchs auf rückständigen Unterhalt sprechen, treffen auch bei Abschluß eines Vertrages über den gesetzlichen Unterhalt zu. Der Schuldner kennt das Bestehen seiner Unterhaltspflicht und die Höhe des Anspruchs; er kann sich also auf eine Inanspruchnahme einrichten.

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Die Vorschrift des Abs. 3 schränkt den Anspruch auf rückständigen laufenden Unterhalt und auf Sonderbedarf weiterhin dahin ein, daß Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für eine länger als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit nur durchgesetzt werden kann, wenn anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, eine besonders späte Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs dadurch zu sanktionieren, daß sie nur unter erschwerten Voraussetzungen Erfolg haben kann (BGH FamRZ 89, 150, 152). Der Gläubiger soll veranlaßt werden, seinen Unterhaltsanspruch möglichst bald geltend zu machen, damit nicht beim Schuldner eine übermäßige Schuldenlast anwächst (BGH FamRZ 87, 1014).

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Rechtshängigkeit im Sinne von § 1587 b Abs. 3 kann nicht nur durch Klageerhebung durch den Unterhaltsgläubiger herbeigeführt werden. Sie tritt auch dann ein, wenn sich der Gläubiger gegen eine Vollstreckungsklage des Schuldners gegen einen — vermeintlichen — Unterhaltstitel wehrt; jede prozessuale Auseinandersetzung um den Unterhaltsanspruch reicht aus (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 400; Soergel\Häberle, Rdn. 6). Die Zeitschranke des Abs. 3 gilt auch für den Fall, daß der Unterhaltsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet worden ist (BGH FamRZ 87, 1014) sowie, wenn Unterhalt für die Vergangenheit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung verlangt werden kann (BGH FamRZ 89, 150, 153). Abs. 3 bezieht sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Klagezustellung, nicht auf den des Zugangs eines Gesuchs auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (OLG Schleswig FamRZ 88, 961). 406

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§ 1585 c BGB

Unterhaltsverträge

Bei Überschreiten der Ein-Jahres-Frist bleibt der Unterhaltsanspruch erhalten, 9 wenn anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Zur Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals ist ein aktives Hintertreiben der Unterhaltsverpflichtung nicht erforderlich. Es genügt jedes zweckgerichtete Verhalten des Schuldners — unter Umständen auch ein Unterlassen —, das die zeitnahe Realisierung der Unterhaltsschuld verhindert oder zumindest wesentlich erschwert hat (BGH FamRZ 89, 150, 153). Ferner ist es nicht notwendig, daß der Schuldner positive Kenntnis vom Bestehen der Unterhaltsschuld hatte. Es reicht aus, daß er mit der Möglichkeit des Bestehens einer Unterhaltsschuld gerechnet hat (MüKo I Richter, Rdn. 8; Göppinger, Rdn. 1308; R G R K ¡ C u n y , Rdn. 15). Aus der Fassung des Gesetzes — „wenn anzunehmen ist" — ergibt sich, daß der 1 0 Unterhaltsberechtigte nur solche Umstände darzulegen und zu beweisen hat, die nach der Lebenserfahrung den Schluß auf ein sich Entziehen zulassen. Dem Verpflichteten obliegt es dann, die gegen ihn sprechende Vermutung dadurch zu enkräften, daß er Tatsachen darlegt und beweist, die jene Schlußfolgerung erschüttern können (BGH FamRZ 89, 150, 153). § 1585 c B G B Unterhaltsverträge Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen; Schrifttum Bosch Unterhaltsvereinbarungen, Festschrift für Habscheid,

S. 23 f; Deisenhofer\G'6htich

Rückwir-

kende Abänderung gerichtlicher Unterhaltsvergleiche, FamRZ 84, 229; Frey Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, 1988; Giesing Gerichtliche Vergleiche in Unterhaltssachen, FamRZ 80, 761; ders. Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt in der Praxis N J W 82, 271; Göppinger Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, 6. Auflage, 1988; Graba Die Abänderung von Unterhaltsvergleich und Unterhaltsurteil, N J W 80, 2744; Herb Unzulässige Rechtsausübung durch Berufung auf einen nachehelichen Unterhaltsverzicht, N J W 87, 1525; ders. Vereinbarungen des Schuldprinzips in Ehe- und Scheidungsvertragen?, FamRZ 88, 123; Langenfeld Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 1984; ders. Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt in der Praxis, N J W 81, 2377; Walter Schuldprinzip kraft Ehevertrages?, N J W 81, 1409; ders. Nochmals: Schuldprinzip kraft Ehevertrages, FamRZ 82, 7.

Übersiebt Rdn. I. Allgemeines 1. Zweck der Vorschrift 2. Anwendung auf sonstige rungen

1 Vereinba-

II. Zeitpunkt und Form der Vereinbarung 1. Zeitpunkt 2. Form — Grundsätzliche Formfreiheit . . . — Unterhaltsverzicht im Zusammenhang mit anderen Vereinbarungen — Anwaltszwang . . . . III. Gesetzlicher und vertraglicher Unterhalt — Im Zweifel Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhalts

Rdn. — Verbindung von gesetzlichem und vertraglichem Anspruch — Praktische Bedeutung der Unterscheidung IV. Art — — —

der vertraglichen Ausgestaltung Inhalt einer Unterhaltsvereinbarung . Wertsicherungsklausel Spannungsklausel und Leistungsvorbehalt

10

11 12

V. Unterhaltsverzicht — Grundsätzliches 13 — Einschränkung für den Fall der N o t . 14 — Grenzen der Zulässigkeit eines Unterhaltsverzichts insbesondere im Fall des § 1570 15, 16

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§ 1585 c BGB

Scheidung der Ehe

— Eingriff in Rechte Dritter — Keine Sittenwidrigkeit bei Ausschluß aller Rechte VI. Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung — Abkaufen der Scheidungsbereitschaft — Erschwerung der Scheidung durch Unterhaltsvereinbarung

Rdn. 17 18

19 20

Rdn. — Verknüpfung mit Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts — Falsche Angaben im Scheidungsverfahren

21 22

VII. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse —. Grundsatz 23 — Verstoß gegen Treu und Glauben . . 24, 25 — Wechselseitiger Verzicht auf die Rechte aus § 323 ZPO 26

I. Allgemeines 1

2

1. Zweck der Vorschrift Aus § 1585c ergibt sich, daß die §§ 1569—1585b nachgiebiges Recht enthalten, was im Hinblick auf den in § 1553 Abs. 1 Satz 1 normierten Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe nicht selbstverständlich ist. Die Ehegatten können schon vor der Scheidung frei vereinbaren, ob und in welchem Umfang nachehelicher Unterhalt geschuldet wird. Insbesondere können sie auch auf künftige Unterhaltsleistungen verzichten. Die Grenzen der Parteiautonomie werden allein durch die §§ 134 und 138 gesetzt. Bei der Prüfung, ob unter diesem Gesichtspunkt eine Unterhaltsvereinbarung unwirksam sein könnte, ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber möglichst frühzeitige und endgültige Lösungen der unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten für die Zeit nach der Scheidung für wünschenswert hielt, um Streit im Scheidungsverfahren zu vermeiden und spätere Unterhaltrechtsstreitigkeiten auszuschließen (BT-Drucks. 7/650, S. 149). 2. Anwendung auf sonstige Vereinbarungen Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum findet § 1585 c auf sonstige Vereinbarungen der Ehegatten entsprechende Anwendung (MüKo/Richter, Rdn. 3; SoergeljHäberle, Rdn. 4). Eine einverständliche Scheidung nach § 630 ZPO setzt sogar voraus, daß sich die Ehegatten nicht nur über den nachehelichen Unterhalt, sondern außerdem über die Regelung der elterlichen Sorge, den Umgang des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, die Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind sowie die Rechtsverhältnisse am Hausrat und der Ehewohnung geeinigt haben. Für eine solche umfassende Scheidungsvereinbarung gelten eine Reihe von Sonderbestimmungen, von deren Einhaltung die Wirksamkeit abhängt (§§ 1378, 1408 Abs. 2, 1587o Abs. 2, 630 Abs. 3 ZPO).

II. Zeitpunkt und Form der Vereinbarung 1. Zeitpunkt 3 Eine Unterhaltsvereinbarung braucht nicht in einem zeitlichen Zusammenhang mit einem beabsichtigten oder schon anhängigen Scheidungsverfahren zu stehen (BGH FamRZ 87, 691, 692; OLG Celle Fam RZ 89, 64). Allerdings können nach dem Wortlaut des Gesetzes nur „die Ehegatten" eine solche Vereinbarung treffen. Gleichwohl ist allgemein anerkannt, daß auch Verlobte vor der Eheschließung (BGH FamRZ 85, 788; OLG Hamm FamRZ 82, 1215; OLG Köln FamRZ 90, 634; OLG Celle, aaO) und bereits geschiedene Eheleute (RGZ Bd. 163, 280, 285) die nachehelichen Unterhaltsbeziehungen wirksam vertraglich regeln können. Treffen Verlobte eine Vereinbarung, durch die sowohl der Zugewinnausgleich und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen als auch wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet wird, kann indessen im Einzelfall eine besonders sorgfältige Prüfung, ob dies mit den guten Sitten in Einklang steht, geboten sein (vgl. MüKo/Richter, Rdn. 6). 408

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§ 1585 c BGB

Unterhaltsverträge

2. Form Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt sind grundsätzlich formfrei, sie 4 können also auch durch einen Briefwechsel oder durch mündliche Absprache zustande kommen. Ein im Gesetzgebungsverfahren vorgesehener Plan, für Unterhaltsvereinbarungen notarielle Beurkundung vorzuschreiben, ist im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten nicht verwirklicht worden. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist zu bedauern, zumal sie im Gegensatz zu den Regelungen über den Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 3 Satz 2) und den Versorgungsausgleich (§ 1587o Abs. 2) steht. Die wirtschaftliche Bedeutung insbesondere eines Unterhaltsverzichts ist häufig größer als die Vereinbarungen über den Zugewinn- oder den Versorgungsausgleich. In der Praxis bereitet die Feststellung des Inhalts von Unterhaltsvereinbarungen nicht selten Schwierigkeiten (kritisch zum geltenden Recht auch : JohamsenjHenrichj Voelskow, Rdn. 4; Schwab)Borth, Rdn. 848). Haben die Parteien die notarielle Beurkundung einer Unterhaltsvereinbarung vorgesehen, so ist der Vertrag nicht wirksam, wenn die Beurkundung unterbleibt (OLG Karlsruhe FamRZ 83, 174, 175). Enthält die Scheidungsfolgenvereinbarung neben einem Unterhaltsverzicht auch Rege- 5 lungen, die der notariellen Beurkundung bedürfen — etwa den Ausschluß des Zugewinnausgleichs —, so richtet sich im Falle der Nichteinhaltung der Form die Frage nach der Wirksamkeit des Unterhaltsverzichts nach § 139. Im allgemeinen wird der Unterhaltsverzicht bei Nichtigkeit der gleichzeitig getroffenen Regelung über den Zugewinnausgleich ebenfalls unwirksam sein (OLG Hamburg FamRZ 85, 290, 291; Palandtj Diederichsen, Rdn. 15). Prozeßvergleiche unterliegen in Scheidungsfolgesachen gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 2 6 ZPO dem Anwaltszwang. Deshalb sind sie nur dann wirksam, wenn beide Parteien durch Rechtsanwälte vertreten waren. Dies gilt auch im Fall der einverständlichen Scheidung nach § 630 ZPO, sofern kein Unterhaltsverzicht erklärt, sondern eine Unterhaltsvereinbarung getroffen werden soll (OLG Zweibrücken FamRZ 85, 1071; Palandtj Diederichsen, Rdn. 15; MüKo¡Richter, Rdn. 57; ErmanjDieckmann, Rdn. 13; Göppingerj Wax, Rdn. 3169; a. A. A. G. Hersbruck, FamRZ 80, 358; Tiarks, NJW 77, 2303). Ist der Prozeßvergleich wegen Nichtbeachtung des Anwaltszwangs als vollstreckbarer Titel unwirksam, führt dies nicht zwingend zur Ungültigkeit der materiell-rechtlichen Vereinbarung. Vielmehr ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein Verfahrensmangel auch die Nichtigkeit der materiell-rechtlichen Abrede zur Folge hat (BGH FamRZ 85, 166, 168; KG FamRZ 84, 284, 285).

III. Gesetzlicher und vertraglicher Unterhalt Haben die Ehegatten eine Unterhaltsvereinbarung getroffen, so ist stets zu prüfen, ob 7 damit nur eine vertragliche Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erfolgen oder ein selbständiger vertraglicher, von den §§ 1570 ff losgelöster Unterhaltsanspruch begründet werden sollte. Nach der Lebenserfahrung ist ein Wille der Partner, den Unterhaltsanspruch völlig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, nur beim Vorliegen besonderer dafür sprechender Anhaltspunkte anzunehmen (BGH FamRZ 85, 367, 368; FamRZ 88, 933, 935; FamRZ 91, 673, 674). Ein solcher Ausnahmefall ist etwa dann gegeben, wenn trotz eindeutigen Vorliegens eines Unterhaltsausschließungsgrundes nach § 1579 die Gewährung von Unterhalt zugesagt oder die uneingeschränkte Unterhaltszahlung über den Tod des Unterhaltspflichtigen hinaus vereinbart wird ( S o e r g e l j Häberle, Rdn. 7). Ebenso ist eine Unterhaltsvereinbarung zu beurteilen, die einerseits einen eindeutigen Unterhaltsverzicht enthäft, andererseits aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen dem verzichtenden Ehegatten einen Anspruch auf Zahlung von Geld Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

oder geldwerten Leistungen einräumt (BGH FamRZ 78, 873, 874). Im Schrifttum wird zum Teil angenommen, daß im Fall des Ausschlusses der Rechte aus § 323 ZPO ein vertraglicher Unterhaltsanspruch begründet werde (MüKo/Richter, Rdn. 7). Dem kann indessen nicht zugestimmt werden. Eine solche vertragliche Regelung verändert den Charakter als gesetzlicher Unterhaltsanspruch nicht (BGH FamRZ 88, 933, 935; FamRZ 91, 673, 674; Göppinger, Vereinbarungen, Rdn. 224). Denkbar ist auch eine Verbindung von gesetzlichem und vertraglichem Unterhaltsan8 spruch, so etwa, wenn der versprochene Unterhalt weit über den gesetzlich geschuldeten Unterhalt hinausgeht (RGRK\Cuny, Rdn. 11). Dies ist indessen nur ausnahmsweise der Fall. Im Hinblick darauf, daß für die Bestimmung des gesetzlichen Unterhalts nach § 1578 ein sehr breiter Spielraum besteht, wird im allgemeinen auch bei großzügigerer Bemessung des Unterhalts im Rahmen einer Unterhaltsvereinbarung nur eine Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhalts gemeint sein ( G ö p p i n g e r , Unterhaltsrecht, Rdn. 1615). 9

Die hauptsächliche praktische Bedeutung der Unterscheidung besteht darin, daß die Familiengerichte nur für die Regelung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zuständig sind. Ein vertraglich begründeter Unterhaltsanspruch betrifft nicht die gesetzliche Unterhaltspflicht im Sinne von § 23 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG. Im übrigen sind die §§ 1570 ff auf vertragliche Unterhaltsansprüche nicht anzuwenden. Diese genießen auch nicht den Schutz der §§ 850 b und d ZPO und des § 3 Abs. 2 KO {SoergeljHäberle, Rdn. 8, 9).

IV. A r t der vertraglichen A u s g e s t a l t u n g 10 Die Art der vertraglichen Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist vielfältig. Zulässig ist die Vereinbarung der Erbringung von Sachleistungen anstelle einer Geldrente (zum Beispiel die Überlassung einer Wohnung: BGH N J W 62, 2102), der Erfüllung einmaliger oder laufender Verbindlichkeiten (Zahlung der Wohnungsmiete, von Versicherungsbeiträgen, Übernahme von Krankenbehandlungskosten) oder einer einmaligen Kapitalabfindung (ohne daß die Voraussetzungen des § 1585 Abs. 2 vorliegen müssen). Nicht selten ist der Ausschluß besonderer Unterhaltstatbestände (etwa des § 1573 Abs. 2), die zeitliche Begrenzung der Zahlung von Unterhalt und die Nichtanrechnung eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten auf den Unterhalt. Die Unterhaltsvereinbarung kann auch die Höhe des angemessenen oder des billigen Unterhalts regeln. Im Hinblick auf mögliche Abänderungen bei Veränderung der Geschäftsgrundlage sollten Unterhaltsvereinbarungen sämtliche Kriterien enthalten, die Grundlage der Unterhaltsberechnung waren. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Anspruchsgrundes als auch in bezug auf die Höhe des Anspruchs (Bezeichnung des Unterhaltstatbestandes, Angabe der unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte, Höhe des angemessenen und des Billigkeitsunterhalts, Berechnungsmethode u. s. w.). 11

Vereinbaren die geschiedenen Ehegatten die Zahlung einer Unterhaltsrente, so hat jedenfalls der Berechtigte das Bedürfnis, sich gegen die allgemeine Geldentwertung zu schützen. Dem kann durch Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel Rechnung getragen werden. Dabei taucht dann aber die Frage auf, ob zur Wirksamkeit einer solchen Klausel nach § 3 Währungsgesetz die Genehmigung der zuständigen Landeszentralbank eingeholt werden muß. Nach dieser Vorschrift sind Wertsicherungsklauseln in Form von Geldwertklauseln, Valutaklauseln und Indexklauseln genehmigungsbedürftig. Das bedeutet, daß sie bis zur Erteilung der Genehmigung der Landeszentralbank schwebend unwirksam sind (BGH LM Nr. 9 zu § 3 WährG). Ob Klauseln, die sich an dem vom Statistischen Bundesamt festgesetzten Preisindex für die Lebenshaltung orientieren, unter § 3 WährG fallen, ist nicht abschließend geklärt. Im Schrifttum wird die Genehmigungsbedürftigkeit einer Klausel zum Teil verneint ( G ö p p i n g e r , Vereinbarungen, Rdn. 293; 410

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Unterhaltsverträge

Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 11; Er man/ Dieckmann, Rdn. 14; Schwab/Borth, Rdn. 893, 895). Im Hinblick darauf, daß eine höchstrichterliche Entscheidung bisher nicht vorliegt, empfiehlt es sich, sicherheitshalber ein Negativattest der zuständigen Landeszentralbank einzuholen, wobei vorsorglich beantragt werden sollte, die Klausel zu genehmigen (iGöppinger, Unterhaltsrecht, Rdn. 1660; ErmanjDieckmann, aaO; Johannsen/Henricb/ Voelskow, aaO). Wollen die Ehegatten den mit der Einholung eines Negativattestes bzw. der Genehmi- 1 2 gung der Landeszentralbank verbundenen bürokratischen Aufwand vermeiden, können sie auf die Vereinbarung einer Spannungsklausel oder eines Leistungsvorbehalts ausweichen, denn solche Klauseln sind genehmigungsfrei (BGH N J W 54, 1684; N J W 74, 273; N J W 79, 1888). Eine Spannungsklausel ist dann anzunehmen, wenn die zugrundeliegende Bezugsgröße gleichartig ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist es zulässig, die zu sichernde Unterhaltsrente an die Entwicklung der Bezüge eines Beamten einer bestimmten Besoldungsgruppe zu binden. Dabei sollten aber künftige mögliche strukturelle Veränderungen der Beamtenbesoldung berücksichtigt werden, wie sie zum Beispiel mit der Einführung eines 13. Monatsgehalts als Weihnachtsgeld und eines Urlaubsgeldes eingetreten sind (Schwab/Borth, Rdn. 895; Erman/Dieckmann, Rdn. 14). Leistungsvorbehalte sind Vereinbarungen, nach denen die Unterhaltsrente bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen von den Parteien oder Dritten an die veränderten Verhältnisse angepaßt werden soll. Dabei muß demjenigen, der die Anpassung vorzunehmen hat, ein gewisser Ermessenspielraum verbleiben. Beim Leistungsvorbehalt hat die Klausel also die Bedeutung, daß die Änderung der Bezugsgröße sich nur unmittelbar auf die Unterhaltsrente auswirkt, indem sie den Anlaß oder die Voraussetzung für die Änderung der Leistung bildet (BGH N J W 69, 91, 92).

V. Unterhaltsverzicht Entgegen der für Verwandte und getrennt lebende Ehegatten geltenden Regelung 13 des § 1614 kann der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte auf den nachehelichen Unterhalt vollständig oder teilweise verzichten. Ein solcher Verzicht erfaßt im Regelfall das Stammrecht und nicht nur die einzelnen Unterhaltsansprüche (Schwab/Borth, Rdn. 905; MüKo/Richter, Rdn. 21). Den geschiedenen Ehegatten ist es freigestellt, den Verzicht auf bestimmte Einzeltatbestände oder Teile des Bedarfs — wie etwa den Vorsorgeunterhalt oder Sonderbedarf — zu beschränken. Nicht selten enthält ein Unterhaltsverzicht den Zusatz, daß der Verzicht „auch für den Fall der Not" gelten solle. Notwendig ist diese Klarstellung nicht; die Verwendung der Klausel ist indessen zweckmäßig, da auf diese Weise dem Berechtigten die Bedeutung seiner Erklärung klarer vor Augen geführt wird (Soergel/Häberle, Rdn. 12). Wird der Unterhaltsverzicht dahin eingeschränkt, daß im Fall der Not Unterhalt 14 geschuldet werden soll, so ist im Zweifel der Notbedarf nicht mit dem „notdürftigen Unterhalt" im Sinne des § 65 Abs. 1 EheG gleichzusetzen. Vielmehr ist diese Formulierung dahin zu verstehen, daß dem Unterhaltsberechtigten der notwendige Unterhalt gewährleistet werden soll (BGH FamRZ 80, 1104, 1105; OLG Karlsruhe FamRZ 85, 1050). Vermag in diesem Fall der Berechtigte seinen notwendigen Unterhalt nicht mehr aus eigenen Mitteln oder auf sonstige Weise zu decken, so kann er den Unterhaltspflichtigen insoweit in Anspruch nehmen, als dies zur Beseitigung seiner Notlage erforderlich ist. Fehlt ein Anhaltspunkt dafür, was die Parteien mit dem „Notbedarf' gemeint haben, liegt es nahe, auf den Betrag abzustellen, der in der jeweiligen Fassung der Düsseldorfer Tabelle als notwendiger Unterhalt in Ansatz gebracht wird; zur Zeit sind dies 1100,— DM (OLG Karlsruhe FamRZ 85,1050). Um auftauchende Zweifel zu vermeiden, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

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empfiehlt es sich, bereits bei der Vereinbarung des eingeschränkten Unterhaltsverzichts den Begriff des Notfalls und die Höhe des dann geschuldeten Unterhalts näher zu erläutern (ErmanjDieckmann, Rdn. 14; Schwab]Borth, Rdn. 906). 15 Ihre Grenze findet die Zulässigkeit des Unterhaltsverzichts in den Vorschriften der §§ 134,138. Insbesondere der Fall der Unwirksamkeit des Verzichts wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten spielt in der Praxis eine nicht unwesentliche Rolle. Sittenwidrig ist ein Unterhaltsverzicht allerdings nicht allein deshalb, weil er auch einen Unterhaltsanspruch aus § 1570 erfaßt (BGH FamRZ 85, 787; 85, 788; 87, 46, 47). Zwar nimmt die Vorschrift des § 1570 BGB im nachehelichen Unterhaltsrecht einen besonderen Rang ein; minderjährige gemeinschaftliche Kinder sollen so wenig wie möglich unter den Folgen der Scheidung leiden. Dies reicht aber nicht aus, den Unterhaltsanspruch aus § 1570 als unverzichtbar anzusehen. Durch § 1585 c wird der Grundsatz der Vertragsfreiheit in vollem Umfang wiederhergestellt, und es ist — für sich gesehen — nicht von vornherein sittenwidrig, wenn minderjährige Kinder durch zwischen den Eltern getroffene Vereinbarungen Nachteile erleiden. Allerdings kann die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht im Einzelfall treuwidrig sein. Insoweit wird auf die nachstehenden Ausführungen unter den Rdn. 23 ff verwiesen. 16

Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum folgen dem Bundesgerichtshof weitgehend (OLG Köln FamRZ 90, 634; OLG Celle FamRZ 89, 64; MüKo¡Richter, Rdn. 20; SoergeljHäberle, Rdn. 16; Erman\Dieckmann, Rdn. 20; Johannsenj Henrich) Voelskow, Rdn. 8). Der gegenteilige Standpunkt wird vor allem von Bosch vertreten (Festschrift für Habscheidt, S. 23 ff; FamRZ 82, 1216). Seine Ausführungen vermögen indessen nicht zu überzeugen. Zwar sollten die Ehegatten den Betreuungsunterhalt nach Möglichkeit nicht zur Disposition stellen (vgl. die entsprechende Empfehlung des 6. Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 86, 130, 131, I 7 b). Wenn sie dies aber dennoch tun, kann das nicht stets als mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden unvereinbar bezeichnet werden. Dabei darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß eine Vielzahl von nach § 1570 an sich anspruchsberechtigten Müttern ihre geschiedenen Ehegatten nicht auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch nehmen und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen. Ein solches Verhalten kann man nicht als Verstoß gegen die guten Sitten werten. Der BGH hat auch gegenüber der Kritik von Bosch an seiner Auffassung festgehalten (FamRZ 91, 306). Ob eine Unterhaltsvereinbarung — speziell ein Unterhaltsverzicht — gegen die guten Sitten verstößt, hängt im Einzelfall entscheidend von dem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter der Vereinbarung ab (BGH FamRZ 85, 788; 90, 372, 373). Wer sich auf Sittenwidrigkeit beruft, muß die tatsächlichen Voraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen. 17 Sittenwidrigkeit eines Unterhalts Verzichts kommt insbesondere dann in Betracht, wenn hierdurch in die Rechte Dritter — etwa von unterhaltspflichtigen Verwandten oder des Trägers der Sozialhilfe — eingegriffen wird. Früher wurde unter diesem Gesichtspunkt die Unwirksamkeit eines Unterhaltsverzichts nur dann angenommen, wenn die Ehegatten bei Abschluß der Unterhaltsvereinbarung sich von der Absicht haben leiten lassen, den Dritten für den Lebensunterhalt des bedürftigen Ehegatten aufkommen zu lassen (vgl. etwa die Übersicht bei SoergeljHäberle, Rdn. 14 und Anm. 26). Der BGH hält das Handeln der Ehegatten in Benachteiligungsabsicht nicht für erforderlich. Vielmehr soll es ausreichen, daß die Ehegatten bei Abschluß der Vereinbarung sich der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und der grundsätzlich vorhandenen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und damit der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Trägers der Sozialhilfe bewußt waren oder zumindest sich dieser 412

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Unterhaltsverträge

Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen haben (BGH FamRZ 83, 137, 139; 87, 46, 47; 87, 152, 154). Unter diesem Gesichtspunkt hat der BGH den Unterhaltsverzicht einer nicht berufstätigen Frau, die über keinerlei Einnahmequellen verfügte, und wegen der Notwendigkeit, ein minderjähriges Kind noch für längere Zeit betreuen zu müssen, an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert war, für sittenwidrig erklärt (FamRZ 83, 137, 139). Die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum haben sich dem BGH zu Recht angeschlossen (vgl. etwa OLG Zweibrücken, FamRZ 83, 930; VerwG München, FamRZ 85, 292; LSG NRW FamRZ 89, 102, 104; MüKo/Richter, Rdn. 45; Soergel/Häberle, Rdn. 16; Schwab/Borth, Rdn. 908). Hat der Unterhaltsberechtigte Sozialhilfe in Anspruch genommen, so ist ein Verzicht auf rückständigen Unterhalt grundsätzlich auch dann unwirksam, wenn der Träger der Sozialhilfe den Unterhaltsanspruch noch nicht gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet hatte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch der Unterhaltspflichtige — etwa aufgrund einer Rechtswahrungsanzeige oder auf sonstige Weise — von der Unterstützung des Berechtigten durch den Träger der Sozialhilfe Kenntnis erlangt hatte (BGH FamRZ 87, 40, 42). Die Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsverzichts ergibt sich nicht allein daraus, daß die 18 Ehegatten zusätzlich den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und wechselseitig auf alle gegenseitigen Erbrechte verzichtet haben. Den Ehegatten steht es frei, alle vermögensrechtlichen Gemeinsamkeiten vom Tage der Rechtskraft der Scheidung an zu beenden und dies auch vorher so zu vereinbaren (BGH FamRZ 85, 788, 790; OLG Hamm FamRZ 82, 1215). Dies schließt es nicht aus, aufgrund der Umstände des Einzelfalles Sittenwidrigkeit in einem solchen Fall zu bejahen (MüKo/ Richter, Rdn. 46 a). Darauf, daß im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eine Ehe von längerer Dauer vorlag, kommt es indessen nicht an {Erman/Dieckmann, Rdn. 20; a. A. OLG Köln DNotz 81, 444 mit ablehnender Anmerkung von Hornhardt, S. 447; einschränkend auch: MüKo/Richter, Rdn. 46 a).

VI. Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung Nicht nur der teilweise oder vollständige Verzicht auf nachehelichen Unterhalt unter- 1 9 liegt im Einzelfall der Überprüfung der Vereinbarkeit mit den guten Sitten. Auch im Fall einer positiven Gestaltung des Unterhaltsanspruchs des einen Ehegatten gegen den anderen kann der Tatbestand des § 138 Abs. 1 verwirklicht sein. So ist zum Beispiel eine Vereinbarung, durch die sich der Berechtigte seine Scheidungsbereitschaft „abkaufen" läßt, indem er dem anderen Ehegatten die Eingehung einer Unterhaltsverpflichtung, die in grobem Mißverhältnis zu seinem wirtschaftlichen Leistungsvermögen und damit zur Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs steht, abverlangt, wegen Sittenverstoßes unwirksam {Schwab/Borth, Rdn. 9; Johannsen/Henrich/Voelskow, Rdn. 17). Solche Fälle werden indessen seit Inkrafttreten des ersten EheRG kaum noch vorkommen, da die Scheidung in der Regel nach Ablauf der im Gesetz vorgesehenen Fristen auch gegen den Willen des anderen Ehegatten durchgesetzt werden kann. Wird durch die getroffene Unterhaltsvereinbarung dem Unterhaltspflichtigen die 2 0 Scheidung erschwert, weil er hohe Unterhaltspflichten übernommen hat, so reicht dies allein nicht aus, um Sittenwidrigkeit anzunehmen (BGH FamRZ 90, 372, 373). Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, die die Vereinbarung als sittenwidrig erscheinen lassen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Unterhaltspflichtige eine Art Konventionalstrafe übernommen hat und auf diese Weise von der Einreichung eines Scheidungsantrages abgehalten werden soll. Die Vereinbarung einer Abfindungssumme von 100 000,— DM hat der BGH in dem genannten Urteil nicht als sittenwidrig angesehen, Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

weil hierdurch im konkreten Fall nicht dem Ehemann die Scheidung erschwert, sondern das finanzielle Auskommen der Ehefrau nach der Scheidung verbessert werden sollte. 21 Sittenwidrig kann eine Verknüpfung der Regelung von Unterhaltsansprüchen mit Vereinbarungen der Ehegatten hinsichtlich der Gestaltung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn sich die Ehegatten bei ihren Vorschlägen zur Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts nicht vom Wohl des Kindes leiten lassen, sondern sich darüber bewußt hinwegsetzen und nur ihre egoistischen, materiellen Interessen verfolgen (Schwab/Borth, Rdn. 912; MüKo/Richter, Rdn. 50; Göppinger, Unterhaltsrecht, Rdn. 1251; JohannsenjHenrich] Voelskoiv, Rdn. 18). So hat der BGH eine Vereinbarung der Eltern, in der der nicht sorgeberechtigte Elternteil die Nichtausübung seines Umgangsrechts gegen Freistellung von seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind versprochen hatte, aufgrund der Umstände des Einzelfalles wegen Sittenwidrigkeit für unwirksam gehalten (FamRZ 84, 778; vgl. auch BGH FamRZ 86, 444). Das gleiche gilt, wenn eine Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt mit der Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts in einer Weise verknüpft wird, durch die das Wohl des Kindes zum „Gegenstand eines Handels" gemacht wird (MüKo/Richter, Rdn. 50). 22

Unzutreffende Angaben der Parteien im Scheidungsverfahren über die Scheidungsvoraussetzungen haben in aller Regel nicht die Nichtigkeit einer Unterhaltsvereinbarung zur Folge (MüKo j Richter, Rdn. 49; Soergel/Häberle, Rdn. 18; Erman/Dieckmann, Rdn. 19). Die Regelung des § 72 Satz 3 1. Halbsatz EheG ist in § 1585 c nicht übernommen worden. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß — anders als nach dem bis zum Inkrafttreten des 1. EheG geltenden Recht — die wahrheitswidrige Vortäuschung der Scheidungsvoraussetzungen sich nicht auf die zustande gekommene Unterhaltsvereinbarung auswirkt. Die Prozeßlüge allein — vor allem der übereinstimmende unzutreffende Vortrag über den Zeitpunkt der Trennung — rechtfertigt nicht die weitgehende Folge einer Unwirksamkeit der Unterhaltsvereinbarung.

VII. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse 23

Ist ein Unterhaltsverzicht in Einklang mit dem Gesetz (§ 134) und den guten Sitten (§ 138) zustande gekommen, so wurde er von der älteren Rechtsprechung als endgültig betrachtet. Auch bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sollte der Verzichtende an seiner Erklärung festgehalten werden. Die Grundsätze über die Änderung und den Wegfall der Geschäftsgrundlage sollten bei einem endgültigen Verzicht auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch nicht angewandt werden (RGZ 106, 396; 141, 200; BGHZ 2, 384; BayObLG FamRZ 67, 224; OLG Düsseldorf FamRZ 84, 171, 172; OLG Frankfurt FamRZ 84, 486). Das Schrifttum geht zum Teil noch immer davon aus, daß ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sich nicht auf den Unterhaltsverzicht auswirke (Soergelj Häberle, Rdn. 12; MüKo ¡Richter, Rdn. 42; RGRK\Cunj, Rdn. 59; a.A. Rolland, Rdn. 26).

24

Der BGH ist indessen zunächst einen anderen Weg gegangen. Er hält die Berufung auf einen zum Zeitpunkt der Vereinbarung wirksamen Unterhaltsverzicht im Einzelfall für unzulässig, wenn dies aufgrund einer späteren Entwicklung der Verhältnisse mit dem auch im Unterhaltsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar ist. Dies hat der BGH in einem Fall angenommen, in dem die Ehefrau nach einer gescheiterten Ehe einen Unterhaltsverzicht erklärt hatte, weil beide Ehepartner davon ausgingen, daß jeder für seinen Lebensunterhalt selbst würde sorgen können; danach war aus der Ehe aber noch ein gemeinschaftliches Kind hervorgegangen, was der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Ehefrau entgegenstand (FamRZ 85, 787; 414

Gerhard Griesche

§ 1585 c BGB

Unterhaltsverträge

vgl. auch: FamRZ 85, 788, 789). Ebenso hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem die Ehegatten bei Abschluß der Unterhaltsvereinbarung angenommen hatten, der Unterhalt der Ehefrau und der gemeinschaftlichen Kinder sei durch den beabsichtigten Verkauf von Immobilien gesichert, was sich später als Irrtum herausstellte (FamRZ 87, 46, 47). In seinem Urteil vom 28. 11. 1990 (FamRZ 91, 306 = JR 91, 332 mit zust. Anm. von Hohloch) hat der BGH einem geschiedenen Ehemann die Berufung auf einen kurz vor der Eheschließung (6. 12. 1985) am 22. 11. 1985 vereinbarten Unterhaltsverzicht deshalb versagt, weil die Ehefrau das am 28. 12. 1985 geborene gemeinschaftliche Kind zu betreuen hatte. Er hat sich dabei ausdrücklich auf seine Rechtsprechung zum Verstoß gegen Treu und Glauben wegen einer späteren Entwicklung bezogen, ohne darauf einzugehen, daß die Ehefrau bei Vereinbarung des Unterhaltsverzichts schwanger war, beide Vertragspartner zu diesem Zeitpunkt also bereits annehmen mußten, daß im Fall des Scheiterns der Ehe die Ehefrau entweder auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sein würde oder unter Vernachlässigung der Kinderbelange eine Erwerbstätigkeit würde aufnehmen müssen. Im Ergebnis läuft diese Entscheidung darauf hinaus, daß im Fall der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 1570 der Unterhaltsverzicht nicht greift, solange und soweit die Frau wegen der Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Letztlich folgt der BGH der Auffassung von Bosch (aaO), auch wenn er dies anders begründet. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (MüKo¡Richter, Rdn. 20; RGRK¡Cuny, Rdn. 62) beschränkt sich die Rechtsprechung des BGH zur Treuwidrigkeit einer Berufung auf einen vereinbarten Unterhaltsverzicht nicht auf Fälle des § 1570. In einer Entscheidung zu § 1573 Abs. 1 hat er die Treuwidrigkeit der Berufung auf den Unterhaltsverzicht mit der erheblichen wirtschaftlichen Veränderung und den besonderen Umständen des Einzelfalles gerechtfertigt (FamRZ 87, 691, 692). Dabei hat der BGH es zwar dahingestellt sein lassen, ob die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage heranzuziehen seien (FamRZ 85, 788, 791). Tatsächlich sind die Entscheidungen aber typische Fälle einer Anwendung der clausula rebus sie stantibus (so ausdrücklich OLG Celle FamRZ 89, 64 und OLG Frankfurt FamRZ 88, 289). Die neuere obergerichtliche Rechtsprechung folgt dem BGH (OLG München FamRZ 85, 1264; OLG Zweibrücken FamRZ 86, 907, 908; OLG Hamm FamRZ 89, 398; OLG Hamburg FamRZ 91, 1317; aber auch schon OLG Stuttgart HEZ 2, 187, 198). Das Schrifttum steht der Rechtsprechung des BGH zum Teil kritisch gegenüber 2 5 {JohannsenjHenrich/ Voelskow, Rdn. 21; Erman\Dieckmann, Rdn. 17). Der Kritik ist zuzustimmen. Es ist zu bedenken, daß der Unterhaltsschuldner auf die Endgültigkeit des Unterhaltsverzichts vertrauen konnte und seine Lebensverhältnisse im allgemeinen darauf eingerichtet haben wird. Auch darf ein Unterhaltsverzicht grundsätzlich nicht dadurch entwertet werden, daß er ohne weiteres wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Frage gestellt werden kann. An die Voraussetzungen, unter denen die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht als tteuwidrig angesehen werden kann, sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen (Johannsenj Henrich j Voelskow, aaO; Schwab) Borth, Rdn. 910; MüKo ¡Richter, Rdn. 42). Zu erwägen ist, im Fall des § 1570 den Unterhaltsanspruch nicht in vollem Umfang wieder aufleben zu lassen, sondern ihn auf das Maß dessen zu beschränken, was der ein gemeinschaftliches Kind betreuende Ehegatte benötigt, um nicht außer Haus erwerbstätig sein zu müssen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 88, 289; OLG Bamberg FamRZ 91, 1060, 1062). Haben die geschiedenen Ehegatten im Fall der Zubilligung einer Unterhaltsrente 2 6 den wechselseitigen Ausschluß der Rechte aus § 323 ZPO vereinbart, so findet diese Abmachung ihre Grenze dort, wo der eigene notwendige Unterhalt des UnterhaltspflichGerhard Griesche

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§ 1 5 8 6 BGB

Scheidung der Ehe

tigen nicht mehr gesichert ist. Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn dem Unterhaltsschuldner nicht mehr das verbleibt, was er zur Bestreitung seines Existenzminimums benötigt (OLG Zweibrücken FamRZ 82, 302, 303 m. w. N. aus der älteren Rechtsprechung; AG Köln FamRZ 88, 1175; Göppinger, Unterhaltsrecht, Rdn. 1659). § 1586 BGB Wiederheirat oder Tod des Berechtigten (1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat oder dem Tod des Berechtigten. (2) Ansprüche auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit bleiben bestehen. Das gleiche gilt für den Anspruch auf den zur Zeit der Wiederheirat oder des Todes fälligen Monatsbetrag. 1

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Nach Abs. 1 der Vorschrift haben die Wiederheirat oder der Tod des Berechtigten das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs zur Folge. Im Fall der Wiederverheiratung besteht die Möglichkeit des Wiederauflebens des Anspruchs nach Maßgabe des § 1586 a. Aufgrund der Wiederverheiratung erlangt der Berech'tigte einen Unterhaltsanspruch gegen den neuen Ehegatten (§§ 1360 ff); deshalb entfällt der Anspruch gegen den früheren Ehegatten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der neue Ehegatte auch tatsächlich für den Unterhalt seines Partners aufkommt. Allein die wirksame Eheschließung führt zum Untergang des Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten. Abgesehen vom Fall des § 1586 a lebt der Unterhaltsanspruch nicht wieder auf, wenn die neue Ehe durch den Tod des zweiten Ehegatten, durch Scheidung oder Aufhebung aufgelöst wird. Im Fall der Nichtigkeit der zweiten Ehe besteht der Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten an sich weiter. Da sich niemand auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen kann, solange nicht die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist (§ 23 EheG), kann der Unterhaltsanspruch aber nicht geltend gemacht werden. Von der Rechtskraft des die Nichtigkeit der Ehe feststellenden Urteils an kann der geschiedene Ehegatte wieder auf Unterhalt in Anspruch genommen werden, wenn es nach § 26 Abs. 2 EheG bei den Folgen der Nichtigkeit bleibt (MüKo/Richter, Rdn. 3; SoergellHäberle, Rdn. 4). Bestimmen sich indessen die Folgen der Nichtigkeit gemäß § 26 Abs. 1 EheG nach den Vorschriften über die Folgen der Scheidung, entfallt ein Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten, weil dann die nichtige Ehe vermögensrechtlich wie die geschiedene behandelt wird {ErmanjDieckmann, Rdn. 3). Lebt der geschiedene Ehegatte mit einem anderen Partner über einen längeren Zeitraum hinweg in ehelicher Gemeinschaft zusammen, ohne ihn zu heiraten, ist § 1586 nicht — auch nicht entsprechend — anzuwenden (BGH FamRZ 80, 40, 41). Es fehlt an einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den neuen Partner und damit an einer wesentlichen Grundlage für das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs nach § 1586. Eine entsprechende Anwendung von § 1586 scheidet auch dann aus, wenn die Partner der neuen Gemeinschaft die Eheschließung nur unterlassen, um den Unterhaltsanspruch des Berechtigten zu erhalten. In einem solchen Fall kommt indessen eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7 in Betracht. Auf die Rdn. 35 zu § 1579 wird verwiesen. Haben die geschiedenen Ehegatten die Abgeltung des Unterhaltsanspruchs durch Zahlung einer Kapitalabfindung vereinbart und ist die Abfindung dem Unterhaltspflichtigen gestundet worden, so führt die Wiederverheiratung grundsätzlich nicht zum Erlöschen des Anspruchs auf die Abfindung (MaKo j Richter, Rdn. 5; SoergeljHäberle, Rdn. 6; R G R K ¡ C u n j , Rdn. 7; a. A. Gernhuher § 30 XIII1; Rolland, Rdn. 3). Anders ist zu entscheiden, wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Unterhaltsberechtigte die 416

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§ 1 5 8 6 a BGB

Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

Wiederheirat fest geplant hatte. In diesem Fall kann unter Umständen sogar ein Anspruch aus § 826 auf Rückzahlung der bereits entrichteten Kapitalabfindung in Betracht kommen (RGDR 39, 308). Mit dem Tod des Unterhaltsberechtigten erlischt der Unterhaltsanspruch aufgrund 6 seiner höchstpersönlichen Natur endgültig. Der Anspruch auf eine Kapitalabfindung geht dagegen auf den Erben über, auch soweit die Fälligkeit erst nach dem Zeitpunkt des Todes eintritt ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 6, 7; MUKo/Richter, Rdn. 5; Gernhuber § 30 XIII 1; a. A. Ermanj Dieckmann, Rdn. 7). Die Bestattungskosten hat nach § 1968 der Erbe zu tragen. Ist ihre Begleichung von dem Erben nicht zu erlangen, haben die nach §§ 1601 ff unterhaltspflichtigen Verwandten hierfür aufzukommen (§ 1615 Abs. 2). Die im Schrifttum zum Teil vertretene Auffassung, § 1615 Abs. 2 sei zu Lasten des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten anzuwenden, wenn dieser bis zum Tode des Berechtigten nachehelichen Unterhalt gezahlt habe ( P a l a n d t j D i e d e r i c h s e n , Rdn. 2), ist abzulehnen. Der Gesetzgeber hat die bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG geltende Regelung des § 69 Abs. 2 EheG bewußt nicht übernommen (BT-Drucks. 7/650, S. 150). Auch die Beiträge zu einer Sterbeversicherung sind nicht vom Unterhaltspflichtigen aufzubringen, da sie nicht zum Lebensbedarf des Berechtigten gehören ( M ü K o ¡ R i c h t e r , Rdn. 8; Soergel\Häberle, Rdn. 8; PalandtjDiederichsen, Rdn. 2; Erman\Dieckmann, Rdn. 6; a. A. Amtliche Begründung BT-Drucks. 7/650, S. 150). Durch Abs. 2 S. 1 der Vorschrift wird klargestellt, daß Ansprüche auf rückständigen 7 Unterhalt oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Fall der Wiederverheiratung zugunsten des Berechtigten und im Fall des Todes zugunsten der Erben bestehen bleiben. Dasselbe gilt nach Abs. 2 S. 2 auch für den im Zeitraum der Wiederverheiratung oder des Todes fälligen Monatsbetrag; letzteres war bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG umstritten.

§ 1 5 8 6 a BGB Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs (1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe ein und wird die Ehe wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe zu pflegen oder zu erziehen hat. Ist die Pflege oder Erziehung beendet, so kann er Unterhalt nach den §§ 1571 bis 1573, 1575 verlangen. (2) Der Ehegatte der später aufgelösten Ehe haftet vor dem Ehegatten der früher aufgelösten Ehe. Übersicht Rdn. 1

I. Grundsätzliches II. Die Regelung des Abs. 1 — Auslegung des Begriffs Wiederauflösung der Ehe — Fall der Nichtigkeit der Ehe — Pflege oder Erziehung eines Kindes aus der früheren Ehe — Anschlußunterhalt — Die Höhe des Unterhalts

2 3 4—6 7 8

Rdn. III. Die Subsidiaritätsklausel des Abs. 2 — Subsidiarität des Anspruchs aus Abs. 1 — Ausgleichsanspruch — Folgen eines Unterhaltsverzichts gegenüber dem zweiten Ehegatten — Fall der Betreuung von Kindern aus der Erst- und der Zweitehe — Teilweise Leistungsfähigkeit des Ehegatten der später aufgelösten Ehe . . . — Keine Notwendigkeit der primären Inanspruchnahme des Ehegatten der später aufgelösten Ehe

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9,10 11 12 13 14 15

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§ 1586 a BGB

Scheidung der Ehe

I. Grundsätzliches 1

Nach § 1586 Abs. 1 führt die Wiederheirat des Berechtigten zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten. Diese Rechtsfolge ist jedoch nicht in jedem Fall endgültig. Wird auch die zweite Ehe aufgelöst, räumt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen § 1586 a Abs. 1 S. 1 dem Unterhaltsberechtigten, der ein Kind aus der früheren Ehe pflegt oder betreut, die Möglichkeit ein, den ersten Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift dient dem Zweck, die Interessen des aus der Erstehe stammenden Kindes zu wahren. Der betreuende Elternteil soll nicht gezwungen sein, unter Vernachlässigung der Kindesbelange eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um den eigenen Bedarf zu decken. Im Schrifttum wird die Bestimmung zum Teil als rechtspolitisch bedenklich angesehen (Johannsenj l ienrichj Voelskow, Rdn. 2; ErmanjDieckmann, Rdn. 1). Daß der Unterhaltsanspruch aus § 1570 wegen Kindesbetreuung durch die Regelung des § 1586 a eine weitere Privilegierung erfährt, ist sicherlich richtig. Dies rechtfertigt aber nicht die Anregung (Johannsenj HenrichjVoelskoiv aaO), die Vorschrift eng auszulegen.

II. Die Regelung des Abs. 1 2

Der Unterhaltsanspruch aus § 1586 a Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 1570 setzt zunächst voraus, daß die Zweitehe wieder aufgelöst worden ist. Was unter Wiederauflösung zu verstehen ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich gesehen. Zum Teil wird angenommen, daß der Begriff eine Scheidung, Nichtigkeitserklärung oder Aufhebung der Ehe voraussetzt; wie der Fall der Auflösung der Ehe durch den Tod des zweiten Ehegatten zu behandeln sein soll, wird nicht erörtert ( G ö p p i n g e r , Rdn. 1321; MüKo/Richter, Rdn. 2, 3; RGRK/C»»j, Rdn. 3; Rolland, Rdn. 3). Andere Autoren erwähnen auch den Tod des zweiten Ehegatten als Auflösungsgrund, ohne sich indessen näher damit auseinanderzusetzen, ob der Wortlaut eine solche Auslegung zuläßt (SoergeljHäberle, Rdn. 2; Ermanj Dieckmann, Rdn. 2). Entgegen der Auffassung des OLG Saarbrücken (FamRZ 87, 1046; ebenso: HeissjHeiss 9.45) spricht der Wortlaut des Gesetzes gegen die Annahme, daß auch die Beendigung der Ehe durch den Tod des zweiten Ehegatten gemeint sein sollte, da in diesem Fall keine Rede von einer „Wiederauflösung" sein kann {Johannsenj Henrich jVoelskom, Rdn. 3; Schwabj Borth IV, Rdn. 858). Der Normzweck gebietet indessen eine Einbeziehung auch dieses Falles der Beendigung der Zweitehe in die Regelung des § 1586 a (ebenso: Schwabj Borth aaO). Die Kinder aus der Erstehe sind nicht weniger schutzbedürftig, wenn die später geschlossene Ehe durch den Tod des Ehegatten ihr Ende findet.

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Wird die Ehe für nichtig erklärt, gilt § 1586 a nur dann, wenn gemäß § 26 Abs. 1 EheG sich die vermögensrechtlichen Folgen der Nichtigkeit nach den Vorschriften über die Folgen einer Scheidung bestimmen. Im Fall der Abgabe einer Ausschließungserklärung nach § 26 Abs. 2 EheG ist § 1586 a nicht anzuwenden; ein etwaiger Unterhaltsanspruch des bedürftigen geschiedenen Ehegatten ist in diesem Fall unmittelbar aus den §§ 1570 ff herzuleiten.

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Einen Unterhaltsanspruch aus § 1586 a Abs. 1 S. 1 hat der Berechtigte dann, wenn seine Bedürftigkeit darauf beruht, daß er wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes aus früherer Ehe nicht erwerbstätig sein kann (BGH FamRZ 88, 46). Die Voraussetzungen des § 1570 müssen also im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen nach Auflösung der zweiten Ehe in vollem Umfang erfüllt sein (MüKo/Richter, Rdn. 3; SoergeljHäberle, Rdn. 3). Ist der Berechtigte durch die Kindesbetreuung nur teilweise an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit 418

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§ 1586 a BGB

Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

gehindert, kann er den früheren Ehegatten auch nur insoweit auf Unterhalt in Anspruch nehmen. Dagegen hängt der Anspruch aus § 1586 a Abs. 1 S. 1 nicht davon ab, ob der 5 Berechtigte vor der Wiederheirat vom Unterhaltspflichtigen bereits Unterhalt gefordert und erhalten hatte. Auch wenn dies nicht der Fall war — etwa weil der Berechtigte vor der Wiederheirat nicht bedürftig war oder die Notwendigkeit der Kindesbetreuung durch ihn sich erst später herausgestellt hat —, kann er nach der Auflösung der Zweitehe vom früheren geschiedenen Ehegatten Unterhalt verlangen. Insofern ist es ungenau, wenn in der nichtamtlichen Überschrift der Vorschrift sowie in der amtlichen Begründung (BTDrucks. 7/650, S. 151) von einem „Wiederaufleben" des Anspruchs die Rede ist (BGH FamRZ 88, 46; MüKo/Richter, Rdn. 4; Johannsen/ Henrich I Voelskow, Rdn. 5). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Berechtigte bereits zum Zeitpunkt der Auflösung der Zweitehe durch die Pflege oder Erziehung eines Kindes an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert war. In § 1586 a Abs. 1 wird — ebenso wie in § 1570 — nicht auf bestimmte Einsatzzeitpunkte abgestellt (MüKo/Richter, Rdn. 4; Soergel\Häberle, Rdn. 3; Johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 5). Hatte der Unterhaltsberechtigte bis zur Wiederheirat einen Unterhaltsanspruch gegen 6 den geschiedenen Ehegatten aus § 1570 und entsteht dieser nach Auflösung der Zweitehe neu, so besteht keine Identität zwischen beiden Ansprüchen. Der Anspruch nach wiederaufgelöster Zweitehe unterliegt Einschränkungen, die sich insbesondere aus Abs. 2 ergeben (siehe unten Rdn. 9 ff), so daß sich die unterschiedliche Ausgestaltung auf die materiellrechtliche Beurteilung des Charakters der Ansprüche auswirkt. Deshalb ist es nicht zulässig, nach Auflösung der Zweitehe Rechte aus einem Titel herzuleiten, der vor der Wiederheirat errichtet worden war (BGH FamRZ 88, 46 gegen OLG Zweibrücken FamRZ 86, 907). Die Vorschrift des § 1586 a Abs. 1 S. 2 sieht vor, daß nach dem Ende der Pflege 7 oder Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes weiterhin Unterhalt verlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen der §§ 1571 bis 1573, 1575 vorliegen. Auf § 1576 ist bewußt nicht verwiesen worden, so daß sich ein Anspruch auf Anschlußunterhalt aus dieser Bestimmung nicht herleiten läßt. Der Wortlaut von Abs. 1 S. 2 ist insofern nicht ganz eindeutig, als nicht zum Ausdruck gekommen ist, wann die Pflege oder Erziehung ihr Ende gefunden haben müssen. Deshalb wird im Schrifttum zum Teil die Ansicht vertreten, daß nach § 1586 a Abs. 1 S. 2 Unterhalt auch dann verlangt werden könne, wenn die Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes schon vor Auflösung der Zweitehe beendet war (MüKo/Richter, Rdn. 6). Die h. M. folgt dem indessen zu Recht nicht (Schwab/Borth I V , Rdn. 864; RGRK¡Cuny, Rdn. 5; Soergel\Häberle, Rdn. 6; Erman\Dieckmann, Rdn. 4). Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in § 1586 a Abs. 1 S. 2 nur den Anschluß an einen Betreuungsunterhalt sichern. Deshalb muß nach Auflösung der Zweitehe Betreuungsunterhalt geschuldet worden sein. Das Maß des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wie 8 sie durch die Erstehe geprägt worden sind (§ 1578 Abs. 1 S. 1). Soweit im Schrifttum auf die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung der Zweitehe für den Fall abgehoben wird, daß der Lebensstandard des Berechtigten sich verschlechtert hatte (Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 9; Gernhuber § 30 XIII 4), kann dem nicht zugestimmt werden. In § 1586 a Abs. 1 wird ausschließlich an die ehelichen Lebensverhältnisse der Erstehe angeknüpft. Es fehlt jede Handhabe, die Entwicklung während des Bestehens der Zweitehe mit zu erfassen ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 5; Schwab/Borth IV, Rdn. 863; Göppinger, Rdn. 1322; Ermanj Dieckmann, Rdn. 5). Dies gilt auch dann, wenn die Zweitehe Gerhard Griesche

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§ 1586 a BGB

Scheidung der Ehe

längere Zeit gedauert hat und sich ein niedrigerer Lebensstandard nachhaltig ausgewirkt hatte (anders insofern: MüKo¡Richter, Rdn. 7, der meint, die Berücksichtigung der späteren Entwicklung mit § 1578 Abs. 1 S. 4 rechtfertigen zu können). Eine Herabsetzung des Unterhalts auf den während der Zweitehe gesunkenen Lebensstandard kommt nur in Betracht, soweit die Voraussetzungen von § 1578 Abs. 1 S. 2 erfüllt sind (Erman/ Dieckmann aaO). III. Die Subsidiaritätsklausel des Abs. 2 9 Die Vorschrift des Abs. 2 begründet eine Subsidiarität des Anspruchs aus Abs. 1 gegenüber jedem Unterhaltsanspruch aus der aufgelösten Zweitehe. Der Ehegatte der früher aufgelösten Ehe soll nur dann und nur insoweit in Anspruch genommen werden können, als der Ehegatte der später aufgelösten Ehe den Bedarf des Berechtigten nicht decken kann. Die Inanspruchnahme des Ehegatten der später aufgelösten Ehe kann daran scheitern, daß im Verhältnis zu ihm ein Unterhaltstatbestand der §§ 1570 ff nicht verwirklicht ist, daß der Berechtigte einen bestehenden Unterhaltsanspruch nach § 1579 verwirkt hat oder daß der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig ist (Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 6). 10

Im Schrifttum umstritten ist die Frage, ob der Ehegatte der früheren Ehe vom Berechtigten nach § 1586 a Abs. 1 zum Unterhalt herangezogen werden kann, wenn der zweite Ehegatte zwar unterhaltspflichtig ist, der Anspruch gegen ihn aber nicht durchgesetzt werden kann, etwa weil er sich im Ausland aufhält. Zum Teil wird angenommen, daß allein das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gegen den Ehegatten der später aufgelösten Ehe die Anwendung von Abs. 2 rechtfertige (Johannsen/Henrich/ Voelskow, Rdn. 7; Gernhuher § 30 XIII4). Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Regelung des § 1586 a dient der Wahrung der Kindesbelange. Dieses Ziel wird aber nur dann erreicht, wenn ein Anspruch gegen den ersten Ehegatten auch im Fall mangelnder Durchsetzbarkeit des Anspruchs gegen den zweiten Ehegatten gewährt wird (MüKo/ Richter, Rdn. 9; Soergel/Häberle, Rdn. 7; Schwab/Borth IV, Rdn. 861).

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Hat der nachrangig haftende Ehegatte der früheren Ehe den Unterhalt aufbringen müssen, weil der Anspruch gegen den Ehegatten der später aufgelösten Ehe nicht durchsetzbar war, so ist ihm in entsprechender Anwendung von § 1607 Abs. 2 S. 2 ein Ausgleichsanspruch in Höhe des geleisteten Unterhalts einzuräumen (Schwab/Borth IV, Rdn. 861; Erman/Dieckmann, Rdn. 7; MüKojRichter, Rdn. 11). 12 Beruht das Fehlen eines Unterhaltsanspruchs gegen den Ehegatten der später aufgelösten Ehe darauf, daß der Berechtigte ihm gegenüber auf Unterhalt verzichtet hat, so ist zu prüfen, ob der Berechtigte dies dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen ersten geschiedenen Ehegatten entgegenhalten kann. Das kann einmal unter dem Gesichtspunkt einer mutwilligen Herbeiführung der Unterhalts bedürftigkeit (§ 1579 Nr. 3) fraglich sein. Aber auch wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht gegeben sein sollten, kann die Inanspruchnahme des ersten Ehegatten treuwidrig sein. Maßgebend können die Gründe des vereinbarten Verzichts sein (BGH FamRZ 88, 46, 47). 13

Besondere Probleme entstehen, wenn der Berechtigte nach Auflösung der Zweitehe sowohl Kinder aus dieser als auch Kinder auch der Erstehe zu betreuen und zu erziehen hat. Läßt sich feststellen, daß dem Berechtigten allein wegen der Betreuung der Kinder aus der Zweitehe die Aufnahme einer Erwerbstägigkeit nicht zugemutet werden kann, so greift die Subsidiaritätsklausel des § 1586 a Abs. 2 ein, und der zweite Ehegatte hat für den vollen Unterhalt des Berechtigten aufzukommen (Soergel/Häberle, Rdn. 4; 420

Gerhard Griesche

§ 1586 b BGB

Tod des Verpflichteten

Ermanj Dieckmann, Rdn. 3). Häufig wird der Berechtigte aber erst durch die Summe der Betreuungstätigkeiten für die Kinder aus beiden Ehen an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert. Zum Teil wird im Schrifttum auch für diesen Fall ein Vorrang der Haftung des Ehegatten der später aufgelösten Ehe für richtig gehalten (Johannsenj Henrich j Voelskow, Rdn. 8; Köhler, Rdn. 509). Im Gegensatz hierzu wird von anderen vorgeschlagen, dem Berechtigten gegen beide geschiedene Ehegatten einen Anspruch auf den vollen Unterhalt zuzugestehen, wobei sich das Verhältnis dieser Ansprüche dann nach § 1586 a Abs. 2 richten soll (MüKo/Richter, Rdn. 5). Mehrheitlich wird indessen die Annahme von Teilunterhaltsansprüchen gegen beide früheren Partner befürwortet; dabei sollen die Anteile nach dem Umfang der Betreuungstätigkeit für die Kinder aus beiden Ehen bestimmt werden {ErmanjDieckmann, Rdn. 3; Göppinger, Rdn. 1322; Schwab jBorth IV, Rdn. 862; SoergeljHäberle, Rdn. 4). Es ist nicht zu verkennen, daß dieser Lösung dogmatische Bedenken entgegenstehen können, weil eine Feststellung des Kausalzusammenhangs nicht möglich sein dürfte. Die sich hieraus ergebende Schlußfolgerung, dem Berechtigten Unterhaltsansprüche gegen beide früheren Partner zu versagen (SoergeljHäberle aaO), ist aber wegen der Notwendigkeit der Wahrung der Kindesbelange nicht hinnehmbar. Deshalb ist der h. M. zu folgen. Die Bestimmung des Umfangs der Teilunterhaltsansprüche gegen beide früheren Ehegatten ist auf der Grundlage des Tatsachenvortrags im Einzelfall im Wege der Schätzung vorzunehmen. Nicht selten kann es vorkommen, daß der Ehegatte der später aufgelösten Ehe 14 teilweise leistungsfähig ist, aber nicht in vollem Umfang den Bedarf des Berechtigten decken kann. In diesem Fall folgt aus der Subsidiaritätsklausel des § 1586 a Abs. 2, daß der Berechtigte zunächst im Umfang seiner Leistungsfähigkeit den zweiten Ehegatten in Anspruch nehmen muß und sich nur wegen des Restes an den geschiedenen Ehegatten der Erstehe halten kann. Dabei haftet der Ehegatte der später aufgelösten Ehe nur bis zur Grenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts (JohannsenjHenrichjVoelskow, Rdn. 7; Rolland, Rdn. 10). Ihm muß also das verbleiben, was er zur Bestreitung des eheangemessenen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 benötigt (vgl. BGH FamRZ 90, 260, 263 ff). Dem bedürftigen Ehegatten kann es nicht angesonnen werden, sich mit dem Billigkeitsunterhalt im Sinne von § 1581 S. 1 zu begnügen. Er hat vielmehr insoweit einen Anspruch gegen den nachrangig haftenden Ehegatten der früheren Ehe. Aus § 1586 a Abs. 2 folgt nicht, daß der Unterhaltsberechtigte zunächst in einem 15 Rechtsstreit gegen den Partner der aufgelösten Zweitehe klären lassen muß, ob ihm gegen diesen ein Unterhaltsanspruch zusteht. Er kann vielmehr gleich den Partner der früheren Ehe in Anspruch nehmen (OLG Hamm FamRZ 86, 364). Im Rahmen dieses Prozesses ist zu prüfen, ob und inwieweit ein Anspruch gegen den später geschiedenen Ehemann in Betracht kommt (BGH FamRZ 88, 46, 47).

§ 1586 b BGB Tod des Verpflichteten (1) Mit dem Tod des Verpflichteten geht die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlaßverbindlichkeit über. Die Beschränkungen nach § 1581 fallen weg. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. (2) Für die Berechnung des Pflichtteils bleiben Besonderheiten aufgrund des Güterstandes, in dem die geschiedenen Ehegatten gelebt haben, außer Betracht. Gerhard Griesche

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§ 1586 b BGB

Scheidung der Ehe

Übesieht Rdn. I. Grundsätzliches — Ü b e r g a n g der Unterhaltspflicht auf den Erben — Fortbestand des Charakters als familienrechtlicher Unterhaltsanspruch . . — Vertragliche Regelungen der Unterhaltspflicht — H a f t u n g des Erbeserben — Eigenschaft als Nachlaßverbindlichkeit

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Rdn. II. H ö h e des Anspruchs — Geschuldet wird der volle Unterhalt — E r h ö h u n g der Unterhaltsforderung aufgrund der Regelung des § 1586 b Abs. 1 S. 2 — Beschränkung der H a f t u n g auf den fiktiven Pflichtteil III. Regelung des § 1586 b Abs. 2

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I. Grundsätzliches 1

Nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift führt der Tod des Verpflichteten nicht zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs; die Unterhaltspflicht geht vielmehr auf den Erben als Nachlaßverbindlichkeit über. Durch diese Regelung, die nicht mit der für Verwandte und Eheleute bei bestehender Ehe geltenden übereinstimmt (§§ 1615, 1360 a Abs. 3, 1361 Abs. 4 S. 4), wollte der Gesetzgeber einen Ausgleich dafür schaffen, daß der geschiedene Ehegatte keinerlei erbrechtliche Ansprüche hat (BT-Drucks. 7/650, S. 151). Mit der sich aus Abs. 1 S. 3 ergebenden Beschränkung soll der Unterhalt des bedürftigen geschiedenen Ehegatten auch nach dem Tod des Verpflichteten gesichert sein.

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Obwohl der Anspruch sich nunmehr gegen den Erben richtet, verliert er nicht die Eigenschaft eines familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs (Erman/Dieckmann, Rdn. 3). Die §§ 1569 ff gelten in vollem Umfang weiter; insbesondere hängt das Fortbestehen des Anspruchs davon ab, daß der Berechtigte weiterhin bedürftig ist. Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, da infolge des Todes des Verpflichteten öffentlich- oder privatrechtliche Versorgungsansprüche entstanden sein können.

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Haben die geschiedenen Ehegatten die gesetzliche Unterhaltspflicht in einer Vereinbarung näher ausgestaltet, so ist § 1586 b Abs. 1 S. 1 uneingeschränkt anzuwenden. Aber auch Unterhaltspflichten, die durch Vertrag begründet worden sind, gehen auf den Erben über, sofern die geschiedenen Ehegatten nicht etwas anderes vereinbart hatten (MüKo/Richter, Rdn. 2). Auf Unterhaltsrückstände und Ansprüche auf eine Kapitalabfindung, die vor dem Tode des Verpflichteten noch nicht erfüllt worden waren, findet § 1586 b keine Anwendung; insoweit handelt es sich um normale Nachlaß Verbindlichkeiten, so daß die Beschränkung des § 1586 b Abs. 1 S. 3 nicht gilt (allgem. Meinung).

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Erbe im Sinn von § 1586 b ist auch der Erbeserbe. Anderenfalls wäre der Wille des Gesetzgebers, in dem durch Abs. 1 S. 3 begrenzten Umfang eine dauerhafte Sicherung des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten zu erreichen, nicht zu verwirklichen (BGH FamRZ 85, 164; O L G Köln FamRZ 83, 1036, jeweils zu der insoweit gleichen Vorschrift des § 70 EheG). Mehrere Erben haften nach § 2058 als Gesamtschuldner.

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Gemäß S. 1 geht die Unterhaltspflicht als Nachlaßverbindlichkeit auf den Erben über. Das hat zur Folge, daß der Erbe seine Haftung nach Maßgabe der §§ 1975 ff beschränken kann. Nach § 780 ZPO kann er sich auf die Beschränkung seiner Haftung allerdings nur berufen, wenn ein entsprechender Vorbehalt im Urteilstenor enthalten ist. Der Vorbehalt wird nur auf entsprechenden Antrag des Erben in den Urteilstenor aufgenommen. Das Familiengericht hat sich nicht damit zu beschäftigen, ob der Vorbehalt auch sachlich gerechtfertigt ist; diese Prüfung erfolgt im Zwangsvollstreckungsverfahren (RGZ 162, 298, 300; B G H NJW 83, 2378, 2379). Bestand vor dem Tod des Unterhaltspflichtigen ein vollstreckbarer Titel und hat der Berechtigte sich nach § 727 422

Gerhard Griesche

§ 1586 b BGB

Tod des Verpflichteten

ZPO gegen den Erben eine vollstreckbare Ausfertigung erteilen lassen, so kann der Erbe Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 732 ZPO geltend machen oder Klage nach den §§ 785, 767 ZPO erheben.

II. Höhe des Anspruchs Der Höhe nach schuldet der Erbe den vollen Unterhalt, der sich gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Soweit im Schrifttum ausgeführt wird, daß wegen des Wegfalls der Einkünfte des Verstorbenen aus einer Erwerbstätigkeit meist die Herabsetzung der Unterhaltsschuld bis zum völligen Wegfall eintrete {SoergeljHäberle, Rdn. 5; MüKo¡Richter, Rdn. 6), ist dies dogmatisch nicht korrekt. Zwar kann infolge einer Geltendmachung eines Vorbehalts beschränkter Erbenhaftung durch den Erben oder im Hinblick auf die Regelung des § 1586 b Abs. 1 S. 3 der Berechtigte unter Umständen seinen Unterhaltsanspruch nicht oder zumindest nicht voll durchsetzen. Das hat aber mit dem Bestand und der Höhe der Unterhaltsforderung nichts zu tun. Wenn der Erblasser vermögend war, wirkt sich der Wegfall der Einkünfte aus Erwerbstätigkeit für längere Zeit — möglicherweise sogar bis zum Ende der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten — nicht aus. Die Unterhaltsforderung kann sich sogar erhöhen. Denn nach § 1586 b Abs. 1 S. 2 fallen die Beschränkungen nach § 1581 weg. Schuldete der Unterhaltspflichtige also wegen seiner beschränkten Leistungsfähigkeit nur Billigkeitsunterhalt nach § 1581 S. 1, so hat der Erbe für den vollen Unterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 aufzukommen. Die Regelung des § 1586 b Abs. 1 S. 2 beruht darauf, daß der eigene angemessene Unterhalt des Verpflichteten nach seinem Tode nicht mehr gefährdet werden kann. Der volle Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen bildet andererseits die Obergrenze für den Unterhaltsanspruch. Der Umstand, daß der Tod des Unterhaltspflichtigen zum Erlöschen von Unterhaltsansprüchen gleichrangiger minderjähriger Kinder (§ 1615) oder eines neuen Ehegatten (§ 1360 a Abs. 3) führt, wirkt sich nicht bedarfssteigernd aus. Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten erhöht sich also nicht, weil ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts nicht mehr in Betracht kommt. Dagegen ist eine Bedarfssteigerung aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, denn der Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen muß gewahrt bleiben. Da eine Anknüpfung an die Entwicklung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen nicht mehr in Betracht kommt, bleibt nur die Möglichkeit, auf die vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Angaben über die allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten zurückzugreifen (OLG Celle FamRZ 87, 1038). Durch Abs. 1 S. 3 der Vorschrift wird die Erbenhaftung auf den fiktiven Pflichtteil beschränkt, der dem Berechtigten zustünde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Die Anknüpfung an den fiktiven Pflichtteil basiert auf der Erwägung, daß der Verpflichtete den Berechtigten vermutlich durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hätte, so daß ihm nur der Pflichtteil verblieben wäre (BT-Drucks. 7/650, S. 153). Zur Bestimmung der Höhe der Haftungssumme ist also der Fortbestand der Ehe bis zum Tode des Verpflichteten zu fingieren. Dabei kommt es auf den Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls an und nicht auf das Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt der Scheidung. Die Haftungssumme ist nicht der Geldentwertung oder der Steigerung der Lebenshaltungskosten seit Rechtskraft der Scheidung anzupassen. Maßgebend ist allein der tatsächliche Wert des Vermögens (Ermanj Dieckmann, Rdn. 10). Bei der Berechnung des fiktiven Pflichtteils ist ein etwaiger neuer Ehegatte des Unterhaltspflichtigen nicht zu berücksichtigen, da der Verpflichtete ohne die Scheidung die neue Ehe nicht hätte eingehen können (allgem. Meinung). Dagegen sind die Kinder des Verpflichteten aus einer späteren Ehe ebenso mitzuzählen wie nichteheliche Kinder, Gerhard Griesche

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Anh § § 1361; 1569 bis 1586 b

Scheidung der Ehe

denn ihnen steht ein Pflichtteilsrecht zu ( S o e r g e l j H ä b e r l e , Rdn. 7; MuKo/Richter, Rdn. 5; JohannsenjHenrich/ Voelskow, Rdn. 7). 10 Umstritten ist, ob bei der Ermittlung des Pflichtteils auch Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 zu erfassen sind (bejahend Gernhuber § 30 XIII 2; Rolland, Rdn. 7; JohannsenjHenrichl Voelskow, Rdn. 8; Schwab]Borth IV, Rdn. 867; verneinend ErmanjDieckmann, Rdn. 10; Dieckmann FamRZ 77, 161, 170 f; PalandtjDiederichsen, Rdn. 7; MüKo/ Richter, Rdn. 7 Fn. 15; AG Bottrop FamRZ 89, 1009). Der letzteren Auffassung ist der Vorzug zu geben. 11 Im Hinblick darauf, daß die Haftungssumme, die der Erbe im Höchstfall für Unterhaltszwecke zur Verfügung stellen muß, genau zu ermitteln ist, erhebt sich die Frage, ob dem bei der Titulierung des Unterhaltsanspruchs bereits Rechnung zu tragen ist (vgl. im einzelnen: Ermanj Dieckmann, Rdn. 14; ders. FamRZ 77, 161, 171). Auch wenn man dies für möglich hält, zwingt der Wortlaut des Gesetzes nicht dazu, diesen Weg zu beschreiten. Es sollte dem Erben überlassen bleiben, sich auf die Haftungsbegrenzung zu berufen. Ein entsprechender Vorbehalt braucht nicht in den Unterhaltstenor aufgenommen zu werden (Dieckmann aaO). Ist die Haftungssumme allerdings bereits bei der erstmaligen Titulierung des Unterhaltsanspruchs ausgeschöpft, müssen im Hinblick auf die Regelung der §§ 323 Abs. 2, 767 Abs. 2 ZPO die entsprechenden Tatsachen vorgetragen werden. Wird die Haftungssumme später erreicht, kann der Erbe dies im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen.

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III. D i e R e g e l u n g des § 1586 b A b s . 2 Nach § 1586 b Abs. 2 kommt es für die Berechnung des Pflichtteils nicht darauf an, in welchem Güterstand die geschiedenen Eheleute gelebt haben. Deshalb richtet sich der Pflichtteil im Fall der Zugewinngemeinschaft nach § 1931 Abs. 1, 2; die für den überlebenden Ehegatten günstigere Regelung des § 1371 Abs. 1 und Abs. 4 kommt nicht in Betracht.

Anhang zu den §§ 1361, 1569 bis 1586 b Art. 234 EGBGB § 1 Das Vierte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt für alle familienrechtlichen Verhältnisse, die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts bestehen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 5 Für den Unterhaltsanspruch eines Ehegatten, dessen Ehe vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschieden worden ist, bleibt das bisherige Recht maßgebend. Unterhaltsvereinbarungen bleiben unberührt. Übersicht Rdn. I. Getrenntlebenden- und nachehelichen Unterhaltsrecht im Beitrittsgebiet — Grundregel — Besonderheiten für Einwohner des Beitrittsgebiets — Selbstbehalt im Beitrittsgebiet — Verlegung des Wohnsitzes aus dem Beitrittsgebiet nach dem 3. 10. 1990 . . . II. Auslegung des Art. 234, § 5 — Grundsätzliche Weitergeltung des Rechts der DDR 424

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Rdn. Maßgebender Zeitpunkt 7 Was ist unter dem bisherigen Recht zu verstehen? 8 Geltungsbereich des § 5 9, 10 Weitergeltung von Unterhaltsvereinbarungen 11 III. Grundsätze zur Auslegung der §§ 29 ff FGB — Betreuungsunterhalt — Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit . . — Zweijahresfrist — Verfahrensrechtliches

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Anhang

Anh § § 1 3 6 1 ; 1569 bis 1586 b

I. Getrenntlebenden- und nachehelichen Unterhaltsrecht im Beitrittsgebiet Nach Art. 230 Abs. 2 EGBGB ist mit dem Beitritt der früheren DDR zur Bundesre- 1 publik am 3. Oktober 1990 das BGB auch in den Teilen Deutschlands in Kraft getreten, in denen vorher das Grundgesetz nicht gegolten hat. Art. 234 § 1 EGBGB enthält den Grundsatz, daß das Vierte Buch des BGB auf alle familienrechtlichen Verhältnisse anzuwenden ist, die am 3. Oktober 1990 bereits bestanden haben. Damit ist klargestellt, daß für ehemalige DDR-Bürger die §§ 1361, 1569 bis 1586 b maßgebend sind, auch wenn die Ehe vor dem 3. 10. 1990 geschlossen worden ist. Dieser Grundsatz wird hinsichtlich des nachehelichen Unterhaltsrechts allerdings durch Art. 234 § 5 EGBGB insofern wieder eingeschränkt, als für Ehen, die am 3. 10. 1990 bereits geschieden worden waren, das Recht der früheren DDR weitergilt. Bei der Anwendung der §§ 1361, 1569 bis 1586 b auf Bürger der ehemaligen DDR 2 wird der Familienrichter aber für einen nicht absehbaren Zeitraum noch Besonderheiten Rechnung tragen müssen, die sich aus den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in beiden Teilen Deutschlands ergeben. So sind einerseits die Einkommen im Osten Deutschlands noch deutlich niedriger als im Bereich der „alten" Bundesländer; andererseits haben Bewohner des Beitrittsgebiets insbesondere für Mieten, Mietnebenkosten und das Entgelt für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel derzeit weniger aufzuwenden. Diese Unterschiede wirken sich allerdings nicht bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus. Der Umstand, daß die Einkommen allgemein niedriger sind, führt nicht zwangsläufig dazu, den „angemessenen" (§ 1361 Abs. 1), bzw. den „vollen" (§ 1578 Abs. 1 S. 1) Unterhalt niedriger in Ansatz zu bringen. Ob die zur Auslegung der Schutzvorschrift des § 1361 Abs. 2 entwickelte Rechtsprechung uneingeschränkt auf die neuen Bundesländer zu übertragen ist, begegnet Bedenken. In der ehemaligen DDR bestand auch für verheiratete Frauen grundsätzlich eine Pflicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, so daß die Ausgangslage eine ganz andere war als in den alten Bundesländern. Eine abweichende Handhabung kommt aber allenfalls für eine kurze Ubergangszeit in Betracht, die schon als verstrichen anzusehen ist. Es ist nicht zu verkennen, daß insbesondere Frauen von der ständig zunehmenden Arbeitslosigkeit in der früheren DDR betroffen sind. Eine unterschiedliche Auslegung der Vorschrift des § 1361 Abs. 2 erscheint daher nicht mehr gerechtfertigt. Dementsprechend hat der Arbeitskreis 1 des 9. Deutschen Familiengerichtstages empfohlen, im Interesse der Herstellung der Rechtsheinheit bei der Rechtsanwendung § 1361 Abs. 2 im gesamten Bundesgebiet einheitlich auszulegen (FamRZ 92, 143). Bedeutsam sind die verschiedenen wirtschaftlichen Verhältnisse für die Prüfung 3 der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Zwar kommt im nachehelichen Unterhaltsrecht nach der Rechtsprechung des BGH ein Ansatz von festen Selbstbehaltssätzen nicht in Betracht (FamRZ 90, 260, 265; 90, 979, 981), und für das Getrenntlebendenunterhaltsrecht hat dasselbe zu gelten (vgl. Rdn. 18 zu § 1361). Insbesondere kann der sogenannte große Selbstbehalt im Sinne von § 1603 Abs. 1 nicht als untere Grenze des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Betrages gelten. Andererseits hat auch der BGH dieser Größe die Bedeutung eines Anhalts für die Bestimmung des Billigkeitsunterhalts beigemessen. Im übrigen kann es im Einzefall gerechtfertigt sein, dem Unterhaltsschuldner bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 ausnahmsweise eine Unterhaltsverpflichtung bis zur Grenze des notwendigen Selbstbehalts aufzuerlegen (BGH FamRZ 90, 260, 265). Deshalb ist eine Festlegung der Selbstbehaltssätze für Gerhard Griesche

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Anh §§ 1361; 1569 bis 1586 b

Scheidung der Ehe

das Beitrittsgebiet auch im Ehegattenunterhaltsrecht erforderlich. Das Amtsgericht Charlottenburg, das auch für die Entscheidung von Unterhaltsrechtsstreitigkeiten zwischen im Ostteil Berlins ansässigen getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten zuständig ist, hat sich dahin verständigt, die Selbstbehaltssätze wie folgt festzusetzen (FamRZ 91, 408): Notwendiger Selbstbehalt 1. Wenn der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist 2. Wenn der Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig ist Großer Selbstbehalt Selbstbehalt gegenüber dem geschiedenen Ehegatten

850,— 770,— 1100, 1000,—

DM DM DM DM

Die Berliner Familienrichter haben sich von der Erwägung leiten lassen, daß große Unterschiede gegenüber den in den „alten Bundesländern" allgemein angewandten Selbstbehaltssätzen nicht gerechtfertigt sind, weil im wesentlichen nur die Miete, die Mietnebenkosten und das Entgelt für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel derzeit noch niedriger sind als im Westteil der Stadt. Außerdem beträgt der Sozialhilfesatz für den Haushaltsvorstand in Ostberlin 447,— DM, er ist also nur um 3,25% niedriger als in Westberlin (462,— DM). Durch diesen Unterschied wird den im Ostteil der Stadt geringeren Energiekosten Rechnung getragen. Sobald eine Angleichung der Mieten eingetreten ist, wird es nicht mehr gerechtfertigt sein, für das Beitrittsgebiet andere Selbstbehaltssätze in Ansatz zu bringen. Leider haben sich die Bezirksgerichte in den neuen Bundesländern bisher nicht entschließen können, die vom Familiengericht Charlottenburg erarbeiteten Selbstbehaltssätze zu übernehmen, obwohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Unterhaltsschuldner die Situation im Ortteil Berlins sich von der des übrigen Beitrittsgebiets nicht unterscheidet (a. A. Spangenberg DAVorm 91, 713). Nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Bezirksgerichte Magdeburg und Halle (FamRZ 91,1275) soll der notwendige Selbstbehalt 900,— DM und der angemessene Selbstbehalt 1100,— DM betragen. In der Sächsischen Unterhaltstabelle (Heft 2 des FamRZ 92, S. II), die an die Stelle der Chemnitzer Unterhaltstabelle (FamRZ 91, 1406) getreten ist, wird eine Anlehnung an die Selbstbehaltssätze der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte in den alten Bundesländern vorgeschlagen und jeweils 75% dieser Beträge in Ansatz gebracht (kleiner Selbstbehalt beim Erwerbstätigen: 825,—DM und beim Erwerbslosen: 750,—DM, Selbstbehalt gegenüber dem geschiedenen Ehegatten: beim Erwerbstätigen 1050,— DM und beim Erwerbslosen 9 7 5 , - DM). Das Bezirksgericht Cottbus (FamRZ 91, 732, 734) richtet sich gleichfalls nach den Selbstbehaltssätzen der alten Bundesländer, hält aber einen Prozentsatz von 70 für richtig und bemißt deshalb den notwendigen Selbstbehalt für Erwerbstätige auf 700,— DM und für Erwerbslose auf 700,— DM. Es ist zu hoffen, daß diese Rechtszersplitterung durch eine Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse im gesamten Bundesgebiet möglichst bald überwunden wird. Verlegt der Unterhaltspflichtige nach der Trennung oder der Scheidung seinen Wohnsitz in den Bereich, in dem auch schon vor dem 3. 10. 1990 das Grundgesetz galt, so richtet sich seine Leistungsfähigkeit nach seinen tatsächlichen Einkommensverhältnissen; auch hinsichtlich des Selbstbehalts gelten keine Besonderheiten. Die Bestimmung der Höhe des Getrenntlebendenunterhalts bereitet in einem solchen Fall ebenfalls keine Schwierigkeiten. Da sich der Anspruch nach dem jeweiligen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse richtet, hat der Unterhaltsberechtigte einen Unterhaltsanspruch, der sich an der Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen orientiert. 426

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Anh § § 1361; 1569 bis 1586 b

Anhang

Problematischer ist die Bemessung des vollen Unterhalts im Sinne von § 1578 Abs. 1 5 S. 1 in diesem Fall. Erfolgt die Übersiedlung des Unterhaltspflichtigen vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, so ist dies vor dem 3. 10. 1990 als eine dem Normalverlauf entsprechende Entwicklung gewertet und der Bedarf des Unterhaltsberechtigten nach der Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen bemessen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 1149; vgl. auch Rdn. 21 zu § 1578). Es besteht kein Grund, dies künftig anders zu handhaben. Ereignissen nach Rechtskraft der Scheidung kommt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nur dann Bedeutung zu, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht des Zeitpunkts der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und wenn diese Entwicklung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat (s. die Zitate unter Rdn. 25 zu § 1578). Eine solche Feststellung wird sich im Fall der Ubersiedlung des Unterhaltspflichtigen aus dem Beitrittsgebiet in die übrige Bundesrepublik meist nicht treffen lassen. Dennoch spricht sehr viel dafür, die Bedarfsbestimmung auch in diesen Fällen an den tatsächlichen Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen auszurichten. Für die Zeit bis zur Neuregelung des internationalen Privatrechts durch das Gesetz vom 25. 7. 1986 (BGBl I, S. 1142) hat der BGH wiederholt entschieden, daß das Scheidungsfolgenstatut wandelbar sei und künftig eintretende oder sich neu auswirkende Scheidungsfolgen nach dem Recht der Bundesrepublik zu beurteilen seien (FamRZ 82, 1189 zum Unterhalt sowie FamRZ 84, 674 und FamRZ 91, 421 zum Versorgungsausgleich). Ob sich hieran etwas aufgrund der Neufassung des Art. 18 EGBGB durch das IPR-Neuregelungsgesetz geändert hat, hat der BGH dahinstehen lassen (FamRZ 91, 421). Im Schrifttum wird vereinzelt die Ansicht vertreten, daß im Fall des Ausspruchs der Scheidung nach Inkrafttreten des IPR-Neuregelungsgesetzes, also nach dem 1. 9. 1986, auf dem Gebiet der früheren DDR kein Unterhalt nach den §§ 1569 ff BGB verlangt werden könne, und zwar auch dann nicht, wenn einer der geschiedenen Ehegatten oder beide vor dem 3. 10. 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sind (vor allem Henrich FamRZ 91, 873, 875; wohl auch MiiKo/Siehr, Rdn. 44 zu Art. 18 EGBGB). Die h. M. folgt dem nicht und nimmt an, daß sich auch nach dem 1. 9. 1986 das Scheidungsfolgenstatut geändert hat, wenn der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in die Bundesrepublik verlegt hatte (MüKo/lt 7 inkler von Mohrenfels, Rdn. 304 zu Art. 17 EGBGB, PalandtjHeldrich, Rdn. 40 zu Art. 17; Bosch FamRZ 91, 1370, 1385; Coester-Waltjen Jura 91, 516, 519). Der h. M. ist zuzustimmen. Sie läßt sich dogmatisch begründen und hat den Vorteil, daß die verfassungsrechtlich bedenkliche Anwendung der Vorschriften des FGB (vgl. Rdn. 15) auf Fälle beschränkt werden kann, in denen die geschiedenen Eheleute erst nach dem 3. 10. 1990 in das Gebiet der „alten" Bundesrepublik übergesiedelt sind.

II. Auslegung des Art. 234 § 5 Für Ehen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR zur 6 Bundesrepublik geschieden worden sind, bleibt nach Art. 234 § 5 EGBGB, der Bestandteil des Einigungsvertrages ist, das Recht der früheren DDR anwendbar. Grund dieser Regelung ist, daß Eheleuten, deren Ehe bereits geschieden ist und die ihre Lebensverhältnisse nach dem zum Zeitpunkt der Scheidung geltenden Recht eingerichtet hatten, nicht zugemutet werden sollte, sich einer Änderung der unterhaltsrechtlichen Beziehungen anzupassen. Der Gesetzgeber befürchtete eine erhebliche Störung des Rechtsfriedens, wenn Unterhaltsansprüche entstünden, mit denen keiner der Ehegatten gerechnet hatte (BT-Drucks. 11/7817 S. 44). Dieser Zweck des Gesetzes ist bei der Auslegung zu beachten. Gerhard Griesche

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Scheidung der Ehe

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Im Gesetz ist nicht zum Ausdruck gekommen, ob auf den Tag des Ausspruchs der Scheidung oder auf die Rechtskraft des Scheidungsurteils abgestellt werden soll. Dieselbe Frage stellte sich nach dem Inkrafttreten des 1. EheRG. Sie wurde vom BGH dahin entschieden, daß es auf die Verkündung des Scheidungsausspruchs ankomme (FamRZ 79, 906, 907). Es liegt nahe, diese Ubergangsregelung auch jetzt anzuwenden, zumal auf diese Weise verhindert wird, daß durch Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Scheidungsausspruch eine Änderung der Scheidungsfolgen herbeigeführt werden konnte {KalthoenerjBüttner NJW 91, 398, 399; Adlerstein/Wagenit% FamRZ 90, 1300, 1303; a. A. Palandtj Diederichsen, Rdn. 1 zu Art. 234 § 5; Bosch FamRZ 91, 1370, 1383; Grantke DtZ 90, 321; Wandel BWNotZ 91, 17).

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Bisheriges Recht im Sinne von Art. 234 § 5 ist das Familiengesetzbuch der DDR in der Fassung des 1. Familienrechtsänderungsgesetzes der DDR vom 20. Juli 1990 (GBl DDR I, S. 1038). Dieses Gesetz ist nach seinem § 5 erst am 1. Oktober 1990 in Kraft getreten, hat also auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nur zwei Tage gegolten. Das ändert aber nichts daran, daß diese Gesetzesfassung das am 3. Oktober 1990 geltende Recht war, das durch den Einigungsvertrag für geschiedene Ehen übernommen worden ist (ebenso Kalthoenerj Buttner aaO; AdlersteinjWagenit% aaO; Palandtj Diederichsen, Rdn. 2 zu § 5).

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Der Wortlaut des § 5 S. 1 erfaßt die Unterhaltsansprüche aller geschiedenen Ehegatten, deren Ehe vor dem 3. Oktober 1990 nach dem Recht der früheren DDR geschieden worden ist. Bei wörtlicher Interpretation würde sich diese Regelung also auch auf geschiedene Ehegatten erstrecken, die vor dem 3. Oktober 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sind, deren unterhaltsrechtliche Beziehungen also vor Wiederherstellung der deutschen Einheit nach dem BGB beurteilt worden sind. In vielen Fällen würde das zum Erlöschen bisher bestehender Unterhaltsansprüche führen. So kann § 5 S. 1 indessen nicht ausgelegt werden. Durch den Einigungsvertrag sollte nicht in bestehende Rechte solcher Bürger eingegriffen werden, die bereits vor dem 3. Oktober 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Bundesrepublik hatten. Deshalb ist insofern weiterhin uneingeschränkt das BGB anzuwenden (BGH FamRZ 91, 421; Adlersteinj Wagenit^ FamRZ 90, 1300, 1301).

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Anders ist die Rechtslage dagegen zu beurteilen, wenn die geschiedenen Ehegatten, deren Ehe nach dem Recht der DDR geschieden worden war, nach dem 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz in die „alten Bundesländer" verlegen. Durch die Regelung des § 5 S. 1 ist das Unterhaltsstatut für Einwohner des Beitrittsgebiets festgeschrieben worden {KalthoenerjBüttner aaO; Adlersteinj Wagenitz FamRZ 90, 1300, 1301). Nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit läßt sich eine Änderung des Scheidungsfolgenstatuts nicht mehr rechtfertigen. Insofern hat der Einigungsvertrag für die Unterhaltsberechtigten, die bis zum 3. 10. 1990 im Beitrittsgebiet gewohnt haben und schon geschieden worden waren, eine Verschlechterung mit sich gebracht, da sie durch einen Umzug beider geschiedener Eheleute oder des Unterhaltspflichtigen keine Unterhaltsansprüche mehr erwerben können.

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Nach § 5 S. 2 bleiben Unterhaltsvereinbarungen unberührt. Damit ist gesichert, daß eine nach früherem Recht der DDR wirksam zustande gekommene Unterhaltsvereinbarung nicht von dem Unterhaltspflichtigen mit der Begründung in Frage gestellt werden kann, aufgrund der Neuregelung sei der getroffenen Vereinbarung die Grundlage entzogen worden. Außerdem sollte es nach den Absichten des Gesetzgebers in jeder Beziehung bei der Rechtslage verbleiben, die am Tage des Beitritts der früheren DDR zur Bundesrepublik bestand. 428

Gerhard Griesche

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Anh §§ 1 3 6 1 ; 1 5 6 9 bis 1 5 8 6 b

III. Grundsätze zur Auslegung der §§ 29 ff FGB Die Vorschriften der §§ 29 ff FGB in der Fassung des 1. Familienrechtsänderungsgesetzes haben folgenden Wortlaut: § 29 FGB (1) Ist ein geschiedener Ehegatte wegen 1. Krankheit, 2. Alters, 3. häuslicher Betreuung und Erziehung der Kinder, soweit diese von den Eltern vereinbart wurde oder wegen in der Person eines Kindes liegenden Grunde notwendig ist, oder 4. anderer sich aus der Entwicklung oder Scheidung der Ehe ergebender Gründe nicht oder nicht vollständig in der Lage, seinen Unterhalt durch eine angemessene Erwerbstätigkeit oder aus sonstigen Mitteln zu bestreiten, hat das Gericht den anderen geschiedenen Ehegatten für eine Ubergangszeit, höchstens für die Dauer von 2 Jahren nach Rechtskraft der Scheidung zur Zahlung eines nach den beiderseitigen Verhältnissen angemessenen Unterhalts oder Unterhaltszuschusses zu verpflichten. (2) Die Unterhaltsverpflichtung kann auch unbefristet ausgesprochen werden, wenn vorauszusehen ist, daß sich der Unterhaltsberechtigte keinen eigenen Erwerb schaffen kann und wenn unter Berücksichtigung aller Umstände die unbefristete Zahlung zumutbar ist. (3) Der Antrag auf Unterhalt kann nur im Scheidungsverfahren gestellt werden. Unterhalt kann ausnahmsweise noch danach, jedoch nicht später als 2 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung geltend gemacht werden, wenn die ihn rechtfertigenden Gründe erst nach Rechtskraft der Scheidung auftraten oder erkennbar wurden und unter Berücksichtigung aller Umstände dem Unterhaltsverpflichteten die Zahlung des Unterhalts oder des Unterhaltszuschusses zugemutet werden kann. In diesen Fällen kann der Unterhalt nur ab dem Zeitpunkt der Aufforderung des Unterhaltsverpflichteten und nicht höher bestimmt werden, als die Lebensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten zum Zeitpunkt der Scheidung es zugelassen hätten. (4) Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. § 30 FGB (1) Ein Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn die Eheleute vor der Erhebung der Klage mindestens ein Jahr verheiratet waren und zusammengelebt haben oder ein Kind geboren wurde oder besondere Umstände vorliegen. (2) Hat der Unterhaltsverpflichtete zum Zeitpunkt der Scheidung vorübergehend kein Einkommen, so wird die Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach ausgesprochen. Tritt die Leistungsfähigkeit in der im Scheidungsurteil festgesetzten Zeit ein, so sind Höhe und Beginn der Unterhaltszahlung auf Antrag eines der geschiedenen Ehegatten durch das Gericht festzusetzen. Der Unterhalt ist der Höhe und der Zeit nach schon im Scheidungsurteil zu bestimmen, wenn der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Leistungsfähigkeit und ihr Umfang feststeht oder das Verhalten des Unterhaltsverpflichteten zeigt, daß er sich der Unterhaltspflicht entziehen will. (3) Vereinbarungen über die Zahlung von Unterhalt an einen Ehegatten, die im Zusammenhang mit der Scheidung stehen, können rechtswirksam nur im Scheidungsverfahren getroffen werden. § 31 FGB Stellt sich heraus, daß die Fortdauer einer befristeten Unterhaltszahlung aus den Gründen des § 29 Abs. 1 erforderlich ist, kann die befristete oder unbefristete Fortdauer der Unterhaltszahlung verlangt werden, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände dem Unterhaltsverpflichteten zugemutet werden kann. Die Fortdauer ist innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Frist, für die der Unterhaltsanspruch festgelegt worden war, oder, falls die Unterhaltszahlung über diese Frist hinaus fortgesetzt wurde, nach Einstellung der Zahlung geltend zu machen. Zu einem späteren Gerhard Griesche

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Zeitpunkt kann nur die Wiederaufnahme der Unterhaltszahlungen, nicht jedoch die ununterbrochene Fortdauer verlangt werden. Die Wiederaufnahme kann jedoch nur verlangt werden, wenn dafür schwerwiegende Gründe vorliegen und ihre Versagung grob unbillig wäre.

§ 32 FGB (1) A u f den Unterhalt der geschiedenen Ehegatten finden die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 S. 2 und 3 und des § 21 Abs. 2 Anwendung. (2) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten.

§ 33 FGB Ändern sich die Umstände, die zur Festsetzung des Unterhalts geführt haben, wesentlich, so hat das Gericht auf Klage den Wegfall der Unterhaltszahlung oder ihre Herabsetzung zu bestimmen. Eine Erhöhung des Unterhaltsbetrages ist nur zulässig, wenn der Unterhaltsverpflichtete im Zeitpunkt der Scheidung ein sein normales Einkommen wesentlich unterschreitendes Einkommen gehabt hat. Die Bestimmungen des § 22 sind entsprechend anzuwenden.

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Die Vorschrift des § 2 9 Abs. 1 enthält eine Aufzählung der Tatbestände, bei deren Vorliegen der bedürftige geschiedene Ehegatte für eine Übergangszeit Unterhalt verlangen kann. Darunter fällt nach Nr. 3 auch Unterhalt wegen häuslicher Betreuung und Erziehung der Kinder. Der Betreuungsunterhalt wird aber an die Voraussetzung geknüpft, daß die Betreuung von den Eltern vereinbart wurde — hieran wird es meist fehlen — oder wegen in der Person eines Kindes liegender Gründe notwendig ist. Es ist zu hoffen, daß die Rechtsprechung dieses Tatbestandsmerkmal im Interesse minderjähriger Kinder so auslegt, daß die Gewährung von Betreuungsunterhalt zur Regel wird. Nur so läßt sich verhindern, daß die Änderung des § 29 Abs. 1 durch das Familienrechtsänderungsgesetz nicht sogar noch eine Verschärfung der Anforderungen an die Voraussetzungen des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt zur Folge hat (so aber: Adler stein\Wagenit? FamRZ 90, 1300, 1303).

13

Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit ist in § 29 nicht erwähnt worden. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß Erwerbslosigkeit ein anderer Grund im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 4 ist (AdlersteinjWagenit% aaO). Gegenüber dem BGB sind erwerbslose geschiedene Ehegatten gleichwohl erheblich schlechter gestellt, weil der andere Grund sich aus der Entwicklung oder Scheidung der Ehe ergeben, also ehebedingt sein muß. Diese Voraussetzung wird oft nicht gegeben sein (vgl. z. B. KG DTZ 92, 86). 14 Der für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten — meist die Ehefrau — gravierendste Unterschied zum BGB ist die grundsätzliche Beibehaltung der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf die Dauer von 2 Jahren nach Rechtskraft der Scheidung. Diese Regelung wird zwar durch § 31 Abs. 1 FGB n. F. insofern abgemildert, als eine Verlängerung der Unterhaltsdauer gefordert werden kann, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände dem Unterhaltspflichtigen zugemutet werden kann. Es ist abzuwarten, welche Zumutbarkeitskriterien die Rechtsprechung entwickelt. Dies kann ausschlaggebend dafür sein, inwieweit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 5 (vgl. PalandtjDiederichsen, Rdn. 2) durchgreifen. 15

Nach § 29 Abs. 3 S. 1 muß der Antrag auf Unterhalt grundsätzlich im Scheidungsverfahren gestellt werden. Von dieser Möglichkeit ist nur sehr selten Gebrauch gemacht worden. Die nachträgliche Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs ist nur ausnahmsweise und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zulässig (§ 29 Abs. 3 S. 1). Außerdem besteht die weitere Einschränkung, daß der Antrag innerhalb von 2 Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs eingereicht werden muß. Dies führt im Zweifel dazu, daß es praktisch kaum Unterhaltsberechtigte geben wird, die nach den 430

Gerhard Griesche

Vorbemerkungen

Vor § § 1 5 8 7 b i s 1 5 8 7 p B G B

Vorschriften des F G B erfolgreich Unterhaltsansprüche werden durchsetzen können. Z w a r sieht § 33 die Möglichkeit der Erhebung einer Abänderungsklage vor. Eine Erhöhung der Unterhaltsrente kann aber grundsätzlich nicht verlangt werden. A u f g r u n d dieser erheblichen Beschränkungen werden v o r dem 3. O k t o b e r 1 9 9 0 im Beitrittsgebiet geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatten stark benachteiligt. Diese Regelung w a r vertretbar, solange gewährleistet war, daß beide Ehepartner nach der Scheidung bald eine wirtschaftliche Selbständigkeit erlangen würden. A u f g r u n d der wirtschaftlichen Entwicklung im Beitrittsgebiet ist aber nicht damit zu rechnen, daß v o r allem Frauen nach der Scheidung eine Arbeitsstelle finden werden. Dies verstärkt die Zweifel an der Übereinstimmung der Regelung des A r t . 234, § § 1 , 5 E G B G B mit dem Grundgesetz (für die A n n a h m e einer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 3 G G v o r allem: Bosch F a m R Z 91, 1370, 1 3 8 7 ff).

V o r b e m e r k u n g e n z u d e n §§ 1 5 8 7 bis 1 5 8 7 p Schrifttum AdlersteinjWagenit^ Nachehelicher Unterhalt und Versorgungsausgleich in den neuen Bundesländern, FamRZ 90, 1300; v. Bar Der Versorgungsausgleich in der IPR-Reform, IPRax 84, 7; ders. Innerdeutsches Scheidungs(folgen)recht im Wandel, IPRax 85, 18; Bergmr Die Berücksichtigung von Änderungen im Versorgungsausgleich, N J W 86, 217; Borth Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis, 1983; Dörr Die Entwicklung des Versorgungsausgleichsrechts seit dem 1. EheRG, N J W 90, 1768, 2217, 2721; Eckert Das Versicherungsfallprinzip beim öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich, N J W 79, 753; Eichenhofer Intertemporalrechtliche Fragen des interlokalen Versorgungsausgleichsrechts, FuR 91, 281; Friedend Die „Dynamik" als Bewertungskriterium im Versorgungsausgleich, N J W 86, 689; Glöckner/Böhmer/Klein Versorgungsausgleich bei Scheidung, 2. Aufl. 1981; Henrich Das internationale Eherecht nach der Reform, FamRZ 86, 841; Hepting Intertemporale Fragen des internationalen Ehescheidungsrechts: Wann sind Scheidung und Versorgungsausgleich „abgeschlossen"?, IPRax 88, 153; v. Hornhardt Versorgungsausgleich und nacheheliches Unterhaltsrecht, FamRZ 79, 655; Jajme Versorgungsausgleich in Auslandsfallen, N J W 78, 2417; ders. Ausländische Scheidung und inländischer Versorgungsausgleich, FamRZ 79, 557; ders. Zum Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, FamRZ 79, 605; ders. Internationalprivatrechtliche Fragen des neuen italienischen Scheidungsrechts, FamRZ 88, 790; ders. Allgemeine Ehewirkungen und Ehescheidung nach dem Einigungsvertrag — Innerdeutsches Kollisionsrecht und Internationales Privatrecht, IPRax 91, 11; ders. Einigungsvertrag und innerdeutsches Recht des Versorgungsausgleichs, IPRax 91, 230; Klattenhof/ Der Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 2. Aufl. 1989; Lorenz Zur Zweistufentheorie des IPR und zu ihrer Bedeutung für das neue internationale Versorgungsausgleichsrecht, FamRZ 87, 645; Mansel Perspektiven eines deutschen interlokalen Privat- und Verfahrensrechts nach der Wiedervereinigung, IPRax 90, 283; Maierj Herrmann Die Korrektur des Versorgungsausgleichs, N J W 80, 11; Maierj Michaelis Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, 3. Aufl. 1987; v. Maydell Der Versorgungsausgleich, FamRZ 77, 172; ders. Überblick über die bisherige Rechtsprechung zum Versorgungsausgleich, FamRZ 81, 509 und 623; Michaelis Berücksichtigung von Rechtsänderungen bei der Bewertung von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung im Versorgungsausgleich, FamRZ 85, 550; Naegele Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl. 1984; Nolte-Schwarting Der Versorgungsausgleich in Fällen mit Auslandsberührung, 1984; Rauscher Qualifikation- und Übergangsfragen im Kollisionsrecht der Scheidungsfolgen, IPRax 88, 343; ders. Regelwidriger Versorgungsausgleich (Art. 17 III 2 EGBGB) und Abgeschlossenheit (Art. 220 I EGBGB), IPRax 89, 224; Roth-Stielow Der „zur Zeit" nicht mögliche Versorgungsausgleich, N J W 79, 1148; Schmeiduch Die Auswirkungen des Rentenreformgesetzes 1992 auf den Versorgungsausgleich, FamRZ 91, 377; Schmidbauer Der Versorgungsausgleich bei Ehescheidung, 5. Aufl. 1988; Verbandskommentar der Deutschen Rentenversicherungsträger RVO, Loseblatt, 1983; Wagenit^ Auf der Suche nach den tragenden Prinzipien des Versorgungsausgleichs, FamRZ 86, 18; Zacher Der Versorgungsausgleich im internationalen Vergleich und in der zwischenstaatlichen Praxis, 1986. Vgl. auch die Schrifttumsangaben zu § 1587 a BGB und Vor § 1 VAHRG. Hartmut Wiek

431

Vor § § 1587 b i s 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

Übersicht Rdn. I. Zielsetzung und verfassungsrechtliche Legitimation des VA II. Grundzüge des VA 1. Rechtsgrundlagen 2. Öffentlich-rechtlicher und schuldrechtlicher VA 3. Gegenstand des VA 4. Durchführung des öffentlich-rechtlichen VA a) Ermittlung der Versorgungsanrechte b) Berechnung des Ehezeitanteils der auszugleichenden Anrechte . . . c) Bewertung der Anrechte . . . . d) Gegenüberstellung der Anrechte e) Durchführung des Wertausgleichs — Splitting — Quasi-Splitting — Beitragsentrichtung — Realteilung — Sinngemäßes QuasiSplitting — Ausgleich nach § 3 b Abs. 1 VAHRG 5. Wirkungen des öffentlich-rechtlichen VA 6. Der schuldrechtliche VA . . . . 7. Korrektur des VA 8. Parteivereinbarungen

1 —3 4-23 4 5 6—7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Rdn. III. Verhältnis zwischen VA und Unterhaltsrecht

24

IV. Erziehungsrente und Unterhaltsbeitrag . 25 — 26 1. Erziehungsrente 25 2. Unterhaltsbeitrag 26 V. Verfahrensrecht

27

VI. Internationales und interlokales Recht . 28—34 1. Kollisionsrecht 28 — 32 — Die Regelung des Art. 17 Abs. 3 EGBGB 28 — VA nach Auslandsscheidung . . 29 — Die Übergangsregelung des Art. 220 Abs. 1 EGBGB . . . . 30 — Innerdeutsches Kollisionsrecht . 31 — Internationale und interlokale Zuständigkeit 32 2. Ausländische Versorgungsanrechte . 33 3. Auslandsaufenthalt eines Ehegatten . 34 VII. Übergangsrecht 1. Anwendbarkeit des VA auf vor Inkrafttreten des 1. EheRG geschlossene und/oder geschiedene Ehen . . 2. Anwendbarkeit des VA im Beitrittsgebiet — Grds. Aufschub des VA-Rechts bis zum 31. 12. 1991 (Art. 234 § 6 EGBGB) — Besondere Übergangsbestimmungen — Anwendungsbereich des VAÜG

35 — 37 38-47 39-42 43 — 46 47

I. Zielsetzung und verfassungsrechtliche Legitimation des VA 1

Mit dem VA hat der Gesetzgeber des 1. EheRG (vom 14. 06. 1976, BGBl. I S. 1421) ein völlig neuartiges Rechtsinstitut geschaffen, das weder in der deutschen Rechtsgeschichte noch in ausländischen Rechtsordnungen ein Vorbild hatte. Ziel des VA ist es zum einen, die während der Ehe von beiden Eheleuten erworbenen Anrechte auf Altersund Invaliditätsversorgung, soweit diese als Ergebnis der gemeinsamen Lebensleistung anzusehen sind, bei Auflösung der Ehe gleichmäßig auf beide Ehegatten zu verteilen. Zum anderen soll der VA dem ausgleichsberechtigten Ehegatten — insbesondere der in der Ehe nicht oder jedenfalls nicht durchgehend erwerbstätigen Ehefrau — eine eigenständige soziale Sicherung verschaffen (BT-Drucks. 7/650 S. 155). Der VA ist als Bestandteil des Scheidungsfolgenrechts in den §§ 1587 bis 1587 p geregelt und damit als privatrechtliches Institut ausgestaltet worden, mit dem jedoch auch in öffentlich-rechtliche Versorgungssysteme rechtsgestaltend eingegriffen wird. Die genannten Vorschriften sind gemäß Art. 12 Nr. 13a des 1. EheRG am 01. 07. 1977 in Kraft getreten; lediglich § 1587a Abs. 3 Nr. 2 letzter Satz, der eine Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung enthält, ist bereits seit dem Tage nach Verkündung des 1. EheRG (d.h. seit 16. 06. 1976) in Kraft (Art. 12 Nr. 13 c des 1. EheRG). Die Übernahme in Berlin, die sich gemäß Art. 12 Nr. 12 des 1. EheRG nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des 3. Überleitungsgesetzes vom 04. 01. 1952 (BGBl. I S. 1) richtete, ist durch Gesetz vom 24. 06. 1976 erfolgt (GVB1. Berlin 76, 1299). Zum Inkrafttreten im Beitrittsgebiet vgl. Rdn. 38 ff. 432

Hartmut Wiek

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

Anlaß zur Einführung des VA war die allgemein als unzulänglich empfundene 2 soziale Sicherung geschiedener Ehefrauen, die sich während der Ehe ausschließlich oder doch ganz überwiegend der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet und dadurch keine ausreichende eigenständige Sicherung für den Fall des Alters oder der Invalidität erworben hatten. Da Anwartschaften auf eine spätere Alters- und Invaliditätsversorgung nach den bestehenden Versorgungssystemen grds. nur durch (eigene) Erwerbstätigkeit begründet werden können, waren sog. Nur-Hausfrauen nicht in der Lage, eine eigenständige Alters- und Invaliditätsversorgung aufzubauen (abgesehen von den nur selten genutzten Möglichkeiten einer freiwilligen Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung oder einer Einzahlung in eine private Lebensversicherung). Bei Auflösung der Ehe konnte die geschiedene Ehefrau nicht mehr an den Versorgungsanrechten des Mannes partizipieren, sondern war auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen angewiesen, die jedoch häufig nicht zu realisieren waren. Nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen kam ein Anspruch auf eine vom geschiedenen Ehemann abgeleitete Versorgung in Betracht. So konnte z. B. die geschiedene Frau eines in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Mannes erst nach dessen Tod einen Anspruch auf sog. Geschiedenenwitwenrente geltend machen, und dies auch nur, wenn sie zuvor einen Unterhaltsanspruch gehabt hatte (was wiederum voraussetzte, daß die Ehe nicht aus ihrem alleinigen oder überwiegenden Verschulden geschieden worden war) oder der Ehemann ihr im letzten Jahr vor seinem Tod tatsächlich Unterhalt in nicht nur geringfügiger Höhe geleistet hatte und wenn sie zu Lebzeiten des geschiedenen Ehemannes nicht wieder geheiratet hatte. Eine ähnliche Regelung bestand im Beamtenrecht. In der sozialen Wirklichkeit kamen solche abgeleiteten Versorgungsansprüche nur selten zum Zuge. Auch die güterrechtlichen Bestimmungen waren zur sozialen Absicherung geschiedener Frauen nicht ausreichend, da beim überwiegenden Teil der Bevölkerung kein wesentliches zugewinnausgleichspflichtiges Vermögen vorhanden war. Meist stellten die Versorgungsanrechte das einzige nennenswerte Vermögen der Eheleute dar. Es entsprach jedoch allgemeiner Auffassung; daß Anrechte auf Alters- und Invaliditätsversorgung — mit Ausnahme der Rechte aus privaten Lebensversicherungsverträgen — nicht dem Zugewinnausgleich unterlagen. Ausgehend von dem Gedanken, daß Versorgungsanrechte ebenso wie anderes Vermö- 3 gen während der Ehezeit von beiden Ehegatten gemeinsam — durch Erwerbstätigkeit oder Haushaltsführung — erarbeitet werden, entwickelte sich seit Ende der 60er Jahre eine allgemeine Auffassung, daß die unzulängliche Alterssicherung der geschiedenen Frauen im Zuge der Eherechtsreform durch eine Aufteilung der in der Ehe erworbenen Rentenanrechte verbessert werden solle (vgl. BVerfG FamRZ 80, 326 m. w. N.). Nach eingehender Erörterung verschiedener Modelle wurde die zunächst ins Auge gefaßte Lösung eines rein schuldrechtlich ausgestalteten Ausgleichsanspruchs ebenso verworfen wie die Einführung einer allgemeinen Hausfrauenrente oder die permanente Teilnahme jedes Ehegatten an dem Erwerb von Rentenanwartschaften des anderen Ehegatten schon während bestehender Ehe. Der Gesetzgeber entschied sich schließlich für einen erst im Scheidungsfäll durchzuführenden VA, der möglichst in öffentlich-rechtlicher Form stattfinden und damit unmittelbar rechtsgestaltend wirken soll. Nur soweit dies nicht möglich ist, soll der VA schuldrechtlich durchgeführt werden. Der VA beruht auf zwei sich ergänzenden Grundgedanken, nämlich zum einen auf dem güterrechtlichen Prinzip der Vermögensteilung in Weiterentwicklung des Zugewinnausgleichs und zum anderen auf unterhaltsrechtlichen Überlegungen zur Realisierung und rechtlichen Umgestaltung des Vorsorgeunterhalts (BT-Drucks. 7/4361 S. 18). Seine verfassungsrechtliche Legitimation findet der VA in den Art. 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 GG. Nach Art. 6 Abs. 1 GG, der nicht nur für intakte Ehen gilt, hat der Gesetzgeber dafür zu sorgen, Hartmut Wiek

433

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

daß der fortwirkenden personalen Verantwortung der Ehegatten füreinander durch ein entsprechendes Scheidungsfolgenrecht Rechnung getragen wird. Zum Wesen der Ehe gehört die grds. gleiche Berechtigung beider Partner, die auch nach Trennung und Scheidung auf ihre Beziehungen hinsichtlich Unterhalt und Versorgung sowie die Aufteilung des gemeinsam erworbenen Vermögens fortwirkt. Die unmittelbaren Leistungen der Frau bei der Führung des Haushalts und der Betreuung der Kinder sind als Beitrag zum Familienunterhalt anzusehen, der gleichwertig neben der Unterhaltsleistung des Mannes durch Bereitstellung der notwendigen Barmittel steht. Deshalb dürfen die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung gemeinsam erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach Scheidung der Ehe gleichmäßig auf beide Partner verteilt werden (BVerfG FamRZ 80, 326, 333). Soweit der VA zu Eingriffen in — von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte — Rechtspositionen des Ausgleichspflichtigen führt, handelt es sich grds. um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, die durch die verfassungsrechtlich gebotene Abwicklung des durch die Ehe begründeten Privatrechtsverhältnisses gerechtfertigt wird (BVerfG FamRZ 80, 326, 333). Im Verhältnis der Ehegatten zueinander findet der VA seine Rechtfertigung in der ehelichen Lebensgemeinschaft, die schon während der Phase der Erwerbstätigkeit des (oder der) Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (BGH FamRZ 79, 477, 479). Deshalb sind die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte grds. auch dann aufzuteilen, wenn beide Ehegatten während der Ehezeit voll erwerbstätig gewesen sind (BGH FamRZ 88, 709). Jede Phase der Ehe hat grds. das gleiche Gewicht. Deshalb sind regelmäßig auch die erst während des Getrenntlebens erworbenen Anrechte auszugleichen, und zwar unabhängig von der Dauer der Trennungszeit. Es gibt keinen — der Regelung des § 1385 vergleichbaren — vorzeitigen VA. Ausgleichspflichtig sind alle bis zum Ehezeitende begründeten Anrechte. Dabei tritt die für die Einbeziehung in den Ausgleich maßgebende Zäsur allerdings aus berechnungstechnischen Gründen nicht erst mit der Rechtskraft des gerichtlichen Scheidungsausspruchs (als des rechtlichen Eheendes), sondern bereits mit dem der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorangehenden Monatsletzten ein (§ 1587 Abs. 2). Die dadurch eintretende Versorgungslücke wird durch einen Anspruch auf Versorgungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 S. 2) geschlossen.

II. Grundzüge des VA 1. Rechtsgrundlagen 4 Die materiell-rechtlichen Grundlagen für den VA sind in den §§ 1587 bis 1587 p geregelt worden. Aufgrund verfassungsgerichtlicher Beanstandungen wurden durch das Gesetz zur Regelung von Härten im VA vom 21. 02. 1983 (VAHRG; BGBl. I S. 105) ergänzende Bestimmungen getroffen, die zunächst überwiegend zeitlich befristet waren, inzwischen aber vollständig Dauerrecht geworden sind. Das VAHRG ist wiederum durch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des VA vom 08. 12. 1986 (VAWMG; BGBl. I S. 2317) geändert und ergänzt worden (vgl. dazu die Bemerkungen vor § 1 VAHRG). Darüber hinaus wird das Recht des VA durch die für die einzelnen Versorgungssysteme geltenden — teils privatrechtlichen, teils öffentlich-rechtlichen — Rechtsnormen (Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Versorgungsordnungen, Betriebsvereinbarungen usw.) sowie durch ergänzende Berechnungsvorschriften wie z. B. die BarwertVO (Anhang I zu § 1587 a) oder §25 a AbgG (vgl. § 1587 a Rdn. 329) bestimmt. Für im Beitrittsgebiet erworbene Anrechte gelten ergänzend die Bestimmungen des VAÜG. Zum Verfahrensrecht vgl. u. Rdn. 27. 434

Hartmut Wiek

Vorbemerkungen

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

2. öffentlich-rechtlicher und schuldrechtlicher VA Der VA findet statt, wenn eine Ehe anders als durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst 5 wird, d. h. im Falle der Scheidung nach § 1564 (§ 1587 Abs. 1), der Nichtigerklärung der Ehe nach § 23 EheG (§ 26 Abs. 1 EheG) und der Aufhebung der Ehe nach § 29 oder § 39 EheG (§§ 37 Abs. 1, 39 Abs. 2 S. 2 EheG). Bei Scheidung der Ehe wird der VA regelmäßig als Folgesache im Verbund mit der Scheidung durchgeführt (§ 623 Abs. 1 und 3 ZPO). In Ausnahmefällen — z. B. nach einer Auslandsscheidung — ist der VA in einem isolierten Verfahren zu regeln. Das Gesetz unterscheidet zwei Grundformen des VA: den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich (geregelt in den §§ 1587 a bis 1587 e sowie den §§ 1 und 3 b VAHRG) und den — subsidiären — schuldrechtlichen VA (geregelt in den §§ 1587 f bis 1587 n sowie den §§ 2 und 3 a VAHRG). Soweit möglich, ist der öffentlich-rechtliche VA durchzuführen, denn nur diese Ausgleichsform führt zu der beabsichtigten eigenständigen sozialen Sicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten, indem durch richterlichen Gestaltungsakt Versorgungsanrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten gekürzt und in entsprechender Höhe unmittelbar auf den Berechtigten übertragen oder für ihn begründet werden. Der öffentlich-rechtliche VA wird i. d. R. von Amts wegen im Scheidungsverbund durchgeführt, lediglich ein Abänderungsverfahren nach § 1 0 a VAHRG bedarf eines Antrags. Der schuldrechtliche VA verschafft dem Ausgleichsberechtigten keine eigenen Versorgungsanrechte, sondern nur einen auf Zahlung einer Geldrente gerichteten schuldrechtlichen Anspruch gegen den Verpflichteten bzw. nach dessen Tod — unter bestimmten Voraussetzungen — gegen den Träger der auszugleichenden Versorgung (§ 1587g Abs. 1 S. 1 und § 3a VAHRG). Außerdem findet der Ausgleich erst statt, wenn bei dem Verpflichteten der Versorgungsfall eintritt (§ 1587 g Abs. 1 S. 2). Bis dahin besteht ein Ausgleichsanspruch des Berechtigten selbst dann nicht, wenn er erwerbsunfähig wird. Diese und weitere Nachteile des schuldrechtlichen VA (vgl. § 1587f Rdn. 3) haben zur Folge, daß die nach dieser Ausgleichsform Berechtigten schlechter gestellt werden als die Berechtigten bei den öffentlich-rechtlichen Ausgleichsformen. Deshalb muß der schuldrechtliche VA auf solche Fallgestaltungen beschränkt bleiben, in denen eine für den Berechtigten günstigere Lösung nicht zu finden ist (BVerfG FamRZ 86, 543, 547; BGH FamRZ 80, 129, 130). Der schuldrechtliche VA findet stets nur auf Antrag statt. Dies gilt auch im Verbundverfahren, falls die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen VA ausnahmsweise bereits zum Zeitpunkt der Scheidung gegeben sind. 3. Gegenstand des VA Die Grundsatznorm des § 1587 regelt den Gegenstand des VA. Sie gilt sowohl für 6 den öffentlich-rechtlichen als auch für den schuldrechtlichen VA. Nach § 1587 Abs. 1 S. 1 erfaßt der VA Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung. Damit sind alle hinreichend konkretisierten Leistungsvorstufen gemeint. Uber den Gesetzeswortlaut hinaus sind auch bereits zur Auszahlung kommende Versorgungsleistungen (Renten und Pensionen) in den Ausgleich einzubeziehen, wie sich aus § 1587 a Abs. 2 und § 1587 g ergibt (BGH FamRZ 80, 129, 130). Anwartschaften, Aussichten und bereits laufende Leistungen werden allgemein mit dem Sammelbegriff „Versorgungsanrechte" bezeichnet. Die Versorgungsanrechte müssen für den Fall des Alters (d. h. des Erreichens der für das konkrete Versorgungssystem maßgebenden Altersgrenze) und/oder der Invalidität (d. h. der vorzeitigen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) zugesagt worden und auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sein. Außerdem müssen die Anrechte gemäß § 1587 Abs. 1 S. 2 entweder mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden sein. Damit bleiben Versorgungen mit Entschädigungscharakter Hartmut

Wiek

435

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

und einmalige Kapitalleistungen für den VA außer Betracht (§ 1587 Rdn. 15, 19). Ob ein Versorgungsanrecht privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist, spielt für die Frage der Einbeziehung in den VA keine Rolle. Unerheblich ist auch, in welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben; eine Anwendung der güterrechtlichen Vorschriften auf die vom VA erfaßten Anrechte ist ausdrücklich ausgeschlossen (§ 1587 Abs. 3). 7 Die vorstehend umschriebenen Versorgungsanrechte unterliegen dem VA nur insoweit, als sie in der Ehezeit erworben worden sind (§ 1587 Abs. 1 S. 1). An sich dauert die Ehe zwar vom Tage der Eheschließung bis zum Tag ihrer Auflösung, d. h. im Falle der Ehescheidung bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils. Nach der Legaldefinition der Ehezeit in § 1587 Abs. 2 ist jedoch für den VA die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, der der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht, maßgebend. Mit der Abrundung der Ehezeit auf volle Monate soll die Berechnung des Ehezeitanteils erleichtert werden, und das vorgezogene Ehezeitende soll darüber hinaus Manipulationen entgegenwirken und die Durchführung des VA im Verbund mit der Scheidung ermöglichen. Soweit in § 1587 a Abs. 2 und in § 1587 g Abs. 2 auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abgestellt wird, beruht dies auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers (vgl. § 1587 a Rdn. 3; § 1587 g Rdn. 20). 4. Durchführung des öffentlich-rechtlichen VA Die Durchführung des öffentlich-rechtlichen VA findet in fünf gedanklichen Schritten statt: a) Ermittlung der Versorgungsanrechte, die von beiden Ehegatten in der Ehezeit erworben worden sind; b) Berechnung des Ehezeitanteils dieser Anrechte; c) Bewertung des Ehezeitanteils der Anrechte; d) Gegenüberstellung der Gesamtwerte der von beiden Ehegatten erworbenen Anrechte und Feststellung der Ausgleichsverpflichtung; e) Durchführung des Wertausgleichs nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgleichsrangfolge. 9 a) Zunächst hat das FamG durch Einholung von Auskünften seitens der Ehegatten zu ermitteln, ob und ggf. welche Versorgungsanrechte i. S. d. § 1587 Abs. 1 die Ehegatten in der Ehezeit erworben haben (vgl. § 1587 a Rdn. 2). Im Zweifelsfall muß eine ergänzende Auskunft des Versorgungsträgers eingeholt werden, z. B. wenn nach den Angaben des betreffenden Ehegatten noch ungeklärt ist, ob ein Anrecht (z. B. aus einer privaten Lebensversicherung) dem VA unterliegt und ob es — zumindest teilweise — in der Ehezeit erworben worden ist. Vom öffentlich-rechtlichen VA ausgenommen bleiben Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht unverfallbar sind (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3). Derartige Anrechte können deshalb bereits auf der ersten Stufe ausgeschieden und bei den weiteren Schritten außer Betracht gelassen werden. Das gleiche gilt für ehezeitlich erworbene Anrechte eines Ehegatten, die aufgrund einer (gerichtlich genehmigten) Parteivereinbarung nach § 1587 o oder aufgrund eines Ehevertrages nach § 1408 Abs. 2 vom VA ausgeschlossen worden sind.

8

10

b) Der in den VA einzubeziehende Ehezeitanteil der einzelnen Versorgungsanrechte ist nach Maßgabe der Vorschriften des § 1587 a Abs. 2 und Abs. 5 bis 8 zu berechnen und in einem monatlichen Rentenbetrag auszudrücken (vgl. § 1587 a Rdn. 3). 436

Hartmut Wiek

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

§ 1587 a Abs. 2 enthält Regelungen für Anrechte aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Beamten-, Richter- oder Soldatenverhältnis) oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen (Nr. 1), für Anrechte aus den gesetzlichen Rentenversicherungen (Nr. 2), für Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung — einschließlich der Zusatzversorgung für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes — (Nr. 3), für Anrechte aus privaten Versicherungsverträgen (Nr. 5) und für sonstige Anrechte auf Alters- und Invaliditätsversorgung, denen typische Versorgungsbestimmungen zugrundeliegen, wie z. B. bei berufsständischen Versorgungswerken oder der Altershilfe für Landwirte (Nr. 4). Für untypische Versorgungen, die sich nicht einer dieser Berechnungsvorschriften zuordnen lassen, gilt die Auffangvorschrift des § 1587 a Abs. 5, die dem FamG eine Bewertung nach billigem Ermessen ermöglicht. Bei allen Versorgungsarten ist zunächst diejenige Versorgung zu ermitteln, die sich nach der maßgebenden Versorgungsregelung insgesamt ergäbe, wenn der betreffende Ehegatte bei Ehezeitende versorgungsberechtigt geworden wäre. Dabei werden die zum Zeitpunkt dieses fiktiven Versicherungs- oder Versorgungsfalls gegebenen persönlichen Bemessungsgrundlagen der Versorgung (wie z. B. Besoldungs- oder Tarifgruppe, Dienstalter, jeweilige Einkommenshöhe) festgeschrieben (Stichtagsprinzip oder Momentaufnahme; vgl. § 1587 Rdn. 24; § 1587 a Rdn. 3). Eheoder familienbezogene Zuschläge, die in einer künftigen Versorgungsleistung enthalten sind, sind bei der Berechnung der (fiktiven) Gesamtversorgung auszuscheiden (§ 1587 a Abs. 8). Ferner ist im Rahmen der Wertberechnung grds. außer Betracht zu lassen, ob die für den künftigen Bezug von Versorgungsleistungen vorgeschriebenen Wartezeiten oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen bereits erfüllt sind; eine Ausnahme gilt insoweit nur für Zeiten, von denen die Anrechnung beitragsloser Zeiten oder die Rente nach Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängen (§ 1587 a Abs. 7). Die Berechnung des Ehezeitanteils erfolgt nach zwei grds. verschiedenen Methoden. Nach der teilzeitbezogenen Methode ist der nach dem konkreten Versorgungssystem tatsächlich (z. B. durch Beiträge) in der Ehezeit erworbene Wertzuwachs für den VA maßgebend, ohne daß es auf die vor der Ehe gelegten Grundlagen und auf die voraussichtliche weitere Entwicklung nach der Ehezeit ankommt. Der Ehezeitanteil ergibt sich hier aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Beitragsleistungen, Beitragszeiten oder Anrechnungszeiten zu den bis zum Stichtag insgesamt entrichteten Beiträgen oder zurückgelegten Zeiten. So ist z. B. bei der gesetzlichen Rentenversicherung das Verhältnis der aus Versicherungszeiten erworbenen Werteinheiten (ab 1992: die auf die Ehezeit entfallenden persönlichen Entgeltpunkte), bei der privaten Rentenversicherung das Verhältnis der sog. Deckungskapitalien maßgebend. Nach der gesamtzeitbezogenen Berechnungsmethode ist dagegen zunächst die (unter Einbeziehung auch künftiger Dienst- bzw. Arbeitszeiten) bis zur Altersgrenze erreichbare Versorgungsanwartschaft zu ermitteln (hochzurechnen) und sodann deren Ehezeitanteil im Wege einer zeitratierlichen Berechnung (d. h. nach dem Verhältnis der ehezeitlichen zu den insgesamt erreichbaren Dienst- oder Arbeitszeiten) zu ermitteln. Hier spielt der nach den maßgebenden Versorgungsbestimmungen tatsächlich in der Ehezeit erreichte Wertzuwachs keine Rolle. Das Gesetz fingiert vielmehr für die Zwecke des VA einen linearen Anstieg des Versorgungswertes. Diese Berechnungsmethode ist z. B. bei der Berechnung von Anrechten aus der Beamtenversorgung und aus betrieblicher Altersversorgung anzuwenden. Bezieht ein Ehegatte bei Ehezeitende tatsächlich schon Versorgungsleistungen, so ist deren Höhe — mit Ausnahme der ehe- oder familienbezogenen Zuschläge i. S. d. § 1587 a Abs. 8 - auch im VA zugrunde zu legen (vgl. BGH FamRZ 82, 33; 82, 36). Der Ehezeitanteil ist auch in diesem Fall nach den in § 1587 a Abs. 2 festgelegten Hartmut Wiek

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Vor §§1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

Grundsätzen zu berechnen. § 1587 a Abs. 6 trifft eine ergänzende Regelung für den Fall, daß ein Ehegatte mehrere Versorgungsanrechte erworben hat, die aufeinander anzurechnen sind. 11

c) § 1587 a Abs. 3 trägt der Tatsache Rechnung, daß nur Versorgungsanrechte, die im Leistungsumfang und in der Qualität (annähernd) vergleichbar sind, miteinander saldiert werden können. Nicht alle Versorgungen sind volldynamisch, d. h. nehmen regelmäßig an der allgemeinen Einkommensentwicklung teil. Es gibt auch zahlreiche Versorgungssysteme, bei denen der Wert der Versorgungsanrechte nicht oder nicht in gleichem Umfang an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt wird wie der Wert volldynamischer Versorgungsanrechte. Damit Versorgungsanrechte unterschiedlicher Qualität zum Ausgleich gebracht werden können, schreibt § 1587 a Abs. 3 die Umwertung aller nicht volldynamischen Versorgungsanrechte vor. Als Vergleichsmaßstab dienen die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung. Anrechte aus diesen beiden Versorgungsarten sind stets als volldynamisch zu behandeln. Alle anderen Versorgungsanrechte sind darauf zu untersuchen, ob ihr Wert in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert dieser volldynamischen Anrechte. Soweit dies nicht der Fall ist, muß das betreffende Versorgungsanrecht auf der Basis entweder eines konkreten Deckungskapitals oder (hilfsweise) eines versicherungsmathematischen Barwerts in ein volldynamisches Anrecht umgewertet werden. Diese „Abzinsung" muß kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung bei Renten und Rentenanwartschaften aus privaten Versicherungen in jedem Fall vorgenommen werden. Für Anrechte der betrieblichen Altersversorgung schreibt § 1587 a Abs. 4 die Umwertung auf der Grundlage des Barwerts vor (vgl. dazu jedoch § 1587 a Rdn. 304).

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d) Nachdem die Wertermittlung abgeschlossen ist, werden die auszugleichenden Versorgungswerte für jeden Ehegatten gesondert addiert und sodann die jeweiligen Summen einander gegenübergestellt. Ergibt sich dabei eine Differenz, so ist der Ehegatte mit den (insgesamt) werthöheren Anrechten ausgleichspflichtig (§ 1587 a Abs. 1 S. 1). Die Höhe des Ausgleichsbetrages ergibt sich aus § 1587 a Abs. 1 S. 2: Dem Ausgleichsberechtigten steht als Ausgleichsbetrag die Hälfte der ermittelten Differenz zwischen den beiderseits (insgesamt) erworbenen Anrechten zu (Halbteilungsgrundsatz). An dieser Stelle ist jedoch u. U. zu prüfen, ob der VA (ganz oder teilweise) wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1587 c auszuschließen ist.

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e) Die Durchführung des Wertausgleichs (in Höhe des ermittelten Gesamtausgleichsanspruchs) findet je nach Art des auf Seiten des Verpflichteten auszugleichenden Anrechts in einer vom Gesetz verbindlich festgelegten Ausgleichsform und Ausgleichsrangfolge statt (vgl. zur Rangfolge im einzelnen § 1587b Rdn. 6f, § 1 VAHRG Rdn. 4ff, § 3 b VAHRG Rdn. 7 ff). Dabei werden nicht durchgehend Anrechte beider Ehegatten von gleicher Art miteinander verrechnet (vgl. dazu insbesondere § 1 VAHRG Rdn. 9, 10; § 2 VAUG Rdn. 3 f). Grds. erfolgt der Wertausgleich in Richtung der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies gilt unabhängig davon, welche Anrechte der Verpflichtete besitzt und ob überhaupt einer der Ehegatten bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war. Damit wird der heutigen Bedeutung der gesetzlichen Rentenversicherung für die Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten Rechnung getragen.

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In erster Linie findet das sog. (Renten-)Splitting nach § 1587 b Abs. 1 statt. Danach werden zum Ausgleich des nach § 1587 a ermittelten Wertunterschieds zunächst die gesetzlichen Rentenanwartschaften des Verpflichteten herangezogen, wenn sie die Summe der vom Berechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung erworbenen Anrechte übersteigen. In Höhe der Hälfte des sich insoweit ergebenden 438

Hartmut Wiek

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

Wertunterschieds werden gesetzliche Rentenanwartschaften vom Versicherungskonto des Verpflichteten auf ein bereits bestehendes oder neu zu errichtendes Versicherungskonto des Berechtigten übertragen. Die Ausgleichsform des Splittings ist mit dem GG vereinbar (BVerfG FamRZ 80, 326, 334). In zweiter Linie ist das sog. Quasi-Splitting nach § 1587 b Abs. 2 durchzuführen. Es 1 5 erfolgt nur, soweit der Wertausgleich nicht bereits durch das Splitting vollzogen werden kann. Beim Quasi-Splitting findet der Ausgleich zu Lasten der vom Verpflichteten erworbenen Beamtenversorgungsanwartschaften (i. S. d. § 1587 a Abs. 2 Nr. 1) statt, soweit diese allein oder zusammen mit gesetzlichen Rentenanwartschaften die Summe der vom Berechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung erworbenen Anrechte übersteigen. In Höhe der Hälfte des sich insoweit ergebenden, nach evtl. Anwendung des § 1587 b Abs. 1 noch verbleibenden Wertunterschieds werden zu Lasten der vom Verpflichteten erworbenen Versorgungsanwartschaften für den Berechtigten auf einem bereits bestehenden oder zu errichtenden Versicherungskonto gesetzliche Rentenanwartschaften begründet. Auch das Quasi-Splitting ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG FamRZ 80, 326, 335). Soweit der Ausgleich nicht durch Splitting oder Quasi-Splitting vollzogen werden 16 kann, hatte der Gesetzgeber des 1. EheRG als dritte Ausgleichsform die Begründung von gesetzlichen Rentenanwartschaften durch Beitragsentrichtung (§ 1587 b Abs. 3 S. 1) vorgesehen. Danach wurde dem Verpflichteten vom Gericht aufgegeben, für den Berechtigten den Kapitalbetrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, der erforderlich war, um gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe des (verbleibenden) Ausgleichsbetrages zu begründen; dafür verblieb dem Verpflichteten seine eigene auszugleichende Versorgung in voller Höhe. Diese Ausgleichsform war wegen unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Belastung des verpflichteten Ehegatten verfassungswidrig (BVerfG FamRZ 83, 342). Sie ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 VAHRG mit Wirkung vom 01. 04. 1983 durch die Ausgleichsformen der Realteilung und des analogen Quasi-Splittings (§ 1 Abs. 2 und 3 VAHRG) ersetzt worden (vgl. Vor § 1 VAHRG Rdn. 2). Bei der Realteilung (§ 1 Abs. 2 VAHRG) begründet das FamG zu Lasten des 17 Versorgungsträgers, gegenüber dem das auszugleichende Anrecht des Verpflichteten besteht, für den Berechtigten ein gleichartiges eigenständiges Anrecht (i. d. R. auch bei dem gleichen Versorgungsträger). Voraussetzung für diese Ausgleichsform ist, daß die für das Anrecht des Verpflichteten maßgebende Regelung die Möglichkeit der Realteilung ausdrücklich vorsieht. Scheidet eine Realteilung aus, so findet ein sinngemäßes Quasi-Splitting statt, wenn 18 sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet (§ 1 Abs. 3 VAHRG). Die Durchführung des Wertausgleichs erfolgt insoweit entsprechend dem Quasi-Splitting beamtenrechtlicher Versorgungsanrechte, d. h. es werden zu Lasten der vom Verpflichteten erworbenen Anrechte für den Berechtigten gesetzliche Rentenanwartschaften begründet. Soweit der Ausgleich nicht nach § 1 Abs. 2 oder 3 VAHRG vollzogen werden kann, 1 9 sollte nach der ursprünglichen Fassung des VAHRG ausnahmslos der schuldrechtliche VA stattfinden (§ 2 VAHRG a. F.). Auch diese Regelung ist für verfassungswidrig erklärt worden, weil der Gesetzgeber naheliegende Alternativen, durch die die Nachteile des schuldrechtlichen VA für den Berechtigten vermieden werden können, nicht erwogen hatte (BVerfG FamRZ 86, 543). Daraufhin sind mit dem VAWMG zusätzliche öffentlichrechtliche Ausgleichsformen geschaffen worden, mit denen der schuldrechtliche VA noch weiter zurückgedrängt werden soll (vgl. Vor § 1 VAHRG Rdn. 4). So können im Wege Hartmut Wiek

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des erweiterten Splittings oder Quasi-Splittings oder der erweiterten Realteilung (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) Anrechte, die an sich dem schuldrechtlichen VA unterliegen würden, durch begrenzte Heranziehung anderer, dem öffentlich-rechtlichen VA zugänglicher Anrechte des Verpflichteten ausgeglichen werden. Soweit der öffentlich-rechtliche VA auch mit dieser Ausgleichsform noch nicht vollständig vollzogen werden kann, hat das FamG die Möglichkeit einer Beitragszahlungsanordnung nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG. Damit wird dem Verpflichteten aufgegeben, durch Kapitalzahlung auf das Versicherungskonto des Berechtigten für diesen gesetzliche Rentenanwartschaften zu begründen. Die Regelung entspricht strukturell der früheren Ausgleichsform des § 1587 b Abs. 3 S. 1, vermeidet jedoch durch stärkere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastbarkeit des Verpflichteten die verfassungswidrigen Auswirkungen der früheren Regelung (vgl. BVerfG FamRZ 86, 543, 548). Eine Beitragszahlungsanordnung kommt — anders als Splitting oder Quasi-Splitting — nicht mehr in Betracht, wenn der Berechtigte bereits die Voraussetzungen für eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Die Ausgleichsformen des § 3 b VAHRG ersetzen, wie sich aus der systematischen Stellung in einem besonderen Abschnitt des VAHRG ergibt, nicht die frühere Ausgleichsform des § 1587 b Abs. 3 S. 1, sondern ermöglichen es dem FamG, den VA in anderer Weise zu regeln und damit eine Verweisung in den schuldrechtlichen VA nach § 2 VAHRG zu vermeiden (BT-Drucks. 10/5447 S. 14). Die Anwendung des § 3b Abs. 1 VAHRG steht im pflichtgemäßen Ermessen des FamG. Ein Ausgleich von Anrechten des Verpflichteten gegenüber einem ausländischen, zwischen- oder überstaatlichen Versorgungsträger darf nach dieser Vorschrift nicht erfolgen (§ 3 b Abs. 2 VAHRG). Soweit der Wertausgleich auch nicht nach § 3 b Abs. 1 VAHRG (vollständig) durchgeführt werden kann, verbleibt dem Berechtigten der schuldrechtliche Ausgleich (§ 1587 f; §2 VAHRG; vgl. u. Rdn. 21). Für den Ausgleich von Anrechten aus dem Beitrittsgebiet gelten darüberhinaus die besonderen Bestimmungen des VAUG.

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5. Wirkungen des öffentlich-rechtlichen VA Mit Ausnahme der Realteilung verschaffen alle Formen des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem Berechtigten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Während die gerichtlichen Entscheidungen zum Splitting und Quasi-Splitting (auch in erweiterter Form nach § 3 b Abs. 1 VAHRG) unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung haben, erwirbt der Berechtigte jedoch im Falle der Beitragszahlungsanordnung nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG erst und nur dann eigene Rentenanwartschaften, wenn der Verpflichtete die Einzahlung tatsächlich vorgenommen hat. Mit den übertragenen oder begründeten gesetzlichen Rentenanwartschaften werden dem Berechtigten auch Wartezeitmonate gutgeschrieben, die für den späteren Rentenbezug von Bedeutung sind. Die Durchführung des VA wirkt sich für den Berechtigten erst aus, wenn bei ihm ein (tatsächlicher) Versicherungsfall (Erreichen der Altersgrenze oder Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) eingetreten ist und er Rente bezieht. Dann führen die im VA erworbenen Anrechte, die zwischenzeitlich regelmäßig angepaßt (dynamisiert) worden sind, zu einer entsprechenden Steigerung der Rente, die der Berechtigte aufgrund selbst erworbener Anrechte erhielte. Spiegelbildlich verringert sich die Rente oder Pension, die der Verpflichtete nach Eintritt seines Versicherungs- oder Versorgungsfalls erhält, um die im VA abgegebenen Anrechte. Ist der Verpflichtete im Zeitpunkt der Entscheidung über den VA schon Rentner oder Pensionär, der Berechtigte hingegen noch nicht, so bekommt der Verpflichtete seine Rente oder Pension zunächst noch ungekürzt weiter (sog. Rentnerprivileg; §§ 1304 a Abs. 4 S. 2 RVO, 83 a Abs. 4 S. 2 AVG; ab 1992: § 101 Abs. 3 SGB VI; 57 Abs. 1 S. 2 BeamtVG). Erst wenn auch der Berechtigte (aufgrund des 440

Hartmut Wiek

Vorbemerkungen

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

VA erhöhte) Rentenleistungen bezieht, vermindert sich die Rente oder Pension des Verpflichteten um den ausgeglichenen Betrag. (Vgl. zu den Auswirkungen des Splittings und Quasi-Splittings näher § 1587 b Rdn. 37 ff, 72 ff.) — Die aufgrund des VA erworbenen Rentenanwartschaften ermöglichen dem Berechtigten auch die Inanspruchnahme sonstiger Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, wie z. B. Rehabilitationsmaßnahmen, Krankenversicherungsschutz und Erziehungsrente (vgl. dazu u. Rdn. 25). Nach dem Tod des Berechtigten können auch Ansprüche auf Hinterbliebenenrente bestehen. 6. Der schuldrechtliche VA Der schuldrechtliche VA ist gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Wertausgleich 21 subsidiär. Er findet nur in den in § 1587 f geregelten Fällen sowie gemäß § 2 VAHRG in bezug auf Anrechte des Verpflichteten statt, die nicht (vollständig) in den öffentlichrechtlichen Ausgleichsformen des § 1587 b Abs. 1 und 2 und der §§1, 3 b VAHRG ausgeglichen werden können. Der schuldrechtliche VA wird nur auf Antrag durchgeführt (§ 1587f). Er verschafft dem Berechtigten keine eigenständigen Versorgungsanrechte, sondern nur einen unterhaltsähnlichen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Geldrente in Höhe des Ausgleichsbetrages, der sog. Ausgleichsrente. Die Rente wird in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den (schuldrechtlichen) auszugleichenden Versorgungen beider Ehegatten geschuldet (§ 1587 g Abs. 1 S. 1). Für die Wertermittlung gelten die Grundsätze des § 1587 a, jedoch sind zwischenzeitlich eingetretene Änderungen im Wert der auszugleichenden Versorgungen zu berücksichtigen (§ 1587 g Abs. 2). Der Anspruch auf Ausgleichsrente wird, erst fällig, wenn der Verpflichtete bereits eine Versorgung erlangt hat und der Berechtigte zumindest 65 Jahre alt oder erwerbsunfähig ist (§ 1587 g Abs. 1 S. 2). Die Ausgleichsrente wird durch Leistungsentscheidung des FamG tituliert, deren Vollstreckung dem Berechtigten selbst obliegt. Er hat die Möglichkeit, vom Verpflichteten die Abtretung seiner jeweils fälligen Versorgungsansprüche gegen den Versorgungsträger in Höhe der laufenden Ausgleichsrente zu verlangen (§ 1587 i), wodurch die Kontinuität der Rentenleistungen gesichert werden kann. Darüber hinaus kann der Berechtigte wegen seines künftigen Anspruchs auf Ausgleichsrente von dem Verpflichteten eine Abfindung verlangen, wenn diesem die Zahlung nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar ist (§ 15871). Die Abfindung kann (auf Antrag) auch schon im Scheidungsverbund zugesprochen werden. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Form des öffentlich-rechtlichen VA, sondern um eine Vorwegnahme des schuldrechtlichen VA. Der Abfindungsbetrag muß zugunsten des Berechtigten entweder in die gesetzliche Rentenversicherung oder in eine private Lebens- oder Rentenversicherung eingezahlt werden. Nach dem Tod des Verpflichteten kann der Berechtigte den Träger der auszugleichenden Versorgung auf Zahlung der Ausgleichsrente in Anspruch nehmen, wenn und soweit er im Falle des Fortbestehens der Ehe Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung hätte (§ 3 a VAHRG — verlängerter schuldrechtlicher VA). Mit dem Tod des Berechtigten erlischt der Anspruch auf Ausgleichsrente (§ 1587 k Abs. 2 S. 1). — Auch der schuldrechtliche VA kann wegen grober Unbilligkeit (§ 1587 h) ausgeschlossen werden. 7. Korrektur des VA Eine Korrektur rechtskräftiger VA-Entscheidungen war ursprünglich nur im Be- 22 reich des schuldrechtlichen VA vorgesehen. Nach § 1587 g Abs. 3 i. V. m. § 1587 d Abs. 2 kann die Leistungsentscheidung über die schuldrechtliche Ausgleichsrente abgeänHartmut

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Scheidung der Ehe

dert werden, wenn nachträglich eine wesentliche Veränderung in Bestand oder Höhe eines auszugleichenden Anrechts eingetreten ist. Das gleiche gilt gemäß § 3 a Abs. 6 VAHRG i.V. m. § 1587 d Abs. 2 für den verlängerten schuldrechtlichen VA. Für den öffentlich-rechtlichen VA fehlte zunächst eine solche Abänderungsmöglichkeit. Sie ist jedoch nunmehr mit § 10 a VAHRG geschaffen worden. Diese Vorschrift erlaubt, wenn die Abänderungsvoraussetzungen gegeben sind, unter weitgehender Durchbrechung der Rechtskraft sogar eine Totalrevision des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs, d. h. eine völlige Neuberechnung des Ausgleichsanspruchs sowohl unter Berücksichtigung zwischenzeitlich eingetretener Bestands- und Wertveränderungen bezüglich der auszugleichenden Anrechte als auch unter Korrektur von in der Erstentscheidung unterlaufenen Rechen-, Rechts- und Methodenfehlern (vgl. § 10 a VAHRG Rdn. 2, 20). - Eine Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen findet nur auf Antrag statt (§ 1587 g Abs. 3 i. V.m. § 1587 d Abs. 2; § 10 a Abs. 1 VAHRG). 8. Parteivereinbarungen 23 Grds. können Ehegatten über den VA vertraglich disponieren. Vor und während der Ehe können sie den VA durch (formbedürftigen) Ehevertrag ausschließen oder modifizieren (§§ 1408 Abs. 2, 1410), sofern sie damit nicht gegen systemimmanente Schranken des VA (vgl. z. B. §§ 1587 o Abs. 1 S. 2, 1587 b Abs. 5) verstoßen. Ein solcher Ehevertrag wird nur dann unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß ein Scheidungsantrag gestellt wird (§ 1408 Abs. 2 S. 2). Mit dem vertraglichen (völligen) Ausschluß des VA tritt kraft Gesetzes Gütertrennung ein (§ 1404 S. 2). Im Zusammenhang mit der Scheidung können die Ehegatten zwar auch noch eine (formbedürftige) Vereinbarung über den VA treffen. Diese unterliegt jedoch zum Schutz des sozial schwächeren Ehegatten und der Versichertengemeinschaft richterlicher Inhaltskontrolle (vgl. § 1587o Rdn. 1, 25). Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit der gerichtlichen Genehmigung (§ 1587 o Abs. 1 S. 3), die allerdings nur dann verweigert werden soll, wenn eine anstelle des VA vereinbarte Leistung des Verpflichteten zur Alters- und Invaliditätssicherung des Berechtigten offensichtlich nicht geeignet ist oder keinen angemessenen Ausgleich darstellt (§ 1587 o Abs. 1 S. 4).

