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German Pages [450] Year 2008
Böhlau
Aus dem Englischen übersetzt von Barbara Bowlus
DEREK
BEALES
Europäische Klöster im Zeitalter der Revolution 1650-1815
BÖHLAU VERLAG W I E N
· KÖLN · W E I M A R
Super iorenkonferenz
der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die
Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs
Titel der englischen Originalausgabe: Prosperity and Plunder. European Catholic Monasteries in the A g e of Revolution 1 6 5 0 - 1 8 1 5 Cambridge University Press © Derek Beales 2003
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. I S B N 978-3-205-77675-8 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2008 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien · Köln · Weimar http ://www.boehlau.at http://www.boehlau.de Umschlagabbildung: Innenansicht der Stiftsbibliothek der Benediktinerabtei St. Gallen, Schweiz. Foto © Stiftsbibliothek St. Gallen Druck: CPI, Moravia Books
Für Sally, in Liebe und Dankbarkeit
Gespräch über die Soldaten und Mönche
A : Muss man nicht erschrecken, wenn man bedenkt, dass wir mehr Mönche haben als Soldaten? Β: Du willst sagen: dass es weit mehr Soldaten gibt als Mönche. A : Nein, nein, mehr Mönche als Soldaten. Β: In dem und jenem Land von Europa magst du recht haben. Aber in Europa überhaupt? Wenn der Landmann seine Saat von Schnecken und Mäusen vernichtet siehet: was ist ihm dabei das Schreckliche? Dass der Schnecken mehr sind als der Mäuse? Oder dass es der Schnecken und der Mäuse so viel gibt? A : Das versteh ich nicht. Β: Weil du nicht willst. - Was sind denn Soldaten ? A : Beschützer des Staats. B: Und Mönche sind Stützen der Kirche. A : Mit eurer Kirche! B : Mit eurem Staat! A : Träumst du? Der Staat! Der Staat! Das Glück, welches der Staat jedem einzelnen Gliede in diesem Leben gewährt. Β: Die Seligkeit, welche die Kirche jedem Menschen nach diesem Leben verheißt. A : Verheißt! B: Gimpel! (Gotthold Ephraim Lessing, ca. 1778)
-
vii
-
Inhalt
VORWORT
XIII
V O R W O R T ZUR D E U T S C H E N A U S G A B E
XVII
EINLEITUNG
Ι
Die Bedeutung der Klöster im Anden Regime
ι
Der Angriff auf die Klöster
8
Die Problematik des Stoffes
10
Die Vielfalt des katholischen Mönchtums
19
I . T E I L : A U F DER H Ö H E DES W O H L S T A N D S
1. K A P I T E L : D I E G E G E N R E F O R M A T I O N U N D D I E K L Ö S T E R
29
2. K A P I T E L : D I E B E D E U T E N D E N K L Ö S T E R I M D E U T S C H - K A T H O L I S C H E N SPRACHRAUM
41
Osterreich und Böhmen
43
Melk
43
Andere österreichische und böhmische Ordenshäuser
58
Das katholische Deutschland
61
Schlussfolgerungen
81
3 . K A P I T E L : FRANKREICH
89
Die alten Orden
91
Die neuen Orden
114
4. K A P I T E L : SPANIEN UND PORTUGAL
121
Spanien
128
Portugal
132
- ix
-
Inhalt
5. K A P I T E L : I T A L I E N
137
II. TEIL: FORMEN MONASTISCHER
REFORM
6. K A P I T E L : D I E A U F H E B U N G D E S J E S U I T E N O R D E N S
155
Einführung
7.
155
Die portugiesische Initiative
161
Frankreich
166
Spanien
169
Die Habsburgermonarchie
174
Zusammenfassung
180
KAPITEL: FRANKREICH: D I E
commission des reguliers
8. K A P I T E L : D I E H A B S B U R G E R M O N A R C H I E : D I E J O S E P H I N I S C H E L Ö S U N G
183 . . .
Einfuhrung
195
195
Frühe Reformen in der Lombardei und in Galizien
203
Die Tätigkeit Josephs II. nach 1780: Die Kernlande
209
Ungarn
223
Die Osterreichischen Niederlande (Belgien)
229
Epilog und Zusammenfassung
244
III. TEIL: DIE
REVOLUTIONSZEIT
9. K A P I T E L : D I E R E V O L U T I O N IN F R A N K R E I C H
251
Einführung
251
Der Weg zur Revolution
259
Die Revolution bis Februar 1790
265
Die Revolution und die Klöster nach Februar 1790
279
10. K A P I T E L : D I E FOLGEN DER REVOLUTION AUSSERHALB F R A N K R E I C H S . . . .
293
Frühe Eroberungen, besonders Belgiens
294
Italien
298
Schweiz
301
Spanien und Portugal
305 - χ -
Inhalt
Deutschland
307
ZUSAMMENFASSUNG
317
Die Klöster des Ancien Regime
317
Die Aufhebung der Klöster
324
Die Folgen der Säkularisation
329
ANMERKUNGEN
345
BIBLIOGRAFISCHER ESSAY
383
Archive
383
Sekundärliteratur
383
Allgemein (länderübergreifend)
383
Einzelne Orden
385
Einzelne Länder
386
Deutschland
386
Schweiz
387
Die österreichische Monarchie
387
Frankreich
389
Italien
391
Polen
391
Portugal
391
Spanien
392
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
393
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
395
REGISTER
399
- χι -
Vorwort
Dieses Buch ist eine stark erweiterte Version der Birkbeck Lectures in Ecclesiastical History, die ich im Michaelmas Term 1993 mit dem Titel Lazy Monks and Philosophic Spoilers gehalten habe. Teilweise habe ich den ursprünglichen Vorlesungsstil auch im vorliegenden Text beibehalten. Für die Möglichkeit, diese Vorlesungen zu präsentieren, bin ich dem Master und den Fellows des Trinity College zu tiefstem Dank verpflichtet, denn mit dieser Ehre verschafften sie mir die einzigartige Gelegenheit, mich intensiv mit einem Stoff zu beschäftigen, der mich seit Langem fasziniert hat. Des Weiteren bin ich dem College auch Dank schuldig für das großzügige Stipendium, das es mir ermöglichte, farbige Illustrationen in mein Buch aufzunehmen. Von den Fellows von Trinity haben mich der verstorbene Dr. Robert Robson und Dr. Boyd Hilton unermüdlich ermutigt, und Professor Roger Paulin hat die Vorlesungen mit großem Engagement präsidiert. Die Gründerin der Birkbeck Lectures, Mrs. Anna Margaret Mednyanszky, war die Tochter von George Birkbeck, dem Schöpfer der Mechanics'Institute, welche im 19. Jahrhundert englischen Arbeitern teilzeitliche Schulung ermöglichte. Überdies war sie die Halbschwester von William Lloyd Birkbeck, Fellow am Trinity College und Vorgänger von F. M. Maitland als Downing Professor der englischen Verfassungsgeschichte. Mrs. Mednyanszky publizierte ein Buch mit dem Titel Rural and Historical Gleaningsfrom Central Europe (1854). Nachdem ich die Seiten der Kopie in der Universitätsbibliothek aufgeschnitten hatte, entdeckte ich, dass es sich dabei um eine leidenschaftliche Verteidigung Ungarns handelte, besonders des protestantischen Ungarn, für welches ihr Gatte, Oberst Mednyanszky, in und nach der Revolution von 1848 gegen die österreichischen Unterdrücker kämpfte. Es ist unwahrscheinlich, dass sie und ihre Familie sich über einen Vorlesungszyklus über den gegenreformatorischen Katholizismus gefreut hätten. Ihr Buch enthält aber immerhin einen positiven Hinweis auf eine Abtei, das Benediktinerkloster in Tihäny am Plattensee, wo der Abt, gemäß ihrer Erzählung, sogar protestantische Engländer mit wahrer Gastfreundschaft aufnahm. Mit dieser Aussage unterstützt sie eigentlich verschiedene der Argumente, die ich in der Folge vorbringen werde. Da mein Interesse an dieser Thematik Erstaunen hervorgerufen hat, sollte ich es vielleicht näher erklären. Meine Begeisterung geht auf die Anregung und das Vorbild des verstorbenen Bruders Peter, OSF, zurück, der mich, als ich am Bishop's Stortford College war, im -
XIII
-
Vorwort
House der anglikanischen Franziskaner in Dorset County einführte. Ein weniger direkter, aber andauernder Einfluss begründet sich aus meiner Liebe zu barocken Orgeln und ihrer Musik, einer Neigung, die durch den verstorbenen Mr. Bertam Bayford während mehr als fünfzig Jahren genährt wurde. Ein anderer Freund aus Schülertagen, Mr. Roger Peers, hat seit unserer Jugendzeit meine Zuneigung zu und Freude an Architektur und Musik gefördert. Außerdem hörte ich als junger Student die fesselnden Vorlesungen des verstorbenen Dom David Knowles und des verstorbenen Sir Nikolaus Pevsner über das mittelalterliche Mönchtum respektive den deutschen und österreichischen Barock. Viele Kollegen in meinem College haben zur Entwicklung meiner Interessen beigetragen. Das meiste, das ich über das mittelalterliche Christentum weiß, hat mich der verstorbene Dr. R. C. Smail gelehrt. Dem charismatischen, jetzt auch verstorbenen Dr. Royston Lambert verdanke ich meine Begeisterung für den Barock und viele andere Aspekte der schönen Künste. Nie habe ich zudem den Essay vergessen, den Mr. Fred Murphy um 1958 für mich geschrieben hat und in dem er mit großer Uberzeugungskraft argumentiert, dass Historiker (ich selbst Inbegriffen) die Bedeutung der wenigen frühen Jesuiten übertrieben und die Wirkung der viel größeren Kohorten in den späteren Jahrhunderten vernachlässigt hätten. Professor Stanford E. Lehmberg schenkte mir die ersten Lichtbilder von deutschen Barockklöstern; meine erste Reise dahin, 1962, machte ich in Gesellschaft von Dr. John Reid; diese beiden Freunde und Mr. Martin Thorpe sind nie müde geworden, meine Forschung auf diesem Gebiet zu unterstützen. Professor Tim Blanning hat seine gründlichen Kenntnisse von Europa im 18. Jahrhundert während der letzten vierzig Jahre großzügig mit mir geteilt und durch seine Bereitschaft, mein Manuskript zu lesen und zu kommentieren, viel zur Qualität des vorliegenden Buches beigetragen. Ferner haben mich das Wissen und die Begeisterung von Dr. Christopher Page stets neu inspiriert. Professor Barry Nisbet hat mich auf Lessings wundervoll passenden Dialog über Soldaten und Mönche aufmerksam gemacht, und sowohl er wie auch der verstorbene Mr. Tom Wyatt haben mir beim Ubersetzen aus dem Deutschen und Französischen unschätzbare Hilfe geleistet. Auch bin ich den folgenden Herren für ihre Weisheit und Freundschaft zu besonderem Dank verpflichtet: zwei vormaligen Fellows, Professor Simon Dixon und Dr. Benjamin Thompson, und drei Gastprofessoren, Professor Carlo Capra, der verstorbene Rev. Professor Donald Kerr und Professor Hagen Schulze. Rev. Professor Owen Chadwick hat mich persönlich und auch durch sein Buch, The Popes and European Revolution, immer wieder ermutigt; sein Werk enthält die beste Darstellung des europäischen Katholizismus im 18. Jahrhundert. Auch von Professor Peter Dicksons Arbeiten und Ratschlägen habe ich viel profitiert; ich möchte aber gleich beifügen, dass er in keiner Weise für meinen Gebrauch der Statistik verantwortlich ist. Als sich dann das vorliegende Buch zu einer vergleichenden Studie zu entwickeln begann, durfte ich über eine lange Zeitspanne hin von so vielen Menschen so viele zusätzliche Hilfeleistungen und freundliche - xiv -
Vorwort
Gesten erfahren, dass es schwerfallt, alle zu berücksichtigen. Aber den folgenden bin ich zu ganz besonderem Dank verpflichtet: Dr. Nigel Aston; Professor Eva Baläzs; Professor Robert Baidick; Lady de Bellaigue; Professor Wim Blockmans; Mr. R. P. Blows; Miss Brenda Bolton; Professor David Brading; Mr. Robin Briggs; Professor Christopher Brooke; Mgr. Charles Burns; Dr. Richard Butterwick; Dr. Melissa Calaresu; Dr. Frans Ciappara; Professor H. Coppens; Mr. James Day; Dr. Guy Dejongh; Professor J. A. Downie; Professor Eamon Duffy; Professor Robert Evans; Dr. Andreas Fahrmeir; Dr. Giovanna Farrell-Vinay; Mag. Elisabeth Fattinger; Professor Dermot Fenlon; Dr. J. L. Fuchs; Professor Antonio Garcia y Garcia; Professor Elisabeth Garms-Cornides; der verstorbene Mr. E. E.Y. Haies; Dr. Ian Harris; Dr.Tim Hochstrasser; Dr. Eva Hoös; Professor Olwen Hufton; Dr. Maurizio Isabella; Dom Philip Jebb; Professor Harm Klueting; Dr. Eva Knapp; Professor Domokos Kosäry; Dr. Elisabeth Koväcs; Dr. Ferdinand Kramer; Dr. David Laven; Dr. Mary Laven; Dr. Albert Lavigne; Dr. Helen Ledbury; Dr. Mark Ledbury; Dr. Peter Linehan; Father Umberto delTOrto; Dr. Jon Parry; Professor Läszlo Peter; Professor Brian Pullan; Dr. James Raven; Professor Jan Roegiers; der verstorbene Dr. John Rosselli; Dr.Ulinka Rublack; Professor David Sacks; Professor Eda Sagarra; Professor Hamish Scott; Dr. Peter Shore; Dr. Istvän Szijärtö; Dr. Stephen Taylor; der verstorbene Dr. Christian Thomas; Professor Istvän GyörgyTöth; Marquis deTrazegnies; Dr. Gabor Tiiskes; Dr. L. C. Van Dyck; Dr. Märta Velladics; Professor Peter Wende; und Dr. Christopher Wright. Viele der Genannten haben mich großzügig mit Büchern und Artikeln versorgt. Ich möchte auch die bereitwillige Hilfe anerkennen, die ich von vielen Archivaren und Bibliothekaren erfahren durfte, und zwar in folgenden Institutionen: dem Nationalarchiv und der königlichen Bibliothek in Brüssel, dem Nationalarchiv und der Nationalbibliothek in Budapest, der Universitätsbibliothek in Cambridge, der Universitätsbibliothek in Gent, der British Library in London, dem Archivio segreto vaticano und der Biblioteca vaticana in Rom, der British School in Rom, dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv und der Nationalbibliothek in Wien und den Abteien Bee, Downside, Melk, Pannonhalma, St. Florian, St. Gallen und Tongerlo. Dankbar anerkenne ich die Erlaubnis Ihrer Majestät Königin Elizabeth II., Material aus den königlichen Archiven in Windsor zu benützen. Überdies bin ich der British Academy, Cambridge University und Sidney Sussex College, Cambridge, für die großzügigen Stipendien zur Unterstützung meiner Reisen zu Bibliotheken und Archiven zu großem Dank verpflichtet. Mr. William Davies von der Cambridge University Press hat nicht nur außerordentlich viel Geduld gezeigt, sondern meinem Buch auch großes Interesse entgegengebracht und mir bei der Erwerbung des Bildmaterials großzügig Zeit und Sachkenntnis zur Verfugung gestellt. - xv -
Vorwort
Den größten Dank schulde ich jedoch meiner Frau Sally, so wie ich es in der Widmung zu diesem Buch ausgedrückt habe. Sally ermöglichte dieses Projekt, indem sie sich meiner Begeisterung anschloss und mich zu zahlreichen französischen, schweizerischen, deutschen, österreichischen, italienischen und tschechischen Klöstern chauffierte, mich bei Besuchen von vielen anderen, besonders in Spanien, begleitete und mich auf unzählige Weisen jederzeit unterstützte.
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Vorwort zur deutschen Ausgabe
In Zusammenhang mit der deutschen Ausgabe habe ich die Gelegenheit ergriffen, einige kleinere Ungenauigkeiten zu korrigieren, aber nicht versucht, den Text auf den neuesten Stand zu bringen. Zusätzlich zu den Personen, die ich im ursprünglichen Vorwort aufgeführt habe, bin ich auch Dr. William Godsey, Professor Anna Paolucci, Dr. Gabriel Paquette, Dr. Armgard von Rehden-Dohna und Dr. Martin Martin Ruehl für ihre Hilfe zu Dank verpflichtet. Besonderen Dank schulde ich ferner Mag. Elisabeth Fattinger und Dr. Peter Rauch, welche die Publikation dieser Ubersetzung ermöglicht haben. Die Übersetzerin, Barbara Bowlus, lie. phil., war nicht nur einfallsreich, gewissenhaft und großzügig mit ihrer Zeit, sondern sie hat sich auch unermüdlich für die Förderung und Verbesserung des vorliegenden Buches eingesetzt. Dabei war ihr die Möglichkeit, während vier Monaten den Lesesaal der Monumenta Germaniae Historica in München benützen zu dürfen, eine große Hilfe, wofür ich Professor Rudolf Schieffer, Direktor der M G H , herzlich danken möchte. Sidney Sussex College, Cambridge, Oktober 2007
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Derek Beales
Einleitung
DIE B E D E U T U N G DER K L Ö S T E R IM A N C I E N
REGIME
ür die meisten Historiker, die sich mit moderner europäischer Geschichte befassen, scheint mein Thema überhaupt nicht zu existieren. Während Klöster in jeder Darstellung des europäischen Mittelalters eine wichtige Rolle spielen, erwähnen die meisten Bücher über spätere Perioden weder Mönche noch Nonnen - außer vielleicht die Jesuiten. Diese Tatsache bezieht sich nicht nur auf allgemeine Geschichtswerke, sondern auch auf Studien, die sich speziell mit Kirchengeschichte beschäftigen. Auf Seite 259 der Oxford Illustrated History of Christianity berichtet uns Patrick Collinson, dass die Messe und andere Formen von Andacht in Luthers Augen „Werke" seien, die einer falschen Motivation entsprängen. Mit dem Bezug auf Luthers Ansicht scheint die Sache abgetan. Danach findet man, abgesehen von ein paar Hinweisen auf die Jesuiten, keine weitere Erwähnung von Klöstern oder religiösen Orden in Europa. Erst auf Seite 587 der Oxford History wird das Thema im Zusammenhang mit der Zeit nach dem 2. Weltkrieg nochmals kurz aufgegriffen.1 Zunächst möchte ich von einer Rechtfertigung des Mönchtums absehen und mich vielmehr mit seiner Verbreitung in der nachreformatorischen Zeit befassen. Natürlich verschwanden während der Reformation alle Klöster in den Gebieten, die zum Protestantismus übergetreten waren. Was nun die Länder betrifft, in denen sich der Katholizismus erhalten oder wieder neu etabliert hatte, vertritt C. H. Lawrence in seinem geschätzten Werk über Medieval Monasticism eine weitverbreitete Meinung. Er bestätigt zwar, dass die Klöster in diesen Gegenden überlebt hätten, fugt jedoch Folgendes bei: weil die Gemeinschaften, die ihr Leben der Feier von liturgischen Ritualen widmeten, den religiösen Bedürfnissen der Gesellschaft nicht mehr entsprachen und sie auch keine günstige Bleibe für überzählige Kinder mehr boten, und weil die Zahl der klösterlichen Einrichtungen den Bedarf derer, die sich zu einem asketischen Leben berufen fühlten, bei Weitem übertraf, wurde ihnen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundlage entzogen; die Zahl der Klöster verminderte sich und ihre Güter wurden anderen Zwecken zugeführt.2
In Wirklichkeit verhielt es sich aber ganz anders. Nicht nur überlebten die Klöster in den Ländern, wo die Reformation nicht Fuß gefasst hatte, sondern sie mehrten ihren Reichtum —1 -
Einleitung
und erlebten eine neue Blüte. Alte Orden reformierten sich und gediehen erneut. Neue Orden, deren Ziele und Aufgaben sich von denen der traditionellen monastischen Gemeinschaften unterschieden, wurden gegründet und verbreiteten sich mächtig. Diese Entwicklung lässt sich besonders in Frankreich, den südlichen Niederlanden, Spanien, Portugal, Italien, Polen, Teilen der Schweiz und im weiträumigen Herrschaftsbereich der österreichischen Monarchie in Mittel- und Osteuropa beobachten. In den meisten dieser Länder erreichte die Zahl der Mönche und Nonnen im zweiten oder dritten Viertel des 18. Jahrhunderts einen Höhepunkt. Wenn man den Begriff „Kloster" im weitesten Sinne verwendet, gab es um 1750 im katholischen Europa weit über 15.000 klösterliche Institutionen für Männer und mindestens 10.000 für Frauen.3 Diese Häuser gehörten Dutzenden von unterschiedlichen Ordensgemeinschaften. In einem Zyklus von Malereien aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, der die Wände im Vorzimmer des Abtes im fränkischen Kloster Schöntal schmückt, sind 302 verschiedene Arten von geistlicher Bekleidung abgebildet, wobei es sich vorwiegend um die Tracht spezifischer Mönchs- und Nonnenorden handelt. Aber auch diese ausführliche Darstellung ist wohl kaum vollständig.4 Um 1750 gab es im ganzen katholischen Europa bei einer Bevölkerung von weniger als hundert Millionen mindestens 350.000 Klosterinsassen - also ein Verhältnis von mehr als 1:30ο. Mönche und Nonnen waren nicht gleichmäßig verteilt, aber ihre Gegenwart war überall augenscheinlich und fühlbar. In Spanien und Italien war fast jede hundertste Person ein Mönch oder eine Nonne. An besonderen Örtlichkeiten, wie etwa in den päpstlichen Staaten, näherte sich das Verhältnis sogar 1:50. In Frankreich lagen die Proportionen beim Durchschnitt des katholischen Europa, nämlich 1:300; aber sogar da klagte der Autor Arthur Young, der sich mit landwirtschaftlichen Problemen befasste, kurz vor der Revolution: „Ich suche nach guten Bauern und stoße an jeder Ecke auf Mönche."5 In Wirklichkeit vermittelt das Verhältnis von Mönchen und Nonnen in Bezug auf die Gesamtbevölkerung, auch wenn es uns hoch erscheinen mag, ein falsches Bild von der eigentlichen Stärke der monastischen Bewegung zu dieser Zeit. Da im 17. und 18. Jahrhundert kaum die Hälfte der Kinder das Erwachsenenalter erreichte und da die Mehrzahl der Mönche und Nonnen erwachsene Menschen waren, wäre es sinnvoller, die Zahl der Ordensleute mit der Gesamtzahl aller Erwachsenen zu vergleichen. In diesem Fall würde sich das oben erwähnte Verhältnis verdoppeln. Unter bestimmten Umständen könnten sich so Proportionen ergeben, die uns heute kaum glaubwürdig erscheinen. Der extremste Fall, dem ich begegnet bin, liegt wie folgt: Im Florenz des 17. Jahrhunderts war das Verhältnis von Nonnen zu verheirateten Frauen 102:100, mehr als doppelt so hoch wie im vorangehenden Jahrhundert.6 Zwei weitere zahlenmäßige Vergleiche beleuchten den Unterschied zwischen der nachreformatorischen und der modernen Gesellschaft. In den meisten katholischen Ländern gab es im 18. Jahrhundert viel mehr Mönche als Nonnen; in Frankreich und in Teilen Italiens -
2
-
Einleitung
war es jedoch umgekehrt. Ferner bildeten Mönche und Nonnen zusammengenommen die Mehrheit des Klerus. Die Abbildungen in diesem Buch zeigen einige der großartigsten Klosteranlagen, und trotzdem gelingt es nicht, die Allgegenwart der religiösen Orden im täglichen Leben dieser Zeitperiode überzeugend zu vermitteln. In manchen Diözesen gab es mehrere Abteien, die in ihren Ausmaßen und reichhaltigen Ausstattungen mit der Bischofskirche wetteiferten und die meistens ganz oder teilweise von der bischöflichen Gerichtsbarkeit befreit waren.7 Pfarrkirchen hingegen waren gewöhnlich sehr schlicht, ja geradezu ärmlich, im Vergleich zu den Klosterkirchen, die doch letztlich nur einer beschränkten Zahl von Mönchen und Nonnen dienten. Wenn man übers Land ging, konnte man immer irgendwo eine klösterliche Anlage erblicken, oft in prominenter Lage auf einer Hügelkuppe. Aber auch in den Städten, ob klein oder groß, erhoben sich überall eindrückliche klösterliche Fassaden über den bescheidenen Behausungen der durchschnittlichen Bürger. In Lissabon gab es um die Mitte des 18. Jahrhunderts ungefähr 50 Ordenshäuser, ein Drittel davon für Frauen.8 Doch scheint diese Zahl fast bedeutungslos, wenn man sie mit den monastischen Einrichtungen in Paris vergleicht, wo sich nach der Aussage eines Kenners 58 Mönchs- und über 100 Nonnenklöster befanden. Neapel mit mehr als 100 Männerklöstern und beinahe 100 Häusern für Frauen übertrifft jedoch alle Rekorde.9 Beim Erwähnen eines Klosters stellen sich die meisten Menschen einen stillen Ort in ländlicher Abgeschiedenheit vor, aber im katholischen Europa des 18. Jahrhunderts war das Mönchtum hauptsächlich ein städtisches Phänomen geworden. Man glaubte allgemein, dass die Klöster unsäglich reich seien, und übertriebene Vorstellungen dieses Reichtums waren an der Tagesordnung. So wurde zum Beispiel angenommen, dass Ordenshäuser mehr als die Hälfte aller Ländereien in Bayern und Neapel besäßen.10 Es ist schwierig und aufgrund der überkommenen Quellen manchmal gar unmöglich, die wirklichen Verhältnisse zu errechnen, aber es besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei solch unrealistischen Schätzungen um Ubertreibungen gehandelt haben muss. Trotzdem besteht ein generelles Einverständnis, dass die großen Klöster in Bayern die Grundherren von 28 Prozent der bäuerlichen Bevölkerung waren, was bedeutet, dass alle Ordenshäuser zusammen einen noch höheren Prozentsatz der Einwohnerschaft kontrollierten; und in Niederösterreich, der Provinz, die auch Wien einschließt, besaßen die Klöster 20 Prozent aller Güter. In beiden Fällen bestand der klösterliche Anteil aus der Hälfte aller geistlichen Besitzungen. 11 Natürlich gab es auch Gebiete, wo der Prozentsatz an monastischen Gütern viel geringer war. In den verschiedenen Regionen Frankreichs schwankte der geistliche Gesamtanteil um 1789 zwischen 40 und 1 Prozent, je nach Gegend; es ist jedoch sinnvoll anzunehmen, dass der durchschnittliche Klosterbesitz etwas über 5 Prozent ausmachte, aber kaum mehr. Es wird angenommen, dass ungefähr ein Viertel der außerordentlich wertvollen
-
3
-
Einleitung
Pariser Liegenschaften Ordenshäusern gehörte. Demnach kontrollierten die Klöster des katholischen Europa im Durchschnitt etwa 10 Prozent aller Ländereien, was ungefähr der Hälfte des gesamten geistlichen Besitzes entsprach.12 Das ist zweifellos ein beträchtlicher Prozentsatz des verfugbaren Landes, was dem weit verbreiteten zeitgenössischen Glauben an den unermesslichen Reichtum der Klöster zugrunde liegen mag. Zum Vergleich soll erwähnt werden, dass der „National Trust" in Großbritannien heute nur wenig mehr als ι Prozent allen verfugbaren Landes in England, Wales und Nordirland besitzt.13 Abgesehen von Landbesitz hatten viele Klöster, besonders die älteren, das Recht, Zehnten zu erheben, die ihrem Ursprung und Prinzip nach einer zehnprozentigen Steuer entsprachen, welche die Bauern als Naturalabgaben all ihrer landwirtschaftlichen Produkte zum Unterhalt des Gemeindepfarrers abzuliefern hatten. In vielen Pfarreien waren jedoch Klöster oder andere geistliche Gemeinschaften die Nutznießer des Zehnten und hatten dann ihrerseits die Verpflichtung, für den Dorfpfarrer aufzukommen. Den Überschuss durften sie jedoch für sich behalten, was bedeutete, dass der Ertrag des Zehnten oft größer war als die Einnahmen aus ihrem Grundbesitz.14 Freilich gab es zwischen den verschiedenen Klöstern und Orden riesige Unterschiede in der Verteilung des Reichtums.15 Die meisten der wirklich wohlhabenden Abteien gehörten zu Orden, die schon vor 1 1 5 0 gegründet worden waren, wie Benediktiner, Zisterzienser, Augustiner, Prämonstratenser und Kartäuser. Spätere Orden, einschließlich der großen Zahl von Klöstern, die sich von den Franziskanern herleiteten und vornehmlich auf das 13. Jahrhundert zurückgingen, waren ursprünglich prinzipiell besitzlos und „mendikant", und gewöhnlich verblieben sie auch relativ bedürftig, in manchen Fällen sogar völlig mittellos. Viele Mönche dieser sogenannten Mendikantengruppe fristeten ihr Leben weiterhin mit Betteln. Andererseits waren die reichen Klöster in ihrer Gesamtheit Grundbesitzer in großem Stil und Herren über Millionen von Bauern. Sie besaßen Höfe und Wälder, welche sie manchmal selbst verwalteten, manchmal verpachteten; sie bauten Vorstädte auf; sie produzierten und verkauften Bier, Wein und Schnaps; sie übernahmen die Aufgaben einer Bank - in der Tat, sie beschäftigten sich praktisch mit allen Aspekten von Handel und Gewerbe. Sie gehörten zweifellos zu den wichtigsten Arbeitgebern. Während die Mehrzahl der Mönche aller Wahrscheinlichkeit nach Priester wurde, begnügte sich der Rest mit der minderen Weihe, um mit Hilfe von Laienbrüdern und -schwestern die alltäglichen Geschäfte zu verrichten. Viele Ordenshäuser hielten sich auch eine eigentliche Dienerschaft, was ermöglichte, dass sich die Chormönche, besonders die Priester unter ihnen, und die meisten Nonnen „höheren Dingen" widmen konnten. Überdies wurde zum Bau und Unterhalt der Klostergebäude eine ganze Armee von Bauleuten und Handwerkern benötigt; und im Zuge der Verschönerung ihrer Kirchen und der immer glänzenderen Gottesdienste betätigten sich die Mönche und Nonnen auch als bedeutende Mäzene der bildenden Künste und der Musik.
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4
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Einleitung
Im Übrigen widmeten sich die Klöster weiterhin ihren traditionellen Aufgaben wie Gastfreundschaft und Mildtätigkeit. Viele von ihnen, besonders diejenigen an abgelegenen Orten, übernahmen die Rolle von eigentlichen Hotels. Abgesehen davon, dass die Ordenshäuser vielen Menschen Arbeit verschafften - gewöhnlich in größerem Maße, als streng genommen nötig war - verteilten sie Nahrung und Almosen an die Armen und Bedürftigen. Außerdem war bekannt, dass sie sich gegenüber den Opfern von Naturkatastrophen besonders großzügig erwiesen. Diese wahllose Mildtätigkeit wurde von Reformern und Volkswirten häufig kritisiert; man kann jedoch nicht leugnen, dass viele Menschen, ja zum Teil ganze Dörfer in der Umgebung von großen Klöstern nur durch diese Hilfeleistungen überleben konnten.16 Die meisten Klöster genossen Immunität und entgingen somit der Kontrolle der regulären kirchlichen Hierarchie. Zudem hatten sie eine ganze Reihe weltlicher Privilegien: So waren sie von gewissen Steuern befreit und besaßen die Gerichtsbarkeit über ihre Insassen und die Bewohner ihrer Güter. Viele Äbte der größeren Klöster - und in Deutschland auch manche Äbtissin - waren Mitglieder der „Ständekammer" ihrer Provinz; und im Ersten respektive dem geistlichen Stand übertraf ihre Zahl oft diejenige der Bischöfe. 17 Die Territorien mancher bedeutender Abteien innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bildeten praktisch unabhängige Fürstentümer, die von Äbten und Äbtissinnen regiert wurden.18 Außerdem waren die meisten monastischen Orden international oder übernational, was bedeutete, dass einzelne Häuser in gewissen Angelegenheiten einer Autorität außerhalb ihres „Landes" unterstellt waren; und das betraf nicht nur den Papst, sondern in einigen Fällen auch einen übergeordneten Abt oder einen „General", der vielleicht in Rom residierte. Innerhalb des Heiligen Römischen Reiches mit seinen unzähligen politischen Einheiten, deren Ländereien oft über weite Gebiete zerstreut lagen, waren solche Verhältnisse keineswegs unnatürlich, doch vom Gesichtspunkt der zentralistisch regierten, absoluten Monarchien aus, die im 17. und 18. Jahrhundert das Bild des katholischen Europa prägten, mussten sie zunehmend anachronistisch erscheinen. Der Schritt zum asketischen Leben gründete sich im Wesentlichen auf dem Wunsch oder dem Ruf, den alltäglichen Sorgen und weltlichen Gelüsten zu entfliehen, und erfüllte sich darin, ein grundsätzlich lebenslängliches Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam abzulegen, um sich ganz in den Dienst Gottes zu stellen. Dieser Dienst umfasste Gebet, Meditation und Gottesverehrung und zudem Mithilfe bei der Leitung des Ordenshauses. Die individuellen Aufgaben richteten sich nach den Zielen und Vorstellungen der einzelnen Orden und konnten ganz verschiedene Tätigkeiten einschließen, wie etwa Predigen, Lehren, Seelsorge, Mission, Mildtätigkeit und Sorge für Kranke, Alte, geistig und körperlich Behinderte und Taubstumme. Aber auch die Pflege der Musik und Gelehrsamkeit und das Kopieren und Illustrieren von Manuskripten konnten dazu gehören. Im Fall der militärischen Orden zogen die Kreuzritter sogar für die Kirche in den Krieg.
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5
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Einleitung
Nur in den seltensten Fällen gerieten die ursprünglichen Beweggründe, die zur Stiftung eines Ordens geführt hatten, in Vergessenheit. Doch waren die Abteien so zahlreich und oft vor so langer Zeit etabliert und ausgestattet worden, dass sie in ihren Örtlichkeiten und der einheimischen Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen und häufig gesellschaftliche Aufgaben übernommen hatten, die den Zielsetzungen der Gründer nur noch entfernt entsprachen. Die meisten Katholiken betrachteten klösterlichen Besitz und Reichtum sowie das Mönchsleben selbst als Teil der natürlichen Ordnung. Unter anderem eröffneten diese Institutionen der Bevölkerung ganz spezielle Perspektiven. Wenn ζ. B. eine Familie es einem Sohn oder einer Tochter ermöglichen konnte, Mönch oder Nonne zu werden, besonders in einem wohlhabenden Haus, so war das für diesen jungen Menschen oft die einzige Chance, in den Genuss einer guten Ausbildung zu kommen und im Leben Einfluss, Sicherheit, Verantwortung und ein Maß an dauerhaftem Komfort zu gewinnen. Um die Aufnahme zu sichern, verlangten die Klöster in der Regel eine Mitgift fur eine Nonne oder eine entsprechende Anzahlung für einen Mönch. Gelehrsame oder musikalische Kinder beiderlei Geschlechts, auch solche aus bescheidenen Verhältnissen, waren willkommen in bedeutenden Abteien, und ihr Eintritt ins Kloster bot ihnen häufig die einzige Möglichkeit, ihre besonderen Gaben zu entfalten. Die Familienstrategie des Adels war häufig darauf angelegt, jüngere Söhne ins Kloster zu schicken, besonders wenn sie lernbegierig oder körperlich schwächer waren. Aber noch viel wichtiger war die Versorgung überzähliger Töchter in Nonnenklöstern. Als Philipp II. von Spanien Kirchengüter veräußern wollte, um die königliche Kasse aufzubessern, klagte ein Dominikaner:
[die Nonnen], die einen großen Teil des spanischen Adels bilden, werden ganz besonders von dieser M a ß n a h m e betroffen sein [...]. D a die Fürsten und andere prominente Männer wegen der teuren Mitgift nur eine von vier bis sechs Töchtern verheiraten können, haben sie keine andere Wahl, als die übrigen notwendigerweise in einem Kloster unterzubringen; und die Gründer dieser Häuser, denen diese Situationen sehr wohl vertraut waren, bemühten sich ganz besonders, ihre Stiftungen reichlich auszustatten, damit nicht etwa Armut [die Nonnen] in Versuchung fuhren würde oder sie in Verzweiflung und Elend leben müssten. U m ihnen ein sicheres, leicht zugängliches Einkommen zu garantieren, hat man ihnen Güter und Leibeigene gegeben. 1 9
Die Versorgung von überzähligen Adelskindern im Kloster gehörte in katholischen Ländern zum normalen Gesellschaftsleben, war aber gewöhnlich weiter verbreitet in Spanien und in Italien. Aber auch auf einer niedrigeren Gesellschaftsstufe mochte einem mittellosen Menschen das Leben eines Bettelmönchs, der sich zwar dem Zölibat verschreiben musste, dafür aber ein Dach über dem Kopf hatte und den rechtlichen Schutz eines Klerikers genoss, attraktiver erscheinen als das Schicksal, das Arme in einer städtischen Umgebung erwartete. -
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Einleitung Da, wo die Mendikanten stark vertreten waren, besonders in Italien, agierten sie häufig als Beistand der Armen und als ausgleichende Kraft in der Gesellschaft, und zwar nicht nur in Bezug auf die Fürsorge, die sie den Menschen außerhalb ihrer Häuser zukommen ließen, sondern auch indem sie Männer und Frauen in ihre Gemeinschaften aufnahmen, die sonst wahrscheinlich arbeitslos und unzufrieden gewesen wären.20 Der tiefe gesellschaftliche Graben zwischen den wohlhabenden Ordenshäusern und den Mendikanten wurde von Hobart Seymour, einem anglikanischen Pfarrer, in seinem Buch, A Pilgrimage
to Rome (ι 848), trefflich beleuchtet. Seymour war unverkennbar antikatholisch
und schrieb nach dem Abschluss meiner Zeitperiode. Doch war er darin bemerkenswert, dass er sich die Mühe machte, in Rom ganz verschiedenartige Klöster zu besuchen, und auch dadurch, dass er sowohl am Trinity College in Dublin als auch in Oxford studiert hatte. Seine scharfsinnigen Beobachtungen hätten mit geringfügigen Abweichungen ebenso gut auf die Verhältnisse im 18. Jahrhundert zutreffen können: Die Hotels und Kosthäuser in London und Paris [behauptet er] repräsentieren kaum ein vollkommeneres System der gesellschaftlichen Abstufungen als die Klöster in Italien. [ . . . ] Einige [...] sind gut und reichlich ausgestattet; [...] rühmen sich vieler Bequemlichkeiten, und [...] nehmen nur Mitglieder der oberen Klassen auf, ausgenommen von einigen Laienbrüdern aus den unteren Schichten, die der strikten Gemeinschaft als Diener beitreten dürfen. Die Letzteren übernehmen dann solche Aufgaben wie Träger-, Küchen- oder Botendienste. In den Ordenshäusern dieses Kalibers unterscheidet sich das Leben kaum von demjenigen, welches gewisse Mitglieder unserer englischen Universitäten führen. Da sie nichts zu tun haben, leben sie in ihren Wohnungen, essen zusammen, klatschen miteinander, wohnen den vorgeschriebenen Gottesdiensten bei. [ . . . ] Einige [Mönche], die eine Neigung zum Studium gezeigt hatten [...], gehörten zu den gelehrtesten und fähigsten Köpfen ihres Zeitalters. Andere, die sich für Religion interessieren [...] beschäftigen sich mit religiösen Fragen und politischen Intrigen [...]. Wieder andere amüsieren sich damit, sich die Zeit zu vertreiben [...]. Es gibt auch andere [Klöster], die speziell für die unteren Volksschichten eingerichtet sind. Dazu gehören hauptsächlich die Franziskaner und die Kapuziner, deren Erscheinung sicherlich allen Italienreisenden vertraut ist. Man erkennt sie leicht an ihren groben, braunen Kutten, der Tonsur, den nackten Füßen in den Holzsandalen, dem strickartigen Gürtel, dem Rosenkranz und den glatt rasierten Gesichtern des einen und den langen Bärten des anderen Ordens. Auch fallen sie durch ihr ungepflegtes Aussehen und die unangenehme Ausdünstung ihrer Kleidung auf. Ich wurde durch eines dieser Männerklöster geführt [...]. Da wohnten zu dieser Zeit nicht weniger als hunderifönfundsiebzigMönche!
[ . . . ] Der Schmutz und Gestank in ihren kleinen
Zellen, denen vielleicht nur noch die erbärmlichen Kammern in St. Giles in London gleichkommen, lassen sich kaum beschreiben [...]. Die Einrichtung glich einer überdimensionierten
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Einleitung Armenanstalt, bei deren Insassen es sich jedoch nicht um kranke, schwache oder alte Menschen handelte wie in England, sondern um starke, aktive, gesunde und leistungsfähige Männer, die ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft hätten bestreiten sollen.21
Bettelmönche verbrachten aus Notwendigkeit einen großen Teil ihrer Zeit auf der Straße. Aber auch Mönche anderer Orden - und teils auch Nonnen - nahmen einen größeren A n teil am geistlichen und weltlichen Leben außerhalb ihrer Mauern, als man sich gemeinhin vorstellt. Mönche stiegen in der Kirchenhierarchie oft zu den höchsten Ämtern auf. Eine Wandmalerei aus dem 18. Jahrhundert, die das Refektorium der Benediktinerabtei Pannonhalma in Ungarn schmückt, gibt vor, dass der Orden 15.000 Bischöfe, 7.000 Erzbischöfe, 200 Kardinäle und 52 Päpste hervorgebracht habe.22 Von den Päpsten des 18. Jahrhunderts war Benedikt XIII. (1724-30) ein Dominikaner, Clemens XIV. (1769-74) ein Franziskaner und Pius VII. (1800 gewählt) ein Benediktiner. Im vorliegenden Buch werden wir zahlreichen Fällen begegnen, wo Mönche und Nonnen mit den verschiedenartigsten weltlichen Geschäften betraut sind. Doch die einflussreichste Rolle in der Gesellschaft spielten sie zweifellos im Bereich von Schule und Bildung. Alle höheren Schulen, Akademien und Universitäten in den katholischen Ländern wurden von Mönchen dominiert.23 So hatten Klöster in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine weitgehend vergessene, jedoch unermesslich wichtige Bedeutung, die sich nicht nur auf geistliche Belange bezog, sondern auch das wirtschaftliche, gesellschaftliche, geistesgeschichtliche und schulische Leben des gesamten katholischen Europa beeinflusste.
DER A N G R I F F AUF DIE
KLÖSTER
Um 1812 hatte sich die Situation grundlegend verändert. In Frankreich, Deutschland, Belgien und in Nord- und Mittelitalien gab es zu dieser Zeit praktisch keine Klöster mehr, während in der Schweiz, Polen, Süditalien und einem großen Teil von Spanien einige wenige Ordenshäuser überlebten. Andererseits war in der österreichischen Monarchie nur ungefähr ein Drittel der Klöster aufgelöst worden, und in Sizilien, Portugal und im restlichen Spanien blieb die klösterliche Landschaft praktisch unberührt. 24 In den meisten Fällen waren die Güter und Besitzungen der säkularisierten Häuser von der Regierung konfisziert und verkauft, die Klostergebäude besetzt und geplündert worden. Die überlebenden Mönche und Nonnen zerstreuten sich in alle Winde, manche gingen ins Exil. Während ein Teil der Ordensgeistlichen eine angemessene Anstellung als Dorfpfarrer oder Lehrer fand, versuchten andere ihr Glück darin, mithilfe von ungenügenden Pensionen zu überleben. Wenn man den vormaligen Einfluss dieser Orden bedenkt, waren die gegenwärtigen Zustände nichts
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Einleitung
weniger als eine Revolution - nicht nur im geistlichen Sinn, sondern auch in der Geschichte des Bildungswesens und der Gesellschaft ganz allgemein. Von Regierungsseite hatte der erste ernsthafte Angriff auf die geistlichen Orden in den 175 oer-Jahren begonnen, als die portugiesischen Könige sich anschickten, den Jesuitenorden zu zerstören. Bis 1773 breitete sich dann die antijesuitische Bewegung auf alle katholischen Staaten aus, und Papst Clemens XIV. gelangte zur Uberzeugung, dass es im Interesse der Kirche lag, diesen Orden aufzulösen.25 Inzwischen richteten katholische Regierungen ihre Aufmerksamkeit aber auch auf andere Orden. 1766 ernannte Ludwig XV. eine commission des reguliers, deren Empfehlungen zur Auflösung von vielen Hundert Klöstern führten. Doch der prominenteste unter den reformfreudigen Herrschern war Joseph II., der in den 8oer-Jahren des 18. Jahrhunderts ungefähr ein Drittel der mehr als 2.000 Ordenshäuser in der Habsburgermonarchie säkularisierte.26 Dann, in den ersten Monaten der Französischen Revolution, konfiszierte die Nationalversammlung alle Kirchengüter und hob alle geistlichen Orden und Weihen auf. Zwischen 1794 und 1812 sorgten das Militär und die Diplomatie der revolutionären und napoleonischen Regierungen dafür, dass diese gravierenden Maßnahmen auch auf die südlichen Niederlande, Deutschland, fast ganz Italien, die Schweiz und Teile Spaniens ausgedehnt wurden. Die Teilung Polens zwischen 1772 und 1795 führte ebenfalls zu drastischen Schließungen von Klöstern.27 Doch während der Restauration nach 1815 blühten viele klösterliche Gemeinschaften wieder auf, eine Entwicklung, die in den 15 vorangehenden Jahren kaum vorstellbar gewesen war. Obwohl gewisse Aspekte dieser Ereignisse alle katholischen Gebiete gemeinschaftlich betrafen, gab es doch erhebliche Unterschiede zwischen den realen Erfahrungen der einzelnen Staaten und Regionen. Wie wir sehen werden, war die Stellung der französischen Klöster im Ancien Regime in vielen Beziehungen einzigartig, aber das könnte man mit leichten Abweichungen auch von anderen Ländern sagen, ob es sich nun um Belgien, Spanien, Portugal, Italien, Deutschland, die Schweiz, die österreichische Monarchie oder Polen handelte.28 Die Chronologie von Niedergang, Säkularisation und Wiederbelebung war unterschiedlich, und es war nicht ungewöhnlich, dass sich in benachbarten Ländern ganz widersprüchliche Tendenzen abzeichneten. Knapp zwei Monate nachdem 1789 in Frankreich alle monastischen Güter eingezogen worden waren, organisierten und finanzierten beispielsweise die traditionsreichen belgischen Abteien die Truppen, die das Heer Josephs II. aus ihren Provinzen vertrieben.29 Die Zusammensetzung und Stellung der Geistlichkeit und die der Mönche und Nonnen, die ihr zugehörten, variierte von Region zu Region, wie auch das Ausmaß an Sympathien oder Animositäten, die dem Mönchtum entgegengebracht wurde. In diesen Unterschieden spiegelte und formte sich gleichsam die Eigenart der Lokalitäten und Nationen. Diese Zusammenhänge verdienen auch im Hinblick auf Kirchengeschichte noch viel genauer untersucht zu werden. So besteht ζ. B. eine unverkennbare Eigenart des modernen
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Einleitung
Frankreich darin, dass zwischen 1790 und 1793 Tausende von Klöstern aufgehoben und in der Regel zerstört, geplündert oder anderen Zwecken zugeführt worden waren, sodass ihre Spuren oft ganz verschwunden oder kaum mehr zu erkennen sind.30 Im modernen Osterreich dagegen ist das Landschaftsbild auch heute noch von eindrücklichen Abteien geprägt, und ihr Einfluss wirkt noch bis ins 21. Jahrhundert nach. Trotz oder vielleicht gerade wegen der Politik Josephs II. entgingen diese großen Ordenshäuser im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert der Auflösung, und viele können auf eine - abgesehen von der Zeit des Nationalsozialismus - kontinuierliche Existenz seit dem Mittelalter zurückblicken.31 Das sind die Phänomene, die ich in diesem Buch gern beleuchten, ergründen und erklären möchte. Gerne würde ich die Geschichte nach 1815 bis in die Zeit der erstaunlichen Neubelebung der katholischen Kirche weiter verfolgen. Aber wie es sich zeigen wird, ist die Periode bis zum Ende des napoleonischen Regimes an sich schon ein riesiges Thema und mehr als genug zur wissenschaftlichen Behandlung in einer Vorlesungsreihe oder einem kurzen Buch. Der Grund, warum ich diesen Stoff anspreche und auf scheinbar ungezwungene Weise behandle, liegt darin, dass dieses Thema sogar in katholischen Ländern, besonders aber in Großbritannien, vernachlässigt, ja oft buchstäblich übersehen worden ist, und zwar nicht nur von Universalhistorikern, sondern auch von Spezialisten der Kirchengeschichte. Mit meiner Arbeit möchte ich mehr Historiker zum Studium dieser Problematik animieren und in einer größeren Leserschaft das Interesse an deren Bedeutung wecken. Keinesfalls handelt es sich bei dieser Betrachtung darum, ein wunderliches Überbleibsel oder ein malerisches Provinzdasein hervorzuheben; vielmehr bringen meine Bemühungen einen „versunkenen Kontinent" gleichsam wieder an die Oberfläche.32 Im 17. und 18. Jahrhundert spielten Mönche, Nonnen und ihre Klöster wirklich eine Rolle in der Gesellschaft des katholischen Europa; die Ordensleute selbst und die Institution der mönchischen Lebensweise blieben ein Gegenstand von regem Interesse und oft hitziger Kontroverse. Es ist eine gravierende Verzerrung der geschichtlichen Wirklichkeit, wenn man die Funktion der Klöster und ihrer Insassen in dieser Zeitperiode nicht berücksichtigt.
