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German Pages 434 [452] Year 1929
WEGE ZUR RAUMSCHIFFAHRT VON
HERMANN OBERTH
MIT 4 T A F E L N U N D 159 A B B I L D U N G E N
3. AUFLAGE VON
„DIE RAKETE ZU DEN PLANETENRÄUMEN"
M Ü N C H E N U N D B E R L I N 1929 V E R L A G VON R. O L D E N B O U R G
ALLE RECHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1929 BY R. OLDENBOURG, MÜNCHEN UND BERLIN.
DRUCK" VOX OSCA)! EIUNIVSTETTKR IN LEIPZIG-
T H E A y. H A R B O U UND
FRITZ L A N G IN DANKBARKEIT GEWIDMET
Vorwort. Es wurde schon in verhältnismäßig kurzer Zeit eine dritte Auflage meines Buches „Die Rakete zu den Planetenräumen" notwendig. Ich versuchte, diese Auflage etwas leichter zu fassen. Ich erklärte deshalb manches, was ich in den beiden ersten Auflagen einfach als bekannt voraussetzte. —• Auch ließ ich haarspalterische und verwirrende Kleinigkeiten weg, wo sie nicht zum Beweise des Ganzen notwendig erschienen. Den Stoff ordnete ich aus demselben Grunde in etwas anderer Reihenfolge an. Während ich früher zuerst eine Raketentheorie ableitete und dann erst, fast nur zur Veranschaulichung dieser Theorie, gewisse konstruktive Einzelheiten näher besprach, möchte ich hier gerade zuerst dem Leser ein klares Bild von der ganzen Sache geben. — Schließlich kennzeichnete ich alles, was nur für Spezialfachleute bestimmt ist, mit einer Margolinie und faßte das übrige so ab, daß es für sich allein auch verständlich ist. Ich wählte diese etwas populäre Fassung, 1. um mein Buch dem Verständnis eines weiteren Leserkreises näher zu bringen. Als ich die erste Auflage schrieb, da glaubte ich nicht, daß der Stoff in so weiten Kreisen Interesse finden würde; 2. aber fühle ich mich zu dieser leicht verständlichen Fassung auch durch den Umstand veranlaßt, daß, wie ich noch zeigen werde, auch die Fachpresse mein Buch vielfach mißverstanden hat. Ich hatte ursprünglich die Absicht, ein zweibändiges Werk zu schreiben. Der erste Band sollte die theoretischen Grundlagen der Raumschiffahrt und der Technik der Raketen für flüssige Brennstoffe entwickeln ; der zweite Band sollte die Geschichte der Rakete, die bisherigen Verwendungsgebiete der Raketen, die bisher bekannt gewordenen Versuche und Untersuchungen anderer Autoren, die Ergebnisse meiner eigenen experimentellen Arbeiten, eine Übersicht der wichtigsten Raumfahrtromane und verwandter technischer Zukunftsromane, eine Patentschau, die Aufnahme des Raumfahrtgedankens in verschiedenen Berufszweigen und ähnliches enthalten. — Auf Anraten des Verlages entschloß ich mich dann, ein einbändiges Werk zu schreiben, welches ein abgeschlossenes Ganzes darstellt. Ich konnte das erreichen, indem ich aus dem zweiten Bande das zur Abrundung Nötige übernahm und mich im
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Vorwort.
übrigen auf die theoretische Seite der Raumfahrtwissenschaft beschränkte. Das Buch ist daher in seiner Art ein abgeschlossenes Ganzes. — Ich gedenke aber auch das zweite Buch gelegentlich zu veröffentlichen, und habe bei Stellen, die mir im Hinblick auf das Thema dieses Buches nicht wichtig genug schienen, um sie hier aufzunehmen, der Vollständigkeit wegen bereits auf dies zweite Buch verwiesen, das ich der Kürze halber als II. Band bezeichnete. Die betreffenden Dinge sind übrigens sämtlich schon von den angeführten Autoren selbst irgendwo veröffentlicht worden und betreffen nicht die Grundprobleme der Raumschiffahrt. Man darf im übrigen daraus, wie oft ich eine fremde Arbeit hier zitiere, nicht auf ihren Wert oder Unwert schließen. Es ergab sich eben, daß die eine Schrift mehr Stellen enthielt, an deren Hand ich die hier entwickelte Theorie illustrieren konnte, die andere weniger. So halte ich z. B. das Buch von Robert Esnault-Pelterie „L'exploration par fusées de la très haute atmosphère et la possibilité des voyages interplanétaires" für eines der bedeutendsten raumfahrttechnischen Bücher, obwohl ich im vorliegenden Band keine Gelegenheit fand, darauf einzugehen. Ebensowenig darf man etwa schließen, daß . ich eine Reihe von Einwänden nicht entkräften könne, weil ich mir die Beantwortung einiger weniger ernstzunehmenden Einwände für den II. Band aufhob, wo ich im Anschluß an die Arbeiten, in denen sie vorkommen, darüber sprechen werde. Z. B.: Es sei sehr unsicher, daß sich bei einem Raumschiff der Fallschirm öffnen werde — (in Wirklichkeit herrscht vor dem Eintreten des Raumschiffes in die Atmosphäre Andruckfreiheit, und die Insassen können den Schirm dabei so zurechtrücken, wie sie ihn nachher brauchen) oder: Ein Raumschiff stelle für seine Umgebung eine ebenso große Gefahr dar, als ein gleichgroßes Pulvermagazin, in welchem man mit offenem Feuer hantiert (in Wirklichkeit haben wir hier ja gar keine Sprengstoffe, sondern einfach brennbare Flüssigkeiten, die in gesonderten Behältern mitgenommen werden, aber selbst wenn sie sich mischen würden, so würde das noch gar nicht gefährlich sein. Eine Mischung von Benzin und flüssiger Luft z. B. brennt überhaupt nicht an freier Luft); oder aber: Der Rückstoß könne deshalb nicht im luftleeren Raum wirken, weil die ausströmenden Gase hier unendlich dünn würden und folglich ihre Masse verlören und dergleichen mehr. Ich mußte diese Ausgabe etwas erweitern. Es entstand inzwischen eine bemerkenswerte Literatur über die Raketentheorie, die ich nicht unberücksichtigt lassen wollte, auch brachte ich hier einiges über die Aussichten der Raumschiffahrt, über den gegenwärtigen Stand meiner Arbeiten und über die Einwände gegen meine Pläne. Dabei will ich noch erwähnen, daß keine der Grundvoraussetzungen dieses Buches: das Rückstoßprinzip, die Höhe der Auspuffgeschwindigkeit, die Tat-
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage.
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sache, daß meine Rakete kosmische Geschwindigkeiten annehmen kann, die Möglichkeit, verflüssigte Gase in der angegebenen Weise zu behandeln u. a. nicht schon von irgendeinem Gelehrten als richtig bestätigt worden wäre. Da das Buch wesentlich umgestaltet worden ist, riet mir der Verlag, ihm einen anderen Namen zu geben. Ich folgte diesem R a t e gerne und n a n n t e die Neuauflage: „Wege zur Raumschiffahrt". Endlich möchte ich an dieser Stelle allen jenen Lesern danken, die mir bei meiner Arbeit mit R a t und T a t zur Seite gestanden sind. Ich werde darauf im II. Bande zurückkommen. Auch dem Verlag Oldenbourg bin ich diesmal wieder zu hohem Danke verpflichtet. Nur das weitgehende Entgegenkommen meines Verlegers h a t es mir ermöglicht, diese Auflage zu veröffentlichen. Herrn Alexander B. Scherschevsky, Berlin, danke ich für das Lesen der Korrektur. Herr Scherschevsky h a t mich in liebenswürdiger Weise auf eine Reihe mißverständlicher Stellen a u f m e r k s a m gemacht und das Buch durch einige Zusätze bereichert. M e d i a s c h , im September 1928. Prof. H. Oberth.
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage. Ich hielt es für notwendig, die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf meine Arbeit zu lenken, denn nur auf diese Weise durfte ich hoffen, Mittel und Gelegenheit zu weiteren Arbeiten zu erhalten. I m dritten Teil meiner Schrift stelle ich phantastische Behauptungen auf, die sich zwar heute wissenschaftlich nicht widerlegen lassen, die m a n aber sonst in wissenschaftlichen Werken nicht anzutreffen pflegt. Ich bitte zu bedenken, daß bei dem erwähnten dritten Teil ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle auf den didaktischen Wert des Raketenproblems hinzuweisen. Ich halte nämlich die hier aufgeworfenen Fragen für geeignet, auch nach anderen Richtungen hin anregend zu wirken, und zwar nicht nur auf den fertigen Ingenieur, Astronomen, Physiologen, Psychologen, sondern vor allen Dingen auf den Studierenden. Die Sache b a u t sich im großen ganzen auf einfachen Prinzipien auf, die uns eigentlich täglich entgegentreten, die wir aber gerade darum nicht beachten. Durch die eigentümliche Verknüpfung
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Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage.
dieser Dinge kommen nun ganz neue und für den jungen Akademiker interessante Ergebnisse zustande, es wird das „lav/zá&iv" des Aristoteles wachgerufen. Wenn ein Lehrer z. B. gewisse Probleme aufwirft, die sich aus meiner Arbeit ergeben, so kann er die Aufmerksamkeit seiner Hörer auf diese an und für sich elementaren Dinge lenken und jene dazu bringen, sich ihre Wissenschaft nach verschiedenen Seiten hin klarzumachen. Es ist mir zum Schluß eine angenehme Pflicht, dem Verlag R. Oldenbourg meinen Dank auszusprechen für das mir bis jetzt gezeigte Entgegenkommen, das weit über das Maß dessen hinausging, was ein Autor von seinem Verlag erwarten kann. M e d i a s c h , im Mai 1925. Hermann Oberth.
Inhaltsverzeichnis. I. Teil. apitel 1. 2. 3. 4.
Vorbemerkungen.
II. Teil. Physikalisch-technische 5. 6. 7. 8. 9.
^
Einleitung Das Rückstoßprinzip Allgemeine Beschreibung Verbesserungen und Ergänzungen
1 3 4 13 Fragen.
Die Ausströmungsgeschwindigkeit Der ideale Antrieb Das Massenverhältnis Die günstigste Geschwindigkeit Der Andruck 1. Erklärung 2. Berechnung des Andrucks 3 Erscheinungen des Andrucks 4. Verhalten des Menschen erhöhtem Andruck gegenüber a) Physische Wirkungen hohen Andrucks b) Psychologische Wirkungen abnormer Andruckverhältnisse . . . . 5. Andruckslosigkeit 6. Die Wirkungen geringen oder gänzlich fehlenden Andrucks auf den Menschen a) Physische Wirkungen b) Psychische Wirkungen 7. Kritische Bemerkungen 10. Tragweite, Überwindung der Erdschwere 11. Weitere Aufstiegsberechnungen 1. Der senkrechte Aufstieg einer bemannten Rakete 2. Wirkung des Luftwiderstandes bei freifliegenden Registrier- und Fernraketen 3. Einiges über die schräge Fahrt mit Tragflächen versehener Rückstoßflugzeuge 4. Der schräge geradlinige Aufstieg des Modells E 12. Energetische Betrachtungen 1. Impuls und Arbeit 2. Das Synergieproblem 3. Die, Synergiekurve
23 36 44 54 83 83 86 89 90 90 94 100 101 101 102 106 109 117 117 126 135 137 139 140 158 168
X
Inhaltsverzeichnis.
Kapitel
Seite
13. Steuerungsfragen 185 1. Die Stabilität des Pfeiles 185 2. Die Stabilität der Rakete 187 3. Die aktive Steuerung 190 4. Gasflossen 194 5. Andere Steuerungsmöglichkeiten 196 6. Steuerung der Geschwindigkeit 198 7. Das Raketengeschoß 202 8. Orientierung des Ätherschiffs im Raum 205 9. Die automatische Einhaltung der günstigsten Geschwindigkeit . . . 206 14. Die Landung 208 III. Teil. Konstruktive Fragen. 15. Die Alkoholrakete des Modells B 232 1. Vorbemerkungen 233 2. Die Alkoholrakete 236 16. Die Wasserstoffrakete des Modells B 244 1. Allgemeines 244 2. Beschreibung 245 3. Präzisionsinstrumente 246 17. Diskussion der Arbeitsweise und Leistungsfähigkeit von Raketen mit flüssigen Brennstoffen 247 1. Die Hilfsrakete des Modells B 247 2. Der Aufstieg des Modells C 248 3. Größe und Luftwiderstand 248 4. Vergleiche zwischen A.R. und H.R 250 5. Innendruck im Ofen und Verbrennung 253 6. Form des Zerstäubers 254 7. Bedeutung der Pumpen 254 8. Teilung der Düse 255 9. Start bemannter Raketen 255 10. Raketenraumschiffe 256 11. Füllung der H.R 256 12. Ingangsetzung des Modells B 256 13. Steighöhe 257 14. Bewertung der Brennstoffe 257 15. Vereinfachung beim Modell B 263 16. Die Vorteile flüssiger Brennstoffe 264 17. Teilung der Rakete 264 IV. Teil. Verwendungsmöglichkeiten. 18. Verwendungsmöglichkeiten der Raketendüse für flüssige Brennstoffe auf der Erde 265 1. Die senkrecht aufsteigende Rakete 266 a) Die Registrierrakete 266 b) Die Aufklärungsrakete 269
Inhaltsverzeichnis. Kapitel
19. 20. 21.
22.
2. Die Fernrakete a) Die geographische Rakete b) Die Postrakete c) Das Raketengeschoß 3. Das Raketenflugzeug Das Modell E Stationen im Weltraum Reisen auf fremde Weltkörper 1. Der Mond 2. Die Asteroiden 3. Der Mars 4. Die Venus 5. Die übrigen Körper unseres Sonnensystems Das elektrische Raumschiff
XI Seite
269 269 269 271 271 298 350 371 372 380 388 401 408 409
I. T e i l .
Vorbemerkungen. 1. K a p i t e l .
Einleitung. 1. Beim heutigen Stande der Wissenschaft und der Technik ist der Bau von Maschinen möglich, die höher steigen können, als die Atmosphäre reicht. 2. Bei weiterer Vervollkommnung vermögen diese Maschinen derartige Geschwindigkeiten zu erreichen, daß sie — im Ätherr a u m sich selbst überlassen — nicht auf die Erdoberfläche zurückfallen müssen und sogar imstande sind, den Anziehungsbereich der Erde zu verlassen. 3. Derartige Maschinen können so gebaut werden, daß Menschen (wahrscheinlich ohne gesundheitlichen Nachteil) mit emporfahren können. 4. Unter den heutigen wirtschaftlichen Bedingungen wird sich der Bau solcher Maschinen lohnen. In der vorliegenden Schrift möchte ich diese vier Sätze beweisen. Ich berichte zuerst hauptsächlich über mein Prinzip der Rakete mit flüssigen Brennstoffen, und zwar in physikalischer (II. Teil) und konstruktiver Hinsicht (III. Teil). Im IV. Teil werde ich die Verwendungsmöglichkeiten meiner Raketen erörtern, und zwar im 18. Kapitel die näherliegenden; die folgenden Kapitel werden dann über die Rakete als Raumschiff handeln und den Nachweis dieser vier eingangs aufgestellten Behauptungen erbringen. Ein zweites, mehr populäres Buch (Bd. II) wird dann über die Geschichte der Raumschiffahrt, über die bisherigen Arbeiten auf raketentechnischem Gebiet und über den heutigen Stand der R a u m f a h r t f r a g e n berichten. I n d e n e r s t e n K a p i t e l n w e r d e i c h t h e o r e t i s c h die A r b e i t s w e i s e u n d L e i s t u n g s f ä h i g k e i t dieser M a s c h i n e n u n t e r s u c h e n . I c h b e f o l g e d a b e i d e n G r u n d s a t z , z u n ä c h s t Modelle zu b e s c h r e i b e n , die leicht zu v e r s t e h e n und zu b e r e c h n e n s i n d : von d i e s e n a u s g e h e n d .
Ober I ii, RauniscliilTalirL.
I.