III. Verhältnis zwischen VA und Unterhalt 24

Der VA verfolgt (auch) den Zweck, die Unterhaltssicherung des sozial schwächeren Ehegatten zu verbessern (vgl. Rdn. 3). Seine Durchführung ist jedoch nicht davon abhängig, daß der Berechtigte unterhaltsbedürftig ist. Ob und in welchem Umfang der Berechtigte Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat, ist für die Durchführung des VA unerheblich. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten können allenfalls im Rahmen der Härteklauseln (§§ 1587 c, 1587 h) von Bedeutung sein. Umgekehrt kann jedoch die Höhe des Unterhalts durch den VA beeinflußt werden. Da sich der VA nur auf die bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erworbenen Versorgungsanrechte bezieht (§ 1587 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2), umfaßt der Unterhaltsanspruch des bedürftigen Ehegatten ab diesem Zeitpunkt auch Altersvorsorgeunterhalt (§§ 1361 Abs. 1 S. 2, 1578 Abs. 3). Erhält der unterhaltsbedürftige Ehegatte Versorgungsleistungen aufgrund des VA, so sind diese bedarfsmindernd auf seinen Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578) anzurechnen und mindern damit seinen nachehelichen Unterhaltsanspruch, unter Umständen sogar auf Null (BGH FamRZ 82, 470, 471; 87, 459; 87, 913, 89, 159, 161), was vom Verpflichteten für Zeiträume bis zur Klageerhebung mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend gemacht werden kann (BGH FamRZ 442

Hartmut Wiek

Vorbemerkungen

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

88, 1156), für Zeiträume danach — zumindest auch — mit der Abänderungsklage nach § 323 ZPO (BGH FamRZ 89, 159, 160; 90, 269, 270). Bis zum tatsächlichen Beginn der Rentenzahlungen wird die Bedürftigkeit des Berechtigten jedoch nicht gemindert (BGH FamRZ 83, 574). Wird dem Berechtigten für einen Zeitraum, für den ihm der Verpflichtete Unterhalt geleistet hat, nachträglich Rente bewilligt, so kann er dem Unterhaltsschuldner nach Treu und Glauben zur Erstattung der erhaltenen Rentennachzahlung in der Höhe verpflichtet sein, in der sich sein Unterhaltsanspruch ermäßigt hätte, wenn die Rente schon während des fraglichen Zeitraums gezahlt worden wäre (BGH FamRZ 89, 718, 719; 90, 269, 272).

IV. Erziehungsrente und Unterhaltsbeitrag 1. Erziehungsrente Mit der Einführung des VA ist die bisherige Geschiedenenwitwenrente weggefallen. 2 5 An ihre Stelle ist eine Erziehungsrente getreten (§§ 1265 a RVO, 42 a AVG, 65 a RKG; ab 1992: § 47 SGB VI). Sie kann von einem geschiedenen und nicht wiederverheirateten Ehegatten beansprucht werden, der nach dem Tode des anderen geschiedenen Ehegatten mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht und deshalb nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstätig sein kann. Die Erziehungsrente wird solange gezahlt, bis die Kindererziehung endet oder eine nicht nur geringfügige Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann. Der Anspruch auf die Erziehungsrente ergänzt die soziale Sicherung geschiedener Frauen, die infolge Kindererziehung nach der Scheidung (noch) keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können. Sie würden mit dem Tode des früheren Ehemannes ihre Unterhaltsansprüche verlieren und eine Alters- oder Invaliditätsrente erst nach Eintritt eines entsprechenden Versicherungsfalles erhalten. § 1586 b, der den Übergang der Unterhaltspflicht auf den oder die Erben des Schuldners regelt, stellt im Hinblick auf die eingeschränkten Realisierungschancen und die mögliche Beschränkung der Haftung auf den fiktiven Pflichtteil des Berechtigten keine ausreichende Sicherung der geschiedenen Ehefrau dar (vgl. dazu OLG Celle FamRZ 87, 1038). Der Anspruch auf Erziehungsrente wird durch einen evtl. Unterhaltsanspruch gegen den oder die Erben des früheren Ehegatten nicht berührt. Die Erziehungsrente wird aus eigener Versicherung des erziehenden Ehegatten gezahlt. Außer den bereits genannten Voraussetzungen ist lediglich die Erfüllung der sog. kleinen Wartezeit von fünf Jahren erforderlich, die sowohl aus eigenen Versicherungszeiten als auch aus im VA übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften stammen kann. Die Höhe der Erziehungsrente entspricht der Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente. 2. Unterhaltsbeitrag Eine der Erziehungsrente vergleichbare Regelung trifft § 22 Abs. 2 und 3 BeamtVG 26 (i. d. F. des 8. Ges. zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. 06. 1989, BGBl. I S. 1282) für Ehefrauen, deren Ehe mit einem Beamten oder Ruhestandsbeamten geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt worden ist. Sie haben für die Zeit, in der sie berufs- oder erwerbsunfähig sind oder mindestens ein waisengeldberechtigtes Kind erziehen, oder ab Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag, wenn sie im Falle des Fortbestehens der Ehe Witwengeld erhalten hätten und wenn ihnen im Zeitpunkt des Todes des früheren Ehemannes ein Anspruch auf schuldrechtlichen VA nach § 1587 f Nr. 2 wegen einer Anwartschaft oder eines Anspruchs nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 zustand (für bis zum 31. 07. 1989 rechtshängig gewordene Scheidungsverfahren oder getroffene Vereinbarungen vgl. aber die Übergangsregelung des Hartmut Wiek

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Scheidung der E h e

§ 86 Abs. 4 BeamtVG i. d. F. des Ges. vom 30. 06. 1989). Die Regelung gilt entsprechend für den Witwer einer verstorbenen Beamtin oder Ruhestandsbeamtin (§ 28 BeamtVG). Auf Richter und Soldaten sind die Bestimmungen der §§ 22, 28 BeamtVG entsprechend anzuwenden (§§ 1 Abs. 1 BeamtVG, 43 Abs. 1 SVG). Ist die Ehe des Beamten, Richters oder Soldaten vor dem 01. 07. 1977 aufgelöst worden, greift § 22 BeamtVG, der erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist (§ 109 Abs. 2 BeamtVG), nicht ein. Insoweit gelten die Vorschriften des früheren Beamten Versorgungsrechts (§ 86 Abs. 1 BeamtVG). Der Unterhaltsbeitrag stellt eine auf dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip beruhende Leistung dar, die die Versorgung der Witwe oder des Witwers über den Tod des Beamten hinaus sichern soll. Es handelt sich der Sache nach um eine Verlängerung des schuldrechtlichen VA entsprechend der Regelung des § 3 a VAHRG, dem gegenüber §22 Abs. 2 BeamtVG lex specialis ist (vgl. § 3 a VAHRG Rdn. 21). Die Höhe des Unterhaltsbeitrags richtet sich nach der Höhe des Anspruchs auf schuldrechtlichen VA, jedoch begrenzt auf 5/6 des entsprechend § 57 BeamtVG gekürzten Witwengeldes. Der Anspruch auf Unterhaltsbeitrag erlischt, wenn der Berechtigte nach dem Tod des früheren Ehegatten wieder heiratet (§ 61 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 63 Nr. 6 BeamtVG). In diesem Fall erhält der Berechtigte eine Abfindung in Höhe des 24fachen des letzten Unterhaltsbeitrages (§ 21 Abs. 1 und 2 BeamtVG). Wird die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt, lebt der Anspruch auf Unterhaltsbeitrag wieder auf (§ 61 Abs. 3 i. V. m. § 63 Nr. 6 BeamtVG). Die gezahlte Abfindung wird, soweit sie für eine Zeit berechnet ist, die nach dem Wiederaufleben des Anspruchs liegt, in angemessenen monatlichen Teilbeträgen einbehalten (§ 21 Abs. 3 BeamtVG). Der Anspruch lebt auch dann wieder auf, wenn die neue Ehe vor dem Tod des früheren (beamteten) Ehegatten geschlossen worden ist und danach wieder aufgelöst oder für nichtig erklärt wird (JohannsenjHenrich/ Hahne § 1587 a Rdn. 105; Soergel\Min^ § 1587 f Rdn. 13). Nach Art. 1 Nr. 9 c BeamtVGÄndG sollte der Unterhaltsbeitrag ab 01. 01. 1992 künftig entfallen. Mit Art. 14 Nr. 3 des 5. Ges. zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. 05. 1990 (BGBl. I S. 967) ist der alte Rechtszustand jedoch wiederhergestellt worden.

V. Verfahrensrecht 27

Der VA fällt als privatrechtliches- Rechtsinstitut (BGH FamRZ 80, 29) in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Dies ist mit der Verfassung vereinbar (BVerfG FamRZ 83, 787, 788). Der VA stellt eine Familiensache dar, über die die Amtsgerichte — im Beitrittsgebiet bis zur Bildung von AGen die Kreisgerichte — durch Spezialabteilungen für Familiensachen (FamG) zu entscheiden haben (§§ 23 b Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 7 GVG, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO). Wegen der Auswirkungen des VA auf öffentlich-rechtliche Versorgungssysteme und wegen des öffentlichen Interesses an der sozialen Sicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten richtet sich das Verfahren grds. nach den Vorschriften des FGG (§ 64 Abs. 3 S. 1 FGG - i. d. F. des BfG - i. V. m. § 621 a Abs. 1 ZPO), wobei die allgemeinen Vorschriften der §§ 1 ff FGG jedoch zum Teil durch Sonderregelungen in den §§ 53 b bis 53 g FGG und zum Teil durch ZPO-Vorschriften (vgl. § 621 a Abs. 1 S. 2 ZPO) verdrängt werden. Im Verfahren über den VA gilt insbesondere der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG). Bei Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens ist das Verfahren über den öffentlich-rechtlichen VA darüber hinaus auch von Amts wegen einzuleiten und zusammen mit dem Scheidungsverfahren — im sog. Scheidungsverbund — zur Entscheidung zu bringen (§ 64 k Abs. 3 S. 1 FGG i. V. m. § 623 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 ZPO). Im übrigen bedarf es eines verfahrenseinleitenden Antrags, so z. B. zur Durchführung des schuldrechtlichen VA (§ 1587 f), eines Abänderungsverfahrens 444

Hartmut Wiek

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

über den öffentlich-rechtlichen VA (§ 10 a Abs. 1 VAHRG) oder eines Auskunftsverfahrens nach § 1587e Abs. 1. Außerhalb eines Scheidungsverfahrens wird der VA in einem isolierten Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durchgeführt. Das VA-Verfahren ist eine echte Streitsache der freiwilligen Gerichtsbarkeit, da die Ehegatten widerstreitende Interessen privatrechtlicher Natur verfolgen (BGH FamRZ 83, 262). Sie sind jedoch in diesem Verfahren nicht Parteien, sondern Beteiligte (vgl. § 53 b Abs. 1 FGG). Außer den Ehegatten hat das FamG auch die betroffenen Versicherungs- und Versorgungsträger am Verfahren zu beteiligen (§ 53 b Abs. 2 S. 1 FGG). Diese haben ebenfalls die Rechtsstellung von materiell Beteiligten. (Zu den Einzelheiten des Verfahrens und zum Kostenrecht vgl. die Vorbem. vor § 53 b FGG.)

VI. Internationales und interlokales Recht 1. Kollisionsrecht Ob in Fällen mit Auslandsberührung ein VA durchzuführen ist, richtet sich nach 2 8 Art. 17 Abs. 3 EGBGB. Diese Vorschrift ist durch das IPR-Gesetz vom 25. 07. 1986 (BGBl. I S. 1142) mit Wirkung ab 01. 09. 1986 neu gefaßt worden. Nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 EGBGB ist für den VA grds. das Scheidungsstatut des Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB maßgebend, das wiederum an das Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB anknüpft. Die Durchführung des VA ist allerdings von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig, daß dieses Rechtsinstitut in (mindestens) einem der Staaten, denen die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören, bekannt ist (Art. 17 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EGBGB). Daher findet stets (von Amts wegen) ein VA statt, wenn die Ehe nach deutschem Recht zu scheiden ist und (mindestens) ein Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Sind beide Ehegatten Ausländer, so ist bei deutschem oder ausländischem Scheidungsstatut grds. nur dann ein VA durchzuführen, wenn ihn das Heimatrecht eines der beiden Ehegatten kennt (vgl. z. B. Jayme FamRZ 88, 790, 795 zum neuen italienischen Scheidungsrecht). Ist dies nicht der Fall, findet ein VA nur auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht statt, wenn entweder der andere Ehegatte in der Ehezeit ein inländisches (bundesdeutsches) Versorgungsanrecht erworben hat oder wenn die allgemeinen Ehewirkungen wenigstens während eines Teiles der Ehe einem Recht unterlagen, das einen VA kennt; in diesen Fällen darf die Durchführung des VA jedoch im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch während der nicht im Inland verbrachten Zeit nicht unbillig sein (Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB; vgl. dazu BT-Drucks. 10/5632 S. 42; OLG Frankfurt FamRZ 90, 417; Henrich FamRZ 86, 841; Loren^ FamRZ 87, 645). Der Antrag auf Durchführung des VA muß im Verbundverfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden; andernfalls kann der VA nur in einem isolierten Verfahren nachgeholt werden (OLG Hamm FamRZ 91, 204). Ob die Ehe im Inland oder im Ausland geschieden worden ist, ist für die Durchführung des VA ohne Belang (OLG Stuttgart FamRZ 91, 1068). Ist eine Ehe (nach deutschem oder ausländischem Recht) im Ausland geschieden 2 9 worden, ohne daß ein VA durchgeführt worden ist, so kann nach Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils (gemäß Art. 7 § 1 FamÄndG) der VA in einem inländischen isolierten Verfahren nachgeholt werden, und zwar von Amts wegen, wenn er aus deutscher Sicht hätte stattfinden müssen, und auf Antrag, wenn die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB vorgelegen haben (OLG Düsseldorf FamRZ 84, 714; OLG Karlsruhe IPRax 85, 36; AG Charlottenburg FamRZ 89, 514; Johannsen]Henrich Art. 17 Hartmut Wiek

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Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

EGBGB Rdn. 58; MüKo¡Maier § 1587 Rdn. 29; Soerge//Vorwerk Rdn. 23; Jayme FamRZ 79, 557, 559). 30 Nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB bleibt das frühere Kollisionsrecht auf vor dem 01. 09. 1986 abgeschlossene Vorgänge anwendbar. Für die intertemporale Anknüpfung des Scheidungsstatuts kommt es dabei auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an (BGH FamRZ 87, 793; 90, 32, 34 m. w. N.). Da der VA wiederum kollisionsrechtlich an das Scheidungsstatuts anknüpft, gilt für ihn das gleiche. Demgemäß ist die Frage, ob bei einer Ehescheidung mit Ausländerbeteiligung ein VA durchzuführen ist, nach früherem Kollisionsrecht zu beantworten, wenn der Scheidungsantrag vor dem 01. 09. 1986 rechtshängig geworden ist (BGH FamRZ 90, 142; 90, 386). Da Art. 17 Abs. 1 EGBGB a. F. verfassungswidrig war (BVerfG FamRZ 85, 463), ist hinsichtlich der Scheidungsfolgen an die gemeinsame Staatsangehörigkeit und (bei gemischtnationalen Ehen) hilfsweise an den letzten gemeinsamen Aufenthalt der Ehegatten anzuknüpfen (BGH FamRZ 83, 255, 257; 83, 876, 878; 84, 350). Gilt danach deutsches Scheidungsfolgenstatut, ist ein VA auch dann durchzuführen, wenn er dem Heimatrecht beider Ehegatten unbekannt ist (BGH FamRZ 90, 386, 387). Bei einer deutsch-ausländischen Ehe richtet sich der VA auch dann nach deutschem Recht, wenn nur der ausländische Ehegatte die Scheidung beantragt hat (BGH FamRZ 83, 876, 878; 90, 32, 35). Ist in einem vor dem 01. 09. 1986 rechtshängig gewordenen Scheidungsverfahren kein VA durchgeführt worden, kann dieser nicht später aufgrund des Art. 17 Abs. 3 EGBGB n. F. nachgeholt werden (OLG Celle FamRZ 87, 159; OLG Karlsruhe FamRZ 88, 296, 297; AG Heidelberg IPRax 87, 251; a.A. OLG Frankfurt IPRax 88, 175; OLG München IPRax 89, 242 - für einen Fall der Abtrennung des VA - ; vgl. auch Hepting IPRax 88, 153; Rauscher IPRax 89, 224). 31

Für Fälle mit Berührung zur früheren DDR hatte der BGH ein besonderes interlokales Scheidungsfolgenrecht entwickelt. Eine unmittelbare Anwendung des internationalen Privatrechts auf innerdeutsche Kollisionsfälle kam nicht in Betracht, weil DDR-Bürger zwar einer anderen Rechtsordnung unterlagen, aber aus bundesrepublikanischer Sicht gleichwohl deutsche Staatsangehörige waren. Der BGH knüpfte — noch unter der Geltung des früheren IPR — bei gewöhnlichem Aufenthalt eines Ehegatten in der DDR bezüglich der Scheidungsfolgen an den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten an, hielt das Scheidungsfolgenstatut jedoch für wandelbar, wenn der entscheidende Bezug zur DDR wegfiel. Danach war kein VA durchzuführen, wenn geschiedene Ehegatten in der DDR zusammengelebt hatten und sich zumindest einer von ihnen weiterhin dort aufhielt. Waren jedoch beide Ehegatten in die BRD übergesiedelt, sollte der VA (von Amts wegen) durchgeführt bzw. nachgeholt werden (BGH FamRZ 84, 674, 676 m. Anm. v. Bar IPRax 85, 18). — Das interlokale Kollisionsrecht ist auch nach der Wiedervereinigung weiter von Bedeutung, weil das bundesrepublikanische Recht des VA in den neuen Bundesländern und in Ost-Berlin (sog. Beitrittsgebiet) erst am 01. 01. 1992 in Kraft getreten ist (vgl. Rdn. 39) und damit noch für eine Ubergangszeit in Deutschland zwei Teilrechtsordnungen nebeneinander bestanden haben. Im Einigungsvertrag ist davon abgesehen worden, ein besonderes innerdeutsches Kollisionsrecht zu schaffen. Es wurde davon ausgegangen, daß die Rechtsprechung hierzu weiterhin die Vorschriften des IPR grds. entsprechend anwenden werde (BT-Drucks. 11/7817, S. 36 f). Demgemäß richtet sich das VA-Statut auch künftig grds. nach dem gewöhnlichen Aufenthalt, hilfsweise dem letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, der Eheleute im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (AG Charlottenburg FamRZ 91, 335, 336). Am Grundsatz der Wandelbarkeit des Scheidungsfolgenstatuts kann unter den geänderten rechtlichen und politischen Verhältnissen im geeinten Deutschland jedoch 446

Hartmut Wiek

Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

nicht mehr festgehalten werden (OLG Celle FamRZ 91, 714, 715; Adlerstein/ Wagenit^ FamRZ 90, 1300, 1305; Mansei IPRax 90, 283, 285; Jqyme IPRax 91, 11, 14; ebenso schon unter der Geltung des neuen IPR: Johannsenj Henrich Art. 17 EGBGB Rdn. 64; MüKo/ Winkler von Mohrenfels Art. 17 EGBGB Rdn. 306; a . A . BGH FamRZ 91, 421 für den Fall der Scheidung vor dem 3. 10. 1990). Es ist sachgerecht, das VA-Statut an den gewöhnlichen Aufenthalt (hilfsweise an den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt) der Eheleute am Tag der Wiedervereinigung (03. 10. 1990) zu binden und einen späteren Aufenthaltswechsel kollisionsrechtlich außer Betracht zu lassen (Adlerstein\ Wagenit% FamRZ 90, 1300, 1306; ähnlich, allerdings auf den Tag der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion - 01. 07. 1990 - abstellend Mansel IPRax 90, 283, 287). Art. 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EGBGB ist interlokal mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß unter „inländischer" Versorgungsanwartschaft nur eine solche zu verstehen ist, die vor dem 03. 10. 1990 bei einem bundesdeutschen Versorgungsträger erworben worden ist (OLG Celle FamRZ 91, 714, 715; AG Charlottenburg FamRZ 91, 1069 - auch zur Frage, ob vom Antragserfordernis abgesehen werden kann; A dler stein / Wagenit^ aaO S. 1306; OLG Frankfurt FamRZ 91, 1323: Keine analoge Anwendung des Art. 17 Abs. 3 S. 2 auf innerdeutsche Kollisionsfälle). Dabei ist zu bedenken, daß Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik auch durch bis zum 18. 05. 1990 in der DDR zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten erworben wurden, die allerdings nur dann zu einem Rentenanspruch erstarken können, wenn der Versicherte bis zu dem genannten Tag in die Bundesrepublik übergesiedelt war (vgl. § 1587 a Rdn. 82). Zur internationalen und interlokalen Zuständigkeit bundesdeutscher Gerichte vgl. 32 Vor § 53 b FGG Rdn. 6. 2. Ausländische Versorgungsanrechte Soweit der VA nach deutschem Recht durchzuführen ist, sind auch ausländische 3 3 Versorgungsanrechte einzubeziehen (BT-Drucks. 7/4361 S. 40; BGH FamRZ 82, 473; 82, 585; 88, 273; 89, 949). Zur Ermittlung und Bewertung solcher Anrechte vgl. § 1587 a Rdn. 325 f. Hat der Ausgleichspflichtige die ausländischen Anrechte erworben, so können diese nicht durch Splitting, Quasi-Splitting oder Realteilung ausgeglichen werden (BGH FamRZ 80, 29, 30). Da auch ein Ausgleich nach § 3 b Abs. 1 VAHRG ausgeschlossen ist (§ 3 b Abs. 2 VAHRG), bleibt insoweit nur der schuldrechtliche VA nach § 2 VAHRG, der sich nach dem Tod des Verpflichteten gegen dessen Witwe/Witwer richtet (§ 3 a Abs. 5 VAHRG). Ausländische Anrechte des Berechtigten sind nach dem Grundsatz des Einmalausgleichs (§ 1587 b Abs. 3 S. 3) mit inländischen Anrechten des Verpflichteten zu verrechnen. 3. Auslandsaufenthalt eines Ehegatten Bei deutschem Scheidungsstatut ist der VA grds. auch dann durchzuführen, wenn ein 3 4 Ehegatte im Ausland lebt. Der VA zugunsten eines Berechtigten, der sich im Ausland aufhält, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der ausländische Aufenthaltsstaat seinerseits eine Vollstreckung aus einer deutschen Entscheidung nicht zulassen würde (BGH FamRZ 82, 473, 474; 83, 263, 264; 86, 657; vgl. auch § 1587 a Rdn. 327). Zugunsten des Berechtigten kann ein Versicherungskonto bei einem deutschen Rentenversicherungsträger errichtet werden, auf dem die auszugleichenden Rentenanwartschaften gutgeschrieben werden. Würde sich der VA nicht zu seinen Gunsten auswirken, kann das FamG den Ausgleich gemäß § 1587 b Abs. 4 abweichend von den gesetzlichen Ausgleichsformen regeln (BGH IPRax 84, 212, 213; OLG Karlsruhe FamRZ 89, 399, 400). Lebt der Hartmut Wiek

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Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

Verpflichtete im Ausland, so hindert dies den Wertausgleich inländischer Anrechte grds. nicht, während ausländische Anrechte nur schuldrechtlich ausgeglichen werden können (vgl. Rdn. 33). VII. Übergangsrecht 1. Anwendbarkeit des VA auf vor Inkrafttreten des 1. EheRG geschlossene und/ oder geschiedene Ehen 35

Art. 12 Nr. 3 des 1. EheRG (Ubergangs- und Schlußvorschriften) (Abs. 1) Für die Scheidung der Ehe und die Folgen der Scheidung gelten die Vorschriften dieses Gesetzes auch dann, wenn die Ehe vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden ist. (Abs. 2) ... (Abs. 3) Die §§ 1587 bis 1587 p des Bürgerlichen Gesetzbuchs i.d.F. von Art. 1 Nr. 20 sind auf Ehen, die nach den bisher geltenden Vorschriften geschieden worden sind, nicht anzuwenden. Das gleiche gilt für Ehen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschieden werden, wenn der Ehegatte, der nach den Vorschriften dieses Gesetzes einen Ausgleichsanspruch hätte, von dem anderen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Übertragung von Vermögensgegenständen für künftige Unterhaltsansprüche endgültig abgefunden worden ist oder wenn die nach den Vorschriften dieses Gesetzes auszugleichenden Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung Gegenstand eines vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossenen Vertrages sind. ...

Die Vorschriften über den VA finden keine Anwendung auf Ehen, die nach altem Recht — also vor Inkrafttreten des 1. EheRG (01. 07. 1977) — geschieden worden sind (Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 des 1. EheRG). Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt, in dem das Scheidungsurteil (unter Anwendung alten Rechts) verkündet worden ist, nicht der Eintritt der Rechtskraft (BGH FamRZ 79, 906). Der VA konnte in solchen Fällen auch nicht nachträglich wirksam vereinbart werden (BGH FamRZ 82, 794). Entsprechendes gilt für andere Formen der Eheauflösung vor Inkrafttreten des 1. EheRG. Deshalb kommt auüh kein VA in Betracht, wenn eine Ehe vor dem 01. 07. 1977 durch den Tod eines Ehegatten beendet und erst nach diesem Zeitpunkt für nichtig erklärt worden ist (BGH FamRZ 85, 270). Die Versorgung der Partner aus solchen Ehen richtet sich nach dem früheren Rechtszustand (vgl. dazu o. Rdn. 1 ff). Der Ausschluß der vor dem 01. 07. 1977 geschiedenen Ehen vom VA ist verfassungsgemäß (BVerfG FamRZ 78, 173). 36

Auf Ehen, die nach dem Inkrafttreten des 1. EheRG (und damit nach neuem Recht) geschieden worden sind oder geschieden werden, sind die Vorschriften über den VA grds. anzuwenden, und zwar auch dann, wenn die Ehe vor dem 01. 07. 1977 geschlossen worden ist (Art. 12 Nr. 3 Abs. 1 des 1. EheRG). Die Einbeziehung dieser sog. Altehen in den VA ist verfassungsgemäß (BVerfG FamRZ 80, 326). Die gesetzlichen Vorschriften über den VA finden bei Altehen nur dann ausnahmsweise keine Anwendung, wenn der Ehegatte, der versorgungsausgleichspflichtig gewesen wäre, den anderen Ehegatten vor dem 01. 07. 1977 durch Übertragung von Vermögensgegenständen für künftige Unterhaltsansprüche endgültig abgefunden hat (Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 2, 1. Alt. des 1. EheRG) oder wenn die Ehegatten vor dem 01. 07. 1977 einen Vertrag über die dem VA unterliegenden Versorgungsanrechte geschlossen haben (Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 2, 2. Alt. des 1. EheRG). Der Grund dieser Regelung liegt darin, daß in nach bisherigem Recht zulässige und unter seiner Geltung abgeschlossene Vereinbarungen, die in ähnlicher Weise wie der VA darauf abzielen, entweder den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten nachhaltig zu sichern oder die während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte auf die Ehegatten zu verteilen, nicht eingegriffen werden soll (BT-Drucks. 7/4361 S. 79). Die Vereinbarung bedurfte keiner besonderen Form, sofern eine solche nicht nach dem bei ihrem Abschluß geltenden Recht aufgrund des Vertragsinhalts (z. B. gemäß 448

Hartmut Wiek

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

§ 313) ausdrücklich vorgeschrieben war. Die Regelung des § 1408 Abs. 2 ist insoweit nicht entsprechend anwendbar (KG — 3. ZS — FamRZ 82, 305; Johannsen/HenrichjHahne Vor § 1587 Rdn. 33; Rolland Art. 12 des 1. EheRG Rdn. 3; a. A. KG - 17. ZS - FamRZ 82, 304). Im Falle einer Unterhaltsabfindung ist nicht unbedingt erforderlich, daß der Verpflichtete die zugesagte Leistung bereits erbracht hat. Es genügt eine Verpflichtung (z. B. zur Übertragung eines Grundstücks), deren Erfüllung dem Verpflichteten objektiv möglich ist {Rolland aaO Rdn. 3; offengelassen von BGH FamRZ 81, 533, 534). Die Vereinbarung der allgemeinen Gütergemeinschaft stellt für sich allein keine Abfindung für künftige Unterhaltsansprüche dar. Es genügt nicht, daß ein Ehegatte durch die Gütergemeinschaft im wirtschaftlichen Ergebnis für seinen Unterhalt abgesichert worden ist, sondern es ist zusätzlich eine ausdrückliche Abfindungserklärung zu verlangen (BGH FamRZ 85, 263). Eine vertragliche Regelung der Altersversorgung setzt nicht voraus, daß sämtliche unter § 1587 Abs. 1 fallende Versorgungsanrechte einbezogen worden sind oder ein Ausgleich in der nach dem Recht des VA vorgesehenen Weise vereinbart worden ist. Erforderlich ist aber jedenfalls eine solche Regelung, bei der die Interessen des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten hinreichend berücksichtigt worden sind (BTDrucks. 7/4361 S. 79). Ein Ausschluß des VA kann daher nur dann akzeptiert werden, wenn die Differenz zwischen den beiderseits in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten gering ist, der Ehegatte mit den geringeren Versorgungsanwartschaften eine angemessene Gegenleistung für den Verzicht (etwa in Form einer Abfindung) erhält und durch eigenes Vermögen hinreichend wirtschaftlich gesichert ist (BGH FamRZ 81, 533, 534 — dort offengelassen für den Fall eines entschädigungslosen Verzichts; OLG Frankfurt FamRZ 80, 465; weitergehend Johannsen]Henrich]Hahne Rdn. 34; Zimmermann]Becker FamRZ 83, 1, 12). Unwirksam sind Verträge, durch die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde (§§ 134 BGB, 32, 53 SGB I). Zur Möglichkeit der Herabsetzung des VA nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 3 und 4 des 37 1. EheRG bei Altehen, die wegen des Widerspruchs eines Ehegatten nicht geschieden werden durften, vgl. § 1587 c Rdn. 71 ff. Zu den Übergangsregelungen bezüglich des VAHRG vgl. Vor § 1 VAHRG Rdn. 4 sowie die Bemerkungen zu § 13 VAHRG. 2. Anwendbarkeit des VA im Beitrittsgebiet Nach Art. 8 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR 38 über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. 08. 1990 (Einigungsvertrag) ist mit dem Wirksämwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik am 03. 10. 1990 das Bundesrecht auch im Beitrittsgebiet in Kraft getreten, soweit durch den Vertrag, insbes. dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt worden ist. Für das BGB und das EGBGB ist dies in Art. 230 Abs. 2 EGBGB (i. d. F. der Anlage I zum Einigungsvertrag, Kap. III, Sachgebiet B, Abschn. II Nr. 1; abgedruckt FamRZ 90, 1071, 1073) nochmals besonders klargestellt worden. Die Einzelheiten des Übergangs auf das Recht der Bundesrepublik sind in den (neuen) Art. 231 ff EGBGB geregelt. Für den VA gilt dabei die Bestimmung des Art. 234 § 6 EGBGB (vgl. dazu Rdn. 39—42). Sie wird durch weitere Übergangsregelungen in Anlage I zum Einigungsvertrag, Kap. III, Sachgebiet B, Abschn. II Nr. 2 ergänzt (vgl. dazu Rdn. 43—46). 39

Art. 234. Viertes Buch. Familienrecht (§§ 1—5) §6

Versorgungsausgleich Für Ehegatten, die vor dem grundsätzlichen Inkrafttreten der versicherungs- und rentenrechtlichen Vorschriften des 6. Buches Sozialgesetzbuch — Gesetzliche Rentenversicherung — in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geschieden worden sind oder geschieden werden, Hartmut Wiek

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Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

gilt das Recht des Versorgungsausgleichs nicht. Wird die Ehe nach diesem Zeitpunkt geschieden, findet der Versorgungsausgleich insoweit nicht statt, als das auszugleichende Anrecht Gegenstand oder Grundlage einer vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossenen wirksamen Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung über die Vermögensverteilung war.

Art. 234 § 6 S. 1 EGBGB nimmt das Recht des VA von dem allgemeinen sofortigen Inkrafttreten des Familienrechts des BGB aus. Der Grund dafür liegt in dem engen Zusammenhang von VA und (bundesdeutscher) gesetzlicher Rentenversicherung (BTDrucks. 11/7817 S. 44; AdlersteinjWagenit% FamRZ 90, 1300, 1305). Das Recht des VA sollte im Beitrittsgebiet erst wirksam werden, nachdem die Angleichung der Rentenversicherungssysteme abgeschlossen war. Dies war mit dem Inkrafttreten der wesentlichen versicherungs- und rentenrechtlichen Vorschriften des SGB VI und der begleitenden Übergangsvorschriften des RÜG (vgl. dazu die Vorbem. zum VAÜG) am 01. 01.1992 der Fall. Zu diesem Zeitpunkt, zu dem auch das Rentenversicherungsrecht der (bisherigen) Bundesrepublik grundlegend reformiert worden ist (vgl. § 1587 a Rdn. 71,103 ff), wurden die in der Rentenversicherung (und in anderen Versorgungssystemen) der früheren DDR erworbenen Anrechte in die gesetzliche Rentenversicherung der (bisherigen) Bundesrepublik übergeleitet und damit den Ausgleichsformen des öffentlich-rechtlichen VA zugänglich. 40

Der Wortlaut des Art. 234 § 6 S. 1 EGBGB ist hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift mißverständlich. Die Worte „in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet" beziehen sich nicht auf die Scheidung der Ehegatten, sondern auf das Inkrafttreten des SGB VI. Es kommt daher nicht auf den Ort der Scheidung an (anders Jajme IPRax 91, 11, 14). Ob bei einer Scheidung vor dem 01. 01. 1992 ein VA durchzuführen ist oder nicht, richtet sich vielmehr nach dem interlokalen Kollisionsrecht (BGH FamRZ 91, 421, 422; OLG Celle FamRZ 91, 714, 715; AG Charlottenburg FamRZ 91, 713; AdlersteinjWagenit^ FamRZ 90, 1300, 1305), das an den gewöhnlichen Aufenthalt der geschiedenen Ehegatten anknüpft (vgl. dazu o. Rdn. 31). Ist das VA-Statut des Beitrittsgebietes maßgebend, so gilt das Recht des VA für Ehegatten, die vor dem 01. 01. 1992 geschieden worden sind oder geschieden werden, nicht. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die Scheidung ausgesprochen worden ist, nicht auf den Eintritt der Rechtskraft (OLG Celle aaO; Adlersteinj Wagenit^ aaO S. 1304). Insoweit gilt das gleiche wie für das Übergangsrecht des Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 des 1. EheRG (vgl. dazu BGH FamRZ 79, 906 und o. Rdn. 35). Ehen, die vor dem 01. 01. 1992 geschieden worden sind oder geschieden werden, unterliegen auch künftig nicht rückwirkend dem Recht des VA (BT-Drucks. 11/7817 S. 44). Ein VA ist auch — anders als nach früherer Rechtsprechung des BGH (FamRZ 84, 674) — nicht mehr nachzuholen, wenn beide Ehegatten in das bisherige Gebiet der Bundesrepublik übergesiedelt sind. Soweit der VA dagegen vor dem 03. 10. 1990 nach den bisherigen Regeln des interlokalen Rechts in der Bundesrepublik durchgeführt worden ist (z. B. DDR-Scheidung und nachträglicher VA nach Übersiedlung beider Ehegatten in die BRD), hat es damit sein Bewenden, denn gemäß Art. 236 § 1 EGBGB bleibt das bisherige IPR und damit auch das daran angelehnte bisherige innerdeutsche Kollisionsrecht auf vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR abgeschlossene Vorgänge anwendbar.

41

Bei Ehescheidungen nach dem 31.12.1991 findet grds. — wenn auch bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet nur nach Maßgabe des VAÜG (vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 15 ff.) - ein VA statt. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten vor dem 03. 10. 1990 geheiratet haben (BT-Drucks. 11/7817 S. 44). Die Einbeziehung dieser „Altehen" entspricht der (verfassungsgemäßen, vgl. BVerfG FamRZ 80, 326) Übergangsregelung des Art. 12 Nr. 3 Abs. 1 des 1. EheRG (vgl. dazu Rdn. 36). Nach dem 31. 12. 1991 geschiedene Ehen bleiben nur insoweit vom 450

Hartmut Wiek

Vor §§ 1587 bis 1587 p BGB

Vorbemerkungen

VA ausgenommen, als das auszugleichende Anrecht Gegenstand oder Grundlage einer vor dem 03.10.1990 geschlossenen wirksamen Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung über die Vermögensverteilung war (Art. 234 § 6 S. 2 EGBGB). Auch diese Regelung hat ein Vorbild im Ubergangsrecht des 1. EheRG (dort Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 2). Sie soll das Vertrauen der Ehegatten auf die Bestandskraft von Vereinbarungen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung und von gerichtlichen Entscheidungen schützen, die künftig dem VA unterliegende Anrechte zur Grundlage oder zum Gegenstand haben (BT-Drucks. 11/7817 S. 44). Eine Vereinbarung der Eheleute muß (noch) „wirksam" sein, darf also weder nichtig noch (z. B. infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage) wirkungslos geworden sein {Adlerst ein / Wagenit^ FamRZ 90, 1300, 1306). Die Vereinbarung oder gerichtliche Entscheidung muß einen guter- oder vermögensrechtlichen Ausgleich für die Zeit nach der Trennung der Ehegatten zum Gegenstand haben, in den ein dem VA unterliegendes Anrecht — und sei es auch nur als Grundlage für die Verteilung anderer Vermögenswerte — einbezogen worden ist. Dabei muß nur ein angemessener Interessenausgleich, nicht notwendigerweise eine gleichmäßige Verteilung von Vermögenswerten bezweckt oder bewirkt worden sein. Als Gegenstand solcher Vereinbarungen kommen insbesondere Lebensversicherungsanrechte in Betracht, die als gemeinsames Eigentum der Ehegatten einer vorzeitigen Vermögensteilung (vgl. §§ 39 ff FGB) unterlagen oder Gegenstand eines güterrechtlichen Interessenausgleichs (vgl. § 14 FGB) waren. Unterhaltsrechtliche Regelungen (insbes. Abfindungsvereinbarungen) sind dagegen grds. unbeachtlich, da Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt nach dem Recht der früheren DDR wirksam nur in Verbindung mit der Scheidung getroffen werden konnten (§ 30 Abs. 3 FGB), der VA aber auf vor dem 03. 10. 1990 ausgesprochene Scheidungen nicht zurückwirkt (BT-Drucks. 11/7817 S. 44; Adler stein] Wagenit^_ aaO S. 1307). Art. 234 § 6 EGBGB gilt entsprechend für die Anwendung der BarwertVO und des 42 VAHRG im Beitrittsgebiet (Anlage I zum Einigungsvertrag, Kap. III, Sachgebiet B, Abschn. III Nr. 12 und 13, abgedruckt FamRZ 90, 1071, 1077). Die „besonderen Bestimmungen" in Kap. III, Sachgebiet B, Abschn. II Nr. 2 der 43 Anlage I zum Einigungsvertrag regelten für die Dauer der Übergangszeit vom 03.10.1990 bis zum 31. 12.1991 die Handhabung von Fällen, in denen nach den Grundsätzen des interlokalen Kollisionsrechts (vgl. dazu Rdn. 31) ein VA durchzuführen ist und einer der Ehegatten im Beitrittsgebiet erworbene Rentenanwartschaften auszugleichen hat, die nicht nach dem Fremdrentenrecht abzugelten sind (vgl. dazu § 1587 a Rdn. 82). Diese Übergangsbestimmungen lauten wie folgt: 2. Für den Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit Anrechten, die aufgrund der in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Rechtsvorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung oder der dort geltenden Regelungen eines vergleichbaren Sicherungssystems erworben worden sind, gelten die folgenden besonderen Bestimmungen:

S1

(1) Hat ein Ehegatte ein Anrecht im Sinne des § 1587 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgrund der in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Rechtsvorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung oder der dort geltenden Regelungen eines vergleichbaren Sicherungssystems erworben und ist auf dieses Anrecht das Fremdrentenrecht nicht anzuwenden, so ist der Versorgungsausgleich auszusetzen. § 628 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. Dies gilt nicht, 1. soweit über den Versorgungsausgleich ohne Einbeziehung dieses Anrechts eine Teilentscheidung getroffen werden kann; 2. wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 vorliegen; in diesem Falle ist ein vorläufiger Versorgungsausgleich im Sinne von Absatz 2 Satz 2 durchzuführen. (2) Ein nach Absatz 1 ausgesetzter Versorgungsausgleich ist auf Antrag wieder aufzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des § 3 a Hartmut Wiek

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Vor § § 1587 bis 1587 p BGB

Scheidung der Ehe

Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vorliegen. In diesem Falle ist ein vorläufiger Versorgungsausgleich durchzuführen. Der vorläufige Versorgungsausgleich bestimmt sich nach den Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, die mit folgender Maßgabe Anwendung finden: 1. Das in Absatz 1 genannte Anrecht ist unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 1587 a BGB zu bewerten und angemessen auszugleichen. 2. § 15871 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt nicht. 3. § 3 a Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich gilt nicht. Eine Hinterbliebenenversorgung zugunsten Geschiedener ist auf die Ausgleichsrente nach § 3 a Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich anzurechnen; die Anrechnung unterbleibt, soweit dem Berechtigten neben der Ausgleichsrente nach § 1587 g des Bürgerlichen Gesetzbuchs Unterhalt zustand. (3) Für den vorläufigen Versorgungsausgleich findet § 53 b Abs. 2 des Gesetzes über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung. (4) Ist der Versorgungsausgleich ausgesetzt oder ein vorläufiger Versorgungsausgleich durchgeführt worden, so ist der Versorgungsausgleich wieder aufzunehmen, wenn die versicherungs- und rentenrechtlichen Vorschriften des 6. Buches Sozialgesetzbuch in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet grundsätzlich in Kraft treten.

§2 Liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Versorgungsausgleichs oder für die Durchführung eines vorläufigen Versorgungsausgleichs nach § 1 nicht vor und ist für die Versicherung des Berechtigten ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig, der seinen Sitz in einem der in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiete hat, so gilt der Berechtigte in Ansehung des Versorgungsausgleichs als bei dem Rentenversicherungsträger des Verpflichteten, wenn dieser seinen Sitz im bisherigen Geltungsbereich des Grundgesetzes hat, anderenfalls bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte versichert. Der Rentenversicherungsträger, bei dem der Berechtigte danach als versichert gilt, führt die Versicherung nach den im bisherigen Geltungsbereich des Grundgesetzes geltenden Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung, jedoch ohne Berücksichtigung knappschaftlicher Besonderheiten, durch.

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Nach § 1 Abs. 1 S. 1 der „besonderen Bestimmungen" war der VA auszusetzen, wenn ein Ehegatte auszugleichende Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung der früheren DDR oder aus einem dortigen Sonderversorgungssystem, das der gesetzlichen Rentenversicherung zumindest funktionsgleich war (BT-Drucks. 11/7817 S. 48), erworben hatte und diese Anrechte nicht dem Fremdrentenrecht der (bisherigen) Bundesrepublik unterlagen, der Inhaber der Anrechte also nicht vor dem 19. 05. 1990 in das alte Bundesgebiet übergesiedelt war (vgl. § 1587 a Rdn. 82). Mit der Aussetzungsmöglichkeit sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, daß Anrechte aus der Rentenversicherung der früheren DDR derzeit nicht präzise und dauerhaft bewertet werden konnten und daß das für einen VA erforderliche sozialversicherungsrechtliche Instrumentarium im Beitrittsgebiet noch nicht zur Verfügung stand (BT-Drucks. 11/7817 S. 48). Im Falle der Aussetzung des VA fand § 628 Abs. 1 ZPO entsprechende Anwendung (§ 1 Abs. 1 S. 2). Von der Aussetzung konnte ein Teil des VA ausgenommen werden, wenn darüber ohne Einbeziehung des in der früheren DDR erworbenen Anrechts entschieden werden konnte (§ 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 1). Dies war der Fall, wenn der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte das genannte Anrecht erworben hatte und er darüber hinaus über andere auszugleichende Anrechte verfügte, die diejenigen des Ausgleichsberechtigten überstiegen. Der VA war auch dann nicht auszusetzen, wenn bereits die Voraussetzungen vorlagen, unter denen ein schuldrechtlicher oder verlängerter schuldrechtlicher VA stattfinden konnte (§§ 1587 g Abs. 1 S. 2 BGB, 3 a Abs. 1 VAHRG); in diesem Fall war ein vorläufiger VA durchzuführen (§ 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 2). 45 Der vorläufige VA sollte ausgleichsberechtigte Ehegatten für die Übergangszeit bis zum grds. Inkrafttreten des SGB VI im Beitrittsgebiet, also bis 01.01 1992, sichern 452

Hartmut Wiek

§ 1587 BGB

Voraussetzungen

(BT-Drucks. 11/7817 S. 48). Er richtete sich grds. nach den Vorschriften über den schuldrechtlichen VA (§ 1 Abs. 2 S. 1 und 3), setzte daher voraus, daß der Ausgleichspflichtige bereits eine Versorgung bezog und daß beim Ausgleichsberechtigten ein alters- oder invaliditätsbedingter Versorgungsbedarf bestand (§ 1587 g Abs. 1 S. 2 BGB). Der Berechtigte erhielt im vorläufigen VA eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den auszugleichenden Versorgungen beider Ehegatten zugesprochen (§ 1587 g Abs. 1 S. 1 BGB). Gegenstand des vorläufigen VA waren sämtliche in den VA fallenden Versorgungsrechte i. S. d. § 1587 Abs. 1 BGB, unabhängig davon, welcher Ausgleichsform sie normalerweise unterlagen. Das FamG brauchte allerdings den Ehezeitanteil des im Beitrittsgebiet erworbenen Anrechts nicht exakt zu ermitteln. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 erlaubte vielmehr einen Ausgleich auf der Grundlage annäherungsweise ermittelter Werte, der seiner wirtschaftlichen Bedeutung nach unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten der Billigkeit nicht widersprach (BT-Drucks. 11/7817 S. 48). Vgl. zum vorläufigen VA näher OLG Celle FamRZ 91, 714. Nach dem grds. Inkrafttreten des SGB VI im Beitrittsgebiet am Ol. Ol. 1992 ist ein 46 ausgesetzter oder vorläufig in schuldrechtlicher Form durchgeführter VA von Amts wegen wieder aufzunehmen (§ 1 Abs. 4). Mit der Überleitung in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik fallen die im Beitrittsgebiet erworbenen Versorgungsanrechte — auch rückwirkend — unter die Bewertungsvorschrift des § 1587 a Abs. 2 BGB und können daher grds. öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden. Mit dem Ausspruch über den öffentlich-rechtlichen VA sollte zugleich die Entscheidung, mit der eine vorläufige Ausgleichsrente zugesprochen worden ist, in entspr. Anwendung des § 53 f FGG aufgehoben werden. Nach dem am Ol. Ol. 1992 in Kraft getretenen VAÜG ist der VA jedoch vor Herstel- 47 lung einheitlicher Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet nur dann durchzuführen, wenn bereits ein Versorgungsfall eingetreten ist, aufgrund dessen Versorgungsleistungen zu erbringen oder zu kürzen wären, oder wenn lediglich sog. angleichungsdynamische Anrechte zu berücksichtigen sind bzw. ohne Verrechnung mit anderen Anrechten ausgeglichen werden können. Andernfalls ist der VA (weiterhin) auszusetzen und erst nach Eintritt eines Versorgungsfalles, der Leistungen oder Leistungskürzungen zur Folge hat, oder nach der Einkommensangleichung wieder aufzunehmen (vgl. dazu im einzelnen Vor § 1 VAÜG Rdn. 15 ff; § 2 VAÜG Rdn. 1 ff).

§ 1587 BGB Voraussetzungen (1) Zwischen den geschiedenen Ehegatten findet ein Versorgungsausgleich statt, soweit für sie oder einen von ihnen in der Ehezeit Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art begründet oder aufrechterhalten worden sind. Außer Betracht bleiben Anwartschaften oder Aussichten, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden sind. (2) Als Ehezeit im Sinne der Vorschriften über den Versorgungsausgleich gilt die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht. Hartmut Wiek

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§ 1 5 8 7 BGB

Scheidung der Ehe

(3) Für Anwartschaften oder Aussichten, über die der Versorgungsausgleich stattfindet, gelten ausschließlich die nachstehenden Vorschriften; die güterrechtlichen Vorschriften finden keine Anwendung. (Eingefügt durch 1. EheRG vom 14. 6. 1976 (BGBl. I S. 1421) mit Wirkung vom 1. 7. 1977)

Schrifttum S. Vor § 1587. Übersicht I. Grundsätzliches

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Rdn. 1

II. Voraussetzungen des VA (Abs. 1) . . . . 2 — 39 1. Geschiedene Ehegatten 2—6 a) VA im Verbund Und im isolierten Verfahren 2 b) VA nach Nichtigerklärung oder Aufhebung einer Ehe; Doppelehe 3, 4 c) VA bei sog. Altehen 5 d) Scheidung in Fällen mit Auslandsberührung 6 2. Versorgungsanrechte 7 — 11 a) Allgemeines 7 b) Anwartschaften und Aussichten . 8 — 10 c) Fällige Versorgungsansprüche . . 11 3. Alters- oder Invaliditätsversorgung der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art 12—18 a) Altersund Invaliditätsversorgung 12—14 b) Anrechte mit (überwiegend) anderem Versorgungszweck 15 c) Versorgung der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art 16 d) Rentenversicherungen 17 e) Kapitalversicherungen und Umtauschversicherungen 18 4. Erwerb durch Arbeit oder Vermögen (Abs. 1 S. 2) 19-22 a) Leistungen mit Entschädigungscharakter oder sozialer Zielsetzung 19 b) Anrechte aufgrund beitragsfreier Zeiten 20 c) Mit Zuwendungen Dritter erworbene Anrechte 21 d) Altenteil, Leibgedinge, Leibrenten 22 5. Begründung oder Aufrechterhaltung von Anrechten 23

6.

Rdn. Erwerb der Anrechte in der Ehezeit 24—39 a) Stichtagsprinzip 24 b) Erwerb vor der Ehezeit 25 c) Erwerb nach der Ehezeit; InPrinzip 26-30 d) Nach Ehezeitende weggefallene und der Art nach veränderte Anrechte 31-33 e) Bedeutung des Ehezeitendes für die Höhe des Ausgleichs 34—38 — Veränderungen der individuellen Bemessungsgrundlagen . . 34 Veränderungen, — Tatsächliche die rückwirkend einen anderen Ehezeitanteil ergeben 35, 36 — Eintritt der Unverfallbarkeit eines betrieblichen Versorgungsanrechts 37 — Änderungen von Rechtsnormen 38 f) Bedeutung des Ehezeitendes für die Form des Ausgleichs 39

I I I . Berechnung der Ehezeit (Abs. 2) . . . . 1. Allgemeines 2. Beginn der Ehezeit 3. Ende der Ehezeit a) Wirksame Zustellung des Scheidungsantrags b) Scheidungsklage alten Rechts . . c) Aussetzung des Verfahrens . . . . d) Beiderseitige Scheidungsanträge . e) Restitutionsverfahren; Eheaufhebungs- oder Nichtigkeitsklage . . f) Mitteilung des Ehezeitendes durch das F a m G IV. Verhältnis des VA zum Güterrecht (Abs. 3)

40-47 40 41

42 43 44 45 46 47

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I. Grundsätzliches 1

§ 1587 enthält gleichsam vor die Klammer gezogene grds. Bestimmungen über den VA. Er gilt sowohl für den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich nach den §§ 1587 a bis 1587e sowie §§ 1, 3 b VAHRG als auch für den schuldrechtlichen VA nach den §§ 1587 f bis 1587 p und §§2, 3 a VAHRG. Abs. 1 regelt den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des VA, Abs. 2 definiert die für den Umfang des VA maßgebende Ehezeit, und Abs. 3 regelt den Vorrang der Vorschriften über den VA vor den güterrechtlichen Bestimmungen. 454

Hartmut Wiek

§ 1587 BGB

Voraussetzungen

II. Voraussetzungen des VA (Abs. 1) 1. Geschiedene Ehegatten a) Nach Abs. 1 S. 2 findet der VA zwischen „geschiedenen Ehegatten" statt. Damit 2 ist ein vorzeitiger Ausgleich schon während des Getrenntlebens — anders als beim Zugewinnausgleich (vgl. §§ 1385, 1386) — ausgeschlossen. Allerdings ist nicht erforderlich, daß die Scheidung bereits rechtskräftig ist, wenn der VA durchgeführt wird. Da der öffentlich-rechtliche VA grds. im Verbund mit der Scheidung zu regeln ist (§ 623 Abs. 1 und 3 ZPO), wird das Verfahren über den Wertausgleich i. d. R. schon nach Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrags eingeleitet und zusammen mit dem Scheidungsausspruch im Verbundurteil abgeschlossen. Eine Vorabentscheidung über den VA ist jedoch nicht zulässig (vgl. § 627 ZPO, wonach nur über eine Sorgerechtsfolgesache vorweg entschieden werden darf). Die Verbundentscheidung über den VA kann auch — trotz Rechtskraft — nicht vor Rechtskraft der Scheidung wirksam werden (§ 629 d ZPO). Nach Rechtskraft der Scheidung kann der öffentlich-rechtliche VA stattfinden, wenn er gemäß § 628 ZPO aus dem Verbund abgetrennt worden oder ausnahmsweise (z. B. nach einer Auslandsscheidung) im isolierten Verfahren nachzuholen ist. Der öffentlichrechtliche VA ist auch dann durchzuführen, wenn das (abgetrennte) Verfahren bei Rechtskraft der Scheidung noch andauerte und die geschiedenen Ehegatten einander erneut geheiratet haben (BGH FamRZ 83, 461, 462); die Ehegatten können allerdings in diesem Fall einen vertraglichen Ausschluß des VA nach § 1587 o in Erwägung ziehen. Der schuldrechtliche VA findet wegen seiner besonderen Voraussetzungen im Regelfall erst geraume Zeit nach der Scheidung der Ehegatten statt. b) Ein VA ist nicht nur im Falle der Scheidung, sondern nach den §§ 26 Abs. 1, 37 3 Abs. 1, 39 Abs. 2 S. 2 EheG grds. auch bei Nichtigerklärung oder Aufhebung einer Ehe durchzuführen. In diesen — in der Praxis seltenen — Fällen der Eheauflösung finden die Regeln über das Verbundverfahren (§§ 622 ff ZPO) jedoch keine Anwendung. Der VA wird daher erst nach Rechtskraft des Eheauflösungsurteils in einem isolierten Verfahren geregelt (BGH FamRZ 82, 586; 89, 153, 154; OLG München FamRZ 80, 565), das von Amts wegen einzuleiten ist (Johannsen¡Henrich/Sedemund- Treiber Vor § 53 b FGG Rdn. 11; Keidel\Kunt^e\Winkler Vor § 53 b FGG Rdn. 5; Soergelj Vorwerk Rdn. 3; Schwabj Hahne VI Rdn. 10; a. A. RulandjTiemann Rdn. 34). Ist ein Hauptantrag auf Nichtigerklärung oder Aufhebung einer Ehe mit einem Hilfsantrag auf Scheidung verbunden worden, so kann das VA-Verfahren bereits vor Entscheidung über den Hauptantrag betrieben, aber nicht zusammen mit dieser abgeschlossen werden. Hat ein Ehegatte die Nichtigkeit oder Aufhebbarkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt, so kann der andere Ehegatte innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Eheauflösung durch Erklärung gegenüber dem bösgläubigen Ehegatten den VA ausschließen (§§ 26 Abs. 2, 37 Abs. 2, 39 Abs. 2 S. 3 EheG). Ist ein Ehegatte bereits vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG (01. 07. 1977) verstorben, die Ehe aber erst nach diesem Zeitpunkt für nichtig erklärt worden, findet kein VA statt (BGH FamRZ 85, 270). Im Falle einer Doppelehe (§ 20 EheG) steht dem Ehegatten, der die Nichtigkeit der 4 (späteren) Ehe bei der Eheschließung gekannt hat, kein VA zu, soweit dadurch Ansprüche des Ehegatten aus der früheren Ehe beeinträchtigt werden würden (§ 26 Abs. 3 EheG). War der Ehegatte der Zweitehe gutgläubig, so bestehen die Ausgleichsansprüche der Ehegatten aus beiden Ehen grds. unabhängig voneinander entsprechend der jeweiligen Ehezeit. Die während der Kongruenz beider Ehen erworbenen Versorgungsanrechte werden also nicht gleichmäßig auf alle drei Ehegatten verteilt, vielmehr kann grds. sowohl der Ehegatte der Erstehe als auch der (gutgläubige) Ehegatte der Zweitehe den vollen VA beanspruchen (BGH FamRZ 82, 475, 476; OLG Stuttgart FamRZ 86, 1006; Hartmut W i e k

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§ 1587 BGB

Scheidung der Ehe

a. A. OLG Hamm FamRZ 80, 58; OLG Koblenz FamRZ 80, 589). Soweit sich dadurch eine grob unbillige Belastung des Verpflichteten ergibt, kann in Anwendung des § 1587 c Nr. 1 (und in Übergangsfällen nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 3 und 4 des 1. EheRG) korrigierend eingegriffen werden (BGH FamRZ 82, 475, 476; OLG Stuttgart FamRZ 86, 1006). 5 c) Die Vorschriften über den VA sind nur auf Ehen anwendbar, die ab Inkrafttreten des 1. EheRG geschieden worden sind. Ist das Scheidungsurteil vor dem 01. 07. 1977 verkündet worden, findet ein VA nicht statt (Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 des 1. EheRG). Auf den Eintritt der Rechtskraft der Scheidung kommt es insoweit nicht an (BGH FamRZ 79, 906; vgl. Vor § 1587 Rdn. 35). 6

d) Grds. kommt ein VA auch dann in Betracht, wenn die Ehegatten im Ausland geschieden worden sind und die ausländische Entscheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG anerkannt worden ist. Hier ist der VA in einem isolierten Verfahren nachzuholen, wenn er aus deutscher Sicht hätte stattfinden müssen (OLG Düsseldorf FamRZ 84, 714; OLG Karlsruhe IPRax 85, 36; vgl. Vor § 1587 Rdn. 29).

2. Versorgungsanrechte 7 a) Nach § 1587 Abs. 1 S. 1 unterliegen dem VA Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus fallen auch bereits fällige Ansprüche auf eine Versorgung in den VA (vgl. Rdn. 11). Für Anwartschaften, Aussichten und bereits entstandene Ansprüche auf Versorgung wird allgemein der Sammelbegriff „Versorgungsanrechte" verwendet. Ob es sich um öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Anrechte handelt, ist unerheblich. Für die Einbeziehung in den VA spielt es auch keine Rolle, ob der Träger der Versorgung einen öffentlich-rechtlichen oder einen privatrechtlichen Status hat und ob es sich um einen inländischen oder ausländischen Versorgungsträger handelt; dies ist lediglich für die Ausgleichsform von Bedeutung. Die Anrechte müssen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch vorhanden sein (vgl. Rdn. 31) und müssen dem betreffenden Ehegatten noch selbst zustehen (BGH FamRZ 88, 936, 939). Zu den in Betracht kommenden Versorgungsarten vgl. Rdn. 16. Grds. fallen alle Bestandteile eines Versorgungsanrechts in den VA. Eine Ausnahme gilt jedoch für ehe- und familienbezogene Komponenten (§§ 1587 a Abs. 8, 1587 g Abs. 2 S. 1). , 8

b) Anwartschaften und Aussichten unterscheiden sich lediglich im Grade der Verfestigung des Anrechts (BT-Drucks. 7/650 S. 155). Eine Anwartschaft auf Versorgung ist eine dem Grunde und der Höhe nach rechtlich gesicherte Aussicht, nach Erfüllung aller Voraussetzungen, die für das konkrete Anrecht erforderlich sind, einen Versorgungsanspruch zu erhalten (BGH FamRZ 81, 856; 85, 687; 86, 344, 345). Wie sich aus § 1587 a Abs. 7 S. 1 ergibt, liegt eine Anwartschaft auch vor, wenn Wartezeiten oder andere zeitliche Mindestvoraussetzungen noch nicht erfüllt sind, und sogar dann, wenn sie voraussichtlich gar nicht mehr erfüllt werden können, wie z. B. bei der gesetzlichen Rentenanwartschaft eines Beamten, der nicht zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt ist (BGH FamRZ 83, 1005; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 189).

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Eine Aussicht auf Versorgung ist gegeben, wenn zwar (noch) keine Anwartschaft in dem vorgenannten Sinne erworben ist, ein Beschäftigter aber bei gewöhnlichem Verlauf nach den für sein Dienst- oder Arbeitsverhältnis maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen künftig Versorgungsleistungen erhalten wird (BGH FamRZ 81, 856; 85, 687; 86, 344, 345; abw. Anm. Bergner FamRZ 81, 1049). Dies gilt z. B. für die Rechtsposition der Zeitsoldaten (BGH FamRZ 81, 856) und Widerrufsbeamten (BGH FamRZ 82, 362, 363), deren Versorgungserwartung alternativ ausgestaltet ist (vgl. 456

Hartmut Wiek

§ 1587 BGB

Voraussetzungen

§ 1587 a Rdn. 17, 328), sowie für die Aussicht der Probebeamten, nach dem Ablauf der Probezeit in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden und damit eine Anwartschaft auf Beamtenversorgung zu erwerben (BGH FamRZ 82, 362, 364; § 1587 a Rdn. 16). Eine Aussicht auf Versorgung besteht auch insoweit, als bei Beamten sog. Kann-Zeiten gemäß § 12 BeamtVG (auf Antrag) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden und damit den Versorgungswert erhöhen können (BGH FamRZ 81, 665, 666; 83, 999, 1000; vgl. § 1587 a Rdn. 49). Eine Aussicht auf Invaliditätsrente ist bei Ehezeitende bereits begründet, wenn deren materiell-rechtliche Voraussetzungen vorlagen, mag auch erst später der zum Rentenbezug erforderliche Antrag gestellt und die Rente bewilligt worden sein (BGH FamRZ 89, 35, 36). Solange kein Versicherungsfall eingetreten ist, bleibt eine reine Invaliditätsversicherung dagegen im VA außer Betracht, weil das Entstehen eines Leistungsanspruchs eher unwahrscheinlich ist (BGH FamRZ 86, 250; 86, 344, 345; 88, 488, 489). Eine bloße Versorgungsaussicht liegt ferner vor, wenn formell kein Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen besteht oder entstehen wird, aber bei normaler Entwicklung später eine Versorgung gewährt werden wird, wie z. B. bei Anrechten auf betriebliche Altersversorgung gegenüber einer Unterstützungskasse (BGH FamRZ 86, 338, 339; vgl. § 1587 a Rdn. 180). Auch wenn eine Geldrente als Gegenleistung für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gewährt wird, ohne daß ein Rechtsanspruch auf die Rentenleistungen besteht, kann eine Versorgungsaussicht vorliegen (BGH FamRZ 88, 936, 938). x In der Praxis spielt die Abgrenzung zwischen einer Anwartschaft und einer 1 0 Aussicht keine Rolle, wohl aber die Unterscheidung zwischen einer Aussicht und der bloßen (ungesicherten) Möglichkeit, ein Versorgungsanrecht zu erwerben. Eine ausdrückliche Regelung zu dieser Frage trifft das Gesetz in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 für betriebliche Versorgungsanrechte, die im Zeitpunkt der Entscheidung über den VA wegen zu kurzer Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf § 1 Abs. 1 BetrAVG (oder entsprechende Bestimmungen der konkreten Versorgungsregelung) noch verfallbar sind; diese Anrechte sind kraft Gesetzes — als noch nicht genügend gesichert — im öffentlichrechtlichen VA unberücksichtigt zu lassen. c) Ein VA findet auch dann statt, wenn bei einem oder beiden Ehegatten bereits ein 11 Versicherungs- oder Versorgungsfall eingetreten und damit eine Versorgungsanwartschaft oder -aussieht zum Vollrecht erstarkt ist. Dem VA unterliegen also auch bereits fällige Versorgungsansprüche und laufende Versorgungsleistungen (BGH FamRZ 80, 129; 83, 36; OLG Celle FamRZ 79, 828). Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 1587 a Abs. 2, der ausdrücklich auch bereits gezahlte Versorgungen einbezieht. § 1587 Abs. 1 S. 2 stellt insoweit nur Mindestanforderungen für die einzubeziehenden Versorgungsanrechte auf (BT-Drucks. 7/4361 S. 35). Das für die gesetzliche Rentenversicherung geltende Versicherungsfallprinzip, das nach Eintritt des Versicherungsfalles eine weitergehende Sicherung ausschließt, steht der Durchführung des VA zugunsten des Berechtigten grds. nicht entgegen (BGH FamRZ 80, 129, 130; 86, 337, 338); allerdings können für ihn keine Rentenanwartschaften mehr durch Beitragszahlung begründet werden, wenn er bereits die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllt (§ 3 b Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Hs. 2 VAHRG). 3. Alters- oder Invaliditätsversorgung der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art a) In den VA fallen nur solche Anrechte, deren Zweck die Versorgung wegen Alters 1 2 oder wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (oder — wie regelmäßig — für beide Fälle) ist. Anrechte auf Leistungen mit anderer Zweckbestimmung — insbesondere mit Vermögensbildungs- oder Entgeltcharakter — gehören nicht dazu (BGH FamRZ 88, Hartmut Wiek

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§1587 BGB

Scheidung der Ehe

936, 937). Der Versorgungszweck muß sich auf die in § 1587 Abs. 1 S. 1 bezeichneten Versorgungsfälle des Alters und/oder der Invalidität beziehen. Das Gesetz verwendet insoweit die Terminologie der gesetzlichen Rentenversicherung. Es kommt jedoch nicht auf die Leitbilder der öffentlich-rechtlichen Leistungssysteme und die dort geltenden Altersgrenzen und Invaliditätsbegriffe an. 13

Für eine Versorgung wegen Alters genügt es, daß das betreffende Anrecht wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters zur Versorgung im Anschluß an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens gewährt wird (BGH FamRZ 88, 936, 938). Maßgebend ist die Altersgrenze, die in der für das jeweilige Versorgungsanrecht geltenden Rechtsnorm oder Versorgungsregelung bestimmt ist. In der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht der Anspruch auf Altersrente im Regelfall mit Vollendung des 65. Lebensjahres (§§ 1248 Abs. 5 RVO, 25 Abs. 5 AVG; ab 1992: § 35 Nr. 1 SGB VI i. d. F. des RRG 1992). Die gleiche Regelaltersgrenze gilt im Beamtenrecht (vgl. § 41 BBG) und im allgemeinen auch für sonstige Versorgungssysteme. Bei privaten Rentenversicherungen ist der Versicherungsvertrag maßgebend.

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Eine Versorgung wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beruht auf einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung (vgl. §§ 1246 Abs. 2, 1247 Abs. 2 RVO, §§ 23 Abs. 2, 24 Abs. 2 AVG; ab 1992: §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 SGB VI i. d.F. des RRG 1992; zur Unterscheidung von Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung vgl. § 1587 a Rdn. 78). Entscheidend ist die für das jeweilige Versorgungsanrecht maßgebende Definition der Invalidität. Für Beamte gilt z. B. der Begriff der Dienstunfähigkeit nach den §§ 42 Abs. 1 BBG, 26 BRRG. Für die Einbeziehung in den VA kommt es darauf an, ob das Anrecht zur wirtschaftlichen Absicherung für den Fall eines krankheitsbedingten vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben bestimmt ist.

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b) An dem in § 1587 Abs. 1 S. 1 vorausgesetzten Versorgungszweck fehlt es, wenn Leistungen (ausschließlich oder doch ganz überwiegend) aufgrund der Versicherung anderer Risiken als des Alters oder der Invalidität gewährt werden wie z. B. die Leistungen der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung (vgl. zur gesetzlichen Unfallversicherung BGH FamRZ 89, 844, 846; OLG Celle FamRZ 89, 1098) oder einer entsprechenden privaten Versicherung sowie Dienstunfallfürsorgeleistungen nach den §§ 35 bis 38 BeamtVG, 27 SVG; wenn Zahlungen zwar im Hinblick auf Beschäftigungsverhältnisse, aber nicht zur Absicherung für Alter oder Invalidität geleistet werden, wie z. B. Übergangsgelder (vgl. §§11 bis 13 SVG), Abfindungen oder Treueprämien; wenn die Entschädigung des Leistungsempfängers für erlittene Nachteile im Vordergrund steht (BGH FamRZ 88, 272, 273), wie z. B. bei Leistungen nach dem BEG, dem BVersG (BGH FamRZ 81, 239), dem OEG, dem BSeuchG und dem LAG sowie bei Schadensersatzrenten und Aufopferungsentschädigungen (Johannsen\Henrich\Habne Rdn. 15; Soergelj Vorwerk Rdn. 18; vgl. auch Rdn. 19); wenn den Leistungen bestimmte soziale Zielsetzungen zugrundeliegen, wie z. B. bei Leistungen nach dem BSHG, dem WoGG, dem BErzGG oder dem BAföG, aber auch bei den Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach dem KLG (BGH FamRZ 91, 675; vgl. § 1587 a Rdn. 128) und beim Sozialzuschlag zu Renten im Beitrittsgebiet nach Art. 40 RÜG (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 6 VAÜG). Auch Hinterbliebenenversorgungen und Hinterbliebenenanteile von Versorgungen fallen grds. nicht in den VA (BGH Beschl. vom 25. 09. 91 — XII ZB 77/90 —). Ist ein im Versorgungsanrecht enthaltener Hinterbliebenenanteil allerdings nicht klar abgrenzbar (z. B. bei gesetzlichen Rentenanwartschaften oder bei berufsständischen Versorgungen, bei denen für die Hinterbliebenenversorgung kein gesondertes Deckungskapital gebildet wird), so wird er aus Gründen der Praktikabi458

Hartmut Wiek

§ 1587 BGB

Voraussetzungen

lität faktisch mit ausgeglichen (BGH aaO; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 15). Nicht dem VA unterliegen ferner reine Berufsunfähigkeits- oder BerufsunfähigkeitszusatzVersicherungen mit einer über das Ehezeitende fortbestehenden Prämienzahlungspflicht, solange der Versicherungsfall nicht eingetreten ist (BGH FamRZ 86, 250; 86, 344, 345; 88, 488, 489; vgl. § 1587 a Rdn. 276 f). Etwas anderes gilt für tatsächlich gezahlte Berufsunfähigkeitsrenten (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 615). c) Nach § 1587 Abs. 1 S. 1 muß die Versorgung von „der in § 1587 a Abs. 2 1 6 genannten Art" sein. § 1587 a Abs. 2 erwähnt Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, der Beamtenversorgung, der betrieblichen Altersversorgung, der privaten Rentenversicherung und sonstiger Versorgungssysteme. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Wie sich aus dem — erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügten — § 1587 a Abs. 5 ergibt, sind auch atypische, nicht unter § 1587 a Abs. 2 fallende Anrechte in den VA einzubeziehen. Der Gesetzgeber hat versäumt, § 1587 Abs. 1 S. 1 redaktionell anzupassen (BT-Drucks. 7/4361 S.40; BGH FamRZ 81, 856, 857; 84, 156, 157). Der nach § 1587 a Abs. 2 maßgebliche Berechnungsmodus ist somit kein Kriterium für die Abgrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des VA (BGH FamRZ 88, 273, 274). In den VA sind insbesondere auch ausländische Versorgungsanrechte einzubeziehen, sofern sie die Voraussetzungen des § 1587 Abs. 1 erfüllen (BGH FamRZ 80, 29; 82, 473; 83, 263; OLG Hamm FamRZ 89, 759; OLG Stuttgart FamRZ 89, 760; vgl. auch § 1587 a Rdn. 324). d) Nach der Grundkonzeption des VA, die auf dem Versorgungssystem der gesetzli- 1 7 chen Rentenversicherung basiert, muß die Versorgung in Form einer Rente oder sonstigen wiederkehrenden Leistung zugesagt sein. Bei der Zusage einer lebenslangen Rente, die zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt ist, liegt der Versorgungszweck im allgemeinen auf der Hand. Aber auch wenn eine Geldrente als Gegenleistung für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gewährt wird, kann der Versorgungszweck zu bejahen sein, insbesondere wenn kein Rechtsanspruch auf die Rentenleistung besteht (BGH FamRZ 88, 936, 938). Wie sich aus § 4 BarwertVO ergibt, unterliegen dem VA auch zeitlich begrenzte Renten. Für die Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen VA ist jedoch Voraussetzung, daß die Dauer der Rente feststeht. Deshalb bleiben hier sog. degressive Anrechte, die im Laufe eines nicht im voraus bestimmbaren Zeitraums allmählich abgebaut werden, außer Betracht (vgl. § 1587 a Rdn. 43, 245, 331; § 3 VAÜG Rdn. 5, 7); sie können allerdings schuldrechtlich ausgeglichen werden (vgl. § 1587 g Rdn. 2; § 3 VAÜG Rdn. 10 f). Bei privaten Rentenversicherungen kommt es nicht darauf an, ob nach den Versicherungsbedingungen bei Ehezeitende die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung, die zur Bewertung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 a erforderlich ist, möglich war (BGH FamRZ 86, 344 m. Anm. Ellger FamRZ 86, 564). Außer Geldrenten kommen für den VA auch wiederkehrende Sachleistungen wie z. B. Altenteile, Leibgedinge (BGH FamRZ 82, 909; vgl. auch Rdn. 22) und Deputate in Betracht (JohannsenjHenrich/Hahne Rdn. 17; Scbn>ab\Hahne VI Rdn. 25; Soergel\ Vorwerk, Rdn. 14; a.A. OLG Bamberg FamRZ 80, 168; RahmjLardschneider V Rdn. 44). Nicht dem VA unterliegt die Landabgaberente nach § 41 GAL, da sie vornehmlich strukturpolitischen Zielen dient und damit keinen Versorgungscharakter hat (BGH FamRZ 88, 272). e) Nicht in den VA fallen Anrechte auf Kapitalleistungen wie z. B. aus privaten 18 Lebensversicherungen auf Kapitalbasis, auch wenn diese zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung dienten (BGH FamRZ 84, 156, 157) oder als Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (§ 1 Abs. 2 BetrAVG) abgeschlossen worden sind (BGH FamRZ 84, 156, 158; vgl. § 1587 a Rdn. 188, Hartmut Wiek

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269). Zwar können auch Kapitalleistungen der Alters- und Invaliditätsvorsorge dienen, doch hat der Gesetzgeber Anrechte aus Kapitalversicherungen ausdrücklich nicht dem VA unterwerfen wollen (BT-Drucks. 7/650 S. 158; 9/2296 S. 11, 13). Auch Kapitalversicherungen mit Rentenwahlrecht bleiben im VA außer Betracht, wenn das Wahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (auf diesen Zeitpunkt — und nicht das Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 — kommt es hier wegen der notwendigen Harmonisierung mit dem Zugewinnausgleich an) nicht ausgeübt worden ist (BGH FamRZ 84, 156, 158; MüKo ¡Mater Rdn. 13; Schwab ¡Hahne VI Rdn. 24; abw. Soergel/Vorwerk Rdn. 15, die auf den Entscheidungszeitpunkt abstellen; vgl. auch § 1587 a Rdn. 270). Eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ist dagegen in den VA einzubeziehen, solange von der Option kein Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 1587 a Rdn. 270). Zinserträge aus Kapitalvermögen und Mieteinkünfte fallen nicht in den VA, weil sie nicht auf Alter oder Invalidität beruhen (Ermanfv. Maydell Rdn. 12; Rahm] Lardschneider V Rdn. 43). Auch ein bloßer Anspruch auf Beitragserstattung, wie er häufig gewährt wird, wenn die für den Bezug einer Versorgung erforderliche Wartezeit nicht erfüllt ist, unterliegt nicht dem VA (BGH FamRZ 86, 892, 894; 92, 45, 56; OLG Hamburg FamRZ 80, 1028; OLG Hamm FamRZ 81, 572).

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4. Erwerb durch Arbeit oder Vermögen (Abs. 1 S. 2) a) Nach § 1587 Abs. 1 S. 2 sind nur solche Anrechte in den VA einzubeziehen, die entweder mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit erworben worden sind. Damit soll der VA auf diejenigen Anrechte beschränkt werden, die typischerweise das Ergebnis einer gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten sind (BT-Drucks. 7/4361 S. 36; BGH FamRZ 84, 570). Nicht in den VA fallen deshalb vor allem Leistungen mit Entschädigungscharakter (vgl. dazu im einzelnen Rdn. 15), obwohl diese i. d. R. auch Lohnersatzfunktion haben und sich unter Umständen — wie die gesetzliche Unfallrente (vgl. §§ 1278 RVO, 55 AVG) — auf die Höhe eines auszugleichenden Anrechts auswirken können (Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 15; MüKo/Maier Rdn. 22; Soergelj Vorwerk Rdn. 18). Auch Anrechte aus der privaten Unfallversicherung sind im Regelfall nicht in den VA einzubeziehen (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 79, 80; Johannsen ¡Henrich ¡Hahne Rdn. 14; Soergelj Vorwerk Rdn. 18; vgl. auch § 1587 a BGB Rdn. 279; a. A. Rahm ¡Lardschneider V Rdn. 47; RVO-Verbandskommentar § 1587 a Rdn. 67). Zwar werden die Leistungen i. d. R. aus dem Einkommen oder Vermögen eines Ehegatten finanziert, doch dienen die Leistungen nicht in erster Linie zur Alters- oder Invaliditätssicherung (vgl. Rdn. 15). Ebenso nicht ausgleichspflichtig sind staatliche Sozialleistungen wegen ihrer sozialpolitischen Zielsetzung (vgl. dazu im einzelnen Rdn. 15), die Landabgaberente nach § 41 GAL, mit der vornehmlich strukturpolitische Ziele verfolgt werden (BGH FamRZ 88, 272; OLG Celle FamRZ 84, 1022), und die Produktionsaufgaberente nach § 1 des Gesetzes vom 21. 02. 1989 (BGBl. I S. 233; Klattenhof/ S. 58). Dem VA unterliegen auch keine (ausländischen) Renten, die unabhängig von der individuellen Arbeits- und Beitragsleistung gewährt werden, wie z. B. die schwedische Volksrente (OLG Bamberg FamRZ 80, 62; MüKo/Maier Rdn. 23). b) Demgegenüber sind Versorgungsanwartschaften, die auf beitragsfreien Zeiten beruhen, im VA zu berücksichtigen, denn diese Zeiten werden nur deshalb angerechnet, weil der Versicherte oder Versorgungsanwärter im übrigen gearbeitet hat (BT-Drucks. 7/4361 S. 36). Danach sind z. B. Anrechte auszugleichen, die aufgrund von sog. Zurechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 1587 a Rdn. 129, 133) oder in der Beamtenversorgung (vgl. § 1587 a Rdn. 50) erworben worden sind, sowie Anrechte 460

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Voraussetzungen

der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Ersatz-, Ausfall- (Anrechnungs-), Berücksichtigungs- oder Kindererziehungszeiten beruhen (vgl. § 1587 a Rdn. 120 ff, 133; zu Kindererziehungsleistungen nach dem KLG vgl. jedoch o. Rdn. 15), und betriebliche Versorgungsanrechte, die in bezug auf betriebsfremde, aber auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnende Zeiten gewährt werden (wie etwa sog. Vordienstzeiten; vgl. dazu § 1587 a Rdn. 196, 213). Die auf beitragslosen Zeiten beruhenden Anrechte unterliegen dem VA auch dann, wenn diese Zeiten nur aufgrund von Beitrags- oder Dienstzeiten außerhalb der Ehezeit angerechnet werden {Klattenhof/ S. 58). In den VA fällt auch der ab 1992 zu gewährende Kindererziehungszuschlag zum Ruhegehalt von Beamten, Richtern und Soldaten nach § 1 KEZG (i. d. F. des Art. 16 BeamtVGÄndG; auf Soldaten findet das KEZG entspr. Anwendung, vgl. § 26 Abs. 6 SVG i. d. F. des Art. 2 BeamtVGÄndG; vgl. dazu näher § 1587 a Rdn. 56). Dieser Zuschlag entspricht dem Betrag, um den sich eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Kindererziehungszeiten erhöht (vgl. dazu § 1587 a BGB Rdn. 120). c) Auf die Herkunft des Vermögens, mit dessen Hilfe Versorgungsanrechte erworben 21 worden sind, kommt es grds. nicht an. Daher sind auch Anrechte auszugleichen, die mit Hilfe des vor der Ehezeit erworbenen Vermögens begründet worden sind (BGH FamRZ 84, 570; soweit nach Ende der Ehezeit Anrechte für die Ehezeit begründet worden sind, bleiben diese Anrechte allerdings nach dem sog. In-Prinzip im VA grds. außer Betracht, vgl. Rdn. 27), sowie Anrechte, die mit darlehensweise beschafften Mitteln erworben wurden (OLG Celle FamRZ 79, 826; 81, 792; OLG Saarbrücken FamRZ 82, 824, 825). Eine analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2 scheidet aus. Daher unterliegen dem VA grds. auch Anrechte, die mit finanziellen Mitteln erworben worden sind, welche dem betreffenden Ehegatten durch Schenkung oder sonstige unentgeltliche Zuwendung eines Dritten zugeflossen sind. Dabei ist grds. unerheblich, ob die Zuwendung zweckgebunden erfolgt ist oder nicht (BGH FamRZ 83, 262, 263; 84, 570, 571; 87, 48, 49; großzügiger OLG Köln FamRZ 84, 64; Johannsen\HenrichlHahne Rdn. 16; SoergeljVorwerk Rdn. 17, die — etwa durch Schenkung unter Auflage — zweckgebundene Zuwendungen ausreichen lassen). Die Einbeziehung in den VA wird auch nicht dadurch gehindert, daß der Zuwendende den begünstigten Ehegatten in einer Notlage unterstützt hat, die der andere Ehegatte durch die Vernachlässigung seiner Unterhaltspflicht verursacht hatte (BGH FamRZ 87, 48, 49). Das mit Mitteln eines Dritten begründete Anrecht fällt hingegen nicht in den VA, wenn entweder der Dritte die Beiträge zur Begründung der Anwartschaft unmittelbar an den Versorgungsträger gezahlt hat oder wenn die Mittel zwar über den begünstigten Ehegatten an den Versorgungsträger geflossen sind, bei wirtschaftlicher Betrachtung jedoch kein Unterschied zu einer Direktleistung des zuwendenden Dritten besteht, etwa wenn sich der Dritte, weil er alt oder geschäftsungewandt ist, des begünstigten Ehegatten als Mittelsperson bedient (BGH FamRZ 84, 570, 571). d) Ein Altenteil oder Leibgedinge ist in den VA einzubeziehen, wenn im Zusammen- 22 hang mit einem Hofübergabevertrag der Hofübernehmer ein solches Recht als Gegenleistung dafür eingeräumt hat, daß er den Hof bereits vor dem Ableben des Übergebers bewirtschaften darf. Diese Bewirtschaftungsmöglichkeit ist Bestandteil des bisherigen Vermögens des Hofübergebers, so daß er das Altenteil oder Leibgedinge mit Hilfe seines Vermögens begründet hat (BGH FamRZ 82, 909). Anders liegt es hingegen, wenn das Altenteil oder Leibgedinge dem Empfänger ohne eine Gegenleistung seinerseits als Altersversorgung, ähnlich einer vom Zuwendenden finanzierten privaten Rentenversicherung, zugewendet worden ist (BGH FamRZ 82, 909). Auch Leibrenten fallen nur dann in den VA, wenn sie nicht unentgeltlich gewährt werden und darüber hinaus ihr Hartmut Wiek

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Alterssicherungszweck unzweifelhaft ist. Bei Grundstücksverkäufen auf Leibrente kommt es demgemäß darauf an, ob eine zeitlich unabsehbare Altersversorgung oder nur eine Sonderform der Ratenzahlung beabsichtigt ist (PalandtjDiederichsen Rdn. 20). 5. Begründung oder Aufrechterhaltung von Anrechten 23 Versorgungsanrechte fallen nur insoweit in den VA, als sie in der Ehezeit begründet oder aufrechterhalten worden sind. Begründet wird ein Anrecht durch rechtlich erhebliche Umstände, die bewirken, daß das Anrecht entsteht oder weiter anwächst. Rechtlich bedeutsame Akte in diesem Sinne sind z. B. in der gesetzlichen Rentenversicherung die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit oder die Zahlung freiwilliger Beiträge, in der Beamtenversorgung die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder eine Beförderung, in der betrieblichen Altersversorgung der Eintritt in ein Unternehmen, das eine Betriebsrente zugesagt hat, und in der privaten Rentenversicherung der Abschluß eines Versicherungsvertrages. Aufrechterhalten wird ein Anrecht, wenn die Bedingungen für die (künftigen) Versorgungsleistungen (wenigstens teilweise) auch noch nach der Begründung des Anrechts durch weitere rechtlich erhebliche Umstände erfüllt werden, ohne daß sich ein zusätzlicher Wertzuwachs ergibt (BT-Drucks. 7/650 S. 155). Das ist z. B. bei einem aktiven Beamten der Fall, der bereits 35 (ab 1992: 40) ruhegehaltfähige Dienstjahre zurückgelegt und damit den Ruhegehaltshöchstsatz erreicht hat. Weitere Dienstjahre steigern zwar das spätere Ruhegehalt nicht mehr, sie sind jedoch erforderlich, um die Versorgung zu erdienen. Würde der Beamte vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden, so würde nämlich die Anwartschaft auf Beamtenversorgung noch entfallen und der Beamte in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden. Eine auszugleichende Beamtenversorgungsanwartschaft liegt daher auch dann vor, wenn ein Beamter erst nach Erreichen des Ruhegehaltshöchstsatzes geheiratet hatte.

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6. Erwerb der Anrechte in der Ehezeit a) Versorgungsanrechte unterliegen dem VA nur insoweit, als sie in der Ehezeit erworben (begründet oder aufrechterhalten) worden sind (zur Berechnung der Ehezeit vgl. Rdn. 40 ff). Dies entspricht dem Grundgedanken des VA, daß die Ehe eine Versorgungsgemeinschaft darstellt, die es rechtfertigt, das in der Ehe erwirtschaftete Versorgungsvermögen — aber auch nur dieses — gleichmäßig auf die Ehepartner zu verteilen. Anrechte, die außerhalb der Ehezeit erworben worden sind, bleiben im VA außer Betracht. Fällt der Erwerb eines Anrechts teils in die Ehezeit, teils in die Zeit davor oder danach, ist für den VA der Ehezeitanteil des Anrechts maßgebend. Dieser ist nach den in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 bis 5 festgelegten Bewertungsmaßstäben zu ermitteln (für Anrechte aus dem Beitrittsgebiet vgl. ferner § 3 VAÜG). Dabei werden die am Ende der Ehezeit für die Höhe der Versorgung maßgebenden Daten und Faktoren festgeschrieben, und es werden für diesen Zeitpunkt der Eintritt des Versorgungsfalles, die Erfüllung von Warte- oder Mindestbeschäftigungszeiten und etwaige beamtenrechtliche Voraussetzungen fingiert (Stichtagsprinzip oder Prinzip der Momentaufnahme; BT-Drucks. 7/4361 S. 27; BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 1005, 1006; 87, 918, 919). Durch die Festlegung eines bestimmten Stichtags wird eine Basis für die Vergleichbarkeit der verschiedenen Versorgungsanrechte geschaffen. Das Gesetz fingiert dabei ein (vorverlegtes) Ehezeitende, um die Durchführung des VA im Scheidungsverbund zu ermöglichen (vgl. Rdn. 40). Soweit in § 1587 a Abs. 2 auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als maßgebenden Stichtag abgestellt wird, liegt ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen vor; gemeint ist auch dort das Ehezeitende i. S. d. § 1587 Abs. 2 462

Hartmut Wiek

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Voraussetzungen

(BGH FamRZ 82, 36, 37; vgl. § 1587 a Rdn. 3). Zu Bestands- und Wertveränderungen der Anrechte nach Ehezeitende vgl. Rdn. 31 ff. b) Ein ehezeitlicher Versorgungserwerb liegt nicht vor, wenn die Anrechte ausschließ- 2 5 lieh vor der Ehezeit erworben worden sind. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Ehegatte erst nach Eintritt des Versicherungs- oder Versorgungsfalles geheiratet hat, bei Beginn der Ehezeit also schon eine Versorgung bezog, mag diese auch in der Ehezeit im Rahmen der regelmäßigen Anpassungen an die Einkommensentwicklung dynamisiert worden sein (OLG Düsseldorf FamRZ 79, 595). War ein Beamter bei der Eheschließung bereits wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit im Ruhestand, so unterliegt seine Pension auch insoweit nicht dem VA, als sie auf in die Ehezeit fallenden Zurechnungszeiten (d. h. Zeiten vom Versorgungsfall bis zur Vollendung des 55. — ab 1992: des 60. — Lebensjahres) beruht (BGH FamRZ 82, 36, 41; OLG Bremen FamRZ 80, 267; vgl. § 1587 a Rdn. 64). Etwas anderes gilt jedoch für Zurechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, denn bei diesen handelt es sich nicht um bloße Bewertungsfaktoren, sondern um anwartschaftsbegründende Zeitfaktoren (BGH FamRZ 86, 337; 88, 489; OLG Celle FamRZ 82, 618; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 67; vgl. § 1587 a Rdn. 131 f); daher kann eine auszugleichende gesetzliche Rentenanwartschaft auch vorliegen, wenn in der Ehezeit lediglich Zurechnungszeiten i. S.d. §§ 1260 RVO, 37 AVG, § 59 SGB VI zurückgelegt worden sind. Ist ein Ehegatte aber nur vor der Ehezeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und können die in die Ehezeit fallenden Kalendermonate auch nicht als beitragsfreie Zeiten (Ersatz-, Ausfall- bzw. Anrechnungs-, Berücksichtigungs-, Kindererziehungs- oder Zurechnungszeiten) berücksichtigt werden, so liegt keine ausgleichspflichtige gesetzliche Rentenanwartschaft vor. Nach dem sog. In-Prinzip (vgl. dazu Rdn. 27) sind jedoch solche Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, die mit in der Ehezeit für Zeiträume vor der Ehezeit nachentrichteten Beiträgen begründet worden sind, in den VA einzubeziehen (BGH FamRZ 81, 1169, 1171; 83, 683, 684; 85, 687). Allerdings führt die Beitragsnachentrichtung in der Ehezeit nicht dazu, daß Rentenanwartschaften ausgleichspflichtig werden, die auf infolge der Nachentrichtung anrechenbar gewordenen vorehelichen Ausfallzeiten (ab 1992: Anrechnungszeiten) beruhen (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 284, 285). Der VA erstreckt sich auch nur auf die Zeit der jeweils konkret zu scheidenden Ehe. Haben geschiedene Ehegatten wiedergeheiratet und wird auch die zweite Ehe geschieden, so sind nur die in der zu scheidenden letzten Ehe erworbenen Anrechte auszugleichen, auch wenn hinsichtlich der ersten Ehe kein VA stattgefunden hatte (BGH FamRZ 82, 1193). c) Nicht in den VA fallen ferner Anrechte, die erst nach Ende der Ehezeit begründet 2 6 worden sind. Aufgrund des Stichtagsprinzips bedarf es auch hier im Zweifelsfall genauer Klärung, wann ein anwartschaftsbegründender Vorgang stattgefunden hat. Ist ein Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit erst nach der Ehezeit begründet worden, so liegt keine auszugleichende Beamtenversorgungsanwartschaft vor (BGH FamRZ 81, 856; 82, 362, 363; 87, 921, 922; a.A. OLG Koblenz FamRZ 90, 760, 761; vgl. § 1587 a Rdn. 13, 17), und zwar auch dann nicht, wenn bestimmte in die Ehezeit fallende Zeiten eines früheren privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst nach § 10 BeamtVG als ruhegehaltfähig anerkannt werden (BGH FamRZ 84, 569). Sind Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erst nach Ehezeit- 2 7 ende durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für in der Ehezeit liegende Zeiträume begründet worden, so sind die dadurch entstandenen Rentenanwartschaften nicht auszugleichen. Nach dem sog. In-Prinzip fallen in den VA grds. nur solche Anrechte, die durch Vermögenseinsatz in der Ehe begründet worden sind (BGH FamRZ 81, 1169; 83, 683, 684; 87, 364; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 19; M ü K o / A W Rdn. 14, 21; a.A. Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

die Vertreter des sog. Für-Prinzips, vgl. z. B. OLG München FamRZ 79, 310, 311; 79, 312; OLG Celle FamRZ 81, 792; Gernhuber §28 III 5; vgl. auch § 1587 a Rdn. 80). Es kommt nicht darauf an, wann der für die Nachentrichtung erforderliche Antrag gestellt und bewilligt worden ist (BGH FamRZ 81, 1169, 1172). Die nachentrichteten Beiträge sind auch nicht in (entsprechender) Anwendung des § 10 a VAHRG in den VA einzubeziehen (JohannsenjHenrich!Hahne Rdn. 19). Das In-Prinzip gilt auch für Rentenanwartschaften, die ein Selbständiger durch nachentrichtete Pflichtbeiträge erwirbt (BGH FamRZ 85, 687; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 83, 729; OLG Köln FamRZ 84, 63 m. abl. Anm. Schmeiduch). Dabei ist unerheblich, wann er den Antrag auf Aufnahme in die gesetzliche Rentenversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 AVG; ab 1992: § 4 SGB VI) gestellt hat und wann der Aufnahmebescheid des Versicherungsträgers erlassen worden ist (BGH FamRZ 85, 687). Eine Ausnahme vom In-Prinzip gilt insoweit, als Beiträge zwar nach dem Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2, aber vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als dem für die Berechnung des Zugewinnausgleichs maßgebenden Stichtag (§ 1384) entrichtet worden sind. Die auf solchen Beiträgen beruhenden Anrechte sind ausgleichspflichtig, damit zwischen VA und Zugewinnausgleich keine Lücke entsteht (BGH FamRZ 81, 1169, 1172). Das In-Prinzip hat keine Auswirkungen auf die Frage, ob Anwartschaften, die auf durch die Beitragsnachentrichtung anrechenbar gewordenen Ausfallzeiten (ab 1992: Anrechnungszeiten) beruhen, der Ehezeit zuzuordnen sind (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 284, 285). Insoweit kommt es vielmehr darauf an, ob die Ausfallzeiten (Anrechnungszeiten) in der Ehezeit liegen. 28

Da bei den Renten Versicherungsträgern der Zeitpunkt der Beitragsentrichtung nicht elektronisch gespeichert wird und die Auskünfte normalerweise auf der Grundlage des (in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden) Für-Prinzips erstellt werden, kann das FamG allerdings nur dann eine nach dem In-Prinzip erforderliche Korrektur vornehmen, wenn die Ehegatten ihm mitteilen, daß bestimmte für die Ehezeit angerechnete Beiträge nicht auf der gemeinsamen Leistung der Ehegatten während der Ehe beruhen (PalandtjDiederichsen Rdn. 45). Im Zweifel ist davon auszugehen, daß die Beiträge in dem Zeitraum entrichtet worden sind, für den sie geleistet sind (BGH FamRZ 81, 1169, 1171; 83, 683, 684). Bei Pflichtbeiträgen, die vom Arbeitgeber entrichtet werden, ist der genaue Zeitpunkt der Beitragsentrichtung im übrigen auch deshalb unerheblich, weil nicht die Beitragsentrichtung, sondern die Ausübung der versicherungspflichtigen Tätigkeit der maßgebende anwartschaftsbegründende Vorgang ist (Maier¡Michaelis Anm. 5). 29 Führt die strikte Anwendung des In-Prinzips im Einzelfall zu einem grob unbilligen Ergebnis, kommt eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs nach § 1587 c Nr. 1 in Betracht. Dies gilt z. B. dann, wenn der Ausgleichspflichtige nach Ende der Ehezeit aus seinen Mitteln freiwillige Beiträge für den anderen Ehegatten nachentrichtet hat und der einbezahlte Betrag keinem güterrechtlichen Ausgleich zu seinen Gunsten unterliegt. Hier kann der VA in einer Weise herabgesetzt werden, wie wenn die nachträglich begründeten Anwartschaften in der Ausgleichsbilanz mit zu berücksichtigen wären (BGH FamRZ 87, 364; OLG Zweibrücken FamRZ 84, 911). 30

Grds. nicht in den VA fallen Rentenanwartschaften aufgrund von AusbildungsAusfallzeiten bzw. -Anrechnungszeiten (§§ 1259 Abs. 1 Nr. 4 RVO, 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG; § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI), wenn der zur Anerkennung dieser Zeiten erforderliche Ausbildungsabschluß nicht bis zum Ehezeitende erreicht worden ist (OLG Hamburg FamRZ 87, 285; OLG Hamm FamRZ 87, 493). Ist der Abschluß jedoch bis zur Entscheidung des FamG erlangt worden, so kann dies in entsprechender Anwendung des § 10 a VAHRG berücksichtigt werden (vgl. § 1587 a Rdn. 126, 136). 464

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§ 1587 BGB

Voraussetzungen

d) Auch wenn ein Versorgungsanrecht in der Ehezeit erworben worden ist, ist es 31 nur dann in den VA einzubeziehen, wenn es im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch vorhanden ist. Ist ein Anrecht bereits vor dem Ehezeitende weggefallen, so folgt schon aus dem Stichtagsprinzip (vgl. o. Rdn. 24), daß es im VA grds. nicht zu berücksichtigen ist. Aber auch wenn ein Anrecht bei Ehezeitende noch vorhanden (und damit ausgleichspflichtig) war und erst nachträglich weggefallen ist, kann es grds. nicht mehr in den VA einbezogen werden. Denn ausgeglichen werden können nur Anrechte, die — bei einem bestimmten Versorgungsträger — tatsächlich (noch) existent sind. Für das Vorhandensein eines Anrechts kommt es daher nicht auf das Ende der Ehezeit, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (BGH FamRZ 86, 892, 893; 87, 1016 für den Wegfall einer Anwartschaft auf landwirtschaftliches Altersruhegeld mangels Abgabe einer Weiterversicherungserklärung nach § 27 Abs. 1 GAL; BGH FamRZ 92, 45, 46 für den Wegfall einer Anwartschaft bei einem berufsständischen Versorgungswerk infolge Beitragserstattung; OLG Hamburg FamRZ 87, 721 für den Wegfall einer Anwartschaft aus einer privaten Rentenversicherung infolge Ausübung eines Kapitalwahlrechts; abw. OLG Celle FamRZ 84, 293; SoergeljVormrk Rdn. 28, die nur die faktische Ausgleichsmöglichkeit verneinen; a. A. OLG Stuttgart FamRZ 83, 285; OLG Frankfurt FamRZ 86, 176; JohannsenjHenrich/Hahne Rdn. 39). Deshalb sind auch Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch Beitragserstattung nach Ende der Ehezeit erloschen sind, grds. nicht mehr in den VA einzubeziehen (vgl. § 1587 a Rdn. 157). Ein Ausgleich kann in solchen Fällen auch nicht in den Formen des § 3 b VAHRG erfolgen (BGH FamRZ 92, 45, 46). Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn ein Versorgungsanrecht nach 3 2 Ehezeitende zwar nicht ersatzlos wegfällt, aber sich der Art nach verändert. Auch insoweit kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der (letzten tatrichterlichen) Entscheidung an. Entfällt z. B. nach Ehezeitende die beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaft eines Ehegatten und erlangt er stattdessen im Wege der Nachversicherung eine gesetzliche Rentenanwartschaft, so ist die letztere dem VA zugrunde zu legen (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 154, 155; 88, 1148, 1150; 89, 1058; Rolland Rdn. 70; Bergner N J W 86, 217, 220; 89, 1975, 1976; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 84, 801; OLG Hamm FamRZ 86, 1222; OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1062; Soergelj Vorwerk Rdn. 27; im Grundsatz auch OLG Hamm FamRZ 84, 1237; 86, 1112; JohannsenjHenrich/Hahne Rdn. 37; SchwabjHahne VI Rdn. 40, die jedoch für den Fall, daß ein Beamter bei Ehezeitende bereits vom Dienst suspendiert war und seine Entlassung unmittelbar bevorstand, den Wert der Nachversicherung zugrunde legen; anders bei noch laufendem Verwaltungsverfahren OLG Hamm FamRZ 88, 625, 626). Dabei ist grds. unerheblich, ob der Beamte aufgrund eigenen Antrags aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden (BGH FamRZ 89, 43, 44; 89, 44, 45) oder ob er wegen eines Disziplinarvergehens aus dem Dienst entlassen worden ist (BGH FamRZ 89, 42, 43; 89, 1058, 1059). Der nachehezeitliche Wegfall oder Austausch von Versorgungsanrechten kann nur 3 3 dann ausnahmsweise außer Betracht gelassen werden, wenn er durch bewußt in Schädigungsabsicht vorgenommene Manipulationen des betreffenden Ehegatten herbeigeführt worden ist (vgl. BGH FamRZ 88, 1148, 1151; 89, 43, 44; 89, 44, 45). Hierfür reicht einfaches Verschulden nicht aus. Nur im Falle grob illoyalen Verhaltens kann — nach dem allgemein geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242) oder dessen besonderer Ausprägung in § 1587 c Nr. 2 — das ursprünglich vorhandene Anrecht in den Ausgleich einbezogen werden. Allerdings kann das weggefallene Anrecht selbst nicht zum Ausgleich herangezogen, also gesplittet, quasi-gesplittet oder real geteilt werden. Verfügte der Ausgleichspflichtige über das weggefallene Anrecht, kommt daher nur ein Hartmut Wiek

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§ 1587 BGB

Scheidung der Ehe

Ausgleich nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 oder 2 VAHRG in Betracht; scheidet ein solcher Ausgleich aus, bleibt nur der schuldrechtliche VA nach § 2 VAHRG (vgl. auch § 1587 a Rdn. 157 und § 1587 c Rdn. 22). Das Erlöschen von Versorgungsanrechten wird im übrigen jetzt durch die Regelung des § 10 d VAHRG weitgehend verhindert. Waren die gesetzlichen Rentenversicherungsträger schon nach früherer Rechtslage jedenfalls berechtigt, während der Anhängigkeit eines VA-Verfahrens eine Beitragserstattung zu verweigern (BGH FamRZ 86, 657), so sind sie nunmehr nach § 10 d VAHRG sogar verpflichtet, bis zum wirksamen Abschluß eines VA-Verfahrens keine Zahlungen an den Versorgungsberechtigten vorzunehmen, die sich auf Bestand und Höhe eines dem VA unterliegenden Anrechts auswirken könnten. Allerdings kann der Versorgungsträger diese Verpflichtung erst dann erfüllen, wenn er von der Anhängigkeit eines VA-Verfahrens Kenntnis erlangt hat. Deshalb empfiehlt es sich sowohl für das FamG als auch für den potentiell ausgleichsberechtigten Ehegatten, die Versorgungsträger möglichst frühzeitig über den Eingang eines Scheidungsantrags oder eines PKH-Gesuchs zu informieren. 34

e) Die Höhe eines in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechts bestimmt sich grds. nach den Verhältnissen am letzten Tag der Ehezeit als dem maßgebenden Bewertungsstichtag. Dies gilt allerdings nur für die tatsächlichen Verhältnisse, d. h. die individuellen Umstände, die die Versorgungslage der Ehegatten bestimmen (BGH FamRZ 84, 565, 566; 87, 918, 919). Die bei Ehezeitende gegebenen individuellen Bemessungsgrundlagen einer Versorgung bleiben in jedem Fall — unter Aufrechterhaltung des Stichtagsprinzips — festgeschrieben, weil nur so die Vergleichbarkeit verschiedener Versorgungsanrechte zu erreichen ist und eine Teilnahme des anderen Ehegatten an einer Versorgung nach Auflösung der ehelichen Versorgungsgemeinschaft nicht mehr gerechtfertigt ist (BGH FamRZ 81, 856, 861; 87, 145, 147; 87, 918, 920). Zu den individuellen Bemessungsgrundlagen in diesem Sinne gehören z. B. die Besoldungsoder Tarifgruppe, das Besoldungsdienstalter und die jeweilige Einkommenshöhe (BGH FamRZ 87, 918, 920). Daher bleiben nachehezeitliche Beförderungen oder laufbahnmäßige Veränderungen, die sich auf die Höhe der Versorgung auswirken, im VA außer Betracht, auch wenn schon in der Ehezeit dienstrechtliche Vorbereitungen für derartige Veränderungen (Bewerbungen, Zusagen, Verträge o. ä.) getroffen worden sind (BGH FamRZ 82, 1003, 1004; 86, 975; 87, 918, 919). Auch nachehezeitliche Veränderungen der individuellen Bemessungsgrundlagen, die zu einer Minderung des Versorgungswerts führen, sind nicht zu berücksichtigen (BGH FamRZ 82, 1003, 1004). Die alternativ ausgestalteten Versorgungsaussichten der Zeitsoldaten und Widerrufsbeamten sind auch dann mit dem (i. d. R. niedrigeren) Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in den VA einzubeziehen, wenn der betreffende Ehegatte nach Ehezeitende Berufssoldat oder Beamter auf Probe oder auf Lebenszeit geworden ist (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 154, 155; 84, 362, 363; 87, 921, 922).

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Früher wurde auch die Berücksichtigung sonstiger nach Ehezeitende eingetretener Veränderungen tatsächlicher Art von der Rechtsprechung abgelehnt (vgl. z. B. BGH FamRZ 82, 362, 364; 82, 1005, 1006; abw. allerdings für Fälle von bei Ehezeitende bereits gefährdeten Anrechten schon OLG Hamm FamRZ 84, 1237; 86, 1112). Nach Inkrafttreten des § 10 a VAHRG, der nunmehr eine Korrektur von VA-Entscheidungen auch aufgrund von Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse ermöglicht, widerspräche es jedoch dem Grundsatz der Prozeßökonomie, solche Veränderungen bei der Erstentscheidung auszuklammern. Deshalb können jetzt auch solche Umstände tatsächlicher Art, die zwar nach Ehezeitende eingetreten sind, aber im Rahmen eines Abänderungsverfahrens Bedeutung erlangen könnten, bereits im Erstverfahren berücksichtigt 466

Hartmut Wiek

§ 1587 BGB

Voraussetzungen

werden. Dies gilt allerdings nicht für Veränderungen der individuellen Bemessungsgrundlagen (Rdn. 34), sondern nur für solche tatsächlichen Veränderungen, die rückwirkend einen anderen Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts ergeben (BT-Drucks. 10/6369 S. 21; BGH FamRZ 88, 940; 88, 1148, 1150; krit. zur Rechtsprechung des BGH: Palandtj Diederichsen Rdn. 43; Bergner N J W 89, 1975). Dazu gehört z. B. das Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis mit der Folge des Verlustes der Beamtenversorgungsanwartschaft und der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar unabhängig davon, ob der betreffende Ehegatte aufgrund seines eigenen Antrags oder aufgrund eines Disziplinarvergehens aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden ist (BGH FamRZ 88, 1148, 1150; 89, 42; 89, 43; 89, 44; 89, 1058; vgl. o. Rdn. 32 m. w. N.). Berücksichtigungsfähige Veränderungen tatsächlicher Art sind auch der Eintritt einer vorzeitigen Dienst- oder Erwerbsunfähigkeit (BGH FamRZ 89, 492, 494; OLG Bamberg FamRZ 89, 756; OLG Celle FamRZ 89, 985, 987) und die Inanspruchnahme eines vorgezogenen Ruhegehalts oder Altersruhegeldes (a. A. — nach früherer Rechtslage - BGH FamRZ 82, 1005, 1006; ferner Johannsen] Henrich ¡Hahne Rdn. 38; SchwabjHahne VI Rdn. 40). In diesen Fällen kann sich allerdings bei Einbeziehung der tatsächlichen Versorgung in den VA ein höherer Ehezeitanteil ergeben, obwohl der Wert der Versorgung insgesamt gesunken ist. Hier kommt in Härtefällen eine Kürzung des VA gemäß § 1587 c Nr. 1 in Betracht (BGH FamRZ 82, 36, 41; SchwabjHahne VI Rdn. 41; vgl. auch — zum Abänderungsverfahren — OLG Bamberg FamRZ 89, 756; OLG Celle FamRZ 89, 985, 989). Weitere individuelle Veränderungen nach Ehezeitende, die bereits im Erstverfahren berücksichtigt werden können, sind z. B. die Erfüllung restlicher zeitlicher Voraussetzungen für eine ruhegehaltfähige Stellenzulage (vgl. BGH FamRZ 82, 1003; 86, 975) sowie die Verkürzung oder Verlängerung der Bewilligung von Urlaub oder Teilzeitbeschäftigung (BGH FamRZ 88, 940, 941; 89, 1060; vgl. ferner § 10 a VAHRG Rdn. 27 f). In der gesetzlichen Rentenversicherung kann z. B. der nachehezeitliche Abschluß einer Ausbildung als Voraussetzung für die Anrechenbarkeit einer Ausbildungs-Ausfallzeit bzw. -Anrechnungszeit von Bedeutung sein (vgl. § 1587 a Rdn. 126 sowie ferner § 10 a VAHRG Rdn. 32). Im Falle einer betrieblichen Altersversorgung kann die Beendigung der Betriebszugehörigkeit des Versorgungsanwärters nach dem Ende der Ehezeit berücksichtigt werden, indem der Ehezeitanteil nicht mehr nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 a, sondern nach Buchst, b dieser Vorschrift berechnet wird (BGH FamRZ 90, 605; OLG Celle FamRZ 80, 1024; 89, 985, 988; a.A. Johannsen\Henrich¡Hahne Rdn. 37; SchwabjHahne VI Rdn. 40; Soergelj Vorwerk Rdn. 27; vgl. ferner § 10 a VAHRG Rdn. 35). Bei einer berufsständischen Versorgung ist eine nach Ehezeitende in Anspruch genommene Beitragsfreistellung zu berücksichtigen, durch die sich der Wert des ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechts rückwirkend vermindert (BGH NJW-RR 89, 1477 gegen OLG Celle FamRZ 88, 77). Die für das Abänderungsverfahren geltende Wesentlichkeitsgrenze (§ 10 a Abs. 2 VAHRG) ist für die Berücksichtigung nachehezeitlicher Veränderungen in der Erstentscheidung ohne Bedeutung. Das gleiche gilt für das Antragserfordernis des § 10 a Abs. 4 und 5 VAHRG (BGH FamRZ 88, 1148, 1150) und die Besitzschutzregelung des § 10 a Abs. 6 VAHRG (BGH NJWRR 89, 1477). Nach Ehezeitende eingetretene Veränderungen sollten jedoch nur dann schon im 3 6 Erstverfahren berücksichtigt werden, wenn sie voraussichtlich von Dauer sind und demgemäß später unter den Voraussetzungen des § 10 a VAHRG zu einer Abänderung führen würden (BGH FamRZ 88, 940). Darüber hinaus ist das Billigkeitskorrektiv des § 10 a Abs. 3 VAHRG schon im Erstverfahren zu beachten. Ist bereits z. Zt. der Erstentscheidung eine Entwicklung hin zu wirtschaftlichen Verhältnissen im Gange oder Hartmut Wiek

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§ 1587 BGB

Scheidung der Ehe

jedenfalls abzusehen, die voraussichtlich der Berücksichtigung dieser Änderung in einem späteren Abänderungsverfahren (insbesondere im Blick auf nachehelichen Versorgungserwerb) gemäß § 10 a Abs. 3 VAHRG entgegenstehen würden, so soll die Änderung des Wertunterschieds — nach tatrichterlichem Ermessen — im Erstverfahren außer Betracht und einem späteren Abänderungsverfahren überlassen bleiben (BGH FamRZ 88, 1148, 1151; 89, 42, 43; 89, 43, 44; 89, 44, 45). Dies kommt schon dann in Betracht, wenn der Sachverhalt begründeten Anlaß . zu der Annahme bietet, daß sich die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse möglicherweise so entwickeln werden, daß in einem späteren, im Regelfall mit der Vollendung des 55. Lebensjahres durch einen der Ehegatten möglichen Abänderungsverfahren die Abänderung als grob unbillig ausscheiden müßte (BGH FamRZ 89, 42, 43; 89, 43, 44). Das bedeutet für die Praxis, daß in Fällen, in denen zwar der Wert eines Anrechts gesunken ist (z. B. infolge des Ausscheidens eines Ehegatten aus dem Beamtenverhältnis), der betroffene Ehegatte aber noch verhältnismäßig jung ist und seine Versorgungsanrechte voraussichtlich noch erheblich ausbauen kann, von einer Berücksichtigung der nachehezeitlichen Entwicklung abzusehen ist. Anders ist dagegen zu verfahren, wenn sich der betroffene Ehegatte bereits in einem Alter befindet, das ihn zur Stellung eines Abänderungsantrags nach § 10 a Abs. 4 und 5 VAHRG berechtigt (BGH FamRZ 89, 44, 46; 89, 1058, 1059). 37

Beim Ausgleich von Anrechten der betrieblichen Altersversorgung ist die Sonderregelung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 zu beachten. Danach ist für die Unverfallbarkeit eines betrieblichen Versorgungsanrechts stets der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung maßgebend. Demgemäß ist jede nachehezeitliche Änderung der Verhältnisse, die die Rechtsstellung des Inhabers einer betrieblichen Versorgungsanwartschaft in bezug auf die Unverfallbarkeit des Anrechts beeinflußt (z. B. Erfüllung der Wartezeit, Änderung der Unverfallbarkeitsfrist durch Satzungsänderung), bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BGH FamRZ 82, 1193; 82, 1195).

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Veränderungen im Wert eines Versorgungsanrechts, die aufgrund von Gesetzesänderungen nach Ende der Ehezeit eintreten, sind stets im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (d. h. unter Umständen auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde, BGH FamRZ 83, 1003, 1004) zu berücksichtigen, wenn dies dem zeitlichen Geltungswillen des Gesetzes entspricht (BGH FamRZ 84, 565; 84, 992; 85, 688; 86, 447; 86, 449). Ebenso wie Gesetzesänderungen sind auch nach Ehezeitende in Kraft getretene Änderungen nichtgesetzlicher Versorgungsregelungen (z. B. Satzung, Versorgungsordnung, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Versicherungsbedingungen) zu behandeln (BGH FamRZ 82, 1193; 86, 976, 978; 89, 951, 953; 90, 382, 383; OLG Celle FamRZ 86, 474, 475; 86, 913, 915; KG FamRZ 86, 915). Gesetzesänderungen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht in Kraft getreten sind (wie z. B. vor dem 01. 01. 1992 die Regelungen des RRG 1992 und des BeamtVGÄndG), bleiben jedoch bei der Berechnung der Versorgungsanrechte außer Betracht. Auch im VA ist nur geltendes Recht anzuwenden, außerdem wird den Versorgungsträgern eine Berechnung auf der Grundlage künftigen Rechts häufig noch gar nicht möglich sein (OLG Celle FamRZ 90, 1005; OLG Düsseldorf - 7. FamS - FamRZ 91, 337; a. A. OLG Koblenz FamRZ 90, 760 m. Anm. Kemnade-, OLG Düsseldorf - 5. FamS - FamRZ 91, 199, 200). Steht das Inkrafttreten der Gesetzesänderung unmittelbar bevor, wird das Gericht diese im allgemeinen abwarten können. Vergeht bis zum Inkrafttreten noch geraume Zeit, so kann die zu erwartende Gesetzesänderung erst in einem späteren Abänderungsverfahren berücksichtigt werden.

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f) Die Form des Ausgleichs richtet sich — auch im Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG (OLG Celle FamRZ 89, 985, 989) - nach den Verhältnissen im 468

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§ 1 5 8 7 BGB

Voraussetzungen

Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 154, 155; 83, 682, 683; 87, 921, 922). Eine Übertragung von Rentenanwartschaften gemäß § 1587 b Abs. 1 oder § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG kommt demnach nur in Betracht, wenn zu diesem Zeitpunkt für den Verpflichteten (noch oder schon) ein Rentenversicherungskonto besteht, auf dem gesetzliche Rentenanwartschaften verbucht sind. Ein Quasi-Splitting nach § 1587b Abs. 2 oder § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG setzt voraus, daß der Verpflichtete (noch oder schon) Beamtenversorgungsanwartschaften oder zumindest (als Zeitsoldat oder Widerrufsbeamter) alternative Versorgungsaussichten gegenüber seinem Dienstherrn besitzt, zu deren Lasten gesetzliche Rentenanwartschaften begründet werden können. Ist ein Ehegatte nach Ehezeitende aus dem Beamten- oder Soldatenverhältnis ausgeschieden und (gemäß §§ 1232,1402 RVO, 9,124 AVG; §§ 8 Abs. 2,181 SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden, so ist der Ausgleich bei Widerrufsbeamten und Zeitsoldaten nicht mehr durch (analoges) Quasi-Splitting nach § 1587 b Abs. 2, sondern in der Form des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 vorzunehmen (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 154, 155; 89, 1058, 1059); entsprechend findet der Ausgleich nach § 1 Abs. 3 VAHRG statt, wenn die Nachversicherung bei einem berufsständischen Versorgungswerk erfolgt ist (BGH FamRZ 89, 44, 45; OLG Köln FamRZ 85, 1050). Hat der Verpflichtete in der Ehezeit beamtenrechtliche Versorgungsanrechte gegenüber verschiedenen Dienstherren erworben, so ist das Quasi-Splitting anteilig (quotenmäßig) zu Lasten der einzelnen Dienstherren durchzuführen (BGH FamRZ 84, 1214, 1216; 87, 921, 922; OLG Stuttgart FamRZ 85, 1267). Ist die Nachversicherung jedoch noch aufgeschoben (vgl. §§ 1403 RVO, 125 AVG; § 184 SGB VI), so muß der Ausgleich in entsprechender Anwendung des § 1587 b Abs. 2 zu Lasten des Anspruchs des Beamten oder Soldaten gegenüber seinem Dienstherrn auf Nachversicherung durchgeführt werden (BGH FamRZ 88, 1253; OLG Hamm FamRZ 88, 625, 626; a.A. OLG Köln FamRZ 85, 401 m. abl. Anm. Schmeiduch\Schmitt). Ist ein Verpflichteter, der in der Ehezeit als Widerrufsbeamter oder Zeitsoldat tätig war, inzwischen zum Beamten auf Probe oder zum Berufssoldaten ernannt worden, so findet nunmehr — zum Wert der fiktiven Nachversicherung (vgl. Rdn. 34) — das Quasi-Splitting in direkter Anwendung des § 1587 b Abs. 2 zu Lasten des (ggf. neuen) Trägers der Beamtenversorgung statt (BGH FamRZ 82, 154, 155; 82, 362, 364; 87, 921, 922). Veränderungen, die erst im Verfahren der weiteren Beschwerde eintreten, wirken sich auf die Ausgleichsform nicht mehr aus (BGH FamRZ 83, 682, 683; 89, 44, 45; 89, 1058, 1059), sondern können erst in einem späteren Abänderungsverfahren berücksichtigt werden (BGH FamRZ 89, 264). III. B e r e c h n u n g der Ehezeit ( A b s . 2) 1. Allgemeines Abs. 2 enthält eine Legaldefinition der Ehezeit. Danach ist für den VA maßgebend 4 0 die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wird, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht (Beispiel: Eheschließung 25.02.1974, Rechtshängigkeit 10.12.1988; Ehezeit: 01.02. 1974 bis 30. 11. 1988). Die Regelung ermöglicht, daß nur volle Monate berücksichtigt werden. Dadurch wird insbesondere die Berechnung der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung wesentlich erleichtert, weil dort auch sonst mit vollen Kalendermonaten gerechnet wird. Auf die Rechtskraft der Scheidung als tatsächliches Ende der Ehezeit kann nicht abgestellt werden, weil sonst eine zuverlässige Ermittlung und Berechnung der in der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften schon während des Scheidungsverfahrens und eine Durchführung des VA im Verbund nicht möglich wären. Der Gesetzgeber hat deshalb — ebenso wie beim Zugewinnausgleich, vgl. § 1384 — Hartmut Wiek

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§ 1587 BGB

Scheidung der Ehe

einen vorgezogenen Berechnungszeitpunkt festgelegt und auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abgestellt, hier modifiziert durch das Prinzip der Abrundung der Ehezeit auf volle Kalendermonate. Die durch den vorgezogenen Berechnungszeitpunkt entstehende Versorgungslücke wird durch den Anspruch auf Vorsorgeunterhalt (§ 1361 Abs. 1 S. 2) geschlossen.

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2. Beginn der Ehezeit Der Beginn der Ehezeit bestimmt sich nach dem Datum der gültigen Eheschließung i. S. d. § 11 Abs. 1 EheG. Waren dieselben Partner mehrfach miteinander verheiratet, so ist die letzte Eheschließung maßgebend. Eine frühere Ehe bleibt bei der Berechnung des VA auch dann außer Betracht, wenn sie vor dem Ol. 07. 1977 (Inkrafttreten des 1. EheRG) rechtskräftig geschieden worden war und ein VA deshalb insoweit noch nicht stattgefunden hat (BGH FamRZ 82, 1193; 83, 461). Der Familienrichter sollte sich in jedem Fall zum Nachweis des Zeitpunkts der Eheschließung die Heiratsurkunde vorlegen lassen und sich nicht mit den Angaben der Parteien begnügen. Gelegentlich besteht bei den Parteien eine erstaunliche Unkenntnis über das Datum ihrer Eheschließung. Abgesehen davon können die anwaltlichen Schriftsätze auch von den Parteien selbst nicht bemerkte Schreibfehler enthalten.

3. Ende der Ehezeit 42 a) Das Ende der Ehezeit wird durch den Eintritt der Rechtshängigkeit desjenigen Scheidungsantrags bestimmt, der den zur Scheidung führenden Rechtsstreit ausgelöst hat (BGH FamRZ 80, 552; 86, 335; 90, 384, 385; 91, 1042). Die Rechtshängigkeit tritt regelmäßig mit der wirksamen Zustellung der Scheidungsantragsschrift ein (§§ 608, 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Die Zustellung muß grds. auf Veranlassung des Gerichts erfolgt sein und den gesetzlichen Formvorschriften (§ 270 Abs. 1 i. V. m. §§ 208 ff ZPO) entsprechen. Die Zustellung eines Prozeßkostenhilfegesuchs reicht nicht aus (BGH FamRZ 82, 1005). Auch wenn eine Antragsschrift gleichzeitig mit einem Prozeßkostenhilfegesuch (förmlich) zugestellt wird, das Gericht aber deutlich zum Ausdruck bringt, daß die Übermittlung (zunächst nur) der Anhörung des Antragsgegners im Rahmen des PKH-Verfahrens dienen soll, wird der Scheidungsantrag noch nicht rechtshängig (BGH FamRZ 87, 362, 364). Wollte das Gericht mit der Übersendung einer Antragsschrift die Rechtshängigkeit herbeiführen, was nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe oder Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses (§ 65 Abs. 1 S. 1 GKG) i. d. R. anzunehmen ist, so kann eine nicht oder nicht formgerecht bewirkte Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt angesehen werden, in dem die Antragsschrift dem Empfanger tatsächlich zugegangen ist (§ 187 S. 1 i. V. m. § 208 ZPO). Dann bestimmt dieser Zeitpunkt das Ende der Ehezeit (BGH FamRZ 84, 368). Ist auch der formlose Zugang des Scheidungsantrags nicht feststellbar, kann die Rechtshängigkeit mit der rügelosen Einlassung in der mündlichen Verhandlung nach § 295 ZPO eintreten, allerdings nur mit Wirkung ex nunc (BGH FamRZ 84, 368). Läßt sich das Datum einer tatsächlich erfolgten Zustellung des Scheidungsantrags nicht mehr feststellen, so trägt der Ehegatte, der aus einer längeren Ehedauer den Vorteil eines höheren VA ziehen würde, den Nachteil der Nichtfeststellbarkeit des Zustellungsdatums. Es ist daher von dem für den anderen Ehegatten günstigeren Ehezeitende auszugehen (BGH FamRZ 89, 1058, 1059). Wenn ein unzulässiger Scheidungsantrag eingereicht, z. B. die Antragsschrift nicht von einem beim FamG zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist, führt die Zustellung nicht zur Beendigung der Ehezeit i. S. d. Abs. 2. Eine spätere Heilung des Mangels hat keine Rückwirkung (OLG Stuttgart FamRZ 81, 789). Die Ehezeit endet auch dann mit der Zustellung des 470

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§1587 BGB

Voraussetzungen

Scheidungsantrags, wenn die Ehegatten nach italienischem Recht zu scheiden sind, das die Scheidung von einem vorausgegangenen Verfahren über die „Trennung von Tisch und Bett" abhängig macht (OLG Koblenz FamRZ 91, 1323, 1324; RahmjPaet^old VIII Rdn. 962; a. A. MüKo¡Sonxenberger Art. 17 EGBGB Rdn. 343). b) Erfolgt die Scheidung auf eine vor Inkrafttreten des 1. EheRG nach altem Recht 43 erhobene Scheidungsklage, so ist deren Rechtshängigkeit maßgebend (BGH FamRZ 80, 552, 553; 81, 944, 945; 83, 38, 39). c) Grds. kommt es auch dann auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an, 44 wenn das Verfahren längere Zeit ausgesetzt war oder tatsächlich nicht betrieben worden ist (BGH FamRZ 80, 552, 553; 83, 38, 39; 91, 1042, 1043). Etwas anderes kann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die Berufung auf den Wortlaut des § 1587 Abs. 2 gegen Treu und Glauben verstößt, z. B. wenn Eheleute nach erfolgter Aussöhnung die eheliche Lebensgemeinschaft langfristig wieder aufgenommen hatten und der Umstand, daß das Scheidungsverfahren formal weiter schwebte, in Vergessenheit geraten war (BGH FamRZ 86, 335, 336; OLG Hamm FamRZ 91, 844, 845). In diesem Fall ist das Ende des Monats, der dem Antrag auf Fortsetzung des Scheidungsverfahrens vorausging, als Ehezeitende anzunehmen (JohannsenjHenrichj Hahne Rdn. 30; Soergelj Vorwerk Rdn. 22). d) Haben in demselben Rechtsstreit beide Ehegatten die Scheidung beantragt, so 45 kommt es darauf an, welche Antragsschrift zuerst zugestellt worden ist. Das Ende der Ehezeit kann dabei auch durch die Rechtshängigkeit eines als Gegenantrag gewollten Scheidungsantrags bestimmt werden, wenn dieser ersichtlich unabhängig von dem zuerst eingereichten Antrag des anderen Ehegatten gestellt werden soll und die Mindestvoraussetzungen des § 253 Abs. 2 ZPO erfüllt, wobei die Bezeichnung der Parteien mit dem Familiennamen genügen kann (OLG Celle FamRZ 81, 790). Stellt ein Ehegatte, während ein Scheidungsantrag des anderen anhängig ist, bei demselben Gericht einen Scheidungsantrag, so ist dieser regelmäßig als Gegenantrag in dem anhängigen Verfahren zu behandeln (BGH FamRZ 83, 38, 40; OLG Hamm FamRZ 91, 844, 846). Wird der zuerst rechtshängig gewordene Scheidungsantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt, die Ehe aber in demselben anhängigen Verfahren auf den Gegenantrag geschieden, so verbleibt es für den VA bei dem durch den Erstantrag begründeten Ehezeitende (BGH FamRZ 82, 153, 154). Das gleiche gilt, wenn der erste Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen und die Ehe auf den — zuvor rechtshängig gewordenen — Gegenantrag geschieden wird (BGH FamRZ 82, 153, 154; OLG München FamRZ 80, 699; OLG Karlsruhe FamRZ 80, 1121). Wird dagegen ein in einem früheren Rechtsstreit gestellter Scheidungsantrag zurückgenommen, nachdem ein Scheidungsantrag des anderen Ehegatten rechtshängig geworden ist, so ist die Rechtshängigkeit des letzteren für das Ehezeitende maßgebend (BGH FamRZ 90, 384, 385). e) Nach einem erfolgreichen Restitutionsverfahren bleibt es bei dem durch die 46 Rechtshängigkeit des ursprünglichen Scheidungsantrags bestimmten Ehezeitende (OLG Schleswig FamRZ 82, 1081). Bei einer Eheaufhebungs- oder Ehenichtigkeitsklage wird das Ende der Ehezeit in entsprechender Anwendung des § 1587 Abs. 2 durch die Rechtshängigkeit dieser Klage festgelegt, und zwar auch dann, wenn im Verlauf des Verfahrens die Scheidung beantragt und die Ehe auf diesen Antrag geschieden wird. Auch wenn der klagende Ehegatte das Klageziel auswechselt oder die Rangfolge verbundener Verfahren auf Scheidung und Eheaufhebung bzw. Ehenichtigkeit ändert, bestimmt sich das Ende der Ehezeit nach der Rechtshängigkeit der Klage, die den zur Scheidung führenden Rechtsstreit ausgelöst hat (BGH FamRZ 89, 153). Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

f) Wenn die Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrags eingetreten ist, hat das FamG den Parteien und sonstigen Verfahrensbeteiligten das maßgebliche Ehezeitende mitzuteilen, damit sie in die Lage versetzt werden, die von ihnen erwarteten Auskünfte zu erteilen und die eingehenden Auskünfte der anderen Beteiligten auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Die Mitteilung der Ehezeit durch das Gericht ist daher sowohl aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§12 FGG) als auch zur Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs geboten. Eine förmliche Zwischenentscheidung über die Dauer der Ehezeit ist jedoch nicht erforderlich (zu weitgehend OLG Stuttgart N J W 78, 1489; OLG Hamm FamRZ 80, 397; Johannsenj Henrich) Hahne Rdn. 34; Soergelj Vorwerk Rdn. 23, die eine Zwischenentscheidung für unzulässig halten). Die Mitteilung der Ehezeit durch das Gericht ist unabhängig von ihrer Form nicht selbständig anfechtbar, weil die Parteien dadurch nicht beschwert sind (OLG Düsseldorf FamRZ 78, 515; OLG Koblenz FamRZ 79, 47; OLG Hamburg FamRZ 80, 1133; OLG Frankfurt NJW-RR 89, 1236; Soergel] Vorwerk Rdn. 23; abw. OLG Stuttgart N J W 78, 1489; OLG Hamm FamRZ 80, 897; JohannsenjHenrich)Hahne Rdn. 34; Palandtj Diederichsen Rdn. 28). Eine fehlerhafte Bemessung der Ehezeit kann erst mit einem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung gerügt werden. IV. Verhältnis des V A z u m Güterrecht (Abs. 3) Durch Abs. 3 wird klargestellt, daß für die in Abs. 1 genannten Versorgungsanrechte ausschließlich die „nachstehenden Vorschriften" über den VA (damit sind auch die voranstehenden Abs. 1 und 2 sowie die Regelungen des VAHRG und des VAÜG eingeschlossen) gelten. Eine Anwendung güterrechtlicher Vorschriften auf die dem VA unterliegenden Anrechte ist — unabhängig vom Güterstand, in dem die Eheleute gelebt haben — ausdrücklich ausgeschlossen (Abs. 3 Hs. 2). Dies gilt auch dann, wenn im konkreten Fall — etwa aufgrund einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 oder § 1587 o oder aufgrund einer Anwendung des § 1587 c — ein VA nicht stattfindet (MüKo[ Maier Rdn. 35) oder wenn wegen Gütertrennung kein Zugewinnausgleich durchgeführt wird; denn unbillige Härten, die sich daraus ergeben können, daß der versorgungsausgleichsberechtigte Ehegatte durch Vermögen für das Alter gesichert ist, können in diesem Fall nach § 1587 c Nr. 1 korrigiert werden (vgl. § 1587 c Rdn. 18 ff). Haben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so bedarf es in Fällen einer Beitragsnachentrichtung nach Ende der Ehezeit wegen der unterschiedlichen Stichtagsregelungen einer Harmonisierung dergestalt, daß das sog. In-Prinzip zu modifizieren ist (vgl. dazu Rdn. 27). Wollen die Ehegatten eine VA ausschließen, so müssen sie dies in einem notariellen Ehevertrag nach § 1408 oder im Zusammenhang mit der Scheidung in einem gerichtlich zu genehmigenden Vertrag nach § 1587 o vereinbaren.

§ 1587 a BGB Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche (1) Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit den werthöheren Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung. Dem berechtigten Ehegatten steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschiedes zu. (2) Für die Ermittlung des Wertunterschiedes sind folgende Werte zugrunde zu legen: 1. Bei einer Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf 472

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ist von d e m Betrag auszugehen, der sich im Z e i t p u n k t des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Versorgung ergäbe. Dabei wird die bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegte ruhegehaltiahige Dienstzeit u m die Zeit bis zur Altersgrenze erweitert (Gesamtzeit). M a ß g e b e n d e r Wert ist der Teil der Versorgung, der d e m Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfahigen Dienstzeit zu der Gesamtzeit entspricht. Unfallbedingte E r h ö h u n g e n bleiben außer Betracht. Insofern stehen Dienstbezüge entpflichteter Professoren Versorg'ungsbezügen gleich u n d gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften über die ruhegehaltfähige Dienstzeit entsprechend. (Fassung des Abs. 2 Nr. 2 bis 31. 12.1991:) 2. Bei Renten oder Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegen, ist der Betrag zug r u n d e zu legen, der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags aus den in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahren als Altersruhegeld ergäbe; seine E r m i t t l u n g richtet sich im einzelnen nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. (Fassung des Abs. 2 Nr. 2 ab 1. 1. 1992:) 2. Bei Renten oder Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicher u n g ist der Betrag z u g r u n d e zu legen, der sich a m E n d e der Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden E n t g e l t p u n k t e n ohne Berücksichtigung des Z u g a n g s f a k tors als Vollrente w e g e n Alters ergäbe. 3. Bei Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist, a) w e n n bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit andauert, der Teil der Versorgung z u g r u n d e zu legen, der d e m Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze enspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind; die Versorgung berechnet sich nach d e m Betrag, der sich bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze ergäbe, w e n n die B e m e s s u n g s g r u n d l a g e n im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags z u g r u n d e gelegt würden; b) w e n n vor d e m Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit beendet worden ist, der Teil der erworbenen Versorgung z u g r u n d e zu legen, der d e m Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der gesamten Betriebszugehörigkeit entspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind. Dies gilt nicht für solche Leistungen oder Anwartschaften auf Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis zu einer zusätzlichen Versorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes, auf die N u m m e r 4 Buchstabe c a n z u w e n d e n ist. Für Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die im Z e i t p u n k t des Erlasses der E n t s c h e i d u n g noch nicht unverfallbar sind, finden die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich A n w e n d u n g . 4. Bei sonstigen Renten oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen, die der Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu dienen bes t i m m t sind, oder Anwartschaften oder Aussichten hierauf ist, Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der E h e

a) wenn sich die Rente oder Leistung nach der Dauer einer Anrechnungszeit bemißt, der Betrag der Versorgungsleistung zugrunde zu legen, der sich aus der in die Ehezeit fallenden Anrechnungszeit ergäbe, wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten wäre; b) wenn sich die Rente oder Leistung nicht oder nicht nur nach der Dauer einer Anrechnungszeit und auch nicht nach Buchstabe d bemißt, der Teilbetrag der vollen bestimmungsmäßigen Rente oder Leistung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden, bei der Ermittlung dieser Rente oder Leistung zu berücksichtigenden Zeit zu deren voraussichtlicher Gesamtdauer bis zur Erreichung der für das Ruhegehalt maßgeblichen Altersgrenze entspricht; c) wenn sich die Rente oder Leistung nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge bemißt, der Betrag zugrunde zu legen, der sich aus den für die Ehezeit entrichteten Beiträgen ergäbe, wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten wäre; d) wenn sich die Rente oder Leistung nach den für die gesetzlichen Rentenversicherungen geltenden Grundsätzen bemißt, der Teilbetrag der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ergebenden Rente wegen Alters zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Versicherungsjahre zu den insgesamt zu berücksichtigenden Versicherungsjahren entspricht. 5. Bei Renten oder Rentenanwartschaften auf Grund eines Versicherungsvertrages, der zur Versorgung des Versicherten eingegangen wurde, ist, a) wenn es sich um eine Versicherung mit einer über den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus fortbestehenden Prämienzahlungspflicht handelt, von dem Rentenbetrag auszugehen, der sich nach vorheriger Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Sind auf die Versicherung Prämien auch für die Zeit vor der E h e gezahlt worden, so ist der Rentenbetrag entsprechend geringer anzusetzen; b) wenn eine Prämienzahlungspflicht über den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus nicht besteht, von dem Rentenbetrag auszugehen, der sich als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Buchstabe a Satz 2 ist anzuwenden. (3) Bei Versorgungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung nach Absatz 2 Nr. 4, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften, sowie in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 gilt folgendes: (Fassung des Abs. 3 Nrn. 1 und 2 bis 31. 12. 1991:) 1. Werden die Leistungen aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn der während der E h e gebildete Teil des Deckungskapitals oder der auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde; 2. werden die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn ein Barwert der Teilversorgung für den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ermit474

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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telt und als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Das Nähere über die Ermittlung des Barwertes bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. (Fassung des Abs. 3 Nrn. 1 und 2 ab 1. 1. 1992:) 1. Werden die Leistungen aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist die Regelaltersrente zugrunde zu legen, die sich ergäbe, wenn der während der Ehe gebildete Teil des Deckungskapitals oder der auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde; 2. werden die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist die Regelaltersrente zugrunde zu legen, die sich ergäbe, wenn ein Barwert der Teilversorgung für den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ermittelt und als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Das Nähere über die Ermittlung des Barwertes bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. (4) Bei Leistungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Absatz 2 Nr. 3 findet Absatz 3 Nr. 2 Anwendung. (5) Bemißt sich die Versorgung nicht nach den in den vorstehenden Absätzen genannten Bewertungsmaßstäben, so bestimmt das Familiengericht die auszugleichende Versorgung in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Vorschriften nach billigem Ermessen. (6) Stehen einem Ehegatten mehrere Versorgungsanwartschaften im Sinne von Absatz 2 Nr. 1 zu, so ist für die Wertberechnung von den sich nach Anwendung von Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen und der gesamten in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit auszugehen; sinngemäß ist zu verfahren, wenn die Versorgung wegen einer Rente oder einer ähnlichen wiederkehrenden Leistung einer Ruhens- oder Anrechnungsvorschrift unterliegen würde. (Fassung des Abs. 7 bis 31. 12. 1991:) (7) Für die Zwecke der Bewertung nach Absatz 2 bleibt außer Betracht, daß eine für die Versorgung maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht erfüllt sind; Absatz 2 Nr. 3 Satz 3 bleibt unberührt. Dies gilt nicht für solche Zeiten, von denen die Anrechnung beitragsloser Zeiten oder die Rente nach Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängig ist. (Fassung des Abs. 7 ab 1. 1. 1992:) (7) Für die Zwecke der Bewertung nach Absatz 2 bleibt außer Betracht, daß eine für die Versorgung maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht erfüllt sind; Absatz 2 Nr. 3 Satz 3 bleibt unberührt. Dies gilt nicht für solche Zeiten, von denen die Rente nach Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängig ist. Hartmut Wiek

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§ 1 5 8 7 a BGB

Scheidung der Ehe

(8) Bei der Wertberechnung sind die in einer Versorgung, Rente oder Leistung enthaltenen Zuschläge, die nur auf Grund einer bestehenden Ehe gewährt werden, sowie Kinderzuschläge und ähnliche familienbezogene Bestandteile auszuscheiden. (Eingefügt durch 1. EheRG vom 14. 6. 1976 (BGBl. I S. 1421) mit Wirkung vom 1. 7. 1977, Abs. 2 Nr. 2 neu gefaßt, Abs. 3 Nr. 1 und 2 sowie Abs. 7 Satz 2 geändert durch Art. 58 Nr. 2 RRG 1992 vom 18. 12. 1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung vom 1. 1. 1992).

Schrifttum (siehe auch Vor § 1587) 1. Beamtenversorgung Battis Die Neuregelung der Beamtenversorgung, NVwZ 90, 933; Bergner Die Berechnung des Ehezeitanteils einer Beamtenversorgung bei Anwendung von Anrechnungs- oder Ruhensvorschriften, NJW 82, 1492; Brosche Auswirkungen des 1. EheRG auf die beamtenrechtliche Versorgung, RiA 77, 161, 201, 220; 78, 181; Finger Das 2. Haushaltsstrukturgesetz und seine versorgungsrechtlichen Folgen, RiA 82, 84; ders. Berechnung des Versorgungsausgleichs bei vorzeitiger Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfahigkeit, RiA 82, 86; ders. Zur Berechnung des Versorgungsausgleichs bei Empfangern von Dienstunfallversorgung, RiA 83, 24; Klein Die Bestimmung des Anteils der auszugleichenden Versorgung bei Zusammentreffen von Beamtenversorgung und Altersruhegeld, FamRZ 82, 669; Kümmel Kommentar zum BeamtVG, 1986; Müller-Bütow Zur Rechtsprechung über die Beamtenversorgung im Versorgungsausgleich, MDR 82, 793; Saar Versorgungsausgleich und Beamten Versorgung, 1989; Schmalhof er Bedeutung des Versorgungsrechts für den Versorgungsausgleich bei Scheidung von Beamten oder Ruhestandsbeamten, DOD 77, 97; Schmitt Versorgungsausgleich und Kürzung nach §§ 55, 56 BeamtVG, FamRZ 89, 123; Ströt\ Beamtenversorgungsreform 92, ZBR 91, 230; Vogel Vergleichsberechnung nach § 55 BeamtVG im Rahmen des Versorgungsausgleichs, FamRZ 80, 605. 2. Gesetzliche Rentenversicherung Bergner Versorgungsausgleich und Nachentrichtung von Beiträgen, SozVers 79, 92; ders. Die Zurechnungszeit im Versorgungsausgleich, NJW 86, 1733; von Einem Berücksichtigung von Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz im Rahmen des Versorgungsausgleichs?, FamRZ 89, 1028; HahnejGlockner Die Bewertung von Invaliditätsrenten beim Wertausgleich, FamRZ 82, 561; dies. Zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Versorgungsausgleich, FamRZ 86, 230; Heilemann Rentenansprüche auf Grund einer Ehescheidung nach dem SGB VI, FamRZ 91, 1254; Klattenhof/ Der Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 2. Aufl. 1989; Leyendecker Rentenreformgesetz 1992, ZfSH/SGB 89, 618; 90, 20; Michaelis Berücksichtigung von Rechtsänderungen bei der Bewertung von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung im Versorgungsausgleich, FamRZ 85, 550; Michaelis/Sander Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, DAV 87, 285; Niemeyer Die Rentenversicherung in einem vereinigten Deutschland, ZfSH/ SGB 90, 505; Pelikan Rentenversicherung mit Versorgungsausgleich im Scheidungsfall, 7. Aufl. 1988; Roth Der Versorgungsausgleich im Spiegel der Statistik der gesetzlichen Rentenversicherung, FamRZ 89, 693; Ruland Die Neuregelung der Hinterbliebenenversicherung und die Einführung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, NJW 86, 20; Schmeiduch Die Berechnung von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem In-Prinzip im Versorgungsausgleich, FamRZ 83, 119; ders. Reform oder Korrektur des Versorgungsausgleichs?, DRV 85, 586; ders. Beitragserstattungen und Versorgungsausgleich, AmtlMitt LVA Rheinprovinz 86, 108; ders. Die Zurechnungszeit im Versorgungsausgleich, SozVers 87, 41; ders. Die Auswirkungen des Rentenreformgesetzes 1992 auf den Versorgungsausgleich, FamRZ 91, 377; Schmitt Kindererziehungszeiten und Versorgungsausgleich, AmtlMitt LVA Rheinprovinz 86,113; ders. Der Versorgungsausgleich bei Soldaten auf Zeit, Beamten auf Widerruf sowie bei aufgeschobener Nachversicherung, AmtlMitt LVA Rheinprovinz 86, 371; ders. Der Versorgungsausgleich nach dem Rentenreformgesetz, AmtlMitt LVA Rheinprovinz 90,185; Smolenskij Schmeiduch Berechnungsmodalitäten bei Anwartschaf476

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

ten der gesetzlichen Rentenversicherung im Versorgungsausgleich, NJW 79, 301; Trey Das Für-Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung im Versorgungsausgleich, NJW 78, 1361; Vogel Auswirkungen eines Antrages auf Beitragserstattung nach § 1303 Abs. 1 RVO, § 82 Abs. 1 AVG, § 95 Abs. 1 RKG vor oder während des Verfahrens über den Versorgungsausgleich, AnwBl 81, 211.