DIE PROBLEMATIK
DES
STOFFES
Wie kam es zu dieser Verzerrung? Im Allgemeinen liegt das Problem darin, dass die meisten zeitgenössischen Historiker der Religion wenig Bedeutung beimessen und sich daher schwer vorstellen können, dass Menschen zu irgendwelchen Zeiten wahrhaftig durch religiöse Motive bewegt werden konnten. Wenn sie offensichtlich religiösen Phänomenen begegnen, grenzen sie diese aus, vermindern ihre Bedeutung oder suchen eine säkulare Erklärung dafür zu finden. Sehen wir uns einige Beispiele an. Der berühmte Tudor-Historiker
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Einleitung
Geoffrey Elton konnte sich nicht mit dem Gedanken befreunden, dass die Empörung über die Auflösung der Klöster 1536 nach dem Zeugnis der Rebellen selbst die Hauptursache des Aufstandes (bekannt als Pilgrimage of Grace) gegen die Regierung Heinrichs VIII. war. Viele Geschichtsforscher, die sich mit dem englischen Bürgerkrieg oder dem Zeitalter der industriellen Revolution befassen, sehen religiöse Bewegungen und kirchliche Streitfragen gleichsam im Spiegelbild von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ungleichheiten. So hat die französische Geschichtsforschung eine große Anzahl wertvoller Studien über den Ursprung und Verlauf der Revolution hervorgebracht; doch behandelt sie dieses Thema meist so, als ob es nur eine Frage von Klassenkampf, Teuerung und Bevölkerungsdruck gewesen wäre, und vernachlässigt oder vermindert die Rolle, die Individuen, Politik, neue Ideen und besonders Kirche und Religion dabei gespielt haben. Die meisten dieser Autoren haben sich einer mehr oder weniger verwässerten Version des Marxismus verschrieben, wonach es für alle kulturellen, geistesgeschichtlichen und religiösen Phänomene eine materielle Erklärung gibt. Um es wie bei Marx auf einen einfachen Nenner zu bringen: „Religion ist Opium für das Volk" und kirchliche Institutionen sind ganz einfach der Ausdruck einer feudalen, kapitalistischen Unterdrückung. Bei den eben erwähnten Beispielen handelt es sich um Fälle, die in letzter Zeit verschiedene Historiker angeregt haben, sich um eine ausgewogenere Sicht zu bemühen und darauf zu bestehen, dass Religion ernst genommen werden müsse, wenn Geschichte richtig verstanden werden soll. Trotzdem bleibt es schwierig, für solche Argumente allgemeine Akzeptanz zu gewinnen.33 Am ausgeprägtesten zeigt sich diese blinde Vernachlässigung von religiösen oder kirchlichen Themen und besonders von Klöstern in gewissen wirtschaftlich orientierten Geschichtswerken. So werden solche Aspekte in den nachmittelalterlichen Bänden der Fontana Economic History of Europe kaum erwähnt; und sogar in einer Sammlung über den wirtschaftlichen Niedergang von Kastilien im 17. Jahrhundert scheinen sie eine geringe Rolle zu spielen.34 Zweifellos liegt dieses Versäumnis zum Teil auch an der Zurückhaltung, mit der zeitgenössische Gelehrte allem gegenüberstehen, was nach konfessioneller Zankerei aussehen könnte. Doch hängt es wohl auch damit zusammen, dass Debatten über „Religion und den Aufstieg des Kapitalismus" unter Historikern in Verruf geraten sind. Allerdings braucht man nicht anzunehmen, dass die spezielle Richtung, die Weber und Tawney bei diesen Debatten verfolgten, die einzig mögliche Betrachtungsweise darstellt. Weber und Tawney interessierten sich hauptsächlich dafür, in welchem Maße protestantische und besonders calvinistische Ethik Unternehmertum, Innovation und Fleiß angeregt und dadurch letztlich die Industrialisierung gefördert hat. Die Tatsache, dass sich diese Diskussion totgelaufen hat, sollte aber kein Grund dafür sein, andere Aspekte der Beziehung zwischen Religion und wirtschaftlichem Wachstum zu vernachlässigen. In allen europäischen Ländern gab es geistliche Institutionen, die große Ländereien besaßen. Dabei kontrollierten natürlich diejenigen, - 11
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die evangelisch geworden waren, durchschnittlich sicher viel weniger Kirchengüter als ihre katholischen Nachbarn, und manche besaßen wohl überhaupt kein ehemaliges Klostereigentum. 35 Sicherlich wäre es fur den Historiker eine lohnende Aufgabe zu untersuchen, ob sich geistliche Grundherren anders verhielten als andere Landbesitzer und vor allem ob sich die klösterliche Verwaltung von derjenigen anderer kirchlicher Institutionen unterschied. Ferner ließe sich mit den Reformern der Aufklärungszeit fragen, ob die Tatsache, dass geistliche Güter im Prinzip unveräußerlich waren und dadurch die Verfügbarkeit von Land beschränkt wurde, der wirtschaftlichen Entwicklung nicht ernsthafte Grenzen gesetzt hat, wobei natürlich eine solche Beschränkung in katholischen Gebieten ausgeprägter gewesen wäre als in protestantischen. Außerdem hielt die katholische Kirche am Zölibat fest, die evangelische nicht. Obwohl die Ehe dem ganzen katholischen Klerus verschlossen blieb, was bedeutet, dass nicht nur Mönche, sondern auch weltliche Geistliche ehelos bleiben mussten, war das unwiderrufliche Zölibat bei Frauen praktisch nur auf Nonnen beschränkt. Diese Verhältnisse haben das Wachstum der Bevölkerung wahrscheinlich schon begrenzt, auch wenn kritische Reformer deren Auswirkung vielleicht etwas übertrieben haben. Ferner finden wir in protestantischen Gebieten kaum Parallelen zu der ungeheuren Zunahme an Vergabungen, die dem Unterhalt von Totenmessen und wachsenden monastischen Gemeinschaften dienten. Besonders die Vorsorge für Totenmessen hat sich im Spanien des 17. und 18. Jahrhunderts zu einer eigentlichen „Industrie" ausgeweitet.36 Eine solche Entwicklung kann nicht ohne wirtschaftliche Folgen geblieben sein. In diesem Sinne hat sich die historische Fakultät der London School of Economics ein Armutszeugnis ausgestellt, als sie mein Angebot, einen Vortrag über die europäischen Klöster im 18. Jahrhundert zu halten, mit der Begründung ablehnte, dass dieser Gegenstand für ihre wirtschaftlich und politisch orientierte Hochschule unpassend sei. In den meisten katholischen Ländern ist das Studium der christlichen Religion durch den langjährigen, bitteren Konflikt zwischen Kirche und Säkularstaat belastet, durch einen Antagonismus, der sich schon lange vor der Französischen Revolution anbahnte. Diese historische Tatsache erschwert die unvoreingenommene Behandlung von religiösen Fragen, besonders da sie zu einer strikten Trennung von ausgesprochen katholischen und bewusst säkularen Universitäten geführt hat. In Belgien beispielsweise wurde die alte katholische Universität von Löwen, die bis zum heutigen Tag Wohnheime für Studenten verschiedener Mönchsorden unterhält, Anfang des 19. Jahrhunderts vorsätzlich von der Freien Universität Brüssel, einer Gründung der Freimaurer, herausgefordert.37 Während katholische Hochschulen umfangreiche, aber häufig unkritische Studien in Kirchengeschichte betrieben haben, ist dieser Themenkreis an den Laienuniversitäten entweder völlig ignoriert oder aber öffentlich gering geschätzt worden. Christian Hermann, der Verfasser eines ausgezeichneten Buches über die spanische Kirche im Ändert Regime, berichtet, dass ihm an der heute säkularisierten -
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Sorbonne - wo Ignatius Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, im 16. Jahrhundert seinen intellektuellen Schliff bekommen hat - Vorlesungen in allen Fächern, ausgenommen dem kanonischen Recht und der Theologie, angeboten worden waren, beides Fächer, die fur seine Forschung besonders wichtig gewesen wären.38 Diese Situation mag erklären, warum Roy Ladurie in seinem Standardwerk The Anden Regime außer Jesuiten keine Mönche erwähnt und die von Ludwig XV. ernannte commission des reguliers überhaupt ignoriert, aber auch, warum Francis Füret in seiner halboffiziellen Geschichte zum 200-jährigen Jubiläum der Revolution Klöster nur am Rande erwähnt und warum wir im Critical Dictionary ofthe French Revolution, den Füret zusammen mit Mona Ozouf zur selben Zeit publizierte, einen langen Eintrag über das kurzlebige Experiment der „Entchristianisierung" finden, während Mönche in einem einzigen Satz abgetan werden.39 Trotz dieses allgegenwärtigen Säkularismus finden sich in der neueren französischen Historiografie Hinweise auf eine sogenannte „neue Geschichte der Religion".40 Allerdings bezieht sich dieser Begriff in der Regel auf das Studium „volkstümlicher Religion", auf die Religion (oder den Aberglauben) von Männern und Frauen im Laienstand oder auf „Religionssoziologie", d.h. auf die gesellschaftliche Bedeutung der etablierten Kirche. Auf den ersten Blick lassen sich Klöster schlecht in diese Studienbereiche einordnen - vielleicht passen sie jedoch besser da hinein, als manche Werke dieser Geistesrichtung zu suggerieren scheinen.41 Die Betonung der Seelsorge und der Kirchengemeinde, verbunden mit gleichzeitiger Geringschätzung des Mönchtums, beschränkt sich jedoch nicht nur auf die moderne französische Historiografie. Es handelt sich dabei um einen der Hauptschwerpunkte der Reformation und - jedenfalls anfänglich - auch der Gegenreformation. Ein Bericht, der 1536 vom Papst in Auftrag gegeben worden war, empfiehlt die Abschaffung der Franziskaner- und Augustinerorden, die sich keiner Reform unterzogen hatten, da deren skandalöse Korruption den Weltklerus zu demoralisieren und die Kirche und die Welt zu ruinieren drohe.42 Das Konzil von Trient, das 1542 einberufen wurde, um sich auf gemäßigte Weise mit den Herausforderungen der Reformation auseinanderzusetzen, war in erster Linie darauf bedacht, die Anzahl und Wirkkraft der Gemeindepfarrer zu erhöhen und das herkömmliche Mönchtum zu läutern und in Schranken zu weisen.43 Auch bei heutigen Gesprächen über Religion nimmt die Seelsorge bei allen Religionsgruppen einen unvergleichlich höheren Stellenwert ein als die traditionelle Beschäftigung mit Gebet, Meditation und Gottesverehrung, wie sie in Klöstern üblich waren. Da alle Geschichte letztlich zeitgenössische Geschichte ist, mag die Betonung der Seelsorge eine weitere Erklärung dafür bieten, warum Historiker der europäischen Neuzeit das Mönchtum vernachlässigt haben. Wer seine Studien innerhalb der historischen Tradition Englands betreibt, die zweifellos dem Protestantismus verpflichtet ist, kann vielleicht die Vernachlässigung des Mönchtums - 13
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Einleitung
eher rechtfertigen als Geschichtsschreiber in katholischen Ländern. Diejenigen, die sich mit der Zeitperiode von Königin Elizabeth I., den Stuarts oder dem hannoveranischen Königshaus befassen, finden kaum einen Anlass, Klöster zu erwähnen. Nach Ansicht der Briten handelt es sich dabei grundsätzlich um mittelalterliche Institutionen, die aufgrund ihrer Bewahrung und Übermittlung von Zivilisation und Gelehrsamkeit über die Jahrhunderte geehrt werden sollten, die aber im 16. Jahrhundert hoffnungslos veraltet, aufgebläht und korrupt geworden waren. In England kommt das Mönchtum des 18. Jahrhunderts sogar manchen zeitgenössischen katholischen Historikern fremd vor. Einmal versuchte ich dieses Thema mit David Knowles, einem der größten unter ihnen, zu diskutieren, musste aber bald feststellen, dass es ihn, abgesehen von den bahnbrechenden Arbeiten der Benediktiner der französischen Kongregation von St.-Maur, kaum interessierte. Die Mönche, die er bewunderte, sei es im Mittelalter oder im 20. Jahrhundert, waren diejenigen, die streng nach der Regel lebten, nicht aber die lässigen, verweltlichten, reichen und faulen Klosterbrüder des Ancien Regime',44 und es scheint, dass sich im heutigen Großbritannien die Mehrzahl der interessierten Historiker wie auch der zeitgenössischen Mönche und Nonnen dieser Ansicht anschließt. Lieber erbauen sie sich an kahlen, zerfallenden gotischen Chorpartien ehemaliger Abteien - denen heute eine täuschende Strenge anhaftet - als etwa an den prächtigen Barockfassaden aktiver Ordenshäuser. Wenn klösterliche Bauten in England überhaupt näher untersucht wurden, dann namentlich von Ästheten und Kunsthistorikern.45 Die Vernachlässigung des kontinentalen Mönchtums hat das Werk gewisser englischer Historiker in einigen bemerkenswerten Fällen entscheidend geschwächt. J. C. D. Clark beispielsweise hat in seinem umstrittenen Buch, English Society 1688-1832
behauptet, dass
England im 18. Jahrhundert dem Ancien Regime auf dem Kontinent viel ähnlicher gewesen sei, als gemeinhin angenommen werde, da sich der Staat auf ein exklusives Glaubensbekenntnis gegründet habe, in dem die anglikanische Kirche eine ähnliche Rolle spielte wie die katholische Kirche in Frankreich. Weder Clark noch seine Kritiker weisen jedoch daraufhin, dass es vor 1789 in Frankreich viele Tausend Klöster gab, während in Großbritannien keine zu finden waren. Auch in seiner neuen Ausgabe von Burkes Reflections on the Revolution in France legt Clark in Bezug auf die Bedeutung der französischen Klöster und deren Aufhebung dieselbe Blindheit an den Tag. Arno Mayer zeigt in The Persistence of the Ancien Regime überzeugend, wie sich viele Institutionen dieser Epoche bis ins 20. Jahrhundert fortsetzten, so ζ. B. die monarchischen Strukturen, die Aristokratie, das Militär und die Kirche, besonders in Deutschland und in Osteuropa. Klöster dagegen erwähnt er nicht, obwohl ihr Uberleben als politische und wirtschaftliche Kraft in der Habsburgermonarchie und in Russland seine Argumente noch bedeutend gestärkt hätte.46 Überdies trifft es eigentlich nicht zu, dass Klöster nach der Reformation in der britischen Geschichte keine Rolle mehr spielten. Katholische Familien ließen ihre Söhne und Töchter - 14 -
Einleitung
weiterhin in Klöstern auf dem Kontinent erziehen, und viele dieser Kinder blieben da und traten in die entsprechenden Orden ein, wobei einige der Mönche später als Missionare nach England zurückkehrten. Anfang des 17. Jahrhunderts gründete Mary Ward aus Yorkshire einen neuartigen und teilweise umstrittenen Nonnenorden, der unter dem Namen Englische Fräulein bekannt wurde.47 Während der kurzen Regierungszeit von James II. gelang es ein paar Mönchen, sich in England wieder zu etablieren, wobei die Jesuiten unter ihnen durch ihren zweifelhaften Ruf viel zur Animosität gegenüber dem König beitrugen. Allerdings fanden sich auch unter den Anglikanern solche, die dem monastischen Ideal großen Respekt entgegenbrachten: So wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Little Gidding eine klosterartige Gemeinschaft gegründet. Und das große, nach 1682 etablierte Veteranen-Hospital in Chelsea war unter dem Begriff „Coledge" oder „Monasterie" bekannt und hielt sich an Hausregeln, die in jeder Beziehung den strengen Vorgaben eines Ordenshauses entsprachen.48 Für britische Historiker gibt es aber paradoxerweise noch einen ganz anderen Zugang zur Klostergeschichte des Anden Regime. Die Institutionen, die im England des 1 S.Jahrhunderts den Klöstern am nächsten standen, waren die Colleges von Oxford und Cambridge. In einigen Fällen leiteten sie sich direkt von ehemaligen Ordenshäusern her; doch alle gründeten sich auf ein monastisches Vorbild.49 Das ergibt sich auch aus Gibbons Beschreibung seiner Alma Mater, dem Magdalen College in Oxford: „Es ist eine der größten und reichsten unserer akademischen Korporationen und ließe sich wohl am ehesten mit den Benediktinerabteien der katholischen Länder vergleichen." Dann fährt er fort: Unsere Colleges sollen sowohl Schulen der Wissenschaft als auch der Bildung sein: so ziemt es sich denn auch, dass eine Gruppe von literarisch gebildeten Männern, in der Abgeschiedenheit eines ehelosen Lebens, befreit von den Sorgen des Alltags und reichlich mit Büchern versorgt, ihre Muße der Gelehrsamkeit widmen und dass die Ergebnisse ihrer Studien der Welt offenbart werden. Die Regale ihrer Bibliothek biegen sich unter dem Gewicht der benediktinischen Folios, den Ausgaben der Kirchenväter und den Sammlungen aus dem Mittelalter, die alle aus einer einzigen Abtei, St. Germain des Prez in Paris, hervorgegangen sind. [...] Wenn ich nach der Produktion der Mönche am Magdalene College frage oder meine Suchaktion auf weitere Colleges in Oxford oder Cambridge ausdehne, ist ein stilles Erröten oder ein verächtliches Stirnrunzeln meine einzige Antwort.50
Diese Colleges, obwohl modernisiert, haben bis zum heutigen Tag Spuren ihres klösterlichen Ursprungs bewahrt, und zwar in einem Maße wie wenige andere akademische Institutionen auf der Welt. In einem gewissen Sinn lässt sich das Klosterleben auf dem europäischen Festland im 18. Jahrhundert eher mit den Traditionen der modernen Oxbridge Colleges -jedenfalls bis zur Aufhebung der strikten Geschlechtertrennung - als etwa mit Mönchsgemeinschaften im 20. Jahrhundert vergleichen.
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Einleitung
Doch sollte ich die Vernachlässigung meines Gegenstands nicht allzu sehr übertreiben. So haben sich beispielsweise zwei bedeutende britische Kirchenhistoriker, Owen Chadwick und John McManners, eingehend mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Meine eigene Arbeit stützt sich weitgehend auf Chadwicks The Popes and European Revolution, und ich bin mir wohl bewusst, dass ich mich niemals mit seiner Weitsicht und seinem geistlichen Verständnis messen könnte. McManners Beschreibung der Kirche von Angers im 18. Jahrhundert und sein großes Werk, Church and Society in Eighteenth-Century France, vermitteln die Rolle der Klöster mit Geschick, Charme und unvergleichbarer Gelehrsamkeit.51 Auch andere britische Historiker, die sich mit europäischer Geschichte befassen, wie etwaT. C. W. Blanning, P. G . M . Dickson und R . J . W . Evans, haben weder Mönche noch Nonnen vernachlässigt.52 Zudem hat das neu erwachte Interesse an Frauengeschichte das Studium des Nonnenlebens wieder angeregt, wie etwa inj. Α. K. McNamaras Sisters in Arms: Catholic Nuns through Two Millennia, oder auch in Werken wie Elizabeth Rapley, The Devotes: Women and Church in Seventeenth-Century France, und Olwen Hufton, Women and the Limits of Citizenship in the French Revolution,53 Einerseits scheint es, dass Frauen oft aus gesellschaftlicher Konvention in die strenge Abgeschiedenheit des Klosters gezwungen worden waren; andererseits zeigt sich aber auch, dass das Leben einer Nonne angenehm sein konnte und einigen Frauen Beschäftigungen eröffnete, die ihnen in der weltliche Sphäre verschlossen geblieben wären, wie etwa Lesen und Studieren, Schreiben, Musik, Verwaltung, Unterricht, Krankenpflege und Sozialarbeit. Studien im Bereich der Frauengeschichte haben in den letzten Jahren so stark zugenommen, dass nun Mönche im Vergleich zu Nonnen fast vernachlässigt scheinen. Auch gibt es andere Anzeichen dafür, dass der Geschichte der Klöster wieder mehr Beachtung geschenkt wird. So haben ζ. B. im Verlauf der letzten Jahre viele österreichische und süddeutsche Klöster ihr neunhundertstes, tausendstes, elfhundertstes und zwölfhundertstes Jubiläum gefeiert. 1996 konnte die Benediktinerabtei St. Peter in Salzburg sogar auf 1350 Jahre aktiven Klosterlebens zurückblicken. In diesem Zusammenhang sind wunderbare Ausstellungen veranstaltet und prächtige Kataloge publiziert worden, die weit mehr als nur die Geschichte der betreffenden Institutionen beleuchten.54 1991 gab es in der Klosteranlage von Benediktbeuern (Bayern) eine Ausstellung mit dem Titel Glanz und Ende der alten Klöster, die von einem besonders wertvollen Katalog begleitet wurde.55 Ferner erschienen unter der Redaktion von Mario Rosa zwei wichtige Bände mit dem Titel Clergy and Society in Modern Italy und Society in Contemporary Italy, wobei „modern" frühneuzeitlich und „contemporary" 19. und 20. Jahrhundert bedeutet. In der Einführung heißt es: Es kann dem Leser kaum entgehen [...], [wie viel Platz hier] den Orden, Ordenskongregationen und geistlichen Institutionen allgemein eingeräumt worden ist. Zwei Motive haben diese Wahl bestimmt: einerseits die objektive Bedeutung [der Klöster] [...]; andererseits die Tatsache, dass -
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Einleitung
diese Thematik in der nationalen Geschichtsforschung lange nur ein Randdasein führte und im Wesentlichen den Historikern der einzelnen Orden als Spezialgebiet verblieb.56 Langsam festigt sich jedoch der Gedanke, dass, in den Worten von Christian Hermann, „die Kirchengeschichte für das Verständnis der europäischen Geschichte zu wichtig ist, als dass man sie allein Klerikern und frommen Laien überlassen sollte".57 Verschiedene Ereignisse, die mehr oder weniger unabhängig voneinander eintraten, scheinen das Interesse an diesem Themenkreis neu belebt zu haben. So sind in den letzten Jahren mehrere Reiseführer veröffentlicht worden, die eine Liste von aktiven, der Öffentlichkeit zugänglichen Klöstern in Europa enthalten. 58 Neuerdings hat die Beliebtheit von Gregorianischen Gesängen den Klöstern auch ermöglicht, Aufnahmen ihrer Chorgruppen auf den Markt zu bringen; und einige Musikgeschäfte preisen sogar Mönche (und Nonnen) des Monats an. Ausgrabungen auf dem Gelände der prächtigen Barockabtei von Altenburg in Osterreich haben die Fundamente von einstigen mittelalterlichen Gebäuden ans Licht gebracht, was zur Schaffung eines Museums führte, das ein neues wissenschaftliches Forschungsgebiet erschließt: klösterliche Archäologie. Die dortige Ausstellung enthält auch eine besondere Abteilung, die sich „Kloster für Kids" nennt. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass das Studium von Mönchen, Nonnen und Klöstern dem zeitgenössischen Historiker erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Es war ja die Aufgabe dieser Institutionen, Gott zu dienen, und zwar namentlich durch Gebet und Gottesverehrung, und die meisten Mönche und Nonnen widmeten den größten Teil ihrer Zeit, ja oft ihre ganze Zeit dieser Beschäftigung. Doch taten sie dies nicht, um in ihrem Erdenleben irgendwelche Vorteile oder Vergünstigungen zu erwirken, sondern um für sich und andere nach dem Tod das ewige Leben im Gottesreich zu erwerben. Ich kenne Österreicher, die es sehr bedauern, dass Joseph II. so viele Klöster aufhob, obwohl er ja mehr als die Hälfte der Ordenshäuser in der Monarchie bestehen ließ. Aber es gibt heute wenige Leute, auch unter Christen, welche die grundlegende Zielsetzung und Geisteshaltung eines Klosters nachvollziehen können. Zu Beginn des α ι. Jahrhunderts finden wir eine Gesellschaft, die Armut, Keuschheit und Gehorsam mehrheitlich ablehnt, in der Tat eine Gesellschaft, die sich gegen Gelübde irgendwelcher Art sträubt, besonders aber lebenslängliche Gelübde. Stattdessen konzentrieren sich die Menschen darauf, die Welt zu verbessern und auszubeuten. Sogar unter Katholiken gibt es solche, die dem monastischen Leben mit großem Misstrauen entgegentreten, besonders in der Form, die es im 18. Jahrhundert angenommen hat. Der große Reichtum dieser Klöster erscheint anstößig, und manche ihrer Ideale, wie etwa der bewaffnete Kampf gegen Ungläubige, muten verfehlt an. Auch scheint es manchen Zeitgenossen, dass gewissen Tätigkeiten, die an sich lobenswert wären, keine ausgesprochen religiösen Eigenschaften anhaften, unter anderem gewissen Aspekten der Musik, Gelehrsamkeit, Ausbildung, handwerklichen Fertigkeit -
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und Mildtätigkeit. Und doch muss man sich bewusst sein, dass diese Dinge in den Klöstern hauptsächlich „zur Ehre Gottes" getan wurden und im Übrigen darauf angelegt waren, das katholische Christentum zu verherrlichen und seine Lehre, Praxis und Macht in der Welt zu verbreiten. Wie soll sich der weltlich orientierte Historiker, der sich mit dem 18. Jahrhundert in Europa befasst, gegenüber diesen wahrhaft schwierigen Verständnis- und Interpretations problemen verhalten? Offensichtlich steht es ihm nicht zu, den Erfolg von Gebet und Gottesverehrung, Meditation und Mystik oder irgendwelchen anderen Beschäftigungen in Bezug auf ihren Lohn im nächsten Leben auszuwerten. Es ist also nicht möglich, diese Institutionen mit dem Maßstab zu messen, den sie vielleicht verdienen und nach dem sie sicherlich selbst beurteilt werden wollten. Andererseits ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Historikers, auf der Grundlage der Quellen über die erstaunlichen Ausmaße dieser Tätigkeiten zu berichten. Dabei muss er insbesondere die Quantität und Vielfältigkeit der monastischen Unternehmen hervorheben, durch die sich katholische Länder im 18. Jahrhundert so grundsätzlich von protestantischen unterschieden und fur die sich in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts kaum eine Vergleichsbasis findet. Der Historiker mag viele Aspekte der katholischen Frömmigkeit abstoßend empfinden. Er weiß, dass manche Mönche und Nonnen praktisch zum Eintritt ins Kloster verleitet oder gezwungen worden waren. Vielleicht bestimmten die Eltern diese Kinder schon im zarten Alter von fünf oder sechs Jahren zum mönchischen Leben und schickten sie in abgeschiedene Klosterschulen, wo sie ohne Kontakt mit der Außenwelt und ohne Kenntnis von säkularen Geschehnissen aufwachsen sollten. Ein solches Beispiel ist uns von drei Mädchen überliefert, deren Bruder, nachdem sie mehrere Jahre in Abgeschiedenheit gelebt hatten, verschiedene Besuche außerhalb des Klosters für sie arrangierte.
Auf einem dieser Ausflüge hatten die Mädchen das Pech, einer Viehherde zu begegnen, die auf dem Weg zum Schlachthaus war. Im Kloster hatten sie noch nie so große Tiere gesehen. Von Angst erfüllt baten sie ihren Begleiter, er solle sie so schnell wie möglich (ins Kloster) zurückbringen. „Wenn das die Welt ist", sagten sie, „oh wie furchtbar ist sie!" Sie entschlossen sich kurzerhand Karmeliterinnen zu werden. Marie de Jesus wurde 1700 Priorin von Chätillon [...], Magdaleine de Joseph 1728 Priorin von Compiegne.59
Die Worte und Symbole, welche die Profess begleiteten, gleichermaßen an Vermählung und Begräbnis erinnernd, konnten nur für Eingeweihte und Angewöhnte tragbar sein. Im 3. Kapitel zitiere ich eine beunruhigende Beschreibung eines solchen Anlasses, bei dem die zukünftige Nonne offensichtlich krank ist und sich der Zeremonie nur widerwillig unterzieht.60 Es ist kaum glaubhaft, dass sich mehr als ein Bruchteil der großen Anzahl von Mönchen und Nonnen an ihre Gelübde gehalten hat, und es war bekannt, dass es viele nicht taten. Aber der Historiker muss versuchen, die Ordensleute so, wie sie waren, innerhalb ihrer ei-
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genen Gesellschaft zu beschreiben und ihre erdgebundenen Tätigkeiten hauptsächlich in diesem geschichtlichen Rahmen auszuwerten.
D I E V I E L F A L T DES K A T H O L I S C H E N
MÖNCHTUMS
A n dieser Stelle ist es nötig, etwas über die Natur und Vielfalt des Mönchtums und über die ihm verwandten Probleme der Analyse und der Terminologie zu sagen. In meiner Periode unterschied die Geistlichkeit zwischen „säkularen" Klerikern und „regulären" Klerikern. Die Ersteren lebten in der Welt, während sich die Letzteren einer Regel unterstellt hatten, was üblicherweise bedeutete, dass sie einem religiösen Orden oder einer ähnlichen Institution angehörten. Meistens, aber nicht immer, bedeutete das auch, dass diese Geistlichen ein G e lübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam abgelegt hatten und dass sie in einer Gemeinschaft lebten. Den Gehorsam schuldeten sie der Ordensregel und ihren Vorgesetzten. Doch die geradlinige Entwicklung des Mönchtums ist durch eine verwirrende Reihe von Volksinitiativen immer wieder unterbrochen worden. Dabei handelte es sich um Bewegungen, welche die Geistlichkeit nur teilweise zu regulieren vermochte. Als das Konzil von Trient 1563 hinsichtlich des Ordensklerus neue Gesetze erließ, zog es die Vielfalt, die sich bis zu diesem Zeitpunkt herausgebildet hatte, in Betracht, indem es seine Dekrete sehr allgemein formulierte. So bezogen sich die neuen Gesetze auf alle Klöster und Monasterien, Kollegien und Ordenshäuser aller Mönchsorden und Regularkanoniker, einschließlich aller Arten von heiligen Frauen und W i t w e n [...], und wie sie immer heißen mögen, und was immer ihre Regel oder Verfassung sein mag, und unter welcher Vormundschaft, Herrschaft oder sonstiger Abhängigkeit von irgendeinem Orden, ob Bettelmönche oder reguläre M ö n c h e oder Kanoniker, sie stehen mögen. 6 1
Ich habe vor, von dieser autoritativen allumfassenden Definition Gebrauch zu machen; denn sie ist so umfassend angelegt, dass sie problemlos auch die zahlreichen Initiativen der jüngsten Jahrhunderte mit einschließt. Doch werde ich mich namentlich auf die Ordensgeistlichen in Europa konzentrieren und von der außerordentlich bedeutsamen Tätigkeit von Mönchen und Nonnen in Ubersee absehen, obwohl mir wohl bewusst ist, dass es unmöglich ist, die außereuropäische Dimension vollständig zu ignorieren, besonders im Hinblick auf die Jesuiten. Auch werde ich mich ausschließlich mit dem katholischen Mönchtum befassen und die orthodoxe Kirche, also Russland und den größten Teil des Balkans, überhaupt nicht berücksichtigen. Die Definition, die am Konzil von Trient ausgearbeitet wurde, ist gerade deshalb so nützlich und sinnvoll, weil sie in Betracht zieht, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Organisationen, die in ihr zusammengefasst sind, sehr groß sind. Andererseits werden -
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aber viele Begriffe, die vorkommen, in verschiedenen Bedeutungen gebraucht, was die Sache allgemein kompliziert. So ist es üblich, zwischen „Abteien" und anderen Klöstern zu unterscheiden, wobei es sich bei Abteien meistens um die prächtigen Anlagen der althergebrachten Orden handelt, die oft der direkten Autorität des Papstes unterstanden. Im Deutschen, einschließlich der deutschsprachigen Gebiete der Schweiz und Österreichs, wird auch häufig das Wort „Stift" benützt, was eigentlich Gründung oder Fundament bedeutet, sich aber hauptsächlich auf reich begüterte Abteien der alteingesessenen Orden bezieht, die im Leben ihrer Region eine große Rolle spielten und einen Sitz in der Ständekammer ihrer Provinz innehatten"6 2 Die Vielfalt der Bedeutungen kann verwirrend sein; doch wird im Deutschen und Italienischen ein individuelles Ordenshaus allgemein „Kloster" genannt. Auch der Gebrauch des Wortes „Orden" kann Verwirrung stiften. Viele monastische Gemeinschaften nennen sich selber nicht Orden: die Jesuiten ζ. B. sind eine Gesellschaft (societas). Auch ist es üblich, zwischen „Orden" und „Kongregationen" zu unterscheiden, wobei sich die Letzteren meistens an weniger strenge Regeln und Gelübde halten. In diesen Begriffen spiegelt sich die Vielfalt der verschiedenen Organisationen. Doch werde ich den BegrifF„Orden", wie allgemein üblich, normalerweise dazu verwenden, Institutionen zu beschreiben, die in der großzügigen Definition des Konzils von Trient zusammengefasst sind.63 Es mag hilfreich sein, drei weitere Begriffe, die bisweilen Verwirrung stiften, unter die Lupe zu nehmen. So beschränkt sich die Bezeichnung „Abt" nicht unbedingt nur auf den Vorsteher eines Klosters. Besonders irreführend ist das französische Wort fur „Abt", abbe, das im 18. Jahrhundert „zu einer ehrenhaften Anrede für Kanoniker, Dorfpfarrer und andere Kleriker geworden war".64 Aus diesem Grund wurden Männer wie Condillac, Diderot, Morellet und Raynal, die einst eine kirchliche Laufbahn angetreten hatten, oft mit abbe angeredet, obwohl sie dem geistlichen Leben längst den Rücken gekehrt und eine ausgesprochen antiklerikale Einstellung angenommen hatten. Sogar die sorgfältigsten Historiker übersehen mitunter die Tücken dieses Sprachgebrauchs. J. F. Bosher beispielsweise schrieb in seiner French Revolution'. „Mindestens neun Äbte schrieben Artikel fur die Encyclopedic." In Wirklichkeit haben mindestens 23 abbes Beiträge zur Encyclopedie geleistet, aber keiner von ihnen war ein Abt. 65 Parallelen zu diesem Sprachgebrauch finden sich auch in anderen romanischen Sprachen. In dieser Abhandlung werde ich das Wort „Abt" nur im Sinne des Vorstehers eines Klosters verwenden. Doch am verwirrendsten von allen ist das Wort „Kongregation", das vier relevante Bedeutungen in sich einschließt. Der Ausdruck kann sich erstens auf eine religiöse Bruderschaft beziehen, die nicht nach monastischen Regeln lebt. Zweitens umfasst der Begriff Gemeinschaften, die weniger streng organisiert sind als diejenigen der althergebrachten Orden. Des Weiteren ist „Kongregation" die übliche Bezeichnung für eine Gruppe von Klöstern innerhalb desselben Ordens, wie etwa die Kongregation von St.-Maur, die im 17. Jahrhundert von
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ι. Stich des Kartäuserklosters Villefranche-de-Rouergue,
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Südfrankreich.
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französischen Benediktinern ins Leben gerufen wurde. Ich werde das Wort hauptsächlich in dieser Bedeutung verwenden. Endlich ist „Kongregation" auch der Name für ein Komitee (oder eine Kommission), das vom Vatikan ernannt worden ist; das prominenteste Beispiel bildet wohl die Kongregation von Bischöfen und Ordensgeistlichen, die im 17. Jahrhundert etabliert wurde. A m besten lässt sich die Vielfalt der Orden historisch erklären.66 Um die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es grundsätzlich vier verschiede Arten von Orden, die in jedem Fall getrennte Institutionen für Männer und Frauen unterhielten. 1. Mönchs- und Nonnenorden, die nach den strengen Gelübden und Regeln (oder einer abgeleiteten Form davon) lebten, die der heilige Benedikt im 6. Jahrhundert aufgestellt hatte: Dazu gehörten die verschiedenen Gruppen von Benediktinern und die Zisterzienser, ein Zweig, der sich im 1 1 . Jahrhundert abgespalten hat. Diese Orden betonten Gebet, Kontemplation, Meditation und gemeinschaftliche Teilnahme an den liturgischen Gottesdiensten, die ursprünglich täglich siebenmal gefeiert wurden. Die Regel schrieb auch körperliche Arbeit vor; aber in vielen Ordenshäusern wurde diese Aufgabe lange vor dem 18. Jahrhundert auf Laienbrüder oder eigentliche Bedienstete übertragen. Zu dieser Ordensgruppe sind auch die Kartäuser zu rechnen, die ebenfalls auf das 1 1 . Jahrhundert zurückgehen. Es handelt sich dabei um eine Ordensgemeinschaft, in der die Mönche in separaten Häuschen praktisch als Einsiedler lebten und meistens nur zum Gottesdienst zusammenkamen. Daraus erklärt sich das französische Wort „chartreuse" für den Begriff „bungalow" (Abb. 1). Alle erwähnten Orden werden im Allgemeinen „kontemplativ" genannt, aber eigentlich waren nur die Kartäuser im strengsten Sinne kontemplativ. Viele Klöster dieser altetablierten Orden, besonders aber die der Zisterzienser, waren absichtlich in abgelegenen, unwirtlichen Gegenden gegründet worden. 2. Die Orden der Regularkanoniker, die weniger abgeschieden lebten und oft als Priester in den Pfarrgemeinden arbeiteten: Unter ihnen waren die Augustiner und die Prämonstratenser am weitesten verbreitet; die Letzteren waren im 12. Jahrhundert bei Premontre bei Laon gegründet worden. Ihre Regel ist von derjenigen der Augustiner abgeleitet. Diese beiden Typen von Orden waren ursprünglich und im Prinzip Agglomerationen von individuellen Häusern. Der Mönch - oder die Nonne - trat in ein bestimmtes Haus ein, nicht in den Orden. Der Vorsteher oder die Vorsteherin des Hauses, Abt/Äbtissin, Prior/Priorin oder bei Regularkanonikern oft Propst genannt, war auf Lebenszeit gewählt. Obwohl sie verpflichtet waren, die Mönche/Nonnen in der Kapitelversammlung bei gewissen Fragen zu Rat zu ziehen, beherrschten sie die Gemeinschaft sowohl im monarchischen wie auch im geistlichen Sinne und erfreuten sich innerhalb der kirchlichen Hierarchie einer Stellung, die der eines Bischofs gleichkam. (Im Fall von Nonnenklöstern fehlte den Äbtissinnen natürlich die priesterliche Autorität der Äbte.) Es stimmt zwar, dass sich im 18. Jahrhundert die
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meisten Ordenshäuser zu Kongregationen zusammenschlossen, doch blieb den individuellen Häusern immer noch ein hoher Grad von Autonomie. Hier handelt es sich um die „alten" Orden, die im Laufe der Jahrhunderte dank großzügiger Vergabungen in den Besitz großer Ländereien gekommen waren. Sie waren es, die sich im 18. Jahrhundert der reichsten Klostergüter und der großartigsten Gebäude rühmen konnten. (Eine Sondergruppe von Orden, die namentlich auf das 12. Jahrhundert zurückgeht, ist grundsätzlich verschieden von allen anderen geistlichen Gemeinschaften: die militärischen Orden. Die besondere Aufgabe dieser Orden bestand darin, Ritter zum Kampf gegen die Ungläubigen bereitzustellen oder Kriegsgefangene oder Sklaven zu retten oder auszulösen. Zudem betreuten sie Hospitäler, wo sie sich um die Kranken und Verwundeten kümmerten. Einige dieser Organisationen, wie die Trinitarier und die Deutschritter, brachten es zu großem Reichtum und überlebten bis ins 18. Jahrhundert, obwohl ihre ursprüngliche Zielsetzung mehr oder weniger bedeutungslos geworden war.) 3. Im 13. Jahrhundert entstanden schließlich die sogenannten Mendikanten- oder Bettelorden, die Dominikaner und die Franziskaner, die von Sankt Dominikus respektive Sankt Franziskus gegründet worden waren. Sie setzten sich zur Aufgabe, im weltlichen Raum unter Laien tätig zu sein, besonders in den Städten. Sie arbeiteten bereitwillig als Priester oder in Zusammenarbeit mit Gemeindepfarrern und verlegten sich besonders auf Predigen und Missionstätigkeit. Sie hielten sich nicht an die streng liturgische, komplizierte Gottesdienstordnung der traditionellen Klöster. Sowohl die Dominikaner wie auch die Franziskaner waren ausdrücklich als Orden mit zentralistischer Leitung gegründet worden; beide standen unter der Führung eines Generals, und die Vorsteher der einzelnen Häuser hatten eine befristete Amtszeit und begrenzte Kompetenzen. Trotzdem trat ein Bruder in ein bestimmtes Haus und nicht in den Orden an sich ein. Ursprünglich bestanden die Gründer dieser Orden darauf, dass sich sowohl die Ordenshäuser als auch die einzelnen Insassen der Armut verpflichteten; die Brüder sollten ihren Unterhalt mit Betteln bestreiten. Aber schon bald begannen sich diese Gemeinschaften nach dem Muster der älteren Orden zu entwickeln, indem sie in etablierten Häusern lebten und Güter besaßen. Unter den Franziskanern gab es eine Menge interner Streitigkeiten, die zu Spaltungen und zur Gründung einer Reihe von neuen Orden führte, die sich alle „mehr oder weniger streng" auf die Ideale des heiligen Franziskus beriefen. Den wichtigsten dieser Seitenzweige bildeten die verhältnismäßig strengen Kapuziner, die sich anfangs des 16. Jahrhunderts abspalteten. Im 18. Jahrhundert waren Franziskaner aller Art in ganz in Europa weitaus am zahlreichsten vertreten, und unter ihnen bildeten die Kapuziner den größten individuellen Orden.67 4. Während der Gegenreformation wurden verschiedene Orden (oder Kongregationen) von Ordensgeistlichen und Gesellschaften von Priestern gegründet, deren Ziele sich meis-
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tens auf eine ganz bestimmte Aufgabe ausrichteten. Zudem entledigten sie sich der Verpflichtung, mehrmals täglich zum Gottesdienst zusammenzukommen, und in manchen Fällen legten die Mitglieder eine weniger strenge oder sogenannte „einfache" Profess ab. Am berühmtesten wurde der Jesuitenorden, der sich ausschließlich der Missionstätigkeit widmete, sowohl in Europa wie auch Ubersee. Auch legten seine Mitglieder noch ein zusätzliches Gelübde ab, indem sie dem Papst absoluten Gehorsam versprachen. Wieder andere Männer- und Frauenorden befassten sich mit Erziehungsaufgaben oder sorgten für Kranke und Arme wie ζ. B. diejenigen, die von Saint Francis de Sale oder Saint Vincent de Paul inspiriert waren. Im 18. Jahrhundert gab es besonders in Frankreich eine beachtliche Gruppe von Organisationen, die im weiteren Sinne als Orden angesprochen werden könnten. Dies galt besonders für Frauengemeinschaften, deren Mitglieder oft nur „einfache" Gelübde ablegten und außerhalb der klösterlichen Einfriedung als Lehrerinnen und Krankenpflegerinnen wirkten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl solcher Organisationen weiter zu. In dieser Studie muss ich gelegentlich auf die technischen Unterschiede zwischen Mendikanten und Nichtmendikanten, zwischen Mönchen, Kanonikern, Bettelmönchen, Ordensgeistlichen (und deren weiblichen Entsprechungen) eingehen. Allgemein werde ich jedoch diese Personen Mönche und Nonnen nennen, indem ich mich auf den Wortlaut des Konzils von Trient berufe. Im Übrigen haben mich auch die Arbeiten der Mediävisten zu diesem Schritt ermutigt; denn sie zeigen, dass die oft erörterten Unterschiede zwischen Mönchen, Kanonikern und Minoriten tatsächlich häufig ziemlich unscharf waren.68 Ich habe meine Studie über die katholischen Klöster im Europa des 18. Jahrhunderts nach Ländern aufgeteilt. Auf diese Weise lassen sich bedeutende Variationen innerhalb der Klosterkultur am besten zeigen; zudem kann man einer solchen Aufteilung kaum ausweichen, wenn man die Reformbewegung und den Säkularisierungsprozess ansprechen will, bei welchen der Staat immer eine entscheidende Rolle gespielt hat. Aber eine solche Betrachtungsweise hat natürlich auch Nachteile: Die politischen Grenzen waren damals oft viel weniger genau gezogen, als sie es heute sind; auch lässt sich bei der Einzelbehandlung jedes Landes eine gewisse Wiederholung kaum vermeiden, und man läuft Gefahr, die Aspekte des Mönchtums, die alle klösterlichen Gemeinschaften miteinander verbinden, zu vernachlässigen. Um unnötige Wiederholungen zu umgehen, werde ich im zweiten Kapitel meine einzige ausfuhrliche Beschreibung des monastischen Tagesablaufes am Beispiel des Klosters Melk in Österreich darstellen; was da geschildert wird, galt mit geringfügigen Veränderungen für die meisten Klöster der traditionellen Orden. Auch was ich über die Güter von Melk sage, trifft mehr oder weniger für alle reichen Klöster zu. Die anschauliche Darstellung von Mile, de Rastignacs Profess, die ich im dritten Kapitel schildere, ist meine einzige Beschreibung dieser Zeremonie, obwohl sie natürlich in jedem wichtigen Ordenshaus von Zeit zu - 24 -
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Zeit durchgeführt wurde, wenn auch meistens unter weniger qualvollen Umständen. Ich beabsichtige nicht nur die verschiedenen Arten des Mönchtums zu beschreiben, sondern besonders auch jene Elemente zu beleuchten, die in fast allen Ländern des katholischen Europa fassbar sind; und wenn ich nicht speziell daraufhinweise, dass ein Merkmal nur auf ein bestimmtes Land oder Gebiet zutrifft, sollte man annehmen, dass meine Darstellungen allgemeingültig sind.
