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Wilfried Krüger Excellence in Change
Wilfried Krüger
Excellence in Change Wege zur strategischen Erneuerung 3., vollständig überarbeitete Auflage
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Professor Dr. Wilfried Krüger ist ordentlicher Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung und Organisation (OFP) an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Hauptarbeitsgebiete sind, neben dem Management des Wandels, Strategisches Management, KernkompetenzManagement sowie Organisationsmanagement. Er ist der Praxis unterrichtend und beratend verbunden.
Mitglieder der SGO (Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management) erhalten auf diesen Titel einen Nachlass in Höhe von 10 % auf den Ladenpreis.
1. Auflage Juni 2000 2. Auflage September 2002 3. Auflage August 2006 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ulrike Lörcher / Katharina Harsdorf Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Umschlaggrafik: Grafik-Design Peter Möhrle, Radolfszell Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8349-0231-4 ISBN-13 978-3-8349-0231-3
Geleitwort
Geleitwort zur 3. Auflage ÜberȱdieȱletztenȱsechsȱJahreȱhatȱsichȱExcellenceȱinȱChangeȱzuȱeinemȱ vielȱbeachtetenȱStandardwerkȱentwickelt.ȱWilfriedȱKrügerȱundȱseinȱ Teamȱ legenȱ nunȱ eineȱ überarbeiteteȱ undȱ erweiterteȱ 3.ȱ Auflageȱ vor.ȱ DiesȱistȱumsoȱerfreulicherȱalsȱderȱgrundlegendeȱWandelȱinȱderȱWirtȬ schaftȱungebrochenȱweitergeht.ȱDieȱerweitertenȱInhalte,ȱdieȱtranspaȬ renteȱ Strukturȱ undȱ dieȱ angepasstenȱ Praxisbeispieleȱ machenȱ ExcelȬ lenceȱ inȱ Changeȱ fürȱ alleȱ Beteiligtenȱ inȱ Veränderungsprozessenȱ sowohlȱinȱderȱSchulungȱalsȱauchȱinȱderȱPraxisȱzumȱunentbehrlichenȱ Begleiter.ȱ Ichȱ bedankeȱ michȱ beiȱ denȱ Autorenȱ fürȱ dieȱ große,ȱ fundierteȱ Arbeitȱ fürȱdieseȱ3.ȱAuflageȱundȱfreueȱmichȱaufȱdenȱweiterenȱErfolgȱdiesesȱ Werkes.ȱ Zürich,ȱimȱJuniȱ2006ȱȱ ȱ ȱ ȱ
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ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱDr.ȱMarkusȱSulzbergerȱ ȱȱȱȱPräsidentȱderȱSGOȬStiftungȱ
Geleitwort zur 1. Auflage Tiefgreifenderȱ Wandelȱ inȱ denȱ wirtschaftlichen,ȱ soziokulturellen,ȱ politischȬrechtlichenȱ undȱ technischenȱ Rahmenbedingungenȱ vonȱ Unternehmungenȱ undȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ führtȱ zuȱ einemȱ erheblichenȱ Veränderungsdruck.ȱ Dieȱ hoheȱ Zahlȱ vonȱ Fusionen,ȱ dieȱ immerȱ kürzerenȱ Reorganisationszyklenȱ undȱ dieȱ diskontinuierlicheȱ Entwicklungȱ verdeutlichen,ȱ daßȱ sichȱ Unternehmungenȱ entwederȱ ausȱeigenerȱKraftȱundȱausȱeigenemȱAntriebȱverändernȱmüssenȱoderȱ zumȱSpielballȱvonȱexternȱgesteuertenȱVeränderungenȱwerden.ȱ Mitȱ derȱ vorliegendenȱ Publikationȱ erscheintȱ bereitsȱ dasȱ achteȱ Werkȱ inȱderȱEditionȱSGOȱimȱGablerȱVerlag.ȱDieȱerfreulichenȱAbsatzzahlenȱ dieserȱ Reiheȱ zeigen,ȱ daßȱ dieȱ Grundideeȱ vonȱ konzeptionellȱ anȬ spruchsvollenȱ undȱ gleichzeitigȱ praxisorientiertenȱ VeröffentliȬ chungenȱbeiȱeinerȱbreitenȱLeserschaftȱAnklangȱgefundenȱhat.ȱEsȱistȱ unsȱeinȱgroßesȱAnliegen,ȱdieseȱinteressanteȱArbeitȱfortzuführen.ȱWirȱ habenȱ unsȱ daherȱ entschlossen,ȱ dieȱ Forschungsaktivitätenȱ derȱ SchweizerischenȱGesellschaftȱfürȱOrganisationȱ(SGO)ȱperȱ1.1.2000ȱinȱ
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Geleitwort
dieȱ neuȱ geschaffeneȱ SGOȬStiftungȱ zuȱ überführen.ȱ Aufȱ dieseȱ Weiseȱ könnenȱwirȱunsȱnochȱbesserȱaufȱdieȱEntwicklungȱneuerȱWissensbauȬ steineȱ undȱ derenȱ Verbreitungȱ inȱ Publikationen,ȱ Tagungenȱ undȱ SeȬ minarenȱkonzentrieren.ȱ Dieȱ Forschungȱ undȱ Praxisȱ zumȱ organisatorischenȱ Wandelȱ sindȱ durchȱeineȱgroßeȱVielfaltȱkonzeptionellerȱIdeenȱundȱVorgehensmoȬ delleȱgekennzeichnet.ȱGanzheitlicheȱKonzepteȱmitȱeinemȱausgeprägȬ tenȱGestaltungsanspruchȱsindȱnochȱeherȱselten.ȱGenauȱdieseȱLückeȱ schließtȱ dieȱ Publikationȱ Excellenceȱ inȱ Change.ȱ Esȱ istȱWilfriedȱ Krügerȱ undȱ seinemȱ Autorenteamȱ gelungen,ȱ einȱ gleichzeitigȱ theoretischȱ fundiertes,ȱ konzeptionellȱ ausgereiftesȱ undȱ sehrȱ praxisorientiertesȱ Werkȱ vorzulegen.ȱ Esȱ fokussiertȱ nichtȱ nurȱ aufȱ einzelneȱAnsätzeȱ desȱ organisationalenȱ Wandels,ȱ sondernȱ entwickeltȱ eineȱ GesamtkonzepȬ tion,ȱ dieȱ aufzeigt,ȱ wieȱ Unternehmungenȱ denȱ Pfadȱ derȱ kontinuierliȬ chenȱ strategischenȱ Erneuerungȱ beschreitenȱ können.ȱ Nebenȱ Fragenȱ derȱ strategischenȱ Planungȱ undȱ derȱ Steuerungȱ vonȱ VeränderungsȬ projektenȱ werdenȱ u.a.ȱ auchȱ derȱ Stellenwertȱ desȱ Topmanagementsȱ imȱ Unternehmungswandel,ȱ dieȱ Thematikȱ derȱ VerhaltensänderunȬ gen,ȱ Fragenȱ derȱ Kommunikationȱ undȱ desȱ Wandlungscontrollingȱ erörtert.ȱ DieȱhervorragendeȱLeistungȱvonȱWilfriedȱKrügerȱundȱseinemȱTeamȱ verdientȱ großeȱ Anerkennungȱ inȱ mehrfacherȱ Hinsicht.ȱ Obwohlȱ sieȬ benȱ Autorenȱ undȱ Autorinnenȱ anȱ derȱ Erarbeitungȱ derȱ Publikationȱ beteiligtȱwaren,ȱistȱdasȱWerkȱkonzeptionellȱausgewogenȱundȱinȱsichȱ schlüssig.ȱ Dieȱ interessantenȱ Ausführungenȱ sindȱ mitȱ einerȱ Vielzahlȱ illustrativerȱPraxisbeispieleȱergänzt.ȱAufgrundȱdesȱinȱjedemȱKapitelȱ gegenwärtigenȱzugrundeliegendenȱModellsȱhebtȱsichȱdieȱvorliegenȬ deȱ Publikationȱ wohltuendȱ vonȱ derȱ Vielzahlȱ fragmenthafterȱ undȱ allzuȱ starkȱ vereinfachenderȱ Betrachtungenȱ derȱ UnternehmungsȬ entwicklungȱ ab.ȱ Führungskräfteȱ erhaltenȱ mitȱ diesemȱ Werkȱ einȱ äuȬ ßerstȱ nützlichesȱ Arbeitsinstrument,ȱ dasȱ ihnenȱ dabeiȱ hilft,ȱ Prozesseȱ desȱWandelsȱbesserȱzuȱgestaltenȱundȱinȱdenȱübergeordnetenȱKontextȱ derȱ Unternehmungsentwicklungȱ einzuordnen.ȱ Forschendeȱ findenȱ vieleȱAnregungenȱfürȱeigeneȱProjekteȱundȱfruchtbareȱDiskussionen.ȱ IchȱwünscheȱdiesemȱBuchȱdieȱihmȱgebührende,ȱbreiteȱundȱengagierȬ teȱLeserschaft.ȱ Zürich,ȱimȱAprilȱ2000ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱDr.ȱMarkusȱSulzbergerȱȱȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱPräsidentȱderȱSGOȬStiftungȱ
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Vorwort
Vorwort zur 3. Auflage Seitȱ einigenȱ Jahrenȱ befindetȱ sichȱ dieȱ deutscheȱ Wirtschaftȱ inȱ einerȱ umbruchartigenȱ Veränderung.ȱ Dieȱ Entwicklungȱ istȱ weiterȱ reichendȱ undȱtieferȱgehendȱalsȱ‚Reorganisationen’ȱoderȱ‚Restrukturierungen’,ȱ wieȱ sieȱ auchȱ inȱ derȱ Vergangenheitȱ schonȱ immerȱ auftraten.ȱ AngeȬ strebtȱ werdenȱ eineȱ Neubestimmungȱ derȱ Erfolgspositionȱ derȱ UnterȬ nehmungȱ imȱ Marktȱ undȱ Wettbewerbȱ undȱ eineȱ grundlegendeȱ UmȬ gestaltungȱ derȱ Potentiale,ȱ aufȱ denenȱ dieseȱ Positionȱ beruht.ȱ Genauȱ diesȱ sindȱ Fragen,ȱ denenȱ dasȱ Prädikatȱ ‚strategisch‘ȱ zukommt.ȱ InsoȬ fernȱgehtȱesȱumȱnichtȱwenigerȱalsȱeineȱstrategischeȱErneuerungȱderȱ einzelnenȱUnternehmung,ȱaberȱauchȱganzerȱBranchenȱbzw.ȱSektorenȱ derȱ Volkswirtschaft.ȱ Imȱ Gelingenȱ dieserȱ Transformationsprozesseȱ zeigtȱ sichȱ dieȱ Exzellenzȱ vonȱ Unternehmungen.ȱ Sieȱ erfordertȱ dieȱ professionelleȱ Handhabungȱ grundlegenderȱ Veränderungenȱ sowieȱ dieȱ Umgestaltungȱ vonȱ beharrungsmächtigenȱ Unternehmungenȱ zuȱ flexiblen,ȱ entwicklungsfähigenȱ Einheiten,ȱ verlangtȱ alsoȱ ‚Excellenceȱ inȱChange’.ȱ Diesesȱ Buchȱ sollȱ dieȱ theoretischeȱ Erklärungȱ undȱ dieȱ praktischeȱ BeȬ wältigungȱ tiefȱ greifendenȱ undȱ weitȱ reichendenȱ Wandelsȱ vorantreiȬ benȱ bzw.ȱ unterstützenȱ undȱ damitȱ einenȱ Beitragȱ zurȱ strategischenȱ ErneuerungȱderȱWirtschaftȱleisten.ȱEsȱrichtetȱsichȱanȱdieȱverantwortȬ lichenȱFührungskräfteȱderȱ Wirtschaftȱ undȱ ihreȱStäbeȱ sowieȱ anȱfortȬ geschritteneȱ Studentenȱ derȱ OrganisationsȬȱ undȱ Führungslehreȱ undȱ ihreȱDozenten.ȱȱ DieȱersteȱAuflageȱwarȱdasȱResultatȱeinesȱmehrjährigenȱForschungsȬ projekts,ȱ dasȱ vomȱ Teamȱ desȱ Lehrstuhlsȱ fürȱ Organisation,ȱ UnterȬ nehmungsführung,ȱPersonalwirtschaftȱderȱJustusȬLiebigȬUniversitätȱ Gießenȱgemeinsamȱkonzipiertȱundȱdurchgeführtȱwurde.ȱDieȱErgebȬ nisseȱ beruhenȱ aufȱ theoretischenȱ Analysenȱ ebensoȱ wieȱ aufȱ praktiȬ schenȱErfahrungenȱundȱBeispielen,ȱdieȱu.a.ȱüberȱeineȱReiheȱexploraȬ tiver,ȱhalbstandardisierterȱInterviewsȱerhobenȱwurden.ȱMaßgeblicheȱ finanzielle,ȱ aberȱ auchȱ ideelleȱ undȱ fachlicheȱ Förderungȱ erfuhrȱ dasȱ Projektȱ durchȱ dieȱ Schweizerischeȱ Gesellschaftȱ fürȱ Organisation,ȱ vertretenȱdurchȱHerrnȱDr.ȱMarkusȱSulzberger,ȱbeiȱdemȱwirȱunsȱfürȱ seineȱkameradschaftlicheȱKooperationȱbesondersȱherzlichȱbedankenȱ möchten.ȱIhmȱundȱunsȱstandenȱFrauȱGiselaȱKubliȱundȱHerrȱDr.ȱRoȬ
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Vorwort
bertȱZauggȱzurȱSeite,ȱderenȱUnterstützungȱunsȱebenfallsȱeineȱgroßeȱ Hilfeȱwar.ȱȱ Derȱ Erfolgȱ derȱ erstenȱ beidenȱ Auflagenȱ hatȱ dasȱAutorenteamȱ darinȱ bestärkt,ȱdenȱeingeschlagenenȱWegȱfortzusetzen.ȱDieȱdritteȱAuflageȱ istȱ wiederumȱ Ergebnisȱ permanentenȱ Wandels.ȱ Beiȱ unverändertemȱ Gesamtkonzeptȱ wurdenȱ alleȱ Kapitelȱ überarbeitetȱ undȱ aktualisiert.ȱ Einigeȱ besondersȱ bedeutsameȱ Wandlungsproblemeȱ wurdenȱ stärkerȱ herausgearbeitet,ȱ soȱ insbesondere:ȱ dieȱ Bewältigungȱ vonȱ TurnaȬ roundȬȱ undȱ Krisensituationen,ȱ dieȱ Organisationȱ kontinuierlicherȱ Entwicklungsprozesse,ȱdieȱErmöglichungȱeigendynamischerȱ(emerȬ genter)ȱVeränderungenȱundȱnichtȱzuletztȱdieȱBeachtungȱderȱemotioȬ nalenȱSeiteȱtiefȱgreifendenȱWandels.ȱDieȱInstrumenteȱundȱMethodenȱ desȱ Wandlungsmanagementsȱ (Toolbox)ȱ wurdenȱ ergänzt.ȱ Hierȱ istȱ insbesondereȱ dasȱ vonȱ unsȱ inȱ Kooperationȱ mitȱ Jillȱ Dominizakȱ undȱ Gianȱ Corayȱ vonȱ derȱ TRISOLUTIONSȱ AGȱ (Basel)ȱ entwickelteȱ EiCȬ (ExcellenceȱinȱChange)ȱBarometerȱzuȱnennen,ȱmitȱdessenȱHilfeȱeineȱ Kurzdiagnoseȱ (QuickȬCheck)ȱ einerȱ Untersuchungseinheitȱ durchgeȬ führtȱ werdenȱ kann.ȱ Imȱ Mittelpunktȱ stehtȱ dabeiȱ dieȱ WandlungsbeȬ reitschaftȱ alsȱ einȱ Kernproblemȱ erfolgreichenȱ Wandels.ȱ Dieȱ mitȱ dieȬ semȱToolȱgewonnenenȱErfahrungenȱsindȱsehrȱpositivȱundȱebenfallsȱ inȱdenȱTextȱeingeflossen.ȱ Dieȱ Praxisbeispieleȱ wurdenȱ erneuertȱ bzw.ȱ ergänzt.ȱHierfürȱ wurdenȱ vielfältigeȱ Recherchenȱ undȱ Interviewsȱ durchgeführt.ȱ Außerdemȱ konntenȱwirȱaufȱErgebnisseȱunsererȱBeratungspraxisȱzurückgreifen.ȱ Wirȱ dankenȱ denȱ Gesprächspartnernȱ derȱ Praxisȱ fürȱ ihreȱAuskunftsȬ bereitschaftȱ undȱ dieȱAbdruckgenehmigungen.ȱAlleȱVerbesserungenȱ profitierenȱ maßgeblichȱ vonȱ unserenȱ mittlerweileȱ gewonnenenȱ ErȬ fahrungenȱ mitȱ derȱ Anwendungȱ undȱ Umsetzungȱ desȱ Konzeptsȱ inȱ Vorträgen,ȱ Seminarenȱ undȱ BeratungsȬȱ undȱ Entwicklungsprojektenȱ sowieȱ davon,ȱ dassȱ einigeȱderȱ wissenschaftlichenȱ MitarbeiterȱinzwiȬ schenȱselbstȱgestandeneȱPraktikerȱsind.ȱSoweitȱwieȱzeitlichȱmöglich,ȱ habenȱ sieȱ ihreȱ Erfahrungenȱ undȱ Einsichtenȱ inȱ denȱ Textȱ einfließenȱ lassen.ȱ Dabeiȱ wurdenȱ sieȱ vonȱ neuȱ hinzugekommenenȱ Mitgliedernȱ desȱLehrstuhlteamsȱsowieȱHerrnȱDipl.ȬKfm.ȱHenrikȱSteinhaus,ȱdemȱ Geschäftsführerȱ derȱ EICȬPARTNERȱ Unternehmensberatung,ȱ sehrȱ wirȬ kungsvollȱ unterstützt.ȱ Teilweiseȱ ergabenȱ sichȱ ausȱ dieserȱ ZusamȬ menarbeitȱneueȱAutorengespanne.ȱȱ
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Vorwort
Ichȱ bedankeȱ michȱ beiȱ meinemȱ Autorenteamȱ fürȱ dieȱ EinsatzbereitȬ schaftȱsowieȱdieȱBegeisterungsȬȱundȱKooperationsfähigkeit,ȱmitȱderȱ alleȱ Beteiligtenȱ wiederȱ zuȱ Werkeȱ gegangenȱ sind.ȱ Herrȱ Dipl.ȬKfm.ȱ Christianȱ Konz,ȱ M.A./UWMȱ hatȱ mitȱ großerȱ Zuverlässigkeitȱ undȱ Professionalitätȱ dieȱ Projektkoordinationȱ bewältigt.ȱ Wirkungsvolleȱ Hilfeȱ inȱ technischerȱ undȱ inhaltlicherȱ Hinsichtȱ bekamenȱ wirȱ vonȱ Dipl.ȬKfm.ȱStephanȱKraft,ȱM.A./UWM.ȱ Beiȱ denȱ Recherchenȱ undȱ derȱ Texterstellungȱ unterstütztenȱ unsȱ inȱ bewährterȱWeiseȱFrauȱBeateȱLindȱimȱSekretariatȱsowieȱdieȱstudentiȬ schenȱ Mitarbeiterȱ Janinaȱ Frickeȱ undȱ Dimitrisȱ Michas,ȱ beiȱ derȱ TextȬ korrekturȱhalfenȱaußerdemȱCarolaȱBritzeȱundȱChristophȱFriedrich.ȱȱ Nunȱbleibtȱunsȱnurȱzuȱhoffen,ȱdassȱsichȱauchȱinȱdenȱAugenȱdesȱLeȬ sersȱdieȱMüheȱallerȱBeteiligtenȱgelohntȱhat.ȱ Gießen,ȱimȱJuliȱ2006ȱȱ
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ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱWilfriedȱKrügerȱ
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Geleitwortȱzurȱ3.ȱAuflage................................................................... 5 Vorwortȱzurȱ3.ȱAuflage ....................................................................... 7 Inhaltsverzeichnis ............................................................................. 11 TeilȱA:ȱKonzeptionȱdesȱWandlungsmanagements Kapitelȱ1 Dasȱ3WȬModell:ȱBezugsrahmenȱfürȱdasȱWandlungsmanagementȱ WilfriedȱKrüger........................................................................................ 21 1.1 CharakteristikȱdesȱUnternehmungswandels...................... 23 1.1.1 WandelȱalsȱDaueraufgabe.......................................... 23 1.1.2 WandelȱalsȱManagementȱvonȱGegensätzen ............ 24 1.2 KoordinatenȱdesȱWandels..................................................... 29 1.2.1 Wandlungsbedarf ....................................................... 29 1.2.2 Wandlungsbereitschaft .............................................. 32 1.2.3 Wandlungsfähigkeit ................................................... 34 1.3 KomponentenȱdesȱWandlungsmanagements .................... 37 1.3.1 Wirkungszusammenhänge........................................ 37 1.3.2 Wandlungsprozesse:ȱAufgabenȱundȱPhasenȱdesȱ Wandelsȱfestlegen ....................................................... 39 1.3.3 Strategie:ȱFokusȱundȱStoßrichtungȱdesȱWandelsȱ bestimmen ................................................................... 41 1.3.4 Topmanagement:ȱWandelȱvorantreibenȱundȱ ermöglichen ................................................................. 41 1.3.5 EinstellungenȱundȱVerhalten:ȱWandelȱinȱdenȱ Köpfenȱverankern ....................................................... 42 1.3.6 ProjektȬȱundȱProgrammȬManagement:ȱ OrganisationȱfürȱWandelȱschaffen............................ 43 1.3.7 HumanȱResourceȱManagement:ȱPersonelleȱ Veränderungenȱbewirken .......................................... 43 1.3.8 Kommunikation:ȱEinheitlichesȱVerständnisȱ erzeugen....................................................................... 44 1.3.9 Controlling:ȱProzessȬȱundȱErgebnistransparenzȱ sichern .......................................................................... 44 1.3.10 Toolbox:ȱWandlungsaufgabenȱinstrumentieren ..... 45 1.4 EinzelfallbezogeneȱKonfigurierungȱdesȱ3WȬModells ....... 45 ȱ
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Inhaltsverzeichnis
Kapitelȱ2 StrategischeȱErneuerung:ȱProgramme,ȱProzesse,ȱProblemeȱ WilfriedȱKrüger........................................................................................ 47 2.1 WandlungsprogrammeȱalsȱWegeȱzurȱstrategischenȱ Erneuerung ............................................................................. 50 2.1.1 BegriffȱderȱstrategischenȱErneuerung ...................... 50 2.1.2 ObjekteȱundȱFormenȱdesȱWandels ........................... 53 2.1.3 StoßrichtungenȱdesȱWandels:ȱAbbau,ȱUmbauȱ undȱAufbau ................................................................. 56 2.1.4 WandelȱinȱTurnaroundȬȱundȱKrisensituationen ..... 59 2.1.5 TiefȱgreifenderȱWandelȱimȱProzessȱderȱ Unternehmungsentwicklung .................................... 65 2.2 AblaufȱtiefȱgreifendenȱWandelsȱ (Transformationsprozess) ..................................................... 66 2.2.1 Vorgehensmodell........................................................ 66 2.2.2 Initialisierung .............................................................. 68 2.2.3 Konzipierung .............................................................. 70 2.2.4 Mobilisierung .............................................................. 72 2.2.5 Umsetzung .................................................................. 75 2.2.6 Verstetigung ................................................................ 78 2.3 AblaufȱeinzelnerȱProjekteȱ(Projektprozesse) ...................... 81 2.3.1 Fragestellungen........................................................... 81 2.3.2 ObjektorientierteȱArbeitsteilungȱorganisieren........ 82 2.3.3 Phasenablaufȱfestlegenȱundȱeinhalten ..................... 83 2.3.4 Sequenzen,ȱÜberlappungenȱundȱParallelläufeȱ bestimmen ................................................................... 83 2.3.5 ReifegradȱdesȱProjektmanagementsȱerhöhen ......... 85 2.4 AblaufȱkontinuierlicherȱEntwicklungsprozesse ................ 86 2.4.1 KanalisierterȱWandelȱalsȱHerausforderung ............ 86 2.4.2 ErmöglichungȱemergenterȱVeränderungen ............ 87 2.4.3 Kombinationȱintendiertenȱundȱemergentenȱ WandelsȱimȱGegenstromverfahren .......................... 91 2.5 Zusammenfassung................................................................. 95 TeilȱB:ȱErfolgsbestimmendeȱKomponentenȱdesȱWandels Kapitelȱ3
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StrategischeȱOptionenȱderȱErneuerungȱ NorbertȱBachȱ/ȱChristianȱHomp ........................................................... 99 3.1 EbenenȱderȱstrategischenȱErneuerung .............................. 102
Inhaltsverzeichnis
3.2
3.3
3.4
3.5
StrategischeȱErneuerungȱaufȱGesamtunternehmungsȬ ebene ...................................................................................... 103 3.2.1 KonzentrationȱundȱDiversifikation ........................ 103 3.2.2 StrategischeȱOptionenȱalsȱNormstrategienȱimȱ Wandlungsportfolio ................................................. 105 WandelȱdurchȱAufbau,ȱUmbauȱundȱAbbauȱvonȱ Positionen.............................................................................. 108 3.3.1 Transfer:ȱPotentialeȱmehrfachȱnutzen .................... 108 3.3.2 Präferenzpolitik:ȱSchärfenȱdesȱ Unternehmungsprofils............................................. 112 3.3.3 Rückzug:ȱTrennungȱvonȱVerlustgeschäften .......... 114 WandelȱdurchȱAufbau,ȱUmbauȱundȱAbbauȱvonȱ Potentialen ............................................................................ 115 3.4.1 Entwickeln:ȱWachstumȱdurchȱPotentialaufbau .... 115 3.4.2 Ergänzung:ȱPotentialeȱvervollständigen................ 119 3.4.3 Fokussierung:ȱStärkungȱderȱKernleistung ............ 121 Zusammenfassung............................................................... 123
Kapitelȱ4 TopmanagerȱalsȱPromotorenȱundȱEnablerȱdesȱWandelsȱ WilfriedȱKrüger...................................................................................... 125 4.1 RollenȱdesȱTopmanagementsȱinȱWandlungsprozessen .. 128 4.1.1 Rollenprofil................................................................ 128 4.1.2 TopmanagerȱalsȱPromotoren................................... 129 4.1.3 TopmanagerȱalsȱEnabler .......................................... 139 4.2 ErzeugenȱvonȱWandlungsbereitschaft .............................. 144 4.2.1 VisionäreȱFührungȱundȱeffizientesȱ Management.............................................................. 144 4.2.2 AufbauȱundȱNutzungȱvonȱEinflusssystemen ....... 148 4.2.3 EmotionaleȱAbsicherungȱdesȱWandels .................. 150 4.3 ImplementierenȱderȱVeränderung ..................................... 154 4.3.1 CharakteristikȱderȱImplementierungsprobleme... 154 4.3.2 DirektiveȱImplementierungȱ(TopȱdownȬ Verlauf) ...................................................................... 155 4.3.3 NondirektiveȱImplementierungȱ(BottomȱupȬ Verlauf) ...................................................................... 158 4.3.4 Kombinationȱunterschiedlicherȱ Implementierungsformen........................................ 158 4.3.5 SituationsspezifischeȱWahlȱderȱ Implementierungsform............................................ 159
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Inhaltsverzeichnis
4.4
4.5
UmgangȱmitȱFührungsdefiziten ........................................ 160 4.4.1 EntstehungȱvonȱFührungsdefiziten........................ 160 4.4.2 ÜberbrückungȱvonȱFührungsdefiziten.................. 161 Zusammenfassung............................................................... 168
Kapitelȱ5 EinstellungenȱundȱVerhaltenȱderȱbetroffenenȱMitarbeiterȱ NorbertȱBach ......................................................................................... 171 5.1 AktionȱundȱReaktionȱinȱsozialenȱSystemen ..................... 174 5.2 VerhaltenssteuerungȱdurchȱmentaleȱModelle.................. 177 5.2.1 MentaleȱModelleȱalsȱSpeicherȱhandlungsȬ leitendenȱWissens ..................................................... 177 5.2.2 MentaleȱModelleȱprägenȱEinstellungsȬȱundȱ Verhaltensakzeptanz ................................................ 181 5.2.3 ZielgruppenȱderȱPromotorenȱundȱOpponenten... 183 5.3 MaßnahmenȱzurȱVerhaltensänderungȱbeiȱTopȱdownȬ Vorgehen ............................................................................... 186 5.3.1 GestaltungȱderȱAktivierungssituationȱzurȱ Umsetzung ................................................................ 186 5.3.2 ProblemverifikationȱzurȱVerankerungȱderȱ Wandlungsergebnisse .............................................. 190 5.4 MaßnahmenȱzurȱVerhaltensänderungȱbeiȱBottomȱupȬ Vorgehen ............................................................................... 194 5.4.1 EnablingȬProzessȱalsȱnotwendigeȱ Voraussetzung........................................................... 194 5.4.2 DurchsetzungȱnachȱGenehmigungȱdurchȱdasȱ Topmanagement ....................................................... 196 5.5 FörderungȱundȱErhaltȱvonȱOrganisationalerȱEnergie..... 199 5.5.1 EnergieverläufeȱinȱWandlungsprozessen.............. 199 5.5.2 CompetingȱCommitmentsȱproduktivȱnutzen....... 204 5.6 Zusammenfassung............................................................... 207 Kapitelȱ6 ProjektȬȱundȱProgrammȬManagementȱ CarstenȱR.ȱBrehmȱ/ȱSvenȱHackmannȱ/ȱDietgardȱJantzenȬHomp .... 209 6.1 OrganisatorischeȱVerankerungȱdesȱWandlungsȬ managements ....................................................................... 212 6.1.1 Tagesgeschäftȱvs.ȱWandlungsgeschäft................... 212 6.1.2 ÜberwindungȱvonȱTrägheitȱalsȱHerausȬ forderung................................................................... 213
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Inhaltsverzeichnis
6.2
6.3
6.4
6.5
ProjektmanagementȱundȱProjektteamsȱalsȱGrundlage ... 214 6.2.1 ProjekteȱundȱProjektmanagement .......................... 214 6.2.2 AufbauȱundȱEntwicklungȱdesȱProjektteams ......... 215 ManagementȱundȱOrganisationȱvonȱWandlungsȬ programmen ......................................................................... 219 6.3.1 ProgrammȬManagementȱistȱManagementȱvonȱ Projekten .................................................................... 219 6.3.2 AufgabenȱdesȱProgrammȬManagements .............. 221 6.3.3 ProgrammorganisationȱundȱihreȱBausteine .......... 226 6.3.4 AnbindungȱderȱSekundärorganisationȱanȱdieȱ Primärorganisation................................................... 232 6.3.5 ProgrammȬBüroȱalsȱIntegrator................................ 233 WandlungsfähigeȱOrganisation ......................................... 237 6.4.1 OrganisatorischeȱWandlungsfähigkeitȱalsȱZiel..... 237 6.4.2 Charakteristikȱeinerȱwandlungsfähigenȱ Organisation .............................................................. 239 Zusammenfassung............................................................... 243
TeilȱC:ȱUnterstützendeȱKomponentenȱdesȱWandels Kapitelȱ7 HumanȱResourceȱManagementȱimȱWandelȱ LarissaȱBecker ....................................................................................... 247 7.1 WandlungsprogrammabhängigeȱMaßnahmen................ 250 7.1.1 AbbauȱdurchȱPersonalfreisetzung.......................... 250 7.1.2 UmbauȱdurchȱAustauschȱoderȱVersetzung ........... 262 7.1.3 AufbauȱdurchȱPersonalbeschaffung....................... 266 7.2 WandlungsprogrammunabhängigeȱMaßnahmen........... 268 7.2.1 Personalentwicklung................................................ 268 7.2.2 Personalführung ....................................................... 271 7.2.3 FührungsȬȱundȱAnreizsystem ................................. 273 7.3 UnterstützungȱderȱVerstetigungȱdurchȱ Personalmanagement .......................................................... 276 7.4 Zusammenfassung............................................................... 278 Kapitelȱ8 KommunikationȱimȱWandelȱ CarstenȱR.ȱBrehm .................................................................................. 281 8.1 KommunikationȱalsȱKatalysatorȱimȱWandel .................... 284
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Inhaltsverzeichnis
8.2
8.3
8.4 8.5
8.1.1 AusgangspunktȱundȱGegenständeȱderȱ Kommunikation........................................................ 284 8.1.2 KommunikationȱzurȱAktivierungȱundȱ ModifikationȱmentalerȱModelle.............................. 285 GrundlagenȱderȱKommunikation...................................... 286 8.2.1 VerständnisȱvonȱKommunikation .......................... 286 8.2.2 WirkungenȱvonȱKommunikationȱinȱ Veränderungsprozessen .......................................... 288 8.2.3 Kombinationȱunterschiedlicherȱ Kommunikationsformen ......................................... 289 KommunikationȱimȱWandlungsprozess........................... 291 8.3.1 KommunikationsstrategischeȱÜberlegungen ....... 291 8.3.2 Initialisierung ............................................................ 294 8.3.3 Konzipierung ............................................................ 295 8.3.4 Mobilisierung ............................................................ 300 8.3.5 Umsetzung ................................................................ 302 8.3.6 Verstetigung .............................................................. 305 AuswahlȱundȱEinsatzȱvonȱKommunikationsȬ instrumenten ........................................................................ 306 Zusammenfassung............................................................... 309
Kapitelȱ9 ControllingȱderȱstrategischenȱErneuerungȱ NorbertȱBachȱ/ȱHenrikȱSteinhaus ....................................................... 311 9.1 WandlungscontrollingȱalsȱspeziellesȱProjektȬ controlling............................................................................. 314 9.1.1 ControllingverständnisȱundȱZieleȱderȱ Transformation.......................................................... 314 9.1.2 Ebenen,ȱAufgabenȱundȱTrägerȱdesȱ Wandlungscontrollings............................................ 316 9.2 PlanungȱundȱSteuerungȱvonȱWandlungsprogrammen .. 321 9.2.1 RegelgrößenȱinȱTransformationsprozessen........... 321 9.2.2 KostenrechnungȱinȱTransformationsprozessen.... 324 9.2.3 KostenschätzungȱimȱRahmenȱderȱ Programmplanung ................................................... 327 9.2.4 SteuerungȱundȱKontrolleȱimȱ Transformationsprozess........................................... 331 9.3 ControllingȱderȱVerstetigung ............................................. 336 9.3.1 AufgabenȱdesȱVerstetigungscontrollings .............. 336
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Inhaltsverzeichnis
9.4
9.3.2 OrganisatorischeȱVerankerungȱimȱOfficeȱofȱ StrategyȱManagement .............................................. 338 Zusammenfassung............................................................... 339
Kapitelȱ10 Toolboxȱ–ȱDenkwerkzeugeȱfürȱChangeȱManagerȱ CarstenȱR.ȱBrehmȱ/ȱThorstenȱPetry .................................................... 341 10.1 TooleinsatzȱzurȱUnterstützungȱderȱImplementierung.... 344 10.1.1 EinordnungȱderȱToolboxȱinȱdasȱGesamtkonzept.. 344 10.1.2 ZieleȱundȱFunktionenȱdesȱTooleinsatzes ............... 345 10.1.3 AnwenderȱundȱAnwendungssituation.................. 347 10.1.4 EinschränkungenȱundȱBenutzerhinweise.............. 347 10.2 DarstellungȱausgewählterȱTools ........................................ 348 10.2.1 AusgewählteȱToolsȱimȱÜberblick ........................... 348 10.2.2 ToolsȱinȱderȱInitialisierung ...................................... 349 10.2.3 ToolsȱinȱderȱKonzipierung....................................... 354 10.2.4 ToolsȱinȱderȱMobilisierung ...................................... 360 10.2.5 ToolsȱinȱderȱUmsetzung........................................... 367 10.2.6 ToolsȱinȱderȱVerstetigung......................................... 371 10.3 AuswahlkriterienȱderȱToolsȱundȱAnpassungȱderȱBox..... 373 10.4 Zusammenfassung............................................................... 375 TeilȱD:ȱManagementȱSummary Kapitelȱ11 AgendaȱfürȱdasȱWandlungsmanagementȱ WilfriedȱKrüger...................................................................................... 379ȱ Autorenverzeichnis......................................................................... 387 Literaturverzeichnis........................................................................ 391 Stichwortverzeichnis....................................................................... 411 ȱ ȱ
17ȱ
ȱ
TEIL A: KONZEPTION DES WANDLUNGSMANAGEMENTS
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Charakteristik des Unternehmungswandels
1.1
ȱ
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Kapitel 1
Wilfried Krüger
21ȱ
Charakteristik des Unternehmungswandels
1.1
Leitgedanken zu Kapitel 1 Strategische Erneuerung, welchen Typs und welchen Inhalts auch immer, braucht ein Rahmenkonzept, das wie eine Blaupause bzw. ein Architekturmodell die Problemfelder des Wandels strukturiert und zueinander in Beziehung setzt. Ein solches Rahmenkonzept wird hier mit dem sog. 3W-Modell vorgestellt. Diese Bezeichnung rührt von den Koordinaten des Wandels her, von deren Spannungsfeld jeder Wandlungsprozess geprägt wird und die alle Kapitel des Buches durchziehen: Wandlungsbedarf, Wandlungsbereitschaft, Wandlungsfähigkeit. Die neun Komponenten des 3W-Modells, die sich sozusagen im Fadenkreuz der genannten ‚3W‘ befinden, werden in den Kapiteln 2 - 10 behandelt. Sie sind eingeteilt in erfolgsbestimmende Komponenten (Teil B) und unterstützende Komponenten (Teil C). Das 3WModell ist beides: ein Beschreibungs- und Erklärungsmuster für die Theorie des Wandels und ein Bezugsrahmen für das Management des Wandels. Die Lektüre von Kapitel 1 hat damit eine doppelte Funktion: Sie gibt dem Leser ein Orientierungsmodell an die Hand und bietet ihm zugleich eine Zusammenfassung der markantesten Punkte des Buches.
1.1
Charakteristik des Unternehmungswandels
1.1.1
Wandel als Daueraufgabe
Diesesȱ Buchȱ behandeltȱ dieȱ Problemeȱ undȱ Lösungsansätzeȱ tiefȱ greiȬ fendenȱundȱweitȱreichendenȱUnternehmungswandels,ȱbeiȱdemȱeineȱ umfassendeȱ strategischeȱ Erneuerung,ȱ eineȱ Transformationȱ derȱ Unternehmung,ȱeinȱradikalerȱWandel,ȱangestrebtȱwird.ȱSeiȱes,ȱdassȱ eineȱUnternehmungȱihrȱSelbstverständnisȱändertȱundȱneueȱGeschäfȬ teȱ oderȱ Kernkompetenzenȱ aufbautȱ(oderȱ zuȱangestammtenȱ zurückȬ kehrt),ȱseiȱes,ȱdassȱsieȱvorhandeneȱGeschäfteȱdurchȱneueȱGeschäftsȬ modelleȱ oderȱ Technologienȱ revolutioniert.ȱ Solcheȱ Vorhabenȱ einerȱ radikalenȱ Veränderungȱ berührenȱ sämtlicheȱ Bereicheȱ undȱ FunktioȬ nenȱ einerȱ Unternehmung,ȱ undȱ sieȱ reichenȱ häufigȱ überȱ dieȱ herȬ kömmlichenȱ Unternehmungsgrenzenȱ hinweg.ȱ Wandelȱ findetȱ dannȱ gemeinsamȱmitȱexternenȱPartnernȱstattȱ(sog.ȱKoevolution).ȱȱ
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1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Eineȱ erfolgreicheȱ strategischeȱ Erneuerungȱ mündetȱ zukünftigȱ nichtȱ mehrȱ–ȱwieȱinȱderȱVergangenheitȱ–ȱinȱeinenȱZustandȱderȱ‚OrganisaȬ tionsruhe’.ȱ Externeȱ wieȱ interneȱ Impulseȱ erzeugenȱ immerȱ wiederȱ neueȱWandlungsnotwendigkeiten.ȱWandelȱwirdȱdadurchȱvonȱeinemȱ einmaligenȱProjektȱzuȱeinerȱständigenȱHerausforderung.ȱWandelȱistȱ eineȱDaueraufgabe.ȱDiesȱgiltȱnichtȱnurȱfürȱFührungskräfteȱoderȱgarȱ nurȱfürȱdieȱUnternehmungsspitze.ȱVielmehrȱsindȱdieȱeinzelnenȱMitȬ arbeiterȱ aufȱ breiterȱ Basisȱ undȱ inȱ starkemȱ Maßeȱ vomȱ UnternehȬ mungswandelȱbetroffenȱbzw.ȱaktivȱanȱihmȱbeteiligt.ȱInsofernȱgehörtȱ ‚Wandel‘ȱheuteȱzuȱdenȱAufgabenȱjederȱStelleȱeinerȱUnternehmung.ȱȱ
1.1.2
Wandel als Management von Gegensätzen
Problemstellungȱ BeiȱintensiverȱBeschäftigungȱmitȱTheorieȱundȱPraxisȱdesȱUnternehȬ mungswandelsȱstößtȱmanȱimmerȱwiederȱdarauf,ȱdassȱsichȱerfolgreiȬ cherȱ Wandelȱ ausȱ ganzȱ gegensätzlichenȱ Quellenȱ speist.ȱ Esȱ gibtȱ denȱ striktȱ geplantenȱ undȱ konsequentȱ durchgesetztenȱ TurnaroundȬ Prozess,ȱaberȱ auchȱ denȱ sichȱ spontanȱ entwickelnden,ȱunvorhergeseȬ henenȱWandel,ȱderȱzuȱinnovativenȱProduktenȱführt.ȱDieȱerfolgreicheȱ Pionierunternehmung,ȱdieȱmitȱeinerȱbahnbrechendenȱGeschäftsideeȱ neueȱ Spielregelnȱ einesȱ Marktesȱ schafft,ȱ tauchtȱ ebensoȱ aufȱ wieȱ dieȱ Traditionsunternehmung,ȱ dieȱ durchȱ Übernahmenȱ undȱ ZusammenȬ schlüsseȱeinenȱreifenȱBasismarktȱkonsolidiert.ȱ Dieȱ Lehre,ȱ dieȱ sichȱ ausȱ diesenȱ wieȱ anderenȱ Gegensätzenȱ ziehenȱ lässt,ȱ lautet:ȱ Managementȱ (desȱ Wandels)ȱ kannȱ nichtȱ gelingenȱ alsȱ ‚EntwederȬoder’ȬManagement.ȱ Gefragtȱ istȱ eineȱ Handhabungȱ desȱ ‚SowohlȬalsȬauch’.ȱ Wandlungsverantwortlicheȱ müssenȱ Gegensätzeȱ beherrschen,ȱ solltenȱ sichȱ klarmachen,ȱ dassȱ ihrȱ Führungsalltagȱ dasȱ Balancierenȱ dieserȱ Gegensätzeȱ verlangt.ȱ Inȱ ähnlichemȱ ZusammenȬ hangȱsprichtȱKnutȱBleicherȱvonȱManagementȱvonȱParadoxienȱ(2004),ȱ Dieterȱ Gebertȱ vonȱ DilemmaȬManagementȱ (2004).ȱ Esȱ scheint,ȱ dassȱ geradeȱ solcheȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ sichȱ alsȱ „Musterbrecher“ȱ erȬ folgreichȱgegenȱeinenȱallgemeinenȱTrendȱbehauptenȱoderȱdurchsetȬ zen,ȱParadoxienȱbeherrschenȱ(vgl.ȱWüthrichȱetȱal.ȱ2006).ȱȱ Dieȱ fürȱ eineȱ allgemeineȱ Charakteristikȱ desȱ Geschehensȱ wichtigstenȱ GegensätzeȱwerdenȱimȱFolgendenȱskizziert.ȱ
24ȱ
Charakteristik des Unternehmungswandels
1.1
IntendierterȱundȱemergenterȱWandel!ȱ Komplexeȱ Systemeȱ undȱ Prozesseȱ sindȱ nichtȱ vollkommenȱ planbarȱ undȱ beherrschbar.ȱ Sieȱ zeigenȱ vielmehrȱ eineȱ erheblicheȱ EigendynaȬ mik.ȱ Dadurchȱ bleibenȱ auchȱ dieȱ Möglichkeitenȱ einesȱ ‚durchgeplanȬ ten’ȱWandelsȱbegrenzt.ȱZuȱunterscheidenȱistȱdaherȱzwischenȱintenȬ diertemȱ Wandel,ȱ derȱ absichtsvollȱ geplantȱ wurde,ȱ undȱ solchenȱ Veränderungen,ȱdieȱsichȱspontanȱundȱunvorhersehbarȱausȱverschieȬ denstenȱ Impulsenȱ herausȱ ergeben,ȱ inȱ derȱ Theorieȱ alsȱ emergenterȱ (eigendynamischer)ȱWandelȱbezeichnetȱ(vgl.ȱKrügerȱ2004,ȱSp.ȱ1606).ȱ Strategischeȱ Initiativen,ȱ kreativeȱ Ideenȱ undȱ innovativeȱ Vorhabenȱ –ȱ allgemeinȱ formuliert:ȱ Veränderungsprozesseȱ –ȱ entstehenȱ oftȱ ungeȬ plant.ȱ Sieȱ setzenȱ Handlungsfreiräumeȱ undȱ dieȱ Möglichkeitȱ zurȱ spontanenȱundȱvielseitigenȱInteraktionȱvoraus.ȱDieȱUnternehmungsȬ leitungȱ mussȱ nichtȱ nurȱ inȱ ihrerȱ herkömmlichenȱ Rolleȱ alsȱ Promotorȱ Wandelȱ‚vonȱoben’ȱinhaltlichȱbestimmenȱundȱsteuern,ȱsondernȱauchȱ ProzesseȱundȱProzedurenȱgestaltenȱundȱermöglichen,ȱinȱdenenȱsichȱ IdeenȱundȱImpulseȱ‚vonȱunten’ȱentfaltenȱkönnen.ȱSieȱrücktȱmithinȱinȱ eineȱRolleȱein,ȱdieȱalsȱ‚Emergenzenabler’ȱzuȱbezeichnenȱwäreȱ(vgl.ȱ Krügerȱ 2002,ȱ S.ȱ 245ff.).ȱ Derȱ intendierteȱ Wandelȱ bildetȱ zwarȱ denȱ Hauptgegenstandȱ diesesȱ Buches,ȱ aberȱ emergenteȱ Prozesseȱ werdenȱ inȱdenȱGesamtzusammenhangȱeinbezogen.ȱ
EvolutionärerȱundȱrevolutionärerȱWandel!ȱ Emergenterȱ Wandelȱ kannȱ zuȱ einemȱ Schwungradȱ derȱ Entwicklungȱ werden.ȱDiesȱbetrifftȱzwarȱwenigerȱdieȱeinmaligenȱgrößerenȱWandȬ lungsprojekteȱ (fundamentaler,ȱ revolutionärerȱ Wandel),ȱ umsoȱ mehrȱ aberȱdieȱvielenȱkleinenȱVeränderungenȱ(inkrementeller,ȱevolutionäȬ rerȱWandel),ȱdieȱerforderlichȱsind,ȱumȱeineȱkontinuierlicheȱEntwickȬ lungȱderȱUnternehmungȱzuȱgewährleisten.ȱȱ Damitȱ istȱ einȱ weitererȱ Gegensatzȱ angesprochen,ȱ dasȱ Begriffspaarȱ ‚evolutionärȱ–ȱrevolutionär’.ȱDieȱFrageȱist,ȱobȱdieȱVeränderungȱmögȬ lichstȱinȱeinemȱgroßenȱSprungȱoderȱeherȱinȱvielenȱkleinenȱSchrittenȱ erfolgenȱ soll,ȱ obȱ derȱ Wandelȱ alsoȱ revolutionärȱ (Umbruchsmodell)ȱ oderȱevolutionärȱ(Evolutionsmodell)ȱauszugestaltenȱist.ȱȱ Inȱ derȱ Theorieȱ wurdeȱ inȱ demȱ Zusammenhangȱ einȱ GleichgewichtsȬ modellȱdesȱWandelsȱ(‚punctuatedȱequilibrium’)ȱentwickelt,ȱwonachȱ esȱinȱUnternehmungenȱlängereȱPhasenȱrelativerȱRuheȱgibt,ȱinȱdenenȱ lediglichȱWandelȱinȱkleinenȱSchrittenȱstattfindet.ȱDieseȱ‚Ruhephasen’ȱ
25ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
werdenȱ vonȱ instabilenȱ Phasenȱ derȱ Transformationȱ unterbrochenȱ (vgl.ȱRomanelli/Tushmanȱ1994).ȱLetztlichȱistȱesȱeineȱempirischeȱFraȬ ge,ȱ welcheȱ Bedeutungȱ derartigeȱ Verläufeȱ haben.ȱAusȱ konzeptionelȬ lerȱ Sichtȱ istȱ dieȱ Gleichgewichtsvorstellungȱ allerdingsȱ zuȱ kritisierenȱ (vgl.ȱ Gebertȱ 2000).ȱ Einerseitsȱ gibtȱ esȱ inȱ Unternehmungenȱ ständigȱ akzelerierendeȱundȱretardierendeȱKräfte,ȱderenȱInteraktionȱdarüberȱ bestimmt,ȱ obȱ undȱ inȱ welchemȱ Umfangȱ Veränderungenȱ ausgelöstȱ werden.ȱ Wandelȱ istȱ insofernȱ alsȱ Kraftfeldȱ widerstreitenderȱ Kräfteȱ undȱstrategischerȱVorhabenȱ(‚issues’)ȱzuȱerklärenȱ(vgl.ȱauchȱNuttȱetȱ al.ȱ2000),ȱeineȱPerspektive,ȱdieȱhierȱmitȱderȱKategorieȱdesȱ‚EinflussȬ managements’ȱerfasstȱwird.ȱȱ Andererseitsȱ lassenȱ sichȱ inȱ einemȱ konkretenȱ Wandlungsprogrammȱ ‚Revolution’ȱundȱ‚Evolution’ȱdurchausȱsinnvollȱmiteinanderȱverbinȬ den,ȱ umȱ soȱ dieȱ Vorteileȱ zuȱ bündeln,ȱ dieȱ Nachteileȱ aberȱ auszugleiȬ chen.ȱ Dasȱ fünfphasigeȱ Prozessmodell,ȱ dasȱ diesemȱ Buchȱ zugrundeȱ liegt,ȱistȱ soȱausgelegt,ȱ dassȱ esȱ derartigeȱ Kombinationenȱ ermöglicht.ȱ Zumȱ einenȱ könnteȱ einȱ revolutionäresȱ Konzeptȱ inȱ einerȱ evolutionäȬ renȱUmsetzungsphaseȱschrittweiseȱverwirklichtȱwerden.ȱZumȱandeȬ renȱkönnteȱaufȱeineȱdurchgeführteȱumbruchartigeȱÄnderungȱinȱderȱ VerstetigungsphaseȱeinȱstetigerȱStromȱevolutionärerȱVerbesserungenȱ folgen.ȱ Zuȱprüfenȱistȱu.a.,ȱwelchesȱMaßȱanȱWandelȱdieȱMitarbeiterȱbzw.ȱdasȱ Systemȱ Unternehmungȱ verarbeitenȱ undȱ verkraftenȱ können.ȱ ‚UmȬ bruch‘ȱundȱ‚Evolution‘ȱstellenȱalsoȱauchȱeinȱProblemȱderȱSchrittlänȬ geȱ (Pacing)ȱ desȱ Wandelsȱ dar.ȱ Davonȱ gedanklichȱ zuȱ trennenȱ istȱ dieȱ Frage,ȱ obȱ derȱ Wandelȱ ‚Topȱ down‘ȱ oderȱ ‚Bottomȱ up‘ȱ erfolgtȱ undȱ obȱ eherȱdirektivȱoderȱpartizipativȱvorgegangenȱwirdȱ(vgl.ȱimȱEinzelnenȱ Kapitelȱ4).ȱUmbruchȱerfolgtȱnichtȱzwingendȱ‚vonȱoben‘ȱundȱschließtȱ Partizipationȱ nichtȱ aus,ȱ genausoȱ wenig,ȱ wieȱ Evolutionȱ ‚vonȱ unten‘ȱ erfolgenȱ mussȱ bzw.ȱ zwangsläufigȱ dieȱ Mitwirkungȱ breiterȱ Kreiseȱ bedeutet.ȱDasȱUmbruchsmodellȱspiegeltȱsichȱexemplarischȱimȱBusiȬ nessȱ Reengineeringȱ wider,ȱ Evolutionsdenkenȱ istȱ charakteristischȱ fürȱkontinuierlicheȱVerbesserungsprozesse,ȱsoȱinsbesondereȱfürȱdenȱ KaizenȬAnsatz.ȱȱ Fürȱ dasȱ Umbruchsmodellȱ sprechenȱ insbesondereȱ dieȱ Schnelligkeitȱ desȱ Vorgehensȱ undȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ gesamthafteȱ Ergebnisseȱ ‚wieȱ ausȱ einemȱ Guss‘ȱ zuȱ erzielen.ȱ Vorȱ allemȱ inȱ Krisensituationenȱ wirdȱ daherȱ regelmäßigȱ aufȱ dasȱ Umbruchsmodellȱ gesetzt.ȱ Mancheȱ ProbȬ
26ȱ
Charakteristik des Unternehmungswandels
1.1
lemeȱ enthaltenȱ auchȱ Sachzwänge,ȱ dieȱ insbesondereȱ inȱ derȱ EinfühȬ rungȱeinȱschrittweisesȱVorgehenȱverbieten.ȱDasȱ‚UmlegenȱdesȱSchalȬ ters‘ȱ oderȱ dasȱ ‚Durchtrennenȱ desȱ Bandes‘ȱ z.B.ȱ symbolisierenȱ denȱ schlagartigenȱ Übergangȱ vonȱ einemȱ Systemzustandȱ zumȱ nächsten.ȱ BedenkenȱgegenȱdenȱUmbruchȱresultierenȱausȱAkzeptanzȬȱundȱWiȬ derstandsüberlegungenȱ (‚Manȱ mussȱ dieȱ Leuteȱ daȱ abholen,ȱ woȱ sieȱ sind.‘)ȱsowieȱausȱderȱmangelndenȱVorhersehbarkeitȱundȱPlanbarkeitȱ sämtlicherȱDetailsȱinȱeinemȱ‚Generalplan‘.ȱ FürȱdasȱEvolutionsmodellȱsprechenȱdieȱBeherrschbarkeitȱundȱRisiȬ koarmutȱ kleinerȱ Schritteȱ sowieȱ dieȱ hoheȱ Akzeptanzȱ kleinerȱ VeränȬ derungen,ȱ dieȱ ‚natürlich’ȱ wirken.ȱ Dagegenȱ istȱ einzuwenden,ȱ dassȱ Evolutionsprozesseȱ mehrȱ Zeitȱ verbrauchen,ȱ alsȱ heutzutageȱ imȱ AllȬ gemeinenȱzurȱVerfügungȱstehtȱundȱdassȱeineȱVielzahlȱkleinerȱSchritȬ teȱ nichtȱ ausreicht,ȱ umȱ grundsätzlichȱ veränderteȱ Verhältnisseȱ zuȱ schaffen.ȱ
ProaktiverȱundȱreaktiverȱWandel!ȱ Dassȱ sichȱ Unternehmungenȱ wandelnȱ wollen,ȱ istȱ dieȱ GrundvorausȬ setzungȱdafür,ȱdassȱdiesesȱBuchȱüberhauptȱgeschriebenȱwurde.ȱPasȬ sivesȱ Verhaltenȱ bleibtȱ hierȱ alsoȱ außerȱ Ansatz.ȱ Aktivesȱ Verhaltenȱ vorausgesetzt,ȱistȱzuȱklären,ȱobȱfrühzeitig,ȱalsoȱproaktiv,ȱoderȱabwarȬ tend,ȱalsoȱreaktiv,ȱagiertȱwerdenȱsoll.ȱAbgesehenȱvonȱderȱMentalitätȱ derȱEntscheider,ȱdieȱdenȱ‚Draufgänger’ȱebensoȱkenntȱwieȱdenȱ‚ZauȬ derer’,ȱgiltȱes,ȱeinigeȱSachargumenteȱbeiȱderȱVerhaltenswahlȱzuȱbeȬ denken.ȱ ProaktiveȱVerhaltensweisenȱwerdenȱüblicherweiseȱmitȱ‚Pionier‘ȱoderȱ ‚Leader‘ȱassoziiert.ȱDasȱlogischeȱGegenstückȱhierzuȱbildenȱdieȱ‚FolȬ lower‘.ȱ Dieȱ Vorteileȱ desȱ Leadersȱ sindȱ dieȱ Nachteileȱ desȱ Followersȱ undȱumgekehrt.ȱDerȱPionierȱkannȱdurchȱseinȱproaktivesȱVerhalten:ȱ
¾ eineȱstarkeȱMarktpositionȱerreichen,ȱ ¾ Wettbewerbsvorteileȱgewinnen,ȱ ¾ Kundenbindungȱerzeugen,ȱ ¾ KostenȬȱundȱErlösvorteileȱausnutzenȱ(Abschöpfungsstrategie),ȱ ¾ SpielregelnȱundȱMarktstandardsȱbeeinflussenȱbzw.ȱbestimmen,ȱ ¾ MarkteintrittsbarrierenȱgegenüberȱNachahmernȱerrichten,ȱ
27ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
¾ Handlungsspielraumȱaufbauenȱundȱbehalten.ȱ Werȱ nichtȱ proaktivȱ handelt,ȱ sondernȱ reaktiv,ȱ alsoȱ abwartendȱ undȱ zögernd,ȱ verhältȱ sichȱ alsȱ Follower.ȱ Dieȱ Chancenȱ desȱ Pioniersȱ sindȱ dieȱRisikenȱdesȱFollowersȱundȱumgekehrt.ȱDurchȱreaktivesȱVerhalȬ tenȱkannȱderȱFollower:ȱ
¾ ErfahrungenȱdesȱPioniersȱnutzen,ȱ ¾ mitȱgeringerenȱEntwicklungsȬȱundȱWandlungskostenȱrechnen,ȱ ¾ FehlerȱundȱUmwegeȱderȱErstentwicklungȱvermeiden,ȱ ¾ aufȱ hoheȱ Akzeptanzȱ amȱ Marktȱ wieȱ innerhalbȱ derȱ UnternehȬ mungȱsetzen,ȱ
¾ geringeȱKostenȱfürȱdenȱMarktaufbauȱkalkulieren.ȱ Dieȱ Vorteileȱ proaktivenȱ Verhaltensȱ sindȱ beeindruckend.ȱ Sieȱ fallenȱ destoȱ stärkerȱ insȱ Gewicht,ȱ jeȱ rascherȱ sichȱ externeȱ Entwicklungenȱ ändernȱ undȱ jeȱ ambitionierterȱ dieȱ Unternehmungszieleȱ sind.ȱ WettȬ bewerbsvorteileȱ oderȱ garȱ Marktführerschaftȱ lassenȱ sichȱ zumindestȱ aufȱDauerȱohneȱProaktivitätȱnichtȱrealisieren.ȱWerȱMarktführerȱseinȱ will,ȱmussȱ‚Wandlungsführer‘ȱwerden.ȱȱ Letztlichȱ gilt:ȱ dasȱ Aktionsmusterȱ istȱ mitȱ denȱ Gegebenheitenȱ derȱ Unternehmungssituationȱ inȱ Einklangȱ zuȱ bringen.ȱ Diesȱ kannȱ gleiȬ chermaßenȱdasȱrascheȱAusnutzenȱvonȱChancenȱbedeutenȱ(‚windowȱ ofȱopportunity‘)ȱoderȱdenȱStartȱausȱderȱzweitenȱReihe,ȱwieȱgelegentȬ lichȱ beiȱ Übernahmenȱ zuȱ beobachten.ȱ Dasȱ besonneneȱ Wartenȱ kannȱ ebensoȱ zumȱ Erfolgȱ beitragenȱ wieȱ dasȱ gezielteȱ Hinarbeitenȱ aufȱ eineȱ günstigeȱ Situation.ȱAberȱ inȱ jedemȱ Fallȱ giltȱ derȱ berühmteȱ Satz,ȱ dassȱ dieȱ Geschichteȱ denjenigenȱ bestraft,ȱ derȱ zuȱ spätȱ kommtȱ (GorbatȬ schow).ȱ ‚Renovieren’ȱ imȱ Sinneȱ einerȱ regelmäßigenȱ Verbesserungȱ istȱ inȱjedemȱFallȱbesserȱalsȱ‚Reparieren’,ȱalsoȱdasȱBewältigenȱeinerȱKriȬ se.ȱ Unternehmungenȱ wieȱ derȱ HENKELȱ Konzernȱ oderȱ dieȱ VOITHȬ Gruppeȱ stehenȱ fürȱ einȱ Konzeptȱ vorausschauenderȱ VeränderungsȬ programmeȱ(vgl.ȱScheiterȱetȱal.ȱ2003).ȱ
28ȱ
Koordinaten des Wandels
1.2 1.2.1
1.2
Koordinaten des Wandels Wandlungsbedarf
Wandlungsprozesseȱ bedürfenȱ einerȱ Kursbestimmung.ȱ Hierzuȱ dieȬ nenȱdreiȱgedanklicheȱKoordinaten:ȱWandlungsbedarf,ȱWandlungsȬ bereitschaftȱ undȱ Wandlungsfähigkeit.ȱ Sieȱ sindȱ Bestandteilȱ einesȱ Analyserastersȱ derȱ geplantenȱ (intendierten)ȱ strategischenȱ ErneueȬ rung,ȱ derȱ dieȱ Grundlageȱ diesesȱ Buchesȱ bildetȱ undȱ zugleichȱ einenȱ BezugsrahmenȱfürȱdasȱpraktischeȱVorgehenȱdarstelltȱ(vgl.ȱAbb.ȱ1/1).ȱ Zurȱ sprachlichenȱ Vereinfachungȱ alsȱ 3WȬModellȱ bezeichnet,ȱ wirdȱ diesesȱOrientierungsmodellȱjedemȱKapitelȱvorangestellt.ȱȱ
Abbildungȱ1/1ȱ
OrientierungsmodellȱderȱstrategischenȱErneuerungȱ(3WȬModell)ȱ
Wandlungsbereitschaft Strategien Topmanagement
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling Toolbox Wandlungsfähigkeit
ȱ
DrehȬȱ undȱ Angelpunktȱ jederȱ Veränderungȱ istȱ dasȱ Bewältigenȱ desȱ sachlichȱnotwendigenȱWandlungsbedarfs.ȱEsȱistȱeineȱderȱHauptaufȬ gabenȱ derȱ Unternehmungsspitze,ȱ derartigeȱ Notwendigkeitenȱ zuȱ erkennenȱundȱWandlungsprozesseȱeinzuleiten.ȱȱȱ ȱ
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1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Denȱ Ausgangspunktȱ einesȱ Wandlungsprozessesȱ bildetȱ derȱ Wandlungsbedarf.ȱDarunterȱistȱdasȱAusmaßȱderȱsachlichȱnotȬ wendigenȱ Veränderungenȱ derȱ Unternehmung,ȱ ihrerȱ TeilbereiȬ cheȱ undȱ Mitgliederȱ sowieȱ ihrerȱ externenȱ Kopplungenȱ mitȱ marktlichenȱundȱaußermarktlichenȱAnspruchsgruppenȱzuȱverȬ stehen.ȱ Fürȱ erfolgreichenȱ Wandelȱ mussȱ dasȱ objektivȱ NotwenȬ digeȱauchȱ subjektivȱ wahrgenommenȱwerden.ȱNurȱ einȱ erkannȬ terȱundȱanerkannterȱWandlungsbedarfȱführtȱzuȱVeränderungsȬ prozessen.ȱ
Unternehmungen,ȱdieȱsichȱpassivȱoderȱzuȱzögerlichȱverhalten,ȱfallenȱ imȱWettbewerbȱzurückȱundȱschwächenȱihreȱPosition.ȱDassȱStillstandȱ Rückschrittȱbedeutet,ȱgiltȱmehrȱdennȱje.ȱInsofernȱexistiert,ȱschonȱvonȱ außenȱbetrachtet,ȱimmerȱeinȱmehrȱoderȱminderȱgroßerȱWandlungsȬ bedarf,ȱ derȱ durchȱ Wandlungsprozesseȱ zuȱ deckenȱ ist.ȱ Wandelȱ wirdȱ aberȱnichtȱnurȱvonȱaußenȱerzwungenȱundȱfindetȱdannȱalsȱReaktionȱ statt.ȱ Erȱ kannȱ undȱ mussȱ auchȱ vonȱ innenȱ getriebenȱ werden,ȱ seiȱ es,ȱ dassȱneueȱZieleȱgesetztȱoderȱdassȱneueȱMöglichkeitenȱgesehenȱundȱ genutztȱ werden.ȱ Derȱ Pionierȱ passtȱ sichȱ nichtȱ reaktivȱ an,ȱ sondernȱ gestaltetȱproaktiv.ȱErȱistȱnichtȱ‚Anpasser‘,ȱsondernȱ‚Gestalter‘,ȱundȱ erȱ definiertȱ undȱ bestimmtȱ denȱ Wandelȱ aufȱ derȱ Grundlageȱ eigenerȱ IdeenȱundȱVorstellungen.ȱȱ Welcheȱ Wandlungsbedarfeȱ imȱ Einzelfallȱ existieren,ȱhängtȱ einerseitsȱ vonȱ derȱ Wettbewerbssituation,ȱ andererseitsȱ vonȱ denȱ angestrebtenȱ Wettbewerbsvorteilenȱ ab.ȱ Idealtypischȱ lassenȱ sichȱ fünfȱ Fälleȱ unterȬ scheiden,ȱdieȱisoliertȱoderȱinȱKombinationȱauftretenȱkönnen:ȱ KostenȬȱ undȱ Preiswettbewerb:ȱ Billiger!ȱ Dieȱ vielfältigenȱ ProgramȬ meȱzurȱKostensenkungȱbeherrschenȱdasȱBildȱderȱletztenȱJahre.ȱKosȬ tensenkungȱkannȱzwarȱdieȱRenditeȱverbessern,ȱistȱaberȱfürȱsichȱgeȬ nommenȱ nochȱ keineȱ strategischeȱ Erneuerung,ȱ führtȱ nichtȱ zuȱ Wachstum.ȱ Derȱ Hinweisȱ aufȱ ‚umkämpfte,ȱ gesättigteȱ Märkte’,ȱ inȱ denenȱmanȱnichtȱandersȱüberlebenȱkönne,ȱistȱinȱjedemȱFallȱkritischȱ zuȱ hinterfragen,ȱdennȱMärkteȱ(undȱKonjunkturen)ȱsindȱnichtȱgegeȬ ben,ȱsondernȱwerdenȱgemacht.ȱȱ QualitätsȬȱ undȱ Leistungswettbewerb:ȱ Besser!ȱ Unternehmerischeȱ LeistungȱbestehtȱnichtȱimȱSparen,ȱsondernȱdarin,ȱneueȱoderȱbessereȱ Möglichkeitenȱ derȱ Bedürfnisbefriedigungȱ zuȱ finden,ȱ Märkteȱ oderȱ
30ȱ
Koordinaten des Wandels
1.2
Marktsegmenteȱ alsȱ solcheȱ überhauptȱ erstȱ zuȱ sehenȱ undȱ zuȱ entwiȬ ckeln,ȱneueȱoderȱverbesserteȱProdukteȱundȱLeistungenȱanzubieten.ȱ ZeitȬȱ undȱ Responsewettbewerb:ȱ Schneller!ȱ Verkürzungȱ vonȱ ProȬ zesszeiten,ȱvorȱallemȱinȱkritischenȱProzessen,ȱz.B.ȱinȱderȱBelieferung,ȱ derȱ Produktentwicklungȱ oderȱ Auftragsabwicklung,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ VerkürzungȱvonȱAntwortzeitenȱoderȱdieȱErhöhungȱderȱTermintreueȱ spielenȱinȱvielenȱBranchenȱeineȱerheblicheȱRolle.ȱ Technologiewettbewerb:ȱInnovativer!ȱInȱ vielenȱ industriellenȱ BranȬ chenȱ stelltȱ derȱ Einsatzȱ neuerȱ Technologienȱ einenȱ Motorȱ derȱ VeränȬ derungȱ dar.ȱ Nurȱ Firmen,ȱ dieȱ rechtzeitigȱ neueȱ Technologienȱ entwiȬ ckelnȱ oderȱ einsetzen,ȱ sindȱ dortȱ aufȱ Dauerȱ überlebensfähig.ȱ Diesȱ betrifftȱBasistechnologien,ȱdieȱzuȱvölligȱneuenȱMärktenȱundȱProdukȬ tenȱ führenȱ (z.B.ȱ Lasertechnologie,ȱ Nanotechnologie),ȱ ebensoȱ wieȱ Technologien,ȱ dieȱ herkömmlicheȱ Produkteȱ undȱ Verfahrenȱ veränȬ dernȱ(z.B.ȱKlebetechnikȱimȱFahrzeugȬȱundȱFlugzeugbau,ȱHybridanȬ triebe).ȱ GeschäftsmodellȬWettbewerb:ȱ Anders!ȱ Herkömmlicheȱ Wertkettenȱ werdenȱ zunehmendȱ aufgebrochen.ȱ Anȱ dieȱ Stelleȱ hochintegrierterȱ Konzerneȱ tretenȱ fokussierteȱ Spezialfirmen,ȱ vielfachȱ inȱ Netzwerkenȱ verbunden.ȱEinȱ‚Hersteller’ȱwieȱADIDASȱziehtȱsichȱausȱtraditionellenȱ industriellenȱ Wertkettenbestandteilenȱ wieȱ Beschaffung,ȱ Produktionȱ undȱMontageȱzurückȱundȱkonzentriertȱsichȱaufȱEntwicklung,ȱDesignȱ undȱ Vermarktung.ȱ EinȱAutomobilzuliefererȱ wieȱ BOSCHȱ betreibtȱ geȬ meinsamȱ mitȱ Netzwerkpartnernȱ eineȱ Internetplattform,ȱ aufȱ derȱ nichtȱ nurȱAuktionenȱ fürȱ Beschaffungsaufträgeȱ stattfinden,ȱ sondernȱ auchȱ Produktentwicklungsprozesseȱ gemeinsamȱ mitȱ Lieferantenȱ organisiertȱ werden.ȱ StammhausȬKonzerneȱ schaffenȱ interneȱ Märkte,ȱ aufȱ denenȱ Produktionsstandorteȱ umȱ Fertigungsaufträgeȱ konkurrieȬ ren.ȱ Verallgemeinertȱ ausgedrückt:ȱ herkömmlicheȱ Geschäftsmodelleȱ undȱ Branchenstrukturenȱ verändernȱ sich,ȱ undȱ esȱ findetȱ einȱ WettbeȬ werbȱumȱdasȱbesteȱGeschäftsmodellȱstatt.ȱȱ Alleȱ Formenȱ desȱ Wettbewerbsȱ sindȱ offenkundigȱ mitȱ hohenȱ WandȬ lungsbedarfenȱ verbunden.ȱ Wettbewerbȱ undȱ Wandelȱ sindȱ geradezuȱ synonym.ȱDennochȱistȱdieȱAuslösungȱeinerȱVeränderungȱimȱEinzelȬ fallȱ keineswegsȱ einfach.ȱ Derȱ objektivȱ notwendigeȱ Wandel,ȱ wieȱ ihnȱ z.B.ȱ einȱ Außenstehenderȱ diagnostizierenȱ würde,ȱ undȱ derȱ subjektivȱ wahrgenommeneȱ undȱ akzeptierteȱ Wandlungsbedarfȱ fallenȱ nichtȱ seltenȱ auseinander.ȱ Insbesondereȱ dieȱ unterschiedlichenȱ InteressenȬ
31ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
lagenȱundȱMachtpositionenȱderȱStakeholderȱsindȱmaßgebendȱdafür,ȱ obȱeinȱWandlungsproblemȱalsȱsolchesȱüberhauptȱgesehenȱundȱobȱesȱ alsȱlösungsbedürftigȱeingestuftȱwird.ȱȱ
1.2.2
Wandlungsbereitschaft
Einȱ Schlüsselȱ zuȱ erfolgreichemȱ Wandelȱ istȱ dieȱ WandlungsbeȬ reitschaft.ȱSieȱumfasstȱdieȱaufȱinnerenȱEinstellungenȱsowieȱaufȱ Nutzenkalkülenȱ beruhendeȱ Haltungȱ gegenüberȱ denȱ Zielenȱ undȱ Maßnahmenȱ desȱ Wandelsȱ (Einstellungsakzeptanz)ȱ sowieȱ dieȱNeigung,ȱaktivȱamȱWandelȱmitzuwirkenȱbzw.ȱdiesȱnichtȱzuȱ tunȱ(Verhaltensakzeptanz).ȱ
‚Bereitschaftȱ zumȱ Wandel’,ȱ insbesondereȱ alsoȱ dieȱ WandlungsmotiȬ vationȱderȱMitarbeiter,ȱistȱfürȱdasȱGelingenȱeinesȱVeränderungsproȬ zessesȱvonȱentscheidenderȱBedeutung,ȱdiesȱzeigenȱauchȱempirischeȱ Ergebnisseȱ (vgl.ȱ Vahs/Leiserȱ 2003,ȱ S.ȱ 69ff.).ȱ Mangelndeȱ Akzeptanzȱ vonȱnotwendigenȱÄnderungenȱistȱmitȱSicherheitȱeineȱderȱhäufigstenȱ undȱschmerzlichstenȱAlltagserfahrungen,ȱdieȱPromotorenȱdesȱWanȬ delsȱ immerȱ wiederȱ machenȱ müssen.ȱ Insbesondereȱ fallenȱ auchȱ dieȱ ‚bekundete’ȱ undȱ dieȱ ‚gelebte’ȱ Wandlungsbereitschaftȱ auseinander.ȱ Akzeptanzbarrierenȱ führenȱ einerseitsȱ dazu,ȱ dassȱ sichȱ WandlungsȬ bedarfeȱ aufbauen,ȱ denenȱ nichtȱ entsprochenȱ wirdȱ (‚NachholbeȬ darf/Reformstau‘),ȱ undȱ sieȱ bewirkenȱ andererseits,ȱ dassȱ einȱ erhebliȬ cherȱ Problemdruckȱ (‚Leidensdruck‘)ȱ nötigȱ ist,ȱ umȱ eineȱ Kurskorrekturȱ vorzunehmen.ȱ Zugespitztȱ formuliert,ȱ ergibtȱ sichȱ darausȱ eineȱ Sentenz,ȱ derȱ erfahreneȱ Praktikerȱ nichtȱ ohneȱ resignieȬ rendenȱUntertonȱzustimmen:ȱOhneȱKriseȱkeinȱWandel.ȱȱ Esȱ zeichnetȱ denȱ erfolgreichenȱ Wandlungsmanagerȱ aus,ȱ dassȱ erȱ esȱ schafft,ȱ dieseȱ Formelȱ zuȱ durchbrechenȱ undȱ einenȱ grundlegendenȱ Wandelȱ auchȱ ohneȱ Kriseȱ zuȱ gestalten.ȱ Grundlageȱ hierfürȱ istȱ dieȱ KenntnisȱderȱEinflussfaktorenȱderȱWandlungsbereitschaftȱ(vgl.ȱAbb.ȱ 1/2,ȱnachȱKrüger/Coray/Dominizak/Petryȱ2006).ȱ
32ȱ
Koordinaten des Wandels
1.2 Abbildungȱ1/2ȱ
Wandlungsbedarf Wandlungsbedarf erkannt erkannt
ZielZiel bekannt bekannt + + positiv positiv bewertet bewertet
Personeller Veränderungswille Personeller Veränderungswille
SachbezogeneRahmenbedingungen Rahmenbedingungen Sachbezogene
EinflussfaktorenȱderȱWandlungsbereitschaftȱ
Wandlungserfolg Wandlungserfolg wahrscheinlich wahrscheinlich
ȱ
Esȱ gibtȱ zunächstȱ eineȱ situationsunabhängigeȱ WandlungsbereitȬ schaft.ȱSieȱwirdȱdurchȱsachbezogeneȱRahmenbedingungen,ȱwieȱz.B.ȱ wandlungsförderndeȱAnreizsysteme,ȱebensoȱgeprägtȱwieȱdurchȱdenȱ personellenȱ Veränderungswillen,ȱ derȱ sichȱ z.B.ȱ inȱ solchenȱ PersönȬ lichkeitsmerkmalenȱ wieȱ Neugierdeȱ undȱ Experimentierfreudeȱ ausȬ drückt.ȱDieȱsituationsabhängigeȱWandlungsbereitschaftȱbetrachtetȱ dagegenȱ dieȱ aktuelleȱ Lage.ȱ Eineȱ hoheȱ Bereitschaftȱ zumȱ Wandelȱ istȱ nurȱdannȱzuȱerwarten,ȱwennȱdieȱBeteiligtenȱ 1. denȱkonkretenȱWandlungsbedarfȱerkennen,ȱ 2. dasȱangestrebteȱZielȱkennenȱundȱpositivȱbeurteilen,ȱ 3. einȱErreichenȱdesȱZielsȱfürȱwahrscheinlichȱhalten.ȱȱ Dasȱ Weckenȱ undȱ Steigernȱ derȱ Wandlungsbereitschaftȱ istȱ eineȱ weȬ sentlicheȱAufgabeȱdesȱWandlungsmanagements.ȱDieȱWandlungsbeȬ reitschaftȱbestimmt,ȱwerȱsichȱalsȱBefürworterȱ(Promotor)ȱoderȱGegȬ nerȱ (Opponent)ȱ desȱ Wandelsȱ verhältȱ bzw.ȱ werȱ unentschlossenȱ istȱ (Indifferente).ȱDieȱBeeinflussungȱderȱWandlungsbereitschaftȱdurchȬ ziehtȱ mehrereȱ Kapitelȱ dieserȱ Schrift,ȱ soȱ insbesondereȱ Kapitelȱ 4ȱ (Topmanagement),ȱKapitelȱ5ȱ(EinstellungenȱundȱVerhalten)ȱundȱKaȬ
33ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
pitelȱ7ȱ(HumanȱResourceȱManagement),ȱaberȱauchȱKapitelȱ8ȱ(KomȬ munikation).ȱ
EsȱgiltȱderȱSenecaȱzugeschriebeneȱAusspruch:ȱ Wirȱtunȱnichtȱdeswegenȱnichts,ȱweilȱdieȱLageȱsoȱernstȱist,ȱsonȬ dernȱdieȱLageȱistȱsoȱernst,ȱweilȱwirȱnichtsȱtun.ȱ
1.2.3
Wandlungsfähigkeit
Dieȱ Wandlungsfähigkeitȱ bezeichnetȱ dieȱ aufȱ geeignetenȱ BefäȬ higernȱ beruhendeȱ Möglichkeitȱ einesȱ Einzelnenȱ bzw.ȱ einerȱ OrȬ ganisationseinheitȱ oderȱ derȱ Unternehmungȱ insgesamt,ȱ WandȬ lungsprozesseȱ erfolgreichȱ durchzuführen.ȱ Nebenȱ personellenȱ Befähigernȱ (z.B.ȱ Wissenȱ undȱ Könnenȱ derȱ Beteiligten)ȱ sowieȱ unternehmungsbezogenenȱ (z.B.ȱ flexibleȱ Strukturenȱ undȱ ProȬ zesse)ȱ sindȱ auchȱ technischeȱ Befähigerȱ vonȱ Bedeutungȱ (z.B.ȱ modularerȱ Aufbauȱ vonȱ ProduktionsȬȱ oderȱ InformationstechȬ nik).ȱ
DerȱUnternehmungserfolgȱwirdȱzukünftigȱinȱstarkemȱMaßeȱvonȱderȱ WandlungsfähigkeitȱallerȱEbenenȱgeprägtȱwerden.ȱNurȱwandlungsȬ fähigeȱ Unternehmungenȱ sindȱ nachhaltigȱ zukunftsfähig.ȱ ZukunftsȬ fähigkeitȱbasiertȱaufȱWandlungsfähigkeitȱ(vgl.ȱKrügerȱ2006a).ȱDieȱ unternehmungsbezogenenȱ Voraussetzungenȱ hierfürȱ sindȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ inȱ vielenȱ Fällenȱ verbessertȱ worden.ȱ Dieȱ UnternehȬ mungenȱ sindȱ schlankerȱ undȱ beweglicherȱ geworden.ȱ Esȱ giltȱ jetzt,ȱ dabeiȱnichtȱstehenȱzuȱbleiben,ȱderȱSehnsuchtȱnachȱRuheȱnichtȱdauȬ erhaftȱ nachzugeben,ȱ sondernȱ weitereȱ Erneuerungsprozesseȱ inȱ AnȬ griffȱ zuȱ nehmen.ȱ Wandlungsbezogenesȱ Wissenȱ undȱ Könnenȱ derȱ ManagerȱundȱMitarbeiterȱsindȱinȱderȱUnternehmungȱzuȱhaltenȱundȱ zuȱ entwickeln.ȱ Zuȱ seinerȱ Entfaltungȱ istȱ eineȱ wandlungsfreundlicheȱ Organisationsumgebungȱ erforderlich.ȱ Dazuȱ gehörenȱ zunächstȱ eineȱ innovationsȬȱ undȱ wandlungsorientierteȱ Strategieȱ undȱ Kulturȱ derȱ Unternehmung.ȱ Dieȱ Primärorganisationȱ (Strukturenȱ undȱ Prozesse)ȱ mussȱFlexibilitätȱundȱAnpassungsfähigkeitȱaufweisen,ȱundȱesȱmüsȬ
34ȱ
Koordinaten des Wandels
1.2
senȱ Bausteineȱ derȱ Sekundärorganisationȱ (z.B.ȱ Teams,ȱ Workshops)ȱ vorhandenȱ sein.ȱ Organisationȱ wirdȱ vonȱ Systemenȱ flankiertȱ (z.B.ȱ Managementsysteme,ȱAnreizsysteme).ȱImȱproduzierendenȱGewerbeȱ spielenȱ danebenȱ produktionstechnischeȱ Befähigerȱ eineȱ herausraȬ gendeȱ Rolle,ȱ alsoȱ z.B.ȱ einȱ flexiblerȱ Maschinenpark.ȱ Inȱ jedemȱ Fallȱ sindȱaußerdemȱdieȱmaterielleȱInfrastrukturȱsowieȱdieȱVerfügbarkeitȱ vonȱfinanziellenȱPotentialenȱvonȱBedeutung.ȱȱ Dabeiȱ entstehenȱ dieȱ Fähigkeitenȱ höhererȱ Referenzebenenȱ (z.B.ȱ UnȬ ternehmung)ȱ erstȱ ausȱ derȱ Integrationȱ derȱ Fähigkeitenȱ niedrigererȱ Ebenenȱ(z.B.ȱTeilbereiche,ȱEinzelpersonen).ȱUmgekehrtȱgilt,ȱdassȱdieȱ Subsystemeȱbzw.ȱdieȱUnternehmungȱinsgesamtȱdurchȱeineȱentspreȬ chendeȱ Infrastrukturȱ undȱ geeigneteȱ Einzelmaßnahmenȱ erheblichȱ zurȱKultivierungȱindividuellerȱFähigkeitenȱbeitragen.ȱ Dieȱ Wandlungsfähigkeitȱ einerȱ Unternehmungȱ istȱ Teilȱ derȱ unterȬ nehmungsweitenȱFähigkeitenȱ(synonym:ȱorganisationaleȱoderȱorgaȬ nisatorischeȱ Fähigkeiten).ȱ Derȱ Grundgedankeȱ desȱ Konzeptsȱ derȱ organisatorischenȱFähigkeitenȱbestehtȱdarin,ȱdassȱWettbewerbsvorȬ teileȱ nichtȱ inȱ denȱ sichtbarenȱ undȱ bewertbarenȱ Ausprägungenȱ vonȱ Strukturenȱ undȱ Prozessenȱ bestehen,ȱ sondernȱ inȱ denȱ quasiȱ dahinterȱ liegenden,ȱ sichȱ inȱ Strukturenȱ undȱ Prozessenȱ erstȱ entfaltendenȱ FäȬ higkeitenȱ einerȱ Unternehmung.ȱ Dieseȱ ‚organizationalȱ capabilities’ȱ stellenȱ spezifischeȱ Routinenȱ dar,ȱ alsoȱ Standardsȱ oderȱ VorgehensȬ musterȱderȱAufgabenerfüllungȱ(vgl.ȱWinterȱ2003,ȱS.ȱ991).ȱ Inȱ einerȱ formalenȱ Betrachtungȱ gehtȱ esȱ beiȱ denȱ organisatorischenȱ FähigkeitenȱumȱdreiȱaufeinanderȱaufbauendeȱKategorienȱ(vgl.ȱzumȱ FolgendenȱKrügerȱ2006b;ȱWinterȱ2003;ȱTeeceȱetȱal.ȱ1997;ȱCollisȱ1994;ȱ ähnlichȱ ausȱ Kernkompetenzsichtȱ Krüger/Hompȱ 1997,ȱ S.ȱ 41ff.).ȱ ZuȬ nächstȱ giltȱ es,ȱ Basisfähigkeitenȱ zuȱ bestimmen.ȱ Damitȱ sindȱ solcheȱ organisatorischenȱ Fähigkeitenȱ gemeint,ȱ dieȱ einȱ Systemȱ fürȱ dieȱ lauȬ fendeȱ Aufgabenerfüllungȱ (‚Tagesgeschäft’)ȱ benötigt.ȱ Eineȱ UnterȬ nehmung,ȱ dieȱ ihreȱ seitherigenȱ Geschäfteȱ unverändertȱ mitȱ gegebeȬ nenȱ Kundenȱ aufȱ gegebenenȱ Märktenȱ betreibt,ȱ sichȱ alsoȱ quasiȱ imȱ Gleichgewichtȱbefindet,ȱübtȱBasisfähigkeitenȱaus.ȱImȱEinzelfallȱkannȱ esȱsichȱdabeiȱumȱgänzlichȱunterschiedlicheȱFähigkeitenȱhandeln.ȱEinȱ Industriebetrieb,ȱ derȱ Fertigprodukteȱ ausȱ angeliefertenȱ Bauteilenȱ herstelltȱ undȱ anschließendȱ vertreibt,ȱ benötigtȱ z.B.ȱ andereȱ FähigkeiȬ tenȱ alsȱ einȱ unabhängigesȱ ForschungsȬȱ undȱ Entwicklungszentrum,ȱ dessenȱAufgabeȱdieȱNeuproduktentwicklungȱist.ȱ
35ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Jedeȱ Artȱ vonȱ Weiterentwicklungȱ undȱ Veränderungȱ desȱ TagesgeȬ schäftsȱ verlangtȱ Fähigkeiten,ȱ dieȱ überȱ dieȱ Basisfähigkeitenȱ hinausȬ gehen,ȱ alsoȱ Fähigkeitenȱ höhererȱ Ordnungȱ darstellen.ȱ Inȱ derȱ LiteraȬ turȱ wirdȱ hierzuȱ derȱ Begriffȱ „dynamicȱ capabilities“ȱ verwendet.ȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ überȱ Routinenȱ fürȱ Veränderungenȱ verfügen,ȱ besitzenȱ dynamischeȱ Fähigkeiten.ȱ Ausȱ Sichtȱ desȱ 3WȬModellsȱ sindȱ dynamischeȱFähigkeitenȱmitȱWandlungsfähigkeitenȱgleichzusetzen.ȱ DabeiȱlassenȱsichȱanalytischȱzweiȱStufenȱunterscheiden:ȱdynamischeȱ Fähigkeitenȱ1.ȱundȱ2.ȱOrdnung.ȱȱ Dynamischeȱ Fähigkeitenȱ 1.ȱ Ordnungȱ liegenȱ vor,ȱ wennȱ sichȱ eineȱ Unternehmungȱ reaktivȱ anȱ Umweltveränderungenȱ anpassenȱ bzw.ȱ proaktivȱ eigeneȱ Veränderungenȱ durchführenȱ kann.ȱ Sieȱ entstehen,ȱ wennȱUnternehmungenȱnichtȱnurȱeinzelneȱProjekteȱabwickelnȱbzw.ȱ sichȱdabeiȱüberwiegendȱaufȱexterneȱBeraterȱstützen.ȱVoraussetzungȱ istȱeinȱdurchȱWiederholungenȱentstandenesȱMusterȱdesȱVorgehens,ȱ z.B.ȱderȱProjektarbeit,ȱdasȱ–ȱinternȱexplizitȱoderȱimplizitȱvorhandenȱ –ȱ denȱ Beteiligtenȱ alsȱ Orientierungsrahmenȱ dient.ȱ Dynamischeȱ FäȬ higkeitenȱ 1.ȱ Ordnungȱ liegenȱ alsoȱ insbesondereȱ vor,ȱ wennȱ eineȱ UnȬ ternehmungȱüberȱeinȱprofessionellesȱProjektmanagementȱverfügt.ȱ
Dynamische Fähigkeiten 1. Ordnung können die Grundlage für externes Wachstum sein, so bei wiederholten Firmenübernahmen z.B. durch CISCO oder E.ON zu sehen. Internes Wachstum hat IKEA perfektioniert. Ein spezielles Expansionsteam wird bei Neuansiedlungen überall in Europa tätig: Grundstückskauf, Personaleinstellung, Bau der Möbelhallen. Zwei Monate vor Eröffnung kommt eine zweite Gruppe zum Einsatz, die das erste Jahr über die neue Niederlassung zum Laufen bringt, bevor eine lokale Organisation das Geschäft fortführt (vgl. von Krogh/Cusumano 2001, S. 96). Alle diese Unternehmungen haben durch mehrfache Durchführung gleichartiger Aktionen ein standardisiertes Vorgehen (eine Routine) entwickelt, die unternehmungsweit zur Verfügung steht.
DieȱhöchsteȱStufeȱinȱdieserȱPyramideȱderȱFähigkeitenȱ(dynamischeȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnung)ȱ istȱ erreicht,ȱ wennȱ Unternehmungenȱ kolȬ lektiveȱ LernȬ,ȱ EntwicklungsȬȱ undȱ Innovationsfähigkeitenȱ besitzen.ȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnungȱ dienenȱ letztlichȱ dazu,ȱ Fähigkeitenȱ 1.ȱ OrdȬ nungȱ sowieȱ Basisfähigkeitenȱ zuȱ generierenȱ undȱ zuȱ verändern.ȱ Dasȱ dabeiȱangestrebteȱLeitbildȱistȱdieȱUnternehmungȱalsȱevolvierendes,ȱ entwicklungsfähigesȱSystemȱ(vgl.ȱauchȱKirschȱ1997).ȱErreichtȱwerȬ denȱsoll,ȱdassȱeineȱUnternehmungȱnichtȱnurȱinȱderȱLageȱist,ȱWandelȱ
36ȱ
Komponenten des Wandlungsmanagements
1.3
durchȱ herkömmlicheȱ Projektarbeitȱ zuȱ leisten.ȱ Wandlungsprozesseȱ solltenȱ permanentȱ undȱ engȱ verzahntȱ mitȱ denȱ täglichenȱ GeschäftsȬ prozessenȱablaufen.ȱ Wandelȱistȱzuȱ verstetigenȱundȱalsȱ kontinuierliȬ cherȱ Stromȱ vonȱ Entwicklungsimpulsenȱ zuȱ organisieren.ȱ Esȱ gehtȱ darum,ȱ Wandlungsfähigkeitȱ zuȱ einerȱ Kernkompetenzȱ zuȱ machenȱ (vgl.ȱ Krüger/Hompȱ 1997).ȱ Diesemȱ Zielȱ undȱ damitȱ derȱ ZukunftsfäȬ higkeitȱvonȱUnternehmungenȱdientȱu.a.ȱdieȱletzteȱPhaseȱdesȱWandȬ lungsprozessesȱ imȱ 3WȬModellȱ sowieȱ dasȱ Gegenstromverfahrenȱ alsȱ OrientierungsmodellȱfürȱdenȱUnternehmungsprozess.ȱȱ
Ein Beispiel für kollektive Lern- und Entwicklungsprozesse bietet das sog. Community Management der BAYER AG. Zielgruppe sind die konzernweit verteilten Spezialisten der breiten Palette von Unterstützungsfunktionen (z.B. Controlling, Law & Patents, HR, Procurement). Sie werden durch verschiedene organisatorische Regelungen und Plattformen koordiniert, und fachlich geführt, aber auch entwickelt. Dazu gehören zunächst je nach Bedarf Workshops und Fachmeetings. Für die Arbeit in den jeweiligen Fachgruppen sind sodann mehr als ein Dutzend sog. Community Councils zuständig. Sie werden von Coordination Boards unter der Leitung eines Mitglieds des Konzernvorstands geführt, denen die zuständigen Vorstandsmitglieder der Teilkonzerne, die Geschäftsführer der Servicegesellschaften und die Leiter der jeweiligen Konzernfunktion angehören. Die Kommunikation und Interaktion in diesem Netzwerk trägt dazu bei, die Basisfähigkeiten der beteiligten Funktionen konzernweit zu fördern und zu verbessern. Insofern handelt es sich um einen Ansatz, der sich den organisatorischen Fähigkeiten 2. Ordnung zurechnen lässt.
1.3
Komponenten des Wandlungsmanagements
1.3.1
Wirkungszusammenhänge
Imȱ Mittelpunktȱ diesesȱ Buchesȱ stehenȱ geplante,ȱ tiefȱ greifendeȱ undȱ weitȱ reichendeȱ Veränderungen.ȱ Wennȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ ohneȱ weiterenȱ Zusatzȱ vonȱ Wandlungsmanagementȱ gesprochenȱ wirdȱ (synonym:ȱTransformationsmanagement,ȱManagementȱderȱstrategiȬ schenȱ Erneuerung)ȱ istȱ immerȱ dieseȱ Formȱ intendiertenȱ Wandelsȱ geȬ meint.ȱ Daraufȱ beziehtȱ sichȱ auchȱ dasȱ Orientierungsmodellȱ (3WȬ
37ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Modell),ȱdessenȱneunȱKomponentenȱdesȱWandlungsmanagementsȱ dieȱGliederungȱdesȱBuchesȱbestimmen:ȱ Wandlungsprozesseȱ(Kapitelȱ2),ȱ Strategienȱ(Kapitelȱ3),ȱ Topmanagementȱ(Kapitelȱ4),ȱȱ EinstellungenȱundȱVerhaltenȱ(Kapitelȱ5),ȱ ProjektȬȱundȱProgrammȬManagementȱ(Kapitelȱ6),ȱ HumanȱResourceȱManagementȱ(Kapitelȱ7),ȱ Kommunikationȱ(Kapitelȱ8),ȱ Controllingȱ(Kapitelȱ9),ȱ Toolboxȱ(Kapitelȱ10).ȱ Dieseȱ Komponentenȱ desȱ geplantenȱ Wandelsȱ sindȱ aufȱ vielfältigeȱ Weiseȱineinanderȱverwoben.ȱȱ
Abbildungȱ1/3ȱ
BeziehungenȱzwischenȱdenȱKomponentenȱ
Erfolgsbestimmende Komponenten
ändert Strategie
Topmanagement ändert treibt
erfordert
Basiskomponente
Projekte-/ Programme
verfordert langen
trägt ändert Einstellungen und Verhalten
Wandlungsprozess
durchzieht Unterstützende Komponenten
realisieren gestaltet
Kommunikation instrumentiert
unterstützt
HRM instrumentiert
überwacht
Controlling instrumentiert
Toolbox
ȱ
38ȱ
Komponenten des Wandlungsmanagements
1.3
Diejenigenȱ Wirkungszusammenhänge,ȱ dieȱ inȱ diesemȱ Buchȱ unterȬ suchtȱ bzw.ȱ zugrundeȱ gelegtȱ werden,ȱ verdeutlichtȱ Abbildungȱ 1/3.ȱ Denȱ Mittelpunktȱ desȱ Geschehensȱ bildetȱ derȱ Wandlungsprozess.ȱErȱ stelltȱdieȱBasiskomponenteȱdesȱModellsȱdarȱundȱwirdȱdemgemäßȱinȱ Kapitelȱ 2ȱ behandelt.ȱ Derȱ Prozessȱ wirdȱ vonȱ dreiȱ Komponentenȱ geȬ prägtȱ undȱ getragenȱ (Strategie,ȱ Topmanagement,ȱ Organisation)ȱ undȱ prägtȱ seinerseitsȱ dieȱ Komponenteȱ ‚Einstellungenȱ undȱ Verhalten’.ȱ Erstȱ mitȱ geändertenȱ Einstellungenȱ undȱ Verhaltensweisenȱ kannȱ einȱ transformativerȱWandelȱrealisiertȱwerden.ȱDiesȱgiltȱfürȱalleȱMitglieȬ derȱderȱUnternehmung,ȱdieȱvomȱWandelȱbetroffenȱsind,ȱundȱinsbeȬ sondereȱ dieȱ Mitarbeiter.ȱ Mitglieder,ȱ dieȱ aktivȱ inȱ dasȱ Projektȱ eingeȬ bundenȱ sind,ȱ werdenȱ vonȱ Betroffenenȱ zuȱ Beteiligten,ȱ getreuȱ derȱ Implementierungsempfehlung:ȱ ‚Betroffeneȱ zuȱ Beteiligtenȱ machen’.ȱ Inȱ demȱ Schemaȱ vonȱ Abbildungȱ 1/3ȱ sindȱ sieȱ dannȱ Teilȱ desȱ ProjektȬȱ undȱProgrammȬManagements.ȱ Strategie,ȱTopmanagement,ȱProjektȬȱundȱProgrammȬManagement,ȱ EinstellungenȱundȱVerhaltenȱbesitzenȱeineȱherausgehobeneȱBedeuȬ tungȱfürȱdenȱErfolgȱdesȱWandlungsprozessesȱundȱwerdenȱdaherȱimȱ TeilȱBȱ‚ErfolgsbestimmendeȱKomponenten’ȱzusammengefasst.ȱȱ Kommunikation,ȱHumanȱResourceȱManagementȱundȱControllingȱ helfenȱdenȱWandlungsverantwortlichen,ȱihreȱAufgabenȱzuȱerfüllen.ȱ DabeiȱkannȱaufȱeineȱReiheȱvonȱMethodenȱundȱTechnikenȱzurückgeȬ griffenȱwerden,ȱdieȱinsgesamtȱdieȱToolboxȱdesȱWandlungsmanageȬ mentsȱausmachen.ȱDiesenȱvierȱKomponentenȱkommtȱeineȱSupportȬ funktionȱ zu,ȱ weshalbȱ sieȱ demȱ Teilȱ Cȱ ‚Unterstützendeȱ KomponenȬ ten’ȱzugeordnetȱsind.ȱȱ
1.3.2
Wandlungsprozesse: Aufgaben und Phasen des Wandels festlegen
Unternehmungswandelȱ spieltȱ sichȱ aufȱ dreiȱ unterschiedlichenȱ ProȬ zessebenenȱ ab,ȱ dieȱ imȱ Zusammenhangȱ gesehenȱ undȱ gestaltetȱ werȬ denȱmüssen.ȱȱ ProzessȱderȱUnternehmungsentwicklungȱ(Makroprozessebene)ȱ
Auchȱ imȱ Lebenȱ einerȱ Unternehmungȱ gibtȱ esȱ unterschiedlicheȱ Stadien,ȱz.B.ȱPionierstadium,ȱMarkterschließung,ȱReifestadium.ȱ
39ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
EssenzȱderȱUnternehmungsentwicklungȱsindȱdieȱÜbergängeȱvonȱ einemȱzumȱanderenȱStadium.ȱSieȱsindȱmitȱspezifischenȱKrisenpoȬ tentialenȱ behaftet,ȱ dieȱ Risikenȱ undȱ Chancenȱ gleichermaßenȱ entȬ halten.ȱ
DieseȱÜbergangsprozesseȱsindȱnichtsȱanderesȱalsȱeinȱtiefȱgreifenȬ derȱ undȱ weitȱ reichenderȱ Wandel,ȱ esȱ sindȱ TransformationsproȬ zesseȱ(synonym:ȱProzesseȱderȱstrategischenȱErneuerung).ȱ Transformationsprozessȱ(Mesoprozessebene)ȱ
Dieserȱ Prozessȱ beschreibtȱ dieȱ verschiedenenȱ Aktivitätenȱ einesȱ tiefȱ greifendenȱ undȱ weitȱ reichendenȱ Unternehmungswandels,ȱ dieȱ erforderlichȱ sind,ȱ umȱ dieȱ Übergangsstadienȱ derȱ UnternehȬ mungsentwicklungȱgeordnetȱzuȱbewältigenȱ(vgl.ȱKap.ȱ2.2.1).ȱ
Transformationsprozesseȱ umfassenȱ sowohlȱ sachbezogeneȱ AufȬ gabenȱdesȱWandlungsmanagementsȱalsȱauchȱpersonenbezogene.ȱ
TransformationsaufgabenȱsindȱregelmäßigȱnichtȱdurchȱeinȱabgeȬ grenztesȱProjektȱalleinȱzuȱerfüllen,ȱsondernȱbedingenȱdieȱFormuȬ lierungȱeinesȱumfassendenȱProgramms.ȱ
DieȱUmsetzungȱdesȱTransformationsprogrammsȱgeschiehtȱdurchȱ einzelneȱProjekte.ȱ Projektprozessȱ(Mikroprozessebene)ȱ
ProjekteȱsindȱzeitlichȱabgegrenzteȱVorhaben,ȱdieȱrelativȱneuartigȱ undȱ komplexȱ sindȱ undȱ dieȱ Zusammenarbeitȱ verschiedenerȱSpeȬ zialistenȱerfordern.ȱ
ProjekteȱkönnenȱinȱjedemȱStadiumȱderȱUnternehmungsentwickȬ lungȱsowieȱwährendȱderȱÜbergangsstadienȱgestartetȱwerden.ȱ
Innerhalbȱ derȱ Übergangsstadienȱ werdenȱ Projekteȱ fürȱ unterȬ schiedlicheȱ Teilproblemeȱ undȱ Phasenȱ desȱ TransformationsproȬ zessesȱeingerichtet.ȱ DenȱAusgangspunktȱdiesesȱBuchesȱundȱdamitȱdieȱBasiskomponenteȱ desȱ 3WȬModellsȱ bildetȱ derȱ Transformationsprozess.ȱ Erȱ beschreibtȱ dieȱzuȱbewältigendenȱAufgabenȱinȱihrerȱsachlogischenȱAbfolge.ȱWieȱ alleȱErfahrungenȱzeigen,ȱsindȱdieseȱAufgabenȱweitestgehendȱverallȬ gemeinerungsfähig.ȱ Sieȱ sindȱ alsoȱ vonȱ denȱ Verantwortlichenȱ durchȬ
40ȱ
Komponenten des Wandlungsmanagements
1.3
zuführen,ȱgleichgültig,ȱumȱwelcheȱBrancheȱoderȱumȱwelcheȱkonkreȬ tenȱUnternehmungsstrategienȱesȱgeht.ȱȱ
1.3.3
Strategie: Fokus und Stoßrichtung des Wandels bestimmen
Inȱ sachlicherȱ Hinsichtȱ istȱ Wandelȱ Ausdruckȱ derȱ UnternehmungsȬ strategie.ȱ Erkannteȱ Wandlungsbedarfeȱ führenȱ zuȱ verändertenȱ oderȱ neuenȱ strategischenȱ Zielen,ȱ dieȱ durchȱ geeigneteȱ MaßnahmenproȬ grammeȱerreichtȱwerdenȱsollenȱ(=ȱStrategien).ȱVonȱdenȱStoßrichtunȬ genȱ herȱ betrachtet,ȱ gehtȱ esȱ immerȱ umȱ Strategienȱ desȱ Abbaus,ȱ UmȬ bausȱ oderȱ Aufbausȱ vonȱ Geschäften.ȱ Wandlungsvorhabenȱ sindȱ AusdruckȱderartigerȱUnternehmungsstrategien.ȱImȱMittelpunktȱvonȱ Kapitelȱ 3ȱ stehtȱ dementsprechendȱ dieȱ Erörterungȱ derȱ möglichenȱ strategischenȱ Optionen,ȱ die,ȱ einzelnȱ oderȱ inȱ Kombination,ȱ denȱ InȬ haltȱdessenȱbestimmen,ȱwasȱdieȱstrategischeȱErneuerungȱausmacht.ȱ IhrȱFokusȱkannȱdieȱÄnderungȱvonȱRessourcenȱundȱFähigkeitenȱseinȱ (strategischeȱ Potentiale)ȱ oderȱ dieȱ Stellungȱ imȱ Marktȱ undȱ WettbeȬ werbȱ (strategischeȱ Positionen).ȱ Derȱ Wechselȱ vonȱ derȱ Photochemieȱ zurȱ Digitalphotographieȱ (EASTMANȱ KODAK)ȱ istȱ z.B.ȱ eineȱ PotentialȬ veränderung.ȱDieȱKonzentrationȱaufȱdasȱangestammteȱAutogeschäftȱ (DAIMLERCHRYSLER)ȱ verändertȱ dieȱ Positionen.ȱAusȱ Sichtȱ desȱ strateȬ gischenȱManagementsȱsindȱdiesȱalternativeȱStrategien,ȱausȱSichtȱdesȱ Wandlungsmanagementsȱ sindȱ damitȱ zugleichȱ inȱ verallgemeinerterȱ FormȱWandlungsprogrammeȱbeschrieben.ȱȱ
1.3.4
Topmanagement: Wandel vorantreiben und ermöglichen
Einȱ grundlegender,ȱ tiefȱ greifenderȱ Wandelȱ mussȱ inȱ jedemȱ Fallȱ vonȱ derȱ oberstenȱ Führungsebeneȱ getragenȱ bzw.ȱ mitgetragenȱ werden,ȱ wennȱerȱerfolgreichȱseinȱsoll.ȱDabeiȱdarfȱzwarȱdieȱRolleȱdesȱmittlerenȱ Managementsȱ nichtȱ unterschätztȱ werden,ȱ undȱ selbstverständlichȱ könnenȱ auchȱ andereȱ Führungskräfteȱ oderȱ Mitarbeiterȱ bereitsȱ zuȱ Beginnȱ desȱ Prozessesȱ impulsgebendȱ tätigȱ werden.ȱ Kraftvolleȱ undȱ glaubwürdigeȱ Führungȱ istȱ undȱ bleibtȱ aberȱ einȱ Grundelementȱ jedesȱ Wandlungsprozesses.ȱ Topmanagerȱ sindȱ daherȱ aufgefordert,ȱ alsȱ Promotorenȱ desȱ Wandelsȱ zuȱ wirken.ȱ Diesȱ betrifftȱ denȱ geplanten,ȱ
41ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
intendiertenȱWandel.ȱTopmanagerȱsolltenȱsichȱaberȱauchȱderȱBedeuȬ tungȱdesȱungeplanten,ȱemergentenȱWandelsȱbewusstȱseinȱundȱhierȬ fürȱalsȱEnablerȱdesȱWandelsȱfungieren.ȱ Kapitelȱ4ȱzeigt,ȱwelcheȱRollenȱdasȱTopmanagementȱzuȱübernehmenȱ hat,ȱwelcheȱAnforderungenȱsichȱihmȱstellenȱundȱworinȱseineȱBeiträȬ geȱ imȱ Wandlungsprozessȱ bestehenȱ sollten.ȱ Besondereȱ Beachtungȱ wirdȱ dabeiȱ demȱ Zusammenhangȱ vonȱ Führungsstilenȱ undȱ Wandelȱ sowieȱ denȱ Fragenȱ undȱ Lösungsansätzenȱ derȱ Implementierungȱ geȬ schenkt.ȱ Daȱ eineȱ Einzelpersonȱ bzw.ȱ eineȱ homogeneȱ Gruppeȱ mitȱ derȱ Fülleȱ undȱ Heterogenitätȱ derȱ Aufgabenȱ undȱ Anforderungenȱ überfordertȱ seinȱ kann,ȱ behandeltȱ Kapitelȱ 4ȱ auchȱ Möglichkeiten,ȱ etwaigeȱ FühȬ rungsdefiziteȱ zuȱ behebenȱ (z.B.ȱ durchȱ denȱ Einsatzȱ externerȱ Beraterȱ oderȱManagementȱaufȱZeit).ȱ
1.3.5
Einstellungen und Verhalten: Wandel in den Köpfen verankern
Dassȱ Wandlungsmanagementȱ zuȱ einemȱ nichtȱ geringenȱ Teilȱ ‚ManaȬ gementȱ derȱ Humanressourcen‘ȱ istȱ bzw.ȱ seinȱ muss,ȱ istȱ eineȱ BinsenȬ wahrheit.ȱ Dieȱ besondereȱ undȱ neueȱ Herausforderungȱ derȱ strategiȬ schenȱ Erneuerungȱ liegtȱ hinsichtlichȱ derȱ Humanressourcenȱ darin,ȱ dassȱ nichtȱ nur,ȱ wieȱ bisher,ȱ Wissenȱ undȱ Fähigkeitenȱ zuȱ verändernȱ sind,ȱsondernȱauchȱEinstellungen,ȱWerteȱundȱVerhaltensmuster,ȱalsoȱ tieferȱ liegende,ȱ bisȱ insȱ Unterbewusstseinȱ reichendeȱ Merkmaleȱ derȱ Person.ȱ Esȱ gilt,ȱ insbesondereȱ dieȱ Sichtweiseȱ undȱ Interpretationȱ derȱ Realitätȱ zuȱ verändern,ȱ alsoȱ dasȱ Bild,ȱ dasȱ sichȱ derȱ Einzelneȱ vonȱ derȱ UnternehmungȱundȱihrerȱSituationȱsowieȱvonȱsichȱselbstȱalsȱTeilȱdesȱ Ganzenȱmacht.ȱInȱdenȱKöpfenȱderȱUnternehmungsmitgliederȱbildetȱ sichȱeinȱ‚genetischerȱCode‘ȱderȱUnternehmungȱheraus.ȱStrategischeȱ Erneuerungȱverlangtȱnichtȱweniger,ȱalsȱdiesenȱCodeȱtransparentȱzuȱ machenȱundȱihnȱgezieltȱzuȱverändern.ȱ Kapitelȱ5ȱbehandeltȱdieseȱebensoȱwichtigenȱwieȱschwierigenȱFragenȱ anhandȱ derȱ Theorieȱ derȱ mentalenȱ Modelle.ȱ Esȱ wirdȱ erklärt,ȱ wieȱ mentaleȱModelleȱentstehenȱundȱwieȱsieȱwirken.ȱVorȱallemȱaberȱwirdȱ gezeigt,ȱ inȱ welcherȱ Weiseȱ durchȱ Veränderungenȱ mentalerȱ Modelleȱ Einstellungenȱ undȱ Verhaltensweisenȱ geändertȱ werdenȱ können.ȱ
42ȱ
Komponenten des Wandlungsmanagements
1.3
Wandelȱ mussȱ buchstäblichȱ ‚inȱ denȱ Köpfenȱ verankert’ȱ werden,ȱ umȱ Erfolgȱ zuȱ haben.ȱ Diesȱ giltȱ fürȱ alleȱ Beteiligtenȱ undȱ Betroffenenȱ undȱ dabeiȱinȱbesonderemȱMaßeȱfürȱdieȱMitarbeiter.ȱ
1.3.6
Projekt- und Programm-Management: Organisation für Wandel schaffen
ZurȱOrganisationȱdesȱWandelsȱgehörtȱnebenȱderȱbereitsȱerwähntenȱ Regelungȱ derȱ Wandlungsprozesseȱ (‚Prozessorganisation‘)ȱ dieȱ VerȬ teilungȱ derȱAufgabenȱ undȱ Kompetenzenȱ aufȱ vorhandeneȱ oderȱ neuȱ zuȱschaffendeȱorganisatorischeȱEinheitenȱ(‚Aufbauorganisation‘).ȱ Derȱ vorhandenenȱ Primärorganisation,ȱ dieȱ dasȱ Tagesgeschäftȱ trägt,ȱ istȱ eineȱ Sekundärorganisationȱ fürȱ denȱ Transformationsprozessȱ zurȱ Seiteȱzuȱstellen.ȱBausteineȱdieserȱStrukturȱsindȱPlanungsȬȱundȱSteueȬ rungsgremienȱ einerseitsȱ (z.B.ȱ einȱ Lenkungsausschuss)ȱ undȱ ausfühȬ rendeȱEinheitenȱandererseitsȱ(z.B.ȱProjektteams).ȱKapitelȱ6ȱbehandeltȱ dieȱinȱFrageȱkommendenȱStrukturbausteineȱderȱPrimärȬȱundȱSekunȬ därorganisationȱ undȱ zeigtȱ ihreȱ Ausgestaltungȱ sowieȱ ihrȱ ZusamȬ menwirken.ȱ DaȱWandelȱeineȱDaueraufgabeȱdarstellt,ȱsollteȱdieȱUnternehmungsȬ organisationȱ ihrerseitsȱ wandlungsfähigȱ sein.ȱ Derȱ Idealfallȱ istȱ eineȱ Unternehmungsorganisation,ȱinȱderȱdieȱüblicheȱTrennungȱzwischenȱ PrimärȬȱ undȱ Sekundärorganisationȱ aufgehobenȱ ist.ȱ Leitbildȱ istȱ eineȱ lernȬȱ undȱ entwicklungsfähigeȱ Organisation,ȱ inȱ derȱ dieȱ WandlungsȬ fähigkeitȱ dauerhaftȱ verankertȱ istȱ undȱ dieȱ damitȱ zukunftsfähigȱ geȬ machtȱ wurde.ȱ Welcheȱ besonderenȱ Ansätzeȱ eineȱ wandlungsfähigeȱ Organisationȱausmachen,ȱwirdȱebenfallsȱinȱKapitelȱ6ȱbehandelt.ȱ
1.3.7
Human Resource Management: Personelle Veränderungen bewirken
DrehȬȱ undȱ Angelpunktȱ erfolgreichenȱ Wandelsȱ sindȱ personelleȱ FraȬ gen.ȱDieȱAufgaben,ȱInstrumenteȱundȱflankierendenȱSysteme,ȱdieȱderȱ Bewirkungȱ derȱ angestrebtenȱ personellenȱ Veränderungenȱ dienen,ȱ bildenȱ denȱ Gegenstandȱ vonȱ Kapitelȱ 7ȱ (Humanȱ Resourceȱ ManageȬ ment).ȱDargestelltȱwerdenȱzumȱeinenȱHRMȬAktivitäten,ȱdieȱsichȱalsȱ Teilȱ einesȱ konkretenȱ Projektsȱ ergeben,ȱ differenziertȱ nachȱ Abbau,ȱ
43ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
Umbauȱ undȱAufbau.ȱ Zumȱ anderenȱ wirdȱ auchȱaufȱ allgemeine,ȱ proȬ jektunabhängigeȱ Maßnahmenȱ eingegangen,ȱ dieȱ sichȱ vorȱ allemȱ darȬ aufȱ richten,ȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ zuȱ erhöhenȱ undȱ dieȱ persoȬ nelleȱ Seiteȱ derȱ Wandlungsfähigkeitȱ zuȱ verbessern.ȱ Nichtȱ zuletztȱ wirdȱderȱBeitragȱdesȱHRMȱzurȱkontinuierlichenȱWeiterentwicklungȱ undȱdamitȱzurȱZukunftsfähigkeitȱderȱUnternehmungȱgezeigt.ȱȱ
1.3.8
Kommunikation: Einheitliches Verständnis erzeugen
Wandelȱ bedingtȱ eineȱabgestimmteȱ InteraktionȱallerȱBeteiligten.ȱ Dasȱ Mediumȱ derȱ wechselseitigenȱ Abstimmungȱ istȱ derȱ Austauschȱ vonȱ Ideen,ȱMeinungen,ȱAbsichten,ȱPlänenȱundȱEntscheidungen,ȱkurz:ȱistȱ Kommunikation.ȱ Durchȱ umfassendenȱ Informationsaustauschȱ mussȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ einȱ möglichstȱ einheitlichesȱ Verständnisȱ desȱ Wandlungsvorhabensȱ erzeugtȱ werden.ȱ Dieȱ Gesamtheitȱ derȱ damitȱ verbundenenȱ Aufgabenȱ undȱ Instrumenteȱ bildetȱ einȱ QuerschnittsȬ themaȱ desȱ Wandlungsmanagements,ȱ dasȱ denȱ gesamtenȱ Prozessȱ begleitet.ȱ Kapitelȱ 8,ȱ dasȱ diesenȱ Fragenȱ gewidmetȱ ist,ȱ greiftȱ ebenfallsȱ aufȱ dieȱ Theorieȱ derȱ mentalenȱ Modelleȱ zurück.ȱ Davonȱ ausgehend,ȱ werdenȱ dieȱkonzeptionellenȱGrundlagenȱderȱKommunikationȱgeklärt.ȱDenȱ Schwerpunktȱ desȱ Kapitelsȱ bildetȱ sodannȱ dieȱ praktischeȱ BewältiȬ gungȱ derȱ Kommunikationsproblemeȱ inȱ denȱ einzelnenȱ Phasenȱ desȱ Transformationsprozesses.ȱ
1.3.9
Controlling: Prozess- und Ergebnistransparenz sichern
Zurȱ Unterstützungȱ derȱ Aufgabenȱ desȱ Planens,ȱ Steuernsȱ undȱ KonȬ trollierensȱ istȱ inȱ derȱ Praxisȱ einȱ ausgebautesȱ Controllingȱ zumȱ StanȬ dardȱgeworden.ȱEsȱgiltȱnun,ȱSchrittȱfürȱSchrittȱauchȱWandlungsproȬ zesseȱ durchȱ geeigneteȱ Controllinghilfenȱ besserȱ beherrschbarȱ zuȱ machen.ȱ Dabeiȱ müssenȱ letztlichȱ alleȱ Unternehmungsprozesseȱ imȱ Zusammenhangȱ gesehenȱ werden:ȱ derȱ langfristigeȱ Prozessȱ derȱ UnȬ ternehmungsentwicklung,ȱ derȱ Transformationsprozessȱ alsȱ Ganzesȱ undȱ–ȱinȱihmȱenthaltenȱ–ȱderȱAblaufȱverschiedenerȱEinzelprojekte.ȱ
44ȱ
Einzelfallbezogene Konfigurierung des 3W-Modells
1.4
Dieseȱ dreiȱ ineinanderȱ geschachteltenȱ Prozesskategorienȱ bildenȱ denȱ Bezugsrahmen,ȱaufȱdenȱsichȱKapitelȱ9ȱrichtet.ȱMitȱSchnittstellenȱzumȱ allgemeinenȱ Controlling,ȱ dasȱ denȱ Prozessȱ derȱ UnternehmungsentȬ wicklungȱ abbildet,ȱ wirdȱ dasȱ Hauptaugenmerkȱ aufȱ dasȱ Controllingȱ einesȱWandlungsprogrammsȱgelegt.ȱAuchȱdabeiȱergebenȱsichȱeinigeȱ DifferenzierungenȱhinsichtlichȱderȱverschiedenenȱPhasenȱdesȱTransȬ formationsprozesses.ȱAbgerundetȱ wirdȱ diesesȱ Bildȱ durchȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ Überwachungȱ einesȱ konkretenȱ (TeilȬ)Projekts.ȱ Erstȱ dieȱ geȬ naueȱ Kenntnisȱ desȱ Projektstatusȱ undȱ desȱ Projektfortschritts,ȱ überȱ alleȱ Teilprojekteȱ hinweg,ȱ lässtȱ erkennen,ȱ wieȱ weitȱ dasȱ WandlungsȬ programmȱbereitsȱrealisiertȱistȱundȱwoȱEingriffeȱerforderlichȱsind.ȱ
1.3.10
Toolbox: Wandlungsaufgaben instrumentieren
Praktikerȱsindȱ–ȱverständlicherweiseȱ–ȱbesondersȱdaranȱinteressiert,ȱ nichtȱnurȱKonzepte,ȱsondernȱauchȱkonkreteȱMethodenȱundȱTechniȬ kenȱ fürȱ ihreȱAlltagsarbeitȱ anȱ dieȱ Handȱ zuȱ bekommen.ȱ Fürȱ dieȱ PerȬ sonalarbeit,ȱ dieȱ Kommunikationȱ undȱ dasȱ Controllingȱ alsȱ denȱ proȬ zessbegleitendenȱ Komponentenȱ findenȱ sichȱ inȱ denȱ entsprechendenȱ KapitelnȱbereitsȱzahlreicheȱHinweiseȱundȱBeispiele.ȱKapitelȱ10ȱstelltȱ nunȱfürȱdieȱeinzelnenȱPhasenȱdesȱWandlungsprozessesȱausgewählteȱ Technikenȱ (Tools)ȱ dar.ȱ Insbesondereȱ wirdȱ einȱ aufȱ demȱ 3WȬModellȱ basierendesȱ Instrumentȱ vorgestellt,ȱ dasȱ eineȱ Kurzdiagnoseȱ einerȱ konkretenȱWandlungssituationȱerlaubt,ȱdasȱsog.ȱEiCȬȱ(Excellenceȱinȱ Change)ȱ Barometer.ȱ Hinzuȱ tretenȱ weitereȱ Toolsȱ wieȱ z.B.ȱ dieȱ StakeȬ holderanalyseȱundȱdieȱBetroffenheitsanalyse,ȱdieȱsichȱvorȱallemȱfürȱ dasȱ Einflussmanagementȱ eignen.ȱ Insgesamtȱ zeigtȱ sichȱ dieȱ Toolboxȱ gutȱgefülltȱundȱsortiert,ȱundȱesȱliegtȱnurȱamȱBenutzer,ȱsichȱihrerȱzuȱ bedienen.ȱ
1.4
Einzelfallbezogene Konfigurierung des 3W-Modells
Dasȱ 3WȬModellȱ istȱ alsȱ generischesȱ (verallgemeinertes)ȱ OrientieȬ rungsmodellȱkonzipiert.ȱEsȱerhebtȱdenȱAnspruch,ȱaufȱunterschiedliȬ
45ȱ
1
Das 3W-Modell: Bezugsrahmen für das Wandlungsmanagement
cheȱ Wandlungsvorhaben,ȱ Situationenȱ undȱ Referenzebenenȱ (z.B.ȱ Konzern,ȱGeschäftseinheit,ȱStandort)ȱanwendbarȱzuȱsein.ȱEsȱverstehtȱ sich,ȱdassȱinȱderȱpraktischenȱAnwendungȱeineȱindividuelleȱKonfiguȬ rierungȱ erfolgenȱ muss.ȱ Alsȱ Beispielȱ hierfürȱ kannȱ dieȱ SIEMENSȱ AGȱ dienen.ȱ Dortȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ dieȱ verschiedenenȱ Fabrikenȱ zukunftsȬ fähigȱzuȱmachen.ȱDasȱdamitȱangesprocheneȱZielȱderȱ‚wandelbarenȱ Fabrik’ȱ wirdȱ mithilfeȱ einesȱ standardisiertenȱ FabrikplanungskonȬ zeptsȱerreicht,ȱdasȱaufȱBasisȱdesȱ3WȬModellsȱentwickeltȱwurdeȱ(vgl.ȱ Abb.ȱ 1/4).ȱ Entsprechendeȱ Projekteȱ werdenȱ anȱ denȱ verschiedenenȱ Standortenȱ vonȱ derȱ hierfürȱ verantwortlichenȱ Einheitȱ ‚Corporateȱ Technology,ȱProduction,ȱProcesses’ȱkonzernweitȱdurchgeführt.ȱ
Abbildungȱ1/4ȱ
Konfiguriertesȱ3WȬModellȱfürȱdieȱFabrikplanungȱderȱSIEMENSȱAGȱ
Projektcontrolling
Topmanagement Wandlungsbedarf
Projektleitung Wandlungsbereitschaft
Mitarbeiter Wandlungs- -fähigkeit
Wandlungsprozesse Personal / Organisation
Unternehmungsstrategie, Umfeld
Information / Kommunikation
Wandelbare Fabrik
Gebäude / Betriebsmittel Produkte / Material Finanzen / Umwelt
Methoden und Tools Zielplanung
Strukturierung Gestaltung Fabrikplanungsprozesse
Umsetzung
Projektmanagement
ȱ
46ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
ȱ
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme Wilfried Krüger
Kapitel 2
ȱ
47ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 2 Dieses Kapitel behandelt die Wandlungsprozesse als Basiskomponente des 3W-Modells und diskutiert damit im Zusammenhang stehende Grundfragen der strategischen Erneuerung: (1) Was bedeutet strategische Erneuerung in der Praxis? In welchen Formen tritt sie auf? Diese Frage zielt auf eine Klärung der unterschiedlichen Wandlungsprogramme, die Wege zur Erneuerung darstellen (Abschnitt 2.1). (2) Wie laufen Wandlungsprozesse ab? Die verschiedenen Prozesse der Veränderung, die das Rückgrat des 3W-Modells bilden, werden im Zusammenhang dargestellt. Im Mittelpunkt steht ein fünfphasiger Prozess tief greifenden Wandels (Transformationsprozess, Abschnitt 2.2). (3) Größere Wandlungsvorhaben (Wandlungsprogramme) bestehen aus mehreren Einzelprojekten. Wie laufen derartige Projekte ab und welche Prinzipien sind bei ihrer Regelung zu beachten (Abschnitt 2.3)? (4) Was kann getan werden, damit nach einer strategischen Erneuerung ein Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung abläuft (Abschnitt 2.4)?
49ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
2.1
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1.1
Begriff der strategischen Erneuerung
Eheȱ aufȱ dieȱ Prozesseȱ tiefȱ greifendenȱ Wandelsȱ undȱ dieȱ dabeiȱ zuȱ löȬ sendenȱ Problemeȱ einzugehenȱ ist,ȱ mussȱ dieȱ Charakteristikȱ transforȬ mativenȱ Wandelsȱ –ȱ hierȱ synonymȱ alsȱ strategischeȱ Erneuerungȱ beȬ zeichnetȱ –ȱ geklärtȱ werden.ȱ Diesȱ beginntȱ bereitsȱ mitȱ demȱ vielȱ strapaziertenȱBegriffȱ‚strategisch’.ȱ
Arbeitsdefinition:ȱ Alsȱ strategischȱ werdenȱ alleȱ Fragenȱ angeseȬ hen,ȱ dieȱ nachhaltigȱ dieȱ Erfolgspositionenȱ undȱ dieȱ ErfolgspoȬ tentialeȱ derȱ Unternehmungȱ berühren.ȱ ‚Strategisch‘ȱ bedeutetȱ ‚nachhaltigȱ erfolgskritisch‘ȱ undȱ istȱ insofernȱ auchȱ fürȱ dieȱ ExisȬ tenzsicherungȱ undȱ Zukunftsfähigkeitȱ derȱ Unternehmungȱ beȬ deutsam.ȱ
Erfolgsposition:ȱ Bezeichnetȱ dieȱ Stellungȱ derȱ Unternehmungȱ bzw.ȱ einerȱ Einheitȱ aufȱ demȱ relevantenȱ Aktionsfeldȱ (z.B.ȱ Markt,ȱ Region,ȱ Bedürfnisgruppe).ȱ Wirdȱ bestimmtȱ durchȱ dieȱ Klärungȱ folgenderȱ Fragen:ȱ (1)ȱWerȱsindȱwir/wollenȱwirȱsein?ȱ Bestimmungȱ desȱ Aktionsfeldesȱ (z.B.ȱ ProduktȬ/MarktkombinaȬ tionenȱ angestrebteȱStellungȱaufȱdemȱAktionsfeldȱ(z.B.ȱNischenanbieterȱ oderȱMarktführer)ȱ (2)ȱWofürȱstehenȱwir?ȱ angestrebteȱWettbewerbsvorteileȱ(z.B.ȱKostenführerschaft)ȱ (3)ȱWasȱwollenȱwirȱerreichen?ȱ angestrebteȱZiele/Ergebnisseȱ(z.B.ȱRenditezieleȱoderȱMarktanteiȬ le)ȱ Erfolgspotential:ȱ Dieȱ Gesamtheitȱ erfolgsbestimmenderȱ Faktorenȱ (‚Erfolgsfaktoren‘)ȱ derȱ Unternehmungȱ inȱ ihrerȱ wirksamenȱ AuspräȬ gung.ȱDieȱentsprechendeȱFragestellungȱlautet:ȱ
50ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
(4)ȱWovonȱhängtȱunserȱErfolgȱab?ȱ Identifikationȱ erfolgsbestimmenderȱ Faktorenȱ (z.B.ȱ MarkenstärȬ ke,ȱ Technologiestärke,ȱ Mitarbeiterqualifikation,ȱ ManagementȬ kapazität,ȱ finanzielleȱ Reserven,ȱ Führungsorganisation,ȱ GeȬ schäftsprozessmanagement)ȱ Feststellungȱ derȱ vorhandenenȱ bzw.ȱ anzustrebendenȱ AuspräȬ gungȱderȱErfolgsfaktorenȱ Eineȱ Strategieȱ wäreȱ demgemäßȱ einȱ Maßnahmenprogrammȱ zumȱ HaltenȱoderȱVerändernȱvonȱErfolgspositionenȱund/oderȱErfolgspoȬ tentialen.ȱDarausȱlässtȱsichȱzurȱerstenȱÜbersichtȱeineȱeinfacheȱStraȬ tegiematrixȱentwickeln,ȱdieȱauchȱdieȱFelderȱderȱstrategischenȱErneuȬ erungȱsichtbarȱmachtȱ(vgl.ȱAbb.ȱ2/1).ȱȱ
Abbildungȱ2/1ȱ
FelderȱderȱstrategischenȱErneuerungȱ
2
3 Strategische Erneuerung
geändert
Erfolgsposition Halten unverändert 1
4
unverändert geändert Erfolgspotential
ȱ
WährendȱFeldȱ1ȱdasȱunveränderteȱHaltenȱvonȱPositionȱundȱPotentiȬ alȱ symbolisiert,ȱ ebenfallsȱ eineȱ strategischeȱ Entscheidung,ȱ sindȱ dieȱ Felderȱ2ȱȬȱ4ȱdurchȱverschiedeneȱFormenȱderȱVeränderungȱcharakteȬ risiert,ȱumschließenȱalsoȱdieȱFälleȱderȱstrategischenȱErneuerung.ȱ ȱ ȱ
51ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Feldȱ2:ȱGeänderteȱPositionȱmitȱunverändertenȱPotentialenȱ z.B.ȱ regionaleȱ Marktausweitung,ȱ Internationalisierungȱ mitȱ vorhandenemȱ Sortiment,ȱ dsgl.ȱ Kompetenztransferȱ aufȱ neueȱ Geschäfte,ȱaberȱauchȱRückzugȱausȱ(TeilȬ)Märkten.ȱ
Feldȱ3:ȱGeänderteȱPositionȱmitȱgeändertenȱPotentialenȱȱ z.B.ȱ Produktinnovationenȱ zumȱ Aufbauȱ neuerȱ Märkte,ȱ KonȬ zentrationȱ aufȱ Kerngeschäfteȱ undȱ Aufgabeȱ vonȱ RandbereiȬ chen,ȱM&A,ȱEntwicklungȱintegrierterȱProblemlösungen.ȱ
Feldȱ4:ȱUnveränderteȱPositionȱmitȱverändertenȱPotentialenȱȱ z.B.ȱZusammenlegungȱvonȱStandorten,ȱneueȱProzessȬȱoderȱ Produkttechnologien,ȱneueȱStrukturenȱundȱProzesseȱzumȱ HaltenȱderȱMarktstellung.ȱ DasȱAnspruchsniveauȱderȱErneuerungȱdürfteȱtendenziellȱvonȱFeldȱ2ȱ überȱFeldȱ4ȱzuȱFeldȱ3ȱwachsen,ȱdemȱFeld,ȱaufȱdemȱgleichzeitigȱPoȬ tentialeȱundȱPositionenȱzuȱverändernȱsind.ȱDahinterȱverbirgtȱsichȱimȱ Grenzfallȱ einȱ kompletterȱ Konzernumbau,ȱ oftȱ mitȱ M&AȬProzessenȱ verbundenȱ(z.B.ȱDAIMLERȬBENZ,ȱHOECHST,ȱMANNESMANN,ȱPREUSSAG,ȱ DEUTSCHEȱBANK).ȱZumindestȱfürȱanspruchsvolleȱVorhabenȱgilt,ȱdassȱ derȱ notwendigeȱ Wandelȱ nichtȱ durchȱ Einzelprojekteȱ oderȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Ȭmaßnahmenȱ zuȱ bewältigenȱ ist.ȱ Vielmehrȱ istȱ einȱ ganzesȱ Bündelȱ technischer,ȱ organisatorischer,ȱ personellerȱ undȱ finanziellerȱ Projekteȱ bzw.ȱ Maßnahmenȱ erforderlich,ȱ dieȱ aufeinanderȱ abzustimmenȱ sind.ȱ EineȱsolcheȱGesamtheitȱabgestimmterȱWandlungsprojekteȱwirdȱhierȱ alsȱWandlungsprogrammȱbezeichnet.ȱ WieȱAbbildungȱ2/1ȱauchȱdeutlichȱmachenȱsoll,ȱistȱnichtȱbereitsȱjedeȱ Änderungȱ vonȱ Erfolgspositionenȱ oderȱ Ȭpotentialenȱ alsȱ strategischȱ i.S.ȱ einerȱ nachhaltigenȱ Veränderungȱ einzustufen.ȱ Manȱ denkeȱ anȱ alltäglicheȱ Vorgängeȱ derȱ Erneuerungȱ wieȱ z.B.ȱ WartungsmaßnahȬ men,ȱ Ersatzinvestitionen,ȱ Renovierungen,ȱ Einsparprogrammeȱ oderȱ auchȱFortȬȱundȱWeiterbildungsmaßnahmen,ȱdieȱnurȱderȱAktualisieȬ rungȱ undȱ Auffrischungȱ vorhandenerȱ Kenntnisseȱ undȱ Fähigkeitenȱ dienen.ȱInȱderartigenȱFällenȱbleibtȱdieȱKonfigurationȱderȱErfolgsfakȬ torenȱ undȱ Ȭpositionenȱ unverändert,ȱ lediglichȱ dieȱ Quantitätȱ oderȱ QualitätȱeinzelnerȱFaktorenȱbzw.ȱPositionenȱwirdȱverbessert.ȱDerarȬ tigeȱ Veränderungenȱ verdienenȱ sicherlichȱ nichtȱ dasȱ Prädikatȱ strateȬ gischȱ bzw.ȱ transformativ.ȱ Beiȱ allenȱ Schwierigkeitenȱ einerȱ exaktenȱ
52ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
AbgrenzungȱsindȱsolcheȱoperativenȱVeränderungenȱmitȱihrerȱrelativȱ geringenȱ Reichweiteȱ undȱ Tiefeȱ nichtȱ alsȱ ‚nachhaltigȱ erfolgskritisch’ȱ einzustufen.ȱ Sieȱ werdenȱ daherȱ hierȱ alsȱ reproduktiverȱ Wandelȱ beȬ zeichnet.ȱ Dieȱ weißenȱ Flächenȱ vonȱ Feldȱ 2ȱ undȱ 4ȱ inȱ Abbildungȱ 2/1ȱ sollenȱ dieseȱ Veränderungenȱ symbolisieren.ȱ Selbstverständlichȱ exisȬ tierenȱ Wechselwirkungen.ȱ Jederȱ strategischeȱ Kurswechselȱ löstȱ eineȱ FülleȱoperativerȱFolgemaßnahmenȱaus.ȱUmgekehrtȱwirdȱdasȱständiȬ geȱ Unterlassenȱ oderȱ Versäumenȱ operativerȱ Anpassungenȱ irgendȬ wannȱzuȱeinemȱstrategischenȱProblem.ȱȱ ‚Strategischeȱ Erneuerung’ȱ bezeichnetȱ alsoȱ zunächstȱ dieȱ MaßnahȬ menprogramme,ȱ dieȱ derȱ nachhaltigenȱ Veränderungȱ vonȱ ErfolgspoȬ sitionenȱ und/oderȱ Erfolgspotentialenȱ dienen.ȱ Imȱ Kernȱ gehtȱ esȱ umȱ neueȱ Fähigkeiten/Kompetenzenȱ bzw.ȱ Geschäfteȱ (ProduktȬ/MarktȬ kombinationen).ȱ Sodannȱ istȱ mitȱ demȱ Begriffȱ derȱ Erneuerungȱ auchȱ derȱ Prozessȱ zuȱ bezeichnen,ȱ derȱ zuȱ diesenȱ neuenȱ Geschäftenȱ oderȱ Fähigkeitenȱ führtȱ (vgl.ȱ imȱ Einzelnenȱ Floyd/Wooldridgeȱ 2000,ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ S.ȱ48ff.).ȱȱ
2.1.2
Objekte und Formen des Wandels
Unternehmungswandelȱkannȱsichȱeherȱaufȱdieȱ‚harten’ȱErfolgsfaktoȬ renȱ konzentrierenȱ (z.B.ȱ Strukturenȱ undȱ Systeme)ȱ oderȱ aufȱ ‚weiche’ȱ Faktorenȱ (z.B.ȱ Fähigkeitenȱ undȱ Einstellungen).ȱ Anhandȱ dieserȱ unȬ terschiedlichenȱ Objekteȱ lassenȱ sichȱ schwerpunktartigȱ vierȱ verschieȬ deneȱ Formenȱ desȱ Wandelsȱ unterscheidenȱ (vgl.ȱ Krügerȱ 1994,ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ S.ȱ358ff.).ȱ
Restrukturierung:ȱStrukturȬ,ȱProzessȬȱundȱSystemänderungenȱ Restrukturierungȱ(oderȱReorganisation)ȱbezeichnetȱdieȱVeränderungȱ vonȱProzessen,ȱSystemenȱundȱStrukturenȱsowieȱmateriellenȱPotentiȬ alenȱ(z.B.ȱMaschinen,ȱGebäude,ȱEinrichtungen).ȱRestrukturierungenȱ sindȱ zwarȱ notwendigeȱ Begleiterscheinungenȱ bzw.ȱ Folgenȱ tiefȱ greiȬ fendenȱ Wandels,ȱ aberȱ keineswegsȱ jedeȱ Restrukturierungȱ istȱ bereitsȱ geeignet,ȱ nachhaltigeȱ Veränderungenȱ derȱ Erfolgspositionenȱ oderȱȱȱȱȱȱ Ȭpotentialeȱauszulösen.ȱDiesȱgiltȱinsbesondereȱfürȱdieȱimmerȱwiederȱ wellenartigȱablaufendenȱKostensenkungsanstrengungen.ȱRestruktuȬ rierung/Reorganisationȱ (69%)ȱ istȱ mitȱAbstandȱ derȱ häufigsteȱAnlassȱ fürȱ Changeȱ Managementȱ inȱ Deutschland.ȱ Kostensenkungȱ wirdȱ inȱ
53ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
33%ȱderȱFälleȱgenanntȱ(vgl.ȱCapgeminiȱ2003,ȱS.ȱ18).ȱOftȱsindȱderartiȬ geȱ Programmeȱ allerdingsȱ nichtȱ tiefȱ greifendȱ genug,ȱ umȱ zuȱ einerȱ wirklichenȱ Erneuerungȱ zuȱ führen,ȱ daȱ dieȱ Strategieȱ unverändertȱ bleibt.ȱȱ
Reorientierung:ȱStrategiewechselȱ Reorientierungȱ bezeichnetȱ dieȱ Veränderungȱ derȱ strategischenȱ AusȬ richtung,ȱ wieȱ z.B.ȱ dieȱ Aufgabeȱ alterȱ undȱ Entwicklungȱ neuerȱ GeȬ schäftsfelder.ȱ Reorientierungȱ reichtȱ tieferȱ alsȱ Restrukturierungȱ undȱ istȱ eineȱ notwendigeȱ Bedingungȱ fürȱ einenȱ transformativenȱ Wandel.ȱ Veränderteȱ Unternehmungsstrategienȱ sindȱ fürȱ 54%ȱ derȱ Befragtenȱ derȱ genanntenȱ CapgeminiȬStudieȱ Anlassȱ zurȱ Veränderungȱ (vgl.ȱ ebenda).ȱ
Revitalisierung:ȱÄnderungȱderȱpersonellenȱFähigkeitenȱ RevitalisierungȱumfasstȱdieȱgrundsätzlicheȱVeränderungȱpersonellerȱ Fähigkeitenȱ sowieȱ desȱ FührungsȬȱ undȱ Kooperationsverhaltens.ȱ Alsȱ Beispieleȱ sindȱ zuȱ nennen:ȱ verstärkteȱ Partizipationȱ undȱ Delegation,ȱ Stimulierungȱ vonȱ Kreativität,ȱ Eigenverantwortungȱ undȱ UnternehȬ mertum.ȱ
Remodellierung:ȱVeränderteȱWerteȱundȱÜberzeugungenȱ Remodellierungȱ umschließtȱ dieȱ Änderungȱ vonȱ Wertenȱ undȱ ÜberȬ zeugungenȱsowieȱderȱdaraufȱaufbauendenȱEinstellungen.ȱSieȱistȱdieȱ amȱ tiefstenȱ gehendeȱ Veränderungȱ einerȱ Unternehmung.ȱ Dieȱ vonȱ allenȱ geteiltenȱ (kollektiven)ȱ Werte,ȱ Überzeugungenȱ undȱ EinstellunȬ genȱ bildenȱ denȱ Kernȱ derȱ sog.ȱ Unternehmungskultur.ȱ Ihreȱ ErkläȬ rungȱundȱGestaltungȱistȱsoȱbedeutsamȱwieȱschwierigȱundȱlangwieȬ rig,ȱ zuȱ sehenȱ z.B.ȱ beiȱ DeregulierungsȬȱ undȱ PrivatisierungsȬ bemühungen.ȱ Einenȱ ‚Beamtenapparat’ȱ inȱ ‚flexible,ȱ marktorientierteȱ undȱ unternehmerischeȱ Einheiten’ȱ zuȱ verwandeln,ȱ erfordertȱ besonȬ dereȱ Anstrengungenȱ allerȱ Beteiligtenȱ undȱ mussȱ überȱ RestrukturieȬ rungenȱ hinausȱ auchȱ dieȱ dreiȱ anderenȱ Formenȱ desȱ Wandelsȱ umfasȬ senȱ(z.B.ȱPOST,ȱTELEKOM,ȱBAHN).ȱȱ Wieȱ dieseȱ Überlegungenȱ deutlichȱ machen,ȱ greifenȱ dieȱ vierȱ Formenȱ desȱ Wandelsȱ unterschiedlichȱ tief.ȱ Diesȱ istȱ inȱ demȱ Schichtenmodellȱ vonȱ Abbildungȱ 2/2ȱ veranschaulicht.ȱ Dieȱ Tiefeȱ desȱ Wandelsȱ nimmtȱ tendenziellȱ vonȱ ‚oben’ȱ nachȱ ‚unten’ȱ zu.ȱ Diesȱ giltȱ unbeschadetȱ derȱ
54ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
vielfältigenȱ sachlogischenȱ undȱ prozessualenȱ Beziehungen,ȱ dieȱ inȱ einemȱkonkretenȱProgrammȱzwischenȱdiesenȱSchichtenȱbestehen.ȱȱ
Abbildungȱ2/2ȱ
FormenȱundȱObjekteȱdesȱWandelsȱ
Strukturen, Prozesse, Systeme, materielles Realisationspotential RESTRUKTURIERUNG Strategie REORIENTIERUNG Objekte und Formen des Wandels
Fähigkeiten, Verhalten REVITALISIERUNG Werte und Überzeugungen REMODELLIERUNG
ȱ
Das Thema: Vom Chemiebeamten zum ‚Erfinder Unternehmen’ Das Beispiel: BAYER AG/The New Bayer Die BAYER AG erlebte im Jahr 2001 einen drastischen Ergebniseinbruch. Ursachen waren der Vermarktungsstopp des Blockbuster Lipobay (Präparat zur Cholesterinsenkung) im Pharmageschäft sowie eine schlechte Konjunktur im Chemiegeschäft. Mit Beginn des Jahres 2002 begann ein Projekt zur Neuordnung des Konzerns. Aus einem Stammhauskonzern wurde – im Wesentlichen innerhalb eines Jahres – eine Strategische Management Holding, ‚The New Bayer’. Das Chemiegeschäft, Ursprung und Herzstück der alten ‚Farbenfabriken zu Leverkusen’, wurde ausgegliedert (LANXESS). Die verbleibenden Geschäfte wurden auf drei Kernbereiche konzentriert: Gesundheit (Health Care), Ernährung (Crop Science), hochwertige Materialien (Material Science). Auch innerhalb dieser Bereiche wurden Randaktivitäten aufgegeben (Abbau) und zukunftsträchtige Geschäfte durch Investitionen und Zukäufe gestärkt (Aufbau). Auch im Pharmabereich fand eine Fokussierung statt, beginnend mit den Forschungsfeldern, wo man sich jetzt auf Onkologie sowie Herz- und Kreislauferkrankungen konzentriert. Besonderes Gewicht wird auf den wachs-
55ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
tumsstarken Bereich der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente gelegt. Im Zuge der gesamten Entwicklung sank der Umsatz von 30,275 Mrd. € im Jahr 2001 (bei 116.900 Mitarbeitern) bis auf 23,278 Mrd. € in 2004, ehe er in 2005 auf 27,383 Mrd. € (bei 93.700 Mitarbeitern) anstieg. Das operative Ergebnis lag in 2001 bei 1,611 Mrd. € und erreichte in 2005 2,812 Mrd. €, was in etwa eine Verdoppelung der Umsatzrendite bedeutet. Bei der BAYER AG gingen die strategische Neuausrichtung (Reorientierung) und die Bewältigung der Ertragskrise (Restrukturierung) Hand in Hand. Abbau- und Umbaumaßnahmen erfolgten weitgehend parallel. Der Aufbau begann zeitlich versetzt. Die Fähigkeiten im Bereich der Forschung wurden teils verstärkt, teils konzentriert. Zusätzlich sind übergreifende Programme im Aufbau, die dem Wissens- und dem Ideenmanagement dienen. Sie sollen den innovativen Prozess auch außerhalb von F&E stimulieren. Alle diese Ansätze lassen sich der Revitalisierung zurechnen. Das gleiche gilt für die Stimulierung von internem Unternehmertum durch dezentrale Verantwortung und klare Performance-Orientierung. Mit der Leitidee vom ‚Erfinder Unternehmen’ wird auf den neu konfigurierten Arbeitsgebieten außerhalb der Chemie eine Remodellierung angestrebt, die mit der Welt des ‚Chemiebeamten’ vergangener Tage kaum noch Ähnlichkeiten aufweist.