3. Betriebliche Altersversorgung Bergner Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Versorgungsausgleich, FamRZ 81, 801; Blomeyer Beginn der Unverfallbarkeitsfristen gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG bei betrieblicher Altersversorgung durch Direktversicherung, DB 79, 835; ders. Betriebliche Altersversorgung und Unterstützungskassen, BB 80, 789; ders. Außergesetzliche Schranken für die Anrechnung und Berücksichtigung anderweitiger Ruhestandseinkünfte in der betrieblichen Altersversorgung, DB 82, 952; Blomeyer\Otto Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG), Kommentar, 1984; Boehringer Rechtsänderungen in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab 1. Januar 1988, BetrAV 88, 126; Brandes Die Rechtsprechung des BGH zum Betriebsrentengesetz, BetrAV 90, 12; Büdenbender Betriebsrenten und Versorgungsausgleich, FamRZ 86, 853; Gilbert]Hesse Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Loseblattkommentar, 1978; Gitter Zum Beginn der Unverfallbarkeitsfristen in der betrieblichen Altersversorgung, DB 78, 791; Glockner Die Bestimmungen zum Versorgungsausgleich sind ergänzungsbedürftig, BB 79, 684; ders. Die betriebliche Altersversorgung im Versorgungsausgleich, BB 80, 1475; ders. Gesamtversorgungssysteme im Versorgungsausgleich, FamRZ 80, 308; ders. Die betriebliche Altersversorgung beim Versorgungsausgleich, FamRZ 88, 777; ders. Betriebsrenten-Methode oder VBL-Methode, FamRZ 89, 802; Hahne\Glockner Die Bewertung von Invaliditätsrenten im Versorgungsausgleich, FamRZ 82, 561; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/RaujWeinert Kommentar zum Betriebsrentengesetz, Bd. I, 2. Aufl. 1982; HeubeckjUebelhack Betriebsrenten im Versorgungsausgleich, BetrAV 88, 53; HöferjAbt Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG), Bd. I, 2. Aufl. 1982; Klein\Glockner Der Ausgleich von Aussichten und Anwartschaften auf den Erhalt betrieblicher Altersversorgung nach dem VAHRG, BB 83, 448; Kohl Die VBL-Rente im Versorgungsausgleich, SchlHA 79, 25; Neef Typische Rechtsfragen zur unverfallbaren Anwartschaft in der betrieblichen Altersversorgung, NJW 84, 343; Otting Neuregelung des Versorgungsausgleichs betrieblicher Versorgungsanwartschaften, BetrAV 87, 25; Paulsdorff Hie. Leistungsfähigkeit des Pensions-Sicherungs-Vereins bei Großschäden, BetrAV 83, 29; Pfarr Betriebliche Altersversorgung bei Teilzeitarbeit, DB 83, 1763; Pophal Die Ablösung unmittelbarer betrieblicher Versorgungsverpflichtungen durch Direktversicherungen, DB 87, 834; Ruland Probleme des Versorgungsausgleichs in der betrieblichen Altersversorgung und privaten Rentenversicherung, 1982; Schaub Die Rechtsprechung des BAG zur betrieblichen Altersversorgung, BetrAV 90, 17; Scholz Versorgungsausgleich und Konkurs, 1986; Strehbuber Die Probleme des Versorgungsausgleichs in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, FamRZ 79, 764; Stuhrmann Betriebliche Altersversorgung und eherechtlicher Versorgungsausgleich (Realteilung), BB 87, 2347; Trey Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Versorgungsausgleich, NJW 78, 307; ders. Nochmals: Der Versorgungsausgleich hinsichtlich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, SozVers 80, 290; Zimmermann Der Versorgungsausgleich bei betrieblicher Altersversorgung, 1978; ders. Und nochmals: Der Versorgungsausgleich hinsichtlich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, SozVers 81, 66. 4. Private Rentenversicherung Eisenecker Versorgungsausgleich und Privatversicherungsrecht, 1983; Ellger Versorgungsausgleich in der Privatversicherung, DRV 85, 624; ders. Zum Verfahren der Realteilung in der privaten Rentenversicherung, FamRZ 86, 513; Finger Lebensversicherungen als Versorgungsausgleich, VersR 83, 511; Frels Rechtsfragen bei der Realteilung von privaten Lebensversicherungsverträgen im Versorgungsausgleich, VersR 83, 112; Friedend Versicherungsverträge im Versorgungsausgleich, NJW 79, 2550; Gitterj Hoff mann Privatversicherung und Versorgungsausgleich, Festschrift für Beitzke, 1979, S. 937; Ruland Probleme des Versorgungsausgleichs in der betrieblichen Altersversorgung und privaten Rentenversicherung, 1982; Schwab Anwartschaften aus privaten Risikoversicherungen im Versorgungsausgleich, FamRZ 78, 12; Trey Anwartschaften aus privaten Risikoversicherungen im Versorgungsausgleich, FamRZ 78, 11. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

5. Sonstige inländische Versorgungen Glockner Wichtige Änderung der Umrechnung berufsständiger Versorgungsanrechte, FamRZ 89, 126; Gramm Normierte Bewertung von Anwartschaften der berufsständischen Versorgungseinrichtungen im Versorgungsausgleich, FamRZ 81, 327; Habermann Der Versorgungsausgleich in der Altershilfe für Landwirte, SdL 83, 125; Karras)Karras Zur Bewertung von teildynamischen Versorgungsanwartschaften bei berufsständischen Versorgungswerken im Falle des Versorgungsausgleichs, FamRZ 90, 115; von Maydell Versorgungsausgleich bei der Scheidung von Anwaltsehen, AnwBl 80, 47; Ruland Die freien Berufe zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischen Versorgungswerken, NJW 82, 1847. 6. Ausländische Versorgungen Adam Internationaler Versorgungsausgleich, 1985; Baumgarten 10 Jahre deutsch-polnisches Rentenabkommen, DRV 86, 475; Bergner Zum Versorgungsausgleich bei Auslandsberührung, IPRax 81, 128; ders. Ausländische Renten(anwartschaften) im inländischen Versorgungsausgleich, IPRax 82, 231; ders. Zum Versorgungsausgleich, wenn ein Ehegatte in der Volksrepublik Polen lebt, IPRax 84, 189; ders. Der nach Brüssel entsandte Beamte im Versorgungsausgleich oder: Wie man die Bewertung ausländischer Versorgungsanrechte vermeidet IPRax 88, 281; Bürgle Zum Versorgungsausgleich bei Scheidungen mit Auslandsberührung, FamRZ 78, 388; ders. Nochmals: Zur Qualifikation des Versorgungsausgleichs und zur Berücksichtigung ausländischer Rechtslagen im deutschen Versorgungsausgleich, IPRax 81, 126; Gümpel Ermittlung und Behandlung US-amerikanischer Anrechte im Versorgungsausgleich, FamRZ 90, 226; ders. Nochmals: Zum Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, FamRZ 91, 138; Hannemann/Kint^el Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, DAV 78, 369; Jajme Zum Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, FamRZ 79, 605; Marbold Zur Berücksichtigung des deutschen Versorgungsausgleichs bei der Gewährung einer österreichischen Witwenpension, IPRax 85, 58; H. Plagemann Versorgungsausgleich bei Ausländerscheidungen, NJW 79, 468; ]. PlagemannjH. Plagemann Der Versorgungsausgleich bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, NJW 77, 1989; Reinhard Ausländische Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich, FamRZ 90, 1194. 7. Umwertung nicht volldynamischer Anrechte EllgerjGlockner Zur Berücksichtigung der Dynamik von Versorgungsanrechten im Versorgungsausgleich nach der geänderten BarwertVO, FamRZ 84, 733; Friederici Die „Dynamik" als Bewertungskriterium im Versorgungsausgleich, NJW 86, 689; Glöckner Wichtige Änderung der Umrechnung berufsständischer Versorgungsanrechte, FamRZ 89, 126; Heubeck Betriebsrenten im Versorgungsausgleich nach der BarwertVO, BB 77, Beilage 6; Heubeck\Zimmermann Dynamische — teildynamische — statische private Versorgung und ihr Ausgleich bei Scheidung, BB 81, 1225; Karras/ Karras Zur Bewertung von teildynamischen Versorgungsanwartschaften bei berufsständischen Versorgungswerken im Falle des Versorgungsausgleichs, FamRZ 90,115; LöfflerjTheurer Zur Bewertung teildynamischer Versorgungen im Versorgungsausgleich, FamRZ 81, 8; Morawiet\ Die Bewertung teildynamischer Betriebsrentenanwartschaften im Versorgungsausgleich, 1981; Zimmermann Die Änderung der BarwertVO für den Versorgungsausgleich, NJW 84, 2323. Übersicht Rdn.

Rdn. A. Norminhalt . B. Feststellung und Höhe der Ausgleichsverpflichtung (Abs. 1) I. Ermittlung der Versorgungsanrechte II. Berechnung und Bewertung der Versorgungsanrechte III. Feststellung der Ausgleichsverpflichtung IV. Höhe der Ausgleichsverpflichtung. . .

478

1

2-9 2 3-6 7 8, 9

C. Die Berechnung der einzelnen Versorgungsanrechte (Abs. 2) I. Beamtenversorgung (Abs. 2 Nr. 1) . . 1. Persönlicher Anwendungsbereich a) Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis — Öffentlicher Dienst — Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse — Öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse

Hartmut Wiek

10- 284 10-68 10-25 10-23

10

12

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1 5 8 7 8 BGB

Rdn. — Grds. Status am Ende der Ehezeit maßgebend — Beamte und Richter auf Lebenszeit; Berufssoldaten — Beamte und Richter auf Zeit — Beamte und Richter auf Probe — Widerrufsbeamte und Zeitsoldaten Hochschulperso— Beamtetes nal; entpflichtete Professoren — Ehrenbeamte b) Versorgungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen 2. Berechnung der gesamten Versorgung a) Grundsätzliches — Stichtagsprinzip; Berücksichtigung nachehezeitlicher Veränderungen — Begriff des Ruhegehalts . . . — Mindestdienstzeit, familienbezogene Versorgungsbestandteile — Unfallbedingte Erhöhungen der Versorgung — Fiktives Ruhegehalt aktiver Beamter — Tatsächliches Ruhegehalt bereits pensionierter Beamter . — Ruhegehaltsberechnung . . . — Zusammentreffen der Beamtenversorgung mit anderen Versorgungsanrechten.... b) Ruhegehaltfahige Dienstbezüge . — Überblick — Grundgehalt — Ortszuschlag — Jährliche Sonderzuwendung — Beförderung (§ 5 Abs. 3 BeamtVG) — Stellenzulagen — Erhöhungszuschläge . . . . — Anpassungszuschläge . . . . — Örtlicher Sonderzuschlag Berlin — Degressive Ausgleichsbeträge — Einmalige Ausgleichsbeträge — Entpflichtete Professoren . . — Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung • • • c) Ruhegehaltfähige Dienstzeit . . — Regelmäßig ruhegehaltfähige Dienstzeit — Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung — Muß-, Soll- und Kann-Zeiten — Zurechnungszeiten — Besondere Beamtengruppen .

13 14 15 16 17-19 20 — 22 23

24, 25 26 — 57 26 — 33

26 27

28 29 30 31 32

33 34 — 46 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 — 51 47 48 49 50 51

d) Ruhegehaltssatz — Allgemeines — Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung — Beamte auf Zeit und im einstweiligen Ruhestand e) Kindererziehungszuschlag nach dem K E Z G f) Berechnungsformel für die Gesamtversorgung 3. Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgung a) Berechnungsformel b) Maßgebende Altersgrenze . . . c) Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung d) Vorzeitiger Ruhestand wegen Dienstunfahigkeit ' e) Beamte auf Zeit f) Beamte im einstweiligen Ruhestand 4. Berechnungsbeispiel II. Gesetzliche Rentenversicherung (Abs. 2 Nr. 2) 1. Allgemeine Bewertungsgrundsätze und Gesetzessystematik . . . . . . 2. Anwendungsbereich a) Die Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung b) Ausgleichspflichtige Anrechte; Renten und Rentenanwartschaften — Altersruhegeld (Altersrente) — Rente wegen verminderter Erwerbsfahigkeit c) Pflichtbeiträge und freiwillige Beiträge; Nachentrichtung von Beiträgen d) Nachversicherung e) Ausländische und DDR-Beitragszeiten f) Höherversicherung g ) Kinderzuschuß h) Sonstige Rentenbestandteile . . 3. Ermittlung des Ehezeitanteils nach bis 31. 12. 1991 geltendem Recht . . - §§ 1304 RVO, 83 AVG a) Berechnung des fiktiven Altersruhegeldes — Monatsbetrag des Altersruhegeldes bei Ehezeitende maßgebend — Rentenformel — Allgemeine Bemessungsgrundlage — Persönliche Bemessungsgrundlage; Werteinheiten . . — Versicherungs jähre — Steigerungssatz — Berechnungsbeispiel; Rundungsvorschriften

Hartmut Wiek

Rdn. 52—55 52, 53 54 55 56 57 58 — 67 58 59, 60 61, 62 63 — 65 66 67 68 69-161 69 — 73 74—88 74, 75

76 77 78

79, 80 81 82—85 86 87 88 89-102 89 90 — 96

90 91 92 93 94 95 96

479

§ 1 5 8 7 a BGB

Scheidung der Ehe Rdn.

b) Berechnung des Ehezeitanteils des fiktiven Altersruhegeldes . . — Ermittlung des Werteinheitenverhältnisses — Pauschale Aufteilung von Entgelten Ausfallzeit und — Pauschale Mindestrentenregelung . . . — Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung — Leistungsanteil aus der Knappschaftlichen Rentenversicherung 4. E r m i t t l u n g des Ehezeitanteils nach dem ab Ol. Ol. 1992 geltenden Recht a) Grundsätzliches zur Rentenreform b) Rentenberechnung nach neuem Recht — Neue Rentenformel — Persönliche E n t g e l t p u n k t e . — Zugangsfaktor — Rentenartfaktor — Aktueller Rentenwert . . . . — R undungsVorschriften . . . . c) Berechnung des Ehezeitanteils der fiktiven Rente — Allgemeines — Pauschale Aufteilung von Entgelten — Pauschale Anrechnungszeit und Mindestregelung . . . . — Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung — Leistungsanteil aus der Knappschaftlichen Renten Versicherung 5. A n r e c h n u n g u n d Bewertung von Beitragszeiten u n d gleichgestellten Zeiten a) Inländische Beitragszeiten . . . — Berücksichtigung von Beitragszeiten — Bewertung v o n Beitragszeiten — Rente nach Mindesteinkommen b) Ausländische Beitragszeiten . . . c) Kindererziehungszeiten 6. A n r e c h n u n g u n d Bewertung beitragsfreier Zeiten a) Bis 31. 12. 1991 geltendes Recht — Übersicht — Ersatz- u n d Ausfallzeiten . . — Kindererziehungszeiten bis 31. 12. 1985 — Kindererziehungsleistungen nach dem K L G — Zurechnungszeit

480

97 — 102 97, 98 99 100 101

102

103-115 103, 104 105-110 105 106 107 108 109 110 111 — 115 111 112 113 114

115

116-121 116—118 116 117 118 119 120, 121 122—137 122-132 122 123 — 126 127 128 129—132

b) A b 01. 01. 1992 geltendes Recht — Übersicht — Gesamtleistungsbewertung . — Anrechnungszeiten — Zurechnungszeit 7. A n r e c h n u n g u n d Auswirkungen v o n Berücksichtigungszeiten — Übersicht — Kinderberücksichtigungszeiten — Pflegeberücksichtigungszeiten — Auswirkungen 8. E r m i t t l u n g des Ehezeitanteils bei tatsächlichem Rentenbezug a) Abweichungen der tatsächlichen Rente v o n der fiktiven Altersrente — Allgemeines — Bezug von Regelaltersrente — Bezug von vorgezogener oder flexibler Altersrente . . — Bezug v o n Berufs- oder E r werbsunfähigkeitsrente . . . b) Ruhen v o n Rententeilen . . . . — Bezug einer Unfallrente . . . — Bezug einer sog. Auslandsrente 9. Beitragserstattung 10. Rentenauskünfte an Versicherte . . III. Betriebliche Altersversorgung (Abs. 2 Nr. 3) 1. Grundsätzliches 2. Begriff der betrieblichen Altersversorgung 3. Träger der betrieblichen Altersversorgung a) Direktzusagen b) Pensionskassen der privaten Wirtschaft c) Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes d) Unterstützungskassen e) Direktversicherungen f) Träger der Insolvenzsicherung . 4. Versorgungszusage a) F o r m e n der Versorgungszusage b) Widerruf der Versorgungszusage 5. Einzubeziehende Versorgungsanrechte a) Leistungen, Anwartschaften und Aussichten b) Leistungsarten c) Leistungsformen 6. Unverfallbarkeit (Abs. 2 Nr. 3 S. 3) a) Allgemeines b) Unverfallbarkeit dem G r u n d e nach Mindestvorausset— Zeitliche zungen (§ 1 BetrAVG) . . . — Z e i t p u n k t der Versorgungszusage — D a u e r der Betriebszugehörigkeit

Hartmut Wiek

Rdn. 133-137 133 134 135, 136 137 138 — 141 138 139 140 141 142—155

142-153 142 143—145 146—148 149 — 153 154—155 154 155 156 — 158 159—161 162-245 162-167 168 — 172 173 — 182 174 175, 176 177—179 180 181 182 183,184 183 184 185-188 185 186, 187 188 189-207 189-192 193-196 193 194 195, 196

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche Rdn. c) Unverfallbarkeit der Höhe nach 1 9 7 - 2 0 1 — § 2 BetrAVG 197, 198 — Begriffsbestimmung für den VA 199 — Verfallbarkeit der Dynamik 200, 201 d) Maßgebender Zeitpunkt für die Unverfallbarkeit 202 e) Verfallbare Anrechte des Ausgleichsberechtigten 203 f) Wartezeiten 204-207 7. Berechnung des Ehezeitanteils betrieblicher Altersversorgungen (S. 1) 208—228a a) Allgemeines 208-214 — Zwei Berechnungsschritte . . 208 — Veränderungen nach Ehezeitende 209 — Besondere Bestandteile der betrieblichen Altersversorgung 210 — Begriff der Betriebszugehörigkeit 211-214 b) Berechnung bei fortdauernder Betriebszugehörigkeit (S. 1 Buchst, a) 215-226 — Berechnungsformel 215 — Feste Altersgrenze 216 — Bemessungsgrundlagen am Ende der Ehezeit maßgebend 217 218 — Teilzeitbeschäftigung . . . . — Dienstzeit- und gehaltsabhängige Versorgungen 219 — Gesamtversorgungen . . . . 220—223 — Limitierte Versorgungen . . 224—226 c) Berechnung bei beendeter Betriebszugehörigkeit (S. 1 Buchst, b) 227—228a 8. Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes 229-245 a) Leistungssystem 230—236 230 — Grundsätzliches — Versorgungsrente 231 — 234 — Versicherungsrente 235 — Beitragserstattung 236 b) Unverfallbarkeit 237-240 c) Berechnung der Versicherungsrente (Abs. 2 Nr. 3 S. 2) . . . . 241 d) Berechnung der Versorgungsrente 242-245 — Andauernde Betriebszugehörigkeit 242, 243 — Beendete Betriebszugehörigkeit 244 — Degressive Leistungsbestandteile 245 IV. Sonstige Renten und ähnliche wiederkehrende Leistungen (Abs. 2 Nr. 4) . . 2 4 6 - 2 6 3 1. Grundsätzliches 246-251 2. Die einzelnen Berechnungsvorschriften 252-263 a) Berechnung nach der Dauer einer Anrechnungszeit (Buchst, a) . . 252, 253

§ 1587 a BGB Rdn.

b) Berechnung nach gemischtem System (Buchst, b) — Allgemeines — Berufsständische Versorgungen der kammerfähigen freien Berufe — Landwirtschaftliche Altershilfe c) Berechnung nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge (Buchst, c) — Allgemeines — Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung — Berufsständische Versorgungen — Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes d) Berechnung nach den Grundsätzen der gesetzlichen Rentenversicherung (Buchst, d) V. Private Rentenversicherungen (Abs. 2 Nr. 5) 1. Grundsätzliches 2. Person des Ausgleichspflichtigen . . 3. Ausgleichspflichtige Anrechte aus Versicherungsverträgen a) Allgemeines b) Kapitalversicherungen c) Umtauschversicherungen (Versicherungen mit Renten- oder Kapitalwahlrecht) d) Leibrentenversicherungen . . . e) Zeitrentenversicherungen . . . . f) Berufsunfahigkeits(zusatz)versicherungen g) Unfallversicherungen 4. Berechnung des Ehezeitanteils . . . a) Allgemeines b) Berechnung bei fortbestehender Prämienzahlungspflicht (Buchst, a) . . ; c) Berechnung bei beendeter Prämienzahlungspflicht (Buchst, b)

254-258 254

255 256-258 259 — 262 259

260 261 262

263 264-284 264—266 267 268—279 268 269

270 271 — 274 275 276 — 278 279 280—284 280-282

283 284

D. Umwertung nichtdynamischer Versorgungsanrechte (Abs. 3 und 4) 285 — 321 I. Grundsätzliches II. Anwendungsbereich für die einzelnen Versorgungsarten - Betriebliche Versorgungsanrechte - Anrechte nach Abs. 2 Nr. 4 . . . . - Anrechte nach Abs. 2 Nr. 5 . . . . III. Kriterien der Dynamik 1. Allgemeines 2. Dynamik im Anwartschaftsstadium 3. Dynamik im Leistungsstadium . . . IV. Umwertung nach dem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage (Abs. 3 Nr. 1)

Hartmut Wiek

285-289 290—292 290 291 292 293-300 293, 294 295 — 297 298—300

301-304

481

§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

Rdn. V. Umwertung nach der BarwertVO (Abs. 3 Nr. 2) 305-318 1. Grundsätzliches 305 — 316 2. Die Umwertung im einzelnen . . . 317, 318 VI. Kasuistik 319-321 E. Bewertung untypischer (Abs. 5)

Rdn. 2. Zusammentreffen von Anrechten der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung a) Grundsätzliches b) Berechnungsmethode bei konkurrierenden ehezeitlichen Rentenanwartschaften c) Einzelheiten der Ruhensberechnung — Berechnung der Höchstgrenze nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a BeamtVG — Berücksichtigung der Sonderzuwendung — Rentenversicherungsrechtliche Wartezeiten — Gesetzesänderungen nach Ende der Ehezeit 3. Zusammentreffen von Anrechten auf Beamtenversorgung und auf Leistungen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes 4. Berechnungsbeispiel

Versorgungen 322-331

I. Grundsätzliches 322, 323 II. Einzelfälle 324-331 1. Ausländische Versorgungsanrechte 324 — 327 — Allgemeines 324 — Ermittlung 325 — Berechnung und Bewertung . . 326 — Ausgleichsformen 327 2. Anrechte der Zeitsoldaten und Widerrufsbeamten 328 3. Anrechte von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern 329, 330 a) Abgeordnete 329 b) Regierungsmitglieder u. ä. . . . 330 4. Degressive Ausgleichsbeträge . . . 331 F. Zusammentreffen mehrerer Versorgungsanrechte (Abs. 6)

1

343 344—348

344 345 346 347, 348

349 350

G.

Zeitliche Voraussetzungen für eine Versorgung (Abs. 7) 351-354

H.

Familienbezogene Bestandteile (Abs. 8)

332-350

I. Grundsätzliches 332 — 334 II. Zusammentreffen mehrerer beamtenrechtlicher Versorgungsanrechte (Hs. 1) 335 III. Zusammentreffen der Beamten Versorgung mit Renten und ähnlichen wiederkehrenden Leistungen (Hs. 2) 336 — 350 - § 55 BeamtVG 336 1. Allgemeines 337-339

340 — 348 340 — 342

355, 356

Anhang: I. Barwertverordnung II. Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs A. Bis 31. 12. 1991 geltendes Recht B. Ab 01. 01. 1992 geltendes Recht

A. Norminhalt § 1587 a ist die zentrale Berechnungs- und Bewertungsvorschrift für den öffentlich-rechtlichen VA. Abs. 1 enthält die Anspruchsgrundlage. Er bestimmt, daß der Ehegatte, der in der Ehezeit die werthöheren Versorgungsanrechte erworben hat, dem anderen Ehegatten ausgleichspflichtig ist, und zwar in Höhe der Hälfte des Wertunterschieds. Erforderlich ist daher — wie beim Zugewinnausgleich — eine Gegenüberstellung der von den Ehegatten ehezeitlich erworbenen Werte. Abs. 2 zählt die wichtigsten Arten von Versorgungsanrechten auf und regelt die jeweilige Berechnung des ehezeitlichen Anteils der Versorgung. Die Abs. 3 und 4 tragen der qualitativen Verschiedenheit der Versorgungsanrechte Rechnung und bestimmen, wie statische und teildynamische Anrechte in volldynamische Anwartschaften umzurechnen und damit diesen vergleichbar zu machen sind. Abs. 5 ist eine Auffangvorschrift, die die Bewertung von untypischen Versorgungsanrechten betrifft und insoweit die sinngemäße Anwendung der für die übrigen Versorgungsarten geltenden Vorschriften zuläßt. Abs. 6 regelt die Bewertung für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Beamtenversorgungsanwartschaften oder einer Beamtenversorgungsanwartschaft mit einem anderen Versorgungsanrecht. Hier kommen beamtenrechtliche Ruhens- und Anrechnungsvorschriften zur Anwendung, die auch im VA zu beachten sind. Nach Abs. 7 bleibt die Erfüllung bestimmter zeitlicher Mindestvoraussetzungen, die grds. für den Erwerb eines Anrechts erforderlich sind, bei der Bewertung im Rahmen des VA außer Betracht. Dem liegt die Erwartung zugrunde, 482

Hartmut W i e k

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

daß sich die Versorgungsanwartschaften im allgemeinen bis zum Ende des Erwerbslebens realisieren werden. Ausgenommen von dieser Regel sind die zeitlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit betrieblicher Altersversorgungen, die nach Abs. 2 Nr. 3 S. 3 vorliegen müssen, damit die Anwartschaft überhaupt im öffentlich-rechtlichen VA Berücksichtigung finden kann (Abs. 7 S. 1, Hs. 2), sowie die zeitlichen Voraussetzungen für die Anrechnung beitragsloser Zeiten (nach dem bis 1991 geltendes Recht) oder für die Rente nach Mindesteinkommen in der gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 7 S. 2). Abs. 8 sieht schließlich vor, daß ehe- und familienbezogene Bestandteile einer Versorgung bei der Wertberechnung auszuscheiden sind. B. Feststellung und Höhe der Ausgleichsverpflichtung (Abs. 1)

I. Ermittlung der Versorgungsanrechte Das FamG hat zunächst die für den VA in Betracht kommenden Versorgungsanrechte 2 (§ 1587 Rdn. 7 ff) zu ermitteln. Zu diesem Zweck werden den Ehegatten Fragebögen übersandt, in denen sie Auskunft über die erworbenen Versorgungsanwartschaften zu geben haben. Die Ehegatten haben dem Gericht gegenüber die Verpflichtung, dem Auskunftsersuchen Folge zu leisten (§11 Abs. 2 S. 2 VAHRG). Hat das FamG die Angaben der Ehegatten vorliegen, holt es von den in Frage kommenden Versorgungsträgern Auskünfte darüber ein, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe die Ehegatten Versorgungsanwartschaften erworben haben und welcher Art diese sind. Liegt eine betriebliche Altersversorgung vor, ist ferner zu ermitteln, ob die Versorgungsanwartschaft bereits unverfallbar ist. Denn verfallbare Anwartschaften bleiben dem schuldrechtlichen VA vorbehalten (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3). Deshalb erübrigt sich insoweit eine Wertermittlung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen VA. Bei Anrechten, die nicht nach § 1587 b Abs. 1 oder 2 auszugleichen sind, hat das FamG ferner im Hinblick auf die Form des VA aufzuklären, ob die Möglichkeit einer Realteilung der Anwartschaften (§ 1 Abs. 2 VAHRG) besteht. Die Versorgungsträger sind verpflichtet, dem FamG die erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§§ 53 b Abs. 2 S. 3 FGG, 11 Abs. 2 S. 2 VAHRG). Zu den in Betracht kommenden Versorgungsträgern vgl. die Erläuterungen unter C. sowie § 53 b FGG Rdn. 31 ff.

II. Berechnung und Bewertung der Versorgungsanrechte Die Ermittlung des Wertes der einzelnen Versorgungsanrechte und ihres Ehezeitan- 3 teils richtet sich nach den Abs. 2 bis 8. Abs. 2 enthält die Berechnungsvorschriften für die wichtigsten Versorgungsarten. Die Berechnung des Ehezeitanteils richtet sich entweder nach der gesamtzeitbezogenen oder nach der teilzeitbezogenen Berechnungsmethode (vgl. dazu Vor § 1587 Rdn. 10). Für alle Versorgungsarten wird jedoch von einem bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetretenen (fiktiven) Versorgungsfall ausgegangen, d. h. es ist grds. die Versorgung zu errechnen, die sich nach den für die jeweilige Versorgungsart geltenden Berechnungsvorschriften ergäbe, wenn zu dem genannten Zeitpunkt der Versorgungsfall eingetreten wäre (Stichtagsprinzip oder Prinzip der Momentaufnahme; vgl. § 1587 Rdn. 24). Maßgebender Stichtag für den fiktiven Versorgungsfall ist entgegen der Fassung des Gesetzes nicht der Tag, an dem der Scheidungsantrag rechtshängig geworden ist, sondern das Ende der Ehezeit i. S. des § 1587 Abs. 2, also der letzte Tag des Monats, der der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens vorausgeht. Die Formulierung in § 1587 a Abs. 2 beruht auf einem offensichtlichen Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Im RegE des 1. EheRG war zunächst auch in § 1587 Abs. 2 der Eintritt der Rechtshängigkeit als maßgebender Stichtag vorgesehen (BT-Drucks. 7/650, S. 156). Als insoweit später eine Änderung Hartmut Wiek

483

§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

vorgenommen und die Berechnung der Ehezeit in vollen Monaten festgelegt wurde, um die Feststellung des Ehezeitanteils zu vereinfachen, wurde versäumt, § 1587 a Abs. 2 redaktionell anzupassen (BT-Drucks. 7/4361, S. 36, 94; BGH FamRZ 82, 36, 39; Soergelj Min% Rdn. 12). Trotz des Stichtagsprinzips sind Änderungen der Versorgungshöhe, die sich durch nach Ende der Ehezeit in Kraft tretende Gesetzesänderungen und Änderungen nichtgesetzlicher Versorgungsordnungen ergeben, bei der Berechnung der Versorgungsanwartschaften zu beachten (§ 1587 Rdn. 38). Änderungen der individuellen Bemessungsgrundlagen für die Versorgung, die nach Ehezeitende eintreten, bleiben dagegen grds. außer Betracht. Seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG besteht lediglich die Möglichkeit, schon bei der Erstentscheidung solche nach Ehezeitende eingetretenen individuellen Veränderungen zu berücksichtigen, die rückwirkend betrachtet einen anderen ehezeitlichen Wert einer auszugleichenden Versorgung ergeben (vgl. dazu im einzelnen § 1587 Rdn. 3 4 - 3 6 ) . 4

Obwohl in Abs. 1 nur Anwartschaften und Aussichten genannt sind, fallen auch bereits fallige Ansprüche auf Versorgungsleistungen in den VA. Das ergibt sich aus Abs. 2, der ausdrücklich (laufende) Versorgungen und Renten einbezieht (BGH FamRZ 80, 129). Der Gesetzgeber hat hier eine redaktionelle Anpassung des Abs. 1 für entbehrlich gehalten (BT-Drucks. 7/4361, S. 35, 37; vgl. auch § 1587 Rdn. 11). Bei laufenden Leistungen ist im VA der tatsächliche Versorgungswert am Stichtag zugrunde zu legen (Rdn. 31, 142 ff). Zu den auszugleichenden Versorgungsanrechten im einzelnen vgl. § 1587 Rdn. 7 ff.

5

Bei der Wertberechnung nach Abs. 2 (ggf. in entsprechender Anwendung gemäß Abs. 5) bleiben Billigkeitserwägungen außer Betracht. Hierfür stehen § 1587 c sowie Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 S. 3 und 4 des 1. EheRG zur Verfügung, die jedoch erst nach der rechnerischen Wertfeststellung heranzuziehen sind (BGHZ FamRZ 83, 999). Für den VA sind stets die Bruttoweite der einzelnen Versorgungsanwartschaften und -leistungen maßgebend. Einer unterschiedlichen Besteuerung kann — soweit ihre Auswirkungen hinreichend sicher festzustellen sind — nur durch Anwendung der Härteklauseln Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 79, 490, 494; 89, 1163, 1164; vgl. auch § 1587 c Rdn. 36).

6

Wegen der unterschiedlichen Dynamik einzelner Versorgungsanrechte bedarf es zu ihrer Vergleichbarkeit eines einheitlichen Wertmaßstabs. Dazu dienen die Versorgungssysteme der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, die das Gesetz als volldynamisch behandelt. Versorgungsanrechte, die nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt werden wie Renten und Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsanwartschaften und Ruhegelder der Beamten, müssen in volldynamische Anrechte umgewertet und damit den in Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Versorgungsanrechten wertmäßig vergleichbar gemacht werden. Dies geschieht nach Abs. 3 und 4 durch Umrechnung eines vorhandenen Deckungskapitals oder eines nach der BarwertVO (abgedruckt als Anh. I zu § 1587 a) ermittelten Barwerts einer Versorgungsanwartschaft mit Hilfe der Bekanntmachung der Rechengrößen zur Durchführung des VA (abgedruckt als Anh. II zu § 1587 a), die jährlich aufgrund der Ermächtigung in §§ 1304 c Abs. 3 RVO, 83 c Abs. 3 AVG (bzw. §188 SGB VI i.d.F. des RRG 1992) vom BMA herausgegeben werden. Nachdem diese Umwertung — soweit erforderlich — durchgeführt worden ist, stehen die Versorgungswerte fest, die in den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich nach Abs. 1 einzubeziehen sind. — Bei der Berechnung und Bewertung von im Beitrittsgebiet erworbenen Anrechten sind die Vorschriften des VAÜG zu beachten. 484

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

III. Feststellung der Ausgleichsverpflichtung Abs. 1 regelt Richtung und Höhe des Ausgleichs und ist damit gleichsam die An- 7 spruchsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen VA. Allerdings handelt es sich nicht um einen Anspruch i. S. des § 194 BGB, weil der VA durch rechtsgestaltende gerichtliche Entscheidung durchgeführt wird. Nach S. 1 ist derjenige Ehegatte ausgleichspflichtig, der in der Ehezeit die werthöheren Versorgungsanrechte erworben hat. Dabei gilt der Grundsatz der Gesamtsaldierung: Auf Seiten jedes Ehegatten sind die Werte seiner sämtlichen Versorgungsanwartschaften zu addieren. Sodann sind die für beide Ehegatten ermittelten Summen miteinander zu vergleichen. Bei der Saldierung kommt es also nicht darauf an, welcher Art die einzelnen Versorgungsanwartschaften der Ehegatten sind. Der Ehegatte mit den insgesamt werthöheren Anwartschaften ist als ausgleichspflichtig festzustellen. Kann die Ausgleichsrichtung nicht zweifelsfrei festgestellt werden, z. B. weil ein Versicherungskonto infolge mangelnder Mitwirkung des betreffenden Ehegatten nicht geklärt werden kann, so kann — jedenfalls z. Zt. — kein VA durchgeführt werden (OLG Schleswig FamRZ 90, 527).

IV. Höhe der Ausgleichsverpflichtung Die Höhe der Ausgleichsverpflichtung wird durch Abs. 1 S. 2 festgelegt. Danach 8 steht dem ausgleichsberechtigten Ehegatten die Hälfte der Differenz zwischen den beiderseits in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften zu. Hat ein Ehegatte keine auszugleichenden Anrechte erworben, so hat der andere Ehegatte die Hälfte seiner ehezeitlichen Anwartschaften auszugleichen. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs entspricht dem güterrechtlichen Halbteilungsprinzip des § 1378 Abs. 1 BGB. Besteht zwischen den beiderseits erworbenen Anrechten der Ehegatten keine Differenz oder haben beide überhaupt keine auszugleichenden Anwartschaften erworben, entfallt ein VA. Beispiele für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs:

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Anrechte

Ehemann

Ehefrau

Gesetzliche Rentenversicherung Beamtenversorgung Betriebliche Altersversorgung

600 DM

200 DM 700 DM

200 DM

Summe

800 DM

Ausgleichsanspruch des Ehemannes: 9 0 0 D M

900 DM

- 800 DM = 100 DM : 2 = 50 DM.

Anrechte

Ehemann

Ehefrau

Gesetzliche Rentenversicherung Betriebliche Altersversorgung Berufsständische Versorgung Private Rentenversicherung

100 DM 50 DM 800 DM

400 DM

Summe

950 DM

50 DM 450 DM

Ausgleichsanspruch der Ehefrau: 950 DM - 450 DM = 500 DM : 2 = 250 DM. Die Form des Ausgleichs richtet sich nach § 1587 b, der außerdem in Abs. 3 S. 3 vorschreibt, daß nur ein einmaliger Ausgleich in Richtung zum Gesamtausgleichsberechtigten stattfindet. An die Stelle der Ausgleichsform des § 1587 b Abs. 3 S. 1 sind Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

nunmehr die im VAHRG vorgesehenen Ausgleichsformen getreten (§ 1 Abs. 1 VAHRG). Sind in den VA im Beitrittsgebiet erworbene Anrechte einzubeziehen, gelten ergänzend die Vorschriften des VAÜG (vgl. insb. §§ 3 Abs. 1 Nr. 4, 4 Abs. 1 VAÜG). C. Die Berechnung der einzelnen Versorgungsanrechte (Abs. 2)

I. Beamtenversorgung (Abs. 2 Nr. 1) 1. Persönlicher Anwendungsbereich a) § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 regelt die Berechnung einer Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Über den Wortlaut hinaus werden auch die (weniger verfestigten) Aussichten auf eine Versorgung erfaßt (BGH FamRZ 82, 362, 363; vgl. § 1587 Rdn. 9). Unter dem öffentlichen Dienst ist die Tätigkeit bei Behörden und Dienstleistungsbetrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände (Kreise, Bezirke) sowie bei den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu verstehen. Dienstverhältnisse zu ausländischen Staaten und Behörden sowie zu zwischen- oder überstaatlichen Organisationen fallen nicht darunter (BGH FamRZ 88, 273, 275; SoergeljMin^ Rdn. 5); dort erworbene Versorgungsanrechte sind nach Abs. 2 Nr. 4 b oder Abs. 5 zu bewerten (BGH FamRZ 88, 273, 275). 11 In einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen alle Beamten unabhängig von ihrem Dienstherrn (§ 2 BRRG). Das Beamtenverhältnis wird durch die Ernennung zum Beamten begründet, die durch Aushändigung der Ernennungsurkunde erfolgt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 BRRG). Die Versorgung der Beamten ist einheitlich im BeamtVG geregelt (vgl. § 1 Abs. 1 BeamtVG), das am 01. 01. 1977 in Kraft getreten ist und aufgrund des BeamtVGÄndG vom 18. 12. 1989 (BGBl. I S. 2218) mit Wirkung vom 01. 01. 1992 grundlegend geändert worden ist (vgl. die Neufassung vom 24. 10. 1990, BGBl. I S. 2298). Im Beitrittsgebiet war das BeamtVG — mit bestimmten Einschränkungen — schon vorher i. d. F. des BeamtVGÄndG anzuwenden (Anlage I zum Einigungsvertrag, Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 9). Den besonderen Verhältnissen im Osten Deutschlands sollte durch Überleitungsregelungen Rechnung getragen werden (§ 107 a BeamtVG i. d. F. der Anlage I zum Einigungsvertrag, Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt II Nr. 2; entsprechende Bestimmungen gelten für die Soldatenversorgung, vgl. Sachgebiet B); dies ist mit der BeamtVÜV vom 11.03. 1991 (BGBl. I S. 630), geändert durch VO vom 24. 07. 1991 (BGBl. I S. 1709), geschehen (vgl. dazu § 1 VAÜG Rdn. 5). Für Beamte, deren Versorgungsfall vor dem 01. 01. 1977 eingetreten ist, gelten teilweise die früheren Bestimmungen des BBG und der Landesbeamtengesetze fort (§ 69 BeamtVG; vgl. dazu BGH FamRZ 82, 583). Auch die Richter des Bundes und der Länder befinden sich in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (§§ 3, 8 ff DRiG). Für die Versorgung der Richter gilt das BeamtVG entsprechend (§ 1 Abs. 2 BeamtVG). Von Nr. 1 werden ferner die Dienstverhältnisse der Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit erfaßt (§§ 1 Abs. 1, 2, 37 ff SG). Deren Versorgung richtet sich nach dem SVG (§ 1 Abs. 1 SVG). Die Begründung des Richter- oder Soldatenverhältnisses erfolgt — ebenso wie die des Beamten Verhältnisses — durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§§ 17 Abs. 1 DRiG, 41 Abs. 1 SG). Unter Nr. 1 fallen auch Hochschullehrer, die in das Beamtenverhältnis berufen worden sind (§§ 46 ff HRG, 105 BRRG), sowie frühere Beamte und Soldaten, die einen Anspruch auf Unterhaltsbeitrag in Höhe des Ruhegehalts nach Maßgabe des G 131 (BGBl. I 1965 S. 1686) haben. Träger der Beamtenversorgung ist der öffentlich-rechtliche Dienstherr des jeweiligen Beamten. Dieser ist gemäß § 53 b Abs. 2 S. 1 FGG am Verfahren (förmlich) zu beteiligen und um Auskunft über die

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Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Höhe der von dem Beamten erworbenen Versorgungsanwartschaften zu ersuchen. Zur Zuständigkeit des Dienstherrn, insbesondere bei Soldaten, vgl. § 53 b FGG Rdn. 31. Nicht in einem Dienstverhältnis, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhält- 1 2 nis stehen Regierungsmitglieder, parlamentarische Staatssekretäre, Bundesbeauftragte sowie die Mitglieder des Direktoriums der Deutschen Bundesbank ( S o e r g e l j M i n ^ Rdn. 6; Johannsenj Henrich jHahne Rdn. 37; a. A. Ruland\Tiemann Rdn. 212). Die Versorgung dieser Personen, die in besonderen Gesetzen geregelt ist (vgl. z . B . §§13 — 17 BMinG, § 6 ParlStG, § 7 Abs. 4 S. 2 BBankG), ähnelt der Beamtenversorgung und ist nach Abs. 5 zu bewerten (Johannsen/Henrich/Hahne aaO; vgl. auch Rdn. 330). Die Bewertung der Anwartschaft auf eine Abgeordnetenversorgung richtet sich nach der Sonderregelung des § 25 a AbgG (vgl. BGH FamRZ 88, 380, 381; OLG Celle FamRZ 87, 715; vgl. Rdn. 329). Zur Ausgleichsform vgl. § 1 VAHRG Rdn. 54. Ob ein Beamter, Richter oder Soldat eine nach Nr. 1 zu bewertende Versorgungsan- 13 wartschaft erworben hat, ist außerdem abhängig von dem konkreten Status, in dem sich der Betreffende am Ende der Ehezeit befunden hat. Ein Beamten-, Richter- oder Soldatenverhältnis kann auf Lebens2eit, auf bestimmte Zeit, auf Probe (wenn der Beamte oder Richter zur späteren Verwendung auf Lebenszeit eine Probezeit zurückzulegen hat) oder auf Widerruf begründet werden. Je nach Art des Dienstverhältnisses ergeben sich unterschiedliche versorgungsrechtliche Positionen (vgl. im einzelnen Rdn. 14 ff). Ist das Beamten-, Richter- oder Soldatenverhältnis vor dem Ende der Ehezeit beendet worden, so fehlt es an einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft. Der ausgeschiedene Beamte ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§§ 1232 Abs. 1 RVO, 9 Abs. 1 AVG; § 8 Abs. 2 SGB VI i. d. F. des RRG 1992). Das Versorgungsanrecht ist mit dem Wert des Nachversicherungsanspruchs, der durch Auskunft des für die Nachversicherung zuständigen Rentenversicherungsträgers festzustellen ist, zu bewerten, auch wenn die Nachversicherung im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht durchgeführt worden ist (zur Ausgleichsform in diesen Fällen vgl. § 1587 b Rdn. 13, 49). Ist ein Beamter erst nach Ehezeitende aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden, so ist zwar aufgrund des Stichtagsprinzips (vgl. Rdn. 3) grds. die (höherwertige) Beamtenversorgungsanwartschaft in den VA einzubeziehen (so zur früheren Rechtslage z. B. OLG Stuttgart FamRZ 84, 801; OLG Köln FamRZ 85, 1050; OLG Hamm FamRZ 86, 1222). Seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG kann jedoch — in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift — eine erst nach dem Stichtag infolge des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis eingetretene Änderung des Wertes der auszugleichenden Versorgung schon im Erstverfahren berücksichtigt werden (BGH FamRZ 88, 1148, 1150; 89, 42, 43; 89, 1058, 1059; a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 87, 491; 88, 1062; OLG Celle FamRZ 88, 77, 79; vgl. auch § 1587 Rdn. 32). Diese nachträgliche Wertänderung ist allerdings — nach tatrichterlichem Ermessen — außer Betracht zu lassen, wenn bereits eine Entwicklung hin zu wirtschaftlichen Verhältnissen im Gange oder jedenfalls abzusehen ist, die der Berücksichtigung dieser Änderung in einem späteren Abänderungsverfahren, insbesondere im Blick auf nachehelichen Versorgungserwerb, gemäß § 10 a Abs. 3 VAHRG entgegenstehen würde (BGH FamRZ 89, 42, 43; 89, 43, 44; 89, 44, 45). Auf ein Verschulden am Verlust der Beamtenversorgung kommt es grds. nicht an (BGH FamRZ 88, 1148, 1150; 89, 44, 45; 89, 1058, 1059; a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1062, 1063; Johannsen\Henrich\Hahne § 10 a VAHRG Rdn. 31). Das schließt allerdings nicht aus, einer bewußt in Schädigungsabsicht vorgenommenen Versorgungskürzung nach dem allgemein geltenden Grundsatz von Treu und Glauben die Berücksichtigung zu versagen. Dafür reicht es jedoch nicht aus, wenn bei einer auf verständlichen beruflichen Motiven beruhenden beruflichen Veränderung die Verringerung der bestehenden VersorHartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

gungsanrechte lediglich in Kauf genommen wird. Den Ausgleichspflichtigen trifft keine Obliegenheit, berufliche Veränderungen zu unterlassen, damit sich die ehezeitbezogene Versorgung nicht verringert (BGH FamRZ 88, 1148, 1151; 89, 44, 45; Bergner SozVers 87, 85, 97). Auch eine schuldhafte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis infolge von Straftaten oder Disziplinarvergehen rechtfertigt es für sich allein nicht, den Verlust der Beamtenversorgung unberücksichtigt zu lassen (BGH FamRZ 89, 42, 43; 89, 1058, 1059). Wenn ein Beamter im Zeitpunkt der (Erst-)Entscheidung über den VA zwar aufgrund eines Dienstvergehens vom Dienst suspendiert, über seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, so ist dem VA noch die Beamtenversorgungsanwartschaft zugrunde zu legen (OLG Hamm — 5. FamS — FamRZ 88, 625; Soergelj Vorwerk § 1587 Rdn. 27; a. A. OLG Hamm - 10. FamS - FamRZ 84, 1237; - 7. FamS - FamRZ 86, 1112; SchwablHahne VI Rdn. 40). Wird die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis später bestandskräftig, so kann dies — auf Antrag — in einem Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG berücksichtigt werden, sobald die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen (OLG Hamm — 5. FamS — aaO; Hahne FamRZ 87, 217, 225; Ruland N J W 87, 345, 349). Ist das Beamtenverhältnis erst nach Ehezeitende begründet worden, so ist im VA nicht von einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft auszugehen, auch wenn die Ehezeit nunmehr (teilweise) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt wird (BGH FamRZ 87, 921, 922; a.A. OLG Koblenz FamRZ 90, 760, 761; vgl. auch u. Rdn. 17 und § 10 a VAHRG Rdn. 29). 14

Der Beamte auf Lebenszeit hat in jedem Fall eine Versorgungsanwartschaft i. S. der Nr. 1 erworben. Zwar kann ein Anspruch auf Ruhegehalt erst nach Ablauf einer Dienstzeit von fünf Jahren entstehen (§ 4 Abs. 1 BeamtVG). Bei dieser Frist handelt es sich jedoch um eine Wartezeit i. S. des Abs. 7, die im VA außer Betracht bleibt. Wird dem Beamten wegen Eintritts in den Ruhestand (grds. mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird, vgl. § 41 BBG) bereits ein Ruhegehalt gezahlt, so liegt eine „Versorgung" i. S. der Nr. 1 vor. Entsprechendes gilt für die Richter auf Lebenszeit und für Berufssoldaten. Bei letzteren sind allerdings zum Teil besondere Altersgrenzen zu beachten (vgl. Rdn. 60).

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Auch Beamten und Richtern auf Zeit (insbesondere kommunalen Wahlbeamten; vgl. dazu BGH FamRZ 92, 46) kann eine Versorgungsanwartschaft i. S. der Nr. 1 zustehen. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß sie kraft besonderer gesetzlicher Regelung mit Ablauf ihrer Amtszeit bereits in den dauernden Ruhestand treten (vgl. § 96 Abs. 1 BRRG) und bis dahin die für den Bezug von Ruhegehalt erforderliche Wartezeit erfüllt haben werden (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 13; RahmlLardschneider V Rdn. 211 f). Ist ein Beamter auf Zeit dagegen bei normalem Verlauf nach Ablauf seiner Amtszeit zu entlassen und damit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§§ 1232 RVO, 9 AVG; ab 1992: § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI), so ist die Versorgungsanwartschaft in Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 nach dem Wert der Nachversicherung zu berechnen (Johannsen/HenrichjHahne aaO; Schmalhofer DÖD 77, 97, 99; vgl. u. Rdn. 17).

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Ein Beamter auf Probe erwirbt eine unter Nr. 1 fallende Aussicht auf Versorgung (BGH FamRZ 82, 362, 364). Er kann nur aus bestimmten Gründen entlassen werden und ist spätestens nach fünf Jahren zum Beamten auf Lebenszeit zu berufen, wenn er die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt (vgl. §§ 6 Abs. 2 BRRG, 9 Abs. 2 BBG). Bei normalem Verlauf ist mit dem Einmünden des Dienstverhältnisses in das versorgungsrechtlich gesicherte Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu rechnen. Die gleichen Grundsätze gelten für Richter auf Probe. (Zur Ausgleichsform vgl. § 1587 b Rdn. 49.) 488

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Dem Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Assistent- und Inspektoran- 17 wärter, Referendar) steht kein unter Nr. 1 fallendes Versorgungsanrecht zu. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf endet grds. mit der abzulegenden Prüfung (vgl. §§ 22 Abs. 3 BRRG, 32 Abs. 2 S. 2 BBG) oder mit der jederzeit möglichen Entlassung (vgl. §§ 23 Abs. 3 S. 1 BRRG, 32 Abs. 1 BBG). Dem Widerrufsbeamten wird lediglich im Falle eines Dienstunfalls Unfallfürsorge gewährt (§§ 30 ff BeamtVG), Versorgungsbezüge stehen ihm dagegen nicht zu. Es besteht zwar die Möglichkeit, daß der Widerrufsbeamte nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wird. Dies entspricht aber nicht dem regelmäßigen Verlauf.- Im allgemeinen besteht die Ungewißheit, ob der Widerrufsbeamte das Ausbildungsziel erreicht und ob er anschließend in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wird, was u. a. eine Frage des Bedarfs ist. Bei einem Ehegatten, der am Ende der Ehezeit Beamter auf Widerruf ist, kann deshalb nicht von einer beamtenrechtlichen Versorgungsaussicht oder gar -anwartschaft ausgegangen werden (BGH FamRZ 82, 362, 363). Der Widerrufsbeamte erwirbt jedoch eine alternativ ausgestaltete Versorgungsaussicht, die im VA zu berücksichtigen ist. Wird er später in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen, so wird die im Vorbereitungsdienst verbrachte Dienstzeit Teil der für die Höhe der Versorgung maßgebenden ruhegehaltfahigen Dienstzeit und beeinflußt damit die Höhe der dann erworbenen beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft. Scheidet der Widerrufsbeamte dagegen ohne entsprechende Versorgung aus dem Dienstverhältnis aus, so ist er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern (§§ 1232 Abs. 1 und 2 RVO, 9 Abs. 1 und 2 AVG; ab 1992: § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Dieses atypische Versorgungsanrecht ist gemäß § 1587 a Abs. 5 mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in den VA einzubeziehen, weil nur dieser Wert bereits am Ende der Ehezeit ohne spätere Erfüllung weiterer Voraussetzungen bereits gesichert ist (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 362, 363; vgl. auch u. Rdn. 328). Bei dieser fiktiven Bewertung bleibt es auch dann, wenn der Widerrufsbeamte nach dem Ende der Ehezeit Beamter auf Probe geworden ist (BGH FamRZ 81, 856, 861). Daran hat sich auch mit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG nichts geändert, denn der Laufbahnwechsel hat keinen Bezug zur Ehezeit mehr (BGH FamRZ 87, 921, 922; Soergel\Vorwerk § 1587 Rdn. 27; Schwab ¡Hahne VI Rdn. 39; a.A. OLG Koblenz FamRZ 90, 760, 761; vgl. auch o. Rdn. 13 und § 10 a VAHRG Rdn. 29). (Zur Ausgleichsform in diesem Fall vgl. § 1587 b Rdn. 49.) Die gleichen Grundsätze gelten auch für Zeitsoldaten. Der Soldat, der sich für eine 18 bestimmte Zeit verpflichtet hat, steht zwar in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, er erwirbt aber anders als der Berufssoldat keine Anwartschaft auf Ruhegehalt, sondern erhält nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis lediglich Übergangsgebühmisse und -beihilfe (§§ 11 bis 13 SVG) sowie im Falle einer Wehrdienstbeschädigung eine Versorgung nach den Vorschriften des BVersG (§§ 80, 82 SVG). Er besitzt daher keine dem Grunde und der Höhe nach gesicherte Aussicht, nach Erfüllung aller Voraussetzungen einen Anspruch auf Versorgung zu erhalten. Eine Versorgungsaussicht i. S. der Nr. 1 folgt auch nicht daraus, daß einem Zeitsoldaten unter bestimmten Voraussetzungen ein Eingliederungs- oder Zulassungsschein für den öffentlichen Dienst (§ 9 Abs. 1 und 2 SVG) erteilt wird, womit er einen Anspruch auf eine der den Zeitsoldaten nach §10 SVG vorzubehaltenden Stellen im öffentlichen Dienst erhält. Der Zeitsoldat erwirbt jedoch aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses die alternativ ausgestaltete Aussicht, entweder bei Übernahme in das Berufssoldatenverhältnis oder in ein Beamtenverhältnis auf Probe die Wehrdienstzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet zu bekommen oder aber in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert zu werden. Auch diese Versorgungsaussicht ist gemäß § 1587 a Abs. 5 mit dem allein in der Ehezeit gesicherten Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in den VA einzubeziehen, Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

selbst wenn der Zeitsoldat nach Ehezeitende Beamter oder Berufssoldat geworden ist (BGH FamRZ 81, 856, 861; 82, 154; 87, 921). 19 Auch bei Widerrufsbeamten, die nur nebenbei oder vorübergehend für hoheitliche Aufgaben verwendet werden, besteht im allgemeinen keine gesicherte Aussicht, daß ihr Beschäftigungsverhältnis in ein Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit einmündet. Sie erwerben daher ebenfalls kein Versorgungsanrecht nach Nr. 1, sondern nur einen Anspruch auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 1232 Abs. 1 und 2 RVO, 9 Abs. 1 und 2 AVG; § 8 Abs. 2 SGB VI i. d. F. des RRG 1992). 20

Sonderregelungen gelten für beamtetes Hochschulpersonal. Hier ist danach zu unterscheiden, ob sich die dienst- und versorgungsrechtliche Stellung nach der Neuregelung durch das HRG vom 26. 01. 1976 (BGBl. I S. 185; neu gefaßt durch Bek. vom 08. 04. 1987, BGBl. I S. 1170), die entsprechenden Landesgesetze sowie § 67 BeamtVG richtet oder ob — für Beamte, die nicht nach neuem Recht übernommen worden sind (§ 75 HRG) — gemäß § 91 Abs. 1 BeamtVG weiter die früheren Bestimmungen des BRRG Anwendung finden.

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Richtet sich die Versorgung nach neuem Recht, so gilt folgendes: Professoren an Hochschulen können zu Beamten auf Lebenszeit oder auf Zeit ernannt werden (vgl. § 46 HRG). Ihre Versorgung entspricht der anderer Beamter auf Lebenszeit (§ 67 Abs. 1 bis 3 BeamtVG). Die Möglichkeit einer Entpflichtung unter Beibehaltung der Dienstbezüge (sog. Emeritenbezüge), wie sie nach altem Recht vorgesehen war, besteht nicht, so daß die Versorgung wie bei anderen Beamten nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 zu berechnen ist {Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 26; Schmalhofer DÖD 77, 97, 101). Wissenschaftliche und künstlerische Oberassistenten und Oberingenieure sowie Hochschuldozenten werden zu Beamten auf Zeit ernannt (vgl. §§ 48, 48 b, 48 d HRG). Auch ihre Versorgung richtet sich grds. nach dem BeamtVG (§ 67 Abs. 1 bis 3 BeamtVG). Bei ihnen besteht jedoch die Besonderheit, daß sie nach Ablauf der Dienstzeit regelmäßig nicht in den Ruhestand treten, sondern entlassen werden (§ 48 Abs. 1 S. 4 und 5, 48 b Abs. 2, 48 d Abs. 1 S. 3 HRG) und nur ein Übergangsgeld erhalten (§ 47 i. V. m. § 67 Abs. 4 BeamtVG). Sie erwerben daher keine Versorgungsanwartschaft nach Nr. 1, sondern nur eine mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichende Versorgungsaussicht (Soergel/Min% Rdn. 15; Johannseti/Henrich/ Hahne Rdn. 27; Schmalhofer DÖD 77, 97, 98; a. A. MüKo/Maier Rdn. 34).

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Für Beamte im Hochschulbereich, deren Versorgung sich nach altem Recht richtet, ergibt sich folgendes Bild: Ordentliche und außerordentliche Professoren (§ 107 a. F. BRRG) sind zu Lebenszeitbeamten ernannt worden und haben daher eine nach Nr. 1 zu berechnende Versorgungsanwartschaft erworben. Eine Sonderregelung besteht für entpflichtete Professoren (§ 108 a. F. BRRG). Sie beziehen ihre Dienstbezüge auch nach Erreichen der Altersgrenze und Entbindung von ihren Dienstpflichten weiter. Gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 5 sind ihre Dienstbezüge den Versorgungsbezügen anderer Beamten gleichgestellt. Damit sind im VA die vollen Emeritenbezüge maßgebend, nicht nur die Dienstbezüge, die sich für den Bewertungsstichtag ergäben, wenn der Hochschullehrer im Zeitpunkt der Entpflichtung in den Ruhestand treten würde (BGH FamRZ 83, 467; a. A. KG FamRZ 81, 1192; OLG Hamm FamRZ 82, 1023; Soergel/Min^ Rdn. 37). Es genügt bereits ein Anrecht auf Entpflichtung; die Emeritenbezüge müssen noch nicht gewährt werden (BGH FamRZ 83, 467). Außerplanmäßige Professoren § 109 a. F. BRRG) sind Beamte auf Widerruf, jedoch in versorgungsrechtlicher Hinsicht Lebenszeitbeamten gleichgestellt, so daß auch ihre Versorgungsanrechte unter Nr. 1 fallen (Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 23; Brosche RiA 77, 161, 167). Wissenschaftliche 490

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Assistenten, die die Stellung von Privatdozenten haben, Oberassistenten, Oberärzte, Oberingenieure und Lektoren sind Beamte auf Widerruf (§§ 110, 112 a. F. BRRG). Sie sind zwar versorgungsrechtlich Probebeamten gleichgestellt, können aber jederzeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden (§ 23 Abs. 2 a. F. BRRG). § 6 Abs. 2 BRRG, der Probebeamten nach fünfjähriger Probezeit einen Rechtsanspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gibt, ist nicht entsprechend anwendbar. Auch nach dem tatsächlichen regelmäßigen Verlauf kann nicht ohne weiteres damit gerechnet werden, daß der Beamte auf Widerruf in das Lebenszeitbeamtenverhältnis übernommen werden wird. Daher ist nur von einer mit dem Wert der fiktiven Nachversicherung zu bewertenden Versorgungsaussicht auszugehen (OLG Karlsruhe FamRZ 83, 408; JohannsenjHenrich/Hahne Rdn. 24; SoergeljMin^ Rdn. 15; a. A. Ruland\Tiemann Rdn. 214; Brosche RiA 77, 161, 167; Schmalhofer DÖD 77, 97, 98). Das gleiche gilt für die übrigen wissenschaftlichen Assistenten, da sie Widerrufsbeamte ohne versorgungsrechtlichen Sonderstatus sind (§ 112 Abs. 2a.F. BRRG). Keine Versorgungsanwartschaft oder -aussieht erwerben Ehrenbeamte. Sie haben 23 keinen Anspruch auf Dienst- und Versorgungsbezüge (vgl. §§115 Abs. 2 BRRG, 68 BeamtVG). b) Nach Nr. 1 sind auch die Versorgungsanrechte zu berechnen, die sich — ohne 24 daß ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliegt — nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen richten. Das ist der Fall, wenn die Versorgungszusage auf privatrechtlicher Vereinbarung beruht, aber inhaltlich vollständig oder jedenfalls in den wesentlichen Grundzügen, z. B. bei der Bemessung nach der Dauer der Tätigkeit und des bezogenen Arbeitsentgelts, dem Beamtenversorgungsrecht entspricht. Die Vereinbarung kann sowohl mit einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung als auch mit einem privaten Arbeitgeber getroffen worden sein. Die Rechtsform des Versorgungsträgers ist nur für die Form des Ausgleichs von Bedeutung (BGH FamRZ 85, 56; 85, 794; 86, 248; vgl. auch § 1587 b Rdn. 46; § 1 VAHRG Rdn. 44 ff). Träger der Versorgung muß der Arbeitgeber sein. Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitgeber nur einen Zuschuß zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zahlt. Deshalb fallt z. B. die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht unter Nr. 1, sondern unter Nr. 3 (BGH FamRZ 81, 1051, 1052; 82, 899, 901; 86, 341; ferner OLG Hamburg FamRZ 80, 165 für die zusätzliche Altersversorgung nach dem Hamburger Ruhegeldgesetz). Der aus der beamtenrechtsähnlichen Versorgungszusage Berechtigte wird im Regelfall gemäß §§ 1229 bis 1231 RVO, 6 bis 8 AVG, Art. 2 § 1 ArVNG, Art. 2 § 1 AnVNG (ab 1992: §§ 5, 6 SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sein. Zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Versorgung nach Nr. 1 ist dies jedoch nicht (OLG Celle FamRZ 83, 1146; OLG München FamRZ 84, 908; OLG Düsseldorf FamRZ 91, 1205). Eine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grund- 25 sätzen können z. B. erwerben Bedienstete der Kirchen (BGH FamRZ 87, 918; OLG Celle FamRZ 83, 191), Lehrer an privaten Schulen (BGH FamRZ 85, 794; OLG Köln FamRZ 83, 78) und Hochschulen (BGH FamRZ 87, 918; OLG Köln FamRZ 84, 400), wissenschaftliche Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft (BGH FamRZ 86, 248; OLG Celle FamRZ 83, 1146; OLG München FamRZ 84, 908), Dienstordnungsangestellte der Orts- und Innungskrankenkassen (§§ 351 ff RVO) und der Berufsgenossenschaften (§§ 690 ff RVO), da deren versorgungsrechtliche Stellung sich nach einer den beamtenrechtlichen Maßstäben nachgebildeten Dienstordnung richtet (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 29; Maier\Michaelis Anm. 2. 5. 1.; Brosche RiA 77, 161, 168) sowie Sparkassenangestellte, soweit deren Versorgung beamtenähnlich ausgestaltet ist (OLG München FamRZ Hartmut Wiek

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91, 576; JohannsenlHenrichlHahne Rdn. 33; i. d. R. besteht hier jedoch nur eine Zusatzversorgung z. B. bei der Emder Zusatzversorgungskasse für Sparkassen, die der des öffentlichen Dienstes entspricht). (Zur Durchführung des Ausgleichs insoweit vgl. § 1 VAHRG Rdn. 48.)

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2. Berechnung der gesamten Versorgung a) Für die Berechnung der Beamten- und beamtenähnlichen Versorgungsanwartschaften ist von dem Betrag auszugehen, der sich im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Versorgung ergäbe (Nr. 1 S. 1). Anstelle des im Gesetz genannten Zeitpunkts ist jedoch das Ende der Ehezeit i. S. des § 1587 Abs. 2 maßgebend (vgl. Rdn. 3). Nach dem Stichtag aufgrund von Gesetzesänderungen eingetretene quantitative Veränderungen einer Beamtenversorgungsanwartschaft sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten bei der Entscheidung über den VA zu berücksichtigen, wenn dies dem zeitlichen Geltungswillen des Gesetzes entspricht (BGH FamRZ 84, 565; 84, 992). Gesetzesänderungen, die zwar schon verkündet sind, aber erst später in Kraft treten sollen, z. B. nach dem BeamtVGÄndG, sind jedoch außer Betracht zu lassen (vgl. § 1587 Rdn. 38). Seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG können auch bleibende Veränderungen in den individuellen Verhältnissen eines Beamten, die nach Ehezeitende eingetreten sind und rückwirkend betrachtet einen anderen Ehezeitanteil seiner Versorgungsanwartschaft oder eine andere Ausgleichsform ergeben hätten (wie z. B. ein Ausscheiden aus dem Beamten Verhältnis, vgl. Rdn. 13, eine weitere Beurlaubung oder Bewilligung von Teilzeitarbeit, vgl. Rdn. 62, oder eine vorzeitige Dienstunfähigkeit, vgl. Rdn. 63), berücksichtigt werden (BGH FamRZ 87, 918, 920; 88, 940; 88, 1148, 1150; 89, 42; 89, 43; 89, 44; 89, 492; 89, 1058; 89, 1060; vgl. auch § 10 a VAHRG Rdn. 27, 28). Dagegen bleiben die bei Ehezeitende gegebenen Bemessungsgrundlagen einer Versorgung (z. B. Besoldungs- und Tarifgruppe, Besoldungsdienstalter, jeweilige Einkommenshöhe) festgeschrieben. Nach dem Stichtag erfolgte Beförderungen und Einkommenserhöhungen sind unberücksichtigt zu lassen (BGH FamRZ 87, 918, 920; vgl. auch § 10 a VAHRG Rdn. 25). Die Versorgung der Beamten, Richter und Soldaten sowie der diesem Personenkreis versorgungsrechtlich gleichgestellten Arbeitnehmer ist das Ruhegehalt, das ihnen nach den jeweils für sie geltenden versorgungsrechtlichen Bestimmungen bei Erreichen der maßgebenden Altersgrenze, Dienstunfähigkeit, Ablauf der Dienstzeit (bei Zeitbeamten) oder Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand (bei politischen Beamten) gewährt wird (vgl. z. B. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 und 2 BeamtVG; §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 15 SVG). Für Beamte, die sich bei Inkrafttreten des BeamtVG am 01. 01. 1977 bereits im Ruhestand befanden, gilt nach § 69 BeamtVG das frühere Bundes- oder Landesrecht weiter (vgl. BGH FamRZ 82, 583).

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Auf den Ablauf der Mindestdienstzeit von fünf Jahren, die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG Voraussetzung für den Bezug von Ruhegehalt ist, kommt es gemäß § 1587 a Abs. 7 im VA nicht an, sofern der Beamte nicht tatsächlich vor Ende der Ehezeit aus seinem Dienstverhältnis ausgeschieden ist, ohne die Mindestdienstzeit erreicht zu haben (vgl. Rdn. 14). Gemäß § 1587 a Abs. 8 sind familienbezogene Bestandteile der Versorgung im VA nicht zu berücksichtigen. Danach ist der Erhöhungsbetrag für Versorgungsempfänger mit dem Ortszuschlag der Stufe 2 (§ 14 Abs. 1 S. 2 BeamtVG) auszuklammern und der Berechnung nur der Ortszuschlag der Stufe 1 zugrunde zu legen (s. Rdn. 36). 29 Nach Nr. 1 S. 4 bleiben unfallbedingte Erhöhungen der Versorgung im VA außer Betracht. Danach ist die Aufstockung des normalen Ruhegehalts, die auf einem Dienstunfall beruht (sog. Unfallruhegehalt; vgl. §§ 36, 37 BeamtVG) nicht in den Ausgleich 492

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einzubeziehen (vgl. Rdn. 65). Schon aufgrund des § 1587 Abs. 1 S. 2 nicht ausgleichspflichtig sind Unfallausgleichsbeträge nach § 35 BeamtVG und Unfallunterhaltsbeiträge nach § 38 BeamtVG, weil es sich dabei um Entschädigungsleistungen handelt, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit erworben worden sind. Der fakultative Unterhaltsbeitrag nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 1 5 BeamtVG, der — bis zur Höhe des Ruhegehalts — Beamten bewilligt werden kann, die vor Ableistung einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren wegen Dienstunfahigkeit oder Erreichens der Altersgrenze entlassen worden sind, oder Zeitbeamten, die vorzeitig wegen Dienstunfahigkeit entlassen werden (§ 66 Abs. 5 BeamtVG), ist in den VA einzubeziehen, wenn er bei Ende der Ehezeit bereits bewilligt und mit seiner Entziehung nicht mehr zu rechnen war. Eine Befristung oder ein Widerrufsvorbehalt schließt eine Einbeziehung in den VA nicht aus. Die Bewertung kann in solchen Fällen nach § 1587 a Abs. 5 erfolgen {Schmalhofer DÖD 77, Rdn39)- Nicht d e m VA 97, 100; Brosche RiA 78, 181, 182; a. A. JohannsenjHenrich!Hahne unterliegen einmalige Ausgleichszahlungen, die Beamte und Soldaten mit vorgezogenen Altersgrenzen gemäß §§ 48 BeamtVG, 38 SVG erhalten (BGH FamRZ 82, 999, 1001). Bei Beamten, die noch im aktiven Dienst stehen, ist nach Nr. 1 S. 1 ein fiktives 3 0 Ruhegehalt zu berechnen. Dabei werden mit dem Abstellen auf den Stichtag des Ehezeitendes die individuellen Bemessungsgrundlagen der Versorgung festgeschrieben. Damit wird verhindert, daß sich Bestandsveränderungen, die keinen Bezug mehr zum gemeinsamen ehezeitlichen Erwerb haben, auf die Höhe des VA auswirken. Die Höhe des Ruhegehalts wird jedoch außer von den — individuell geprägten — ruhegehaltfähigen Dienstbezügen auch von einem Zeitfaktor, der ruhegehaltfähigen Dienstzeit, bestimmt (§ 4 Abs. 3 BeamtVG). Mit Zunahme der ruhegehaltfähigen Dienstzeit steigt das Ruhegeld bisher in ungleichmäßigen Stufen, ab 1992 dagegen ausgehend von einem Sockelbetrag linear an (s. Rdn. 52 f). Um zu verhindern, daß sich der VA je nach Lage der Ehezeit innerhalb der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit des Beamten unterschiedlich auswirkt, wofür unter dem Gesichtspunkt der ehelichen Versorgungsgemeinschaft keine innere Rechtfertigung gegeben wäre, wird für den VA ein durchgehend linearer Anstieg des Wertes der Versorgungsanwartschaft fingiert (BT-Drucks. 7/650, S. 156). Dies geschieht in der Weise, daß die bis zum Ende der Ehezeit erreichte ruhegehaltfähige Dienstzeit um die Zeit bis zur Altersgrenze (vgl. dazu Rdn. 59 f) erweitert (Erweiterungszeit) und die vom Eintritt in das Beamtenverhältnis (oder in ein diesem versorgungsrechtlich gleichgestelltes Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis) bis zum voraussichtlichen Eintritt in den Ruhestand erreichbare gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit (Gesamtzeit) errechnet wird (S. 2). Die gesamte Zeit bis zur Altersgrenze ist auch dann maßgebend, wenn die zum Erreichen des Höchstsatzes des Ruhegehalts nach § 14 Abs. 1 BeamtVG erforderliche Dienstzeit von derzeit 35 Jahren und ab 1992 40 Jahren bereits vor der Ehezeit zurückgelegt worden ist (AG Pforzheim FamRZ 78, 699). Befindet sich ein Beamter bei Ehezeitende bereits im Ruhestand, weil er die 31 Altersgrenze erreicht hat oder vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit pensioniert worden ist, so ist keine fiktive Berechnung vorzunehmen. Vielmehr ist von dem am Ehezeitende tatsächlich bezogenen Ruhegehalt auszugehen. Die Gesamtzeit (i. S. des S. 2) erstreckt sich in diesem Fall nur bis zum tatsächlichen Eintritt in den Ruhestand. Es wäre nicht systemgerecht, im Falle vorzeitiger Dienstunfähigkeit auf die Altersgrenze hochzurechnen, da die damit noch berücksichtigte Zeit auf die bereits erzielte und fortlaufende Versorgung ohne Einfluß ist. Für den Beamten gibt es nur einen Versorgungsfall. Ist dieser vorzeitig durch Dienstunfähigkeit eingetreten, so steht damit die konkrete Versorgung bereits fest. Sie wird nicht bei Erreichen der Altersgrenze noch auf ein Hartmut Wiek

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Altersruhegeld umgestellt. Einer fiktiven Berechnung, wie sie die nur auf Anwartschaften und Aussichten zugeschnittene Berechnungsnorm der Nr. 1 vorsieht, bedarf es daher in diesem Fall nicht (BGH FamRZ 82, 33, 40; 89, 727, 728). Zur Berechnung der Versorgung und des Ehezeitanteils im einzelnen vgl. u. Rdn. 63 ff. 32 Das maßgebende (tatsächliche oder fiktive) Ruhegehalt wird auf der Grundlage der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet (§§ 4 Abs. 3 BeamtVG, 16 SVG). Je nach Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit, die der Beamte (Richter, Soldat) bis zum Eintritt in den Ruhestand erreicht hat, ergibt sich ein bestimmter Ruhegehaltssatz. Das ist ein prozentualer Anteil der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge. Das Ruhegehalt kann sich ab 1992 durch einen Kindererziehungszuschlag nach dem KEZG erhöhen (vgl. Rdn. 56). 33

Zur Berechnung der Beamtenversorgung beim Zusammentreffen mit einer anderen beamtenrechtlichen Versorgung oder mit Rentenanwartschaften vgl. u. Rdn. 332 ff. 34 b) Ruhegehaltfähige Dienstbezüge sind das Grundgehalt, das dem Beamten, Richter oder Soldaten nach dem maßgebenden Besoldungsrecht zuletzt zugestanden hat, der Ortszuschlag, sonstige im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichnete Dienstbezüge (z. B. Amts- und Stellenzulagen, Erhöhungszuschläge) sowie örtliche Sonderzuschläge. Maßgebend sind die Bemessungsgrundlagen am Ende der Ehezeit (vgl. Rdn. 26). 35

Das Grundgehalt richtet sich nach der Besoldungsordnung (A, B, C oder R), der Besoldungsgruppe und der Dienst- oder Lebensaltersstufe, der der Beamte (Richter, Soldat) angehört. Beamte und Soldaten erreichen die erste Dienstaltersstufe mit Vollendung des 21. Lebensjahres. Danach steigt das Dienstalter alle zwei Jahre bis zur 15. Dienstaltersstufe. Bei Richtern und Staatsanwälten bemißt sich das Grundgehalt nach Lebensaltersstufen, die mit Vollendung des 31. Lebensjahres beginnen und ebenfalls im Abstand von zwei Jahren erreicht werden. Für die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung B und die Besoldungsgruppen R 3 bis R 10 der Besoldungsordnung R (Richter und Staatsanwälte) sind Festgehälter vorgesehen. 36 Der Ortszuschlag richtet sich nach der für die Besoldungsgruppe maßgeblichen Tarifklasse und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen entspricht (vgl. z. B. § 39 Abs. 1 BBesG). Im VA ist gemäß § 1587 a Abs. 8 stets der Ortszuschlag der Stufe 1 (für Ledige) maßgebend. Beamte, die am 01.01. 1976 das 40. Lebensjahr vollendet hatten, können zwar auch als Ledige und Geschiedene weiter den Ortszuschlag der Stufe 2 erhalten (Art. 1 § 2 des 1. HStruktG i. d. F. des § 104 BeamtVG). Der geschiedene Beamte hat den höheren Ortszuschlag jedoch während der Ehezeit im Hinblick auf das Bestehen der Ehe und nicht als Lediger wegen Vollendung des 40. Lebensjahres erhalten. Soweit die Besitzstandsklausel für geschiedene Beamte gilt, ist Voraussetzung, daß die Ehe vor dem 01. 01. 1976 aufgelöst worden ist. Aus diesen Gründen ist auch in solchen Fällen die erste Stufe des Orstzuschlags zugrunde zu legen (OLG Frankfurt FamRZ 88, 404; MüKo¡Maier Rdn. 56; SoergeljMin£ Rdn. 22). 37 Zu den ruhegehaltfahigen Dienstbezügen gehört auch die jährliche Sonderzuwendung (sog. Weihnachtsgeld; vgl. §§ 50 Abs. 4 BeamtVG, 47 Abs. 4 SVG i. V. m. dem SZG. Sie wird im VA den monatlichen ruhegehaltfahigen Dienstbezügen mit 1/12 hinzugerechnet; vgl. BGH FamRZ 82, 583, 584). 38 Eine erst nach Ehezeitende ausgesprochene Beförderung bleibt bei der Berechnung der Versorgungsanwartschaft auch dann außer Betracht, wenn in der Ehezeit bereits dienstrechtliche Vorbereitungen (Bewerbungen, Zusagen, Verträge o. ä.) für die künftige Beförderung getroffen worden sind (BGH FamRZ 87, 918, 919). Hat ein Beamter 494

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Dienstbezüge aus einem Beförderungsamt vor dem Eintritt in den Ruhestand noch nicht zwei Jahre lang erhalten, so sind nach § 5 Abs. 3 BeamtVG grds. nur die Bezüge des vorher bekleideten Amtes ruhegehaltfähig. Diese Regelung ist jedoch im VA außer Betracht zu lassen. Die bei Ende der Ehezeit dem Beamten tatsächlich gewährten Bezüge sind auch dann als ruhegehaltfähig zugrunde zu legen, wenn er sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zwei Jahre bezog. Die Frist des § 5 Abs. 3 BeamtVG ist als zeitliche , Voraussetzung i. S. des § 1587 a Abs. 7 S. 1 anzusehen, deren Erfüllung im VA nicht vorausgesetzt wird (BGH FamRZ 82, 31, 33; ebenso BGH FamRZ 82, 1003 für die entsprechende Regelung des § 18 Abs. 1 S. 1 SVG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung bereits feststeht, daß die zweijährige Sperrfrist nicht erfüllt werden kann (vgl. § 10 a VAHRG Rdn. 27). Eine Stellenzulage ist grds. in der Höhe zu berücksichtigen, in der sie am Ende der 3 9 Ehezeit bereits ruhegehaltfähig war (BGH FamRZ 82, 1003). Obwohl die Stellenzulagen nicht im Rahmen der allgemeinen Besoldungserhöhungen angepaßt werden, sind sie nicht in einen dynamischen Betrag umzuwerten, denn es handelt sich bei ihnen nur um einen unselbständigen Berechnungsfaktor des gesamten Ruhegehalts. Die Stellenzulage für fliegendes Personal der Bundeswehr ist im VA nur dann zu berücksichtigen, wenn sie bei Ehezeitende tatsächlich bereits ruhegehaltfähig war. Die fünfjährige Verwendungszeit, die zur Ruhegehaltfähigkeit der Zulage erfüllt sein muß, ist nicht als zeitliche Voraussetzung i. S. des § 1587 a Abs. 7 S. 1 zu behandeln. Bei der Stellenzulage für fliegendes Personal besteht ein ungleich höheres Risiko, daß sich die Ruhegehaltserwartung nicht verwirklicht, als bei der Frist des § 5 Abs. 3 BeamtVG. Diese Stellenzulage wird nämlich nur dann ruhegehaltfähig, wenn der Soldat über die Mindestzeit hinaus nicht nur seine Beamteneigenschaft behält, sondern auch weiter in einer besonders anspruchsvollen Funktion verwendet wird. Dies kann nicht von vornherein mit hinreichender Sicherheit erwartet werden (BGH FamRZ 86, 975). Hat der Soldat die fünfjährige Verwendungszeit bis zur letzten tatrichterlichen Entscheidung erfüllt, so ist dies in entsprechender Anwendung des § 10 a VAHRG zu berücksichtigen (a. A. BGH FamRZ 86, 975, jedoch zur früheren Rechtslage). Als Bestandteil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ist auch der sog. Erhöhungszu- 40 schlag (in Höhe von 10% des Grundgehalts) zu berücksichtigen. Dieser Zuschlag ist durch Art. 5 des 7. Gesetzes zur Änderung des BBesG vom 15. 04. 1970 (BGBl. I S. 339) eingeführt worden und sollte zur Anpassung der Versorgungsbezüge bereits pensionierter Beamter an die verbesserten Beförderungs- und Einkommensverhältnisse der aktiven Beamten dienen. Infolge der prozentualen Abhängigkeit vom Grundgehalt nimmt der Erhöhungszuschlag an allgemeinen Besoldungsanpassungen teil (Kümmel BeamtVG § 5 Rdn. 3. 2). Zu den ruhegehaltfahigen Dienstbezügen gehört ferner der sog. Anpassungszuschlag 41 nach den §§ 70 Abs. 3, 71 ff BeamtVG a. F. (aufgehoben mit Wirkung vom 01. 01. 1984). Mit diesem Zuschlag wurden nach früherer Rechtslage Verbesserungen der Beamtenbesoldung, die nicht auf allgemeinen Erhöhungen der Dienstbezüge, sondern auf strukturellen Veränderungen des Besoldungsrechts beruhten, pauschal an die Versorgungsempfänger weitergegeben [Kümmel BeamtVG Erl. zu § 71). Der Zuschlag nahm seinerseits an Besoldungsanpassungen teil. Seit Aufhebung der genannten Vorschriften wird den Versorgungsempfängern, denen vorher ein Zuschlag zustand, dieser nur noch in Höhe von 2/3 weitergewährt. Er nimmt außerdem nicht mehr an den allgemeinen Erhöhungen der den Versorgungsbezügen zugrundeliegenden ruhegehaltfähigen Dienstbezüge teil (Art. 32 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 HBeglG 1984). Er ist daher nicht nur nominal reduziert worden, sondern hat auch seine Einkommensdynamik verloren. Gleichwohl ist der Zuschlag Hartmut Wiek

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nicht nur in Höhe eines abgezinsten Wertes in den VA einzubeziehen (a. A. Johannsenj HenrichjHahne Rdn. 42). Der Anpassungszuschlag stellt lediglich einen einzelnen Berechnungsposten innerhalb der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge dar, die ihrerseits die Höhe des Ruhegehalts beeinflussen. Die fehlende Dynamik eines einzelnen — noch dazu geringen — Bestandteils der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zwingt jedoch angesichts der gesetzlichen Regelung, wonach Anrechte auf Beamtenversorgung insgesamt als volldynamisch zu behandeln sind, nicht zu einer Umwertung. Insoweit kann nichts anderes gelten als für ruhegehaltfähige Stellenzulagen, die ebenfalls nicht im Rahmen allgemeiner Besoldungserhöhungen angepaßt werden (OLG Celle, Urt. vom 07. 03. 1989, 17 UF 81/88). 42

Der örtliche Sonderzuschlag für Versorgungsberechtigte mit Wohnsitz in Berlin (§ 50 Abs. 2 BeamtVG a. F.) ist durch das 2. HStruktG beseitigt worden. Da dieser Zuschlag aufgrund einer Gesetzesänderung entfallen ist, bleibt er im VA auch dann außer Betracht, wenn das Ende der Ehezeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes (01. 01. 1982) lag (BGH FamRZ 84, 992).

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Nicht in den VA fällt auch der degressive Ausgleichsbetrag nach Art. 2 § 2 des 2. HStruktG. Hierbei handelt es sich um einen Ausgleich, der für eine gewisse Zeit aus Gründen des Besitzstandsschutzes die Nachteile mildern sollte, die die neue Ruhensregelung des § 55 BeamtVG für die Versorgung von Personen mit sich brachte, die gleichzeitig Anrechte auf Ruhegehalt und auf Rente haben. Der Ausgleich gehört zwar beamtenrechtlich zu den Versorgungsbezügen. Gleichwohl ist die Bewertungsvorschrift der Nr. 1 auf diesen Ausgleichsbetrag nicht anwendbar. Denn sie geht vom Bestand eines dynamischen Versorgungsanrechts aus. Der Ausgleichsbetrag wird jedoch stufenweise verringert (abgeschmolzen). Für ein solches degressives Anrecht stellt Nr. 1 keine geeignete Bewertung zur Verfügung. Es fällt auch nicht unter die Auffangvorschrift des § 1587 a Abs. 5 (BGH FamRZ 84, 565, 568; 88, 1251, 1252; zur Behandlung im schuldrechtlichen VA s. § 1587 g Rdn. 2). 44 Die einmaligen Ausgleichsbeträge, die Beamte und Soldaten mit vorgezogenen Altersgrenzen nach den §§ 48 BeamtVG, 38 SVG erhalten, werden ebenfalls nicht in den VA einbezogen (BGH FamRZ 82, 999, 1001). 45

Entpflichtete Professoren alten Rechts erhalten im Gegensatz zu Ruhestandsbeamten auch nach der Entpflichtung weiter die vollen Dienstbezüge. Diese Bezüge werden durch S. 5 des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 den Versorgungsbezügen sonstiger Beamter in voller Höhe gleichgestellt (BGH FamRZ 83, 467; vgl. Rdn. 22). 46 Bei einer Teilzeitbeschäftigung oder Ermäßigung der Arbeitszeit sind die vollen Dienstbezüge als ruhegehaltfähig anzusetzen (§ 5 Abs. 1 S. 2 BeamtVG; BGH FamRZ 86, 563). Dasselbe gilt bei einer Beurlaubung; maßgebend sind hier die Bezüge, die der Beamte unter Berücksichtigung seines (verringerten) Besoldungsdienstalters bei Ende der Ehezeit erhalten hätte, wenn er zu diesem Zeitpunkt seinen Dienst wieder angetreten hätte {SchwabjHahne VI Rdn. 78; Brosche RiA 77, 161, 168; Schmalhofer DÖD 77, 97, 102). 47 c) Die ruhegehaltfähige Dienstzeit bestimmt sich nach den §§ 6 bis 13 BeamtVG, 20 bis 25 SVG. Regelmäßig ruhegehaltfähig ist die von der Ernennung an, frühestens aber ab Vollendung des 17. Lebensjahres, bis zur Altersgrenze (vgl. dazu Rdn. 59) in einem Hauptamt zurückgelegte Dienstzeit (§ 6 Abs. 1 S. 1 BeamtVG). Der im Beamtenverhältnis zurückgelegten Zeit stehen Zeiten als Richter, als Mitglied der Bundes- oder einer Landesregierung, als parlamentarischer Staatssekretär und als Bediensteter einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gleich (§ 6 Abs. 3 BeamtVG). Auch die Zeit, die ein Ruhestandsbeamter in einem weiteren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis 496

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oder bis zu fünf Jahren im einstweiligen Ruhestand verbracht hat, ist regelmäßig ruhegehaltfähig (§ 7 BeamtVG). Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung oder Ermäßigung der Dienstzeit sind nur zu 48 dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht (§ 6 Abs. 1 S. 3 BeamtVG). Die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge wird dagegen grds. nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigt (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BeamtVG). Auch eine erst nach Ehezeitende bewilligte (Verlängerung von) Beurlaubung oder Teilzeitbeschäftigung ist (in entsprechender Anwendung des § 1 0 a VAHRG) bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen (BGH FamRZ 88, 940; 89, 1060). Die an den bewilligten Beurlaubungs- oder Teilzeitbeschäftigungszeitraum anschließende Erweiterungszeit bis zur Altersgrenze ist im VA grds. wieder als in vollem Umfang ruhegehaltfähig zu behandeln. Nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht war der nach der Geburt eines Kindes gewährte Erziehungsurlaub bis zu sechs Monaten ruhegehaltfähig; Entsprechendes galt auch dann, wenn die Geburt des Kindes in die Zeit einer (aus anderen Gründen erfolgten) Freistellung vom Dienst fiel (§ 6 Abs. 1 S. 4 und 5 BeamtVG); diese Regelung behält für vor dem 01. 01. 1992 geborene Kinder Gültigkeit (vgl. § 85 Abs. 7 BeamtVG). Die Zeit des Erziehungsurlaubs wegen eines nach dem 31. 12. 1991 geborenen Kindes ist nicht mehr ruhegehaltfahig (gemäß Art. 1 Nr. 2 BeamtVGÄndG wurde § 6 Abs. 1 S. 4 und 5 BeamtVG gestrichen; vgl. ferner § 85 Abs. 7 BeamtVG i. d. F. des BeamtVGÄndG). Statt dessen wird das Ruhegehalt für die ersten drei Jahre nach der Geburt eines Kindes nunmehr um einen Kindererziehungszuschlag erhöht (§ 1 KEZG; vgl. Rdn. 56). Dieser Zuschlag darf allerdings den Betrag nicht übersteigen, um den sich das Ruhegehalt erhöhen würde, wenn die dreijährige Kindererziehungszeit als ruhegehaltfahige Dienstzeit zu berücksichtigen wäre (§ 1 Abs. 4 S. 1 KEZG). Es ist daher insoweit eine Alternativberechnung anzustellen, bei der die Kindererziehungszeit fiktiv als ruhegehaltfahig zu behandeln ist. Neben den regelmäßig ruhegehaltfähigen Zeiten gibt es sog. Muß-, Soll- und Kann- 49 Zeiten. Zeiten des Wehrdienstes, des kriegsbedingten Einsatzes und der Kriegsgefangenschaft sowie vergleichbare Zeiten müssen als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden (§§ 8 und 9 BeamtVG). Zeiten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst sollen angerechnet werden (§10 BeamtVG). Anrechte, die durch ein erst nach der Ehezeit begründetes Beamtenverhältnis erworben werden, bleiben allerdings im VA auch dann außer Betracht, wenn die als ruhegehaltfähig berücksichtigten SollAnrechnungszeiten in die Ehezeit fallen (BGH FamRZ 84, 569). Zu den Zeiten, die als ruhegehaltfahig berücksichtigt werden können, gehören bestimmte qualifizierte Erwerbstätigkeiten vor Berufung in das Beamtenverhältnis (z. B. als Rechtsanwalt) sowie Zeiten der Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres (§§ 11, 12, 67 Abs. 2 BeamtVG). Diese Zeiten werden zwar regelmäßig nur auf Antrag angerechnet. Sie sind jedoch im VA als ruhegehaltfahig zu berücksichtigen ohne Rücksicht darauf, ob der Beamte einen entsprechenden Antrag gestellt hat und eine Entscheidung des zuständigen Dienstherm ergangen ist. Unerheblich ist auch, ob sich die Anrechnung im VA zugunsten oder zuungunsten des Beamten auswirkt (BGH FamRZ 81, 665; 83, 999). Nach § 13 Abs. 1 BeamtVG wird ferner bei einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit die 50 Zeit vom Eintritt in den Ruhestand bis zur Vollendung des 55. (ab 1992: des 60.) Lebensjahres zu einem Drittel (ab 1992: zu zwei Dritteln) als ruhegehaltfahig berücksichtigt (sog. Zurechnungszeiten). Bei diesen Zeiten handelt es sich um bloße Berechnungsfaktoren zur Steigerung des Ruhegehaltssatzes und damit der Versorgung. Die Versorgung ist bereits mit der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand in voller Höhe „erdient". Demgemäß sind bei der Berechnung der vollen Versorgung auch ZurechnungsHartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

Zeiten einzubeziehen (BGH FamRZ 82, 36, 41; zur Berechnung des Ehezeitanteils vgl. aber Rdn. 64). 51 Die Vorschriften über die Berechnung der ruhegehaltfahigen Dienstzeit finden auf die Versorgung der Beamten auf Zeit grds. entsprechende Anwendung (§ 66 Abs. 1 BeamtVG). Wird ein Zeitbeamter wegen Dienstunfähigkeit entlassen, kann ihm ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Ruhegehalts nach Maßgabe des § 15 BeamtVG bewilligt werden (§ 66 Abs. 5 BeamtVG; zur Berücksichtigung eines solchen Unterhaltsbeitrags im VA vgl. Rdn. 29). Nicht ruhegehaltfähig ist die Dienstzeit als Ehrenbeamter (vgl. § 68 BeamtVG; Schmalhof er DÖD 77, 97, 104). Für Altbeamte und ehemalige Berufssoldaten sind die Übergangsvorschriften der §§ 69, 78, 81 und 84 BeamtVG zu beachten. Sind danach für die Versorgung eines Beamten frühere beamtenrechtliche Vorschriften maßgebend, die die ruhegehaltfähige Dienstzeit anders als das geltende Beamtenversorgungsrecht bestimmen, dann sind jene Vorschriften auch im VA zugrunde zu legen. Führt dies zu einer groben Unbilligkeit für den ausgleichspflichtigen Beamten, so kann durch Anwendung der Härteregelungen (insbesondere § 1587 c Nr. 1) Abhilfe geschaffen werden (BGH FamRZ 82, 583). Für beamtetes Hochschulpersonal neuen Rechts bestimmt § 67 Abs. 2 BeamtVG, daß auch die Zeit der Zugehörigkeit zum Lehrkörper der Hochschule nach der Habilitation regelmäßig ruhegehaltfähig ist. Zu den Muß-Anrechnungszeiten gehört die zur Vorbereitung auf die Promotion benötigte Zeit von maximal zwei Jahren. Eine nach erfolgreichem Studium vor der Ernennung zum Professor o. ä. liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit, in der besondere Fachkenntnisse erworben wurden, ist als Soll- oder Kann-Zeit zu berücksichtigen. 52

d) Die Höhe des Ruhegehalts ergibt sich aus einem von der ruhegehaltfahigen Dienstzeit abhängigen prozentualen Anteil der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge (Ruhegehaltssatz). Nach dem bis 1991 geltenden Recht betrug das Ruhegehalt bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfahigen Dienstzeit 35% der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge; innerhalb der nächsten 15 Jahre stieg das Ruhegehalt jährlich um 2%, innerhalb der darauffolgenden 20 Jahre jährlich um 1% bis zum Höchstsatz von 75% (§§ 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG, 26 Abs. 1 S. 1 SVG a. F.). Nach dem Erreichen des Höchstsatzes weiter zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstjahre wirkten sich nicht mehr aus. Die Bedeutung der einzelnen Dienstjahre war daher versorgungsrechtlich unterschiedlich. Die ersten Dienstjahre fielen erheblich stärker ins Gewicht als die späteren, von denen sich die letzten Dienstjahre möglicherweise gar nicht mehr ruhegehaltssteigernd auswirkten. Erdient war das Ruhegehalt allerdings in jedem Falle erst mit dem Eintritt in den Ruhestand. Für die Versorgungsberechtigung als solche war daher auch die nach Erreichen des Höchstsatzes zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit von Bedeutung. Statt des sich nach § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG ergebenden Ruhegehalts war die Mindestversorgung maßgebend, wenn diese höher war. Die Mindestversorgung betrug 65% der ruhegehaltfahigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 3, erhöht um 45 DM (§ 14 Abs. 1 S. 3 und 4 BeamtVG). Die nach § 14 Abs. 1 S. 2 und 3 (ab 1992: Abs. 2 u. Abs. 4 S. 2) BeamtVG vorgesehene Erhöhung der Mindestversorgung blieb dagegen gemäß § 1587 a Abs. 8 außer Betracht, weil sie ehebezogen war. Unberücksichtigt blieb auch eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes vorzeitig pensionierter Beamter nach § 14 a BeamtVG {SoergeljMinn^ Rdn. 32; MaierjMichaelis Anm. 2. 6. 2. 4). 53 Nach dem ab 01. 01.1992 geltenden Beamtenversorgungsrecht ist die Ruhegehaltsskala linear ausgestaltet. Das Ruhegehalt beträgt dann für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, wobei der Ruhegehaltssatz auf zwei Dezimalstellen aufzurunden ist und angefangene Dienstjahre unter Benutzung des Nenners 365 in eine Dezimalzahl umzurechnen sind (§ 14 Abs. 1 BeamtVG i. d. F. 498

Hartmut

Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

des BeamtVGÄndG). Damit wird der Versorgungshöchstsatz von (unverändert) 75% künftig erst nach 40 ruhegehaltfähigen Dienstjahren erreicht. Zusätzliche Dienstjahre wirken sich auch weiterhin nicht mehr ruhegehaltssteigernd aus. Das Mindestruhegehalt beträgt 35% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§14 Abs. 4 S. 1 BeamtVG i. d. F. des BeamtVGÄndG), womit der bisher in den ersten 10 Jahren bestehende Sockel erhalten bleibt, die Steigerung des Ruhegehaltssatzes jedoch erst nach 19 Jahren beginnt. Darüber hinaus bleibt die bisherige Mindestversorgungsregelung aufrechterhalten (§14 Abs. 4 S. 2 und 3 BeamtVG i. d. F. des BeamtVGÄndG); sie greift ein, wenn sie für den Ruhestandsbeamten günstiger ist als der 35%-Sockel. Die neue Ruhegehaltsskala gilt auch für Beamtengruppen mit vorgezogenen Altersgrenzen. Bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand vermindert sich das Ruhegehalt nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 und 5 BeamtVG n. F. — Das neue Recht findet allerdings uneingeschränkt nur auf Beamte Anwendung, die erst nach dem 31. 12. 1991 in das Beamtenverhältnis oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen worden sind. Bei allen anderen Beamten bleibt der nach altem Recht am 31. 12. 1991 erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt und wächst in den folgenden, nach neuem Recht zu berücksichtigenden ruhegehaltfähigen Dienstjahren jeweils um 1% bis zum Höchstsatz von 75%, wenn nicht das neue Recht für den Beamten günstiger ist (§ 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG i. d. F. vom 24. 10. 1990, BGBl. I S. 2298). Bei denjenigen Beamten, die vor dem 01. 01. 2002 die für sie maßgebende Altersgrenze erreichen, berechnet sich das Ruhegehalt insgesamt nach altem Recht, wenn nicht das neue Recht für den Beamten günstiger ist (§ 85 Abs. 3 und 4 BeamtVG n. F.). Das Ruhegehalt von am 01.01.1992 bereits im Ruhestand befindlichen Beamten bleibt durch das neue Recht unberührt (§ 69 a BeamtVG n. F.). — Bei Berufssoldaten, für die zum Teil weit vorgezogene Altersgrenzen gelten (vgl. Rdn. 59 f), werden die Nachteile der neuen Ruhegehaltsskala durch gestaffelte Erhöhungszuschläge ausgeglichen (§ 26 Abs. 2—4 SVG n. F.). Bei Teilzeitbeschäftigung, ermäßigter Arbeitszeit oder Urlaub wurde nach dem 5 4 bis Ende 1991 geltenden Recht Recht der Ruhegehaltssatz, der sich ohne diese Freistellungszeiten und ohne Berücksichtigung des Höchstsatzes von 75% ergäbe, in dem Verhältnis vermindert, in dem die tatsächliche ruhegehaltfähige Dienstzeit (s. Rdn. 47 ff, insbes. Rdn. 48) zu der Zeit stand, die ohne diese Freistellungen als ruhegehaltfähige Dienstzeit erreicht worden wäre. Der sich ergebende Ruhegehaltssatz war sodann ggf. auf den Höchstsatz von 75% zu beschränken oder auf den Mindestsatz von 35% anzuheben (§ 14 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 und 3 BeamtVG a. F.). War die Freistellung vor dem 01. 08. 1984 bewilligt worden, galt § 14 BeamtVG in seiner früheren Fassung (Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes vom 25. 07. 1984, BGBl. I S. 998; BGH FamRZ 82, 583; Soergelj Min% Rdn. 32). — Nach dem ab 1992 geltenden Recht ist der Ruhegehaltssatz nicht mehr zu vermindern, weil sich der konkrete Zeitpunkt der Freistellung vom Dienst wegen der Linearisierung der Ruhegehaltsskala nicht mehr unterschiedlich auswirken kann. Die Minderung des Ruhegehaltssatzes entfallt auch im Rahmen der Besitzstandsregelungen für die am 31. 12. 1991 vorhandenen Beamten (§ 85 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BeamtVG n; F.). Für Beamte auf Zeit gelten gemäß § 66 Abs. 2 BeamtVG besondere Steigerungssätze. 5 5 Für Beamte und Soldaten im einstweiligen Ruhestand gilt in den ersten fünf Jahren des Ruhestands ein erhöhter Ruhegehaltssatz von 75% (§§ 14 Abs. 2 — ab 1992: Abs. 5 — BeamtVG, 26 Abs. 3 - ab 1992: Abs. 8 - SVG). Dieser ist im VA jedoch nicht maßgebend. Hier ist nur das nach Ablauf der 5-Jahres-Frist zu zahlende normale Ruhegehalt zugrunde zu legen. Dabei ist allerdings die im einstweiligen Ruhestand verbrachte Zeit bis zu fünf Jahren als ruhegehaltfahige Dienstzeit zu berücksichtigen Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

(§§ 7 S. 1 Nr. 2, 66 Abs. 2 S. 3 BeamtVG, 21 S. 1 Nr. 2 SVG), wodurch sich auch der Ruhegehaltssatz erhöhen kann (Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 71; Soergel/ Min:j Rdn. 32). 56 e) Am Ol. Ol. 1992 ist das KEZG in Kraft getreten (Art. 16 BeamtVGÄndG). Nach § 1 Abs. 1 KEZG erhöht sich das Ruhegehalt eines Beamten oder Richters bei einem nach dem 3 1 . 1 2 . 1 9 9 1 geborenen Kind für die Dauer eines Erziehungsurlaubs und einer anschließenden Freistellung vom Dienst (Beurlaubung, Teilzeitbeschäftigung oder Ermäßigung der Arbeitszeit) von insgesamt maximal drei Jahren ab der Geburt des Kindes um einen Kindererziehungszuschlag, soweit nicht ein anderer Elternteil in dieser Zeit wegen Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war. Der Zuschlag beträgt 6,25% des aktuellen Rentenwertes nach § 68 SGB VI und entspricht damit dem Betrag, um den sich die gesetzliche Rente aufgrund der Anrechnung einer entsprechenden Kindererziehungszeit erhöht. Wird während einer laufenden Kindererziehungszeit bereits ein weiteres berücksichtigungsfahiges Kind von dem Beamten oder Richter betreut, verlängert sich der anrechenbare Zeitraum entsprechend, so daß für jedes Kind volle drei Jahre berücksichtigt werden können (§ 1 Abs. 2 KEZG). Bei Teilzeitbeschäftigung während der Kindererziehung fällt der Zuschlag nur an, soweit er betragsmäßig höher ist als der Betrag, der sich aus der auf die Teilzeitbeschäftigung entfallenden ruhegehaltfahigen Dienstzeit ergibt (§ 1 Abs. 3 KEZG). Der Kindererziehungszuschlag unterliegt ferner insoweit einer Höchstbegrenzung, als das Ruhegehalt den Betrag nicht übersteigen darf, der sich ergeben würde, wenn die Kindererziehungszeit in vollem Umfang als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 1 Abs. 4 S. 1 KEZG). Auch die beim Zusammentreffen des Ruhegehalts mit anderen Bezügen geltenden Höchstgrenzen (z. B. nach § 55 BeamtVG) dürfen durch den Kindererziehungszuschlag nicht überschritten werden (§ 1 Abs. 4 S. 2 KEZG i. d. E des Art. 16 des 5. Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. 05. 1990, BGBl. I S. 967). Auf Soldaten findet das KEZG entsprechende Anwendung (§ 26 Abs. 6 SVG i. d. F. des BeamtVGÄndG). Der Kindererziehungszuschlag ist als (dynamischer) Bestandteil des Ruhegehalts in den VA einzubeziehen {Strotz ZBR 91, 230, 233). 57

58

f) Nach allem berechnet sich die in der Gesamtzeit (im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 2) erreichbare volle Versorgung nach folgender Berechnungsformel (vgl. BGH FamRZ 82, 583, 584): Monatliche ruhegehaltfähige Dienstbezüge x 13/12 (wegen Sonderzuwendung) x Ruhegehaltssatz (in Prozent) = im VA maßgebliches Ruhegehalt. Ab 1992 ist ggfls. noch der Kindererziehungszuschlag hinzuzurechnen. 3. Berechnung des Ehezeitanteils der Versorgung a) Der Ehezeitanteil der vollen, auf die Altersgrenze hochgerechneten Versorgung wird nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der Gesamtzeit ermittelt (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 3). Es gilt also folgende Berechnungsformel (vgl. BGH FamRZ 82, 36, 39): Fiktives Ruhegehalt x

in die Ehezeit fallende ruhegehaltfahige Dienstzeit ; gesamte ruhegehaltfahige Dienstzeit bis zur Altersgrenze

= auszugleichende ehezeitanteilige Versorgung.

Die einzelnen Zeitabschnitte der ruhegehaltfähigen Dienstzeit werden — getrennt nach Zeiten vor, in und nach der Ehe — in den Auskünften der Versorgungsträger regelmäßig in Dienstjahren und -tagen ausgedrückt, wobei die Tage unter Benutzung des Nenners 365 in Hundertsätze eines Jahres umgerechnet werden (vgl. auch § 14 Abs. 1 S. 3 BeamtVG i. d. F. des BeamtVGÄndG). Künftig ist auf zwei Dezimalstellen aufzurunden, wenn in der dritten Stelle ein Rest verbleibt (§ 14 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 i. V. m. S. 2 BeamtVG 500

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

i. d. F. des BeamtVGÄndG). Das in den VA einzubeziehende monatliche Versorgungsanrecht ist vom FamG auf zwei Stellen hinter dem Komma bürgerlich zu runden. b) Gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ist die ruhegehaltfähige Dienstzeit des Beamten 5 9 für die Zwecke des VA um die Zeit vom Ehezeitende bis zur Altersgrenze zu erweitern (Erweiterungszeit). Maßgebend ist dabei die für den Beamten nach seiner Laufbahn und Dienststellung am Ende der Ehezeit tatsächlich geltende Altersgrenze (BGH FamRZ 82, 999; 82, 1005; 86, 975). Das ist regelmäßig die Vollendung des 65. (bei Professoren des 68.) Lebensjahres. Auch soweit für bestimmte Gruppen des öffentlichen Dienstes (z. B. für Soldaten und Polizeivollzugsbeamte) vorgezogene Altersgrenzen gelten, sind diese bei der Berechnung der Gesamtzeit zu beachten. Dies gilt selbst bei der auf die Vollendung des 41. Lebensjahres festgesetzten Altersgrenze für Flugzeugführer und Kampfbeobachter in strahlgetriebenen Kampfflugzeugen (BGH FamRZ 82, 1003; 82, 1005), sofern diese Altersgrenze bereits bei Ehezeitende maßgebend war (BGH FamRZ 86, 975). Hierdurch ergibt sich regelmäßig ein vergleichsweise hoher Ehezeitanteil. Die Teilhabe des Ehegatten an dieser Versorgung, die tatsächlich bereits mit Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze erreicht wird, nach dem Verhältnis des ehezeitlich verbrachten Teils der ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der — kürzeren — Gesamtzeit ist jedoch nach dem Grundsatz der hälftigen Aufteilung des während der Ehe erworbenen Versorgungsvermögens geboten. Auch für die Anwendung des § 1587 c Nr. 1 ist im allgemeinen kein Raum, weil der Beamte oder Soldat die Möglichkeit hat, seine Versorgung durch den weiteren Dienst bis zur Pensionierung zu verbessern und auch im frühen Ruhestand noch durch eine weitere Erwerbstätigkeit zu erhöhen. Außerdem erhält er eine einmalige Ausgleichszahlung (§§ 48 BeamtVG, 38 SVG), die nicht dem VA unterliegt (BGH FamRZ 82, 999, 1001; vgl. Rdn. 29). Für Berufssoldaten gelten neben der allgemeinen Altersgrenze (§§44 Abs. 1, 45 6 0 Abs. 1 SG: Eintritt in den Ruhestand mit dem Ablauf des 31. 03. oder 30. 09., der der Vollendung des 60. Lebensjahres folgt) besondere, nach Dienstgraden oder Verwendung abgestufte vorgezogene Altersgrenzen; danach können die Soldaten schon mit Ablauf des 31. 03. oder 30. 09., der dem Erreichen der besonderen Altersgrenze folgt, in den Ruhestand versetzt werden (§§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 SG). Von der Möglichkeit der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand macht der Dienstherr i. d. R. Gebrauch. Dieser Regelpraxis ist bei der Durchführung des VA Rechnung zu tragen (BGH FamRZ 82, 999, 1001). Für die übrigen Soldaten bleiben die der allgemeinen Altersgrenze folgenden Pensionierungszeitpunkte maßgebend. Bei Teilzeitbeschäftigung erfolgt die Berechnung des Ehezeitanteils dergestalt, daß 61 zunächst auf der Grundlage der vollen Dienstbezüge (Rdn. 46), der verkürzten ruhegehaltfähigen Dienstzeit (Rdn. 48) und des maßgebenden Ruhegehaltssatzes (Rdn. 54) die bis zur Altersgrenze erreichbare volle Versorgung ermittelt wird. Sodann ist pro rata temporis der Ehezeitanteil zu errechnen, wobei auch die in die Ehezeit fallende ruhegehaltfähige Dienstzeit für den Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung im Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit zu kürzen ist (BGH FamRZ 86, 563; OLG Celle FamRZ 85, 716). Entsprechendes gilt im Falle einer Beurlaubung. Da der Beurlaubungszeitraum grds. nicht zur ruhegehaltfähigen Dienstzeit gehört (Rdn. 48), ist er im Rahmen der pro-rata-temporis-Berechnung sowohl bei der Gesamtzeit als auch bei der Ehezeit außer Betracht zu lassen (BGH FamRZ 86, 658; OLG Celle FamRZ 85, 716). Die Auswirkungen einer Teilzeitbeschäftigung und einer Beurlaubung ohne 62 Dienstbezüge auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit und auf den Ruhegehaltssatz sind im VA auch insoweit zu berücksichtigen, als diese Freistellungen vom Dienst über das Ende der Ehezeit hinaus bereits bewilligt worden sind (BGH FamRZ 86, 563; 86, 658, 660). Dies kann — über eine Änderung des Verhältnisses der in die Ehezeit fallenden Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

zur gesamten ruhegehaltfáhigen Dienstzeit — zu einer höheren Bewertung des ehezeitlich erlangten Teils der Versorgungsanwartschaft führen. Das FamG muß daher gemäß § 12 FGG Ermittlungen hinsichtlich der über das Ehezeitende hinaus bewilligten Freistellung vom Dienst anstellen (BGH FamRZ 86, 563, 564). Auch eine Verlängerung von Teilzeitarbeit oder Beurlaubung, die erst nach Ehezeitende bewilligt worden ist, ist bei der VA-Entscheidung noch zu berücksichtigen. Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 10 a VAHRG (BGH FamRZ 88, 940; 89, 1060; vgl. auch Rdn. 26). Die weitere Entwicklung nach dem Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz kann sich auf die Bewertung hingegen nur auswirken, wenn sie mit Sicherheit zu erwarten ist (BGH FamRZ 88, 940, 941). Läßt sich hinreichend sicher feststellen, daß ein Ehegatte seine Tätigkeit als Beamter nach Ablauf der Beurlaubung (z. B. aus gesundheitlichen Gründen) nicht wieder aufnehmen wird, kann im Einzelfall auch in Betracht kommen, die beamtenrechtliche Versorgung allein nach den bis zum Ende der Ehezeit geleisteten Dienstzeiten zu bewerten (BGH FamRZ 88, 940, 941). Soweit die weitere Entwicklung von einer bei der Erstentscheidung getroffenen Prognose abweicht, kann eine dadurch eintretende Veränderung des Ehezeitanteils der Versorgung in einem Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG berücksichtigt werden (Jobannsen\Henrich\Hahne Rdn. 69). 63

d) Ist ein Beamter vor Ehezeitende wegen Dienstunfahigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden, so ist keine fiktive Versorgung (unter Bildung einer bis zur regelmäßigen Altersgrenze angenommenen Gesamtdienstzeit) zu ermitteln, sondern es wird dem VA das tatsächlich gewährte Ruhegehalt zugrunde gelegt (vgl. Rdn. 31). Dabei sind auch die Leistungsteile mit zu berücksichtigen, die dem Beamten aufgrund der Vergünstigungen des § 5 Abs. 2 BeamtVG (Hochrechnen der Dienstaltersstufe bis zur Altersgrenze zwecks Steigerung des Grundgehalts) und des § 13 Abs. 1 BeamtVG (Anrechnung einer Zurechnungszeit bei Dienstunfähigkeit vor Vollendung des 55. — ab 1992: des 60. — Lebensjahres zwecks Steigerung des Ruhegehaltssatzes) zugute kommen. Diese Vorschriften berücksichtigen nicht eigentlich erst zukünftige Zeiten, die (auch) nach dem Berechnungsstichtag liegen, sondern stellen bloße Berechnungsfaktoren für die Höhe der tatsächlichen Versorgung dar. Diese ist bereits mit der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand in vollem Umfang erdient, und zwar unabhängig davon, ob der Beamte den Zeitpunkt der Altersgrenze oder auch nur der Vollendung des 55. — ab 1992: des 60. - Lebensjahres erleben wird (BGH FamRZ 82, 36, 40; 85, 688, 689; OLG Celle FamRZ 80, 801; HahnejGlockner FamRZ 82, 561). Ist die Höhe des Ruhegehalts durch rechtskräftige Entscheidung eines Verwaltungsgerichts festgestellt worden, so ist das FamG daran gebunden (BGH FamRZ 91, 1415). Seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG kann auch eine nach Ehezeitende erfolgte vorzeitige Pensionierung bereits in der Erstentscheidung über den VA berücksichtigt werden. Denn insofern ist eine nachträgliche Veränderung in den individuellen Verhältnissen eingetreten, die rückwirkend betrachtet einen anderen Ehezeitanteil ergibt und aus prozeßökonomischen Gründen schon im Erstverfahren zu beachten ist. Durch die vorzeitige Dienstunfahigkeit ergibt sich regelmäßig eine kürzere ruhegehaltfähige Dienstzeit (Gesamtzeit), was sich auf die Bewertung des Ehezeitanteils der tatsächlichen Versorgung auswirkt (BGH FamRZ 89, 492, 493; 89, 727, 728; Bergner SozVers 87, 85, 92; Wagenit^ JR 87, 53, 54; Hahne FamRZ 87, 217, 225; Dörr N J W 88, 97, 99; vgl. auch Rdn. 26). Dem VA ist als Gesamtzeit auch dann nur die Zeit bis zu seinem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zugrunde zu legen, wenn der Beamte bei seiner Pensionierung bereits den höchsten Ruhegehaltssatz erreicht hatte (BGH FamRZ 91,1415,1416). Ist ein Beamter aus Krankheitsgründen befristet in den Ruhestand versetzt worden, seine Reaktivierung jedoch abzusehen, so ist im VA hingegen von fiktiven Versorgungsbezügen und einer Gesamtzeit bis zur Altersgrenze auszugehen (KG FamRZ 86, 1005; MüKo¡Mater Rdn. 62). 502

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Der Ehezeitanteil der Versorgung eines vorzeitig pensionierten Beamten wird nach 6 4 dem Verhältnis des in der Ehezeit verbrachten Teils der (tatsächlich zurückgelegten) ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der insgesamt zurückgelegten ruhegehaltfähigen Dienstzeit, beide begrenzt durch die vorzeitige Pensionierung, errechnet; Zurechnungszeiten bleiben also bei der Ermittlung des Ehezeitanteils außer Betracht (BGH FamRZ 82, 36, 41; OLG Celle FamRZ 80, 801; KG FamRZ 85, 612). Die Berechnungsformel lautet hier also: Tatsächliches Ruhegehalt x

in die Ehe fallende ruhegehaltfähige Dienstzeit bis zur Pensionierung ; gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit bis zur Pensionierung

= auszugleichende ehezeitanteilige Versorgung.

Würde der ausgleichsberechtigte Ehegatte infolge des VA und seiner eigenen fortdauernden Arbeitsfähigkeit die Möglichkeit erhalten, bei Erreichen der Altersgrenze eine im Vergleich zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Versorgung zu erzielen, so kann eine Kürzung des Ausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 bis herab auf den Ausgleichsbetrag erfolgen, den der Berechtigte erhalten hätte, wenn der Verpflichtete nicht dienstunfähig geworden wäre, sondern bei Ehezeitende noch im aktiven Dienst gestanden hätte (BGH FamRZ 82, 36, 41; vgl. § 1587 c Rdn. 32). Beruht die Dienstunfähigkeit des Beamten auf einem Dienstunfall, sind die unfallbe- 6 5 dingten Erhöhungen des Ruhegehalts im VA außer Betracht zu lassen (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 4). Es ist daher eine fiktive Versorgung zu errechnen, so als sei der Beamte aus anderen Gründen dienstunfähig geworden. Die Erhöhung des Ruhegehaltssatzes des § 14 Abs. 1 BeamtVG um 20% (§ 36 Abs. 3 S. 1 BeamtVG) und die Anhebung der für die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge maßgebenden Besoldungsgruppe (§ 37 Abs. 1 BeamtVG) bleiben unberücksichtigt, ebenso die Kürzung einer eventuellen Zurechnungszeit nach § 36 Abs. 2 BeamtVG. Eine Hochrechnung auf die Altersgrenze wie beim aktiven Beamten findet nicht statt (JohannsenjHenrich/Hahne Rdn. 68; a. A. Finger RiA 82, 86; 83, 24). e) Bei Beamten auf Zeit (insbesondere den kommunalen Wahlbeamten) ist von der 6 6 Versorgungsanwartschaft auszugehen, die sich aufgrund der feststehenden Amtszeit ergibt. Kann der Zeitbeamte bis zum Ablauf der Amtszeit die fünfjährige Wartefrist für die Gewährung von Ruhegehalt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 BeamtVG) oder eine andere maßgebende Wartezeit nicht erfüllen, so liegt kein Versorgungsanrecht i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 vor, sondern die Anwartschaft ist mit dem Wert der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung in den VA einzubeziehen {Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 13; Schmalhofer DÖD 77,97,99). Anderenfalls besteht eine Anwartschaft auf Beamtenversorgung. Die Höhe der vollen Versorgung berechnet sich unter Berücksichtigung der nach § 66 Abs. 2 BeamtVG möglichen Steigerung des normalen Ruhegehaltssatzes. Als Gesamtzeit i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ist nicht die Zeit bis zur Altersgrenze, sondern — ähnlich wie bei vorzeitiger Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit — nur die tatsächliche Dienstzeit bis zum Ende der Amtsperiode, für die der Beamte gewählt oder berufen worden ist, zugrunde zu legen. Eine Erweiterungszeit bis zur regelmäßigen Altersgrenze würde dagegen den Steigerungssatz verfälschen, da der Zeitbeamte mit Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand tritt und sich seine Versorgung danach nicht mehr erhöht. Zwar besteht die Möglichkeit, daß der Zeitbeamte nach Ablauf der Amtszeit erneut gewählt oder berufen wird; auch sind kommunale Wahlbeamte regelmäßig verpflichtet, eine Wiederwahl anzunehmen (vgl. § 66 Abs. 3 BeamtVG). Ob eine Wiederberufung oder Wiederwahl erfolgt, ist jedoch vor Ablauf der Amtsperiode noch ungewiß. Deshalb ist nur auf die konkret feststehende Versorgungsanwartschaft aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit abzustellen (BGH FamRZ 92, 46; OLG Frankfurt FamRZ 84, 182; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 72; a. A. SoergeljMin% Rdn. 30; Mittel Kern FamRZ 84, 909). Ist der Zeitbeamte allerdings bis zur letzten Tatsacheninstanz erneut berufen oder gewählt worden, so ist dies nach Hartmut Wiek

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dem Rechtsgedanken des § 10 a VAHRG schon im Erstverfahren zu berücksichtigen (BGH FamRZ 92, 46, 47). 67 f) Bei Beamten und Soldaten im einstweiligen Ruhestand ist die volle Versorgung ohne Berücksichtigung des nur temporären erhöhten Ruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 2 (ab 1992: Abs. 5) BeamtVG bzw. § 26 Abs. 3 (ab 1992: Abs. 8) SVG zu ermitteln (vgl. Rdn. 55). Da der Beamte jederzeit wiederverwendet werden kann, ist von einer Gesamtzeit bis zur regelmäßigen Altersgrenze auszugehen, die sich aus der bereits abgeleisteten Dienstzeit, der Zeit des einstweiligen Ruhestandes bis zu fünf Jahren (§§ 7 S. 1 Nr. 2 BeamtVG, 21 S. 1 Nr. 2 SVG) und der anschließenden Erweiterungszeit bis zur Altersgrenze zusammensetzt. Nach dieser Gesamtzeit bestimmt sich auch der fiktive Ruhegehaltssatz. Der Ehezeitanteil der vollen Versorgung bemißt sich nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfahigen Dienstzeit (einschließlich der berücksichtigungsfahigen Zeit des einstweiligen Ruhestandes) zu der genannten Gesamtzeit ('Johannsenj Henrichj Hahne Rdn. 71; Schwab ¡Hahne VI Rdn. 76; Rolland Rdn. 78 n). — Dies gilt allerdings nicht für einen Wahlbeamten (Beamten auf Zeit), der in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist, sofern er nach Ablauf der Amtszeit, für die er gewählt worden ist, dauernd in den Ruhestand tritt. Hier ist als Gesamtzeit nur der Zeitraum bis zum Ablauf der Wahlperiode anzusehen (vgl. Rdn. 66). 68

4. Berechnungsbeispiel Beamter, geboren am 04.07. 1953; Beginn der ruhegehaltfähigen Dienstzeit: 04. 07. 1970 (Vollendung des 17. Lebensjahres); Ehezeit: 01. 07. 1974 bis 31. 03. 1985. a) Ruhegehaltfähige Dienstbezüge am Ende der Ehezeit: — Grundgehalt, Besoldungsgruppe A 5, Stufe 6: 1466,67 DM — Ortszuschlag, Tarifklasse II, Stufe 1 (Ledige): 578,91 DM — Stellenzulage: 87,00 DM 2132,58 DM b) Ruhegehaltfähige Dienstzeit: — Dienstzeit bis zum Ende der Ehezeit (04. 07. 1970 bis 31. 03. 1985): 14 Jahre, 271 Tage. — Erweiterungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (01.04. 1985 bis 31.07. 2018): • 33 Jahre, 122 Tage = Gesamtzeit: 47 Jahre, 393 Tage = 48 Jahre, 28 Tage. c) Maßgeblicher Ruhegehaltssatz (mehr als 40 Dienstjahre): 75% d) Fiktives Ruhegehalt: 2132,58 DM x

= 100 zuzüglich 1/12 der jährlichen Sonderzuwendung:

1599,44 DM 133,29 DM 1732,73 DM

e) Ehezeitanteil:

10,750 Jahre (Dienstzeit in der Ehe) 1732,73 DM x — ' = 48,077 Jahre (Gesamtzeit)

. „ 387,44 DM

II. Gesetzliche Rentenversicherung (Abs. 2 Nr. 2) 1. Allgemeine Bewertungsgrundsätze und Gesetzessystematik 69 Bis zum 31. 12. 1991 war in § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 lediglich das Grundprinzip der Bewertung von Renten und Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversiche504

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

rungen geregelt. Danach war für den VA der Betrag zugrunde zu legen, der sich am Bewertungsstichtag aus den in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahren als (fiktives) Altersruhegeld ergeben hätte. Maßgeblicher Bewertungsstichtag war auch bei den Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung — entgegen der auf einem redaktionellen Versehen beruhenden Fassung der Nr. 2 a. F. — nicht der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, sondern der diesem vorangegangene Monatsletzte, also das Ende der Ehezeit i. S. des § 1587 Abs. 2 (vgl. o. Rdn. 3). Dieses galt als fiktiver Versicherungsfall für die Berechnung des Altersruhegeldes. Wegen der Wertberechnung im einzelnen wurde in Nr. 2 Hs. 2 a. F. auf die „Vor- 7 0 Schriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen" verwiesen; damit sollte das bürgerliche Recht von umfangreichen Berechnungsvorschriften entlastet werden (BT-Drucks. 7/4361, S. 37). Die insoweit maßgebenden Vorschriften fanden sich im 4. Buch der RVO (insbesondere § 1304; abgedruckt in Rdn. 89) sowie — im wesentlichen gleichlautend — im AVG (§ 83) und im RKG (§ 96). Danach erfolgte die Berechnung in zwei Schritten: Zunächst war ein auf das Ende der Ehezeit (als fiktiven Versicherungsfall, vgl. §§ 1304 Abs. 1 S. 2 RVO, 83 Abs. 1 S. 2 AVG, 96 Abs. 1 S. 2 RKG) bezogenes Altersruhegeld zu berechnen; dabei wurden alle anrechnungsfähigen Zeiten vom Beginn der Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Ende der Ehezeit berücksichtigt (§§ 1304 Abs. 1 S. 1 RVO, 83 Abs. 1 S. 1 AVG, 96 Abs. 1 S. 1 RKG). Anschließend wurde der auf die Ehezeit entfallende Teil der fiktiven Versorgung ermittelt; dieser Teilbetrag wurde aus dem Verhältnis der in der Ehezeit erworbenen Werteinheiten zu der Summe der insgesamt zugrunde gelegten Werteinheiten errechnet (§§ 1304 Abs. 2 RVO, 83 Abs. 2 AVG, 96 Abs. 2 RKG). Die Werteinheiten stellten in der gesetzlichen Rentenversicherung die Rechengröße für den Zuwachs an Rentenanwartschaften dar (vgl. im einzelnen Rdn. 93). Ab 1992 regelt § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 (i. d. F. des RRG 1992) selbst, wie der Ehezeitanteil 71 einer gesetzlichen Rentenanwartschaft oder Rente zu ermitteln ist. Die Vorschrift ist an die neue Rentenformel (vgl. dazu Rdn. 105 ff) angepaßt worden. Diese ermöglicht die direkte Berechnung von Rentenanwartschaften für einen bestimmten Zeitraum, so daß eine Verhältnisrechnung entsprechend den §§ 1304 Abs. 2 RVO, 83 Abs. 2 AVG nicht mehr erforderlich ist. Nach neuem Recht ist zunächst die bis zum Ende der Ehezeit erreichte Anwartschaft auf Vollrente wegen Alters (entspricht dem bisherigen Altersruhegeld) zu ermitteln. Dies geschieht nach den allgemeinen Berechnungsvorschriften der §§ 64 ff SGB VI, wobei ein Rentenbeginn zum Ende der Ehezeit (genau: am Monatsersten nach dem Ende der Ehezeit) fingiert wird. Grundlage für die Höhe der fiktiven Rente sind im wesentlichen die Entgeltpunkte, die als persönlicher Bemessungsfaktor an die Stelle der Werteinheiten treten, und der aktuelle Rentenwert. Im zweiten Berechnungsschritt wird aus der Gesamtzahl der auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte unmittelbar der Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft ermittelt, indem diese Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit multipliziert werden. Die gesetzliche Neuregelung ist erst ab Inkrafttreten (01. 01. 1992) anzuwenden (vgl. § 1587 Rdn. 38). Zur Übergangsregelung betr. die neuen Bundesländer vgl. Vor § 1587 Rdn. 38 ff sowie Vor § 1 VAUG Rdn. 1 ff; zu Rentenansprüchen nach neuem Recht allg. Heilemann FamRZ 91, 1254. Es ist unerheblich, ob am Ende der Ehezeit die nach rentenrechtlichen Bestimmungen 72 für den Bezug von Altersrente erforderliche Wartezeit erfüllt ist (§ 1587 a Abs. 7 S. 1 BGB). Eine im VA zu berücksichtigende Rentenanwartschaft liegt schon dann vor, wenn in der Ehezeit wenigstens ein Pflicht- oder freiwilliger Beitrag entrichtet wurde oder wenn eine anrechnungsfähige beitragsfreie Zeit (Ersatz-, Ausfall- bzw. AnrechnungsHartmut Wiek

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oder Kindererziehungszeit; vgl. Rdn. 120 ff) oder eine bereits angerechnete Zurechnungszeit (vgl. Rdn. 129 ff, 137) in die Ehezeit fällt. Ersatz- und Ausfallzeiten konnten allerdings bis 1991 nur dann berücksichtigt werden, wenn die besonderen Voraussetzungen für ihre Anrechnung aufgrund des gesamten bisherigen Versicherungsverlaufs am Ende der Ehezeit vorliegen (§ 1587 a Abs. 7 S. 2 in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung). Entsprechendes gilt — auch weiterhin — für die Berechnung der Rente nach Mindesteinkommen (vgl. dazu Rdn. 118). 73

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Der zuständige Rentenversicherungsträger, der gemäß § 53 b Abs. 2 FGG förmlich am Verfahren zu beteiligen ist (vgl. § 53 b FGG Rdn. 6 ff, 32 ff), erteilt auf das Ersuchen des FamG Auskunft über sämtliche Daten, die für die Ermittlung des ehezeitbezogenen Altersruhegeldes erforderlich sind, und führt auch die Berechnung der auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwartschaften aus. 2. Anwendungsbereich a) Die gesetzliche Rentenversicherung ist in drei Zweige unterteilt, die Rentenversicherung der Arbeiter einschließlich der Handwerkerversicherung (bis 1991 geregelt in der RVO), die Rentenversicherung der Angestellten einschließlich der Künstlersozialversicherung (bis 1991 geregelt im AVG) und die knappschaftliche Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte im Bergbau (bis 1991 geregelt im RKG). Zu den Untergruppen der einzelnen Versicherungszweige und zur Zuständigkeit der einzelnen Versicherungsträger vgl. § 53 b FGG Rdn. 32 ff. Mit Wirkung vom 01. 01. 1992 sind die gesetzlichen Grundlagen über die drei Zweige der Rentenversicherung durch das RRG 1992 neu gefaßt und einheitlich im SGB VI geregelt worden. Gewisse Abweichungen gibt es (auch künftig) in der knappschaftlichen Rentenversicherung. Sie unterscheidet sich von den beiden anderen Zweigen vornehmlich durch höhere Leistungen bei höheren Beiträgen und durch die Bergmannsrente (§ 45 RKG bzw. § 45 SGB VI), eine besondere Art der Berufsunfahigkeitsrente.

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In Fällen der sog. Wanderversicherung (d. h. wenn Beiträge zu mehreren Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind) sind daher knappschaftliche Leistungsanteile getrennt auszuweisen (§§ 1304 Abs. 3 RVO, 83 Abs. 3 AVG, 96 Abs. 3 RKG; § 80 SGB VI; vgl. Rdn. 102). Dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zuzurechnen ist zwar an sich auch die landwirtschaftliche Altershilfe (vgl. § 1 Abs. 1 SGB IV). Ihre Ausgestaltung weicht jedoch wesentlich von der gesetzlichen Rentenversicherung ab. Sie fällt deshalb nicht unter Nr. 2, sondern unter Nr. 4 b des § 1587 a Abs. 2 (s. Rdn. 256).

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b) Entgegen der ursprünglichen Absicht im Gesetzgebungsverfahren fallen nicht nur Rentenanwartschaften, sondern auch bereits laufende Renten in den VA. Dies wird durch die Fassung des Abs. 2 Nr. 2 klargestellt. Ausgleichspflichtig sind aber nur Renten wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Hinterbliebenenrenten und Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung fallen nicht in den VA (vgl. § 1587 Rdn. 12 ff). Eine bereits laufende Rente unterliegt im übrigen nur dann dem VA, wenn in der Ehezeit noch Anwartschaften erworben worden sind. Das ist nicht der Fall, wenn ein Ehegatte bei Beginn der Ehe bereits Altersrente bezogen hat (OLG Düsseldorf FamRZ 79, 595). Eine bei Eingehung der Ehe bereits laufende Invaliditätsrente schließt dagegen den Erwerb ehezeitlicher Rentenanwartschaften nicht aus (vgl. Rdn. 129 ff).