2
Vorbemerkungen.
werde ich dann allmählich auf eine für die Ausführung geeignete, aber in ihrer Wirkungsweise nicht so leicht verständliche Maschine zu sprechen kommen. Ich hielt dies Vorgehen für nötig, da den meisten Lesern der Stoff fremd sein dürfte. Natürlich habe ich nicht die Absicht, alle hier aufgezählten Konstruktionsvorschläge zu verwirklichen oder alle beschriebenen Modelle zu bauen. Besonders mit der Beschreibung meines Modells B verfolge ich lediglich Demonstrationsabsichten. B a u e n werde ich nur das Modell C und allenfalls Modell A, wenn man dies von mir verlangt. Die Raumschiffe, die ich später zu bauen hoffe, werden vielleicht dem Modell E ähnlich sein, ihm aber wahrscheinlich nicht ganz entsprechen; sie werden vielleicht breit und flach oder mit Tragflächen ausgerüstet sein (vgl. S. 288), wenn auch die Maschinenteile im wesentlichen dieselben sein werden. Ich halte es aber für verfrüht, jetzt schon ein Raumschiff bis in alle Einzelheiten zu entwerfen. Ich möchte daher erst abwarten, was für Erfahrungen man mit unbemannten Raketen und mit Raketenflugzeugen machen wird. Ich habe mir in den zwei Jahrzehnten, die ich mich nun mit der Sache beschäftige, natürlich vielfach überlegt, wie ein solches Raumschiff aussehen müßte, wenn die Vorversuche so, und wie, wenn sie anders ausfallen sollten; ich halte es nur für unfruchtbar und langweilig, darüber jetzt schon zu schreiben. Ich will mich daher darauf beschränken, nur zu zeigen, auf was es hier im wesentlichen ankommt. Ich muß auch deswegen manches für mich behalten, besonders anscheinend glückliche technische Lösungen, weil es sich hier nicht um geschütztes geistiges Eigentum handelt. Ich war bestrebt, mich kurz zu fassen. Die mathematischen Ableitungen und Formeln konnte ich oft wesentlich vereinfachen, indem ich für gewisse Größen Näherungswerte einsetzte, die mathematisch leicht zu behandeln waren. Dies Verfahren wandte ich besonders dann an, wenn dadurch bei einer Diskussion der Formeln das Wesen der Sache klarer zutage trat. (Übrigens habe ich daneben oft auch den Wert des Resultates angegeben oder wenigstens gezeigt, wie er durch indirekte Rechnung aus dem Näherungswert zu bestimmen ist, zuweilen habe ich auch einfach den Fehler abgeschätzt.) Technische Probleme, deren Lösbarkeit niemand bezweifelt, habe ich nur kurz gestreift. Wo die zahlenmäßigen Werte für die Formelgrößen noch unsicher sind, dort rechnete ich stets unter ungünstigen Annahmen. Indem ich bewies, daß meine Raketen unter diesen ungünstigen Voraussetzungen die geforderten Leistungen vollbringen können, habe ich natürlich auch bewiesen, daß sie hierzu in Wirklichkeit erst recht imstande sein werden.
Das Rückstoßprinzip.
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2. K a p i t e l .
Das Rückstoßprinzip. I c h will h i e r j e d e n A p p a r a t als R a k e t e b e z e i c h n e n , der durch den R ü c k s t o ß a u s s t r ö m e n d e r Gase nach v o r w ä r t s g e t r i e b e n w i r d . Man m a c h t sich das Rückstoßprinzip am besten folgendermaßen klar: Jeder W i r k u n g steht eine gleich große Gegenwirkung gegenüber. Man k a n n es auch so ausdrücken: Jede mechanische K r a f t greift zugleich an zwei verschiedenen Stellen an, an denen sie die entgegengesetzt gleiche W i r k u n g hervorzubringen s u c h t : Kein Körper setzt sich von selbst in Bewegung, es muß eine K r a f t auf ihn wirken, und dieser K r a f t setzt er dabei einen Widerstand entgegen, der so groß ist als die K r a f t selbst. W e n n ich einen Stein stoße, so muß ich dazu eine K r a f t aufwenden, und der Stein drückt auf meine H a n d mit derselben K r a f t zurück. Stehe ich dabei auf einem Kahn, so komme ich samt dem K a h n durch diesen Gegendruck in Bewegung. Lege ich zwischen zwei Kugeln eine elastische Feder, so werden b e i d e mit derselben K r a f t auseinandergetrieben. Springe ich aus einem Kahn, so erhält der K a h n einen Stoß nach rückwärts. Es ist unmöglich, einen Wagen nach vorwärts zu schieben, wenn m a n selbst darauf steht, selbst wenn m a n eine wesentlich größere K r a f t anwendet, als zum Bewegen des Wagens nötig wäre, denn die Beine drücken ihn mit derselben K r a f t zurück, mit der ihn die Arme nach vorwärts schieben, so |+P. daß die Gesamtwirkung gleich Null ist. Das Gas, welches in der Rakete entsteht (vgl. Abb. 1) entweicht mit beträchtlicher Geschwindigkeit, da ebensoviel Gas als entsteht, auch ausströmen muß. Es erhält diese Geschwindigkeit aber nicht „von selbst", also ohne daß eine J^-p K r a f t auf es wirken würde. W e n n keine K r a f t auf die Gas| moleküle wirken würde, so würden sie ruhig im Ofen blei^ ^ ben. Die K r a f t , die sie hinaustreibt, k a n n nur der Gasdruck im Ofen sein. Es ist, als ob zwischen den einzelnen Gasmolekülen sowie zwischen Gas und Ofen elastische Federn gespannt wären, die das Auspuffgas und den Ofen voneinander zu entfernen suchen; dabei erhält die Rakete natürlich, auch einen Antrieb. Ich möchte bei dieser Gelegenheit gleich auch einen der häufigsten Einwände besprechen, der gegen meine Idee erhoben wurde (u. a. selbst von hervorragenden Gelehrten wie z. B. Prof. Dr. R i e m in der „ U m schau"). Er l a u t e t : Der Rückstoß könne im. luftleeren R a u m nicht wirken, denn es gebe hier keine Luft, auf die sich die ausströmenden Gase s t ü t z e n könnten.
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Vorbemerkungen.
Es braucht hier aber natürlich auch keine äußere Luft. Der Rückstoß „ s t ü t z t " sich auf das ausströmende Gas s e l b s t . Die Kraft, die unten das Gas heraustreibt, stützt sich nach innen zu auf das im Ofen noch befindliche Gas und pflanzt sich hier von Gasmolekül zu Gasmolekül bis zur Raketenwand fort, die Folge ist natürlich die, daß (auch im luftleeren Raum) die Rakete mit derselben Kraft nach oben gedrückt wird, mit der das Gas nach unten fliegt. Übrigens hat der amerikanische Physiker G o d c l a r d (vgl. Bd. II) (ich verweise hier zum Teil auf später folgende Stellen, es ist zum Verständnis des Textes aber nicht nötig, sie aufzusuchen) an der Hand sinnreicher Versuche den Rückstoß im luftleeren Raum direkt gemessen und gefunden, daß er tatsächlich so groß ist, als nach dieser Theorie zu erwarten war. (Vgl. G o d d a r d : A method of reaching extreme altitudes, Smithsonian Institution, Washington.) Hieraus folgt übrigens ein bemerkenswerter Vorteil des Raketenraumschiffes: Die Rakete läßt sich im Ätherraum steuern. Läßt man z. B. nach vorne zu Gase ausströmen, so wird die Geschwindigkeit verzögert, läßt man das Gas nach rückwärts ausströmen, so wird das Raumschiff beschleunigt, strömen die Gase nach der einen Seite aus, so biegt sich die Fahrtrichtung nach der andern Seite. Diese Steuerungsmöglichkeit ist nicht eben groß. Es kostet schon sehr viel Brennstoff, bis die Rakete überhaupt kosmische Geschwindigkeiten erreicht, und jede weitere Steuerung ist mit Brennstoffverlusten verbunden, so daß die Rakete bald an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit steht. Auch das Raketenraumschiff gleicht in dieser Beziehung weniger einem irdischen Fahrzeug als vielmehr einem Geschoß, das, einmal abgeschleudert, seine Wurfbahn einhalten muß. Glücklicherweise genügt diese Steuerungsmöglichkeit aber dennoch für die Zwecke der Raumschiffahrt. Sie gestattet 1. bei der Abfahrt begangene unvermeidliche Fehler in bezug auf Größe und Richtung der Bewegung später noch auszukorrigieren. Das Raketenraumschiff gleicht in dieser Beziehung einer Kugel, die ihr Ziel auch dann noch finden würde, wenn nicht richtig gezielt worden war. 2. Man kann eine Rakete in Bahnen hineinbringen, die ein von der Erde abgeschleudertes Geschoß nicht beschreiben könnte, z. B. eine Kreisbahn um die Erde oder um den Mond u. ä. 3. K a p i t e l .
Allgemeine Beschreibung. Die gewöhnliche F e u e r w e r k s r a k e t e (vgl. A b b . 2) b e s t e h t aus einer festen Hülle, in die irgendein nicht zu rasch a b b r e n n e n d e r Sprengstoff (der Treibsatz B) geladen ist. W e n n dieser v e r b r e n n t , so s t r ö m e n
Allgemeine Beschreibung
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die Gase nach unten aus, so daß der Rückstoß das Ganze bewegt. Bei F befindet sich ein schnell abbrennendes Pulver, der Zündsatz, bei I ist der Kunstsatz, es sind dies Leuchtkugeln oder sonstige Gegenstände, die die Rakete mit in die Höhe tragen soll. Der S t a b W A dient als Stuer, wenn er fehlt, so beschreibt die Rakete irgendeine unregelmäßige Zickzackkurve, ohne dabei längere Zeit in die Höhe zu fliegen. B Bei m e i n e n R a k e t e n n u n g e l a n g t n i c h t S c h i e ß p u l v e r zur V e r w e n d u n g , s o n d e r n eine K o m b i n a t i o n von Sauerstoff und irgendeinem flüssigen Brennstoff. Bei den einfachsten Modellen verdampft der Sauerstoff und der Dampf wird durch irgendeine Gasflamme, die in dem Sauerstoff verbrennt, über die Entflammungstemperatur des Brennstoffes gebracht, also etwa auf 700—900 ® C. In dieses heiße, noch immer stark sauerstoffhaltige Gas spritzt dann durch besondere Zerstäuberdüsen (ich nenne sie „Poren" im Gegensatz zur Raketendüse) der Brennstoff. Er verbrennt dann W völlig und liefert so das ausströmende Gas, durch dessen Rück- Abb. 2. stoß der ganze Apparat fortgetrieben wird. Bei den komplizierteren Formen lasse ich eine Flamme, die viel überschüssigen Dampf des Brennstoffes enthält, zuerst in ähnlicher Weise flüssigen Sauerstoff einspritzen; er verbrennt hier in ähnlicher Weise wie der Brennstoff im heißen Sauerstoff (ob der Brennstoff im Sauerstoffgas oder der Sauerstoff im Brennstoffdampf verbrennt, das ist ja im Grunde dasselbe). In dieses heiße, sauerstoffhaltige Gas lasse ich dann wieder flüssigen Brennstoff einspritzen. Bei noch größeren Maschinen kann man in dieser Weise mehrmal hintereinander abwechselnd Brennstoff und Sauerstoff einspritzen lassen. In seiner einfachsten Form würde der Apparat etwa folgendermaßen aussehen (vgl. Abb. 3). Das Ganze ist aus Blech, bei S befindet sich Sauerstoff, der durch Kälte verflüssigt worden ist. B ist irgendeine brennbare Flüssigkeit wie Benzin, Alkohol, flüssiges Leuchtgas, flüssiges Äthylen, flüssiger Wasserstoff oder clgl. Der Sauerstoff wird nun in S irgendAbb. 3. wie zum Verdampfen gebracht. Er würde schon dadurch verdampfen, daß er sich in gut wärmeleitenden Behältern befindet, doch würde dies für unsere Zwecke nicht schnell genug vor sich gehen; man muß also noch künstlich nachhelfen, etwa indem man Brennstoff in den flüssigen Sauerstoff eintreten laßt und irgendwie
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Vorbemerkungen.
anzündet, etwa unter Vermittlung eines glühenden Platingitters und mit Zuhilfenahme von Kieselgur oder Ottmannschem Kunstbims. Im flüssigen Sauerstoff ist die Verbrennung bekanntlich sehr lebhaft. Die Verbrennungsgase steigen sodann im flüssigen Sauerstoff hinauf und vergasen diesen auf dem Wege. Der Wärmeübergang zwischen diesen kleinen Gasblasen und umgebenden Flüssigkeit ist hinreichend gut. Der vergaste Sauerstoff tritt dann in das Rohr A, hier tritt auch Brennstoffdampf aus den Röhren m dazu, ein rt Schutzblech v hindert, daß größere Sauerstofftropfen mitgerissen werden, bei G verbrennen die Brennstoffdämpfe und erwärmen ihn dabei auf 700—900°. Bei Z (im Zerstäuber) spritzt dann durch feine in der Wand befindliche Düsen (Poren) der Brennstoff in dieses heiße, immer noch stark sauerstoffhaltige Gas. Abb. 4 Abb. zeigt etwas vergrößert diesen Teil der Wand von außen und bei d, d, durchschnitten. In diese Poren müssen unter Umständen schraubenähnliche Führungsbolzen eingebaut werden, doch läßt sich diese Frage erst nach umfangreichen Vorversuchen (siehe Bd. II) entscheiden. Abb. 5 zeigt den Zerstäuber im Querschnitt bei ß. Der Brennstoff wird dort, wo er den 800° heißen Sauerstoff berührt, entflammt. Das Rohr bei Z soll so weit und der Druckunterschied zwischen B und Z sowie die Weite der Poren soll so bemessen sein, daß die aus B kommenden Flüssigkeitsmengen gerade verbrennen, bis sie die Mitte des Rohres Z erreicht haben. Dadurch erzielt man nämlich, daß das Brenngas, welches Abb. aus der Rakete ausströmt, überall ziemlich gleichmäßig zusammengesetzt ist. An der Wand des Zerstäubers sind die Flüssigkeitstropfen verhältnismäßig weit voneinander entfernt. Es ist ja noch nichts davon verbrannt. Es ist hier aber die Verbrennung stärker, 1. weil dieselben Tropfen noch dicker sind, 2. weil sie noch eine hohe relative Geschwindigkeit gegen den umgebenden Sauerstoff haben. In der Mitte dagegen sind die Tropfen klein und haben schon beinahe die Geschwindigkeit des umgebenden Sauerstoffes, doch sind sie hier wieder einander näher, so claß sich beide Umstände gegeneinander ausgleichen. Ausgenommen ist nur eine schmale Gasschicht am Rande. Und diese soll auch ausgenommen sein, damit sie verhältnismäßig kühl bleibt. Während so in der Mitte (infolge der Kompression) Temperaturen von 4000° erreicht werden, besteht gleichwohl keine Gefahr für die Wände.
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Allgemeine Beschreibung.
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Diesbezügliche Versuche haben gezeigt, daß an der W a n d Lavalscher Düsen normalerweise keine Wirbel entstehen. Das Gas, welches am Rande entlang streicht, bleibt also auch am Rand. Es ist nun zwar vielleicht nötig, daß das Randgas etwas kühler ist, das Gas in der Mitte soll aber so heiß sein, wie es nur kann. Das können wir eben erreichen, wenn wir die Verbrennung mehr nach der Mitte zu dirigieren. Wir werden später bessere Mittel kennen lernen, u m die W a n d vor der W ä r m e zu schützen. Diese schützende Gaswand k a n n schmal sein. Sie hält sich keine 2 Sekunden im Ofen auf. Bis die W ä r m e also durch dieselbe hindurchdringen könnte, ist sie schon draußen. Ich möchte dies Prinzip das „Prinzip des dynamischen W ä r m e s c h u t z e s " nennen. „ D y n a m i s c h " nenne ich es deshalb, weil die Rakete (eben weil sie arbeitet) gegen W ä r m e geschützt ist. Unter dem Zerstäuber befindet sich der OfenO. Hier findet die stärkste Verbrennung statt. Sodann folgt eine Verengerung, der Hals Fm. Diese scheint mir notwendig, u m im Ofen eine gewisse S t a u u n g herbeizuführen. Dadurch erziele ich nämlich: 1. ein längeres Verbleiben der Brennstoffe im Ofen; 2. einen stärkeren Druck (d. h. eine höhere Sauerstoffdichte); 3. eine höhere T e m p e r a t u r ; alles in allem also eine gründlichere Verbrennung. An Fm schließt sich die Düse an. Sie ist nach Art der Lavaischen Düsen gebaut und erweitert sich bis zur Mündung Fd unter einem W r inkel von 7—8°. Die Einzelheiten beschreibe ich später. 1 ) Herr Oberstleutnant R e i m e r hat im Mai 1928 bestritten, daß eine R a k e t e im luftleeren R a u m überhaupt brennen könne. Er meinte, der Feuerstrahl würde abreißen, d. h. das Gas würde so schnell ausströmen, daß die F l a m m e nicht Zeit hätte, den neu hinzukommenden Brennstoff zu erfassen. Dies ist nun' bei. meiner R a k e t e nicht möglich, wenn sie einmal brennt. Vermöge seiner Trägheit kann der Gasstrom durch die Düse F nicht sofort entweichen, es wird immer ein beträchtlicher Druck im R ä u m e 0 notwendig sein, um das gesamte entwickelte Gas überhaupt hinauszupressen (5—20 Atmosphären). Es bleibt also nur noch die folgende Frage übrig: W e n n die R a k e t e im luftleeren R a u m zu brennen aufhört (etwa weil wir die Brennstoffzufuhr abgestellt haben), so entweicht alles Gas aus den R ä u m e n Z und 0 , werden wir dann die R a k e t e im Bedarfsfalle wieder in Brand setzen k ö n n e n ? Bei der Gasflamme im Rohre G können wir dies ohne weiteres erreichen. Wir müssen diese F l a m m e ja bloß in einem geschlossenen Kessel brennen lassen, in welchen wir entsprechend viel Gas hineinführen, und aus dem wir entsprechend weniger Gas herauslassen (dies ist natürlich nur eine Lösungsmögiichkeit, es gibt auch noch andere). Wir haben also dann in diesem Kessel ein stark sauerstoffhaltiges Gas. Was geschieht nun aber mit dem Gasüberschuß, welcher in den jetzt luf tleeren R a u m Z e n t w e i c h t 9 l ) Die m i t der Margolinie b e z e i c h n e t e n Stellen sind n u r f ü r den Leser b e s t i m m t , der tiefer in den Stoff eindringen m ö c h t e und ü b e r die nötigen F a c h k e n n t n i s s e v e r f ü g t . Die übrigen Leser können sie ohne Schaden ü b e r s p r i n g e n .