2.1.3
Stoßrichtungen des Wandels: Abbau, Umbau und Aufbau
Einȱ ganzȱ anderesȱ Merkmalȱ praktischerȱWandlungsvorhabenȱistȱ deȬ renȱ Stoßrichtung.ȱ Danachȱ lassenȱ sichȱ rechtȱ klarȱ Programmeȱ desȱ Abbaus,ȱUmbausȱundȱAufbausȱunterscheiden,ȱeineȱEinteilung,ȱaufȱ dieȱimȱVerlaufȱdieserȱSchriftȱmehrfachȱzurückgegriffenȱwird.ȱȱ Abbau:ȱMitȱdiesemȱBegriffȱistȱdieȱZurückführungȱoderȱAufgabeȱvonȱ PositionenȱoderȱPotentialenȱgemeint,ȱgleichgültig,ȱobȱdiesȱfreiwilligȱ oderȱ gezwungenermaßenȱ geschieht.ȱ Einȱ strategischȱ relevanterȱ AbȬ bauȱliegtȱz.B.ȱdannȱvor,ȱwennȱdieȱUnternehmungȱsichȱzuȱeinerȱKonȬ zentrationsstrategieȱentschließt.ȱRandgeschäfteȱwerdenȱaufgegeben,ȱ dieȱ Wertschöpfungstiefeȱ wirdȱ umȱ solcheȱ Bereicheȱ verringert,ȱ dieȱ nichtȱ zurȱ Kernkompetenzȱ gehören.ȱ Derartigeȱ Maßnahmenȱ veränȬ dernȱnachhaltigȱdieȱErfolgspositionenȱundȱdieȱErfolgspotentiale.ȱ InȱaufbauorganisatorischerȱHinsichtȱbedeutetȱAbbauȱvorȱallemȱStelȬ lenabbau,ȱ Abflachungȱ derȱ Hierarchieȱ undȱ Dezentralisierung.ȱ Zuȱ
56ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
denkenȱistȱanȱdasȱStichwortȱ‚LeanȱManagement’,ȱalsoȱdieȱVerringeȬ rungȱderȱLeitungstiefeȱbeiȱgleichzeitigerȱErhöhungȱderȱLeitungsbreiȬ te.ȱ Eineȱ weitereȱ Veränderungȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ dieȱ Schaffungȱ kleinererȱ Einheitenȱ sowieȱ derȱAbbauȱ vonȱ zentralenȱ EinȬ heiten.ȱ Mindestensȱ vonȱ gleicherȱ Bedeutungȱ wieȱ dieȱ aufbauorganisatoriȬ schenȱ Veränderungenȱ sindȱ auchȱ ‚schlanke’ȱ Prozesse,ȱ alsoȱ einfacheȱ Abläufe,ȱ dieȱ möglichstȱ standardisiertȱ sindȱ undȱ ohneȱ LiegeȬȱ undȱ WartezeitenȱansȱZielȱführen.ȱDieȱGeschäftsprozesseȱsindȱzuȱstraffen,ȱ gegebenenfallsȱ auchȱ durchȱ eineȱ Rundumsachbearbeitungȱ abzuwiȬ ckeln.ȱDiesȱbedeutetȱeineȱZurücknahmeȱzuȱweitȱgetriebenerȱArbeitsȬ teilungȱundȱdamitȱeineȱReduktionȱderȱSchnittstellen,ȱderȱFehlerquelȬ lenȱundȱderȱDurchlaufzeiten.ȱDasȱOptimierenȱderȱGeschäftsprozesseȱ beginntȱzwarȱhier,ȱistȱallerdingsȱeinȱdurchgehendesȱThemaȱderȱReȬ organisationȱ(vgl.ȱz.B.ȱBest/Wethȱ2003).ȱ Abbaumaßnahmenȱ sindȱ inȱ besondererȱ Weiseȱ vonȱ personalpolitiȬ schenȱProblemenȱgeprägt,ȱdaȱsieȱmitȱeinemȱverändertenȱPersonalbeȬ darfȱinȱquantitativerȱwieȱqualitativerȱHinsichtȱeinhergehen.ȱ‚Abbau’ȱ istȱ daherȱ regelmäßigȱ mitȱ vielfältigenȱ Maßnahmenȱ desȱ HRMȱ verȬ bunden.ȱȱ Umbau:ȱ Wennȱ vorhandeneȱ Potentialeȱ undȱ Positionenȱ umgruppiertȱ undȱ erneuertȱ werden,ȱ ohneȱ dassȱ sieȱ grundsätzlichȱ inȱ Frageȱ gestelltȱ werden,ȱ wirdȱ vonȱ Umbauȱ gesprochen.ȱ ‚Umbau‘ȱ alsȱ strategischeȱ Maßnahmeȱ betrifftȱ denȱ alsȱ erfolgskritischȱ angesehenenȱ Kernȱ derȱ Unternehmung,ȱ derȱ gestärktȱ undȱ verbessertȱ werdenȱ sollȱ (KerngeȬ schäfte,ȱKernprozesse,ȱKernfunktionen).ȱUmbauprogrammeȱsindȱfürȱ denȱ betroffenenȱ Bereichȱ typischerweiseȱ eineȱ Kombinationȱ ausȱ EleȬ mentenȱdesȱAbbausȱundȱdesȱAufbaus.ȱAlsȱBeispielȱausȱdemȱBereichȱ derȱ Basisfähigkeitenȱ kannȱ dieȱ Einführungȱ einerȱ wichtigenȱ neuenȱ Verfahrenstechnologieȱ dienen,ȱ z.B.ȱ derȱ Ersatzȱ derȱ Schweißtechnikȱ imȱAutomobilbauȱdurchȱKlebetechnik.ȱVorhandeneȱFähigkeitenȱundȱ Einrichtungenȱ werdenȱ dabeiȱ zumindestȱ teilweiseȱ entbehrlich,ȱ neueȱ müssenȱaufgebautȱwerden.ȱȱ Inȱ organisatorischerȱ Hinsichtȱ istȱ anȱ dieȱ zahlreichenȱ Fälleȱ desȱ KonȬ zernumbausȱ zuȱ erinnern.ȱ Ausȱ historischȱ gewachsenenȱ UnternehȬ mungenȱ werdenȱ klarȱ gegliederte,ȱ strategischȱ ausgerichteteȱ OrganiȬ sationen.ȱ Anȱ dieȱ Stelleȱ vielfachȱ verbundenerȱ undȱ verschachtelterȱ Einheitenȱ tretenȱ autonomeȱ Subsystemeȱ (z.B.ȱ Sparten,ȱ GeschäftseinȬ
57ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
heiten),ȱinnerhalbȱ dererȱ relativȱüberschaubareȱundȱmöglichstȱ abgeȬ schlosseneȱ Aufgabenfelderȱ zuȱ bearbeitenȱ sindȱ undȱ dieȱ alsȱ Profitȱ Centerȱ geführtȱ werden.ȱ Hierarchischeȱ Abstimmungȱ wirdȱ teilweiseȱ vonȱ einerȱ marktlichenȱ Abstimmungȱ (Verrechnungspreise,ȱ interneȱ Märkte)ȱ abgelöst.ȱ Mehrfachaufgabenȱ werdenȱ inȱ demȱ ZusammenȬ hangȱ inȱ spezialisiertenȱ Centernȱ zusammengefasstȱ undȱ dortȱ kostenȬ günstigerȱbzw.ȱleistungssteigerndȱdurchgeführt,ȱsoȱfürȱdieȱvielfältiȬ genȱ Unterstützungsaufgabenȱ inȱ derȱ Bildungȱ sog.ȱ Sharedȱ Serviceȱ Centerȱ zuȱ sehenȱ (vgl.ȱ z.B.ȱ Krüger/Dannerȱ 2004).ȱ Dieȱ inȱ derȱ WertȬ schöpfungsketteȱ nachgelagertenȱ Organisationseinheitenȱ sindȱ alsȱ Kundenȱzuȱinterpretieren.ȱInȱletzterȱKonsequenzȱsollȱsichȱjederȱMitȬ arbeiterȱidealerweiseȱwieȱeinȱUnternehmerȱverhalten.ȱDieȱOrganisaȬ tionȱ hatȱ dannȱ dieȱ Rahmenbedingungenȱ fürȱ einȱ möglichstȱ breitesȱ internesȱ Unternehmertumȱ zuȱ schaffen.ȱ Flankierendȱ sindȱ personelleȱ MaßnahmenȱdesȱTrainingsȱundȱCoachingsȱeinzusetzen.ȱȱ Aufbau:ȱ Einȱ Aufbauȱ liegtȱ vor,ȱ wennȱ eineȱ Unternehmungȱ fürȱ sieȱ neueȱ Potentialeȱ oderȱ Positionenȱ mitȱ eigenenȱ Mittelnȱ schafftȱ (entȬ sprichtȱ internemȱ Wachstum)ȱ oderȱ durchȱ M&AȬAktivitätenȱ erwirbtȱ (entsprichtȱ externemȱ Wachstum).ȱ Entwederȱ werdenȱ imȱ Rahmenȱ vorhandenerȱ Kompetenzenȱ neueȱ Produkte/Leistungenȱ angeboten,ȱ neueȱ Regionenȱ oderȱ neueȱ Kundengruppenȱ erschlossen.ȱ Oderȱ esȱ entstehenȱ neueȱ Kompetenzen,ȱ dieȱ inȱ vorhandenenȱ oderȱ neuenȱ GeȬ schäftenȱ zuȱ Wettbewerbsvorteilenȱ führen.ȱ Aufbauȱ istȱ alsoȱ aufȱ dasȱ ‚doingȱrightȱthings’ȱkonzentriert,ȱimȱGegensatzȱzumȱAbbau,ȱderȱsichȱ mitȱ‚doingȱthingsȱright’ȱbefasst.ȱKleinereȱVeränderungenȱimȱAufgaȬ beninhaltȱ oderȱ Ȭvolumenȱ lassenȱ sichȱ nochȱ dadurchȱ auffangen,ȱ dassȱ einzelneȱ Stellenȱ oderȱ Gruppenȱ inȱ dieȱ vorhandenenȱ OrganisationsȬ einheitenȱ eingefügtȱ werden.ȱ Größereȱ Veränderungenȱ bedingenȱ dasȱ SchaffenȱneuerȱEinheiten.ȱJeȱmodularerȱundȱflexiblerȱderȱAusgangsȬ zustandȱorganisiertȱist,ȱdestoȱleichterȱlassenȱsichȱsolcheȱMaßnahmenȱ verwirklichen.ȱ Einȱ Aufbauprogrammȱ entsprichtȱ dannȱ demȱ Prinzipȱ derȱ Zellteilung.ȱ Esȱ werdenȱ z.B.ȱ weitereȱ Vertriebseinheitenȱ (NiederȬ lassungen/Vertriebsgesellschaften)ȱ gegründetȱ oderȱ ProduktionsȬȱ undȱMontagestandorteȱeröffnet.ȱ DasȱHauptaugenmerkȱimȱAufbauȱwirdȱzunächstȱaufȱdenȱwerthaltiȬ genȱ(operativen)ȱAktivitätenȱliegen.ȱAllerdingsȱmüssenȱdieȱsteuernȬ denȱundȱunterstützendenȱAufgabenȱundȱProzesseȱimȱweiterenȱVerȬ laufȱebenfallsȱangepasstȱwerden.ȱȱ
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Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
Besondereȱ Problemeȱ bereitetȱ inȱ allerȱ Regelȱ dieȱ Integrationȱ überȬ nommenerȱ Unternehmungen,ȱ wennȱ sieȱ –ȱ ganzȱ abgesehenȱ vonȱ perȬ sonellenȱundȱkulturellenȱUnterschiedenȱ–ȱeinenȱanderenȱorganisatoȬ rischenȱ Aufbauȱ alsȱ dieȱ übernehmendeȱ Unternehmungȱ aufweisen.ȱ DerȱVerwirklichungȱderȱIntegrationsziele,ȱdieȱletztlichȱdemȱAufbauȱ dienenȱsollen,ȱgehtȱdannȱregelmäßigȱeinȱAbbauȱundȱUmbauȱvoraus.ȱ Dieȱ dreiȱ Wandlungsprogrammeȱ korrespondierenȱ imȱ Übrigenȱ mitȱ demȱ Managementȱ einesȱ GeschäftsfeldȬPortfolios,ȱ z.B.ȱ aufȱ Basisȱ derȱ BCGȬMatrixȱ (MarktwachstumsȬ/Marktanteilsmatrix)ȱ undȱ denȱ dortȱ üblichenȱ Normstrategien.ȱ Nachwuchsgeschäfteȱ (‚Fragezeichen‘)ȱ verlangenȱ einenȱ Aufbauȱ oderȱ Umbau,ȱ ‚Stars‘ȱ wachsenȱ nochȱ (AufȬ bau).ȱFelder,ȱdieȱalsȱ‚CashȱCows‘ȱeingestuftȱwerden,ȱsindȱnormalerȬ weiseȱderȱStrategieȱdesȱHaltensȱunterworfen,ȱevtl.ȱkommtȱauchȱeinȱ UmbauȱinȱBetracht.ȱDieȱ‚armenȱHunde‘ȱschließlichȱerleidenȱUmbauȱ undȱAbbau.ȱEsȱistȱalsoȱeineȱFrageȱderȱUnternehmungssituationȱundȱ derȱ Unternehmungsstrategie,ȱ welcherȱ Programmschwerpunktȱ imȱ Einzelfallȱ zuȱ wählenȱ ist.ȱ Dieȱ Besonderheitenȱ desȱ jeweiligenȱ ProȬ grammsȱ(z.B.ȱ‚Abbau‘ȱdurchȱZusammenlegungȱvonȱStandortenȱoderȱ ‚Aufbau‘ȱdurchȱEinführungȱeinerȱneuenȱTechnologie)ȱundȱdieȱspeziȬ fischenȱ SituationsȬȱ undȱ Strategieerfordernisseȱ führenȱ zuȱ gänzlichȱ unterschiedlichenȱ Anforderungenȱ anȱ dasȱ Topmanagementȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 4.2)ȱ undȱ bedingenȱ z.B.ȱ andereȱ Formenȱ derȱ Implementierungȱ desȱ Wandelsȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 4.3).ȱ Strategischeȱ Erneuerungȱ inȱ demȱ hierȱ vorgetragenenȱVerständnisȱumfasstȱdaherȱweitȱmehrȱalsȱdasȱüblicheȱ ‚Changeȱ Management‘,ȱ dasȱ weitgehendȱ gleichbedeutendȱ istȱ mitȱ denȱEinführungsaktivitätenȱherkömmlicherȱProjekte.ȱ
2.1.4
Wandel in Turnaround- und Krisensituationen
Abbau,ȱUmbauȱundȱAufbauȱsindȱinȱdieserȱReihenfolgeȱcharakterisȬ tischeȱSequenzenȱinȱWandlungsprozessenȱderȱletztenȱJahre,ȱinȱdenenȱ UnternehmungenȱalleȱAnstrengungenȱunternehmen,ȱeinenȱAbwärtsȬ trendȱzuȱstoppenȱundȱzuȱeinerȱTrendumkehrȱzuȱgelangen.ȱDiesȱgiltȱ inȱ besondererȱ Deutlichkeitȱ undȱ Dramatikȱ fürȱ SanierungsȬȱ undȱ InȬ solvenzfälle,ȱalsoȱ fürȱ Unternehmungenȱinȱ derȱ Krise.ȱAbbildungȱ2/3ȱ zeigtȱ inȱ idealtypischerȱ Weiseȱ derartigeȱ Situationenȱ undȱ stelltȱ denȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Zusammenhangȱ zuȱ denȱ hierȱ diskutiertenȱ Fragenȱ desȱ Wandelsȱ herȱ (vgl.ȱKrügerȱ2006c).ȱ Eineȱ Unternehmungskriseȱ istȱ dadurchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ weȬ sentlicheȱ bzw.ȱ dominanteȱ Unternehmungszieleȱ nichtȱ erreichtȱ werȬ denȱundȱdadurchȱderȱFortbestandȱderȱUnternehmungȱgefährdetȱistȱ (vgl.ȱKrystekȱ1987,ȱS.ȱ4ff.).ȱKrisenȱkönnenȱunterschiedlichsteȱFormenȱ annehmen.ȱ Umȱ dieȱ Zusammenhängeȱ zuȱ Reorganisationsfragenȱ herausarbeitenȱzuȱkönnen,ȱwirdȱhierȱaufȱdieȱKrisentypisierungȱvonȱ Müllerȱzurückgegriffen,ȱderȱStrategieȬ,ȱErfolgsȬȱundȱLiquiditätskriseȱ unterscheidetȱ (vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ Müllerȱ 1986,ȱ S.ȱ 53ff.;ȱ Leupinȱ 1998,ȱS.ȱ25ff.).ȱInȱderȱStrategiekriseȱistȱderȱVerlustȱvonȱErfolgspotenȬ tialenȱ zuȱ beobachten,ȱ seiȱ esȱ z.B.,ȱ dassȱ einȱ Nachfolgeproblemȱ nichtȱ gelöstȱwird,ȱdassȱPatenteȱauslaufen,ȱneueȱTechnologienȱnichtȱrechtȬ zeitigȱbeachtetȱwerdenȱoderȱdassȱMarktȬȱundȱWettbewerbsänderunȬ genȱ falschȱ eingeschätztȱ werden.ȱ Dieȱ Erfolgskriseȱ istȱ durchȱ dasȱ Nichterreichenȱ vonȱ GewinnȬȱ undȱ Rentabilitätszielen,ȱ dieȱ LiquidiȬ tätskriseȱ durchȱ Gefährdungȱ derȱ Zahlungsfähigkeitȱ charakterisiert.ȱ Dieȱ Strategiekriseȱ kannȱ imȱ ÜbrigenȱAusdruckȱ vonȱ Unklarheitȱ oderȱ Uneinigkeitȱ anȱ derȱ Unternehmungsspitzeȱ sein;ȱ Konflikteȱunterȱ denȱ Gesellschafternȱ oderȱ Spannungenȱ zwischenȱ Aufsichtsorganȱ undȱ Geschäftsführungsorganȱ sindȱ hierȱ beispielsweiseȱ zuȱ nennen.ȱ Aberȱ auchȱandereȱAnspruchsgruppen,ȱwieȱz.B.ȱBankenȱoderȱMitarbeiterȬ vertreter,ȱwirkenȱaufȱdasȱGeschehenȱein.ȱBeiȱgravierendenȱundȱlänȬ gerȱ andauerndenȱ Spannungenȱ wirdȱ auchȱ vonȱ einerȱ StakeholderȬ kriseȱgesprochen.ȱȱ Einȱ besondersȱ häufigerȱ Verlaufȱ liegtȱ vor,ȱ wennȱ eineȱ strategischeȱ KriseȱzuȱeinerȱErfolgskriseȱführt,ȱdieȱsodannȱinȱeineȱLiquiditätskriseȱ mündet.ȱ Verschärftȱ wirdȱ dieȱ Situationȱ dadurch,ȱ dassȱ dieȱ UmsatzȬ kurveȱ undȱ dieȱ Kostenkurveȱ nichtȱ parallelȱ verlaufen.ȱ Umsätzeȱ breȬ chenȱ typischerweiseȱ schnellerȱ wegȱ alsȱ sichȱ Kostenȱ abbauenȱ lassen.ȱ Außerdemȱ verursachtȱ dieȱ Krisenbewältigungȱ regelmäßigȱ zunächstȱ zusätzlicheȱ Kosten,ȱ wasȱ dieȱ Ergebniskriseȱ nochȱ verschärftȱ (vgl.ȱ Friedrich/Lubosȱ1997,ȱS.ȱ10).ȱErfolgreichesȱKrisenmanagementȱmussȱ denȱ darinȱ liegendenȱ Abwärtstrendȱ stoppenȱ undȱ denȱ Turnaroundȱ bewirken.ȱ Dabeiȱ istȱ dieȱ zurȱ Verfügungȱ stehendeȱ Zeitȱ vollkommenȱ unterschiedlichȱ gelagertȱ undȱ nimmtȱ mitȱ derȱ Abfolgeȱ derȱ Krisenȱ drastischȱab.ȱWährendȱeineȱStrategiekriseȱnachȱdenȱErgebnissenȱvonȱ Hauschildtȱetȱal.ȱdurchschnittlichȱ385ȱTageȱdauert,ȱistȱdieȱErfolgskriseȱ
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Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
imȱDurchschnittȱmitȱ179ȱTagenȱanzusetzenȱundȱdieȱLiquiditätskriseȱ nurȱmitȱ53ȱTagenȱ(Hauschildtȱetȱal.ȱ2006,ȱS.ȱ21).ȱ Dieȱ Krisenbewältigungȱ beginnt,ȱ abgesehenȱ vonȱ finanziellenȱ SofortȬ maßnahmenȱ imȱ Falleȱ einerȱ Liquiditätskrise,ȱ zwangsläufigȱ mitȱ AbȬ bauȬȱ undȱ auchȱ Umbaumaßnahmen.ȱ Prozesse,ȱ Strukturenȱ undȱ ProȬ duktionsprogrammeȱ werdenȱ gestrafft.ȱ Esȱ kommtȱ zuȱ StandortȬ verlagerungenȱ undȱ OutsourcingȬAktivitäten.ȱ Imȱ Erfolgsfallȱ hatȱ dieȱ Unternehmungȱ ihreȱ Renditepositionȱ verbessertȱ undȱ istȱ zumindestȱ vorübergehendȱ wiederȱ wettbewerbsfähigȱ geworden.ȱ ErtragsȬȱ undȱ Liquiditätskriseȱsindȱüberstanden.ȱ WieȱderȱVerlaufȱzahlloserȱSanierungsȬȱundȱInsolvenzfälleȱallerdingsȱ zeigt,ȱ istȱ esȱ mitȱ Abbauȱ undȱ Umbauȱ alleinȱ nichtȱ getan.ȱ Dieȱ SchwäȬ chenȱ sindȱ zwarȱ beseitigtȱ (‚Diät’)ȱ undȱ damitȱ istȱ dasȱ Überlebenȱ zuȬ nächstȱgesichert.ȱKommtȱesȱimȱAnschlussȱdaranȱallerdingsȱnichtȱzuȱ einerȱUmorientierungȱundȱeinemȱgezieltenȱStärkenaufbauȱ(‚FitnessȬ training’),ȱdannȱerweistȱsichȱdieȱKrisenbewältigungȱalsȱzuȱkurzȱgeȬ griffen.ȱ Dieȱ nachhaltigeȱ Fortführungsfähigkeit,ȱ dieȱ ZukunftsfähigȬ keitȱ derȱ Unternehmung,ȱ istȱ nichtȱ gewährleistet.ȱ Dieȱ Strategiekriseȱ bleibtȱbestehen.ȱ Damitȱ istȱ dieȱ Notwendigkeitȱ desȱ Aufbausȱ angesprochen.ȱ KostenȬ senkungsprogrammeȱ z.B.ȱ erhöhenȱ dieȱ Effizienz,ȱ verändernȱ aberȱ nichtȱ denȱ Kursȱ derȱ Unternehmung.ȱ Imȱ schlimmstenȱ Fallȱ wirdȱ derȱ falscheȱ Kursȱ nunȱ mitȱ frischerȱ Kraftȱ verfolgt.ȱ Dieȱ Symptomeȱ sindȱ zwarȱ beseitigt,ȱ aberȱ dieȱ Fehlerursachenȱ imȱ Bereichȱ derȱ Strategieȱ bleibenȱ bestehen.ȱ Dieȱ alteȱ Krankheitȱ wirdȱ inȱ naherȱ Zukunftȱ erneutȱ ausbrechen.ȱ Ihreȱ Behandlungȱ –ȱ dasȱ Kurierenȱ derȱ Strategiekriseȱ –ȱ verlangtȱzunächstȱeineȱNeuformulierungȱderȱUnternehmungsȬȱbzw.ȱ Geschäftsstrategie.ȱ Dasȱ Ergebnisȱ sindȱ nichtȱ seltenȱ umfangreicheȱ strategischeȱManöverȱoderȱsogarȱradikaleȱKurswechsel,ȱz.B.ȱdieȱweitȱ verbreiteteȱAbkehrȱ vonȱ Diversifikationsstrategienȱ undȱ dieȱ KonzenȬ trationȱ aufȱ Kerngeschäfteȱ undȱ Kernkompetenzen.ȱ Einȱ erfolgreicherȱ strategischerȱ Kurswechselȱ undȱ dieȱ dementsprechendenȱ WandȬ lungsprogrammeȱ bewirkenȱ eineȱ neueȱ Aufschwungphase,ȱ führenȱ alsoȱzumȱgelungenenȱTurnaround.ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Das Thema: Unternehmen wachstumsorientiert erneuern Das Beispiel: SÜDDEUTSCHER VERLAG Der SÜDDEUTSCHE VERLAG ist ein im Wortsinn einmaliges Unternehmen: Mit seinem Kernobjekt, der Süddeutschen Zeitung (SZ), war er in München, in Bayern und darüber hinaus immer schon da, als Bestandteil unseres täglichen Lebens. Die Süddeutsche Zeitung ist eine Instanz im (süd)deutschen Leben; sie steht für prägnante Berichterstattung, für Lese- wie Lebensfreude und nicht zuletzt für Überraschung und Frische. Umso größer war die Überraschung, als sich im Herbst 2003 in unmittelbarer Insolvenzgefahr die Notwendigkeit einer umfassenden Restrukturierung des Verlagshauses abzeichnete. Die somit anstehenden Hausaufgaben waren die Erwartbaren, von ‚harten Einschnitten’ im Komfortniveau der Organisation über ‚konsequenten Personalabbau’ bis hin zum ‚Bereinigen strategisch nicht notwendiger Geschäfte’. Also das bekannte Sanierungsvokabular mit seinen notwendigen wie schmerzhaften Begleiterscheinungen. Spätestens in der Nachschau des erfolgreichen Turnaround des SÜDDEUTVERLAGS wird klar, dass es einer deutlich umfassenderen Transformation des Unternehmens bedurfte, die von Beginn an vor allem seine zukünftige Geschäftsbasis sicherstellte.
SCHEN
In der auf Hochtouren laufenden Maschinerie der Mittelfreisetzung und Kostensenkung wurden alle Assets auf ihren Wertbeitrag geprüft. ‚CashDrain’-Situationen mussten abgestellt werden; gleichzeitig wurden erreichte Positionen mit begründetem Geschäftspotential auch gegen Widerstände erhalten. In der Nachschau hat der Verlag gut daran getan, einzelne Objekte und Produktbestandteile, die sich gleichsam per se für die Streichliste anboten, nicht aufzugeben. Heute liefern sie jene Geschäftsbeiträge, ohne die eine Wachstumsperspektive kaum realistisch wäre. Des Weiteren zeichnete sich während der Restrukturierung ein Wettlauf zwischen den erreichten Kostensenkungen und der nicht enden wollenden Anzeigenkrise ab: De facto holte die immer weiter gehende Anzeigenmarktverschlechterung die erreichten Kostensenkungseffekte beinahe kompensierend ein; dies obwohl sich die SZ besser als der Gesamtmarkt entwickelte. Die Lehre daraus ist einfach: Es genügt nicht, Kosten zu senken. Und es genügt auch nicht, Kosten zu senken und Voraussetzungen für zukünftiges Wachstum zu schaffen. Darüber hinaus sollte dieses Wachstum bereits im Turnaround-Prozess wirklich erzielt werden - und eben dies hat der SÜDDEUTSCHE VERLAG getan. So stand neben der Straffung der Kostenbasis und Stärkung der Kapitalbasis von Beginn an die Strategie auf dem Prüfstand – dies in einer Weise, die in Zeiten ruhigeren Fahrwassers undenkbar gewesen wäre. Erstes Kern-
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Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
stück der strategischen Neuausrichtung war eine wachstumsgerichtete Überprüfung des Geschäftsportfolios aller Geschäftsbereiche, die in Bereinigungen wie auch in (internen und externen) Wachstumsinvestitionen mündete. Zweiter integraler Bestandteil war die Formulierung eines ‚Verlegerischen Gesamtkonzepts’ für die Süddeutsche Zeitung als Flagschiff der Geschäftsentwicklung mit dem Ziel, das bestehende Geschäft zu sichern und zusätzliches auszubauen. Primat des Handelns ist es hier, die differenzierenden Merkmale der SZ unternehmerisch weiterzuentwickeln - mit besonderem Blick auf die Objektqualität, auf neue Formate und Objekte, die von der Marke profitieren und sie gleichzeitig stärken. Dabei kommt es, wie Klaus Josef Lutz, Geschäftsführer des SÜDDEUTSCHEN VERLAGS, sagt: „[…] darauf an, dass Verlag und Redaktion beim Auf- und Umsetzen von Projekten eng zusammenarbeiten. Zweitens übernehmen bei uns die Redaktion die professionelle inhaltliche Entwicklung und der Verlag – ebenso professionell – die Vermarktung. Schließlich machen wir drittens nur Geschäfte, die zur Marke SZ passen.“ Im Nachhinein fügt sich oft alles zu einem geschlossenen Gesamtbild und erzielte Erfolge erscheinen von Beginn an absehbar. So verhält es sich auch mit den neuen Produkten und Services, die die SZ ab 2004 gegen erhebliche Marktwiderstände mit den damit verbundenen Risiken lancierte. Impetus für den Verlag war es dabei, seine Abhängigkeit vom Werbemarkt zu lösen und arrondierende Erlösquellen zu erschließen. Der wachsenden Bedeutung dieses neuen Geschäftsfelds ebenso bewusst wie der begrenzten Halbwertszeit der Ausgangsprodukte Buch, CD und DVD, wird dieses Zusatzgeschäft derzeit von Einmal-Produkten hin zu intelligenten Service-Leistungen mit Abonnement-Charakter fortentwickelt. „Aus dem Sprint ist längst ein Langstreckenlauf geworden – und die Kondition der Verlagsgruppe stimmt!“, so Karl Ulrich (ROLAND BERGER STRATEGY CONSULTANTS), der den Verlag umfassend begleitet hat. Sind damit nun alle Hausaufgaben gemacht? Sicherlich nicht, denn stetiger Wandel bleibt die Maxime des Verlagshauses. So ist eine Verschärfung der ‚Zeitungskonjunktur’ angesichts struktureller Änderungen durch den Trend von konventionellen Printmedien hin zu digitalen Medien nicht aufzuhalten; gleichzeitig finden wir Indikatoren für neue Marktchancen in den Printmedien. Der SÜDDEUTSCHE VERLAG arbeitet auch hier mit Hochdruck an konkreten Antworten. Worauf kommt es in der Gesamtschau des Change-Prozesses besonders an? Darauf, von Beginn an eine umfassende Entwicklungsperspektive zu verfolgen, auch in schwierigen Zeiten eine ‚Null-Fehler-Kultur’ durch eine Innovationskultur zu ersetzen, robuste, bewältigbare Schritte zu planen und tatsächlich zu gehen. Und nicht zuletzt geht es darum, sich selbst und sein Tun immer wieder konstruktiv in Frage zu stellen: die verfolgten Ziele, den eigenen Marktauftritt, das erreichte Ergebnis.
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Abbau,ȱUmbauȱundȱAufbauȱdienenȱderȱStärkungȱvorhandenerȱbzw.ȱ derȱ Entwicklungȱ neuerȱ organisatorischerȱ Basisfähigkeiten.ȱ Dieȱ hierfürȱ erforderlichenȱ tiefȱ greifendenȱ Veränderungenȱ erfordernȱ zuȱ ihrerȱerfolgreichenȱDurchführungȱdynamischeȱFähigkeitenȱ1.ȱOrdȬ nung.ȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ keineȱ geeignetenȱ Routinenȱ besitzen,ȱ lassenȱ sichȱ typischerweiseȱ durchȱ externeȱ Beraterȱ unterstützen.ȱ Inȱ neuesterȱ Zeitȱ wirdȱ auchȱ verstärktȱ aufȱ InterimȬManagerȱ zurückgeȬ griffen,ȱ dieȱ imȱ Unterschiedȱ zuȱ Beraternȱ inȱ dieȱ Geschäftsführungȱ eingebundenȱwerden,ȱalsoȱdieȱUmsetzungȱoperativȱzuȱverantwortenȱ haben.ȱ Beiȱ Erfolgȱ hatȱ dasȱ Krisenmanagementȱ imȱ herkömmlichenȱ VerständnisȱseineȱAufgabeȱerfüllt.ȱ
Abbildungȱ2/3ȱ
WandelȱinȱTurnaroundȬSituationenȱ Umsatz/ Kosten
Strategiekrise
Erfolgskrise
Liquiditätskrise Dynamische Fähigkeiten 2. Ordnung: Sicherung kontinuierlicher Weiterentwicklung
Erforderliche organisatorische Fähigkeiten:
Dynamische Fähigkeiten 1. Ordnung: Bewältigung tief greifenden Wandels
Zukunftsfähigkeit
Basisfähigkeiten: Beherrschung des Tagesgeschäfts Umsatzentwicklung
Kostenentwicklung
Stoßrichtungen des Wandels:
Abbau
Umbau
Aufbau Zeit
ȱ
Offenȱ bleibtȱ allerdingsȱ dieȱ Frage,ȱ obȱ dieȱ erreichteȱ Erfolgspositionȱ nachhaltigȱ ist.ȱ Dieȱ Unternehmungȱ hatȱ zwarȱ imȱ Verlaufȱ desȱ TurnȬ aroundsȱ ihreȱ verlorenȱ gegangeneȱ Wettbewerbsfähigkeitȱ zurückgeȬ wonnen.ȱ Fürȱ ihreȱ Zukunftsfähigkeitȱ istȱ esȱ allerdingsȱ zwingendȱ erȬ forderlich,ȱ ihreȱ Basisfähigkeitenȱ permanentȱ zuȱ überprüfenȱ undȱ weiterzuentwickeln,ȱ umȱ imȱ Wettbewerbsprozessȱ nichtȱ erneutȱ zuȬ rückzufallen.ȱ Dieȱ Herausforderungȱ bestehtȱ alsoȱ darin,ȱ sichȱ dieȱ FäȬ
64ȱ
Wandlungsprogramme als Wege zur strategischen Erneuerung
2.1
higkeitȱ zumȱ permanentenȱ Wandel,ȱ zurȱ kontinuierlichenȱ EntwickȬ lung,ȱ anzueignen.ȱ Damitȱ sindȱ dieȱ dynamischenȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnungȱ angesprochenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 2/3).ȱ Defiziteȱ beiȱ diesenȱ FähigȬ keitenȱlassenȱsichȱaufȱDauerȱnichtȱdurchȱRückgriffȱaufȱexterneȱHilfeȱ ausgleichen.ȱSieȱmüssenȱinternȱaufgebautȱwerden.ȱȱ
2.1.5
Tief greifender Wandel im Prozess der Unternehmungsentwicklung
Welcheȱ Formȱ desȱ Wandelsȱ eineȱ Unternehmungȱ benötigt,ȱ hängtȱ neȬ benȱdenȱübergreifendenȱEntwicklungenȱihrerȱBranche,ȱRegionȱoderȱ gesamtenȱVolkswirtschaftȱauchȱdavonȱab,ȱinȱwelchemȱStadiumȱihrerȱ eigenenȱEntwicklungȱsieȱsichȱbefindet.ȱ‚JungeȱPionierunternehmunȬ gen‘ȱ weisenȱ z.B.ȱ andereȱ Charakteristikaȱ aufȱ alsȱ ‚reifeȱ Konzerne‘.ȱ NationaleȱNischenanbieterȱbenötigenȱandereȱFähigkeitenȱalsȱ‚Globalȱ Player’.ȱUnternehmungenȱbesitzenȱzwarȱkeinenȱfestenȱLebenszyklusȱ (vgl.ȱKrügerȱ1994,ȱS.ȱ344ff.),ȱaberȱcharakteristischeȱEntwicklungsstaȬ dien.ȱ Daherȱ solltenȱ inȱ jedemȱ Einzelfallȱ dieȱ Besonderheitenȱ desȱ erȬ reichtenȱ ‚Lebensstadiums’ȱ ermitteltȱ undȱ esȱ sollteȱ geprüftȱ werden,ȱ welchenȱAnforderungenȱdieȱUnternehmungȱinȱdemȱzukünftigȱangeȬ strebtenȱStadiumȱausgesetztȱseinȱwird.ȱTypischerweiseȱenthaltenȱdieȱ ÜbergängeȱzwischenȱzweiȱStadienȱTransformationsvorgänge;ȱsoȱz.B.ȱ wennȱ eineȱ Pionierunternehmung,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ Personȱ desȱ Gründersȱ zugeschnittenȱist,ȱstarkȱwächstȱundȱdemgemäßȱeineȱpersonenunabȬ hängigeȱOrganisation,ȱausgebauteȱSystemeȱundȱdenȱEinsatzȱprofesȬ sionellenȱ Managementsȱ benötigt.ȱ Ähnlichȱ gravierendenȱ Problemenȱ sehenȱ sichȱ Mittelständlerȱ ausgesetzt,ȱ dieȱ eineȱ Nachfolgeregelungȱ benötigen.ȱ Eineȱ Diversifikationȱ istȱ ebensoȱ einȱ TransformationsproȬ zessȱ wieȱ dieȱ inȱ derȱ Gegenrichtungȱ laufendeȱ Fokussierung.ȱ Nichtȱ zuletztȱ verbindenȱ sichȱ mitȱ demȱ Übergangȱ einerȱ nationalenȱ oderȱ exportorientiertenȱ Unternehmungȱ zumȱ ‚Globalȱ Player’ȱ derzeitȱ fürȱ vieleȱ Firmenȱ erheblicheȱ AbbauȬ,ȱ UmbauȬȱ undȱ Aufbauprobleme.ȱ DerartigeȱÜbergangsstadienȱsindȱimmerȱBrennpunkteȱderȱEntwickȬ lungȱ undȱ verlangenȱ nachȱ tiefȱ greifendemȱ undȱ weitȱ reichendemȱ Wandel,ȱ bietenȱ alsoȱ Anlassȱ zurȱ strategischenȱ Erneuerung.ȱ Davonȱ betroffenȱsindȱPotentialeȱundȱPositionenȱgleichermaßen.ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
2.2
Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2.1
Vorgehensmodell
Grundlageȱ fürȱ Wandlungsvorhabenȱ sindȱ inȱ derȱ Praxisȱ dieȱ vielfältiȬ genȱ organisatorischenȱ undȱ methodischenȱ Instrumenteȱ desȱ ProjektȬ managements,ȱ dieȱ mittlerweileȱ weitgehendȱ standardisiertȱ sind,ȱ fürȱ transformativenȱ Wandelȱ aberȱ angepasstȱ undȱ modifiziertȱ werdenȱ müssen.ȱȱ Allerdingsȱ unterscheidenȱ sichȱ Transformationsvorhabenȱ vonȱ eherȱ zumȱ Arbeitsalltagȱ gehörendenȱ Projektenȱ reproduktivenȱ Wandelsȱ dadurch,ȱ dassȱ esȱ jetztȱ umȱ neueȱ Strategienȱ undȱ Fähigkeitenȱ gehtȱ sowieȱ umȱ Grundsatzentscheidungenȱ überȱ dasȱ Selbstverständnisȱ undȱdenȱKursȱderȱUnternehmung.ȱDiesȱsindȱkeineȱreinenȱ‚SachprobȬ leme’,ȱ undȱ insofernȱ istȱ Managementȱ desȱ Wandelsȱ nichtȱ nurȱ ManaȬ gementȱvonȱSachfragen.ȱDieȱTransformationszieleȱundȱdieȱWegeȱzuȱ ihrerȱErreichungȱsindȱmangelsȱErfahrungȱkaumȱeindeutigȱbestimmȬ bar.ȱEsȱhandeltȱsichȱalsoȱseltenȱumȱalsȱrichtigȱoderȱfalschȱbeweisbareȱ Entscheidungen.ȱ Nurȱ wennȱ alleȱ Beteiligtenȱ festȱ vonȱ derȱ UnabweisȬ barkeitȱ undȱ Richtigkeitȱ überzeugtȱ sind,ȱ wennȱ alleȱ allesȱ tun,ȱ umȱ inȱ derȱ eingeschlagenenȱ Richtungȱ voranzukommen,ȱ dannȱ werdenȱ dieȱ angestrebtenȱErgebnisseȱauchȱtatsächlichȱeintreten.ȱUmgekehrtȱgilt,ȱ dassȱ schonȱ mancherȱ ‚genialeȱ Plan‘ȱ gescheitertȱ ist,ȱ weilȱ niemandȱ soȱ rechtȱanȱihnȱglaubteȱoderȱweilȱerȱnurȱhalbherzigȱverfolgtȱwurde.ȱDieȱ Richtigkeitȱ derȱ Entscheidungȱ entstehtȱ alsoȱ dadurch,ȱ dassȱ manȱ sieȱ energischȱverwirklicht.ȱDieȱZukunftȱ‚trittȱnichtȱein‘,ȱsoȱwieȱeinȱüberȬ raschenderȱBesucher,ȱsondernȱdieȱZukunftȱeinerȱUnternehmungȱistȱ dieȱ Summeȱ derȱ nachdrücklichenȱ undȱ nachhaltigenȱ UnternehȬ mungsaktivitäten.ȱ‚Zukunft‘ȱwirdȱnichtȱnurȱerlebtȱundȱerlitten,ȱsonȬ dernȱmussȱundȱkannȱaktivȱgestaltetȱwerden.ȱGenauȱdazuȱsindȱTransȬ formationsprozesseȱerforderlich.ȱ Fürȱ dieȱ Wandlungsverantwortlichenȱ bedeutetȱ dies,ȱ dassȱ derȱ persoȬ nalenȱ Dimensionȱ desȱ Geschehensȱ besondereȱ Aufmerksamkeitȱ zuȱ widmenȱ ist.ȱ Zumȱ einenȱ mussȱ einȱ Bewusstseinȱ fürȱ dieȱ NotwendigȬ keitȱundȱDringlichkeitȱdesȱWandelsȱgeschaffenȱwerden,ȱundȱimȱweiȬ terenȱVerlaufȱdesȱProzessesȱmüssenȱgegebenenfallsȱneueȱEinstellunȬ genȱ undȱ Überzeugungenȱ derȱ Beteiligtenȱ entstehen.ȱ WandlungsȬ managementȱistȱinsofernȱeinȱManagementȱvonȱBewusstseinslagen.ȱ
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Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
Zumȱanderenȱistȱesȱerforderlich,ȱdieȱnotwendigeȱUnterstützungȱundȱ Prozessenergieȱ zuȱ aktivierenȱ undȱ überȱ denȱ gesamtenȱ Prozessȱ hinȬ wegȱ aufrechtȱ zuȱ erhalten,ȱ damitȱ derȱ Wandelȱ nichtȱ versickertȱ undȱ versandet.ȱDieȱOpponentenȱundȱBedenkenträger,ȱaberȱauchȱdieȱgroȬ ßeȱ Zahlȱ derȱ Abwartenden,ȱ Indifferentenȱ undȱ Passivenȱ sindȱ zuȱȱȱȱ überwinden.ȱWandlungsmanagementȱistȱEinflussmanagement.ȱ Dieȱ verschiedenenȱ veröffentlichtenȱ Prozessmodelleȱ unterscheidenȱ sichȱ u.a.ȱ deutlichȱ inȱ derȱ Abdeckungȱ derȱ erläutertenȱ ManagementȬ aufgaben.ȱ Einȱ Modell,ȱ dasȱ dabeiȱ besondersȱ positivȱ hervorsticht,ȱ istȱ dasȱachtstufigeȱModellȱvonȱKotterȱ(1996).ȱAusȱeinerȱkritischenȱAusȬ einandersetzungȱ mitȱ Kottersȱ Argumentationȱ undȱ aufbauendȱ aufȱ eigenenȱ Erfahrungenȱ undȱ Erhebungenȱ entstandȱ dieȱ imȱ weiterenȱ VerlaufȱverwendeteȱAblaufdarstellungȱ(vgl.ȱAbb.ȱ2/4).ȱSieȱbeschreibtȱ denȱ Prozessȱ tiefȱ greifendenȱ undȱ weitȱ reichendenȱ Wandelsȱ anhandȱ vonȱ fünfȱ Phasen:ȱ Initialisierung,ȱ Konzipierung,ȱ Mobilisierung,ȱ Umsetzung,ȱVerstetigung.ȱ
Abbildungȱ2/4ȱ
WandlungsprozessȱundȱWandlungsmanagementȱ Wandlungsprozess und Wandlungsmanagement Phasen des Wandels Initialisierung - Wandlungsbedarf feststellen - Wandlungsträger aktivieren
Konzipierung - Wandlungsziele festlegen - Maßnahmenprogramme entwickeln
Mobilisierung
Umsetzung
- Wandlungskon- - Prioritäre Vorhaben durchzept kommuniführen zieren - Folgeprojekte - Wandlungsbedurchführen reitschaft und Wandlungsfähigkeit schaffen
Verstetigung - Wandlungsergebnisse verankern - Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit sichern
Aufgaben des Wandlungsmanagements Zielzustand der Unternehmung Ausgangszustand der Unternehmung
t
ȱ
DieȱfünfȱPhasenȱbildenȱdenȱRahmenȱfürȱeineȱAnalyseȱderȱAufgabenȱ desȱ Wandlungsmanagements.ȱ Dabeiȱ werdenȱ jeweilsȱ dieȱ beidenȱ wichtigstenȱ Aufgabenȱ einerȱ Phaseȱ bestimmt.ȱ Diesȱ istȱ mitȱ hoherȱ Trennschärfeȱ möglichȱ undȱ liefertȱ deutlicheȱ Unterschiedeȱ inȱ denȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Aufgabeninhalten.ȱDamitȱergebenȱsichȱzehnȱAufgaben,ȱdieȱvonȱderȱ BestimmungȱdesȱWandlungsbedarfsȱinȱderȱKonzipierungsphaseȱbisȱ zurȱ Sicherungȱ derȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ derȱ WandlungsfäȬ higkeitȱinȱderȱVerstetigungsphaseȱreichen.ȱSieȱlassenȱsichȱinȱTeilaufȬ gabenȱderȱWandlungsverantwortlichenȱweiterȱauffächern.ȱ
2.2.2
Initialisierung
Charakteristik:ȱ Dieȱ Identifikationȱ undȱ verbindlicheȱ Feststellungȱ einesȱsachlichȱnotwendigenȱWandelsȱ(Aufgabeȱ1:ȱWandlungsbedarfȱ feststellen)ȱundȱdieȱAktivierungȱderȱWandlungsträgerȱ(Aufgabeȱ2)ȱ sindȱAktivitätenȱ derȱ Prozessauslösung.ȱAufgabeȱ 1ȱ mussȱ dieȱ sachliȬ cheȱ Notwendigkeitȱ desȱ Wandelsȱ klären,ȱAufgabeȱ 2ȱ dieȱ KräftekonsȬ tellationȱ erkundenȱ undȱ dieȱ notwendigeȱ Überzeugungsarbeitȱ imȱ Führungskreisȱ leisten,ȱ umȱ anschließendȱ denȱ weiterenȱ Prozessȱ inȱ Gangȱzuȱbringen.ȱ Aufgabeȱ1:ȱWandlungsbedarfȱfeststellenȱ Problembewusstseinȱ erzeugen:ȱ Dieȱ Analyseȱ derȱ internenȱ wieȱ exȬ ternenȱSituationȱlässtȱeinenȱgrößerenȱVeränderungsbedarfȱerkennen.ȱ ImȱerstenȱSchrittȱgiltȱesȱnun,ȱimȱFührungskreisȱeinȱBewusstseinȱfürȱ dieȱ Notwendigkeitȱ undȱ Dringlichkeitȱ desȱ Wandelsȱ zuȱ erzeugen,ȱ einenȱ‚senseȱofȱurgency’ȱ(vgl.ȱKotterȱ1996,ȱS.ȱ35ff.).ȱȱ Visionȱ entwickeln:ȱ Dieȱ Richtungȱ inȱ derȱ sichȱ derȱ Wandelȱ bewegenȱ soll,ȱmussȱimȱIdealfallȱvonȱeinerȱZukunftsvisionȱderȱUnternehmungȱ bestimmtȱsein.ȱSieȱzuȱentwickelnȱundȱz.B.ȱinȱeinemȱLeitbildȱniederȬ zulegen,ȱistȱSacheȱderȱUnternehmungsspitze.ȱ Aufgabeȱ2:ȱWandlungsträgerȱaktivierenȱ Wandlungskoalitionȱ formen:ȱ Unternehmungsprozesseȱ sindȱ auchȱ alsȱeinȱKraftfeldȱzuȱbegreifen,ȱbestehendȱausȱPromotoren,ȱOpponenȬ tenȱ undȱ Unentschiedenen.ȱ Esȱ kommtȱ daraufȱ an,ȱ dieȱ möglichenȱ PromotorenȱzuȱidentifizierenȱundȱfürȱdenȱWandelȱzuȱgewinnen.ȱSieȱ bildenȱ dieȱ Trägerȱ desȱ Wandels,ȱ womitȱ diejenigenȱ Personenȱ bzw.ȱ Gruppenȱ bezeichnetȱ werden,ȱ dieȱ einenȱ maßgeblichenȱ Einflussȱ aufȱ denȱVerlaufȱundȱdasȱErgebnisȱdesȱWandlungsprozessesȱausüben.ȱ
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Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
Wandlungsprozessȱ auslösen:ȱ Dieȱ Wandlungskoalitionȱ bzw.ȱ ihrȱ Repräsentantȱ (z.B.ȱ Vorsitzenderȱ desȱ Vorstandsȱ oderȱ Aufsichtsrats)ȱ löstȱ anschließendȱ denȱ sichtbarenȱ Teilȱ desȱ Veränderungsprozessesȱ aus.ȱDieȱWandlungsbedarfeȱsindȱgenauerȱzuȱkonkretisieren,ȱundȱdieȱ VorgehensweiseȱzuȱihrerȱBewältigungȱistȱfestzulegen.ȱȱ Checkliste zur Phase 1: Initialisierung Aufgabe 1: Wandlungsbedarf feststellen Welches sind die kritischen Erfolgsfaktoren der Unternehmung/der Geschäftsfelder? Von welchen marktlichen und außermarktlichen Einflussgrößen ist die Unternehmung/sind die Geschäfte abhängig? Welche internen und externen Veränderungen/Impulse/Anregungen sind zu beobachten/zu erwarten? Welche Vorstellungen/Ideen/Visionen hinsichtlich der eigenen Zukunft liegen dem Vorgehen der Unternehmung/der Geschäftsfelder zugrunde? Gibt es aufgrund eigener Absichten oder/und externer Entwicklungen erkennbaren Bedarf an grundsätzlichen Änderungen? Worin genau besteht dieser Änderungsbedarf in sach-technischer, finanzieller, zeitlicher und personeller Hinsicht? Aufgabe 2: Wandlungsträger aktivieren Wer ist von den erforderlichen Veränderungen voraussichtlich betroffen? Welche Bedürfnisse und Interessen haben die Betroffenen? Welche Vor- und Nachteile/Chancen und Risiken ergeben sich aufgrund des Wandels für sie? Wer/welche Gruppe resp. Einheit ist als Gegner bzw. Befürworter des Wandels einzustufen? Wer/welche Gruppe wird sich abwartend verhalten? Wie können die möglichen Befürworter für das Vorhaben gewonnen werden? Wie ist mit Opponenten und Indifferenten umzugehen? Wie stellen sich die Kräfteverhältnisse insgesamt dar? Ist das Unterstützungs- und Durchsetzungspotential groß genug, um den Wandel in Gang zu bringen und zum Erfolg zu führen? Wer entwickelt mit wem bis wann ein Wandlungskonzept? Welche Unterstützung ist hierfür erforderlich?
69ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
2.2.3
Konzipierung
Charakteristik:ȱ Aufȱ denȱ Anstoßȱ zumȱ Wandelȱ folgtȱ dieȱ KonzipieȬ rungȱ desȱ Wandlungsvorhabens.ȱ Hierzuȱ zähltȱ dieȱ Festlegungȱ derȱ Stoßrichtungenȱ desȱ Wandelsȱ (Aufgabeȱ 3:ȱ Wandlungszieleȱ festleȬ gen)ȱ sowieȱ derȱ Entwurfȱ undȱ dieȱ Bewertungȱ geeigneterȱ LösungsalȬ ternativenȱ zurȱ Deckungȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ (Aufgabeȱ 4:ȱ MaßȬ nahmenprogrammeȱentwickeln).ȱAbgeleitetȱausȱbzw.ȱangeleitetȱvonȱ derȱUnternehmungsstrategieȱistȱeineȱdenȱWandlungsbedarfȱdeckenȬ deȱWandlungsstrategieȱzuȱentwickeln,ȱinȱderȱdieȱexternenȱEntwickȬ lungenȱ sowieȱ dieȱ internenȱ Stärkenȱ undȱ Schwächenȱ berücksichtigtȱ undȱ durchȱ geeigneteȱ Maßnahmenprogrammeȱ einerȱ gezieltenȱ VerȬ änderungȱzugeführtȱwerden.ȱAuchȱdieȱRealisierungȱdieserȱVorhabenȱ inȱsachlicher,ȱzeitlicher,ȱinstitutionellerȱundȱpersonellerȱHinsichtȱistȱ zuȱdurchdenken.ȱDiesȱbedeutetȱnichtsȱanderes,ȱalsȱdieȱOrganisationȱ desȱWandelsȱzuȱplanen.ȱAlsȱErgebnisȱdieserȱPhaseȱmussȱfeststehen,ȱ woȱ undȱ inȱ welcherȱ Formȱ ‚Abbau,ȱ Umbau,ȱAufbau‘ȱ stattfindenȱ solȬ len.ȱ Aufgabeȱ3:ȱWandlungszieleȱfestlegenȱ Zieleȱ undȱ Rahmenbedingungenȱ festlegen:ȱ Dieȱ Wandlungszieleȱ sindȱ Ausdruckȱ derȱ Unternehmungsvisionȱ undȱ langfristigerȱ UnterȬ nehmungsziele,ȱ entstehenȱ alsoȱ ausȱ demȱ Herunterbrechenȱ übergeȬ ordneterȱ Zielvorstellungen,ȱ dieȱ durchȱ denȱ Wandelȱ erreichtȱ werdenȱ sollen.ȱJeȱpräziserȱdieȱWandlungszieleȱformuliertȱsind,ȱdestoȱgenauȬ erȱistȱdieȱRichtungȱfürȱdieȱMaßnahmenȱderȱZielerreichungȱvorgegeȬ benȱ undȱ destoȱ besserȱ lassenȱ sichȱ dieȱ Aufgabenȱ desȱ späterenȱ ProȬ grammȬManagementsȱ erfüllen.ȱ Zielsetzungenȱ werdenȱ durchȱ Rahmenbedingungenȱ begrenzt,ȱ dieȱ esȱ ebenfallsȱ festzustellenȱ bzw.ȱ festzulegenȱgilt.ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱinterneȱwieȱexterneȱFaktoȬ ren,ȱdieȱimȱkonkretenȱFallȱalsȱgegebenȱundȱunveränderbarȱzuȱgeltenȱ habenȱundȱdenȱWandlungsspielraumȱbegrenzen.ȱ Dieȱ Zielklarheit,ȱ zuȱ derȱ dieȱ kleineȱ Zahlȱ derȱ Wandlungsträgerȱ vorȬ dringenȱmuss,ȱkannȱinȱeinemȱkrassenȱGegensatzȱzuȱdenȱoffenȱgeäuȬ ßertenȱ Vorstellungenȱ stehen.ȱ Einȱ zuȱ frühesȱ Bekanntwerdenȱ vonȱ Detailsȱ kannȱ dasȱ gesamteȱ Projektȱ gefährden.ȱ Insbesondereȱ beiȱ zuȱ erwartendemȱ Widerstandȱ (‚Opponenten‘)ȱ werdenȱ dieȱ Promotorenȱ desȱ Wandelsȱ amȱ Anfangȱ desȱ Prozessesȱ eherȱ aufȱ Geheimhaltungȱ
70ȱ
Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
oderȱsogarȱgezielteȱDesinformationȱsetzenȱalsȱaufȱumfassendeȱAufȬ klärung.ȱDiesȱsindȱtypischeȱSchachzügeȱdesȱEinflussmanagements.ȱ Aufgabeȱ4:ȱMaßnahmenprogrammeȱentwickelnȱ Projektverantwortungȱ undȱ Aufgabenverteilungȱ regeln:ȱ Beiȱ komȬ plexenȱ Vorhabenȱ sindȱ dieȱ verschiedenenȱ Objektbereicheȱ desȱ WanȬ delsȱ zumȱ Gegenstandȱ abgegrenzterȱ Projekteȱ zuȱ machen.ȱ Darausȱ folgtȱ dieȱ Aufgabe,ȱ dieȱ Arbeitsteilungȱ undȱ Koordinationȱ zwischenȱ diesenȱeinzelnenȱVorhabenȱzuȱplanen.ȱEsȱsindȱz.B.ȱProgrammbeaufȬ tragte,ȱ Lenkungsausschüsseȱ undȱ Projektleiterȱ zuȱ bestimmenȱ undȱ miteinanderȱ zuȱ verzahnen.ȱ Nichtȱ zuletztȱ istȱ dieȱ sachliche,ȱ zeitlicheȱ undȱauchȱräumlicheȱReihenfolgeȱdesȱVorgehensȱfestzulegen.ȱBesonȬ deresȱGewichtȱistȱaufȱklareȱProjektaufträgeȱundȱrealistischeȱZieleȱzuȱ legen.ȱ Diesȱ zähltȱ zuȱ denȱ wiederkehrendenȱ Lektionen,ȱ dieȱ ausȱ derȱ Praxisȱ stammenȱ (vgl.ȱ Vahs/Leiserȱ2003,ȱS.ȱ 101ff.;ȱ Claßenȱ 2005,ȱS.ȱ73ȱ ff.).ȱ Konzepteȱbeurteilenȱundȱauswählen:ȱEsȱschließenȱsichȱderȱEntwurfȱ undȱ dieȱ Bewertungȱ zielerreichenderȱ Wandlungsmaßnahmenȱ an.ȱ Inȱ allerȱ Regelȱ istȱ einȱ ganzesȱ Bündelȱ aufeinanderȱ abgestimmterȱ MaßȬ nahmenȱerforderlich,ȱalsoȱeinȱMaßnahmenprogramm.ȱImȱExtremfallȱ werdenȱ sogarȱ mehrereȱ unterschiedlicheȱ Programmeȱ geplant,ȱ dieȱ zeitgleichȱoderȱzeitlichȱüberlappendȱeinzuleitenȱsind.ȱErinnertȱseiȱanȱ dieȱUnterscheidungȱvonȱAbbau,ȱUmbauȱundȱAufbau.ȱSoȱentstehtȱinȱ derȱKombinationȱderȱZieleȱundȱMaßnahmenȱeinȱWandlungskonzeptȱ alsȱ Rahmenȱ fürȱ dasȱ weitereȱ Vorgehen.ȱ Dieȱ Konzepterarbeitungȱ geȬ schiehtȱ inȱ denȱ dafürȱ vorgesehenenȱ Projektteams.ȱAufgabeȱ desȱ verȬ antwortlichenȱ Managementsȱ istȱ dieȱ abschließendeȱ Beurteilungȱ derȱ VorschlägeȱundȱdieȱBestimmungȱderȱzuȱrealisierendenȱAlternative.ȱȱ Durchführungsentscheidungenȱ treffen:ȱ Dasȱ weitereȱ Vorgehenȱ inȱ sachlicher,ȱzeitlicherȱundȱpersonellerȱHinsichtȱ istȱGegenstandȱ einesȱ speziellenȱAktionsplans,ȱ derȱ vonȱ derȱ Spitzeninstanzȱ zuȱ verabschieȬ denȱundȱzurȱDurchführungȱanzuweisenȱist.ȱImȱZeitplanȱsindȱgegeȬ benenfallsȱ dieȱ mitbestimmungsbedingtenȱAktivitätenȱ besondersȱ zuȱ berücksichtigenȱ(vgl.ȱKap.ȱ6).ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Checkliste zur Phase 2: Konzipierung Aufgabe 3: Wandlungsziele festlegen Welche generellen Ziele/Strategien gelten für die Unternehmung/die Geschäfte? Welche Teilziele lassen sich daraus für das Wandlungsvorhaben ableiten? Welche Ergebnisse werden mit dem Wandel angestrebt? Welche internen/externen Rahmenbedingungen sind zu beachten/einzuhalten? Aufgabe 4: Maßnahmenprogramme entwickeln Welche Maßnahmen(-bündel) erscheinen grundsätzlich geeignet, die angestrebten Ziele/Ergebnisse zu erreichen? Welche Alternativen gibt es hierzu? Woraus bestehen die verschiedenen Entscheidungsalternativen im Einzelnen? Welche Kosten/Nutzen verursachen die möglichen Alternativen? Welche Alternative ist die beste? Wie lassen sich die unterschiedlichen Programmbereiche sachlich, zeitlich und personell aufteilen? Wie ist bei der Umsetzung und Durchsetzung der Maßnahmen vorzugehen (Wer, Was, Wann, Wie)? Wie sind die personelle Verantwortung und die Organisation des weiteren Vorgehens geregelt?
2.2.4
Mobilisierung
Charakteristik:ȱDasȱWandlungsmanagementȱmussȱimȱAnschlussȱanȱ dieȱKonzipierungȱdenȱKreisȱderȱBeteiligtenȱundȱBetroffenenȱaufȱdieȱ beabsichtigtenȱ Änderungenȱ einstellenȱ bzw.ȱ sieȱ mitȱ derȱ Änderungȱ konfrontieren.ȱ Wieȱ diesȱ geschieht,ȱ istȱ wiederumȱ eineȱ Frageȱ derȱ Wandlungssituationȱ undȱ derȱ Kräftekonstellation.ȱ Dieȱ Skalaȱ reichtȱ vomȱ ‚Schaffenȱ vollendeterȱ Tatsachen‘ȱ bisȱ zuȱ einerȱ weitȱ reichendenȱ Partizipationȱ undȱ Delegation.ȱ Diesȱ istȱ einȱ Aufgabenkomplex,ȱ derȱ mitȱ demȱ Begriffȱ ‚Mobilisierung‘ȱ angemessenȱ charakterisiertȱ erȬ scheintȱ–ȱeinȱBegriff,ȱderȱwesentlichȱandereȱAkzenteȱsetztȱalsȱBegrifȬ feȱ wieȱ ‚Einführung‘,ȱ ‚Durchsetzung‘ȱ oderȱ auchȱ ‚Implementierung‘.ȱ ZweiȱAufgabenȱlassenȱsichȱdabeiȱdeutlichȱunterscheiden:ȱAufgabeȱ5ȱ (Wandlungskonzeptȱ kommunizieren)ȱ zieltȱ vorrangigȱ aufȱ dieȱ
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Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
Wandlungsbereitschaftȱ undȱ damitȱ aufȱ dieȱ Überwindungȱ vonȱ WilȬ lensbarrieren,ȱAufgabeȱ6ȱ(Wandlungsbedingungenȱschaffen)ȱrichtetȱ sichȱtendenziellȱaufȱdieȱWandlungsfähigkeiten,ȱdientȱalsoȱdemȱAbȬ bauȱvonȱFähigkeitsbarrieren.ȱDieȱEntwicklungȱvonȱMaßnahmenproȬ grammenȱ (Aufgabeȱ 4)ȱ istȱ nochȱ weitgehendȱ eineȱ Sachfrage,ȱ ihreȱ DurchsetzungȱimȱRahmenȱderȱMobilisierungȱhatȱdasȱSchwergewichtȱ imȱBereichȱdesȱEinflussmanagementsȱundȱderȱkognitivenȱFührung.ȱȱ Aufgabeȱ5:ȱWandlungskonzeptȱkommunizierenȱ Überzeugungsarbeitȱleisten:ȱDasȱWandlungskonzeptȱistȱinȱdieȱFläȬ cheȱzuȱtragenȱundȱdortȱzurȱAkzeptanzȱzuȱbringen.ȱDieȱspätestensȱimȱ Rahmenȱ dieserȱ Aufgabeȱ durchzuführendeȱ Einbindungȱ derȱ AufȬ sichtsȬȱundȱMitbestimmungsorganeȱistȱSacheȱdesȱTopmanagements.ȱ Dasȱgleicheȱgiltȱfürȱeinȱevtl.ȱnotwendigesȱexternesȱAnspruchsgrupȬ penmanagement.ȱAnȱBrennpunktenȱdesȱGeschehensȱmussȱdasȱTopȬ managementȱsichtbarȱundȱaktivȱanȱderȱMobilisierungȱmitwirken,ȱseiȱ es,ȱ dassȱ Einzelgesprächeȱ mitȱ Schlüsselpersonenȱ geführtȱ werdenȱ oderȱ dassȱ beiȱ größerenȱ Kommunikationsveranstaltungenȱ (z.B.ȱ ‚Roadshows’ȱ oderȱ ‚TownȬMeetings’)ȱ Vertreterȱ derȱ Spitzeninstanzȱ auftreten.ȱ Zeitlichȱ undȱ sachlichȱ damitȱ abzustimmenȱ istȱ dieȱ interneȱ InformationȱderȱMitarbeiter.ȱDieȱOrganisationȱderȱhierfürȱerforderliȬ chenȱ Maßnahmen,ȱ z.B.ȱ Konferenzenȱ undȱ Informationsmärkte,ȱ verȬ langtȱ KommunikationsȬKnowȬhow,ȱ dasȱ demȱ Programmleiterȱ zurȱ Seiteȱzuȱstellenȱist.ȱInȱdemȱMaße,ȱwieȱdieȱhierfürȱeingesetztenȱMitarȬ beiterȱProgrammȬȱundȱProjektverantwortungȱtragen,ȱsindȱsieȱnebenȱ demȱ Topmanagementȱ auchȱ aktivȱ inȱ derȱ Kommunikationȱ tätigȱ (Kommunikationsprojekte).ȱ SymbolischesȱManagementȱpraktizieren:ȱEinprägsamȱsindȱSymboȬ leȱ undȱ symbolischesȱ Handelnȱ derȱ Verantwortlichen,ȱ inȱ denenȱ sichȱ unübersehbarȱ derȱ Sinnȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ undȱ auchȱ dieȱ Ernsthaftigkeitȱ desȱ Veränderungswillensȱ manifestieren.ȱ Zeichenȱ setzendȱwirktȱinsbesondereȱdieȱpersonelleȱBesetzungȱundȱorganisaȬ torischeȱVerankerungȱdesȱWandlungsprojekts.ȱWennȱesȱgilt,ȱpersoniȬ fizierteȱMisserfolgeȱderȱVergangenheitȱzuȱbewältigen,ȱsoȱkannȱauchȱ dasȱ ‚Ziehenȱ personellerȱ Konsequenzen‘ȱ eineȱ deutlicheȱ SignalwirȬ kungȱ entfalten.ȱ Derȱ Ernstȱ derȱ Lageȱ undȱ dieȱ Ernsthaftigkeitȱ derȱ beȬ kundetenȱ Änderungsabsichtenȱ werdenȱ aufȱ dieȱ Weiseȱ zweifelsfreiȱ demonstriert.ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
AnreizeȱzurȱVeränderungȱschaffen:ȱUmȱnebenȱdenȱbereitsȱvorhanȬ denenȱ Promotorenȱ möglichstȱ vieleȱ Betroffeneȱ zumȱ aktivenȱ MitmaȬ chenȱzuȱbewegen,ȱsindȱgeeigneteȱAnreizeȱzuȱschaffen.ȱVeränderungȱ istȱimmerȱunbequem,ȱlästigȱoderȱgarȱschmerzhaft.ȱMitȱDruckmittelnȱ alleinȱ wirdȱ manȱ nichtȱ auskommen,ȱ umȱ eineȱ Kurskorrekturȱ durchȬ zusetzenȱundȱnachhaltigȱaufrechtȱzuȱerhalten.ȱDamitȱlässtȱsichȱOpȬ positionȱüberwinden,ȱaberȱkeineȱpositiveȱEinbindungȱerreichen.ȱWoȱ immerȱ esȱ möglichȱ ist,ȱ mussȱ daherȱ sichtbarȱ undȱ spürbarȱ gemachtȱ werden,ȱdassȱderȱWandelȱnichtȱnurȱeinȱnotwendigesȱÜbel,ȱsondernȱ auchȱeinȱlohnendesȱZielȱdarstellt.ȱ Aufgabeȱ6:ȱWandlungsbedingungenȱschaffenȱ Durchführungsvoraussetzungenȱ schaffen:ȱ Fürȱ dieȱ Durchführungȱ prioritärerȱVorhabenȱwieȱfürȱdieȱFolgeprojekteȱsindȱeinigeȱManageȬ mentȬEntscheidungenȱerforderlich.ȱSieȱbetreffenȱvorȱallemȱdasȱFestȬ legenȱ derȱ Prioritäten,ȱ dieȱ Übertragungȱ vonȱ Kompetenzenȱ aufȱ ausȬ gewählteȱ Projektleiterȱ sowieȱ dieȱ Zuweisungȱ undȱ Freigabeȱ vonȱ finanziellen,ȱ personellenȱ undȱ sachlichenȱ Mitteln.ȱ Seiȱ es,ȱ dassȱ SchuȬ lungenȱ vonȱ Projektleitern,ȱ Teammitgliedernȱ undȱ Moderatorenȱ durchgeführtȱwerden,ȱVorkehrungenȱfürȱeineȱProjektdokumentationȱ undȱeinȱProjektcontrollingȱzuȱtreffenȱsind,ȱoderȱgeeigneteȱAnreizsysȬ temeȱundȱPersonalpläneȱfestzulegenȱsind,ȱdieȱdenȱProjektbeteiligtenȱ eineȱ möglichstȱ klareȱ Orientierungȱ fürȱ denȱ Einsatzȱ imȱ Projektȱ undȱ ihreȱ anschließendeȱ Verwendungȱ bieten.ȱ Derartigeȱ Aktivitätenȱ könȬ nenȱ ihrerseitsȱ schonȱ soȱ vielfältigȱ undȱ funktionsübergreifendȱ sein,ȱ dassȱsieȱdenȱCharakterȱvonȱunterstützendenȱProjektenȱtragenȱ(VorȬ bereitungsprojekte).ȱ
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Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
Checkliste zur Phase 3: Mobilisierung Aufgabe 5: Wandlungskonzept kommunizieren Wer bzw. welche interne/externe Anspruchsgruppe/Einheit ist in den Mobilisierungsprozess einzubeziehen? Worüber und in welcher Form soll jeweils informiert werden? Wer übernimmt die Informationsaufgaben? Zu welchen Zeitpunkten und in welcher Reihenfolge soll die Information stattfinden? Aufgabe 6: Wandlungsbedingungen schaffen Welche Qualifikation ist zur Durchführung der geplanten Projekte erforderlich? Wer/welche Einheit verfügt über die entsprechenden Fähigkeiten? Welche Schulungs- und Trainingsmaßnahmen sind zur Vorbereitung der Projektarbeit erforderlich? Welche Einheiten der Projektorganisation sind zu bilden (z.B. Teams, Lenkungsausschuss), welche Aufgaben und Kompetenzen sind ihnen zu übertragen und wie sind sie personell zu besetzen? Ist die nachhaltige Einbindung des Topmanagements sichergestellt? Wer ist für die Projektarbeit ganz oder teilweise freizustellen, und wie sind die späteren Verwendungen geregelt? Welche Anreize für die Projektbeteiligten gibt es? Wie sind die Kommunikation und die Koordination der Projektarbeit geregelt? Wie werden die Projektergebnisse dokumentiert?
2.2.5
Umsetzung
Charakteristik:ȱDieȱDurchführungȱvonȱprioritärenȱVorhabenȱ(AufȬ gabeȱ 7)ȱ sowieȱ vorȱ allemȱ dieȱ sichȱ anschließendenȱ Folgeprojekteȱ (Aufgabeȱ 8)ȱ machenȱ zusammenȱ denȱ Prozessabschnittȱ derȱ UmsetȬ zungȱ aus.ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Konzipierungsphaseȱ istȱ regelmäßigȱ nurȱ einȱ kleinerȱ Kreisȱ tätig,ȱ vonȱ derȱ Umsetzungȱ desȱ Konzeptsȱ sindȱ imȱ GrenzfallȱsämtlicheȱMitarbeiterȱbetroffen.ȱDemgemäßȱkommtȱdieserȱ Phaseȱ eineȱ entscheidendeȱ Bedeutungȱ fürȱ denȱ Projekterfolgȱ zu.ȱ Mitȱ derȱ Umsetzungȱ kannȱ erstȱ begonnenȱ werden,ȱ wennȱ gegebenenfallsȱ dieȱerforderlichenȱMitbestimmungsergebnisseȱerreichtȱwurdenȱ(vgl.ȱ Kap.ȱ6).ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Dasȱ genaueȱ Vorgehenȱ währendȱ derȱ Umsetzungȱ istȱ sorgfältigȱ zuȱ erwägen.ȱ Diesȱ vorȱ allemȱ deswegen,ȱ weilȱ beiȱ komplexenȱ Vorhabenȱ nichtȱalleȱProblemeȱgleichzeitigȱgelöstȱbzw.ȱangepacktȱwerdenȱkönȬ nen.ȱAlsoȱ sindȱ Prioritätenȱ unterȱ denȱ verschiedenenȱ (TeilȬ)Projektenȱ zuȱ bilden.ȱ Diesȱ führtȱ zuȱ derȱ hierȱ getroffenenȱ Unterscheidungȱ vonȱ prioritärenȱ Vorhabenȱ (Basisprojekten)ȱ undȱ Folgeprojekten.ȱ Mitȱ derȱRealisierungȱdieserȱProjekteȱwerdenȱSchrittȱfürȱSchrittȱ(evolutiȬ onär)ȱ dieȱ Wandlungsbedarfeȱ gedecktȱ undȱ dieȱ Wandlungszieleȱ erȬ reicht.ȱ Aufgabeȱ7:ȱPrioritäreȱAufgabenȱdurchführenȱ Prioritätenȱfestlegen:ȱTypischeȱKriterienȱzurȱPriorisierungȱsind:ȱ
¾ Sachlicheȱ Abhängigkeiten.ȱ Projektaufträge,ȱ dieȱ voneinanderȱ unabhängigȱsind,ȱkönnenȱparallelȱoderȱzeitlichȱüberlappendȱbeȬ arbeitetȱ werden,ȱ wasȱ dieȱ Gesamtdauerȱ desȱ Programmsȱ verȬ kürzt.ȱInȱdemȱMaße,ȱwieȱProjektergebnisseȱaufeinanderȱaufbauȬ en,ȱ ergibtȱ sichȱ dagegenȱ einȱ sequentiellerȱ Ablaufȱ mitȱ hohemȱ Zeitbedarf.ȱ
¾ Dringlichkeit.ȱZeitkritischeȱProblemeȱwerdenȱzuerstȱbearbeitet.ȱ Inȱ derȱ Praxisȱ zeigtȱ sichȱ dieseȱ Prioritätȱ u.a.ȱ darin,ȱ dassȱ derȱ Schwächenabbauȱ (z.B.ȱ inȱ Formȱ vonȱ KostensenkungsmaßnahȬ men)ȱvorȱdemȱStärkenaufbauȱ(z.B.ȱEntwicklungȱvonȱKompetenȬ zenȱundȱWettbewerbsvorteilen)ȱrangiert.ȱ
¾ Einführungsrisiko.ȱ Umȱ einȱ hohesȱ Einführungsrisikoȱ abzufanȬ gen,ȱ istȱ dieȱ Durchführungȱ vonȱ Pilotprojektenȱ üblich,ȱ dieȱ inȱ eiȬ nemȱbegrenztenȱBereichȱdieȱFunktionsfähigkeitȱderȱLösungȱtesȬ ten.ȱErstȱanschließendȱerfolgtȱdieȱAnwendungȱinȱderȱBreite.ȱ
¾ KnowȬhowȬTransfer.ȱ Derȱ Aufbauȱ vonȱ erfolgskritischenȱ KenntȬ nissenȱundȱFähigkeitenȱerfolgtȱinȱBasisprojekten,ȱwovonȱdieȱAnȬ schlussprojekteȱprofitieren.ȱ
¾ Ressourcenverfügbarkeit.ȱ Knappeȱ Ressourcenȱ inȱ finanzieller,ȱ personellerȱ undȱ sachlicherȱ Hinsichtȱ prägenȱ zwangsläufigȱ auchȱ dieȱProjektarbeit.ȱ
¾ KurzfristigeȱErfolge.ȱUmȱVertrauenȱinȱdasȱProgrammȱzuȱerzeuȬ
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genȱundȱdieȱWandlungsbereitschaftȱzuȱerhöhen,ȱsollenȱfrühzeiȬ tigȱ Projekteȱ durchgeführtȱ werden,ȱ dieȱ risikoarmȱ kurzfristigȱ eiȬ nenȱ Erfolgsnachweisȱ erbringenȱ (‚Quickȱ Hits‘).ȱAufȱ dieseȱ Weiseȱ
Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
lassenȱsichȱSkeptikerȱüberzeugen,ȱundȱdieȱPromotorenȱerhaltenȱ eineȱBestätigungȱihrerȱArbeit.ȱDieȱLegitimationȱderȱWandlungsȬ absichtenȱ wirdȱ drastischȱ erhöhtȱ undȱ dieȱ Beweislageȱ verändertȱ sichȱzugunstenȱderȱPromotoren.ȱ Programmablaufȱ überwachen:ȱ Dieȱ genaueȱ Definitionȱ derȱ ProjektȬ aufträgeȱ undȱ Ȭziele,ȱ dieȱ Bestimmungȱ derȱ Reihenfolgeȱ desȱ VorgeȬ hens,ȱ dieȱAuswahlȱ derȱ Beteiligtenȱ sowieȱ dieȱ Koordinationȱ derȱ sichȱ überlappendenȱ bzw.ȱ parallelȱ arbeitendenȱ Projekteȱ (‚Simultaneousȱ Engineering’)ȱ markierenȱ Aufgabenschwerpunkteȱ desȱ WandlungsȬ managements.ȱ Dieȱ Projektmitarbeiterȱ sindȱ fürȱ dieȱ Erarbeitungȱ derȱ Einzelheiten,ȱ dieȱ Dokumentationȱ undȱ Auswertungȱ derȱ ProjekterȬ gebnisseȱsowieȱderenȱAufbereitungȱundȱWeitergabeȱverantwortlich.ȱ Zumindestȱanhandȱ ausgewählterȱ Zwischenschritteȱ undȱ Ȭergebnisseȱ (‚Meilensteine’)ȱ mussȱ sichȱ auchȱ dasȱ Topmanagementȱ umȱ denȱ FortȬ schrittȱdesȱProgrammsȱkümmernȱ Aufgabeȱ8:ȱFolgeprojekteȱdurchführenȱȱ Fortschrittskontrolle:ȱDieȱÜberwachungȱdesȱProgrammablaufsȱsetztȱ sichȱ beiȱ denȱ Folgeprojektenȱ fort.ȱ Jetztȱ erfolgtȱ gegebenenfallsȱ dieȱ Übertragungȱ derȱ bisherȱ inȱ Pilotprojektenȱ gemachtenȱ Erfahrungenȱ aufȱalleȱAnwendungsfelder.ȱHierzuȱsindȱentsprechendeȱAufträgeȱzuȱ erteilenȱundȱihreȱRealisierungȱistȱzuȱkontrollieren.ȱSchließlichȱistȱamȱ Endeȱ desȱ Vorhabensȱ auchȱ dieȱ Beurteilungȱ undȱ Gratifizierungȱ derȱ erbrachtenȱ Leistungenȱ vorzunehmen,ȱ undȱ esȱ sindȱ dieȱ PersonalverȬ wendungsentscheidungenȱ beimȱ Auflösenȱ derȱ Teamsȱ undȱ derȱ ProȬ grammleitungȱzuȱtreffen.ȱȱ Eingriffȱ imȱ Ausnahmefall:ȱ Folgeprojekteȱ bauenȱ aufȱ denȱ BasisproȬ jektenȱauf.ȱSieȱbewirkenȱbzw.ȱkomplettierenȱdenȱWandelȱundȱrealiȬ sierenȱ dieȱ gestecktenȱ Ziele.ȱ Sofernȱ markanteȱ Abweichungenȱ vomȱ angestrebtenȱ Zielȱ zuȱ beobachtenȱ sind,ȱ istȱ esȱ Zeitȱ fürȱ dasȱ ‚ManageȬ mentȱ byȱ Exception’,ȱ wieȱ esȱ auchȱ sonstȱ praktiziertȱ wird,ȱ alsoȱ denȱ korrigierendenȱEingriffȱvonȱoben.ȱ ȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Checkliste zur Phase 4: Umsetzung Aufgabe 7: Prioritäre Aufgaben durchführen Welche Teilprobleme besitzen höchste Priorität und in welchen Bereichen lassen sich kurzfristig Verbesserungen erreichen? Welche Projektaufträge sind durch wen bis wann mit Vorrang zu bearbeiten? Welche Ergebnisse sind erzielt und welche Erfahrungen sind gemacht worden bei der Durchführung dieser ‚Quick Hits’? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Folgeprojekte (inhaltlich, organisatorisch, personell)? Aufgabe 8: Folgeprojekte durchführen Welche Projekte sind in welcher zeitlichen Abfolge durch wen durchzuführen? Welche Ergebnisse sind erzielt und welche Erfahrungen sind gemacht worden bei der Durchführung dieser Projekte? Sind die Ziele des Wandels erreicht worden, welche Korrekturen und Ergänzungen sind gegebenenfalls erforderlich? Welche Konsequenzen für die Zukunft ergeben sich aus dem Wandlungsvorhaben? Wie läuft die Beendigung des gesamten Vorhabens ab? Welche personellen Maßnahmen sind zu ergreifen?
2.2.6
Verstetigung
Charakteristik:ȱAmȱEndeȱderȱUmsetzungsphaseȱstehtȱdasȱAusklinȬ genȱ desȱ Wandlungsprogramms,ȱ keinesfallsȱ jedochȱ dasȱ Endeȱ derȱ Unternehmungsentwicklung.ȱ Ausȱ diesemȱ Grundȱ wirdȱ fürȱ dasȱ erȬ reichteȱ Ergebnisȱ derȱ Ausdruckȱ ‚Zielzustand‘ȱ (imȱ Gegensatzȱ zuȱ ‚Endzustand‘)ȱi.S.ȱeinesȱdefiniertenȱAbschnittsȱderȱUnternehmungsȬ entwicklungȱ benutzt.ȱ Innerhalbȱ derȱ Phaseȱ 5ȱ müssenȱ weitere,ȱ neueȱ Zielzuständeȱ formuliertȱ undȱ Wandelȱ mussȱ zuȱ einemȱ Dauerthemaȱ gemachtȱ werden.ȱ Daherȱ endetȱ dasȱ hierȱ zugrundeȱ gelegteȱ ProzessȬ modellȱdesȱWandelsȱnichtȱwieȱnochȱinȱdemȱberühmtenȱModellȱvonȱ Lewinȱ (1947)ȱ mitȱ einemȱ ‚Refreezing’ȱ desȱ erzieltenȱ WandlungsergebȬ nisses,ȱsondernȱmitȱderȱVerstetigungȱimȱSinneȱeinerȱkontinuierlichenȱ Weiterentwicklung.ȱȱ ErsteȱVoraussetzungȱfürȱeineȱÜberleitungȱinȱdieȱgesteuerteȱEvolutiȬ onȱist,ȱdassȱdieȱerreichtenȱWandlungsergebnisseȱbeibehaltenȱwerdenȱ
78ȱ
Ablauf tief greifenden Wandels (Transformationsprozess)
2.2
undȱkeinȱRückfallȱinȱalteȱZuständeȱundȱschlechteȱGewohnheitenȱzuȱ verzeichnenȱist.ȱAlleȱAktivitäten,ȱdieȱdazuȱbeitragen,ȱwerdenȱhierȱinȱ Aufgabeȱ9ȱzusammengefasstȱ(Wandlungsergebnisseȱverankern).ȱ DieȱzweiteȱVoraussetzungȱliegtȱdarin,ȱdieȱerworbeneȱWandlungsbeȬ reitschaftȱundȱWandlungsfähigkeitȱnichtȱerlahmenȱbzw.ȱveraltenȱzuȱ lassen.ȱ Kontinuierliche,ȱ aktiveȱ Weiterentwicklungȱ einesȱ Systemsȱ verlangtȱzwangsläufigȱauchȱeinȱAufrechterhaltenȱderȱWandlungsbeȬ reitschaftȱ undȱ eineȱ Pflegeȱ derȱ Wandlungsfähigkeitȱ derȱ Beteiligten.ȱ Beidesȱ kommtȱ inȱAufgabeȱ 10ȱ zumȱ Tragenȱ (Wandlungsbereitschaftȱ undȱȬfähigkeitȱsichern).ȱ Aufgabeȱ9:ȱWandlungsergebnisseȱverankernȱ Wandlungsergebnisseȱ überprüfen:ȱ Derȱ Übergangȱ vonȱ derȱ UmsetȬ zungȱ zurȱ Verstetigungȱ bedeutetȱ auchȱ einenȱ VerantwortungsüberȬ gang.ȱ Dasȱ ProgrammȬManagementȱ hatȱ seineȱ Aufgabeȱ erfüllt,ȱ dasȱ LinienmanagementȱistȱnunȱmaßgeblichȱfürȱdieȱVerstetigungȱzustänȬ dig.ȱEsȱ istȱ alsoȱ SacheȱderȱBereichsverantwortlichen,ȱ zunächstȱ dafürȱ zuȱsorgen,ȱdassȱ‚dasȱNeue‘ȱbeibehaltenȱwird.ȱDiesȱverlangtȱeinȱgehöȬ rigesȱ Maßȱ anȱ Selbstdisziplin.ȱ Vorȱ allemȱ aberȱ müssenȱ dieȱAufgabenȱ undȱZieleȱfürȱdenȱeigenenȱVerantwortungsbereichȱundȱjedenȱMitarȬ beiterȱsoȱumgestelltȱwerden,ȱdassȱdieȱNachhaltigkeitȱderȱErgebnisseȱ erreichtȱwird.ȱImȱWesentlichenȱdürfteȱesȱaufȱdieȱAusübungȱderȱeinȬ zelnenȱ Führungsaufgabenȱ ankommen,ȱ umȱ diesemȱ Anspruchȱ geȬ rechtȱ zuȱ werden.ȱ Erhöhterȱ Kontaktȱ undȱ verstärkteȱ Eingriffeȱ inȱ derȱ Anfangsphase,ȱklareȱZielabsprachenȱinȱderȱFolge.ȱ Dieȱ Kontrolleȱ derȱ Zielerreichung,ȱ dieȱ Auswertungȱ derȱ Ergebnisseȱ undȱ dieȱ Honorierungȱ derȱ Erfolge,ȱ z.B.ȱ durchȱ Anreizgewährung,ȱ sindȱwiederumȱeineȱFührungsaufgabe.ȱErstȱmitȱdieserȱAufgabeȱwirdȱ derȱFührungsregelkreisȱgeschlossen,ȱderȱmitȱderȱFormulierungȱvonȱ Wandlungszielenȱbegonnenȱhatte.ȱȱ Aufgabeȱ10:ȱWandlungsbereitschaftȱundȱȬfähigkeitȱsichernȱ WandlungszieleȱinȱdenȱManagementprozessȱintegrieren:ȱDerȱjährȬ licheȱ Führungsprozessȱ zurȱ Bewältigungȱ desȱ Tagesgeschäftsȱ mussȱ ergänztȱ undȱ angereichertȱ werdenȱ umȱ Zieleȱ undȱ Vorhaben,ȱ dieȱ derȱ evolutionärenȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Unternehmungȱ dienen.ȱ Imȱ Idealfallȱ gelangtȱ manȱ soȱ zuȱ Unternehmungsbereichen,ȱ dieȱ sichȱ imȱ SinneȱeinerȱSelbstentwicklungȱverhaltenȱundȱnachȱdemȱgroßenȱUmȬ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
bruchȱ derȱ gesamtenȱ Unternehmungȱ aktivȱ einenȱ permanenten,ȱ beȬ reichsbezogenenȱ Wandelȱ vollziehenȱ können.ȱ Dieȱ Abwicklungȱ desȱ Tagesgeschäftsȱ undȱ seineȱ Verbesserungȱ müssenȱ Handȱ inȱ Handȱ geȬ hen.ȱDamitȱgekoppeltȱistȱüberȱadäquateȱAnreizeȱnachzudenken.ȱ Plattformenȱ fürȱ Lernenȱ undȱ Entwicklungȱ schaffenȱ undȱ nutzen:ȱ Dasȱ Arbeitenȱ inȱ Einheitenȱ derȱ Sekundärorganisation,ȱ wieȱ z.B.ȱ Workshops,ȱTeams,ȱQualityȱCirclesȱoderȱErfahrungsaustauschgrupȬ penȱsollteȱinȱgeeigneterȱFormȱfürȱdieȱVerstetigungȱdesȱWandelsȱgeȬ nutztȱ werden.ȱ Zielȱ mussȱ esȱ sein,ȱ eineȱ ‚Motorisierung’ȱ kontinuierliȬ chen,ȱ evolutionärenȱ Wandelsȱ imȱ Sinneȱ desȱ Gegenstrommodellsȱ zuȱ erreichenȱ(vgl.ȱKap.ȱ2.4.3).ȱ Gelingtȱdies,ȱsoȱistȱzwarȱauchȱfürȱdieȱZukunftȱnichtȱausgeschlossen,ȱ dassȱ wiederȱ Transformationsprozesseȱ erforderlichȱ werden.ȱ Dieȱ daȬ beiȱ zuȱ verkraftendenȱ Ausschlägeȱ undȱ Pendelbewegungenȱ solltenȱ allerdingsȱ deutlichȱ geringerȱ gewordenȱ sein.ȱ Imȱ Idealfallȱ besitztȱ dieȱ Unternehmungȱ nunȱ dynamischeȱ organisatorischeȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnung.ȱ Checkliste zur Phase 5: Verstetigung Aufgabe 9: Wandlungsergebnisse verankern Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Wandlungsvorhaben für das Tagesgeschäft der Teilbereiche? Ist sichergestellt (organisatorisch, personell, führungsbezogen), dass die Teilbereichsleiter die angestrebten Ergebnisse beibehalten? Aufgabe 10: Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit sichern Sind seitens der Unternehmungsspitze Wandlungsziele für das laufende Geschäft formuliert und auf die Teilbereiche heruntergebrochen worden? Ist die Zielerreichung in den Teilbereichen personell und organisatorisch geregelt? Wird die Erreichung dieser Ziele überwacht und gratifiziert? Gibt es bereichsübergreifende Vorkehrungen für den Erfahrungsaustausch und die Dokumentation und Verbreitung der Ergebnisse? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Ergebnissen und Erfahrungen für die weiteren Absichten und Ziele der Unternehmung und ihrer Bereiche?
80ȱ
Ablauf einzelner Projekte (Projektprozesse)
2.3
Ablauf einzelner Projekte (Projektprozesse)
2.3.1
Fragestellungen
2.3
Wandlungsprogrammeȱ bestehenȱ ausȱ mehrerenȱ Projekten,ȱ dieȱ arbeitsteiligȱ durchzuführenȱ sind.ȱ Innerhalbȱ einesȱ TransformaȬ tionsprozessesȱlaufenȱalsoȱmehrereȱProjektprozesseȱab.ȱ
Projektprozesseȱ bildenȱ dieȱ dritte,ȱ dieȱ untereȱ Kategorieȱ derȱ imȱ 3WȬ ModellȱenthaltenenȱWandlungsprozesseȱ(Mikroprozessebene).ȱ Dieȱ Initialisierungsphaseȱ trägtȱ nochȱ nichtȱ Projektcharakter,ȱ sonȬ dernȱ liefertȱ Projektanstößeȱ undȱ mündetȱ inȱ einenȱ Projektauftragȱ fürȱ einȱ Strategieprojekt,ȱ dasȱ inȱ derȱ Konzipierungȱ durchzuführenȱ ist.ȱ Diesesȱ Teamȱ mussȱ dasȱ Wandlungskonzeptȱ erarbeitenȱ undȱ damitȱ denȱ Rahmenȱ fürȱ dasȱ weitereȱ Vorgehenȱ bestimmen.ȱ Dieȱ MobilisieȬ rungȱenthältȱKommunikationsȬȱundȱVorbereitungsaufgaben,ȱdieȱbeiȱ komplexenȱ Vorhabenȱ Gegenstandȱ getrennterȱ Projekteȱ sind.ȱ KomȬ munikationsprojekteȱdienenȱderȱbreitenȱAkzeptanzsicherung,ȱVorȬ bereitungsprojekteȱ derȱ Schulungȱ undȱ demȱ Training,ȱ alsoȱ denȱ Wandlungsfähigkeiten.ȱ Inȱ dieserȱ Phaseȱ trittȱ erstmalsȱ dasȱ Problemȱ auf,ȱ mehrereȱ Projekteȱ innerhalbȱ desȱ Programmsȱ koordinierenȱ zuȱ müssenȱ (Multiprojektmanagement,ȱ Projektportfoliomanagement).ȱ DasȱgleicheȱgiltȱverstärktȱfürȱdieȱUmsetzungsphase,ȱinnerhalbȱdererȱ gegebenenfallsȱ Basisprojekteȱ prioritäreȱ Aufgabenȱ bewältigenȱ undȱ Folgeprojekteȱ dieȱ Hauptlastȱ derȱ Realisationȱ tragen.ȱ Dieȱ institutioȬ nellenȱ (aufbauorganisatorischen)ȱ Aspekteȱ dieserȱ Thematikȱ werdenȱ imȱ Kapitelȱ 6ȱ (ProgrammȬȱ undȱ Projektorganisation)ȱ behandelt.ȱ Imȱ Folgendenȱ gehtȱ esȱ umȱ einenȱ Überblickȱ überȱ dieȱ funktionellenȱ (abȬ lauforganisatorischen)ȱFragen:ȱ
WieȱistȱdieȱArbeitsteilungȱzwischenȱdenȱ(TeilȬ)Projektenȱgeregelt?ȱ Wieȱsollenȱdieȱeinzelnenȱ(TeilȬ)Projekteȱablaufen?ȱ Wieȱ istȱ dieȱ sachȬzeitlicheȱ Verzahnungȱ derȱ (TeilȬ)Projekteȱ gereȬ gelt?ȱ
81ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
2.3.2
Objektorientierte Arbeitsteilung organisieren
Arbeitsteilungȱ innerhalbȱ einesȱ Projektsȱ wirdȱ regelmäßigȱ durchȱ ‚Phasen‘ȱgeregelt,ȱsoȱauchȱzuȱsehenȱaufȱderȱEbeneȱdesȱTransformatiȬ onsprozessesȱ (z.B.ȱ Initialisierung,ȱ Konzipierung).ȱ ‚Phasen‘ȱ sindȱ inȱ aufgabenanalytischerȱ Sichtȱ alsȱ eineȱ Formȱ verrichtungsorientierterȱ (funktionaler)ȱSpezialisierungȱaufzufassen.ȱDasȱlogischeȱGegenstückȱ hierzuȱ stelltȱ dieȱ objektorientierteȱ Spezialisierungȱ dar,ȱ z.B.ȱ KonziȬ pierungȱ vonȱ Strukturänderungen,ȱ Systemverbesserungenȱ undȱ perȬ sonellenȱ Maßnahmen.ȱ Wenn,ȱ wieȱ hierȱ dargestellt,ȱ dieȱ ProgrammȬ ebeneȱ funktionalȱ gegliedertȱ ist,ȱ liegtȱ esȱ nahe,ȱ dieȱ Projektebeneȱ objektorientiertȱ zuȱ unterteilen.ȱ Zuȱ diesemȱ Zweckȱ mussȱ derȱ GegenȬ standȱdesȱProgrammsȱgedanklichȱinȱtrennbareȱObjektbereicheȱ(‚MoȬ dule‘)ȱzerlegtȱwerden,ȱderenȱBearbeitungȱdannȱjeweilsȱaufȱseparateȱ Teamsȱ übertragenȱ wird.ȱ Wichtigȱ istȱ dabei,ȱ dassȱ dieȱ entstehendenȱ Aufgabengebieteȱ möglichstȱ schnittstellenarmȱ sind,ȱ alsoȱ eineȱ geȬ trennte,ȱarbeitsteiligeȱBewältigungȱerlauben.ȱ Diesemȱ Prinzipȱ folgtȱ z.B.ȱ derȱ Produktentwicklungsprozessȱ beiȱ BMW,ȱanȱdemȱmehrereȱtausendȱMitarbeiterȱbeteiligtȱsind.ȱDerȱProȬ zessȱ bestehtȱ ausȱ Phasenȱ wieȱ Produktplanung,ȱ Serienentwicklungȱ undȱ Fertigplanung.ȱ Dieȱ einzelnenȱ Baureihenȱ (3er,ȱ 5er,ȱ 7er,ȱ SonderȬ modelle)ȱ werdenȱ vonȱ sog.ȱ Modulteamsȱ entwickeltȱ (z.B.ȱ Motor,ȱȱȱ Elektrik,ȱTür),ȱinȱdenenȱjeweilsȱdieȱbenötigtenȱFunktionsspezialistenȱ zusammenarbeiten.ȱ Dieȱ Aufgliederungȱ vonȱ (TeilȬ)Projektenȱ nachȱ demȱ Objektmerkmalȱ dürfteȱ inȱ derȱ Mobilisierungsphaseȱ typischerweiseȱ zuȱ einerȱ menȬ genmäßigenȱArbeitsteilungȱ führen,ȱ indemȱ verschiedeneȱ Teamsȱ dieȱ gleichenȱInformationsȬȱundȱTrainingsaktivitätenȱinȱdenȱunterschiedȬ lichenȱ Unternehmungseinheitenȱ durchführen.ȱ Inȱ derȱ Umsetzungȱ wirdȱ eherȱ eineȱ artmäßigeȱ Arbeitsteilungȱ erfolgen.ȱ Imȱ Falleȱ einesȱ größerenȱStrukturwandelsȱz.B.ȱsindȱdannȱdieȱStrukturenȱderȱeinzelȬ nenȱ Geschäftseinheitenȱ bzw.ȱ Funktionsbereicheȱ Gegenstandȱ vonȱ getrenntenȱProjekten.ȱ
82ȱ
Ablauf einzelner Projekte (Projektprozesse)
2.3.3
2.3
Phasenablauf festlegen und einhalten
Fürȱ dieȱ einzelnenȱ objektorientiertenȱ (TeilȬ)Projekteȱ istȱ nunȱ wiederȬ umȱeinȱAblaufschemaȱzuȱkonzipieren.ȱEsȱdientȱbereitsȱderȱTranspaȬ renzȱinnerhalbȱeinesȱProjektsȱundȱfördertȱvorȱallemȱdieȱAbstimmungȱ undȱ Koordinationȱ zwischenȱ denȱ Projekten,ȱ wennȱ esȱ gelingt,ȱ einenȱ einheitlichenȱ Standardablaufȱ zuȱ finden.ȱ Diesȱ wirdȱ umȱ soȱ einfacherȱ sein,ȱjeȱähnlicherȱsichȱdieȱjeweiligenȱAufgabenstellungenȱsind.ȱ
2.3.4
Sequenzen, Überlappungen und Parallelläufe bestimmen
Arbeitsteilungȱ imȱ Zeitablaufȱ bedingt,ȱ dassȱ dieȱ sachȬzeitlichenȱ AbȬ hängigkeitenȱzwischenȱdenȱ(TeilȬ)Projektenȱbestimmtȱundȱvorȱallemȱ imȱHinblickȱaufȱdieȱProjektgesamtdauerȱoptimiertȱwerden.ȱDiesȱistȱ bereitsȱinnerhalbȱeinesȱProjektsȱzuȱbeachten,ȱerstȱrechtȱaberȱbeiȱeinerȱ MehrzahlȱvonȱProjekten.ȱHierzuȱistȱzuȱunterscheidenȱzwischenȱProȬ jektabschnitten,ȱ dieȱ strengȱ nacheinanderȱ (sequentiell)ȱ abzuwickelnȱ sind,ȱ undȱ solchen,ȱ dieȱ zeitlichȱ überlappendȱ bzw.ȱ sogarȱ parallelȱ geȬ fahrenȱwerdenȱkönnen.ȱHierzuȱlassenȱsichȱinȱderȱTendenzȱfolgendeȱ Feststellungenȱtreffen:ȱ Strategieprojekteȱ undȱ Kommunikationsprojekteȱ könnenȱ überlapȬ pendȱgestaltetȱwerden.ȱWennȱimȱStrategieprojektȱabsehbarȱist,ȱdassȱ esȱ zuȱ einerȱ grundsätzlichenȱ Änderungȱ kommenȱ wird,ȱ könnenȱ beȬ reitsȱdieȱnotwendigenȱInformationsveranstaltungenȱgeplantȱwerden.ȱ Mitȱ ihrerȱ Durchführungȱ kannȱ dannȱ imȱ direktenȱ Anschlussȱ anȱ dasȱ Strategieprojektȱbegonnenȱwerden.ȱ Dieȱ Kommunikationsprojekteȱ selbstȱ könntenȱ grundsätzlichȱ parallelȱ ablaufen,ȱ daȱesȱ sichȱumȱ mengenmäßigeȱArbeitsteilungȱ handelt,ȱ dieȱ schnittstellenarmȱist.ȱDemȱstehtȱevtl.ȱentgegen,ȱdassȱeinȱspezifischesȱ Wissenȱerforderlichȱist,ȱüberȱdasȱnurȱdieȱunmittelbarȱBeteiligten,ȱz.B.ȱ Kernteammitglieder,ȱ verfügen.ȱ Imȱ direktenȱ Anschlussȱ beginntȱ dieȱ RealisationȱderȱVorbereitungsprojekte,ȱdieȱparallelȱzuȱdenȱKommuȬ nikationsprojektenȱ geplantȱ wordenȱ sind.ȱ Währendȱ derȱ VorbereiȬ tungsprojekteȱ kannȱ bereitsȱ dieȱ Planungȱ vonȱ prioritärenȱ Vorhabenȱ erfolgen.ȱ Prioritäreȱ Vorhabenȱ (Basisprojekte)ȱ sollenȱ zeitlichȱ überlappendȱ mitȱ Folgeprojektenȱ ablaufen.ȱ Ausnahmenȱ vonȱ dieserȱ Regelȱ bildenȱ vorȱ
83ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
allemȱPilotprojekte,ȱderenȱErgebnisseȱabzuwartenȱsind,ȱeheȱmitȱdenȱ Folgeprojektenȱangefangenȱwird.ȱFolgeprojekteȱkönnenȱweitgehendȱ parallelȱ organisiertȱ werden,ȱ sofernȱ sieȱ unabhängigȱ voneinanderȱ sind.ȱ Ansonstenȱ istȱ zumindestȱ einȱ überlappendesȱ Vorgehenȱ anzuȬ streben.ȱ Legtȱ manȱ diesesȱ Verlaufsmusterȱ zugrunde,ȱ soȱ ergibtȱ sichȱ schemaȬ tischȱ derȱ inȱ Abbildungȱ 2/5ȱ dargestellteȱ Gesamtablaufȱ einesȱ TransȬ formationsprozesses.ȱ Erȱ machtȱ deutlich,ȱ dassȱ auchȱ tiefȱ greifenderȱ Wandel,ȱdemȱPrinzipȱdesȱ‚SimultaneousȱEngineering‘ȱfolgend,ȱzeitȬ lichȱkomprimiertȱwerdenȱkann.ȱInsbesondereȱistȱdieȱlangeȱZeit,ȱdieȱ üblicherweiseȱzwischenȱderȱKonzipierungȱundȱderȱUmsetzungȱliegt,ȱ deutlichȱzuȱverkürzen.ȱ
Abbildungȱ2/5ȱ
ÜberlappendeȱProjektabläufeȱ sequentieller Ablauf
Strategieprojekte
Initialisierung
Konzipierung
Initialisierung
Konzipierung
Kommuni- Vorbereikationstungsprojekte projekte
Mobilisierung
Mobilisierung
Basisprojekte
Folgeprojekte
Umsetzung
Umsetzung
Verstetigung
Verstetigung
Strategieprojekt „Simultaneous Engineering“ = überlappende/ parallele Abläufe
Kommunikationsprojekte Planung
Durchführung
Vorbereitungsprojekte Planung
Durchführung
Basisprojekte Pilotprojekte Planung Durchführung Folgeprojekte Planung
Durchführung
Folgeprojekte
Pilotprojekte
Ergebnis ist abzuwarten, bevor Folgeprojekte beginnen.
Folgeprojekte
Folgeprojekte die voneinander abhängig sind, können höchstens überlappend, nicht jedoch parallel durchgeführt werden.
t Zeitvorteil durch parallele Abläufe
ȱ
84ȱ
Ablauf einzelner Projekte (Projektprozesse)
2.3.5
2.3
Reifegrad des Projektmanagements erhöhen
ProjektmanagementȱalsȱArbeitsformȱistȱinȱderȱPraxisȱweitȱverbreitetȱ undȱwirdȱvonȱspezialisiertenȱInstitutenȱundȱVereinigungenȱvorangeȬ trieben.ȱ Diesȱ gehtȱ mittlerweileȱ bisȱ hinȱ zuȱ einerȱ Zertifizierungȱ vonȱ Personenȱ undȱ Institutionen.ȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ sichȱ umȱ eineȱ Professionalisierungȱ ihrerȱ ProjektmanagementȬFähigkeitenȱ undȱ damitȱumȱeineȱVerbesserungȱihrerȱWandlungsfähigkeitenȱbemühen,ȱ könnenȱ daraufȱ Bezugȱ nehmen.ȱ Zurȱ Einschätzungȱ desȱ FähigkeitsniȬ veausȱ werdenȱ inȱ derȱ Praxisȱ Reifegradmodelleȱ benutzt.ȱ Nachȱ demȱ Modellȱ desȱ PROJECTȱ MANAGEMENTȱ INSTITUTEȱ z.B.ȱ lassenȱ sichȱ vierȱ Reifegradeȱ bzw.ȱ Entwicklungsstufenȱ unterscheidenȱ (vgl.ȱ hierzuȱ ProjectȱManagementȱInstituteȱ2003):ȱ (1) Standardisierungȱ (2) Messungȱ (3) Kontrolleȱ (4) StetigeȱVerbesserungȱ Dieȱ Standardisierungȱ beginntȱ ausȱ organisatorischerȱ Sichtȱ mitȱ derȱ Beschreibungȱ undȱ Dokumentierungȱ derȱ Aufgabenȱ desȱ ProjektmaȬ nagements.ȱ Sieȱ setztȱ sichȱ fortȱ mitȱ einerȱ Festlegungȱ einzusetzenderȱ Methoden,ȱ Technikenȱ undȱ Tools.ȱ Dieȱ Messungȱ derȱAufgabenerfülȬ lungȱkannȱimȱeinfachstenȱFallȱqualitativȱangelegtȱsein.ȱHierȱsindȱdieȱ weitȱ verbreitetenȱ Ampelkartenȱ derȱ Praxisȱ einzuordnen,ȱ alsoȱ dieȱ schrittweiseȱ Beurteilungȱ desȱ Projektfortschrittsȱ anhandȱ derȱ Farbenȱ einerȱVerkehrsampel.ȱBereitsȱsolcheȱeinfachenȱHilfsmittelȱsindȱunterȱ KostenȬ/Nutzengesichtspunktenȱ wirkungsvolleȱ Hilfen.ȱ Auchȱ dieȱ quantitativeȱBeurteilungȱeinesȱProjektsȱkannȱsichȱzunächstȱeinfacherȱ Kennzahlenȱ bedienen,ȱ soȱ z.B.ȱ einemȱ Vergleichȱ derȱ geplantenȱ undȱ derȱ realisiertenȱ Gesamtdauerȱ bzw.ȱ derȱ Gesamtkosten.ȱ Fürȱ eineȱ deȬ taillierteȱ Analyseȱ sindȱ Projektkostenȱ undȱ Ȭnutzenȱ aufzuschlüsseln,ȱ wieȱ imȱ Kapitelȱ 9ȱ (Controlling)ȱ dargestellt.ȱ Voraussetzungȱ hierfürȱ sindȱallerdingsȱklareȱundȱoperationaleȱProjektzieleȱseitensȱderȱAufȬ traggeberȱsowieȱeinȱdaraufȱaufbauenderȱProjektplan.ȱNurȱdannȱlässtȱ sichȱeineȱKontrolleȱsachgerechtȱdurchführen,ȱdieȱlaufendeȱÜberwaȬ chungȱ desȱ Projektfortschrittsȱ ebensoȱ wieȱ spätereȱ ErgebniskontrolȬ len.ȱȱ
85ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
Fürȱ dieȱ vierteȱ Reifegradstufe,ȱ dieȱ stetigeȱ Verbesserung,ȱ sindȱ dieȱ dokumentiertenȱProjektergebnisseȱundȱȬerfahrungenȱebensoȱauszuȬ wertenȱ (‚Lessonsȱ Learned’)ȱ wieȱ externeȱ Entwicklungen.ȱ Diesȱ sindȱ Aufgaben,ȱdieȱnichtȱvonȱwechselndenȱProjektleiternȱzuȱleistenȱsind,ȱ sondernȱinȱeinerȱgesondertenȱEinheitȱzuȱbündelnȱundȱzuȱprofessioȬ nalisierenȱsind.ȱSoȱweitȱerkennbar,ȱsindȱdieȱmeistenȱUnternehmunȬ genȱdavonȱweitȱentfernt.ȱSieȱbefindenȱsichȱinȱderȱMehrzahlȱnochȱaufȱ unterenȱ Stufen,ȱ vorwiegendȱ sogarȱ nochȱ aufȱ derȱ StandardisierungsȬ stufeȱ(vgl.ȱBarcklowȱ2006).ȱȱ Bezogenȱ aufȱ dieȱ Wandlungsfähigkeitȱ vonȱ Unternehmungenȱ sindȱ alsoȱ offenkundigȱ nochȱ erheblicheȱ Defiziteȱ vorhanden.ȱ Diesȱ betrifftȱ schonȱ dieȱ ProjektmanagementȬFähigkeitenȱ alsȱ Teilȱ derȱ erläutertenȱ dynamischenȱFähigkeitenȱ1.ȱOrdnungȱundȱvollendsȱihreȱstetigeȱWeiȬ terentwicklung,ȱ dieȱ analytischȱ zuȱ denȱ dynamischenȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnungȱzuȱzählenȱwäre.ȱ
2.4
Ablauf kontinuierlicher Entwicklungsprozesse
2.4.1
Kanalisierter Wandel als Herausforderung
Inȱ derȱ Vergangenheitȱ tratenȱ Wandlungsvorhabenȱ (‚Reorganisation’,ȱ ‚Restrukturierung’)ȱinȱAbständenȱvonȱ10ȱȬȱ15ȱJahrenȱaufȱundȱerfassȬ tenȱwieȱeineȱgroßeȱWelleȱeineȱUnternehmungȱbzw.ȱganzeȱBranchen.ȱ DasȱBildȱvonȱderȱWelleȱzeigtȱallerdingsȱauchȱnegativeȱFolgenȱdieserȱ Artȱ vonȱ Wandel:ȱ Wellenȱ kannȱ manȱ überȱ sichȱ hinwegȱ rollenȱ lassen.ȱ Wellenȱ brechenȱ sich,ȱ verebbenȱ undȱ versanden.ȱ Dieȱ WandlungserȬ gebnisseȱ stellenȱ sichȱ nichtȱ einȱ oderȱ aberȱ alteȱ Zuständeȱ undȱ GeȬ wohnheitenȱ sindȱ nurȱ kurzfristigȱ unterdrückt,ȱ kommenȱ aberȱ baldȱ wiederȱanȱdieȱOberfläche.ȱȱ DiesenȱMängelnȱsollȱinȱdemȱhierȱvertretenenȱKonzeptȱzunächstȱdaȬ durchȱ begegnetȱ werden,ȱ dassȱ derȱ Wandlungsprozessȱ inȱ eineȱ Phaseȱ ‚Verstetigung’ȱmündet.ȱDieseȱPhaseȱbildetȱsodannȱdieȱGrundlageȱfürȱ einenȱkontinuierlichenȱStromȱderȱEntwicklung,ȱdenȱesȱzuȱkanalisieȬ renȱundȱvoranzutreibenȱgilt.ȱDieȱFrageȱist,ȱwieȱmanȱsichȱdiesesȱ‚KaȬ nalisieren’ȱ einesȱ Entwicklungsstromsȱ vorzustellenȱ hat.ȱ ZweiȱAnforȬ
86ȱ
Ablauf kontinuierlicher Entwicklungsprozesse
2.4
derungenȱsollteȱderȱProzessȱderȱkontinuierlichenȱEntwicklungȱkonȬ zeptionellȱerfüllen:ȱȱ Zumȱeinenȱmussȱerȱsoȱangelegtȱsein,ȱdassȱerȱdieȱProzesseȱdesȱTagesȬ geschäftsȱmitȱVeränderungsprozessenȱverzahnt.ȱNurȱsoȱlässtȱsichȱdieȱ Forderungȱ nachȱ permanentemȱ Wandelȱ erfüllen.ȱ Inȱ dieserȱ Richtungȱ lassenȱ sichȱ auchȱ dieȱ Bemühungenȱ interpretieren,ȱ ähnlichȱ wieȱ fürȱ Projektprozesseȱ fürȱ dieȱ verschiedenenȱ Geschäftsprozesseȱ ReifeȬ gradmodelleȱ zuȱ entwickeln,ȱ dieȱ mitȱ einerȱ Standardisierungȱ beginȬ nenȱ undȱ mitȱ kontinuierlicherȱ Verbesserungȱ endenȱ (vgl.ȱ Davenportȱ 2005).ȱDieȱbekanntenȱundȱweitȱverbreitetenȱISOȱ9000ȱStandardsȱsindȱ dagegenȱ binärȱ undȱ statischȱ angelegt,ȱ enthaltenȱ alsoȱ geradeȱ keineȱ Veränderungsaufforderungen.ȱ Sieȱ entsprechenȱ insofernȱ demȱ erȬ wähntenȱGedankenȱdesȱ‚Refreezing’ȱinȱLewinsȱModell.ȱȱ Zumȱ anderenȱ sollteȱ dieȱ kontinuierlicheȱ Entwicklungȱ idealerweiseȱ nichtȱ nurȱ dieȱ vorȱ allemȱ abwärtsȱ gerichtetenȱ Prozesseȱ intendiertenȱ Wandelsȱ enthalten,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ vorwiegendȱ aufwärtsȱ verlauȬ fendenȱemergentenȱWandlungsimpulse.ȱFürȱalleȱUnternehmungen,ȱ dieȱwettbewerbsfähigȱbleibenȱwollen,ȱistȱdiesȱeinȱsinnvollesȱLeitbild.ȱ Fürȱ diejenigenȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ Marktführerschaftȱ anstrebenȱ oderȱ verteidigenȱ wollen,ȱ istȱ esȱ einȱ unverzichtbaresȱ Muss.ȱ WandȬ lungsfähigkeitȱ einerȱ Unternehmungȱ istȱ aufȱ dynamischenȱ Märktenȱ eineȱ Kernfähigkeit.ȱ Wettbewerbsvorsprungȱ verlangtȱ WandlungsȬ vorsprung.ȱ Marktführerschaftȱ bedingtȱ Wandlungsführerschaft.ȱ Basisȱ hierfürȱ istȱ dieȱ Wandlungsfähigkeitȱ alsȱ Kernfähigkeitȱ derȱ UnȬ ternehmung.ȱ Imȱ Folgendenȱ wirdȱ zunächstȱ gezeigt,ȱ wieȱ einȱ Prozessȱ emergentenȱ Wandelsȱ aussieht.ȱ Sodannȱ wirdȱ mitȱ demȱ Gegenstromverfahrenȱ einȱ Orientierungsmodellȱ vorgestellt,ȱ dasȱ emergentenȱ wieȱ intendiertenȱ WandelȱenthältȱundȱbeidesȱmitȱdemȱTagesgeschäftȱverbindet.ȱ
2.4.2
Ermöglichung emergenter Veränderungen
Emergenterȱ Wandelȱ nimmtȱ seinenȱ Ausgangȱ nichtȱ vomȱ TopmanaȬ gementȱ undȱ wirdȱ dannȱ Topȱdownȱ implementiert.ȱ Erȱ beginntȱ vielȬ mehrȱ beiȱ Ideenȱ einzelnerȱ Mitarbeiterȱ untererȱ Ebenenȱ undȱ istȱ insoȬ weitȱ auchȱ alsȱ eineȱ Formȱ derȱ BottomȱupȬImplementierungȱ zuȱ interpretierenȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 4).ȱ Derȱ Prozessȱ desȱ emergentenȱ Wandelsȱ
87ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
lässtȱ sichȱ allerdingsȱ nichtȱ alsȱ eineȱ sequentielleȱ Abfolgeȱ definierterȱ Aktivitätenȱ(‚Phasen’)ȱerfassenȱundȱgestalten,ȱwieȱdiesȱmitȱdenȱbisȬ herȱ verwendetenȱ fünfȱ Phasenȱ desȱ intendiertenȱ transformativenȱ Wandelsȱ geschieht.ȱ Erȱ ähneltȱ mehrȱ demȱ kreisförmigenȱ Ausbreitenȱ einerȱWelle,ȱdieȱeinȱSteinȱimȱWasserȱverursacht,ȱalsȱdemȱphasenartiȬ genȱ Ablauf.ȱ Denȱ stärkstenȱ undȱ umfassendstenȱ Wandelȱ löstȱ dieseȱ Wellenbewegungȱaus,ȱwennȱsieȱzumȱEntstehenȱneuerȱoderȱgeänderȬ terȱorganisatorischerȱFähigkeitenȱführt,ȱalsoȱdieȱgesamteȱUnternehȬ mungȱ innovierendȱ verändert.ȱ Wieȱ esȱ dazuȱ kommenȱ kann,ȱ versuȬ chenȱ Floyd/Wooldridgeȱ anhandȱ desȱ Entstehensȱ strategischerȱ Initiativenȱ zuȱ erklärenȱ (vgl.ȱ 2000,ȱ S.ȱ 117ff.).ȱ Dieȱ Grundgedankenȱ diesesȱ Modellsȱ werdenȱ hierȱ aufgegriffenȱ undȱ zuȱ einemȱ ‚WellenȬ schema’ȱverarbeitetȱ(vgl.ȱAbb.ȱ2/6).ȱ
Abbildungȱ2/6ȱ
VonȱderȱIdeeȱeinesȱEinzelnenȱzurȱorganisatorischenȱFähigkeitȱ(‚WellenȬ schema’)ȱ
Organisatorische Fähigkeit
Legitimation durch obere Ebene
Emergente Routine Übergreifende Verbreitung und Weiterentwicklung Erweiterte Initiative Diskussion im Netzwerk der Führungskraft Abgestimmter Vorschlag Interpretation/Beurteilung durch mittlere Ebene Idee eines Einzelnen
ȱ
88ȱ
Ablauf kontinuierlicher Entwicklungsprozesse
2.4
Esȱ beginntȱ mitȱ derȱ Veränderungsideeȱ einesȱ einzelnenȱ Mitarbeiters.ȱ Fürȱ denȱ weiterenȱ Verlaufȱ spieltȱ esȱ keineȱ Rolle,ȱ wieȱ dieseȱ Ideeȱ entȬ steht,ȱwelchenȱGegenstandȱundȱwelchenȱReifegradȱsieȱhat.ȱUmȱausȱ diesemȱ singulärenȱ Gedankenȱ einesȱ Einzelnenȱ weiterreichendeȱ VerȬ änderungenȱ entstehenȱ zuȱ lassen,ȱ mussȱ erȱ zwangsläufigȱ weitereȱ Kreiseȱziehenȱundȱdortȱakzeptiertȱwerden.ȱDamitȱrückenȱFührungsȬ kräfteȱ untererȱ bzw.ȱ mittlererȱ Ebenenȱ inȱ denȱ Brennpunktȱ desȱ GeȬ schehens,ȱdennȱderȱMitarbeiterȱwirdȱsichȱmitȱseinerȱIdeeȱanȱdieȱLeiȬ tungȱ seinerȱ Organisationseinheitȱ wenden.ȱ Dortȱ wirdȱ darüberȱ befunden,ȱ obȱ ausȱ derȱ Ideeȱ ‚etwasȱ werdenȱ kann’.ȱ Derȱ Vorgesetzteȱ mussȱklären,ȱobȱderȱÄnderungsimpulsȱmitȱaktuellenȱStrategienȱderȱ Einheitȱ(z.B.ȱFunktionsbereich,ȱGeschäftseinheit,ȱUnternehmung)ȱinȱ EinklangȱstehtȱoderȱobȱsichȱdarinȱeinȱBeitragȱzurȱLösungȱeinesȱreleȬ vantenȱProblemsȱderȱEinheitȱerkennenȱlässt.ȱȱ BereitsȱinȱdiesemȱStadiumȱkannȱderȱProzessȱbeschleunigtȱoderȱfrühȬ zeitigȱ gestopptȱ werden.ȱ Dasȱ Problemȱ hierarchischerȱ Barrierenȱ trittȱ hierȱerstmalsȱauf.ȱEsȱdürfteȱinȱderȱPraxisȱeinȱgravierendesȱHindernisȱ darstellen,ȱ undȱ esȱ wäreȱ bereitsȱ ausȱ diesemȱ Grundȱ naiv,ȱ aufȱ eineȱ quasiȱ naturgesetzlicheȱ Wirksamkeitȱ ‚emergenterȱ Wellen’ȱ zuȱ setzen.ȱ Dasȱ Barrierenproblemȱ setztȱ sichȱ fort,ȱ wennȱ manȱ sichȱ denȱ weiterenȱ Prozessverlaufȱansieht.ȱȱ SollteȱderȱVorgesetzteȱanȱderȱSacheȱinteressiertȱseinȱundȱeinȱWeiterȬ verfolgenȱalsȱaussichtsreichȱeinschätzen,ȱsoȱwirdȱdieȱIdeeȱzuȱeinemȱ konkretisiertenȱ Änderungsvorschlag,ȱ derȱ mitȱ denȱ RahmenbedinȬ gungenȱ derȱ Einheitȱ inȱ Einklangȱ stehtȱ undȱ insofernȱ sachlichȱ abgeȬ stimmtȱ ist.ȱ Jetztȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ ‚behandlungsbedürftigeȱ Angelegenheit’ȱ (‚Issue’).ȱ Jeȱ innovativerȱ derȱ Vorschlagȱ ist,ȱ destoȱ wenigerȱ passtȱ erȱ inȱ vorhandeneȱ Routinen.ȱ Fürȱ eineȱ weitergehendeȱ Abklärungȱ undȱ Absicherungȱ wirdȱ sichȱ dieȱ Führungskraftȱ daherȱ nichtȱ aufȱ denȱ Dienstwegȱ begeben,ȱ sondernȱ sichȱ ihrerȱ informalenȱ Beziehungenȱbedienen.ȱDabeiȱspieltȱesȱkeineȱRolle,ȱwelchenȱCharakȬ terȱ diesesȱ persönlicheȱ Netzwerkȱ hat.ȱ Mitȱ denȱ Vertrautenȱ wirdȱ derȱ Vorschlagȱdiskutiert,ȱgegebenenfallsȱverfeinertȱundȱmodifiziert.ȱDasȱ Wissenȱ undȱ dieȱ Erfahrungenȱ derȱ Beteiligtenȱ fließenȱ inȱ denȱ Prozessȱ einȱ undȱ erhöhenȱ denȱ Gehaltȱ derȱ Lösung.ȱ Dieserȱ Teilȱ desȱ Prozessesȱ kannȱ vielfältigeȱ Wegeȱ gehen,ȱ zahlreicheȱ Verzweigungenȱ undȱ WieȬ derholungenȱenthalten.ȱUndȱauchȱjetztȱkannȱesȱzumȱBeschleunigenȱ oderȱEinfrierenȱdesȱVorgangsȱkommen.ȱAufȱjedenȱFallȱwirdȱdieȱbeȬ sondereȱBedeutungȱmittlererȱEbenenȱsichtbar.ȱIhnenȱkommtȱinȱProȬ
89ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
zessenȱemergentenȱWandelsȱeineȱSchlüsselstellungȱzu.ȱEineȱähnlicheȱ FeststellungȱlässtȱsichȱimȱÜbrigenȱfürȱdieȱImplementierungȱabwärtsȱ gerichteten,ȱintendiertenȱWandelsȱtreffenȱ(vgl.ȱKap.ȱ4).ȱ Imȱ Erfolgsfallȱ hatȱ dieȱ Ideeȱ nunȱ denȱ Statusȱ einerȱ informalȱ bereitsȱ vorgeklärten,ȱ akzeptiertenȱ undȱ fürȱ unterstützungswürdigȱ befundeȬ nenȱInitiativeȱerreicht.ȱBereitsȱimȱVerlaufȱdiesesȱKlärungsprozessesȱ werdenȱ sichȱ dieȱ Einsichtenȱ derȱ Beteiligtenȱ verändertȱ haben.ȱ Imȱ nächstenȱ Schritt,ȱ derȱ nächstenȱ Welle,ȱ wirdȱ inȱ denȱ verschiedenenȱ beteiligtenȱEinheitenȱeineȱnähereȱPräzisierung,ȱeineȱErprobungȱoderȱ Pilotanwendungȱ stattfinden.ȱ Dieȱ vorhandenenȱ Vorgehensweisen,ȱ Regelnȱ oderȱ Routinenȱ werdenȱ alsoȱ modifiziertȱ bzw.ȱ inȱ einerȱ ParalȬ lelanwendungȱumȱAlternativenȱergänzt.ȱDamitȱzugleichȱfindetȱeineȱ Weiterentwicklungȱ undȱ Weiterverbreitungȱ derȱ Initiativeȱ statt,ȱ einȱ Prozess,ȱ derȱ sichȱ zwangsläufigȱ mehrȱ undȱ mehrȱ demȱ Einflussȱ derȱ fokalenȱ Führungskraftȱ undȱ erstȱ rechtȱ demȱ Urheberȱ derȱ Ideeȱ entȬ zieht.ȱWennȱsichȱdieȱInitiativeȱaufgrundȱderȱgemachtenȱErfahrungenȱ undȱ Lernschritteȱ bewährt,ȱ dannȱ istȱ ausȱ derȱ Ideeȱ eineȱ emergenteȱ Routineȱ geworden,ȱ alsoȱ z.B.ȱ eineȱ VerfahrensȬȱ oderȱ ProduktändeȬ rung,ȱdieȱsichȱsozusagenȱinformellȱdurchgesetztȱundȱbewährtȱhat.ȱȱ Imȱ letztenȱ Schrittȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ dieȱ formaleȱAnerkennungȱ dieserȱ Routineȱ zuȱ erreichen.ȱ Diesȱ kannȱ nurȱ durchȱ dieȱ Genehmigungȱ seiȬ tensȱhöhererȱInstanzenȱgeschehen,ȱbeiȱunternehmungsweitenȱÄndeȬ rungenȱ alsoȱ durchȱ eineȱ Entscheidungȱ derȱ Geschäftsleitung.ȱ Esȱ verȬ stehtȱ sich,ȱ dassȱ auchȱ anȱ derȱ Stelleȱ Barrierenproblemeȱ existieren.ȱ Gelingtȱ derenȱ Überwindung,ȱ dannȱ istȱdieȱ Änderungȱ offizielleȱPoliȬ tik.ȱDerȱinȱderȱRoutineȱenthalteneȱWissensȬȱundȱErfahrungsbestandȱ trittȱdamitȱzuȱdenȱorganisatorischenȱFähigkeitenȱhinzuȱoderȱersetztȱ seitherigeȱFähigkeiten.ȱȱ Grundsätzlichȱ lässtȱ sichȱ diesesȱ Entstehungsmusterȱ aufȱ alleȱ Artenȱ organisatorischerȱ Fähigkeitenȱ anwenden,ȱ Basisfähigkeitenȱ undȱ dyȬ namischeȱ Fähigkeiten.ȱ Auchȱ Wandlungsfähigkeitenȱ könnenȱ ausȱ emergentenȱ Prozessenȱ entstehen,ȱ soȱ z.B.,ȱ wennȱ derȱ Leserȱ diesesȱ BuchesȱAnregungenȱerhält,ȱdieȱerȱinȱseinerȱArbeitsumgebungȱdazuȱ nutzt,ȱVeränderungsprozesseȱbesserȱzuȱverstehenȱoderȱzuȱgestalten.ȱ Inȱ dokumentarischȬromanhafterȱ Formȱ istȱ einȱ solcherȱ Prozessȱ vonȱ Majaȱ Grolimundȱ Daeppȱ sehrȱ anschaulichȱ beschriebenȱ worden;ȱ inȱ eiȬ nemȱBuch,ȱdessenȱHauptfigurȱeinȱManagerȱist,ȱderȱOpferȱeinerȱFusiȬ onȱgewordenȱistȱ(2005).ȱ
90ȱ
Ablauf kontinuierlicher Entwicklungsprozesse
2.4
DasȱfolgendeȱBeispielȱdesȱAudiȱQuattroȱzeigtȱsehrȱeindringlich,ȱwieȱ einȱemergenterȱProzessȱablaufenȱkann.ȱEsȱbegannȱmitȱeinerȱProduktȬ ideeȱundȱendeteȱmitȱderȱReorientierungȱeinesȱganzenȱKonzerns.ȱ
Das Thema: Emergenter Wandel Das Beispiel: Audi Quattro Winter 1976: Ingenieur Bensinger, der Leiter der Fahrwerksentwicklung, ist begeistert vom Fahrverhalten des VW Iltis (Geländewagen) und überlegt, ob das Konzept nicht auf Limousinen übertragen werden könnte. Er findet Unterstützung beim damaligen AUDI-Entwicklungsvorstand Ferdinand Piech, seinem Vorgesetzten. Nur wenige Personen werden in die inoffizielle schrittweise Konzeptentwicklung eingeweiht. Im März `77 wird Hans Nedvidek mit der Fahrwerksentwicklung beauftragt. Ein erster Prototyp auf der Basis des Audi 80 führt zur Duldung des Projekts durch andere AUDI-Vorstände. Aber erst ab September `77 gibt es eine offizielle Projektnummer und eine Teamerweiterung auf 12 Mann. Jan. `78: der VW-Verkaufsvorstand sowie der Marketingchef werden überzeugt durch Fahrversuche auf der Turacher Höhe, Europas höchstem Alpenpass. Mai `78: Zustimmung zur Serienproduktion durch Prof. Dr. Ernst Fiala, VW Entwicklungs-Vorstand. März `80: Der Audi Quattro ist der Star des Genfer Salons. Es beginnt die Neupositionierung der Marke Audi mit ‚Vorsprung durch Technik’. Der Quattro feiert viele Rallyeerfolge. Zahlreiche technische Folgeprojekte führen zur Bestätigung und Stärkung der Neupositionierung, so z.B.: Procon-Ten (Aufprallschutz), voll verzinkte Karosserien, Alukarosserie beim A 8 (vgl. Bach 2000, S. 176ff.).
2.4.3
Kombination intendierten und emergenten Wandels im Gegenstromverfahren
Dasȱ hierȱ verwendeteȱ Orientierungsmodellȱ fürȱ eineȱ kanalisierte,ȱ kontinuierlicheȱUnternehmungsentwicklungȱistȱdasȱGegenstromverȬ fahrenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 2/7;ȱ aufbauendȱ aufȱ Krüger/Hompȱ 1997;ȱ KrüȬ ger/Bachȱ 1999).ȱ Esȱ verbindetȱ ‚Tagesgeschäft’ȱ mitȱ ‚Wandel’ȱ undȱ beȬ rücksichtigtȱ nichtȱ nurȱ denȱ intendierten,ȱ sondernȱ auchȱ denȱ
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2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
emergentenȱ Wandel.ȱ Alleȱ behandeltenȱ Implementierungsvariantenȱ lassenȱ sichȱ dabeiȱ durchführen.ȱ Beiȱ einemȱ eingespieltenȱ GegenȬ stromverfahrenȱ sindȱ dieȱ verschiedenenȱ Wandlungsaufgabenȱ inȱ eiȬ nemȱinstitutionalisiertenȱProzessȱsoȱmiteinanderȱgekoppelt,ȱdassȱeinȱ projektȬȱ undȱ programmspezifischesȱ Implementierungsmanagementȱ weitgehendȱentbehrlichȱist.ȱȱ
VertikalerȱGegenstrom:ȱKombinationȱvonȱ‚Topȱdown‘Ȭȱundȱ ‚Bottomȱup‘ȬImpulsenȱ Derȱ vertikaleȱ Gegenstromȱ dientȱ dazu,ȱ dieȱ strategischeȱ Lückeȱ zuȱ schließen,ȱ dieȱ sichȱ zwischenȱ denȱ angestrebtenȱ Positionenȱ undȱ PoȬ tentialenȱ alsȱ denȱ Sollgrößenȱ undȱ denȱ tatsächlichȱ vorhandenenȱ Istgrößenȱ auftut.ȱ Dieserȱ Prozessȱ entsprichtȱ demȱ Führungsprozessȱ derȱBalancedȱScorecardȱ(BSC)ȱoderȱdesȱManagementsȱbyȱObjectivesȱ (abwärtsȱ gerichteteȱ Zielplanung,ȱ aufwärtsȱ gerichteteȱ MaßnahmenȬ planung).ȱ Aufȱ dieȱ Weiseȱ istȱ dieȱ Steuerungȱ desȱ Tagesgeschäftsȱ anȬ handȱjährlicherȱStandardzieleȱundȱPläneȱmitȱdemȱManagementȱdesȱ Wandels,ȱ dasȱ InnovationsȬȱ undȱ Entwicklungszieleȱ undȱ Ȭvorhabenȱ formuliert,ȱsachlich,ȱzeitlichȱundȱpersonellȱzuȱverzahnen.ȱ Imȱ Standardfallȱ derȱ Jahresplanungȱ machtȱ einȱ abwärtsȱ gerichteterȱ Vorlaufȱ (‚Topȱdown‘)ȱ denȱ Anfang.ȱ Derȱ eingeleiteteȱ WandlungsproȬ zessȱ istȱ dannȱ alsȱ intendierter,ȱ deduktivȬvisionsgeleiteterȱ Prozessȱ zuȱbezeichnen.ȱDieȱRahmenvorgabenȱvonȱobenȱwerdenȱinȱbereichsȬ bezogeneȱZieleȱheruntergebrochen.ȱ Imȱ aufwärtsȱ gerichtetenȱ Rücklaufȱ (‚Bottomȱup‘)ȱ werdenȱ vonȱ denȱ jeweiligenȱ Einheitenȱ (unterjährige)ȱ Maßnahmenȱ geplant,ȱ dieȱ denȱ angestrebtenȱ Wandelȱ bereichsbezogenȱ umsetzenȱ undȱ damitȱ dieȱ Zieleȱerreichenȱsollen.ȱAlsȱeinfacheȱEmpfehlungȱfürȱdenȱverkraftbaȬ renȱUmfangȱanȱWandelȱinȱNormalphasenȱderȱGeschäftsentwicklungȱ lässtȱ sichȱ aufȱ dasȱ alteȱ Pfadfindermottoȱ verweisenȱ (‚Jedenȱ Tagȱ eineȱ guteȱ Tatȱ tun.’).ȱ Jederȱ Bereichsverantwortlicheȱ sollteȱ sichȱ inȱ derȱ lauȬ fendenȱPeriodeȱ einȱ bisȱzweiȱ inȱ denȱ Zielrahmenȱ passendeȱ VerbesseȬ rungsinitiativenȱvornehmenȱundȱsoȱseinenȱBeitragȱzurȱevolutionärenȱ Entwicklungȱleisten.ȱ Emergenteȱ Impulseȱ stellenȱ –ȱ schematischȱ betrachtetȱ –ȱ Bestandteileȱ desȱBottomȱupȬProzessesȱdar.ȱAllerdingsȱhandeltȱesȱsichȱdannȱnichtȱ umȱ einenȱ Rücklauf.ȱ Übergreifendeȱ Vorschlägeȱ undȱ Ideen,ȱ dieȱ vonȱ derȱBasisȱihrenȱAusgangȱnehmen,ȱwerdenȱBottomȱupȱausgearbeitet,ȱ
92ȱ
Ablauf kontinuierlicher Entwicklungsprozesse
2.4
entwickeltȱ undȱ verbreitet.ȱ Imȱ Grenzfallȱ entstehenȱ soȱ dieȱ imȱ ‚WelȬ lenmodell’ȱ behandeltenȱ Routinenȱ undȱ organisatorischenȱ FähigkeiȬ ten.ȱ Dieserȱ Prozessȱ wäreȱ alsȱ emergentȱ undȱ induktivȬfähigkeitsȬ geleitetȱzuȱbezeichnen.ȱ
Horizontalerȱ Gegenstrom:ȱ Kombinationȱ vonȱ ‚Insideȱout‘Ȭȱ undȱ ‚Outsideȱin‘ȬPerspektiveȱ InȱhorizontalerȱRichtungȱgehtȱesȱumȱProzesse,ȱdieȱsichȱentlangȱderȱ Wertketteȱ bewegenȱ undȱ externeȱ Partnerȱ einbeziehen.ȱ Nebenȱ LiefeȬ rantenȱundȱKundenȱkommenȱauchȱWettbewerberȱinȱBetrachtȱsowieȱ Partner,ȱdieȱkomplementäreȱFähigkeitenȱbesitzenȱ(sog.ȱKomplemenȬ toren).ȱWandelȱinȱdiesemȱTeilȱdesȱGegenstromsȱistȱvorȱallemȱdurchȱ dasȱStichwortȱKoevolutionȱgeprägt,ȱalsoȱz.B.ȱProduktentwicklungsȬ projekte,ȱ dieȱ gemeinsamȱ inȱ einemȱ Netzwerkȱ mitȱ Lieferantenȱ undȱ Kundenȱ durchgeführtȱ werden.ȱ Esȱ verstehtȱ sich,ȱ dassȱ auchȱ dabeiȱ emergenteȱÄnderungenȱauftretenȱkönnen.ȱ
Abbildungȱ2/7ȱ
InstitutionalisierungȱdesȱWandelsȱimȱGegenstromverfahrenȱ
Mitarbeiterführung Unternehmungskultur
Top Down Leitbilder Strategien Standardziele
Verbesserungen Best Practices
Zielsystem Anreizsystem
Outside in: „Anpassung“ Marktsituation > Kundenbedürfnisse > Wettbewerbsstrategie Lieferanten/ Komplementoren
Inside out: „Gestaltung“ Ressourcen + Fähigkeiten > Kernkompetenzen > Wettbewerbsvorteile
Personalentwicklung/ Organisation
Entwicklungsziele Anreize Vorbildfunktion
Internes Unternehmertum Bottom Up
Kunden/ Wettbewerber
Planungs- und Kontrollsystem Informationssystem
ȱ
Dieȱ Verlaufsrichtungȱ ‚Insideȱout‘ȱ beginntȱ beiȱ denȱ eigenenȱ Ideen,ȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeiten.ȱ Dieȱ Unternehmungȱ bemühtȱ sichȱ aufȬ
93ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
grundȱ eigenerȱ Impulseȱ undȱ Potentialeȱ umȱ einenȱ proaktivenȱ WanȬ del.ȱ Dieȱ ‚Outsideȱin’ȬPerspektiveȱ ergänztȱ undȱ durchdringtȱ denȱ horizontalenȱ Gegenstromȱ inȱ derȱ anderenȱ Richtung.ȱ Hierȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ Veränderungenȱ inȱ derȱ Marktsituationȱ undȱ denȱ KundenbeȬ dürfnissenȱzuȱerkennenȱundȱsichȱdaranȱreaktivȱanzupassen.ȱ
Die SUPPLY ON AG ist eine internetbasierte Einkaufsplattform. Sie wird gemeinsam betrieben von Automobilzulieferern wie BOSCH, CONTI, SIEMENS VDO, ZF FRIEDRICHSHAFEN sowie SAP (Komplementor). Als Käufer kommen die Zulieferer sowie die Autoindustrie auf die Plattform, als Verkäufer die Teilehersteller. Das Handelsvolumen betrug in 2005 80 Mrd. €, generiert von 8.500 Unternehmungen aus 30 Ländern (Quelle: FAZ vom 07.12.2005). Diese Plattform stellt praktizierte Koevolution dar. Die gemeinsame Wertschöpfung beginnt bei Produktentwicklungsprozessen, die über SUPPLY ON laufen. Sie setzt sich fort mit der Belieferung in der Serienfertigung. Die dort gemachten Erfahrungen werden schließlich in einem Änderungsmanagement zu kontinuierlichen Verbesserungen genutzt.
InstrumentierungȱundȱMotorisierungȱdesȱWandelsȱȱ DamitȱdasȱZielȱeinerȱsichȱentwickelnden,ȱlernendenȱUnternehmungȱ (vgl.ȱProbst/Büchelȱ1994)ȱerreichtȱwird,ȱistȱeineȱgeeigneteȱinstrumenȬ telleȱAbstützungȱerforderlich,ȱdieȱdafürȱsorgt,ȱdenȱWandelȱgenausoȱ zurȱGewohnheitȱwerdenȱzuȱlassenȱwieȱdieȱTagesarbeit.ȱZumȱVoranȬ treibenȱ (‚Motorisieren’)ȱ desȱ Entwicklungsstromsȱ müssenȱ zuȱ denȱ jährlichenȱ Standardzielen,ȱ z.B.ȱ inȱ einerȱ Balancedȱ Scorecard,ȱ fürȱ dieȱ verschiedenenȱ Unternehmungseinheitenȱ einzelneȱ EntwicklungsȬȱ undȱInnovationszieleȱhinzutreten,ȱdieȱauchȱmitȱeinemȱentsprechenȬ denȱBudgetȱauszustattenȱsindȱundȱderenȱErreichungȱzuȱgratifizierenȱ ist.ȱ Geeigneteȱ Wandlungsplattformenȱ sindȱ einȬȱ undȱ auszubauen.ȱ EinrichtungenȱwieȱErfahrungsgruppen,ȱManagementseminare,ȱKonȬ tinuierlicheȱ Verbesserungsprozesseȱ usw.ȱ dürfenȱ keineȱ einmaligenȱ Veranstaltungenȱ bleiben.ȱ Danebenȱ istȱ überȱ eineȱ ‚Infrastrukturȱ desȱ Wissens‘ȱ nachzudenken.ȱ Diesȱ beginntȱ z.B.ȱ mitȱ demȱ Aufbauȱ einesȱ Intranetsȱ undȱ derȱ Benennungȱ Verantwortlicherȱfürȱ Schlüsselwissenȱ (‚Mentoren’,ȱ ‚Topicȱ Leader‘),ȱ alsoȱ solcherȱ Personenȱ oderȱ Einheiten,ȱ dieȱ bestimmteȱ Wissensgebieteȱ betreuen,ȱ kultivierenȱ undȱ alsȱ ExperȬ tenȱ zurȱ Verfügungȱ stehen.ȱ Aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Stellenmehrheitenȱ wirdȱ dieȱ Infrastrukturȱ desȱ Wissensȱ vervollständigtȱ durchȱ dieȱ BünȬ
94ȱ
Zusammenfassung
2.5
delungȱ vonȱ Schlüsselfähigkeitenȱ inȱ ‚Centersȱ ofȱ Competence‘ȱ (vgl.ȱ Krüger/Hompȱ1997,ȱS.ȱ209ff.).ȱȱ
Ein spezielles Gegenstromverfahren wird sehr erfolgreich von GENERAL ELECTRIC praktiziert. Dabei gibt die Unternehmungsspitze die Zielvorstellungen und das Wandlungsprogramm vor (Top down-Sequenz) und überlässt es den nachgelagerten Einheiten, die hierfür geeigneten Projekte durchzuführen. Die Ergebnisse werden aufwärts gerichtet kommuniziert (Bottom up-Sequenz) und ausgewertet. Daraus entstehen interne Bestlösungen, die anschließend ihrerseits in den Unternehmungsbereichen eingeführt werden (Top down-Sequenz).
2.5
Zusammenfassung
DiesesȱBuchȱbeschäftigtȱsichȱmitȱtiefȱgreifendemȱWandelȱ(TransȬ formation),ȱalsoȱmitȱSachverhalten,ȱdieȱauchȱmitȱdemȱBegriffȱderȱ strategischenȱ Erneuerungȱ zuȱ kennzeichnenȱ sind.ȱ ‚Strategisch’ȱ heißt,ȱdassȱesȱumȱeineȱnachhaltigeȱVeränderungȱderȱErfolgsposiȬ tionenȱund/oderȱErfolgspotentialeȱderȱUnternehmungȱgeht.ȱȱ
UmȱdieȱdarausȱabzuleitendenȱFelderȱdesȱ‚Erneuerungsportfolios’ȱ abzudecken,ȱ sindȱ umfassendeȱ undȱ tiefȱ greifendeȱ Vorhabenȱ durchzuführen,ȱ Wandlungsprogrammeȱ also,ȱ dieȱ ausȱ einerȱ GeȬ samtheitȱaufeinanderȱabgestimmterȱEinzelprojekteȱbestehen.ȱDieȱ Stoßrichtungenȱ desȱ Wandelsȱ sindȱ unterschiedlichȱundȱ bedingenȱ einȱ differenziertesȱ Wandlungsmanagement,ȱ jeȱ nachdem,ȱ obȱ AbȬ bau,ȱUmbauȱoderȱAufbauȱdieȱRichtungȱbestimmen.ȱ
Tiefȱ greifenderȱ Wandelȱ istȱ Teilȱ derȱ langfristigenȱ Entwicklungȱ einerȱ Unternehmung,ȱ inȱ derenȱ Verlaufȱ Lebensstadienȱ wieȱ PioȬ nierphase,ȱ Internationalisierungȱ oderȱ auchȱ Globalisierungȱ zuȱ durchlaufenȱsind.ȱTransformationsproblemeȱundȱȬprozesseȱtretenȱ vorwiegendȱ beimȱ Übergangȱ vonȱ einemȱ zumȱ anderenȱ Stadiumȱ aufȱundȱführenȱzuȱtypischenȱWandlungsbedarfen.ȱȱ
Rückgratȱ desȱ Wandlungsmanagementsȱ bildetȱ derȱ WandlungsȬ prozess.ȱDasȱVorgehensmodell,ȱdasȱdiesemȱBuchȱzugrundeȱliegt,ȱ siehtȱfünfȱPhasenȱvor:ȱInitialisierung,ȱKonzipierung,ȱMobilisieȬ rung,ȱUmsetzung,ȱVerstetigung.ȱDiesesȱPhasenmodellȱistȱflexibelȱ
95ȱ
2
Strategische Erneuerung: Programme, Prozesse, Probleme
aufȱ unterschiedlicheȱ Situationenȱ anwendbar.ȱ Esȱ legtȱ besonderesȱ Gewichtȱ aufȱ eineȱ gleichgewichtigeȱ Berücksichtigungȱ vonȱ SachȬ aspektenȱ (z.B.ȱ organisatorischeȱ Aspekte,ȱ Optimierungȱ derȱ ProȬ jektgesamtdauer)ȱ undȱ Verhaltensaspektenȱ (z.B.ȱ Schaffungȱ vonȱ Wandlungsbereitschaft)ȱdesȱWandels.ȱ
Wieȱ dieȱ letzteȱ derȱ fünfȱ Phasenȱ desȱ Wandelsȱ bereitsȱ inȱ ihrerȱ BeȬ zeichnungȱ(Verstetigung)ȱerkennenȱlässt,ȱstelltȱeinȱstetigerȱStromȱ evolutionärerȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Unternehmungȱ dasȱ LeitȬ bildȱ dar,ȱ demȱ sichȱ dasȱ Managementȱ verpflichtenȱ muss.ȱ Esȱ gilt,ȱ fürȱ dasȱ ‚Wandlungsgeschäft’ȱ Prozesse,ȱ Strukturenȱ undȱ InstruȬ menteȱ zuȱ entwickelnȱ undȱ einzusetzen,ȱ dieȱ möglichstȱ inȱ dasȱ TaȬ gesgeschäftȱ integriertȱ sindȱ undȱ dafürȱ sorgen,ȱ dassȱ permanenterȱ Wandelȱ stattfindet.ȱ Dennȱ Marktführerschaftȱ setztȱ inȱ Zukunftȱ Wandlungsführerschaftȱvoraus.ȱ
96ȱ
ȱ
TEIL B: ERFOLGSBESTIMMENDE KOMPONENTEN DES WANDELS
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Ebenen der strategischen Erneuerung
3.1
ȱ
Strategische Optionen der Erneuerung
Kapitel 3
Norbert Bach / Christian Homp
99ȱ
Ebenen der strategischen Erneuerung
3.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 3 Für den Praktiker ist die Frage besonders wichtig, wie eine strategische Erneuerung als Veränderung von Erfolgspositionen und/oder Erfolgspotentialen konkret vonstatten gehen kann. Die strategischen Optionen der Erneuerung sind daher eine eigene Komponente des 3W-Modells (‚Strategie‘) und bilden den Gegenstand von Kapitel 3. Im Fokus stehen der Abbau, Umbau oder Aufbau der betriebenen Geschäfte. Bei dieser marktseitigen Betrachtung gilt es, bestehende Positionen zu sichern oder neue Positionen aufzubauen. Die zur Erreichung dieser Wettbewerbsziele einzusetzenden Potentiale sind die Ressourcen und Fähigkeiten, über die die Unternehmung verfügt. Nachfolgend werden anhand der Lebenszyklen für Positionen und Potentiale strategische Optionen der Erneuerung hergeleitet und anschließend in konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten erläutert.
101ȱ
3
Strategische Optionen der Erneuerung
3.1
Ebenen der strategischen Erneuerung
ImȱKapitelȱ1ȱwurdeȱderȱBegriffȱderȱstrategischenȱErneuerungȱeingeȬ führtȱ fürȱ Maßnahmenprogramme,ȱ dieȱ derȱ nachhaltigenȱ VerändeȬ rungȱvonȱErfolgspositionenȱund/oderȱErfolgspotentialenȱdienen.ȱAlsȱ theoretischeȱ Erklärungsmusterȱ fürȱ solcheȱ Bewegungenȱ werdenȱ imȱ Strategischenȱ Managementȱ grundlegendȱ derȱ marktorientierteȱ undȱ derȱ ressourcenorientierteȱAnsatzȱ unterschiedenȱ (vgl.ȱ Krüger/Hompȱ 1997,ȱS.ȱ63).ȱAusȱderȱAnwendungȱdieserȱTheorienȱaufȱdasȱhierȱvorȬ gestellteȱ Modellȱ desȱ Unternehmungswandelsȱ resultierenȱ dreiȱ EbeȬ nenȱ derȱ strategischenȱ Erneuerung,ȱ aufȱ denenȱ demȱ WandlungsmaȬ nagementȱOptionenȱoffenȱstehen:ȱdieȱGesamtunternehmungsebene,ȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Geschäftsfelderȱ undȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ(Kompetenzen).ȱ Dieȱ Ebeneȱ derȱ Geschäftsfelderȱ istȱ demȱ marktorientiertenȱ Ansatzȱ desȱ Strategischenȱ Managementsȱ zuzurechnen,ȱ derȱ dieȱ UnternehȬ mungȱalsȱPortfolioȱvonȱGeschäftenȱinterpretiert.ȱZielȱderȱUnternehȬ mungsführungȱ istȱ einȱ ausgewogenesȱ Portfolioȱ anȱ Geschäften,ȱ dieȱ sichȱ inȱ unterschiedlichenȱStadienȱihrerȱLebenszyklenȱ befinden.ȱ Derȱ vonȱ reifenȱ Geschäftenȱ generierteȱ CashȬflowȱ Überschussȱ wirdȱ geȬ nutzt,ȱ umȱ dasȱ Wachstumȱ junger,ȱ Erfolgȱ versprechenderȱ Geschäfteȱ zuȱ finanzieren.ȱ Imȱ marktorientiertenȱ Modellȱ findetȱ Wettbewerbȱ überwiegendȱaufȱderȱEbeneȱderȱGeschäfteȱstatt.ȱWettbewerbsvorteileȱ entstehenȱdurchȱeineȱPositionierungȱdesȱeigenenȱLeistungsangebotsȱ bezüglichȱ KostenȬȱ und/oderȱ Differenzierungsvorteilenȱ inȱ einemȱ engenȱoderȱweitenȱWettbewerbsfeldȱ(vgl.ȱPorterȱ2000).ȱDerȱfürȱstraȬ tegischeȱ Erneuerungȱ konstituierendeȱ Begriffȱ derȱ Erfolgspositionȱ (vgl.ȱKap.ȱ2.1)ȱliegtȱaufȱderȱEbeneȱderȱGeschäftsfelder.ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
102ȱ
Strategische Erneuerung auf Gesamtunternehmungsebene
3.2
EineȱUnternehmungȱistȱaufȱeinemȱoderȱmehrerenȱGeschäftsfelȬ dernȱtätig.ȱJedesȱdieserȱGeschäfteȱstehtȱimȱWettbewerbȱmitȱGeȬ schäftenȱandererȱUnternehmungenȱundȱhatȱimȱWettbewerbȱeiȬ neȱüberȱKostenȬȱund/oderȱDifferenzierungsvorteileȱerkennbareȱ Erfolgspositionȱ inneȱ (Ebeneȱ derȱ Geschäfte).ȱ Dieȱ WertschöpȬ fungȱ inȱ einemȱ Geschäftsfeldȱ entstehtȱ durchȱ denȱ Einsatzȱ vonȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ (Ebeneȱ derȱ Ressourcenȱ undȱ FäȬ higkeiten),ȱdieȱgeschäftsfeldübergreifendȱgenutztȱwerden.ȱDerȱ ErfolgȱderȱGesamtunternehmungȱbemisstȱsichȱausȱderȱSummeȱ derȱGeschäftserfolgeȱalsȱResultatȱdesȱgeschäftsfeldübergreifenȬ denȱ Einsatzesȱ derȱ Ressourcen.ȱ Strategischeȱ Erneuerungȱ findetȱ aufȱ allenȱ dreiȱ genanntenȱ Ebenenȱ statt:ȱ Gesamtunternehmung,ȱ GeschäfteȱsowieȱRessourcenȱundȱFähigkeiten.ȱ
ImȱDenkmodellȱdesȱressourcenorientiertenȱAnsatzesȱunterscheidetȱ sichȱ dieȱ Unternehmungȱ vonȱ anderenȱ Unternehmungenȱ inȱ ihremȱ Reservoirȱ anȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ (Kompetenzen),ȱ dieȱ sichȱ nurȱ schwerȱ imitierenȱ lassenȱ undȱ nichtȱ ohneȱ weiteresȱ übertragbarȱ sindȱ (vgl.ȱ Barneyȱ 1991).ȱ Fortbestandȱ undȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Unternehmungȱ werdenȱ durchȱ aktivenȱ Einsatzȱ dieserȱ Kompetenzenȱ inȱ altenȱ undȱ neuenȱ Märktenȱ gesichert.ȱ Wettbewerbȱ hatȱ inȱ diesemȱ DenkansatzȱeineȱandereȱDimension,ȱhierȱtrittȱgeschäftsfeldübergreiȬ fendȱUnternehmungȱgegenȱUnternehmungȱan.ȱZieleȱsindȱdaherȱdieȱ Entwicklung,ȱ dieȱ Nutzungȱ undȱ derȱ Transferȱ vonȱ Kompetenzenȱ inȱ mehrereȱ Geschäfte.ȱ Dieȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ bildenȱ dieȱ ErȬ folgspotentiale,ȱ dieȱ zurȱ Wertschöpfungȱ inȱ denȱ Geschäftsfeldernȱ eingesetztȱwerden.ȱ
3.2
Strategische Erneuerung auf Gesamtunternehmungsebene
3.2.1
Konzentration und Diversifikation
Strategischeȱ Erneuerungȱ aufȱ Gesamtunternehmungsebeneȱ istȱ dasȱ Ergebnisȱ einesȱ Abbaus,ȱ Umbausȱ oderȱ Aufbausȱ vonȱ Positionenȱ und/oderȱ Potentialen.ȱ Ausȱ Sichtȱ desȱ Strategischenȱ Managementsȱ
103ȱ
3
Strategische Optionen der Erneuerung
gehtȱesȱaufȱdieserȱEbeneȱumȱdieȱFrageȱderȱKonzentrationȱimȱSinneȱ einerȱBündelungȱderȱKräfteȱoderȱeineȱDiversifikationȱzurȱStreuungȱ derȱ Geschäftsrisikenȱ (vgl.ȱ MüllerȬStewens/Lechnerȱ 2005,ȱ S.ȱ 277ff.).ȱ Insbesondereȱ fürȱ kleinereȱ undȱ mittlereȱ Unternehmungenȱ stelltȱ sichȱ darüberȱ hinausȱ dieȱ Frage,ȱ inȱ welchenȱ Wertschöpfungsnetzwerkenȱ dieȱ Unternehmungȱ partizipierenȱ undȱ Beiträgeȱ leistenȱ möchteȱ (vgl.ȱ Petryȱ2006).ȱEineȱDiversifikationsȬȱoderȱKonzentrationsstrategieȱaufȱ GesamtunternehmungsebeneȱziehtȱfolglichȱimmerȱAbbauȬ,ȱUmbauȬȱ oderȱAufbaumaßnahmenȱ aufȱ derȱ GeschäftsfeldȬȱ und/oderȱ RessourȬ cenebeneȱnachȱsichȱ(vgl.ȱAbb.ȱ3/1).ȱȱ
Abbildungȱ3/1ȱȱȱ
StrategischeȱOptionenȱzurȱKonzentrationȱoderȱDiversifikationȱaufȱȱ Gesamtunternehmungsebeneȱ
Abbau
Positionen
Potentiale
Rückzug aus einzelnen Geschäftsfeldern unter Beibehaltung der Potentiale
Fokussierung auf Kernkompetenzen unter Beibehaltung der Positionen
Umbau Umbau der Positionen gemäß einer geschäftsfeldübergreifenden Präferenzpolitik
Ergänzung von Potentialen um komplementäre Komponenten
Aufbau Transfer von Potentialen auf neue Märkte mit neuen Positionen
Entwicklung neuer Potentiale zum Erhalt alter oder zur Erschließung neuer Positionen
ȱ Derȱ Rückzugȱ ausȱ einzelnenȱ Geschäftsfeldernȱ istȱ gleichbedeutendȱ mitȱ demȱ Abbauȱ vonȱ Geschäftspositionen,ȱ d.h.ȱ dieȱ Unternehmungȱ ziehtȱ sichȱ ausȱ demȱ Geschäftsfeldȱ zurück,ȱ bautȱ dieȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ aberȱ nichtȱ ab.ȱ Ähnlichȱ verhältȱ esȱ sichȱ beiȱ einerȱ FokusȬ sierungȱaufȱSchlüsselkompetenzen.ȱKönnenȱPositionenȱinȱbestehenȬ denȱ Geschäftenȱ auchȱ durchȱ Fremdbezugȱ vonȱ Randleistungenȱ oderȱ durchȱ mehrfachȱ nutzbareȱ Kernkompetenzenȱ gehaltenȱ werden,ȱ beȬ stehtȱdieȱMöglichkeit,ȱnichtȱmehrȱbenötigteȱRandkompetenzenȱaufȬ zugeben.ȱ Dieserȱ Versuchȱ wirdȱ vielfachȱ imȱ Zugeȱ desȱ Outsourcingsȱ unternommen.ȱ EinȱUmbauȱderȱGesamtunternehmungȱkannȱsowohlȱdurchȱeineȱklaȬ reȱ Präferenzpolitikȱ hinsichtlichȱ derȱ Positionierungȱ inȱ denȱ GeȬ
104ȱ
Strategische Erneuerung auf Gesamtunternehmungsebene
3.2
schäftsfeldernȱerfolgenȱalsȱauchȱdurchȱErgänzungȱderȱvorhandenenȱ PotentialeȱdurchȱkomplementäreȱKompetenzen.ȱStrategischeȱErneuȬ erungȱdurchȱAufbauȱwirdȱmöglichȱdurchȱdenȱTransferȱangestammȬ terȱKompetenzenȱaufȱbisherȱnichtȱbedienteȱAnwendungsfelderȱoderȱ dieȱvorausschauendeȱEntwicklungȱneuerȱErfolgspotentiale.ȱ
Beispiele für strategische Erneuerung auf der Gesamtunternehmungsebene liefert die Firmenhistorie von DAIMLERCHRYSLER. Die in den 80er Jahren auf Initiative vom damaligen Konzernvorstand Edzard Reuter verfolgte Diversifikationsstrategie zur ‚Verbreiterung der Unternehmungsbasis’ steht für den Aufbau von Potentialen durch die Zukäufe von MTU, DORNIER, AEG und MBB ebenso wie für den Transfer von Kompetenzen zur Erschließung neuer Geschäfte mit der Baureihe 190, dem ‚Baby-Benz’. Die Qualitätsprobleme und die roten Ergebniszahlen Anfang der 90er Jahre belegen, dass die Potentiale vielleicht doch zu weit gestreckt wurden. Mit dem Amtsantritt von Jürgen Schrempp wird die Vision vom ‚Integrierten Technologiekonzern’ im Jahr 1995 ad acta gelegt. Es erfolgte ein Rückzug aus den nicht zur Vorstellung des ‚globalen Mobilitätskonzerns’ passenden Geschäften. Gemäß der übergreifenden Präferenzpolitik eines globalen Premiumanbieters wurde der Konzern umgebaut. Hinsichtlich der Potentiale erfolgte eine Fokussierung auf Kompetenzen zur Herstellung von Kraftfahrzeugen. Die Akquisitionen von CHRYSLER und MITSUBISHI wurden als Ergänzungen des Ressourcenpools angesehen, die für den Aufstieg zu einem ‚Global Player’ unverzichtbar sind. Gleichzeitig wurde damit ein Transfer von Potentialen betrieben, wie es z.B. die MERCEDES-Motoren in manchen CHRYSLER-Modellen belegen.