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Altersruhegeld (ab 1992 Altersrente genannt) wird regelmäßig mit der Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt, wenn eine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt ist (§§ 1248 Abs. 5 und Abs. 7 S. 3 RVO, 25 Abs. 5 und Abs. 7 S. 3 AVG; ab 1992: §§ 35, 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI: Regelaltersrente). Vorgezogenes Altersruhegeld (vorgezogene 506

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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Altersrente) kann schon mit Vollendung des 60. Lebensjahres bezogen werden, wenn eine Wartezeit von 15 Jahren erreicht ist und der Versicherte innerhalb der letzten eineinhalb Jahre 52 Wochen arbeitslos und in den letzten 10 Jahren überwiegend rentenversicherungspflichtig beschäftigt war (§§ 1248 Abs. 2 und Abs. 7 S. 2 RVO, 25 Abs. 2 und Abs. 7 S. 2 AVG); ab 1992 besteht ein Anspruch auf diese vorgezogene Altersrente nur noch unter der zusätzlichen Voraussetzung, daß die Zeiten der Arbeitslosigkeit und die Pflichtbeitragszeiten in den maßgeblichen Zeiträumen unmittelbar vor Beginn der Rente zurückgelegt wurden (§ 38 SGB VI). Weibliche Versicherte erhalten vorgezogene Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres auch dann, wenn sie eine Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und in den letzten 20 Jahren überwiegend rentenversicherungspflichtig beschäftigt waren (§§ 1248 Abs. 3 und Abs. 7 S. 2 RVO, 25 Abs. 3 und Abs. 7 S. 2 AVG); ab 1992 reicht es sogar aus, wenn nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als 10 Jahre Pflichtbeitragszeiten liegen (§ 39 SGB VI). Flexibles Altersruhegeld (flexible Altersrente) wird gewährt, wenn der Versicherte das 63. Lebensjahr (oder als Schwerbehinderter, Erwerbs- oder Berufsunfahiger das 60. Lebensjahr) vollendet hat und eine Wartezeit von 35 Jahren, in denen mindestens eine Versicherungszeit von 180 Monaten enthalten ist, erfüllt (§§ 1248 Abs. 1 und Abs. 7 S. 1 RVO, 25 Abs. 1 und Abs. 7 S. 1 AVG); mit dem RRG 1992 entfällt die letztgenannte Voraussetzung (§§ 36, 37 SGB VI). Ab dem Jahre 2001 werden die Altersgrenzen von 60 und 63 Jahren für vorzeitige Altersrenten stufenweise bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren angehoben (§ 41 SGB VI; Ausnahme: Schwerbehinderte, Erwerbs- und Berufsunfähige). Die Höhe des vorgezogenen oder flexiblen Altersruhegeldes ist wegen der geringeren Anzahl der Versicherungsjahre niedriger als die Höhe des normalen Altersruhegeldes. Im VA wirkt sich dies nur dann aus, wenn ein Versicherter bei Ehezeitende bereits das vorgezogene oder flexible Altersruhegeld bezieht, weil dieses dann in seiner tatsächlichen Höhe auszugleichen ist (vgl. Rdn. 146). Geht ein Versicherter, der bereits vorgezogenes oder flexibles Altersruhegeld bezieht, weiter einer Erwerbstätigkeit nach, was in geringem Umfang möglich ist (§§ 1248 Abs. 4 RVO, 25 Abs. 4 AVG; § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI), so bleibt dies im VA außer Betracht (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 138). Eine Umwandlung des vorgezogenen oder flexiblen Altersruhegeldes in ein normales Altersruhegeld ist nicht möglich. Verzichtet ein Versicherter bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres auf die Inanspruchnahme des Altersruhegeldes, so erhöht sich die Rente um einen Zuschlag von 0,6% des Jahresbetrages des Altersruhegeldes für jeden Kalendermonat, für den der Versicherte die Rente noch nicht in Anspruch genommen und weiter Beiträge entrichtet hat (§§ 1254 Abs. 1 a RVO, 31 Abs. 1 a AVG); ab 1992 entfällt die Begrenzung auf die Vollendung des 67. Lebensjahres, und die Rente erhöht sich für jeden Kalendermonat, für den die Rente nicht beansprucht wird, um 0,5% (§§ 63 Abs. 5, 77 Abs. 2 SGB VI). Auch diese Rentenerhöhung ist im VA zu berücksichtigen, soweit sie bei Ehezeitende bereits erworben ist (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 137). Mit dem RRG 1992 wird die Möglichkeit eröffnet, eine Teilrente in Höhe von einem Drittel, der Hälfte oder zwei Dritteln der Vollrente in Anspruch zu nehmen (§ 42 SGB VI), wobei unterschiedliche Hinzuverdienstgrenzen gelten (§ 34 Abs. 3 SGB VI). Im VA bleibt der Bezug einer Teilrente außer Betracht; maßgebend ist hier die Anwartschaft auf Vollrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Eine Berufsunfähigkeitsrente erhält ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge 78 von Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist, der die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat und der in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufsunfahigkeit mindestens 3 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt war (§§ 1246 RVO, 23 AVG; § 43 SGB VI). Erwerbsunfähigkeitsrente wird Hartmut Wiek

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an einen Versicherten gezahlt, der infolge von Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann, der die Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat und der in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 3 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt war (§§ 1247 RVO, 24 AVG; §44 SGB VI). Nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht bestand ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente auch dann, wenn zwar die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt, aber vor dem Antrag auf Rente insgesamt eine Versicherungszeit von 20 Jahren zurückgelegt worden war. Diese Regelung gilt künftig nur noch, wenn die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit eingetreten ist und seitdem ununterbrochen bestanden hat; außerdem ist in diesen Fällen nicht mehr erforderlich, daß in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 3 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind (§ 44 Abs. 3 SGB VI). Nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht wurden Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, sofern der Versicherte nicht anderes bestimmte, mit Erfüllung der Voraussetzungen für ein Altersruhegeld in ein solches umgewandelt; dies geschah hinsichtlich des normalen Altersruhegeldes mit Vollendung des 65. Lebensjahres von Amts wegen, hinsichtlich des vorgezogenen oder flexiblen Altersruhegeldes auf Antrag (§§ 1254 Abs. 2 S. 1 RVO, 31 Abs. 2 S. 1 AVG). Die Höhe des Altersruhegeldes entsprach mindestens dem bisher als Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlten Betrag (sog. Besitzstandswahrung; § 1254 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 1253 Abs. 2 S. 5 RVO; § 31 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 5 AVG). Ab 1992 werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur noch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt (§§43 Abs. 1, 44 Abs. 1 SGB VI). Anschließend wird von Amts wegen Regelaltersrente gezahlt, wenn der Versicherte nichts anderes bestimmt (§115 Abs. 3 SGB VI). Dabei werden mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt (§ 88 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Einen Besitzschutz gibt es außerdem für vor dem 02.12.1926 geborene Versicherte, die am 31. 12. 1991 einen Anspruch auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente oder auf Erziehungsrente hatten; sie erhalten die Rente vom 01. 01. 1992 an als Regelaltersrente (§ 302 SGB VI). Zur Berücksichtigung bereits gezahlter Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten im VA vgl. Rdn. 149 ff. 79

c) Für den VA grds. unerheblich ist, ob die Rentenanwartschaften auf Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen beruhen. Der Kreis der versicherungspflichtigen Personen ergibt sich aus den §§ 1227 bis 1231 a RVO, 2 bis 8a AVG (ab 1992: §§ 1 - 6 SGB VI). Freiwillige Beiträge können von nicht versicherungspflichtigen Personen nach Maßgabe der §§ 1233 RVO, 10 AVG (§ 7 SGB VI) entrichtet werden, jedoch gilt dies für die nach den §§ 1229 RVO, 6 AVG (§ 5 SGB VI) versicherungsfreien Personen und für Personen, die nach den §§ 1230, 1231 RVO, 7, 8 AVG (§ 6 SGB VI) von der Versicherungspflicht befreit sind (insbesondere Beamte und Personen mit beamtenähnlichen Versorgungsanwartschaften), nur dann, wenn sie bereits für 60 Monate Beiträge entrichtet (ab 1992: wenn sie die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt) haben (§§ 1233 Abs 1 a RVO, 10 Abs. 1 a AVG; § 7 Abs. 2 SGB VI). Bezieher von Altersruhegeld (ab 1992: Vollrente wegen Alters) aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die ebenfalls kraft Gesetzes versicherungsfrei sind (§§ 1229 Abs. 1 Nr. 1 RVO, 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG, § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI), können keine freiwilligen Beiträge mehr entrichten (§§ 1233 Abs. 2 a RVO, 10 Abs. 2 a AVG; § 7 Abs. 2 SGB VI). Dagegen kann während einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine freiwillige Versicherung zur Anrechnung für einen künftigen Versicherungsfall erfolgen (§§ 1233 Abs. 2 RVO, 10 Abs. 2 AVG; § 7 Abs. 3 SGB VI). Freiwillige Beiträge müssen bisher grds. in dem Versicherungsjahr entrichtet werden, für 508

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das sie gelten sollen (§§ 1418 RVO, 140 AVG); ab 1992 können die Beiträge noch bis zum 31. 03. des folgenden Jahres wirksam gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Unter bestimmten Voraussetzungen war bzw. ist eine Nachentrichtung von freiwilli- 8 0 gen Beiträgen für vergangene Versicherungsjahre möglich. So konnten z. B. Angestellte, die wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze von der Versicherungspflicht befreit gewesen waren, aber nach dem 01. 01. 1968 wieder versicherungspflichtig geworden waren, bis 1970 beantragen, freiwillige Beiträge nachzuentrichten (Art. 2 § 5 a AnVNG). Ferner konnten Frauen, die — was bis Ende 1968 möglich war — sich nach ihrer Heirat die bis dahin entrichteten Beiträge hatten erstatten lassen, freiwillige Beiträge nachentrichten (Art. 2 § 28 ArVNG, Art. 2 § 27 AnVNG; § 282 SGB VI). Desweiteren ist durch Art. 2 § 51 b ArVNG, Art. 2 § 49 b AnVNG Frauen, denen Kindererziehungszeiten vor dem 01. 01. 1986 angerechnet wurden, die Möglichkeit eröffnet worden, durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge die Wartezeit von 60 Monaten als Voraussetzung für eine Alters- oder Invaliditätsrente zu erfüllen. Auch Pflichtbeiträge können u. U. nachzuentrichten sein, z. B. wenn ein selbständig Erwerbstätiger die Aufnahme in die gesetzliche Rentenversicherung beantragt und die Versicherungspflicht durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers rückwirkend eintritt. Für nachentrichtete Beiträge gilt das sog. In-Prinzip: Rentenanwartschaften, die durch sie begründet worden sind, fallen nur insoweit in den VA, als die Beiträge noch in der Ehe entrichtet worden sind; Beitragszeiten, die durch erst nach diesem Zeitpunkt entrichtete Beiträge begründet worden sind, bleiben im VA auch dann außer Betracht, wenn sie für Zeiten geleistet wurden, die in der Ehezeit liegen. Das In-Prinzip findet sowohl auf freiwillige Beiträge (BGH FamRZ 81, 1169; 85, 683; 87, 364) als auch auf Pflichtbeiträge Anwendung (BGH FamRZ 85, 687; OLG Hamm FamRZ 83, 729; OLG Köln FamRZ 84, 63 mit abl. Anm. Schmeiduch-, a. A. die Vertreter des sog. Für-Prinzips; vgl. auch § 1587 Rdn. 25, 27). Durch die ab 01.01.1992 geltende Neufassung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 ergibt sich insoweit keine Änderung. Läßt sich der Zeitpunkt der Beitragsentrichtung nicht feststellen, so ist i. d. R. davon auszugehen, daß die Beiträge in dem Zeitraum entrichtet sind, für den sie geleistet sind (BGH FamRZ 81, 1169, 1171; 83, 683, 684). Es reicht im übrigen für die Einbeziehung in den VA noch aus, wenn nachentrichtete Beiträge zwar nach dem Ende der Ehezeit (i. S. des § 1587 Abs. 2), aber noch bis zur Zustellung des Scheidungsantrags geleistet worden sind. Diese Korrektur ist notwendig, damit zwischen VA und Zugewinnausgleich keine Lücke entsteht (BGH FamRZ 81, 1169, 1172). Die strikte Anwendung des In-Prinzips kann im Einzelfall grob unbillig sein und eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs nach § 1587 c Nr. 1 rechtfertigen, z. B. wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte nach Ende der Ehezeit aus seinen Mitteln freiwillige Beiträge für den anderen Ehegatten nachentrichtet hat und der einbezahlte Betrag keinem güterrechtlichen Ausgleich zu seinen Gunsten unterliegt (BGH FamRZ 87, 364). Das In-Prinzip gilt nicht für die Berechnung des Höchstbetrags nach § 1587 b Abs. 5 (vgl. § 1587 b Rdn. 96). d) Scheiden Beamte oder diesen versorgungsmäßig gleichgestellte Personen aus ihrem 81 Dienst- oder Arbeitsverhältnis aus, ohne daß ihnen eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährt wird, so sind sie für die Zeit, in der sie sonst rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen wären, nachzuversichern (§§ 1232 RVO, 9 AVG; § 8 SGB VI). Die Nachversicherung erfolgt in der Weise, daß der Dienstherr oder Arbeitgeber die Beiträge nachentrichtet, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend sind (vgl. dazu §§ 1402 RVO, 124 AVG); nach dem RRG 1992 erfolgt die Berechnung der Beiträge nach den Vorschriften, die im Hartmut Wiek

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Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten (§ 181 Abs. 1 SGB VI). Ein Bediensteter, der zugleich Mitglied einer berufsständischen Versorgung (§ 7 Abs. 2 AVG; § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) war (z. B. ein beamteter Arzt), kann ein Wahlrecht dahin ausüben, daß er statt in der gesetzlichen Rentenversicherung bei seinem berufsständischen Versorgungswerk nachversichert wird (§ 124 Abs. 6 a, Abs. 6 b AVG; § 186 SGB VI; vgl. u. Rdn. 249). Mit Durchführung der Nachversicherung fällt die Anwartschaft auf Beamtenversorgung weg und wird durch die Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt. Dadurch sinkt häufig der Wert der Anwartschaft, weil in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragsbemessungsgrenzen bestehen. Aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsvorschriften für die Beamtenversorgung und für die gesetzliche Rentenversicherung kann sich zudem eine andere Bewertung des Ehezeitanteils ergeben. Eine solche Änderung des Werts der auszugleichenden Anwartschaft ist regelmäßig auch dann zu beachten, wenn sie erst nach Ende der Ehezeit eingetreten ist (vgl. § 1587 Rdn. 32, 35; § 10 a VAHRG Rdn. 28). Grds. darfeine Beitragszeit erst berücksichtigt werden, wenn bereits ein bindender Nachversicherungsbescheid vorliegt oder die Beiträge tatsächlich nachentrichtet sind. Für den VA können die nachzuversichernden Zeiten u. U. aber auch schon dann einbezogen werden, wenn die Nachversicherung aufgeschoben (§§ 1403 RVO, 125 AVG; § 184 Abs. 2 SGB VI) oder noch nicht fällig geworden ist. So ist z. B. die auszugleichende Versorgungsaussicht des Soldaten auf Zeit und des Widertufsbeamten mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bewerten (BGH FamRZ 81, 856; 82, 362; vgl. auch Rdn. 17 f; ferner § 1587 Rdn. 34). Die Rentenversicherungsträger führen in solchen Fällen nach Übermittlung der Entgelte, die einer Nachversicherung zugrunde zu legen wären (zu erfragen beim zuständigen Träger der Beamten- bzw. Soldatenversorgung), eine fiktive Rentenanwartschaftsberechnung unter Einbeziehung der im Falle einer Nachversicherung zu berücksichtigenden Beitragszeiten durch. Die Versorgungsaussichten der Zeitsoldaten und Widerrufsbeamten können allerdings nicht nach § 1587 b Abs. 1 übertragen werden (vgl. § 1587 b Rdn. 13, 49). In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Nachversicherung für einen Beamten, dem die Anrechte auf Ruhegehalt aberkannt worden sind, aufgeschoben ist (OLG Koblenz FamRZ 86, 1223). 82

e) Nach dem Fremdrentenrecht werden ausländische Beitrags- und Beschäftigungszeiten des in § 1 FRG genannten Personenkreises (insbes. Vertriebene und Aussiedler deutscher oder früherer deutscher Staatsangehörigkeit) wie bundesdeutsche Versicherungszeiten behandelt (vgl. §§ 15 ff FRG i. d. F. des Art. 14 RÜG). Die Regelungen des FRG beruhen auf dem Integrationsprinzip: der einzelne Berechtigte soll so gestellt werden, als ob er sein gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik zurückgelegt und den Verdienst eines vergleichbaren bundesdeutschen Versicherten erzielt hätte. Die Rentenreform 1992 hat daran im Grundsatz nichts geändert, jedoch wurde das bis dahin sehr grobe Einstufungssystem verfeinert und durch Bildung verschiedener Berufsgruppen stärker differenziert (sog. Branchenmodell). Dadurch wurde die teilweise ungerechtfertigte Besserstellung der nach dem FRG Berechtigten beseitigt (vgl. Lejendecker ZfSH/ SGB 90, 20, 22). Aussiedler, die im Beitrittsgebiet Aufnahme finden, erhalten künftig Leistungen, die dem dortigen Rentenniveau entsprechen (BT-Drucks. 12/405 S. 115; vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 11). — Die Bestimmungen des FRG galten nach früherem Recht auch für Übersiedler aus der ehemaligen DDR. Dies wurde — für künftige Übersiedler — bereits im ersten Staatsvertrag zwischen der BRD und der DDR geändert (vgl. Art. 20 Abs. 7 des Vertrages und Anlage V Abschn. VI Nr. 7, FamRZ 90, 826, 828, 833; ferner Art. 22 des Vertragsgesetzes vom 25. 06. 1990, BGBl. II S. 518). Seit dem Inkrafttreten 510

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des SGB VI im Beitrittsgebiet ist das Fremdrentenrecht auf dort 2urückgelegte Beitragsund Beschäftigungszeiten nicht mehr anzuwenden. Diese Zeiten werden allerdings bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet besonders bewertet. Eine Ausnahme gilt nur für Versicherte, die am 18. 05. 1990, dem Tag des ersten Staatsvertrages, bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatten (vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 5). Ausländische Beitragszeiten können auch nach über- oder zwischenstaatlichen 83 Sozialversicherungsabkommen deutschen Versicherungszeiten gleichgestellt sein (sog. Versicherungslast-Regelungen; vgl. Soergel\Schmeiduch Rdn. 82; MüKo¡Maier Rdn. 168 bis 171). Sie sind dann ebenfalls wie deutsche Versicherungszeiten zu behandeln. Auch soweit keine Versicherungslast-Regelung besteht, können ausländische Beitragszeiten aufgrund über- oder zwischenstaatlicher Abkommen die Höhe der deutschen Rente beeinflussen, z. B. weil sie bei der Halbbelegung als (bis 1991 bestehender) Voraussetzung für die Anrechnung von Ausfallzeiten (s. Rdn. 124) oder auf die für die Rente nach Mindesteinkommen erforderliche Versicherungszeit (s. Rdn. 118) angerechnet werden (vgl. dazu z. B. M.üKojMaier aaO; RahmjPaet^old VIII Rdn. 624 ff). Die Auswirkungen der ausländischen Versicherungszeiten auf die deutschen Rentenanwartschaften sind daher im Einzelfall vom zuständigen Rentenversicherungsträger zu prüfen (zur Zuständigkeit vgl. § 53 b FGG Rdn. 32 ff). Bisher waren ferner die Sonderregelungen des deutsch-polnischen Sozialversiche- 8 4 rungsabkommens vom 09. 10. 1975 (BGBl. 76 II S. 396) zu beachten. Danach waren versicherungspflichtige Beschäftigungszeiten in Polen vom deutschen Versicherungsträger anzurechnen, wenn und solange der Rentenberechtigte im Geltungsbereich des GG wohnte. Lebte der Rentenberechtigte dagegen in Polen, waren die deutschen Versicherungszeiten vom polnischen Versicherungsträger abzugelten. Daraus folgte für den VA, daß ein in der Bundesrepublik wohnender Ehegatte mit polnischen Versicherungszeiten eine einheitliche Anwartschaft der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2) besaß; ein in Polen lebender Ehegatte mit deutschen Versicherungszeiten dagegen eine einheitliche Anwartschaft der polnischen Sozialversicherung, ohne daß danach zu differenzieren war, in welchem Vertragsstaat des Abkommens die zugrundeliegenden Versicherungszeiten im einzelnen zurückgelegt worden waren (BGH FamRZ 89, 949; OLG Karlsruhe FamRZ 89, 399). Die Anwartschaft eines in Polen wohnenden Ehegatten fiel nicht unter § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 (BGH FamRZ 89, 949, 950; a. A. Soergelj Schmeiduch Rdn. 83). Diese Rechtslage hat sich mit dem neuen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08. 12. 1990 (BGBl. 91 II S. 743) grundlegend geändert. Künftig wird vom Rentenversicherungsträger eines Vertragsstaats nur noch diejenige Rentenleistung erbracht, die dem Verhältnis entspricht, in dem die nach seinen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten zu sämtlichen (in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten) Versicherungszeiten stehen (Art. 18 Abs. 1). Eine deutsche Rente wird aus den Bemessungsgrundlagen und Entgeltpunkten berechnet, die sich aus den nach den deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten ergeben (Art. 18 Abs. 2). Ausländische Versicherungszeiten werden nur bei den Vorausssetzungen für den Erwerb eines Leistungsanspruchs überhaupt berücksichtigt (Art. 17 Abs. 1 S. 1). Allerdings können Leistungen eines Vertragsstaats in jedem Fall erst nach einer dort zurückgelegten Mindestversicherungszeit von sechs Monaten beansprucht werden (Art. 17 Abs. 2). Soweit danach Rentenanwartschaften in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben werden, fallen diese unter § 1587 a Abs. 2 Nr. 2. Auch wenn der Berechtigte in Polen lebt, kann der VA grds. in Form des Rentensplittings durchgeführt werden. Die Tatsache, Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

daß sich der Ausgleichsberechtigte nicht im Geltungsbereich des SGB aufhält, steht einem Ausgleich nach § 1587 b Abs. 1 nicht entgegen (BGH FamRZ 82,473). In Polen zurückgelegte Zeiten begründen künftig ausländische Anwartschaften (vgl. Rdn. 85). Das Abkommen vom 08. 12. 1990 gilt für Versicherungszeiten nach dem 31. 12. 1990 und für Ansprüche der Personen, die nach dem 31. 12. 1990 ihren Wohnort in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats verlegen, dort erneut begründen oder in einem Drittstaat haben (Art. 27 Abs. 1). Für die vor dem 01. 01. 1991 in einem Vertragsstaat erworbenen Anrechte gelten die Regelungen des Abkommens vom 09. 10. 1975 fort, solange die Berechtigten ihren Wohnort in dem Vertragsstaat behalten, in dem sie bisher gewohnt haben (Art. 27 Abs. 2). Die Bewertung polnischer Versicherungszeiten erfolgt in diesem Fall nach Fremdrentenrecht, solange der Berechtigte im alten Bundesgebiet wohnt; bei Wohnsitz im Beitrittsgebiet sind die dortigen Rechtsvorschriften maßgebend (Art. 2 des Gesetzes vom 18. 06. 1991 zu dem Abkommen vom 08. 12. 1990, BGBl. 91 II S. 741). Abgesehen von den vorgenannten Fällen wird eine in der deutschen gesetzlichen 85 Rentenversicherung erworbene Anwartschaft von im Ausland verbrachten Beschäftigungszeiten nicht beeinflußt. Allerdings ist zu prüfen, inwieweit aufgrund dieser Zeiten Rentenanwartschaften bei einem ausländischen Versorgungsträger erworben worden sind. Auch solche Anrechte sind in den VA einzubeziehen. Ihre Bewertung richtet sich jedoch nicht nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2, sondern entweder nach Abs. 2 Nr. 4 oder nach Abs. 5; das gleiche gilt für Anrechte aufgrund einer Tätigkeit bei einer zwischenoder überstaatlichen Organisation (vgl. Rdn. 324). Der Ausgleich dieser Anrechte erfolgt gemäß § 2 VAHRG in schuldrechtlicher Form (BGH FamRZ 89, 949; vgl. § 1587 b Rdn. 11). 86

f) Die Bewertungsvorschrift der Nr. 2 gilt, wie ausdrücklich geregelt ist, nur für solche Renten und Rentenanwartschaften, die den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegen, also volldynamisch sind. Gemäß §§ 1272 Abs. 1 und 2 RVO, 49 Abs. 1 und 2 AVG (ab 1992: § 65 SGB VI) werden die Renten alljährlich zum 1. Juli durch Gesetz (ab 1992: durch VO, mit der der aktuelle Rentenwert festgesetzt wird, § 69 SGB VI) angepaßt. Renten oder Rentenanteile, die auf echten Beiträgen der Höherversicherung (§§ 1234, 1261 RVO, §§ 11, 38 AVG; § 234 SGB VI) oder auf freiwilligen Beiträgen, die als Höherversicherungsbeiträge gelten (sog. unechte Höherversicherungsanteile) beruhen, unterliegen nicht den gesetzlichen Rentenanpassungen (§§ 1272 Abs. 3 RVO, 49 Abs. 3 AVG; vgl. §§ 65, 66, 269 SGB VI) und fallen deshalb nicht unter Abs. 2 Nr. 2. Die Bewertung dieser nichtdynamischen Anwartschaften richtet sich nach Abs. 2 Nr. 4 c (BT-Drucks. 7/4361, S. 37; vgl. Rdn. 260). Die entsprechenden Werte werden in den Auskünften der Rentenversicherungsträger gesondert ausgewiesen (§§ 1304 Abs. 2 S. 6 RVO, 83 Abs. 2 S. 6 AVG) und müssen nach Abs. 3 Nr. 2 in dynamische Anrechte umgewertet werden. 87 g) Auch der Kinderzuschuß zur Rente (§§ 1262, 1269 RVO, 39, 46 AVG), der ab 01. 01. 1992 nur noch an nach bisherigem Recht Anspruchsberechtigte gezahlt wird (§ 270 SGB VI), unterliegt nicht den Rentenanpassungen. Er bleibt als familienbezogener Rentenbestandteil im VA ganz außer Betracht (§ 1587 a Abs. 8). Zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung vgl. jedoch Rdn. 120 f, 127). 88 h) Als echter Bestandteil der dynamischen Rente und daher nach Abs. 2 Nr. 2 zu bewerten ist der Untertagezuschlag nach § 59 RKG (§ 85 SGB VI), der zu einer Rente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung — gestaffelt nach der Dauer der Untertagearbeit — gezahlt wird (OLG Hamm FamRZ 80, 898). Das gleiche gilt für die Knappschaftsausgleichsleistung nach § 98 RKG bzw. § 239 SGB VI (Johannsenf Henrich! Hahne Rdn. 134). 512

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 B BGB

3. Ermittlung des Ehezeitanteils nach bis 31.12. 1991 geltendem Recht

89

§ 1304 RVO (§ 83 AVG) (1) Zur Ermittlung des für den Wertausgleich von Rentenanwartschaften nach § 1587 a Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs maßgebenden Betrages an Renten und Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen ist der Monatsbetrag des Altersruhegeldes aus allen bis zum Versicherungsfall anrechnungsfähigen Versicherungsjahren zu berechnen. Dabei gilt als Zeitpunkt des Versicherungsfalles das Ende der sich aus § 1587 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebenden Ehezeit. (2) Der sich nach Abs. 1 ergebende Monatsbetrag des Altersruhegeldes ist mit dem Verhältnis zu vervielfältigen, in dem die Summe der bei der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegten Verhältniswerte (Werteinheiten) für in die Ehezeit fallende und nach Abs. 1 berücksichtigte Zeiten zu der Summe der insgesamt zugrunde gelegten Werteinheiten steht. Fallen Ehezeiten in einen Zeitraum, für den ein Entgelt bescheinigt worden ist, so bestimmt sich das Entgelt für die Ehezeit nach dem Anteil der Ehezeit zur Gesamtzeit dieses Zeitraumes. Bei der Berechnung des Verhältnisses bleiben Werteinheiten nach Art. 2 §§ 14 und 55 a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes unberücksichtigt. Im übrigen gilt § 1255 Abs. 3 Buchst, b S. 2 entsprechend. Der sich hiernach ergebende Betrag ist um Steigerungsbeträge für Beiträge der Höherversicherung zu erhöhen, soweit sie auf die Ehezeit entfallen; § 1297 S. 1 gilt entsprechend. Der Betrag, der nicht den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegt, ist getrennt auszuweisen. (3) Ist in dem nach Abs. 1 ermittelten Monatsbetrag des Altersruhegeldes ein Leistungsanteil aus der knappschaftlichen Rentenversicherung enthalten, ist auf den Leistungsanteil, der nicht auf die knappschaftliche Rentenversicherung entfällt, Abs. 2 und auf den Leistungsanteil aus der knappschaftlichen Rentenversicherung § 96 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes entsprechend anzuwenden.

a) Nach den §§ 1304 Abs. 1 RVO, 83 Abs. 1 AVG, 96 Abs. 1 RKG ist zunächst der 9 0 Monatsbetrag des Altersruhegeldes aus allen bis zum (fiktiven) Versicherungsfall (Ende der Ehezeit, §§ 1304 Abs. 1 S. 2 RVO, 83 Abs. 1 S. 2 AVG, 96 Abs. 1 S. 2 RKG) anrechnungsfahigen Versicherungsjahren zu berechnen. Es ist also das gesamte Altersruhegeld zu ermitteln, das der versicherte Ehegatte aufgrund der vor und der in der Ehe zurückgelegten Versicherungszeiten erhielte, wenn am Ende der Ehezeit der Versicherungsfall eingetreten wäre. Eine Hochrechnung des Altersruhegeldes auf die Altersgrenze findet nicht statt. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung beruht seit 1957 auf dem Umlage- 91 prinzip. Die Höhe der Renten wird zum einen von dem jeweiligen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten und zum anderen von dem persönlichen Arbeitsverdienst bzw. der individuellen Beitragsleistung des einzelnen Versicherten beeinflußt. Berechnungsfaktoren für die Höhe des Altersruhegeldes sind die allgemeine Bemessungsgrundlage (aB), die persönliche Bemessungsgrundlage (pB), das ist ein persönlicher Vomhundertsatz aus der Bewertung des gesamten individuellen Versicherungsverlaufs, die Zahl der Versicherungsjahre (Vj) und der Steigerungssatz (St). Aus diesen Faktoren wird die sog. Rentenformel gebildet, bei der es sich um den kurzgefaßten Inhalt der für die Höhe des Altersruhegeldes maßgebenden Vorschriften handelt (vgl. z. B. §§ 1254, 1255 RVO). Zur Berechnung des Monatsbetrages muß das Produkt aus der Rentenformel ferner durch 12 dividiert werden. Für den VA gilt danach folgende Berechnungsformel: aB x pB x Vj x St : 12 = Monatsbetrag des Altersruhegeldes. Die pB und der St werden dabei in Prozentsätzen ausgedrückt, müssen also als Hundertstel-Brüche in die Berechnung eingesetzt werden. Etwaige Erhöhungen des Altersruhegeldes durch Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung und durch Kinderzuschüsse (vgl. § 1254 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 RVO) bleiben außer Betracht (Rdn. 86f). Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB 92

Scheidung der Ehe

Bei der allgemeinen Bemessungsgrundlage handelte es sich bis 1983 um das durchschnittliche Bruttojahresarbeitsentgelt aller Versicherten der Arbeiter- und Angestelltenversicherung (ohne Lehrlinge und Anlernlinge) im Mittel des dreijährigen Zeitraums vor dem Kalenderjahr, das dem Eintritt des Versicherungsfalles vorausgegangen war. Seit 1984 verändert sich die allgemeine Bemessungsgrundlage von Jahr zu Jahr entsprechend der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte aller Versicherten (ohne Lehrlinge und Anlernlinge). Bei einem Versicherungsfall in der Zeit vom Ol. Ol. bis 30. 06. eines Jahres ist noch die allgemeine Bemessungsgrundlage des voraufgegangenen Kalenderjahres maßgebend (§§ 1255 Abs. 1 S. 2 RVO, 32 Abs. 1 S. 2 AVG). Die maßgebenden Werte werden jährlich zum 1. Juli durch das jeweilige Rentenanpassungsgesetz festgestellt (§§ 1255 Abs. 2 RVO, 32 Abs. 2 AVG i. d. F. des HBeglG 1984). Bei Versicherungsfällen ab 1983 gelten in der Arbeiter- und Angestelltenvetsicherung folgende allgemeine Bemessungsgrundlagen: 1983: 1984: 1985: 1986: 1987: 1988: 1989: 1990:

25 445 26 310 27 099 27 885 28 945 29 814 30 709 31 661

DM; DM; DM; DM; DM; DM; DM; DM.

In der knappschaftlichen Rentenversicherung gelten durchweg andere (höhere) allgemeine Bemessungsgrundlagen. 93 Zu der allgemeinen Bemessungsgrundlage, die die Entwicklung der Bruttolöhne widerspiegelt und damit die Einkommensdynamik der Renten gewährleistet, wird die persönliche Bemessungsgrundlage des einzelnen Versicherten in Beziehung gesetzt. Sie wird in einem Prozentsatz der allgemeinen Bemessungsgrundlage ausgedrückt und gibt das Verhältnis an, in dem der individuelle Verdienst des einzelnen Versicherten oder ein Ersatzwert (für anrechnungsfähige beitragslose Zeiten) zu dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten gestanden hat, und zwar bezogen auf die gesamte Versicherungszeit (sog. persönlicher Vomhundertsatz). Die persönliche Bemessungsgrundlage ist auf das Doppelte der im Jahr des Versicherungsfalles geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage ( = 200%) begrenzt (§§ 1255 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 RVO, § 32 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AVG; zu den Besonderheiten der Knappschaftsversicherung vgl. §§ 9 a, 54 Abs. 1 S. 1 RKG). Der für den Versicherten maßgebende persönliche Vomhundertsatz aus der gesamten Versicherungszeit wird auf folgende Weise ermittelt: Der zuständige Rentenversicherungsträger erstellt zunächst den individuellen Versicherungsverlauf. Darin werden in monatlichen (oder zusammengefaßt in jährlichen) Zeitabschnitten die Bruttoentgelte, auf die Beiträge entrichtet worden sind, sowie anrechnungsfähige beitragslose Zeiten erfaßt. Sodann werden die Bruttoentgelte oder entsprechende Ersatzwerte mit dem jeweiligen durchschnittlichen Bruttojahresarbeitsentgelt aller Versicherten verglichen. Das Durchschnittseinkommen aller Versicherten in den einzelnen Kalenderjahren ist der Anlage 2 zu §§ 1255 RVO, 32 AVG zu entnehmen. Es wird jährlich — in der Sozialversicherungs-Bezugsgrößenverordnung — neu bestimmt (§§ 1256 RVO, 33 AVG). Für das Jahr des Versicherungsfalles und das vorangegangene Kalenderjahr ist dasselbe Durchschnittsbruttoentgelt zu berücksichtigen wie in dem zweiten Kalenderjahr vor dem Jahr des Versicherungsfalles (§§ 1255 Abs. 3 S. 1 Buchst, d RVO, 32 Abs. 3 S. 1 Buchst, d AVG), so daß für die letzten drei Versicherungsjahre dieselbe Bezugsgröße anzusetzen ist. Diese Regelung ist aus Gründen der Gleichbehandlung im VA (allerdings 514

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

nur bei der Erstentscheidung, vgl. § 10 a VAHRG Rdn. 32) auch dann maßgebend, wenn die endgültigen Durchschnittsbruttoentgelte im Zeitpunkt der Entscheidung ausnahmsweise bereits bekannt sind (BGH FamRZ 91, 173). Das sich für jeden Versicherungsmonat ergebende Verhältnis des Individualverdienstes (oder eines Ersatzwertes) zum Jahresdurchschnittsentgelt aller Versicherten, ausgedrückt in Prozent, wird als Rechengröße auf dem Versicherungskonto gebucht. Diese Rechengröße wird in der gesetzlichen Rentenversicherung als Werteinheit bezeichnet. Das Durchschnittsarbeitseinkommen aller Versicherten pro Kalenderjahr entspricht jeweils 100 Werteinheiten (= 100%). Lag der Individualverdienst des einzelnen Versicherten darüber oder darunter, so hat er entsprechend mehr oder weniger Werteinheiten erworben. Die Werteinheiten (WE) pro Jahr lassen sich demgemäß nach folgender Gleichung berechnen (pE: persönliches Bruttoentgelt des Versicherten; aE: Durchschnittseinkommen aller Versicherten): pE x 100 WE = aE Die Summe der insgesamt erworbenen Werteinheiten aus allen zu bewertenden Zeiten, geteilt durch die Zahl der anzurechnenden Versicherungsmonate und multipliziert mit 12, ergibt den Vomhundertsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage: Summe WE x 12 = pB (persönlicher Vomhundertsatz). Summe Versicherungsmonate Die Versicherungsjahre ergeben sich gemäß §§ 1258 Abs. 1 RVO, 35 Abs. 1 AVG 94 aus den auf die Wartezeit anzurechnenden Versicherungszeiten, d. h. Beitrags-, Ersatzund Kindererziehungszeiten (§§ 1250 Abs. 1 RVO, 27 Abs. 1 AVG), sowie den Ausfallzeiten (§§ 1259 RVO, 36 AVG) und der Zurechnungszeit (§§ 1260 RVO, 37 AVG). Zur Ermittlung der Versicherungsjahre ist die Anzahl der Versicherungsmonate durch 12 zu teilen. Bleibt bei der Berechnung ein Rest, so ergibt jeder Monat davon ein Zwölftel Versicherungsjahr, und die Summe der Zwölftel ist als Dezimalzahl auszudrücken, die auf zwei Stellen zu runden ist (§§ 1258 Abs. 2 RVO, 35 Abs. 2 AVG). Zu den anrechnungsfähigen Versicherungszeiten im einzelnen vgl. Rdn. 115 ff. Der Steigerungssatz beträgt beim Altersruhegeld und bei der Erwerbsunfahigkeits- 95 rente für jedes anrechnungsfahige Versicherungsjahr 1,5% (§§ 1253 Abs. 2, 1254 Abs. 1 RVO, §§30 Abs. 2, 31 Abs. 1 AVG), bei der Berufsunfähigkeitsrente hingegen 1,0% (§§ 1253 Abs. 1 RVO, 30 Abs. 1 AVG). Der Steigerungssatz ist so bemessen, daß der Versicherte nach einem Arbeitsleben von rund 40 Jahren eine Rente von 60% seiner persönlichen Bemessungsgrundlage erhält. In der Knappschaftsversicherung gilt beim Altersruhegeld ein Steigerungssatz von 2% (§ 53 Abs. 4 RKG). Beispiel für die Berechnung des Altersruhegeldes bei Annahme eines Ehezeitendes 96 am 30. 06. 1986 sowie einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 110% und 32 Versicherungsjahren: 110 1,5 (pB) x 27 099 DM (aB 1985) x 32 (Vj) x (St) = 14308,27 DM : 12 = 1192,36 DM (Monatsbetrag). Gemäß §§ 1297 S. 1 RVO, 74 S. 1 AVG ist der Monatsbetrag der Rente auf volle 10 Pfennig bürgerlich aufzurunden (SoergeljSchmeiduch Rdn. 95) und beträgt demnach im vorstehenden Beispiel 1192,40 DM. b) Im Anschluß an die Berechnung des gesamten fiktiven Altersruhegeldes ist der für 97 den VA maßgebliche Ehezeitanteil zu ermitteln. Dies geschieht nach dem Verhältnis, in dem die Werteinheiten für die in die Ehezeit fallenden Zeiten zu den insgesamt Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

ermittelten Werteinheiten stehen (§§ 1304 Abs. 2 S. 1 RVO, 83 Abs. 2 S. 1 AVG; zur Berechnung der Werteinheiten vgl. Rdn. 93). Die Formel zur Ermittlung des Ehezeitanteils lautet somit: WE aus der Ehezeit x 100

= Ehezeitanteil des Altersruhegeldes (in %).

WE aus der Gesamtzeit Beispiel:

2838,69 (WE Ehezeit) x 100 —= 78,41 (%) 3620,22 (WE Gesamtzteit) Dieser Verhältniswert (Vomhundertsatz) ist auf das Gesamtaltersruhegeld anzuwenden. In dem Beispielsfall aus Rdn. 96 ergibt sich eine ehezeitliche Rentenanwartschaft von = 934 96 DM 100 Bei der Ermittlung des Verhältniswertes ist in allen Berechnungsschritten (SoergeljSchmeiduch Rdn. 104; nicht beachtet von BGH FamRZ 89, 721, 723) bis auf drei Stellen hinter dem Komma zu rechnen und dann auf zwei Stellen bürgerlich zu runden (§ 1304 Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 1255 Abs. 3 b S. 2 RVO; § 83 Abs. 2 S. 4 i. V. m. § 32 Abs. 3 b S. 2 AVG). Die ehezeitliche Rentenanwartschaft ist gemäß § 1304 Abs. 2 S. 5 i. V. m. § 1297 S. 1 RVO, § 83 Abs. 2 S. 5 i. V. m. § 74 S. 1 AVG auf volle 10 Pfennig aufzurunden (BGH FamRZ 88, 1148, 1152). Sie beträgt also im Beispielsfall monatlich 935,00 DM.

1192,40 DM x

98

Die Berechnung des Ehezeitanteils kann vereinfacht werden, wenn in der Ehezeit nur Beitragszeiten zurückgelegt worden sind und die in der Ehezeit erworbenen Werteinheiten ohne Berücksichtigung von Zeiten außerhalb der Ehezeit ermittelt werden können (vgl. dazu Rdn. 99 f). In diesem Fall kann der auf die Ehezeit entfallende Teil der Rentenanwartschaft in folgender Weise nach der Rentenformel berechnet werden:

(

Gesamte WE

\

X aB x St : 12 = ehezeitliche Rente. 100 ) 99 Fällt ein Zeitraum, für den ein Entgelt bescheinigt worden ist, teilweise in die Ehezeit und teilweise in die Zeit davor oder danach, ist nach §§ 1304 Abs. 2 S. 2 RVO, 83 Abs. 2 S. 2 AVG eine pauschale Aufteilung vorzunehmen. Die Regelung hat praktische Bedeutung im wesentlichen nur für das Jahr, in das der Beginn der Ehezeit fällt. Denn das Entgelt für das Jahr, in dem die Ehezeit endet, ist bei Einholung der Auskunft i. d. R. noch nicht beim Rentenversicherungsträger gespeichert. Deshalb muß vom Arbeitgeber eine Entgeltbescheinigung erfordert werden, die das bis zum letzten Ehezeitmonat tatsächlich erzielte Bruttoentgelt ausweist (vgl. Rdn. 116). Ist dem Versicherungsträger das Jahresarbeitsentgelt für das letzte Ehejahr jedoch bereits gemeldet, so ist auch dafür das Aufteilungsverfahren durchzuführen (SoergeljSchmeiduch Rdn. 101). 100 Bei der Berechnung des Werteinheitenverhältnisses sind Werteinheiten für die pauschale Ausfallzeit nach Art. 2 § 14 ArVNG, Art. 2 § 14 AnVNG und Werteinheiten, die nach dem Grundsatz über die Rente nach Mindesteinkommen (Art. 2 § 55 a ArVNG, Art. 2 § 54 b AnVNG; vgl. Rdn. 118) hinzugerechnet worden sind, unberücksichtigt zu lassen (§§ 1304 Abs. 2 S. 3 RVO, 83 Abs. 2 S. 3 AVG). Dies gilt auch, wenn die Ehezeit erst nach dem 31. 12. 1956 bzw. nach dem 31. 12. 1972 beginnt ( S o e r g e l j Schmeiduch Rdn. 103; a. A. OLG Bremen FamRZ 80, 265) und wenn die pauschale Ausfallzeit eindeutig vor der Ehezeit liegt (dagegen AG Singen FamRZ 90, 637, das die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig hält). Insoweit ist eine exakte zeitliche Zuordnung der Werteinheiten nicht möglich. Anstelle der pauschalen Ausfallzeit sind 516

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§ 1587 a BGB

auch nicht die durch diese verdrängten Ausfallzeiten einzubeziehen (SoergeljSchmeiduch Rdn. 103; MüKoIMaier Rdn. 200). Hat der Versicherte in der Ehezeit Beiträge zur Höherversicherung geleistet, so 1 0 1 ist der mit diesen Beiträgen erzielte monatliche Steigerungsbetrag dem ehezeitlichen dynamischen Altersruhegeld hinzuzurechnen und erst anschließend die Aufrundung des Monatsbetrages auf volle 10 Pfennig vorzunehmen (§§ 1304 Abs. 2 S. 5 RVO, 83 Abs. 2 S. 5 AVG). In der Auskunft des Rentenversicherungsträgers ist die auf Höherversicherungsbeiträgen beruhende — nicht dynamische (Rdn. 86) — Anwartschaft gesondert auszuweisen (§§ 1304 Abs. 2 S. 6 RVO, 83 Abs. 2 S. 6 AVG). Das nicht dynamische Anrecht wird von dem gerundeten Monatsbetrag der insgesamt erworbenen Anwartschaften abgezogen und sodann ebenso wie das dynamische Anrecht als nicht gerundeter Monatsbetrag ausgewiesen. Diese ungerundeten Beträge sind vom FamG nicht auf volle 10 Pfennig aufzurunden (SoergeljSchmeiduch Rdn. 107). Getrennt auszuweisen sind auch Steigerungsbeträge nach den §§ 1260 b RVO, 37 b AVG. Diese Beträge, die auf einer persönlichen Bemessungsgrundlage von mehr als 200% beruhen, unterliegen ebenfalls nicht der Rentenanpassung und sind somit nicht nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 zu bewerten (SoergeljSchmeiduch Rdn. 90; vgl. dazu näher Rdn. 260). Nach den §§ 1304 Abs. 3 RVO, 83 Abs. 3 AVG ist in Fällen der sog. Wanderversiche- 1 0 2 rung (Entrichtung von Beiträgen zu verschiedenen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung) ein Leistungsanteil aus der 'knappschaftlichen Rentenversicherung gesondert zu ermitteln und auszuweisen. Dies beruht darauf, daß das knappschaftliche Altersruhegeld nach teilweise anderen Berechnungsfaktoren ermittelt wird. So sind hier ein anderer durchschnittlicher Jahresarbeitsverdienst aller Versicherten und damit auch eine andere allgemeine Bemessungsgrundlage maßgebend als in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, und der Steigerungssatz beträgt hier 2% (§ 53 Abs. 4 RKG). Darüber hinaus gelten weitere Besonderheiten wie z. B. der Untertagezuschlag nach § 59 RKG und die Knappschaftsausgleichsleistung nach § 98 RKG (vgl. Rdn. 88). Für die VA-Berechnung ist allerdings nur der Gesamtbetrag der dynamischen Anwartschaften aus allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebend. Der Knappschaftsanteil ist lediglich für den Vollzug des Rentensplittings auf dem Versicherungskonto des ausgleichspflichtigen Ehegatten durch den zuständigen Rentenversicherungsträger von Bedeutung (vgl. dazu §§ 1304 a Abs. 2 und 3 RVO, 83 a Abs. 2 und 3 AVG). 4. Ermittlung des Ehezeitanteils nach dem ab 01. 01. 1992 geltenden Recht a) Mit der ab 01. 01 1992 geltenden Neufassung des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 wird die 1 0 3 bisherige Verweisung auf die Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen (§§ 1304 RVO, 83 AVG, 96 RKG) aufgegeben und die Berechnung des Ehezeitanteils gesetzlicher Rentenanwartschaften vollständig im BGB geregelt. Die Vorschrift ist außerdem an die mit der Rentenreform eingeführte neue Rentenformel angepaßt worden. Das RRG 1992 hat an den Grundprinzipien des Rentenrechts nichts geändert. Es 1 0 4 bleibt beim Umlageverfahren (§ 153 SGB VI) und bei der Lohn- und Beitragsbezogenheit der gesetzlichen Rente (vgl. § 63 Abs. 1 SGB VI). Die Höhe der Rente hängt nach wie vor zum einen von dem jeweiligen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten und zum anderen von dem persönlichen Arbeitsverdienst bzw. der individuellen Beitragsleistung des einzelnen Versicherten ab. Die Rentenformel ist neu gestaltet worden, ohne daß sich dadurch Wesentliches an der Rentenhöhe ändert. Mit der neuen Formel kann unmittelbar der Monatsbetrag der Rente errechnet werden. Die Einführung neuer Begriffe dient in erster Linie dazu, die Rentenberechnung zu vereinfachen und transparenter zu machen. Bemerkenswerte Veränderungen bringt das RRG 1992 allerdings insbesondere Hartmut Wiek

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hinsichtlich der Anrechnung und Bewertung beitragsfreier Zeiten (vgl. dazu näher Rdn. 134 ff). Weiter ist zu beachten, daß das bisher geltende Versicherungsfallprinzip aufgegeben und durch das Rentenbeginnprinzip ersetzt wird. Danach richten sich Rentenanspruch und -höhe künftig nach dem zum Zeitpunkt des jeweiligen Rentenbeginns geltenden Recht. Die Rente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI). Die — nunmehr im SGB VI zusammengefaßten — Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen finden gemäß § 300 SGB VI grds. auch auf Sachverhalte oder Ansprüche Anwendung, die vor dem 01. 01. 1992 bestanden haben. § 307 SGB VI gewährleistet jedoch, daß alle am 01.01. 1992 bereits laufenden Renten in der Höhe unverändert bleiben. Insoweit wird lediglich eine Umwertung der nach altem Recht gezahlten Monatsrente in persönliche Entgeltpunkte nach neuem Recht vorgenommen. Mit der Rentenreform wird ferner erstmals die Möglichkeit eröffnet, eine Teilrente in Anspruch zu nehmen und daneben — in eingeschränktem Umfang — weiter erwerbstätig zu sein. Daher wird künftig zwischen Teilrente und Vollrente unterschieden (§ 42 SGB VI). — Das SGB VI ist — mit zahlreichen im RÜG geregelten Besonderheiten — auch im Beitrittsgebiet am 01. 01. 1992 in Kraft getreten (vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 1 ff). 105

b) Nach den §§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI berechnet sich der Monatsbetrag der Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung künftig nach der folgenden neuen Rentenformel: Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x Rentenartfaktor x aktueller Rentenwert = mtl. Vollrente. Für Renten im Beitrittsgebiet gilt eine besondere Rentenformel (Ost) (§ 254 b SGB VI; vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 5). 106 Die Entgeltpunkte entsprechen in ihrer Funktion den Werteinheiten des bisherigen Rechts. Sie ersetzen die persönliche Bemessungsgrundlage und die Versicherungsjahre als individuelle Faktoren der bisher maßgebenden Rentenformel. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt wird in Entgeltpunkte umgerechnet (§ 63 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Für Beitragszeiten werden die Entgeltpunkte ermittelt, indem das persönliche Entgelt des Versicherten (die Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt aller Versicherten für dasselbe Versicherungsjahr (Anlage 1 zum SGB VI) geteilt wird (§ 70 Abs. 1 S. 1 SGB VI). Für das Jahr des Rentenbeginns und das davorliegende Jahr wird das vorläufig bestimmte Durchschnittsentgelt (vgl. § 69 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI) zugrunde gelegt (§ 70 Abs. 1 S. 2 SGB VI), und zwar auch dann, wenn die endgültigen Durchschnittsentgelte im Zeitpunkt der (Erst-)Entscheidung über den VA ausnahmsweise bereits bekannt sind (BGH FamRZ 91, 173; vgl. auch Rdn. 93). Im VA tritt an die Stelle des Rentenbeginns das Ende der Ehezeit. Fällt dieses auf den 31. 12. eines Jahres, so ist jedoch nur für dieses Jahr das vorläufige Durchschnittsentgelt anzusetzen (Schmeiduch FamRZ 91, 377, 383). Ein Versicherter, der ein Jahr lang Beiträge in Höhe des Durchschnittsentgelts entrichtet hat, erhält einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Ein Entgeltpunkt entspricht daher 100 Werteinheiten nach bisherigem Recht. Lag die individuelle Beitragsleistung des einzelnen Versicherten in einem Kalenderjahr höher oder niedriger als das Durchschnittsentgelt, so erhält er für dieses Jahr entsprechend weniger oder mehr als einen vollen Entgeltpunkt. Für berücksichtigungsfahige beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte abhängig ist (§ 63 Abs. 3 SGB VI). Für sog. beitragsgeminderte Zeiten (d. h. Monate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt sind, § 54 Abs. 3 SGB VI) ist die Summe der 518

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Entgeltpunkte u. U. um einen Zuschlag zu erhöhen (§ 71 Abs. 2 SGB VI). — Ist vor dem Ol. Ol. 1992 ein VA durchgeführt worden, aufgrund dessen für übertragene oder begründete Rentenanwartschaften Werteinheiten ermittelt worden sind, so sind die beim Ausgleichsberechtigten gutgeschriebenen bzw. beim Verpflichteten abgebuchten Werteinheiten in Entgeltpunkte umzuwerten. Dabei ergeben in der Arbeiter- und Angestelltenversicherung je 100 Werteinheiten einen Entgeltpunkt (§ 264 S. 1 SGB VI; für die Knappschaftsversicherung vgl. §264 S. 2 SGB VI). Besteht am 01.01.1992 bereits Anspruch auf eine Rente, so bleibt der bisherige Besitzstand gewahrt, indem der Monatsbetrag der zu leistenden Rente direkt in persönliche Entgeltpunkte umgewertet wird (§ 307 SGB VI). — Die Entgeltpunkte werden jeweils auf vier Dezimalstellen ausgerechnet, wobei die letzte Dezimalstelle aufgerundet wird, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Zahlen 5 bis 9 ergeben würde (§ 121 Abs. 1 und 2 SGB VI). — Das Produkt der Entgeltpunkte und des Zugangsfaktors (Rdn. 107) ergibt die persönlichen Entgeltpunkte des Versicherten (§ 66 Abs. 1 SGB VI). Der Zugangsfaktor soll künftig Vorteile oder Nachteile einer vom Regelfall abwei- 1 0 7 chenden Rentenbezugsdauer vermeiden (§ 63 Abs. 5 SGB VI). Er richtet sich nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Emittlung der Monatsrente zu berücksichtigen sind (§ 77 Abs. 1 S. 1 SGB VI). Nimmt der Versicherte die Altersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder mit Erreichen einer für ihn maßgebenden niedrigeren Altersgrenze in Anspruch, so beträgt der Zugangsfaktor 1,0, und es werden die erreichten Entgeltpunkte demgemäß in vollem Umfang berücksichtigt; das gleiche gilt beim Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 77 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Für jeden Kalendermonat, für den der Versicherte die Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch nimmt, erhöht sich der Zugangsfaktor um 0,005 (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente verringert sich der Zugangsfaktor hingegen um 0,003 je Monat (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI); diese Regelung wird jedoch erst ab dem Jahre 2001 wirksam, weil von diesem Jahr an die Altersgrenze stufenweise heraufgesetzt wird (vgl. § 41 SGB VI). Da im VA die Anwartschaft auf eine Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu berechnen ist, wäre hier an sich der Zugangsfaktor 1,0 zu berücksichtigen. Da dieser Faktor die Entgeltpunkte jedoch rechnerisch nicht beeinflußt, ist er gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 außer Betracht zu lassen. Der Rentenartfaktor ersetzt den bisherigen Steigerungssatz. Für Alters- und Erwerbs- 1 0 8 Unfähigkeitsrenten beträgt der R e n t e n a r t f a k t o r 1,0 (§ 67 Nr. 1 und 3 S G B V I ) und ist

damit für die Rentenberechnung praktisch bedeutungslos. Für Berufsunfahigkeitsrenten gilt ein Rentenartfaktor von 0,6667 (§ 67 Nr. 2 SGB VI). Sie liegen damit unverändert um ein Drittel niedriger als Renten wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit. Für persönliche Entgeltpunkte in der knappschaftlichen Rentenversicherung ist ein höherer Rentenartfaktor maßgebend. Er beträgt für Alters- und Erwerbsunfähigkeitsrenten 1,3333, für Berufsunfähigkeitsrenten 0,8 oder 1,2 und für Bergmannsrenten nach § 45 SGB VI 0,5333 (§ 82 SGB VI). Der aktuelle Rentenwert erfüllt künftig die Funktion der bisherigen allgemeinen 1 0 9 Bemessungsgrundlage. Er entspricht der Monatsrente für einen Entgeltpunkt bzw. der Monatsrente eines Versicherten, der für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts aller Versicherten gezahlt hat. Zum 01. 07. eines jeden Jahres wird der aktuelle Rentenwert der Entwicklung der Nettolöhne angepaßt (§ 63 Abs. 7, 68 SGB VI); dies gilt auch für bereits laufende Renten (§ 65 SGB VI). Damit wurde die bisherige Bruttoanpassung der Rente aufgegeben. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

erfolgt durch Verordnung (§ 69 SGB VI), und 2war erstmals zum Ol. 07. 1992 (§§ 69 Abs. 1, 309 SGB VI). Für Zeiten bis zum 30. 06. 1992 gilt als aktueller Rentenwert der Betrag, der als Altersrente der Arbeiter- und Angestelltenversicherung gezahlt würde, wenn Beiträge jeweils aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden wären (§ 68 Abs. 1 S. 1 SGB VI). Der aktuelle Rentenwert entspricht damit 100 Werteinheiten nach bisherigem Recht (bzw. einem Entgeltpunkt nach neuem Recht). Er kann für zurückliegende Zeiträume mit Hilfe der Tabelle 2 der bisherigen Rechengrößen-Bekanntmachung (Anh. II A zu § 1587 a) ermittelt werden, indem der jeweilige Umrechnungsfaktor für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung mit 100 multipliziert und das Ergebnis gemäß § 123 Abs. 1 und 2 SGB VI auf zwei Stellen hinter dem Komma gerundet wird (Beispiel: aktueller Rentenwert für das 1. Halbjahr 1991 = 39,58 DM). 110

Die Berechnung des Monatsbetrags der Rente ist auf zwei Dezimalstellen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 SGB VI), wobei die letzte Dezimalstelle um 1 erhöht (aufgerundet) wird, wenn die folgende 5 bis 9 lauten würde (§ 121 Abs. 2 SGB VI). Eine Aufrundung auf volle 10 Pfennig ist nach dem RRG 1992 nicht mehr vorgesehen.

111

c) Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 i. d. F. des RRG 1992 ist als Ehezeitanteil einer Rentenanwartschaft oder laufenden Rente der Betrag zugrunde zu legen, der sich am Ende der Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors als Vollrente wegen Alters ergäbe. Da die neue Rentenformel die direkte Berechnung von Rentenanwartschaften für einen bestimmten Zeitraum ermöglicht, ist eine Verhältnisrechnung entsprechend den §§ 1304 Abs. 2 RVO, 83 Abs. 2 AVG nicht mehr erforderlich. Welche Rente sich aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten ergäbe, richtet sich nach den Vorschriften des SGB VI. Dabei ist von einem fiktiven Rentenbeginn am Ende der Ehezeit auszugehen. Zunächst ist die Summe der Entgeltpunkte für alle bis zum Ehezeitende zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu ermitteln, weil auch nach neuem Recht die Bewertung in die Ehezeit fallender Zeiten von der Bewertung vorehelicher Zeiten beeinflußt werden kann. Sodann ist die Summe der Entgeltpunkte festzustellen, die auf die Ehezeit entfallen, und daraus ist die ehezeitanteilige Rente oder Rentenanwartschaft zu berechnen (§ 124 Abs. 2 SGB VI). Diese Berechnung erfolgt nach der Rentenformel des §64 SGB VI (vgl. dazu Rdn. 105 ff), wobei jedoch der Zugangsfaktor unberücksichtigt bleibt (Rdn. 107) und auch der Rentenartfaktor außer Betracht gelassen werden kann (Rdn. 108). Der aktuelle Rentenwert ist mit dem bei Ehezeitende maßgebenden Betrag in die Berechnung einzustellen, da die fiktive Altersrente zum Ende der Ehezeit zu ermitteln ist. Im VA ist der bis zum 30. 06. eines Kalenderjahres geltende aktuelle Rentenwert auch dann zugrunde zu legen, wenn das Ende der Ehezeit auf den 30. 06. fallt und damit nach dem Rentenbeginnprinzip des neuen Rechts (vgl. Rdn. 104) bei einem tatsächlichen Versicherungsfall der ab 01. 07. (Rentenbeginn) geltende aktuelle Rentenwert maßgebend wäre (Schmeiducb FamRZ 91, 377, 384). Die Formel für die Berechnung des Ehezeitanteils einer gesetzlichen Rente lautet demnach:

Ehezeitliche Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert bei Ehezeitende = ehezeitliche Rentenanwartschaft. 112 Ebenso wie nach bisherigem Recht (vgl. dazu Rdn. 99) ist eine pauschale Aufteilung von Entgelten vorzunehmen, wenn diese zeitlich nicht genau zugeordnet werden können. Insoweit gilt nunmehr die allgemeine Regelung des § 123 Abs. 3 SGB VI über die Aufteilung von Geldbeträgen. 113

Abweichend vom bisherigen Recht (vgl. dazu Rdn. 100) ist dagegen die Berücksichtigung von Entgeltpunkten aus einer pauschalen Anrechnungszeit (§ 253 SGB VI) und für die Rente nach Mindesteinkommen (§ 262 SGB VI) geregelt worden. Künftig 520

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

ist — quotiert nach dem Verhältnis der Teillücke zur Gesamtlücke — ein Ehezeitanteil der pauschalen Anrechnungszeit zu ermitteln (§ 253 Abs. 2 SGB VI), dem sodann Entgeltpunkte zuzuordnen sind. Sind bei langjährig Versicherten die geleisteten Pflichtbeiträge nach der bisherigen Regelung über die Rente bei Mindesteinkommen aufzuwerten (vgl. dazu Rdn. 118), so werden die dafür anzurechnenden zusätzlichen Entgeltpunkte den einzelnen Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen vor dem Ol. Ol. 1992 zu gleichen Teilen zugeordnet (§ 262 Abs. 2 SGB VI; diese Bestimmung kann auf einen Zuschlag an Entgeltpunkten nach Art. 82 RRG 1992 dergestalt entsprechend angewendet werden, daß der Zuschlag auf vollwertige Pflichtbeiträge vom 01.01.1973 bis 31. 12. 1991 gleichmäßig verteilt wird). Eine entsprechende Zuordnungsregelung trifft § 71 Abs. 2 S. 2 SGB VI für Zuschläge an Entgeltpunkten, die für beitragsgeminderte Zeiten gewährt werden. Für Beiträge zur Höherversicherung werden auch künftig zusätzlich zum Monatsbei- 1 1 4 trag einer Rente Steigerungsbeträge geleistet (§ 269 SGB VI). Die bisherigen Rundungsvorschriften (§§ 1304 Abs. 2 S. 5 und 6 RVO, 83 Abs. 2 S. 5 und 6 AVG; vgl. Rdn. 101) sind jedoch nicht in das neue Recht übernommen worden, so daß die Steigerungsbeträge keinen Einfluß mehr auf den Betrag der dynamischen Altersrente haben. Hat der Versicherte Beiträge sowohl zur knappschaftlichen Rentenversicherung 1 1 5 als auch zur Rentenversicherung der Arbeiter und/oder der Angestellten entrichtet (sog. Wanderversicherung, vgl. Rdn. 102), sind die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung einerseits und der Arbeiter- und Angestelltenversicherung andererseits getrennt zu ermitteln und dann daraus jeweils Monatsteilbeträge zu ermitteln, deren Summe den Monatsbetrag der gesamten Altersrente ergibt (§ 80 SGB VI). Entsprechendes gilt für die Berechnung des Ehezeitanteils der Rente. Diese Regelung beruht darauf, daß für die Rente der knappschaftlichen Rentenversicherung teilweise andere Berechnungsfaktoren maßgebend sind. So gilt hier z. B. ein höherer Rentenartfaktor (§ 82 SGB VI), und es kommen zusätzliche Entgeltpunkte bei ständigen Arbeiten unter Tage (sog. Untertagezuschlag, § 85 SGB VI) in Betracht (vgl. ferner zum Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung § 239 SGB VI). Es bleibt auch künftig dabei, daß die getrennte Ausweisung des knappschaftlichen Leistungsanteils in den Auskünften der Rentenversicherungsträger für das FamG ohne Bedeutung ist (vgl. dazu Rdn. 102). 5. Anrechnung und Bewertung von Beitragszeiten und gleichgestellten Zeiten a) Das Rentenrecht unterscheidet zwischen Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten und 1 1 6 (ab 1992) Berücksichtigungszeiten (vgl. §§ 1250 RVO, 27 AVG; § 54 Abs. 1 SGB VI). Als Beitragszeiten werden Zeiten berücksichtigt, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge wirksam gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (§§ 1249, 1250 Abs. 1 a RVO; §§ 26, 27 Abs. 1 a AVG; § 55 SGB VI). Unerheblich ist, ob der Versicherte den Arbeitnehmeranteil der Pflichtbeiträge selbst entrichtet hat. Soweit Beitragszeiten noch nicht beim zuständigen Versicherungsträger gespeichert sind, können sie anhand von Versicherungskarten, Aufrechnungsbescheinigungen und Versicherungsnachweisen, auf denen das Bruttoentgelt bescheinigt ist, festgestellt werden. Notfalls müssen Auskünfte bei den früheren Arbeitgebern oder Krankenkassen, bei denen der betreffende Ehegatte beschäftigt bzw. versichert war, eingeholt werden. Wurden Beiträge in Form von Marken geleistet, so ist ein persönliches Bruttoentgelt nicht feststellbar. Die Werteinheiten bzw. Entgeltpunkte für diese Zeiten ergeben sich nach Tabellenwerten (§§ 1255 Abs. 3 a RVO, 32 Abs. 3 a AVG; § 256 Abs. 5 SGB VI). Seit 01. 01. 1977 werden Beiträge nicht mehr in Form von Marken geleistet, sondern nur noch bargeldlos im Lohnabzugsverfahren und stufenlos entsprechend dem beitragspflichtigen Bruttoentgelt. Insoweit richtet sich Hartmut Wiek

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die Bewertung nach den tatsächlich gezahlten Beiträgen. Da die Entgelte des laufenden Kalenderjahres im allgemeinen noch nicht beim Versicherungsträger gespeichert sind, empfiehlt es sich, dem Auskunftsersuchen des FamG eine vom Arbeitgeber des Versicherten ausgestellte Entgeltbescheinigung für die Zeit vom Jahresanfang bis zum Ende der Ehezeit (als fiktivem Versicherungsfall bzw. Rentenbeginn) beizufügen. — Ab 1992 wird zwischen Beitragszeiten mit vollwertigen Beiträgen und sog. beitragsgeminderten Zeiten unterschieden. Beitragsgeminderte Zeiten sind solche, in denen Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten zusammentreffen (§ 54 Abs. 3 SGB VI). * 117

Die Werteinheiten bzw. Entgeltpunkte für die Beitragszeiten berechnen sich i. d. R. aus. dem Verhältnis vom persönlichen versicherungspflichtigen Bruttoentgelt (Beitragsbemessungsgrundlage) zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten (§§ 1255 Abs. 1 S. 1 RVO, 32 Abs. 1 S. 1 AVG; § 70 Abs. 1 SGB VI; vgl. Rdn. 93, 106). Für bestimmte Zeiten können jedoch fiktive Werte zugrunde zu legen sein. Dies gilt z. B. für die ersten fünf (ab 1992: die ersten vier) Jahre nach dem Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung (§§ 1255 Abs. 4 RVO, 32 Abs. 4 AVG; § 70 Abs. 3 SGB VI). Da das Arbeitsentgelt am Anfang des Berufslebens üblicherweise noch gering ist, werden für diese Zeiten aus sozialen Gründen bestimmte Mindestwerte angesetzt, wenn dies für den Versicherten günstiger ist als eine Bewertung nach dem tatsächlich erzielten Bruttoverdienst. Enden (nach bisherigem Recht) die ersten fünf Kalenderjahre vor dem 01. 01. 1965, sind sie ggf. wie Ausfallzeiten mit dem Durchschnitt aller bis zum 31. 12. 1964 erreichten Beitragsmonate (jedoch ohne die ersten fünf Jahre) zu bewerten (§§ 1255 Abs. 4 a RVO, 32 Abs. 4a AVG). Damit werden die in den Anfangsjahren erzielten Verdienste praktisch auf ein Niveau angehoben, das für das gesamte Erwerbsleben repräsentativ ist. Enden die ersten fünf Kalenderjahre nach dem 31. 12. 1964, sind für jeden Monat mindestens 7,5 Werteinheiten anzusetzen (§§ 1255 Abs. 4 b RVO, 32 Abs. 4 b AVG). Die frühere Regelung, die für Männer und Frauen unterschiedliche Tabellenwerte vorsah, ist vom BVerfG (FamRZ 81, 1041) für mit dem GG unvereinbar erklärt und durch das HBeglG 1983 geändert worden. Nach neuem Recht erhalten die ersten vier Beitragsjahre mindestens 0,075 Entgeltpunkte pro Monat (§ 70 Abs. 3 S. 2 SGB VI); das gleiche gilt für darüber hinausgehende Berufsausbildungszeiten (§ 70 Abs. 3 S. 1 SGB VI), auch soweit sie vor dem 01. 01. 1992 liegen (§ 256 Abs. 1 SGB VI). Mit dieser Regelung wird für die ersten Berufsjahre ein versichertes Arbeitsentgelt in Höhe von 90% des Durchschnittsentgelts aller Versicherten fingiert. Bei Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden war bisher für die Dauer des Wehr- und Zivildienstes ein bestimmter Prozentsatz (seit 1983 70%) des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts aller Versicherten der Arbeiter-, Angestellten- und Knappschaftsversicherung zugrunde zu legen (§§ 1255 Abs. 6 RVO, 32 Abs. 6 AVG). Ab 1992 werden 80% der Bezugsgröße (SGB VI-Anlage 1) als beitragspflichtiges Entgelt berücksichtigt (§ 166 Nr. 1 SGB VI), für Zeiten von 1982 bis 1991 rückwirkend 75% (§256 Abs. 3 SGB VI). Ab 1992 gehören auch Zeiten des Bezuges von Lohnersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Arbeitslosengeld) zu den Pflichtbeitragszeiten, sofern der Empfanger im letzten Jahr vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig war (vgl. § 3 Nr. 3 SGB VI). Beitragsbemessungsgrundlage ist für Zeiten von 1992 bis 1994 die entsprechende Lohnersatzleistung, ab 1995 80% des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitseinkommens, wobei bestimmte Beträge abzuziehen sind (§§ 166 Nr. 2, 276 Abs. 1 SGB VI). — Zur Bewertung beitragsgeminderter Zeiten vgl. Rdn. 134.

118

Nach den Grundsätzen über die Rente nach Mindesteinkommen (Art. 2 § 5 5 a ArVNG, Art. 2 § 54 b (AnVNG) ist bei Versicherungsfällen nach dem 31. 12. 1973 eine Aufstockung der Werteinheiten für bis 1972 gezahlte Pflichtbeiträge dahin vorzunehmen, 522

Hartmut

Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

daß für jeden mit einem Pflichtbeitrag belegten Monat 6,25 Werteinheiten zugrunde zu legen sind, wenn dies für den Versicherten günstiger ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß der Versicherte 25 anrechnungsfähige Versicherungsjahre ohne Zeiten der freiwilligen Versicherung und ohne Ausfallzeiten zurückgelegt hat, und zwar bis zum Ende der Ehezeit (§ 1587 a Abs. 7 S. 2). Bei einem Rentenbeginn ab 1992 gilt diese Regelung mit der Maßgabe, daß für jeden Pflichtbeitragsmonat — auch nach 1972 — mindestens 0,0625 Entgeltpunkte angerechnet werden. Voraussetzung für die Mindestbewertung sind jedoch künftig 3_> Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten (§ 262 SGB VI). b) Ausländische Beitragszeiten, die nach dem FRG den deutschen Beitragszeiten 119 gleichgestellt sind (vgl. Rdn. 82), werden mit Tabellenbeträgen nach Leistungsgruppen bewertet. Das gleiche gilt für ausländische Versicherungszeiten, die nach über- oder zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen in die deutsche Versicherungslast fallen (vgl. Rdn. 83). Andere ausländische Zeiten sind nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen, können jedoch in anderer Hinsicht auch für den VA von Bedeutung sein, z. B. für die Voraussetzungen der Halbbelegung oder der Mindestrentenregelung. c) Mit dem zum 01. 01. 1986 in Kraft getretenen HEZG ist dem Umstand Rechnung 120 getragen worden, daß ein Elternteil wegen der Erziehung eines Kindes einen Beitragsausfall in der gesetzlichen Rentenversicherung erleidet. Seidem werden Müttern (u. U. auch Vätern, wenn sie ein Kind tatsächlich erziehen oder nach gemeinsamer Erklärung beider Eltern versichert sein sollen), die nach dem 31. 12. 1920 geboren sind, Zeiten der Kindererziehung ab 01. 01. 1986 als Versicherungszeiten angerechnet, und zwar jeweils die ersten 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem das Kind geboren ist (§§ 1227 a RVO, 2 a AVG). Diese Zeiten gelten als (echte) Beitragszeiten. Je Kalendermonat werden dem versicherten Elternteil 6,25 Werteinheiten angerechnet, was einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 75% des Durchschnittseinkommens aller Versicherten entspricht. Dieser Wert ist auch dann maßgebend, wenn eine Kindererziehungszeit mit einer anderen Versicherungszeit zusammentrifft, sofern diese geringer zu bewerten wäre (§§ 1255 Abs. 6 a RVO, 32 Abs. 6 a AVG). Wegen Kindererziehungszeiten vor dem 01. 01. 1986 vgl. u. Rdn. 127. Bei einem Wechsel der Betreuungsperson während des ersten Lebensjahres des Kindes ist die rentenrechtlich zu berücksichtigende Kindererziehungszeit auf die Betreuungspersonen zeitlich aufzuteilen (OLG Karlsruhe FamRZ 86, 818).

Ab 1992 wird nicht mehr zwischen Kindererziehungszeiten vor dem 01. 01. 1986 und 121 solchen nach dem 31. 12. 1985 unterschieden. Diese Zeiten gelten dann vielmehr einheitlich als Pflichtbeitragszeiten (§§ 3 S. 1 Nr. 1, 56 SGB VI). Außerdem wird die anrechenbare Kindererziehungszeit für Geburten nach dem 31. 12. 1991 auf 3 Jahre je Kind verlängert (§§ 56 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 SGB VI). Die Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind erzogen hat. Bei gemeinsamer Erziehung beider Eltern können diese bestimmen, wem die Erziehungszeit zugeordnet werden soll. Abweichend vom bisherigen Recht ist eine zeitliche Aufteilung möglich. Bei Fehlen einer übereinstimmenden Erklärung beider Eltern ist die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs. 2 SGB VI). Kindererziehungszeiten werden auch künftig mit 75% des Durchschnittsentgelts aller Versicherten (0,0625 Entgeltpunkte je Monat) bewertet, falls nicht aufgrund einer Erwerbstätigkeit höhere Entgeltpunkte erworben worden sind (§ 70 Abs. 2 SGB VI). Eltern, die vor dem 01.01. 1921 geboren sind, sind von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch weiterhin ausgeschlossen (§ 249 Abs. 4 SGB VI; für Eltern, die am 18.05. 1990 im Beitrittsgebiet wohnten, ist Stichtag der 01.01. 1927, § 249a Abs. 1 SGB VI). Zur Kindererziehungsleistung für Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (bzw. 1927) vgl. Rdn. 128. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

6. Anrechnung und Bewertung beitragsfreier Zeiten 122 a) Nach dem bis 31.12. 1991 geltenden Recht werden bei der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlage und der Anzahl der Versicherungsjähre unter bestimmten Voraussetzungen neben Beitragszeiten auch beitragslose Zeiten berücksichtigt. Dazu gehören Ersatzzeiten (z. B. militärischer Dienst, Kriegsgefangenschaft, Flucht, Vertreibung; vgl. §§ 1251 Abs. 1 RVO, 28 Abs. 1 AVG), Ausfallzeiten (z. B. Arbeitslosigkeit, Bezug von Schlechtwettergeld, Krankheit, Rehabilitationsmaßnahmen, Schwangerschaft, Schul- oder Berufsausbildung nach Vollendung des 16. Lebensjahres; vgl. §§ 1259 Abs. 1 RVO, 36 Abs. 1 AVG), pauschale Ausfallzeiten (vgl. Art. 2 § 14 ArVNG, Art. 2 § 14 AnVNG), Kindererziehungszeiten vor dem Ol. Ol. 1986 (§§ 1251 a RVO, 28a AVG), Inflationszeiten von 1921 bis 1923, Ausbildungszeiten, bei denen keine Bruttoentgelte zugrunde zu legen sind (vgl. §§ 1255 a Abs. 1 Nr. 1 RVO, 32 a Abs. 1 Nr. 1 AVG) sowie die Zurechnungszeit nach den §§ 1260 RVO, 37 AVG. Ersatzzeiten, Ausfallzeiten und die Zurechnungszeit bleiben jedoch bei der Rentenberechnung unberücksichtigt, soweit sie bei einer Versorgung aus einem vor dem 01. 01. 1966 begründeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zugrunde gelegt sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalles zugrunde gelegt werden (§§ 1260 c Abs. 1 RVO, 37 c Abs. 1 AVG). Diese mit Wirkung für Versicherungsfälle ab 01. 01 1980 eingefügte Vorschrift ist im VA auch dann zu berücksichtigen, wenn das Ehezeitende zeitlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung liegt (BGH FamRZ 86, 447; s. auch Rdn. 348). 123

Die Bewertung von Ersatz- und Ausfallzeiten ist in den §§ 1255 a Abs. 2 und 3 RVO, 32 a Abs. 2 und 3 AVG geregelt. Bei Zeiten, die vor dem 01. 01. 1965 liegen, wird der Monatsdurchschnitt zugrunde gelegt, der sich aus der Bewertung der bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegten Beitragszeiten ergibt, wobei Mindestwerte (vgl. die Anlage 1; für Ausbildungszeiten 7,50 WE) und Höchstwerte (16,66 WE; für Ausbildungszeiten 8,33 WE) festgelegt werden. Für die nach dem 31. 12. 1964 liegenden Zeiten wird der Monatsdurchschnitt zugrunde gelegt, der sich aus der Bewertung der Versicherungsund Ausfallzeiten ergibt, die bis zum Ende des Kalenderjahres vor der zu bewertenden Zeit zurückgelegt sind; die Werte des Kalenderjahres, in dem die zu bewertende beitragslose Zeit liegt, sind also unberücksichtigt zu lassen. Der Höchstwert beträgt 16,66 WE; für Ausbildungsausfallzeiten werden stets 7,50 WE zugrunde gelegt (eine Sonderregelung gilt für vor dem 01. 01. 1957 liegende Ausbildungszeiten, vgl. Art. 2 § 14 Abs. 2 ArVNG, Art. 2 § 14 Abs. 2 AnVNG).

124

Ersatz- und Ausfallzeiten werden nach dem bis 31. 12. 1991 geltenden Recht — auch im VA (§ 1587 a Abs. 7 S. 2) — nur dann angerechnet, wenn die sog. Halbdeckung erfüllt ist, d. h. wenn die Zeit vom Eintritt in die Rentenversicherung bis zum Versicherungsfall (im VA: bis zum Ende der Ehezeit) mindestens zur Hälfte mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung belegt ist. Darüber hinaus ist eine Mindestbelegung von 60 Versicherungsmonaten erforderlich (§§ 1251 Abs. 2, 1259 Abs. 3 RVO; §§ 28 Abs. 2, 36 Abs. 3 AVG; bei Ersatzzeiten reicht auch eine Vorversicherung oder eine Anschluß Versicherung innerhalb einer bestimmten Frist).

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Die Berücksichtigung von Ausfallzeiten nach den §§ 1259 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 RVO, 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AVG (Krankheit, Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit, Bezug von Schlechtwettergeld) setzt voraus, daß eine versicherungspflichtige Beschäftigung für mindestens einen Monat unterbrochen worden ist. Für Arbeitslose kommt es darauf jedoch seit 1983 nicht mehr an. Bei ihnen genügt der Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld oder Übergangsgeld, um eine Ausfallzeit angerechnet 524

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

zu bekommen (§§ 1259 Abs. 1 Nr. 3 a RVO, 36 Abs. 1 Nr. 3 a AVG). Hat der Versicherte jedoch keinen Anspruch (mehr) auf Arbeitslosenunterstützung, kann die (fortdauernde) Arbeitslosigkeit nur dann als Ausfallzeit angerechnet werden, wenn er weiter beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet ist. Eine Ausbildungs-Ausfallzeit ist im VA grds. nur dann zu berücksichtigen, wenn 1 2 6 der für die Anerkennung als Ausfallzeit erforderliche Ausbildungsabschluß bis zum Ehezeitende erreicht wurde (OLG Hamburg FamRZ 87, 285; OLG Hamm FamRZ 87, 493). Wenn die Ausbildung nach Ende der Ehezeit bis zur Entscheidung des FamG abgeschlossen worden ist, kann dies jedoch in entsprechender Anwendung des § 1 0 a VAHRG berücksichtigt werden (SoergeljSchmeiduch Rdn. 67; a. A. Soergelj Vorwerk § 1587 Rdn. 27). Ist die nach §§ 1259 Abs. 1 Nr. 4 RVO, 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG maßgebende Höchstdauer einer Schul- oder Hochschulausbildung von vier bzw. fünf Jahren überschritten worden, so ist die anrechenbare Ausfallzeit vom Beginn der Ausbildung an zu rechnen (OLG Karlsruhe FamRZ 86, 473). Kindererziehungszeiten, die vor dem Ol. Ol. 1986 liegen, werden wie beitragslose 1 2 7 Zeiten behandelt. Sie werden auf die Wartezeiten angerechnet und ebenso bewertet wie die Zeiten der Kindererziehung nach dem 31. 12. 1985, also mit monatlich 6,25 WE, falls sie nicht mit höher zu bewertenden anrechenbaren Zeiten zusammentreffen (§§ 1251 a, 1250 Abs. 1 c, 1255 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 RVO; §§ 28 a, 27 Abs. 1 c, 32 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 AVG). Weil die Kindererziehungszeiten vor dem 01. 01. 1986 nicht als Beitragszeiten gelten, bleiben sie jedoch bei der Berechnung der Halbdeckung außer Betracht (§§ 1251 Abs. 2 S. 2 Buchst, c, 1259 Abs. 3 S. 2, 1260 Abs. 1 S. 3 RVO; §§ 28 Abs. 2 S. 2 Buchst, c, 36 Abs. 3 S. 2, 37 Abs. 1 S. 3 AVG) und sind auch nicht auf 7,50 WE anzuheben, wenn sie in die ersten fünf Kalenderjahre fallen. Im VA sind die vor dem 01. 01. 1986 liegenden Kindererziehungszeiten auch dann zu berücksichtigen, wenn das Ende der Ehezeit vor dem Inkrafttreten des HEZG (01. 01. 1986) liegt (BGH FamRZ 86, 449, 450; Hahne ¡Glöckner FamRZ 86, 230; a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 86, 366; Michaelis FamRZ 85, 550, 553). Zum Wechsel der Betreuungsperson des Kindes vgl. Rdn. 120. Die §§ 1251a RVO, 28 a AVG gelten allerdings nur für Eltern, die nach dem 1 2 8 3 1 . 1 2 . 1 9 2 0 geboren sind. Früher geborenen Eltern werden keine Kindererziehungszeiten angerechnet. Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 erhalten zwar nach Art. 2 § 62 ArVNG, Art. 2 § 61 AnVNG (i. d. F. des KLG) auf Antrag eine gesonderte „Leistung für Kindererziehung" in Höhe von jährlich 1,125% der jeweils für die Berechnung von Renten geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage. Diese Leistung wird im Zahlungsverfahren wie ein Zuschlag zur Rente behandelt. Sie ist aber keine Rente i. S. der §§ 1235 Nr. 2, 1245 RVO, §§ 12 Nr. 2, 22 AVG und fällt deshalb nicht unter § 1587 a Abs. 2 Nr. 2. Es handelt sich überhaupt nicht um ein Versorgungsanrecht i. S. des § 1587 Abs. 1, so daß auch keine Bewertung nach § 1587 a Abs. 5 in Betracht kommt (BGH FamRZ 91, 675; OLG Stuttgart FamRZ 89, 185; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 526; MüKo¡Maier Rdn. 39; Klattenhof/ § 1587 Rdn. 22; Soergelj Vorwerk § 1587 Rdn. 12; SoergeljSchmeiduch S. 54; von Einem FamRZ 89, 1028; ebenso zumindest für den Fall, daß die Leistungen für Kinder gewährt werden, die nicht aus der zu scheidenden Ehe hervorgegangen sind, OLG Hamburg FamRZ 90, 640; a.A. OLG München FamRZ 89, 186; OLG Koblenz FamRZ 90, 639). — Die Rentenreform 1992 bringt insoweit keine Änderung. Die Kindererziehungsleistung beträgt künftig 75% des aktuellen Rentenwerts (vgl. §§294 ff SGB VI). Mütter, die am 18. 05. 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, erhalten Leistungen nach dem KLG, wenn sie vor dem 01.01. 1927 geboren sind und am 31. 12. 1991 keinen Rentenanspruch nach früherem (DDR-)Recht hatten Hartmut Wiek

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(§ 294 a SGB VI). Die Höhe der Leistungen beträgt 75 % des aktuellen Rentenwerts (Ost) (§ 295 a SGB VI). 129 Bei Versicherten, die vor Vollendung des 55. Lebensjahres berufs- oder erwerbsunfähig geworden sind, ist bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre (§§ 1258 RVO, 35 AVG) die Zeit vom Eintritt des Versicherungsfalles bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres als Zurechnungszeit zu berücksichtigen. Sie wird den zurückgelegten Versicherungs- und Ausfallzeiten hinzugerechnet (§§ 1260 Abs. 1 S. 1 RVO, 37 Abs. 1 S. 1 AVG). Ziel dieser Regelung ist es, dem Versicherten auch im Fall frühzeitiger Invalidität eine ausreichende Rente zu gewährleisten. Voraussetzung für die Anrechnung der Zurechnungszeit ist jedoch, daß entweder von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles mindestens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sind (sog. Mindestdeckung) oder daß die sog. Halbdeckung (§§ 1260 Abs. 1 S. 2 RVO, 37 Abs. 1 S. 2 AVG) oder verkürzte Halbdeckung (Art. 2 § 14 i. V. m. § 9 a Abs. 1 ArVNG, Art. 2 § 14a i. V. m. § 9a Abs. 1 AnVNG) erreicht ist (vgl. dazu Rdn. 124). Die Anrechnung einer Zurechnungszeit wirkt sich sowohl auf die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente als auch auf das Altersruhegeld aus. 130

Die Bewertung der Zurechnungszeit richtet sich nach dem Werteinheitendurchschnitt, der sich aus den bis zum Versicherungsfall zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten ergibt (§§ 1255 a Abs. 4 S. 1 RVO, 32 a Abs. 4 S. 1 AVG), jedoch bleiben Wehr- oder Zivildienstzeiten sowie Kindererziehungszeiten nach dem 31. 12. 1985 insgesamt unberücksichtigt, wenn sich dadurch ein höherer Werteinheitendurchschnitt ergibt (§§ 1255 a Abs. 1 S. 2 RVO, 32 a Abs. 1 S. 2 AVG); mindestens sind 7,50, höchstens 16,66 WE zugrunde zu legen (§§ 1255 a Abs. 4 S. 3 i. V. m. Abs. 3 S. 2 und 4 RVO, §§ 32 a Abs. 4 S. 3 i. V. m. Abs. 3 S. 2 und 4 AVG). Diese - durch das HBeglG 1983 mit Wirkung vom 01. 01. 1983 eingeführte — Regelung gilt allerdings erst für Versicherungsfälle nach dem 31. 12. 1977 (Art. 2 § 12 b Abs. 4 ArVNG, Art. 2 § 12 b Abs. 4 AnVNG). Ist der Versicherungsfall vor dem 01. 01. 1978 eingetreten, richtet sich die Bewertung weiter nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen. Danach bleibt die Zurechnungszeit ohne feste Bewertung und damit bei der Ermittlung des persönlichen Vomhundertsatzes außer Betracht. Sie war lediglich im Rahmen der §§ 1258 RVO, 35 AVG bei den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren zu berücksichtigen, so daß im Ergebnis eine Bewertung mit dem Vomhundertsatz erfolgte, den der Versicherte am Ende seines Arbeitslebens erreicht hatte (vgl. dazu BGH FamRZ 89, 721, 723).

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Eine anrechnungsfähige Zutechnungszeit ist grds. auch im VA zu beachten. Dies gilt nach bisherigem Recht unabhängig davon, ob die bei Ehezeitende tatsächlich bezogene Rente oder das fiktive Altersruhegeld dem Ausgleich zugrunde zu legen ist (vgl. dazu u. Rdn. 149 ff). In beiden Fällen führt die Zurechnungszeit zur Erhöhung des Werts der Rentenanwartschaft (BT-Drucks. 7/650, S. 157). Da eine Invaliditätsrente später in ein Altersruhegeld umzuwandeln ist und dabei der bisherige Besitzstand gewahrt bleibt (§ 1254 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 1253 Abs. 2 S. 3 RVO; § 31 Abs. 2 S. 2 i, V. m. § 30 Abs. 2 S. 3 AVG), wirkt sich die Zurechnungszeit auch beim Altersruhegeld wertsteigernd aus. Allerdings können sich in der Zeit vom Versicherungsfall bis zum Ende der Ehezeit die Voraussetzungen für die Anrechnung und Bewertung der Zurechnungszeit geändert haben, so daß die tatsächlich gezahlte Rente mehr oder weniger stark von dem fiktiven Altersruhegeld abweicht.

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Im VA ist die Zurechnungszeit nur bis zum Ende der Ehezeit zu berücksichtigen (BGH FamRZ 86, 337; 88, 489, 491; 89, 721, 722; OLG Frankfurt FamRZ 82, 619; OLG Hamm FamRZ 86, 578, 579; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 67; vgl. auch Rdn. 151). Dies gilt auch dann, wenn die Invaliditätsrente schon vor der Eheschließung bewilligt 526

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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worden war (BGH FamRZ 86, 337; KG FamRZ 81, 680; OLG Celle FamRZ 82, 618). Zwar verändert sich die vor der Eheschließung bewilligte Rente durch eine in der Ehezeit liegende Zurechnungszeit nicht mehr, weil der Versicherte von vornherein so gestellt ist, als hätte er Beitragszeiten bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres zurückgelegt. Für die Bewertung im Rahmen des VA ist aber die Entwicklung der Anwartschaft auf Altersruhegeld maßgebend. Anders als im Beamtenversorgungsrecht (vgl. dazu Rdn. 63 f) tritt im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Erreichen der Altersgrenze ein weiterer Versicherungsfall ein. Bis zu diesem wächst die Anwartschaft auf Altersruhegeld mit jedem Monat der Zurechnungszeit, den der Versicherte bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres erlebt. Er wird durch die Zurechnungszeit mithin (fast) so gestellt, als sei seine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten. Dieser Umstand rechtfertigt es, der in der Ehe zurückgelegten Zurechnungszeit Einfluß auf die Höhe der in den VA einzubeziehenden Rentenanwartschaften einzuräumen (BGH FamRZ 86, 337). Eine Kürzung des VA gemäß § 1587 c Nr. 1 kommt hier — im Gegensatz zur Beamtenversorgung (vgl. dazu Rdn. 64) — ohne Hinzutreten sonstiger Umstände nicht in Betracht, da es aufgrund der Zurechnungszeit nicht zu einem höheren VA kommen kann, als ihn der Ausgleichsberechtigte bei Fortdauer der Erwerbstätigkeit des Verpflichteten zu beanspruchen hätte (BGH FamRZ 88, 489, 491). Eine Zurechnungszeit ist auch dann zu berücksichtigen, wenn ein Ehegatte eine sog. Umstellungsrente aus einem vor dem 01. 01. 1957 eingetretenen Versicherungsfall bezieht (BGH FamRZ 86, 337, 338; OLG Bremen FamRZ 80, 1129; SoergeljSchmeiduch Rdn. 80). b) Ab 01. 01.1992 geltendes Recht. Auch nach der Rentenreform 1992 sollen sich 1 3 3 bestimmte Zeiten ohne Beitragsleistungen auf die Rentenberechnung auswirken. Gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI gehören zu den rentenrechtlichen Zeiten (neben Beitragsund Berücksichtigungszeiten) auch „beitragsfreie Zeiten". Das sind nach § 54 Abs. 4 SGB VI Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, Ersatzzeiten oder einer Zurechnungszeit belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Die Ersatzzeiten entsprechen dem bisherigen Recht (vgl. Rdn. 122), jedoch wird der Erwerb solcher Zeiten nach dem 31. 12. 1991 ausgeschlossen (§ 250 Abs. 1 SGB VI). Die Anrechnungszeiten sind im wesentlichen mit den bisherigen Ausfallzeiten (vgl. Rdn. 122) identisch (§§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4, 252, 252 a SGB VI). Abweichend vom bisherigen Recht können künftig auch Zeiten des Bezugs einer Erwerbs- oder Berufsunfahigkeitsrente und die vor dem Beginn einer Rente liegende Zurechnungszeit als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden (§§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 252 Abs. 1 Nr. 4 und 5, 252 a Abs. 1 Nr. 4 SGB VI), nicht jedoch Zeiten, in denen eine Altersrente bezogen worden ist (§ 58 Abs. 6 SGB VI). Die Regelung über die pauschale Anrechnungszeit (§ 253 SGB VI) ist im wesentlichen aus dem bisherigen Recht übernommen worden. Zurechnungszeit ist künftig die Zeit, die bei einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente hinzugerechnet wird, wenn der Versicherte bei Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 59 SGB VI). Zu Kindererziehungszeiten vgl. Rdn. 121, 128. Die Voraussetzungen für die Anrechnung beitragsfreier Zeiten und deren Bewertung 1 3 4 werden mit der Rentenreform grundlegend verändert. Die bisher erforderliche Halbbzw. Mindestdeckung (vgl. Rdn. 124,129) entfällt. Beitragsfreie Zeiten werden künftig unter Verzicht auf besondere Anrechnungsvoraussetzungen stets bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Sie erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Es wird somit eine Gesamtleistungsbewertung vorgenommen, bei der die Hartmut Wiek

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beitragsfreien Zeiten um so höher bewertet werden, je mehr der Versicherte selbst zur Solidargemeinschaft beigetragen hat (vgl. Lejendecker ZfSH/SGB 89, 618, 626 m. Beisp.). Neben Beitragszeiten wirken sich auch Berücksichtigungszeiten (vgl. dazu Rdn. 138 ff) werterhöhend aus; für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Monat an Berücksichtigungszeit 0,0625 Entgeltpunkte zugeordnet, sofern er nicht als Beitragszeit bereits einen höheren Wert hat (§ 71 Abs. 3 SGB VI). Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung werden zwei Berechnungen durchgeführt, eine Grundbewertung und eine Vergleichsbewertung. Der höhere Wert aus beiden Berechnungen ist sodann für die Rentenberechnung maßgebend (§ 71 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Bei der Grundbewertung (§ 72 SGB VI) wird die Summe der Entgeltpunkte aus Beitrags- und Berücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt. I. d. R. ist im VA die Zeit von der Vollendung des 16. Lebensjahres bis zum Ende der Ehezeit, vermindert um beitragsfreie Zeiten und Rentenbezugszeiten, als belegungsfähiger Zeitraum zugrunde zu legen. Bei einem Rentenbeginn bis zum Jahre 2003 gelten Übergangsregelungen (§ 263 Abs. 2 SGB VI). Beitragsfreie Zeiten im Beitrittsgebiet werden anteilig bewertet (§263a SGB VI). Zur Vergleichsbewertung vgl. i. e. § 73 SGB VI. Beitragsgeminderte Zeiten erhalten mindestens den Wert, den sie als beitragsfreie Zeiten nach der Vergleichsbewertung hätten. Dies geschieht durch einen Zuschlag an Entgeltpunkten, der den einzelnen Kalendermonaten mit beitragsfreien Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet wird (§ 71 Abs. 2 SGB VI). Soweit beitragsfreie Zeiten mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Beamtenversorgung oder beamtenähnlichen Versorgung als ruhegehaltfähig anerkannt werden, bleiben sie bei der Gesamtleistungsbewertung unberücksichtigt (§71 Abs. 4 SGB VI; vgl. auch Rdn. 348). Renten nach Mindesteinkommen für Versicherungsfälle vor 1992 sind nach Maßgabe des Art. 82 RRG 1992 noch um einen Zuschlag an Entgeltpunkten zu erhöhen. 135

Zeiten der Krankheit, Schwangerschaft oder Arbeitslosigkeit sind nur dann Anrechnungszeiten i. S. d. § 58 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung, eine selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehr- oder Zivildienst unterbrochen worden ist (§§58 Abs. 2, 252 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 3 , S. 2 SGB VI). Krankheits- oder Arbeitslosigkeitszeiten kommen jedoch dann nicht als Anrechnungszeiten in Betracht, wenn wegen des Bezugs von Krankengeld, Arbeitslosengeld oder ähnlicher Sozialleistungen eine Versicherungspflicht nach § 3 Nr. 3 SGB VI bestand (§ 58 Abs. 1 S. 3 und Abs. 4 SGB VI). Der individuelle Gesamtleistungswert wird für die genannten Anrechnungszeiten auf 80% begrenzt (§ 74 S. 1 SGB VI). Bei einem Rentenbeginn bis zum Jahre 2003 wird die Begrenzung gemäß § 263 Abs. 3 SGB VI abgemildert. 136 Die Voraussetzungen für die Anrechnung von Ausbildungs-Anrechnungszeiten entsprechen im wesentlichen dem bisherigen Recht (vgl. dazu Rdn. 126). Künftig gilt eine Gesamtbegrenzung der anrechenbaren Ausbildungszeiten auf 7 Jahre unabhängig von der jeweiligen Schulform (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI), die durch eine Übergangsregelung gemildert wird (§ 252 Abs. 4 SGB VI). Für Ausbildungs-Anrechnungszeiten wird der Gesamtleistungswert auf 75%, maximal jedoch 0,0625 Entgeltpunkte je Monat, abgesenkt (§ 74 SGB VI). Bei einem Rentenbeginn bis zum Jahre 2003 greift die Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI ein. 137 Als Zurechnungszeit ist künftig die Zeit zu berücksichtigen, die bei einer Berufsoder Erwerbsunfähigkeitsrente den sonstigen rentenrechtlichen Zeiten hinzugerechnet wird, wenn der Versicherte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 59 Abs. 1 SGB VI). Die Zurechnungszeit beginnt mit dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder — wenn die zum Rentenbezug erforderliche Wartezeit erst später erfüllt wird — 528

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mit Beginn der Rente (§ 59 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VI). Die Zeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres wird wie bisher in vollem Umfang berücksichtigt, zusätzlich wird künftig die Zeit von der Vollendung des 55. bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu einem Drittel hinzugerechnet (§ 59 Abs. 3 SGB VI). Die Berücksichtigung der Zurechnungszeit ist nicht mehr von der Halb- oder Mindestdeckung abhängig. Die Bewertung der Zurechnungszeit erfolgt wie bei allen beitragsfreien Zeiten nach dem Gesamtleistungsprinzip (vgl. Rdn. 134). Bei der Berechnung einer Anwartschaft auf Vollrente wegen Alters nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 kommt künftig eine direkte Berücksichtigung von Zurechnungszeiten nicht mehr in Betracht. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und eine vor Beginn dieser Rente liegende Zurechnungszeit werden jedoch gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI als Anrechnungszeiten berücksichtigt und entsprechend bewertet (vgl. Rdn. 133). Ob die Minderung der Erwerbsfähigkeit vor oder in der Ehezeit eingetreten ist, spielt keine Rolle (BGH FamRZ 86, 337; vgl. Rdn. 132). Fällt das Ende der Ehezeit in den Zeitraum vom vollendeten 55. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr, der nur zu einem Drittel — also mit 20 Monaten — als Zurechnungszeit bzw. bei der Altersrente als Anrechnungszeit berücksichtigt wird, ist auch im VA nur ein Drittel dieser auf die Ehezeit entfallenden Anrechnungszeit zu berücksichtigen (zweifelnd Schmeiduch FamRZ 91, 377, 382). Dem steht nicht entgegen, daß die Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung den ersten 20 Monaten nach Vollendung des 55. Lebensjahres zugeordnet wird (§§ 59 Abs. 3, 122 Abs. 3 SGB VI), denn dies hat lediglich technische Gründe und ändert nichts daran, daß die gesamte Zeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres in die Anwartschaftsberechnung einbezogen wird. 7. Anrechnung und Auswirkung von Berücksichtigungszeiten Mit der Rentenreform 1992 werden sog. Berücksichtigungszeiten als neue renten- 1 3 8 rechtliche Zeiten eingeführt (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Darunter fallen die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr und die Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen (§ 57 SGB VI). Die Zeit der Erziehung eines Kindes gilt bei einem Elternteil als Berücksichtigungs- 1 3 9 zeit, soweit in dessen Person die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (vgl. Rdn. 121) auch über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus vorliegen. Treten diese Voraussetzungen erst nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes, aber in den folgenden 7 Jahren ein, so beginnt die Kinderberücksichtigungszeit mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit dem Grunde nach erfüllt sind. Bei gemeinsamer Erziehung beider Eltern können diese die Berücksichtigungszeit durch übereinstimmende Erklärung beliebig zuordnen (§ 56 Abs. 2 SGB VI entsprechend; vgl. Rdn. 121). Kinderberücksichtigungszeiten kommen (ab 1992) auch für die Erziehung von Kindern in Betracht, die vor dem 01. 01. 1992 geboren worden, aber noch nicht 10 Jahre alt sind. Auch insoweit ist eine Aufteilung der Berücksichtigungszeit auf beide Eltern möglich, wenn diese bis zum 31.12.1994 eine dahingehende übereinstimmende Erklärung abgeben (§249 Abs. 7 SGB VI i. d. F. des RÜG). Die Anrechnung einer Pflegeberücksichtigungszeit setzt voraus, daß eine auf fremde 1 4 0 Hilfe angewiesene Person mindestens zehn Stunden wöchentlich nicht erwerbsmäßig häuslich gepflegt wird. Der Pflegende muß berechtigt sein, Pflichtbeiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen, und er darf nicht gemäß § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sein (§ 57 Abs. 2 i. V. m. § 177 SGB VI). Die Pflegeberücksichtigungszeit Hartmut Wiek

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§ 1 5 8 7 a BGB

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wird — anders als die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung — nur auf Antrag angerechnet (§ 57 Abs. 2 S. 1 SGB VI), ist aber zeitlich nicht befristet. 141 Die Berücksichtigungszeiten werden nicht wie Beitragszeiten behandelt, sondern wirken sich nur im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (vgl. Rdn. 134) aus. Sie werden dabei mit 75% des Durchschnittsentgelts aller Versicherten bewertet, indem jedem Kalendermonat an Berücksichtigungszeit 0,0625 Entgeltpunkte zugeordnet werden, falls er nicht als Beitragszeit bereits einen höheren Wert hat (§ 71 Abs. 3 SGB VI). Die Berücksichtigungszeiten erhöhen auf diese Weise den Gesamtleistungswert und bewirken eine höhere Bewertung der beitragsfreien Zeiten. Darüber hinaus bewirken die Berücksichtigungszeiten, daß die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nicht entfallen; der Zeitraum von fünf Jahren, in denen 36 Monate Pflichtbeitragszeiten liegen müssen (§§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI), verlängert sich um die Berücksichtigungszeiten (§§ 43 Abs. 3, 44 Abs. 4 SGB VI). Weiter werden die Berücksichtigungszeiten auf die Wartezeit von 35 Jahren für vorzeitige Altersrenten an Schwerbehinderte, vermindert Erwerbsfähige und langjährig Versicherte angerechnet (§ 51 Abs. 3 SGB VI). Schließlich werden die Berücksichtigungszeiten auch auf die rentenrechtlichen Zeiten angerechnet, die für die Rente nach Mindesteinkommen erforderlich sind (§ 262 SGB VI).

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8. Ermittlung des Ehezeitanteils bei tatsächlichem Rentenbezug a) Abweichungen der tatsächlichen Rente von der fiktiven Altersrente. Der Durchführung des VA in Form des Rentensplittings (§ 1587 b Abs. 1) steht es nicht entgegen, wenn die Ehegatten bereits Renten beziehen (BGH FamRZ 80, 129; 82, 258; vgl. dazu näher § 1587 b Rdn. 8). Erhält ein Ehegatte am Ende der Ehezeit bereits eine Alters- oder Invaliditätsrente, so kann die nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 (bis 31. 12. 1991 i.V.m. den §§ 1304 Abs. 1 RVO, 83 Abs. 1 AVG, 96 Abs. 1 RKG) fiktiv berechnete Altersrente höher oder niedriger sein als der tatsächliche Rentenzahlbetrag und im Einzelfall sogar erheblich davon abweichen (zu den dafür in Betracht kommenden Ursachen vgl. z. B. OLG Düsseldorf FamRZ 81, 171; Bastian\Schmeiduch § 1304 RVO Rdn. 24 f; Glockner BB 79, 684, 685). In den VA ist in solchen Fällen die tatsächlich gezahlte Rente einzubeziehen, wenn mit deren Entziehung nicht mehr zu rechnen ist. Denn dem VA sind nach Möglichkeit reale Versorgungswerte zugrunde zu legen (BGH FamRZ 82, 33; 84, 673; 85, 611; 85, 688; OLG Hamm FamRZ 91, 954, 955). Ist die Rente erst nach Ende der Ehezeit bewilligt worden, lagen deren materiellrechtliche Voraussetzungen aber bereits am Stichtag vor, so kann von einer entsprechenden Versorgungsaussicht ausgegangen werden (BGH FamRZ 89, 35, 36). Seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG kann der tatsächliche Rentenzahlbetrag dem VA auch dann zugrunde gelegt werden, wenn der Versicherungsfall erst nach Ende der Ehezeit eingetreten ist. Der (vorzeitige) Eintritt des Versicherungsfalles nach dem Stichtag stellt eine Änderung der individuellen Verhältnisse dar, die sich auf die Berechnung des Ehezeitanteils der tatsächlichen Versorgung auswirken kann. Eine solche Änderung im ehezeitlichen Wert der Versorgung kann bereits im Erstverfahren berücksichtigt werden (BGH FamRZ 89, 492 — zur vorzeitigen Pensionierung eines Beamten; OLG München FamRZ 88, 72, 73 — zum Bezug von Versorgungsrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes; SoergeljSchmeiduch Rdn. 47; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 170; Schwab ¡Hahne VI Rdn. 306; Dörr N J W 88, 97, 99; vgl. auch OLG Celle FamRZ 89, 985, 987 - zum Abänderungsverfahren; a. A. OLG Koblenz FamRZ 87, 717, 718). Ergibt sich für den Verpflichteten eine erhebliche Härte daraus, daß der Ehezeitanteil der tatsächlichen Rente 530

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

wesentlich geringer ist als der Ehezeitanteil der fiktiven Altersrente, der Gesamtwert der tatsächlichen Versorgung aber geringer ist als der der fiktiven Altersrente, so kommt die Anwendung des § 1587 c Nr. 1 in Betracht (vgl. BGH FamRZ 82, 33, 36; § 1587 c Rdn. 32). — Nach dem ab 1992 geltenden Rentenrecht können Versicherte auch eine Teilrente in Höhe von einem Drittel, der Hälfte oder zwei Dritteln der erreichten Vollrente wegen Alters in Anspruch nehmen (§ 42 SGB VI). Der Bezug einer Teilrente bleibt jedoch im VA außer Betracht. Dem Ausgleich unterliegt die Anwartschaft auf Vollrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Allerdings ist zu beachten, daß die einer Teilrente zugrunde gelegten Entgeltpunkte auch bei einer späteren Vollrente berücksichtigt werden, weil sie unter den Besitzschutz des § 88 Abs. 1 S. 1 SGB VI fallen (vgl. Rdn. 147). Bezieht ein Ehegatte Altersrente und hat er das 65. Lebensjahr vollendet, so ist für 1 4 3 die Wertermittlung im Rahmen des VA keine fiktive, sondern die tatsächlich gezahlte Altersrente — ohne Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung und des vom Versicherten selbst zu tragenden Krankenversicherungsbeitrags — heranzuziehen. In derartigen Fällen ist die gewährte Altersrente endgültig und wird — von Rentenanpassungen abgesehen — nicht mehr erhöht. Das gesetzlich vorgesehene Berechnungsverfahren soll gewährleisten, daß der dem Wertausgleich zugrunde gelegte Anwartschaftsbetrag für die Ehejahre mit dem tatsächlich in der Rente enthaltenen Anteil übereinstimmt (BTDrucks. 7/650, S. 226). Diesen Grundsätzen liefe es zuwider, wenn in Fällen, in denen bereits die Altersrente gezahlt wird, an der Notwendigkeit einer fiktiven Neuberechnung festgehalten und der sich dabei ergebende Rentenbetrag selbst dann der anschließenden Aufteilung zugrunde gelegt würde, wenn der Betrag von der tatsächlichen Rente abweicht (BGH FamRZ 82, 33, 34; 84, 673). Für die Berechnung des Ehezeitanteils nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 a. F. i. V. m. den 1 4 4 §§ 1304 Abs. 2 RVO, 83 Abs. 2 AVG ist das Werteinheitenverhältnis ebenfalls aus der Berechnung der gezahlten Rente zu bilden (BGH FamRZ 84, 673). Es muß ggf. gesondert von dem zuständigen Rentenversicherungsträger erfragt werden. Auch nach dem ab 01.01.1992 geltenden Recht ist der Ehezeitanteil aus der 1 4 5 tatsächlich bezogenen Rente zu ermitteln. Dabei ist von den Entgeltpunkten auszugehen, die dieser Rente zugrundeliegen. Sodann ist aus denjenigen Entgeltpunkten, die davon auf die Ehezeit entfallen, eine fiktive Altersrente zu berechnen (ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors; vgl. dazu i. e. Rdn. 103 ff). Soweit die gezahlte Rente noch nach dem bis 31. 12. 1991 geltenden Recht festgestellt worden ist, wird der Monatsbetrag der Rente gemäß § 307 SGB VI mittels Division durch den am Ehezeitende maßgebenden aktuellen Rentenwert in Entgeltpunkte umgerechnet. Die auf die Ehezeit entfallenden Werteinheiten werden gemäß § 264 SGB VI mit dem Divisor 100 ebenfalls in Entgeltpunkte umgerechnet, aus denen wiederum nach der neuen Rentenformel (Multiplikation mit dem aktuellen Rentenwert) der Ehezeitanteil der tatsächlich gezahlten Altersrente ermittelt wird. Sind bei der tatsächlich gezahlten Rente Werteinheiten für eine pauschale Ausfallzeit oder nach den Grundsätzen der Rente nach Mindesteinkommen berücksichtigt worden, so sollten die §§ 1304 Abs. 2 S. 3 RVO, 83 Abs. 2 S. 3 AVG nicht mehr angewendet, sondern die zusätzlichen Werteinheiten bzw. Entgeltpunkte entsprechend den §§ 254 Abs. 2, 262 Abs. 2 SGB VI (vgl. dazu Rdn. 113) zeitlich aufgeteilt werden (Schmeiduch FamRZ 91, 377, 385). Hat ein Versicherter das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet und bezieht er vorgezo- 1 4 6 gene oder flexible Altersrente (§§ 1248 Abs. 1 bis 3 RVO, 25 Abs. 1 bis 3 AVG; §§ 36 bis 40 SGB VI), so ist zu berücksichtigen, daß die Rente im Fall der Aufnahme einer (nicht nur geringfügigen) Erwerbstätigkeit bzw. bei Überschreiten der HinzuverdienstHartmut Wiek

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§ 1 5 8 7 a BGB

Scheidung der Ehe

grenze wieder wegfallen kann (§§ 1248 Abs. 4 RVO, 25 Abs. 4 AVG; § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI). Nach bisherigem Recht konnte die ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlende Rente aufgrund der Besitzstandsregelung der §§ 1290 Abs. 3 S. 3 RVO, 67 Abs. 3 S. 3 AVG nicht niedriger sein als die vorgezogene oder flexible Altersrente, konnte diese jedoch übersteigen. Im Regelfall war dem VA das tatsächlich gezahlte vorgezogene oder flexible Altersruhegeld zugrunde zu legen, auch wenn das fiktive (normale) Altersruhegeld höher war. Nur wenn nach den Umständen des Falles mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen war, daß das vorgezogene oder flexible Altersruhegeld wieder wegfallen würde, war die tatsächlich gezahlte Rente mit dem fiktiven (normalen) Altersruhegeld zu vergleichen und das letztere im VA zugrunde zu legen, falls es den höheren Betrag ergab. 147

Nach dem ab 01. 01. 1992 geltenden Recht erwirbt der Bezieher von vorgezogener oder flexibler Altersrente mit der Vollendung des 65. Lebensjahres einen weiteren Rentenanspruch. Der Anspruch auf Regelaltersrente (§ 35 SGB VI) tritt dann neben den bereits bestehenden Anspruch auf vorzeitige Altersrente, jedoch wird nur die höchste Rente — bei gleich hohen Renten in erster Linie die Regelaltersrente — geleistet (§ 89 Abs. 1 SGB VI). Im VA ist ein Vergleich der gezahlten vorzeitigen Rente und der Anwartschaft auf Regelaltersrente vorzunehmen und das höchste Anrecht zugrunde zu legen. Der Zahlbetrag der vorzeitigen Rente wird durch einen Zugangsfaktor beeinflußt, der kleiner als 1,0 ist (§§ 63 Abs. 5, 77 SGB VI). Dieser Zugangsfaktor bleibt auch bei Bemessung der Regelaltersrente für diejenigen Entgeltpunkte maßgebend, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten der früheren Altersrente waren (§ 77 Abs. 3 S. 1 SGB VI). Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 n. F. ist der Zugangsfaktor jedoch sowohl bei Rentenanwartschaften als auch bei bereits laufenden Renten unberücksichtigt zu lassen. Er beruht auf persönlichen Umständen bzw. auf einer individuellen Entscheidung des Versicherten, die gesetzliche Rente schon vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch zu nehmen. Der objektive Wert der auszugleichenden Anrechte wird nicht durch den Zugangsfaktor, sondern nur durch die persönlichen Entgeltpunkte bestimmt. Deshalb ist der Zugangsfaktor auch in Fällen vorzeitiger Inanspruchnahme außer Betracht zu lassen. Das gleiche gilt, wenn ein Versicherter nach Vollendung des 65. Lebensjahres zunächst noch eine Regelaltersrente in Anspruch nimmt und sich dadurch der Zugangsfaktor auf mehr als 1,0 erhöht (Schmeiduch FamRZ 91, 377, 385). — Hat ein Versicherter eine vorzeitige Rente in Anspruch genommen, so werden für die Regelaltersrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt (auch soweit nur eine Teilrente bezogen wurde). Daher kann die Regelaltersrente auch nach neuem Recht nicht niedriger sein als eine vorzeitige Vollrente wegen Alters.

Das nach bisherigem Recht für die Berechnung des Ehezeitanteils maßgebende Werteinheitenverhältnis richtet sich nach dem (tatsächlichen oder fiktiven) Altersruhegeld, das im VA zugrunde zu legen ist (MüKo¡Maier Rdn. 183; SoergeHSchmeiduch Rdn. 45). Ab 01. 01. 1992 richtet sich die Berechnung des Ehezeitanteils nach den in Rdn. 145 dargelegten Grundsätzen, wobei die Entgeltpunkte der Rente zu entnehmen sind, die nach Rdn. 147 im VA zugrunde zu legen ist. 149 Bezieht ein Ehegatte am Ende der Ehezeit eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, so hing es nach bisherigem Recht ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der tatsächliche Rentenzahlbetrag oder das fiktive Altersruhegeld für die Wertberechnung heranzuziehen war. Blieb die gezahlte Invaliditätsrente hinter dem fiktiv errechneten Altersruhegeld zurück, so war für den VA grds. das letztere maßgebend, weil der Versicherte mit der Erfüllung der Voraussetzungen für ein Altersruhegeld gemäß §§ 1254 Abs. 2 RVO, 31 Abs. 2 AVG einen Anspruch auf Umwandlung der Berufs- oder

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1 5 8 7 3 BGB

Erwerbsunfähigkeitsrente in ein Altersruhegeld erlangte (BGH FamRZ 84, 673; 89, 723, 724; OLG Zweibrücken FamRZ 86, 174 — auch zur Berechnung einer mitauszugleichenden Zusatzversorgungsrente —; OLG Koblenz FamRZ 89, 983). Überstieg dagegen die am Ende der Ehezeit bezogene Invaliditätsrente das fiktive Altersruhegeld, so war für die Ermittlung des Wertunterschiedes im Rahmen des VA von dem tatsächlichen Rentenzahlbetrag auszugehen, sofern mit der Entziehung der Invaliditätsrente nicht mehr zu rechnen war (BGH FamRZ 84, 673; 85, 688, 689; 89, 35, 36; 89, 721, 722; 89, 723, 724, jeweils für den Fall des Bezugs von Erwerbsunfähigkeitsrente; a. A. für den Fall, daß Berufsunfähigkeitsrente bezogen wird, OLG Celle FamRZ 85, 939, 941; Soergelj Schmeiduch Rdn. 46; insoweit kann jedoch grds. nichts anderes gelten). Bei der Umwandlung der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente in ein Altersruhegeld war nämlich aufgrund der Besitzstandsregelung der §§ 1253 Abs. 2 S. 5, 1254 Abs. 2 S. 2 RVO, §§ 30 Abs. 2 S. 5, 31 Abs. 2 S. 2 AVG gewährleistet, daß das Altersruhegeld nicht niedriger war als die bisherige Invaliditätsrente. Nach dem ab 01.01. 1992 geltenden Recht werden Renten wegen verminderter 1 5 0 Erwerbsfähigkeit nur noch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt (§§ 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 SGB VI). Eine Umwandlung der Invaliditätsrente in eine Altersrente findet nicht mehr statt. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres ist dem Versicherten jedoch von Amts wegen Regelaltersrente zu gewähren, wenn er nicht etwas anderes bestimmt (§ 115 Abs. 3 SGB VI). Beginnt die Regelaltersrente spätestens innerhalb von 24 Monaten nach Ende des Bezugs der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, so werden für die Altersrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt (§ 88 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Damit wird - ebenso wie nach dem bis 31. 12. 1991 geltenden Recht — der bisherige Besitzstand gewahrt. Auch nach neuem Recht hängt es danach von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die bereits gezahlte Invaliditätsrente oder die fiktive Altersrente im VA zugrunde zu legen ist. Zunächst ist zu prüfen, ob bis 24 Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze noch mit einem Wegfall der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu rechnen ist. Wenn dies der Fall ist, so ist die fiktive Regelaltersrente für den VA maßgebend. Anderenfalls ist die bei Ehezeitende gezahlte Invaliditätsrente mit der fiktiven Regelaltersrente zu vergleichen und der höhere Betrag im VA zugrunde zu legen. Der für den VA maßgebliche Wert der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente 1 5 1 ist unter Einbeziehung auch der Zurechnungszeit (vgl. Rdn. 129, 137) zu ermitteln. Die Zurechnungszeit ist allerdings nur insoweit zu berücksichtigen, als sie in die Ehezeit fällt (BGH FamRZ 86, 337; 89, 721, 722; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 67 m. Anm. Kemnade vgl. auch BT-Drucks. 7/650 S. 157 und o. Rdn. 132). Die Berücksichtigung der Zurechnungszeit soll dem Versicherten eine ausreichende Rente gewährleisten, indem sie ihn auf Kosten der Solidargemeinschaft der Versicherten so stellt, als sei die Invalidität erst zu einem Zeitpunkt eingetreten, in dem damit auch bei einem normalen Verlauf des Arbeitslebens gerechnet werden muß. Soweit die Zurechnungszeit dem Berufs- oder Erwerbsunfähigen als Entschädigung dafür gewährt wird, daß er eine bestimmte Zeit nach der Ehezeit nicht mehr arbeiten kann, kann der ihr zugeordnete Teil des Rentenzahlbetrages für die Wertberechnung im VA nicht herangezogen werden. Ein sachgerechter Vergleich zwischen den maßgeblichen Werten der fiktiven Altersrente am Ende der Ehezeit einerseits und des tatsächlichen Rentenzahlbetrages andererseits setzt vielmehr voraus, daß dieser zunächst um den Wert für die nach Ehezeitende zurückzulegende Zurechnungszeit bereinigt wird. Dies geschah nach bis 31.12.1991 geltender Rechtslage in der Weise, daß bei der Bildung des Werteinheitenverhältnisses aus der tatsächlich gezahlten Rente (vgl. dazu u. Rdn. 153) Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

solche Werteinheiten, die auf die nach Ehezeitende zurückzulegende Zurechnungszeit entfielen, nur bei der Gesamtzeit zu berücksichtigen waren (BGH FamRZ 89, 721, 723; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 67, 68). Beispiel (BGH FamRZ 89, 721, 723): Rentenz ahlbetrag: Ehezeit: Zurechnungszeit: Werteinheiten aus Beitrags- und Ausfallzeiten (01. 04. 1964-31. 03. 1972): Werteinheiten aus der gesamten Zurechnungszeit: davon auf die Zeit nach Ehezeitende entfallend: Werteinheiten insgesamt: Werteinheiten aus der Ehezeit: Ehezeitlicher Verhältniswert: Ehezeitanteil der gezahlten Rente:

1020,90 DM 01. 07. 1972-30. 11. 1985 01. 04. 1972 (Versicherungsfall) - 3 1 . 08. 2004 (Vollendung des 55. Lebensjahres des Versicherten) 557,84 2411,80; 1395,00 2969,64 (557,64+2411,80) 1574,64 (2969,64-1395) 1574,64:2969,64 = 53,02% (zur Rundung s. o. Rdn. 97) 1020,90 DM x 53,02% = 541,28 DM; gerundet 541,30 DM.

Nach dem ab 1992 geltenden Recht ist der Teil der tatsächlich gezahlten Invaliditätsrente, der sich ohne die nach Ehezeitende liegende Zurechnungszeit als Rente ergeben würde, zu ermitteln und der fiktiven Vollrente wegen Alters gegenüberzustellen. Uber die Höhe der danach maßgebenden (fiktiven) Teil-Invaliditätsrente wird i. d. R. eine Auskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers einzuholen sein, da sich die nachehezeitliche Zurechnungszeit außer in den ihr selbst zugeordneten Entgeltpunkten auch auf die Gesamtleistungsbewertung aller beitragsfreier Zeiten auswirken kann (vgl. § 72 Abs. 4 SGB VI). Bei der Berechnung der fiktiven Altersrente ist die für die Invaliditätsrente berücksichtigt Zurechnungszeit künftig nicht mehr in gleicher Weise, sondern vielmehr als Anrechnungszeit einzubeziehen (§ 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI). Auch insoweit ist im VA eine Begrenzung auf das Ehezeitende vorzunehmen. Soweit in der Zurechnungs- und Anrechnungszeit noch Beiträge entrichtet worden sind, werden Beitragszeiten (und zwar als sog. beitragsgeminderte Zeiten) berücksichtigt (§ 54 Abs. 1 und 3 SGB VI). 152

Ob die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit des Rentenbeziehers als dauerhaft anzusehen ist, muß tatrichterlich ermittelt (§12 FGG) und entschieden werden. Der Wegfall einer bereits bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente kann z. B. nicht mehr erwartet werden, wenn der Rentenbezieher bei Ehezeitende bereits 65 Jahre alt ist und nur deshalb noch kein Altersruhegeld erhält, weil er die dazu erforderliche Wartezeit noch nicht erreicht hat (BGH FamRZ 84, 673), oder wenn er kurz vor der Vollendung des 65. Lebensjahres steht und keine Anhaltspunkte für eine künftige Verbesserung seines Gesundheitszustandes vorliegen (BGH FamRZ 82, 33, 36; 85, 688, 689). Aber auch sonst kann nicht generell erst ab einem bestimmten Alter davon ausgegangen werden, daß die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr zu erwarten ist (a. A. OLG Karlsruhe FamRZ 85, 611). Zwar greift die Besitzstandsregelung frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres ein, weil erst dann anstelle der Invaliditätsrente eine (vorzeitige) Altersrente in Betracht kommt. Auch bei jüngeren Versicherten, die eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehen, kann jedoch nach den Umständen des konkreten Falles mit hinreichender 534

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Sicherheit ausgeschlossen werden, daß sie in Zukunft zur Aufnahme einer regelmäßigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit wieder in der Lage sein werden. Ist aber davon auszugehen, daß der Versicherte seine Erwerbsfähigkeit nicht wiedererlangen wird, so ist aufgrund der Besitzstandsregelung auch der Wegfall einer die fiktive Altersrente übersteigenden Versorgung nicht mehr zu erwarten und demgemäß dem VA die tatsächlich gezahlte Rente zugrunde zu legen (BGH FamRZ 88, 489; 89, 35, 36 - Alter des psychisch kranken Versicherten bei Ehezeitende 34 Jahre; 89, 721 — multiple Sklerose, Alter bei Ehezeitende 36 Jahre; 89, 723, 724 — schizophrene Psychose, Alter bei Ehezeitende 45 Jahre; OLG Hamm FamRZ 86, 578; OLG Düsseldorf FamRZ 89, 67; OLG Frankfurt FamRZ 89, 757; OLG Bamberg FamRZ 90, 73). Die vorstehenden Grundsätze gelten auch dann, wenn die Invaliditätsrente erst nach Ehezeitende bewilligt worden ist, deren materiell-rechtliche Voraussetzungen aber bereits am Stichtag vorgelegen haben. Denn in diesem Fall war bei Ehezeitende jedenfalls schon eine entsprechende Versorgungsaussicht begründet, die nach § 1587 Abs. 1 S. 1 beim Ausgleich zu berücksichtigen ist (BGH FamRZ 89, 35; 36). Für die Berechnung des Ehezeitanteils war nach dem bis 31. 12. 1991 geltenden 1 5 3 Recht auch hier das Verhältnis der Werteinheiten aus der tatsächlich gezahlten Rente zu bilden, sofern diese im VA zugrunde zu legen war (BGH FamRZ 85, 688; MüKo¡Maier Rdn. 185). Ab 1992 richtet sich die Berechnung des Ehezeitanteils nach den in Rdn. 145 genannten Grundsätzen, wobei die Entgeltpunkte der tatsächlich gezahlten Rente zu entnehmen sind, sofern diese im VA maßgebend ist. Bezieht ein Ehegatte eine Rente wegen verminderter Erwerbsfahigkeit, die noch nach dem bis 31. 12. 1991 geltenden Recht berechnet worden ist, besteht die Möglichkeit, daß die Summe aller Entgeltpunkte höher ist als die Summe aller Entgeltpunkte aus der Berechnung der Anwartschaft auf Regelaltersrente, daß aber bei der Anwartschaftsberechnung mehr Entgeltpunkte auf die Ehezeit entfallen als bei der Rentenberechnung. In einem solchen Fall ist es nicht gerechtfertigt, dem Berechtigten weniger Anwartschaften zu übertragen als er nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 erhielte, obwohl die (besitzgeschützte, vgl. § 88 Abs. 1 S. 2 SGB VI) Invaliditätsrente des Verpflichteten höher ist als die Anwartschaft auf Regelaltersrente. Vielmehr sind die höheren Entgeltpunkte für die Ehezeit aus der Anwartschaftsberechnung zum Ausgleich heranzuziehen (vgl. auch Schmeiduch FamRZ 91, 377, 385). b) Ruhen von Rententeilen. Bezieht ein Ehegatte am Ende der Ehezeit bereits eine 1 5 4 (Alters- oder Invaliditäts-)Rente und ist diese nur deshalb niedriger als das fiktive Altersruhegeld, weil sie im Hinblick auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung teilweise ruht (vgl. §§ 1278, 1279 a RVO, 55, 56 a AVG; Art. 2 §§23, 23 a ArVNG, Art. 2 §§ 22, 22 a AnVNG; §§ 93, 311 SGB VI), so ist die Kürzung der Altersoder Invaliditätsrente im VA außer Betracht zu lassen. Anderenfalls würde die Unfallrente indirekt in den VA einbezogen, obwohl Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dem VA unterliegen (OLG Celle FamRZ 89, 1098, 1099; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 143; MüKojMaier Rdn. 188; SoergeljSchmeiduch Rdn. 93; a. A. OLG Hamm FamRZ 87, 493 m. abl. Anm. Kemnade). Der Bezug einer Unfallrente durch den Berechtigten kann jedoch die Anwendung des § 1587 c Nr. 1 rechtfertigen (OLG Celle FamRZ 89, 1098, 1099; vgl. auch § 1587 c Rdn. 21). Hat ein Rentenberechtigter (deutscher oder ausländischer) Versicherter seinen gewöhn- 1 5 5 liehen Aufenthalt im Ausland, so wird die Rente (sog. Auslandsrente) u. U. nicht in Höhe des vollen Inlandswertes gezahlt, weil bestimmte Versicherungszeiten außer Anrechnung bleiben und die an Ausländer zu gewährende Rente außerdem um 30% zu kürzen ist (§§ 1323 RVO, 102 AVG; §§113f, 271 f SGB VI). Im VA ist die Rente zugrunde zu legen, die sich bei Inlandsaufenthalt des Versicherten ergeben würde. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

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Nach den gesetzlichen Berechnungsvorschriften sind die auf dem Versicherungskonto tatsächlich vorhandenen Werteinheiten bzw. Entgeltpunkte maßgebend. Daß die Rente während des Auslandsaufenthalts des Versicherten teilweise nicht zur Auszahlung gelangt, ist für den VA unerheblich {]ohannsen\Henrich\Hahne Rdn. 122; MüKo¡Mater Rdn. 188; Soergel\Schmeiduch Rdn. 92). 9. Beitragserstattung Nach den §§ 1303 RVO, 82 AVG bzw. (ab 1992) § 210 SGB VI haben Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, sich die zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten (Arbeitnehmer-)Beiträge erstatten zu lassen. Diese Möglichkeit besteht z. B. für Beamte, die vor dem Eintritt in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis rentenversicherungspflichtig beschäftigt waren, ohne die Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt zu haben, und für Ausländer, die in ihre Heimat zurückkehren. Sind dem Versicherten die Beiträge schon vor dem Ende der Ehezeit erstattet worden, so ist damit die Rentenanwartschaft erloschen (§§ 1303 Abs. 7 RVO, 82 Abs. 7 AVG; § 210 Abs. 6 S. 2 und 3 SGB VI) und am maßgebenden Stichtag kein Versorgungsanrecht mehr vorhanden. Die bloße Stellung eines Antrags auf Beitragserstattung führt allerdings noch nicht zum Erlöschen der Anwartschaft, selbst wenn der Antrag begründet ist. Solange noch kein rechtskräftiger Erstattungsbescheid ergangen ist, unterliegt die Rentenanwartschaft dem VA (BGH FamRZ 86, 657). Gemäß § 10 d VAHRG darf der Renten versicherungsträger während des VA-Verfahrens keinen Anspruch auf Beitragserstattung erfüllen. Diese Schutzvorschrift zugunsten des Berechtigten kann allerdings erst wirksam werden, wenn der Rentenversicherungsträger vom Scheidungsverfahren Kenntnis erlangt hat. Deshalb kommt der Information des Rentenversicherungsträgers erhebliche Bedeutung zu. In Fällen, in denen der Verpflichtete einen Anspruch auf Beitragserstattung haben kann, sollten der Berechtigte oder das FamG den Versicherungsträger daher unverzüglich über die Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens unterrichten. 157 Wie sich eine gleichwohl nach Ehezeitende erfolgte Beitragserstattung auf den VA auswirkt, hat der BGH bisher nicht entschieden (vgl. FamRZ 86, 657, 658). Da ein Ausgleich aber nach seiner Auffassung nur hinsichtlich solcher Anrechte möglich ist, die im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung (überhaupt) noch vorhanden sind (BGH FamRZ 86, 892 betreffend Anwartschaft auf landwirtschaftliches Altersruhegeld; BGH FamRZ 92, 45 betr. berufsständische Versorgung), kann die infolge der Beitragserstattung erloschene Rentenanwartschaft grds. nicht mehr in den VA einbezogen werden (MüKol Maier § 1587 Rdn. 15; a. A. OLG Stuttgart FamRZ 83, 285; AG Charlottenburg FamRZ 82, 306; JohannsenIHenrichjHahne Rdn. 144). Nur wenn sich feststellen läßt, daß die Beitragserstattung in der Absicht bewirkt worden ist, den anderen Ehegatten zu benachteiligen, kann dem Anwärter die Berufung auf das Erlöschen der Anwartschaft verwehrt werden. Ist die Beitragserstattung zugunsten des Ausgleichsberechtigten erfolgt, kommt in einem solchen Fall eine Kürzung seines Ausgleichsanspruchs nach § 1587 c Nr. 1 oder 2 in Betracht (vgl. § 1587 c Rdn. 22); hat der Ausgleichspflichtige die Beitragserstattung in unredlicher Absicht bewirkt, kann er nach Treu und Glauben (§ 242) so zu behandeln sein, als sei die am Ende der Ehezeit vorhandene Anwartschaft nicht erloschen (BGH FamRZ 88, 1148, 1151; 89, 42, 43; 89, 44, 45; vgl. auch § 1587c Rdn. 63). In diesem Fall kommt jedoch ein Splitting nach § 1587 b Abs. 1 nicht mehr in Betracht, weil es voraussetzt, daß der Verpflichtete im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung tatsächlich noch eine Rentenanwartschaft besitzt; anderenfalls wäre der Rentenversicherungsträger doppelt belastet (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 144). Der Ausgleich kann in einem solchen Fall nur nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG (sofern der

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a B G B

Ausgleichspflichtige noch über ein anderes zum Ausgleich heranzuziehendes Anrecht verfügt) oder nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG durch Anordnung einer Beitragszahlung erfolgen (vgl. aber BGH FamRZ 92, 45, 46). — Der bloße Anspruch auf Beitragserstattung als solcher ist kein Versorgungsanrecht i. S.d. § 1587 Abs. 1 und fällt daher nicht in den VA (§ 1587 Rdn. 18). Für Frauen bestand bis Ende 1968 die Möglichkeit, sich nach der Eheschließung die 1 5 8 bisher entrichteten Rentenversicherungsbeiträge erstatten zu lassen (sog. Heiratserstattung; vgl. Art. 2 § 28 ArVNG, Art. 2 § 27 AnVNG; § 282 SGB VI). Der dadurch eingetretene Verlust der Rentenanwartschaften ist auch im VA zu beachten (OLG Düsseldorf FamRZ 82, 84). Ist für die Frau später kein neues Versicherungskonto errichtet worden, so ist im VA der Rentenversicherungsträger zu beteiligen, der das frühere Versicherungskonto geführt hat (OLG Hamm FamRZ 81, 467). 10. Rentenauskünfte an Versicherte Damit die Ehegatten sich schon vor oder während des Scheidungsverfahrens (etwa 1 5 9 zur Vorbereitung einer Vereinbarung nach § 1587 o) selbst einen ungefähren Uberblick oder die erworbenen Anwartschaften und die Auswirkungen des VA verschaffen konnten, gab ihnen die sog. AuskunftsVO (2. VO über die Erteilung von Rentenauskünften an Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung vom 05. 08. 1977, BGBl. I S. 1486) das Recht, beim zuständigen Rentenversicherungsträger eine Auskunft über die von ihnen in der (bisherigen) Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften einzuholen. Danach konnte jeder Ehegatte jedoch grds. nur Auskunft über seine eigenen Rentenanwartschaften verlangen. Er mußte den Antrag durch einen Rechtsanwalt stellen, dem er schriftlich und ausdrücklich zur Vertretung in einer „Ehescheidungsangelegenheit" Vollmacht erteilt hatte (§ 1 Abs. 1 S. 1 VO). Ab 01. 01.1992 wurde die AuskunftsVO durch § 109 Abs. 3 SGB VI ersetzt. Danach 1 6 0 können die Ehegatten auf Antrag, den sie künftig stets persönlich stellen können, Auskunft über die Höhe ihrer auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwaltschaften erhalten (§ 109 Abs. 3 S. 1 SGB VI). Jeder Ehegatte ist zudem berechtigt, auch über die ehezeitlichen Anwartschaften des anderen Ehegatten Auskunft zu verlangen, wenn dieser seiner Auskunftspflicht nach § 1587e Abs. 1 nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist (§ 109 Abs. 3 S. 2 SGB VI). In diesem Fall wird die dem Ehegatten erteilte Auskunft auch dem Versicherten selbst mitgeteilt (§ 109 Abs. 3 S. 3 SGB VI). Darüber hinaus erhalten Versicherte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, nach § 109 161 Abs. 1 SGB VI von Amts wegen Auskunft über die Höhe ihrer bisher (insgesamt) erworbenen Anwartschaft auf Regelaltersrente; diese Auskunft kann — von Amts wegen oder auf Antrag — auch jüngeren Versicherten erteilt werden. Ab 1992 können Versicherte auch Auskunft über die Höhe ihrer Anwartschaft auf Invaliditätsrente erhalten (§ 109 Abs. 2 SGB VI).

III. Betriebliche Altersversorgung (Abs. 2 Nr. 3) 1. Grundsätzliches Abs. 2 Nr. 3 regelt die Berechnung des Ehezeitanteils von Leistungen, Anwart- 1 6 2 Schäften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Bestimmung ist erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages eingefügt worden, nachdem die Notwendigkeit deutlich geworden war, die Berechnung der betrieblichen Versorgungsanwartschaften auf die arbeitsrechtlichen Vorschriften des BetrAVG vom 05. 12. 1974 abzustimmen (BT-Drucks. 7/4361, S. 38). Die eigenständige Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

Regelung trägt der erheblichen Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung im heutigen System der sozialen Sicherung Rechnung (vgl. dazu MüKo¡Maier Rdn. 233 f). Nach der Definition des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG umfaßt die betriebliche Altersversorgung Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß seines Arbeitsverhältnisses zugesagt worden sind. Ob ein betriebliches Anrecht auch dem VA zuzuordnen ist, muß anhand der sich aus den §§ 1587, 1587 a ergebenden Kriterien ermittelt werden. Die Erscheinungsformen der betrieblichen Altersversorgung sind vielfaltig. Auch hinsichtlich der Qualität der zugesagten Leistungen können beträchtliche Unterschiede auftreten. Nur ganz selten weisen betriebliche Anrechte eine der gesetzlichen Rentenversicherung (nahezu) vergleichbare Dynamik im Anwartschafts- und im Leistungsstadium auf. Die meisten Anrechte sind statisch oder teildynamisch, d. h. daß ihr Wert entweder gar nicht oder doch jedenfalls nicht in dem gleichen Maße steigt wie die Renten(anwartschaften) der gesetzlichen Rentenversicherung, die regelmäßig der allgemeinen Einkommensentwicklung angepaßt werden. Solche betrieblichen Anrechte müssen im Anschluß an ihre Berechnung nach Abs. 2 Nr. 3 gemäß Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 mit Hilfe der BarwertVO in dynamische Anrechte umgewertet werden (vgl. dazu Rdn. 290). 163

Nach Abs. 2 Nr. 3 S. 3 sind in den Wertausgleich nur solche Anrechte auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzubeziehen, die im Zeitpunkt der Entscheidung schon unverfallbar sind. Die noch verfallbaren Anrechte sind überhaupt nicht in die öffentlich-rechtliche Ausgleichsbilanz einzustellen, sondern bleiben einem späteren schuldrechtlichen VA vorbehalten. Daran hat sich auch unter der Geltung des VAHRG nichts geändert (BT-Drucks. 9/2296, S. 12; BGH FamRZ 86, 247; 88, 822, 823). Die Rechtsposition des ausgleichsberechtigten Ehegatten ist dadurch verbessert worden, daß er nicht mehr in jedem Fall auf den schuldrechtlichen VA verwiesen ist, sondern im Falle nachträglich eintretender Unverfallbarkeit des auszugleichenden Anrechts eine Abänderung der rechtskräftigen Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen VA verlangen kann, wenn das Anrecht durch Begründung von Anrechten (§§ 1 Abs. 2 und 3 , 3 b VAHRG) ausgeglichen werden kann (§ 10 a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG) und die sonstigen Voraussetzungen für eine Abänderungsentscheidung vorliegen (vgl. § 10 a Abs. 2, 3 und 5 VAHRG).

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Der Wert des auf die Ehezeit entfallenden Teils der betrieblichen Versorgungsanwartschaft ist nach einer — dem § 2 BetrAVG nachgebildeten — gesamtzeitbezogenen Berechnungsmethode zu ermitteln. Maßgebend ist nicht, um welchen Betrag der Wert der Anwartschaft tatsächlich in der Ehezeit gestiegen ist. Vielmehr ist von der bis zum (fiktiven) Versorgungsfall erreichten (oder erreichbaren) vollen Versorgung auszugehen. Der auf die Ehezeit entfallende Teil ergibt sich sodann — pro rata temporis — aus dem Verhältnis der Ehezeit zur Gesamtzeit der (fiktiven) Betriebszugehörigkeit. Bei der Wertberechnung ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 danach zu unterscheiden, ob die Betriebszugehörigkeit am Ende der Ehezeit noch andauerte oder nicht.

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Dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist auch die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes zuzurechnen. Allerdings ist nur die auf einer Gesamtversorgungszusage beruhende Anwartschaft auf sog. Versorgungsrente nach Abs. 2 Nr. 3 zu berechnen (vgl. Rdn. 242 ff). Die Anwartschaft auf die beitragsbezogene (statische) sog. Versicherungsrente ist hingegen gemäß Abs. 2 Nr. 3 S. 2 nach Nr. 4 c zu berechnen (vgl. Rdn. 262).

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Für die Form des Ausgleichs betrieblicher Altersversorgungen gilt folgendes: Verfügt der (insgesamt) ausgleichsberechtigte Ehegatte über betriebliche Versorgungsanwartschaften, findet eine Verrechnung derselben mit den Anrechten des ausgleichspflichtigen 538

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Ehegatten statt, und zwar — wie sich aus § 1587 b Abs. 1 und 2 ergibt — in erster Linie mit Anwartschaften, die der Pflichtige nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung erworben hat (§ 1587 b Abs. 3 S. 3). Besteht das betriebliche Versorgungsanrecht auf Seiten des Ausgleichspflichtigen, so ist es (ggf. nach Verrechnung mit Anwartschaften des berechtigten Ehegatten) nach Maßgabe des VAHRG auszugleichen. Zunächst ist die Möglichkeit einer Realteilung (§ 1 Abs. 2 VAHRG) zu prüfen. Sie wird jedoch nur in seltenen Fällen in Betracht kommen. Ein Ausgleich durch QuasiSplitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG) setzt voraus, daß sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet. Damit scheidet auch diese Ausgleichsform aus, wenn die Betriebsrente vom einem Unternehmen der Privatwirtschaft zugesagt worden ist. Öffentlich-rechtliche Versorgungsträger sind jedoch z. B. die meisten Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes, so daß die bei ihnen bestehenden Anwartschaften nach § 1 Abs. 3 VAHRG ausgeglichen werden können. Für Anrechte, die sich gegen privatrechtliche Versorgungsträger richten, verbleiben die öffentlich-rechtlichen Ausgleichsformen des § 3 b VAHRG und subsidiär der schuldrechtliche VA (§ 2 VAHRG). Bevor das FamG eine betriebliche Versorgungsanwartschaft berechnen und bewerten 1 6 7 kann, benötigt es eine Auskunft des Arbeitgebers oder sonstigen Versorgungsträgers. Die um Auskunft angegangene Stelle hat dem gerichtlichen Auskunftsersuchen Folge zu leisten (§ 53 b Abs. 2 S. 2 und 3 FGG, § 11 Abs. 2 VAHRG). Die Auskunft muß sich im Regelfall auf folgende klärungsbedürftige Fragen beziehen (die im amtlichen Vordruck vorgesehen sind): — Ist dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung zugesagt worden? Ggfls. wann und in welcher Form? — Ist die Anwartschaft bereits unverfallbar? Falls nein, wann tritt die Unverfallbarkeit ein? — Welche Leistungen (Altersruhegeld, Invaliditätsrente) sind zugesagt worden? — Werden bereits Leistungen gewährt? Falls ja: In welcher Höhe am Ende der Ehezeit (genaues Datum)? — Welche regelmäßige Altersgrenze ist in der geltenden Versorgungsregelung vorgesehen? — In welcher Höhe würde bei Erreichen der regelmäßigen Altersgrenze betriebliches Altersruhegeld gezahlt, wenn von den Bemessungsgrundlagen bei Ende der Ehezeit ausgegangen wird? — Ist eine Anpassung der Anwartschaften und der Rentenleistungen in nahezu gleicher Weise wie in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen? — Sieht die geltende Versorgungsregelung eine Realteilung (§ 1 Abs. 2 VAHRG) vor? Falls ja: In welcher Form? Das Gericht sollte außerdem stets die geltende Versorgungsregelung erfordern, um die Angaben des Trägers der betrieblichen Altersversorgung nachprüfen zu können. 2. Begriff der betrieblichen Altersversorgung Den Begriff der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber des 1. EheRG 1 6 8 aus dem Arbeitsrecht übernommen. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG definiert die betriebliche Altersversorgung als Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses zugesagt worden sind. Mit der erst im Verlauf des GesetzgebungsVerfahrens eingefügten Sonderregelung für betriebliche Versorgungsanrechte sollte jedoch nur an den betriebsrentenrechtlichen Begriff der betrieblichen Altersversorgung angeknüpft und die BerechnungsHartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Vorschrift im Rahmen des VA auf die des § 2 BetrAVG abgestimmt werden (BT-Drucks. 7/4361, S. 38; Zimmermann S. 9). Für das Recht des VA ist der Begriff der betrieblichen Altersversorgung daher eigenständig zu bestimmen. Abweichungen vom betriebsrentenrechtlichen Begriff ergeben sich aufgrund des Gesamtsystems des VA, wie es insbesondere in den §§ 1587, 1587 a zum Ausdruck kommt (BGH FamRZ 84, 156, 158; Zimmermann S. 7 ff, 146). Versorgungsleistungen, die nicht im Sinne des Betriebsrentenrechts als betriebliche Altersversorgung anzusehen sind, stellen allerdings grds. auch keine unter § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 fallende Versorgung dar. Dem § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG können demnach die Mindestvoraussetzungen für ein betriebliches Versorgungsanrecht entnommen werden. 169

Eine betriebliche Altersversorgung setzt nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG voraus, daß ein Arbeitnehmer Versorgungsleistungen aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses zugesagt bekommen hat. Arbeitnehmer in diesem Sinne sind Arbeiter, Angestellte und Auszubildende (§17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG), dagegen keine Selbständigen, auch dann nicht, wenn sie — wie z. B. Seelotsen — einer berufsständischen Organisation als Pflichtmitglied angeschlossen sind und für ihre Tätigkeit tariflich festgelegte Entgelte erhalten (BGH FamRZ 88, 51). Ein für ein Arbeitsverhältnis typisches soziales Abhängigkeitsverhältnis ist nicht unbedingt erforderlich. Es genügt auch ein Beschäftigungsverhältnis, d. h. eine irgendwie geartete Tätigkeit für ein Unternehmen, wenn diese Anlaß für die Zusage von betrieblichen Versorgungsleistungen war (§ 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG). Damit werden auch betriebliche Zusagen erfaßt, die leitenden Angestellten und Mitgliedern von Gesellschaftsorganen erteilt worden sind. Diese Personengruppen haben meist ebenso wie Arbeitnehmer keinen oder nur geringen Einfluß auf die Ausgestaltung der Versorgungszusagen [Soergel]Zimmermann Rdn. 115; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 89, 290 zum Geschäftsführer und Kommanditisten einer GmbH & Co KG). Problematisch ist die Einordnung von Zusagen, denen ein Ehegattenarbeitsverhältnis zugrunde liegt. Hier bedarf es der Feststellung, inwieweit die Leistungszusage ihren Grund in gewollten arbeitsrechtlichen Beziehungen der Ehepartner hat und damit aus Anlaß des Beschäftigungsverhältnisses (und nicht der persönlichen Bindungen) erteilt worden ist. Soweit die zugesagten Leistungen angemessen (etwa betriebsüblich) sind, ist von einer betrieblichen Altersversorgung auszugehen (Soergel\Zimmermann Rdn. 118; Zimmermann S. 32). 170 Kennzeichen einer betrieblichen Altersversorgung ist ferner, daß der Arbeitgeber die Versorgung finanziert. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge zum Erwerb einer Versorgung geteilt, was insbesondere bei Direktversicherungen und Pensionskassen vorkommt, so stellt nur der vom Arbeitgeber finanzierte Anteil eine betriebliche Versorgung dar (Soerge/j Zimmermann Rdn. 119, 134; MüKo/Maier Rdn. 245; Bastian/ Körber Rdn. 90; Zimmermann S. 72, 86, 294; Ruland Rdn. 111; a. A. AG Mannheim FamRZ 82, 1083,1087). Der durch Arbeitnehmerbeiträge erworbene Anwartschaftsteil ist gesondert nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 zu bewerten (vgl. allerdings BGH FamRZ 87, 52, 55 m. Anm. Glockner FamRZ 87, 576, der Direktversicherungs- und Pensionskassenanwartschaften insgesamt nach Abs. 2 Nr. 5 bewerten will, die Entscheidung des BGH jedoch zu weit interpretiert; vgl. auch Rdn. 304). Diese Bewertung der arbeitnehmerfinanzierten Versorgung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 führt insbesondere dann zu einem anderen Ergebnis als diejenige nach Abs. 2 Nr. 3, wenn die Versorgung nur zum Teil in der Ehezeit erworben worden ist. Denn nach § 1587a Abs. 2 Nr. 5 werden nur die in der' Ehezeit gezahlten Beiträge in den VA einbezogen, während nach Abs. 2 Nr. 3 auch die Beiträge aus der Zeit vor der Eheschließung für die Berechnung des Ehezeitanteils von Bedeutung sind. Wenn ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb die bisher gemeinsam mit dem Arbeitgeber finanzierte Versorgung allein fortsetzt, liegt 540

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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insoweit überhaupt keine betriebliche Altersversorgung mehr vor (Körber aaO; dagegen geht BGH FamRZ 87, 52, 55 bei beitragspflichtigem Fortbestand der Versorgungsanwartschaft offenbar weiter von einer — allerdings der Höhe nach verfallbaren — betrieblichen Versorgungsanwartschaft aus). Überschußanteile sind Bestandteil der betrieblichen Versorgungsanwartschaft, wenn 171 sie entweder zur Erhöhung der Versicherungsleistungen oder zur Vorverlegung der Fälligkeit verwendet werden, d. h. zur Aufstockung des Deckungskapitals führen. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag bzw. der Satzung der Pensionskasse (BAG BB 87, 692; Soergelj Zimmermann Rdn. 133; zur Unverfallbarkeit vgl. insoweit Rdn. 197). Künftige Überschußanteile können nicht berücksichtigt werden, weil es sich um eine variable Berechnungsgröße handelt, die wie bei § 2 Abs. 5 BetrAVG der Festschreibung unterliegt {HeubeckjHöhne § 2 BetrAVG Rdn. 176; Zimmermann S. 298). Trotz Finanzierung durch den Arbeitgeber fehlt es an einer betrieblichen Altersversor- 172 gung, wenn der Bestand der Versorgung nicht dem Einfluß des Arbeitgebers unterliegt. So verhält es sich bei Versicherungsverträgen, bei denen die Prämien als vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers erbracht werden, und bei Lebensversicherungsverträgen, die zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht abgeschlossen worden sind. Insoweit handelt es sich nur um eine vom Arbeitgeber unterstützte private Vorsorge. Soweit der Versicherungsvertrag überhaupt Rentenleistungen vorsieht, findet eine Berechnung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 statt (Zimmermann S. 68 ff). Nicht zur betrieblichen Altersversorgung zu rechnen ist schließlich auch die vom Arbeitgeber finanzierte Höher- oder freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Anwartschaften aus freiwilliger Weiterversicherung sind nach Abs. 2 Nr. 2 auszugleichen, Anrechte aus der Höherversicherung nach Abs. 2 Nr. 4 c (Soergel\Zimmermann Rdn. 130; Zimmermann S. 108 ff). 3. Träger der betrieblichen Altersversorgung Leistungsträger der betrieblichen Altersversorgung ist nach allgemeinen arbeitsrecht- 1 7 3 liehen Grundsätzen derjenige, der die Versorgungszusage abgibt und im Versorgungsfalle die zugesagten Leistungen gewährt (BGH FamRZ 87, 52, 53). Ein Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern entweder eine unmittelbare Versorgungszusage (sog. Direktzusage) erteilen, indem er eine eigene Leistung verspricht und sich selbst zur Leistungsgewährung verpflichtet (in diesem Fall ist er zugleich Träger der Versorgung), oder er kann eine mittelbare Versorgungszusage abgeben, bei der er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines Dritten, nämlich einer Versicherung, einer Pensionskasse oder einer Unterstützungskasse, bedient (vgl. § 1 Abs. 2 bis 4 BetrAVG). Bei der mittelbaren Zusage gliedert der Arbeitgeber die Versorgung aus seinem Unternehmen aus und überläßt ihre Durchführung einer eigenständigen juristischen Person, die dann ihrerseits (selbständiger) Versorgungsträger wird. Für den VA ist unerheblich, ob eine unmittelbare oder eine mittelbare Versorgungszusage abgegeben worden ist und welcher Versorgungsträger die vom Arbeitgeber zugesagten Leistungen zu erbringen hat (BGH FamRZ 87, 52, 53). a) Hat der Arbeitgeber eine Direktzusage erteilt, so hat er selbst im Versorgungsfall 174 die versprochenen Leistungen zu erbringen. Die Finanzierung erfolgt regelmäßig über Pensionsrückstellungen. Zum Teil bestehen überbetriebliche Einrichtungen, die die Versorgungslasten der einzelnen Mitgliedsunternehmen ausgleichen sollen. Versorgungsträger bleibt jedoch der einzelne Arbeitgeber, sofern den Arbeitnehmern nicht Rechtsansprüche gegen die überbetriebliche Organisation eingeräumt worden sind (MüKo/Maier Rdn. 244). Ist der Arbeitgeber ein selbst nicht rechtsfähiger Eigenbetrieb einer GebietsHartmut Wiek

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körperschaft, so ist diese als Versorgungsträger anzusehen (BGH FamRZ 84, 1212 — Berliner Verkehrsbetriebe). 175 b) Pensionskassen der privaten Wirtschaft sind rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf (betriebliche) Versorgungsleistungen gewähren (§ 1 Abs. 3 S. 1 BetrAVG). Sie werden von einzelnen oder mehreren Arbeitgebern (als Einzel-, Gruppen- oder Konzernkassen) meist in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG), der der Versicherungsaufsicht unterliegt, errichtet. Die Unternehmen, die die Pensionskasse tragen, sorgen für die Finanzierung der betrieblichen Versorgungsleistungen durch vor dem Beginn der Versorgung, also während der Anwartschaftsphase, geleistete Beiträge (sog. Anwartschaftsdeckungsverfahren). Die Beiträge können auch vom Arbeitnehmer mitfinanziert werden; insoweit liegt jedoch keine betriebliche Altersversorgung vor (vgl. Rdn. 170). Für mangelnde Leistungen der Kasse im Versorgungsfall hat der Arbeitgeber einzustehen, wenn er den notwendigen Betrag nicht oder nicht in vollem Umfang erbringt oder erbracht hat (BGH FamRZ 87, 52, 53). Voraussetzungen und Höhe der Versorgungsleistungen richten sich nach der Satzung der Kasse. Einzelkassen bestehen nur für größere Unternehmen. So hat z. B. das ZDF eine Pensionskasse für seine gegenwärtigen und früheren Mitarbeiter geschaffen, die — neben dem ZDF selbst als weiterem Versorgungsträger — 70% der den Arbeitnehmern zugesagten betrieblichen Altersversorgung übernimmt. Diese Kasse erfüllt — trotz der ausdrücklichen Subsidiärverpflichtung des ZDF für die Versorgungsleistungen der Kasse — nach ihrer rechtlichen Struktur die Voraussetzungen einer rechtsfähigen selbständigen Versorgungseinrichtung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (BGH FamRZ 87, 52, 53). Gruppenkassen sind z. B. die Pensionskasse der chemischen Industrie, die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes in Wiesbaden (vgl. dazu OLG München FamRZ 91, 1450) und der Beamtenversicherungsverein des deutschen Bank- und Bankiergewerbes in Berlin (BVV) (vgl. dazu Rdn. 300). 176

Keine Pensionskasse sind die sog. Umlage-, Ausgleichs- oder Rückdeckungskassen, denen lediglich die Arbeitgeber als Mitglieder angehören und die nur unmittelbare Versorgungszusagen der Arbeitgeber abdecken (Soergelj Zimmermann Rdn. 135). Ebenfalls nicht zu den Pensionskassen gehören die sog. Richtlinienverbände (z. B. Bochumer Verband für den Bergbau, Essener Verband der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft), deren Zweck es lediglich ist, einheitliche Versorgungsbedingungen der Mitgliedsunternehmen festzulegen (Soergelj Zimmermann aaO). 177 c) Zu den Pensionskassen im arbeitsrechtlichen Sinne gehören auch die öffentlichrechtlich organisierten Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes. Sie haben die Aufgabe, den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes und deren Hinterbliebenen nach Eintritt des Versicherungsfalles (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, Erreichen der Altersgrenze, Tod) zusätzlich zu den Bezügen aus einer Grundversorgung (i. d. R. Rente der gesetzlichen Rentenversicherung) eine laufende monatliche Leistung zu gewähren. Mitglieder (Beteiligte) können nur Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes (nicht Arbeitnehmer) sein. Die Mitgliedschaft beruht auf einer freiwilligen Erklärung gegenüber der Zusatzversorgungskasse. Die Kassen sind meist als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert. Die wichtigsten Einrichtungen sind die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) und die Bundesbahn-Versicherungsanstalt (BVA), Abt. B. Daneben bestehen regionale, kommunale, städtische und kirchliche Zusatzversorgungskassen sowie Einrichtungen für bestimmte Berufsgruppen wie z. B. Sparkassenangestellte, Eisenbahner, Bühnen- und Orchestermitglieder (vgl. auch § 53 b FGG Rdn. 42). Zwi542

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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sehen den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes bestehen Überleitungsabkommen, durch die für die Fälle des Arbeitsplatzwechsels innerhalb des öffentlichen Dienstes eine gegenseitige Übernahme der erworbenen Anwartschaften gewährleistet ist. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Versorgungsanstalt, den beteiligten Arbeitgebern und den versicherten Arbeitnehmern richten sich nach der jeweiligen Versorgungssatzung. Die Satzungen entsprechen im wesentlichen der Satzung der VBL, die deshalb im folgenden beispielhaft zitiert wird. Für die bei einem Mitglied (Beteiligten) der Zusatzversorgungskasse beschäftigten Arbeitnehmer besteht im allgemeinen eine Pflichtversicherung, soweit sie das 17. Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die satzungsmäßige Wartezeit von fünf Jahren (vgl. Rdn. 230) noch erfüllen können und mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten tätig sind (§ 26 Abs. 1 VBL-S). Für aus dem öffentlichen Dienst ausscheidende Arbeitnehmer entsteht eine beitragsfreie Versicherung (§ 34 VBL-S). Bis zum 31. 12. 1975 konnte ein ausscheidender Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen im Anschluß an eine Pflichtversicherung eine freiwillige Weiterversicherung mit eigenen Beiträgen begründen (§ 32 VBL-S). Seitdem besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Versicherungsnehmer der Pflichtversicherung ist der beteiligte Arbeitgeber, Versicherungsnehmer der beitragsfreien Versicherung und der freiwilligen Weiterversicherung ist der versicherte Arbeitnehmer. Bezugsberechtigte sind der Versicherte oder seine Hinterbliebenen (§ 25 Abs. 2 VBL-S). Art und Höhe der Versorgungsleistungen richten sich nach der jeweiligen Satzung (vgl. Rdn. 229). Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist — wie sich aus § 18 Abs. 1 BetrAVG ergibt — eine Form der betrieblichen Altersversorgung, nicht etwa eine beamtenähnliche Versorgung i. S. d. § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 (BGH FamRZ 81, 1051; 82, 899, 901; Soergel\Zimmermann Rdn. 120). Der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen sind auch die Versorgungsanrechte bei den Versorgungsanstalten der deutschen Bühnen und Kulturorchester (BGH FamRZ 85, 1235, 1236; anders noch FamRZ 85, 1119) sowie kraft der Sonderregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BetrAVG die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Stadt Hamburg nach dem Hamburger Ruhegeldgesetz und für Arbeitnehmer, die unter das Bremische Zusatzversorgungsneuregelungsgesetz fallen (OLG Hamburg FamRZ 80, 165; 85, 80; MüKoIMaier Rdn. 249; Soerge//Zimmermann Rdn. 136). Versorgungsanwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erwer- 178 ben auch die Personen, die zwar während ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht pflichtversichert sind, sondern eine Zusage auf private betriebliche Altersversorgung erhalten haben, aber im Falle ihres Ausscheidens durch ihren Arbeitgeber bei der Zusatzversorgungseinrichtung, bei der der Arbeitgeber Beteiligter ist oder sein könnte, gemäß §18 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 i. V. m. Abs. 6 BetrAVG nachzuversichern sind. Zu diesem Personenkreis gehören z. B. Arbeitnehmer des Bayerischen Rundfunks (BGH FamRZ 85, 56), des Südwestfunks (OLG Koblenz FamRZ 87, 717), von Radio Bremen mit einer Direktzusage (OLG Bremen FamRZ 85, 943), von kommunalen Eigenbetrieben wie den Berliner Verkehrsbetrieben (BGH FamRZ 84, 1212; KG FamRZ 84, 907), von kommunalen Wirtschaftsbetrieben (OLG Hamm FamRZ 82, 73), einer AOK, soweit die Versorgung nicht beamtenähnlich ausgestaltet ist (KG FamRZ 84, 1112), der Norddeutschen Landesbank (OLG Celle FamRZ 85, 939). Nicht zu den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes gehören 179 dagegen z. B. die Gemeinsame Ausgleichskasse im Seelotswesen der Reviere (BGH FamRZ 88, 51, 52; vgl. Rdn. 255), die Hüttenknappschaftliche Pensionsversicherung im Saarland (BGH FamRZ 84, 573, 574; SoergeljZimmermann Rdn. 137; vgl. Rdn. 263) Hartmut Wiek

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und die (beamtenähnliche) Versorgung der Bediensteten der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Bayerns (OLG Celle FamRZ 83, 191). 180 d) Unterstützungskassen sind (selbständige) rechtsfähige Versorgungseinrichtungen (meist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins oder einer GmbH), die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewähren (§ 1 Abs. 4 S. 1 BetrAVG). Sie unterliegen nicht der Versicherungsaufsicht. Die Finanzierung der Versorgungsleistungen erfolgt allein durch den Arbeitgeber und durch die Erträge des Vermögens. Der Ausschluß von Rechtsansprüchen steht der Einbeziehung dieser Form der betrieblichen Altersversorgung in den VA nicht entgegen. Denn aufgrund der Bestimmungen des BetrAVG und der Rechtsprechung des BAG können die Anrechte der Arbeitnehmer als gesicherte Rechtsposition i. S. einer Versorgungsaussicht angesehen werden (BGH FamRZ 86, 338, 339; OLG Köln FamRZ 87, 1156). Der in den Satzungen und Versorgungsplänen von Unterstützungskassen üblicherweise gemachte Vorbehalt der Freiwilligkeit und der Ausschluß eines Rechtsanspruchs können nach der Rechtsprechung des BAG nur dazu führen, daß der Kasse ein an sachliche Gründe gebundenes Widerrufsrecht zusteht; eine grundlose Verweigerung oder Kürzung der zugesagten Leistungen kommt nicht in Betracht (BAG AP § 242 BGB, Ruhegehalt-Unterstützungskassen Nr. 6, 8, 9; Soergel\ Zimmermann Rdn. 139). Zur Insolvenzsicherung vgl. u. Rdn. 182. 181

e) Arbeitgeber können zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung schließlich auch den Weg der Direktversicherung wählen. Sie können — entweder durch Einzel- oder durch Gruppenversicherungsvertrag — bei einem privaten Lebensversicherungsunternehmen eine Versicherung auf das Leben des Arbeitnehmers abschließen, aus der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (§ 1 Abs. 2 BetrAVG). Bei dieser rechtlichen Konstruktion obliegt dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer (allein oder neben dem Arbeitnehmer) die Prämienzahlung, während der Anspruch auf die Versicherungsleistungen im Versicherungsfall (Invalidität, Alter, Tod) dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen zusteht. Der Arbeitgeber ist arbeitsrechtlich verpflichtet, das Bezugsrecht ab Unverfallbarkeit (§ 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG) nicht mehr zu widerrufen. Vereinbarungen, wonach das Bezugsrecht durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eintritt der Unverfallbarkeit auflösend bedingt ist, sind unwirksam (§ 1 Abs. 2 S. 2 und 3 BetrAVG; vgl. auch Rdn. 184). Für den VA haben Direktversicherungen nur eine relativ geringe Bedeutung, da sie meist auf Kapitalbasis abgeschlossen werden, Kapitallebensversicherungen aber nicht dem VA unterliegen (BGH FamRZ 84, 156; vgl. auch Rdn. 188).