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ι . Kapitel
Die Gegenreformation und die Klöster
m die Mitte des 18.Jahrhunderts erreichte die Gegenreformation ihren Höhepunkt. Diese Aussage mag viele erstaunen, denn die meisten Historiker haben diese Bewegung eindeutig im 16. Jahrhundert angesiedelt und dehnen ihre Dynamik höchstens bis ins frühe 17. Jahrhundert aus, als die habsburgischen Kaiser, angeregt durch die Jesuiten, im Dreißigjährigen Krieg versuchten, Deutschland ins katholische Lager zurückzufuhren. Der Westfälische Frieden von 1648 setzte diesem Krieg ein Ende, indem die politische Aufteilung Deutschlands nach konfessionellen Richtlinien allgemein anerkannt wurde. Dieses Abkommen wird gewöhnlich als Endpunkt der Religionskriege auf dem europäischen Kontinent betrachtet und auch als Zeichen dafür, dass der Katholizismus kaum auf weitere Gewinne hoffen konnte. Der bekannte Historiker A . G . Dickens meinte, „die Gegenreformation - zu Recht so genannt - habe sich um die Mitte des 17. Jahrhunderts, in einer Periode der abgekühlten konfessionellen Leidenschaften und vielen,nicht-katholischen' Tendenzen, totgelaufen". 1 Tatsache ist aber, dass im Laufe des folgenden Jahrhunderts der größte Teil eines großen Landes, nämlich Ungarn, durch eine Kombination von Zwang und Bekehrungseifer von der römischen Kirche zurückgewonnen werden konnte. Ahnliche Ziele erreichte man in Polen, hier namentlich durch Missionstätigkeit.2 Nach dem Widerruf des Edikts von Nantes, 1685, verfolgte man in Frankreich die Hugenotten und vertrieb sie aus dem Lande. Unter den weniger bedeutenden Landesherren, die sich dieser Praxis anschlossen, befand sich der Fürstbischof von Salzburg, der 1 7 3 1 alle Protestanten seines Landes verwies. Von den prominenten Herrschern, die zum Katholizismus übergetreten waren, verloren zweijames II. von Schottland und Christina von Schweden, ihren Thron, während sich ein dritter, August von Sachsen, 1697 durch diesen Schritt die Wahl zum polnischen Königsthron sicherte. Man hat ausgerechnet, dass im Laufe d e s i 7 . u n d i 8 . Jahrhunderts einundfünfzig deutsche Fürsten vom protestantischen zum katholischen Glauben übertraten. Gemäß dem Westfälischen Frieden durften zwar Untertanen, deren Landesherr seine Religionszugehörigkeit gewechselt hatte, ihrem ursprünglichen Glauben treu bleiben. Doch unter solchen Umständen verloren diese unweigerlich an Einfluss und gesellschaftlichem Status, und oft mussten sie noch Schlimmeres gewärtigen.3 Bis nach der Mitte des 18. Jahrhunderts fürchteten Protestanten mit Recht, dass der unduldsame Katholizismus weiterhin militant und im Vormarsch war. 4 Manche Historiker verlegen die „Krise des europäischen Geistes" dagegen in die Zeit zwischen 1680 und 1 7 1 5 , als die Werke von solch genialen Denkern wie Newton, Locke,
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
Shaftesbury, Bayle, Fontenelle und Leibniz erschienen und unser Verständnis des Universums und unseres eigenen Daseins neu definierten. Ihre Schriften waren die Wegbereiter der Aufklärung, einer Bewegung, deren Ideengut im Prinzip mit dem Katholizismus, ja selbst mit dem Christentum schwer vereinbar war.5 Die meisten Repräsentanten der Aufklärung lehnten das Mönchtum ab, und es ist unbestritten, dass ihre Kritik und antiklerikale Haltung beim Untergang der Ordenshäuser während der Revolution eine große Rolle spielten. Doch dauerte es viel länger, als Historiker gemeinhin angenommen haben, bis sich „die Krise des europäischen Geistes" und die Aufklärung im katholischen Europa offensichtlich bemerkbar machten. Viele Anzeichen weisen darauf hin, dass sich der Katholizismus auch nach 1715 keineswegs in einer Rückzugsphase befand, im Gegenteil, sein Einfluss auf die Bevölkerung vieler Länder nahm immer noch zu. Zumindest bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts finden wir einen großen Prozentsatz von katholischen Testamenten, in manchen Gebieten sogar die Mehrzahl, die bestimmten, dass für die Seele der Erblasser Messen zu lesen seien.6 Obwohl der Anteil an theologischen und religiösen Werken im Rahmen der gesamten Neuerscheinungen im Laufe des Jahrhunderts zweifellos abnahm, kann man feststellen, dass sich die Gesamtzahl solcher Publikationen vermehrte.7 Es lässt sich zeigen, dass der Anteil an religiösen Büchern in den Bibliotheken des westfranzösischen Adels bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts stetig anwuchs.8 Noch erstaunlicher ist es, dass die Lockerung der Regierungskontrollen in Frankreich 1778-1779 zu einer wahren Flut von Nachdrucken der Werke verstorbener Autoren führte, wobei von zwei Millionen Kopien nicht weniger als 63,1 Prozent religiöser Natur waren. So kann die neue französische Schule für Religionsgeschichte behaupten, dass „es eigentlich im 18. Jahrhundert war, dass die Frömmigkeit der katholischen Reformation durch die Masse von Stundenbüchern, Psaltern, Gebetbüchern und Heiligenleben ihre größten Erfolge gefeiert hat". Ja, sie kann sogar noch weiter gehen und darauf bestehen, dass Frankreich in dieser Periode in der Tat katholischer war als zu irgendeiner anderen Zeit, dass das 18. Jahrhundert als das „wahre christliche Jahrhundert" zu betrachten sei.9 Innerhalb von Ländern, die an sich schon katholisch waren, wie etwa Frankreich, Bayern und Italien, lässt sich in diesem Zeitraum ein ungewöhnlicher Missionseifer beobachten.10 Im katholischen Europa traten während des ganzen Jahrhunderts Männer und Frauen aus allen Volksschichten, buchstäblich Millionen von ihnen, in religiöse Gemeinschaften ein, die unter priesterlicher Führung standen, wobei die berühmtesten Bruderschaften den Jesuiten nahestanden. Diese Organisationen hatten verschiedene Schwerpunkte, doch meistens verfolgten sie mehr als eines der folgenden Ziele: Gebet, religiöses Gedächtnis, Prozessionen und Wallfahrten, religiöse Erziehung, Armenhilfe, Pflege von Alten und Kranken und Begräbnisrituale.11 Auch Wallfahrten zu Stätten, wo sich Wunder ereignet haben sollen, oder zu Heiligen Reliquien wurden immer beliebter, und die Zahl solch heiliger Orte nahm stetig zu, indem „Bäume, Felsen, Quellen, Anhöhen
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Die Gegenreformation und die Klöster
und Höhlen" mit dem katholischen Glauben in Verbindung gebracht wurden. Die meisten dieser Wallfahrtsorte gründeten sich auf den Kult der Mutter Gottes. Mariazell, das wichtigste österreichische Marienheiligtum, registrierte im 17. Jahrhundert jährlich 120.000 bis 150.000 Besucher, 1725 waren es sogar 188.000 und im Jubiläumsjahr 1753 373.000. 12 Doch das eindrücklichste Indiz dafür, dass die katholische Reformbewegung erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte, liegt - wenigstens auf den ersten Blick - in der Tatsache, dass das Verhältnis zwischen dem weltlichen Klerus und der Bevölkerungszahl ungefähr um 1750 seine höchsten Proportionen erzielte, und zwar nicht nur in Frankreich, sondern auch in Spanien und Italien.13 Aber auch jene Historiker, die glauben, dass der Katholizismus im ersten Teil des 18. Jahrhunderts immer noch im Aufschwung begriffen war, übertragen diese Meinung selten auf Klöster und Ordensgeistliche. Tatsächlich nahmen diese jedoch - Mönche, Nonnen und ihre Ordenshäuser - zahlenmäßig immer noch zu. Der eindrücklichste Zuwachs zeigte sich bei den verschiedenen Franziskanerorden, unter welchen die Kapuziner von 2 2.000 Brüdern um 1650 auf fast 33.000 im Jahr 1754 anschwollen. In manchen Ländern erreichte die Zahl der Ordensgeistlichen, gleich derjenigen des Weltklerus, in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höchststand. In Polen vermehrte sich die Anzahl von Männer- wie auch Frauenklöstern zwischen 1700 und 1773 um ein Drittel, und im speziellen Fall von Ungarn verdoppelte sich die Zahl der Klöster nahezu zwischen 1700 und 1773. 1 4 Auch ist gewiss, dass der monastische Reichtum noch durchwegs im Wachsen begriffen war, denn erstens hatte der Wert von Land beträchtlich zugenommen und zweitens durfte einmal erworbener geistlicher Besitz nicht wieder veräußert werden.15 Diese erneute Blüte des Klosterwesens geht, zumindest in groben Zügen, Hand in Hand mit dem Vormarsch des Katholizismus und der Gegenreformation. Doch bleibt die Frage offen, ob jede erfolgreiche katholische Tätigkeit ein Verdienst der Gegenreformation war oder ob nur jene Errungenschaften dazugehörten, die auf einem spezifischen Reformprogramm, im Besonderen auf den Beschlüssen des Tridentinischen Konzils, beruhten. Manche Historiker unterscheiden zwischen der Gegenreformation, die sich offensichtlich gegen den Protestantismus richtete, und einer spontaneren Bewegung, die man vielleicht „katholische Reformation" nennen könnte.16 Aber ganz abgesehen von der Terminologie ist es unmöglich, jeden Aspekt der monastischen Erweiterung als Teil einer Reformbewegung zu betrachten. Andererseits konnte sich wohl in dieser Zeit der geistlichen Erneuerung kein Kloster dem Einfluss von Reformbestrebungen völlig entziehen. Während der akuten Phase der Reformation erlitten Benediktiner, Zisterzienser, Augustiner und Prämonstratenser trotz ihres Reichtums und ihrer politischen Bedeutung schwerwiegende Rückschläge, und dies sogar in den Ländern, in denen Klöster nicht durch protestantische Landesherren aufgehoben worden waren. So waren Ordenshäuser in Gebieten,
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
in denen Religionskriege wüteten, unweigerlich beeinträchtigt, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders in Teilen Frankreichs und während der hundert Jahre vor dem Westfälischen Frieden von 1648 in Belgien und im deutschen Sprachraum. O f t waren Klöster auch tätlichen Angriffen von Protestanten ausgesetzt, welche zeitweilig auch in Gebieten einflussreich waren, die wir heute kaum mehr mit der Reformation in Verbindung bringen würden, so ζ. B. in Osterreich, Böhmen, Belgien und der Provence. Allerdings wurden in solchen Fällen die alten Orden nicht unbedingt Opfer von Gewalttätigkeit, denn häufig ließen die Mönche ihre Häuser einfach im Stich. Das traditionelle Ordensleben hatte auch bei gläubigen Katholiken viel von seiner Anziehungskraft eingebüßt. Einerseits war den Reformern die Lockerung der ursprünglichen Regeln, die sich mit der Zeit bei fast allen Orden eingeschlichen hatte, ein Dorn im Auge. Was uns von den Benediktiner Mönchen in Westminster Abbey überliefert worden ist, hat allgemeine Gültigkeit: [Sie] aßen fast ebenso oft Fleisch wie ihnen Gleichgestellte in der weltlichen Gesellschaft; wenn immer möglich, beanspruchten sie Privatquartiere statt des gemeinschaftlichen Schlafsaals; sie gingen ohne Beschränkung frei im Kloster aus und ein. Sie gewährten sich reichliche L ö h n e oder persönliches Einkommen [...]. Sie engagierten berufsmäßige Kantoren, um ihre Messen zu singen, und Schulmeister, um in ihren Schulen zu unterrichten. In der Tat, schon zu dieser Zeit bestand eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen der Gemeinschaft in Westminster und den späteren Kollegien. 1 7
Die Zisterzienser ihrerseits wohnten längst nicht mehr in unwirtlichen Gegenden und hatten aufgehört, ihre Kirchen bewusst schmucklos zu halten. Und die Zweige der Franziskaner, die ihr ursprüngliches Armutsgelübde aufgegeben hatten, verloren in den Augen der Reformer ihre eigentliche Existenzberechtigung.18 Andererseits, wie wir in der Einführung gesehen haben, waren viele leitende Persönlichkeiten der katholischen Reformbewegung im 16. Jahrhundert darauf bedacht, die Zahl und Effizienz der Gemeindepfarrer zu vermehren und die Pfarrkirchen zu füllen. In diesem Sinne übten sie prinzipiell Kritik an den Grundlagen des Klosterlebens. Mochten die Regeln noch so streng und getreulich befolgt werden, die Klöster behinderten die Reformbestrebungen, weil sie ihre Mönchpriester von der Welt isolierten, die Gläubigen von den Pfarrkirchen fernhielten und sich der Oberaufsicht der Bischöfe entzogen. Ähnliches galt für die Privatkapellen der Aristokratie und in vielen Fällen auch für die Bruderschaften, die ihren Mitgliedern zu besonderen Zeiten und in speziellen Gebäuden Messen finanzierten. Viele katholische Reformer unserer Periode waren hin- und hergerissen zwischen den unvereinbaren Zielen, einerseits die alten Orden wieder in ihrer Reinheit herzustellen und andererseits ihre Daseinsberechtigung in Frage zu stellen.19 - 32 -
Die Gegenreformation und die Klöster
Doch zum Zeitpunkt, als diese Fragen auf dem Konzil von Trient 1563 aktuell wurden, hatte sich das Mönchtum, Luthers Verurteilung und der Unterdrückung durch protestantische Fürsten zum Trotz, im Selbstverständnis des Katholizismus schon wieder einen unverzichtbaren Platz geschaffen. Eine Kirche, die den Glauben an das Fegefeuer und die Fürbitte zu Heiligen so wie den Wert von Totenmessen aufrechterhielt und Keuschheit und Zölibat zelebrierte, musste auch die Daseinsberechtigung des Mönchtums akzeptieren. Obwohl Päpste, katholische Landesherren und Bischöfe die Orden gern radikal erneuert und ihnen einen großen Teil ihrer Unabhängigkeit und ihres Reichtums weggenommen hätten, war es zu diesem Zeitpunkt unmöglich geworden, mit drastischen Maßnahmen gegen sie vorzugehen. Die Dekrete des Tridentinischen Konzils von 1563 ermahnten die Klöster, ihre Ordensregeln zu befolgen, bestanden auf der Bildung von Kongregationen und legten den Bischöfen regelmäßige Inspektionen ans Herz. Überdies erinnerte man die Mönche und Nonnen an ihre Gelübde von Keuschheit, Armut und Gehorsam. Auch durften sie als Individuen kein Land besitzen und konnten andere Besitztümer nur mit der Zustimmung ihrer Vorgesetzten benützen, und zwar nur dann, wenn es sich um „nichts Überflüssiges" handelte - doch sollte ihnen nichts Notwendiges abgeschlagen werden. Das Alter für die gültige Profess wurde für Männer wie Frauen auf sechzehn Jahre festgelegt.20 Weiter wagte das Konzil jedoch nicht zu gehen. Eine der strengsten „Reformen" kam erst zwei Jahre später zur Anwendung, als Papst Pius V. in seiner Bulle Circapastoralis bestimmte, dass in Zukunft alle Frauenklöster fest ummauert sein müssten.21 So verminderten sich die Anzahl und der Einfluss von Mönchen und Nonnen im weiteren Sinne keineswegs. Im Gegenteil, die Förderer der Gegenreformation gründeten noch neue Orden dazu, im Besonderen die Jesuiten und die Kapuziner, welche die Gläubigen nicht nur von den Pfarrkirchen weglockten, sondern auch neue Rivalitäten zwischen den Ordensgeistlichen hervorriefen, speziell im Bereich von Schulung und Erziehung. Tatsächlich repräsentierten die Jesuiten eine völlig neuartige Hierarchie, die direkt unter päpstlicher Kontrolle und in Konkurrenz zu allen traditionellen kirchlichen Autoritäten stand. Das mönchische Ideal, das die Kirche unterstützte, erfreute sich des allgemeinen Respekts, und es gab keinen Mangel an Berufungen, denn viele junge Männer zogen die Mitgliedschaft in einer religiösen Gemeinschaft - am liebsten in einer Stadt - einer isolierten Pfarrstelle auf dem Lande vor. Erzbischöfe und Bischöfe waren häufig von weltlichen Landesherren abhängig, denen sie ihre Stellung verdankten, und manchen Gemeindepfarrern fehlte es auch an Eifer und angemessener Ausbildung. Viele waren von weltlichen Fürsten eingesetzt worden, vielleicht sogar von Protestanten oder Leuten, die der neuen Frömmigkeit feindselig gegenüberstanden. Tatsächlich gab es keinerlei Einrichtungen zur Ausbildung des Weltklerus, bis das Tridentinische Konzil verfügte, dass jeder Bischof ein Priesterseminar etablieren müsse. Aber auch dieses Dekret wurde von vielen Diözesen während Jahrzehnten - ja zum Teil " 33 "
I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
während Jahrhunderten - vernachlässigt. Überdies genügten die geografischen Verhältnisse der Bistümer und Kirchensprengel, deren Ursprung mehrheitlich tief in der Vergangenheit lag, den gegenwärtigen Bedürfnissen nicht mehr; doch sie waren seit Langem gesetzlich verankert und berührten so viele gewohnheitsrechtliche Interessen, dass es sehr schwierig war, Änderungen vorzunehmen. Klöster andererseits, brauchten sich um solche Probleme nicht zu kümmern. Die alten Ordenshäuser waren reich und konnten deshalb leichter Personal rekrutieren, um auf verschiedene Weise bei Schulung und Seelsorge mitzuwirken. Doch der schnellste und wirksamste Weg, eifrige und gut ausgebildete Seelsorger zu beschaffen, führte über die Gründung neuer Orden, die ihre eigenen Priesterseminare unterhielten und die ihre Mitglieder, gebunden durch ein Gelübde des Gehorsams, dahin abkommandieren konnten, wo sie am meisten benötigt wurden. Im 17. Jahrhundert gab es verschiedene Versuche, das traditionelle Mönchtum zu erneuern. Kardinal Richelieu, der skrupellose Minister Ludwigs XIII., stützte sich auf die Vorarbeit von Kardinal La Rochefoucauld, als er vorhatte, alle alten Orden, die sich der Reform widersetzten, aufzulösen. Richelieu befand sich zur Verwirklichung solcher Pläne in einer einzigartigen Stellung, da es ihm gelungen war, die Abtwürde von mindestens siebzehn Klöstern und das Priorat von einigen anderen auf sich zu vereinigen. So war er als Abt von Cluny (Benediktiner), Citeaux (Zisterzienser) und Premontre (Prämonstratenser) der Vorsteher der drei ältesten und einflussreichsten Ordenshäuser. Doch starb er 1642, bevor er sein Vorhaben umsetzen konnte. Daraufhin inszenierten die Klöster, in John Elliotts Worten, „geradezu einen Aufstand", der sich mit der Fronde der Aristokratie vergleichen lasse, und erreichten damit, dass die alten Ordenshäuser für ein weiteres Jahrhundert gerettet waren, ja in einem gewissen Sinn eine neue Blüte erlebten.22 In Italien dagegen verordnete Papst Innozenz X. 1652 die radikalste Klosterreform vor dem Ende des 18. Jahrhunderts, indem er ein Viertel der 6.000 Männerklöster auf der Halbinsel auflöste, im Prinzip alle jene, die weniger als zwölf Insassen hatten. Aber auch diese Maßnahme bewirkte einen solch großen Aufschrei, dass sich der Vatikan gezwungen sah, mindestens ein Drittel der stillgelegten Häuser wieder herzustellen und das Kriterium für eine annehmbare Größe auf sechs Mönche herabzusetzen.23 So schien das traditionelle Mönchtum während des 17. und des größten Teils des 18. Jahrhunderts in katholischen Ländern immer noch gesichert, ja praktisch unantastbar, und offenbar kaum berührt von den Plänen der Kirchenreformer oder der wachsenden Macht und dem Selbstbewusstsein der nunmehr aufstrebenden Staaten. Wie die zahlreichen Bekehrungen von Fürsten zeigen, erblickte man im Katholizismus eine natürliche Stütze für den Absolutismus. Im Gegenzug fühlten sich Fürsten aus Dynastien, die sich dem Protestantismus widersetzt hatten, verpflichtet, den Ethos und die Institutionen der alten Religion aufrechtzuerhalten, oder sie wagten es zumindest nicht, dieselben anzugreifen. Trotzdem - 34 -
Die Gegenreformation und die Klöster
glaubten manche katholischen Staatsmänner und Könige, dass es zu viele Klöster, Mönche und Nonnen gebe und dass diese knappe Ressourcen von Tätigkeitsfeldern abzweigten, die dem Staat mehr nützen könnten. Man war sich einig, dass diese Institutionen gezügelt werden sollten. Die Adligen in den katholischen Staaten beklagten sich regelmäßig, die Kirche kaufe allmählich alle ihre Besitzungen auf. Aber nur in ein paar Sonderfällen gelang es solch frommen Königen wie Philipp II. und Ludwig XIV., gemäß ihren Ansichten zu handeln: So bemächtigte sich Philipp einiger Klostergüter, um seine Kriege gegen ketzerische Gegner zu finanzieren; Ludwig seinerseits beschnitt die Privilegien von gewissen Klöstern.24 Doch im Allgemeinen akzeptierten die Herrscher die kirchliche Lehre, die besagte, dass das Streben nach einem asketischen Dasein lobenswert sei, ja dass es sich dabei vielleicht um den reinsten Ausdruck des christlichen Lebens handle. Ferner erkannten sie auch an, dass Individuen das Recht hatten, sich selbst und ihren Besitz einem Kloster zu weihen, und dass solcher Besitz, wie alle geistlichen Ländereien und Güter, fur alle Zukunft unveräußerlich war. Oft erließen die Landesherren den Klöstern und ihren Mitgliedern - wie auch dem gesamten Klerus - mindestens einen Teil der normalen Steuerlast. Sie akzeptierten die Tatsache, dass ihnen nur wenige Rechte über die Klöster zustanden, dass viele Ordenshäuser ganz oder größtenteils außerhalb der Rechtsprechung ihres Diözesanbischofs standen und in vielen Fällen in kirchlichen Belangen einer Autorität Gehorsam schuldeten, die außerhalb des Territoriums der weltlichen Fürsten beheimatet war: Vorgesetzten und Generälen, Kongregationen - und in vereinzelten Fällen allein dem Papst. Natürlich ernteten die protestantischen Landesväter durch die Auflösung der Klöster und die Übernahme von deren Gütern große fiskale Vergünstigungen, wenigstens kurzfristig. Doch war Heinrich VIII. von England der Einzige, der fast alle Einnahmen weltlichen Zwecken zuführte. Die katholischen Fürsten profitierten jedoch auf ihre Weise aus dem Fortbestehen von reichen und begüterten Klöstern. Obwohl das Konzil von Trient bestimmt hatte, dass alle religiösen Gemeinschaften ihre Vorsteher frei wählen dürften, wurden tatsächlich viele Wahlen stark von weltlichen Interessen beeinflusst oder sogar allein von diesen entschieden. Gegen den Willen des Konzils hatte sich ein System eingebürgert, nach welchem ein Herrscher die Abtwürde als Kommende an Leute vergeben konnte, die nichts oder sehr wenig mit der betreffenden Gemeinschaft zu tun hatten. Solche Kommendataräbte mochten Bischöfe, hohe Beamte oder Adlige im Laienstand, ja sogar fremde Fürsten sein und hatten Anspruch auf einen beträchtlichen Anteil der klösterlichen Einnahmen. Auch durften sie, wenn sie es wünschten, die häufig sehr vornehmen Abtwohnungen beziehen. In solchen Fällen wurde das religiöse Leben des Klosters von einem gewählten Prior überwacht, der mit einem stark reduzierten Budget haushalten musste. Diese Praxis war in Italien alltäglich geworden und in Frankreich sogar noch weiter verbreitet. Hier hatte sich der König vom Papst das Recht zur Besetzung der höchsten kirchlichen Amter erworben und in über - 35 -
I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
tausend wichtigen Männerklöstern Kommendataräbte eingesetzt. Das Recht, Pfründe zu verleihen, war für den König zweifellos von großem Nutzen.25 In Osterreich und Böhmen wiederum wurden die traditionellen Orden im 16. und 17. Jahrhundert von den Habsburgern absichtlich als dominantes Element in der „Ersteh Ständekammer" gefördert, um so ein Gegengewicht zum damals weitgehend protestantischen Adel herzustellen. Auch in der bayerischen Geschichte gab es Zeiten, in denen der Protestantismus unter dem Adel so weit verbreitet war, dass der katholische Landesfürst die Prälaten der „Ersten Ständekammer" benötigte, um sich zu behaupten.26 Je reicher die Klöster waren, desto nützlicher erwiesen sie sich, indem sie dem König oder einem Fürsten beträchtliche Summen zu mäßigen Zinsen liehen und somit die Funktion von Banken übernahmen und ungewöhnlich gute Sicherheit boten.27 Obwohl katholische Landesherren den Klöstern ganz allgemein gewisse Beschränkungen auferlegten, vornehmlich im Bereich von Rekrutierung, Güterbesitz und weltlicher Tätigkeit, und obwohl sie die Abtwahlen überwachten, manipulierten und oft frustrierten, unterließen sie - jedenfalls bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts - die drastischen Eingriffe gegen die alten Orden, welche die protestantische Reformation begleitet hatten. Selbst Rom musste im Umgang mit den Klöstern Zurückhaltung üben, sogar in den Fällen, wo die Ordenshäuser rechtlich direkt dem Vatikan unterstanden. Die Kongregation von Bischöfen und Ordensgeistlichen, eine im 17. Jahrhundert gebildete ständige Kommission von Kardinälen, besaß zwar eine gewisse Autorität zur Überwachung des Klosterlebens, konnte sich aber nur in Italien durchsetzen.28 Doch die Grundhaltung des Vatikans war - und sie musste dies letztlich auch sein - , dass die Gründung von individuellen Orden immer spontanen Impulsen entsprang und somit eine sukzessive Erneuerung der Kirche repräsentierte. Ursprünglich verhielten sich die Päpste misstrauisch gegenüber den neuen Formen des Mönchtums, wie sie von Franziskus oder Ignatius von Loyola ins Leben gerufen worden waren. Mit der Zeit akzeptierten sie jedoch diese Bewegungen als Ausdruck der Wirkkraft des Heiligen Geistes, wenngleich mit der Auflage, dass sie geregelt und gemäßigt werden sollten. Im Zeitalter der Aufklärung bildeten sich wenig neue Orden, aber die Haltung der Päpste blieb sich gleich. Die Redemptoristen, die 1732 von Alfonso Liguori im Königreich Neapel zur Missionstätigkeit auf dem Lande gegründet worden waren, erwarben sich die Anerkennung des Vatikans, allerdings erst nach ein paar Jahren des Abwartens und unter Druck der unteren Volksschichten. Dasselbe galt für die neuartige Verehrung der Stationen des Kreuzweges und des Heiligen Herzens, Rituale, welche die neuen Orden befürworteten.29 Ganz allgemein war die Handlungsfreiheit des Papstes politisch stark eingeschränkt, da viele Kardinäle nicht vom Heiligen Vater, sondern von weltlichen Fürsten eingesetzt worden waren. In den meisten Ländern erkannte man die päpstliche Autorität in geistlichen Belangen nur innerhalb bestimmter Grenzen an, und jeder Versuch des Heiligen Stuhls, irgendwelche latenten Ansprüche auf weltliche Macht in Staaten außerhalb des Kirchenstaates geltend zu -
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Die Gegenreformation und die Klöster
machen, rief unweigerlich eine heftige Reaktion hervor, die oft von Wut und Spott begleitet war. Die päpstliche Unfehlbarkeitslehre, auf der die Päpste und viele Vertreter der katholischen Hierarchie bestanden, besonders die Jesuiten, wurde von wenigen akzeptiert. Katholische Fürsten ignorierten und unterdrückten päpstliche Verfugungen häufig. Einige katholische Regierungen in Europa - Frankreich, Osterreich, Venedig - weigerten sich sogar lange, die Dekrete des Tridentinischen Konzils zu publizieren. Als es in Spanien endlich zur Veröffentlichung dieser Verordnungen kam, waren sie von einer Klausel begleitet, die ausdrücklich die königliche Autorität vis-ä-vis der Kirche hervorhob.30 So konnte Papst Innozenz X. einzig in Italien auf eine Klosterreform hoffen. Aber auch hier traf er auf Widerstand vonseiten verschiedener Fürsten, und er konnte seine Pläne nur teilweise verwirklichen.31 Versuchte sich der Papst andernorts in lokale Angelegenheiten von Orden oder Klöstern einzumischen, kamen die Landesherren den bedrängten Institutionen gewöhnlich zu Hilfe. Zum großen Bedauern der Päpste bestand mehr als die Hälfte des katholischen Klerus aus Ordensgeistlichen. Viele gehörten zu alten Orden, die keine gründliche Reform durchgemacht und sich Roms Kontrolle fast völlig entzogen hatten. Trotzdem waren manche von ihnen effizienter und reformfreudiger als der durchschnittliche Weltklerus. Daher blieb dem Vatikan nichts anderes übrig, als diese Zustände zu dulden und nach Möglichkeit zu nutzen. Solcherart waren die Verhältnisse in allen katholischen Ländern bis weit über die Mitte des 18. Jahrhunderts. Einerseits wurden dadurch monastische Unabhängigkeit und schöpferisches Wirken gefördert, andererseits führte diese Situation aber auch zu Missbrauch und verhinderte die Einfuhrung von dringend nötigen Reformen. Trotzdem überlebte der Geist der katholischen Reformer, und es gab immer Stimmen innerhalb der Kirche, die gewisse Aspekte des Mönch turns beklagten. Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts drückte sich diese kritische Haltung besonders im Jansenismus" aus.32 Die außerordentlich komplizierte Geschichte dieser Bewegung kann ich hier nur skizzenhaft behandeln. Ursprünglich waren die Jansenisten Anhänger von Cornelius Jansen, Professor an der Universität Löwen und Bischof von Ypres, dessen Buch mit dem Titel Augustinus 1640, zwei Jahre nach seinem Tod, erschien. Darin verherrlichte er die theologischen Ansichten des heiligen Augustinus, welcher der Sündhaftigkeit des Menschen größere Bedeutung beimaß als die übrigen Kirchenväter. In ihrer extremsten Form führen seine Argumente zur Uberzeugung, dass der Mensch nur durch die willkürliche Gnade Gottes erlöst werden kann, was besagt, dass nur der Glaube zum Heil führen kann und dass gute Werke an sich wertlos sind. Das war Protestantismus in seiner reinsten Form; und so ist es auch kein Zufall, dass Luther, ein Augustinermönch, von den Schriften des Kirchenvaters, die seinem Orden als Grundlage dienten, aufs Tiefste durchdrungen war. Hand in Hand mit diesen Lehren ging oft die Forderung nach einfacheren Gottesdiensten, schlichteren Gebäuden, Zugang zu muttersprachlichen Bibeln, strengerer persönlicher Moral, besserer Seelsorge und nach weniger Mönchen und
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Nonnen, dafür aber solchen, die sich gewissenhaft an die Ordensregeln hielten. Diese Geisteshaltung fand großen Zuspruch im Frankreich Ludwigs XIV., wo sie speziell mit dem Zisterzienserinnenkloster von Port-Royal des Champs bei Paris in Verbindung gebracht wurde. Schon bald verwickelten sich die Jansenisten jedoch in einem Netz von intellektuellen, politischen und kirchlichen Streitfragen. Die Hauptgegner des jansenistischen Gedankengutes innerhalb der Kirche waren die Jesuiten, die auf der Überlegenheit ihrer eigenen theologischen Lehre bestanden. Diese zeichnete sich nicht nur durch das Hervorheben der Verdienste von guten Werken aus, sondern auch durch ihre Pflege der „Kasuistik" und des „Probabilismus". Dabei handelt es sich um eine Art des Argumentierens, die darauf angelegt ist, ein weites Spektrum von Tätigkeiten, die auf den ersten Blick Moral und christliche Unterweisung zu verletzen scheinen, durch spitzfindige Gedankenakrobatik zu rechtfertigen. Gegen Ende seiner langen Regierungszeit kam Ludwig XIV. zur Uberzeugung, dass die Nonnen von Port-Royal und ihre männlichen Sympathisanten, gleich den Hugenotten, eine Bedrohung fur die Einheit von Kirche und Staat darstellten, und 1709 vertrieb er sie aus ihrem Kloster. Doch da ihm diese drastische Staatsaktion noch immer keine Befriedigung brachte, ließ er im folgenden Jahr die Gebäude der Zisterzienserinnen niederreißen. Auf Drängen der Jesuiten und des alternden Ludwigs XIV. verurteilte Papst Clemens XI. 1 7 1 3 in seiner Bulle Unigenitus 101 „jansenistische" Lehrsätze, die aus dem Buch Reflexions morales von Quesnel stammten. Quesnel hatte diese Reflexionen seiner französischen Übersetzung des Neuen Testamentes beigefugt und einige der so verdammten Abschnitte wortwörtlich aus den Schriften des Augustinus übernommen. Mit dieser Erklärung verurteilte der Papst Ansichten, die innerhalb der Kirche weit verbreitet und bisher in den Rahmen der akzeptierten Theologie gefallen waren. Es gibt heutzutage wenige Autoren, auch unter den streng orthodoxen, die daran zweifeln, dass die Bulle Unigenitus ein großer Irrtum war: Die neue, engumschriebene dogmatische Lehre war nicht haltbar, und der Versuch, sie durchzusetzen, schwächte langfristig sowohl das Papsttum wie auch die Kirche. Eine kleine Gruppe von Jansenisten verließ die Kirche und bildete eine schismatische Körperschaft: die Altkatholiken. Andere Sympathisanten passten sich äußerlich an, arbeiteten aber im Stillen daran, jansenistisches Ideengut zu verbreiten, was zur Folge hatte, dass praktisch jeder, der irgendeinen Aspekt der päpstlichen Verfügung oder der Jesuitenlehre in Frage stellte, als Jansenist gebrandmarkt wurde, besonders von den Jesuiten und ihren Anhängern. Die Auswirkungen dieses Streites waren enorm. Unter anderem führten sie zu einem erneuten Infragestellen der päpstlichen Autorität und zur Forderung nach einem allgemeinen Kirchenkonzil. Die Auseinandersetzung nahm derart erbitterte Formen an, dass die Fürsten in vielen katholischen Ländern jede weitere Diskussion dieser Fragen untersagten. In Frankreich spielten die Solidarität und das Parteigängertum der Jansenisten weiterhin eine große Rolle. Ihre gegenseitige Solidarität ermöglichte es ihnen, obwohl sie -
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Die Gegenreformation und die Klöster
in der Minderheit waren, faktisch
parlements zu dominieren, also die Gerichtshöfe, die
Regierungsdekrete ratifizierten, und auf diese Weise dem bourbonischen Absolutismus den Kampf anzusagen. Ihre Tätigkeit gehörte zu den Faktoren, die letztlich zur Auslösung der Revolution von 1789 führte. Diese Kontroverse ist im Zusammenhang mit meiner Studie besonders wichtig, da es sich unter anderem um einen Streit zwischen monastischen Orden handelte: Der Erlass der päpstlichen Bulle kränkte natürlich besonders jene, die der Lehre des Augustinus verpflichtet waren. Zwar war es den Jesuiten gelungen, dem Papst die Bulle Unigenitus abzuringen, aber letztlich war ihre Strategie nicht erfolgreich, denn sie rief eine heftige Gegenreaktion hervor, bei der auch andere Orden eine prominente Rolle spielten. Kurzfristig - etwas länger als eine Generation - trug die päpstliche Unterstützung der Jesuiten jedoch dazu bei, den Einfluss dieses Ordens in Politik und Erziehungswesen wie auch in der Kirche zu stärken, und sie ermöglichte den Triumph der barocken Frömmigkeit und die künsderische Entfaltung, die damit verbunden war. Doch spätestens um 1740 bekamen die Jansenisten starken Auftrieb durch die Schriften von Lodovico Muratori (1672-1750), dem universalgelehrten Bibliothekar des Herzogs von Modena. Heute ist er namentlich berühmt als wegweisender Herausgeber von mittelalterlichen Dokumenten in Italien; aber damals kannte man ihn hauptsächlich als Autor der Deila Caritä Cristiana (Über christliche Nächstenliebe) (1723) und seine Schrift Deila regolata devoxione de' cristiani (Uber wohlgeordnete christliche Frömmigkeit) (1747). Besonders im letzten Jahrzehnt seines langen Lebens beschäftigte er sich eingehend damit, die Notwendigkeit für die innere Erneuerung der Kirche zu erläutern. Dieser sanftmütige gelehrte Priester, der mit Papst Benedikt XIV. befreundet war, trat für Veränderungen wie beispielsweise die Einführung des muttersprachlichen Gottesdienstes ein. Auch erklärte er, dass es im Allgemeinen viel zu viele Kleriker gebe. In Bezug auf Mönche und Nonnen beklagte er sich über die Rivalitäten zwischen den verschiedenen Orden und über deren anmaßende Machtansprüche. Er schrieb über die süddeutschen Benediktiner, dass sie „in der Finsternis der Barbarei versunken" seien. Im Übrigen billigte er nur solche Orden, die, wie die Kapuziner, ihrer ursprünglichen Gesinnung treu geblieben waren; andersartige Orden konnten seiner Meinung nach ohne Weiteres abgeschafft werden. Auch drängte er darauf, dass den Weltgeistlichen - zumindest denjenigen, die ihre Rolle als Seelsorger treulich erfüllten - mehr Unterstützung und Respekt entgegengebracht werden sollte. Er hoffte, dass Papst Benedikt XIV. in diesem Geiste handeln und somit das Programm des Tridentinischen Konzils neu beleben würde.33 In Wirklichkeit nahmen sich jedoch Benedikts monastische Reformen sehr bescheiden aus. Andererseits, wie wir sehen werden und wie Muratori zuweilen selbst eingesteht, begannen viele der traditionellen Orden die katholische Reform von sich aus zu fordern - teilweise als Folge von äußerem Druck, aber teilweise auch durch Erneuerung von innen. Sie verbesserten die Klosterdisziplin, bildeten Kongregationen, pflegten die Gelehrsamkeit, nahmen an der
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
Modernisierung der Theologie teil und übernahmen wohltätige und seelsorgerische Aufgaben, sofern es ihre Ordensregel erlaubte.34 Trotzdem scheint es im Rückblick, dass dies für die katholische Kirche im 18. Jahrhundert die letzte Gelegenheit war, unter verhältnismäßig günstigen Umständen und mit einem respektierten Papst an der Spitze eine ernsthafte Reform durchzufuhren. Denn zur Zeit von Benedikts Tod, 1758, ließ sich schon das ferne Grollen des geistigen und politischen Erdbebens erkennen, das die Kirche als Institution in ihren Grundfesten erschüttern sollte. Gleichzeitig wandte sich der Jansenismus im weitesten Sinne des Wortes dem Absolutismus und der Aufklärung zu, um sich schließlich in der Revolution diesen Bewegungen entgegenzusetzen. Noch bedrohlicher war jedoch die Tatsache, dass Portugal den Jesuiten schon den Kampf angesagt hatte und entschlossen war, die Macht dieses Ordens zu brechen.35 1763 sah sich der Vatikan mit einer neuen Herausforderung konfrontiert. „Febronius" (ein Pseudonym für Hontheim), ein Suffragan des Erzbischofs und Kurfürsten von Trier, publizierte ein Buch mit dem Titel Uber den Zustand der Kirche, worin er postulierte, dass weltliche Herrscher und besonders Fürstbischöfe das Recht und die Pflicht hätten, die Kirchenreform in ihren Territorien voranzutreiben. Diese Schrift unterstützte den Vorstoß der kirchlichen Fürsten Deutschlands, sich Vorrechte anzueignen, die ursprünglich allein dem Papst zustanden. Ein Fürst, der auch Erzbischof war, konnte diesen Anspruch besonders gut rechtfertigen. Doch die Abhandlung des Febronius war auch vielen katholischen Landesfursten im Laienstand willkommen, welche die Privilegien der Kirche gern einschränken und ihre eigenständigen kirchlichen Reformen durchführen wollten. Die Tatsache, dass es dem Papst nicht gelungen war, bedeutende Verbesserungen herbeizuführen, bestärkte diese Bestrebungen. Die Kurie in Rom verlor zwar keine Zeit, Febronius' Buch zu verurteilen, doch trug sie damit nur zu dessen Ruhm und Verbreitung bei. In seiner Abhandlung über den Zustand der Kirche äußert der Autor die Meinung, dass es zu viele Klöster gebe, dass die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Orden großen Schaden anrichteten und dass das Mönchtum gereinigt und eingeschränkt werden müsse.36 Im zweiten und dritten Teil meiner Studie werde ich beschreiben, wie diese verschiedenen Strömungen zur Zerstörung der europäischen Klöster beigetragen haben. Im ersten Teil, in den Kapiteln 2 bis 5, werde ich mich mit der Zeitspanne vor der Revolution befassen und darlegen, wie das Mönchtum in verschiedenen Formen bis in die 8oer-Jahre des 1 S.Jahrhunderts weiterblühte, während sich schon die ersten Vorboten des Umbruchs anzeigten. Wie Chateaubriand über das napoleonische Kaiserreich schrieb: „Auf dem Höhepunkt des Wohlstands hören die Menschen nur die Klänge des Traumes, der schon dabei ist, ihnen zu entgleiten."37
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2. Kapitel
Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
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n diesem Kapitel werde ich mich mit jenen Gebieten befassen, in denen sich besonders die Klöster der alten Orden im späten 17. und frühen 18.Jahrhundert auf europäischer Ebene zur großartigsten Blüte entfalteten: Ich beziehe mich auf die
sogenannten deutsch-katholischen Regionen wie Süddeutschland, die Schweiz, Österreich und Böhmen. Bis zum heutigen Tag ist das Landschaftsbild in diesen Gegenden durch Klosteranlagen geprägt, die in den betreffenden Jahrzehnten neu erbaut und reich ausgestaltet
worden waren. Auch anderswo herrschte in diesem Zeitraum im klösterlichen Bereich eine rege Bautätigkeit, doch keineswegs in solch großartigen Dimensionen und nicht in dieser speziellen Spielart des Barock, die sich im Lauf der Jahre zum Rokoko wandelte und die für diese Gebiete so charakteristisch ist - üppiger, spielerischer, bunter und geschwungener als ihre italienische und französische Ausprägung.1 In dieser Hinsicht scheinen die verschiedenartigen deutschen Landschaften eine Einheit darzustellen. Außerdem gehörten viele Klöster in diesen Gegenden zu den politisch unabhängigsten Ordenshäusern im gesamten Europa. Unter ihnen finden wir viele der reichsten und oft regeltreusten und reformfreudigsten Häuser, ferner auch zahlreiche, die bedeutende Beiträge zur Wissenschaft geleistet haben. Hier im deutschen Sprachgebiet war den alten Orden im 18. Jahrhundert erneut eine Blütezeit beschieden, mit der sich kein anderes Land in Europa messen konnte. Die bemerkenswerteste Entwicklung im Ordensleben dieser Region im ersten Jahrhundert der Gegenreformation war, wie überall zu dieser Zeit, das Auftreten der Jesuiten, die von fast allen Autoritäten - Fürsten, Bischöfen und verschiedenen Orden - herbeigerufen wurden, um den Katholizismus zu erneuern und die Menschen zum alten Glauben zurückzufuhren. In diesem Sinne betraute man sie mit der Verantwortung für die meisten Universitäten und Lateinschulen. Sie überwachten die theologische Lehre und die Zensur, und sie stellten praktisch alle Beichtväter für die katholischen Fürsten. Die Jesuiten und andere neu gegründete Orden wie die Kapuziner spielten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Zusammenspiel mit politischem und militärischem Druck eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Wiedereinführung des Katholizismus in den süddeutschen Regionen.2 Gleichsam als Nebenerscheinung oder Resultat dieser Veränderungen wurde zwischen den ersten Jahrzehnten des 17. und den 7oer-Jahren des 18. Jahrhunderts - besonders zwischen den 1680er- und den i75oer-Jahren - die Mehrzahl der Kirchen im kathoÜschen Gebiet des deutschen Sprachraums neu erbaut und ausgestaltet. Die neuartige Betonung der gegenreformatorischen Fröm- 41
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
migkeit brachte gravierende Veränderungen im Kirchenraum mit sich. Sowohl Hochaltar als auch Tabernakel sollten auffällig verziert und so angebracht sein, dass sie für die ganze versammelte Gemeinde gut sichtbar waren. Zudem sollte sich eine große Menge von Kommunikanten ohne Schwierigkeiten dem Hochaltar nähern können. In den Seitenkapellen sollten zahlreiche Altäre zur Verfugung stehen, und die Kanzel sollte so platziert sein, dass der Prediger die Gemeinde mit der größtmöglichen Wirkung ansprechen konnte. Außerdem sollten die Beichtstühle so gestaltet sein, dass die Gläubigen ihre Beichte völlig anonym ablegen konnten.3 Gotische Kirchen, die durch Lettner unterteilt waren, wurden diesen Bedingungen kaum gerecht. Ein Kirchenraum schien nicht mehr akzeptabel, wenn er nicht im Wesentlichen als Hallenkirche konzipiert, mit Barock- oder Rokoko-Ornamenten geschmückt und mit Figuren von Heiligen und Propheten bevölkert war. Auch sollte sich eine respektable A n zahl von schön präsentierten Heiligenreliquien und mindestens eine Orgel vorfinden. Zudem sollte das Innere der Kirche in dramatischen Fresken und stuckiertem Girlandenschmuck in Gold und intensiven Farbtönen erstrahlen (Tafel 6). Äußerlich ersetzte die für diese Gegend typische Zwiebelform oft die romanischen und gotischen Turmspitzen. 4 Es lässt sich leicht erkennen, warum diese neuen Ausdrucksformen den kirchlichen Vorstellungen der Jesuiten und anderer gegenreformatorischer Orden entgegenkamen und warum sie sich im Rahmen der Missionstätigkeit dieser Orden auch auf die Pfarrkirchen ausbreiteten. Viel erstaunlicher ist jedoch, dass die wirklich großartigen Anlagen barocker Pracht fast durchwegs von Klöstern der alten Orden erbaut und ausgestattet wurden, von Mönchsgemeinschaften, die im 16. Jahrhundert dem Erlöschen nahe gewesen waren. Diese rege Bautätigkeit lässt sich wirtschaftlich relativ leicht begründen. Vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges kamen größere Baumaßnahmen kaum in Frage, und danach dauerte es eine Weile, bis sich die Landwirtschaft von den Kriegswirren erholt hatte. Während des Krieges hatte die Bevölkerung Deutschlands drastisch abgenommen, mindestens um ein Drittel oder möglicherweise sogar noch mehr.5 Natürlich waren die Auswirkungen der kriegerischen Handlungen vom Zufall abhängig und ungleichmäßig verteilt. In einigen Gegenden waren später eintretende Unruhen mindestens ebenso schädlich: In den östlichen Teilen von Österreich brachten ζ. B. die letzten Einfälle der Türken, die 1683 mit der Belagerung von Wien ihren Höhepunkt erreichten, eine weitere Periode der Verwüstung mit sich, besonders im Bereich der Kaiserstadt. Doch im Allgemeinen erlaubte die verhältnismäßig stabile und friedliche Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ein erneutes Anwachsen der Bevölkerung, was natürlich auf dem Land vermehrte Arbeitsmöglichkeiten und eine höhere Produktion mit sich brachte. Diese Entwicklung begünstigte offensichtlich die regierenden Landesherren, die Steuern erheben, und die Grundbesitzer, die von ihren Untertanen Fronarbeit und Abgaben verlangen konnten. In den Städten dagegen, die zur Zeit der Reformation in Blüte gestanden hatten, ließ ein erneuter Wohlstand auf sich warten. Meistens kamen nur Residenzstädte, also
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solche Orte, wo sich regierende Fürsten mit ihrem Hofstaat aufhielten, in den Genuss des neuerlichen Aufschwungs. Die Realeinkünfte von ländlichen Gütern dagegen tendierten bis mindestens in die 3oer-Jahre des 18. Jahrhunderts aufwärts, und die Klöster der alten Orden mit ihren ausgedehnten Besitzungen und den althergebrachten Rechten, den Zehnten und andere Abgaben einzuziehen, gehörten offensichtlich zu den Begünstigten.6 Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich diese ökonomischen Aspekte noch weiter beleuchten. Doch die unbestrittene Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in diesen Gebieten, obwohl eine unabdingbare Voraussetzung, genügt keineswegs, um die vielfältigen baulichen Großunternehmungen zu erklären. Freilich hatten viele Klöster mehr als ein Jahrhundert lang wenig zum Unterhalt und zur Verbesserung ihrer Anlagen beitragen können, und der Zustand vieler Gebäude dürfte häufig derart schlecht gewesen sein, dass sie von Grund auf restauriert oder ersetzt werden mussten - dies jedenfalls behaupteten die Äbte meistens, wenn sie ihrem Mönchskapitel einen ehrgeizigen Bauplan zur Zustimmung vorlegten.7 Doch spielten da noch ganz andere Faktoren mit. Als sich nach dem Westfälischen Frieden die Lebensverhältnisse langsam verbesserten, erwachte ein Gefühl der Sicherheit und des Triumphs, beflügelt durch das Bewusstsein, dass ein ganzes Gebiet, das beinahe an den Protestantismus verloren gegangen war, nun wieder fest in den Händen des Katholizismus zu liegen schien. Eine weitere Welle von Erleichterung und Frohlocken setzte ein, als die Türken, die das christliche Abendland so lange bedroht hatten, 1683 die Belagerung von Wien aufgeben mussten, und die Euphorie steigerte sich noch weiter, als sie im Laufe der nächsten vierzig Jahre langsam, aber sicher auch aus Ungarn vertrieben wurden. Dieser Gefuhlszustand mag nach den Turkenkriegen auch den schnellen und großartigen Neubau der Adelspaläste in Wien beschleunigt haben. Trotzdem gibt es keine zwingende Erklärung dafür, warum es den alten Orden gelang, beim triumphalen Zelebrieren der Gegenreformation die fuhrende Rolle zu übernehmen.8 Ich werde nun einige berühmte Ordenshäuser näher unter die Lupe nehmen. Dabei will ich versuchen, mit Hilfe von Illustrationen einen Eindruck des Glanzes und der architektonischen Qualität dieser großartigen Klöster zu vermitteln, zum Verständnis ihrer Blüte in dieser Zeit beizutragen und die Lebensweise ihrer Mönchsgemeinschaften genauer zu betrachten.
ÖSTERREICH
UND
BÖHMEN
Melk Ich beginne mit den österreichischen und böhmischen Ordenshäusern. Zunächst möchte ich mit einer ausfuhrlichen Beschreibung das Kloster Melk vorstellen, da seine Bedeutung weit über den örtlichen Umkreis hinaus reicht. Außerdem besitzt es reichhaltige Archive, kann " 43
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
2. Ansicht der Benediktinerabtei Melk von der Donau.
sich besonders guter Historiker rühmen und hat hinsichtlich seiner Finanzen immer eine ungewöhnliche Transparenz gezeigt.9 Jede bedeutende Abtei hatte ihre eigenen Gebräuche und Gewohnheiten, und Melk war zweifellos einzigartig in Bezug auf seinen Reichtum und seinen Status. Aber ein großer Teil seiner Geschichte und Lebensweise ist auch auf viele andere Häuser der alten Orden in diesem Gebiet übertragbar. Der Tages- und Jahresrhythmus der Mönche von Melk lässt sich im Wesentlichen mit demjenigen aller Klöster vergleichen, die sich auf die Regel des Heiligen Benedikt beriefen. Melk ist zweifellos die großartigste aller Benediktinerabteien. Errichtet auf einem Felsvorsprung 50 Kilometer westlich von Wien, grüßt sie majestätisch zur Donau herunter. Die erste Farbtafel in diesem Buch und die Abbildung Nr. 2 mögen einen Eindruck von den Ausmaßen und der erstaunlichen Lage dieser Anlage vermitteln. Melk wurde gegen Ende des 1 i.Jahrhunderts vom Babenberger Leopold II., dem Markgrafen von Osterreich, an der Stelle seiner früheren Burg gestiftet. Schon immer gehörte die Abtei zu den bedeutendsten ~ 44 -
Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
Ordenshäusern dieser Gegend und im 18. Jahrhundert war sie eines der beiden reichsten Klöster in Niederösterreich. 1695 besaß sie 7.000 Untertanen und 1751 erfreute sie sich eines jährlichen Einkommens von 44.000 Gulden, was ziemlich genau 1 Prozent der Einnahmen der ganzen Provinz Niederösterreich entsprach. Im letztgenannten Jahr listete ein amtliches Dokument die Vermögenswerte des Klosters Melk und seiner Pfarrgemeinden auf, was sich aus Tabelle 1 ersehen lässt.10 Tabelle 1: Stift Melk 1751 Kapitalisierte Werte (in Gulden) und Prozentanteile
Äcker
Gulden
%
38.225
4,4
3.36? ..,>·γϊ:ίΛ-·:;';···· .γ-:-'Γ;:/:,:.··;..:·· -·...·-
Wiesen Weingärten/Äcker Waldungen/Auen
0,4
5.7g2
0,7
8.196
0,9
84.560
9,6
3.565
0.4
WK^IBSB^^B^SllKaSKaijKffWIUlßia^i
Naturalrobot ffMfflSffttHffiMfflBBM^ Geldbestände
BiflBl$MBWM
423
0,1
2.014
0.2
Bannschank
2.448
0,3
Ungeld
3.692
0,4
Mauten Weide- und Blumsuchrechte
Mühten und Sägen Haus/Überländdiertst. Vogtgeid HNMW ' · Grundbuchgefälle
'
'
1.560
0.2
27.453
3,1
76.501
6 7
8.863
Robotaeld
·
'
to
Zins- und Zehntkorn
438.965
50,0
Zins· und Zehntwein
170.134
19,4
Blutzehnt Gesamt
1.444
0,2
877.201
100,0
Diese Tabelle zeigt die große Bedeutung, die dem Grundbesitz als Einnahmequelle des Klosters zukam: Pachten und Zehnten, beträchtliche Frondienstleistungen und Abgaben und vor allem die Bewirtschaftung des eigenen Agrarlandes. Eine zweite Aufstellung, ein halbes Jahrhundert später, teilt das Einkommen der Abtei in andere, vielleicht transparentere Kategorien ein.