3.2.2
Strategische Optionen als Normstrategien im Wandlungsportfolio
Wannȱ welcheȱ Optionȱ zurȱ strategischenȱ Erneuerungȱ derȱ GesamtunȬ ternehmungȱ genutztȱ werdenȱ sollte,ȱ entscheidetȱ sichȱ anhandȱ desȱ WandlungsbedarfsȱinȱdenȱeinzelnenȱGeschäften.ȱHierȱistȱesȱAufgabeȱ desȱControllingsȱderȱVerstetigung,ȱaufȱallenȱdreiȱEbenenȱderȱstrateȬ gischenȱ Erneuerungȱ dieȱ Entwicklungenȱ imȱ Wettbewerbsumfeldȱ zuȱ ‚monitoren’ȱundȱdieȱentscheidungsrelevantenȱInformationenȱaufzuȬ bereitenȱ(vgl.ȱKap.ȱ9.1).ȱ Derȱ Erfolgȱ einerȱ Unternehmungȱ –ȱ gemessenȱ inȱ Finanzenȱ undȱ Marktanteilenȱ –ȱ hängtȱ maßgeblichȱ vonȱ derȱ Positionȱ imȱ Marktȱ (ErȬ folgsposition)ȱ sowieȱ denȱ internenȱ Stärkenȱ (Erfolgspotentialen)ȱ ab.ȱ
105ȱ
3
Strategische Optionen der Erneuerung
FürȱeineȱGroborientierungȱbenötigtȱdasȱTopmanagementȱdaherȱeineȱ EinschätzungȱderȱAttraktivitätȱderȱErfolgspositionȱsowieȱInformatiȬ onenȱ zurȱ Stärkeȱ derȱ eingesetztenȱ Erfolgspotentiale,ȱ d.h.ȱ eineȱ EinȬ schätzungȱderȱeigenenȱRessourcenausstattungȱimȱVergleichȱzuȱaktuȬ ellenȱ undȱ potentiellenȱ Wettbewerbern.ȱ Dieseȱ beidenȱ aggregiertenȱ Indikatorenȱ führenȱ zuȱ einemȱ PositionsȬ/Potentialportfolio,ȱ inȱ demȱ dieȱaktuellenȱGeschäfteȱpositioniertȱwerdenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ3/2).ȱȱ
Abbildungȱ3/2ȱ
StrategischeȱOptionenȱalsȱNormstrategienȱimȱPositionsȬ/Potentialportfolioȱ
attraktiv Entwicklung Abbau Umbau
Erfolgsposition
Nutzung Ergänzung
II
III
I
IV
Präferenzpolitik
Aufbau Rückzug / Fokussierung
Transfer
unattraktiv schwach
Erfolgspotential
stark
ȱ
Dieȱ theoretischeȱ Grundlageȱ einerȱ Verwendungȱ derȱ strategischenȱ Optionenȱ alsȱ Normstrategienȱ inȱ diesemȱ Portfolioȱ bildenȱ dieȱ bereitsȱ vonȱ Igorȱ Ansoffȱ (vgl.ȱ 1984,ȱ S.ȱ 41;ȱ Kotler/Bliemelȱ 2006,ȱ S.ȱ 571ff.)ȱ proȬ pagiertenȱZusammenhängeȱzwischenȱdenȱLebenszyklenȱvonȱNachȬ frage,ȱTechnologienȱundȱProduktenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ3/3,ȱentwickeltȱnachȱ Ansoffȱ1984,ȱS.ȱ41).ȱȱ Ausgangspunktȱ allerȱ dreiȱ Zyklenȱ istȱ dieȱ Existenzȱ einesȱ KundenbeȬ dürfnisses.ȱ Umȱ diesesȱ Bedürfnisȱ befriedigenȱ zuȱ können,ȱ mussȱ eineȱ Unternehmungȱ zunächstȱ Potentialeȱ aufbauen.ȱ Unabhängigȱ davon,ȱ dassȱ oftmalsȱ Potentialeȱ undȱ Positionenȱ parallelȱ aufgebautȱ werdenȱ (vgl.ȱSpechtȱetȱal.ȱ2002,ȱS.ȱ123ff.),ȱbeginntȱeinȱNachfragezyklusȱfolgȬ lichȱmitȱderȱEntwicklungȱvonȱPotentialenȱ(FeldȱII).ȱȱ ȱ
106ȱ
Strategische Erneuerung auf Gesamtunternehmungsebene
3.2 Abbildungȱ3/3ȱ
Absatzmenge
LebenszyklenȱvonȱNachfrage,ȱPositionenȱundȱPotentialenȱ
Nachfragezyklus
Potentialzyklen Positionszyklen
Zeitablauf
ȱ
GelingtȱdieseȱFormȱdesȱWandels,ȱdannȱkönnenȱdieȱerworbenenȱFäȬ higkeitenȱ inȱ derȱ Wachstumsphaseȱ desȱ Nachfragezyklusȱ genutztȱ werden.ȱ Vorhandeneȱ Potentialeȱ führenȱ zuȱ starkenȱ Positionenȱ (Feldȱ III).ȱ Imȱ nächstenȱ Schrittȱ kannȱ dasȱ nahendeȱ Endeȱ einesȱ ProduktlebensȬ zyklusȱ(ErosionȱderȱPosition)ȱdurchȱdieȱOptionȱderȱPräferenzpolitikȱ hinausgezögertȱ werden.ȱ Dieȱ analogeȱ Optionȱ desȱ Umbausȱ vonȱ PoȬ tentialenȱ (Ergänzung)ȱ dientȱ derȱ Verlängerungȱ desȱ PotentialȬ lebenszyklus.ȱAufȱdieseȱWeiseȱkannȱeineȱanhaltendeȱoderȱwachsenȬ deȱ Nachfrageȱ zunächstȱ nochȱ ohneȱ Aufbauȱ neuerȱ Positionenȱ oderȱ Potentialeȱ weiterȱ bedientȱ werden.ȱ Beideȱ Optionenȱ könnenȱ auchȱ miteinanderȱkombiniertȱwerden,ȱwennȱz.B.ȱdurchȱUmbauȱderȱPotenȬ tialeȱ derȱ Wechselȱ vonȱ einerȱ DifferenzierungsȬȱ zuȱ einerȱ KostenfühȬ rerstrategieȱmöglichȱwirdȱ(UmbauȱderȱPosition).ȱȱ Imȱ idealtypischenȱ Verlaufȱ unterliegenȱ Potentialeȱ längerenȱ Zyklenȱ alsȱPositionen.ȱZumȱEndeȱeinesȱPositionslebenszyklusȱkannȱeinȱnochȱ starkesȱPotentialȱdeshalbȱdurchȱTransferȱzumȱAufbauȱneuerȱPositiȬ onenȱgenutztȱwerdenȱ(FeldȱIV).ȱNebenȱdieserȱreaktivenȱVarianteȱdesȱ Transfersȱ könnenȱ Potentiale,ȱ demȱ Gedankengutȱ desȱ KernkompeȬ tenzȬManagementsȱ folgend,ȱ auchȱ parallelȱ inȱ mehrerenȱ Geschäftenȱ genutztȱ werden,ȱ worausȱ wiederumȱ Möglichkeitenȱ einesȱ Umbausȱ derȱPositionenȱ(Präferenzpolitik)ȱresultieren.ȱ
107ȱ
3
Strategische Optionen der Erneuerung
Amȱ Endeȱ vonȱ PositionsȬȱ undȱ Potentiallebenszyklenȱ stehtȱ nurȱ nochȱ derȱRückzugȱbzw.ȱdieȱKonzentrationȱalsȱOptionȱoffenȱ(FeldȱI).ȱLässtȱ derȱ Nachfragezyklusȱ nachȱ wieȱ vorȱ Geschäftȱ erwarten,ȱ sollteȱ rechtȬ zeitigȱmitȱderȱEntwicklungȱneuerȱPotentialeȱbegonnenȱwerden,ȱdieȱ neueȱPositionszyklenȱermöglichen.ȱ
Der Unterhaltungselektronikkonzern LOEWE erzielte Anfang des Jahrtausends noch 85% seines Umsatzes mit Bildröhrenfernsehern. Der Markt für Fernsehgeräte zeigte nach wie vor Wachstumsraten, und als Anbieter hochwertiger Designgeräte sah man sich gut positioniert. Aufbauend auf eigenen Bildröhren- und Designkompetenzen wurden regelmäßig neue Produkte auf den Markt gebracht. Die Strategie zielte darauf, den Nachfragezyklus nach Fernsehgeräten durch eine Kombination der Optionen der Präferenzpolitik und Ergänzung der Potentiale um komplementäre Videound DVD-Technologien möglichst lange und renditeträchtig zu nutzen. LOEWE hatte jedoch die Entwicklung der TFT-Technologie unterschätzt. „Die Schnelligkeit des Nachfragewandels hat uns überrascht“, sagt Vorstandschef Rainer Hecker. Zwar hatte man das Potential der TFTTechnologie erkannt und eigene Flachbildgeräte im Produktprogramm, allerdings zum vierfachen Preis gleichwertiger Röhrengeräte. „Wir haben unsere Position zu streng ausgelegt“, räumt Hecker ein. „Kunden haben einen TFT-Fernseher an sich als Premium empfunden.“ Für LOEWE-Design war auf dem Markt keine extra Preisprämie zu erzielen. Hecker: „Wir hätten im ersten Schritt auf preiswerte Einstiegsgeräte setzen sollen.“ Noch im Krisenjahr 2003 wurden preiswerte TFT-Produkte lanciert und die Änderung der Positionierung mit einem konsequenten Kostenreduktionsprogramm im Bereich der Potentiale begleitet. Durch konsequenten Umbau von Positionen und Potentialen wurde der Turnaround bewältigt (vgl. Schlesiger 2006, S. 87f.).
108ȱ
3.3
Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Positionen
3.3.1
Transfer: Potentiale mehrfach nutzen
Analogȱ zuȱ derȱ imȱ Marketingȱ bewährtenȱ Unterscheidungȱ vonȱ marktgetriebenenȱ undȱ technologiegetriebenenȱ Innovationenȱ kannȱ dieȱstrategischeȱOptionȱdesȱTransfersȱvonȱPotentialenȱinȱeinerȱreakȬ tivenȱ undȱ inȱ einerȱ proaktivenȱ Varianteȱ ausgeübtȱ werden.ȱ Inȱ derȱ reaktivenȱ Varianteȱ desȱ Transfersȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ neueȱ VerwenȬ
Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Positionen
3.3
dungsmöglichkeitenȱ fürȱ Potentialeȱ zuȱ finden,ȱ derenȱ bedienteȱ GeȬ schäfteȱ amȱ Endeȱ ihrerȱ Lebenszyklenȱ stehen.ȱ Beiȱ dieserȱ OutsideȱinȬȱ BetrachtungȱbestehtȱdieȱHerausforderungȱfürȱdasȱWandlungsmanaȬ gementȱ darin,ȱ Entwicklungenȱ amȱ Marktȱ rechtzeitigȱ zuȱ erkennenȱ undȱsichȱentwickelndeȱneueȱAnwendungsmöglichkeitenȱzuȱidentifiȬ zieren.ȱȱ ZielȱeinesȱproaktivenȱTransfersȱistȱesȱebenfalls,ȱneueȱAnwendungsȬ felderȱfürȱbestehendeȱPotentialeȱzuȱfinden.ȱAllerdingsȱistȱdieȱDenkȬ richtungȱeineȱandere.ȱZielȱdiesesȱInsideȱoutȱgetriebenenȱTransfersȱistȱ dasȱ kreativeȱ Schaffenȱ neuerȱ Märkte.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ reaktivenȱ Transfer,ȱ fürȱ denȱ dieȱ Marktforschungȱ eineȱ ausgereifteȱ methodischeȱ undȱ instrumentelleȱ Unterstützungȱ anbietetȱ (vgl.ȱ Berekovenȱ etȱ al.ȱ 2004),ȱistȱdasȱInstrumentariumȱeinesȱproaktivenȱTransfersȱnochȱweȬ nigerȱentwickelt.ȱ
„Wichtig ist, dass wir ständig überprüfen, ob der eingeschlagene Weg noch der richtige ist“, sagt Bernhard Ribbrock, Chef der ARVATO-Sparte Mobile, die den Handy-Versand für Mobilfunkkonzerne verantwortet. „Jede Technologie hat vom Prinzip her eine Marktchance.“ Monatliche Status-Reports dokumentieren daher die Mitarbeiterideen für neue Geschäfte. „Daran können wir erkennen, ob wir uns neben dem Kerngeschäft weiterentwickeln“, so Ribbrock (vgl. Schlesiger 2006, S. 89).
Alsȱ möglicheȱ Objekteȱ einesȱ Potentialtransfersȱ werdenȱ nachfolgendȱ KernȬȱundȱEndprodukte,ȱMarkenȱundȱKompetenzenȱnäherȱbetrachȬ tet.ȱ Demȱ gegenüberȱ lassenȱ sichȱ fünfȱ Zielfelderȱ identifizieren,ȱ dieȱ vomȱ vorhandenenȱ Sortimentȱ bisȱ zumȱ völligȱ neuenȱ Geschäftsfeldȱ reichenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ3/4,ȱKrüger/Hompȱ1997,ȱS.ȱ126).ȱ
109ȱ
3 Abbildungȱ3/4ȱ
Strategische Optionen der Erneuerung
Transfermöglichkeitenȱ Was wird transferiert?
Wohin wird transferiert?
1
Kernprodukte
A
Vorhandenes Sortiment
2
Endprodukte/ -leistungen
B
Neue Produkte/Leistungen im Stammgeschäft
3
Marken
C
Neue Kunden im Stammgeschäft
Ressourcen und Fähigkeiten/Kernkompetenzen
D
4
Neue Regionen im Stammgeschäft
E
Neue Geschäftsfelder
ȱ
Dieȱ offensichtlichsteȱ Formȱ desȱ Transfersȱ istȱ dieȱ Übertragungȱ vonȱ bekanntenȱ Endproduktenȱ (2)ȱ aufȱ neueȱ Kundenȱ (C)ȱ oderȱ Regionenȱ (D).ȱZahlreicheȱBeispieleȱfürȱsolcheȱProdukttransfersȱfindenȱsichȱinȱ derȱ Automobilindustrie,ȱ dieȱ sichȱ imȱ letztenȱ Jahrzehntȱ zunehmendȱ zuȱeinerȱglobalenȱBrancheȱentwickeltȱhat.ȱȱ
TOYOTA hat den Produkttransfer als Teil seiner Strategie etabliert. Neue Modelle werden, sofern sie nicht gezielt für einzelne Regionen entwickelt werden, zunächst im Heimatland Japan getestet. Bewährt sich ein Produkt, werden schrittweise Produktionskapazitäten aufgebaut, um das Modell anschließend auch in Auslandsmärkten anzubieten.
110ȱ
Unterschiedlicheȱ Endprodukteȱ könnenȱ aufȱ gemeinsamenȱ KernproȬ duktenȱbasieren.ȱUnterȱeinemȱKernproduktȱ(1)ȱwirdȱdabeiȱdieȱrealeȱ Verkörperungȱ einerȱ oderȱ mehrererȱ Kernkompetenzenȱ verstanden.ȱ DasȱKernproduktȱistȱeinerseitsȱzentralerȱBestandteilȱeinesȱoderȱmehȬ rererȱ Endprodukte.ȱ Kernprodukteȱ könnenȱ daherȱ auchȱ alsȱ eigenȬ ständigesȱ Transferobjektȱ innerhalbȱ desȱ vorhandenenȱ Sortimentsȱ (1/A,ȱvgl.ȱAbb.ȱ3/4),ȱfürȱneueȱProdukteȱimȱStammgeschäftȱ(1/B)ȱoderȱ aufȱ vollkommenȱ neuenȱ Geschäftsfeldernȱ (1/E)ȱ zumȱ Aufbauȱ neuerȱ Positionenȱ genutztȱ werden.ȱ Aufgrundȱ desȱ Absatzesȱ inȱ verschiedeȬ nenȱ Endgeschäftenȱ könnenȱ Synergiepotentialeȱ inȱ Formȱ vonȱ MenȬ
Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Positionen
3.3
gendegressionsȬȱ undȱ Kostensenkungseffektenȱ realisiertȱ werden.ȱ Dieseȱ lassenȱ sichȱ nutzen,ȱ umȱ nebenȱ demȱ Differenzierungsvorteilȱ einenȱ Kostenvorteilȱ aufȱ demȱ Endproduktmarktȱ aufzubauen.ȱ OftȬ malsȱmussȱhierzuȱnichtȱeinmalȱdasȱKernproduktȱanȱDritteȱverkauftȱ werden.ȱȱ
Der weltgrößte Automobilhersteller GENERAL MOTORS hat im Gegensatz zu TOYOTA traditionell eine Strategie externen Wachstums durch Zukauf regionaler Automobilhersteller verfolgt. Daraus resultierten in der Vergangenheit hinsichtlich der Positionen eine differenzierte Marktbearbeitung, hinsichtlich der Potentiale jedoch Parallelentwicklungen und unnötige Redundanzen in der Fertigungskapazität. OPEL hatte es lange Zeit trotz der aufgrund steigender Energiepreise wachsenden Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen versäumt, eigene Dieselmotoren zu entwickeln. Zunächst wurden Motoren der japanischen Tochtergesellschaft ISUZU eingebaut, in höheren Baureihen griff man auf BMWMotoren zurück. Mit der Beteiligung an FIAT im Jahr 2000 wurde der von ALFA ROMEO entwickelte Common-Rail Motor zum Kernprodukt erklärt. Als einziger Mittelklasse 4-Zylinder Dieselmotor des Konzerns durchlief die 1.9 CDTI-Maschine eine systematische Weiterentwicklung mit Blick auf die EURO 4 Abgasnorm und die Ausrüstung mit einem Partikelfilter. Inzwischen wird der Mittelklasse-Dieselmotor neben den Fahrzeugen des FIAT-Konzerns (FIAT, ALFA ROMEO, LANCIA) auch in verschiedenen Modellreihen der GENERAL MOTORS Marken OPEL, VAUXHAUL und SAAB eingesetzt. Nach dem erfolgreichen Transfer des Kernprodukts Dieselmotor ist GM nun bemüht, ähnliche Synergiepotentiale durch den Transfer des Kernprodukts Ottomotor zu erschließen.
DerȱTransfergedankeȱistȱnichtȱaufȱphysischeȱEndȬȱoderȱKernprodukȬ teȱbeschränkt.ȱEsȱistȱebensoȱmöglich,ȱganzeȱMarkenȱaufȱneueȱRegioȬ nenȱ oderȱ Anwendungsfelderȱ zuȱ übertragenȱ (Markentransfer).ȱ Dieȱ Übergängeȱ zwischenȱ demȱ ProduktȬȱ undȱ demȱ Markentransferȱ sindȱ dabeiȱfließend.ȱVielfachȱwirdȱzunächstȱeinȱeinzelnesȱProduktȱtransȬ feriert.ȱImȱErfolgsfallȱwirdȱanschließendȱversucht,ȱdieȱgesamteȱMarȬ keȱimȱneuenȱGeschäftsfeldȱzuȱpositionierenȱ(3/EȬTransfer).ȱMarkenȬ transferȱ spieltȱ imȱ Zugeȱ derȱ EuropäisierungsȬȱ undȱ GlobalisierungsȬ bestrebungenȱ eineȱ zunehmendeȱ Rolle,ȱ insbesondereȱ imȱ DienstȬ leistungsbereich.ȱ Hierȱ mussȱ versuchtȱ werden,ȱ denȱ Kundenȱ anȱ dieȱ Markeȱ zuȱ binden,ȱ daȱ Identifikationsprozesseȱ undȱ MarkenbewusstȬ sein,ȱwieȱsieȱbeiȱrealenȱProdukten,ȱz.B.ȱderȱAutomobilȬȱundȱBekleiȬ dungsbranche,ȱzuȱbeobachtenȱsind,ȱvielfachȱausbleiben.ȱ
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Strategische Optionen der Erneuerung
Die PROSSIEBENSAT1-Gruppe verfolgt explizit das Ziel, Umsätze außerhalb des Stammgeschäfts mit Einnahmen aus Fernsehwerbung zu generieren. Die Basis hierfür bilden die Sendermarken. Ihr Potential weitet das Unternehmen konsequent auf benachbarte Geschäftsfelder wie Merchandising, Licensing, Teletext, Internet, mobile Dienste, E-Commerce, Teleshopping oder Telefonmehrwertdienste aus (vgl. www.prosiebensat1.com).
Derȱ Kompetenztransferȱ alsȱ dieȱ letzteȱ derȱ inȱ Abbildungȱ 3/4ȱ dargeȬ stelltenȱTransfermöglichkeitenȱbeschreibtȱdenȱFall,ȱdassȱeineȱUnterȬ nehmungȱ ihreȱ spezifischen,ȱ vorteilsgenerierendenȱ Fähigkeitenȱ nutzt,ȱ umȱ neuesȱ Wachstumȱ zuȱ erreichen.ȱ Umȱ nachhaltigeȱ WettbeȬ werbsvorteileȱ aufzubauen,ȱ istȱ esȱ unerlässlich,ȱ dieȱ grundlegendenȱ RessourcenȱundȱFähigkeitenȱinȱdenȱTransferprozessȱmitȱeinzubezieȬ hen.ȱ Sieȱ stellenȱ letztlichȱ dieȱ Wurzelnȱ derȱ unternehmungsweitenȱ Kernkompetenzenȱ dar.ȱ Sieȱ solltenȱ überȱ denȱ ProduktȬȱ undȱ MarkenȬ transferȱhinausȱinȱneuȱbetreteneȱGeschäftsfelderȱverpflanztȱwerden,ȱ umȱ auchȱ dortȱ wiederȱ dauerhaftesȱ Unternehmungswachstumȱ zuȱ sichern.ȱ
Als die Stadt East Riding in England einen Dienstleister suchte, der kommunale Aufgaben wie das Eintreiben von Hundesteuer bis zum Betrieb des Bürgerbüros suchte, ließ sich ein Mitarbeiter aus dem mittleren Management der BERTELSMANN Tochter ARVATO DIRECT SERVICES die Ausschreibungsunterlagen kommen. Die erste Prüfung ergab, dass die aus der Zahlungsabwicklung bei einem Internetanbieter gewonnen Erfahrungen durchaus dazu qualifizieren, dem kommunalen Kunden die ausgeschriebene Leistung anbieten zu können. In Absprache mit dem Vorstand in Gütersloh wurden 2 Mio. € in die Ausarbeitung des Angebots gesteckt. ARVATO erhielt den Zuschlag, heute arbeitet eine 500 Mann starke Truppe im Bereich kommunaler Dienstleistungen (vgl. Schlesiger 2006, S. 89).
3.3.2
Präferenzpolitik: Schärfen des Unternehmungsprofils
Dieȱ strategischeȱ Optionȱ derȱ Präferenzpolitikȱ istȱ gleichbedeutendȱ mitȱ einemȱ Umbauȱ vonȱ Positionenȱ zurȱ Schärfungȱ desȱ UnternehȬ mungsprofils.ȱ Konstituierendȱ fürȱ dasȱ Profilȱ sindȱ dieȱ angestrebtenȱ Wettbewerbsvorteileȱ derȱ Kostenführerschaftȱ undȱ derȱ DifferenzieȬ
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Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Positionen
3.3
rung.ȱAlsȱ konkreteȱ Maßnahmenȱ stehenȱ Preisreduzierung,ȱ ProduktȬ differenzierungȱundȱMarkenaufbauȱzurȱWahl.ȱ DurchȱeinenȱWechselȱderȱWettbewerbsstrategieȱkönnenȱMarktanteiȬ leȱ gehaltenȱ oderȱ gewonnenȱ werden,ȱ wennȱ dieȱ bisherigeȱ Positionȱ vomȱ Wettbewerbȱ angegriffenȱ wird.ȱ Imȱ Fallȱ derȱ Preisreduzierungȱ bedeutetȱ diesȱ konkret,ȱ dassȱ bisherȱ zuȱ einemȱ überȱ demȱ BranchenȬ durchschnittȱ liegendenȱ Preisȱ angeboteneȱ Premiumprodukteȱ imȱ Preisȱgesenktȱwerden.ȱTypischerweiseȱwirdȱdieseȱOptionȱallerdingsȱ nurȱverfolgt,ȱwennȱdieȱKundenȱnichtȱbereitȱsind,ȱfürȱdieȱangeboteneȱ Differenzierungȱ einȱ Premiumȱ zuȱzahlenȱ oderȱ dieȱ DifferenzierungsȬ positionȱinȱderȱZwischenzeitȱanderweitigȱbesetztȱwird.ȱȱ
Im Automobilmarkt wurde mit der Gemeinschaftsentwicklung und gemeinsamen Produktion der Modelle Aygo, C1 und 106 durch TOYOTA und den PSAKonzern im Jahr 2005 ein Marktsegment unterhalb der bisherigen Kleinwagenklasse geschaffen. Gleichzeitig wurden die etablierten Kleinwagenhersteller durch den Markteintritt des rumänischen DACIA Logan angegriffen. FORD Deutschland hat diesen Angriff auf sein Einstiegsmodell KA mit einer Preisreduzierung für das Sondermodell „KA Student“ pariert und sich so eine neue Position verschaffen. Zum Zeitpunkt seiner Markteinführung war der KA ursprünglich zu einem über dem Branchendurchschnitt liegenden Preis angeboten worden, was mit dem auffälligen Design des Fahrzeugs begründet wurde. Andere Hersteller wie FIAT oder RENAULT reagierten ebenfalls mit einer Preisreduzierung. Trotz Einführung der Nachfolgemodelle werden die alten Versionen des FIAT Punto und RENAULT Clio weiter produziert und zu deutlich reduzierten Preisen angeboten.
Dieȱ Produktdifferenzierungȱ alsȱ alternativeȱ Wettbewerbsstrategieȱ versucht,ȱAngriffeȱderȱWettbewerberȱaufȱdieȱeigeneȱPositionȱmithilfeȱ vonȱ Maßnahmenȱ inȱ Bezugȱ aufȱ Produktqualität,ȱ Ȭdesignȱ undȱ Ȭpreisȱ zuȱ erschweren.ȱ Vielfachȱ istȱ damitȱ eineȱ Individualisierungȱ derȱ ProȬ dukteȱ hinsichtlichȱ derȱ Kundenbedürfnisseȱ verbundenȱ (CustomiȬ zing).ȱ
Der Unterhaltungselektronikhersteller LOEWE hat den Wechsel zur TFTTechnologie kombiniert mit einer Produktdifferenzierung. Marketingmitarbeiter erkannten den in der Automobil- und Küchenindustrie herrschenden Trend zur Individualisierung. „Kunden wollen sich ihr Produkt nach eigenen
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3
Strategische Optionen der Erneuerung
Wünschen zusammenstellen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Rainer Hecker. Folgerichtig wurde die Produktlinie Individual ins Programm aufgenommen. Kunden können Teile der Geräteverkleidung selbst wählen. Die nach Farbe, Oberflächenbeschaffenheit und Material unterschiedlichen Produkte sind ein Renner im Programm (vgl. Schlesiger 2006, S. 87).
Zentralesȱ Elementȱ desȱ Umbausȱ vonȱ Positionenȱ durchȱ MarkenaufȬ bauȱ istȱ einȱ einheitlicherȱ Markenname.ȱ Dieserȱ bildetȱ dasȱ zentraleȱ ElementȱeinerȱinternationalenȱMarkenidentitätȱundȱdamitȱdenȱKernȱ derȱmarkenpolitischenȱStandardisierungȱ(vgl.ȱEschȱ2005b,ȱS.ȱ79ff.).ȱ Üblicherweiseȱ sindȱ Marketingkampagnenȱ daraufȱ ausgelegt,ȱ einȱ Brandingȱ vonȱ Fertigproduktenȱ oderȱ Dienstleistungsmarkenȱ zuȱ erȬ reichenȱ (vgl.ȱ Esch/Langnerȱ 2005,ȱ S.ȱ 573ff.).ȱ Weitausȱ langlebigerȱ istȱ dieȱ Markierungȱ derȱ unternehmungsweitenȱ Kernkompetenzȱ sowieȱ einerȱproduktumspannendenȱKerneigenschaft,ȱz.B.ȱ‚FreudeȱamȱFahȬ ren‘ȱ(BMW)ȱoderȱ‚VorsprungȱdurchȱTechnik’ȱ(AUDI).ȱȱ Vorteilȱist,ȱdassȱderȱKundeȱanȱdieȱMarkeȱundȱdarüberȱhinausȱauchȱ anȱ dieȱ Unternehmungȱ gebundenȱ wirdȱ undȱ nichtȱ anȱ einȱ demȱ LeȬ benszyklusȱunterliegendesȱEinzelprodukt.ȱDerȱKundeȱverbindetȱmitȱ derȱMarkeȱüberȱeinenȱProduktwechselȱhinwegȱQualität,ȱKompetenzȱ undȱgarantierteȱGebrauchssicherheit.ȱ
3.3.3
Rückzug: Trennung von Verlustgeschäften
Verfehltȱ einȱ Geschäftȱ fortlaufendȱ dieȱ Ergebniszieleȱ undȱ lassenȱ sichȱ auchȱkeineȱFortschritteȱdurchȱAufbauprogrammeȱerwarten,ȱsoȱsindȱ AbbauȬȱ oderȱ Umbaumaßnahmenȱ angebracht,ȱ umȱ dieȱ KostenpositiȬ onȱ zuȱ verbessern.ȱ Siehtȱ dasȱ Managementȱ jedochȱ keineȱ Chanceȱ zurȱ Fortführungȱ desȱ Geschäfts,ȱ soȱ solltenȱ auchȱ Positionenȱ abgebautȱ werden.ȱ Hierbeiȱ könnenȱ dieȱ zugehörigenȱ Potentialeȱ entwederȱ mitȱ abgebautȱ(Verkauf)ȱoderȱaberȱzuȱanderweitigerȱVerwendungȱbeibeȬ haltenȱwerdenȱ(RückzugȱdurchȱStilllegung).ȱȱ
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Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Potentialen
3.4
Aufgrund der schlechten Verkaufszahlen und dem hohen Cash-flow Bedarf zur Aufrechterhaltung der Position hat VOLKSWAGEN zum Jahresende 2005 das Geschäft mit Luxusfahrzeugen auf dem US-Markt aufgegeben. Der Vertrieb des Phaeton in den USA wurde eingestellt.
Checkliste zum Aufbau, Umbau, Abbau von Positionen In welcher Phase des Nachfragezyklus befinden sich unsere Geschäfte? In welcher Phase ihrer Lebenszyklen befinden sich die von uns angebotenen Produkte und unsere Potentiale? In einer Outside n-Betrachtung: Welche Entwicklungen am Markt bieten neue Einsatzmöglichkeiten für unsere Potentiale? In einer Inside out-Betrachtung: Welche bisher noch nicht oder nur unzureichend befriedigten Kundenbedürfnisse können mit unseren Potentialen noch bedient werden? Bestehen Möglichkeiten eines Markentransfers zum Aufbau neuer Geschäfte? Verfolgen wir in den von uns bedienten Geschäften eine konsistente Wettbewerbsstrategie? Ergibt sich aus den verschiedenen Positionen ein für den Kunden wahrnehmbares Strategieprofil? Führt die Möglichkeit der Mehrfachnutzung von Potentialen zu neuen Optionen bezüglich der Positionierung in einzelnen Geschäftsfeldern? Weist unser Geschäftsportfolio echte Verlustgeschäfte auf, die sich auch mittelfristig nicht profitabel umbauen lassen und die kein Langfristpotential besitzen?
3.4
Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Potentialen
3.4.1
Entwickeln: Wachstum durch Potentialaufbau
Dieȱ Entwicklungȱ neuerȱ Potentialeȱ kannȱ alsȱ grundlegendsteȱ strateȬ gischeȱ Erneuerungȱ angesehenȱ werden.ȱ Sieȱ istȱ sichtbarerȱAusdruckȱ derȱWandlungsbereitschaftȱundȱstelltȱhöchsteȱAnforderungenȱanȱdasȱ Wandlungsmanagement.ȱInsbesondereȱdann,ȱwennȱesȱzuȱeinerȱproȬ
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Strategische Optionen der Erneuerung
aktivenȱ Kompetenzentwicklungȱ kommenȱ soll,ȱ benötigtȱ dieȱ UnterȬ nehmungȱ frühzeitigȱ Prozesse,ȱ dieȱ dieȱ Gesamtheitȱ derȱ kompetenzȬ orientiertenȱ AufbauȬȱ undȱ Umbaumaßnahmenȱ derȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ lenkenȱ undȱ unterstützenȱ (vgl.ȱ Hompȱ 2000).ȱ Konkretȱ sindȱMaßnahmenȱdesȱWissensmanagementsȱzuȱfördernȱsowieȱLernȬ prozesseȱzuȱinitiieren.ȱHierzuȱzähltȱnebenȱderȱSchaffungȱvonȱunterȬ nehmerischenȱFreiräumenȱauchȱdieȱVerbindungȱvonȱMarktnäheȱundȱ Entwicklungskompetenz.ȱInsbesondereȱLetzteresȱstelltȱeinenȱdauerȬ haftenȱKundennutzenȱsicherȱundȱschütztȱvorȱFehlentwicklungen.ȱ Produktinnovationenȱ sindȱ dieȱ amȱ häufigstenȱ vorkommendeȱ undȱ nachȱaußenȱsichtbarsteȱFormȱderȱKompetenzentwicklung.ȱSieȱstehenȱ –ȱ ebensoȱ wieȱ ProzessȬȱ undȱ reineȱ Kompetenzinnovationenȱ –ȱ immerȱ dannȱ zurȱ Wahl,ȱ wennȱ einemȱ Geschäftȱ eineȱ positiveȱ NachfrageentȬ wicklungȱ zugesprochenȱ wird,ȱ bisherȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ jedochȱ nochȱ keineȱ entsprechendenȱ Potentialeȱ vorhandenȱ sind.ȱ Vielfachȱ wirdȱ dieȱ Formȱ derȱ Produktinnovationȱ zumȱ Aufbauȱ oderȱ zurȱ WieȬ dererlangungȱ einesȱ Differenzierungsvorteilsȱ angestrebt.ȱ Dieȱ UnterȬ nehmungȱ versuchtȱ dabei,ȱ einȱ neuesȱ Produktȱ zuȱ schaffen,ȱ dasȱ nichtȱ nurȱ dieȱ Leistungsanforderungenȱ desȱ Kundenȱ erfüllt,ȱ sondernȱ auchȱ gleichzeitigȱ denȱ latentȱ vorhandenenȱ Bedürfnissenȱ vorgreiftȱ undȱ BegeisterungsanforderungenȱdesȱKundenȱbefriedigt.ȱEinȱderartȱproȬ aktivesȱVorgehenȱbirgtȱalleȱChancen,ȱaberȱauchȱRisikenȱdesȱPioniersȱ inȱ sich.ȱ Alsȱ Produktinnovatorȱ kannȱ zwarȱ dieȱ Pionierrenteȱ abgeȬ schöpftȱ werden,ȱ dieseȱ stehtȱ aberȱ denȱ Innovationsaufwendungenȱ undȱdenȱKostenȱderȱMarktbereitungȱgegenüber.ȱ
Ein Beispiel für eine Vorreiterrolle in der Produktentwicklung ist die von TOYOTA erstmals in einem Serienfahrzeug angebotene Hybridtechnologie, der Kombination eines Verbrennungsmotors mit einem Elektromotor und einer Batterie als Energiespeicher. Grundüberlegung ist, den Verbrennungsmotor nur dann laufen zu lassen, wenn er mit gutem Wirkungsgrad arbeitet. Nicht für Vortrieb benötigte Leistung wird in elektrische Energie umgewandelt und in einer Batterie gespeichert. Daraus wird der Elektroantriebsmotor des Pkw mit Energie versorgt. Als einziger Automobilhersteller war TOYOTA davon überzeugt, dass die Hybridtechnologie langfristig marktfähig ist. In Japan wurde mit dem Prius bereits 1997 das erste Serienautomobil mit Hybridtechnologie verkauft. Zug um Zug erfolgte die Einführung in weiteren regionalen Märkten. Während der Prius nach seiner Markteinführung in 2001 in Deutschland eine Ausnahmeerscheinung blieb, entwickelte er sich im US-Bundesstaat Kali-
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Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Potentialen
3.4
fornien zu einem Kultobjekt. Zur Oscar-Verleihung 2004 fuhren zahlreiche Stars mit einem Prius vor. In der Zwischenzeit gewann nicht nur der Prius zahlreiche Auszeichnungen, TOYOTA hat seine Produktpalette zielstrebig um weitere Hybridfahrzeuge erweitert, nicht zuletzt um den in den USA sehr erfolgreichen Geländewagen Lexus RX 400h. Die Konkurrenz hat erkannt, dass sich TOYOTA auf dem Gebiet der Hybridtechnologie einen Erfahrungsvorsprung erarbeitet hat. Zwar sind mittlerweile auch Konkurrenzprodukte am Markt vertreten. Die großen Automobilkonzerne können bisher jedoch noch keine vergleichbaren Produkte liefern und haben sich zu Entwicklungspartnerschaften zusammengeschlossen, um mit vereinten Kräften den Rückstand aufzuholen.
Insbesondereȱ aufȱ gesättigtenȱ Märktenȱ gewinnenȱ ProzessinnovatioȬ nenȱanȱBedeutung,ȱvorȱallemȱimȱHinblickȱaufȱKosten,ȱZeitȱundȱQuaȬ litätȱ derȱ Wertschöpfung.ȱ Imȱ Kernȱ gehtȱ esȱ umȱ dieȱ Restrukturierungȱ derȱProzessarchitekturȱmitȱdemȱZiel,ȱBlindleistungenȱzuȱeliminierenȱ undȱeineȱmaximaleȱWertschöpfungȱzuȱerreichen,ȱdieȱsichȱletztlichȱinȱ einemȱgesteigertenȱKundennutzenȱniederschlägtȱbzw.ȱgenerellȱdemȱ Nutzenȱ vonȱ Anspruchsgruppenȱ dient.ȱ Alsȱ elementarȱ istȱ somitȱ beiȱ derȱNeugestaltungȱderȱLeistungsketteȱdieȱexakteȱKenntnisȱderȱKunȬ denwünscheȱ anzusehen.ȱ Dieȱ Prozessinnovationȱ sollteȱ wenigerȱ kosȬ tengesteuertȱ alsȱ vielmehrȱ ‚marketȬȱ bzw.ȱ customerȬdriven‘ȱ seinȱ (vgl.ȱ Rohmȱ1998,ȱS.ȱ52)ȱundȱderȱVerbesserungȱderȱGrößenȱZeitȱundȱQualiȬ tätȱ dienen.ȱ Esȱ gehtȱ nichtȱ nurȱ darum,ȱ denȱ Unternehmungswertȱ zuȱ erhöhen,ȱsondernȱauchȱdenȱKundennutzenȱzuȱsteigern.ȱ
Der schwäbische Maschinenbauer TRUMPF GMBH & CO. KG gilt als eine der innovativsten Unternehmungen in Deutschland. TRUMPF ist Weltmarktführer im Bereich der Lasertechnologie und größter deutscher Werkzeugmaschinenbauer. Der Erfolg ist das Ergebnis eines permanenten Veränderungsprozesses. „Wir müssen als Unternehmung tun, was der Mensch nicht kann – Alterserscheinungen verhindern.“ So Mathias Kammüller, Produktionsleiter bei TRUMPF. Hierzu wird ein Strom ständiger Innovationen in den Ebenen Maschinen, Märkte, Menschen und Methoden angestrebt. 1998 wurde im Produktionsbereich das Konzept der Lean Production auf die Kleinserienfertigung im Maschinenbau übertragen. Seitdem gleiten ganze Maschinen auf Luftkissen von einer Fertigungsstation zur nächsten, während just in time Werkzeuge und Materialien bereitgestellt werden. „Es ist phantastisch zu sehen, dass dies auch mit High-Tech Maschinen von 15 oder 20 Tonnen Gewicht möglich ist“, sagt der Produktionschef. „Da früher ein Monteur nur alle 100 Stunden auf ein bestimmtes Problem stieß, war er in Versuchung, es durch Improvisieren zu lösen. Wenn er
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Strategische Optionen der Erneuerung
heute dasselbe Problem im 10-Stunden-Takt hat, ruft er irgendwann beim Lieferanten an und sagt: die Bohrung muss 10mm nach links.“ Zur Förderung von Prozessinnovationen sind 70 Mitarbeiter permanent freigestellt. Ziel des neuesten Projekts „Synchro 4“ ist die Reduktion der Zeit zwischen Bestellung und Auslieferung einer TRUMPF-Maschine von acht auf vier Wochen (vgl. Scheytt 2005, S. 60ff.).
Alsȱ Ausgangspunktȱ derȱ Innovationȱ könnenȱ dieȱ Kernkompetenzenȱ undȱ dieȱ mitȱ ihrȱ verbundenenȱ Kernprozesseȱ derȱ Unternehmungȱ genutztȱ werden.ȱAlsȱ Kernprozesseȱ sindȱ dabeiȱ dieȱ Prozesseȱ anzuseȬ hen,ȱ dieȱ eineȱ unternehmungsspezifische,ȱ wettbewerbsrelevanteȱ StärkeȱinȱsichȱtragenȱundȱeinenȱmaßgeblichenȱBeitragȱzurȱKernkomȬ petenzȱ derȱ Unternehmungȱ leisten.ȱ Ihreȱ Innovierungȱ istȱ mithilfeȱ einerȱ MakroȬȱ undȱ einerȱ Mikroanalyseȱ möglichȱ (vgl.ȱ Krüger/Hompȱ 1997,ȱS.ȱ165ff.).ȱBeiȱderȱMakroanalyseȱwerdenȱdieȱunternehmungsȬ übergreifendenȱProzesse,ȱihreȱexterneȱProzessvernetzungȱsowieȱdieȱ SchnittstellenȱundȱihrȱBeitragȱzuȱdenȱKernprozessenȱderȱUnternehȬ mungȱ geklärt.ȱ Inȱ einemȱ zweitenȱ Schritt,ȱ derȱ Mikroanalyse,ȱ sindȱ dannȱ dieȱ einzelnenȱ Prozessgliederȱ hinsichtlichȱ einerȱ FunktionsverȬ besserung,ȱeinerȱFunktionsausgliederungȱoderȱȬeingliederungȱsowieȱ einerȱFunktionsaufgabeȱzuȱuntersuchen.ȱ Denȱ komplexestenȱ Schrittȱ innerhalbȱ derȱ strategischenȱ Optionȱ derȱ Entwicklungȱ bildetȱ dieȱ Kompetenzinnovation.ȱ Dieȱ Unternehmungȱ strebtȱ hierȱ dieȱ Erneuerungȱ undȱ Weiterentwicklungȱ ihrerȱ WettbeȬ werbsbasis,ȱd.h.ȱderȱunternehmungseigenenȱKernkompetenzen,ȱan.ȱȱ
Der dänische Hersteller von Hörgeräten OTICON hat in den 90er Jahren seine Kompetenzbasis neu aufgebaut. Die Revitalisierung begann mit einer Umstellung des Unternehmungsslogans auf „people first“. Während früher die bestmögliche technische Lösung zum Ausgleich eines Hördefizits gesucht wurde begann man nun, sich genau mit den Kundenbedürfnissen zu beschäftigen. So machten erst Gespräche mit Kunden auf das „Verschlussproblem“ aufmerksam. Ein Hörgerät im Ohr kommt zwar dem Kundenwunsch einer unauffälligen Optik entgegen, es verschließt jedoch den Hörgang, was dem Benutzer unangenehm ist. Darüber hinaus verändert der geschlossene Gehörgang den Klang der eigenen Stimme, was zu einer Störung der Selbstwahrnehmung führen kann. „100 Jahre hat sich die Hörgeräteindustrie um das Problem des Hörens gekümmert, jetzt fangen wir erstmals an, das Problem des Sprechens zu realisieren“, so Graham Naylor, Leiter des OTICON Forschungszentrums in Eriksholm. „Ein
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Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Potentialen
3.4
schwerhöriger Mensch hört ja nicht nur zu, 30% der Zeit spricht er.“ Zum Aufbau von Kompetenzen rund um das Kommunikationsproblem startete das Grundlagen-Team weltweit Kooperationen mit Universitäten und Forschergruppen. Neben Hörgeräten mit Belüftungskanälen zur Lösung des Verschlussproblems ist eines der Ergebnisse das Gerät adapto, dessen Software die menschliche Sprache von anderen Geräuschen unterscheiden und gezielt verstärken kann (vgl. Gründler 2005, S. 20ff.).
Idealtypischȱ istȱ derȱ Prozessȱ derȱ Kompetenzinnovation,ȱ ebensoȱ wieȱ derȱ Wandlungsprozessȱ insgesamt,ȱ alsȱ Gegenstromȱ zuȱ organisierenȱ (vgl.ȱ Krüger/Bachȱ 1999,ȱ S.ȱ 61ff.).ȱ Beiȱ einemȱ deduktivȬvisionsȬ geleitetenȱVorgehenȱbeginntȱderȱProzessȱmitȱeinemȱabwärtsȱgerichȬ tetenȱVorlauf,ȱbeiȱdemȱdieȱUnternehmungsleitungȱdieȱangestrebtenȱ KompetenzenȱalsȱZielȱvorgibt.ȱInȱderȱinduktivȬfähigkeitsgeleitetenȱ Formȱ beginntȱ derȱ gleicheȱ Prozessȱ mitȱ einerȱ Bestandsaufnahmeȱ derȱ vorhandenenȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱ anȱ derȱ UnternehmungsȬ basis.ȱHierȱistȱaufȱderȱbestehendenȱRessourcenbasisȱaufbauendȱüberȱ zukünftigeȱKompetenzinnovationenȱzuȱentscheiden.ȱ Auchȱ eineȱ proaktiveȱ Kompetenzinnovationȱ mussȱ kundenrelevantȱ undȱmarktfähigȱsein.ȱHierzuȱistȱderȱvertikaleȱProzessȱ–ȱwieȱamȱOTIȬ CONȬBeispielȱ sehrȱ deutlichȱ wirdȱ –ȱ durchȱ einenȱ horizontalenȱ Stromȱ zuȱergänzen.ȱInȱeinemȱbedürfnisorientiertenȱVorlaufȱsindȱdieȱlatenȬ tenȱKundenwünscheȱeinzufangen.ȱImȱkompetenzorientiertenȱRückȬ laufȱistȱzuȱprüfen,ȱobȱdieȱUnternehmungȱinȱderȱLageȱist,ȱdieȱBedürfȬ nisseȱmittelsȱKompetenzinnovationȱzuȱbefriedigen.ȱȱ
3.4.2
Ergänzung: Potentiale vervollständigen
Ergänzungȱ bezeichnetȱ denȱ Umbauȱ derȱ Potentialeȱ zumȱ Erhaltȱ oderȱ zumȱAusbauȱvonȱPositionenȱamȱMarkt.ȱDieseȱreaktiveȱVarianteȱdesȱ Potentialumbausȱ kommtȱ immerȱ dannȱ zumȱ Tragen,ȱ wennȱ aufgrundȱ desȱAuslaufensȱeinzelnerȱTechnologiezyklenȱzumȱHaltenȱderȱMarktȬ positionȱeinȱUmstiegȱaufȱandereȱPotentialeȱerforderlichȱist.ȱȱ
Die führende Position der SCHÄPER SPORTGERÄTEBAU GMBH auf dem Markt für Fußballtore war auf einen Schlag dahin, als am 3. April 1971 auf dem Gladbacher Bökelberg ein SCHÄPER Holztor auf der Höhe der Grasnabe brach. Der Umsatz mit Holztoren sank dramatisch, fortan wurde in den höheren Ligen auf in Schweden gefertigte Aluminiumtore gespielt. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit Fußballtoren erkannte Tisch-
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Strategische Optionen der Erneuerung
lermeister Klemens Schäper aber bald den Schwachpunkt an den Schwedentoren: „Die Schweden waren in Europa zwar führend in der Aluminiumverarbeitung, kannten sich aber nicht mit Toren aus. Sie steckten die Ecken nur zusammen, anstatt sie solide zu verschweißen. Dadurch wackelten die Schwedentore ständig.“ SCHÄPER wollte die angestammte Marktposition nicht kampflos aufgeben, stellte einen Aluminiumschweißer ein und stieg um auf neue Materialien, Produkte und Prozesse. „Zum Glück mussten wir keine neuen Geräte anschaffen, denn unsere drei Holzkreissägen schnitten durch das weiche Aluminium wie durch Butter.“ Die Qualität der SCHÄPER Aluminiumtore sprach sich schnell herum und schon bald riefen auch die Bundesligavereine wieder an und orderten stabile SCHÄPER-Tore. SCHÄPERS Marktposition ist seitdem unangefochten, heute stammt die Hälfte aller Bundesligatore aus dem 16 Mann Betrieb in Münster (vgl. www.sportschaeper.de; Stefanidis 2005, S. 124ff.).
AmȱBeispielȱderȱFußballtoreȱwirdȱdeutlich,ȱdassȱdieȱneuenȱPotentiaȬ leȱ(derȱneuȱeingestellteȱAluminiumschweißer)ȱdieȱbestehendenȱundȱ fürȱ dieȱ Marktpositionȱ konstituierendenȱ Kompetenzenȱ (Klemensȱ Schäper)ȱnichtȱersetzen,ȱsondernȱergänzen.ȱAmȱAnfangȱdieserȱstrateȬ gischenȱ Optionȱ sollteȱ deshalbȱ eineȱ genaueȱ Analyseȱ dahingehendȱ erfolgen,ȱ welchesȱ derȱ angestammtenȱ Potentialeȱ konstituierendȱ fürȱ dieȱMarktpositionȱistȱundȱwelcheȱneuenȱtechnologischenȱPotentialeȱ genutztȱ werdenȱ können,ȱ umȱ dieseȱ Potentialeȱ auchȱ zukünftigȱ zumȱ NutzenȱderȱKundenȱeinsetzenȱzuȱkönnen.ȱ
Seine starke Position verdankt HASBRO, hinter MATTEL die Nummer zwei auf dem Weltmarkt und in Deutschland Marktführer auf dem Markt für Spiele, nach Meinung von Geschäftsführer Michael Rauterkus der Kombination aus Tradition und Innovation. „Wir haben die klassischen Spielideen mit moderner Technik verbunden“, so Rauterkus. Bestand früher Trivial Pursuit lediglich aus Fragekarten, so muss man heute Filmsequenzen oder Musikeinspielungen erraten. Die DVD-Gesellschaftsspiele waren so erfolgreich, das HASBRO in 2006 sechs neue Spiele dieser Art auf den Markt bringen will. Bei der modernen Version von Monopoly wird nicht mehr mit Spielgeld bezahlt, sondern mit Kreditkarte. Obwohl das Spiel aufgrund der aufwändigen Technik nicht billig ist, war es vor Weihnachten 2005 weitgehend ausverkauft. Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft wurde ein WMMonopoly entwickelt, bei dem statt Straßen Fußballmannschaften und statt Hotels Stadien gekauft werden. Die Ergänzung traditioneller Ideen um moderne Technologie verfolgt HASBRO ebenfalls im Segment der angebotenen Plüschtiere. Publikumsmagnet auf der Nürnberger Spielwarenmesse im Januar 2006 war ein lebens-
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Wandel durch Aufbau, Umbau und Abbau von Potentialen
3.4
großes Shetlandpony, das seinen Kopf in jene Richtung dreht, aus der es angesprochen wird (Quelle: FAZ vom 02.02.2006).
DieȱVarianteȱ derȱ Potentialergänzungȱ zumȱ Ausbauȱvonȱ Positionenȱ zieltȱ aufȱ eineȱ kontinuierlicheȱ Ausweitungȱ desȱ Kerngeschäfts.ȱ AusȬ gehendȱvonȱbestehendenȱGeschäftenȱundȱbereitsȱbekanntenȱBedürfȬ nissenȱ derȱ Kundenȱ werdenȱ Potentialeȱ zumȱ Angebotȱ ergänzenderȱ Produkteȱ undȱ Dienstleistungenȱ aufgebaut.ȱ Wichtigȱ ist,ȱ dassȱ nichtȱ durchȱ unabgestimmteȱ Angeboteȱ dieȱ Geschäftspositionȱ verwässert,ȱ sondernȱinȱdenȱAugenȱderȱKundenȱerhaltenȱundȱverstärktȱwird.ȱZielȱ istȱ es,ȱ denȱ Kundenȱ imȱ Sinneȱ einesȱ Systemgeschäftsȱ weitereȱ komȬ plementäreȱProdukteȱundȱDienstleistungenȱanzubieten.ȱDieseȱDenkȬ weiseȱ kannȱ bisȱ zumȱ Angebotȱ einerȱ integriertenȱ Problemlösungȱ führen,ȱ wieȱ dasȱ nachfolgendeȱ Beispielȱ derȱ BLGȱ AUTOMOBILEȱ LOȬ GISTICSȱGMBHȱzeigt.ȱ
Bremerhafen gehört mit 1,4 Mio. Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autohäfen der Welt. Die BLG LOGISTICS GROUP AG & CO. KG unterhält dort ein Terminal, über das sowohl Produkte europäischer Hersteller ins Ausland exportiert, als auch Importe aus den USA und Japan entladen werden. Insgesamt finden 100.000 Fahrzeuge auf dem Autoterminal der BLG Platz. Um dem Verdrängungswettbewerb in der Logistikbranche zu entgehen und die Kunden in der Automobilbranche enger an sich zu binden, wurde die BLG AUTOMOBILE LOGISTICS GMBH gegründet. In dieser Tochtergesellschaft wurden ergänzende Potentiale aufgebaut, um so den Kunden eine integrierte Dienstleistung anbieten zu können. Die Fahrzeuge werden gereinigt und einer Pre-Delivery Inspektion unterzogen, Transportschäden werden repariert, die Umrüstung auf deutsche Zulassungsbestimmungen vorgenommen, es werden aber auch Sonderausstattungen wie Sonnendächer, Klimaanlagen oder Ledersitze eingebaut (vgl. www.blg.de).
3.4.3
Fokussierung: Stärkung der Kernleistung
Dieȱ strategischeȱ Optionȱ derȱ Fokussierungȱ beschreibtȱ denȱ Abbauȱ vonȱPotentialen.ȱHierbeiȱkannȱweiterȱdifferenziertȱwerdenȱinȱPotenȬ tialabbauȱmitȱErhaltȱderȱPositionenȱ(TransferȱoderȱOutsourcing)ȱundȱ eineȱVarianteȱohneȱErhaltȱderȱPositionenȱ(Verkauf).ȱȱ Zielȱ einesȱ Potentialabbausȱ mitȱ Erhaltȱ derȱ Positionenȱ sindȱ GrößenȬ degressionsȬȱ undȱ Spezialisierungseffekte,ȱ dieȱ durchȱ dieȱ MehrfachȬ
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Strategische Optionen der Erneuerung
nutzungȱ bestehenderȱ Potentialeȱ erzieltȱ werdenȱ können.ȱ Dieȱ MögȬ lichkeitȱ einesȱ Transfersȱ vonȱ Kernproduktenȱ oderȱ Ressourcenȱ undȱ Fähigkeitenȱwurdeȱbereitsȱbeschriebenȱ(vgl.ȱKap.ȱ3.3.1).ȱZurȱFokusȬ sierungȱzählenȱaberȱauchȱKonzepteȱwieȱdieȱinȱderȱAutomobilindustȬ rieȱ eingesetztenȱ Plattformstrategienȱ zurȱ Effizienzsteigerungȱ inȱ derȱ Fertigung.ȱ Soȱ fertigtȱ beispielsweiseȱ dieȱAUDIȱ AGȱ aufȱ Basisȱ derȱ sog.ȱ modularenȱ Längsplattformȱ verschiedensteȱ Modelleȱ undȱ Variantenȱ derȱ Baureihenȱ A4,ȱ A6ȱ undȱ A8.ȱ Teureȱ Kernprodukteȱ wieȱ Achsen,ȱ Motoren,ȱ Lenkungen,ȱ Klimaanlagenȱ oderȱ dieȱ elektronischeȱ SteueȬ rungȱ kommenȱ ebenfallsȱ baureihenübergreifendȱ zumȱ Einsatzȱ (vgl.ȱ Hillebrandȱ 2006,ȱ S.ȱ 52).ȱ Aufgrundȱ derȱ Standardisierungȱ könnenȱ bisherȱspeziellȱfürȱeinzelneȱBaureihenȱvorgehalteneȱPotentialeȱabgeȬ bautȱ werden.ȱ Darüberȱ hinausȱ sindȱ Erfahrungskurveneffekteȱ inȱ derȱ Forschungȱ &ȱ Entwicklung,ȱ derȱ Beschaffungȱ sowieȱ derȱ Fertigungȱ undȱMontageȱmöglich.ȱ Wettbewerbsvorteileȱ könnenȱ ebensoȱ entstehenȱ durchȱ denȱ Abbauȱ vonȱ Randfunktionenȱ inȱ Formȱ vonȱ Outsourcing.ȱ Eineȱ richtigȱ getrofȬ feneȱ Outsourcingentscheidungȱ ermöglichtȱ derȱ schrumpfendenȱ Unternehmung,ȱanȱmöglichenȱGrößenȬȱundȱSpezialisierungseffektenȱ beimȱDienstleisterȱzuȱpartizipierenȱundȱdieseȱbeiȱderȱPositionierungȱ desȱ eigenenȱ Leistungsangebotsȱ anȱ dieȱ Kundenȱ weiterzugeben.ȱ Einȱ gezieltesȱOutsourcingȱbietetȱdaherȱlangfristigȱChancenȱzumȱAufbauȱ neuerȱ Stärken.ȱ Dieȱ Abgabeȱ einzelnerȱ Funktionsbereicheȱ sollteȱ zuȱ einerȱ Ressourcenfreisetzungȱ führen,ȱ dieȱ zurȱ Stärkungȱ derȱ eigenenȱ Kompetenzenȱgenutztȱwerdenȱkann.ȱȱ
Viele Aufgaben des nichtklinischen Basisbereichs eines Krankenhauses werden in der LBK HAMBURG GMBH, dem Zusammenschluss der ehemals städtischen Krankenhäuser der Hansestadt Hamburg, durch Servicebetriebe und Servicecenter erfüllt. Dazu gehören z.B. Bereiche wie Einkauf, Logistik, Buchhaltung, Personalwesen, Aus-, Fort- und Weiterbildung. Somit muss nicht jedes Krankenhaus die notwendige Infrastruktur bereitstellen, der nichtklinische Basisbereich lässt sich wesentlich effizienter organisieren. Die einzelnen Krankenhäuser rufen die benötigten, in Umfang und Qualität genau definierten Leistungen bei den Servicebetrieben oder Servicecentern ab. Diese sind für die Qualität ihrer Leistungen verantwortlich und stellen sie den anfordernden Krankenhäusern in Rechnung. Viele ihrer Dienstleistungen bieten die Servicecenter und Servicebetriebe auch externen Kunden an (vgl. www.lbk-hamburg.de).
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Zusammenfassung
3.5
Beiȱ einerȱ Fokussierungȱ inȱ derȱ Formȱ desȱ Verkaufsȱ werdenȱ mitȱ denȱ Potentialenȱ auchȱ dieȱ zugehörigenȱ Positionenȱ aufgegeben.ȱ Einȱ solȬ cherȱUmbauȱaufȱKonzernebeneȱwirdȱinȱderȱRegelȱvomȱKapitalmarktȱ positivȱ beurteilt,ȱ wieȱ inȱ jüngererȱ Zeitȱ dieȱ Beispieleȱ derȱ BAYERȱ AGȱ (Abbauȱ desȱ Chemiegeschäfts,ȱ vgl.ȱ Kap.ȱ 2.1,ȱ S.ȱ 55f.)ȱ undȱ derȱ LINDEȱ AGȱ (VerkaufȱderȱSpartenȱKältetechnikȱundȱMaterialȱHandling)ȱbeleȬ gen.ȱ Checkliste zum Aufbau, Umbau, Abbau von Potentialen Welche Kompetenzen, Prozesse und Produkte stehen für den Erfolg unserer Unternehmung? Welchen Nutzen stiften wir unseren Kunden mit welchen Leistungsangeboten? Welcher Anteil des Umsatzes entfällt auf Neuprodukte? Wann sind die Geschäftsprozesse das letzte Mal grundlegend in Frage gestellt worden? Welche neuen Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Materialien, Informationen können den angebotenen Kundennutzen verbessern? Welche an unser Leistungsangebot angrenzenden Teilprobleme haben unsere Kunden? Besteht die Möglichkeit, eine integrierte Problemlösung anzubieten? Welche Teile unserer Wertschöpfung zählen nicht zu unseren von Kernkompetenzen geprägten Kernprozessen? Besteht die Möglichkeit, einzelne Leistungsbestandteile fremd zu beziehen und auf die Kernleistung zu fokussieren?
3.5
Zusammenfassung
Strategischeȱ Erneuerungȱ erfolgtȱ durchȱ denȱAbbau,ȱ Umbauȱ oderȱ Aufbauȱ vonȱ Positionenȱ undȱ Potentialen.ȱ Darausȱ ergebenȱ sichȱ dreiȱ Ebenenȱ derȱ Erneuerung:ȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ GesamtunternehȬ mung,ȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Geschäfteȱ undȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Ressourcenȱ undȱFähigkeiten.ȱ
Nachfrage,ȱ Potentialeȱ undȱ Produkteȱ unterliegenȱ Lebenszyklenȱ unterschiedlicherȱ Dauer.ȱAusȱ denȱ Wechselnȱ vonȱ Positionenȱ undȱ PotentialenȱinnerhalbȱeinesȱNachfragezyklusȱergebenȱsichȱHandȬ lungsoptionen,ȱdieȱgezieltȱzurȱstrategischenȱErneuerungȱderȱGeȬ
123ȱ
3
Strategische Optionen der Erneuerung
samtunternehmungȱ eingesetztȱ werdenȱ können.ȱ Dasȱ PositionsȬ/ȱ PotentialportfolioȱliefertȱeineȱmethodischeȱHilfestellungȱzurȱPosiȬ tionierungȱderȱGeschäfteȱundȱzurȱWahlȱgeeigneterȱOptionen.ȱ
Unabhängigȱ vonȱ denȱ Lebenszyklenȱ einzelnerȱ Positionenȱ undȱ Potentialeȱ sollteȱ aufȱ Gesamtunternehmungsebeneȱ eineȱ EntȬ scheidungȱ fürȱ eineȱ DiversifikationsȬȱ oderȱ eineȱ KonzentrationsȬ strategieȱ getroffenȱ werden.ȱ Währendȱ derȱ Kapitalmarktȱ inȱ derȱ Regelȱ eineȱ Konzentrationsstrategieȱ favorisiert,ȱ zeigenȱ Beispieleȱ wieȱGENERALȱ ELECTRICȱoderȱSIEMENS,ȱdassȱauchȱeineȱDiversifikaȬ tionsstrategieȱzumȱErfolgȱführenȱkann.ȱȱ
AufȱderȱEbeneȱderȱGeschäfteȱstehenȱdieȱLebenszyklenȱeinzelnerȱ ProdukteȱundȱGeschäfteȱimȱMittelpunkt.ȱDurchȱdenȱTransferȱvonȱ Potentialenȱ könnenȱ neueȱ Geschäfteȱ aufgebautȱ werden,ȱ einȱ UmȬ bauȱ vonȱ Positionenȱ durchȱ Präferenzpolitikȱ ermöglichtȱ eineȱ VerȬ längerungȱvonȱProduktlebenszyklen,ȱundȱauchȱderȱRückzugȱausȱ einzelnenȱGeschäftenȱkannȱeineȱsinnvolleȱOptionȱsein.ȱ
Aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Potentialeȱ stehenȱ dieȱ Optionenȱ derȱ KompeȬ tenzentwicklung,ȱ derȱ Ergänzungȱ undȱ derȱ Fokussierungȱ offen.ȱ Alleȱ dreiȱ Artenȱ potentialorientierterȱ Maßnahmenprogrammeȱ ermöglichenȱes,ȱPositionenȱimȱMarktȱaufzubauenȱoderȱzuȱhalten.ȱ ȱ
124ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
ȱ
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Kapitel 4
Wilfried Krüger
125ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 4 Topmanager müssen nicht nur geplanten (intendierten) Wandel auslösen und aktiv vorantreiben (Rollen als Promotoren). Sie müssen sich auch bewusst sein, dass die Weiterentwicklung ihrer Unternehmung ebenso von eigengesetzlichen (emergenten) Veränderungen profitieren kann. Derartige Impulse und Prozesse zu ermöglichen und zu kanalisieren, gehört ebenfalls zu ihren Rollen (Rollen als Enabler). Zwei Kernprobleme sind prägend für das Ausfüllen dieser Rollen: das Erzeugen von Wandlungsbereitschaft und das Implementieren der Veränderung. Die verschiedenen Führungsaufgaben, die dabei anfallen, werden im folgenden Kapitel näher beschrieben, und es wird ein Zusammenhang zu den unterschiedlichen Führungsstilen von Managern hergestellt. Insgesamt zeigt sich dabei eine breite Palette von Anforderungen, denen ein einzelner Topmanager, aber auch der gesamte Führungskreis nicht immer gewachsen ist. Die Entstehung solcher Führungsdefizite wird ebenso diskutiert wie Maßnahmen zu ihrer Bewältigung.
127ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
4.1
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1.1
Rollenprofil
WelcheȱRolle(n)ȱspieltȱdasȱTopmanagementȱimȱWandel?ȱȱ DieseȱFrageȱwirdȱimȱfolgendenȱKapitelȱanhandȱausgewählterȱQuerȬ schnittproblemeȱ desȱ Wandelsȱ behandelt,ȱ dieȱ derȱ besonderenȱ AufȬ merksamkeitȱ desȱ Topmanagementsȱ bedürfen.ȱ Dabeiȱ istȱ derȱ Begriffȱ derȱ Rolleȱ nichtȱ lediglichȱ metaphorischȱ gemeint,ȱ sondernȱ sehrȱ wohlȱ imȱSinneȱderȱRollentheorie.ȱRollenȱsindȱ„BündelȱnormativerȱErwarȬ tungen,ȱ dieȱ sichȱ anȱ denȱ Inhaberȱ einerȱ sozialenȱ Positionȱ richten“ȱ (Wiswedeȱ 2004,ȱ Sp.ȱ 1289).ȱ Fürȱ dieȱ Rollenȱ inȱ Führungspositionenȱ sindȱzweiȱFragenȱvonȱbesondererȱBedeutungȱ(ebendaȱSp.ȱ1291ȱf.):ȱ 1. WelcheȱRollenerwartungenȱwerdenȱanȱdenȱFührerȱgestellt?ȱ 2. WelchesȱRollenverhaltenȱzeigenȱFührerȱtatsächlich?ȱ Zuȱ 1.:ȱ Rollenerwartungenȱ kommenȱ vonȱ denȱ verschiedenenȱ StakeȬ holdern,ȱdenenȱsichȱTopmanagerȱgegenübersehen.ȱUnabhängigȱvonȱ derȱ Fülleȱ unterschiedlicherȱ Interessenȱ imȱ Einzelfallȱ undȱ denȱ damitȱ verbundenenȱ Rollenkonfliktenȱ (vgl.ȱ hierzuȱ Krügerȱ 1972)ȱ wirdȱ hierȱ realistischerweiseȱ davonȱ ausgegangen,ȱ dassȱ dieȱ Zukunftsfähigkeitȱ derȱ Unternehmungȱ inȱ derȱ Erwartungsschnittmengeȱ allerȱ dieserȱ Gruppenȱ liegt.ȱ Daȱ Zukunftsfähigkeitȱ Wandlungsfähigkeitȱ verlangt,ȱ sindȱ auchȱ Wandlungsprozesseȱ grundsätzlichȱ imȱ wohlverstandenenȱ Interesseȱ allerȱ Stakeholder.ȱ Dieȱ imȱ Wandlungsprozessȱ zuȱ erfüllenȬ denȱ Managementaufgabenȱ lassenȱ sichȱ insofernȱ alsȱ Pflichtenȱ imȱ RahmenȱvonȱRollenerwartungenȱinterpretieren.ȱȱ Eineȱ Ableitungȱ allgemeinerȱ TopmanagementȬRollenȱ istȱ mitȱ denȱ beidenȱ Kategorienȱ ‚Promotor’ȱ undȱ ‚Enabler’ȱ bereitsȱ erfolgt.ȱ Dasȱ ProfilȱdieserȱRollenȱfürȱdenȱgeplantenȱ(intendierten)ȱsowieȱeigendyȬ namischenȱ (emergenten)ȱWandelȱ bildetȱ denȱ Einstiegȱ inȱ dieȱ ThemaȬ tik.ȱSodannȱwerdenȱzweiȱdurchgehendeȱSchlüsselproblemeȱjederȱArtȱ vonȱ Wandelȱ –ȱ dasȱ Erzeugenȱ vonȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ dasȱ Implementierenȱ derȱ Veränderungȱ –ȱ betrachtet,ȱ undȱ esȱ wirdȱ unterȬ sucht,ȱ welcheȱ Konsequenzenȱ sichȱ darausȱ fürȱ dieȱ Rolleȱ vonȱ FühȬ rungskräftenȱ ergeben.ȱ Dabeiȱ wirdȱ auchȱ aufȱ dasȱ mittlereȱ ManageȬ mentȱeinzugehenȱsein.ȱȱ
128ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
Zuȱ2.:ȱDasȱTopmanagementȱkannȱundȱmussȱdieseȱRollenȱaufȱunterȬ schiedlicheȱWeiseȱausfüllen.ȱEsȱhängtȱvonȱderȱjeweiligenȱUnternehȬ mungssituationȱ undȱ demȱ Verhaltenȱ derȱ handelndenȱ Personenȱ ab,ȱ wieȱ diesȱ geschieht.ȱ Inȱ derȱ Praxisȱ zeigenȱ sichȱ zweiȱ Lagerȱ beiȱ denȱ FührungskräftenȱderȱerstenȱundȱzweitenȱEbene.ȱDieȱ‚hartenȱHunde’ȱ (45%)ȱsetzenȱdarauf,ȱdenȱLeidensdruckȱzuȱerhöhen,ȱumȱWandelȱzuȱ bewirken,ȱ dieȱ mitarbeiterorientiertenȱ Managerȱ (56%)ȱ handelnȱ nachȱ demȱGrundsatz:ȱ‚BetroffeneȱzuȱBeteiligtenȱmachen’ȱ(vgl.ȱCapgeminiȱ 2003,ȱS.ȱ21).ȱBeiȱdiesemȱempirischenȱBefundȱistȱallerdingsȱoffen,ȱobȱ esȱ sichȱ umȱ einȱ überdauerndes,ȱ persönlichkeitsspezifischesȱ FühȬ rungsverhaltenȱhandeltȱoderȱumȱdenȱVersuch,ȱeinenȱderȱjeweiligenȱ Situationȱ angepasstenȱ Führungsstilȱ zuȱ zeigen.ȱ Derartigeȱ Fragenȱ werdenȱalsȱTeilproblemeȱderȱImplementierungȱimȱweiterenȱVerlaufȱ näherȱbeleuchtet.ȱȱ Einȱ strategischerȱ Kurswechselȱ derȱ Unternehmungȱ verlangtȱ auch,ȱ sichȱ vonȱ bisherigenȱ Einstellungen,ȱ Überzeugungenȱ undȱ VerhalȬ tensweisenȱ zuȱ verabschieden.ȱ Reorientierung,ȱ Revitalisierungȱ undȱ Remodellierungȱ beginnenȱaufȱ derȱ Führungsetage.ȱ Dieȱ Frageȱist,ȱobȱ dasȱTopmanagementȱhierzuȱbereitȱundȱinȱderȱLageȱist.ȱEsȱgehtȱalsoȱ nichtȱnurȱumȱ‚ChangeȱManagement’,ȱsondernȱauchȱumȱ„Changeȱtheȱ Management“ȱ (soȱ Wüthrichȱ etȱ al.ȱ 2002).ȱ Sonstȱ entstehenȱ spezielleȱ Führungsdefizite,ȱdieȱnichtȱseltenȱzumȱAuswechselnȱderȱSpitzeȱfühȬ ren,ȱdiesȱbesondersȱinȱTurnaroundȬSituationenȱ(vgl.ȱz.B.ȱBarkerȱIIIȱetȱ al.ȱ2001).ȱȱ
4.1.2
Topmanager als Promotoren
AktivierenȱvonȱProzessenergieȱ UmȱWandelȱinȱGangȱzuȱbringenȱundȱinȱGangȱzuȱhalten,ȱistȱ„organiȬ sationaleȱ Energie“ȱ (Bruch/Vogelȱ 2005)ȱ aufzubauenȱ (vgl.ȱ auchȱ Kap.ȱ 5).ȱ Diesȱ istȱ eineȱ derȱ Aufgaben,ȱ dieȱ zurȱ Rolleȱ derȱ Promotorenȱ desȱ Wandelsȱ gehört.ȱ Ohneȱ einȱ Promotorenübergewichtȱ imȱ TopmanaȬ gementȱistȱgrundlegenderȱWandelȱundenkbar.ȱDreiȱunterschiedlicheȱ Kategorienȱ vonȱ Promotorenȱ werdenȱ vorȱ allemȱ benötigt:ȱ MachtproȬ motor,ȱFachpromotor,ȱProzesspromotorȱ(vgl.ȱzumȱFolgendenȱHauȬ schildtȱ 2004,ȱ S.ȱ 199ff.;ȱ Hauschildtȱ 2001;ȱ Witteȱ 1973).ȱ Dieseȱ speziellȱ fürȱ Innovationsprozesseȱ identifiziertenȱ Kategorienȱ lassenȱ sichȱ auchȱ aufȱ dieȱ beschriebenenȱ Phasenȱ tiefȱ greifendenȱ Wandelsȱ anwenden.ȱ
129ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Aufȱ dieȱ außerdemȱ zuȱ beobachtendeȱ Kategorieȱ desȱ BeziehungsproȬ motorsȱ seiȱ hingewiesenȱ (vgl.ȱ Gemünden/Walterȱ 1995).ȱ Dasȱ PromoȬ torenmodellȱ istȱ keinȱ organisatorischesȱ Stellenmodell,ȱ sondernȱ einȱ Rollenmodellȱ undȱ insofernȱ mitȱ derȱ hierȱ verfolgtenȱ Rollenanalyseȱ vollȱ kompatibel.ȱ Dasȱ Wandlungsmanagementȱ hatȱ dafürȱ zuȱ sorgen,ȱ dassȱ dieȱ dreiȱ Rollenȱ inȱ derȱ personellenȱ Zusammensetzungȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ undȱ derȱ Organisationȱ desȱ Wandelsȱ möglichstȱ abgedecktȱsind.ȱNurȱsoȱistȱeinȱintendierterȱWandelȱerfolgreich.ȱ Beiträgeȱ desȱ Machtpromotors:ȱ Dieȱ Rolleȱ desȱ Machtpromotorsȱ beȬ ruhtȱ vorwiegendȱ aufȱ hierarchischerȱ Macht.ȱ Erȱ erteiltȱAufträgeȱ undȱ gibtȱRessourcenȱfreiȱ(Initialisierung,ȱUmsetzung,ȱVerstetigung),ȱundȱ erȱformuliertȱZieleȱundȱVisionenȱ(Initialisierung,ȱKonzipierung).ȱErȱ sorgtȱwährendȱdesȱProzessesȱfürȱdenȱStrategischenȱFit,ȱalsoȱdieȱOrȬ chestrierungȱ derȱ Erfolgsfaktorenȱ (Mobilisierung,ȱ Umsetzung,ȱ VerȬ stetigung),ȱ undȱ erȱ überwindetȱ Opponentenȱ (Initialisierung,ȱ MobiliȬ sierung).ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Projektorganisationȱ istȱ erȱ Mitgliedȱ oderȱ VorsitzenderȱdesȱLenkungsausschusses.ȱȱ BeiträgeȱdesȱFachpromotors:ȱDerȱFachpromotorȱverfügtȱalsȱExperteȱ überȱ fachlicheȱ Fähigkeitenȱ undȱ Informationsquellen.ȱ Vonȱ ihmȱ werȬ denȱ Ideenȱ undȱ Initiativenȱ erwartetȱ (Initialisierung).ȱ Vorȱ allemȱ aberȱ mussȱ erȱ beiȱ derȱ Sucheȱ nachȱ Lösungenȱ (Konzipierung)ȱ undȱ derenȱ konkreterȱ Ausarbeitungȱ undȱ Realisierungȱ (Umsetzung)ȱ eingesetztȱ werden.ȱ Fachpromotorenȱ werdenȱ inȱ unterschiedlicherȱ Weiseȱ inȱ dieȱ Projektororganisationȱ eingebunden,ȱ alsȱ Berater,ȱ UnterstützungseinȬ heit,ȱMitgliedȱvonȱProjektteamsȱoderȱauchȱLeiterȱvonȱTeilprojekten.ȱ DerȱreineȱFachspezialistȱwirdȱsichȱaberȱwenigerȱalsȱGesamtprojektȬ leiterȱ(ProgrammȬManager)ȱeignen.ȱ Beiträgeȱ desȱ Prozesspromotors:ȱ Derȱ Prozesspromotorȱ mussȱ denȱ gesamtenȱ Wandlungsprozessȱ hindurchȱ aktivȱ sein.ȱ ProgrammȬȱ bzw.ȱ ProjektleiterȱhabenȱdieseȱRolleȱzuȱübernehmen.ȱOrganisationsȬȱundȱ Führungsfähigkeitenȱ müssenȱ ihnenȱ zuȱ Eigenȱ sein,ȱ umȱ dieseȱ Rolleȱ auszufüllen.ȱ Sieȱ müssenȱ Interessenlagenȱ undȱ Betroffenseinȱ erkunȬ denȱ undȱ berücksichtigenȱ (Initialisierung,ȱ Mobilisierung).ȱ Dieȱ GeȬ samtzielsetzungȱ istȱ vonȱ ihnenȱ inȱ Teilziele,ȱ Ȭaufgabenȱ undȱ Ȭprojekteȱ zuȱzerlegen.ȱReihenfolgenȱundȱTermineȱsindȱzuȱbestimmenȱundȱzuȱ überwachenȱ(Konzipierung,ȱUmsetzung).ȱAußerdemȱgehörenȱMotiȬ vation,ȱErklärung,ȱInstruktionȱundȱInformationȱzuȱihrerȱRolleȱ(MoȬ bilisierung,ȱUmsetzung).ȱȱ
130ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
Das Thema: Strategische Erneuerung im Turnaround Das Beispiel: CHRYSLER GROUP; „Ein Delphin unter Walen und Haien“ Ausgangslage: 1998 findet die Fusion zwischen DAIMLER-BENZ und der damals noch hoch profitablen CHRYSLER CORPORATION statt. Nach verfehlter Modellpolitik und schlechtem Kostenmanagement gerät CHRYSLER in eine Erfolgskrise: während 1999 noch ein operating profit von 5 Mrd. € ausgewiesen wird, fällt dieser im Folgejahr um 90%, 2001 kommt es zu einem Milliardenverlust. Ende 2000 wird Dieter Zetsche die Führung der CHRYSLER GROUP übertragen: Er soll im Rahmen eines zunächst auf drei Jahre angelegten TurnaroundPlans den amerikanischen Autobauer sanieren und möglichst schon 2002 wieder in die Gewinnzone zurückführen. Das Leitbild, von Dieter Zetsche ausgegeben, lautet: „Ein Delphin unter Walen und Haien“. Hierzu werden weitgehend parallel Abbau-, Umbau- und Aufbaumaßnahmen durchgeführt. Sie betreffen sowohl die Potentiale wie die Positionen von CHRYSLER. Abbaumaßnahmen: ¾
Schließung von sechs Werken und Abbau von 26.000 Stellen, was rund einem Fünftel der Belegschaft entsprach (2001 - 2003)
¾
Verkauf einzelner Teilefabriken
¾
Reduktion von Investitionen
Umbaumaßnahmen: ¾
Drücken der Einkaufspreise um 5% (als unmittelbarer Schritt) und (langfristig) Aufbau von Kooperationen mit Zulieferern bei gleichzeitiger Reduktion der Einkaufspreise um weitere 10%
¾
Vermehrte Nutzung von Gleichteilen
¾
Ab 2005: Highly Integrated Partner Organization (HI-PO): Lieferantenbewertung nach Qualität, Technologie, Leistung und Kosten und Intensivierung der Zusammenarbeit mit den nach den Kriterien besten Partnern
¾
Verbesserung der Effizienz und der Qualität in der Fertigung
¾
Plattformstrategie, dadurch Senkung der Entwicklungs- und Produktionskosten sowie Flexibilisierung der Fertigung und höhere Kapazitätsauslastung
Aufbaumaßnahmen: ¾
Stärkerer Fokus auf Personenwagen statt lediglich Pickups, Jeeps und Minivans
131ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
¾
Abkehr von der Position eines Volumenherstellers, hin zu einem qualitativ hochwertigen Produzenten mit einem differenzierten Modellsortiment, das viele profitable Nischen abdeckt
¾
Entwicklung international nachgefragter Modelle
Ergebnisse: 1999 produzierten 129.395 Beschäftigte 3.178.566 Fahrzeuge, 2005 waren es 83.130 Beschäftigte, die 2.760.467 Einheiten produzierten. In den sieben Jahren von 1999 bis 2005, in denen CHRYSLER zu DAIMLER gehörte, stieg die Produktivität somit von 24,5 auf 33,2 Einheiten pro Mann, also um 35%. Die Rendite stieg entsprechend (siehe Abb. 4/1).
Abbildungȱ4/1:ȱ TurnaroundȱbeiȱChryslerȱ
Return On Net Assets 30,0% 25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0% --5,0%
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
-10,0%
ȱ
Steuerung des Turnaround-Prozesses (vgl. Zetsche/Russo/Ilg 2003): Die Steuerung von CHRYSLER entspricht dem Gegenstromverfahren. Wesentliches Element ist eine Balanced Scorecard. Die fünf Ziele der CHRYSLER Gruppe bilden eine Zielhierarchie, wie bei der BSC üblich. Die Basis dieser Pyramide bildet „Optimize Employee Performance“, darüber stehen auf einer Ebene „Deliver Aspirational Products“ sowie „Achieve Lean Processes“. Sie führen zu „Delight the Customer“ und dadurch dann zu „Increase Shareholder Value“. Die Gruppenziele werden auf Scorecards für die fünf Hauptfunktionsbereiche (Sales & Marketing, Procurement & Supply, Manufacturing, Product Development, Staffs) heruntergebrochen und mit den resultatsverantwortlichen Leitern der Teilbereiche als vollzugsverbindlich vereinbart. Die Erreichung der Ergebnisse ist an ein Incentive-System gekoppelt.
132ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
Die Überwachung der laufenden Prozesse und Eingriffe im Ausnahmefall erfolgen auf drei Wegen bzw. Ebenen. Monatlich überprüft das achtköpfige Leitungsgremium (Executive Committee) die Zwischenergebnisse. Quartalsweise werden die Fortschritte mit dem Officer´s Council beraten, dem die 25 Leiter der nachgelagerten Einheiten angehören. Das Ganze kommt im gleichen Rhythmus in einen erweiterten Führungskreis, bestehend aus den 300 oberen Führungskräften. Als wesentlich für den Erfolg wird es angesehen, dass im obersten Leitungsorgan drei spezifische Rollen übernommen und integriert werden: 1. Strategist: bestimmt den Kurs der Unternehmung, 2. Scorekeeper: ist für das Berichtswesen zuständig, 3. Gatekeeper: identifiziert die wichtigsten Probleme und bestimmt die Tagesordnung.
TimingȱundȱPacingȱ Promotorenȱ müssenȱ dasȱ Timingȱ vornehmen,ȱ alsoȱ Zeitpunktȱ undȱ Zeitdauerȱ desȱ Wandelsȱ sindȱ zuȱ bestimmen.ȱ Damitȱ imȱ ZusammenȬ hangȱistȱauchȱdieȱFrageȱdesȱPacingȱzuȱklären,ȱalsoȱdasȱTempoȱbzw.ȱ dieȱSchrittlängeȱdesȱWandelsȱzuȱbestimmen.ȱKritischȱfürȱdasȱTimingȱ istȱdieȱForderungȱnachȱproaktivemȱHandeln,ȱdessenȱVorteileȱbereitsȱ diskutiertȱwurdenȱ(vgl.ȱKap.ȱ1).ȱDieȱLippenbekenntnisse,ȱwieȱwichȬ tigȱproaktivesȱHandelnȱsei,ȱsindȱauchȱdurchausȱzahlreich.ȱDennochȱ istȱProaktivitätȱweitȱeherȱdieȱAusnahmeȱalsȱdieȱRegel.ȱ DiskutiertȱmanȱmitȱManagernȱdieȱGründeȱhierfür,ȱsoȱwirdȱziemlichȱ übereinstimmendȱargumentiert,ȱdassȱdieȱWandlungsbereitschaftȱderȱ Mitarbeiterȱ zuȱ geringȱ seiȱ undȱ dassȱ Wandelȱ erstȱ dannȱ akzeptiertȱ werde,ȱwennȱseineȱNotwendigkeitȱunabweisbarȱsei.ȱDasȱErgebnisȱistȱ dieȱThese:ȱOhneȱKriseȱkeinȱWandel.ȱSieȱtrifftȱsichȱmitȱdemȱerwähnȬ tenȱ Führungsstilȱ derȱ ‚hartenȱ Hunde’.ȱ Dieȱ Frageȱ istȱ natürlich,ȱ obȱ dieseȱErklärungȱtatsächlichȱzutrifftȱoderȱobȱesȱnichtȱauchȱdieȱRisikoȬ scheuȱ undȱ Initiativarmutȱ mancherȱ Managerȱ ist,ȱ dieȱ sichȱ dahinterȱ verbirgt.ȱ Fehlendesȱ Vertrauenȱ inȱ dieȱ eigeneȱ Kraftȱ undȱ VerantworȬ tungsscheuȱ könnenȱ hinzukommen.ȱ Esȱ entstehtȱ einȱ KompetenzȬ/ȱ AngstȬSyndromȱ (vgl.ȱ Krüger/Ebelingȱ1991).ȱ Letztlichȱ unterscheidetȱ sichȱ dasȱ Entstehungsmusterȱ fürȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ vonȱ ManagernȱinȱnichtsȱvonȱdemjenigenȱderȱMitarbeiter.ȱUndȱvonȱmanȬ chenȱWandlungsvorhaben,ȱz.B.ȱMergersȱ&ȱAcquisitions,ȱsindȱManaȬ gementpositionenȱgenausoȱoderȱsogarȱstärkerȱbetroffenȱalsȱdieȱAusȬ
133ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
führungsebene.ȱ Dementsprechendȱ findetȱ Widerstandȱ auchȱ aufȱ denȱ Managementetagenȱstatt.ȱ FestzulegenȱistȱauchȱdieȱZeitdauerȱdesȱWandels.ȱInȱsachlicherȱHinȬ sichtȱ hängtȱ derȱ Zeitbedarfȱ vonȱ denȱ Ursachenȱ desȱ WandlungsbeȬ darfs,ȱderȱSituationȱderȱUnternehmungȱsowieȱvonȱrechtlichenȱRahȬ menbedingungenȱ ab.ȱ EinȱLiquiditätsengpassȱ z.B.ȱ verlangtȱ inȱ jedemȱ FallȱschnellstmöglicheȱEingriffe.ȱEinȱSanierungsfall,ȱderȱsichȱinȱeinerȱ Erfolgskriseȱ ausdrückt,ȱ wirdȱ heuteȱ nachȱ Möglichkeitȱ unterjährigȱ bewältigtȱ (‚Restrukturierung’).ȱ „Nachȱ neunȱ Monatenȱ mussȱ eineȱ Sanierungȱ abgeschlossenȱ sein“,ȱ soȱ z.B.ȱ dieȱ Erfahrungȱ vonȱ Klausȱ EiȬ erhoff,ȱ Vorstandsvorsitzenderȱ derȱ THIELȱ LOGISTIKȱ (FAZȱ vomȱ 02.08.2004).ȱMehrȱZeitȱbenötigtȱeinȱstrategischerȱKurswechselȱ(‚ReoȬ rientierung’),ȱ wennȱ neueȱ Produkteȱ entwickelt,ȱ neueȱ WachstumsfelȬ derȱ erschlossen,ȱ neueȱ Fähigkeitenȱ aufgebautȱ werdenȱ sollen.ȱ Solcheȱ tiefȱgreifendenȱVeränderungenȱdauernȱdannȱbesondersȱlange,ȱwennȱ neueȱ Fähigkeitenȱ (‚Revitalisierung’)ȱ oderȱ eineȱ geänderteȱ UnternehȬ mungskulturȱ(‚Remodellierung’)ȱerforderlichȱsind.ȱȱ Allerdingsȱ sindȱ dieȱ Prozessdauerȱ undȱ derȱ Umfangȱ desȱ zuȱ verkrafȬ tendenȱ Wandelsȱ auchȱ einȱ sozioȬpsychologischesȱ Problem.ȱ Zumȱ einenȱistȱdieȱgegebeneȱKräftekonstellationȱzuȱbeachten.ȱOpponentenȱ werdenȱ ‚überrumpelt‘ȱ oderȱ ‚entwaffnet‘,ȱ wennȱ raschȱ gehandeltȱ wird.ȱ Zugleichȱ werdenȱ Promotorenȱ undȱ Zögerndeȱ bestärktȱ undȱ mitgerissen.ȱ Diesȱ sprichtȱ dafür,ȱ vorȱ allemȱ dieȱ einschneidendenȱ Maßnahmenȱ zügigȱ amȱ Anfangȱ durchzuführen.ȱ Zumȱ anderenȱ istȱ daraufȱ hinzuweisen,ȱ dassȱzumindestȱ größereȱ Vorhabenȱ fürȱalleȱ BeȬ teiligtenȱ eineȱ Ausnahmesituationȱ mitȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ großenȱ Zusatzbelastungenȱ bedeuten.ȱ Sieȱ sindȱ umsoȱ leichterȱ zuȱ ertragen,ȱjeȱ klarerȱundȱrechtzeitigerȱdasȱEndeȱabsehbarȱist.ȱZuȱlangeȱPlanungsȬ durststreckenȱsolltenȱalsoȱvermiedenȱwerden.ȱȱ Zuȱ vermeidenȱ istȱ allerdingsȱ auch,ȱ dassȱ mehrereȱ gegenläufigeȱ VorȬ habenȱ gleichzeitigȱ dieȱ Organisationȱ traktierenȱ oderȱ dassȱ einȱ neuesȱ Wandlungsvorhabenȱbegonnenȱwird,ȱeheȱnochȱdieȱletzteȱÄnderungȱ richtigȱ bewältigtȱ wurde.ȱ Derartigeȱ Konstellationenȱ sog.ȱ exzessivenȱ Wandelsȱ führenȱ zwangsläufigȱ zuȱ negativenȱ Reaktionenȱ derȱ BetrofȬ fenen,ȱbisȱhinȱzumȱVerlustȱqualifizierterȱKräfteȱ(vgl.ȱStensakerȱetȱal.ȱ 2001).ȱ Zuȱ optimierenȱ istȱ auchȱ dieȱ Zeitdauerȱ zwischenȱ größerenȱ VerändeȬ rungen.ȱ Einerseitsȱ sollteȱ wegenȱ derȱ notwendigenȱ Ausreifungȱ nachȱ
134ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
einerȱ Transformation,ȱ soȱ weitȱ möglich,ȱ eineȱ Phaseȱ relativerȱ Ruheȱ herrschen.ȱ Andererseitsȱ sindȱ zuȱ langeȱ Stillstandszeitenȱ zuȱ vermeiȬ den,ȱ daȱ dieȱ damitȱ einhergehendeȱ Verfestigungȱ derȱ Gewohnheitenȱ dieȱ angestrebteȱ kontinuierlicheȱ Weiterentwicklungȱ behindernȱ würȬ de.ȱȱ
OrchestrierungȱdesȱWandelsȱ Eineȱ durchgehendeȱ Managementaufgabeȱ istȱ dieȱ Abstimmungȱ derȱ einzelnenȱ Koordinatenȱ desȱ 3WȬModellsȱ sowieȱ derȱ Komponentenȱ desȱ Wandelsȱ untereinanderȱ (‚Orchestrierung’).ȱ Leitideeȱ istȱ es,ȱ einȱ ausgewogenesȱ Verhältnisȱ (Fit,ȱ Stimmigkeit,ȱ Kongruenz)ȱ unterȱ dieȬ senȱ Bausteinenȱ herbeizuführen.ȱ Erstȱ dieȱ gelungeneȱ Orchestrierungȱ (AuswahlȱdesȱStücks,ȱEinsatzȱderȱInstrumente,ȱArtȱderȱInterpretatiȬ on)ȱ führtȱ zumȱ Erfolg,ȱ alsoȱ einerȱ stimmigenȱ Aufführung.ȱ Währendȱ derȱ ‚Dirigent’ȱ eherȱ fürȱ einenȱ direktivenȱ (autoritären)ȱ Stilȱ steht,ȱ istȱ derȱ‚Bandleader’ȱmehrȱderȱprimusȱinterȱpares.ȱErȱpflegtȱeinenȱnonȬ direktivenȱ(kooperativen)ȱFührungsstil.ȱ Besondersȱ markanteȱ Orchestrierungsprobleme,ȱ wieȱ sieȱ nichtȱ nurȱ innerhalbȱdesȱ3WȬModellsȱzuȱbeachtenȱsind,ȱwerdenȱimȱFolgendenȱ diskutiert.ȱ Stimmigkeitȱ derȱ Wandlungskoordinaten:ȱ Abbildungȱ 4/2ȱ illustriertȱ dieȱ Problemeȱ mangelnderȱ Stimmigkeitȱ unterȱ denȱ WandlungskoorȬ dinaten.ȱ Dasȱ Zielȱ desȱ Wandlungsmanagementsȱ bestehtȱ –ȱ bildlichȱ gesprochenȱ –ȱ darin,ȱ dieȱ dreiȱ Kreiseȱ Wandlungsbedarf,ȱ WandlungsȬ bereitschaftȱ undȱ Wandlungsfähigkeitȱ möglichstȱ zurȱ Deckungȱ zuȱ bringenȱ (Feldȱ 7).ȱ Vonȱ diesemȱ Idealȱ gibtȱ esȱ analytischȱ verschiedeneȱ Abweichungen,ȱ dieȱ aufȱ Missverhältnisseȱ beiȱ derȱ ProblembewältiȬ gungȱverweisen.ȱ (1)ȱReformstau:ȱImȱungünstigstenȱFallȱfehlenȱsowohlȱderȱWilleȱwieȱ dieȱ Fähigkeiten,ȱ einemȱ Wandlungsbedarfȱ gerechtȱ zuȱ werden.ȱ Oderȱ aberȱ einȱ objektivȱ vorhandenerȱ Wandlungsbedarfȱ entziehtȱ sichȱ derȱ subjektivenȱ Wahrnehmung.ȱ Wandlungsdruckȱ bautȱ sichȱ auf,ȱ esȱ kommtȱzuȱeinerȱSituation,ȱdieȱalsȱReformstauȱbekanntȱist.ȱȱ EinerȱStudieȱvonȱBOOZȱALLENȱHAMILTONȱzuȱFolgeȱbefindetȱsichȱüberȱ einȱ Viertelȱ allerȱ Unternehmungenȱ inȱ einerȱ solchenȱ Situation,ȱ vonȱ denȱ Autorenȱ alsȱ Zustandȱ derȱ passivȬagressivenȱ Starreȱ bezeichnet.ȱ Unflexibleȱ Strukturen,ȱ fehlerhafteȱ Prozesseȱ undȱ Richtlinienȱ aufȱ derȱ
135ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
einen,ȱdemotivierte,ȱWiderstandȱleistendeȱMitarbeiterȱaufȱderȱandeȬ renȱSeiteȱkennzeichnenȱdiesenȱTyp.ȱErȱbildetȱdenȱmitȱAbstandȱhäuȬ figstenȱOrganisationstyp.ȱInȱderartigenȱUnternehmungenȱstelltȱsichȱ denȱPromotorenȱdesȱWandelsȱeinȱMaximumȱanȱBarrierenȱentgegen;ȱ derȱ Wandlungsprozessȱ wirdȱ zumȱ Hürdenlauf.ȱ Keinȱ Wunder,ȱ dassȱ Unternehmungenȱ dieserȱ Kategorieȱ deutlichȱ wenigerȱ rentabelȱ sindȱ alsȱ dieȱ sog.ȱ flexibleȱ Unternehmungȱ (vgl.ȱ Neilsonȱ etȱ al.ȱ 2006,ȱ S.ȱ 80).ȱ Maßnahmenȱ derȱ Anreizgestaltungȱ (SchubȬȱ und/oderȱ ZugmotivatiȬ on,ȱ positiveȱ und/oderȱ negativeȱ Sanktionen)ȱ könnenȱ demȱ Erzielenȱ vonȱ Bereitschaft,ȱ Maßnahmenȱ derȱ Informationȱ undȱ desȱ Trainingsȱ derȱVerbesserungȱderȱFähigkeitenȱdienen.ȱNichtȱzuletztȱgehtȱesȱaberȱ auchȱumȱeinenȱflexibilitätsȬȱundȱwandlungsorientiertenȱUmbauȱderȱ Organisationȱ(vgl.ȱKap.ȱ6).ȱȱ (2)ȱFähigkeitsdefizite:ȱSchonȱeinfacherȱsindȱSituationenȱzuȱbewältiȬ gen,ȱ inȱ denenȱ zwarȱ dieȱ Fähigkeitenȱ fehlen,ȱ sichȱ aberȱ wenigstensȱ Bedarfȱ undȱ Bereitschaftȱ decken.ȱ Akuteȱ Fähigkeitsdefiziteȱ könnenȱ durchȱ externeȱ Beraterȱ oderȱ InterimȬManagerȱ überbrücktȱ werden.ȱ Fürȱ eineȱ nachhaltigeȱ Lösungȱ istȱ allerdingsȱ derȱ interneȱAufbauȱ perȬ sonellerȱundȱorganisatorischerȱFähigkeitenȱunverzichtbar.ȱ (3)ȱ Unbefriedigterȱ Veränderungsdrang:ȱ Schwierigȱ zuȱ diagnostizieȬ renȱistȱeineȱSituation,ȱinȱderȱeineȱlatenteȱWandlungsbereitschaftȱexisȬ tiert,ȱderȱkeineȱFähigkeitenȱentsprechenȱundȱdieȱvorȱallemȱauchȱamȱ Bedarfȱ vorbeigeht.ȱ Istȱ esȱ z.B.ȱ Übereifer,ȱ dieȱ schiereȱ Abenteuerlustȱ oderȱeinȱungebändigtesȱMachtstreben?ȱHandeltȱesȱsichȱumȱMitarbeiȬ ter,ȱ derenȱ Bereitschaftȱ nurȱ dieȱ richtigeȱ Orientierungȱ fehlt,ȱ umȱ eineȱ umgeleiteteȱ Unzufriedenheit,ȱ hinterȱ derȱ tiefereȱ Ursachenȱ steckenȱ oderȱschlichtȱumȱunqualifiziertesȱundȱunberechtigtesȱ‚Gemecker‘?ȱJeȱ nachdem,ȱwieȱdieȱAntwortȱausfällt,ȱwerdenȱdieȱFührungskräfteȱunȬ terschiedlichȱreagieren.ȱ
136ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1 Abbildungȱ4/2ȱ
MöglicheȱMissverhältnisseȱinȱdenȱKoordinatenȱdesȱWandelsȱ Fähigkeitsdefizite Reformstau
1 Wandlungsbedarf
2
Wandlungsbereitschaft
Unbefriedigter Veränderungsdrang
3 7 Willensbarrieren
6 Wandlungsfähigkeit
4 5
Fehlgeleitete Aktivitäten Ungenutztes Fähigkeitspotential
ȱ
(4)ȱ Fehlgeleiteteȱ Aktivitäten:ȱ Unangenehmȱ dürftenȱ auchȱ dieȱ Fälleȱ sein,ȱinȱ denenȱ sichȱ Fähigkeitenȱ undȱ Bereitschaftȱ amȱ Themaȱ vorbeiȬ bewegen.ȱWennȱderȱWandlungsbedarfȱeindeutigȱfestgestelltȱwurde,ȱ hatȱ dasȱ verantwortlicheȱ Managementȱ eineȱ klareȱ Handhabeȱ zumȱ Vorgehen.ȱWennȱsichȱjedochȱverschiedeneȱDenkschulenȱoderȱLagerȱ inȱeinerȱUnternehmungȱgegenüberstehen,ȱderenȱAuffassungenȱüberȱ denȱ‚richtigen‘ȱWandlungsbedarfȱauseinanderȱgehen,ȱdannȱkannȱesȱ imȱ Grenzfallȱ zuȱ einerȱ vollständigenȱ Blockadeȱ kommen.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ stündenȱ sichȱ nichtȱ Gegnerȱ undȱ Befürworterȱ desȱ Wandelsȱ geȬ genüber,ȱ sondernȱ esȱ gingeȱ umȱ ‚Richtungskämpfe‘ȱ innerhalbȱ desȱ Wandels.ȱ (5)ȱUngenutztesȱFähigkeitspotential:ȱFeldȱ5ȱsymbolisiertȱeinȱungeȬ nutztesȱ undȱ auchȱ nichtȱ benötigtesȱ Fähigkeitspotential,ȱ dasȱ aberȱ inȬ sofernȱ ‚ruht‘,ȱ alsȱ auchȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ fehlt.ȱ Manȱ wirdȱ unwillkürlichȱanȱFälleȱwieȱdenȱderȱ‚innerenȱKündigung‘ȱerinnert.ȱ (6)ȱ Willensbarrieren:ȱ Feldȱ 6ȱ repräsentiertȱ einȱ weiteresȱ Gebietȱ derȱ Opponenten.ȱ Wennȱ sichȱ Bedarfȱ undȱ Fähigkeitenȱ decken,ȱ aberȱ dieȱ Bereitschaftȱ zumȱ Handelnȱ fehlt,ȱ liegenȱ Willensbarrierenȱ vor.ȱ Sieȱ zuȱ überwindenȱ oderȱ zuȱ brechen,ȱ verlangtȱ eineȱ geeigneteȱ Gestaltungȱ derȱAnreizsituation.ȱ Stimmigkeitȱ vonȱ Aufgabe,ȱ Kompetenzȱ undȱ Verantwortung:ȱ Fürȱ denȱWandlungsprozessȱsindȱdieȱzuȱerfüllendenȱWandlungsaufgabenȱ
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4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
präziseȱ zuȱ beschreibenȱ undȱ vollzugsverbindlichȱ zuȱ regelnȱ (Werȱ machtȱ wasȱ bisȱ wann?).ȱ Aufgabenerfüllungȱ undȱ VerantwortungsȬ übernahmeȱverlangenȱallerdingsȱauchȱdieȱÜbertragungȱvonȱKompeȬ tenzen,ȱ alsoȱ z.B.ȱ InformationsȬ,ȱ AuftragsȬȱ undȱ Verfügungsrechteȱ sowieȱ bestimmteȱ Entscheidungsrechteȱ fürȱ dieȱ Projektleitung.ȱ Dasȱ damitȱangesprocheneȱ Kongruenzprinzipȱ derȱ Organisationȱ istȱ ebenȬ soȱaltȱwieȱseineȱNichteinhaltungȱgeradezuȱchronischȱist.ȱDiesȱbetrifftȱ auchȱdieȱEinbindungȱderȱTopmanagerȱinȱdenȱVeränderungsprozess.ȱ Geradeȱ fürȱ dieseȱ Gruppeȱ gilt,ȱ dassȱ dieȱ Aufmerksamkeitȱ undȱ derȱ Nachdruck,ȱmitȱdenenȱWandlungsaktivitätenȱverfolgtȱwerden,ȱunterȱ denȱ Belastungenȱ desȱ Tagesgeschäftsȱ leidenȱ undȱ imȱ Zeitablaufȱ schwächerȱ werden.ȱ Dannȱ istȱ esȱ wichtig,ȱ dieȱ ManagementaufmerkȬ samkeitȱdurchȱklarȱdefinierteȱVerantwortlichkeitenȱinȱderȱOrganisaȬ tionsstrukturȱsowieȱimȱFahrplanȱdesȱWandelsȱimmerȱwiederȱneuȱzuȱ wecken.ȱ StimmigkeitȱvonȱKonzipierungȱundȱUmsetzung:ȱInȱderȱPraxisȱgibtȱ esȱ nichtȱ seltenȱ einȱ Missverhältnisȱ zwischenȱ ‚Konzipierung‘ȱ undȱ ‚Umsetzung‘,ȱ wasȱ sichȱ inȱ derȱ bissigenȱ Bemerkungȱ vonȱ denȱ ‚KonȬ zeptionsriesen‘ȱ ausdrückt,ȱ dieȱ gleichzeitigȱ ‚Umsetzungszwerge‘ȱ seien.ȱImȱLichteȱderȱhierȱvertretenenȱKonzeptionȱsindȱdiesȱProblemeȱ derȱ Implementierung.ȱ Sieȱ werdenȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ nochȱ ausȬ führlichȱdiskutiert.ȱ Stimmigkeitȱ vonȱ unterstützendenȱ undȱ erfolgsbestimmendenȱ Komponenten:ȱ Einȱ weitererȱ Punktȱ betrifftȱ dieȱ Stimmigkeitȱ derȱ unȬ terstützendenȱ Komponentenȱ untereinanderȱ undȱ imȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ erfolgsbestimmendenȱ Komponenten.ȱ Dieȱ bestenȱ Pläneȱ bleibenȱ kraftlos,ȱwennȱsieȱnichtȱrichtigȱkommuniziertȱwerden.ȱDieȱÜbertraȬ gungȱ vonȱ Aufgaben,ȱ Kompetenzenȱ undȱ Verantwortung,ȱ z.B.ȱ aufȱ Teamsȱ oderȱ Programmbeauftragte,ȱ sollteȱ durchȱ dieȱ Integrationȱ inȱ einȱ geeignetesȱ FührungsȬȱ undȱ Anreizsystemȱ abgesichertȱ sein.ȱ Vorȱ allem,ȱwennȱWandlungsaufgabenȱnebenȱdemȱTagesgeschäftȱalsȱZuȬ satzaufgabenȱzuȱerfüllenȱsind,ȱmussȱihnenȱauchȱeineȱgeeigneteȱGraȬ tifizierungȱ folgen.ȱ Sonstȱ kommtȱ esȱ zurȱ Leistungszurückhaltungȱ (Holdȱ up).ȱ Projektmanagerȱ wieȱ Lenkungsgremienȱ benötigenȱ dieȱ planende,ȱ überwachendeȱ undȱ kontrollierendeȱ Unterstützungȱ desȱ ControllingsȱzurȱErfüllungȱihrerȱManagementaufgaben.ȱȱ PersonelleȱStimmigkeitȱdesȱWandels:ȱImȱBrennpunktȱderȱpersonelȬ lenȱ Stimmigkeitȱ befindenȱ sichȱ dasȱ Topmanagementȱ undȱ dieȱ MitarȬ
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Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
beiter,ȱ sowohlȱ inȱ ihrenȱ Wechselwirkungenȱ untereinanderȱ alsȱ auchȱ mitȱ denȱ anderenȱ Komponenten.ȱ Dieȱ damitȱ angesprochenenȱ Fragenȱ sindȱüberragendȱwichtig,ȱaberȱzugleichȱaußerordentlichȱdiffizil.ȱDiesȱ beginntȱ bereitsȱ damit,ȱ dassȱ ‚Topmanagement‘ȱ undȱ ‚Mitarbeiter‘ȱ imȱ konkretenȱ Fallȱ keineswegsȱ eineȱ inȱ sichȱ geschlosseneȱ Gruppeȱ mitȱ einheitlicherȱ Einstellungȱ gegenüberȱ demȱ Wandelȱ bilden.ȱ Innerhalbȱ undȱ zwischenȱ denȱ beidenȱ Personenkreisenȱ gibtȱ esȱ Gruppierungenȱ undȱ‚Fraktionen‘,ȱ‚Netzwerke‘ȱundȱ‚Seilschaften‘.ȱEineȱEinstimmungȱ aufȱdenȱWandelȱzuȱerreichen,ȱistȱschonȱschwerȱgenug,ȱ‚EinstimmigȬ keit‘ȱ kannȱ alsȱ unrealistischȱ praktischȱ ausgeschlossenȱ werden.ȱ Dieȱ gesamtenȱsachbezogenenȱMaßnahmenȱderȱOrchestrierung,ȱalsoȱvorȱ allemȱ verbindlicheȱ Organisationsregelungen,ȱ straffesȱ ProzessmanaȬ gementȱ undȱ eineȱ wirkungsvolleȱ instrumentelleȱ Abstützungȱ desȱ Wandels,ȱsolltenȱpositivȱaufȱdieȱpersonelleȱStimmigkeitȱausstrahlen.ȱ Dieȱ personenbezogeneȱ Führungsrolleȱ derȱ Promotorenȱ beginntȱ beiȱ derȱ personellenȱ Besetzungȱ derȱ Projektgremien.ȱ Sieȱ endetȱ imȱ Falleȱ einesȱTransformationsprozessesȱmitȱderȱÜbergabeȱdesȱbetriebsbereiȬ tenȱSystemsȱanȱdieȱBenutzer.ȱImȱSinneȱpermanentenȱWandelsȱarguȬ mentiert,ȱ istȱ sieȱ allerdingsȱ unbefristet.ȱ Eineȱ durchgehendeȱ FordeȬ rungȱ anȱ dasȱ Topmanagementȱ ist,ȱ Worteȱ undȱ Tatenȱ inȱ Einklangȱ zuȱ bringen.ȱ Inȱ demȱ Zusammenhangȱ werdenȱ wenigeȱ Merkmaleȱ soȱ oftȱ erwähntȱwieȱGlaubwürdigkeitȱundȱVerantwortlichkeit.ȱEinȱinȱsichȱ schlüssigesȱ (‚stimmiges’)ȱ undȱ kraftvollesȱ Auftretenȱ undȱ ArgumenȬ tierenȱdesȱTopmanagementsȱistȱinȱWandlungssituationen,ȱwennȱsichȱ alleȱAugenȱaufȱdieȱSpitzeȱrichten,ȱwichtigerȱdennȱje.ȱȱ
4.1.3
Topmanager als Enabler
SchaffungȱvonȱFreiräumenȱȱ AuchȱeigendynamischeȱProzesseȱdesȱsog.ȱemergentenȱWandelsȱsindȱ vomȱ Topmanagementȱ zuȱ beachten,ȱ anzuerkennenȱ undȱ nachȱ MögȬ lichkeitȱ zuȱ fördernȱ bzw.ȱ zuȱ kanalisieren.ȱ Seineȱ konzeptionelleȱ EinȬ bettungȱerfuhrȱdieseȱThematikȱinȱKapitelȱ2.4.2.ȱDasȱTopmanagementȱ hatȱhierȱnichtȱdieȱRolleȱvonȱPromotoren,ȱsondernȱvonȱEnablernȱdesȱ Wandels.ȱ Grundvoraussetzungȱ istȱ dieȱ Schaffungȱ vonȱ Freiräumen,ȱ eineȱ ForȬ derung,ȱdieȱzunächstȱimȱklarenȱGegensatzȱzuȱdenȱderzeitȱdominieȬ
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4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
rendenȱ Vorstellungenȱ desȱ Einsparensȱ undȱ Verschlankensȱ steht.ȱ Dennȱ Freiräumeȱ kostenȱ Arbeitszeitȱ undȱ verlangenȱ Budgetanteile,ȱ sindȱalsoȱAusdruckȱvonȱ‚organizationalȱslack’.ȱȱ
Eine der innovativsten Ideenschmieden weltweit ist der Technologiekonzern 3M. Er ist bekannt für die 15%-Regel. Mitarbeiter der Forschungsabteilungen können danach 15% ihrer Arbeitszeit für Projekte ihrer Wahl einsetzen.
Abgesehenȱ vonȱ denȱ notwendigenȱ Rahmenbedingungen,ȱ dieȱ SpielȬ räumeȱeröffnenȱmüssen,ȱgehtȱesȱvorȱallemȱdarum,ȱeineȱpositiveȱEinȬ stellungȱgegenüberȱInitiativenȱderȱMitarbeiterȱsowohlȱinȱderenȱeigeȬ nenȱ Köpfenȱ alsȱ auchȱ inȱ denȱ Köpfenȱ derȱ Führungskräfteȱ zuȱ bilden.ȱ Desȱ Weiterenȱ istȱ dieȱ kreativitätsförderndeȱ interdisziplinäreȱ KomȬ munikationȱ zwischenȱ denȱMitarbeiternȱ zuȱ unterstützen.ȱ EigenstänȬ digeȱ Projekteȱ undȱ dieȱ Übernahmeȱ vonȱ Risikoȱ solltenȱ belohntȱ werȬ den.ȱ Nurȱ wennȱ dieseȱ Voraussetzungenȱ geschaffenȱ sind,ȱ wirdȱ einȱ Mitarbeiter,ȱ derȱ eineȱ sichȱ bietendeȱ unternehmerischeȱ Chanceȱ erȬ kennt,ȱdieseȱzuȱseinerȱeigenenȱSacheȱmachenȱundȱInitiativeȱzeigen.ȱȱ DasȱSchaffenȱvonȱFreiräumenȱstelltȱeinenȱEnablingȬProzessȱdar.ȱZuȱ denȱ Führungsaufgabenȱ gehörenȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ alleȱ Maßnahmen,ȱ dieȱ derȱ Gestaltungȱ einesȱ IdeenȬȱ undȱ InnovationsmaȬ nagementsȱ sowieȱ einerȱ entwicklungsfähigenȱ Organisationȱ (vgl.ȱȱ Kap.ȱ6)ȱdienen.ȱ Freiräumeȱ sindȱ nichtȱ nurȱ fürȱ Innovationenȱ erforderlich,ȱ sondernȱ generellȱ fürȱ alleȱ Formenȱ kollektivenȱ Lernensȱ undȱ kollektiverȱ EntȬ wicklung.ȱ Ohneȱ denȱ damitȱ verbundenenȱ ‚slack’ȱ sindȱ dynamischeȱ organisatorischeȱ Fähigkeitenȱ nichtȱ zuȱ haben.ȱ Abbaumaßnahmen,ȱ dieȱdazuȱführen,ȱdassȱauchȱsolcherȱ‚slack’ȱabgebautȱwird,ȱsindȱnichtȱ alsȱeineȱsinnvolleȱFormȱvonȱDiätȱeinzustufen.ȱVielmehrȱsindȱhierȱdieȱ Grenzenȱzurȱ‚Magersucht’ȱüberschritten.ȱȱ
EinführungȱvonȱIdeenmanagementȱȱȱ Emergenzȱ lebtȱ letztlichȱ vomȱ kreativenȱ Potentialȱ undȱ derȱ InitiativȬ freudigkeitȱ derȱ Mitarbeiter.ȱ Esȱ gehtȱ dabeiȱ nichtȱ nurȱ umȱ F&EȬ Programme.ȱSoȱsehrȱProduktȬȱundȱVerfahrensinnovationenȱErgebnisȱ gezielterȱEntwicklungenȱsind,ȱsoȱsehrȱistȱdieȱGeschichteȱderȱEntdeȬ ckungenȱ undȱ Erfindungenȱ vollȱ vonȱ Beispielen,ȱ dieȱ zeigen,ȱ dassȱ InȬ
140ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
novationenȱauchȱausȱZufällen,ȱdenȱIdeenȱeinzelnerȱQuerdenkerȱoderȱ ausȱ sog.ȱ UȬBootȬProjektenȱ entstehen,ȱ dieȱ zunächstȱ imȱ Geheimenȱ undȱunterhalbȱderȱoffiziellenȱLinieȱarbeiten.ȱ
Bei BMW starten viele Projekte als U-Boot, meist als Einmannprojekt. Auf die Weise entstand z.B. der BMW Touring Ende der 80er Jahre, als Kombimodelle in der Konzernstrategie nicht vorgesehen waren. Ein Designer von BMW baute sich eine Langversion seines Autos, weil er Platz für Familie und Sport brauchte. BMW-Vorstand Burkhard Göschel dazu: „Während manche Produkte zentral geplant werden können, müssen in Unternehmen auch Kreativitätsfreiräume vorhanden sein, in denen U-Boot-Projekte ohne Wissen des Vorstands kreativ entwickelt werden können“ (Schlesiger 2006, S. 88). Zu den Musterbeispielen, die im BAYER Konzern im Zusammenhang mit der Neuausrichtung auf das ‚Erfinder Unternehmen’ kommuniziert werden, gehört die Entwicklung und Patentierung (1941/42) des Polyurethans. Der chemische Prozess, der dem zugrunde lag, wurde von der Zunft als nicht beherrschbar bzw. sinnlos abgetan. Dem Erfinder wurde die Qualifikation zum Laborleiter bestritten. Der Reaktionsprozess äußerte sich darin, dass aus dem Reaktionsbehälter großvolumiger Schaum quoll, mit dem niemand etwas anfangen konnte. Heute basiert ein großer Teil aller weltweit hergestellten Kunststoffe (‚Schaumstoffe’) auf dieser Ausgangsidee und Polyurethane sind eine der tragenden Säulen des Teilkonzerns MATERIAL SCIENCE von BAYER. Man ist in diesem Bereich Weltmarktführer mit einem Marktanteil von ca. 30%.
DieȱBedeutungȱdesȱkreativenȱPotentialsȱderȱMitarbeiterȱistȱseitȱJahrȬ zehntenȱerkannt,ȱundȱesȱgibtȱverschiedeneȱAnsätze,ȱdieȱderȱAktivieȬ rungȱundȱAusschöpfungȱdienen.ȱSieȱlassenȱsichȱalsȱFormenȱderȱKaȬ nalisierungȱvonȱEntwicklungsprozessenȱbegreifen.ȱDerȱtraditionelleȱ AnsatzȱistȱdasȱbetrieblicheȱVorschlagswesenȱ(BVW,ȱvgl.ȱThomȱ1996).ȱ BeginnendȱmitȱdemȱBriefkasten,ȱinȱdenȱjederȱseineȱPapierȱgewordeȬ neȱIdeeȱeinwerfenȱkann,ȱüberȱdieȱBeurteilungȱderȱVorschlägeȱdurchȱ einȱExpertengremium,ȱbisȱhinȱzurȱPrämierungȱderȱbestenȱumgesetzȬ tenȱ Ideenȱ reichtȱ derȱ Prozess.ȱ Nachȱ einerȱ Untersuchungȱ desȱ DEUTȬ SCHENȱ INSTITUTSȱ FÜRȱ BETRIEBSWIRTSCHAFTȱ nahmȱ dieȱ Anzahlȱ eingeȬ reichterȱVorschlägeȱseitȱ2000ȱallerdingsȱstarkȱabȱ(vgl.ȱGroßerȱ2006,ȱS.ȱ 5).ȱ Entwederȱ mussȱ dasȱ Ideenmanagementȱ neueȱ Wegeȱ gehenȱ oderȱ ständigȱneuȱstimuliertȱwerden.ȱȱ Vorteilȱ desȱ BVWȱ istȱ dieȱ Umgehungȱ desȱ direktenȱ Vorgesetztenȱ undȱ damitȱ derȱ hierarchischenȱ Barriere.ȱ Nachteilȱ istȱ seineȱ BürokratisieȬ
141ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
rung.ȱDieȱKritikȱamȱBVWȱgipfeltȱdemgemäßȱinȱderȱBemerkung,ȱdassȱ esȱ sichȱ umȱ ‚toteȱ Briefkästen’ȱ handele.ȱ Zusätzlichȱ oderȱ anstelleȱ desȱ BVWȱwerdenȱdaherȱauchȱandere,ȱflexiblereȱFormenȱdesȱIdeenmanaȬ gementsȱentwickelt.ȱȱ
Bei dem Zigarren- und Zigarillohersteller DANNEMANN ist seit 2004 ein erfolgreiches Ideen- und Innovationsmanagementkonzept im Einsatz, an dem von 370 Mitarbeitern mittlerweile ca. 160 mitwirken. Für das Ausarbeiten der Idee, einschließlich der Nutzenschätzung, sowie die anschließende Umsetzung sucht sich der Ideenstifter kompetente Mitstreiter aus dem Haus. Er kann dabei von einem der neun hierfür ernannten Mentoren unterstützt werden. Der Mentor entscheidet über die Umsetzung. Er darf bis zu 5.000 € in ein Projekt investieren. Der Mentor begleitet das Projekt, für dessen Umsetzung der Ideengeber selbst verantwortlich ist, und hält den Kontakt zur Geschäftsleitung. Mit der Auswahl von Mentoren ohne Chefstatus wird die Hierarchiebarriere vermieden, die der DANNEMANN-Berater Jens Weiss von BAUMGARTNER & CO aus Vorgesetztensicht wie folgt formuliert: „Möglicherweise ist es demnächst so, dass ein untergebener Mitarbeiter mit einer Idee kommt, die so genial ist, dass ich sie selber hätte haben müssen. Und dann setzt er die auch noch um. Und ich kann es nicht verhindern“ (vgl. Großer 2006, S. 5). Haupteffekt dieses Modells sind Produkt- und Verfahrensverbesserungen. Nicht zu unterschätzen sind aber auch die Nebeneffekte. Das bereichsübergreifende Verständnis nimmt zu, die Beteiligten erwerben Führungsfähigkeiten, und die Geschäftsleitung wird auf Talente aufmerksam, z.B. für die Mentorenfunktion (nach Großer 2006). Der BAYER Konzern hat neben seinen F&E-Abteilungen und einem speziellen Vorschlagswesen, das auf Verfahrens- und Prozessverbesserungen angelegt ist, eine konzernweite Struktur zur Generierung von neuen Produkt- und Geschäftsideen eingerichtet. Die Innovationsinitiative „Triple-i“ (Inspiration, Ideen, Innovation) bietet jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, eine entsprechende Idee an einen Innovationsmanager zu übermitteln, der die weitere Prüfung und Ausarbeitung vornimmt bzw. begleitet. Solche Ideen, die nicht in die aktuelle Ausrichtung der Teilkonzerne passen, werden in einer eigenen Einheit vorangetrieben, der BAYER INNOVATION GMBH (BIG). An Ideen, die bis zur Marktreife gelangen, wird der Ideengeber finanziell beteiligt. Bei dem Handyhersteller MOTOROLA gibt es einen Innovationsprozess namens Early Stage Accelerator. Jeder Ingenieur kann seine Idee an das Büro des Chief Technology Officer weiterreichen. Aussichtsreiche Ideen werden mit internem Venture Capital weiterentwickelt und bei Erreichen bestimmter Ziele von einem der MOTOROLA-Geschäftsbereiche übernommen (vgl. Heuer 2006).
142ȱ
Rollen des Topmanagements in Wandlungsprozessen
4.1
OrganisationȱinternenȱUnternehmertumsȱ Letztlichȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ internesȱ Unternehmertumȱ (IntrapreneurȬ ship)ȱzuȱ organisieren.ȱ Internesȱ Wachstumȱ mussȱ auchȱ vonȱ IntrapreȬ neurenȱ getragenȱ werden.ȱ Jeȱ nachȱ strategischerȱ Bedeutungȱ derȱ Ideeȱ undȱderȱNäheȱzumȱbisherigenȱGeschäftȱsindȱverschiedeneȱOrganisaȬ tionslösungenȱ denkbar.ȱ Sieȱ reichenȱ vomȱ komplettenȱ Spinȱ offȱ beiȱ marktfähigenȱIdeen,ȱdieȱnichtȱzurȱUnternehmungȱpassen,ȱüberȱZwiȬ schenlösungenȱ wieȱ dieȱErrichtungȱ einerȱ NewȱVentureȱ Division,ȱ bisȱ hinȱ zurȱ komplettenȱ Integrationȱ inȱ dieȱ existierendenȱ Einheitenȱ (vgl.ȱ z.B.ȱ Burgelmanȱ 1984).ȱ Vorȱ allemȱ solcheȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ einȱ Portfolioȱ verschiedenerȱ Geschäfteȱ führen,ȱ sindȱ daraufȱ angewiesen,ȱ immerȱ wiederȱ Nachwuchsprodukteȱ undȱ Ȭgeschäfteȱ zuȱ generierenȱ undȱ inȱ dieȱ bestehendeȱ Organisationȱ zuȱ integrieren.ȱ Branchen,ȱ dieȱ raschenȱ(technologischen)ȱVeränderungenȱunterliegen,ȱbedeutenȱfürȱ dieȱeinzelneȱUnternehmung,ȱdassȱsieȱinȱturbulentenȱUmweltenȱagieȬ renȱ muss.ȱ Nachhaltigerȱ Erfolgȱ wirdȱ dannȱ nurȱ durchȱ wiederholteȱ Innovationenȱ erreichbar.ȱ Jedeȱ einzelneȱ davonȱ istȱ eineȱ Investitionȱ inȱ eineȱ Wachstumsoption.ȱ Mancheȱ sindȱ erfolgreich,ȱ andereȱ nicht.ȱ Dieȱ Fähigkeit,ȱ solcheȱ Optionenȱ zuȱ generieren,ȱ hängtȱ inȱ starkemȱ Maßeȱ vonȱ internemȱ Unternehmertumȱ undȱ diesesȱ wiederumȱ vonȱ einerȱ geeignetenȱ organisatorischenȱ Architekturȱ abȱ (vgl.ȱ Chakravarthyȱ 1997).ȱ
KopplungȱvonȱFührungsprozessȱundȱWandelȱ Dieȱ Entfaltungȱ vonȱ Eigeninitiativeȱ undȱ Kreativitätȱ istȱ auchȱ beiȱ derȱ Ausgestaltungȱ desȱ Gegenstromverfahrensȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 2.4.3)ȱ zuȱ beȬ rücksichtigen.ȱ VeränderungsȬȱ undȱ Verbesserungsinitiativenȱ sindȱ nachȱ Möglichkeitȱ inȱ denȱ jährlichenȱ ZielvereinbarungsȬȱ undȱ BudgeȬ tierungsprozess,ȱ alsoȱ inȱ dasȱ Tagesgeschäft,ȱ aufzunehmen.ȱ Hierfürȱ bietenȱ moderneȱ Führungskonzepteȱ wieȱ dieȱ Balancedȱ Scorecardȱ geȬ eigneteȱAnsatzpunkte.ȱDieȱStandardȬBSCȱsiehtȱeineȱeigeneȱPerspekȬ tiveȱvor,ȱdieȱaufȱLernenȱundȱEntwicklung/Innovationȱbzw.ȱMitarbeiȬ terȱundȱLernenȱausgerichtetȱist.ȱInȱderȱAusformulierungȱdieserȱPerȬ spektiveȱ lassenȱ sichȱ Wandlungszieleȱ verankern.ȱ Umfassendeȱ Entwicklungsvorhabenȱ sindȱ allerdingsȱ QuerschnittȬThemenȱ undȱ müssenȱ demgemäßȱ auchȱ inȱ denȱ anderenȱ Perspektivenȱ zumȱ AusȬ druckȱ kommen.ȱ Sicherlichȱ istȱ vorrangigȱ dieȱ ProzessperspektiveȱanȬ gesprochen,ȱaberȱgleichermaßenȱistȱbeiȱübergreifendenȱVeränderunȬ genȱ dieȱ Kundenperspektiveȱ betroffen.ȱ Selbstverständlichȱ müssenȱ
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4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
sichȱ dieȱ Resultateȱ derȱ Entwicklungȱ auchȱ inȱ derȱ Finanzperspektiveȱ niederschlagen,ȱdiesȱsowohlȱaufȱderȱKostenȬȱwieȱderȱErlösseite.ȱExȬ emplarischȱ fürȱ dieȱ dabeiȱ typischerweiseȱ entstehendeȱ Zielhierarchieȱ sindȱdieȱZieleȱdesȱBeispielsȱ‚CHRYSLERȱGROUP’.ȱ
4.2
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2.1
Visionäre Führung und effizientes Management
Dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ stelltȱ immerȱ wiederȱ einenȱ besonderenȱ Engpassȱdar.ȱDiesȱgiltȱgleichermaßenȱfürȱintendiertenȱwieȱfürȱemerȬ gentenȱWandel.ȱUndȱwährendȱsichȱfehlendeȱWandlungsfähigkeitenȱ zumindestȱ kurzfristigȱ ausgleichenȱ lassen,ȱ z.B.ȱ durchȱ denȱ Einsatzȱ externerȱ Berater,ȱ gibtȱ esȱ fürȱ fehlendeȱ Wandlungsbereitschaftȱ buchȬ stäblichȱ keinenȱ Ersatz.ȱ Dieȱ großeȱ Bedeutungȱ diesesȱ Problemsȱ lässtȱ sichȱanȱdenȱunterschiedlichenȱEinstellungenȱderȱMitarbeiterȱgegenȬ überȱ Veränderungenȱ ablesen.ȱ Inȱ derȱ schonȱ mehrfachȱ zitiertenȱ CapȬ geminiȬStudieȱzeigteȱsichȱeineȱleichtȱrechtsschiefeȱNormalverteilung:ȱ „WenigeȱMitarbeiterȱinȱExtrempositionenȱ(‚Begeisterung’:ȱ10%;ȱ‚AbȬ lehnung’:ȱ 12%)ȱ undȱ dazwischenȱ dieȱ großeȱ Masseȱ derȱ etwasȱ PositiȬ venȱ (‚Zustimmung’:ȱ 23%),ȱ Abwartendenȱ (‚Neutralität’:ȱ 29%)ȱ undȱ leichtȱNegativenȱ(‚Skepsis’:ȱ26%)“ȱ(vgl.ȱCapgeminiȱ2003,ȱS.ȱ27).ȱ
144ȱ
UmȱWandlungsbereitschaftȱzuȱerzeugenȱbzw.ȱzuȱerhöhen,ȱistȱnebenȱ demȱ Abarbeitenȱ derȱ offiziellenȱ Tagesordnungȱ desȱ Wandels,ȱ alsoȱ demȱ Managementȱ vonȱ Sachfragen,ȱ dieȱ Behandlungȱ derȱ ‚hiddenȱ agenda’ȱerforderlich.ȱSieȱlässtȱsichȱmitȱdemȱBildȱdesȱWandlungseisȬ bergsȱverdeutlichenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ4/3,ȱnachȱKrügerȱ1999,ȱS.ȱ887).ȱWähȬ rendȱ sichȱ dieȱ typischenȱ Sachfragenȱ undȱ Zieleȱ desȱ Wandels,ȱ insbeȬ sondereȱ alsoȱ ‚Kosten,ȱ Qualitätȱ undȱ Zeit’,ȱ sozusagenȱ oberhalbȱ derȱ Wasseroberflächeȱ befinden,ȱ gibtȱ esȱ einȱ weitausȱ größeresȱ ProblemȬ feldȱ unterhalb.ȱ Dortȱ giltȱ es,ȱ dieȱ innerenȱ Einstellungenȱ (EinstelȬ lungsakzeptanz)ȱ sowieȱ dasȱ äußereȱ Verhaltenȱ (VerhaltensakzepȬ tanz)ȱ derȱ Beteiligtenȱ zugunstenȱ desȱ Wandelsȱ zuȱ verändern.ȱ Dieseȱ beidenȱ Komponentenȱ prägen,ȱ wieȱ erläutert,ȱ dieȱ WandlungsbereitȬ schaft,ȱ undȱ sieȱ sindȱ durchȱ geeignetesȱ Führungsverhaltenȱ desȱ TopȬ managementsȱ zuȱ beeinflussenȱ (vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ imȱ Einzelnenȱ Krügerȱ2006d).ȱȱ
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2
Umȱ Verhaltensakzeptanzȱ zuȱ erzeugen,ȱ istȱ Einflussmanagementȱ erforderlich,ȱseiȱ esȱ durchȱAnreizeȱ(positiveȱ Sanktionen)ȱ oderȱ durchȱ Druckȱ(negativeȱSanktionen).ȱInsbesondereȱüberȱAnreize,ȱalsoȱLeisȬ tungenȱ seitensȱ derȱ Unternehmung,ȱ wirdȱ versucht,ȱ eineȱ entspreȬ chendeȱ Gegenleistungȱ vonȱ denȱ Mitarbeiternȱ inȱ Formȱ vonȱ ‚MitmaȬ chen’ȱoderȱgeändertemȱVerhaltensȱzuȱerreichenȱ(sog.ȱtransaktionaleȱ Führung,ȱ vgl.ȱ Bassȱ 1998).ȱ Mitȱ dieserȱ Verhaltensakzeptanzȱ istȱ allerȬ dingsȱnichtȱohneȱweiteresȱauchȱeineȱVeränderungȱderȱinnerenȱHalȬ tungȱ undȱ derȱ Überzeugungenȱ verbunden,ȱ dieȱ inȱ ihrerȱ Gesamtheitȱ dieȱ Unternehmungskulturȱ prägen.ȱ Jeȱ tiefȱ greifenderȱ undȱ weitȱ reiȬ chenderȱ dieȱ angestrebtenȱ Veränderungenȱ sind,ȱ destoȱ mehrȱ mussȱ durchȱ dasȱ Managementȱ vonȱ Bewusstseinslagenȱ auchȱ daranȱ gearȬ beitetȱwerden.ȱFürȱtiefȱgreifendenȱWandelȱwirdȱvonȱdenȱFührungsȬ kräftenȱ erwartet,ȱ dassȱ esȱ ihnenȱ gelingt,ȱ dieȱ Mitarbeiterȱ zuȱ einerȱ Transformationȱ derȱ gegebenenȱ Verhältnisseȱ zuȱ bewegen.ȱ Diesesȱ FührungsverhaltenȱwirdȱdemgemäßȱalsȱtransformationaleȱFührungȱ (vgl.ȱzuȱeinerȱÜbersichtȱTichy/Devannaȱ1990;ȱBassȱ1998;ȱSteyrerȱ2004ȱ sowieȱ Scholzȱ 2000,ȱ S.ȱ 948ff.)ȱ oderȱ auchȱ charismatischeȱ Führungȱ (vgl.ȱ bereitsȱ Weberȱ 1976,ȱ S.ȱ 654)ȱ bezeichnet.ȱ Führungskräfteȱ diesesȱ TypsȱsollenȱinsbesondereȱeineȱVisionȱbesitzen.ȱȱ ‚Kostensenkung’ȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ herkömmlichenȱ RestrukturierunȬ genȱ istȱ keineȱ Vision.ȱ Visionäresȱ Denkenȱ istȱ erforderlichȱ fürȱ dieȱ ReȬ orientierung,ȱ Revitalisierungȱ undȱ Remodellierungȱ einerȱ UnternehȬ mung.ȱNurȱsoȱistȱesȱz.B.ȱzuȱerklären,ȱdassȱ
Autosȱ vonȱ einemȱ Luxusartikelȱ fürȱ Reicheȱ zuȱ einemȱ Produktȱ wurden,ȱdasȱsichȱselbstȱdieȱBandarbeiterȱderȱAutofabrikȱleisȬ tenȱkönnenȱ(FORD),ȱȱ
imȱZeitalterȱderȱGroßcomputerȱdieȱIdeeȱeinesȱComputersȱfürȱ Jedermannȱ–ȱderȱPersonalȱComputerȱ–ȱeineȱBrancheȱrevolutioȬ nierteȱ(APPLE),ȱ
sichȱeinȱdeutscherȱStahlkonzernȱ(PREUSSAG)ȱinȱeineȱTouristikȬ unternehmungȱ(TUI)ȱundȱȱ
einȱ finnischerȱ Mischkonzern,ȱ derȱ u.a.ȱ Gummistiefelȱ produȬ zierte,ȱ zumȱ Weltmarktführerȱ fürȱ Handysȱ verwandelteȱ (NOȬ KIA).ȱȱ
145ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Fürȱ Spitzenführungskräfteȱ vonȱ Pionierunternehmungenȱ wieȱ fürȱ Traditionskonzerneȱ gilt:ȱ „Ifȱ theyȱ cannotȱ imagineȱ theȱ future,ȱ theyȱ cannotȱcreateȱit“ȱ(Prahalad/Oosterveldȱ1999,ȱS.ȱ38).ȱȱ
Abbildungȱ4/3ȱ
EisbergmodellȱdesȱWandelsȱ Qualität
Management Management von von Sachfragen Sachfragen
Kosten
Zeit
Akzeptanz
Promotoren
tiv
Verdeckte Opponenten
tiv
po si
si po
Potentielle Promotoren
Verhaltensakzeptanz
ne ga t
tiv ga ne
Management Management von von Bewusstseinslagen Bewusstseinslagen
iv
Opponenten Einstellungsakzeptanz
EinflussEinflussmanagement management
ȱ
146ȱ
Dieȱ Visionȱ wirdȱ vermitteltȱ undȱ kommuniziertȱ durchȱ symbolischesȱ Management.ȱ Dieȱ Führungskraftȱ formuliertȱ z.B.ȱ Leitbilderȱ undȱ nutztȱ Mythenȱ undȱ Rituale,ȱ umȱ denȱ Zusammenhaltȱ undȱ dieȱ LeisȬ tungsbereitschaftȱ zuȱ stärken.ȱ Anȱ Brennpunktenȱ desȱ Geschehensȱ mussȱdasȱTopmanagementȱsichtbarȱundȱaktivȱmitwirken,ȱseiȱes,ȱdassȱ Einzelgesprächeȱ mitȱ Schlüsselpersonenȱ geführtȱ werdenȱ oderȱ dassȱ beiȱ größerenȱKommunikationsveranstaltungenȱ Überzeugungsarbeitȱ geleistetȱwird.ȱDieȱcharismatischeȱFührungskraftȱzeichnetȱsichȱauchȱ dadurchȱaus,ȱdassȱsieȱdasȱbetreffendeȱWertesystemȱselbstȱverkörpertȱ
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2
undȱ vorlebtȱ undȱ soȱ eineȱ Vorbildfunktionȱ erfüllt.ȱ Damitȱ löstȱ sieȱȱ Identifikationsprozesseȱ aus,ȱ zeigtȱ dieȱ Erreichbarkeitȱ desȱ Zielsȱ undȱ stärktȱ aufȱ dieȱ Weiseȱ dasȱ Selbstvertrauenȱ derȱ Geführten.ȱ Nichtȱ zuȬ letztȱ erlebenȱ dieȱ Geführtenȱ imȱ Führungsalltagȱ einenȱ Prozessȱ derȱ Sinnstiftungȱ (vgl.ȱ Weickȱ 1995).ȱ Geradeȱ darinȱ liegtȱ vermutlichȱ einȱ großerȱ Teilȱ derȱ motivatorischenȱ Kraftȱ begründet,ȱ dieȱ imȱ Grenzfallȱ bisȱzurȱHingabeȱundȱAufopferungȱreichenȱkann.ȱȱ NurȱwennȱesȱdemȱTopmanagementȱgelingt,ȱEinstellungsakzeptanzȱ zuȱ erzeugen,ȱ kannȱ derȱ Wandlungserfolgȱ vonȱ Dauerȱ sein.ȱ Fehlendeȱ Einstellungsakzeptanzȱ drücktȱ sichȱ insbesondereȱ inȱ einerȱ innerenȱ Oppositionȱ ausȱ (verdeckteȱ Opponenten).ȱ Dasȱ ‚Verwässern’ȱ bzw.ȱ ‚Versanden’ȱvonȱWandlungsvorhabenȱhatȱhierȱseineȱUrsache.ȱSobaldȱ derȱ Druckȱ desȱ Einflussmanagementsȱ nachlässtȱ oderȱ andereȱ KräfteȬ konstellationenȱ entstehen,ȱ entpupptȱ sichȱ dieȱ Verhaltensakzeptanzȱ alsȱ bloßeȱ Äußerlichkeit.ȱ Verdeckteȱ Opponentenȱ gehenȱ zuȱ offenemȱ Widerstandȱ über,ȱ undȱ vieleȱ Indifferenteȱ schwenkenȱ um.ȱ Dieȱ altbeȬ kanntenȱ Verhaltensmusterȱ vonȱ Opportunistenȱ bzw.ȱ ‚Wendehälsen’ȱ entstehenȱaufȱdieseȱWeise.ȱ Imȱ angelsächsischenȱ Sprachraumȱ wirdȱ derȱ Gegensatzȱ zwischenȱ ‚Manager’ȱ(transaktionaleȱFührung)ȱundȱ‚Leader’ȱ(transformationaleȱ Führung)ȱ betont.ȱ Umȱ diesenȱ Sachverhaltȱ auszudrücken,ȱ wirdȱ hierȱ dieȱ Bezeichnungȱ ‚effizienterȱ Manager’ȱ bzw.ȱ ‚visionärerȱ Führer’ȱ gewählt.ȱ Derȱ ‚effizienteȱ Manager’ȱ wirdȱ zwarȱ imȱ gesamtenȱ Verlaufȱ desȱ Wandlungsprozessesȱ benötigt,ȱ hatȱ aberȱ anteiligȱ dieȱ größereȱ Bedeutungȱ inȱ Umsetzungȱ undȱ Verstetigungȱ desȱ Wandels,ȱ wennȱ esȱ alsoȱ zumȱ einenȱ darumȱ geht,ȱ verabschiedeteȱ Konzepteȱ auchȱ konseȬ quentȱ zuȱ realisierenȱ undȱ wennȱ zumȱ anderenȱ Sorgeȱ zuȱ tragenȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ Ergebnisseȱ beibehaltenȱ undȱ konsequentȱ weiterentwickeltȱ werden.ȱ Tendenziellȱ gegenläufigȱ istȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ visionärenȱ Führungȱeinzuschätzen.ȱVorȱallemȱInitialisierungȱundȱKonzipierungȱ verlangenȱ ihrenȱ Einsatz.ȱ Inȱ Abbildungȱ 4/4ȱ istȱ zwarȱ einȱ idealtypiȬ scherȱVerlaufȱderȱdreiȱKoordinatenȱdesȱWandelsȱeingezeichnet,ȱderȱ aberȱempirischeȱErgebnisseȱvereinfachtȱwiderspiegelt.ȱDieȱUntersuȬ chungȱ vonȱ Krüger/Bach/Biemannȱ zeigtȱ amȱ Beispielȱ derȱ Bildungȱ vonȱ SharedȱServiceȱCenternȱu.a.,ȱdassȱWandelȱnurȱbegonnenȱwird,ȱwennȱ einȱhoherȱWandlungsbedarfȱempfundenȱwird.ȱDerȱBedarfȱnimmtȱimȱ Laufeȱ desȱ Prozessesȱ ab,ȱ dieȱ Wandlungsfähigkeitȱ nimmtȱ starkȱ zu,ȱ etwasȱ wenigerȱ dieȱ Wandlungsbereitschaft.ȱ Beideȱ Zunahmenȱ korreȬ lierenȱ deutlichȱ positivȱ mitȱ demȱ Erfolgȱ desȱ Wandelsȱ (vgl.ȱ KrüȬ
147ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
ger/Bach/Biemannȱ 2006).ȱ Dieȱ relativeȱ Höheȱ vonȱ Bereitschaftȱ undȱ FähigkeitȱamȱProzessbeginn,ȱsoȱwieȱsieȱinȱAbbildungȱ4/4ȱdargestelltȱ wird,ȱistȱallerdingsȱnichtȱempirischȱunterlegt.ȱ
Abbildungȱ4/4ȱ
FührungsprofilȱundȱWandlungskoordinatenȱimȱWandlungsprozessȱ
Initialisierung Konzipierung
Mobilisierung Umsetzung
Verstetigung
WANDLUNGSBEDARF
VISIONÄRE FÜHRUNG
WANDLUNGSBEREITSCHAFT WANDLUNGSBEREITSCHAFT
EFFIZIENTES MANAGEMENT
WANDLUNGSFÄHIGKEIT
ȱ
DasȱFührungsprofilȱwechseltȱmitȱderȱStoßrichtungȱdesȱWandels.ȱBeiȱ hartenȱ Schnittenȱ imȱ Abbauȱ wirdȱ eherȱ derȱ effizienteȱ Manager,ȱ beiȱ zukunftsträchtigenȱ Aufbauprogrammenȱ mehrȱ derȱ Visionärȱ geȬ braucht.ȱ Dieȱ darinȱ liegendeȱ Herausforderungȱ wirdȱ nochȱ dadurchȱ verschärft,ȱdassȱinȱvielenȱFällenȱdieȱmeistenȱderȱbeschriebenenȱAnȬ forderungenȱ entwederȱ gleichzeitigȱ oderȱ dochȱ inȱ kurzerȱ Folgeȱ zuȱ bewältigenȱ sind,ȱ daȱ sichȱ ‚Abbau,ȱ Umbau,ȱAufbau’ȱ überlagernȱ oderȱ sogarȱparallelȱzuȱbewältigenȱsind.ȱEsȱgehtȱalsoȱauchȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱbeidenȱFührungsprofileȱnichtȱumȱeinȱ‚EntwederȬOder’,ȱsondernȱ umȱ dasȱ ‚SowohlȬalsȬAuch’;ȱ eineȱ weitereȱ Facetteȱ desȱ Managementsȱ vonȱGegensätzenȱimȱWandelȱ(vgl.ȱKap.ȱ1).ȱ
4.2.2
148ȱ
Aufbau und Nutzung von Einflusssystemen
Fundamentalerȱ Wandelȱ lässtȱ sichȱ nurȱ dannȱ verstehenȱ undȱ bewältiȬ gen,ȱ wennȱ manȱ sichȱ dasȱ Kraftfeldȱ –ȱ dieȱ ‚politischeȱ Arena’ȱ –ȱ klarȱ macht,ȱaufȱdemȱsichȱdasȱGeschehenȱbewegt.ȱAusȱeinerȱGesamtsichtȱ derȱ Unternehmungȱ herausȱ istȱ zunächstȱ zuȱ fragen,ȱ welcheȱ InteresȬ
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2
sengruppenȱ (Stakeholder)ȱ Wandelȱ auslösenȱ undȱ prägen.ȱ Fürȱ einenȱ TopmanagerȱsindȱdieȱtreibendenȱKräfte,ȱdieȱerȱwahrnehmenȱundȱinȱ seineȱ Betrachtungȱ einbeziehenȱ muss,ȱ Kunden,ȱ Wettbewerberȱ undȱ Anteilseigner.ȱTraditionellȱsindȱdiesȱ‚externeȱKräfte’.ȱDurchȱdieȱVerȬ netzungȱ undȱ Netzwerkbildungȱ verschiebenȱ sichȱ allerdingsȱ dieȱ Grenzen.ȱ Mehrȱ undȱ mehrȱ werdenȱ unternehmungsübergreifendeȱ Prozesseȱ undȱ Strukturenȱ zumȱ Gegenstandȱ desȱ ManagementhanȬ delns.ȱDieȱDichteȱdieserȱexternenȱNetzwerkeȱundȱdieȱPositionȱ(ZentȬ ralität)ȱderȱBeteiligtenȱimȱNetzȱbestimmtȱüberȱihreȱEinflussmöglichȬ keiten.ȱ Soȱ kannȱ eineȱ Unternehmungȱ sowohlȱ Einflussȱ ausübenȱ undȱ ihreȱ Wandlungsbedarfeȱ auchȱ mithilfeȱ derȱ Netzwerkpartnerȱ abbauȬ en.ȱ Zugleichȱ istȱ sieȱ zwangsläufigȱ stärkerenȱ Einflüssenȱ ‚vonȱ außen’ȱ ausgesetzt.ȱ Managementȱ desȱ Wandelsȱ istȱ daherȱ inȱ jedemȱ Fallȱ auchȱ Netzwerkmanagementȱ(vgl.ȱPetryȱ2006).ȱȱ DasȱdamitȱangesprocheneȱEinflussmanagementȱsetztȱsichȱinnerhalbȱ derȱ Unternehmungȱ fort.ȱ Dieȱ Führungskraftȱ stütztȱ sichȱ zwarȱ zumȱ Ausübenȱ vonȱ Einflussȱ inȱ ersterȱ Linieȱ aufȱ ihreȱ Positionsmacht.ȱ DarȬ überȱhinausȱwirdȱsieȱaberȱgenausoȱwieȱalleȱanderenȱBeteiligtenȱihreȱ internenȱ Netzwerkeȱ nutzen,ȱ umȱ ihrenȱ Handlungsspielraumȱ undȱ ihreȱEinflussmöglichkeitenȱzuȱerweiternȱ(vgl.ȱzumȱFolgendenȱSandȬ nerȱ1993,ȱS.ȱ148ff.).ȱGenauȱdiesȱwirdȱtypischerweiseȱamȱBeginnȱdesȱ Wandlungsprozessesȱ geschehen.ȱ Innerhalbȱ seinesȱ vorhandenenȱ NetzwerkesȱwirdȱderȱInitiatorȱsondieren,ȱerkunden,ȱbesprechenȱundȱ verhandeln,ȱ obȱ undȱ gegebenenfallsȱ inȱ welcherȱ Formȱ Interesseȱ amȱ WandelȱvorhandenȱundȱUnterstützungȱfürȱeinȱentsprechendesȱProȬ jektȱzuȱerhaltenȱist.ȱDiesȱistȱfürȱemergentenȱWandelȱohnehinȱtypisch,ȱ aberȱ auchȱ fürȱ dieȱ Initialisierungȱ einerȱ zuȱ planendenȱ Veränderung,ȱ wennȱ esȱdarumȱ geht,ȱ eineȱ Wandlungskoalitionȱ zuȱbilden.ȱ Dasȱ Toolȱ derȱStakeholderanalyseȱ(vgl.ȱKap.ȱ10.2)ȱkannȱdieȱPromotorenȱbeiȱderȱ AnalyseȱdesȱKraftfeldsȱunterstützen.ȱȱ EinȱProblemȱderȱPraxisȱbestehtȱdarin,ȱdassȱeinȱgrundlegenderȱWanȬ delȱ oftȱ vonȱ bestehendenȱdominantenȱNetzwerkenȱ bzw.ȱ Koalitionenȱ abgelehntȱ wird.ȱ Dannȱ giltȱ es,ȱ gegenȱ dieseȱ Einflusssystemeȱ (vgl.ȱ Mintzbergȱ 1983)ȱ vorzugehen,ȱ sieȱ ihrerseitsȱ zuȱ verändernȱ bzw.ȱ eineȱ Gegenmachtȱaufzubauen.ȱImȱungünstigstenȱFallȱkommtȱesȱzuȱeinerȱ Pattsituationȱ mitȱ derȱ Folge,ȱ dassȱ Veränderungenȱ blockiertȱ werden.ȱ WennȱsichȱdieȱLagerȱnichtȱzuȱeinemȱKompromissȱzusammenraufen,ȱ einȱ Machtkampfȱ aberȱ ausgetragenȱ wird,ȱ entstehenȱ Siegerȱ undȱ BeȬ siegte.ȱExponiertenȱ Managern,ȱ dieȱ derȱVerliererfraktionȱ angehören,ȱ
149ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
bleibtȱdannȱoftȱnichtsȱanderesȱübrig,ȱalsȱdieȱUnternehmungȱzuȱverȬ lassen.ȱ Wennȱ dieȱ Promotorenȱ fürȱ eineȱ Konfrontationȱ zuȱ schwachȱ sindȱbzw.ȱdasȱRisikoȱscheuen,ȱmüssenȱsieȱgegebenenfallsȱabwarten,ȱ bisȱSchlüsselpersonenȱdieȱUnternehmungȱverlassen,ȱumȱdannȱeinenȱ Kurswechselȱ bzw.ȱ Neuanfangȱ durchzusetzen.ȱ Derartigeȱ ZusamȬ menhängeȱbildenȱdenȱHintergrundȱfürȱdieȱhäufigȱzuȱbeobachtendenȱ Fälle,ȱdassȱeinȱWachwechselȱanȱderȱUnternehmungsspitzeȱmitȱeinemȱ KurswechselȱinȱderȱUnternehmungspolitikȱeinhergeht.ȱȱ Zuȱ erinnernȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ anȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ mittlerenȱ Führungsebenen.ȱ Sieȱ spielenȱ beiȱ allenȱ Formenȱ desȱ WanȬ delsȱebenfallsȱeineȱerheblicheȱRolle.ȱDiesȱgiltȱauchȱfürȱdieȱnochȱdarȬ zustellendenȱ Fragenȱ derȱ Implementierung.ȱ Esȱ wirdȱ inȱ allenȱ Fällenȱ schwer,ȱ Wandelȱ gegenȱ denȱ Widerstandȱ derȱ mittlerenȱ Ebeneȱ durchȬ zusetzen,ȱ soȱ wieȱ esȱ andererseitsȱ dieȱ Durchsetzungȱ nachȱ untenȱ erȬ heblichȱ erleichtert,ȱ wennȱ dasȱ Topmanagementȱ seineȱ nachgelagerȬ te(n)ȱEbene(n)ȱinȱdenȱVeränderungsprozessȱeingebundenȱhat.ȱ
4.2.3
Emotionale Absicherung des Wandels
J.P.ȱKotter,ȱeinerȱderȱführendenȱamerikanischenȱWandlungstheoretiȬ ker,ȱ sagt,ȱ Wandelȱ seiȱ nichtȱ durchȱ dieȱ Sequenzȱ ‚thinkȱ –ȱ change’ȱ erȬ reichbar,ȱsondernȱnurȱdurchȱ‚seeȱ–ȱfeelȱ–ȱchange’ȱ(vgl.ȱKotter/Cohenȱ 2002,ȱS.ȱ8).ȱBeiȱderȱAusübungȱderȱbeschriebenenȱManagementaufgaȬ benȱ istȱ daherȱ auchȱ dieȱ emotionaleȱ Wirkungȱ zuȱ beachten;ȱ imȱ Sinneȱ einesȱ ‚Emotionenmanagements’.ȱ Soȱ kannȱ versuchtȱ werden,ȱ negatiȬ veȱEmotionenȱ(z.B.ȱAngst,ȱFurcht,ȱSorge,ȱÄrger)ȱzuȱreduzierenȱundȱ positiveȱEmotionenȱzuȱerzeugenȱbzw.ȱzuȱverstärkenȱ(z.B.ȱNeugierde,ȱ Freude,ȱ Stolz).ȱ Kurz:ȱ esȱ gehtȱ umȱ dieȱ emotionaleȱ Seiteȱ derȱ WandȬ lungsbereitschaft.ȱDasȱZielȱlässtȱsichȱvielleichtȱamȱbestenȱalsȱemotiȬ onaleȱ Absicherungȱ desȱ Wandelsȱ kennzeichnen.ȱ Managern,ȱ dieȱ anȱ dieserȱStelleȱaufȱdieȱmangelndeȱGreifbarkeitȱvonȱ‚softȱfacts’ȱverweiȬ sen,ȱ seiȱ eineȱ alteȱ Erkenntnisȱ entgegengehalten:ȱ „Emotionsȱ areȱ theȱ hardestȱfactsȱinȱpolitics“.ȱȱ Dieȱ emotionaleȱ Seiteȱ desȱ Wandlungsprozessesȱ illustriertȱ idealtyȬ pischȱAbbildungȱ4/5.ȱDieȱBetroffenenȱdurchlebenȱeineȱZeitȱderȱemoȬ tionalenȱ Wechselbäder.ȱ Spätestensȱ währendȱ derȱ Konzipierungȱ derȱ Änderungenȱ entstehenȱ Gerüchteȱ undȱ Vorahnungen.ȱ Sieȱ verbindenȱ sichȱ mitȱ Unsicherheit,ȱ Sorgenȱ undȱ Ängsten,ȱ aberȱ auchȱ positivenȱ
150ȱ
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2
ErwartungenȱundȱHoffnungen.ȱWennȱdieȱBetroffenenȱinȱderȱMobiliȬ sierungsphaseȱ mitȱ denȱ Plänenȱ konfrontiertȱ werden,ȱ herrschenȱ zuȬ nächstȱ Überraschung,ȱ Schreckȱ oderȱ Schockzustände.ȱ Allerdingsȱ kristallisiertȱ sichȱ bereitsȱ inȱ derȱ Mobilisierungȱ heraus,ȱ werȱ zuȱ denȱ ‚Gewinnernȱ (G)’ȱ bzw.ȱ denȱ ‚Verlierernȱ (V)’ȱ gehörenȱ wird.ȱ DementȬ sprechendȱverläuftȱdieȱFieberkurveȱderȱEmotionenȱimȱweiterenȱVerȬ laufȱ derȱ Mobilisierungȱ undȱ vorȱ allemȱ derȱ anschließendenȱ UmsetȬ zungȱsehrȱunterschiedlich.ȱDieȱVerarbeitungȱderȱpersönlichenȱKonȬ sequenzenȱ kannȱ soȱ divergierendeȱ Ereignisseȱ umfassenȱ wieȱ unerwarteteȱ neueȱ Karrieremöglichkeiten,ȱ dasȱ Begrabenȱ derartigerȱ Hoffnungenȱ oderȱ denȱ Verlustȱ desȱ Arbeitsplatzes.ȱ Dieȱ notwendigeȱ Umorientierungȱ derȱ Personenȱ wirdȱ vonȱ einerȱ professionellȱ vorgeȬ hendenȱ Unternehmungȱ inȱ allenȱ Fällenȱ gezieltȱ unterstütztȱ (vgl.ȱȱȱȱ Kap.ȱ 7),ȱ imȱ Negativfallȱ z.B.ȱ durchȱ monetäreȱ Ausgleichzahlungen,ȱ durchȱ Umschulungenȱ oderȱ Outplacementberatung;ȱ imȱ Positivfallȱ durchȱ Mentorenkonzepteȱ oderȱ Führungskräftetrainings.ȱ Zielȱ mussȱ esȱ sein,ȱ dassȱ dieȱ Betroffenenȱ dieȱ fürȱ sieȱ neueȱ Situationȱ bewältigen.ȱ Dazuȱ gehörtȱ inȱ emotionalerȱ Hinsichtȱ einȱ ‚Endeȱ desȱ Wechselbads’;ȱ einȱ Zustandȱ relativerȱ Ausgeglichenheitȱ also,ȱ hierȱ alsȱ Balancierungȱ bezeichnet.ȱȱ
Abbildungȱ4/5ȱ
EmotionenȱimȱWandlungsprozessȱ Gefühlslage der Betroffenen
negative Emotionen
positive Emotionen
4. Balancierung (G): Erfolgserlebnisse Zufriedenheit Identifikation 3. Verarbeitung (G): Neugier Freude Begeisterung 4. Balancierung (V): Anpassung Gefasstheit Resignation
1. Vorahnung: Hoffnung Sorge Angst
2. Konfrontation: Überraschung Schreck Schock
Konzipierung
Mobilisierung
3. Verarbeitung (V): Enttäuschung Ärger Frustration
Umsetzung
Verstetigung
ȱ
151ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Diesȱ istȱ keinȱ statischerȱ Zustand,ȱ dennȱ Wandelȱ wirdȱ imȱ Sinneȱ desȱ 3WȬModellsȱ inȱ Zukunftȱ inȱ kleinerenȱ Schrittenȱ kontinuierlichȱ verȬ folgtȱ werdenȱ (Verstetigung).ȱ Insofernȱ bedeutetȱ Balancierungȱ auchȱ dieȱpermanenteȱAufgabe,ȱdieȱeigenenȱMöglichkeitenȱundȱdieȱgestellȬ tenȱAnforderungenȱeinanderȱanzupassen.ȱDabeiȱistȱallerdingsȱnichtȱ zuȱübersehen,ȱdassȱsichȱdieȱBalanceȱaufȱganzȱunterschiedlichenȱZuȬ friedenheitsniveausȱ abspielenȱ kann.ȱ Einerȱ aufȱ Erfolgserlebnissenȱ aufbauenden,ȱ aktivenȱ Zufriedenheitȱ derȱ ‚Gewinner’ȱ stehtȱ z.B.ȱ eineȱ eherȱ resignativeȱ Hinnahmeȱ derȱ Verhältnisseȱ seitensȱ derȱ ‚Verlierer’ȱ gegenüber.ȱȱ Hinweiseȱ fürȱ dieȱ emotionaleȱ Absicherungȱ desȱ Wandelsȱ liefertȱ dieȱ folgendeȱListeȱmöglicherȱManagementaktivitäten.ȱȱ Managementȱ vonȱ Sachfragen:ȱ Vermittleȱ Informationenȱ undȱ Kenntnisseȱüber…ȱ
dieȱStärkenȱundȱSchwächenȱderȱAusgangslage,ȱ zuȱerwartendeȱKonsequenzenȱbeiȱ‚Nichtwandel’,ȱ WandlungsbedarfeȱundȱangestrebteȱZiele,ȱ BenchmarksȱundȱBestȱPractices,ȱ geplanteȱMaßnahmen,ȱ AblaufȱdesȱVeränderungsprozesses,ȱ ChancenȱundȱRisikenȱderȱVeränderung,ȱ Positionenȱ undȱ Aufgabenȱ derȱ Betroffenenȱ undȱ Beteiligtenȱ wähȬ rendȱundȱnachȱderȱVeränderungȱ undȱerreicheȱdadurch…ȱ
realistischeȱBeurteilungȱdesȱstatusȱquo,ȱ AbbauȱvonȱSkepsisȱundȱUnsicherheit,ȱ KlarheitȱüberȱdieȱKonsequenzenȱderȱVeränderung,ȱ AbbauȱvonȱFurchtȱundȱAngst.ȱ Einflussmanagement:ȱ Gestalteȱ dieȱ AnreizȬBeitragskonstellation,ȱ bestimmeȱhierfür…ȱ
dieȱ zukünftigȱ zuȱ erwartendeȱ AnreizȬBeitragsȬKonstellationȱ desȱ gesamtenȱBereichs,ȱ
152ȱ
Erzeugen von Wandlungsbereitschaft
4.2
dieȱvomȱEinzelnenȱerwartetenȱLeistungenȱbzw.ȱdieȱnotwendigenȱ EinschränkungenȱundȱNachteile,ȱ
dieȱ imȱ Gegenzugȱ zuȱ erwartendenȱ Vorteileȱ undȱ Anreizeȱ bzw.ȱ Ausgleichsmaßnahmenȱ undȱerreicheȱdadurch…ȱ
AbbauȱvonȱVerweigerungshaltungen,ȱ ErhöhungȱderȱBereitschaft,ȱNachteileȱhinzunehmen,ȱ höhereȱBereitschaft,ȱRisikenȱzuȱübernehmen,ȱ FreudeȱüberȱerreichbareȱFortschritteȱundȱVerbesserungen,ȱ aktivesȱEngagementȱimȱWandlungsprozess,ȱ höhereȱBereitschaft,ȱChancenȱzuȱnutzen.ȱ Managementȱ vonȱ Bewusstseinslagen:ȱ verändereȱ dieȱ Sichtweisenȱ undȱEinstellungenȱdurch…ȱ
unübersehbare,ȱzeichensetzendeȱAktivitätenȱzumȱProzessbeginn,ȱ Entwicklungȱ undȱ Kommunikationȱ einerȱ stimulierenden,ȱ aberȱ realistischenȱZukunftsvision,ȱ
eindringlicheȱ Darstellungȱ vonȱ Problemen,ȱ Lösungenȱ undȱ FortȬ schrittenȱimȱProzessverlauf,ȱ
kurzfristigȱ erreichteȱ Erfolgeȱ (‚Quickȱ Wins’)ȱ undȱ ErfolgserlebȬ nisse,ȱ
EinsatzȱvonȱVorbildern,ȱ eigenesȱVorbildȱ undȱerreicheȱdadurch…ȱ
GefühlȱfürȱdieȱNotwendigkeitȱvonȱWandel,ȱ GefühlȱfürȱdieȱDringlichkeitȱderȱVeränderung,ȱ WeckungȱvonȱNeugierde,ȱ Stimulierungȱ vonȱ Hoffnungȱ undȱ Begeisterungȱ imȱ VerändeȬ rungsprozess.ȱȱ
153ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
4.3
Implementieren der Veränderung
4.3.1
Charakteristik der Implementierungsprobleme
Üblicherweiseȱ wirdȱ dieȱ Implementierungȱ (Einführung)ȱ alsȱ eineȱ abȬ grenzbareȱ Sequenz,ȱ d.h.ȱ alsȱ Phaseȱ einesȱ Veränderungsprozesses,ȱ gesehenȱ undȱ gestaltet.ȱ Anȱ Phasenȱ derȱ Planungȱ undȱ Entscheidungȱ schließenȱ sichȱ Umsetzungȱ undȱ Durchsetzungȱ alsȱ EinführungsaktiȬ vitätenȱ an.ȱ Mitȱ Umsetzungȱ sindȱ alleȱ sachbezogenen,ȱ mitȱ DurchsetȬ zungȱalleȱpersonenbezogenenȱAktivitätenȱgemeint.ȱȱ Beiȱ weitȱ reichendenȱ undȱ tiefȱ greifendenȱ Änderungenȱ istȱ esȱ jedochȱ nichtȱdamitȱgetan,ȱImplementierungȱaufȱeineȱabgegrenzteȱPhaseȱzuȱ beschränken.ȱ Nichtȱ seltenȱ scheiternȱ Wandlungsversucheȱ bereitsȱ inȱ derȱKonzeptphase,ȱoderȱsieȱversickernȱundȱversandenȱnachȱderȱEinȬ führung.ȱ Konsequenterweiseȱ müssenȱ auchȱ dieȱ ImplementierungsȬ aktivitätenȱbeiȱProjektbeginnȱoderȱsogarȱschonȱimȱVorfeldȱeinsetzenȱ undȱsieȱdürfenȱnachȱderȱEinführungsphaseȱnichtȱohneȱweiteresȱenȬ den.ȱȱ Derȱ Begriffȱ Implementierungȱ sollteȱ daherȱ losgelöstȱ vonȱ einerȱ PhaȬ seneinteilungȱ definiertȱ werdenȱ (vgl.ȱ Kolksȱ 1990;ȱ Krügerȱ 1999,ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ S.ȱ872ȱff.).ȱȱ
Soȱ interpretiert,ȱ umschließtȱ dieȱ Implementierungȱ alleȱ AufgaȬ ben,ȱ Methodenȱ undȱ Techniken,ȱ dieȱ sicherstellenȱ sollen,ȱ dassȱ dieȱ angestrebtenȱ Zieleȱ durchȱ Anwendungȱ undȱ Nutzungȱ derȱ jeweiligenȱ Maßnahmenȱ erreichtȱ oderȱ übertroffenȱ werden,ȱ gleichgültigȱzuȱwelchemȱZeitpunktȱoderȱinȱwelcherȱPhaseȱdesȱ ProzessesȱentsprechendeȱAktivitätenȱerfolgen.ȱ
Aufgrundȱ dieserȱ Sichtweiseȱ gerätȱ derȱ gesamteȱ Wandlungsprozessȱ insȱ Blickfeld.ȱ Derȱ ‚Implementierungsstil’ȱ repräsentiertȱ dieȱ VerändeȬ rungȱimȱGanzenȱundȱdenȱdortȱvorherrschendenȱFührungsstil.ȱ Dieȱ Fülleȱ derȱ Detailproblemeȱ undȱ derȱ möglichenȱ LösungsrichtunȬ genȱderȱImplementierungȱmündetȱletztlichȱinȱdieȱFrage,ȱobȱeinȱVorȬ gehenȱ‚vonȱobenȱmitȱDruck’,ȱeineȱstärkereȱEinbindungȱmittlererȱundȱ untererȱ Ebenenȱ oderȱ garȱ eineȱ ‚Impulsgebungȱ vonȱ unten’ȱ zuȱ bevorȬ
154ȱ
Implementieren der Veränderung
4.3
zugenȱ ist.ȱ Anȱ dieserȱ Stelleȱ kommtȱ dasȱ Rollenverhaltenȱ derȱ FühȬ rungskräfteȱinsofernȱinsȱSpiel,ȱalsȱesȱumȱdieȱFrageȱderȱPartizipationȱ derȱ Mitarbeiterȱ anȱ denȱ Führungsentscheidungenȱ desȱ Vorgesetztenȱ geht.ȱ Diesesȱ Merkmalȱ wirdȱ traditionellȱ zurȱ Unterscheidungȱ vonȱ ‚autoritärer’ȱ (‚harteȱ Hunde’)ȱ vs.ȱ ‚kooperativer/demokratischer’ȱ (‚mitarbeiterorientierteȱ Manager’)ȱ Führungȱ benutzt.ȱ Umȱ dieȱ mitȱ diesenȱBegriffenȱ zwangsläufigȱ verbundenenȱ Wertungenȱ zuȱ vermeiȬ den,ȱ hatȱ Jürgenȱ Wildȱ schonȱ frühȱ vorgeschlagen,ȱ dasȱ neutraleȱ BegȬ riffspaarȱ direktivȱ undȱ nondirektivȱ zuȱ verwendenȱ (vgl.ȱ 1971,ȱ S.ȱ 69ff.).ȱ Dieseȱ Führungsstileȱ drückenȱ sichȱ inȱ zweiȱ unterschiedlichenȱ VerlaufsrichtungenȱderȱImplementierungȱaus:ȱdirektiv/abwärtsȱ(Topȱ down)ȱoderȱnondirektiv/aufwärtsȱ(Bottomȱup)ȱ(vgl.ȱzumȱFolgendenȱ Bachȱ 2000,ȱ S.ȱ 196ff.).ȱ Daherȱ wirdȱ nachfolgendȱ vonȱ TopȱdownȬȱ undȱ BottomȱupȬImplementierungȱ alsȱ generischenȱ ImplementierungsȬ strategienȱgesprochen.ȱȱ
4.3.2
Direktive Implementierung (Top downVerlauf)
Eineȱ strikteȱ TopȱdownȬImplementierungȱ zieltȱ aufȱ schnelleȱ ErgebȬ nisseȱabȱundȱversuchtȱdaher,ȱmangelndeȱWandlungsbereitschaftȱbeiȱ denȱ Mitarbeiternȱ durchȱ Geheimhaltungȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ undȱ Überraschungseffekteȱ abzufangen.ȱ Inȱ derȱ Literaturȱ istȱ dieserȱ direktiveȱ Wandelȱ auchȱ alsȱ „Bombenwurf“ȱ diskutiertȱ wordenȱ (vgl.ȱ Kirschȱetȱal.ȱ1979,ȱS.ȱ180ff.).ȱȱ
Abbildungȱ4/6ȱ
VorgehenȱbeiȱstriktȱdirektivemȱWandelȱ
Aufgabenträger
Aufgabe
Initialisierung
Konzipierung
Mobilisierung
Umsetzung
Verstetigung
- Wandlungsbedarf feststellen - Wandlungsträger aktivieren
- Wandlungsziele festlegen - Maßnahmenprogramme entwickeln
- Geheimhaltung zur Erzielung von Überraschungseffekten - Aktivierungssituation gestalten
- abgestimmte, schnelle Umsetzung in allen Bereichen - Rückgriff auf vorhandene Problembewältigungsmuster
- Wandlungskonzept kommunizieren - Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit sichern - Wandlungsergebnisse verankern
Topmanagement
Topmanagement
Topmanagement
alle Betroffenen
Topmanagement
ȱ
155ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Dasȱ striktȱ direktiveȱ Vorgehenȱ zeigtȱAbbildungȱ 4/6.ȱ Derȱ ProjektabȬ laufȱerfolgtȱinȱderȱUmsetzungȱohneȱersteȱTeilschritteȱoderȱPilotproȬ jekte,ȱ daȱ sonstȱ derȱ erwünschteȱ Überraschungseffektȱ ausbleibenȱ würde.ȱ Vielmehrȱ wirdȱ eineȱ abgestimmte,ȱ schnelleȱ Umsetzungȱ inȱ allenȱ Bereichenȱ angestrebt.ȱ Anschließendȱ istȱ inȱ derȱ VerstetigungsȬ phaseȱAbsicherungsarbeitȱzuȱleisten.ȱDiesȱumfasstȱdieȱbisherȱunterȬ lasseneȱ Kommunikationȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ ebensoȱ wieȱ dieȱ nachträglicheȱErläuterungȱdesȱdirektivenȱVorgehensȱalsȱeinzigȱmögȬ lichemȱ Wegȱ derȱ Krisenbewältigung.ȱ Zumȱ Aufbauȱ vonȱ EinstelȬ lungsakzeptanzȱ sollenȱ dieȱ Mitarbeiterȱ nunmehrȱ einenȱ nachvollzieȬ hendenȱ Prozessȱ derȱ Problemerkennungȱ durchlaufen,ȱ umȱ dasȱ geȬ wählteȱ Vorgehenȱ alsȱ richtigȱ zuȱ verinnerlichen.ȱ Dadurchȱ kannȱ auchȱ eineȱ Identifikationȱ mitȱ derȱ erneuertenȱ Unternehmungȱ aufgebautȱ undȱ eineȱ nostalgischeȱ Verklärungȱ derȱ gutenȱ altenȱ Zeitȱ vermiedenȱ werden.ȱȱ
Das Thema: Direktive Implementierung Das Beispiel: DAIMLERCHRYSLER Als geradezu schulmäßiges Beispiel einer strikt direktiven Implementierung kann der Entstehungsprozess der DAIMLERCHRYSLER AG angesehen werden. Im Vorfeld der Fusion wurden nicht einmal alle Vorstandsmitglieder der DAIMLER-BENZ AG einbezogen. Die Wandlungskoalition beschränkte sich auf die engsten Vertrauten von DAIMLER-BENZ Chef Jürgen Schrempp und CHRYSLER CEO Bob Eaton, ergänzt um ein externes Beraterteam von GOLDMANN SACHS. Anstelle der Mobilisierungsaktivitäten wurde die Aktivierungssituation mit einer Pressekonferenz in London und Meldungen in den Medien regelrecht inszeniert. Der erzielte Überraschungseffekt war groß. Dieser Umstand wurde ausgenutzt, um in allen Bereichen beider Fusionspartner zahlreiche Umsetzungsprojekte zu starten. Schließlich lobte Jürgen Schrempp noch vor der Genehmigung der Fusion auf der Hauptversammlung die Geheimhaltung und das strikt direktive Vorgehen als Schlüsselfaktoren für die erfolgreiche Durchsetzung seines Konzepts. Ergänzt wurde diese Absicherungsmaßnahme durch positive Öffentlichkeitsarbeit, die sich auch auf die Aktienkurse auswirkte. Dies wiederum überzeugte die Aktionäre, auf der Hauptversammlung die Pläne des Konzernlenkers Schrempp zu genehmigen (vgl. Bach 2000, S. 135ff. und Appel/Hein 2002).