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Vorbemerkungen.
Man liest oft, die Temperatur einer Gasmasse müsse bis zum absoluten Nullp u n k t herabsinken, wenn sich diese Gasmasse beliebig ausdehnen könne. Dies ist aber nur bedingt richtig, denn hier ist die Temperatur eine r e i n e D e f i n i t i o n s s a c h e , es k o m m t lediglich darauf an, ob wir den Thermometer still halten oder mit dem Gasstrahl mitführen. Die Temperatur einer eingeschlossenen Gasmenge b e r u h t bekanntlich darauf, daß die einzelnen Gasmoleküle durcheinanderschwirren. Hält man einen Thermometer hinein, so stoßen die Gasmoleküle an dessen Moleküle an u n d erschüttern sie, diese E r s c h ü t t e r u n g äußert sich eben darin, daß der Thermometer w a r m wird. Die W ä r m e eines Gases b e r u h t also in der u n r e g e l m ä ß i g e n Bewegung seiner Moleküle. W ü r d e n alle Moleküle mit derselben Geschwindigkeit und in derselben Richtung weiterfliegen, so würden wir nicht von Wärme, sondern von Geschwindigkeit sprechen. E r h a l t e n nun diese Gasmoleküle plötzlich Gelegenheit, sich unbegrenzt auszubreiten, so wird jedes Gasmolekül geradlinig weiterfliegen mit der Geschwindigkeit, die es gerade inne hat. Die am schnellsten bewegten Moleküle werden also vorausfliegen, die am langsamsten bewegten werden natürlich zurückbleiben. Ist weiter der R a u m , auf welchem sich die Gasmasse ausgebreitet hat, verhältnismäßig sehr groß, so ist die W i r k u n g annähernd so, als ob alle Gasmoleküle von einem P u n k t e herkämen, und als ob alle nebeneinanderfliegenden Moleküle dieselbe Geschwindigkeit hätten. Wir können mithin einen Thermometer so mitführen, daß er gar keinen Stoß mehr erhält, daß er also starke Kälte anzeigt. Würden wir den Thermometer dagegen still halten, so würde er natürlich von den Gasmolekülen mit ihrer ursprünglichen Geschwindigkeit getroffen werden und folglich auch die ursprüngliche Temperatur zeigen. (Es ist z. B. dem Erbauer von Gasturbinen u n a n g e n e h m bekannt, daß sich die Turbinenschaufeln trotz der adiabatischen Ausdehnung der Gase in der Turbinendüse genau so stark erhitzen, als ob sie im Verbrennungsraum selbst wären.) Nun machen die Flüssigkeitsstrahlen bei Z die Bewegung des Sauer stoffstrahls n i c h t mit, die Wirkung ist hier also so, als ob dieser Sauerstoff noch seine ursprüngliche Temperatur von 800 1 G hätte. Es findet also trotz der starken L u f t v e r d ü n n u n g eine kräftige Oxydation s t a t t , denn die Anzahl der Sauerstoffmoleküle ist j a auch nicht geringer geworden, und wir haben daher eine kräftige Gasentwicklung, der Druck in 0 steigt, und nach einigen Sekunden spätestens ist der normale Zustand erreicht. Wenn also R e i m e r als Beweis f ü r seine B e h a u p t u n g anführt, daß es unmöglich ist, bei einer Pulvermenge im V a k u u m durch einmaliges Anzünden eine Verbrennung einzuleiten, so habe ich dem entgegenzuhalten, daß wir es hier nicht mit einer einmaligen Anzündung zu t u n haben. Die Verhältnisse liegen eher so, als ob wir ein heißes Metall ständig gegen das Pulver pressen würden, bis daß es v e r b r a n n t ist, oder noch besser, als ob wir das Pulver auf eine Sternschnuppe gepackt hätten, die bereits in den oberen dünnsten Luftschichten verbrennt (vgl. hierzu auch Kap. 14). Von anderer Seite wieder wurde mir entgegengehalten, daß der mit fast 100 m/sec vorbeiblasende Sauerstoffstrom die Flamme normalerweise selbst dann noch ausblasen müsse, wenn der Brennstoff wirklich Feuer gefangen hätte. — Dies wäre aber nur dann möglich, wenn seine Temperatur u n t e r dem Entflammungsp u n k t liegen würde, sobald sie dagegen ü b e r dem E n t f l a m m u n g s p u n k t liegt, vermag er nur noch, den Körper zu verbrennen, und das um so mehr, je rascher er bläst. Der Vorgang ist hier der, daß der Sauerstoff die oberste Schichte des Tropfens vergast and wegführt, während der Tropfen vermöge seiner Trägheit zurückbleibt und stets mit neuem Sauerstoff in Berührung kommt. Den mitgeluhrten Dampf nun setzt der Sauerstoff in Brand, wobei wegen der geringen Entfernungen
Allgemeine Beschreibung.
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schon die durch den Tropfen selbst verursachten kleinsten Gaswirbel zur Vermischung hinreichen. Wir werden noch sehen, was es bedeutet, daß wir hier keine nennenswerte Wirbelbildung haben.
Zerstäuber und Ofen stecken in einem weiteren Rohr t, in welchem der Brennstoff hinaufsteigt, so daß Zerstäuber und Ofen stets von Flüssigkeit umgeben sind. — Im Brennstoffbehälter B entwickelt sich nämlich Dampf und treibt den Brennstoff (derselbe Vorgang wie bei der Sodawasserflasche) in das unten offene Rohr t hinein, welches ihn dann zum Zerstäuber und zu den Brennern h und den Dampf, der sich neben dem heißen Ofen bildet, zum Brenner G führt. Wie der Dampf für den Raum über dem Brennstoff in B zu beschaffen ist, das ist eine Frage, die uns vorderhand wenig Kopfzerbrechen zu machen braucht. Man könnte nach B irgendeine Patrone bringen, die in so und so langer Zeit abbrennt. (Das Verhältnis zwischen Brennstoff und Sauerstoff würde sich dabei automatisch regeln, denn je größer der Druck in B ist, um so mehr Brennstoff spritzt aus dem Zerstäuber, aber um so stärker brennen auch die Flammen bei k, so daß auch entsprechend mehr Sauerstoff verdampft.)
A b b . 6.
A b b . 7.
E i n e w e i t e r e L ö s u n g s m ö g l i c h k e i t w ä r e die, einen Teil des D a m p f e s (vgl. A b b . 6) s t a t t n a c h G d u r c h d a s R o h r x ü b e r d e n B r e n n s t o f f zu b r i n g e n . E i n e a n d e r e L ö s u n g s m ö g l i c h k e i t w i e d e r w ä r e (vgl. A b b . 7), d a s R o h r t n u r w e i t e r o b e n b e g i n n e n zu lassen, so d a ß ein Teil des B r e n n s t o f f d a m p f e s n i c h t n a c h B, s o n d e r n n a c h t g e h t . L, L s i n d d a b e i l u f t g e f ü l l t e R ä u m e , d e n n bei dieser Kons t r u k t i o n w ä r e a n der Stelle v o n L b e f i n d l i c h e r B r e n n s t o f f n u r eine t o t e L a s t . I s t die R a k e t e h i n r e i c h e n d l a n g u n d ist der B r e n n s t o f f im V e r h ä l t n i s z u m S a u e r s t o f f sehr leicht, das w ä r e also z. B. der Fall, wenn als B r e n n s t o f f v e r f l ü s s i g t e r W a s s e r s t o f f d i e n t (spez. r i o w i r h t des flüssigen W a s s e r s t o f f e s O.Oti). so k ö n n t e man
10 einfach aus liertes Rohr (Sauerstoff Sauerstoff),
Vorbemerkungen. dem Sauerstoffbehälter ein hinreichend gegen Wärmeübergänge isoi bis k (vgl. Abb. 8) führen und hier den Sauerstoff verbrennen lassen verbrennt im Wasserstoff natürlich ebensogut als Wasserstoff im die erzeugte Wärme würde dann den Wasserstoff z. T. verdampfen und die gewünschte Wirkung haben. — Wären die Druckunterschiede hierzu nicht hinreichend, so müßte einfach eine Pumpe m nachhelfen. Man hat mir hier entgegengehalten, daß eine Pumpe im flüssigen Sauerstoff nicht arbeiten könnte, sie ließe sich hier auch nicht abdichten. Darauf ist zu antworten: 1. könnte man eine Schmierung mit Petroläther oder flüssigem Leuchtgas durchführen (wie dies G. C l a u d e bei seinem Luftverflüssigungsapparat versucht; vgl. K o l b e : Flüssige Luft). 2. Wir haben aber nicht einmal dies nötig. Diese Pumpe braucht bei weitem nicht so exakt zu arbeiten, wie etwa eine Pumpe in einem Luftverflüssigungsapparat. Es tut hier gar nichts, wenn auch ein Drittel der ganzen Flüssigkeit wieder durchschlägt, und wenn durch die Reibung das Ganze um einige Grad erwärmt wird. — W e n n man hier an den Brennern h und an den Röhren i Hähne anbringt, so kann man durch diese den Verbrennungsvorgang während der Fahrt regulieren.
Die Blechwände sollen möglichst dünn sein, um wenig totes Material mitzuschleppen. Da nun aber der Treibapparat (das ist das Rohr A, der Zerstäuber, der Ofen und die Düse) unter einem geringeren Druck steht als die umgebende Flüssigkeit, so besteht hier, ebenso wie in geringerem Abb. 8. Grade auch beim Rohr t, die Gefahr, daß er durch den äußeren Druck zusammengepreßt wird. Dem kann man vorbeugen, indem man (wie auf Abb. 35, S. 49 angedeutet) Blechstreben anbringt, die innen mit dem Treibapparat verlötet und außen mit der Raketenwand (der Mantelfläche) verschraubt oder sonstwie verbunden sind. Der Treibapparat erscheint dann im Querschnitt nicht rund, sondern polygonal oder sternförmig. Beim Rohr A, beim Rohr t und bei der Düse macht das weiter nichts. Beim Zerstäuber kann man es vermeiden, indem man den Zerstäuber mit mehreren Metallstreben mit dem Rohre t verbindet, wie das auf Abb. 36 zu sehen ist. Diese Streben müssen durchlocht sein, 1. um Material zu sparen, 2. damit die Flüssigkeit dazwischen hindurch kann. Die Öffnungen sollen zackig sein, um ein Fluten der Flüssigkeit zu verhindern. Durch diese Blechstreben erreichen wir: '1. daß das Material nur auf Zug beansprucht wird, daß also alles dünner und leichter sein kann, 2. wirken diese Streben wie Rippenkühler. Es wird dadurch die Gefahr des Leidenfrostschen Zustandes vermindert. (Um. so mehr, als die
Allgemeine Beschreibung.
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W ä n d e des Ofens d ü n n sind.) W e n n a u ß e r d e m flüssiger Wasserstoff oder flüssiger Sauerstoff den T r e i b a p p a r a t u m g i b t , so steigt a u c h infolge der tiefen T e m p e r a t u r das W ä r m e l e i t v e r m ö g e n des Metalls. E s gelingt z. B. m i t unseren s t ä r k s t e n W ä r m e q u e l l e n nicht, ein d ü n n w a n d i g e s Bleigefäß zu schmelzen, in welchem sich flüssiger Wasserstoff befindet, weil das Metall sofort die ganze W ä r m e an den Wasserstoff weitergibt. (Vgl. hierzu a u c h S. 28 u n d Abb. 24.) Die Außenwände können ebenfalls dünn sein, ohne daß der Luftwiderstand oder das durch die Flossen hervorgerufene Drehmoment den Apparat eindrückt. Sie sind ebenfalls nur auf Zug beansprucht. Da nämlich der Innendruck mindestens 5 Atmosphären beträgt, der Außendruck des Luftwiderstandes aber höchstens gleich dem Gewicht der Rakete dividiert durch ihre Bodenfläche sein soll, so hält der Innendruck das Ganze prall, ähnlich wie ein unstarres Luftschiff oder ein aufgepumpter Autoreifen dem Innendruck seine Festigkeit verdankt. Zur Materialfrage m ö c h t e ich hier nur so viel s a g e n : Es werden h a u p t s ä c h l i c h an die Zugfestigkeit des Materials hohe A n f o r d e r u n g e n gestellt. Weniger hoch sind die A n f o r d e r u n g e n an die Geschmeidigkeit, d e n n das Ganze b e s t e h t n u r aus d ü n n e n B l e c h p l a t t e n , die sich selbst d a n n noch weit biegen lassen, w e n n sie aus v e r h ä l t n i s m ä ß i g sprödem
Abb. 9.
Abb. 10.
Nach K o l b e : „Flüssige Luft", Leipzig 1920.
Material bestehen. Dies ist besonders für A p p a r a t e von W e r t , die mil flüssigem Wasserstoff u n d flüssigem Sauerstoff arbeiten, da bei Ber ü h r u n g m i t diesen kalten Flüssigkeiten die meisten Stoffe wohl sein'
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Vorbemerkungen.
fest, aber auch sehr spröde werden. Abb. 9—11 zeigen Versuche über die Zugfestigkeit und Sprödigkeit von Metallen bei tiefer Temperatur. Die kleine Glasröhre auf Abb. 9 ist mit flüssigem Stickstoff gefüllt und umgibt einen dünnen Bleidraht. Dieser wird dabei so fest, daß er das 2 kg schwere Gewicht trägt. W e n n der Stickstoff v e r d a m p f t ist und der Bleidraht sich erwärmt, reißt er durch (Abb. 10). Abb. 11 zeigt eine gewöhnliche Ölkanne aus Eisenblech, in welche flüssiger Sauerstoff gefüllt wurde, sie wurde dabei so spröde, daß m a n sie m i t dem H a m m e r zerschlagen konnte. (Nach K o l b e : „Flüssige L u f t " . ) Ich möchte trotzdem wenigstens beim Bau des ersten Modells auf die GeschmeiAbb. 11. digkeit des Materials nicht Nach K o l b e : Flüssige Luft. verzichten. Ich würde daher die Teile, die mit dem Sauerstoff in Verbindung stehen, aus Kupfer machen, dem ich etwas Zink, Eisen, Nickel oder Mangan zusetzen könnte, u m eine größere Zugfestigkeit zu erzielen. Die Zugfestigkeit des reinen Kupfers beträgt bei der Temperatur — '182 ° bis 30 kg/mm 2 . Man könnte hier, was wir uns merken wollen, an einem Draht von 1 m m 2 Querschnitt 3,3 dm 3 der Substanz anhängen. Durch Zinkzusatz könnte m a n diese Ziffer wesentlich verbessern. Die Maschinenteile wieder, die mit dem flüssigen Wasserstoff in Berührung kommen, würde ich aus Blei herstellen, dem m a n etwas Kupfer beimischen könnte (bis 40%). Reines Blei hat bei — 2 5 3 ° eine spezifische Belastung von 3—4 d m 3 / m m 2 und eine Biegsamkeit, die etwa zwischen der des Kupfers und des Eisens bei gewöhnlicher Temperatur steht. Bei Kupferzusatz erhöht sich dann seine Zugfestigkeit (allerdings auch seine Härte) so weit, daß es stahlähnlich wird. Als Material, für die Maschinenteile, die nur mit Benzin, Alkohol usw. in Berührung stehen, würde ich Eisen mit 0,8—0,4% Kohlenstoffgehalt vorschlagen 1 ). Übrigens verdanke ich der Liebenswürdigkeit Herrn A. B. S c h e r s c h e v s k y s die Kenntnis eines Materials, bei welchem man sowohl bei gewöhnlicher Temperatur, als auch bei der Temperatur des flüssigen Sauerstoffes ein Quadratmillimeter unbedenklich mit dem Gewicht von 9—'12 dm 3 belasten kann, und weiches außerdem bei tiefen Temperaturen dem Kupfer an Geschmeidigkeit kaum nachsteht. Was das bedeutet, das wird man beim Lesen der folgenden Kapitel bald bemerken. — Ich habe indessen keine Veranlassung, dies Material bekannt zu geben. Wer Flüssigkeitsraketen bauen will, wird sowieso gut tun, sich an die Leute zu wenden, die unter grüßten persönlichen Opfern die Wirarbeiten geleistet haben.
Verbesserungen und Ergänzungen.
13
Für das Zerstäuberrohr wäre das ideale Material Silber, da dies nicht oxydiert, schwer schmilzt und bei tiefen Temperaturen geschmeidig bleibt. Es ist hier allerdings zu bemerken, daß bei einer Wasserstoffrakete trotz der Nähe des Ofens während der Fahrt infolge der tiefen Temperatur der Wand keine Oxydation stattfinden kann, doch würde das Material leicht in der Zeit zwischen zwei Aufstiegen verderben, während eine Rakete mit silbernem Zerstäuberkranz bei sachgemäßer Behandlung viele 100 mal aufsteigen könnte. Die Sache wäre nicht allzu kostspielig. Es ist zu bedenken, daß das ganze Modell A nur etwa 2—3 m lang ist. Die Zerstäuberpartie ist dementsprechend 10—30 cm lang und 10—15 cm breit, und das Blech ist kaum 1 mm dick. Bei großen Alkoholraketen darf der Zerstäuber schon aus Kupfer, eventuell mit etwas Zinnzusatz, sein. Die L ö t s t e l l e n zwischen geschmeidigem und sprödem Material dürfen nicht an den Grenzen der beiden Behälter liegen, sondern sie müssen sich schon über den wärmeren Stoffen befinden. Bis zur Lötstelle a muß das weiche Material am wärmeren Behälter seiner abnehmenden Zugfestigkeit entsprechend verdickt sein (vgl. Abbild. 12). Bei größeren Raketen müßte dann bei b noch irgendein Wärmeschutz, etwa Asbest oder Wolle, angebracht werden, damit der Wärmeübergang nicht zu plötzlich erfolgt. Ich möchte hier noch erwähnen, daß keine Rakete mit flüssigem Brennstoff aus einem Geschütz geschossen wird, sondern diese Raketen werden bloß angezündet und steigen dann aus eigener Kraft auf. 4. K a p i t e l .