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I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
Tabelle 2: Der Prozentsatz von Melks Einkommen ans verschiedenen Quellen Landwirtschaft
Weinberge
Vieh Wald
29,6
^PHHHBHHI
m c
es»
3,7
Pachten 1,4
Herrschaft Dienstleistungen
Verschiedenes
15
Das Erste, was dem Betrachter dieser Daten ins Auge springt, ist die hohe Wertschätzung der Weinberge. Das gilt hauptsächlich für die Wachau, das berühmte Weingebiet an der Donau, das zu großen Teilen zum Melker Besitz gehörte. Zum Zweiten bemerkt man den verhältnismäßig großen Anteil an Pachteinkommen, einschließlich von Schuldbriefen, die sich von der Ausdehnung der Stadt Wien auf die Ländereien der Abtei herleiteten. Im 18. Jahrhundert schwankte der Bestand der Mönche in Melk um die Höchstzahl von 70, wobei die meisten Priester waren (Grafik 1). Diese Situation unterschied sich grundlegend von derjenigen im Jahr 15 64, als das Kloster, doppelt bedrängt von Türken und Reformern, nur noch zehn Mönche hatte, von denen nur drei Priester waren. Doch schon gegen das Ende des 16. Jahrhunderts befand sich Melk mithilfe der österreichischen Habsburger und einem Zuzug von Mönchen aus Süddeutschland auf dem Weg zur Gesundung. Unter Abt Caspar Hoffmann (15 87-1623) gelang es dem Stift, Disziplin, Prestige, Wohlstand und den erwünschten Bestand an Mönchen wiederherzustellen. 1625 erteilte der Papst die Erlaubnis zur Etablierung einer Kongregation der bedeutendsten österreichischen Benediktinerabteien unter seinem Patronat, eine Initiative, die bewusst an die erste „Melker Reform" des 15.Jahrhunderts anknüpfte. Diese Entwicklung förderte den Gedankenaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Kongregationsklöstern und schuf einen Mechanismus, der es einem Ordenshaus, das auf die schiefe Bahn geraten war, ermöglichte, auf den rechten Pfad zurückzufinden. Ein weiterer Aspekt der Reform bestand darin, dass die Mönche anstelle von bezahlten Weltgeistlichen oder Laien ihre Häuser nun wieder selbst verwalteten. 11 Melk hatte seinen ursprünglichen Festungscharakter auch nach der Gründung des Klosters bewahrt. Bis tief ins 19. Jahrhundert hinein verstärkte man zu Kriegszeiten die Bollwerke und unterhielt eine Besatzung. 1683 organisierte der Abt sogar persönlich die Verteidigung seines Gebietes gegen die Türken.12 Auch war Melk wie alle größeren Klöster im deutschen Sprachraum verpflichtet, eine geeignete Zimmerflucht für kaiserliche Besuche zur Verfugung zu stellen, also prächtig ausgestattete Räume, die bei Gelegenheit auch für -
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Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
Karte i: Österreichische Klöster
offizielle klösterliche Zwecke benutzt werden konnten. Melk war auf der Reise von Wien nach Deutschland die erste Zwischenstation an der Donau, was bedeutete, dass die kaiserlichen Gemächer häufig österreichische Monarchen beherbergten. 1782 wurden sie auch vom Papst benützt, und zweimal nahm Napoleon hier Quartier.13 Melles politischer Vorrang war besiegelt, als sein Abt 1631 als Präsident des Ersten Standes der Ständekammer von Niederösterreich bestätigt wurde und dadurch als permanentes Mitglied in den kleinen ständigen Ausschuss der Stände einzog, der die anfallenden Geschäfte zwischen den regulären Sessionen besorgte.14 Da die Diözesangrenzen in diesem Gebiet viel älter waren als die politischen Grenzziehungen, gab es innerhalb der österreichischen Oberhoheit kaum einen Landesteil, der nicht zu einer Diözese gehörte, deren Bischofssitz außerhalb des habsburgischen Territoriums lag. Aus diesem Grund konstituierte
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I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
sich der Erste Stand aus Äbten anstelle von Bischöfen - im Fall von Niederösterreich waren es 26 Abte (oder Propste). Bischöfe dagegen waren, wenn überhaupt, als Mitglieder des Adels meist im Zweiten Stand vertreten. Die Hauptaufgabe der Stände bestand darin, für den Herrscher Steuern zu bewilligen und einzutreiben. Maria Theresias groß angelegte Verwaltungsreform von 1749 versagte den Provinzialständen das Recht, die Erhebung von Steuern abzulehnen. Aber es blieb ihnen immerhin genügend Spielraum, um die Höhe der Besteuerung zur Diskussion zu stellen. Ferner blieben sie weiterhin für eine gerechte Verteilung der Steuerlast unter Grundbesitzern und für die pünktliche Eintreibung des Geldes verantwortlich. So konnte das Kloster, dessen Abt Präsident des Ersten Standes war, sowohl finanzielle Vorteile als auch erhöhtes Prestige erwarten. Normalerweise wurden die Stände bei größeren Reformplänen um Rat gefragt, besonders wenn es sich um Maßnahmen handelte, die sie direkt betrafen, wie etwa die Reform des Frondienstes. Freilich waren Finanzgeschäfte während Kriegszeiten am dringendsten, und es scheint, dass der ranghöchste Abt einer Provinz in Notfällen oft die Aufgaben eines regulären Staatsministers übernehmen musste. Das bemerkenswerteste Beispiel dieser Art, das ich kenne, bezieht sich auf Abt Markus Egle von Wilten, den Präsidenten des Ersten Standes von Tirol. Während der französischen Kriegswirren ließ er sich im Gebäude der Stände in Innsbruck eine permanente Schlafstätte einrichten, damit er im Notfall jederzeit dorthin gehen konnte, um die nötigen Maßnahmen zur Verteidigung der Provinz zu treffen. Seine Gewissenhaftigkeit dürfte weniger erstaunen, wenn man bedenkt, dass Bayern damals Tirol zu annektieren drohte, um auch hier die Aufhebung aller Klöster umzusetzen, wie es denn 1807 auch wirklich geschah. Glücklicherweise dauerte die Besetzung durch Bayern nur wenige Jahre. 15 Doch zurück zum Melker Abt. Als Präsident des Ersten Standes musste er sich im Zusammenhang mit seinen regulären Pflichten und seiner Rolle als geistlicher und politischer Berater am kaiserlichen Hof häufig längere Zeit im Melkerhof, dem klösterlichen Verwaltungszentrum in Wien, aufhalten. Während seiner Abwesenheit besorgte der Prior die täglichen Geschäfte in der Abtei. Die österreichischen Herrscher ihrerseits waren besonders daran interessiert, dass Ordenshäuser wie Melk zuverlässige Männer als Äbte wählten, solche nämlich, die fähig waren, die Geschäfte der Stände effizient voranzutreiben. Gelegentlich wurden den Äbten auch andere offizielle Ämter angeboten. So wurde beispielsweise Abt Dietmayr, der Förderer der barocken Neugestaltung von Melk, zum Rektor der Universität Wien ernannt. Aber als ihn Karl VI. 1720 als Botschafter nach Polen senden wollte, lehnte er das schmeichelhafte Angebot ab, da er es vorzog, „im österreichischen Paradies zu bleiben".16 Dietmayr war jedoch bei Weitem nicht der einzige Abt, dem solche Möglichkeiten offenstanden: Sein Zeitgenosse Gottfried Bessel, Abt von Göttweig, unternahm viele diplomatische Missionen für den Kaiser und auch für den Kurfürsten von Mainz, dessen Kaplan er gewesen
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Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts übernahmen Melk und andere Benediktinerabteien im deutschen Sprachraum neue oder beträchtlich erweiterte Aufgaben, welche den Charakter dieser Klöster stark veränderten. Seit ihrer Gründung besaßen diese Ordenshäuser Pfarrgemeinden und ernannten Seelsorger zu ihrer Betreuung, die jedoch gewöhnlich dem weltlichen Klerus angehörten. Die Mönche selbst, mit Ausnahme des Abtes, lebten normalerweise in der Abgeschiedenheit der Klausur, wo sie sich den traditionellen Aufgaben widmeten: Gebet und Meditation, Gottesdienst, wissenschaftliche Arbeit und Erziehung und Schulung der zukünftigen Mönche. Nun wurde auf Drängen der Regierung das Entsenden von Mönchen als Pfarrvikare plötzlich eine alltägliche Angelegenheit. Ursprünglich rechtfertigte man dieses Vorgehen mit dem akuten Priestermangel und der ungenügenden Ausbildung der Weltgeistlichen sowie mit der Notwendigkeit, den Protestantismus, dem sich so viele Adlige dieser Gegend angeschlossen hatten, zu bekämpfen. Doch auch nachdem diese Krise längst überwunden war, hielt man an der Praxis fest, sodass die Zahl der Mönche im Pfarramt stetig anstieg. Wie Grafik I zeigt, beschäftigte sich im 18. Jahrhundert als Folge dieser Entwicklung ein Drittel oder mehr der Melker Mönche mit Aufgaben, die außerhalb der Klostermauern lagen, und sie kehrten nur sporadisch ins Mutterhaus zurück. Dadurch verlor die klösterliche Gemeinschaft unweigerlich an innerem Zusammenhalt. Andererseits brachte diese Einrichtung aber auch Vorteile, indem sich das Kloster die Kosten für weltliche Seelsorger in seinen Pfarreien sparen und zudem die eigenen Mönche nutzbringend beschäftigen konnte. Auch erlaubte sie dem Abt, die Arbeit in den Pfarreien persönlich und ohne die Oberaufsicht eines Bischofs zu überwachen und dadurch seine direkte Einflussnahme auf das Klostergut zu erweitern. Diese neue Situation brachte es mit sich, dass die Abteien, gleich den weltlichen Grundherren und Fürsten, versuchten, ihre weit verstreuten Ländereien in einem zusammenhängenden Besitzkomplex zu vereinigen.18 Unter den alten Orden hatten die Prämonstratenser und Augustiner schon immer einen Teil der Gemeindepfarrer gestellt. Doch in der Zeit der Gegenreformation vermehrte sich deren Zahl beträchtlich, und die Tatsache, dass nun auch Benediktiner und Zisterzienser solche Aufgaben übernahmen, sorgte dafür, dass sich alle Orden in dieser Region intensiv mit „nützlichen", d. h. seelsorgerischen Tätigkeiten in den Pfarrgemeinden beschäftigten. So widerlegten sie die gravierendste Kritik, die sie während der Reformation und Gegenreformation hatten erdulden müssen. Dieses Phänomen scheint bisher nie näher untersucht worden zu sein, wahrscheinlich weil es den heutigen Österreichern so selbstverständlich vorkommt, anderswo aber immer wieder Erstaunen hervorruft.19 Die Erneuerung der monastischen Disziplin führte auch zu einer besseren Ausbildung der Mönche, sodass sie sowohl Gemeindepfarrer als auch Gelehrte und kontemplative Menschen werden konnten. Jedes wichtige Kloster wandelte sich zu einem Priesterseminar, und zu jeder Zeit wirkten mehrere Mönche als Lehrer, auch wenn einige der Novizen einen Teil - 49 -
I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
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Grafik i. Anzahl der Mönche und Novizen im Stift Melk, 1684-191)0
ihres Studiums an Universitäten absolvierten. Solche klösterlichen Seminare konkurrierten mit denjenigen der Bischöfe, waren aber qualitativ meist besser. Gewöhnlich unterhielten diese Abteien auch Schulen fur begabte Knaben aus ihrer Gegend. So blieben, bedingt durch diese pädagogischen Aufgaben, immer mehr Mönche dem klösterlichen Alltag von Gebet, Gottesdienst, Meditation und Gelehrtenarbeit fern.20 In diese Zusammenhänge muss die vollkommene Erneuerung der Klosteranlage von Melk gestellt werden. Zur Zeit der Reformation waren nur noch wenige der ursprünglichen mittelalterlichen Gebäude erhalten. Schon 1428 hatte man eine neue Kirche erbaut, und im Laufe des 17. Jahrhunderts war das Kloster stückweise verändert worden, um den Kirchenraum den liturgischen Anforderungen anzupassen und in den Wohnquartieren mehr Komfort zu schaffen. Nachdem die Verwüstungen der türkischen Belagerung von 1683 repariert worden waren und sich die finanzielle Lage der Abtei wieder stabilisiert hatte, wurde 1700 Berthold Dietmayr, der Sohn eines Verwalters in der Kartause von Gaming, im Alter von
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Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
dreißig Jahren zum Abt gewählt. Er zeichnete sich durch ungewöhnliche Weitsicht und Energie aus. Als Verwalter des Melkerhofs, des städtischen Zentrums der Abtei, hatte er die Anfänge der neuen aristokratischen Bautätigkeit in Wien mitverfolgt. Gleich nach seinem Amtsantritt als Abt vermochte er das Mönchskapitel zu überzeugen, dass strukturelle Schwachstellen einen Neubau der Kirche erforderten. 1702 verpflichtete die Abtei den Architekten Jakob Prandtauer, diese Aufgabe unter der Führung des Abtes in die Hand zu nehmen. Im Weiteren argumentierte Dietmayr, dass man die Abgeschiedenheit der Klausur wiederherstellen könne, indem man die Pläne der ganzen Klosteranlage so veränderte, dass die kaiserlichen Gemächer und die Güterverwaltung vollkommen von den Wohnquartieren der Mönche getrennt würden. Der Wunsch nach einer solchen Lösung lässt sich leicht erklären, wenn man bedenkt, dass jedes Jahr weit über tausend prominente Gäste anreisten, viele mit großer Gefolgschaft, um die klösterliche Verpflichtung zur Gastlichkeit auszunützen. So entwickelte sich das Projekt bis 1 7 1 1 fast „unmerklich" zu einer kompletten Neugestaltung der Klosteranlage. Wie bei vielen Vorhaben dieser Periode, die allerdings nicht immer umgesetzt wurden, weicht auch die Neuplanung von Melk radikal vom üblichen, mittelalterlichen Klostergrundriss ab und ersetzt ihn durch symmetrische Bauformen, die vielleicht letztlich auf das weitläufige Palastkloster Philipps II. im spanischen Escorial zurückgehen21 (Abb. 17). Das Ergebnis von Dietmayrs Planung und Bauführung ist eines der größten architektonischen Meisterwerke der Welt und wird oft mit der Kathedrale in Durham verglichen. Die Südseite der Abtei ist 362 Meter und 59 Joche lang, ein ausgeprägtes Beispiel der barocken Vorliebe für groß angelegte Fassaden mit sich wiederholenden architektonischen Formen. Eine Liste, welche die Daten der Fertigstellung der einzelnen Gebäude anzeigt, gibt ferner Einblick in die Ausmaße dieses Unternehmens und das Tempo, mit dem es ausgeführt wurde: Die Sommersakristei 1701, als temporärer Kirchenraum zuerst errichtet; die Kuppel der neuen Kirche 1 7 1 2 , die Prälatur oder Abtwohnung 1 7 1 3 , das Haus des Priors 1714, die Kirche 1 7 1 5 , der westliche Teil des Südflügels und der kaiserliche Treppenaufgang 1716, der westliche Flügel des Kreuzgangs 1 7 1 7 , der Kolomanisaal - St. Koloman war ein irischer Heiliger, dessen Reliquien in der Abtei aufbewahrt wurden, die sie dadurch zu einer Wallfahrtsstätte machten - und das Refektorium darunter 1 7 1 8 , der Turm und die nördlichen Festungswerke ebenfalls 1718, der Nord- und Osttrakt des Abthofes 1723, der östliche Teil des Südflügels und der Kaiser- oder Marmorsaal 1726 (Tafel 3), der nördliche Flügel des Kreuzgangs 1728, die Bibliothek 1730. Nach Prandtauers Tod 1726 folgte ihm sein Neffe Joseph Munggenast als Architekt nach. Die Fertigstellung der Innenausstattung dauerte länger. Die Orgel z.B. wurde erst 1731/32 eingebaut, und die Fresken von Michael Rottmayr und anderen wurden noch später vollendet. 1738 richtete ein verheerender Brand großen Schaden an, was beträchtliche Reparaturen erforderte. Danach legte man in den 1740erJahren, teilweise auf den Festungswällen, einen eleganten Garten an. Die Gesamtkosten des
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
Projekts betrugen 725.000 Gulden, doch wurde die beeindruckende Summe ausschließlich aus klösterlichem Einkünften beglichen.22 Warum - und mit welcher Rechtfertigung - gab die Abtei diese Riesensummen aus, um einen solch grandiosen Palast aufzurichten? Von Anfang an waren nicht alle Mönche mit diesem Projekt einverstanden, und einige rebellierten später dagegen, aber der Abt setzte sich mit Unterstützung des kaiserlichen Hofes durch. Um sich das Einverständnis der Mehrheit zu sichern, nahm er nicht alles auf einmal in Angriff, sondern ging schrittweise vor. Dabei spielten gewiss auch gesellschaftspolitische Überlegungen eine große Rolle. Die Verpflichtung, den Kaiser und andere Fürsten regelmäßig als Gäste zu empfangen, bedeutete, dass im Kloster elegante und bequeme Wohngemächer zur Verfugung stehen mussten. Da der Abt politisch mit den vornehmsten Fürsten der Monarchie zusammenarbeitete, wollte er mit dem Prunk seiner Räumlichkeiten und dem Glanz seiner Gastfreundschaft, besonders im Hinblick auf die kaiserliche Familie, keineswegs hintanstehen. Ferner war es ihm auch ein Anliegen, als Grundherr seine vielen Tausend Untertanen zu beeindrucken. Außerdem entwickelte sich zwischen den wichtigen Abteien ein reger Wettbewerb. Die Grundidee bestand darin, die Aufnahme und Versorgung von Gästen von Kontemplation und Gottesdienst zu trennen, also das Weltliche und das Geistliche auseinanderzuhalten, obwohl diese beiden Aspekte des Klosterlebens im Allgemeinen nicht als separate Bereiche betrachtet wurden. Im Gegenteil, sie durchdrangen und bestärkten sich gegenseitig, ja sie schienen sogar ein und dasselbe zu sein. In den Augen des Abtes diente der Wettbewerb mit den weltlichen Fürsten sowohl dem Ruhme Gottes und seiner Kirche als auch der Ehre des Benediktinerordens. In diesem Sinne sollten Architektur, Mobiliar und Schmuck des Klosters in ihrer Kunstfertigkeit auch den anspruchsvollsten Besucher beeindrucken. Zudem diente die prunkvolle Ausstattung der Abteikirche der Verherrlichung Gottes, der doch mindestens soviel Ehrerbietung verdiente wie die erdgebundenen Fürsten. Gleichzeitig sollte das Kloster dem Ruhme des Herrschers dienen, dessen Vorgänger es gestiftet und ausgestattet hatten und das ihn in seinen Regierungsgeschäften unterstützte. Zu seiner Ehre sollte es blühen und den Betrachter mit Ehrfurcht erfüllen. Im Übrigen entsprach es dem Zeitgeschmack, ein sogenanntes Gesamtkunstwerk zu erstellen, ein Bauwerk also, bei dem alle Künste - vor allem Architektur, Bildhauerkunst, Malerei, Musik und Theater - ins Spiel kamen, um ein integriertes harmonisches Ganzes zu schaffen. Die unvergleichliche Lage des Melker Klosterbergs wurde denn auch glänzend ausgenützt, um die neue Anlage theatralisch in Szene zu setzen, sei es vom Fluss zum Kloster hinauf (Titelbild) oder von oben ins Tal hinunter. Dieses Theatralische kommt ebenfalls zum Ausdruck in der Arbeit des berühmtesten Bühnenbildners seiner Zeit, Giuseppe Galli-Bibiena, der in der Kirche Logen für fürstliche Gäste eingebaut hatte. Was das Dekor anbetrifft schreibt Germain Bazin in seinem Buch The Baroque:
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Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
Welche Feinheiten offenbaren sich doch in der symbolischen Gestaltung des Klosters Melk. Der Marmorsaal, die Bibliothek und das Kirchengebäude bilden ein geheiligtes Dreieck. Im Marmorsaal verkörpert Hercules heroicus, der den römischen Kaisern Nero und Commodus einst als Vorbild diente, den Fürsten oder Vorbildlichkeit im menschlichen Bereich. Der Hercules
Chris-
tianus in der Bibliothek, der in der Renaissance als Symbol des sprechenden Christus betrachtet wurde, bedeutet, dass sich diese Vorzüglichkeit nur in christlicher Vollkommenheit ausdrücken kann, also einer Eigenschaft, die der Fürst besitzen sollte. Der geistige Kampf - die Psychomanie - , der im Marmorsaal thematisiert ist, und die Verherrlichung der göttlichen Weisheit, welche als Motiv in der Bibliothek erscheint, vereinigen sich im Kirchenraum, wo der Triumph der kämpferischen Kirche durch die Märtyrer Apostel Petrus und Paulus dargestellt wird, den beiden Glaubenskämpfern, die das christliche Fundament, die Säulen des Herkules, verkörpern.23 Aber wie gestaltete sich denn das Leben in diesem palastartigen Kloster? Die wichtigste Beschäftigung war zweifellos der Gottesdienst, die Einhaltung der kanonischen „Stunden". Der zeitliche Ablauf der Gottesdienstordnung und der Mahlzeiten kann ungefähr nach Tabelle 3 rekonstruiert werden. Laut Robert Freeman „fanden die meisten liturgischen Handlungen
Tabelle j : Tagesablauf der Melker Mönche an Arbeitstagen,
i j 8 o
3.30 Uhr
Wecken
4.00 Uhr
Matutin (nächtliches Stundengebet) Laudes (morgendliches Gotteslob)
5.00-5.30 Uhr
Meditation oder geistliche Lesung
6.00 Uhr
Prim (Chorgebet - erste .kleine" Höre) Kapitellesung und Einzelmessen
8.30 Uhr
Terz (Chorgebet - z weite »kleine" Höre)
WSSSSSSm
8.45 Uhr
Konventmesse IBflTfflnjMRMflWfl^
9.30 Uhr
Sext (Chorgebet - dritte .kleine" Höre)
10.00 Uhr ;10.45Uhr
Mittagessen (prandium) H
H
1
X
1
M
11.00-13.00 Uhr
Mon (Chorgebet - vierte .kleine* Höre) PssawBBWWIBWWWBBBilllWBgMI Gemeinsame Rekreation
13.00-13.45 Uhr
Silentium (Stillschweigen)
15.00 Uhr 17.00 Uhr 18.00-19.00 Uhr 19.00 Uhr 20.00 Uhr
Vesper tmwffiwgwiiWBBaBBBra Abendessen (coena) Gemeinsame Rekreation 8@8BISS8BiBBS8686BS8BiseBB6iiHEBHöHöliBEeÄBÄBeeeBiäSIBiBI Komplet (Chorgebet und Abschluss des Tages) : Nachtruhe
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
in der Abteikirche statt [...]. Die None wurde nach dem Mittagessen im Refektorium verlesen f...]. Im Winter wurden die Morgen- und Abendgottesdienste (Matutin, Laudes, Prim, Vesper und Komplet) im geheizten Chorraum gefeiert." Dieser Stundenplan weist auf verschiedene Aspekte des Klosterlebens hin. Erstens war es die wichtigste Pflicht aller ansässigen Mönche, jeden Gottesdienst zu besuchen, und es scheint, dass diese Regel in Melk bis 1786 im Allgemeinen getreulich befolgt wurde, wie in den meisten deutschen und österreichischen Klöstern der alten Orden überhaupt.24 Zweitens gab es eine große Zahl von Feiertagen, von denen einige nur in Melk begangen wurden, wie auch andere Abteien ihre eigenen kirchlichen Feste hatten. An solchen Feiertagen fielen nicht nur die Gottesdienste, sondern auch die Mahlzeiten ungewöhnlich prunkvoll aus. Solche groß angelegten Festlichkeiten führten zur stereotypen Annahme, dass alle Mönche der Schlemmerei und Trunksucht ergeben seien (Abb. 13). Obschon in allen angesehenen Ordenshäusern gewisse Einschränkungen galten und die Mönche auch fasteten und allgemein mäßig lebten, ergaben sich in den wohlhabenden Klöstern häufig Gelegenheiten, große Mengen von gutem Essen und Wein zu genießen. Auch ist es eine Tatsache, dass sich alle berühmten österreichischen Abteien Weinberge in guten Lagen erworben hatten, wie etwa in der Wachau oder in Südtirol, häufig in beträchtlicher Entfernung vom Mutterhaus. Wie andere Wirtschaftszweige erlebte die Weinproduktion zwischen der Mitte des 17. und der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen außerordentlichen Aufschwung. Um 1770 erreichte sie den Höhepunkt, ging dann aber wegen der aufstrebenden Konkurrenz des Biers zurück. Ein gewisser Prozentsatz des Weines aus der Großproduktion kam auf den Markt, kleinere Mengen verkaufte man in der Taverne des Klosters, die größte Menge wurde jedoch im Kloster selbst verbraucht. Im 18. Jahrhundert enthielten die Keller von Melk mehr als 20.000 Eimer Wein, was mehr als einer Million Liter entspricht und am Ende des Jahrhunderts mehr als 50.000 Gulden wert war. Das Kloster Göttweig lagerte zu einem gewissen Zeitpunkt sogar doppelt so viel ein. Selbst wenn die Feier der Messe einen beträchtlichen Vorrat an Wein voraussetzte, besteht kein Zweifel, dass ein viel größerer Prozentsatz während der Mahlzeiten konsumiert wurde. Dabei ging es nach streng hierarchischen Prinzipien zu: An der Tafel des Abtes trank man Prälatenwein, die Mönche erhielten den Konventwein, und weniger wichtigen Personen wurden mindere Jahrgänge aufgetischt. Der Abt des Prämonstratenserstifts Geras verbrauchte im Jahr 1735 (ohne viele Gäste) [...] im Durchschnitt täglich eine Maß Wein (ca. 1,5 Liter) pro Person. 1763 wurden dem Abt, den Mönchen und Gästen im Durchschnitt täglich ca. zwei Maß serviert. Dem Amtsschreiber stand eine Maß zu, und die Studenten erhielten zwei Seidel (ein Seidel enthält etwa 0,5 Liter.)
In diesem Zusammenhang kann es kaum erstaunen, dass von gewissen Klöstern, wie beispielsweise Schäftlarn in Bayern, gesagt wurde, dass während 150 Jahren ein unersättlicher - 54 -
Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
Durst geherrscht habe, der bisweilen zu feuchtfröhlichen Unruhen und sogar zu Selbstmordversuchen gefuhrt haben soll.25 Drittens unterhielt Melk, wie auch andere Ordenshäuser, ein reges, ehrgeiziges Musikleben, welches die Qualität der Gottesdienste gewährleisten sollte. Der Regens chori, ein Mönch, stand einem weltlichen Organisten vor. Dieser wiederum, Thurnermeister genannt, war für eine Kapelle von Trompetern und Trommlern verantwortlich, ferner für eine Anzahl von Berufssängern und Instrumentalisten und für ein Dutzend oder mehr Sängerknaben. Sie sangen in der Kirche, was zuweilen dazu führte, dass gleichzeitig mit einer stillen Messe kunstvolle, aber nicht dazugehörige Musik ertönte. Die Musikanten waren verpflichtet, während der Mahlzeiten und während der Faschingsfestlichkeiten aufzuspielen, aber auch für den Abt und seine Gäste, bei Prozessionen, im Theater und während der wichtigen jährlichen Zeremonie der Aderlassung aller Mönche. Für solche Anlässe entstand eine ganze Reihe neuer Kompositionen. Auch wurden viele zusätzliche Instrumente angeschafft und Musikmanuskripte dazugekauft oder kopiert. In den Jahren 1771-80, wahrscheinlich das fruchtbarste Jahrzehnt in dieser Hinsicht, erwarb man ζ. B. zusammen mit anderen geistlichen und weltlichen Kompositionen dreiundachtzig Symphonien und dreiundsiebzig Messen. Aus diesem Grund sind die musikalischen Sammlungen, die in Klöstern wie Melk erhalten geblieben sind, unverzichtbare Quellen für die Musikgeschichte. Die Melker Musiker pflegten regelmäßigen Kontakt mit Kollegen in anderen Klöstern und mit der Musikszene in Wien. Der berühmteste Musiker aus der Melker Tradition ist Johann Georg Albrechtsberger (1736-1809). Geboren in Klosterneuburg, erhielt er seinen ersten Unterricht im dortigen Kloster. Danach wurde er Sängerknabe in Melk, später Organist in Ungarn und Wien, wo er sich mit Haydn befreundete. 1759 kehrte er als Organist nach Melk zurück, gab jedoch diesen Posten 1765 wieder auf, um in Wien zu arbeiten. Trotzdem besuchte er Melk regelmäßig, um auf der Orgel in der Abteikirche zu spielen. Viele seiner Kompositionen waren speziell für Melk geschrieben. Mozart zeigte große Bewunderung für Albrechtsberger, und dieser wurde sein Nachfolger als stellvertretender Organist am Stephansdom in Wien. Besonders bemerkenswert ist vielleicht auch, dass er den jungen Beethoven unterrichtet hat. Die Erwähnung des Theaters im Zusammenhang mit einem Kloster mag erstaunen. Tatsächlich wurden jedoch in Melk viele Schauspiele, Oratorien und Opern aufgeführt, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Schule, die nach jesuitischem Muster das Drama als pädagogisches Werkzeug benützte. Prunkvollere Unterhaltungen wurden inszeniert, wenn hoher Besuch angesagt war oder um besondere Lebensabschnitte des Abtes, des Priors oder der Mönche zu feiern. Obwohl es in Melk kein eigentliches Theatergebäude gab, fanden in neun verschiedenen Räumen regelmäßig Aufführungen statt. Die Autoren und Regisseure der Stücke - ja sogar die Choreografen der Ballette - rekrutierten sich ausschließlich aus - 55 -
I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
dem Kloster. Obwohl die Texte streng zensiert wurden, war die Vielfalt der Angebote erstaunlich. Sie bewegten sich in einem Rahmen von volkstümlichen deutschen Komödien über dramatisierte biblische Geschichten auf Latein bis hin zu ernsten deutschen Schauspielen und zu Kantaten.26 Ein nachhaltiges Anliegen des Klosters war natürlich das Studium, das als Fundament für Predigt und Lehrtätigkeit und als Vorbereitung für wissenschaftliches Arbeiten diente. Der große Bestand an Büchern, Manuskripten und Archivalien, der sich im Besitz des Klosters befand, wurde neu gesichtet und katalogisiert. Verschiedene Melker Mönche des frühen 18. Jahrhunderts, so ζ. B. die Brüder Bernhard und Hieronymus Pez, erwarben sich europaweit einen Ruf für ihre Arbeit an frühen Manuskripten, die sich mit der Tradition von Melk und allgemein mit der Geschichte des Mönchtums in Deutschland und Osterreich befassten. Solche Tätigkeiten wurden natürlich auch in anderen wichtigen Klöstern gepflegt. In den Abteien der alten Orden stand die Bibliothek in ihrer Bedeutung nur der Kirche nach, und der Bau eines großen, prächtig ausgestatteten Saales für den klösterlichen Bücherschatz war bei den vielfältigen Neubauprojekten unweigerlich eingeplant. Die Bibliothek in Melk war besonders kunstfertig angelegt und bot Raum für eine ungewöhnlich große Zahl von Bänden, sodass für den Wandschmuck nur noch eine eng begrenzte Fläche zur Verfügung stand.27 Wie auch manch anderes Kloster besaß Melk mehr Bücher als die großartige Bibliothek im Trinity College in Cambridge. Das Privatleben der Mönche, sofern man von einem solchen sprechen kann, spielte sich in individuellen Zellen oder Räumen ab, die sich mit denjenigen des Prämonstratenserklosters Verdun vergleichen ließen. In diesen heute noch erhaltenen Gemächern konnte der Schlafbezirk durch einen Vorhang vom eleganten Wohnzimmer abgetrennt werden (Abb. 3). Ende des 17. Jahrhunderts wurden in den Melker Zellen erstmals Öfen installiert. Früher war das Studierzimmer der einzige geheizte Raum gewesen, der gewöhnlichen Mönchen zur Verfügung stand.28 Um weitere Eigentümlichkeiten des monastischen Lebens zu illustrieren, beziehe ich mich auf Berichte aus anderen Ordenshäusern, in welchen es sicher ähnlich zuging wie in Melk. Die Mönche durften Taschengeld und allerlei Kleinigkeiten besitzen, wie etwa Bücher, Schnupftabak und Schnupftabakdosen, Kaffee und Kaffeemaschinen etc. Auch durften sie jährlich einen Urlaub außerhalb des Klosters verbringen und konnten unter Umständen zu wissenschaftlichen und geistlichen Zwecken eine Reisebewilligung einholen. Im Kloster selbst standen ihnen gewisse Mußestunden zu, während derer sie Schach, Karten, Billard oder Kegel spielen konnten.29 Aber trotz dieser Privilegien, und obwohl die Mönche inmitten der Pracht von Prandtauers Architektur und Trogers Fresken wohnten, unterlag ihr Leben strengen Regeln und war verhältnismäßig spartanisch. Jeder, der einmal eines dieser Klöster in einem mitteleuropäischen Winter besucht hat, kann sich vorstellen, wie unwirtlich der Besuch des Gottesdienstes in den meist ungeheizten Abteikirchen gewesen sein -
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Die bedeutenden Klöster im deutsch-katholischen Sprachraum
I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
muss. Selbst wenn während des Winters viele Anlässe anderswo abgehalten wurden, fanden doch alle wichtigen Kirchenfeste in der großen Klosterkirche statt.
Andere österreichische und böhmische Ordenshäuser Vieles, was ich über die Erneuerung und Entwicklung von Melk gesagt habe, gilt ganz allgemein für die deutschen und österreichischen Ordenshäuser. Ich werde zunächst auf weitere österreichische Klöster hinweisen, um gewisse bislang unerwähnte Aspekte des Klosterlebens näher zu beleuchten. Melks nächster Rivale in Niederösterreich, Klosterneuburg, liegt stromabwärts ebenfalls an der Donau. Das Augustinerstift wurde 1 1 3 3 von Markgraf Leopold III. von Babenberg (1485 heiliggesprochen) gegründet und war das Ziel von regelmäßigen kaiserlichen Wallfahrten. Karl VI., der seinen halb fertigen Palast in Schönbrunn bei Wien nicht mochte und in seiner Jugend als Thronanwärter in Spanien gelebt hatte, beschloss 1730 auf der Höhe seiner Macht, Klosterneuburg nach dem Vorbild des Escorial in einen Klosterpalast umzuwandeln. Nach den ehrgeizigen Plänen von Donato Feiice d'Allio sollten die an sich schon zahlreichen Gebäude vermehrt, noch erhaltene gotische Bauwerke jedoch abgebrochen werden. An deren Stelle sollte eine Anlage mit vier großen Höfen entstehen und diese wiederum sollten mit neun Kuppeln geschmückt werden, von denen jede eine kaiserliche Krone tragen würde (Abb. 4). Als Karl VI. 1740, nach verschiedenen kriegerischen Niederlagen und riesigen Gebietsverlusten in Italien und auf dem Balkan, starb, war nur ein Viertel dieses gigantischen Projekts verwirklicht. Seine Erbin, Maria Theresia, die aus ihrer Frömmigkeit weniger Wesen machte und bescheidener war, gebot dem Bauvorhaben angesichts der gravierenden internationalen und finanziellen Krise bald Einhalt, und ein Versuch, die Arbeit 1776 wieder aufzunehmen, blieb erfolglos. Es gibt wohl kaum ein besseres Beispiel als die ehrgeizigen Pläne fur Klosterneuburg, um zu zeigen, wie sehr die katholischen Herrscher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts weiterhin von den Idealen des Mönchtums beeinflusst waren. Ahnliche Ambitionen führten zum Bau des Klosterpalasts von Mafra, den Johann V. von Portugal bei einem deutschen Architekten in Auftrag gegeben hatte. Das Projekt wurde 1 7 1 7 begonnen und war 1730 größtenteils vollendet30 (Abb. 19). Ein charakteristisches Merkmal vieler berühmter Stifte war eine großartige Freitreppe, die zu den kaiserlichen Gemächern führte, wobei diejenige von Melk weniger eindrücklich ist als verschiedene andere. Der kunstvollste dieser Aufgänge befindet sich wohl in Göttweig, einem weiteren Benediktinerkloster in Niederösterreich, fur welches Johann Lucas von Hildebrandt während der Amtszeit von Abt Bessel ein monumentales Erneuerungsprojekt vorbereitet hatte, welches aber nur teilweise verwirklicht wurde31 (Tafel 5). -
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Unter den Klöstern Oberösterreichs war die Ende des 8.Jahrhunderts vom bayerischen Herzog Tassilo III. gegründete Bene-
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herrlichung einer Annehmlichkeit, die alle Klöster benötigten, wenn ihre Insassen ohne allzu große Einschränkungen die Regeln der Enthaltsamkeit von Fleisch während zahlreicher Tage des Kirchenjahres einhalten sollten (Abb. 5). Zweitens bewilligte Maria Theresia 1744 die Gründung einer Akademie für junge Adlige. Diese bot ein weites Spektrum von Fächern an, welche für Hofbeamte, Politiker und Verwalter unentbehrlich waren, darunter Französisch, Deutsch, Architektur, experimentelle Naturwissenschaften, Wolff'sehe Philosophie, neueste politische Theorien, Geschichte und Geografie, aber auch Tanzen und Reiten. Außerdem zeichnete sich die Abtei durch die Ablehnung der scholastischen Philosophie aus, welche man weiterhin, nicht unbedingt zu Recht, mit den Jesuiten assoziierte. Auch unterstützte sie die Lehre von religiöser Toleranz. 33 Drittens gab es in Kremsmünster den „Mathematischen Turm", welcher pädagogischen Zwecken dienen sollte. Ein solcher Turm war auch für Melk geplant gewesen, ist aber nie verwirklicht worden. Dieses außerordentliche 59 begann, ~ Gebäude (Abb. 6), mit dessen Bau man -1748 hat neun Stockwerke. Die unteren Räumlichkeiten enthielten ein „Universal Museum", das heißt verschiedene Sammlungen von Gegenständen wie Malereien, geologischen und botanischen Objekten, ausgestopften Vögeln, Antiquitäten, Münzen und wissenschaftlichen Instrumenten. Im zweitobersten
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5. Die arkadengeschmückten Fischteiche im Benediktinerstift Kremsmünster; Oherösterreich.
Stock befindet sich ein Observatorium mit einem Teleskop. Ganz zuoberst, Gott am nächsten, ist eine Kapelle eingerichtet. Sammlungen von interessanten Objekten waren weit verbreitet sowohl in Klöstern als auch in den Palästen der Könige und Fürsten, und reichhaltige Bildergalerien aus dieser Zeit findet man noch heute in Ordenshäusern wie St. Florian (Tafel 3), Seitenstetten und dem Schottenstift in Wien. Doch der „Mathematische Turm" in Kremsmünster zeigt besonders eindrücklich, was für ein hohes Niveau die „Katholische Aufklärung" in gewissen Ordenshäusern erreicht hatte.34 Wenn wir nun auf dieser selektiven Tour nach Böhmen Weiterreisen, begegnen wir den Prämonstratensern, die hier unter den alten Orden die wichtigste Rolle spielten. Sie waren durch zwei besonders prominente Klöster bekannt. Das erste, Strahov, eine königliche Gründung neben der Prager Burg, hatte nach den Verwüstungen durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg eine auserlesene theologische Bibliothek (samt Museum) aufgebaut und machte sich mit seinen antijesuitischen Lehren einen Namen. Im 18. Jahrhundert er-
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weiterte es auch seine Mönchsbehausungen und entwickelte sich, gegen den Trend der Zeit, auch in den i78oer-Jahren unter Joseph II. weiter, wie wir noch sehen werden. Das zweite Kloster, Tepl oder Tepla, zeichnete sich auf eine andere Weise aus. 1767 wählte es den Grafen Trauttmansdorff als Abt. Dieser wohnte in einem freistehenden Herrenhaus, ließ sich selten in der Abteikirche sehen und war überzeugt, dass seine Pflicht darin bestehe, den großen Herrn zu spielen. Dies tat er denn auch mit solchem Eifer, dass die Andacht der Mönche oft durch die Klänge fesdicher Musik und den Lärm seiner Schießgesellschaften gestört
6. Das Observatorium und Museum in Kremsmünster.
wurde. Auch er unterstützte eine Akademie für junge Adlige, die ähnlich wie in Krems-
münster eine reichhaltige Fächerauswahl und neue Bildungswege anbot. Aber im Rückblick bestand seine größte Leistung wohl darin, dass er damit begann, die Thermalquellen auf den klösterlichen Besitzungen zu erschließen. Aus diesem Unternehmen ging im 19. Jahrhundert der berühmte Badeort Marienbad hervor.35 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war der Gesinnungswandel, der in den österreichischen Erblanden die Haltung gegenüber dem Mönchtum radikal veränderte, so sehr mit staatlichen Eingriffen und der Person von Kaiser Joseph II. verquickt, dass ich mich im 8. Kapitel separat mit dieser Problematik auseinandersetzen will. Zuerst möchte ich mich jetzt aber Süddeutschland zuwenden, wo die Verhältnisse bedeutend anders lagen.
DAS K A T H O L I S C H E
DEUTSCHLAND
Ungefähr ein Drittel der Bewohner des heutigen Deutschland waren Katholiken. Sie lebten hauptsächlich im Süden und Westen des Landes, fast ausschließlich in Staaten, die von katholischen Fürsten regiert wurden.36 Die aufwendige bauliche Erneuerung der berühmten Klöster in diesen Regionen teilte viele Merkmale mit den Ordenshäusern gleichen Ranges in Osterreich und Böhmen. Doch erreichte die rege Bautätigkeit in Deutschland ihren Höhepunkt etwas später und dauerte bis in die i77oer-Jahre an: Deshalb gibt es in diesen Gebieten mehr Beispiele von Rokoko als in Österreich, ja man findet sogar Fälle von klassi-
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zistischen Bauten. Diese chronologischen Verschiebungen lassen sich teilweise durch politische Faktoren erklären. Außer Joseph II., der in Süddeutschland allerlei Streubesitz hatte, interessierten sich die regierenden Fürsten kaum für monastische Reformen. Bayern, das wichtigste katholische Land, förderte weiterhin die Missionstätigkeit der Jesuiten, praktisch bis zur Auflösung des Ordens. Während Joseph II. Hunderte von Klöstern säkularisierte, gelang es den bayerischen Kurfürsten nur, sechs Ordenshäuser zu schließen, alle unter jeweils ganz besonderen Umständen.37 Ferner erlaubte die außergewöhnliche Unabhängigkeit vieler berühmter deutscher Klöster mehr Spielraum, die katholische Aufklärung spontan und über eine längere Zeitperiode zu pflegen, als dies in den österreichischen Abteien möglich war. Daher ist es sinnvoll, die Geschichte der süddeutschen Ordenshäuser bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu verfolgen. Um die besondere Situation verständlicher zu machen, ist es nötig, etwas über die Struktur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (des alten deutschen Reiches) zu sagen.38 Im frühen Mittelalter gehörten viele der wichtigsten deutschen Klöster zu einer Gruppe von geistlichen Institutionen, einschließlich Bistümern, denen die frühen Kaiser im Gegenzug für Hilfe bei Konflikten mit weltlichen Fürsten Land und Privilegien verliehen hatten. Ursprünglich bestand diese Unterstützung auch in der Verpflegung von Truppen und in der Verpflichtung, den Kaiser und sein Gefolge auf seinen Reisen durch das ausgedehnte Reich zu beherbergen.39 Im Laufe der Zeit, vom ι o.Jahrhundert bis zur Reformation, büßte der Kaiser gegenüber den Fürsten, die ihm nominal unterstellt waren, allmählich immer mehr an Autorität ein, und den erfolgreichsten unter den Magnaten gelang es, große, faktisch eigenständige Territorien unter ihre Herrschaft zu bringen. Im Allgemeinen wurden diese staatlichen Gebilde oder Fürstentümer von weltlichen Fürsten regiert: Die wichtigsten Beispiele solcher Territorialherrschaften waren die Pfalz, Sachsen und Brandenburg, deren Landesherren auch drei der sieben ursprünglichen Kurfürsten stellten. Später kam noch Bayern dazu, das im 17. Jahrhundert zum Kurfürstentum erhoben wurde. Doch einige ansehnliche Territorialherrschaften befanden sich auch in der Hand von geistlichen Fürsten. Die mächtigsten unter ihnen waren die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, die zugleich auch Kurfürsten waren. Obwohl die Anzahl der geistlichen Herrschaften durch die Reformation vermindert worden war, gab es im 18. Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich einschließlich der drei kurfürstlichen Metropolitansitze am Rhein immer noch mehr als zwanzig Fürstbistümer. Aber auch mehr als dreißig Reichsabteien, hauptsächlich in Süddeutschland, erfreuten sich faktisch derselben Rechtsstellung: Sie waren reichsunmittelbar, das heißt, sie standen direkt unter dem Schutz des Kaisers und waren keinem anderen weltlichen Herrn verpflichtet. Noch 1792 saßen zehn dieser Äbte im Reichstag, weitere dreiundzwanzig monastische Prälaten aus Schwaben vereinigten eine Stimme auf sich, und eine zusätzliche Stimme setzte sich aus den Anteilen von siebzehn monastischen Vertretern aus -
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Karte 2: Klöster in Deutschland und in Tirol
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INDEPENDENT PRINCE ARCHBISHOPRIC
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dem Rheinland zusammen. Viele von ihnen waren in den Körperschaften der bedeutenden kaiserlichen „Kreise" vertreten.40 Nach einer Quelle beherrschten die „funfundsechzig geistlichen Fürsten vierzehn Prozent der gesamten Ländereien und zwölf Prozent der Bevölkerung im Heiligen Römischen Reich, [...] möglicherweise dreieinhalb Millionen Untertanen". 41 Obschon es keinem Kloster gelungen war, Territorien im Ausmaß derjenigen der prominenten Fürstbischöfe und Landesherren anzuhäufen, hatten einige von ihnen immerhin Besitzungen in der Größenordnung eines geringeren Fürstbischofs zusammengebracht. Das Kloster Fulda wurde 1752 sogar zum Bischofssitz erhoben4,2 und viele andere monastische Territorien konnten durchaus mit kleineren unabhängigen Fürstentümern konkurrieren. Der größte dieser „Klosterstaaten" war die Fürstsabtei St. Gallen im Gebiet der heutigen Schweiz. Dabei handelte es sich um einen ungewöhnlichen Fall, denn obwohl sich die Schweiz 1648 aus dem alten Reichsverband gelöst hatte, bewahrte St. Gallen seine Stellung als Reichskloster. Der Fürstabt von St. Gallen gebot über ein Gebiet von 1.000 Quadratkilometern und etwa 100.000 Untertanen. Auch stellte das Kloster seinem Verbündeten, Ludwig XIV., ein Kontingent Soldaten zur Verfugung und war von I7i2bis 1718 selbst in einen Krieg verwickelt, bei dem es um die Kontrolle über die weitgehend protestantische Talschaft Toggenburg ging. Obwohl der Abt und seine Mönche kurzfristig aus ihrem Kloster flüchten mussten, blieben sie am Ende siegreich und bewahrten sich sogar das Recht, im Toggenburg Truppen für ihre militärischen Bedürfnisse auszuheben.43 Doch zu diesem Zeitpunkt war ein solches Verhalten seitens einer klösterlichen Territorialherrschaft eigentlich schon sehr ungewöhnlich, da die meisten Abteien praktisch keine Verteidigungskosten mehr hatten, was bedeutete, dass sie ihren Reichtum zur Finanzierung ehrgeiziger Bauvorhaben einsetzen konnten. Doch unbesehen der Größe ihrer Territorien verhielten sich die Äbte und Äbtissinnen dieser Reichsabteien in vielen Beziehungen genau so wie weltliche Landesherren: Sie unterhielten einen prunkvollen Hofstaat, ließen prächtige Bauwerke erstellen, erhoben Anspruch auf absolute Herrschaft und erließen mithilfe von Beamten Gesetze. Auch sorgten sie für Ruhe und Ordnung, hielten Gericht, forderten öffentliche Baumaßnahmen, betrieben eigenständige Diplomatie und schlossen Verträge ab.44 Außer dem Kirchenstaat des Vatikan waren zu dieser Zeit im übrigen Europa praktisch alle geistlichen Kleinstaaten verschwunden, und man betrachtete sie allgemein als anachronistisch. Doch im Westfälischen Frieden von 1648, dem Abkommen, das die Religionskriege in Deutschland beendet hatte, war nicht nur die religiöse Landkarte, sondern auch die politische Gestalt, die Verfassung des Heiligen Römischen Reichs und der einzelnen politischen Einheiten, gleichsam eingefroren worden. Dies war im Interesse von Deutschlands zukünftiger Stabilität geschehen und auch, um den Aufstieg eines mächtigen Staates in Mitteleuropa zu verhindern. Nach dem Westfälischen Frieden stellten die Katholiken noch immer die Mehrzahl der Kurfürsten und dominierten auch die anderen Körperschaften des -
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Reiches, die auf die Existenz der bedeutenden geistlichen Fürstentümer angewiesen waren. Aber nicht nur diese, sondern auch die unabhängigen Abteien bildeten einen integralen Bestandteil der Reichsverfassung. Dementsprechend bemühten sich die geistlichen Kleinstaaten auch am eifrigsten um die Erhaltung des Alten Reiches. Um diese Situation näher zu erläutern, möchte ich einige Klöster genauer betrachten, die um 1700 noch reichsunmittelbar waren oder sich bemühten, es zu werden. Als erstes Beispiel sei das Benediktinerstift Kempten genannt, das auf das 8. Jahrhundert zurückgeht und zweifellos in diese Kategorie gehört. Nach St. Gallen beherrschte Kempten den größten monastisch regierten Besitzkomplex. Seine Bevölkerung zählte nahezu 40.000 Personen und sein Herrschaftsbereich bestand größtenteils aus zusammenhängenden Ländereien. Die alte, reichsfreie Stadt Kempten, die nur durch Mauern vom Kloster getrennt war, gehörte allerdings nicht dazu. Zur Reformationszeit schien das Stift dem endgültigen Niedergang entgegenzugehen, was damit zusammenhängen mochte, dass noch immer nur Adlige als Mönche aufgenommen wurden. Zwar führte man unter dem Einfluss der Jesuiten Ende des 16. Jahrhunderts Reformen durch. Aber kaum waren diese angelaufen, legten die Schweden im Dreißigjährigen Krieg mithilfe der Bürger von Kempten die Klosteranlagen in Schutt und Asche. 1651 begann man unter der Baufuhrung der Architekten Michael Beer und Giovanni Serro mit dem Wiederaufbau, und zwar in ausgesprochen italienischem Stil. Kempten ist einer der wenigen monastischen Kleinstaaten, der von einem angesehenen Historiker, Peter Blickle, wissenschaftlich eingehend untersucht worden ist.45 Die meisten Autoren von Klostergeschichten sind selbst Mönche oder stehen einer Mönchsgemeinschaft nahe. Daher behandeln sie die Zielsetzungen ihrer Institutionen meist mit ehrerbietigem Respekt und sind von ihrer wohltätigen Ausstrahlung überzeugt. So scheint es aufgrund von zeitgenössischen Kommentaren fast axiomatisch, dass die Bewohner geistlicher Territorien ungewöhnlich glücklich und zufrieden waren.46 Blickle misst dem Studium von Kleinstaaten große Bedeutung zu, weil daraus unerwartete neue Einsichten gewonnen werden können. Im Fall von Kempten waren es die Pflege der Musik und die Tatsache, dass die Bauern trotz ihrer Dienstverpflichtungen gegenüber dem Kloster ihre dörfliche Gemeinschaft selbst fuhren durften. Aber Blickle berichtet auch von Streitigkeiten zwischen den Untertanen und der Abtei, wobei die Reichskommissionen, bei denen die Untertanen gegen den Missbrauch klösterlicher Amtsgewalt klagen konnten, sich oft auf die Seite der Bauern stellten. Ähnlich wie in St. Gallen ergriff die Stadt Kempten während der Reformation die Gelegenheit, der Abtei die Stirn zu bieten, indem sie zum Protestantismus übertrat, und es gelang ihr auch in der Gegenreformation, an der neuen Konfession festzuhalten. Das Kloster Kempten war mit einem Einkommen von 200.000 Gulden jährlich außergewöhnlich wohlhabend. Doch wenn es um Gelehrsamkeit ging, lautete das zeitgenössische Verdikt: „so gut wie wertlos".47 Auch schien die Barmherzigkeit kleingeschrieben zu werden, denn wiederholt ersuchte die
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Abtei den Kaiser, doch bitte die Pilger und Bettler, die zweimal jährlich im benachbarten Kloster Weingarten zur Almosenverteilung erschienen, von ihrem Territorium fernzuhalten. Überdies war es das Gericht des Abtes von Kempten, das 1775 die letzte Hinrichtung einer Hexe in Deutschland anordnete.48 Als man das Kloster 1803 auflöste, war es hoffnungslos überschuldet. Kempten ist zweifellos einer der Klosterstaaten, dem man kaum nachtrauern muss. Wenden wir uns nun einem weniger bedeutenden Ordenshaus zu, dem Zisterzienserkloster .Schöntal am Main, das gleich einer Burg von einer mit Türmen bewehrten Mauer umgürtet war. Anfang des 15. Jahrhunderts war es reichsunmittelbar geworden, doch indem man es dem Fürstbischof von Mainz zusprach, in dessen Hoheitsgebiet es lag, ging ihm diese privilegierte Stellung vor 1500 wieder verloren. Während der Reformation wurde das Kloster aufgegeben. Nach seiner erneuten Besiedlung in den 163 oer-Jahren machte sich die Mönchsgemeinschaft daran, die ursprünglichen Verhältnisse wiederherzustellen und den Status eines Reichsklosters von Neuem zu erwerben. 1683 wählten die Mönche den 33-jährigen Benedikt Knittel zum Abt, der in einem benachbarten Dorf in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen war. Die Abstimmung fand am Tag nach dem Tod seines Vorgängers statt, wobei man eilig die zuständigen Geistlichen zusammengerufen hatte, damit sie die Wahl bestätigten, bevor der Fürstbischof Zeit hatte, sich einzumischen und seine Rechte geltend zu machen. Knittel, als ob er Kaiser wäre, wählte Herkules mit der Keule zu seinem persönlichen Symbol. Neunundvierzig Jahre stand er dem Kloster Schöntal vor, und während dieser Zeit ließ er die klösterlichen Anlagen vollständig neu aufbauen. Damit wollte die Abtei ihren Anspruch auf Unabhängigkeit untermauern. Als Architekt engagierte man Johann Leonhard Dientzenhofer, der früher schon an Zisterzienserklöstern gearbeitet hatte. Zuerst nahm man die neuen Wohnquartiere und die Bibliothek in Angriff. Danach dauerte es dreißig Jahre bis zur Fertigstellung der Kirche, und mit der neuen Abtwohnung, die durch ihre Pracht beeindrucken sollte, konnte erst nach Knittels Tod begonnen werden. Vermutlich verhinderten finanzielle Überlegungen ein schnelleres Voranschreiten der Bauvorhaben - ungeachtet der Tatsache, dass das jährliche Einkommen des Klosters 80.000 Gulden betrug, was es in den Rang der wohlhabenden Häuser versetzte. Knittel hatte jedenfalls die Finanzierung so gut gemeistert, dass er seinem Nachfolger - dank einiger Landveräußerungen - praktisch keine Schulden hinterließ. Doch obschon die vollendete Anlage beeindruckend war, brachte sie Schöntal nicht die gewünschte Anerkennung als Reichskloster. Abt Benedikt Knittel war eine interessante Nebenfigur im literarischen Kulturkreis des katholischen Deutschland. Er veröffentlichte unter anderem Bücher über die Geschichte seiner Abtei. Seine Spezialität war jedoch die Komposition von frommen und/oder aktuellen lateinischen wie deutschen Gedichten oder in einer Mischung beider Sprachen. Ferner war er ein Meister im Arrangieren von Chronogrammen, wobei es sich meistens um latei-
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7. Planfür den Neubau der Benediktinerabtei Ottobeuren, Süddeutschland, überlagert vom Grundriss der alten Anlage.