156ȱ
Implementieren der Veränderung
4.3
Dieȱ gemäßigtȱ direktiveȱ Varianteȱ derȱ TopȱdownȬImplementierungȱ wirdȱaufgrundȱderȱBeteiligungȱvonȱSchlüsselpersonenȱinȱderȱKonziȬ pierungsphaseȱ auchȱ alsȱ partizipationsergänzterȱ Generalplanȱ beȬ zeichnetȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 4/7).ȱ Alsȱ Schlüsselpersonenȱ sindȱ generellȱ dieȱ Leiterȱ derȱ nachgelagertenȱ Einheitenȱ (z.B.ȱ Geschäftsbereichsleiterȱ oderȱWerksleiter)ȱanzusehen,ȱalsoȱdieȱmittlereȱEbene.ȱIhreȱPartizipaȬ tionȱsollȱdieȱQualitätȱdesȱWandlungskonzeptsȱerhöhenȱundȱdasȱRiȬ sikoȱ vonȱ Misserfolgenȱ reduzieren.ȱ Sieȱ sindȱ es,ȱ dieȱ inȱ ihrenȱ VerantȬ wortungsbereichenȱ dieȱ Umsetzungȱ leistenȱ müssen,ȱ undȱ aufȱ ihreȱ InformationȱundȱArgumentationȱrichtetȱsichȱganzȱzwangsläufigȱdieȱ Aufmerksamkeitȱ derȱ unterenȱ Ebenen.ȱ Insofernȱ kommtȱ demȱ mittleȬ renȱManagementȱeineȱDoppelrolleȱzu,ȱdieȱmitȱdemȱBildȱdesȱScharȬ niersȱ beschriebenȱ werdenȱ kann.ȱ Nachȱ oben,ȱ gegenüberȱ derȱ Spitze,ȱ könnenȱ sieȱ dieȱ Realistikȱ undȱ Qualitätȱ desȱ geplantenȱ Wandelsȱ verbessern.ȱDemȱdientȱdieȱPartizipationȱinȱderȱKonzipierungsphase.ȱ DieȱdamitȱerreichteȱAkzeptanzȱdesȱWandelsȱaufȱdenȱmittlerenȱEbeȬ nenȱstrahltȱaufȱdieȱunterenȱEbenenȱaus.ȱDieȱerforderlicheȱMobilisieȬ rungȱundȱvorȱallemȱdieȱUmsetzungȱsolltenȱdadurchȱerleichtertȱwerȬ den.ȱ
Abbildungȱ4/7ȱ
VorgehenȱimȱpartizipationsergänztenȱGeneralplanȱ
Aufgabenträger
Aufgabe
Initialisierung
Konzipierung
Mobilisierung
Umsetzung
Verstetigung
- Wandlungsbedarf feststellen - Wandlungsträger aktivieren
- Wandlungsziele festlegen - Maßnahmenprogramme entwickeln
- Wandlungskon- - Prioritäre Vorhaben durchzept kommuniführen zieren - Folgeprojekte - Wandlungsbedurchführen reitschaft und Wandlungsfähigkeit schaffen
- Wandlungsergebnisse verankern - Wandlungsbereitschaft und -fähigkeit sichern
Topmanagement
Wandlungskoalition unter Einbezug von Schlüsselpersonen
Wandlungskoalition unter Einbezug von Schlüsselpersonen
Wandlungskoalition unter Einbezug von Schlüsselpersonen
alle Betroffenen
sehr kurze Umsetzungsphase
ȱ
157ȱ
4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
4.3.3
Nondirektive Implementierung (Bottom upVerlauf)
BottomȱupȬImplementierungȱ alsȱ Gegenstückȱ zumȱ Topȱ downȬ Verlaufȱbedeutetȱnicht,ȱdassȱdieȱMitarbeiterȱanȱderȱUnternehmungsȬ basisȱohneȱUnterstützungȱdesȱTopmanagementsȱeigenständigȱTransȬ formationsprozesseȱ auslösenȱ undȱ durchführen.ȱ Transformativerȱ WandelȱistȱohneȱAutorisierungȱdesȱVorhabensȱundȱBewilligungȱderȱ notwendigenȱ SachȬȱ undȱ Personalmittelȱ schlichtwegȱ unmöglich.ȱ Dennochȱ kannȱ auchȱ transformativerȱ Wandelȱ seinenȱ Ursprungȱ inȱ Initiativenȱ derȱ betroffenenȱ Mitarbeiterȱ haben,ȱ wennȱ diesenȱ imȱ GeȬ gensatzȱ zuȱ TopȱdownȬVorgehensweisenȱ eineȱ eigenständigeȱ ProbȬ lemerkennungȱ zugestandenȱ wird.ȱ Dieȱ Voraussetzungenȱ dafürȱ sindȱ inȱdemȱerwähntenȱEnablingȬProzessȱzuȱschaffen.ȱȱ Dieȱ verschiedenenȱ Aktivitätenȱ undȱ Versucheȱ derȱ Einflussnahmeȱ durchȱ dieȱ Akteureȱ desȱ Wandelsȱ gestaltenȱ sichȱ beiȱ BottomȱupȬ Implementierungȱ wesentlichȱ vielschichtigerȱ alsȱ beiȱ einerȱ zentralenȱ SteuerungȱdesȱTransformationsprozessesȱinȱTopȱdownȬRichtung.ȱImȱ PrinzipȱstehtȱesȱjedemȱMitarbeiterȱfrei,ȱeineȱsichȱbietendeȱChanceȱzuȱ erkennen,ȱ einenȱ Wandlungsbedarfȱ zuȱ bestimmenȱ undȱ WandlungsȬ trägerȱ zuȱ aktivieren.ȱ Dieȱ Veränderungsaktivitätenȱ vonȱ derȱ erstenȱ Initiativeȱ bisȱ zurȱ unternehmungsweitenȱ Umsetzungȱ sindȱ durchȱ einȱ iterativesȱ Vorgehenȱ gekennzeichnet.ȱ Sieȱ folgenȱ nichtȱ demȱ PhasenȬ schemaȱ intendiertenȱ Wandels,ȱ sondernȱ demȱ ‚Wellenschema’ȱ emerȬ gentenȱWandelsȱ(vgl.ȱKap.ȱ2.4.2).ȱ
4.3.4
Kombination unterschiedlicher Implementierungsformen
TopȱdownȬȱ undȱ BottomȱupȬVorgehensweisenȱ derȱ Implementierungȱ weisenȱ jeȱ spezifischeȱ VorȬȱ undȱ Nachteileȱ auf.ȱ Nurȱ durchȱ Topȱ downȬImplementierungȱ könnenȱ schnelleȱ Ergebnisseȱ zurȱ KrisenbeȬ wältigungȱerzieltȱundȱdieȱAbstimmungȱdesȱTransformationsprozesȬ sesȱ aufȱ dieȱ geplanteȱ Unternehmungsentwicklungȱ gewährleistetȱ werden.ȱ Beiȱ mangelnderȱ Wandlungsbereitschaftȱ derȱ Mitarbeiterȱ kannȱ eineȱ einseitigeȱ Fremdbestimmungȱ durchȱ dasȱ Managementȱ jedochȱzurȱAblehnungȱdesȱKonzeptsȱführen,ȱsoȱdassȱdieȱangestrebteȱ strategischeȱErneuerungȱnichtȱerreichtȱwird.ȱ
158ȱ
Implementieren der Veränderung
4.3
Partizipationȱ beiȱ derȱ Erstellungȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ führtȱ zuȱ Einstellungsakzeptanzȱ undȱ hilftȱ daher,ȱ solcheȱ Barrierenȱ zuȱ überȬ winden.ȱSieȱnimmtȱjedochȱvielȱZeitȱinȱAnspruchȱundȱkannȱzuȱeinemȱ anderenȱalsȱdemȱursprünglichȱgeplantenȱWandlungskursȱführen.ȱȱ Dieȱ Förderungȱ vonȱ unternehmerischerȱ Initiativeȱ (BottomȱupȬ Implementierung)ȱanȱ derȱ Unternehmungsbasisȱ schließlichȱ eröffnetȱ derȱUnternehmungȱvomȱManagementȱnichtȱwahrgenommeneȱWegeȱ derȱ strategischenȱ Erneuerung.ȱ Hierȱ bestehtȱ allerdingsȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ sichȱ konkurrierendeȱ Wandlungsvorhabenȱ gegenseitigȱ blockieȬ renȱ oderȱ sichȱ dieȱ verschiedenenȱ Teilbereicheȱ derȱ Unternehmungȱ inȱ unterschiedlicheȱ Richtungenȱ entwickeln.ȱ Durchȱ eineȱ sequentielleȱ Kombinationȱ unterschiedlicherȱ Implementierungsrichtungenȱ kannȱ versuchtȱ werden,ȱ einȱ möglichstȱ optimalesȱWirkungsprofilȱzuȱ erzieȬ len.ȱDiesȱentsprichtȱdemȱGegenstromverfahren,ȱdasȱfürȱdenȱProzessȱ kontinuierlicherȱEntwicklungȱskizziertȱwurdeȱ(vgl.ȱKap.ȱ2.4.3).ȱ
4.3.5
Situationsspezifische Wahl der Implementierungsform
AusschlaggebendȱfürȱdieȱgrundsätzlicheȱWahlȱeinerȱderȱbeidenȱgeȬ nerischenȱ Implementierungsstrategienȱ istȱ derȱ Wandlungsbedarfȱ inȱ zeitlicherȱundȱsachlicherȱHinsicht.ȱWennȱraschesȱHandelnȱerforderȬ lichȱist,ȱwieȱvorȱallemȱinȱKrisensituationen,ȱsoȱmussȱTopȱdownȱvorȬ gegangenȱ werden,ȱ umȱ schnellȱ zählbareȱ Ergebnisseȱ zuȱ erzielen.ȱ Esȱ bestehtȱjedochȱdieȱGefahr,ȱdassȱesȱzuȱAbstoßreaktionenȱkommt.ȱFürȱ denȱ notwendigenȱ Akzeptanzaufbauȱ empfiehltȱ sichȱ daherȱ anschlieȬ ßendȱ eineȱ Beteiligungȱ derȱ Betroffenenȱ inȱ BottomȱupȬRichtung.ȱ Fürȱ denȱradikalenȱWandelȱkönnenȱparallelȱoderȱzeitlichȱversetztȱmehreȬ reȱWandlungsprogrammeȱmitȱunterschiedlichenȱWandlungsinhaltenȱ undȱunterschiedlicherȱImplementierungsstrategieȱaufgelegtȱwerden.ȱȱ Hoheȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ Wandlungsfähigkeitȱ anȱ derȱ Basisȱ begünstigenȱ BottomȱupȬVerläufe.ȱ Soȱ könnteȱ dasȱ TopmanageȬ mentȱ z.B.ȱ einȱ Bottomȱ upȱ vorgestelltesȱWandlungskonzeptȱ anschlieȬ ßendȱauchȱdirektivȱohneȱweitereȱBeteiligungȱbetroffenerȱMitarbeiterȱ implementieren.ȱBeiȱeinerȱstarkȱdezentralisiertenȱUnternehmungȱistȱ sogarȱderȱFallȱdenkbar,ȱdassȱeinȱaufȱeineȱInitiativeȱdesȱeinenȱTeilbeȬ reichsȱ zurückzuführendesȱ Konzeptȱ inȱ einemȱ anderenȱ organisatoriȬ schenȱ Subsystemȱ striktȱ direktivȱ eingeführtȱ wird.ȱ Dieȱ Wahlȱ einerȱ
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4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
bereichsbezogenenȱ Implementierungsstrategieȱ hängtȱ dannȱ inȱ ersterȱ LinieȱvonȱdenȱKoordinatenȱdesȱWandelsȱvorȱOrtȱundȱnichtȱvonȱderȱ Unternehmungssituationȱinsgesamtȱab.ȱ Beiȱ allenȱ diesenȱ situativenȱ Modifikationenȱ einesȱ konkretenȱ WandȬ lungsvorhabensȱistȱdaranȱzuȱerinnern,ȱdassȱeinȱerfolgreicherȱWandelȱ inȱ dieȱ Phaseȱ derȱ Verstetigungȱ mündet.ȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ Wandlungsfähigkeitenȱ solltenȱ sichȱ idealerweiseȱ aufȱ einemȱ Niveauȱ befinden,ȱdasȱfürȱdieȱZukunftȱeinenȱkontinuierlichenȱEntwicklungsȬ prozessȱ erlaubt.ȱ Erȱ wirdȱ sehrȱ starkȱ vonȱ Impulsenȱ undȱ Aktivitätenȱ derȱ Basisȱ getragen,ȱ dieȱ vomȱ jährlichenȱ Zielvereinbarungsprozessȱ angeleitetȱ werden.ȱAufȱ dieȱ Weiseȱsollȱ nichtȱ zuletztȱ vermiedenȱ werȬ den,ȱ dassȱ sichȱ Wandlungsbedarfeȱ überȱ einenȱ längerenȱ Zeitraumȱ aufstauenȱundȱdannȱinȱkrisenartigenȱSchübenȱentladen.ȱ
4.4
Umgang mit Führungsdefiziten
4.4.1
Entstehung von Führungsdefiziten
Dieȱ täglicheȱ Praxisȱ zeigt,ȱ dassȱ einȱ strategischerȱ Kurswechselȱ vonȱ Unternehmungenȱ nichtȱ immerȱ gelingtȱ undȱ sehrȱ oftȱ mitȱ ManageȬ mentturbulenzenȱ einhergeht.ȱ Dieȱ Ursacheȱ hierfürȱ bildenȱ vielfachȱ FührungsȬȱundȱMachtdefiziteȱderȱSpitze.ȱDieȱfolgendenȱPunkteȱgreiȬ fenȱbesondersȱmarkanteȱFälleȱauf.ȱ
Dasȱ Managementȱ istȱ bisȱanȱ seineȱ Kapazitätsgrenzeȱmitȱ TagesarȬ beitȱ belastetȱ undȱ außerstande,ȱ zusätzlicheȱ Projekteȱ zuȱ handhaȬ ben.ȱ
Eineȱ Situationȱ tiefȱ greifendenȱ Wandelsȱ (Transformationsphase)ȱ verlangtȱ andereȱ Qualitätenȱ alsȱ dieȱ ‚Normalphasen‘ȱ derȱ UnterȬ nehmungsentwicklung.ȱ Negativȱ formuliert:ȱ ‚SchönwetterkapitäȬ ne‘ȱsindȱbeiȱstürmischerȱSeeȱüberfordert.ȱ
Dieȱ Bandbreiteȱ derȱ Anforderungenȱ istȱ zuȱ großȱ undȱ wirdȱ vomȱ Topmanagementȱ nichtȱ ausreichendȱ abgedeckt.ȱ Anȱ derȱ UnterȬ nehmungsspitzeȱ herrschtȱ einȱ hoherȱ Konformitätsdruck,ȱ derȱ bisȱ hinȱ zurȱ Uniformitätȱ reicht.ȱ Aufȱ dieȱ Weiseȱ sollenȱ dieȱ HandȬ lungsfähigkeit,ȱ Geschlossenheitȱ undȱ Schlagkraftȱ derȱ Spitzeȱ geȬ
160ȱ
Umgang mit Führungsdefiziten
4.4
stärktȱ werden.ȱ Beiȱ gewandeltenȱAnforderungenȱ kannȱ sichȱ dieseȱ HomogenitätȱalsȱgravierenderȱNachteilȱerweisen.ȱ
Derȱ angestrebteȱ neueȱ Kursȱ istȱ deswegenȱ erforderlich,ȱ weilȱ sichȱ derȱ alteȱ Kursȱ alsȱ falschȱ erwiesenȱ hat.ȱ Dieȱ Verantwortlichenȱ anȱ derȱSpitzeȱrepräsentierenȱdieȱFehlerȱderȱVergangenheitȱundȱsindȱ insofernȱ persönlichȱ belastet.ȱ Ihnenȱ wirdȱ nichtȱ genugȱ Vertrauenȱ fürȱdieȱBewältigungȱderȱZukunftsaufgabenȱentgegengebracht.ȱȱ
Dieȱ Unternehmungsspitzeȱ istȱ gespaltenȱ inȱ Promotorenȱ undȱ OpȬ ponenten,ȱ dieȱ sichȱ gegenseitigȱ blockieren.ȱ Keineȱ derȱ beidenȱ SeiȬ tenȱistȱalleineȱinȱderȱLage,ȱWandelȱdurchzusetzen.ȱ
DieȱUnternehmungsspitzeȱistȱsichȱzwarȱeinig,ȱaberȱinsgesamtȱzuȱ schwach,ȱumȱsichȱinternȱdurchzusetzen.ȱDieȱvertikaleȱMachtdifȬ ferenzȱistȱzuȱgering.ȱ DieȱerstenȱvierȱPunkteȱverweisenȱaufȱFührungsdefiziteȱunterschiedȬ licherȱ Art,ȱ dieȱ letztenȱ beidenȱ sindȱ aufȱ Machtdefiziteȱ anȱ derȱ Spitzeȱ zurückzuführen.ȱImȱFolgendenȱwerdenȱverschiedeneȱMöglichkeitenȱ desȱDefizitabbausȱuntersucht.ȱ
4.4.2
Überbrückung von Führungsdefiziten
WechselȱimȱTopmanagementȱ Dasȱ Auswechselnȱ einzelnerȱ oderȱ mehrererȱ Topmanagerȱ zuȱ einemȱ Zeitpunktȱ oderȱ zeitlichȱ gestaffeltȱ istȱ eineȱ vielfachȱ zuȱ beobachtendeȱ BegleiterscheinungȱstrategischenȱKurswechsels.ȱDerȱWechselȱanȱderȱ SpitzeȱsymbolisiertȱdenȱErnstȱderȱLageȱundȱdemonstriertȱdenȱÄndeȬ rungswillen,ȱ istȱ alsoȱ auchȱ alsȱ Teilȱ symbolischenȱ Managementsȱ zuȱ begreifen.ȱ Eineȱ positiveȱ Signalwirkungȱ istȱ insbesondereȱ zuȱ erwarȬ ten,ȱ wennȱ esȱ nachȱ allgemeinerȱ Einschätzungȱ ‚dieȱ Richtigen’ȱ trifft,ȱ aufȱ derenȱ Fehlerȱ dieȱ aktuellenȱ Schwierigkeitenȱ zurückzuführenȱ sind.ȱInȱdeutschenȱAktiengesellschaftenȱwirdȱeinȱsolcherȱWechselȱoftȱ durchȱ dasȱ Strebenȱ nachȱ Kontinuitätȱ erschwert,ȱ dasȱ sichȱ u.a.ȱ darinȱ ausdrückt,ȱ dassȱ frühereȱ Vorstandsvorsitzendeȱ nachȱ Ablaufȱ ihrerȱ aktivenȱ Vorstandszeitȱ inȱ denȱ Aufsichtsratsvorsitzȱ wechseln.ȱ Dieseȱ KonstellationȱistȱfürȱeinȱkritischesȱHinterfragenȱderȱbisherigenȱStraȬ tegienȱundȱeineȱNeuorientierungȱallesȱandereȱalsȱförderlich.ȱȱ
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Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
Esȱfragtȱsich,ȱobȱeinȱinternerȱoderȱexternerȱNachfolgerȱvorzuziehenȱ ist.ȱ Reinȱ analytischȱ betrachtet,ȱ gibtȱ esȱ keineȱ eindeutigeȱ Bestlösung.ȱ FürȱbeideȱAlternativenȱlassenȱsichȱ(MissȬ)Erfolgsbeispieleȱfinden.ȱ MöglicheȱVorteileȱinternerȱNachfolge:ȱ
¾ detaillierteȱUnternehmungskenntnisseȱ ¾ höhereȱAkzeptanzȱimȱMitarbeiterstammȱ ¾ Nutzungȱ internerȱ Netzwerkeȱ zurȱ Durchsetzungȱ vonȱ Wandelȱ (sofernȱNetzwerkeȱnichtȱWandelȱblockieren)ȱ MöglicheȱVorteileȱexternerȱNachfolge:ȱȱ
¾ Transferȱ vonȱ Erfahrungenȱ ausȱ anderenȱ Unternehmungen/BranȬ chenȱ
¾ unbefangene,ȱ unvoreingenommeneȱ Problemsichtȱ (keineȱ BeȬ triebsblindheit)ȱ
¾ unabhängigȱ vonȱ sozialenȱ Bindungenȱ undȱ Verpflichtungenȱ inȬ nerhalbȱderȱUnternehmungȱ
¾ höhererȱDrang,ȱeinenȱraschenȱErfolgsnachweisȱzuȱführenȱ Auchȱ empirischeȱ Untersuchungenȱ vermittelnȱ unterschiedlicheȱ ErȬ gebnisse,ȱ sowohlȱ imȱ Ganzenȱ alsȱ auchȱ imȱ Vergleichȱ derȱ USAȱ mitȱ Europa.ȱInȱeinemȱ7ȬJahresvergleichȱvonȱ1995ȱȬȱ2004ȱz.B.ȱstelltenȱdieȱ Autorenȱ einerȱ weltweitenȱ Studieȱ vonȱ BOOZȱ ALLENȱ HAMILTONȱ fest,ȱ dassȱ Insiderȱ insgesamtȱ einenȱ höherenȱ Shareholderȱ Returnȱ erwirtȬ schaftetenȱalsȱOutsider.ȱAllerdingsȱsindȱOutsiderȱinȱderȱerstenȱHälfȬ teȱ derȱAmtszeitȱ besserȱ alsȱ Insider.ȱ Inȱ derȱ zweitenȱ Hälfteȱ drehtȱ sichȱ dasȱ Bildȱ um.ȱ Inȱ Europaȱ sindȱ beideȱ Gruppenȱ inȱ derȱ erstenȱ Hälfteȱ etwaȱgleichȱleistungsstark,ȱinȱderȱzweitenȱPeriodeȱsindȱInsiderȱdeutȬ lichȱ besser.ȱ Dieȱ Lage,ȱ ausȱ derȱ herausȱ Unternehmungenȱ Outsiderȱ holen,ȱistȱgenerellȱdeutlichȱschlechterȱalsȱdieȱvonȱInsidernȱ(vgl.ȱLuȬ cierȱetȱal.ȱ2005,ȱS.ȱ12ff.).ȱ
ManagementȱaufȱZeitȱ EineȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱimmerȱstärkerȱgenutzteȱMöglichkeit,ȱFühȬ rungsdefiziteȱauszugleichen,ȱbestehtȱdarin,ȱzeitlichȱbefristetȱexterneȱ Managerȱ einzustellen.ȱ Diesesȱ ‚Managementȱ aufȱ Zeit’ȱ oderȱ ‚InterimȬ Management’ȱ ȱ genannteȱ Konzeptȱ istȱ derȱ zeitlichȱ begrenzteȱ Einsatzȱ externerȱFührungskräfteȱinȱeinerȱUnternehmungȱzurȱErfüllungȱspeȬ
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Umgang mit Führungsdefiziten
4.4
ziellerȱ Führungsaufgaben.ȱ InterimȬManagerȱ werdenȱ mitȱ denȱ zurȱ Aufgabenerfüllungȱ notwendigenȱ organisatorischenȱ Kompetenzenȱ ausgestattetȱ undȱ tragenȱ dementsprechendeȱ Verantwortung.ȱ Darinȱ unterscheidenȱsieȱsichȱvonȱherkömmlichenȱBeraternȱ(vgl.ȱimȱEinzelȬ nenȱz.B.ȱBloemerȱ2003).ȱ Dreiȱ Einsatzfelderȱ habenȱ sichȱ seitherȱ gezeigt:ȱ Ausgleichȱ vonȱ FühȬ rungsengpässen,ȱ KrisenȬȱ undȱ TurnaroundȬBewältigung,ȱ ManageȬ mentȱ vonȱ Spezialprojektenȱ (z.B.ȱ IPO´s,ȱ IT,ȱ M&A).ȱAufȱ derȱ Basisȱ eiȬ nerȱgroßzahligenȱBefragungȱinȱ2004/2005ȱwurdeȱfestgestellt,ȱdassȱinȱ Deutschlandȱ21,2%ȱderȱbefragtenȱFirmenȱimȱzurückliegendenȱDreiȬ jahreszeitraumȱ InterimȬManagerȱ eingesetztȱ hatten.ȱ Dabeiȱ warenȱ Restrukturierungenȱ (Krise,ȱ Sanierung)ȱ dieȱ amȱ häufigstenȱ genannteȱ Aufgabe,ȱgefolgtȱvonȱdurchȱAusscheidenȱoderȱKrankheitȱbedingtenȱ Managementlückenȱ sowieȱ derȱ Einführungȱ neuerȱ Strukturenȱ undȱ Systemeȱ (nachȱ Bruns/Kabstȱ 2005,ȱ S.ȱ 519ff.;ȱ vgl.ȱ auchȱ Alewellȱ 2005,ȱȱȱ S.ȱ6).ȱ Eineȱ besondereȱ Kategorieȱinȱ diesemȱ Zusammenhangȱ stelltȱ derȱ sog.ȱ Chiefȱ Restructuringȱ Officerȱ (CRO)ȱ dar.ȱ Ausȱ denȱ USAȱ stammend,ȱ trittȱ erȱ auchȱ inȱ Deutschlandȱ immerȱ häufigerȱ auf.ȱ Soȱweitȱ bisherȱ erȬ kennbar,ȱhandeltȱesȱsichȱdabeiȱnichtȱumȱeineȱgänzlichȱandereȱKonȬ struktion,ȱsondernȱumȱeinenȱSpezialfallȱeinesȱInterimȬManagers,ȱderȱ inȱechtenȱSanierungsfällenȱeingesetztȱwird.ȱȱ
Das Thema: Management auf Zeit Das Beispiel: BRAINFORCE AG / ALSTOM Die BRAINFORCE (Deutschland) GMBH, Tochtergesellschaft der schweizerischen BRAINFORCE AG, ist Marktführer in Deutschland für InterimManagement. Mehr als 100 Mandate jährlich werden aus einem Pool von ca. 1.500 erfahrenen Managern betreut. Bei Einsätzen in funktionsspezifischen Projekten (z.B. IT, Logistik) geht es darum, beim Klienten nicht vorhandene Spezialkenntnisse durch Interim-Manager zu ergänzen. Bei anderen Mandaten wird die Zeit bis zur dauerhaften Besetzung einer Führungsposition, die nicht vakant bleiben kann, überbrückt. Nicht zuletzt kommen Manager auf Zeit dort zum Einsatz, wo ein grundlegender, rascher und professioneller Wandel eines Bereichs oder einer ganzen Unternehmung gefordert ist. Dabei kann es z.B. um ein Ergebnisverbesserungsprogramm oder eine Post-Merger-Integration ebenso gehen wie um die Be-
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Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
werkstelligung eines Turnaround-Prozesses. Zu den Klienten zählen mittelständische Unternehmungen und Großkonzerne gleichermaßen. Den Hintergrund des Managements auf Zeit beleuchtet der Geschäftsführer der BRAINFORCE, Dr. Harald Linné, wie folgt: „Vorhandene Führungskräfte sind bis über die Belastungsgrenze hinaus mit Tagesarbeit und Zusatzaufgaben zugedeckt. Hier können wir mit unseren erfahrenen Kräften einen Ausgleich schaffen. Außerdem behindern die Einbindung in das interne Beziehungsgeflecht sowie die vielfältigen Abstimmungs- und Konsensbildungsprozesse in vielen Fällen rasches und zielgerechtes Handeln. Ein Externer ist unbelastet und kann, mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet, die Situation richtig einschätzen und das Ruder herumreißen.“ Ein Beispiel für einen Turnaround durch BRAINFORCE bietet die ALSTOM POWER SERVICE. ALSTOM ist ein weltweit tätiger Konzern im Bereich Energie und Transport-Infrastruktur, dessen Zentrale sich in Paris befindet. Insgesamt beschäftigt der Konzern rund 70.000 Mitarbeiter in 70 Ländern. Der Geschäftsbereich ALSTOM POWER SERVICE beschäftigt sich mit Betrieb, Modernisierung, Unterhalt und Reparaturen bereits installierter Kraftwerke weltweit. Die Einheit mit ihren ca. 20.000 Mitarbeitenden wird von der Schweiz aus gesteuert und betreibt u.a. ein größeres Service- und Produktionsunternehmen in Karlovac, Kroatien. Peter Rosa, Vice President Finance der ALSTOM POWER SERVICE, beschreibt den Vorgang wie folgt: „Die im Jahr 2000 rund 750 Mitarbeitenden beschäftigten sich mit der Herstellung und dem Verkauf von Neu- und Ersatzteilen für Kraftwerksanlagen. Der Betrieb kämpfte mit erheblichen Lieferschwierigkeiten und den damit verbundenen Vertragsstrafen. Daneben fielen infolge von Überkapazitäten auch erhebliche operative Verluste an. Die Situation war aufgrund kultureller und sprachlicher Barrieren nur schwer durchschaubar. Verantwortungsbewusstsein und Loyalität des lokalen Managements waren schwierig einzuschätzen. Kurz: Die Lage war ohne substantielle Änderung nicht in den Griff zu bekommen. Die Zeit drängte und ein längerer Einsatz vor Ort in Kroatien war unumgänglich. Um einen schnellen Turnaround und eine neutrale Entscheidungsfindung zu erleichtern, fanden wir eine von außen beigezogene Person besser geeignet; zu diesem Zeitpunkt stand kein geeigneter interner Kandidat zur Verfügung. Für einen Manager auf Zeit sprach weiter der Umstand, dass nach erfolgtem Turnaround vorzugsweise wiederum ein Geschäftsführer kroatischer Herkunft etabliert werden sollte. Es musste jemand sein, der Turnaround-Erfahrung aus einem Produktionsbetrieb ähnlicher Größenordnung und Branche mitbringen konnte und willens war, zwei oder mehr Jahre in Karlovac in Kroatien zu verbringen. Von entscheidender Bedeutung waren auch die rasche Verfügbarkeit und eine kurze Anlaufzeit des Managers auf Zeit. Einerseits war zur Lösung dieser Aufgabe ein breites Verständnis in den Bereichen Management und Betriebswirtschaft gefordert, gekoppelt mit einem ausreichenden Maß an Turnaround-Erfahrung; anderseits brauchte es Mut, harte Sanierungsmaß-
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Umgang mit Führungsdefiziten
4.4
nahmen in einem schwierigen Umfeld konsequent durchzusetzen. Positiv aufgenommen wurde u.a. auch die Bereitschaft des Managing Directors auf Zeit, sich in die lokale Sprache, Sitten und Gebräuche einzuarbeiten. Das Betriebsergebnis von ALSTOM Karlovac ist mittlerweile wieder positiv; die Firma wurde mehrfach für ihre Leistungen in Kroatien ausgezeichnet.“
Wennȱesȱdarumȱgeht,ȱsolchesȱExpertenwissenȱinȱdieȱUnternehmungȱ zuȱholen,ȱdassȱnurȱfürȱeinȱeinmaligesȱProjektȱgebrauchtȱwird,ȱdürfȬ teȱInterimȬManagementȱeineȱguteȱLösungȱsein.ȱDiesȱgiltȱinsbesondeȬ reȱ fürȱ akuteȱ Krisensituationen,ȱ zuȱ derenȱ Bewältigungȱ dasȱ interneȱ Managementȱ zeitlichȱ oderȱ fachlichȱ nichtȱ inȱ derȱ Lageȱ ist.ȱ Dasȱ ALSTOMȬBeispielȱ machtȱ derartigeȱ Konstellationenȱ eindringlichȱ deutlichȱ undȱ zeigtȱ dasȱ Leistungspotentialȱ desȱ InterimȬManageȬ ments.ȱ Einȱ geeignetesȱ Einsatzfeldȱ istȱ auchȱ dieȱ Überbrückungȱ einesȱ zeitlichenȱ Engpassesȱ bisȱ zurȱ Rückkehrȱ einerȱ erkranktenȱ oderȱ demȱ EintrittȱeinerȱneuenȱFührungskraft.ȱLetztlichȱwirdȱ–ȱbeiȱallenȱUnterȬ schiedenȱimȱDetailȱ–ȱdasȱbeiȱdenȱMitarbeiternȱseitȱlangemȱpraktizierȬ teȱ Konzeptȱ derȱ Zeitarbeitȱ aufȱ dieȱ Führungskräfteȱ übertragenȱ (vgl.ȱ Alewellȱ2005).ȱDieȱKernbelegschaftȱerfülltȱdauerhafteȱKernaufgaben.ȱ Fürȱ Randaufgabenȱ oderȱ zeitlichȱ befristeteȱ Aufgabenȱ werdenȱ beiȱ Bedarfȱ‚Zeitarbeiter’ȱeingesetzt.ȱDieȱBelegschaftȱinsgesamtȱsetztȱsichȱ dannȱausȱKernȬȱundȱRandbelegschaftȱzusammen.ȱ UnternehmungswandelȱundȱUnternehmungsentwicklungȱsindȱheuȬ teȱallesȱandereȱalsȱvorübergehendeȱoderȱgarȱRandaufgaben.ȱEsȱhanȬ deltȱ sichȱ mittlerweileȱ umȱ dauerhafteȱ Kernaufgabenȱ vonȱ FührungsȬ kräften.ȱSieȱzuȱerfüllenȱistȱunerlässlich,ȱumȱUnternehmungenȱnachȬ haltigȱ wettbewerbsfähigȱ undȱ damitȱ zukunftsfähigȱ zuȱ machen.ȱ Beiȱ einemȱeinmaligenȱTurnaroundȱoderȱinȱeinerȱakutenȱKriseȱkannȱHilfeȱ vonȱaußenȱerwünschtȱoderȱunverzichtbarȱsein;ȱamȱbestenȱaberȱauchȱ hierȱalsȱHilfeȱzumȱAufbauȱdynamischerȱorganisatorischerȱFähigkeiȬ ten,ȱ dieȱ–ȱ wieȱ erläutertȱ –ȱdieȱ Voraussetzungȱfürȱ dieȱZukunftsfähigȬ keitȱ bilden.ȱAufȱ Dauerȱ istȱ dieȱ Wandlungsverantwortungȱ alsȱ selbstȬ verständlicherȱ Teilȱ derȱ Führungsverantwortungȱ zuȱ begreifenȱ undȱ nichtȱ aufȱ Externeȱ delegierbar.ȱ Wozu,ȱ wennȱ nichtȱ dafür,ȱ istȱ dasȱ hauptamtlichȱtätigeȱManagementȱderȱUnternehmungȱeingesetzt.ȱȱ
EinsatzȱexternerȱBeraterȱ DerȱEinsatzȱexternerȱManagementberaterȱistȱzumindestȱinȱGroßunȬ ternehmungenȱ alltäglich.ȱ Dieȱ unterstützendeȱ Rolleȱ inȱ derȱ strategiȬ
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schenȱ Erneuerungȱ kannȱ zwarȱ auchȱ vonȱ internenȱ Beraternȱ überȬ nommenȱ werden,ȱ fürȱ Externeȱ sprichtȱ aber,ȱ dassȱ sieȱ unabhängigerȱ undȱ objektiverȱ sindȱ undȱ erheblichȱ mehrȱ Erfahrungenȱ inȱ unterȬ schiedlichenȱ Unternehmungenȱ undȱ Situationenȱ gesammeltȱ habenȱ (vgl.ȱKubrȱ1988,ȱS.ȱ33).ȱDieȱAkzeptanzȱexternerȱBeraterȱistȱdaherȱoftȱ höherȱalsȱdieȱdesȱ‚ProphetenȱimȱeigenenȱLand‘.ȱDiesȱgiltȱgelegentlichȱ auchȱ imȱ Verhältnisȱ Vorstandȱ –ȱ Aufsichtsrat.ȱ Derȱ Aufsichtsrat,ȱ undȱ insbesondereȱ dieȱ Bankenvertreter,ȱ machenȱ dannȱ zuȱ ihrerȱ eigenenȱ SicherheitȱihreȱZustimmungȱzuȱPlänenȱdesȱVorstandsȱvomȱBeraterȬ votumȱabhängig.ȱInformationsbeschaffung,ȱProblemerkennungȱundȱ EntwicklungȱvonȱMaßnahmenprogrammenȱsindȱbesondereȱEinsatzȬ schwerpunkte,ȱsowohlȱfürȱunternehmungsweiteȱVeränderungenȱwieȱ fürȱ spezielleȱ Programme,ȱ dieȱ einzelneȱ Bereicheȱ oderȱ Funktionenȱ betreffenȱ (vgl.ȱ imȱ Einzelnenȱ Janzȱ 1999,ȱ S.ȱ 199ff.).ȱ Diesȱ betrifftȱ imȱ Wesentlichenȱ Aufgabenȱ derȱ Initialisierungȱ undȱ Konzipierung.ȱ Managementberaterȱ könnenȱ sehrȱ wohlȱ alsȱ Sparringspartnerȱ oderȱ Coachȱ vonȱ Managernȱ agieren.ȱ Dazuȱ gehört,ȱ dassȱ sieȱ denȱ Internenȱ dieȱ ‚Scheuklappenȱ desȱ Gewohnten‘ȱ vonȱ denȱ Augenȱ nehmen.ȱ Sieȱ wirkenȱsoȱdemȱKennerȬMacherȬSyndromȱvonȱTopmanagernȱentgeȬ gen.ȱDassȱgeradeȱdieȱStrategieberatungȱeinȱklassischesȱTätigkeitsfeldȱ derȱ Beratungenȱ ist,ȱ istȱ allerdingsȱ oftȱ aufȱ Managementdefiziteȱ imȱ BereichȱstrategischenȱDenkensȱzurückzuführen.ȱȱ Inȱ derȱ Konzipierungȱ ergebenȱ sichȱ Probleme,ȱ wennȱ dieȱ Externenȱ durchȱdieȱfehlendeȱDetailkenntnisȱderȱUnternehmungȱambitionierteȱ Wandlungsvorhabenȱentwerfen,ȱdieȱinȱdieserȱFormȱgarȱnichtȱumgeȬ setztȱ werdenȱ können.ȱ Kritischȱ istȱ auchȱdasȱ ‚zwanghafteȱ Verkaufen‘ȱ oderȱschablonenhafteȱAnwendenȱbestimmterȱManagementkonzepteȱ zuȱ sehen.ȱ Einȱ starkesȱ undȱ kompetentesȱ Topmanagementȱ istȱ geforȬ dert,ȱumȱdasȱAgierenȱderȱBeraterȱbeurteilenȱundȱsteuernȱzuȱkönnenȱ undȱumȱeineȱzuȱhoheȱInformationsȬȱundȱEntscheidungsabhängigkeitȱ zuȱvermeiden.ȱȱ Vieleȱ Beraterȱ sindȱ Meisterȱ derȱ Kommunikation.ȱ Mitȱ entsprechendȱ aufbereitetenȱ Präsentationenȱ undȱ einerȱ ausgefeiltenȱ Rhetorikȱ sindȱ sieȱ inȱ derȱ Lage,ȱ Betroffeneȱ vonȱ derȱ Vorteilhaftigkeitȱ geplanterȱ VerȬ änderungenȱ zuȱ überzeugenȱ (vgl.ȱ Kieserȱ 1998,ȱ S.ȱ 199).ȱ Dennochȱ istȱ dasȱ Abtretenȱ dieserȱ Mobilisierungsaufgabeȱ anȱ externeȱ Beraterȱ problematisch.ȱBeraterȱkönnenȱdasȱKommunikationskonzeptȱentwiȬ ckelnȱ helfen.ȱ Dieȱ Kommunikationȱ selbstȱ bleibtȱ Führungsaufgabe.ȱ
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Umgang mit Führungsdefiziten
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Wieȱ sonstȱ sollenȱ dieȱ Glaubwürdigkeitȱ desȱ Managementsȱ undȱ dasȱ VertrauenȱinȱseineȱKonzepteȱaufgebautȱwerden.ȱȱ Mittlerweileȱ bietenȱ vieleȱ Unternehmungsberatungenȱ nebenȱ derȱ KonzeptionsberatungȱImplementierungsleistungenȱan.ȱImȱRahmenȱ derȱ Umsetzungȱ wirdȱ dannȱ durchȱ denȱ Beratereinsatzȱ einzelnenȱ Wandlungsinitiativenȱ undȱ Projektenȱ mehrȱ Durchsetzungskraftȱ verȬ liehenȱ (vgl.ȱ Kieserȱ 1998,ȱ S.ȱ 198f.).ȱ Widerständeȱ könnenȱ entstehen,ȱ wennȱ eineȱ beraterbasierteȱ Veränderungȱ Teilȱ einerȱ nichtȬ partizipativenȱ TopȱdownȬBeratungȱ darstelltȱ (vgl.ȱ Staehleȱ 1999,ȱ S.ȱ 970ff.).ȱ Inȱ derȱ Verstetigungȱ könnenȱ externeȱ Beraterȱ z.B.ȱ zurȱ methodischenȱ Unterstützungȱhinzugezogenȱwerden,ȱTrainingsmaßnahmenȱdurchȬ führen,ȱ Teamprozesseȱ moderierenȱ undȱ alsȱ Multiplikatorenȱ imȱ unȬ ternehmungsweitenȱErneuerungsprozessȱagierenȱ(vgl.ȱKrügerȱ1998,ȱ S.ȱ243).ȱSchwerpunktȱistȱdieȱSicherungȱderȱWandlungsfähigkeit.ȱDieȱ Wandlungsbereitschaftȱ istȱ dagegenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ vomȱ (TopȬ)ȱȱȱȱȱ Managementȱaufrechtȱzuȱerhalten.ȱȱ
TopmanagementȱTeamȱmitȱSpitzeȱ Dieȱ Anforderungenȱ anȱ dasȱ Topmanagementȱ sindȱ breitȱ gefächert.ȱ Seltenȱ wirdȱ eineȱ einzelneȱ Personȱ bzw.ȱ einȱ einheitlicherȱ ManagertyȬ pusȱinȱderȱLageȱsein,ȱdemȱgerechtȱzuȱwerden.ȱZuȱgroßeȱKonformitätȱ begünstigtȱBetriebsblindheitȱundȱ‚GroupȱThink’.ȱIdealerweiseȱsollteȱ daherȱauchȱimȱTopmanagementȱderȱTeamgedankeȱEinzugȱhalten.ȱInȱ Teamsȱ kommenȱ unterschiedlicheȱ Spezialistenȱ mitȱ komplementärenȱ Fähigkeitenȱzusammen,ȱumȱkomplexeȱProblemeȱinteraktivȱzuȱlösen.ȱ Entsprechendȱ ließeȱ sichȱ dieȱ komplementäreȱ Besetzungȱ desȱ TopmaȬ nagementsȱempfehlenȱ(vgl.ȱJanzȱ1999,ȱS.ȱ184ff.;ȱKrügerȱ1995,ȱS.ȱ148ff.ȱ undȱ Nadler/Tushmanȱ 1990).ȱ Inȱ einemȱ solchenȱ Topmanagementȱ Teamȱ könnteȱ sichȱ jedeȱ Spitzenführungskraftȱ aufȱ ihreȱ jeweiligenȱ Stärkenȱ konzentrieren,ȱ undȱ dasȱ Teamȱ insgesamtȱ deckteȱ dannȱ dieȱ gesamteȱ Anforderungsbreiteȱ ab.ȱ Diesȱ würdeȱ insbesondereȱ mitȱ eiȬ nemȱ unressortiertenȱ Vorstandȱ korrespondieren.ȱ Unternehmungen,ȱ dieȱ zuȱ diesemȱ Zweckȱ mehrȱ Diversitätȱ imȱ Führungskreisȱ wollen,ȱ müssenȱbeiȱderȱPersonalauswahlȱundȱderȱPersonalentwicklungȱvonȱ Führungskräftenȱ ansetzen.ȱ Demȱ Standardprofilȱ istȱ dabeiȱ eineȱ klareȱ Absageȱzuȱerteilen.ȱ
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4
Topmanager als Promotoren und Enabler des Wandels
InȱderȱpraktischenȱAusgestaltungȱdürftenȱsichȱvorȱallemȱzweiȱProbȬ lemeȱstellen.ȱZumȱeinenȱgibtȱesȱeinenȱZielkonfliktȱzwischenȱderȱDiȬ versitätȱimȱManagement,ȱdieȱKreativitätȱundȱFlexibilitätȱbegünstigt,ȱ undȱ derȱ Notwendigkeitȱ einerȱ einheitlichenȱ Willensbildung,ȱ dieȱzurȱ GeschlossenheitȱundȱSchlagkraftȱgehört.ȱHeterogenitätȱinȱderȱpersoȬ nellenȱ Zusammensetzungȱ begünstigtȱ Uneinigkeitȱ undȱ PattsituatioȬ nen.ȱZumȱanderenȱmussȱmanȱsichȱdarüberȱimȱKlarenȱsein,ȱdassȱimȱ Topmanagementȱ Karrieredenkenȱ undȱ Machtkämpfeȱ zumindestȱ latentȱ immerȱ präsentȱ sind,ȱ wasȱ einȱ konstruktivesȱ Miteinanderȱ gleichberechtigterȱTeammitgliederȱnichtȱgeradeȱbegünstigt.ȱInsofernȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ einenȱ weiterenȱ Fallȱ vonȱ DilemmaȬManagementȱ (vgl.ȱKap.ȱ1.1.2).ȱDabeiȱspielenȱauchȱdieȱAnreizsystemeȱeineȱwichtiȬ geȱ Rolleȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 7.2.3).ȱ Esȱ istȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ FühȬ rungskräfte,ȱdieȱimȱLaufeȱderȱKarriereȱdurchȱoffeneȱoderȱversteckteȱ AnreizeȱzumȱEinzelkämpferȱkonditioniertȱwurden,ȱSchwierigkeitenȱ haben,ȱdiesesȱVerhaltenȱimȱSpitzengremiumȱabzulegen.ȱ Anȱ derȱ Stelleȱ istȱ anȱ Helmutȱ Maucherȱ zuȱ erinnern,ȱ denȱ legendärenȱ langjährigenȱChefȱvonȱNESTLÉ.ȱErȱhältȱdieȱSpitzeninstanzȱeinerȱUnȬ ternehmungȱalsȱTeamȱmitȱSpitzeȱundȱnichtȱalsȱTeamȱalsȱSpitzeȱfürȱ Erfolgȱ versprechendȱ (vgl.ȱ Maucherȱ 1996,ȱ S.ȱ 75).ȱ Zwarȱ habenȱ dieȱ aktienrechtlichenȱ Regelungenȱ inȱ derȱ Bundesrepublikȱ Deutschlandȱ zumindestȱ demȱ Alleinentscheidungsrechtȱ desȱ VorstandsvorsitȬ zendenȱeinenȱgesetzlichenȱRiegelȱvorgeschoben.ȱDiesȱschließtȱallerȬ dingsȱkeineswegsȱAbstufungenȱinȱderȱPraxisȱaus.ȱSoȱistȱesȱinȱjedemȱ Fallȱ eineȱ Frageȱ derȱ jeweiligenȱ Persönlichkeitȱ undȱ ihresȱ FührungsȬ stils,ȱsichȱalsȱSpitzeȱdesȱTeamsȱzuȱpositionieren.ȱNichtȱzuletztȱsindȱinȱ einigenȱ Großunternehmungenȱ organisatorischeȱ Regelungenȱ imȱ Entstehen,ȱ dieȱ sichȱ deȱ factoȱ amȱ Leitbildȱ einesȱ CEOȱ –ȱ demȱ ‚Chiefȱ Executiveȱ Officer’ȱ derȱ angloȬamerikanischenȱ BoardȬVerfassungȱ –ȱ orientieren,ȱ soȱ insbesondereȱ derȱ Wechselȱ vomȱ ‚Sprecher’ȱ zumȱ ‚VorȬ sitzenden’ȱ desȱ Vorstandsȱ sowieȱ dieȱ Errichtungȱ einesȱ ‚Executiveȱ Board’ȱunterhalbȱdesȱVorstands.ȱ
4.5
Zusammenfassung
Topmanagerȱ habenȱ inȱ WandlungsȬȱ undȱ Entwicklungsprozessenȱ unterschiedlicheȱundȱteilsȱgegensätzlicheȱRollenȱzuȱerfüllen.ȱProȬ
168ȱ
Zusammenfassung
4.5
zesseȱ geplantenȱ Wandelsȱ verlangenȱ denȱ Promotor,ȱ derȱ Wandelȱ aktivȱgestaltetȱundȱvorantreibt.ȱDaȱWandelȱnurȱzumȱTeilȱplanbarȱ istȱundȱvieleȱVeränderungenȱausȱungeplantenȱIdeenȱundȱImpulȬ senȱ resultieren,ȱ kommtȱ esȱ außerdemȱ daraufȱ an,ȱ Freiräumeȱ undȱ Plattformenȱ fürȱ dieȱ Entfaltungȱ diesesȱ emergentenȱ Wandelsȱ zuȱ schaffen.ȱDerȱManagerȱwirdȱzumȱEnabler.ȱ
Imȱ Verlaufȱ desȱ Veränderungsprozessesȱ istȱ visionäreȱ Führungȱ ebensoȱ erforderlichȱ wieȱ effizientesȱ Management.ȱ Beidesȱ dientȱ vorrangigȱ derȱ Erzeugungȱ vonȱ Wandlungsbereitschaft.ȱ Dazuȱ geȬ hörtȱ nichtȱ nurȱ dasȱ Managementȱ vonȱ Sachfragen,ȱ sondernȱ auchȱ dasȱAusübenȱvonȱMachtȱundȱEinflussȱ(Einflussmanagement)ȱsoȬ wieȱ dieȱ kognitiveȱ Führungȱ (Managementȱ vonȱ BewusstseinslaȬ gen).ȱNichtȱzuȱunterschätzenȱistȱinȱdemȱZusammenhangȱdieȱBeȬ rücksichtigungȱundȱBeeinflussungȱderȱemotionalenȱSeiteȱdesȱGeȬ schehens.ȱ
Kritischȱ fürȱ denȱ Wandlungserfolgȱ istȱ dieȱ Implementierung.ȱ Sieȱ istȱeinȱdurchgehendesȱThemaȱderȱVeränderungȱundȱnichtȱledigȬ lichȱeineȱPhaseȱ‚Einführung’.ȱJeȱnachȱSituationȱundȱFührungsstilȱ reichtȱ dieȱ Bandbreiteȱ derȱ Möglichkeitenȱ vonȱ striktȱ direktivemȱ Vorgehenȱ überȱ partizipationsergänzteȱ bisȱ hinȱ zuȱ nondirektivenȱ Varianten.ȱInȱprozessualerȱSichtȱresultierenȱdarausȱTopȱdownȱgeȬ richteteȱVerläufeȱoderȱBottomȱupȬProzeduren.ȱ
Emergenzȱ lässtȱ sichȱ zwarȱ nichtȱ planen,ȱ aberȱ ermöglichen.ȱ HierȬ fürȱ sindȱ Freiräumeȱ sowieȱ eineȱ entwicklungsfähigeȱ Organisationȱ Grundvoraussetzungen.ȱ Geeigneteȱ Formenȱ desȱ IdeenmanageȬ mentsȱ sindȱ einzurichten.ȱAußerdemȱ sindȱ dieȱ Führungsprozesseȱ fürȱ dasȱ Tagesgeschäftȱ idealerweiseȱ mitȱ Wandlungsprozessenȱ zuȱ verbinden.ȱ Genausoȱ wieȱ fürȱ eineȱ erfolgreicheȱ Implementierungȱ kommtȱ auchȱ dabeiȱ mittlerenȱ Managementebenenȱ eineȱ bedeutȬ sameȱScharnierfunktionȱzu.ȱ
Dasȱ Topmanagementȱ istȱ ausȱ verschiedenenȱ Gründenȱ nichtȱ imȬ merȱ allenȱ Anforderungenȱ desȱ Unternehmungswandelsȱ gewachȬ sen.ȱ Imȱ Grenzfallȱ bestehtȱ dieȱ Lösungȱ diesesȱ Problemsȱ inȱ einemȱ WechselȱimȱTopmanagement.ȱAberȱauchȱderȱEinsatzȱvonȱInterimȬ ManagernȱsowieȱexternenȱBeraternȱkannȱhelfen.ȱLängerfristigȱistȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ angemessenenȱ Zusammensetzungȱ desȱ FühȬ rungskreisesȱ undȱ denȱ hierfürȱ erforderlichenȱ Aufgabenȱ derȱ PerȬ sonalentwicklungȱzuȱstellen.ȱ
169ȱ
Aktion und Reaktion in sozialen Systemen
5.1
ȱ
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Kapitel 5
Norbert Bach
171ȱ
Aktion und Reaktion in sozialen Systemen
5.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 5 Grundlegender Wandel kann nur gelingen, wenn er von den betroffenen Mitarbeitern hinreichend unterstützt und akzeptiert wird. Kritisch sind diejenigen Fälle, in denen Mitarbeiter Wandel ablehnen oder ihn als Bedrohung empfinden, sich also als Opponenten oder bestenfalls Indifferente verhalten. Das Entstehen solcher Einstellungen und Verhaltensweisen zu erklären und sie nach Möglichkeit zu verändern, wird dann zu einem Schlüsselproblem des Wandels. Von dieser Situation wird im folgenden Kapitel ausgegangen. Als Grundlage dient die Theorie der mentalen Modelle. Sie erlaubt es, Anwendungsempfehlungen abzuleiten, die sich auch hinsichtlich der in Kapitel 4.3 dargestellten Implementierungsvarianten differenzieren lassen. Damit sind dann auch solche Vorgehensweisen zu behandeln, in denen es möglich ist, ‚Betroffene zu Beteiligten’ zu machen.
173ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
5.1
Aktion und Reaktion in sozialen Systemen
DieȱMehrzahlȱderȱMitarbeiterȱzähltȱinȱderȱRegelȱzuȱdenȱBetroffenenȱ desȱWandels,ȱohneȱdassȱsieȱeinenȱaktivenȱPartȱbeiȱderȱFormulierungȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ gespieltȱ hat.ȱ Dennochȱ habenȱ dieseȱ MitarȬ beiterȱ verständlicherweiseȱ eigeneȱ Ideenȱ undȱ eigeneȱ Interessen,ȱ dieȱ nichtȱimmerȱmitȱdenenȱdesȱbeschlossenenȱWandlungskonzeptsȱkonȬ formȱgehen.ȱFürȱdieȱWandlungskoalitionȱstelltȱsichȱnebenȱdenȱSachȬ problemenȱ derȱ Umsetzungȱ deshalbȱ vorȱ allemȱ dieȱ Frage,ȱ wieȱ dasȱ WandlungskonzeptȱbeiȱdenȱMitarbeiternȱdurchgesetztȱundȱzurȱAkȬ zeptanzȱ gebrachtȱ werdenȱ kann.ȱ Dieseȱ inȱ derȱ Praxisȱ zentraleȱ FrageȬ stellungȱsollȱnachfolgendȱanhandȱeinerȱAnalogieȱausȱderȱMechanikȱ näherȱ erläutertȱ undȱ anschließendȱ mithilfeȱ derȱ Theorieȱ mentalerȱ Modelleȱ mitȱ Handlungsempfehlungenȱ undȱ konkretenȱ Maßnahmenȱ beantwortetȱwerden.ȱ SozialeȱSysteme,ȱwieȱesȱUnternehmungenȱsind,ȱverhaltenȱsichȱnichtȱ gemäßȱ physikalischerȱ Gesetze.ȱ Dennochȱ seiȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ dasȱ Aufzeigenȱ vonȱ Analogienȱ erlaubt,ȱ soȱ weitȱ esȱ dasȱ Verständnisȱ vonȱ Wandelȱerleichtert.ȱStabileȱUnternehmungslagen,ȱderȱNichtȬWandel,ȱ sindȱ inȱ derȱ Statikȱ alsȱ Gleichgewichtszuständeȱ bekannt.ȱ Imȱ GegenȬ satzȱ dazuȱ wirdȱ Wandelȱ alsȱ Veränderungȱ inȱ Zustandȱ (ElastomechaȬ nik)ȱoderȱLageȱ(Dynamik)ȱeinesȱKörpersȱaufgefasst.ȱSolcherȱWandelȱ trittȱnichtȱvonȱselbstȱauf,ȱsondernȱistȱimmerȱeineȱFolgeȱeinerȱKraftȬ einwirkungȱvonȱAußen.ȱ Ähnlichȱ denȱ äußerenȱ Kräftenȱ inȱ derȱ Mechanikȱ (z.B.ȱ Schwerkraft)ȱ unterliegtȱ jedeȱ Unternehmungȱ nichtȱ beeinflussbarenȱ RahmenbeȬ dingungenȱ wieȱ z.B.ȱ denȱ Arbeitszeitgesetzen,ȱ MitbestimmungsgeȬ setzen,ȱ derȱ Unternehmungsverfassungȱ oderȱ BetriebsvereinbarunȬ gen.ȱ Trittȱ nunȱ zusätzlichȱ eineȱ neueȱ Kraftȱ auf,ȱ z.B.ȱ inȱ Formȱ einerȱ Gesetzesänderung,ȱsoȱentstehtȱeinȱWandlungsbedarfȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5/1).ȱȱ ȱ
174ȱ
Aktion und Reaktion in sozialen Systemen
Abbildungȱ5/1ȱ
AnalogienȱzwischenȱMechanikȱundȱWandlungsmanagementȱ Mechanik
Wandlungsmanagement
Betrachtungsobjekt
Mechanisches System (Festkörper)
Soziales System von Menschen
Bezugsbereich
Körper/Gegenstand
Organisatorischer Gestaltungsbereich
Beispiel für äußere Gewichtskraft Kräfte Lager-/Haltekräfte
5.1
Gesetzliche Rahmenbedingungen, z.B. Mitbestimmungsrechte Regelungen der Unternehmungsverfassung Corporate Governance Regeln
Beispiel für innere Kräfte
Eigenschaften des Betrachtungsobjekts
Direkt aufgebrachte Kräfte, z.B. Zugkraft per Seil
Wandlungsbedarf, z.B. gesetzliche Deregulierung der Branche, neue Technologien etc.
Innere Reibung: einzelne Partikel haften aneinander
Vorhandensein von Seilschaften, persönliche Beziehungen, informelle Netzwerke
Druckspannung: Druckkräfte in den Schnittflächen
Ursache: Zieldifferenzen bezüglich der Termine: eine Koalition drängt eine andere, den ersten Schritt zu tun
Zugspannung: Zugkräfte in den Schnittflächen
Ursache: Zieldifferenzen bezüglich der Dringlichkeit: eine Koalition treibt den Wandel voran, andere wollen nicht in Rückstand geraten
Schubspannung: Seitenkräfte in den Schnittflächen
Ursache: Zielkonflikt bezüglich der Zielinhalte, d.h. bezüglich der richtigen Maßnahmen zur Deckung des Wandlungsbedarfs: zwei Koalitionen rivalisieren um die gleichen Ressourcen zur Verwirklichung ihrer Pläne
Schwerpunkt
Unternehmungskultur
Elastizität/Zähigkeit (Elastizitätsmodul)
Kapazitätsanpassungsvermögen/sozialer Zusammenhalt
Flächenträgheit
Beharrungsvermögen
Bruchfestigkeit
Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts ȱ
175ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Veränderungenȱ inȱ Zustandȱ undȱ derȱ Lageȱ einesȱ Systemsȱ sindȱ durchȱ dieȱ Wirkungȱ äußererȱ undȱ innererȱ Kräfteȱ bedingt.ȱ Imȱ 3WȬModellȱ istȱ dieȱ treibendeȱ äußereȱ Kraftȱ (Aktion)ȱ derȱ WandȬ lungsbedarf,ȱ derȱ systemimmanenteȱ Abwehrkräfteȱ (Reaktion)ȱ hervorruft.ȱAufgrundȱvonȱKraftȱundȱGegenkraftȱentstehenȱunȬ terschiedlicheȱSpannungszuständeȱinȱderȱUnternehmung.ȱ Ansatzpunkteȱ zumȱ Managementȱ derȱ Verhaltensänderungenȱ aufȱ MitarbeiterseiteȱergebenȱsichȱinȱersterȱLinieȱausȱderȱAnalyseȱderȱalsȱ Reaktionȱaufȱäußereȱ Krafteinwirkungȱentstehendenȱ innerenȱKräfteȱ undȱ Spannungen.ȱ Dieȱ innereȱ Reibungȱ einesȱ Festkörpersȱ kannȱ verȬ glichenȱ werdenȱ mitȱ demȱ Vorhandenseinȱ vonȱ Seilschaftenȱ undȱ inȬ formellenȱ Netzwerkenȱ inȱ derȱ Unternehmung.ȱ Dieseȱ sindȱ oftmalsȱ abteilungsȬȱ oderȱ sogarȱ bereichsübergreifend.ȱ Solcheȱ ‚innereȱ ReiȬ bung’ȱimȱsozialenȱGefügeȱhatȱzurȱFolge,ȱdassȱesȱimmerȱmehrȱBetrofȬ feneȱ gibt,ȱ alsȱ imȱ Wandlungskonzeptȱ zunächstȱ ersichtlichȱ ist.ȱ Überȱ dieȱ unmittelbarȱ Betroffenenȱ hinausȱ istȱ auchȱ derȱ Widerstandȱ derȱ mittelbarȱ Betroffenenȱ einzukalkulieren,ȱ derenȱ wichtigeȱ KoalitionsȬ partnerȱ inȱ ihrerȱ Positionȱ gefährdetȱ sind.ȱ Abwehrreaktionenȱ sindȱ deshalbȱauchȱausȱBereichenȱmöglich,ȱdieȱvonȱderȱSacheȱherȱnichtȱzuȱ denȱBetroffenenȱzählen.ȱAmȱAnfangȱallerȱÜberlegungenȱzumȱManaȬ gementȱ vonȱ Verhaltensänderungenȱ sollteȱ daherȱ eineȱ Analyseȱ derȱ betroffenenȱStakeholderȱ(vgl.ȱKap.ȱ10.2)ȱundȱderȱ‚politischenȱArena’ȱ stehen.ȱ DenȱverschiedenenȱArtenȱderȱmechanischenȱSpannungȱentsprechenȱ unterschiedlicheȱ Vorstellungenȱ zuȱ Zielterminierungȱ undȱ ZielinhalȬ ten.ȱ SchubȬȱ undȱ Zugspannungȱ habenȱ ihreȱ Ursachenȱ inȱ denȱ EinȬ schätzungenȱzurȱDringlichkeitȱdesȱWandlungsbedarfsȱoderȱbezügȬ lichȱderȱReihenfolgeȱderȱzuȱergreifendenȱMaßnahmen.ȱWährendȱimȱ Fallȱ derȱ Schubspannungȱ eineȱ Koalitionȱ dieȱ andereȱ drängt,ȱ endlichȱ denȱ alsȱ notwendigȱ erachtetenȱ nächstenȱ Schrittȱ zuȱ tun,ȱ resultiertȱ Zugspannungȱdaraus,ȱdassȱeineȱKoalitionȱoderȱeinzelneȱSchlüsselfiȬ gurenȱ‚nachȱvorneȱpreschen’ȱundȱaufȱdieseȱWeiseȱdieȱVerbleibendenȱ unterȱ ‚Zugzwang’ȱ setzen.ȱ Schubspannungenȱ sindȱ dieȱ fürȱ WandȬ lungsvorhabenȱkritischstenȱSpannungen,ȱdaȱihreȱUrsachenȱinȱinhaltȬ lichenȱDifferenzenȱbezüglichȱdesȱWandlungsbedarfsȱoderȱeinzelnerȱ Komponentenȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ liegen.ȱ Interessenvertreterȱ fürȱ sichȱ oftmalsȱ gegenseitigȱ ausschließendeȱ Vorgehensweisenȱ konȬ
176ȱ
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2
kurrierenȱ umȱ Ressourcen.ȱ Derȱ größteȱ Fehlerȱ bestehtȱ darin,ȱ eineȱ Schubspannungȱ durchȱ vermeintlichȱ gerechteȱ Aufteilungȱ derȱ ResȬ sourcenȱ weiterȱ zuȱ erhöhenȱ undȱ damitȱ einenȱ ‚Torsionsbruch’ȱ zuȱ provozieren.ȱ Mitȱ einemȱ solchenȱ Kompromissȱ raubtȱ manȱ allenȱ konȬ kurrierendenȱAlternativenȱdieȱChanceȱaufȱRealisierung.ȱ Auchȱ hinsichtlichȱ derȱ Eigenschaftenȱ desȱ Systemsȱ helfenȱAnalogieȬ schlüsseȱdemȱVerständnis.ȱUnabhängigȱvonȱeinemȱkonkretenȱWandȬ lungsbedarfȱ hatȱ jedeȱ Unternehmungȱ eineȱ Kultur.ȱ Unterstützenȱ dieȱ Haltekräfteȱ diesenȱ ‚Schwerpunkt’,ȱ soȱ kannȱ unterschiedlichenȱ exterȬ nenȱ Lastenȱ durchȱ Kapazitätsanpassungenȱ begegnetȱ werden.ȱ Beiȱ solchenȱ ‚elastischenȱ Verformungen’ȱ behältȱ dieȱ Unternehmungȱ ihreȱ KulturȱundȱkehrtȱbeiȱWegfallenȱderȱLastȱwiederȱinȱihrenȱAusgangsȬ zustandȱ zurück.ȱ Ohneȱ festeȱ Verankerungȱ inȱ einemȱ Lagerȱ (z.B.ȱ PaȬ tent)ȱ führtȱ dieȱ Einwirkungȱ äußererȱ Kräfteȱ (z.B.ȱ neueȱ Konkurrenz)ȱ dazu,ȱ dassȱ sichȱ festeȱ Körperȱ inȱ Bewegungȱ setzen.ȱ InȱAbhängigkeitȱ vonȱderȱgeometrischenȱFormȱundȱderȱMasseverteilungȱdesȱKörpersȱ sindȱ dabeiȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ großeȱ Widerständeȱ zuȱ überwinden.ȱ DieseȱinȱderȱPhysikȱalsȱTrägheitsmomenteȱbezeichnetenȱsystemimȬ manentenȱWiderständeȱgegenȱLageveränderungenȱ(Wandel)ȱzeigenȱ sichȱauchȱinȱUnternehmungen.ȱInȱAbhängigkeitȱdavon,ȱanȱwelchenȱ Stellenȱ dieȱ ‚schwergewichtigen’ȱ Koalitionsmitgliederȱ sitzenȱ undȱ anȱ welcherȱStelleȱdieȱVeränderungȱansetzt,ȱistȱdasȱsozialeȱSystemȱmehrȱ oderȱwenigerȱleichtȱzuȱverändern.ȱ
5.2
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2.1
Mentale Modelle als Speicher handlungsleitenden Wissens
InȱderȱMechanikȱkönnenȱ–ȱabgesehenȱvonȱSpezialproblemenȱ–ȱVerȬ formungenȱ undȱ Lageveränderungenȱ vonȱ Körpernȱ exaktȱ berechnetȱ werden.ȱEinȱmechanischesȱVerhaltenȱvonȱMitarbeiternȱanzunehmen,ȱ wäreȱjedochȱsträflich.ȱDennochȱgibtȱesȱinȱderȱPsychologieȱverschieȬ deneȱAnsätzeȱundȱTheorien,ȱdieȱsichȱmitȱWiderständen,ȱAbwehrreȬ aktionenȱ undȱ Gegeninitiativenȱ vonȱ betroffenenȱ Mitarbeiternȱ beȬ schäftigen.ȱ Nachfolgendȱ wirdȱ dieȱ Theorieȱ mentalerȱ Modelleȱ (vgl.ȱ
177ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Hackerȱ1997;ȱBachȱ2000,ȱS.ȱ55ff.;ȱHillenȱ2004,ȱS.ȱ40ff.)ȱvorgestellt,ȱdieȱ eineȱ Ableitungȱ konkreterȱ Handlungsempfehlungenȱ fürȱ dasȱ WandȬ lungsmanagementȱerlaubt.ȱ
Mentaleȱ Modelleȱ sindȱ vereinfachendeȱ Modelleȱ imȱKopfȱ einesȱ Menschen,ȱdieȱdasȱrealeȱGeschehenȱbeschreibenȱundȱerklären.ȱ AllesȱWissenȱsetztȱsichȱausȱsolchenȱModellenȱzusammen.ȱMenȬ taleȱ Modelleȱ steuernȱ dasȱ Verhalten,ȱ undȱ sieȱ bestimmen,ȱ wasȱ Menschenȱ wahrnehmen,ȱ wieȱ sieȱ fühlenȱ undȱ aufȱ welcheȱ Reizeȱ sieȱreagieren.ȱ
MenschenȱmachenȱsichȱanhandȱihrerȱWahrnehmungenȱeinȱBildȱvonȱ ihrerȱ Umwelt.ȱ Allgemeinȱ kannȱ vonȱ vereinfachendenȱ Modellenȱ imȱ Kopfȱ desȱ Menschenȱ gesprochenȱ werden,ȱ dieȱ dasȱ realeȱ Geschehenȱ beschreibenȱ undȱ erklären.ȱ Allesȱ Wissenȱ einesȱ Menschenȱ setztȱ sichȱ ausȱ solchenȱ Modellenȱ zusammen,ȱ dieȱ imȱ Langzeitgedächtnisȱ geȬ speichertȱsind.ȱDurchȱwahrgenommeneȱReizeȱ(z.B.ȱRehȱamȱStraßenȬ rand)ȱ wirdȱ einȱ dieȱ Situationȱ abbildendesȱ mentalesȱ Modellȱ insȱ Kurzzeitgedächtnisȱ aktiviert.ȱAnhandȱ diesesȱ Modellsȱ könnenȱ dannȱ gedanklicheȱ Simulationenȱ durchgeführtȱ werden,ȱ dieȱ esȱ demȱ MenȬ schenȱerlauben,ȱaufgrundȱvonȱAnnahmenȱüberȱzukünftigeȱEntwickȬ lungenȱ Prognosenȱ abzugebenȱ (dasȱ Rehȱ könnteȱ dieȱ Straßeȱ überqueȬ ren),ȱ Alternativenȱ zuȱ generierenȱ undȱ anhandȱ derȱ individuellȱ verschiedenenȱ mitȱ derȱ abgebildetenȱ Situationȱ assoziiertenȱ EmotioȬ nenȱ (Reheȱ sindȱ niedlicheȱ Tiere)ȱ undȱ Präferenzenȱ Entscheidungenȱ zuȱ treffenȱ (langsamerȱ fahren).ȱ Anschließendȱ wirdȱ dieȱ WahrnehȬ mungȱ aufȱ solcheȱ Objekteȱ undȱ Sachverhalteȱ ausgerichtet,ȱ dieȱ GeȬ genstandȱderȱSimulationenȱsind,ȱumȱsoȱdieȱGrundlagenȱderȱgetrofȬ fenenȱ Entscheidungȱ undȱ desȱ gewähltenȱ Verhaltensȱ zuȱ überprüfenȱ (sindȱweitereȱReheȱinȱSicht?).ȱMentaleȱModelleȱsteuernȱfolglichȱnichtȱ nurȱ dasȱ Verhalten,ȱ sieȱ beschreibenȱ auch,ȱ wasȱ Menschenȱ fühlen,ȱ bestimmen,ȱwasȱsieȱwahrnehmenȱundȱaufȱwelcheȱReizeȱsieȱwieȱreaȬ gierenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5/2).ȱ
178ȱ
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2 Abbildungȱ5/2ȱ
EntscheidungsprozessȱderȱVerhaltenssteuerungȱ
Realität Problemerkennung
Wahrnehmung von Objekten und Ereignissen
Beschreibungsmodell + kausale Beziehungen
Erklärungsmodell + Annahmen
Prognosemodell Problembewältigung
+ Präferenzen und Emotionen
Entscheidungsmodell
Verhalten ȱ
Jederȱ Menschȱ hatȱ seineȱ eigenen,ȱ subjektivenȱ mentalenȱ Modelle.ȱ DennochȱführenȱeineȱgleicheȱBerufsausbildungȱoderȱdieȱlangjährigeȱ TätigkeitȱinȱderselbenȱUnternehmungȱzuȱinȱvielerleiȱHinsichtȱähnliȬ chenȱmentalenȱModellen.ȱDieseȱGemeinsamkeitenȱbildenȱeinȱorienȬ tierendesȱ Ordnungsschemaȱ fürȱ dasȱ eigeneȱ Verhalten,ȱ sowohlȱ hinȬ sichtlichȱ derȱAufgabenerfüllungȱ alsȱ auchȱ imȱ sozialenȱ Verhaltenȱ amȱ Arbeitsplatz.ȱ Geteilteȱ oderȱ kollektiveȱ mentaleȱ Modelle,ȱ dieȱ sichȱ inȱ denȱNormenȱundȱWertenȱderȱUnternehmungskulturȱwiderspiegeln,ȱ werdenȱ imȱ Alltagȱ nichtȱ mehrȱ hinterfragt.ȱ Werȱ sichȱ anȱ dieȱ ungeȬ schriebenenȱRegelnȱderȱUnternehmungskulturȱhält,ȱmussȱsichȱnichtȱ erklärenȱ undȱ seinȱ Handelnȱ nichtȱ rechtfertigen.ȱ Diesesȱ Phänomenȱ erklärtȱdieȱTheorieȱmentalerȱModelleȱalsȱWirkungȱkollektiverȱmentaȬ lerȱ Modelle.ȱ Einȱ solchesȱ gemeinsamesȱ Verständnisȱ führtȱ zuȱ einerȱ eindeutigenȱ Differenzierungȱ zwischenȱ Zugehörigenȱ undȱAußensteȬ henden,ȱ insbesondereȱ beiȱ Betroffenenȱ desȱ Wandels.ȱ Inȱ derȱ SystemȬ theorieȱwirdȱdieseȱsysteminterneȱAbgrenzungȱalsȱIdentitätȱbezeichȬ netȱ(vgl.ȱLuhmannȱ2002).ȱȱ
179ȱ
5 Abbildungȱ5/3ȱ
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
IdentitätenȱamȱBeispielȱderȱParteienȱnachȱderȱBundestagswahlȱ2005ȱ Wandlungskonzept
Mögliche Regierungskoalition SPD / FDP
Identität
SPD
FDP
Assoziierter Wandlungsbedarf
Großer Bedarf, da wir an der Regierung bleiben wollen
Kein Bedarf, da Regierungswechsel angestrebt
Î Überdenkenswertes Konzept
Î Unnötiges Konzept
Attribute im mentalen Modell
Macht und Positionen
Macht und Positionen
Stärkerer Partner in einer Koaliti- Schwächerer Partner in einer on Koalition Lösung von Kompromissen, die bisher mit den Grünen eingegangen wurden
Unvereinbare Vorstellungen in wichtigen Bereichen der Politik
Kanzleranspruch ist sichergestellt
Weitgehende Fremdbestimmung durch Kanzler Gerhard Schröder
Ausbau des Kanzlerimages als „Genosse der Bosse“
Verlust des erarbeiteten politischen Profils der FDP
Positive Auswirkungen auf anstehende Landtagswahlen
Negative Auswirkungen auf anstehende Landtagswahlen
Der CDU und Kanzlerkandidatin Merkel die Grenzen aufzeigen
Bestätigung des Images als „Wendehälse“
ȱ WieȱamȱBeispielȱderȱvonȱGerhardȱSchröderȱamȱAbendȱnachȱderȱBunȬ destagswahlȱ2005ȱangebotenenȱrotȬgelbenȱRegierungskoalitionȱdeutȬ lichȱ wird,ȱ stiftenȱ mentaleȱ Modelleȱ Identitätȱ undȱ steuernȱ dasȱ dieserȱ Identitätȱ zugeordneteȱ Verhalten.ȱ Inȱ Anbetrachtȱ derȱ inȱ Gefahrȱ steȬ hendenȱpolitischenȱIdentitätȱderȱFDPȱwarȱesȱdeshalbȱnichtȱverwunȬ derlich,ȱ dassȱ Guidoȱ Westerwelleȱ nichtȱ aufȱ dasȱAngebotȱ eingegangenȱ ist.ȱ Gleichzeitigȱ zeigtȱ dasȱ vielfachȱ ablehnendeȱ Verhaltenȱ derȱ SPDȬ BasisȱgegenüberȱderȱanschließendȱeingegangenenȱGroßenȱKoalition,ȱ dassȱsieȱsichȱnichtȱmitȱderȱRegierungȱidentifiziertȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5/3).ȱ
In seinem zweiten Bestseller zum Thema Change Management „The Heart of Change“ stellt der amerikanische Autor J.P. Kotter (vgl. Kotter/Cohen 2002, S. X) die Emotionen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Nach
180ȱ
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2
über 200 Interviews in Unternehmungen aus aller Welt kommt er zu folgendem Schluss: „Our main finding, put simply, is that the central issue is never strategy, structure, culture, or systems. […] Behavior change happens in highly successful situations mostly by speaking to people’s feelings.“ Mit diesem Statement bestätigt Kotter die Theorie mentaler Modelle in ihrer Aussage, dass Verhalten letztendlich von den im Entscheidungsmodell enthaltenen Präferenzen und Emotionen abhängt.
5.2.2
Mentale Modelle prägen Einstellungs- und Verhaltensakzeptanz
MitarbeiterȱzeigenȱsehrȱunterschiedlicheȱVerhaltensweisen,ȱwennȱesȱ darumȱ geht,ȱ gewohnteȱ Verhaltensweisenȱ aufzugebenȱ undȱ sichȱ aufȱ Neuerungenȱ einzustellen.ȱ Eineȱ aktive,ȱ positiveȱ Bereitschaftȱ dasȱ Wandlungskonzeptȱvoranȱzuȱbringen,ȱwirdȱinȱderȱLiteraturȱalsȱAkȬ zeptanzȱbezeichnetȱ(vgl.ȱWiendieckȱ1992a,ȱSp.ȱ91ff.).ȱDiesȱentsprichtȱ auchȱ derȱ Diskussionȱ umȱ mangelndeȱ Akzeptanz,ȱ dieȱ häufigȱ vonȱ Praktikerseiteȱ geführtȱ wird.ȱ Wieȱ aberȱ kannȱAkzeptanzȱ erzieltȱ werȬ den,ȱ undȱ welcheȱ Einflussfaktorenȱ spielenȱ dabeiȱ eineȱ Rolle?ȱ Inȱ derȱ Akzeptanzforschungȱ wirdȱ fürȱ eineȱ detailliertereȱ Analyseȱ zwischenȱ ‚Einstellungsakzeptanz‘ȱ undȱ ‚Verhaltensakzeptanz’ȱ unterschieden,ȱ wasȱ eineȱ Klassifizierungȱ derȱ Betroffenenȱ erlaubtȱ undȱ soȱ dieȱAbleiȬ tungȱzielgruppenspezifischerȱMaßnahmenȱermöglicht.ȱȱ
Abbildungȱ5/4ȱ
EinstellungsȬȱundȱVerhaltensakzeptanzȱ Positive Erfahrungen mit einem Erklärungsmodell im Erfahrungswissen Positiver Anreiz-Beitrags-Saldo in einem aktivierten Entscheidungsmodell
Einstellungsakzeptanz Verhaltensakzeptanz
ȱ
Allgemeinȱ verstehtȱ dieȱ Psychologieȱ unterȱ einerȱ ‚Einstellung‘ȱ dieȱ ‚AssoziationȱmitȱeinerȱBewertung‘ȱ(vgl.ȱHerknerȱ1992,ȱSp.ȱ793).ȱEinȬ stellungsakzeptanzȱ resultiertȱ folglichȱ ausȱ positivenȱ Erfahrungenȱ (vgl.ȱAbb.ȱ5/4).ȱEineȱpraktischeȱUmsetzungȱdieserȱErkenntnisȱliefertȱ
181ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
dieȱausȱdemȱSportȱbekannteȱRegel:ȱ„Neverȱchangeȱaȱwinningȱteam.“ȱ Positiveȱ Erfahrungȱ bestärktȱ denȱ Glaubenȱ anȱ denȱ Erfolg.ȱ Esȱ wirdȱ versucht,ȱ mitȱ bewährtenȱ Problemlösungsmusternȱ –ȱ denȱ imȱ ErfahȬ rungsschatzȱ abgelegtenȱ positivȱ assoziiertenȱ mentalenȱ Modellenȱ –ȱ erneutȱerfolgreichȱzuȱsein.ȱAnȱdiesemȱBeispielȱwirdȱgleichzeitigȱdieȱ Gefahrȱ positiverȱ Erfahrungenȱ deutlich.ȱ Istȱ derȱ nächsteȱ Gegnerȱ anȬ dersȱ aufgestelltȱ alsȱ dieȱ bisherigenȱ undȱ kommtȱ eineȱ andereȱ Taktikȱ zumȱEinsatz,ȱsoȱistȱderȱTrainerȱgutȱberaten,ȱdieȱMannschaftsaufstelȬ lungȱ zuȱ überdenken.ȱ Übertragenȱ aufȱ dasȱ Wandlungsmanagementȱ bedeutetȱ dies,ȱ dassȱ mitȱ positiverȱ Einstellungsakzeptanzȱ gerechnetȱ werdenȱ kann,ȱ sofernȱ inȱ derȱ Vergangenheitȱ mitȱ ähnlichenȱ WandȬ lungskonzeptenȱErfolgeȱerzieltȱwurden.ȱGleichzeitigȱerklärtȱsichȱausȱ positiverȱEinstellungsakzeptanzȱauchȱdasȱFesthaltenȱamȱBewährtenȱ undȱdieȱabwehrendeȱHaltungȱgegenüberȱVeränderungen.ȱȱ ObȱdieȱEinstellungsakzeptanzȱzuȱeinemȱkorrespondierendenȱVerhalȬ tenȱ führt,ȱ entscheidetȱ sichȱ inȱ derȱ Problembewältigungsphaseȱ anȬ handȱ derȱ wahrgenommenenȱ situativenȱ Rahmenbedingungen,ȱ denȱ mitȱdemȱWandelȱverbundenenȱEmotionenȱundȱdenȱPräferenzenȱimȱ Entscheidungsmodell.ȱ Soȱ erklärtȱ sichȱ derȱ taktischeȱ Umbauȱ einesȱ bewährtenȱ Teamsȱ oftȱ durchȱ dieȱ Aufstellungȱ desȱ Gegnersȱ (AnnahȬ menȱimȱPrognosemodell).ȱAuchȱkenntȱwahrscheinlichȱjederȱSituatiȬ onenȱausȱdemȱAlltag,ȱinȱdenenȱerȱsichȱwiderȱbesserenȱWissensȱverȬ haltenȱ hat.ȱ Diesesȱ opportunistischeȱ Verhaltenȱ resultiertȱ ausȱ demȱ AnreizȬBeitragsȬSaldoȱ inȱ denȱ Entscheidungsmodellen.ȱ VerhaltensȬ akzeptanz,ȱ d.h.ȱ konkretesȱ wandlungsförderndesȱ Verhalten,ȱ ergibtȱ sichȱdann,ȱwennȱausȱganzȱindividuellerȱSichtȱdieȱerwartetenȱVorteileȱ überwiegenȱ oderȱ dieȱ drohendenȱ Sanktionenȱ schwerwiegenderȱ scheinenȱalsȱderȱzuȱleistendeȱEinsatz.ȱEindrucksvolleȱBelegeȱfürȱdieȱ Stichhaltigkeitȱ dieserȱ Theorieȱ liefernȱ regelmäßigȱ Skandaleȱ ausȱ demȱ Hochleistungssport.ȱ Einzelneȱ Sportlerȱ setzenȱ trotzȱ desȱ Wissensȱ umȱ dieȱ gesundheitlichenȱ Folgenȱ (Erklärungsmodell)ȱ zurȱ Steigerungȱ ihrerȱ Leistungsfähigkeitȱ Dopingmittelȱ einȱ undȱ vertrauenȱ daraufȱ (WahrscheinlichkeitenȱimȱPrognosemodell),ȱdassȱeinȱNachweisȱnichtȱ gelingt.ȱ Offensichtlichȱ wiegenȱ dieȱ mitȱ demȱ potentiellenȱ Erfolgȱ verȬ knüpftenȱ emotionalenȱ Hochgefühleȱ inȱ diesenȱ Fällenȱ dieȱ Nachteileȱ derȱ Gesundheitsschädigungȱ auf.ȱ Fürȱ Sportlerȱ mitȱ andersȱ geartetenȱ PräferenzenȱscheidetȱderȱEinsatzȱvonȱDopingȱhingegenȱschonȱalleineȱ ausȱFairnessgründenȱaus.ȱȱ
182ȱ
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2
AuchȱanȱderȱDopingproblematikȱwirdȱdeutlich,ȱdassȱeinȱgroßerȱTeilȱ derȱ menschlichenȱ Verhaltenssteuerungȱ unbewusstȱ abläuft.ȱ Zurȱ Problembewältigungȱ wirdȱ aufȱ Erfolgȱ versprechendeȱ mentaleȱ MoȬ delleȱ ausȱ demȱ Erfahrungsschatzȱ zurückgegriffen.ȱ Regelmäßigȱ aktiȬ vierteȱ undȱ benutzteȱ neuronaleȱ Strukturenȱ ‚verbreitern‘ȱ sichȱ undȱ lassenȱ sichȱ leichterȱ wiederȱ aufrufenȱ (vgl.ȱ Matthiesȱ 1998,ȱ S.ȱ 18ff.),ȱ Routinetätigkeitenȱwerdenȱalsȱwenigerȱbeanspruchendȱempfunden.ȱ DieserȱVorteilȱverwandeltȱsichȱinȱeinenȱNachteil,ȱwennȱneueȱAufgaȬ benȱ eineȱ bewussteȱ Verhaltenssteuerungȱ erfordern.ȱ Neueȱ SituatioȬ nenȱmüssenȱinȱeinerȱProblemerkennungsphaseȱdurchdachtȱwerden,ȱ bewährteȱmentaleȱModelleȱsindȱdannȱkritischȱzuȱhinterfragen.ȱȱ
Die Verhaltenssteuerung erfahrener deutscher Autofahrer im Straßenverkehr verläuft überwiegend unbewusst. In Deutschland ermöglicht dies ein entspanntes Reisen. Diese automatisierten Handlungen verkehren sich in einen Nachteil, wenn derselbe Autofahrer sich im Linksverkehr zurechtfinden muss. Nur eine bewusste Unterdrückung der intuitiven Reaktionen verhindert Ärger mit den anderen Verkehrsteilnehmern oder gar Zusammenstöße.
5.2.3
Zielgruppen der Promotoren und Opponenten
Anhandȱ derȱ Unterscheidungȱ vonȱ EinstellungsȬȱ undȱ VerhaltensakȬ zeptanzȱkönnenȱdieȱBetroffenenȱimȱWandlungsmanagementȱinȱvierȱ Gruppenȱ eingeteiltȱ werdenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 5/5).ȱ Promotorenȱ zeichnenȱ sichȱdurchȱ eineȱ positiveȱ Einstellungȱ undȱ eineȱaktiveȱ WandlungsbeȬ reitschaftȱ aus.ȱ Inȱ Seminarenȱ zumȱ Themaȱ Wandlungsmanagementȱ wurdenȱsolcheȱPersonenȱregelmäßigȱmitȱdenȱAttributenȱ‚neugierig’,ȱ ‚lernwillig’,ȱ ‚aufgeschlossen’,ȱ ‚sachorientiert’,ȱ ‚begeisterungsfähig’ȱ undȱ‚ansteckend’ȱbeschrieben.ȱFernerȱzeichnenȱsieȱsichȱinȱderȱWahrȬ nehmungȱihrerȱKollegenȱdurchȱ‚Energie’,ȱ‚Arbeitseinsatz’ȱundȱ‚LeisȬ tungswille’ȱ aus.ȱ Esȱ istȱ daherȱ nichtȱ überraschend,ȱ dassȱ bereitsȱ imȱ ColumbusȬProjektȱ vonȱ Witteȱ (vgl.ȱ 1973)ȱ dasȱ Vorhandenseinȱ vonȱ Promotorenȱ einȱ entscheidendesȱ Merkmalȱ derȱ erfolgreichenȱ WandȬ lungsprojekteȱ war.ȱ Inȱ derȱAnalogieȱ derȱ Mechanikȱ entsprechenȱ ProȬ motorenȱ denȱ ZugȬȱ undȱ Druckkräften,ȱ dieȱ nebenȱ derȱ Erzeugungȱ kreativerȱSpannungȱauchȱBewegungȱinȱdasȱSystemȱbringen.ȱ
183ȱ
5 Abbildungȱ5/5ȱ
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
EinstellungsȬȱundȱVerhaltensakzeptanzȱ
positiv
Potentieller Promotor
Promotor
Opponent
Verdeckter Opponent
negativ
positiv
Einstellungsakzeptanz negativ
Verhaltensakzeptanz
ȱ
Dasȱ logischeȱ Gegenstückȱ zumȱ Promotorȱ istȱ derȱ Opponent.ȱ Dieseȱ BetroffenengruppeȱzeigtȱihreȱnegativenȱEinstellungenȱauchȱinȱeinerȱ ablehnendenȱ Haltungȱ undȱ derȱ Verweigerungȱ aktivenȱ Zutuns.ȱ Merkmale,ȱ dieȱ vonȱ Seminarteilnehmernȱ denȱ Opponentenȱ zugeȬ schriebenȱwurden,ȱlautenȱ‚Enttäuschung’,ȱ‚Resignation’,ȱ‚QuerulanȬ tentum’,ȱ ‚Besitzstandswahrung’.ȱ Opponentenȱ zählenȱ üblicherweiseȱ zuȱ denjenigen,ȱ derenȱ Besitzstandȱ durchȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ gefährdetȱseinȱkönnte.ȱSieȱsindȱdaherȱinȱderȱRegelȱunterȱdenȱMitarȬ beiternȱ mitȱ längererȱ Betriebszugehörigkeitȱ zuȱ finden,ȱ dieȱ aufgrundȱ frühererȱ Verdiensteȱ Sonderrechteȱ allerȱ Artȱ genießen.ȱ Dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ Opponentenȱ inȱ StartȬupȱ Unternehmungenȱ ebensoȱ zuȱ findenȱ sindȱ wieȱ inȱ Traditionsfirmen,ȱ belegtȱ dieȱ kausaleȱ Unabhängigkeitȱ vomȱAlterȱeinesȱMenschen.ȱDennochȱsindȱesȱdieȱpositivenȱwieȱnegaȬ tivenȱ Erfahrungenȱ ausȱ derȱ Vergangenheit,ȱ dieȱ neurophysiologischȱ nichtȱ mehrȱ gelöschtȱ werdenȱ können.ȱ Fürȱ dasȱ WandlungsmanageȬ mentȱ istȱ daherȱ entscheidend,ȱ dassȱ esȱ beiȱ ‚altenȱ Geschichten’ȱ bleibtȱ undȱ nichtȱ überkommeneȱ Erfahrungȱ dieȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ Neuemȱ verhindert.ȱ Inȱ derȱ Mechanikanalogieȱ argumentiertȱ stehenȱ dieȱ Opponentenȱ fürȱ dieȱ Flächenträgheitȱ oderȱ dasȱ BeharrungsverȬ mögenȱ desȱ Systemsȱ Unternehmung.ȱ Nebenȱ derȱ bewusstenȱ UmgeȬ hungȱoderȱeinerȱTrennungȱvonȱOpponentenȱsindȱdaherȱdasȱdirekteȱ Anbringenȱ vonȱ Kräften,ȱ d.h.ȱ eineȱ aktiveȱ Beteiligungȱ derȱ Bremser,ȱ
184ȱ
Verhaltenssteuerung durch mentale Modelle
5.2
derȱgezielteȱNachteilsausgleichȱundȱdasȱSetzenȱmateriellerȱundȱposiȬ tionellerȱAnreizeȱdieȱErfolgȱversprechendstenȱMaßnahmen.ȱ Dieȱ Scheuȱ vorȱ demȱ Unbekanntenȱ habenȱ dieȱ verdecktenȱ OpponenȬ tenȱ bereitsȱ überwunden.ȱ Trotzȱ negativerȱ Einstellungsakzeptanzȱ zeigenȱ sieȱ positivesȱ Verhaltenȱ inȱ derȱ Umsetzungȱ desȱ WandlungsȬ konzepts.ȱAuchȱ dieseȱ Personengruppeȱ wirdȱ mitȱ typischenȱAttribuȬ tenȱ beschrieben:ȱ ‚Sicherheitsdenken’,ȱ ‚nichtȱ auffallenȱ wollen’,ȱ ‚MitȬ läufer’,ȱ ‚Opportunist’,ȱ ‚Pragmatiker’,ȱ ‚keineȱ Alternative’.ȱ Auffälligȱ sindȱhoheȱSicherheitsȬȱundȱsozialeȱBedürfnisse,ȱemotionaleȱVerunsiȬ cherungȱsowieȱdasȱEinfordernȱklarerȱFührung.ȱDarüberȱhinausȱsindȱ sieȱtrotzȱoberflächlichȱpositivemȱVerhaltenȱkeineȱverlässlichenȱPartȬ nerȱ (‚Ambivalente’,ȱ vgl.ȱ Schirmer/Luzensȱ 2003).ȱ Typischerweiseȱ scheuenȱverdeckteȱOpponentenȱdieȱAußenseiterpositionȱundȱlassenȱ sichȱ zumindestȱ zumȱ Mitmachenȱ bewegen.ȱ Erfahreneȱ WandlungsȬ managerȱnutzenȱdiesȱundȱbindenȱdieȱWackelkandidatenȱinȱdieȱProȬ jektarbeitȱ ein.ȱ Zeigenȱ sichȱ ersteȱ Erfolge,ȱ erweisenȱ sichȱ BefürchtunȬ genȱ alsȱ unbegründetȱ oderȱ wirdȱ einȱ individuellerȱ Nutzenȱ fürȱ denȱ verdecktenȱ Opponentenȱ deutlich,ȱ soȱ ändertȱ erȱ aufgrundȱ derȱ geȬ machtenȱ Erfahrungenȱ oftmalsȱ auchȱ seineȱ negativeȱ Einstellung.ȱAnȬ dererseitsȱ bestärktȱ jederȱ Fehlschlagȱ negativeȱ Einstellungen.ȱ Umȱ ihremȱ hohenȱ Sicherheitsbedürfnisȱ Rechnungȱ zuȱ tragen,ȱ könntenȱ verdeckteȱ Opponentenȱ nunȱ denȱ Wandelȱ sabotieren,ȱ umȱ vermeintȬ lichȱ größerenȱ Schadenȱ zuȱ vermeiden.ȱ Einȱ verdeckterȱ Opponentȱ istȱ somitȱeinȱParadebeispielȱfürȱdasȱAneinanderhaftenȱderȱPartikel,ȱfürȱ dieȱinnereȱReibungȱinȱeinemȱSystem.ȱEsȱzeigtȱsichȱdaher,ȱwieȱwichȬ tigȱfürȱdenȱWandlungsmanagerȱdieȱKenntnisȱderȱsozialenȱBeziehunȬ genȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ ist,ȱ umȱ dieȱ verdecktenȱ Opponentenȱ fürȱ seinȱKonzeptȱzuȱgewinnen.ȱ Dieȱ potentiellenȱ Promotoren,ȱ obwohlȱ sprachlichȱ positivȱ assoziiert,ȱ sindȱdieȱfürȱdasȱWandlungsmanagementȱamȱschwierigstenȱzuȱbeeinȬ flussendeȱGruppe.ȱGleichzeitigȱwirktȱihreȱnegativeȱVerhaltensakzepȬ tanzȱextremȱbremsendȱaufȱdenȱWandlungsfortschritt.ȱVonȱdenȱKolȬ legenȱ werdenȱ potentielleȱ Promotorenȱ häufigȱ alsȱ ‚Perfektionist’,ȱ ‚Experte’ȱoderȱ‚Schlüsselfigur’ȱbezeichnet.ȱEbensoȱwerdenȱÄußerunȬ genȱwieȱ‚AngstȱvorȱderȱCourage’,ȱ‚ruhigerȱZeitgenosse’,ȱ‚kämpftȱfürȱ seineȱ Überzeugungen’ȱ genannt.ȱ Auchȱ wennȱ sieȱ inȱ derȱ Regelȱ nichtȱ dieȱ zahlenmäßigȱ größteȱ Gruppeȱ darstellen,ȱ verkörpernȱ potentielleȱ PromotorenȱdenȱSchwerpunktȱderȱUnternehmung,ȱderȱnurȱmitȱgroȬ ßemȱAufwandȱ bewegtȱ werdenȱ kann.ȱ Ihrȱ passivesȱ Verhaltenȱ gegenȬ
185ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
überȱ demȱ Wandlungskonzeptȱ erklärtȱ sichȱ ausȱ denȱ Kompromissen,ȱ dieȱimȱWandelȱgetroffenȱwerdenȱmüssen.ȱEinȱpotentiellerȱPromotorȱ suchtȱdieȱ100%ȬLösung.ȱEineȱMöglichkeitȱfürȱdasȱWandlungsmanaȬ gement,ȱdieȱsichȱimȱpraktischenȱEinsatzȱbewährtȱhat,ȱistȱderȱEinsatzȱ potentiellerȱ Promotorenȱ alsȱ Fachexpertenȱ inȱ ausgewähltenȱ ProjektȬ teams.ȱ Aberȱ Vorsichtȱ istȱ angebracht:ȱ potentielleȱ Promotorenȱ brauȬ chenȱstarkeȱFührung,ȱsonstȱbleibenȱsieȱletztendlichȱpassivȱundȱkehȬ renȱ beiȱ Nachlassenȱ derȱ unmittelbarenȱ Krafteinwirkungȱ (Führung)ȱ wiederȱinȱihrenȱSchwerpunktȱzurück.ȱ
5.3
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Top down-Vorgehen
5.3.1
Gestaltung der Aktivierungssituation zur Umsetzung
Dieȱ grundlegendeȱ Vorgehensweiseȱ beiȱ TopȱdownȬImplementierungȱ wurdeȱbereitsȱinȱKapitelȱ4.3ȱerläutert.ȱZielȱistȱvorȱallemȱeinȱschnelles,ȱ abgestimmtesȱ Handelnȱ zurȱ Deckungȱ dringenderȱ WandlungsbedarȬ fe.ȱDieȱbesondereȱHerausforderungȱbestehtȱdarin,ȱdieȱaufgrundȱderȱ mangelndenȱ Beteiligungȱ derȱ Mitarbeiterȱ beiȱ derȱ Entwicklungȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ zuȱ erwartendenȱ Abwehrreaktionenȱ vorauszuȬ sehenȱ undȱ abzufedern.ȱ Dennochȱ istȱ auchȱ beiȱ TopȱdownȬVorgehenȱ Akzeptanzaufbauȱ möglich.ȱ Nachfolgendȱ wirdȱ erläutert,ȱ wieȱ durchȱ eineȱ gezielteȱ Gestaltungȱ derȱ Aktivierungssituationȱ kurzfristigȱ VerȬ haltensakzeptanzȱerzieltȱundȱdurchȱeineȱexȬpostȱProblemerkennungȱ langfristigȱauchȱEinstellungsakzeptanzȱaufgebautȱwerdenȱkann.ȱ WieȱbeiȱderȱAnalyseȱderȱoffenenȱundȱverdecktenȱOpponentenȱdeutȬ lichȱwurde,ȱkannȱEinstellungsakzeptanzȱdurchȱdieȱVermittlungȱpoȬ sitiverȱErfahrungen,ȱd.h.ȱdurchȱBeteiligungȱamȱWandlungskonzept,ȱ erzieltȱwerden.ȱGenauȱdiesȱistȱinȱderȱRegelȱdurchȱdenȱZeitdruckȱundȱ dieȱgeboteneȱVertraulichkeitȱbeimȱTopȱdownȬVorgehenȱjedochȱnichtȱ möglich.ȱBeiȱdirektivemȱVorgehenȱgiltȱesȱdaher,ȱzurȱErreichungȱderȱ kurzfristigenȱWandlungszieleȱzunächstȱeineȱpositiveȱVerhaltensakȬ zeptanzȱ derȱ Mitarbeiterȱ zuȱ erreichen.ȱ Wichtigȱ istȱ eineȱ kurzfristige,ȱ schnelleȱ undȱ abgestimmteȱ Problembewältigung.ȱ Folglichȱ istȱ dieȱ vordringlicheȱ Aufgabeȱ desȱ Wandlungsmanagements,ȱ ausȱ bekannȬ
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Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Top down-Vorgehen
5.3
tenȱ Problemlösungsmusternȱ derȱ Mitarbeiterȱ einȱ WandlungskonȬ zeptȱ zuȱ konstruieren.ȱ Inȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ müssenȱ daherȱ Führungskräfteȱ vertretenȱ sein,ȱ dieȱ dieȱ Mitarbeiterȱ gutȱ kennenȱ undȱ derenȱReaktionenȱaufȱbestimmteȱReizeȱvorhersagenȱkönnen.ȱȱ
Deutsche Schulen führen in jedem Schulhalbjahr Feueralarmübungen durch. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass jeder Lehrer und jeder Schüler weiß, wie er sich im Notfall zu verhalten hat. Wichtig ist, dass der Alarm ernst genommen wird und nicht einzelne Betroffene eigenmächtig agieren und das Gebäude nicht verlassen. Neben der Übung des Notfallverhaltens zählt daher auch die Glaubwürdigkeit des Alarmsignals zu den Erfolgsfaktoren im Ernstfall. Seit den Anschlägen auf das Word Trade Center am 11. September 2001 haben unter dem Schlagwort ‚Continuity Management’ ähnliche Feueralarm-Konzepte Einzug in die Unternehmungspraxis gehalten. Ziel ist es, die Notfallrisiken für die Geschäftstätigkeit zu identifizieren und den Wiederanlauf der Prozesse in einer Notfallsituation gezielt zu steuern.
Amȱ Beispielȱ desȱ Continuityȱ Managementsȱ wirdȱ dieȱ herausragendeȱ Bedeutungȱ derȱ Aktivierungssituationȱ fürȱ erfolgreicheȱ Topȱ downȬȱ Implementierungȱ deutlich.ȱ Dasȱ Topmanagementȱ mussȱ denȱ WandȬ lungsbedarfȱ richtigȱ erkennenȱ undȱ interpretieren.ȱ Aufȱ dieserȱ Basisȱ kannȱ dannȱ gezieltȱ dieȱAktivierungssituationȱ gestaltetȱ undȱ zurȱ MoȬ bilisierungȱ derȱ Mitarbeiterȱ eingesetztȱ werden.ȱ Dieȱ Betroffenenȱ dürfenȱ keineȱ Zweifelȱ anȱ derȱ richtigenȱ Darstellungȱ derȱ Situationȱ hegen,ȱunabhängigȱdavon,ȱobȱdasȱTopmanagementȱeineȱBedrohungȱ oderȱeineȱChanceȱalsȱAuslöserȱnutztȱ(vgl.ȱBruch/Vogelȱ2005,ȱS.ȱ87ff.).ȱ Gelingtȱ es,ȱ mitȱ denȱ richtigenȱ Reizenȱ dieȱ erwünschtenȱ BeschreiȬ bungsȬȱ undȱ Erklärungsmodelleȱ imȱ Kurzzeitgedächtnisȱ zuȱ aktivieȬ ren,ȱ soȱ kannȱ eineȱ weitgehendȱ reibungsfreieȱ Verhaltensakzeptanzȱ erreichtȱwerden.ȱ
Die LUFTHANSA AG hat mit dem für undenkbar gehaltenen, aber erfolgreichen Turnaround Anfang der 90er Jahre und den nachfolgenden Veränderungsprogrammen eine Reihe an Reaktionsmechanismen aufgebaut, die ihr bei der Bewältigung der akuten Krise nach dem 11. September 2001 sehr zugute kam. Die Stilllegung von Flugzeugen, freiwilliger Gehaltsverzicht oder sofortiger Abbau von Überstunden und Urlaub mussten nicht erst neu erlernt werden, sondern waren mehr oder weniger bekannte Übungen. Dem Management kam dabei zu Hilfe, dass im Herbst 2001 bei keinem
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5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Mitarbeiter Zweifel an der akuten Krisensituation bestand. Das Management konnte daher ohne größere Kommunikationsmaßnahmen die bewährten mentalen Modelle zu diesen Mechanismen aktivieren (vgl. Bruch/Vogel 2005, S. 97f.).
FürȱeineȱschnelleȱImplementierungȱvonȱWandlungskonzeptenȱistȱesȱ zwingendȱerforderlich,ȱdassȱeinȱzeitaufwändigesȱDurchlaufenȱeinerȱ Problemerkennungsphaseȱ aufȱ Seitenȱ derȱ Mitarbeiterȱ zunächstȱ verȬ miedenȱ wird.ȱ Ergänzendȱ sollteȱ durchȱ gezielteȱ Anreizsetzungȱ undȱ SchaffungȱvonȱpositivenȱEmotionenȱEinflussȱaufȱdieȱPräferenzstrukȬ turȱ imȱ Entscheidungsmodellȱ genommenȱ werden.ȱ Dieseȱ Maßnahmeȱ zieltȱ insbesondereȱ aufȱ dieȱ verdecktenȱ Opponenten,ȱ derȱ beiȱ Topȱ downȬVorgehenȱ inȱ derȱ Regelȱ vonȱ derȱAnzahlȱ herȱ größtenȱ BetroffeȬ nengruppe.ȱHierzuȱdientȱderȱgezielteȱEinsatzȱvonȱBelohnungsȬȱundȱ Sanktionsmacht.ȱInȱderȱAnalogieȱderȱMechanikȱargumentiert,ȱwerȬ denȱ ZugȬȱ undȱ Druckkräfteȱ aufgebracht,ȱ dieȱ zwarȱ Spannungenȱ erȬ zeugen,ȱ jedochȱ dieȱ Mitarbeiterȱ inȱ Bewegungȱ versetzen.ȱ Aufȱ dieseȱ Weiseȱ werdenȱ ausȱ passivȱBetroffenenȱzumindestȱ Mitläufer.ȱ Erzielteȱ WandlungsfortschritteȱerzeugenȱpositiveȱEmotionenȱundȱführenȱzuȱ persönlichenȱErfolgserlebnissen,ȱsoȱdassȱmittelȬȱbisȱlangfristigȱauchȱ Einstellungsakzeptanzȱaufgebautȱwerdenȱkann.ȱȱ Checkliste zur Aktivierungssituation Gibt es erklärte Feindbilder? Lassen sich diese übertragen? Welche Situationen wurden als besonders erfolgreich empfunden? Welche Situationen sind als besonders bedrohlich in Erinnerung? Gibt es positive Erfahrungen mit Wandel, auf die aufgebaut werden könnte? Gibt es positiv assoziierte Personen, die zur Kommunikation eingesetzt werden können? Welche Kommunikationsmedien sind positiv/negativ belegt? Gibt es Örtlichkeiten von besonderer Bedeutung in der Unternehmungshistorie?
ȱ ȱ ȱ
188ȱ
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Top down-Vorgehen
5.3
Zurȱ Gestaltungȱ derȱAktivierungssituationȱzählenȱ sowohlȱ derȱ bewussteȱEinsatzȱvonȱAnreizenȱundȱMachtȱalsȱauchȱderȱzieloriȬ entierteȱundȱabgestimmteȱEinsatzȱallerȱArtenȱderȱKommunikaȬ tionȱbeiȱderenȱVermittlung.ȱDabeiȱistȱgezieltȱzuȱbedenken,ȱwelȬ cheȱ Emotionenȱ angesprochenȱ werdenȱ sollen,ȱ umȱ dieȱ OrganisationaleȱEnergieȱ(vgl.ȱKap.ȱ5.5)ȱzuȱsteuern.ȱ
Wieȱ sindȱ dieȱ anderenȱ Betroffenengruppenȱ beiȱ derȱ Gestaltungȱ derȱ Aktivierungssituationȱzuȱberücksichtigen?ȱDaȱdieȱInterpretationȱderȱ AusgangslageȱundȱdieȱGestaltungȱderȱAktivierungssituationȱinȱdenȱ Händenȱ desȱ Topmanagementsȱ liegen,ȱ entscheidetȱ sichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ positivenȱ oderȱ negativenȱ Einstellungenȱ unmittelbarȱ anȱ denȱ handelndenȱPersonen.ȱPositiveȱErfahrungenȱmitȱdenȱWandlungsträȬ gernȱ könnenȱ zuȱ positiverȱ Einstellungsakzeptanzȱ führen,ȱ worausȱ sichȱ inȱ derȱ Regelȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Promotorenȱ rekrutierenȱ wird.ȱ Schlechteȱ Erfahrungenȱ mitȱ denȱ Botschafternȱ mindernȱ hingegenȱ dieȱ Glaubwürdigkeitȱ derȱ Wandlungsbotschaft.ȱ Dieȱ Frage,ȱ obȱ sichȱ einȬ zelneȱ Betroffeneȱ alsȱ Promotorenȱ erweisenȱ oderȱ nicht,ȱ hängtȱ daherȱ unmittelbarȱvonȱderȱGlaubwürdigkeitȱundȱAutoritätȱdesȱTopmanaȬ gementsȱab.ȱSolltenȱdieseȱinȱdenȱAugenȱderȱBetroffenenȱgrundsätzȬ lichȱnichtȱgegebenȱsein,ȱsoȱwirdȱinȱderȱRegelȱdasȱAufsichtsgremiumȱ ohnehinȱ überȱ denȱAustauschȱ vonȱ Personenȱ nachdenken.ȱAufȱ jedenȱ Fallȱistȱdringendȱangeraten,ȱdieȱTrägergruppeȱumȱeineȱpositivȱassoȬ ziierteȱ oderȱ zumindestȱ neutraleȱ Personȱ zuȱ ergänzenȱ undȱ dieseȱ inȱ denȱMittelpunktȱderȱKommunikationȱzuȱstellen.ȱ Nebenȱ demȱ Versuch,ȱ dieȱ anȱ dieȱ handelndenȱ Personenȱ geknüpftenȱ positivenȱErfahrungenȱzuȱaktivieren,ȱsolltenȱunterȱallenȱUmständenȱ Assoziationenȱ mitȱ Negativerlebnissenȱ ausȱ derȱ Vergangenheitȱ verȬ miedenȱwerden,ȱumȱnichtȱunnötigȱoffenenȱOpponentenȱWasserȱaufȱ dieȱMühlenȱzuȱgießen.ȱDiesȱbeziehtȱsichȱsowohlȱaufȱdenȱNamenȱdesȱ eingesetztenȱ Konzeptsȱ (‚nieȱ wiederȱ Businessȱ Reengineering’)ȱ alsȱ auchȱ aufȱ Personenȱ ausȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ (‚derȱ hatȱ nochȱ nieȱ Erfolgȱ gehabt’).ȱ Solcheȱ Seitenkräfteȱ führenȱ zuȱ Spannungenȱ unterȱ denȱBetroffenen,ȱdieȱleichtȱzumȱScheiternȱdesȱWandelsȱführenȱkönȬ nen.ȱWorstȱCaseȬSzenarioȱistȱeineȱoffeneȱVerweigerungshaltungȱaufȱ breiterȱ Frontȱ aufgrundȱ negativerȱ Propagandaȱ derȱ Opponenten.ȱ LässtȱsichȱdieserȱFallȱnichtȱweitgehendȱausschließen,ȱsoȱsolltenȱOpȬ ponentenȱimȱVorfeldȱentmachtetȱwerden.ȱWeiterhinȱistȱderȱVersuchȱ
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5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
angeraten,ȱ dieȱ Wandlungskoalitionȱ umȱ Meinungsführerȱ ausȱ denȱ Mitarbeiternȱ zuȱ erweitern.ȱ Gelingtȱ es,ȱ dieseȱ alsȱ Promotorenȱ zuȱ geȬ winnen,ȱkannȱeineȱoffeneȱMeutereiȱverhindertȱwerden.ȱ
Kennt ein Betriebsrat seine gesetzlich verankerten Rechte, kann er einen unvermeidbaren Personalabbau unnötig verzögern. Es ist daher angeraten, den Sozialpartner frühzeitig bei der Entwicklung eines Abbauplans einzubeziehen und ihm die Möglichkeit einer Plausibilitätsprüfung zu geben. Beratungsunternehmen wie die ISA-CONSULT GMBH haben sich darauf spezialisiert, Betriebs- und Personalräte bei der Plausibilitätsprüfung mitbestimmungspflichtiger Konzepte zu unterstützen. Die fachliche Beratung der Arbeitnehmervertreter sichert zum einen den Mitarbeitern die Nachhaltigkeit des Konzepts zur Standorterhaltung. Zum anderen profitiert die Unternehmungsleitung sowohl von möglichen neuen Ideen der Mitarbeiterseite bezüglich des Geschäftskonzepts als auch von einer zeitnahen Verhandlungslösung, die vom Betriebsrat mitgetragen wird.
5.3.2
Problemverifikation zur Verankerung der Wandlungsergebnisse
DieȱgrößteȱGefahrȱbeiȱTopȱdownȬImplementierungȱliegtȱdarin,ȱdassȱ zwarȱ eineȱ kurzfristigeȱ Umsetzungȱ gelingt,ȱ aberȱ bereitsȱ mittelfristigȱ dieȱ Mitarbeiterȱ wiederȱ zuȱ ihrenȱ gewohntenȱ Verhaltensweisenȱ zuȬ rückkehren.ȱImȱSinneȱderȱMechanikanalogieȱhatȱdieȱUnternehmungȱ ihreȱZähigkeitȱgezeigtȱundȱkehrtȱnachȱelastischerȱVerformungȱwieȬ derȱinȱdenȱAusgangszustandȱzurück.ȱAlsȱErgebnisȱbleibtȱeineȱweiteȬ reȱ Erfahrung,ȱ dassȱ durchȱ kurzfristigeȱ Dehnungȱ vielesȱ ausgesessenȱ werdenȱkann.ȱDieserȱauchȱalsȱRemanenzȱbekannteȱEffektȱverhindertȱ nichtȱnurȱdieȱErreichungȱderȱWandlungsziele,ȱerȱuntergräbtȱzusätzȬ lichȱauchȱdieȱAutoritätȱdesȱTopmanagementsȱimȱHinblickȱaufȱweiteȬ reȱVeränderungsvorhaben.ȱȱ Wieȱ lassenȱ sichȱ solcheȱ schlechtenȱ Erfahrungenȱ vermeiden?ȱ Zielȱ istȱ es,ȱ dieȱ eingeschlageneȱ Lösungȱ exȬpostȱ alsȱ dieȱ einzigȱ Gangbareȱ zuȱ verifizieren.ȱ Ausȱ derȱ elastischenȱ mussȱ eineȱ plastischeȱ Verformungȱ mitȱ bleibendenȱ Veränderungenȱ werden.ȱ Einȱ solchesȱ nachträglichesȱ Durchlaufenȱ derȱ Problemerkennungsphaseȱ geschiehtȱ jedochȱ nichtȱ vonȱ selbst.ȱ Esȱ bedarfȱ einerȱ gezieltenȱ Kommunikation,ȱ derenȱ AufȬ wandȱ nichtȱ unterschätztȱ werdenȱ sollte.ȱDieȱ zugehörigenȱ Methodenȱ undȱ Instrumenteȱ desȱ Kommunikationsmanagementsȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 8)ȱ
190ȱ
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Top down-Vorgehen
5.3
bedürfenȱfürȱdenȱFallȱderȱdirektivenȱImplementierungȱeinerȱspezielȬ lenȱAusgestaltung.ȱ
UmȱeinȱVersandenȱderȱerzieltenȱWandlungsergebnisseȱzuȱverȬ meiden,ȱ mussȱ beiȱ Topȱ downȬImplementierungȱ exȬpostȱ eineȱ bewussteȱProblemerkennungȱdurchlaufenȱwerden.ȱDasȱgezeigȬ teȱWandlungsverhaltenȱwirdȱnachträglichȱalsȱrichtigȱverifiziertȱ undȱ alsȱ positiveȱ Erfahrungȱ abgespeichert.ȱ Demȱ striktȱ direktiȬ venȱ Vorgehenȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ wirdȱ exȬpostȱ dieȱ LegiȬ timationȱzugebilligt.ȱ
Einȱ Kardinalfehlerȱ wäreȱ es,ȱ dieȱ angewendeteȱ ‚ÜberrumpelungstakȬ tik’ȱ zuȱ leugnenȱ undȱ Vorwürfeȱ derȱ mangelndenȱ Beteiligungȱ abzuȬ streiten.ȱ Eineȱ nachträglicheȱ Problemerkennungȱ kannȱ nurȱ dannȱ erȬ folgreichȱ sein,ȱ wennȱ dieȱ realenȱ Geschehnisseȱ gemeinsamȱ aufgeȬ arbeitetȱ werden.ȱ Diesȱ bedeutetȱ insbesondere,ȱ dassȱ dieȱ HauptȬ verantwortlichenȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ inȱ denȱ aufwändigenȱ KommunikationsprozessenȱpersönlichȱalsȱSenderȱagierenȱmüssen.ȱȱ
Ein Musterbeispiel gelungener ex-post Kommunikation und Bestärkung in der Richtigkeit des eingeschlagenen Wegs liefert die Beschreibung der Überzeugungsarbeit des Krankenhausmanagers Paul Levy: „Dies ist eine traurige Woche […] hart für diejenigen, die noch da sind […] die Büros sind leerer als sonst. […] Wir wollen nicht bloß überleben. Wir wollen blühen und gedeihen und allen zeigen, von welch großer Bedeutung ein akademisches Lehrkrankenhaus wie unseres für die Region ist.“ Im weiteren Verlauf des Turnaround-Prozesses betonte Levy regelmäßig die nach wie vor akute Krisensituation. Als die finanziellen Ergebnisse dann erstmals positiv ausfielen, lobte er seine Mannschaft und dankte für die geleistete Unterstützung des Konzepts (Garvin/Roberto 2005, S. 58ff.).
Überȱ allgemeineȱ Kommunikationsmaßnahmenȱ wieȱ MitarbeiterzeitȬ schriftenȱ undȱ Rundmailsȱ sindȱ persönlicheȱ Gesprächeȱ mitȱ denȱ Schlüsselpersonenȱ unterȱ denȱ Betroffenenȱ unersetzlich.ȱ Wichtigȱ istȱ insbesondere,ȱdieȱpersönlicheȱWertschätzungȱzuȱverdeutlichen.ȱDieȱ unterschwelligenȱ Zweifelȱ anȱ derȱ Richtigkeitȱ desȱ direktivenȱ VorgeȬ hensȱ solltenȱ inȱ derȱ Sachlogikȱ bestätigtȱ werden,ȱ natürlichȱ hätteȱ eineȱ aktiveȱ Beteiligungȱ undȱ bessereȱ Informationȱ imȱ Vorfeldȱ zuȱ mehrȱ Akzeptanzȱ geführt.ȱ Daherȱ mussȱ schlüssigȱ aufgezeigtȱ werden,ȱ dassȱ
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5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
dieȱäußerenȱUmständeȱ(z.B.ȱbeiȱeinemȱMerger)ȱdiesȱnichtȱzugelassenȱ habenȱ (anderesȱ Erklärungsmodell)ȱ oderȱ aberȱ ausȱ Gründenȱ desȱ höȬ herenȱ Zeitbedarfsȱ zuȱ deutlichȱ schlechterenȱ Ergebnissenȱ geführtȱ hättenȱ(WiderlegenȱdesȱPrognosemodells).ȱDemȱStrebenȱderȱBetrofȬ fenen,ȱ inȱ denȱ Ausgangszustandȱ zurückzukehrenȱ undȱ dannȱ mitȱ eiȬ genenȱMittelnȱzuȱagieren,ȱkannȱsoȱEinhaltȱgebotenȱwerden.ȱ Nebenȱ demȱ persönlichenȱ Gesprächȱ derȱ handelndenȱ Personenȱ könȬ nenȱzurȱLegitimationȱdesȱdirektivenȱVorgehensȱauchȱgezieltȱneutraȬ leȱ Expertenȱ eingesetztȱ werden.ȱ Konkreteȱ Maßnahmenȱ reichenȱ vonȱ Pressemitteilungenȱ überȱ Interviewsȱ mitȱ ausgewähltenȱ Journalistenȱ bisȱ hinȱ zuȱ nachträglichenȱ Gutachtenȱ durchȱ externeȱ Berater.ȱ Alleȱ dieseȱ Maßnahmenȱ könnenȱ sehrȱ wirkungsvollȱ sein,ȱ wennȱ sieȱ aufȱ wahrenȱ Gegebenheitenȱ aufbauen.ȱ Sieȱ werdenȱ jedochȱ zumȱ BoomȬ erang,ȱ wennȱ sieȱ lediglichȱ derȱ Verschleierungȱ einseitigerȱ InteressenȬ wahrnehmungȱdienenȱsollen.ȱVieleȱMitarbeiterȱsindȱzwarȱnichtȱsehrȱ geübtȱ imȱ Kommunizieren,ȱ sieȱ spürenȱ jedochȱ sehrȱ schnell,ȱ obȱ sieȱ ernstȱ genommenȱ oderȱ nurȱ benutztȱ werden.ȱ Esȱ bestehtȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ geradeȱ dieȱ wertvollenȱ Mitarbeiterȱ dieȱ Unternehmungȱ nachȱ einerȱ solchenȱ (EntȬ)Täuschungȱ verlassen.ȱ Inȱ derȱ Mechanikanalogieȱ gesprochenȱ istȱ diesȱ zuȱ erwarten,ȱ wennȱ beiȱ derȱ Verformungȱ dieȱ Bruchfestigkeitȱüberschrittenȱwird.ȱ Checkliste zur ex-post Problembewältigung Welche sachlichen Bedenken gegen die direktive Implementierung werden im Nachhinein von den Betroffenen diskutiert? Wer fühlt sich durch die mangelnde Aufklärung in der Initialisierungsund Konzipierungsphase übergangen oder in seiner Position angegriffen? Welche Argumente sprechen eindeutig gegen die Erfolgsaussichten einer Implementierung mit stärkerer Partizipation der Betroffenen? Anhand welcher nach Umsetzung des Wandlungskonzepts vorliegenden Sachinformationen können Argumente pro Partizipation ex-post entkräftet werden? Welche Zahlen, Daten, Fakten sprechen eindeutig gegen eine Rückkehr in den Ausgangszustand? Wer sind die entscheidenden Personen für eine Verankerung der Wandlungsergebnisse? Welche Kompensationsgeschäfte können im Nachhinein einzelnen Opponenten angeboten werden?
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Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Top down-Vorgehen
5.3
Derȱ nachträglicheȱ Problemerkennungsprozessȱ kannȱ alsoȱ auchȱ inȱ unerwünschtenȱErkenntnissenȱenden.ȱSchlechteȱNachrichtenȱwieȱdieȱ Kunde,ȱmanȱseiȱangelogenȱundȱmissbrauchtȱworden,ȱsprechenȱsichȱ schnellȱ herumȱ undȱ sindȱ oftȱ nichtȱ mehrȱ ausȱ derȱ Weltȱ zuȱ schaffen.ȱ DiesȱwiederumȱführtȱzuȱbleibendenȱSchädenȱnichtȱnurȱhinsichtlichȱ derȱWandlungsbereitschaft,ȱsondernȱauchȱaufȱdemȱArbeitsmarkt.ȱIstȱ derȱ Rufȱ alsȱ Arbeitgeberȱ erstȱ einmalȱ ruiniert,ȱ wirdȱ esȱ sehrȱ schwerȱ werden,ȱ wandlungsfähigeȱ undȱ begeisterungswilligeȱ Mitarbeiterȱ zuȱ gewinnen.ȱDieȱRisikenȱeinerȱTopȱdownȬImplementierungȱsindȱgroß,ȱ könnenȱ aberȱ getragenȱ werden,ȱ wennȱ manȱ sichȱ derȱ Möglichkeitenȱ undȱ Grenzenȱ desȱ Akzeptanzaufbausȱ beiȱ dieserȱ ImplementierungsȬ varianteȱbewusstȱist.ȱ Checkliste Grenzen und Risiken der Top down-Implementierung Ist eine Beteiligung der Betroffenen wirklich ausgeschlossen? Wer muss in die Wandlungskoalition aufgenommen werden, um ein umsetzbares Wandlungskonzept anhand bekannter Problemlösungsmuster konzipieren zu können? Welche zusätzlichen Verhaltensweisen können im Sinne eines Continuity Managements noch antrainiert werden? Welche Reize und welche Medien können zur Gestaltung der Anreizsituation eingesetzt werden? Mit welchen inneren Spannungen ist zu rechnen, wenn durch Anreize und Sanktionen Zug- und Druckkräfte aufgebracht werden? Wie groß ist das Beharrungsvermögen? Wie stark ist die Zähigkeit, d.h. kurzfristiges Mitlaufen mit der Tendenz zum langfristigen Aussitzen, ausgeprägt? Mit welchen Maßnahmen kann eine Rückkehr in den Ausgangszustand verhindert werden, wenn die Betroffenen mitlaufen? Wo liegt die Bruchfestigkeit? Bei Erreichen welcher Grenzen steigen die Betroffenen aus?
ȱ
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5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
5.4
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Bottom up-Vorgehen
5.4.1
Enabling-Prozess als notwendige Voraussetzung
Dieȱ Möglichkeitenȱ undȱ GrenzenȱdesȱAkzeptanzaufbausȱ beiȱ Bottomȱ upȬVorgehenȱsindȱdeutlichȱandersȱgelagertȱalsȱimȱFallȱderȱdirektivenȱ Implementierung.ȱ Insbesondereȱ hinsichtlichȱ einerȱ aktivenȱ BeteiliȬ gungȱ derȱ Betroffenenȱ stehenȱ alleȱ Wegeȱ offen.ȱ Dieȱ Grundsatzfrageȱ derȱ Praxisȱ lautetȱ allerdings:ȱ Wieȱ bringeȱ ichȱ dieȱ Mitarbeiterȱ dazu,ȱ Initiativeȱzuȱzeigen?ȱAnȱdiesemȱProblemȱwerdenȱdieȱdreiȱElementeȱ einesȱBottomȱupȬVorgehensȱdeutlich:ȱ 1. SchaffenȱderȱgenerellenȱVoraussetzungenȱfürȱMitarbeiterinitiatiȬ veȱ unabhängigȱ vonȱ einemȱ einzelnenȱ Wandlungsbedarf.ȱ Dieseȱ demȱ Transformationsprozessȱ zeitlichȱ vorgelagerteȱAufgabeȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ4.1.3)ȱobliegtȱdemȱTopmanagement.ȱ 2. ErkennenȱvonȱWandlungsbedarfenȱundȱAusarbeitungȱvonȱzugeȬ hörigenȱKonzepten.ȱDiesȱumfasstȱdieȱAufgabenȱderȱPhasenȱInitiȬ alisierung,ȱKonzipierungȱimȱWandlungsprozessȱundȱersteȱSchritȬ teȱ derȱ Mobilisierung.ȱ Hierȱ istȱ dieȱ Initiativeȱ derȱ Mitarbeiterȱ gefordert.ȱ 3. AuswahlȱundȱDurchsetzungȱalternativerȱKonzepteȱalsȱAufgabenȱ derȱ Umsetzungȱ undȱ Verstetigung.ȱ Diesȱ istȱ eineȱ originäreȱ TopȬ managementaufgabe,ȱwobeiȱinȱderȱRegelȱdieȱVertreterȱdesȱKonȬ zeptsȱdieȱUmsetzungȱalsȱPromotorenȱunterstützen.ȱȱ DieȱPraxisȱscheutȱsichȱhäufigȱvorȱdemȱEinsatzȱvonȱRessourcenȱzurȱ Schaffungȱderȱpersonellen,ȱorganisatorischenȱundȱinfrastrukturellenȱ Voraussetzungen,ȱ daȱ aufgrundȱ derȱ benötigtenȱ Vorlaufzeitȱ fürȱ denȱ EnablingȬProzessȱdiesesȱInvestmentȱunabhängigȱvonȱeinemȱkonkreȬ tenȱ Wandlungsbedarfȱ zuȱ tätigenȱ ist.ȱ Einesȱ mussȱ jedochȱ klarȱ sein:ȱ Aufȱ Initiativeȱ derȱ Mitarbeiterȱ zuȱ setzen,ȱ ohneȱ alsȱ Managementȱ dieȱ Voraussetzungenȱ dafürȱ geschaffenȱ zuȱ haben,ȱ heißtȱ Fluchtȱ vorȱ derȱ eigenenȱVerantwortung.ȱȱ Dieȱ ersteȱ Voraussetzung,ȱ dieȱ fürȱ eineȱ BottomȱupȬInitiativeȱ notwenȬ digȱ ist,ȱ istȱ dasȱ Vorhandenseinȱ derȱ richtigenȱ Leuteȱ anȱ denȱ richtigenȱ Stellenȱ inȱ derȱ Unternehmung.ȱ Zuȱ diesenȱ personellenȱ VoraussetȬ
194ȱ
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Bottom up-Vorgehen
5.4
zungenȱzähltȱinȱeinemȱerstenȱSchrittȱdieȱDefinitionȱklarerȱAuswahlȬ kriterienȱfürȱdieȱStellenbesetzung.ȱEinȱUmbauȱderȱMitarbeiterschaftȱ wirdȱ unterȱ denȱ Rahmenbedingungenȱ deutschenȱ Arbeitsrechtsȱ imȬ merȱ nurȱ schrittweiseȱ erfolgenȱ können.ȱ Inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ derȱ AusgangssituationȱwirdȱsichȱauchȱeinȱAbbauȱvonȱMitarbeiternȱnichtȱ immerȱvermeidenȱlassen.ȱWichtigsterȱErfolgsfaktorȱistȱdieȱBesetzungȱ derȱ Führungspositionen.ȱ Zielȱ einesȱ Umbausȱ istȱ es,ȱ durchȱ adäquateȱ Personalauswahlȱ undȱ Ȭentwicklungȱ klareȱ Führungȱ inȱ Richtungȱ EiȬ geninitiativeȱ undȱ Verantwortungȱ fürȱ dieȱ Unternehmungȱ zuȱ leben.ȱ NurȱaufȱdieseȱWeiseȱkannȱEinstellungsakzeptanzȱgegenüberȱselbstȱ initiiertemȱWandelȱaufgebautȱwerden.ȱȱ
Nach der Übernahme des Vorstandsvorsitzes der LINDE AG stellte Wolfgang Reitzle Anfang 2003 die Weichen für einen weitgehenden Umbau des Traditionskonzerns. Auf Reitzles Initiative wurden alle Führungskräfte überprüft, Schlüsselpositionen neu besetzt und eine neue Personalentwicklungsstrategie verabschiedet. Auch die systematische Schulung der Mitarbeiter nach dem Six Sigma Konzept und die Einführung der Balanced Scorecard zur Steuerung der Geschäftsprozesse nach einheitlichen Kennzahlen und Messgrößen trugen zur Verbesserung der Wandlungsfähigkeit bei. Auch wenn Wolfgang Reitzle die anschließenden Konzepte eher direktiv implementierte, so wurden mit diesem Enabling-Prozess die Voraussetzungen geschaffen, um mit der Unterstützung der Mitarbeiter einen bemerkenswerten Wachstumssprung hinzulegen und die Marktkapitalisierung zu verdoppeln (Quelle: FAZ vom 18.10.2004; FAZ am Sonntag vom 29.01.2006; www.linde.de).