Verbesserungen und Ergänzungen. U n z u t r ä g l i c h k e i t e n , die sich ( b e s o n d e r s b e i d e n W a s s e r s t o f f r a k e t e n ) a u s einer ungleichmäßigen E r w ä r m u n g der Metallteile ergeben, k a n n m a n weitgehend verm e i d e n , w e n n m a n d a f ü r s o r g t , d a ß a l l e a u s g e d e h n t e r e n Metallteile m i t d e m flüssigen o d e r v e r d a m p f t e n W a s s e r s t o f f in B e r ü h r u n g s t e h e n . B e i m Modell v o n A b b . 13 b e f i n d e t sich d e r W a s s e r s t o f f in e i n e m r i n g f ö r m i g e n B e h ä l t e r , d e r i n m i t t e n des W a s s e r stoffbehälters frei schwebt. „ F r e i " das heißt hier: nur von den Metallstreben q g e h a l t e n . D u r c h g e e i g n e t e W a h l des M a t e r i a l s k ö n n t e m a n es b e i einer W a s s e r s t o f f r a k e t e e r r e i c h e n , d a ß sie sich bei der T e m p e r a t u r des S a u e r s t o f f s g e r a d e so w e i t z u s a m m e n z i e h e n , wie die M a n t e l f l ä c h e b e i —253' 1 . Zwischen diesem R i n g u n d der M a n t e l f l ä c h e b e f i n d e t sich d a n n noch ein f r e i e r R a u m e, der n u r v o n Breunstoi'l'dampf e r f ü l l t ist. H i e r s t e i g t der D a m p f e m p o r u n d s t r ö m t bei .•I. in den T r e i b a p p a r a t . Mit dem A u s d r u c k . . T r e i b a p p a r a t " b e z e i c h n e ich die R o h r e da? R o h r .1. die Z e r s t ä u b e r , den Ofen u n d die Düse.
14
Vorbemerkungen.
Die W ä n d e des S a u e r s t o f f r i n g e s sollen m ö g l i c h s t d ü n n sein (der D r u c k im Sauers t o f f r a u m ist n ä m l i c h g e n a u so g r o ß als j e n e r im W a s s e r s t o f f r a u m ) , a u ß e r d e m sollen sie a u s p o r ö s e m M a t e r i a l (etwa Asbest) b e s t e h e n , u n d die B r e n n e r h sollen a n d e n W ä n d e n h ö h e r h i n a u f r e i c h e n als bei Modell A. Der Zweck ist d e r : Der v e r d a m p f t e Wasserstoff soll sich in d e n A s b e s t hineinziehen, u n d a n d e m I n n e n r a n d soll sich die V e r b r e n n u n g zwischen W a s s e r s t o f f u n d Sauerstoff auf d e r ganzen W a n d fortsetzen, dann wird der Sauerstoff a m R a n d e d u r c h d a s a u f steigende Heizgas e r w ä r m t , so d a ß er a n der W a n d - nicht e r s t a r r t , s o n s t w ü r d e er n u r noch eine t o t e L a s t darstellen. Die Vorteile dieser A n o r d n u n g liegen also d a r i n , d a ß h i e r m i t Ausn a h m e des Z e r s t ä u b e r r o h r e s , welches sowieso aus g e s c h m e i d i g e m M a t e r i a l sein m u ß u n d d e r Q u e r s t r e b e n q, die hier n u r wenig b e l a s t e t sind u n d der M a n t e l f l ä c h e zu in D r ä h t e n a u s l a u f e n k ö n n e n , alle ü b r i g e n Metallteile gleichw a r m sind, d a ß also S p a n n u n g e n verm i e d e n w e r d e n , wie sie bei ungleichm ä ß i g e r w ä r m t e m M a t e r i a l oder bei der A b k ü h l u n g v o n L ö t s t e l l e n s o n s t leicht a u f t r e t e n . E s b e s t e h t hier also die H o f f n u n g , das Modell a u c h a u s s p r ö d e m M a t e r i a l (etwa aus Eisen oder A l u m i n i u m ) herzustellen. W ä h r e n d der F a h r t geschieht ihm nichts, da hier die E r s c h ü t t e r u n g e n s e h r gering sind. E s ist eine L a n d u n g im W a s s e r vorgesehen. N a c h der L a n d u n g ist das Modell a u c h n i c h t m e h r g e f ä h r d e t . I s t noch flüssiger Wasserstoff darin, so ü b e r z i e h t es sich schnell m i t einer Eisschicht, die es gegen W e l l e n s c h l a g usw. s c h ü t z t , ist kein Wasserstoff m e h r d a r A b b . 13. in, so wird das d ü n n e Blech v e r m u t lieh b a l d wieder geschmeidig. Kritisch ist n u r der Augenblick, in w e l c h e m der A p p a r a t , der ü b r i g e n s in leerem Z u s t a n d k a u m 10 k g wiegt, a m F a l l s c h i r m h ä n g e n d die W a s s e r f l ä c h e b e r ü h r t . Ob er den e r s t e n A n p r a l l a u s h a l t e n w i r d , das k a n n n u r der V e r s u c h lehren. Die F ü l l u n g einer eisernen W a s s e r s t o f f r a k e t e wäre n a t ü r l i c h u m s t ä n d l i c h . Sie m ü ß t e ersl d u r c h v e r d a m p f t e n Sauerstoff vorsichtig bis auf — 253° a b g e k ü h l t werden, d a n n erst k ö n n t e der flüssige Wasserstoff (und erst w e n n dieser d a r i n wäre, bei teilweise!' I n g a n g s e t z u n g der B r e n n e r h), der flüssige Sauerstoff h i n e i n k o m m e n . Auch die B e f e s t i g u n g des T r e i b a p p a r a t e s u n d seiner S t r e b e n an der Metallfläche wäre nicht einfach. K u p f e r u n d Eisen d ü r f t e n nirgends v e r l ö t e t werden. Der S p a l t zwischen D ü s e n w a n d u n d M a n l e l f l ä e h e bei F . 'vgl. Abb. 3. 13) d ü r f t e eivI kurz vor der F ü l l u n g mit e r s t a r r e n d e m L e u c h t g a s a b g e d i c h t e t werden.
Verbesserungen und Ergänzungen.
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Der Vorteil der Eisenkonstruktion dagegen läge in der ungeheuer verbesserten Zugfestigkeit. Bei der Temperatur des siedenden Wasserstoffes hat weiches Eisen eine Zugfestigkeit von 150—250 kg/mm2. Da das spezifische Gewicht ungefähr 8 beträgt, so liegt seine spezifische Zugfestigkeit bei 25 dm3/mm!. Wir werden später sehen, was das bedeutet. Hier möchte ich nur vorausschicken, daß dasselbe Modell, aus Blei gebaut, etwa 30 km hoch, aus Eisen hergestellt dagegen unter sonstgleichen Voraussetzungen 1500 km hoch gelangt. Fraglich ist nur, ob die Landung möglich ist. Nur in einem einzigen Falle wäre die Sache sicher möglich, nämlich wenn man nach diesem Prinzip ein weittragendes Projektil bauen wollte, welches bloß einmal fliegen und bis ans Ziel gelangen soll (vgl. dazu S. 202 ff.). E i n e weitere V e r b e s s e r u n g b e s t e h t b e i m Modell v o n A b b . 13 darin, d a ß a u c h der S a u e r s t o f f z. T . als F l ü s s i g k e i t in das Z e r s t ä u b e r r o h r h i n e i n s p r i t z t (bei Zs). G e w i n n : 1. D a s S i e d e n i m S a u e r s t o f f r a u m b r a u c h t n i c h t so heftig z u s e i n ; es v e r m i n d e r t sich dabei die G e f a h r , daß a u c h F l ü s s i g k e i t s t r o p f e n mitgerissen werden. 2. Die V e r b r e n n u n g s g a s e , die durch den flüssigen S a u e r s t o f f s t r e i c h e n , v e r w a n d e l n sich in S c h n e e , der z. T . durch das siedende Gas in den T r e i b a p p a r a t g e f ü h r t wird, z . T . a b e r a u c h bloß t o t e L a s t ist. B e i der A n o r d n u n g des Modells von A b b . 13 v e r r i n g e r t sich die t o t e S c h n e e m e n g e e t w a auf ein ^ Q . E i n e weitere, wesentliche V e r b e s s e r u n g würde darin b e s t e h e n , d a ß nur der T r e i b a p p a r a t und seine n ä c h s t e U m g e b u n g u n t e r D r u c k gesetzt wird, w ä h r e n d die B r e n n s t o f f b e h ä l t e r u n t e r m ö g l i c h s t g e r i n g e m Ü b e r druck bleiben. G a n z ohne I n n e n d r u c k k o m m e n wir a u c h bei den B r e n n s t o f f b e h ä l t e r n n i c h t aus, denn die ganze M a s c h i n e b e s t e h t j a nur a u s d ü n n e m B l e c h , und sie würde durch den D r u c k der v o r d e r e n L u f t e i n g e d r ü c k t , wenn n i c h t der I n n e n d r u c k sie wie einen u n s t a r r e n B a l l o n prall e r h a l t e n würde. I m m e r h i n wäre die G e w i c h t s e r s p a r n i s ganz b e d e u t e n d , z u m a l w e n n als b r e n n b a r e F l ü s s i g k e i t n i c h t eine so l e i c h t z e r s t ä u b e n d e und verb r e n n e n d e F l ü s s i g k e i t , wie flüssiger W a s s e r s t o f f dienen soll, sondern sagen wir B e n z i n oder P e t r o l e u m , die unter e i n e m Ü b e r d r u c k von m i n d e s t e n s 4 0 A t m o s p h ä r e n einspritzen müssen, w e n n sie ordentlich v e r b r e n n e n sollen. ( B e i m W a s s e r s t o f f s c h e i n t mir infolge seines geringen spez. G e w i c h t e s und seiner geringen V i s k o s i t ä t schon ein Ü b e r druck von 1 — 4 A t m o s p h ä r e n a u s r e i c h e n d . L e i d e r k o n n t e ich noch n i c h t mit flüssigem W a s s e r s t o f f e x p e r i m e n t i e r e n . ) D a g e g e n g e n ü g t bei den F l ü s s i g k e i t s b e h ä l t e r n ein D r u c k von (je n a c h der F o r m des B e h ä l t e r s ) um ihn prall zu e r h a l t e n . Dies Ziel l ä ß t sich m i t 3 — 4 Atmosphären, Hilfe der von mir erfundenen P u m p k a m m e r n erreichen (vgl. A b b . 14). Der A p p a r a t (ich bezeichne ihn als Modell D) ist in der H a u p t s a c h e dem Modell von A b b . 13 ä h n l i c h . E r u n t e r s c h e i d e t sich von diesem nur durch die P u m p k a m m e r n pu p2, /;3, ;; 4 . Dies sind s t a r k w a n d i g e . ringlörmige Kessel. Abb. In zeitil eine derselben (/;.,) liir sich allein. Ist er
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Vorbemerkungen.
mit Flüssigkeit gefüllt, so wird dieselbe nach einer der Methoden, die wir auf Seite 9 kennengelernt haben, zum Verdampfen gebracht (vgl. hierzu auch Seite 240, 241). Der Dampf treibt dann die unter ihm liegende Flüssigkeit durch die Röhren o1 in das Rohr t. Alles andere ist von da weiter wie bei den
vorhin beschriebenen Modellen. Ist die Flüssigkeit aus p2 draußen, so schließt sich ein Ventil gegen o 1 (auf Abb. 14 nicht dargestellt). Die Ansätze o3 an o1 auf Abb. 15 stehen mit pl in Verbindung. Hier strömt nun aus p-L die Flüssigkeit nach t2- Währenddessen öffnet sich ein Ventil und läßt das Gas durch die Auspufföffnung K jus Freie treten. (Auf
Verbesserungen und E r g ä n z u n g e n .
17
Abb. 14 und 15 etwas schematisiert.) Darauf treibt dann der im Brennstoffbehälter herrschende Druck durch das Ventil o 2 von neuem Flüssigkeit in den Ringkessel. Ich k a n n es mir nicht versagen, hier einmal zu zeigen, was f ü r A r g u m e n t e Gegner meiner Ideen zuweilen ins Feld f ü h r e n : Herr Dr. W e b e r (Sternwarte Leipzig) z. B. schreibt u. a.: „Man stelle sich die Tätigkeit der P u m p e n vor, die imstande sein sollen, eine solche Menge flüssigen Brennstoffes (bei einer ganz großen R a k e t e in der ersten S e k u n d e 3000 kg) in den Ofen zu s p r i t z e n . " N u n , es ist der h u n d e r t s t e Teil des Raketengewichts. W e r mein Buch nicht k e n n t , d e n k t beim Lesen dieses Aufsatzes natürlich an Kolbenoder Flügelpumpen u. dgl., die j a hierzu nicht i m s t a n d e wären. In Wirklichkeit sind diese „ P u m p e n " aber weiter nichts als BrennstoffAbb. 15. behälter mit etwas dickeren W ä n den. U n d es hält, glaube ich, nicht schwer, sich vorzustellen, daß die D a m p f s p a n n u n g aus einem Kessel mit 10 m 3 I n h a l t in einer Sekunde 3 m 3 durch ein Sieb oder durch ein hinreichend weites Loch hinaustreiben soll. Weiter gibt W e b e r der Druck von 20—30 A t m o s p h ä r e n im Ofen größerer R a k e t e n zu Bedenken Anlaß, wenn er an unsere Schiffsmaschinen denkt, deren Kessel nur bis zu 16 A t m o s p h ä r e n Druck bea n s p r u c h t werden. Darauf ist n u n aber zu a n t w o r t e n , daß m a n den Druck ganz ruhig auf 10 A t m o s p h ä r e n herabsetzen könnte, falls gegen einen Druck von 20 A t m o s p h ä r e n grundsätzliche Bedenken bestehen würden. E s sind n u n aber die Teile des Kessels, die 20 A t m o s p h ä r e n aushalten sollen, nicht so groß wie Schiffskessel, sondern höchstens so groß wie Lokomotivkessel. N u n k a n n m a n aber einen Kessel um so mehr auf Druck beanspruchen, je kleiner er ist. — A u ß e r d e m ist hier noch etwas zu beachten. Die H a u p t Schwierigkeit liegt beim D a m p f k e s s e l darin, daß aus dem Ofen, der n i c h t u n t e r Druck steht, die W a r m e an das Wasser abgegeben werden soll, das u n t e r Druck steht. Macht m a n hier bei hohem I n n e n d r u c k die W ä n d e zu dünn, so zerreißen sie, macht m a u sie zu dick, so geht nicht genug W a r m e hind u r c h und das Feuer greift außerdem die W ä n d e s t ä r k e r an, so daß m a n die Maschine nicht lange b r a u c h e n kann. Aus diesem Abb. 16. Grunde geht m a n mit der D r u c k b e a n s p r u c h u n g g r o ß e r D a m p f k e s s e l n i r h l g e r n ü b e r I.ö — I'' \1 m o s p l i ü r e n h i i i d U i . m a n d a g e g e n in e i n e r M a s c h i n e ein. G a s e i n s c h l ö s s e n , w e l c h e s nicli! v o n O f c e r l l i , Raumschiffahrt. -
IIul außen
Vorbemerkungen. e r w ä r m t werden soll, so k a n n m a n m i t dem Druck n a t ü r l i c h viel höher gehen. Die Zylinder von Dieselmotoren u n d Gasmotoren z. B. v e r t r a g e n einen Druck von 30—50 A t m o s p h ä r e n , K a n o n e n r o h r e sind w ä h r e n d des A b f e u e r n s auf mehrere 100 Atm o s p h ä r e n b e a n s p r u c h t , und der 1854 g e b a u t e L u f t v e r f l ü s s i g u n g s a p p a r a t von N a t t e r e r war gar einem D r u c k von 2800 A t m o s p h ä r e n gewachsen. — Bei meinen R a k e t e n liegen die Verhältnisse ähnlich wie bei den l e t z t g e n a n n ten Maschinen, da der Ofen u n t e r demselben D r u c k s t e h t wie die u m g e b e n d e Flüssigkeit.