nische Sprüche handelte, bei denen die römischen Ziffern M, D, X und I zusammengezählt eine bedeutende Jahreszahl ergaben. Bei der geringsten Provokation sandte Knittel ein gepfeffertes Chronogramm an einen Fürsten oder sogar an den Kaiser persönlich, und auch die Türen aller Mönchszellen waren mit solchen Kompositionen geschmückt. Sein literarisches Talent manifestierte sich ferner in den vielen Inschriften, die zur Ehre und zum Triumph des katholischen Glaubens in der Kirche und allerorts im Kloster angebracht waren. Wie die meisten Abte bemühte er sich darum, den Pilgerverkehr zu einer nahen Wallfahrtsstätte zu fördern, um auf diese Weise das Einkommen des Klosters zu mehren. Überdies jagte er gern, und er übte sich im Schießen auf den Ländereien der Abtei. Etwas ungewöhnlich war seine Einrichtung eines Zoos. Aber auch wenn Knittel leicht exzentrische Züge zeigte, besteht kein Zweifel daran, dass er als ernsthafter Gelehrter und erfolgreicher Regent dem Kloster besonders im Bereich der Disziplin zu einem guten Ruf verholfen hat.49 Oft war die barocke Erneuerung kaum mehr als eine radikale Neuausstattung von mittelalterlichen Gebäuden oder Renaissancebauten, deren Grundstruktur jedoch nicht angetastet -
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wurde. Manchmal, wie ζ. B. in Schöntal, baute man zwar neue Gebäude, aber ohne den Grundriss der ursprünglichen Anlage zu verändern. In seltenen Fällen wie etwa in Ottobeuren, einem Benediktinerkloster in Schwaben, baute man die gesamte Abtei vollkommen neu auf, und zwar mit einer Umorientierung der Gebäude und nach einem Plan, der dem Typus des Escorial entsprach. So entstand eine der großartigsten Klosteranlagen überhaupt50 (Abb.;). Ursprünglich bestand das Kloster Ottobeuren aus malerischen, aber eher bescheidenen Gebäuden. Es hatte im 14. Jahrhundert seine reichsunmittelbare Stellung verloren und während der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges schwer gelitten. 1 7 1 0 wurde ein neuer Abt gewählt: Rupert Ness, der Sohn eines Kupferschmieds aus Wangen, einem Ort, der etwa 100 Kilometer von der Abtei entfernt war. Schon bald nach seiner Wahl gelang es ihm, die Reichsunmittelbarkeit zum Preis von 30.000 Gulden wiederherzustellen und dadurch die uneingeschränkte Herrschaft (einzig durch die mögliche Einsprache des Mönchskapitels beschränkt) über ein Territorium von 300 Quadratkilometern und 10.000 Bewohnern anzutreten. Das Erlangen der Unabhängigkeit war das Signal, einen umfassenden Plan zur baulichen Erneuerung der gesamten Klosteranlage in Betracht zu ziehen. Man konsultierte verschiedene Architekten, aber letztlich entschieden Abt und Mönche, besonders der Prior, über die Bauweise der neuen Anlage. Ahnlich wie in Melk war man darauf bedacht, die Abtwohnung und die Verwaltungsgebäude, „Hof' genannt, von der Klausur der Mönche zu trennen. Zuerst baute man den Mönchstrakt ( 1 7 1 1 - 1 5 ) , die Bibliothek ( 1 7 1 5 - 1 7 ) , das Theater mit seiner ausgeklügelten Maschinerie (1724/25) (Abb.8) und den großartigen Kaisersaal (1723-26). Nach diesem erstaunlich schnellen Fortschritt verlangsamten sich die Bauarbeiten, und zu einem gewissen Zeitpunkt weigerte sich das Mönchskapitel sogar, das Vorhaben weiterzufuhren. Trotzdem war der Neubau des Verwaltungskomplexes weit fortgeschritten, als Abt Rupert Ness 1740 starb. Sein Nachfolger vollendete die geplante Anlage mit der riesigen, kuppelbekrönten Kirche von J. M. Fischer (1737-66) - nur etwas zu spät, um mit der Tausendjahrfeier des Klosters, das 764 gegründet worden war, zusammenzufallen. Allein der Bau der Kirche hatte 550.000 Gulden gekostet. Die außerordentlich gut dokumentierte Baugeschichte von Ottobeuren ist eingehend studiert worden. Für Abt Rupert Ness verkörperte die kunstvolle Pracht des katholischen Barock sowohl die selbstbewusste Stellung seines Klosters als auch die Verherrlichung der Religion. Aufgrund dieser Auffassung zog er sich 1724 die Kritik des Abtes vom Benediktinerkloster Neresheim zu, der ihn beschuldigte, „die Grenzen der christlichen Bescheidenheit ungebührlich und unzulässig übertreten zu haben". Ness erwiderte: Ich habe vermeint, ich mache mir coram Deo et hominibus ein meritum [...], muss aber den Lohn der Menschen entschlagen und noch von dem lieben Gott allein erwarten [...]. Es ist eben
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8. Innenansicht des Theaters im Kloster Ottobeuren.
schon meistens - Gott Lob! - gebaut! Kanns nit mehr abbrechen und muss ad honorem Dei continuieren, solang Gott will. Wann mir Gott Gnade gibt, auch die Kirche zu bauen, so werde ich wohl alle Kräfte anwenden, eine raren Tempel SS. Trinitati zu bauen, wogegen das Klostergebäu nichts sein soll!51
Sicherlich boten die neuen Mönchsquartiere früher kaum geahnte Annehmlichkeiten. „Die freie, schöne Aussicht nach Osten, die hübsche Unterteilung jeder Zelle in Wohnzimmer und Schlafnische und der größere Komfort im Allgemeinen schienen jedem der älteren In-
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sassen, der sich der alten, engen, hölzernen und dunklen Zellen erinnerte, eine neue Welt zu eröffnen."52 Auch ließ der Abt von einer nahen Quelle eine Wasserleitung legen, um das Klosterbad zu speisen. Außerdem gab es abseits gelegene Gebäude und Räumlichkeiten, wo sich die Mönche erbauen konnten. Der Abt von Ottobeuren spielte auch eine wichtige Rolle bei der Etablierung eines Konsortiums von Benediktinerklöstern, welches 1 6 1 7 die Gründung der Universität Salzburg ermöglichte. Diese Institution ging aus der ehrwürdigen, auf das 7. Jahrhundert zurückgehenden Benediktinerabtei St. Peter im Fürstbistum Salzburg hervor. Als Universität nahm sie bewusst Abstand von jesuitischen Lehren und bevölkerte sich namentlich mit Professoren und Studenten aus der Schweiz, Schwaben, Bayern und Oberösterreich. Ottobeuren versorgte die Hochschule weiterhin mit Lehrpersonal, und fünf seiner Äbte hatten dort ihr Studium abgeschlossen.53 Zudem unterhielt Ottobeuren eine Schule für Novizen und ein Gymnasium für die Lokalbevölkerung. Das Kloster Weingarten, ebenfalls in Schwaben, lässt sich von der Architektur her durchaus mit Ottobeuren vergleichen. Hier traf Abt Sebastian Hyller, fast gleichzeitig wie in Ottobeuren, die Entscheidung zum Neubau der Abtei. Sebastian Hyller stammte aus einem benachbarten Dorf und hatte, wie die meisten späteren Äbte von Weingarten, in Salzburg studiert. Anfänglich geriet das Bauvorhaben in Schwierigkeiten, weil das Kloster nicht als reichsunmittelbar anerkannt wurde. Da die österreichischen Beamten behaupteten, dass sich die Klostergebäude auf ihrem Territorium befänden, baute man 1 7 1 5 - 1 7 2 5 zuerst die neue Kirche, und zwar an der Stelle, wo die alte gestanden hatte, einem Grundstück, das unbestritten der Abtei gehörte. Während der verschiedenen Bauphasen waren mehrere Architekten an der Gestaltung und Errichtung des riesigen Bauwerks beteiligt. Die Kirche in Weingarten war das größte Gotteshaus, das in Deutschland in der frühen Neuzeit gebaut wurde, und soll 12.000 Gläubige gefasst haben. Die Kosten für dieses Bauwerk beliefen sich auf über 250.000 Gulden. Erst 1740, unter einem späteren Abt, gelang es Weingarten, die Reichsunmittelbarkeit zu erwerben, eine Errungenschaft, die allerdings mit beträchtlichen Kosten verbunden war. Durch diesen Schritt erhielt das Kloster die Herrschaft über 400 Quadratkilometer und 11.000 Untertanen.54 Nun nahm man sofort den Rest des Bauvorhabens in Angriff. Obwohl Weingarten nicht zu den reichsten Abteien Deutschlands gehörte, war man entschlossen, die neue Klosteranlage in den größtmöglichen Dimensionen zu errichten. Im Weinkeller konnten zum Beispiel mehr als eine Million Liter Wein eingelagert werden. Weingartens Jahreseinkommen mag dasjenige von Ottobeuren übertroffen haben und stand vielleicht nur hinter demjenigen von Kempten zurück. Trotzdem musste 1745 ein Abt zurücktreten, weil sich das Kloster zu stark verschuldet hatte. Die Arbeiten wurden zwar bald darauf wieder aufgenommen, doch ist ein Teil des ursprünglichen Projekts nie vollendet worden.55
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g. Stieb von Joseph Gablers Orgel im Benediktinerstift Weingarten, Süddeutschland.
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Aber die überdimensionale Größe der Abteikirche von Weingarten diente nicht nur der Repräsentation. Das Kloster besaß die Reliquien vom Heiligen Blut Christi, die ihm 1094 geschenkt worden waren, und durch dieses Heiligtum wurde es zum Brennpunkt der mutmaßlich größten Wallfahrt Deutschlands. Bis zum heutigen Tag kommen jährlich Tausende von Fußpilgern, begleitet von über 1.800 Reitern, nach Weingarten. Eine solch große Wallfahrt brachte dem Kloster selbstverständlich auch wirtschaftliche Vorteile. Die Ausmaße der Kirche erforderten jedoch den Bau einer besonders mächtigen Orgel im westlichen Teil des Gotteshauses, eines Instruments, dem sowohl durch seine Größe als auch durch seine Gestaltung eine besondere Bedeutung zukommt. Am 6. Juli 1737 schloss der Orgelbauer Joseph Gabler mit Abt Alfons Jobst einen Vertrag ab: „Demnach sollte die Orgel 60 Register besitzen, in sechs Jahren vollendet sein und 6.000 Gulden kosten." Zwei Jahre später wurden diese Dispositionsvorschläge weiter präzisiert: „[...] die große Orgel in Weingarten sollte nun aus 66 Registern, 6.666 Pfeifen, sechs Doppelblasbälgen und sechs Doppelteilen zwischen sechs Fenstern bestehen." Zudem würde eine Kommission von sechs Personen spezielle Anordnungen treffen. Diese Zahlensymbolik wurde in einem zweiten Vertrag fur das Chororgelwerk der Mönche weitergeführt. Der Bau dieser Orgel war auf der Zweizahl aufgebaut und sollte zwei Manuale, 22 Register und 2.222 Pfeifen umfassen. Dabei wurde bewusst eine theologisch gefärbte Arithmetik verfolgt. Eine Gruppe von Registern sollte Beispiele aller Schöpfungswerke enthalten, eine andere alle Instrumente aus dem Buch Daniel, Kapitel III, verkörpern: „Kornett, Flöte, Harfe, Posaune, Hackbrett und Zimbel". Auch konnte der Organist zwei verschiedene Arten von Trommeln und Glocken aktivieren, welche in der fantasievollen Ausführung des Orgelgehäuses sichtbar gemacht wurden. Für Nachtigall und Kuckuck dagegen gibt es keinen offensichtlichen biblischen Beleg. Diese Vielfalt von ungewöhnlichen Nebenregistern, kaum nachgeahmt bis zur Einführung der modernen Kinoorgel, hatte offenbar die prosaische, stillschweigend akzeptierte Aufgabe, die riesigen Pilgeransammlungen während ihres Aufenthaltes in der Kirche zu unterhalten. Dieser Sachverhalt mag auch erklären, warum es der Orgelbauer trotz größter technischer Schwierigkeiten dem Organisten ermöglichte, beim Spielen auf der westlichen Empore durch den immensen Kirchenraum direkt zum Hochaltar zu blicken. 1750 war das Instrument endlich fertiggestellt. Bei der Ubergabe war die Orgel mit mehr als 60 Registern und auch mehr als 6.666 Pfeifen versehen, wenngleich 6.666 bis heute als offizielle Zahl gilt. Viel dramatischer war hingegen die Fehlkalkulation der Kosten, die sich in Wirklichkeit nicht auf 6.000, sondern auf 32.000 Gulden beliefen56 (Abb. 9). Die geistige Welt, in der die Äbte Knittel und Ness ihre Bauwerke und Gabler seine Orgel konzipierten, war eindeutig vom Barock und der Gegenreformation bestimmt und kaum von aufklärerischen Ideen berührt. Doch der tief greifende Wandel im katholischen Denken, der circa 1750 einsetzte, verbreitete sich, wie in allen anderen Regionen, auch in Süddeutschland.
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Trotz starken inneren Widerstands wurde die Universität Salzburg in den 174oer-Jahren zu einer Hochburg für die Verbreitung eines aufgeklärten, antibarocken Katholizismus, der sich namentlich auf die Schriften von Muratori stützte. Teilweise wegen der gesamteuropäischen Reaktion auf die Ausweisung der Protestanten aus Salzburg 1 7 3 1 - 3 2 begann sich im katholischen Deutschland eine Bewegung zugunsten religiöser Toleranz zu verbreiten. Wie anderorts gaben intelligente deutsche Katholiken althergebrachte Glaubensgrundsätze auf, wie etwa den Glauben an Zauberei.57 Im Zuge der Kritik an den Klöstern gingen auch die Vermächtnisse an die einzelnen Abteien zurück; viele Leute betrachteten diese Institutionen jetzt als unnütz oder, sogar noch schlimmer, als unheimlich, unnatürlich, despotisch und bildungsfeindlich. Die vielen neuartigen Andachtsübungen, die im Mittelalter und besonders während der Gegenreformation üblich wurden, und die barocke Vorstellung, erlesene Kunstwerke in den Dienst der Religion zu stellen, fanden immer weniger Anklang. 58 Die kritischen Bemerkungen des Abtes von Neresheim gegenüber den prätentiösen Plänen seines Amtsbruders in Ottobeuren waren nachgerade zur Konvention geworden, was ironisch klingt, wenn man bedenkt, dass das Kloster Neresheim nach 1750 unter dem nachfolgenden Abt seine eigene Abteikirche in üppiger Pracht neu errichtete. Auch in diesem Fall wurde übrigens der Fortschritt des Bauvorhabens 1764 durch den erfolgreichen Erwerb der Reichsunmittelbarkeit beflügelt. Doch entsprach die Art und Weise, wie der Gottesdienst in der neuen Kirche gefeiert wurde, einer grundsätzlich anderen Auffassung als in Ottobeuren, obwohl sich die Bauperioden der beiden Klosterkirchen teilweise überschneiden: Der Schlüssel ist das Wort „Erklärung". Neresheim will nicht mehr theatrum sacrum sein und auch nicht dramatisierte Architektur, sondern Erklärung. Wenn man diesen Raum betritt, soll man nicht mitgerissen, sondern zum Verstehen gebracht werden. Das Verständnis ist aber kein intellektuelles; es manifestiert sich eher als aufgeklärte Gegenwart. 59
So hatten Mönche und Klöster an manchen geistigen Strömungen des späten 18. Jahrhunderts teil. Nirgendwo kann man das besser zeigen als am Beispiel der Benediktinerabtei St. Blasien im Schwarzwald und an der Gestalt ihres hervorragenden Abtes, Martin Gerbert. 1720 in der Nähe des Klosters geboren, entstammte er einer einheimischen Familie in guten Verhältnissen, war jedoch nicht adliger Herkunft. Bald nach seinem Eintritt ins Kloster erlangte St. Blasien die Stellung einer Fürstabtei, allerdings auf Umwegen. Das Ordenshaus lag auf österreichischem Gebiet und befand sich daher in einer untergeordneten Stellung, aber es hatte das benachbarte Fürstentum Bondorf erworben, welches reichsunmittelbar war, und so wurde dem Abt 1746 der Fürstentitel zugesprochen. Diese ungewöhnlichen Umstände weisen daraufhin, dass es, wie alles, was mit dem komplexen „alten deutschen Reich" zusammenhing, unendlich viele Variationen von Reichsunmittelbarkeit gab. 1764 wurde Gerbert " 73 "
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zum Abt gewählt, und er bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1793. Gleich Muratori war er ein unglaublich vielseitiger Mensch, und das Ausmaß seiner Errungenschaften und Tätigkeiten ist schwer auszuloten. Neben vielen theologischen Abhandlungen von mäßig fortschrittlichem Charakter schrieb er eine Geschichte des Schwarzwalds und Berichte über die frühen Habsburger, die aus diesem Gebiet hervorgegangen sind. Auch reiste er nach Rom und an viele andere Orte und veröffentlichte einen entsprechenden Reisebericht. Im Bereich der Wissenschaft stellte er den Gelehrten, welche sich der Germania sacra widmeten, Arbeitsplätze zur Verfugung. Dabei handelte es sich um ein Projekt, das gleichsam als deutsches Gegenstück zu den Arbeiten Muratoris in Italien und der Mauriner in Frankreich dienen sollte, nämlich kritische Editionen von Dokumenten zur mittelalterlichen Kirche zu publizieren. Aber Gerberts größte Leistung, die ihm in diesem speziellen Bereich eine Stellung von Weltrang einräumte, bestand darin, die erste umfassende Sammlung von Werken mittelalterlicher Musik und Musiktheorie anzulegen. Als erster großer Förderer der deutschen Musikgeschichte steht er weder Burney und Hawkins in England noch Martini in Italien nach. Doch wie Burney scharfsinnig bemerkte, hatten seine musikbeflissenen Zeitgenossen daneben nicht noch ein Fürstentum zu regieren. Aber auch in dieser Kapazität hat es Gerbert zu Berühmtheit gebracht, besonders im Straßenbau, was in einem bergigen Land mit rauer Witterung keine Kleinigkeit war. Zudem bemühte er sich um moderne katholische Erziehungsmethoden, gründete Schulen und führte einen neuen Katechismus ein.60 Auch betätigte er sich als erfolgreicher Politiker in Reichsangelegenheiten und zeigte sein diplomatisches Geschick, indem er Maria Theresia überzeugte, sein Kloster von ihrer 1771 erlassenen Gesetzgebung, welche die Altersgrenze fur die Profess erhöht hatte, freizustellen. Dabei begründete er sein Anliegen damit, dass sein Kloster nur auf diese Weise mit umliegenden Ordenshäusern, die nicht den österreichischen Gesetzen unterstanden, konkurrieren könne.61 Sein Erfolg mag auch daran gelegen haben, dass er schlauerweise die Gebeine habsburgischer Ahnen sammelte, mit denen er seine schon bestehende Sammlung erweiterte und für die er eine besondere Krypta bauen ließ. 1768 brannte St. Blasien bis auf die Grundmauern nieder. Für Gerbert bedeutete das nicht nur, dass er mit seinen musikwissenschaftlichen Arbeiten praktisch neu beginnen, sondern auch, dass er jetzt den Wiederaufbau des Klosters in Angriff nehmen musste. Er entschied sich fur eine monumentale Lösung, die unter der Leitung des Architekten P. M . Ixnard im klassizistischen Stil Frankreichs realisiert werden sollte. Oft wird behauptet, dass der Geist der klassizistischen Architektur nicht mit den Grundsätzen des Ancien Regime vereinbar sei. Dieser Stil verkörpere eher das Ideengut der Französischen Revolution und vielleicht sogar dasjenige der jungen Bourgeoisie und Demokratie. Aber wie wir sehen werden, war das großartigste Baudenkmal der klassizistischen Architektur in Frankreich, die Kirche, welche die Revolutionäre als ihr Pantheon vereinnahmten, von Ludwig XV., in Erfüllung eines Gelübdes, - 74 -
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io. Luftaufnahme des Klosters St. Blasien, Schwarzwald.
in den Jahren nach 1760 fur das Kloster Ste. Genevieve erbaut worden (Tafel i). 62 Gerberts Gestaltung von St. Blasien hat man wie folgt dargestellt: „[...] ein Versuch, eine aufgeklärte und rationale Ordnung zu erzielen, was eine Illusion bleiben muss [...]. [Man] strebte nicht mehr nach einer Civitas Dei auf Erden."63 Aber wie dem auch sei, es zeigt, dass das Kloster und sein Orden vertrauensvoll in die Zukunft blickten. Die Abteikirche von St. Blasien soll zur Zeit ihrer Errichtung unter allen christlichen Kirchen Europas das drittgrößte Kuppelgewölbe aufgewiesen haben (Abb. 10). Jedenfalls war der Kirchenraum darauf angelegt, eine ganz andere Art von Frömmigkeit anzusprechen, als in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts üblich gewesen war. Die Innenausstattung der Kirche war aus Gerberts Uberzeugung hervorgegangen, dass „ein Gotteshaushaus nichts enthalten sollte, was ablenken könnte, nichts, was die Andacht stören könnte [...], keine unnötigen Verzierungen, keinen Uberschwang an Dekorationen, keine Kreuzgewölbe." Eine frappante Neuerung in der Gestaltung, die diesen Standpunkt bestärkte, bestand darin, dass das Auge der Kirchgänger weniger vom Hochaltar als von der prächtigen Orgel auf dem Lettner angezogen wurde (Abb. 11). 6 4 Die kühne Architektur der Kirche sowie die Gelehrsamkeit und die wohlwollende Herrschaft des Abtes erregten die beinahe unkritische Bewunderung von Nicolai, dem Redaktor der protestantisch aufklärerischen Zeitschrift Allgemeine deutsche Bibliothek in Berlin, den
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1781 ein Besuch in der Abtei in helle Begeisterung versetzte.65 Zur selben Zeit verbesserte sich auch der Ruf von St. Blasien hinsichtlich Frömmigkeit und Disziplin, und als das Kloster kurz nach 1800 aufgelöst wurde, zählte es immer noch gut hundert Mönche. Das Beispiel von St. Blasien zeigt deutlich, dass ein Kloster unter der Führung eines außerordentlichen Abtes auch gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch eine beispiellose Blütezeit erleben konnte, dass es mit vielen Aspekten der religiösen und kulturellen Entwicklung in Europa Schritt zu halten vermochte und dass es ihm, wie es scheint, möglich war, die Ordensregel einzuhalten, die Untertanen zu befriedigen und die Bewunderung der säkularen Gesellschaft zu gewinnen. Nicolai war nicht der einzige Auswärtige, der St. Blasien besucht hat. Ein weiterer Aspekt dieser zunehmenden Weltoffenheit vie-
II. Designfür das dekorative Orgelgehäuse (von F. J.
ler Abteien bestand darin, dass sie nun öfter
Salzmann, ca. lyyo) in der neuen Kirche von St. Blasien
von Touristen aufgesucht wurden. Einige von ihnen haben Berichte hinterlassen. Georg Wilhelm Zapf aus Augsburg, offensichtlich ein Protestant, veröffentlichte 1786 eine Beschreibung seiner 1781 unternommenen Reise durch Schwaben und die Schweiz. Er war besonders beeindruckt von Weingarten, wo der Prior die Gottesdienste majestätisch zelebrierte und wo die Unterhaltung „nicht fürstlich, sondern ganz simpel" war. Auch bewunderte er Gerbert für seine wohlwollende Herrschaft, seine liturgischen Reformen und sein historisches Wissen: „Er [Gerbert] ist wie ein reißender Strom, wenn er in sein Lieblingsfach kommt, der mitnimmt, was im Wege ist." Selten äußerten sich zeitgenössische Beobachter über die Einzelheiten der Observanz der Mönche, aber es wird allgemein erwähnt, dass die Ordensregeln nicht mehr so streng eingehalten würden: Die Mönche äßen beispielsweise viel mehr Fleisch als ursprünglich erlaubt; sie hielten sich nicht mehr an das strikte Schweigegebot; und die Pflicht, sieben Gottesdienste zu besuchen, sei auf fünf oder weniger reduziert worden.66 Manches davon traf zweifellos auf zahlreiche Ordenshäuser zu. Sicherlich vertrat Gerbert selbst die in seinem Orden weitverbreitete Auffassung, dass körperliche Arbeit, wie sie der heilige Benedikt ursprüng-
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lieh gefordert hatte, nicht mehr zeitgemäß sei und dass sich die Mönche stattdessen mit Wissenschaft und Seelsorge beschäftigen sollten. Der Augsburger Zapf dagegen fand, die Ordensregeln würden zu streng befolgt: Er beklagte, dass die Mönche allzu vielen Gottesdiensten beiwohnen müssten, wodurch sie ermüdeten und in ihren Studien gestört würden. Er erzählte, wie er in St. Blasien eine lange schweigsame Mahlzeit habe erdulden müssen und Gerbert sich über seine Ungeduld lustig gemacht habe. Der Abt habe bemerkt, dass die Ordensregeln eben einzuhalten seien. Während Zapf zu dem Schluss kam, dass bei manchen Klöstern „gleichsam noch Nacht herrschte", fand er doch auch viele, wo Gelehrsamkeit im Sinne der Aufklärung gefördert wurde. Diese Erkenntnis veranlasste ihn zu folgendem Ausspruch: „Toleranz predigt man in unseren Zeiten allenthalben, und diese herrscht auch in den Klöstern und wird gegen jeden Protestanten beobachtet. Ich fand keinen Unterschied im Diensteifer bey beeden Religionstheilen, dann jeder beeiferte sich gleich stark, mir Zuneigung, Liebe und Freundschaft zu schenken." 67 Pater Hauntinger, ein Mönch aus St. Gallen, trat seine Reisen mit ganz anderen Voraussetzungen an. 1784 beauftragte ihn sein Abt, einen Mönch aus Neresheim namens Beda Pracher auf der Rückreise in sein Heimatkloster zu begleiten. Unterwegs kehrten die beiden bei vielen Ordenshäusern ein.68 Der Abt von Neresheim war Schweizer und ein Vetter des St. Gallener Fürstabts. Pracher seinerseits war mit der Aufgabe betraut worden, Neresheims neueste pädagogische Errungenschaften weiterzuverbreiten. Dazu gehörte die 1782 eingerichtete Normalschule, eine Lehrerbildungsanstalt, die nach den Prinzipien von Ignaz Felbiger, dem Abt des Augustinerstifts Sagan in Schlesien, konzipiert war. Felbiger hatte für Friedrich den Großen die katholischen Volksschulen neu organisiert und übernahm danach dieselbe Aufgabe für Joseph II. von Österreich.69 Obwohl Hauntinger erst 28 Jahre alt war, bekleidete er in St. Gallen schon das Amt des Bibliothekars, in welches er durch Mönche, die den Maurinern und St. Blasien nahestanden, eingeführt worden war. Die St. Gallener Bibliothek enthält einen einzigartigen Schatz von altehrwürdigen Manuskripten und frühen Buchdrucken und sie erweckt bis zum heutigen Tag Staunen und Bewunderung, besonders da ihre Sammlung die Zeit der Säkularisation fast ungeschoren überlebt hat. Obwohl um 1780 in vielen Ordenshäusern reiche Buchbestände zu finden waren, ließen sie sich schon damals kaum mit denjenigen der St. Gallener Bibliothek vergleichen, die von den Äbten und besonders unter Hauntinger unermüdlich erweitert und gefördert wurde. Der prachtvolle Barocksaal der Bibliothek war 1758 von Peter Thumb für Abt Gugger entworfen worden, wobei die Innenausstattung allerdings erst zur Zeit Hauntingers fertiggestellt werden konnte. In großartiger, ökumenischer Zeremonie widmete Abt Gugger den kunstvollen Büchersaal der gelehrten Welt (Tafel 7). Auf seiner Reise war Hauntinger namentlich darauf bedacht gewesen, die Bestände anderer Klosterbüchereien besser kennenzulernen. Viele dieser Bibliotheken, die meist neu erbaut oder aufwendig renoviert worden waren, enthielten
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einen guten Grundstock an Büchern aus bestimmten Bereichen. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts gab es jedoch zahlreiche Häuser, wie etwa Neresheim, deren Abte sich weigerten, protestantische Schriften oder Werke der französischen philosopher in ihre Bestände aufzunehmen. Auch war Hauntinger entsetzt, als er in der besonders schönen Bibliothek des Klosters Schussenried triumphale Statuen der Propheten und Evangelisten vorfand, denen Skulpturen von Autoren wie Luther, Calvin, Machiavelli, Voltaire und Rousseau gegenüberstanden, die den schädlichen Einfluss von „Freigeisterei, verfehlter Politik und Irrlehre" darstellen sollten. Andererseits hatten sich um 1780 viele Klöster, praktisch unter Ausschluss aller anderen Zielsetzungen, auf unvoreingenommene Studien und Gelehrsamkeit verlegt. Der junge Bibliothekar von St. Gallen glaubte, dass eine Bibliothek allen Lernbegierigen offenstehen sollte und religiöse Kontroversen dabei keine Rolle spielen dürften. Eine solch friedfertige Einstellung hatte sich nach dem Abtwechsel auch in Neresheim durchgesetzt. Zur Zeit, als Hauntinger das Kloster besuchte, war es zur Hochburg einer erstaunlich radikalen Reformbewegung geworden, die dem exzentrischen, zum Katholizismus übergetretenen Herzog Karl Eugen von Württemberg nahestand. Pracher selbst begünstigte die Abschaffung von privaten Messen und Messpriestern, ferner von Kerzen, Weihrauch, Messgewändern und dem Gebrauch der lateinischen Sprache im Gottesdienst. 1788 trat Pracher aus dem Orden aus. Ihm folgte drei Jahre später auch der berühmtere Neresheimer Mönch Werkmeister, der sich vom verbindlichen Mönchsgelübde abkehrte und zu heiraten wünschte. Auf seiner Reise stellte Hauntinger fest, dass manche Klöster auch anderweitig außerordentlich fortschrittlich gesinnt waren, unter anderem indem sie eindrückliche Sammlungen von naturwissenschaftlichen Objekten anlegten oder indem sie wissenschaftliche Errungenschaften in Szene setzten, wie beispielsweise Ottobeuren, wo 1780 der erste Ballonflug in dieser Region stattfand. Obschon man versucht sein mag, das Hauptinteresse jenen Abteien zuzuwenden, die entweder reichsunmittelbar waren oder es zu sein wünschten und die zu den reichsten und großartigsten gehörten, muss man bedenken, dass solche Ordenshäuser nur eine kleine Minderheit darstellten und dass die meisten Klöster, einschließlich der wohlhabenden und mächtigen unter ihnen, einem weltlichen oder geistlichen Fürsten unterstanden. Das betraf ζ. B. viele bedeutende Klöster in Bayern. In Altbayern, dem Kernland des bayrischen Territoriums, durften sich siebzig Klöster in den Ständen vertreten lassen. Unter diesen besaßen einige wenige Häuser, wie Polling und Tegernsee, eindrückliche Gebäudekomplexe und Bibliotheken, die St. Gallen wenig nachstanden.70 Doch im Laufe der i78oer-Jahre wurde klar, dass den monastischen Institutionen eine ungewisse Zukunft bevorstand. Der Jesuitenorden war von der Szene abgetreten. Joseph II. löste in Österreich ganze Ordensgemeinschaften und viele einzelne Klöster auf. Ja sogar in Bayern und im Fürstbistum Mainz schloss man einige Abteien, wobei auch Schöntal von diesem Schicksal bedroht war.71 Wie wir in späteren -
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Kapiteln sehen werden, wurden jetzt die öffentlichen Angriffe auf das Mönchtum immer häufiger und zunehmend bösartig.72 Eine Neuerung des späten 18. Jahrhunderts bestand darin, dass einige Mönche anfingen, Tagebücher zu fuhren oder Berichte über das monastische Leben zu verfassen. Oft geschah dies im Stil eines weltlichen Beobachters, der seine eigene Lebenssphäre oder exzentrische Verhaltensweisen in seiner Umgebung beschreibt. In früheren Zeiten wäre eine solche Beschäftigung nicht nur verboten, sondern überhaupt nicht vorstellbar gewesen. Daher handelt es sich bei den meisten autobiografischen Berichten von Mönchen aus älteren Perioden vorwiegend um geistliche Erfahrungen. Eines der neuartigen Dokumente, nämlich die Memoiren eines unbekannten Mönchs, ermöglicht es uns, mithilfe von zusätzlichen schriftlichen Belegen ein letztes Beispiel eines Benediktinerklosters in Deutschland unter die Lupe zu nehmen. Hier lässt sich zeigen, wie unzufrieden und intolerant ein solches Haus unter einem unfähigen Abt werden konnte und wie beharrlich sich alte Auffassungen und Gewohnheiten bis in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts zu erhalten vermochten. Lambspring oder Lamspringe, im Gebiet des Bischofs von Hildesheim, gehörte zu einer Gruppe von wenigen Klöstern auf dem europäischen Festland, die sich fast ausschließlich um britische und irische Katholiken kümmerte, die, als dies in ihrem Heimadand unmöglich war, Mönche oder Nonnen werden wollten.73 Im 9. Jahrhundert als Frauenkloster gegründet, wurde Lambspring 1542 das Mutterhaus einer protestantischen Frauengemeinschaft. Im Dreißigjährigen Krieg gelang es jedoch den Katholiken, das Kloster zurückzugewinnen, worauf es an englische Mönche überging, die 1643 dort einzogen. Aus diesen Gründen sind die meisten Dokumente und Schriften von Lambspring, die heute im Archiv der Abtei Downside liegen, auf Englisch verfasst. Auch wenn das Kloster nicht zu den reichsten Ordenshäusern Deutschlands gehörte, war es ohne Zweifel das wohlhabendste im Bistum Hildesheim und führte zwischen 1670 und 1 7 3 1 ein ehrgeiziges Bauprogramm durch, mit dem es sich allerdings schwer verschuldete. Im 18. Jahrhundert meldeten sich jährlich zwei bis drei Novizen und eine Anzahl von Studenten (1730 neunzehn): Fast alle kamen aus England, und in jeder Gruppe gab es einige aus adligen Familien. Die Tatsache, dass die meisten Insassen von den britischen Inseln stammten, führte häufig zu ungewöhnlichen Schwierigkeiten. Besondere Besorgnis erregte jedoch die Tatsache, dass man die Mehrzahl der Mönche verpflichtete, für längere Zeit als Missionare in ihr Heimatland zurückzukehren. Einige Zitate aus dem Book of Cloathing Novices mögen die Rekrutierungsprobleme des Klosters näher beleuchten, obwohl es sich hier um eher ungewöhnliche Fälle handelt: Henry Kalmus wurde nach der Vesper eingekleidet und nahm den Namen Lorenz an. Aber zur Überraschung aller entpuppte er sich als verkappter Betrüger [ . . . ] 20. September 1724.
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Der Honourable Edmund Darmes wurde nach der Vesper eingekleidet und behielt seinen N a men. Doch seine körperliche Konstitution war zu schwach, um durchzuhalten. 9. April 1725.
Pitt Copsey kam im Juli 1727, wurde am 31. M a i 1732 eingekleidet, lief jedoch weg, kam darauf verwirrt zurück und wurde dann in ein Irrenhaus in Turnay (= Tournai), Flandern, eingewiesen, wo er bis 1757 in umnachtetem Zustand weiterlebte.