NebenȱdenȱpersonellenȱsindȱauchȱdieȱorganisatorischenȱundȱinfraȬ strukturellenȱVoraussetzungenȱfürȱEigeninitiativeȱzuȱschaffen.ȱAnȬ satzpunkteȱ hierfürȱ liefernȱ dieȱ Inhaltstheorienȱ derȱ Motivationȱ (vgl.ȱ Bachȱ etȱ al.ȱ 2002).ȱ Gemäßȱ demȱ Defizitprinzipȱ (vgl.ȱ Maslowȱ 1970)ȱ motivierenȱ nurȱ solcheȱ Bedürfnisse,ȱ dieȱ nochȱ nichtȱ befriedigtȱ sind.ȱ Demzufolgeȱ istȱ zunächstȱ durchȱ dieȱ Gestaltungȱ derȱ ArbeitsbedinȬ gungenȱ sicherzustellen,ȱ dassȱ insbesondereȱ Sicherheitsbedürfnisseȱ undȱ sozialeȱ Anerkennungȱ gegebenȱ sind.ȱ Herzbergȱ (vgl.ȱ 1968)ȱ beȬ schreibtȱ diesȱ alsȱ dasȱ Einhaltenȱ vonȱ Hygienebedingungen,ȱ ohneȱ dieȱ keineȱ Eigeninitiativeȱ gedeihenȱ kann.ȱ Inȱ mentalenȱ Modellenȱ arguȬ mentiert,ȱresultiertȱausȱderȱSicherstellungȱderȱBasisbedürfnisseȱeineȱ Umbewertungȱ derȱ Alternativenȱ inȱ denȱ Entscheidungsmodellen.ȱ Wandelȱ wirdȱ soȱ wenigerȱ risikoreich.ȱ Zuȱ denȱ entsprechendenȱ MaßȬ nahmenȱzähltȱnichtȱzuletztȱdieȱGewährungȱzeitlicherȱundȱfinanzielȬ
195ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
lerȱ Freiräume.ȱ Eigeninitiativeȱ außerhalbȱ derȱ Linienaufgabenȱ mussȱ erlaubtȱ sein,ȱ damitȱ dieȱ Befriedigungȱ derȱ Sicherheitsbedürfnisseȱ nichtȱgefährdetȱist.ȱAusȱgleichemȱGrundȱmussȱinȱgewissemȱUmfangȱ Zugangȱ zuȱ finanziellenȱ Mittelnȱ bestehen.ȱ Erstȱ wennȱ dieseȱ AusȬ gangsbedingungenȱ geschaffenȱ sind,ȱ könnenȱ dieȱ sog.ȱ Motivatorenȱ ihreȱWirkungȱentfalten.ȱHierunterȱfallenȱnachȱdenȱUntersuchungenȱ vonȱHerzbergȱvorȱallemȱdieȱAufgabenorientierungȱundȱdieȱAnerkenȬ nungȱindividuellerȱLeistungȱdurchȱdieȱFührungskräfte.ȱȱ
Ein gutes Beispiel für Eigeninitiative der Mitarbeiter fördernde organisatorische und infrastrukturelle Voraussetzungen liefert das Unternehmen GOOGLE. Damit die Produktpipeline nicht abreißt, haben die mehr als 1.000 Entwickler einen Tag in der Woche keine andere Aufgabe, als über neue Produkte nachzudenken (Quelle: FAZ vom 30.01.2006).
Checkliste organisatorische und personelle Voraussetzungen Welche Ausgangsbasis liegt hinsichtlich des Mitarbeiterstamms vor? Sitzen an den wichtigen Stellen die richtigen Leute? Wie ist es um die Eignung der Führungskräfte bestellt? Welche Sachverhalte führen zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern? Wie können diese Dinge abgestellt werden, um hygienische Bedingungen zu schaffen? Wie stark sind die Mitarbeiter ausgelastet? Sind genügend zeitliche Freiräume für Eigeninitiative vorhanden? Ist in den Budgets Spielraum für Experimente? Lässt das Berichtswesen eine Mittelverwendung für Eigeninitiative zu? Besteht bei guten Ideen die Möglichkeit, ein Innovationsbudget einzufordern und Unterstützung durch einen Sponsor zu bekommen?
5.4.2
Durchsetzung nach Genehmigung durch das Topmanagement
BeiȱgegebenenȱVoraussetzungenȱzeigenȱfähigeȱMitarbeiterȱInitiative,ȱ bildenȱWandlungskoalitionenȱundȱerarbeitenȱKonzepte.ȱInȱderȱRegelȱ existierenȱ mehrereȱ dieserȱ Koalitionenȱ parallel,ȱ dieȱ fürȱ alternativeȱ Wandlungsoptionenȱ Vorstudienȱ ausarbeiten.ȱ Tiefȱ greifenderȱ WanȬ delȱimȱSinneȱeinerȱstrategischenȱErneuerungȱistȱjedochȱsehrȱressourȬ cenaufwändig.ȱ Fürȱ eineȱ unternehmungsweiteȱ Umsetzungȱ undȱ
196ȱ
Maßnahmen zur Verhaltensänderung bei Bottom up-Vorgehen
5.4
Durchsetzungȱ einesȱ derȱ vorgeschlagenenȱ Konzepteȱ mussȱ dasȱ TopȬ managementȱRessourcenȱbewilligen.ȱEineȱvonȱderȱUnternehmungsȬ basisȱgetriebeneȱstrategischeȱErneuerungȱohneȱGenehmigungȱdurchȱ dasȱ Topmanagementȱ istȱ schlichtwegȱ unmöglich.ȱ Dieȱ ManagementȬ herausforderungȱbestehtȱdarin,ȱimȱSinneȱderȱUnternehmungsstrateȬ gieȱkompatibleȱProgrammeȱauszuwählenȱundȱeinenȱzielorientiertenȱ EinsatzȱderȱMittelȱsicherzustellen.ȱȱ
Bei GOOGLE ist der gesamte Innovationsprozess auf Chefentwicklerin Marissa Meyer zugeschnitten. „Es ist mein Job, die Vorschläge zu prüfen, Verbesserungsvorschläge zu machen und zu schauen, ob die Produkte in unsere Strategie passen. […] Wir entwickeln Dienste, die uns helfen, die Informationen der Welt zu organisieren. Wir sind und bleiben eine Suchmaschine.“ Maßgeblich geleitet von dieser Unternehmungsmission entscheidet sie, welche Ideen den GOOGLE-Gründern vorgestellt werden (Quelle: FAZ vom 30.01.2006).
EinȱwichtigesȱKriteriumȱbeiȱderȱBewertungȱundȱAuswahlȱderȱvorgeȬ stelltenȱAlternativenȱsindȱnebenȱderȱWertebasisȱderȱUnternehmungȱ –ȱexplizitȱoderȱimplizitȱ–ȱimmerȱauchȱdieȱhandelndenȱPersonen,ȱdieȱ fürȱ einȱ Konzeptȱ stehen.ȱ Beiȱ NichtȬGenehmigungȱ einesȱ ausgearbeiȬ tetenȱ Konzeptsȱ verlassenȱ oftmalsȱ ganzeȱ Teamsȱ dieȱ Unternehmungȱ undȱ suchenȱ ihrenȱ persönlichenȱ Erfolgȱ inȱ derȱ unternehmerischenȱ Selbständigkeit.ȱ Abgesehenȱ vonȱ denȱ inhaltlichenȱ Aspektenȱ sindȱ deshalbȱ beiȱ derȱAuswahlȱ derȱ weiterȱ zuȱ verfolgendenȱ Konzepteȱ dieȱ aufgrundȱ derȱ personellenȱ Besetzungenȱ zuȱ erwartendenȱ WiderstänȬ deȱundȱVerlusteȱzuȱberücksichtigen.ȱEineȱgoldeneȱEntscheidungsreȬ gelȱ fürȱ diesenȱ Fallȱ gibtȱ esȱ nicht.ȱ Werȱ sichȱ imȱ erstenȱ Schrittȱ fürȱ einȱ BottomȱupȬVorgehenȱ entscheidet,ȱ fördertȱ Eigeninitiativeȱ derȱ MitarȬ beiter,ȱ dieȱ beiȱ NichtȬGenehmigungȱ bisȱ zumȱ Schrittȱ inȱ dieȱ SelbstänȬ digkeitȱderȱInitiativeȱführenȱkann.ȱȱ
197ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Checkliste Ressourcenzuweisung Welche Konzepte unterstützen die verfolgte Unternehmungsstrategie? Sprechen die Potentiale eines der Konzepte für ein Überdenken der Unternehmungsstrategie? Sind die Annahmen, die dem business case zugrunde liegen, realistisch? Liegen Studien (Zahlen, Daten, Fakten) vor, die dies bestätigen? Bestehen Zielkonflikte zwischen Konzepten aus der engeren Auswahl? Besteht die Gefahr, dass bei Nicht-Genehmigung ihres Konzepts wichtige Personen die Unternehmung verlassen? Welche Folgen hätte der Weggang dieser Schlüsselpersonen zum einen für die Weiterentwicklung der Unternehmung, zum anderen für die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter?
DasȱBeispielȱGOOGLEȱzeigt,ȱdassȱeinȱeindeutigerȱAuftragȱinȱderȱUnȬ ternehmungsmissionȱ –ȱ toȱ organizeȱ theȱ worldȇsȱ informationȱ andȱ makeȱ itȱ universallyȱ accessibleȱ andȱ usefulȱ –ȱ denȱ Mitarbeiternȱ nichtȱ nurȱ Orientierungȱ sondernȱ auchȱ Identifikationsbasisȱ bietenȱ kann.ȱ DurchȱeineȱsolchȱklarȱumrisseneȱWertebasis,ȱeineȱdaraufȱabgestimmȬ teȱ Strategieȱ undȱ einȱ Meilensteinreportingȱ währendȱ derȱ KonzipieȬ rungsphaseȱkannȱeinemȱAbwandernȱderȱLeistungsträgerȱweitestgeȬ hendȱ vorgebeugtȱ werden.ȱ Zusätzlichȱ sollteȱ alsȱ Teilȱ desȱ EnablingȬ Prozessesȱ oderȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Verstetigungȱ einȱ Retentionȱ ManaȬ gementȱaufgebautȱwerden.ȱImȱIdealfallȱgelingtȱes,ȱdieȱMitarbeiterȱsoȱ starkȱanȱdieȱUnternehmungȱzuȱbinden,ȱdassȱsieȱihreȱeigeneȱWeiterȬ entwicklungȱnichtȱanȱeinzelneȱProjekteȱknüpfen.ȱȱ Auchȱ beiȱ BottomȱupȬImplementierungȱ erfolgtȱ dieȱ flächendeckendeȱ RealisierungȱdesȱWandlungskonzeptsȱerstȱinȱderȱUmsetzungsphase.ȱ Dieȱ Überwindungȱ derȱ Trägheitȱ derȱ Masseȱ istȱ inȱ derȱ Regelȱ jedochȱ mitȱ wenigerȱ Ressourcenȱ zuȱ bewerkstelligenȱ alsȱ beiȱ Topȱ downȬ Vorgehen.ȱ Daȱ dieȱ Betroffenenȱ dasȱ Konzeptȱ selbstȱ initiiertȱ undȱ ausȬ gearbeitetȱ haben,ȱ kannȱ davonȱ ausgegangenȱ werden,ȱ dassȱ wenigerȱ ungeahnteȱ Fallstrickeȱ imȱ Wegȱ liegen.ȱ Dieseȱ Tatsacheȱ sollteȱ auchȱ inȱ derȱ Kommunikationȱ genutztȱ werden,ȱ soȱ dassȱ inȱ denȱ Augenȱ derȱ BetroffenenȱeineȱBlockadehaltungȱeinemȱVerratȱanȱderȱeigenenȱIdeeȱ oderȱzumindestȱderȱeigenenȱMannschaftȱgleichȱkommenȱwürde.ȱ Weitereȱ ZugȬȱ undȱ Druckkräfteȱ zurȱ Mobilisierungȱ derȱ Masseȱ lassenȱ sichȱ durchȱ Einsatzȱ derȱ Mitarbeiterȱ ausȱ derȱ ursprünglichenȱ WandȬ lungskoalitionȱ inȱ derȱ Projektorganisationȱ aufbringen.ȱ Solcheȱ ProȬ
198ȱ
Förderung und Erhalt von Organisationaler Energie
5.5
jektȬȱundȱTeilprojektleiterȱsindȱdieȱbestenȱFachpromotoren,ȱdieȱmanȱ sichȱ wünschenȱ kann.ȱ Gleichzeitigȱ istȱ vonseitenȱ desȱ TopmanageȬ mentsȱ dieȱ volleȱ Unterstützungȱ imȱ Sinneȱ desȱ Machtpromotorsȱ siȬ cherzustellen.ȱInȱAbhängigkeitȱvomȱInhaltȱundȱAusmaßȱdesȱzuȱdeȬ ckendenȱ Wandlungsbedarfsȱ kannȱ auchȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ ProzessȬȱ undȱ Beziehungspromotorenȱ sinnvollȱ sein.ȱ Fürȱ dieȱ Rolleȱ desȱ ProȬ zesspromotorsȱ fehltȱ inȱ derȱ Praxisȱ oftmalsȱ einȱ geeigneterȱ internerȱ Kandidat,ȱderȱüberȱdieȱzurȱSteuerungȱdesȱTransformationsprozessesȱ notwendigenȱ MethodenȬȱ undȱ Kommunikationsfähigkeitenȱ verfügt.ȱ DieȱStelleȱeinesȱChiefȱRestructuringȱOfficersȱwirdȱdaherȱnichtȱseltenȱ externȱ mitȱ Managernȱ mitȱ Großprojekterfahrungȱ oderȱ ehemaligenȱ Unternehmungsberaternȱ besetzt.ȱ Betrifftȱ dieȱ strategischeȱ ErneueȬ rungȱ auchȱ dieȱ LieferantenȬȱ undȱ Kundenbeziehungen,ȱ kannȱ fürȱ dieȱ Netzwerkpflegeȱ undȱ dieȱ Kommunikationȱ mitȱ denȱ externenȱ AnȬ spruchsgruppenȱ zusätzlichȱ dieȱ Rolleȱ einesȱ Beziehungspromotorsȱ besetztȱ werden.ȱ Geeignetȱ sindȱ hierfürȱ externeȱ Branchenexperten,ȱ dieȱ aufgrundȱ ihrerȱ Expertiseȱ beiȱ allenȱ BetroffenenȱAutoritätȱ genieȬ ßenȱundȱimȱRahmenȱdesȱTransformationsprozessesȱ–ȱoftȱnurȱnebenȬ amtlichȱ–ȱdieȱKommunikationȱzwischenȱdenȱParteienȱsicherstellen.ȱȱ
5.5
Förderung und Erhalt von Organisationaler Energie
5.5.1
Energieverläufe in Wandlungsprozessen
Promotorenȱ undȱ Opponentenȱ bildenȱ imȱ Wandelȱ einȱ Kraftfeldȱ derȱ Implementierungȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 4).ȱ InȱAbhängigkeitȱ vonȱArtȱ undȱ UmȬ fangȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ undȱ denȱ mitȱ demȱ Wandlungskonzeptȱ verbundenenȱ Zukunftsaussichtenȱ werdenȱ dieȱ AuseinandersetzunȬ genȱinȱunterschiedlicherȱIntensitätȱundȱQualitätȱgeführt.ȱWieȱinȱderȱ MechanikanalogieȱbenötigtȱesȱauchȱimȱUnternehmungswandelȱeineȱ nichtȱ unbeträchtlicheȱ Energie,ȱ umȱ Wandelȱ herbeizuführen.ȱ Derȱ LaȬ geȬȱundȱBewegungsenergieȱinȱderȱPhysikȱstehenȱimȱsozialenȱSystemȱ Unternehmungȱ verschiedeneȱ Zuständeȱ Organisationalerȱ Energieȱ gegenüber.ȱ
199ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Organisationaleȱ Energieȱ istȱ dieȱ Kraft,ȱ mitȱ derȱ eineȱ UnternehȬ mungȱ zielgerichtetȱ Dingeȱ bewegt.ȱ Dieȱ Stärkeȱ derȱ OrganisatioȬ nalenȱEnergieȱzeigt,ȱinȱwelchemȱAusmaßȱdieȱvorhandenȱPotenȬ tialeȱmobilisiertȱwurdenȱ(vgl.ȱBruch/Vogelȱ2005,ȱS.ȱ31).ȱ AnhandȱderȱbeidenȱDimensionenȱIntensitätȱundȱQualitätȱkönnenȱdieȱ Zuständeȱ derȱ korrosivenȱ Energie,ȱ derȱ resignativenȱ Trägheit,ȱ derȱ angenehmenȱ Trägheitȱ undȱ derȱ produktivenȱ Energieȱ unterschiedenȱ werdenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5/6,ȱBruch/Vogelȱ2005,ȱS.ȱ42).ȱȱ WesentlichesȱMerkmalȱkorrosiverȱEnergieȱistȱeineȱzwarȱhoheȱIntenȬ sität,ȱ dieȱ Potentialeȱ werdenȱ aberȱ nichtȱ imȱ Sinneȱ derȱ UnternehȬ mungszieleȱ produktivȱ genutzt.ȱ Dieȱ Mitarbeiterȱ verwendenȱ einenȱ GroßteilȱihrerȱEnergieȱfürȱinterneȱGrabenkriege,ȱSpekulationenȱundȱ mikropolitischeȱ Auseinandersetzungen.ȱ Teilbereicheȱ derȱ UnternehȬ mungȱ schwächenȱ sichȱ gegenseitigȱ undȱ verhindernȱ gemeinsameȱ Aktivitäten,ȱanstelleȱvereintȱdieȱUnternehmungȱvoranȱzuȱbringen.ȱȱ Imȱ Zustandȱ derȱ resignativenȱ Trägheitȱ sindȱ dieȱ Potentialeȱ nurȱ inȱ geringerȱ Intensitätȱ aktiviert.ȱ Dasȱ Interesseȱ amȱ UnternehmungsgeȬ schehenȱ istȱ niedrig,ȱ entsprechendȱ seltenȱ sindȱ auchȱ diesbezüglicheȱ KommunikationsȬȱ undȱ Interaktionstätigkeitenȱ zwischenȱ denȱ MitarȬ beitern.ȱ Typischeȱ Emotionenȱ sindȱ dieȱ derȱ Frustrationȱ undȱ EnttäuȬ schungȱbisȱhinȱzurȱinnerenȱKündigung.ȱDieȱgesamteȱUnternehmungȱ istȱdaherȱvonȱeinerȱgewissenȱLethargieȱgekennzeichnet.ȱ
200ȱ
Förderung und Erhalt von Organisationaler Energie
5.5 Abbildungȱ5/6ȱ
ZuständeȱOrganisationalerȱEnergieȱȱ
hoch
Korrosive Energie
Produktive Energie
Resignative Trägheit
Angenehme Trägheit
negativ
positiv
Intensität niedrig
Qualität
ȱ
Dieȱ angenehmeȱ Trägheitȱ istȱ geprägtȱ vonȱ Zufriedenheitȱ mitȱ demȱ statusȱ quo,ȱ Wohlbefinden,ȱ geringerȱ Wachsamkeitȱ undȱ schwachenȱ emotionalenȱ Spannungen.ȱ Inȱ diesemȱ Zustandȱ erkennenȱ UnternehȬ mungenȱ Wandlungsbedarfeȱ nurȱ sehrȱ schwer,ȱ sieȱ denkenȱ nichtȱ mitȱ undȱ setzenȱ sichȱ nichtȱ mitȱ denȱ Entwicklungenȱ inȱ ihremȱ WettbeȬ werbsumfeldȱauseinander.ȱ Einȱ Zustandȱ produktiverȱ Energieȱ istȱ gekennzeichnetȱ vonȱ positiverȱ Qualität,ȱgekoppeltȱmitȱhoherȱIntensitätȱderȱEnergie.ȱDiesȱzeigtȱsichȱ sowohlȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Wahrnehmungȱ desȱ WettbewerbsgescheȬ hensȱ wieȱ auchȱ aufȱ dieȱ Geschwindigkeitȱ vonȱ InteraktionsȬȱ undȱ ArȬ beitsprozessen.ȱ Auffallendȱ istȱ weiterhin,ȱ dassȱ inȱ diesenȱ UnternehȬ mungenȱ dieȱ Emotionen,ȱ Aufmerksamkeitȱ undȱ Aktivitätenȱ derȱ Mitarbeiterȱ inȱ dieȱ gleicheȱ Richtungȱ –ȱ nämlichȱ inȱ dieȱ derȱ UnternehȬ mungszieleȱ–ȱgehen.ȱȱ DieȱHerausforderungȱfürȱdasȱWandlungsmanagementȱbestehtȱdarin,ȱ typischeȱ Energiefallenȱ zuȱ vermeidenȱ undȱ dieȱ Unternehmungȱ imȱ richtigenȱ Momentȱ inȱ einenȱ Zustandȱ positiverȱ Energieȱ zuȱ versetzenȱ (vgl.ȱAbb.ȱ5/7,ȱBruch/Vogelȱ2005,ȱS.ȱ82).ȱ
201ȱ
5 Abbildungȱ5/7ȱ
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
DieȱdreiȱtypischenȱEnergiefallenȱȱ
Anhaltender Erfolg in stabilen Wettbewerbssituationen verleitet zum Sturz in die Trägheitsfalle. Angenehme Trägheit tut am Anfang nicht weh, kann aber ebenso wie resignative Trägheit tödlich enden, wenn sie nicht überwunden wird.
Fehlgeleitete oder blockierte Energie und nicht integeres Führungsverhalten sind die typischen Auslöser der Korrosionsfalle.
Permanent hoher Einsatz und steigende Geschwindigkeit von Aktivitäten können in der Beschleunigungsfalle enden. Den Mitarbeitern geht die Energie aus, und ursprünglich positiver Aktionismus endet in resignativer Trägheit.
ȱ
Dieȱ Beschleunigungsfalleȱ zeigt,ȱ dassȱ Menschenȱ nichtȱ permanentȱ wandlungsfähigȱsind.ȱDieȱinȱdiesemȱBuchȱangestrebteȱVerstetigungȱ darfȱdaherȱnichtȱinȱdemȱSinneȱmissverstandenȱwerden,ȱdassȱpermaȬ nentȱ Sprintrennenȱ inȱ höchsterȱ Geschwindigkeitȱ zuȱ bewältigenȱ wäȬ ren.ȱDieȱpermanenteȱWeiterentwicklungȱderȱUnternehmungȱgleichtȱ eherȱ einemȱ dauerhaftenȱ Hindernislauf,ȱ beiȱ demȱ dieȱ GeländebeȬ schaffenheitenȱ zwischenzeitlicheȱ Anstrengungenȱ erfordern,ȱ aberȱ auchȱruhigereȱPhasenȱerlauben.ȱNurȱStillstandȱistȱnichtȱerlaubt.ȱȱ
202ȱ
Derȱ Verlaufȱ derȱ Organisationalenȱ Energieȱ währendȱ einesȱ WandȬ lungsprozessesȱ sollteȱ daherȱ beiȱ erfolgreichemȱ WandlungsmanageȬ mentȱstetsȱimȱpositivenȱBereich,ȱd.h.ȱinȱRichtungȱderȱWandlungszieȬ leȱliegen.ȱInȱderȱInitialisierungsphaseȱwerdenȱaufgrundȱproduktiverȱ Energieȱ Wandlungsbedarfeȱ rechtzeitigȱ erkannt.ȱ Daȱ dieȱ Mitarbeiterȱ dieȱ Notwendigkeitȱ vonȱ Wandelȱ anerkennenȱ undȱ eineȱ verspäteteȱ Reaktionȱ vermiedenȱ werdenȱ konnte,ȱ steigtȱ währendȱ derȱ KonzipieȬ rungȱundȱMobilisierungȱzunächstȱdieȱStimmung.ȱWerdenȱimȱVerlaufȱ derȱ erstenȱ Umsetzungsschritteȱ jedochȱ dieȱ Wandlungsinhalteȱ beȬ kannt,ȱgibtȱesȱinȱderȱRegelȱauchȱVerlierer.ȱDieserȱUmstandȱführtȱzuȱ einemȱAbsinkenȱ derȱ Energieintensität,ȱinȱ dieserȱ Phaseȱ istȱ TrauerarȬ beitȱzuȱleisten,ȱwieȱauchȱimȱBeispielȱdesȱKrankenhausmanagersȱPaulȱ Levyȱdeutlichȱwurde.ȱWichtigȱist,ȱdassȱgleichzeitigȱersteȱWandlungsȬ erfolgeȱerzieltȱwerdenȱundȱgegengesteuertȱwerdenȱkann.ȱGelingtȱesȱ nicht,ȱ dieȱ Grundhaltungȱ unterȱ denȱ Mitarbeiternȱ positivȱ zuȱ halten,ȱ
Förderung und Erhalt von Organisationaler Energie
5.5
kannȱ eineȱ fehlgeschlageneȱ Umsetzungȱ dieȱ Mitarbeiterȱ insȱ Talȱ derȱ Tränenȱ stürzen.ȱ Produktiveȱ Restenergieȱ kannȱ dannȱ schnellȱ inȱ derȱ Korrosionsfalleȱ enden.ȱ Deshalbȱ müssenȱersteȱ Erfolgeȱunbedingtȱalsȱ solcheȱ anerkannt,ȱ gewürdigtȱ undȱ kommuniziertȱ werden,ȱ wasȱ denȱ Aktivierungsgradȱ wiederȱ steigenȱ lässt,ȱ bisȱ hinȱ zurȱ Euphorieȱ desȱ erfolgreichȱumgesetztenȱKonzeptsȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5/8).ȱȱ
Abbildungȱ5/8ȱ
EnergieverlaufȱbeiȱerfolgreichemȱWandlungsmanagementȱ
Intensität und Richtung Organisationaler Energie
positiv
Euphorie
Wandlungsbedarf erkannt stetig positive Grundstimmung
Verlierer im Tal der Tränen
t
negativ
ȱ
Derȱ Zustandȱ derȱ Euphorieȱ lässtȱ sichȱ nichtȱ dauerhaftȱ halten,ȱ dasȱ würdeȱinȱderȱBeschleunigungsfalleȱenden.ȱAnzustrebenȱistȱvielmehr,ȱ dieȱ imȱ Verlaufȱ desȱ Wandelsȱ gewonneneȱ Erfahrungȱ abzuspeichernȱ undȱdieȱzugehörigenȱmentalenȱModelleȱpositivȱassoziiertȱalsȱfestenȱ Bestandteilȱ desȱ Unternehmungsgeschehensȱ zuȱ verankern.ȱ Dasȱ erȬ läuterteȱBeispielȱderȱLUFTHANSAȱzeigtȱdeutlich,ȱwelchenȱNutzenȱdieȱ Unternehmungȱlangfristigȱdarausȱziehenȱkann.ȱȱ
203ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
5.5.2
Competing Commitments produktiv nutzen
Überȱ dieȱ bisherȱ dargestelltenȱ Einstellungenȱ undȱ Verhaltensweisenȱ derȱ Betroffenenȱ undȱ dieȱ Verläufeȱ Organisationalerȱ Energieȱ hinausȱ zeigenȱ häufigȱ einzelneȱ Mitarbeiterȱ individuelleȱ Widerstände,ȱ dieȱ zunächstȱ nichtȱ erklärlichȱ sind.ȱ Einȱ fähigerȱ Mitarbeiterȱ nutztȱ nichtȱ dieȱ Chance,ȱ sichȱ überȱ dieȱ Leitungȱ einesȱ Teilprojektsȱ zuȱ profilieren.ȱ EineȱKollegin,ȱfürȱdieȱdurchȱdasȱWandlungskonzeptȱlangeȱgeäußerteȱ Karrierewünscheȱ offenȱ stehen,ȱ erweistȱ sichȱ entgegenȱ derȱ ErwarȬ tungenȱ nurȱ alsȱ potentielleȱ Promotorin,ȱ dieȱ mitȱ ihremȱ Zögernȱ denȱ Prozessfortschrittȱbremst.ȱWieȱentstehenȱsolcheȱHaltungenȱundȱwieȱ kannȱ damitȱ umgegangenȱ werden?ȱ Auchȱ hierfürȱ findenȱ sichȱ ErkläȬ rungenȱundȱHandlungsstrategienȱinȱderȱTheorieȱmentalerȱModelle.ȱ
„Der wahre Grund, weshalb Mitarbeiter sich nicht ändern“ lautet der vielversprechende Titel eines Harvard Business Artikels (vgl. Kegan/Lahey 2002). Trotz offenkundig hervorragender Fähigkeiten und offen kommunizierter Zustimmung zeigen einzelne Mitarbeiter nicht das erwartete Verhalten, bringen nicht die erwartete Leistung. Kegan/Lahey begründen diesen Widerspruch mit dem einprägsamen Schlagwort der „competing commitments“. Probleme und Herausforderungen treten eben gerade nicht isoliert und zeitlich entzerrt auf. Sie verlangen von den Betroffenen Priorisierungen und Entscheidungen. Stehen einzelne Aufträge in Konkurrenz zueinander, kommt es oftmals zu inneren Patt-Situationen. Die Betroffenen sehen sich außerstande, den entscheidenden Schritt zur Fortsetzung eines Projekts zu gehen, da dies einem Bruch mit einer anderen Verpflichtung gleichkommen würde. Bestes Beispiel für competing commitments ist die Problematik der „work-life-balance“. Beruflich spricht alles für die Übernahme einer herausfordernden Aufgabe. Die Kandidatin sagt zu, zeigt aber nicht das erwartete Engagement und die gewünschte Leistung. Die Ursachen liegen oftmals in einem competing commitment gegenüber dem Partner und der Familie. Diese gilt es herauszufinden. Nur wenn die Zielkonkurrenz offen liegt, kann eine bewusste Entscheidung getroffen werden, die für alle Beteiligten Planungssicherheit gewährleistet (vgl. Kegan/Lahey 2002, S. 88ff.).
Dieȱ imȱ Harvardȱ Businessȱ Artikelȱ beschriebenenȱ competingȱ comȬ mitmentsȱerklärtȱdieȱTheorieȱderȱmentalenȱModelleȱausȱderȱIdentiȬ tätȱ derȱ handelndenȱ Personen.ȱ Fürȱ dieȱ workȬlifeȬbalanceȱ heißtȱ das:ȱ Binȱ ichȱ inȱ ersterȱ Linieȱ Familienmenschȱ oderȱ demȱ Wohlȱ desȱArbeitȬ gebersȱverpflichteterȱMitarbeiter?ȱAuchȱdieȱPolitikȱliefertȱprägnanteȱ Beispiele.ȱ Imȱ Herbstȱ 2001ȱ lagȱ imȱ Bundesratȱ einȱ vonȱ derȱ SPDȬ BundesregierungȱeingebrachterȱEntwurfȱzuȱeinemȱneuenȱEinwandeȬ
204ȱ
Förderung und Erhalt von Organisationaler Energie
5.5
rungsgesetzȱzurȱAbstimmungȱvor.ȱ31ȱvonȱ35ȱnotwendigenȱStimmenȱ galtenȱ alsȱ sicher,ȱ entscheidenȱ würdeȱ dieȱ Stimmabgabeȱ vonȱ BranȬ denburgȱ undȱ Bremen.ȱ Unterȱ besonderemȱ Druckȱ standȱ BrandenȬ burgsȱInnenministerȱJörgȱSchönbohmȱ(CDU).ȱEinerseitsȱstandȱmitȱderȱ Loyalitätȱ gegenüberȱ derȱ SPDȱ dieȱ großeȱ Koalitionȱ derȱ LandesregieȬ rungȱ inȱ Frage,ȱ andererseitsȱ sprachenȱ dieȱ eigeneȱ Überzeugungȱ undȱ dasȱParteibuchȱgegenȱdieȱAnnahmeȱdesȱGesetzentwurfs.ȱDerȱKoaliȬ tionsvertragȱsahȱvor,ȱsichȱbeiȱUneinigkeitȱinnerhalbȱderȱKoalitionȱbeiȱ einerȱ Abstimmungȱ imȱ Bundesratȱ zuȱ enthalten.ȱ Alsȱ MinisterpräsiȬ dentȱManfredȱStolpeȱmitȱ„Ja“ȱstimmte,ȱmeldeteȱsichȱauchȱSchönbohmȱ lautȱ mitȱ „Nein“ȱ zuȱ Wort,ȱ womitȱ derȱ innereȱ Konfliktȱ Schönbohmsȱ nochȱ einmalȱ fürȱ dieȱ breiteȱ Öffentlichkeitȱ hörbarȱ wurde.ȱ Vomȱ BunȬ desratspräsidentenȱgewertetȱfürȱdieȱAbstimmungȱwurdeȱmitȱvierfaȬ cherȱ Gewichtungȱ dasȱ „Ja“ȱ vonȱ Ministerpräsidentȱ Manfredȱ Stolpe.ȱ BundespräsidentȱRauȱunterzeichneteȱdasȱGesetzȱamȱ20.06.2002.ȱ DasȱWissenȱumȱdieȱausȱkonkurrierendenȱIdentitätenȱresultierendenȱ innerenȱ Spannungenȱ hatȱ handfesteȱ Konsequenzenȱ fürȱ dasȱ WandȬ lungsmanagement.ȱBeiȱjederȱBesetzungȱvonȱFührungspositionenȱimȱ WandlungsprogrammȱsollteȱbeiȱderȱPersonalauswahlȱdieȱindividuelȬ leȱSituationȱmitȱdenȱBetroffenenȱdurchgesprochenȱwerden.ȱVonȱäuȬ ßersterȱBedeutungȱistȱdabeiȱeinȱwertschätzenderȱUmgangȱmiteinanȬ der,ȱ derȱ esȱ allenȱ Beteiligtenȱ erlaubt,ȱ ihrȱ Gesichtȱ zuȱ wahren.ȱ Dieȱ ehrlichȱausgesprocheneȱAblehnungȱeinesȱProjektauftragsȱdurchȱdenȱ WunschkandidatenȱistȱimȱVergleichȱzuȱeinerȱhalbherzigenȱoderȱgarȱ mangelhaftenȱAuftragserfüllungȱ dieȱ fürȱ alleȱ Beteiligtenȱ bessereȱ LöȬ sung.ȱ Oftmalsȱ könnenȱ vorhandeneȱ Spannungenȱ auchȱ produktivȱ genutztȱ werden,ȱ wennȱ derȱ betreffendeȱ Mitarbeiterȱ eineȱ andereȱ alsȱ dieȱ ursprünglichȱ geplanteȱ Rolleȱ übernimmt,ȱ dieseȱ aberȱ mitȱ vollemȱ EngagementȱimȱSinneȱdesȱWandlungsprogrammsȱausfüllt.ȱ
205ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
Checkliste Competing Commitments Welche Aufgabeninhalte aus dem Wandlungsprogramm könnten potentiell zu Zielkonflikten führen? Wie genau lauten die konkurrierenden Ziele? Welcher der Kandidaten für eine Position im Wandlungsprogramm könnte sich mit den konkurrierenden Zielen identifizieren? Welche Brücken können einem Kandidaten im Auswahlgespräch gebaut werden, über die er ohne Gesichtsverlust den Projektauftrag ablehnen kann? Wie kann die Absage wichtiger Schlüsselpersonen zur Mitarbeit im Projekt schadensbegrenzend kommuniziert werden? Ist die betreffende Person bereit, an dieser Kommunikation mitzuwirken, z.B. als Sender? Welche der betroffenen Personen verhalten sich anders als erwartet? Welche Anhaltspunkte im Lebenslauf der Betroffenen gibt es, die zu identitätsbedingten Spannungen führen könnten? Anhand welcher konkreten Vorfälle kann das wandlungshemmende Verhalten der Betroffenen angesprochen werden? Ergeben sich aus diesen Vorfällen Hinweise auf konkurrierende Ziele? Welche Kompensationsgeschäfte können den Betroffenen angeboten werden, um eine Verschiebung der Prioritäten zugunsten des Wandels zu erzielen? Welche alternativen Positionen in der Unternehmung gibt es, die für die Betroffenen weniger konfliktbehaftet sind?
FürȱdenȱUmgangȱmitȱscheinbarȱunwilligenȱBetroffenenȱinȱderȱUmȬ setzungsȬȱ undȱ Verstetigungsphaseȱ giltȱ dieȱ gleicheȱ HandlungsempȬ fehlung.ȱOffeneȱGesprächeȱundȱNachfragenȱhelfen,ȱdieȱoftmalsȱunȬ bewussteȱ Entscheidungssituationȱ zuȱ verstehenȱ undȱ Lösungenȱ aufzuzeigen.ȱ Inȱ derȱ Regelȱ sindȱ dieȱ Betroffenenȱ dankbar,ȱ dassȱ derȱ innereȱKonfliktȱzuȱTageȱkommt,ȱdaȱsieȱdieȱStillstandssituationȱselbstȱ alsȱ unbefriedigendȱ erleben.ȱ Durchȱ Kompensationsgeschäfteȱ undȱ Aufzeigenȱ vonȱ Sanktionenȱ kannȱ hoffentlichȱ eineȱ Entscheidungȱ fürȱ denȱ Wandelȱ herbeigeführtȱ werden.ȱ Dieȱ vermeintlichenȱ Bremserȱ erweisenȱ sichȱ dannȱ imȱ Nachhineinȱ alsȱ treibendeȱ Kräfte.ȱ Fürȱ denȱ Fall,ȱ dassȱ dieȱ Entscheidungȱ gegenȱ einȱ Mittragenȱ desȱ Wandelsȱ fällt,ȱ istȱ eineȱ Versetzungȱ desȱ Betreffendenȱ inȱ einenȱ anderenȱ UnternehȬ mungsbereich,ȱeventuellȱauchȱeineȱTrennungȱimȱgegenseitigenȱEinȬ vernehmen,ȱ angeraten.ȱ Auchȱ wennȱ dieȱ persönlicheȱ Entscheidungȱ desȱMitarbeitersȱgegenȱdenȱWandelȱgefallenȱist,ȱbleibtȱerȱeinȱwichtiȬ gerȱMultiplikator,ȱdessenȱMeinungȱbeiȱseinenȱKollegenȱgehörtȱwird.ȱ
206ȱ
Zusammenfassung
5.6
Zurȱ Absicherungȱ derȱ Akzeptanzȱ istȱ deshalbȱ einȱ wertschätzenderȱ undȱfairerȱUmgangȱauchȱmitȱdenȱoffenenȱOpponentenȱäußerstȱwichȬ tig.ȱȱ Ähnlichȱ derȱ Empfehlungenȱ beimȱ TopȱdownȬVorgehenȱ istȱ auchȱ beiȱ derȱLösungȱindividuellerȱZielkonflikteȱeineȱexȬpostȱVerifikationȱdesȱ gezeigtenȱVerhaltensȱanzustreben.ȱZielȱistȱes,ȱdieȱerlebteȱKonfliktsiȬ tuation,ȱ denȱ wertschätzendenȱ Umgangȱ undȱ dieȱ erfahreneȱ UnterȬ stützungȱalsȱpositiveȱErfahrungenȱmitȱdemȱArbeitgeberȱinȱdenȱmenȬ talenȱ Modellenȱ zuȱ verankern.ȱ Selbstȱ wennȱ inȱ derȱ konkretenȱ Wandlungssituationȱ keinȱ Einvernehmenȱ erzieltȱ wurde,ȱ soȱ könnenȱ innereȱSpannungenȱaufȱdieseȱWeiseȱzumindestȱlangfristigȱdochȱproȬ duktivȱgenutztȱwerden.ȱȱ
5.6
Zusammenfassung
Wandlungsprogrammeȱ verursachenȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ inȬ terneȱKräfteȱundȱSpannungenȱunterȱdenȱBetroffenen.ȱUmȱdieseȱ Kräfteȱ undȱ Spannungszuständeȱ produktivȱ zuȱ nutzen,ȱ gestattetȱ dieȱ ausȱ derȱ Psychologieȱ stammendeȱ Theorieȱ mentalerȱ Modelleȱ eineȱ Ableitungȱ konkreterȱ Handlungsempfehlungenȱ fürȱ dasȱ Wandlungsmanagement.ȱ Mentaleȱ Modelleȱ alsȱ vereinfachendeȱ AbbildungenȱimȱKopfȱeinesȱMenschenȱprägenȱdieȱEinstellungsȬȱ undȱVerhaltensakzeptanzȱderȱvomȱWandelȱBetroffenen.ȱ
BeiȱeinerȱTopȱdownȬImplementierungȱgiltȱes,ȱAbwehrreaktionenȱ vorherzusehenȱundȱinȱdenȱGeneralplanȱdesȱManagementsȱzuȱinȬ tegrieren.ȱ Aufgrundȱ einerȱ gezieltȱ ausgestaltetenȱ AktivierungssiȬ tuationȱkönnenȱÜberraschungseffekteȱerzieltȱundȱkurzfristigȱpoȬ sitiveȱVerhaltensakzeptanzȱerreichtȱwerden.ȱErzielteȱWandlungsȬ erfolgeȱ führenȱ anschließendȱ zuȱ positiverȱ Einstellungsakzeptanz.ȱ Hinsichtlichȱ derȱ Verankerungȱ derȱ Wandlungsergebnisseȱ solltenȱ dieȱBetroffenenȱexȬpostȱeineȱProblemerkennungȱdurchlaufenȱundȱ dasȱdirektiveȱVorgehenȱalsȱrichtigeȱMaßnahmeȱdesȱManagementsȱ verinnerlichen.ȱ
BottomȱupȬVorgehenȱistȱnurȱmöglich,ȱwennȱbereitsȱimȱVorfeldȱinȱ einemȱ EnabligȬProzessȱ dieȱ personellen,ȱ organisatorischenȱ undȱ infrastrukturellenȱ Voraussetzungenȱ geschaffenȱ wurden.ȱ Durchȱ
207ȱ
5
Einstellungen und Verhalten der betroffenen Mitarbeiter
klareȱKommunikationȱderȱStrategieȱundȱderȱPflichtȱzuȱfrühzeitiȬ gemȱReportingȱwerdenȱdieȱInitiativenȱderȱMitarbeiterȱinȱderȱIniȬ tialisierungsȬȱ undȱ derȱ Konzipierungsphaseȱ inȱ dieȱ richtigeȱ RichȬ tungȱ gelenkt.ȱ Fürȱ dieȱ anschließendeȱ Mobilisierungȱ undȱ Umsetzungȱistȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ Mitarbeiternȱ derȱ ursprünglichenȱ WandlungskoalitionȱalsȱFachpromotorenȱinȱderȱProjektorganisaȬ tion,ȱdieȱUnterstützungȱdesȱalsȱMachtpromotorȱagierendenȱTopȬ managementsȱ sowieȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ ProzessȬȱ undȱ BeziehungsȬ promotorenȱempfehlenswert.ȱ
AufȱderȱkollektivenȱEbeneȱgelingtȱesȱeinemȱerfolgreichenȱWandȬ lungsmanagement,ȱdieȱOrganisationaleȱEnergieȱimȱKraftfeldȱderȱ Implementierungȱ sowohlȱ vonȱ derȱ Intensitätȱ herȱ alsȱ auchȱ inȱ derȱ Qualitätȱ zumȱ Erfolgȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ zuȱ steuern.ȱ Hierzuȱ sindȱ insbesondereȱ dieȱ dreiȱ typischenȱ Energiefallen,ȱ dieȱ Trägheitsfalle,ȱ dieȱ Korrosionsfalleȱ undȱ dieȱ Beschleunigungsfalleȱ zuȱvermeiden.ȱ
Individuelleȱ Widerständeȱ könnenȱ überwundenȱ werden,ȱ indemȱ denȱbetroffenenȱMitarbeiternȱinȱpersönlichenȱGesprächenȱgeholȬ fenȱwird,ȱcompetingȱcommitmentsȱzuȱidentifizierenȱundȱpersönȬ licheȱZielkonflikteȱzuȱlösen.ȱȱ
208ȱ
Organisatorische Verankerung des Wandlungsmanagements
6.1
ȱ
Projekt- und Programm-Management Carsten R. Brehm / Sven Hackmann / Dietgard Jantzen-Homp ȱ
Kapitel 6
ȱ
209ȱ
Organisatorische Verankerung des Wandlungsmanagements
6.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 6 Im folgenden Kapitel geht es nicht darum, eine kurz gefasste Darstellung des herkömmlichen Projekt- und Programm-Managements zu geben. Vielmehr sollen die organisatorischen Fragen von Projekten und Programmen als Kernstück der entsprechenden Managementaufgaben näher beleuchtet werden. Die Bedeutung einer klaren und straffen Organisation des Wandels darf nicht unterschätzt werden. Es gilt zunächst, den in Kapitel 2 beschriebenen Wandlungsprozessen eine aufbauorganisatorische Struktur zu geben, die mit der Primärorganisation des Tagesgeschäfts möglichst wirkungsvoll verzahnt ist. Die Probleme und organisatorischen Lösungen für die fünf Phasen des Transformationsprozesses werden im Einzelnen dargestellt. Sodann muss dem Anspruch Rechnung getragen werden, dass Wandel zu einer Daueraufgabe werden soll. Dies bedeutet, dass die Primärorganisation ihrerseits zu einer flexiblen und damit wandlungs- und lernfähigen Organisation umgebaut werden muss. Die verschiedenen Ansatzpunkte hierfür werden ebenfalls erläutert.
211ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
6.1
Organisatorische Verankerung des Wandlungsmanagements
6.1.1
Tagesgeschäft vs. Wandlungsgeschäft
Tiefȱ greifenderȱ Wandelȱ brauchtȱ eineȱ eigeneȱ Organisation,ȱ alsoȱ Strukturenȱ desȱ Wandelsȱ oderȱ auchȱ Wandlungsplattformen.ȱ StanȬ dardȱ istȱ es,ȱ hierfürȱ derȱ Primärorganisation,ȱ dieȱ dasȱ Tagesgeschäftȱ trägt,ȱeineȱSekundärstrukturȱfürȱdieȱBewältigungȱdesȱTransformatiȬ onsprozessesȱ zurȱ Seiteȱ zuȱ stellen,ȱ z.B.ȱ Projektteams.ȱAllerdingsȱ unȬ terliegtȱ auchȱ dieȱ Primärorganisationȱ selbstȱ wandlungsorientiertenȱ Weiterentwicklungen,ȱ dennȱ permanenterȱ Wandelȱ istȱ nichtȱ alleinȱ durchȱ Sekundärbausteineȱ zuȱ leisten.ȱ Dieȱ Primärorganisationȱ selbstȱ mussȱ zurȱ Wandlungsfähigkeitȱ derȱ Unternehmungȱ beitragen,ȱ alsoȱ ihrerseitsȱflexibelȱundȱwandlungsfähigȱseinȱ(vgl.ȱdazuȱKap.ȱ6.4.2).ȱInȱ solchenȱ Fällenȱ istȱ dieȱ Sekundärorganisationȱ inȱ dieȱ Primärstrukturȱ integriert.ȱ Eineȱ aufbauorganisatorischeȱ Struktur,ȱ inȱ derȱ Bausteineȱ derȱ SekunȬ därorganisationȱ völligȱ fehlen,ȱ istȱ heuteȱ nichtȱ mehrȱ denkbar.ȱ DenȬ nochȱspieltȱdieȱPrimärorganisationȱeineȱerheblicheȱRolleȱfürȱdieȱStaȬ bilitätȱderȱUnternehmung,ȱdennȱeineȱOrganisation,ȱinȱderȱvielesȱinȱ Bewegungȱist,ȱbrauchtȱauchȱHalt.ȱDieȱSekundärorganisationȱschafftȱ Regelungenȱ fürȱ dasȱ ‚Wandlungsgeschäft‘.ȱ Sieȱ istȱ gekennzeichnetȱ durchȱbereichsübergreifende,ȱneuartigeȱAufgabenȱ(Spezialaufgaben,ȱ vgl.ȱ Krügerȱ 2005,ȱ S.ȱ 169),ȱ dieȱ einerȱ Mehrzahlȱ vonȱ Mitarbeiternȱ zurȱ arbeitsteiligenȱ Erfüllungȱ übertragenȱ werden.ȱ Dieseȱ werdenȱ dafürȱ vollständigȱoderȱzeitweiseȱvonȱihrerȱHauptfunktionȱfreigestellt.ȱAlsȱ InitialzünderȱfürȱVeränderungsprozesseȱkönnenȱsolcheȱorganisatoȬ rischenȱBausteineȱwirken,ȱdieȱdurchȱnichtȬständigeȱZusammenarbeitȱ gekennzeichnetȱ sind.ȱ Hierȱ sindȱ Ausschüsse,ȱ (selbststeuernde)ȱ ArȬ beitsgruppenȱ sowieȱ Workshopsȱ zuȱ nennenȱ (vgl.ȱ Krügerȱ 2005,ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ S.ȱ173).ȱEbensoȱistȱAusschussȬȱundȱKommissionsarbeitȱherkömmliȬ chenȱTypsȱ(‚Sitzungen‘)ȱanzutreffen.ȱDieseȱBausteineȱderȱSekundärȬ organisationȱstehenȱallerdingsȱhäufigȱnochȱisoliertȱnebenȱdenȱRegeȬ lungenȱdesȱTagesgeschäftsȱmitȱderȱFolge,ȱdassȱsichȱmitȱdiesenȱAktiȬ vitätenȱ größereȱ Wandlungsbedarfeȱ nichtȱ bewältigenȱ lassen.ȱ Ihreȱ Eignungȱ alsȱ Wandlungsplattformȱ stehtȱ undȱ fälltȱ mitȱ ihrerȱ inhaltliȬ chenȱ Ausgestaltungȱ undȱ personellenȱ Besetzung.ȱ Hinzuȱ tretenȱ müssenȱinsbesondereȱ Arbeitsgruppen,ȱProjektteamsȱ undȱ CommuȬ
212ȱ
Organisatorische Verankerung des Wandlungsmanagements
6.1
nitiesȱ ofȱ Practiceȱ alsȱ möglicheȱ Wandlungsplattformen.ȱ Derartigeȱ EinheitenȱunterstützenȱundȱfördernȱeineȱflexibleȱAusgestaltungȱderȱ Unternehmungȱundȱermöglichenȱdadurchȱauchȱeinȱproaktives,ȱaufȱ denȱWandlungsbedarfȱabgestimmtesȱVerhalten.ȱ FürȱdieȱEntwicklungȱderȱjeweiligenȱUnternehmungȱistȱimȱEinzelfallȱ zusätzlichȱ vonȱ Bedeutung,ȱ obȱ undȱ wieweitȱ Änderungsvorhabenȱ anschließendȱwiederȱinȱdieȱPrimärorganisationȱ‚eindringen’ȱundȱzuȱ einerȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Organisationȱ führen.ȱ Gelingtȱ dies,ȱ dannȱbildetȱdieȱdamitȱgeschaffeneȱProjektȬȱoderȱProgrammorganisaȬ tionȱeinenȱBestandteilȱeinesȱnachhaltigenȱFührungskonzeptes.ȱ
6.1.2
Überwindung von Trägheit als Herausforderung
Dasȱ Bewältigenȱ vonȱ Wandelȱ istȱ inȱ herkömmlichenȱ Organisationenȱ eineȱ Sonderaufgabe.ȱ Sieȱ verlangt,ȱ dassȱ Mitarbeiterȱ ausȱ demȱ TagesȬ geschäftȱ herausgelöstȱ werdenȱ undȱ dassȱ sichȱ dasȱ Tagesgeschäftȱ änȬ dert.ȱ Wandelȱ stehtȱ derȱ täglichenȱ Routineȱ entgegen,ȱ dieȱ einȱ erhebliȬ chesȱ Beharrungsvermögenȱ besitzt.ȱ Dieseȱ Trägheitȱ istȱ ausȱ Sichtȱ derȱ organisatorischenȱ Veränderungȱ dasȱ Problem.ȱ Diesȱ machteȱ bereitsȱ dieȱ Behandlungȱ derȱ verschiedenenȱ Formenȱ derȱ Organisationalenȱ Energieȱdeutlichȱ(vgl.ȱKap.ȱ5.5).ȱZurȱÜberwindungȱvonȱTrägheitȱundȱ zumȱ Erzeugenȱ produktiverȱ Energieȱ könnenȱ Einheitenȱ derȱ SekunȬ därorganisationȱ gebildetȱ werden,ȱ dieȱ zeitlichȱ befristetȱ mitȱ SonȬ deraufgabenȱ betrautȱ werden.ȱ Hierdurchȱ werdenȱ Diskussionenȱ undȱ Problemlösungenȱ abseitsȱ vonȱ Hierarchieȱ undȱ Tagesorganisationȱ ermöglicht.ȱ Soȱ könnenȱ Veränderungenȱ inȱ Gangȱ kommen,ȱ Regelnȱ hinterfragtȱ undȱ Innovationenȱ angeschobenȱ werden.ȱ Dabeiȱ istȱ esȱ zunächstȱeinmalȱvölligȱunwichtig,ȱinȱwelcherȱderȱzahlreichenȱSpielȬ artenȱdieȱZusammenarbeitȱorganisiertȱist.ȱWichtigȱist,ȱdassȱsieȱexisȬ tiertȱ undȱ gefördertȱ wird.ȱ Dieȱ prominentesteȱ Formȱ sindȱ ProjektȬ teams.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ dasȱ Projektȱ undȱ seineȱ Eigenschaftenȱ kurzȱ vorgestelltȱ sowieȱ derȱAufbauȱ undȱ dieȱ Entwicklungȱ einesȱ ProȬ jektteamsȱerläutert.ȱ
213ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
6.2
Projektmanagement und Projektteams als Grundlage
6.2.1
Projekte und Projektmanagement
Projektaufgabenȱ sind,ȱ verglichenȱ mitȱ denȱ Daueraufgabenȱ derȱ UnȬ ternehmung,ȱ relativȱ neuartigȱ undȱ komplex,ȱ oftmalsȱ einmaligȱ undȱ verlangenȱ eineȱ interdisziplinäreȱ Besetzungȱ desȱ Projektteamsȱ (vgl.ȱ Krügerȱ1993a,ȱSp.ȱ3559;ȱFreseȱ2005,ȱS.ȱ512;ȱDINȱ69901).ȱ
Projekteȱ sindȱ Vorhabenȱ mitȱ definiertemȱ Anfangȱ undȱ AbȬ schluss,ȱ dieȱ durchȱ dieȱ Merkmaleȱ zeitlicheȱ Befristung,ȱ EinmaȬ ligkeit,ȱ Komplexitätȱ undȱ Neuartigkeitȱ gekennzeichnetȱ sindȱ undȱeinenȱinterdisziplinärenȱQuerschnittscharakterȱaufweisen.ȱ
Inȱ derȱ Literaturȱ wirdȱ unterȱ demȱ Begriffȱ ‚Projektmanagement’ȱ zumȱ einenȱdieȱGruppeȱderȱTrägerȱvonȱProjektaufgabenȱverstanden,ȱzumȱ anderenȱ wirdȱ esȱ alsȱ Gesamtheitȱ projektbezogenerȱ Aufgabenȱ defiȬ niertȱ (vgl.ȱ Freseȱ 2005,ȱ S.ȱ 513).ȱ Imȱ Folgendenȱ sollȱ ProjektmanageȬ mentȱalsȱOberbegriffȱfürȱalleȱwillensbildendenȱundȱȬdurchsetzendenȱ Aktivitätenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱAbwicklungȱ vonȱ Projektenȱ definiertȱwerdenȱ(vgl.ȱHaberfellnerȱ1992,ȱSp.ȱ2091).ȱProjektmanageȬ mentȱ stelltȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ einzelnenȱ durchzuführendenȱProȬ jektenȱeineȱdauerhafteȱFührungskonzeptionȱdar.ȱ
Projektmanagementȱistȱeinȱfortdauerndes,ȱzeitlichȱnichtȱbefrisȬ tetes,ȱ innovativesȱ Führungskonzeptȱ fürȱ komplexeȱ Vorhabenȱ (vgl.ȱSchröderȱ1970,ȱS.ȱ25;ȱKrügerȱ1994,ȱS.ȱ374).ȱ
Dieȱ organisatorischeȱ Gestaltungȱ desȱ Projektmanagementsȱ umfasstȱ insgesamtȱdreiȱEbenenȱ(vgl.ȱKrügerȱ1994,ȱS.ȱ374f.;ȱReißȱ1995,ȱS.ȱ450;ȱ Krügerȱ2000,ȱS.ȱ285ff.):ȱ
ManagementȱdurchȱProjekte:ȱImȱMittelpunktȱdesȱManagementsȱ
214ȱ
durchȱ Projekteȱ stehtȱ dasȱ Topmanagement.ȱ Esȱ stelltȱ dasȱ obersteȱ Lenkungsgremiumȱ derȱ Projektarbeitȱ darȱ undȱ gestaltetȱ dieȱ proȬ jektübergreifenden,ȱ dieȱ gesamteȱ Unternehmungȱ betreffendenȱ Sachverhalte.ȱSeiȱesȱalsȱInitiatorȱundȱTreiberȱoderȱzumindestȱalsȱ
Projektmanagement und Projektteams als Grundlage
6.2
Sponsor.ȱ Seineȱ Führungsaufgabeȱ nimmtȱ dasȱ Topmanagementȱ durchȱ dasȱ Aufsetzenȱ verschiedenerȱ Projekteȱ wahr.ȱ HauptauȬ genmerkȱ besitztȱ dieȱAnbindungȱ anȱ Strategieȱ sowieȱStrukturȱ derȱ Gesamtunternehmung.ȱ
ManagementȱvonȱProjekten:ȱWennȱdieȱUnternehmungȱmehrere,ȱ abhängigeȱ Projekteȱ durchführt,ȱ sollteȱ dieȱ projektübergreifendeȱ Koordinationȱ aufȱ eineȱ eigeneȱ Projektstelle,ȱ dieȱ ProgrammleiȬ tung,ȱ übertragenȱ werden.ȱ Dieseȱ Managementebeneȱ übernimmtȱ eineȱAufgabe,ȱdieȱähnlichȱderȱdesȱManagementsȱeinesȱPortfoliosȱ vonȱ Geschäftenȱ ist.ȱ Daherȱ kannȱ dieseȱ Projektmanagementebeneȱ auchȱalsȱ ProjektportfolioȬManagementȱ bezeichnetȱwerdenȱ (vgl.ȱ JantzenȬHompȱ2000;ȱLomnitzȱ2004).ȱ
Managementȱ desȱ Projekts:ȱ Derȱ Kernȱ derȱ Projektarbeitȱ wirdȱ durchȱdasȱManagementȱdesȱProjektsȱabgebildet.ȱWichtigsterȱBeȬ standteilȱ istȱ dasȱ Projektteamȱ mitȱ seinemȱ Projektleiter,ȱ dieȱ zuȬ sammenȱ einenȱ Projektauftragȱ bearbeiten.ȱ Dasȱ Managementȱ desȱ Projektsȱbeschreibtȱdieȱ‚operative‘ȱProjektarbeit.ȱ Dieseȱ dreiȱ Ebenenȱ bildenȱ dieȱ konzeptionelleȱ Grundlage,ȱ umȱ dieȱ verschiedenenȱ Aufgabenȱ imȱ ProjektȬȱ undȱ ProgrammȬManagementȱ voneinanderȱ abgrenzenȱ zuȱ können.ȱ Nurȱ dannȱ istȱ dieȱ Erarbeitungȱ einerȱklarenȱorganisatorischenȱZuordnungȱmöglich.ȱ
6.2.2
Aufbau und Entwicklung des Projektteams
Fürȱ dieȱ Bildungȱ vonȱ Projektteamsȱ istȱ zuerstȱ dieȱ Aufgabenartȱ alsȱ Differenzierungsmerkmalȱ zuȱ untersuchen.ȱ Hierbeiȱ könnenȱ allgeȬ meinȱ Führungsaufgaben,ȱ Ausführungsaufgaben,ȱ UnterstützungsȬ aufgabenȱundȱSpezialaufgabenȱunterschiedenȱwerden.ȱDasȱProjektȬ teamȱmitȱseinemȱProjektleiterȱhatȱseinenȱSchwerpunktȱbeiȱdenȱSpeȬ zialaufgaben,ȱ charakterisiertȱ durchȱ einenȱ innovativen,ȱ neuartigenȱ Aufgabeninhalt.ȱDieȱTeammitgliederȱmüssenȱüberȱdieȱfürȱdieȱspeziȬ fischeȱProjektaufgabeȱbenötigtenȱFähigkeitenȱundȱErfahrungenȱverȬ fügen.ȱ Dazuȱ mussȱ dieȱ ProgrammȬȱ undȱ dieȱ Projektleitungȱ zunächstȱ dieȱ Qualifikationsanforderungenȱ anȱ dieȱ Projektmitarbeiterȱ ausȱ derȱ Aufgabenstellungȱ herausȱ ableiten.ȱ Anhandȱ desȱ AnforderungskataȬ logesȱ kannȱ eineȱ Projektdatenbank,ȱ inȱ derȱ dieȱ fachlichenȱ undȱ konȬ zeptionellenȱ Fähigkeitenȱ sowieȱ dieȱ Projekterfahrungenȱ undȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ
215ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
ȬergebnisseȱallerȱbisherigenȱProjektmitarbeiterȱaufgelistetȱsind,ȱpasȬ sendeȱMitarbeiterȱvorschlagen.ȱZudemȱkannȱeineȱsolcheȱDatenbankȱ auchȱdieȱPlanungȱdesȱBedarfsȱanȱqualifiziertemȱPersonalȱunterstütȬ zenȱ(Quelle:ȱHandelsblattȱvomȱ22./23.8.1997,ȱS.ȱK2).ȱ Parallelȱ istȱ dieȱ Teamgrößeȱ zuȱ bestimmen,ȱ dieȱ vonȱ derȱ Komplexitätȱ undȱ demȱ Umfangȱ derȱ zuȱ erfüllendenȱAufgabeȱ beeinflusstȱ wird.ȱ Inȱ derȱ Regelȱ liegtȱ dieȱ optimaleȱ Teamgrößeȱ beiȱ dreiȱ bisȱ sechsȱ MitglieȬ dern.ȱ Istȱ dasȱ Teamȱ größer,ȱ lassenȱ Effizienzȱ undȱ Leistungȱ merklichȱ nachȱ(vgl.ȱForsterȱ1978,ȱS.ȱ68;ȱBleicherȱetȱal.ȱ1989,ȱS.ȱ107f.).ȱFernerȱistȱ zuȱklären,ȱobȱdieȱTeammitgliederȱhauptamtlichȱoderȱnebenamtlichȱ ihreȱProjektaufgabenȱerfüllenȱsollenȱundȱwerȱdieȱFunktionȱdesȱProȬ jektleitersȱ übernimmt.ȱ Dabeiȱ istȱ daraufȱ zuȱ achten,ȱ dassȱ dieȱ indiviȬ duellenȱLeistungsschwerpunkteȱderȱTeammitgliederȱheterogenȱsindȱ undȱsichȱdieȱspezialisiertenȱFähigkeitenȱergänzen,ȱalsoȱeineȱ‚diversiȬ ty‘ȱ entstehtȱ (vgl.ȱ Rosen/Brownȱ 1996,ȱ S.ȱ 217ff.).ȱ Fürȱ dasȱ ‚StrategieȬ Projekt‘ȱ inȱ derȱ Konzipierungsphaseȱ bedeutetȱ dies,ȱ dassȱ sowohlȱ Vertreterȱ desȱ Topmanagementsȱ alsȱ auchȱ bereitsȱ Personenȱ derȱ zuȬ künftigenȱ Programmleitungȱ zusammenkommen.ȱ Nurȱ dasȱ TopmaȬ nagementȱ kannȱ dieȱ Wandlungszieleȱ undȱ damitȱ auchȱ dieȱ anstehenȬ denȱ Maßnahmenȱ zurȱ Zielerreichungȱ vorgeben.ȱ Dieȱ ProgrammȬ leitungȱ übernimmtȱ daraufȱ aufbauendȱ dieȱ Ausarbeitungȱ derȱ Maßnahmen.ȱ Mitȱ derȱ bewusstenȱ Zusammenstellungȱ derȱ einzelnenȱ PersonenȱentȬ stehtȱ jedochȱ nochȱ nichtȱ automatischȱ einȱ Team.ȱ Vielmehrȱ durchlauȬ fenȱProjektteamsȱeinenȱEntwicklungsprozessȱ(vgl.ȱüberblickartigȱbeiȱ Wiendieckȱ 1992b,ȱ Sp.ȱ 2378f.).ȱ Dasȱ bekanntesteȱ Modellȱ hierfürȱ stammtȱ vonȱ Tuckmanȱ (vgl.ȱ 1965).ȱ Unterschiedenȱ werdenȱ vierȱ typiȬ scheȱ Phasenȱ derȱ Teamentwicklungȱ (Forming,ȱ Norming,ȱ Storming,ȱ Performing),ȱ dieȱ vonȱ Teamȱ zuȱ Teamȱ inȱ unterschiedlichenȱ Stärkenȱ auftretenȱkönnen.ȱAlsȱfünfteȱPhaseȱwirdȱnochȱdieȱAuflösungsphaseȱ hinzugenommen,ȱ umȱ dieȱ Problemeȱ beiȱ derȱ Projektbeendigungȱ zuȱ verdeutlichen.ȱ
Formierungsphaseȱ (Forming):ȱ Dieȱ Mitgliederȱ müssenȱ sichȱ erstȱ aneinanderȱ gewöhnen.ȱ Esȱ beginntȱ einȱ gegenseitigesȱ ‚Abtasten‘,ȱ gekennzeichnetȱ durchȱ Unsicherheit,ȱ Abhängigkeitȱ vomȱ ProjektȬ leiter,ȱ gegenseitigesȱ Misstrauenȱ undȱ eineȱ geringeȱ ÜbereinstimȬ mungȱ inȱ Bezugȱ aufȱ Zieleȱ undȱ Arbeitsmethodenȱ (vgl.ȱ GrunȬ wald/Redelȱ 1986,ȱ S.ȱ 309).ȱ Hierarchischeȱ Positionsunterschiedeȱ
216ȱ
Projektmanagement und Projektteams als Grundlage
6.2
ausȱdenȱvorherigenȱLinienpositionenȱwirkenȱsichȱaus,ȱdieȱKoopeȬ rationsbereitschaftȱ istȱ nichtȱ sehrȱ hoch.ȱ Einȱ ‚WirȬGefühl‘ȱ istȱ nochȱ nichtȱvorhanden.ȱ
Konfliktphaseȱ(Storming):ȱDieȱKonfliktphaseȱstelltȱeinenȱzentraȬ lenȱ Punktȱimȱ Teamentwicklungsprozessȱ dar.ȱ DieȱFührungskomȬ petenzenȱ einzelnerȱ Mitarbeiterȱ sowieȱ dieȱ fachlichenȱ Fähigkeitenȱ werdenȱverglichen,ȱundȱdieȱWiderständeȱgegenȱdenȱProjektleiterȱ nehmenȱ zu.ȱ Esȱ kommtȱ zurȱ Austragungȱ vonȱ MeinungsverschieȬ denheiten,ȱdieȱ–ȱkonstruktivȱgelöstȱ–ȱzumȱMotorȱfürȱneueȱAnstöȬ ßeȱundȱVeränderungenȱwerdenȱundȱdieȱGrundlageȱfürȱdieȱspäteȬ renȱTeamnormenȱbilden.ȱVoraussetzungȱistȱallerdingsȱdieȱrichtiȬ geȱ Führungȱ diesesȱ Teamprozessesȱ durchȱ denȱ Projektleiterȱ (vgl.ȱ Wehmeyer/Münchȱ1993,ȱS.ȱ427).ȱ
Normierungsphaseȱ (Norming):ȱ Inȱ dieserȱ Phaseȱ entwickeltȱ sichȱ derȱGruppenzusammenhalt.ȱDieȱKonflikteȱsindȱbeigelegtȱundȱdieȱ Widerständeȱ überwunden.ȱ Teamnormenȱ kristallisierenȱ sichȱ herȬ aus.ȱDasȱBedürfnisȱnachȱeinerȱSicherungȱderȱGruppeȱtrittȱinȱdenȱ Vordergrund,ȱ einȱ ‚WirȬGefühl‘ȱ entsteht.ȱAufȱ derȱ sachȬrationalenȱ Ebeneȱ findetȱ einȱ offenerȱ Meinungsaustauschȱ statt.ȱ Esȱ herrschtȱ keineȱvolleȱÜbereinstimmungȱinȱSachfragen,ȱaberȱdieȱZieleȱwerȬ denȱ operationalisiertȱ undȱ Aufgabenbereicheȱ zurȱ Zielerreichungȱ unterȱ denȱ Teammitgliedernȱ verteiltȱ (vgl.ȱ Comelli/vonȱ Rosenstielȱ 2003,ȱS.ȱ212f.).ȱ
Arbeitsphaseȱ(Performing):ȱInȱderȱviertenȱPhaseȱtrittȱdasȱTeamȱinȱ dieȱHauptarbeitsphase.ȱInterpersonelleȱProblemeȱsindȱgelöst.ȱDieȱ Teammitgliederȱ sindȱ mitȱihrenȱ StärkenȱundȱSchwächenȱ vertrautȱ undȱ habenȱ ihreȱ Beziehungenȱ untereinanderȱ geklärt,ȱsoȱ dassȱ derȱ ProzessȱdesȱDurchdringensȱbisȱhinȱzurȱTeamgeschlossenheitȱbeȬ endetȱ ist.ȱ Ausȱ derȱ individuellenȱ Verantwortungȱ entstehtȱ eineȱ Verantwortungȱ füreinander.ȱ Einȱ gefestigtesȱ Gruppengefühlȱ istȱ dasȱ Ergebnis,ȱ undȱ esȱ bildetȱ sichȱ dieȱ Grundlageȱ fürȱ dieȱ ProjektȬ kultur.ȱDasȱRollenverhaltenȱinnerhalbȱdesȱProjektteamsȱistȱflexiȬ belȱ undȱ aufȱ dieȱ Projektaufgabenȱ gerichtet.ȱ Diesȱ ermöglichtȱ eineȱ optimaleȱFreisetzungȱderȱWandlungsenergie,ȱumȱgemeinsamȱdasȱ WandlungszielȱundȱdieȱdarausȱabgeleitetenȱAufgabenȱzuȱerfüllenȱ (Tuckmanȱ1965,ȱS.ȱ387:ȱ„Theȱgroupȱbecomesȱaȱsoundingȱboardȱofȱ whichȱtheȱtaskȱisȱplayed.”).ȱ
217ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
Teamauflösungȱ (Adjourning):ȱ Nachȱ Beendigungȱ desȱ Projektsȱ wechselnȱ dieȱ Teammitgliederȱ zurückȱ inȱ ihreȱ angestammteȱ LiȬ nienfunktionȱ oderȱ übernehmenȱ neueȱ (ProjektȬ)Aufgaben.ȱ Esȱ könnenȱ ReentryȬProblemeȱ auftreten.ȱ Projekterfahrungenȱ wollenȱ inȱ derȱ neuenȱ Verwendungȱ eingebrachtȱ werden,ȱ allerdingsȱ oftȬ malsȱ gegenȱ denȱ Widerstandȱ derȱ NichtȬProjektmitgliederȱ (vgl.ȱ Patzak/Rattayȱ2004,ȱS.ȱ131).ȱ Imȱ Erfolgsfallȱ entstehtȱ nachȱ derȱ Formierungsphaseȱ GruppenkohäȬ sion.ȱDiesȱistȱeinȱMaßȱfürȱdieȱStabilitätȱeinerȱGruppeȱsowieȱfürȱdieȱ Attraktivität,ȱ dieȱ dieȱ Gruppeȱ aufȱ alteȱ undȱ neueȱ Mitgliederȱ ausübtȱ (vgl.ȱStaehleȱ1999,ȱS.ȱ282f.;ȱvonȱRosenstielȱ2003,ȱS.ȱ280f.).ȱEineȱhoheȱ GruppenkohäsionȱkannȱaufȱderȱeinenȱSeiteȱeineȱguteȱAusgangsbasisȱ fürȱLernprozesseȱundȱdamitȱfürȱdenȱUnternehmungswandelȱbildenȱ (vgl.ȱShrivastavaȱ1983,ȱS.ȱ19).ȱ
Abbildungȱ6/1ȱ
KohäsionsförderndeȱundȱȬhemmendeȱFaktorenȱ kohäsionsfördernd aufgabenadäquate Gruppen-
größe Häufigkeit der Interaktion Attraktivität und Homogenität Intergruppen-Wettbewerb Einigkeit über Gruppenziele Erfolg und Anerkennung
kohäsionshemmend tendenziell zu große
Gruppengröße Einzelkämpfer individuelle Leistungsbewertung Intragruppen-Wettbewerbe Zielkonflikte Misserfolge
Kohäsion ist ein Maß für die Stabilität und Attraktivität der Gruppe,
die sie auf alte oder neue Mitglieder ausübt. Attraktiv ist die Gruppe aber für Einzelne nur dann, wenn sie als
Instrument zur persönlichen Zielerreichung dient.
ȱ
Derȱ engeȱ undȱ freundschaftlicheȱ Teamzusammenhalt,ȱ derȱ auchȱ durchȱ eineȱ hoheȱ Toleranzȱ derȱ Teammitgliederȱ untereinanderȱ geȬ prägtȱist,ȱundȱdieȱoffeneȱKommunikationȱführenȱzumȱAufbauȱeinerȱ Vertrauenskultur,ȱ dieȱ alsȱ Katalysatorȱ imȱ Veränderungsprozessȱ wirkt.ȱ Aufgrundȱ desȱ soȱ aufgebautenȱ Vertrauensȱ könnenȱ Barrierenȱ besserȱ überwundenȱ undȱ Veränderungenȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ schnellerȱangestoßenȱundȱumgesetztȱwerden.ȱAufȱderȱanderenȱSeiteȱ stelltȱeineȱhoheȱGruppenkohäsionȱaberȱauchȱeinenȱRisikofaktorȱdar,ȱ
218ȱ
Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
dennȱdurchȱdieȱKohäsionȱentstehtȱeinȱrelativȱhoherȱGruppendruck.ȱ Gruppenkonformesȱ Verhaltenȱ wirdȱ gefördert,ȱ abweichendeȱ ProbȬ lemsichten,ȱ Meinungsverschiedenheitenȱ undȱ konträreȱ LösungsanȬ sätzeȱdagegenȱwerdenȱunterdrücktȱ(vgl.ȱJanisȱ1983,ȱS.ȱ378;ȱSprengerȱ 1995,ȱS.ȱ159).ȱEsȱkommtȱzurȱGruppenbefangenheitȱ(vgl.ȱJanisȱ1983,ȱ S.ȱ 378f.,ȱ derȱ diesȱ alsȱ ‚Groupȱ Think‘ȱ bezeichnet.ȱ Vgl.ȱ auchȱ dieȱAusȬ führungenȱ beiȱ Staehleȱ 1999,ȱ S.ȱ 291,ȱ derȱ vonȱ ‚getrübtenȱ RealitätsȬ wahrnehmungen‘ȱspricht.).ȱDieseȱVoreingenommenheitȱderȱGruppeȱ führtȱinȱderȱFolgeȱzuȱeinerȱeingeschränktenȱKreativitätȱbeiȱderȱSucheȱ nachȱ alternativenȱ Problemlösungsmöglichkeitenȱ undȱ schließlichȱ dazu,ȱ dassȱ nichtȱ immerȱ dasȱ optimaleȱ Ergebnisȱ erreichtȱ werdenȱ kann.ȱ Checkliste zur Einrichtung der Projektteams Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Wie ist das Team zusammengesetzt? Sind heterogene Leistungsschwerpunkte/Fähigkeiten berücksichtigt? Wie viele Teammitglieder sind nötig? Wer wird Projektleiter? Sind die Projektteammitglieder von ihrer Haupttätigkeit freigestellt? Herrscht Akzeptanz für das Projekt beim Linienvorgesetzten? Wird das Projektteam bei der Aufgabenerfüllung vom Topmanagement bzw. von der Linie unterstützt (insbesondere bei nebenamtlicher Projektarbeit)? Sind diese zeitweise in die Projektarbeit bzw. das -team integriert? Sind Reentry-Möglichkeiten nach Abschluss des Projekts für die Projektmitglieder geregelt?
6.3
Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3.1
Programm-Management ist Management von Projekten
SpätestensȱinȱderȱMobilisierungsphaseȱistȱeineȱMehrheitȱvonȱaufeinȬ anderȱ abgestimmtenȱ Projektenȱ undȱ damitȱ einȱ aufȱ demȱ ProjektmaȬ nagementȱ aufbauendesȱ ProgrammȬManagementȱ erforderlich.ȱ ProȬ grammȬManagementȱ istȱ Managementȱ vonȱ Projekten.ȱ Esȱ wirdȱ nachȱ obenȱ abgegrenztȱ durchȱ dasȱ Managementȱ durchȱ Projekteȱ undȱ nachȱ
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6
Projekt- und Programm-Management
untenȱ durchȱ dieȱ operativeȱ Projektarbeit,ȱ dasȱ Managementȱ desȱ ProȬ jekts.ȱ Dabeiȱ übernimmtȱ dieȱ Programmorganisationȱ eineȱ FührungsunterȬ stützungsfunktion.ȱ Sieȱ istȱ dieȱ Organisationȱ desȱ Wandelsȱ imȱ engeȬ renȱ Sinne.ȱ Dieȱ Programmorganisationȱ setztȱ dasȱ WandlungsproȬ grammȱ inȱ Bewegungȱ undȱ hältȱ esȱ amȱ Laufenȱ undȱ bildetȱ inȱ diesenȱ Phasenȱ dieȱ treibendeȱ Kraftȱ derȱ Veränderung.ȱ Dieȱ projektübergreiȬ fendeȱ Koordinationȱ sollteȱ aufȱ eineȱ eigeneȱ Projektstelle,ȱ dieȱ ProȬ grammleitungȱ (dasȱ ProgrammȬManagement)ȱ übertragenȱ werdenȱ (vgl.ȱ JantzenȬHompȱ 2000;ȱ Lomnitzȱ 2004).ȱ Sieȱ betreibtȱ dasȱ ManageȬ mentȱvonȱProjekten.ȱ ProgrammȬManagementȱ fürȱ Unternehmungswandelȱ istȱ eineȱ besonȬ dereȱ Formȱ vonȱ Multiprojektmanagement,ȱ womitȱ dieȱ zeitgleicheȱ Durchführungȱ einerȱ Mehrzahlȱ vonȱ Projektenȱ bezeichnetȱ wirdȱ (vgl.ȱ imȱDetailȱLomnitzȱ2004,ȱS.ȱ24ff.).ȱEsȱbetrifftȱeineȱMehrzahlȱzuȱintegȬ rierenderȱProjekte,ȱdieȱerstȱgemeinsamȱdieȱVeränderungȱderȱstrateȬ gischenȱ Ausrichtungȱ ermöglichenȱ (vgl.ȱ JantzenȬHompȱ 2000,ȱ S.ȱ19).ȱ ProblemȱderȱProjekteȱistȱderȱWandel.ȱDasȱProblemȱdesȱProgrammsȱ sindȱdieȱProjekte.ȱ Dasȱ ProgrammȬManagementȱ mussȱ denȱWandlungsprozessȱ planen,ȱ organisieren,ȱ steuernȱ undȱ kontrollieren,ȱ ohneȱ aberȱ selbstȱ anȱ derȱ Problemlösungȱ durchȱ dieȱ Teamsȱ direktȱ beteiligtȱ zuȱ sein.ȱ Dieȱ ProȬ grammleitungȱ mussȱ denȱ Gesamtüberblickȱ undȱ dieȱ ‚Lufthoheit’ȱ haȬ ben,ȱ umȱ eineȱ inhaltlicheȱ Weitentwicklungȱ überȱ Zielvorgaben,ȱ dieȱ Sicherstellungȱ thematischerȱ Schnittstellenȱ undȱ dieȱ Verdichtungȱ imȱ SinneȱdesȱWandlungskonzeptesȱzuȱgewährleisten.ȱDieȱProgrammleiȬ tungȱorchestriertȱdenȱWandel.ȱDieȱOrchestrierung,ȱalsoȱdieȱZusamȬ menstellungȱderȱProjekteȱundȱAktivitäten,ȱistȱeineȱderȱErfolgsbedinȬ gungenȱ fürȱ denȱ Wandel.ȱ Besondereȱ Anforderungenȱ werdenȱ daherȱ anȱdieȱPersonenȱgestellt,ȱdieȱdieseȱAufgabeȱerfüllenȱsollen.ȱAlleȱMitȬ arbeiterȱ inȱ koordinierendenȱ Funktionen,ȱ vorȱ allemȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ desȱ Managementsȱ vonȱ Projekten,ȱ solltenȱ überȱ besondereȱ fachlicheȱ undȱsozialeȱKompetenzenȱverfügenȱ(vgl.ȱDoppler/Lauterburgȱ2005,ȱ S.ȱ 164).ȱ Dieserȱ Personenkreisȱ umfasstȱ dieȱ Programmleitungȱ undȱ damitȱ denȱ ProgrammȬManagerȱ sowieȱ dieȱ Projektleiter.ȱ Erȱ istȱ zuȬ meistȱauchȱinȱdieȱKopplungȱderȱSekundärorganisationȱmitȱderȱPriȬ märorganisationȱeinbezogen.ȱ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3.2
6.3
Aufgaben des Programm-Managements
VertikaleȱKoordinationȱderȱProjektmanagementebenenȱ Dieȱ vertikaleȱ Koordinationȱ umfasstȱ dieȱ bereitsȱ beschriebenenȱ EbeȬ nenȱdesȱManagementsȱdesȱProjekts,ȱvonȱProjektenȱundȱdurchȱProȬ jekte.ȱ Organisatorischesȱ Grundprinzipȱ istȱ dieȱ personelleȱ VermaȬ schungȱ vonȱ einzelnenȱ Einheitenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 6/2).ȱ Sieȱ basiertȱ aufȱ eiȬ nemȱ weitgehendȱ partizipativenȱ Führungsverständnis,ȱ welchesȱ wiederumȱ vonȱ aktiven,ȱ motiviertenȱ undȱ eigenverantwortlichenȱ Teammitgliedernȱausgeht.ȱDieȱMitgliedschaftȱderȱProjektleiterȱinȱderȱ Programmleitungȱ sichertȱ dabeiȱ imȱ Sinneȱ einerȱ ‚AufwärtsvermaȬ schung‘ȱdieȱunmittelbareȱAnbindungȱderȱProjekteȱanȱdasȱProgrammȱ undȱdamitȱauchȱdieȱEinbindungȱderȱTeams.ȱDerȱProjektleiterȱistȱanȱ Entscheidungsprozessenȱ aufȱ beidenȱ Ebenenȱ beteiligt,ȱ imȱ einenȱ Fallȱ alsȱ Leiter,ȱ imȱ anderenȱ alsȱ einfachesȱ Mitglied.ȱ Erȱ kannȱ alsȱ ‚linkingȬ pin‘ȱ (vgl.ȱ Likertȱ 1967,ȱ S.ȱ 50;ȱ Schreyöggȱ 2003,ȱ S.ȱ 261ff.)ȱ dieȱ schnelleȱ DurchsetzungȱderȱAufgabenȱimȱTeamȱgewährleisten,ȱaberȱauchȱdieȱ Erfahrungenȱ derȱ Projektarbeitȱ direktȱ inȱ dasȱ Programmȱ einspeisen.ȱ Damitȱ könnenȱ Kommunikationȱ undȱ Einflussȱ imȱ Sinneȱ einesȱ notȬ wendigenȱprogrammspezifischenȱGegenstromsȱinȱbeideȱRichtungenȱ ihreȱWirkungȱentfalten.ȱ Eineȱ zweiteȱ Vermaschungȱ bestehtȱ zwischenȱ Programmleitungȱ undȱ Lenkungsausschuss.ȱ Sieȱ entstehtȱ entwederȱ dadurch,ȱ dassȱ einȱ MitȬ gliedȱ desȱ Lenkungsausschussesȱ zusätzlichȱ nochȱ dieȱ Funktionȱ desȱ ProgrammȬManagersȱ inȱ Personalunionȱ übernimmtȱ (‚AbwärtsverȬ maschung’)ȱ oderȱ aberȱ durchȱ dieȱ Aufnahmeȱ desȱ vorherȱ nichtȱ alsȱ Personȱ imȱ Lenkungsausschussȱ vertretenenȱ ProgrammȬManagersȱ inȱ denȱ Lenkungsausschussȱ (‚Aufwärtsvermaschung’).ȱ Mitȱ dieserȱ VerȬ maschungȱ wirdȱ dasȱ Zielȱ verfolgt,ȱ durchȱ eineȱ ständigeȱ RückkoppȬ lungȱ derȱ Wandlungsergebnisseȱ eineȱ bestmöglicheȱ Umsetzungȱ derȱ strategischenȱ Wandlungszieleȱ zuȱ erreichen.ȱ Derȱ ProgrammȬ ManagerȱistȱsomitȱanȱderȱFestlegungȱderȱstrategischenȱStoßrichtungȱ beteiligtȱ undȱ kannȱ dieȱ Rückmeldungenȱ derȱ Projektleiterȱ ausȱ derȱ operativenȱ Wandlungsarbeitȱ einfließenȱ lassen.ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱAbȬ wärtsvermaschungȱ werdenȱ vonȱ denȱ Mitgliedernȱ desȱ TopmanageȬ mentsȱ verschiedeneȱ Rollenȱ übernommen,ȱ soȱ vorȱ allemȱ dieȱ vonȱ SponsorenȱundȱVeränderungsmanagern.ȱ Sponsoren:ȱTopmanagerȱmüssenȱdenȱWandlungsprozessȱvorantreiȬ benȱ undȱ denȱ ProgrammȬȱ undȱ Projektleiternȱ helfen,ȱ Barrierenȱ zuȱ
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Projekt- und Programm-Management
überwindenȱ(vgl.ȱKrügerȱ2000,ȱS.ȱ287;ȱMüller/Brehmȱ2000,ȱS.ȱ325f.).ȱ DazuȱwerdenȱeinzelnenȱTopmanagernȱeinzelneȱProjekteȱ–ȱunabhänȬ gigȱdavon,ȱobȱfachlicheȱoderȱhierarchischeȱNäheȱgewünschtȱistȱoderȱ nichtȱ–ȱzumȱSponsoringȱinȱihreȱVerantwortungȱgegeben.ȱNebenȱderȱ inȱ jedemȱ Fallȱ notwendigenȱ Verantwortungsübernahmeȱ kannȱ derȱ Sponsorȱ inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ derȱ gewähltenȱ Wandlungssequenzȱ einenȱ unterschiedlichenȱ Führungsanspruchȱ praktizieren.ȱ Soȱ wirdȱ derȱ Führungsanspruchȱ beiȱAbbaumaßnahmenȱ sehrȱhochȱ seinȱ (opeȬ rativeȱ Führung),ȱ daȱ dasȱ Topmanagementȱ alleȱ unternehmerischenȱ undȱ projektspezifischenȱ Funktionenȱ wahrnimmt.ȱ Dieȱ Autonomieȱ derȱ Projekteȱ istȱ gering.ȱ Hingegenȱ sollteȱ dasȱ Topmanagementȱ beiȱ Aufbaumaßnahmenȱ strategischȱ bzw.ȱ finanziellȱ führen.ȱ Dasȱ selbȬ ständigeȱ Denkenȱ undȱ Handelnȱ derȱ Projekteȱ steigtȱ (vgl.ȱ zumȱ FühȬ rungsanspruchȱKrügerȱ2005,ȱS.ȱ209ff.;ȱBühnerȱ1993,ȱS.ȱ418f.;ȱinȱVerȬ bindungȱ mitȱ Projektarbeitȱ vgl.ȱ JantzenȬHompȱ 2000,ȱ S.ȱ 131ff.).ȱ Imȱ Idealfallȱ nutztȱ dasȱ Topmanagementȱ dieȱ Chance,ȱ persönlichȱ alsȱ Sponsorȱ kontinuierlichȱ Energieȱ auchȱ aufȱ Projektebeneȱ zuzuführen,ȱ z.B.ȱ durchȱ dieȱ motivierendeȱ Teilnahmeȱ anȱ Projektsitzungen,ȱ VerȬ mittlungȱ vonȱ Expertenȱ undȱ KnowȬhow,ȱ Incentivesȱ etc.ȱ Solcheȱ TopȬ manager,ȱdenenȱesȱgelingt,ȱdiesenȱProzessȱwirklichȱvoranzutreiben,ȱ werdenȱ dannȱ zuȱ echtenȱ ‚Changeȱ Champions’ȱ (vgl.ȱ Nadler/Nadlerȱ 1998).ȱ Veränderungsmanager:ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ WandelȬ Spezialisten,ȱdieȱ vorȱ allemȱ inȱ derȱ Umsetzungsphaseȱfürȱ dieȱ SchafȬ fungȱ vonȱ Akzeptanzȱ desȱ Wandlungsvorhabensȱ aufȱ breiterȱ Basisȱ eingesetztȱ werden.ȱ Veränderungsmanagerȱ sindȱ alsoȱ aufȱ dieȱ persoȬ naleȱ Seiteȱ desȱ Geschehensȱ konzentriert.ȱ Dieseȱ Rolleȱ kannȱ –ȱ imȱ GeȬ gensatzȱ zumȱ allgemeinenȱ Verständnisȱ vonȱ ‚Changeȱ Agents’ȱ –ȱ nurȱ vonȱ Unternehmungsinternenȱ wahrgenommenȱ werden,ȱ daȱ nurȱ sieȱ überȱ eineȱ tiefȱ gehendeȱ Vertrautheitȱ mitȱ derȱ Unternehmungȱ verfüȬ gen,ȱweitgehendȱübereinstimmendeȱWertvorstellungenȱbesitzenȱundȱ damitȱperȱseȱeineȱhöhereȱAkzeptanzȱbeiȱdenȱMitarbeiternȱgenießen.ȱ Dieseȱ Artȱ vonȱ Changeȱ Agentsȱ kannȱ inȱ derȱ Umsetzungsphaseȱ mitȱ demȱProgrammȬManagerȱzeitweiseȱeineȱDoppelspitzeȱbilden.ȱ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
Das Thema: Veränderungsmanager Das Beispiel: Aufgaben und Erfolgsfaktoren Im Rahmen eines umfassenden Veränderungsprogramms mit dem Schwerpunkt Reorganisation/Integration bei einem großen deutschen Transportdienstleister wurde innerhalb der Programmorganisation die Stelle eines Veränderungsmanagers eingerichtet. Er hatte neben der allgemeinen Begleitung des Prozesses insbesondere die Aufgabe, an der schwierigen Schnittstelle zwischen sach- und personenbezogenen Themenstellungen zu vermitteln. Dazu war es erforderlich, immer wieder in zahlreichen persönlichen Gesprächen den Sinn und die Ziele des Projekts an die Betroffenen zu kommunizieren, in die Bereiche zu tragen und so für die notwendige Akzeptanz zu sorgen. Die Schnittstellenfunktion erforderte es des Weiteren, ständig die Kommunikation zwischen Topmanagement und Mitarbeitern zu verbessern bzw. die schlimmsten Kommunikationsdefizite ‚zu puffern’. Im Gegensatz zu anderen typischen Change Agents arbeitete der Veränderungsmanager hier sowohl an der sachorientierten Prozess- und Projektunterstützung mit als auch als Moderator und Kommunikator an den ‚human factors’, also den ‚Veränderungsprozessen im Denken’. Aufgrund der straffen Reorganisation mit Versetzungen, Degradierungen, Kompetenz- und Verantwortungsbeschneidungen waren an der Nahtstelle zum Topmanagement echte Fähigkeiten als Konfliktmanager und Schlichter gefragt. Dazu musste der Veränderungsmanager einerseits über ein großes Einfühlungsvermögen für die Belange der betroffenen Mitarbeiter verfügen, durfte aber anderseits den Prozessfortschritt nicht aus den Augen verlieren. Durch folgende Faktoren wurde der Beitrag des Change Managers zum Projekterfolg sichergestellt: Unmittelbare Einbindung im Zentrum des Veränderungsgeschehens, mit tiefen Kenntnissen des Vorgehens, ohne aber selbst ein Teil davon zu sein. Obwohl als Externer im Programm tätig, gelang es dem Veränderungsmanager ‚Stallgeruch’ anzunehmen und so eine breite Akzeptanz seiner Person zu erzeugen. Mit dem entsprechenden Einfühlungsvermögen gelang es ‚Betroffene dort abzuholen, wo sie sind‘ und so wesentlich zur Akzeptanz des Programms beizutragen. Durch ein hohes Maß an Vertrauenswürdigkeit kraft Persönlichkeit fassten alle Beteiligten schnell Vertrauen. Intime Kenntnisse der Unternehmung und ihrer Organisation, der Unternehmungskultur sowie Argumentationsgeschick in Verbindung mit Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen waren weitere Erfolgsfaktoren.
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Projekt- und Programm-Management
Checkliste zur personellen Vermaschung Welche Einheiten der Organisation des Wandels sind miteinander auch personell zu vernetzen? Welche Personen aus der Ebene Management durch Projekte scheinen aufgrund ihres Engagements besonders geeignet, eine personelle Vermaschung zu gewährleisten?
HorizontaleȱAufgabenverteilungȱundȱKoordinationȱ DasȱProgrammȬManagementȱhatȱauchȱdieȱhorizontaleȱAufgabenverȬ teilungȱundȱKoordinationȱderȱEinzelprojekteȱvorzunehmen.ȱSoȱsindȱ z.B.ȱProjekteȱderȱstrategischenȱNeuausrichtungȱundȱunterstützendeȱ StrukturȬȱundȱSystemprojekteȱmiteinanderȱzeitlichȱundȱinhaltlichȱzuȱ koordinieren.ȱ Projektaufträgeȱ undȱ Ȭzieleȱ sindȱ zuȱ formulieren,ȱ BudȬ getsȱsindȱzuzuweisen,ȱderȱProjektfortschrittȱistȱzuȱüberwachenȱundȱ gegebenenfallsȱ istȱ korrigierendȱ einzugreifen.ȱAuchȱ giltȱ es,ȱ dieȱ ProȬ jektzwischenergebnisseȱbzw.ȱdieȱProjektendergebnisseȱdenȱnachfolȬ gendenȱ Projektenȱ zurȱ Verfügungȱ zuȱ stellen,ȱ umȱ neueȱ Erkenntnisseȱ ausȱ derȱ bisherigenȱ Projektarbeitȱ weiterverarbeitenȱ zuȱ könnenȱ undȱ dadurchȱ Synergievorteileȱ zuȱ realisieren.ȱ Dieȱ Programmleitungȱ sammeltȱ dasȱ erworbeneȱ Wissenȱ derȱ verschiedenenȱ Projekte,ȱ strukȬ turiertȱ esȱ undȱ gibtȱ esȱ nachȱ Bedarfȱanȱdieȱlaufendenȱ bzw.ȱFolgeproȬ jekteȱweiter.ȱ Außerdemȱ sindȱ dieȱ Übergängeȱ zwischenȱ denȱ Wandlungsphasenȱ möglichstȱ reibungslosȱ zuȱ gestalten.ȱ Diesȱ giltȱ insbesondereȱ fürȱ dieȱ MobilisierungsȬȱundȱUmsetzungsphase.ȱDieȱverschiedenenȱProjekȬ te,ȱ wieȱ Kommunikationsprojekte,ȱ Vorbereitungsprojekteȱ (z.B.ȱ fürȱ denȱAufbauȱeinerȱwandlungsförderndenȱInfrastruktur),ȱPilotprojekȬ teȱ undȱ dieȱ daraufȱ aufbauendenȱ Folgeprojekte,ȱ könnenȱ nunȱ durchȱ sequentielle,ȱ überlappendeȱ oderȱ simultaneȱ Verlaufsmusterȱ (vgl.ȱ Madaussȱ2000,ȱS.ȱ77f.;ȱJantzenȬHompȱ2000,ȱS.ȱ48ff.)ȱorganisiertȱwerȬ den.ȱ Welcherȱ Ablaufȱ gewähltȱ undȱ wieȱ erȱ ausgestaltetȱ wird,ȱ hängtȱ vonȱdenȱZielsetzungenȱundȱInhaltenȱderȱeinzelnenȱProjekteȱab.ȱVonȬ einanderȱ abhängigeȱ Entwicklungsschritteȱ derȱ einzelnenȱ Projekteȱ müssenȱ sequentiellȱ geregeltȱ werden,ȱ soȱ z.B.ȱ wennȱ einȱ Projektȱ aufȱ demȱ Endergebnisȱ einesȱ anderenȱ Projektsȱ (z.B.ȱ einemȱ Pilotprojekt)ȱ aufbaut.ȱ Voneinanderȱ unabhängigeȱ Entwicklungsschritteȱ solltenȱ parallelisiertȱwerden,ȱumȱProjektlaufzeitenȱzuȱverkürzen.ȱEineȱProȬ grammleitung,ȱ dieȱ dieseȱ Abstimmungsarbeitenȱ ernstȱ nimmt,ȱ beȬ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
treibtȱ dieȱ erwähnteȱ Orchestrierungȱ desȱ Wandelsȱ undȱ erzieltȱ eineȱ hoheȱQualitätȱderȱProjektergebnisseȱbeiȱkurzerȱProjektdauer.ȱ
VerstetigungȱderȱWandlungsergebnisseȱ Dasȱ ProgrammȬManagementȱ behältȱ dieȱ Gesamtverantwortungȱ fürȱ dieȱ Erreichungȱ derȱ Wandlungszieleȱ auchȱ nachȱ Beendigungȱ undȱ Auflösungȱ derȱ Teilprojekte.ȱ Nachȱ derȱ Übertragungȱ derȱ VerantworȬ tungȱ fürȱ dieȱ neuenȱ Strukturenȱ undȱ Prozesseȱ aufȱ dasȱ LinienmanaȬ gementȱ übernimmtȱ dasȱ ProgrammȬManagementȱ imȱ Rahmenȱ derȱ VerstetigungȱdieȱkontinuierlicheȱUnterstützungȱundȱBegleitungȱderȱ Linienverantwortlichen,ȱ damitȱ dieseȱ sichȱ inȱ ihreȱ neuenȱ Aufgabenȱ einarbeitenȱ können.ȱ Weiterhinȱ sollenȱ dieȱ bisherȱ erarbeiteteȱ WandȬ lungsbereitschaftȱ undȱ Ȭfähigkeitȱ gesichertȱ werden.ȱ Hierȱ giltȱ es,ȱ dieȱ LinienverantwortlichenȱzuȱcoachenȱundȱihnenȱgeeigneteȱHilfsmittelȱ anȱ dieȱ Handȱ zuȱ geben,ȱ umȱ dieȱ betroffenenȱ Organisationseinheitenȱ zuȱeinemȱselbstverantwortlichenȱundȱevolutorischenȱHandelnȱanzuȬ leiten.ȱ Konkretȱ kannȱ diesȱ bedeuten,ȱ dassȱ dasȱ ProgrammȬManageȬ mentȱ regelmäßigeȱ Treffenȱ mitȱ denȱ Linienverantwortlichenȱ veranȬ staltet,ȱumȱdieȱFortschritteȱimȱProzessȱderȱVerstetigungȱzuȱermitteln.ȱ Dabeiȱ kannȱ einȱ evtl.ȱ vorhandenesȱ ProgrammȬBüroȱ dieȱ Einführungȱ undȱersteȱDurchführungȱvonȱWorkshopsȱoderȱQualityȱCirclesȱüberȬ nehmenȱundȱdamitȱdieȱLinienmanagerȱzunächstȱvonȱdieserȱAufgabeȱ entlasten.ȱ Imȱ Rahmenȱ desȱ ‚Followȱ upȬControlling’ȱ führtȱ dasȱ ProgrammȬ Managementȱ nachȱ Abschlussȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ eineȱȱȱȱ Überprüfungȱ derȱ erreichtenȱ Veränderungenȱ durch.ȱ Hierbeiȱ istȱ insȬ besondereȱ dieȱ Nachhaltigkeitȱ derȱ erzieltenȱ Wandlungsergebnisseȱ vonȱ Bedeutung,ȱ dieȱ zurȱ Verstetigungȱ desȱ Wandelsȱ unbedingtȱ notȬ wendigȱ ist.ȱ Zukünftigeȱ Wandlungsprojekteȱ könnenȱ anȱ denȱ ErgebȬ nissenȱ derȱ vorherigenȱ nurȱ ansetzen,ȱ wennȱ derenȱ Ergebnisseȱ klarȱ dokumentiertȱ undȱ nochȱ offeneȱ Baustellenȱ deutlichȱ sichtbarȱ sindȱ (vgl.ȱauchȱKap.ȱ9).ȱ
Die SAP AG, der weltweit führende Anbieter von Enterprise Ressource Planning-Systemen (ERP-Systemen), hat vor dem Hintergrund dynamischer und kontinuierlicher Veränderungen auf den Gebieten Markt, Technologie und Wettbewerb einen Strategiewechsel hin zu einem integrierten Problemlöser vollzogen. Dieser Strategiewechsel hat in der Folge umfangreiche Reorganisationsprogramme, u.a. im Entwicklungsbereich, ausgelöst. Die
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Projekt- und Programm-Management
nachhaltige Verankerung der erzielten Ergebnisse sowie deren Eignung für die erfolgreiche Umsetzung der Strategie soll auch nach Programmabschluss einer ständigen Kontrolle unterzogen werden. Diese Aufgabe übernimmt bei der SAP AG das Corporate Strategy Management-Team, das sich nach Programmende aus der aufgelösten Programmleitung gebildet hat. Dazu werden in vierteljährlichen Performance Trackings die Beiträge der neu gebildeten Organisationseinheiten zur Erreichung der Unternehmungsziele überprüft. Werden dabei nachhaltige Abweichungen ermittelt, werden die neu geschaffenen organisatorischen Regelungen als Ursache der Abweichungen überprüft und gegebenenfalls überarbeitet (vgl. Vetter/Sturm/Petry 2006).
6.3.3
Programmorganisation und ihre Bausteine
FürȱumfangreicheȱWandlungsprogrammeȱistȱeineȱProgrammorganiȬ sationȱ einzurichten,ȱ inȱ derȱ dieȱ Arbeitsteilungȱ undȱ Koordinationȱ zwischenȱdenȱEinzelprojektenȱgeregeltȱist.ȱAufgaben,ȱKompetenzenȱ undȱVerantwortungȱsindȱaufȱdieȱverschiedenenȱEinheitenȱzuȱverteiȬ len.ȱ Abbildungȱ 6/2ȱ gibtȱ einenȱ schematischenȱ Überblickȱ überȱ dieȱ Programmorganisation.ȱ
Abbildungȱ6/2ȱ
Programmorganisationȱ
UnterstützungsUnterstützungseinheiten
Lenkungsausschuss = Management durch Projekte Programmleitung = Management von Projekten Projektteams = Management des Projektes
ȱ
Auchȱ inȱ einerȱ Programmorganisationȱ sindȱ SteuerungsȬ,ȱ OperatiȬ onsȬȱ bzw.ȱ AusführungsȬȱ undȱ Supportaufgabenȱ zuȱ erledigenȱ (vgl.ȱ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
zumȱSOSȬKonzeptȱKrügerȱ2005,ȱS.ȱ154ff.).ȱZusätzlichȱsindȱdieȱKoorȬ dinationsaufgabenȱalsȱTeilȱderȱSteuerungsaufgabenȱzuȱextrahieren.ȱ
Lenkungsausschuss:ȱ Derȱ Lenkungsausschussȱ istȱ inȱ derȱ Regelȱ dasȱ hierarchischȱ höchsteȱ Organȱ derȱ Programmorganisation.ȱ Währendȱ dieȱ Aufgabenȱ desȱ Managementsȱ durchȱ Projekteȱ beȬ reitsȱ inȱ derȱ Initialisierungȱ beginnen,ȱ konstituiertȱ sichȱ derȱ LenȬ kungsausschussȱselbstȱerstȱimȱAnschlussȱanȱdasȱStrategieȬProjektȱ inȱderȱKonzipierungsphase,ȱdasȱmitȱderȱFestlegungȱeinesȱgrobenȱ SachkonzeptsȱsowieȱeinesȱZeitȬȱundȱBudgetrahmensȱendet.ȱHäuȬ figȱ sindȱ dieȱ Initiatorenȱ derȱ Wandlungskoalitionȱ GründungsmitȬ glieder.ȱ Wichtigeȱ weitereȱ Mitgliederȱ desȱ Lenkungsausschussesȱ sindȱjeȱnachȱstrategischerȱBedeutungȱdesȱWandlungsprogrammsȱ insbesondereȱ Topmanagerȱ derȱ erstenȱ oderȱ zweitenȱ FührungsȬ ebeneȱ inȱ ihrerȱ Funktionȱ alsȱAuftraggeberȱ undȱ inȱ ihrerȱ Rolleȱ alsȱ Machtpromotorenȱ(vgl.ȱ Kap.ȱ4.1.2).ȱ Dabeiȱ istȱ aufȱ eineȱ ausgewoȬ geneȱ Vertretungȱ derȱ unterschiedlichenȱ betroffenenȱ UnternehȬ mungsbereicheȱ zuȱ achten.ȱ Inȱ derȱ Regelȱ sindȱ solcheȱ SteuerungsȬȱ undȱ Koordinationsgremienȱ Kollegialinstanzen,ȱ d.h.ȱ dieȱ EntȬ scheidungenȱfallenȱeinstimmigȱoderȱzumindestȱmitȱqualifizierterȱ Mehrheit.ȱ Bestimmtȱ derȱ Lenkungsausschussȱ einenȱ UnternehȬ mungsexternenȱ zumȱ ProgrammȬManager,ȱ soȱ istȱ dieserȱ zwecksȱ derȱ Mitübernahmeȱ derȱ Verantwortungȱ auchȱ inȱ denȱ LenkungsȬ ausschussȱaufzunehmen.ȱDamitȱistȱauchȱeineȱersteȱwichtigeȱAufȬ gabeȱ desȱ Lenkungsausschussesȱ angesprochen:ȱ dieȱ Auswahlȱ derȱ Programmleitung.ȱDarüberȱhinausȱentwickeltȱderȱLenkungsausȬ schussȱ dieȱVisionenȱundȱ Leitbilderȱ fürȱdasȱProgrammȱ undȱ konȬ kretisiertȱdieȱfürȱdenȱProjektauftragȱnotwendigenȱZieleȱdesȱProȬ gramms.ȱ Aufȱ diesemȱ Wegȱ wirdȱ dieȱ Entsprechungȱ vonȱ UnterȬ nehmungsstrategieȱ undȱ Wandlungsstrategieȱ sichergestellt.ȱ Derȱ Lenkungsausschussȱ trifftȱ programmbezogeneȱ strategischeȱ EntȬ scheidungen,ȱ vertrittȱ dieȱ Programminteressenȱ nachȱ außenȱ undȱ lässtȱdieȱInteressenȱexternerȱundȱinternerȱAnspruchsgruppenȱmitȱ einfließen.ȱ Auchȱ dasȱ Mitbestimmungsmanagementȱ istȱ vonȱ dieȬ semȱ Gremiumȱ zuȱ übernehmenȱ bzw.ȱ zuȱ überwachen.ȱ Derȱ LenȬ kungsausschussȱ mussȱ dieȱ systemischen,ȱ strukturellenȱ undȱ perȬ sonellenȱBarrierenȱundȱEngpässeȱimȱAugeȱhabenȱundȱgegebenenȬ fallsȱ beseitigenȱ (vgl.ȱ Schildknechtȱ 1998,ȱ S.ȱ 293f.).ȱ Desȱ Weiterenȱ überwachtȱ derȱ Lenkungsausschussȱ denȱ Gesamtablaufȱ aufȱ Basisȱ
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6
Projekt- und Programm-Management
derȱ Informationenȱ desȱ Programmcontrollingsȱ undȱ löstȱ imȱ AusȬ nahmefallȱetwaigeȱKonflikteȱ(vgl.ȱPatzak/Rattayȱ2004,ȱS.ȱ101ff.).ȱ DerȱSchwerpunktȱderȱAktivitätenȱdesȱLenkungsausschussesȱliegtȱ inȱ derȱ Konzipierungȱ sowieȱ derȱ Umsetzung.ȱ Amȱ Beginnȱ seinerȱ Arbeitȱmussȱerȱdafürȱsorgen,ȱdassȱdieȱ‚richtigen’ȱZieleȱundȱMaßȬ nahmenȱbeschlossenȱwerden.ȱAmȱEndeȱseinerȱTätigkeitȱmussȱerȱ gewährleisten,ȱdassȱnachȱderȱerfolgtenȱUmsetzungȱauchȱdieȱVorȬ aussetzungenȱfürȱdieȱVerstetigungȱgegebenȱsind.ȱ
ProgrammleitungȱundȱKernteam:ȱDieȱProgrammleitungȱbestehtȱ imȱ einfachstenȱ Fallȱ ausȱ einerȱ Person,ȱ demȱ ProgrammȬManager.ȱ DerȱProgrammȬManagerȱistȱeineȱzentraleȱFigur,ȱdaȱerȱhorizontaȬ lesȱwieȱvertikalesȱSchnittstellenmanagementȱbetreibt.ȱErȱistȱdemȬ entsprechendȱ mitȱ derȱ unternehmerischenȱ Verantwortungȱ undȱ Kompetenzȱ fürȱ dasȱ Programmȱ auszustatten.ȱ Derȱ ProgrammȬ Managerȱ istȱ außerdemȱ wesentlicherȱ Trägerȱ derȱ InformationsȬȱ undȱKommunikationspolitikȱ(vgl.ȱKap.ȱ8).ȱSeineȱAufgabenȱsindȱ dasȱ Herunterbrechenȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ ausȱ demȱ StrateȬ gieȬProjektȱ inȱ einzelneȱ Projektzieleȱ undȱ Ȭaufträgeȱ fürȱ dieȱ BasisȬȱ undȱ Folgeprojekteȱ undȱ dasȱ Verfolgenȱ derȱ zentralȱ eingeleitetenȱ Aktivitäten.ȱ Inȱ Abstimmungȱ mitȱ demȱ Lenkungsausschussȱ sindȱ dannȱ dieȱ einzelnenȱ Projektleiterȱ unterȱ Beachtungȱ vonȱ wesentliȬ chenȱ Interessenlagenȱ undȱ Qualifikationenȱ auszuwählen.ȱ Dabeiȱ solltenȱ unterschiedlicheȱ Hierarchieebenenȱ wieȱ auchȱ Funktionenȱ berücksichtigtȱwerden.ȱAußerdemȱentscheidetȱderȱProgrammleiȬ ter,ȱ welcheȱ externenȱ Stellen,ȱ z.B.ȱ Berater,ȱ ausgewählteȱ Kundenȱ oderȱLieferanten,ȱdenȱWandlungsprozessȱbesondersȱinȱdenȱPhaȬ senȱ Mobilisierungȱ undȱ Umsetzungȱ unterstützenȱ sollen.ȱ Seineȱ Hauptaufgabeȱ istȱ esȱ sodann,ȱ denȱ reibungslosenȱ Ablaufȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱsicherzustellen.ȱȱ Daȱ derȱ Koordinationsaufwandȱ aufȱ derȱ Programmebeneȱ erhebȬ lichȱist,ȱbietetȱsichȱdieȱBildungȱeinerȱMehrpersoneneinheitȱan.ȱDieȱ Programmleitungȱ setztȱ sichȱ dannȱ ausȱ demȱ ProgrammȬManagerȱ undȱdenȱProjektleiternȱzusammen,ȱeventuellȱergänztȱumȱVertreȬ terȱvonȱUnterstützungseinheitenȱ(z.B.ȱProgrammcontrolling,ȱvgl.ȱ auchȱKap.ȱ9)ȱoderȱbeteiligtenȱBeratern.ȱ Üblicherweiseȱ wirdȱ eineȱ solcheȱ Zusammensetzungȱ mitȱ diesenȱ Aufgabenȱ auchȱ alsȱ Kernteamȱ bezeichnetȱ (vgl.ȱ Patzak/Rattayȱ 2004,ȱ S.ȱ 129;ȱ Krügerȱ 2005,ȱ S.ȱ 225).ȱ Beiȱ einerȱ großenȱAnzahlȱ vonȱ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
Teilprojektenȱ kannȱ sichȱ fürȱ dieȱ effizienteȱ Projektsteuerungȱ ausȱ denȱMitgliedernȱdiesesȱKreisesȱeinȱfünfȬȱbisȱsiebenköpfigesȱProȬ grammȬKernteamȱbilden.ȱ Dasȱ Managementȱ vonȱ Projektenȱ wirdȱ spätestensȱ inȱ derȱ MobiliȬ sierungsphaseȱ eingerichtetȱ undȱ hatȱ seinenȱ Arbeitsschwerpunktȱ währendȱ derȱ Umsetzungsphase.ȱ Dieȱ Arbeitȱ derȱ ProgrammleiȬ tungȱ endetȱ mitȱ demȱ Übergangȱ inȱ dieȱ Verstetigungȱ (vgl.ȱ Krügerȱ 2000).ȱ
ProjektleiterȱundȱProjektteams:ȱDieȱProjektleiterȱundȱihreȱTeamsȱ bewerkstelligenȱdasȱoperativeȱGeschäftȱdesȱWandlungsprozessesȱ (Managementȱ desȱ Projekts).ȱ Derȱ Projektleiterȱerhältȱ Weisungenȱ vonȱderȱProgrammleitung,ȱinȱderȱerȱgegebenenfallsȱselbstȱmitarȬ beitet.ȱ Erȱ hatȱ fürȱ seinȱ Projektȱ dieȱ relevantenȱ Schnittstellenȱ zuȱȱȱȱȱȱȱ identifizierenȱundȱabgeleitetȱausȱdemȱProjektauftragȱeineȱsaubereȱ Projektdefinitionȱ mitȱ denȱ wesentlichenȱ Teilzielenȱ zuȱ erarbeiten.ȱ DarüberȱhinausȱobliegtȱihmȱdieȱZusammensetzungȱundȱOrganiȬ sationȱ seinesȱ Teamsȱ (vgl.ȱ Kraus/Westermannȱ 1998,ȱ S.ȱ 33ff.).ȱ Dasȱ TeamȱselbstȱbesitztȱimȱRahmenȱdesȱProjektauftragsȱinȱderȱRegelȱ einenȱweitenȱHandlungsspielraum,ȱderȱzumȱEntwurfȱinnovativerȱ undȱ zugleichȱ anwendernaher,ȱ akzeptierbarerȱ Lösungenȱ genutztȱ werdenȱmuss.ȱDieȱTeammitgliederȱwirkenȱanȱdenȱprojektrelevanȬ tenȱ PlanungsȬȱ undȱ Steuerungsprozessenȱ mit.ȱ Dafürȱ müssenȱ imȱ Teamȱ dieȱ entsprechendenȱ Spezialistenȱ und/oderȱ Generalistenȱ vertretenȱ sein,ȱ dieȱ sichȱ durchȱ selbständiges,ȱ unternehmerischesȱ DenkenȱundȱHandelnȱauszeichnen.ȱ Imȱ Rahmenȱ desȱ Wandlungsprozessesȱ hatȱ dasȱ Managementȱ desȱ ProjektsȱseinenȱTätigkeitsschwerpunktȱinȱderȱUmsetzungsphase,ȱ inȱderȱalleȱerforderlichenȱBasisȬȱundȱFolgeprojekteȱdurchgeführtȱ werden.ȱ Dabeiȱ trägtȱ derȱ Projektleiterȱ dieȱ FührungsverantworȬ tungȱ fürȱ seinȱ Projektteamȱ undȱ dieȱ Ergebnisverantwortungȱ fürȱ dieȱErreichungȱderȱvorgegebenenȱProjektziele.ȱ
Programmunterstützungseinheiten:ȱ Auchȱ ProgrammȬManagerȱ undȱProjektleiterȱbenötigenȱUnterstützung,ȱz.B.ȱdurchȱeinenȱProȬ jektȬAssistentenȱoderȱeinȱProgrammȬBüro.ȱAufgabenȱsindȱvorȱalȬ lemȱ Dokumentationȱ undȱ Administration,ȱ Controlling,ȱ KomȬ munikationȱundȱMethodenberatung.ȱInsbesondereȱdieȱFunktioȬ nenȱKommunikationȱundȱControllingȱsindȱinȱihrerȱBedeutungȱsoȱ hochȱeinzuschätzen,ȱdassȱsieȱalsȱselbständige,ȱbegleitendeȱUnterȬ
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Projekt- und Programm-Management
stützungseinheitenȱmitȱinȱdasȱProgrammȱaufgenommenȱwerdenȱ sollten,ȱ daȱ sieȱ u.a.ȱ denȱ Lenkungsausschussȱ beimȱ Managementȱ durchȱ Projekteȱ unterstützen.ȱ Fürȱ dieȱ Methodenberatungȱ bietetȱ sichȱ einȱ (auchȱ externȱ vorgehaltener)ȱ Expertenpoolȱ oderȱ einȱ ProȬ jektȬCompetenceȬCenterȱ (vgl.ȱ JantzenȬHompȱ 2000,ȱ S.ȱ 142ff.)ȱ an,ȱ welcheȱ fürȱ alleȱ Projekteȱ Organisationsentwickler,ȱ Moderatoren,ȱ EDVȬSpezialistenȱu.ä.ȱimȱBedarfsfallȱzurȱVerfügungȱstellen.ȱDieseȱ EinheitenȱsindȱdemȱManagementȱvonȱProjektenȱzuzuordnen.ȱ
Das Thema: Programmorganisation Das Beispiel: SAP AG Im Rahmen des Reorganisationsprojekts des Entwicklungsbereichs (SCORE: Strategic Cross-Organizational REalignment) der SAP AG wurde im Anschluss an die Initialisierungs- und Konzipierungsphase eine Programmorganisation für die Umsetzung in der Realisierungsphase eingerichtet. Das Wandlungsprogramm bestand aus insgesamt acht aufeinander abgestimmten Teilprojekten, deren operative Steuerung von der Programmleitung (bei SAP Project Office genannt) übernommen wurde. Die strategische Steuerung hatte der Project Steering Board, also der Lenkungsausschuss, inne (vgl. Abb. 6/3). Die Aufgaben des Project Steering Boards lagen in der Festlegung strategischer Entscheidungen, der Überwachung des Gesamtprogramms und der Vertretung des SCORE-Programms nach außen. Um den betroffenen Mitarbeitern und den beteiligten Projektmitgliedern die strategische Bedeutung des Programms zu verdeutlichen, war der Lenkungsausschuss mit Topmanagern aus dem Entwicklungsbereich und Vorstandsmitgliedern besetzt. Die inhaltliche und zeitliche Koordination der Teilprojekte oblag der Programmleitung. Ebenso hatte sie die Entscheidungen über die personelle Besetzung der Teilprojektleiter zu treffen. Für diese Positionen wurden nach Möglichkeit die für die zukünftigen Einheiten vorgesehenen Leiter ausgewählt, da diese ein Interesse an effektiven und effizienten Lösungen hatten (vgl. Vetter/Sturm/Petry 2006).
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
Abbildungȱ6/3:ȱ ProgrammorganisationȱSCOREȱ
Project Steering Board
Teilprojekte
Project Office
Project Org. In Development
Quality Mgmt.
Interface BSGs / Global Marketing
Interface BSGs / AP&A / Net Weaver Unit
Portfolio Mgmt.
Roll-in, Product Def. & Sol. Mgmt.
Business Planning
SCORE Implementation Teams
BSG F&PS
BSG SI
BSG MI
ȱ
WieȱamȱBeispielȱdesȱSCOREȬProjektsȱderȱSAPȱangedeutet,ȱistȱesȱinȱ derȱPraxisȱweithinȱüblich,ȱbeiȱaufbauorganisatorischemȱWandelȱdieȱ geplanteȱZielorganisationȱvorabȱinȱderȱProjektorganisationȱabzubilȬ den.ȱDieȱzuȱentwickelndenȱOrganisationseinheitenȱsindȱGegenstandȱ entsprechenderȱTeilprojekte.ȱDieȱzukünftigenȱLeiterȱdieserȱEinheitenȱ sindȱ bereitsȱ ‚gesetzt’ȱ undȱ leitenȱ dieseȱ Teilprojekte.ȱ Ihreȱ späterenȱ Vorgesetztenȱ könnenȱ konsequenterweiseȱ alsȱ ProgrammȬManagerȱ bzw.ȱimȱLenkungsausschussȱtätigȱwerden.ȱȱȱ Checkliste zur Programmorganisation Ist das Topmanagement in den Lenkungsausschuss eingebunden? Wie viele Projekte enthält das Programm? Wie viele Personen sind für die Programmleitung und Projektleitung notwendig? Erfüllt der Kandidat/erfüllen die Kandidaten die Anforderungen in Bezug auf Integrations- und Koordinationsfähigkeiten, Teamfähigkeit als primus inter pares, Mut und Akzeptanz sowie Kommunikationsfähigkeiten? Wird dem ‚Staffing‘ die notwendige Aufmerksamkeit eingeräumt? Erreicht das Programm eine Größe, die Unterstützungseinheiten notwendig macht? Erhalten die Projektteams genug Zeit, einen gemeinsamen Arbeitsrhythmus zu erreichen? Ist die Auskopplung eines Kernteams angezeigt? Welche Personen kommen dafür in Frage?
231ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
6.3.4
Anbindung der Sekundärorganisation an die Primärorganisation
DieȱProgrammorganisationȱkannȱihreȱWirkungȱerstȱentfalten,ȱwennȱ ihrȱeinȱangemessenesȱGewichtȱimȱVerhältnisȱzurȱPrimärorganisationȱ zugestandenȱ wird.ȱ Lenkungsausschuss,ȱ Programmleitungȱ undȱ Kernteamȱ stellenȱ Wandlungsplattformenȱ darȱ undȱ sollenȱ zugleichȱ dieȱ intensiveȱ Kopplungȱ mitȱ derȱ Primärorganisationȱ sichernȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ6/4).ȱDieȱhierarchischeȱEinordnungȱundȱSteuerungȱdieserȱPlattȬ formenȱ bestimmtȱ maßgeblich,ȱ wieȱ starkȱ dieȱ gesamteȱ Organisationȱ aufȱ dasȱ Programmzielȱ ausgerichtetȱ wird.ȱ DieȱAnbindungȱ kannȱ ausȱ denȱ genanntenȱ Gründenȱ nurȱ aufȱ Topmanagementebeneȱ erfolgen.ȱ Damitȱ werdenȱ dieȱ Autoritätȱ undȱ dieȱ Unabhängigkeitȱ derȱ ProȬ grammleitungȱ mitȱ Signalwirkungȱ versehen,ȱ undȱ aufȱ dieseȱ Weiseȱ kannȱ auchȱ derȱ ‚Fit‘ȱ mitȱ derȱ Unternehmungsstrategieȱ verbessertȱ werden.ȱ
Abbildungȱ6/4ȱ
AnbindungȱderȱSekundärȬȱanȱdieȱPrimärorganisationȱ
Primärorganisation
-
Ziele und Aufträge Personelle Besetzung Ressourcen Kompetenzen Steuerung/Überwachung
Sekundärorganisation
Wandlungskonzepte Veränderungsmaßnahmen Kommunikation Training Beratung/Coaching - Information - Mitarbeit - Mitentscheidung
ȱ
Dieȱ Komplexitätȱ desȱ Wandlungsvorhabensȱ bedarfȱ einerȱ professioȬ nellenȱundȱdamitȱinȱderȱRegelȱauchȱvollamtlichenȱProgrammleitung.ȱ Abhängigȱ vonȱ derȱ Größeȱ desȱ Programmsȱ giltȱ diesȱauchȱ unterȱUmȬ ständenȱ fürȱ dieȱ Projektleiter.ȱ Daȱ derȱ Freistellungsgradȱ derȱ ProjektȬ mitarbeiterȱinȱderȱRegelȱnurȱbeiȱ50ȱbisȱ60%ȱliegt,ȱistȱderȱweisungsbeȬ zogeneȱDurchgriffȱzwischenȱPrimärfunktionȱundȱProjektȱzugunstenȱ derȱ Projektarbeitȱ zuȱ regeln.ȱ Nurȱ soȱ könnenȱ personelleȱ RessourcenȬ konflikteȱ vonȱ vornhereinȱ vermiedenȱ werden.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ auchȱ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
angesichtsȱ derȱ zuȱ erwartendenȱ Programmdauerȱ umȱ eineȱ relativȱ aufwändigeȱLösung.ȱ Dasȱ Dilemmaȱ derȱ Anbindungȱ bestehtȱ zumȱ einenȱ darin,ȱ dassȱ derȱ ProgrammorganisationȱeinȱhohesȱMaßȱanȱAutonomieȱzugestandenȱ werdenȱmuss,ȱumȱeineȱArbeitȱmöglichstȱentferntȱvonȱderȱPrimärhieȬ rarchieȱ zuȱ ermöglichen.ȱ Veränderungenȱ brauchenȱ Raum,ȱ d.h.ȱ FreiȬ heitsgradeȱinȱHandlungenȱundȱ(TeilȬ)Entscheidungen.ȱZumȱanderenȱ aberȱ kannȱ keineȱ Wandlungsorganisationȱ imȱ luftleerenȱ Raumȱ agieȬ ren.ȱDieȱPrimärorganisationȱistȱinȱdenȱWandlungsprozessȱeinzubinȬ den,ȱ dennȱ sieȱ mussȱ sichȱ schließlichȱ mitȱ verändern.ȱ Einenȱ AnsatzȬ punktȱzurȱLösungȱdiesesȱProblemsȱstellenȱdieȱMitarbeiterȱselbstȱdar.ȱ Inȱ derȱ hierȱ unterstelltenȱ matrixähnlichenȱ Lösungȱ sindȱ dieȱ ProjektȬ mitgliederȱsowohlȱinȱderȱProgrammorganisationȱalsȱauchȱimȱTagesȬ geschäftȱ aktiv.ȱ Imȱ ‚Wandlungsgeschäft‘ȱ wirdȱ ihnenȱ möglichstȱ weitȬ gehendeȱ Autonomieȱ zugestanden.ȱ Sieȱ unterstehenȱ derȱ ProgrammȬȱ undȱProjektleitung.ȱImȱTagesgeschäftȱsindȱsieȱ(z.B.ȱzweiȱTageȱinȱderȱ Woche)ȱinȱdieȱLinieȱintegriert.ȱDiesȱführtȱzwarȱzuȱReibungsverlustenȱ durchȱ denȱ häufigenȱ ‚Jobwechsel‘,ȱ hatȱ aberȱ denȱ weitausȱ größerenȱ Vorteil,ȱ dassȱdadurchȱ dieȱErfahrungenȱ undȱ Ergebnisseȱ derȱ ProjektȬ arbeitȱ inȱ dieȱPrimärorganisationȱeinfließenȱ (vgl.ȱ Grimmeisenȱ 1998,ȱ S.ȱ235f.).ȱAufȱdieseȱWeiseȱwirdȱinȱkleinenȱSchrittenȱderȱBodenȱfürȱdieȱ Veränderungȱbereitet.ȱImȱGegenzugȱnehmenȱdieȱMitarbeiterȱBedenȬ kenȱ undȱ Ängsteȱ ihrerȱ Kollegenȱ ausȱ demȱ Tagesgeschäftȱ mitȱ inȱ dasȱ Projektȱundȱkönnenȱvonȱdortȱausȱhelfen,ȱBarrierenȱabzubauen.ȱ
6.3.5
Programm-Büro als Integrator
Jeȱ komplexerȱ undȱ umfangreicherȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ ist,ȱ destoȱ schwererȱ wirdȱ esȱ fürȱ dasȱ Kernteam,ȱ dieȱ beteiligtenȱ ProjektȬ teamsȱseriösȱzuȱsteuern,ȱzuȱkoordinierenȱundȱzuȱkontrollieren.ȱEineȱ spezielleȱ Unterstützungseinheitȱ hierfürȱ stelltȱ dasȱ ProgrammȬBüroȱ dar.ȱSeineȱArbeitȱbeginntȱmitȱderȱEinrichtungȱderȱProgrammleitungȱ inȱderȱMobilisierungsphase,ȱderȱAufgabenschwerpunktȱliegtȱjedochȱ inȱderȱUmsetzungsphase.ȱBeimȱÜbergangȱinȱdieȱVerstetigungsphaseȱ bestehtȱseineȱAufgabeȱinȱderȱÜberwachungȱderȱnotwendigenȱSchritȬ teȱzurȱVerstetigungȱderȱWandlungsergebnisse.ȱ Dieȱ personelleȱ Besetzungȱ desȱ ProgrammȬBürosȱ richtetȱ sichȱ nachȱ demȱUmfangȱderȱAufgabenstellung.ȱErfahrungswerteȱausȱderȱPraxisȱ
233ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
zeigenȱ eineȱ Stärkeȱ vonȱ zweiȱ bisȱ zehnȱ Personen,ȱ dieȱ ganzȱ oderȱ teilȬ weiseȱ fürȱ dieseȱ Tätigkeitenȱ freigestelltȱ sind.ȱ Beiȱ derȱ Auswahlȱ derȱ Mitarbeiterȱ wirdȱ empfohlen,ȱ aufȱ ausgewählteȱ Führungskräfteȱ undȱ TeammitarbeiterȱmitȱeinerȱgutenȱReputationȱzurückzugreifen,ȱdaȱsieȱ beiȱderȱErfüllungȱihrerȱAufgabenȱaufȱdieȱAnerkennungȱihrerȱfachliȬ chenȱundȱpersönlichenȱFähigkeitenȱangewiesenȱsind.ȱDieȱbenötigtenȱ fachlichenȱ Kompetenzenȱ sindȱ dabeiȱ vonȱ denȱ Besonderheitenȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱabhängig.ȱDieȱinterneȱOrganisationȱdesȱProȬ grammȬBürosȱ istȱ durchȱ eineȱ klareȱ KompetenzȬȱ undȱ AufgabenabȬ grenzungȱzwischenȱdenȱMitarbeiternȱgekennzeichnet.ȱZudemȱsollteȱ derȱ ProgrammȬManagerȱ zumȱ Leiterȱ dieserȱ Einheitȱ bestimmtȱ werȬ den,ȱumȱdieȱAufgabenȱdesȱProgrammȬBürosȱbestmöglichȱdefinierenȱ zuȱ können.ȱ Nebenȱ denȱ internenȱ Aufgabenȱ fungiertȱ esȱ gegebenenȬ gallsȱalsȱAnsprechpartnerȱundȱKoordinatorȱfürȱexterneȱBerater.ȱ DieȱAufgabenȱdesȱProgrammȬBürosȱorientierenȱsichȱanȱdenȱimȱkonȬ kretenȱWandlungsfallȱzuȱerledigendenȱAufgaben.ȱUmȱsieȱzuȱidentiȬ fizierenȱ undȱ dieȱ Projektzieleȱ zuȱ definieren,ȱ sindȱ bspw.ȱ Workshopsȱ mitȱ denȱ betroffenenȱ Unternehmungsbereichenȱ durchzuführen.ȱ Dieȱ Durchführungȱ einesȱ begleitendenȱ Projektcontrollingsȱ istȱ ebenfallsȱ Aufgabeȱ desȱ ProgrammȬBüros,ȱ umȱ zeitnahȱ einenȱ Gesamtüberblickȱ überȱ Ergebniserreichungȱ undȱ Risikostatusȱ desȱ WandlungsvorhaȬ bensȱzuȱerhalten.ȱGenerellȱlassenȱsichȱdieȱAufgabenȱdesȱProgrammȬ BürosȱvereinfachtȱinȱdieȱfolgendenȱvierȱBereicheȱuntergliedern:ȱ
Begleitungȱ desȱ Wandlungsprozesses:ȱDieȱ Unterstützungȱinȱ derȱ Planung,ȱ Überwachungȱ undȱ Kontrolleȱ desȱ Projektablaufsȱ undȱ derȱ Projektergebnisse,ȱ alsoȱ dasȱ Projektcontrolling,ȱ istȱ eineȱ HauptaufgabeȱdesȱBüros,ȱdiesȱinȱengerȱVerbindungȱmitȱdemȱLiȬ niencontrolling.ȱ Dazuȱ gehörtȱ auchȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ WandȬ lungsstandards.ȱ Sollteȱ dieȱ Wandlungsstrategieȱ aufgrundȱ aktuelȬ lerȱ Entwicklungenȱ geändertȱ werden,ȱ mussȱ dasȱ ProgrammȬBüroȱ daraufȱreagierenȱundȱdenȱProjektplanȱsowieȱdieȱProjektorganisaȬ tionȱentsprechendȱanpassen.ȱDiesȱkannȱsichȱauchȱaufȱdieȱZielsetȬ zungenȱ derȱ Teilprojekte,ȱ derenȱ Anzahlȱ oderȱ Zusammensetzungȱ auswirken.ȱ
Administration:ȱHierunterȱfallenȱimȱWesentlichenȱalleȱAufgaben,ȱ dieȱderȱUmsetzungȱorganisatorischerȱVeränderungenȱimȱengerenȱ Sinneȱdienen.ȱImȱAllgemeinenȱzählenȱdazuȱinsbesondereȱdieȱVorȬȱ undȱ Nachbereitungȱ vonȱ Meetings,ȱ Erstellungȱ vonȱ StellenbeȬ
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Management und Organisation von Wandlungsprogrammen
6.3
schreibungenȱ undȱ Zielvereinbarungenȱ fürȱ dieȱ neueȱ Struktur,ȱ KostenerfassungȱundȱȬabrechnungȱsowieȱdieȱAdministrationȱvonȱ UmzugsȬȱundȱKonsolidierungsaktivitäten.ȱ
Personal:ȱ Dieȱ Personalfunktionȱ imȱ Rahmenȱ desȱ UnternehȬ mungswandelsȱ übernimmtȱ sowohlȱ eigeneȱ Aufgabenȱ alsȱ auchȱ Abstimmungsaufgaben.ȱZuȱderenȱwichtigstenȱAufgabenȱgehörenȱ sicherlichȱ dieȱ strategischeȱ undȱ operativeȱ Personalplanungȱ undȱ dieȱsichȱdarausȱergebendenȱ‚Wanderungslisten’ȱ(d.h.ȱMitarbeiterȱ XȱwandertȱvonȱOrganisationseinheitȱAȱnachȱB)ȱundȱderenȱRealiȬ sierung.ȱ Daȱ dasȱ ProgrammȬBüroȱ dafürȱ meistȱ nichtȱ mitȱ denȱ notȬ wendigenȱ Kompetenzenȱ ausgestattetȱ ist,ȱ bedarfȱ esȱ einerȱ engenȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ derȱ Personalabteilungȱ derȱ Unternehmungȱ und/oderȱdesȱKonzerns.ȱHierȱistȱeineȱmöglichstȱaktiveȱSteuerungȱ undȱ Begleitungȱ derȱ internenȱ Personalfunktionenȱ vonnöten.ȱ InsȬ besondereȱ inȱ Abbausituationenȱ müssenȱ alleȱ sozialpartnerreleȬ vantenȱThemenȱgeplantȱundȱvorbereitetȱwerden.ȱ
Spezialaufgaben:ȱSolcheȱAufgabenȱumfassenȱz.B.ȱdieȱUnterstütȬ zungȱ vonȱ Linieneinheitenȱ inȱ spezifischenȱ Fragestellungenȱ undȱ dasȱReportingȱ mitȱ UnternehmungsȬȱ undȱ Konzerneinheitenȱ oderȱ übergeordnetenȱ Integrationseinheiten.ȱ Dieȱ Übernahmeȱ vonȱ beȬ triebswirtschaftlichenȱ Sonderberechnungenȱ (‚Businessȱ Cases’)ȱ gehörtȱebenfallsȱinȱdiesenȱAufgabenbereich.ȱ
Das Thema: Programmsteuerung als Kernelement der Programmorganisation Das Beispiel: Einführung einer ERP-Standardsoftware Ein in der Praxis häufiger Fall eines umfangreichen ‚Veränderungsprojekts’ ist die Einführung einer ERP-Standardsoftware. Die großen ERP-Anbieter verfügen aufgrund der langjährigen Erfahrung mittlerweile über ein professionelles Programm-Management und über etablierte Ansätze der organisatorischen Verankerung einer dafür erforderlichen ProgrammSteuerungseinheit. Bei dem folgenden Beispiel handelt es sich um die deutschen Einheiten eines international tätigen Generikaherstellers mit einem Deutschland-Umsatz von über 400 Mio. € mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Wie bei einer ERP-Einführung üblich, sind alle relevanten Fachbe-
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6
Projekt- und Programm-Management
reiche und Funktionen des Unternehmens betroffen (Marketing/Vertrieb, Beschaffung/Produktion, Qualität, Finanzen und Controlling, etc.). Die Programmorganisation besteht aus vier verschiedenen Einheiten: Kontrollgremium, Programmsteuerung, Projekten und Querschnittsthemen (siehe Abb. 6/5). Eine zentrale Stellung nimmt darin die sog. Programmsteuerung mit ihren vier ‚Projekten’ ein, die zusammen mit dem Steering Commitee die Gesamtverantwortung trägt: ‚Program Management’, ‚Change Management’ und ‚Program Office’. Ergänzt wird die Programmsteuerung durch das ‚Risk Management’.
Abbildungȱ6/5:ȱ Programmorganisationȱ
Kontrollgremium ProgrammSteuerung
Operative Projekte (insg.13)
Querschnittsthemen
Steering Commitee Program Management
Risk Management
Change Management
Program Office
Financial Acc./ Controlling
Logistics
Technology
Plants
Distribution
QM
Planning
…
Applications
Contract Management
IT Safety
Workflow / DMS
ȱ
Das ‚Program Management’ entspricht in diesem Fall der klassischen Gesamtprojektleitung. Das operative Herzstück ist hier das zweiköpfige ‚Program Office’, welches die Programmsteuerung durch die Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen, Tools und Kompetenzen sowie der zentralen Büroinfrastruktur unterstützt. Wesentliche Aufgabe neben der Administration und Dokumentation ist die Pflege der gesamten Kommunikationsinfrastruktur. Insgesamt koordiniert es mehr als 150 eingebundene Mitarbeiter. Zur Sicherung einer effizienten Projektarbeit sind im Programmzentrum 25 Büroräume für die Projektteams eingerichtet, die über die notwendige Projektinfrastruktur verfügen (gemeinsame IT, kollektiver Kalender, Projektdatenbanken, weitere Meetingräume etc.).
236ȱ
Wandlungsfähige Organisation
6.4
Abbildungȱ6/6:ȱ SchwerpunkteȱinȱderȱProgrammsteuerungȱ Steuerungseinheit
Kernaufgaben
Program Management
Gesamtprojektleitung Ansprechpartner Steering Committee
Risk Management
Unterstützung bei Identifikation und Bewertung von Risiken Umsetzungscontrolling und Eskalation von Projektrisiken
Change Management
Kommunikation, Konflikt- und Widerstandsmanagement Einsatz und Koordination der Change Manager
Program Office
Administration, Koordination und Support Kommunikationsinfrastruktur und PM-Tools
ȱ
In den Projekten der Kontrolle und Steuerung hat jeder Mitarbeiter Gesamtverantwortung für den Erfolg des Programms. In den operativen Projekten teilen sich jeweils ein ‚Kernteam’ und ein ‚erweitertes Team’ unter der Leitung eines Projektleiters und eines Prozessverantwortlichen die Arbeit. Innerhalb dieser Projekte liegt die Verantwortung in mehreren Händen. Der Prozessverantwortliche erarbeitet mit den Fachbereichen im Rahmen des Anforderungsmanagements die inhaltlichen Ergebnisse, und der Projektleiter übernimmt gemeinsam mit dem ERP-Hersteller und anderen externen Dienstleistern die Umsetzung. In einigen Projekten werden diese beiden Projektrollen in Personalunion übernommen. Die Mitarbeiter des Kernteams stehen in der Regel mehr als 50% für das Programm zur Verfügung und werden temporär vom erweiterten Team unterstützt. Vonseiten des ERP-Anbieters werden die Projekte durch sog. ‚Prozess Champions’ vervollständigt. Die ‚Querschnittsthemen’ sind zum großen Teil aufgrund des geringeren Umfangs ‚Ein-Mann-Projekte’ und werden nur durch den Projektleiter in der Programmorganisation vertreten.