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f) Die §§ 7 ff BetrAVG enthalten besondere Regelungen für die Sicherung von laufenden Versorgungsleistungen und von nach § 1 BetrAVG unverfallbaren Versorgungsanwartschaften bzw. -aussichten bei Leistungsunfähigkeit des Arbeitgebers (Konkurseröffnung und nach § 7 Abs. 1 S. 3 BetrAVG gleichgestellte Tatbestände). Fällt der Arbeitgeber als Versorgungsträger aus, so erwerben die Arbeitnehmer (neue) Ansprüche bzw. Anwartschaften gegenüber dem Träger der Insolvenzversicherung (§§ 7, 8 BetrAVG). Gegen Insolvenz gesichert sind allerdings nur Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgüngszusage, aus einer Direktversicherung und aus der Zusage von Unterstützungskassenleistungen. Pensionskassenleistungen sind in die Insolvenzsicherung nicht mit einbezogen, weil die Pensionskassen der Versicherungsaufsicht unterliegen und vor Insolvenz weitgehend sicher sind. Der gesetzliche Insolvenzschutz erstreckt sich auch nur auf solche Versorgungsanrechte, die die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 BetrAVG (vgl. Rdn. 193) erfüllen (BAG DB 90, 284; 90, 383). Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG), Postfach 51 08 05, 544

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

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Oberländer Ufer 72, 5000 Köln 51, der der Versicherungsaufsicht unterliegt (§14 BetrAVG). Er tritt nur subsidiär ein (§§ 7 Abs. 4 und 5, 8 Abs. 1 BetrAVG). Seine Leistungen sind in der Höhe nicht unbegrenzt (§ 7 Abs. 3 BetrAVG), was für die Frage der Dynamik von Bedeutung sein kann. Unter Umständen kann der Arbeitnehmer abgefunden werden (§ 8 Abs. 2 BetrAVG). Bei einer Betriebsübernahme geht die Versorgungsverpflichtung gemäß § 613 a BGB auf den Unternehmenserwerber über (BAG NJW 82, 1607; DB 88, 400). Dieser haftet — neben dem früheren Versorgungsträger — auch für bereits laufende Ruhegeldverbindlichkeiten (BAG NJW 81, 189; Soergel\Zimmermatm Rdn. 141). Bei Übernahme eines insolventen Unternehmens hat der Betriebserwerber jedoch nicht für den bei Insolvenzeintritt bereits erdienten Teil einer Versorgungsanwartschaft einzutreten; insoweit haftet (zeitanteilig) der PSVaG (BAG DB 80, 308). 4. Versorgungszusage a) Eine betriebliche Altersversorgung bedarf einer arbeitsrechtlichen Grundlage, der 1 8 3 Versorgungszusage. Sie kann in einem Einzelvertrag liegen. Verbreiteter sind jedoch kollektivvertragliche Regelungen, die die gesamte Belegschaft eines Unternehmens einbeziehen (Gesamtzusagen oder vertragliche Einheitsregelungen), und zwar in Form von Ruhegeld-, Pensions- oder Versorgungsordnungen (BlomeyerjOtto Einl. Rdn. 145 ff). Weiter kommen als Rechtsgrundlagen Tarifverträge (z. B. im Baugewerbe und im öffentlichen Dienst) und Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in Betracht. Nach § 1 Abs. 1 S. 4 BetrAVG stehen der Verpflichtung aus einer (ausdrücklichen) Versorgungszusage Versorgungsverpflichtungen gleich, die auf betrieblicher Übung oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Die betriebliche Übung kennzeichnet im Arbeitsrecht einen Vertrauenstatbestand, der von einem Arbeitgeber durch wiederholte Gewährung von Ruhegeld an ausgeschiedene Mitarbeiter geschaffen worden ist und schließlich dazu führt, daß ausscheidende Arbeitnehmer auch ohne ausdrückliche vertragliche Zusage des Arbeitgebers einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen erwerben (BlomeyerjOtto Einl. Rdn. 149 ff; Soergel/Zimmermann Rdn. 116). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, einzelne Arbeitnehmer nicht aus sachfremden Erwägungen oder Willkür von einer Versorgung auszuschließen, die anderen vergleichbaren Arbeitnehmern (aufgrund vertraglicher Regelung oder betrieblicher Übung) gewährt wird {BlomeyerjOtto Einl. Rdn. 161 ff; Soergel/Zimmermann aaO). Danach darf die betriebliche Altersversorgung z. B. nicht allein den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vorbehalten bleiben, denn eine solche Regelung würde eine — sachlich nicht gerechtfertigte — mittelbare Benachteiligung von Frauen darstellen, weil diese von Teilzeitarbeit wesentlich stärker betroffen sind als Männer (BAG BB 89, 633). Ist aufgrund betrieblicher Übung oder aus Gründen der Gleichbehandlung mit der Gewährung von Versorgungsleistungen zu rechnen, so ist die Anwartschaft oder Aussicht darauf auch im VA zu berücksichtigen. b) Eine Versorgungszusage kann — im Regelfall allerdings nicht zum Nachteil der 1 8 4 Arbeitnehmer; vgl. BAG DB 87, 383 — abgeändert oder von einer anderen Person übernommen werden (§ 4 BetrAVG). In diesen Fällen wird die Frist für den Eintritt der Unverfallbarkeit nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG nicht unterbrochen (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG). Ein Widerruf der Versorgungszusage kommt nur in engen Grenzen in Betracht. Er ist z. B. zulässig bei wirtschaftlicher Notlage des Versorgungsträgers. In diesem Fall (z. B. Konkurseröffnung) tritt jedoch hinsichtlich unverfallbarer Versorgungsanwartschaften der Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der Insolvenzsicherung (vgl. Rdn. 182) ein. Selbst ein Widerruf wegen Treuepflichtverletzung ist nur bei Verstößen des Arbeitnehmers möglich, die so schwer wiegen, daß die Berufung auf die Hartmut Wiek

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§ 1 5 8 7 a BGB

Scheidung der Ehe

Versorgungszusage als Rechtsmißbrauch erscheint (BAG NJW 81, 188; WM 82, 1263; BlomejerjOtto Einl. Rdn. 357 ff). Weitergehende Widerrufsvorbehälte sind unwirksam (BlomejerjOtto Einl. Rdn. 359 a, 361). Bei Direktversicherungen besteht die Besonderheit, daß dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die rechtliche Möglichkeit verbleibt, das Bezugsrecht des Arbeitnehmers — auch nach Eintritt der Unverfallbarkeit — zu widerrufen, soweit es vertraglich ausgestaltet ist. Der Versicherer würde dann von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer frei. Arbeitsrechtlich ist der Arbeitgeber jedoch nach Eintritt der Unverfallbarkeit verpflichtet, das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen (§ 1 Abs. 2 S. 1 BetrAVG). Bei einer Zuwiderhandlung macht er sich aus dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig ( B l o m e j e r j O t t o § 1 BetrAVG Rdn. 257 ff; Zimmermann S. 62).

185

5. Einzubeziehende Versorgungsanrechte a) Im VA sind sowohl bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als auch Anwartschaften und Aussichten auf solche Leistungen zu berücksichtigen. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 korrigiert insoweit die verkürzten Regelungen der §§ 1587 Abs. 1, 1587 a Abs. 1 S. 1, in denen nur von Anwartschaften und Aussichten die Rede ist (vgl. § 1587 Rdn. 11). Unter einer Anwartschaft ist die Rechtsposition des Arbeitnehmers zwischen Erteilung der Versorgungszusage und Beginn der Versorgungsleistungen zu verstehen. Das Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht ist an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen geknüpft, die sich — für die einzelnen Versorgungsarten unterschiedlich — aus den jeweiligen Rechtsgrundlagen der betrieblichen Versorgung (Satzung, Ruhegeldordnung, Versicherungsbedingungen) ergeben. Mit dem Begriff der Aussicht sollten nach der Vorstellung des Gesetzgebers Pensionszusagen erfaßt werden, die unter bestimmten Voraussetzungen noch widerrufen werden konnten (BT-Drucks. 7/650, S. 155). Dieser Grund ist mit den Bestimmungen des BetrAVG und der neueren Rechtsprechung des BAG zur grds. Unwiderruflichkeit von Versorgungszusagen (vgl. Rdn. 184) weitgehend entfallen. Als Versorgungsaussichten können gleichwohl die gegenüber Unterstützungskassen bestehenden Anrechte bezeichnet werden, weil diese wegen des fehlenden Rechtsanspruchs auf Leistungen noch keine Anwartschaften im engeren Sinne darstellen (BGH FamRZ 86, 338).

186

b) Als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gelten zwar nach § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG auch solche der Hinterbliebenenversorgung. In den öffentlich-rechtlichen VA sind jedoch nach der in § 1587 Abs. 1 getroffenen Grundentscheidung des Gesetzgebers nur Leistungen der Alters- und Invaliditätsversorgung einzubeziehen (vgl. § 1587 Rdn. 15). Leistungen der Hinterbliebenenversorgung bleiben deshalb außer Betracht (MüKo¡Maier Rdn. 243; vgl. auch Soergel\Zimmermann Rdn. 126 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines Ineinandergreifens von Alters- und Hinterbliebenenversorgung). Die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung kann allerdings für einen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen VA nach § 3 a VAHRG bedeutsam sein. 187 Die betriebliche Altersversorgung deckt nicht immer die gleichen Risiken ab wie die gesetzliche Rentenversicherung. Teilweise werden Zusagen nur für den Alters- oder nur für den Invaliditätsfall gemacht. Zu beachten ist auch, daß der Begriff der Invalidität im Betriebsrentenrecht nicht mit dem im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmt. Im Recht der betrieblichen Altersversorgung bedeutet Invalidität die Unfähigkeit des Betroffenen, seine Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfang weiter auszuüben (Heubeck,/Höhne § 1 BetrAVG Rdn. 25; Soergelj Zimmermann Rdn. 128). Dem je nach Umfang der abgedeckten Risiken unterschiedlichen Sicherungswert der Versorgungszusagen wird bei der Bewertung nach Maßgabe der BarwertVO (§ 1587 a Abs. 3) weitgehend Rechnung getragen. 546

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1 5 8 7 a BGB

c) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung können in Form einer Rente, eines 188 Kapitalbetrages oder von Sachzuwendungen erfolgen. Für den VA sind lediglich Rentenanrechte von Bedeutung. Anrechte, die auf Zahlung eines Kapitalbetrages gerichtet sind, unterliegen nicht dem VA. Dies gilt auch für solche Kapital-Lebensversichefungen, die zur Befreiung von der gesetzlichen Angestelltenversicherungspflicht abgeschlossen worden sind oder die (als Direktversicherungen) im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bestehen. Der VA ist seinem System nach auf den Ausgleich wiederkehrender Versorgungsleistungen ausgerichtet. Eine zugesagte Kapitalleistung ist trotz der im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bestehenden weitgehenden Sicherung gegen eine Verwertung vor dem Eintritt des Versicherungsfalles hinsichtlich ihrer Versorgungsfunktion nicht einer Rentenleistung vergleichbar. Auch nach dem mehrfach bekräftigten Willen des Gesetzgebers (zuletzt BT-Drucks. 9/2296, S. 11, 13) sollten nur Rentenversicherungen in den VA fallen (BGH FamRZ 84, 156; MüKo\Maier Rdn. 253; Johannsenj HenrichjHahne Rdn. 177; a. A. SoergeljZimmermann Rdn. 142; Rolland Rdn. 9; vgl. auch § 1587 Rdn. 18). Ist eine Kapitalversicherung mit einem Rentenwahlrecht verbunden, so fällt das Anrecht (nur) dann in den VA, wenn das Wahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt worden ist (BGH FamRZ 84, 156; seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG wird allerdings auch die Ausübung des Wahlrechts bis zur Entscheidung noch zu berücksichtigen sein). Nicht dem VA unterliegen auch andere einmalige oder unregelmäßige Zuwendungen des Arbeitgebers ohne Versorgungscharakter wie z. B. Abfindungen nach § 3 BetrAVG, Tantiemen, Treueprämien, Überbrükkungs- und Übergangsgelder (SoergeljZimmermann Rdn. 143; Johannsenj HenrichjHahne Rdn. 181; Gernhuber § 28 III 1) sowie an die Stelle verfallener Versorgungsanwartschaften getretene Ansprüche auf Beitragserstattung, z. B. aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei Ausscheiden vor Erfüllung der satzungsmäßigen Wartezeit (vgl. u. Rdn. 236). Sach- oder Nutzungsleistungen wie z. B. Leibgedinge oder Wohnrechte sind hingegen grds. in den VA einzubeziehen (BGH FamRZ 82, 909). 6. Unverfallbarkeit (Abs. 2 Nr. 3 S. 3) a) Allgemeines. Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 fallen Anrechte der betrieblichen 189 Altersversorgung nur insoweit in den öffentlich-rechtlichen VA, als sie im Zeitpunkt der Entscheidung bereits unverfallbar sind; verfallbare Anrechte bleiben hingegen dem schuldrechtlichen VA vorbehalten (§ 1587 f Nr. 4). Während bei anderen Versorgungsanrechten außer Betracht bleibt, ob Mindestbeschäftigungszeiten, Wartezeiten oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen für den Bezug einer Versorgung erfüllt sind (§ 1587 a Abs. 7 S. 1 Hs. 1), bedürfen diese Fragen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung einer Klärung. Der Gesetzgeber hat damit berücksichtigt, daß betriebliche Versorgungsanwartschaften aufgrund der Bestimmungen des BetrAVG erst nach einer längeren ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit (Betriebstreue) so weit gesichert sind, daß die Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen VA gerechtfertigt ist. Vor Ablauf der betriebsrentenrechtlichen Unverfallbarkeitsfristen kann aufgrund der relativ hohen Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt noch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß eine Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen nicht mehr verloren gehen wird (BT-Drucks. 7/4361, S. 38; BGH FamRZ 82, 899, 904). Es ist daher keine Prognose anzustellen, ob im Einzelfall damit zu rechnen ist, daß der Arbeitnehmer bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit in seinem Arbeitsverhältnis verbleibt. Das Risiko der späteren Realisierung des betrieblichen Versorgungsanrechts ist vielmehr bewußt in die Sphäre des ausgleichsberechtigten Ehegatten verlegt worden. Dieser wird darauf verwiesen, die weitere Entwicklung abzuwarten und seinen etwaigen ergänzenden Ausgleichsanspruch nach Eintritt der Unverfallbarkeit entweder im schuldrechtlichen VA (§ 1587 f Nr. 4; vgl. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

BGH FamRZ 82, 899, 904) oder in einem Abänderungsverfahren nach § 10a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG zu verfolgen. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des VAHRG ist keine Änderung des Begriffs der Unverfallbarkeit und seiner Bedeutung für den Ausgleich der Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung beabsichtigt oder herbeigeführt worden (BT-Drucks. 10/5447, S. 18; BGH FamRZ 86, 247; 87, 52, 55; 88, 822, 823; OLG Frankfurt FamRZ 87, 494). 190 Eine entsprechende Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 auf Versorgungen, die keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung betreffen und daher nicht unter Abs. 2 Nr. 3 fallen, kommt nicht in Betracht (BGH FamRZ 88, 52, 53). 191

§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 enthält keine eigenständige Definition des Begriffs der Unverfallbarkeit. Er ist aus dem Arbeitsrecht übernommen und bezeichnet das Fortbestehen eines angemessenen Teils einer Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen im Falle eines Ausscheidens aus dem Betrieb (Zimmermann S. 192). Die betriebsrentenrechtlichen Voraussetzungen der Unverfallbarkeit sind in den §§ 1 und 2 BetrAVG geregelt. Dabei legt § 1 BetrAVG die zeitlichen Grenzen fest, innerhalb deren eine betriebliche Versorgungsanwartschaft auf jeden Fall unverfallbar wird (Unverfallbarkeit dem Grunde nach), und § 2 BetrAVG bestimmt, welchen Versorgungswert die unverfallbare Anwartschaft hat (Unverfallbarkeit der Höhe nach). Daran ist auch im VA anzuknüpfen. Die zeitlichen Voraussetzungen der Unverfallbarkeit sind jedoch nicht ausschließlich aus den §§ 1 und 2 BetrAVG herzuleiten, sondern es kommt hier entscheidend darauf an, welcher Versorgungswert dem Grunde und der Höhe nach unabhängig von einem weiteren Verbleib des Arbeitnehmers im Betrieb bereits endgültig gesichert ist (BGH FamRZ 82, 899, 901; vgl. dazu näher Rdn. 199). Daran hält der BGH trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik (z. B. Soerge//Zimmermann Rdn. 146) auch nach Inkrafttreten des VAHRG zu Recht fest (FamRZ 86, 247; 87, 52, 55). Zwar könnte ein Ausgleich von Anrechten, die sich nicht oder nicht in voller Höhe realisieren, nunmehr gemäß § 1 0 a VAHRG korrigiert werden. Dadurch können aber nicht in allen Fällen Härten für den Ausgleichspflichtigen vermieden werden. Außerdem ist die Rechtsstellung des Berechtigten dadurch wesentlich verbessert worden, daß er seinerseits gemäß § 10 a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG einen nachträglichen öffentlich-rechtlichen Ausgleich eines unverfallbar gewordenen Anrechts beantragen kann und daß für den Fall eines Vorversterbens des Verpflichteten unter Umständen die Möglichkeit eines verlängerten schuldrechtlichen VA nach § 3a VAHRG besteht.

192

Ob die Voraussetzungen der Unverfallbarkeit vorliegen, muß das FamG von Amts wegen aufklären. Die Frage der Unverfallbarkeit ist nicht in erster Linie eine Tatsachenfrage, sondern eine solche der rechtlichen Beurteilung, die von den Beteiligten nicht wirksam „unstreitig" gestellt werden kann (BGH FamRZ 87, 52, 55). 193 b) Die Unverfallbarkeit dem Grunde nach richtet sich nach der für die jeweilige Versorgung geltenden Regelung (Satzung, Versorgungsordnung o. ä.). § 1 BetrAVG legt insoweit lediglich die zeitlichen Mindestvoraussetzungen fest, von denen nicht zu Lasten (wohl aber zugunsten) der Arbeitnehmer abgewichen werden darf (§ 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG). Danach behält ein Arbeitnehmer, dem Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, sein Anrecht bei Ausscheiden aus dem Betrieb vor Eintritt des Versorgungsfalles, wenn er in diesem Zeitpunkt mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens seit zehn Jahren besteht oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage mindestens drei Jahre bestanden hat (§ 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). § 1 BetrAVG gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (21. 12. 1974) beendet worden ist (§ 26 BetrAVG). 548

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1 5 8 7 a BGB

Insoweit kann die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft jedoch aufgrund der Rechtsprechung des BAG (BB 72, 1005) eingetreten sein, wenn ein Arbeitnehmer nach zwanzigjähriger Betriebszugehörigkeit entweder nach dem 20. 03. 1972 aufgrund einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers ausgeschieden ist oder nach dem 01. 01. 1969 ausgeschieden ist und die bis dahin erdiente Anwartschaft klar und eindeutig verlangt hat. Die kraft dieses Richterrechts unverfallbaren Anwartschaften nehmen auch an der Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 2 S. 1 BetrAVG teil (BAG DB 81, 644; 87, 1793). Der Zeitpunkt der Versorgungszusage fällt meist mit dem Beginn der Betriebszuge- 1 9 4 hörigkeit zusammen. Die Zusage kann jedoch auch zurückdatiert werden. Ebenso ist es möglich, daß der Arbeitgeber die Zusage erst nach längerer Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers erteilt; er darf dabei nur nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen (vgl. Rdn. 183): Dieser Fall wird von § 1 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BetrAVG erfaßt. Die Frist von zehn Jahren, die seit der Erteilung der Versorgungszusage verstrichen sein muß, um die Unverfallbarkeit zu bewirken, wird durch eine Änderung der Versorgungszusage oder ihre Übernahme durch einen anderen Versorgungsträger nicht unterbrochen (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG). Hatte der frühere Arbeitgeber bereits eine Versorgung zugesagt, so ist der Betriebsübernehmer gemäß § 6 1 3 a BGB verpflichtet, die beim früheren Arbeitgeber zurückgelegte Beschäftigungszeit anzurechnen (BAG WM 84, 284; Soergel\Zimmermann Rdn. 150; zur Betriebsübernahme im Falle der Insolvenz vgl. Rdn. 182). Bei einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung oder Pensionskassenversicherung gilt die Versorgungszusage jedenfalls mit dem Versicherungsbeginn als erteilt (§ 1 Abs. 2 S. 4, Abs. 3 S. 2 BetrAVG). Ist eine Unterstützungskasse Träger der Versorgung, so gilt die Zusage in dem Zeitpunkt als erteilt, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Kasse gehört (§ 1 Abs. 4 S. 2 BetrAVG). Unzulässig sind nach der Rechtsprechung des BAG sog. Vorschaltzeiten, d. h. eine Einschränkung der Versorgungszusage dergestalt, daß eine Versorgungsanwartschaft erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit entstehen soll (BAGE 29, 234; Soergelj Zimmermann Rdn. 148). In der 2. Alt. des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ist grds. eine ununterbrochene Betriebszu- 1 9 5 gehörigkeit von zwölf Jahren erforderlich. Der Beginn der Betriebszugehörigkeit richtet sich grds. nach dem tatsächlichen Eintritt in den Betrieb. Scheidet ein Arbeitnehmer vor Eintritt der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen aufgrund einer Vorruhestandsregelung aus, so wird ein Verbleib im Betrieb bis zum Erreichen der normalen Altersgrenze fingiert (§ 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG). Versetzungen innerhalb eines Konzerns stehen der Annahme fortdauernder Betriebszugehörigkeit ebenfalls nicht entgegen (sog. Konzernbetriebstreue). Bei wiederholten Arbeitsverhältnissen zu demselben Unternehmen sind die verschiedenen Zeiten der Betriebszugehörigkeit dagegen grds. nur aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung zusammenzurechnen ( S o e r g e l j Z i m m e r m a n n Rdn. 149). War die Beschäftigung jedoch ohne Auflösung der Vertragsbeziehung längere Zeit unterbrochen, z. B. bei unbezahltem Urlaub oder bei Saisonbeschäftigungen, so ist im Zweifel davon auszugehen, daß der Ablauf der Unverfallbarkeitsfrist gehemmt worden ist (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 682; Zimmermann S. 184). Probezeiten und Zeiten der Teilzeitbeschäftigung werden auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit angerechnet ( B l o m e j e r j O t t o § 1 BetrAVG Rdn. 105). Die Betriebszugehörigkeit wird durch die ihr gleichgestellten Zeiten nicht unterbro- 1 9 6 chen. Gesetzlich gleichgestellte Zeiten sind z. B. Zeiten des Mutterschutzes, des Wehrund Zivildienstes sowie der Tätigkeit als gewählter Abgeordneter. Vertraglich gleichgestellte Zeiten sind betriebsfremde Zeiten, die aufgrund von Satzungsbestimmungen oder vertraglichen Abmachungen als Zeiten der Betriebszugehörigkeit angerechnet werden. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

Da die Satzungen der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes ein für jeden Pflichtversicherten verbindliches Regelwerk darstellen, dem sich der einzelne Versicherte nicht entziehen kann, sind auch die Ersatz-, Ausfall- (Anrechnungs-) und Zurechnungszeiten, die nach den Satzungen bei der gesamtversorgungsfahigen Zeit berücksichtigt werden (vgl. § 42 Abs. 2 VBL-S), als der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten anzusehen (BGH FamRZ 85, 363, 366). Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen kann die Anrechnung von sog. Vordienstzeiten verschiedene Bedeutung haben. Sie kann sonst übliche Wartezeiten für eine Versorgungszusage abkürzen oder entfallen lassen, die Höhe der zugesagten Leistungen beeinflussen oder eine Rentenanwartschaft früher unverfallbar werden lassen; mehrere dieser Bedeutungen können zusammentreffen (BGH FamRZ 85, 263, 264; 86, 338, 340). Bei der Frage, ob sich eine Anrechnung von sog. Verdienstzeiten (auch) auf die Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft auswirkt, ist (zunächst) danach zu unterscheiden, ob die Anrechnungsklausel aus der Zeit vor der Einführung der Unverfallbarkeit durch die Rechtsprechung des BAG (BB 72, 1005; vgl. Rdn. 193) bzw. durch das auf dieser Rechtsprechung basierende BetrAVG stammt oder nicht. Bei Anrechnungsklauseln aus der Zeit vor der genannten Grundsatzentscheidung ist i. d. R. davon auszugehen, daß die Parteien die Auswirkung einer solchen Anrechnung für die Unverfallbarkeit, insbesondere die Bedeutung der Betriebszugehörigkeit für die Unverfallbarkeit, nicht bedacht haben. In derartigen Fällen ist die Auswirkung für die Unverfallbarkeit nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Unverfallbarkeit zu beurteilen (BGH FamRZ 83, 1001, 1002). Im Regelfall wird nicht davon ausgegangen werden können, daß die Anrechnungs klau sei den Zeitpunkt der Unverfallbarkeit beeinflußt (Jobannsen/HenrichlHahne Rdn. 186). Für Anrechnungsabreden aus der Zeit nach Bekanntwerden der Grundsatzentscheidung des BAG gilt dagegen, daß die Parteien die Bedeutung der Klausel auch für die Unverfallbarkeit erkennen und sich bei ihren vertraglichen Abmachungen darauf einstellen konnten. Will der Arbeitgeber — was ihm freisteht — die Anrechnung von Vordienstzeiten auf die Erfüllung der Wartezeit und/oder die Verbesserung der Leistungshöhe der betrieblichen Altersversorgung beschränken, so muß dies in den Satzungs- bzw. Vertragsbestimmungen deutlich zum Ausdruck kommen. Geschieht dies nicht, so ist davon auszugehen, daß die angerechnete Vordienstzeit als Betriebszugehörigkeit auch für die Unverfallbarkeit zu berücksichtigen ist (BGH FamRZ 83, 1001, 1002). Daß Vordienstzeiten lediglich wartezeitsteigernd wirken sollen, kann sich daraus ergeben, daß in den für die Versorgung maßgebenden Bestimmungen zwischen Berechnung der Wartezeit und Bemessung der Beschäftigungszeit unterschieden wird (BGH aaO für die betriebliche Altersversorgung des NDR). Gegen eine Anrechnung von Vordienstzeiten auf die Unverfallbarkeitsfrist spricht es auch, wenn die Anrechnung erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalls zugesagt worden ist, denn dann ist damit im Zweifel lediglich eine Erhöhung der Versorgungsleistungen beabsichtigt (BGH FamRZ 86, 338, 340). Im Rahmen des Insolvenzschutzes (vgl. Rdn. 182) werden vertragliche Vordienstzeiten grds. nicht berücksichtigt (BAG DB 90, 284; 90, 383). Zur Berücksichtigung von gleichgestellten Zeiten bei der Wertberechnung vgl. Rdn. 213; zur Bedeutung von Wartezeiten Rdn. 204 f. 197

c) Die Unverfallbarkeit betrieblicher Versorgungsleistungen der Höhe nach richtet sich grds. nach § 2 BetrAVG. Danach hat ein vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Betrieb ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Versorgungsanwartschaft gemäß § 1 BetrAVG dem Grunde nach unverfallbar ist, einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorzeitige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (oder einer anderen in der Versorgungsregelung 550

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

vorgesehenen festen Altersgrenze) entspricht (§ 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Der unverfallbare Teilanspruch wird also ebenso zeitratierlich ermittelt wie der Ehezeitanteil betrieblicher Versorgungsanwartschaften nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1. Bei Direktversicherungen und Pensionskassenleistungen ist zu beachten, daß auf Verlangen des Arbeitgebers unter bestimmten Voraussetzungen an die Stelle des ratierlich berechneten unverfallbaren Teilanspruchs der nach der sog. versicherungsvertraglichen Lösung ermittelte Anspruch treten kann (§ 2 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 BetrAVG). Grds. ist der Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 BetrAVG verpflichtet, die nach dem Versicherungsvertrag oder dem Pensionskassengeschäftsplan zu erbringenden Leistungen im Falle der Unterfinanzierung bis zur Erfüllung des nach § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG berechneten unverfallbaren Anspruchs aufzustocken. Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 gibt ihm jedoch das Recht, seine Versorgungsleistungen auf die versicherungsvertraglich oder geschäftsplanmäßig zu erbringenden Leistungen zu beschränken, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. keine Abtretung oder Beleihung der Versicherung; Verwendung der Uberschußanteile zur Leistungsverbesserung; Recht des Arbeitnehmers zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen). Im Falle deutlicher Unterfinanzierung der Versicherung oder Pensionskassenanwartschaft zum Ehezeitende ist im VA davon auszugehen, daß der Arbeitgeber die versicherungsvertragliche Lösung wählen würde, und das Versorgungsanrecht daher nur in Höhe der versicherungsvertraglich oder geschäftsplanmäßig zu erbringenden Leistungen als unverfallbar zu behandeln. Der Wert des im VA zugrunde zu legenden unverfallbaren Versorgungsanrechts ist in diesem Fall nicht nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b, sondern nach Abs. 2 Nr. 4 b oder Nr. 5 zu ermitteln ( S o e r g e l j Zimmermann Rdn. 167; Zimmermann S. 329; Johannsen] Henrich] Hahne Rdn. 192; Ellger] Glockner FamRZ 84, 733, 734; für die Berechnung nach der versicherungsvertraglichen Methode in jedem Fall: AK/Hobler]Troje Rdn. 105; Bastian]Körber Rdn. 102; Friedend N J W 86, 689, 690; Glockner FamRZ 88, 777, 780; 8. DFGT FamRZ 90, 24, 26). Der BGH hat zu dieser Frage entgegen der Ansicht von Glockner (FamRZ 87, 576) noch nicht abschließend Stellung bezogen. Er hat in der ZDF-Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, daß der maßgebende Versorgungstarifvertrag eine Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft aus der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorhandenen Deckungsrückstellung vorsah, also eine Festlegung i. S. d. versicherungsvertraglichen Lösung enthielt (BGH FamRZ 87, 52, 55). Daraus kann jedoch noch nicht ohne weiteres entnommen werden, daß die ehezeitliche Anwartschaft aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse unabhängig davon, ob die Deckungsrückstellung zur Erfüllung der Ansprüche nach § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ausreicht, stets nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b oder Nr. 5 statt nach Abs. 2 Nr. 3 zu ermitteln ist. Die Höhe der Deckungsrückstellung ist vielmehr nur für die Frage der Unverfallbarkeit von Bedeutung. Deshalb ist ggf. eine Alternativberechnung vorzunehmen, und der zeitratierlich ermittelte Wert ist in den VA einzubeziehen, wenn sich nach der versicherungsvertraglichen Lösung ein mindestens gleichhoher Wert wie nach der ratierlichen Berechnungsmethode ergibt (Zimmermann S. 332; Ellger ¡Glöckner FamRZ 84, 733, 734). Nach § 17 Abs. 3 S. 1 und 2 BetrAVG kann in Tarifverträgen, deren Bestimmungen 1 9 8 kraft Vereinbarung auch zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gelten können, von § 2 BetrAVG abgewichen werden. Soweit sich danach im Einzelfall eine von der zeitratierlichen Berechnung abweichende ungünstigere Unverfallbarkeitsregelung ergibt (wie z. B. bei der Zusatzversorgung des Baugewerbes VVaG in Wiesbaden, deren Satzung eine nach verschiedenen Wartezeiten gestaffelte Steigerung der unverfallbaren Anwartschaft vorsieht; vgl. OLG München FamRZ 91, 1450), ist die Abweichung vom Unverfallbarkeitsprinzip des § 2 BetrAVG regelmäßig so gering, Hartmut Wiek

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daß es für den VA bei der ratierlichen Berechnung bleiben kann {Soergelj Zimmermann Rdn. 166). 199 Für den VA kann die Unverfallbarkeit der Höhe nach allerdings nicht allein nach § 2 BetrAVG bestimmt werden. Zum einen findet diese Vorschrift im Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes keine Anwendung (§18 Abs. 1 BetrAVG), zum anderen bezieht sie sich nur auf die arbeitsrechtliche Frage, inwieweit ein ausgeschiedener Arbeitnehmer eine Versorgungsanwartschaft behält, während der Begriff der Unverfallbarkeit für die Zwecke des VA auch auf Anwartschaften von Versicherten angewandt wird, deren Arbeits- oder Dienstverhältnis in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den VA noch gar nicht beendet ist. Bei der Ermittlung des VA ist demgegenüber eine Unverfallbarkeitsprüfung vorzunehmen, die darauf abstellt, ob eine Rentenanwartschaft unverfallbar wäre, wenn der Betriebsangehörige trotz tatsächlich weiterbestehender Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den VA aus seinem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden wäre. Deshalb sind im VA nur solche Versorgungsanrechte als unverfallbar zu behandeln, die nach den maßgeblichen (Satzungs-)Bestimmungen in ihrem Versorgungswert durch die künftige betriebliche und/oder berufliche Entwicklung nicht mehr beeinträchtigt werden können, sondern ihm auch dann verbleiben, wenn er vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (BGH FamRZ 82, 899, 902; 85, 56; 87, 52, 55; a. A. Soergelj Zimmermann Rdn. 146). Dabei ist von einer normalen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Die nie ganz auszuschließende (theoretische) Möglichkeit, daß der Anspruch auf die Versorgung im Einzelfall aus einem besonderen, im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden wichtigen Grund (etwa wegen Treuepflichtverletzung, vgl. Rdn. 184) noch entfallen oder geschmälert werden kann, steht der generellen Annahme einer unverfallbaren Anwartschaft nicht entgegen (BGH FamRZ 86, 341, 343). Die genannten Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt z. B. im Leistungssystem der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nur die Anwartschaft auf Versicherungsrente (vgl. Rdn. 237). Von einem gesicherten Versorgungswert kann nicht ausgegangen werden, wenn ein ausgeschiedener Arbeitnehmer (statt einer fortbestehenden beitragsfreien Versicherung) eine beitragspflichtige freiwillige Weiterversicherung wählen kann; denn nach der Lebenserfahrung ist nicht ohne weiteres damit zu rechnen, daß die freiwilligen Beiträge bis zum Eintritt des Versorgungsfalles regelmäßig geleistet werden (BGH FamRZ 87, 52, 55). 200

Im Rahmen der nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 vorzunehmenden Prüfung ist auch die Verfallbarkeit der Dynamik der Versorgung im Falle eines Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Betrieb zu beachten. Betriebliche Ruhegeldordnungen sehen häufig eine Wertsteigerung der Versorgungsanrechte während der Anwartschaftsphase in unmittelbarer Abhängigkeit von dem jeweiligen Einkommen der Arbeitnehmer vor. Wird die Höhe der Versorgungsanwartschaften z. B. an das in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles erzielte Durchschnittsentgelt geknüpft, so ist damit — jedenfalls bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen in größeren Unternehmen — eine laufende Steigerung des Versorgungswerts im Anwartschaftsstadium gewährleistet, die derjenigen der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht (vgl. u. Rdn. 293). Diese Einkommensdynamik ist jedoch in ihrem Fortbestand davon abhängig, daß der betreffende Arbeitnehmer betriebszugehörig bleibt. Scheidet er vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Betrieb aus, bleibt das letzte Einkommen als Bemessungsfaktor für die künftige Versorgung festgeschrieben. Die Dynamik ist auch nach Betriebsrentenrecht nicht bestandsgeschützt (§ 2 Abs. 5 BetrAVG), so daß keine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, die zugestandene Ruhegelddynamik aufrechtzuerhalten (Zimmermann S. 433). 552

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Die weitere Dynamisierung der Versorgungsanwartschaften ist daher davon abhängig, daß der Arbeitnehmer betriebstreu bleibt. Damit erweist sich die während der Anwartschaftsphase grds. bestehende Dynamik als noch nicht gesichert. Sie kann vielmehr bis zum Eintritt des Versorgungsfalles noch wegfallen, wenn auch nur für die Zeit ab einem Ausscheiden aus dem Betrieb. Eine solche noch verfallbare Dynamik kann im Wertausgleich nicht berücksichtigt werden, weil sie durch die künftige betriebliche und berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers noch beeinträchtigt werden kann. Der Unverfallbarkeitsbegriff i. S. d. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 umfaßt demgemäß auch die Dynamik einer betrieblichen Altersversorgung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Versorgungsordnung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Betrieb eine andere Versorgungsart vorsieht als bei einem Verbleib im Betrieb bis zum Versorgungsfall (wie z. B. in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes) oder ob es um ein einziges Anrecht geht, das durch ein vorzeitiges Ausscheiden des Arbeitnehmers lediglich in seiner Höhe beeinflußt wird. Die Ungewißheit der nachehelichen Betriebszugehörigkeit stellt die endgültige Sicherung der Anwartschaftsdynamik in der privaten betrieblichen Altersversorgung ebenso in Frage wie in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Die Dynamik der Betriebsrentenanwartschaft ist deshalb beim Wertausgleich ebenso als verfallbar anzusehen wie die Anwartschaft auf die dynamische Versorgungsrente in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (BGH FamRZ 89, 844, 845; OLG Celle FamRZ 89, 402, 405; OLG Hamm FamRZ 89, 1096, 1097; 89, 1196; OLG Koblenz FamRZ 89, 293; a.A. OLG Braunschweig FamRZ 88, 74; 88, 406; OLG Frankfurt FamRZ 88, 847; OLG Hamburg FamRZ 89, 68, 69; Soergel/Zimmermann Rdn. 280; Glöckner FamRZ 87, 576; 88, 777, 779). Die nunmehr bestehende Abänderungsmöglichkeit nach § 10 a VAHRG gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Diese Bestimmung hat nichts daran geändert, daß verfallbare Anwartschaften im öffentlichrechtlichen VA außer Betracht bleiben (BGH FamRZ 88, 822, 823; 89, 844, 846). Der Gesetzgeber hat keine Änderung des Begriffs der Unverfallbarkeit beabsichtigt (BTDrucks. 10/5447, S. 18). Es lassen sich im Abänderungsverfahren auch nicht alle Beeinträchtigungen bereinigen, die sich für den Verpflichteten ergeben können, wenn das betriebliche Versorgungsanrecht in voller Höhe als unverfallbar berücksichtigt wird (BGH FamRZ 89, 844, 846). Eine Einbeziehung der unsicheren künftigen Anwartschaftsdynamik wäre insbesondere dann problematisch, wenn der Wertausgleich (teilweise) durch Beitragsentrichtung seitens des Verpflichteten nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG vorzunehmen wäre. Der Verpflichtete würde dadurch unter Umständen wirtschaftlich erheblich belastet, obwohl noch unsicher wäre, ob sich der Wert des auszugleichenden Anrechts in der angenommenen Höhe tatsächlich realisiert. Zur Lösung dieses Problems wird von der Gegenmeinung teilweise empfohlen, in solchen Fällen in Ausübung des dem FamG nach § 3 b Abs. 1 VAHRG eingeräumten Ermessens von einem Ausgleich durch Beitragszahlungsanordnung abzusehen und den Berechtigten insoweit auf den schuldrechtlichen VA zu verweisen (OLG Braunschweig FamRZ 88, 406, 407; OLG Hamburg FamRZ 89, 68, 69; Glockner FamRZ 87, 576). Dies ist jedoch nicht systemgerecht. § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG betrifft nur die Durchführung des VA. Die Regelung macht die Verpflichtung zur Beitragszahlung allein davon abhängig, daß diese dem Verpflichteten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar ist. Auf Bestand und Sicherheit des auszugleichenden Anrechts kommt es hingegen nicht an (BGH FamRZ 89, 844, 846; OLG Celle FamRZ 89, 402, 405). Nach diesen Grundsätzen sind Anrechte der privaten betrieblichen Altersversorgung, 201 die im Anwartschaftsstadium aufgrund ihrer Koppelung an die tarifliche Lohnentwicklung an sich als dynamisch anzusehen wären, wegen der Verfallbarkeit der Dynamik nur mit ihrem statischen Wert in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen (vgl. auch Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Rdn. 290; zur Umwertung vgl. die Berechnungsbeispiele Rdn. 318). Fraglich ist allerdings, ob ein vom Ende der Ehezeit bis zum Zeitpunkt der Entscheidung eingetretener Wertzuwachs der Anwartschaft zu berücksichtigen ist, der auf Anpassungen des Einkommens und damit der Bemessungsgrundlage für das betriebliche Ruhegeld beruht (vgl. auch Rahm\Lardschneider V Rdn. 248; von BGH FamRZ 89, 844, 846 nicht erörtert). Durch diese Einkommensanpassungen realisiert sich schrittweise die Einkommensdynamik und wird damit jeweils ein weiteres Stück unverfallbar (Morawiet^ S. 50). Da es für die Frage der Unverfallbarkeit auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt, könnte eine Einbeziehung der bis zur Entscheidung erfolgten Anpassungen der persönlichen Bemessungsgrundlage in Betracht gezogen werden. Praktisch könnte dies entweder in der Weise geschehen, daß mit dem im Entscheidungszeitpunkt maßgebenden Einkommen gerechnet wird (das ggf. zu ermitteln wäre), oder in der Weise, daß — pauschalierend — bei der Umrechnung nach der BarwertVO das Lebensalter des betreffenden Ehegatten im Zeitpunkt der Entscheidung zugrunde gelegt wird (so OLG München FamRZ . 91, 338, 342). Gleichwohl ist die Einbeziehung des nach Ehezeitende eingetretenen Dynamisierungswertzuwachses in den öffentlich-rechtlichen VA abzulehnen. Denn nach dem Stichtagsprinzip, das auch nach Inkrafttreten des § 10 a VAHRG im Grundsatz fortgilt, ist — auch bei betrieblichen Altersversorgungen — im VA grds. der bei Ende der Ehezeit erreichte Versorgungswert zugrunde zu legen. Davon geht auch die BarwertVO aus. Sie enthält keine Bestimmungen, die eine Einbeziehung des durch die Anwartschaftsdynamik eintretenden Wertzuwachses bis zur Entscheidung ermöglichen. Dieser Wertzuwachs kann vielmehr insgesamt erst in einem späteren Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG erfaßt und ergänzend ausgeglichen werden (BGH FamRZ 91, 1421, 1424; OLG Celle FamRZ 89, 402, 406). 202

d) Für die Feststellung der Unverfallbarkeit ist der Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz maßgebend (BGH FamRZ 82, 1195). In diesem Punkt unterscheidet sich die Regelung des VA bei betrieblichen Versorgungsanwartschaften von derjenigen der sonstigen Versorgungsanrechte, bei denen für die Wertberechnung regelmäßig auf die Verhältnisse bei Ende der Ehezeit abzustellen ist. So kann z. B. bei einem in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes versicherten Ehegatten noch nach dem Ende der Ehezeit die Wartezeit (als Grundvoraussetzung für die Unverfallbarkeit der Versorgungszusage, vgl. Rdn. 230) erfüllt werden mit der Folge, daß diese bei der Entscheidung beachtet werden muß. Das Gericht hat auch Satzungsänderungen, die nach dem Ende der Ehezeit in Kraft getreten sind und Auswirkungen auf den Eintritt der Unverfallbarkeit haben, zu berücksichtigen (BGH FamRZ 82, 1193). Die Durchbrechung des Stichtagsprinzips bleibt jedoch auf die Feststellung der Unverfallbarkeit beschränkt. Der Wert der Versorgung richtet sich gemäß Abs. 2 Nr. 3 S. 1 nach den Bemessungsgrundlagen, die am Ende der Ehezeit maßgebend waren.

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e) Verfallbare Versorgungsanrechte auf Seiten des ausgleichsberechtigten Ehegatten sind ebenfalls nicht in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen. Der Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften bietet keinen Anlaß für eine Unterscheidung danach, ob der ausgleichspflichtige oder der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch verfallbare Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung besitzt. Die Berücksichtigung verfallbarer Anwartschaften des Berechtigten würde das Risiko des schuldrechtlichen VA in gleichheitswidriger Weise einseitig dem Berechtigten aufbürden. § 1587 f Nr. 4 ermöglicht ggf. einen späteren schuldrechtlichen VA in umgekehrter Richtung als im öffentlich-rechtlichen VA (BGH FamRZ 82, 899, 906). Daneben kommt auch eine Korrektur der Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen VA nach § 10 a VAHRG in Betracht. Dabei wird im Abänderungsverfahren das auf Seiten des (früher) Ausgleichsberechtigten 554

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

inzwischen unverfallbar gewordene Anrecht in die (erneut vorzunehmende) Gesamtsaldierung einbezogen. Dies kann dazu führen, daß sich der Ausgleichsbetrag verringert oder daß der (früher) Ausgleichsberechtigte sogar zum Verpflichteten wird. In jedem Fall ist der Vollzug des öffentlich-rechtlichen VA (teilweise) rückgängig zu machen. Auch nach Inkrafttreten des § 10 a VAHRG besteht deshalb keine Veranlassung dazu, verfallbare Anrechte des Berechtigten in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen (BGH FamRZ 88, 822, 825). Im Einzelfall können allerdings Härten für den Verpflichteten während des Zeitraums auftreten, in dem nach Eintritt seines Versorgungsfalles, aber vor Eintritt des Versicherungsfalls des Ausgleichsberechtigten die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Rückausgleich oder für ein Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG noch nicht erfüllt sind. Hier kann Abhilfe durch Anwendung des § 1587 c Nr. 1 geschaffen werden, indem der Ausgleichsbetrag, der sich bei Berücksichtigung (nur) des statischen Werts des vom Berechtigten erworbenen Anrechts ergibt, angemessen herabgesetzt wird (BGH FamRZ 88, 822, 825; Schwab¡Hahne VI Rdn. 116). f) Im Rahmen der Unverfallbarkeitsprüfung sind auch vertraglich bzw. satzungsmäßig 2 0 4 vorgesehene Wartezeiten zu beachten. Sie sind grds. von den Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG zu unterscheiden. Als Wartezeit wird im allgemeinen eine Mindestanwartschaftszeit bezeichnet, nach deren Ablauf frühestens Leistungen im Versorgungsfall gewährt werden (OLG München FamRZ 79, 601; OLG Hamm FamRZ 82, 617; 85, 1054). Die Wartezeiten gelten gleichermaßen für betriebstreue wie für bereits ausgeschiedene Mitarbeiter. Sie laufen unabhängig von der Fortdauer der Betriebszugehörigkeit (§ 1 Abs. 1 S. 5 BetrAVG), können also auch nach Ausscheiden aus dem Betrieb erfüllt werden. Gelegentlich wird der Begriff der Wartezeit in Ruhegeldordnungen oder Satzungen auch (nur) i. S. einer Mindestbeschäftigungszeit verwendet. Dann handelt es sich um eine besondere vertragliche oder satzungsmäßige Unverfallbarkeitsfrist. Dies gilt z. B. für die satzungsgemäße Wartezeit von fünf Jahren nach § 38 Abs. 1 VBL-S, mit der lediglich die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist zugunsten der Versicherten abgekürzt wird. Zwar bestimmt § 1587 a Abs. 7 S. 1 Hs. 1, daß für den Wertausgleich die Erfüllung von Wartezeiten außer Betracht bleibt. Nach Hs. 2 dieser Bestimmung bleibt jedoch Abs. 2 Nr. 3 S. 3 ausdrücklich unberührt. Daraus folgt, daß Wartezeiten im Bereich der betrieblichen Altersversorgung zu beachten sind, soweit sie für die Beurteilung der Unverfallbarkeit i. S. d. Abs. 2 Nr. 3 S. 3 von Bedeutung sind. Diese Vorschrift soll verhindern, daß Versorgungsanwartschaften ausgeglichen werden, die später nicht zum Vollrecht erstarken. Deshalb muß eine Versorgungsanwartschaft, die zwar im betriebsrentenrechtlichen Sinne unverfallbar ist, bei der aber wegen Nichterfüllung der Wartezeit noch mit der Möglichkeit gerechnet werden muß oder sogar feststeht, daß ein Anspruch auf Versorgungsleistungen nicht entstehen wird, im VA als verfallbar behandelt werden. Daran hat sich auch durch § 10 a VAHRG nichts geändert (BGH FamRZ 88, 822, 823). Im allgemeinen ist die Wartezeit kürzer als die Unverfallbarkeitsfrist und kann deshalb 2 0 5 als erste Stufe der Unverfallbarkeit bezeichnet werden (BGH FamRZ 82, 899, 903). Die Bestimmungen des BetrAVG hindern den Arbeitgeber jedoch nicht, die Gewährung von Versorgungsleistungen an die Erfüllung einer längeren Wartezeit (von bis zu zwanzig Jahren) zu knüpfen, denn sie bezwecken nur die Gleichstellung von betriebstreuen und ausgeschiedenen Arbeitnehmern, die hinsichtlich der Wartezeiten durch § 1 Abs. 1 S. 5 BetrAVG gewährleistet ist. Damit ist es zwar ausgeschlossen, Ansprüche auf Versorgungsleistungen an eine längere Betriebszugehörigkeit zu knüpfen, als dies die gesetzlichen Bestimmungen vorsehen. Der Arbeitgeber kann jedoch das Entstehen von Versorgungsansprüchen unabhängig von der Betriebszugehörigkeit (also sowohl für Betriebsangehörige als auch für ausgeschiedene Arbeitnehmer) davon abhängig machen, daß eine Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

bestimmte Wartezeit zwischen Erteilung der Versorgungszusage und Eintritt des Versorgungsfalles erfüllt worden ist. In der Praxis kommt ein Auseinanderfallen von Wartezeit und gesetzlicher Unverfallbarkeitsfrist insbesondere dann vor, wenn eine Versorgungszusage erst nach längerer Betriebszugehörigkeit erteilt wird. Dann kann die Unverfallbarkeit i. S. d. Betriebsrentenrechts unter Umständen schon drei Jahre nach Erteilung der Versorgungszusage eintreten (§ 1 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BetrAVG). Durch Festsetzung einer längeren Wartezeit kann das Entstehen von Versorgungsansprüchen jedoch — unabhängig von der weiteren Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter — vom Arbeitgeber noch für einen bestimmten Zeitraum verhindert werden. 206 Bei der Berechnung der Wartezeit ist zu beachten, daß auch sog. Vordienstzeiten zu berücksichtigen sind, wenn dies den vertraglichen Abmachungen zu entnehmen ist (BGH FamRZ 85, 263; vgl. Rdn. 196). In diesem Fall beginnt der Lauf der Wartezeit schon vor der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit. Die Wartezeit läuft bis zu dem in der betrieblichen Ruhegeldordnung vorgesehenen Versorgungsfall. Bestimmt eine Ruhegeldordnung, daß ein Versorgungsfall der Invalidität nicht schon beim Eintreten von Berufsoder Erwerbsunfähigkeit vorliegen soll, sondern daß darüber hinaus z. B. die Versetzung in den Ruhestand oder die Aufnahme der Rentenzahlungen durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erforderlich ist, so kann eine vorgeschriebene Wartezeit auch von berufs- oder erwerbsunfähigen Arbeitnehmern noch bis zum Eintritt der zusätzlichen Voraussetzungen (Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Einsetzen der gesetzlichen Rentenzahlungen) erfüllt werden (BAG BB 86, 1509; 86, 2340). 207 Wenn die vertragliche oder satzungsmäßige Wartezeit bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht mehr erfüllt werden kann oder wenn ein Höchsteintrittsalter überschritten ist, steht zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fest, daß der Arbeitnehmer keine betrieblichen Versorgungsleistungen erhalten wird. Dann kann die Anwartschaft im VA nicht als unverfallbar behandelt werden {Soergelj Zimmermann Rdn. 148; ]ohannsen\ HenrichjHahne Rdn. 193). Ist die Wartezeit im Entscheidungszeitpunkt noch nicht erfüllt, kann sie aber bis zum Erreichen der Altersgrenze noch erfüllt werden, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Invaliditätsfall vor Erfüllung der Wartezeit eintritt. Sieht die maßgebliche Versorgungsordnung vor, daß im Falle einer vor Erfüllung der Wartezeit eintretenden Invalidität auch kein Anspruch auf spätere Altersrente (nach Ablauf der Wartezeit) besteht, so ist die Versorgung nicht unabhängig von der künftigen Entwicklung gesichert und damit nicht als unverfallbar anzusehen (OLG Hamm FamRZ 82, 617; Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 193; a. A. offenbar Zimmermann S. 180). Enthält die Versorgungsordnung jedoch keine eindeutige Regelung, so ist davon auszugehen, daß der Eintritt vorzeitiger Invalidität die Entstehung des Anspruchs auf betriebliches Altersruhegeld nicht ausschließt (BAG BB 86, 1578). Nach dem Ende der Frist, von deren Ablauf die Unverfallbarkeit abhängt, hat der Arbeitnehmer alles getan, was für die Entstehung eines Anspruchs auf betriebliche Altersrente notwendig ist. Es ist deshalb unerheblich, ob er danach noch leistungsfähig ist, in einem anderen Arbeitsverhältnis beschäftigt wird, arbeitslos wird oder gar bereits erwerbsunfähig ist (BAG BB 86, 1578; BlomeyerjOtto § 1 BetrAVG Rdn. 144). In einem solchen Fall ist die Anwartschaft auf Altersrente in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen. Die Anwartschaft auf Invalidenvergütung ist dagegen bis zum Ablauf der Wartezeit noch nicht endgültig gesichert und muß deshalb dem schuldrechtlichen VA vorbehalten bleiben (OLG Celle, Beschluß vom 21. 09. 1988, 17 UF 174/87; zur Umwertung in solchen Fällen vgl. Rdn. 308).

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7. Berechnung des Ehezeitanteils betrieblicher Altersversorgungen (S. 1) a) Allgemeines. Die Berechnung des Ehezeitanteils eines betrieblichen Versorgungsanrechts erfolgt in zwei Schritten: Zunächst ist die während der gesamten Zugehörigkeit 556

Hartmut Wiek

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zu einem Betrieb oder Unternehmen erreichte bzw. erreichbare volle Versorgung zu ermitteln; anschließend ist der auf die Ehezeit entfallende Teil dieser Versorgung festzustellen. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 sieht wiederum zwei unterschiedliche Berechnungsverfahren vor, je nachdem, ob die Betriebszugehörigkeit bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags noch andauerte (Berechnung nach Buchst, a) oder bereits beendet war (Berechnung nach Buchst, b). Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes ist dabei allerdings das Ende der Ehezeit (i. S. d. § 1587 Abs. 2) maßgebender Stichtag (vgl. Rdn. 3). Von einer bei Ehezeitende beendeten Betriebszugehörigkeit ist auch auszugehen,, wenn der Versorgungsfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist und der betreffende Ehegatte bereits Versorgungsleistungen bezieht (BGH FamRZ 82, 33, 35; Soergel\Zimmermann Rdn. 151, 172; vgl. auch Rdn. 228). Tatsächliche oder rechtliche Änderungen, die nach Ehezeitende eintreten und 2 0 9 sich auf die Höhe der betrieblichen Altersversorgung auswirken, sind nach Möglichkeit bereits im Erstverfahren über den VA zu berücksichtigen. Die volle Versorgung ist auf der Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt geltenden betrieblichen Versorgungsregelung zu berechnen (BGH FamRZ 86, 976; OLG Celle FamRZ 86, 474; 86, 913, 915; KG FamRZ 86, 915; einschränkend Soergel\Zimmermann Rdn. 152). Veränderungen der individuellen Verhältnisse, die nach Ende der Ehezeit eingetreten sind und rückwirkend betrachtet einen anderen Ehezeitanteil ergeben, können nunmehr in entsprechender Anwendung des § 10 a VAHRG ebenfalls bereits im Erstverfahren berücksichtigt werden (vgl. § 1587 Rdn. 35 f; § 1 0 a VAHRG Rdn. 10). Deshalb ist in Fällen, in denen die Betriebszugehörigkeit eines Ehegatten zwischen Ehezeitende und (letzter tatrichterlicher) Entscheidung durch Ausscheiden aus dem Betrieb oder durch Tod beendet worden ist, eine Wertberechnung nach Abs. 2 Nr. 3 S. 1 b vorzunehmen (BGH FamRZ 90, 605, 606; anders für die Rechtslage vor Inkrafttreten des § 10 a VAHRG: BGH FamRZ 85, 363, 364). Im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (nach Eintritt der Unverfallbarkeit) ergibt sich allerdings nach S. 1 Buchst, b i. d. R. kein anderer Ehezeitanteil als nach S. 1 Buchst, a, weil auch der unverfallbare Teilanspruch nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitratierlich berechnet wird (Johannsenj Henrich ¡Hahne § 10 a VAHRG Rdn. 35; Schwabj Hahne VI Rdn. 130, jeweils mit Beispiel); etwas anderes gilt bei Anwendung der versicherungsvertraglichen Unverfallbarkeitsregelungen nach § 2 Abs. 2 und 3 BetrAVG. Im Falle eines Ausscheidens aus dem Betrieb wegen vorzeitiger Invalidität können sich hingegen unterschiedlich hohe Ehezeitanteile ergeben. Hier ist zu prüfen, ob die Beachtung der nach Ehezeitende eingetretenen Wertveränderung gemäß § 10 a Abs. 3 VAHRG aus Billigkeitsgründen zu unterbleiben hat (vgl. BGH FamRZ 89, 43, 44; 89, 492, 494, jeweils zur Beamtenversorgung; Schwab]Hahne VI Rdn. 130). Familienbezogene Bestandteile der betrieblichen Altersversorgung bleiben gemäß 2 1 0 § 1587 a Abs. 8 im VA außer Betracht. Auch degressive Ausgleichsbeträge, die (z. B. in Form sog. Ubergangsgelder) aus Gründen der Besitzstandswahrung vorübergehend weitergezahlt, aber kontinuierlich „abgeschmolzen" werden, sind nicht in die Berechnung einzubeziehen (BGH FamRZ 88, 1251; OLG Celle FamRZ 86, 474, 476; vgl. zur öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung auch Rdn. 245). Für die zeitratierliche Berechnung des Ehezeitanteils kommt es auf die Zeit der 2 1 1 tatsächlichen Betriebszugehörigkeit an. Für den Beginn der Betriebszugehörigkeit ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Arbeitnehmer in das betreffende Dienst- oder Arbeitsverhältnis eingetreten ist. Es sind daher auch Zeiten der Betriebszugehörigkeit einzubeziehen, die nach der Versorgungsordnung nicht zur anrechenbaren Dienst- oder Beschäftigungszeit gehören (BGH FamRZ 89, 844, 846 ohne nähere Begründung; OLG Celle, Beschluß vom 21. 09. 1988 - 17 WF 174/84 - ; OLG Hamm FamRZ 90, 1255; Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

91, 955; OLG Hamburg FamRZ 91, 201, 202). Das Gesetz geht davon aus, daß die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung dem Grunde nach auch dann in der gesamten Zeit det Betriebszugehörigkeit erarbeitet worden ist, wenn sich ein Teil der Betriebszugehörigkeit nicht auf die Höhe der Versorgung auswirkt, etwa weil die Versorgungszusage erst im Laufe der Betriebszugehörigkeit erteilt worden ist oder weil erst die ab einem bestimmten Lebensalter im Betrieb zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Berechnung der Versorgung berücksichtigt wird. Die zeitanteilige Berechnungsmethode des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 ist dem § 2 Abs. 1 BetrAVG nachgebildet, der die Berechnung unverfallbarer Teilrenten von ausgeschiedenen Arbeitnehmern regelt (vgl. Rdn. 197). Im Betriebsrentenrecht ist anerkannt, daß es für die Berechnung unverfallbarer Teilrenten — unabhängig vom Zeitpunkt der Versorgungszusage — auf die tatsächliche Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ankommt (Blomeyer\Otto § 2 BetrAVG Rdn. 2 und 13). Dies beruht auf der vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Überzeugung, daß die betriebliche Altersversorgung ein Entgelt für die gesamte Betriebstreue des Arbeitnehmers darstellen soll (BT-Drucks. 10/1281 S. 24; BlomeyerjOtto §2 BetrAVG Rdn. 12). Da der Gesetzgeber das zeitratierliche Verfahren des § 2 Abs. 1 BetrAVG für die Berechnung des Ehezeitanteils betrieblicher Versorgungsanrechte übernommen hat, kann davon ausgegangen werden, daß diese Versorgungsanrechte auch im VA als während der gesamten Zeit der Betriebszugehörigkeit erarbeitet zu behandeln sind (OLG Celle Beschluß v. 21. 09. 1988 - 17 WF 174/84 - ) . Versorgungsbestimmungen, nach denen bestimmte Zeiten der Betriebszugehörigkeit nicht zur anrechenbaren Dienst- oder Beschäftigungszeit gehören, sind daher nur für die Höhe der Versorgung von Bedeutung, nicht dagegen für die nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 vorzunehmende zeitratierliche Berechnung. 212

Auch das Ende der Betriebszugehörigkeit richtet sich nach der tatsächlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, nicht nach dem Zeitpunkt einer Kündigung. Als Ende der Betriebszugehörigkeit kommt auch der Eintritt des Versorgungsfalles in Betracht (BGH FamRZ 82, 33, 35). Der Eintritt in den Vorruhestand beeinflußt dagegen die Gesamtbetriebszugehörigkeit i. d. R. nicht (8. DFGT FamRZ 90, 24, 26). Eine Unterbrechung der Beschäftigung ohne Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist im Regelfall ohne Bedeutung. Auch wenn mehrere zeitlich versetzte Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber vorliegen, kann eine durchgehende Betriebszugehörigkeit anzunehmen sein, wenn die Unterbrechung der Beschäftigung nur kurze Zeit gedauert hat und sich die einzelnen Beschäftigungszeiten bei objektiver Betrachtung als ein einheitliches Arbeitsverhältnis darstellen (vgl. Rdn. 195). Hat ein Arbeitnehmer aufgrund eines einzigen Arbeitsverhältnisses von mehreren selbständigen Versorgungsträgern Versorgungszusagen erhalten, die sich auf eine sog. mehrstufige Versorgung, d. h. mehrere voneinander abhängige Leistungen, beziehen, so ist der Ehezeitanteil sämtlicher Anwartschaften unabhängig von der Dauer der Mitgliedschaft bei den einzelnen Versorgungswerken nach dem gleichen Zeit/Zeit-Verhältnis auf der Grundlage der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn die Mitgliedschaft bei einem dieser Versorgungswerke ganz außerhalb der Ehezeit liegt (OLG Zweibrücken FamRZ 88, 1288).

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Der Betriebszugehörigkeit gesetzlich gleichgestellte Zeiten (vgl. Rdn. 196) sind in die Berechnung einzubeziehen. Auch vertraglich gleichgestellte Zeiten (z. B. sog. Vordienstzeiten) können zu berücksichtigen sein. Allerdings genügt es für die Anerkennung als gleichgestellte Zeit nicht schon, daß für eine anderweit zurückgelegte Zeit arbeitsvertraglich die Anrechnung als sog. Vordienstzeit vereinbart worden ist. Die Anrechnung darf nicht nur auf die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung der 558

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Versorgungszusage bezogen sein und die sonst übliche Wartezeit abkürzen oder den Eintritt der Unverfallbarkeit beschleunigen. Da der VA dem Zweck dient, das für den Alters- oder Invaliditätsfall angesammelte Versorgungsvermögen entsprechend dem Anteil der Ehezeit an der gesamten Erwerbszeit zwischen den Ehegatten auszugleichen (BGH FamRZ 85, 363, 367), müssen auch die Auswirkungen einer arbeitsrechtlich zulässigen Anrechnung sog. Vordienstzeiten auf den VA im Einzelfall an diesem Maßstab gemessen werden. Daher muß bei der zeitratierlichen Aufteilung einer betrieblichen Altersversorgung festgestellt werden, ob und inwieweit sich die Anrechnung von Vordienstzeiten sowohl auf die Höhe als auch auf die „Erwerbszeit" der Versorgung ausgewirkt hat. Da bei der zeitratierlichen Aufteilung der betrieblichen Anwartschaft i. S. d. Abs. 2 Nr. 3 S. 1 ersichtlich davon ausgegangen wird, daß der Rentenanspruch während der gesamten Dauer der Betriebszugehörigkeit nach Grund und Höhe gleichmäßig erdient wird, ist auch für die Anerkennung als „gleichgestellte Zeiten" i. S. dieser Vorschrift erforderlich, daß diese Zeiten sowohl für die Erwerbsdauer der Versorgung bzw. den Zeitpunkt der Versorgungszusage als auch für die Höhe der gewährten Leistungen Bedeutung haben (BGH FamRZ 85, 263, 264; 86, 338, 340). Läßt sich allerdings nach der konkreten arbeitsvertraglichen Regelung eine derart umfassende Bedeutung der vereinbarten Anrechnung von Vordienstzeiten feststellen, so besteht kein hinreichender Grund, diese Zeiten bei der Ermittlung des Ehezeitanteils der vollen Versorgung nicht zu berücksichtigen, denn auch sie sind durch die Tätigkeit im Betrieb Rdnerworben (BGH FamRZ 91, 1416, 1417; JohannsenjHenrich!Hahne Ru^ndj Tiemann Rdn. 279; 8. DFGT FamRZ 90, 24, 26; a. A. Soergel\Zimmermann Rdn. 165; Bastian!Körber R d n - 1 0 1 )- Soweit § 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG für den Fall, daß ein Arbeitnehmer aufgrund einer Vorruhestandsregelung aus dem Betrieb ausscheidet, eine Anrechnung der Zeit vom Ausscheiden bis zur festen Altersgrenze vorsieht, gilt dies nur hinsichtlich der Wartezeit und der sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Versorgungsleistungen überhaupt, führt aber nicht zu einer Erhöhung des Werts der erworbenen Versorgungsanwartschaft. Insoweit liegt daher keine der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeit i. S. d. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 vor. Die Dauer der Gesamtbetriebszugehörigkeit und der Betriebszugehörigkeit in der 214 Ehe sind jeweils In vollen Monaten auszudrücken. Dabei ist § 1587 Abs. 2 entsprechend anzuwenden (Soergel\Zimmermann Rdn. 152; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 196; vgl. auch BGH FamRZ 89, 1285, 1287). Beispiel: Arbeitnehmer, geboren am 10. 05. 1955; Eheschließung: 12. 07. 1976; Eintritt in den Betrieb: 15. 08. 1977; Zustellung des Scheidungsantrags: 28. 03. 1987; in der Versorgungsregelung vorgesehene Altersgrenze: 65. Lebensjahr (erreicht am 10. 05. 2020); Ehezeit: 01. 07. 1976 bis 28. 02. 1987 (§ 1587 Abs. 2). Fiktive Gesamtbetriebszugehörigkeit: 01. 08. 1977 bis 30. 04. 2020 (513 Monate); Betriebszugehörigkeit in der Ehe: 01. 08. 1977 bis 28. 02. 1987 (115 Monate). Zur Wertberechnung im Falle der sog. versicherungsvertraglichen Lösung vgl. Rdn. 197. b) Fortdauernde Betriebszugehörigkeit (S. 1 Buchst, a). Dauert die Betriebszuge- 215 hörigkeit am Ende der Ehezeit noch an, so ist die Berechnung des auszugleichenden Anrechts nach S. 1 Buchst, a vorzunehmen. Da bei andauernder Betriebszugehörigkeit die Höhe der tatsächlichen vollen Versorgung noch nicht feststeht, ist von einer fiktiven Versorgung auszugehen. Diese berechnet sich nach dem Betrag, der sich bei Erreichen Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze ergäbe, wenn die bei Ende der Ehezeit maßgebenden Bemessungsgrundlagen festgeschrieben würden (Buchst, a Hs. 2). Die so ermittelte volle Versorgung ist sodann im Verhältnis der in die Ehezeit fallenden zur insgesamt bis zum Erreichen der Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Das Ergebnis ist die auszugleichende Teilversorgung (Buchst, a Hs. 1). Die Berechnung des ehezeitlichen Anrechts erfolgt also nach der Formel: Erreichbare volle Versorgung x

Betriebszugehörigkeit in der Ehe

Gesamtbetriebszugehörigkeit = auszugleichendes Anrecht. 216 Feste Altersgrenze ist im Regelfall — ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung — die Vollendung des 65. Lebensjahres. Diese Altersgrenze ist auch dann maßgebend, wenn die Versorgungsordnung oder Satzung keine ausdrückliche Bestimmung über den Einsatzzeitpunkt des Altersruhegeldes enthält (OLG Hamm FamRZ 89, 290). Sieht eine Versorgungsregelung jedoch eine andere feste Altersgrenze vor (wie z. B. gelegentlich für Frauen), so ist auf diese auch im VA abzustellen. Die Möglichkeit, vorgezogenes oder flexibles Altersruhegeld zu beziehen (§ 6 BetrAVG), bleibt allerdings außer Betracht (Soergell Zimmermann Rdn. 153). Von der für den Bezug für Altersruhegeld maßgebenden Altersgrenze ist auch im Falle kombinierter Zusagen sowohl für den Alters- als auch für den Invaliditätsfall auszugehen. Zweifelhaft ist der Berechnungsmodus, wenn sich die Zusage ausschließlich auf eine Invaliditätsversorgung bezieht. Auf diesen Fall ist die gesetzliche Regelung nicht zugeschnitten. Ginge man hier von der regelmäßigen festen Altersgrenze aus, so ergäbe sich meist überhaupt kein Versorgungswert, weil mit Erreichen der Altersgrenze Anwartschaften auf Invaliditätsversorgung regelmäßig erlöschen bzw. die Zahlung laufender Renten eingestellt wird. Nach h. M. ist hier gemäß §§ 2 Abs. 4 S. 6, 3 Abs. 4 S. 5 BarwertVO auf das Höchstalter abzustellen, bis zu dem die Invalidität spätestens eingetreten sein muß, um Versorgungsansprüche auszulösen, also regelmäßig auf das Jahr vor Erreichen der Altersgrenze (MüKoIMater Rdn. 262, 267; Bastian/Körber Rdn. 94). Zimmermann (S. 244 ff, 339 ff und in .Soergel Rdn. 324) weist zwar zu Recht darauf hin, daß es sachgerechter wäre, das statistische mittlere Rentenzugangsalter zugrunde zu legen. Indes lassen die Bestimmungen der BarwertVO die Vorstellungen des Gesetzgebers erkennen, und gewissse Härten im Einzelfall, die durch die vereinfachte Berechnung nach dem Höchstalter auftreten können, sind nunmehr im Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG korrigierbar. 217

Bei der Ermittlung der vollen Versorgung ist von den am Ende der Ehezeit maßgebenden Bemessungsgrundlagen auszugehen. Die Höhe des künftigen Altersruhegeldes ist im allgemeinen zumindest dienstzeitabhängig. Häufig wird auch an das letzte Gehalt angeknüpft, wobei wiederum verschiedene Varianten (z. B. das Durchschnittsentgelt der letzten 12 Monate oder der letzten drei Jahre vor dem Versorgungsfall) möglich sind. Im VA ist von einer Fortdauer der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze auszugehen. Daher ist bei im voraus feststehenden dienstzeitabhängigen Steigerungen von der Versorgung auszugehen, die sich bei einer bis zur Altersgrenze fortlaufenden Betriebszugehörigkeit ergäbe. Rein dienstzeitabhängige Versorgungen kommen in Form zeitlich gestaffelter fester Aufstockungsbeträge (z. B. Erhöhung der zugesagten Altersrente im Abstand von drei Jahren um jeweils 30 DM) wie auch in Form einer festen Steigerung der Beiträge an den Versorgungsträger bzw. einer festen Steigerung je Dienstjahr bei einer Direktzusage vor (SoergeJ/Zimmermann Rdn. 154). Die Dienstzeit stellt im Rahmen der VA-Berechnung eine feste Bezugsgröße dar. Soweit die Versorgung von dieser Konstanten abhängt, ist die (voraussehbare) weitere Entwicklung bis zur 560

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§ 1587 a BGB

Altersgrenze zu berücksichtigen. Bei gehaltsabhängigen Versorgungszusagen ist dagegen von den am Ende der Ehezeit gegebenen Verhältnissen auszugehen. Die nach der Ehescheidung eintretende und sich auf die Höhe der Versorgung auswirkende Gehaltsentwicklung ist nicht voraussehbar und steht auch nicht mehr im Zusammenhang mit der ehelichen Versorgungsgemeinschaft. Deshalb sind — auch nach Inkrafttreten des § 10 a VAHRG (vgl. B G H FamRZ 87, 918, 919) - bei variablen Bemessungsgrundlagen die auf den Stichtag ermittelten Berechnungsgrößen festzuschreiben, auch wenn Gehaltserhöhungen (z. B. Dienstalterszulagen) mit Sicherheit zu erwarten sind {Ruland Rdn. 62). Beispiel: Versorgungszusage: 10% des Durchschnittsentgelts der letzten 12 Monate vor dem Versorgungsfall als Monatsrente; Durchschnittsentgelt in den letzten 12 Monaten vor der Ehezeit: 3000 DM. Volle Versorgung für die VA-Berechnung: 10% von 3000 DM = 300 DM. Zu den variablen Bemessungsgrundlagen gehört auch der Umfang der Beschäftigung. 2 1 8 Die Versorgungsregelung kann für den Fall der Teilzeitbeschäftigung entsprechend reduzierte Steigerungsbeträge für die Alters- und Invaliditätsversorgung vorsehen. In Anknüpfung an die vom BGH (FamRZ 86, 563; 86, 658; 89, 1060; vgl. Rdn. 61 f) zur Beamtenversorgung entwickelten Grundsätze ist für die Erweiterungszeit bis zur Altersgrenze grds. von dem bei Ehezeitende vorliegenden Beschäftigungsumfang auszugehen. Teilzeitarbeit ist über das Ehezeitende hinaus nur für den Zeitraum zu fingieren, für den sie bereits bewilligt worden ist. Dabei ist allerdings eine zwischen Ehezeitende und Entscheidung bewilligte Verlängerung der Teilzeitbeschäftigung nach dem Rechtsgedanken des § 10 a VAHRG noch zu berücksichtigen. Ist die Dauer der Teilzeitarbeit nicht verbindlich festgelegt, so ist für die Berechnung grds. von einer bis zum Versorgungsfall andauernden Teilzeitbeschäftigung auszugehen, jedoch kann eine sicher voraussehbare Rückkehr zur Ganztagsbeschäftigung wegen Beendigung der Kindesbetreuung berücksichtigt werden. Wenn die Höhe der Versorgung sowohl dienstzeit- als auch gehaltsabhängig 2 1 9 ist, werden die Dienstzeit und der daran geknüpfte Bemessungs(prozent)satz bis zur Altersgrenze hochgerechnet, das maßgebende Gehalt wird hingegen mit dem für das Ehezeitende ermittelten Betrag zugrunde gelegt. Beispiel: Versorgungszusage: 0,4% des letzten Durchschnittsentgelts je Dienstjahr als Monatsrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres; Arbeitnehmer, geboren am 10. 05. 1955, in den Betrieb eingetreten am 15. 08. 1977; Durchschnittsentgelt am Ende der Ehezeit: 3000 DM. Erreichbare volle Dienstjahre bis zum Eintritt in den Ruhestand: 42; erreichbare volle Versorgung: 42 x 0,4% x 3000 DM = monatlich 504 DM. Eine besondere Erscheinungsform der betrieblichen Altersversorgung sind die sog. 220 Gesamtversorgungszusagen. Hier wird dem Arbeitnehmer ein bestimmter Prozentsatz des letzten Gehalts unter Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen (insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung) versprochen. Der Arbeitgeber verpflichtet sich also, die Differenz zwischen der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und/ oder einer anderen Rente sowie einer bestimmten (gehaltsabhängigen) Gesamtversorgung zu leisten (zur Anrechnung von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung vgl. aber BAG AP Nr. 26 zu § 5 BetrAVG; zur Anrechnung von Altersgeld für Landwirte BAG DB 90, 1143). Der Prozentsatz kann dabei gleichmäßig oder — wie bis 1991 bei der Beamtenversorgung — in unterschiedlichen Stufen ansteigen. Auf diesem System beruht z. B. die dynamische Versorgungsrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Dienstes (vgl. dazu Rdn. 231). Für die Berechnung der vollen Gesamtversorgung sind das zum Ende der Ehezeit maßgebende (Durchschnitts-)Gehalt und der nach der möglichen Gesamtbetriebszugehörigkeit hochgerechnete Prozentsatz zugrunde zu legen (BGH FamRZ 85, 363, 365 — Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes; OLG Hamm FamRZ 85, 1054; OLG Celle FamRZ 89, 402, 403 - private betriebliche Altersversorgung). 221 Die Berechnung des Ehezeitanteils einer betrieblichen Altersversorgung, die auf einer Gesamtversorgungszusage beruht, ist umstritten. Nach der sog. Betriebsrentenoder Hochrechnungsmethode ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine sonstige Rente, die die Grundversorgung bildet, ebenso wie die Betriebsrente fiktiv auf die feste Altersgrenze hochzurechnen. Sodann wird die hochgerechnete Rente von der fiktiven Gesamtversorgung abgezogen. Die sich dabei ergebende Differenz stellt den Wert der fiktiven Rente aus der betrieblichen Altersversorgung dar. Aus dieser ist schließlich noch pro rata temporis die auf die Ehezeit entfallende Anwartschaft zu ermitteln. Beispiel: Ehezeit: 01. 01. 1963 bis 30. 06. 1986; erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze: 01. 04. 1962 bis 31. 05. 2004; betriebliche Versorgungszusage: Gesamtversorgung in Höhe von 75% des ruhegeldfahigen Einkommens unter Anrechnung der gesetzlichen Rente; ruhegeldfähiges Gehalt: 4000 DM. Gesamtversorgung: 3000 DM — 2000 DM hochgerechnete gesetzliche Rente = 1000 DM Betriebsrente; Ehezeitanteil der Betriebsrente: 1000 DM x 282 (Monate) : 506 (Monate) = 557,31 DM. Für die Hochrechnung der gesetzlichen Rente wird die sog. Rentenformel (vgl. Rdn. 91, 105) verwendet, wobei die Versicherungszeit bis zur Altersgrenze verlängert wird. Unter den Anhängern der Betriebsrentenmethode gehen die Meinungen darüber auseinander, welche persönliche Bemessungsgrundlage für die Erweiterungszeit bis zur Altersgrenze anzusetzen ist. Zum Teil wird der vom Versicherten bis zum Ende der Ehezeit tatsächlich erlangte persönliche Vomhundertsatz fortgeschrieben (so OLG Koblenz — 13. ZS — FamRZ 80, 1022, 1023; - 11. ZS - 89, 292; MüKo/Mater Rdn. 271; Rolland Rdn. 97 f), teilweise wird ein auf der Grundlage der letzten drei Jahre vor dem Ende der Ehezeit ermittelter Vomhundertsatz herangezogen (OLG Celle — 18. ZS — FamRZ 80, 804; AK¡Höbler/ Troje Rdn. 77; Trey NJW 78, 307; Glockner BB 79, 684, 687; FamRZ 80, 308, 311; 87, 328, 334; 89, 802), nach einer dritten Ansicht wird der Bemessungsfaktor aus dem letzten Monat oder dem letzten Jahr vor dem Ende der Ehezeit zugrunde gelegt (OLG Zweibrücken FamRZ 80, 595, 597; OLG Celle - 10. ZS - NdsRpfl 81, 36; SoergeljZimmermann Rdn. 157; Zimmermann S. 272; Glockner FamRZ 88, III, 781). 222 Demgegenüber verzichten die Vertreter der sog. VBL-Methode auf eine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie ermitteln zunächst pro rata temporis den ehezeitlichen Anteil der vollen Gesamtversorgung und ziehen sodann von der Teil-Gesamtversorgung den Ehezeitanteil der Grundversorgung (der bei gesetzlichen Rentenanwartschaften nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermitteln und aus der Auskunft des Rentenversicherungsträgers zu entnehmen ist) ab. Die sich danach ergebende Differenz bildet nach dieser Auffassung die in der Ehezeit erworbene Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung. Der BGH hat sich zunächst für den Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes den Vertretern der VBLMethode angeschlossen (FamRZ 85, 363, 365; ebenso OLG Celle — 17. ZS — FamRZ 82, 389; OLG Karlsruhe FamRZ 82, 394; vgl. Rdn. 244) und hält diese Berechnungsmethode 562

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zutreffend auch bei den privaten betrieblichen Altersversorgungen für sachgerecht (BGH FamRZ 91, 1416, 1418; ebenso OLG Celle - 21. ZS - FamRZ 85, 1052; - 17. ZS 89, 402, 404; OLG Hamm FamRZ 85, 1054; KG FamRZ 87, 287, 288; OLG Koblenz 11. ZS - FamRZ 87, 717; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 888; OLG Frankfurt FamRZ 90, 1247, 1248; ]ohannsen\Henrich\Hahne Rdn. 202; PalandtjDiederichsen Rdn. 68; Bastian/ Körber Rdn. 97; Rahm\Lardschmider V Rdn. 238; Schwab\Hahne VI Rdn. 126). Bei dieser Methode werden die verschiedenen Bewertungsregeln für die einzelnen Komponenten der Gesamtversorgung (teilzeitbezogene Berechnung bei der gesetzlichen Rentenversicherung, gesamtzeitbezogene Methode bei der betrieblichen Altersversorgung) eingehalten. Die Vertreter der Betriebsrentenmethode unterstellen bei der Bewertung der anzurechnenden gesetzlichen Rente ein gleichmäßiges Anwachsen der Anwartschaft bis zur Altersgrenze mit einem auf einer unsicheren Prognose beruhenden persönlichen Vomhundertsatz. In dem Maße, in dem die nach der Ehezeit tatsächlich erworbenen Werteinheiten von der Prognose abweichen, erweist sich die Bewertung der betrieblichen Differenzrente als zu hoch oder zu niedrig. Zwar könnte eine gravierende Fehlbewertung nunmehr nach § 10 a VAHRG korrigiert werden. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsmaßstab für den Ehezeitanteil gesetzlicher Renten aufzugeben. Außerdem trägt die VBL-Methode am besten dem Prinzip der Gesamtversorgung Rechnung, indem der vom Verpflichteten in der Ehezeit erworbene Teil der gesamten Versorgung zum Gegenstand des VA gemacht wird. Bei welchem Versorgungsträger der Verpflichtete die einzelnen Teile der Gesamtversorgung erworben hat, ist für die Höhe der Gesamtausgleichspflicht nach § 1587 a Abs. 1 letztlich unerheblich. § 2 Abs. 5 S. 2 BetrAVG steht der VBL-Methode nicht entgegen. Diese Vorschrift gilt für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ohnehin nicht (§18 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Aber auch soweit es um die private betriebliche Altersversorgung geht, ist die genannte Vorschrift nicht ohne weiteres auf den VA übertragbar. Sie bezieht sich lediglich auf den bei Eintritt des tatsächlichen Versorgungsfalls zu berechnenden unverfallbaren Teilanspruch und läßt insoweit eine fiktive Berechnung der gesetzlichen Rente zu, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer nicht die tatsächlichen Bemessungsgrundlagen seiner als Grundversorgung anzurechnenden gesetzlichen Rente nachweist. Für den VA wird dagegen regelmäßig ein Versorgungsfall nur fingiert, und es sind die speziell für den VA zur Verfügung stehenden Vorschriften für die Berechnung der Teilversorgung zu beachten. Bei Anwendung der VBL-Methode ist allerdings darauf zu achten, ob die Zeit, während der die in die Gesamtversorgung einbezogenen gesetzlichen Rentenanwartschaften erworben worden sind, mit der für die Gesamtversorgung maßgebenden Zeit übereinstimmt oder nicht. Sind die gesetzlichen Rentenanwartschaften teilweise schon vor der Betriebszugehörigkeit erworben worden, was — anders als bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes — nicht selten der Fall ist, so verringern sie mit ihrem vorbetrieblich erlangten Teil den Wert der Gesamtversorgung, ohne insoweit einer bestimmten Zeit während der Betriebszugehörigkeit zugeordnet werden zu können. Würde hier — wie sonst nach der VBL-Methode — die auf die Altersgrenze hochgerechnete Gesamtversorgung zeitratierlich nach dem Verhältnis der ehezeitlichen Betriebszugehörigkeit zur insgesamt möglichen Betriebszugehörigkeit aufgeteilt und lediglich der ehezeitliche Teil der gesetzlichen Rentenanwartschaften von dem auf die Ehezeit entfallenden Teil der Gesamtversorgung abgezogen, so bliebe unberücksichtigt, daß auch der vorbetrieblich erlangte Teil der gesetzlichen Rentenanwartschaften auf die Gesamtversorgung anzurechnen ist. Zur Vermeidung eines verfälschten Ergebnisses ist es erforderlich, daß die vor der Betriebszugehörigkeit erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften (ggfs. gesondert vom Rentenversicherungsträger zu erfragen) mit dem Teil, der dem Verhältnis der ehezeitlichen zur gesamten (möglichen) Betriebszugehörigkeit entspricht, den ehezeitlich erlangten Anwartschaften Hartmut Wiek

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der gesetzlichen Rentenversicherung hinzugerechnet werden und dann die sich ergebende Summe von der auf die Ehezeit entfallenden Gesamtversorgung abgezogen wird (BGH FamRZ 91, 1416, 1419; 91, 1421, 1423; abw. OLG München FamRZ 91, 338; Rahm¡ Lardschneider V Rdn. 239: Vorwegabzug der vorbetrieblich erworbenen Rentenanwartschaften von der hochgerechneten Gesamtversorgung und sodann zeitratierliche Ermittlung des Ehezeitanteils der verbleibenden Gesamt Versorgung). Beispiel: Ehezeit: Ol. Ol. 1963 bis 30. 06. 1986; erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze: 01. 04. 1962 bis 31. 05. 2004; Gesamtversorgung (wie im Beispiel Rdn. 221): Gesetzliche Rentenanwartschaften (bis Ehezeitende) insgesamt: davon entfallend auf die Ehezeit: und auf die Zeit vor Beginn der Betriebszugehörigkeit ( = bis 31. 03. 1962): Rechenweg: Ehezeitanteil der Gesamtversorgung: 3000 DM x 282 (Monate) : 506 (Monate) = abzüglich Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenanwartschaften: abzüglich der Ehezeit entspr. Anteil der vorbetrieblich erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften von: (250 DM x 282 : 506 = ) Ehezeitanteil der Betriebsrentenanwartschaft:

3000 DM 1300 DM 1000 DM 250 DM

1671,94 DM — 1000,00 DM -

139,33 DM 532,61 DM

Die VBL-Methode findet auch Anwendung, wenn im Rahmen einer Gesamtversorgung lediglich ein Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen ist (BGH FamRZ 91, 1416, 1420; OLG Hamm FamRZ 81, 569). 223 In der Praxis kann die Berechnungsmethode u. U. dahingestellt bleiben, nämlich dann, wenn sich nach sämtlichen Methoden ein Ausgleichsbetrag ergibt, der die in § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gesetzte Höchstgrenze überschreitet, und die Anordnung von Beitragszahlungen nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG nicht in Betracht kommt (OLG Celle FamRZ 87, 391; OLG Braunschweig NdsRpfl 87, 286, 287). 224 Die gleiche Problematik der Anrechnung sonstiger Versorgungen (insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung) im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung stellt sich bei sog. limitierten Versorgungszusagen. In diesen Fällen sagt der Arbeitgeber eine bestimmte betriebliche Versorgungsleistung zu, die jedoch gekürzt wird, wenn die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und/oder andere Versorgungsbezüge und die Betriebsrente zusammen einen bestimmten Höchstwert (z. B. 75% des'Durchschnittsentgelts im letzten Jahr vor dem Versorgungsfall) überschreiten. Hier beeinflußt die gesetzliche Rente die Höhe der Betriebsrente nicht unbedingt, sondern nur dann, wenn sie die Differenz zwischen dem Höchstbetrag und der ungekürzten betrieblichen Versorgung übersteigt (Glockner FamRZ 80, 308, 310; 87, 328, 333). Ob der Höchstbetrag der Gesamtversorgung überschritten wird und deshalb die primär zugesagte Betriebsrente abzusenken ist, kann jedoch nur unter Einbeziehung der anzurechnenden Rente festgestellt werden. 225

Die Vertreter der Betriebsrentenmethode befürworten auch hier eine Hochrechnung der gesetzlichen Rente auf die maßgebende Altersgrenze (OLG Koblenz FamRZ 89, 292; Glockner FamRZ 88, 777, 780; 89, 802; 8. DFGT FamRZ 90, 24, 26). Nach dieser Methode ist festzustellen, ob die Summe aus hochgerechneter gesetzlicher Rente und 564

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ebenfalls (gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 a BGB) hochgerechneter Betriebsrente den festgelegten Höchstbetrag der Gesamtversorgung übersteigt. (Nur) wenn dies der Fall ist, verringert sich die Betriebsrente um den Differenzbetrag. Nach OLG Celle FamRZ 87, 391 soll die Differenz zuvor noch — wie bei der Kürzung einer Beamten Versorgung gemäß § 55 BeamtVG — auf den Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenanwartschaften zurückgeführt werden (ebenso Glockner FamRZ 88, 777, 781). Dagegen bestehen indes Bedenken, weil die Beamtenversorgung trotz rentenbedingter Kürzung dem Stammrecht nach erhalten bleibt, während die Betriebsrente im Falle einer ausreichenden Grundversorgung durch eine gesetzliche Rente nur in Höhe des limitierten (Aufstockungs-) Betrags zugesagt wird (SoergeljZimmermann Rdn. 155; RahmjLardschneider V Rdn. 240). Im letzten Berechnungsschritt wird der Ehezeitanteil der limitierten Betriebsrente durch zeitratierliche Quotierung ermittelt. Auch in diesen Bereich verdient indes die VBL-Methode den Vorzug (BGH FamRZ 2 2 6 91, 1421, 1422 für den Fall, daß die Höchstgrenze eindeutig überschritten wird; OLG Celle - 21. ZS - FamRZ 85, 1052; - 17. ZS - 89, 402, 404; OLG Hamm FamRZ 85, 1054; OLG Koblenz FamRZ 87, 717; abw. OLG München FamRZ 91, 338, 341; RahmjLardschneider V Rdn. 239). Danach ist zunächst pro rata temporis der Ehezeitanteil der maximalen Gesamtversorgung zu ermitteln. Davon ist sodann der Ehezeitanteil der gesetzlichen Rente (der sich aus der Auskunft des Rentenversicherungsträgers ergibt) zu subtrahieren, um die ehezeitanteilige Betriebsrente zu erhalten. Diese ist in den VA einzubeziehen, wenn sie hinter der ehezeitanteiligen Betriebsrente zurückbleibt, die sich ohne Berücksichtigung der Anrechnungsvorschrift ergibt, anderenfalls bleibt es bei der primär zugesagten (ungekürzten) Betriebsrente. Für diese Berechnungsmethode sprechen hier die gleichen Argumente wie im Bereich sonstiger, unlimitierter Gesamtversorgungen (vgl. Rdn. 222). Hinzu kommt, daß auch im Betriebsrentenrecht eine reine Höchstbegrenzungsklausel, die lediglich eine unerwünschte Überversorgung verhindern soll, bei der Berechnung der (gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig zu kürzenden) Vollrente außer Betracht bleibt. Nur wenn die zeitanteilig gekürzte Teilrente zusammen mit der gesetzlichen Rente zu einer Überversorgung führt, ist die Betriebsrente auf den Höchstbetrag zurückzuführen (BAG BB 84, 213; BB 84, 2134). Berechnungsbeispiel: Ehezeit: 01. 01. 1963 bis 30. 06. 1986; erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze: 01. 04. 1962 bis 31. 05. 2004; betriebliche Versorgungszusage: Ruhegeld in Höhe von 1,5% des ruhegeldfähigen Gehalts pro Dienstjahr; Höchstbegrenzung der Gesamtversorgung aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente auf 75% des ruhegeldfahigen Gehalts; ruhegeldfähiges Gehalt: 4000 DM. Ungekürzte Betriebsrente: 42,17 (Jahre) x 1,5% = 63,26% von 4000 DM = 2530,40 DM. Ehezeitanteil der ungekürzten Betriebsrente: 2530,40 DM x 282 (Monate) : 506 (Monate) = 1410,22 DM. Höchstbetrag der Gesamtversorgung: 75% von 4000 DM = 3000 DM; Ehezeitanteil: 3000 DM x 282 : 506 = 1671,94 DM; Ehezeitanteil der Gesamtversorgung: 1671,94 DM abzüglich Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenanwartschaft und der Ehezeit entspr. Anteil der vorbetrieblich erworbenen Rentenanwartschaft (vgl. Beispiel in Rdn. 222): 1139,33 DM = Ehezeitanteil der limitierten Betriebsrente:

532,61 DM

In der Praxis kommt es auch hier u. U. nicht auf die Berechnungsmethode an, weil sich nach keiner der möglichen Berechnungsweisen eine Kürzung ergibt (vgl. Rdn. 223). Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

c) Beendete Beiriebszugehörigkeit (S. 1 Buchst, b). Bei am Ende der Ehezeit bereits beendeter Betriebszugehörigkeit ist ebenfalls von der vollen Versorgung auszugehen, die sich aufgrund der Versorgungsregelung bei Erreichen der Altersgrenze ergäbe. Die Beendigung der Betriebszugehörigkeit kann durch Ausscheiden aus dem Betrieb vor Eintritt des Versorgungsfalles, durch Erreichen der Altersgrenze oder durch Eintritt der Invalidität ausgelöst worden sein. Die unverfallbare Teilanwartschaft ist nach § 2 BetrAVG (bei privaten betrieblichen Versorgungen) bzw. nach § 18 Abs. 2 BetrAVG (bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes) zu ermitteln. Bei einer Direktversicherungsoder Pensionskassenanwartschaft ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers die vefsicherungsvertragliche Lösung verlangt hat (§ 2 Abs. 2 S. 2 und 3, Abs. 3 S. 2 und 3 BetrAVG); in diesem Fall ist nur von der Leistung auszugehen, die der Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrages bzw. die Pensionskasse aufgrund des Geschäftsplans zu erbringen hat (vgl. Rdn. 197). Auch sonstige Wertveränderungen, die die Anwartschaft vom Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb bis zum Ende der Ehezeit erfahren hat, z. B. durch angesammelte Überschußanteile bei Lebensversicherungen oder durch eine (begrenzte) Anwartschaftsdynamik, sind noch zu berücksichtigen (Soergelj Zimmermann Rdn. 169). Selbst Wertveränderungen, die nach Ehezeitende eintreten, können noch Berücksichtigung finden, sofern sie nicht nur die persönlichen Bemessungsgrundlagen betreffen, sondern einen anderen Ehezeitanteil ergeben (vgl. Rdn. 209). So ist etwa im Falle eines Konkurses die Entwicklung nach Ende der Ehezeit zu berücksichtigen und die Anwartschaft nach den Vorschriften über die Insolvenzsicherung (vgl. insbes. § 7 Abs. 2 S. 3 und 4 und Abs. 3 BetrAVG) zu berechnen (vgl. auch Rdn. 182).

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Eine bereits laufende Rente wird mit dem bei Ende der Ehezeit tatsächlich gezahlten Betrag (abzüglich evtl. familienbezogener Bestandteile) einbezogen (BGH FamRZ 82, 33, 35; OLG Nürnberg FamRZ 81, 367; vgl. auch Rdn. 208). Auf den tatsächlichen Rentenzahlbetrag ist auch dann abzustellen, wenn der Versorgungsfall nach dem Ende der Ehezeit rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor Ehezeitende festgestellt worden ist (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 79). 228a Der Ehezeitanteil der vollen Versorgung wird ratierlich ermittelt, indem die Betriebszugehörigkeit in der Ehe zur gesamten tatsächlichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis gesetzt wird. Gleichgestellte Zeiten sind auch hier einzubeziehen (Rdn. 213). Die Berechnungsformel lautet: Betriebszugehörigkeit in der Ehe Erworbene volle Versorgung x ; Gesamtbetriebszugehörigkeit = auszugleichendes Anrecht Beispiel: Ehezeit: 01. 07. 1976 bis 28. 02. 1987; Eintritt in den Betrieb: 10. 04. 1974; Eintritt des Versorgungsfalles: 14. 05. 1985; Rente am Ende der Ehezeit: monatlich 500 DM. Betriebszugehörigkeit insgesamt: 01. 04. 1974 bis 30. 04. 1985 = 133 Monate; Betriebszugehörigkeit in der Ehe: 01. 07. 1976 bis 30. 04. 1985 = 106 Monate; Ehezeitanteil der betrieblichen Versorgung: 500 DM x 106 : 133 = 398,50 DM. Zur Umwertung von Anrechten vgl. Rdn. 317 f. 229

8. Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gehört zwar zur betrieblichen Altersversorgung, weist jedoch eine Reihe von Besonderheiten auf, denen auch im VA 566

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Rechnung zu tragen ist. Im folgenden werden die Grundzüge der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung anhand der Satzung der VBL als des wichtigsten Versorgungsträgers dargestellt. Die Satzungen der anderen Zusatzversorgungsträger sind im wesentlichen gleichlautend, da sie auf tarifvertraglichen Regelungen beruhen. Zu den Versorgungsträgern im einzelnen und den Arten der Versicherung vgl. Rdn. 177. a) Leistungssystem. Die von den Zusatzversorgungseinrichtungen benötigten Mittel 2 3 0 wurden bis 1977 in Form von Beiträgen (mit Arbeitnehmeranteil) und Umlagen erhoben. Seit 1978 erfolgt die Finanzierung allein durch Umlagen, die die Arbeitgeber aufzubringen haben. Ihre Höhe ist bedarfsorientiert und daher bei den einzelnen Einrichtungen unterschiedlich. Die Arbeitnehmer erwerben mit dem Eintritt des Versicherungsfalles einen Anspruch auf Rentenleistungen, sofern eine Wartezeit von 60 Beitrags- bzw. Umlagemonaten erfüllt ist (§ 38 Abs. 1 VBL-S). Bei einem Arbeitsunfall gilt die Wartezeit auch dann als erfüllt, wenn weniger als 60 Beitrags- bzw. Umlagemonate zurückgelegt sind (§ 38 Abs. 2 VBL-S). Zeiten einer Abgeordnetentätigkeit können u. U. auf die Wartezeit angerechnet werden (§ 38 Abs. 3 VBL-S). Das Leistungssystem der Zusatzversorgung sieht zwei unterschiedliche Versorgungsformen vor, die alternativ in Betracht kommen, nämlich Versorgungs- oder Versicherungsrente. Versorgungsrente erhält ein Versicherter, der bei Eintritt des Versicherungsfalles 231 (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, Vollendung des 65. Lebensjahres oder Vollendung eines früheren Lebensjahres und Erfüllung bestimmter Beitragszeiten, vgl. § 39 VBL-S) bei einer Zusatzversorgungseinrichtung pflichtversichert, also noch im öffentlichen Dienst beschäftigt ist (§ 37 Abs. 1 a VBL-S) und die Wartezeit erfüllt hat. Die Versorgungsrente wird regelmäßig in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Grundversorgung (meist Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, § 4 0 Abs. 2 a VBL-S) und einer an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgung errechnet. Die Gesamtversorgung ist ein von der Länge der gesamtversorgungsfähigen Zeit abhängiger Prozentsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts. Zur gesamtversorgungsfähigen Zeit gehören die Zeiten, für die in der Zusatzversorgung Beiträge oder Umlagen gezahlt worden sind, zuzüglich der Hälfte der sich damit nicht deckenden auf die Grundversorgung angerechneten Zeiten (§ 42 Abs. 1 VBL-S). Das gesamtversorgungsfahige Entgelt entspricht regelmäßig dem monatlichen Durchschnitt der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt des Versicherungsfalles, jeweils angepaßt an die zwischenzeitlichen Erhöhungen der Beamtenversorgungsbezüge (§ 43 VBL-S). Die Differenz zwischen der Gesamtversorgung und der darauf anzurechnenden Grundversorgung wird als Versorgungsrente gezahlt. Die Anwartschaft auf Versorgungsrente wird demnach zwangsläufig von allen Veränderungen beeinflußt, denen sowohl die Grundversorgung als auch die Gesamtversorgung während der Dauer der Pflichtversicherung unterliegen (BGH FamRZ 82, 899, 902; Strehhuber FamRZ 79, 764, 765). Seit dem 01. 01. 1985 ist die Gesamtversorgung auf einen bestimmten Vomhundertsatz eines fiktiven Nettoarbeitsentgelts begrenzt (§ 41 Abs. 2 a bis Abs. 2 c VBL-S). Dadurch sollen Uberversorgungen der Rentner, zu denen die frühere Regelung angesichts der gestiegenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auf Arbeitsentgelte geführt hatte, beseitigt werden. Der Vomhundertsatz ist abhängig von der gesamtversorgungsfähigen Zeit und steigt mit dieser bis zu einem Höchstsatz von rund 90% des fiktiven Nettoarbeitsentgelts. Dieses wird errechnet, indem von dem gesamtversorgungspflichtigen Entgelt fiktive Lohnsteuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abgezogen werden. Die auf der Grundlage des fiktiven Nettoarbeitsentgelts errechnete Gesamtversorgung ist regelmäßig niedriger als der Betrag, der sich nach § 41 Abs. 2 VBL-S ergibt, und damit künftig für die Berechnung der Versorgungsrente maßgebend Hartmut Wiek

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§1587 a BGB

Scheidung der Ehe

{Gilbert!Hesse Teil B § 41 Anm. 2; vgl. dort auch das Berechnungsschema vor Anm. 1). Für Versicherte, die am 01.01. 1985 bereits eine Versorgungsrente nach altem Recht bezogen, war die Gesamtversorgung nach der Übergangsregelung des § 97 c VBL-S auf 91,75% des fiktiven Nettoarbeitsentgelts zu begrenzen. Die nach der Neufassung der Satzung errechnete Versorgungsrente war mit der am 31. 12. 1984 zustehenden Versorgungsrente zu vergleichen. War die letztere höher, so wurde die Differenz zunächst als Ausgleichsbetrag weitergezahlt. Dieser Ausgleichsbetrag wurde bzw. wird jedoch mit jeder nach dem 01. 01. 1985 durchzuführenden Anpassung um 1/6 abgebaut (§ 97 c Abs. 3 VBL-S; vgl. dazu Rdn. 245). Eine ähnliche Regelung trifft § 97 d VBL-S für Personen, deren Pflichtversicherung vor dem 01.07.1983 begonnen hat, die am 01.01.1985 pflichtversichert waren und nach diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Versorgungsrente erworben haben. 232

Die Versorgungsrente ist sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium volldynamisch und daher nicht nach der BarwertVO abzuzinsen (BGH FamRZ 90, 380; 90, 984, 985). In der Anwartschaftsphase ergibt sich die Dynamik aus der Anbindung an die durchschnittlichen zusatzversorgungspflichtigen Entgelte. In der Leistungsphase erfolgen Anpassungen der Versorgungsrente ebenfalls in Abhängigkeit von der Entwicklung der Beamten Versorgungsbezüge (§ 56 VBL-S). Nach früherem Satzungsrecht folgte die Gesamtversorgung den Versorgungsbezügen der Bundesbeamten. Aufgrund der zum 01. 01. 1985 wirksam gewordenen Satzungsänderung wird nunmehr bei jeder Veränderung der Beamtenversorgung das gesamtversorgungsfahige Entgelt i. S. d. § 43 VBL-S entsprechend angepaßt und neu errechnet (§ 56 Abs. 1 n. F. VBL-S). Dadurch wird erreicht, daß im Rahmen der Anpassung auch die aktuellen gesetzlichen Abzüge (Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge) berücksichtigt werden und die Nettobegrenzung der Gesamtversorgung eingehalten wird {Gilbert!Hesse Teil B § 56 Anm. 2, 5, 6). Außerdem findet in der Leistungsphase nunmehr eine laufende Anpassung der Zusatzversorgung an die jeweilige Höhe der gesetzlichen Rente statt (§§ 55 a, 56 Abs. 2 und Abs. 2 a VBL-S).

233

Die Versorgungsrente wird mindestens in Höhe des Betrags gezahlt, den ein ausgeschiedener Arbeitnehmer als Versicherungsrente oder qualifizierte Versicherungsrente (§§ 44, 44 a VBL-S) erhalten würde (§ 40 Abs. 4 VBL-S). Diese sog. Mindestversorgungsrente (oder Garantierente) soll gewährleisten, daß der bis zum Versicherungsfall im öffentlichen Dienst verbliebene Versicherte auch dann, wenn die anzurechnenden Bezüge bereits die Gesamtversorgung erreichen oder sogar übersteigen, nicht schlechter gestellt wird als ein Versicherter, dessen Pflichtversicherung vor Eintritt des Versicherungsfalles geendet hat und der die Versicherungsrente als Äquivalent der eingezahlten Beiträge erhält. Die Anwartschaft auf Mindestversorgungsrente ist statisch (BGH FamRZ 82, 899, 902). Die Versorgungsrente kann schließlich auch in Form einer sog. Besitzstandsrente (§ 92 VBL-S) gezahlt werden. Hatte ein Versicherter nach früherem Satzungsrecht am 31. 12. 1966 einen Anspruch auf eine höhere Rente als nach den neuen Bestimmungen, so verbleibt ihm die erworbene Versorgung als Besitzstand (zur Berechnung vgl. GilbertjHesse Teil B § 92 Anm. 1 ff). Die Besitzstandsrente ist weder im Anwartschafts- noch Leistungsstadium dynamisch (BGH FamRZ 82, 899, 903). Die Anwartschaft darauf ist daher nach Tabelle 1 der BarwertVO umzuwerten. 234 Wird die Versorgungsrente nach Eintritt des Versicherungsfalles (zunächst) in Form der Mindestversorgungs- oder Besitzstandsrente gezahlt, so ist deren ehezeitlicher Wert abzuzinsen und das Ergebnis mit dem Ehezeitanteil der (zunächst) verdrängten dynamischen Versorgungsrente (Rdn. 231) zu vergleichen. Der höhere Wert ist jeweils in den VA einzubeziehen (BGH FamRZ 90, 380; 90, 984, 985). 568

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Die (einfache) Versicherungsrente ist eine beitrags- bzw. entgeltbezogene Versiehe- 2 3 5 rungsleistung. Sie wird an Versicherte gezahlt, die bei Eintritt des Versicherungsfalles die Wartezeit erfüllt haben und nicht mehr im öffentlichen Dienst beschäftigt, sondern beitragsfrei versichert oder freiwillig weiterversichert sind (§ 37 Abs. 1 b VBL-S; vgl. dazu Rdn. 177). Die Höhe der Versicherungsrente richtet sich nach einem Bruchteil der entrichteten Beiträge bzw. Umlagen (§ 44 Abs. 1 VBL-S). Sie entspricht der Höhe nach der Mindestversorgungsrente (vgl. Rdn. 233). Waren beim Ausscheiden aus der Pflichtversicherung die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrAVG erfüllt, hat der Versicherte Anspruch auf die sog. qualifizierte Versicherungsrente aufgrund des § 18 Abs. 2 BetrAVG (§ 44 a VBL-S) in Höhe von 0,4% des letzten gesamtversorgungsfähigen Entgelts vor dem Ausscheiden für jedes volle im öffentlichen Dienst zurückgelegte Versicherungsjahr, sofern nicht die einfache Versicherungsrente höher ist. Auch die Versicherungsrente kann schließlich in der Form der Besitzstandsrente nach § 92 VBL-S (vgl. Rdn. 233) in Betracht kommen, wenn ein Versorgungsanspruch bereits nach der vor dem 01. 01. 1967 geltenden früheren Satzung bestand und die nach altem Recht der Zusatzversorgungskassen vorgesehenen Leistungen höher wären als die einfache oder die qualifizierte Versicherungsrente. Anwartschaften auf Versicherungsrente sind in allen Erscheinungsformen als statisch zu behandeln (BGH FamRZ 82, 899, 902) und deshalb nach Tabelle 1 der BarwertVO umzuwerten. Die qualifizierte Versicherungsrente ist zwar in der Höhe von dem letzten gesamtversorgungsfähigen Entgelt abhängig, das sich fortlaufend verändert. Darin liegt eine einkommensabhängige Dynamik im Anwartschaftsstadium. Diese Dynamik ist jedoch an den weiteren Verbleib im öffentlichen Dienst gebunden, im Falle des Ausscheidens verfallt sie. Eine noch verfallbare Dynamik bleibt im öffentlich-rechtlichen VA außer Betracht (vgl. Rdn. 200 f). Wird die Versicherungsrente bereits gezahlt, so erfolgt die Umwertung nach Tabelle 7 der BarwertVO. Tritt bei einem Versicherten vor Erfüllung der Wartezeit der Versicherungsfall ein, so 236 besteht lediglich ein Anspruch auf Beitragserstattung (§ 60 VBL-S). Dieser Anspruch stellt keine Altersversorgung dar und fällt deshalb nicht in den VA (BGH FamRZ 82, 899, 903; OLG Hamburg FamRZ 80, 1028; OLG Hamm FamRZ 81, 572). b) Unverfallbarkeit. Die Vorschrift des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3, wonach noch 2 3 7 verfallbare Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung dem schuldrechtlichen VA vorbehalten bleiben, gilt auch für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Der vorangehende S. 2 nimmt zwar diejenigen Leistungen und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung, die sich nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge bemessen (also die Anrechte auf Mindestversorgungs- oder Versicherungsrente), aus dem Anwendungsbereich des Abs. 2 Nr. 3 heraus und weist sie dem Abs. 2 Nr. 4 c zu. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine gesetzestechnisch bedingte abkürzende Verweisung auf die in Nr. 4 c vorgesehene Berechnungsmethode für den eheanteiligen Anwartschaftswert. Die beitragsbezogenen Rentenanwartschaften aus der Zusatzversorgung werden damit nicht insgesamt den sonstigen Renten nach Nr. 4 unterstellt, die — im Unterschied zu den betrieblichen Renten — keine Unverfallbarkeitsregelung kennen (BGH FamRZ 82, 899, 901; Soergel¡Zimmermann Rdn. 174). Die Unverfallbarkeit der Höhe nach richtet sich bei den Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht nach § 2 BetrAVG, sondern nach der Satzung der betreffenden Zusatzversorgungseinrichtung (§18 Abs. 1 und 2 BetrAVG). Im übrigen gelten die gleichen Grundsätze wie im Bereich der privaten betrieblichen Altersversorgung. Die Anwartschaft auf Zusatzversorgung muß also nach Grund (Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen) und Höhe (gesicherter Versorgungswert) von der künftigen Entwicklung unabhängig sein, um in den öffentlichrechtlichen VA einbezogen zu werden (BGH FamRZ 82, 899, 902; vgl. auch Rdn. 199). Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Nach diesen Grundsätzen ist aus dem Leistungssystem der Zusatzversorgung vor Eintritt des (tatsächlichen) Versicherungsfalles nur die Anwartschaft auf Versicherungsrente — mit dem im Einzelfall höchsten Wert am Ende der Ehezeit (BGH FamRZ 85, 363, 364) — als unverfallbar anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob der Ehegatte, der eine Anwartschaft aus der Zusatzversorgung erworben hat, im konkreten Fall ausgleichsberechtigt oder -verpflichtet ist (BGH FamRZ 82, 899, 906; 88, 822, 825; vgl. auch Rdn. 203). Voraussetzung für den Leistungsbezug ist bei beiden Rentenarten die Erfüllung der satzungsmäßigen Wartezeit; deshalb besteht vor Ablauf der Wartezeit in keinem Fall ein unverfallbares Versorgungsanrecht (BGH FamRZ 86, 250). Der Ablauf der Wartezeit allein genügt jedoch nur im Fall der einfachen Versicherungsrente (insoweit ist die Satzungsregelung der Zusatzversorgungseinrichtungen günstiger als die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Für die qualifizierte Versicherungsrente müssen zusätzlich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG erfüllt sein. Auch die Besitzstandsrente ist an weitere Bedingungen geknüpft. Sind die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen aber gegeben, dann kann die Anwartschaft auf Versicherungsrente in dem für das Ende der Ehezeit festgestellten Versorgungswert durch die künftige berufliche und betriebliche Entwicklung des Versicherten nicht mehr beeinträchtigt werden, weil die Rente gerade dann gewährt wird, wenn der Versicherte vor Eintritt des Versicherungsfalles aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist. Auch die Anwartschaft auf qualifizierte Versicherungsrente ist als unverfallbar zu behandeln, selbst wenn die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß in einem Einzelfall ein Versicherter, der im öffentlichen Dienst verbleibt, nach Eintritt des Versicherungsfalls — zunächst — nur die Versorgungsrente in Form der Mindestversorgungsrente erhält (BGH FamRZ 82, 899, 902). Im Gegensatz zur Versicherungsrente verlangt die Versorgungsrente in allen Formen (über die Erfüllung der Wartezeit hinaus) die fortdauernde Pflichtmitgliedschaft bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes bis zum Eintritt des Versicherungsfalles. Sie verfallt also auch dann noch, wenn der Versicherte nach jahrzehntelanger Tätigkeit kurz vor Eintritt des Versicherungsfalles aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet. Der Versicherte verliert den Anspruch auf Versorgungsrente auch, wenn er — wie in der Praxis nicht selten — aus der Zusatzversorgung ausscheidet, weil er Beamter wird. Schließlich besteht die Möglichkeit, daß die gesetzliche Rente höher ist als die Gesamtversorgung, so daß — trotz Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 37 Abs. 1 a VBL-S — während der gesamten Leistungszeit nicht die dynamische Rente, sondern nur die nichtdynamische Mindestversorgung gezahlt wird. Ob und wann eine am Ende der Ehezeit begründete Anwartschaft zur Gewährung der dynamischen Versorgungsrente führt, entscheidet sich demnach nicht vor Eintritt des Versicherungsfalles. Daraus folgt, daß die Anwartschaft auf Versorgungsrente in ihrem möglichen dynamischen Wert stets von der weiteren beruflichen Entwicklung des Versicherten bis zum Eintritt des Versicherungsfalles abhängig, mithin bis zu diesem Zeitpunkt der Höhe nach noch verfallbar ist (BGH FamRZ 82, 899, 903; 86, 341; 88, 822). Dies gilt auch dann, wenn ein Pflichtversicherter, der seine bisherige Beschäftigung aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Vorschrift von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr ausüben darf, aus diesem Grund aus seinem Arbeitsverhältnis ausscheidet und nach der Fiktion des § 37 Abs. 4 VBL-S (oder den entsprechenden Vorschriften anderer Zusatzversorgungseinrichtungen) bei Eintritt des Versicherungsfalls als pflichtversichert gilt (BGH FamRZ 84, 671). 238

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Unverfallbarkeit ist die Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz (BGH FamRZ 82, 1195; OLG Zweibrücken FamRZ 84, 1238; vgl. Rdn. 202). Das gilt auch im Falle einer nach Ehezeitende in Kraft getretenen Satzungsänderung, die die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen betrifft (BGH FamRZ 82, 570

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

1193). Die Versorgungsrente kann demnach nur dann in den öffentlich-rechtlichen VA einbezogen werden, wenn sie im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung bereits gezahlt wird oder jedenfalls die Voraussetzungen für ihren Bezug vorliegen (BGH FamRZ 82, 1195, 1196; 88, 1251, 1252). Daran hat sich weder durch die Einführung des erweiterten Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG (BGH FamRZ 86, 247) noch durch die Möglichkeit einer Abänderung nach § 10 a VAHRG etwas geändert (BGH FamRZ 88, 822). Es kommt nicht darauf an, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß der Arbeitnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles noch aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden wird (BGH FamRZ 82, 899, 905). Andererseits genügt es für die Unverfallbarkeit der Versorgungsrente, wenn der Versicherte im Entscheidungszeitpunkt eine satzungsmäßige vorgezogene Altersgrenze erreicht hat, von der an er auf Antrag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und die Versorgungsrente beanspruchen kann (BGH FamRZ 84, 341; OLG Schleswig FamRZ 85, 945 - für weibliche Versicherte der VBL; vgl. dazu § 39 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 VBL-S). Auch eine wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gezahlte Versorgungsrente ist als unverfallbar zu behandeln, selbst wenn noch nicht feststeht, ob die Rente ohne Unterbrechung bis zur Altersgrenze weitergezahlt werden wird (BGH FamRZ 90, 1339, 1340). Die Anwartschaft auf Versorgungsrente wird ferner mit dem Tod eines Versicherten, der die Wartezeit erfüllt hat und bis zu seinem Tode pflichtversichert war, unverfallbar (§ 45 Abs. 1 VBL-S). Zwar wirkt sich dieser Versicherungsfall nicht zugunsten des Versicherten selbst, sondern zugunsten seiner Hinterbliebenen aus. Gleichwohl ist die unverfallbar gewordene Anwartschaft auf Versorgungsrente in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen, sofern dies verfahrensrechtlich noch möglich ist (BGH FamRZ 86, 894). Das Verfahren muß gemäß § 1587 e Abs. 4 gegen die Erben des Versicherten fortgeführt werden (BGH FamRZ 85, 1240). Wird später bei Eintritt des Versicherungsfalles das Anrecht auf die dynamische 2 3 9 Versorgungsrente unverfallbar, so ist die Differenz zwischen dem Ehezeitanteil der dynamischen Versorgungsrente einerseits und der bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen dynamisierten Versicherungsrente andererseits ergänzend auszugleichen (BGH FamRZ 82, 899, 905; KG FamRZ 87, 287, 289). Dieser Zusatzausgleich kann entweder schuldrechtlich erfolgen (§ 1587 f Nr. 4), sofern die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 S. 2 vorliegen, oder aber öffentlich-rechtlich (in der Form des § 1 Abs. 3 VAHRG) im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 10 a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG, sobald die weiteren Voraussetzungen dafür (vgl. insbesondere § 10 a Abs. 5 VAHRG) vorliegen. Für den Ausgleichsberechtigten ist der letztere Weg günstiger, da er ihm zusätzliche eigene Rentenanwartschaften verschafft. Wird die Versorgungsrente nach rechtskräftiger Durchführung des öffentlich-rechtlichen VA durch den Tod des Versicherten unverfallbar, so kommen für einen Zusatzausgleich ebenfalls sowohl das Abänderungsverfahren nach § 1 0 a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG, das der antragstellende Ehegatte gemäß Abs. 10 S. 2 dieser Vorschrift gegen die Erben betreiben muß, als auch der schuldrechtliche VA — hier in der Form des verlängerten Ausgleichs nach § 3 a Abs. 1 VAHRG — in Betracht (Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 211). Ist im öffentlich-rechtlichen VA lediglich die Anwartschaft auf die statische Versiehe- 240 rungsrente auszugleichen, braucht im Entscheidungstenor nicht ausdrücklich festgestellt zu werden, daß dem ausgleichsberechtigten Ehegatten der (ergänzende) schuldrechtliche Ausgleich des Anrechts auf Versorgungsrente vorbehalten bleibt. Der Anspruch auf Durchführung des schuldrechtlichen VA ergibt sich bei Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen unmittelbar aus dem Gesetz und ist nur noch von einem Antrag des Berechtigten abhängig (BGH FamRZ 84, 251; OLG Zweibrücken FamRZ 83, 1237). c) Berechnung der Versicherungsrente (Abs. 2 Nr. 3 S. 2). Die Anwartschaft auf 241 die (von der Höhe der entrichteten Beiträge abhängige) einfache Versicherungsrente aus Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist kraft der ausdrücklichen Regelung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 2 nicht nach Abs. 2 Nr. 3 S. 1, sondern nach Abs. 2 Nr. 4 c zu berechnen. Demgemäß errechnen die Zusatzversorgungsträger in ihren Auskünften an die FamGe, welche Versicherungsrente sich aus den für die Ehezeit entrichteten Beiträgen ergäbe, wenn bei Ende der Ehezeit der Versicherungsfall eingetreten wäre (vgl. dazu näher Rdn. 259). Der Ehezeitanteil der qualifizierten Versicherungsrente wird dagegen wie bei sonstigen betrieblichen Anwartschaften nach Abs. 2 Nr. 3 S. 1 ermittelt, und zwar — im Hinblick darauf, daß ein Ausscheiden aus dem Betrieb zum Ende der Ehezeit fingiert wird (BGH FamRZ 82, 899, 902) - nach Buchst, b (OLG Hamburg FamRZ 91, 201; Schwab/Hahne VI Rdn. 131; a.A. KG FamRZ 84, 1112, 1113: Nr. 3a; OLG München FamRZ 83, 1042: Nr. 4 c). Der Wertberechnung sind stets die im Entscheidungszeitpunkt geltenden Satzungsbestimmungen zugrunde zu legen (BGH FamRZ 86, 976). 242

d) Berechnung der Versorgungsrente. Dauerte die Betriebszugehörigkeit des im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehegatten bei Ehezeitende noch an und ist der Versicherungsfall bis zum Entscheidungszeitpunkt eingetreten, so ist das unverfallbar gewordene Anrecht auf Versorgungsrente gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Buchst, a mit seinem (fiktiven) Wert bei Ende der Ehezeit in den öffentlich-rechtlichen VA einzubeziehen (BGH FamRZ 85, 363, 364). Da die Versorgungsrente Teil einer Gesamtversorgung ist (Rdn. 231), erfolgt die Berechnung des Ehezeitanteils nach der sog. VBL-Methode (vgl. Rdn. 222). Zunächst ist der Betrag der fiktiven Gesamtversorgung des Versicherten bei Erreichen des 65. Lebensjahres nach den Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Eheendes festzustellen. Dazu wird die Gesamtversorgung bis zur festen Altersgrenze hochgerechnet (vgl. §41 Abs. 2 VBL-S). Sodann wird nach, dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden gesamt versorgungsfähigen Zeit zu der insgesamt angenommenen gesamtversorgungsfähigen Zeit der Ehezeitanteil der Gesamtversorgung errechnet. Anschließend wird von dieser Teilgesamtversorgung die während der Ehezeit erworbene Grundversorgung (im Falle einer gesetzlichen Rente deren nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 — bis 1991 i. V.m. den §§ 1304 RVO, 83 AVG - errechneter Wert) abgezogen. Die sich ergebende Differenz stellt die ehezeitlich erworbene Anwartschaft auf Zusatzversorgungsrente dar (BGH FamRZ 85, 363, 365). Diese Berechnung wird von den Zusatzversorgungsträgern in der Auskunft an das FamG vorgenommen. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß das FamG dem Zusatzversorgungsträger die Auskunft des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung übersendet.

243

Bei der Hochrechnung der Gesamtversorgung ist nach dem Stichtagsprinzip als gesamtversorgungsfähiges Entgelt (§ 43 VBL-S) das zusatzversorgungspflichtige Entgelt in den letzten drei Jahren vor dem Ende der Ehezeit zugrunde zu legen (BGH FamRZ 85, 797; OLG München FamRZ 84, 709), und zwar in seiner tatsächlichen Höhe einschließlich des erhöhten Ortszuschlages für Verheiratete. Dieser bildet einen Leistungsanteil, der zwar durch familiäre Umstände begründet worden ist, aber auch bei Wegfall dieser Umstände fortbesteht. Ein Fall des § 1587 a Abs. 8 liegt insoweit nicht vor (BGH FamRZ 85, 797). Im Einzelfall kann allerdings eine Kürzung des VA nach § 1587 c Nr. 1 in Betracht kommen (BGH FamRZ 85, 797). Die gesamtversorgungsfahige Zeit bis zur festen Altersgrenze ist auf der Grundlage der satzungsmäßigen Bestimmungen zu ermitteln. Dabei sind den Zeiten der Pflichtversicherung (§ 42 Abs. 1 VBL-S) die als gesamtversorgungsfähig geltenden Zeiten (§ 42 Abs. 2 VBL-S; z. B. die Hälfte der in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechneten Monate, soweit sie sich nicht mit Zeiten der Pflichtversicherung in der Zusatzversorgung decken) hinzuzurechnen. Bei diesen handelt es sich um „gleichgestellte Zeiten" i. S.d. § 1587a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Buchst, a (BGH 572

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§

1 5 8 7 8 BGB

FamRZ 85, 363, 366). Satzungsänderungen, die nach Ende der Ehezeit in Kraft treten, sind bei der Wertberechnung zu berücksichtigen (BGH FamRZ 86, 976). Bezog ein Ehegatte bei Ende der Ehezeit bereits eine Versorgungsrente oder war 2 4 4 jedenfalls der Versicherungsfall bereits eingetreten, so ist der Wert des ehezeitlichen Versorgungsanrechts nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Buchst, b zu ermitteln (BGH FamRZ 82, 33, 35). Als volle Versorgung ist dabei der bei Ehezeitende tatsächlich gewährte Rentenzahlbetrag zugrunde zu legen (BGH FamRZ 82, 33, 35), jedoch sind Satzungsänderungen, die nach Ende der Ehezeit in Kraft getreten sind, bei der Bewertung der Versorgung zu beachten (BGH FamRZ 85, 363, 366; 88, 1251, 1252). Der Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts ist auch hier nach der VBL-Methode zu ermitteln (vgl. Rdn. 242). Zwar war die Höhe der Versorgungsrente nach früherem Satzungsrecht der Zusatzversorgungsträger im Leistungsstadium nicht von der jeweiligen Höhe der gesetzlichen Rente abhängig. Deshalb hat der BGH (FamRZ 82, 33, 35) für diesen Fall eine Einbeziehung der Gesamtversorgung in die Wertberechnung für entbehrlich gehalten und eine zeitratierliche Quotierung unmittelbar aus der bei Ehezeitende tatsächlich gezahlten Versorgungsrente befürwortet. Da die Satzungen der Zusatzversorgungsträger jetzt jedoch eine stetige Abhängigkeit der Zusatzversorgungsrente von der jeweiligen gesetzlichen Rente vorsehen (vgl. o. Rdn. 232), kann der Ehezeitanteil der Zusatzversorgung nicht mehr unmittelbar aus der bei Ehezeitende bereits laufenden Versorgungsrente errechnet werden, sondern es bedarf ebenso wie im Fall des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Buchst, a zunächst einer Feststellung der Gesamtversorgung und ihres Ehezeitanteils (OLG Koblenz FamRZ 89, 983, 984; OLG Karlsruhe FamRZ 90, 1250; Rahm¡Lar¿Schneider V Rdn. 258; ohne Begründung auch OLG Celle FamRZ 87, 72, 73; abw. OLG Hamm FamRZ 91, 954, 955). Beispiel: Gesamtversorgung des Ehegatten bei Ehezeitende: tatsächlich gezahlte gesetzliche Rente: tatsächlich gezahlte Zusatzversorgungsrente:

1800 DM 700 DM

tatsächliche Gesamtversorgung: 2500 DM Ehezeitanteil der Gesamtversorgung: 2500 DM (Monate Betriebszugehörigkeit in der Ehe) 1562,50 DM 480 (Monate Gesamtbetriebszugehörigkeit) abzüglich Ehezeitanteil der gesetzlichen Rente (entsprechend den ehezeitlichen Entgeltpunkten aus der gezahlten Rente): 1200,00 DM Ehezeitanteil der Versorgungsrente:

362,50 DM

Leistungsbestandteile der Versorgungsrente, die nur noch vorübergehend zur 2 4 5 Besitzstandswahrung gezahlt und allmählich abgebaut werden und bei denen sich nicht voraussehen läßt, wielange sie noch weitergezahlt werden, unterliegen nicht dem öffentlich-rechtlichen VA. Dies gilt z. B. für den degressiven Ausgleichsbetrag nach § 97 c Abs. 2 VBL-S. Bei diesem Leistungsbestandteil steht fest, daß er künftig wegfallen wird. Lediglich die Dauer der Abbauphase ist noch ungewiß, weil sie vom nicht sicher vorhersehbaren künftigen Dynamisierungsgewinn abhängt. Eine Bewertung ist selbst nach dem Auffangtatbestand des § 1587 a Abs. 5 nicht möglich (BGH FamRZ 88, 1251; 91, 177, 178; KG FamRZ 86, 915; OLG Celle FamRZ 87, 22; OLG Hamburg FamRZ 87, 75; OLG München FamRZ 88, 72). Das gleiche gilt für die Ausgleichsbeträge nach § 97 d Abs. 2 VBL-S (BGH FamRZ 90, 380, 381) und nach § 99 Abs. 3 VBL-S {Soergelj Vorwerk § 1587 Rdn. 14 u. § 1587 g Rdn. 12). Zur Berücksichtigung solcher abzuschmelzender Ausgleichsbeträge im schuldrechtlichen VA vgl. § 1587 g Rdn. 2. Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

IV. Sonstige Renten und ähnliche wiederkehrende Leistungen (Abs. 2 Nr. 4) 1. Grundsätzliches 246 § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 regelt die Bewertung von Renten und ähnlichen wiederkehrenden Leistungen, die nicht den in den Nrn. 1 bis 3 und 5 genannten Versorgungen zugeordnet werden können, und hat damit Auffangcharakter (MüKoIMaier Rdn. 289; SoergeljZimmermann Rdn. 183). Erfaßt werden Leistungen, die der Alters- und Invaliditätsversorgung dienen, sowie Anwartschaften und Aussichten auf solche Leistungen. Soweit die Versorgung für den Fall der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zugesagt worden ist, muß sich der Inhalt dieser Begriffe nicht mit dem in der gesetzlichen Rentenversicherung decken (MüKo¡Maier Rdn. 295). Die Versorgungszusage muß sich auf Renten oder ähnliche in gleichen oder nahezu gleichen Zeitabständen aus demselben Rechtsgrund wiederkehrende Leistungen beziehen. Einmalige Kapitalleistungen, wie z. B. aus Kapitalversicherungen (auch mit Rentenoption), ferner Abfindungen, Beitragserstattungen, Beitragsrückgewährungen oder Sterbegelder werden nicht erfaßt (BGH FamRZ 88, 488; 92, 45; Johannsen\Henrich]Hahne Rdn. 215; MäKojMaier Rdn. 301), auch keine Anwartschaften aus einer mit einer Kapitalversicherung verbundenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BGH FamRZ 88, 488). Anders als bei der betrieblichen Altersversorgung kommt es auf die Erfüllung von Wartezeiten oder ähnlichen zeitlichen Voraussetzungen nicht an (§ 1587 a Abs. 7); eine entsprechende Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 kommt nicht in Betracht (BGH FamRZ 88, 51, 52; OLG Celle FamRZ 83, 933). Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung ist auch im Rahmen des Abs. 2 Nr. 4 nicht der Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, sondern das Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 (vgl. Rdn. 3). Rechtliche oder tatsächliche Änderungen, die zwischen Ehezeitende und Entscheidungszeitpunkt eintreten und sich auf den Ehezeitanteil der Versorgungsanwartschaft auswirken, sind in entsprechender Anwendung des § 10 a VAHRG zu berücksichtigen (BGH FamRZ 86, 892; 87, 1016 - Wegfall eines Anrechts auf landwirtschaftliches Altersruhegeld; FamRZ 90, 382, 383 — Satzungsänderung nach Ehezeitende; NJW-RR 89, 1477 — Beitragsfreistellung nach Ehezeitende; BGH FamRZ 92, 45 — Wegfall eines berufsständischen Versorgungsanrechts; vgl. ferner § 1587 Rdn. 31 ff). 247

Abs. 2 Nr. 4 enthält unter den Buchst, a bis d vier verschiedene Berechnungsmethoden für den Ehezeitanteil sonstiger Versorgungsanrechte: Nach Buchst, a sind Versorgungen zu bewerten, deren Leistungen sich nur nach der Dauer einer Anrechnungszeit bemessen. Buchst, c erfaßt Versorgungen, deren Leistungen sich nach dem Bruchteil entrichteter Beiträge bemessen. Nach diesen beiden Berechnungsmethoden ist der Ehezeitanteil konkret aufgrund der in der Ehe zurückgelegten Anrechnungszeit bzw. den in der Ehe geleisteten Beiträgen zu ermitteln; vor- oder nacheheliche Anrechnungszeiten oder Beitragsleistungen bleiben außer Betracht. Buchst, d gilt für Versorgungsleistungen, deren Höhe sich nach den für die gesetzlichen Rentenversicherungen geltenden Grundsätzen bemißt. Hier ist nach dem Werteinheitensystem (bzw. ab 1992 dem Entgeltpunktesystem) der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls eine weitgehend konkrete Berechnung des Ehezeitanteils möglich, wobei allerdings die voreheliche Zeit einbezogen wird. Buchst, b, der für Leistungen gilt, die sich nicht oder nicht nur nach der Dauer einer Anrechnungszeit und nicht nach Buchst, d bemessen, stellt schließlich einen Auffangtatbestand für Versorgungen dar, die sich nicht unter die Buchst, a, c und d einordnen lassen. Hier muß — wie bei der Beamtenversorgung und der betrieblichen Altersversorgung — die bis zur Altersgrenze erreichbare volle Versorgung hochgerechnet und der Ehezeit574

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§ 1587 a BGB

anteil pro rata temporis ermittelt werden. Kann eine Versorgung, die nach § 1587 Abs. 1 dem VA unterliegt, auch mit Nr. 4 b nicht erfaßt oder nicht angemessen bewertet werden, so kann das FamG unter Heranziehung der weiteren Auffangklausel des Abs. 5 eine Bewertung in sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 Nr. 1 bis 5 vornehmen, wobei meist Abs. 2 Nr. 4 b entsprechend heranzuziehen sein wird. Es kann im Einzelfall auch geboten sein, die Bestandteile einer Versorgung nach unterschiedlichen Vorschriften zu berechnen (vgl. BGH FamRZ 89, 35, 36 zur Invaliditätsrente der Bayerischen Apothekerversorgung). Unter Abs. 2 Nr. 4 fallen insbesondere berufsständische Versorgungen, die Höher- 2 4 8 Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, die Versicherungsrenten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sowie die Altershilfe für Landwirte. Berufsständische Versorgungen sind Alterssicherungssysteme für die Angehörigen 2 4 9 eines bestimmten Berufsstandes. Hierzu gehören die öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtungen der kammerfähigen freien Berufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Architekten, Seelotsen, Bezirksschornsteinfegermeister). Voraussetzung für die Errichtung derartiger Versorgungswerke ist eine berufsständische Selbstverwaltung. Meistens sind die Berufsangehörigen pflichtversichert, gleichgültig ob sie selbständig oder in abhängiger Stellung tätig sind (Ausnahme: Architektenversorgung Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen). Im Falle des Ausscheidens aus dem kammerfahigen Beruf besteht meist die Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung. Die Nachversicherung in einem berufsständischen Versorgungswerk (anstelle der in der gesetzlichen Rentenversicherung) können Beamte oder Berufssoldaten wählen, die als solche ausscheiden und fortan einen kammerfähigen freien Beruf ausüben (§ 124 Abs. 6 a und 6 b AVG; § 186 SGB VI). Die Voraussetzungen und die Qualität der Versorgungsleistungen richten sich nach der jeweiligen Satzung des Versorgungswerks und sind sehr unterschiedlich geregelt. Nach Abs. 2 Nr. 4 (meist Buchst, b) können ferner Versorgungsanrechte aus Hofüber- 2 5 0 gabeverträgen wie z. B. Altenteile und Leibgedinge (BastianjSchmeiduch Rdn. 117; MüKolMaier Rdn. 300; SoergeljZimmermann Rdn. 187, 203, 213; vgl. auch BGH FamRZ 82, 909) oder aus Sozietätsverträgen {Soergelj Zimmermann Rdn. 203, 213; von Maydell AnwBl 80, 47, 50) zu bewerten sein, sofern sie überhaupt in den VA fallen (vgl. dazu § 1587 Rdn. 17, 22). Auch für ausländische, zwischen- und überstaatliche Versorgungsanrechte, die dem VA unterliegen, kommt eine Bewertung nach Nr. 4 in Betracht (BGH FamRZ 88, 273, 275; MüKo ¡Mater Rdn. 303; Soergel] Zimmermann Rdn. 192; vgl. auch RahmlPaet^old VIII Rdn. 1082 ff; ferner u. Rdn. 326). Sofern ein Versorgungsanrecht nicht als volldynamisch anzusehen ist, d. h. sowohl 2 5 1 im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium in einer mit der gesetzlichen Rentenversicherung (nahezu) vergleichbaren Weise an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt wird, muß eine Umwertung nach Abs. 3 i. V. m. der BarwertVO vorgenommen werden (vgl. dazu Rdn. 291). 2. Die einzelnen Berechnungsvorschriften a) Berechnung nach der Dauer einer Anrechnungszeit (Buchst, a). Nach Abs. 2 2 5 2 Nr. 4 a ist der Ehezeitanteil von wiederkehrenden Versorgungsleistungen (oder entsprechenden Anwartschaften oder Aussichten darauf) zu ermitteln, die ausschließlich nach der Dauer einer Anrechnungszeit berechnet werden. Im VA ist der Betrag zugrunde zu legen, der sich aus der in die Ehezeit fallenden Anrechnungszeit ergäbe, wenn der Versorgungsfall am Ende der Ehezeit (i. S. d. § 1587 Abs. 2) eingetreten wäre. Ausschließlich nach einer Anrechnungszeit bemißt sich die Rente, wenn ihre Höhe allein von Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

der Summe der nach der Satzung anrechnungsfähigen Zeiten (z. B. Mitgliedszeiten, Beitragszeiten) abhängt. Treten sonstige (zeitunabhängige) Bemessungsfaktoren hinzu (z. B. Gewährung eines Grund- oder Sockelbetrages, Höchstbegrenzung, Berücksichtigung der Höhe der einzelnen Beiträge), so kommt eine Berechnung nach Buchst, a nicht in Betracht. 253 Ausschließlich zeitabhängige Versorgungen sind äußerst selten. Hierzu gehört z. B. die Architektenversorgung Saarland {Soergel\Zimmermann Rdn. 200). 254 b) Berechnung nach gemischtem System (Buchst, b). Abs. 2 Nr. 4 b erfaßt Versorgungsleistungen, die nicht oder nicht nur nach der Dauer einer Arirechnungszeit bemessen werden und auch nicht den Bewertungsregeln der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen. Diese BerechnungsVorschrift greift daher subsidiär ein, wenn die Bestimmungen der Buchst, a, c und d nicht zur Anwendung kommen. Buchst, b umfaßt alle Berechnungssysteme, die mit variablen Größen arbeiten, insbesondere solche, die zeit- und beitragsabhängige Faktoren kombinieren. Der Ehezeitanteil dieser Versorgungen wird nach der gleichen — gesamtzeitbezogenen — Berechnungsmethode ermittelt wie bei der Beamtenversorgung und der betrieblichen Altersversorgung. Es ist also davon auszugehen, daß der betreffende Ehegatte bis zu der (nach der jeweiligen Satzung oder Versorgungsordnung zu bestimmenden) festen Altersgrenze dem Versorgungswerk angehören wird, und es ist die aus der gesamten Zeit der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem bestimmungsgemäß anwachsende Versorgungsanwartschaft zu berechnen, wobei die am Ende der Ehezeit maßgebenden Bemessungsgrundlagen (z. B. das letzte Gehalt) zugrunde zu legen sind. Anschließend ist der anteilige Wert der vollen Versorgung zu ermitteln, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden zu der gesamten nach der Versorgungsordnung bis zur Altersgrenze zu berücksichtigenden Zeit entspricht. 255

Nach Nr. 4 b sind z. B. zu berechnen (wegen Einzelheiten vgl. SoergeljZimmermann Rdn. 211): Die Ärzteversorgungen Baden-Württemberg — nach alter Satzung — (OLG Karlsruhe FamRZ 83, 1239; zur neuen Satzung vgl. Rdn. 263), Bayern (soweit die Anwartschaft nach dem 31. 12. 1984 erworben worden ist), Berlin (AG Charlottenburg FamRZ 82, 306), Bremen (a.A. OLG Bremen FamRZ 80, 265), Hamburg (OLG Hamburg FamRZ 80, 1028; OLG Frankfurt FamRZ 86, 1006), Niedersachsen (nur Grundversorgung, OLG Celle FamRZ 83, 933; zur Höherversicherung vgl. Rdn. 261), Nordrhein (BGH FamRZ 83, 265), Saarland (OLG Saarbrücken FamRZ 88, 958), Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe (nur Grundversorgung, BGH FamRZ 83, 998), die erweiterte Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (OLG Frankfurt FamRZ 85, 1269); die Zahnärzteversorgungen Baden-Württemberg — nach alter Satzung — (gleiches Versorgungswerk wie für Ärzte; s. o.), Berlin (KG FamRZ 82, 714), Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe {Schwab¡Hahne VI Rdn. 134; Maierl Michaelis Anm. 5. 3. 2; a.A. Soergelj Zimmermann Rdn. 187, 211); die Tierärzteversorgungen Baden-Württemberg — alte Satzung — (gleiches Versorgungswerk wie für Ärzte; s. o.), Berlin (gleiches Versorgungswerk wie für Zahnärzte), Hessen, Nordrhein, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe; die Apothekerversorgungen Hessen, Nordrhein, Westfalen-Lippe (Johann sen ¡Henrich / Hahne Rdn. 219; SOer gel/ Zimmermann Rdn. 211; a.A. OLG Hamm FamRZ 86, 70); die Rechtsanwaltsversorgungen BadenWürttemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland (BGH FamRZ 90, 382), Schleswig-Holstein; die Notarversorgungen Koblenz, Köln, München (BGH FamRZ 85, 1236), Saarland, der Pensionsverein der Rhein-Preußischen Notare in Köln, die Pensionskasse der Rechtsanwälte und Notare VVaG in Hamm; die Anrechte bei der Versicherungskasse des steuerberatenden Berufs VVaG in Bonn und dem Versorgungswerk der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten im Saarland; Anwartschaften bei 576

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der Versorgungsanstalt der Deutschen Bezirksschornsteinfegermeister (Bayerische Versicherungskammer) in München; Anrechte bei der Gemeinsamen Ausgleichskasse im Seelotswesen der Reviere, deren Träger die Bundeslotsenkammer, eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist; die Satzung gibt eine der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ähnliche Gesamtversorgungszusage, der Wert des Ehezeitanteils dieser Versorgung ist nach der VBL-Methode (vgl. Rdn. 222) zu berechnen (BGH FamRZ 88, 51; OLG Karlsruhe FamRZ 85, 1055). Unter Nr. 4 b fällen auch die wiederkehrenden Leistungen der landwirtschaftlichen 2 5 6 Altershilfe nach dem GAL. Zwar ist die landwirtschaftliche Altershilfe an sich dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zuzurechnen (vgl. § 1 Abs. 1 SGB IV). Nach Ihrer Ausgestaltung weicht sie jedoch von den gesetzlichen Rentenversicherungen i . S . d . Abs. 2 Nr. 2 wesentlich ab (BT-Drucks. 7/4361, S. 38; BGH FamRZ 84, 42). Voraussetzung für den Bezug von Altersgeld ist, daß ein Landwirt das 65. Lebensjahr vollendet hat und mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (mit Ausnahme der Zeiten des Bezuges eines vorzeitigen Altersgeldes) und für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge an die Landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt hat; außerdem muß er das Unternehmen abgegeben haben (§ 2 Abs. 1 GAL). Vorzeitiges Altersgeld wird gewährt, wenn ein Landwirt erwerbsunfähig (i. S. d. § 1247 Abs. 2 RVO bzw. § 44 Abs. 2 SGB VI) ist und mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit (mit Ausnahme der Zeiten des Bezuges von vorzeitigem Altersgeld) und für mindestens 60 Kalendermonate Beiträge gezahlt hat; ferner muß er auch hier das Unternehmen abgegeben haben (§ 2 Abs. 2 GAL). Anders als in den gesetzlichen Rentenversicherungen ist der zu entrichtende monatliche Beitrag nicht vom Einkommen abhängig, sondern für alle Beitragspflichtigen gleich (§ 12 Abs. 2 S. 1 GAL). Seine Höhe beeinflußt nicht die Höhe des Altersgeldes; lediglich durch die Dauer der Beitragszahlung wird die Versorgung — ausgehend von einem Grundaltersgeld — gesteigert, wobei die Erhöhung nicht proportional, sondern in ungleichen Stufen erfolgt (sog. Staffelung, § 4 Abs. 1 S. 4 GAL). Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung, in der grds. jeder Beitrag zu einer entsprechenden Erhöhung der zu erwartenden Rente führt, steigern damit die in der landwirtschaftlichen Altershilfe entrichteten Beiträge die Anwartschaft auf die Altersversorgung in unterschiedlichem Maße. Für den VA ist ein fiktives Altersgeld mit dem für unverheiratete Berechtigte maßgeblichen Betrag zu ermitteln, wobei entsprechend § 1587 a Abs. 7 neben der Erfüllung der mit Beiträgen belegten Wartezeit auch zu unterstellen ist, daß der versorgungsberechtigte Landwirt das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat (BGH FamRZ 84, 42, 43; OLG Celle FamRZ 81, 166; OLG Bamberg FamRZ 91, 1065). Endet die Beitragspflicht des Landwirts vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, was außer bei Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens auch bei Verringerung der bewirtschafteten Flächen auf einen nicht mehr als Existenzgrundlage ausreichenden Umfang der Fall sein kann (§ 1 Abs. 3 und 4 GAL), so besteht die Möglichkeit der sog. Weiterversicherung nach § 27 GAL, wenn mindestens 60 Beitragsmonate zurückgelegt worden waren. Dazu muß der Berechtigte nach § 27 Abs. 1 S. 1 GAL innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende der Beitragspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer (§ 14 Abs. 1 GAL) gegenüber der Landwirtschaftlichen Alterskasse erklären, daß er die Entrichtung von Beiträgen fortsetzen will. Die Erklärung kann auch noch nach Ablauf der Zweijahresfrist abgegeben werden, wenn im Anschluß an die Beitragspflicht Beiträge tatsächlich regelmäßig weitergezahlt worden sind (§ 27 Abs. 1 S. 2 GAL). Die Weiterversicherung hat demnach eine anwartschaftserhaltende Wirkung. Solange sie noch möglich ist, kann nicht vom Wegfall der Versorgungsanwartschaft ausgegangen werden (BGH FamRZ 87, 1016). Bis zum Ablauf der Erklärungsfrist sind die Fortentrichtung der Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Beiträge und die ausdrückliche oder stillschweigende Abgabe einer entsprechenden Erklärung zu unterstellen (AG Landau/Isar FamRZ 87, 722). Ist das Recht zur Abgabe der Weiterversicherungserklärung hingegen im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung erloschen oder hat der Ehegatte nach Beendigung seiner Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer auf die Berechtigung zur Weiterversicherung verzichtet, so ist damit die Anwartschaft auf ein Altersgeld definitiv entfallen. Dem ehemaligen Landwirt steht dann nur noch ein Anspruch auf Beitragserstattung (§ 27 a Abs. 1 GAL) zu, der nicht in den VA fällt (vgl. Rdn. 157, 236). Die Anwartschaft auf landwirtschaftliches Altersgeld kann in diesem Fall auch dann nicht ausgeglichen werden, wenn sie bei Ende der Ehezeit noch vorhanden war (BGH FamRZ 86, 892; 87, 1016; vgl. § 1587 Rdn. 31). Zu beachten ist, daß das Erfordernis der ununterbrochenen Beitragszahlung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres erst mit Wirkung vom 01. 10. 1972 in § 2 GAL eingefügt worden ist. Eine Beitragsunterbrechung, die vor dem 01. 10. 1972 begonnen hat, ist für einen Anspruch auf Altersgeld auch dann unschädlich, wenn sie über diesen Zeitpunkt hinaus weiter fortbestanden hat. 257 Zur Berechnung des Ehezeitanteils ist das Altersgeld, das sich auf der Grundlage einer vom Ehezeitende bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fortdauernden bestimmungsgemäßen Beitragsleistung ergibt, wenn die Bemessungsgrundlagen am Ende der Ehezeit fortgeschrieben werden, nach dem Verhältnis zu teilen, in dem die in die Ehezeit fallenden Monate, für die Beiträge entrichtet worden sind, zu der zu berücksichtigenden Gesamtdauer der Beitragsentrichtung stehen (BGH FamRZ 84, 42, 43; 88, 378, 379); für nachentrichtete Beiträge gilt dabei — ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. dazu Rdn. 80) - das sog. In-Prinzip (OLG Bamberg FamRZ 91, 1065, 1066). Diese hypothetische Berechnung ist auch dann vorzunehmen, wenn ein Ehegatte am Ende der Ehezeit bereits vorzeitiges Altersgeld bezieht und nicht damit zu rechnen ist, daß er die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer nochmals aufnimmt und damit wieder der Beitragspflicht nach § 14 GAL unterliegt (BGH FamRZ 88, 378, 380). Die Grundsätze, die für die Bewertung der auszugleichenden Versorgung im Falle eines vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit pensionierten Beamten gelten (vgl. Rdn. 63 f), sind hier nicht heranzuziehen. Denn anders als für den Frühpensionär gibt es für den Bezieher eines vorzeitigen Altersgeldes nach dem GAL nicht nur einen Versorgungsfall. Vielmehr wird ein vorzeitiges Altersgeld nach Vollendung des 65. Lebensjahres von Amts wegen in das Altersgeld nach § 2 Abs. 1 GAL umgewandelt, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Dieses Altersgeld kann höher sein als die vorzeitige Versorgung. Bezieher des vorzeitigen Altersgeldes haben nämlich die Möglichkeit, sowohl zur Erhöhung dieser Versorgung nach § 4 Abs. 1 b GAL als auch zur Anrechnung auf das Altersgeld nach § 2 Abs. 1 GAL Beiträge weiterzuentrichten (§ 27 Abs. 1 und 2 S. 1 GAL). Auf diese Weise können evtl. bereits beim vorzeitigen Altersgeld, auf jeden Fall aber beim Altersgeld nach § 2 Abs. 1 GAL höhere Leistungsstaffeln erreicht oder auch erst die Voraussetzungen für die Umwandlung der vorzeitigen Versorgung in ein Altersgeld geschaffen werden. Das Altersgeld nach § 2 Abs. 1 GAL kann auch deshalb die vorzeitige Versorgung übersteigen, weil diese gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 GAL wegen des gleichzeitigen Bezuges einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder der gesetzlichen Unfallversicherung oder von Versorgungsbezügen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gekürzt worden ist. 258

Nicht in den VA fällt die Landabgaberente nach den §§ 41 ff GAL (BGH FamRZ 88, 272; vgl. § 1587 Rdn. 17, 19). Zum Verhältnis zwischen Landabgaberente und vorzeitigem Altersgeld vgl. OLG Celle FamRZ 84, 293. 259 c) Berechnung nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge (Buchst, c). Nach Abs. 2 Nr. 4 c sind Renten oder ähnliche wiederkehrende Leistungen zu berechnen, wenn 578

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1 5 8 7 a BGB

sich ihre Höhe nach einem Bruchteil der entrichteten Beiträge oder Umlagen bemißt, also nach einem bestimmten Prozentsatz der Gesamtbeiträge des Versicherten. Hier wird dem VA als Ehezeitanteil der Betrag zugrunde gelegt, der sich aus den für die Ehezeit entrichteten Beiträgen ergibt. Dabei ist davon auszugehen, daß bei Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 der Versorgungsfall eingetreten ist. Nach Nr. 4 c berechnen sich u. a. die Höherversicherungsanteile der gesetzlichen 2 6 0 Rentenversicherung. Die Höherversicherung ist eine (grds. nur noch bis Ende 1991 mögliche) Form der freiwilligen Versicherung zum Zwecke der Leistungserhöhung beim Eintritt des Versorgungsfalles. Die Entrichtung eines Beitrags zur Höherversicherung setzt voraus, daß für denselben Monat ein Grundbeitrag (entweder ein Pflichtbeitrag oder ein Beitrag aufgrund der Berechtigung zur freiwilligen Versicherung) entrichtet worden ist (§§ 1234 RVO, 11 AVG). Zu unterscheiden sind echte und unechte Höherversicherungsanteile. Echte Höherversicherungsanteile sind Steigerungsbeträge, die für ausdrücklich zum Zwecke der Höherversicherung entrichtete Beiträge erworben werden (§§ 1388 Abs. 2 S. 1 RVO, 115 Abs. 2 S. 1 AVG). Für jeden Beitrag wird ein bestimmter Prozentsatz, dessen Höhe sich nach dem jeweiligen Lebensalter des Versicherten zum Zeitpunkt der Beitragsentrichtung bemißt, als jährlicher Steigerungsbetrag ermittelt (§§ 1261 RVO, 38 AVG). Der Wert der ehezeitlichen Anwartschaften aus der Höherversicherung ist konkret anhand der in der Ehe geleisteten Beiträge zu berechnen. Die Höherversicherungsanteile werden deshalb in den Auskünften der Rentenversicherungsträger nicht in die Berechnung des Ehezeitanteils des fiktiven Altersruhegeldes nach den §§ 1304 Abs. 1 RVO, 83 Abs. 1 AVG einbezogen, sondern getrennt ausgewiesen (§§ 1304 Abs. 2 S. 6 RVO, 83 Abs. 2 S. 6 AVG). Die Beiträge zur Höherversicherung führen nur dann zu Rentenleistungen, wenn die (dynamische) Grundrente gezahlt wird, d. h. sie können nur rentensteigernd wirken (§§ 1295 RVO, 72 AVG). Etwas anderes galt nur für Versicherungsfälle, die vor dem 01.01. 1973 eingetreten sind. Entsteht kein Anspruch auf Grundrente (z. B. weil die Wartezeit nicht erfüllt ist), so kann für die entrichteten Höherversicherungsbeiträge nur eine Abfindung verlangt werden, die nicht dem VA unterliegt. Unechte Höherversicherungsanteile ergeben sich aus Beiträgen, die den echten Höherversicherungsbeiträgen gleichgestellt sind, d. h. wie solche behandelt werden. Dazu gehören z. B. freiwillige Beiträge, die ohne ausdrückliche Bezeichnung zusätzlich entrichtet wurden (§§ 1388 Abs. 2 S. 2 RVO, 115 Abs. 2 S. 2 AVG), sowie freiwillige Beiträge ab 01. 01. 1979, die hinter dem erforderlichen Mindestbeitragssatz zurückblieben, für Versicherungsfälle ab dem 01. 01. 1981 (§§ 1255 b Abs. 2 RVO, 32 b Abs. 2 AVG). Steigerungsbeträge konnten ferner von Versicherten erworben werden, bei denen die persönliche Bemessungsgrundlage einen Wert von mehr als 200% ergab (§§ 1260 b RVO, 37 b AVG). In diesen Fällen kann der Höherversicherungsanteil erst bei der Berechnung der Altersrente ermittelt werden. Der auf die Ehezeit entfallende Anteil ist sodann nach den §§ 1304 Abs. 2 RVO, 83 Abs. 2 AVG zu errechnen und gesondert auszuweisen (JohannsenjHenrich jHahne Rdn. 131; SoergeljSchmeiduch Rdn. 90). Mit dem RRG 1992 entfällt die Höherversicherung im Grundsatz. Nur Personen, die bereits vor dem 01. 01. 1992 Höherversicherungsbeiträge entrichtet haben oder vor dem 01. 01. 1942 geboren sind, können auch weiterhin Beiträge zur Höherversicherung leisten (§ 234 SGB VI). Für die Höherversicherungsbeiträge gelten künftig die Vorschriften über die freiwillige Versicherung entsprechend (§ 280 Abs. 1 SGB VI). Unter Nr. 4 c fallen weiter zahlreiche berufsständische Versorgungen (vgl. zu Einzel- 261 heiten SoergeljZimmermann Rdn. 220), z. B. die Ärzteversorgungen Bayern (nur hinsichtlich der bis 31. 12. 1984 erworbenen Anwartschaften, BGH FamRZ 83, 40), Hessen (BGH FamRZ 87, 361; 89, 951, 952; OLG Frankfurt FamRZ 84, 1024; NJW-RR 90, Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

1224, 1225; Held FamRZ 89, 1281, 1283; a.A. Soergel\Zimmermann Rdn. 211; Maier] Michaelis Anm. 5. 3. 2), die Höherversicherung z. B. in Niedersachsen (OLG Celle FamRZ 84, 293); die Zahnärzteversorgungen Hessen (BGH FamRZ 88, 488), Niedersachsen (OLG Celle FamRZ 86, 913; vgl. auch BGH FamRZ 89, 155; a.A. Soergelj Zimmermann Rdn. 211: Nr. 4 b); die Apothekerversorgungen Bayern (BGH FamRZ 87, 1241; 89, 35, 36; der Sockelbetrag zur Invaliditätsrente ist danach jedoch gemäß Nr. 4 b zu berechnen; vgl. auch SoergeljZimmermann Rdn. 220); die Rechtsanwaltsversorgung Bayern; die Architektenversorgungen Baden-Württemberg (BGH FamRZ 91, 310, 311), Bayern (OLG München FamRZ 85, 294; OLG Nürnberg FamRZ 90, 1251, 1252), Schleswig-Holstein. 262 Nach Nr. 4 c sind ferner — kraft ausdrücklicher gesetzlicher Verweisung in Abs. 2 Nr. 3 S. 2 — Leistungen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes zu berechnen, die sich nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge bemessen. Das gilt für die einfache Versicherungsrente (§ 44 VBL-S; vgl. o. Rdn. 235, 241) sowie für die Versorgungsanwartschaften bei den Versorgungsanstalten der Deutschen Bühnen und Kulturorchester (BGH FamRZ 85, 1119; 85, 1235). Die Künstlersozialversicherung fällt dagegen unter Abs. 2 Nr. 2. 263

d) Berechnung nach den Grundsätzen der gesetzlichen Rentenversicherung (Buchst, d). Abs. 2 Nr. 4 d gilt für Renten oder ähnliche wiederkehrende Leistungen, die nach den für die gesetzlichen Rentenversicherungen geltenden Grundsätzen berechnet werden. Die Versicherungsleistung muß sich im wesentlichen nach den Elementen der Rentenformel bemessen, also nach Versicherungsjahren, Durchschnittsbruttoentgelt aller Versicherten und persönlichen Beiträgen. Der Ehezeitanteil ist im Prinzip wie bei Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermitteln. Es ist zunächst das Altersruhegeld zu errechnen, das sich bei Annahme eines Versicherungsfalls (ab 1992: eines Rentenbeginns) am Ende der Ehezeit aus allen anrechenbaren Versicherungszeiten ergäbe; dabei kommt es gemäß Abs. 7 auf die Erfüllung einer Wartezeit nicht an (BGH FamRZ 84, 573, 574). Anschließend ist der Ehezeitanteil der Versorgung nach der zeitratierlichen Methode aus dem Verhältnis der während der Ehezeit zurückgelegten Versicherungszeit zur gesamten Versicherungszeit zu errechnen. Unter Nr. 4 d fallen z. B. die Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung im Saarland (BGH FamRZ 84, 573; BT-Drucks. 7/4361, S. 39) und die Arzteversorgung Baden-Württemberg nach neuer Satzung (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 1252). Zur Abgrenzung von Nr. 4 d gegenüber Nr. 4 b vgl. OLG Celle FamRZ 83, 933, 934.