[ . . . ] ein M a n n namens James Compton, ein ehemaliger Jesuit aus Lüttich, wurde am 1. N o vember 1773 unter dem Namen Jerome zur Einkleidung angenommen und wurde, nachdem er sein Noviziat abgeschlossen und ernsthaft um seine Profess hier gebeten hatte, von Präsident Mr. Fisher und dessen Sekretär, Mr. Cowley, Prior von St. Edmunds, am 21. Juli 1774 anlässlich eines Besuches nach St. Edmunds mitgenommen, wo er seine Profess ablegte. Dieser Vorgang schien uns merkwürdig und höchst ungerechtfertigt. E r trat 1782 aus dem Orden aus. 74
1762 wurde Maurus Heatley zum Abt von Lambspring gewählt. Nach einem unbekannten Chronisten75 geschah dies zu einem Zeitpunkt, als sich das Kloster durch die „verschwenderische Lebensweise" des vorherigen Abtes und die Verwüstungen, die während des Siebenjährigen Krieges von „zwei Armeen in diesem Gebiet" angerichtet worden waren, schwer verschuldet hatte. Heatley machte sich sofort daran, die Schulden zu tilgen. Seine anfängliche Popularität verflüchtigte sich aber schon bald, als sich herausstellte, dass er keinerlei Widerspruch duldete. Wenn er seiner Gegner nicht Herr werden konnte, galt fur ihn letztlich nur die Mission ins Heimatland als Abhilfe: Diese Drohung führte dazu, dass er über eine zahme, passive Bruderschaft verfugen konnte. Seine Gegenwart verbreitete unter den Mönchen allgemein Furcht, und im Ordenskapitel führte er ein Schreckensregime, besonders in den letzten zehn Jahren (1792-1802), als die Haft und willkürliche Behandlung von Maurus Chaplin seine unbeschränkte und eigenwillige Autorität in allen Belangen zu besiegeln schien. Nachdem Maurus Chaplin von seiner Mission zurückgekehrt war, wurden ihm „nächtliche Eskapaden", „schlechte Gesellschaft" und „Trunkenheit" vorgeworfen. Scheinbar hatte er sich mit einem Cricketschläger eingedeckt und gedroht, „diesen gegen den Prior zu gebrauchen, und für den Abt habe er noch etwas anderes in Bereitschaft - eine Pistole sollte genügen". Heatley ließ Chaplin in den Klosterkerker werfen. Nach zwei Jahren gelang ihm die Flucht, aber bald wurde er wieder eingefangen, geprügelt und erneut eingesperrt. Gegen Ende der 179oer-Jahre, als die französischen Revolutionskriege den Kontakt mit den Britischen Inseln unterbrachen, entwickelte sich ein Streit zwischen Headey und dem Vorsteher der englischen Benediktinerkongregation, weil der Abt trotz der langjährigen Tradition von Visitationen und Einflussnahme durch die Kongregation absolute Autorität fur -
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sich beanspruchte. Heatley hatte unter den Mönchen seine Parteigänger, die sich mit ihren Gegnern über jede erdenkliche Einzelheit des Klosterlebens anzulegen pflegten. Dem A b t wurde beispielsweise vorgeworfen, er bringe ungenießbaren Käse auf den Tisch, und obwohl er erklärte, der Käse sei durchaus essbar, servierte er fortan keinen mehr, was er damit begründete, dass die Regel den Genuss von Käse zwar erlaube, aber nicht vorschreibe. Daraufhin beschwerten sich die Dissidenten in dieser Sache und anderen, schwerwiegenderen Angelegenheiten beim Vorsteher der Kongregation. Überdies verwickelte sich Heatley in Streitigkeiten hinsichtlich Stipendien und Vergabungen. O f t hielt er Studenten hin, die gerne gekommen wären, indem er knappe Geldmittel und die prekäre politische Lage des Kloster vorschützte. Während einer Friedensphase, 1801/02, gelang es dem Vorsteher der Kongregation, Bede Brewer, endlich eine Visitation vorzunehmen. Als er aber versuchte, Chaplins Entlassung aus dem Gefängnis zu betreiben, stieß er auf die kompromisslose Haltung des Abtes. Daraufhin erteilte Brewer Headey drei Verweise und enthob ihn zeitweise seines Amtes. Der A b t rief jedoch seinen Rat zusammen, um die Verweise anzufechten. Auch stellte er das Protokoll infrage, indem er sich über die schriftlichen Aufzeichnungen des Sekretärs, des Mönchs Harsnep, hinwegsetzte. Danach arteten die Zusammenkünfte in gegenseitige Beschimpfungen aus, und es gibt eine große Lücke im Protokollbuch des Rates. 76 Als Maurus Heatley auf der strikten Befolgung der Regel bestand, erwiderte ein Mönch: „Ich nehme an, dass Sie damit Ihren Willen meinen, mein Herr." Der A b t bejahte diesen Ausspruch. Z u diesem Zeitpunkt waren aber auch schon die Bischöfe von Hildesheim und Paderborn und verschiedene andere Äbte in diese Angelegenheit verwickelt. Dann gab Headey, jetzt schon 80 Jahre alt, unerwartet auf, und seine Amtsenthebung wurde vom Generalkonvent der Kongregation in London bestätigt. So war, nach dem Chronisten, „ein vielversprechender Sieg über monastische Tyrannei errungen worden". Doch wenige W o chen später besetzten die Preußen das Bistum Hildesheim, Headey starb kurz darauf, und im folgenden Jahr wurde das Kloster, wie fast alle restlichen Abteien in Deutschland, aufgelöst.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Zweifellos lassen sich hinsichtlich der deutschen Abteien, besonders was die sogenannten Reichsklöster betrifft, gewisse Gemeinsamkeiten feststellen. Erstens ist der wichtige Zusammenhang zwischen ihrer Baugeschichte und dem Streben nach erfolgreicher Anerkennung ihrer Reichsunmittelbarkeit unverkennbar. Dies gilt auch fur einige Klöster, die ich bisher nicht erwähnt habe, wie etwa St. Emmeram in Regensburg. Dieses Ordenshaus erlangte seine Unabhängigkeit 1731 und begann sofort damit, seine Anlagen im barocken Stil zu
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erneuern. Zweitens zeigt die Tatsache, dass es verschiedenen monastischen Kleinstaaten gelang, ihre Unabhängigkeit im Laufe des 18. Jahrhunderts auszuweiten, wie groß ihr Ansehen noch war und wie viel Einfluss sie ausüben konnten. In dieser Beziehung waren die Klöster innerhalb des alten deutschen Reiches um 1780 mächtiger als zu Beginn des 18. Jahrhunderts.77 Aber das hartnäckige Streben nach Reichsunmittelbarkeit war nicht nur eine Frage von Prestige und Politik. Diese privilegierte Stellung brachte meistens auch wirtschaftliche und rechtliche Vorteile mit sich, und das Erlangen dieses Status erleichterte die Verwirklichung ehrgeiziger Bauvorhaben. Wie wir gesehen haben, begünstigte die Reichsautorität in Streitigkeiten zwischen dem Kloster Kempten und seinen Untertanen manchmal auch die Bauern. Doch so etwas geschah äußerst selten: Denn die Reichsgerichte arbeiteten mit sagenhafter Bedächtigkeit, und um einen Fall erfolgreich vorzubringen, brauchte man reichliche Geldmittel und unsägliche Ausdauer. Klöster, andererseits, die nicht reichsunmittelbar waren, unterstanden einer Obrigkeit, deren Residenz sich in der Nähe befand und welche die Befugnis und die Möglichkeit besaß, sich umgehend über entsprechende Angelegenheiten zu informieren. Solche Ordenshäuser mussten die Bewilligung ihres Landesherrn einholen, wenn sie ihre Anlagen erweitern wollten, und im Gegensatz zu den reichsunmittelbaren Abteien hatten sie kein Recht, ihre Untertanen zu besteuern, ohne einen Teil der Einkünfte an den Fürsten abzuführen. Allerdings hielten diese Einschränkungen Klöster, die der Souveränität entbehrten, kaum von ihren Bauvorhaben ab, wenngleich sie deren Handlungsfreiheit erschwerten. Hartmut Zückert hat gezeigt, dass Häuser wie beispielsweise Schwarzach unter Umständen hartnäckigen Widerstand von ihren Bauern gewärtigen mussten. Zückert argumentiert weiter, dass man das Streben nach Reichsunmittelbarkeit im Zusammenhang mit einem umfassenderen, „feudalen" oder absolutistischen Ehrgeiz zu sehen habe, der darin bestand, dass geistliche Herren die Praxis der weltlichen Fürsten nachzuahmen suchten. Indem sie ihren Untergebenen mehr Dienstleistungen und höhere Steuern abverlangten, untermauerten sie ihre Souveränität, erhöhten ihren Lebensstandard und konnten großartige Bauprojekte in Angriff nehmen. Oft kamen Klöster beim Bau ihrer prächtigen Anlagen auch in den Genuss von Zuschüssen oder Darlehen seitens der Landesherren, von denen sie sich das Geld aufgrund ihrer Besitzverhältnisse leihen konnten. Zudem erbaten sie sich Beiträge von anderen Klerikern wie auch von Leuten aus dem Volk. Aber selbst in Zeiten des relativen Friedens und Wohlstands konnten solche Methoden der Geldbeschaffung, auch gepaart mit dem regulären Einkommen, kaum genügen, um Projekte von der Größenordnung Ottobeurens oder Weingartens zu verwirklichen. In den Quellen finden sich denn auch häufig Hinweise auf die zusätzlichen Lasten, die den Bauern im Namen von Religion und Gehorsam zur Förderung solcher Bauvorhaben auferlegt wurden: Zunehmende Fronarbeit und Besteuerung, längere und mühseligere Wege bei der Herbeischaffung von Baumaterial oder
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beim Transport des Weines, der oft als Zahlungsmittel oder Schmiergeld diente, und dazu die Einzäunung von Land, das früher zu gemeinnützigen Zwecken zur Verfugung gestanden hatte. Im Fall von Ottobeuren wurde auch die traditionelle Freigebigkeit des Klosters, das bisher die halbe Dorfbevölkerung ernährt hatte, stark eingeschränkt. Freilich lässt sich leicht behaupten, die Baukosten eines Gebäudes oder einer Kirche seien aus den wachsenden Klostereinkünften bestritten worden. Aber ein bedeutender Anteil dieses Wachstums stammte zweifellos von erhöhten Gebühren und zusätzlicher Fronarbeit. Die bäuerliche Bevölkerung kümmerte sich nach altem Brauch um die Angelegenheiten ihres Dorfes oder ihrer Gemeinde, auf die sie Einfluss nehmen konnte und die ihr greifbaren Nutzen brachten. Auch für die Pfarrkirche sorgten die Leute gern, waren aber weniger begeistert, wenn ihnen der Abt zur Verherrlichung seines an sich schon wohlhabenden Klosters weitere Lasten auferlegte.78 Manches, was oben gesagt wurde, gilt auch für Osterreich, obwohl die Äbte dort, streng genommen, keine Fürsten waren und die Klöster sich stärker nach der weltlichen Autorität richten mussten. Andererseits kann man auch zeigen, dass die ehrgeizigen Baumaßnahmen den klösterlichen Untertanen und den entsprechenden Gegenden Vorteile brachten, denn auf diese Weise wurden Arbeitsplätze und Verdienst geschaffen. Manchmal war die Klosterleitung auch bereit, bei der Renovierung einer Pfarrkirche mitzuhelfen und den Arbeitern besondere Vergünstigungen zukommen zu lassen. Zudem waren die Klöster dem Volk auf eine Art und Weise verbunden, die demgegenüber beim Bau von Adelspalästen nicht zum Tragen kam. In diesem Zusammenhang ist es auffallend, dass alle dynamischen Äbte, die ich erwähnt habe, ja eine große Prozentzahl der Äbte im deutschen Gebiet überhaupt von ihren Mönchen rechtmäßig gewählt worden waren und nicht aus adligen Familien stammten. Meistens kamen sie aus der näheren Umgebung und waren in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Diese Tatsache steht in bemerkenswertem Gegensatz zur allgemeinen Vorherrschaft des Adels in Kirche und Staat des 18. Jahrhunderts. Fast alle katholischen Bischöfe im deutschen Sprachraum, wie überhaupt in den meisten Ländern, stammten aus Adelsfamilien. Dies galt besonders für die Fürstbischöfe, von denen nicht wenige sogar königlichen Geblüts waren, und auch die Chorherren vieler Dom- und Kollegiatskirchen mussten adliger Herkunft sein. Im Gegensatz dazu boten die deutschen und österreichischen Klöster talentierten Mönchen, unbesehen ihrer sozialen Herkunft, ungeahnte Aufstiegsmöglichkeiten: So konnte sich ein Mann aus dem Bauernstand zum Status eines Reichsfürsten emporarbeiten.79 Diese Tatsache ist einer der vielen Hinweise auf die enge Beziehung zwischen diesen Klöstern und der benachbarten Bevölkerung. Trotzdem kann man natürlich nicht behaupten, dass die Mönche und ihre Nachbarn immer in Eintracht und Frieden miteinander gelebt hätten. Unstimmigkeiten ergaben sich besonders, wenn die Bevölkerung im umliegenden Gebiet protestantisch war oder wenn Äbte ihre wirtschaftlichen
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Forderungen zu weit trieben. Aber die barocken Klöster waren in ihrer Bauweise und ihrem Schmuck darauf angelegt, sowohl einfache Katholiken als auch gebildete Kreise anzusprechen, und es ergaben sich viele Gelegenheiten zur Zusammenarbeit zwischen den Mönchen und ihren Untertanen. Besonders die Benediktiner förderten die Bildung religiöser Bruderschaften in ihren Gebieten, Gemeinschaften, in denen sich Mönche, unter ihnen auch der Abt von Ottobeuren, mit weltlichen Klerikern und männlichen und weiblichen Laien zusammenschlossen.80 Ferner genossen dörfliche Mirakel- und Passionsspiele, wie sie noch heute in aller Pracht in Oberammergau inszeniert werden, die aktive Unterstützung der Jesuiten und anderer Orden. Im Oberammergau wurden sie von der Benediktinerabtei Ettal betreut.81 Am Augenscheinlichsten erscheint die Wechselwirkung zwischen Mönchen und Volk beim Phänomen der Wallfahrtskirchen. Dazu gehörten einige der originellsten und berauschendsten Gotteshäuser ihrer Zeit: Stadl-Paura in Oberösterreich, ein dreieckiges Gebäude zur Ehre der Dreifaltigkeit, mit drei gleichartigen Altären, jeder mit einem verzierten Aufsatz und einer Orgel versehen; das gleichartige Kappel an der böhmischen Grenze; die ovalen, schlossartigen, lichtdurchfluteten Kirchen in Birnau am Bodensee, in Steinhausen und in der Wies in Bayern; und, am erstaunlichsten von allen, die Vierzehnheiligenkirche in Franken, die von Balthasar Neumann diesmal nicht zur Ehre Mariens, sondern der vierzehn Nothelfer erbaut worden war und die mit ihren zarten Pastelltönen in wunderbarem Licht erstrahlt (Tafel 6). Alle diese architektonischen Wunder und Zentren der Volksfrömmigkeit waren von Klöstern errichtet worden: Stadl-Paura von den Benediktinern zu Lambach; Kappel von den Zisterziensern von Waldsassen; Birnau von den Salemer Zisterziensern; Steinhausen von den Prämonstratensern in Schussenried; die Wies von den Prämonstratensern in Steingaden; und Vierzehnheiligen von den Zisterziensern in Langheim. Von den vier Letztgenannten entstanden drei erst in den i74oer-Jahren, und im Fall der Wieskirche hat sich die Wallfahrt überhaupt erst um 1738 etabliert.82 Außerdem blieben die alteingesessenen Orden eng mit dem Volk verbunden, indem sie in ihren Pfarrgemeinden die eigenen Mönche als Priester einsetzten. Diese Praxis bringt man meistens mit den Verhältnissen in Österreich in Verbindung, aber auch viele deutsche Ordenshäuser übernahmen solche Aufgaben, wenn auch weniger systematisch. Auf diese Weise verwischten die Klöster die klare Unterscheidung zwischen Welt- und Ordensgeistlichen.83 Denn während Ordensgeistliche nun häufig als Gemeindepfarrer amteten, übernahmen dagegen Weltkleriker Aufgaben als geistliche Betreuer von Adelsfamilien oder Bruderschaften. Auch betätigten sie sich als Lehrer. So gingen sie oft Beschäftigungen nach, die wenig mit den seelsorgerischen Pflichten eines Gemeindepfarrers zu tun hatten. Diese Zustände werfen ein neues Licht auf die oben erwähnten statistischen Daten, nach denen das Verhältnis der Weltgeistlichen gegenüber der allgemeinen Bevölkerung in fast allen katholischen Gebieten um 1750 am größten war. Da sich im Allgemeinen weder die Anzahl noch das -
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12. Dominikus Zimmermann: Gemälde (Detail) der Prozession, welche die Reliquien der verkohlten Christusfigur zur neuen Wallfahrtskirche in der Wies trägt.
Einkommen der Pfarreien stark verändert hatte, veränderte der Zuwachs an Weltgeistlichen die Zahl der Kleriker, die als aktive Gemeindepfarrer tätig waren, wenig.84 Man hat oft behauptet, und in einigen Fällen wohl zu Recht, dass die Ordensgeistlichen dem weltlichen Klerus die Vergünstigungen der pfarrkirchlichen Pfründe vorenthielten. Aber zu diesem Vorwurf gibt es auch überzeugende Rechtfertigungen: Der Abt [Gerbert von St. Blasien] hielt dafür, dass es unpraktisch und kontraproduktiv sei, Priester in entlegene, ärmliche Dörfer zu entsenden. „Geistliche, die man dahin abordnen würde, -
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könnten an solchen Orten nicht lange bestehen, ohne an allem A b g a n g zu leiden, ohne ganz hilflos zu werden, ohne selbst gleichsam zu verwildern." E r bat auch speziell, dass das Dorf M e n zenschwand weiterhin von einem Priester aus St. Blasien betreut werden dürfe, da der anderthalb Wegstunden entfernte Ort zwischen zwei Bergen läge und so ungesund sei, dass „ein großer Theil der Innwohner blödsinnig wird". 85
Aber die Klöster in den katholischen Gebieten Süddeutschlands standen nicht nur dem volkstümlichen Leben nahe, sondern sie beherrschten auch die Kultur der Eliten. Bayerns Auseinandersetzung mit der Aufklärung in den 1750er- und 6oer-Jahren manifestierte sich hauptsächlich in monastischen Schriften. Außerdem spielten Mönche 1759 bei der Gründung der Bayerischen Akademie eine wichtige Rolle.86 Selbstverständlich waren die Jesuiten führend im Schulwesen und von überragender Bedeutung im wissenschaftlichen Bereich, ζ. B. in der Mathematik. Doch schon vor und dann namentlich nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 hatten sich einige Klöster der alten Orden, wie die Fälle von St. Blasien und Neresheim zeigen, zu Vorreitern der Aufklärung aufgeschwungen: Sie übten religiöse Toleranz, forderten ein fortschrittliches Schulwesen und eine radikale Theologie. Kritische Stimmen aus den katholischen Reihen beanstandeten, zum Teil mit übertriebenem Eifer, die Lehrmethoden der Jesuiten, indem sie ihnen vorwarfen, weiterhin die scholastischen Lehren des Thomas von Aquin zu vermitteln. Tatsächlich hatten jesuitische Denker jedoch schon lange daran gearbeitet, eine modernere Theologie zu entwickeln, ein Projekt, das im späten 18. Jahrhundert von Gelehrten anderer Orden weitergeführt wurde. Diese veröffentlichten Handbücher der Theologie, die von Kant beeinflusst waren und Thomas von Aquin nicht einmal erwähnten.87 In Osterreich und Süddeutschland wurden die Klöster führend in der Geschichts- und Altertumsforschung und leisteten damit den wichtigsten Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung ihrer Zeit. Ebenso bedeutsam war die Pflege der Musik in deutschen und österreichischen Abteien.88 Es gab sogar Kompositionen wie Mozarts c-Moll-Messe, deren Auffuhrung für das Österreich Josephs II. zu anspruchsvoll war und die speziell für die Benediktinerabtei St. Peter im Fürstbistum Salzburg geschrieben worden war. Hier lebte Mozarts Freund, Dominikus Hagenauer, als Mönch und stieg später zur Abtwürde auf.89 In ihrer Rolle als weltliche Landesherren praktizierten viele Äbte eine Form von aufgeklärtem Despotismus. Es gibt wenige durch diese Geisteshaltung angeregte Reformen, die nicht auch in den monastischen Kleinstaaten eine Parallele gefunden hätten. Sogar die Auflösung von unbedeutenden Klöstern gehörte dazu. Selbstverständlich umfasste das Regierungsprogramm der Fürstäbte auch Straßenbau und praktische Verbesserungen der Lebensverhältnisse. Zudem mussten sie die Lücken im Schulwesen überbrücken, die durch die Auflösung des Jesuitenordens entstanden waren. Wie Joseph II. schaffte Neresheim die bisher übliche, eher willkürliche Vergabe von Almosen und Armenspeisungen ab, da diese -
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/j. Karikatur der „Mönche bei Tisch" von Joseph Anton Koch,
Art von Unterstützung nach der neuen Denkweise die Moral der Armen untergraben und den wirtschaftlichen Fortschritt hemmen musste. Stattdessen richtete man für die Bedürftigen Hilfsorganisationen ein, die auf rationalen Prinzipien beruhten.90 Natürlich waren die Menschen, die bisher auf so bequeme Weise in den Genuss von Speise und anderen A n nehmlichkeiten gekommen waren, nicht begeistert von den Modernisierungsmethoden der Klöster. So fand die Aufklärung mit ihren theologischen, wirtschaftlichen oder politischen Auswirkungen bei der Bevölkerung viel weniger Ansprache als der Glanz und die volksnahe Frömmigkeit des Barock. Mit Absicht habe ich den Einfluss der Aufklärung auf die deutschen Klöster des späten 18. Jahrhunderts herausgestrichen, denn ich finde es wichtig zu zeigen, wie erstaunlich gut sich diese Institutionen dem Zeitgeist anzupassen wussten. Aber trotz der Anerkennung, die gewissen Ordenshäusern von progressiven Denkern wie Nicolai gezollt wurde, ist unverkennbar, dass sich im katholischen Gebiet des deutschen Sprachraums immer mehr gebildete Menschen, besonders aus dem Laienstand, vom Mönchtum abkehrten. Auch wenn die bittere Feindschaft, die einige philosophies dem Katholizismus entgegenbrachten, in Deutschland kaum auf Sympathien stieß, betrachtete man die Klöster auch da zunehmend als un-
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nütze, ja vielleicht sogar schädliche Institutionen. So verwundert es kaum, dass sogar ein Mönch von St. Blasien 1784 an Nicolai schreiben konnte: „Wir Mönche sind zum Gegenstand des allgemeinen Hasses geworden und dieses voreingenommene Jahrhundert macht uns auf eine elende Art lächerlich. Allein die Tatsache, dass man ein Mönch ist, genügt, um als das verachtenswürdigste Geschöpf auf Gottes Erden angesehen zu werden." Es war üblich geworden, Mönche in Karikaturen als müßig, gierig, vollgefressen und hässlich darzustellen (Abb. 13). 91 Durch ihre Annäherung zur Aufklärung erwarben sich die Klöster auch in den fuhrenden Gesellschaftsschichten kaum Freunde, denn sogar den mäßig Progressiven erschien das Konzept dieser Institutionen grundsätzlich verfehlt. Während die Zahl der österreichischen Klöster und Mönche bis in alle Einzelheiten dokumentiert werden kann, ist es aus Gründen der politischen Fragmentierung außerordentlich schwierig, für Süddeutschland zuverlässige Daten zu finden. In den österreichischen Provinzen stellten weniger als fünfhundert Ordenshäuser die Gemeindepfarrer für ungefähr sieben Millionen Seelen.92 Als 1802 alle noch existierenden Klöster in Süddeutschland säkularisiert wurden, zählte man für eine ungefähr gleich große Bevölkerung insgesamt rund sechshundert Ordenshäuser. Aber wie wir sehen werden, stehen diese Zahlen, auch wenn man die Unterschiede hinsichtlich Wohlstand und Bevölkerungsdichte in Betracht zieht, in keinem Verhältnis zu denjenigen in anderen katholischen Ländern wie etwa Italien und Spanien. Trotzdem scheint der Bestand an Mönchen und Nonnen in den einzelnen deutschen Klöstern generell erstaunlich groß gewesen zu sein.93 Andererseits waren Frauenklöster und Minoritenhäuser in allen anderen Ländern viel zahlreicher vertreten, die Anzahl der traditionellen Männerklöster dagegen beträchtlich niedriger als im deutschen Sprachraum. Aus den verfugbaren Daten lässt sich jedoch auch ersehen, dass die Klöster in deutschsprachigen Gebieten einen viel größeren Prozentsatz der gesamten Landfläche besaßen als Ordenshäuser in anderen Ländern. In der Stadt Köln ζ. B. gehörte ihnen ein Drittel der Liegenschaften, in Bayern lebten 28 Prozent der Bevölkerung auf klösterlichen Ländereien, und in Niederösterreich besaßen die Abteien ungefähr 20 Prozent des verfugbaren Landes.94 Der durchschnittliche Reichtum der alteingesessenen Ordenshäuser in Deutschland und Österreich muss also außergewöhnlich groß gewesen sein. Österreich Klösterreich ist ein alter Spruch: Darunter versteht man gewöhnlich, dass Österreich reich an Klöstern sei, aber man könnte ihn auch als „Österreich, Reich der Klöster" interpretieren. Obwohl diese Formulierung etwas überspitzt klingen mag, unterstreicht sie einen wichtigen Sachverhalt - nicht nur für Österreich, sondern für die katholischen Regionen des gesamten deutschen Sprachraums. Während die dortigen Klöster, Mönche und Nonnen insgesamt zweifellos weniger zahlreich waren als in den katholischen Ländern West- und Südeuropas, spielten sie im religiösen, politischen, gesellschaftlichen, geistigen und kulturellen Leben dieser Gebiete eine außergewöhnlich wichtige Rolle. -
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3· Kapitel
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ie wir gesehen haben, sind in den katholischen Gebieten Deutschlands die meisten im 17. und 18. Jahrhundert erbauten Klosteranlagen auch heute noch vorhanden. Viele davon, besonders in Osterreich, gehören zu den Ordenshäusern, die bis in die Gegenwart ein aktives Klosterleben unterhalten haben und seit dem Mittelalter auf eine ungebrochene Tradition zurückblicken können. Diese werden in ihrem Umfeld und häufig weit darüber hinaus auch heute noch als öffentliche Institutionen von vielfältiger Bedeutung anerkannt, wobei sich ihre Tätigkeit keineswegs auf den religiösen Bereich beschränkt: Oft fuhren sie berühmte Schulen, die nicht nur akademische Fächer und Musik, sondern auch praktische Kenntnisse wie Kochen vermitteln. Das Zisterzienserkloster Stams hat sich sogar auf die Ausbildung von Spitzenathleten im Skisport spezialisiert. Wer einige dieser Abteien kennt, wird sicherlich nicht bezweifeln, dass diese Mönchsgemeinschaften, besonders die traditionsreichen, lange nach der Reformation nicht nur ungeheuren und stetig wachsenden Reichtum und Macht besessen haben müssen, sondern dass sie auch eine bemerkenswerte Vitalität entwickelt und den allgemeinen Respekt der Bevölkerung genossen hatten. In Frankreich findet der Besucher eine völlig andere Situation vor. Viele der berühmten Ordenshäuser sind vom Erdboden verschwunden, stehen als Ruine da oder sind unkenntlich geworden, da man sie weltlichen Zwecken zugeführt hat. Nur wenige funktionieren noch als aktive Klöster, und auch diese durchlitten oft lange Perioden von Vernachlässigung und Exil. Seit 1789 hat man sie angesichts der revolutionären und republikanischen Traditionen des Landes als Fremdkörper betrachtet, und für die meisten heutigen Franzosen und Französinnen sind die Klöster des Ancien Regime untergegangen, als ob sie nie existiert hätten. Freilich gibt es zahlreiche Studien über einzelne Aspekte der französischen Klostergeschichte in der frühen Neuzeit, aber diese beschränken sich meistens auf bestimmte Orden oder Örtlichkeiten und haben die allgemeine Geschichtsschreibung dieser Periode kaum beeinflusst. Keine französische Arbeit lässt sich jedoch in ihrer Vollständigkeit mit dem erstaunlichen, 1964 publizierten Werk Monastic Architecture in Francefrom the Renaissance to the Revolution von Joan Evans vergleichen. Leider haben britische Historiker diese großartige Studie fast durchwegs ignoriert, weil sie sich mit Architektur befasst. Und auch französische Geschichtsforscher übergingen sie ungelesen, weil sie von Architektur handelt und zudem auf Englisch verfasst ist. Die Arbeit gründet sich jedoch auf viele Hundert Besu-
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che zu ehemaligen Klöstern, die Joan Evans unter schwierigsten Umständen in den Jahren gleich nach dem 2. Weltkrieg unternommen hat. Sie reiste kreuz und quer durch Frankreich, um monastische Häuser, die einst einer „Ordensregel unterstanden", zu fotografieren oder Abbildungen der erhaltenen Gebäudestrukturen aus der frühen Neuzeit zu sammeln. Dass die 822 Aufnahmen aus den 195 oer-Jahren in der Veröffentlichung etwas unscharf und nur schwarz-weiß erscheinen, muss man den damaligen Verhältnissen zuschreiben. Immerhin kann man sich dank der Darstellung dessen, was erhalten blieb, und dank der grundlegenden, einfuhrenden Kapitel der Autorin ein Bild davon machen, was verloren gegangen ist und wie wohlhabend und bedeutend die Ordenshäuser im frühneuzeitlichen Frankreich waren.1 1998 publizierte der britische Historikerjohn McManners, seine Studie über Church and Society in Eighteenth Century France. Dieses Werk übertrifft alles, was bisher über dieses Thema in irgendeiner Sprache geschrieben worden ist und enthält einen meisterhaften Uberblick über das Mönchtum im Ancien Regime? Es wird zweifellos einige Jahre dauern, bis die Erkenntnisse dieses umfassenden Werkes Eingang in die allgemeine Geschichtsschreibung finden. Doch zusammengenommen zeigen die genannten bahnbrechenden Arbeiten deutlich, dass Mönche, Nonnen und Klöster im Frankreich des 18. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle gespielt haben. Wenn der Schleier einmal gelüftet ist, den der revolutionäre Vandalismus, die republikanische Feindseligkeit und die historische Vernachlässigung über die Tatsachen gelegt hat, wird klar werden, dass die französischen Ordensgeistlichen nicht weniger einflussreich waren als Mönche und Nonnen in anderen katholischen Ländern. Damit will ich aber nicht sagen, dass sich ihre Bedeutung gleich auswirkte wie anderswo, denn wie wir sehen werden, nahmen die französischen Orden in vielen Beziehungen eine ganz ungewöhnliche Stellung ein. Verglichen mit anderen Ländern scheinen die Statistiken über die französischen Klöster im 18. Jahrhundert auf den ersten Blick erstaunlich vollständig und zuverlässig zu sein, da sie hauptsächlich auf staatlichen Erhebungen beruhten, auf Daten, die von 1766 an von der commission des reguliers, danach ab 1789 von der revolutionären Regierung und schließlich nach der Restauration im Zusammenhang mit Entschädigungsfragen und der Neubelebung von geistlichen Institutionen gesammelt wurden. Praktisch alle Spezialisten auf diesem Gebiet zitieren die Daten der commission für das Jahr 1768: 2.972 Männerklöster mit 26.674 Mönchen. Danach folgen Daten, die zeigen, dass diese Bestände bis zur Zeit der Revolution rapide zurückgegangen waren. Doch keine zweifelhafte Statistik ist trügerischer als eine zuverlässige. Die meisten Forscher haben erkannt, dass man bei der Statistik der Mönche für 1768 die kürzlich vertriebenen Jesuiten nicht berücksichtigt hatte und dass sie daher kein genaues Bild der Zustände um 1750 vermittelt. Bernard Plongeron, der kenntnisreichste Gelehrte dieser Materie, hat gezeigt, dass diese und andere Daten Laienbrüder ausschließen und dass sie auch sonst kleinere Fehler aufweisen; aber auch er hat sie grundsätzlich nicht - 90 -
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in Frage gestellt.3 Nur ein Historiker, Leon Lecestre, hat meines Wissens 1902 daraufhingewiesen - und niemand scheint das weiter untersucht zu haben
dass den Daten der com-
mission, auch wenn sie innerhalb gewisser Grenzen zuverlässig sind, ein ernsthafter Mangel anhaftet, indem sie verschiedene, verhältnismäßig neue, aufstrebende Männerorden überhaupt nicht beachteten, ganz einfach, weil kein Auftrag da war, nach ihnen zu fragen.4 Man muss annehmen, dass es um die Mitte des 18. Jahrhunderts über 3.000 Männerklöster mit über 30.000 Insassen gab. Die Auskunft über Frauenklöster und Nonnen ist noch weniger vollständig, zum Teil, weil sich die commission nicht für diese interessierte. Aber man nimmt allgemein an, dass es ungefähr 5.000 Frauenklöster mit 5 5.000 Nonnen gab. Die Präsenz von weit mehr Nonnen als Mönchen ist ein einzigartiges französisches Phänomen. Die Schätzungen ergeben grobe Verhältniszahlen von rund 1 Ordensgeistlicher auf 300 Mitglieder der allgemeinen Bevölkerung oder 1 Mönch auf 400 Männer und 1 Nonne auf 200 Frauen. Wie überall waren die Ordensgeistlichen auch in Frankreich zahlreicher vertreten als der weltliche Klerus. Doch wegen der ungewöhnlichen Vorherrschaft von Nonnen gegenüber Mönchen gab es tatsächlich weniger Mönche als Weltgeistliche. Trotzdem war die Zahl der Mönche in Frankreich, sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, größer als in der österreichischen Monarchie. Verglichen mit Italien und Spanien, Ländern mit einer viel kleineren Bevölkerung, gab es dagegen nur halb so viele französische Mönche. 5
DIE A L T E N
ORDEN
Die großartigsten Klöster Frankreichs waren ebenso reich und angesehen wie die traditionellen Ordenshäuser in irgendeinem anderen Land. Zu ihnen gehörten die Mutterhäuser der Kartäuser, Zisterzienser und Prämonstratenser ebenso, wie der cluniazensische Zweig der Benediktiner - nämlich Grande Chartreuse, Citeaux, Premontre und Cluny - , deren Einfluss auch außerhalb von Frankreich auf Hunderte von Tochtergründungen in Europa ausstrahlte. Die wichtigsten Abteikirchen standen den bischöflichen Kathedralen hinsichtlich Größe und Opulenz keineswegs nach. Cluny, die größte Kirche der Christenheit bis zur Erweiterung von St. Peter in Rom im 16. Jahrhundert, blieb bei Weitem das größte Gotteshaus in Frankreich (Abb. 37a).6 Die Quellenangaben über das Einkommen der einzelnen Klöster sind sehr unterschiedlich, teils weil sie sich auf verschiedene Kalenderdaten beziehen und weil die Einkünfte verschiedenartig definiert wurden. Überdies gibt es bislang wenige Untersuchungen zu diesem Thema. Aber es scheint, dass die Benediktinerabtei von St. Germain-des-Pres in Paris, die praktisch das Gebiet von zwei modernen arrondissements am Südufer der Seine kontrollierte, zu den reichsten gehörte. Sie ist sicherlich auch am gründlichsten studiert worden. St. Germain hatte 1789 ein jährliches Einkommen von 255.000 livres, und das der benach- 91
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harten Abtei Ste. Genevieve war kaum geringer. In Lothringen, das erst 1766 zu Frankreich kam, verfugte das Frauenkloster von Remiremont, dem eine Prinzessin des Heiligen Römischen Reiches als Äbtissin vorstand, über 300.000 livres jährlich; und das Doppelkloster der Augustiner von Fontevraud in Anjou, dem oft Mitglieder der königlichen Familie vorstanden, verfugte über eine ähnlich große Summe.7 Diese Beträge waren erheblich höher als diejenigen, welche wohlhabende österreichische Klöster wie Melk und Kremsmünster erwirtschaften konnten, und lassen sich nur mit den Einkünften der „Klosterstaaten" Süddeutschlands vergleichen.8 Wie überall war jedoch die Verteilung des monastischen Reichtums ausgesprochen ungleich: Solch riesige Einnahmen wie die oben erwähnten waren eher eine Seltenheit. Durchschnittlich betrugen die Einkommen viel weniger, und viele Häuser, besonders die der neueren Orden, waren häufig sehr bescheiden, ja zuweilen geradezu armselig. Neben den wenigen Klöstern, in denen über hundert Mönche oder Nonnen lebten, existierten Hunderte, die kaum mehr als zehn Insassen zählten. Zudem gab es große regionale Unterschiede. Besonders im Nordosten Frankreichs besaß die Kirche insgesamt einen Prozentsatz an Land, der sich mit den höchsten monastischen Landanteilen in Europa messen konnte. In Flandern, wo die Klöster sehr zahlreich waren, mögen es bis zu 40 Prozent gewesen sein. Daher begegneten Engländer, die auf den Kontinent reisten, der französischen Klosterkultur gleich nach ihrer Ankunft in ihrer augenscheinlichsten Form. So sah beispielsweise Thomas Bendey 1776 kein einziges Schloss zwischen Calais und Paris, „dafür aber überall prächtige Abteien und Kirchen, besonders in Artois, das ein Paradies der Mönche zu sein schien". In diesem Gebiet befanden sich solch reiche Abteien wie St. Vaast und St. Ouen in Rouen, und die Städte, besonders Paris, wimmelten von Klöstern. Auch im Eisass und in Lothringen besaß die Kirche viele Güter, in Teilen des Westens und der zentralen Regionen dagegen war sie arm - im außergewöhnlichen Fall von Beam sogar faktisch „landlos". So lässt sich billigerweise schätzen, dass der durchschnittliche Prozentsatz des gesamten Klosterbesitzes 5 Prozent des verfugbaren Landes oder vielleicht etwas mehr betrug.9 Traditionelle Klöster, deren wirtschaftliche Grundlage auf Stiftungsgut beruhte, waren unfehlbar in das feudalherrschaftliche System des Ancien Regime eingebunden. Wie weltliche Herren bezogen sie eine Vielzahl von Gebühren und Steuern, und in Gebieten, wo diese Praxis noch üblich war, setzten sie ihre Untertanen auch zur Fronarbeit ein. Bei Weitem die wichtigste Steuer war jedoch der Zehnt, der, wenn man das ganze Land in Betracht zieht, den Klöstern mehr Einkünfte brachte als ihre eigenen Güter: ungefähr 120 Millionen livres infolge des Zehnten verglichen mit etwa 80 Millionen aus eigenen Ländereien. Für etwa ein Drittel Frankreichs war der Zehnt Institutionen zugesprochen worden, die keiner Pfarrei angehörten, und die meisten bedeutenden Abteien waren berechtigt, diesen Zins von allen oder von einem Teil einer oder mehrerer Pfarreien einzuziehen. Im Gegenzug versorgten die Klöster diese Pfarreien gewöhnlich mit Priestern, meistens indem sie einen
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Frankreich
Vikar ernannten, dem sie ein bescheidenes, von der Regierung festgesetztes Stipendium, genannt congrue, gewährten. Manchmal, wie im Fall der Prämonstratenser, die 600 Pfarreien betreuten, und manchen anderen Regularkanonikern, übernahmen die Mönche die seelsorgerischen Aufgaben jedoch selbst.10 Klöster mit ausgedehntem Güterbesitz befassten sich natürlich intensiv mit Landbau, besonders mit Weinproduktion. Aber viele widmeten sich auch gänzlich verschiedenen Wirtschaftszweigen wie der Vermietung von städtischen Liegenschaften oder dem Betreiben von Schmieden, Manufakturen oder sogar Heilbädern. Wenn gut gehaushaltet wurde, vermehrte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts das Agrareinkommen eines Klosters mit großer Sicherheit, denn die Bevölkerung nahm zu und die landwirtschaftlichen Methoden verbesserten sich ständig. Einige Ordenshäuser erzielten offenbar erstaunliche Mehreinnahmen: Von drei Benediktinerklöstern in Metz wird berichtet, dass ihr Einkommen zwischen 1766 und 1789 von 25.000 auf 63.000 livres beziehungsweise von 24.000 auf 65.000 livres und von 16.000 auf 50.000 livres angewachsen sei. 11 Ordenshäuser verhielten sich gewöhnlich nicht anders als weltliche Grundherren, von denen sie sich aber im Folgenden unterschieden: Erstens konnten geistliche Güter der Kirche im Prinzip nicht entfremdet werden; und zweitens starben monastische Gemeinschaften nur sehr selten aus und konnten dank der Kontinuität ihrer Verwaltung weitsichtiger und konsequenter handeln als weltliche Herrschaften, die der Laune von Inkompetenz und Tod unterworfen waren. Eine ganze Reihe von progressiven Landwirten waren übrigens Mönche wie beispielsweise Dom Leronge, der Autor von Princites du Cultivateur. Eine Gruppe von Agrarökonomen, Physiokraten genannt, befürwortete den Freihandel und die „einfache Steuer" auf Land, welches als einzig produktive Ressource betrachtet wurde. Von ihren Schriften waren wenige weiter verbreitet als Ephemerides du citoyen, eine Zeitschrift, die 1762 von Augustinermönchen im Kloster Chancelade im Perigord gegründet worden war.12 Manche Weine, die man auf klösterlichen Besitzungen produzierte, waren dank ihrer erstklassigen Qualität berühmt geworden, und ein Mönch, Dom Pierre Perignon, Schatzmeister der Abtei von Hautevillers, machte sich durch technische Neuerungen verdient, welche die Herstellung des modernen Champagners ermöglichten.13 Als sich Arthur Young beklagte, dass er auf der Suche nach französischen Bauern stets Mönchen begegnet sei, war ihm wahrscheinlich nicht bewusst, dass er damit den Ordensgeistlichen ein Lob aussprach. Edmund Burke äußerte sich direkter: „Uber einen merkwürdigen und interessanten Zweig der Landwirtschaft habe ich in einem kurzen Gespräch mit einem Kartäuser-Mönch mehr Auskunft erhalten als von all den Bankdirektoren, mit denen ich mich je unterhalten habe."14 Die geistlichen Orden im weitesten Sinn hatten beim Triumph der Gegenreformation in Frankreich eine wichtige Rolle gespielt. Dabei waren die alten Orden zweifellos weniger einflussreich gewesen als die neuen. Wenn die Ersteren aktiv mitwirkten, beruhte dies - 93 -
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häufig auf Anregungen der neuen Ordensgemeinschaften, besonders der Jesuiten. Aber an manchen Orten war es dennoch ein altes, traditionsreiches Kloster, das dem voranschreitenden Protestantismus die Stirne bot und dadurch eine solide Basis schuf, auf dem sich der neu belebte Katholizismus wieder aufbauen konnte. Wie auch in Deutschland waren es die alten Orden - und nicht die Jesuiten - , welche die wachsende Zahl der Pilgerfahrten förderten. Andererseits spielten die Jesuiten bei der Verbreitung von Bruderschaften die wichtigste Rolle. 15 So zeigten sich die alten Orden auch in anderen, gleichsam widersprüchlichen Beziehungen fähig, sich selbst zu reformieren. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, teilweise auf Anstoß von Richelieu, verschärften einige ihre Disziplin und Observanz, und ganze Gruppen ihrer Häuser schlossen sich in „reformierten" Kongregationen zusammen. Die berühmteste war die Benediktinerkongregation von St. Maur, die 1618 gegründet worden war und schließlich 180 französische Benediktinerklöster in sich vereinigte.16 Wohin diese scheinbar friedliche Entwicklung jedoch führen konnte, kann am Fall des einst reichen und angesehenen Klosters von Montmajour gezeigt werden. Die Mönche dieses Hauses widersetzten sich der neuen Organisation und wünschten stattdessen, dass ihre Abtei säkularisiert werden sollte. Aber der Erzbischof von Arles verschaffte sich 163 8 die Autorität, die Reform gewaltsam durchzusetzen. Nachdem die Mauriner die Führung des Klosters übernommen hatten, sahen sie sich selbst von einem bewaffneten Aufstand bedroht. Sie waren gezwungen, die ehemaligen Mönche mit Pensionen aus den klösterlichen Einkünften zu versorgen, was eine lange Periode finanzieller Schwierigkeiten einleitete und die Inangriffnahme von nötigen baulichen Verbesserungen bis 1703 verzögerte.17 Zweitens hätte sich der Jansenismus ohne die Unterstützung des Nonnenklosters PortRoyal mit seiner entschlossenen Äbtissin, Angelique Arnauld, und deren zahlreichen Verwandten und weitverzweigten Beziehungen wohl kaum von einer rein theologischen Lehre zu der kämpferischen Partei entwickelt, die wir in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts vorfinden. Später, zu Beginn der Regierungszeit Ludwigs XV. und nachdem der Papst den Jansenismus verdammt und ihm der Staat den Kampf angesagt hatte, setzten sich einige der wichtigsten Abteien, darunter St. Germain-des-Pres und viele Nonnenklöster, dafür ein, den Geist dieser Bewegung für die Kirche zu erhalten. Abbaye-aux-Bois, ein adliges Zisterzienserinnenkloster in der Hauptstadt, stand noch in 177oer-Jahren unter dem Einfluss des Jansenismus. Nach einer Besichtigung der dortigen Bibliothek befahl der Erzbischof von Paris, die Regale mit den theologischen Schriften zu versiegeln. Der Metropolit hatte sich jedoch zu viel Autorität angemaßt. Als man beim Abt von Clairvaux, der höchsten Instanz des Ordens, Berufung einlegte, mussten die Siegel wieder entfernt werden, und kurz darauf erhielten die Nonnen vom Abt überdies ein großzügiges Geschenk in Form von BordeauxWein. 18 - 94 -
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Drittens waren die Zisterzienser selbst Urheber einer „Reform", ja eigentlich der Gründung eines völlig neuen Ordens. Gegen Ende der i65oer-Jahre erfuhr Armand-Jean de Rance, Kommendatarabt von mehreren Klöstern, eine Art Bekehrung, die ihn dazu bewegte, alle seine Abteien aufzugeben mit Ausnahme des Zisterzienserhauses von La Trappe in der Normandie, dem er fortan als regulärer Abt vorstand. Hier begann er nun damit, die seiner Meinung nach herkömmliche Regel seines Ordens wiederherzustellen. In der Folge wurden die Trappisten wegen ihrer strengen Einhaltung der klösterlichen Disziplin und besonders des Schweigegebots bekannt. Das Beispiel von La Trappe führte dazu, dass auch andere Häuser diese Praxis übernahmen und dass sie sich in einer strengen Zisterzienserkongregation zusammenschlossen.19 Viertens nahmen die Mönche von St. Germain-des-Pres, dem bedeutendsten Haus der Benediktinerkongregation von St. Maur, fast zur gleichen Zeit das systematische Studium der vielen altehrwürdigen Manuskripte auf, die sich in ihrer eigenen großartigen Bibliothek vorfanden oder die ihnen anderweitig zugänglich waren. Anfänglich versuchten sie namentlich die Echtheit der Heiligen, Wunder, Reliquien und Urkunden ihres eigenen Ordens zu bestätigen. Aber besonders nachdem 1664 Jean Mabillon zu ihnen gestoßen war, erweiterte sich ihre Vision. Der erste Band der Acta sanctorum (Die Taten der Heiligen des Ordens von Sankt Benedikt) erschien 1668. Bald darauf folgte Mabillons Edition von St. Bernhards Korrespondenz, und 1681 wurde De Re Diplomatica veröffentlicht, eine bahnbrechende Abhandlung über die Art, wie Urkunden und ältere Dokumente beglaubigt und eingeschätzt werden sollten. Obwohl von Natur sanftmütig, fromm und gehorsam, war Mabillon entschlossen, die Forschung und die Suche nach historischer Wahrheit um ihrer selbst willen zu betreiben. In diesem Sinne lehnte er es ζ. B. ab, die große Menge von Gebeinen als echt anzuerkennen, die damals in den römischen Katakomben ausgegraben und vom Papsttum als Reliquien frühchristlicher Märtyrer exportiert wurden.20 In einem kurzweiligen Aufsatz beschreibt David Knowles, wie sich Mabillon und Rance gegenseitig mit polemischen Schriften bekämpften. Rance bestand darauf, dass die „außergewöhnliche Strenge, das ungebrochene Schweigegebot und die ungelehrte Fügsamkeit der Trappisten die einzige vertretbare Version des Benediktinischen Ideals" darstellten. Mabillon andererseits zeigte, dass Gelehrsamkeit in der Arbeit des Ordens schon immer einen ehrenhaften Platz eingenommen hatte. Schließlich wurde die Kontroverse beigelegt, indem Mabillon La Trappe einen Besuch abstattete und Rance durch seine gewinnende Persönlichkeit zum Verstummen brachte. Sowohl für die Geschichte des Mönchtums wie besonders auch für die Entwicklung der Geschichtswissenschaft war es ein schicksalhafter Augenblick, als Mabillon schrieb:
Der Historiker muss Dinge, die gewiss sind, als gewiss, Dinge, die falsch sind, als falsch, und Dinge, die zweifelhaft sind, als zweifelhaft darstellen. E r darf Tatsachen, die in Kernfragen für
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oder gegen eine Partei Stellung nehmen, nicht zu verbergen suchen. Frömmigkeit und Wahrheit dürfen niemals voneinander getrennt werden, denn aufrichtige und echte Frömmigkeit kommt niemals in Konflikt mit der Wahrheit. 21
Natürlich kann ein solcher Durchbruch nicht einem einzigen Kloster zugeschrieben werden. Es versteht sich von selbst, dass viele verschiedene Häuser zu den kritischen Studien beitrugen, die man gewöhnlich mit St. Germain in Verbindung bringt. Jedenfalls eiferten die Mauriner bewusst einem früheren Sammelwerk der Acta Sanctorum nach, das von belgischen Jesuiten nach dem Plan von Jean Bolland zusammengestellt worden war und dessen erste Bände 1643 erschienen waren. Aber St. Germain war ein außerordentlich wohlhabendes, angesehenes und zentral gelegenes Ordenshaus, das sich eindeutig der Wissenschaft verschrieben hatte und die Methoden der Bollandisten zu verbessern suchte. Auf der Suche nach relevanten Materialien reisten Mönche von St. Germain durch ganz Frankreich. 1 7 1 3 baute das Kloster eine neue Bibliothek, um seine erweiterten Sammlungen unterzubringen, und bis 1789 hatte man selbst über 200 ansehnliche Bände produziert. Wie Gibbons Zitat in der Einfuhrung zu diesem Buch zeigt, hatte sich der Ruf von St. Germain als Zentrum der Forschung und Gelehrsamkeit in ganz Europa verbreitet und diente als Vorbild für deutsche und italienische Gelehrte wie Gerbert und Muratori - wie auch fiir Gibbon selbst. So ließe sich also sagen, dass die französischen Mönche etwas in Bewegung gesetzt haben, das ihre Brüder im übrigen Europa aufs Tiefste beeinflusste und in einigen Fällen sogar noch viel weitere Kreise erfasste. In diesem Sinne leisteten die Mönche einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der kritischen Geschichtsschreibung, eine Leistung, die man meistens der Aufklärung zuschreibt. Wie sich aus dem Lebenslauf von Abbe Prevost und seinem klassischen Roman, Marion Lescaut (1731), ersehen lässt, gab es für einen begabten, mittellosen jungen Mann mit akademischen Ambitionen praktisch keine andere Möglichkeit, als ins Kloster einzutreten. Prevost selbst versuchte es mit zwei verschiedenen Orden, den Jesuiten und den Maurinern, aber es gelang ihm nicht, sich einzufügen. Auf Umwegen über den Protestantismus und durch erzwungenes Exil etablierte er sich schließlich als freischaffender Schriftsteller und produzierte, neben seinem berühmt-berüchtigten Roman, sowohl wissenschaftlich fundierte Werke, die auch die Mauriner geschätzt hätten, als auch französische Ubersetzungen des englischen Romanciers Samuel Richardson. Während in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts der Bestand an Mönchen und Nonnen in den alten Orden mutmaßlich zunahm, setzte um 1740 eine rückläufige Bewegung ein. Daher ist bemerkenswert, dass in den i78oer-Jahren erneut eine Rekrutierungswelle zu beobachten ist.22 Wie in anderen Ländern waren die Wohnquartiere und Lebensbedingungen für Mönche und Nonnen erheblich bequemer geworden. Die Zellen der -
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14. Oer große Hof der Abtei Premontre, Frankreich.