6.4
Wandlungsfähige Organisation
6.4.1
Organisatorische Wandlungsfähigkeit als Ziel
Wennȱ nachȱ erfolgterȱ Transformationȱ eineȱ kontinuierlicheȱ WeiterȬ entwicklungȱ angestrebtȱ wird,ȱ soȱ mussȱ sichȱ dieȱ Organisationȱ derȱ
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6
Projekt- und Programm-Management
Unternehmungȱ entsprechendȱ verändern.ȱ Zielȱ istȱ eineȱ lernȬ,ȱ entȬ wicklungsȬȱ undȱ wandlungsfähigeȱ Unternehmung,ȱ eineȱ UnternehȬ mungȱ also,ȱ dieȱ alsȱ ‚chronicallyȱ unfrozen‘ȱ (vgl.ȱ Weickȱ 1977)ȱ beȬ schriebenȱ werdenȱ könnte.ȱ „Organisationȱ istȱ keinȱ Zustand,ȱ sondernȱ einȱProzess,ȱkeineȱstarreȱPyramide,ȱsondernȱeinȱbewegliches,ȱendloȬ sesȱBand.ȱ[...]ȱOrganisationȱistȱWandel“ȱ(Krügerȱ1993b,ȱS.ȱ501).ȱAusȱ einemȱ gelungenenȱ Wandlungsprogrammȱ erwächstȱ WandlungserȬ fahrung.ȱ Dieseȱ Wandlungserfahrungȱ zuȱ erhaltenȱ undȱ zuȱ entwiȬ ckeln,ȱ sichertȱ denȱ Umgangȱ mitȱ permanentemȱ Wandelȱ inȱ derȱ ZuȬ kunft.ȱ Prozesseȱ permanentenȱ Wandelsȱ sind,ȱ richtigȱ organisiert,ȱ steȬ tigeȱorganisationaleȱLernprozesseȱ(vgl.ȱauchȱKrügerȱ2000,ȱS.ȱ293f.).ȱ Hierzuȱ müssenȱ PrimärȬȱ undȱ Sekundärorganisationȱ zuȱ einerȱ integȬ riertenȱOrganisationȱzusammenwachsen.ȱDamitȱwerdenȱOrganisatiȬ onenȱselbstȱzuȱdynamischenȱEntitäten,ȱdieȱnichtȱmehrȱinȱStillstandsȬȱ undȱ Wandelepisodenȱ unterscheidenȱ (vgl.ȱ Schreyögg/Nossȱ 2000,ȱ S.ȱ54).ȱ Diesȱ lässtȱ sichȱ mitȱ derȱ Metapherȱ desȱ ‚builtȱ inȱ change‘ȱ beȬ schreiben.ȱImȱIdealfallȱentfälltȱdannȱdieȱTrennungȱzwischenȱLinienȬ managementȱ sowieȱ ProgrammȬȱ undȱ Projektmanagement.ȱ Dieȱ FühȬ rungsverantwortungȱ fürȱ denȱ Wandelȱ gehtȱ damitȱ aufȱ dieȱ Managerȱ über,ȱdieȱfürȱdasȱTagesgeschäftȱverantwortlichȱsind.ȱȱ
Dieȱ integrierteȱ Wandlungsorganisationȱ versucht,ȱ WandlungsȬȱ undȱTagesgeschäftȱstrukturellȱundȱpersonellȱzuȱkoppeln.ȱProȬ zesseȱ desȱ ‚Tagesgeschäfts‘ȱ undȱ desȱ ‚Wandlungsgeschäfts‘ȱ verȬ schmelzenȱundȱliegenȱinȱeinerȱHand.ȱ
DamitȱistȱeineȱÄnderungȱimȱSelbstverständnisȱderȱorganisatorischenȱ Gestaltungȱverbunden.ȱDasȱDenkenȱdesȱOrganisationsmanagementsȱ mussȱteilsȱgeändert,ȱteilsȱerweitertȱwerden.ȱ
Dynamischesȱ Organisationsverständnis:ȱ Dasȱ Verständnisȱ desȱ Themasȱ ‚organisatorischerȱ Wandel’ȱ warȱ bisherȱ geprägtȱ vonȱ derȱ Vorstellung,ȱdassȱsichȱdieȱUnternehmungȱexogenenȱVeränderunȬ genȱ anzupassenȱ hat.ȱ Dieseȱ Sichtweiseȱ unterstelltȱ eineȱ einseitigeȱ Beziehungȱ zwischenȱ Umweltȱ undȱ Unternehmungȱ (vgl.ȱ Weberȱ 1996,ȱ S.ȱ 58ff.).ȱ Dieȱ Voraussetzungȱ einfacherȱ Kausalitätȱ istȱ fürȱ komplexeȱSystemeȱjedochȱobsolet.ȱDasȱVerhältnisȱzwischenȱSysȬ temȱ undȱ Umweltȱ istȱ vielmehrȱ durchȱeineȱ„Wechselseitigkeitȱ derȱ
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Wandlungsfähige Organisation
6.4
Interaktionen“ȱ gekennzeichnetȱ (Weberȱ 1996,ȱ S.ȱ 85ȱ unterȱ RückȬ griffȱ aufȱ Maturanaȱ 1982);ȱ esȱ ergibtȱ sichȱ eineȱ SystemȬUmweltȬ Koevolutionȱ (vgl.ȱ Brehmȱ 2003,ȱ S.ȱ 93ff.ȱ m.w.N.).ȱ Diesesȱ dynamiȬ scheȱVerständnisȱbeschreibtȱeinenȱständigenȱProzessȱdesȱAnpasȬ sensȱundȱGestaltens,ȱeinenȱkollektivenȱLernȬȱundȱEntwicklungsȬ prozessȱ(vgl.ȱZahnȱ1996,ȱS.ȱ10).ȱ
ErweiterungȱdesȱGestaltungsbereichsȱumȱdenȱEinflussbereich:ȱ Dasȱ Umsystemȱ derȱ Unternehmungȱ undȱ dortȱ besondersȱ dieȱAnȬ spruchsgruppenȱ gewinnenȱ aufgrundȱ derȱ ‚verfließenden‘ȱ GrenȬ zenȱ zwischenȱ Unternehmungȱ undȱ Umsystemȱ alsȱ EinflussbeȬ reichȱwesentlichȱanȱBedeutung.ȱDerȱGestaltungsbereichȱderȱUnȬ ternehmungȱ undȱ damitȱ derȱ organisatorischenȱ Regelungenȱ erweitertȱsichȱumȱdieȱBeziehungenȱzurȱUmwelt.ȱȱ
Verkürzungȱ derȱ Regelungsdauer:ȱ Organisationȱ bedeutetȱ nichtȱ mehrȱ dasȱ Schaffenȱ einerȱ ‚dauerhaftenȱ Ordnung’.ȱ Daȱ dieȱ zuȱ löȬ sendenȱProblemeȱundȱAufgabenȱsichȱnichtȱmehrȱüberȱlangeȱZeitȬ räumeȱ prognostizierenȱ lassen,ȱ kannȱ manȱ davonȱ ausgehen,ȱ dassȱ esȱ imȱ Vorhineinȱ auchȱ keineȱ dauerhaftenȱ Strukturenȱ mehrȱ gibt.ȱ DieȱGeltungsdauerȱorganisatorischerȱRegelungenȱverkürztȱsich.ȱ Bestimmungen,ȱdieȱinȱderȱVergangenheitȱnochȱfünfȱbisȱzehnȱJahȬ reȱ Gültigkeitȱ hatten,ȱ bestehenȱ heuteȱ evtl.ȱ nochȱ einȱ Jahr,ȱ einenȱ Monatȱ oderȱ garȱ eineȱ Woche.ȱ Dieȱ fürȱ denȱ Kundenȱ zuȱ lösendenȱ Problemeȱ undȱ dieȱ vomȱ Wettbewerbȱ ausgelöstenȱ Aktivitätenȱ bestimmenȱdieȱrelevantenȱZeitintervalle.ȱ
Reduktionȱ derȱ Regelungsdichte:ȱ Nichtȱ zuletztȱ istȱ derȱ Umfangȱ organisatorischerȱ Regelungenȱ zugunstenȱ vonȱ HandlungsspielȬ räumenȱ undȱ eigendynamischenȱ Prozessenȱ zurückzufahren.ȱ Selbstorganisationȱ trittȱ teilweiseȱ anȱ dieȱ Stelleȱ traditionellerȱ ‚hoȬ heitlicher’ȱ Fremdorganisation.ȱ Emergenteȱ Ordnungȱ undȱ emerȬ genteȱ Routinenȱ ergänzenȱ dieȱ intendierteȱ Ordnungȱ undȱ reichernȱ sieȱan.ȱȱ
6.4.2
Charakteristik einer wandlungsfähigen Organisation
Inȱ einerȱ wandlungsfähigenȱ Organisationȱ werdenȱ sichȱ Strukturenȱ undȱ Prozesseȱ derȱ Unternehmungȱ inȱ einemȱ völligȱ anderenȱ ‚AggreȬ
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6
Projekt- und Programm-Management
gatzustand‘ȱwiederfindenȱ(vgl.ȱGerstein/Shawȱ1994,ȱS.ȱ267f.;ȱMacinȬ tosh/Macleanȱ1999).ȱDieserȱAggregatzustandȱlässtȱsichȱmitȱdemȱBeȬ griffȱ derȱ Flexibilitätȱ kennzeichnen.ȱ Organisatorischeȱ Flexibilitätȱ bildetȱdieȱBasisȱderȱWandlungsfähigkeit.ȱSieȱberuhtȱaufȱfünfȱorganiȬ satorischenȱ Gestaltungsfeldernȱ (vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ vollständigȱ Brehmȱ2003).ȱ
Organizationalȱ slackȱ alsȱ grundlegendeȱ Voraussetzungȱ organiȬ satorischerȱ Wandlungsfähigkeit.ȱ Organizationalȱ slackȱ beȬ schreibtȱ einenȱ spezifischenȱ Überschuss,ȱ derȱ zumȱ gegenwärtigenȱ Zeitpunkt,ȱd.h.ȱbezogenȱaufȱdieȱaktuellenȱAnforderungen,ȱüberȬ dimensioniertȱistȱ(vgl.ȱBleicherȱ1979,ȱS.ȱ60).ȱ Dieȱ Organisationȱ hatȱ damitȱ eineȱ ‚Reserve’ȱ anȱ strukturellenȱ FäȬ higkeiten.ȱEineȱderartigeȱÜberdimensionierungȱzeigtȱsichȱz.B.ȱinȱ Rahmenregelungen,ȱdieȱwesentlichȱmehrȱFreiraumȱlassen,ȱalsȱeiȬ gentlichȱ nötigȱ wäreȱ imȱ Zulassenȱ vonȱ informalenȱ Beziehungenȱ undȱRegelungen.ȱEsȱentstehenȱHandlungsspielräume,ȱdieȱfürȱdieȱ Wandlungsfähigkeitȱ unabdingbarȱ sind.ȱAuchȱ dieȱ folgendenȱ GeȬ staltungsfelderȱsetzenȱ‚slack’ȱvoraus.ȱ
BildungȱvonȱSubsystemenȱnachȱdemȱPrinzipȱderȱModularisieȬ rung.ȱ Dieȱ Basisȱ einerȱ flexiblenȱ Organisationȱ istȱ dieȱ Bildungȱ geȬ eigneterȱ organisatorischerȱ Einheiten,ȱ daȱ dieseȱ dieȱ Quelleȱ vonȱ Flexibilitätȱ undȱ Wandlungsfähigkeitȱ sind.ȱ Esȱ gehtȱ darum,ȱ Teil(problem)lösungenȱalsȱumfassende,ȱgeneralisierteȱAufgabenȬȱ undȱ Verantwortungskomplexeȱ zuȱ definieren.ȱ Wichtigȱ istȱ dabei,ȱ dassȱ dieȱ ganzheitlichenȱ Aufgabenbündelȱ fürȱ dieȱ Mitarbeiterȱ eiȬ nenȱ Sinnzusammenhangȱ darstellenȱ undȱ ihnenȱ dieȱ ‚Anschlüsse‘ȱ anȱ denȱ Wertschöpfungsprozessȱ klarȱ sind.ȱ Dieȱ WertschöpfungsȬ ketteȱ stelltȱ dannȱ einȱ schnittstellenarmesȱ Modulsystemȱ ausȱ AufȬ gabenbündelnȱdarȱ(vgl.ȱPicotȱetȱal.ȱ2003,ȱS.ȱ231ff.;ȱBaldwin/Clarkȱ 1998).ȱ Unterȱ Modulenȱ werdenȱ anȱ derȱ Wertschöpfungsketteȱ derȱ Unternehmungȱ orientierteȱ integrierte,ȱ relativȱ kleineȱ undȱ überȬ schaubareȱ organisatorischeȱ Einheitenȱ verstanden.ȱ Damitȱ einherȱ gehtȱ dieȱ Dezentralisierungȱ vonȱ EntscheidungsȬȱ undȱ ErgebnisȬ kompetenzȱ undȱ Ȭverantwortung.ȱ Nurȱ dadurchȱ könnenȱ dieȱ notȬ wendigenȱ Handlungsfreiräumeȱ geschaffenȱ werden.ȱ DezentraliȬ sierungȱ sollteȱ demȱ Prinzipȱ derȱ Subsidiaritätȱ oderȱ föderativenȱ Dezentralisierungȱfolgenȱ(vgl.ȱPicotȱ1991,ȱS.ȱ102ff.;ȱStaehleȱ1999,ȱ S.ȱ743).ȱ
240ȱ
Wandlungsfähige Organisation
6.4
IntegrationȱvonȱSubsystemenȱaufȱBasisȱloserȱKopplungen.ȱVonȱ losenȱKopplungenȱkannȱmanȱimmerȱdannȱsprechen,ȱwennȱAbteiȬ lungenȱ oderȱ Bereicheȱ wenigeȱ gemeinsameȱ Variablenȱ habenȱ und/oderȱ dieseȱ imȱ Vergleichȱ schwachȱ ausgeprägtȱ sindȱ (vgl.ȱ Weickȱ1985,ȱS.ȱ163).ȱÜbertragenȱaufȱdieȱOrganisationȱstellenȱloseȱ KopplungenȱeinenȱKompromissȱzwischenȱstarrȱbzw.ȱengȱgekopȬ peltenȱ Strukturenȱ undȱ Prozessenȱ undȱ vollkommenȱ unverbindliȬ chenȱ Beziehungenȱ dar.ȱ Innerhalbȱ derȱ Wertschöpfungsprozesseȱ sollteȱ zwischenȱ denȱ einzelnenȱ Prozessschrittenȱ ausreichendȱ Spielraumȱ sein,ȱ damitȱ dieȱ Teilprozesseȱ (inȱ vorgegebenenȱ RahȬ menregelungen)ȱ selbständigȱ aufȱ Veränderungȱ reagierenȱ undȱ sichȱweiterentwickelnȱkönnen.ȱ DerȱKerngedankeȱist,ȱimȱAnschlussȱanȱdieȱDefinitionȱvonȱModuȬ len,ȱ dieȱ Abhängigkeitenȱ zuȱ reduzieren.ȱ Soȱ könnenȱ zeitlicheȱ Kopplungenȱ gelockertȱ werden,ȱ leistungswirtschaftlicheȱ KoppȬ lungenȱ verringertȱ sowieȱ zielbezogeneȱ oderȱ ressourcenbezogeneȱ KopplungenȱundȱAbhängigkeitenȱreduziertȱwerden.ȱOrganisatoȬ rischeȱAusgestaltungȱfindenȱloseȱKopplungenȱinȱFormȱeinerȱsog.ȱ Kontextsteuerung,ȱ dieȱ sichȱ aufȱ Rahmenregelungenȱ beschränktȱ oderȱ durchȱ interneȱ Märkteȱ (vgl.ȱ Teubner/Willkeȱ 1984;ȱ Freseȱ 2005,ȱS.ȱ191ff.).ȱ
Interneȱ Organisationȱ derȱ Subsystemeȱ durchȱ Selbstregelung.ȱ SelbstorganisationȱoderȱauchȱAutonomieȱbeschreibtȱdasȱMaßȱanȱ SelbstbestimmtheitȱeinerȱorganisatorischenȱEinheit.ȱDasȱbedeuȬ tet,ȱ dassȱ dieȱ fürȱ dieȱ Aufgabenerfüllungȱ zuständigenȱ Personenȱ durchȱ Gestaltungsentscheidungenȱ relativȱ dauerhafteȱ HandȬ lungsmusterȱ fürȱ sichȱ etablierenȱ dürfenȱ (inȱAnlehnungȱ anȱ Göbelȱ 1998,ȱS.ȱ177;ȱJungȱ1985;ȱProbstȱ1987).ȱDieȱGruppeȱwirdȱzumȱGeȬ staltungsträgerȱ undȱ Ȭbereichȱ zugleich.ȱ Durchȱ Fremdregelungȱ inȱ FormȱvonȱRahmenvorgabenȱmussȱdieȱAutonomieȱinȱderȱOrganiȬ sationȱermöglichtȱundȱkanalisiertȱwerden.ȱGegenständeȱselbstorȬ ganisatorischerȱRegelungenȱkönnenȱsein:ȱinterneȱFormalisierungȱ (Regelgebundenheit),ȱ Hierarchisierung,ȱArbeitsteilungȱ (SpezialiȬ sierung),ȱinterneȱKoordination,ȱAblauforganisation.ȱDieȱfreiȱwerȬ dendenȱ Führungskapazitätenȱ desȱ Managementsȱ könnenȱ dannȱ verstärktȱzurȱUnterstützungȱundȱBeratungȱderȱTeamsȱverwendetȱ werden.ȱ
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6
Projekt- und Programm-Management
Organisationalesȱ Lernenȱ zurȱ Sicherstellungȱ derȱ Entwicklung.ȱ LernenȱwirdȱvorȱallemȱaufȱdenȱEbenenȱdesȱIndividuumsȱundȱderȱ Gruppeȱ unbedingterȱ Bestandteilȱ derȱ täglichenȱ Arbeitȱ imȱ Sinneȱ einerȱ kontinuierlichenȱ Verbesserungȱ undȱ Entwicklung.ȱ ErfahȬ rungenȱ undȱ neuesȱ Wissenȱ müssenȱ generiert,ȱ verteiltȱ undȱ zuȬ gänglichȱ gemachtȱ werden.ȱ Lernenȱ istȱ einȱ Prozessȱ derȱ VerändeȬ rungȱ derȱ organisatorischenȱ Wissensbasisȱzurȱ Erhöhungȱ derȱ kolȬ lektivenȱ Problemlösungsfähigkeitȱ derȱ Unternehmungȱ (vgl.ȱ zusammenfassendȱKlimeckiȱetȱal.ȱ2000).ȱDieȱkollektiveȱVerarbeiȬ tungȱvonȱInformationenȱerfolgtȱüberȱKommunikationȱalsȱwesentȬ lichesȱLernmedium.ȱDieȱorganisatorischeȱLeistungȱbestehtȱinȱderȱ HerstellungȱvonȱKommunikationsbedingungen,ȱdieȱsowohlȱzeitȬ licheȱalsȱauchȱinhaltlicheȱFreiräumeȱgeben,ȱdamitȱdieȱOrganisatiȬ onȱ sichȱ selbstȱ weiterentwickelnȱ kann.ȱ Zuȱ nutzenȱ sindȱ zunächstȱ herkömmlicheȱ Formenȱ derȱ Interaktionȱ wieȱ Qualityȱ Circlesȱ undȱ Erfahrungsaustauschgruppen.ȱ Sodannȱ istȱ anȱ dieȱ Einführungȱ eiȬ nerȱdualenȱStrukturȱmitȱsog.ȱCommunitiesȱofȱPracticeȱ(vgl.ȱWenȬ ger/Snyderȱ2000;ȱvonȱKrogh/Wickiȱ2001)ȱzuȱdenken,ȱwieȱamȱBeiȬ spielȱ derȱ BAYERȱAGȱ erläutertȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 1.2.3).ȱ Zurȱ Organisationȱ undȱKoordinationȱallerȱderartigenȱAktivitätenȱsowieȱzurȱAuswerȬ tungȱ undȱ Weiterentwicklungȱ vonȱ Wissenȱ undȱ Erfahrungenȱ könntenȱ bestehendeȱ Abteilungenȱ wieȱ ‚UnternehmungsentwickȬ lung‘ȱ undȱ ‚Organisation‘ȱ engerȱ miteinanderȱ verzahntȱ undȱ zuȬ mindestȱ teilweiseȱ integriertȱ werdenȱ (vgl.ȱ Freseȱ 2000).ȱ Dasȱ TopȬ managementȱ hätteȱ damitȱ eineȱ organisatorischeȱ Einheitȱ zurȱ VerȬ fügung,ȱ dieȱ gleichermaßenȱ BeratungsȬȱ wieȱ SchrittmacherȬ funktionenȱ fürȱ denȱ permanentenȱ Wandelȱ übernehmenȱ könnte.ȱ DieȱInstitutionalisierungȱeinerȱsolchenȱWandlungsȬȱundȱEntwickȬ lungsplattformȱ alsȱ Dauereinrichtungȱ wäreȱ sichtbarerȱ Ausdruckȱ desȱ Anspruchs,ȱ eineȱ permanenteȱ undȱ aktivȱ betriebeneȱ UnterȬ nehmungsentwicklungȱ inȱ Angriffȱ zuȱ nehmenȱ –ȱ z.B.ȱ alsȱ WandȬ lungsstabȱoderȱCenterȱofȱChange.ȱ Dieȱ beschriebenenȱ Gestaltungsfelderȱ sindȱ nichtȱ unabhängigȱ vonȬ einander,ȱimȱGegenteil,ȱsieȱbedingenȱundȱergänzenȱsichȱgegenseitig,ȱ d.h.,ȱmanȱkannȱinȱdiesemȱFallȱnichtȱeinenȱSchrittȱohneȱdenȱnächstenȱ tun.ȱ Dieȱ Flexibilitätȱ bzw.ȱ Wandlungsfähigkeitȱ istȱ dasȱ Ergebnisȱ eiȬ nesȱ organisatorischenȱ Gestaltungsprozesses,ȱ derȱ versucht,ȱ dieȱ defiȬ niertenȱ Gestaltungsfelderȱ nachȱ Maßgabeȱ derȱ SystemȬUmweltȬ Bedingungenȱ miteinanderȱ inȱ Einklangȱ zuȱ bringen.ȱ Nurȱ soȱ könnenȱ
242ȱ
Zusammenfassung
6.5
sieȱ zuȱ einerȱ Lösungȱ werden,ȱ dieȱ sicherstellt,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ UnterȬ nehmungȱ unterȱ denȱ beschriebenenȱ Rahmenbedingungenȱ inȱ eineȱ Phaseȱ derȱ Verstetigungȱ hineinȱ entwickelnȱ kannȱ undȱ sichȱ dieȱ OrgaȬ nisationȱinsgesamtȱalsȱeineȱechteȱWandlungsplattformȱetabliert.ȱ Esȱ entstehenȱ inȱ denȱ jeweiligenȱ Einheitenȱ undȱ ihrenȱ korrespondieȬ rendenȱ Umfeldernȱ zumȱ Teilȱ eigeneȱ Subkulturenȱ undȱ Ȭstrukturen,ȱ dieȱ sichȱ geschäftspezifischenȱ undȱlokalenȱ Unterschiedenȱ besserȱ anȬ passenȱkönnen.ȱDieȱAusstattungȱmitȱdenȱentsprechendenȱFreiheitsȬ gradenȱ wirktȱ sichȱ positivȱ aufȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Ȭfähigkeitȱ derȱ Einzelnenȱ undȱ derȱ Gruppenȱ aus,ȱ undȱ esȱ entwickeltȱ sichȱ dieȱ angestrebteȱ ‚eingebaute’ȱ Wandlungsfähigkeitȱ alsȱ dynamiȬ scheȱorganisatorischeȱFähigkeitȱ2.ȱOrdnung.ȱȱ
6.5
Zusammenfassung
Dieȱ Zeitenȱ organisatorischerȱ Ruheȱ sindȱ vorbei.ȱAusgehendȱ vomȱ seitherigenȱ wiederholtenȱ Wandelȱ derȱ Strukturenȱ inȱ längerenȱ Zeitabständenȱ gehtȱ esȱ heuteȱ undȱ inȱ Zukunftȱ umȱ dieȱ Gestaltungȱ dauerhafterȱ Strukturenȱ desȱ Wandels.ȱAufȱ derȱ Basisȱ vonȱ WandȬ lungsplattformenȱistȱdieȱUnternehmungȱinȱderȱLage,ȱihreȱstrukȬ turelleȱWandlungsfähigkeitȱzuȱverbessern.ȱ
Fürȱ dieȱ Bewältigungȱ desȱ Transformationsprozessesȱ benötigtȱ dieȱ Primärorganisation,ȱdieȱderȱErfüllungȱdesȱTagesgeschäftesȱdient,ȱ eineȱ Ergänzungȱ durchȱ dieȱ Sekundärstruktur,ȱ z.B.ȱ inȱ Formȱ vonȱ Projektteams.ȱ Dasȱ Projektmanagementȱ alsȱ fortdauerndes,ȱ zeitȬ lichȱnichtȱbefristetesȱFührungskonzeptȱumfasstȱhierbeiȱorganisaȬ torischȱdreiȱEbenen:ȱManagementȱdesȱProjekts,ȱManagementȱvonȱ Projektenȱ (ProgrammȬManagement)ȱ undȱ Managementȱ durchȱ Projekte.ȱ
Dieȱ MobilisierungsȬȱ undȱ dieȱ Umsetzungsphaseȱ machenȱ eineȱ Mehrheitȱ vonȱ aufeinanderȱ abgestimmtenȱ Projektenȱ undȱ damitȱ einȱ aufȱ demȱ Projektmanagementȱ aufbauendesȱ ProgrammȬ Managementȱerforderlich,ȱdieȱgemeinsamȱeineȱVeränderungȱderȱ strategischenȱ Ausrichtungȱ ermöglichen.ȱ Dieȱ projektübergreifenȬ deȱKoordinationȱwirdȱhierbeiȱaufȱdieȱProgrammleitungȱübertraȬ gen.ȱ Dieseȱ mussȱ denȱ Wandlungsprozessȱ zumȱ einenȱ inhaltlichȱ
243ȱ
6
Projekt- und Programm-Management
begleiten,ȱzumȱanderenȱnimmtȱsieȱeineȱorganisatorischeȱKoordiȬ nationsȬȱundȱIntegrationsfunktionȱwahr.ȱ
Durchȱ dieȱ Veränderungenȱ inȱ derȱ Organisationȱ verändertȱ sichȱ auchȱdieȱOrganisationȱselbst,ȱsieȱentwickeltȱsichȱzuȱeinerȱwandȬ lungsfähigenȱ Organisation.ȱ Dieseȱ istȱ inȱ derȱ Lage,ȱ Wandelȱ zuȱ verstetigen,ȱ indemȱ sieȱ eineȱ Kopplungȱ vonȱ WandlungsȬȱ undȱ TaȬ gesgeschäftȱ erreichtȱ (integrierteȱ Sekundärorganisation).ȱ Fürȱ dieȱ organisatorischeȱ Bewältigungȱ undȱ Gestaltungȱ permanenterȱ unȬ ternehmerischerȱ Wandlungsprozesseȱ istȱ dieȱ organisatorischeȱ FlexibilitätȱdieȱBasis.ȱGrundstrukturenȱeinerȱsolchenȱwandlungsȬ fähigenȱ Organisationȱ werdenȱ beispielsweiseȱ durchȱ dieȱ Bildungȱ vonȱ Subsystemenȱ nachȱ demȱ Prinzipȱ derȱ Modularisierungȱ sowieȱ eineȱIntegrationȱaufȱBasisȱloserȱKopplungenȱrealisiert.ȱ
Dieȱ aufȱ dieȱ Weiseȱ organisatorischȱ verankerteȱ WandlungsfähigȬ keitȱistȱwesentlicherȱTeilȱderȱerläutertenȱdynamischenȱorganisaȬ torischenȱ Fähigkeitenȱ 2.ȱ Ordnung.ȱ Sieȱ sindȱ erforderlichȱ fürȱ dieȱ Erlangungȱ undȱ Aufrechterhaltungȱ derȱ nachhaltigenȱ WettbeȬ werbsfähigkeitȱ vonȱ Unternehmungen,ȱ wasȱ gleichbedeutendȱ mitȱ derenȱÜberlebensȬȱundȱZukunftsfähigkeitȱist.ȱȱȱȱ
244ȱ
ȱ
TEIL C: UNTERSTÜTZENDE KOMPONENTEN DES WANDELS
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
ȱ
Human Resource Management im Wandel
Kapitel 7
Larissa Becker
247ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 7 Mit Kapitel 7 beginnt Teil C und damit die Behandlung solcher Wandlungskomponenten, die wandlungsunterstützend wirken. Das Human Resource Management, um das es hier zunächst geht, muss die personellen Veränderungen bewältigen helfen, dies in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht. Teilweise sind diese Aufgaben von der Art des Wandels abhängig, denn Abbau, Umbau und Aufbau stellen unterschiedliche Anforderungen. Allerdings gibt es auch programmunabhängige Maßnahmen, die Wandlungsprozesse flankierend begleiten. Kapitel 7 gibt einen konzentrierten Überblick über alle anstehenden Fragen. Die Skala reicht u.a. von der Personalfreisetzung und Versetzung über die Anreizpolitik bis hin zu Problemen der Personalführung.
249ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
7.1
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1.1
Abbau durch Personalfreisetzung
Überblickȱ DerzeitȱstehenȱAbbauprogrammeȱundȱdamitȱPersonalfreisetzungenȱ imȱFokusȱderȱmeistenȱUnternehmungen.ȱBeiȱvorübergehendenȱPerȬ sonalüberhängenȱ kannȱ beispielsweiseȱ durchȱ Reduktionȱ vonȱ MehrȬ arbeit,ȱ Einführungȱ vonȱ Kurzarbeitȱ (vorübergehendeȱ Herabsetzungȱ derȱ betrieblichenȱ Arbeitszeit),ȱ Gewährungȱ vonȱ Sabbaticalsȱ (LangȬ zeiturlaub)ȱoderȱgezielteȱUrlaubsgestaltungȱgegengesteuertȱwerdenȱ (vgl.ȱBühnerȱ2005,ȱS.ȱ83ff.).ȱDerȱdurchȱeinenȱtransformativenȱUnterȬ nehmungswandelȱ ausgelösteȱ Personalminderbedarfȱ istȱ allerdingsȱ typischerweiseȱ langfristigerȱ Naturȱ undȱ bedarfȱ daherȱ weitergehenȬ derȱ Maßnahmen.ȱ Dieȱ hierfürȱ geeignetenȱ Methodenȱ unterscheidenȱ sichȱ insbesondereȱ hinsichtlichȱ ihrerȱ Kosten,ȱ ihrerȱ Steuerbarkeitȱ soȬ wieȱihrerȱWirkungȱaufȱdieȱbetroffenenȱMitarbeiterȱ(vgl.ȱAbb.ȱ7/1).ȱJeȱ ‚härter’ȱ dasȱ Instrumentȱ ist,ȱ destoȱ größererȱ Widerstandȱ seitensȱ derȱ BetroffenenȱundȱdesȱBetriebsratsȱistȱzuȱerwartenȱundȱdestoȱschwieȬ rigerȱistȱdieȱDurchsetzung.ȱNichtȱzuletztȱhabenȱEntlassungenȱerhebȬ licheȱ Auswirkungenȱ aufȱ dieȱ Motivationȱ undȱ dieȱ Identifikationȱ derȱ verbleibendenȱ Mitarbeiter.ȱ Allerdingsȱ erreichenȱ Maßnahmenȱ zumȱ sanftenȱPersonalabbauȱinȱderȱRegelȱnurȱeinenȱkleinenȱTeilȱderȱBelegȬ schaft,ȱ soȱ dassȱ beiȱ größerenȱ Abbauprojektenȱ oderȱ garȱ StandortȬ schließungenȱharteȱEinschnitteȱnichtȱvermeidbarȱsind.ȱȱ Auchȱanȱ dieserȱ Stelleȱ istȱ aufȱdenȱ Zusammenhangȱ vonȱAbbau,ȱUmȬ bau,ȱ Aufbauȱ zuȱ erinnern.ȱ Kostensenkungȱ (Abbau)ȱ alleinȱ istȱ seltenȱ eineȱ ausreichendeȱ Strategie.ȱ Umbauȱ undȱ Aufbauȱ müssenȱ folgen.ȱ Dieseȱ zunächstȱ unternehmungspolitischȱ gemeinteȱ Forderungȱ spieltȱ auchȱ personalpolitischȱ eineȱ großeȱ Rolle.ȱ Dieȱ Verhandlungenȱ überȱ ArbeitsplatzabbauȱundȱdieȱAkzeptanzȱentsprechenderȱVereinbarunȬ genȱwerdenȱerheblichȱerleichtert,ȱwennȱeinȱunternehmerischesȱKonȬ zeptȱvorliegt,ȱdasȱderȱnachhaltigenȱFortführungȱdientȱundȱnichtȱalsȱ Teilȱeinerȱ‚Salamitaktik’ȱangesehenȱwird.ȱȱ
250ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1 Abbildungȱ7/1ȱ
PersonalabbauinstrumenteȱimȱÜberblickȱȱ
hoch
ATZ, Vorruhestand Aufhebungs vertrag Betriebsbedingte Kündigung
Kosten Arbeitszeit verkürzung Natürliche Fluktuation niedrig „ sanft“
Wirkung auf die Betroffenen
„hart“
ȱ
SanfteȱFreisetzungsmethodenȱ Derȱ ersteȱ Schrittȱ zumȱ Personalabbauȱ bestehtȱ inȱ derȱ Nutzungȱ derȱ Fluktuation.ȱHierzuȱzählenȱnebenȱderȱnatürlichenȱFluktuationȱ(PenȬ sionierung,ȱ Vorruhestand,ȱvolleȱ Erwerbsunfähigkeit,ȱ Tod)ȱ dasȱAusȬ laufenȱ befristeterȱ Arbeitsverträgeȱ sowieȱ dieȱ Eigenkündigungȱ vonȱ Arbeitnehmern.ȱBasisȱistȱinȱderȱRegelȱdieȱVerhängungȱeinesȱEinstelȬ lungsstopps.ȱ Fallsȱ sichȱ einȱ generellerȱ Einstellungsstoppȱ ungünstigȱ aufȱ dieȱ Personalstrukturȱ auswirktȱ und/oderȱ zuȱ Engpässenȱ beiȱ Schlüsselqualifikationenȱführt,ȱempfiehltȱsichȱeinȱqualifizierterȱoderȱ modifizierterȱ Einstellungsstopp.ȱ Erȱ lässtȱ Einstellungenȱ inȱ beȬ stimmtenȱBereichenȱoderȱnachȱvorherigerȱPrüfungȱderȱbetrieblichenȱ Notwendigkeitȱzuȱ(vgl.ȱBühnerȱ2005,ȱS.ȱ83ff.;ȱBerthel/Beckerȱ2003,ȱS.ȱ 213f.).ȱ Umfangȱ undȱ Geschwindigkeitȱ desȱ hierdurchȱ erreichbarenȱ Personalabbausȱ hängenȱ insbesondereȱ vonȱ derȱ Altersstrukturȱ derȱ Belegschaftȱ undȱ vonȱ derȱ durchschnittlichenȱ Fluktuationsrateȱ abȱ (vgl.ȱAbb.ȱ7/2,ȱAGVȱVers.,ȱAGVȱBanken).ȱDieȱmitȱeinemȱtransformaȬ tivenȱ Wandelȱ verbundenenȱ Personalabbauzieleȱ erfordernȱ daherȱ regelmäßigȱdenȱEinsatzȱweitergehenderȱMaßnahmen.ȱ ȱ
251ȱ
7 Abbildungȱ7/2ȱ
Human Resource Management im Wandel
Abgangsgründeȱ2004ȱinȱderȱFinanzbrancheȱ(AngabenȱinȱProzent)ȱ ȱ
Abgangsgründe
Banken Tarif
‚Natürliche’ Fluktuation,
AT
Versicherungen (Innendienst)
2,03
1,89
2,9
Kündigung durch den Arbeitnehmer
2,63
2,40
1,2
Kündigung durch den Arbeitgeber
0,85
0,57
0,6
Einvernehmliche Vertragsauflösung
6,36
2,88
0,7
Jährlicher Abgang gesamt
11,87
7,74
5,5
Vertragsablauf
ȱ
AuchȱdurchȱeineȱArbeitszeitverkürzung,ȱbeispielsweiseȱdurchȱeineȱ Teilzeitinitiative,ȱ lässtȱ sichȱ dieȱ Personalkapazitätȱ senken.ȱ Dieȱ WirȬ kungȱistȱallerdingsȱ begrenzt,ȱ dennȱaufgrundȱ derȱ mitȱ ihrȱ verbundeȬ nenȱ Einkommenseinbußenȱ kommtȱ sieȱ fürȱ dieȱ meistenȱ Mitarbeiterȱ nichtȱinȱFrage.ȱIhreȱAttraktivitätȱlässtȱsichȱdurchȱAngebotȱeinerȱTeilȬ abfindungȱund/oderȱZusicherungȱeinerȱRückkehroptionȱinȱeinȱVollȬ zeitarbeitsverhältnisȱ steigern.ȱ Umȱ unerwünschteȱ Mitnahmeeffekteȱ zuȱvermeiden,ȱsolltenȱdieȱArbeitszeitreduktionenȱgezieltȱmitȱausgeȬ wähltenȱ Mitarbeiternȱ vereinbartȱ werdenȱ (Prinzipȱ derȱ wechselseitiȬ genȱFreiwilligkeit).ȱDemȱstehtȱdieȱForderungȱderȱArbeitnehmerverȬ tretungȱ entgegen,ȱ imȱ Sinneȱ einerȱ Gleichbehandlungȱ allenȱ Beschäftigtenȱ dieȱ Möglichkeitȱ einerȱ Arbeitszeitreduktionȱ zuȱ eröffȬ nen.ȱ Vorruhestandsmodelleȱ undȱ Altersteilzeitȱ richtenȱ sichȱ gezieltȱ anȱ ältereȱMitarbeiter.ȱFürȱsieȱsprichtȱnebenȱderȱhohenȱAkzeptanzȱdurchȱ Mitarbeiterȱ undȱ Betriebsratȱ vorȱ allemȱ dieȱ Verjüngungȱ derȱ BelegȬ schaft,ȱ dieȱ sichȱ tendenziellȱ positivȱ aufȱ Wandlungsfähigkeitȱ undȱ Wandlungsbereitschaftȱauswirktȱ(vgl.ȱBeckerȱ2001,ȱS.ȱ145f.).ȱProbleȬ matischȱsindȱdieȱhohenȱKostenȱsowieȱderȱErfahrungsverlust.ȱ Beiȱ Vorruhestandsmodellenȱ scheidenȱMitarbeiterȱ vorzeitigȱ ausȱ derȱ UnternehmungȱausȱundȱgehenȱjeȱnachȱAlterȱdirektȱoderȱnachȱeinerȱ Übergangszeitȱ inȱ denȱ Ruhestand.ȱ Zurȱ Überbrückungȱ derȱ Zeitȱ zwiȬ
252ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
schenȱ demȱ Ausscheidenȱ undȱ demȱ frühestmöglichenȱ Rentenbeginnȱ sowieȱ zurȱ (TeilȬ)Kompensationȱ vonȱ Rentenabschlägenȱ leistetȱ dieȱ UnternehmungȱeineȱAusgleichszahlung,ȱwasȱVorruhestandsmodelleȱ sehrȱteuerȱmachtȱ(vgl.ȱBühnerȱ2005,ȱS.ȱ84).ȱȱ BeiȱderȱAltersteilzeitȱreduziertȱderȱMitarbeiterȱaufgrundȱeinerȱVerȬ einbarungȱ mitȱ demȱ Arbeitgeberȱ seineȱ Arbeitszeitȱ bisȱ zumȱ RuheȬ standȱaufȱdieȱHälfte.ȱDenȱEinkommensverlustȱkompensiertȱderȱArȬ beitgeberȱ zumindestȱ teilweiseȱ durchȱAufstockungȱ desȱ Gehaltsȱ undȱ Zahlungȱ zusätzlicherȱ Rentenversicherungsbeiträge.ȱ Dieȱ Verteilungȱ derȱ Arbeitszeitȱ istȱ denȱ Vertragspartnernȱ überlassen.ȱ Dieȱ meistenȱ Unternehmungenȱ wendenȱ dasȱ Blockmodellȱ an,ȱ dasȱ denȱ Zeitraumȱ derȱ Altersteilzeitȱ inȱ eineȱ aktiveȱ undȱ eineȱ passiveȱ Phaseȱ aufspaltetȱ (vgl.ȱAhlbrecht/Ickenrothȱ2003).ȱȱ
VOLKSWAGEN will durch Altersteilzeit einen Teil des geplanten Personalabbaus in den an Überkapazitäten leidenden westdeutschen Werken sozialverträglich erreichen. Mit Blick auf die geänderte Gesetzeslage, nach der eine vorzeitige Rente erst ab einem Alter von 62 Jahren möglich ist, wurde die Altersteilzeit von bisher fünf auf nunmehr sieben Jahre ausgeweitet. Hierdurch können die Mitarbeiter vom 55. Lebensjahr an die Altersteilzeit beginnen (aktive Phase) und im Alter von 58 Jahren und sechs Monaten in den Ruhestand wechseln (passive Phase) (Quelle: FAZ vom 04.02.2006).
Fürȱ Beschäftigteȱ sämtlicherȱ Altersklassenȱ geeignetȱ istȱ derȱ AufheȬ bungsvertrag.ȱMitȱdiesemȱInstrumentȱwirdȱdasȱArbeitsverhältnisȱimȱ gegenseitigenȱEinvernehmenȱohneȱBeteiligungȱdesȱBetriebsratsȱundȱ ungeachtetȱvonȱSonderkündigungsschutzȱundȱbestehendenȱBeschäfȬ tigungsgarantienȱ beendet.ȱ Dasȱ Einverständnisȱ derȱ Beschäftigtenȱ wirdȱdurchȱAbfindungenȱerreicht,ȱderenȱHöheȱimȱWesentlichenȱvonȱ AlterȱundȱBetriebszugehörigkeitȱabhängtȱ(vgl.ȱBühnerȱ2005,ȱS.ȱ84).ȱȱ DieȱUnternehmungȱnimmtȱdurchȱdieȱgezielteȱOfferierungȱvonȱAufȬ hebungsverträgenȱEinflussȱaufȱdieȱAuswahlȱderȱabzubauendenȱMitȬ arbeiter,ȱgewinntȱPlanungssicherheitȱ(AusschlussȱvonȱKündigungsȬ schutzklagen)ȱ undȱ vermeidetȱ dieȱ mitȱ betriebsbedingtenȱ KündiȬ gungenȱ einhergehendeȱ negativeȱ Öffentlichkeitswirkung.ȱ Daherȱ istȱ dieȱeinvernehmlicheȱVertragsauflösungȱtrotzȱhoherȱAbfindungskosȬ tenȱ einȱ häufigȱ genutztesȱ Instrumentȱ desȱ Personalabbausȱ (vgl.ȱ auchȱ Abb.ȱ 7/2).ȱAllerdingsȱ sinktȱ inȱ Zeitenȱ hoherȱArbeitslosigkeitȱ dieȱ BeȬ
253ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
reitschaftȱ derȱ Beschäftigten,ȱ gegenȱAbfindungȱ freiwilligȱ dieȱ UnterȬ nehmungȱzuȱverlassen,ȱerheblich.ȱ
Das Thema: Sanfte Freisetzungsmethoden Das Beispiel: DAIMLERCHRYSLER AG Der zunehmende Wettbewerbs- und Kostendruck zwingt DAIMLERCHRYSLER zu Sparmaßnahmen. Mit einer umfangreichen Personalreduktion soll eine Kosteneinsparung von 400 bis 500 Mio. € pro Jahr erreicht werden. Daher wurde im Oktober 2005 ein Personalabbauprogramm gestartet mit dem Ziel, die Personalkapazität der MERCEDES CAR GROUP bis Ende September 2006 um 8.500 Stellen zu reduzieren. Da ein 2004 geschlossener Beschäftigungspakt betriebsbedingte Kündigungen bis 2012 ausschließt, ist der Personalabbau nur freiwillig möglich. Um die Annahme von Aufhebungsverträgen attraktiv zu machen, werden großzügige Abfindungssummen geboten. Insgesamt hat der Aufsichtsrat 950 Mio. € für das Abfindungsprogramm zur Verfügung gestellt. Je nach Alter, Betriebszugehörigkeit und Bruttoverdienst werden Abfindungen von durchschnittlich über 100.000 € und in Einzelfällen bis zu 275.000 € gezahlt. Ältere Mitarbeiter erhalten über ein Frühpensionierungsprogramm 80% ihres letzten Monatsnettoeinkommens bis zum tatsächlichen Renteneintritt. Auch Arbeitszeitreduktion wird belohnt. Wer seine Arbeitszeit um mindestens zehn Wochenstunden für drei Jahre oder mehr reduziert, erhält eine Teilabfindung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern. Durch das Prinzip der wechselseitigen Freiwilligkeit schützt sich DAIMLERCHRYSLER vor dem Weggang dringend benötigter Mitarbeiter. Weder kann ein Mitarbeiter zur Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags gezwungen werden, noch hat er einen Anspruch auf das Angebot einer Abfindung. Entgegen den Erwartungen haben weniger die jüngeren, vermeintlich flexiblen Mitarbeiter zur Abfindung gegriffen, sondern eher langjährige Beschäftigte, die offenbar aufgrund ihrer Kompetenz und Erfahrung schnell eine andere Stelle gefunden haben. Insgesamt reagierte die überwiegende Mehrheit der 93.000 Beschäftigten zunächst eher zurückhaltend auf die Angebote und hielt sich in erster Linie an die Beschäftigungsgarantie – ein verständliches Verhalten angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation. Nachdem der Personalabbau eher schleppend anlief, hatten bis Ende 2005 bereits 5.000 Beschäftigte den Autobauer verlassen oder einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. Zum 31. März 2006 waren es 7.800 Mitarbeiter, womit innerhalb von sechs Monaten 90% des Abbauziels erreicht wurden. Dieser Erfolg ist vermutlich u.a. der angewandten Turboregelung zu verdanken. Wer bis zum 31.12.2005 eine Aufhebungsvereinbarung unterschrieb, erhält einen sog. Turbo-Zuschlag auf seine Abfindung (Quelle: FAZ vom 24.11.2005 und vom 07.04.2006; FAZ.NET vom
254ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
27.12.2005; manager-magazin.de vom 30.09.2005; Netzzeitung.de vom 05.01.2006).
BetriebsbedingteȱKündigungȱ Könnenȱ dieȱ Zieleȱ desȱ Wandelsȱ mitȱ sozialverträglichenȱ FreisetȬ zungsmethodenȱ nichtȱ erreichtȱ werden,ȱ bleibtȱ nurȱ dieȱ betriebsbeȬ dingteȱ Kündigung.ȱ Dabeiȱ istȱ eineȱ Vielzahlȱ arbeitsrechtlicherȱ VorȬ schriftenȱ zuȱ beachten,ȱ insbesondereȱ dieȱ Berücksichtigungȱ sozialerȱ Gesichtspunkteȱ (Sozialauswahl).ȱ Dazuȱ zählenȱ gem.ȱ §ȱ 1ȱ IIIȱ KSchGȱ dieȱ Dauerȱ derȱ Betriebszugehörigkeit,ȱ dasȱ Lebensalter,ȱ UnterhaltsȬ pflichtenȱundȱeineȱeventuelleȱSchwerbehinderung.ȱDieȱgenaueȱAusȬ gestaltungȱundȱGewichtungȱdieserȱKriterienȱliegtȱinȱeinemȱgewissenȱ RahmenȱimȱErmessenȱderȱUnternehmung.ȱ
Das Thema: Sozialauswahl Das Beispiel: GOTHAER LEBENSVERSICHERUNG AG Im Jahr 2005 verlagerte die GOTHAER LEBENSVERSICHERUNG Stabs-, Dienstleistungs- und Produktbereiche von Göttingen nach Köln unter gleichzeitiger Aufgabe des Standorts Göttingen als Hauptverwaltungsstandort. Im Interessenausgleich ist die Sozialauswahl wie folgt geregelt: Jeder Mitarbeiter erhält 1 Punkt für jedes vollendete Lebensjahr ab dem vollendeten 21. Lebensjahr (max. 30 Punkte), 1 Punkt für jedes vollendete Dienstjahr (max. 30 Punkte), 8 Punkte für jede Person, für die gesetzliche Unterhaltspflichten bestehen, 5 Punkte bei einem anerkannten Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent sowie einen weiteren Punkt für einen um je 10 Prozent erhöhten Grad der Behinderung. Die Sozialauswahl erfolgt innerhalb vergleichbarer Mitarbeitergruppen in einem ersten Schritt nach dem oben dargestellten Punkteschema. Danach hat eine Einzelfallprüfung stattzufinden (Quelle: Interessenausgleich Zukunftssicherung Gothaer Leben).
255ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
Derȱ mitȱ derȱ Sozialauswahlȱ einhergehendeȱ Verlustȱ vonȱ LeistungsȬ trägernȱ undȱ dieȱ Verschlechterungȱ derȱAltersstrukturȱ werdenȱ regelȬ mäßigȱ alsȱ gravierenderȱ Nachteilȱ betriebsbedingterȱ Kündigungenȱ angeführt.ȱ Diesȱ mussȱ jedochȱ spätestensȱ seitȱ derȱ Novellierungȱ desȱ Kündigungsschutzgesetzesȱ zumȱ 01.01.2004ȱ relativiertȱ werden.ȱ EiȬ nerseitsȱkönnenȱnunmehrȱalleȱArbeitnehmer,ȱ„derenȱWeiterbeschäfȬ tigungȱ [..]ȱ imȱ berechtigtenȱ betrieblichenȱ Interesseȱ liegt“ȱ (§1ȱ Abs.ȱ 3ȱ KSchG),ȱausȱderȱSozialauswahlȱausgenommenȱwerden.ȱHierzuȱgibtȱ esȱ bisherȱ wederȱ eineȱ gesetzlicheȱ nochȱ eineȱ gerichtlichȱ formulierteȱ Obergrenze.ȱInȱEinzelfällenȱwerdenȱ30ȱȬȱ40%ȱderȱMitarbeiterȱaufȱdieȱ ListeȱderȱLeistungsträgerȱaufgenommen.ȱDieȱSozialauswahlȱistȱdannȱ nurȱ nochȱ unterȱ denȱ verbleibendenȱ Beschäftigtenȱ vorzunehmen.ȱ WeiterhinȱerlaubtȱdasȱKündigungsschutzgesetzȱseitȱ2004ȱexplizitȱdieȱ „Sicherungȱ einerȱ ausgewogenenȱ Personalstruktur“ȱ (§1ȱ Abs.ȱ 3ȱ KSchG).ȱ Derȱ Kündigungsschutzȱ ältererȱ Mitarbeiterȱ sollteȱ daherȱ nichtȱ überbewertetȱ werden.ȱ Beispielsweiseȱ greiftȱ inȱ derȱ VersicheȬ rungsbrancheȱ derȱ Sonderkündigungsschutzȱ fürȱ ältereȱ Mitarbeiterȱ ausdrücklichȱ nichtȱ beiȱ Rationalisierungenȱ (Manteltarifvertragȱ desȱ privatenȱVersicherungsgewerbes,ȱ§ȱ15ȱ3).ȱDieȱbetriebsbedingteȱKünȬ digungȱ ältererȱ Mitarbeiterȱ istȱ alsoȱ durchausȱ möglich,ȱ wennȱ auchȱ aufgrundȱ ihresȱAltersȱ undȱ derȱ inȱ derȱ Regelȱ längerenȱ BetriebszugeȬ hörigkeitȱteuer.ȱȱ Kündigungsschutzklagenȱ könnenȱ dieȱ Umsetzungȱ betriebsbedingȬ terȱ Kündigungenȱ langwierig,ȱ teuerȱ undȱ schwerȱ steuerbarȱ machen.ȱ UmȱdieseȱRisikenȱzuȱreduzieren,ȱgreifenȱvieleȱUnternehmungenȱzuȱ denȱ sog.ȱ Turboprämienȱ (vgl.ȱ auchȱ dasȱ Beispielȱ DAIMLERCHRYSLERȱ AG).ȱDabeiȱwerdenȱinȱeinerȱseparatenȱBetriebsvereinbarungȱzusätzȬ licheȱAbfindungenȱ beiȱ Verzichtȱ aufȱ Kündigungsschutzklageȱ vorgeȬ sehen.ȱ Derȱ Sozialplananspruchȱ selbstȱ darfȱ allerdingsȱ nichtȱ vonȱ eiȬ nemȱ Klageverzichtȱ abhängigȱ gemachtȱ werden,ȱ undȱ dasȱ fürȱ denȱ Sozialplanȱ vorgeseheneȱ Volumenȱ darfȱ nichtȱ zurȱ Finanzierungȱ vonȱ Turboprämienȱverwendetȱwerdenȱ(vgl.ȱBraunȱ2005;ȱLelleyȱ2006).ȱ
MitbestimmungȱbeiȱBetriebsänderungenȱ Beiȱ einemȱ transformativenȱ Unternehmungswandelȱ liegtȱ inȱ allerȱ Regelȱ eineȱ mitbestimmungspflichtigeȱ Betriebsänderungȱ nachȱ §ȱ 111ȱ BetrVGȱvor,ȱ beiȱderȱzwischenȱArbeitgeberȱundȱBetriebsratȱeinȱInteȬ ressenausgleichȱundȱeinȱSozialplanȱzuȱverhandelnȱsindȱ(vgl.ȱJaegerȱ 2001;ȱ Stückȱ 2005).ȱ Derȱ Interessenausgleichȱ regeltȱ beispielsweiseȱ
256ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
Zeitpunkt,ȱUmfangȱundȱFormȱderȱBetriebsänderungȱsowieȱdieȱVerȬ fahrensweiseȱ beiȱ derȱ Sozialauswahlȱ (vgl.ȱ dasȱ Beispielȱ GOTHAERȱ LEȬ BENSVERSICHERUNGȱAG).ȱSeinȱZielȱistȱes,ȱdieȱnachteiligenȱFolgenȱderȱ BetriebsänderungȱaufȱdieȱBeschäftigtenȱmöglichstȱgeringȱzuȱhalten.ȱ ErȱhatȱAuswirkungenȱaufȱdenȱzeitlichenȱAblaufȱderȱTransformation,ȱ daȱ vorȱ seinemȱAbschlussȱ (oderȱ demȱ Feststellenȱ desȱ Scheiternsȱ undȱ derȱEinstellungȱdesȱVerfahrensȱdurchȱdieȱEinigungsstelle)ȱkeinerleiȱ Umsetzungsaktivitätenȱerfolgenȱdürfenȱ(vgl.ȱStückȱ2005,ȱS.ȱ57).ȱDerȱ Arbeitgeberȱ kannȱ alsoȱ mitȱ derȱ Betriebsänderungȱ erstȱ beginnen,ȱ wennȱ erȱ sichȱ ausreichendȱ umȱ eineȱ gütlicheȱ Einigungȱ bemühtȱ hat.ȱ Kommtȱ esȱ zuȱ keinerȱ Einigung,ȱ istȱ derȱArbeitgeberȱ inȱ seinerȱ unterȬ nehmerischenȱ Entscheidungȱ freiȱ (vgl.ȱ Dilgerȱ 2004,ȱ Sp.ȱ 1770ff.).ȱ Dasȱ hatȱ aberȱ erheblicheȱ Konsequenzenȱ fürȱ dieȱ Durchsetzbarkeitȱ vonȱ Kündigungen.ȱ DerȱSozialplanȱsollȱdieȱfürȱdieȱBeschäftigtenȱmitȱeinerȱBetriebsändeȬ rungȱeinhergehendenȱwirtschaftlichenȱNachteileȱdurchȱZahlungȱvonȱ Abfindungenȱ ausgleichenȱ oderȱ mildernȱ (vgl.ȱ §ȱ 112ȱ BetrVG;ȱ Dilgerȱ 2004,ȱ Sp.ȱ 1765).ȱ Seineȱ Dotierungȱ istȱ inȱ derȱ Praxisȱ unterschiedlich,ȱ kannȱ jedochȱ durchausȱ bisȱ zumȱ Zweifachenȱ derȱ jährlichenȱ EinspaȬ rungȱ reichenȱ (vgl.ȱ Stückȱ 2005,ȱ S.ȱ 57).ȱ Dennochȱ liegenȱ dieȱ Kostenȱ einesȱSozialplansȱtypischerweiseȱunterȱdenȱKostenȱfürȱAufhebungsȬ verträge.ȱ Diesȱ liegtȱ einerseitsȱ daran,ȱ dassȱ betriebsbedingteȱ KündiȬ gungenȱschwerpunktmäßigȱjüngereȱMitarbeiterȱmitȱwenigerȱSozialȬ punktenȱ treffen,ȱ andererseitsȱ anȱ derȱ Notwendigkeitȱderȱ attraktivenȱ Gestaltungȱ derȱ Konditionenȱ vonȱ Aufhebungsverträgen,ȱ ohneȱ dieȱ dasȱ Instrumentȱ wirkungslosȱ bliebe.ȱ Könnenȱ sichȱ beideȱ Seitenȱ nichtȱ einigen,ȱistȱderȱSozialplanȱ–ȱimȱGegensatzȱzumȱInteressenausgleichȱ –ȱunterȱbestimmtenȱUmständenȱdurchȱdieȱEinigungsstelleȱerzwingȬ bar.ȱLiegtȱkeineȱmitbestimmungspflichtigeȱBetriebsänderungȱnachȱ§ȱ 111ȱ BetrVGȱ vor,ȱ greiftȱ §ȱ 1aȱ KSchG,ȱ dasȱ imȱ Falleȱ betriebsbedingterȱ Kündigungȱ einenȱ Anspruchȱ aufȱ Abfindungȱ inȱ Höheȱ vonȱ 0,5ȱ MoȬ natsverdiensteȱfürȱjedesȱJahrȱdesȱBestehensȱdesȱArbeitsverhältnissesȱ vorsieht,ȱ sofernȱ derȱ Arbeitnehmerȱ keineȱ Kündigungsschutzklageȱ erhebt.ȱ AbfindungenȱwerdenȱfürȱdieȱBetroffenenȱangesichtsȱderȱangespannȬ tenȱArbeitsmarktsituation,ȱderȱAbschaffungȱderȱSteuerfreibeträgeȱabȱ demȱ 01.01.2006ȱ sowieȱ denȱ Reformenȱ imȱ Arbeitsförderungsrechtȱ (ALGȱII)ȱzunehmendȱunattraktiv.ȱZudemȱmildernȱsieȱausschließlichȱ dieȱwirtschaftlichenȱKostenȱdesȱArbeitsplatzverlusts,ȱnichtȱdagegenȱ
257ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
dieȱ sozialenȱ undȱ psychischenȱ Folgen.ȱ Daherȱ wurdeȱ alsȱAlternativeȱ zumȱ‚klassischen’ȱAbfindungssozialplanȱdasȱKonzeptȱdesȱTransferȬ sozialplansȱ entwickelt,ȱ dessenȱ wesentlichesȱ Zielȱ dieȱ Vermeidungȱ vonȱ Arbeitslosigkeitȱ ist.ȱ Dieȱ Förderungȱ einesȱ nahtlosenȱ Übergangsȱ derȱbetroffenenȱArbeitnehmerȱinȱeinȱneuesȱBeschäftigungsverhältnisȱ oderȱinȱdieȱSelbständigkeitȱwirdȱimȱWesentlichenȱdurchȱQualifizieȬ rung,ȱ Beratungȱ undȱ Vermittlungȱ (Outplacement)ȱ erreicht.ȱ DieȱAnȬ gabenȱ bezüglichȱ derȱ Vermittlungsquotenȱ liegenȱ zwischenȱ 30ȱ undȱ überȱ80%ȱ(vgl.ȱBlattȱetȱal.ȱ2002,ȱS.ȱ61f.;ȱMulitzeȱ2005;ȱWolffȱ1999ȱsoȬ wieȱdasȱfolgendeȱBeispiel).ȱȱ
Die LANDESBANK BADEN-WÜRTTEMBERG hat über mehrere Jahre versucht, den aus betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlichen Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen umzusetzen. Der Wegfall der Staatsgarantien bei den öffentlich-rechtlichen Banken fordert jedoch eine schnellere Gangart. Daher setzt man jetzt auf Outplacement, um die Folgen für die Mitarbeiter abzufedern. Einige hundert Beschäftigte werden in eine eigens zu diesem Zweck in der Bank geschaffene Abteilung versetzt. Dort sind sie bei vollem Gehalt von ihrer bisherigen Arbeit freigestellt und erhalten die Möglichkeit zur Qualifizierung und Bewerbung. Begleitet wird die Maßnahme von der DEKRA PERSONALDIENSTE GMBH. Vergleichbar einem GruppenOutplacement helfen die DEKRA-Berater den betroffenen Bankangestellten bei der Jobsuche (vgl. Steppan 2005).
Dieȱ Vorteileȱ einesȱ Transfersozialplansȱ ausȱ Unternehmungssichtȱ lieȬ genȱ u.a.ȱ inȱ derȱ Sicherungȱ desȱ Betriebsfriedensȱ undȱ demȱ ImagegeȬ winnȱ durchȱ sozialverträglichenȱ Personalabbau.ȱ Soȱ spielenȱ „üblicheȱ Begleiterscheinungenȱ vonȱ Personalabbauprozessen,ȱ wieȱ etwaȱ überȬ höhteȱ Fehlzeiten,ȱ steigendeȱ Unfallzahlen,ȱ Sabotageakteȱ oderȱ auchȱ Kündigungsschutzklagen“ȱ beiȱ Einsatzȱ einesȱ Transfersozialplansȱ kaumȱ nochȱ eineȱ Rolleȱ (Blattȱ etȱ al.ȱ 2002,ȱ S.ȱ 61).ȱ Dagegenȱ stehenȱ dieȱ KostenȱfürȱBeratungȱundȱQualifizierung,ȱdieȱbeispielsweiseȱSIEMENSȱ mitȱ ca.ȱ 4.000ȱ €ȱ proȱ Mitarbeiterȱ beziffertȱ (vgl.ȱ Mulitzeȱ 2005).ȱ Amȱ stärkstenȱ wirdȱ dasȱ Instrumentȱ vonȱ großenȱ Konzernenȱ wieȱ DEUTȬ SCHERȱ POST,ȱ DEUTSCHERȱ TELEKOMȱ oderȱ DEUTSCHERȱ BAHNȱ genutzt,ȱ dieȱinȱ denȱ vergangenenȱJahrenȱ einenȱ drastischenȱStellenabbauȱ vorȬ genommenȱ undȱ zuȱ diesemȱ Zweckȱ betriebseigeneȱ TransfergesellȬ schaftenȱetabliertȱhaben.ȱZehntausendeȱMitarbeiterȱdurchliefenȱundȱ durchlaufenȱ dieȱ Transfergesellschaftenȱ dieserȱ ehemaligenȱ StaatsbeȬ triebeȱ(vgl.ȱMulitzeȱ2005,ȱS.ȱ22ȱsowieȱdasȱfolgendeȱBeispiel).ȱ
258ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
Das Thema: Transfergesellschaft Das Beispiel: DEUTSCHE BAHN AG Die DEUTSCHE BAHN AG war Anfang der 1990er Jahre geprägt durch ineffiziente Prozesse und technisch überalterte Anlagen. Dieses Problem wurde durch einen massiven Nachfragerückgang in den 1990ern sowie Deregulierung und Liberalisierung verschärft. Wesentlicher Aspekt des mit der Privatisierung begonnenen Sanierungsprogramms ist der Abbau des entstandenen Personalüberhangs. 1996 wurde im sog. ‚Beschäftigungsbündnis Bahn’ vereinbart, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Um die Personalkapazitätsanpassung sozialverträglich durchzuführen, hat die BAHN den internen Konzernarbeitsmarkt kontinuierlich flexibilisiert. Frei werdende Arbeitsplätze sind an den Konzernarbeitsmarkt zu melden und dürfen nur dann extern besetzt werden, wenn auf die Stelle kein geeigneter interner Mitarbeiter vermittelt werden kann. Parallel hierzu soll durch Beratungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungsleistungen die Flexibilität der Beschäftigten gesteigert werden. Zur organisatorischen und budgetmäßigen Entlastung der operativen Bereiche dient u.a. die DB VERMITTLUNG. Sie hat das Ziel, kündigungsbeschränkte Mitarbeiter und Beamte durch Qualifizierung und Vermittlung innerhalb von 9 - 12 Monaten auf neue Arbeitsplätze innerhalb oder außerhalb des Konzerns zu vermitteln. Von den 22.000 Mitarbeitern, die seit 1997 in die DB VERMITTLUNG wechseln mussten, haben mittlerweile 10.400 eine neue Stelle angenommen. 11.450 haben das Unternehmen verlassen, nachdem sie einen zumutbaren Arbeitsplatz abgelehnt haben, davon ist etwa die Hälfte in den Vorruhestand gegangen. Zum 31. Dezember 2004 waren bei der DB VERMITTLUNG 1.750 Mitarbeiter gemeldet, davon 65% Beamte. Neben dem hohen Beamtenanteil erschwert die negative Berichterstattung der Medien über Personalserviceagenturen die Arbeit der DB VERMITTLUNG. U.a. werden die Kosten von jährlich rund 100 Mio. € kritisiert. Da eine Fortsetzung des Personalabbaus geplant ist, wird es sie vermutlich dennoch bis mindestens 2010 geben, wahrscheinlich aber unter einem neuen Namen (vgl. Hädrich et al. 2004; Mulitze 2005, S. 23f.).
UmgangȱmitȱdenȱverbleibendenȱMitarbeiternȱ SofernȱnichtȱdieȱSchließungȱeinesȱgesamtenȱBetriebsȱbeabsichtigtȱist,ȱ gehtȱesȱselbstȱimȱAbbauȱnichtȱnurȱumȱFreisetzung,ȱsondernȱauchȱumȱ Mitarbeiterbindungȱ(vgl.ȱNagelȱ2005,ȱS.ȱ25).ȱDerȱErfolgȱjederȱPersoȬ nalreduktionsinitiativeȱhängtȱimȱWesentlichenȱdavonȱab,ȱdassȱ
259ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
1. diejenigenȱ Personen,ȱ dieȱ nichtȱ mehrȱ gebrauchtȱ werden,ȱ dieȱ UnȬ ternehmungȱverlassenȱ(Trennung),ȱ 2. diejenigenȱ Mitarbeiter,ȱ dieȱ weiterhinȱ benötigtȱ werden,ȱ gehaltenȱ werdenȱ(Bindung)ȱundȱ 3. dieȱMotivationȱderȱverbleibendenȱMitarbeiterȱerhaltenȱwirdȱ(MoȬ tivation/Engagement).ȱȱ Ersteresȱ lässtȱ sichȱ durchȱ Auswahlȱ derȱ Freisetzungsinstrumenteȱ steuern.ȱDenȱgrößtenȱSpielraumȱhatȱdieȱUnternehmungȱbeimȱgezielȬ tenȱ Einsatzȱ vonȱAufhebungsverträgenȱnachȱ demȱ Prinzipȱ derȱ wechȬ selseitigenȱFreiwilligkeit.ȱBeiȱderȱNutzungȱderȱnatürlichenȱFluktuaȬ tionȱ undȱ demȱAusspruchȱ betriebsbedingterȱ Kündigungenȱ dagegenȱ sindȱdieȱunternehmerischenȱGestaltungsmöglichkeitenȱinȱBezugȱaufȱ denȱKreisȱderȱBetroffenenȱsehrȱgering.ȱȱ DieȱBindungȱundȱMotivationȱderȱverbleibendenȱMitarbeiterȱwirdȱinȱ derȱ Praxisȱ meistȱ vernachlässigt.ȱ Folgeȱ istȱ dieȱ sog.ȱ ‚SurvivorprobleȬ matik’.ȱ Hierunterȱ wirdȱ dieȱ Feststellungȱ verstanden,ȱ dassȱ „VerbleiȬ bendeȱeinenȱPersonalabbauȱnichtȱeinfachȱnurȱzurȱKenntnisȱnehmenȱ undȱunbeeindrucktȱweiterarbeiten,ȱsondernȱmitȱvielfältigen,ȱfürȱdieȱ Organisationȱ oftȱ negativenȱ Reaktionenȱ daraufȱ antworten“ȱ (Jaegerȱ 2001,ȱS.ȱ30).ȱEinȱStellenabbauȱführtȱinȱderȱRegelȱzuȱMehrbelastungenȱ undȱ zuȱ Verunsicherungȱ fürȱ dieȱ verbleibendenȱ Mitarbeiter.ȱ Hierausȱ folgtȱu.a.ȱeineȱnachlassendeȱIdentifikationȱmitȱdemȱArbeitgeberȱundȱ einȱ Anstiegȱ derȱ Fluktuation.ȱ Nichtȱ vonȱ derȱ Unternehmungȱ intenȬ dierteȱ Kündigungenȱ (‚involuntaryȱ terminations’)ȱ bringenȱ oftȱ einenȱ erheblichenȱVerlustȱvonȱKnowȬhowȬȱundȱLeistungsträgernȱmitȱsich,ȱ daȱesȱvorwiegendȱjunge,ȱqualifizierteȱMitarbeiterȱmitȱhoherȱFlexibiȬ litätȱ undȱ Veränderungsbereitschaftȱ sind,ȱ dieȱ dieȱ Unternehmungȱ verlassenȱ(vgl.ȱauchȱCapgeminiȱ2005,ȱS.ȱ60ff.;ȱDeloitteȱ2005b;ȱJaegerȱ 2001,ȱS.ȱ30f.).ȱBeiȱderȱverbleibendenȱBelegschaftȱkommtȱesȱzuȱveränȬ dertenȱEmotionen,ȱEinstellungenȱundȱVerhaltensweisen,ȱdieȱsichȱinȱ einemȱAnstiegȱ derȱ Fehlzeitenȱ undȱ einemȱAbfallȱ vonȱ Produktivität,ȱ Motivation,ȱ Commitmentȱ undȱ Risikobereitschaftȱ äußernȱ (vgl.ȱ DeȬ loitteȱ2005b;ȱFrickȱ2004;ȱJaegerȱ2001,ȱS.ȱ30;ȱNeckerȱ1998;ȱNoerȱ1996;ȱ Baduraȱetȱal.ȱ2006).ȱDiesȱgefährdetȱnichtȱnurȱdenȱWandlungserfolg,ȱ sondernȱlangfristigȱdieȱInnovationsȬȱundȱVeränderungsfähigkeitȱderȱ Unternehmung.ȱȱ DieseȱunerwünschtenȱEffekteȱkönnenȱvermiedenȱwerdenȱdurch:ȱȱ
260ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
¾ Fairnessȱ beiȱ Entlassungen.ȱ Besonderenȱ Einflussȱ hatȱ dieȱ Frage,ȱ obȱ derȱ Personalabbauprozessȱ alsȱ fairȱ oderȱ alsȱ unfairȱ bewertetȱ wird.ȱDieȱFairnessȱdrücktȱsichȱnichtȱnurȱinȱderȱHöheȱderȱAbfinȬ dungenȱaus,ȱsondernȱauchȱinȱzusätzlichenȱUnterstützungsangeȬ botenȱ wieȱ beispielsweiseȱ OutplacementȬBeratung.ȱ Einȱ Zielȱ vonȱ Outplacementȱ bestehtȱ alsoȱ auchȱ darin,ȱ dieȱ LeistungsȬȱ undȱ PoȬ tentialträgerȱ derȱ Unternehmungȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ zuȱ halȬ tenȱ (vgl.ȱ Blattȱ etȱ al.ȱ 2002,ȱ S.ȱ 60ff.;ȱ Frickȱ 2004,ȱ Sp.ȱ 1322;ȱ Jaegerȱ 2001,ȱS.ȱ31).ȱȱ
¾ Respektȱ undȱ Wertschätzungȱ gegenüberȱ denȱ Betroffenen.ȱ Esȱ bedarfȱ vielȱ Fingerspitzengefühlsȱ beiȱ derȱ Gestaltungȱ desȱ TrenȬ nungsprozesses,ȱumȱdeutlichȱzuȱmachen,ȱdassȱBeschäftigteȱauchȱ inȱ schwierigenȱ Zeitenȱ wertschätzendȱ behandeltȱ werden.ȱ EntȬ scheidendȱ istȱ vorȱ allemȱ dieȱ Kommunikationȱ desȱ ArbeitsplatzȬ verlusts.ȱ Inȱ derȱ Regelȱ sollteȱ derȱ unmittelbareȱ Vorgesetzteȱ denȱ Betroffenenȱ persönlichȱ überȱ dieȱ Kündigungȱ informieren.ȱ Dabeiȱ sindȱ eineȱ objektiveȱ Darstellungȱ derȱ Situationȱ wieȱ auchȱ VerȬ ständnisȱ fürȱ dieȱ Reaktionȱ desȱ betroffenenȱ Mitarbeitersȱ gefragtȱ (vgl.ȱKuntzȱ2005).ȱȱ
¾ Handelnȱ imȱ Einklangȱ mitȱ denȱ Unternehmungswerten.ȱ Einerȱ Studieȱ derȱ Unternehmensberatungȱ TOWERSȱ PERRINȱ zufolgeȱ haȬ benȱdasȱInteresseȱdesȱSeniorȱManagementsȱanȱdenȱMitarbeiternȱ undȱ seineȱ Vorbildfunktionȱ imȱ Sinneȱ derȱ Unternehmungswerteȱ besondereȱ Bedeutungȱ fürȱ dasȱ MitarbeiterȬEngagement.ȱ Diesȱ verdeutlicht,ȱ wieȱ wichtigȱ esȱ ist,ȱ dasȱ Changeȱ Managementȱ auchȱ undȱ besondersȱ inȱAbbauphasenȱ anȱ denȱ Unternehmungswertenȱ auszurichten,ȱumȱdieȱMotivationȱderȱLeistungsträgerȱnichtȱaufsȱ Spielȱzuȱsetzenȱ(vgl.ȱTowersȱPerrinȱ2004,ȱS.ȱ19).ȱ
¾ Informationȱ undȱ Einbindung.ȱ Umȱ verbleibendeȱ Mitarbeiterȱ zumȱDurchhaltenȱundȱBleibenȱzuȱermutigen,ȱempfiehltȱesȱsich,ȱ Leistungsträgerȱ inȱ dieȱ Transformationȱ einzubindenȱ undȱ ihnenȱ hierdurchȱ gleichermaßenȱ Gestaltungsspielräumeȱ wieȱ auchȱ InȬ formationenȱausȱersterȱHandȱzuȱbieten.ȱ
¾ Individuelleȱ Zusicherungen.ȱ Schlüsselpersonenȱ istȱ frühzeitigȱ zuȱ signalisieren,ȱ dassȱ ihnenȱ keinȱ Arbeitsplatzverlustȱ droht.ȱ Danebenȱ sindȱ ihnenȱ Perspektivenȱ aufzuzeigen,ȱ undȱ sieȱ sindȱ darüberȱzuȱinformieren,ȱwelcheȱRolleȱsieȱnachȱderȱTransformaȬ
261ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
tionȱ habenȱ werden.ȱ Auchȱ derȱ gezielteȱ Einsatzȱ vonȱ Anreizenȱ kannȱdieȱDurchhaltemotivationȱfördern.ȱ
7.1.2
Umbau durch Austausch oder Versetzung
EinȱUmbauȱführtȱtypischerweiseȱzuȱeinemȱverändertenȱPersonalbeȬ darfȱ inȱ qualitativer,ȱ räumlicherȱ undȱ zeitlicherȱ Hinsicht.ȱ Beiȱ seinerȱ Realisierungȱ sindȱ zweiȱ Fälleȱ zuȱ unterscheiden,ȱ derȱ Austauschȱ vonȱ Teilenȱ derȱ Belegschaftȱ überȱ denȱ externenȱArbeitsmarktȱ undȱ dieȱ inȬ terneȱ Versetzungȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 7/3,ȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ Beckerȱ 2001,ȱ S.ȱ 136).ȱ
Abbildung7/3ȱ
AlternativeȱUmbaustrategienȱȱ
qualitativer, räumlicher, zeitlicher Personalbedarf vor dem Wandel
Versetzung (interner Arbeitsmarkt)
qualitativer, räumlicher, zeitlicher Personalbedarf nach dem Wandel
Personalfreisetzung
Personalbeschaffung Austausch (externer Arbeitsmarkt)
ȱ
AustauschȱvonȱMitarbeiternȱ
262ȱ
RadikaleȱVeränderungenȱsowieȱeineȱgeringeȱFlexibilitätȱderȱBeschäfȬ tigtenȱhinsichtlichȱAufgabeȱundȱStandortȱerfordernȱzwingendȱeinenȱ Austauschȱ zumindestȱ vonȱ Teilenȱ desȱ Personals,ȱ z.B.,ȱ wennȱ inȱ derȱ neuenȱ Strukturȱ geringerȱ qualifizierteȱ undȱ kostengünstigereȱ MitarȬ beiterȱ eingesetztȱ werdenȱ sollen.ȱ Gravierendeȱ Veränderungenȱ derȱ KonditionenȱdesȱbestehendenȱPersonalsȱlassenȱsichȱausȱAkzeptanzȬ gründenȱ undȱ ausȱ rechtlichenȱ Gründenȱ nurȱ schwerȱ durchsetzen.ȱ Daherȱ gehenȱ vieleȱ Unternehmungenȱ denȱ Weg,ȱ dieȱ Beschäftigtenȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
überȱ eineȱ Kombinationȱ ausȱ Personalfreisetzungȱ undȱ PersonalbeȬ schaffungȱauszutauschenȱ(vgl.ȱdasȱfolgendeȱBeispiel).ȱ
2005 schloss die GOTHAER ALLGEMEINE VERSICHERUNG drei Niederlassungen in Frankfurt, Berlin und Dortmund. Die Mitarbeiter wurden betriebsbedingt gekündigt. Parallel hierzu wurde in Köln-Mülheim das GOTHAER KUNDENSERVICE-CENTER gegründet. Dort wurden 100 Mitarbeiter neu eingestellt, die ohne Tarifvertrag zu deutlich niedrigeren Gehältern und mit längeren Arbeitszeiten bisher von den Niederlassungen erledigte Geschäftsvorfälle bearbeiten (Quelle: Financial Times Deutschland vom 20.02.2006).
Allerdingsȱ istȱ esȱ schwierig,ȱ Betriebsratȱ undȱ Beschäftigteȱ vonȱ derȱ Notwendigkeitȱ einesȱ Personalabbausȱ zuȱ überzeugen,ȱ wennȱ gleichȬ zeitigȱexterneȱEinstellungenȱvorgenommenȱwerden.ȱDerȱBetriebsratȱ wirdȱdaraufȱdrängen,ȱfreiȱwerdendeȱbzw.ȱneuȱzuȱschaffendeȱStellenȱ durchȱinterneȱBewerberȱzuȱbesetzen.ȱDanebenȱstößtȱdieȱKombinatiȬ onȱ vonȱ Freisetzungȱ undȱ Beschaffungȱ teilweiseȱ anȱ rechtlicheȱ GrenȬ zen.ȱ Soȱ sindȱ betriebsbedingteȱ Kündigungenȱ nurȱ zulässig,ȱ wennȱ währendȱ derȱ Kündigungsfristȱ keineȱ freienȱ vergleichbarenȱ (gleichȬ wertigen)ȱArbeitsplätzeȱ oderȱArbeitsplätzeȱ zuȱ geändertenȱ (schlechȬ teren)ȱ Bedingungenȱ vorhandenȱ sindȱ (UltimaȬRatioȬPrinzip).ȱ Liegenȱ dieȱ Voraussetzungenȱ fürȱ einenȱ Betriebsübergangȱ vor,ȱ regeltȱ derȱ sog.ȱ OutsourcingȬParagraphȱ (§ȱ613aȱ BGB)ȱ dieȱ Rechteȱ undȱ Pflichtenȱ vonȱ Arbeitgeberȱ undȱ Arbeitnehmern.ȱ Darinȱ heißtȱ esȱ u.a.,ȱ dassȱ derȱ InhaltȱeinesȱArbeitsverhältnissesȱnichtȱvorȱAblaufȱeinesȱJahresȱnachȱ demȱ Zeitpunktȱ desȱ Übergangsȱ zumȱ Nachteilȱ desȱ Arbeitnehmersȱ geändertȱ werdenȱ darfȱ (Besitzstandswahrung).ȱ Zudemȱ bestehtȱ eineȱ umfassendeȱInformationspflichtȱgegenüberȱdenȱArbeitnehmern.ȱDieȱ gesetzlicheȱ Fristȱ fürȱ denȱ Widerspruchȱ gegenȱ denȱ Betriebsübergangȱ beginntȱ nichtȱ zuȱ laufen,ȱ wennȱ dieȱ Betroffenenȱ fehlerhaftȱ überȱ dieȱ sozialen,ȱ wirtschaftlichenȱ undȱ rechtlichenȱ Folgenȱ inȱ Kenntnisȱ geȬ setztȱwurdenȱ(vgl.ȱMuesȱ2006).ȱ
VersetzungȱvonȱMitarbeiternȱ Kannȱ undȱsollȱ derȱUmbauȱ dagegenȱ mitȱ demȱ bestehendenȱ Personalȱ bewältigtȱ werden,ȱ sindȱ Versetzungenȱ inȱ derȱ Regelȱ unvermeidbar.ȱ FürȱsieȱsprechenȱnebenȱderȱVermeidungȱderȱmitȱFreisetzungenȱundȱ Beschaffungenȱ einhergehendenȱ Kostenȱ undȱ Risikenȱ vorȱ allemȱ derȱ Erhaltȱ vonȱ KnowȬhowȱ undȱ Erfahrungen.ȱ Zudemȱ könnenȱ durchȱ
263ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
Versetzungenȱ betriebsbedingteȱ Kündigungenȱ vermiedenȱ werden,ȱ wasȱausȱImagegründenȱundȱzumȱErhaltȱdesȱBetriebsklimasȱauchȱimȱ InteresseȱderȱUnternehmungȱist.ȱDaherȱistȱdieȱinterneȱVersetzungȱ–ȱ typischerweiseȱ begleitetȱ vonȱ Umschulungen,ȱ AusȬȱ undȱ WeiterbilȬ dungsmaßnahmenȱundȱFlexibilitätsanreizenȱ–ȱdemȱUmbauȱüberȱdenȱ externenȱArbeitsmarktȱinȱderȱRegelȱvorzuziehen.ȱȱ Beiȱ derȱ internenȱ Versetzungȱ bestehtȱ dieȱ wesentlicheȱ HerausfordeȬ rungȱ darin,ȱ dieȱ Beschäftigtenȱ optimalȱ denȱ neuenȱ Aufgabenȱ undȱ Anforderungenȱzuzuordnenȱ(Personaleinsatz).ȱDieȱgeplanteȱOrganiȬ sationsstrukturȱmitȱihrenȱneuenȱStellenȬȱundȱRollenbeschreibungenȱ führtȱ zuȱ geändertenȱ Anforderungsprofilen.ȱ Dieȱ SollȬProfileȱ sindȱ abzugleichenȱ mitȱ denȱ Potentialenȱ derȱ Mitarbeiter.ȱ Dieȱ einfachsteȱ undȱinȱderȱPraxisȱamȱweitestenȱverbreiteteȱMethodeȱzurȱPotentialerȬ fassungȱ bestehtȱ inȱ derȱ Einholungȱ derȱ Bewertungȱ derȱ Vorgesetzten,ȱ gegebenenfallsȱergänztȱumȱEinschätzungenȱderȱPersonalentwickler.ȱ Eineȱ weitereȱ Möglichkeitȱ zurȱ Potentialanalyseȱ istȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ Assessmentȱ Centernȱ oderȱ vonȱ psychologischenȱ Testverfahrenȱ (vgl.ȱ Platzer/Hiesȱ2006).ȱWährendȱLeistungsbeurteilungenȱweitȱverbreitetȱ sind,ȱstecktȱdieȱsystematischeȱundȱumfassendeȱErhebungȱdesȱPotenȬ tialsȱnochȱinȱdenȱKinderschuhen.ȱNebenȱdemȱhohenȱAufwandȱundȱ methodischenȱSchwierigkeitenȱstelltȱdieȱMitbestimmungspflichtȱdesȱ Betriebsratsȱgem.ȱ§ȱ87ȱIȱNr.ȱ6ȱBetrVGȱ(maschinelleȱVerhaltensȬȱundȱ Leistungskontrolle)ȱeineȱwesentlicheȱBarriereȱbeiȱderȱsystematischenȱ Potentialerfassungȱdar.ȱ
Das Thema: Skill-Datenbank Das Beispiel: MVV ENERGIE AG Die MVV ENERGIE AG ist im Besitz einer bemerkenswerten Personaldatenbank. Sämtliche Qualifikationen der MVV-Spezialisten sind elektronisch gespeichert. Hierzu gehören neben Ausbildung und Fachqualifikationen, Erfahrungen im Projektmanagement, die Bereitschaft zu Auslandsaufenthalten und die soziale Kompetenz. Um ein möglichst umfassendes Bild der Mitarbeiter zu erhalten, werden auch private Neigungen und Aktivitäten herangezogen, die auf Interessen, Fähigkeiten und Erfahrungen schließen lassen. Die Personaldatenbank schuf die Voraussetzungen, um die Liberalisierung des Markts zu nutzen und weltweit als Komplettanbieter rund um Energie,
264ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
Wasser und Entsorgung aufzutreten. Durch Eingabe von Wunschprofilen können für jedes Projekt die geeigneten Personen identifiziert werden. Dies versetzt die MVV in die Lage, ein Geschäftsfeld nach dem anderen zu erobern und damit dem großen ‚Stadtwerkesterben’ zu entgehen. Die Zustimmung des Betriebsrats zu dieser groß angelegten Datensammlung konnte im Wesentlichen Dank des durch die Expansion in neue Märkte ermöglichten Erhalts von Arbeitsplätzen gewonnen werden (Quelle: Handelsblatt vom 14.08.2000, S. 15; Leendertse 1999, S. 80f. sowie www.mvv.de).
BeiȱderȱZuordnungȱvonȱMitarbeiternȱaufȱStellenȱstelltȱsichȱdieȱFrageȱ nachȱderȱEinbindungȱderȱBetroffenen.ȱDasȱeineȱExtremȱstelltȱeinȱTopȱ downȬVorgehenȱ dar,ȱ beiȱ demȱ derȱ jeweiligeȱ Vorgesetzteȱ dasȱ MatȬ chingȱvonȱStellenȱundȱPersonenȱübernimmt.ȱDenȱMitarbeiternȱwirdȱ lediglichȱ mitgeteilt,ȱ welcheȱ Aufgabeȱ sieȱ zukünftigȱ habenȱ werden.ȱ Diesesȱ Procedereȱ bietetȱ sichȱ insbesondereȱ beiȱ reinenȱ StandortverlaȬ gerungenȱohneȱwesentlicheȱVeränderungȱvonȱAufgabenȱundȱAnforȬ derungenȱan.ȱDasȱdiametralȱentgegengesetzteȱBottomȱupȬVorgehenȱ berücksichtigtȱinȱstärkeremȱMaßeȱdieȱInteressenȱderȱBeschäftigten.ȱȱ Inȱ derȱ Praxisȱ findenȱ sichȱ typischerweiseȱ Mischformen.ȱ Dieȱ neuȱ gebildetenȱStellenȱwerdenȱausgeschrieben.ȱDieȱbetroffenenȱMitarbeiȬ terȱ erhaltenȱ entwederȱ Stellenangebote,ȱ oderȱ sieȱ werdenȱ aufgeforȬ dert,ȱ sichȱ aufȱ dieȱ ausgeschriebenenȱ Stellenȱ zuȱ bewerben.ȱAnschlieȬ ßendȱ findetȱ einȱ AuswahlȬȱ undȱ Stellenbesetzungsprozessȱ statt,ȱ beiȱ demȱvomȱUmbauȱbetroffeneȱMitarbeiterȱmeistȱgegenüberȱsonstigenȱ internenȱundȱexternenȱBewerbernȱbevorzugtȱberücksichtigtȱwerden.ȱȱ
Im Rahmen des Projekts „Zukunftssicherung Gothaer Leben“ der GOTHAER LEBENSVERSICHERUNG AG wurden Arbeitsplätze von Göttingen an den Konzernhauptverwaltungssitz Köln verlagert. Ziel des Gesamtbetriebsrats wie auch des Arbeitgebers war es dabei, einen möglichst hohen Anteil an Mitarbeiter zum Standortwechsel zu motivieren. Alle betroffenen Mitarbeiter erhielten daher die Möglichkeit, ihre bisherige Tätigkeit am neuen Standort fortzuführen. Die regionale Mobilität wurde durch finanzielle Anreize gefördert (Quelle: Interessenausgleich und Sozialplan Zukunftssicherung Gothaer Leben).
265ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
7.1.3
Aufbau durch Personalbeschaffung
Typischerweiseȱ liegtȱ inȱ Transformationssituationenȱ einȱ qualitativerȱ Nettopersonalbedarfȱ vor,ȱ derȱ durchȱ Personalentwicklungȱ gedecktȱ werdenȱkann.ȱDieseȱwirdȱinȱKapitelȱ7.2.1ȱnäherȱbetrachtet,ȱdaȱsieȱbeiȱ nahezuȱjedemȱWandlungsprogrammȱvonȱBelangȱist.ȱȱ DanebenȱentstehtȱinsbesondereȱbeiȱAufbauprogrammenȱeinȱquantiȬ tativerȱ Nettopersonalbedarf,ȱ derȱ Personalbeschaffungȱ erfordert.ȱ Dochȱ auchȱAbbauȱ undȱ Umbauȱ bringenȱ zumindestȱ inȱ Teilbereichenȱ derȱUnternehmungȱquantitativeȱPersonalbedarfeȱmitȱsich.ȱManȱdenȬ keȱ beispielsweiseȱ anȱ eineȱ Verwaltungsabteilung,ȱ dieȱ imȱ Rahmenȱ einerȱKostensenkungsinitiativeȱnebenȱRationalisierungsmaßnahmenȱ undȱdemȱOutsourcingȱnichtȱstrategischerȱBereicheȱeinȱstrategischesȱ Beschaffungsmanagementȱ einführt.ȱ Dieȱ hierȱ geschildertenȱ InstruȬ menteȱ undȱ Methodenȱ derȱ Personalbeschaffungȱ geltenȱ daherȱ fürȱ Aufbau,ȱUmbauȱundȱAbbau.ȱȱ Einȱ quantitativerȱ Personalbedarfȱ kannȱ entwederȱ internȱ oderȱ externȱ gedecktȱ werden.ȱ Eineȱ Möglichkeitȱ derȱ internenȱ PersonalbeschafȬ fungȱistȱdieȱArbeitszeitverlängerung.ȱSoȱhabenȱinȱdenȱvergangenenȱ Jahrenȱ einigeȱ Unternehmungenȱ derȱ Metallindustrieȱ einemȱ Teilȱ derȱ Mitarbeiterȱ eineȱ Verlängerungȱ derȱ Wochenarbeitszeitȱ vonȱ derȱ 35Ȭȱ zurȱ 38Ȭȱ bzw.ȱ 40ȬStundenȬWocheȱ gegenȱ Lohnausgleichȱ angeboten.ȱ Durchȱ dieseȱ Maßnahmenȱ wurdenȱ Beschaffungsengpässeȱ beiȱ knapȬ penȱ Berufsgruppenȱ wieȱ beispielsweiseȱ Ingenieurenȱ gedeckt.ȱ Auchȱ durchȱ Aufstockungȱ vonȱ TeilzeitȬȱ aufȱ Vollzeitarbeitsverhältnisseȱ werdenȱinternȱzusätzlicheȱKapazitätenȱgeneriert.ȱDieȱGrenzeȱfürȱdenȱ internenȱ Ausgleichȱ quantitativerȱ Unterdeckungenȱ bildenȱ imȱ WeȬ sentlichenȱdieȱbisherigeȱArbeitszeit,ȱdieȱBereitschaftȱderȱBeschäftigȬ tenȱzurȱArbeitszeitverlängerungȱsowieȱdieȱrechtlichenȱRestriktionen,ȱ insbesondereȱ Arbeitszeitgesetzȱ undȱ tariflicheȱ sowieȱ betrieblicheȱ Regelungen.ȱȱ Lässtȱ sichȱ derȱ Personalbedarfȱ nichtȱ internȱ decken,ȱ istȱ aufȱ externeȱ Personalbeschaffungȱ zurückzugreifen,ȱ wobeiȱ sichȱ typischerweiseȱ eineȱ größereȱ Auswahlȱ ergibt.ȱ Neueȱ Mitarbeiterȱ bringenȱ nichtȱ nurȱ neueȱ Impulse,ȱ Wissenȱ undȱ Erfahrungenȱ mit,ȱ sieȱ habenȱ auchȱ eineȱ Vorbildfunktionȱ hinsichtlichȱ Einstellungenȱ undȱ Verhalten.ȱ NachteiȬ ligȱ sindȱ dieȱ höherenȱ Kosten,ȱ dieȱ längereȱ Vorlaufzeit,ȱ dasȱ Fehlenȱ informalerȱ Netzwerkeȱ undȱ dieȱ fehlendeȱ Betriebskenntnis.ȱ Auchȱ kannȱ externeȱ Personalbeschaffungȱ negativeȱ motivatorischeȱ Effekteȱ
266ȱ
Wandlungsprogrammabhängige Maßnahmen
7.1
aufȱdieȱvorhandenenȱMitarbeiterȱhaben,ȱwennȱdieȱexterneȱRekrutieȬ rungȱinterneȱAufstiegschancenȱreduziert.ȱȱ AllerdingsȱgibtȱesȱinȱeinigenȱBranchenȱundȱBerufsgruppenȱlautȱUmȬ fragenȱ einenȱ zunehmendenȱ Fachkräftemangelȱ undȱ einenȱ zunehȬ mendȱ wiederȱ einsetzendenȱ ‚Warȱ forȱ Talents’,ȱ trotzȱ derȱ angespannȬ tenȱ Situationȱ amȱ Arbeitsmarktȱ (vgl.ȱ Furkelȱ 2005;ȱ FAZȱ vomȱ 06.02.2006ȱundȱvomȱ13.02.2006;ȱDeloitteȱ2005a;ȱDeloitteȱ2005b).ȱDieȬ seȱ Situationȱ wirdȱ künftigȱ nochȱ weiterȱ verschärftȱ werdenȱ durchȱ dieȱ demographischeȱ Entwicklung,ȱ dieȱ einenȱ signifikantenȱ Rückgangȱ derȱErwerbstätigenȱundȱeineȱweitereȱAbnahmeȱderȱjungenȱAltersstuȬ fenȱ bringenȱ wird.ȱ Beispielsweiseȱ wirdȱ dieȱ Zahlȱ derȱ 30Ȭȱ bisȱ 40Ȭ jährigenȱinȱDeutschlandȱbisȱzumȱJahrȱ2010ȱvonȱderzeitȱ12ȱaufȱetwaȱ9ȱ Mio.ȱ sinkenȱ (vgl.ȱ Kienbaumȱ 2006).ȱ Immerȱ schnellerȱ wechselndeȱ Anforderungsprofileȱführenȱzudemȱdazu,ȱdassȱArbeitnehmerȱinnerȬ halbȱ kurzerȱ Zeitȱ denȱ Anschlussȱ verpassen.ȱ Hierdurchȱ entstehtȱ dieȱ paradoxȱ erscheinendeȱ Situation,ȱ dassȱ Unternehmungenȱ trotzȱ derȱ hohenȱ Zahlȱ arbeitsloserȱ Ingenieureȱ Schwierigkeitenȱ haben,ȱ offeneȱ Ingenieurstellenȱ zuȱ besetzen.ȱ Beiȱ denȱ Arbeitslosenȱ handeltȱ esȱ sichȱ meistȱ umȱ ältereȱ Ingenieure,ȱ dieȱ nichtȱ dieȱ gefordertenȱ Kenntnisseȱ bspw.ȱ inȱ Zukunftstechnologienȱ wieȱ derȱ Nanotechnikȱ habenȱ (vgl.ȱ Furkelȱ2005,ȱS.ȱ19).ȱȱ BeiȱderȱexternenȱPersonalbeschaffungȱkommtȱesȱdaraufȱan,ȱinȱrelativȱ kurzerȱZeitȱmöglichstȱzuverlässigeȱInformationenȱüberȱdieȱEignungȱ desȱ Bewerbersȱ zuȱ erhalten.ȱ Esȱ istȱ nichtȱ dieȱ absolutȱ ‚beste’,ȱ sondernȱ dieȱ amȱ ehestenȱ denȱ Anforderungenȱ entsprechendeȱ Personȱ zuȱ finȬ den.ȱDerȱneueȱMitarbeiterȱmussȱauchȱzuȱderȱUnternehmungȱpassenȱ (‚kulturellerȱ Fit’).ȱ Imȱ Idealfallȱ kannȱ erȱ einerseitsȱ alsȱ Vorbildȱ undȱ Schrittmacherȱ desȱ Wandelsȱ fungierenȱ undȱ istȱ andererseitsȱ inȱ derȱ Lage,ȱaufȱ dieȱ bisherigenȱ Beschäftigtenȱeinzugehenȱ undȱ sieȱ dortȱabȬ zuholen,ȱwoȱsieȱsichȱbefinden.ȱȱ
267ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
7.2
Wandlungsprogrammunabhängige Maßnahmen
7.2.1
Personalentwicklung
Einerȱ repräsentativenȱ Befragungȱ zufolgeȱ sindȱ dieȱ dreiȱ wichtigstenȱ mitȱ Personalentwicklungȱ verfolgtenȱ Zieleȱ dieȱ Verbesserungȱ derȱ Leistungsfähigkeit,ȱ dieȱ Anpassungȱ derȱ Mitarbeiterqualifikationȱ anȱ veränderteȱ Anforderungenȱ undȱ dieȱ Flexibilitätserhöhungȱ (vgl.ȱ BeȬ ckerȱ 2003).ȱ Esȱ gibtȱ alsoȱ erheblicheȱ Übereinstimmungenȱ zwischenȱ denȱ Zielenȱ derȱ Personalentwicklungȱ undȱ denȱ Zielenȱ desȱ Changeȱ Managements.ȱ Maßgeschneiderteȱ Personalentwicklungȱ kannȱ daherȱ einenȱerheblichenȱBeitragȱzumȱWandlungserfolgȱleisten.ȱȱ Besonderenȱ Bezugȱ zumȱ Wandelȱ hatȱ derȱAbbauȱ vonȱ FähigkeitsbarȬ rierenȱ (vgl.ȱ Beckerȱ 2001,ȱ S.ȱ 118ff.;ȱ Witteȱ 1973,ȱ S.ȱ 8f.)ȱ undȱ somitȱ dieȱ Steigerungȱ derȱ Wandlungsfähigkeit.ȱ Durchȱ Vermittlungȱ fachlicher,ȱ methodischer,ȱsozialerȱundȱpolitischerȱKompetenzenȱwirdȱdieȱQuaȬ lifikationȱ desȱ Personalsȱ anȱ gegenwärtigeȱ undȱ zukünftigeȱ AnfordeȬ rungenȱangepasstȱ(vgl.ȱBerthel/Beckerȱ2003,ȱS.ȱ261ff.;ȱBühnerȱ2005,ȱS.ȱ 95ff.).ȱDabeiȱkönnenȱdieȱinȱAbbildungȱ7/4ȱgenanntenȱAnforderungsȬ kategorienȱunterschiedenȱwerden.ȱȱ
Abbildungȱ7/4ȱ
WandlungsbezogeneȱAnforderungenȱanȱdieȱMitarbeiterȱ
Schichten des Wandels
Strukturen/Prozesse, Systeme, Realisationspotential
Resultierende Anforderungen
Wissen
RESTRUKTURIERUNG Strategie REORIENTIERUNG
Können
Fähigkeiten, Verhalten REVITALISIERUNG
Verhalten
Werte und Überzeugungen REMODELLIERUNG
Einstellungen
ȱ
268ȱ
Wandlungsprogrammunabhängige Maßnahmen
7.2
WissenȱlässtȱsichȱgutȱdurchȱSeminareȱundȱTrainingsȱoffȱtheȱjobȱverȬ mitteln,ȱ vorzugsweiseȱ soȱ durchgeführt,ȱ dassȱ dieȱ Umsetzungȱ desȱ Gelerntenȱ direktȱ imȱAnschlussȱ erfolgenȱ kann,ȱ alsoȱ gegenȱ Endeȱ derȱ UmsetzungsȬȱbzw.ȱamȱBeginnȱderȱVerstetigungsphase.ȱȱ EineȱortsȬȱundȱzeitunabhängigeȱAlternativeȱoderȱErgänzungȱzuȱherȬ kömmlichenȱLernformenȱstelltȱdieȱNutzungȱvonȱEȬLearningȱdar.ȱSieȱ bringtȱ nichtȱ nurȱ KostenȬȱ undȱ Zeitvorteileȱ mitȱ sich,ȱ sondernȱ dieȱ BeȬ schäftigtenȱ gewöhnenȱ sichȱ gleichzeitigȱ anȱ denȱ Umgangȱ mitȱ neuenȱ Medien.ȱZuȱprüfenȱistȱallerdings,ȱobȱdieȱUnternehmungskulturȱundȱ dieȱInfrastrukturȱdieȱneuenȱLernmethodenȱzulassen.ȱȱ SchwierigerȱistȱdieȱVermittlungȱvonȱKönnen,ȱdaȱesȱhäufigȱaufȱErfahȬ rungenȱberuht,ȱdieȱnurȱbegrenztȱvermitteltȱwerdenȱkönnen.ȱInsofernȱ bietenȱ sichȱ Maßnahmenȱ onȱ theȱ jobȱ anȱ (bspw.ȱ Vertretungen,ȱ SonȬ deraufgaben,ȱJobȱEnrichmentȱundȱJobȱEnlargement).ȱFürȱdieseȱMeȬ thodenȱ sprechenȱ insbesondereȱ derȱguteȱ Praxistransferȱ undȱ dieȱ verȬ gleichsweiseȱgeringenȱKosten.ȱNeueȱAufgaben,ȱwieȱfürȱAufbauȱundȱ Umbauȱ erforderlich,ȱ lassenȱ sichȱ soȱ allerdingsȱ nichtȱ einüben.ȱ Alsȱ Lösungȱ bietetȱ sichȱ dieȱ Simulationȱ derȱ Aufgabenerfüllungȱ mittelsȱ Rollenspielenȱ oderȱ Planspielenȱ anȱ oderȱ aberȱ dieȱ Einrichtungȱ vonȱ Übungsarbeitsplätzen.ȱȱ
Zum Erlernen der für die mit einem Modellwechsel einhergehenden neuen Aufgaben nutzt OPEL im Werk Rüsselsheim ein sog. Methoden-TrainingsZentrum. In diesem werden einzelne Segmente der zukünftigen Fertigungsstraße nachgebildet. Durch Variation der Fließbandgeschwindigkeit können neue Arbeitsschritte zuerst langsam erlernt und schließlich unter realen Alltagsbedingungen geübt werden (vgl. Bach 2000, S. 150).
Remodellierungenȱ undȱ Revitalisierungenȱ schließlichȱ erfordernȱ eineȱ VeränderungȱvonȱEinstellungenȱundȱVerhalten.ȱHierfürȱeignenȱsichȱ nochȱ amȱ ehestenȱ Rollenspieleȱ oderȱ gruppendynamischeȱ Trainings.ȱ OutdoorȬTrainingsȱ z.B.ȱ dienenȱ derȱ Motivationȱ undȱ Teamfindung,ȱ aberȱauchȱderȱErhöhungȱderȱRisikobereitschaftȱundȱderȱPersönlichȬ keitsentwicklung.ȱZurȱSicherungȱdesȱPraxistransfersȱsowieȱzurȱindiȬ viduellenȱ Förderungȱ vonȱ Fähigkeitenȱ undȱ Verhaltensweisenȱ kannȱ begleitendȱCoachingȱeingesetztȱwerden.ȱDieȱhohenȱKostenȱerfordernȱ allerdingsȱ eineȱ Beschränkungȱ aufȱ dieȱ mittlerenȱ undȱ oberenȱ FühȬ rungskräfteȱsowieȱaufȱSchlüsselpersonenȱ(vgl.ȱBeckerȱ2001,ȱS.ȱ121ff.).ȱ
269ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
Geschicktȱ eingesetzteȱ Personalentwicklungsmaßnahmenȱ bewirkenȱ nebenȱ derȱ Steigerungȱ derȱ Wandlungsfähigkeitȱ auchȱ eineȱ VerbesseȬ rungȱ derȱ Wandlungsbereitschaft.ȱ Sieȱ signalisierenȱ denȱ BeschäftigȬ tenȱHilfeȱundȱUnterstützungȱbeimȱUmgangȱmitȱdenȱaufȱsieȱzukomȬ mendenȱ Veränderungen.ȱ Ängsteȱ undȱ Unsicherheitenȱ derȱ Betroffenenȱ werdenȱ reduziert.ȱ Auchȱ dienenȱ PersonalentwicklungsȬ maßnahmenȱ derȱ Kommunikationȱ desȱ Wandlungsprogramms.ȱ Sieȱ beantwortenȱdrängendeȱFragenȱbezüglichȱAnforderungenȱ(wasȱwirdȱ vonȱ mirȱ erwartet?)ȱ undȱ Perspektivenȱ (wasȱ habeȱ ichȱ davon?).ȱ Derȱ Austauschȱ mitȱ anderenȱ Betroffenen,ȱ dieȱ Kanalisierungȱ vonȱ HoffȬ nungenȱ undȱ Befürchtungenȱ undȱ dieȱ Schaffungȱ vonȱ Klarheitȱ überȱ das,ȱwasȱnochȱaufȱdieȱMitarbeiterȱzukommt,ȱbautȱBarrierenȱabȱundȱ erhöhtȱdieȱAkzeptanz.ȱUmȱdieseȱWirkungenȱzuȱentfalten,ȱsolltenȱdieȱ erstenȱ Schulungenȱ bereitsȱ zuȱ Beginnȱ derȱ Mobilisierungsphaseȱ einȬ setzen.ȱ Nichtȱ zuletztȱ werdenȱ Personalentwicklungsmaßnahmenȱ auchȱ alsȱ immaterielleȱAnreizeȱ eingesetzt.ȱ Sieȱ steigernȱ dieȱ MitarbeiȬ terzufriedenheitȱ undȱ dieȱ Loyalitätȱ derȱ Beschäftigtenȱ (vgl.ȱ Beckerȱ 2003,ȱS.ȱ15).ȱȱ
Das Thema: Wandlungsbereitschaft durch Personalentwicklung Das Beispiel: U.S. ARMY
270ȱ
Die U.S. ARMY setzt seit Beginn der 80er Jahre zum Zweck der Transformation ein Personalentwicklungsprogramm ein – mit so durchschlagendem Erfolg, dass es von SHELL, SEARS, MOTOROLA, GENERAL ELECTRIC sowie zahlreichen anderen Unternehmungen aus der ganzen Welt studiert wurde. Im Kern der zweiwöchigen Maßnahme, die jeweils von 3.000 bis 4.000 Teilnehmern durchlaufen wird, steht die außergewöhnlich realistische Simulation von Gefechtssituationen. Ziel ist ein ‚learning from action’. Jedem Teilnehmer mit Führungs- oder Überwachungsaufgaben wird ein Instruktor zur Seite gestellt, der den ihm zugeteilten Partner als persönlicher Coach über das gesamte Training hinweg begleitet. Zentraler Erfolgsfaktor des Programms ist das sog. ‚After Action Review’, das von den Instruktoren moderiert wird. In seinem Rahmen versuchen die Teilnehmer, ihre Fehler zu verstehen und zu korrigieren. Die eigene Erfahrung der mittels harter Fakten deutlich werdenden Konsequenzen von Handlungen und Entscheidungen macht eine Einsicht praktisch unausweichlich. „Under the right conditions, stress and exhaustion will unfreeze old patterns of behavior and create an opening for new understanding and behavior to take root“ (Pascale et al. 1997, S. 136). Ergebnis des Programms ist ein Aufbrechen
Wandlungsprogrammunabhängige Maßnahmen
7.2
verkrusteter Einstellungen, die Demokratisierung der U.S. ARMY und eine radikale Veränderung des Führungsstils (vgl. Pascale et al. 1997).
Dieȱ Wirksamkeitȱ vonȱ Personalentwicklungsmaßnahmenȱ istȱ amȱ höchsten,ȱ wennȱ sieȱ inȱ denȱ oberstenȱ Hierarchieebenenȱ beginnen.ȱ DiesesȱVorbildȱsignalisiertȱdieȱBedeutungȱderȱMaßnahmeȱundȱwirktȱ motivierend.ȱFührungskräfte,ȱdieȱsichȱ‚drücken’,ȱwirkenȱdemotivieȬ rend.ȱȱ AuchȱPersonalentwicklungȱstößtȱanȱGrenzen,ȱundȱzwarȱnichtȱnurȱanȱ finanzielle.ȱIndividuelleȱNeigungenȱundȱInteressen,ȱdieȱpersönlicheȱ Lernbereitschaftȱ undȱ nichtȱ zuletztȱ dieȱ Fähigkeit,ȱ Wissenȱ aufzunehȬ menȱ undȱ Verhaltensweisenȱ zuȱ ändern,ȱ schränkenȱ ihreȱ MöglichkeiȬ tenȱein.ȱ
7.2.2
Personalführung
Wesentlichenȱ Anteilȱ anȱ derȱ Veränderungȱ vonȱ Einstellungenȱ undȱ VerhaltensweisenȱderȱMitarbeiterȱhatȱdieȱPersonalführungȱalsȱdirekȬ teȱInteraktionȱzwischenȱVorgesetztemȱundȱMitarbeiternȱ(disziplinaȬ rischeȱFührung).ȱȱ DieȱFührungskräfteȱsollenȱalsȱPromotorenȱundȱEnablerȱdesȱWandelsȱ wirkenȱ(vgl.ȱKap.ȱ4.1).ȱDabeiȱgehtȱesȱumȱdreiȱzentraleȱFunktionen.ȱ
BeeinflussungȱvonȱEinstellungenȱundȱVerhaltenȱderȱMitarbeiȬ terȱimȱSinneȱdesȱWandels.ȱ WieȱbereitsȱinȱKapitelȱ4ȱerläutert,ȱbestehtȱeineȱzentraleȱAufgabeȱderȱ Führungskräfteȱdarin,ȱdieȱWandlungsbereitschaftȱderȱMitarbeiterȱzuȱ erhöhen,ȱ alsoȱ einȱ wandlungskonformesȱ Verhaltenȱ undȱ –ȱ soȱ weitȱ möglichȱ–ȱeineȱpositiveȱEinstellungȱzumȱWandelȱzuȱerreichen.ȱInsȬ besondereȱ durchȱ Kommunikation,ȱAnweisung,ȱ Delegation,ȱ EinbinȬ dungȱ undȱ Kontrolleȱ istȱ sicherzustellen,ȱdassȱ dieȱ Mitarbeiterȱ dieȱ ihȬ nenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Wandelsȱ sowieȱ inȱ derȱ neuenȱ Organisationȱ übertragenenȱ Aufgabenȱ übernehmen.ȱ Auchȱ dabeiȱ istȱ dieȱ VorbildȬ funktionȱ derȱ Vorgesetztenȱ vonȱ nichtȱ zuȱ unterschätzenderȱ BedeuȬ tung.ȱȱ
271ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
Aufrechterhaltungȱ vonȱ Motivationȱ undȱ Arbeitszufriedenheitȱ sowieȱVerhinderungȱdesȱWeggangsȱvonȱLeistungsȬȱundȱKnowȬ howȬTrägernȱ(Mitarbeiterbindung).ȱ Dieȱ Aufrechterhaltungȱ vonȱ Motivationȱ undȱ Arbeitszufriedenheitȱ derȱ Beschäftigtenȱ sowieȱ dieȱ Bindungȱ vonȱ LeistungsȬȱ undȱ KnowȬ howȬTrägernȱistȱbesondersȱwichtig,ȱwennȱderȱWandelȱmitȱPersonalȬ freisetzungȱ einhergeht.ȱ Hierzuȱ müssenȱ Führungskräfteȱ dieȱ Sorgenȱ undȱ Ängsteȱ derȱ betroffenenȱ Mitarbeiterȱ ernstȱ nehmenȱ undȱ VerȬ ständnisȱfürȱFrustrationȱundȱTrauerȱzeigen.ȱSieȱsolltenȱoffenȱaufȱdieȱ Mitarbeiterȱ zugehenȱ undȱ Bereitschaftȱ zumȱ Zuhörenȱ signalisieren.ȱ Dabeiȱ habenȱ sieȱ dieȱ Rolleȱ einesȱ Katalysatorsȱ oderȱ manchmalȱ auchȱ einesȱPrellbocksȱfürȱdieȱEmotionenȱderȱMitarbeiter.ȱLetztlichȱsolltenȱ dieȱ Führungskräfteȱ ihreȱ Mitarbeiterȱ „imȱ Sinneȱ einesȱ Lotsenȱ [..]ȱ durchȱ dieȱ Untiefenȱ derȱ Veränderungsprozesseȱ hindurchleiten“ȱ (Bartscherȱ2005,ȱS.ȱ66).ȱ
Mitwirkungȱ anȱ derȱ Kommunikationȱ desȱ WandlungsproȬ grammsȱundȱanȱderȱÜberzeugungȱderȱMitarbeiterȱvonȱdenȱZieȬ lenȱdesȱWandels.ȱ Dieȱ mitȱ demȱWandelȱ einhergehendeȱ Verunsicherungȱ bedingtȱ einenȱ erhöhtenȱ InformationsȬȱ undȱ Kommunikationsbedarfȱ derȱ MitarbeiȬ ter,ȱdemȱseitensȱderȱFührungskraftȱdurchȱInformationsȬȱundȱDiskusȬ sionsveranstaltungenȱsowieȱdurchȱpersönlicheȱGesprächeȱzuȱbegegȬ nenȱistȱ(vgl.ȱKlaffkeȱ2005,ȱS.ȱ59ȱsowieȱKap.ȱ8).ȱBefragungenȱzufolgeȱ hältȱdieȱMehrzahlȱderȱBeschäftigtenȱsieȱfürȱbesondersȱglaubwürdigȱ (vgl.ȱLarkin/Larkinȱ1996,ȱS.ȱ65ff.).ȱZuȱBeginnȱdesȱVeränderungsproȬ zessesȱgehtȱesȱeherȱumȱEinwegkommunikation,ȱbeiȱderȱdieȱMitarbeiȬ terȱvonȱihrerȱFührungskraftȱinformiertȱwerden.ȱDabeiȱistȱesȱwichtig,ȱ auchȱ überȱ unerfreulicheȱ Themenȱ frühzeitigȱ undȱ umfassendȱ zuȱ beȬ richtenȱ–ȱeinȱinȱderȱPraxisȱleiderȱoftȱnichtȱbeherzigterȱHinweisȱ(vgl.ȱ Klaffkeȱ 2005,ȱ S.ȱ 60).ȱ Imȱ weiterenȱ Verlaufȱ desȱ Wandelsȱ istȱ mehrȱ Zweiwegkommunikationȱ gefragt.ȱ Dieȱ Führungskräfteȱ müssenȱ GeȬ sprächsbereitschaftȱsignalisierenȱundȱdieȱSichtȱderȱMitarbeiterȱanhöȬ renȱ(vgl.ȱBartscherȱ2005).ȱȱ
272ȱ
Wandlungsprogrammunabhängige Maßnahmen
7.2.3
7.2
Führungs- und Anreizsystem
Strukturellȱ gestaltetȱ undȱ institutionalisiertȱ wirdȱ Führungȱ durchȱ Führungssystemeȱ wieȱ beispielsweiseȱ Managementȱ byȱ Objectivesȱ oderȱdasȱKonzeptȱderȱBalancedȱScorecardȱ(vgl.ȱKap.ȱ9.3).ȱSeineȱvolleȱ Steuerungswirkungȱ entfaltetȱ dasȱ Führungssystem,ȱ wennȱ dieȱ Zieleȱ mitȱ Entwicklungsmaßnahmen,ȱ regelmäßigerȱ Beurteilungȱ undȱ vonȱ derȱ Zielerreichungȱ abhängigenȱ Anreizenȱ zuȱ einemȱ Kreislaufȱ verȬ zahntȱ werden.ȱ Durchȱ Integrationȱ vonȱ Wandlungszielenȱ bzw.ȱ aufȱ denȱWandelȱabgestimmtenȱIndividualzielenȱinȱdieȱZielvereinbarungȱ wirdȱ eineȱ Verbindungȱ zwischenȱ Wandlungszielenȱ undȱ FührungsȬ systemȱ undȱ somitȱ eineȱ Verankerungȱ derȱ Wandlungsergebnisseȱ erȬ reichtȱ(vgl.ȱauchȱKlaffkeȱ2005,ȱS.ȱ60).ȱDiesȱrichtetȱdasȱMitarbeiterverȬ haltenȱ aufȱ denȱ Wandelȱ aus,ȱ unterstütztȱ dieȱ Nachhaltigkeitȱ derȱ Wandlungsergebnisseȱ undȱ erhöhtȱ dieȱ zukünftigeȱ WandlungsfähigȬ keitȱ undȱ Wandlungsbereitschaftȱ (Verstetigung).ȱ Behältȱ manȱ dageȬ genȱdasȱalteȱFührungssystemȱunverändertȱbei,ȱwerdenȱweiterhinȱdieȱ alten,ȱunerwünschtenȱmentalenȱModelleȱaktiviert.ȱ Diesȱ bedeutetȱ konkret,ȱ dassȱ z.B.ȱ nebenȱ dieȱ herkömmlichenȱ StanȬ dardzieleȱ auchȱ InnovationsȬȱ undȱ Entwicklungszieleȱ tretenȱ müssen.ȱ Istȱ Teamarbeitȱ gefordert,ȱ sindȱ Teamzieleȱ zuȱ formulieren.ȱ Wachsenȱ dieȱAnforderungenȱanȱdieȱMitarbeiter,ȱmussȱesȱZieleȱfürȱdieȱpersönȬ licheȱ Entwicklungȱ geben,ȱ getreuȱ derȱ Deviseȱ ‚Fordernȱ undȱ Fördern’ȱ (vgl.ȱKrüger/Beckerȱ2001).ȱDabeiȱistȱdasȱFührungssystemȱmitȱeinemȱ Anreizsystemȱzuȱkoppeln.ȱ WährendȱdurchȱMaßnahmenȱderȱPersonalentwicklungȱKönnensbarȬ rierenȱ abgebautȱ werden,ȱ wirkenȱ Anreizeȱ primärȱ aufȱ dasȱ Wollen.ȱ Beispielsweiseȱ solltenȱ Schlüsselpositionenȱ inȱ derȱ neuenȱ OrganisatiȬ onȱ nachȱ Möglichkeitȱ mitȱ Personenȱ besetztȱ werden,ȱ dieȱ sichȱ beiȱ derȱ Veränderungȱ besondersȱ positivȱ hervorgetanȱ haben.ȱAuchȱ sindȱ VerȬ änderungsbereitschaftȱ undȱ dieȱ jeweiligenȱ Beiträgeȱ zuȱ VerändeȬ rungsinitiativenȱ inȱ dasȱ BeurteilungsȬȱ undȱAnreizsystemȱ derȱ UnterȬ nehmungȱ aufzunehmenȱ (vgl.ȱ Klaffkeȱ 2005,ȱ S.ȱ 61).ȱ Diesȱ erfolgtȱ amȱ effektivstenȱ überȱ dieȱ Kopplungȱ derȱ Wandlungszieleȱ mitȱ Anreizen.ȱ Sieȱ beeinflussenȱ dasȱ Verhaltenȱ derȱ Mitarbeiterȱ undȱ Führungskräfteȱ undȱ sorgenȱ soȱ dafür,ȱ dassȱ eineȱ Veränderungȱ auchȱ eintritt.ȱAnreizeȱ stabilisierenȱbereitsȱerreichteȱVerhaltensänderungenȱdurchȱfortwähȬ rendeȱ Belohnungȱ undȱ verhindernȱ dasȱ Wiederaufkommenȱ überȬ wundenȱ geglaubterȱ Gewohnheiten.ȱ Bereitsȱ dieȱ Änderungȱ desȱ AnȬ
273ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
reizsystemsȱ sendetȱ Signaleȱ aus,ȱ dieȱ demȱ Wandelȱ zusätzlichenȱ Schwungȱgeben.ȱ „DieȱZieleȱundȱMessgrößenȱeinerȱUnternehmungȱsindȱunentwirrbarȱ miteinanderȱ verknüpft,ȱ undȱ dieȱAnreizeȱ sindȱ derȱ Klebstoff,ȱ derȱ sieȱ zusammenhält“ȱ(Gouillart/Kellyȱ1995,ȱS.ȱ340).ȱȱ
Das Thema: Mobilitätsanreize Das Beispiel: GOTHAER LEBENSVERSICHERUNG AG Bei der Verlagerung von Funktionen der GOTHAER LEBENSVERSICHERUNG von Göttingen nach Köln hatte die Fortführung der Beschäftigungsverhältnisse in der Hauptverwaltung Köln Priorität gegenüber der Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Daher wurden im Rahmen des Sozialplans neben der Abfindungsstaffel insbesondere großzügige Leistungen zur Förderung der regionalen Mobilität vereinbart. Sie umfassten u.a.: die Möglichkeit zur Besichtigung des potentiellen neuen Arbeits-/ Wohnorts innerhalb der Arbeitszeit, inkl. Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten für den Beschäftigten, seinen Ehegatten bzw. Lebenspartner und weitere im Haushalt lebende Angehörige, bei doppelter Haushaltsführung die Übernahme der Kosten für eine Zweitwohnung am Dienstort sowie für wöchentliche Heimfahrten für längstens drei Jahre (bei Mitarbeitern über 55 Jahren bis zum Renteneintritt), die Übernahme der Kosten für einen Umzug innerhalb von 15 Monaten nach der Versetzung (Erstattung von Maklergebühren und Speditionskosten, Zahlung einer einmaligen Pauschale für Umzugsnebenkosten sowie gegen Kostennachweis einer Umzugsbeihilfe bspw. für Tapetenwechsel, Malerarbeiten oder Vorhänge und Übernahme eines nachgewiesenen Mietmehraufwands für bis zu drei Jahre. Alternativ kann der Mitarbeiter die Zahlung eines einmaligen Pauschbetrags verlangen), Zahlung einer Mietbeihilfe sowie die Möglichkeit zur Ausübung eines ‚Rückkehrrechts’ innerhalb von sechs Monaten nach einem Wechsel nach Köln (ohne Verlust des Abfindungsanspruchs). Daneben hatten die betroffenen Mitarbeiter aus dem Sozialplan heraus ein Anrecht auf Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf vier Arbeitstage. Montags vor 12 Uhr und freitags nach 15 Uhr dürfen für sie keine Servicezeiten festgelegt werden (Quelle: Sozialplan Zukunftssicherung Gothaer Leben).
274ȱ
Wandlungsprogrammunabhängige Maßnahmen
7.2
Opponentenȱ unterȱ denȱ Führungskräftenȱ dürfenȱ keinesfallsȱ toleȬ riertȱwerden.ȱErfahrungsgemäßȱbefindenȱsichȱdieȱmeistenȱOpponenȬ tenȱ imȱ mittlerenȱ Management:ȱ „changeȬfatiguedȱ middleȱ managersȱ frozeȱ outȱ initiativesȱ introducedȱ byȱ theȱ 20Ȭsomethingsȱ belowȱ themȱ andȱ theȱ seniorȱ managersȱ aboveȱ themȱ whoȱ wereȱ hotȱ forȱ change“ȱ (Abrahamsonȱ 2000,ȱ S.ȱ 76;ȱ vgl.ȱ auchȱ Capgeminiȱ 2005,ȱ S.ȱ 33).ȱ WiderȬ ständeȱ beiȱ Führungskräftenȱ sindȱ nichtȱ nurȱ häufigȱ anzutreffen,ȱ sieȱ sindȱauchȱbesondersȱgefährlich.ȱAufgrundȱihrerȱhierarchischenȱStelȬ lungȱundȱderȱdamitȱverbundenenȱMachtȱsowieȱihrerȱVorbildfunktiȬ onȱ habenȱ Führungskräfteȱ einenȱ weitȱ größerenȱ Einflussȱ aufȱ denȱ Wandelȱ alsȱ Mitarbeiter.ȱ Dieȱ mangelndeȱ Unterstützungȱ ausȱ demȱ Linienmanagementȱ istȱ einȱ typischerȱ Grundȱ fürȱ dasȱ Scheiternȱ vonȱ Veränderungsvorhabenȱ(vgl.ȱCapgeminiȱ2005,ȱS.ȱ44ff.).ȱȱ Umȱ keineȱ Zweifelȱ anȱ derȱ Ernsthaftigkeitȱ desȱ Wandelsȱ aufkommenȱ zuȱ lassen,ȱ istȱ insbesondereȱ aufȱ opponierendeȱ Führungskräfteȱ mitȱ negativenȱSanktionenȱzuȱreagieren.ȱNegativeȱSanktionenȱsindȱunerȬ lässlichȱ fürȱ einȱ glaubhaftesȱ undȱ wirksamesȱ Anreizsystem.ȱ BeiȬ spielsweiseȱ könnenȱ Opponentenȱ –ȱ eineȱ entsprechendeȱ arbeitsverȬ traglicheȱ Regelungȱ vorausgesetztȱ –ȱ anȱ einenȱ anderenȱ Standortȱ versetztȱ werden.ȱ Weitereȱ Möglichkeitenȱ liegenȱ inȱ derȱ ZurückhalȬ tungȱvonȱInformationen,ȱderȱZuweisungȱunangenehmerȱoderȱwenigȱ prestigeträchtigerȱ Aufgabenȱ undȱ demȱ Übergehenȱ beiȱ derȱ nächstenȱ Gehaltserhöhungȱbzw.ȱBeförderung.ȱAlsȱultimaȱratioȱverhindertȱdieȱ Trennungȱ vonȱ überzeugtenȱ Opponenten,ȱ dassȱ dieseȱ denȱ Wandelȱ blockieren.ȱSchonȱdieȱ‚StatuierungȱeinesȱExempels’ȱistȱeineȱWarnungȱ fürȱalleȱUnentschlossenenȱundȱverdecktenȱOpponentenȱ(vgl.ȱGaßnerȱ 1999,ȱ S.ȱ 212f.).ȱ Auchȱ habenȱ Umbesetzungenȱ inȱ denȱ oberenȱ FühȬ rungsetagenȱSignalfunktion.ȱSieȱmachenȱdeutlich,ȱdassȱeinȱAufbruchȱ inȱeineȱneueȱÄraȱansteht.ȱDaȱvieleȱFührungskräfteȱLeitendenstatusȱ haben,ȱistȱdieȱTrennungȱvonȱihnenȱrechtlichȱvergleichsweiseȱeinfach.ȱ InȱderȱPraxisȱeinigtȱmanȱsichȱmeistȱaufȱeinenȱAufhebungsvertrag.ȱ BeiȱderȱGestaltungȱdesȱAnreizsystemsȱsindȱmaterielleȱundȱimmateȬ rielleȱAnreizeȱintelligentȱzuȱkombinieren,ȱundȱesȱistȱeineȱReiheȱvonȱ Anforderungenȱzuȱbeachtenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ7/5,ȱinȱAnlehnungȱanȱBeckerȱ 2001,ȱS.ȱ113).ȱȱ Anreizsystemeȱ müssenȱ dieȱ beabsichtigtenȱ Wirkungenȱ erreichenȱ (ZielȬȱundȱLeistungsorientierung)ȱundȱdazuȱeinerseitsȱaufȱüberprüfȬ bareȱLeistungsmerkmaleȱBezugȱnehmenȱ(Messbarkeit),ȱandererseitsȱ
275ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
auchȱ dieȱ Motivationssituationȱ derȱ Bezugsgruppeȱ berücksichtigenȱ (Attraktivität).ȱ Dasȱ Systemȱ derȱAnreizeȱ mussȱ inȱ sichȱ schlüssigȱ seinȱ (Konsistenz)ȱ undȱ aufȱ wechselndeȱ Arbeitssituationenȱ anwendbarȱ (Flexibilität)ȱ sein.ȱ Damitȱ esȱ vonȱ denȱ Mitarbeiternȱ verstandenȱ wird,ȱ sollteȱ esȱ möglichstȱ überschaubarȱ seinȱ (Transparenz).ȱ Damitȱ esȱ vonȱ derȱ Unternehmungȱ getragenȱ werdenȱ kann,ȱ mussȱ esȱ wirtschaftlichȱ vertretbarȱundȱleistbarȱseinȱ(EffizienzȱundȱFinanzierbarkeit).ȱ
Abbildungȱ7/5ȱ
GestaltungȱeinesȱAnreizsystemsȱȱ
Ziele und Wirkungen eines Anreizsystems Direkt: Verhaltenssteuerung - Belohnung - Bestrafung
Indirekt: Einstellungsänderung - Signalwirkung - Symbolisches Management
materielle Anreize: extrinsische Motivation
immaterielle Anreize: intrinsische Motivation
positive Sanktionen
Bonus, Gehaltserhöhung
Partizipation, Entwicklungsmöglichkeit
negative Sanktionen
Versetzung, Vertragsaufhebung
Vorenthaltung von Informationen
Anforderungen an ein Anreizsystem Ziel- und Leistungsorientierung, Messbarkeit, Konsistenz, Flexibilität, Transparenz, Attraktivität, Effizienz, Finanzierbarkeit.
ȱ
7.3
Unterstützung der Verstetigung durch Personalmanagement
Personalführung,ȱ FührungsȬ/Anreizsystemeȱ undȱ PersonalentwickȬ lungȱ sindȱ nichtȱ nurȱ fürȱ dasȱ einmaligeȱ Transformationsvorhaben,ȱ sondernȱauchȱfürȱdieȱangestrebteȱkontinuierlicheȱWeiterentwicklungȱ derȱUnternehmungȱvonȱBedeutung.ȱHierdurchȱwieȱauchȱdurchȱPerȬ
276ȱ
Unterstützung der Verstetigung durch Personalmanagement
7.3
sonalbeschaffungȱ undȱ Personaleinsatzȱ kannȱ dasȱ PersonalmanageȬ mentȱBeiträgeȱzurȱVerstetigungȱleisten.ȱȱ Bestimmteȱ Persönlichkeitsmerkmaleȱ wieȱ Kreativität,ȱ Innovativität,ȱ Anpassungsfähigkeit,ȱ Belastbarkeit,ȱ Unsicherheitstoleranz,ȱ unterȬ nehmerischesȱDenken,ȱZukunftsorientierungȱundȱRisikofreudeȱstelȬ lenȱ günstigeȱ Rahmenbedingungenȱ fürȱ einenȱ Wandelȱ darȱ (vgl.ȱ BeȬ ckerȱ2001,ȱS.ȱ121ff.;ȱHaileyȱ2001,ȱS.ȱ1130).ȱWerdenȱdieseȱMerkmaleȱinȱ derȱ Personalauswahlȱ berücksichtigt,ȱ wirdȱ dieȱ Grundlageȱ fürȱ eineȱ wandlungsfähigeȱ undȱ Ȭbereiteȱ Belegschaftȱ gelegt,ȱ dieȱ durchȱ PersoȬ nalentwicklungȱ zuȱ erhaltenȱ undȱ systematischȱ auszubauenȱ ist.ȱ Dasȱ Anreizsystemȱ sollteȱ Engagementȱ undȱ persönlicheȱ WeiterentwickȬ lungȱfördern.ȱDieȱentsprechendenȱEinstellungenȱundȱVerhaltensweiȬ senȱsindȱvonȱdenȱFührungskräftenȱkonsequentȱzuȱlebenȱundȱvorzuȬ leben.ȱFeedbackȱundȱoffeneȱKommunikationȱschaffenȱeinȱlernȬȱundȱ entwicklungsfreundlichesȱ Klima.ȱ Dieȱ UnternehmungsȬȱ undȱ FühȬ rungskulturȱmussȱoffenȱgegenüberȱExperimentenȱundȱFehlernȱsein,ȱ damitȱ sichȱ Lernenȱ undȱ Innovationȱ entwickelnȱ können.ȱ Beiȱ KRAFTȱ JACOBSȱ SUCHARDȱ beispielsweiseȱwurdenȱpersönlicheȱCharakteristikaȱ wieȱ ‚managingȱ withȱ uncertainty’ȱ undȱ ‚managementȱ tolerationȱ ofȱ riskȱ taking’ȱ inȱ dasȱ Führungssystemȱ integriertȱ (vgl.ȱ Haileyȱ 2001,ȱ S.ȱ 1137).ȱ Dieȱ Personalpolitikȱ sollteȱ eineȱ mittlereȱ Betriebszugehörigkeitȱ anȬ streben.ȱ Eineȱ zuȱ langeȱ Unternehmungszugehörigkeitȱ führtȱ erfahȬ rungsgemäßȱzuȱerheblichenȱVorbehaltenȱgegenüberȱVeränderungen.ȱ AndererseitsȱstelltȱeineȱzuȱhoheȱFluktuationȱeineȱInnovationsbarrieȬ reȱ dar,ȱ daȱ Wissenȱ undȱ Erfahrungenȱ verlorenȱ gehenȱ (vgl.ȱ Haileyȱ 2001,ȱS.ȱ1130).ȱȱ DieȱFlexibilisierungȱderȱPersonalausstattungȱerleichtertȱdieȱUmsetȬ zungȱkünftigerȱVeränderungen.ȱEineȱFlexibilisierungȱinȱqualitativerȱ Hinsichtȱ (funktionaleȱ Flexibilität)ȱ lässtȱ sichȱ durchȱ eineȱ möglichstȱ breitȱ angelegteȱ Qualifikationȱ derȱ Beschäftigtenȱ erreichen,ȱ wieȱ sieȱ beispielsweiseȱdurchȱgezielte,ȱnachȱMöglichkeitȱauchȱfunktionsȬȱundȱ bereichsübergreifendeȱ Jobȱ Rotationȱ undȱ Projektarbeitȱ vermitteltȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱ Beckerȱ 2003,ȱ S.ȱ 15f.).ȱ Eineȱ Flexibilisierungȱ desȱ quantitativenȱ Personalbestandsȱ (numerischeȱ Flexibilität)ȱ wirdȱ vorȱ allemȱ durchȱ vomȱ Normalarbeitsverhältnisȱ abweichendeȱ BeschäftiȬ gungsverhältnisseȱ erzeugt.ȱ Hierȱ sindȱ beispielsweiseȱ befristeteȱ ArȬ beitsverhältnisse,ȱderȱEinsatzȱfreierȱMitarbeiterȱsowieȱLeiharbeitȱzuȱ
277ȱ
7
Human Resource Management im Wandel
nennen.ȱ Derȱseitȱ einigenȱ Jahrenȱ zuȱ beobachtendeȱ Boomȱ derȱ ZeitarȬ beitsbrancheȱ istȱ eineȱ Folgeȱ desȱ Flexibilitätsbedarfs,ȱ demȱ angesichtsȱ desȱdeutschenȱArbeitsrechtsȱmitȱFestanstellungenȱnurȱunzureichendȱ genügtȱwerdenȱkannȱ(vgl.ȱGrünwaldȱ2006).ȱAllerdingsȱbergenȱsolcheȱ Flexibilisierungskonzepteȱ auchȱ Gefahren,ȱ daȱ beiȱ kurzfristigenȱ BeȬ schäftigungsverhältnissenȱ dieȱ meistȱ eherȱ langfristigȱ angelegtenȱ InȬ vestitionenȱ inȱ wettbewerbsrelevantesȱ Humankapitalȱ kaumȱ möglichȱ sind.ȱDerȱAufbauȱeinerȱRandbelegschaftȱeignetȱsichȱdaherȱamȱehesȬ tenȱ fürȱ geringerȱ qualifizierteȱ Funktionenȱ sowieȱ fürȱ UnternehmunȬ genȱ mitȱ häufigenȱ Auslastungsschwankungenȱ (vgl.ȱ Kaiser/Roßbachȱ 2003).ȱ
7.4
Zusammenfassung
Transformativerȱ Wandelȱ bringtȱ eineȱ Reiheȱ personellerȱ HerausȬ forderungenȱundȱAufgabenȱmitȱsich.ȱArtȱundȱUmfangȱderȱbenöȬ tigtenȱ Personalmanagementmaßnahmenȱ undȱ Ȭinstrumenteȱ hänȬ genȱ vonȱ derȱ Artȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ (Abbau,ȱ Umbau,ȱ Aufbau)ȱab.ȱLiegtȱinȱAbbausituationenȱderȱSchwerpunktȱaufȱderȱ PersonalfreisetzungȱundȱinȱAufbausituationenȱaufȱderȱPersonalȬ beschaffung,ȱsoȱerfordernȱUmbausituationenȱinterneȱVersetzungȱ und/oderȱeineȱintelligenteȱKombinationȱausȱFreisetzungȱundȱBeȬ schaffung.ȱ
Danebenȱ sindȱ begleitendȱ undȱ unabhängigȱ vomȱ verfolgtenȱ Wandlungsprogrammȱ wandlungsunterstützendeȱ PersonalmaßȬ nahmenȱ zuȱ ergreifen.ȱ Wandlungsprogrammunabhängigeȱ MaßȬ nahmenȱ bestehenȱ insbesondereȱ inȱ derȱ aufȱ dasȱ Könnenȱ derȱ MitȬ arbeiterȱ gerichtetenȱ Personalentwicklungȱ undȱ demȱ primärȱ aufȱ dasȱWollenȱgerichtetenȱEinsatzȱvonȱFührungȱundȱAnreizen.ȱȱ
LangfristigȱkannȱPersonalmanagementȱdazuȱbeitragen,ȱdieȱFlexiȬ bilitätȱundȱdamitȱdieȱWandlungsfähigkeitȱundȱWandlungsbereitȬ schaftȱ derȱ Unternehmungȱ zuȱ steigernȱ (Verstetigung).ȱ Hierzuȱ müssenȱ Personalbeschaffung,ȱ Personaleinsatz,ȱ PersonalentwickȬ lungȱ wieȱ auchȱ Anreizeȱ undȱ Führungȱ aufȱ dieȱ Schaffungȱ einerȱ möglichstȱ flexiblen,ȱ kreativenȱ undȱ anpassungsbereitenȱ BelegȬ schaftȱausgerichtetȱwerden.ȱ
278ȱ
Zusammenfassung
7.4
Dieseȱ Aspekteȱ derȱ Personalarbeitȱ könnenȱ nichtȱ genugȱ betontȱ werden,ȱdiesȱgeradeȱinȱZeitenȱdesȱPersonalabbaus.ȱDieȱEntwickȬ lungȱ derȱ personellenȱ Seiteȱ derȱ Wandlungsfähigkeitȱ sowieȱ dieȱ Absicherungȱ derȱ Wandlungsbereitschaftȱ bildenȱ dasȱ notwendigeȱ Gegenstückȱ zuȱ entsprechendenȱ Organisationsmaßnahmen.ȱ DaȬ mitȱ sindȱ weitereȱ Voraussetzungenȱ zumȱ Entstehenȱ derȱ dynamiȬ schenȱorganisatorischenȱFähigkeitenȱ2.ȱOrdnungȱzuȱschaffen.ȱȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
279ȱ
Kommunikation als Katalysator im Wandel
8.1
ȱ
Kommunikation im Wandel
Kapitel 8
Carsten R. Brehm
281ȱ
Kommunikation als Katalysator im Wandel
8.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 8 Kommunikation ist ein durchgehendes Thema jedes Veränderungsprozesses und daher eine Querschnittsaufgabe des Wandlungsmanagements. Sie ist ein herausragendes Medium der Akzeptanzsicherung und Beeinflussung. Die Wandlungsbereitschaft und Teile der Wandlungsfähigkeit werden kommunikativ verändert. Kapitel 8 hellt die theoretischen Hintergründe im notwendigen Umfang auf und erläutert anhand der fünf Phasen des Wandlungsprozesses die Kommunikationsstrategie und den Einsatz der Kommunikationsinstrumente.
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
283ȱ
8
Kommunikation im Wandel
8.1
Kommunikation als Katalysator im Wandel
8.1.1
Ausgangspunkt und Gegenstände der Kommunikation
Kommunikationȱistȱallgegenwärtigȱundȱselbstverständlichȱundȱwirdȱ daherȱnurȱseltenȱhinterfragt.ȱBewusstȱgestalteteȱKommunikationȱistȱ jedochȱ einȱ wesentlicherȱ Erfolgsfaktor,ȱ nichtȱ nurȱ imȱ VeränderungsȬ management,ȱ sondernȱ fürȱ jedeȱ Interaktionȱ inȱ Unternehmungen.ȱ „DieȱKommunikationȱistȱdamitȱgenausoȱorganisationaleȱExistenzbeȬ dingungȱwieȱWandelȱselbst”ȱ(Vollrath,ȱFAZȱvomȱ21.06.1999,ȱS.ȱ30).ȱȱ KommunikationȱistȱalsȱKatalysatorȱdesȱWandelsȱzuȱbegreifen.ȱVerȬ änderndeȱ undȱ veränderteȱ Kommunikationȱ beginntȱ undȱ endetȱ inȱ denȱKöpfenȱderȱMitarbeiter.ȱDamitȱbildenȱnichtȱmehrȱnurȱdieȱMenȬ schenȱ selbstȱ denȱ Mittelpunktȱ derȱ Betrachtung,ȱ sondernȱ dieȱ KomȬ munikation,ȱdieȱzwischenȱMenschenȱstattfindetȱ(vgl.ȱLuhmannȱ1985,ȱ S.ȱ103).ȱ
Im Rahmen einer Umfrage von ROLAND BERGER und INSEAD unter 22 oberen und mittleren wandlungserfahrenen Führungskräften aus ebenso vielen mittelständischen und großen Unternehmungen in acht Ländern zeigte sich, dass neben dem Commitment der Führungskräfte mit 73% Nennungen die Kommunikation für 41% der Befragten die zweitwichtigste Rolle spielt. Innerhalb der abgefragten Maßnahmen zur Mobilisierung der Mitarbeiter wurde von allen 22 Managern Kommunikation genannt, gefolgt von der Einbindung der Mitarbeiter in Projekten und Workshops (64%). Im Rahmen der Kommunikation ist interessant, dass bzgl. der Kommunikationsinstrumente 100% der Befragten direkte Kommunikation als wichtiges Instrument nannten. Im Vergleich zu älteren Studien nicht mehr überraschend ist die Tatsache, dass 77% das Intranet als relevantes Medium nutzen. Projekt-Homepages und Ähnliches sind heute in größeren Veränderungsprogrammen üblich. Trotzdem sahen insgesamt von allen Befragten 50% noch Verbesserungspotential beim Veränderungsprozess selbst und 45% bei der Kommunikation (vgl. Klaffke/Galunic 2005; Klaffke 2005, S. 54ff.).
284ȱ
Kommunikation als Katalysator im Wandel
8.1
Abbildungȱ8/1:ȱ NutzungȱvonȱKommunikationsinstrumentenȱinȱ%ȱȱȱȱ ȱ (N=22)ȱ
ȱ
ȱ
8.1.2
Kommunikation zur Aktivierung und Modifikation mentaler Modelle
Bezugspunktȱ derȱ Kommunikationȱ sindȱ dieȱ mentalenȱ Modelleȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ5.2)ȱundȱdieȱdarinȱgespeichertenȱindividuellenȱundȱgemeinsaȬ menȱ Interpretationenȱ derȱ organisatorischenȱ Regelungen.ȱ Dieseȱ InȬ terpretationenȱgiltȱesȱzuȱändern.ȱNeueȱgemeinsameȱInterpretationenȱ könnenȱ nurȱ durchȱ Kommunikationȱ entstehenȱ (vgl.ȱ Kieserȱ etȱ al.ȱ 1998,ȱS.ȱ139ff.).ȱȱ Dahinterȱ stehtȱ dieȱ Erkenntnis,ȱ dassȱ organisatorischeȱ Regelungenȱ nichtȱ bereitsȱ aufgrundȱ formalerȱ Vorschriftenȱ inȱ StellenbeschreibunȬ gen,ȱ Richtlinienȱ etc.ȱ beachtetȱ undȱ befolgtȱ werden,ȱ sondernȱ erstȱ durchȱ dieȱ mentalenȱ Modelleȱ derȱ Beteiligten.ȱ Demgemäßȱ müssenȱ Aktivitätenȱ zurȱ Änderungȱ vonȱ Regelungenȱ inȱ besonderemȱ Maßeȱ daraufȱabzielen,ȱeingefahrene,ȱd.h.ȱnichtȱbewusstseinsfähige,ȱmentaȬ leȱ Modelleȱ durchȱ Kommunikationȱ zuȱ durchbrechenȱ undȱ abzuwanȬ delnȱ (vgl.ȱ Kieserȱ etȱ al.ȱ 1998,ȱ S.ȱ 55).ȱ Dieȱ Herausforderungȱ bestehtȱ darin,ȱKommunikationȱinȱGangȱzuȱsetzen,ȱdieȱnichtȱinȱdenȱgewohnȬ tenȱ mentalenȱ Modellenȱ ‚einrastet‘.ȱ Wennȱ diesȱ gelingt,ȱ istȱ eineȱ VerȬ änderungȱ bestehenderȱ oderȱ eineȱ Neubildungȱ mentalerȱ Modelleȱ möglich.ȱPrimärȱgehtȱesȱdarum,ȱpositiveȱEinstellungsȬȱundȱVerhalȬ tensakzeptanzȱ undȱ damitȱ Wandlungsbereitschaftȱ zuȱ erzeugen.ȱ
285ȱ
8
Kommunikation im Wandel
Danebenȱ istȱ auchȱ derȱ Aufbauȱ personalerȱ Wandlungsfähigkeitenȱ durchȱKommunikationȱzuȱleisten.ȱȱ Checkliste zur Ausgangssituation Sind sich die Verantwortlichen des Wandels über die weit reichende Bedeutung des Kommunikationsproblems im Klaren? Besteht das Commitment, das Thema Kommunikation strategisch, organisatorisch und budgettechnisch als Teil des Wandels zu sehen? Besteht bei den Kommunikationsverantwortlichen ein gemeinsames Verständnis über die Wandlungssituation und die Inhalte des Wandlungsprogramms? Besteht hinreichend Klarheit über die alten und neuen mentalen Modelle, die durch Kommunikation aufgebrochen bzw. erzeugt werden sollen? Sind die ersten Auswirkungen auf das Anreiz-Beitrags-Verhältnis der Mitarbeiter bedacht worden oder ist es vorgesehen, sich mehr oder weniger systematisch mit den Veränderungs-Gewinnern und -Verlieren auseinander zu setzen?
8.2
Grundlagen der Kommunikation
8.2.1
Verständnis von Kommunikation
KommunikationȱistȱeineȱArtȱsozialenȱVerhaltens.ȱInȱihremȱMitȬ telpunktȱstehtȱdieȱzweckgerichteteȱÜbermittlungȱvonȱInformaȬ tionenȱzwischenȱeinemȱSenderȱundȱeinemȱEmpfängerȱinȱeinemȱ bestimmtenȱ Kontext.ȱ Derȱ Kontextȱ derȱ Kommunikationȱ wirdȱ durchȱdieȱVariablenȱKanal,ȱZeitȱundȱOrtȱbestimmt.ȱImȱUnterȬ nehmungswandelȱ liegtȱ derȱ Zweckȱ derȱ Kommunikationȱ inȱ derȱ EinstellungsȬȱ oderȱ Verhaltensänderungȱ derȱ beteiligtenȱ PersoȬ nen.ȱ
Kommunizierenȱ istȱ mehrȱ alsȱ Informieren,ȱ esȱ istȱ sozialesȱ VerhalȬ ten,ȱ beiȱ demȱ esȱ z.B.ȱ auchȱ umȱ denȱ Aufbauȱ vonȱ Vertrauenȱ geht.ȱ Imȱ WandelȱgibtȱesȱnichtȱnurȱdasȱsoȱhäufigȱbeklagteȱInformationsdefizit,ȱ sondernȱvorȱallemȱeinȱKommunikationsdefizit.ȱDieȱMitarbeiterȱwolȬ lenȱ garȱ nichtȱ allesȱ wissen,ȱ sondernȱ sieȱ benötigenȱ vorwiegendȱ zielȬ
286ȱ
Grundlagen der Kommunikation
8.2
gruppenspezifischeȱ Kommunikation,ȱ dieȱ geeignetȱ ist,ȱ ihreȱ Angstȱ undȱ Unsicherheitȱ abzubauen.ȱ Diesȱ wirdȱ durchȱ denȱ KommunikatiȬ onsinhaltȱundȱdieȱkommunizierendenȱPersonenȱgeleistet.ȱ Nachȱ Schulzȱ vonȱ Thunȱ (1998,ȱ S.ȱ 25ff.;ȱ vgl.ȱ ähnlichȱ Neubergerȱ 1994)ȱ könnenȱvierȱSeitenȱderȱKommunikationȱunterschiedenȱwerdenȱ(vgl.ȱ Abb.ȱ8/2).ȱ ȱ Diesesȱ Modellȱ hatȱ geradeȱ inȱ Transformationsprozessenȱ mitȱ ihrenȱȱ anspruchsvollenȱ Kommunikationsbedingungenȱ eineȱ besondereȱ Bedeutung.ȱ Dennȱ dortȱ gehtȱ esȱ nichtȱ alleinȱ umȱ dieȱ Sache,ȱ sondernȱ vorȱallemȱumȱdieȱsozioȬemotionaleȱSeiteȱdesȱGeschehens.ȱDabeiȱsindȱ verbaleȱ wieȱ auchȱ nonverbaleȱ Kommunikationssignaleȱ verhaltensȬ wirksam.ȱȱ
Abbildungȱ8/2ȱ
VierȱSeitenȱderȱKommunikationȱȱȱ
Beziehungsaspekt zeigt, in welchem Verhältnis man zueinander steht und was man voneinander hält Sachaspekt umfasst den Sachinhalt der Nachricht, d.h. die Tatsachendarstellung
Nachricht
Appellaspekt bezeichnet, wozu der Kommunikationspartner veranlasst werden soll
Selbstoffenbarungsaspekt enthält Informationen über den Sender und seinen Gemütszustand
ȱ
Gewichtigerȱ Ausgangspunktȱ istȱ dieȱ Nachrichtenquelleȱ selbstȱ undȱ derenȱ Authentizität,ȱ dieȱ durchȱ dieȱ Stimmigkeitȱ derȱ folgendenȱ dreiȱ Punkteȱerreichtȱwird:ȱGlaubwürdigkeitȱ(EinheitȱvonȱWortȱundȱHanȬ deln),ȱAttraktivitätȱ(Bekanntheitȱ undȱ Sympathie)ȱ undȱAutoritätȱderȱ Quelleȱ(vgl.ȱGraumannȱ1972).ȱȱ
287ȱ
8
Kommunikation im Wandel
DerȱEmpfängerȱhingegenȱkannȱnunȱnachȱWürdigungȱderȱvierȱSeitenȱ seinȱ eigenesȱ Anschlussverhaltenȱ wählen.ȱ Erȱ kannȱ dieȱ Informationȱ ignorierenȱoderȱdemȱSenderȱeineȱRückmeldungȱgeben.ȱErfolgreicheȱ vollständigeȱKommunikationȱliegtȱdannȱvor,ȱwennȱdieȱKommunikaȬ tionspartnerȱsichȱeinigȱsind,ȱdassȱsieȱsichȱrichtigȱ‚verstanden‘ȱhabenȱ undȱ derȱ Empfängerȱ dieȱ Mitteilungȱ zurȱ Grundlageȱ seinesȱ weiterenȱ Handelnsȱ machtȱ (vgl.ȱ Luhmannȱ 1985,ȱ S.ȱ 216ff.).ȱ Darinȱ liegtȱ dieȱ Schwierigkeit.ȱ Geradeȱ inȱ Großgruppenȱ istȱ esȱ fastȱ ausgeschlossen,ȱ dassȱ jederȱ jedenȱ richtigȱ verstehtȱ undȱ manȱ sichȱ darüberȱ auchȱ nochȱ verständigt.ȱ Trotzȱ allemȱ mussȱ dasȱ Kommunikationskonzeptȱ daraufȱ abzielen.ȱ
8.2.2
Wirkungen von Kommunikation in Veränderungsprozessen
Umȱ ihreȱ besondereȱ katalytischeȱ Wirkungȱ zuȱ entfalten,ȱ mussȱ KomȬ munikationȱ kognitive,ȱ emotionaleȱundȱ konativeȱ Wirkungenȱ anstreȬ benȱ (vgl.ȱ Bruhnȱ 2003,ȱ S.ȱ 397ff.;ȱ Pideritȱ 2000).ȱ Empirischeȱ UntersuȬ chungenȱhabenȱgezeigt,ȱdassȱdieȱkognitiveȱWirkungȱnochȱrelativȱgutȱ erreichtȱ wird,ȱ dieȱ emotionaleȱ Seiteȱ aberȱ imȱ Managementȱ generellȱ undȱ imȱ Changeȱ Managementȱ speziellȱ langeȱ vernachlässigtȱ wurdeȱ (vgl.ȱSchirmer/Luzensȱ2003,ȱS.ȱ316ff.).ȱȱ
Informationȱ undȱ Transparenzȱ erzielenȱ kognitiveȱ Wirkungen,ȱ führenȱ alsoȱ zuȱ neuenȱ Einsichtenȱ undȱ einerȱ positiven,ȱ vernunftȬ gemäßenȱ Beurteilungȱ desȱ Wandels.ȱ Kommunikationȱ sorgtȱ zuȬ nächstȱdafür,ȱdassȱderȱWandlungsprozessȱvomȱEmpfängerȱüberȬ hauptȱwahrgenommenȱwird.ȱFürȱdenȱEinzelnenȱstehtȱdanachȱdieȱ ÜberȬȱ undȱ Durchschaubarkeitȱ desȱ Prozessesȱ imȱ Vordergrund.ȱ KommunikationȱmussȱdenȱBetroffenenȱdieȱVeränderungȱundȱdenȱ vonȱ ihnenȱ darinȱ zuȱ leistendenȱ Beitragȱ deutlichȱ machen.ȱ Darausȱ entstehtȱ auchȱ inȱ Ansätzenȱ eineȱ konativeȱ (verhaltensleitende)ȱ Wirkung,ȱalsoȱdieȱAbsicht,ȱsichȱwandlungsgerechtȱzuȱverhalten.ȱȱ
DurchȱÜberzeugungȱsollenȱWiderständeȱüberwundenȱundȱebenȬ fallsȱ Handlungsabsichtenȱ gewonnenȱ werden.ȱ Überzeugenȱ istȱ mehrȱalsȱÜberreden,ȱnämlichȱeineȱLösungsfindungȱdurchȱArguȬ mentieren,ȱ Verhandelnȱ undȱ Lernen.ȱ Dieȱ Ansichtenȱ desȱ GegenȬ übersȱ werdenȱ alsoȱ explizitȱ einbezogenȱ (vgl.ȱ Congerȱ 1999,ȱ S.ȱ 31ff.).ȱ Dieȱ Überzeugungsleistungȱ entspringtȱ zielgruppenȬ
288ȱ
Grundlagen der Kommunikation
8.2
gerechten,ȱ schlüssigenȱ Argumentenȱ undȱ faktenbasiertenȱ BeweiȬ senȱ sowieȱ einerȱ demȱ Kontextȱ entsprechendenȱ Tonart.ȱ Derȱ UmȬ fangȱistȱjedochȱstarkȱabhängigȱvonȱderȱStoßrichtungȱdesȱWandelsȱ undȱderȱgewähltenȱImplementierungsform.ȱBeiȱeinerȱdurchȱeineȱ großeȱ Anzahlȱ vonȱ ‚Verlierern‘ȱ geprägtenȱ Situationȱ wirdȱ dieȱȱȱȱȱȱȱȱ Überzeugungswirkungȱbegrenztȱsein.ȱ
Emotionalisierungȱ undȱ Motivation:ȱ Zielȱ derȱ Kommunikationȱ mussȱesȱauchȱsein,ȱpositiveȱStimmungenȱundȱMotivationȱfürȱVerȬ änderungenȱ hervorzurufen.ȱ Emotionenȱ werdenȱ dannȱ zuȱ TriebȬ kräftenȱ fürȱ Veränderungen.ȱ Symbole,ȱ Brands,ȱ Metaphernȱ undȱ Anekdotenȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ einerȱ bildhaftenȱ undȱ lebendigenȱ SpracheȱsindȱdieȱMedienȱemotionalerȱKommunikation.ȱ
Vertrauensaufbau:ȱ Vertrauenȱ dientȱ derȱ Reduktionȱ vonȱ UnsiȬ cherheitȱ undȱ Angstȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ Verlaufȱ undȱ Ergebnisȱ desȱ Wandels.ȱ Vertrauenȱ fördertȱ ebenfallsȱ dieȱ emotionaleȱ ‚HinstimȬ mung’ȱ undȱ Handlungsabsichtȱ derȱ Beteiligten.ȱ Esȱ entstehtȱ durchȱ authentischeȱ Kommunikation.ȱ Beharrungskräfteȱ werdenȱ abgeȬ baut,ȱdieȱVeränderungȱkannȱschnellerȱundȱreibungsloserȱvonstatȬ tenȱgehen.ȱ
Visualisierung:ȱ Kommunikationȱ imȱ Wandelȱ mussȱ komplexeȱ Sachverhalteȱübermitteln.ȱVisualisierungȱunterstütztȱdiesenȱVorȬ gangȱ undȱ damitȱ dieȱ Erreichungȱ derȱ angestrebtenȱ Wirkungen.ȱ Bildhafteȱ Darstellungenȱ erleichternȱ demȱ menschlichenȱ Gehirnȱ dasȱ Verstehenȱ undȱ Behaltenȱ vonȱ Informationen.ȱ Diesȱ geschiehtȱ zumȱ einenȱ durchȱ graphischeȱAbbildungen,ȱ z.B.ȱ vonȱ OrganisatiȬ onsstrukturenȱoderȱGeschäftsprozessen,ȱzumȱanderenȱdurchȱMeȬ taphernȱ oderȱ Geschichten,ȱ inȱ denenȱ sichȱ gleichnishaftȱ dasȱ GeȬ schehenȱ widerspiegelt,ȱ alsoȱ rhetorischeȱ Bilderȱ (vgl.ȱ Kieserȱ etȱ al.ȱ 1998,ȱS.ȱ146ff.;ȱKochȱ2004,ȱS.ȱ273ff.).ȱ
8.2.3
Kombination unterschiedlicher Kommunikationsformen
ErfolgreicheȱKommunikationȱentstehtȱausȱderȱrichtigenȱKombinatiȬ onȱ verschiedenerȱ Kommunikationsformenȱ inȱ einemȱ KommunikatiȬ onskonzept.ȱȱ
289ȱ
8
Kommunikation im Wandel
Diesȱ betrifftȱ zunächstȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ informalerȱ undȱ formalerȱ Kommunikation.ȱDieȱformaleȱKommunikationȱumfasstȱdieȱoffizielȬ lenȱKommunikationsstrukturen,ȱdieȱinȱderȱUnternehmungȱinstitutiȬ onalisiertȱ sindȱ undȱ imȱ Wesentlichenȱ aufȱ bekanntenȱ KommunikatiȬ onsinstrumentenȱ basieren.ȱ Sieȱ sindȱ bewusstȱ gestaltetȱ sowieȱ personenunabhängigȱformuliertȱundȱdokumentiert.ȱ Inȱ derȱ täglichenȱ Unternehmungspraxisȱ findetȱ einȱ Großteilȱ derȱ KommunikationȱaufȱinformalemȱWegȱstatt.ȱSieȱberuhtȱaufȱpersönliȬ chenȱEinstellungenȱundȱMotivenȱundȱziehtȱsichȱwieȱeinȱgroßesȱNetzȱ überȱundȱdurchȱdieȱOrganisation.ȱInformalȱwerdenȱalleȱDingeȱgereȬ gelt,ȱfürȱdieȱesȱkeineȱ(akzeptierte)ȱoffizielleȱRegelungȱgibt.ȱInȱVeränȬ derungssituationenȱ undȱ derȱ damitȱ verbundenenȱ Unsicherheitȱ herrschtȱ einȱ erhöhtesȱ MitteilungsȬȱ undȱ Austauschbedürfnisȱ unterȱ denȱ Mitarbeitern.ȱ Dannȱ istȱ informaleȱ Kommunikationȱ wesentlichȱ flexiblerȱ undȱ schnellerȱ alsȱ formaleȱ Kommunikationȱ (vgl.ȱ Mohr/ȱ Woeheȱ 1998,ȱ S.ȱ 65f.)ȱ undȱ stilltȱ dieseȱ grundlegendenȱ KommunikatiȬ onsbedürfnisse.ȱSieȱistȱnichtȱzuȱverhindernȱoderȱeinzudämmenȱundȱ schonȱvonȱdaherȱzuȱ‚integrieren’.ȱȱ Informaleȱ undȱ formaleȱ Kommunikationȱ könnenȱ sichȱ ergänzenȱ undȱ sindȱ mitȱ ihrenȱ jeweiligenȱ Spezifikaȱ zuȱ berücksichtigenȱ undȱ einzuȬ planenȱ(vgl.ȱauchȱKochȱ2004,ȱS.ȱ268ff.).ȱFürȱdieȱaktiveȱGestaltungȱeinȱ schwierigesȱUnterfangen,ȱdennȱdieȱRahmenbedingungenȱinformalerȱ Kommunikationȱ kannȱ manȱ schaffenȱ undȱ fördern,ȱ aberȱ dieȱ darinȱ transportiertenȱInhalteȱnurȱbegrenztȱbestimmen.ȱBeiȱderȱGestaltungȱ istȱaufȱdreiȱDingeȱzuȱachtenȱ(vgl.ȱDoppler/Lauterburgȱ2005,ȱS.ȱ357ff.;ȱ Kochȱ2004,ȱS.ȱ269):ȱ 1. GezielteȱFörderung,ȱz.B.ȱdurchȱAufenthaltsräume,ȱFeste,ȱAusflüȬ geȱetc.ȱȱ 2. Informaleȱ undȱ formaleȱ Kommunikationȱ solltenȱ nichtȱ imȱ WiderȬ spruchȱ zueinanderȱ stehen,ȱ daȱ sichȱ soȱ dieȱ Unsicherheitȱ unnötigȱ erhöht.ȱ 3. Woȱ esȱ sinnvollȱ erscheint,ȱ sindȱ dieȱ Kanäleȱ derȱ informalenȱ KomȬ munikationȱkonsequentȱzuȱnutzen.ȱ Wennȱ Veränderungenȱ herbeigeführtȱ werdenȱ sollen,ȱ müssenȱ auchȱ fürȱdieȱVeränderungskommunikationȱneueȱRegelnȱgelten.ȱSomitȱistȱ einȱwesentlicherȱAnsatzpunktȱdieȱbewussteȱEntscheidungȱzwischenȱ bekanntenȱ und/oderȱ neuenȱ Kommunikationsformenȱ undȱ ȬinstruȬ
290ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
mentenȱ (ähnlichȱ Bernecker/Reißȱ 2003,ȱ S.ȱ 14ff.):ȱ beispielsweiseȱ neueȱ Formenȱ (WeltȬCafé,ȱ Openȱ Space),ȱ neueȱ Richtungenȱ (lateral),ȱ neueȱ Medienȱ(Unternehmenstheater),ȱandereȱRäumeȱ(Alpenhütte).ȱȱ Eineȱ weitereȱ wesentlicheȱ Entscheidungȱ istȱ dieȱ Ausgestaltungȱ vonȱ Feedbackmöglichkeiten.ȱ Jeȱ nachȱ Phaseȱ imȱ Veränderungsprozessȱ undȱ Kommunikationsinhaltenȱ sindȱ EinwegȬȱ oderȱ ZweiwegkomȬ munikationsformenȱ zuȱ wählen.ȱ Beiȱ derȱ Einwegkommunikationȱ gibtȱ esȱ nurȱ einenȱ Senderȱ undȱ meistensȱ mehrereȱ Empfänger.ȱ Dieȱ EmpfängerȱkönnenȱwieȱbeiȱeinerȱKonferenzȱeinȱPlenumȱbildenȱoderȱ wieȱ beimȱ BusinessȬTVȱ einȱ verstreutesȱ Publikum.ȱ Eineȱ FeedbackȬ Möglichkeitȱistȱnichtȱvorgesehen.ȱEsȱgibtȱSituationen,ȱinȱdenenȱnichtȱ langeȱ verhandeltȱ werdenȱ undȱ nichtȱ jederȱ zuȱ Wortȱ kommenȱ kann.ȱ Einwegkommunikationȱ istȱ dannȱ reineȱ Mitteilungskommunikation.ȱ Sieȱ istȱ inȱ allerȱ Stringenzȱ nötig,ȱ wennȱ esȱ darumȱ geht,ȱ Faktenȱ zuȱȱȱȱ übermittelnȱ undȱ Entscheidungenȱ durchzusetzen.ȱ ZweiwegkommuȬ nikationȱ istȱ wechselseitigeȱ Kommunikation.ȱ Praktischeȱ Bedeutungȱ erlangtȱ sieȱ inȱ besondersȱ schwierigenȱ Wandlungssituationen,ȱ beiȱ zuȱ lösendenȱ Konflikten,ȱ erklärungsbedürftigenȱ Themenȱ oderȱ GespräȬ chenȱ mitȱ sog.ȱ kommunikativenȱ Schlüsselpersonenȱ (vgl.ȱ Kochȱ 2004,ȱ S.ȱ 257;ȱ Bernerȱ 2003).ȱ Meinungsführer,ȱ Multiplikatorenȱ undȱ hartnäȬ ckigeȱOpponentenȱkönnenȱnichtȱinȱeinerȱgroßenȱZahlȱangesprochen,ȱ sieȱmüssenȱinȱ‚FaceȱtoȱFace’ȬGesprächenȱeingebundenȱwerden.ȱȱ
8.3
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3.1
Kommunikationsstrategische Überlegungen
Dieȱ Kommunikationsstrategieȱ befasstȱ sichȱ mitȱ demȱ grundlegendenȱ InformationsȬȱundȱKommunikationskonzept.ȱEinȱsolchesȱKonzeptȱ beinhaltetȱsowohlȱdieȱZieleȱderȱKommunikationȱalsȱauchȱdieȱMaßȬ nahmenprogrammeȱzurȱErreichungȱdieserȱZieleȱ(vgl.ȱauchȱAbb.ȱ8/5)ȱ undȱdientȱderȱKlärungȱfolgenderȱFragen:ȱ
Bestimmungȱ derȱ Zielgruppe:ȱAlsȱ Zielgruppeȱ wirdȱ hierȱ einȱ PerȬ sonenkreisȱ verstanden,ȱ derȱ bezüglichȱ einesȱ fürȱ dieȱ WandlungsȬ kommunikationȱ relevantenȱ Merkmalsȱ möglichstȱ homogenȱ ist.ȱ MerkmalȱinȱdiesemȱSinneȱistȱnormalerweiseȱdieȱBetroffenheitȱderȱ PersonenȱdurchȱdenȱWandel.ȱIstȱdieȱBetroffenheitȱinȱArt,ȱAusmaßȱ
291ȱ
8
Kommunikation im Wandel
undȱ Richtungȱ beiȱ mehrerenȱ Personenȱ vergleichbarȱ ausgeprägt,ȱ soȱ ergebenȱ sichȱ darausȱ gleichȱ gelagerteȱ Anforderungenȱ fürȱ dieȱ Kommunikationȱ mitȱ dieserȱ Gruppeȱ (vgl.ȱ dazuȱ ausführlichȱ Kap.ȱ 10ȱ undȱ dieȱ dortȱ gezeigtenȱ Instrumente).ȱ Andere,ȱ einfachereȱ Merkmaleȱ könnenȱ gleicheȱ HierarchieȬȱ oderȱ FunktionseinordȬ nung,ȱ BereichsȬȱ oderȱ Abteilungszugehörigkeit,ȱ vergleichbareȱ Rollenȱ inȱ derȱ informalenȱ Strukturȱ oderȱ Statusȱ alsȱ Promotorenȱ bzw.ȱOpponentenȱsein.ȱȱ
Selektionȱ derȱ Inhalte:ȱ Welcheȱ Inhalteȱ (Wandlungsbedarf,ȱ Zieleȱ etc.)ȱ dienenȱ demȱ Fortgangȱ desȱ Wandlungsprogramms,ȱ welcheȱ nicht?ȱ Welcheȱ Inhalteȱ sindȱ inȱ derȱ gewünschtenȱ Intentionȱ evtl.ȱ nichtȱ kommunizierbar?ȱ Welcheȱ Inhalteȱ sindȱ strengȱ vertraulichȱ undȱdürfenȱnichtȱkommuniziertȱwerden?ȱ
UmfangȱundȱOffenheitȱderȱKommunikation:ȱSollteȱderȱgewählteȱ Inhaltȱumfassendȱoderȱeingeschränktȱkommuniziertȱwerden?ȱIstȱ vollkommeneȱOffenheitȱundȱEhrlichkeitȱimmerȱsinnvoll?ȱ
SelektionȱderȱSender:ȱWerȱsindȱdieȱgeeignetenȱMeinungsführerȱ undȱMultiplikatoren?ȱWerdenȱMeinungsführerȱundȱTopmanagerȱ inȱhinreichendemȱMaßȱeingebunden?ȱWelcheȱSenderȱgarantierenȱ dieȱnotwendigeȱAuthentizität?ȱ
Aktivitätsgradȱ derȱ Kommunikation:ȱ Sollteȱ grundsätzlichȱ aktivȱ oderȱ verhaltenȱ kommuniziertȱ werden?ȱ Welcherȱ Aktivitätsgradȱ sollteȱinȱwelcherȱPhaseȱdesȱWandlungsprogrammsȱgewähltȱwerȬ den?ȱ
Timing:ȱDieȱInhalteȱundȱderenȱUmfang,ȱSenderȱundȱEmpfängerȱ derȱ Kommunikationȱ sindȱ auchȱ inȱ zeitlicherȱ Hinsichtȱ zuȱ regeln.ȱ Werȱ istȱ inȱ welcherȱ Reihenfolgeȱ zuȱ informieren?ȱ Wannȱ lancierenȱ wirȱ dieȱ erstenȱ Informationen?ȱ Wannȱ machenȱ wirȱ dieȱ Kickȱ offȬ Veranstaltung?ȱWieȱmüssenȱdieȱProjektstartsȱgetaktetȱwerden?ȱ
PersönlicheȱoderȱmedialeȱKommunikation:ȱSollȱunmittelbarȱdieȱ EinstellungsȬȱ undȱ Verhaltensakzeptanzȱ beeinflusstȱ werden?ȱ Dannȱ sollteȱ persönlicheȱ Kommunikationȱ bevorzugtȱ werden,ȱ daȱ derȱ Senderȱ hierȱ relativȱ großenȱ Einflussȱ hatȱ undȱ eineȱ FeedbackȬ Möglichkeitȱ bestehtȱ (Kickȱ offs,ȱ Hotlines,ȱ Mitarbeitergespräche,ȱ Versammlungen,ȱ Informationsmessen,ȱ Ȭbörsenȱ undȱ Ȭmärkte,ȱ Konferenzen,ȱ Führungsdialoge,ȱ Foren,ȱ Workshops).ȱ Oderȱ sindȱ unterstützendeȱ Aktivitätenȱ erforderlich?ȱ Istȱ evtl.ȱ Anonymitätȱ
292ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
hilfreich?ȱ Müssenȱ großeȱ Gruppenȱ angesprochenȱ werden?ȱ Dannȱ könnteȱmedialeȱKommunikationȱangezeigtȱseinȱ(Intranet,ȱEȬMail,ȱ Mitarbeiterzeitschrift,ȱFlugblätter,ȱSchwarzeȱBretter,ȱRundschreiȬ ben).ȱ
Integrierteȱ Kommunikation:ȱ Dieȱ inhaltlicheȱ undȱ formaleȱ AbȬ stimmungȱderȱKommunikationȱwirdȱalsȱintegrierteȱKommunikaȬ tionȱ bezeichnetȱ (vgl.ȱ Eschȱ 2006).ȱ Inhaltlichȱ abgestimmtȱ heißt,ȱ dassȱ aufȱ unterschiedlichenȱ Kanälenȱ zuȱ einemȱ Zeitpunktȱ undȱȱȱȱȱ überȱ einenȱ Zeitraumȱ hinwegȱ dieȱ gleichenȱ Botschaftenȱ gesendetȱ werden.ȱ Formaleȱ Abstimmungȱ bedeutet,ȱ dassȱ zurȱ besserenȱ undȱ schnellerenȱ Verankerungȱ derȱ Informationenȱ inȱ denȱ mentalenȱ Modellenȱ immerȱ dieȱ gleichenȱ Symbole,ȱ Metaphernȱ undȱ Bilderȱ verwendetȱwerden,ȱumȱdieȱIdentitätȱdesȱProgrammsȱzuȱwahrenȱ (‚Branding’ȱvonȱVeränderungen).ȱ
Auch Veränderungen benötigen kommunizierbare Identitäten, also eine ‚Marke‘ (vgl. Esch/Langner 2005, S. 573ff.). Für die Beteiligten und Betroffenen ist dies eine Voraussetzung für den Erfolg von Wandel, denn aus der Identifikation mit der Veränderung können sie Motivation schöpfen. Die Anzahl der Namen für Veränderungsprogramme sind mittlerweile austauschbar und trotzdem im Sinne einer Emotionalisierung notwendig und hilfreich. Einige Beispiele seien hier genannt wie z.B. Lernende Organisation (LeO) bei VEBA, Turn On Power (TOP) bei SIEMENS, Strategic CrossOrganizational REalignment (SCORE) und Global Organizational ALignment (GOAL) bei SAP, Step-by-Step bei der SPARKASSE Oberhausen, Olympia bei OPEL, Total Customer Care bei SCHOTT oder andere Programme wie z.B. TURBO, WIN, MOVE, TOP FIT, START, PLUS, PULSE usw. Identitäten von Wandlungsprogrammen entstehen im besten Fall immer durch aus dem Programmziel abgeleitete Sinnzusammenhänge. Diese müssen für die Mitarbeiter transparent sein, nur dann können sie im Rahmen eines Branding mit eigenen Logos auf T-Shirts, Tassen und Zeitschriften usw. kommuniziert werden. Besonders Erfolg versprechend ist es unter Umständen, wenn die Mitarbeiter an der Namensfindung aktiv beteiligt werden.