Bei Modell D ist der Druck in den Brennstoffbehältern noch nahezu so groß wie im Ofen. Er läßt sich noch weiter herabdrücken, wenn man das Rohr oben schließt (Modell A). Abb. 16 zeigt den oberen Teil dieser Maschine. Die Skizze ist schematisiert, in Wirklichkeit sind aus Gleichgewichtsrücksichten alle Rohre mindestens paarweise vorhanden; ich zeichnete aber meist nur eines, um das Bild nicht zu verwirren. Die Rohre d dienen dazu, den Brennstoff gegen die Spitze zu drücken, da sich diese bei höherer Geschwindigkeit zu stark erwärmen würde. Der Raum c steht unter höherem Druck als die Brennstoffbehälter. Die verdampfte Flüssigkeit geht durch ein Rohr zum Treibapparat (um die Kompressionswärme, die vor der Spitze entstanden ist, der Fortbewegung dienstbar zu machen). Die restliche Flüssigkeit fließt wieder in den Behälter zurück. Man h a t mir hier vorgehalten, die R a k e t e müsse beim Durchschneiden der höheren L u f t s c h i c h t e n wie ein Meteorstein verbrennen. E s ist darauf zu a n t w o r t e n : Beim Aufstieg k o m m t es nicht n u r auf die T e m p e r a t u r der L u f t vor der Spitze an, sondern auch auf ihren W ä r m e g e h a l t , denn n u r wo ein großer W ä r m e g e h a l t ist, k a n n ein großer W ä r m e ü b e r g a n g sein. N u n ist aber die L u f t n u r u n t e n dicht, hier aber fliegt die R a k e t e v e r h ä l t n i s m ä ß i g langsam, und so e r w ä r m t sich die L u f t vor der R a k e t e wenig. Oben wieder, wo wir es mit großen Geschwindigkeiten u n d daher m i t hohen T e m p e r a t u r e n zu t u n haben, ist die L u f t des geringen B a r o m e t e r s t a n d e s wegen so dünn, daß infolge ihrer geringeil Masse die W ä r m e , die sie enthält, auch bei den höchsten T e m p e r a t u r e n nur gering ist u n d daher leicht durch die Flüssigkeit aufgenommen werden kann, die bei d herausspritzt. Vgl. hierzu das 14. Kapitel.
bb.
E r w ä h n e n m ö c h t e ich hier noch, daß bei den Modellen B. C, D, E a u c h die Flossen d u r c h Flüssigkeit gekühlt werden müssen.
Verbesserungen u n d Ergänzungen.
19
Im Brennstoffraume befinden sich die Rohre k x , diese führen zu Sicherheitsventilen, die bei K (vgl. Abb. 14) ins Freie münden. Ich sah diese Sicherheitsventile f ü r alle Fälle vor, u n b e d i n g t nötig sind sie j a nicht, denn m a n k a n n die Z u f ü h r u n g s r o h r e f ü r die P u m p e n m i t H ä h n e n absperren, die durch M a n o m e t e r v o r r i c h t u n g e n geschlossen werden, w e n n der D r u c k im Behälter zu hoch steigt. Wie m a n es m a c h t , daß der über dem Sauerstoff s c h w i m m e n d e Schnee die P o r e n v o n G nicht v e r s t o p f t u n d wie m a n den a m Boden des W a s s e r s t o f f b e h ä l t e r s liegenden Schnee h i n a u s b e f ö r d e r t , das will ich nicht weiter beschreiben. Das sind Aufgaben, die jeder halbwegs geschickte K o n s t r u k t e u r lösen k a n n .
M o d e l l A vermag bei guter Ausführung und beiBetrieb mit flüssigem Wasserstoff schon nahezu kosmische Geschwindigkeit zu erreichen. M o d e l l C (vgl. dazu Abb. 17): Die Grundgedanken sind dieselben wie bei Modell A. Ebenso bedeuten auf Abb. 17 die Bezeichnungen dasselbe wie bisher. Es ist hier aber nicht nur ein Treibapparat angebracht, sondern ein ganzer Kranz. In der Mitte desselben hängen die Treibstoffbehälter herab, wie ein Schwanz. Den übrigen Teil der Rakete will ich Kopf nennen. Natürlich ist auch im Kopf jeder verfügbare Raum mit Treibstoff angefüllt. Die Pumpkammern haben hier nicht die Form von Ringen, sondern die Form von Kugeln oder Ellipsoiden. Der Schwanz steht nur unter so hohem Druck, als notwendig ist, seine Form zu bewahren und die Brennstoffe durch die Röhren x und y bis zum Kopf zu treiben. Auch die Pumpkammern sind zu Beginn der Fahrt alle gefüllt, da jeder verfügbare Raum zur Brennstoffmitnahme benützt werden soll. Die Pumpen arbeiten, wie bei Modell A, abwechselnd, so daß stets eine die Hochdruckbehälter füllt, während die andere aus dem Niederdruckbehälter nachgefüllt wird. M o d e l l B (vgl. hierzu Modell B, Tafel I und II und Modell E, Tafel IV): Es stehen hier die Pumpkammern über dem Apparat und die Brennstoffbehälter über den Pumpen. Abb. 18. Dies läßt sich nur bei großen Apparaten durchführen. Hier empfiehlt es sich, den Zerstäuber und bei ganz großen Apparaten auch die Düse zu teilen. Abb. '18 zeigt eine siebenfach geteilte Düse von unten gesehen. Bei großen Apparaten münden also eine Reihe von Zerstäuberrohren in einen gemeinsamen Ofen, aus dem. mehrere Düsen wieder herausführen. (Vgl. Tafel IV). D ü s e n u n d Z e r s t ä u b e r r o h r e d ü r f e n t r o t z d e m n i c h t zu eng u n d zu k u r z w e r d e n , d e n n sonst ist die R e i b u n g i m T r e i b a p p a r a t zu groß u n d die Zeit, w ä h r e n d welcher sich die B r e n n s t o f f e im Treiba p p a r a t a u f h a l t e n , zu einer völligen V e r b r e n n u n g nicht ausreichend. Diese k o n s t r u k t i o n k o m m t also nur bei A p p a r a t e n von b e t r ä c h t -
Vorbemerkungen.
licher absoluter Länge in Frage, aber diese Apparate müssen nicht nur lang, sondern sie müssen auch dick sein, wir müssen nämlich die Kraft des Rückstoßes P so ansehen, als ob sie etwas über dem Verbrennungsraum angreifen würde. Die Komponenten der Innenspannung der Behälter halten sich gegenseitig das Gleichgewicht, so daß wir diese Behälter als ein geschlossenes System ansehen können. Auf dieses System wirken nun die Drucke p-dF (Abb. 19). Ihren Angriffspunkt finden wir, wenn wir uns durch den Verbrennungsraum eine wagerechte Ebene gelegt denken und nach oben zu parallel der Achse Linien ziehen. Wo diese zum erstenmal auf Metall treffen, da haben wir den Punkt, von dem aus das Metall den Zug an die Mantelfläche weiter Abb. 19. gibt. Wir können also die Drucke p0-dF so betrachten, als ob sie in derselben Ebene mit dem Zerstäuber und seitlich davon angreifen würden. Nun erhält zwar auch die Wand der Düse zwischen Fm und Fd einen Druck nach oben, dieser ist aber offenbar geringer als der Druck, den der Wulst W nach unten erfährt. Nun greift der Luftwiderstand an der Spitze an, der Widerstand gegen die Beschleunigung — (R + G) im Schwerpunkt, die Kraft P unten. Außerdem hat der Luftwiderstand die unangenehme Nebenwirkung, daß er bei der geringsten seitlichen Drehung die Rakete sofort ganz wagerecht stellen möchte und ein fortwäherndes Schlingern anstrebt. •L-Dem kann man nur abhelfen, wenn man geeignete Schwanzflossen w anbringt. Diese wieder suchen das rückwärtige Ende festzuhal•f^ej P ten, während der Luftwiderstand das vordere Ende verbiegt, so daß die auftretenden Kräfte ununterbrochen danach streben, die Rakete, wie Abb. 21 zeigt, zu knicken. Damit dies nicht geschieht, müßte bei einer langen und dünnen Rakete entweder der Überdruck sehr hoch Abb. 20. Abb. 21. sein, wodurch clie tote Last groß würde, oder die Rakete müßte durch Metallstücke versteift sein, dadurch würde in unserem Falle die tote Last nun erst recht zu groß. Wollen wir hier die tote Last klein erhalten, so bleibt uns nichts anderes übrig, als daß wir auch den Durchmesser, also die Masse der Rakete entsprechend groß wählen, damit der Innendruck kleiner werden kann.
Verbesserungen und Ergänzungen.
21
Modell B und G sind im Gegensatz zu den vorigen Modellen ziemlich komplizierte Maschinen. Die Inganghaltung der verschiedenen Ventile, Pumpen und Hähne, die Zündung usw. würde sich dabei am besten auf elektrischem Wege bewerkstelligen lassen. Eine weitere sehr wesentliche Verbesserung besteht darin, den Brennstoff in mehreren Behältern mitzunehmen und die leeren Behälter sogleich abzuwerfen, um die tote Last zu verringern. Ich werde später die Theorie dieser Apparate eingehend besprechen und zeigen, warum wir nach Verringerung der toten Last streben müssen. Dies läßt sich bei Modell C verhältnismäßig leicht erreichen. Es muß nur der Schwanz aus mehreren Behältern bestehen (Bandwurmrakete Abb. 22), wobei sich die untersten zuerst entleeren und abgeworfen werden (Abb. 23). Bei Modell B läßt es sich erreichen, wenn man mehrere Raketen auf oder ineinander stellt, vgl. Tafel 1 und IV, wobei stets die unterste schiebt und abgeworfen wird, sobald ihre Brennstoffe erschöpft sind. Es sind hier die Wasserstoffraketen (ich bezeichne sie abgekürzt mit H.R.) rot und die Alkoholraketen (ich bezeichne sie abgekürzt mit A.R.) schwarz dargestellt. Sowohl Modell B als auch Modell G können so gebaut werden, daß sie imstande sind, aus dem Schwerefelde der Erde herauszufliegen. Tatsächlich würde ich aber n u r dem Modell C ähnliche Registrierraketen und dem Modell A ähnliche Fernraketen bauen (vgl. S. 2 und S. 261 ff.), die noch im Anziehungsbereich der Erde bleiben. Unerwähnt ließ ich in diesem Kapitel Schutz- Abb. 23. vorrichtungen gegen plötzliche Drucksteigerung infolge von Ungleichmäßigkeiten der Verbrennung. Wenn nämlich der Druck im Ofen aus irgendeinem Grunde steigt, so wird dadurch eine stärkere Verbrennung bewirkt, dabei entsteht aber noch mehr Gas, so claß sich Druck und Verbrennung \ also gegenseitig steigern. Große ,,Gleichdruck"-Düsen von Gasturbinen stoßen mitunter ein heftiges Geheul aus, dabei i ' können die Erschütterungen so stark sein, daß der Ofen exAbb. 22. plodiert oder wenigstens in kurzer Zeil: unbrauchbar wird, Bisher v ersuchte man gegen diesen Umstand mit großen Windkesseln anzu en. ein \\eg. der f ü r u n s nicht jn Frage k o m m t , w i e w i r
22
Vorbemerkungen.
bald sehen werden, auch versuchte man wohl bei Explosionsstößen Kühlwasser oder Wasserdampf einzubringen, womit man aber bis heute auch noch keinen rechten Erfolg hatte, da alle derartigen Vorrichtungen zu langsam reagierten. Ich für meinen Teil habe, wie ich glaube, das Problem gelöst. Tatsächlich hat auch meine Gasdüse bei 20 Atmosphären Druck nicht geheult, und zwar ist die Lösung geradezu überraschend einfach. Da die Sache aber noch nicht patentiert ist, muß ich vorderhand noch darüber schweigen. Andere konstruktive Details wieder kann ich erst später behandeln, da sie nur im Hinblick auf die Raketentheorie verständlich sind.
II.
Teil.
Physikalisch-technische Fragen. 5.
Kapitel.
Die Ausströmungsgescliwindigkeit. Formelgrößen
des
5ten
Kapitels:
c: A u s s t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t . cd: A u s s t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t a n der D ü s e n m ü n d u n g . I n den f o l g e n d e n K a p i t e l n schreibe ich h i e r f ü r e i n f a c h c. c.p: Spezifische W ä r m e des Gases bei k o n s t a n t e m D r u c k . cv: Spezifische W ä r m e des Gases bei k o n s t a n t e m V o l u m e n . p : a b s o l u t e r D r u c k der a u s s t r ö m e n d e n Gase a n der u n t e r s u c h t e n Stelle, ebenfalls in k g / m 2 . pd: M ü n d u n g s d r u c k . p0: a b s o l u t e r D r u c k i m Ofen in k g / m 2 . F : Q u e r s c h n i t t der Düse a n der u n t e r s u c h t e n Stelle. F d \ g r ö ß t e r Q u e r s c h n i t t der Düse ( D ü s e n m ü n d u n g ) . Fm: kleinster Q u e r s c h n i t t der Düse (Düsenhals). H : Wasserstoffgewicht. N : Stickstoffgewicht. Q: W ä r m e m e n g e . S : Sauerstoffgewicht. T: absolute Temperatur. T d : T e m p e r a t u r a n der D ü s e n m ü n d u n g . T0: O f e n t e m p e r a t u r . V: V o l u m e n eines kg Gas in m 3 . V 0 : V o l u m e n eines kg Gas in. m 3 im. Ofen. ß: D r u c k der ä u ß e r e n L u f t . cv Von diesem K a p i t e l möge sich der Laie nur folgendes merken: Die Gase s t r ö m e n a m b e s t e n aus t r i c h t e r f ö r m i g e n Düsen aus (vgl. hierzu A b b . 3, 6. 7, usw.), da hierbei die h ö c h t s e n A u s s t r ö m u n g s g e schwindigkeiten zu erreichen sind. Dies wird den Laien ü b e r r a s c h e n .
24
Physikalisch-technische Fragen.
beobachtet man doch, daß z. B. Wasser aus vorne zugespitzten Spritzenansätzen am raschesten ausströmt, ebenso kann man mit dem Mund aus vorne zugespitzten Röhren wesentlich schärfer blasen, als etwa aus einem mit dem dünnen Ende dem Mund zugekehrten Trichter. Das abweichende Verhalten der Raketengase erklärt sich daraus, daß diese im Ofen stark zusammengepreßt sind und sich daher stark ausdehnen können, während die Luft in unserer Lunge nur wenig zusammengedrückt ist und sich daher auch nur wenig auszudehnen vermag, das Wasser vollends ist so gut wie völlig unzusammendrückbar. Steht nämlich eine ausdehnungsunfähige Flüssigkeit in einem oben offenen Gefäß und strömt durch ein Loch am Boden aus, so strömt sie (abgesehen von der Reibung) mit derselben Geschwindigkeit, die ein Körper erhalten würde, wenn er von der Höhe des Flüssigkeitsspiegels bis zur Höhe des Loches fällt 1 ). Steht diese Flüssigkeit in einem sonst völlig geschlossenen Gefäß unter Druck, so findet man die Ausströmungsgeschwindigkeit offenbar, wenn man frägt: Wie hoch müßte in einem oben offenen Gefäß der Flüssigkeitsspiegel über der Öffnung stehen, damit der Bodendruck so groß ist wie hier der innere Überdruck (Druckhöhe der Flüssigkeit). Die Ausströmungsgeschwindigkeit wird dann so groß sein wie die Fallgeschwindigkeit eines Körpers aus dieser Höhe. Da nun eine Flüssigkeit natürlich um so höher stehen muß, je leichter sie ist, um einen bestimmten Bodendruck ausüben zu können, so erteilt derselbe Überdruck einer leichteren Flüssigkeit eine höhere Ausströmungsgeschwindigkeit. So weit die unzusammendrückbaren Flüssigkeiten. Bei elastischen Gasen ist nun noch etwas zu beobachten: Wenn diese einfach aus dem Loch in der Wand heraustreten, so strömen sie natürlich nahezu ebenfalls so schnell aus, als wenn sie unzusammendrückbar wären. Nun nimmt aber der Druck, unter dem sie während des Ausströmens stehen, ab, und Gase werden bei geringerem Druck spezifisch leichter. Wenn wir Trichterdüsen benützen, so haben wir die Möglichkeit, das Gas während des Ausströmens noch spezifisch leichter werden zu lassen, wodurch seine Ausströmungsgeschwindigkeit natürlich noch etwas wächst. Wenn wir nämlich das Gas während des Ausströmens durch eine Trichterdüse leiten, so wird gleichzeitig der Querschnitt und die Geschwindigkeit des r } Diese Geschwindigkeit wird schon bei v e r h ä l t n i s m ä ß i g kleinen Ö f f n u n g e n erreicht, wie m a n d u r c h direkte u n d R ü c k s t o ß m e s s u n g e n findet, m a n k a n n sich aber leicht d a r ü b e r t ä u s c h e n , wenn m a n n u r die a u s g e s t r ö m t e Flüssigkeitsmenge m i ß t u n d diese d u r c h Ö f f n u n g s q u e r s c h n i t t und. Zeit dividiert. Das Wasser erhält nämlich seine Geschwindigkeit nicht augenblicklich, sondern es wird noch w ä h r e n d des D u r c h t r e t e n s beschleunigt. Der W a s s e r s t r a h l ist d a h e r vor dem Loch d ü n n e r als das Loch selbst lerl'alii'uiigsgenuU.i etwa */ 3 i.