Prämonstratenserabtei in Verdun, unverändert seit 1700, scheinen typisch zu sein (Abb. 3). Sie gleichen den Räumlichkeiten fur die Oxbridge fellows jener Zeit und lassen sich durchaus mit Gästezimmern in weltlichen Herrschaftshäusern vergleichen. Falls sie uns ungewöhnlich luxuriös vorkommen, sollten wir bedenken, dass die Erlaubnis, in geheizten Zellen zu wohnen und zu arbeiten, für Ordensgeistliche seine guten Gründe hatte: Die Arbeit des Gelehrten machte dies unabdingbar, und sogar in Klöstern waren jetzt fromme Übungen, im Gegensatz zum Mittelalter, vermehrt zu einer Privatangelegenheit geworden. Das Taschengeld, das Mönche und Nonnen, eigentlich gegen den Geist ihrer Regel, erhielten oder behalten durften, ermöglichte es ihnen, ihre Wohngemächer bequemer einzurichten, als dies aufgrund des Armutsgelübdes eigentlich zu rechtfertigen gewesen wäre. Um nur einen Fall unter Tausenden zu betrachten: Ein Prämonstratenser, Pater Broutier, soll 1790 - aus eigenen Ersparnissen, wie er sagte - eine ganze Zimmerflucht von Möbeln, ein Spinett, eine Orgel und zwei Destillerien erworben haben.23 Die meisten wichtigen Klöster bauten zu dieser Zeit repräsentative neue Wohntrakte. Viele bestehen noch heute, doch sind sie meistens neuen Zwecken zugeführt worden. Zu den eindrücklichsten der historischen Ordenshäuser gehören Cluny, Citeaux, Clairvaux, Premontre, Bec und Fontevraud, und ganz besonders auch die Zwillingsklöster für Männer und Frauen in Caen. Die Letzteren gelten allgemein als Meisterwerk von Dom Guillaume de Tremblaye, dem besten unter den Architekten des Benediktinerordens.24 Die Gegensätze zwischen Gegenwart und Vergangenheit konnten schroff anmuten: Hinter den eleganten, im 17. und 18. Jahrhundert erbauten Gebäuden des Maurinerklosters Brantöme, die sich im Wasser von kunstvoll angelegten Kanälen spiegeln, kann man noch immer die feuchten, in den Felsen gehauenen Zellen sehen, in welchen die Mönche seit karolingischer Zeit gelebt hatten.25 Zahlreiche beachtenswerte Bibliotheken
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i$a Stich der Abtei Bec, Normandie.
entstanden, gleich denjenigen von St. Germain und Ste. Genevieve in Paris. Überdies wurden gotische Kirchen umgestaltet, um den neuen liturgischen Bedürfnissen und dem Zeitgeschmack Rechnung zu tragen. Dies galt besonders für die Entfernung von Lettnern, welche ursprünglich die Laien vom Klerus getrennt hatten. Immerhin - und das muss gesagt werden - gab es auch Klöster, die viele ihrer gotischen Bauten liebevoll pflegten. Auch Anlagen, die während der Religionskriege Schaden genommen hatten, stellten sie wieder im alten Stil her und bauten sogar noch passende Gebäude dazu.26 Eine der künstlerisch wertvollsten Barockkirchen aus der Zeit Ludwigs XIV., St. Sulpice in Paris, war für eine Pfarrei von St. Germain gebaut und auch zum größten Teil von diesem Kloster finanziert worden.27 Ganz allgemein gehörten die Kirche und speziell die Klöster zu den wichtigsten Arbeitgebern, was natürlich besonders für Architekten galt. Hier nur ein Beispiel für viele: Der junge Jean-Baptiste Kleber, der sich bald als berühmter General der Revolution auszeichnen sollte, arbeitete von 1784 bis 1792 als Architekt im Eisass, wo er an verschiedenen Kirchen wesentliche Veränderungen vornahm, einschließlich der Kapuzinerkirche in Straßburg, ferner der Abtei von Lure und den Gebäuden und Gärten des Frauenklosters von Masevaux.28 -
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Der neuartige und eigentlich doch bescheidene Luxus bedeutete aber nicht, dass die gemeinschaftliche religiöse Observanz vernachlässigt wurde. Gewöhnlich hielten sich die Mönche und Nonnen weiterhin an die vorgeschriebene Gottesdienstordnung. A u c h scheuten sie weder Geld noch M ü h e fur den Unterhalt der musikalischen Infrastruktur, wobei wohl die Erweiterung der Orgelkapazität am teuersten zu stehen kam. D o m Bedos de Celles von der Abtei St. Croix in Bordeaux war der Autor des klassischen Lehrbuchs L'Art du Facteur d'Orgues (4 Bde., Paris 1766—68).29 Auch scheint das Klosterleben kaum skandalöser geworden zu sein - wahrscheinlich traf eher das Gegenteil zu. Und doch gab es, wie wir sehen werden, immer noch zahlreiche Ordenshäuser mit bedeutendem Einkommen und eindrücklichen Anlagen, die eine Handvoll von Mönchen unter sich duldeten, die weder besonders fromm noch mildtätig waren. So unternahmen auch die französischen Klöster ehrgeizige Baumaßnahmen, die sich durchaus mit denjenigen im deutschen Sprachgebiet vergleichen ließen. Nur bauten sie stetiger und über eine längere Zeitspanne. 30 Ihre Projekte hatten aber einen ganz anderen Charakter. In Frankreich begegnete man selten einem Kloster, das völlig neu erbaut worden wäre. A u c h gab es faktisch keine Nachahmungen des Escorial und erstaunlich wenig neue Klosterkirchen. Und obwohl die Klosterarchitektur in Frankreich oft elegant und eindrücklich, ja sogar grandios war, fehlten ihr viele Eigenschaften, die bei Anlagen in anderen katholischen Ländern unsere Sinne ansprechen, so etwa die Experimentierfreude, die Farben, die Fülle an Skulpturen und Fresken, die naivete und der erfolgreiche Ausdruck von scheinbar spontanen Gefühlen von Freude, Wunder, Ehrfurcht und Furcht. In den Worten von Germain Bazin:
Nirgends fühlt man größere Kälte als in französischen Kirchen des 17. Jahrhunderts. Ihre Architektur mag wohl Bewunderung hervorrufen, aber kaum zu einem Gebet bewegen. [...] Es scheint mir, dass die Wohn- und Wirtschaftsgebäude in der zeitgenössischen Klosterarchitektur die Kirchen an Schönheit übertreffen. In diesen Kirchen fühlt man wie sonst nirgendwo, wie sehr der französische Katholizismus von einem asketischen Geist durchdrungen ist. Im Frankreich des 17. Jahrhunderts war Religion völlig nach innen gewendet und misstraute jedem öffentlichen Ausdruck.31 M a n mag den absoluten Ton von Bazins Urteil hinterfragen. Schließlich sind ja die Farben und Ornamente der verbleibenden Kirchen fast ausschließlich während der Revolution entfernt worden, und französische Mönche und Nonnen wurden oft genug wegen ihres mangelnden asketischen Verhaltens kritisiert. Trotzdem kann man den grundlegenden Wahrheitsgehalt seines architektonischen Vergleichs zwischen Frankreich und anderen katholischen Ländern nicht leugnen. Aber selbst im Bereich der Architektur war es ein französisches Kloster, das in Zukunft dem ganzen Kontinent als Vorbild diente. 1744 legte Ludwig X V . während einer lebensge-
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fahrlichen Krankheit ein Gelübde ab, nach dem er, sollte er wieder genesen, für die Abtei von Ste. Genevieve eine seit Langem benötigte, neue Kirche erbauen lassen wollte. In einem Jahrzehnt, in welchem in Frankreich eben die ersten Bände der Encyclopedie entstanden, musste dieses Versprechen geradezu unwahrscheinlich anmuten. Die ganze Sache scheint aber noch erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der Urheber des Gelübdes Ludwig XV. war, der praktisch während seiner gesamten Regierungszeit von der Kommunion ausgeschlossen blieb, weil er seine Mätressen nicht aufgeben wollte.32 Andererseits war er jedoch sehr abergläubisch und hat daher sein Versprechen gehalten. 175 5 bestimmte die Regierung Geld aus der Lotterie für dieses Projekt und übergab die Aufgabe dem Architekten Jacques-Germain Soufflot. Seine architektonischen Ideen waren revolutionär. Sie ähnelten denjenigen von Marc-Antoine Laugier, einem Jesuiten, der 1753 das provokative und einflussreiche Essai sur l'Architecture (Paris 1753) veröffentlicht hatte. In diesem Aufsatz verurteilte er praktisch alle Bauwerke der frühen Neuzeit, einschließlich Versailles und St. Peter in Rom wie auch St. Sulpice und die Wohngebäude von Premontre (Abb. 14). All die theatralischen Zutaten von Barock und Rokoko waren ihm ein Gräuel: Pfeiler, gebündelte Säulen, Arkaden, Kartuschen, gebrochene Giebelfelder, spiralförmige Kapitelle, gequälte Skulpturen und Muschelmotive. In seiner Vorstellung erstand eine neue Kirchenarchitektur - denn seiner Meinung nach war es der Kirchenbau, bei dem sich ein Architekt wirklich entfalten konnte - , die „einfach", „natürlich", „zierlich", zum Himmel strebend wie eine gotische Kathedrale, aber rein wie ein griechischer Tempel sein würde. Frei stehende Säulen würden die Außenseite und die Eingangshalle schmücken und auch das Hauptschiff von den Seitenschiffen abtrennen. Apsen würden durch quadratische Enden ersetzt und alle überschwänglichen Ornamente wären verbannt.33 Wie die neue Kirche von Ste. Genevieve in den letzten Jahrzehnten des Ancien Regime langsam und mit Unterbrüchen heranwuchs, entpuppte sie sich als weiträumige Basilika. Die Art, wie Säulen statt Arkaden benutzt wurden, erinnerte an die frühchristlichen Kirchen von Rom und Ravenna. Aber eigentlich war die Ähnlichkeit mit dem römischen Tempel von Nimes, wo Laugier studiert hatte, noch größer, nur war das Kirchengebäude bewusst viel höher und mit einer Kuppel gekrönt, ähnlich deijenigen von St. Paul in London. Die Anlage war so angeordnet, dass man den Reliquienschrein von Ste. Genevieve im Zentrum platzieren konnte, was den Gläubigen erlaubte, um ihn herumzuzirkulieren. Das Zusammenwirken von Laugiers Buch und Soufflots Gebäude schuf ein neues Ideal für Kirchenbauten, ein Ideal, dessen Einfluss ζ. B. in Ixnards Werk in St. Blasien deutlich sichtbar wird (Tafel 2, Abb. 10). 34 Als augenscheinlichstes Beispiel klassizistischer Architektur wurde die Kirche von Ste. Genevieve während der Revolution zum Pantheon, dem Ort, wo Helden der Aufklärung, der Revolution und der Republik ohne irgendeinen religiösen Bezug geehrt wurden.
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Es ist typisch für die französische Historiografie des 18. Jahrhunderts, dass man zwar die ursprüngliche Zweckbestimmung dieses neuartigen Bauwerks als Kirche anerkannte, aber seine Verbindung mit einem Ordenshaus fast immer verschwieg. Wolfgang Herrmann beispielsweise, der in seinem bewundernswerten Buch Laugier and Eighteenth Century French Theory35 der Kirche Ste. Genevieve viele Seiten widmet, erwähnt die Tatsache nie, dass es sich dabei ursprünglich um ein monastisches Gotteshaus gehandelt hatte. Manche Kunsthistoriker sehen im klassizistischen Stil sogar die Essenz des Fortschritts, erfüllt vom Geist der Aufklärung und der Revolution.36 Um diese Ansicht aufrechtzuerhalten, mussten sie die Rolle der bete noire der Aufklärung, nämlich der Klöster, in Verbindung mit dem klassizistischen Stil vollkommen ignorieren und auch die Tatsache übersehen, dass ein Jesuit eine der wichtigsten Theorien über den Klassizismus entwickelt hat. Es stimmt zwar, dass die Gebäude, die den Revolutionären und später dem neuen französischen Staat als Operationszentren dienten, im klassizistischen Stil erbaut waren, aber das revolutionäre Regime hat selbst nur sehr wenige davon errichtet. Es bestand auch gar kein Bedürfnis, denn nachdem man die Orden aufgelöst hatte, standen Tausende von geräumigen, zeitgemäß gebauten Gebäuden zur Verfugung, die von den Klöstern als Verwaltungs- und Wohngebäude errichtet worden waren. Was der Zerstörungswut und dem Vandalismus entgangen war, wurde konfisziert. So findet man in Frankreich bis zum heutigen Tag einen großen Prozentsatz von ehemals monastischen Bauten, die zu Spitälern, Heimstätten, Rathäusern, Lyceen, Manufakturen, Gestüten, Kasernen oder Zuchthäusern umfunktioniert worden sind. Man kann sich der Ironie nicht entziehen, dass die Amtsgebäude der einander folgenden französischen Republiken einst den Geist des Mönchtums atmeten.37 Oft besaßen die französischen Kleriker der alten Orden dank ihrer Güter und ihres Reichtums eine politische und gesellschaftliche Präsenz, die sich durchaus mit derjenigen ihrer Brüder und Schwestern im deutschen Sprachraum vergleichen ließe. In einigen Provinzialständen dominierten Vorsteher von Klöstern noch immer den Ersten Stand: In Artois bestand die Delegation ζ. B. aus zwei Bischöfen, vierzehn Vertretern von Mönchskapiteln und achtzehn Äbten; in der Bretagne waren es neun Bischöfe, neun Vertreter von Mönchskapiteln und vier Äbte; und in Burgund übertraf die Zahl von zwanzig Äbten und zweiundsiebzig Prioren die Vertretung von fünf Bischöfen und zweiundzwanzig Dekanen bei Weitem. 38 Trotz der Klausur und der kontemplativen Natur ihrer Orden erfüllten die traditionsreichen Klöster eine wichtige öffentliche Rolle. Der äußere Hof bedeutender Häuser, besonders in städtischer Umgebung, war regelmäßig von Bittstellern, Pächtern, Kaufleuten, Bettlern und Schaulustigen bevölkert, wobei dieser lebhafte Betrieb geradezu ein Gegenbild zur Stille und Besinnlichkeit des inneren Kreuzgangs bot. Zudem brachten es die Aufgaben mancher Mönche mit sich, dass sie einen großen Teil ihrer Zeit außerhalb der Klostermauern verbringen mussten. Das galt besonders für Prediger, Beichtväter, Priester und Gelehrte, -
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ferner Schatzmeister und landwirtschaftliche Verwalter. Klöster waren auch häufig im Besitz von heiligen Reliquien, deren Verehrung einen Strom von Gläubigen anzog, was gleichsam beiläufig auch zum Einkommen der Ordenshäuser beitrug. Auch war zumindest ein Teil der gottesdienstlichen Handlungen in der Klosterkirche öffentlich zugänglich. St. Germain nahm die Gelegenheit wahr, anlässlich denkwürdiger Todesfälle und ähnlicher Ereignisse groß angelegte Zeremonien zu inszenieren, denen, herbeigerufen durch den berüchtigt metallenen Klang der Glocken, auch Angehörige der königlichen Familie, Botschafter, Minister und sonstige Adlige beiwohnten.39 Viele Klöster organisierten Wallfahrten und betreuten traditionelle Prozessionen, welche große Menschenmengen anzogen, sowohl als Teilnehmer als auch als Schaulustige. Hier noch einige Beispiele aus dem Pariser Umfeld: Alle sieben Jahre, am i. Mai, marschierten die Mönche von St. Denis und die Einwohner von sieben benachbarten Pfarreien, begleitet von Trommlern zum Nonnenkloster von Montmartre. Nach dem Hochamt verteilten die beiden Abteien an alle, die am Marsch teilgenommen hatten, Brot, Fischpäte, Butter und Eier. In äußerst seltenen Fällen allgemeiner Trauer oder Freude - das letzte Mal 1725 - trug man den Schrein von Ste. Genevieve, begleitet von Erzbischof, Chorherren der Kathedrale, Mönchen, zahlreichen anderen Klerikern, Magistraten des Parlaments, ja vielleicht sogar dem König selbst, durch die Straßen von Paris nach Notre-Dame.40 Manche Ordenshäuser konnten auf eine langjährige Verbundenheit mit der französischen Krone zurückblicken. So fanden die Bourbonen-Könige in der wohlhabenden Abtei von St. Denis ihre letzte Ruhestätte, und dort wurden auch regelmäßig Messen für ihr Seelenheil gelesen. Louis, Herzog von Orleans und Sohn des Regenten für den minderjährigen Ludwig XV., „entsagte" 1726 „der Welt" und zog sich ins Kloster Ste. Genevieve zurück, wo er sich ein vornehmes Haus zu privatem Gebrauch bauen Üeß, theologische Werke schrieb und Bücher, Medaillen und interessante Naturalien sammelte.41 Die Letztgenannten hinterließ er dem Kloster, wodurch das dortige, an sich schon bedeutende Museum erheblich erweitert wurde. Zahlreiche weibliche Mitglieder der königÜchen Familie traten in Frauenklöster ein, wie die zisterziensischen Niederlassungen in Abbaye-aux-Bois in Paris, Remiremont und Fontevraud. Vier Töchter Ludwigs XV. hatte man im frühen Kindesalter nach Fontevraud gesandt, wo ihnen jedoch eine denkbar schlechte Ausbildung zuteil wurde'42 Wenn es um die Zukunft der Kinder ging, rechneten katholische Eltern, besonders aus Adelskreisen, wie überall in Europa mit der Möglichkeit, ihren überzähligen Nachwuchs im Kloster unterzubringen. Im Fall von Söhnen trat der Älteste in der Regel das Familienerbe an, andere konnten sich mit etwas Glück ihren Lebensunterhalt beim Militär oder als Juristen verdienen, aber mindestens einer oder mehrere der jüngeren, vielleicht körperlich schwächeren, aber lernbegierigen waren für eine geistliche Laufbahn bestimmt. Während die höchsten Würden, welche die Kirche zu vergeben hatte, den AdÜgen, die zum Bischofsamt aufstiegen, zugute kamen, versprach der Eintritt in eine begüterte Abtei ein zwar diszipli- 103 -
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niertes, aber immerhin geborgenes und verhältnismäßig bequemes Leben und überdies eine viel höhere Lebenserwartung als außerhalb der Klostermauern. Die acht Mönche des Zisterzienserklosters Pereigne hatten 1789 zwei Köche, einen Bäcker, zwei Träger, einen Kupferschmied, einen Gärtner, zwei Kuhhirten, einen Buben, der das Gästehaus besorgte, drei Frauen (eine Haushälterin, eine Näherin und ein Milchmädchen) und einen Archivisten mit Rechtsausbildung. Zu dieser Zeit hatte die Grande Chartreuse hundert Mönche und dreihundert Bedienstete.43 Louis Parent d'Estany, ein Prämonstratenser, der durch die Revolution von St. Martin in Laon vertrieben worden war, schrieb: „Die Mehrzahl der Personen, aus denen sich die gut ausgestatteten Orden zusammensetzen, kommen aus angesehenen Familien und haben aus vollkommen ehrlichen Beweggründen [...] eine Lebensweise gewählt, die ihnen mit G e wissheit erlauben würde, den Rest ihrer Tage ehrenhaft in einer Umgebung von kultivierter Behaglichkeit zu verbringen." E r hatte seinen Besitz an seinen Bruder abgegeben und fühlte sich nun um die Möglichkeit eines guten Auskommens betrogen. Ein weiterer Prämonstratenser, Herve-Julien L e Sage, schrieb: „Ich betrachtete jedes Feld, welches das Kloster besaß, als eine geheiligte, unverletzliche Garantie für meinen Unterhalt bis zu meinem letzten Atemzug." 44 Dieser Satz klingt fast wie die nostalgische Anspielung auf das Löwenmäulchen (snapdragon) an der Mauer des Trinity College in Oxford, die wir in Newmans Autobiografie finden. Was nun Mädchen aus gutem Hause betrifft: Wenn Eltern ihre Tochter nicht verheiraten konnten, vielleicht aus Mangel einer angemessenen Mitgift oder weil sie nicht besonders hübsch waren, bot sich als natürliche Lösung der Eintritt ins Kloster an. Die Mitgift für eine junge Nonne war zweifellos billiger als diejenige für eine Braut. Und die meisten Klosterfrauen führten ein geborgenes und verhältnismäßig bequemes Leben, welches ihnen zudem Möglichkeiten eröffnete, administrative Aufgaben zu übernehmen und außerhalb ihres Familienkreises lohnende Arbeit zu verrichten, also in Gebieten tätig zu werden, die Frauen zu jener Zeit sonst kaum zugänglich waren. 45 Überhaupt waren Nonnenklöster eigentlich der einzige Ort außerhalb der Familie, die sich um die Bildung von Mädchen und jungen Frauen kümmerten. Daher verbrachten viele Mädchen aus reichen Familien ihre Kindheit häufig in Schulen, die von solchen Institutionen geleitet wurden. Manche Schülerinnen entschlossen sich denn auch unter dem Einfluss ihrer Lehrerinnen, die Profess abzulegen und nach dem kanonischen Recht mit 16 Jahren (nach 1768 mit 18) Nonne zu werden. Andere blieben lange Jahre hinter den Klostermauern und hofften auf einen Freier. W i e in fast allen Bereichen des Klosterlebens gab es eine Verhaltensregel für die Reichen und eine andere für die Ärmeren, wobei die Lebensweise der Reichen natürlich viel besser
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dokumentiert ist. Helen Massalska, die von einer der zwei vornehmsten litauischen Familien abstammte und die 1779 Charles Prince de Ligne, den Sohn und Erben des berühmten Autors und Generals, heiraten sollte, schrieb einen geradezu klassischen Bericht über ihre Erziehung und Schulzeit in Abbaye-aux-Bois in Paris. Diese Beschreibung erlaubt einen ungewohnt detaillierten und lebendigen Einblick in die Lebensbedingungen in diesem Frauenkloster. Im Alter von acht Jahren trat Helen 1771 in die Klosterschule ein, nachdem sie ihr Onkel, der aus Polen vertriebene Erzbischof von Wilna, nach Paris gebracht hatte. Ihre Erinnerungen, die sie als Jugendliche verfasst hat, vermitteln zusammen mit ihrer Biografie ein vollständiges und lebensnahes Bild einer Erfahrung, die, abgesehen von Helens höchst persönlichen Ansichten und dem außergewöhnlichen Reichtum und Prestige von Abbaye-aux-Bois, sicher allgemeine Gültigkeit haben. In den Worten des Biografen: Alle Damen, die sich mit der Ausbildung der Internatsschülerinnen befassten, gehörten dem höchsten Adel an. Die Schülerinnen selbst trugen die berühmtesten Namen des Königreichs, und ihre Erziehung vereinigte, wie seltsam das auch klingen mag, die Einführung in bürgerlich-häusliche Pflichten mit Unterricht, der als Vorbereitung zu einem Leben in den höchsten Gesellschaftskreisen dienen sollte. Der Pflege von Musik, Tanz und Malkunst wurde viel Sorgfalt zugewendet. In der Abtei befanden sich ein ausgezeichnetes Theater und viele Kulissen und Kostüme von größter Eleganz. Mole und Larive unterrichteten die Schülerinnen in Rezitation und Vorlesen; die Ballettstunden standen unter der Aufsicht von Noverre, Philippe und Dauberval, alle führende Tänzer bei der Oper. Alle Lehrer kamen von außerhalb der Abtei, ausgenommen diejenigen, die Botanik und Naturgeschichte unterrichteten.46
Die haushälterischen Fertigkeiten dagegen wurden von Nonnen vermittelt. Zu diesem Zeitpunkt wohnten in der Abtei 73 Nonnen, 8 Novizen, 177 Internatsschülerinnen und 104 sceurs converses·, Laienschwestern, die fiir die weltlichen Anliegen der Stiftung verantwortlich waren. Vier Beichtväter betreuten die Frauen. Im Jahr 1778/79 gab das Kloster mehr als 61.000 livres fur die häusliche Versorgung aus, 45.000 davon deckten Nahrungsmittel und Wein und 5.000 kamen Holzhändlern zugute, wahrscheinlich für die Heizung. Die Beichtväter kosteten insgesamt 950 livres, der Organist 200, Predigten für die Karwoche und Musik 246,Ärzte und Chirurgen 500, Mägde über 2.000, Zeitschriften, Zeitungen und Bücher gegen 1.000. Die 177 wohlerzogenen und sorgfältig behüteten jungen Mädchen konnten sich unter Umständen auch sehr ungezogen benehmen. Während eines Mitternachtsfests im Schlafsaal wollte die achtjährige Helen unbedingt etwas sauren Most kosten, nachdem sie schon
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sehr viel Pate gegessen und ein Abfuhrmittel genommen hatte. Ob aus diesen oder anderen Gründen brachte man sie am nächsten Tag zur Krankenstation, wo sie nahezu an einem Faulfieber starb und zwei Monate verbleiben musste. Danach bestimmte man, sie sollte ein Privatzimmer, eine Magd, ein Zimmermädchen und eine Krankenschwester bekommen. Sie schrieb: „Mir wurde monatlich vier louisTaschengeld zugesprochen [...]. Mein Bankier, M . Torton, erhielt von meinem Onkel den Auftrag, mich, wenn nötig, jährlich mit 30.000 louis zu versorgen." Dank dieser großzügigen Ausstattung durchlief sie die Schule mit großem Erfolg: Sie erbrachte ebenso gute Leistungen in Geschichte wie in der Tanzkunst, zum Beispiel in Orpheus und Euridike, und zeichnete sich als Schauspielerin in einigen von Corneilles'Theaterstücken und in Racines Athalie und Esther aus. Ahnlich wie beim Brauch eines „Knabenbischofs" pflegte die Abtei eine Tradition, nach der die Schülerinnen zweimal im Jahr eine „Äbtissin" und andere klösterliche Amtspersonen aus ihren eigenen Reihen wählen durften. Diese übernahmen dann für einen Tag die Pflichten der erwachsenen Vorgesetzten. Helen wurde mindestens einmal zur „Äbtissin" erkoren. Ihre häusliche Ausbildung begann mit Dienstleistungen im prächtigen Privathaus der Äbtissin. Danach diente sie in der Sakristei, wo „alle Geschichten und Neuigkeiten" zusammenliefen und den ganzen Tag Leute ein und aus gingen. Die Arbeit in der Bibliothek bestand namentlich darin, mit den Eigenheiten der verantwortlichen Nonne zurechtzukommen. Diese stand meistens spät auf und pflegte zu sagen: „Ich habe kein Gelübde abgelegt, dass ich nicht nach Herzenslust schlafen würde." Helens Erinnerungen erlauben auch Einblicke in die dunkleren Seiten des Klosterlebens. Die gegenwärtige Äbtissin war gütig und gerecht, aber eine ihrer Vorgängerinnen soll so tyrannisch gewesen sein - sogar Körper- und Gefängnisstrafen soll sie verhängt haben - , dass der Regent sie abgesetzt hatte. Zweifellos fühlten sich viele Nonnen wahrhaft berufen, und viele Novizen legten ihr Gelübde, die Profess, mit fröhlichem Herzen ab, jedoch nicht alle. Helen verfasste einen Bericht über eine widerwillige Einkleidung, der aus verschiedenen Gründen wörtlich zitierte werden soll: Erstens, weil er eine Zeremonie so unglaublich lebensnah schildert, die mit entsprechenden Variationen zur Erfahrung der meisten Mönche und Nonnen gehörte; zweitens, weil dieses spezifische Ritual so qualvoll erscheint; drittens, weil die Erzählung einen Vergleich mit Passagen in Diderots La religieuse verdient, einem Werk, das in den 176oer-Jahren geschrieben, aber erst 1796 veröffentlicht wurde; und viertens, weil der lange Auszug aus Helens Beschreibung in J. K. McNamaras Buch, Sisters in Arms, ohne Hinweis auf Auslassungen ediert worden ist - anscheinend mit der Absicht, die beunruhigendsten Stellen zu eliminieren: Zwei Jahre lang war eine junge Frau namens Mile, de Rastignac im Noviziat, sie war 20 Jahre alt. Sie schien sich in einer fortwährenden Depression zu befinden, war fast immer krank und
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verbrachte mehr Zeit auf der Krankenstation als außerhalb. Sie trug schon die Ordenstracht. Ihre Profess war zweimal arrangiert und dann wieder verschoben worden, weil sie krank wurde [...]. Zwei oder drei Mal hat man sie zu ihrer Familie in die Welt zurückgeschickt, doch ohne Erfolg. Endlich entschied man sich, die Profess doch durchzufuhren, denn es wurde gesagt, sie wünsche ihre Gelübde abzulegen, obwohl sie sehr krank sei und kaum stehen könne. Am Tag der Profess war die Kirche mit allen Hauteforts, die es überhaupt gibt, gefüllt, denn sie waren nahe mit ihr verwandt. Mile, de Guignes trug ihre Kerze und übernahm die Rolle der Betreuerin, der Graf von Hautefort war ihr Ritter. Sie war sehr hübsch. Zuerst war sie im äußeren Raum der Kirche auf einem Betschemel. Sie trug ein Kleid aus weißem Crepe, das mit Silber bestickt und mit Diamanten übersät war. Während der Predigt von Abbe Marolle hielt sie sich tapfer. Darin betonte er, welch großes Verdienst es in Gottes Augen sei, der Welt zu entsagen, besonders wenn man [wie sie] die Gabe hätte, dort Bewunderung zu erregen und sie [die Welt] zu bezaubern und zu schmücken. Es schien, als ob er besondere Freude daran habe, all das, was sie nun verlassen musste, in den leuchtendsten Farben zu schildern. Trotzdem behielt sie ihre Fassung. Nach der Predigt nahm sie der Graf von Hautefort bei der Hand und führte sie zum Eingang der Klausur. Kaum war sie eingetreten, wurde die Tur mit lautem Knall hinter ihr zugeschlagen und geräuschvoll verriegelt, denn das ist eine „Gefälligkeit", die bei solchen Gelegenheiten nie weggelassen wird. Wir alle bemerkten, welch furchtbare Wirkung das auf sie hatte, denn sie erbleichte vor aller Augen. Sie betrat den Hof mehr tot als lebendig. Sie sagten immer noch, das wäre so, weil sie krank sei; aber es schien uns, als ob ihre psychischen Leiden größer seien als ihre körperlichen. Als sie die Chorschranke erreicht hatte, wurde diese geschlossen, damit man sie auskleiden konnte. Dann beeilte man sich, ihren weltlichen Schmuck zu entfernen. Sie hatte langes blondes Haar. Nachdem man es aufgelöst hatte, wollten wir alle laut aufschreien, um dem Schneiden Einhalt zu gebieten, und alle Schülerinnen murmelten „Oh, wie schade". Im Augenblick, da die Novizenmeisterin die Schere anlegte, erschauderte sie. Man legte das Haar auf einen großen silbernen Teller, von dem es sich golden abhob. Danach bekleidete man sie mit der Ordenstracht, verhüllte den Kopf mit einem Schleier und setzte einen Kranz weißer Rosen darauf. Schließlich öffnete man die Schranke und führte sie dem Priester vor, der sie segnete. Dann brachte man einen Sessel in die Nähe der Schranke, auf welchem die Äbtissin saß, eingerahmt von ihrer Kreuzträgerin und ihrer Kaplanin. Mile, de Rastignac kniete vor ihr nieder und legte ihre beiden Hände in die ihren. Die Formel der Profess lautet: „Zwischen Ihren Händen, gnädige Frau, lege ich vor Gott ein Gelöbnis von Armut, Demut, Gehorsam, Keuschheit und immerwährender Abgeschiedenheit ab, nach der Regel des Heiligen Benedikt, der Observanz des Heiligen Bernhard, dem Orden von Citeaux und dem Zweig von Clairvaux zugehörig." Sie war so schwach, dass sie kaum knien konnte [...]. [Die Novizenmeisterin] sprach ihr den Text des Gelübdes Wort für Wort vor und sie sprach ihr nach. Nachdem sie das Versprechen von -
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands Gehorsam abgelegt hatte und zum Gelöbnis der Keuschheit kam, hielt sie so lange inne, dass alle Internatsschülerinnen, die bisher viel geweint hatten, nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken konnten. Endlich, nachdem sie [Mile, de Rastignac] ringsum geschaut hatte, als ob sie sich irgendeine Hilfe erhoffte, näherte sich ihr die Novizenmeisterin und sagte: „Schöpf Mut, mein Kind. Vollende Dein Opfer." Und indem sie einen verzweifelten Seufzer ausstieß, wiederholte sie die Worte „Keuschheit und immerwährende Abgeschiedenheit". Danach fiel ihr Kopf auf die Knie der Frau Äbtissin. Da sie offensichtlich in Ohnmacht gefallen war, brachte man sie in die Sakristei. Nach dem Brauch hätte sie nun die Knie aller Nonnen und danach alle Schülerinnen umarmen sollen. Aber es wurde uns mitgeteilt, dass ihr gegenwärtiger Zustand das nicht erlauben würde und dass sie nur noch einmal erscheinen werde, um sich in der Mitte des Chors auf den Boden zu werfen. Nichts hat mich mehr bewegt als ihre Erscheinung an der Tür der Sakristei, totenbleich mit glasigen Augen, gestützt von zwei Nonnen. Mile, de Guignes, die ihre Kerze trug, zitterte so sehr, dass sie kaum zu gehen vermochte. Mme. Ste-Magdeleine - denn dies war der Name, den Mile, de Rastignac angenommen hatte - schritt bis zur Mitte des Chors, wo man ihr half, sich zu Boden zu werfen. Sie bedeckten sie mit einem Leichentuch und sangen das Miserere von Lalande. Wir stimmten mit ein, und auch beim nachfolgenden Gesang von Dies irae und der Libera der Cordeliers, bei der es sich um herrliche Musik handelt. Die ganze Zeremonie dauerte anderthalb Stunden, weil man die Gebete für die Toten über ihnen hersagte, um sie daran zu erinnern, dass sie fur die Welt tot seien. Am selben Abend entwickelte sie [Mme. Ste-Magdeleine] ein Fieber, und man brachte sie auf die Krankenstation, wo sie sechs Wochen verbrachte. [...] Sie verbleibt in einem schwermütigen Zustand, worüber sich alle sehr sorgen und gegen den man Abhilfe sucht, indem man sich bemüht, ihr Leben angenehm zu gestalten.47
Diese unglückliche N o n n e fiel offensichtlich einer Familienpolitik zum Opfer, obwohl sie ihr Schicksal wahrscheinlich aus weniger schändlichen G r ü n d e n erlitt als Diderots Heldin, welche den E h e b r u c h ihrer M u t t e r sühnen sollte. Novizen zur Profess zu zwingen steht zweifellos im Widerspruch z u m Kirchengesetz, u n d überdies ist bekannt, dass Mile, de Rastignacs Beichtvater gegen ihren Eintritt ins Kloster plädiert hatte. Schließlich gelang es aber der Klosterleitung doch, Mile, de Rastignac der Profess zuzuführen. Helen u n d ihr Freundinnen fanden das offensichtlich betrüblich, aber auch ungewöhnlich. Aber nicht nur junge M ä d c h e n aus gutem Hause wurden zur Schulung u n d Erziehung in Klöstern untergebracht, wo ihnen Zuflucht und/oder gesellschaftliche Möglichkeiten geboten wurden. Gewisse Ordenshäuser hatte m a n nämlich speziell für W i t w e n gegründet. W o h l h a b e n d e Frauen, die in einer skandalösen Affäre oder unglücklichen E h e verwickelt waren, zogen sich nicht selten in ein Frauenkloster zurück oder wurden vom König oder -
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16. Hubert Robert, Les cygnes de
Saint-Antoine-des-Champs.
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ihren Verwandten dahin geschickt. Um sich seiner Mätresse Mme. du Barry zu entledigen, bediente sich Ludwig XV. gegen Ende seines Lebens auf Befehl seines Beichtvaters dieser Möglichkeit.48 Bedeutende Kanonissenstifte wie Remiremont boten vornehmen Frauen in ähnlichen Situationen einen Ausweg. Einflussreichen Damen war es ferner möglich, Räumlichkeiten in einem Nonnenkloster zu mieten, um sich da dauerhaft niederzulassen oder eine zweite Wohnung zu unterhalten. Hier empfingen sie auch Gäste, tätigten Geschäfte oder betrieben sogar Salons, wie etwa die Marquise du DefFand in ihren Gemächern in St. Joseph und Mme. Geoffrin in St. Antoine-des-Champs. Diese beiden geistreichen Damen empfingen zahlreiche philosophes in ihren klösterlichen Wohnungen, Persönlichkeiten wie D'Alembert, Diderot, Turgot, Marmontel und Erzbischof Lomenie de Brienne. 1781 ließ Mme. Geoffrin von Hubert Robert sogar einige reizende, wenngleich idealisierte Bilder ihres Lebens unter Nonnen und Novizen malen (Abb. 16).49 Offensichtlich waren die Klöster der alten Orden in hohem Maße und häufig in fast paradoxer Weise mit der adligen Gesellschaft des Anden Regime verquickt. Aber um die eigentliche Bedeutung dieser Verzahnung zu verstehen, muss man die Klöster im Zusammenhang mit der besonderen Beziehung zwischen dem König und der französischen Kirche sehen. 1 5 1 6 hatte der Papst im Konkordat von Bologna den größten Teil seiner Macht über die französische Kirche an den König abgetreten. Dieser hatte nun gegenüber Rom das Vorrecht, alle Bischöfe und viele andere Kleriker in Frankreich einzusetzen, einschließlich zahlreicher Äbte und Äbtissinnen. Zudem konnte er die Kirche besteuern, über Berufungen an geistliche Gerichte entscheiden und unwillkommene päpstliche Dekrete ignorieren. Diese Privilegien waren kaum umfassender als diejenigen des spanischen Königs, besonders nach dem Konkordat von 1753, aber sie übertrafen bei Weitem diejenigen der italienischen und deutschen Fürsten sowie diejenigen des Herrschers über die österreichische Monarchie. Trotzdem besaß die französische Kirche noch immer einen bemerkenswerten Grad an Autonomie und politischer Macht. Einzigartig war ihre Einrichtung einer Generalversammlung des Klerus, die 1561 als Teil eines Vertrags mit der Krone gegründet worden war. Nach dem Abkommen garantierte der König der Kirche Autonomie und Privilegien, während die Kleriker ihrerseits das Recht der Krone auf Besteuerung des geistlichen Einkommens anerkannten. Die Generalversammlung kam gewöhnlich alle fünfJahre zusammen, um mit dem König über ein angemessenes Niveau der Kirchensteuer zu verhandeln. Auch über Religion und verwandte Bereiche konnte freimütig diskutiert werden. Durch diese Einrichtung wurde die Breitenwirkung des königlichen Absolutismus stark vermindert.50 Wie in Spanien, aber im Gegensatz zur österreichischen Monarchie war es in Frankreich normal, dass Geistliche zu Staatsministern ernannt wurden. Drei der wichtigsten Minister des 18. Jahrhunderts waren Kardinal Dubois während der Regentenzeit nach dem Tod Ludwigs XIV., Kardinal — 110 —
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Fleury von 1726 bis 1743 und Kardinal Lomenie de Brienne in den letzten Tagen des Ancien Regime.51 Außerdem versuchten Ludwig XV. und Ludwig X V I . selten, Neuerungen gegen den Willen einer starken Opposition einzuführen. Wenn sie dies doch einmal versuchten, fehlte ihnen meist die Durchsetzungskraft, die Reform wirklich zum Tragen zu bringen. In der Praxis war die Ausübung der königlichen Macht darauf angelegt, die gesellschaftliche Stellung des Adels zu erhalten. In dieser Hinsicht liefert der Umgang mit der Kirche ein gutes Beispiel. Angesichts der Schulden, die sich während des Osterreichischen Erbfolgekrieges angehäuft hatten, schien Ludwig XV. 1749-51 geneigt, Kirche und Adel eine neue Steuer, die vingtieme, aufzuerlegen. Dadurch hätte er zur großen Freude von philosophes wie Voltaire das kirchliche Steuerprivileg verletzt. Doch als sich der Klerus seinem Ansinnen vehement entgegensetzte, krebste der König zurück. Immerhin gelang es ihm aber, Güter, die geistlichen Institutionen in „mortmain" geschenkt wurden, strengeren Kontrollen zu unterstellen.52 Im 18. Jahrhundert war praktisch jeder französische Bischof adliger Herkunft, was auch für die Mehrzahl der Abte und Äbtissinnen der wichtigen Klöster zutraf. So war es dem König gelungen, die höchsten kirchlichen Würden in ein kompliziertes System von Begünstigungen für den Adel zu verwandeln und dadurch die Interessen des Ersten und des Zweiten Standes fest zusammenzuschweißen. Dieses System hatte viel drastischere Auswirkungen auf die Klöster als auf den Episkopat. Denn während Bischöfe geweihte Priester sein mussten und man ihnen die Bewältigung der seelsorgerischen und administrativen Pflichten einer Diözese zutrauen konnte, wurden die adligen Kommendataräbte und -äbtissinnen nie nach ihrer Eignung als Vorsteher einer religiösen Gemeinschaft ausgewählt. Dieses Phänomen verlangt nach einer genaueren Erklärung. Die Mehrzahl der traditionellen Klöster in Europa unterstand ursprünglich weder dem König noch einem Bischof. Sofern sie eine Autorität anerkannten, war das ihr Orden oder ihre Kongregation und der Papst. Diese Situation änderte sich jedoch in Frankreich durch das Konkordat grundsätzlich, denn die Klöster unterstanden nun dem König und nicht mehr dem Papst. In vielen katholischen Ländern, besonders im deutschen Sprachraum, praktizierten die Klöster die freie Abtwahl. In Frankreich galt das aber nur noch in den seltensten Fällen. Die Vorsteher von vier Fünfteln der berühmten Klöster, solcher nämlich, die man als abbayes (für Männer und Frauen) klassifizierte, wurden nicht nur vom König bestimmt, sondern in commendam ernannt. Das bedeutete, dass sie weder Mönche noch Nonnen waren und daher die regulären Pflichten eines Abtes oder einer Äbtissin nicht ausüben durften. Andererseits beanspruchten sie aber einen erheblichen Prozentsatz der Einkünfte ihres Hauses, rechtlich war es ein Drittel, aber meistens handelte es sich um viel mehr. Solche Arrangements lassen sich bei mindestens 816 abbayes und 280 Prioraten nachweisen.53 Bei Männerklöstern ging die Kommende in der Regel an Bischöfe oder Hofkapläne, also an Personen, die - in
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mindestens die Priesterweihe empfangen hatten. Aber oft kamen auch Fürsten und Prinzessinnen, königliche Minister oder deren Verwandte in den Genuss einer solchen Sinekure. In einigen Fällen wurden die Amter sogar an ausländische Fürsten, oft adelige Laien, vergeben. Gelegentlich, wie etwa im Fall von Rance oder Angelique Arnauld, entwickelten sich Inhaber von Kommenden zu echten geistlichen Vorbildern und wurden in der Folge reguläre Äbte und Äbtissinnen. Weit häufiger saugten die Kommendataräbte jedoch den klösterlichen Reichtum auf und beschädigten damit den Ruf ihrer Ordenshäuser. Allzu oft bewahrheitete sich das Bibelwort: „Wer da hat, dem wird gegeben." McManners beschreibt das klassische Beispiel eines weltlichen Aristokraten, dessen Reichtum aus geistlichen Quellen stammte [...], Louis de Bourbon Conde, [...] Sohn des Fürsten Conde und Mile. Nantes,Tochter Ludwigs XIV. und Mme. Montespan. Mit einem solchen Stammbaum [kann es nicht erstaunen], dass es eine große Zahl von [Kommenden-jErnennungen auf seine Locken regnete - Bec, Saint-Claude, Marmoutier, Saint-Nicolas-des-Champs und noch zwei andere; dies alles im A l ter von 13 Jahren und dann, gleichsam um der Vollständigkeit willen, noch eine weitere im 23. Lebensjahr. Als ihm 1737 die gewaltigen Einkünfte von Saint-Germain-des-Pres zugesprochen wurden, gab er drei seiner ursprünglichen Kommenden ab. Nach einem Gerücht soll er jährlich 300.000 livres bezogen haben, tatsächlich war es aber doppelt so viel. Dank einer Erlaubnis vom Papst durfte er sogar Waffen tragen, ohne seiner Vergünstigungen verlustig zu gehen; er spielte General in den französischen Armeen [...], sein Harem in Paris rekrutierte sich von der Oper [...]. A m nächsten kam er einer geistlichen Handlung, als er für seinen Lieblingsaffen McCarthy ein marmornes Mausoleum bauen ließ. 54
Es ist wohl kaum möglich, Fälle wie Condes und ähnlich skandalöse Arrangements zu rechtfertigen. Und doch war die Art, wie der König die Möglichkeit der Kommenden ausnützte, bis zu einem gewissen Grad vertretbar, wenigstens im gesellschaftlichen Kontext der damaligen Zeit. Erstens glaubte man nicht unbedingt zu Unrecht, dass weltfremde Mönche und Nonnen eigentlich auf die Hilfe von einflussreichen Kommendataräbten angewiesen seien, um die weltlichen Interessen ihrer Häuser zu fordern. Zweitens waren sich die französischen Könige und ihre Staatsminister einig, dass es zu viele Klöster gebe und dass viele von ihnen viel reicher seien, als es zur Erfüllung ihrer Zielsetzung nötig wäre. Drittens wurden die reichen Ordenshäuser ganz allgemein viel zu niedrig besteuert. Hier lag eine riesige Quelle von Reichtum, die der König dank des Konkordats durch das System der Kommenden zugunsten von Kirche und Staat anzapfen konnte. Manche Diözesen hatten unzulängliche Einkünfte, und es schien daher sinnvoll, sie mit Zuschüssen aus wohlhabenden Abteien zu unterstützen, vielleicht indem man einen Bischof als Abt einsetzte oder indem man ihm aus Klostereinnahmen eine Rente zugestand. Ferner fehlte dem König das Geld, um seine Au- 112 -
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ßenpolitik zu finanzieren und seine Minister angemessen zu kompensieren. Ein gebräuchlicher Ausweg aus dieser Situation, der von den Königen in großem Stil praktiziert wurde, war der Verkauf von Amtern: Sollten sich doch Interessenten Pfründe kaufen und selber sehen, wie sie diese zu ihren Gunsten auszunützen vermochten!55 Gleicherweise wurden Kommenden häufig zur Aufbesserung ministerieller Saläre oder zur Belohnung von Verwandten und Günstlingen des Königs benutzt, wobei man manchmal sogar ausländische Fürsten und Prinzessinnen berücksichtigte. Abgesehen von dieser auserlesenen Gruppe von Kommendeninhabern gab es überdies allerlei Adlige, deren Ernennung sich vom Weltbild des Ancien Regime her rechtfertigen ließ: Die soziale Stellung war durch die Geburt bestimmt, die Aristokratie sollte erhalten bleiben, aber Adlige waren häufig zu arm, um standesgemäß leben zu können. Aus diesen Gründen sah man in der Unterstützung der Aristokratie einen Vorzug, der sowohl der Monarchie als auch der Gesellschaft allgemein und letztlich der Kirche zugute kam. Dieselbe Denkart, verbunden mit dem Wunsch, Arbeitsplätze zu schaffen, findet man auch in Colberts Dekret von 1666. In diesem befiehlt er den Klöstern, ihre Einkünfte nicht an Kirchen zu verschwenden, sondern die Wohnungen der Äbte und Äbtissinnen, die Kreuzgänge und die Wohn- und Verwaltungsgebäude ihrer Anlagen zu erneuern oder zu reparieren. Dieses Dekret dürfte auch erklären, warum im Frankreich des 18. Jahrhunderts so wenig neue Klosterkirchen errichtet wurden.56 Nach offizieller Ansicht trugen alle diese Maßnahmen dazu bei, den monastischen Besitz für die Gesellschaft nutzbarer zu machen, als dies möglich gewesen wäre, wenn die Verwaltung der Güter allein in den Händen der Mönche gelegen und diese den Reichtum ausschließlich für ihre eigenen Zwecke genutzt hätten. Aber trotz dieser mehr oder weniger überzeugenden Argumente besteht kein Zweifel, dass die Praxis der Kommendenvergabe eigentlich eine tiefe Verachtung des Mönchtums und der Klosterregel, besonders derjenigen der alten Orden, zum Ausdruck brachte. Denn es wurde nicht nur ein Großteil der Einnahmen für die Unterstützung von Laien und weltlichem Klerus abgezweigt, sondern der Kommendatarabt konnte auch die Herrschaftsrechte seines Klosters zu seinem persönlichen Vorteil ausnützen, indem er vielleicht die Aufnahme von Mönchen und Nonnen, die Vergabe von Ämtern innerhalb des Klosters oder die Auswahl von Seelsorgern kontrollierte. Dieses System trug in Frankreich viel dazu bei, die monastische Einflussnahme auf die Kirche zu vermindern, während sie andernorts bei der religiösen Entwicklung und in geistlichen Angelegenheiten, ja oft sogar bei politischen Entscheidungen immerhin eine bedeutende Rolle spielte. Auch in anderer Hinsicht wurden die Ordensgeistlichen im Vergleich zum weltlichen Klerus von Regierung und Gesellschaft des Ancien Regime benachteiligt. Obwohl die Äbte in einigen wenigen Provinzen im Ersten Stand gut vertreten waren, hatten die meisten Gebiete ihre Stände schon längst verloren. Zudem ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Äbte, die in den überlebenden Ständen saßen, Kommendeninhaber waren. Als die
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Generalstände 1614 zum letzten Mal zusammentraten, betrug die Zahl der Ordensgeistlichen im Ersten Stand nur 10 Prozent. 57 Und in der Generalversammlung des Klerus waren Mönche überhaupt nicht vertreten.58 Anders als in anderen katholischen Ländern wurden französische Mönche praktisch nie als Bischöfe eingesetzt. Während in Bayern Mönche die neue Akademie dominierten, durften sie in Frankreich weder in die Akademie der Wissenschaften noch in die Academie des Inscriptions gewählt werden. Immerhin wurden einige französische Mönche als Fellows in die Royal Society aufgenommen. 59 Sowohl politisch wie auch gesellschaftlich hatten die traditionellen Orden in Frankreich, im Vergleich zu anderen katholischen Ländern, viel weniger Einfluss.