Dieȱ Entwicklung,ȱ Detaillierungȱ undȱ Realisierungȱ desȱ KommunikaȬ tionskonzeptsȱ sindȱ Aufgaben,ȱ dieȱ denȱ verschiedenenȱ Phasenȱ desȱ Wandlungsprozessesȱ zuzuordnenȱ sind.ȱ Dieȱ wichtigstenȱ Ziele,ȱAufȬ gabenȱ undȱ Formenȱ derȱ Kommunikationȱ zeigtȱ Abbildungȱ 8/3.ȱ Sieȱ werdenȱimȱFolgendenȱerläutert.ȱȱ
293ȱ
8 Abbildungȱ8/3ȱ
Kommunikation im Wandel
ZieleȱundȱAufgabenȱderȱKommunikationȱimȱWandlungsprozessȱ
Ziel
Aufgaben
Schwerpunkt
Initialisierung Vermittlung des Wandlungsbedarfs
• Persönliche Ansprache relevanter Promotoren • Entwicklung einer Change Story • Identifikation geeigneter Kommunikatoren
Informale, persönliche Kommunikation im kleinen Kreis
Konzipierung Bedeutung und Beachtung von Kommunikation sicherstellen
• Entwicklung von Kommunikationsstrategie und -konzept • Verbreiterung der Basis • Einbindung/Schulung wesentlicher Kommunikatoren
Legitimierte Kommunikation im Projektteam und darüber hinaus
Mobilisierung Herstellung von Wandlungsbereitschaft
• Generierung von Aufmerksamkeit • Überzeugende und emotionalisierende Darstellung des Wandlungsbedarfs • Erzeugung von Akzeptanz und Verständnis
Persönliche und mediale Kommunikation in Groß- und Kleingruppen
Umsetzung Vermittlung von Fähigkeiten und Unterstützung der Problemlösung
• Bereitstellen von Information zum Umsetzungsstatus • Überzeugende Darstellung der individuellen Vorteile • Kommunikation von Resultaten/Erfolgen • Abhalten von motivierenden Events
Regelmäßige UpdateKommunikation für Großgruppen und Dialogkommunikation auf allen Ebenen
Verstetigung Aufrechterhalten regen Erfahrungsaustauschs
• Kommunikation von Erfolgsbeispielen • Schaffung von Dialogplattformen für Austausch auf breiter Basis • Unterstützung der Überführung in die Regelkommunikation
Dialogkommunikation auf allen Ebenen, informale persönliche Gespräche
ȱ
8.3.2
Initialisierung
WährendȱderȱInitialisierungȱmussȱzunächstȱeineȱinformaleȱKommuȬ nikationȱüberȱWandlungsbedarfeȱinȱGangȱkommen.ȱWennȱeinigeȱderȱ Beteiligtenȱ zuȱ derȱ Überzeugungȱ gekommenȱ sind,ȱ dassȱ einȱ WandȬ lungsbedarfȱ besteht,ȱ undȱ gegebenenfallsȱ auchȱ schonȱ Vorstellungenȱ darüberȱbesitzen,ȱwieȱdieserȱanzugehenȱistȱ(vgl.ȱKieserȱetȱal.ȱ1998,ȱȱS.ȱ 2),ȱdannȱbildetȱsichȱeineȱWandlungskoalition.ȱIhreȱMitgliederȱhabenȱ durchȱKommunikationȱeinȱgemeinsamesȱBildȱbzw.ȱVerständnisȱdesȱ
294ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
Wandlungsbedarfsȱ gewonnenȱ undȱ fungierenȱ alsȱ Promotorenȱ bzw.ȱ Enablerȱ derȱ Veränderung.ȱ Sieȱ werdenȱ gezieltȱ weitereȱ WandlungsȬ trägerȱ aktivierenȱ undȱ dieȱ erforderlicheȱ Prozessenergieȱ aufbringen.ȱ Vorwiegendȱ durchȱ persönlicheȱ Kommunikation,ȱ insbesondereȱ imȱ VierȬAugenȬGespräch,ȱ werdenȱ Schlüsselpersonenȱ eingebunden.ȱ Sieȱ könnenȱ ihreȱ Bedenkenȱ imȱ Dialogȱ direktȱ bekunden,ȱ undȱ trotzdemȱ bleibtȱderȱnotwendigeȱVertraulichkeitsgradȱnochȱgewahrt.ȱ EinȱumfassendesȱKommunikationskonzeptȱexistiertȱzuȱdiesemȱZeitȬ punktȱnochȱnicht.ȱGetreuȱdemȱMottoȱ‚guteȱStrategienȱsindȱwieȱguteȱ Geschichten’,ȱ giltȱ esȱ hierȱ allerdings,ȱ dieȱ Storylineȱ fürȱ dieȱ Changeȱ Storyȱzuȱentwickelnȱ(vgl.ȱLoebbertȱ2006,ȱS.ȱ59ff.).ȱSieȱorientiertȱsichȱ anȱdenȱPhasenȱdesȱProzessesȱundȱdenȱ‚3W’ȱalsȱBezugsrahmen,ȱlegtȱ dieȱwesentlichenȱInhalteȱundȱentscheidendenȱSzenenȱsowieȱdieȱdarȬ inȱagierendenȱHauptdarstellerȱfest.ȱSchrittweiseȱwirdȱdieȱinformaleȱ Kommunikationȱ durchȱ formaleȱ ergänztȱ undȱ abgelöst,ȱ soȱ z.B.ȱ inȱ eiȬ nerȱ Klausurtagung,ȱ aufȱ derȱ Wandlungsbedarfȱ undȱ WandlungsproȬ grammȱnäherȱbestimmtȱwerden.ȱȱ Inȱ derȱ Initialisierungsphaseȱ hatȱ dasȱ bewussteȱ NichtȬKommuniȬ zierenȱ nochȱ hoheȱ Bedeutung.ȱ Soȱ istȱ imȱ Falleȱ einesȱ Topȱ downȬ Wandelsȱ dieȱ Kommunikationȱ gegenüberȱ denȱ Mitarbeiternȱ nochȱ starkȱ eingeschränkt.ȱ Dieȱ Wandlungskoalitionȱ mussȱ genügendȱ Zeitȱ haben,ȱimȱStillenȱanȱerstenȱkonzeptionellenȱÜberlegungenȱzuȱarbeiȬ ten,ȱ umȱ anschließendȱ mitȱ überzeugendenȱ Vorstellungenȱ anȱ dieȱ ÖfȬ fentlichkeitȱ gehenȱ zuȱ können.ȱ Einȱ besondersȱ schwierigesȱ UnterfanȬ gen,ȱ dennȱ imȱ schlimmstenȱ Fallȱ wirdȱschonȱ hierȱSpekulationenȱundȱ InterpretationenȱTürȱundȱTorȱgeöffnet,ȱdieȱdasȱVeränderungsvorhaȬ benȱgefährdenȱkönnenȱ(vgl.ȱausführlichȱBernerȱ2004).ȱȱ Beiȱ derȱ BottomȱupȬVorgehensweiseȱ gehenȱ Initialisierungȱ undȱ KonȬ zipierungȱ fließendȱ ineinanderȱ über.ȱ Umȱ möglichstȱ vieleȱ AnregunȬ genȱ zuȱ erhalten,ȱ kannȱ direktȱ aktivȱ undȱ umfangreichȱ inȱ dieȱ Breiteȱ kommuniziertȱwerden.ȱ
8.3.3
Konzipierung
InȱderȱKonzipierungsphaseȱmussȱdieȱBedeutungȱdesȱThemasȱKomȬ munikationȱeineȱangemesseneȱBeachtungȱfinden.ȱIdealerweiseȱwirdȱ Kommunikationȱ alsȱ einȱ Teilprojektȱ aufgefasst.ȱ Darinȱ gehtȱ esȱ zuȬ
295ȱ
8
Kommunikation im Wandel
nächstȱumȱdieȱEntwicklungȱeinesȱKommunikationskonzeptsȱfürȱdieȱ nachfolgendenȱ Phasenȱ desȱ Wandlungsprozesses,ȱ insbesondereȱ dieȱ Mobilisierung.ȱZuȱregelnȱistȱzumȱeinenȱdieȱprogramminterneȱKomȬ munikation,ȱ z.B.ȱ Dokumentation,ȱ Berichtswesen,ȱ Sitzungen,ȱ InforȬ mationswege,ȱ zumȱ anderenȱ dieȱ denȱ Schwerpunktȱ bildendeȱ proȬ grammexterneȱ Kommunikation.ȱ Dieȱ mobilisierendeȱ KommunikaȬ tionȱ istȱ vonȱ herausragenderȱ Bedeutung,ȱ dennȱ aufȱ derȱ Kickȱ offȬ Veranstaltungȱ wirdȱ derȱ fürȱ denȱ Wahrnehmungsprozessȱ wichtigeȱ ersteȱ Eindruckȱ vonȱ derȱ Veränderungȱ geprägt.ȱ Erȱ entscheidetȱ darȬ über,ȱwieȱweitereȱInhalteȱvonȱdenȱEmpfängernȱselektiertȱundȱaufgeȬ nommenȱ werden.ȱ Kommunikationȱ undȱ ihrȱ Kontextȱ (Kanal,ȱ Zeit,ȱ Raum)ȱ prägenȱ dieȱ Aktivierungssituationȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 5)ȱ undȱ damitȱ direktȱ dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ AnreizȬBeitragsȬSaldenȱ durchȱ dieȱ Empfängerȱ(vgl.ȱauchȱBernerȱ2002).ȱ
Abbildungȱ8/4ȱ
AusschnittȱausȱeinemȱKommunikationskonzeptȱȱ neue und bestehende Instrumente
Aktivitäten
medial
Flugblatt BusinessTV
einmalig 14-tägig
alle Info-Kreise 1,2
Start Entwicklung
MAZeitsch. Intranet
14-tägig
alle
allg. Infos
persönlich
Kummerkasten Betriebsvers. Kick off Führungsdialog
Zeit
Empfänger
permanent alle oder begrenzt permanent alle ¼-jährl.
alle
einmalig
alle
wöchentl.
Info-Kreis 1
Inhalt
Sender
Kom.Team Vorstand
Kom.Team allg. Infos u. Kom.Hintergründe Team alles Progr.Mgt. Status BR/Progr.Mgt. Konzept/ViProgr.sion Mgt. Problem Vorstand
ȱ Dasȱ Kommunikationskonzeptȱ istȱ demȱ Inhaltȱ desȱ WandlungsproȬ grammsȱ undȱ derȱ Implementierungsstrategieȱ anzupassen.ȱ Abbauȱ undȱAufbauȱ verlangenȱ z.B.ȱ nachȱ völligȱ unterschiedlichenȱ KommuȬ
296ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
nikationskonzepten.ȱ Zurückhaltung,ȱ Diplomatieȱ undȱ VerantworȬ tungsbewusstseinȱ prägenȱ soȱ weitȱ wieȱ möglichȱ dieȱ AbbauȬ Kommunikation,ȱ ohneȱ sieȱ vonȱ derȱ Pflichtȱ zurȱ Wahrheitȱ zuȱ entbinȬ den.ȱ Hierȱ wirdȱ dieȱ TopȱdownȬVorgehensweiseȱ auchȱ dieȱ KommuniȬ kationȱbestimmen.ȱImȱFalleȱeinesȱUmbauȬȱoderȱAufbauprogrammsȱ sindȱdieȱMöglichkeitenȱetwasȱvielfältiger.ȱHierȱkannȱdieȱemotionaleȱ WirkungȱderȱKommunikationȱinȱdenȱVordergrundȱgerücktȱwerden.ȱ Zurȱ eingängigenȱ Vermittlungȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ eignenȱ sichȱ dannȱ rhetorischeȱ Figurenȱ wieȱ z.B.ȱ Metaphernȱ oderȱ Geschichten,ȱ aberȱauchȱLeitbilderȱundȱVisionen.ȱDieseȱhabenȱdenȱVorteil,ȱdassȱsieȱ RaumȱfürȱeigeneȱInterpretationenȱlassenȱundȱihnenȱsomitȱmehrȱAkȬ zeptanzȱentgegengebrachtȱwirdȱ(vgl.ȱKieserȱetȱal.ȱ1998,ȱS.ȱ146ff.).ȱȱ Einȱ ausgewogenesȱ Verhältnisȱ zwischenȱ bestehendenȱ undȱ neuenȱ KommunikationsaktivitätenȱundȱȬmedienȱistȱVoraussetzungȱfürȱdasȱ Gelingen.ȱ Dennȱ mitȱ altenȱ Instrumentenȱ (z.B.ȱ Betriebsversammlungȱ oderȱMitarbeitergespräch)ȱneueȱInhalteȱzuȱtransportieren,ȱerscheintȱ problematisch.ȱUmȱeinȱEinrastenȱinȱalteȱDenkstrukturenȱvonȱAnfangȱ anȱ zuȱ vermeiden,ȱ bietetȱ esȱ sichȱ daherȱ an,ȱ neueȱ Instrumenteȱ einzuȬ setzen.ȱ Gutȱ inszenierteȱ ‚Kickȱ offs‘ȱ ergänzenȱ BetriebsversammȬ lungen,ȱ derȱ ‚Veränderungsdialog‘ȱ ergänztȱ dasȱ Mitarbeitergespräch,ȱ eineȱ spezielleȱ ‚Change‘ȬZeitschriftȱ dieȱ Mitarbeiterzeitung.ȱ ZweifelȬ losȱ bleibenȱ schlechteȱ Nachrichtenȱ auchȱ dannȱ schlecht,ȱ wennȱ dasȱ KindȱeinenȱanderenȱNamenȱträgt.ȱDochȱesȱmussȱderȱVersuchȱunterȬ nommenȱwerden,ȱeinenȱimȱHinblickȱaufȱKanal,ȱZeitȱundȱRaumȱneuȬ enȱundȱoffenenȱKontextȱzuȱschaffen.ȱȱ Ebensoȱ sindȱ EinwegȬȱ undȱ Mehrwegkommunikationȱ –ȱ mitȱ unterȬ schiedlichenȱ Schwerpunktenȱ jeȱ nachȱ Implementierungsstrategieȱ –ȱ gleichermaßenȱ zuȱ berücksichtigen.ȱ Esȱ gibtȱ Informationen,ȱ dieȱ imȱ TopȱdownȬProzessȱ nurȱ ‚abwärts‘ȱ kommuniziertȱ werdenȱ können.ȱ HingegenȱsolltenȱbeiȱeinerȱpartizipationsergänztenȱoderȱBottomȱupȬ Vorgehensweiseȱ dieȱ Mitarbeiterȱ bereitsȱ inȱ dieȱ Konzipierungȱ mitȱ einbezogenȱ werden,ȱ imȱ einfachstenȱ Fallȱ durchȱ FeedbackmöglichȬ keiten;ȱ seiȱ esȱ z.B.ȱ durchȱ Kummerkästenȱ beimȱ Kickȱ off,ȱ Forenȱ imȱ Intranet,ȱ FeedbackȬCouponsȱ amȱ Schwarzenȱ Brettȱ (‚Fragemauer’)ȱ oderȱinȱderȱMitarbeiterzeitschrift,ȱEȬMailȬȱundȱTelefonredaktionen.ȱȱ
297ȱ
8
Kommunikation im Wandel
Das Thema: Erstellung Kommunikationskonzept Das Beispiel: Beratungstypisches Vorgehen Im Rahmen unserer Beratungserfahrung hat sich das im Folgenden dargestellte Kommunikationskonzept zur Verbesserung der Kommunikation in Veränderungsprogrammen bewährt. Als wesentlich haben sich dabei eine klare Zielgruppenorientierung sowie ein pragmatischer Instrumentenmix erwiesen. Das Konzept basiert auf einem vierstufigen Vorgehen: 1. Vermittlung der Bedeutung des Kommunikationsprojekts und Erarbeitung der strategischen Grundlagen des Kommunikationskonzeptes (Storyline). 2. Identifikation der möglichen Zielgruppen und Einschätzung der Betroffenheit. Dabei werden einerseits die positive oder negative Ausprägung und andererseits das Ausmaß der Betroffenheit beurteilt. Dadurch entsteht zum einen ein klares Bild der Promotoren/Opponenten und zum anderen eine differenzierte Beurteilung der wichtigen und größeren Gruppe der ‚Unentschlossenen’. 3. Auswahl und Beurteilung der vorhandenen und neu zu schaffenden Kommunikationskanäle. Dies umschließt die Eignungsprüfung für bestimmte Arten der Kommunikation, Inhalte und Zeitfenster sowie (budget-) technische oder soziale Restriktionen des Einsatzes. 4. Im Rahmen der Umsetzung erfolgt dann die Abstimmung zwischen den Zielgruppen und den geeigneten Kommunikationskanälen in Form einer Kommunikationsmatrix. Hierbei zeigt sich, welche Kommunikationskanäle für welche Zielgruppe sinnvoll einsetzbar sind. Ein darauf aufbauender Umsetzungsplan legt für jede Zielgruppe die Kommunikationszeitpunkte (z.B. Kalenderwoche), -kanäle und -inhalte sowie im Besonderen die Verantwortlichen fest. Aus dem Gesamtplan kann dann für jede Zielgruppe schließlich ein detailliertes Zielgruppen-Konzept herausgebrochen werden (vgl. Abb. 8/5).
ȱ ȱ ȱ
298ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3 Abbildungȱ8/5ȱ
KommunikationskonzeptȱexemplarischȱfürȱdieȱZielgruppeȱBetriebsratȱ
Zielgruppe: Betriebsrat Betroffenheitsanalyse
Relevante Inhalte
starke Betroffenheit positive Betroffenheit
negative Betroffenheit geringe Betroffenheit
Geeignete Medien Medien +/Intranet Präsentationen Workshops ....
(1) Ausgangsbedingungen (2) Erste konzeptionelle Vorschläge (3) Ergänzungen mit Bitte um Feedback (4) Personenbezogene Versetzungsund Vertragsfragen (5) ... (6) ...
Termine / Zeitpunkte Inhalte
(6) (5) (4) (3) (2) (1) I
II
III
IV
V
ȱ
Checkliste zum Kommunikationskonzept Ist die grundlegende Kommunikationsstrategie festgelegt? Ist ein Kommunikationsteam eingerichtet und mit der Entwicklung eines umfassenden Kommunikationskonzepts beauftragt? Gibt es Bestrebungen zum Aufbau einer ‚Veränderungsmarke‘ mittels Festlegung eines ansprechenden Namens und Logos? Werden umfassende Schulungen von Sendern in Präsentation und Moderation durchgeführt? Haben die Vorbereitungen einer Kick off-Veranstaltung begonnen? Ist eine Mischung aus persönlicher und medialer Kommunikation gefunden? Ist ein intelligenter Mix aus bestehenden und neuen Kommunikationsinstrumenten berücksichtigt? Gibt ein phasenspezifischer Kommunikationsspiegel einen Überblick über das Gesamtkonzept? Sind darin in ausreichendem Maß Feedback-Möglichkeiten vorgesehen?
299ȱ
8
Kommunikation im Wandel
8.3.4
Mobilisierung
Beimȱ Übergangȱ vonȱ derȱ KonzipierungsȬȱ zurȱ Mobilisierungsphaseȱ wechseltȱauchȱ dieȱ Kommunikationsstrategie.ȱHierȱ beginntȱ dieȱaktiȬ ve,ȱ offeneȱ undȱ umfassendeȱ Kommunikationȱ überȱ denȱ WandlungsȬ bedarfȱundȱdieȱProgrammziele.ȱZielȱistȱdieȱHerstellungȱderȱWandȬ lungsbereitschaft.ȱDieȱBetroffenenȱsolltenȱmitȱentsprechendenȱzielȬ gruppenspezifischenȱ Informationenȱ versorgtȱ werden.ȱ Jetztȱ giltȱ es,ȱ mitȱderȱVielfaltȱanȱInformationenȱundȱKommunikationskanälenȱdieȱ erläutertenȱKommunikationswirkungenȱvollȱzurȱEntfaltungȱzuȱbrinȬ gen,ȱsoȱvorȱallemȱdieȱSchaffungȱvonȱTransparenz,ȱVertrauen,ȱÜberȬ zeugungȱ undȱ positivenȱ Emotionen.ȱ Soȱ habenȱ Studienȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ wesentlichȱ höherȱ ist,ȱ wennȱ denȱ MitarȬ beiternȱ klarȱ wird,ȱ dassȱ derȱ Veränderungsprozessȱ fair,ȱ objektivȱ undȱ professionellȱvollzogenȱundȱvorȱallemȱkommuniziertȱwirdȱ(vgl.ȱu.a.ȱ Vahs/Leiserȱ2003,ȱS.ȱ68f.).ȱȱȱ Mitȱ derȱ Mobilisierungȱ beginntȱ auchȱ dieȱ formaleȱ VeränderungsȬ kommunikationȱ inȱ denȱ Kommunikationsprojekten.ȱ Dieȱ MobilisieȬ rungȱlebtȱ insbesondereȱ vonȱ einerȱ gelungenenȱAuftaktveranstaltungȱ undȱdavon,ȱeineȱmöglichstȱgroßeȱZahlȱvonȱMitarbeiternȱmittelsȱperȬ sönlicherȱ Kommunikationȱ zuȱ erreichen.ȱ KickȱoffȬVeranstaltungenȱ sindȱ dieȱ ersteȱ Möglichkeitȱ fürȱ dieȱ Verantwortlichen,ȱ Klarheitȱ zuȱ schaffenȱundȱHintergründe,ȱZieleȱundȱdieȱVorgehensweiseȱtranspaȬ rentȱzuȱmachen,ȱumȱsoȱeinȱgemeinsamesȱmentalesȱModellȱentstehenȱ zuȱ lassen.ȱ Imȱ emotionalenȱ Bereichȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ AufbruchstimȬ mungȱzuȱverbreiten.ȱDabeiȱnimmtȱdieȱpersönlicheȱKommunikationȱ imȱGegensatzȱzurȱmedialenȱeineȱexponierteȱStellungȱein.ȱDieȱMitarȬ beiterȱ wollenȱ möglichstȱ denȱ Verantwortlichen,ȱ d.h.ȱ demȱ TopmanaȬ gementȱundȱdemȱProgrammȬManagement,ȱinȱdieȱAugenȱsehenȱkönȬ nenȱundȱInformationenȱausȱersterȱHandȱerhaltenȱ(vgl.ȱexemplarischȱ Schmidt/Trachtenbergȱ 2003,ȱ S.ȱ 156ff.).ȱ Dasȱ Commitmentȱ derȱ FühȬ rungsmannschaftȱ mussȱ sichtbarȱ undȱ erlebbarȱ dargestelltȱ werden.ȱ Dazuȱ gehörtȱ auch,ȱ dassȱ direktȱ vorȱ Ortȱ Fragenȱ derȱ Betroffenenȱ beȬ antwortetȱwerden.ȱWennȱderȱSenderȱeineȱglaubhafteȱundȱzielgerichȬ tete,ȱAutoritätȱundȱVertrauenȱausstrahlendeȱFührungspersönlichkeitȱ ist,ȱdannȱverliertȱderȱKontextȱanȱBedeutung.ȱDieȱMobilisierungȱstehtȱ undȱfälltȱdaherȱmitȱdenȱkommunizierendenȱPersonen.ȱ Instrumenteȱ persönlicherȱ Kommunikationȱ könntenȱ Roadshows,ȱ Townmeetings,ȱ Führungsdialogeȱ mitȱ Vorständenȱ undȱ InformatiȬ
300ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
onsmessenȱ oderȱ Ȭmärkteȱ sein.ȱ Ergänzendeȱ Interviewsȱ dienenȱ demȱ Feedback.ȱ Dasȱ medialeȱ Angebotȱ unterstütztȱ dieȱ AkzeptanzȬ sicherung,ȱ indemȱ dieȱ Hintergrundinformationenȱ inȱ derȱ MitȬ arbeiterzeitschrift,ȱimȱIntranet,ȱaufȱSchwarzenȱBrettern,ȱFlugblätternȱ etc.ȱ veröffentlichtȱ werden.ȱ Herausgehobenȱ werdenȱ sollȱ hierȱ dasȱ Intranet.ȱ Esȱ weistȱ einȱ hohesȱ Maßȱ anȱ Interaktivitätȱ auf,ȱ hatȱ kaumȱ zeitlicheȱ Verzögerungen,ȱ kannȱ selektivȱ bestimmtenȱ InformationsȬ kreisenȱzugänglichȱgemachtȱwerdenȱundȱentlastetȱDruckerzeugnisseȱ vomȱAktualitätsdruck.ȱȱ InȱgroßenȱUnternehmungenȱistȱauchȱderȱEinsatzȱallgemeinȱzugängȬ licherȱMedienȱwieȱTageszeitungenȱzuȱprüfen.ȱDabeiȱgehtȱesȱebensoȱ umȱdieȱmediengerechteȱInszenierungȱdesȱVeränderungsthemas.ȱZuȱ beachtenȱ istȱ dieȱAbstimmungȱ internerȱ undȱ externerȱ KommunikatiȬ on.ȱȱ
Im Rahmen der Mobilisierung ergeben sich aus unserer Erfahrung insbesondere bei Abbaustrategien – aber auch bei jeder Art von Umbau – erhebliche Probleme durch die unterschiedlichen Kommunikationsadressaten. Das Unternehmen ist bestrebt, sich gegenüber Kunden, Aktionären/Teilhabern, Kapitalmarkt, Presse etc. als glänzend aufgestellt zu präsentieren. Aufwändige Präsentationen für Analysten zeichnen ein positives Bild mit entsprechenden Zukunftsaussichten. Gleichzeitig möchte man den Führungskräften und Mitarbeitern klar machen, dass dies alles für die Zukunft noch nicht ausreicht und Restrukturierung, strategische Neuausrichtung, Personalabbau/Kostensenkung, Aufgabe von Geschäftsfeldern etc. unumgänglich sind. Nicht selten wird gerade der beste Abschluss seit Konzernbildung verkündet, gleichzeitig werden aber intern weitere Rationalisierungsprojekte betrieben. Derartige Konflikte sind extrem schwer zu handhaben. Es gelingt in diesen Situationen kaum, den notwendigen Spagat zu schaffen, was stark an der Glaubwürdigkeit der Kommunikation und der Akzeptanz von Veränderungsprojekten zehrt.
BisȱzuȱdiesemȱZeitpunktȱimȱWandlungsprozessȱspielenȱWirtschaftȬ lichkeitsüberlegungenȱfürȱdieȱKommunikationȱeineȱuntergeordneteȱ Rolle.ȱDieȱmeistenȱumfassendenȱKommunikationsmaßnahmenȱsindȱ zwarȱ relativȱ teuer,ȱ jedochȱ eineȱ guteȱ Investition,ȱ wennȱ sieȱ dieȱ ZielȬ gruppeȱ inȱ ihrerȱ EinstellungsȬȱ undȱ Verhaltensakzeptanzȱ positivȱ beȬ einflussen.ȱ Dieȱ Gefahrȱ bestehtȱ darin,ȱ zuȱ vielȱ Geldȱ fürȱ untauglicheȱ Kommunikationsinstrumenteȱ auszugeben.ȱ Derȱ Löwenanteilȱ derȱ Kommunikationskostenȱ fälltȱ inȱ derȱ Mobilisierungȱ undȱ Umsetzungȱ
301ȱ
8
Kommunikation im Wandel
an.ȱDortȱsollteȱdaherȱauchȱeinȱ‚Kommunikationscontrolling‘ȱansetȬ zen.ȱ Dabeiȱ istȱ Effektivitätȱ undȱ Effizienzȱ zuȱ unterscheiden.ȱ EinzelȬ gesprächeȱ sindȱ sicherlichȱ effektiv,ȱ jedochȱ (zunächst)ȱ wenigerȱ effiȬ zient.ȱ Dieȱ Identifikationȱ vonȱ Meinungsführern,ȱ alsoȱ Personenȱ mitȱ besondersȱ intensivemȱ Kommunikationsverhalten,ȱ alsȱ MultiplikatoȬ renȱkannȱdiesesȱVerhältnisȱverbessern.ȱImȱGegensatzȱdazuȱsindȱKonȬ ferenzenȱ oderȱ BusinessȬTVȱ vomȱ Kontaktpreisȱ herȱ sicherlichȱ effiȬ zient,ȱ dochȱ nichtȱ sonderlichȱ effektivȱ (vgl.ȱ Reißȱ 1997,ȱ S.ȱ 126).ȱ AllerdingsȱbietenȱdieȱneuenȱMedienȱheuteȱAlternativen,ȱdieȱsowohlȱ effektivȱwieȱeffizientȱeingesetztȱwerdenȱkönnenȱundȱdasȱimȱGrundeȱ zuȱ eherȱ geringenȱ Kostenȱ imȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ gebotenenȱ MöglichȬ keiten.ȱ Nichtȱ vernachlässigtȱ werdenȱ darfȱ dieȱ Schnittstelleȱ zurȱ UnȬ ternehmungskommunikation.ȱ Dennȱ Veränderungenȱ nützenȱ wenigȱ undȱ Wenigen,ȱ wennȱ sieȱ nichtȱ wahrgenommenȱ werden.ȱ Steigendeȱ Aktienkurse,ȱhöhereȱKundenaufmerksamkeitȱundȱdasȱInteresseȱderȱ Medienȱ fürȱ dieȱ eigenenȱ Themenȱ könnenȱ Indikatorenȱ hierfürȱ seinȱ undȱ denȱ angefallenenȱ Kostenȱ alsȱ Nutzengrößenȱ gegenübergestelltȱ werden.ȱ
8.3.5
Umsetzung
ZielȱderȱKommunikationȱinȱderȱUmsetzungȱistȱdieȱVermittlungȱvonȱ Wandlungsfähigkeitenȱ undȱ dieȱ Unterstützungȱ inȱ derȱ Erarbeitungȱ derȱ Problemlösungȱ inȱ denȱ verschiedenenȱ Teilprojekten.ȱ Dieȱ dazuȱ erforderlichenȱ Hauptaufgabenȱ sindȱ dieȱ umfänglicheȱ undȱ regelmäȬ ßigeȱInformationȱzumȱUmsetzungsstatusȱunterȱBeachtungȱderȱDifȬ ferenzierungȱ undȱ gegenseitigenȱ Abstimmungȱ vonȱ Inhaltenȱ undȱ Empfängernȱ sowieȱ derȱ Einbauȱ vonȱ Feedbackschleifen.ȱ Derȱ EmpȬ fängerkreisȱwirdȱinȱdiesemȱStadiumȱdeutlichȱerweitert,ȱseiȱesȱdurchȱ dieȱ Schaffungȱ speziellerȱ Informationskreiseȱ oderȱ anhandȱ einzelnerȱ Projekte.ȱ Esȱ gilt,ȱ dieȱ Betroffenenȱ sowieȱ insbesondereȱ dieȱ SchlüsselȬ personenȱ alsȱ Multiplikatorenȱ zuȱ informieren,ȱ dieȱ dannȱ vorȱ Ortȱ aufȱ denȱ Erfolgȱ derȱ Kommunikationȱ undȱ derȱ Veränderungȱ einwirkenȱ könnenȱ(vgl.ȱMohr/Woeheȱ1998,ȱS.ȱ159).ȱ DesȱWeiterenȱerscheintȱimȱpersönlichenȱGesprächȱdieȱüberzeugendeȱ Darstellungȱ derȱ individuellenȱ Vorteileȱ angezeigt,ȱ d.h.ȱ nebenȱ derȱ formalenȱProjektkommunikationȱgewinntȱauchȱdieȱinformaleȱKomȬ munikationȱ wiederȱ anȱ Bedeutung.ȱ Dieȱ informalenȱ Kanäleȱ müssenȱ
302ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3
genutztȱ werden,ȱ umȱ dieȱ Opponentenȱ derȱ Veränderungȱ zuȱ idenȬ tifizierenȱ undȱ gezieltȱ anzusprechen,ȱ bevorȱ dieȱ formalenȱ Gesprächeȱ mitȱ ihnenȱ beginnen.ȱ Eineȱ weitereȱ wesentlicheȱ Aufgabeȱ istȱ dasȱ Kommunizierenȱ vonȱ Erfolgenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ oderȱ durchȱ dasȱ Veranstaltenȱ vonȱ motivierendenȱ Eventsȱ (vgl.ȱ Schmidt/TrachȬ tenbergȱ2003).ȱ Beiȱ derȱ Umsetzungȱ desȱ Kommunikationskonzeptsȱ kommtȱ esȱ speȬ ziellȱaufȱdieȱinhaltlicheȱAbstimmungȱan,ȱumȱnichtȱdurchȱKommuȬ nikationsfehlerȱ demȱ Wandlungsprozessȱ wiederȱ Energieȱ zuȱ entzieȬ hen.ȱ Einenȱ Schwerpunktȱ mussȱ dieȱ Durchführungȱ vonȱ DialogȬ veranstaltungenȱ bilden,ȱ alsoȱ eineȱ Kommunikationsform,ȱ dieȱ direktesȱ Feedbackȱ ermöglicht.ȱ Solcheȱ Dialogveranstaltungenȱ erfolȬ genȱimȱIdealfallȱdiagonalȱzurȱHierarchie,ȱkaskadenförmigȱbisȱanȱdieȱ Basisȱ undȱ immerȱ zusätzlichȱ zurȱ Regelkommunikationȱ (vgl.ȱ Kochȱ 2004,ȱ S.ȱ 269ff.).ȱ Dasȱ Zulassenȱ undȱ Einbindenȱ vonȱ Feedbackȱ spieltȱ sowohlȱ imȱ Erfolgsfallȱ alsȱ auchȱ imȱ Misserfolgsfallȱ eineȱ erheblicheȱ Rolle.ȱ Erfolgeȱ sindȱ kommunikationstechnischȱ aufȱ allenȱ Kanälenȱ ‚auszuschlachten‘,ȱdaȱsieȱzumȱeinenȱalsȱBenchmarkȱandereȱProjekteȱ weiterȱ vorantreibenȱ können,ȱ zumȱ anderenȱ aberȱ auchȱ potentiellenȱ OpponentenȱdenȱWindȱausȱdenȱSegelnȱnehmen.ȱDerȱMisserfolgsfallȱ einzelnerȱ Projekteȱ bietetȱ ausȱ Sichtȱ derȱ Kommunikationȱ inȱ derȱ UmȬ setzungsphaseȱ zweiȱ Möglichkeiten,ȱ dieȱ abhängigȱ vonȱ derȱ BedeuȬ tungȱ desȱ Projektsȱ undȱ derȱ Tragweiteȱ desȱ Misserfolgsȱ gewähltȱ werȬ denȱ können:ȱ Dieȱ positiveȱ Varianteȱ ist,ȱ imȱ Sinneȱ einesȱ ‚ausȱ Fehlernȱ lernen‘ȱ dasȱ Problemȱ offenȱ zuȱ kommunizieren,ȱ allerdingsȱ nieȱ ohneȱ dieȱ Lernergebnisseȱ undȱ Lösungsansätzeȱ mitzuverbreiten.ȱ Dieseȱ Maßnahmeȱ kannȱ geeignetȱ sein,ȱ dasȱ Vertrauenȱ inȱ dieȱ VerantwortliȬ chenȱzuȱfördernȱundȱGlaubwürdigkeitȱzuȱdokumentieren.ȱDerȱzweiȬ teȱ Wegȱ istȱ derȱ Versuchȱ desȱ Totschweigensȱ undȱ Aussitzens.ȱ Dieseȱ Handlungsalternativeȱ erfreutȱ sichȱ inȱ derȱ Praxisȱ großerȱ Beliebtheit,ȱ birgtȱ allerdingsȱ erheblicheȱ Risiken,ȱ wieȱ aufkommendeȱ ungewollteȱ Gerüchte,ȱVertrauensverlustȱoderȱBarrierenaufbau.ȱ
303ȱ
8
Kommunikation im Wandel
Das Thema: Interne Kommunikation Das Beispiel: DEUTSCHE BANK Die Abteilung ‚Interne Kommunikation’ der DEUTSCHEN BANK ist Teil des Corporate Centers und berichtet direkt an den Vorstand. Wesentliche Aufgaben sind die interne Print- und elektronische Kommunikation, internes Marketing sowie PR. Über ein ‚Communication Steering Board’ wird die Zusammenarbeit mit anderen Funktionen im Konzern sichergestellt. Als interner Nachrichtendienstleister kommuniziert die ‚Interne Kommunikation’ einerseits aktuelle Themen der Mitarbeiter nach ‚oben’, andererseits werden traditionellerweise die wesentlichen Unternehmungs- und Führungsinformationen aufbereitet und der Basis zur Verfügung gestellt.
Abbildungȱ8/6:ȱ WesentlicheȱKommunikationskanäleȱundȱȬinstrumenteȱ
Print-Medien
Elektronische Medien
• dbnetwork • Global forum • Mitarbeiterzeitschriften • db UnternehmensHomepage (CIB Compass, PBC • Regionale und Compass) Unternehmensbereichs-Websites
Visual-Medien
• dbnetwork TV • dbCamcast • Video Konferenzen • First page TV
Persönliche Kommunikation • Senior Management Konferenzen • Town Hall Meetings • „Executive Dinner“Reihe • Kaskadenförmige Kommunikationsevents
ȱ
Im Jahre 2002 setzte die ‚Interne Kommunikation’ im Rahmen einer neuen Strategieinitiative ein umfassendes Kommunikationskonzept um (vgl. Abb. 8/6). Besonders bemerkenswert war neben dem Einsatz konventioneller und moderner Medien eine Reihe von Town Hall Meetings. Ausgehend von Frankfurt wurden an verschiedenen weiteren Standorten in Deutschland und im Ausland über 4.000 Personen bei 14 Events erreicht. Jeder Event war auf max. 800 Teilnehmer begrenzt und wurde von einem lokalen Senior Manager moderiert. Wichtiger Bestandteil war eine Präsentation der Vision, Strategie und Zielsetzungen durch den CEO J. Ackermann. Anschließend ergänzten offene Fragenrunden und sog. informelle ‚Gettogether-sessions’ die Town Hall Meetings.
304ȱ
Kommunikation im Wandlungsprozess
8.3.6
8.3
Verstetigung
Dasȱ kommunikativeȱ Handelnȱ inȱ derȱ Verstetigungȱ besitztȱ imȱ HinȬ blickȱ aufȱ dieȱ langfristigeȱ Erhaltungȱ vonȱ Wandlungsfähigkeitȱ undȱȱȱȱȱȱ Ȭbereitschaftȱ weiterhinȱ einenȱ hohenȱ Stellenwertȱ undȱ istȱ seinerseitsȱ zuȱverstetigen.ȱZunächstȱgehtȱesȱumȱeineȱanȱdenȱerreichtenȱErfolgenȱ ausgerichteteȱ Kommunikationȱ zumȱ Abschlussȱ desȱ Programms,ȱ soȬ dannȱ aberȱ umȱ Kommunikation,ȱ dieȱ denȱ angestrebtenȱ kontinuierliȬ chenȱEntwicklungsprozessȱunterstütztȱundȱbegleitet.ȱKommunikatiȬ onȱ inȱ derȱ Verstetigungȱ lebtȱ zunächstȱ davon,ȱ dassȱ überhauptȱ Kommunikationsmöglichkeitenȱ bereitstehen.ȱ Dafürȱ hatȱ dieȱ formaleȱ Kommunikationȱ alsȱ ‚Enabler‘ȱ dieȱ Voraussetzungenȱ zuȱ schaffen.ȱ HierzuȱgehörenȱregelmäßigeȱmoderierteȱVeränderungsforen,ȱoffeneȱ Diskussionsforen,ȱ Changeȱ Workshops,ȱ hierarchieübergreifendeȱ MonatsȬȱ oderȱ Quartalsgesprächeȱ zuȱ speziellenȱ Themen,ȱ dieȱ anȱ dieȱ Veränderungenȱ anschließenȱ undȱ dieseȱ weiterentwickeln.ȱ Imȱ bestenȱ Fallȱ gelingtȱ es,ȱ positiveȱ Erfahrungenȱ mitȱ Kommunikationsmedienȱ undȱȬmethodenȱinȱdasȱTagesgeschäftȱzuȱüberführenȱundȱdamitȱauchȱ dasȱ Kommunikationsverhaltenȱ inȱ derȱ Unternehmungȱ generellȱ zuȱ verändern.ȱ Dieȱ Führungsmannschaftȱ mussȱ hierȱ wiederumȱ mitȱ besȬ temȱBeispielȱvorangehen.ȱȱ Checkliste zum Übergang in die Verstetigung Sind die Ergebnisse des Instrumenteneinsatzes bekannt und die Erfahrungen mit dem Kommunikationskonzept dokumentiert? Sind die wesentlichen Erfolge so kommuniziert und ‚in Stein gemeißelt’, dass sie zum Gegenstand der Corporate Story werden können? Welche Instrumente haben sich als besonders sinnvoll vor dem Hintergrund der spezifischen Unternehmungskultur erwiesen und sind geeignet, langfristig der Kommunikation zu dienen? Sind bereits regelmäßige Kommunikationsinstrumente im Sinne der Verstetigung eingeführt? Sind Plattformen geschaffen, die einen weiteren Austausch zulassen und fördern?
305ȱ
8
Kommunikation im Wandel
8.4
Auswahl und Einsatz von Kommunikationsinstrumenten
AbschließendȱsollȱeinȱkurzerȱEinblickȱinȱdieȱAuswahlȱvonȱundȱdieȱ Arbeitȱ mitȱ denȱ Kommunikationsinstrumentenȱ gegebenȱ werden.ȱ Voraussetzungȱ istȱ immer,ȱ dassȱ überȱ dieȱ Kommunikationsstrategieȱ undȱ dieȱ Zielgruppenȱ Klarheitȱ besteht.ȱ Fürȱ dieȱ zielgruppenspezifiȬ scheȱAuswahlȱderȱKommunikationsinstrumenteȱlassenȱsichȱfolgendeȱ Kriterienȱeinsetzen:ȱȱ
Projekttypȱ bzw.ȱ Kommunikationssituation:ȱ Inȱ einerȱ PullȬ SituationȱhabenȱdieȱMitarbeiterȱeinȱhohesȱInformationsbedürfnisȱ undȱ verarbeitenȱ dasȱ Informationsangebotȱ ohneȱ weitereȱAktivieȬ rungȱ (Turnaround,ȱ Abbauprogramme).ȱ Inȱ einerȱ PushȬSituationȱ istȱ dieȱ Aufmerksamkeitȱ dagegenȱ niedrig,ȱ undȱ dieȱ Ideen,ȱ Zieleȱ undȱMaßnahmenȱmüssenȱaktivȱmitȱhohemȱDruckȱkommuniziertȱ werdenȱ (Visionsentwicklung,ȱ z.T.ȱ Aufbauprogramme;ȱ vgl.ȱ BerȬ nerȱ2002).ȱȱ
Vorerfahrungen:ȱ Zuȱ berücksichtigenȱ ist,ȱ inȱ wieȱ weitȱ schlechteȱ oderȱ guteȱ Vorerfahrungenȱ derȱ Mitarbeiterȱ mitȱ Veränderungenȱ dasȱVorhabenȱbeeinflussenȱkönnen.ȱ
Gruppengröße:ȱ Weitereȱ wesentlicheȱ Einflussgrößeȱ istȱ natürlichȱ dieȱ Gruppengröße.ȱ Hierȱ sindȱ ergänzendȱ zuȱ Einzelgesprächenȱ KleinȬȱundȱGroßgruppenȱrelevantȱundȱdamitȱauchȱderȱmöglicheȱ GradȱderȱIndividualisierungȱvonȱKommunikation.ȱ
Komplexitätȱ derȱ Information:ȱ Beiȱ einfachenȱ Themenȱ genügenȱ auchȱ relativȱ einfache,ȱ standardisierteȱ Formenȱ derȱ EinwegkomȬ munikationȱ (z.B.ȱ Rundschreiben,ȱ Arbeitsanweisungen).ȱ Fürȱ schwierigereȱ undȱ erklärungsbedürftigeȱ Fragenȱ sindȱ entspreȬ chendȱaufwändigereȱInstrumenteȱerforderlich.ȱSieȱsindȱvorȱallemȱ dadurchȱgekennzeichnet,ȱdassȱsieȱdieȱPräsenzȱvonȱFunktionsträȬ gernȱ oderȱ Multiplikatorenȱ erfordernȱ undȱ FeedbackmöglichkeiȬ tenȱeröffnen.ȱ BeiȱderȱKonfigurierungȱderȱgeeignetenȱInstrumenteȱgehtȱesȱletztlichȱ darum,ȱ dasȱ richtigeȱ Maßȱ anȱ Individualisierungȱ bzw.ȱ StandardisieȬ rungȱ derȱ Kommunikationȱ zuȱ finden.ȱ Einȱ Zuvielȱ anȱ persönlicherȱ KommunikationȱkannȱebensoȱineffizientȱseinȱwieȱeinȱZuwenigȱ(vgl.ȱ Abb.ȱ8/7,ȱHungenberg/Wulfȱ2004,ȱS.ȱ243;ȱKochȱ2004,ȱS.ȱ254).ȱȱ
306ȱ
Auswahl und Einsatz von Kommunikationsinstrumenten
8.4
EffizienterȱBereichȱderȱKommunikationȱ
Direktes persönliches Gespräch
Kommunikationsmedien/ -formen
Abbildungȱ8/7ȱ
Hoch
Zu viel Information führt zu Konfusion
Interaktive Kommunikation bei komplexen Inhalten
Indirektes persönliches Gespräch
Soziale Präsenz
Persönliches Schreiben
Unpersönliches Rundschreiben
Einseitige Kommunikation bei einfachen Inhalten
Gering
Individualisierungsgrad
Zu wenig Information führt zu Misstrauen Hoch
Niedrig
ȱ
DasȱProfilȱderȱjeweilsȱgeeignetenȱKommunikationȱhängtȱzwangsläuȬ figȱvomȱImplementierungsverlaufȱabȱundȱwechseltȱdabeiȱauchȱnochȱ vonȱ Phaseȱ zuȱ Phase.ȱ Ausgewählteȱ Detailsȱ zeigtȱ Abbildungȱ 8/8ȱ amȱ BeispielȱeinesȱpartizipativenȱWandels.ȱDortȱsindȱbereitsȱinȱderȱPhaseȱ derȱ Konzipierungȱ zahlreicheȱ Einbindungsinstrumenteȱ vorgesehen.ȱ Wieȱ obenȱ bereitsȱ beschrieben,ȱ habenȱ dieseȱ Maßnahmenȱ zugleichȱ auchȱ mobilisierendenȱ Charakter,ȱ könnenȱ alsoȱ dieȱ MobilisierungsȬ phaseȱ entlastenȱ bzw.ȱ verkürzen.ȱ Insbesondereȱ fürȱ dieȱ Einbindungȱ vonȱ Großgruppenȱ habenȱ sichȱ neueȱ Kommunikationsformenȱ entwiȬ ckeltȱ –ȱ z.B.ȱ Openȱ Space,ȱ Realȱ Timeȱ Strategicȱ Changeȱ (RTCS)ȱ oderȱ WeltȬCaféȱ genannt.ȱ Sieȱ ermöglichenȱ es,ȱ z.T.ȱ auchȱ überȱ 1.000ȱ MitarȬ beiterȱ anȱ Veränderungsprozessenȱ zuȱ beteiligenȱ undȱ fruchtbareȱ ErȬ gebnisseȱ darausȱ zuȱ ziehenȱ (vgl.ȱ zurȱ Bonsenȱ 2003).ȱ Einȱ direktivesȱ Vorgehenȱ wäreȱ demgegenüberȱ durchȱ eineȱ wesentlichȱ restriktivereȱ Kommunikationspolitikȱ gekennzeichnet.ȱ Imȱ einfachstenȱ Fallȱ wärenȱ diesȱ eineȱ ‚Mitteilungskonferenz’ȱ undȱ einigeȱ Projektbesprechungenȱ undȱȬpräsentationen.ȱ
307ȱ
8 Abbildungȱ8/8ȱ
Kommunikation im Wandel
AusgewählteȱKommunikationsinstrumenteȱbeiȱpartizipativerȱImplementieȬ rungsstrategieȱ
Phasen des Wandels Konzipierung
Initialisierung
Mobilisierung
Umsetzung
Verstetigung
Instrumente persönlicher nlicher und medialer Kommunikation Workshops, Klausurtagungen, Runde Tische, Lobbying, FührungskräfteDialog
Open Space, Brown PaperSessions, Inforunden, Kulturund Klimaumfragen, Workshops, Business Lunch
Business-TV, Town Meetgs., Roadshows, Theater, Betriebs vers., Kick off, Feste, Ausflüge, Zeitschrift, Infou. Projektmessen, Intranet, Videos, Führungsdialog, Pressemitteilung, Präsentationen, T-Shirts, Tassen
Business-TV, Schwarzes Brett, moderierte Teamsitzungen, Präsentationen, Sprechstunden, offene Türen, Hotline, Interviews, Konferenzen, Kummerkasten
regelmäßige Foren, Nachtreffen, Interessengruppen, Monatsgespräch ä Monatsgespräch, Diskussionsforen im Intranet, Erfahrungsgruppen, kontinuierliche Workshops, Kurzmeetings, Lunchgespräche
ȱ
UmȱbeiȱallerȱKomplexitätȱdesȱThemasȱdieȱÜbersichtȱzuȱbehalten,ȱistȱ schonȱdieȱBeachtungȱeinigerȱeinfacherȱRegelnȱsehrȱhilfreich:ȱ
¾ Vonȱ Beginnȱ anȱ dieȱ strategischeȱ Bedeutung,ȱ dasȱ Commitmentȱ derȱ Führungȱ undȱ dieȱ organisatorischeȱ undȱ budgetmäßigeȱ VerȬ ankerungȱdesȱThemasȱKommunikationȱsicherstellen.ȱ
¾ Frühzeitigȱ offenȱ überȱ geplanteȱ Änderungenȱ informierenȱ undȱ verbindlicheȱZeitpunkteȱfürȱdieȱDetailsȱankündigenȱundȱeinhalȬ ten.ȱ
¾ Kommunikationȱ bedeutetȱ nicht,ȱ dassȱ alleȱ beiȱ allemȱ mitredenȱ –ȱ esȱgibtȱauchȱzuȱvielȱdesȱGuten.ȱ
¾ Kommunikationȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ vorȱ Kommunikationȱ vonȱLösungen.ȱ
¾ EntschiedenheitȱundȱÜberzeugungȱinȱderȱgrundsätzlichenȱRichȬ tungȱundȱVorgehensweiseȱsignalisieren.ȱȱ
¾ AufȱSorgen,ȱÄngste,ȱNöteȱundȱBedürfnisseȱderȱMitarbeiterȱeinȬ gehen.ȱ
308ȱ
Zusammenfassung
8.5
¾ NegativeȱAspekteȱmitȱmutigerȱDeutlichkeitȱkonstruktivȱanspreȬ chenȱundȱmitȱdenȱKonsequenzenȱauseinanderȱsetzen.ȱScheinheiȬ ligeȱDiplomatieȱzerstörtȱVertrauenȱundȱAkzeptanz.ȱ
¾ Fürȱ einfacheȱ routinemäßigeȱ Inhalteȱ einfacheȱ KommunikationsȬ formenȱwählen,ȱfürȱschwierige,ȱungewöhnlicheȱNachrichtenȱbeȬ sondereȱKommunikationsformenȱwählen.ȱ
8.5
Zusammenfassung
Veränderndeȱ undȱ veränderteȱ Kommunikationȱ leistetȱ alsȱ QuerȬ schnittsfunktionȱ einenȱ wesentlichenȱ Beitragȱ zuȱ denȱ beschriebeȬ nenȱWandlungsprozessen.ȱSieȱbeginntȱundȱendetȱinȱdenȱKöpfenȱ derȱ Mitarbeiter,ȱ alsoȱ genauȱ dort,ȱ woȱ Veränderungenȱ stattfindenȱ müssen.ȱ Kommunikationȱ wirktȱ unmittelbarȱ aufȱ dieȱ mentalenȱ ModelleȱeinȱundȱkannȱsoȱderenȱVerhaltenssteuerungȱbeeinflusȬ sen.ȱ
Dieȱ Kommunikationsstrategieȱ istȱ einȱ wichtigerȱ Bestandteilȱ desȱ Wandlungsmanagements.ȱ Ausȱ ihrȱ leitetȱ sichȱ einȱ umfassendes,ȱ phasenspezifischesȱ Kommunikationskonzeptȱ ab.ȱ Diesesȱ mussȱ sowohlȱ formaleȱ alsȱ auchȱ informaleȱ Kommunikationȱ berücksichȬ tigen,ȱ verschiedeneȱ Rollenverteilungenȱ zwischenȱ Sendernȱ undȱ Empfängernȱ nutzenȱ undȱ ausȱ derȱ Vielzahlȱ derȱ KommuniȬ kationsinstrumenteȱdieȱwirklichȱgeeignetenȱauswählen.ȱ
WesentlicheȱEinflussgrößenȱfürȱdieȱAuswahlȱderȱKommunikaȬ tionsstrategieȱsindȱdieȱInhalteȱdesȱProgrammsȱbzw.ȱderȱProjektȬ typȱ undȱ dieȱ gewählteȱ Implementierungsstrategie.ȱ Diesȱ umfasstȱ sowohlȱ dieȱ eherȱ restriktiveȱ Kommunikationȱ imȱ Topȱ downȬ Vorgehenȱalsȱ auchȱ dieȱ umfassendeȱ Einbindungȱimȱ Fallȱ desȱ BotȬ tomȱupȬVorgehens.ȱ
Inȱ jederȱ Phaseȱ desȱ Wandlungsprozessesȱ findetȱ Kommunikationȱ statt,ȱdaherȱmüssenȱInhalte,ȱSender,ȱEmpfängerȱausgewähltȱundȱ derȱKontextȱgestaltetȱwerden,ȱumȱzielgerichtetȱundȱzielgruppenȬ spezifischȱkommunizierenȱzuȱkönnen.ȱȱ ȱ ȱ
309ȱ
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1
ȱ
Controlling der strategischen Erneuerung
Kapitel 9
Norbert Bach / Henrik Steinhaus
311ȱ
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
ȱ
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation
ȱ
Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 9 Controlling ist im Tagesgeschäft eine unentbehrliche und gut ausgebaute Führungsunterstützung. Den gleichen Anspruch Schritt für Schritt auch im Wandlungsgeschäft einzulösen, ist die Intention von Kapitel 9. Planung, Steuerung und Kontrolle von Wandlungsprogrammen über die Phasen des Wandlungsprozesses hinweg sind zu bewältigen. Dabei sind die Unterschiede von Abbau-, Umbau- und Aufbauprogrammen in der Zielsetzung und den Kennzahlen zu berücksichtigen. Nicht zuletzt ist der Zusammenhang von Gesamtprogramm und einzelnen (Teil-)Projekten im Controlling abzubilden und beherrschbar zu machen.
ȱ ȱ ȱ
ȱ
ȱ ȱ
313ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
9.1
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1.1
Controllingverständnis und Ziele der Transformation
Denȱ hierȱ diskutiertenȱ Fragenȱ desȱ Controllingsȱ vonȱ TransformatiȬ onsprozessenȱliegtȱdasȱControllingverständnisȱvonȱHahn/Hungenbergȱ zugrundeȱ (2001,ȱ S.ȱ 265ff.).ȱ Fürȱ dasȱ Controllingobjektȱ Wandelȱ führtȱ diesȱ zumȱ Begriffȱ Wandlungscontrolling,ȱ derȱ dieȱ informationelleȱ Sicherstellungȱ ergebnisorientierterȱ Planung,ȱ Steuerungȱ undȱ ÜberȬ wachungȱ vonȱ Transformationsprozessenȱ umfasst.ȱ Gegenstandȱ derȱ nachfolgendenȱAbschnitteȱsindȱdaherȱMethodenȱundȱVerfahren,ȱdieȱ versuchen,ȱdieȱAufgabenerfüllungȱimȱWandlungsprozessȱzuȱbewerȬ tenȱundȱaufȱihrenȱErgebnisbeitragȱhinȱzuȱquantifizieren.ȱ
Wandlungscontrollingȱ ȱ hatȱ dieȱ informationelleȱ Sicherstellungȱ einerȱ ergebnisorientiertenȱ Planung,ȱ Steuerungȱ undȱ Kontrolleȱ desȱWandelsȱzumȱZiel.ȱHierzuȱwirdȱdieȱAufgabenerfüllungȱimȱ Wandlungsprozessȱ bewertetȱ undȱ hinsichtlichȱ ihresȱ ErgebnisȬ beitragsȱquantifiziert.ȱ
DieȱgewählteȱDefinitionȱstelltȱnichtȱohneȱGrundȱdenȱErgebnisbeitragȱ inȱ denȱ Mittelpunktȱ derȱ Betrachtung.ȱ Inȱ konjunkturellȱ schwierigenȱ ZeitenȱundȱbeiȱdringendemȱWandlungsbedarfȱsindȱKapitalgeberȱnurȱ anhandȱ vonȱ hartenȱ Zahlenȱ davonȱ zuȱ überzeugen,ȱ inȱ eineȱ strategiȬ scheȱ Erneuerungȱ zuȱ investieren.ȱ Wandelȱ istȱ einȱ Investmentȱ inȱ zuȬ künftigeȱ Erträgeȱ undȱ strategischeȱ Optionenȱ müssenȱ alsȱ alternativeȱ Investmentsȱ behandeltȱ werden,ȱ mitȱ derenȱ Hilfeȱ dieȱ Erhaltungȱ undȱ erfolgreicheȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Unternehmungȱ sichergestelltȱ werdenȱ sollen.ȱ Monetäreȱ Rückflüsseȱ sindȱ alsȱ alleinigeȱ SteuerungsȬ größeȱ jedochȱ nurȱ bedingtȱ geeignet,ȱ daȱ sieȱ lediglichȱ dasȱ Ergebnisȱ einesȱ langȱ dauerndenȱ Prozessesȱ widerspiegelnȱ undȱ somitȱ nurȱ eineȱ Steuerungȱ mitȱ starkerȱ zeitlicherȱ Verzögerungȱ erlauben.ȱ Sollȱ dasȱ Schiffȱ nichtȱ übermäßigȱ weitȱ vomȱ Kursȱ abkommen,ȱ sindȱ auchȱ sachȬ logischȱ undȱ zeitlichȱ vorgelagerteȱ Zielkategorienȱ erforderlich.ȱ Alsȱ Lösungȱ bietetȱ dieȱ Controllingliteraturȱ dieȱ Unterscheidungȱ vonȱ
314ȱ
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1
WertȬ,ȱLeistungsȬȱundȱSozialzielenȱanȱ(vgl.ȱHahn/Hungenbergȱ2001,ȱ S.ȱ11ff.):ȱ
Wertziele:ȱ Alleȱ Ziele,ȱ derenȱ Ausmaßȱ inȱ monetärenȱ Einheitenȱ bewertetȱ wird,ȱ zählenȱ zuȱ denȱ Wertzielen.ȱ Investorenȱ erwartenȱ RückflüsseȱaufȱihrȱeingesetztesȱKapital,ȱseiȱesȱinȱFormȱvonȱDiviȬ dendenȱ und/oderȱ einemȱ gestiegenenȱ Unternehmungswertȱ (totalȱ shareholderȱ return).ȱ Dasȱ Ergebnisȱ derȱ unternehmerischenȱ WertȬ schöpfungȱ wirdȱ traditionellȱ inȱ Ergebniskennzahlenȱ (z.B.ȱ EBIT)ȱ undȱLiquiditätȱ(z.B.ȱCashȬflow)ȱfestgehalten,ȱmoderneȱKonzepteȱ fokussierenȱ aufȱ denȱ Unternehmungswertȱ (z.B.ȱ Kapitalwert,ȱȱȱȱȱȱȱȱȱ EVA).ȱJedesȱInvestmentȱinȱeinȱWandlungsprogrammȱwirdȱdaherȱ anȱ seinemȱ Beitragȱ zurȱ Steigerungȱ desȱ Unternehmungswertsȱȱ gemessen.ȱ Wennȱ durchȱ denȱ Wandelȱ keinȱ Unternehmungswertȱ generiertȱ wird,ȱ solltenȱ auchȱ keineȱ Ressourcenȱ dafürȱ eingesetztȱ werden.ȱ Gemäßȱ derȱ Definitionȱ zähltȱ auchȱ dieȱ Einhaltungȱ vonȱ ObergrenzenȱmonetärerȱInputgrößenȱ(z.B.ȱBudget)ȱzuȱdenȱWertȬ zielen.ȱ
Leistungsziele:ȱ Wertschöpfungȱ resultiertȱ ausȱ derȱ Erstellungȱ marktfähigerȱProdukteȱoderȱDienstleistungen.ȱLeistungszieleȱimȱ Produktionsprozessȱ alsȱ denȱ Ergebniszielenȱ vorgelagerteȱ RegelȬ größeȱ erlaubenȱ eineȱ zeitnaheȱ Steuerungȱ dieserȱ Prozesse.ȱ Imȱ Wandlungsmanagementȱ korrespondierenȱ dieȱ Leistungszieleȱ mitȱ derȱ Deckungȱ desȱ Wandlungsbedarfs.ȱ Dieȱ angestrebteȱ VerändeȬ rungsleistungȱ mussȱ phasenspezifischȱ näherȱ bestimmtȱ undȱ opeȬ rationalisiertȱ werden.ȱ Hierbeiȱ könnenȱ spezifischeȱ Zieleȱ undȱ KennzahlenȱfürȱAbbauȬ,ȱUmbauȬȱoderȱAufbauprogrammeȱfestgeȬ legtȱwerden.ȱ
Sozialziele:ȱ Hiermitȱ sindȱ Verhaltensweisenȱ derȱ Unternehmungȱ gegenüberȱ ihrenȱ Mitarbeiternȱ angesprochen,ȱ dieȱ aufȱ eineȱ aktiveȱ Beteiligungȱ zielen.ȱ Wieȱ bereitsȱ inȱ Kapitelȱ 5ȱ erläutertȱgehtȱ esȱ umȱ dieȱAkzeptanzȱbeiȱdenȱMitarbeitern,ȱohneȱdieȱkeineȱWertschöpȬ fungȱ stattfindetȱ undȱ ohneȱ dieȱ keinȱ Wandelȱ bewältigtȱ werdenȱ kann.ȱ Dieȱ Wahlȱ einerȱ Implementierungsstrategieȱ determiniertȱ daherȱ maßgeblichȱ dieȱ Kostenverläufeȱ imȱ Verlaufȱ vonȱ TransforȬ mationsprozessen.ȱ
315ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
Die zunehmende Zahl der Insolvenzen im deutschen Mittelstand hat oftmals ihre Ursachen in mangelnden Kenntnissen bezüglich betriebswirtschaftlicher Steuerungsgrößen. In einem mittelständischen Unternehmen der Elektronikbranche wird Mitte des Geschäftsjahres 2005 deutlich, dass ohne ein weiteres Engagement der Banken in Kürze keine Rechnungen mehr bezahlt werden könnten (Wertziele). Bei einer Analyse der letzten Geschäftsjahre stellt sich heraus, dass bereits seit zwei Jahren die Produktivität und die erzielte Qualität (Leistungsziele) stetig gesunken sind. Gespräche mit den Mitarbeitern ergeben, dass vor drei Jahren die Stimmung in der Belegschaft schlechter wurde und dass vor zwei Jahren drei Schlüsselpersonen die Unternehmung verlassen hatten (Sozialziele).
9.1.2
Ebenen, Aufgaben und Träger des Wandlungscontrollings
ImȱFolgendenȱwirdȱdasȱWandlungscontrollingȱinȱdieȱEbenenȱContȬ rollingȱ derȱ Unternehmungsentwicklung,ȱ Controllingȱ vonȱ TransȬ formationsprozessenȱ undȱ Projektcontrollingȱ unterschieden.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ regulärenȱ Controllingȱ derȱ Unternehmungȱ istȱ derȱ betrachteteȱ Zeitraumȱ nichtȱ dasȱ Geschäftsjahrȱ oderȱ dasȱ GeschäftsȬ quartal.ȱ Welcheȱ Zeiträumeȱ betrachtetȱ werdenȱ undȱ welcheȱ AufgaȬ bengebieteȱzuȱunterscheidenȱsind,ȱwirdȱvomȱjeweiligenȱProgrammȬȱ bzw.ȱProjektauftragȱdeterminiert.ȱȱ Übergeordneteȱ Aufgabeȱ istȱ dasȱ Controllingȱ derȱ UnternehmungsȬ entwicklung.ȱEsȱhatȱdieȱIdentifikationȱvonȱWandlungsbedarfenȱundȱ dieȱ generelleȱ Bewertungȱ strategischerȱ Optionenȱ zumȱ Gegenstand.ȱ ImȱhierȱvertretenenȱVerständnisȱistȱeineȱstrategischeȱFrühaufklärungȱ mitȱ einemȱ gezieltenȱ Monitoringȱ vonȱ identifiziertenȱ Impulsenȱ eineȱ Daueraufgabe,ȱ dieȱ alsȱ strategischesȱ Controllingȱ zuȱ denȱ KernaufgaȬ benȱ einerȱ Controllingfunktionȱ inȱ derȱ Linieȱ zählt.ȱ Esȱ hatȱ wichtigenȱ HandlungsȬInputȱ zuȱ liefern:ȱ Dieȱ Definitionȱ desȱ Programmauftragsȱ mitȱZielinhalt,ȱZielausmaßȱundȱZielterminȱ(vgl.ȱAbb.ȱ9/1).ȱ
316ȱ
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1 Abbildungȱ9/1ȱ
EbenenȱdesȱWandlungscontrollingsȱ Controlling der Unternehmungsentwicklung als Daueraufgabe Programmaufträge, z.B. Inhalt: Konzernweite Herstellkosten Ausmaß: Reduzierung um 15% Termin: bis Ende 2006
Wandlungscontrolling im engeren Sinn Initialisierung
Konzipierung
Mobilisierung
Umsetzung Umsetzung
Verstetigung Verstetigung
Projektaufträge, z.B. Inhalt: Standortübergreifende Transport- und Lagerkosten Ausmaß: Reduzierung um 10% Termin: 06/2006
Projektcontrolling Strategieprojekte
Kommu- Vorberei- Basisnikations- tungs- projekte projekte projekte
Folgeprojekte
Typische Projekte
ȱ
Dasȱ Controllingȱ vonȱ Transformationsprozessenȱ setztȱ nunȱ aufȱ derȱ Wandlungsprogrammplanungȱ auf,ȱ inȱ derenȱ Rahmenȱ derȱ ProȬ grammauftragȱ inȱ Projekteȱ undȱ Teilprojekteȱ zerlegtȱ wird.ȱ Bereitsȱ inȱ derȱProgrammplanungȱwerdenȱmitȱderȱBudgetierung,ȱKennzahlenȬ definitionȱ undȱ Meilensteinplanungȱ dieȱ Grundlagenȱ fürȱ dasȱ spätereȱ Projektcontrollingȱgelegt.ȱ
Dasȱ Controllingȱ desȱ Transformationsprozessesȱ dientȱ derȱ erȬ gebnisorientiertenȱPlanung,ȱSteuerungȱundȱKontrolleȱderȱAktiȬ vitätenȱ derȱ Projektprozesseȱ desȱ Wandelsȱ mitȱ Blickȱ aufȱ dieȱ ErȬ reichungȱdesȱProgrammauftrags.ȱ
Dieȱ Wandlungsprogrammplanungȱ erfolgtȱ grundsätzlichȱ zunächstȱ TopȱdownȱdurchȱVorgabeȱeinesȱGesamtbudgetsȱfürȱdenȱProgrammȬ auftragȱ durchȱ dieȱ Unternehmungsleitung.ȱ Darausȱ folgendȱ werdenȱ dieȱVorgabenȱhinsichtlichȱAufgaben,ȱBudgetsȱundȱTerminenȱfürȱdieȱ Projektprozesseȱdetailliert.ȱ
317ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
EbensoȱwieȱbeiȱderȱPlanungȱaufȱProgrammebeneȱsindȱauchȱfürȱeineȱ realistischeȱAufwandschätzungȱhinsichtlichȱderȱProjektprozesseȱdesȱ Wandelsȱ oftmalsȱ tiefȱ greifendeȱ Spezialkenntnisseȱ notwendig.ȱ Dieȱ Programmplanungȱ erfordertȱ deshalbȱ zwingendȱ einenȱ Bottomȱ upȬ RücklaufȱausȱdenȱTeilprojekten.ȱ Dieȱ Verteilungȱ derȱ Controllingaufgabenȱ aufȱ Aufgabenträgerȱ erȬ folgtȱanalogȱderȱWandlungsprogrammplanung.ȱAufȱderȱTeilprojektȬ ebeneȱistȱdasȱalsȱGrundlageȱfürȱdasȱControllingȱnotwendigeȱAufstelȬ lenȱ einesȱ Projektplansȱ üblicherweiseȱ Aufgabeȱ desȱ TeilprojektȬ leiters.ȱ Erȱ sollteȱ überȱ Erfahrungȱ ausȱ vergleichbarenȱ Tätigkeitenȱ verfügenȱundȱzuverlässigeȱSchätzungenȱzuȱerforderlichenȱSachmitȬ teln,ȱPersonalkapazitätenȱundȱTerminenȱgebenȱkönnen.ȱ
Abbildungȱ9/2ȱ
AufgabenträgerȱimȱWandlungscontrollingȱ
Aufgabe Controlling der Unternehmungsentwicklung Controlling des Transformationsprozesses Controlling der Projektprozesse
Aufgabenträger
Linieneinheit Controlling Programmcontrolling als Führungsunterstützungseinheit
Projektleiter bzw. Teilprojektleiter
ȱ
Dieȱ ProgrammȬȱ undȱ Projektplanungȱ bildetȱ dieȱ Grundlageȱ fürȱ dasȱ ControllingȱdesȱTransformationsprozesses.ȱDieȱKennzahlenȱausȱdemȱ Programmplanȱ sindȱ dieȱ Regelgrößen,ȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ Sachmittelnȱ undȱPersonalȱdieȱStellgrößenȱfürȱeineȱSteuerungȱgemäßȱdemȱRegelȬ kreisprinzipȱ(vgl.ȱHahn/Hungenbergȱ2001,ȱS.ȱ50ff.).ȱ
318ȱ
Wandlungscontrolling als spezielles Projektcontrolling
9.1
Das Thema: Ebenen des Wandlungscontrollings Das Beispiel: DEUTSCHE POST WORLD NET AG Die DEUTSCHE POST WORLD NET hat sich in den letzten zehn Jahren durch Restrukturierungsmaßnahmen und zahlreiche Akquisitionen von einer staatlich geführten Behörde zu einem führenden Anbieter globaler Distributions- und Logistikdienstleistungen entwickelt. Heute ist die DEUTSCHE POST WORLD NET AG in den Bereichen BRIEF, EXPRESS, LOGISTIK und FINANZEN/DIENSTLEISTUNGEN tätig.
Abbildungȱ9/3:ȱ AufbauorganisationȱderȱDEUTSCHEȱPOSTȱWORLDȱNETȱ ȱ AGȱ
Deutsche Post
Konzern
Unternehmungsbereiche
World Net
MAIL EXPRESS LOGISTICS FINANCE
BRIEF
EXPRESS
LOGISTIK
FINANZ DIENSTLEISTUNGEN
Leistungsmarken
ȱ
Beim Amtsantritt des Vorstandsvorsitzenden Klaus Zumwinkel im Jahr 1990 erwirtschaftete die Post bei einem Umsatz von 19 Mrd. DM einen Verlust von 1,4 Mrd. DM. Nach Rationalisierung, Modernisierung und Arbeitsplatzabbau im großen Stil fuhr das Unternehmen 2001 bei einem Umsatz von 33,4 Mrd. € einen Gewinn (EBITDA) von 2,55 Mrd. € ein. Die Ergebniskennzahlen waren dennoch Anlass zum Start des Wertsteigerungsprogramms STAR im Januar 2002. Erklärtes Ziel war es, durch Erschließung von Synergien das operative Ergebnis bis zum Jahr 2005 um mindestens 1,4 Mrd. € auf mindestens 3,6 Mrd. € zu erhöhen. Abbildung 9/4 zeigt die bisher erzielten kumulierten Ergebnisbeiträge zum Ende des Geschäftsjahres 2004 (Quelle: Geschäftbericht DPWN AG 2004, S. 23).
319ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
Abbildungȱ9/4:ȱ KumulierterȱErgebnisbeitragȱdesȱSTARȬProgrammsȱ(inȱȱȱ ȱ Mio.ȱ€)ȱ 1600 Akkumuliertes Ziel per 31.12.2005: mindestens 1.400 Mio. €
1400 1200 1000 Akkumuliertes Ziel per 31.12.2004: mindestens 800 Mio. € 143
800 600
862 Mio. € (31.12.2004)
118 97
400
81
423 Mio. € (31.12.2003)
84 79
200
81 93
0
86 Mio. € (31.12.2002)
86
Q4
Q1
Q2
Q3 Q4
Q1 Q2
Q3
2002
2003
2004
86 Mio. €
337 Mio. €
439 Mio. €
Q4 Q1
Q2
Q3 Q4
2005
ȱ
Das STAR-Programm umfasst insgesamt über 100 Einzelprojekte, die folgenden fünf Programmaufträgen zugeordnet sind: Vereinheitlichung des Markenauftritts, Harmonisierung der Vertriebsstrukturen, Standardisierung des Produktsortiments, Integration bestehender Netzwerke, Optimierung von Querschnittsfunktion wie Einkauf und IT. Im Rahmen des letztgenannten Programmauftrags wurden im Jahr 2004 die Einkaufsfunktionen grundlegend umstrukturiert. Große Einkaufsvolumina wurden nach insgesamt 18 Produktkategorien gebündelt und werden nun nach dem Prinzip des Category Management geführt. Konkrete Einzelbeispiele für Projekte sind: Standardisierung der von Geschäftskunden verwendeten Verpackungen, um den Kunden gegenüber weltweit optisch einheitlich aufzutreten. Mithilfe internetgestützter Einkaufswerkzeuge konnten für diesen gebündelten Bedarf neue Lieferanten in Asien, Osteuropa und Amerika gewonnen und bessere Konditionen erzielt werden. Der Bedarf an Computern wird konzernweit ermittelt und ausgeschrieben; die Hardware wird nun zu günstigeren Konditionen von wenigen Hauptlieferanten bezogen.
320ȱ
Für die Beschaffung von Uniformen und Schutzkleidung wurden konzernweit einheitliche Richtlinien festgelegt. Nach mehreren umfangreichen Ausschreibungsverfahren konnte die Zahl der Kernlieferanten
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
auf 20 Unternehmungen aus Europa, Asien und Amerika reduziert werden. Das STAR-Programm hat die bis zum Ende des Geschäftsjahres 2005 geplanten Ziele erreicht, oftmals bereits vor den angestrebten Terminen. Auf der Führungskräftetagung der DPWN im Februar 2006 in Interlaken kündigte Klaus Zumwinkel bereits das Nachfolgeprogramm FirstChoice an: „Jetzt legen wir den Fokus verstärkt auf Aspekte der Kundenzufriedenheit, Qualitätsentwicklung und Qualitätsführerschaft.“ Wie bei STAR will Zumwinkel auch bei FirstChoice exakt kontrollieren und messen, was die einzelnen Projekte an Umsatz und Erträgen bringen. Diese Zahlen sollen quartalsweise auch publiziert werden (Quelle: Geschäftsberichte und Präsentationen auf www.dpwn.de).
9.2
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2.1
Regelgrößen in Transformationsprozessen
Alsȱ RegelȬȱ undȱ Stellgrößenȱ fürȱ dasȱ Controllingȱ desȱ TransformatiȬ onsprozessesȱ wirdȱ eineȱ Reiheȱ vonȱ Kennzahlenȱ benötigt,ȱ dieȱ nebenȱ demȱLeistungsfortschrittȱvorȱallemȱdieȱHöheȱverschiedenerȱKostenȬ artenȱundȱderenȱBelastungȱaufȱProjektkostenstellenȱdarstellt.ȱ Imȱ betriebswirtschaftlichenȱ Verständnisȱ istȱ Wertschöpfungȱ dieȱ DifȬ ferenzȱzwischenȱInputȱundȱOutput.ȱDieȱHöheȱdieserȱDifferenzȱundȱ damitȱderȱUnternehmungserfolgȱwirdȱimȱinternenȱRechnungswesenȱ inȱderȱKostenȬȱundȱLeistungsrechnungȱwidergespiegelt.ȱAuchȱwennȱ mitȱ Bezugȱ aufȱ Transformationsprozesseȱ dieȱ Ermittlungȱ derȱ WertȬ schöpfungȱmitȱProblemenȱbehaftetȱist,ȱdaȱsowohlȱdieȱzuȱerbringendeȱ LeistungȱalsȱauchȱdieȱaufzubringendenȱKostenȱnurȱschwerȱzuȱquanȬ tifizierenȱsind,ȱmussȱdennochȱüberȱAnnahmenȱundȱNäherungsrechȬ nungenȱ eineȱ Bewertungȱ derȱ Leistungȱ einesȱ Wandlungsprogrammsȱ erfolgen.ȱ
321ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
Das Thema: Controlling im Turnaround Das Beispiel: Mittelständische Kunstschlosserei Eine über Jahrzehnte erfolgreiche Kunstschlosserei ergänzte den Schlossereibetrieb um einen Eisenwarenhandel, der sich positiv entwickelte und bald eine ähnliche Größe wie das Schlossereigeschäft erreichte. Die Probleme begannen, als zunächst der Einkaufsverbund, dem man sich im Eisenwarenhandel angeschlossen hatte, im Jahr 2000 in wirtschaftliche Probleme geriet, und sie verschärften sich weiter, als in der benachbarten Kreisstadt zwei große Baumärkte ihre Pforten eröffneten. Schließlich zogen die rückläufigen Umsätze des Eisenwarenhandels die gesamte Unternehmung in die Krise, so dass auch auf Druck der finanzierenden Banken ein Wandlungsprogramm erarbeitet werden musste, das zunächst einen Abbau des Eisenwarenhandels vorsah und dann den Umbau der Restunternehmung mit dem Ziel des späteren Ausbaus des immer noch profitablen Schlossereigeschäfts. Für eine Verlängerung ihres Engagements verlangten die Banken ein wirksames Controlling des Transformationsprozesses. Es wurden verschiedene Projekte herausgearbeitet, zu deren laufender Überwachung Kennzahlen definiert wurden (vgl. Abb. 9/5). Schwierigkeiten bereitete vor allem die Bewertung des Warenabverkaufs als ein Teilprojekt des Wandlungsprogramms im Rahmen des Abbaus. Nur durch das Setzen von Prämissen ließ sich hier eine Quantifizierung vornehmen:
Abbildungȱ9/5:ȱ KennzahlenȱzurȱBewertungȱdesȱWandlungsprogrammsȱ Projekt
Ziel
Verantw.
Termin
Bestandsreduzierung
Halbierung der Bestände
Einkauf
Innerhalb von -8,5 8 Monaten
+103,5
Übernahme von Regiearbeiten in der Schlosserei
Zusätzliche Regieumsätze i.H.v. 20%
Schlossereimeister
Innerhalb von 20,0 einem Jahr
20,0
Geschäfts- Innerhalb von 16,3 3 Monaten führung, Meister
16,3
Geschäfts- Innerhalb von 24,0 führung einem halben Jahr
24,0
Senkung Schlos- Wareneinsatz sereikosten und Personalkosten senken Senkung Fläche für Handelswaren
Mietkostenreduzierung
Ertrag Liquidität (T€) (T€)
ȱ
322ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
Ziel:
Bestandsreduzierung Eisenwaren (Abbau)
Maßnahme:
Abverkaufsaktion mit Sonderrabatten
Ausgangssituation: Umsatzziel: Wareneinsatzquote: Wareneinsatz: Wareneinkauf: Bestandsabbau:
9.2
150 T€ 59% 88,5 T€ 88,5 T€ 0 T€
Prämissen im Rahmen des Wandlungscontrollings: Abverkauf erhöht Umsatz um 10%. Abverkauf wird mit Preisnachlass von 15% durchgeführt. Es erfolgt kein Wareneinkauf, Abverkauf erfolgt aus Warenbestand.
Abbildungȱ9/6:ȱ VergleichȱEffekteȱausȱProjektȱWarenabverkaufȱ(Abbau)ȱ ȱ gegenüberȱAusgangssituationȱ Kennzahl
Wirkung
Ertrag (T€)
Liquidität (T€)
Umsatz
Erhöhung um 10% auf 165 T€
+15
+15
Wareneinsatz
Erhöhung von 88,5 T€ auf 112 T€ (durch Rabatt und Umsatzplus)
-23,5
-23,5
Wareneinkauf
Kein Wareneinkauf, da Bestandsabbau
+112
+112
Bestandsveränderung
Bestandsabbau um 112 T€
-112
0,0
-8,5
+103,5
Summe
ȱ Mithilfe der prognostizierten Soll-Werte konnten der Beitrag des Projekts während des Transformationsprozesses überwacht und bei Auftreten von Abweichungen zeitnah Gegensteuerungsmaßnahmen veranlasst werden (z.B. zusätzliche Werbemaßnahmen oder Einschaltung eines Aufkäufers zur Bestandsveräußerung).
Zurȱ Steuerungȱ vonȱ Transformationsprozessenȱ wirdȱ nebenȱ derȱ reiȬ nenȱKostenüberwachungȱinȱderȱRegelȱeineȱVielzahlȱvonȱKennzahlenȱ eingesetzt,ȱdieȱdenȱErgebnisfortschrittȱbezüglichȱdesȱProgrammaufȬ tragsȱabbildenȱsollen.ȱGemäßȱderȱvorgenommenenȱUnterscheidungȱ
323ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
vonȱAbbauȬ,ȱUmbauȬȱundȱAufbauprogrammenȱzeigtȱAbbildungȱ9/7ȱ eineȱÜbersichtȱgeeigneterȱKennzahlen.ȱ
Abbildungȱ9/7ȱ
AbbauȬ,ȱUmbauȬȱundȱAufbaukennzahlenȱ Abbau
Umbau
Aufbau
Capital Employed (CE), Return on CE, Working capital, Capital expenditure, Budget für Abfindungen, Budgeteinsparungen, Marktkapitalisierung
Verhältnis neuer zu alter Umsatz, Schulungsbudget, Personalkosten pro Mitarbeiter, Marktkapitalisierung
Umsatzwachstum, Umsatz aus Neugeschäft, Umsatz aus Wachstumssegmenten, Investitionsvolumen, F&E-Budget, Vertriebs-/ Werbeaufwand, Neueinstellungsbudget, Schulungsbudget, Marktkapitalisierung
Personalbestand, Leistungs- Anzahl stillgelegter Vertriebs- oder Produkziele tionsstandorte, Abbau Fertigungskapazität, Abbau Lagerbestand
Anzahl neuer Geschäftsfelder, Anzahl Neukunden, Fertigungstiefe, Automatisierungsgrad in der Fertigung, Qualitätskennzahlen, Anzahl Versetzungen, Kundenzufriedenheit
Anzahl Neukunden, Anzahl neuer Geschäftsfelder, Anzahl Neuprodukte, Neuproduktrate, Produktentwicklungsdauer
Sozial- Abbau ohne betriebsziele bedingte Kündigungen, Sozialplan, Anzahl OutplacementMaßnahmen
Anzahl interner Stellenbesetzungen, Fluktuationsrate, Krankenstand, Fehlzeiten, Anzahl Schulungen je Mitarbeiter
Anzahl Neueinstellungen, Anzahl Schulungen je Mitarbeiter, Anzahl gezahlter Prämien, Betriebszugehörigkeit
Wertziele
ȱ
9.2.2
Kostenrechnung in Transformationsprozessen
NebenȱdenȱmitȱdemȱTransformationsprozessȱverbundenenȱEffektenȱ (KostenȱundȱLeistungen)ȱmussȱsichȱdasȱWandlungscontrollingȱauchȱ mitȱ denȱ Kostenȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ selbstȱ befassen.ȱ Hierbeiȱ kannȱ inȱ transparenteȱ Kostenȱ ȱ (z.B.ȱ Reisekosten,ȱ Schulungskosten,ȱ Infrastrukturkosten,ȱ Beratungskosten)ȱ undȱ inȱ verdeckteȱ Kostenȱȱ unterschiedenȱwerden.ȱLetztereȱwerdenȱoftȱvernachlässigt.ȱBeispielȬ
324ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
haftȱ seienȱ hierȱ dieȱ Opportunitätskostenȱ durchȱ MitarbeiterverunsiȬ cherungȱundȱFluktuationȱoderȱLeistungsverlusteȱgegenüberȱMarktȬ partnernȱ durchȱ dieȱ interneȱ Veränderungsanstrengungȱ einesȱ WandȬ lungsprogrammsȱangeführt.ȱ Stehenȱ mehrereȱ Wandlungsalternativenȱ zurȱ Verfügung,ȱ spieltȱ fürȱ einenȱ aussagekräftigenȱ Kostenvergleichȱ derȱ Planungshorizontȱ eineȱ entscheidendeȱ Rolle.ȱ Generellȱ istȱ esȱ schwierig,ȱ alleȱ entstehendenȱ Kostenȱ zuȱ quantifizierenȱ undȱ inȱ einerȱ Systematikȱ zuȱ erfassen.ȱ Beiȱ derȱ fürȱ strategischeȱ Erneuerungsprogrammeȱ typischerweiseȱ gegeȬ benenȱ Planungsunsicherheitȱ erscheinenȱ daherȱ einfacheȱ KostenverȬ gleichsrechnungenȱ zuȱ alternativenȱ Konzeptenȱ völligȱ ausreichend.ȱ Sowohlȱ aufȱ ProgrammȬȱ alsȱ auchȱ aufȱ (TeilȬ)Projektebeneȱ sindȱ dieȱ transparentenȱ Kostenȱ grobȱ abschätzbarȱ undȱ könnenȱ alsȱ EinzelȬ kostenȱ budgetiertȱ undȱ verrechnetȱ werden.ȱ Fürȱ dieȱ verdecktenȱ KosȬ tenȱ genügtȱ inȱ ersterȱ Näherungȱ eineȱ Unterscheidungȱ vonȱ EntscheiȬ dungsȬȱ undȱ Abstimmungskostenȱ einerseitsȱ undȱ AkzeptanzȬȱ undȱ Mobilisierungskostenȱ andererseits.ȱ Eineȱ weitereȱ Hilfestellungȱ zurȱ Erfassungȱ zumindestȱ derȱ großenȱ Kostenblöckeȱ leistetȱ dieȱ UnterȬ scheidungȱ vonȱ AnalyseȬȱ undȱ Diagnosekosten,ȱ InformationsȬȱ undȱ Kommunikationskosten,ȱ QualifikationsȬȱ undȱ Realisationskostenȱ sowieȱKontrollkosten.ȱ DamitȱdieȱKostenverantwortungȱimȱRahmenȱdesȱWandlungscontrolȬ lingsȱhandelndenȱPersonenȱübertragenȱwerdenȱkann,ȱsolltenȱeigeneȱ Kostenstellenȱ fürȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ eingerichtetȱ werden.ȱ ÜblicherweiseȱwerdenȱzweiȱHauptkostenstellenȱunterschieden,ȱeineȱ fürȱdieȱProgrammebene,ȱeineȱfürȱdieȱProjektebene.ȱAlleȱKostenȱundȱ Leistungen,ȱ dieȱ nichtȱ beiȱ derȱAbwicklungȱ vonȱ (TeilȬ)Projektenȱ entȬ stehen,ȱ sondernȱ z.B.ȱ demȱ Aufbauȱ derȱ Infrastrukturȱ desȱ Wandelsȱ oderȱ übergeordnetenȱ Kommunikationsmaßnahmenȱ dienen,ȱ sindȱ demȱ Programmȱ zuzurechnen,ȱ dieȱ zugehörigenȱ Kostenȱ werdenȱ alsȱ Programmkostenȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Hauptkostenstelleȱ derȱ ProjektȬ ebeneȱ umfasstȱ alleȱ Hilfskostenstellenȱ derȱ einzelnenȱ Projekte.ȱ Imȱ SinneȱeinerȱProzesskostenrechnungȱsindȱderȱProgrammebeneȱzureȬ chenbareȱ Gemeinkostenȱ getrenntȱ vonȱ denȱ Kostenȱ derȱ einzelnenȱ Projekteȱ zuȱ erhebenȱ undȱ zuȱ verrechnen.ȱ Damitȱ istȱ sichergestellt,ȱ dassȱ insbesondereȱ dieȱ unterȱ Umständenȱ erheblichenȱ VorlaufȬȱ undȱ Folgekosten,ȱ welcheȱ tendenziellȱ aufȱ derȱ Programmebeneȱ anfallen,ȱ hinreichendȱeinbezogenȱwerdenȱ(vgl.ȱGrimmeisenȱ1998,ȱS.ȱ151).ȱAusȱ
325ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
derȱ Summeȱ derȱ aufȱ dieȱ beidenȱ Hauptkostenstellenȱ verrechnetenȱ KostenȱergebenȱsichȱdieȱGesamtkostenȱdesȱProgramms.ȱ Generellȱ empfiehltȱ esȱ sich,ȱ beiȱ derȱ Ausgestaltungȱ desȱ WandlungsȬ controllingsȱ aufȱ demȱ vorhandenenȱ PlanungsȬ,ȱ KontrollȬȱ undȱ BeȬ richtssystemȱ aufzubauen,ȱ umȱ denȱ Aufwandȱ fürȱ dieȱ DatengenerieȬ rungȱ soȱ geringȱ wieȱ möglichȱ zuȱ halten.ȱ Derȱ Mehraufwandȱ fürȱ wandlungsspezifischeȱ Sonderrechnungenȱ darfȱ denȱ darausȱ erzielȬ tenȱ Nutzenȱ nichtȱ übersteigen.ȱ Einȱ weiteresȱ Argumentȱ dafür,ȱ dasȱ Berichtswesenȱ soȱ einfachȱ wieȱ möglichȱ undȱ dieȱ KennzahlengenerieȬ rungȱ aufwandsminimalȱ zuȱ gestalten,ȱ liefertȱ derȱ Zielkonfliktȱ zwiȬ schenȱ Genauigkeitȱ undȱ Aktualität.ȱ Imȱ Wandelȱ istȱ eineȱ zeitnaheȱ TransparenzȱdesȱProzessfortschrittsȱeinerȱhohenȱGenauigkeitȱvorzuȬ ziehen.ȱ Checkliste Kostenrechnung Welcher Planungshorizont wird zugrunde gelegt? Wie können die mit dem Wandlungsprogramm entstehenden Kosten und angestrebten Leistungen quantifiziert werden? Ist im Programmauftrag der Output des Wandlungsprogramms klar formuliert und sind Kennzahlen für seine Messung definiert? Welche transparenten Kosten sind zu erwarten? Welches sind die Ursachen für diese Einzelkosten? Welcher Zeitbedarf welcher Beteiligten ist in der Initialisierung und Konzipierung notwendig? Kann diese Zeit bewertet und als Abstimmungs- und Entscheidungskosten erfasst werden? Welcher Zeitbedarf welcher Beteiligten ist in der Mobilisierung, Umsetzung und Verstetigung notwendig? Kann diese Zeit bewertet und als Akzeptanzkosten erfasst werden? Welches Bild ergibt sich bei einer Einteilung der bisher erfassten Kostenarten in Vorlauf-, Durchführungs- und Folgekosten? Sind alle Kostenarten erfasst? Welche Kostenstellen sollten im Sinne einer verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten eingerichtet werden oder welche bestehenden mit diesen Kosten belastet werden? Wie lässt sich das Wandlungscontrolling in das bestehende Planungs-, Kontroll- und Berichtswesen integrieren? Sind umfangreiche Modifikationen notwendig, oder lassen sich die notwendigen Berichte einfach generieren?
326ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2.3
9.2
Kostenschätzung im Rahmen der Programmplanung
Basisȱ derȱ Kostenschätzungȱ istȱ eineȱ Ablaufplanung.ȱ Typischȱ fürȱ komplexeȱ Vorhabenȱ istȱ inȱ derȱ Praxisȱ einȱ teilzyklischesȱ Vorgehen.ȱ Einzelneȱ Planungsphasenȱ (z.B.ȱ Definitionȱ vonȱ Projektaufträgen,ȱ Alternativensucheȱ undȱ Ȭbeurteilung,ȱ Entscheidung)ȱ werdenȱ inȱ zuȬ nehmendemȱ Detaillierungsgradȱ (Vorstudien,ȱ HauptȬȱ undȱ TeilstuȬ dien)ȱmehrfachȱdurchlaufenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ9/8).ȱ
Abbildungȱ9/8ȱ
TeilzyklischesȱVorgehenȱbeiȱderȱProgrammplanungȱ
Teilzyklisches Phasenkonzept Projektphasen
Hauptaufgaben und Phasenergebnis
Initialisierung
Ergebnis: Programmauftrag - Systemabgrenzung - Umsysteme/Schnittstellen - Rahmenbedingungen - Kernprobleme - Hauptziele - Grobe Lösungsrichtungen - Lösbarkeit/Durchsetzbarkeit/Finanzierbarkeit
Vorstudie
Hauptstudie
Teilstudien
Ergebnis: Rahmenkonzept - Unter-/Teilsysteme untersuchen - Varianten für Teillösungen - Ggf. Prototypen, Pilotanwendung - Prioritäten für Detailstudien Ergebnis: Grobkonzept - Ggf. nötige Konkretisierung bis zur Ausführungsreife - Einführungsplanung - Dokumentation für den Benutzer
ȱ
Besondereȱ Bedeutungȱ habenȱ beiȱ Programmenȱ zurȱ strategischenȱ Erneuerungȱ dieȱ Vorstudienȱ zurȱ Auswahlȱ einesȱ Rahmenkonzepts.ȱ DieȱEntscheidungȱbetrifftȱdenȱFortbestandȱundȱdieȱEntwicklungȱderȱ Unternehmungȱ undȱ wirdȱ nurȱ schwerȱ rückgängigȱ zuȱ machenȱ sein.ȱ DasȱBedürfnisȱderȱEntscheidungsträgerȱnachȱeinerȱquantifizierbarenȱ
327ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
EntscheidungsgrundlageȱmitȱhartenȱZahlen,ȱDaten,ȱFaktenȱistȱdaherȱ groß.ȱGleichzeitigȱkannȱohneȱAusarbeitungȱderȱzugehörigenȱDetailȬ konzepteȱauchȱnichtȱannäherndȱvonȱPlanungssicherheitȱgesprochenȱ werden.ȱ Dasȱ Wandlungscontrollingȱ kannȱ hierȱ nurȱ überȱ dasȱ Setzenȱ plausiblerȱ Prämissenȱ Alternativenȱ bewerten,ȱ mussȱ dieȱ gesetztenȱ PrämissenȱalsȱGrundlageȱderȱBewertungȱausführlichȱdokumentierenȱ undȱaufȱdieȱPlanungsunsicherheitȱdeutlichȱhinweisen.ȱDurchȱdieseȱ Grobbewertungȱ kannȱ oftmalsȱ dieȱ verhängnisvollsteȱ Entscheidungȱȱȱ –ȱ nämlichȱ dieȱ Entscheidungȱ überȱ einȱ Wandlungskonzeptȱ zuȱ vertaȬ genȱ–ȱvermiedenȱwerden.ȱ Dieȱ Bestimmungȱ vonȱ Kostenȱ undȱ Nutzenȱ einesȱ WandlungsvorhaȬ bensȱbildetȱdasȱbetriebswirtschaftlicheȱKernproblem,ȱdasȱdirektȱoderȱ indirektȱdemȱWandlungscontrollingȱzugrundeȱliegtȱ(vgl.ȱhierzuȱundȱ zumȱ Folgendenȱ Krügerȱ 2006b).ȱ Dieȱ Abschätzungȱ vonȱ Kostenȱ undȱ Nutzenȱ einesȱ Wandlungsvorhabensȱ alsȱ Methodeȱ istȱ dabeiȱ weitgeȬ hendȱunabhängigȱvonȱdenȱInhaltenȱdesselbenȱundȱdaherȱallgemeinȱ anwendbar.ȱȱ AlsȱGrundlageȱfürȱeineȱKostenschätzungȱimȱRahmenȱderȱVorstudieȱ kannȱdieȱinȱAbbildungȱ9/9ȱdargestellteȱÜbersichtȱderȱinȱdenȱjeweiliȬ genȱ Phasenȱ undȱ inȱ Steuerungȱ undȱ Supportȱ zuȱ berücksichtigendenȱ Kostenartenȱ dienen.ȱ Dieȱ Kostenȱ derȱ Initialisierungsphaseȱ nachȱ teilȬ zyklischemȱ Phasenkonzeptȱ mussȱ dieȱ Linieneinheitȱ Controllingȱ selbstȱabschätzenȱundȱbeiȱeigenerȱDurchführungȱbzw.ȱBeauftragungȱ entsprechendȱüberwachen.ȱErstȱmitȱBeginnȱderȱKonzipierungsphaseȱ könnenȱ dieseȱ Kostenȱ demȱ Wandlungsprogrammȱ belastetȱ werden.ȱ WirdȱdasȱWandlungsprogrammȱnochȱimȱBereichȱderȱVorstudieȱverȬ worfen,ȱwerdenȱbereitsȱentstandeneȱKostenȱmeistȱdenȱFührungsunȬ terstützungsfunktionenȱ (z.B.ȱ Unternehmungsentwicklung,ȱ ControlȬ ling)ȱbelastet.ȱ AuchȱinȱderȱKonzipierungsphaseȱkönnenȱdieȱzurȱAusarbeitungȱderȱ HauptȬȱundȱTeilstudienȱanfallendenȱKostenȱnochȱerheblichȱdifferieȬ ren.ȱDerȱZeitaufwandȱfürȱdieȱKonzipierungȱundȱdieȱKostenȱfürȱeineȱ eventuellȱ notwendigeȱ externeȱ Unterstützungȱ sindȱ fürȱ alleȱ DetailȬ konzepteȱ bezüglichȱ Strategie,ȱ Organisation,ȱ Humanressourcenȱ undȱ Systemenȱabzuschätzenȱundȱzuȱsummieren.ȱFolgerichtigȱfindenȱsichȱ dieȱgleichenȱKostenartenȱbeiȱdenȱUmstellungskostenȱinȱderȱUmsetȬ zungsphaseȱ wieder.ȱ Hinzuȱ kommenȱ Anfahrverlusteȱ ausȱ ProduktiȬ onsȬȱundȱUmsatzausfällenȱbzw.ȱaufgrundȱderȱzuȱBeginnȱgeringerenȱ
328ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
ProduktivitätȱdurchȱnotwendigeȱLernprozesseȱbeiȱdenȱMitarbeitern.ȱ Auchȱ erhöhteȱ Fehlzeitenȱ undȱ Krankenstandȱ währendȱ derȱ UmstelȬ lungsphaseȱsindȱjeȱnachȱMengengerüstȱzuȱberücksichtigen.ȱ
Abbildungȱ9/9ȱ
KostenschätzungȱimȱRahmenȱderȱProgrammplanungȱ
Koordinationskosten
- Lenkungsgremien - Projektleitung - Interne Schnittstellen
- Externe Partner - Externe Anspruchsgruppen
Konzipierung Initialisierungskosten Vorstudie Rahmenkonzept Grobkonzept Feinkonzeptionskosten Strategie Führungskräfte Infrastruktur/Standorte Sachmittel/Maschinen Prozesse Aufbauorganisation PuK-Systeme IT-Systeme Anreizssysteme Kommunikation Risikomanagement
Mobilisierung
Umsetzung
Verstetigung Verstetigung
Kommunikationskosten Umstellungskosten Folgekosten Infrastruktur/Standorte Kommunikationskonzept Produktivitäts Sachmittel/Maschinen Programmmarketing veränderungen Prozesse Kick off-Veranstaltung Lohnveränderungen Aufbauorganisation Flugblätter/Plakate Kapitalstruktur PuK-Systeme Gesprächszeiten Abhängigkeiten IT-Systeme Reisekosten Anreizssysteme Akzeptanzkosten Kommunikation innere Kündigung Schulungskosten Risikomanagement Fluktuation Führungskräfte Anfahrverluste Einkauf Kommunikationskosten Produktionsausfälle Produktion Umsatzausfälle Feedback Prozesse Logistik Fehlzeiten/Krankenstand lessons learned Vertrieb Durchlaufen Lernkurve Veranstaltungen Verwaltung Abstimmung mit Kunden persönliche Einbindung und Lieferanten Sachmittelkosten Akzeptanzkosten Maschinenpark Zeit für Kommunikation Gebäude Einbindung ext. Fuhrpark Anspruchsgruppen EDV-Ausstattung etc.
- Projektinfrastruktur - Administration/Controlling
Unterstützungskosten - Interne und externe Kommunikation
ȱ
Dieȱ Höheȱ undȱ dieȱ zeitlicheȱ Lageȱ derȱ einzelnenȱ Kostenartenȱ imȱ Transformationsprozessȱ werdenȱ nichtȱ nurȱ vonȱ Inhaltȱ undȱ Ausmaßȱ desȱWandlungsbedarfs,ȱsondernȱauchȱvonȱderȱgewähltenȱImplemenȬ tierungsstrategieȱbestimmt.ȱAbbildungȱ9/10ȱzeigtȱzweiȱidealtypischeȱ Kostenverläufe.ȱBeiȱ denȱBalkenȱ handeltȱ esȱsichȱ umȱdieȱSummeȱ ausȱ denȱinȱderȱjeweiligenȱPhaseȱanfallendenȱProgrammȬȱundȱProjektkosȬ tenȱ (kumulierteȱ Betrachtungȱ allerȱ inȱ derȱ jeweiligenȱ Phaseȱ anfallenȬ denȱKosten).ȱ
329ȱ
9 Abbildungȱ9/10ȱ
Controlling der strategischen Erneuerung
PhasenspezifischeȱKostenentwicklungȱbeiȱunterschiedlichenȱImplementieȬ rungsstrategienȱ
In den ersten 2 Phasen fallen lediglich Programmkosten an.
Kosten
Bottom up-Vorgehensweise
A
Programmkosten
Top down-Vorgehensweise
B
Projektkosten
A A
A
A B
A
A
Initialisierung
A
A
Konzipierung
B
B
B
Mobilisierung Umsetzung
A
A
B
B
Verstetigung
ȱ
Dieȱ Abbildungȱ zeigt,ȱ dassȱ beiȱ einerȱ BottomȱupȬImplementierungȱȱ durchȱ dieȱ vielfältigenȱ Einbindungsmaßnahmenȱ inȱ denȱ frühenȱ PhaȬ senȱdesȱTransformationsprozessesȱhoheȱKostenȱanfallen,ȱwährendȱinȱ derȱMobilisierungsȬȱundȱUmsetzungsphaseȱundȱauchȱinȱderȱVersteȬ tigungȱ nurȱ inȱ vergleichsweiseȱ geringemȱ Umfangȱ Kostenȱ entstehen.ȱ Hoheȱ Beteiligungȱ beiȱ derȱ Konzepterstellungȱ erhöhtȱ dieȱ AbstimȬ mungskosten,ȱsenktȱjedochȱgleichzeitigȱdieȱAkzeptanzkostenȱinȱderȱ UmsetzungsȬȱ undȱ Verstetigungsphase.ȱ Umgekehrtȱ weistȱ eineȱ Topȱ downȬImplementierungȱgeringereȱKostenȱinȱdenȱfrühenȱPhasenȱdesȱ Transformationsprozessesȱ mitȱ einemȱ Kostenmaximumȱ inȱ derȱ UmȬ setzungsphaseȱ auf.ȱ Diesesȱ Kostenmaximumȱ erklärtȱ sichȱ ausȱ derȱ Notwendigkeitȱ desȱ nachträglichenȱ Akzeptanzaufbausȱ imȱ zweitenȱ Teilȱ desȱ Transformationsprozesses.ȱ Denȱ geringenȱ AbstimmungsȬȱ undȱEntscheidungskostenȱzuȱBeginnȱdesȱProzessesȱstehenȱdieȱhohenȱ AkzeptanzkostenȱinȱderȱUmsetzungȱundȱVerstetigungȱgegenüber.ȱ
In Krisensituationen ist die Betrachtung der Kostenverläufe aus Liquiditätssicht von erheblicher Bedeutung. Die Frage, wann welche Zahlungen zu tätigen sind, muss oft mit den Banken abgestimmt werden. Fremdkapitalgeber machen ihr Engagement in der Regel von erzielten Erfolgen und der Wahrscheinlichkeit des Programmerfolgs abhängig. Da bei Bottom upVorgehen die Kosten in den frühen Phasen der Transformation anfallen und
330ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
es gleichzeitig länger dauert, bis erste Wandlungserfolge nachgewiesen werden können, scheidet ein solches Vorgehen in Krisensituationen praktisch aus. Kapitalgeber bevorzugen ein Top down-Vorgehen, da zunächst weniger Mittel benötigt werden und bei anschließendem Ausbleiben von Umsetzungserfolgen das Engagement zurückgezogen werden kann.
Nebenȱ derȱ zeitlichenȱ Lageȱ derȱ Kostenȱ wirdȱ inȱAbbildungȱ 9/10ȱ auȬ ßerdemȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ ProgrammȬȱ bzw.ȱ Projektkostenȱ erȬ kennbar.ȱWährendȱinȱdenȱerstenȱbeidenȱPhasenȱnurȱKostenȱanfallen,ȱ dieȱdemȱProgrammȱangerechnetȱwerden,ȱsindȱabȱderȱdrittenȱPhaseȱ dieȱ jeweiligenȱ Kostenanteileȱ zuȱ erkennen.ȱ Bisȱ zumȱ Abschlussȱ derȱ KommunikationsaktivitätenȱinȱderȱMobilisierungsphaseȱsindȱdieȱfürȱ Strategieȱ undȱ Konzeptionȱ anfallendenȱ Kostenȱ ihrerȱ Artȱ nachȱ denȱ Programmkostenȱ zuzurechnen.ȱ Dieȱ Maßnahmenȱ inȱ derȱ UmsetȬ zungsphaseȱ sindȱ hingegenȱ hauptsächlichȱ inȱ Projektenȱ durchzufühȬ ren,ȱdieȱverursachungsgemäßȱalsȱEinzelkostenȱaufȱdieȱHauptkostenȬ stelleȱ derȱ Projekteȱ gebuchtȱ werden.ȱ Einȱ Mitarbeiter,ȱ derȱ vonȱ derȱ Konzepterstellungȱ inȱ einȱ Projektteamȱ wechselt,ȱ wirdȱ dannȱ auchȱ kostenmäßigȱ demȱ Projektȱ angelastet.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ einzelȬ nenȱ Projektenȱ auchȱ jederȱZugriffȱaufȱ dieȱ gemeinsameȱ Infrastrukturȱ inȱ Rechnungȱ gestellt,ȱ wieȱ z.B.ȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ Moderatoren,ȱ TraiȬ nernȱoderȱExpertenȱausȱdemȱidealerweiseȱeinzurichtendenȱ‚RessourȬ cenpoolȱzurȱHerstellungȱderȱWandlungsfähigkeit‘.ȱ
9.2.4
Steuerung und Kontrolle im Transformationsprozess
DieȱimȱRahmenȱderȱVorstudieȱerstelltenȱPlandatenȱmüssenȱnachȱderȱ EntscheidungȱfürȱeineȱAlternativeȱimȱRahmenȱvonȱHauptȬȱundȱDeȬ tailstudienȱ näherȱ spezifiziertȱ werden.ȱ Eineȱ oftȱ diskutierteȱ GrundȬ satzfrageȱistȱdabeiȱderȱEinsatzȱvonȱProjektmanagementsoftware.ȱInȱ Abhängigkeitȱ vomȱ Programmauftragȱ könnteȱ auchȱ einȱ einfachesȱ AusfüllenȱvonȱProjektberichtenȱeineȱausreichendeȱGrundlageȱfürȱdieȱ Steuerungȱ undȱ Kontrolleȱ sein.ȱ Werdenȱ dieseȱ inȱ Formȱ vonȱ ‚AmpelȬ karten’ȱgraphischȱaufbereitet,ȱerhältȱdasȱProgrammcontrollingȱeinenȱ schnellenȱÜberblickȱüberȱdenȱaktuellenȱStatusȱeinzelnerȱTeilprojekteȱ desȱ Transformationsprozesses.ȱ Dieȱ vielfältigenȱ Wechselwirkungenȱ zwischenȱdenȱTeilprojektenȱimȱRahmenȱeinerȱstrategischenȱErneueȬ rungȱ lassenȱ sichȱ jedochȱ wesentlichȱ einfacherȱ inȱ Standardsoftwareȱ
331ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
zumȱProjektmanagementȱabbilden.ȱDerȱAufwandȱfürȱdieȱErsterstelȬ lungȱeinesȱProgrammplansȱinȱeinemȱsolchenȱToolȱsollteȱjedochȱnichtȱ unterschätztȱ werden.ȱ Beiȱ hoherȱ Planungssicherheitȱ undȱ geringerȱ Änderungshäufigkeitȱ kannȱ dieserȱ Aufwandȱ gespartȱ werden.ȱ Beiȱ hoherȱ Unsicherheitȱ undȱ komplexenȱ Wechselwirkungenȱ machtȱ dieȱ einfacheȱAnpassungȱdesȱProgrammplansȱbeiȱPlanabweichungenȱdenȱ ErsterstellungsaufwandȱimȱDVȬToolȱjedochȱmehrȱalsȱwett.ȱȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Hauptstudieȱ istȱ auchȱ einȱ Risikomanagementȱ fürȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ einzurichten.ȱ Möglicheȱ Risikenȱ müssenȱ identifiziertȱundȱinȱihrenȱEintrittswahrscheinlichkeitenȱundȱAuswirȬ kungenȱaufȱdenȱProgrammfortschrittȱeingeschätztȱwerden.ȱZielȱdesȱ Risikomanagementsȱ istȱ es,ȱ fürȱ dasȱ Eintretenȱ zumindestȱ derȱ gravieȬ rendenȱProgrammrisikenȱMaßnahmenpläneȱfertigȱerstelltȱzuȱhaben,ȱ umȱ dieȱ Handlungsfähigkeitȱ beiȱ Eintretenȱ desȱ Risikosȱ sicherzustelȬ len.ȱ Checkliste Risikomanagement Auf welchen Annahmen bezüglich externer Entwicklungen beruht der Programmplan? Welche Alternativszenarien sind denkbar? Ist mit dem Eintreten der Alternativszenarien ein Risiko für das Programm verbunden? Welcher Art ist das Risiko? Welche Bedeutung hat es für den Programmerfolg? Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist mit dem Eintreten des Risikos zu rechnen? Mit welchen Maßnahmen kann die Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos minimiert werden? Welche Indikatoren deuten auf das Eintreten der externen Risiken hin? Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, wenn die Indikatoren das Eintreten des Risikos ankündigen? Auf welchen internen Annahmen beruht der Programmplan? Welche internen Alternativszenarien sind denkbar? Wie wahrscheinlich sind diese? Welche Auswirkungen auf den Programmfortschritt hat das Eintreten der Alternativszenarien? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Risiken vorzubeugen? Welche Indikatoren kündigen das Eintreten der internen Risiken an? Wie sollte im Ernstfall reagiert werden?
332ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
Nebenȱ derȱ Programmplanungȱ inȱ derȱ Konzipierungsphaseȱ liegtȱ derȱ Aufgabenschwerpunktȱ desȱ Wandlungscontrollingsȱ inȱ derȱ UmsetȬ zungȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱ inȱ denȱ Projektprozessen.ȱ Aufȱ derȱ Basisȱ desȱ Programmplansȱ sindȱ dieȱ folgendenȱ Steuerungsaufgabenȱ zuȱerfüllen:ȱ
SollȬIstȬVergleicheȱgemäßȱdemȱRegelkreisprinzip,ȱ informationelleȱ Aufbereitungȱ derȱ Auswirkungenȱ vonȱ MaßnahȬ menȱbeiȱPlanabweichungen,ȱ
Einpflegenȱ vonȱ beschlossenenȱ Maßnahmenȱ inȱ denȱ ProgrammȬ plan,ȱ
MonitoringȱderȱIndikatorenȱausȱdemȱRisikomanagement.ȱ Beiȱ Programmenȱ zurȱ strategischenȱ Erneuerungȱ kannȱ davonȱ ausgeȬ gangenȱ werden,ȱ dassȱ Projektrisikenȱ eintreten,ȱ einzelneȱ Aufwändeȱ falschȱeingeschätztȱwurdenȱundȱsomitȱimȱVerlaufȱdesȱTransformatiȬ onsprozessesȱÄnderungenȱinȱdenȱProjektplänenȱundȱimȱProgrammȬ planȱ vorgenommenȱ werden.ȱ Kleinereȱ SollȬIstȬAbweichungenȱ inȱ (TeilȬ)ProjektenȱsolltenȱdurchȱeigenständigeȱSteuerungsmaßnahmenȱ desȱ (TeilȬ)Projektleitersȱ korrigiertȱ werden.ȱ Istȱ hingegenȱ dasȱ ErreiȬ chenȱdesȱProjektauftragsȱ(Inhalt,ȱTermin)ȱinȱGefahr,ȱsoȱistȱeineȱUmȬ widmungȱ vonȱ Ressourcenȱ aufȱ Programmebeneȱ bisȱ hinȱ zuȱ einerȱ nachträglichenȱ Erhöhungȱ desȱ Programmbudgetsȱ oderȱ einerȱ UmdeȬ finitionȱ desȱ Programmauftragsȱ durchȱ denȱ Lenkungsausschussȱ anȬ gemessen.ȱ Umȱ fürȱ dieseȱ beiȱ strategischerȱ Erneuerungȱ zuȱ erwartenȬ denȱ Planänderungenȱ gerüstetȱ zuȱ sein,ȱ sollteȱ daherȱ schonȱ zumȱ Programmstartȱ einȱ geregeltesȱ Verfahrenȱ fürȱ dasȱ ÄnderungsmanaȬ gementȱ eingerichtetȱ werden.ȱ Hierȱ istȱ imȱ Vorhineinȱ zuȱ regeln,ȱ abȱ welchemȱ Ausmaßȱ derȱ Planabweichungȱ inȱ welcherȱ Formȱ ÄndeȬ rungswünscheȱ ausȱ denȱ Teilprojektenȱ vorgebracht,ȱ beurteiltȱ undȱ entschiedenȱwerdenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ9/11).ȱȱ Planabweichungenȱ entstehenȱ inȱ derȱ Regelȱ inȱ denȱ Projektprozessenȱ desȱ Wandels.ȱ Siehtȱ derȱ Projektleiterȱ sichȱ nichtȱ inȱ derȱ Lage,ȱ durchȱ eigenesȱNachsteuernȱimȱRahmenȱseinerȱBefugnisseȱdieȱPlanzieleȱzuȱ erreichen,ȱkannȱerȱeinenȱPlanänderungsantragȱstellen.ȱDieseȱ–ȱinȱderȱ Praxisȱ ‚Changeȱ Requests’ȱ genanntenȱ –ȱ Formulareȱ werdenȱ beiȱ derȱ ProgrammleitungȱeingereichtȱundȱgehenȱalsȱSollȬIstȬAbweichungȱinȱ derenȱSteuerungsregelkreisȱein.ȱ
333ȱ
9 Abbildungȱ9/11ȱ
Controlling der strategischen Erneuerung
AblaufȱeinesȱPlanänderungsverfahrensȱ Controlling der Unternehmungsentwicklung Programmauftrag
Lenkungsausschuss Beschluss
Programmcontrolling
Beschlussvorlage
Programmplan
Programmplan
Soll
Ist
Nachsteuern innerhalb des Programms
Projektauftrag
Projektauftrag
Projektcontrolling
Soll Projektplan Ist
Change Request Inhalt: Auswirkungen: •Ressourcen •Termine •Schnittstellen
Projektplan
Nachsteuern innerhalb des Projekts
ȱ
Inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ denȱ geschätztenȱ Auswirkungenȱ steuertȱ dieȱ ProgrammleitungȱeigenständigȱnachȱundȱmachtȱneueȱVorgabenȱfürȱ dieȱ betroffenenȱ (TeilȬ)Projekte.ȱ Istȱ derȱ Programmauftragȱ gefährdetȱ oderȱ sindȱ zusätzlicheȱ Ressourcenȱ vonnöten,ȱ erarbeitetȱ dieȱ ProȬ grammleitungȱ eineȱ Vorlageȱ fürȱ denȱ Lenkungsausschuss.ȱ Dieserȱ entscheidetȱdannȱüberȱdenȱweiterenȱKursȱundȱdarausȱresultierendeȱ Änderungenȱ imȱ Programmauftrag.ȱ Anschließendȱ erstelltȱ dasȱ ProȬ grammcontrollingȱ einenȱ neuenȱ Programmplanȱ undȱ pflegtȱ dieȱ notȬ wendigenȱÄnderungenȱinȱProjektaufträgeȱundȱProjektpläneȱein.ȱ
334ȱ
Planung und Steuerung von Wandlungsprogrammen
9.2
Das Thema: Nachsteuern bei Planabweichungen Das Beispiel: Umsetzungsphase der Restrukturierung eines mittelständischen Schlossereibetriebs In der Umsetzungsphase der Restrukturierung des beschriebenen Schlossereibetriebs zeigte sich, dass der geplante und mit Kenngrößen hinterlegte Abbau des Eisenwarenhandels nicht in der gewünschten Schnelligkeit erfolgte:
Abbildungȱ9/12:ȱPlanȬIstȬAbweichungȱBestandsabbauȱEisenwarenȱ Projekt
Ursprüngliches Ziel
Bestandsreduzierung Halbierung der Eisenwaren bestehenden Bestände von 224 T€ um 112 T€ und Freisetzung von Liquidität.
Status
Abweichung
Es wurden Waren in Höhe von ca. 85 T€ abverkauft.
Nach Erreichen des Abschlusszeitraums für den Abverkauf konnte Ware in Höhe von etwa 27 T€ nicht wie geplant veräußert werden. Eine Liquiditätslücke droht zu entstehen.
ȱ Zum vereinbarten Reviewtermin wurde klar, dass das Projekt „Bestandsreduzierung“ nicht den vorgesehenen Leistungsstand erreichen würde. Da die Generierung von Liquidität in der Abbauphase notwendige Voraussetzung für die Folgephasen Umbau und Aufbau war, bestand Handlungsbedarf. Nach Feststellen der Abweichung im Lenkungsausschuss, in dem auch die finanzierende Bank vertreten war, wurde beschlossen, den nicht veräußerten Bestand zur Hälfte des ursprünglich geplanten Veräußerungswertes an einen Aufkäufer abzugeben. Die Ware wurde damit für ca. 20 T€, also unter dem ursprünglichen Einkaufswert, an einen Abverkäufer veräußert. Die verbleibende Liquiditätslücke wurde durch die finanzierende Bank mithilfe einer vorübergehenden Erhöhung der Kontokorrentlinie geschlossen.
335ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
9.3
Controlling der Verstetigung
9.3.1
Aufgaben des Verstetigungscontrollings
Strategischeȱ Erneuerungȱ endetȱ nichtȱ mitȱ derȱ Umsetzungsphaseȱ eiȬ nesȱ Transformationsprozesses.ȱ Langfristigesȱ Zielȱ mussȱ esȱ sein,ȱ denȱ Wandelȱ zuȱ verstetigen.ȱ Wieȱ bereitsȱ erläutert,ȱ kannȱ Verstetigungȱ jedochȱ nichtȱ bedeuten,ȱ dassȱ dieȱ gesamteȱ Unternehmungȱ sichȱ perȬ manentȱ imȱ ‚Endspurt’ȱ befindet.ȱ Dieȱ vonȱ Karlȱ Weickȱ geprägteȱ MetaȬ pherȱ derȱ ‚chronicallyȱ unfrozenȱ systems’ȱ (vgl.ȱ 1977,ȱ S.ȱ 31ff.)ȱ istȱ daȬ hingehendȱ zuȱ interpretieren,ȱ dassȱ zwarȱ permanentȱ einigeȱ derȱ Unternehmungsbereicheȱ imȱ Umbruchȱ sind,ȱ dieȱ Unternehmungȱ alsȱ Ganzesȱaberȱimmerȱauchȱ–ȱalleineȱschonȱausȱGründenȱderȱCashȬflowȱ Generierungȱ –ȱ Bereicheȱ mitȱ stabilemȱ Geschäftȱ aufweisenȱ sollte.ȱ Esȱ istȱdaherȱAufgabeȱdesȱControllingsȱderȱVerstetigung,ȱdasȱManageȬ mentȱ informationstechnischȱ inȱ derȱ Frageȱ zuȱ unterstützen,ȱ aufȱ welȬ cherȱ Ebeneȱ derȱ Erneuerungȱ undȱ inȱ welchenȱ Bereichenȱ derȱ UnterȬ nehmungȱ zwingendeȱ Wandlungsbedarfeȱ vorliegenȱ undȱ welcheȱ Bereicheȱ imȱ Sinneȱ derȱ CashȬflowȱ Generierungȱ stabilȱ gehaltenȱ werȬ denȱ sollten.ȱ Esȱ entstehtȱ somitȱ eineȱ Artȱ Wandlungsportfolioȱ inȱ derȱ Unternehmung,ȱdasȱimȱoptimiertenȱZustandȱwandlungsdynamischeȱ Unternehmungsbereicheȱaufweist,ȱdieȱvonȱstabilenȱBereichenȱmitgeȬ tragenȱwerden.ȱImȱLaufeȱderȱZeitȱsollteȱdieȱWandlungsdynamikȱvonȱ BereichȱzuȱBereichȱdasȱPortfolioȱdurchwandern.ȱDabeiȱistȱvonȱdemȱ Controllingȱ derȱ Verstetigungȱ sicherzustellen,ȱ dassȱ dasȱ GesamtportȬ folioȱimȱCashȬflowȱstabilȱgehaltenȱwird.ȱ Grundlageȱ desȱ Controllingsȱ derȱ Verstetigungȱ aufȱ GesamtunterȬ nehmungsebeneȱ istȱ dasȱ Normativeȱ Managementȱ mitȱ derȱ Visionȱ undȱ Missionȱ derȱ Unternehmung.ȱ Inȱ diesenȱ Dokumentenȱ kommenȱ dieȱ grundlegendenȱ Werteȱ undȱ dieȱ Vorstellungenȱ überȱ denȱ Nutzenȱ zumȱ Ausdruck,ȱ denȱ dieȱ Unternehmungȱ ihrenȱ Anspruchsgruppenȱ stiftenȱwill.ȱAufgabeȱdesȱControllingsȱistȱanȱdieserȱStelleȱzuȱprüfen,ȱ obȱ dieȱ gehaltenenȱ Positionenȱ undȱ dieȱ hierfürȱ benötigtenȱ Potentialeȱ zuȱdieserȱNutzenstiftungȱ(noch)ȱgeeignetȱsind.ȱȱ
Das bereits im Kapitel 4 angeführte Beispiel DAIMLERCHRYSLER zeigt auch den Wandel in Vision und Mission der Unternehmung auf. Die Vision des ‚Integrierten Technologiekonzerns’ war Vorgabe vom damaligen Konzernvorstand Edzard Reuter. Die relevanten Informationen aufzubereiten, ob und mit-
336ȱ
Controlling der Verstetigung
9.3
hilfe welcher Potentiale und Positionen diese Vision realisiert werden könnte, ist Aufgabe des Controllings der Verstetigung auf Gesamtunternehmungsebene. Ebenso als Controllingaufgabe zu sehen ist die Aufbereitung von Informationen, dass diese Vision utopisch ist und dass ein Wechsel angebracht wäre. Der Wechsel von DAIMLERCHRYSLER zur Vision des ‚globalen Mobilitätskonzerns’ zeigt zumindest, dass der Wandlungsbedarf auf der Gesamtunternehmungsebene erkannt wurde.
DieȱEbeneȱderȱGeschäfteȱentsprichtȱderȱklassischenȱSichtweiseȱdesȱ Controllings.ȱHierȱwerdenȱtypischerweiseȱdieȱfinanziellenȱKennzahȬ lenȱ aufbereitetȱ undȱ demȱ Managementȱ alsȱ Entscheidungsgrundlageȱ zurȱ Verfügungȱ gestellt.ȱ Inȱ derȱ Praxisȱ zählenȱ nebenȱ denȱ Finanzenȱ auchȱ dieȱ Betrachtungȱ vonȱ Konkurrentenȱ undȱ Marktentwicklungenȱ zumȱ strategischenȱ Controllingȱ derȱ Geschäftsfelderȱ einerȱ UnternehȬ mung.ȱȱ EineȱreineȱBetrachtungȱderȱfinanzȬȱundȱmarktwirtschaftlichenȱSphäȬ reȱ würdeȱ zuȱ kurzȱ greifen,ȱ umȱ dieȱ nachhaltigeȱ FortführungsȬȱ undȱ Entwicklungsfähigkeitȱ einerȱ Unternehmungȱ beurteilenȱ zuȱ können.ȱ Einȱ ergänzendesȱ Controllingȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Ressourcenȱ undȱ FähigkeitenȱuntersuchtȱdaherȱdieȱleistungswirtschaftlichenȱPotentiȬ aleȱderȱUnternehmung.ȱ Instrumentellȱ könnenȱ dieȱ verschiedenenȱ Betrachtungsebenenȱ inȱ Balancedȱ Scorecardsȱ zusammengefasstȱ werden.ȱ Umfassendȱ umgeȬ setztȱ beinhaltenȱ dieȱ Kartenȱ nichtȱ nurȱ reinȱ geschäftsbezogeneȱ PerȬ spektiven,ȱ sondernȱ sieȱ zeigenȱ auchȱ sowohlȱ dieȱ UrsacheȬWirkungsȬ Kettenȱ innerhalbȱ derȱ Geschäfteȱ alsȱ auchȱ dieȱ geschäftsfeldübergreiȬ fendenȱ Querbeziehungenȱ undȱ Nutzungsmöglichkeitenȱ imȱ Bereichȱ derȱPotentialeȱauf.ȱ MithilfeȱeinerȱunternehmungsweitenȱBSCȬImplementierungȱkönnenȱ Wandlungsbedarfeȱ allgemeinȱ amȱ Nichterreichenȱ vonȱ Zielenȱ erȬ kanntȱ werden.ȱ Eineȱ Abweichungsanalyseȱ zeigtȱ dannȱ nichtȱ nurȱ dieȱ Dringlichkeitȱ einesȱ Wandelsȱ auf,ȱ sondernȱ sieȱ gibtȱ auchȱ inhaltlicheȱ HinweiseȱaufȱdieȱArtȱdesȱBedarfs.ȱSomitȱkannȱgezieltȱgesteuertȱwerȬ den,ȱwelcheȱBereicheȱdesȱSystemsȱUnternehmungȱzuȱwandelnȱsindȱ undȱ welcheȱ Bereicheȱ denȱ CashȬflowȱ zurȱ Finanzierungȱ derȱ TransȬ formationsprozesseȱliefernȱsollen.ȱ
337ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
9.3.2
Organisatorische Verankerung im Office of Strategy Management
DieȱProtagonistenȱderȱBalancedȱScorecard,ȱRobertȱKaplanȱundȱDavidȱ Nortonȱ (vgl.ȱ 2005),ȱ berichten,ȱ dassȱ insbesondereȱ diejenigenȱ UnterȬ nehmungenȱ nachhaltigȱ erfolgreichȱ sind,ȱ dieȱ aufȱ GesamtunternehȬ mungsebeneȱeineȱneueȱAbteilungȱzurȱÜberwachungȱallerȱstrategischȱ relevantenȱ Aktivitätenȱ eingeführtȱ haben,ȱ dasȱ Officeȱ ofȱ Strategyȱ Management.ȱ Dieseȱ Ideeȱ wirdȱ hierȱ fürȱ dieȱ organisatorischeȱ VeranȬ kerungȱ einesȱ Verstetigungscontrollingsȱ aufgegriffen.ȱ Dasȱ Officeȱ ofȱ Strategyȱ Managementȱ wirdȱ damitȱ aberȱ auchȱ zurȱ zentralenȱ EinrichȬ tungȱ fürȱ dasȱ inȱ Kapitelȱ 9.1.2ȱ beschriebeneȱ Controllingȱ derȱ UnterȬ nehmungsentwicklung.ȱ EinȱsolchesȱStrategiebüroȱsollteȱidealerweiseȱfürȱfolgendeȱAufgabenȱ verantwortlichȱzeichnen:ȱ
Einführungȱ undȱ Managementȱ vonȱ Balancedȱ Scorecards:ȱ Dieȱ StrategieȱistȱinȱZieleȱundȱMaßnahmenȱzuȱüberführen.ȱSchlüsselȬ faktorenȱ sindȱ hierȱ dieȱ Standardisierungȱ derȱ Terminologieȱ undȱ derȱverwendetenȱKennzahlen.ȱ
Strategieabstimmungȱ innerhalbȱ derȱ Unternehmung:ȱ Dieȱ StraȬ tegienȱ allerȱ Untereinheiten,ȱ GeschäftsȬȱ wieȱ Funktionsbereiche,ȱ sindȱmitȱderȱGesamtunternehmungsstrategieȱabzustimmen.ȱZumȱ einenȱ unterstütztȱ dasȱ Strategiebüroȱ inȱ methodischerȱ Hinsicht,ȱ zumȱ anderenȱ hilftȱ esȱ beiȱ derȱ Identifikationȱ undȱ Umsetzungȱ üȬ bergreifenderȱThemenȱwieȱz.B.ȱSynergieerschließungen.ȱ
Strategieüberprüfung:ȱDasȱStrategiebüroȱorganisiertȱundȱunterȬ stütztȱ Treffenȱ desȱ Topmanagementsȱ zurȱ Strategieüberprüfung.ȱ Hierzuȱ generiertȱ esȱ ausȱ denȱ letztenȱ Scorecardberichtenȱ Reportsȱ zuȱ allenȱ strategierelevantenȱ Themenȱ undȱ zeigtȱ Abweichungenȱ auf.ȱȱ
Strategieentwicklung:ȱ Überȱ dieȱ jährlicheȱ Strategiekonferenzȱ hinausȱ sollteȱ dieȱ unterjährigeȱ Leistungsmessungȱ mithilfeȱ derȱ Scorecardsȱ dazuȱ benutztȱ werden,ȱ dieȱ Gültigkeitȱ derȱ hinterȱ derȱ Strategieȱ stehendenȱ Annahmenȱ zuȱ überprüfen.ȱ Hierzuȱ zählenȱ auchȱ dieȱ inȱ denȱ Kartenȱ abgebildetenȱ UrsacheȬWirkungsȬ beziehungen.ȱ
338ȱ
Zusammenfassung
9.4
Controllingȱ vonȱ Wandlungsprogrammen:ȱ Dasȱ Controllingȱ vonȱ Wandlungsprogrammenȱ sollteȱ imȱ Strategiebüroȱ koordiniertȱ werden.ȱ Dieȱ programmübergreifendeȱ Ressourcenplanungȱ undȱ dasȱ Reportingȱ anȱ denȱ Vorstandȱ solltenȱ vomȱ Strategiebüroȱ überȬ nommenȱwerden.ȱ
ControllingȱderȱUnternehmungsentwicklung:ȱDieȱIdentifikationȱ vonȱ Wandlungsbedarfenȱ undȱ dieȱ generelleȱ Bewertungȱ strategiȬ scherȱ Optionenȱ könnenȱ inȱ dasȱ Strategiebüroȱ integriertȱ werden.ȱ Wandlungsprogrammaufträgeȱ werdenȱ imȱ Strategiebüroȱ defiȬ niert.ȱ
SicherstellungȱstrategischerȱPrioritäten:ȱPlanungȱundȱBudgetieȬ rung,ȱ dasȱ Personalmanagementȱ undȱ dasȱ Wissensmanagementȱ sindȱ wichtigeȱ Funktionsbereicheȱ fürȱ dieȱ Erreichungȱ vonȱ WandȬ lungszielen.ȱDasȱStrategiebüroȱkoordiniertȱdieseȱTätigkeitenȱundȱ achtetȱaufȱdieȱEinhaltungȱstrategischerȱPrioritäten.ȱ
9.4
Zusammenfassung
BeiȱderȱgegebenenȱPlanungsunsicherheitȱundȱdenȱvielfältigenȱzuȱ berücksichtigendenȱ Wechselwirkungenȱ wirdȱ inȱ TransformatiȬ onsprozessenȱdieȱErgebnisorientierungȱleichtȱausȱdenȱAugenȱverȬ loren.ȱ Dieȱ Einrichtungȱ einesȱ Wandlungscontrollingsȱ mitȱ einerȱ verantwortlichenȱ Zuweisungȱ derȱ Controllingaufgabenȱ aufȱ AufȬ gabenträgerȱ zähltȱ daherȱ zuȱ denȱ Pflichtbestandteilenȱ desȱ ProȬ grammȬManagements.ȱȱ
AusgangsbasisȱderȱProgrammplanungȱistȱeinȱeindeutigȱdefinierȬ terȱ Programmauftrag.ȱ Dieserȱ istȱ inȱ (TeilȬ)Projektaufträgeȱ zuȱzerȬ legenȱ undȱ inȱ einemȱ Gegenstromverfahrenȱ mitȱ Ressourcen,ȱ MeiȬ lensteinenȱ undȱ Terminenȱ zuȱ beplanen.ȱ InȱAbhängigkeitȱ vonȱ derȱ Artȱ desȱ Wandlungsprogrammsȱ (Abbau,ȱ Umbau,ȱ Aufbau)ȱ werȬ denȱ spezifischeȱ Kennzahlenȱ zurȱ ergebnisorientiertenȱ Steuerungȱ definiert.ȱBeiȱgegebenemȱWandlungszielȱsindȱdabeiȱtransparenteȱ undȱverdeckteȱWandlungskostenȱzuȱminimieren.ȱ
Dieȱ Steuerungȱ vonȱ Transformationsprozessenȱ erfolgtȱ gemäßȱ demȱ Regelkreisprinzipȱ anhandȱ vonȱ SollȬIstȬVergleichen.ȱ AufȬ grundȱ derȱ inhärentenȱ Unsicherheitȱ einerȱ strategischenȱ ErneueȬ
339ȱ
9
Controlling der strategischen Erneuerung
rungȱ istȱ mitȱ größerenȱ Planabweichungenȱ zuȱ rechnen.ȱ VorbeuȬ gendȱ solltenȱ daherȱ sowohlȱ einȱ Risikomanagementȱ alsȱ auchȱ einȱ Planänderungsverfahrenȱinstitutionalisiertȱwerden.ȱȱ
Dasȱ Controllingȱ derȱ Verstetigungȱ zeigtȱ auf,ȱ wannȱ inȱ welchenȱ BereichenȱderȱUnternehmungȱWandlungsbedarfeȱvorliegen.ȱDasȱ methodischeȱHilfsmittelȱderȱBalancedȱScorecardȱistȱdabeiȱgutȱgeȬ eignet,ȱ dieȱ Entwicklungenȱ aufȱ allenȱ dreiȱ Ebenenȱ derȱ strategiȬ schenȱ Erneuerungȱ zuȱ überwachen.ȱ Eineȱ organisatorischeȱ VeranȬ kerungȱ derȱ Aufgabenȱ desȱ Verstetigungscontrollingsȱ kannȱ inȱ FormȱeinesȱStrategiebürosȱerfolgen.ȱ
340ȱ
Tooleinsatz zur Unterstützung der Implementierung
10.1
ȱ
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
Kapitel 10
Carsten R. Brehm / Thorsten Petry
341ȱ
Tooleinsatz zur Unterstützung der Implementierung
10.1
ȱ Wandlungsbereitschaft
ȱ
Strategien
ȱ Topmanagement
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
Wandlungsbedarf
Projekt-/ ProgrammManagement
Mitarbeiter
Wandlungsprozesse
Strategische Erneuerung
Human Resource Management Kommunikation Controlling
ȱ
Toolbox
ȱ
Wandlungsfähigkeit
ȱ ȱ Leitgedanken zu Kapitel 10 Das beste strategische Konzept bleibt in der Umsetzung kraftlos, wenn es nicht von geeigneten Methoden, Techniken und Instrumenten unterstützt wird. Die Methodik des Vorgehens wird im 3W-Modell durch den fünfphasigen Wandlungsprozess beschrieben. Techniken und Instrumente – hier vereinfacht als Tools bezeichnet – sind Hilfsmittel zur informationellen Unterstützung bei der Erfüllung von Einzelaufgaben in diesem Prozess. Für die sach-rationale Seite des Geschehens gibt es zahlreiche Tools, vor allem aus dem Gebiet des Projektmanagements, die hier nicht behandelt werden. Kapitel 10 konzentriert sich vielmehr primär auf die sozio-emotionalen Aspekte des Wandlungsprozesses, die in ihrer Bedeutung zwar unstrittig sind, deren Bewältigung aber weit weniger professionell gehandhabt wird. Das vorliegende Kapitel soll erfahrenen und angehenden ‚Change Managern’ die Möglichkeit geben, ihre bisherigen Techniken zu überprüfen, zu ergänzen oder gegebenenfalls völlig neue kennen zu lernen.
343ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
10.1
Tooleinsatz zur Unterstützung der Implementierung
10.1.1
Einordnung der Toolbox in das Gesamtkonzept
WährendȱderȱWandlungsprozessȱalsȱVorgehensmodellȱdieȱgrundleȬ gendeȱMethodikȱzurȱVerfügungȱstellt,ȱbedarfȱesȱzurȱinstrumentellenȱ Umsetzungȱ desȱ Vorgehensȱ geeigneter,ȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ standarȬ disierterȱ Hilfsmittel.ȱ Dieseȱ fürȱ einzelneȱ Teilaufgabenȱ einsetzbarenȱ Technikenȱ undȱ Instrumenteȱ werdenȱ ganzȱ allgemeinȱ alsȱ Toolsȱ beȬ zeichnet,ȱ dieȱ inȱ ihrerȱ Gesamtheitȱ eineȱ Artȱ ‚Toolbox’ȱ ergeben.ȱ Derȱ EinsatzȱderȱToolsȱwirdȱdemzufolgeȱdurchȱdieȱMethodikȱvorgegebenȱ (vgl.ȱKrügerȱ1992,ȱSp.ȱ1572).ȱGrobȱgesprochenȱlassenȱsichȱdieȱToolsȱ danachȱ einteilen,ȱ obȱ sieȱ vorwiegendȱdieȱsachȬrationaleȱoderȱdieȱsoȬ zioȬemotionaleȱ Seiteȱ desȱ Geschehensȱ erfassen.ȱ Prägendenȱ Einflussȱ daraufȱ habenȱ ausȱ Sichtȱ desȱ 3WȬModellsȱ dieȱ Komponentenȱ ‚VerhalȬ ten’ȱundȱ‚ProgrammȬManagement’ȱ(vgl.ȱAbb.ȱ10/1).ȱ Fürȱ dieȱ sachȬrationaleȱ Seiteȱ desȱ Geschehensȱ gibtȱ esȱ zahlreicheȱ InȬ strumenteȱundȱTechniken,ȱvorȱallemȱausȱdemȱGebietȱdesȱProjektmaȬ nagements,ȱdieȱinȱderȱPraxisȱbereitsȱweitȱverbreitetȱsindȱ(vgl.ȱbspw.ȱ Capgeminiȱ2005,ȱS.ȱ36ff.)ȱundȱdaherȱhierȱnichtȱintensiverȱbehandeltȱ werdenȱ sollen.ȱ Dieȱ imȱ Folgendenȱ vorgestelltenȱ Toolsȱ fokussierenȱ bewusstȱ aufȱ dieȱ wenigerȱ beachtete,ȱ aberȱ hochȱ bedeutsameȱ (vgl.ȱ bspw.ȱ Roheȱ 1998,ȱ S.ȱ 16f.)ȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ Personenȱ undȱ Personengruppenȱ imȱ Wandlungsprozessȱ undȱ deckenȱ Potentialeȱ vonȱ Widerständenȱ undȱ Konfliktenȱ (Wandlungsbarrieren)ȱ auf.ȱ Beiȱ denȱ vorgestelltenȱ Toolsȱ handeltȱ esȱ sichȱ nichtȱ umȱ rechnergestützteȱ Werkzeugeȱ oderȱ konkreteȱ Softwarelösungen,ȱ sondernȱ umȱ DenkȬ werkzeugeȱ zumȱ Durchdenkenȱ fremderȱ Gedankenȱ undȱ Positionen,ȱ auchȱ‚Brainware’ȱgenanntȱ(vgl.ȱSchmidtȱ1992,ȱSp.ȱ1690).ȱȱ AufgrundȱderȱFokussierungȱaufȱpersonelleȱFragenȱdesȱWandlungsȬ managementsȱ besitztȱ dieȱ Toolboxȱ eineȱ großeȱ Näheȱ zuȱ denȱ (TeilȬ)ȱ KapitelnȱzurȱImplementierungȱ(Kap.ȱ4.3)ȱundȱKommunikationȱ(Kap.ȱ 8).ȱAlsȱArgumentationsgrundlageȱfungierenȱinȱallenȱFällenȱdieȱmenȬ talenȱ Modelleȱ undȱ dieȱ AnreizȬBeitragsȬTheorie.ȱ Gemeinsamesȱ Zielȱ derȱ ImplementierungsȬȱ undȱ Kommunikationsaktivitätenȱ istȱ dieȱ Erzeugungȱ vonȱAkzeptanzȱ beiȱ Betroffenenȱ undȱ Beteiligten,ȱ umȱ dieȱ
344ȱ
Tooleinsatz zur Unterstützung der Implementierung
10.1
nachhaltigeȱ Veränderungȱ vonȱ Einstellungenȱ undȱ Verhaltenȱ zuȱ geȬ währleisten.ȱ
Abbildungȱ10/1ȱ
EinordnungȱderȱToolsȱinȱdasȱGesamtkonzeptȱ
Methodik
3W-Modell Wandlungsprozess
Wie werden die Menschen berücksichtigt?