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
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Gasstromes größer, dadurch erreichen wir (je nachdem wie man es nennen will) entweder, daß der austretende Gasstrom am Ende der Beschleunigungsdauer spezifisch leichter ist, oder daß dasselbe beschleunigende Druckgefälle auf einer größeren Fläche wirkt, daß also die auf den Gasstrom wirkende beschleunigende Kraft größer ist. (Beides besagt ungefähr dasselbe.) Theoretisch wäre der erreichbare Geschwindigkeitszuwachs unendlich, 1. wenn m a n das Gas bis auf den Druck 0 sich ausdehnen lassen könnte, 2. wenn das Gas bei jeder Ausdehnung gasförmig bliebe, 3. wenn es sich nicht an der Düsenwand reiben würde. Die Forderung 1 ist natürlich am Boden unseres Luftmeeres unerfüllbar, dagegen ließe sie sich in den Planetenräumen nahezu realisieren. Zu P u n k t 2 ist aber zu sagen, daß die Gase sich bei der Ausdehnung abkühlen und daß sich daher im luftleeren Raum das ausströmende Gas schließlich zu feinen Nebeltröpfchen verdichten würde, wenn wir den Trichter genügend lang und weit nehmen. Dies ist vom Energiestandpunkt betrachtet selbstverständlich, denn die Ausströmungsgeschwindigkeit erhält das Gas ja auf Kosten der in ihm steckenden Druck- und Wärmeenergie, und diese kann natürlich nicht unendlich sein. Die Reibung an der Düsenwand vollends läßt es sogar geraten erscheinen, das Gas gar nicht einmal so weit auszudehnen, bis daß es flüssig (oder fest) wird. Die Reibung ist nämlich bei stark verdünnten Gasen verhältnismäßig groß (was sich z. B. bei der G a e d e schen Molekularluftpumpe zeigt), und diese Reibung würde die Ausströmungsgeschwindigkeit zuletzt sogar herabdrücken. Die A u s p u f f g e s c h w i n d i g k e i t hängt innerhalb gewisser Grenzen n u r von der Form der Düse, von der Natur des Brennstoffes und von der Temperatur im Ofen, k a u m a b e r vom Druck der Außenluft und vom Druck im Ofen ab. Dies überrascht auf den ersten Blick ebenfalls. Die Unabhängigkeit vom Luftdruck folgt aber aus der Trichterform der Düse, diese bedingt nämlich einen ganz bestimmten dem Ofendruck proportionalen Mündungsdruck, auf den (solange er größer ist als eine Atmosphäre) der äußere Luftdruck keinen Einfluß hat. Die Unabhängigkeit vom Innendruck klingt noch unglaublicher. Spritzt doch z. B. clas Wasser um so schneller aus dem Spritzenansatz, je höher der Druckim Schlauch ist, ebenso bewegt sich ein von uns geblasener Luftstrom um so schneller, je kräftiger wir blasen. Um clas abweichende Verhalten der Raketengase zu verstehen, müssen wir uns wieder ihre Zusammendrückbarkeit vergegenwärtigen. Beim Raketenofen ist nämlich ceteris paribus die Gasdichte clem Druck proportional, so daß das Gas dem größeren Druck einen ebensoviel uTößeren Träghei.ls\viderslaml enlgegenselzl. (Anmerkung: Dies gilt.
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Physikalisch-technische Fragen.
genau genommen natürlich nur für gleiche Temperatur. Bei gleicher Brennstoffzusammensetzung dagegen k a n n eine E r h ö h u n g des Innendruckes die Ausströmungsgeschwindigkeit erhöhen. Hier wächst nämlich die I n n e n t e m p e r a t u r mit dem Druck, unter welchem die Gase entstehen. Es ist dasselbe, als ließe m a n den Vorgang zuerst unter geringem Druck stattfinden und erwärmte das Gas nachher durch Kompression. Daß sich Gase bei der Zusammendrückung erwärmen, das ist eine Erscheinung, die wohl den meisten Rad- und Autofahrern vom A u f p u m p e n der Gummireifen her b e k a n n t sein dürfte. Die a b s o l u t e K r a f t des Rückstoßes wächst natürlich mit dem Ofendruck. Über die Grundsätze f ü r die B e n u t z u n g von Brennstoffen werde ich auf S. 250 ff. und 257 ff. berichten. Hier will ich nur über die Ausströmungsgeschwindigkeit schreiben. Von den mir bekannten Brennstoffzusammenstellungen liefert am Grunde unseres Luftmeeres (also beim Mündungsdruck von einer Atmosphäre) und beim Innendruck von 20 Atmosphären eine Zusammenstellung von 1 Gewichtsteil Wasserstoff und 2 Gewichtsteilen Sauerstoff die höchste Auspuffgeschwindigkeit, nämlich 4000 m/sec. Dies wird nun wieder den C h e m i k e r überraschen. Bei dieser Mischung bleibt nämlich ein großer Teil des Wasserstoffes u n v e r b r a n n t und wirkt mithin als Ballast. Denn 2 kg Sauerstoff können nur % kg Wasserstoff binden. Die höchste thermisch-chemische Energie pro kg enthält mithin eine Mischung von einem Gewichtsteil Wasserstoff und 8 Gewichtsteilen Sauerstoff, wenn wir es erreichen können, daß alles in Verbrennung geht. (Sogenanntes stöchiometrisches Verhältnis.) Daß sich nun bei einer Atmosphäre Außendruck die erstgenannte Mischung besser bewährt, das liegt an der Dissoziation. Je höher die T e m p e r a t u r ist, um so rascher schwirren bekanntlich die Moleküle durcheinander, und bei ganz hohen T e m p e r a t u r e n prallen sie dabei so heftig aneinander, daß die Anziehungskräfte zwischen den einzelnen Atomen nicht mehr ausreichen, u m das Molekül zusammenzuhalten. Es t r i t t ein teilweiser Zerfall der Moleküle, die sogenannte Dissoziation (ein Ausdruck, welcher wörtlich übersetzt etwa „Entgesellschaftung" heißen würde), ein. Wasserdampf H a O z. B. zerfällt oberhalb 2500 ° in H + O H , oberhalb 4000 ° vollends zerfällt er weiter in einatomigen Wasserstoff und Sauerstoff. Bei dieser Dissoziation wird nun ein großer Teil der entstehenden W ä r m e wieder vernichtet, da dies Auseinanderreißen der Atome natürlich mit einem Energieverlust verbunden ist. Diese W ä r m e wird erst dann wieder frei, wenn wir das Gas so weit abgekühlt haben, daß die Atome wieder aneinander hängen bleiben. Dissoziiertes Gas ist daher verhältnismäßig schwer und kalt (allerdings kühlt es sich bei. Ausdehnung mir
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
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wenig ab). Wenn es aber an der Mündung noch dissoziiert ist, so strömt es daher nur langsam aus. Die Dissoziation wird aber kleiner, wenn man das eine Gas (z.B. den Wasserstoff) im Überschuß nimmt. Beim Ausströmen aus einer Trichterdüse kühlt das Gas ab, wobei die Dissoziation wieder zurückgeht. Leider müßte sich gerade Wasserdampf sehr stark ausdehnen und abkühlen, wenn er bei der Düsenmündung nicht mehr dissoziiert sein soll. Dabei müßte der Innendruck mehr als 100 mal größer sein, als der Mündungsdruck, dies läßt sich aber beim Außendruck von einer Atmosphäre natürlich nicht erreichen, denn wir können nicht mit einem Ofendruck von 200 Atmosphären arbeiten. Bei einer Rakete dagegen, die oberhalb der Erdatmosphäre arbeitet, können wir den Mündungsdruck beliebig klein annehmen, hier steht also der Verwendung des stöchiometrischen richtigen Verhältnisses H 2 : 0 nichts im Wege. Ganz besonders kommt uns hier auch noch ein Umstand zu statten: Der Mündungsquerschnitt muß hier im Verhältnis zum Raketengewicht sehr groß sein. Innerhalb der Atmosphäre muß nun allerdings die Rakete schwer und dünn sein, wenn sie sich aber in den Planetenräumen befindet, so hat sie bereits einen großen Teil ihrer Brennstoffe verloren, so daß nunmehr das Gewicht im Verhältnis zum größten Querschnitt klein genug ist. Außer dem Vorzug einer höheren Auspuffgeschwindigkeit (theoretisch bis 5000 m/sek, praktisch vermutlich 4500 m/sek) hat die stöchiometrische Zusammenstellung auch noch den Vorzug eines höheren spezifischen Gewichtes; man kann also in demselben Brennstoffbehälter mehr davon mitnehmen (flüssiger Wasserstoff hat nämlich das spezifische Gewicht 0,06; 1 Liter flüssiger Sauerstoff dagegen wiegt 1,13 kg). Hieraus folgt, daß wir die Rakete erst oberhalb des relevanten Teiles der Atmosphäre mit Wasserstoff werden arbeiten lassen, während wir uns für den Anfang der Fahrt nach anderen Brennstoffen umsehen werden. Die zweitbeste Zusammenstellung, die ich kenne, besteht aus 9 Teilen Äthylalkohol und 20 Teilen Sauerstoff. Bei dieser Mischung würden die Gase bei 20 Atmosphären theoretisch mit 2700 m/sek ausströmen. Praktisch wird man wohl bis 2000 m/sek kommen. Sie bestehen aus Kohlensäure und Wasser und etwas freiem Sauerstoff. Die h o h e n O f e n t e m p e r a t u r e n b r a u c h e n u n s n a c h d e m auf S. 6, 11 G e s a g t e n k e i n e S o r g e n zu m a c h e n . Es ist z. B. u u m ö g l i c h , eine d ü n n -
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Physikalisch-technische Fragen.
wandige Bleischale, in der sich flüssiger Wasserstoff befindet, über dem elektrischen Lichtbogen zu schmelzen. Ein anderer lehrreicher Versuch ist folgender: Ein halbkreisförmiges Kupferrohr nähert sich, wie Abb. 24 zeigt, bei A einer Flamme. Fließt nun darin in der Pfeilrichtung Wasser, so ist es unmöglich das Rohr mit der Flamme eines überschüssigen Wasserstoff führenden Knallgasgebläses zu verbrennen. Die Bedenken des Herrn Dr. W e b e r von der Leipziger Sternwarte gegen die hohen Wärmegrade im Ofen sind also nicht begründet. Trotzdem sah ich, um weniger hohe Ofentemperaturen zu erhalten, für das S. 232 ff. beschriebene Modell B schwächere Zusammenstellungen vor, nämlich für die Alkoholrakete statt des rektifizierten nur gewässerten 13,4 prozentigen Alkohol, der nur eine Ofentemperatur von etwa 1400° G und eine Auspuffgeschwindigkeit von rund 1700 m/sek gibt, welche letztere ich (um etwaigen Einwendungen die Unvollkommenheiten der Verbrennung, die Reibung in der Düse usw. betreffend zu begegnen) nur mit 1400 m/sek in die Gleichungen einsetzte. Dazu kommt dann bei Modell B und E auch noch die Isolierung der Wand durch den Dampf des Kühlstoffes, der sich in t befindet (vgl. Tafel II), so daß hier ein Verbrennen der Ofenwand erst recht ausgeschlossen ist. Bei den anderen Modellen sahen wir wenigstens, daß die Verbrennung in der Nähe der Wand weniger lebhaft ist. Es ist also einem Verbrennen der Wände g r ü n d l i c h vorgebeugt. Bei den Modellen B und E läßt sich diese dynamische Kühlung vollends dadurch sehr wirksam gestalten, daß man an den Wänden des Ofens Gas von der chemischen Zusammensetzung des entstehenden Gases herabströmen läßt. Nach K i r c h h o f f absorbiert dies auch die vom Ofeninnern ausgehende S t r a h l u n g fast völlig.
Bei der Wasserstoffrakete sah ich eine Zusammenstellung von 1 Gewichtsteil Wasserstoff und 1,43 Gewichtsteilen Sauerstoff vor, die ebenfalls eine Temperatur von etwa 1400° C ergeben. Die Auspuffgeschwindigkeit würde rund 3700 m/sek betragen, ich setzte sie aus dem oben angegebenen Grunde nur als 3400 m/sek in die Rechnung. Wenn ich nun zeige, daß sich selbst unter diesen sicher zu ungünstig angenommenen Voraussetzungen immer noch Apparate bauen lassen, die bis zu den Planetenräumen vordringen, so habe ich doch hoffentlich auch bewiesen, daß die Rakete zu den Planetenräumen in Wirklichkeit erst recht keine Utopie ist. I c h w ä h l t e diese u n g ü n s t i g e r e n Brennstoffzusammenstellungen h a u p t s ä c h l i c h m i t R ü c k s i c h t auf e t w a i g e K r i t i k e r . I c h selbst weiß j a , d a ß der R a k e t e n o f e n eine w e s e n t l i c h h ö h e r e T e m p e r a t u r v e r t r a g e n w i r d , a b e r clie K r i t i k e r , die d a s B u c h n u r o b e r f l ä c h l i c h lesen, wissen das vielleicht n i c h t , u n d ich m ö c h t e hier a u c h den A n s c h e i n der Un-
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
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durchführbarkeit, so weit als mir möglich, vermeiden. Ich werde übrigens nach der Beschreibung des Modells E auch angeben, was ein ähnlich gebauter, aber mit guten Brennstoffen betriebener Apparat m. E. leisten könnte. Das Folgende ist nur für Fachleute bestimmt, die meine Angaben nachrechnen möchten. Die Ausströmungsgeschwindigkeit von Gasen aus so weiten Düsen (Fä = 705 cm2) ist noch nicht direkt gemessen worden. Auf Grund des Ganges, den die bisherigen Untersuchungen zeigen, kann man (übereinstimmend mit den theoretischen Überlegungen) folgendes annehmen: Je vollkommener die Form der Düse, je größer die Dichte der Gase und je weiter die Düse ist, um so mehr treten die störenden Einflüsse (Reibung und dgl.) zurück, und die Ausströmungsgeschwindigkeit nähert sich immer mehr demjenigen Wert, der bereits im vorigen Jahrhundert auf Grund thermodynamischer Überlegungen berechnet worden ist. Z e u n e r (Turbinen, S. 261ff.) bringt eine übersichtliche Ableitung der Ausströmungstheorie. Bei meiner Rakete nähern sich die Verhältnisse seinen Formeln so weit, daß ich sie als Grundlage der Diskussion benutzen kann. Nach Z e u n e r (Turbinen) (155) ist für jede Stelle der Düse: x
c =
2-9,81
(1)
solange p ^ ß. V0 ist in m 3 das Volumen von 1 kg der Auspuffgase bei den Verhältnissen im Ofen. Wenn die Temperatur im Verbrennungsraum einen bestimmten Höchstwert nicht überschreiten soll, so hängt p 0 . V0 lediglich von der Zusammensetzung des Gases ab. Bezüglich p0 und p ist; zu bemerken: Nach Z e u n e r ist, wenn p > ß, für jede Stelle der Zusammenhang zwischen dem Düsenquerschnitt F „ und dem Druck p gegeben durch die Formel:
Physikalisch-technische Fragen.
Hieraus lesen wir a b : Das Verhältnis p
wenn ~
" rn
Po
ist (in Wirklichkeit nur angenähert) konstant,
und x (also die Zusammensetzung des Gases) konstant ist.
Nun hängt nach (1) bei einem bestimmten Gas von bestimmter Temperatur cd lediglich von ^ Po
ab. Ist nun ^
konstant, so wird
Po
auch die Auspuffgeschwindigkeit (fast) konstant und unabhängig vom Innendruck. Die genannten Formeln sind Nährungsformeln. Sie vernachlässigen die Reibung; aber selbst für ein ideales Gas wären sie höchstens dann richtig, wenn der Mündungsdruck dem Luftdruck gleich wäre, d. h. wenn pd = ß. B e w e i s : Nach dem Rückstoßgesetz gilt exakt P = S J ( p - ß ) - d F =
J J p - d F - ß - F .