V. Private Rentenversicherung (Abs. 2 Nr. 5) 264

1. Grundsätzliches Abs. 2 Nr. 5 regelt die Berechnung von Renten oder Rentenanwartschaften aufgrund eines privaten Versicherungsvertrages, der zur Versorgung des Versicherten eingegangen wurde. In der Vorschrift kommt der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, auch Versorgungsanrechte, die auf privater Alters- und Invaliditätsvorsorge beruhen und mit dem Vermögen des oder der Ehegatten finanziert worden sind, dem Grunde nach in den VA einzubeziehen. Voraussetzung ist ein privatrechtlicher Vertrag des oder der Ehegatten mit einem Versicherungsunternehmen, der eine Personenversicherung (insbesondere Lebensversicherung) zum Gegenstand hat und im Versicherungsfall Rentenleistungen vorsieht. Im einzelnen ergeben sich allerdings mannigfache Abgrenzungsprobleme, zu deren Lösung auf die in § 1587 Abs. 1 niedergelegten Grundsätze zurückzugreifen ist. Auf keinen Fall sind reine Kapitalversicherungen im VA zu berücksichtigen; sie sind vielmehr — wie schon vor Inkrafttreten des 1. EheRG — güterrechtlich auszugleichen 580

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

(vgl. Rdn. 269). Soweit Lebensversicherungen auf Rentenbasis im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (als durch den Arbeitgeber finanzierte Direktversicherungen; vgl. o. Rdn. 181, 188) oder im Rahmen einer berufsständischen Versorgung bestehen, ist die Bewertung grds. nach den speziellen Vorschriften des Abs. 2 Nr. 3 und 4 vorzunehmen (.Soergel¡Winter Rdn. 235; Johannsen\Henrich\Hahne Rdn. 222; vgl. aber zur sog. versicherungsvertraglichen Lösung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung o. Rdn. 197). Renten und Rentenanwartschaften aus privaten Versicherungsverträgen sind stets nach Abs. 3 in eine dynamische Rente umzuwerten, wie sich aus dem Einleitungssatz der genannten Vorschrift ergibt. Als private Alters- und Invaliditätsversicherungen, die zu Rentenleistungen führen, 2 6 5 kommen Lebensversicherungen, Berufsunföhigkeitsversicherungen und Unfallversicherungen in Betracht. Ihnen liegt ein privatrechtlicher gegenseitiger Vertrag zwischen dem Versicherungsunternehmen (Versicherer) und dem Versicherungsnehmer zugrunde. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Versicherer, eine bestimmte Gefahr zu tragen, und der Versicherungsnehmer übernimmt die Zahlung der vom Versicherer kalkulierten Beiträge (Prämien). Das versicherte Risiko bezieht sich auf das Alter oder die Invalidität einer bestimmten Person (der sog. Gefahrsperson, in Abs. 2 Nr. 5 als „Versicherter" bezeichnet), die nicht unbedingt mit dem Versicherungsunternehmer identisch sein muß. Es können auch mehrere Risiken gleichzeitig versichert sein (sog. kombinierte Versicherung). Im Versicherungsfall stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer selbst (im Falle seines Todes regelmäßig den Hinterbliebenen) zu, sofern er nicht einen Dritten als Bezugsberechtigten bestimmt hat. Welche Leistung der Versicherer im Versicherungsfall zu erbringen hat, richtet sich nach dem Versicherungsvertrag. Grds. zu unterscheiden sind kapitalbildende Versicherungen und Risikoversicherun- 2 6 6 gen, die allerdings miteinander kombiniert werden können (z. B. bei der sog. Pensionsversicherung, vgl. Rdn. 268). Bei der kapitalbildenden Versicherung (Sparversicherung) dient nur ein Teil der laufenden Beiträge zur Abdeckung des versicherten Risikos (z. B. vorzeitiger Tod der Gefahrsperson) und der Verwaltungskosten des Versicherungsunternehmens, der weitaus größere Rest ist zur verzinslichen Ansammlung des sog. Dekkungskapitals bestimmt, d. h. des Betrags, den der Versicherer nach seiner Berechnung benötigt, um zu oder ab einem bestimmten Zeitpunkt die vereinbarten Leistungen (Rente oder Kapitalbetrag) erbringen zu können. Das Deckungskapital wird aus den Beiträgen des Versicherungsnehmers und den Zinserträgen des angesammelten Kapitals gebildet, die mit einem festen Prozentsatz veranschlagt werden. Auch eine dem Versicherungsnehmer zustehende Überschußbeteiligung kann zur Erhöhung des Deckungskapitals verwandt werden (vgl. Rdn. 272). Der Zuwachs an Deckungskapital ist für die Berechnung des auszugleichenden Ehezeitanteils der Rente oder Rentenanwartschaft von Bedeutung (vgl. Rdn. 280). Bei der Risikoversicherung dienen die vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien dagegen (außer zur Deckung der Verwaltungskosten) nur zur Abdeckung des jeweils versicherten Risikos. Ein Deckungskapital wird vom Versicherer bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht gebildet. Risikoversicherungen sind die Berufsunfahigkeits- und die Unfallversicherung (vgl. dazu Rdn. 276—279). 2. Person des Ausgleichspflichtigen Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte, zu dessen Versorgung die Leistungen aus dem 2 6 7 Versicherungsvertrag dienen sollen. Das wird meist — muß aber nicht stets — der Versicherungsnehmer sein. Maßgebend für den VA ist die Bezugsberechtigung. Sie bestimmt, wer im Versicherungsfall die Versorgungsleistungen zu beanspruchen hat. Hat Hartmut Wiek

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§ 1587 a BGB

Scheidung der Ehe

der Versicherungsnehmer eine Versicherung auf sein eigenes Leben abgeschlossen, ohne eine andere Person als Bezugsberechtigten zu bestimmen, so ist er zugleich Gefahrsperson und Bezugsberechtigter und damit auch versorgungsausgleichspflichtig. Gefahrsperson und Bezugsberechtigter müssen aber nicht mit dem Versicherungsnehmer identisch sein. Zur Gefahrsperson (Versicherter i. S. d. Versicherungsvertragsrechts) kann auch eine andere Person als der Versicherungsnehmer, z. B. der andere Ehegatte, bestimmt werden. Dadurch wird jedoch die Versorgungsberechtigung des (bezugsberechtigten) Versicherungsnehmers nicht in Frage gestellt. Für den VA ist es deshalb unerheblich, wer die Gefahrsperson ist (JohannsenjHenrichf Hahne Rdn. 223; GitterfHoffmann S. 954; Soergelj Winter Rdn. 267; a. A. MüKo¡Maier Rdn. 343; Bastian/Körber Rdn. 169, die bei Nichtidentität von bezugsberechtigtem Versicherungsnehmer und Gefahrsperson eine ausgleichspflichtige Versorgung verneinen). Hat der Versicherungsnehmer eine andere Person zum Bezugsberechtigten bestimmt, so kommt es darauf an, ob die Bezugsberechtigung noch widerrufen werden kann. Ist das nicht der Fall, so ist die Versorgung endgültig dem Einfluß des Versicherungsnehmers entzogen und kann ihm im VA nicht zugerechnet werden. Hat der Ehemann z. B. die Ehefrau unwiderruflich als Bezugsberechtigte eingesetzt, so sind die Anwartschaften aus dem Versicherungsvertrag im VA auf Seiten der Ehefrau zu berücksichtigen. Sie hat mit der Bezugsberechtigung ein sofortiges, allerdings durch den Eintritt des Versicherungsfalls aufschiebend bedingtes Recht auf die Versicherungsleistungen erworben (Soergel¡Winter Rdn. 264). Steht das Bezugsrecht unwiderruflich einem Dritten zu, so bleibt die Anwartschaft aus dem Versicherungsvertrag im VA außer Betracht. Hat der Ehegatte, der die Versicherung abgeschlossen hat, dem anderen Ehegatten ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, so ist das Versorgungsanrecht dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, denn er kann jederzeit das Widerrufsrecht ausüben und sich selbst zum Bezugsberechtigten bestimmen. Das Widerrufsrecht erlischt erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Hat der Versicherungsnehmer bis dahin die Bezugsberechtigung nicht widerrufen, erwirbt der begünstigte Ehegatte ein unentziehbares Versorgungsanrecht, das auf seiner Seite im VA zu berücksichtigen ist (Soergel/Winter aaO; Eisenecker S. 13 f). Hatte der Versicherungsnehmer schon während der Ehe einen Dritten zum Bezugsberechtigten bestimmt, so fällt das Versorgungsanrecht auch dann nicht in den VA, wenn das Bezugsrecht des Dritten noch widerruflich ist. Es ist in diesem Fall grds. davon auszugehen, daß die Versicherung nicht zur Versorgung eines oder beider Ehegatten bestimmt war (Johannsen / Henrich ¡Hahne Rdn. 223; Rolland Rdn. 109 c). Der Versorgungszweck zugunsten eines Ehegatten kann nicht nur deshalb fingiert werden, weil die Ehe gescheitert und der Versicherungsnehmer in der Lage ist, sich das Bezugsrecht zu verschaffen. Widerruft der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung des Dritten nach der gerichtlichen Entscheidung über den VA, kann unter Umständen eine Abänderung des Wertausgleichs nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG oder ein ergänzender schuldrechtlicher VA in Betracht kommen, weil sich im nachhinein herausgestellt hat, daß der betreffende Ehegatte während der Ehe auch eine Anwartschaft aus dem privaten Versicherungsvertrag erworben hat. 3. Ausgleichspflichtige Anrechte aus Versicherungsverträgen 268 a) In den VA fallen nur Rentenanrechte aufgrund eines privaten Versicherungsvertrages, der zur Versorgung für den Fall des Alters oder der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 1587 Abs. 1 S. 1) eingegangen wurde. Für den Abschluß derartiger Verträge kommen Lebens- und Unfallversicherungsunternehmen in Betracht. Bei den (durch Abschluß von Lebensversicherungsverträgen erworbenen) Altersversorgungen haben Leibrenten, die von einer bestimmten Altersgrenze bis zum Ableben des Bezugsberechtigten gezahlt werden, die größte Bedeutung. Es können aber auch Zeitrenten vereinbart 582

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

werden. Dann erbringt der Versicherer wiederkehrende Leistungen für einen bestimmten Zeitraum unabhängig davon, wie lange der Rentenberechtigte lebt. Verstirbt dieser vor Ablauf der Rentenbezugszeit, werden die noch ausstehenden Rentenbeträge an die Erben oder einen weiteren Bezugsberechtigten gezahlt. Der Versorgung für den Invaliditätsfall dienen die Berufsunfähigkeitsrenten, die von Lebensversicherungsunternehmen aufgrund einer Berufsunfähigkeits- oder (mit einer Lebensversicherung verbundenen) Berufsunfahigkeitszusatzversicherung gezahlt werden. Ist eine Leibrentenversicherung mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung (und evtl. auch noch mit einer Hinterbliebenenversicherung) verbunden, so spricht man von einer Pensionsversicherung. Eine weitere Art der Vorsorge für den Invaliditätsfall stellt die private Unfallversicherung dar. Sie deckt das besondere private Unfallrisiko ab und zielt auf Versorgungsleistungen für den Fall des Todes und — in nach dem Grad der Invalidität abgestufter Form — für den Fall einer unfallbedingten Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit. Welche dieser Versicherungsformen grds. in den VA fallt und unter welchen Voraussetzungen ein ausgleichspflichtiges Anrecht anzunehmen ist, muß jeweils unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des VA beurteilt werden (vgl. u. Rdn. 279). b) Da in Abs. 2 Nr. 5 nur Renten und Rentenanwartschaften aufgrund eines Versiehe- 2 6 9 rungsvertrages erwähnt sind, fallen Anrechte aus reinen Kapitalversicherungen nicht in den VA, selbst wenn sie der Versorgung dienen. Sie können auch nicht über Abs. 5 in den VA einbezogen werden, sondern unterliegen wie nach früherem Recht dem Zugewinnausgleich (BGH FamRZ 84, 156; vgl. auch § 1587 Rdn. 18). Dies gilt auch für Versicherungen, die zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung abgeschlossen worden sind (BGH FamRZ 84, 156; OLG Frankfurt FamRZ 81, 280; OLG Stuttgart FamRZ 83, 815; a. A. GitterjHoff.mann S. 949), und für solche, die im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung bestehen (BGH FamRZ 84, 156). c) Nach § 1 Abs. 1 S. 2 VVG sind auch Mischformen zwischen Kapital- und Renten- 2 7 0 lebensversicherung zulässig. So kann eine Kapitalversicherung mit einem Rentenwahlrecht verbunden sein; dann hat der Versicherte die Möglichkeit, statt des vereinbarten Kapitalbetrags die Zahlung einer im Wert entsprechenden Geldrente zu verlangen. Umgekehrt kann auch im Rahmen einer Rentenversicherung ein Kapitalwahlrecht bestehen, so daß sich der Versicherungsnehmer statt der ursprünglich vereinbarten Rente nachträglich für die Auszahlung eines im Wert entsprechenden Kapitalbetrags entscheiden kann. Eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ist in den VA einzubeziehen, wenn der Versicherungsnehmer bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den VA von der Option keinen Gebrauch gemacht hat (OLG Hamburg FamRZ 87, 721; Schwabj Hahne VI Rdn. 43; SoergeljWinter Rdn. 248; a. A. MüKo¡Maier Rdn. 336; Bastian/Körber Rdn. 153, die auf das Ehezeitende abstellen). Nach dem Stichtagsprinzip kommt es zwar für die Frage der Höhe einer Versorgungsanwartschaft grds. auf die Verhältnisse am Ende der Ehezeit an. Ein bis zur gerichtlichen Entscheidung weggefallenes Anrecht durfte jedoch schon nach früherer Rechtslage nicht mehr in den VA einbezogen werden (BGH FamRZ 86, 892 — landwirtschaftliches Altersruhegeld). Darüber hinaus können seit Inkrafttreten des § 10 a VAHRG Änderungen des ehezeitlichen Werts eines Versorgungsanrechts in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift bereits im Erstverfahren berücksichtigt werden (vgl. § 1587 Rdn. 18, 35). Wenn das Kapitalwahlrecht allerdings bewußt in der Absicht ausgeübt worden ist, den Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten zu verkürzen, ist der Wegfall des Anrechts nach Treu und Glauben (§ 242) außer Betracht zu lassen (vgl. BGH FamRZ 88, 1148, 1151; 89, 42, 43 für den Fall des Wegfalls einer Beamtenversorgungsanwartschaft); im Falle einer treuwidrigen Manipulation des Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

ausgleichsberechtigten Ehegatten kommt insoweit die Anwendung des § 1587 c Nr. 2 in Betracht. Darüber hinaus ist an eine entsprechende Anwendung des § 10 a Abs. 3 VAHRG zu denken, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob das Anrecht aus der Kapitalversicherung noch einem Zugewinnausgleich unterliegt oder dem betreffenden Ehegatten in vollem Umfange verbleibt. Eine Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht fallt nur dann in den VA, wenn das Wahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt worden ist. Auf diesen Zeitpunkt — und nicht auf das Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 — muß hier abgestellt werden, um die notwendige Harmonisierung zwischen Versorgungs- und Zugewinnausgleichsregelung herbeizuführen (BGH FamRZ 84, 156, 158; JohannsenjHenrichjHahne Rdn. 224; UüKo/Maier Rdn. 342; Soergelj Winter Rdn. 249; a. A. Rolland Rdn. 108 b: Ende der Ehezeit). Wird das Wahlrecht zu einem späteren Zeitpunkt ausgeübt, fallt das entstehende Rentenanrecht nicht mehr in den VA. § 1 0 a VAHRG ist hier nicht entsprechend anwendbar, da sich diese Vorschrift nur auf am maßgebenden Stichtag (Ehezeitende) bereits existente Versorgungsanrechte bezieht. Das Anrecht aus der Umtauschversicherung unterliegt vielmehr weiterhin einem evtl. Zugewinnausgleich. 271

d) Die Leibrentenversicherung ist eine Lebensversicherung auf den Erlebensfall. Im allgemeinen verpflichtet sich der Versicherer, dem Versicherungsnehmer (oder einem anderen Bezugsberechtigten) ab einem bestimmten Lebensalter eine lebenslange Rente zu zahlen. Der Versicherungsnehmer hat bis zum Eintritt des Versicherungsfalls die vom Versicherer errechneten laufenden Beiträge oder einen Einmalbeitrag zu zahlen. Aus den Beiträgen und den Zinsen wird das Deckungskapital gebildet, aus dem der Versicherer wiederum die Rente zahlt. Leibrentenversicherungen dienen in aller Regel der Altersversorgung des Bezugsberechtigten und sind deshalb in den VA einzubeziehen. Eine Ausnahme ist allenfalls dann denkbar, wenn der Rentenbeginn weit vor der regelmäßigen Altersgrenze von 65 Jahren liegt. In diesem Fall ist eine zeitliche Aufteilung des Vertrages zu fingieren und der Teil der Versorgung, der die Zeit bis zur (ggf. vorgezogenen) Altersgrenze betrifft, herauszurechnen (Soergel\Winter Rdn. 260). Daran ändert sich auch nichts, wenn während des Laufs einer früh begonnenen Rente der Invaliditätsfall eintritt. Zwar erhält die Rente nunmehr faktisch den Charakter einer Invaliditätsversorgung. Da die ursprüngliche Zweckbestimmung der Versicherung aber (zunächst noch) nicht auf eine Versorgung gerichtet war, bleibt die Rente (für die Zeit bis zur Altersgrenze) im VA außer Betracht (Soergelj Winter aaO). 272 Leibrentenversicherungen sind am Uberschuß des Lebensversicherungsunternehmens beteiligt. Ob die dem Versicherungsnehmer zustehenden Überschußanteile in den VA fallen, hängt von ihrer Zweckbestimmung ab. Werden sie in einer Summe oder regelmäßig in Teilbeträgen an den Versicherungsnehmer ausgezahlt oder mit seinen Beiträgen verrechnet, so dienen sie nicht seiner Versorgung (jedenfalls nicht durch wiederkehrende Leistungen) und sind deshalb nicht im VA zu berücksichtigen. Anders liegt es dagegen, wenn die Uberschußanteile als zusätzliche Versicherungsbeiträge verwendet werden und zur Aufstockung des Deckungskapitals und damit auch zur Erhöhung der zu erwartenden Rente führen. Werden die Überschußanteile auf einem Sonderkonto verzinslich angesammelt, kommt es darauf an, welchem Verwendungszweck das angesparte Guthaben auf dem Sonderkonto dienen soll. Kann der Versicherungsnehmer die gesonderte Auszahlung des Kapitals verlangen, fehlt die für die Einbeziehung in den VA erforderliche Rentenbestimmung. Steht dem Versicherungsnehmer dagegen aus der Uberschußbeteiligung eine Zusatzrente zu, so ist der Versorgungscharakter gegeben (vgl. z. B. zur Überschußrente des Beamtenversicherungsvereins u. Rdn. 300). Kann der Versicherungsnehmer die Form der Leistungen aus der Überschußbeteiligung wählen, so gelten die in Rdn. 270 dargestellten Grundsätze entsprechend (SoergeljWinter Rdn. 261; Bastian/Körber Rdn. 165 — 167). 584

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Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

Nach einer gewissen Mindestlaufzeit (i. d. R. zwei Jahre) kann die Versicherung in 2 7 3 eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt werden. Mit der Umwandlung entfallt die Pflicht zur Zahlung weiterer Beiträge. Andererseits verringert sich die Rente auf den Betrag, der sich nach dem maßgebenden Tarif aus dem zum Umwandlungszeitpunkt vorhandenen Deckungskapital ergibt. Es steht der Einbeziehung der Versicherung in den VA nicht entgegen, wenn nach den Versicherungsbedingungen bei Ende der Ehezeit die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung noch nicht möglich war. Soweit § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 a für die Bewertung vorschreibt, daß von dem Rentenbetrag auszugehen ist, der sich nach vorheriger Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn bei Ende der Ehezeit der Versicherungsfall eingetreten wäre, wird nur auf eine hypothetische Umwandlung abgehoben, die es ermöglichen soll, den Versorgungswert rechnerisch zu erfassen, den der Versicherungsnehmer durch die Prämienzahlungen während der Ehezeit geschaffen hat (BGH FamRZ 86, 344). Mit der Leibrentenversicherung ist häufig eine Todesfallversicherung verbunden. 2 7 4 So können z. B. Kapital- oder Rentenleistungen des Versicherers an die Hinterbliebenen vereinbart sein für den Fall, daß der Versicherte vor Rentenbeginn oder vor Verbrauch des Deckungskapitals verstirbt. Die Hinterbliebenenversorgung fällt jedoch nicht in den VA, so daß ihr Anteil am Wert der Gesamtversorgung herauszurechnen ist. Witwen- und Witwerversorgungen (Überlebensleibrentenversicherungen) dienen zwar der Versorgung, aber nicht für den Fall des Alters und der Invalidität. Außerdem steht nicht fest, ob überhaupt und ab welchem Zeitpunkt eine Rente gezahlt werden wird. Deshalb kommt eine Einbeziehung in den VA nicht in Betracht (Johannsen\Henrich\Hahne § 1587 Rdn. 14; M ü K o / A W Rdn. 330; a. A. SoergeljWinter Rdn. 241, 268; Eisenecker S. 34 ff). e) Bei einer Zeitrentenversicherung erbringt der Versicherer die Rente nur für eine 2 7 5 vertraglich vereinbarte Zeit. Dabei ist es unerheblich, ob der Bezugsberechtigte die einzelnen Fälligkeitstage erlebt. Verstirbt er vor Ablauf der Rentenbezugszeit, werden die noch ausstehenden Rentenbeträge an einen anderen Bezugsberechtigten oder die Erben gezahlt. Auch bei der Zeitrentenversicherung steht der Versorgungsgedanke im Vordergrund. Sie ist deshalb ebenfalls in den VA einzubeziehen. Die zeitliche Begrenzung der Versorgungsleistungen wird dadurch angemessen berücksichtigt, daß für jedes Jahr, um das die im Versicherungsvertrag vorgesehene Laufzeit zehn Jahre unterschreitet, ein Abschlag von 10% vorzunehmen ist (§ 4 Abs. 2 S. 1 BarwertVO). Beträgt die (restliche) Laufzeit der Rente mehr als zehn Jahre, ist es gerechtfertigt, von einem Abschlag abzusehen und das volle Deckungskapital auszugleichen (OLG Celle FamRZ 82, 617; JohannsertjHenrich]Hahne Rdn. 227; abw. SoergeljWinter Rdn. 245), da eine Rente mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren statistisch gesehen einer lebenslangen Rente entspricht (BR-Drucks. 191/77, S. 18). f) Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine reine Risikoversicherung. Der Versi- 2 7 6 cherer verspricht dem Versicherten als Gegenleistung für dessen Beiträge eine Rente für den Fall der Berufsunfähigkeit. Die Rente wird fällig, wenn der Grad der Erwerbsminderung wenigstens 50% beträgt, und ist für eine vertraglich festgelegte Zeit oder bis zum Tode des Versicherten zu zahlen, es sei denn, daß der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50% sinkt. Im Gegensatz zur Leibrentenversicherung wird bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ein Deckungskapital erst gebildet, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Eine Umwandlung der Versicherung in eine beitragsfreie ist vor Eintritt des Versicherungsfalles nicht möglich. Da ein Deckungskapital nicht vorhanden ist, würde der Wert des Versorgungsanrechts im Falle einer Umwandlung gleich Null sein. Voraussetzung für die Zahlung der Rente ist, daß der Versicherte bis zum Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

Versicherungsfall Beiträge entrichtet hat. Der Versicherungsschutz wird mit dem jeweils letzten Beitrag aufrechterhalten. Auch Berufsunfähigkeitsversicherungen sind am Überschuß des Versicherers beteiligt. Häufiger als die selbständige Berufsunfahigkeitsversicherung ist die mit einer Kapital- oder Rentenversicherung verbundene Berufsunfähigkeitszusatz Versicherung. Sie unterscheidet sich von der selbständigen Versicherung im wesentlichen nur darin, daß neben oder anstelle der Barrente als Versicherungsleistung die Befreiung von der Beitragszahlung zur Hauptversicherung im Falle der Berufsunfahigkeit vereinbart werden kann. Dies führt dazu, daß die Hauptversicherung aus den Leistungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung finanziert wird. 277

Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherungen unterliegen nur dann dem öffentlich-rechtlichen VA, wenn der Versicherungsfall bis zum Ende der Ehezeit eingetreten ist. Mit dem Eintritt des Versicherungsfalles entfällt die Prämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers. Tritt der Versicherungsfall nach Ehezeitende ein, so ist eine dann zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr in der Ehezeit, sondern allein durch den nach Ehezeitende entrichteten letzten Beitrag erworben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen dem öffentlich-rechtlichen VA nur solche Anrechte aus Lebensversicherungen unterliegen, die in der Ehezeit endgültig und unverlierbar erworben worden sind. Es ist aber bei Ehezeitende nicht nur ungewiß, ob der Fall der Berufsunfahigkeit bei dem Versicherten vor Erreichen der Altersgrenze überhaupt eintritt, es kann auch die regelmäßige Zahlung der Prämien bis zum Eintritt eines solchen Falles nach der Lebenserfahrung nicht ohne weiteres unterstellt werden. Damit fehlt es an einer „Aussicht" auf Versorgung, so daß auch die Auffangvorschrift des Abs. 5 nicht zur Anwendung kommen kann (BGH FamRZ 86, 344 m. Anm. Ellger FamRZ 86, 564; OLG Celle FamRZ 80, 464; a.A. AG Celle FamRZ 80, 59; Trey FamRZ 78, 11). Wenn die Versicherung nach diesen Grundsätzen nicht öffentlich-rechtlich auszugleichen ist, weil sie nicht in der Ehezeit erworben worden ist, fallt sie auch nicht in den schuldrechtlichen VA (Soergel/Winter Rdn. 254; MüKo/Maier Rdn. 341; offen gelassen von BGH FamRZ 86, 344; a. A. Gitter]Hoff.mann S. 946 f; Schwab FamRZ 78, 12, die § 1587f Nr. 4 analog anwenden wollen). Ist der Versicherungsfall dagegen schon während der Ehezeit eingetreten, so ist die Berufsunfahigkeitsrente auszugleichen (OLG Karlsruhe FamRZ 82, 615, 616; OLG Celle FamRZ 80, 464; MüKo\Maier Rdn. 335; Soergell Winter Rdn. 254; zur Berechnung des Ehezeitanteils vgl. Rdn. 284). Dies gilt auch dann, wenn die Berufsunfähigkeit nicht auf Krankheit, sondern auf einem Unfall beruht {Johannsen\Henrich\ Hahne § 1587 Rdn. 14). Ist zwar der Versicherungsfall erst nach Ende der Ehezeit eingetreten, aber der letzte Beitrag, mit dem die Versicherung aufrechterhalten worden ist, noch innerhalb der Ehezeit entrichtet worden, so kann die erworbene Berufsunfahigkeitsrente ebenfalls noch in den VA einbezogen werden, und zwar in vollem Umfang (JohannsenjHenrich]Hahne Rdn. 230; MüKojMaier Rdn. 352; Soergelj Winter Rdn. 254; Eisenecker S. 171). Wird aufgrund einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung keine Rente gezahlt, sondern besteht die Versicherungsleistung nur darin, daß der Versicherte von der Zahlung der Beiträge zur Hauptversicherung freigestellt wird, so liegt insoweit keine ausgleichspflichtige Versorgung vor. Die Versicherungsleistung dient nämlich nicht unmittelbar der Versorgung, sondern nur der Aufrechterhaltung der Hauptversicherung (Bastian/Körber Rdn. 160; SoergeljWinter Rdn. 260).

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Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Risikozusatzversicherungen, die im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung bestehen. Auch wenn die Anwartschaft auf eine Berufsunfähigkeitsrente unverfallbar ist, besteht eine Ausgleichspflicht nur dann, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Vorher besteht zwar ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf 586

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Aufrechterhaltung der Risikodeckung, es ist aber noch völlig offen, ob je ein Anspruch auf die Invaliditätsrente entstehen wird. g) Unfallversicherungen sind ebenfalls Risikoversicherungen. Sie dienen der Vor- 279 sorge gegen die wirtschaftlichen Nachteile von Unfällen und decken insoweit auch das Invaliditätsrisiko ab. Im Regelfall steht allerdings der Entschädigungscharakter im Vordergrund, insbesondere wenn daneben noch eine Lebens- und/oder Berufsunfähigkeitsversicherung besteht. Uberwiegt der Entschädigungscharakter, so fällt die private Unfallversicherung ebensowenig in den VA wie die gesetzliche Unfallversicherung (vgl. § 1587 Rdn. 15, 19). Läßt sich dagegen feststellen, daß die Versicherung maßgeblich im Interesse der Invaliditätsvorsorge abgeschlossen worden ist (etwa wenn ein besonders hohes Unfallrisiko bestand), so kann die Einbeziehung in den VA in Betracht kommen, wenn der Versicherungsfall vor Ende der Ehezeit eingetreten ist. Denn die private Unfallversicherung wird — anders als die gesetzliche — durch persönlichen Vermögenseinsatz des Ehegatten finanziert (ähnlich Johannsen\Henrich\Hahne § 1587 Rdn. 14; MüKo/ Maier Rdn. 334; Soergel\Winter Rdn. 258; a. A. Bastian/Körber Rdn. 148 ff). 4. Berechnung des Ehezeitanteils a) Der auf die Ehezeit entfallende Anteil einer Rente oder Rentenanwartschaft aus 280 einem privaten Versicherungsvertrag richtet sich nach dem während der Ehezeit für die künftige Rentenzahlung angesammelten Deckungskapital einschließlich der Zinserträge und der Überschußanteile, soweit sie zur Erhöhung des Deckungskapitals verwandt worden sind (vgl. Rdn. 272). Die Höhe dieses Deckungskapitals ist gemäß §§ 53b Abs. 2 FGG, 11 Abs. 2 VAHRG vom Versicherungsunternehmen zu erfragen. Für die Wertermittlung ist auszugehen von dem Rentenbetrag, der sich am Ende der Ehezeit aufgrund des vorhandenen Deckungskapitals als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Auch hier ist anstelle des im Gesetz genannten Zeitpunkts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags das Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 maßgebend (vgl. Rdn. 3). Sind vor der Ehe noch keine Prämien gezahlt worden, stellt die zum Ehezeitende ermittelte Rente gleichzeitig den Ehezeitanteil dar. Hat der Versicherte dagegen auch vor der Ehe Beiträge gezahlt, so muß aus dem bei Beginn der Ehezeit vorhandenen Deckungskapital ebenfalls eine fiktive Rente errechnet werden. Aus der Differenz der zum einen auf das Ende der Ehezeit und zum anderen auf den Beginn der Ehezeit ermittelten fiktiven Renten ergibt sich sodann die auszugleichende Differenzrente. Dies gilt für beide Berechnungsvarianten des Abs. 2 Nr. 5 (Buchst, a S. 2 und Buchst, b S. 2). Da die Rentenanwartschaften nach Abs. 2 Nr. 5 in jedem Fall in eine dynamische 281 Rente umzurechnen sind und bei dieser Umwertung hinsichtlich der Renten, die aus einem Deckungskapital gewährt werden, an den während der Ehe gebildeten Teil des Deckungskapitals anzuknüpfen ist (Abs. 3 Nr. 1), ist zum Teil die Auffassung vertreten worden, daß insoweit die Errechnung einer monatlichen Rentenanwartschaft nach Abs. 2 Nr. 5 entbehrlich sei und diese Bestimmung durch Abs. 3 Nr. 1 verdrängt werde (AK/ Hobler\Troje Rdn. 97; Trej FamRZ 78, 11; Schwab FamRZ 78, 12). Diese Ansicht ist jedoch nicht zutreffend. Nach der Systematik des Gesetzes ist bei allen Versorgungsarten zunächst der auf die Ehezeit entfallende nominelle Rentenbetrag zu ermitteln und dann erst die Umwertung nach Abs. 3 vorzunehmen. Die Rechenschritte des Abs. 2 Nr. 5 sind auch aus sachlichen Gründen nicht entbehrlich. Hat z. B. die Zahlung einer Leibrente schon während der Ehezeit begonnen, so hat sich das Deckungskapital bis zum Ende der Ehezeit laufend verringert, im Extremfall kann es sogar einen negativen Wert erreicht haben. Es ist aber nicht das noch vorhandene Deckungskapital, sondern die bei Ende Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

der Ehezeit gezahlte Rente auszugleichen (MüKo/Mater Rdn. 351; SoergeljWinter Rdn. 276, 296; zur Berechnung vgl. SoergeljWinter Rdn. 304). Auch wenn der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist, kann das zum Ehezeitende errechnete versicherungsmathematische Deckungskapital von dem für die Wertfeststellung maßgeblichen Dekkungskapital abweichen, z. B. wenn eine Versicherung eine Mindestlaufzeit oder eine Hinterbliebenenrente vorsieht (Johannsen/Henrich/Hahne Rdn. 228). Dagegen ist für den VA ohne Bedeutung, daß sich das Deckungskapital im Falle der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung um die vom Versicherer nach § 174 VVG vorzunehmenden Abzüge (z. B. den sog. Stornoabzug, § 174 Abs. 4 VVG) vermindert. Da bei der Bewertung im Rahmen des VA nach Abs. 2 Nr. 5 a ein Umwandlungsfall lediglich fingiert wird, der Versicherungsvertrag tatsächlich aber in der ursprünglichen Weise fortgeführt wird, fehlt für solche Abzüge die rechtfertigende Grundläge auch dann, wenn der genehmigte Geschäftsplan des Unternehmens ihn für Umwandlungen vorsieht (BGH FamRZ 86, 344; MüKoj Maier Rdn. 347; abw. SoergeljWinter Rdn. 272; Eisenecker S. 251). 282

Bei der Berechnung der Renten(anwartschaften) aus einem privaten Versicherungsvertrag ist danach zu unterscheiden, ob die Prämienzahlungspflicht über das Ehezeitende hinaus fortbesteht oder ob die Versicherung zu diesem Zeitpunkt bereits prämienfrei gestellt ist. In beiden Fällen ist die auf die Ehezeit entfallende Differenzrente zu ermitteln, die sich aus dem Zuwachs an Deckungskapital während der Ehezeit ergibt. 283 b) Bei fortbestehender Prämienzahlungspflicht (Buchst, a) ist gemäß Abs. 2 Nr. 5 a Satz 1 von dem fiktiven Rentenbetrag auszugehen, der sich nach vorheriger Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung ergäbe, wenn bei Ehezeitende der Versicherungsfall eingetreten wäre. Es wird somit zweierlei unterstellt: zum einen, daß der Versicherungsfall eingetreten ist, zum anderen, daß die Versicherung prämienfrei gestellt worden ist. Diese Fiktion soll lediglich ermöglichen, den Versorgungswert rechnerisch zu erfassen, den sich der Versicherte bis zum Ende der Ehezeit geschaffen hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die (zeitlichen) Voraussetzungen, unter denen die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen möglich ist, bei Ehezeitende bereits vorliegen (BGH FamRZ 86, 344). Die Ermittlung der bis zum Ehezeitende (insgesamt) erworbenen Rentenanwartschaften erfolgt in zwei gedanklichen Schritten. Zunächst ist das zum Ehezeitende auf die Versicherung entfallende geschäftsplanmäßige Deckungskapital (die sog. Prämienreserve i. S. d. § 174 Abs. 2 VVG) festzustellen, wobei ein Stornoabzug nach § 174 Abs. 4 VVG nicht vorzunehmen ist (vgl. Rdn. 281). Sodann ist das Deckungskapital als fiktive Einmalprämie für eine im übrigen der abgeschlossenen entsprechende Versicherung zu behandeln (BGH aaO) und zu errechnen, zu welchen Rentenleistungen eine solche Einmalprämie führen würde. Sind auf die Versicherung auch für die Zeit vor der Ehe Beiträge gezahlt worden, muß in weiteren Rechenschritten der Ehezeitanteil der gesamten Rentenanwartschaft ermittelt werden. S. 2 schreibt lediglich eine „entsprechende" Verringerung des (Gesamt-)Rechenbetrags vor. Das bedeutet, daß aus dem zum Anfang der Ehezeit angesammelten Deckungskapital in der gleichen Weise eine fiktive Rente zu berechnen ist wie aus dem zum Ende der Ehezeit vorhandenen Deckungskapital. Sodann ist — vergleichbar der Berechnung des Zugewinns durch Subtraktion des Anfangsvermögens vom Endvermögen — die auf die Ehezeit entfallende Differenzrente festzustellen, indem die zum Beginn der Ehezeit ermittelte fiktive Rente von der zum Ende der Ehezeit errechneten abgezogen wird (MüKoj Maier Rdn. 345; SoergeljWinter Rdn. 274). Für die anschließende Umwertung nach Abs. 3 Nr. 1 ist das Deckungskapital 588

Hartmut Wiek

Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche

§ 1587 a BGB

maßgebend, daß der Differenzrente zugrunde liegt. Die für die Berechnung erforderlichen Auskünfte sind gemäß §§ 53 b Abs. 2 FGG, 11 Abs. 2 VAHRG von dem betreffenden Lebensversicherungsunternehmen einzuholen. Berechnungsbeispiel (Leibrentenversicherung; Versicherungsbeginn vor der Ehe; Ende der Ehezeit 31. 05. 1988): Beitragsfreie Rente am Ende der Ehezeit 250 DM Beitragsfreie Rente am Beginn der Ehezeit 25 DM Differenzrente 225 DM Auf die Differenzrente entfallendes Deckungskapital: 25 000 DM Umrechnung des Deckungskapitals in eine Rentenanwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung mit den Tabellen 5 und 2 der Rechengrößen-Bekanntmachung (vgl. dazu Rdn. 301): 25000 DM x 0,01460014 x 0,3618125 = 132,06 DM (auszugleichende Rentenanwartschaft). c) Besteht am Ende der Ehezeit keine Prämienzahlungspflicht (Buchst, b) mehr, 284 ist die Versicherung also bereits prämienfrei, so ist das volle Deckungskapital vorhanden. Die Prämienfreistellung kann auf zweierlei Weise eingetreten sein: Zum einen kann der Versicherungsfall schon während der Ehezeit eingetreten sein, so daß aus diesem Grund bereits die Rentenzahlung eingesetzt hat. Zum anderen kann die Beitragsfreistellung auch ohne den Eintritt des Versicherungsfalls erfolgt sein, z. B. wenn der Versicherungsnehmer eine Einmalprämie gezahlt hat und damit seiner Beitragsverpflichtung bereits in vollem Umfang nachgekommen ist oder wenn er gemäß § 174 Abs. 1 VVG die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung verlangt hat. Im letzteren Fall ist wie bei der Variante des Buchst, a eine fiktive Rente, bezogen auf das Ende der Ehezeit, zu berechnen und davon ggf. — durch Feststellung der Differenzrente — der Ehezeitanteil zu ermitteln. Beruht die Beitragsfreistellung darauf, daß eine Einmalprämie geleistet worden ist, kann die Rentenanwartschaft in vollem Umfang nur entweder vor oder in der Ehezeit erworben worden sein, so daß die Berechnung eines Ehezeitanteils nicht in Betracht kommt. Wurde eine Rente bei Ehezeitende wegen Erreichens der vertraglich vereinbarten Altersgrenze bereits gezählt, ist von dem tatsächlich bezogenen Rentenbetrag auszugehen. Falls schon vor der Ehe Beiträge gezahlt worden sind, ist eine fiktive beitragsfreie Rente, bezogen auf den Beginn der Ehezeit, zu errechnen und von der am Ende der Ehezeit tatsächlich bezogenen Rente abzuziehen, um so die ehezeitanteilige Differenzrente zu ermitteln. D. Umwertung nicht dynamischer Versorgungsanrechte (Abs. 3 und 4) I. Grundsätzliches Da die einzelnen Versorgungssysteme Anrechte von sehr unterschiedlicher Qualität 285 gewähren, sind die verschiedenartigen Versorgungsanwartschaften nicht ohne weiteres wertmäßig miteinander vergleichbar. Es bedarf mithin eines bestimmten Bezugswerts als Vergleichsmaßstab, auf den sämtliche Anwartschaften zurückgeführt werden und der als „gemeinsamer Nenner" für die Saldierung nach Abs. 1 dient. Diesen Zweck erfüllt Abs. 3. Er bestimmt die „in Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften", also Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Beamtenversorgungsanwartschaften, zum maßgeblichen Bezugswert, an dem die Qualität sonstiger Versorgungsanrechte zu messen ist. Das Gesetz geht dabei davon aus, daß die Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung volldynamisch sind, d. h. daß sowohl die Anwartschaften als auch die bereits laufenden Renten regelmäßig der allgemeinen Einkommensentwicklung angepaßt werden. Die Anpassung ist durch gesetzliche Vorschriften gewährleistet. Sie Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

erfolgte in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Anwartschaftsphase (also bis zum Eintritt des Versicherungsfalls) durch die jährliche Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage, die sich nach dem jeweiligen durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten bemaß (§§ 1255 Abs. 2 RVO, 32 Abs. 2 AVG), und in der Leistungsphase durch die jährlichen Rentenanpassungsgesetze, die die Veränderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlage berücksichtigten (§§ 1272 RVO, 49 AVG). Ab 1992 werden die Rentenanwartschaften und die laufenden Renten dadurch angepaßt, daß der bisherige aktuelle Rentenwert — jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres durch VO — durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird (§§ 65, 68, 69 SGB VI). Bei der Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts wird nicht nur die Bruttolohnentwicklung berücksichtigt, sondern es werden auch die Belastungen durch Steuern und Sozialabgaben einbezogen (§ 68 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Dadurch werden die Renten künftig an die Entwicklung der Nettoeinkommen der Arbeitnehmer gekoppelt. Die Einkommensdynamik der Renten und Rentenanwartschaften bleibt damit jedoch erhalten. Der Gesetzgeber geht ferner davon aus, daß auch bei der Beamtenversorgung eine vergleichbare Volldynamik gewährleistet ist. Tatsächlich bewirkt die prozentuale Abhängigkeit der Versorgungsbezüge vom letzten Gehalt (§14 BeamtVG) eine Erhöhung des Werts der Versorgungsanwartschaften in dem Umfang, in dem das Gehalt der Beamten steigt, und die Anpassung der laufenden Versorgungsbezüge an die Entwicklung der Gehälter der aktiven Beamten ist durch § 70 BeamtVG gewährleistet. Andere Versorgungsanwartschaften sind nur dann als in diesem Sinne volldynamisch (und damit ohne Umwertung saldierbar) anzusehen, wenn ihr Wert „in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt" wie der Wert der gesetzlichen Rentenanwartschaften und der Beamtenversorgungsanwartschaften. Diese Voraussetzungen sind zu bejahen, wenn die Versorgung sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium regelmäßig in nahezu gleicher Weise der allgemeinen Einkommensentwicklung angepaßt wird, wie es bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung grds. der Fall ist. Sonstige qualitative Unterschiede der Versorgungsanrechte, z. B. in der Besteuerung der Versorgungsleistungen, im Umfang des versicherten Risikos und im Leistungsumfang, bleiben hingegen nach dem geltenden Bewertungssystem außer Betracht (BGH FamRZ 83, 40, 44; MüKo/ Maier Rdn. 354; Rolland Rdn. 118). Ihnen kann allenfalls durch Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 Rechnung getragen werden (vgl. § 1587 c Rdn. 36). — Zu der besonderen Angleichungsdynamik von Anrechten im Beitrittsgebiet vgl. Vor § 1 VAÜG Rdn. 13 ff. 286 Nicht volldynamische Anrechte müssen nach Maßgabe des Abs. 3 den volldynamischen Anwartschaften qualitativ angeglichen, d. h. in einen vergleichbaren Wert der volldynamischen Versorgungen umgerechnet werden. Dabei spielt es im Prinzip keine Rolle, ob die anzugleichende Versorgung in vollem Umfang statisch ist oder ob eine Teildynamik vorliegt, die sich entweder in einem (hinter dem der volldynamischen Versorgungen zurückbleibenden) geringeren Dynamisierungsgrad oder in einer Beschränkung der (Voll-)Dynamik entweder auf die Anwartschafts- oder auf die Leistungsphase ausdrücken kann. Liegt eine nicht volldynamische Versorgung vor, so muß der auszugleichende Monatsbetrag auf jeden Fall umgewertet werden, wobei auf teildynamische Anwartschaften ggf. andere Umrechnungsfaktoren anzuwenden sind als auf rein statische Anrechte. 287 Eine Umwertung ist i. d. R. auch dann vorzunehmen, wenn ausschließlich nicht dynamische Versorgungsanwartschaften auszugleichen sind. Denn der Ausgleich erfolgt im allgemeinen durch Begründung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs. 3 und § 3 b VAHRG), so daß das auszugleichende Anrecht 590

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den Werten der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt werden muß (BGH FamRZ 83, 40, 41). Eine Umwertung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn nicht volldynamische Anrechte im Wege der Realteilung (§ 1 Abs. 2 VAHRG) auszugleichen sind, die Versorgungsordnung des Versorgungsträgers einen Ausgleich nomineller Werte vorsieht und keine Anrechte des Berechtigten zu verrechnen sind (BGH FamRZ 89, 951, 953; OLG Frankfurt FamRZ 89, 70; § 1 VAHRG Rdn. 35). Für die Durchführung der Umwertung unterscheidet Abs. 3 danach, ob die Versor- 288 gungsleistungen aus einer Deckungsrücklage erfolgen (Nr. 1) oder nicht (Nr. 2). Werden die Leistungen in vollem Umfang aus einem (individuellen) Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, so bildet dieser konkrete Kapitalwert die Grundlage für die Umwertung. Die Vorschrift der Nr. 1 ist daher vorrangig zu prüfen (BGH FamRZ 83, 40, 42; 85, 1119, 1120; 89, 155, 156; 91, 310, 313; Beschl. vom 25. 09. 91 - XII ZB 77/90 - ; OLG Celle FamRZ 86, 913, 914; vgl. auch Rdn. 302). Kann nicht an einen solchen konkreten Kapitalwert angeknüpft werden, ist ein fiktiver Barwert zu ermitteln. Dies geschieht mit Hilfe der BarwertVO (Anhang I zu § 1587 a), für die § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 Hs. 2 die gesetzliche Grundlage darstellt. Das für den VA maßgebliche Altersruhegeld (bzw. ab 1992 die maßgebliche Regelaltersrente) wird bei beiden Alternativen dadurch ermittelt, daß die Einzahlung des Kapitalwerts der nicht dynamischen Versorgung (d. h. entweder der konkreten Deckungsrücklage oder des fiktiven Barwerts) als Einmalbetrag in die gesetzliche Rentenversicherung unterstellt und errechnet wird, welche gesetzliche Rente sich aufgrund der Einzahlung ergäbe. Abs. 3 gilt unmittelbar nur für Versorgungsanrechte nach Abs. 2 Nr. 4 und 5. Nach 289 der (systematisch nicht überzeugend in einem besonderen Abs. untergebrachten) Vorschrift des Abs. 4 findet Abs. 3 Nr. 2 jedoch auch auf Anrechte der betrieblichen Altersversorgung Anwendung. Eine Umwertung nach Abs. 3 kann ferner bei Versorgungsanrechten in Betracht kommen, die nach Abs. 5 zu berechnen und nicht volldynamisch sind.

II. Anwendungsbereich für die einzelnen Versorgungsarten Die Verweisung des Abs. 4 auf Abs. 3 Nr. 2 vermittelt den Eindruck, als seien 290 betriebliche Versorgungsanrechte unabhängig von ihrer Qualität in jedem Fall umzuwerten. Indes ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 2 BarwertVO, daß auch betriebliche Anwartschaften nur umzuwerten sind, wenn sie nicht in (nahezu) gleicher Weise an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt werden wie gesetzliche Rentenanwartschaften und Anrechte auf Beamtenversorgung. I. d. R. sind betriebliche Versorgungsanrechte allerdings nicht volldynamisch. Eine Ausnahme gilt z. B. für die Versorgungsrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (vgl. o. Rdn. 232). Zur Frage, ob betriebliche Altersversorgungen, die aus einem individuellen Deckungskapital finanziert werden, nach Abs. 3 Nr. 1 zu bewerten sind, vgl. u. Rdn. 304. Versorgungsanrechte nach Abs. 2 Nr. 4 sind nur dann umzuwerten, wenn sie nicht 291 volldynamisch sind. Dies kommt im Gesetz durch die Einschränkung „deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der in Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften" zum Ausdruck. Bei Anrechten, die unter Abs. 2 Nr. 4 fallen, ist daher stets zu prüfen, ob eine der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Beamtenversorgung vergleichbare Dynamik vorgesehen ist oder nicht. Dies gilt insbesondere für die berufsständischen Versorgungen (vgl. dazu Rdn. 319 ff). Private Rentenanwartschaften i. S. d. Abs. 2 Nr. 5 sind kraft ausdrücklicher gesetz- 292 licher Regelung stets nach Abs. 3 umzuwerten. Diese Anrechte sind also immer als statisch zu behandeln. Auch die bei den sog. dynamischen Lebensversicherungen vertraglich Hartmut Wiek

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Scheidung der Ehe

vorgesehene Steigerung der Beiträge und der Versicherungssumme in bestimmten Zeitabständen bewirkt keine Einkommensdynamik (Soergel\Zimmermann Rdn. 286; vgl. auch BGH FamRZ 83, 40, 41). Die zur Aufstockung der Versicherungsleistungen bestimmten Überschußanteile werden schon durch die Umrechnung über das Deckungskapital erfaßt {Ellger¡Glockner FamRZ 84, 733, 735) und sind auch nicht an die Einkommensentwicklung geknüpft (Soergel] Zimmermann aaO).

III. Kriterien der Dynamik 293

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1. Allgemeines Eine Versorgungsanwartschaft ist nur dann Anrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung vergleichbar und damit als volldynamisch zu beurteilen, wenn sowohl die Anwartschaften als auch die Leistungen regelmäßig der allgemeinen Einkommensentwicklung angepaßt werden (BGH FamRZ 83, 40, 41; 83, 265, 266; 87, 361; Ellger\Glockner FamRZ 84, 733; Begr. zur BarwertVO, BRDrucks. 191/77 S. 12). Eine bei Ehezeitende bereits laufende Versorgung ist dagegen schon dann als volldynamisch zu behandeln, wenn die Versorgungsleistungen einer regelmäßigen Anpassung unterliegen; hier kommt es auf eine Dynamik im Anwartschaftsstadium nicht mehr an (BGH Beschl. vom 25. 09. 91, FamRZ 92, 47, 48). Für die Annahme einer Volldynamik genügt es, daß der Zuwachs mit demjenigen in einer der beiden vom Gesetz als volldynamisch anerkannten Versorgungen Schritt hält, auch wenn diese sich unterschiedlich entwickelt haben (BGH FamRZ 83, 40, 42). Die Volldynamik einer Versorgung ist zu bejahen, wenn deren Anpassungen zum einen in der Vergangenheit langfristig denen der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung vergleichbar waren und wenn dies zum anderen auch für die Zukunft zu erwarten ist (BGH FamRZ 83, 40, 42; 87, 1241, 1242). Bei der anzustellenden Prognose können die für einen längerfristigen, vergangenen Zeitraum (ca. 10 Jahre) ermittelten Daten zwar als Anhaltspunkte herangezogen, jedoch nicht ohne weiteres in die Zukunft fortgeschrieben werden. Maßgeblich für eine mögliche künftige Dynamik sind vielmehr insbesondere die versicherungstechnischen Rechnungsgrundlagen, die den Versorgungsleistungen zugrundeliegen, wie z. B. der Rechnungszins oder der angenommene Beitragstrend und der zukünftige sog. Rentnerlastquotient, d. h. das Verhältnis der Anzahl der Beitragszahler zur Anzahl der Rentner (BGH FamRZ 85, 1119, 1121; Ellger\Glockner FamRZ 84, 733, 735). Nicht erforderlich ist, daß ein Rechtsanspruch auf künftige Anpassungen besteht, denn dies ist auch in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung nicht der Fall (BGH FamRZ 83, 40, 42; 83, 998, 999). Es muß auch nicht absolut gewiß sein, daß künftige Anpassungen mit denen der volldynamischen Versorgungen Schritt halten werden. Es genügt vielmehr, daß dies hinreichend wahrscheinlich ist (BGH FamRZ 83, 40, 42; 87, 1241, 1242). Auch ein satzungsmäßiger Vorbehalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versorgungsträgers kann die Annahme der Volldynamik nicht von vornherein ausschließen, sondern bedarf einer Wertung aufgrund des Gesamtcharakters der Versorgung. Entscheidend ist allein, ob künftig im tatsächlichen Ergebnis eine mit den volldynamischen Versorgungen vergleichbare Steigerung zu erwarten ist (BGH FamRZ 83, 40, 42; OLG München FamRZ 88, 407, 409; 89,186,188). Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich eine allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen nicht nur auf Anpassungen der zu beurteilenden Versorgung, sondern auch auf diejenigen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung negativ auswirken kann (BGH FamRZ 87, 1241, 1242). Von der Einkommensdynamik (d. h. der laufenden Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung) ist die sog. Preisdynamik zu unterscheiden. Darunter ver592

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steht man eine am Lebenshaltungskostenindex, d. h. an der Preisentwicklung, orientierte Dynamik. Da die Steigerung der Lebenshaltungskosten in der Vergangenheit im langfristigen Vergleich deutlich hinter der Einkommensentwicklung zurückgeblieben ist, reicht eine am Preisindex für die Lebenshaltung ausgerichtete Anpassung aus derzeitiger Sicht für die Annahme einer Volldynamik nicht aus (BGH FamRZ 85, 1119, 1121; 85, 1235, 1236; 91, 1421, 1423; OLG Celle FamRZ 85, 1052). 2. Dynamik im Anwartschaftsstadium Wird eine Versorgung nach dem sog. Kapitaldeckungsverfahren finanziert, d. h. 2 9 5 wird bei einem vorgegebenen Beitrag eine feste Rentenzusage erteilt, so kann grds. davon ausgegangen werden, daß in der Anwartschaftsphase keine Volldynamik gegeben ist. Es reicht für die Annahme einer Volldynamik im Anwartschaftsstadium auch nicht aus, wenn sich die Beiträge nach dem jeweiligen Einkommen des Versicherten richten und deshalb Einkommenssteigerungen während der Anwartschaftsphase mittelbar auch eine Erhöhung der Versorgungsanrechte bewirken (sog. Beitragsdynamik). Das gleiche gilt, wenn die Beiträge an eine regelmäßig angepaßte allgemeine Bemessungsgrundlage gekoppelt sind und der Versicherte mit jeder Anhebung der Bemessungsgrundlage entsprechend höhere Anwartschaften erwerben muß. Bei beiden Fallgestaltungen hängt die Wertsteigerung der Versorgungsanrechte ausschließlich von der eigenen Beitragsleistung des Versicherten ab, während sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung und bei der Beamtenversorgung auch die allgemeine (überindividuelle) Einkommensentwicklung wertsteigernd auswirkt. Vor allem aber verändert sich der durch die vollzogene Beitragszahlung einmal bestimmte Wert der Versorgungsanwartschaft bis zum Eintritt des Versorgungsfalles nicht, während es bei den volldynamischen Versorgungen auch danach noch zu regelmäßigen, auf der allgemeinen Einkommensentwicklung beruhenden Anpassungen kommt (BGH FamRZ 83, 40, 41; 85, 1119, 1120; 87, 361, 362; 87, 1241; 88, 488; 89, 155, 156; OLG Celle FamRZ 86, 913, 914). Indiz für eine Volldynamik im Anwartschaftsstadium ist demgegenüber die Finan- 2 9 6 zierung der Versorgungsleistungen im sog. offenen Deckungsplanverfahren oder Umlageverfahren. Bei diesem Verfahren steigt der Wert der Anwartschaften in Abhängigkeit von einer regelmäßig an die Einkommensentwicklung angepaßten allgemeinen Bemessungsgrundlage. Dabei werden auch die bereits begründeten Anwartschaften mit jeder weiteren Anpassung aufgewertet (BGH FamRZ 83, 265, 266; 83, 998, 999). Ob eine betriebliche Altersversorgung im Anwartschaftsstadium volldynamisch ist, 2 9 7 richtet sich nach der Versorgungsregelung. Sieht diese lediglich eine Aufstockung der Anwartschaft in zeitlichen Intervallen um feste Beträge vor, so handelt es sich um eine rein statische Versorgung. Wächst der Anwartschaftswert in Abhängigkeit von geleisteten Beiträgen, die sich nach der jeweiligen Höhe des Einkommens des Arbeitnehmers richten (wie z. B. bei der Anwartschaft auf Versicherungsrente in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes), so liegt lediglich eine Teildynamik (sog. Beitragsdynamik; vgl. Rdn. 295) vor, denn der Wert der aus bereits gezahlten Beiträgen erworbenen Anrechte wird nicht mehr an die weitere Einkommensentwicklung angepaßt (BGH FamRZ 85, 1119, 1120; 87, 1241). Da die BarwertVO für teildynamische Anrechte keine Umrechnungsfaktoren enthält (verfassungsrechtlich bedenklich!), sind solche Anwartschaften wie statische Anrechte zu behandeln und umzuwerten. Als volldynamisch ist eine betriebliche Anwartschaft zu beurteilen, wenn die Wertsteigerung des Anrechts unmittelbar an die Einkommensentwicklung geknüpft ist, z. B. wenn ein fester Bruchteil des letzten Einkommens vor Eintritt des Versorgungsfalles als Versorgungsleistung zugesagt worden ist. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Einkommen des betreffenden ArbeitHartmut Wiek

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nehmers hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleiben wird, wie insbesondere bei tarifgebundenen Löhnen, so kann die Anwartschaft als volldynamisch angesehen werden (BGH FamRZ 89, 844, 845; OLG Braunschweig FamRZ 88, 74, 75; OLG Frankfurt FamRZ 88, 847; OLG Hamburg FamRZ 89, 68, 69; OLG Celle FamRZ 89, 402, 404; Glockner FamRZ 88, 777, 779; a.A. OLG Hamm FamRZ 89, 1196, das schon wegen der theoretischen Möglichkeit, daß ein Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens umgesetzt wird, eine Volldynamik verneint). Gleichwohl ist die Einkommensdynamik im öffentlich-rechtlichen VA regelmäßig außer Betracht zu lassen, weil sie nach den Versorgungsregelungen mit einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb vor Eintritt des Versorgungsfalles endet. Die Dynamik ist damit noch nicht endgültig gesichert und als verfallbar (i. S. d. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3) zu behandeln. In den öffentlich-rechtlichen VA ist lediglich der statische Wert des Anrechts einzubeziehen (vgl. dazu o. Rdn. 200 f).

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3. Dynamik im Leistungsstadium Ob eine Versorgung in der Leistungsphase volldynamisch ist, hängt picht davon ab, ob die Art der Rentenanpassung in der Versorgungsregelung vorgeschrieben ist und ob ein Rechtsanspruch auf Anpassungen besteht oder solche nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen müssen (z. B. wenn die versicherungstechnische Bilanz Verbesserungen in nennenswertem Umfang zuläßt, vgl. BGH FamRZ 83, 265 für die Nordrheinische Ärzteversorgung; ferner aufgrund betrieblicher Übung oder des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes). Maßgebend ist vielmehr, ob die Rentenanpassungen zum einen in der Vergangenheit langfristig mit denen der volldynamischen Versorgungen Schritt gehalten haben und ob dies aufgrund der Satzungsbestimmungen auch für die Zukunft zu erwarten ist (vgl. Rdn. 293). Für eine dynamische Versorgung charakteristisch sind regelmäßige Rentenanpassungen in zeitlichen Abständen von ein bis höchstens zwei Jahren (Soergel\Zimmermann Rdn. 284). Eine aus mehreren Versorgungsleistungen (Grund- und Zusatzversorgung) bestehende Gesamtversorgung ist insgesamt volldynamisch, wenn der Gesamtbetrag regelmäßig an die allgemeine Einkommensentwicklung angepaßt wird (wie z. B. die Versorgungsrenten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, vgl. Rdn. 232). Betriebliche Versorgungsanrechte sind i. d. R. im Leistungsstadium nicht volldynamisch. Die Anpassung betrieblicher Versorgungsleistungen ist in § 16 BetrAVG geregelt. Diese Vorschrift lautet wie folgt: „Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfangers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen."

An dieser Regelung orientieren sich im allgemeinen die für betriebliche Altersversorgungen maßgebenden Versorgungsordnungen. Anpassungen der Betriebsrenten erfolgen danach in größeren zeitlichen Abständen als die Anpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung. Außerdem ist verbindlicher Maßstab für die Anpassungen nach arbeitsrechtlicher Auffassung nicht die allgemeine Einkommensentwicklung, sondern der Preisindex für die Lebenshaltung. Die darin liegende sog. Preisdynamik ist jedoch nicht mit der für die volldynamischen Versorgungen typischen Einkommensdynamik vergleichbar (BGH FamRZ 85, 1119, 1121; 85, 1235, 1236; vgl. Rdn. 294). Hinzu kommt ferner, daß der Arbeitgeber nur insoweit zur Anpassung verpflichtet ist, als dies nach der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens vertretbar ist. Danach sind betriebliche Versorgungsanrechte, die nur der nach § 1 5 2 9 u n d MüKo Rdn. 6; Jaeger Rdn. 3; Lidle-Haas S. 19; Adelmann Rdn. 5; s. a. nachstehend Rdn. 7). Es mag — besonders im Hinblick auf das gemeinsame Sorgerecht — zweifelhaft sein, ob jede Scheidung eine Gefährdung des Kindeswohls indiziert (Fehmel FamRZ 80, 758, 759 zu III 1 a; AK ¡Münder Rdnrn. 10/11; s. a. Adelmann Rdn. 6 m. w. Hinw.). Die Eingriffslegitimation sieht Coester (S. 138 ff, 141/142) letztlich Hans-Werner Fehmel

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§ 1 6 7 1 BGB

Elterliche Sorge

im Scheitern der Ehe und der elterlichen personalen Beziehungen. Bei diesem Scheitern werde (so Coester aaO) „nicht nur ihr persönliches Recht auf das Kind funktionslos, sondern auch der Abwehranspruch der Familie gegen rechtliche Bewertung". Er spricht von der „Wächterfunktion des Staates ... als spezifisch ausgestaltete, situationsbedingte Form des Kindesschutzes". Von daher läßt sich eine in jedem Falle der Scheidung zwingend vorgeschriebene Überprüfung und gerichtliche Feststellung der künftigen Sorgerechtsausübung — auch bei übereinstimmendem Elternvorschlag — grundsätzlich halten, nachdem die zwingend vorgeschriebene Einzelzuweisung durch das Bundesverfassungsgericht (FamRZ 82, 1179) für verfassungswidrig erklärt wurde. Allerdings wird zunehmend die generelle Notwendigkeit, bei jeder Scheidung auch den „Eltern, die bis zum Scheidungstermin ohne staatliche Intervention ausgekommen sind, nun anläßlich der Scheidung eine nicht beantragte Entscheidung aufzuzwingen" (Dit^en FamRZ 87, 239), in Zweifel gezogen (s. auch StaudingerjCoester Rdnrn. 21, 22 und 15 ff). Denn da nach Art. 6 Abs. 2 GG Pflege und Erziehung der Kinder „zuvörderst" in den Rechtskreis der Eltern fallen und das staatliche Wächteramt gleichsam nur „subsidiären Charakter" hat (Jeand'Heur Der Kindeswohl-Begriff aus verfassungsrechtlicher Sicht, S. 21 m. w. Hinw.), erscheint die Vorgabe zweifelhaft, daß jede Scheidung eine Gefahrdung des Kindeswohls indiziere. Dagegen scheint auch die veränderte soziale Wirklichkeit zu sprechen: Zwischen traditionellem Familienverständnis und empirischen Material zur tatsächlichen Situation von Familie und Kindern ist eine Kluft entstanden, und die ständige Zunahme außerfamiliärer Lebensformen (Jeand'Heur aaO S. 23 — 25 unter Hinweis u. a. auf Münder in Z f J 90, 488 ff), in denen das Sorgerecht einverständlich praktiziert wird, ist nicht zu übersehen. Schon bei der Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages 1977 riet Lempp (Sachverständigenanhörung S. 117), „die Möglichkeit offenzulassen, die Sorgerechtsentscheidung auszusetzen und zu vertagen". Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die bei Scheidung zu treffende Sorgerechtsentscheidung die Folgen der Ehescheidung (oder der dauernden Elterntrennung im Falle des § 1672 BGB) in Grenzen halten und — wenn dem Kind schon das Aufwachsen mit Vater und Mutter in einer intakten Familie verschlossen ist (BGH FamRZ 85, 169, 171) — die „relativ bessere Lösung" (BGH aaO) bzw. die „am wenigsten schädliche Alternative" (Goldstein u.a., Jenseits des Kindeswohls, S. 49ff; Simitis Festschrift für W. Müller-Freienfels, 1986, S. 579 ff, 608/609) festschreiben.

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5. Aufbau der Vorschrift Der Aufbau der Vorschrift in der Fassung durch das SorgeRG gliedert sich in 6 Absätze: Abs. 1 sieht im Falle der Scheidung zwingend eine Entscheidung des Familiengerichts über die künftige elterliche Sorge vor. Abs. 2 normiert im ersten Halbsatz das Kindeswohl als den entscheidenden materiellrechtlichen Maßstab und nennt als ein Merkmal zur Ausfüllung des Begriffs Kindeswohl „die Bindungen des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister". Damit „wird der Kontinuitätsgrundsatz betont. Für das Kind ist der Ubergang zur unvollständigen Familie mit nur einem Elternteil dann am wenigsten schädlich, wenn seine Bindungen möglichst wenig beeinträchtigt werden" (BT-Drucks. 8/2788 S. 61). Abs. 3 regelt den Fall eines gemeinsamen Elternvorschlags, der heute in den weitaus meisten Fällen, etwa 85 — 90% [Zenv^ fragmente 22, 123; s.a. AK/Münder Rdn. 6 mit Statistik), gemacht wird. Ausgehend von der Überlegung, daß ein übereinstimmender Elternvorschlag dem Wohle des Kindes am besten entsprechen wird (BT-Drucks. aaO S. 62), soll nur zum Wohle des Kindes davon abgewichen werden, es sei denn, ein wenigstens 14 Jahre altes Kind macht einen abweichenden Vorschlag: dann hebt dies die 1154

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grundsätzliche Bindung des Gerichts an den gemeinsamen Eltemvorschlag auf, und das Gericht entscheidet nach Absatz 2, d. h. es trifft die Regelung, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht. Abs. 4 S. 1 ist mit Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG unvereinbar und daher nichtig (BVerfG FamRZ 82, 1179). S. 2 ermöglicht (im Gegensatz zum früheren Recht) die Aufteilung der Vermögenssorge zwischen den Eltern. Nach Abs. 5 S. 1 kann das Familiengericht die Personensorge und die Vermögenssorge einem Vormund oder Pfleger übertragen, wenn dies erforderlich ist, um eine Gefahr für das Wohl des Kindes abzuwenden. S. 2 sieht eine Pflegerbestellung für das Kind zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vor, weil der den Kindesunterhalt geltendmachende Eltemteil häufig selbst Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil hat und dann besonders in sogen. Mangelfällen ein Interessenkonflikt entstehen kann. Abs. 6 regelt die entsprechende Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschriften für den Fall, daß die Ehe der Eltern für nichtig erklärt worden ist. Für den Fall der Aufhebung der Ehe ergibt sich dasselbe aus der allgemeinen Verweisung in § 37 Abs. 1 EheG. Für die Eheauflösung nach Todeserklärung (§ 38 Abs. 2 EheG) ergibt sich die Anwendbarkeit der Absätze 1—5 aus § 1681 Abs. 2 S. 3 BGB (Jaeger Rdn.8). II. Anwendungsbereich, Abs. 1 1. Voraussetzung: gemeinschaftliche Kinder Der Familienrichter entscheidet nach § 1671 Abs. 1 über gemeinschaftliche (minder- 6 jährige) Kinder beider Ehegatten (s. Abs. 1). Das sind auch — die durch Eheschließung gemäß § 1719 legitimierten Kinder, — die von beiden Ehegatten gemäß §§ 1741 Abs. 2 S. 1, 1754 Abs. 1 gemeinschaftlich adoptierten Kinder und — die Kinder eines Ehegatten, die von dem anderen gemäß § 1742 i. V. m. §§1741 Abs. 2 S. 2, 1754 Abs. 1 adoptiert worden sind. Die bloße Einbenennung eines nichtehelichen Kindes der Frau gemäß § 1618 genügt hingegen nicht. 2. Regelungszwang Die Entscheidung über die elterliche Sorge im Falle der Scheidug ist zwingend. Es 7 handelt sich um eine Folgesache i. S. d. § 623 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, über die grundsätzlich gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und im Verbundurteil nach § 629 Abs. 1 ZPO mit zu entscheiden ist, und zwar auch ohne Antrag von Amts wegen, § 623 Abs. 3 S. 1 ZPO. Durch die gleichzeitige Regelung der Scheidungsfolgen mit der Scheidung selbst wollte der Gesetzgeber zum einen eine sofortige, vollständige Klärung des gesamten Scheidungskomplexes für beide Ehegatten erreichen, damit sie sich „einem neuen Lebensweg zuwenden" können, „ohne immer wieder Auseinandersetzungen wegen ihrer früheren Ehe gewärtig sein zu müssen"; zum andern sollten den Scheidungswilligen die tatsächlichen Folgen der Trennung und Scheidung früh genug vor Augen geführt und übereilten Scheidungen vorgebeugt werden (Rechtsanwenderbroschüre S. 344; s. a. oben Rdn. 4). Schon die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages gibt also, wenn gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind, dem Familienrichter Veranlassung zur Einleitung einer entsprechenden Folgesache Elterliche Sorge und zur Durchführung von Amtsermittlungen nach § 12 FGG, es sei denn, der Scheidungsantrag erschiene von vornherein unbegründet und führte alsbald zur Abweisung {Jaeger Rdn. 10). Hans-Werner Fehmel

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3. Ausnahmen Vom Entscheidungsverbund gibt es zwei Ausnahmen: 8 a) Will das Familiengericht von einem übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten abweichen, so hat es die Entscheidung (durch Beschluß) vorweg zu treffen, § 627 Abs. 1 ZPO; über die anderen Folgesachen und die Scheidungssache wird dann erst nach Rechtskraft des Beschlusses entschieden, Abs. 2 der Vorschrift. Diese Norm ist gleichsam die verfahrensrechtliche Ergänzung zu § 1671 Abs. 3 S. 1 und soll den Ehegatten ermöglichen, ihr Prozeßverhalten rechtzeitig im Hinblick auf die von ihrem gemeinsamen Vorschlag abweichende Sorgerechtsregelung umzustellen (Rechtsanwenderbroschüre S. 351). 9 b) Wenn eine gleichzeitige Entscheidung über die elterliche Sorge den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, daß der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde, kann das Verfahren über die elterliche Sorge abgetrennt und gemäß § 628 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO später darüber entschieden werden. Allerdings ist dann gemäß § 628 Abs. 2 ZPO gleichzeitig mit dem Scheidungsurteil durch einstweilige Anordnung die elterliche Sorge vorläufig zu regeln, sofern eine solche Anordnung nicht schon früher nach § 620 Nr. 1 ZPO ergangen ist oder bereits eine wirksame Entscheidung durch § 1672 vorliegt (OLG Hamburg FamRZ 88, 635)..

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4. Sorgerechtsregelung bei anderen Eheauflösungsgründen Veranlaßt wird eine Sorgerechtsregelung nach § 1671 aber nicht nur, wenn „die Ehe der Eltern geschieden" wird (Abs. 1), sondern auch im Falle — der Nichtigerklärung der Ehe nach Abs. 6; — der Aufhebung der Ehe nach § 37 Abs. 1 EheG; — der Auflösung der Ehe bei wieder aufgehobener Todeserklärung nach § 38 Abs. 2 EheG i. V.m. § 1681 Abs. 2 S. 2 (.Adelmann Rdn. 14; Strät^ Rdn. 5). Da in diesen Fällen kein Entscheidungsverbund besteht (das Gesetz ordnet ihn nur für den Fall der Ehescheidung an, § 623 Abs. 1 ZPO), folgt die Entscheidung über die elterliche Sorge regelmäßig der Urteilsrechtskraft nach; die Eltern nehmen also zunächst noch gemeinsam die elterliche Sorge wahr (Hin% Rdn. 8). Auch ein innerhalb von 302 Tagen nach Auflösung der Ehe geborenes Kind ist ehelich mit der Folge, daß dem geschiedenen Ehemann, auch wenn er „Scheinvater" ist, mit der Mutter die elterliche Sorge zusteht. Ein förmliches Sorgerechtsverfahren mit dem Ziel der Alleinsorge der Mutter ist zwar möglich, erübrigt sich aber regelmäßig durch die Ehelichkeitsanfechtung (Hin% Rdn. 8). 5. Einzelheiten Eine Sorgerechtsregelung hat der Familienrichter nach den Regeln des § 1671 auch in folgenden Fällen zu treffen: — Die elterliche Sorge eines der beiden Ehegatten ruht, oder ein Ehegatte ist tatsächlich verhindert, die elterliche Sorge auszuüben, §§ 1673—1675, 1678. Eine Übertragung auf diesen Ehegatten erscheint allerdings nur sachgerecht, wenn er voraussichtlich in absehbarer Zeit zur Ausübung der elterlichen Sorge wieder in der Lage sein wird (Gernhuber § 56 I 3). Im Falle des Ruhens ist ihm dann für diese Zeit ein Vormund zu bestellen, §§ 1675, 1773. Im Falle tatsächlicher Verhinderung genügt die Einrichtung einer Pflegschaft, sofern der betreffende Elternteil vertreten kann (Strät% Rdn. 8). — Das Vormundschaftsgericht hat vor der Scheidung die elterliche Sorge einem Elternteil (§§ 1666, 1680) oder beiden Eltern (§ 1666) ganz oder teilweise entzogen. 1156

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— Überhaupt immer, wenn die elterliche Sorge ganz oder teilweise durch vorangegangene vormundschaftsgerichtliche oder familiengerichtliche Maßnahmen nicht mehr beiden Eltern zusteht (Adelmann, Rdn. 15; Gernhuber § 56 I 3). Einer ausdrücklichen Aufhebung der vorangegangenen vormundschafts- oder fami- 1 2 liengerichtlichen Maßnahmen, Anordnungen und Entscheidungen bedarf es grundsätzlich nicht; sie treten mit der Entscheidung nach § 1671 kraft Gesetzes außer Kraft {Adelmann Rdn. 15; Jaeger Rdn. 11; Strätij Rdn. 7; Palandtj Diederichsen Rdn. 2 zu § 1666; Gernhuber, Lehrbuch aaO; auch Hins^ Rdn. 10 mit dem Hinweis, daß das Wirksamwerden der vormundschaftsgerichtlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen „klarstellungshalber in der Beschlußformel zum Ausdruck gebracht werden sollte"). Wenn allerdings während der Ehe nach § 1680 Abs. 1 S. 2 oder 3 Pflegschaft oder Vormundschaft angeordnet worden ist und das Familiengericht davon abweichend einem der beiden Ehegatten die elterliche Sorge ganz oder teilweise übertragen will, wird aus Gründen der Rechtssicherheit eine ausdrückliche Aufhebung der vorangegangenen vormundschaftsgerichtlichen Pflegeroder Vormundbestellung für erforderlich gehalten {Adelmann Rdn. 16; Hin% Rdn. 11; a. A. Jaeger Rdn. I I a . E.). Im Falle der Vormundschaft endet das Amt des Vormunds (§ 1882) mit dem Wegfall der im § 1773 bestimmten Voraussetzungen, daß nämlich die elterliche Sorge den Eltern ganz oder teilweise entzogen ist. Eine Sorgerechtsübertragung im Rahmen des § 1671 beseitigt diesen Zustand und beendet damit kraft Gesetzes die Vormundschaft. — Im Falle der Pflegschaft bestimmt das Gesetz ausdrücklich (§ 1919), daß die Pflegschaft vom Vormundschaftsgericht aufzuheben ist, wenn die Voraussetzungen weggefallen sind. Daraus wird gefolgert, daß es bei Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf einen Elternteil durch das Familiengericht einer ausdrücklichen Aufhebung der Pflegschaft durch das Vormundschaftsgericht bedürfe {Adelmann Rdn. 16), während dem entgegengehalten wird, daß die Hauptbedeutung des § 1919 nicht darin liege, die Zuständigkeit zu regeln, sondern das Gericht bei Wegfall der Voraussetzungen zur Aufhebung der Pflegschaft zu verpflichten (Jaeger Rdn. 12). Der unterschiedliche Gesetzestext scheint allerdings gegen diese (letztgenannte) Interpretation zu sprechen. Um Zweifeln vorzubeugen, ist es jedenfalls zur Klarstellung angezeigt, daß das Familiengericht die Vorentscheidung des Vormundschaftsgerichts ausdrücklich aufhebt, wenn es sie nicht bestätigt (Jaeger Rdn. I I a . E.), und bei Vorliegen einer Pflegerbestellung sollte „zumindest noch eine nachträgliche Aufhebung der Pflegschaft und Pflegerbestellung durch das Vormundschaftsgericht" vom Familiengericht veranlaßt werden {Adelmann Rdn. 16). Sogenannte Einzelanordnungen des Vormundschaftsgerichts gegenüber dem Sorge- 13 berechtigten nach § 1666 (z. B. die Anordnung, das Kind durch einen Facharzt untersuchen zu lassen, vgl. OLG Stuttgart FamRZ 66, 256, oder überhaupt dem Sorgeberechtigten eine bestimmte Verhaltensweise vorzuschreiben oder zu verbieten, KG FamRZ 84, 1143) können auch nach der gemäß § 1671 getroffenen familiengerichtlichen Regelung weiter vom Vormundschaftsgericht erlassen werden (OLG Stuttgart aaO, vgl. a. KG aaO; Strät% Rdn. 7; Adelmann Rdn. 18). In diesem Rahmen bleiben auch die vor der familiengerichtlichen nach § 1671 erlassenen vormundschaftsgerichtlichen Einzelanordnungen nach § 1666 weiter gültig {Adelmann Rdn. 15). Erforderlich ist eine Entscheidung des Familiengerichts nach § 1671 auch dann, wenn 14 es bereits während des Getrenntlebens über die elterliche Sorge nach § 1672 entschieden hat. Es ist ein neues, eigenständiges Verfahren einzuleiten, in dem erneut im Wege der Amtsermittlungen gemäß § 12 FGG zu prüfen und zu entscheiden ist, wem im Falle der Scheidung die elterliche Sorge zustehen soll. Es handelt sich also nicht um eine Fortsetzung des zuvor nach § 1672 eingeleiteten Verfahrens und auch nicht um ein Hans-Werner Fehmel

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Abänderungsverfahren nach § 1696 zu der schon ergangenen Entscheidung nach § 1672. Diese tritt — gleichgültig ob es sich um eine Endentscheidung oder um eine vorläufige Anordnung gemäß § 1672 handelt — mit der Entscheidung nach § 1671 außer Kraft (OLG Hamm FamRZ 86, 715, 716; Adelmann Rdn. 17; Hinz R d n - 1 2 )15 Teilentscheidungen über die elterliche Sorge sind unzulässig; „die elterliche Sorge", über die nach Abs. 1 zu entscheiden ist, meint die gesamte elterliche Sorge (Staudingerj Coester Rdn. 38; Hinz Rdn. 14). So darf der Familienrichter z. B. nicht etwa zunächst über die NichtZuteilung an einen Elternteil entscheiden und offenlassen, ob später die Zuweisung an den andern oder einen Vormund/Pfleger erfolgen wird {Hinz aaO), oder nur über die Personensorge entscheiden (BGH FamRZ 80, 1107 = N J W 81, 126) oder die Personensorge nach Teilgebieten aufspalten (Straff Rdn. 13). — Zur Abspaltung der Vermögenssorge nach Abs. 4 S. 2 s. unten Rdn. 113. 16

Der Familienrichter hat also zwischen den Eltern nur drei grundsätzliche Regelungsmöglichkeiten: — Einzelzuweisung der (gesamten) elterlichen Sorge an einen Elternteil; — Belassung der elterlichen Sorge bei beiden Eltern (gemeinsames Sorgerecht); — Abspaltung der Vermögenssorge und deren Übertragung (ganz oder teilweise) auf den andern Elternteil. Außerdem hat er unter den Voraussetzungen des Abs. 5 die Möglichkeit der Übertragung auf einen Vormund/Pfleger. 17 Bei Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil verbleibt dem anderen Teil die Umgangsbefugnis und das vorrangige Recht, bei Entzug des Sorgerechts (§ 1680 Abs. 2) und beim Tod des (sorgeberechtigten) Elternteils (§ 1681 Abs. 1 S. 2) das Sorgerecht wieder zu erlangen (s.a. BT-Drucks. 8/2788 S. 53). Ob das Umgangsrecht unmittelbar aus der natürlichen Eltern-Kind-Beziehung herzuleiten ist (vgl. BVerfG FamRZ 71, 421, 424 mit zahlr. Hinw. auf den damaligen Meinungsstand) oder einen Restbestand der Personensorge darstellt (KG FamRZ 89, 656, 658 m. w. Hinw.; s.a. Rdnrn. 10 —12 zu § 1634), ist umstritten. Die Frage hat allerdings für die Umgangsregelung nach § 1634 mehr Gewicht; im Rahmen des § 1671 ist es ohne praktische Bedeutung {Hinz Rdn. 15), ob die Entziehung der elterlichen Sorge deren Substanz oder nur deren Ausübung ergreift (in letzterem Sinne Strätz Rdn. 9). 18 Die Alleinzuweisung an einen Elternteil hat Gestaltungswirkung, nicht dagegen die Belassung bei beiden Eltern im Falle der gemeinsamen elterlichen Sorge; gleichwohl hat die Entscheidung auch im letzteren Fall konstitutive Bedeutung, weil sie die Berechtigung zu deren weiterer (gemeinsamer) Ausübung enthält (Hinz Rdnrn. 15, 16).

III. Die Sorgerechtsregelung nach Abs. 2 1. Anwendungsvoraussetzungen 19 Nach den Kriterien des Abs. 2 hat der Familienrichter über das Sorgerecht zu entscheiden, — wenn die Eltern keinen übereinstimmenden Vorschlag gemacht haben; — wenn das Familiengericht von einem übereinstimmenden Elternvorschlag abweicht (vgl. Abs. 3 S. 1), also auch dann, wenn es das von den Eltern vorgeschlagene gemeinsame Sorgerecht nicht billigt; — wenn ein Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, einen (vom Elternvorschlag) abweichenden Vorschlag macht (Abs. 3 S. 2). 1158

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Der Absatz 2 ist „die zentrale Vorschrift" (Jaeger Rdn. 4) innerhalb der Sorgerechtsbestimmungen, weil er den Entscheidungsmaßstab für die Zuteilung des Sorgerechts bezeichnet. Auch wenn sich heute nach dem gemeinsamen Elternvorschlag ca. 85—90% aller Fälle regeln (Zen% fragmente 22, 115, 123, s. auch nachstehend Rdn. 74), gilt auch für diese sogen, unstrittigen Fälle der Absatz 2, d. h. der Richter hat auch in diesen Fällen insbes. durch Anhörung der Kinder zu prüfen und nicht etwa nur durch floskelhafte Formulierungen in den Entscheidungsgründen oder durch Bezugnahme auf den Elternvorschlag zu unterstellen, daß die Voraussetzungen des Abs. 2 gegeben sind (so allerdings die weitverbreitete Praxis, vgl. Lidie-Haas S. 91, 113, die sich mit Recht dagegen wendet). Denn auch Eltern, die bisher ihrer Verantwortung für das Kind voll gerecht geworden sind, können „in der Zerrüttungssituation den Blick für das Kind verlieren", weshalb der Richter den Elternvorschlag nicht ungeprüft und unkritisch hinnehmen darf (Coester S. 303, 304; Kropholler J Z 84, 164 unter III 2; s. auch unten Rdn. 80). Ausgehend von dem neuen, an die Stelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes getretenen Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) wird vorgeschlagen, „die Vertreter der Kinderinteressen — sei es im Rahmen öffentlicher Jugendhilfe oder in der Person des Kinderbeauftragten — in derartige Entscheidungsprozesse aktiv miteinzubeziehen, z. B. als sachverständige Gutachter oder als Anwalt des Kindeswohls" (Jeand'Heur, Der Kindeswohl-Begriff aus verfassungsrechtlicher Sicht, S. 14; so auch schon Fehmel Z f J 82, 654 ff, 659/660; zum „Anwalt des Kindes" s. Vorbem. vor §§ 50 a ff FGG Rdnrn. 25 ff). 2. Das Kindeswohl Der Familienrichter trifft nach Abs. 2, 1. Halbs, „die Regelung, die dem Wohle des 2 0 Kindes am besten entspricht". Diese Formulierung war bereits vor 1976 im Abs. 3 der Norm enthalten und ist mit diesen Worten in das 1. EheRG übernommen worden. Das 1980 in Kraft getretene SorgeRG hat die Bedeutung des Grundsatzes klarer als bisher hervorgehoben, indem es das Kindeswohl „an die Spitze der materiell-rechtlichen Vorschriften über die Sorgerechtsentscheidung gestellt" hat (BT-Drucks. 8/2788 S. 61). Das „Kindeswohl" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, „dessen Handhabung wegen seiner Offenheit und der möglichen Betrachtung mit beliebigen Systemkonzepten erhebliche Schwierigkeiten bereitet" (Schwab Rdn. 119 m. w. Hinw. in Anm. 1). Von Anfang an war der Kindeswohl-Begriff — den erstmals das Ehegesetz von 1938 als Richtschnur für die Entscheidung einführte (vgl. zur Entwicklung Kropholler J Z 84, 165 unter Hinweis auf Dölle, Familienrecht II, 1965, S. 281 ff) — wegen seiner Unbestimmtheit, seines „mangelnden normativen Gehalts" der Kritik ausgesetzt (Coester S. 1 ¡2 m. w. Hinw.). Ohne konkrete gesetzliche Richtlinien für einen so schwerwiegenden Eingriff wie die Sorgerechtsentscheidung schien manchen die Rechtssicherheit gefährdet. Rechtswissenschaftler warnten vor richterlicher Willkür, Sozialwissenschaftler davor, daß die Richter im Namen des Kindeswohls allen anderen gesellschaftlichen Gruppen ihre „Mittelschichtstandards" aufoktroyieren könnten (Zeti% fragmente 22, 121). Die Notwendigkeit, das „kindliche Psychogramm und das Soziogramm seiner Umgebung detailliert festzustellen", berge die Gefahr „zunehmender Herrschaft von Sachverständigen" (Gernhuber § 49 III 3). Der Gesetzgeber hat sich im SorgeRG — mit Recht — darauf beschränkt, die „stärkere Berücksichtigung von Bindungen und Wollen des Kindes" festzuschreiben (s. Abs. 2, 2. Halbs.), und es im übrigen bei der Generalklausel belassen (Jaeger Rdn. 17). Denn die Sorgerechtsentscheidung ist — wie kaum eine andere — Einzelfallentscheidung, die „unter Rückgriff auf allgemeine Wertungsmaximen und Erfahrungssätze" zu treffen ist {Schwab Rdn. 119). Dabei fließen so vielfältige Gesichtspunkte, Erwägungen und Umstände mit — im konkreten Fall — unterschiedlichem Gewicht in die Gesamtbetrachtung ein, daß sie sich einer detaillierten und gleichzeitig generalisierenden Festschreibung Hans-Werner Fehmel

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entziehen. Auch weil jede Sorgerechtsregelung „mehrdisziplinäre Dimensionen" hat und „außerrechtliches Erfahrungswissen" einbezieht, kann dem Gericht die „Konkretisierungsverantwortung" (Hin^ Z f J 84, 529) nicht abgenommen werden (Coester S. 163 ff, 173; Kropholler J Z 84, 164). 21 Dieses „außerrechtliche Kindeswohlmaterial" kommt aus vielen anderen Fachdisziplinen: Medizin, Psychologie, Psychiatrie, Verhaltensbiologie wie auch Soziologie, Pädagogik, Theologie, hauptsächlich aber Entwicklungspsychologie und Kinderpsychiatrie (Coester Protokolldienst Bad Boll 14/83 S. 60 ff, 66/67). Der Richter hat also gleichsam „rechtsschöpferisch die wertoffene Kindeswohlnorm auszufüllen" (Lidle-Haas S. 20 u. Fußn. 6 das. m. w. Hinw.), wobei in der Praxis die Schwierigkeiten nicht so sehr im rechtlichen Bereich liegen, „sondern in dem geringem Bestand gesicherter kinderpsychologischer und -psychiatrischer Erkenntnisse" (Luthin, Gemeins. Sorgerecht, S. 71; ders. FamRZ 84, 114, 116). Schließlich ist der Begriff „Kindeswohl" offen „auch für das dem Wandel unterworfene gesellschaftliche Handeln, Denken und Wissen über die Grenzen und Möglichkeiten familialer Daseinsformen nach der Scheidung" (Limbach 1988 S. 31; Gernbuber § 49 III 3 spricht vom Kindeswohl „in einer vom jeweiligen Zeitgeist relativierten Gestalt"). Sicher „hängt das Kindeswohl mit den jeweils herrschenden gesellschaftlichen Auffassungen zusammen" (Becker ZBIJugR 78, 300, 302; aufschlußreich ist die umstrittene Entscheidung des OLG Stuttgart N J W 85, 67 = J Z 85, 848 m. abl. Anm. Wegener sowie LS FamRZ 85, 1285 m. abl. Anm. Bosch-, s. auch Schiit% in der Anm. zu OLG Bamberg FamRZ 85, 1175, 1178, der „daran erinnert, daß der unbestimmte Rechtsbegriff .Kindeswohl' nicht die Einbringung und Anwendung der verschiedensten Weltanschauungen gestattet"; andererseits Kropholler J Z 84, 164 zu I 3 unter Bezugnahme auf Coester S. 242 ff: die deutschen Gerichte schössen „in ihrem Eifer, die Sittenordnung zu erhalten, des öfteren über das Ziel hinaus"). 22

Das Kindeswohl als Rechtsbegriff hat eine doppelte Funktion (vgl. die umfassende Darstellung von Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, Frankfurt 1983; dazu Kropholler J Z 84, 164). Der Gesetzesbegriff „Kindeswohl" normiert zum einen die Eingriffslegitimation, indem unter seiner Voraussetzung die staatliche Intervention in die Familienautonomie überhaupt erst gerechtfertigt ist (Hin£ Z f J 84, 529, und zwar in Ausübung „der durch Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG auf die staatliche Gemeinschaft übertragenen Verpflichtung, die Pflege und Erziehung des Kindes zu überwachen", BVerfG FamRZ 81, 124 ff, 126 unter II 2 a). Zum anderen ist es Entscheidungsmaßstab für den Inhalt der staatlichen Intervention (RGRK¡Adelmann Rdn. 42).

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Kindeswohl und Kindesinteresse können einander gleichgesetzt werden. Was „zum Wohle des Kindes erforderlich" ist (§ 1671 Abs. 3 S. 1), wird auch „im Interesse des Kindes angezeigt" sein (§ 1696 Abs. 1 BGB): in beiden Fällen müssen triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Umstände vorliegen, deren Außerachtlassung die Entwicklung des Kindes ungünstig beeinflussen würde (PalandtjDiederichsen Rdn. 6 zu § 1696; Kropholler J Z 84, 164; Adelmann Rdn. 43; „Jenseits des Kindeswohls" hat den englischen Titel „Beyond the Best Interest of the Child"). Die „kindzentrierte Sicht" (Kropholler aaO) des Gesetzes führt dazu, daß „die Interessen der Eltern da zurückstehen müssen, wo sie mit den Interessen des Kindes in Widerspruch treten" (BGH FamRZ 76, 446, 447; Adelmann Rdnrn. 43, 69; einschränkend Coester S. 252, wonach die Hervorhebung des Kindeswohls nicht im Sinne einer ausschließlichen Beachtlichkeit der Kindesinteressen verstanden werden sollte; so auch StaudingerjCoester Rdn. 53; Strät^ Rdn. 34; ebenso Fehmel ZBIJugR 82, S. 655 m. w. Hinw. in Fußn. 15 das.: eine extrem einseitig kindzentrierte Sicht auf Kosten der Eltern kann deren Liebe und Zuneigung beeinträchtigen und letztlich dann doch dem Kindeswohl schaden). 1160

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

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Der erste Halbsatz des Abs. 2 umschreibt den Kindeswohlbegriff als „die Regelung, 2 4 die dem Wohle des Kindes am besten entspricht". Entsprechend dem Aufbau der Norm haben Rechtsprechung und Literatur zwei grundlegende Gesichtspunkte herausgeschält, unter denen das Kindeswohl nach dem ersten Halbsatz generell zu beurteilen ist: — das Förderungsprinzip und — das Kontinuitätsprinzip. Der zweite Halbsatz der Norm nennt — die Bindungen des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister. Schließlich hat die Entscheidung, wie durch § 50 b FGG verdeutlicht wird, — den Willen und die Neigungen des Kindes zu berücksichtigen. Die einzelnen Gesichtspunkte stehen zumeist in einem „untrennbaren Zusammenhang" {Schwab Rdn. 127), „in innerer Beziehung zueinander und können sich gegenseitig verstärken oder aufheben (BGH FamRZ 85, 169, 170 = N J W 85, 1702). Sie sind Hilfsregeln zur Konkretisierung des Kindeswohls im Einzelfall, deren Nichtbeachtung freilich zur Aufhebung der Entscheidung wegen rechtlicher Fehlerhaftigkeit führen kann (Hin% Rdn. 29). Auf solche Hilfsregeln gestützte, bloß schematische, generelle Erwägungen verletzen das Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit und taugen nicht zur Begründung der Entscheidung des konkreten Falles. Vielmehr bedarf es einer „umfassenden, von vornherein nicht begrenzten Berücksichtigung aller Aspekte, die im Einzelfall für das Kind und seine weitere Entwicklung von Bedeutung sein könnten" (Staudinger\Coester Rdn. 65 und folgende). Die angeführten generellen Gesichtspunkte sind, nicht zuletzt infolge ihres untrennbaren Zusammenhanges, teilweise deckungsgleich, sie überlappen sich. Die oben wiedergegebene Reihenfolge gibt keine Rangordnung der einzelnen (Haupt-)Gesichtspunkte, sondern ist eine Reihenfolge der Prüfung der einzelnen Voraussetzungen. Es wäre daher falsch, in isolierter Betrachtungsweise jeden einzelnen Gesichtspunkt (und jeden untergeordneten Aspekt) in der vorgegebenen Reihenfolge nur für sich allein zu prüfen und zuletzt alles schematisch zu saldieren, Entscheidend ist das Gewicht, das dem jeweiligen Gesichtspunkt im konkreten Einzelfall zukommt (OLG Hamm FamRZ 88, 1313, 1314). Dabei lassen sich allerdings gewisse allgemeine Regeln und Erfahrungen bei der Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte anwenden. So hat das Wohl des Kindes grundsätzlich „Vorrang" d. h. generell ein stärkeres Gewicht als der Wille des Kindes (BayObLG FamRZ 88, 973, 974 unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 85, 169, 170 und Adelmann Rdn. 62; OLG Hamm FamRZ 88, 1313, 1314 unter Bezugnahme auf BVerfG FamRZ 81, 124, 126 und OLG Bamberg FamRZ 88, 750; im konkreten Fall hatte der BGH FamRZ 85, 169, 170 allerdings trotz der Beeinflussung durch die Mutter und ihrer dadurch beeinträchtigten Erziehungsfähigkeit dem Kindeswillen das Übergewicht beigemessen, weil „eine über die Wünsche der Kinder hinweggehende und nur mit Zwangsmitteln durchsetzbare Übertragung des Sorgerechts auf den Vater den Kindern mehr schaden würde als die weitere Erziehung durch die Mutter"). Dem Kindeswillen eines Zehnjährigen kommt in der Gewichtung eine besondere Bedeutung zu, wenn er sich eindeutig für einen Elternteil entscheidet und dies wiederholt, auch in Gegenwart des anderen Elternteils, zum Ausdruck bringt (OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1193). Andererseits kann das Förderungsprinzip den „Vorrang" haben, d. h. stärker zu gewichten sein als die in den Willensäußerungen der 10- und 12-jährigen Kinder zum Ausdruck kommenden (engeren) Bindungen (OLG Hamm FamRZ 88, 1313, 1314/15). Selbst der Wille eines 15-jährigen Jugendlichen muß u. U. hinter dem Kindeswohlgesichtspunkt zurücktreten, wenn er nur geprägt ist vom Wunsch nach einem bequemeren Leben und nach materiellen Vorteilen (OLG Bamberg FamRZ 91, 1341). Bei gleicher Eignung sollte vor endgültiger Entscheidung dem Elternteil das Kind belassen werden, bei dem es sich gerade befindet (OLG Hamburg Z f J 88/94 = FamRZ 88, 425 LS). Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

3. Das Förderungsprinzip 25 Es besagt, daß die elterliche Sorge demjenigen Elternteil übertragen werden soll, „bei dem das Kind vermutlich die meiste Unterstützung für den Aufbau seiner Persönlichkeit erwarten kann" (BVerfG FamRZ 81, 124, 126 unter II 1 = N J W 81, 217 = ZBIJugR 81, 61; Hin\ Rdn. 30), d.h. der nach seiner Persönlichkeit, seiner Beziehung zum Kind und nach den äußeren Verhältnissen eher in der Lage ist, das Kind zu betreuen und seine seelische und geistige Entfaltung zu begünstigen (Schwab Rdn. 128 unter Hinweis auf BGH FamRZ 85, 169, 170). Die Pflicht, den unbestimmten Rechtsbegriff Kindeswohl nach „vielfältigen Gesichtspunkten" zu beurteilen (vgl. BT-Drucks. 8/2788 S. 61, KG FamRZ 83, 1159, 1160), d. h. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, eröffnet ein weites Spektrum von Aspekten, um den nach dem Förderungsprinzip besser geeigneten Elternteil herauszufinden, erschwert damit aber auch häufig überzeugende Lösungen {Schwab Rdn. 128; StaudingerjCoester Rdn. 71; Jaeger Rdn. 22). Das Alter, Geschlecht, der Gesundheitszustand und Bildungsstand des Kindes, seine emotionalen Bindungen zu Eltern, Geschwistern, sonstigen Betreuungspersonen (z. B. Großeltern), der Kindeswille, andererseits aber auch die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Eltern zur Förderung, Erziehung und Betreuung des Kindes, ihre Bereitschaft und Eignung hierzu sowie zur Übernahme von Verantwortung für das Kind sind in die wertende Betrachtung einzubeziehen, darüber hinaus auch die jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten wie Wohnverhältnisse, wirtschaftliche Situation, berufliche Beanspruchung, ggf. mit Betreuungsmöglichkeit durch geeignete Dritte (Adelmann Rdn. 45; s. a. Hin\ Rdn. 30). Die Betrachtung kann sich nicht auf die gegenwärtigen Gegebenheiten beschränken. Sie muß auch auf die Vergangenheit und in die Zukunft gerichtet sein. 26 Bei der Vielfalt der zu berücksichtigenden Aspekte empfiehlt sich das „Verfahren einer negativen Auslese" (Schwab Rdn. 129): Zunächst sollten diejenigen Fakten aufgeklärt und herausgeschält werden, die stark gegen den einen oder anderen Elternteil sprechen. Dabei kommt den äußeren Lebensverhältnissen und der Befriedigung materieller Bedürfnisse des Kindes in der Regel geringeres Gewicht zu (Schwab aaO Rdn. 128; Adelmann Rdn. 48; s. nachstehend Rdn. 27). Wichtiger sind grundsätzlich die Erziehungseigenschaften und damit — im Sinne der „negativen Auslese" — auch die für die Erziehung negativen Persönlichkeitsmerkmale wie überdurchschnittliche Aggressivität, Unduldsamkeit, seelische Labilität, charakterlich bedingte UnZuverlässigkeit oder ein gewaltsamer Erziehungsstil unter ständigem Einsatz von Züchtigungsmitteln (Jaeger Rdn. 29). Der Richter kann also z. B. die Fähigkeit eines Elternteils, die Erziehung im Gegensatz zum anderen Elternteil gewaltfrei zu gestalten, durchaus in die Gesamtabwägung zum Kindeswohl einbringen (Coester S. 196; zum Züchtigungsrecht im einzelnen s. nachstehend Rdn. 38). Er muß sich aber davor hüten, aus solchen negativen Persönlichkeitsmerkmalen sogleich eine „absolute Disqualifikation" (Schwab Rdn. 129) des betreffenden Elternteils herzuleiten; in der Regel wird sich nur eine — im Verhältnis zum anderen Elternteil — weniger gute Erziehungseignung auf (ggf. mehrere) solche Negativmerkmale stützen lassen (s. dazu den warnenden Hinweis des BVerfG FamRZ 81, 124, 126: „Allerdings berührt die Feststellung, daß die Erziehungseignung nicht oder nur beschränkt gegeben sei, den in dieser Weise beurteilten Elternteil in seinen Grundrechten aus Art. 6 II S. 1 und auch aus Art. 2 I GG. Die Intensität der möglichen Grundrechtsbeeinträchtigung und die Schwere der Auswirkungen für den Betroffenen sind offensichtlich und könnten das Bundesverfassungsgericht veranlassen, die auf dieser Wertung beruhende zivilrechtliche Entscheidung eingehender nachzuprüfen"). Die Negativmerkmale müssen bei der Gesamtabwägung zwar klar und deutlich angesprochen werden, aber ohne den 1162

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betreffenden Elternteil mehr als nötig zu verletzen und abzuqualifizieren, womit man ihn nur in die Rechtsmittelinstanz treibt. Mit Recht warnt Puls (in Remschmidt, Hrsg., Kinderpsychiatrie und Familienrecht, S. 23) vor der Entwertung von Elternteilen in psychologischen Gutachten, die die Gerichte häufig übernehmen, und gibt zu bedenken, „daß der Preis der Entwertung eines Menschen zu hoch ist für die richterliche Entlastung bei der Sorgerechts- und Umgangsregelung". 4. Einzelne Gesichtspunkte des Förderungsprinzips a) Persönliche Vorteile überwiegen wirtschaftliche Im Vorteil ist derjenige Elternteil, „bei dem das Kind vermutlich die meiste Unterstüt- 2 7 zung für den Aufbau seiner Persönlichkeit erwarten kann" (BVerfG FamRZ 81, 124, 126 unter II 1; BGH FamRZ 85, 169 unter B II 1), derjenige, der nach seiner Persönlichkeit, seiner Beziehung zum Kind und nach den äußeren Verhältnissen eher in der Lage erscheint, das Kind zu betreuen und seine geistige und seelische Entfaltung zu fördern (KG FamRZ 78, 829). Der größeren Gunst der äußeren wirtschaftlichen Verhältnisse kommt dabei für sich allein kein ausschlaggebender Wert zu; wichtiger sind die geistigen und seelischen Förderungsmöglichkeiten (KG FamRZ 78, 829 im Falle eines Professors und einer ausgebildeten Zahnarzthelferin, die das Sorgerecht erhielt). Persönliche Vorzüge wie bessere geistige und seelische Förderungsmöglichkeiten wiegen schwerer als bessere materielle Voraussetzungen (Jaeger Rdn. 23; Schwab Rdn. 128; Adelmann Rdn. 48; Meyer Dissert. S. 38 unter Bezugnahme auf Lempp S. 125; Balloff Dissert. S. 251 m. zahlr. Hinw.; s. a. vorstehend Rdn. 26). b) Förderungsbereitschaft Die objektive Geeignetheit genügt nicht. Hinzukommen muß die innere Bereitschaft, 2 8 das Kind zu sich zu nehmen und die Verantwortung für seine Versorgung und Erziehung — notfalls unter Aufopferung eigener Interessen — zu tragen (Jaeger Rdn. 22; Hin\ Rdn. 30), aber auch — wirtschaftlich gesehen — innerhalb der Wohnung die räumlichen Möglichkeiten für das ungestörte Aufwachsen des Kindes zu schaffen und ihm ein betreutes, wohnliches Zuhause zu bieten (OLG Hamm FamRZ 80, 484, 485). Das Maß der Bereitschaft eines jeden Elternteils, diese Aufgaben zu übernehmen und diese Verantwortung zu tragen, ist bei der Prüfung gegeneinander abzuwägen (Hin% Rdn. 30; s.a. StaudingerjCOester Rdnrn. 83—86). Berufstätigkeit stellt nicht von vornherein die innere Bereitschaft zur kindeswohlgerechten Ausübung der elterlichen Sorge in Frage, so z. B. wenn Großeltern, andere Verwandte oder sonstige Dritte einen Teil der Betreuungsaufgaben übernehmen können. Im übrigen gibt der geringere Umfang der Berufstätigkeit eines Elternteils und seine dadurch bedingte umfassendere Betreuungsmöglichkeit kein „Primat ... bei Sorgerechtsregelungen", weil dies durch stärkere innere Beziehungen des Kindes zum anderen Elternteil ausgeglichen werden kann (BVerfG FamRZ 81, 124, 127; Staudinger ¡Coester Rdn. 58). Anders dagegen, wenn das Kind von einem Elternteil in eine Pflegefamilie gegeben oder in einem Internat untergebracht werden soll; dann wird die Erziehung nahezu vollständig auf Dritte delegiert, eine eigene Erziehungsleistung kaum noch erbracht, so daß es der Bereitschaft zur (Eigen-)Erziehung in diesen Fällen mangelt (Schwab Rdn. 130) mit der Folge, daß dies als Negativum bei der Gesamtabwägung zu Buche schlägt. c) Erziehungsfähigkeit Die Beurteilung der Erziehungsfahigkeit eines Elternteils setzt eine Vorstellung voraus, 2 9 was mit Erziehung überhaupt gemeint und bezweckt wird. Die Erziehungsvorstellungen sind u. a. stark den jeweiligen gesellschaftlichen Anschauungen unterworfen (s. oben Hans-Werner Fehmel

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Rdn. 21). „Kinder erziehen heißt, ihren Verstand, ihr Herz, ihren Körper und ihre besonderen Naturgaben so bilden, daß sie sich und anderen zum Glücke leben und die wichtigen Absichten ihres Daseins erreichen lernen ... Allein es kommt viel auf die Art an, mit der wir dieses tun, und die beste Art in einzelnen Fällen wird von dem Charakter des Kindes selbst bestimmt", schrieb Geliert vor über zweihundert Jahren (Werke in 2 Bänden, daraus Moralische Vorlesungen, XXII. Vorlesg., Frankfurt 1979, 2. Bd. S. 329; zum Vergleich Friedrich der Große im „Dialog über die Moral" 1770: „Als Vater hat jeder die Pflicht, seine Kinder mit möglichster Sorgfalt zu erziehen, besonders auf ihre Bildung und ihr sittliches Verhalten zu sehen, weil Tugend und Kenntnisse von tausendfach höherem Wert sind als alle aufgehäuften Schätze, die man ihnen als Erbteil lassen kann"). Als Erziehungsziel wird heute die Hinführung zu Selbstbestimmung und Selbstverantwortung definiert ( K n ö p f e t FamRZ 85, 1211, 1213 u. Fußn. 34 m. w. Hinw.; zu Fragen der Erziehung auch Schüt£ FamRZ 86, S. 529 und S. 947), „die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht" (OLG Bamberg FamRZ 85, 1175, 1176 unter Hinweis auf BVerfG FamRZ 68, 578; OLG Bamberg FamRZ 91, 1341 unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 K J H G und BVerfG FamRZ 89, 31, 33). Das Grundgesetz setzt zwar Richtpunkte in seinem Grundrechtskatalog; ein Erziehungsziel formuliert es nicht (Gernhuber § 49 III 3). Erziehungsleitbilder finden sich verstreut im BGB (vgl. LidleHaas S. 47 u. Fußn. 38 m. w. Hinw.), so in § 1626 Abs. 2, wonach die Eltern bei der Pflege und Erziehung die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem, verantwortungsbewußtem Handeln berücksichtigen sollen, oder in § 1631 a, wonach die Eltern bei der Berufswahl insbesondere auf Eignung und Neigung des Kindes Rücksicht nehmen sollen. Unter Heranziehung des § 1626 Abs. 2 hat der Richter bei seiner Entscheidung darauf abzustellen, daß das Kind zu einem verantwortungsbewußten, lebenstüchtigen Menschen herangebildet und nicht ohne eigene Willensentscheidung in eine Außenseiterrolle gedrängt wird (OLG Hamburg FamRZ 85, 1284, 1285; Hinz Rdn. 27). 30

Im Rahmen dieser Leitvorstellungen gibt es in einer pluralistischen Gesellschaft unterschiedliche Ansichten über Erziehungsziele im einzelnen und die dahin führenden Erziehungsmethoden, und sie werden häufig auch von beiden Eltern unterschiedlich gesehen und praktiziert, ohne daß dies in einer intakten Ehe dem Kinde zum Nachteil gereichen muß. So können sich eine strengere, auf Leistung bedachte Erziehungsauffassung des Vaters und eine dem emotionalen Bereich und der Selbständigkeit dienlichere Erziehungshaltung der Mutter durchaus gleichwertig gegenüberstehen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 78, 261, 262; Strät^ Rdn. 27 u. Fußn. 41). Es steht dem Richter grundsätzlich nicht zu, Werturteile über den Erziehungsstil abzugeben. Das gilt übrigens auch für den Sachverständigen ( L e m p p S. 121). Solange sich der Erziehungsstil im Rahmen der oben wiedergegebenen Wertvorstellungen und Leitlinien hält, kann jeder Elternteil aus dem weiten Spektrum der möglichen Alternativen die Erziehungsvorstellung verwirklichen, die er für richtig hält. Wenn dies noch tragbar erscheint und kein Mißbrauch vorliegt, steht jedem Elternteil (bzw. dem Alleinsorgeberechtigten) die Befugnis zu, „eigenverantwortlich zu bestimmen, was dem Wohl des Kindes dient" {Oberloskamp Z f J 90, 260). Der Richter darf also nicht seine Erziehungsvorstellungen an die Stelle der (tolerablen) Vorstellungen der Eltern setzen (BVerfG 85, 567, 569; OLG Frankfurt FamRZ 78, 261, 262; Jaeger Rdn. 28, mit Recht ablehnend gegenüber der zu weitgehenden Entscheidung des OLG Stuttgart J Z 85, 848 = N J W 85, 848 = FamRZ 85, 1285 LS m. Anm. Bosch, dazu oben Rdn. 21 und nachstehend Rdn. 37). Er darf nur, wenn in der zugestandenen großen Bandbreite des Erziehungsstils „in den Randbereichen Unterschiede zwischen den Eltern objektiv erkennbar werden", den im Hinblick auf vorgegebene Erziehungsziele 1164

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„besseren" Elternteil dem nur „grundsätzlich geeigneten" Elternteil vorziehen (Coester S. 185 und Staudinger\Coester Rdn. 87). Ein Umzug ins Ausland und ein Aufwachsen in einem anderen Sprach- und Kulturkreis (hier: Italien) ist für ein Kind sogar von Vorteil, wenn es damit „einem zweiten großen europäischen Sprach- und Kulturkreis besonders verbunden" und daneben die deutsche Sprachentwicklung nicht vernachlässigt wird (BGH FamRZ 90, 392 m. Anm. Henrich = EzFamR BGB § 1671 Nr. 5 m. Anm. Münder). Die „deutsche Erziehung" als abstrakte Wert Vorstellung ist heute grundsätzlich kein Maßstab mehr für die Beurteilung der Erziehungsfähigkeit. Überhaupt sind abstrakte Wertvorstellungen in der pluralen Gesellschaft (was ist „gesellschaftlich normal", und wer bestimmt das?) nur noch begrenzt geeignet, als Kriterium und Maßstab für die Erziehungsfähigkeit eines Elternteils zu dienen (generell ablehnend Münder aaO unter Hinweis auf Simitis Festschrift für Müller-Freienfels S. 607 ff und für die Gegenmeinung — Beachtlichkeit allgemeiner Grundwerte — bezugnehmend auf Wegener JZ 85, 848, Bosch FamRZ 85, 1285/86, beide in Anmerkungen zu OLG Stuttgart NJW 85, 67 betr. alternative Wohngemeinschaft; zur Erziehungsproblematik allgemein Braun ZfJ 89, 331 ff). Die Erziehungseignung wird sich deshalb weniger am Erziehungsziel messen lassen — sofern dieses eben noch tolerabel ist — als vielmehr an Persönlichkeitsmerkmalen, die dem Betreffenden die Erziehung erschweren werden. Charaktermängel wie (s. oben Rdn. 26, unten Rdn. 37 ff) starke Aggressivität, Intoleranz, Labilität, Unzuverlässigkeit oder übergroße Härte durch ständige Züchtigungen mindern regelmäßig die Erziehungsfahigkeit. Die bessere Erziehungseignung zwischen zwei Elternteilen ist allerdings kaum 31 „meßbar" und — auch aus der Sicht des Sachverständigen — schwer festzustellen (.Lempp FamRZ 86, 530, 531; Jaeger Rdn. 28; Schwab Rdn. 131 am Ende; Klemer FamRZ 89, 804, 808: es gibt keine für die erzieherische Eignung geeichten psychologischen Untersuchungsverfahren, deshalb sollten bis zum Erweis des Gegenteils beide Eltern als erziehungsgeeignet angesehen werden). Bei einem vom Sachverständigen als „BorderlinePersönlichkeit" bezeichneten Elternteil, bei dem noch keine psychopathischen Wesenszüge in einem das Kindeswohl gefährdenden Ausmaß vorliegen, hat das OLG Düsseldorf (ZfJ 88, 466 = FamRZ 89, 804 LS) die Erziehungsfähigkeit bejaht. Immerhin stehen oft objektivierbare Handlungs- und Verhaltensweisen zur Verfügung, deren Wertung eine Zukunftsprognose zuläßt {Jaeger aaO), welcher von beiden Elternteilen besser zur Erziehung geeignet sein wird. Ist dies nicht der Fall, dann empfiehlt Lempp (aaO), nur bei objektiv feststellbaren Gründen wie psychischer Krankheit, Alkoholismus, neurotischer Bindung und dergleichen von einer minderen Erziehungseignung auszugehen (die dann noch durch die stärkere Kindesbindung ausgeglichen werden könne, s. dazu auch KG FamRZ 83, 1159, 1160). Eine besondere Fallgruppe stellen die Kindesentführungen dar: Ein Elternteil bringt 32 eigenmächtig das Kind in seine Obhut, hält es versteckt und unterbricht alle Kontakte zum anderen Elternteil, ohne daß eine akute Notlage für ein solches Verhalten vorgelegen hätte. Durch eine solche Handlungsweise wird das Kind im Einzelfall regelmäßig Nachteile erleiden; das weckt Zweifel an der Erziehungseignung des Entführers (Coester S. 239 u. Fußn. 351 sowie S. 204 u. Fußn. 155; Jaeger Rdn. 29). Eine eigensüchtige Kindesentführung durch einen Elternteil kann so erhebliche Persönlichkeitsmängel offenbaren, daß er schlechthin ungeeignet zur Erziehung erscheint (KG FamRZ 83, 1159, 1161 m. w. Hinw.; im konkreten Fall hat das KG zwar Persönlichkeitsmängel festgestellt, aber deshalb noch nicht die Erziehungseignung schlechthin abgesprochen). Es kommt immer auf die Umstände an. Wenn „sich der Vorgang ebensogut als Rückführung der Kinder beurteilen läßt", und auch dem andern Elternteil fehlsames Hans-Werner Fehmel

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Handeln vorzuwerfen ist, kommt der Entführung/Rückführung „keine ausschlaggebende Bedeutung zu" (OLG Hamburg ZfJ 88, 94, 96 m. w. Hinw. zur Kindesentführung in der Fußnote, Leitsatz d. Entschdg. FamRZ 88, 425). Ebensowenig spricht es gegen die Erziehungsfähigkeit (des aufnehmenden Eltemteils), wenn sich ein 10-jähriges Kind selbst dem andern, sorgeberechtigten Eltemteil entzieht und sich der Rückkehr zu ihm nachhaltig widersetzt (OLG Düsseldorf ZfJ 88, 466, 467 = FamRZ 89, 204 LS). Ähnlich entschied OLG Schleswig (FamRZ 90, 433, 435): Zwar sei es grundsätzlich negativ zu bewerten, wenn ein Elternteil dem berechtigten Herausgabeverlangen des andern nicht nachkam, aber bei ausgeprägter Aversion des damals 10-jährigen Kindes gegen diesen andern Elternteil komme es auf die Einzelheiten des Verbleibens beim Nichtsorgeberechtigten nicht an. Die Erziehungseignung kann auch dann noch gegeben sein, wenn die Mutter die Kinder gegen den Willen des Vaters von Italien nach Deutschland verbringt und dabei von der Vorstellung beherrscht wurde, vorrangig zum Wohle der Kinder zu handeln, weil sie unter „untragbaren Umständen" beim Vater lebten (OLG Hamm FamRZ 88, 1198, 1200). Wird das Kind von dem aus der gemeinsamen Wohnung ausziehenden Elternteil mitgenommen, so kann — auch bei gleicher Erziehungseignung — eine vorläufige Anordnung im Rahmen des § 1672 zu Gunsten des verbleibenden Elternteils erforderlich sein, wenn das Kind diese Änderung seiner Lebensverhältnisse nicht verkraftet (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 304, 305). Steht beiden Eltern das Sorgerecht noch gemeinsam zu, so gereicht es demjenigen, dem das Kind zum Besuch „überlassen" wurde, nicht zum Nachteil, wenn er das Kind nicht zurückgibt (OLG Frankfurt FamRZ 90, 550). Andererseits sind eventuelle Uberreaktionen des Elternteils, dem das Kind durch Täuschung weggenommen wird, menschlich verständlich und sprechen bei der Sorgerechtsentscheidung nicht gegen ihn (OLG Koblenz FamRZ 89, 204, 205). — Das Recht der elterlichen Sorge ist ein absolutes Recht i. S. v. § 823 I BGB. Bringt der andere Elternteil unter Verletzung dieses Rechts das Kind an sich, und verheimlicht er dessen Aufenthalt, so ist er auch zum Ersatz der (oft erheblichen) Privatdetektivkosten verpflichtet (BGH FamRZ 90, 966). Zur Kindesentführung bei gemischt-nationalen Ehen s. unten Rdn. 134 am Ende. 33 Zeichnet sich die Gefahr einer Kindesentführung ab, so kommen als Präventivmaßnahmen in Betracht das Verbot, das Kind überhaupt über die Landesgrenze zu bringen, oder die Hinterlegung von Personalpapieren, ferner die Anordnung der Anwesenheit Dritter beim Umgang (Martiny Festschrift für M. Ferid S. 316/317). Zuständig für solche Präventivmaßnahmen ist dann — wenn bereits eine Sorgerechtsentscheidung vorliegt und die vorbeugende Maßnahme unabhängig vom Umgangsrecht der Entführungsgefahr vorbeugen soll — das Vormundschaftsgericht im Rahmen des § 1666 BGB (OLG Köln FamRZ 85, 1059). Dem nichtsorgeberechtigten Elternteil kann auch durch vorläufige Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht (bei drohender Kindesentführung) entzogen und ihm ohne vorherige Anhörung die sofortige Kindesherausgabe aufgegeben werden (OLG Zweibrücken FamRZ 84, 931; Gießler Rdn. 318). 34 Die Ermittlung und Rückführung der besonders von Nichtsorgeberechtigten ins Ausland entführten Kinder ist oft ungeheuer schwierig und manchmal aussichtslos (vgl. zur Problematik der Herausgabe/Rückführung Cristian DAVorm 83, 417 —440 und 690-696; OLG Düsseldorf FamRZ 84, 194 m. Anm. Bosch S. 196; bei Kindesentführung in die USA s. DAVorm 84, 805 — „Neue rechtliche Möglichkeiten"; s. a. „Internationale Kindesentführungen und Mittel, ihnen zu begegnen" v. Deschenaux ZfJ 87, 97 ff; vgl. ferner z. B. die DIV-Gutachten ZfJ 85, 456 betr. Rückführung in Italien befindlicher Kinder und DIV-Gutachten ZfJ 86, 209; zur Einschaltung des ISD s. Baer FamRZ 85, 767; weitere Literatur s. Bergerfurth Rdnrn. 121 mit Fußn. 34, 173 g und 367). 1166

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Kindesentführungen werden häufig inszeniert in der Absicht, über das Kontinuitäts- 3 5 prinzip eine Sorgerechtsentscheidung zugunsten des entführenden Elternteils zu erzwingen. Er meint, wenn er erst lange genug das Kind in seiner Obhut und an sich „gebunden" hat, müsse das Gericht ihm das Sorgerecht schon aus Gründen der Kontinuität zusprechen. Diese Argumentation führte nicht selten zum Erfolg, weil dem Kontinuitätsprinzip im Interesse des Kindeswohls die entscheidende Bedeutung beigemessen wurde (vgl. Lamprecht, Kampf ums Kind, 1982, S. 42 ff; Schwab Rdn. 131). Der Bindungsaspekt kann dem entführenden Elternteil auch heute noch das Sorgerecht eintragen (KG FamRZ 83, 1159, 1160; Schwab aaO). Die Wegnahme des Kindes kann aber, wenn dabei auf das Kindeswohl keine Rücksicht genommen. und seine Entwicklung durch das Herausreißen aus seinem persönlichen und sozialen Umfeld sowohl im körperlichen als auch im geistig-seelischen Bereich empfindlich beeinträchtigt wird, eine solche Rücksichtslosigkeit und Eigensüchtigkeit des elterlichen Verhaltens offenbaren, daß darin ein erheblicher Mangel an Erziehungseignung gesehen werden muß. Selbst wenn es dem entziehenden Elternteil gelingt, das Kind in eine neue Umgebung zu integrieren, steht die so „ertrotzte Kontinuität" einem Herausgabeverlangen des anderen, bisher sorgeberechtigten Elternteils auch dann nicht ohne weiteres entgegen, wenn diesem das Kind spürbar entfremdet wurde (OLG Bamberg FamRZ 87, 185 = EzFamR Nr. 1 zu BGB § 1632). Das Fehlverhalten des entziehenden Elternteils, aber auch der Pflegeeltern, die das Kind nicht herausgeben, ändert „nichts daran, daß die weitere Verfestigung ihrer Beziehung zu diesem auf ihrem eigenen Verhalten beruht, das sie sich zurechnen lassen müssen" (BVerfG FamRZ 89, 31, 33 im Falle von Pflegeeltern); letztlich entscheidend für die Frage der Herausgabe ist das Ausmaß der Beeinträchtigung für das Kind, also das Kindeswohl (BVerfG aaO). Sind die (3- und 6-jährigen) Kinder mehr als 1 Jahr bei der Mutter, die sie gegen den Willen des Vaters von Italien nach Deutschland verbracht hat, so spricht (auch) der Gesichtspunkt der Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehung dafür, sie bei der Mutter zu belassen und ihr die elterliche Sorge zu übertragen (OLG Hamm FamRZ 88, 1198, 1200). Wenn ein Elternteil seine haßerfüllte Haltung gegen den andern an die Kinder 3 6 weitergibt, handelt es sich dabei zunächst nur um ein erzieherisches Versagen in Teilbereichen, das ihn nicht als „total erziehungsunfähig" erweist; es muß „auch bei der Sorgerechtsübertragung ... als vielfach unvermeidlich notfalls in Kauf genommen werden", wenn es durch eine starke Bindung ausgeglichen bzw. überwogen wird (BGH FamRZ 85, 169, 171; KG FamRZ 83, 1159; Schwab Rdn. 131 und Fußnoten 9, 10 daselbst m. w. Hinw.). Anders liegt der Fall, wenn beim negativ beeinflußten Kind noch keine ausgeprägte Ablehnungshaltung gegen den andern Elternteil feststellbar ist; dann kann die mangelnde Erziehungseignung des betreuenden Elternteils — trotz Kontinuitätsinteresse — dazu führen, dem andern Elternteil das Sorgerecht zu übertragen (OLG München FamRZ 91, 1343). Zur Frage der Erziehungseignung lassen sich im einzelnen folgende Fallgruppen unterscheiden (im Anschluß an Schwab Rdnrn. 132—144): Persönlichkeitsmängel können die Erziehungseignung beeinträchtigen, etwa die 3 7 Neigung zu Gewalttätigkeit oder Kriminalität. Liegen die Straftaten allerdings längere Zeit zurück, so mindert das die Erziehungsfähigkeit nicht unbedingt (OLG Hamm FamRZ 67, 412; Strät^ Rdn. 33; Schwab Rdn. 136). Auch die Art der Straftat ist für die Beurteilung der Erziehungsfahigkeit von Bedeutung (Strät£ aaO). So hat z. B. eine Freiheitsstrafe des Vaters wegen Trunkenheit am Steuer, Urkundenfälschung und Fahrens ohne Führerschein (in Verbindung mit dem Umstand, daß er sich sofort nach der Haftentlassung trotz seiner Berufstätigkeit um das Kind kümmerte), keine Bedenken Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

gegen seine (bessere) Erziehungsfähigkeit ausgelöst, zumal die Mutter der Prostitution nachging (OLG Hamm FamRZ 80, 484). Ein wiederholt vorbestrafter und noch unter Bewährungsaufsicht stehender Elternteil ist allerdings kaum in der Lage, das in Gesetz und Verfassung verankerte Erziehungsziel, das er offensichtlich selbst nicht erreicht hat, für sein Kind zu gewährleisten (OLG Bamberg FamRZ 91, 1341). Suchtkrankheiten — selbst frühere, wenn sie zu bleibenden Persönlichkeitsschäden geführt haben — mindern regelmäßig die Erziehungsfähigkeit. Problematisch ist die gleichgeschlechtliche Veranlagung eines Elternteils. Das AmtsG Mettmann (FamRZ 85, 529) hat einer lesbischen Mutter, die mit ihrer Lebensgefährtin zusammenlebt, das Sorgerecht über den 5-jährigen Sohn übertragen. Abgesehen von der Gefahr der Wahrnehmung sexueller Praktiken muß das Kindeswohl dadurch nicht zwangsläufig gefährdet werden, weil die Situation vom Kind nicht grundlegend anders empfunden wird wie bei Aufwachsen etwa mit Mutter und Tante (Luthin in der Anm. zu dieser Entscheidung, aaO S. 530). Wichtig ist, daß das Kind nicht in eine soziale Außenseiterrolle gedrängt wird (Hins^ Rdn. 33). Die wiederum wird bestimmt von den herrschenden gesellschaftlichen Anschauungen, die z. B. in Großstädten großzügiger sein können als auf dem Lande (gegen die Erziehungseignung bei gleichgeschlechtlicher Veranlagung Schwab Rdn. 136, weil nach seiner Meinung Sexualität und Erziehungsverhalten sich nicht völlig trennen lassen). Hingegen wird der Umstand, daß ein Elternteil mit dem Kind in einer alternativen Wohngemeinschaft mit dem Gruppenziel einer befreiten Sexualität lebt, wobei das Kind in der Vergangenheit dem Intimverkehr zusehen konnte, gegen die Erziehungseignung sprechen (a. A. OLG Stuttgart FamRZ 85, 1285 LS m. abl. Anm. Bosch = J Z 85, 848 m. abl. Anm. Wegener, ablehnend auch Schwab aaO und Strüth Rdn. 27: „schwer nachvollziehbar"; Hin% Rdn. 33 differenziert, „ob und in welchem Umfang das Kind Anteil an den dazu gehörigen Vorgängen hat und wie die Mutter ihr eigenes, für das Kind wahrnehmbares Leben gestaltet"). Das Zusammenleben mit einem (heterosexuellen) anderen Partner — auch wenn dieser verheiratet ist — stellt keinen die Erziehungseignung beeinträchtigenden Persönlichkeitsmangel dar, weil es die Entwicklung kindlicher Wertvorstellungen keineswegs regelmäßig gefährdet (Hin£ Rdnrn. 33 und 81; Weber FamRZ 73, 285, 286). Allerdings muß sich das Gericht, bevor es das Sorgerecht zuteilt, auch ein Bild von dem neuen Lebenspartner machen (OLG Köln FamRZ 80, 1153; Hinz a a ° ; Schwab Rdn. 136; Jaeger Rdn. 30 m. w. Hinw.). Das OLG Schleswig (FamRZ 90, 433 m. Anm. Luthin) hat das Sorgerecht, dem Willen des 11-jährigen Mädchens entsprechend, auf den Vater übertragen, der seit einer nach der Scheidung durchgeführten Geschlechtsanpassung als „dem weiblichen Geschlecht zugehörig" angesehen wird. 38

Körperliche Züchtigung des Kindes, insbesondere wenn sie häufig geschieht, kann die Erziehungseignung in Frage stellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß Eltern grundsätzlich „zur maßvollen körperlichen Züchtigung berechtigt" sind (BGH, 4. Strafsenat, FamRZ 88, 717 LS); zwar sind entwürdigende Erziehungsmaßnahmen unzulässig, § 1631 Abs. 2, aber selbst die Verwendung eines Schlaggegenstandes ist, für sich genommen, noch keine entwürdigende Behandlung, sondern wird es erst unter Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Umstände (BGH FamRZ 88, 717 LS, umstritten: vielfach wird das Züchtigen mit Gegenständen schon als eine Verletzung der Würde des Kindes angesehen, Kun% Z f J 90, 52, 55 m. w. Hinw., z. B. beim Werfen mit einem Holzscheit oder mit einer Gießkanne, vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 86, 1034, 1035). Die Grenzen zwischen strafrechtlich verfolgbarer Mißhandlung und dem Züchtigungsrecht als Teil der elterlichen Personensorge sind fließend. Entwürdigend und deshalb unzulässig ist eine Maßnahme, die das kindliche Selbstwertgefühl verletzt (BT-Drucks. 8/2788 S. 48). Davon abgesehen kommt es auch darauf an, ob die 1168

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

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Maßnahme durch den Anlaß gerechtfertigt ist (Kurr.j ZfJ 90, 52 ff, 53). Auch wenn ein Elternteil die übermäßige Züchtigung des andern duldet, kann er einen Sorgerechtsmißbrauch begehen (OLG Frankfurt FamRZ 80, 826, 827). Bei ausgeprägtem Ungehorsam zweier 8- und 10-jähriger Mädchen ist nach OLG Bamberg (FamRZ 88, 750, 751) „ein von bloßem Zureden über lauteres Tadeln zu leichter körperlicher Züchtigung übergehender Erziehungsstil nicht nur berechtigt, sondern sogar erforderlich, will man die Kinder nicht undiszipliniert und ohne sie auf das spätere Leben in und mit einer Gemeinschaft vorzubereiten, heranwachsen lassen" (vgl. die Beispiele bei Kun^ ZfJ 90, 52 ff, 54). Die körperliche Züchtigung von Kindern (in Norwegen z. B. schlechthin verboten) muß heute die Ausnahme bleiben. Allerdings muß bei der Bewertung der Erziehungsfähigkeit des betreffenden Elternteils die Maßnahme immer in der Gesamtschau aller Umstände gesehen werden. Häufig werden Vorfälle vom andern Elternteil vor Gericht „hochgespielt", möglichst unter Berufung auf Zeugen, die aber zur Entwicklung bis zu dem Vorfall nichts aussagen können. Ein Fehlvefhalten gegenüber dem anderen Ehegatten sollte nach dem Willen des 39 Gesetzgebers mit dem Übergang vom Verschuldens- zum Zerrüttungsprinzip auch bei der Sorgerechtsentscheidung keine Rolle mehr spielen (vgl. die Streichung des alten § 1671 Abs. 3 S. 2: Übertragung der elterlichen Sorge auf den schuldlosen Teil). Das bedeutet jedoch nicht, daß das krasse Fehlverhalten eines Ehegatten gegenüber dem anderen bei der Sorgerechtsentscheidung völlig ausgeblendet werden müßte. Im Rahmen des Ehegattenunterhalts würde es gegen Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 Grundgesetz verstoßen, wenn ein Ehegatte durch einseitiges evidentes Fehlverhalten die Ehe zerstört, indem er den andern unter Mitnahme des Kindes/der Kinder verläßt, um sich einem anderen Partner zuzuwenden — und gleichwohl wegen Kindesbetreuung noch den vollen Ehegattenunterhalt verlangen könnte (BVerfG FamRZ 81, 745, 750; BGH FamRZ 80, 665, 668). Der Gesetzgeber hat dem Rechnung getragen durch die Neufassung des § 1579 Nr. 6 BGB. Auch im Hausratsverfahren können in krassen, einseitigen Fällen die Ursachen der Eheauflösung weiterhin berücksichtigt werden (s. HausrVO, Rdn. 11 zu § 2 m. w. Hinw.). Hinsichtlich der Sorgerechtsentscheidung gilt zwar, daß ein Verschulden am Scheitern der Ehe noch keinen Schluß auf die mangelnde Erziehungseignung zuläßt (wie sich aus der Streichung des § 1671 Abs. 3 S. 2 a. F. ergibt, s. oben). Aus der Sicht des Kindes und dem Gesichtspunkt des Kindeswohls kann es aber — besonders in sogen. Gleichgewichtslagen, wenn sich bei Würdigung aller anderen Aspekte noch keine Präferenz für einen Elternteil ergeben hat — durchaus eine Rolle spielen, wenn ein Elternteil einseitig durch krasses Fehlverhalten das Auseinanderbrechen der Familie herbeigeführt hat (OLG Bamberg FamRZ 85, 528 im Anschluß an OLG Bamberg FamRZ 80, 620). Darin kann (auch) ein Mangel an Verantwortungsgefühl gegenüber dem Kind gesehen werden (Adelmann Rdn. 66; Jaeger Rdn. 31). Das muß aber auf krasse Ausnahmefälle beschränkt bleiben, wobei stets zu prüfen ist, ob sich das Fehlverhalten aus einer krisenhaften Entwicklung und einer Ausnahmesituation erklären läßt (vgl. KG FamRZ 83, 1159, 1161), oder ob diesem Fehlverhalten „nach der Gesamtpersönlichkeit des Elternteils Aussagekraft für das zu erwartende Verhalten gegenüber dem Kind zukommt" (Hin% Rdn. 33), so etwa, wenn das Fehlverhalten „gegen die Mindestgebote mitmenschlichen Umgangs und Respekts" verstieß (Schwab Rdn. 132). Darüber hinaus — also strenggenommen nicht aus dem Gesichtspunkt des Kindeswohls und des Kindesinteresses — kann in Gleichgewichtslagen auch die Überlegung eine Rolle spielen, daß derjenige Elternteil eher das Verlustrisiko tragen sollte, der „ohne einen im Bereich des anderen liegenden triftigen Grund das Ende gemeinsamer Elternsorge herbeiführt" (Schwab Rdn. 14), weil es elementaren Gerechtigkeitserwägungen widerstreitet, „einen Ehegatten, den der andere zugunsten einer neuen Partnerschaft aus der Ehe verstoßen hat, auch Hans-Werner Fehmel

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noch der Verbindung zu seinen Kindern zu berauben" (Schwab Rdn. 172). Der Verstoß gegen das Elternrecht des verlassenen Ehepartners ist nicht nur ein Gesichtspunkt bei der Versagung oder Kürzung des Ehegattenunterhalts (vgl. BVerfG FamRZ 81, 745, 750 und BGH FamRZ 80, 665, 668), sondern auch ein bei der Sorgerechtsentscheidung zu berücksichtigender Aspekt (so auch Strät^ Rdn. 34; a. A. Jaeger Rdn. 31, der darin eine „Sanktion gegen ehefeindliches Verhalten" sieht, und Kropholler'm J Z 84, der zwar S. 164 daselbst bejaht, daß der Ehegatte, der sich gegenüber dem anderen kraß fehlverhalten hat, in der Regel nicht die Erziehungseignung haben wird, es aber auf § 165 daselbst ablehnt, kindeswohlfremde Kriterien, wie die Schuld an der Scheidung oder die Ursachen der Ehezerrüttung, in der Patt-Situation als „tie-braker" zu benutzen, weil dies dem absoluten Primat der Kindesinteressen gegenüber Drittinteressen widerspreche; ein solcher Widerspruch entsteht aber nicht, wenn man — wie oben Rdn. 23 dargelegt — auch die Elterninteressen in begrenztem Umfang für berücksichtigungsfähig hält). 40

Die Überwindung der Trennung ist als Gesichtspunkt für die Sorgerechtsentscheidung „problematisch" (so zutreffend Schwab Rdn. 133). Auf der einen Seite erscheint es „nicht angebracht, den unter der Scheidung stärker leidenden Teil für die Sorgerechtsausübung zu disqualifizieren". Auf der anderen Seite wird es häufig — über das Umgangsrecht und dessen Ausübung — auf das Kind zurückschlagen, wenn ein noch stark unter dem Scheitern der Ehe leidender Elternteil das Sorgerecht erhält. Es besteht die Gefahr, daß dieser Elternteil seine Enttäuschung aufarbeitet, indem er das Umgangsrecht des anderen Eltemteils hintertreibt, was zwangsläufig auf Kosten des Kindeswohls geht. Zu der erforderlichen Toleranz im Umgang mit dem anderen Elternteil (Adelmann Rdn. 52) wird er nicht in der Lage sein. Bei der Vielzahl der Gesichtspunkte, die in die Beurteilung der Erziehungseignung einfließen, wird es allerdings nur selten dazu kommen, daß die (bessere/schlechtere) Überwindung der Trennung den Ausschlag gibt. Ist dies aber der Fall, dann ist die Prognose, welcher Elternteil besser zur Erziehung geeignet sein wird, allein unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls zu treffen. Sind von einem Elternteil, wenn er die elterliche Sorge erhält, (wegen NichtVerarbeitung der Scheidung und daraus resultierender Aversionen gegen den anderen Elternteil) Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts zu erwarten, so wird dies gegen seine Eignung sprechen.