Mentale Modelle Anreiz-BeitragsTheorie
Management des Wandels
Welche Tools werden eingesetzt?
Wer tut was bis wann mit wem womit?
ProgrammManagement
Verhalten
Wie wird im Wandel vorgegangen?
Programmorganisation
Tools
ȱ
ImȱRahmenȱderȱImplementierungsmaßnahmenȱkannȱwiederumȱdieȱ Kommunikationȱ alsȱ Kernaufgabeȱ identifiziertȱ werden.ȱ Unabhängigȱ davon,ȱ welcherȱ Wegȱ derȱ Beeinflussungȱ eingeschlagenȱ werdenȱ soll,ȱ istȱesȱimmerȱwichtig,ȱsichȱüberȱdieȱZielgruppeȱKlarheitȱzuȱverschafȬ fen.ȱ Daraufȱ undȱ aufȱ alleȱ damitȱ verbundenenȱ Fragenȱ istȱ dieȱ vorlieȬ gendeȱ ‚Toolbox’ȱ ausgerichtet.ȱ Sieȱ dientȱ derȱ informationellenȱ UnterȬ stützungȱ derȱ Aktivitätenȱ zurȱ Festlegungȱ einerȱ ImplementierungsȬ strategieȱundȱderȱErstellungȱeinesȱKommunikationskonzepts.ȱ
10.1.2
Ziele und Funktionen des Tooleinsatzes
Umȱ einȱ planvollesȱ undȱ systematischesȱ Vorgehenȱ sicherzustellen,ȱ sindȱ Transparenzȱ undȱ Überblickȱ imȱ zunächstȱ undurchsichtigenȱ Kraftfeldȱ ausȱ Promotorenȱ undȱ Opponentenȱ zuȱ gewinnen.ȱ Wasȱ einȱ
345ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
erfahrenerȱManagerȱintuitivȱmacht,ȱsollȱhierȱmethodischȱunterstütztȱ werden:ȱKlarheitȱdarüberȱgewinnen,ȱwerȱdieȱtreibendenȱundȱbremȬ sendenȱ Kräfteȱ sind,ȱ vonȱ denenȱ dasȱ Erreichenȱ derȱ WandlungskoorȬ dinatenȱabhängt.ȱEsȱgehtȱumȱeineȱexpliziteȱDiagnoseȱdesȱKraftfelds,ȱ dieȱalsȱGrundlageȱdesȱManagementhandelnsȱdienenȱkann.ȱȱ Einȱweiterer,ȱunmittelbarȱzuȱerzielenderȱNutzenȱbestehtȱdarin,ȱdassȱ beiȱderȱAnwendungȱderȱToolsȱdieȱKommunikationȱüberȱdenȱGestalȬ tungsbereichȱundȱseineȱsozialenȱBesonderheitenȱüberhauptȱinȱGangȱ kommt.ȱFürȱdasȱProjektteamȱfungierenȱdieȱToolsȱalsȱKatalysatorȱvonȱ KommunikationȱundȱschaffenȱdamitȱnachvollziehbareȱKlarheitȱundȱ Entscheidungsqualität.ȱȱ EinȱmittelbarȱangestrebtesȱZielȱbestehtȱdarin,ȱdassȱdieȱVerwendungȱ einheitlicherȱ Verfahrenȱ sowohlȱ innerhalbȱ vonȱ großenȱ Programmenȱ alsȱ auchȱ imȱ Zeitvergleichȱ eineȱ gewisseȱ intersubjektiveȱ VergleichȬ barkeitȱderȱAnalysenȱschafft.ȱȱ Beiȱ allerȱ Bedeutungȱ derȱ sozioȬemotionalenȱ Dimension,ȱ istȱ esȱ aberȱ auchȱ einȱ Zielȱ derȱ Toolbox,ȱ eineȱ deutlicheȱ Erhöhungȱ derȱ VerbindȬ lichkeitȱ fürȱ dasȱ weitereȱ Vorgehenȱ imȱ Wandlungsprogrammȱ zuȱ erȬ reichen.ȱEsȱgilt,ȱdieȱweichenȱzuȱhartenȱFaktorenȱzuȱmachen.ȱ Ausȱ denȱ genanntenȱ Zielenȱ könnenȱ weitereȱ wesentlicheȱ Funktionenȱ desȱTooleinsatzesȱimȱoperativenȱWandlungsgeschäftȱabgeleitetȱwerȬ den:ȱ
¾ systematischeȱ undȱ strukturierteȱ gedanklicheȱ Vorwegnahmeȱ vonȱ aktuellenȱ undȱ zukünftigenȱ Widerständen,ȱ EinflussmaßȬ nahmenȱundȱMachtpositionen,ȱ
¾ informationelleȱ Unterstützungȱ zurȱ Verbesserungȱ operativerȱ Projektarbeit,ȱ z.B.ȱ durchȱ Ressourcenallokationȱ undȱ TeamzuȬ sammensetzung,ȱ
¾ Hilfeȱ beiȱ derȱ Priorisierungȱ vonȱ Einflussmaßnahmenȱ nachȱ Dringlichkeitȱ(z.B.ȱAnspracheȱundȱEinbindungȱvonȱMultiplikaȬ toren)ȱoderȱWichtigkeitȱ(Trennungsentscheidungen),ȱ
¾ SicherungȱvonȱEinheitlichkeitȱundȱStrukturȱgemeinsamerȱBeoȬ bachtungenȱundȱsubjektiverȱBeurteilungȱ(QuasiȬObjektivität).ȱ
346ȱ
Tooleinsatz zur Unterstützung der Implementierung
10.1.3
10.1
Anwender und Anwendungssituation
(Change)ȱManager,ȱBerater,ȱProjektȬȱundȱProgrammleiterȱsindȱeinemȱ erheblichenȱDruckȱausgesetzt.ȱDieȱbetrachtetenȱWandlungsvorhabenȱ werdenȱ umfangreicher,ȱ undȱ imȱ Besonderenȱ wirdȱ dieȱ sozialeȱ LandȬ karte,ȱ dasȱ Kraftfeldȱ desȱ Wandels,ȱ undurchsichtiger.ȱ Wollenȱ WandȬ lungsmanagerȱ zumȱ Managerȱ desȱ Beherrschbarenȱ werden,ȱ müssenȱ sieȱ auchȱ ihrenȱ Instrumentenkastenȱ beherrschen.ȱ Alsȱ wesentlicheȱ Nutzerȱ derȱ hierȱ vorgeschlagenenȱ Toolsȱ sindȱ dieȱ inȱ derȱ ProgrammȬ leitungȱ und/oderȱ demȱ Kernteamȱ handelndenȱ Personenȱ angesproȬ chen.ȱȱ Beiȱ demȱ Durchdenkenȱ fremderȱ Positionenȱ handeltȱ esȱ sichȱ zwangsȬ läufigȱ umȱ subjektiveȱ Einschätzungen.ȱ Deshalbȱ istȱ zuȱ empfehlen,ȱ dassȱ eherȱ Personenmehrheitenȱ alsȱ Einzelpersonenȱ Gebrauchȱ vonȱ denȱ Toolsȱ machen,ȱ umȱ wenigstensȱ einȱ gewissesȱ Maßȱ anȱ relativerȱ Objektivitätȱi.S.ȱintersubjektiverȱVergleichbarkeitȱundȱNachprüfbarȬ keitȱzuȱgewährleisten.ȱȱ Dieȱ typischeȱ Situation,ȱ inȱ derȱ eineȱ Nutzergruppeȱ (Projektteam)ȱ dieȱ Toolsȱanwendet,ȱkannȱauchȱalsȱsog.ȱ‚WarȬRoom’ȬSzenarioȱbeschrieȬ benȱ werden.ȱ Einȱ Teamȱ ziehtȱ sichȱ inȱ einenȱ abgeschlossenenȱ Raumȱ zurückȱ undȱ versuchtȱ aufȱderȱ Basisȱ derȱ Einschätzungȱ unterschiedliȬ cherȱPersonenȱundȱKonstellationenȱeinȱBildȱvonȱdemȱzuȱbearbeitenȬ denȱ‚sozialenȱSchlachtfeld’ȱzuȱerhalten.ȱEinȱüblichesȱundȱzweckmäȬ ßigesȱ Vorgehen,ȱ wennȱ dieȱ Beteiligtenȱ esȱ nichtȱ versäumen,ȱ Feedbackschleifenȱ einzubauen,ȱ umȱ ihreȱ blindenȱ Fleckenȱ aufzudeȬ cken.ȱManȱmussȱsichȱleiderȱvonȱderȱVorstellungȱverabschieden,ȱdassȱ ChangeȱManagementȱeineȱselbstreflexiveȱOrganisationsȬȱundȱTeamȬ entwicklungsmaßnahmeȱdarstellt.ȱAnwenderȱsindȱauchȱEntscheider,ȱ undȱEntscheidungenȱsindȱgeradeȱinȱWandlungssituationenȱzumeistȱ mitȱHärtenȱverbunden.ȱ
10.1.4
Einschränkungen und Benutzerhinweise
AlsȱbesondersȱproblematischȱerweisenȱsichȱbeimȱTooleinsatzȱsolcheȱ Situationen,ȱ dieȱ subjektiveȱ Einschätzungenȱ vonȱ AnreizȬBeitragsȬ Konstellationenȱ andererȱ Personenȱ erfordern.ȱ Hierȱ kannȱ dieȱ geȬ wünschteȱ ‚Objektivität’,ȱ wieȱ bereitsȱ festgestellt,ȱ nurȱ durchȱ eineȱ Mehrzahlȱ vonȱ subjektivenȱ Einschätzungenȱ erzieltȱ werden.ȱ Dieȱ ErȬ
347ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
fahrungȱ zeigt,ȱ dassȱ einȱ Teamȱ vonȱ vierȱ bisȱ siebenȱ Personenȱ beiȱ derȱ BeurteilungȱeinerȱihmȱbekanntenȱPersonȱzumindestȱaufȱeineȱzuȱ80%ȱ tragfähigeȱEinschätzungȱkommt.ȱȱ Derȱ Einsatzȱ derȱ Toolsȱ kannȱ dasȱ eigenständigeȱ Nachdenkenȱ nichtȱ ersetzen,ȱ sondernȱ nurȱ strukturierenȱ helfen.ȱ Dieȱ Toolsȱ sindȱ DenkȬ werkzeuge.ȱ Sieȱ enthebenȱ denȱ Anwenderȱ auchȱ nichtȱ derȱ eigenenȱ Kreativität,ȱ imȱ Gegenteil:ȱ Beiȱ derȱ Anwendungȱ undȱ vorȱ allemȱ demȱ programmadäquatenȱ ‚Customizing’ȱ istȱ dasȱ Einbringenȱ eigenerȱ ErȬ fahrungenȱundȱKreativitätȱunabdingbar.ȱJedesȱToolȱistȱentsprechendȱ intelligentȱanzupassenȱ undȱ weiterzuentwickeln,ȱ nurȱ dannȱleistetȱesȱ dieȱgewünschtenȱDiensteȱ(‚Aȱfoolȱwithȱaȱtoolȱisȱstillȱaȱfool.’).ȱ Esȱ gehtȱ darum,ȱ sichȱ imȱ Wandlungsprozessȱ vonȱ Beginnȱ anȱ aufȱ dieȱ fürȱdieȱImplementierungȱrelevantenȱInformationenȱzuȱfokussieren,ȱ wasȱSchrittȱfürȱSchrittȱerfolgenȱsollte,ȱdamitȱmöglichstȱwenigȱInforȬ mationsgehaltȱ verlorenȱ geht.ȱ Beginnendȱ mitȱ derȱ Initialisierungȱ geȬ winnenȱ dieȱ Wandlungsverantwortlichenȱ aufȱ dieȱ Weiseȱ einenȱ zuȬ nächstȱ grobenȱ undȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ immerȱ deutlicherenȱ undȱ detaillierterenȱ Eindruckȱ vonȱ denȱ Triebkräftenȱ derȱ Veränderung.ȱ GezieltereȱMobilisierungȱundȱerfolgreichereȱUmsetzungȱsolltenȱderȱ GewinnȱdieserȱBemühungenȱsein.ȱȱ
10.2
Darstellung ausgewählter Tools
10.2.1
Ausgewählte Tools im Überblick
Dieȱ ausgewähltenȱ Toolsȱ setzenȱ imȱ Wesentlichenȱ anȱ zweiȱ AnsatzȬ punktenȱ an.ȱ Zumȱ einenȱ werdenȱ Instrumenteȱ vorgestellt,ȱ dieȱ dabeiȱ unterstützen,ȱ dieȱ Ausgestaltungȱ derȱ Koordinatenȱ desȱ Wandelsȱ transparentȱ zuȱ machen.ȱ Zuȱ nennenȱ sindȱ hierȱ insbesondereȱ dieȱ amȱ Wandlungsbedarfȱ ansetzendeȱ Wandlungsimpulsanalyseȱ sowieȱ dieȱ aufȱ dieȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ Ȭfähigkeitȱ ausgerichtetenȱ Toolsȱ EiCȬBarometerȱundȱEiCȬMatrix.ȱȱ ZumȱanderenȱgehtȱesȱumȱInstrumenteȱzurȱErfassungȱvonȱInteressenȱ undȱ Einflussmöglichkeitenȱ vonȱ Personenȱ undȱ PersonenmehrheiȬ tenȱ imȱ Wandlungsprozess.ȱ Zunächstȱ werdenȱ dieȱ Stakeholderȱ desȱ WandelsȱaufȱbreiterȱBasisȱanalysiertȱ(Stakeholderanalyse),ȱbevorȱaufȱ dieȱBetroffenheitȱderȱeinzelnenȱGruppenȱeingegangenȱwirdȱ(BetrofȬ
348ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
fenheitsanalyseȱundȱKooperationsprofile).ȱInȱderȱMobilisierungȱundȱ Umsetzungȱ rückenȱ dannȱ Einzelpersonenȱ verstärktȱ inȱ denȱ BlickȬ punkt.ȱSowohlȱfürȱdieȱKeyȱPlayer,ȱdieȱaufgrundȱindividuellerȱPositiȬ onenȱgroßenȱEinflussȱaufȱdenȱWandlungserfolgȱhaben,ȱalsȱauchȱdieȱ amȱ Wandlungsprogrammȱ direktȱ beteiligtenȱ Personenȱ istȱ zuȱ unterȬ suchen,ȱwelcheȱZieleȱundȱMotiveȱsieȱantreibenȱundȱobȱsowieȱinȱwelȬ cherȱ Weiseȱ sieȱ eingebundenȱ werdenȱ könnenȱ (z.B.ȱ Keyȱ PlayerȬ Analyse,ȱCommitmentȱPlanning,ȱCompatibilityȬMatrix).ȱ
Abbildungȱ10/2ȱ
TooleinsatzȱinȱdenȱWandlungsphasenȱ
Phasen des Wandlungsprozesses
Ausgewählte Tools
Initialisierung Wandlungs-
Konzipierung
Mobilisierung
EiC impulsBarometer Betroffen Analyse heitsanalyse Stakeholder KooperationsAnalyse profile
EiCMatrix Kommunikationsinstrumente Key PlayerAnalyse Commitment Planning
Umsetzung
Verstetigung
Compatibility-
Follow UpMatrix Controlling Responsibility- WandlungsChart radar Beteiligungs Lessons konzept Learned MbO/BSC Mitarbeiterprofile
ȱ
DieȱToolboxȱistȱeinȱWerkzeugkasten.ȱWieȱinȱjedemȱWerkzeugkastenȱ sindȱ dieȱAuswahlȱ undȱ derȱ Einsatzȱ derȱ einzelnenȱ Werkzeugeȱ Sacheȱ desȱ Anwenders.ȱ Persönlicheȱ Vorliebenȱ undȱ Erfahrungenȱ spielenȱ beimȱWerkzeugeinsatzȱebensoȱmitȱwieȱArtȱundȱAusmaßȱderȱVeränȬ derung,ȱ Anzahlȱ derȱ Beteiligten/Betroffenen,ȱ gewählteȱ ImplemenȬ tierungsstrategie.ȱAuchȱdieȱphasenspezifischeȱZuordnungȱderȱToolsȱ kannȱvariieren.ȱEineȱzumindestȱidealtypischeȱZuordnungȱvonȱWerkȬ zeugenȱzuȱWandlungsphasenȱzeigtȱAbbildungȱ10/2.ȱ
10.2.2
Tools in der Initialisierung
InȱderȱInitialisierungȱgehtȱesȱumȱeinȱklaresȱBildȱdesȱgegenwärtigenȱ Zustandsȱ hinsichtlichȱ derȱ relevantenȱ sachlichenȱ (hierȱ seiȱ bspw.ȱ aufȱ dieȱ klassischenȱ Strategietools,ȱ wieȱ z.B.ȱ dieȱ SWOTȬAnalyseȱ verwieȬ
349ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
sen)ȱundȱvorȱallemȱpersonellenȱEinflussfaktoren,ȱdieȱbeiȱderȱFormuȬ lierungȱeinerȱWandlungsstrategieȱzuȱbeachtenȱsind.ȱȱ Dieȱ Schwerpunkteȱ derȱ Analysearbeitȱ inȱ derȱ Initialisierungȱ richtenȱ sichȱaufȱdieȱfolgendenȱbeidenȱAspekte:ȱ
¾ KlarheitȱüberȱWandlungsimpulseȱundȱderenȱWechselwirkungenȱ sowieȱdieȱVerdichtungȱzuȱWandlungsbedarfen.ȱ
¾ IdentifikationȱundȱEinschätzungȱderȱStakeholder.ȱ Wandlungsimpulsanalyseȱ Einȱ konkreterȱ Wandlungsbedarfȱ entstehtȱ typischerweiseȱ ausȱ verȬ schiedenenȱ internenȱ undȱ externenȱ Impulsen,ȱ dieȱ sichȱ gegenseitigȱ beeinflussenȱundȱverstärken.ȱBeiȱNichtbeachtungȱkommtȱesȱzuȱdenȱ erläutertenȱ Unternehmungskrisenȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 2.1.4).ȱ Daherȱ istȱ eineȱ genauereȱundȱ rechtzeitigeȱAnalyseȱ erforderlich,ȱumȱWandlungsbeȬ darfeȱ zuȱ erkennen.ȱ Esȱ erscheintȱ deshalbȱ lohnenswert,ȱ zuȱ Beginnȱ einenȱ Blickȱ aufȱ dieȱ denȱ Wandlungsbedarfȱ beeinflussendenȱ WandȬ lungsimpulseȱzuȱwerfen.ȱȱ DabeiȱsindȱzunächstȱdieȱwesentlichenȱinternenȱundȱexternenȱWandȬ lungsimpulseȱzuȱerfassenȱundȱhinsichtlichȱihrerȱWirkungȱaufeinanȬ derȱ zuȱ bewerten.ȱ Hierfürȱ eignetȱ sichȱ dieȱ Darstellungȱ inȱ einerȱ EinȬ flussmatrixȱ (vgl.ȱ Probst/Gomezȱ 1991,ȱ S.ȱ 13f.ȱ undȱ Abb.ȱ 10/3).ȱ Alsȱ Ergebnisȱ ergibtȱ sichȱ eineȱ Verdichtungȱ derȱ zweiȱ bisȱ vierȱ wirklichȱ relevantenȱWandlungsbedarfe,ȱdieȱdannȱdasȱfürȱdieȱUnternehmungȱ sachlichȱnotwendigeȱAusmaßȱdesȱWandelsȱdarstellen.ȱ Dasȱ inȱ Abbildungȱ 10/3ȱ gezeigteȱ Schemaȱ lässtȱ sichȱ fürȱ beideȱ WirȬ kungsrichtungenȱ(vonȱ‚extern’ȱaufȱ‚intern’ȱundȱumgekehrt)ȱverwenȬ den.ȱ Dieȱ Eintragungenȱ sindȱ soȱ zuȱ interpretieren,ȱ dassȱ dieȱ AuswirȬ kungenȱ (=ȱWandlungsbedarf)ȱ externerȱ Wandlungsimpulseȱ aufȱ interneȱ Komponentenȱ abgeschätztȱ werden.ȱ Dieȱ Spaltensummenȱ gebenȱ demgemäßȱAuskunftȱ darüber,ȱ wieȱ starkȱ einȱ externerȱ Impulsȱ aufȱdieȱUnternehmungȱwirktȱ(=ȱaktiverȱFaktor).ȱDieȱZeilensummenȱ sindȱdagegenȱeinȱIndikatorȱfürȱdasȱAusmaßȱderȱerforderlichenȱÄnȬ derungenȱ(=ȱpassiverȱFaktor).ȱȱȱ
350ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2 Abbildungȱ10/3ȱ
EinflussmatrixȱinternerȱundȱexternerȱFaktorenȱȱ
1
1
3
ǻ Top.Mgmt.
3
…
ǻ…
…
Summe
12
10
Summe
ǻ Struktur
…
3
Konkurrenten
3
neue Prod.verf.
Branchenauflösung
2
Mediatisierung
Intens.des Wb.
ǻ Strategie
Wertewandel
Globalisierung Interne Wandlungsbedarfe
Externe Wandlungsimpulse
20 …
15 12
15
0 = kein Einfluss 1 = geringer Einfluss
2 = starker Einfluss 3 = zwingender Einfluss
ȱ
Stakeholderanalyseȱ Mitȱ derȱ Verdichtungȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ werdenȱ primärȱ dieȱ Sachfragenȱ desȱ Wandelsȱ angesprochen.ȱ Fürȱ einenȱ Überblickȱ überȱ dasȱ bestehendeȱ Kraftfeldȱ ausȱ Promotorenȱ undȱ Opponentenȱ undȱ derenȱ Potentialeȱ bietetȱ sichȱ dieȱ ausȱ mehrerenȱ Analyseschrittenȱ beȬ stehendeȱ Stakeholderanalyseȱ anȱ (vgl.ȱ bspw.ȱ Tietmeyerȱ 2005,ȱ S.ȱ622ff.).ȱ ImȱerstenȱSchrittȱistȱzunächstȱfestzustellen,ȱwelcheȱAnspruchsgrupȬ penȱ derȱ Unternehmungȱ überhauptȱ vonȱ derȱ angestrebtenȱ VerändeȬ rungȱ (imȱ weitestenȱ Sinne)ȱ betroffenȱ sind.ȱ Esȱ istȱ nötig,ȱ sichȱ dieȱAnȬ sprücheȱ derȱ einzelnenȱ Gruppenȱ zuȱ verdeutlichenȱ undȱ zuȱ prüfen,ȱ inwieweitȱ derenȱ Erfüllungȱ durchȱ dieȱ strategischeȱ Erneuerungȱ beȬ rührtȱwird.ȱFolgendeȱFragenȱsindȱdabeiȱhilfreich:ȱ
¾ WerȱistȱinȱseinenȱAnsprüchenȱvonȱderȱErneuerungȱheuteȱoderȱinȱ Zukunftȱbetroffenȱ(direktȱoderȱindirekt)?ȱ
¾ Werȱ hatȱ zurȱVerbesserungȱ seinerȱ eigenenȱ Positionȱ einȱ Interesseȱ anȱderȱErneuerung?ȱ
351ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
¾ Werȱ hatȱ bereitsȱ Absichtenȱ zurȱ Einflussnahmeȱ geäußertȱ oderȱ konkreteȱAktivitätenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Strategieȱ verȬ anlasst?ȱ ZuȱeinerȱerstenȱallgemeinenȱEinschätzungȱderȱRelevanzȱderȱeinzelȬ nenȱ Stakeholderȱ kannȱzumȱ einenȱ derenȱ Beeinflussbarkeitȱ undȱzumȱ anderenȱ ihrȱ Einflussȱ betrachtetȱ werdenȱ (vgl.ȱ MüllerȬStewens/LechȬ nerȱ2005,ȱS.ȱ171ff.).ȱAufȱdieȱWeiseȱerhältȱmanȱeineȱRelevanzȬMatrixȱ (vgl.ȱAbb.ȱ 10/4).ȱ Dabeiȱ wirdȱ zunächstȱ aufȱ eineȱ genaueȱAnalyseȱ derȱ Betroffenheitȱ verzichtet.ȱ Eineȱ solcheȱ Betrachtungȱ erfolgtȱ fürȱ dieȱ alsȱ relevantȱidentifiziertenȱGruppenȱinȱderȱKonzipierungsphaseȱmithilȬ feȱeinerȱspeziellenȱBetroffenheitsanalyseȱ(vgl.ȱAbb.ȱ10/7).ȱ
niedrig
hoch
RelevanzȬMatrixȱderȱStakeholderȱ
Beeinflussbarkeit
Abbildungȱ10/4ȱ
C
B
D
A
niedrig
hoch
A = einflussreiche Gruppe, die jedoch keinem direkten Einfluss unterliegt, z.B. Konkurrenten B = einflussreiche, aber gesprächsbereite Gruppe, z.B. Kapitalgeber C = niedriger Einfluss bei hoher Beeinflussbarkeit, z.B. z.T. Lieferanten und Mitarbeiter D = keine Relevanz
Einfluss
ȱ
Imȱ nächstenȱ Analyseschrittȱ sindȱ dieȱ Einflussmöglichkeitenȱ derȱ StakeholderȱimȱHinblickȱaufȱdasȱgeplanteȱWandlungsprogrammȱzuȱ konkretisierenȱ(vgl.ȱSteinleȱetȱal.ȱ1999,ȱS.ȱ59ff.ȱundȱAbb.ȱ10/5).ȱDazuȱ bietenȱ sichȱ wiederumȱ zweiȱ Achsenȱ an:ȱ dieȱ Richtungȱ derȱ EinflussȬ möglichkeitenȱundȱdieȱWahrscheinlichkeitȱderȱBeeinflussung.ȱSollteȱ eineȱGruppeȱüberȱsowohlȱpositiveȱwieȱnegativeȱEinflussmöglichkeiȬ tenȱverfügen,ȱsindȱentwederȱbeideȱoderȱdieȱmitȱderȱhöherenȱWahrȬ scheinlichkeitȱzuȱberücksichtigen.ȱ
352ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2 Abbildungȱ10/5ȱ
EinflussmatrixȱderȱStakeholderȱ Positive Einflussmöglichkeiten auf die Strategie
Betriebsrat
Kunden Bank Shareholder Händler F Abteilung Produktion Vorstandsbereich I
Lieferant Z Lieferant X Abteilung Finanzen
Wettbewerber
Beeinflussung wahrscheinlich
Beeinflussung unwahrscheinlich
Lager
Lieferant Y
Negative Einflussmöglichkeiten auf die Strategie
ȱ
AbgeleitetȱausȱderȱAbbildungȱsollteȱdannȱfürȱjedeȱStakeholdergrupȬ peȱ ermitteltȱ werden,ȱ welcheȱ Zieleȱ sieȱ verfolgen,ȱ welchesȱ BehindeȬ rungspotentialȱ sieȱ besitzenȱ undȱ welcheȱ Aktionenȱ bzw.ȱ Reaktionenȱ zuȱerwartenȱsind.ȱHieraufȱaufbauendȱistȱeineȱentsprechendeȱHandȬ lungsstrategieȱ imȱ Umgangȱ mitȱ derȱ Stakeholdergruppeȱ festzulegenȱ (vgl.ȱSteinleȱetȱal.ȱ1999,ȱS.ȱ60ȱsowieȱAbb.ȱ10/6).ȱȱ Insbesondereȱ lässtȱ dieȱ Stakeholderanalyseȱ auchȱ Rückschlüsseȱ darȬ aufȱzu,ȱwannȱwelcheȱGruppeȱwieȱinȱdenȱProzessȱzuȱintegrierenȱist,ȱ z.B.ȱ welcheȱ Gruppenȱ Teilnehmerȱ derȱ erstenȱ Workshopsȱ seinȱ sollenȱ oderȱ müssen.ȱAlsȱ Richtschnurȱ kannȱ gelten,ȱ dassȱ alsȱ negativȱ eingeȬ schätzteȱGruppenȱbereitsȱinȱdenȱfrühenȱPhasenȱaufmerksamȱzuȱbeȬ obachtenȱundȱgegebenenfallsȱzuȱintegrierenȱsind.ȱUnkritischeȱGrupȬ penȱmüssenȱevtl.ȱnurȱinȱeinerȱspäterenȱPhaseȱ(z.B.ȱUmsetzung)ȱmitȱ einemȱklarenȱProjektauftragȱversorgtȱwerden.ȱ ȱ
353ȱ
10 Abbildungȱ10/6ȱ
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
Stakeholderanalyse:ȱAbleitungȱeinerȱHandlungsstrategieȱ
Stakeholder
Ziele der Stakeholder
Mitarbeiter Produktion
- Besitzstand
…
…
Unterstützungs-/ Behinderungspotential
Konkrete Reaktionen der Stakeholder
Handlungsstrategie der Programmleitung
- Streik - Kündigung
- Sabotage
- Kompensation - Gespräche
…
…
…
ȱ
10.2.3
Tools in der Konzipierung
Entsprechendȱ derȱ inȱ Kapitelȱ 2.2ȱ vorgestelltenȱ Aufgabenȱ imȱ WandȬ lungsprozessȱ sindȱ inȱ derȱ Konzipierungȱ dieȱ Wandlungszieleȱ festzuȬ legenȱ undȱ daranȱ anschließendȱ Maßnahmenprogrammeȱ zuȱ entwiȬ ckeln.ȱ Ausȱ sachorientierterȱ Sichtȱ könnenȱ hierȱ alleȱ Technikenȱ derȱ Zielformulierung,ȱ Alternativenbeurteilungȱ undȱ Entscheidungȱ einȬ gesetztȱwerdenȱ(z.B.ȱNutzwertanalyseȱoderȱAHPȬTechnik).ȱȱ Währendȱ dieserȱ sachȬanalytischeȱ Teilȱ inȱ derȱ Praxisȱ meistȱ sehrȱ gutȱ verankertȱist,ȱ bleibtȱinȱ derȱ Konzipierungsphaseȱleiderȱ häufigȱ völligȱ unklar,ȱmitȱwelchenȱpersonellenȱWiderständenȱundȱWandlungsbarȬ rierenȱzuȱrechnenȱist.ȱZurȱinformationellenȱUnterstützungȱderȱImpȬ lementierungȱ undȱ Entwicklungȱ vonȱ Maßnahmenprogrammenȱ sindȱ daherȱinȱderȱKonzipierungsphaseȱauchȱzweiȱweitereȱwichtigeȱAnaȬ lyseaufgabenȱzuȱerfüllen:ȱ
¾ Beurteilungȱ derȱ Wandlungsbetroffenheitȱ derȱ wichtig(st)enȱ StaȬ keholdergruppen.ȱ
¾ DiagnoseȱderȱWandlungsbereitschaftȱundȱȬfähigkeitȱinȱdenȱvomȱ WandelȱbetroffenenȱOrganisationsbereichen.ȱ
Betroffenheitsanalyseȱ InȱderȱKonzipierungȱstehenȱdieȱimȱRahmenȱderȱStakeholderanalyseȱ alsȱ wesentlichȱ identifiziertenȱ Anspruchsgruppenȱ desȱ Wandelsȱ imȱ
354ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
Vordergrund.ȱ Dieȱ Betroffenheitsanalyseȱ versucht,ȱ nichtȱ nurȱ dasȱ Verhaltenȱ derȱ Personengruppeȱ alsȱ einfachesȱ ReizȬReaktionsschemaȱ aufzufassen.ȱBetroffenheitȱistȱdieȱVoraussetzungȱdafür,ȱdassȱAktiviȬ tätȱbeiȱPersonenȱoderȱGruppen,ȱegalȱinȱwelcheȱRichtung,ȱüberhauptȱ erstȱentstehtȱ(vgl.ȱHansel/Lomnitzȱ2003,ȱS.ȱ127ff.).ȱDurchȱBetroffenȬ heitȱ wirdȱ ausȱ einerȱ Situationȱ eineȱ Aktivierungssituation.ȱ UmȱAufȬ klärungȱ hierüberȱ zuȱ erhalten,ȱ mussȱ sichȱ derȱ Toolanwenderȱ inȱ dieȱ Situationȱ derȱ Betroffenenȱ versetzen.ȱ Fürȱ dieȱ jeweiligenȱAnspruchsȬ gruppenȱistȱzuȱprüfen,ȱwelcheȱWandlungsimpulseȱsieȱwahrnehmenȱ undȱ inwiefernȱ sieȱ davonȱ inȱ ihrerȱ AnreizȬBeitragsȬKonstellationȱ betroffenȱsind.ȱGruppenspezifischeȱAnreizȬȱundȱBeitragskomponenȬ tenȱ sindȱ zuȱ bestimmenȱ undȱ zuȱ durchdenken.ȱ Darausȱ ergebenȱ sichȱ Hinweise,ȱ vonȱ welcherȱ Seiteȱ Widerständeȱ zuȱ erwartenȱ sind,ȱ aberȱ auch,ȱ werȱ Interesseȱ anȱ einerȱ Mitarbeitȱ habenȱ oderȱ dasȱ Vorhabenȱ aktivȱunterstützenȱkönnte.ȱȱ DieȱAbbildungȱ10/7ȱzeigtȱschematischȱauf,ȱwieȱdieȱErgebnisseȱeinerȱ solchenȱBetroffenheitsanalyseȱaussehenȱkönnten.ȱȱ
Abbildungȱ10/7ȱ
Betroffenheitsanalyseȱ
Produktmanager
Logistik
++
o
+
…
Handlungsspielraum
++
-
--
o
…
Aufgabenzuordnung
++
++
o
o
…
… Summe Grad der Betroffenheit
…
Sachbearbeiter
++
Vertriebsmitarb.
Cost Center Leiter
Verantwortung
Betriebsrat
Geschäftsführg. Betroffenheitsaspekt
Betroffene Personengruppen
… ++
++
+/-
o
…
++ = stark positiv + = gering positiv o = kein Einfluss - = gering negativ -- = stark negativ
ȱ
355ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
ImȱEinzelfallȱkönnenȱweitereȱKriterienȱderȱBetroffenheitȱbedeutsamȱ sein,ȱsoȱz.B.ȱArbeitsplatzsicherheit,ȱArbeitszeit,ȱEntlohnung,ȱAnbinȬ dungȱanȱ Informationsströme,ȱArbeitsbeziehungen,ȱQualitätȱ derȱArȬ beit,ȱ Fremdkontrolle,ȱ Belastung,ȱ Prestige,ȱ Einflussmöglichkeiten.ȱ WichtigȱbeiȱderȱAuswahlȱsindȱeinerseitsȱeineȱklareȱAbgrenzungȱderȱ Beurteilungskriterienȱ undȱ andererseitsȱ eineȱ hinreichendeȱ VollstänȬ digkeit.ȱDieȱAnzahlȱderȱKriterienȱsollteȱaufȱeineȱüberschaubareȱZahlȱ begrenztȱbleiben.ȱ EinȱwesentlichesȱZielȱderȱBetroffenheitsanalyseȱistȱes,ȱamȱEndeȱvierȱ bisȱ fünfȱ Clusterȱ mitȱ inȱ Richtungȱ undȱ Stärkeȱ verschiedenenȱ BetrofȬ fenheitenȱ voneinanderȱ abgrenzenȱ zuȱ könnenȱ (vgl.ȱ zumȱ Vorgehenȱ Abb.ȱ 10/5),ȱ dieȱ dannȱ alsȱ ‚Implementierungsgruppen’ȱ mitȱ denȱ entȬ sprechendenȱ Maßnahmenȱ anzugehenȱ sind.ȱ Wirdȱ dieȱ Beurteilungȱ derȱ Gruppenȱ durchȱ dieȱ Programmleitungȱ mitȱ immerȱ denȱ gleichenȱ Personenȱ undȱ Toolsȱ durchgeführt,ȱ ergibtȱ sichȱ einȱ rechtȱ klaresȱ undȱ einheitlichesȱ Bildȱ derȱ Lage.ȱ Derȱ Einsatzȱ inȱ derȱ Praxisȱ hatȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ subjektivenȱ Einschätzungsunterschiedeȱ demgegenüberȱ anȱ Bedeutungȱverlieren.ȱȱ
Kooperationsprofilȱ InȱeinemȱnächstenȱSchrittȱerscheintȱesȱzweckmäßig,ȱdieȱBeziehungenȱ zwischenȱdenȱrelevantenȱGruppenȱabzuklärenȱundȱeinȱsog.ȱKoopeȬ rationsprofilȱ zuȱ erstellenȱ (inȱ Anlehnungȱ anȱ Hansel/Lomnitzȱ 1993,ȱ S.ȱ38).ȱMitȱdemȱKooperationsprofilȱsollȱdieȱaktuelleȱundȱzukünftigeȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ undȱ zwischenȱ wichtigenȱ Stakeholdernȱ dargeȬ stelltȱ werden.ȱ Auchȱ darausȱ lassenȱ sichȱ maßgeblicheȱ Hinweiseȱ aufȱ ErfolgsȬȱ undȱ Misserfolgspotentialeȱ fürȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ ableiten.ȱAbbildungȱ10/8ȱsollȱdazuȱOrientierungspunkteȱanbieten.ȱȱ
356ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
Kooperationsprofilȱ(zwischenȱProgrammleitungȱundȱbetroffenenȱEinheiten)ȱ
Abbildungȱ10/8ȱ
Stab für Unt.entwicklung
Vertriebsabteilung Z Produktionsabteilung W ++ vertrauensvoll
+
0
-
-kein Vertrauen
viel Abstimmung/ Kommunikation
keine Abstimmung
Bereitschaft zur Zusammenarbeit
keine Zusammenarbeit
Konflikte werden offen angesprochen Entscheidungen werden gemeinsam getragen Abmachungen werden eingehalten
Konflikte werden verdeckt ausgetragen Entscheidungen werden nur einseitig getragen versprochen wird viel, aber wenig eingehalten
es gibt Kompromissbereitschaft
hohe Standpunktfestigkeit
offener Informationsaustausch
‚mauern‘, taktieren mit Informationen
ȱ
EiCȬBarometerȱ Nebenȱ derȱ Identifikationȱ derȱ Betroffenheitȱ derȱ wichtigenȱ StakeholȬ derȱ istȱ zurȱ Konzipierungȱ einesȱ situationsgerechtenȱ WandlungsproȬ grammsȱ eineȱ Diagnoseȱ derȱWandlungsbereitschaftȱ undȱȬfähigkeitȱ derȱ betroffenenȱ Personenȱ bzw.ȱ Organisationseinheitenȱ notwendig.ȱ Wieȱ bereitsȱ dargestellt,ȱ müssenȱ dieȱ ‚3W’ȱ inȱ Einklangȱ gebrachtȱ werȬ den.ȱWährendȱderȱWandlungsbedarfȱtypischerweiseȱdenȱAusgangsȬ punktȱdesȱWandelsȱdarstelltȱundȱdaherȱbereitsȱzuȱBeginnȱdesȱWandȬ lungsprogrammsȱ analysiertȱ wirdȱ (vgl.ȱ Wandlungsimpulsanalyse),ȱ werdenȱWandlungsbereitschaftȱundȱȬfähigkeitȱmeistȱwenigerȱbeachȬ tet,ȱobwohlȱsieȱhäufigȱfürȱdenȱMisserfolgȱimȱWandelȱverantwortlichȱ sind.ȱ Esȱ istȱ empfehlenswert,ȱ möglicheȱ Wandlungsbarrierenȱ inȱ derȱ UmsetzungȱbereitsȱimȱKonzeptȱzuȱberücksichtigen.ȱ DaȱesȱsichȱbeiȱderȱDiagnoseȱderȱWandlungsbereitschaftȱundȱWandȬ lungsfähigkeitȱderȱbetroffenenȱOrganisationseinheitenȱumȱkomplexeȱ Sachverhalteȱhandelt,ȱdieȱaufȱvielfältigenȱEinflussfaktorenȱberuhen,ȱ istȱ esȱ wenigȱ sinnvoll,ȱ hierȱ reinȱ intuitivȱ vorzugehen.ȱ Esȱ bedarfȱ vielȬ mehrȱ einerȱ umfassendenȱ Analyseȱ allerȱ wesentlichenȱ EinflussfaktoȬ
357ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
ren.ȱ Hierzuȱ eignetȱ sichȱ dasȱ sog.ȱ Excellenceȱ inȱ ChangeȬBarometerȱ (vgl.ȱ Krüger/Coray/Dominizak/Petryȱ 2006).ȱ Aufȱ Grundlageȱ einerȱ Checklisteȱ vonȱ jeweilsȱ zehnȱ Fragenȱ könnenȱ aufȱ einfacheȱ Weiseȱ komplexeȱ Wandlungsproblemeȱ eingekreistȱ undȱ transparentȱ geȬ machtȱ sowieȱ Einzelmaßnahmenȱ zurȱ Problemlösungȱ abgeleitetȱ werȬ denȱ(vgl.ȱAbb.ȱ10/9ȱundȱ10/10).ȱ Beiȱ derȱ Beurteilungȱ derȱ Wandlungsbereitschaftȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 10/9)ȱ wirdȱ zwischenȱ einerȱ situationsunabhängigenȱ undȱ einerȱ situationsȬ abhängigenȱ Bereitschaftȱ zurȱ Veränderungȱ unterschiedenȱ (vgl.ȱ Kap.ȱ 1.2.2).ȱ Währendȱ dieȱ situationsunabhängigeȱ Wandlungsbereitschaftȱ zumȱ Ausdruckȱ bringt,ȱ inwieweitȱ dieȱ betrachteteȱ Einheitȱ nachȱ VerȬ änderungȱstrebt,ȱohneȱdassȱesȱhierfürȱeinenȱkonkretenȱAuslöserȱgibtȱ (inȱdenȱFragenȱWB.1ȱbisȱWB.5ȱabgefragterȱgenerellerȱsachbezogenerȱ undȱ personellerȱ Veränderungswille),ȱ betrachtetȱ dieȱ situationsabȬ hängigeȱWandlungsbereitschaftȱdieȱkonkrete,ȱaktuelleȱSituationȱmitȱ demȱ zuȱ bewältigendenȱ Wandlungsbedarf.ȱ Eineȱ hoheȱ Bereitschaftȱ zumȱ Wandelȱ istȱ nurȱ dannȱ zuȱ erwarten,ȱ wennȱ dieȱ Beteiligtenȱ denȱ konkretenȱWandlungsbedarfȱerkennenȱ(WB.6ȱundȱWB.7),ȱdasȱangeȬ strebteȱZielȱkennenȱundȱpositivȱbeurteilenȱ(WB.8)ȱundȱeinȱErreichenȱ desȱZielsȱfürȱwahrscheinlichȱhaltenȱ(WB.9ȱundȱWB.10).ȱ Dieȱ Enablerȱ derȱ Wandlungsfähigkeitȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 10/10)ȱ könnenȱ inȱ dieȱ sechsȱ Faktorenbündelȱ Strategieȱ (WF.1ȱ undȱ WF.2),ȱ Strukturenȱ undȱProzesseȱ(WF.3ȱbisȱWF.5),ȱSystemeȱ(WF.6),ȱRealisationspotentialȱ (WF.7ȱ undȱ WF.8),ȱ Trägerȱ (WF.9)ȱ sowieȱ Philosophieȱ undȱ Kulturȱ (WF.10)ȱ eingeteiltȱ werdenȱ (vgl.ȱ KOMPASSȬErfolgsfaktorenmodell,ȱ Krügerȱ 1988,ȱ S.ȱ 27ff.).ȱ Dieȱ Fähigkeitȱ einesȱ erfolgreichenȱ Wandelsȱ mussȱ durchȱ alleȱ sechsȱ Erfolgsfaktorenȱ getragenȱ werdenȱ (vgl.ȱ imȱ DetailȱKrüger/Coray/Dominizak/Petryȱ2006).ȱ Nebenȱ derȱ Möglichkeitȱ einerȱ Diagnoseȱ inȱ Einzelarbeitȱ durchȱ denȱ Wandlungsmanagerȱ(‚WarȱRoom’ȬSzenario)ȱkannȱdasȱEiCȬBarometerȱ aberȱauchȱzumȱVergleichȱvonȱSelbstȬȱundȱFremdbildȱderȱamȱWandelȱ Beteiligtenȱbzw.ȱvonȱihmȱBetroffenenȱ(z.B.ȱAuftraggeber,ȱProjektmaȬ nager,ȱ Teammitglieder)ȱ verwendetȱ werden.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ zeigtȱ esȱ Gemeinsamkeitenȱ undȱ Unterschiedeȱ inȱ derȱ Einschätzungȱ undȱ ofȬ fenbartȱ gleichzeitigȱ eventuellȱ vorhandeneȱ Kommunikationslückenȱ zwischenȱdenȱverschiedenenȱBeteiligten.ȱȱ DieȱBeantwortungȱderȱinsgesamtȱ20ȱFragenȱistȱnatürlichȱnochȱnichtȱ ausreichend,ȱ umȱ spezifischeȱ Einzelmaßnahmenȱ abzuleiten.ȱ Hierzuȱ
358ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
bedarfȱesȱeinerȱdetailliertenȱAnalyseȱderȱEinzelantworten.ȱFürȱjedeȱ nichtȱoderȱschlechtȱerfüllteȱFrageȱistȱzuȱüberprüfen,ȱwelcheȱkonkreȬ tenȱ Mängelȱ vorliegenȱ undȱ wieȱ diesenȱ durchȱ Anpassungenȱ desȱ Wandlungskonzeptsȱentgegengesteuertȱwerdenȱkann.ȱ
Abbildung10/9ȱ
ExcellenceȱinȱChangeȬBarometerȱ(I)ȱȬȱWandlungsbereitschaftȱ(WB)ȱ Organisationseinheit:
Beurteilt durch:
Frage 1
Wie hoch ist die Wandlungsdynamik der Branche allgemein? 1
2
3
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
4
Frage 2
Wie hoch sind die Partizipationsmöglichkeiten der Mitarbeiter an wichtigen Entscheidungen? 1
2
3
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
4
Frage 3
Wie hoch ist der Anteil der Mitarbeiter, die bereits in mehreren Bereichen/Unternehmungen gearbeitet haben? 1
2
3
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
4
Frage 4
Wie sind die allgemeinen Persönlichkeitsmerkmale der Betroffenen? 1
2
3
4
(1 = ängstlich, konservativ; 4 = neugierig, risikobereit)
Frage 5
Wie hoch ist die Anzahl freiwillig initiierter und umgesetzter Verbesserungsvorschläge/Change Requests? 1
2
3
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
4
Frage 6
Erkennen die Betroffenen die derzeitige Situation als 'nicht zukunftsfähig'? 1
2
3
(1 = trifft nicht zu; 4 = trifft voll zu)
4
Frage 7
Existiert bei allen Betroffenen ein einheitliches Verständnis der notwendigen Veränderungen? 1
2
3
(1 = trifft nicht zu; 4 = trifft voll zu)
4
Frage 8
Beurteilen die Betroffenen die angestrebten Ziele positiv (Anreiz-Beitrags-Saldo)? 1
2
3
(1 = trifft nicht zu; 4 = trifft voll zu)
4
Frage 9
Verfügen die Betroffenen über überwiegend positive oder überwiegend negative Wandlungserfahrungen? 1
2
3
4
(1 = überwiegend negativ; 4 = überwiegend positiv)
Frage 10
Ist das 'Commitment' der Führungskräfte zum Wandel erkennbar? 1
2
3
4
(1 = trifft nicht zu; 4 = trifft voll zu)
ȱ
359ȱ
10 Abbildungȱ10/10ȱ
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
ExcellenceȱinȱChangeȬBarometerȱ(II)ȱȬȱWandlungsfähigkeitȱ(WF)ȱ Organisationseinheit:
Beurteilt durch:
Frage 1
Gibt es veränderungsbezogene und flexible Leitbilder, Ziele und Strategien? 1
2
3
4
(1 = nicht vorhanden; 4 = vorhanden und umgesetzt)
Frage 2
Existieren (langfristige) Entwicklungs- bzw. Wandlungsprogramme? 1
2
3
4
(1 = trifft nicht zu; 4 = trifft voll zu)
Frage 3
Wie hoch ist der Grad der organisatorischen Selbständigkeit und inneren Flexibilität der einzelnen Bereiche/Einheiten? 1
2
3
4
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
Frage 4
Existieren flexible Einrichtungen, wie z.B. Lernplattformen, Erfahrungsgruppen, Yellow Pages, Communities of Practice? 1
2
3
4
(1 = nicht vorhanden; 4 = vorhanden und intensiv genutzt)
Frage 5
Wie flexibel ist die Kopplung der Organisationseinheiten untereinander sowie mit externen Partnern? 1
2
3
4
(1 = sehr starr; 4 = sehr flexibel)
Frage 6
Existieren ein professionelles Projektmanagement mit einem abgestimmten Vorgehensmodell sowie entsprechende Kommunikations-, Dokumentations- und Informationssysteme? 1
2
3
4
(1 = sehr wenig professionell; 4 = sehr professionell)
Frage 7
Wie hoch sind Wandlungs-Know-how und Wandlungs-/Projekterfahrung der Beteiligten? 1
2
3
4
(1 = sehr niedrig; 4 = sehr hoch)
Frage 8
Gibt es organisatorische und zeitliche Ressourcen für neue Initiativen und Innovationen? 1
2
3
4
(1 = nicht vorhanden; 4 = vorhanden und instensiv genutzt)
Frage 9
Sind unterschiedliche Managertypen mit unterschiedlichen Qualifikationen vorhanden? 1
2
3
4
(1 = nicht vorhanden; 4 = in hohem Maße vorhanden)
Frage 10
Gibt es eine offene Kultur mit einer freien Kommunikation und einer hohen Konfliktfähigkeit? 1
10.2.4
2
3
4
(1 = wenig offene Kultur; 4 = sehr offene Kultur)
Tools in der Mobilisierung
DieȱAggregationȱderȱjeweiligenȱEinzelaussagenȱdesȱEiCȬBarometersȱ eignetȱsichȱsehrȱgutȱfürȱeinenȱerstenȱGesamteindruckȱbeiȱkomplexenȱ Vorhabenȱ undȱ dieȱ Planungȱ vonȱ Mobilisierungsmaßnahmen.ȱ Fürȱ
360ȱ
ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
dieseȱPhaseȱistȱaußerdemȱzuȱklären,ȱwieȱeinȱsinnvollesȱKommunikaȬ tionskonzeptȱ instrumentellȱ unterstütztȱ werdenȱ sollteȱ undȱ wieȱ dieȱ Aufgabeȱ ‚Wandlungsbedingungenȱ schaffen’ȱ mitȱ personellenȱ InforȬ mationenȱunterfüttertȱwerdenȱkann.ȱ Derȱ Tooleinsatzȱ inȱ derȱ Mobilisierungsphaseȱ dientȱ damitȱ vorȱ allemȱ dazu,ȱfolgendeȱFragenȱzuȱbeantworten:ȱ
¾ WelcheȱMaßnahmenȱderȱUmsetzungsvorbereitungȱergebenȱsichȱ ausȱderȱAnalyseȱderȱWandlungsbereitschaftȱundȱȬfähigkeit?ȱ
¾ Welcheȱ Instrumenteȱ solltenȱ zurȱ Kommunikationȱ desȱ WandȬ lungsbedarfsȱundȱȬprogrammsȱeingesetztȱwerden?ȱ
¾ Wieȱ istȱ mitȱ Keyȱ Playernȱ imȱ Wandelȱ umzugehenȱ undȱ ihrȱ ComȬ mitmentȱzuȱsichern?ȱȱ
EiCȬMatrixȱ DurchȱdieȱAdditionȱderȱEinzelwerteȱderȱFragenȱdesȱEiCȬBarometersȱ (1ȱ Ȭȱ 4ȱ Punkteȱ jeȱ Frage)ȱ ergibtȱ sichȱ fürȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱȱȱȱȱȱȱȱ Ȭfähigkeitȱ jeweilsȱ einȱ Gesamtwertȱ zwischenȱ 10ȱ (Minimum)ȱ undȱ 40ȱ (Maximum).ȱ Übertragenȱ inȱ dieȱ Excellenceȱ inȱ ChangeȬMatrixȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ10/11)ȱverdeutlichenȱdieseȱWerte,ȱbeiȱwelchenȱKoordinatenȱdieȱ betrachteteȱEinheitȱHandlungsbedarfȱhat.ȱ
ExcellenceȱinȱChangeȬMatrixȱ
Abbildungȱ10/11ȱ
Wandlungsbereitschaft
40
Excellence in Change Fähigkeitsdefizite
25
Reformstau
Willensbarrieren
10 10
25
40
Wandlungsfähigkeit
ȱ
361ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
Dieȱ Positionierungȱ einerȱ Unternehmungȱ oderȱ Organisationseinheitȱ inȱderȱEiCȬMatrixȱerlaubtȱeineȱersteȱEinschätzungȱderȱAusgestaltungȱ derȱWandlungskoordinatenȱ(‚Reifegrad’)ȱundȱdamitȱeineȱFestlegungȱ derȱStoßrichtungȱdesȱVorgehensȱinȱderȱMobilisierungsȬȱundȱUmsetȬ zungsphase.ȱ Darüberȱ hinausȱ istȱ eineȱ ersteȱ Abschätzungȱ derȱ notȬ wendigenȱ zeitlichenȱ undȱ finanziellenȱ Aufwendungenȱ zurȱ BeseitiȬ gungȱ derȱ Mängelȱ möglichȱ (vgl.ȱ Krüger/Coray/Dominizak/Petryȱ 2006).ȱȱ Imȱ ungünstigstenȱ Fallȱ fehlenderȱ Bereitschaftȱ undȱ Fähigkeitenȱ (ReȬ formstau,ȱvgl.ȱKap.ȱ4.1)ȱstelltȱsichȱdemȱWandlungsmanagerȱeinȱMaȬ ximumȱ anȱ Barrierenȱ entgegen,ȱ derȱ Wandlungsprozessȱ wirdȱ zumȱ Hürdenlauf.ȱInȱderȱMobilisierungȱistȱgleichzeitigȱanȱbeidenȱKoordiȬ natenȱzuȱarbeiten.ȱȱ Etwasȱ einfacherȱ sindȱ Situationenȱ zuȱ bewältigen,ȱ inȱ denenȱ wenigȬ stensȱdieȱBereitschaftȱzumȱWandelȱvorhandenȱistȱ(FähigkeitsdefiziȬ te).ȱ Hierȱ müssenȱ ‚lediglich’ȱ nochȱ dieȱ notwendigenȱ Fähigkeitenȱ aufȬ gebautȱwerden.ȱAusȱderȱBeantwortungȱderȱEinzelfragenȱimȱBereichȱ Wandlungsfähigkeitȱistȱersichtlich,ȱinȱwelchenȱBereichenȱderȱgrößteȱ Handlungsbedarfȱ besteht.ȱ Daȱ esȱ inȱ derȱ Regelȱ relativȱ langeȱ dauert,ȱ Wandlungsfähigkeitȱ aufzubauen,ȱ solltenȱ hierȱ unterȱ Umständenȱ auchȱ externeȱ Beraterȱ mitȱ einbezogenȱ werden.ȱ Dieseȱ könnenȱ kurzȬ fristigȱ zurȱ Überbrückungȱ vonȱ Fähigkeitsdefizitenȱ undȱ langfristigȱ zumȱ Fähigkeitstransferȱ (z.B.ȱ auchȱ durchȱ Schulungen)ȱ eingesetztȱ werden.ȱ Wennȱ zwarȱ dieȱ notwendigenȱ Wandlungsfähigkeitenȱ vorhandenȱ sind,ȱaberȱdieȱBereitschaftȱzumȱHandelnȱfehlt,ȱliegenȱWillensbarrieȬ renȱvor.ȱDieseȱ(kurzfristig)ȱzuȱüberwindenȱoderȱzuȱbrechen,ȱverlangtȱ vorȱ allemȱ eineȱ offeneȱ Kommunikationȱ desȱ Wandlungsbedarfsȱ undȱ eineȱgeeigneteȱGestaltungȱderȱAnreizsituation.ȱ
Kommunikationsinstrumenteȱȱ Insbesondereȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Schaffungȱ einerȱ ausreichendenȱ Wandlungsbereitschaftȱ kommtȱ derȱ Kommunikationȱ eineȱ entscheiȬ dendeȱ Bedeutungȱ zu.ȱ Möglicheȱ Ansatzpunkteȱ zurȱ Festlegungȱ desȱ KommunikationskonzeptsȱundȱzurȱAuswahlȱpassenderȱKommuniȬ kationsinstrumenteȱ lassenȱ sichȱ ausȱ denȱ Ergebnissenȱ desȱ EiCȬ Barometersȱ ableiten.ȱ Imȱ Falleȱ einesȱ fehlendenȱ einheitlichenȱ VerȬ ständnissesȱ derȱ notwendigenȱ Veränderungenȱ bspw.ȱ (vgl.ȱ Frageȱ
362ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
WB.7ȱinȱAbb.ȱ10/9)ȱerkennenȱdieȱBetroffenenȱunterȱUmständenȱzwarȱ dieȱ Notwendigkeitȱ vonȱ Veränderungenȱ imȱ Allgemeinen,ȱ sindȱ aberȱ orientierungslosȱ undȱ nichtȱ inȱ derȱ Lage,ȱ aktivȱ zuȱ handeln.ȱ Unterȱ solchenȱ Bedingungenȱ istȱ esȱ sinnvoll,ȱ bereitsȱ inȱ denȱ frühenȱ Phasenȱ desȱ Wandlungsprojektsȱ entsprechendeȱ KommunikationsmaßnahȬ menȱ zuȱ ergreifen.ȱ Diesȱ kannȱ z.B.ȱ mitȱ Workshopsȱ derȱ SchlüsselperȬ sonenȱ beginnenȱ undȱ sichȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ kaskadenförmigȱ aufȱ dieȱ betroffenenȱ Bereicheȱ inȱ Formȱ vonȱ Konferenzenȱ (‚Roadȱ Shows’,ȱ ‚TownȱMeetings’)ȱausweiten.ȱ
KeyȱPlayerȬAnalyseȱȱ ImȱSinneȱeinerȱKraftfeldanalyseȱgiltȱes,ȱinȱderȱMobilisierungȱdiejeniȬ genȱPersonenȱzuȱidentifizierenȱundȱzuȱaktivieren,ȱdieȱeinenȱmaßgebȬ lichenȱ Einflussȱ aufȱ dasȱ Wandlungsgeschehenȱ ausübenȱ können.ȱ Dieȱ ZahlȱdieserȱSchlüsselpersonenȱ(KeyȱPlayer)ȱhältȱsichȱselbstȱbeiȱumȬ fangreichenȱ Veränderungsprojektenȱ inȱ überschaubarenȱ Grenzen.ȱ Daherȱ sollteȱ dieȱ Programmleitungȱ dieȱ Positionȱ derȱ inȱ Frageȱ komȬ mendenȱ Personenȱ genauȱ durchdenken,ȱ umȱ denȱ Projekterfolgȱ mitȱ derȱEinbindungȱvonȱSchlüsselpersonenȱweiterȱabzusichern.ȱEsȱgehtȱ umȱ dieȱ zusätzlicheȱ Aktivierungȱ vonȱ Energieȱ bzw.ȱ dieȱ Übernahmeȱ derȱ erläutertenȱ Promotorenrollen.ȱ Dieȱ folgendeȱ Übersichtȱ sollȱ beiȬ spielhaftȱverdeutlichen,ȱanhandȱwelcherȱMerkmaleȱuntersuchtȱwerȬ denȱ kann,ȱ welcheȱ Personenȱ dasȱ Potentialȱ fürȱ einenȱ Keyȱ Playerȱ haȬ ben.ȱ Eineȱ derartigeȱ Analyseȱ kannȱ imȱ Übrigenȱ auchȱ inȱ einemȱ früherenȱStadiumȱdesȱWandelsȱerfolgen,ȱalsoȱselbstȱinȱderȱInitialisieȬ rung,ȱwennȱesȱumȱdenȱAufbauȱderȱWandlungskoalitionȱgeht.ȱȱ Dasȱ ProgrammȬManagementȱ sollteȱ versuchen,ȱ denȱ identifiziertenȱ KeyȱPlayernȱeineȱdementsprechendȱaktiveȱRolleȱimȱWandlungsproȬ zessȱeinzuräumenȱ(bspw.ȱalsȱ„ChangeȱAgents“,ȱvgl.ȱPascale/Sterninȱ 2006,ȱS.ȱ53).ȱDieseȱRolleȱsollteȱdurchȱdieȱBereitschaftȱundȱdieȱFähigȬ keitȱ gekennzeichnetȱ sein,ȱ sichȱ denȱ Herausforderungenȱ einesȱ tiefȱ greifendenȱWandlungsprozessesȱzuȱstellen.ȱKeyȱPlayerȱmachenȱsichȱ imȱ Idealfallȱ dieȱ Wandlungszieleȱ zuȱ Eigenȱ undȱ treibenȱ aufȱ diesemȱ FundamentȱdieȱWandlungsaufgabenȱvoran.ȱ ȱ
363ȱ
10 Abbildungȱ10/12ȱ
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
KeyȱPlayerȬIdentifikationȱ Mitarbeiter: Ausprägung
Einheit: Funktion:
nein
Merkmal
Leiter eines relevanten Bereiches
mittel
ja
X
hatte sehr viele Projekteinsätze
X
Programmleitungserfahrung
X
besondere kommunikative Fähigkeiten
X
besondere fachliche Fähigkeiten
X
besondere quant./qual. Ressourcen
X
steuert wichtige Prozesse
X
sitzt an wichtigen Informationsknoten gute Beziehungen außerhalb der Unt.
X X
…
ȱ
CommitmentȱPlanningȱȱ Imȱ Weiterenȱ istȱ esȱ dieȱ Aufgabeȱ desȱ ProgrammȬManagers,ȱ dasȱ fürȱ einenȱ erfolgreichenȱ Wandelȱ erforderlicheȱ Mindestmaßȱ anȱ persönliȬ chemȱ Commitmentȱ seitensȱ derȱ Schlüsselpersonenȱ zuȱ bestimmen.ȱ HierfürȱistȱdasȱaktuelleȱundȱdasȱerwünschteȱCommitmentȱderȱidenȬ tifiziertenȱKeyȱPlayerȱgegenüberzustellen.ȱȱ Dasȱ wesentlicheȱ Problemȱ derȱ Keyȱ Playerȱ istȱ meistȱ ihreȱ begrenzteȱ zeitlicheȱ Verfügbarkeit,ȱ daȱ sieȱ jeȱ nachȱ Ausgestaltungȱ desȱ WandȬ lungsprogrammsȱ aufȱ vielenȱ ‚Baustellen’,ȱ d.h.ȱ inȱ unterschiedlichenȱ Projektenȱund/oderȱFunktionen,ȱimȱEinsatzȱseinȱmüssen.ȱDieȱAnalyȬ seȱ dieserȱ Personenȱ istȱ ausȱ zweiȱ Gründenȱ besondersȱ wichtig.ȱ Zumȱ Erstenȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ begrenztenȱ zeitlichenȱ Ressourcen,ȱ zurȱ Vermeidungȱdesȱ‚Umkippens’ȱeinerȱSchlüsselpersonȱunterȱÜberlast,ȱ weilȱ eventuellȱ dasȱ Commitmentȱ überschätztȱ wurde.ȱ Zumȱ Zweitenȱ ausȱ inhaltlichenȱ Gründen.ȱ Beiȱ entsprechenderȱ Einbindungȱ inȱ dasȱ Wandlungsprogrammȱ kannȱ derȱ Keyȱ Playerȱ seineȱ Stellungȱ (z.B.ȱ aufȱ Basisȱ vonȱ Informationsmacht)ȱ inȱ demȱ Kraftfeldȱ weiterȱ ausbauen.ȱ
364ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
Fürȱ dieȱ Programmverantwortlichenȱ stelltȱ sichȱ dannȱ dieȱ drängendeȱ Frageȱ nachȱ demȱ Gradȱ derȱ Abhängigkeitȱ vonȱ einzelnenȱ Personenȱ (vgl.ȱLomnitzȱ2004).ȱȱ InȱAnlehnungȱ anȱ Beckhard/Harrisȱ kannȱ dasȱ ‚Commitmentȱ Planning’ȱ alsȱmehrstufigesȱVorgehenȱdargestelltȱwerdenȱ(vgl.ȱBeckhard/Harrisȱ 1987,ȱS.ȱ93ff.ȱundȱAbb.ȱ10/13):ȱ 1.
Identifizierungȱ vonȱ Schlüsselpersonenȱ oderȱ Ȭgruppen,ȱ derenȱ Commitmentȱ erforderlichȱ istȱ (vgl.ȱ Betroffenheitsanalyseȱ undȱ Checkliste).ȱ
2.
FestlegenȱeinesȱMindestmaßesȱanȱProzessenergie,ȱwelchesȱnotȬ wendigȱ ist,ȱ umȱ denȱ Wandlungserfolgȱ sicherzustellenȱ (SollȬ Commitment).ȱ
3.
EntwicklungȱeinesȱPlansȱzurȱErreichungȱdesȱMindestmaßesȱanȱ Commitmentȱ undȱ Überwachungȱ desȱ Fortschrittsȱ (vgl.ȱ ImpleȬ mentierungsmaßnahmen).ȱ
FürȱdieȱverschiedenenȱSchlüsselpersonenȱistȱdasȱCommitmentȱnichtȱ notwendigerweiseȱ gleichȱ hoch,ȱ dennȱ diesȱ hängtȱ letztlichȱ vonȱ derȱ auszufüllendenȱRolleȱimȱWandlungsprogrammȱab.ȱDieȱ‚Summe’ȱdesȱ Commitmentsȱ mussȱ aberȱ ausreichen,ȱ umȱ dieȱ notwendigeȱ VerändeȬ rungsenergieȱzuȱerzeugen.ȱȱ
Abbildungȱ10/13ȱ
CommitmentȬChartȱ Commitment
Key Player
No Commitment
Let It Happen
Hauptaktionär
X
Produktionsleiter
X
Betriebsratsvors. Mitarbeiter XY
X
Help It Happen
Make It Happen 0
0
0 0
F&E-Leiter
X X0
… X = Ist-Commitment 0 = Soll-Commitment
= Entwicklungsrichtung
ȱ
365ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
Das Thema: ‚Toolbox’-Einsatz im Wandel Das Beispiel: Post Merger Integration Wandlungssituation: Zu Beginn des Jahres 2003 befand sich die 1.200 Mitarbeiter umfassende Tochtergesellschaft eines internationalen Telekommunikationskonzerns in einer schwierigen Situation. Auf die zunehmende Dynamisierung der Nachfrage und den erhöhten Preisdruck am stagnierenden Markt wurde mit der Akquisition eines viel kleineren aber dynamischeren Mitbewerbers reagiert. Kulturen der Tradition und des Bewahrens prallten auf Kulturen der Innovation und der Neupositionierung. In dieser Situation verbreitete sich Unzufriedenheit auf allen Stufen der Unternehmung. Widerstand, Verunsicherung und Spannungen waren fester Bestandteil des Alltags. Analyse: Der von innen und außen sichtbare Wandlungsbedarf und das Verhalten der Mitarbeiter ließen auf Willensbarrieren (vgl. EiC-Matrix) schließen. Diese Vermutung wurde durch den Einsatz des EiC-Barometers bestätigt. Die Auswertung ergab in einigen Aspekten divergierende Ergebnisse zwischen den Aussagen der Mitarbeiter und denjenigen der mittleren und oberen Führungskräfte (ca. 160 Personen). Eigen- und Fremdbild dieser Gruppen verhielten sich teilweise spiegelbildlich: ‚Wir’ sind sehr wohl wandlungsbereit, ‚die da’ allerdings nicht. Markante Unterschiede zeigten insbesondere die Fragen nach einem einheitlichen Verständnis des Wandlungsbedarfs (Frage WB.7), dem ‚Commitment’ der Führungskräfte (WB.10) sowie der Partizipationsmöglichkeiten der Mitarbeiter (WB.2). Maßnahmen: Mithilfe einer Open Space-Veranstaltung von einem Tag wurden zunächst die durch den Vorstand vorgegebenen Unternehmungsziele reflektiert und gemeinsame Führungsgrundsätze und Regeln der Zusammenarbeit definiert. Jede Führungskraft übernahm als Mentor die Verantwortung für die Sicherung der Umsetzung eines Grundsatzes oder einer Regel. Die Ergebnisse der Umsetzung wurden sechs Monate später in einer zweiten Workshop-Runde ausgewertet und weiterbearbeitet. Hier bestätigte sich eine zuvor ausgesprochene Vermutung: Maximal die Hälfte aller Führungskräfte hatte ihre Umsetzungsverantwortung tatsächlich wahrgenommen. Insbesondere die Kommunikationsmaßnahmen wurden nur in zweiter bzw. dritter Priorität oder gar nicht umgesetzt. Im weiteren Verlauf des zweiten Workshops wurde daher das Verständnis für den Zielzustand erweitert und vertieft (Commitment Planning), und es wurden weitergehende Maßnahmen für die Sicherung des Wandels erarbeitet. Außerdem wurde allen Führungskräften klar kommuniziert, dass der Wandel bereits unaufhaltsam lanciert war und es für sie nur die Optionen ‚Einsteigen’ oder ‚Aussteigen’ gab.
366ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
Ergebnisse: Heute kann die Unternehmung auf einen erfolgreichen Wandel zurückblicken. Dies zeigt sich u.a. daran, dass vermehrt Ausschreibungen gewonnen werden und ein Durchbruch in der Diversifikation der Kundensegmente sowie eine Reduktion der Personalrotation erreicht wurde (vgl. Krüger/Coray/Dominizak/Petry 2006).
10.2.5
Tools in der Umsetzung
Nachȱ derȱ Mobilisierungȱ derȱ Wandlungsträgerȱ undȱ derȱ Schaffungȱ derȱ notwendigenȱ Wandlungsbedingungenȱ mussȱ dieȱ Umsetzungȱ beginnen.ȱ Fürȱ dieȱ inȱ dieserȱ Phaseȱ anfallendenȱ Aufgabenȱ desȱ ProȬ jektmanagementsȱ bietetȱ dieȱ Literaturȱ einȱ einschlägigesȱ undȱ sehrȱ umfangreichesȱ Instrumentariumȱ anȱ (vgl.ȱ Keßler/Winkelhoferȱ 2004;ȱ Lehnerȱ 2001;ȱ Hansel/Lomnitzȱ 2003).ȱ Nebenȱ derȱ Anwendungȱ einesȱ professionellenȱ Projektmanagementsȱ stelltȱ sichȱ fürȱ denȱ ProgrammȬ Managerȱ aberȱ auchȱ dieȱ Aufgabe,ȱ dieȱ sozialeȱ Dimensionȱ desȱ ProȬ grammsȱ imȱ Blickȱ undȱ Griffȱ zuȱ behalten.ȱ Diesȱ betrifftȱ insbesondereȱ folgendeȱPunkte:ȱȱ
¾ Zusammenstellungȱ vonȱ arbeitsfähigenȱ Teamsȱ unterȱ Beachtungȱ desȱ sozialȬpsychologischenȱ Kontextsȱ (persönlicheȱ ‚KompatibiliȬ täten’).ȱ
¾ Systematischeȱ Einbindungȱ bzw.ȱ Beteiligungȱ allerȱ Stakeholderȱ undȱ Festlegungȱ derȱ zuȱ erbringendenȱ Beiträgeȱ (Formȱ undȱ Gradȱ derȱEinbindung).ȱ
CompatibilityȬMatrixȱ MitentscheidendȱfürȱdieȱerfolgreicheȱZusammenarbeitȱeinesȱProjektȬ teamsȱ undȱ damitȱ letztlichȱ denȱ Projekterfolgȱ sindȱ dieȱ persönlichenȱ Beziehungenȱ innerhalbȱ desȱ Teams.ȱ Trotzȱ derȱ weitȱ verbreitetenȱAnȬ sätzeȱ zurȱ Teambildungȱ undȱ Ȭentwicklungȱ istȱ dieȱ Frage,ȱ werȱ ‚kannȱ mitȱ wem’,ȱ nichtȱ zuȱ unterschätzen.ȱ Diesȱ giltȱ imȱ Besonderenȱ dann,ȱ wennȱ fürȱ langwierigeȱ undȱ z.T.ȱ ineffizienteȱ StormingȬPhasenȱ keineȱ ZeitȱzuȱVerfügungȱsteht.ȱDeshalbȱistȱnebenȱderȱAnalyseȱderȱeinzelȬ nenȱ Personenȱ undȱ Ȭgruppenȱ desȱ Gestaltungsbereichesȱ auchȱ eineȱ EinschätzungȱderȱBeziehungenȱzwischenȱdiesenȱnotwendig.ȱȱ
367ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
Nebenȱ denȱ –ȱ mithilfeȱ vonȱ Kooperationsprofilenȱ (s.o.)ȱ erfassbarenȱ –ȱ VerhältnissenȱzwischenȱdenȱbeteiligtenȱPersonengruppenȱsindȱauchȱ dieȱ persönlichenȱ Beziehungenȱ zwischenȱ denȱ einzelnenȱ TeammitȬ gliedernȱzuȱberücksichtigen.ȱAusȱdiesemȱGrundȱistȱesȱsinnvoll,ȱvorȱ derȱProjektbesetzungȱeineȱAbschätzungȱderȱ‚Verträglichkeiten’ȱderȱinȱ BetrachtȱkommendenȱPersonenȱvorzunehmen.ȱEsȱgilt,ȱalleȱFaktoren,ȱ dieȱ dasȱ Zusammenarbeitenȱ beeinflussen,ȱ zuȱ erfassenȱ undȱ entspreȬ chendȱ ihrerȱ Wirkungȱ aufȱ dieȱ Teamleistungȱ zuȱ berücksichtigen.ȱ Zuȱ nennenȱ sindȱ hierȱ bspw.ȱ positiveȱ Wirkungenȱ durchȱ gemeinsameȱ Erfolge,ȱSeilschaften,ȱKarrierepfadeȱoderȱSympathieȱsowieȱnegativeȱ Wirkungenȱ durchȱ schlechteȱ Erfahrungen,ȱ Missgunstȱoderȱ generelleȱ Ablehnung.ȱȱ Einȱ Instrumentȱ zurȱ (graphischen)ȱ Darstellungȱ desȱ Einflussesȱ derȱ BeziehungȱvonȱzweiȱPersonenȱaufȱdieȱTeamleistungȱbietetȱdieȱComȬ patibilityȬMatrix,ȱwieȱsieȱz.B.ȱauchȱteilweiseȱinȱProjektmanagementȬ TrainingsȬToolsȱ hinterlegtȱ istȱ (vgl.ȱ bspw.ȱ ,Projectȱ Excellence’ȱ derȱ TRISOLUTIONSȱAG).ȱDieȱbilateraleȱKompatibilitätȱzwischenȱdenȱbeteiȬ ligtenȱPersonenȱwirdȱhierbeiȱanhandȱeinesȱvorherȱfestgelegtenȱFarbȬ codesȱdargestelltȱ(vgl.ȱAbb.ȱ10/14).ȱ
Abbildungȱ10/14ȱ
CompatibilityȬMatrixȱ
Beeinflusste Person
…
Dr. I. Besser
W. Ordnung
H. Otto
G. Schwätzig
T. Muster
Beeinflussende Person
T. Muster
…
G. Schwätzig
…
H. Otto
…
W. Ordnung
…
Dr. I. Besser
…
Einfluss der Zusammenarbeit auf die Performance + 20 + 10 +/- 0
…
…
…
…
…
- 10 - 20
…
ȱ
368ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2
Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ mussȱ dieȱ Programmleitungȱ aberȱ auchȱ entscheiden,ȱ inwieweitȱ sieȱ Reibungseffizienzenȱ undȱ produktiveȱ Konflikteȱ zulassenȱ möchte,ȱ dieȱ dannȱ vielleichtȱ derȱ Umsetzungȱ imȱ Tagesgeschäftȱvorweggenommenȱsindȱ(vgl.ȱMalikȱ2006,ȱS.ȱ22f.).ȱ
ResponsibilityȬChartȱ Ausgangspunktȱ derȱ Umsetzungsansätzeȱ istȱ einȱ klaresȱ Bildȱ überȱ gewünschteȱ oderȱ erforderlicheȱ Beiträgeȱ derȱ Betroffenenȱ undȱ BeteiȬ ligtenȱ zuȱ wichtigenȱ Meilensteinen,ȱ Entscheidungenȱ oderȱAktionen.ȱ DazuȱbedarfȱesȱeinerȱÜbersichtȱüberȱdieseȱBeiträgeȱundȱdieȱwichtiȬ genȱAkteure,ȱ zunächstȱ vollkommenȱ unabhängigȱ davon,ȱ inȱ welcherȱ Phaseȱdieseȱanfallenȱbzw.ȱzuȱtreffenȱsind.ȱAkteureȱinȱdiesemȱSinneȱ könnenȱseinȱdirektȱinvolvierteȱPersonenȱund/oderȱderenȱVorgesetzȬ te,ȱ interneȱ Gruppen,ȱ wieȱ z.B.ȱ Programmleitung,ȱ Aufsichtsrat,ȱ GeȬ schäftsführung,ȱLenkungsausschussȱoderȱexterne,ȱwieȱz.B.ȱBankiers,ȱ Gewerkschaftsvertreterȱ undȱ Lobbyisten.ȱ Beckhard/Harrisȱ nennenȱ diesesȱ Vorgehenȱ ‚Responsibilityȱ Charting’ȱ (vgl.ȱ 1987,ȱ S.ȱ 104ff.ȱ undȱ Abb.ȱ10/15).ȱ
Abbildungȱ10/15ȱ
ResponsibilityȬChartȱ
Aufsichtsratsvors.
Bereichsleiter
Frauenbeauftragter
…
Aktion A
I
V
-
S
-
…
Aktion B
V
-
Z
-
Z
…
I = Vorher zu informieren
…
…
…
…
…
…
…
- = Irrelevant
Entscheidung/ Aktion
Vorstand
Programm-Mgr.
Akteure V = Verantwortlichkeit Z = Zustimmung (Vetorecht) S = Support (Ressourcenbereitstellung)
ȱ
MitȱdieserȱDarstellungȱlassenȱsichȱimȱSinneȱeinesȱSollȬZustandsȱdieȱ entscheidendenȱ (politischen)ȱ Eckpunkteȱ desȱ Projektsȱ abbilden.ȱ FolȬ gendeȱRegelnȱsolltenȱAnwendungȱfinden:ȱ(1)ȱZuerstȱistȱdieȱVerantȬ
369ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
wortlichkeitȱfestzulegen.ȱDieseȱkannȱnurȱeinmalȱproȱZeileȱzugewieȬ senȱ werdenȱ undȱ darüberȱ sollteȱ Konsensȱ bestehen.ȱ Istȱ diesȱ nichtȱ möglich,ȱ mussȱ dieȱ Aufgabeȱ weiterȱ untergliedertȱ werden,ȱ dieȱ VerȬ antwortungȱeineȱHierarchiestufeȱhöherȱangesiedeltȱwerdenȱoderȱaufȱ derȱ Ebeneȱ darunterȱ entschiedenȱ werden,ȱ werȱ dieȱ Verantwortungȱ tragenȱsoll.ȱ(2)ȱInȱjedemȱFeldȱistȱstetsȱnurȱeinȱBuchstabeȱeinzusetzen.ȱ (3)ȱSchließlichȱsolltenȱnichtȱzuȱvieleȱZustimmungserfordernisseȱverȬ gebenȱ werden,ȱ daȱ diesȱ denȱ Prozessȱ erfahrungsgemäßȱ starkȱ verzöȬ gert.ȱ Dieȱ Übersichtȱ erzeugtȱ insbesondereȱ dannȱ Commitment,ȱ wennȱ dieȱ InhalteȱinȱgenauȱdieserȱFormȱauchȱvomȱLenkungssausschussȱverabȬ schiedetȱwerden.ȱZumȱeinenȱwirdȱdadurchȱdieȱ‚ManagementȱAttenȬ tion’ȱ gewährleistet,ȱ zumȱ anderenȱ wirdȱ demȱ ProgrammȬManagerȱ seineȱDurchsetzungsmachtȱverliehen.ȱȱ
Beteiligungskonzeptȱ Abgeleitetȱ undȱ ergänztȱ ausȱ demȱ ResponsibilityȬChartȱ kannȱ einȱ BeȬ teiligungskonzeptȱentwickeltȱwerden.ȱEsȱbietetȱimȱGegensatzȱdazuȱ einenȱ wesentlichȱ vollständigerenȱ undȱ differenzierterenȱ Eindruckȱ derȱ Beteiligtenstrukturȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 10/16ȱ undȱ ergänzendȱ HanȬ sel/Lomnitzȱ2003,ȱS.ȱ133ff.).ȱ
Abbildungȱ10/16ȱ
Beteiligungskonzeptȱȱ
Bereiche
Phase 1
2
3
Fachbereich Mgmt.
me
a
me
Fachbereich MA
mh
a
ma
Betriebsrat
fB
Revision
fB
Geschäftsführung
mh
…
…
…
e= me = a= ma = i=
e …
…
Beteiligung:
…
mg = fB = ifB = mh =
entscheiden mitentscheiden autonom entwickeln aktive Mitarbeit Recht auf Information geleg. Mitwirkung formelle Beratung informelle Beratung Meinung einholen
ȱ
370ȱ
Darstellung ausgewählter Tools
10.2.6
10.2
Tools in der Verstetigung
HäufigȱwirdȱWandelȱalsȱprojektartigeȱEinmalanstrengungȱimȱSinneȱ einerȱ wellenartigenȱ Veränderungȱ interpretiert,ȱ dieȱ mitȱ derȱ UmsetȬ zungȱabgeschlossenȱist.ȱMitȱdemȱEndeȱdesȱeigentlichenȱWandlungsȬ programmsȱ endetȱ auchȱ derȱ Einsatzȱ vonȱ Wandlungstools.ȱ Dieseȱ Sichtweiseȱ istȱ allerdingsȱ inȱ Zeitenȱ permanentenȱ Wandelsȱ zuȱ kurzȬ sichtig.ȱ Dieȱ weiterȱ gehendeȱ Herausforderungȱ bestehtȱ darin,ȱ VeränȬ derungsinitiativenȱ undȱ aufȱ Wandelȱ ausgerichteteȱ Toolsȱ inȱ dasȱ TaȬ gesgeschäftȱ undȱ hierȱ insbesondereȱ inȱ denȱ jährlichenȱ ZielȬ vereinbarungsȬȱ undȱ Budgetierungsprozessȱ aufzunehmenȱ (vgl.ȱ Krüger/Coray/Dominizak/Petryȱ2006).ȱȱ Dasȱ Zielȱ mussȱ esȱ sein,ȱ dieȱ Verstetigungȱ desȱ Wandelsȱ instrumentellȱ zuȱunterstützen.ȱDiesȱbetrifftȱdieȱAufgaben:ȱ
¾ VerankerungȱderȱWandlungsergebnisseȱinȱderȱUnternehmung.ȱ ¾ Sicherungȱ vonȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ Ȭfähigkeitȱ fürȱ zuȬ künftigenȱWandlungsbedarf.ȱ
FollowȱUpȬControllingȱȱ Nachȱ demȱ Abschlussȱ derȱ Umsetzungȱ einerȱ strategischenȱ ErneueȬ rungȱistȱesȱwichtig,ȱzunächstȱeinmalȱzuȱüberprüfen,ȱobȱdieȱZieleȱdesȱ Wandelsȱauchȱerreichtȱwurden.ȱDaȱsichȱderȱErfolgȱeinesȱtransformaȬ tivenȱ Wandlungsprozessesȱ häufigȱ aberȱ erstȱ vielȱ späterȱ inȱ seinemȱ vollenȱ Umfangȱ erkennenȱ lässt,ȱ darfȱ dieȱ Messungȱ derȱ ZielerreiȬ chungȱkeineȱeinmaligeȱAktionȱamȱEndeȱdesȱWandlungsprogrammsȱ darstellen,ȱ sondernȱ mussȱ regelmäßigȱ wiederholtȱ werden.ȱ Wurdeȱ bspw.ȱeineȱneueȱOrganisationslösungȱeingeführt,ȱistȱesȱsinnvoll,ȱdieȱ strategischeȱ Effektivitätȱ undȱ Effizienzȱ derȱ gewähltenȱ Lösungȱ inȱ gleichmäßigenȱ Abständenȱ zuȱ überprüfenȱ (Followȱ UpȬControlling,ȱ vgl.ȱ Vetter/Sturm/Petryȱ 2006).ȱ Vorstellbarȱ wäreȱ bspw.ȱ einȱ (halbȬ)ȱ jährlichesȱ strategischesȱ Performanceȱ Tracking.ȱ Werdenȱ (nachhaltiȬ ge)ȱ Abweichungenȱ zwischenȱ ZielȬȱ undȱ IstȬWertȱ ermittelt,ȱ müssenȱ dieȱ Veränderungenȱ alsȱ möglicheȱ Ursacheȱ kritischȱ überprüftȱ undȱ gegebenenfallsȱangepasstȱwerden.ȱBeiȱgrößerenȱMissständenȱistȱdieȱ Notwendigkeitȱ einesȱ neuenȱ bzw.ȱ weiterführendenȱ WandlungsproȬ grammsȱzuȱüberprüfen.ȱ Fürȱ dieseȱAufgabeȱ sindȱ prinzipiellȱ alleȱ betroffenenȱ Führungskräfteȱ derȱ Unternehmungȱ verantwortlich.ȱ Trotzdemȱ kannȱ esȱ z.T.ȱ sinnvollȱ
371ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
sein,ȱentsprechendeȱAufgabenȱinȱeinerȱorganisatorischenȱEinheitȱzuȱ bündeln.ȱ Denkbarȱ wäreȱ bspw.ȱ einȱ zentralesȱ ‚Centerȱ ofȱ Corporateȱ StrategyȱandȱChange’ȱ(vgl.ȱKaplan/Nortonȱ2005ȱsowieȱKap.ȱ9).ȱ
Wandlungsradarȱ InȱeinemȱsolchenȱCenterȱkönnteȱauchȱdieȱAufgabeȱaufgehängtȱsein,ȱ dieȱ Unternehmungȱ undȱ Umweltȱ permanentȱ zuȱ beobachtenȱ (‚MoniȬ toring’)ȱ undȱ nachȱ zukünftigenȱ Wandlungsbedarfenȱ zuȱ suchenȱ (‚Frühwarnsystem’,ȱ vgl.ȱ Krystek/MüllerȬStewensȱ 1999).ȱ Einenȱ mögȬ lichenȱAnsatzȱ hierzuȱ liefernȱ dieȱ vorgestellteȱ WandlungsimpulsanaȬ lyseȱsowieȱdasȱEiCȬBarometer.ȱDieseȱToolsȱkönntenȱzuȱeinemȱregelȬ mäßigȱeingesetztenȱWandlungsradarȱumgebautȱwerden.ȱ
‚LessonsȱLearned’ȱ Nebenȱ derȱ inhaltlichenȱ Überprüfungȱ derȱ Zielerreichungȱ istȱ esȱ amȱ ‚Ende’ȱ einesȱ tiefȱ greifendenȱ Wandlungsprogrammsȱ inȱ derȱ Regelȱ ebenfallsȱ sinnvoll,ȱ dieȱ wesentlichenȱ Erkenntnisseȱ ausȱ demȱ WandȬ lungsprozessȱ festzuhalten.ȱ Dabeiȱ solltenȱ solcheȱ ‚Lessonsȱ Learned’ȱ explizitȱauchȱaufȱdieȱsozioȬemotionalenȱProblemeȱundȱErfahrungenȱ eingehen.ȱ Dennȱ währendȱsichȱ dieȱ Inhalteȱ vonȱ WandlungsprogramȬ menȱ immerȱ wiederȱ ändern,ȱ bleibenȱ dieȱ grundsätzlichenȱ Problemeȱ menschlicherȱZusammenarbeitȱhäufigȱdieselben.ȱAuchȱErfahrungenȱ imȱUmgangȱmitȱdenȱToolsȱselbstȱsolltenȱfestgehaltenȱwerden.ȱDiesȱ kannȱ dabeiȱ unterstützen,ȱ einenȱ (unternehmungsȬȱ und/oderȱ persoȬ nenȬ)spezifischenȱ Instrumentenkastenȱ zuȱ entwickeln,ȱ aufȱ denȱ inȱ zukünftigenȱ Projektenȱ zurückgegriffenȱ werdenȱ kann.ȱ Anȱ dieserȱ Stelleȱseiȱallerdingsȱdaraufȱhingewiesen,ȱdassȱimȱsozioȬemotionalenȱ Bereichȱ dieȱ Verankerungȱ vonȱ ErfahrungsȬȱ undȱ Feedbackgruppenȱ ausschließlichȱunterȱEinbindungȱvonȱexternenȱbzw.ȱneutralenȱBeraȬ ternȱundȱModeratorenȱErfolgȱverspricht.ȱȱ
StrategischeȱSteuerungsinstrumenteȱ
372ȱ
Einȱ wesentlichesȱ Zielȱ derȱ Verstetigungȱ istȱ es,ȱ dieȱ Entwicklungȱ undȱ Erhaltungȱ vonȱ Wandlungsbereitschaftȱ undȱ Ȭfähigkeitȱ zuȱ dauerhafȬ tenȱUnternehmungszielenȱzuȱmachen.ȱHierfürȱsindȱdieȱdamitȱangeȬ sprochenenȱ Aspekteȱ folglichȱ auchȱ inȱ moderneȱ Führungskonzepteȱ wieȱdasȱManagementȱbyȱObjectivesȱ(MbO)ȱoderȱdieȱBalancedȱScoȬ recardȱ zuȱ integrieren.ȱ Beimȱ MbOȱ müssenȱ nebenȱ dieȱ (monetären)ȱ Standardzieleȱ zusätzlichȱ auchȱ InnovationsȬȱ undȱ Entwicklungszieleȱ
Auswahlkriterien der Tools und Anpassung der Box
10.3
treten.ȱ Inȱ derȱ BSCȱ istȱ eineȱ wandlungsorientierteȱAusgestaltungȱ derȱ einzelnenȱPerspektivenȱvorzunehmen.ȱLeitbildȱistȱdieȱentwicklungsȬ orientierteȱUnternehmungsführung.ȱDabeiȱsolltenȱWandlungsbereitȬ schaftȱundȱȬfähigkeitȱregelmäßigȱerhobenȱwerden,ȱz.B.ȱinȱFormȱeinerȱ (anonymen)ȱ Mitarbeiterbefragungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Jahresplanung.ȱ Esȱ könntenȱ dannȱ vermehrtȱ auchȱ quantitativeȱ Metriken/Indikatorenȱ zurȱ Messungȱ verwendetȱ werden.ȱ Dasȱ Zielȱ mussȱ esȱ sein,ȱ dassȱ dieȱ Managerȱ nebenȱ denȱ Kennzahlenȱ fürȱ dasȱ Tagesgeschäftȱ auchȱ überȱ Wandlungsindikatorenȱverfügenȱsollten.ȱ
Mitarbeiterprofileȱ Imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ besondereȱ Bedeutungȱ derȱ WandlungsbereitȬ schaftȱ undȱ Ȭfähigkeitȱ derȱ Mitarbeiterȱ istȱ esȱ zuȱ empfehlen,ȱ dieȱ imȱ EiCȬBarometerȱ sehrȱ allgemeinȱ abgefragtenȱ undȱ nurȱ subjektivȱ zuȱ bestimmendenȱ (PersönlichkeitsȬ)Eigenschaftenȱ derȱ Mitarbeiterȱ reȬ gelmäßigȱ zuȱ erfassenȱ undȱ Mitarbeiterprofileȱ zuȱ erstellen.ȱ Eineȱ reȬ gelmäßigeȱ Beurteilungȱ derȱ Mitarbeiterȱ seitensȱ ihrerȱ Vorgesetzten,ȱ Kollegenȱ undȱ Untergebenenȱ (360ȱ GradȬFeedback)ȱ erleichtertȱ dieȱ Einschätzungȱ möglicherȱ Verhaltensweisenȱ imȱ Wandlungsfall,ȱ lässtȱ erkennen,ȱ werȱ wieȱ einzubindenȱ istȱ undȱ unterstütztȱ beiȱ derȱ Frage,ȱ welcherȱMitarbeiterȱfürȱwelcheȱAufgabenȱgeeignetȱist.ȱ
10.3
Auswahlkriterien der Tools und Anpassung der Box
DieȱAbsichtȱdesȱvorliegendenȱKapitelsȱwarȱes,ȱdieȱpersonellenȱBezüȬ geȱdesȱWandlungsprozessesȱbesserȱinȱdenȱGriffȱzuȱbekommen.ȱDazuȱ wurdenȱ einigeȱ Toolsȱ vorgestellt,ȱ dieȱ demȱ Changeȱ Managerȱ bzw.ȱ demȱTeamȱdieȱInformationsgrundlagenȱliefernȱsollen,ȱumȱEntscheiȬ dungenȱ zuȱ treffen.ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ denȱ Auswahlkriterienȱ fürȱ dieȱ Toolsȱsollȱhierȱnurȱkurzȱundȱrelativȱallgemeinȱbeantwortetȱwerden.ȱ InȱderȱSummeȱsollteȱsichȱeineȱAuswahlȱvonȱToolsȱergeben,ȱdieȱeinerȬ seitsȱeinzelneȱPhasenȱdesȱProzessesȱimȱHinblickȱaufȱVollständigkeitȱ undȱGültigkeitȱadäquatȱunterstützen.ȱAndererseitsȱmüssenȱdieȱToolsȱ zueinanderȱ passenȱ undȱ aufeinanderȱ aufbauen,ȱ umȱeinȱ konsistentesȱ Ergebnisȱzuȱerhalten.ȱFolgendeȱKriterienȱlassenȱsichȱhierȱanwendenȱ (vgl.ȱGrochlaȱ1982,ȱS.ȱ296ff.;ȱKrügerȱ1992,ȱSp.ȱ1584):ȱ
373ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
¾ Inhaltlicheȱ Angemessenheit:ȱ Dieȱ Toolboxȱ entbindetȱ nichtȱ vonȱ einerȱsauberenȱProblemstellung.ȱEsȱgilt,ȱstetsȱdieȱEignungȱeinesȱ Toolsȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dasȱ zuȱ lösendeȱ Problem,ȱ dieȱ Verfügbarkeitȱ vonȱ‚Daten’ȱundȱdieȱQualitätȱderȱErgebnisseȱzuȱbeachten.ȱ
¾ Personelleȱ Angemessenheit:ȱ Hierȱ stehenȱ dieȱ fachlichen,ȱ soziaȬ lenȱundȱintellektuellenȱFähigkeitenȱderȱAnwenderȱzurȱDiskussiȬ on.ȱ Dabeiȱ istȱ auchȱ dieȱ Verständlichkeitȱ undȱ Erlernbarkeitȱ desȱ einzelnenȱToolsȱselbstȱmitȱeinzubeziehen.ȱ
¾ ‚Wirtschaftliche’ȱ Angemessenheit:ȱ Dieȱ Relationȱ zwischenȱ demȱ zuȱbetreibendenȱAufwandȱundȱdemȱangestrebtenȱNutzenȱsollteȱ ebenfallsȱ nichtȱ ausȱ denȱ Augenȱ verlorenȱ werden.ȱ Währendȱ derȱ Aufwand,ȱ wennȱ auchȱ nurȱ alsȱ Opportunitätskosten,ȱ durchȱ dieȱ Multiplikationȱ vonȱ Personenȱ undȱ Stundensätzenȱ leichtȱ zuȱ erȬ rechnenȱist,ȱistȱderȱNutzenȱvonȱTransparenzȱundȱSystematikȱdesȱ sozialenȱ Kraftfeldesȱ imȱ Wandelȱ nurȱ schwerȱ zuȱ messen.ȱ Stelltȱ manȱsichȱdenȱBarwertȱderȱdadurchȱvermiedenenȱKonflikteȱvor,ȱ soȱließeȱsichȱmitȱLeichtigkeitȱeinȱerheblicherȱBetragȱ‚herbeirechȬ nen’.ȱȱ DerȱBasiswertȱderȱToolsȱbestehtȱdarin,ȱdassȱsieȱdemȱEinzelnenȱundȱ vorȱ allemȱ demȱ Teamȱ einenȱ DenkȬȱ undȱ Diskussionsleitfadenȱ bieten.ȱ DieȱTeamarbeitȱwirdȱtransparenterȱundȱstärkerȱversachlicht.ȱ Fürȱ denȱ erfahrenenȱ Managerȱ sindȱ fürȱ dieȱ gleichenȱ Überlegungenȱ vermutlichȱ häufigȱ einȱ Blattȱ Papier,ȱ einȱ Bleistiftȱ undȱ einȱ klarerȱ Verstandȱausreichend.ȱDennochȱkannȱauchȱhierȱimȱSinneȱderȱkomȬ plementärenȱ Ergänzungȱ einȱ Blickȱ inȱ dieȱ Toolboxȱ nichtȱ schaden.ȱ Dazuȱ sindȱ aufȱ Basisȱ derȱ Besonderheitenȱ desȱ aktuellenȱ Vorhabens,ȱ desȱUmfangsȱundȱauchȱderȱpersönlichenȱErfahrungenȱAnpassungenȱ derȱ Toolsȱ vorzunehmen.ȱ Zumȱ einenȱ hinsichtlichȱ derȱ PhasenzuordȬ nungȱbzw.ȱdesȱgenauenȱAnwendungsbereichsȱundȱzumȱanderenȱbeiȱ derȱ Festlegungȱ vonȱ situationsspezifischenȱ Beurteilungskriterienȱ oderȱMerkmalen.ȱErstȱdannȱkönnenȱdieȱToolsȱeinenȱNutzenȱstiften.ȱ
Im Rahmen einer Umfrage unter Führungskräften großer und größerer mittelständischer Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ergab sich, dass den Managern viele Tools – zumindest vom Namen her – bekannt sind. Bei einer Betrachtung der in der Praxis tatsächlich eingesetzten Tools zeigt sich aber bereits ein etwas anderes Bild. Es fällt
374ȱ
Zusammenfassung
10.4
auf, dass der Schwerpunkt des Tooleinsatzes in der Praxis eindeutig auf den klassischen Projektmanagementtools liegt (von 46% der befragten Manager eingesetzt). Tools zur Mobilisierung und Kommunikation besitzen allenfalls eine mittlere Bedeutung (Veranstaltungen/Events: 25%, Mitarbeiter-Mobilisierung: 22% Nutzungsquote). Masseninstrumente wie Roadshows u.ä. werden noch deutlich weniger häufig eingesetzt (7%). Die im Rahmen dieses Kapitels behandelten, auf sozio-emotionale Fähigkeiten gerichteten Analysetools werden – wie zu erwarten gewesen war – nur sehr selten eingesetzt. Am ehesten kommt noch die Stakeholderanalyse zur Anwendung, die von immerhin 7% der befragten Manager eingesetzt wird. Die Nutzungsquote von Wandlungsimpuls-, -bereitschafts- und fähigkeits-Analysen liegt unter 5% (vgl. Capgemini 2005, S. 36ff.).
10.4
Zusammenfassung
Dieȱ imȱ Rahmenȱ diesesȱ Kapitelsȱ vorgestelltenȱ Toolsȱ dienenȱ derȱ informationellenȱUnterstützungȱderȱAktivitätenȱzurȱFestlegungȱ einerȱ Implementierungsstrategieȱundȱ derȱ Erstellungȱ einesȱ KomȬ munikationskonzepts.ȱȱ
Derȱ Fokusȱ derȱ hierȱ vorgestelltenȱ Toolsȱ liegtȱ zumȱ einenȱ aufȱ derȱ Analyseȱ derȱWandlungskoordinatenȱ undȱ zumȱanderenȱ aufȱ denȱ personellenȱ Aspektenȱ desȱ Wandels.ȱ Sieȱ sollenȱ demȱ WandȬ lungsmanagementȱ helfen,ȱ imȱ zunächstȱ unübersichtlichenȱ KraftȬ feldȱ ausȱ Promotorenȱ undȱ Opponenten,ȱ Orientierungȱ undȱ ÜberȬ blickȱzuȱgewinnen.ȱ
Dieȱ verschiedenenȱ Toolsȱ könnenȱ idealtypischȱ denȱ Phasenȱ desȱ Wandlungsprozessesȱzugeordnetȱwerden,ȱwobeiȱandereȱKonstelȬ lationenȱdesȱEinsatzesȱdenkbarȱsind.ȱInȱderȱInitialisierungsphaȬ seȱbietenȱsichȱ–ȱnebenȱdenȱToolsȱderȱstrategischenȱAnalyseȱ–ȱinsȬ besondereȱ dieȱ WandlungsimpulsȬȱ undȱ dieȱ Stakeholderanalyseȱ an.ȱInȱderȱKonzipierungsphaseȱkannȱaufȱdasȱEiCȬBarometerȱundȱ dieȱ Betroffenheitsanalyseȱ zurückgegriffenȱ werden.ȱ Dieseȱ beidenȱ Instrumenteȱ bildenȱ auchȱ dieȱ Ansatzpunkteȱ fürȱ dieȱ Toolsȱ inȱ derȱ Mobilisierungsphase.ȱ Zuȱ nennenȱ sindȱ hierȱ dieȱ EiCȬMatrix,ȱ sämtlicheȱ Kommunikationsinstrumente,ȱ dieȱ Keyȱ PlayerȬAnalyseȱ undȱdasȱCommitmentȱPlanning.ȱInȱderȱUmsetzungsphaseȱstehenȱ alsȱToolsȱbeispielsweiseȱdieȱCompatibilityȬMatrix,ȱdasȱResponsiȬ
375ȱ
10
Toolbox – Denkwerkzeuge für Change Manager
bilityȬChartȱ undȱ dasȱ Beteiligungskonzeptȱ zurȱ Verfügung.ȱ WichȬ tigȱistȱschließlich,ȱdassȱWandelȱnichtȱalsȱprojektartigeȱEinmalanȬ strengungȱ imȱ Sinneȱ einerȱ wellenartigenȱ Veränderungȱ interpreȬ tiertȱwird,ȱsondernȱinȱdasȱTagesgeschäftȱundȱhierȱinsbesondereȱinȱ denȱjährlichenȱZielvereinbarungsȬȱundȱBudgetierungsprozessȱinȬ tegriertȱwirdȱ(Verstetigungsphase).ȱȱ
DieȱvorgestellteȱAuswahlȱanȱToolsȱistȱnichtȱrezeptartigȱzuȱversteȬ hen.ȱAufȱBasisȱderȱBesonderheitenȱdesȱaktuellenȱVorhabens,ȱdesȱ Projektumfangsȱ sowieȱ derȱ persönlichenȱ Erfahrungenȱ könnenȱ undȱsollenȱAnpassungenȱvorgenommenȱwerden.ȱAllerdingsȱsollȬ teȱ daraufȱ geachtetȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Toolsȱ aufeinanderȱ abgeȬ stimmtȱsindȱundȱsinnvollȱaneinanderȱanschließen.ȱHierbeiȱistȱaufȱ inhaltliche,ȱ personelleȱ undȱ wirtschaftlicheȱ Angemessenheitȱ zuȱ achten.ȱ
376ȱ
ȱ
TEIL D: MANAGEMENT SUMMARY
ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
ȱ
Agenda für das Wandlungsmanagement
Kapitel 11
Wilfried Krüger
379ȱ
Agenda für das Wandlungsmanagement
1.
11
WandelȱistȱeineȱDaueraufgabeȱfürȱjedesȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Unternehmungsmitglied!ȱ
„Dasȱ einzigȱBeständigeȱ istȱ derȱ Wandel“.ȱ DieseȱletztlichȱaufȱHeraklitȱ zurückgehendeȱErkenntnisȱernstȱzuȱnehmenȱundȱinȱdieȱPraxisȱumȬ zusetzen,ȱ istȱ dieȱ ersteȱ Forderung,ȱ dieȱ anȱ dasȱ WandlungsmanageȬ mentȱ zuȱ stellenȱ ist.ȱ Jedesȱ Mitgliedȱ derȱ Unternehmungȱ mussȱ sichȱ angewöhnen,ȱ Wandelȱ alsȱ eineȱ Daueraufgabeȱ zuȱ sehenȱ undȱ zuȱ akȬ zeptieren.ȱ ‚Erneuerung‘ȱ istȱ keinȱ einmaligerȱ Vorgang,ȱ sondernȱ eineȱ anhaltendeȱHerausforderung,ȱderȱnurȱdurchȱhartnäckige,ȱnachhaltiȬ geȱ Wandlungsbemühungenȱ entsprochenȱ werdenȱ kann.ȱ Willȱ eineȱ UnternehmungȱimȱWettbewerbȱmithaltenȱoderȱgarȱWettbewerbsvorȬ teileȱerringen,ȱsoȱdarfȱsieȱnichtȱstehenȱbleiben.ȱȱ InsbesondereȱdasȱErzielenȱdauerhafterȱWettbewerbsvorteileȱistȱohneȱ eineȱ ausgeprägteȱ Wandlungsfähigkeitȱ undenkbar.ȱ Nurȱ soȱ kannȱ esȱ gelingen,ȱderȱKonkurrenzȱimmerȱeinenȱSchrittȱvorausȱzuȱsein.ȱWettȬ bewerbsvorteileȱ beruhenȱ alsoȱ aufȱ Wandlungsvorteilen.ȱ WandȬ lungsfähigkeitȱ gehörtȱ zuȱ denȱ erstrebenswertenȱ Kernkompetenzenȱ einerȱUnternehmung.ȱUndȱvollendsȱgilt:ȱWerȱMarktführerȱseinȱwill,ȱ mussȱ Wandlungsführerȱ sein.ȱ Marktführerschaftȱ verlangtȱ WandȬ lungsführerschaft.ȱ 2.
WandelȱistȱmitȱdemȱTagesgeschäftȱzuȱverzahnen!ȱ
DieȱZeitenȱsindȱalsoȱvorbei,ȱinȱdenenȱWandelȱdurchȱeineȱinȱlängerenȱ Abständenȱ durchgeführteȱ ‚Reorganisation‘ȱ zuȱ bewältigenȱ war,ȱ durchgeführtȱvonȱSpezialistenteams.ȱWandlungsvorhabenȱbrauchenȱ zuȱ ihremȱ Erfolgȱ ‚ManagementȱAttention‘,ȱ undȱ sieȱ müssenȱ mitȱ denȱ laufendenȱUnternehmungsprozessenȱengȱgekoppeltȱwerden.ȱȱ Dieseȱ Verzahnungȱ mitȱ demȱ Tagesgeschäftȱ stelltȱ einȱ zweifachesȱ Problemȱ dar.ȱ Zumȱ einenȱ müssenȱ dieȱ Vorhabenȱ derȱ strategischenȱ Erneuerungȱ soȱ organisiertȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ zuȱ leistendeȱ ProjektarȬ beitȱundȱdieȱzuȱerreichendenȱProjektergebnisseȱmöglichstȱohneȱReiȬ bungsverlusteȱ konzipiertȱ undȱ implementiertȱ werden.ȱ WandlungsȬ vorhabenȱ dürfenȱ sichȱ nichtȱ wieȱ großeȱ Wellenȱ anȱ Widerständenȱ brechen,ȱauslaufenȱundȱversanden.ȱZumȱanderenȱistȱsicherzustellen,ȱ dassȱ alleȱ Beteiligtenȱ nachȱ derȱ Durchführungȱ einerȱ tiefȱ greifendenȱ Veränderungȱ nichtȱ inȱ einenȱ ‚wandlungsfreienȱ Ruhezustand‘ȱ zuȬ rückkehren.ȱ Wandelȱ durchȱ gezielteȱ kleinereȱ undȱ größereȱ VerbesseȬ rungenȱ mussȱ Teilȱ desȱ jährlichenȱ Managementzyklusȱ derȱ Planung,ȱ
381ȱ
11
Agenda für das Wandlungsmanagement
Steuerungȱundȱ Kontrolleȱwerden.ȱ Wandlungszieleȱgehörenȱ demgeȬ mäßȱ inȱ jedeȱ Zielvereinbarung.ȱ Esȱ gilt,ȱ denȱ Wandelȱ zuȱ verstetigen.ȱ Anȱ dieȱ Stelleȱ desȱ häufigȱ zuȱ beobachtendenȱ wellenartigenȱ Verlaufsȱ vonȱ Wandlungsprozessenȱ mussȱ einȱ stetigerȱ Stromȱ derȱ UnternehȬ mungsentwicklungȱtreten.ȱȱ 3.
StrategischeȱErneuerungȱverlangtȱdieȱVeränderungȱvonȱEinȬ stellungenȱundȱVerhaltensweisen!ȱ
Tiefȱ greifenderȱ undȱ weitȱ reichenderȱ Wandelȱ umfasstȱ mehrȱ alsȱ dieȱ Änderungȱ vonȱ Strategien,ȱ Strukturenȱ undȱ Systemen.ȱ Erȱ muss,ȱ umȱ nachhaltigȱ erfolgreichȱ zuȱ sein,ȱ dieȱ Einstellungenȱ undȱ VerhaltensȬ weisenȱderȱUnternehmungsmitgliederȱumformen.ȱEsȱgehtȱdarum,ȱ denȱ‚genetischenȱCode‘ȱderȱUnternehmungȱzuȱverändern.ȱDieȱWurȬ zelȱdesȱProblemsȱbildenȱdieȱmentalenȱModelleȱderȱBeteiligten.ȱDieseȱ steuernȱdasȱVerhaltenȱjedesȱEinzelnenȱundȱmachenȱinȱihrerȱGesamtȬ heitȱ dieȱ Inhalteȱ derȱ Unternehmungskulturȱ aus.ȱ Mentaleȱ Modelleȱ bestimmenȱüberȱdieȱErkennungȱdesȱWandlungsbedarfsȱundȱprägenȱ dieȱ Wandlungsbereitschaft.ȱ Nurȱ wennȱ esȱ gelingt,ȱ wandlungsförȬ derndeȱ Einstellungenȱ zuȱ weckenȱ undȱ aufrechtȱ zuȱ erhalten,ȱ kannȱ eineȱ Unternehmungȱ wandlungsȬȱ undȱ entwicklungsfähigȱ gemachtȱ werden.ȱDazuȱgehörtȱauch,ȱdassȱWandelȱnichtȱnurȱalsȱlästigeȱPflichtȱ undȱriskantesȱUnternehmen,ȱsondernȱalsȱpersönlicheȱBereicherungȱ undȱEntwicklungschanceȱgesehenȱundȱerlebtȱwird.ȱ Dasȱ mentaleȱ Problemȱ beginntȱ nichtȱ erstȱ beiȱ denȱ unterenȱ Ebenen,ȱ sondernȱ bereitsȱ anȱ derȱ Unternehmungsspitze.ȱ Nurȱ werȱ dieȱ BereitȬ schaftȱundȱdieȱFähigkeitȱbesitzt,ȱanȱsichȱselbstȱzuȱarbeiten,ȱundȱwerȱ offenȱistȱfürȱinterneȱundȱexterneȱAnregungenȱundȱImpulse,ȱderȱentȬ sprichtȱ denȱ Anforderungen,ȱ dieȱ eineȱ lernendeȱ Organisationȱ stelltȱ undȱ kannȱ darinȱ eineȱ Führungsrolleȱ beanspruchenȱ bzw.ȱ aufȱ Dauerȱ erfolgreichȱausfüllen.ȱ 4.
382ȱ
WandelȱverlangtȱprofessionellesȱHumanȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ResourceȱManagement!ȱ
Gleichgültig,ȱobȱAbbau,ȱUmbauȱ oderȱAufbauȱdasȱ Zielȱist,ȱinȱ jedemȱ FallȱsindȱquantitativeȱundȱqualitativeȱVeränderungenȱderȱPersonalȬ kapazitätȱeinȱkritischerȱFaktor.ȱWandlungsmanagementȱundȱHumanȱ ResourceȱManagementȱ(HRM)ȱmüssenȱHandȱinȱHandȱarbeiten.ȱDiesȱ giltȱ fürȱ dieȱ Gestaltungȱ vonȱ PersonalabbauȬȱ undȱ VersetzungsmaßȬ nahmenȱ wieȱ fürȱ dieȱ Förderungȱ vonȱ Highȱ Potentials,ȱ fürȱ dieȱ EntȬ
Agenda für das Wandlungsmanagement
11
wicklungȱ vonȱ Anreizsystemenȱ wieȱ fürȱ dieȱ Veränderungȱ vonȱ FühȬ rungsstilen.ȱ Dieȱ Grundlageȱ hierfürȱ liefertȱ einȱ HRM,ȱ dasȱ überȱ eineȱ gutȱ ausgebauteȱ Infrastrukturȱ verfügtȱ undȱ dadurchȱ inȱ derȱ Lageȱ ist,ȱ unabhängigȱ vomȱ einzelnenȱ Wandlungsprogrammȱ bestimmteȱȱȱȱ Diensteȱ zuȱ erbringenȱ (z.B.ȱ Führungskräfteentwicklung).ȱ Dannȱ könȬ nenȱ auchȱ dieȱ programmabhängigenȱ Maßnahmenȱ maßgeschneidertȱ konzipiertȱundȱumgesetztȱwerden.ȱȱ 5.
WandelȱbewirkenȱheißtȱKraftfelderȱverändern!ȱ
ObȱeinȱWandelȱüberhauptȱzustandeȱkommt,ȱwelchenȱWegȱerȱnimmtȱ undȱ welcheȱ Schwungkraftȱ erȱ erreicht,ȱ istȱ nichtȱ inȱ ersterȱ Linieȱ einȱ reinȱ sachlogischesȱ Problem.ȱ Esȱ istȱ vielmehrȱ eineȱ Frage,ȱ dieȱ sichȱ inȱ derȱ Auseinandersetzungȱ zwischenȱ denȱ förderndenȱ undȱ denȱ hemȬ mendenȱ Kräften,ȱ zwischenȱ Kraftȱ undȱ Gegenkraft,ȱ entscheidet.ȱ ProȬ motorenȱundȱOpponentenȱsindȱalsȱaktive,ȱdieȱIndifferentenȱalsȱpasȬ siveȱ Kräfteȱ Teilȱ desȱ Geschehens.ȱ Wandlungsprozesseȱ benötigenȱ daherȱzuȱihremȱErfolgȱeinȱerheblichesȱMaßȱanȱtreibenderȱProzessȬ energie.ȱSieȱmussȱvonȱdenȱPromotorenȱzusätzlichȱzuȱihremȱEinsatzȱ imȱTagesgeschäftȱaufgebrachtȱwerden.ȱȱ OhneȱdieȱerfolgreicheȱBündelungȱvonȱförderndenȱundȱdieȱnachhalȬ tigeȱÜberwindungȱderȱpassivenȱundȱwiderstrebendenȱKräfteȱistȱeinȱ Erneuerungsprozessȱ schlichtȱ unmöglich.ȱ Kräftekonstellationenȱ undȱ Interessenlagenȱerkunden,ȱEinflüsseȱderȱverschiedenstenȱArtȱnutzenȱ undȱausüben,ȱKonflikteȱerkennenȱundȱaustragen,ȱInteressenȱartikuȬ lierenȱ undȱ durchsetzen,ȱ bestimmtȱ dieȱ Arbeitȱ einesȱ WandlungsmaȬ nagersȱzuȱeinemȱerheblichenȱTeil.ȱDabeiȱistȱFührungsstärkeȱinȱjederȱ denkbarenȱFormȱverlangt.ȱȱ 6.
TopmanagerȱtreibenȱdenȱWandelȱvoranȱundȱermöglichenȱihn!ȱ
Dasȱ Topmanagementȱ stehtȱ inȱ derȱ Verantwortungȱ fürȱ dieȱ ErneueȬ rungȱ undȱ mussȱ sichȱ selbstȱ inȱ dieȱ Pflichtȱ nehmen.ȱ Dieȱ ProzessenerȬ gie,ȱ umȱ dieȱ stetigeȱ Erneuerungȱ inȱ Schwungȱ zuȱ halten,ȱ kannȱ aufȱ Dauerȱ nurȱ vonȱ derȱ Spitzeȱ kommen.ȱ Topmanagerȱ müssenȱ sichȱ alsȱ Promotorenȱ derȱ Evolutionȱ sehenȱ undȱ verhalten.ȱ Soȱ sehrȱ dasȱ EmȬ powermentȱ untererȱ Ebenen,ȱ dasȱ Aktivierenȱ undȱ Mitmachenȱ derȱ Unternehmungsbasis,ȱ fürȱ denȱ Wandlungserfolgȱ benötigtȱ wird:ȱ Letztlichȱ verebbtȱ jedeȱ Initiativeȱ ‚vonȱ unten‘,ȱ wennȱ sieȱ ‚vonȱ oben‘ȱ nichtȱ aufgegriffenȱ undȱ gefördertȱ wird.ȱ Kontinuierlicheȱ WeiterentȬ wicklungȱ einerȱ Unternehmungȱ beruhtȱ aufȱ einerȱ Stimulierungȱ undȱ
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Agenda für das Wandlungsmanagement
Kanalisierungȱ vielfältigerȱ Impulse.ȱ Hierfürȱ sindȱ geeigneteȱ VorausȬ setzungenȱ zuȱ schaffen.ȱ Topmanagerȱ sindȱ inȱ demȱ Zusammenhangȱ Enablerȱ eigendynamischerȱ Veränderungen,ȱ dieȱ zumȱ geplantenȱ Wandelȱhinzutreten.ȱ Kühneȱ undȱ visionäreȱ Führungȱ wirdȱ inȱ jedemȱ Fallȱ ebensoȱ benötigtȱ wieȱnüchternes,ȱbeharrlichesȱundȱeffizientesȱManagement.ȱSymboliȬ schesȱManagementȱundȱglaubwürdigeȱVorbildfunktionȱsindȱgenauȬ soȱgefragtȱwieȱdasȱSetzenȱklarerȱZieleȱundȱdieȱGewährungȱleistungsȬȱ undȱ wandlungsbezogenerȱ Anreize.ȱ Unterstütztȱ wirdȱ eineȱ solcheȱ Führungȱ durchȱ Authentizitätȱ undȱ persönlichesȱ Engagementȱ derȱ verantwortlichenȱManager.ȱ 7.
Veränderungȱorganisieren,ȱOrganisationȱverändern!ȱ
Derȱ Erfolgȱ einerȱ strategischenȱ Erneuerungȱ hängtȱ auchȱ vonȱ derȱ geȬ eignetenȱ Organisationȱ abȱ –ȱ diesȱ inȱ doppelterȱ Hinsicht.ȱ Zumȱ einenȱ gehtȱesȱumȱeineȱeffizienteȱOrganisationȱdesȱVorhabensȱselbst.ȱDieȱ BinnenorganisationȱderȱProgrammeȱundȱProjekteȱsowieȱihreȱorganiȬ satorischeȱ Kopplungȱ mitȱ derȱ Primärorganisationȱ sindȱ zuȱ gestaltenȱ undȱzuȱsteuern.ȱZumȱanderenȱstehtȱdieȱUmgestaltungȱderȱvorhanȬ denenȱ Unternehmungsorganisationȱ zuȱ einerȱ flexiblen,ȱ entwickȬ lungsfähigen,ȱ lernendenȱ Organisationȱ aufȱ derȱ Tagesordnung.ȱ Esȱ gilt,ȱStrukturenȱundȱProzesseȱsoȱauszugestalten,ȱdassȱsieȱkontinuierȬ licheȱVerbesserungenȱbegünstigenȱundȱhervorbringen.ȱ 8.
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Methoden,ȱTechnikenȱundȱToolsȱeinsetzen!ȱ
Dieȱ bestenȱ strategischenȱ Absichtenȱ undȱ dasȱ besteȱ ProgrammȬȱ undȱ Projektmanagementȱ bleibenȱ letztlichȱ kraftlos,ȱ wennȱ geeigneteȱ MeȬ thoden,ȱ Technikenȱ undȱ Instrumenteȱ fehlenȱ oderȱ wennȱ dieseȱ nichtȱ bzw.ȱ nichtȱ richtigȱ eingesetztȱ werden.ȱ Rückgratȱ desȱ methodischenȱ VorgehensȱistȱdieȱBestimmungȱderȱeinzelnenȱWandlungsphasenȱundȱ Ȭaufgabenȱ undȱ derenȱAbfolge.ȱ Dasȱ 3WȬModellȱ liefertȱ hierfürȱ einenȱ fünfphasigenȱVorgehensplan.ȱDieȱinȱdenȱeinzelnenȱPhasenȱanfallenȬ denȱ Aufgabenȱ lassenȱ sichȱ wirkungsvollȱ unterstützen.ȱ Besondersȱ markantȱsindȱdieȱInstrumenteȱderȱKommunikationȱundȱdesȱControlȬ lings,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ verschiedenenȱ Denkwerkzeugeȱ (Tools),ȱ dererȱ sichȱ derȱ Wandlungsmanagerȱ bedienenȱ kann.ȱ Dieȱ Qualitätȱ desȱ WandlungsmanagementsȱzeigtȱsichȱinȱderȱgezieltenȱAuswahlȱundȱ KombinationȱsowieȱderȱgekonntenȱAnwendungȱderȱInstrumente.ȱ DasȱgleicheȱgiltȱimȱÜbrigenȱfürȱdieȱVerstetigungȱdesȱWandels.ȱMaȬ
Agenda für das Wandlungsmanagement
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nager,ȱdieȱzuȱRechtȱfürȱsichȱinȱAnspruchȱnehmenȱwollen,ȱerfolgreichȱ zuȱseinȱundȱprofessionellȱzuȱarbeiten,ȱmüssenȱsichȱeineȱ‚instrumenȬ tierteȱEvolution‘ȱinȱihrȱPflichtenheftȱschreiben.ȱȱ 9.
Erneuerungsprozesseȱorchestrieren!ȱ
DerȱErfolgȱeinerȱstrategischenȱErneuerungȱberuhtȱnichtȱdarauf,ȱdassȱ manȱ einzelneȱ Hebelȱ alsȱ Erfolgsfaktorenȱ bewegtȱ oderȱ verschiedeneȱ Zutatenȱ nachȱ einemȱ fertigenȱ Rezeptȱ zusammenmischt.ȱ Dasȱ 3WȬ Modellȱ alsȱ Bezugsrahmenȱ diesesȱ Buchesȱ undȱ dieȱ daraufȱ aufȬ bauendenȱKapitelȱzeigen,ȱwelcheȱFaktorenȱundȱwelcheȱWechselwirȬ kungenȱdasȱWandlungsgeschehenȱausmachen.ȱKeineȱnochȱsoȱausgeȬ feilteȱtheoretischeȱAussageȱundȱkeinȱFallbeispielȱkannȱallerdingsȱdasȱ eigeneȱ Nachdenkenȱ derȱ Wandlungspromotorenȱ ersetzen.ȱ Dieȱ AnȬ wendungȱ allgemeinerȱ Erkenntnisseȱ aufȱ denȱ jeweiligenȱ Einzelfallȱ undȱ dasȱ ‚Customizing‘ȱ derȱ verschiedenenȱ Komponentenȱ istȱ ihreȱ originäreȱAufgabe.ȱ Undȱ wieȱ sichȱ einȱ guterȱ Kochȱ vonȱ einemȱ durchȬ schnittlichenȱdurchȱeigenständigeȱKreationenȱunterscheidet,ȱsoȱwirdȱ sichȱauchȱ‚ExcellenceȱinȱChange‘ȱanȱderȱpositivenȱAbweichungȱvomȱ Durchschnittȱerkennenȱlassen.ȱȱ Wennȱ esȱ dabeiȱ überhauptȱ soȱ etwasȱ wieȱ einȱ Erfolgsgeheimnisȱ gibt,ȱ dannȱ liegtȱ esȱ wohlȱ nochȱ amȱ ehestenȱ darinȱ begründet,ȱ dassȱ esȱ geȬ lingt,ȱ dieȱ verschiedenenȱ Elementeȱ desȱ Geschehensȱ miteinanderȱ inȱ Verbindungȱ zuȱ bringenȱ undȱ aufeinanderȱ abzustimmen.ȱ Dieȱ GeȬ samtwirkungȱ undȱ damitȱ derȱ Erfolgȱ resultierenȱ ausȱ demȱ ZusamȬ menklangȱderȱEinzelelemente,ȱausȱihrerȱOrchestrierungȱalso.ȱȱ 10. Goȱforȱit:ȱdieȱZukunftȱgestalten!ȱ Dasȱallesȱistȱnichtȱeinfach.ȱSichȱändernȱistȱmühsamȱundȱunbequem.ȱ DieȱProblemeȱsindȱkomplex,ȱdieȱEntwicklungȱistȱdynamisch,ȱinȱderȱ Vergangenheitȱgingȱesȱgeruhsamerȱzu.ȱDasȱallesȱistȱbekanntȱundȱoftȱ genugȱ beklagtȱ worden.ȱ Esȱ giltȱ nun,ȱ dieȱ Zeitenȱ desȱ Jammernsȱ undȱ Klagensȱhinterȱsichȱzuȱlassen.ȱDieȱFrageȱistȱnicht,ȱobȱwirȱdieȱVeränȬ derungenȱ mögen,ȱ sondernȱ obȱ wirȱ ohneȱ sieȱ lebenȱ undȱ überlebenȱ können.ȱNichtȱzuletztȱmussȱsichȱjederȱfragen,ȱobȱerȱsichȱaufȱderȱSeiteȱ derȱ Treibendenȱ oderȱ derȱ Getriebenenȱ wiederfindenȱ will.ȱ Dieȱ EntȬ wicklungȱ schreitetȱ fort,ȱ auchȱ ohneȱ uns.ȱDerȱ Globusȱdrehtȱ sichȱ weiȬ ter,ȱauchȱwennȱwirȱgerneȱmehrȱZeitȱhättenȱoderȱeineȱPauseȱeinlegenȱ möchten.ȱWennȱesȱdasȱManagementȱnichtȱanpackt,ȱdannȱmüssenȱesȱ dieȱShareholderȱtun.ȱWennȱauchȱsieȱzaudern,ȱdannȱwirdȱüberȱkurzȱ
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oderȱlangȱderȱWettbewerbȱdasȱProblemȱaufȱseineȱWeiseȱlösen,ȱdennȱ unverändertȱgilt:ȱWerȱsichȱnichtȱnachȱdemȱMarktȱrichtet,ȱdenȱrichtetȱ derȱMarkt!ȱ Esȱ wirdȱ Zeit,ȱ mitȱ derȱ Erneuerungȱ ernstȱ zuȱ machen.ȱ Dasȱ Schöneȱ dabeiȱ ist,ȱ dassȱ wirȱ derȱ Entwicklungȱ nichtȱ hilflosȱ ausgeliefertȱ sind,ȱ sondernȱ dassȱ sieȱ auchȱ inȱ unsereȱ Händeȱ gelegtȱ ist,ȱ dassȱ esȱ anȱ unsȱ liegt,ȱsieȱzuȱgestalten.ȱEsȱwäreȱmehrȱalsȱtöricht,ȱvonȱdieserȱMöglichȬ keitȱ keinenȱ Gebrauchȱ zuȱ machen.ȱ Guteȱ Ideenȱ undȱ Ansätzeȱ gibtȱ esȱ zahlreichȱ–ȱnichtȱnurȱinȱdiesemȱBuch.ȱWoraufȱalsoȱwarten?ȱ Goȱforȱit:ȱMakeȱyourȱfuture!ȱ
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Autorenverzeichnis KRÜGER,ȱPROF.ȱDR.ȱWILFRIEDȱ
ȱ
1964ȱȬȱ1968ȱStudiumȱderȱBetriebswirtschaftslehreȱanȱderȱUniverȬ sitätȱ Münchenȱ undȱ derȱ FUȱ Berlin,ȱ 1971ȱ Promotionȱzumȱ Dr.ȱ rer.ȱ pol.ȱ anȱ derȱ Universitätȱ Freiburgȱ i.Br.,ȱ 1975ȱ Habilitation,ȱ 1978ȱ Ȭȱ 1985ȱ Lehrstuhlȱ fürȱ Betriebsführungȱ anȱ derȱ Universitätȱ DortȬ mund,ȱ seitȱ 1985ȱ Inhaberȱ desȱ Lehrstuhlsȱ fürȱ UnternehȬ mensführungȱ undȱ Organisationȱ (OFP),ȱ anȱ derȱ JustusȬLiebigȬ Universitätȱ Gießen.ȱ Prof.ȱ Krügerȱ istȱ Gesellschafterȱ derȱ EICȬ PARTNERȱ Unternehmensberatungȱ undȱ seitȱ 2002ȱ stellv.ȱ VorȬ standsvorsitzenderȱderȱGesellschaftȱfürȱOrganisationȱ(gfo),ȱGieȬ ßen.ȱ BACH,ȱDR.ȱNORBERTȱ
ȱ
Dipl.ȬWirtsch.ȬIng.ȱM.Sc.,ȱwarȱvonȱ1994ȱȬȱ1999ȱwiss.ȱMitarbeiterȱ amȱLehrstuhlȱOFPȱundȱhatȱmitȱeinerȱArbeitȱzumȱThemaȱ„MentaȬ leȱ Modelleȱ alsȱ Basisȱ vonȱ Implementierungsstrategien“ȱ promoȬ viert.ȱ Vonȱ 1999ȱ Ȭȱ 2000ȱ warȱ erȱ alsȱ Managementberaterȱ beiȱ CSCȱ PLOENZKEȱ aktiv.ȱ Seitdemȱ habilitiertȱ erȱ amȱ Lehrstuhlȱ OFP.ȱ Dr.ȱ Bachȱ istȱ außerdemȱ Gesellschafterȱ undȱ Projektleiterȱ derȱ EICȬ PARTNERȱUnternehmensberatung,ȱGießen.ȱ BECKER,ȱDR.ȱLARISSAȱȱ ȱ Dipl.ȬKffr.,ȱwarȱvonȱ1997ȱȬȱ2001ȱwiss.ȱMitarbeiterinȱamȱLehrstuhlȱ OFPȱundȱhatȱmitȱeinerȱArbeitȱzumȱThemaȱ„Personalabteilungȱimȱ Unternehmungswandelȱ–ȱAnforderungen,ȱAufgabenȱundȱRollenȱ imȱ Changeȱ Management“ȱ promoviert.ȱ Vonȱ 2001ȱ Ȭȱ 2004ȱ warȱ sieȱ Managementberaterinȱ beiȱ derȱ PLURALISȱ AGȱ mitȱ denȱ SchwerȬ punktenȱOrganisationsȬȱundȱPersonalberatung.ȱSeitȱ2004ȱarbeitetȱ sieȱ imȱ zentralenȱ Personalbereichȱ desȱ GOTHAERȱ Konzernsȱ alsȱ ReferentinȱStrategischeȱInstrumente.ȱ BREHM,ȱDR.ȱCARSTENȱR.ȱ
ȱ
Dipl.ȬKfm.,ȱwarȱvonȱ1998ȱȬȱ2003ȱwiss.ȱMitarbeiterȱamȱLehrstuhlȱ OFPȱ undȱ betreuteȱ alsȱ Forschungsassistentȱ derȱ SGOȱ dasȱ Projektȱ „ExcellenceȱinȱChange“.ȱPromoviertȱhatȱerȱ2003ȱmitȱeinerȱArbeitȱ zumȱ Themaȱ „Organisatorischeȱ Flexibilitätȱ derȱ Unternehmung“.ȱ
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Esȱ folgteȱ eineȱ Tätigkeitȱ alsȱ Managementberaterȱ beiȱ derȱ EICȬ PARTNERȱ Unternehmensberatungȱ inȱ Gießen,ȱ woȱ erȱ auchȱ heuteȱ nochȱ alsȱ Gesellschafterȱ undȱ Beraterȱ aktivȱ ist.ȱ Seitȱ 2006ȱ istȱ Dr.ȱ Carstenȱ Brehmȱ Professorȱ fürȱ Personal,ȱ Unternehmensführungȱ undȱOrganisationȱanȱderȱBerufsakademieȱRavensburg.ȱȱ HACKMANN,ȱSVENȱ Dipl.ȬKfm.,ȱ seitȱ 2002ȱ wiss.ȱ Mitarbeiterȱ amȱ Lehrstuhlȱ OFPȱ mitȱ denȱ Forschungsschwerpunkten:ȱ Unternehmungswandel,ȱ OrgaȬ nisation,ȱ Unternehmungsintegrationen,ȱ Postȱ Mergerȱ ManageȬ ment.ȱDerzeitȱpromoviertȱerȱmitȱeinerȱArbeitȱzumȱThemaȱ„Postȱ MergerȱIntegrationȱ–ȱGestaltungȱderȱOrganisationsintegration“.ȱ HOMP,ȱDR.ȱCHRISTIANȱ ȱ Dipl.ȬKfm.,ȱwarȱvonȱ1995ȱȬȱ2000ȱwiss.ȱMitarbeiterȱamȱLehrstuhlȱ OFPȱundȱhatȱzumȱThemaȱ„AufbauȱundȱEntwicklungȱvonȱKernȬ kompetenzen“ȱpromoviert.ȱErȱwarȱbisȱ1997ȱForschungsassistentȱ derȱ SGOȱ undȱ istȱ Mitautorȱ desȱ Buchesȱ „KernkompetenzȬ Management“ȱ(Wiesbadenȱ1997).ȱVonȱ2000ȱȬȱ2005ȱarbeiteteȱerȱimȱ Bereichȱ ‚Corporateȱ Strategyȱ andȱ Development’ȱ derȱ SCHOTTȱ AGȱ inȱMainzȱalsȱ‚ProjectȱManager’.ȱSeitȱ2005ȱistȱerȱalsȱProjektleiterȱinȱ derȱ Unternehmensentwicklungȱ vonȱ THYSSENKRUPPȱ MATERIALSȱ EUROPEȱtätig.ȱ JANTZENȬHOMP,ȱDR.ȱDIETGARDȱȱ Dipl.ȬKffr.,ȱwarȱvonȱ1995ȱȬȱ2000ȱwiss.ȱMitarbeiterinȱamȱLehrstuhlȱ OFPȱ undȱ hatȱ mitȱ einerȱ Arbeitȱ zumȱ Themaȱ „ProjektportfolioȬ Managementȱ –ȱ Multiprojektarbeitȱ imȱ Unternehmungswandel”ȱ promoviert.ȱSieȱistȱseitdemȱfreiberuflicheȱDozentinȱbeiȱderȱBankȬ akademieȱ e.V.,ȱ Frankfurtȱ undȱ Lehrbeauftragteȱ derȱ FHȱ WiesbaȬ den.ȱ PETRY,ȱDR.ȱTHORSTENȱ Dipl.ȬKfm.,ȱwarȱvonȱ2003ȱȬȱ2006ȱwiss.ȱMitarbeiterȱamȱLehrstuhlȱ OFPȱundȱhatȱmitȱeinerȱArbeitȱzumȱThemaȱ„Netzwerkstrategieȱ–ȱ Kernȱ einesȱ integriertenȱ Managementsȱ vonȱ UnternehmungsȬ netzwerken“ȱpromoviert.ȱNachȱBeratungstätigkeitenȱbeiȱACCENȬ
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Autorenverzeichnis
TUREȱundȱEICȬPARTNERȱarbeitetȱerȱseitȱJuniȱ2006ȱalsȱStrategyȱConȬ
sultantȱbeiȱCAPGEMINIȱinȱOffenbach.ȱ STEINHAUS,ȱHENRIKȱ Dipl.ȬKfm.,ȱ vonȱ 1999ȱ Ȭȱ 2001ȱ Mitarbeiterȱ beiȱ derȱ DEUTSCHENȱ GEȬ SELLSCHAFTȱ FÜRȱ MITTELSTANDSBERATUNGȱ GMBH,ȱ danachȱ kaufȬ männischerȱGeschäftsführerȱeinerȱmittelständischenȱElektronikȬ unternehmung.ȱ Seitȱ 2005ȱ Geschäftsführerȱ derȱ EICȬPARTNERȱ Unternehmensberatung,ȱ Gießen.ȱ Externerȱ Doktorandȱ amȱ LehrȬ stuhlȱ OFPȱ mitȱ denȱ Forschungsschwerpunktenȱ UnternehmungsȬ krisenȱundȱMitarbeiterkapitalbeteiligungen.ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ
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Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis 3M ........................................140ȱ 3WȬModell ......................29,ȱ38ȱ Abbau .................... 56,ȱ131,ȱ250ȱ Abfindungen .............. 253,ȱ257ȱ Aktivierungssituation ............. .......................... 187,ȱ189,ȱ296ȱ Akzeptanzaufbau...............186ȱ ALSTOM..............................164ȱ Altersteilzeit ............... 252,ȱ253ȱ Anforderungsprofil ...........264ȱ Anreizsystem............................ .......... 168,ȱ273,ȱ274,ȱ275,ȱ277ȱ Arbeitsgruppen ..................212ȱ Arbeitszeitverkürzung ......252ȱ Arbeitszufriedenheit..........272ȱ Audi......................................122ȱ Aufbau................... 58,ȱ106,ȱ131ȱ Aufhebungsvertrag.................. .......................... 253,ȱ260,ȱ275ȱ BalancedȱScorecard.................. .......................... 273,ȱ338,ȱ372ȱ Basisprojekte...................76,ȱ83ȱ Bayer............... 37,ȱ123,ȱ141,ȱ142ȱ Berater .................................165ȱ Bertelsmann..........................112ȱ Beteiligungskonzept ..........370ȱ Betrieblichesȱ Vorschlagswesen................141ȱ Betriebsübergang ...............263ȱ Betroffenheitsanalyse ........354ȱ BLGȱLogisticsȱGroup ............121ȱ BMW ...................... 82,ȱ111,ȱ141ȱ BoozȱAllenȱHamilton .... 135,ȱ162ȱ Brainforce .............................163ȱ ChangeȱAgent............. 222,ȱ363ȱ ChangeȱManagement ..........59ȱ ChangeȱRequests................333ȱ
Chiefȱ Restructuringȱ Officer .......................................... 163ȱ ChryslerȱGroup..................... 131ȱ Commitment ...................... 364ȱ CompatibilityȬMatrix ........ 367ȱ CompetingȱCommitments...... .................................. 204,ȱ206ȱ Controlling ............................... ............ 44,ȱ105,ȱ316,ȱ317,ȱ336ȱ DaimlerChrysler......................... .... 52,ȱ105,ȱ131,ȱ156,ȱ254,ȱ336ȱ Dannemann.......................... 142ȱ DeutscheȱBahn ............... 54,ȱ258ȱ DeutscheȱBank........................ 52ȱ DeutscheȱPost................. 54,ȱ258ȱ DeutscheȱPostȱWorldȱNet..... 319ȱ DeutscheȱTelekom ........... 54,ȱ258ȱ Diversifikation ................... 104ȱ DynamicȱCapabilities.......... 36ȱ EiCȬBarometer............ 348,ȱ357ȱ EiCȬMatrix .................. 348,ȱ361ȱ Einflussmanagement............... ...................... 26,ȱ67,ȱ145,ȱ152ȱ Einflusssysteme ................. 149ȱ Einigungsstelle................... 257ȱ Einstellungen.............. 269,ȱ271ȱ Einstellungsakzeptanz ............ ............................ 32,ȱ144,ȱ181ȱ Einwegkommunikation .... 291ȱ EȬLearning .......................... 269ȱ Emotionenmanagement.... 150ȱ EnablerȱdesȱWandels ............... ...................... 25,ȱ42,ȱ271,ȱ358ȱ EnablingȬProzess ....... 140,ȱ158ȱ Energieȱ korrosive ......................... 200ȱ produktive ...................... 201ȱ
411ȱ
Stichwortverzeichnis
412ȱ
Erfolgsposition .....50,ȱ102,ȱ106ȱ Erfolgspotential ....50,ȱ103,ȱ106ȱ Ergebnisverantwortung ....229ȱ Evolutionsmodell...........25,ȱ26ȱ Fähigkeitsbarrieren............268ȱ Fiat................................111,ȱ113ȱ Flexibilität ...................240,ȱ277ȱ Fluktuation..................251,ȱ260ȱ Folgeprojekte ........................76ȱ FollowȱUpȬControlling......371ȱ Ford.......................................113ȱ Führung...............................145ȱ Führungskultur ..................277ȱ Führungssysteme...............273ȱ Führungsverantwortung...229ȱ Gegenstrom...................91,ȱ221ȱ deduktivȬvisionsȱgeleitet ..........................................119ȱ induktivȬfähigkeitsgeleitet ..........................................119ȱ GeneralȱElectric ..............95,ȱ124ȱ GeneralȱMotors.....................111ȱ Gestaltungsempfehlungenȱ organisatorische .............242ȱ GoldmannȱSachs ...................156ȱ GothaerȱLebensversicherung....... ..........................263,ȱ265,ȱ274ȱ Hasbro...................................120ȱ Henkel.....................................28ȱ HumanȱResourceȱ Management .................43,ȱ249ȱ Ideenmanagement .............140ȱ Identität ...............................179ȱ Implementierung ..................... .................. 138,ȱ154,ȱ159,ȱ344ȱ Bottomȱup.............................. .................. 158,ȱ194,ȱ265,ȱ330ȱ Topȱdown .............................. .......... 155,ȱ188,ȱ193,ȱ265,ȱ330ȱ Initialisierung .......68,ȱ294,ȱ349ȱ
Innovationenȱ vonȱKompetenzen.......... 118ȱ vonȱProdukten................ 116ȱ vonȱProzessen................. 117ȱ Institutionalisierungȱdesȱ Wandels................................. 93ȱ Interessenausgleich ........... 256ȱ InterimȬManagement .............. ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ SieheȱManagementȱaufȱZeitȱ Kernkompetenz.................... 37ȱ Kernprodukt....................... 110ȱ Kernprozesse...................... 118ȱ Kernteam ............................ 228ȱ KeyȱPlayerȬAnalyse ........... 363ȱ Koevolution .......................... 23ȱ Kommunikation....................... ............ 44,ȱ261,ȱ284,ȱ286,ȱ346ȱ Controlling...................... 302ȱ Formen .................................. .. 287,ȱ290,ȱ291,ȱ292,ȱ293,ȱ300ȱ Instrumente .... 300,ȱ306,ȱ362ȱ Konzept ........................... 295ȱ Strategie........................... 291ȱ Konzentration .................... 104ȱ Konzernumbau .................... 52ȱ Konzipierung ....... 70,ȱ295,ȱ354ȱ Kooperationsprofil ............ 356ȱ Kostenȱ EntwicklungȱimȱWandel ..... .......................................... 329ȱ transparente.................... 324ȱ verdeckte......................... 324ȱ Kostenrechnung................. 326ȱ Kostenschätzung................ 327ȱ Krise......................... 32,ȱ60,ȱ133ȱ Kündigung.......................... 255ȱ Kündigungsschutzklage ......... .................................. 253,ȱ256ȱ Kurzarbeit........................... 250ȱ
Stichwortverzeichnis
LandesbankȱBadenȬWürttemberg ..........................................258ȱ LBKȱHamburg.......................122ȱ Lebenszyklen.............. 106,ȱ123ȱ Leistungsziele.....................315ȱ Lenkungsausschuss ...........227ȱ Linde .....................................123ȱ Loewe ............................ 108,ȱ113ȱ Macht........... 130,ȱ149,ȱ160,ȱ188ȱ Makroanalyse .....................118ȱ Managementȱ aufȱZeit .................... 136,ȱ162ȱ derȱHumanressourcen.....42ȱ DilemmaȬ .................. 24,ȱ168ȱ vonȱBewusstseinslagen ...66ȱ vonȱGegensätzen ............148ȱ vonȱParadoxien.................24ȱ vonȱSachfragen .................66ȱ Mannesmann..........................52ȱ Markenaufbau ....................114ȱ MarktorientierterȱAnsatz ..102ȱ MentaleȱModelle .. 42,ȱ178,ȱ285ȱ Mikroanalyse ......................118ȱ Mitarbeiterprofile...............373ȱ MittleresȱManagement ............ .............. 41,ȱ89,ȱ150,ȱ157,ȱ275ȱ Mobilisierung ....... 72,ȱ300,ȱ360ȱ Motivation... 195,ȱ250,ȱ260,ȱ272ȱ Motorola ...............................142ȱ Multiprojektmanagement.220ȱ MVVȱEnergie........................264ȱ Opel ......................................269ȱ Opponenten .............................. ............ 68,ȱ184,ȱ185,ȱ189,ȱ275ȱ Orchestrierung ...................135ȱ Organisationȱ desȱWandels ......................43ȱ wandlungsfähige............237ȱ OrganisationaleȱEnergie....200ȱ
Organisatorischeȱ Fähigkeiten .................... 35,ȱ140,ȱ243,ȱ279ȱ Organizationalȱslack.. 140,ȱ240ȱ Oticon................................... 118ȱ Outplacement............. 258,ȱ261ȱ Outsourcing........................ 122ȱ Pacing ............................ 26,ȱ133ȱ Personalȱ Ȭauswahl.................. 267,ȱ277ȱ Ȭbeschaffung ........... 263,ȱ266ȱ Ȭeinsatz ............................ 264ȱ Ȭentwicklung .......... 268,ȱ277ȱ Ȭfreisetzung..... 250,ȱ263,ȱ272ȱ Ȭführung .......................... 271ȱ Ȭversetzung ............. 262,ȱ263ȱ Planspiele............................ 269ȱ Plattformstrategien............ 122ȱ Portfolioȱ anȱGeschäften ................. 102ȱ vonȱPositionenȱundȱ Potentialen ...................... 106ȱ Preussag ................................. 52ȱ Proaktivität ............. 27,ȱ30,ȱ109ȱ Problemerkennung............ 190ȱ Problemlösungȱ integrierte........................ 121ȱ Produktdifferenzierung.... 113ȱ ProgrammȬBüro ................. 233ȱ Programmleitung .............. 228ȱ ProgrammȬManagement ........ .............................. 43,ȱ81,ȱ219ȱ Programmorganisation....... .................................. 226,ȱ238ȱ ProgrammunterstützungsȬ einheiten ............................. 229ȱ Projektȱ Ȭarbeit ................................ 36ȱ Ȭcontrolling ..................... 316ȱ Ȭleiter ............................... 229ȱ Ȭprozesse ........................... 81ȱ
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Ȭteam ................................229ȱ Projektmanagement................. ..............................36,ȱ43,ȱ214ȱ PromotorenȱdesȱWandels ........ 25,ȱ41,ȱ68,ȱ129,ȱ183,ȱ185,ȱ199,ȱ 227,ȱ271ȱ ProsSiebenSat1ȬGruppe........112ȱ PSA.......................................113ȱ Reaktivität .....................28,ȱ108ȱ Remodellierung....................54ȱ Renault .................................113ȱ Reorientierung......................54ȱ ResponsibilityȬChart..........369ȱ RessourcenorientierterȱAnsatz ..........................................103ȱ Restrukturierung..................53ȱ RetentionȱManagement .....198ȱ Revitalisierung .....................54ȱ Risikomanagement ............332ȱ Rollenȱ Ȭprofil ...............................128ȱ Ȭspiele...............................269ȱ Routinen ................................35ȱ Sabbaticals...........................250ȱ Sanktionen ..........................275ȱ SchäperȱSportgerätebau ........119ȱ Sekundärorganisation .......212ȱ Siemens.........................124,ȱ258ȱ Sozialauswahl.............255,ȱ256ȱ Sozialplan............................257ȱ Sozialziele............................315ȱ Sponsoren............................221ȱ Stakeholderanalyse............351ȱ Strategie.................................41ȱ Strategisch.............................50ȱ StrategischeȱErneuerung ......... ..............................23,ȱ53,ȱ115ȱ Begriff ................................50ȱ Ebenen .....................102,ȱ123ȱ ȱ
StrategischeȱOptionenȱ Entwicklung ........... 105,ȱ115ȱ Ergänzung............... 105,ȱ107ȱ Fokussierung .. 104,ȱ121,ȱ123ȱ Konzentration................. 108ȱ Normstrategien .............. 106ȱ Präferenzierung ................... .......................... 104,ȱ107,ȱ112ȱ Rückzug .................. 104,ȱ108ȱ Transfer ................................. .. 105,ȱ107,ȱ108,ȱ110,ȱ111,ȱ112ȱ SupplyȱOn .............................. 94ȱ Testverfahren...................... 264ȱ Timing ................................. 133ȱ Toolbox.......................... 45,ȱ345ȱ Tools..................................... 344ȱ Topmanagement ...................... 41,ȱ 128,ȱ 129,ȱ 139,ȱ 161,ȱ 167,ȱ 187,ȱ194,ȱ197ȱ Topmanagementwechsel .. 161ȱ Toyota ........... 110,ȱ111,ȱ113,ȱ116ȱ Trägheitȱ angenehme...................... 201ȱ resignative....................... 200ȱ Transfergesellschaft ........... 259ȱ Transfersozialplan ............. 258ȱ Transformation............. 23,ȱ257ȱ Vorgehensmodell ............. 66ȱ Trumpf.................................. 117ȱ Turnaround......................... 164ȱ U.S.ȱArmy ............................ 270ȱ Übergangsstadien ................ 65ȱ Umbau................... 57,ȱ112,ȱ131ȱ Umbruchsmodell ........... 25,ȱ26ȱ Umsetzung ........... 75,ȱ302,ȱ367ȱ Unternehmungsentwicklung ............................................ 65ȱ Unternehmungskultur ............ .................................... 54,ȱ277ȱ Unternehmungsstrategie .... 41ȱ
Stichwortverzeichnis
Unternehmungswert .........315ȱ Veränderungsleistung .......315ȱ Veränderungsmanager......222ȱ Verhalten ..................... 269,ȱ271ȱ Verhaltensakzeptanz ............... ............................ 32,ȱ145,ȱ182ȱ Verhaltenssteuerung..........183ȱ Vermaschung......................221ȱ Verstetigung.............................. ...... 78,ȱ86,ȱ273,ȱ277,ȱ305,ȱ371ȱ Vision...................................145ȱ VoithȬGruppe ..........................28ȱ Volkswagen ................... 115,ȱ253ȱ Vorruhestandsmodelle ......252ȱ Wandelȱ emergenter ........................25ȱ intendierter .......................25ȱ reproduktiver ...................53ȱ Stoßrichtungen .................56ȱ transformativer.................52ȱ Wandlungsbedarf .................... .............. 30,ȱ68,ȱ135,ȱ174,ȱ350ȱ
Wandlungsbereitschaft ........... .... 32,ȱ128,ȱ135,ȱ144,ȱ150,ȱ270ȱ Wandlungscontrolling ...... 314ȱ Wandlungsergebnisse ......... 79ȱ Wandlungsfähigkeit ................ 34,ȱ 135,ȱ 159,ȱ 167,ȱ 240,ȱ 268,ȱ 358ȱ Wandlungsimpulsanalyse 350ȱ Wandlungsmanagement..... 37ȱ Komponenten........... 38,ȱ135ȱ Koordinaten.................... 135ȱ Wirkungszusammenhänge ............................................ 39ȱ Wandlungsplattformen..... 212ȱ Wandlungsprogramm......... 52ȱ Wandlungsprozess ........ 39,ȱ67ȱ Wandlungsradar ................ 372ȱ Wandlungsziele ................... 70ȱ Wellenschema .............. 88,ȱ158ȱ Wertziele ............................. 315ȱ Workshops.......................... 212ȱ Zeitarbeit............................. 165ȱ Zielvereinbarung ............... 273ȱ
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