Nach (2) wäre nun bei konstantem p0 und T0 (TB ist die absolute Temperatur im Verbrennungsraum) auch p ä , damit auch spezifische Volumen V d der Auspuffgase an der Mündung, nach (1) auch die Auspuffgeschwindigkeit c, die in einer Sekunde ausgestoßene Masse C d - t f d und deren Bewegungsmoment: cä• ' d
'd
konstant. Weiter wäre nach (1) und (2) aber auch f f p-dF konstant und der Rückstoß wäre im luftleeren Raum um ß-F größer als im Raum mit dem Luftdruck ß. Dem gleichen Bewegungsmoment des Auspuffgases würde also ein ungleicher Impuls auf die Rakete gegenüberstehen, das ist mit dem dritten N e w t o n sehen Prinzip (dem Satz von der Erhaltung des Schwerpunktes) unvereinbar. In Wirklichkeit liegt die Sache so, daß: 1. mit abnehmendem ß eine teilweise Loslösung des Gasstromes von der Düsenwand eint r i t t ; dabei wird scheinbar p und folglich auch f f p • dF kleiner. Dabei muß 2. das Gas in der Düse von Fm angefangen eine stärkere Beschleunigung erfahren (c wächst), 3. schließlich strömt auch durch Fm etwas mehr Gas. Bei der Alkoholrakete des Modells B, welches ich später beschreiben werde, wächst c von der Abfahrt angefangen theoretisch um 6—7 % . Der geringste Wert, den c annehmen kann, liegt nach meiner Schätzung zwischen 1530 und 1700 m/sek. (Diese Unsicherheit ist also größer als der ganze Betrag, um den c variieren kann. Sie ist deswegen so groß, weil ich den Zerstäuber bis jetzt nur noch
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
31
theoretisch berechnen konnte, und noch nicht in der Lage war, seine Arbeitsweise experimentell zu untersuchen.) Wird p (und damit p0) so klein, daß aus dem Verhältnis —i nach (2) folgen würde pd < ß, so nimmt c rasch ab, und wir wollen in der Folge mit dem höchsten sicher erreichbaren Wert von c rechnen 1 ). Nenne ich p0 — ß = ü den Überdruck, so soll: 2
Andernteils ist es nach (1) erwünscht, daß ^ so gering als Po möglich sei. ü (und damit p0) erreicht aus technischen Gründen bald eine obere Grenze, und wir müßten bei schwankendem pd unsere Rakete mit Rücksicht auf den größten Wert pd bauen. Dadurch würde erstens c im allgemeinen herabgesetzt, ein weiterer Übelstand wäre der, daß p 0 schwankt, also im allgemeinen geringer ist, als es bei der Festigkeit der Düse sein könnte. Die folgende Vorrichtung wäre vielleicht geeignet, p0 vom Rückstoß P unabhängig zu machen. Man könnte (vgl. Abb. 25) die Düse bei F eine längere Strecke weit zylindrisch oder schwach konvergent weiterführen und vom Verbrennungsraum aus einen I c h m ö c h t e hier allerdings erwähnen, daß mir H e r r P r o f . D r . P r ö l l , H a n nover, vorgeschlagen h a t , die R a k e t e n d ü s e a l s D i f f u s o r zu b a u e n , das h e i ß t also, sie weiter zu n e h m e n und eventuell m i t N e b e n k a n ä l e n zum Ansaugen von L u f t zu versehen ( s o g e n a n n t e n V e n t u r i d ü s e n ) . E s wird dann wohl dieAuspuffgeschwindigk e i t kleiner, dafür reißen a b e r die Auspuffgase ein größeres L u f t q u a n t u m mit, auf welches sie sich s t ü t z e n , so d a ß zur R ü c k s t o ß w i r k u n g der R a k e t e n g a s e auch noch die R ü c k w i r k u n g der a n g e t r i e b e n e n L u f t m a s s e h i n z u k o m m t . I c h h a b e die S a c h e indessen bis h e u t e noch n i c h t e x p e r i m e n t e l l n a c h g e p r ü f t , mehrere n a m h a f t e Gelehrte bezweifeln übrigens aus t h e o r e t i s c h e n Gründen eine E r h ö h u n g des R ü c k s t o ß e s auf diesem W e g e . I c h lege daher, m e i n e m in der E i n l e i t u n g aufgestellten G r u n d s a t z folgend, auch hier meinen B e r e c h n u n g e n den ungünstigsten denkbaren W e r t des R ü c k s t o ß e s , also jenen für den luftleeren R a u m bis auf weiteres zugrunde, um zu beweisen, daß meine Ideen auch unter den denkbar ungünstigsten Voraussetzungen durchführbar sind. Übrigens würde die hier abgeleitete R a k e t e n t h e o r i e durch die Diffuserdüsen nicht umgestoßen, sondern wir h ä t t e n dann bloß s t a t t der wirklichen Ausströmungsgeschwindigkeit an die Stelle von c eine „ e f f e k t i v e " Ausströmungsgeschwindigkeit einzusetzen, die dadurch gegeben wäre, daß bei demselben Massenverlust ohne I R ü c k s i c h t auf die L u i t derselbe IiücksluLJ erzeugt werden soll.
Physikalisch-technische Fragen
Regulierstift e (ähnlich wie bei den P e l t o n s c h e n Wasserturbinen) nach Bedarf in die Düse hineinschieben. Die Modelle A—D brauchen diesen Regulierstift indessen nicht, denn hier ist für die Alkoholrakete der geforderte Rückstoß nahezu konstant. Die Wasserstoffrakete kann die Geschwindigkeit v aus technischen 0 Gründen überhaupt nicht einhalten (was übrigens, wie wir sehen werden, S. 244 nicht viel schadet). Der Rück/ stoß ist hier völlig konstant. Hier sind also tatsächlich ^ p0 und c konstant zu setzen. ^ Die Größe der Mündung Fa ist bei der A.R. da1 durch gegeben, daß an der Stelle, wo P/ß am kleinsten ^ ist, das Auspuffgas beim Druck ß und der absoluten '>Temperatur: " , o' in einer Sekunde den Raum c-Fd ausfüllen soll. Die Wärmemenge, die durch die Oxydation erzeugt wird, ist gleich der Wärmemenge, die der Kühlstoff und die Verbrennungsprodukte aufnehmen müssen, denn man kann die Wärme, die der Ofen an die Umgebung abgibt, vernachlässigen, und zwar bei Modell B und D wegen der Größe des Ofens und der Schnelligkeit der Strömung, bei den übrigen Modellen deshalb, weil hier alle an den Brennstoff abgegebene Wärme wieder der Verbrennung zugute kommt. Bei der Alkoholrakete geht also nur die Wärme verloren, die der Alkohol durch die Mantelfläche abgibt, der steht übrigens eine ebenso große Wärmemenge entgegen, die der Sauerstoff durch die Mantelfläche aufnimmt, die Wasserstoffraketen geben überhaupt keine Wärme an die Umgebung ab, sondern sie nehmen von hier nur noch Wärme auf. Die thermochemischen Tabellen geben die Verbrennungswärme meist für den Fall an, daß die Verbrennung beim Druck von 1 Atmosphäre stattfindet und alle beteiligten Stoffe auf + 1 5 °C gebracht sind. Wir müssen also folgendermaßen rechnen: Die Wärmemenge, die durch die Oxydation geliefert wird, ist gleich der Wärmemenge, um den Brennstoff und Sauerstoff auf 15° C zu bringen plus der Wärmemenge, um die Verbrennungsprodukte auf die mit der P o i s s o n s c h e n Formel auf i Atmosphäre reduzierte Temperatur zu bringen. Die reduzierte Temperatur berechnen wir für die zweiatomigen und die dreiatomigen Gase gesondert: Abb. 25.
Td=
7V(—)
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
33
wobei x im ersten Falle gleich 1,406, im zweiten Fall gleich 1,30 und T x und T 0 absolut anzusetzen sind. Hieraus ist T x zu berechnen. In dem vorhergehenden Ansatz ist das Verhältnis zwischen Brennstoff und Sauerstoff durch die chemischen Beziehungen gegeben. So binden z. B. 46 g Äthyalkohol 96 g Sauerstoff, oder 8 g Sauerstoff 1 g Wasserstoff. Wir könnten also, wenn wir berechnet haben, mit dieser Formel das Verhältnis zwischen Brennstoff und Kühlstoff bestimmen. Um H kg flüssigen Wasserstoff von — 253° C zu verdampfen und auf die reduzierte absolute Temperatur T i zu bringen, muß m a n ihm 3,400 (7^ + 1 2 ) Kai. zuführen (wenn T x hoch über dem Siedepunkt liegt). Diese Zahl erhält man folgendermaßen: T2 sei die Temperatur, bei der die spezifische Wärme des Gases bei 1 Atmosphre Druck cp konstant wird. Nun bestimmt man die Wärmemenge, die nötig ist, um 1 kg vom Siedepunkt bis 7\> zu bringen. Diese bei Q2. Von T2—Tr bindet 1 kg die Wärme: im ganzen also \
(- p
/
Beim Wasserstoff ist nun cp = 3,400 Kal/kg und ^ C
- T, = 12°, "
also bindet 1 kg. Wasserstoff: 3400 ( 7 \ -f 12) Kai. # kg binden mal soviel Wärme. Um S kg flüssigen Sauerstoff von — 183 °C zu verdampfen und auf T10 abs. zu bringen, braucht man 61 • 0,218-{T^ + 144) Ival. Verwendet man s t a t t des Sauerstoffes flüssige Luft, so wirkt der Stickstoff, den sie enthält, als Kühlstoff. X kg flüssiger Stickstoff von — 195,7° G braucht bis 7 \ bei Atmosphärendruck: -V-0,244 (T1 + 121) Kai. E s w ü r d e zu weit f ü h r e n , hier auf weitere E i n z e l h e i t e n der R e c h n u n g e i n z u g e h e n . W e r m e i n e A n g a b e n n a c h p r ü f e n will, f i n d e t d i e n o c h f e h l e n d e n D a t e n a m b e s t e n in d e n p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e n Tabellen von L a n d o l t und B o r n s l e i n . K e n n t m a n die Z u s a m m e n s e t z u n g 1 des G a s e s u n d T v so k a n n m a n //„• I- „ l e i c h t b e r e c h n e n .
ruii-rtu, llanniiiMiilfnln:
Physikalisch-technische Fragen.
34
V o n der A n w e n d u n g der F o r m e l n (1) u n d (2) m u ß K f ü r das A u s p u f f g a s i m ganzen noch einmal b e r e c h n e t werden. Bei der A . R . s t r ö m t Wasserdampf u n d Wasserstoff aus. Hier n i m m t x m i t wachsendem W a s s e r d a m p f g e h a l t ab. E s ist f ü r Sauerstoffgewicht Wasserstoffgewicht
QQ '
0,9
1,0
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
1,6
1,7
1,8 j 1,9
= 1,400 1,398 1,396 1,394 1,393 1,391 1,389 1,388 1,386 1,385 1,384 1,383 F ü r 3 Teile Wasserstoff u n d 16 Teile Sauerstoff wäre x = 1,33, doch w i r d bei m e i n e n R a k e t e n diese Zahl infolge der s t a r k e n Dissoziation jedenfalls gestört sein. W i e stark, das k a n n n u r die E r f a h r u n g lehren. Ich will hier allerdings nicht verschweigen, daß Herr Prof. Dr. K a r l W o l f v o n der Wiener technischen Hochschule in einem Aufsatz geschrieben h a t , es sei unmöglich, Ausströmungsgeschwindigk e i t e n über 2000 m/sek zu erreichen. Er geht dabei v o n theoretischen Überlegungen aus. E r überlegte e t w a : Wasserstoff u n d Sauerstoff v e r b r e n n e n zu W a s s e r d a m p f . W a s s e r d a m p f k a n n nicht w ä r m e r sein als 3000° (nämlich wegen der Dissoziation). Dabei ist die Durchschnittsgeschwindigkeit, m i t der die Moleküle durcheinanderschwirren, etwas über 2000 m/sek. Diese Geschwindigkeit stellt aber d a s Ä u ß e r s t e dar, was wir ü b e r h a u p t e r w a r t e n dürfen. — Wolf h a t hier n u r das eine vergessen, daß wir hier einen H a u f e n überschüssigen Wasserstoff h a b e n : W i r h a b e n hier also gar nicht dissoziierten W a s s e r d a m p f , sondern ein 4000—5000 ° heißes Gemisch aus nicht dissoziierten Gasen, bei d e m der leichte Wasserstoff überwiegt. W e n n m a n f ü r dieses dieselbe R e c h n u n g m a c h t , so k o m m t m a n auf u n g e f ä h r 4 x / 2 km/sek als obere Grenze, eine Zahl, die durch Reibungsverluste u n d sonstige U n v o l l k o m m e n h e i t e n der Maschine noch u m 300—400 m/sek herabgesetzt werden d ü r f t e . Tatsächlich k o n n t e ich a u c h schon m i t einem keineswegs v o l l k o m m e n e n A p p a r a t 3800—4000 m/sek erzielen. Wenigstens war das Verhältnis zwischen R ü c k s t o ß u n d Subs t a n z v e r l u s t so groß, als es bei 4000 m/sek h ä t t e sein müssen (es war allerdings ein gewisser Trick dabei, den ich hier noch nicht mitteilen kann). Das ist also schon mehr, als ich den B e r e c h n u n g e n in diesem Buche z u g r u n d e legte, u n d es b e s t e h t alle H o f f n u n g , daß ich, wie ich schon sagte, bei einer g u t e n V e r s u c h s a n o r d n u n g , die sich allerdings teurer stellt, über 4000 m/sek erreichen werde. Ich m ö c h t e auch noch b e m e r k e n , daß schon G o d d a r d bei V e r w e n d u n g von Nitrozellulosepulver bis 2400 m/sek erreicht h a t u n d daß bei der Alkoholrakete das e n t s t e h e n d e Gas noch leichter ist. Weiter ist zu bedenken, daß eine Lavaische Düse niemals einen
Die Ausströmungsgeschwindigkeit.
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so hohen Wirkungsgrad ergibt, wenn sie nur stoßweise arbeitet, wie beim Goddardschen Experiment, als meine Raketendüse, wo das Gas gleichmäßig ausströmt, eine Tatsache, die sich z. B. bei der Holzwarth-Turbine ziemlich unangenehm bemerkbar macht. Allerdings war nun mein Yersuchsapparat ein Gasbrenner, nicht ein Zerstäuber, aber ich will hier ja nur beweisen, daß die Rakete zu den Planetenräumen überhaupt möglich ist, und wenn es mit der Zerstäubung in flüssigem Zustande nicht gehen sollte, dann würde ich es eben irgendwie mit der Vergasung versuchen. (Allerdings nicht mit der Erwärmung von außen, sondern mit der Erwärmung durch aufsteigende Gasblasen.) Übrigens berechtigen die Zerstäubungs- und Verbrennungsversuche, die ich bis jetzt anstellte, ebenfalls zu ganz guten Heffnungen. D o p p (Zeitschrift d. Ver. Deutscher Ingenieure 1899, S. 752 und E y e r m a n n - S c h u l z , Gasturbinen, 2. Auflage 1920. Verlag M. Krayn, Berlin W.) führte jede Einzelladung des durch eine Pumpe geförderten Petroleums kurz vor dem Einrtitt in den Misch- und Verbrennungsraum — unter möglichst vollkommenem Luftabschluß — in hochüberhitzten Dampf über, der alsdann durch siebartige Öffnungen in feine strahlenförmige Einzelströme geteilt wird. Man hat mir aus Leserkreisen vorgeschlagen, dieses Prinzip auch bei meiner Rakete anzuwenden. Ich glaube aber, der Doppsche Zerstäuber würde für unsere Zwecke zu schwer ausfallen. Man darf nicht vergessen, daß die Treibstoffmenge, die bei unbemannten Raketen während der ganzen Antriebsdauer, bei bemannten wenigstens während der ersten Sekunde entweichen muß, 1,2% des ganzen Raketengewichtes beträgt. So große Gasmengen würden auch zu weite Rohre erforderlich machen, was wieder das spezifische Gewicht und dadurch den Luftwiderstand sowie das Massenverhältnis ungünstig beeinflussen würde. Vgl. S. 53 und S. 65. Dazu wäre bei Gasgemischen bei der hohen Geschwindigkeit, die der Gasstrom in dem immerhin kleinen Ofen notwendig annehmen muß, auch ein Hinausblasen der Flamme (vgl. S. 8) tatsächlich zu befürchten. Ich möchte daher mein Glück lieber mit der Zerstäubung der Brennstoffe in flüssigem Zustande selbst versuchen, besonders, da wir es statt der zähen Kohlenwasserstoffe mit leicht beweglichen und schneller entflammbaren Flüssigkeiten zu tun haben, uncl da ich statt der atmosphärischen Luft hochprozentigen heißen Sauerstoff benutze. Meine ersten Versuche in dieser Richtung waren durchaus ermutigend, wenn auch noch nicht viel darüber zu ber i c h t e n ist.
Physikalisch-technische Fragen.
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Auch sonst ist mir aus Leserkreisen noch allerhand vorgeschlagen worden. Z. B. einfach solche Zerstäuber zu benützen, bei denen die Flüssigkeit durch einen Gasstrahl angesaugt und zerteilt wird und bei denen m a n vom Benzinmotorenbau her die nötigen Erfahrungen hat. Vielen Lesern macht auch die Schnelligkeit Bedenken, mit welcher das Gas den Ofen verläßt. Bleibt doch das Gas kaum eine 1 / 50 Sekunde lang im Ofen. Ich möchte hierauf antworten, daß die F l ü s s i g k e i t s t r o p f e n s e l b s t vermöge ihrer Trägheit wesentlich länger im Ofen bleiben, und zwar um so mehr, je dicker sie sind. Außerdem nimmt die Geschwindigkeit des Gasstromes von Z bis Fm wegen der starken Gasentwicklung ständig zu, der Tropfen wird also nicht gleich anfangs mit der vollen Geschwindigkeit vom Gasstrom getroffen und verbleibt dementsprechend noch länger im Ofen. Größere Tropfen werden vielleicht ^20 Sekunde lang im Ofen bleiben. Nun mache man sich aber einmal klar, was es bedeutet, wenn ein brennbarer Körper von der Größe eines Nebeltropfens Vao Sekunde lang einem 20 Atmosphären dichten und 800° heißen Sauerstoffstrom bei einer Relativgeschwindigkeit von vielen Metern in der Sekunde ausgesetzt wird. Außerdem betrachte ich es als einen sehr glücklichen Umstand, daß die Verbrennungsdauer und die Relativgeschwindigkeit um so größer werden, je größer der Tropfen ist. — Dieser Vorteil würde nun wegfallen, wenn ich einen Zerstäuber verwenden wollte, bei dem die Flüssigkeit mit dem Gasstrom mitfliegt. Würde ich dagegen wieder einen von einem solchen Zerstäuber gelieferten Nebel von der Seite in einen heißen Sauerstoffstrom hineinblasen, so würde der Verbrennungsvorgang infolge seiner geringen Radialgeschwindigkeit und infolge des mitgeführten kalten Gases nur gestört. (Übrigens brauche ich natürlich nicht zu betonen, daß ich trotzdem für jede Anregung aus Leserkreisen sehr dankbar bin. Wir haben hier ja ein ganz neues Gebiet der Technik vor uns, und es muß natürlich alles reiflich überlegt werden. Dabei ist es nur zu leicht, irgendeinen wichtigen Umstand zu vergessen.) 6. K a p i t e l .