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Ein gestörtes Verhältnis zum Kind, etwa weil es unerwünscht war, oder weil der väterliche Elternteil Zweifel an seiner Erzeugerschaft hat, kann ebenfalls gegen die Eignung sprechen (Schwab Rdn. 134; Adelmann Rdn. 67). 42 Die Krankheit eines Eltemteils kann dann gegen seine Erziehungseignung sprechen, wenn es sich um eine schwere psychische Erkrankung handelt. Der Umstand, daß ein labiler Elternteil das Kind als psychischen Halt benötigt und für den Fall, daß ihm das Kind weggenommen wird, mit Selbstmord droht, kann nicht zugunsten dieses Elternteils gewertet werden, da bei der Sorgerechtsentscheidung das Kindeswohl der Maßstab ist und nicht das Elterninteresse (Adelmann Rdn. 69). Suchtkrankheiten (Alkohol, Tabletten, Drogen) sprechen ebenfalls gegen die Erziehungseignung (BayObLG FamRZ 85, 522, 523, insoweit nicht beanstandet von BVerfG FamRZ 87, 786; Jaeger Rdn. 28). Auch ein durch frühere Suchtkrankheit in seiner Persönlichkeit zu stark geschwächter Elternteil weckt Zweifel an seiner Erziehungsfähigkeit (Straff Rdn. 33 unter Hinw. auf BayObLG FamRZ 76, 534 betr. frühere Alkoholsucht). Körperliche Gebrechen beeinträchtigen die Erziehungseignung in der Regel nicht (Schwab Rdn. 135: anders z. B., wenn der das Sorgerecht für ein Kleinkind erstrebende Elternteil sich demnächst einer stationären Behandlung von unabsehbarer Dauer wird unterziehen müssen, so daß die Ausübung des Sorgerechts auf unbegrenzte Zeit unmöglich oder doch stark beeinträchtigt sein würde). Selbst Aids ist kein Grund, die Erziehungseignung zu verneinen; hat sich ein 1170

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Eltemteil mit dem HIV-Virus infiziert, so kann gleichwohl von einer im Verhältnis zu den sonstigen, stets gegebenen Lebensrisiken ins Gewicht fallenden Wahrscheinlichkeit, daß das Kind angesteckt wird, nicht ausgegangen werden (OLG Stuttgart N J W 88, 2620 = FamRZ 89, 89 LS; Schwab aaO). Religion und Weltanschauung beeinträchtigen grundsätzlich nicht die Erziehungsfä- 4 3 higkeit. Sind beide Eltern z. B. Anhänger der Bhagwan-Sekte, so können sie aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses auch das Kind an Bhagwan binden; der einseitige Entschluß eines Elternteils kann allerdings die Gefahr in sich bergen, daß das in seiner Obhut befindliche Kind ohne eigene fundierte Willensentscheidung und ohne hinreichende Einflußmöglichkeit in eine Außenseiterrolle gedrängt wird, was gegen die Erziehungseignung sprechen könnte (OLG Hamburg FamRZ 85, 1284, 1285, die Erziehungseignung im konkreten Fall gleichwohl bejahend). Gegen die Erziehungseignung spricht es, wenn dem Kind ohne Rücksicht auf Gewissensnöte oder seelische Erschütterung ein Religions- oder Konfessionswechsel zugemutet wird (Adelmann Rdn. 68; Strät^ Rdn. 33). Für die bessere Erziehungseignung spricht bei Religions- und Bekenntnisverschiedenheit der Eltern der Umstand, daß das Kind dem einen Elternteil weltanschaulich nähersteht (Schwab Rdn. 137). Die Berufstätigkeit war in der Vergangenheit häufig Anlaß für die Versagung des 4 4 Sorgerechts. Betroffen waren meistens die Väter, die aufgrund der überkommenen Rollenverteilung in der Ehe den Lebensunterhalt der Familie allein oder überwiegend verdienten. Der Versuch, eine bessere Ausgangsposition für das Sorgerechtsverfahren durch Einschränkung der Berufstätigkeit zu erreichen, kann deshalb nicht zum Erfolg führen, weil es nicht dem Kindeswohl dient, seinen Unterhalt vielmehr beeinträchtigt, wenn Eltern ihre wirtschaftliche Lage verschlechtern, um im Elternstreit um das Sorgerecht zu obsiegen (vgl. Hin% Rdn. 30; Schwab Rdn. 141 a. E.): Um den berufstätigen Elternteil nicht von vornherein zu benachteiligen, wurde zunehmend eine zeitweilige Fremdbetreuung des Kindes akzeptiert (dazu im einzelnen Zen^Salgo, Zur Diskriminierung der Frau ..., S. 20ff, 26; Hin^ Rdn. 30), was allerdings eine unterhaltsrechtliche Überlegung herausfordert: wenn man hinnimmt, daß das Kind während der Arbeitszeit des sorgeberechtigten Vaters fremdbetreut wird, dann ist es auch einer sorgeberechtigten Mutter eher zumutbar, mitzuarbeiten, d. h. ihr Anspruch auf Unterhalt nach § 1570 BGB könnte eine strengere Beurteilung erfahren (vgl. Fehmel FamRZ 83, 971, 972). Oft kann eine geringere Betreuungsleistung durch andere Faktoren ausgeglichen werden. „Wenn das Kind zu einem Elternteil, der wegen einer ganztägigen Beschäftigung eine geringere Betreuungsleistung erbringen kann als der andere, dennoch eine stärkere innere Beziehung entwickelt hat, so muß das bei der Sorgerechtsentscheidung berücksichtigt werden ...; ein Primat der nicht oder nur halbtags beschäftigten Mutter bei Sorgerechtsregelungen besteht daher nicht von vornherein" (BVerfG FamRZ 81, 124, 127 unter II 3; vgl. a. Lempp, Die Ehescheidung und das Kind, S. 32). Andererseits steht das Kontinuitätsprinzip nicht entgegen, der (gut geeigneten) Mutter das Sorgerecht zu übertragen, wenn der Vater in der Trennungsphase die Erziehung des Kindes ohne eigenen mitbestimmenden Einfluß der Großmutter überlassen hatte (OLG Hamm FamRZ 80, 487; Hin% Rdn. 32). Die Selbstbetreuung durch einen Elternteil ist grundsätzlich die bessere Alternative als die Drittbetreuung, auch wenn es sich um die Großeltern handelt (Strät% Rdn. 27; Jaeger Rdn. 24; Hin% Rdn. 32). Allerdings können die während der Betreuung durch die Mutter des Vaters gewachsenen Kindesbindungen für das Sorgerecht des Vaters selbst dann sprechen, wenn die entstandenen Beziehungen des Kindes zu ihm nicht so stark sind wie zur Mutter (OLG Hamm FamRZ 80, 485; Jaeger Rdn. 43; Adelmann Rdn. 59). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Berufstätigkeit Hans-Werner Fehmel

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eines Ehegatten und die daraus sich ergebende zeitweise Drittbetreuung heute nicht mehr gegen die Zuteilung der elterlichen Sorge spricht, wenn das Kind angemessen — ggf. auch durch den neuen Lebensgefährten — betreut wird und dem Elternteil noch genügend Zeit und Gelegenheit bleibt, sich dem Kind zuzuwenden (OLG München FamRZ 91, 1343 ff, 1346; Schwab Rdn. 141; Hinz Rdn. 30); wenn er hingegen die Erziehung gar nicht mehr selbst verantwortet, sondern Großeltern, anderen Verwandten oder Dritten überläßt, wirkt dies bei der Abwägung zu seinem Nachteil (Schwab aaO). 45 Ein Muttervorrang („Mutter-Bonus") bei der Sorgerechtszuteilung wird heute allgemein abgelehnt. In der ursprünglichen Fassung des § 1635 BGB war er dergestalt enthalten, daß bei beiderseitiger Schuld der Ehegatten an der Scheidung der Mutter die Personensorge für einen Sohn unter 6 Jahren und für eine Tochter zugesprochen werden sollte (s. oben Rdn. 1). Mit der Einführung des Kindeswohls als Richtschnur durch das EheRG 38 wurde diese starre Regelung zwar abgebaut. Der Gedanke an einen biologischen, „von der Natur her" oder aus allgemeiner Lebenserfahrung abgeleiteten Muttervorrang (vgl. Jaeger Rdn. 27 m. w. Hinw.) beherrschte Rechtsprechung und Literatur aber auch weiterhin. Erst allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, daß eine MutterPräferenz auch für kleinere Kinder heute keine wissenschaftliche Grundlage mehr hat (.Fthenakis FamRZ 85, 662 u. Fußn. 6, 7 das. gegen Lempp Gerichtliche Kinder- und Jugendpsychiatrie S. 115). Es entspricht auch dem Gleichberechtigungsgrundsatz, „wenn Sorgerechtsregelungen, die bei widerstreitenden Interessen geschiedener Ehegatten notwendig werden können, nicht von vornherein von einem Primat der Mutter ausgehen" (BVerfG FamRZ 81, 429, 434 unter C I 3 mit Bezugnahme auf BVerfG FamRZ 81, 124 ff). Was allerdings nicht dazu führen darf, die Betreuungsleistung der Mutter auszublenden, weil die Rollenverteilung in der intakten Ehe einvernehmlich erfolgt sei und der erwerbstätige Vater, durch seine Arbeit an gleichwertiger Betreuungsleistung gehindert, sonst bei der Sorgerechtsentscheidung von vornherein im Nachteil sei (so aber AmtsG Landstuhl FamRZ 90, 1025). Dabei wird übersehen, daß die Mutter zwar ganz einfach auf Grund ihrer durch die Rollenverteilung günstigeren Ausgangsposition die größere Chance hat, die primäre Bezugsperson zu werden — ob sie es geworden ist, muß aber in jedem Fall sorgfältig geprüft werden {Ell Z f J 89, 271, 272/273; ders. Z f J 88, 436 ff, auch zur Psychoanalyse und zur Bindungslehre als den beiden Stützen des Mutterprimats). Häufig werde im Scheidungstermin selbst erst der Primat der Mutter ausgespielt und in der Erörterung der zunächst noch unentschlossene Vater dazu gebracht, auf das Sorgerecht zu verzichten und sich mit dem Umgangsrecht zufriedenzugeben — ohne die Kinder zu fragen (Jopt Z f J 90, 285, 286). Aber: Die Sorgerechtspraxis kann sich „nicht schneller ändern als die soziale Realität, die nach wie vor durch das Vorherrschen einer strikten Rollenteilung die Entstehung einer ausschließlichen oder doch an Intensität deutlich überlegenen Mutter-Kind-Bindung begünstigt, insbesondere in den ersten Lebensjahren des Kindes" {Zen^jSalgo, Zur Diskriminierung der Frau ..., S. 33). Wenn das Sorgerecht „auch heute noch ganz überwiegend der Mutter" zugesprochen wird ( M a r t i n y Festschrift für M. Ferid S. 309 ff, 310; vgl. a. Simitis Festschrift für MüllerFreienfels S. 579ff, 603), und zwar in 8 0 - 9 0 % der Fälle {Salgo Neue Praxis 1988, 150, 151, nach Simitis aaO in 70—80% der Fälle), so hat das seinen Grund nicht in einer — gleichsam vorgegebenen — Mutterpräferenz, sondern eben in dem überkommenen Rollenverständnis, wonach in der intakten Ehe regelmäßig der Vater arbeitet und die Mutter die Kinder betreut und aufzieht {Coester S. 222; StaudingerfCoester Rdn. 61; Fehmel FamRZ 83, 971, 972; ders., FamRZ 86, 29 — Rezension zu Fthenakis, Väter, 2 Bde.). Gesellschaftliche Veränderungen wie Emanzipationsbewegung und zunehmende Berufstätigkeit der Frau (Luthin FamRZ 84, 115 u. Fußn. 11 das. m. w. Hinw.) haben zwar im letzten Jahrzehnt das tradierte Rollenverständnis beeinflußt, aber nicht grundlegend 1172

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wird dem Richter oft nicht erkennbar, zu welchem Eltemteil das Kind die stärkeren, tragfähigeren Bindungen hat. Dann muß, wenn es auf diesen Gesichtspunkt entscheidend ankommt, im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§12 FGG) ein Sachverständigengutachten eingeholt werden (es sei denn, der Richter geht von etwa gleich starken Bindungen zu beiden Eltern aus und hält „nach anderweitigen Kriterien Ausschau", Staudingerj Coester Rdn. 108 am Ende unter Bezugnahme auf OLG Hamm FamRZ 85, 637, 638). Der Beweisbeschluß sollte sich nicht auf die Wiedergabe tatbestandsmäßiger Formulierungen beschränken, sondern die vom Sachverständigen zu beantwortende(n) Frage(n) möglichst präzise fassen (Hin% Rdn. 94). An das Ergebnis des Gutachtens ist der Richter nicht gebunden; wenn er abweicht, muß er aber im einzelnen stichhaltig begründen, warum er dem Gutachten nicht folgt (Hin^ aaO). Der Sachverständige wird sich zur Erhebung des psychischen Befundes an die klassischen Methoden seines Fachgebietes zu halten haben ( L e m p p S. 70, femer S. 56 ff, 59). In einer Art „Fehlererkennungssystem" hat Klemer (FamRZ 89, 805) versucht, dem Richter ein Raster an die Hand zu geben, um die häufigsten Untersuchungsfehler psychologischer Gutachten herauszufiltern (s. a. Kaltenborn zu den Entscheidungskriterien im Rahmen der Sachverständigenbegutachtung, Z f J 89, 60 ff). Hinzu kommt die Schwierigkeit einer „verläßlichen und gültigen Interpretation" der Äußerungen des Kindes (Kaltenborn fragmente 22, 149 ff; zur Fragwürdigkeit ihrer Deutung schon OLG Frankfurt DAVorm 79, 130, 131), die immer mehr oder weniger subjektiv gefärbt sein wird. Das gilt vor allem für den Test, der nur eine, wenn auch wohl wichtige, Methode „Zur Diagnostik der emotionalen Beziehungen" des Kindes darstellt (Ell ZfJ 89, 271 ff, als weitere Methoden, die zur Verfügung stehen, nennt Ell die Analyse des Lebenslaufes des Kindes, die Exploration und die Verhaltensbeobachtung). Auf Kritik stoßen bei den Tests vor allem die sogen, projektiven Persönlich- 6 0 keitstests. Sie bieten einen Reiz, z. B. werden dem Probanden Bild- oder Kleckstafeln vorgelegt, und als Reaktion soll er dazu eine Geschichte erzählen oder eine Deutung produzieren; Kinder sind damit häufig überfordert, ihre Äußerungen gehen nicht in die (erwünschte) „Richtung Familie", oder ihre Assoziationen haben Zusammenhänge, die dem Gutachter verborgen bleiben (Ell aaO S. 275). Neben diesen projektiven Persönlichkeitstests im engeren Sinne wie etwa dem Thematischen-Apperzeptions-Test, dem Rohrschach-Test und dem Szeno-Test, gibt es eine Vielzahl anderer Testverfahren, etwa den Test mit Tieren, mit verschiedener und mit eingeschränkter Personenzahl usw. (Ell aaO S. 274/275, s. auch die Aufzählung bei Mär\ FamRZ 79, 340, Anm. zu OLG München FamRZ 79, 337). Ell sieht in solcher Testung unter Bezugnahme auf Wegener „geradezu die via regia, wenn sie gekonnt durchgeführt wird". In der Sachverständigenanhörung 1977 zum neuen Sorgerechtsgesetz bezeichnete auch Remschmidt (s. Sachverständigenanhörung S. 66), solche projektiven Tests als verläßliche psychologische Methoden und rechnete sie ebenfalls zu den wichtigsten wissenschaftlichen Methoden, um die Beurteilungsfähigkeit eines Kindes festzustellen. Dagegen wird geltendgemacht, derartige Tests zielten auf die Erforschung des Unbewußten ab und seien eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ihre Verwertung daher bedenklich, wenn nicht unzulässig (so OLG München FamRZ 79, 337 ff, 338/339; Hinz Rdn. 94: Zurückhaltung geboten; noch strenger, nämlich grundsätzlich ablehnend gegen jede Verwendung Schwab, Rdnrn. 120, 122, 123, 153). Lempp (S. 112) hält es für vertretbar, sich im Interesse des Kindeswohls über die Entscheidungsunwilligkeit des Kindes hinwegzusetzen und auf projektive Testuntersuchungen zurückzugreifen. Auch aus dem Gesichtspunkt der Amtsermittlungspflicht könne nicht auf solche zusätzlichen Informationen verzichtet werden (OLG Frankfurt DAVorm 79, 130, 132, wobei allerdings eingeräumt wird, „daß die projektiven Tests für sich allein genommen ein unzulängliches Hilfsmittel sind"). Eingriffe in die Gefühlswelt des Kindes mittels tiefenpsychologischer Exploration seien allerdings „nur Hans-Werner Fehmel

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Kriterium gesondert zu werten sind. Hier — im Rahmen der Kontinuität — steht das längerdauernde Betreuungsverhältnis im Vordergrund, und dies ist nur ein (allerdings gewichtiges) Indiz für enge Bindungen (Jaeger aaO). Aus dem Gesichtspunkt des Kontinuitätsprinzips läßt sich also ableiten, daß nach längerwährender, kontinuierlicher Erziehung und Betreuung deren Stetigkeit gewahrt und ein Wechsel tunlichst vermieden werden sollte (Hin% Rdn. 36 unter Hinweis auf BGH FamRZ 85, 169). Ob die indizierten Bindungen tatsächlich entstanden und psychisch-emotional zu einer tragfahigen ElternKind-Beziehung gewachsen sind, ist unter dem besonderen Kriterium der Bindungen des Kindes zu prüfen. 48

b) Die zukunftsorientierte Stabilität, d. h. die Prognoseentscheidung, „bei welchem Elternteil eine kontinuierliche Entwicklung eher gewährleistet sein könnte" (OLG Celle FamRZ 84, 1035), ist ein Teilaspekt des Förderungsprinzips (Jaeger Rdn. 33). Denn danach soll der Eltemteil das Sorgerecht erhalten, der dem Kind voraussichtlich „die besseren Entwicklungsmöglichkeiten vermitteln und ihm die meiste Unterstützung für den Aufbau seiner Persönlichkeit" geben kann (BGH FamRZ 90, 392, 393 unter Bezugnahme auf BVerfG FamRZ 81, 124, 126). Bei dieser Betrachtungsweise steht also das Förderungsprinzip gewissermaßen im Vordergrund (Hin% Rdn. 35), es ist gleichsam der Ausgangspunkt, der definiert, auf welches Kriterium sich die Stabilität erstrecken soll. Wenngleich die verschiedenen Kindeswohlkriterien „letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander" stehen, sondern vom Tatrichter individuell zu gewichten sind (BGH FamRZ 90, 392, 393), wird der Kontinuitätsgrundsatz erst eingreifen, „wenn sich Erziehungseignung und Lebensumstände bei beiden Eltern als annähernd gleichwertig erweisen"; bei gleicher Erziehungsfähigkeit wird das Kind i. d. R. am besten in seiner bisherigen Umgebung zu belassen sein (Hin% aaO; ebenso Strät^ Rdn. 30: bei annähernd gleicher Erziehungsfahigkeit wird in der Regel das Kontinuitätsinteresse den Ausschlag geben).

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Bei der Anwendung des Kontinuitätsgrundsatzes scheint sich das Schwergewicht von der retrospektiven, die Dauer der Betreuung in der Vergangenheit wertenden Betrachtungsweise (oben zu a)) auf die zukunftsorientierte Betrachtungsweise (oben zu b)) verlagert zu haben. Maßgebend ist in erster Linie, welcher Elternteil dem Kind voraussichtlich die besseren Entwicklungsmöglichkeiten in Stetigkeit wird bieten können (BGH FamRZ 90, 392, 393). Die rückschauend zu wertende Dauer der Betreuung soll zwar nicht nur rein äußerlich zu betrachten sein, sondern auch im Hinblick darauf, ob der bisher betreuende Elternteil „innerhalb einer langfristigen Zeitspanne dem Kind eine stetige Entwicklung, Geborgenheit und konsequent durchgeführte Erziehung hat angedeihen lassen" {/Edelmann Rdn. 53); nur ist dies kaum objektivierbar, und die innere, subjektive Seite der Bindungen Eltern-Kind ist (s. oben Rdn. 47) nicht im Rahmen des Kontinuitätsprinzips zu prüfen (hier kann längere Betreuung nur ein Indiz für gewachsene Bindungen sein). Ob (stärkere) Bindungen tatsächlich entstanden sind, ist eine Wertung subjektiver Beziehungen im Rahmen des Kriteriums Kindesbindungen.

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In der Praxis besteht eine starke Tendenz, das Kontinuitätsprinzip wegen seiner scheinbaren Einfachheit und Plausibilität zum ausschlaggebenden Kriterium zu machen (Jaeger Rdn. 34 unter Hinweis auf Coester S. 483 Fußnote 723 und Kropholler J Z 84, 164, 165; Adelmann Rdn. 55: der Kontinuitätsgrundsatz sollte „nicht zum Dogma gemacht" werden; Ell Z f J 88, 436, 437: nicht die Quantität, sondern die Qualität des Zusammenseins ist entscheidend; B a l l o f f , Dissert. Berlin 1990 S. 248; gegen eine „Überbewertung des Kontinuitätsprinzips" auch OLG München FamRZ 91, 1343, 1345). Die Vereinfachung liegt vor allem darin, daß man die retrospektive Sichtweise anwendet (in wessen Obhut war das Kind in den letzten Monaten?). Eine Untersuchung in Berlin bis 1174

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

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1985 ergab, daß „von den Berliner Richtern in den Entscheidungsgründen fast immer auf den Kontinuitätsgrundsatz hingewiesen und dieser als Hauptargument für die getroffene Regelung angeführt" wurde (Lidle-Haas S. 43). Das Ergebnis ist trotz der „schmalen empirischen Basis" nicht nur auf Berlin beschränkt (vgl. Rezension Luthin FamRZ 90, 716). Die leicht feststellbare Dauer der Betreuung sollte daher — auch in ihrer Indizwirkung für stärkere Bindungen — vom Gericht mit Zurückhaltung gewertet werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, „daß offensichtlich die Tatsache, bei wem das Kind lebt, von wesentlicher Bedeutung auch für die Gutachtenempfehlung" des vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist: „Nur knapp ein Viertel der Kinder, die bei Vater oder Mutter lebten, sollte laut Gutachten in die Obhut eines anderen Eltemteils wechseln" ( K l a r j S i e f e t i fragmente 22 S. 167 ff, 177 über eine Auswertung von Sorgerechtsgutachten an der Universität Marburg). Häufig verführt das Kontinuitätsprinzip einen Elternteil dazu, beim Scheitern der Ehe 51 das Kind an sich zu bringen, um bei der späteren Sorgerechtsentscheidung bessere Chancen zu haben. „Sei im Besitze, und du wohnst im Recht" — dieser Rat aus Schillers Wallenstein erscheint manchem auch im Sorgerecht beherzigenswert (dazu Lempp S. 118 und Meyer, Dissert. Marburg 1987, S. 40). In krassen Fällen führt das zur Kindesentführung und zur sogen, „ertrotzten Kontinuität". Dies kann allerdings das Ergebnis haben, daß dem eigenmächtig Handelnden die Erziehungseignung abgesprochen wird (OLG München FamRZ 91, 1343 ff, 1345; s. a. oben Rdn. 32; zur Ersatzpflicht der Privatdetektivkosten vgl. BGH FamRZ 90, 966). Vornehmlich Mütter, die in der Ehekrise überstürzt aus der Ehewohnung ausziehen, stehen oft vor dem Dilemma, das Kind entweder mitzunehmen und sich dadurch dem Vorwurf der Kindesentziehung auszusetzen, oder das Kind zurückzulassen und damit den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit heraufzubeschwören. Dem läßt sich nur begegnen mit dem sofortigen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen/vorläufigen Anordnung. Der Trennungswunsch allein reicht aber noch nicht aus, um die Dringlichkeit zu begründen (AmtsG Landstuhl FamRZ 90, 1025; bestätigt vom OLG Zweibrücken, s. Anm. daselbst). Die vorläufige Entscheidung im Eilverfahren wiederum stellt den Richter vor das 5 2 Problem, damit schon die Weichen für die spätere Endentscheidung zu stellen, besonders dann, wenn man der Kontinuität für die zurückliegende Zeit mehr Gewicht beimißt als für die Zukunft. Die überwiegende Betreuung durch einen Elternteil, bedingt durch die einvernehmliche Rollenwahl der Ehegatten, soll dabei unberücksichtigt bleiben, weil sie den erwerbstätigen Elternteil von vornherein benachteiligen würde (AmtsG Landstuhl FamRZ 90, 1025 — bedenklich, weil allein das Kindeswohl maßgebend ist, vgl. Fehmel FamRZ 83, 971/972; s. a. oben Rdn. 45 zum tradierten Rollenverständnis). Jede vorläufige Entscheidung über das Sorgerecht/Aufenthaltsbestimmungsrecht sollte also wegen ihrer präjudizierenden Wirkung — trotz ihrer Eilbedürftigkeit — mit größter Sorgfalt getroffen werden (Rassek, Begriff und Bestimmung des Kindeswohls ..., S. 72/73 unter Hinweis u. a. auf Gernhuber S. 855 und OLG Stuttgart FamRZ 80, 400; B a l l o f f , Dissert. Berlin 1990, S. 249; Meyer Dissert. Marburg 1987 S. 40; Goldstein u.a., Jenseits des Kindeswohls S. 35, wonach „jede Unterbringung eines Kindes endgültig sein muß und ... vorläufige gerichtliche Entscheidungen nicht zu einem Aufenthaltswechsel des Kindes führen dürfen"). Auch bei der vorläufigen Entscheidung „ist schon die künftige Entwicklung des Kindes ins Auge zu fassen" (Schwab Rdn. 147 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe FamRZ 80, 726; Lempp S. 107; zur Rangfolge der persönlichen und der Umweltbedingungen und zur Unmaßgeblichkeit wirtschaftlicher Aspekte Goldstein „neue praxis" S. 333 ff, 338). Die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ist trotz der erforderlichen besonderen Sorgfalt im Eilverfahren der vorläufigen/einstweiligen Anordnung Hans-Werner Fehmel

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nur selten vertretbar, da jedes Gutachten „seine Zeit braucht" und der Richter beim Gutachtenauftrag einen unvermeidlichen Zeitverzug in Kauf nehmen muß ( L e m p p S. 59). 53 Das Kontinuitätsinteresse besteht nicht nur an der ununterbrochenen Weiterführung emotionaler Bindungen zu bestimmten Personen (Beziehungskontinuität), sondern auch — wenngleich nachrangig — in der Erhaltung der bisherigen Umwelt (Erlebniskontinuität) wie Wohnhaus, Kindergarten, Schule, Nachbarn und Kontaktpersonen {Lempp S. 117/118; Schwab Rdn. 150; Meyer, Dissert. Marburg 1987, S. 40/41; Hin^ Rdn. 39 spricht von „Beziehungs- und Umgebungskontinuität"). Kinder empfinden schon „einen einfachen Umzug von einer alten in eine neue Wohnung als eine schmerzliche, ihnen auferlegte Trennung von gewohnten und vertrauten Dingen" (Goldstein u. a., Jenseits des Kindeswohls, S. 18), was allerdings nicht dazu führen darf, in einem Umzug generell eine Beeinträchtigung des Kindeswohls zu sehen: „Daß die mit einem Umzug an einen neuen Wohnort verbundenen Veränderungen ihrer Umwelt das Wohl der davon betroffenen noch nicht schulpflichtigen Kinder stets ernsthaft beeinträchtigen, kann im übrigen nicht anerkannt werden" (BGH FamRZ 90, 392, 393). — Je nach ihrem Alter reagieren Kinder auch in verschiedener Weise auf Änderungen ihrer Umwelt (Goldstein aaO S. 33—35), bis zur Pubertät i. a. sensitiver als danach. Deshalb ist für Kleinkinder und jüngere Schulkinder das Bedürfnis nach langdauernden Bindungen von besonderer Bedeutung (Schwab Rdn. 149 und Fußnote 9 das.). 54 Besonders problematisch ist der doppelte Wechsel des Kindes. Wenn die Kontinuität in der Vergangenheit bereits unterbrochen wurde, „muß man bei konsequenter Anwendung des Prinzips — vor allem bei kleineren Kindern — davon ausgehen, daß eine Zurücknahme der Maßnahme, die zur Kontinuitätsunterbrechung geführt hat, mit dem Kindeswohl nicht mehr vereinbar wäre" {Meyer, Dissert. Marburg 1987, S. 40 unter Bezugnahme auf Lempp S. 118; auch Goldstein warnt in einem Interview mit Salgo „neue praxis" 1986 S. 333 ff, 338, „daß man einem Kind desto mehr Schaden zufügt, je öfter man es aus seiner Umgebung herausreißt, die den Mittelpunkt seiner Beziehungen bildet"). Während des Getrenntlebens entspricht es (bei gleicher Erziehungseignung) grundsätzlich besser dem Wohle des Kindes, wenn es in seinem Bezugssystem in der bisherigen Ehewohnung verbleibt, zumal, wenn auch die Großeltern bei dieser Lösung einen zusätzlich stabilisierenden Faktor darstellen (OLG Frankfurt FamRZ 90, 550). Dieser Grundsatz, Kinder bis zur endgültigen Entscheidung bei dem Elternteil zu belassen, bei dem sie sich gerade befinden (OLG Hamburg FamRZ 88, 425 LS), kann helfen, sogen. „Doppelwechsel" zu vermeiden. Erweist sich im Nachhinein, nämlich erst im Zeitpunkt der Endentscheidung, daß der weniger geeignete Elternteil durch eigenmächtiges Verhalten oder infolge einer vorläufigen Maßnahme des Gerichts das Kind an sich gebracht hat und längere Zeit in seiner Obhut hatte, dann ist zwar besonders sorgfältig zu prüfen, ob ein erneuter Wechsel vertretbar ist und vom Kind verkraftet werden kann. Denn entgegen der durch 3 Instanzen bis BayObLG (FamRZ 85, 522) gebilligten Ansicht, daß eine anderweitige Unterbringung die seelische Entwicklung des Kindes nicht unbedingt nachhaltig beeinträchtigen würde, läßt sich dies besonders bei kleinen und Kleinstkindern nicht sagen (BVerfG in seiner aufhebenden Entscheidung FamRZ 87, 786, 790/91, zustimmend Klußmann ZfJ 88, 478, 479: es sei eine höchst bedenkliche „Lebenserfahrung"). Es entspricht gerade nicht der Lebenserfahrung, daß ein gesundes und normal entwickeltes Kind sich regelmäßig in eine neue Umgebung ohne nachhaltige seelische Beeinträchtigung gewöhnt, wenn es dort liebevoll und warmherzig betreut wird (so allerdings BayObLG FamRZ 85, 1175 LS, dagegen mit Recht Jaeger Rdn. 39, Schwab Rdn. 149, Coester S. 178, 380, 455 m. w. Hinw. in Fußnote 545 das.). 1176

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Hier zeigt sich aber, daß das Kontinuitätsgebot — besonders in seiner retrospektiven Komponente — nicht überzogen werden darf, daß es „einen relativen, nach Situation und Lebensalter des Kindes variierenden Stellenwert" hat (Schwab Rdn. 148; Ell ZfJ 89, 271, 272; gegen die Überbewertung des Kontinuitätsprinzips auch Jaeger Rdn. 34 m. w. Hinw.). Wichtiget und schwerwiegender ist die zukunftsorientierte Betrachtungsweise, die Beantwortung der Frage nämlich, bei welchem Elternteil das Kind in der Zukunft voraussichtlich die bessere Betreuung und Erziehung in stabilen Verhältnissen erwarten kann. 6. Die Bindungen des Kindes, Abs. 2, zweiter Halbsatz Die Berücksichtigung der Bindungen des Kindes an seine Eltern und Geschwister 55 ist die einzige Hilfsregel zur Konkretisierung des Kindeswohls, die (durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge) mit Wirkung vom 1.1. 1980 in den Gesetzestext Eingang gefunden hat. Die weiteren bei der Kindeswohlprüfung zu beachtenden Prinzipien (der Förderung, der Kontinuität und des Kindeswillens, zu letzterem s. unten Rdn. 68) sind von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelt worden, ohne im Gesetzestext erwähnt zu werden (nach Coester S. 176 ergeben sich Kontinuität und Stabilität aus § 1671 Abs. 2, Halbs. 2 und Abs. 4 S. 1 a. F. — ausdrücklich erwähnt sind sie dort aber nicht, nur in der Begründung BT-Drucks. 8/2788 S. 61 heißt es, wegen der Schadensbegrenzung für das Kind werde der Kontinuitätsgrundsatz betont). Gleichwohl sind sie zur Ausfüllung des Kriteriums „Kindeswohl" ebenso gewichtige Gesichtspunkte für die zu treffende Sorgerechtsentscheidung (BVerfG FamRZ 81, 124, 126; BGH FamRZ 85, 169, 170; 90, 392, 393). Mit der Neufassung wollte der Gesetzgeber, den neueren Erkenntnissen der Human- 56 Wissenschaften Rechnung tragend (s. die Hinweise bei Jans-Happe Anm. 8), die Beachtung der Bindungen des Kindes „stärker als bisher" (BVerfG FamRZ 81, 124, 126) bei der Sorgerechtsentscheidung sicherstellen, ohne sie aber über die anderen Kriterien zu stellen (vgl. KG FamRZ 83, 1159, 1160 und Schwab Rdn. 151). Alle Kriterien stehen also „letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander; jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht" (BGH FamRZ 90, 392, 393). Die persönliche Anhörung des Kindes nach § 50 b FGG, der vom Gesetzgeber gleichzeitig eingefügt wurde, ist die verfahrensrechtliche Komponente, weil die Bindungen „durchweg nicht ohne ein Befragen des Kindes" festzustellen sind (BT-Drucks. 8/2788 S. 61). Eine Definition des Begriffs „Bindungen" läßt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht 57 ableiten, nur die Zielsetzung. Aus der Überlegung, „die Folgen des Zusammenbruchs der Ehe der Eltern für die Entwicklung des Kindes möglichst gering zu halten", wurde die am wenigsten schädliche Alternative für das Kind dann bejaht, „wenn seine Bindungen möglichst wenig beeinträchtigt werden" (BT-Drucks. 8/2788 S. 61). In erster Linie sollten zwar die Bindungen an Eltern und Geschwister maßgebend sein, aber — etwa bei gleich starken Bindungen zu den Eltern — sollten auch „außerfamiliäre Bindungen, etwa an die Schule, an den Freundeskreis oder an Großeltern Berücksichtigung finden" (BTDrucks. 8/2788 S. 62). Weitgehende Einigkeit besteht darin, daß der Begriff „Bindungen" im herkömmlichen Sinne in erster Linie emotional zu verstehen ist (Hin£ Rdn. 38), als „inneres Erleben", das durch richtig gedeutetes Verhalten erkennbar wird (Koechel FamRZ 86, 637, 641; zur Diagnostik der emotionalen Beziehungen s. Ell ZfJ 89, 271 ff). Gemeint sind also gefühlsmäßige Neigungen als eine innere, psychische Tatsache {Jaeger Rdn. 35), die sehr starke emotionale Beziehung eines Menschen zu einer oder mehreren Personen (Ell aaO; ders. ZfJ 86, 289, 293). Das Bundesverfassungsgericht Hans-Werner Fehmel

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(FamRZ 81, 124, 127) verwendet die stärkere innere „Beziehung" als austauschbaren Begriff für „Bindung". Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Begriff „Bindungen" umgangssprachlich zu verstehen ist (Staudinger/Coester Rdn. 108) und nicht wissenschaftlich überfrachet werden sollte (vgl. Koechel aaO). Bei den Beratungen des Gesetzes erschien der Begriff in seiner umgangssprachlichen Bedeutung so hinreichend klar, daß in der Begründung nichts weiter dazu gesagt wurde. Die Bindungen des Kindes sind daher seine gewachsenen Beziehungen und Neigungen zu den ihm nahestehenden Personen. Neben den persönlichen können auch lokale, die Umgebung betreffende Bindungen in Betracht kommen (Jaeger Rdn. 38). 58

Streit besteht darüber, — ob der Begriff Bindungen von der Notwendigkeit einer sogen. Hauptbezugsperson ausgeht, die es nach der Bindungstheorie dem Kind in erster Linie zu erhalten gilt (für diese Ausfüllung des Begriffs „Bindungen" könnte sprechen, daß der Gesetzgeber den neueren Erkenntnissen der Humanwissenschaften und der Hospitalismusforschung Rechnung tragen wollte, s. oben Rdn. 56), oder — ob der Bindungsbegriff das gesamte Beziehungsgeflecht umfaßt, das dem Kind tunlichst erhalten werden sollte (dafür spricht, daß in der obenzitierten Gesetzesbegründung die außerfamiliären Bindungen ausdrücklich neben der Elternbindung erwähnt werden, BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Der Theorienstreit hat nach der 1980 erfolgten Einfügung des Bindungsbegriffs in den Gesetzestext einen breiten Raum eingenommen. Als Hauptvertreter der Bindungstheorie kann Lempp gelten (FamRZ 84, 741 m. w. Hinw.; ders. Gerichtliche Kinder- und Jugendpsychiatrie, S. 115 ff; ebenso Klußmann, Das Kind im Rechtsstreit der Erwachsenen, S. 2 4 - 3 2 , 39, 48ff; ders. FamRZ 82, 118ff und Z f J 88, 478 ff), während die Gegenansicht, die auf das gesamte Beziehungsgeflecht abstellt, das dem Kind so umfassend wie möglich erhalten werden sollte, mit Nachdruck von Fthenakis vertreten wird (FamRZ 85, 662 m. w. Hinw.). Die von Fthenakis vertretene Ansicht bietet Vätern, die das Sorgerecht anstreben, eine bessere Chance als die Bindungstheorie, die besonders bei kleineren Kindern der Mutter eine günstigere Ausgangsposition einräumt ( L e m p p S. 94 ff, 97; ihm folgend Meyer, Dissert. S. 41 —43; s. oben Rdn. 45). Die überwiegende Meinung geht heute dahin, daß durch die Ehescheidung zwar die Ehe aufgelöst wird, aber nicht das familiäre Beziehungsgeflecht, das nur Veränderungen erfährt, und bejaht damit — mehr oder weniger ausdrücklich — die von Fthenakis vertretenen Thesen (Hin% Rdn. 38/39; Schwab Rdn. 155; Jaeger Rdnrn. 39, 44; Ell ZblJugR 82, 76 ff; ders. Z f J 88, 436, 438 und 89, 271 ff; Dickmeis ZRP 89, 210, 211; wohl auch Adelmann Rdnrn. 57, 58 unter Hinw. u. a. auf Fehmel, Rezension FamRZ 84, 646; zum Diskussionsstand ausführlich B a l l o f f , Dissert. S. 2 0 5 - 2 2 4 ; zum Für und Wider Zen^ fragmente 22, 115ff, 126/ 127; Luthin FamRZ 84, 114, 115; dahin tendierend wohl auch Klenner FamRZ 89, 804, 807: nicht die unterschiedliche Qualität jeweils von personellen Zweierbeziehungen sei zu werten, sondern das gesamte Beziehungssystem; s. zu alledem ausführlich Staudingerj Coester Rdnrn. 99 ff und insbes. Rdn. 105, wonach die optimierende Erhaltung familiärer Strukturen ein verfassungsrechtliches Gebot ist).

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a) Die Bindungen des Kindes an seine Eltern Naturgemäß ist es schwierig, im subjektiven Innern eines Menschen sich entwickelnde emotionale Vorgänge zu erkennen und in ihrer Bedeutung und unterschiedlichen Stärke richtig einzuordnen. Bindungen, innere Beziehungen also, sind in ihrer Intensität nicht naturwissenschaftlich meßbar. Auch in der Anhörung der Eltern und des Kindes 1178

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wird dem Richter oft nicht erkennbar, zu welchem Elternteil das Kind die stärkeren, tragfähigeren Bindungen hat. Dann muß, wenn es auf diesen Gesichtspunkt entscheidend ankommt, im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§12 FGG) ein Sachverständigengutachten eingeholt werden (es sei denn, der Richter geht von etwa gleich starken Bindungen zu beiden Eltern aus und hält „nach anderweitigen Kriterien Ausschau", Staudingerl Coester Rdn. 108 am Ende unter Bezugnahme auf OLG Hamm FamRZ 85, 637, 638). Der Beweisbeschluß sollte sich nicht auf die Wiedergabe tatbestandsmäßiger Formulierungen beschränken, sondern die vom Sachverständigen zu beantwortende(n) Frage(n) möglichst präzise fassen (Hin^ Rdn. 94). An das Ergebnis des Gutachtens ist der Richter nicht gebunden; wenn er abweicht, muß er aber im einzelnen stichhaltig begründen, warum er dem Gutachten nicht folgt (Hin% aaO). Der Sachverständige wird sich zur Erhebung des psychischen Befundes an die klassischen Methoden seines Fachgebietes zu halten haben ( L e m p p S. 70, ferner S. 56 ff, 59). In einer Art „Fehlererkennungssystem" hat Klemer (FamRZ 89, 805) versucht, dem Richter ein Raster an die Hand zu geben, um die häufigsten Untersuchungsfehler psychologischer Gutachten herauszufiltern (s. a. Kaltenborn zu den Entscheidungskriterien im Rahmen der Sachverständigenbegutachtung, Z f J 89, 60 ff). Hinzu kommt die Schwierigkeit einer „verläßlichen und gültigen Interpretation" der Äußerungen des Kindes (Kaltenborn fragmente 22, 149 ff; zur Fragwürdigkeit ihrer Deutung schon OLG Frankfurt DAVorm 79, 130, 131), die immer mehr oder weniger subjektiv gefärbt sein wird. Das gilt vor allem für den Test, der nur eine, wenn auch wohl wichtige, Methode „Zur Diagnostik der emotionalen Beziehungen" des Kindes darstellt (Ell Z f J 89, 271 ff, als weitere Methoden, die zur Verfügung stehen, nennt Ell die Analyse des Lebenslaufes des Kindes, die Exploration und die Verhaltensbeobachtung). Auf Kritik stoßen bei den Tests vor allem die sogen, projektiven Persönlich- 6 0 keitstests. Sie bieten einen Reiz, z. B. werden dem Probanden Bild- oder Kleckstafeln vorgelegt, und als Reaktion soll er dazu eine Geschichte erzählen oder eine Deutung produzieren; Kinder sind damit häufig überfordert, ihre Äußerungen gehen nicht in die (erwünschte) „Richtung Familie", oder ihre Assoziationen haben Zusammenhänge, die dem Gutachter verborgen bleiben {Ell aaO S. 275). Neben diesen projektiven Persönlichkeitstests im engeren Sinne wie etwa dem Thematischen-Apperzeptions-Test, dem Rohrschach-Test und dem Szeno-Test, gibt es eine Vielzahl anderer Testverfahren, etwa den Test mit Tieren, mit verschiedener und mit eingeschränkter Personenzahl usw. (Ell aaO S. 274/275, s. auch die Aufzählung bei Mär% FamRZ 79, 340, Anm. zu OLG München FamRZ 79, 337). Ell sieht in solcher Testung unter Bezugnahme auf Wegener „geradezu die via regia, wenn sie gekonnt durchgeführt wird". In der Sachverständigenanhörung 1977 zum neuen Sorgerechtsgesetz bezeichnete auch Remschmidt (s. Sachverständigenanhörung S. 66), solche projektiven Tests als verläßliche psychologische Methoden und rechnete sie ebenfalls zu den wichtigsten wissenschaftlichen Methoden, um die Beurteilungsfahigkeit eines Kindes festzustellen. Dagegen wird geltendgemacht, derartige Tests zielten auf die Erforschung des Unbewußten ab und seien eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ihre Verwertung daher bedenklich, wenn nicht unzulässig (so OLG München FamRZ 79, 337 ff, 338/339; Hin^ Rdn. 94: Zurückhaltung geboten; noch strenger, nämlich grundsätzlich ablehnend gegen jede Verwendung Schwab, Rdnrn. 120, 122, 123, 153). Lempp (S. 112) hält es für vertretbar, sich im Interesse des Kindeswohls über die Entscheidungsunwilligkeit des Kindes hinwegzusetzen und auf projektive Testuntersuchungen zurückzugreifen. Auch aus dem Gesichtspunkt der Amtsermittlungspflicht könne nicht auf solche zusätzlichen Informationen verzichtet werden (OLG Frankfurt DAVorm 79, 130, 132, wobei allerdings eingeräumt wird, „daß die projektiven Tests für sich allein genommen ein unzulängliches Hilfsmittel sind"). Eingriffe in die Gefühlswelt des Kindes mittels tiefenpsychologischer Exploration seien allerdings „nur Hans-Werner Fehmel

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zulässig, wenn sie für die Entscheidung unumgänglich sind" (Strät% Rdn. 48 unter Hinweis auf OLG Stuttgart ZBljugR 75, 131). — Zusammenfassend läßt sich sagen: Wenn sich das Kind auf behutsames Befragen nicht äußern will, muß das Gericht dies grundsätzlich respektieren; es darf nicht versuchen, über psychologische Tests oder etwa auch über Fangfragen in den „innersten Bereich" des Kindes einzudringen, um etwas zu erfahren, was das Kind — und sei es erst 7 Jahre alt — nicht offenbaren will (KG FamRZ 90, 1383). Allerdings sollte auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, daß das Kind — besonders bei langdauerndem Verfahren — das Ziel der Anhörungen und Tests durchschaut und sich zwar scheut, offen für einen Elternteil zu optieren, aber über den Test (z. B. mit Tieren) seine heimlichen Wünsche signalisiert. Nach alledem ist bei der Anwendung und Verwertung von Tests jedenfalls Zurückhaltung geboten. 61

Bedenken gegen die Verwertbarkeit eines Gutachtens können sich auch daraus ergeben, daß der Gutachter die Interaktion und die Tests von anderen (fachkundigen) Personen durchführen läßt, während er selbst „den Untersuchungen hinter einem Einwegspiegel" beiwohnt (so der vom Kammergericht FamRZ 90, 1383 entschiedene Fall). Im sensiblen Bereich des Sorgerechtsverfahrens ist es für die Eltern unzumutbar, wenn sie den Gutachter erstmals in der Verhandlung sehen und erfahren, daß er sie bei den Tests heimlich beobachtet hat. So wünschenswert eine gute Zusammenarbeit zwischen Richter und Sachverständigem auch ist: in Bezug auf einen konkreten Fall sollte sie sich auf ein Minimum beschränken. Das gebieten Neutralität und Unvoreingenommenheit auf beiden Seiten ( B a l l o f f ZfJ 89, 72 ff, 74; Schüt^jfopt sprechen in ihren „Anmerkungen zur Allianz zwischen Recht und Psychologie" in ZfJ 88, 349, 355 von einer geradezu „unheimlichen" Allianz; gegen deren z. T. überspitzte Formulierungen und die Erörterung eines schwebenden Verfahrens mit Recht Balloff aaO). Der Sachverständige wird als Entscheidungshelfer des Richters tätig, nicht als Therapeut (Koechel FamRZ 86, 637 ff, 639; Koechel\ Heider ZfJ 89, 76; s. a. oben Rdn. 4). Demgegenüber wird geltendgemacht, wie der Richter habe auch der Sachverständige als sein Gehilfe die Pflicht, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken; das impliziere „eine beratende/therapeutische Funktion des Sachverständigen gegenüber den betroffenen Eltern", die Aufgabe des Sachverständigen verlagere sich mithin „von einer rein diagnostischen Tätigkeit zu einer konsensfördernden Intervention" (so RösnerjSchach ZfJ 89, 439). Damit verliert der Sachverständige aber seine Neutralität, entwertet sein Gutachten, kann u. U. sogar wegen Besorgnis der Befangenheit von der einen oder anderen Partei abgelehnt werden — und verschafft den Parteien darüberhinaus noch eine kostenlose Therapie, wenn den Parteien, was in Sorgerechtsverfahren häufig vorkommt, Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist. Außerdem könnte das Gericht auch gar nicht anordnen, daß sich die Parteien therapieren lassen (s. a. vor § 50 a FGG Rdn. 25). Häufig wird in der Rechtsmittelinstanz von der Partei, der das Erstgutachten nachteilig ist, ein neues, zweites Gutachten gefordert. Wenn das Erstgutachten nur kurze Zeit zurückliegt, bedarf es aber eines zweiten Gutachtens nur, wenn besonders schwierige Fragen zu beurteilen sind oder das Erstgutachten grobe Mängel aufweist (dazu Klemer FamRZ 89, 805 ff), wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn das Erstgutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, wenn es Widersprüche enthält oder der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen des Erstgutachters überlegen erscheinen (BayObLG FamRZ 88, 1313 LS). 62 Die Berücksichtigung auch der außerfamiliären Bindungen (s. dazu nachstehend Rdn. 64 ff) führt dazu, daß im Einzelfall, auch wenn im Beziehungsgefüge Eltern-Kind der eine Elternteil als Hauptbezugsperson erscheint, gleichwohl beim andern Elternteil 1180

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das Schwergewicht des Bindungssystems liegen kann, weil eben die stärkeren Bindungen in ihrer Gesamtschau, also einschließlich der außerfamiliären Bindungen, den Ausschlag geben (Hinz Rdn. 38 am Ende; Fthenakis FamRZ 85, 662 ff, 672). Deshalb kann die Trennung von der Hauptbezugsperson im Hinblick auf die Erhaltung des übrigen Beziehungsgeflechts die am wenigsten schädliche Alternative und „die psychologisch beste Lösung sein" (Jaeger Rdn. 39). Umgekehrt wiederum können stärkere Bindungen des Kindes zu einem Elternteil dessen Defizit an Erziehungseignung, sofern er nicht schlechthin ungeeignet zur Erziehung ist, ausgleichen (KG FamRZ 83, 1159: im konkreten Fall wurden die stärkeren Bindungen auch mit der Erhaltung des sozialen Umfeldes begründet). Zwar gibt es keinen Erfahrungssatz dahin, daß die Auswechselung der Hauptbezugsperson regelmäßig mit negativen Langzeitfolgen für das Kind verbunden ist, aber genausowenig gibt es umgekehrt einen Erfahrungssatz, einem gesunden Kind könne ein Kontinuitätsbruch zugemutet werden (Jaeger Rdn. 39, s. a. oben Rdn. 54). Jegliche Bindungen des Kindes, auch neu gewachsene zu dritten Personen (Pflegeeltern etc., s. dazu nachstehend Rdn. 64 ff), dürfen nicht „ohne gewichtigen Grund zerstört werden" (BVerfG FamRZ 89, 31, 33). Wenn eine Trennung von der Hauptbezugsperson in Betracht kommt, sollte dies „grundsätzlich nicht ohne sachverständige Beratung eines Psychologen" geschehen {Jaeger aaO), um festzustellen, ob eine Gefahrdung des Kindeswohls ausgeschlossen werden kann (BVerfG FamRZ 89, 31, 34); eine erhebliche psychische Belastung ist es auf jeden Fall, wenn Kleinkinder von ihren unmittelbaren Bezugspersonen getrennt werden, auch wenn die Auswirkungen auf Grund neuer Forschungsergebnisse im einzelnen umstritten sein mögen (BVerfG 87, 786, 790). Über das Verhältnis der Bindungen zum Förderungsprinzip s. oben Rdn. 24, über das Verhältnis zum Kontinuitätsprinzip s. oben Rdn. 53. b) Bindungen an die Geschwister Um den Schaden für das Kind beim Zerbrechen der Familie möglichst gering zu halten, 6 3 sollen neben den Bindungen des Kindes an die Eltern auch die Geschwisterbindungen besonders berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Regelung, die elterliche Sorge für mehrere Kinder regelmäßig einem Elternteil zu übertragen, erschien unnötig, weil unter dem Kindeswohl-Gesichtspunkt eine Geschwistertrennung ohnehin sorgfältig geprüft werden müsse (BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Im allgemeinen entspricht — auch ohne ausdrückliche Vorschrift — „das gemeinsame Aufwachsen und die gemeinsame Erziehung von Geschwistern dem Wohl des einzelnen Kindes" am meisten (OLG Hamm FamRZ 85, 1078 LS; BayObLG FamRZ 85, 522 - im konkreten Fall hatte dieser Gesichtspunkt allerdings nur eine „geringere Bedeutung", vgl. die aufhebende Entscheidung BVerfG 87, 786 ff, 790; JansjHappe Anm. 8). Das gilt vor allem dann, wenn die Geschwister im Alter zusammenpassen, die gleiche Entwicklung durchlaufen haben und trotz zeitweiser Trennung noch eine Bindung zueinander haben (OLG München FamRZ 79, 337, 338; einschränkend Staudinger ¡Coester Rdn. 113: Geschwisterbindung nicht vornehmlich bei geringem Altersunterschied). Der Grundsatz, Geschwister tunlichst nicht zu trennen, findet auch auf halbbürtige Geschwister Anwendung (OLG Hamm FamRZ 79, 853, 855; Jaeger Rdn. 41). Sind die gemeinsam (etwa in der neuen Familie) zusammenlebenden Kinder nicht verwandt, so kann eine zu beachtende Bindung aus dem Gesichtspunkt des sozialen Umfeldes (s. unten Rdn. 64) in Betracht kommen. In der Kindesanhörung läßt sich die (vorhandene oder nicht vorhandene) Geschwisterbindung erfahrungsgemäß problemloser feststellen als die (mehr oder weniger starke) Elternbindung, weil sich Kinder über ihr Verhältnis zum Bruder oder zur Schwester freimütiger äußern (so auch Lempp S. 125). Eine schematische Anwendung des Grundsatzes, Geschwister möglichst nicht zu trennen, verbietet sich aber. Immer ist individuell aus der Sicht jedes einzelnen Hans-Werner Fehmel

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Kindes zu prüfen, ob es seinem Kindeswohl entspricht, daß es mit den anderen Geschwistern bei einem Elternteil bleibt, oder ob es besser — getrennt — zum anderen Elternteil kommen sollte (OLG Karlsruhe FamRZ 84, 311; Schwab Rdn. 164; Jaeger Rdn. 41). Das kann etwa bei Polarisation innerhalb der Familie ( L e m p p S. 125), bei besonderer Betreuungsbedürftigkeit oder Mutterbindung kleinerer Kinder (vgl. OLG Karlsruhe aaO), bei besonderer Abneigung eines Elternteils gegen ein Kind ( P a l a n d t j Diederichsen Rdn. 17) oder bei sehr großem Altersunterschied (JansjHappe Anm. 8) der Fall sein, aber auch schon dann, wenn Geschwister sich nicht miteinander vertragen {Belchaus Rdn. 14), jedenfalls, wenn dies zu permanenten Spannungen führt ( P a l a n d t j Diederichsen aaO). Hingegen ist es grundsätzlich unzulässig, die Kinder zu trennen und gleichsam auf beide Eltern zu verteilen zu dem Zweck, die Belastung der Eltern dadurch möglichst ausgewogen zu halten (Jaeger Rdn. 42). Denn das Kindeswohl geht den Elterninteressen vor. Wenn allerdings unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände eine Gleichgewichtslage eintritt und das Kindeswohl gleichermaßen das Zusammenbleiben der Geschwister wie die Geschwistertrennung vertretbar erscheinen läßt, wird die Berücksichtigung des Elterninteresses — mit Recht — für zulässig gehalten (OLG Karlsruhe FamRZ 80, 728; Hin^ Rdn. 41; zweifelnd Schwab Rdn. 164). 64

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c) Bindungen an das soziale Umfeld (außerfamiliäre Bindungen) Neben den — allerdings vorrangig („insbesondere") — zu beachtenden Bindungen an Eltern und Geschwister sind auch „außerfamiliäre Bindungen, etwa an die Schule, an den Freundeskreis oder an Großeltern" zu berücksichtigen (BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Denn der Bindungsbegriff umfaßt das ganze Beziehungsgeflecht (s. oben Rdnrn. 57, 62). So kann beachtlich sein, wenn zwei Geschwister im Alter von 4 und 7 Jahren übereinstimmend äußern, bei der Mutter „wohnen und spielen" zu wollen, sofern ihre Anhörung erkennen läßt, daß sie dort ein neues soziales Umfeld gefunden haben, das sie sich erhalten wollen (vgl. KG FamRZ 83, 1159, 1161), oder wenn ein 7-jähriges Mädchen deutlich macht, daß ihr die Erhaltung des Freundeskreises und des bisherigen Umfeldes sehr wichtig ist (KG FamRZ 90, 1383). Solche außerfamiliären Bindungen können nicht nur den Ausschlag geben bei etwa gleich starken Beziehungen zu beiden Elternteilen (so allerdings Palandtj Diederichsen Rdn. 17), sondern auch dann, wenn die Bindungen zu einem Elternteil stärker sind als zum anderen (Jaeger Rdn. 44). Der Wortlaut der BT-Drucks. 8/2788 S. 62 spricht nicht dagegen, denn dort wird gesagt (Sperrdruck hinzugefügt), „daß e t w a bei gleich starken Bindungen zu Vater und Mutter außerfamiliäre Bindungen ... Berücksichtigung finden", was wohl eher (s. „etwa") als beispielhafte Konstellation, als eine Möglichkeit von mehreren, verstanden werden kann. Besonders bei älteren Kindern kann die Erhaltung des Freundeskreises und des sozialen Umfelds (Schule, Sportverein) ein erhebliches Gewicht bekommen, das eine gewisse Ungleichgewichtigkeit der Bindungen zu den Eltern mehr als ausgleichen kann (so auch Jaeger Rdn. 44). Eine besondere Bedeutung im Rahmen der außerfamiliären Beziehungen kann den Bindungen an die Großeltern zukommen. Auf der einen Seite sind sogen. „GroßelternLösungen" (Lempp, Die Ehescheidung und das Kind, 3. Aufl. S. 30) nicht unproblematisch, weil im vorgerückten Alter die für eine gesunde Erziehung nötige Unbekümmertheit und Gelassenheit häufig fehlt und die begrenzte Lebenserwartung den vorzeitigen Abbruch der Bindungen besorgen läßt. Andererseits ist es für viele Kinder, insbesondere Kleinkinder, die bei den Großeltern aufwachsen, beim Zerbrechen der Familie besonders wichtig, diese gewachsene Bindung zu erhalten. Die Großeltern stellen im Rahmen des Kontinuitätsprinzips einen stabilisierenden Faktor dar, insbesondere, wenn sie sich wegen der Berufstätigkeit beider Eltern bisher um das Kind gekümmert haben (OLG Frankfurt 1182

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

FamRZ 90, 550). Deshalb sollte in solchen Fällen, wenn die übrigen Kriterien nicht schon eindeutig für einen Elternteil sprechen, dem Elternteil die elterliche Sorge übertragen werden, der diese Bindung zu den Großeltern, insbesondere zu der Großmutter, aufrechterhält (OLG Hamm FamRZ 85, 637 ff; Lempp aaO; Jaeger Rdn. 43; Adelmann Rdn. 59). Das gilt sogar dann, wenn die emotionalen Beziehungen zu diesem Eltemteil nicht so stark sind wie zum andern (OLG Hamm FamRZ 80, 485; Hin^ Rdn. 42). Die Großelternbindung ist aber relativ. Wenn sich der — die Bindung an die 66 Großeltern aufrechterhaltende — Elternteil kaum um die Kindererziehung kümmert, wird es triftiger Gründe bedürfen, ihm das Sorgerecht zu übertragen (Jaeger Rdn. 44). Denn die Bindungen — auch zu den Großeltern — müssen im Zusammenhang mit der Gesamtheit der personalen und sozialen Beziehungen gesehen werden (Schwab Rdn. 155). Wird das Kind wegen der Erwerbstätigkeit des Vaters (der in wechselnden Früh- und Spätschichten tätig ist) fast ausschließlich durch die Großmutter gut betreut, so kann gleichwohl die elterliche Sorge der Mutter übertragen werden, wenn sie (da nicht erwerbstätig) dazu bereit und in der Lage ist (OLG Koblenz FamRZ 89, 204, 205). Wenn das Kind zwar bei den Großeltern besser betreut werden kann, andererseits aber bei den Eltern keine Gefährdung und kein Mißbrauch des Sorgerechts festzustellen ist, darf ihnen die elterliche Sorge nicht nach § 1666 BGB entzogen werden (BayObLG FamRZ 88, 1313 LS). Die Anhörung der Großmutter als Pflegeperson (§ 50 c FGG) vor dem Beschwerdegericht ist entbehrlich, wenn sie bereits vom Amtsgericht angehört wurde und keine neuen Tatsachen zu erwarten sind (BayObLG FamRZ 89, 652). Im übrigen soll die Anhörung durch den Berichterstatter genügen (OLG Karlsruhe FamRZ 89, 1322/1323). Die Großeltern, in deren Obhut das Kind vom Vormund gegeben worden ist, haben ein eigenes Beschwerderecht gegen die gerichtliche Umgangsregelung zugunsten der Mutter (OLG Karlsruhe FamRZ 88, 1186, 1187). Die Bindungen als Kindeswohlkriterium finden auch in anderen, nicht der Zuständig- 6 7 keit des Familienrichters zugeordneten Rechtsvorschriften Anwendung, so insbes. bei Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB und der Trennung der Familie nach § 1666 a BGB bzw. der Pflegefamilie nach § 1632 BGB. Der grundgesetzliche Schutz der Familie (Art. 6 I GG) erstreckt sich auch auf die Pflegefamilie, also die soziale Familie, und die Herausnahme des Kindes von dort ist nur zulässig, wenn das Kindeswohl bei Trennung von den bisherigen unmittelbaren Bezugspersonen nicht gefährdet wird, wobei das (mit der Herausnahme verbundene) vertretbare Risiko bei zukünftiger Elternbetreuung größer sein kann, als wenn nur ein Wechsel in eine andere Pflegestelle beabsichtigt wird (BVerfG FamRZ 87, 786, 790 m. Anm. Münder EzFamR § 1632 BGB Nr. 3). Allerdings hat ein Wechsel des Kindes aus einer Pflegefamilie in eine vorgesehene Adoptivfamilie hinsichtlich der Trennung ein geringeres Gewicht als bei leiblichen Eltern und ist auch zulässig, wenn psychische Beeinträchtigungen als Folge der Trennung nicht schlechthin ausgeschlossen werden können (BVerfG FamRZ 89, 31, Fortentwicklung von BVerfG FamRZ 87, 786). Wenn die weitere Verfestigung der Pflegeelternbindung auf deren eigenem Verhalten beruht (weil sie das Kind nicht rechtzeitig herausgegeben haben), müssen sie sich das anrechnen lassen (BVerfG FamRZ 89, 31, 33) und können für sich — gleichsam aus dem Gesichtspunkt der „ertrotzten Kontinuität" — keine Vorteile daraus herleiten. Ausschlaggebend ist allein das Ausmaß der Beeinträchtigung für das Kind, also das Kindeswohl (zur problematischen Bewertung „illoyaler Bindung" s. StaudingerlCoester Rdn. 111). 7. Der Wille des Kindes Der Kindeswille ist bei der Sorgerechtsentscheidung als eigenständiges Kriterium 68 zu berücksichtigen. Dem „Gedanken der zunehmenden Selbstverantwortlichkeit des Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

heranwachsenden Kindes" sollte — im Rahmen des Elternrechts — nach dem Willen des Gesetzgebers „größere Geltung verschafft" werden (BT-Drucks. 8/2788 S. 1); die stärkere Berücksichtigung von Bindungen und Willen des Kindes wurde als einer der Schwerpunkte des Gesetzes bezeichnet (S. 31 aaO). Der „Wille des Kindes" wird im Gesetzestext des § 1671 BGB nicht ausdrücklich genannt, wohl aber in der korrespondierenden verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 50 b Abs. 1 FGG. In § 1671 Abs. 3 S. 2 BGB wird dem Vorschlag des mindestens vierzehn Jahre alten Kindes — und damit seinem geäußerten Willen — insofern eine besondere Bedeutung beigemessen (BTDrucks. 8/2788 S. 40), als ihm das Recht zum abweichenden Vorschlag eingeräumt und eine gleichsam neutralisierende Wirkung auf den Elternvorschlag damit verbunden wird. In der Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages von 1977 (Material herausgegeben 1978 vom Presse- und Informationszentrum des Dt. Bundestages) nahm der Kindeswille und seine Bedeutung für die gerichtliche Sorge- und Umgangsregelung breiten Raum ein. Auf eine Altersgrenze für die Beachtlichkeit des Kindeswillens schlechthin konnte man sich damals nicht einigen. Die Gesetzgebungsgeschichte ergibt, „daß die Haltung des Kindes als generell beachtlicher Faktor des Kindeswohls in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen worden ist" (Coester S. 256). Die „besondere Bedeutung" (s. oben) des Kindeswillens von 14 Jahren an impliziert bereits, daß auch der Wille kleinerer Kinder bei der Kindeswohlprüfung beachtlich ist. „Der Kindeswille ist der Kerngehalt des Kindeswohls", und: „Wenn beim kleineren Kind die emotionale Einstellung und der daraus sich ergebende Kindeswille nicht beachtet wird, muß das Kind leiden" {Ell ZfJ 86, 289, 294). Seit Coester (S. 257 ff) unterscheiden Rechtsprechung (OLG Hamm FamRZ 88, 1313, 1314) und Literatur (Schwab Rdn. 167, Jaeger Rdn. 47) gemeinhin zwei Grundfunktionen des Kindeswillens: a) den Kindeswillen als einen Akt der Selbstbestimmung und b) den Kindeswillen als Ausdruck besonderer Verbundenheit des Kindes mit einem Elternteil. 69 zu a) Als Akt der Selbstbestimmung trifft das Kind eine Eigenentscheidung über die Plazierungsfrage, wobei zunehmend der Aspekt kindlicher Autonomie betont wird (Coester S. 258). Der zunehmenden Selbstverantwortlichkeit des heranwachsenden Kindes Rechnung zu tragen, war ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Neuregelung (BT-Drucks. 8/2788 S. 1 unter A und B). Selbstbestimmung und Selbstverantwortlichkeit setzen einen bestimmten Reifegrad voraus. Das Kind muß in der Lage sein, die durch das Scheitern der Elternehe geschaffene neue Situation zu erfassen und sich — wenigstens ungefähr — vorzustellen, wie sich sein künftiges Leben, seine künftige Entwicklung bei dem einen oder andern Elternteil gestalten wird; darüber hinaus muß dem Kind auch schon „die Bedeutung seines Votums für den abgelehnten Elternteil begreifbar sein" (Schwab Rdn. 168). Das bedeutet, daß das Kind eine bestimmte verstandesmäßige und seelische Reife erreicht haben muß (vgl. Jaeger Rdn. 49), einen Entwicklungsstand, der das Kind in die Lage versetzt, Bedeutung und Tragweite seiner Willensbekundung für seine eigene Zukunft und — sekundär — für die Eltern seinem jugendlichen Alter entsprechend zu erfassen. Eine Altersgrenze hierfür läßt sich allgemein kaum festlegen, weil der individuelle Entwicklungsstand nicht nur vom Lebensalter, sondern auch von der Erziehung und vom persönlichen Erleben bestimmt wird. Gerade Scheidungskinder sind durch das Erleben des Elternstreits, des Scheiterns der Familie und der oft harten und langen gerichtlichen Auseinandersetzung häufig so geprägt, daß sie früher als gleichaltrige andere Kinder die erforderliche Reife zur Selbstbestimmung zu 1184

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

haben scheinen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muß der Richter in der persönlichen Anhörung versuchen zu ergründen. In Anlehnung an § 1671 Abs. 3 BGB auf die Vollendung des 14. Lebensjahres abzustellen, erscheint fragwürdig (Jaeger Rdn. 49) — nicht zuletzt deshalb, weil der dort geregelte abweichende Vorschlag gegenüber dem übereinstimmenden Willen der Eltern i. d. R. eine größere Unabhängigkeit und Reife und ein stärkeres Durchsetzungsvermögen voraussetzt als die bloße, wenn auch wohlüberlegte Äußerung eines kindlichen Wunsches. Für den Kindeswillen als rechtlich relevanten Akt der Selbstbestimmung wird daher die Altersgrenze allgemein niedriger angesetzt, etwa bei 12 Jahren {Jaeger Rdn. 49) oder auch schon bei 10 Jahren (Hin% Rdn. 44; Coester S. 277). Das Kammergericht hat im Falle eines 7-jährigen Mädchens ausgesprochen, wenn sich das Kind erkennbar nicht erklären und nicht Stellung nehmen wolle, habe das Gericht dies grundsätzlich zu respektieren und dürfe nicht versuchen, über psychologische Tests oder Fangfragen in den innersten Bereich einzudringen, um etwas zu erfahren, was das Kind erkennbar nicht offenbaren wolle; zumindest sei hier Zurückhaltung geboten (KG FamRZ 90, 1383). Das bedeutet, daß auch ein 7-jähriges Kind in einem Teilbereich (Ablehnung einer Stellungnahme) — schon rechtlich relevant zur persönlichen Selbstbestimmung fähig sein kann. zu b) Als Ausdruck der (stärkeren) Personenbindung ist der Kindeswille auch bei 7 0 kleineren Kindern beachtlich, wobei aber ausgeprägte Aversionen (gerade bei kleineren Kindern) schwerer wiegen als vordergründige, wandelbare Neigungen, Wünsche und Präferenzen (KG FamRZ 78, 829, 830 unter Bezugnahme auf Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 1. Aufl. Rdn. 210; ebenso Schwab, 2. Aufl. Rdn. 169 u. Fußnote 9 daselbst m. w. Hinw.; gegen eine Unterscheidung Aversionen/Präferenzen s. Staudingerl Coester Rdn. 118). Augenblickliche Stimmungen und entwicklungsbedingte Umorientierungen können bei kleineren Kindern den geäußerten Willen beeinflussen und sind dann nur begrenzt (wenn überhaupt) verwertbar für eine auf lange Zeit zu treffende Lebensentscheidung (Schwab Rdn. 169). Es kommt auch auf den Grad der Bestimmtheit, den Nachdruck an, mit dem der Kindeswunsch artikuliert wird. Das muß nicht unbedingt verbal geschehen, sondern kann — beim Kleinkind — auch durch sein Verhalten Ausdruck finden. Als Indiz für die stärkere Personenbindung wird der Kindeswille heute bereits bei Kindern von etwa 3 Jahren an für beachtlich gehalten (s. zu alledem Rdnrn. 5 7 - 6 2 zu § 1634 BGB und Rdnrn. 19, 20 zu § 5 0 b FGG; StaudingerlCoester Rdn. 119). Die Unterscheidung zwischen dem Kindeswillen als Akt der Selbstbestimmung 71 einerseits und als Ausdruck der stärkeren Personenbindung andererseits wird in der Praxis nicht streng gehandhabt. Letztlich „steckt das Element der Selbstbestimmung praktisch schon in jedem geäußerten Kindeswillen", und andererseits muß nicht jede Willensäußerung als Selbstentscheidung oder Mitbestimmung verstanden werden, sondern kann auch die bloße „Bekanntgabe einer Präferenz" sein (Coester S. 275/276). Man wird sagen können, daß der Übergang fließend ist vom Wünschen und Wollen des kleineren Kindes zum bewußten („selbstbewußten") Akt der Selbstbestimmung und Selbstverantwortlichkeit. Dementsprechend gewinnt der Kindeswille, abstrakt gesehen, mit zunehmendem Alter an Gewicht, an Bedeutung in der Gesamtwürdigung der verschiedenen Kindeswohlkriterien. Das entspricht dem Gedanken der zunehmenden Selbstverantwortlichkeit des heranwachsenden Kindes (BT-Drucks. 8/2788 S. 1): mit wachsender Einsichtsfahigkeit und Reife des Kindes muß auch seinem wachsenden Willen zunehmend Rechnung getragen werden unter entsprechender Reduzierung des elterlichen Erziehungsrechts (OLG Karlsruhe FamRZ 89, 1322) und zunehmender Gewährung von Freiraum ( K n ö p f e l FamRZ 89, 1017 ff, 1021). Die mit dem Alter wachsende Bedeutung Hans-Werner Fehmel

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des kindlichen Willens kann aber nicht mehr sein als ein allgemeiner Grundsatz. Die Bedeutung des Kindeswillens ist immer individuell, in Bezug auf den Einzelfall zu gewichten (OLG Hamm FamRZ 88, 1313), wobei die Bestimmtheit und Intensität der Äußerung, ihre Stetigkeit, das Zustandekommen in der jeweiligen Familiensituation, überhaupt alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müssen. So gesehen kann die kategorische Ablehnung eines Elternteils durch einen 4-Jährigen schwerer wiegen als die zurückhaltende Äußerung eines 13-Jährigen, der in der Pubertät Schwierigkeiten hat, seine Beziehungen zu ordnen und zu klassifizieren. Der vom vollendeten 14. Lebensjahr an mögliche „abweichende Vorschlag" nach Abs. 3 S. 2 der Vorschrift setzt voraus, daß sich „das Kind gegen eine Elterneinigung durch ein positives Bekenntnis zum nicht vorgeschlagenen Elternteil zur Wehr setzt", eine Ablehnung beider Eltemteile genügt nicht (Hin^ Rdn. 62), und ebensowenig genügen unverbindliche, unsichere Äußerungen über bloße, vom gemeinsamen Elternvorschlag abweichende Präferenzen. Der Unterschied und die Rechtsfolgen müssen dem 14 Jahre oder älteren Kind bei seiner Anhörung ggf. erläutert werden, um eine eindeutige Erklärung zu erhalten. 72

Bei der Erörterung des Kindeswillens als Akt der Selbstbestimmung wird häufig gesagt, in einem bestimmten Alter könne der Kindeswille nicht mehr übergangen werden, wobei offenbleibt, ob dann eine vom Kindeswillen abweichende Entscheidung für ausgeschlossen gehalten wird oder nur an besonders strenge Voraussetzungen geknüpft wird (Schwab Rdn. 168 m. w. Hinw.). Zumeist wird das Letztere gemeint sein (s. unten). Der Wille eines 9-jährigen Kindes, das den Umgang mit dem nichtsorgeberechtigten Elternteil ablehnt, kann allerdings zwingend zum Ausschluß führen, wenn dieser Wille (als Akt der Selbstbestimmung weder fremdbestimmt ist noch auf mangelnder Reife oder Einsichtsfahigkeit beruht (OLG Bamberg FamRZ 89, 890, 892). Umgekehrt kann dem Kindeswillen als Ausdruck der Selbstbestimmung bei zwei Kindern von 10 und 12 Jahren kein entscheidender Stellenwert zukommen, wenn sie so von den „Sonntagsbedingungen" beim Umgangsberechtigten fasziniert sind, daß sie sich regelrecht in den Gedanken verrannt haben, zu ihm überzuwechseln (OLG Hamm FamRZ 88,1313,1314; ähnlich OLG Bamberg FamRZ 88, 750, 751 bei zwei Kindern im Alter von 8 und 10 Jahren, wenn sie die beim Umgangsrecht genossenen „Sonntagsbedingungen" unreflektiert auf den Alltag übertragen). In solchen Fällen geben andere Kriterien den Ausschlag wie das Förderungsprinzip (OLG Hamm FamRZ 88, 1313, 1314) und zusätzlich die Kontinuität (OLG Bamberg FamRZ 88, 750, 751). Selbst der Wille eines 15jährigen Kindes wird im Einzelfall hinter dem Förderungsprinzip zurücktreten müssen, zumal wenn dieser Wille nur bestimmt wird vom Wunsch nach einem bequemeren Leben und nach materiellen Vorteilen — mit der Konsequenz, daß dann auch eine gewaltsame Rückholung zum anderen Elternteil für das Wohl des Kindes dienlicher ist als das Verbleiben beim erzieherisch deutlich weniger geeigneten Elternteil (OLG Bamberg FamRZ 91, 1341). Allerdings sollte in solchen Fällen nicht vom Vorrang der genannten Prinzipien gesprochen werden; ihnen kommt im konkreten Fall nur das größere Gewicht zu (so auch Jaeger Rdn. 51). Denn die Kriterien stehen nicht kumulativ nebeneinander, sondern sind jedes im Einzelfall zu gewichten und mit Blick auf das Kindeswohl gegeneinander abzuwägen (BGH FamRZ 90, 392, 393). Nach alledem sollte man den Kindeswillen als Akt der Selbstbestimmung nicht erst bei Kindern von etwa 14 Jahren an (als „Durchschnittstypus") für beachtlich halten (so StaudingerjCoester Rdn. 123 in Anlehnung an die 14-Jahresgrenze in § 1671 Abs. 3 S. 2 und § 50 b Abs. 1 FGG), sondern das Durchschnittsalter hier niedriger, etwa bei 10 — 12 Jahren, ansiedeln (s. oben. Rdn. 69 am Ende). 73 Von dem Prinzip, die verschiedenen Kriterien zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, gibt es nur eine Ausnahme: Erweist sich ein Elternteil als (völlig) erzie1186

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hungsungeeignet, so kann er das Sorgerecht nicht erhalten, selbst wenn das Kind zu ihm die stärksten Bindungen hat (KG FamRZ 83,1159). Insoweit hat das Förderungsprinzip absoluten Vorrang (Jaeger aaO). Versagt der Elternteil hingegen nur in einem Teilbereich, z. B. indem er seine haßerfüllte Haltung gegen den andern an die Kinder weitergibt, so bleibt es bei der Regel des Gegeneinander-Abwägens der Kriterien, d. h. wenn die übrigen Kriterien mehr zugunsten dieses Elternteils sprechen, kann es immer noch für das Kind die am wenigsten schädliche Alternative darstellen, ihm das Sorgerecht zu übertragen (BGH FamRZ 85, 169, 171). Ein solcherart beeinflußtes Kind entwickelt allerdings Bindungen in einer Art und Weise, die nicht zu billigen sind. Deshalb können solche Bindungen und der darauf beruhende Kindeswille im Einzelfall unberücksichtigt bleiben, oder es kann ihnen ein geringeres Gewicht beigemessen werden (BGH FamRZ 85, 169, 170). Sind solche Einflußnahmen aber nicht ersichtlich, so kommt dem Kindeswillen — bei sonst gleichen Bedingungen — entscheidende Bedeutung zu (OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1193 im Falle eines 10-jährigen Kindes). Bei einem 11-jährigen Kind ist der vorher noch emotional geprägte Wille schon rational bestimmt (OLG Schleswig FamRZ 90, 433, 434), kann also schon als Akt der Selbstbestimmung gesehen werden, so daß gravierende Gründe vorliegen müßten, um gegen den Willen des Kindes zu handeln. Das gleiche gilt für ein 11-jähriges Kind, das sich, als es knapp 10 Jahre alt war, dem sorgeberechtigten Elternteil entzogen und in die Obhut des anderen Teil begeben hat, und das sich mit Nachdruck der Rückkehr widersetzt (OLG Düsseldorf FamRZ 89, 204 LS = ZfJ 88, 466). Denn nachdrücklicher kann der Kindeswille als Akt der Selbstbestimmung kaum manifestiert werden. Eine gerichtlich angeordnete Rückkehr gegen den Willen des Kindes würde „als existenzielle Bedrohung des Selbstwertgefühls" empfunden und wäre nur zu rechtfertigen aus überwiegenden anderen Kindeswohlkriterien (OLG Düsseldorf ZfJ 88, 467). Als Akt der Selbstbestimmung kann der Kindeswille auch dann gesehen werden, wenn ein 10-Jähriger, was selten vorkommt, sich in Anwesenheit des einen Elternteils für den andern ausspricht (OLG Düsseldorf FamRZ 88, 1193, wobei das Gericht einen zweiten Akt der Selbstbestimmung wohl noch darin gesehen hat, daß das Kind eine weitere Äußerung zu seinem Wunsch abgelehnt hat, was vom Gericht respektiert wurde, indem es auf eine nochmalige Anhörung verzichtete).

IV. Sotgerecht bei übereinstimmendem Elternvorschlag, Absatz 3 1. Entstehungsgeschichte Die Regelung vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG ging dahin, daß die Eltern 74 innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft des Scheidungsurteils einen gemeinsamen Vorschlag über die Zuteilung der (damals noch) elterlichen Gewalt machen sollten. Davon sollte das Gericht nur abweichen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich war. Nach der Rechtsprechung und Literatur war das der Fall, wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorlagen, und wenn ohne die Abweichung eine ungünstige Entwicklung des Kindes und somit eine ernstliche Beeinträchtigung des Kindeswohls zu befürchten war (s. die RegBegr BT-Drucks. 7/2060 S. 32 und Jansj Happe S. 179). Das 1. EheRG behielt den Aufbau der Vorschrift insofern bei, als es den gemeinsamen Elternvorschlag und die Möglichkeit, davon abzuweichen, in Absatz 2 gleichsam voranstellte und in Absatz 3 den Fall regelte, daß die Eltern keinen Vorschlag gemacht haben oder das Gericht ihn nicht billigte; dann sollte das Kindeswohl den Ausschlag geben. Um die stärkere Berücksichtigung von Bindungen und Wollen des Kindes bei der Entscheidung hervorzuheben (vgl. BT-Drucks. 8/2788 S. 32, 33), hat der Gesetzgeber mit dem SorgeRG den Aufbau der Vorschrift geändert, den „obersten Grundsatz" (stärkere Berücksichtigung von Kindes-Bindungen und -Willen) in Absatz 2 Hans-Werner Fehmel

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vorangestellt und im Anschluß daran im Absatz 3 geregelt, „wie zu verfahren ist, wenn die Eltern einen übereinstimmenden Vorschlag für die Sorgerechtsentscheidung unterbreiten" (BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Diesem Aufbau des Gesetzes folgt die vorliegende Kommentierung. Das steht nicht im Widerspruch zu Schwab (Rdn. 55 ff), der den übereinstimmenden Elternvorschlag gleichsam als Grundsatz in die erste Linie rückt und daran die Möglichkeiten der Abweichung knüpft. Diese Sichtweise entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers (BT-Drucks. aaO S. 1), die Elternverantwortung stärker zu betonen; denn die Eltern werden ihrer Verantwortung vornehmlich dadurch gerecht, daß sie einen übereinstimmenden Vorschlag unterbreiten (zu alledem ausführlich StaudingerjCoester Rdnrn. 129—133). In der Praxis ist der übereinstimmende Elternvorschlag die Regel; er wird in fast 90% aller scheidungsbedingten Sorgerechtsverfahren unterbreitet (Hin^ Rdn. 71; Koechel FamRZ 86, 637; Jaeger Rdn. 53 m. w. Hinw.; ebenso MüllerjLempp Z f J 89, 269 nach Auswertung in zwei Amtsgerichtsbezirken, und nur unter Berücksichtigung von Verfahren nach § 1671 BGB; Müller-Alten schätzt 80%, vgl. Z f J 89, 443, 445; zweifelnd Jopt Z f J 90, 285 ff).

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2. Bindung des Gerichts Die Formulierung „soll ... nur" ist im Sinne eines gebundenen Ermessens zu verstehen (JansjHappe S. 181) und bedeutet, daß der übereinstimmende Elternvorschlag das Gericht bindet {Jaeger Rdn. 53; Jans\Happe aaO: „streng verpflichtend"). Das vom Gesetzgeber häufig verwendete Wort „soll" in Verbindung mit „nur" (vgl. z. B. HausrVO §§ 3 Abs. 1, 4, 10 Abs. 2) bringt hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß diese Bestimmung obligatorisch gemeint ist und der Richter grundsätzlich nur in Ausnahmefällen aus triftigen Gründen davon abweichen darf (vgl. Rdnrn. 33, 34 zu § 13 HausrVO). Zwar hatte die Ausschußminderheit bei den Beratungen des SorgeRG vorgeschlagen, die Bindung des Gerichts stärker zu betonen und „soll" durch „darf ... nur" zu ersetzen (BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Die Mehrheit hielt dies nicht für erforderlich und behielt die bisherige Fassung bei, die nicht als unklar empfunden worden war. An dem früheren Rechtszustand, der eine Abweichung vom übereinstimmenden Elternvorschlag nur bei triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen zuließ (s. vorstehend Rdn. 74), hat sich also nichts geändert. Die bisherige Rechtsprechung ist weiterhin von Bedeutung (Hin% Rdn. 72; StaudingerjCOester Rdn. 149 und zum Prüfungsansatz Rdnrn. 150, 151), d.h. eine vom Vorschlag abweichende Entscheidung muß zum Wohle des Kindes erforderlich sein (Adelmann Rdn. 89, Jaeger Rdn. 63), weil der Elternvorschlag gegenüber einer anderen, im konkreten Fall möglichen Regelung die deutlich schädlichere Alternative darstellt (Schwab Rdn. 73). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll vom Gericht, sofern kein abweichender Vorschlag des über 14-jährigen Kindes vorliegt, „das Ermessen der Eltern beachtet werden" (BT-Drucks. aaO); das Gericht darf also nicht etwa sein Ermessen an die Stelle des elterlichen Ermessens setzen (Adelmann aaÖ; Hinz Rdn. 47 am Ende), auch nicht schon eingreifen bei bloßer Unzweckmäßigkeit, sondern erst dann, wenn es das Kindeswohl erfordert (Hin\ Rdn. 48 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf FamRZ 83, 293 ff). Die Bindung des Gerichts im vorbezeichneten Sinne setzt einen übereinstimmenden Vorschlag der Eltern voraus. Fehlt ein solcher, dann hat das Gericht seine Entscheidung allein im Rahmen des Abs. 2 zu treffen (BGH FamRZ 90, 392, 393 zu 2 a) und b) = DAVorm 90, 55). Die Übereinstimmung der Eltern setzt keine Wechselbezüglichkeit voraus (h. M., vgl. Gernhuber § 56 III 1; Jaeger Rdn. 54, Hin^ Rdn. 49, Strät£ Rdn. 16; Adelmann Rdn. 75; Rolland Rdn. 41; StaudingerjCoester Rdn. 134; a. A. Schwab Rdn. 62). Die früheren Fassungen des Gesetzes, die zur Auslegung des Begriffs „übereinstimmender 1188

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

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Vorschlag" herangezogen werden können (OLG Düsseldorf FamRZ 83, 293), sprachen vom gemeinsamen Vorschlag der Eltern. Das Wort „übereinstimmend" bedeutet einen geringeren Grad an Einigung, ein übereinstimmender Vorschlag muß nicht unbedingt gemeinsam abgegeben werden (Jans/Happe S. 180; Hin^ Rdn. 49). Zwar wird ein bewußtes Zusammenwirken der Eltern beim Zustandekommen und bei der Einreichung des gemeinsamen Vorschlags die Regel sein, notwendig ist dies jedoch nicht, auch nicht im Falle der einverständlichen Scheidung nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 ZPO {Johannsen\Henrich\ Sedemund-Treiber, Eherecht, Rdn. 8). Wenn die Eltern unabhängig voneinander je einen inhaltsgleichen Vorschlag dem Gericht unterbreiten, ist auch dies ein übereinstimmender Vorschlag im Sinne des Abs. 3 S. 1 {Jaeger Rdn. 54). Dagegen wird geltendgemacht {Schwab Rdn. 62), die unabhängig voneinander zustandegekommenen, deckungsgleichen Willensbekundungen würden dann mit einer Rechtswirkung, nämlich der Bindung des Gerichts, ausgestattet, die den Erklärenden völlig ferngelegen habe. Wenn aber den Eltern bei Abgabe ihrer jeweiligen Erklärung auch (noch) nicht die gleichlautende Erklärung des anderen Teils bekannt war, so liegt es doch regelmäßig in ihrem Interesse, daß eine Auseinandersetzung mit gegensätzlichen Standpunkten vermieden und die Prüfungspflicht des Gerichts auf triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe beschränkt wird (sofern nicht ein abweichender Vorschlag des Kindes nach Satz 2 gemacht wird). Diese positive Konsequenz ist gerade auch im Falle des (von beiden Eltern unabhängig voneinander gewünschten) gemeinsamen Sorgerechts zu begrüßen. — Es genügt auch, wenn sich nur ein Elternteil auf die Einigung beruft und der andere einräumt, daß seinerzeit eine Einigung stattgefunden hat (OLG Düsseldorf FamRZ 83, 293, 294; Rolland Rdn. 42 m. w. Hinw.). Schließlich genügt es, wenn ein Elternteil erklärt, er habe gegen den Vorschlag des andern „nichts einzuwenden", und zwar selbst dann, wenn dies erst im Rechtsmittelverfahren geschieht {Adelmann Rdn. 75). Unverbindliche Erörterungen der Eltern darüber, wie eine künftige Sorgerechtsregelung aussehen sollte, liegen im Vorfeld des in Aussicht genommenen gemeinsamen Vorschlags und entfalten noch keine Rechts Wirkung {Schwab Rdn. 62 am Ende). Bei einverständlicher Scheidung muß die Antragsschrift nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 7 7 ZPO i. V. m. §§ 1565, 1566 BGB den übereinstimmenden Elternvorschlag zur elterlichen Sorge und zur Umgangsregelung enthalten. Um die Scheidung nicht zu erschweren, wird aber als ausreichend angesehen die bloße Mitteilung über den Inhalt der Einigung, wobei für den Fall zweier getrennter Scheidungsanträge die Mitteilung dann in beiden Anträgen übereinstimmen muß (s. die Kommentierung zu § 630 ZPO, Bearb. Kajser). Bei einem nur einseitig vom Antragsteller angekündigten übereinstimmenden Vorschlag genügt es, wenn der Antragsgegner dann in der mündlichen Verhandlung seine Zustimmung zu Protokoll erklärt {JohannsenjHenrichjSedemund-Treiber, Eherecht, Rdn. 8 zu §630 ZPO; zur Prozeßkostenhilfe siehe daselbst Rdnrn. 4 ff zu §626 ZPO sowie die vorliegende Kommentierung zu §114 ff ZPO, Bearb. Hochgräber). Soll die Scheidung nicht einverständlich erfolgen, so muß die Antragsschrift gemäß § 622 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO die Mitteilung enthalten, ob gemeinschaftliche Kinder vorhanden sind, und ob ein (gemeinsamer) Elternvorschlag unterbreitet wird {Adelmann Rdn. 76); das Sorgerechtsverfahren ist von Amts wegen einzuleiten, das Umgangsregelungsverfahren im allgemeinen nur auf Antrag (§ 623 Abs. 3 S. 1 und 2 ZPO). Auch in der Beschwerdeinstanz kann der übereinstimmende Elternvorschlag noch unterbreitet werden {.Hin^ Rdn. 50), und zwar auch dergestalt, daß ein Elternteil den Vorschlag macht und der andere zustimmt {Adelmann Rdn. 76). Der Vorschlag bedarf keiner Form und kann auch von einem minderjährigen Ehegatten {Göppinger Rdn. 622) oder von einem gemäß §114 BGB beschränkt geschäftsfähigen Elternteil ohne Mitwirkung des gesetzlichen Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

Vertreters gemacht werden; ein geschäftsunfähiger Elternteil hingegen kann weder selbst noch durch seinen gesetzlichen Vertreter einen wirksamen Vorschlag zur Regelung der elterlichen Sorge abgeben (allgem. Meinung). 3. Bindung der Eltern 78 Umstritten ist, ob die Eltern an ihren übereinstimmenden Vorschlag grundsätzlich gebunden sind. Nach der einen Meinung bindet der dem Gericht einmal unterbreitete, übereinstimmende Vorschlag die Eltern und kann nicht, jedenfalls nicht einseitig, widerrufen werden. Diese im früheren Recht wohl herrschende Meinung (vgl. BGH FamRZ 60, 397, 398) wird auch im geltenden Recht von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertreten (OLG Stuttgart FamRZ 81, 704; OLG Düsseldorf FamRZ 83, 293, 294; Gernhuber § 56 III 4; Rolland Rdn. 42; PalandtjDiederichsen Rdn. 23). Demgegenüber vertritt die heute schon fast als herrschend zu bezeichnende Gegenmeinung die Ansicht, daß die Eltern an einen früheren übereinstimmenden Vorschlag grundsätzlich nicht gebunden sind und jeder Elternteil bis zur Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz den Vorschlag wirksam widerrufen kann (OLG Hamm FamRZ 89, 654; OLG Bamberg FamRZ 91, 590; OLG München FamRZ 91, 1343, 1344; Jaeger Rdn. 58; HinZ Rdn. 54 unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Ansicht; Strät^ Rdn. 17; Schwab Rdn. 64; Kropholler N J W 84, 271; Luthin FamRZ 85, 638; Coester S. 298 ff und Staudinger¡Coester Rdnrn. 145 — 147; wohl auch Adelmann Rdnrn. 83 und 84; KK\Münder Rdn. 28; ders. in Anm. zu BGH EzFamR § 1671 Nr. 5; offengelassen vom BGH in der vorgenannten Entscheidung = FamRZ 90, 392 = DAVorm 90, 55). Welche Meinung den Vorzug verdient, hängt davon ab, welche Rechtsnatur man der Elterneinigung beimißt. Hat die Einigung Vertragscharakter, so kann jeder Elternteil seiner Erklärung nur durch wirksame Anfechtung nach §§119, 123 BGB oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage den Boden entziehen oder schließlich durch einen gemeinsamen Widerruf. Sonst muß er sich, wenn man einen rechtsgeschäftlichen Charakter annimmt, an seiner einmal abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Diese Konsequenz läßt sich aber weder aus der Überlegung rechtfertigen, jeder Elternteil habe bei seinem Vorschlag allein das Kindeswohl im Auge (häufig sind auch eigene Interessen damit verquickt, s. dazu unten Rdn. 80), noch daraus, daß der Vorschlag in Vollzug der gemeinsamen Elternverantwortung gemacht wird (weil eben in der Phase der Auflösung der Ehe Eigeninteressen der Eltern sich dabei oft kaum ausblenden lassen) noch aus der Befriedungswirkung, die beim gemeinsamen Vorschlag nur solange halten kann, wie beide Eltern noch innerlich zu diesem Vorschlag stehen. 79

Nach alledem sind keine überzeugenden Gründe für eine Bindungswirkung zwischen den Eltern erkennbar. Jeder Elternteil kann bis zur Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz den übereinstimmenden Vorschlag einseitig widerrufen. In der Praxis wird das Problem der Bindungswirkung entschärft dadurch, daß häufig ein Wegfall der Geschäftsgrundlage die Bindung, wenn man sie grundsätzlich bejaht, entfallen lassen wird (in dem vom BGH FamRZ 90, 392/393 entschiedenen Fall wurde sie z. B. angenommen wegen Umzug von Mutter und Kindern ins Ausland). Gerade im Bereich der elterlichen Sorge wird die geltendgemachte spätere, bessere Einsicht eines Elternteils, wenn sie einigermaßen überzeugend mit objektiven Umständen begründet wird, im (übergeordneten) Interesse des Kindeswohls dazu führen können, diesen Elternteil nicht mehr an seinem früheren Vorschlag festzuhalten ( G ö p p i n g e r Rdn. 606; vgl. a. Münder in der Anmerkung zu BGH EzFamR § 1671 Nr. 5, daselbst S. 7; mit Recht beanstandet Münder im übrigen S. 6 daselbst den „Rekurs auf Vertragsrecht bei der Gestaltung sozialer Beziehungen"). Praktikabler erscheint es daher, jeden Widerruf zum Anlaß zu nehmen, 1190

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von einer Entscheidung nach Abs. 3 zu einer solchen nach Abs. 2 überzugehen (Staudinger/Coester Rdn. 147). Dieses Ergebnis trägt auch, wenn die Motive des Gesetzgebers herangezogen werden. Wesentlicher Gesichtspunkt für die Bindungswirkung des übereinstimmenden Elternvorschlags war die Überlegung, es sei „zunächst davon auszugehen, daß er dem Wohl des Kindes am besten entspricht" (BT-Drucks. 8/2788 S. 62). Jaeger (Rdn. 57) bezeichnet dies als die einer Vermutung gleichkommende Vorstellung (für Vermutung auch Adelmann Rdn. 72, Strät\ Rdn. 15, während Hin% Rdn. 48 und Gernhuber § 56 III 1 von einem gerichtlich kontrollierten elterlichen Dispositionsakt sprechen, so auch Schwab Rdn. 65 m. w. Hinw.: „eine mit Hilfe des Gerichts zu vollziehende Disposition"). Diese Vermutung/Vorstellung begründet nur (so auch Jaeger aaO), warum das Gericht an den übereinstimmenden Elternvorschlag gebunden wird. Für die gegenseitige Bindung der Eltern untereinander gibt sie nichts her. Im übrigen bestehen aber Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung, der übereinstimmende Elternvorschlag entspreche dem Kindeswohl am besten. Solche Bedenken tauchten schon bei den Beratungen des 1. EheRG auf (BT-Drucks. 7/2060 S. 32, s.a. Jans\Happe S. 179, 180). „Nicht selten", so die BTDrucks., sei der Elternvorschlag nicht am Kindeswohl orientiert; das Kind werde als „Handelsobjekt" mißbraucht, um den andern für die Scheidung, eine schonende Durchführung des Scheidungsverfahrens oder eine bestimmte Scheidungsfolgenregelung zu gewinnen, und nicht selten werde zur Erreichung solcher eigensüchtiger Ziele mit Erfolg unlauterer Druck auf den andern Ehegatten ausgeübt. In der Begründung des SorgeRG werden diese Bedenken nicht mehr besonders genannt (BT-Drucks. 8/2788 S. 62), — was noch nicht ohne weiteres den Schluß auf eine optimistischere Sichtweise zuläßt —, sie werden aber nach wie vor vertreten ( L e m p p S. 105; Ell ZBIJugR 80, 319; Jopt Z f J 90, 285 ff). Daraus läßt sich zumindest ableiten, daß in der krisenhaften Situation beim Scheitern der Familie vielfältige Gefühle, Erwartungen und Überlegungen eine Rolle spielen, die im Verlaufe des Ehescheidungsverfahrens zu anderen Ergebnissen führen können, als es der übereinstimmende Elternvorschlag zu Beginn des Verfahrens widerspiegelt (vgl. a. Hin^ Rdn. 54: die langfristige Bindung sei daher weniger sachgerecht). Auch von daher muß jeder Elternteil bis zum Abschluß der letzten Tatsacheninstanz die Möglichkeit haben, von dem früheren gemeinsamen Vorschlag abzurücken. Allerdings wird der Richter dann besonders sorgfaltig zu prüfen haben, welcher Vorschlag dem Kindeswohl tatsächlich am besten entspricht, und welcher Vorschlag mehr von eigensüchtigen, nicht am Kindeswohl ausgerichteten Motiven und Überlegungen bestimmt war {Jaeger Rdn. 59; Kropholler N J W 84, 271, 273; vgl. a. Hinz Rdn. 55 am Ende). Auch ohne Abrücken eines Elternteils vom ursprünglichen gemeinsamen Vorschlag kann sich ergeben, daß die vorgeschlagene Sorgerechtsregelung das Kind „zum Gegenstand eines Handels" macht, etwa dadurch, daß der Kindesunterhalt übernommen wird als Gegenleistung für die Zustimmung zur Sorgerechtsübertragung (OLG Hamburg FamRZ 84, 1223), oder dadurch, daß auf das Umgangsrecht verzichtet wird gegen Freistellung vom Kindesunterhalt (BGH FamRZ 84, 778 = JR 84, 497 m. Anm. Göppingen BGH FamRZ 86, 444 = JR 86, 324 m. Anm. Göppinger). Solche Vereinbarungen sind als unzulässige Kommerzialisierung des Umgangsrechts regelmäßig nach § 138 BGB sittenwidrig und nichtig (Peschel-Gut^eit, Das Recht zum Umgang ..., Rdn. 294 m. w. Hinw.). Im Sorgerechts-/Umgangsregelungsverfahren ist dann zu prüfen, ob das Abweichen vom übereinstimmenden Elternvorschlag zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Das wird allerdings regelmäßig nicht der Fall sein, denn ein Elternteil, dem die Unterhaltsfreistellung oder z. B. eine schnelle Scheidung wichtiger sind als die Kindesbindungen, „wird in aller Regel zur Erziehung weniger geeignet sein als der andere Teil" (Strät£ Rdn. 17 am Ende). Hans-Werner Fehmel

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4. Inhalt des Elternvorschlags (Abs. 3 S. 1) Den Eltern stehen für ihren übereinstimmenden Vorschlag grundsätzlich die gleichen Wahlmöglichkeiten zur Verfügung, die das Gericht für die Sorgerechtsregelung hat, also a) das alleinige Sorgerecht eines Elternteils, b) das geteilte Sorgerecht nach § 1671 Abs. 4 S. 2 oder in anderer Weise, c) darüber hinaus können sie das gemeinsame Sorgerecht vorschlagen (was das Gericht nach h. M. ohne übereinstimmenden Elternvorschlag nicht anordnen darf, s. dazu unten Rdn. 86), und schließlich können die Eltern d) die Einschaltung eines Vormunds oder Pflegers in die Ausübung des Sorgerechts gem. § 1671 Abs. 5 beantragen. zu a) Überträgt das Gericht entsprechend dem Vorschlag das alleinige Sorgerecht einem Elternteil, so verbleibt dem anderen Teil nur das Umgangsrecht als Restbestand des Personensorgerechts (KG FamRZ 89, 656, 658; s.a. Rdnrn. 1 0 - 1 2 zu § 1634). zu b) Ein geteiltes Sorgerecht läßt das Gesetz ausdrücklich dergestalt zu (§ 1671 Abs. 4 S. 2), daß dem einen Teil die Sorge für die Person und dem andern die Vermögenssorge übertragen wird. Die Vermögenssorge kann auch nur teilweise abgespalten und dem andern Elternteil übertragen werden, etwa wenn es um die schwierige und Spezialkenntnisse erfordernde Verwaltung bestimmter Vermögenswerte (Gesellschaftsanteile, Wertpapiere etc.) geht (Adelmann Rdn. 29; Schwab Rdn. 29). Schlagen die Eltern eine solche Abspaltung vor, so ist dieser Vorschlag für das Gericht verbindlich, sofern nicht eine Abweichung davon zum Wohle des Kindes erforderlich ist, § 1671 Abs. 3 S. 1 (Schwab aaO; Adelmann Rdn. 31). Unterschiedlich zu beurteilen sind die zahlreichen denkbaren anderen Vorschlagsmöglichkeiten, das Sorgerecht zu teilen: Unzulässig und daher unbeachtlich ist der Vorschlag, die Personensorge auf einen Elternteil zu übertragen und dem andern zuzusichern, daß sich das Kind ganz oder überwiegend (etwa: von Montagvormittag bis Freitagnachmittag) in dessen Obhut aufhält (OLG Köln FamRZ 77, 62, Staudinger ¡Coester Rdn. 139); das hätte zur Folge, daß der andere dann nicht nur die tatsächliche Personensorge ausüben, sondern praktisch auch die Erziehung und Versorgung des Kindes maßgebend beeinflussen würde ( G ö p p i n g e r , Rdn. 609). Allerdings wird mit den Parteien in solchen Fällen zu erörtern sein, ob etwa die gemeinsame elterliche Sorge gewollt ist und vorgeschlagen werden soll (Jaeger Rdn. 61; Göppinger Rdn. 618; zum gemeinsamen Sorgerecht s. nachstehend Rdnrn. 86, 98 ff). Unzulässig ist ein Vorschlag, der auf eine weiträumige und schematische zeitliche Aufteilung abzielt, etwa dergestalt, daß das Sorgerecht bis zum vollendeten 10. Lebensjahr des Kindes der Mutter und dann dem Vater zustehen soll (Schwab Rdn. 32 m. w. Hinw.; Göppinger, Rdn. 612), weil damit das Kontinuitätsinteresse von vornherein ignoriert würde. Umstritten ist, ob es in solchen Fällen eines ins Auge gefaßten späteren Wechsels nicht wenigstens zulässig sein sollte, daß die Eltern ihren Vorschlag zeitlich begrenzen (bis zum 10. Lebensjahr Sorgerecht der Mutter) und vereinbaren, daß sodann eine Überprüfung durch das Gericht stattfinden sollte (bejahend Hin% Rdn. 57; Staudingerj Coester Rdnrn. 142 — 144; ebenfalls bejahend Schwab Rdn. 32, wenn klargestellt wird, daß die Sorgerechtsregelung bis zur Volljährigkeit weiter gilt, sofern das Gericht keine abändernde Entscheidung trifft, weil sonst nur eine unzulässige Teilentscheidung vorliegt). Es erleichtert zwar die Einigung der Eltern, wenn sie eine künftige neue Entscheidung vereinbaren können, ohne die strengen Abänderungsvoraussetzungen des § 1696 1192

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zu erfüllen. Häufig wird der Streit aber nur in die Zukunft verlagert, und bis dahin stehen Eltern und Kind unter dem Damoklesschwert der unsicheren zukünftigen Entscheidung. Deshalb wird d. E. auch dieser modifizierte Vorschlag für unzulässig gehalten (s. a. Göppinger, Rdn. 613: dringend abzuraten). Es kann allerdings sachgerecht sein, aber nur in besonders gelagerten, seltenen Ausnahmefallen ( K r o p h o l l e r N J W 84, 271 ff, 275; Schwab Rdn. 31; Adelmann Rdn. 86; auch Staudinger ¡Coester Rdn. 143), für einen eng begrenzten Übergangszeitraum die elterliche Sorge dem einen und die Obhut = tatsächliche Sorge dem andern Elternteil zuzusprechen (denkbar etwa bei einem bevorstehenden, überschaubaren Krankenhausaufenthalt des Sorgeberechtigten oder im Hinblick auf die nahe Bezugsfertigkeit einer Wohnung; s. aber Göppinger Rdn. 611: unzulässig, wenn der Sorgerechtsübergang bei Konsolidierung der Verhältnisse des betreffenden Ehegatten nach der Scheidung stattfinden soll). In einer solchen Vereinbarung, wenn sie ausnahmsweise als sachnotwendig anerkannt wird, beauftragt und bevollmächtigt der Sorgeberechtigte den andern Elternteil, kurzzeitig die elterliche Sorge auszuüben {Göppinger Rdn. 609; Jaeger Rdn. 62). Unzulässig ist ein Vorschlag, der auf die Abspaltung des Aufenthaltsbestimmungs- 8 5 rechts zugunsten des Nichtsorgeberechtigten hinausläuft (OLG Zweibrücken FamRZ 83, 1055; Göppinger Rdn. 609); die im Wege vorläufiger Anordnung überwiegend für zulässig gehaltene Abspaltung (KG FamRZ 84, 1143) ist als vorläufige Regelung auf das gerichtliche Eilverfahren beschränkt (vgl. a. Gießler Rdn. 87). Unzulässig ist es auch, vorzuschlagen, daß einem Elternteil die tatsächliche Personensorge ohne die zu diesem Bereich gehörende rechtliche Sorge (Vertretung) übertragen werden soll, das gesamte übrige Sorgerecht aber dem andern zustehen soll [Jaeger Rcjp. 61; Schwab Rdn. 31 u. Fußnote 11 daselbst; Straff Rdn. 13; Hin£ Rdn. 21: Grundsatz der Unteilbarkeit der Personensorge, ebenso Kropholler N J W 84, 271 ff, 275; einschränkend zu diesem Grundsatz Schwab Rdn. 31 am Ende). Für zulässig gehalten wird die Aufspaltung des Sorgerechts hingegen dergestalt, daß beide Eltern die Personensorge mit dem Vertretungsrecht innehaben sollen, jedoch ein Elternteil allein die Vermögenssorge wahrnehmen soll {Göppinger Rdn. 619 unter Bezugnahme auf Kropholler aaO). Unzulässig ist ein Vorschlag, der den Übergang des Sorgerechts auf den andern Elternteil bei Eintritt ungewisser, in der Zukunft liegender Veränderungen wie etwa Wiederheirat, Wohnortwechsel oder Arbeitsaufnahme vorschreiben will {Göppinger Rdn. 610; Jaeger Rdn. 61). Ebenso ist es unzulässig, dem künftigen Sorgerechtsinhaber die Verpflichtung aufzuerlegen, in bestimmten Erziehungsfragen (Schullaufbahn, Aufnahme in einem Internat, Berufsausbildung) die Zustimmung oder Mitwirkung des andern Elternteils zu respektieren oder bei Meinungsverschiedenheiten das Gericht anzurufen (Jaeger Rdn. 61; Strät% Rdn. 13; Hin% Rdn. 56 i. V. m. Rdnrn. 22, 51). zu c) Das gemeinsame Sorgerecht kann nach h. M. nur auf übereinstimmenden 8 6 Vorschlag der Eltern, nicht gegen oder ohne ihren Willen durch streitige Entscheidung des Gerichts angeordnet werden (OLG Bamberg FamRZ 87, 509 und 88, 752 sowie 91, 590; OLG Hamm FamRZ 88, 753; Göppinger, Rdn. 618 m.w.Hinw. in Fußnoten 53, 54 daselbst). Denn das gemeinsame Sorgerecht setzt die Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern voraus, das Kind (weiter) in gemeinsamer Verantwortung zu erziehen und zu fördern. Allerdings wird diese Bereitschaft (und damit die Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts) gelegentlich auch dann für möglich gehalten, wenn ein Elternteil das Alleinsorgerecht begehrt: „Denn dies bedeutete nicht notwendig, daß beide Eltern dann nicht doch den Anforderungen gerecht würden, welche die Gemeinschaft des Sorgerechts an sie stellt" (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 89, wobei allerdings nur diese Möglichkeit erwogen wurde, die Entscheidung kommt aus anderen Gründen nicht zum gemeinsamen Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

Sorgerecht; derartige Überlegungen sind übrigens dem anglo-amerikanischen Rechtskreis nicht fremd, und in Schweden wurde im Herbst 1989 eine Gesetzesänderung dahin erwogen, das gemeinsame Sorgerecht auch dann zuzusprechen, wenn sich beide Eltern nicht vollständig einig sind, sofern ein Elternteil nicht absolut dagegen ist). 87 zu d) War den Eltern während bestehender Ehe die Personen- oder Vermögenssorge oder beides entzogen worden, so können sie die Aufrechterhaltung der Pflegschaft bzw. Vormundschaft beantragen und erfüllen auch mit einem solchen übereinstimmenden Vorschlag die Voraussetzungen des § 630 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ( G ö p p i n g e r , Rdn. 616; Schwab Rdn. 71: allerdings entfaltet ein solcher übereinstimmender Elternvorschlag nicht die Bindungswirkung des § 1671 Abs. 3 S. 1). Hingegen wäre es unzulässig, die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Vormund/Pfleger vorzuschlagen, wenn beide Eltern bisher die elterliche Sorge innehatten, denn sie können nicht durch übereinstimmenden Vorschlag auf diese Rechte verzichten ( G ö p p i n g e r aaO).

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5. Der abweichende Kindesvorschlag nach Abs. 3 S. 2 Vom vollendeten 14. Lebensjahr an räumt das Gesetz dem Kind das Recht ein, die Bindungswirkung, die der übereinstimmende Elternvorschlag nach S. 1 für das Gericht hat, dadurch zu neutralisieren, daß das Kind einen abweichenden Vorschlag macht. Während die ursprüngliche Entwurfsfassung nicht nur dem Willen des mindestens vierzehnjährigen Kindes, sondern auch dem des jüngeren, zur selbständigen Beurteilung fähigen Kindes dasselbe Gewicht wie dem übereinstimmenden Elternvorschlag beimessen wollte (BT-Drucks. 7/2060 S. ?>?>, JansjHappe S. 182/183), ergab die im Herbst 1977 vom Rechtsausschuß des Bundestages durchgeführte Sachverständigenanhörung „Elterliches Sorgerecht", daß das (weniger als vierzehn Jahre alte) Kind mit einer solchen Entscheidung überfordert sein kann. Deshalb (s. BT-Drucks. 8/2788 S. 62) wurde schließlich nur dem Willen des mindestens vierzehnjährigen Kindes die Gesetz gewordene formelle Bedeutung zugemessen: Weicht der Vorschlag eines solchen mindestens vierzehn Jahre alten Kindes „vom Elternvorschlag ab, hebt dies die Bindung des Gerichts an letzten Vorschlag auf und das Gericht hat nach Absatz 2 zu verfahren, d. h. die Regelung zu treffen, die dem Kindeswohl ... am besten entspricht" (BT-Drucks. aaO S. 62/63; vgl. a. BGH FamRZ 90, 392, 393).

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Die Altersgrenze fixiert nur das formelle Widerspruchsrecht des Kindes. Sie bedeutet nicht, daß der Wille eines Kindes unter vierzehn Jahren in seiner Bedeutung für die Sorgerechtsentscheidung herabgesetzt wird. Auch wenn ein Kind unter vierzehn Jahren sich gegen den übereinstimmenden Elternvorschlag ausspricht und eine andere Lösung vorschlägt, wird das Gericht sorgfältig zu prüfen haben, ob der Elternvorschlag wichtige Kindesinteressen außer acht läßt (Schwab Rdn. 79; Hins^ Rdnrn. 60, 62; Gernhuber § 56 IV 1,2). Bejaht es dies, und will es deshalb vom übereinstimmenden Eltemvorschlag abweichen, so muß es im Verbundverfahren die Entscheidung vorweg treffen (§ 627 Abs. 1 ZPO), und zwar nach mündlicher Verhandlung (§ 623 Abs. 1 S. 1 ZPO) durch Beschluß (der mit Beschwerde und weiterer Beschwerde anfechtbar ist) als vorgezogenen Teil des Ehescheidungsverbundurteils nach § 629 Abs. 1 ZPO (Johannsenj HenrichjSedemund-Treiber, Eherecht, Rdn. 3 zu § 627 ZPO; Adelmann Rdn. 90).

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Der abweichende Vorschlag des mindestens vierzehnjährigen. Kindes bedarf keiner Form und kann jederzeit bis zur Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz dem Gericht gegenüber abgegeben werden. Oft wird der abweichende Vorschlag des Kindes in seiner Anhörung nach § 50 b FGG geäußert. Hier bedarf es besonderer Behutsamkeit des Richters, um zunächst einmal auszuloten, ob es sich nicht nur um unverbindliche, unsichere Äußerungen über bloße Präferenzen handelt (s. oben Rdn. 69; Jaeger Rdn. 65), 1194

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sondern um einen förmlichen abweichenden Vorschlag, der dem Elternvorschlag die Bindungswirkung nimmt. Es mag zwar aus praktischen Gründen wenig sinnvoll erscheinen, zwischen bloßen Vorstellungen und Wünschen des Kindes einerseits und einem förmlichen Vorschlag andererseits zu unterscheiden (so Schwab Rdn. 83 gegen Strät% Rdn. 25), weil beides letztlich auf die Frage hinausläuft, ob dem Elternvorschlag zu folgen ist oder nicht. Rechtlich ist es aber doch ein Unterschied, weil die zum Wohle des Kindes erforderliche Abweichung im Falle des Abs. 3 S. 1 eine höhere Eingriffsbarriere darstellt, als es die „schlichte" Kindeswohlprüfung nach Abs. 2 ist (Hin\ Rdn. 59; s. a. Staudinger ¡Coester Rdn. 153: das Kind muß sich ausdrücklich entschieden haben, bloße Wünsche, Abneigungen oder Gegenvorstellungen genügen nicht). In jedem Fall, ob nun als Wunsch oder als förmlicher Vorschlag vom Kind geäußert, wird das Gericht sodann im einfühlsamen Gespräch mit Eltern und Kind versuchen müssen, das gegenseitige Verständnis zu fördern und den Widerspruch in den Vorschlägen aufzulösen. Gelingt dies nicht, so wird sich das Gericht über einen der einander widerstreitenden Vorschläge hinwegsetzen müssen. Folgt es dem Kind und überträgt es die elterliche Sorge dem Elternteil, den die Eltern in ihrem übereinstimmenden Vorschlag gerade nicht dafür vorgesehen hatten, so wird dies nur dann problemlos möglich sein, wenn dieser Eltemteil sich schließlich (wenn vielleicht auch widerstrebend) zur Übernahme des Sorgerechts bereiterklärt hat (Gernhuber § 56 IV 2; Hin% Rdn. 62). Hält der Elternteil dagegen an seiner Weigerung fest, so stellt er damit seine erzieherische Eignung in Frage, so daß es dem Kindeswohl widersprechen dürfte, ihm das Sorgerecht gegen seinen Willen zu übertragen (Strät% Rdn. 15; Adelmann Rdn. 71; auch Schwab Rdn. 80: „selten geeignet, daß Kindes wohl zu wahren"). Das Gericht wird dann „zwischen zwei Übeln zu wählen" haben: entweder dem Elternteil, den das Kind mehr oder weniger ablehnt, die elterliche Sorge zu übertragen oder außerhäusliche Erziehung anzuordnen, was das Kind aber auch nicht will (Hin^ Rdn. 62; vgl. a. Schwab Rdn. 87). Das mindestens vierzehnjährige Kind kann seinen abweichenden Vorschlag auch 91 erst im Rahmen des ihm zustehenden Beschwerderechts nach § 59 FGG in das Verfahren einführen (Jaeger Rdn. 65; Keidel\Kunt^e\Winkler, Rdn. 9 ff zu § 59 FGG). Es kann Bevollmächtigte zur Beschwerdeführung bestellen und die Beschwerde auch wieder zurücknehmen (KetdeljKunt^e/ Winkler Rdnrn. 13, 14). Das eigenständige Vorschlagsrecht selbst nach S. 2 ist nicht verzichtbar (Jaeger Rdn. 65) und unterliegt auch nicht der Verwirkung (Gernhuber § 56 IV 2 am Ende; Hin^ Rdn. 61). Nimmt das Kind seinen abweichenden Vorschlag zurück, so tritt die vorherige Rechtslage, d. h. die Bindung des Gerichts an den übereinstimmenden Elternvorschlag, wieder ein. Auch in diesem Falle ist aber eine sorgfaltige Prüfung angezeigt, ob die Rücknahme des Kindesvorschlags unbeeinflußt erfolgte, und ob nicht doch im Interesse des Kindeswohls eine Abweichung vom übereinstimmenden Elternvorschlag erforderlich ist. Nicht immer wird der Kindesvorschlag völlig abweichend, d. h. dem Elternvorschlag 92 diametral entgegengesetzt sein etwa dergestalt, daß die Eltern die Mutter, das Kind aber den Vater als Sorgerechtsinhaber vorschlägt. In der Praxis wird auch von größeren, vierzehn Jahre und älteren Kindern häufig der Wunsch bzw. Vorschlag artikuliert, beide Eltern als Sorgeberechtigte zu behalten. Es wäre falsch, Kindern in solchen Fällen zu sagen, sie müßten ihren Vorschlag entweder für oder gegen den übereinstimmenden Elternvorschlag formulieren. Denn auch wenn das gemeinsame Sorgerecht nach h. M. nur auf übereinstimmenden Vorschlag der Eltern und mit ihrem Willen angeordnet werden kann (s. oben Rdn. 86), hat der Vorschlag des Kindes einen gesetzlich zulässigen Inhalt {Jaeger Rdnrn. 66, 72 ff). Das Kind als Grundrechtsträger mit eigenem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (BVerfG FamRZ 81, 124, 125 ff) kann mit diesem Hans-Werner Fehmel

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§ 1 6 7 1 BGB

Elterliche Sorge

Vorschlag erreichen, „daß eine außerfamiliäre, unparteiische Instanz (das Gericht) die volle Kindeswohlprüfung und die volle Verantwortung hierfür übernimmt" (Jaeger Rdn. 66 am Ende; StaudingerICoester Rdn. 155; a. A. Schwab Rdn. 85 u. Fußnote 18 daselbst: da die Eltern zum gemeinsamen Sorgerecht nicht gezwungen werden könnten, bleibe ihr Vorschlag für das Gericht bindend; die Zulässigkeit des gemeinsamen Sorgerechts gegen oder ohne den Willen der Eltern wird allerdings gelegentlich in Erwägung gezogen (s. oben Rdn. 86). 93 Wenn das Kind beide Eltern ablehnt, liegt ein abweichender Vorschlag, der immer einen für einen Elternteil positiven Inhalt haben muß, nicht vor {Jaeger Rdn. 66; Rdn. 61; Gernhuber § 56 IV 2). Der Elternvorschlag bleibt dann nach S. 1 verbindlich, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Drittbetreuung nach Abs. 5 vorliegen {Schwab Rdn. 86). Wendet sich der Vorschlag des Kindes (nur) gegen die von den Eltern vorgeschlagene Geschwistertrennung, während es die für seine Person vorgesehene Sorgeregelung billigt, so ist dies ein (teilweise) abweichender Vorschlag i. S. des S. 2, der bewirkt, daß die von den Eltern vorgeschlagene Geschwistertrennung nicht bindend ist (Schwab Rdn. 84; Jaeger aaO; s.a. StaudingerjCoester Rdn. 156: Geschwistertrennung ist dann aber „besonders kritisch zu überprüfen", wobei Coester überhaupt noch keine Teilabweichung sieht, wenn das Kind der Regelung für seine Person zustimmt und nur der von den Eltern vorgeschlagenen Geschwistertrennung widerspricht). Betrifft der abweichende Kindesvorschlag nur abgrenzbare und abtrennbare Bestandteile der elterlichen Sorge wie etwa die Vermögenssorge oder nur einzelne Angelegenheiten derselben, so ist dies unzulässig, weil der Elternvorschlag nicht derart in Einzelteile zerlegt werden kann {Jaeger aaO; einschränkend Rolland Rdn. 50, der dies zwar nicht generell für unzulässig hält, aber einräumt, daß die Trennung häufig nicht möglich sein wird wegen der erforderlichen einheitlichen Betrachtung). Immer wird der abweichende Kindesvorschlag für das Gericht Anlaß sein, „in einen intensiven Erörterungs- und Vermittlungsprozeß mit den Beteiligten einzutreten, um den familieninternen Konflikt beizulegen" {StaudingerICoester Rdn. 157).

V. Gemeinsames Sorgerecht, Absatz 4 S. 1 a. F. 94

1. Entstehungsgeschichte a) Vor dem Inkrafttreten des SorgeRG am 1.1. 1980 bestimmte S. 1: „Die elterliche Gewalt soll in der Regel einem Elternteil allein übertragen werden". Im S. 2 wurde die Aufteilung in Personensorge und Vermögenssorge zugelassen. Die Rechtsprechung war uneinheitlich, schien aber zunehmend zu der Ansicht zu neigen, daß S. 2 keine abschließende Regelung enthalte, und daß auch in anderer Gestaltung beiden Eltern gemeinsam die elterliche Gewalt belassen werden könne (KG 18. ZS FamRZ 79, 340 m. w. Hinw. auf Rspr. u. Literatur; ebenso OLG Hamburg FamRZ 79, 540; a. A. KG 15. ZS FamRZ 79, 539). Am 12. September 1977 führte der Rechtsausschuß des Bundestages eine Sachverständigenanhörung durch (s. „Zur Sache", Heft 1/1978, herausgegeben vom Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages). In einer Zusatzfrage (s. S. 12 aaO) wurden die Sachverständigen befragt, ob in einer gesetzlichen Neuregelung die Möglichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge nach der Scheidung festgeschrieben werden sollte. Die Sachverständigen, soweit sie sich zu dieser Zusatzfrage äußerten, schienen eher zu der Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts generell oder wenigstens in Ausnahmefällen zu neigen {Fthenakis FamRZ 88, 578, Rezension); dies entsprach auch der Rechtsentwicklung in den USA (vgl. Fehmel FamRZ 79, 380 ff). 1196

Hans-Werner Fehmel

Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

b) Der Gesetzgeber entschied sich für den Ausschluß des gemeinsamen Sorgerechts 9 5 und formulierte im SorgeRG klarstellend: „Die elterliche Sorge ist einem Teil allein zu übertragen". Alsbald war die Frage der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung Gegenstand von Entscheidungen (AmtsG Königstein/Taunus FamRZ 80, 483; KG 18. ZS FamRZ 80, 821, wobei das Kammergericht im Hinblick auf den Status Berlins die Sache nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegte, sondern die Verfassungswidrigkeit in eigener Zuständigkeit feststellte; s.a. AmtsG Bergisch-Gladbach FamRZ 80, 1156 LS; vgl. ferner AmtsG Lübeck FamRZ 82, 428 m. w. Hinw.: gemeinsames Sorgerecht bei verfassungskonformer Auslegung möglich). c) Im November 1982 entschied das Bundesverfassungsgericht, daß die stringente 9 6 Regelung des Gesetzgebers, das gemeinsame Sorgerecht selbst dann auszuschließen, wenn die Eltern „willens und geeignet sind, die Elternverantwortung zum Wohle des Kindes weiterhin zusammen zu tragen" (so der Leitsatz, s. FamRZ 82, 1179 ff = N J W 83, 101 ff = DAVorm 82, 1055 ff), verfassungswidrig ist. Damit war der Streit um das gemeinsame Sorgerecht als Rechtsinstitut jedoch nicht zu Ende. Er verlagerte sich nun auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herausgelesen wurden (die Zahl schwankt zwischen 2, 3 oder 4 Voraussetzungen, s. dazu unten Rdnrn. 99, 103). Zu weiteren Streitpunkten entwickelten sich die Fragen, ob das gemeinsame Sorgerecht die Regel oder die Ausnahme bildet, ob das Gericht hier an den übereinstimmenden Elternvorschlag genauso gebunden ist (Abs. 3 S. 1) wie beim Einzelsorge-Vorschlag, und ob dann ggf. der abweichende Kindesvorschlag (Abs. 3 S. 2) gleichermaßen die Bindungswirkung aufhebt, wenn das vierzehn Jahre und ältere Kind etwa Alleinsorge vorschlägt. d) Die verschiedenen Streitpunkte führten zu einer Vielzahl von divergierenden 9 7 Entscheidungen und Veröffentlichungen (zur Rechtsentwicklung und zum Diskussionsstand ausführlich Staudinger¡Coester Rdnrn. 158 ff und Michalski, Gemeinsames Sorgerecht geschiedener Eltern, FamRZ 92, 128—137). Die Forderung nach einer gesetzlichen Neuregelung wurde immer drängender. Der rechtsuchende Bürger, der vom gemeinsamen Sorgerecht gehört hat und sich informieren möchte, findet im Gesetz nichts darüber. Statt dessen wird beim Abdruck des Gesetzestextes bei § 1671 Abs. 4 S. 1 BGB seit nunmehr acht Jahren immer noch die alte Fassung, wenn auch im Schrägdruck und mit einem Fußnotenhinweis auf die Nichtigkeit, wiedergegeben. Unkundige werden nicht aufgeklärt (StaudingerjCoester Rdn. 168: „Eine derzeit verbreitete Tendenz in der richterlichen und anwaltlichen Praxis, die Möglichkeit gemeinsamen Sorgerechts zu verschweigen oder sie den Parteien auszureden ..., muß deshalb als rechtswidrig bezeichnet werden"). — Das Bundes)ustizministerium trug der Notwendigkeit der gesetzlichen Neuregelung Rechnung und gab Ende 1985 eine Rechtstatsachenstudie in Auftrag, die von Limbach und Mitarbeitern erstellt und 1989 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde (Rechtstatsachenstudie, s. daselbst S. 77 ff zum Regelungsbedarf). Auf der Grundlage dieser Studie wurde ein Arbeitspapier erarbeitet, in dem drei Regelungsvorschläge zur gemeinsamen elterlichen Sorge nach der Scheidung zur Diskussion gestellt wurden. Es ist zu hoffen, daß trotz des umfangreichen Gesetzgebungswerkes, das der Gesetzgeber in der neuen Legislaturperiode zu bewältigen haben wird, das gemeinsame Sorgerecht bald gesetzlich normiert wird (kritisch Luthin in seiner Rezension FamRZ 90, 1324 zu Limbach, Rechtstatsachenstudie, und zu Strempel, Gemeinsame Sorge geschiedener Eltern: Luthin sieht wohl kein gesetzliches Defizit, so auch schon in seiner Schrift „Gemeinsames Sorgerecht" S. 5 ff). — Die DDR war schneller. Die Volkskammer hat am 20. Juli 1990 im Hinblick auf ein einheitliches deutsches Familienrecht das Gesetz über die Änderung des Familiengesetzbuchs verabschiedet (GBl. Teil I Nr. 52 S. 1038). Darin ist auch das Hans-Werner Fehmel

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§ 1 6 7 1 BGB

Elterliche Sorge

gemeinschaftliche Erziehungsrecht sowohl nach der Scheidung als auch bei außerehelicher Geburt geregelt (s. dazu im einzelnen unten Rdn. 107). Das Gesetz trat am 1. Oktober 1990 in Kraft, wurde aber bereits 48 Stunden später durch Artikel 234 § 1 des Einigungsvertrages wieder außer Kraft gesetzt. Vom 3. Oktober 1990 an gilt im Beitrittsgebiet das Familienrecht des BGB, also § 1671 Abs. 4 BGB in der vom Bundesverfassungsgericht modifizierten, nachstehend erörterten Fassung. (Für Ehescheidungs-Verbundurteile, die in der DDR am 1. oder 2. Oktober 1990 ergangen und durch Rechtsmittelverzicht sofort rechtskräftig geworden wären, käme EGBGB Art. 234 § 11 Abs. 1 in Betracht, wonach es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge zu verbleiben hätte). Durch das „Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz — K J H G ) " vom 26. 6. 1990 ist die Bedeutung des gemeinsamen Sorgerechts erneut anerkannt und hervorgehoben worden. Das K J H G ist am 1.1. 1991 in den Altbundesländern in Kraft getreten. In den neuen Bundesländern und in Ostberlin war es bereits seit dem 3. 10. 1990 in Kraft (Coester FamRZ 91, 253, Fußn. 1 unter Hinweis auf Anl. I zum Einigungsvertrag, Kap. X, Sachgebiet B: Jugend, Abschn. III Nr. 1 Buchst, k i. V. m. Art. 3 des Einigungsvertrages). In der Entwurfsbegründung des K J H G wird das gemeinsame Sorgerecht geschiedener Eltern „als Idealziel für jugendhilferechtliche Bemühungen nach § 17 K J H G hervorgehoben", und „diese Wertung des Gesetzgebers muß ausstrahlen" auf die notwendige Neufassung des § 1671, wobei das Regel-/Ausnahmeverhältnis eine Umkehrung erfahren könnte (zu alledem Coester aaO S. 261). Elternrecht und Kindeswohl waren schließlich auch die Aspekte, unter denen das Bundesverfassungsgericht das gemeinsame Sorgerecht für unverheiratete Eltern anerkannt hat (BVerfG FamRZ 91, 913 ff m. kritischer Anm. Bosch FamRZ 91, 1121 ff). Auch insoweit ist der Gesetzgeber nunmehr gefordert. Die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten hat das Bundesverfassungsgericht aaO unter D I aufgezeigt. 2. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die unterschiedlichen Interpretationen 98 Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung (FamRZ 82, 1179) die Voraussetzungen definiert, die gegeben sein müssen, um den Eltern das gemeinsame Sorgerecht nach der Scheidung zu belassen. Eine Rangordnung läßt sich aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen. Weder genießt die gemeinsame Sorge verfassungsrechtlichen Vorrang (so allerdings Hitt% Rdn. 63 und ihm folgend Lidle-Haas S. 26/ 27; Jopt Z f J 90, 285, 293; dagegen mit Recht Schwab Rdn. 91 u. Fußnote 6 daselbst: die gemeinsame Sorge werde „vorschnell ... mit der Weihe der Höherwertigkeit a u s g e s t a t tet"), noch läßt sie sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf Ausnahmefalle reduzieren (so allerdings KG FamRZ 89, 654; Palandt\Diederichsen Rdn. 6 unter Hinweis auf AmtsG Arnsberg FamRZ 85, 424; Kropholler JR 84, 89 ff; Gieß kr Rdn. 977; Luthin FamRZ 84,116 und 85, 565; wohl auch Bergerfurth Rdn. 117 u. Fußn. 8 c „faktisch leider die Ausnahme"). Der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts unter B III 3 b, es stehe „dem Gesetzgeber frei, durch eine geeignete Regelung darauf hinzuwirken, daß die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts die Ausnahme bleibt", beschränkt sich auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung, die bisher nicht erfolgt ist, und enthält nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß das Bundesverfassungsgericht bis zur gesetzlichen Neuregelung ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, gleichsam eine Geringerwertigkeit des gemeinsamen Sorgerechts, für die Gerichte bindend festschreiben wollte (vgl. a. Limbach 1988 S. 27). Für die Annahme einer solchen „Herabstufung" besteht umso weniger Veranlassung, als der (bloße) Hinweis des BVerfG im Zusammenhang mit der vom BJM befürchteten Sogwirkung erfolgte, die, wie wir heute wissen (vgl. Limbach 1198

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

1988 S. 23 und Rechtstatsachenstudie S. 51 ff), nicht eingetreten ist. Das gemeinsame Sorgerecht ist also als gleichberechtigte Alternative neben das Alleinsorgerecht des Vaters oder der Mutter getreten (KG FamRZ 83, 1055, 1056; OLG Karlsruhe FamRZ 87, 89; Fehmel FamRZ 83, 971, 972; s.a. Balloff\Walter FamRZ 90, 445 m. zahlr. Hinw. in den Fußnoten 4—19 auf die Befürworter, die mit teilweise individuellen Modifizierungen das gemeinsame Sorgerecht als „eine vernünftige Alternative zur Alleinerziehung sehen"). Die vom Bundesverfassungsgericht bezeichneten Kriterien werden seither mangels gesetzlicher Neuregelung in Rechtsprechung und Schrifttum „durchweg als gesetzesersetzende Regeln angesehen und angewendet" (Jaeger Rdn. 73 m. w. Hinw., KG FamRZ 83, 1055, 1056; Limbach 1988 S. 17 sowie Rechtstatsachenstudie 1989 S. 9 u. Fußnote 2 daselbst; s. a. die neueren Entscheidungen OLG Bamberg FamRZ 87, 509 und 88, 752 m. Anm. Luthirr, OLG Hamm FamRZ 88, 753; KG FamRZ 89, 654, ferner Fthenakis FamRZ 88, 5 7 8 - 5 8 0 , Rezension, und Ell ZfJ 89, 271, 272). „Im Grunde lag es dem Gericht aber fern, die Aufgabe des Gesetzgebers zu usurpieren"; es ging ihm nur darum, die Voraussetzungen herauszuschälen, unter denen der Ausschluß des gemeinsamen Sorgerechts verfassungswidrig ist (Limbach, Rechtstatsachenstudie S. 77). Deshalb sind die Ausführungen .eher als Anhaltspunkte, weniger als normative Festschreibungen gedacht gewesen (wenngleich eben mangels gesetzlicher Neuregelung die Praxis ihnen diese Wirkung beimißt, was „im methodischen Ansatz verfehlt" ist, Staudinger ¡Coester Rdn. 169). Es besteht keineswegs Einmütigkeit, welche Voraussetzungen im einzelnen spezifisch für das gemeinsame Sorgerecht gegeben sein müssen. Es werden zwei (Schwab Rdn. 93), drei (Limbach u. Jaeger aaO, Hin^ Rdnrn. 68 ff) oder auch vier Voraussetzungen genannt {Adelmann Rdn. 24; PalandtjDiederichsen Rdn. 7). Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich nur zwei Voraussetzungen, die auf das gemeinsame Sorgerecht zugeschnitten sind (vgl. jetzt auch BVerfG FamRZ 91, 913 ff, 916 unter C I 4 Buchst, a) und b)): a) Die Eltern müssen durch entsprechenden Vorschlag ihren Willen bekunden, die gemeinsame Verantwortung für ihr Kind nach der Scheidung weiter zu tragen. b) Es darf keine Abweichung von diesem Vorschlag zum Wohle des Kindes erforderlich sein. zu a) Die Bereitschaft, die elterliche Sorge zu übernehmen, muß zwar auch bei einem 99 Elternteil vorhanden sein, wenn ihm (allein) die Einzelsorge vom Gericht übertragen werden soll. Der Unterschied liegt darin, daß sich beim gemeinsamen Sorgerecht die Bereitschaft auch auf die Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil erstrecken muß. Deshalb wird überwiegend ein übereinstimmender Vorschlag beider Eltern für erforderlich gehalten (OLG Hamm FamRZ 88, 753, OLG Bamberg FamRZ 87, 509; Jaeger Rdn. 74 m. w. Hinw.; StaudingerjCoester Rdn. 172 m. w. Hinw.). Der Vorschlag muß auch Angaben darüber enthalten, wie das gemeinsame Sorgerecht künftig ausgestaltet sein soll (s. unten Rdn. 104). Bei ablehnender Haltung eines Elternteils (trotz enger Kindesbindungen auch zu diesem) wird das gemeinsame Sorgerecht abgelehnt (KG 19. ZS FamRZ 89, 654), wobei sich das Gericht aber nicht damit begnügen darf, die ablehnende Haltung zur Kenntnis zu nehmen, sondern zunächst versuchen muß, das Streitpotential abzubauen, und den Eltern das gemeinsame Sorgerecht als die an sich beste Lösung nahezubringen (OLG Bamberg FamRZ 88, 752, wie dies zuvor schon gemäß § 17 K J H G im Mittelpunkt der Bemühungen des Jugendamtes stehen mußte, vgl. Coester FamRZ 91, 253 ff, 261). Eine Mindermeinung (OLG Karlsruhe FamRZ 87, 89; OLG Hamburg FamRZ 85, 1284) läßt die Möglichkeit genügen, daß der widersprechende Elternteil trotzdem den Anforderungen der gemeinsamen elterlichen Sorge gerecht wird (s. OLG Hamm FamRZ 88, 753, ohne die Frage abschließend zu Hans-Werner Fehmel

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entscheiden). Bei strikter Weigerung wird es schwerlich zu vertreten sein, die gemeinsame Sorge gleichsam aufzudrängen, weil Kooperation nicht erzwungen werden kann und die Spannungen zu Lasten des Kindes gehen (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 91, 1220). Wenn aber der ablehnende Elternteil subsidiär das gemeinsame Sorgerecht in Betracht zieht, die Übernahme der Mitverantwortung nicht schlechthin ablehnt und einen Gesinnungswandel erwarten läßt, sollte das Gericht das gemeinsame Sorgerecht nicht am mangelnden übereinstimmenden Vorschlag scheitern lassen (evtl. sollte das Gericht den zögernden Elternteil „zu einem übereinstimmenden Vorschlag ... bewegen", Staudinger¡Coester Rdn. 173). Noch einen Schritt weiter geht Coester (FamRZ 91, 253 ff, 261) im Hinblick auf § 17 KJHG: die im Sorgerechtsgesetz 1980 als Regelfall konzipierte Zuerkennung der Einzelsorge an einen Elternteil werde nunmehr „zurückgestuft zu einem Notverfahren bei hoffnungslos zerstrittenen Eltern". Gelingt es den Jugendämtern, trennungswilligen Paaren bei der Beratung die Uberzeugung zu vermitteln, daß Elternschaft unteilbar ist, so einigen sie sich auch leichter auf das gemeinsame Sorgerecht: in den Bezirken Kassel, Bad Salzuflen, Siegburg und Landsberg soll die Zahl der Fälle, in denen Eltern bei Scheidung das gemeinsame Sorgerecht zuerkannt wurde, auf 20% angestiegen sein (Levend in Psychologie heute 12/91 S. 9, wobei allerdings die „Divorce Mediation" als alternatives Konfliktlösungsmodell kritisch bewertet wird). 100

Der übereinstimmende Vorschlag beider Eltern hat die gleiche Bindungswirkung für das Gericht wie bei der Einzelsorge, Abs. 3 S. 1, d.h. das Gericht darf nur abweichen (und statt des beantragten gemeinsamen Sorgerechts die Einzelsorge eines Elternteils anordnen), wenn dies „zum Wohle des Kindes erforderlich ist" (KG FamRZ 83, 648 und 1055; Fehmel FamRZ 83, 971; Hin^ Rdn. 26; Jaeger Rdn. 74; Schwab Rdn. 96; Limbach 1988 S. 27, 59).

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Nach Abs. 3 S. 2 wird die Bindungswirkung des Elternvorschlags aufgehoben, wenn das mindestens vierzehn Jahre alte Kind einen abweichenden Vorschlag macht. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß ein solches „Abwehrrecht" beim gemeinsamen Sorgerecht nicht erforderlich, Abs. 3 S. 2 mithin hier nicht anwendbar sei. Wenn dem Kind vom vollendeten vierzehnten Lebensjahr an ein förmliches Beschwerderecht nach § 59 FGG eingeräumt wird, muß es auch materiellrechtlich die Möglichkeit haben, dem gemeinsamen Elternvorschlag durch einen eigenen, anderslautenden Vorschlag die Bindungswirkung zu nehmen. Das entspricht dem heutigen Verständnis vom Kind „als ein(em) Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit" (BVerfG FamRZ 81, 124, 125), dessen Stellung im Sorgerechtsverfahren auch materiellrechtlich altersentsprechend gewahrt sein muß. Zwar erlaubt die gemeinsame Sorge „Kontinuität in einem Höchstmaß", wenn das Kind gleich starke Beziehungen zu Vater und Mutter hat (BVerfG FamRZ 82, 1179, 1183). In der Regel wird dann die gemeinsame Sorge im Interesse des Kindes liegen. Es kann aber vorkommen, daß das Kind den bisherigen Zustand trotz gleich starker Bindungen anders empfindet als die Eltern, die die gemeinsame Sorge beibehalten wollen, sei es z. B., weil das Kind bei gemeinsamer Sorge eine Wiederholung früherer Auseinandersetzungen befürchtet oder das Bedürfnis einer eindeutigen Zuordnung zu einem Elternteil hat. Deshalb muß dem älteren Kind ein Abwehrrecht zustehen unabhängig davon, ob die Eltern übereinstimmend die Einzelsorge oder die gemeinsame Sorge vorschlagen.

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Als weitere Voraussetzung für das gemeinsame Sorgerecht wird der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts verstanden, beide Elternteile müßten auch „voll erziehungsfahig" sein (FamRZ 82, 1179, 1182 unter B II). Diese Formulierung ist mißverständlich (Schwab Rdn. 99); sie verführt leicht dazu, die Anforderungen für das gemeinsame Sorgerecht so hoch zu schrauben, daß daraus wiederum eine (nicht gewollte) Ausnahmere1200

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gelung wird (Schwab aaO). Die Formulierung „voll erziehungsfähig" ist nicht vom Bundesverfassungsgericht neu geprägt worden. Das Gericht hat sie offenbar aus den Gesetzesmaterialien entnommen. Dort heißt es (BT-Drucks. 8/2788 S. 63) in Bezug auf die Sachverständigenanhörung, wenn beide Elternteile voll erziehungsfähig seien und gleich starke Bindungen zum Kind hätten, liege (nach Ansicht eines Teils der Sachverständigen) die fortdauernde gemeinsame Verantwortung im Kindesinteresse. Die BT-Drucks. gibt dabei nahezu wörtlich die Äußerung der Sachverständigen Baer (Sachverständigenanhörung S. 87) wieder. Nirgends findet sich allerdings eine Erläuterung, was unter „voll erziehungsfähig" verstanden wurde. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Beifügung „voll" benutzt, um die Bedeutung eines Begriffs hervorzuheben, zu unterstreichen (z. B. „volle" Verantwortung, „voller" Einsatz, „volles" Einverständnis). So verstanden, ist aber die volle Erziehungsfähigkeit keine spezifische Voraussetzung für das gemeinsame Sorgerecht; sie ist vielmehr bei jeder Sorgerechtsentscheidung, auch bei der Einzelsorge, als wichtige Voraussetzung zu prüfen und zu bejahen (KG FamRZ 83, 1055, 1057; Hinz Rdn- 68; Limbach 1988 S. 25; Schwab Rdn. 99; Fehmel, FamRZ 83, 971, 972). Deshalb besteht „kein Anlaß, die .volle Erziehungsfähigkeit' als eigenes Kriterium für das gemeinsame Sorgerecht zu führen" (Schwab aaO). zu b) Nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts dürfen keine Gründe vorliegen, „die im Interesse des Kindeswohls die Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil angezeigt erscheinen lassen" (FamRZ 82, 1179, 1182 unter B II). Da der übereinstimmende Elternvorschlag das Gericht grundsätzlich nach Abs. 3 S. 1 bindet, ist eine Abweichung nur zulässig, wenn dies zum Wohle des Kindes „erforderlich" ist (s. dazu oben Rdn. 75). Bei der Diskussion der Kindeswohlprüfung wird von den Gegnern des gemeinsamen Sorgerechts immer noch geltendgemacht, es belaste das Kind, vornehmlich das kleinere Kind, beeinträchtige seine (nach der Bindungstheorie besonders wichtige) Beziehung zur „Hauptbezugsperson", und schon deshalb sei es in der Regel „erforderlich", vom übereinstimmenden Elternvorschlag auf das gemeinsame Sorgerecht abzuweichen und im Interesse des Kindeswohls Einzelsorge anzuordnen. Diese mit Vorurteilen überfrachtete Argumentation (s. statt vieler Limbach 1988 S. 19 ff, 23 ff, 27 ff) ignoriert, daß das gemeinsame Sorgerecht eine Vielzahl von individuellen Ausformungsmöglichkeiten bietet. Deshalb ist es falsch, beim gemeinsamen Sorgerecht als Regelfall das sogen. Wechselmodell anzunehmen, d. h. die zeitlich und sachlich gleichgewichtige Aufteilung der Sorgerechtstätigkeit, des Kindesaufenthalts und aller sonstigen Pflegeund Erziehungsaufgaben. Eine solche Grundannahme ist verfehlt (Jaeger Rdn. 84), eines der großen Mißverständnisse (Fthenakis FamRZ 85, 662ff, 671; s.a. Limbach, Rechtstatsachenstudie S. 78/79). Tatsächlich wurde bisher nur in 3% aller Fälle, in denen beiden Eltern das Sorgerecht belassen worden war, dieses Wechselmodell gewählt, und es beruhte jeweils auf besonderen Lebensumständen der Eltern, die z. B. mit Reisen verbundene Berufe hatten, oder auf besonderen Ausbildungssituationen des Kindes (Limbach, Rechtstatsachenstudie S. 25, 26). Obgleich dieses Wechselmodell mit nur 3% eine unbedeutende Rolle spielt und nur bei relativ seltenen, besonderen Konstellationen eingesetzt wird, muß dann geprüft werden, ob das Kind den vorgesehenen Wechsel verkraften kann, oder ob es dadurch zu stark belastet wird (Schwab Rdn. 110; Hin\ Rdn. 71; Kropholler JR 84, 89, 95). Verbreitet ist ein Arrangement der Eltern, bei dem einem von ihnen praktisch die gesamte (oder fast die gesamte) Pflege und Erziehung übertragen wird und der andere auf einen großzügigen Umgang und die Teilhabe an wichtigen Entscheidungen beschränkt bleibt {Jaeger Rdn. 84; Hin^ Rdn. 71). Dieses Modell wird heute in über 80% der (das gemeinsame Sorgerecht betreffenden) Fälle vorgeschlagen und gebilligt (Limbach Rechtstatsachenstudie S. 25). Dabei hindert auch größere räumliche Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern nicht die Belassung Hans-Werner Fehmel

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des gemeinsamen Sorgerechts (OLG Celle FamRZ 85, 527; Hin^ aaO; Schwab Rdn. 110 m. w. Hinw.; in 14% der untersuchten Fälle war die Entfernung zwischen den Elternwohnungen größer als 50 km, so Limbach aaO). Wenn beim Wechselmodell (Pendelmodell) das Gericht Bedenken trägt, ob sich der häufige Wechsel mit dem Schulbesuch und den Beziehungen zur sozialen Umwelt des Kindes verträgt (Schwab aaO), wird es auf die Schwierigkeiten hinweisen und mit den Eltern und dem Kind versuchen müssen, ein geändertes Arrangement für das gemeinsame Sorgerecht zu erarbeiten. Das Gericht darf nicht die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern generell strenger beurteilen als die verheirateter, die ja auch nicht davon abhängt, ob ein Elternteil z. B. aus beruflichen Gründen woanders lebt (Hins^ Rdn. 71 am Ende). 3. Der übereinstimmende Elternvorschlag im einzelnen Der übereinstimmende Vorschlag der Eltern, ihnen das gemeinsame Sorgerecht zu belassen, muß Angaben darüber enthalten, wie künftig das Zusammenleben der beiden getrennten Elternteile mit dem Kind, dessen Erziehung, Pflege und Betreuung geordnet sein sollen. Denn erst daraus läßt sich erkennen, ob dadurch das Kindeswohl beeinträchtigt würde, und ob deshalb eine Abweichung (Einzelsorge) zum Wohle des Kindes erforderlich ist. 105 Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß das gemeinsame Sorgerecht manchmal vorgeschlagen werden könnte, um eine später doch notwendig werdende Entscheidung (in Richtung Einzelsorge) hinauszuschieben, und daß eine Einigkeit nur vorgetäuscht wird, um eine schnellere Scheidung zu bekommen (BT-Drucks. 8/2788 S. 63). Sachfremde materielle Interessen und eigensüchtige Motive der Eltern können dahinterstehen (StaudingerjCoester Rdn. 176). Das ist aber kein spezifisches Problem des gemeinsamen Sorgerechts. Die Gefahr besteht bei allen Sorgerechtsentscheidungen (s. dazu oben Rdn. 80). Unterhaltsrechtliche Erwägungen und Spekulationen auf die Ehewohnung liegen beim Vorschlag des Einzelsorgerechts sogar noch näher. Deshalb bedarf es in jedem Falle, nicht nur beim gemeinsamen Sorgerecht, sorgfältiger Prüfung, ob der Vorschlag im wirklichen Interesse des Kindes liegt (ähnlich Staudinger/Coester Rdn. 175; sorgfältige Erforschung und keine Unterstellung der Kindeswohlwidrigkeit). Die Mißbrauchsgefahr wird von den Gegnern des gemeinsamen Sorgerechts gemeinhin überschätzt. In der ausführlichen Untersuchung von Limbach haben sich dafür „keine Anhaltspunkte ergeben" (Rechtstatsachenstudie S. 83; s. a. Michalski FamRZ 92, 130). 106 Verschiedentlich wird aus den Entscheidungsgründen des BVerfG-Urteils noch eine weitere (vierte) Voraussetzung für das Belassen der gemeinsamen elterlichen Sorge abgeleitet: das Gericht müsse die Überzeugung erlangen, „daß die Ehegatten die Pflege und Erziehung ihres Kindes weiterhin, wenn auch in einer durch die Scheidung modifizierten Form gemeinschaftlich zum Wohle des Kindes wahrnehmen können" (FamRZ 82,1179,1184 unter B III 3 c). Daß der Richter von seiner Prognoseentscheidung überzeugt sein muß, ist aber selbstverständlich (Hin\ Rdn. 72; Jaeger Rdn. 79). Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem obenzitierten Satz keine zusätzliche Voraussetzung normiert (sofern man überhaupt unterstellt, daß es Voraussetzungen fixieren wollte, s. oben Rdn. 98), sondern nur zusammenfassend darauf hingewiesen, daß die zuvor erörterten Voraussetzungen zur Überzeugung des Gerichts vorliegen müssen, wenn den Eltern das gemeinsame Sorgerecht belassen werden soll (gegen eine vierte Voraussetzung auch Staudinger¡Coester Rdn. 171). 104

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4. Die gesetzliche Neuregelung a) Von einer Minderheit, die aber zunehmend Anhänger findet, wird vorgeschlagen, eine Sorgerechtsentscheidung bei Ehescheidung nur auf Antrag zu treffen. Das würde 1202

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Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

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bedeuten, daß die geschiedenen Eltern (wie etwa in Schweden) die gemeinsame elterliche Sorge automatisch behalten, wenn sie keine gerichtliche Sorgerechtsentscheidung beantragen. Dieser Vorschlag war bereits von Lempp in der Sachverständigenanhörung 1977 gemacht worden (aaO S. 56, 177; ebenso Beres DAVorm 83, 16 ff, Hin^ Rdn. 76; gegen einen Regelungszwang auch Bitten FamRZ 87, 239; Dickmeis DAVorm 89, 729, 733; Müller-Alten Z f J 89, 443). Folgt man dieser Meinung, so müßte nicht nur § 1671 Abs. 1 geändert werden, der bei Scheidung zwingend eine Entscheidung des Familiengerichts über die elterliche Sorge vorsieht (s. oben Rdn. 7), sondern es müßte auch § 623 Abs. 3 S. 1, 1. Alternative ZPO aufgehoben werden, wonach die Entscheidung über das Sorgerecht (ebenso wie die über den Versorgungsausgleich) ohne Antrag von Amts wegen zu treffen ist. Damit würde die rechtspolitische Zielsetzung des 1. EheRG, der Verfahrens- und Entscheidungsverbund, auf dem wesentlichen Sektor des Sorgerechts aufgegeben. Als Ausweg bietet sich in diesen Fällen an, daß das Familiengericht im Tenor seines Scheidungsurteils ausspricht, daß die Eltern auch nach der Scheidung das Sorgerecht gemeinsam ausüben (wobei die deklaratorisch/konstitutive Wirkung eines solchen Ausspruchs zweifelhaft sein kann). Diese Lösung ähnelt der des 1. Familienrechtsänderungsgesetzes der DDR (GBl Teil I Nr. 52 S. 1038), das zwar — ein Kuriosum — nur zwei Tage in Geltung war (s. oben Rdn. 97) und deshalb kaum in die Praxis umgesetzt worden sein dürfte. Immerhin ist das Änderungsgesetz eingehend diskutiert worden und schließlich — nach der Wende — in Richtung auf ein einheitliches deutsches Familienrecht konzipiert worden (Eberhard FamRZ 90, 917, 918). Die gesetzliche Neuregelung in der Bundesrepublik, über die ja in der neuen Legislaturperiode auch die Abgeordneten der Beitrittsländer abstimmen werden, wird das Familienrechtsänderungsgesetz der DDR zu berücksichtigen haben. Dort heißt es in § 25 Abs. 1, daß „nur auf Antrag eines Elternteils" über das elterliche Erziehungsrecht, jetzt also Sorgerecht, gerichtlich zu entscheiden ist. Diese Formulierung ist aber wohl mißverständlich. Da bis zum Beitritt am 3. Oktober 1990 auch in der DDR eine Art Verfahrens- und Entscheidungsverbund wie in der Bundesrepublik galt {Eberhard FamRZ 90, 917, 921/922 unter Hinweis auf §§ 13 I, 49 II und 46 V DDR-ZPO), ist davon auszugehen, daß in der DDR im Zeitpunkt des Beitritts die Belassung des gemeinsamen Sorgerechts (Erziehungsrechts) im Scheidungsurteil auch ohne Antrag ausdrücklich auszusprechen war. b) Als andere Alternative einer gesetzlichen Neuregelung bietet sich an, daß bei 1 0 8 entsprechendem, übereinstimmendem Elternvorschlag das Gericht in jedem Fall darüber entscheidet, ob die elterliche Sorge ganz oder teilweise beiden Eltern verbleibt. Das sollte in Form eingeschränkter Bindung des Familiengerichts an den Elternvorschlag geschehen, d. h. das Geficht ist wie beim Einzelsorgerecht nach Abs. 3 an den übereinstimmenden Elternvorschlag gebunden, sofern nicht das mindestens vierzehn Jahre alte Kind einen anderen Vorschlag macht. Die (eingeschränkte) Bindung nach Abs. 3 auch beim gemeinsamen Sorgerecht wird heute überwiegend in Literatur und Rechtsprechung bejaht (s. oben Rdn. 100). Sie wird auch den Interessen des mindestens vierzehn Jahre alten Kindes gerecht, das durchaus verständliche Gründe haben kann, gegen das von den Eltern übereinstimmend vorgeschlagene gemeinsame Sorgerecht zu sein (s. oben Rdn. 101). Eine uneingeschränkte Bindung ohne ein Abwehrrecht des älteren Kindes nach Abs. 3 S. 2 wäre daher bedenklich. Noch bedenklicher wäre es, den übereinstimmenden Elternvorschlag mit keiner Bindungswirkung nach Abs. 3 S. 1 auszustatten, so daß das Familiengericht beim gemeinsamen Sorgerecht gleichsam eine gesteigerte, verschärfte Prüfungspflicht auszuüben hätte: Während es vom übereinstimmenden EinzelsorgeVorschlag nur abweichen soll, „wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist", würde die Eingriffsschwelle beim gemeinsamen Sorgerecht zu Lasten der Eltern weiter herabgesetzt. Damit wäre die Gefahr einer erneuten Verfassungswidrigkeit gegeben. Viele Hans-Werner Fehmel

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§ 1 6 7 1 BGB

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Eltern würden das als unzulässigen Eingriff in ihr grundgesetzlich geschütztes Elternrecht empfinden. Obwohl sie mit dem gemeinsamen Sorgerecht die Lösung anstrebten, die für ihr Kind „Kontinuität in einem Höchstmaß" erlaubt (BVerfG FamRZ 82, 1179, 1183 unter III 1 b am Ende unter Hinweis auf Fthenakis), würden sie gegenüber anderen Eltern, die übereinstimmend die Einzelsorge vorschlagen, von vornherein von Gesetzes wegen benachteiligt. 5. Rechtsfolgen des gemeinsamen Sorgerechts 109 Beläßt das Gericht bei Scheidung den Eltern das gemeinsame Sorgerecht, so ergeben sich daraus eine Reihe von Rechtsfolgen: Da ihnen das Sorgerecht „belassen" wird, also „verbleibt" (s. KG FamRZ 79, 340, 341/342; Staudinger/Coester Rdn. 185), ändert sich grundsätzlich nichts an den Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kind, wie sie sich aus § 1627 BGB ergeben. Die Eltern haben weiterhin die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben, und bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Mit Recht wird gefordert, daß die Eltern schon in ihrem übereinstimmenden Antrag Angaben machen müssen, wie das gemeinsame Sorgerecht im einzelnen ausgestaltet sein soll (Aufenthalt, Umgangsrecht, Entscheidungsvorrang des betreuenden Elternteils in dringenden Fällen, Vollmachterteilung für bestimmte Angelegenheiten, vgl. Göppinger Rdn. 618; Kropholler JR 84, 89, 97 zu 2 b). Einer vertragsmäßigen Festschreibung aller Einzelheiten der künftigen Kooperative bedarf es aber nicht, nur die Grundkonzeption muß in ihren Konturen erkennbar sein (StaudingerjCoester Rdn. 183). Es wird auch ausreichen, daß die Eltern (oder einer von ihnen) schildern, daß und wie sie das gemeinsame Sorgerecht bereits in der Trennungszeit erfolgreich praktiziert haben. Durch diesen „qualifizierten" Elternvorschlag wird die Funktionsteilung zwischen den Eltern stärker konturiert als bei bestehender Ehe, andererseits durch diese Festlegung aber auch möglichen späteren Differenzen vorgebeugt. Bei Meinungsverschiedenheiten von erheblicher Bedeutung muß gem. § 1628 BGB das Vormundschaftsgericht entscheiden, wenn sich die Eltern nicht einigen. Es wird die Sache an das Familiengericht abgeben, wenn gemäß § 1696 Abs. 1 BGB eine Änderung des gemeinsamen Sorgerechts in Alleinsorge eines Elternteils angezeigt erscheint (///'»£ Rdn. 75). 110

Entsteht Streit über die Besuche des Kindes, das ganz oder überwiegend bei einem Elternteil wohnt (sogen. Residenzmodell), so entscheidet das Familiengericht entsprechend § 1634 über den Umfang und die sonstigen Modalitäten [Kropholler JR 84, 89, 97; Hins^ Rdn. 75). Auch in diesem Falle ist zu prüfen, ob die beim gemeinsamen Sorgerecht vorausgesetzte Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit noch vorhanden ist, oder ob eine Änderung des Sorgerechts nach § 1696 BGB erforderlich ist (Jaeger Rdn. 85; noch weitergehend Staudinger\Coester Rdn. 188: Entscheidung analog § 1634 Abs. 4 nur als Interimslösung vor der notwendigen Sorgerechtsänderung). Im übrigen halten sich die mit der Gesamtvertretung verbundenen Konsequenzen in Grenzen, „denn jeder Elternteil kann den anderen für Einzelbereiche ermächtigen oder bevollmächtigen, allein zu handeln, und auch Anscheins- und Duldungsvollmacht sind möglich" (Kropholler aaO).

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Die Unterhaltsansprüche des Kindes, aber auch des betreuenden Elternteils werden beim gemeinsamen Sorgerecht unterschiedlich beurteilt. Beim sogen. Wechselmodell, das in der Praxis selten vorkommt (etwa 3% der Fälle, s. oben Rdn. 103), kann es naheliegen, „daß jeder Elternteil die täglichen Betreuungskosten des Kindes für die Zeit, übernimmt, während derer es sich bei ihm aufhält, und daß größere Ausgaben anteilig 1204

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getragen werden" (Kropholler JR 84, 89, 97). Da sich die Leistungen gegenseitig etwa aufheben werden, wird es kaum zur gerichtlichen Geltendmachung streitiger Unterhaltsforderungen des Kindes kommen, zumal dies die Kooperationsfahigkeit und damit das gemeinsame Sorgerecht selbst in Frage stellen würde. Wenn gleichwohl die gerichtliche Geltendmachung von Kindesunterhalt gegen einen Elternteil erfolgen soll, wird — wie bei bestehender Ehe — mangels Allein Vertretungsrechts eines Elternteils (§§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB) eine Ergänzungspflegschaft erforderlich sein (s. oben Rdn. 24 zu § 1629, Bearb. Hochgräber, vgl. a. Schwab Rdn. 117). Beim (weit häufigeren) Residenzmodell liegen Aufenthalt, Betreuung und Erziehung des Kindes ganz oder überwiegend bei einem Elternteil allein, während der andere sich im wesentlichen auf Besuche und die Mitwirkung in rechtlichen Angelegenheiten beschränkt. Hier wird bei entsprechender Anwendung des § 1629 Abs. 2 S. 2 der betreuende Elternteil zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen angesehen (oben Rdn. 23 zu § 1629, Bearb. Hochgräber, m. w. Hinw.; Staudinger\Coester Rdn. 190; a. A. Schwab Rdn. 117). Auch für den betreuenden Ehegatten selbst kommt ein Unterhaltsanspruch nach 112 § 1570 in Betracht (Kropholler JR 84, 89, 96/97; StaudingerjCpester Rdn. 190). Auch dies wird schon beim Vorschlag des gemeinsamen Sorgerechts zu erwägen und zu erörtern sein, so daß der wünschenswerte qualifizierte Elternvorschlag auch Angaben über Ehegattenunterhalt (bzw. dessen Nichtgeltendmachung), Ehewohnung und Hausrat — wenigstens in großen Zügen — enthalten sollte. Zwar erübrigt sich im Scheidungsurteil, das den Eltern das gemeinsame Sorgerecht beläßt, „die Regelung des Umgangs als auch des Unterhalts" (vgl. Eberhard FamRZ 90, 917, 922 in Bezug auf die DDR-Regelung), aber nicht, weil auf das gemeinsame Sorgerecht erkannt wird, sondern weil die Eltern auch diese Nebenfragen bereits einverständlich im übereinstimmenden Vorschlag geklärt haben sollten. Gerichtskosten sind beim gemeins. Sorgerecht nicht zwingend (AmtsG Kamen FamRZ 92, 86 ff, Vorlagebeschluß). 6. Trennung Personensorge/Vermögenssorge, Absatz 4 S. 2 Während noch nach dem 1. EheRG eine Teilung nur dergestalt vorgesehen war, daß 113 die Vermögenssorge insgesamt dem anderen Elternteil übertragen werden konnte, räumt das SorgeRG nunmehr dem Familiengericht, um den Interessen des Kindes besser Rechnung tragen zu können (BT-Drucks. 8/2788 S. 63), die Möglichkeit ein („ganz oder teilweise"), die Vermögenssorge auch zwischen den Eltern aufteilen zu können. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn es um die Verwaltung von Grundvermögen des Kindes geht und dieses Vermögen am Wohnsitz des betreffenden Elternteils belegen ist (//;'»£ Rdn. 20). Erforderlich ist aber, daß das Gericht diesen Teil aus dem Kindesvermögen genau bezeichnet, damit die Verwaltung zwischen beiden Elternteilen exakt abgegrenzt ist. Gleichwohl entstehende Streitigkeiten der Eltern über ihre Verwaltungskompetenzen oder über die Abgrenzung Personensorge/Vermögenssorge entscheidet das Familiengericht (Hin% Rdn. 25: das erscheint sachgerecht, weil Entscheidungen dieser Art unlösbar mit der nur vom Familiengericht zu beurteilenden Frage verknüpft sind, ob die Aufteilung der elterlichen Sorge gemäß §§ 1671, 1696 zu ändern ist; hingegen wird das Vormundschaftsgericht als zuständig angesehen von Gernhuber § 56 II 2 als grundsätzlich „streitentscheidendes Organ im Elternstreit", und von Strätv^ Rdn. 12 in analoger Anwendung von § 1630 Abs. 2). Derartige Streitfälle kommen aber kaum vor, denn die Trennung Personensorge/Vermögenssorge oder die Abspaltung von gegenstandsbezogenen Teilen der Vermögenssorge sind in der Praxis sehr selten (Gernhuber § 56 II 2; Jaeger Rdn. 86). Die Vermögensinteressen des Kindes müssen dies erfordern: Es muß also überhaupt nennenswertes Vermögen des Kindes vorhanden sein (Adelmann Rdn. 28; Hin^ Rdn. 18; StaudingerjCoester Rdn. 43), das es zu verwalten gilt, und die Hans-Werner Fehmel

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Erforderlichkeit der Aufteilung muß gegeben sein. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus (ebensowenig wie bei Abs. 3 S. 1, wo das Gesetz ebenfalls von „erforderlich" spricht und damit triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe meint, s. oben Rdn. 75). „Erfordern" bedeutet zwar nicht, daß der Personensorgeberechtigte Elternteil für die Vermögensverwaltung gänzlich ungeeignet sein muß; der andere Elternteil muß aber die Vermögensinteressen des Kindes „soviel besser" wahren können, daß die Aufteilung notwendig wird (KG FamRZ 62, 432, 434), also so wesentlich besser, daß dies die Nachteile einer gespaltenen elterlichen Sorge aufwiegt (Hin% Rdn. 18; Adelmann Rdn. 28; Strät% Rdn. 11, Schwab Rdn. 29; a. A. Jaeger Rdn. 88: auch bei deutlich geringerer Eignung sollte die Vermögenssorge dem Personensorgeberechtigten belassen werden, nur dann nicht, wenn er völlig ungeeignet ist; vermittelnd Staudinger/Coester Rdn. 44: der Unterschied zwischen „vorteilhaft" und „zweckmäßig" sei nur ein gradueller, weshalb die Aufteilung „der verantwortlichen richterlichen Abwägung überlassen werden" sollte). 114 Schlagen die Eltern übereinstimmend die Aufspaltung nach Abs. 4 S. 2 vor, so ist dieser Vorschlag im Rahmen des Abs. 3 für das Gericht bindend (Schwab und Hin% aaO; Jaeger Rdn. 89; s. a. oben Rdn. 83). 115 Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes gehört nicht zur Vermögenssorge (wenngleich die Vermögenssphäre berührt wird), sondern, worauf auch § 1629 Abs. 2 S. 2 hindeutet, zur Personensorge (h. M., vgl. Jaeger Rdn. 90; Adelmann Rdn. 30). Insoweit vertritt der Personensorgeberechtigte das Kind allein (s. oben Rdn. 16 zu § 1629, Bearb. Hochgräber). Die Vertretungsmacht wird also durch die Abtrennung der Vermögenssorge nicht berührt.

VI. Vormund- oder Pflegerbestellung, Absatz 5 1. Kindeswohlgefährdung nach Satz 1 Der Satz 1 ist nahezu identisch mit der alten, bis zum 31. 12. 1979 geltenden Fassung. Nur das Wort „Familiengericht" ist durch „Gericht" ersetzt worden, wobei sich aber aus dem Zusammenhang ergibt, daß weiterhin das Familiengericht gemeint ist, wenn Vormundschaft oder Pflegschaft angeordnet werden soll (auch die BT-Drucks. 8/2788 spricht in der Begründung ausdrücklich von „Familiengericht"). Auswahl und Bestellung des Vormundes oder Pflegers obliegen dagegen nach h. M. (allerdings zunehmend umstritten) dem Vormundschaftsgericht (s. nachstehend Rdn. 118). 117 Abs. 5 S. 1 entspricht in seiner sachlichen Aussage dem § 1666 Abs. 1 (Hin% Rdn. 77; Gernhuber § 56 II 4). Es bestehen, da auch § 1666 n. F. ein Verschuldenserfordernis nicht kennt, nur noch geringe Unterschiede (Strät% Rdn. 35). Der Gesetzgeber wollte durch die Vormund- oder Pflegerbestellung bei Ehescheidung vor allem (auch) eine Kindeswohlgefahrdung abwenden, „die auf der objektiven Unfähigkeit oder Ungeeignetheit eines Elternteils beruht, das Kind nach der Scheidung ohne Mithilfe des anderen Elternteils dauernd oder zumindest für einen längeren Zeitraum zu erziehen und zu versorgen" (BT-Drucks. 8/2788 S. 63). Die Vorschrift verdeutlicht also im Rahmen des § 1671 die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes im Stadium der Elterntrennung (bis dahin konnte ein Eiternversagen auf der einen Seite von der anderen Seite ausgeglichen oder gemildert werden) und ist gewissermaßen eine (gegenüber § 1666 Abs. 1) „verkürzt formulierte Spezialregelung für solche Fälle, in denen sich das Eiternversagen bei der Scheidung oder danach herausstellt" (Hin% aaO). Dabei tritt hier „das prognostische Element" (Kindesentwicklung nach Trennung und Scheidung) stärker hervor (Hin% Rdn. 78; Schwab Rdn. 173). Außerdem könnte nach Ansicht des Gesetzgebers „eine auf Abs. 5 S. 1 gestützte Vormund- oder Pflegerbestellung von den Eltern als

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weniger diskriminierend bewertet werden" (BT-Drucks. aaO) als eine auf § 1666 gestützte, was allerdings wohl voraussetzt, daß den Eltern in der Verhandlung und in den Entscheidungsgründen verdeutlicht wird, daß es hier vor allem um das scheidungsspezifische Gefährdungselement geht, daß jetzt jeder Elternteil auf sich allein gestellt und ohne die Mitwirkung des andern Elternteils zu versagen droht. Aber nicht nur dann, wenn die Eltern mit der durch die Scheidung verursachten Situation nicht fertig werden, sondern auch dann, wenn Versagen und Unfähigkeit der Eltern schon vorlagen, aber erst im Verlaufe des Scheidungsverfahrens hervorgetreten sind, ist nach S. 1 über eine Vormund- oder Pflegerbestellung zu entscheiden. Hinsichtlich der Zuständigkeit zwischen Familiengericht und Vormundschaftsgericht 118 besteht, obwohl das Gesetz in S. 1 nur von „Gericht" spricht (s. oben Rdn. 116), Einmütigkeit insoweit, als die Anordnung der Vormundschaft oder Pflegschaft durch das Familiengericht zu erfolgen hat. Umstritten ist, ob das Familiengericht generell oder wenigstens in Ausnahmefallen auch die Auswahl und Bestellung des Vormunds oder Pflegers selbst vornehmen kann. Nach h. M. ist hierfür in jedem Fall das Vormundschaftsgericht zuständig (BGH FamRZ 81, 1048; OLG Zweibrücken FamRZ 89, 887 LS; BayObLG FamRZ 90, 551, 552). Von der Gegenmeinung (s. Jaeger Rdn. 96 unter Hinweis auf OLG Stuttgart FamRZ 78, 830 ff; OLG Koblenz FamRZ 81, 1004; AK/ Münder Rdn. 32; Palandtj Diederichsen Rdn. 9) wird geltendgemacht, daß wenigstens in solchen Ausnahmefallen, in denen das Familiengericht schon bei der Anordnung der Vormundschaft/Pflegschaft festgestellt habe, daß nur die Bestellung einer ganz bestimmten Person in Betracht komme, auch die Bestellung (die „Auswahl" wäre ja dann schon mit der Feststellung erfolgt) durch das Familiengericht stattzufinden habe, zumal der Wortlaut der Norm nur farblos „das Gericht" benenne (Jaeger aaO). Hins^ (Rdn. 83 am Ende) weist noch daraufhin, daß der BGH (FamRZ 81, 1048, 1049) eine Entscheidungskonzentration etwa beim Familiengericht als zweckmäßig und wünschenswert bezeichnet hat (s. a. Bosch FamRZ 80, 1 ff, 9 ff). Der Gesetzgeber sieht aber bislang anscheinend keinen Handlungsbedarf. In der im Hinblick auf die Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechts zur Diskussion stehenden Neufassung des § 1671 ist für den jetzigen Absatz 5 keine Änderung vorgesehen. 2. Drei Eingriffsmöglichkeiten Das Gesetz gibt im S. 1 dem Familiengericht auf Grund des staatlichen Wächteramtes 119 drei verschieden starke Eingriffsmöglichkeiten in das grundgesetzlich geschützte Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG): Anordnung der Vormundschaft, Anordnung der Pflegschaft, bezogen auf den gesamten Bereich Personensorge bzw. Vermögenssorge, und schließlich Anordnung der Pflegschaft für einen abgespaltenen Teilbereich aus der Personen- oder Vermögenssorge. Als oberstes Prinzip gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Keinem Elternteil 120 dürfen mehr Rechte entzogen werden, als es zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (OLG Hamm FamRZ 78, 252, 265; OLG Stuttgart FamRZ 78, 830, 831: Grundsatz des geringsten Eingriffs; Jaeger Rdn. 94; Adelmann Rdn. 99). Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Immer ist bei der Prüfung zu bedenken, ob das Kind durch Einschalten eines Dritten nicht noch stärker gefährdet wird, als es ohne die Anordnung der Vormundschaft/ Pflegschaft der Fall wäre (Strät^ Rdn. 36; Schwab Rdn. 176; Gernhuber § 56 II 4). a) Vormundschaft als stärkster Eingriff darf nur angeordnet werden, wenn beiden 121 Eltern die Personen- und Vermögenssorge vollständig entzogen werden muß, weil keiner von beiden geeignet ist (§ 1773); sie müssen beide so ungeeignet und so unfähig sein, Hans-Werner Fehmel

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daß auch nur die Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge auf einen von ihnen das Wohl des Kindes gefährden würde (Adelmann Rdn. 97). 122 Scheidet einer von beiden Elternteilen danach nicht völlig aus, so kommt die Anordnung einer Vormundschaft nicht in Betracht. Keine Vormundschaft daher (sondern allenfalls Pflegschaft, ggf. auf einem abgespaltenen Teilbereich, die allerdings in den folgenden Beispielen auch abgelehnt wurde), wenn (bei Ausschluß des einen Elternteils) der andere — zwar Unzulänglichkeit erkennen läßt, aber Erziehungs- und Förderungsbereitschaft vorhanden ist (AmtsG Mönchengladbach FamRZ 81, 84 = DAVorm 80, 948); — in außerehelicher Gemeinschaft mit einem Dritten lebt, selbst wenn dieser verheiratet ist (Jaeger Rdn. 92; Adelmann Rdn. 97; Strät^ Rdn. 36; Gernhuber § 56 II 4: ein Konkubinat disqualifiziert noch nicht als Elternteil); — ins Ausland übersiedelt (Adelmann Rdn. 97 und Hin% Rdn. 81 gegen OLG Frankfurt FamRZ 62, 173), zumal für das Kind die Bekanntschaft eines anderen (europäischen) Kulturkreises förderlich sein kann (BGH FamRZ 90, 392 m. Anm. Henrich — EzFamR BGB 1671 Nr. 5 m. Anm. Münder. „Relikt überholter Wertvorstellungen"); — gewisse „psychopathische Wesenszüge" (Borderline-Persönlichkeit) erkennen läßt, das Kind aber eine enge Bindung zu ihm hat, wenngleich dies die Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit erschweren könnte (OLG Düsseldorf Z f J 88, 466). Ist die Beziehung der Eltern zu ihrem 17-jährigen Kind dauerhaft und hoffnungslos endgültig zerbrochen, so ist darin ein Grund zur Entziehung des beiden Eltern zustehenden Sorgerechts und der Übertragung auf die Großmutter gesehen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 89, 1322, entschieden nach §§ 1666, 1666 a bei bestehender Ehe). 123 b) Pflegschaft kann — als zweite Alternative nach der Vormundschaft — für die Personensorge oder Vermögenssorge als Ganzes angeordnet werden (OLG Stuttgart FamRZ 78, 830\ Adelmann Rdn. 99; Hinz Rdn. 80; Schwab Rdn. 175). Ist trotz völliger Ungeeignetheit zur Personensorge kein Bedürfnis erkennbar, auch die Vermögenssorge zu entziehen, so muß diese dem in Betracht kommenden Elternteil belassen werden (OLG Stuttgart FamRZ 78, 830). 124 c) Pflegschaft kann schließlich als dritte Alternative für einen abgespaltenen Teilbereich der Personensorge oder der Vermögenssorge angeordnet werden. Die Zulässigkeit ergibt sich hier aus den Maximen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs (Hin^ Rdn. 80), die wiederum aus dem grundgesetzlich geschützten Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG herzuleiten sind (Schwab Rdn. 177). Oft wird eine Abspaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Betracht kommen. Umstritten ist, ob das Recht der Aufenthaltsbestimmung zur Sicherstellung des Umgangsrechts auf einen Pfleger übertragen werden darf, wenn der sorgeberechtigte Elternteil den Umgang unterbindet (bejahend OLG Bamberg FamRZ 85, 1175 und ihm folgend Strät% Rdn. 36; AmtsG Ahlen FamRZ 91, 360 mit zust. Anm. Luthin\ ablehnend Adelmann Rdn. 99). Schwierigkeiten zwischen den noch gemeinsam sorgeberechtigten Eltern bei der Besuchsregelung genügen jedenfalls nicht, um während des Getrenntlebens durch vorläufige Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Pfleger zu übertragen (OLG Hamm FamRZ 88, 199).

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3. Aufsichtspflegschaft Die Aufsichtspflegschaft stellt einen Sonderfall dar. Hier wird zwar die gesamte Personensorge einem Pfleger übertragen, aber nur in rechtlicher Beziehung zum Zwecke der Überwachung/Beaufsichtigung eines Elternteils mit der Befugnis jederzeitigen Eingreifens. Der Elternteil behält rein tatsächlich die Personensorge zur Ausübung. Diese 1208

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gleichsam versuchsweise und vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gedeckte Regelung bietet sich an, wenn begründete Aussicht besteht, daß sich der Elternteil künftig stärker am Kindeswohl orientieren wird (Schwab Rdn. 175) und sich die das Kindes wohl gefährdenden Verhältnisse bessern und stabilisieren werden (.Adelmann Rdn. 100). Anwendungsfalle können z. B. psychische Labilität oder Alkoholgefährdung des Elternteils sein (Jaeger Rdn. 94). Die Aufsichtspflegschaft wird allgemein für zulässig gehalten (außer den Vorgenannten auch Gernhuber § 56 II 4 und Fußnote 16 daselbst; Hin% Rdn. 82). Letztlich werden es nach der Fallgestaltung aber immer Ausnahmefälle sein, in denen eine Aufsichtspflegschaft angezeigt ist. 4. Beendigung Wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft 1 2 6 entfallen, wenn also eine Gefahr für das Wohl dès Kindes nicht mehr besteht, ist diese Maßnahme aufzuheben, § 1696 Abs. 2, und zwar von Amts wegen (Adelmann Rdn. 11 zu § 1696). Sie tritt nicht automatisch außer Kraft (Schwab Rdn. 180). Auch beim Tod eines Elternteils bleibt sie bestehen, bis sie vom Gericht aufgehoben wird, § 1681 Abs. 1 S. 3. Es genügt für die Aufhebung, daß die Voraussetzungen für die Anordnung in der Person eines Elternteils weggefallen sind {Straff Rdn. 41; allerdings ist bei der Aufhebungsentscheidung auch das Kontinuitätsinteresse des Kindes zu berücksichtigen, s. dazu unten Rdn. 127). Das Gericht hat neu über das Sorgerechtsverhältnis zu entscheiden (Schwab aaO). Das gilt auch für den Fall, daß die Eltern einander wieder heiraten sollten. Auch in diesem Fall bedarf es einer ausdrücklichen Entscheidung (OLG Hamm FamRZ 78, 262 ff; Jaeger Rdn. 97), wobei unter Einschaltung des Vormundschaftsgerichts zu prüfen ist, ob Maßnahmen nach §§ 1666 bis 1667 erforderlich sind (Jaeger aaO; Adelmann Rdn. 105; Staudinger/COester Rdn. 197). Die regelmäßige Überprüfung der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Maßnahmen wird sichergestellt durch § 1696 Abs. 3, wonach das Gericht längerdauernde Maßnahmen nach § 1671 Abs. 5 in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen hat. „Gericht" ist hier das Familiengericht (Jaeger und Schwab aaO), denn § 1696 Abs. 1 knüpft an den Erlaß der jeweiligen Anordnungen an (das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht können jeweils ihre Anordnungen ändern). Bei der Frage der Aufhebung, „wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht 1 2 7 mehr besteht", kommt es aber nicht nur darauf an, ob die Voraussetzungen entfallen sind, die seinerzeit für die Anordnung der Vormundschaft oder Pflegschaft maßgebend waren. Es würde dem Kindeswohl als oberster Richtschnur für alle zu treffenden Maßnahmen und Entscheidungen widersprechen, wenn die Entwicklung zwischen der Anordnung und der jetzt anstehenden Änderungsentscheidung ausgeblendet würde. In der Zwischenzeit kann sich das Kind so an die Verhältnisse gewöhnt haben, daß sein Kontinuitätsinteresse einer Änderung der Sorgerechtsverhältnisse entgegenstehen könnte, „auch wenn die Eltern nunmehr geeigneter als vordem erscheinen, für das Kind zu sorgen" (Schwab Rdn. 180). Denkbar ist also, daß zwar „eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht" unter bloßer Berücksichtigung der damaligen Umstände bei Anordnung der Maßnahme, weil diese weggefallen sind, daß aber nunmehr durch Zeitablauf und Gewöhnung des Kindes Umstände entstanden sind, deren Änderung eine neue Gefahr für das Wohl des Kindes heraufbeschwören würde. In solchen Ausnahmefällen wird die Änderungsentscheidung zu unterbleiben haben. 5. Geltendmachung von Kindesunterhalt, Ansprüche nach Satz 2 Ein Sonderfall der Pflegschaftsanordnung ist in S. 2 der Vorschrift geregelt. Danach 1 2 8 soll das Familiengericht dem Kind für die Geltendmachung von UnterhaltsansprüHans-Werner Fehmel

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chen (und zwar ohne Antrag, vgl. BT-Drucks. 8/2788 S. 63/64) einen Pfleger bestellen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Damit soll „einem bei Scheidungswaisen auftretenden Bedürfnis" abgeholfen werden, weil häufig der Elternteil, der den Unterhalt für das Kind geltend macht oder geltend machen soll, selbst gegenüber dem anderen Eltemteil unterhaltsberechtigt ist und in einen Interessenkonflikt mit dem Kind besonders bei geringer Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils geraten kann (BTDrucks. 8/2788 S. 63). Während S. 1 verlangt, die Maßnahme müsse „erforderlich" sein, „um eine Gefahr für das Wohl des Kindes abzuwenden", also eine Gefährdungsvoraussetzung normiert, verlangt S. 2 für die dort bezeichnete Maßnahme, daß „dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist". Einen „rechten Unterschied ergibt das letztlich aber nicht" (Schwab Rdn. 181). Die Notwendigkeit der Regelung wird überhaupt in Zweifel gezogen, weil für Fälle dieser Art ohnehin die §§ 1629 Abs. 2, 1796 zu Gebote stünden (Gernhuber § 56 II 5). Dem läßt sich entgegenhalten, daß die Norm dem Familiengericht im Entscheidungsverbund des Ehescheidungsverfahrens eine Anordnung ermöglicht, welche sonst (eben nach § 1629 Abs. 2 S. 3 i. V. m. § 1796) nur das Vormundschaftsgericht treffen könnte (Hin^ Rdn. 85; vgl. auch Adelmann Rdn. 102; zweifelhaft, s. oben Rdn. 13 zu § 1629, Bearb. Hochgräber). Der Unterhaltspfleger kann nach § 9 des Unterhaltsvorschußgesetzes auch Unterhaltsvorschüsse verlangen {JansjHappe Anm. 15). — Nach dem Wortlaut der Vorschrift soll das (Familien-)Gericht einen Pfleger „bestellen". Die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 8/2788 S. 63/64) enthalten keinen Hinweis, daß mit dieser Formulierung von dem Grundsatz abgewichen werden sollte, daß nur die Anordnung der Pflegschaft dem Familiengericht, Auswahl und Bestellung des Pflegers aber dem Vormundschaftsgericht obliegen. Möglicherweise ist aus stilistischen Gründen, um Wiederholungen zu vermeiden, die sprachlich unscharfe Fassung gewählt worden. Für Auswahl und Bestellung des Pflegers dürfte daher auch hier das Vormundschaftsgericht zuständig sein {Schwab Rdn. 181, der mit Recht auf BGH FamRZ 81, 1049 verweist; a. A. Hin\ Rdn. 85 und Adelmann Rdn. 102). Die Vorschrift wird selten angewendet, „(zu) wenig praktiziert" (Jaeger Rdn. 95). Der Grund liegt wohl darin, daß auch in sogen. „Mangelfällen" der theoretische Interessenkonflikt zwischen unterhaltsberechtigtem Elternteil und Kind sich kaum praktisch auswirkt, weil die immer weiter verfeinerte Berechnungsweise der Gerichte eine subtile Ermittlung der einzelnen Unterhaltsansprüche gewährleistet und im übrigen „die ,Restfamilie' üblicherweise eine Solidargemeinschaft" bildet (Schwab Rdn. 181), die ohnehin „aus einem T o p f wirtschaftet.

VII. Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 5 bei Nichtigkeit und Aufhebung der Ehe: Abs. 6 129

Wird eine Ehe für nichtig erklärt (§23 ff EheG), so gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 5 entsprechend. Voraussetzung ist die Rechtskraft der Nichtigerklärung (vgl. § 2 3 EheG; JansjHappe Anm. 16; Strät^ Rdn. 42; Adelmann Rdn. 104). Anders als es § 623 Abs. 1 ZPO (nur) für den Fall der Ehescheidung bestimmt, findet im Fall der Ehenichtigkeit (und der Aufhebung der Ehe, s. dazu nachstehend Rdn. 130) ein Verhandlungs- und Entscheidungsverbund nicht statt. Bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG am 1. 7. 1977 räumte das Gesetz den Eltern für ihren Vorschlag auf Übertragung der (damals noch) elterlichen Gewalt eine Zweimonatsfrist ein (§1671 Abs. 3 S. 1 a. F.). Die Frist war keine Ausschlußfrist, sondern eine Wartefrist (BT-Drucks. 7/2060 S. 33 Nr. 9), denn auch nach Ablauf der Frist konnten die Eltern noch Vorschläge machen, solange das Familiengericht noch nicht entschieden hatte. Für das Ehescheidungsverfahren war die Fristsetzung nunmehr zu beseitigen, weil für dieses Verfahren der Verfahrens- und Entscheidungsverbund galt. Deshalb wurde die 1210

Hans-Werner Fehmel

Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

Fristsetzungsbestimmung in Abs. 3 S. 1 a. F., zumal sie zur Verzögerung der Entscheidung beitragen konnte, aus dem Gesetz entfernt. Auch in Abs. 6 S. 2 der Vorschrift war den Eltern für den Fall der Nichtigkeit oder Aufhebung der Ehe eine Zweimonatsfrist für ihr Vorschlagsrecht eingeräumt. Durch das am 1.1. 1980 in Kraft getretene SorgeRG wurde auch diese Zweimonatsfrist gestrichen. Der Satz 2 wurde bei der Neufassung weggelassen, ohne daß in der Gesetzesbegründung gesagt wurde, weshalb. Anscheinend sollte auch hier eine Verzögerung des Verfahrens vermieden werden (JansjHappe Anm. 16). Da aber bei der Nichtigkeits- und Aufhebungsklage die Besonderheit darin liegt, daß kein Verhandlungs- und Entscheidungsverbund besteht (Strät% Rdn. 42), sollte das Gericht in diesen Fällen die Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils (oder des Aufhebungsurteils, s. dazu nachstehend) abwarten, bevor es über das Sorgerecht entscheidet (Hin\ Rdn. 86). Da die Eltern im Rahmen des § 50 a FGG über ihre Vorstellungen und Vorschläge im Hinblick auf das künftige Sorgerecht anzuhören sind und außerdem das Jugendamt zu beteiligen ist, wird ein Bedürfnis für die Einhaltung einer entsprechenden Wartefrist allerdings in Zweifel gezogen (Jaeger Rdn. 98). Auch im Falle der Aufhebung der Ehe sind die Vorschriften der Absätze 1 bis 5 1 3 0 anwendbar. In der alten Fassung war dies noch ausdrücklich in Abs. 6 S. 1 gesagt („für nichtig erklärt oder aufgehoben"). Da sich im Falle der Aufhebung die Anwendung (und zwar hier die unmittelbare, nicht die entsprechende Anwendung, vgl. Jaeger Rdn. 98) aber schon „aus der in § 37 Abs. 1 des Ehegesetzes enthaltenen allgemeinen Verweisung" ergibt (BT-Drucks. 8/2788 S. 64), konnte der Satzteil „oder aufgehoben" in der Neufassung des Abs. 6 gestrichen werden.

VIII. Verfahrensrechtliches 1. Grundsätzliches Die Sorgerechtsregelung nach §1671 ist Familiensache, § 2 3 b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 1 3 1 GVG. Sachlich zuständig sind also die Familiengerichte (zur örtlichen Zuständigkeit s. § 606 ZPO, Bearb. Kayser, ebenso zu den im folgenden zitierten Vorschriften der ZPO). Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens ist das Sorgerechtsverfahren Folgesache, § 623 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des FGG, § 621 a Abs. 1 S. 1 ZPO, d. h. es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 12 FGG, und es gelten die Anhörungsvorschriften der § § 5 0 ä f f FGG (s. dort im einzelnen). Das Verfahren bedarf keines Antrages, § 623 Abs. 3 S. 1 ZPO, ist also von Amts wegen einzuleiten. Deshalb muß bereits die (Scheidungs-)Antragsschrift Angaben darüber enthalten, ob gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind, § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Da Folgesache, ist über das Sorgerecht grundsätzlich gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden, §§ 623 Abs. 1 S. 1 ZPO, und zwar ergeht diese Entscheidung einheitlich durch Urteil, § 629 Abs. 1 ZPO. Will das Gericht jedoch von einem (nach § 630 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unterbreiteten) übereinstimmenden Elternvorschlag abweichen, so hat es vorweg zu entscheiden, § 627 Abs. 1 ZPO. Andererseits kann es nachträglich, nach dem Scheidungsausspruch, über das Sorgerecht entscheiden, wenn eine gleichzeitige Entscheidung den Scheidungsausspruch in unzumutbarer Weise hinauszögern würde, § 628 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO, muß allerdings dann gleichzeitig mit dem Scheidungsurteil eine einstweilige Anordnung (wenn sie noch nicht vorliegt) über das Sorgerecht treffen (Abs. 2 der genannten Vorschrift). Dabei kann sich das Familiengericht auf die Regelung eines Teils der elterlichen Sorge, etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht, beschränken (Adelmann Rdn. 110; Gießler Rdn. 998). Als Scheidungssache gilt im Sorgerechtsverfahren für die Ehegatten in allen Rechtszügen einheitlich der Anwaltszwang ( B e r g e r f u r t h , Der Ehescheidungsprozeß, Rdnrn. 36 ff, 48). — Uber das Sorgerechtsverfahren als isolierte Familiensache (außerhalb des Verbundes) entscheiHans-Werner Fehmel

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§ 1671 BGB

Elterliche Sorge

det das Gericht durch Beschluß, § 621 a Abs. 1 ZPO i.V.m. §§16 ff FGG. - Der Anwaltszwang in den Ländern der ehemaligen DDR ist (noch) teilweise abweichend geregelt (s. Gottwald FamRZ 90, 1177ff, 1179; Bergerfurth Rdn. 51 äff; zur Frage der Beiordnung eines „Anwalts des Kindes" s. Vorbem. vor § 50 a FGG Rdnrn. 26 —31, ferner Staudinger¡Coester Rdn. 208 am Ende).

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2. Rechtsmittel Als Rechtsmittel ist die befristete Beschwerde gegeben, § 621 e ZPO, wenn eine Endentscheidung im isolierten Sorgerechtsverfahren angefochten werden soll, oder wenn ein Scheidungsverbundurteil nur hinsichtlich des Sorgerechts (und ggf. anderer im FGGVerfahren ergangener Folgesachen) angefochten werden soll, § 629 a Abs. 2 S. 1 ZPO. Die Begründung des Rechtsmittels muß nicht den für die Berufung geltenden strengen Erfordernissen des §519 Abs. 3 ZPO entsprechen, d.h. es kann sich z.B. aus einem gleichzeitig überreichten Schriftsatz ergeben, welche Abänderung der Beschwerdeführer begehrt, und weshalb (KG FamRZ 78, 729; Strät^ Rdn. 51). - Wird die im Verbund ergangene Sorgerechtsentscheidung zusammen mit dem Scheidungsausspruch oder mit ZPO-Folgesachen angefochten, so ist das Rechtsmittel die Berufung. Bei mehreren Kindern kann die Beschwerde auch nur wegen eines Kindes eingelegt werden. Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (reformatio in peius) gilt hier nicht (OLG Frankfurt FamRZ 79, 177, 178; DAVorm 80, 944, 945; SträtZ aaO).

3. Kosten und Vollstreckung 133 Die Kostentragung ergibt sich, wenn durch Urteil einheitlich über Scheidung und Sorgerecht entschieden wird, aus § 93 a ZPO (s. dort, Bearb. Hochgräber, Rdn. 3, aber auch Rdnrn. 4—7), sonst nach § 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 2 KostO (s. dort). Einigen sich die Eltern (vgl. oben Rdn. 74 ff), so kann eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO für den mitwirkenden Rechtsanwalt entstehen (OLG München FamRZ 91, 850). Die Entscheidung über das Sorgerecht ist rechtsgestaltender Natur und kein geeigneter Vollstreckungstitel (Gernhuber § 56 VII; Strät^ Rdn. 52). Will der (nunmehr sorgeberechtigte) Elternteil vom anderen Elternteil die Herausgabe des Kindes erzwingen, so bedarf es dazu der Herausgabeanordnung des Familiengerichts nach § 1632 Abs. 3 Halbs. 2, die durch besonderen Beschluß ergeht und nach § 33 FGG zu vollstrecken ist {Staudinger/Coester Rdn. 215). Sie kann auch gleichzeitig mit der Regelung der elterlichen Sorge angeordnet werden (Strät% u. Gernhuber aaO, letzterer mit der Einschränkung, der unterlegene Elternteil müsse erkennbar zur freiwilligen Herausgabe des Kindes nicht bereit sein). Wird die Herausgabe des Kindes von einem Dritten verlangt, so entscheidet hierüber das Vormundschaftsgericht nach § 1632 Abs. 3 Halbs. 1.

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4. Auslandsbezüge Nach Art. 19 Abs. 2 S. 1 EGBGB unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kind dem Recht, das nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist; nach Abs. 3 daselbst können bei Kindeswohlgefahrdung Schutzmaßnahmen auch nach dem Recht des Staates ergriffen werden, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (s. zu alledem Schwab Rdnrn. 260—262 und Johannsen\Henrich Rdnrn. 22 ff zu Art. 19 EGBGB). Bei Regelungen der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts und bei Entscheidungen über die Herausgabe eines Kindes werden diese Vorschriften (auch Art. 24 EGBGB betr. Vormundschaft und Pflegschaft) verdrängt, soweit das „Haager Abkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes 1212

Hans-Werner Fehmel

Elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern

§ 1671 BGB

von Minderjährigen" (MSA) vom 5. 10. 1961 Anwendung findet (s. dazu die Kommentierung von Oberloskamp, Haager Minderjährigenschutzabkommen). Dieses Abkommen (BGBl. 1971 II 219, auszugsweise abgedr. bei Bergerfurth Rdn. 431, bei PalandtjHeldrich im Anhang zu Art. 24 EGBGB und bei JohannsenjHenrich zu Art. 19 EGBGB) geht als Staatsvertrag den nationalen Kollisionsnormen vor (JohannsenjHenrich aaO Rdn. 1); es verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeinen Regeln des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (OLG Celle FamRZ 91, 1221 unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 73, 138, 139). Das Abkommen ist für die Bundesrepublik am 17. 9. 1971 in Kraft getreten (Aufstellung der anderen beigetretenen Staaten s. PalandtjHeldrich aaO Rdn. 1). Es ist nach Art. 13 Abs. 1 MSA auf alle Minderjährigen anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten haben. Nach Art. 1 MSA sind dann Gerichte und Verwaltungsbehörden des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 3, 4 und 5 Abs. 3 MSA, dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Ist diese internationale Zuständigkeit gegeben, so haben Gerichte und Behörden nach Art. 2 Abs. 1 MSA ihr Heimatrecht anzuwenden. Bejahen die deutschen Gerichte (und Behörden) ihre internationale Zuständigkeit (die also stets zuerst zu prüfen ist), so haben sie den Fall (grundsätzlich) nach deutschem Recht zu entscheiden (Schwab Rdn. 249; Johannsenj Henrich Rdn. 21). Unter „gewöhnlichem Aufenthalt" i. S.d. MSA ist, wie auch sonst im Internationalen Privatrecht, „der Ort oder das Land zu verstehen, in dem der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person, ihr Daseinsmittelpunkt liegt" (BGH FamRZ 81,135 ff, 136; OLG Hamm FamRZ 91, 1346; OLG Celle FamRZ 91, 1221 m. w. Hinw.; Schwab Rdn. 251, Johannsenj Henrich Rdn. 4 ff, jeweils m. w. Hinw.). Auch das Beschwerdegericht muß selbständig prüfen, ob seine internationale Zuständigkeit (noch) gegeben ist (Schwab und Johannsenj Henrich aaO: also keine perpetuatio fori, vgl. a. OLG Celle FamRZ 91, 1222). Ist der Minderjährige gegen den Willen des Sorgeberechtigten oder Mitsorgeberechtigten in ein fremdes Land verbracht worden, so wird der „gewöhniche Aufenthalt" bei einer Zeitdauer von durchschnittlich sechs Monaten angenommen, aber auch danach kann es noch am Merkmal der sozialen Einbindung fehlen etwa bei Unkenntnis der Sprache und wiederholtem Aufenthaltswechsel im neuen Aufenthaltsstaat {JohannsenjHenrich Rdnrn. 7, 8). Umgekehrt kann die für den gewöhnlichen Aufenthalt „allgemein für richtig erachtete 6-Monatsgrenze im Einzelfall auch unterschritten werden, wenn nämlich die soziale Komponente verstärkt wirksam wird" (OLG Hamm FamRZ 91,1346: im konkreten Fall lebte das 7-jährige Mädchen knapp 5 Monate bei der Schwester des türkischen Vaters in der Türkei). Eingeschränkt wird die Aufenthaltszuständigkeit des Art. 1 MSA u. a. dann (s. Art. 3 MSA), wenn nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, ein Gewaltverhältnis kraft Gesetzes besteht, also nur, wenn die Sorgerechtsfrage unmittelbar und endgültig aus dem (anderen) Gesetz beantwortet wird, nicht schon bei gesetzlicher Regelung mit gerichtlichem Anderungsvorbehält (Staudinger/Coester Rdn. 221 zu § 1671 und Rdn. 30 zu § 1672, dort insbes. auch zum türkischen Recht). Ist also von einem Gericht des Heimatstaates des Kindes die elterliche Sorge einem Elternteil übertragen worden, so besteht das Gewaltverhältnis nicht „kraft Gesetzes" (Johannsenj Henrich Rdn. 11), es besteht dann vielmehr eine regelungsfähige Lücke, die nach deutschem Recht auszufüllen ist (Staudinger/COester Rdn. 30 zu § 1672; PalandtjHeldrich Rdn. 25). Ob bei Bestehen eines gesetzlichen Gewaltverhältnisses nach dem Heimatrecht die internationale Zuständigkeit nach Art. 1 MSA gar nicht gegeben ist (so die Schrankentheorie) oder bei der hier zu treffenden Entscheidung nur nicht übergangen werden darf (Anerkennungstheorie), ist streitig (vermittelnd die Heimatrechtstheorie, s. dazu Schwab Rdn. 255 ff; Johannsenj Henrich Rdn. 10 ff; StaudingerjCoester Rdn. 181 zu § 1666). Bei DopHans-Werner Fehmel

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§ 1671 BGB

Elterliche Sorge

pelstaatern, Minderjährigen also, die (wie bei gemischt-nationalen Ehen häufig) zwei Staaten angehören, ist an das Recht desjenigen Staates anzuknüpfen, mit welchem der Minderjährige am engsten verbunden ist ( P a l a n d t j H e l d r i c h Rdn. 19; Johannsenj Henrich Rdn. 18). Hat der Minderjährige neben der anderen die deutsche Staatsangehörigkeit, so ist grundsätzlich nur diese relevant (Schwab Rdn. 257; Johannsenj Henrich aaO, auch zur Frage einer möglichen Ausnahme dann, wenn die Verbindung zum Heimatstaat erheblich enger ist als zur Bundesrepublik). Selbst wenn ein gesetzliches (also nicht durch Gerichtsentscheid begründetes) Gewaltverhältnis nach dem Heimatrecht des Minderjährigen vorliegt, können nach Art. 8 MSA bei ernstlicher Gefährdung des Minderjährigen (in seiner Person oder in seinem Vermögen) die Behörden und Gerichte des Aufenthaltsstaates Maßnahmen zum Schutz des Minderjährigen treffen. Dazu gehört auch eine Sorgerechtsübertragung, die nach dem Heimatrecht nicht möglich wäre (Schwab Rdn. 258; s.a. Johannsenj Henrich Rdn. 19). Darüber hinaus können nach Art. 9 MSA auch ohne gewöhnlichen Aufenthalt des Minderjährigen in der Bundesrepublik „in allen dringenden Fällen" die zum Schutze des Minderjährigen gebotenen Maßnahmen von deutschen Behörden und Gerichten getroffen werden (Gießler Rdnrn. 980, 985). Internationale Kindesentführungen haben bei der Vielzahl gemischt-nationaler Ehen in den letzten Jahren zugenommen. Mit internationalen Abkommen wird versucht, möglichst schnell und verfahrensmäßig unkompliziert die Kinder an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zurückzubringen (s. Staudinger jPeschel-Gut^eit Rdn. 364 ff zu § 1634 und Staudinger¡Coester Rdn. 228 ff zu § 1671, beide unter Darstellung des Haager Übereinkommens vom 25. 10. 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen und des Europäischen Übereinkommens vom 20. 5. 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses; zur Frage des gewöhnlichen Aufenthalts und damit der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte in Entführungsfällen sowie zur perpetutio fori vgl. die bereits oben erwähnten Entscheidungen OLG Celle FamRZ 91, 1221 und OLG Hamm FamRZ 91, 1346). 135 5. In den neuen Bundesländern (vgl. Bergerfurth Rdn. 118 b) ist gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages die Bestimmung des § 1671 BGB mit Wirkung vom 3. 10. 1990 in Kraft getreten, so daß numehr die elterliche Sorge an die Stelle des Erziehungsrechts getreten ist; Entscheidungen aus der Zeit vor dem 3. 10. 1990 bleiben unberührt, können aber nun nach § 1696 BGB geändert werden (s. Einigungsvertrag Anlage I B Kap. III Sachgeb. B Abschn. II Art. 234 § 11 Abs. 2 - mit Recht bemerkt Bosch FamRZ 91, 749 ff, 750: „Der Aufbau des Ganzen ist äußerst kompliziert, und hieraus resultiert u. a. die Schwierigkeit, die jeweils einschlägigen Textstellen mit Kurzhinweisen zitieren zu können"). Abgesehen von den juristischen Besonderheiten sind — auch beim Sorgerecht — die andersartigen sozialen Tatbestände in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen; sie werden dort die Entwicklung der Rechtsprechung in den kommenden Jahren beeinflussen. Bosch (aaO S. 753) nennt drei soziale Tatbestände: 1. die hohe Zahl erwerbstätiger Frauen (86 — 90%) in der bisherigen DDR, die bei Scheidung keinen Unterhaltsanspruch geltendmachten. Die Massenarbeitslosigkeit, von der die Frauen besonders betroffen sind, wird im Falle des Scheiterns der Ehe zu einer erheblichen Zunahme von Unterhaltsstreitigkeiten führen und auch dazu, daß um das Sorgerecht (von dem der Unterhalt vielfach abhängt) erbittert gestritten wird; 2. die hohe Zahl nichtehelich geborener Kinder (etwa 30—32%, ein Vielfaches der Nichtehelichen in der Bundesrepublik), die zu besonderen Übergangsvorschriften im Einigungsvertrag geführt hat (Einigungsvertrag Anlage I wie oben zitiert, s. dort etwa Art. 234 §§ 11 Abs. 1 S. 2, 12, 13, Art. 235 § 1 Abs. 2); 1214

Hans-Werner Fehmel

§ 1672 BGB

Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern

3. das mit der Verbesserung der Vermögensverhältnisse zunehmende Streitpotential im ehelichen Güterrecht und im Erbrecht. Schließlich gewinnt noch ein weiterer sozialer Tatbestand in den neuen Bundesländern erhebliche Bedeutung, nämlich 4. die Wohnungsnot, die beim Getrenntleben zunehmend zur erbitterten Auseinandersetzung um die Zuweisung der bisherigen Ehewohnung, aber auch des Hausrats, gemäß §§ 1361b und 1361a BGB führen wird (s. die Kommentierung dieser Bestimmungen im Rahmen der Hausratsverordnung, § 18 a HausrVO Rdnrn. 7 ff, 23 ff). § 1672 BGB Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, so gilt § 1671 Abs. 1 bis 5 entsprechend. Das Gericht entscheidet auf Antrag eines Elternteils; es entscheidet von Amts wegen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Übersicht fe n . der

I. Entstehungsgeschichte und Bedeutung Norm 1. Änderungsumfang a) jetzt auch Entscheidungen von Amts wegen b) jetzt auch § 1671 Abs. 5 anwendbar . . 2. Bedeutung und Problematik — Vielfältige Aspekte gerade bei Getrenntleben II. Voraussetzungen 1. Nicht nur „vorübergehendes" Getrenntleben 2. Antragserfordernis nach S. 2, erste Alternative — Charakter des Antrags — Entscheidungspflicht des Gerichts . . .

5 6 7

Rdn. 3. Entscheidung von Amts wegen bei Kindeswohlgefährdung, Satz 2, zweite Alternative 8 III. Verfahrensrechtliches 1. Parallelverfahren und Überschneidungen — Weiterverfolgung im isolierten Verfahren trotz Anhängigkeit eines Ehescheidungsverfahrens — Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens (Regelungsbedürfnis) — Bestandsgarantie, keine Abänderung durch einstweilige Anordnung . . . . 2. Geltungsdauer — Erforderlichkeit förmlicher Aufhebung — Keine Getrenntlebensentscheidung mehr nach rechtskräftiger Auflösung der Ehe

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I. E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e und B e d e u t u n g der N o r m 1. Durch das SorgeRG wurde die Bestimmung in zwei Punkten geändert: 1 a) In der früheren Fassung durfte das Gericht „nur auf Antrag eines Elternteils" entscheiden (§ 1672 S. 2 a. F.). Die Möglichkeit, das Verfahren durch Antrag einzuleiten, hat der Gesetzgeber beibehalten; nach wie vor entscheidet das Gericht grundsätzlich nur auf (rücknehmbaren) Antrag eines Elternteils ( G e r n h u b e r § 56 I 2; s. S. 2 erster Halbsatz der Bestimmung). Bei Kindeswohlgefährdung ist aber auch ohne Antrag das Gericht gefordert und hat eine Sorgerechtsentscheidung dann von Amts wegen vorzunehmen. Der Gesetzgeber sah eine solche Kindeswohlgefährdung bei dauernder Trennung und damit die Notwendigkeit der Gesetzesänderung vor allem darin (BT-Drucks. 8/2788 5. 64), „daß sich die Eltern in wichtigen Fragen der elterlichen Sorge nicht mehr einigen können, aber auch keinen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge insgesamt oder für die Regelung einzelner Angelegenheiten (§ 1628) stellen." b) Außerdem wurde nunmehr auch die entsprechende Anwendung des § 1671 Abs. 5 2 normiert und damit bei faktisch dauernder Trennung der Ehegatten eine VormundHans-Werner Fehmel

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§ 1672 BGB

Elterliche Sorge

oder Pflegerbestellung, „einem in der Praxis aufgetretenen Bedürfnis Rechnung" tragend (BT-Drucks. aaO), für zulässig erklärt. 3 2. Bedeutung und Problematik der Norm sind erheblich. Obwohl die Eltern (noch) miteinander verheiratet sind, verpflichtet das staatliche „Wächteramt" Gesetzgeber und Gericht im Konfliktfall zum Eingreifen, um in erster Linie das Kindeswohl zu gewährleisten; die Vorschrift ist also verfassungskonform (BVerfG FamRZ 82, 23). Beim Auseinanderbrechen der Familie ist die Trennungsphase besonders emotionsgeladen und kritisch. Schnelle Entscheidungen über die Zuordnung des Kindes zum einen oder andern Elternteil sind, wenn sich die Eltern nicht einigen können, erförderlich. „Vorschnelle" Entscheidungen wiederum sind gefährlich. Denn die Ehe besteht ja noch, ist vielleicht nur in einer schweren, aber heilbaren Krise, und die „erzwungene Entbindung von elterliche Sorge soll die Entfremdung der Ehegatten nicht verstärken" (Gernhuber § 56 I 2; zur Problematik StaudingerICoester Rdn. 15, der eben wegen der präjudiziellen Wirkung empfiehlt, die Neuordnung des Eltern/Kind-Verhältnisses tunlichst dem Scheidungsurteil zu überlassen; vgl. auch die „Schlußgedanken" Bergerfurths über die teilweise „Scheidungsfreudigkeit" in: Der Ehescheidungsprozeß, Rdnrn. 414 ff). Häufig beschränken sich die Gerichte zunächst auf vorläufige Teil-Regelungen, z. B. auf eine Regelung nur des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Aber auch solche Regelungen können schon von erheblicher Tragweite sein. Eine verläßliche Entscheidung über die (stärkeren) Bindungen des Kindes erfordert oft die Einholung eines Sachverständigengutachtens, was Zeit braucht. Hinzu kommt, daß das Kontinuitätsinteresse des Kindes eine dauerhafte Regelung verlangt, die möglichst bei der bevorstehenden Scheidung Bestand haben sollte. Mit der Sorgerechtsentscheidung während des Getrenntlebens werden in der Regel bereits „die Weichen gestellt" für die Sorgerechtsregelung bei Scheidung. Das verleitet viele Eltern dazu, in der Trennungsphase erbittert um das Sorgerecht zu streiten, um sich eine günstigere Ausgangsposition bei Scheidung zu verschaffen. Verfahren nach § 1672 sind daher ebenso bedeutsam (und arbeitsintensiv) wie die nach § 1671, zumal sie die Prüfung und Anwendung der Vorschriften des §1671 einschließen. Deshalb wäre es „verfehlt, sie als nur vorläufige Entscheidungen geringer zu werten und die Kindeswohlprüfung weniger umfassend und intensiv durchzuführen" (Jaeger Rdn. 3; Strät^ Rdnrn. 2 und 3).

II. Voraussetzungen 4

1. Nach S. 1 müssen die Eltern „nicht nur vorübergehend getrennt" leben. Der Begriff des Getrenntlebens ist in § 1567 Abs. 1 definiert. Diese gesetzliche Definition gilt auch für das hier vorausgesetzte Getrenntleben (zum Begriff des Getrenntlebens im einzelnen s. die obigen Erläuterungen zu § 1567, Bearb. Kayser). Der Begriff „vorübergehend" ist nicht so sehr retrospektiv als vielmehr mit Blick auf die Zukunft zu beurteilen: die bisherige Dauer kann zwar ein Indiz sein, entscheidend sind aber die „absehbaren Chancen auf eine alsbaldige Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft" {Schwab Rdn. 185). Die Eltern leben innerhalb der ehelichen Wohnung auch dann getrennt, wenn sie sonntags noch gemeinsam mit ihren kleinen Kindern zu Mittag essen, um diese schonend auf den evtl. Auszug eines Elternteils vorzubereiten (OLG Köln FamRZ 86, 388 unter Hinweis u.a. auf Schwab FamRZ 79, 16; ebenso StaudingerICoester Rdn. 5). Derart geringfügige Gemeinsamkeiten, ausschließlich im Interesse der Kinder und auf diese bezogen, schließen nicht aus, daß die Eltern untereinander getrennt leben (Hin% Rdn. 3, Schwab Rdn. 185 u. Fußn. 1 daselbst).

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2. Nach S. 2, erste Alternative, entscheidet das (Familien-)Gericht grundsätzlich nur (•Gernhuber § 56 I 2) auf Antrag eines Elternteils (Ausnahme: Kindeswohlgefährdung, 1216

Hans-Werner Fehmel

Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern

§ 1672 BGB

dann greift die zweite Alternative ein, und nur dann entscheidet das Gericht von Amts wegen). Der Antrag kann von jedem Elternteil gestellt werden, auch zu Protokoll der Geschäftsstelle (§11 FGG), ist bis zur Entscheidung des Gerichts rücknehmbar (dann allerdings ggf. Entscheidung von Amts wegen nach der zweiten Alternative!), und kann sich auf ein Kind oder einzelne Kinder von mehreren beschränken (Gernbuber aaO und Fußn. 2 daselbst; Jaeger Rdn. 6). Bei beantragter Trennung der Kinder stellt sich allerdings die Frage, ob der Antrag dem Kindeswohl widerspricht; ggf. ist er zurückzuweisen (Schwab Rdn. 188 und oben Rdnrn. 63, 75 zu § 1671). Der Antrag ist Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens (Schwab Rdn. 186; 6 Jaeger aaO). Er hat nicht die Qualität eines Sachantrages, d. h. das Familiengericht ist nicht daran gebunden und kann die elterliche Sorge entgegen dem Antrag auch dem anderen Elternteil übertragen (OLG Celle FamRZ 78, 622; Jaeger und Gernhuber aaO; Schwab Rdn. 189 m. w. Hinw. in Fußn. 7 daselbst sowie Rdn. 190 am Ende). Folgerichtig gilt auch in der Beschwerdeinstanz nicht das Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers (reformatio in peius), vielmehr kann die Entscheidung zuungunsten des Beschwerdeführers abgeändert werden (OLG Frankfurt FamRZ 79, 177; Jaeger aaO; Staudinger/Coester Rdn. 8; s.a. oben Rdn. 132 am Ende zu §1671). Eine Sachantragsfunktion „in beschränktem Umfang" (Hin% Rdn. 4) kommt dem Antrag allerdings insofern zu, als er sich auf eines oder einen Teil von mehreren gemeinschaftlichen Kindern beschränken kann (s. vorstehend, dann bleibt es* hinsichtlich der übrigen Kinder bei der gemeinsamen Sorge beider Eltern nach § 1627), und auch insofern, als er sich nur auf die Personensorge oder nur auf die Vermögenssorge oder auch nur auf einen Teil der Vermögenssorge (z. B. einzelne Grundstücke) beziehen kann (auch dann bleibt es im übrigen bei der gemeinsamen Sorge nach § 1627). Diese Regelungsmöglichkeiten ergeben sich aus § 1671 Abs. 4 S. 2, der (auch) entsprechend anzuwenden ist. Eine Aufteilung der Personensorge im Hauptverfahren ist daher ebenso unzulässig wie im Verfahren nach § 1671. Nur bei einer (im Rahmen des isolierten Verfahrens nach § 1672 beantragten) vorläufigen Anordnung oder (nach Einleitung des Ehescheidungsverfahrens) bei einstweiliger Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO ist eine Abspaltung von einzelnen Teilen der Personensorge, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts, zulässig (KG FamRZ 84, 1143; Gießler Rdnrn. 998, 999, 1010, 1011; HinZ Rdn. 12; a.A. Schwab Rdn. 187; s.a. oben Rdn. 85 zu §1671, auch insoweit gilt das dort Gesagte für das Verfahren nach § 1672 entsprechend). Die Antragstellung (bei Getrenntleben) genügt. Das Gericht muß dann eine Ent- 7 Scheidung nach § 1672 treffen, und zwar auch dann, wenn es meint, daß der bisherige Zustand (gemeinsames Sorgerecht, § 1627) dem Kindeswohl entspricht (Adelmann Rdn. 7; Strät^ Rdn. 5; Staudinger\Coester Rdn. 11; a.A. Hin^ Rdn, 5; Schwab Rdn. 191). Denn die (neben dem Getrennleben gegebene) Tatsache der Antragstellung durch einen Elternteil ist ein Indiz dafür, daß das bisher gemeinsame Sorgerecht nicht länger von beiden Eltern getragen wird und ein gerichtliches Tätigwerden im Rahmen des „Wächteramts" des Staates geboten ist. Ein zusätzliches besonderes Rechtsschutzinteresse ist darüber hinaus nicht erforderlich (OLG Koblenz FamRZ 90, 550 unter Bezugnahme auf OLG Hamm FamRZ 86,1039; Jaeger Rdn. 7; Gernhuber § 56 I 2; Strät^ Rdn. 5; vgl. a. Staudingerj Coester Rdnrn. 10 — 12). Die Gegenmeinung hält ein Rechtsschutzbedürfnis zusätzlich für erforderlich, sieht es aber durch die Indizwirkung der Antragstellung regelmäßig als gegeben an und will es nur ausnahmsweise dann verneinen, wenn sich aus dem Vortrag der Eltern ergibt, daß Unzuträglichkeiten bisher nicht aufgetreten und auch nicht zu erwarten sind (OLG Köln FamRZ 80, 929; OLG Hamm FamRZ 86, 503; OLG Saarbrücken FamRZ 89, 530; AmtsG Hannover FamRZ 87, 1069 m. Anm. Luthin zur Hans-Werner Fehmel

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Elterliche Sorge

unterschiedl. Begründg. der ersten und zweiten Instanz; Adelmann Rdn. 7; Schwab Rdn. 191; Hin^ Rdn. 5). Wenn aber ein Elternteil mit seinem Antrag hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, daß er die weitere Kooperation mit dem andern Elternteil zum Wohle des Kindes aufkündigt, sollte das genügen, um ein Tätigwerden des Gerichts zu veranlassen. Denn Schwierigkeiten in der künftigen Zusammenarbeit sind dann mit Sicherheit zu erwarten, es sei denn, die Eltern wollten lediglich das nach § 1627 noch bestehende gemeinsame Sorgerecht gleichsam bestätigt haben. Dafür bestünde tatsächlich kein Rechtsschutzbedürfnis, aber aus allgemeinen Gründen, weil überhaupt kein Streit und keine Ungewißheit besteht, die ein Einschreiten des Gerichts erforderlich macht. 8

3. Nach S. 2, zweite Alternative ist eine Sorgerechtsregelung von Amts wegen vorzunehmen, wenn bei einem Unterbleiben der Regelung das Wohl des Kindes gefährdet wäre und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Das entspricht den Eingriffsvoraussetzungen und Grenzen der §§ 1666 bis 1667. Der Gesetzgeber sah eine Kindeswohlgefahrdung insbesondere darin, „daß sich die Eltern in wichtigen Fragen der elterlichen Sorge nicht mehr einigen können, aber auch keinen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge insgesamt oder für die Regelung einzelner Angelegenheiten (§ 1628) stellen" (BT-Drucks. 8/2788 S. 64, s. a. oben Rdn. 85 zu § 1671). Wenn sich die Eltern infolge dieser Zerstrittenheit gegenseitig blockieren und dadurch wichtige Angelegenheiten des Kindes zu dessen Schaden nicht entschieden und nicht erledigt werden (Adelmann Rdn. 8, Schwab Rdn. 192), und wenn sie weder nach § 1672 noch nach § 1628 Anträge stellen (Jaeger Rdn. 9), ist die Eingriffslegitimation von Amts wegen gegeben. Sie ist aber auch dann gegeben, wenn zwar Anträge nach § 1628 gestellt werden, sich diese Anträge aber häufen {Hin% Rdn. 7). Denn eine Vielzahl solcher Anträge nach § 1628 deutet darauf hin, daß die Zerstrittenheit der Eltern einen Grad erreicht hat, der die Kindeswohlgefahrdung impliziert (zwingend ist dies nicht, Staudingerj Coester Rdn. 13 am Ende).

III. Verfahrensrechtliches 1. Parallelverfahren und Überschneidungen, insbes. nach Anhängigwerden des Scheidungsverfahrens 9 Die Sorgerechtsregelung des § 1672 ist immer Gegenstand eines isolierten Verfahrens (§621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 1672 S. 1). Wird später ein Scheidungsverfahren anhängig, so wird das isolierte Verfahren des § 1672 damit nicht unzulässig (BGH FamRZ 82, 788). Der für die Zeit des Getrenntlebens gestellte Antrag kann weiterverfolgt werden, und es kann im Rahmen dieses (Haupt-)Verfahrens auch eine vorläufige Anordnung ergehen unbeschadet der Möglichkeit, daß nunmehr auch im Ehescheidungsverfahren eine einstweilige Anordnung nach §§ 620 S. 1 Nr. 1, 620 a Abs. 1 bis 3 ZPO erwirkt werden könnte. Ein Regelungsbedürfnis nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO besteht aber nicht mehr, wenn bereits eine Sorgerechtsregelung nach § 1672 getroffen und noch wirksam ist (wobei es nach OLG Köln FamRZ 83, 516 genügt, wenn dies durch die erste Instanz geschehen ist und in der zweiten Instanz auf Wunsch der Parteien das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist; Hirnj Rdn. 14). Die Parteien können zwischen beiden Möglichkeiten (Verfahren nach § 1672 einschließlich vorläufiger Anordnung und einstweiliger Anordnung nach § 620 ff ZPO) wählen, weil das Gesetz beide Möglichkeiten der Rechtsverfolgung bietet (BGH FamRZ 82, 788; OLG Hamm FamRZ 90, 896) und die Bestandsgarantie einer im Verfahren nach § 1672 erwirkten Endentscheidung im Hinblick auf die erschwerte Abänderung nach § 1696 Abs. 1 stärker ist als eine einstweilige Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO, wie sich aus den §§ 620 b Abs. 1,2, 620 f ZPO ergibt (Hin£ Rdn. 13). Auch besteht (vgl .Jaeger Rdn. 8) eine höhere Richtigkeitsge1218

Hans-Werner Fehmel

Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern

§ 1 6 7 2 BGB

währ als im summarischen Verfahren, und außerdem tritt die einstweilige Anordnung bei Rücknahme oder Abweisung des Scheidungsantrages außer Kraft, § 620 f ZPO. Wenn im isolierten Sorgerechtsverfahren eine Sorgerechtsregelung von der ersten 1 0 Instanz getroffen und dann das Beschwerdeverfahren auf Betreiben der Parteien ausgesetzt worden ist, muß dieses ruhende Verfahren wieder aufgenommen und eine abschließende Regelung nach § 1672 erwirkt werden. Ein Regelungsbedürfnis für eine einstweilige Anordnung im inzwischen eingeleiteten Ehescheidungsverfahren besteht dann nicht (OLG Köln FamRZ 83, 517; Gießler Rdn. 986). Ebenso fehlt das Regelungsbedürfnis, wenn bereits ein ausländisches Gericht eine vorläufige Sorgerechtsentscheidung gefällt hat, die nur noch der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung durch ein deutsches Gericht bedarf (OLG Karlsruhe FamRZ 84, 819; Gießler aaO). Eine Endentscheidung nach § 1672 kann schon wegen der größeren Bestandsgarantie 1 1 nicht durch einstweilige Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO abgeändert werden (KG FamRZ 85, 722;- Schwab Rdn. 197: fraglich). Umgekehrt allerdings tritt eine einstweilige Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO außer Kraft, wenn eine anderweitige Regelung nach § 1672 wirksam wird (KG FamRZ 85, 722; Schwab aaO), und zwar selbst dann, wenn die Endentscheidung nach § 1672 noch nicht rechtskräftig geworden ist, denn dies ist nach § 620 f ZPO nicht erforderlich (KG FamRZ 85, 722, 723). Leitet das Vormundschaftsgericht vor der Elterntrennung ein Verfahren ein, so bleibt es auch dann zuständig und befugt zur Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils derselben, wenn sich die Eltern während dieses Verfahrens „dauerhaft" trennen (KG FamRZ 90, 1021). Das nunmehr ebenfalls (nach KG FamRZ 90, 1021 vorrangig, nach Staudinger/ Coester Rdn. 14 alternativ) zuständige Familiengericht kann eine ergangene vormundschaftsgerichtliche Maßnahme aufrechterhalten, aufheben oder modifizieren (KG FamRZ 90, 1021, Staudinger aaO). 2. Geltungsdauer Wenn die Eltern das Getrenntleben beenden und wieder zusammen leben, wird die 1 2 im Rahmen des § 1672 ergangene Entscheidung nicht von selbst wirkungslos. Sie muß gemäß § 1696 aufgehoben oder geändert werden (Schwab Rdn. 198; Htn% Rdn. 9, Adelmann Rdn. 11; Strät£ Rdn. 9). Es ist also irreführend, die Entscheidung nach § 1672 von vornherein auf die Dauer des Getrenntlebens zu beschränken (Hin\ aaO), und falsch, daraus zu folgern, mit der Beendigung des Getrenntlebens entfalle die Wirkung der Entscheidung automatisch. Das widerspräche auch der Rechtssicherheit (Hin% aaO). Anders ist es im Falle der Scheidung (oder der Aufhebung/Nichtigerklärung) der Ehe. Hier tritt die zuvor nach § 1672 getroffene Regelung mit Erlaß einer vorläufigen oder endgültigen Sorgerechtsregelung nach § 1671 außer Kraft (Adelmann aaO). Es genügt dann also auch, daß eine einstweilige Anordnung zur Regelung der elterlichen Sorge nach § 628 Abs. 2 ZPO getroffen wird, um die Entscheidung nach § 1672 außer Kraft zu setzen (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 435, 436; Schwab Rdn. 198). Hingegen bleibt die während des Getrenntlebens nach §1672 getroffene Regelung selbst über die Rechtskraft des Scheidungsurteils hinaus in Kraft, wenn (entgegen § 628 Abs. 2) nicht gleichzeitig eine endgültige oder im Wege einstweiliger Anordnung getroffene Sorgerechtsregelung nach § 1671 erfolgt (OLG Hamm FamRZ 86, 715, 716), weil sonst ein regelungsloser Zustand einträte. Die Bestimmung des § 628 Abs. 2 ZPO gilt im übrigen nicht bei Ehenichtigkeit und Eheaufhebung. Bei Scheidungsausspruch und Abtrennung des Sorgerechtsverfahrens nach § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat das Gericht die gemäß § 628 Abs. 2 vorgeschriebene einstweilige Anordnung auch dann zu erlassen, wenn bereits eine Sorgerechts-Endentscheidung bei Getrenntleben gemäß § 1672 vorliegt (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 434). Hans-Werner Fehmel

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§ 1 6 9 6 BGB 13

Elterliche Sorge

Mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungs-(Aufhebungs-, Nichtigkeits-)Urteils endet das Getrenntleben, so daß von diesem Zeitpunkt an eine Sorgerechtsentscheidung nach § 1672 logisch ausgeschlossen ist (Schwab aaO). Umstritten war, ob nach Rechtskraft der Eheauflösung, wenn das Verfahren nach § 1672 in der Beschwerdeinstanz anhängig war, noch eine Sachentscheidung ergehen durfte (bejahend OLG Hamm FamRZ 86, 715, 716/717 m. w. Hinw.; verneinend OLG Stuttgart FamRZ 70, 207; KG FamRZ 73, 42; Schwab Rdn. 198). Die Streitfrage ist nunmehr höchstrichterlich dahin entschieden, daß mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils das (Beschwerde-) Verfahren nach § 1672 in der Hauptsache erledigt ist, auch wenn noch keine Sorgerechtsregelung nach § 1671 für die Zeit nach der Scheidung getroffen worden ist; es gilt dann die erstinstanzliche Regelung nach § 1672 weiter (BGH FamRZ 88, 54). Andererseits: Wenn eine einstweilige Anordnung im Verfahren nach § 1671 gemäß § 628 Abs. 2 ZPO erlassen wurde, ist nach Rechtskraft des Scheidungsausspruchs das Sorgerechtsverfahren nach § 1672 (ebenfalls) in der Hauptsache erledigt. Es ist also, auch wenn es sich in der Beschwerdeinstanz befindet, für erledigt zu erklären und das Rechtsmittel ggf. auf die Kosten zu beschränken (OLG Karlsruhe FamRZ 90, 435).

§ 1696 BGB Änderung von Anordnungen des Vormundschafts- und des Familiengerichts (1) Das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht können während der Dauer der elterlichen Sorge ihre Anordnungen jederzeit ändern, wenn sie dies im Interesse des Kindes für angezeigt halten. (2) Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 und nach § 1671 Abs. 5 sind aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht. (3) Länger dauernde Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 und nach § 1671 Abs. 5 hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen. Übersicht Rdn. Entstehungsgeschichte und Normzweck . . . 1 Unterschiedliche Änderungsmöglichkeiten a) verfahrensrechtliche (§ 18 FGG) 2 b) materiellrechtliche (§ 1696) — weitreichender ist § 1696 3 — lex specialis gegenüber § 18 Abs. 2 FGG 4 — Selbständigkeit des Abänderungsverfahrens 5 6 — kein Antragserfordernis Absatz 1 a) „angezeigt" = „erforderlich" 7 b) Änderungspflicht des Gerichts 8 c) Kindesinteresse maßgebend 9 d) Anwendungsfälle — Anpassung an nachträglich veränderte Sach- und Rechtslage 10 — Änderung im Rahmen der nach § 1671 gegebenen Möglichkeiten 11

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Rdn. — Änderung der Umgangsregelung . . . 12 — Auswirkung auf Herausgabeanordnung nach § 1632 13 Absatz 2 — Ausprägung allgemeiner Grundsätze . . . 14 — strenge Prüfungspflicht 15 Absatz 3 — Umfang der regelmäßigen Überprüfung . . 16 — Überprüfungsfrist-Festsetzung schon bei Erlaß der Maßnahme 17 Verfahrensfragen — Überprüfung nur der eigenen Anordnungen 18 — Neubestimmung der Zuständigkeit, da Selbständigkeit des Überprüfungsverfahrens . . 19 — Zulässigkeit vorläufiger Anordnungen (auch bezügl. Aufenthaltsbestimmungsrecht) 20

1. Entstehungsgeschichte der Norm Ursprünglich in § 1671 geregelt, wurde die Änderungsbefugnis 1957 mit dem Gleichberechtigungsgesetz als § 1696 unter Umstellung auf das „Interesse des Kindes" neu gefaßt. Durch das 1. EheRG wurde die (zunächst nur aus einem Absatz bestehende) Vorschrift 1220

Hans-Werner Fehmel

Änderung von Anordnungen des Vormundschafts- und des Familiengerichts

§ 1696 BGB

in Anpassung an die Einführung des Familiengerichts auf die Mitkompetenz des Familiengerichts ausgedehnt (zur Entstehungsgeschichte im einzelnen JansjHappe Rdn. 1 ff zu § 1696). Wegen der Schwere des Eingriffs in den Fällen der §§ 1666, 1666 a und 1667 sowie nach § 1671 Abs. 5 ergänzte der Gesetzgeber durch das 1980 in Kraft getretene SorgeRG die Vorschrift mit zwei weiteren Absätzen. Nach Abs. 2 sind in den vorgenannten Fällen die Maßnahmen dann aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Kindeswohl nicht mehr besteht. Nach Abs. 3 sind solche längerdauernden Maßnahmen in angemessenen Abständen zu überprüfen. Gegen die regelmäßige Überprüfung hatte der Bundesrat schon in der vorhergehenden Legislaturperiode Bedenken erhoben (BTDrucks. 7/2060 S. 57), weil die erforderliche erneute Anhörung der Beteiligten immer wieder zum Schaden der Kinder Unruhe in die bereits geregelten Verhältnisse trage und überdies davon ausgegangen werden könne, daß ein interessierter Elternteil von sich aus auf die veränderten Umstände hinweisen werde. Tue er das nicht, so zeuge das von seiner Interesselosigkeit, und bei solcher Interesselosigkeit bestehe keine Veranlassung, die früher getroffenen Maßnahmen aufzuheben. Diese Bedenken haben sich zu Recht nicht durchgesetzt. Denn zum einen können vielfältige Gründe wie z. B. Unsicherheit, Rechtsunkenntnis oder Krankheit manchen Elternteil davon abhalten, (erneut) an das Gericht heranzutreten. Zum andern widerspräche es dem Kindeswohl als oberster Leitlinie, solche einschneidenden, langfristigen Maßnahmen ohne Notwendigkeit weiter bestehen zu lassen. Dabei stoßen (bei der Frage der „angemessenen Zeitabstände" der Überprüfung) zwei gegensätzliche Interessen aufeinander. Einerseits können besonders schwerwiegende Fehlverhaltensweisen der Eltern (z. B. fortdauernde Kindesmißhandlungen) dafür sprechen, den bestehenden Eingriff in ihr Elternrecht nicht so bald und erst nach sorgfältiger Überprüfung wieder aufzuheben, also die Überprüfungsfrist länger zu bemessen (JansjHappe Anm. 9; Zen\, Kindesmißhandlung, S. 360). Andererseits kann die Gefahr des Verlustes der letzten erhaltenswerten Bindungen des Kindes für eine kurzfristige Überprüfung sprechen (JansjHappe aaO). 2. Materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Änderungsbefugnis a) Die verfahrensrechtliche Änderungsbefugnis ergibt sich aus § 18 FGG. Nach 2 §18 Abs. 1 S. 1 FGG ist das (Vormundschafts- oder Familien-)Gericht grundsätzlich berechtigt, eine von ihm erlassene Verfügung zu ändern, wenn es sie nachträglich für ungerechtfertigt erachtet. Das gilt aber nicht bei inzwischen veränderten tatsächlichen Verhältnissen, weil dann keine Entscheidung korrigiert, sondern der durch die geänderten Verhältnisse eingetretenen neuen Sach- und Rechtslage Rechnung getragen werden soll (KeideljKunt^ej Winkler Rdn. 2 zu § 18 FGG). Da die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts und des Familiengerichts zur elterlichen Sorge nicht in materieller Rechtskraft erwachsen, entfalten sie keine Bindungswirkung für eine Entscheidung in einem künftigen Verfahren zwischen denselben formell Beteiligten über denselben Gegenstand, können also nach § 18 FGG und in dessen Rahmen von dem Gericht geändert werden, das sie erlassen hat (Adelmann Rdn. 2; Sträts^ Rdn. 2; KeideljKunt^e/Winkler Rdn. 20 zu § 18 FGG und Rdnrn. 1, 2, 18 und 23 zu § 31 FGG). b) Die materiellrechtliche Änderungsbefugnis, die § 1696 (unabhängig von § 18 Abs. 1 3 FGG) einräumt, ist umfassender, weil sie generell die Anpassung von Maßnahmen mit Dauerwirkung an eine veränderte Sach- und Rechtslage ermöglicht (KG FamRZ 83, 1055, 1056), also auch gegen Entscheidungen der höheren Instanz ein materielles Abänderungsrecht gibt (PalandtjDiederichsen Rdn. 1), und darüber hinaus auch die Berücksichtigung von Tatsachen zuläßt, die zwar bei der ersten Entscheidung schon vorlagen, dem Gericht aber unbekannt blieben (Hin% Rdn. 1; Strät% Rdnrn. 2, 5; Gernhuber § 56 VI 2). An sich wäre nach § 621 e Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 577 Abs. 3 ZPO das Gericht zu 4 einer Änderung seiner der (sofortigen) Beschwerde unterliegenden Entscheidung nicht Hans-Werner Fehmel

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befugt. Das entspricht der Regelung in § 18 Abs. 2 FGG. Hier geht jedoch § 1696 Abs. 1 als lex specialis vor (Adelmann Rdn. 6; Gernhuber § 56 VI 1), indem diese Bestimmung ausdrücklich dem Familiengericht die Befugnis zur Änderung seiner Entscheidung einräumt und darüber hinaus auch (s. oben) eine Änderung wegen nachträglich erkannter Unrichtigkeit erlaubt {Hin\ Rdn. 105 zu § 1671). Solange allerdings das Beschwerdeverfahren gegen die Erstentscheidung anhängig ist, wird es für unzulässig gehalten, daß das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung wegen ursprünglicher Unrichtigkeit ändert (Hin% aaO). Die (erweiterte) Änderungsbefugnis des § 1696 erstreckt sich auch auf Umgangsregelungen nach § 1634 und Kindesherausgabeanordnungen nach § 1632 (Hin^ aaO). 5 Das Änderungsverfahren nach § 1696 ist ein selbständiges Verfahren; die örtliche Zuständigkeit ist daher gegenüber dem Erstverfahren selbständig zu bestimmen (BGH FamRZ 90, 1224; Strät^ Rdn. 3; Hin% Rdn. 22). 6 Für die Einleitung des Verfahrens bedarf es keines Antrags (Gernhuber § 56 VI 1). Wird er gestellt, so ist er als Anregung zur Einleitung des Verfahrens anzusehen (BGH FamRZ 90, 1224).

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3. Absatz 1 Das Gericht muß die Änderung „im Interesse des Kindes für angezeigt halten". a) Zwar könnte man aus dem Wort „angezeigt" nach dem Sprachgebrauch auf eine niedrigere Eingriffs schwelle schließen, als wenn die Änderung im Interesse des Kindes „erforderlich" sein soll. Die Rechtsprechung verlangt aber, auch wenn eine Änderung „angezeigt" sein soll, triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe (KG FamRZ 83, 1055; OLG Düsseldorf Z f J 88, 466; OLG Schleswig FamRZ 90, 433, 434; Adelmann Rdn. 9; Strät% Rdn. 5), und wendet damit im wesentlichen den gleichen Maßstab an wie bei „erforderlich" (vgl. § 1671 Abs. 3 und die obigen Erläuterungen dazu; Hins^ Rdn. 4; kritisch zum Aussagewert der im Richterrecht „erstarrten Formel" Gernhuber § 56 VI 4).

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b) Das Gericht muß die Abänderung „für angezeigt halten". Das bedeutet nicht ein Handlungsermessen des Gerichts hinsichtlich der Änderungsentscheidung überhaupt, sondern nur einen Entscheidungsspielraum in der Beurteilung der Änderungsvoraussetzungen, der Wertung des Sachverhalts also, und in der Beurteilung der Zweckmäßigkeit der zu treffenden Maßnahmen (Strät^ Rdn. 5; Hin% Rdn. 5). Vormundschaftsund Familiengericht sind also verpflichtet, die Änderung vorzunehmen, wenn nach ihrer Beurteilung die Voraussetzungen gegeben sind. 9 c) Die Änderung muß „im Interesse des Kindes" angezeigt sein. Die Vorschrift dient nicht „den Interessen der von der elterlichen Sorge ausgeschlossenen Elternteile an ständiger Überprüfung der einmal gegen sie getroffenen Entscheidung" (Gernhuber § 56 VI 2) und schließt eine beliebige Wiederaufrollung früherer Verfahren aus (Hin% Rdnrn. 4, 9). Allerdings ist auch eine mehrfache Änderung zulässig, wenn dies im Interesse des Kindes angezeigt erscheint (OLG Hamm FamRZ 81, 600; Hin% Rdn. 5; Straff Rdn. 5; Adelmann Rdn. 3). Bei jeder Abänderungsentscheidung sind aber einerseits die Interessen des Kindes an änderungsfähigen, die Anpassung an veränderte Verhältnisse ermöglichenden Entscheidungen abzuwägen gegen das andererseits bestehende Kontinuitätsinteresse des Kindes (Gernhuber § 56 VI 1; Hin% Rdn. 4; Strät% Rdn. 5). Eine gleichsam versuchsweise „Überlassung auf Probe" bei nicht eindeutig zu überschauenden Verhältnissen darf nicht erfolgen (OLG Hamm NJW 68, 454; Strät% aaO). 10 d) Anwendungsfalle: Auch eine nachträgliche Änderung der Gesetzgebung oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung (z. B. die Zulassung des gemeinsamen Sorgerechts durch BVerfG FamRZ 82,1179) kann eine Änderungsentscheidung nach § 1696 rechtferti1222

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Änderung von Anordnungen des Vormundschafts- und des Familiengerichts

§ 1696 BGB

gen (KG FamRZ 83, 1055, 1056 m. w. Hinw.; Hin^ Rdnrn. 6, 9). Der ausgeprägte Wunsch eines 11-jährigen Mädchens kann als triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Grund die Änderung der Sorgerechtszuweisung auf den anderen Elternteil begründen (OLG Schleswig FamRZ 90, 433, 434 m. Anm. Luthin), selbst wenn dieser andere Elternteil, der bisherige Vater, auf Grund einer nach der Scheidung durchgeführten operativen Geschlechtsanpassung als „dem weiblichen Geschlecht angehörig angesehen" wird. Ebenso kann eine Änderung der Sorgerechtsregelung gerechtfertigt sein, wenn sich ein 12-Jähriger dem bisher Sorgeberechtigten beharrlich entzieht und zum andern Elternteil, bei dem er bereits seit längerer Zeit lebt, sehr enge Bindungen hat (OLG Düsseldorf Z f J 88, 466, 467 = FamRZ 89, 204 LS). Auch die entgegen der ursprünglichen Sorgerechtsregelung länger praktizierte Erziehung und Betreuung durch den anderen Elternteil kann eine Anpassung im Wege des § 1696 an die tatsächlichen Verhältnisse rechtfertigen (OLG Hamm FamRZ 81, 600; Adelmann Rdn. 16; Hinii Rdn. 12; Gernhuber § 56 VI 2). Wurde dem an sich besser geeigneten Elternteil die elterliche Sorge wegen dessen Berufstätigkeit nicht übertragen, sondern dem andern, der allerdings praktisch die Betreuung auch nicht selbst wahrnahm, sondern seiner Mutter überließ, so kann bei Wiederheirat und Aufgabe der Berufstätigkeit des erstgenannten Elternteils eine Sorgerechtsänderung zu seinen Gunsten angezeigt sein (OLG Stuttgart FamRZ 76, 34, 35; Hin\ und Gernhuber aaO; Straff Rdn. 12). Lebt der sorgeberechtigte Elternteil jetzt im Konkubinat mit einem verheirateten Partner, so ist dies für sich allein kein Grund für eine Abänderung, denn „ein Konkubinat disqualifiziert noch nicht als Elternteil" ( Rdn. 7). Es muß eine wirksame, bedingungs- und vorbehaltslose Einigung vorliegen, d. h. eine solche, die infolge der ihr innewohnenden rechtsverbindlichen Kraft eine richterliche Entscheidung überflüssig macht, weil sie selbst die Rechtsverhältnisse erschöpfend regelt (BayObLGZ 53, 328; RGRK ¡Kalthoener Rdn. 12). Liegt sie vor, so fehlt dem Verfahren nach der HausrVO das Rechtsschutzbedürfnis (BayObLGZ 53, 102; Keidel N J W 60, 391 Anm.; Giencke FamRZ 70, 224). Trotz wirksamer Einigung über die Benutzung der Ehewohnung während des Getrenntlebens hat der Hausratsrichter allerdings im Verfahren nach § 1361 b BGB auch über auftretende Benutzungsstreitigkeiten zu entscheiden, während sonst bei vorliegender Einigung über Herausgabe und Besitzschutz das allgemeine Zivilgericht zu entscheiden hätte (OLG Köln FamRZ 87, 77). 16

Der Hausratsrichter hat daher als Vorfrage zu prüfen und zu entscheiden, ob eine rechtswirksame Einigung zustande gekommen ist (RGRK¡Kalthoener Rdn. 17; Soergel/ Heint^mann Rdn. 9). Die objektive Beweislast (s. dazu § 13 Rdn. 12) für die Einigung — die hier ein Verfahrenshindernis darstellt — trägt derjenige, der sich auf die Einigung beruft, also der Gegner des Antragstellers {Soergelj Heint^mann Rdn. 10). Die Einigung kann auch durch schlüssige Handlungen erfolgen, etwa dadurch, daß ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung auszieht {Lynker JurBüro 79, 956/57) und sich eine andere Wohnung einrichtet. Allerdings sind strenge Anforderungen zu stellen (Eherecht/ Voelskow Rdn. 8). Es muß feststehen, daß die Ehegatten eine Dauerregelung auch für die Zeit nach der Scheidung gewollt haben (MüKo/Müller-Gindullis Rdn. 20). Wenn der Wohnungseigentümer mit dem künftigen Benutzer der Ehewohnung nicht einverstanden ist, fehlt es an einer voll wirksamen Einigung der Ehegatten i. S. d. § 1 HausrVO (OLG Köln FamRZ 89, 640; OLG Hamburg FamRZ 90, 651). Umstritten ist, ob im Rahmen der HausrVO (§ 5) oder vor dem Prozeßgericht der Streit mit dem Vermieter zu führen ist, wenn der ausziehende Ehegatte diesem gegenüber von seinen vertraglichen Bindungen befreit werden will (nach OLG Köln aaO Prozeßgericht, nach OLG Hamburg aaO Hausratsrichter). Befinden sich in der neuen Wohnung keine dem anderen Ehegatten gehörenden oder zuzuteilenden Gegenstände, hat vielleicht sogar jeder Ehegatte eine neue Wohnung bezogen, so spricht das dafür, daß sich die Ehegatten bereits vollständig auseinandergesetzt haben ( G ö p p i n g e r Rdn. 643). Zieht ein Ehegatte aus der beiden gehörenden Eigentumswohnung aus und verlangt Nutzungsentschädigung, so bringt er damit zum Ausdruck, daß er die Wohnung nicht mehr selbst bewohnen oder mitbewohnen will; damit hat er die Ehewohnung endgültig aufgegeben, und die Entscheidung über die Nutzungsregelung erfolgt außerhalb des Hausratsverfahrens nach § 745 BGB (BGH FamRZ 82, 355). Der bloße Auszug eines Ehegatten aus der Ehewohnung — der häufig unter dem Druck der Spannungen und oft sogar Tätlichkeiten erfolgt — genügt aber nicht, um eine stillschweigende Einigung anzunehmen (OLG Köln MDR 61, 242 u. RGRK ¡Kalthoener Rdn. 3 zu § 5 HausrVO); bei Mietwohnungen muß eine erschöpfende Regelung getroffen werden, die ggf. auch die Abfindung des weichenden Ehegatten für den gemeinsamen Ausbau der Wohnung umfaßt (OLG Hamm FamRZ 83, 911; OLG München FamRZ 86, 1019; Eherecht/ Voelskow Rdn. 7). Verweigert der Vermieter sein Einverständnis zur Abänderung des bisherigen Mietvertrages, so liegt keine erschöpfende Einigung vor (RGRK¡Kalthoener Rdn. 12; Eherecht/ Voelskow Rdn. 7; s. a. nachstehend Rdn. 20); die Ehegatten haben dann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte gerichtliche Gestaltung des Mietverhältnisses nach § 5 HausrVO mit Wirkung gegenüber dem Vermieter (OLG Karlsruhe FamRZ 81, 182; OLG Frankfurt FamRZ 80, 170; OLG München FamRZ 86, 1019, 1020; KG 16 UF 5782/86 v. 29. 1. 87). 17 Enthält die Auseinandersetzungsvereinbarung verpflichtende Erklärungen, fehlt es aber an der Vollzugsfähigkeit, so kann der Hausratsrichter die Vereinbarung „komplet1234

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Aufgabe des Richters

tieren" und den Vollzug anordnen (LG Hamburg N J W 60, 391 m. Anm. Keidel; Rolland Rdn. 8; Erman-Ronke Rdn. 8; Eherecht/ Voelskow Rdn. 7). Das gilt für die Verpflichtung zur Wohnungsräumung (Gtencke FamRZ 70, 224), aber auch für die Verpflichtung zur Herausgabe bestimmter Hausratsgegenstände an den anderen. Haben sich dagegen die Parteien über die Aufteilung des „gemeinsamen Hausstan- 1 8 des" auseinandergesetzt, und vereinbaren sie nun für den überwiegenden Anteil des einen eine Ausgleichszahlung an den anderen, die Freistellung aus Mietvertragsverpflichtungen und die Rückzahlung gemeinsam aufgenommener Darlehen, so ist für die Verfolgung dieser Ansprüche das Prozeßgericht zuständig, weil eine Einigung über Wohnung und Hausrat vorliegt (BGH FamRZ 79, 789; OLG Saarbrücken N J W 67, 1616; RGRK/ Kalthoener Rdnrn. 12 u. 17). Haben sich die Parteien über den Verbleib von Hausrat, aber nicht über die Ausgleichs- 1 9 Zahlung dafür geeinigt, so liegt im Zweifel keine wirksame Teilungsvereinbarung vor (OLG Frankfurt FamRZ 83, 730; Soergel\Heintynann Rdn. 7). Über die Ehewohnung liegt eine wirksame Einigung so lange nicht vor, wie der 2 0 Vermieter nicht sein Einverständnis erklärt hat, das Mietverhältnis mit dem einen Ehegatten allein fortzusetzen (OLG Frankfurt FamRZ 80, 170; OLG Karlsruhe FamRZ 81, 182; Schwab ¡Maurer Rdn. 50; Palandtj Diederichsen Rdn. 6). Verweigert er sein Einverständnis, so hat der Richter mangels „erschöpfender" Einigung die Rechtsverhältnisse an der Wohnung zu regeln, wobei er allerdings — falls keine überwiegenden Vermieterinteressen entgegenstehen — die übereinstimmenden Wünsche der Eheleute zugrunde legen wird (OLG Köln MDR 61, 242; OLG Celle FamRZ 64, 511; OLG Karlsruhe FamRZ 81, 182; OLG Hamburg FamRZ 82, 939). Können sich die Eheleute über den Inhalt ihrer Vereinbarung und über ihre Wirksam- 2 1 keit nicht einigen, so hat auch darüber der Familienrichter nach den Regeln der HausrVO zu entscheiden. Zulässig ist z. B. der Feststellungsantrag, daß der Hausrat verteilt sei (OLG Hamm FamRZ 80, 901). Der Hausratsrichter kann dann durch Beschluß eine feststellende Entscheidung etwa darüber treffen, ob und mit welchem Inhalt eine Einigung zustande gekommen ist (OLG Bremen FamRZ 63, 366; SoergeljHäberle Rdn. 6). Ein Streit über den Inhalt der Vereinbarung liegt auch dann vor, wenn jeder Ehegatte behauptet, ihm stehe nach der Absprache ein bestimmter Hausratsgegenstand zu. Deshalb ist auch in diesem Fall der Hausratsrichter zuständig, wobei er bei seiner Entscheidung nicht an den förmlichen Antrag der Partei gebunden ist (a. A. OLG Zweibrücken FamRZ 87, 1054: der Herausgabeanspruch sei in einem solchen Falle als im Hausratsverfahren nicht zulässig zurückzuweisen). Die Ansprüche aus der getroffenen Vereinbarung sind nicht im Hausratsverfahren, 2 2 sondern im Prozeßwege zu verfolgen (BGH FamRZ 79, 789; Schwab]Maurer Rdn. 29). Nur die Vollzugsfähigkeit einer Vereinbarung kann der Hausratsrichter ergänzen (s. oben Rdn. 17). Haben sich die Ehegatten während des Getrenntlebens über den Besitz der Ehewohnung geeinigt, und wird sodann ein Zuweisungsverfahren nach § 1361 b BGB eingeleitet, so richtet sich auch diese Benutzungsstreitigkeit nach wirksamer Einigung nach der HausrVO (OLG Köln FamRZ 87, 77). Haben sich die Parteien nur über einen Teil geeinigt, so hat der Richter über den 2 3 gesamten Rest des Regelungskomplexes zu entscheiden; er ist nicht an den Antrag der Parteien, nur die Rechtsverhältnisse an einzelnen Objekten zu regeln, gebunden (BGHZ 18, 143). Da die Entscheidung des Hausratsrichters ihrem Wesen nach notwendig den ganzen noch unverteilten Hausrat betrifft, gilt der im Verfahren nicht mitbehandelte Hausrat dann schon als verteilt, so daß weitere Anträge hinsichtlich des nicht erfaßten Hausrats unzulässig geworden sind und auch durch Änderungsentscheidung nach § 17 Hans-Werner Fehmel

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Aufgabe des Richters

HausrVO nicht mehr einbezogen werden können (Beit^Jke MDR 56, 29 in der Anm. zu BGHZ 18, 143 = MDR 56, 27). Da aber nur in der Gesamtschau aller Hausratsgegenstände eine gerechte und billige Teilung erfolgen kann, sind die bereits von den Eheleuten geteilten Gegenstände wertmäßig und bedarfsmäßig mit zuberücksichtigen vom Hausratsrichter bei der Verteilung des Restes (s. Rdnrn. 15, 29). Allerdings kann der Antrag beschränkt werden auf die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung, da es sich bei Ehewohnung und bei Hausrat um verschiedene trennbare Verfahrensgegenstände handelt (BayObLG FamRZ 70, 33; Keidel NJW 60, 391 Anm.). Eine Teilentscheidung des Richters über den Hausrat ist unzulässig, da er eine gerechte und billige Entscheidung nur treffen kann, wenn der gesamte noch nicht verteilte Hausrat einbezogen wird (OLG Zweibrücken FamRZ 83, 1148). Dabei kann der Richter gem. § 17 Abs. 2 HausrVO sogar einen bereits geschlossenen Teilvergleich ändern oder unberücksichtigt lassen, um bei der Verteilung des Restes eine unbillige Härte zu vermeiden (ErmanjRonke Rdn. 10). 3. Antrag Das Hausratsverfahren wird nur auf Antrag eingeleitet, der beim Familiengericht zu stellen ist (§11 HausrVO). Soll im Verbund mit der Ehesache entschieden werden, so muß der Antrag bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz in der Scheidungssache gestellt werden, § 623 Abs. 2 S. 1 ZPO. 25 Im Verbundverfahren kann der Antrag nur durch einen Anwalt gestellt werden, § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; im isolierten Verfahren kann die Partei den Antrag selbst stellen, und auch die Beschwerdeinstanz unterliegt im isolierten Hausratsverfahren nicht dem Anwaltszwang (BGH FamRZ 82, 586 und 87, 56; OLG Zweibrücken FamRZ 87, 508; s. a. Bergerfurth Rdn. 49 u. oben Vorbem. vor § 1 Rdn. 9). 26 Ist die Partei geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so wird sie durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten. Die Prozeßfähigkeit beschränkt geschäftsfähiger Ehegatten nach § 607 Abs. 1 ZPO gilt nur für die Ehesache selbst, nicht für das als Folgesache im Verbund betriebene Hausratsverfahren. Ein etwaiger Vergleich, der den Wert von 300,— DM übersteigt, bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 1822 Nr. 12 BGB. 27 Anhängig wird die Folgesache Ehewohnung/Hausrat bereits mit Eingang des Antragsschriftsatzes (OLG Zweibrücken FamRZ 80, 1143). Der Antrag ist Verfahrensantrag, kein Sachantrag (OLG München FamRZ 86, 1019, 1021: Wohnungszuweisung an Antragsgegner entgegen dem Begehren des Antragstellers; OLG Zweibrücken FamRZ 87, 508: Verfahrensantrag mit der bloßen Funktion der Verfahrensinitiative, weshalb anstelle der beantragten Alleinzuweisung der Wohnung nach § 1361 b BGB das Gericht die Wohnung auch aufteilen kann; OLG Zweibrücken FamRZ 87, 508; Eherecht/ Voelskow Rdn. 9; Schwab/Maurer Rdn. 42). Er geht dahin, die Rechtsverhältnisse am Hausrat und/ oder an der Ehewohnung vollständig zu regeln, soweit noch keine wirksame Einigung der Parteien vorliegt. Nur in der Gesamtschau aller noch offenen Streitpunkte läßt sich die billigem Ermessen (§ 2 HausrVO) entsprechende Regelung treffen. Deshalb können die Parteien nicht einzelne Gegenstände ausnehmen in der Absicht, sich darüber später noch selbst zu einigen (Rolland Rdn. 11; Schwab]Maurer Rdn. 45).

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Eine abschließende, umfassende Entscheidung ist nur möglich, wenn geklärt ist, woraus der Hausrat überhaupt besteht; bei der Verteilung wertvoller Gegenstände ist festzustellen, daß sie noch vorhanden sind, weil ihr Nichtvorhandensein die nach Billigkeit zu treffende Entscheidung beeinflussen kann (KG FamRZ 74, 195). 29 Der Antragsteller wird daher — neben dem formlosen Antrag auf Einleitung des Hausratsverfahrens — ein Verzeichnis aller im Zeitpunkt der Trennung vorhanden 1236

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Aufgabe des Richters

gewesenen streitigen Hausratsgegenstände einzureichen haben mit Angaben über die Eigentumsverhältnisse (dazu gehören auch Angaben über die Herkunft der Sachen, da sie für die Eigentumsverhältnisse maßgebend sind), und über den ungefähren Wert (einschränkend RGRK\Kalthoener Rdn. 10, der auch einen Teilauseinandersetzungsantrag für zulässig hält, wenn beide Ehegatten sich über die Beschränkung einig sind — bedenklich, weil nur die Gesamtschau des gesamten Hausrates eine billige und gerechte Teilung ermöglicht, so auch zutreffend SoergeljHeint^mann Rdn. 7). Da der Antragsteller regelmäßig bestimmte Sachen zugeteilt haben will, hat er diese so genau zu beschreiben, daß eine Vollstreckung möglich ist. Zur Verwendung bestimmter — von manchen Familiengerichten zur Erleichterung der Substantiierung entworfener — Vordrucke ist er aber nicht verpflichtet, da solche Vordrucke in der HausrVO nicht vorgesehen sind (KG 17 WF 1479/85 v. 10. 5. 85, unveröffentlicht). Ist der Antragsteller (z. B. infolge längerer Trennung) außerstande, die vorgenannten 3 0 detaillierten Angaben zu machen, so soll in der Regel allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis für eine dem Hausratsverfahren vorangehende Klage auf Auskunft über den Bestand des Hausrats bestehen; denn für die Einleitung des Verfahrens genüge ein formloser Antrag, und sodann habe das Gericht von Amts wegen aufzuklären, welche Hausratsgegenstände vorhanden sind und für eine Verteilung in Betracht kommen (OLG Düsseldorf FamRZ 85, 1152). Diese Ansicht erscheint zu eng. Bei entschuldbarer Ungewißheit (z. B. längerer Strafhaft, KG FamRZ 82, 68, aber auch bei einem umfangreichen Hausstand, um den der beruflich stark in Anspruch genommene Antragsteller sich kaum gekümmert hat, OLG Düsseldorf FamRZ 87, 81) wird man einen Anspruch auf Auskunftserteilung zuerkennen müssen nach Maßgabe der §§ 242, 260 BGB (s. a. Vorbem. vor § 8 Rdn. 7; a. A. RGRK¡Kalthoener Rdn. 28; grundsätzlich kein Auskunftsanspruch, da Amtsaufklärung. Hiergegen wiederum SoergeljHetnt^mann Rdn. 18 a zu § 1, der eine Auskunftspflicht nach § 242 BGB bejaht). An etwaige Sachanträge auf Zuteilung bestimmter Gegenstände ist das Gericht nicht 31 gebunden (BGHZ 18, 143). Sie sind nur Vorschläge der Partei. Das gilt auch für die Ehewohnung (BayObLG FamRZ 71, 34; OLG Zweibrücken FamRZ 87, 508: statt Alleinzuweisung Aufteilung zwischen den Ehegatten, im Falle des § 1361 b BGB, sofern sich „schwere Härte" und weiteres Zusammenleben in dem Provisorium einer Aufteilung nicht gegenseitig ausschließen). Die Wohnung kann aber nicht einem Ehegatten gegen dessen Willen zugewiesen werden (OLG Celle FamRZ 81, 958). Allerdings hat der Richter einen Ermessensspielraum nur bei rechtsgestaltenden Entscheidungen wie Zuteilung von Ehewohnung und Hausrat; bei Feststellungen — z. B. über das Eigentum — besteht kein Ermessensspielraum {Soergel/Häberle Rdn. 2 zu § 2 HausrVO). Im Beschwerdevetfahten kann nach Maßgabe vorstehender Ausführungen innerhalb 3 2 der Bereiche Wohnung und Hausrat die Entscheidung des Familiengerichts nicht teilweise angefochten werden (MüKo¡Müller-Gindullis Rdn. 25 m. w. Hinw.). Aber es ist zulässig, im Sachantrag des Beschwerdeverfahrens — der ja wiederum nur ein Vorschlag ist — Einzelpunkte bzw. die Zuteilung einzelner Gegenstände der angefochtenen Entscheidung anzugreifen, ohne daß damit der Entscheidungsspielraum des Beschwerdegerichts auf diese Punkte beschränkt wird. Die Ausgewogenheit der Verteilung insgesamt muß Gegenstand der Prüfung und Entscheidung sein (OLG Zweibrücken FamRZ 83, 1122). Der Verfahrensantrag geht dahin, das Tätigwerden des Beschwerdegerichts überhaupt zu veranlassen (BayObLG FamRZ 70, 33 und FamRZ 71, 34). Möglich ist aber die Beschränkung der Beschwerde und der weiteren Beschwerde 33 auf die Frage der Auferlegung einer Ausgleichszahlung nach § 8 Abs. 3 S. 2 HausrVO (OLG Hamm FamRZ 67, 105). Außerdem kann sich eine Beschränkung auf einzelne Hans-Werner Fehmel

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Aufgabe des Richters

Gegenstände im Beschwerdeverfahren aus der Übereinstimmung der Parteien ergeben, die erstinstanzliche Entscheidung in allen übrigen Punkten zu akzeptieren, weil das einer Einigung über diesen Komplex gleichkommt. Das kann allerdings dazu führen, daß die Beschwerde unzulässig wird, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes dann 1200,— DM nicht mehr übersteigt, § 14 HausrVO. 34 Die Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegerichts findet im Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) ihre Grenze: Der Beschwerdeführer darf auf seine Beschwerde im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden, also nichts entzogen bekommen, ohne etwas Gleichwertiges zu erhalten (BayObLG FamRZ 65, 513 und FamRZ 71, 34). 35 Das Antragsrecht ist höchstpersönlich und daher unvererblich; ein bereits anhängiges Hausratsverfahren endigt mit dem Tod eines Ehegatten (s. oben Rdnrn. 9—11). 36 Der Antrag ist an keine Frist gebunden; bei Wohnungszuteilungen sind Vermieter oder andere Drittbeteiligte allerdings durch die Jahresfrist des § 12 HausrVO geschützt. Aber auch der andere Ehegatte ist gegenüber sehr später Antragstellung nicht völlig schutzlos; Antragstellung nach unangemessen langer Zeit kann unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 2 HausrVO) bei der Sachentscheidung zum Nachteil des Antragstellers berücksichtigt werden (so im Ergebnis OLG München FamRZ 86, 1019, das den Antrag auf Wohnungszuteilung selbst 11 Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils noch zuläßt, der Antragsgegnerin aber die Wohnung zuteilt; Eherecht/ Voelskow Rdn. 9; Soergelj Heint^mann Rdn. 22; RGRK/Kalthoener Rdn. 9 hält bei unangemessen langer Zeit bis zur Antragstellung Verwirkung für möglich). Eine Verwirkung des Antragsrechts ist grundsätzlich nicht möglich (KG OLGZ 77, 427; s. a. Rdn. 7 zu § 5).

III. Regelungsgegenstand 37

1. Ehewohnung Als Ehewohnung gelten alle Räume einschl. aller Nebenräume, die von den Ehegatten während der Ehe gemeinsam bewohnt wurden oder zumindest dafür bestimmt waren (BayObLG FamRZ 74, 22; Gernhuber Lehrbuch, § 29 II 3), selbst wenn die Ehegatten nie gemeinsam dort gewohnt haben (OLG München FamRZ 86, 1019). Bei der Frage, ob die Räume als Ehewohnung bestimmt waren, kommt es auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung an (OLG München aaO). Kündigt der Vermieter wegen Zahlungsverzuges beiden Ehegatten fristlos, und verläßt ein Ehegatte daraufhin die gemeinsame Wohnung, während der andere wohnen bleibt, so soll dadurch trotz fortbestehender Ehe die Eigenschaft als Ehewohnung verlorengehen (AmtsG Mönchengladbach-Rheydt FamRZ 88, 1057, bedenklich, s. die Anm. v. Segas aaO S. 1058). Auch bei schon monatelangem Getrenntleben haben die Räumlichkeiten nicht den Charakter der Ehewohnung verloren (OLG Bamberg FamRZ 90, 1353; OLG Hamm FamRZ 89, 739). Um eine Ehewohnung handelt es sich auch dann, wenn die Räume den Ehegatten (Ausländer) durch Verwaltungsakt zugewiesen wurden; denn maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse (OLG Stuttgart FamRZ 90, 1354). Der Begriff der Ehewohnung ist weit auszulegen (BGH FamRZ 90, 987, 988). Es muß sich nicht um eine abgeschlossene Wohnung handeln. Auch einzelne Wohnräume oder möblierte Zimmer gehören dazu, gleichgültig, wer sie gemietet hat, ferner Wohnräume in zerlegbaren Baracken, beweglichen Behelfsheimen, Laube (ErmanjRonke Rdn. 13), ein Wohnwagen allerdings nur, wenn er Mittelpunkt des ehelichen Zusammenlebens war, sonst gilt er als Hausrat (LG Stuttgart FamRZ 78, 703; AK-Derleder Rdn. 2). Auch wenn die gemeinsame Nutzung auf einen Teil des Jahres beschränkt ist (Eigentums-Ferienwohnung in der Schweiz), handelt es sich um eine Ehewohnung (KG FamRZ 74, 199; SoergeljHäberle Rdn. 7; MüKo¡MüllerGindullis Rdn. 8). Dagegen wird geltend gemacht (KG FamRZ 86, 1010), angesichts der 1238

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§ 1 HausrVO

Aufgabe des Richters

Mangellage, die zum Erlaß der HausrVO führte, könnten zusätzliche Ferienwohnungen, Wochenendhäuser oder Wohnlauben nicht als Ehewohnung gelten. Diese auf die Mangellage bei Erlaß der Verordnung zurückgehende Interpretation erscheint zu eng. Die damalige Mangel- oder Notlage ist längst überwunden und kann heute kein Kriterium mehr sein. Deshalb können — entgegen der Ansicht des damaligen Verordnungsgebers — Gegenstände von hohem Wert einschließlich kostbarer Kunstgegenstände heute zum Hausrat gehören (BGH FamRZ 84, 575). Desgleichen können heute Ehegatten mehrere Wohnungen haben, wenn sie es sich leisten können, ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt während des Jahres aufzuteilen. Bei dem an einem anderen Ort als dem Lebensmittelpunkt der Parteien liegenden 38 Wochenendhaus ist die Eigenschaft als Ehewohnung umstritten (bejahend OLG Frankfurt FamRZ 82, 398; verneinend OLG Zweibrücken FamRZ 81, 259; BGH FamRZ 90, 987, 988: je nach den tatsächlichen Gegebenheiten; verneinend auch Palandtj Diederichsen Rdn. 11 sowie Rolland Rdn. 13). Umstritten ist daher auch die Zuständigkeit des Hausratsrichters (Johannsen/ Henrich/Sedemund- Treiber Eherecht Rdn. 69 zu § 2 3 b GVG). Arbeitszeitverkürzung, Arbeitsteilung (Job-Sharing), günstigere Verkehrsverbindungen und die zunehmende Neigung, die Freizeit außerhalb der Städte zu verbringen, sprechen dafür, auch Wochenendhäuser — sofern sie nicht als Kapitalanlage dienen und vorwiegend vermietet, sondern regelmäßig von der Familie selbst genutzt werden — als Ehewohnung anzusehen, da auch dort der Lebensmittelpunkt der Familie ist. Selbst Wohnwagen und Wohnmobile, sofern fest installiert, können Ehewohnung sein (s. nachstehend Rdn. 45). Unter diesen Voraussetzungen ist auch die Wohnlaube mit dem zugehörigen Gartenland auf dem Gelände eines Kleingartenvereins Ehewohnung und kann demjenigen Ehegatten zugeteilt werden, der gar nicht Mitglied des Kleingartenvereins ist; die Beeinträchtigung der Belange des Kleingartenvereins oder etwa der Genossenschaft, die gem. § 7 HausrVO am Verfahren zu beteiligen sind, müssen hingenommen werden (BGH LM Nr. 1 zu § 3 HausrVO; OLG Hamburg MDR 48, 477 m. krit. Anm. Paehler, KG 16 UF 5143/84 v. 9. 4. 85 und 16 UF 6371/83 v. 5. 4. 84, beide unveröffentlicht). Deshalb ist auch die — vom Kleingartenverein häufig stillschweigend tolerierte — Vertragswidrigkeit, die in dem Ausbau und Gebrauch als Wohnlaube liegt, kein Grund, die Laube nicht als Ehewohnung anzusehen (so allerdings KG 18 WF 4512/ 84 v. 10. 9. 1984, unveröffentlicht; offengelassen von KG 18. ZS FamRZ 86, 1010). Grundsätzlich kann auch eine Wohnlaube (Gartenhaus) je nach den tatsächlichen Verhältnissen als Ehewohnung anzusehen sein (BGH FamRZ 90, 987). Durch die Zuweisung einer genossenschaftlich gebundenen Wohnung an den geschiedenen Ehegatten, der nicht der Genossenschaft angehört, wird das Eigentumsrecht nicht unverhältnismäßig die Sozialbindung überschreitend beschränkt (BVerfG FamRZ 91, 1413). Zur Ehewohnung i. S. von § 1 HausrVO gehören auch ein Hausgarten (OLG Frank- 3 9 furt FamRZ 56, 112 L = Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1955, 104 m. zust. Anm. Giebner) und Nebenräume wie Boden, Keller, Abstellraum, Schuppen, Stallung und Garage, nicht dagegen die ausschließlich gewerblich oder beruflich genutzten Räume (MÜKo/Müller-Gtndullis Rdn. 7). Die Geschäftsräume eines von den Ehegatten gemeinsam aufgebauten Geschäfts gehören aber wie die Ehewohnung zum räumlich-gegenständlichen Schutzbereich der Ehe und geben einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen den Ehestörer nach §§ 823, 1004 BGB (OLG Köln FamRZ 84, 267, sofern nicht eigenes schweres Fehlverhalten vorliegt, OLG Zweibrücken FamRZ 89, 55 mit Aufsatz Smid FamRZ 89, 1144). Eine Tauschwohnung, die nach endgültiger Trennung im Tausch gegen die Ehewohnung bezogen wurde, ist selbst nicht mehr Ehewohnung (RGRK/ Kalthoener Rdn. 19). Hans-Werner Fehmel

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Aufgabe des Richters

2. Hausrat 40 Zum Hausrat gehören nur die beweglichen Gegenstände, die nach den Vermögensund Lebensverhältnissen der Ehegatten für die Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt sind. Das sind auch zum Verbrauch bestimmte Vorräte, „selbst der Bestand eines Weinkellers, sofern er nicht den Charakter einer wertvollen Sammlung" hat {Quambusch FamRZ 89, 691). Gegenstände, die ausschließlich als Kapitalanlage oder dem Beruf eines Ehegatten dienen, gehören nicht dazu und unterliegen dem Zugewinnausgleich (BGH FamRZ 84, 144 = N J W 84, 484). So ist eine Sammlung von Jugendstilvasen dann kein Hausrat, wenn ihr Charakter als Objektsammlung so deutlich zu Tage tritt, daß sie nach der Lebensanschauung nicht mehr als Teil der Wohnungsausstattung aufzufassen ist (BGH FamRZ 84, 575; s. aber auch Gernhuber FamRZ 84, 1053 ff, 1054 und PalandtjDiederichsen Einleitung vor § 1 HausrVO Rdn. 6 m. w. Hinw. auf die unterschiedl. Meinungen). 41

Auch Gegenstände des persönlichen Bedarfs — gleichgültig, ob es sich um einfache Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder um Positionen von wirtschaftlichem Wert handelt — sind kein Hausrat und unterliegen dem Zugewinnausgleich (BGH FamRZ 84, 144, 145). Ebensowenig gehört die komplette Schreinerausrüstung eines gelernten Modellschreiners zum Hausrat, selbst wenn sie gelegentlich für Arbeiten im Haushalt verwendet wurde (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1134). Schließlich gehören nicht zum Hausrat solche Haushaltsgegenstände, die gerade für das Getrenntleben der Ehegatten bestimmt sind und erst nach der Trennung angeschafft wurden (BGH aaO S. 147; s. a. nachstehend Rdn. 53).

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Danach gehören zum Hausrat z. B. Möbel, Öfen und Herde (ErmanjRonke Rdn. 14), aber keine eingebauten Möbel und keine zur Wohnung gehörenden Öfen und Herde (MüKo/Mülkr-Gindullis Rdn. 13). Bei Einbauküchen und Einbaumöbeln ist allerdings zu unterscheiden, ob der Einbau bereits bei der Herstellung des Gebäudes geplant worden und dann wesentlicher Grundstücksbestandteil geworden ist — dann ist es kein Hausrat (OLG Frankfurt FamRZ 82, 938); oder ob es sich um eingebaute Normteile handelt (wenn auch mit einigen individuellen Anpassungen), die ausbaufähig und noch anderweit verwendbar sind — dann ist es in der Regel Hausrat (RGRK¡Kalthoener Rdn. 22). Mußten allerdings „nicht unerhebliche Arbeiten zur Installation" gemacht werden, und würden allein der Ausbau und der anderweitige Einbau erhebliche Kosten (im konkreten Fall 3000,— DM) verursachen, so ist die (nachträglich eingebaute) Küche wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden und ein Hausrat (OLG Hamm FamRZ 91, 89).

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Der Personenwagen kann Hausrat sein, wenn er ausnahmsweise einen Hausratsgegenstand darstellt (BGH FamRZ 83, 794 unter Bezugnahme auf OLG Köln FamRZ 80, 249), wenn er etwa der gesamten Familie dient für Einkauf, Schulbesuch und Betreuung der Kinder, Wochenendfahrten usw. (KG FamRZ 75, 164; OLG Karlsruhe FamRZ 76, 93; OLG Köln FamRZ 80, 249; OLG Hamm FamRZ 90, 54; OLG Hamburg FamRZ 90, 1118; OLG Zweibrücken FamRZ 91, 848; vgl. a. OLG Düsseldorf FamRZ 92, 60/61; Soergel\Heint\mann Rdn. 14; RGRK ¡Kalthoener Rdn. 23; Schwab ¡Maurer Rdn. 126; Gieß/er Rdn. 771 u. Fußnote 3 das.). Ein Zweitwagen wird vielfach Hausrat sein (Soergel/ Heint^mann aaO). In diesen Fällen ist der Familienrichter auch dann zuständig, wenn nur über die Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes gestritten wird (KG 11 AR 11/84 v. 27. 3. 84, unveröffentl.), oder wenn ein Ehegatte gegen den andern einen Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB geltend macht wegen eines gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehens zur Anschaffung eines solchen P K W ' s (BayObLG FamRZ 85, 1057; s. a. Vorbem. vor § 8 Rdn. 6). 1240

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Aufgabe des Richters

Ein P K W ist dagegen kein Hausrat, wenn er vornehmlich von einem Familienmitglied 44 für Fahrten zum Arbeitsplatz benutzt wird (OLG Hamm FamRZ 83, 72 L; OLG Hamm FamRZ 90, 54). Auch die Tatsache, daß jeder der (berufstätigen) Ehegatten einen P K W besaß, kann dafür sprechen, daß keines der beiden Kraftfahrzeuge „von den Ehegatten gemeinschaftlich zum Zwecke der Haushalts- und privaten Lebensführung benutzt" wurde (BGH FamRZ 91, 43 ff, 49 unter 11 a)). Der Wohnwagen (mit den dazugehörigen Fahrzeugpapieren) ist Hausrat (LG Stutt- 45 gart FamRZ 78, 703), jedenfalls dann, wenn er den Ferienreisen der Familie dient (RGRK/Kalthoener Rdn. 24; Gießler Rdn. 771). Wohnwagen und Wohnmobil können aber auch als „Ehewohnung" angesehen werden, wenn sie dauerhaft an einer Stelle installiert sind und dort der Familie zum regelmäßigen zeitweisen Wohnen in den Ferien und an Wochenenden dienen (OLG Zweibrücken FamRZ 80, 569; RGRK¡Kalthoener aaO); a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 92, 60, wonach es nicht genügen soll, daß die Familie in dem stationär auf einem Campingplatz aufgestellten Wohnwagen regelmäßig Urlaub machte und die Wochenenden dort verbrachte). Ein Behelfsheim, das von den Ehegatten auf fremdem Grund und Boden und mithin als bewegliche Sache errichtet wird, ist kein Hausrat, kann jedoch unter den Begriff der „Ehewohnung" fallen (OLG Bremen FamRZ 63, 366 BayObLG J Z 53, 474 L; RGRK ¡Kalthoener Rdn. 25 zu § 1 und Rdn. 1 zu § 3; s. a. oben Rdn. 38). Als Hausrat i. S. d. HausrVO sind ferner zu behandeln, gemeinsam benutzte Musikin- 46 strumente, Bücher unterhaltender und belehrender Natur (nicht dagegen Fachbücher und Arbeitsgeräte, die beruflichen Zwecken dienen); Gartenmöbel, Nahrungsmittel und Heizmaterial. Haustiere gehören zum ehelichen „Hausrat", wenn sie nicht ausschließlich von einem 47 Ehegatten gehalten werden oder landwirtschaftliches Inventar sind {Staudinger¡Thiele Rdn. 16 zu § 1369 BGB; Michaelis J R 49, 436; s. a. § 8 Rdn. 28). Zum Hausrat gehören auch Luxusgegenstände und Kunstgegenstände (z. B. echte 48 Teppiche, Ölgemälde, Porzellane), wenn sie nicht nur als Kapitalanlage angeschafft wurden oder eine reine Objektsammlung darstellen (BGH FamRZ 84, 144; s. oben Rdn. 40), sondern entsprechend dem Lebenszuschnitt der Ehegatten (Staudinger ¡Thiele aaO) zur Ausschmückung der Wohnung dienen (RGRK¡Kalthoener Rdn. 20; Schwab Scheidungsrecht, 1. Aufl., Rdn. 857 u. Fußnote 1 daselbst; Schwab/Maurer Rdn. 125). Nach den wenig ergiebigen Amtlichen Erläuterungen zur HausrVO (DJ 44, 278) gehören allerdings Kunstwerke wie echte Gemälde und wertvolle Plastiken, Sammlungen aller Art, ausgesprochene Luxusgegenstände i. d. Regel nicht zum Hausrat (vgl. a. Michaelis J R 49, 436). Diese Einschränkung ergab sich aus der damaligen Zielsetzung, einer Mangellage angemessen Rechnung tragen zu können. Nach heutigem Verständnis sind auch Gegenstände von hohem Wert einschließlich kostbarer Kunstgegenstände Hausrat, wenn sie ihrer Art nach als Hausratsgegenstände geeignet sind und nach dem Lebenszuschnitt der Ehegatten als solche dienen (BGH FamRZ 84, 575). Kein Hausrat sind Schmuck, Kleidung, den individuellen Zwecken eines Ehegatten 49 dienende Sachen wie Familienandenken, persönliche Sammlungen (OLG Hamm FamRZ 80, 683 betr. Briefmarkensammlung; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1134 betr. Münzsammlung), Geld, Wertpapiere, Bankguthaben (Soergel/Heint^mann Rdn. 3, Eherecht/ Voelshow Rdn. 6), das nur von einem Ehegatten gespielte Musikinstrument (BayObLGZ 52, 279, 282). Zweifelhaft, ob nach Art des Instruments zu unterscheiden und ein Klavier deshalb zum Hausrat zu rechnen ist, weil es in normalen Zeiten zur Wohnungseinrichtung gehöre und sich auch seiner äußeren Form nach als Möbelstück darstelle, während das bei Laute oder Geige z. B. nicht der Fall sei (LG Berlin J R 49, 450). Hans-Werner Fehmel

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Aufgabe des Richters

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Auch Ansprüche, die sich auf Hausrat beziehen, können im Hausratsverfahren verteilt werden (KG JR 54, 223), obwohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Rechte nicht unter den auf das Körperliche abzielenden Begriff „Hausrat" fallen. Solche Ansprüche, die sich gegen Dritte richten, treten gleichsam als Surrogat an die Stelle des Hausratsgegenstandes (OLG Frankfurt FamRZ 81, 375; vgl. a. BGH FamRZ 80, 45; RGRK¡Kalthoener Rdn. 26; Johannsen\HenrichlSedemund-Treiber Eherecht Rdn. 71 zu § 23b GVG; SchwabjMaurer Rdn. 128) und unterliegen wie der Gegenstand selbst der Verteilung nach den Regeln und Maßstäben der HausrVO, so z. B. der Herausgabeanspruch, der aus dem Eigentum am Hausrat abgeleitet wird (BayObLG FamRZ 65, 331), der Schadensersatzanspruch wegen Verlusts des Hausratsgegenstandes (Rolland Rdn. 12), der Anspruch nach § 1368 ff BGB wegen unwirksamer Verfügung über Hausrat, der Anspruch aus Geschäften unter Eigentumsvorbehalt, der Anspruch aus einem Versicherungsvertrag wegen Beschädigung oder Verlustes von Hausrat {Rolland Rdn. 13; MüKo/ Müller-Gindullis Rdn. 15), öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Hausratshilfe nach dem SHG oder LAG (KG FamRZ 60, 239, 241; Rolland aaO u. ErmanjRonke Rdn. 15). Der (verteilungsfähige) Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten wegen Verlustes der Hausratssache kann auch durch einstweilige Anordnung einem Ehegatten zur Geltendmachung übertragen werden, wenn seinem Hausratsbedarf anders nicht abgeholfen werden kann ( G i e ß l e r Rdn. 820), wobei allerdings wegen des provisorischen Charakters der Regelungen im Rahmen des § 1361 a BGB (s. Rdn. 8 zu § 18 a) zweifelhaft sein kann, ob das auch für dieses Verfahren gilt (bejahend Gießler aaO).

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Nicht zum verteilbaren Hausrat (als Surrogat) gehören Schadensersatzansprüche des einen Ehegatten gegen den andern (OLG Frankfurt N J W 63, 594; KG FamRZ 74, 195; OLG Hamm FamRZ 71, 31; RGRK ¡Kalthoener Rdn. 26; Soergel\Heint%mann Rdn. 15; vgl. a. BGH N J W 80, 192 = FamRZ 80, 45; Johannsen\Henrich\Sedemund-Treiber Eherecht Rdn. 72 zu § 2 3 b GVG; Schwab/Maurer Rdn. 128 u. Fußnote 17 daselbst). Schadensansprüche zwischen Ehegatten nach ihrer Trennung oder anläßlich ihrer Scheidung in Bezug auf Hausratsgegenstände sind keine Familiensache und müssen vor dem Prozeßgericht geltend gemacht werden (BGH FamRZ 80, 45 und 80, 988; s. a. Rdn. 22 zu § 18 a).

IV. Maßgeblicher Zeitpunkt 52

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Zuteilung der Ehewohnung und des Hausrats ist im isolierten Verfahren die Rechtskraft des Scheidungsurteils (OLG Zweibrücken FamRZ 85, 819; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1132; OLG Karlsruhe FamRZ 87, 848, 849), weil dieses erst das Recht auf Auseinandersetzung gibt (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1134, 1135). Bei Geltendmachung im Verbund ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (Rolland Rdn. 12). Darunter ist — wie beirr; Unterhalt — die der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nächstgelegene mündliche Verhandlung und damit, solange der Scheidungsausspruch nicht gesondert rechtskräftig geworden ist, die letzte mündliche Verhandlung vor dem Tatrichter in der Hausratssache zu verstehen (BGH FamRZ 85, 357, 359 unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 82, 892, beide zum Begriff „Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung" im Verbundverfahren betr. Unterhalt). Die am Stichtag vorhanden gewesenen Stücke sind zu verteilen, auch wenn ihr späterer Verbleib umstritten ist (OLG Zweibrücken FamRZ 85, 819). Nachträgliche Veränderung (Beschädigung, Zerstörung, Verlust) bei einzelnen Hausratsgegenständen ist für die Zuteilung unbeachtlich (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1132, 1134). Allerdings ist, wenn die Sache unstreitig nachträglich untergegangen ist, nicht mehr deren Herausgabe anzuordnen, sondern der aufgrund der Zuteilung berechtigte Ehegatte auf Schadensersatzan1242

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Sprüche vor dem Prozeßgericht zu verweisen (OLG Düsseldorf aaO) — sofern es nicht überhaupt praktischer erscheint, die Sachen dem Ehegatten anzurechnen, bei dem sie (nachträglich) untergegangen ist, vgl. nachstehend Rdn. 55. Ist aber überhaupt kein gemeinsamer Hausrat mehr vorhanden, so ist eine Verteilung im Hausratsverfahren begrifflich nicht mehr möglich (s. Rdn. 22 zu § 18 a). Die Änderung des Wortlauts „nach der Scheidung" in „anläßlich der Scheidung" 5 3 (s. oben Rdn. 1) trägt nur der Möglichkeit gleichzeitiger Geltendmachung mit der Eheschließung im Verbund Rechnung und führt nicht zu einer Vorverlegung des maßgeblichen Zeitpunktes. Der Zeitpunkt der Trennung soll nach vereinzelt gebliebener Ansicht (PalandtjDiedericbsen Rdn. 20) deshalb maßgebend sein, weil sonst auch das nach der Trennung für die getrennte Lebensführung Angeschaffte mit zur Verteilung komme. Dem ist entgegenzuhalten, daß Haushaltsgegenstände, die gerade für das Getrenntleben der Ehegatten bestimmt sind (und das sind in der Regel die erst nach der Trennung angeschafften), nicht zum ehelichen Hausrat gehören, weil sie von vornherein nicht für die Ehewohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt waren ( RG RK / Kalt boener Rdn. 5; Soergel/ Heintymann Rdnrn. 4 u. 17, beide zu § 1; Schwab/ Maurer Rdn. 130), sie unterliegen dem Zugewinnausgleich, soweit sie dem Ehegatten am maßgeblichen Stichtag gehörten (BGH FamRZ 84, 144). Selbst wenn diese Gegenstände zum ehelichen Hausrat zählten, ließe sich die Zuweisung dieser für eine neue Lebensführung erworbenen Gegenstände an den anderen Teil durch sachgerechte Anwendung des § 9 Abs. 1 HausrVO vermeiden (.Rolland Rdn. 12). Besondere Bedeutung kommt dem maßgeblichen Zeitpunkt dann zu, wenn Hausrats- 5 4 gegenstände nicht mehr vorhanden sind. Ersatzstücke, die vor dem maßgeblichen Zeitpunkt (Rechtskraft des Scheidungsurteils im isolierten Verfahren, letzte mündliche Verhandlung vor dem Tatrichter im Verbundverfahren, s. oben Rdn. 52) erworben wurden, treten an die Stelle der ursprünglich vorhandenen (zur Eigentumsvermutung im gesetzl. Güterstand der Zugewinngemeinschaft vgl. § 1370 BGB). Sind durch den Verlust eines Hausratsgegenstandes Ansprüche gegen Dritte gegeben, so treten sie an seine Stelle (s. oben Rdn. 50). Von einem Ehegatten beiseite geschaffter Hausrat verliert durch das Verstecken 5 5 oder Verheimlichen nicht seine Eigenschaft als Hausrat (SchlHOLG SchlHA 57, 207; Schwab!Maurer Rdn. 131), und der Hausratsrichter ist für die daraus resultierenden Ansprüche zuständig, und zwar auch bei Drittbeteiligung (Jobannsen/Henrich/SedemundTreiber Eherecht Rdn. 71 zu § 2 3 b GVG; a. A. Schwab/Maurer aaO). Er kann den beiseitegeschafften Hausrat bei der Verteilung anrechnen, wobei die Beweislast für die NichtVerfügbarkeit des Gegenstandes derjenige Ehegatte trägt, in dessen Besitz er sich zuletzt befunden hat (RGRK/Kalthoener Rdn. 7). Er kann ihn aber auch dem anderen Ehegatten, wenn der großen Wert darauf legt, zuteilen und es ihm überlassen, im Prozeßwege oder im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 883 ZPO den Gegenstand zu erlangen (KG FamRZ 74, 195). Zur Vereinfachung des Verfahrens kann es sich empfehlen, den Gegenstand und — falls nicht mehr vorhanden (sei es, weil er vernichtet wurde, oder weil wirksam darüber verfügt wurde, vgl. RGRK ¡Kalthoener Rdn. 7) — einen Eventualanspruch auf Schadensersatz gegen den anderen Ehegatten zuzuteilen (KG aaO). Bleibt ungeklärt, ob bestimmte umstrittene Hausratsgegenstände im maßgeblichen Zeitpunkt überhaupt noch vorhanden waren, so sollen sie bei der Verteilung jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen sein, wenn jeder der beiden Ehegatten als letzter Besitzer in Betracht komme; denn eine Herausgabeanordnung gleichsam auf Verdacht gehe ins Leere (OLG Düsseldorf FamRZ 86, 1134). Während des Getrenntlebens sind — über den Wortlaut des § 1361 a BGB hinaus — 56 nicht nur, Herausgabeansprüche eines Ehegatten aufgrund Alleineigentums an Hausrat Hans-Werner Fehmel

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und Nutzungsstreitigkeiten hinsichtlich im Miteigentum der Ehegatten stehender Hausratsgegenstände dem Verfahren der HausrVO unterworfen, sondern auch Streitigkeiten anderer Art, die daraus entstehen, daß sich getrenntlebende Ehegatten über die Benutzung oder den Besitz von Hausratsgegenständen nicht einigen können, so z. B. der Anspruch auf Rückschaffung eigenmächtig aus der Ehewohnung entfernten Hausrats (BGH FamRZ 82, 1200 = J Z 83, 73 m. Anm. Walter J Z 83, 54; OLG Düsseldorf und OLG Hamm, beide FamRZ 87, 483; vor dem Getrenntleben kommt der Erlaß einer einstweiligen Verfügung in Betracht, vgl. Gießler Rdn. 783 ff; zur „eigenmächtigen Hausratsteilung" s. unten Rdn. 19 zu § 1 8 a ) . Zur Wohnungszuteilung während des Getrenntlebens bei schwerer Härte vgl. § 1361b BGB (s. unten Rdn. 23 ff zu § 1 8 a ) . Nach Hambit^er (FamRZ 89, 236 ff) besteht freie Anspruchskonkurrenz zwischen §§ 861, 862 BGB und §§ 1361 a, 1361 b BGB, und für die erstgenannten Ansprüche ist das Prozeßgericht zuständig. 57

Umstritten ist, ob bei „eigenmächtiger Hausratsteilung" der betroffene Ehegatte nicht nur einzelne, zur Haushaltsführung benötigte Gegenstände gemäß § 1361 a BGB (so OLG Hamm FamRZ 88, 1303, 1304), sondern wegen verbotener Eigenmacht gemäß § 861 BGB die Rückschaffung aller entzogenen Gegenstände verlangen kann (so OLG Frankfurt FamRZ 81, 184; OLG Düsseldorf FamRZ 83, 164). Billigt man dem betroffenen Ehegatten einen Besitzschutzanspruch zu, der auf Wiederherstellung der früheren Besitzverhältnisse geht (so wohl BGH FamRZ 82, 1200 unter Hinweis u. a. auf OLG Frankfurt FamRZ 81, 184; SoergeljLange Rdn. 10 zu §1361 a BGB; PalandtjBassenge Rdn. 10 zu § 861 BGB), so müssen alle entzogenen Gegenstände zurückgeschafft werden. Eine einstweilige Anordnung auf Rückschaffung gem. §§ 18 a, 13 Abs. 4 HausrVO sollte allerdings die dem Eigenmächtigen zur Deckung seines nötigsten Bedarfs sogleich wieder zuzuweisenden Hausratsgegenstände ausklammern (RGRK/IF