Der ideale Antrieb. c: e: m\ m0: //¿x: s:
Formelgrößen: Ausströmungsgeschwindigkeit. Basis der natürlichen Logarithmen. Masse der Rakete. Anfangsmasse der Rakete. Endmasse. Weg.
Der ideale Antrieb.
37
Zeit. Geschwindigkeit. Idealer Antrieb. Kraft des Rückstoßes S: Weg. V: Geschwindigkeit. A : endlicher kleiner Teil. /.i: Masse einer Vorrichtung zur Erhöhung der Geschwindigkeit,
t: c: vx\ P:
r:
= A t.
Der Laie möge sich von diesem Kapitel nur so viel merken: Es gibt eine Zahl, die man in der höheren Mathematik mit e bezeichnet. Sie ist gleich 2,71828 . . . Durch das Brennen erhält die Rakete einen Antrieb (einen Geschwindigkeitszuwachs), c x , und wird gleichzeitig natürlich leichter. Wenn dieser Antrieb vx so groß sein soll, wie die Auspuffgeschwindigkeit des Raketengases (ich bezeichne sie mit c), so muß die Masse beim Start, also zusammen mit den Brennstoffen, emal so groß sein als nach dem Brennen 1 ). Wir bezeichnen die Anfangsmasse mit m0, die Endmasse mit m 1 und schreiben: m0
=
m1
•
e.
Soll der Antrieb doppelt so groß werden wie die Auspuffgeschwindigkeit (wir schreiben: vx = 2-c), so muß die Endmasse nochmals auf den eten Teil abnehmen, es muß dann die Anfangsmasse e-e = e2 so groß sein wie die Endmasse. Soll vx = 3 c betragen, so ist m0 = m ^ e 3 (e3 das bedeutet bekanntlich e2-e). Für vx = 4c wird m0 = m ^ e 4 usw. Soll der Antrieb 2,5 mal so groß sein wie die Auspuffgeschwindigkeit, so ist ,, m0 = , das ist mehr als e2 und weniger als e3, die genaue Zahl findet man mit Hilfe der höheren Mathematik. Auf der untenstehenden Tabelle gibt die obere Spalte die geforderte Endgeschwindigkeit an. Links stehen die Auspuffgeschwindigkeiten. Die Zahlen auf der Tabelle geben an, wievielmal die Anfangsmasse der Rakete größer sein muß als ihre Endmasse, wenn die Rakete bei der links von der Zahl stehenden Auspuffgeschwindigkeit den darüber stehenden Antrieb erhalten soll: x ) Bei den f o l g e n d e n B e r e c h n u n g e n beziehe ich die A u s p u f f g e s c h w i n d i g k e i t c i m m e r auf die R a k e t e . E s ist m i r g e r a d e z u u n v e r s t ä n d l i c h , wie z. B. B a e t z g l a u b e n k o n n t e , ich h a t t e mit c die a b i o l n l o Geschwindigkeit vx, so ist: c-(ln m0 — In mi) < e-[In (m0 + /,t) — In (m1 + ju)]; log (m0 + fi) - log (m! + ß) log m0 — log m
c_ C'
Bei geringem Massen Verhältnis wieder ist vx bei gleicher Auspuffgeschwindigkeit dem mitgeführten Brennstoff ungefähr proportional. Es ist nämlich nach (6): m1 Das ist u n g e f ä h r
c l
zc
..t. wenn ex c. Iiier ist also durch spezifisch schwere c F ü l l u n g in der Regel mehr gewonnen, auch wenn dabei die A u s p u f f g e s c h v i n d i g keit etwas geringer wird.
Physikalisch-technische
Fragen.
H o h m a n n („Die Erreichbarkeit der Himmelskörper", Oldenbourg 1925) gibt statt des idealen Antriebes gerne das Massenverhältnis an, das bei c = 2000 m/sek nötig wäre, ihn zu erreichen. Der Vorteil meiner Darstellung scheint mir darin zu liegen, daß 1. die idealen Antriebe addiert werden, während die Massenverhältnisse multipliziert werden müssen 1 ), 2. darin, daß in der Beschreibung der gestellten Forderung c noch nicht enthalten ist, daß wir also (wie im 12. Kapitel) bequem einzelne Leistungen miteinander vergleichen können. E s ist Gleichung
mir
hier
von L o r e n z ,
Danzig,
entgegengehalten
worden,
die
c-arn + rri'dv = 0
sei natürlich richtig, reiche aber zur Integration nicht aus, da sie die beiden Variabein m und v enthält. Ich könnte hier einfach antworten, daß man auf der Hochschule im 3.—5. Semester bereits lernt, daß die Gleichungen zwischen zwei Variabein und ihren Differentialen zur Integration a u s r e i c h e n . Tatsächlich ist hier doch dm das Differential von m, dv ist das Differential von v. Und daß beide Variabein in funktionalem Zusammenhange stehen, das erkennt man, wenn man die Formel (5) durch in dividiert.
, dm dvx = — c .
TO
Wenn wir die Geschwindigkeitszuwächse der Reihe nach mit dvx, dv2, dmlt dv3, dv4 usw. bezeichnen und die sie bewirkenden Massenverluste mit dm2, dms, dmt usw., schließlich die zu dvt gehörige Masse mit mlt die zu dv2 gehörige Masse mit m 2 usw., so ist offenbar
dv1 = — c
dm, m1
, dm dv» = — c 2
S;
. dm« -. dv3 = — c
m2
tn 3
Wenn man aber die einzelnen dv zusammenzählt, so bekommt man eben J"dc = vx, und das ist dann natürlich auch gleich:
J
dm
c •—
m
fdm = — c
J in
. = c • In
denn es ist ja — c ^ i eben nichts anderes als dv. bar (6).
Daraus folgt dann unmittel-
m
Die K r a f t W i r k u n g des R ü c k s t o ß e s folgt bekanntlich auch d TTb aus dem Impulssatz. Es sei P die Kraft, die in der Zeiteinheit ausströmende Masse (dt soll so kurz sein, daß wir die Masse der Rakete und den Gasstrom als konstant ansehen können), c sei die Auspuffgeschwindigkeit. Dann ist \P-dt\ ') Vgl. S. 68.
= \c-dm\
oder
P = — c~~.
(7)
Der ideale Antrieb.
43
Daher ist auch m=Tt
=
h
"
(8)
bx will ich die ideale Beschleunigung nennen, es ist die Beschleunigung, die der Rückstoß der R a k e t e im luft- und schwerefreien R a u m erteilen würde. W i r k t der idealen Beschleunigung eine K r a f t Q gerade entgegen und liegt die Sache noch immer so, daß alle einzelnen Antriebe in derselben Richtung erfolgen, so wird die vergrößernde Wirkung der K r a f t Q der Raketenmasse umgekehrt proportional sein. Ich will diese Verzögerung als ^ bezeichnen, es ist mithin m' b =
—
b-dt
— bx-dt
— dq;
b-dt, das ist hier der tatsächliche Geschwindigkeitszuwachs während des Zeitelementes dt. Ich will ihn hinfort mit dv bezeichnen. bx-dt das wäre der Geschwindigkeitszuwachs im luft- und schwerefreien Raum, er soll hinfort dvx heißen. E s ist mithin dv = dvx — dq .
(9)
Die Addition der einzelnen Geschwindigkeitszuwächse dv wird offenbar die tatsächliche Geschwindigkeit v ergeben, falls alle dv gleichgerichtet sind. W i r bekommen dann durch Integration v = vx — q. q ist hier offenbar die S u m m e aller einzelnen Verzögerungen, oder auch der Betrag, um welchen v hinter vx zurückbleibt. Bildet der Geschwindigkeitszuwachs dv mit der Richtung von v einen Winkel s (vgl. Abbild. 27), so dient bekanntlich nur die P(9) Komponente d v • cos e zur Änderung der Geschwindigkeit, der Teil ei c-sin e wirkt nur richtungsändernd. W e n n uns nur die Geschwindigkeit interessiert, die Bewegungsrichtung dagegen nicht, so bekommen wir die Geschwindigkeit nach der F o r m e l : v = j cos e-dv.
(10)
Ein besonderer Fall, den wir bei der Berechnung der „Synergiek u r v e " brauchen werden, ist der, daß dv x in der Richtung von n
Physikalisch-technische Fragen.
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wirkt, q dagegen mit dieser Richtung einen Winkel (a) bildet. Setze ich fest, es soll a = 0 sein, wenn dq und dvx in gleichem Sinne wirken, so ist dann:
de = dvx + cos cn-dq , v = vx + f c o s o c - d q .
(11)
7. K a p i t e l .
Das Massenverhältnis. (Der Laie kann dies Kapitel nötigenfalls überspringen.)
d: I: p: r: v: 2: F: S: V:
F o r m e l g r ö ß e n des 7. K a p i t e l s . Wandstärke (in cm). Länge einer zylindrischen Scheibe oder Röhre. Innendruck in Atmosphären. Halbmesser. Inhalt eines Behälters. Zugfestigkeit in kg/cm 2 . Schnitt- oder Rißfläche. Spezifisches Gewicht des Baumaterials. Verhältnis zwischen dem Gewicht des Inhaltes und dem Leergewicht des Behälters.
Z: Spezifische Zugfestigkeit Z — n = 3, 14, 15 usw. er: Spezifisches Gewicht der Füllung. Der Ingenieur mag entschuldigen, wenn ich mich hier etwas weitläufig ausdrücke; ich möchte aber, daß diese Stelle auch vom Nichtingenieur verstanden wird. Es ist kaum glaublich, wie ratlos selbst Physiker meinen Berechnungen des Massenverhältnisses gegenüberstehen. Wir nehmen an, wir hätten eine Scheibe von 2 cm Durchmesser und 1 cm Dicke (Abb. 28) in der Mitte durchschnitten, dann ist jede der beiden Zylinderhälften also 2 cm breit, 1 cm hoch und 1 cm dick. Sie berühren sich auf einem Rechteck, das 2 cm lang und 1 cm breit und 2 cm2 groß ist. Legen wir zwischen beide Stücke eine Gummiblase, die gerade auf die Berührungsfläche paßt, und pumpen Wasser unter '10 Atmosphären Druck hinein, so sucht das Wasser die beiden Stücke mit einer Kraft von 2 cm2 -10 kg .'cm2— 20 kg auseinanderzutreiben. Wir wollen das
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dadurch verhindern, daß wir bei A und B die beiden Stücke durch Metallstreifen zusammenhalten (Abb. 29), so müssen beide Streifen zusammen 20 kg tragen, auf einen entfallen somit 10 kg. Wäre der Innendruck nicht 10, sondern p Atmosphären, so entfielen auf jeden Streifen p kg. Die Länge der Streifen ist uns gleichgültig, dagegen wollen wir annehmen, sie seien so breit, wie die Scheibe dick war (hier also 1 cm).
Abb. 29.
Abb. 30.
Wenn der Halbmesser der Scheibe nicht 1, sondern r cm wäre, so wäre die Berührungsfläche /-mal größer, es müßte also jeder der beiden Streifen r-p kg tragen. Wäre diese Scheibe nicht 1, sondern Zern dick, so wäre die Berührungsfläche wieder Zmal größer, es wäre dann jeder der beiden Streifen auf l-r-p kg beansprucht. Ebensoviel müßten die Streifen A und B auch tragen, wenn die beiden Zylinderhälften nicht massiv, sondern rinnenartig ausgehöhlt wären (Abb. 30) wenigstens so lange, als sie dick genug wären, um sich nicht unter dem Einfluß des Innendruckes zu verbiegen. Wie dick müßten sie aber zu diesem Zweck sein ? Nun nicht dicker als so dick, daß sie nicht zerreißen. Die Zylinderform würden sie unter dem Einfluß des Innendruckes zwangläufig annehmen, man kann das an jedem aufgeblasenen Gummischlauch beobachten. Sie brauchen also nur so stark zu sein wie die Bänder bei A und B, das Ganze wäre mithin eine gleichmäßig dicke Röhre. Steht also in einer 2 T cm weiten Röhre das Wasser unter einem Druck von p Atmosphären, so ist die Wand quer zur Richtung des Rohres so stark gespannt, claß man. um sie längs eines bei Jl oder B geführten l cm langen Schnittes zusammenzuhalten, eine Kraft von l - r - p kg aufwenden müßte. Die Schnittfläche hätte dabei die Form eines Rechteckes, dessen Länge gleich der Länge des Schnittes und dessen Höhe gleich der RohrI dicke wäre, also F — /d («' in ein gemessen).
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Wäre z das Gewicht in kg, welches 1 cm 2 dicker aus dem Material der Röhre angefertigten Draht noch gerade tragen könnte, ohne zu zerreißen, so würde ein F cm 2 dicker Draht F-z kg tragen. Um die Röhre zu sprengen, müßte also die von innen wirkende Kraft größer sein als F-z = l-d-z kg. Das Rohr würde mithin dem inneren Überdruck standhalten, solange Irp Izd. Das Zeichen heißt „höchstens gleich", ^ heißt „mindestens gleich". Wenn wir beide Seiten dieser Gleichung durch l-z dividieren, erhalten wir (12)
z
Die Röhre hält also zusammen, solange die Wand stärker ist als die rechte Seite dieser Gleichung angibt. Die Wandstärke ist mithin von der Länge unabhängig. Wie verhält sich nun das Gewicht einer zylindrischen Röhre zum Gewicht ihres Wasserinhaltes? (Das Wort „Gewicht" ist hier stets im landläufigen, nicht im astronomischen Sinne zu verstehen.) In ein l cm langes und 2 - r e m weites Rohr kann man p =r2-?i-l g Wasser füllen. Die Mantelfläche des Rohres wäre 2 -rn-l cm 2 und ist S das spezifische Gewicht eines Kubikzentimeters des Rohrmaterials, so wiegt die Mantelfläche 2-r-n-l-d-S g, wenigstens solange d neben r nur gering ist. Das Verhältnis zwischen Wasserinhalt und Rohrgewicht ist gleich! V = r2-7i-l : 2
rn-l-d'S\
oder wenn wir aus (12) d einsetzen V
Z
=
Z
p
ö
(13)
dabei ist das Volumen in cm 3 , das Wandgewicht in kg, der Druck in kg/cm 2 und die Zugfestigkeit ebenfalls in kg/cm 2 gemessen. Bei der Umrechnung auf andere Maßsysteme muß oft noch ein Faktor x hinzukommen. z gibt hier also an, wieviel kg man an einem Draht von 1 cm Querschnitt noch gerade anhängen kann, S ist auch die Anzahl der kg, die ein Kubikdezimeter der Rohrwand wiegt,
ist mithin die Anzahl der u Kubikdezimeter, die man an einen Quadratzentimeter anhängen kann. Wir nennen es die s p e z i f i s c h e Z u g f e s t i g k e i t and bezeichnen es
(
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mit Z. Es ist mithin (13)
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn wir statt des beidseitig offenen Rohres einen geschlossenen Zylinder haben, sofern dieser nur so lang ist, das wir die Verhältnisse an den beiden Grundflächen neben jenen an der Mantelfläche vernachlässigen können. Es kommt hier noch eine längsgerichtete Zugspannung hinzu, da der Innendruck die beiden Grundflächen wegzutreiben sucht, und da sich dieser Zug durch den ganzen Zylindermantel von einer zur anderen Grundfläche fortsetzt. Dieser Zug ist halb so groß wie der Zug quer zur Achse. Ist nämlich die Grundfläche gleich r*--7i cm2, so wird sie mit r2-np kg weggetrieben. Diese Kraft verteilt sich längs des ganzen Umfanges gleichmäßig. Es muß also 1 cm des Umfanges: 1 r2-7i-p :2-r-Ji =--r-pkg (14) ¿t tragen, während die Querspannung, wie wir sehen: beträgt.
r-p-l:l = r-p kg
In einer Blechplatte beeinflussen zwei aufeinander senkrechte Zugspannungen einander bekanntlich nur wenig, und wenn das Blech so stark ist, daß es den Zug der stärkeren Kraft verträgt, so kann es dazu auch den Zug der geringeren Kraft aufnehmen, m. a. W.: das Blech muß nur so dick sein, daß es den Zug quer zur Zylinderachse verträgt, das ist also so stark, wie die Formel (12) angibt. Formel (13) gilt hier mithin ebenfalls. Das Interessante dabei ist, daß sich dabei Länge und Durchmesser des Zylinders wegheben. Das Verhältnis zwischen Inhalt und Wandgewicht ist (bei hinreichender Länge) n u r vom Material und vom Innendruck abhängig, und zwar ist es der spezifischen Zugbeanspruchung direkt und dem Innendruck umgekehrt proportional. Ähnliche Überlegungen kann man auch für kugelförmige Behälter anstellen. Pumpen wir in eine Gummiblase zwischen zwei massiven Halbkugeln (vgl. Abb. 29 und 30) Wasser, so werden diese ebenso auseinander getrieben, wie vorhin die beiden Zylinderböden, nämlich mit r2-jc-p kg. Soll eine Hohlkugel längs eines größten Kreises gesprengt werden, so ist dazu eine Kraft von 2-r-7i-d kg erforderlich. Die Kugel hält also zusammen, solange r2 7i• p