DIE NEUEN
ORDEN
Das Gegenteil traf bei den neuen Orden zu. Diese, und besonders diejenigen für Frauen, waren in Frankreich außerordentlich erfolgreich. Doch beginnen wir mit den Männerorden. Die Franziskaner müsste man eigentlich zu den „alten" rechnen, da sie schon Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet worden waren. Aber ihre Zielsetzung ist in vielen Beziehungen „neu" oder man könnte auch sagen „modern": Erstens haben sie von Anfang an das rein kontemplative, abgeschiedene Dasein abgelehnt und ein aktives Leben in der Welt begünstigt. Zweitens fehlten ihnen die ausgedehnten Güter und Privilegien der traditionellen, mittelalterlichen Orden. Und drittens teilte sich der Orden im 15. und 16. Jahrhundert in fünf Untergruppen auf, die zwar ihren gemeinsamen Ursprung anerkannten, jedoch getrennte und in einem gewissen Sinne rivalisierende Organisationen unterhielten. Z u diesen gehörten die Konventualen, eine Gruppe, die sich nicht „reformiert" hatte und in Frankreich kaum vertreten war. 1517 trennten sich die „reformierten" Observanten ab, die man in Frankreich Cordeliers nannte. Sie unterhielten um die Mitte des 18. Jahrhunderts ungefähr 250 französische Ordenshäuser, von denen sich einige großes gesellschaftliches Ansehen und beträchtliche Einnahmequellen erworben hatten. Dazu gehörte besonders das Mutterhaus in Paris, das von einer Reihe von Königen begünstigt wurde. Nebst einer eindrücklichen Bibliothek und einer riesigen Kirche, die sich durch ihre Prediger und musikalischen Darbietungen einen Namen gemacht hatte, erfreute sich das Kloster eines stolzen Jahreseinkommens von 45.000 livres. Die Anlage war so groß und strategisch gelegen, dass der Reformminister Necker zur Zeit Ludwigs X V I . einen ausgeklügelten Plan erwog, der die Minoriten umgesiedelt hätte, um für öffentliche Gebäude Platz zu schaffen, wie etwa Kasernen, ein Gefängnis und ein Archiv. Aber nach mehreren Jahren der Kontroverse zog der König seinen Zwangsräumungsbefehl zurück - einer der letzten Triumphe des Mönchtums unter dem Ancien Regime. Im Allgemeinen hatte sich jedoch der Observantenorden keinen -
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großen Respekt verschafft. „Einst die Apostel der Armut, repräsentierten sie jetzt Reichtum, Einfluss und Privileg, was sie nicht immer weise und uneigennützig umsetzten."60 Die Rekollekten gehörten zu einem anderen „reformierten" Zweig, der aus dem 16. Jahrhundert stammte. Sie wurden so genannt, weil sie die innere Sammlung betonten, was einem „Rückzug zum Zweck der geistlichen Übung" gleichkam. Sie besaßen etwa hundert Ordenshäuser. Die Minims, die auf das 15. Jahrhundert zurückgehen, betrachteten sich auch als „reformierten" Orden und waren dafür bekannt, dass sie kein Fleisch aßen. Sie bevölkerten gut 150 Häuser. Doch wie überall in Europa dominierten auch in Frankreich die 1528 gegründeten Kapuziner mit ihren 450 Häusern die verschiedenen Franziskanerorden. Obwohl sich das Wort „Kapuziner" landläufig als Synonym für „naiv", „unwissend" und „abergläubisch" oder „zerlumpt" und „schmutzig" eingebürgert hatte, erfreute sich der Orden eines weitverbreiteten Respekts, weil er strenge Disziplin übte und den Idealen des Heiligen Franziskus gewissenhafter nachstrebte als irgendein anderer Zweig der Franziskaner. Das Versprechen der Armut wurde strengstens befolgt: Die Einkünfte des Ordens kamen namentlich durch Betteln zusammen, und es war einem Mönch nicht einmal erlaubt, eine Uhr in seinem Zimmer zu haben oder eine solche an seinem Körper zu tragen. Fasten war für zahlreiche Tage im Jahr verordnet, und Selbstkasteiung war während des ganzen Jahres drei Mal pro Woche und während der Karwoche noch häufiger vorgeschrieben. Auch war der Orden durch seine seelsorgerische Arbeit, seine Missionstätigkeit, seine uneigennützige Betreuung von Kranken, einschließlich Pestopfer, bekannt. Dazu kamen häufig noch weitere öffentliche Diensdeistungen, wie beispielsweise das Organisieren einer Feuerwehr. Die Gesamtzahl der Kapuzinerklöster hat sich in Frankreich nach 1660 kaum verändert, und die Zahl der zugehörigen Mönche scheint erst Anfang des 18. Jahrhunderts langsam abgenommen zu haben. Um 1740 kann man aber einen erneuten Anstieg von Professen beobachten, und so dürften die Kapuziner ihren Höchststand sehr wohl um 1750 erreicht haben.61 Von den Orden, die erst im 16. Jahrhundert gegründet worden waren, gehörten die Jesuiten zweifellos zu den einflussreichsten. Gleich den Kapuzinern erlebten sie in Frankreich ihr größtes Wachstum in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als viele ihrer Kollegien eingerichtet wurden. Dabei handelte es sich meistens um eindrückliche Anlagen mit drei Höfen und einer zentralen Kirche. 1640 unterhielten die Jesuiten 90 Kollegien und 1763 sogar 104. Unter denjenigen, die heute noch existieren, ist La Fleche im Loiretal die großartigste Anlage, ein Bauwerk, das auf Befehl von Heinrich IV. „ohne Rücksicht auf Kosten" errichtet worden war.62 Im Frankreich des 17. Jahrhunderts erwiesen sich die Jesuiten als außerordentlich erfolgreiche Vertreter der Gegenreformation, und praktisch bis zu ihrer Vertreibung 1764 schienen sie im Kampf gegen den Jansenismus die Oberhand zu behalten. Ihr Ruf als Querdenker, Prediger, Missionare und Pädagogen war legendär. Zu ihren Errungenschaften gehörte die Schaffung eines zentral geleiteten Netzwerks von Bruderschaften und Kongre- 115
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gationen, die Mönche und Laien aus allen Volksklassen umfassten.63 Ihr gesellschaftliches Ansehen und die Qualität ihrer Lehrmethoden sorgten dafür, dass ein großer Prozentsatz der begabtesten und vornehmsten Knaben ihre Kollegien besuchte, welche damals zu den wichtigsten weiterfuhrenden Schulen gehörten. Die meisten französischen Fürsten und Prinzessinnen hatten einen Jesuiten als Beichtvater. Der Philosoph Rene Descartes war wohl der berühmteste Schüler aus der Anfangszeit von La Fleche. Sicher hat der Einfluss seiner Lehrer viel zu seiner scharfsinnigen Denkart beigetragen und vielleicht auch seine Bereitschaft gefördert, konventionelle Meinungen und Ansichten zu hinterfragen. Im Gegenzug hinterließ er dem Orden und der Kirche ein philosophisches System, das, obwohl anfanglich abgelehnt, bald zur Grundlage einer neuen rationalen Theologie erkoren wurde. Durch logische Überlegungen kam Descartes zum Schluss, dass die Existenz der physischen Welt außerhalb des menschlichen Bewusstseins nicht bewiesen werden könne. Danach argumentierte er, dass er - und andere - existieren müssten, denn sie könnten denken, und daraus folgerte er, dass Gott und daher auch andere Dinge existieren müssten. Obwohl die Jesuiten die feurigsten Verteidiger der religiösen Strenggläubigkeit waren, scheinen ihr Rationalismus, ihr kritischer Verstand und ihre Wahrnehmung der modernen Strömungen in Philosophie und Wissenschaft - und natürlich ihre Übernahme der Cartesischen Theologie - dem Fortschreiten der Aufklärung den Weg bereitet zu haben.64 Auch das gesellschaftlich hoch angesehene College de Louis-le-Grand in Paris, das Voltaire zu seinen Schülern zählte, stand unter jesuitischer Leitung, und in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts gehörten einige MitgÜeder des Lehrkörpers zu einer Gruppe von prominenten Autoren, die der Salonkultur in der Hauptstadt nahestanden.65 Mindestens bis 1750 lag Voltaire viel daran, dem Orden für seine Lehrtätigkeit zu danken. 1746 schrieb er in einem offenen Brief an den Vorsteher seines alten Kollegs Louis-le-Grand:
Nichts wird in meinem Herzen die Erinnerung an Vater Poree auslöschen, der bei allen, die unter ihm studierten, gleich beliebt war. Niemand hat das Studium und die Tugend je angenehmer gestaltet [...]. Ich weiß, dass er Nachfolger hat, die ihm ebenbürtig sind. Kurz gesagt, was sah ich denn während der Jahre, die ich im Haus [der Jesuiten] verbrachte? Die arbeitsreichste, genügsamste und disziplinierteste Lebensweise. Ihre ganze Zeit verteilte sich auf die Sorge, die sie uns angedeihen ließen, und die Praxis ihrer strengen Berufung. Ich bin überzeugt, dass mir keiner von den vielen Tausend Männern, die von ihnen ausgebildet worden sind, widersprechen würde. A u s diesem Grunde kann ich mich nicht genug wundern, dass man ihnen vorwirft, eine verderbliche Moral zu lehren. 66
Andererseits klammerten sich die Jesuiten hartnäckig an die Cartesische Metaphysik und setzten sich damit in Gegensatz zu Newtons wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem -
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damit verbundenen Empirismus. So schienen sie um die Mitte des 18. Jahrhunderts geradezu bildungsfeindlich geworden zu sein. In den i75oer-Jahren lancierten die Memoires de Trevoux, das Sprachrohr der Jesuiten, einen bitterbösen Angriff auf die nacheinander erscheinenden Bände der Encyclopedie. Die Kritik konzentrierte sich sowohl auf die vielfältigen Plagiate als auch auf die unkonventionellen Ansichten, die in diesem Werk vertreten wurden. Allgemein wurde angenommen, dass die feindselige Haltung der Jesuiten teilweise auf Eifersucht beruhte, weil man das Projekt den moralisch minderwertigen philosophes statt ihren, der Jesuiten, eigenen, respektablen Gelehrten anvertraut hatte. 1752 schien es sogar fur eine kurze Zeit, als ob die Regierung die Verantwortung fur das große Werk doch noch den Jesuiten übertragen würde. Aber letztlich wurde die Encyclopedie dann doch nach dem ursprünglichen Plan weitergeführt. Trotz dieser Kontroverse haben die Jesuiten ihre „Beziehungen zu den philosophes keineswegs abgebrochen",67 aber sie waren zweifellos beschädigt. Neben den Jesuiten hatte sich eine Anzahl von neuen Ordensgemeinschaften gebildet, die sich sowohl aus Klerikern wie aus Laien zusammensetzten und sich besonders um soziale Anliegen und geistliche Ausbildung kümmerten. Einige haben die pädagogische Tätigkeit der Jesuiten ergänzt wie die Oratorianer und die 1592 gegründete Kongregation der christlichen Lehre, die um 1760 26 respektive 29 Kollegien unterhielten. Um diese Zeit hatten die drei Orden zusammen ungefähr 48.000 Schüler. Überdies setzten sich die Brüder der christlichen Schule, die Jean-Baptiste de la Salle 1680 ins Leben gerufen hatte, besonders für die Schulung von ärmeren Knaben ein und unterhielten 1750 Grundschulen in 79 Ortschaften, 1790 waren es dann sogar 116. 6 8 Eine der wichtigsten Aufgaben dieser Orden war die Verantwortung für die Priesterseminare, die im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts in den meisten französischen Diözesen eingerichtet worden waren. Um 1760 gab es 153 solche Institutionen. Diese standen unter der Leitung folgender Orden: Lazaristen 60, Jesuiten 32, Sulpizianer 20, Oratorianer und Doktrinianerje 14 und Eudisten 13. Dieser Katalog ruft an sich schon die große Vielfalt dieser Orden ins Bewusstsein. Aber das Interessanteste liegt darin, dass es die Bischöfe, welche die Qualität ihrer Priester zu verbessern wünschten, gleichsam natürlich und notwendig fanden, diese Aufgabe an Mönche zu übertragen - und sogar an solche, die den neuen, weltoffenen Orden angehörten. Es lässt sich wohl kaum ein besseres Beispiel finden, um die intensive Wechselwirkung zwischen Ordensgeistlichen und weltlichem Klerus zu illustrieren oder die integrale Rolle von Mönchen im Leben der Kirche allgemein zu zeigen.69 Noch größer war die Erweiterung von Orden, die sich der Schulung und Erziehung von Mädchen widmeten. Wie wir in der Einleitung gesehen haben, genehmigten der Papst und das Konzil von Trient im 16. Jahrhundert die Entstehung von neuartigen Männerorden, wie ζ. B. die der Jesuiten und Oratorianer, die außerhalb der Klostermauern in der Welt wirkten und die, im Fall der Oratorianer, keiner festen Regel nachlebten und sogar Laien aufnahmen.
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Für Nonnen dagegen schlug sich die offizielle Haltung in der Bulle von 1566 nieder, die den Frauen strikte Klausur auferlegte und ihnen den Weg zu lockereren Organisationsformen, wie sie kürzlich den Männern zugestanden worden waren, versperrte.70 Andererseits war jedoch auch klar, dass viele Frauen den Wunsch hegten, solche Organisationen zu bilden, um religiöse und mildtätige Aufgaben zu übernehmen, ohne sich aber einer lebenslänglichen Klausur zu verschreiben. Ferner bestand seitens einiger Laien ein großes Bedürfnis, formale Schulung auch Mädchen zugänglich zu machen, wobei kaum jemand dachte, dass dies anders als in einem religiösen und spezifisch weiblichen Rahmen zu erreichen wäre. Anfänglich hatten Frauen, die sich beim Papst für Ordensgründungen ohne Klausur einsetzten, keinen Erfolg. In zwei sehr wichtigen Fällen mussten sich die Initiantinnen widerstrebend einem traditionellen Klosterleben fugen. Die Ursulinerinnen, die 1535 als Gesellschaft ohne Profess und ohne Ordenshäuser gegründet worden waren, hatten sich bis 1612 zu einem Orden mit strenger Klausur verwandelt. In Frankreich, wo sie sich 1596 etablierten, betrachtete man sie als weiblichen Zweig der Jesuiten. 1789 unterhielten sie mindestens 350 Klöster mit rund 9.000 Nonnen. Ein weiterer Orden, der sich aktiv um Frauenbildung bemühte, obwohl seine ursprüngliche Zielsetzung anders lautete, war die Gemeinschaft der Visitantinnen, also die Schwesternschaft der Visitation, die von Jeanne de Chantal unter der Führung von St. Francois de Sales 161 ο gegründet worden war und 1616 zu einem regulären Orden wurde. Der Papst genehmigte diese neuen Orden nur zögerlich, obwohl das Prestige der Frauen im kirchlichen Bereich durch ihre Einflussnahme auf verschiedene Orden beiderlei Geschlechts stark gestiegen war, was sich zum Beispiel an der Heiligkeit und in den Schriften und Reformen der spanischen Karmeliterin St.Theresa von Avila (1575-82) zeigen lässt. Nach Elizabeth Rapley bestand die Wirkung dieser neuen Orden namentlich darin, „dass die gallikanische Kirche aufgebrochen worden war, um Frauen in ihr innerstes Leben aufzunehmen".71 Während die Ursulinerinnen und Visitantinnen von ihren Bewerberinnen meistens eine Mitgift verlangten und diese daher vorwiegend adliger Herkunft waren, führte der Durchbruch dieser beiden Orden dazu, dass sich viele ähnliche gesellschaftlich weniger exklusive Organisationen bildeten. 1633/34 ersannen Louise Marillac und St. Vincent de Paul noch eine weitere Grundform für einen Frauenorden, bei dem es sich um ein Mittelding zwischen Nonnen- und Laienstand handeln sollte, nämlich die Filles de la Chariti. St. Vincent schrieb : „Als Kloster haben sie nur die Krankenhäuser und das Haus der Vorsteherin, als Zelle nur ein gemietetes Zimmer, als Gotteshaus die Pfarrkirche und als Schleier die Sittsamkeit." Ihre Zielsetzung umfasste die Schulung der Armen, aber in der Praxis beschäftigten sie sich hauptsächlich mit der Behandlung und Pflege von Kranken. Sie modernisierten die Krankenpflege und machten französische Spitäler im 18. Jahrhundert zu den besten der Welt. Noch zur Zeit des Krimkriegs dienten sie Florence Nightingale als Vorbild. 1788 hatten - 118 -
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die Filles de la Charite 451 Häuser und 4.350 Schwestern.72 Ähnliche Gründungen folgten. Es sind so viele, dass man sie nicht ohne Weiteres auflisten kann, und zudem sind nur sehr wenige genauer studiert worden. McManners nennt sieben neue Schwesternschaften, die zwischen 1703 und 1762 gegründet worden waren. Nach der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte in Frankreich bei fast allen Mönchs- und Nonnenklöstern eine rückläufige Bewegung ein, die mindestens bis in die i78oer-Jahre andauerte. Dies galt auch für die Ursulinerinnen und Visitantinnen. Hingegen legten die lockerer organisierten Frauenorden stark zu und inspirierten teilweise sogar ähnliche Männerorden, wie etwa die Brüder der christlichen Schule. Diese Entwicklung - einzigartig in Frankreich, wenigstens in diesem Maße - spiegelt sich dramatisch in der Tatsache, dass zu Beginn der Revolution von den über hundert Frauenhäusern in Paris die Mehrzahl im 17. und 18. Jahrhundert gegründet worden waren.74 Mit dem Frankreich des Ancien Regime verbindet man hauptsächlich eine antikatholische, aufgeklärte Geisteshaltung, welche die dekadente Kirche und die absterbenden Klöster mit Spott und Verachtung bedachte. Das Mönchtum dieser Periode mag zwar moribund gewesen sein, nicht aber die Frauenkongregationen, die sich dem Schulwesen und der Krankenpflege widmeten und auch von den pbilosophes bewundert wurden.75 Obwohl auch diese Orden der Revolution zum Opfer fielen, sollten sie letztlich dem 19. Jahrhundert zum größten Vermächtnis der alten Ordnung werden.76
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4· Kapitel
Spanien und Portugal
ft wird vom Sonderweg der deutschen Geschichte gesprochen. Robert Tombs
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wendet dieses Konzept auch auf Frankreich an,1 aber eigentlich wäre es viel passender in Bezug auf die Geschichte der Iberischen Halbinsel. Aber gerade des-
wegen wird dieses Thema wohl in anderen Ländern oft vernachlässigt, und diejenigen, die über diese Region arbeiten, zögern, sie in einen gesamteuropäischen Zusammenhang zu stellen. Die meisten allgemeinen Werke über Kunst- und Architekturgeschichte behandeln beispielsweise die künstlerischen Leistungen von Spanien und Portugal nur sehr summarisch,2 und während viele Gelehrte die geschichtliche Entwicklung diesseits und jenseits des Rheins oder der Alpen mühelos miteinander in Verbindung bringen, scheinen die Pyrenäen ein Hindernis darzustellen, das dem historischen Verständnis fast so wirksam entgegensteht wie das Uralgebirge. Die erste und grundlegende Eigentümlichkeit der iberischen Geschichte besteht darin3' dass im 8. Jahrhundert muslimische Fürsten fast die ganze Halbinsel eroberten und einen großen Teil der mittleren und südlichen Gebiete während mehrerer Jahrhunderte beherrschten. Daraus folgt, dass die mittelalterliche Geschichte Iberiens hauptsächlich im Spiegel des Kampfes gesehen wird, den die ursprüngliche, christliche Bevölkerung führte, um die Halbinsel wieder zurückzugewinnen. Auch ist der erneute Sieg des Katholizismus oft der Wiederherstellung der einheimischen Herrschaft gleichgesetzt worden. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Reconquista aber um ein sehr langes, wechselvolles Ringen, das teilweise dadurch bedingt war, dass die Christen selbst jahrhundertelang auf verschiedene kleine Königreiche und Fürstentümer verteilt waren, die sich gegenseitig kaum weniger feindlich gesinnt waren als den Muslimen. Während sich Portugal verhältnismäßig früh als separater, dem Atlantik zugewandter Staat etablierte und seine Rückeroberung Mitte des 13. Jahrhunderts abgeschlossen hatte, wurde die Einheit Spaniens erst 1469 durch die Heirat des zukünftigen Königs Ferdinand von Aragon mit Königin Isabella von Kastilien ermöglicht. Und erst 1492 vertrieben die Spanier die Mauren aus Granada, ihrem letzten Stützpunkt auf der Halbinsel. Christlicher Bekehrungseifer war ein wichtiger Begleitfaktor der Reconquista, die in ihren späteren Phasen von den Päpsten gleichsam als Weiterführung der Kreuzzüge unterstützt wurde. Auch bedachten die christlichen Fürsten nach der Eroberung von neuen Territorien die Kirche oft mit großzügigen Schenkungen.
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Aber sogar diese gottesfurchtigen Länder konnten sich der eingefleischten Laxheit und Korruption der spätmittelalterlichen Kirche nicht entziehen. Immerhin waren aber die letzten Phasen der Reconquista in Spanien von einer kirchlichen Reformbewegung begleitet, die von Ferdinand und Isabella gefordert und von ihrem obersten Minister, Kardinal Jimenez de Cisneros, Erzbischof von Toledo, gefuhrt wurde. Er bemühte sich um eine bessere Ausbildung des Klerus, im Besonderen um solidere Kenntnisse der Bibel, und er begann gegen die schlimmsten Missstände in Mönchs- und Nonnenklöstern anzukämpfen. Obwohl es zu dieser Zeit in Portugal keine vergleichbare Bewegung gab, folgte dieses Land dem spanischen Vorbild, indem es energisch gegen ketzerische Ideen vorging. 1478 gründete Ferdinand die spanische Inquisition als Kampfmittel gegen die Ketzerei, aber auch um seine Königsherrschaft zu stärken, und 1536 gab der Papst auch den Portugiesen die Erlaubnis, die Inquisition einzuführen. Bei den Ketzern handelte es sich um Muslime und Juden, wobei die Letzteren bisher sowohl von katholischen als auch muslimischen Fürsten geduldet worden waren. Nun wurde es aber praktisch unmöglich, als Portugiese oder Spanier nicht katholisch zu sein. Aber es kam noch schlimmer. Obschon beide Länder zu Beginn des 16. Jahrhunderts darauf bestanden hatten, dass Muslime und Juden entweder ins Exil gehen oder Christen werden müssten, behandelte man diejenigen, die zurückblieben und sich bekehren ließen, als zweitklassige Bürger, da ihnen „die Reinheit des Blutes" fehlte. In Spanien nannte man sie conversos, in Portugal „neue Katholiken", und sie erlitten bis zum späten 18. Jahrhundert Belästigungen und Verfolgungen durch die beiden Inquisitionen. Viele Orden und Klöster erließen auch Satzungen, die conversos den Eintritt in eine monastische Gemeinschaft verweigerten.4 Die Natur der Reconquista, vereint mit den genannten Reformen, sorgte dafür, dass sich der Protestantismus hier, außer vielleicht in der Person eines Besuchers, überhaupt nicht bemerkbar machte. Trotzdem erregte die geringste Anspielung darauf in beiden Ländern hysterische Reaktionen. Spanien und Portugal waren von den katastrophalen Religionskriegen verschont geblieben, die im 16. und 17. Jahrhundert Teile Frankreichs und Deutschlands verwüstet hatten. Auch verglichen mit Italien blieb die Iberische Halbinsel zwischen 1492 und 1800 relativ unbehelligt von Krieg und religiösem Zwist. Es stimmt hingegen, dass Spanien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, nachdem es schon früher seine eigene katholische Reformation durchgemacht hatte, der unbestrittene Vorreiter der sogenannten Gegenreformation wurde. Viele Dekrete des Tridentinischen Konzils waren von spanischen Vorstellungen geprägt, und während der nächsten hundert Jahre war die spanische Krone die treibende Kraft beim Versuch, den Protestantismus in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland auszurotten. Wie allgemein bekannt, wurden die Niederlande Anfang des 16. Jahrhunderts mit Spanien vereinigt, und so entwickelte sich der dort aufstrebende Protestantismus für die Regierung in Madrid zu einem innenpolitischen Problem.
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Spanien und Portugal
Die Kosten dieses neuerlichen Kreuzzugs und letztlich sein Misserfolg außerhalb der südlichen Niederlande und Teilen Deutschlands dürften Mitte des 17. Jahrhunderts ein Grund für die inneren Unruhen auf der Iberischen Halbinsel gewesen sein; sie hatten aber sicher auch ganz allgemein mit dem Machtverlust der spanischen Krone zu tun. Der Katholizismus dagegen blieb in Spanien und Portugal unangefochten. Die Sonderstellung der spanischen und portugiesischen Kirchengeschichte spiegelt sich auch in der Entwicklung des Mönchtums. s Die Rückeroberung der Halbinsel für den Katholizismus bedeutete, dass Pfarreien geschaffen oder neu ausgestattet werden mussten, um den Glauben der christlichen Bevölkerung zu stärken. In diesem Zusammenhang stehen interessanterweise Hunderte von Klostergründungen. Pedro Palacio kommentiert wie folgt: Klöster [...] trugen zur Konsolidierung der Reconquista bei. Sie brachten ödes und vernachlässigtes Land wieder unter den Pflug und halfen damit aktiv bei einer inneren Kolonisation mit. Sie bauten Brücken, Straßen und Spitäler, sie boten Schutz und Unterhalt im Tausch gegen Arbeit, und dank der Schenkungen und Privilegien der Könige und Fürsten stieg ihr Reichtum in unermessliche Höhen. Monarchen verbrachten lange Zeitspannen in diesen Klöstern und Konventen, [...] sodass ein Zwitter zwischen einem Palast und einem Kloster entstand, [...] eine permanente Eigentümlichkeit unter den Gewohnheiten unserer Monarchen, die sich schließlich im Escorial voll entfaltete.6
Es scheint, dass das Mönchtum in Spanien und Portugal fast bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in allen Gesellschaftsschichten ein ungewöhnlich hohes Ansehen genoss. Zahlreiche Erzherzoginnen und prominente Damen aus dem Hause Habsburg zogen sich im 17. und 18. Jahrhundert in königliche Klöster zurück, und diesen folgten im 18. Jahrhundert Fürstinnen aus der neuen Dynastie der Bourbonen.7 Viele spanische Bischöfe kamen aus den Reihen der Ordensgeistlichen, unter ihnen auch der mächtige Jimenez, ein praktizierender Franziskaner. Von den 285 Bischöfen im Kastilien des 18. Jahrhunderts waren 200 Weltkleriker und immerhin 85 Ordensgeistliche.8 Die Bereitschaft zur Gründung von Klöstern und das Ansehen, das die Mönche genossen, lassen sich wohl teilweise damit erklären, dass im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit viele Weltgeistliche ungebildet waren und einen lockeren Lebenswandel führten. Die Mehrzahl der Mönche dagegen erhielt von ihrem Orden eine gründliche Ausbildung und lebte nach den strengen Regeln ihres Klosters. Überdies waren viele Pfarreien verwaist, obwohl es eigentlich genügend Weltgeistliche gegeben hätte, um diese Amter zu besetzen. Diese fanden aber offensichtlich ein Beschäftigungsfeld in städtischer Umgebung viel attraktiver als eine Seelsorge in einem abgelegenen, verarmten Dorf. Deshalb übernahmen viele eine Stellung an einer Dom- oder Kollegiatskirche, betreuten als Kaplan einen Adligen, ein Kol-
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legium oder eine Bruderschaft, leisteten Gelegenheitsdienste gegen Entgelt oder arbeiteten an einer Universität. 1603 berichtete man Philipp III.: „An vielen Orten gibt es keine Prediger und Beichtväter aus Mangel an Klöstern."9 Unter den Orden waren es hauptsächlich die Dominikaner, verschiedene Zweige der Franziskaner und später die Jesuiten, die sich mit der Seelsorge beschäftigten, und obwohl es eigentlich untersagt war, hatten auch die Benediktiner und Zisterzienser einige Pfarreien übernommen. Die Hieronymiten, ein im 14. Jahrhundert gegründeter, ursprünglich kontemplativer Orden, der außerhalb von Spanien und Portugal kaum bekannt war, hatte sich bis zum 16. Jahrhundert unermesslichen Reichtum und großes Prestige erworben und widmete sich jetzt auch zunehmend der Pflege von Bildung und Gelehrsamkeit. In Spanien bewohnten und betreuten die Hieronymiten das berühmte Marienheiligtum von Guadalupe, das Kloster Yuste (wo Karl V. sich zurückzog und verstarb) und den Escorial; in Portugal übernahmen sie die ehemalige Benediktinerabtei von Beiern.10 Rechtlich und gesellschaftlich war es fur einen Stifter oder einen engagierten Geistlichen viel einfacher, ein Kloster zu gründen, als eine neue Pfarrei zu etablieren. Außerdem konnte der Gründer darauf vertrauen, dass für sein Seelenheil und dasjenige seiner Familie regelmäßig Messen gelesen werden würden. Die gegenreformatorische Bekämpfung von Totenritualen, die nach kirchlicher Auffassung auf Aberglauben und heidnischen Vorstellungen beruhten, scheint in Verbindung mit hoher Sterblichkeit, Epidemien und Bevölkerungsrückgang Anfang des 17. Jahrhunderts das Bedürfnis nach solchen Messen beträchtlich erhöht zu haben.11 Ahnlichen Zuständen wie in Spanien und Portugal begegnet man auch anderswo, und sie dauerten an, bis die vom Tridentinischen Konzil angeregten bischöflichen Priesterseminare allgemein eingerichtet worden waren und sich der Bildungsstand von Weltpriestern wesentlich verbessert hatte. Aber auf der Iberischen Halbinsel verbreiteten sich solche Seminare nur sehr langsam, und verglichen mit Frankreich ließ der Unterricht sehr zu wünschen übrig. Ferner hatten sich im Verlauf der spanischen und portugiesischen Geschichte zwischen den Orden und in der Kirche insgesamt ein eigentümliches Gleichgewicht und eine besondere Unterteilung herausgebildet, und zwar in solchem Maße, dass Historiker oft von zwei unterschiedlichen Spanien sprechen, einem nördlichen und einem südlichen.12 Da während des Mittelalters nur die nördlichen Teile beider Länder unter christlicher Herrschaft standen, waren in dieser Zeit einzig dort Netzwerke von Pfarreien entstanden und wichtige Ordenshäuser für Benediktiner, Zisterzienser, Augustiner und Kartäuser gegründet worden. Von diesen Orden etablierten sich später nur sehr wenige auch im Süden, darunter eine wichtige Gruppe von Kartäuserklöstern. Andererseits gab es in beiden Ländern außerordentlich viele militärische Orden, die im Zusammenhang mit der Reconquista eine große Rolle spielten und denen meist im Zentrum der Halbinsel beachtliche Ländereien übertragen — 124 —
Spanien und Portugal
wurden. Allerdings verloren diese Orden an Bedeutung, nachdem die muslimischen Staaten in Nordafrika an Macht eingebüßt und eine vorwiegend spanische Flotte 15 71 bei Lepanto einen überwältigenden Sieg über die Türken erzielt hatte. Nun begannen die Herrscher den Reichtum der Militärorden für persönliche Zwecke zu nutzen, häufig um Mitglieder der königlichen und fürstlichen Familien mit einer wertvollen Sinekure zu versorgen. Die verbliebenen militärischen Ordensleute widmeten sich fortan der Krankenpflege. Als nun die südlichen Landesteile mit Klöstern versehen werden sollten, beherrschten unweigerlich die Dominikaner, verschiedene Zweige der Franziskaner und später die Jesuiten das Feld. Sowohl der Dominikanerorden als auch die Gesellschaft Jesu waren von Spaniern gegründet worden, und beide Orden haben immer etwas von ihrem typisch spanischen Charakter beibehalten. Obwohl verschiedene Zweige der Franziskaner die größte Gruppe von Ordensgeistlichen darstellten, blieben die Dominikaner stets außerordentlich mächtig und waren in Spanien wie auch in Portugal gut ausgestattet. Oft dominierten sie die Inquisition und standen als Missionare und Lehrer keineswegs hinter den Jesuiten zurück. Wenn wir in anderen Ländern nach einem Beispiel suchen, das sich mit der prächtigen Architektur eines Dominikanerklosters wie San Esteban in Salamanca vergleichen ließe, fände sich ein solches eher unter den altehrwürdigen Benediktinerabteien als unter Mendikantenhäusern. Die Mönche von San Esteban waren maßgeblich an der eindrücklichen Gelehrtenarbeit beteiligt, die im 16. Jahrhundert während der Blütezeit der Universität Salamanca geleistet wurde. Unter den bedeutenden Gelehrten finden wir Francisco di Vitoria, „den Begründer des internationalen Rechts", und Domingo de Soto, den wichtigen Naturwissenschaftler. Auch widmeten sich die Dominikaner von San Esteban der Missionstätigkeit in Spanien und Südamerika und übten als Bischöfe auf beiden Seiten des Atlantiks ihr Amt aus. Die genannten Eigentümlichkeiten der iberischen Geschichte führten dazu - außer vielleicht im Norden - , dass sich die meisten spanischen und portugiesischen Klöster in einem städtischen Umfeld ansiedelten, und zwar nicht nur, weil die wirtschaftliche Entwicklung im 16. und frühen 17. Jahrhundert das Wachstum der Städte ungeheuer beförderte, sondern auch, weil es in den meisten Landesteilen keine oder nur sehr wenige Orden wie die Benediktiner oder die Zisterzienser gab, die ihre Institutionen traditionell in ländlichen Gegenden gründeten.13 1492, im selben Jahr wie der Fall von Granada, unternahm Columbus unter dem Patronat von Königin Isabella seine erste Seereise, die zur Entdeckung Amerikas führte. Portugal hatte schon früher damit begonnen, entlang der afrikanischen Küste und auf den näheren adantischen Inseln Kolonien einzurichten. Aber nach der großen Entdeckung entwickelte sich die Eroberung, Ausbeutung und Bekehrung von Mittel- und Südamerika, 1494 durch einen Vertrag zwischen Spanien und Portugal geregelt, praktisch zu einer Fortsetzung der Reconquista mit ihrer heiligen Mission. Ich habe diesen gewaltigen und folgenschweren Vorgang in dieser Studie nur insofern berücksichtigt, als er sich auf europäische Klöster aus-
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
wirkte. Diese Folgen waren jedoch schicksalhaft. Für den transatlantischen Kreuzzug benötigte man eine große Zahl von Missionaren, deren Ausbildung anfänglich im Mutterland stattfinden musste. Und da man zu diesem Zweck Mönche brauchte, erlebten die Klöster und Priesterseminare eine beispiellose Blütezeit. Der neue Kreuzzug brachte unermesslichen Reichtum nach Portugal und Spanien, besonders nach Lissabon und Sevilla, welchem das Handelsmonopol für den Warenverkehr mit Westindien zugesprochen worden war. Ein großer Teil der Schätze kam der Kirche zugute, was zahlreichen Klöstern nötige Renovierungen, besseren Unterhalt oder neue Baumaßnahmen ermöglichte. Dabei wurden besonders die Orden begünstigt, die sich für Bildung und Seelsorge einsetzten. Diese Situation führte dazu, dass in wichtigen spanischen und portugiesischen Städten unzählige Klöster entstanden. Wie wir schon gesehen haben, gab es in Lissabon um die Mitte des 18. Jahrhunderts mindestens fünfzig Ordenshäuser. Valladolid, bis zur Regierungszeit Philipps II. Spaniens Hauptstadt, hatte sechzehn Pfarreien und sechsundvierzig Klöster. Toledo, damals eine im Niedergang begriffene Stadt mit 20.000 Einwohnern, die sich mit den Zehnten und Mieten ihrer kirchlichen Institutionen über Wasser hielt, hatte neben seiner ungeheuer reichen Kathedrale siebenundzwanzig Pfarreien und neununddreißig Klöster. In der neuen Hauptstadt Madrid befanden sich 1759 siebenundfünfzig Ordenshäuser, aber verhältnismäßig wenige Pfarreien. Sevilla wurde von mindestens achtundzwanzig Pfarreien und vierundsechzig Klöstern betreut.14 Während in vielen katholischen Gebieten Europas das Mönchtum im Zeitalter der Aufklärung und des aufgeklärten Despotismus drastisch abnahm und die revolutionäre Regierung und Napoleon in Frankreich alle monastischen Gemeinschaften auflösten, waren die Auswirkungen dieser Umbruchszeiten in Spanien und Portugal erstaunlich gering - ein weiterer Hinweis auf die Eigentümlichkeiten der iberischen Geschichte. Sowohl in Spanien wie in Portugal waren Männerklöster vorherrschend, und wie wir sehen werden, konnten sich nur Mönche an der Seelsorge und dem großen Abenteuer über See beteiligen. Besonders im 16. und 17. Jahrhundert lebten die Nonnen in strenger Abgeschiedenheit und wurden, noch mehr als ihre Schwestern in anderen Ländern, von jedem weltlichen Geschehen ferngehalten. Immerhin gab es unter den Frauenklöstern manche, die Töchtern aus den oberen Gesellschaftsschichten, bis zur Heirat oder anstelle einer solchen, bequeme Lebensbedingungen und gute Bildungsmöglichkeiten boten. Hingegen fanden die neuartigen Frauenorden, die sich in Frankreich für krankenpflegerische Aufgaben gebildet hatten, auch noch am Ende des 18. Jahrhunderts kaum Akzeptanz. 15 So nahm in Spanien und Portugal auch die Geschichte der geistlichen Kunst und Architektur eine Sonderstellung ein. In Frankreich hatte sich die größte künstlerische Blüte im 17. Jahrhundert entfaltet, und im deutschsprachigen Raum setzte sie gegen Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ein; denn vieles, was in diesen Gebieten im 16. Jahr— 126 —
Spanien und Portugal
hundert und früher entstanden war, hatte im Verlauf der Religionskriege großen Schaden erlitten. In Spanien und Portugal war jedoch das 16. Jahrhundert das goldene Zeitalter der wirtschaftlichen Expansion, und diese dauerte, mindestens in Spanien, bis ins frühe 17. Jahrhundert an. Danach verlangsamte sich der Fortschritt, und eine Periode des Zerfalls setzte ein. Erst im 18. Jahrhundert erfolgte erneuter wirtschaftlicher Aufschwung. Falls aus dieser Zeit architektonisch etwas verloren ging, muss man das eher auf absichtliche Veränderungen durch den Bauherrn als auf willkürliche Zerstörung zurückfuhren. Das Erdbeben von 1755, das hauptsächlich Lissabon, aber auch weitere Gebiete Portugals und Teile Spaniens heimsuchte, ruinierte freilich viele bedeutende Bauten. Aber wenn auch zahlreiche iberische Kirchen von Napoleons Heeren und spanischen Liberalen und Republikanern des 19. und 20. Jahrhunderts beschädigt worden sind, stehen diese Verluste in keinem Verhältnis zu den Verwüstungen, welche die katholischen Gebiete des restlichen Europa während der Französischen Revolution und der beiden Weltkriege erlitten. Aus diesen Gründen sind kirchliche Bauten im gotischen, Renaissance- oder manieristischen Stil auf der Iberischen Halbinsel viel zahlreicher vertreten als anderswo, während man Barockbauten viel seltener begegnet als im deutschen Sprachraum. Trotzdem gibt es einige besonders eindrückliche Barockanlagen wie die Kartause in Granada, das Kloster Unserer Lieben Frau in Guadalupe und das Palastkloster von Mafra in Portugal. Im Übrigen erfreuten sich Kirchenschmuck, Möbel und Skulpturen im barocken Stil derselben Beliebtheit wie in Italien und im deutschen Sprachraum. In Spanien wie in Portugal übertrifft die überreiche dekorative Ausführung - auf Spanisch „churrigueresque" genannt - in einigen Fällen sogar die Pracht der berühmten süddeutschen Barockklöster.16 Kein Beispiel ist überwältigender als Sakristei und Sagrario der Kartause von Granada, ein Anblick, der den Beschauer gerade deshalb schockiert, weil sich die luxuriöse Ausstattung und die strenge Kartäuserregel ja eigentlich gegenseitig ausschließen. So wurde diese Opulenz denn auch bei einer Visitation als,Augengier, Hindernis für die Seele und des Teufels Krankheit (Stolz) in Israel" kritisiert (Tafel 9). 17 Bis jetzt habe ich Spanien und Portugal gleichsam als Einheit behandelt. Gewiss kann man in ihrer Geschichte viele Parallelen finden, aber man muss sich dessen bewusst sein, dass die beiden Länder immer Rivalen und oft Feinde waren. Obwohl Philipp II. 1580 durch einen Erbgang auch König von Portugal wurde, ging diese Einheit endgültig verloren, als 1640 eine Revolte ausbrach, der ein langwieriger Krieg folgte. Fortan war die gegenseitige Beeinflussung der zwei Länder gering, und heute erkennt man die kulturelle Verschiedenheit der Beiden allgemein an.
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I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
SPANIEN
Spanien ist in der frühen Neuzeit durch das Königshaus und die Religion zu einer Einheit geworden, wobei die königliche Dynastie und die Religion unauflöslich miteinander verbunden waren. Dank päpstlicher Unterstützung hatten die Monarchen mehr Macht über die Kirche als über den Adel: Sie ernannten viele hohe geistliche Würdenträger und übten durch die Inquisition großen Einfluss auf das religiöse Leben, die Zensur und die öffentlichen Sitten aus. Der Papst verlieh ihnen unbeschränkte Autorität über die Kirche in den Kolonien, was indirekt auch ihre Macht in Spanien vergrößerte. D a die Herrscher durch ihren großen Reichtum viele Kirchen und Klöster in Auftrag geben konnten, hatten sie beträchtlichen Einfluss auf den Stil der Gebäude wie auch auf den Gottesdienst, der darin stattfand. Der Escorial Philipps II. wurde zum eigentlichen Symbol der Macht (Abb. 17). Der Klosterpalast, zwischen 1563 und 1584 errichtet, kostete sechs Millionen Dukaten. In einem riesigen ummauerten Rechteck befinden sich ein kunstvoll ausgestattetes Kloster und eine weiträumige Kirche fur die Hieronymiten, ein grandioser Königspalast, Regierungsgebäude, ein schauerliches Mausoleum, acht Orgeln, eine große Gemäldegalerie und eine prächtige Bibliothek. Lebensgroße Statuen von Philipp und seinem Vater, Karl V., knien betend vor dem Altar der großartigen Kirche. Des Königs Wohngemächer waren so gestaltet, dass er von seinem Bett aus der Messe beiwohnen konnte. Der Palast, aus dunklem, grauem Granit erbaut, ist durch seinen außerordentlich strengen, schmucklosen, klassischen Stil gekennzeichnet. Dieses Beispiel eines vollkommen symmetrischen Palastklosters, unbelastet von traditionellen, mittelalterlichen Vorgaben, hat offensichtlich auch die Bauvorhaben von gewissen deutschen und österreichischen Ordenshäusern beeinflusst. Ferner dürfte die Idee, die königliche Residenz und den Regierungssitz in einem abgesonderten Palastbezirk unterzubringen, auch Ludwig XIV. zum Bau von Versailles bewogen haben. Im Übrigen diente der Escorial als Vorbild für das Kloster Mafra, mit welchem der portugiesische König im 18. Jahrhundert seine spanischen Nachbarn zu übertrumpfen suchte. Es ist allerdings fraglich, ob dieser massive Gebäudekomplex bei der Planung von durchschnittlichen Klosteranlagen eine Rolle gespielt hat, denn das Konzept eines Klosterpalastes war nicht passend für das reguläre Ordensleben. Andererseits ahmte man in Spanien während etwa hundert Jahren den strengen Stil des Escorial beim Kirchenbau verschiedentlich nach, obwohl diese Bauweise beim spanischen Volk nicht besonders beliebt war. Die Leute zogen reich geschmückte Gotteshäuser vor, seien sie nun gotisch, eine Form von Renaissance („plateresque" genannt), manieristisch oder „churrigueresque". Der Escorial gleicht jedoch anderen kirchlichen G e bäuden in Spanien in dem Sinn, dass er eine Intensität der katholischen Uberzeugung ausdrückt, die in anderen Ländern kaum eine Parallele findet.18 -
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Spanien und Portugal
iy. Allgemeine Ansicht des Escorial bei Madrid von einem Druck aus dem 16. Jahrhundert.
Spanien gilt als Ursprungsland der christlichen Mystik. Im 16. Jahrhundert wirkten dort die beiden größten Mystiker aller Zeiten, die Heilige Theresa von Avila und der Heilige Johannes vom Kreuz. In ihren Werken beschreiben sie ihre Meditationen, die Seelenangst und die Inbrunst, die sie auf ihrer Suche nach der Vereinigung mit dem Göttlichen durchlebten. Ahnliche Motive lassen sich in der bildenden Kunst erkennen wie beispielsweise in El Grecos Malereien, darunter besonders das Begräbnis des Grafen von Orgaz, die das Erdenleben und das Leben nach dem Tode als zusammenhängendes Ganzes darstellen. So werden an der Wand des Treppenaufgangs des Madrider Frauenklosters von Las Descalzas Reales Porträts von Erzherzoginnen, die hier Nonnen geworden waren, unverblümt mit Darstellungen von Erzengeln in Verbindung gebracht (Abb. 18). 1787, auf einer Spanienreise, zeigte man William Beckford die kostbarste Reliquie im Escorial, nämlich eine große Feder aus dem Flügel des Erzengels Gabriel. 19 Spanische Darstellungen des leidenden Christus oder blutender Märtyrer muten physisch so realistisch an, dass sich die Mideidenschaft der davor
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I. Teil: Auf der Höhe des Wohlstands
j8. Der großartige Treppenaufgang des Nonnenklosters Las Descalzas Reales, Madrid.
betenden Mönche und Nonnen geradezu aufdrängt. In den reicheren Klöstern begegneten die Bewohner kostbaren Altären, Bildern, Reliquien und Sarkophagen auf Schritt und Tritt. Viele waren von auserlesener Schönheit, vermittelten aber auch meistens eine furchtbare Mahnung. Auf den heutigen Besucher wirkt eine solche Umgebung oft erstickend, besonders auch weil sie einen schwer vorstellbaren, ununterbrochenen Zustand religiöser Inbrunst vorausgesetzt zu haben scheint. Trotzdem besteht kein Zweifel, dass diese Art religiöser Leidenschaft mindestens für einen Teil der Spender, Künstler und Klosterbewohner eine reale Kraft dargestellt hat. Aufgrund dieser Einsichten kann es kaum erstaunen, dass die Anzahl und der Reichtum der Klöster und der Bestand an Ordensgeistlichen zunahmen. Die folgende Liste zeigt, wie viele von über 300 Klöstern im südlichen Königreich von Sevilla in jedem Jahrhundert der frühen Neuzeit gegründet worden sind:
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Spanien und Portugal
Klostergründungen: 15, Jahrhundert
41 Ϊ
16. Jahrhundert
161 J
17. Jahrhundert
90
18. Jahrhundert
1120 J
Man schätzt, dass die spanische Bevölkerung 1591 etwas unter zehn Millionen zählte. Dazu gehörten 40.599 Weltgeistliche und 50.486 Ordensgeistliche, wobei sich die Letzteren zwischen Männern und Frauen fast ziemlich genau die Waage hielten. Offizielle Daten fur 1747, welche Kollegien und Spitäler nicht berücksichtigen, nennen etwas über 66.000 Weltgeistliche, über 65.000 Mönche und über 32.000 Nonnen. Diese Zahlen repräsentieren offensichtlich einen höheren Prozentsatz der Gesamtbevölkerung als jene für das Jahr 1591, für alle Ordensgeistlichen 1:100 und für die Mönche allein 1:150. Wenn man zum Bestand der eigentlichen Mönche und Nonnen noch Laienbrüder, Assistenten und Diener hinzufugt, überschreitet die gesamte monastische Bevölkerung 100.000. Und wenn man, anstatt das Verhältnis von Ordensgeistlichen zur gesamten Bevölkerung zu messen, nur das Verhältnis zwischen Ordensgeistlichen und allen Erwachsenen feststellt, verschiebt es sich zu 1:50. Außer im Fall der alten, begüterten Orden ereignete sich dieses massive Wachstum vorwiegend im 17. Jahrhundert, aber es scheint, dass die Bestände bis 1750, ja sogar noch danach weiter anstiegen. 1787 gab es etwas über 2.000 Männerklöster und etwas über 1.000 Frauenhäuser, was heißt, dass durchschnittlich 30 Ordensgeistliche in einem Kloster wohnten, also beträchtlich mehr als in Frankreich. Man nimmt an, dass die Kirche in Spanien insgesamt 14 Prozent des verfugbaren Landes besaß, wobei die Verhältnisse je nach Gebiet variierten. Wenn man zum Beispiel nur das Agrarland berücksichtigt, belief sich der gesamte Anteil der Kirche auf 24 Prozent. Die Ordensgeistlichen besaßen wahrscheinlich rund 5 Prozent der ländlichen Güter, was wiederum auf einen höheren Anteil des produktiven Landes hinweist.21 Aber natürlich gehörte ihnen auch eine große Zahl von städtischen Liegenschaften, und sie bezogen Renten von zahlreichen Pachtverträgen. Das Einkommen der alten Orden stammte namentlich aus ländlichen, das der neuen aus städtischen Quellen. Zudem kamen die Ordensgeistlichen in den Genuss des Zehnten, der wie in anderen Ländern mindestens so viel einbrachte wie der Güterbesitz. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stiegen sowohl der Wert als auch die Erträge von Grundbesitz beträchtlich an. Im Königreich Sevilla beispielsweise verdoppelten sie sich und blieben deshalb lange gegen die Inflation gefeit. Diese Situation ermöglichte es den Ordenshäusern, immer mehr Güter zusammenzukaufen und größere Bauvorhaben zu finanzieren.22 Während dieser Zugewinn die Klöster zweifellos begünstigte, wurde aber auch häufig hervorgehoben, dass andere dadurch Schaden erlitten.
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I. Teil: A u f der Höhe des Wohlstands
Ein Beamter, den Karl III. ernannt hatte, um die Interessen des einfachen Volkes zu vertreten, schrieb: Eine Ortschaft, die unter die Herrschaft einer reichen, kirchlichen Korporation kommt, verfällt in wenigen Jahren dem Elend. Da sie [die Korporationen] einflussreicher als alle ihre Dorfbewohner zusammen sind, kaufen sie heute die Felder auf, morgen die Weinberge, später die Häuser und schließlich alle übrigen Liegenschaften, bis sie die einst nützlichen Untertanen zu Bettlern gemacht haben.23
Reverend Joseph Townsend, Pfarrer in Pewsey, Wiltshire, England, der einen Bericht über seine Spanienreise (1786/87) verfasste, erwähnt wiederholt Schwärme von Bettlern, die sich auf klösterliche Almosen verließen, und verweist auf die negativen Auswirkungen, die dieser „Uberfluss an Drohnen" mit sich bringe.24
PORTUGAL
Es ist nicht einfach, den Unterschied zwischen Spanien und Portugal und speziell zwischen dem spanischen und dem portugiesischen Katholizismus genauer zu benennen. Obwohl Portugal weniger abwechslungsreich ist als Spanien, kann man in den nördlichen, mittleren und südlichen Gebieten doch ganz verschiedene Eigenarten beobachten. Aber allgemein gilt die Meinung, dass die Portugiesen der Mystik und religiösen Strenge weniger zugetan sind als die Spanier. Nach Lees-Milne sind die portugiesischen Bauten, „ob weltlich oder geistlich, anmutiger und freundlicher".25 Schon bald nach dem Ende der spanischen Herrschaft in Portugal 1640 gab man den strengen, vom Escorial beeinflussten Baustil auf und ersetzte ihn mit einer eklektisch heiteren Spielart des Barock. Obwohl die durch die Gegenreformation angeregte Reformbewegung Portugal verhältnismäßig spät erreichte, machte sie sich selbst bei den Benediktinern noch vor Ende des 16. Jahrhunderts bemerkbar.26 Insgesamt betrachtet gründeten die verschiedenen Orden zwischen 1550 und 1668 166 neue Häuser, wobei die Franziskaner, Jesuiten, Karmeliter und ein lokaler Orden, die Arräbidos, am aktivsten waren. Von 1668 bis Mitte des 18. Jahrhunderts kamen noch 90 weitere Gründungen dazu. Allgemein wird jedoch angenommen, dass die alten Orden nach 1750 zahlenmäßig abnahmen und dass die Gesamtzahl der Ordensgeistlichen damals stagnierte und sich danach langsam verminderte
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Die Portugiesen trachteten freilich nicht danach, in Europa eine große Rolle zu spielen oder die Bannerträger der Gegenreformation zu werden. Ohne Brasilien war Portugal zweifellos ein unbedeutendes Königreich. Doch nachdem das Land in der zweiten Hälfte - i32
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Spanien und Portugal
ig. Allgemeine Ansicht des Palastklosters Mafra, Portugal.
des 17. Jahrhunderts seine Unabhängigkeit von Spanien wiedererlangt hatte, wurde 1695 in Brasilien ein ertragreicher Goldfund gemacht. Die Ausbeutung dieser Ressource brachte den privilegierten Gesellschaftsschichten in Portugal großen Reichtum, so auch dem König, dem ein Fünftel vom Wert allen geförderten Goldes zustand. Deshalb brauchte er nach 1698 die Cortes (Stände) nicht mehr einzuberufen und konnte als absoluter Herrscher schalten und walten. König Johann V., der von 1706 bis 1750 regierte, profitierte am meisten von dieser Goldgrube.28 Seine augenscheinlichste Extravaganz war der Bau des weitläufigen Palastklosters von Mafra. Zwischen 1 7 1 7 und 1730 betreute der deutsche Architekt J. F. Ludwig die Errichtung dieser Anlage, die in einem verhältnismäßig schlichten Barockstil gehalten und darauf angelegt war, den Escorial, ja vielleicht sogar den Vatikan zu überstrahlen (Abb. 19). Aber Mafra war nicht das einzige Kloster, an welches König Johann seinen Reichtum verschwendete : Auch die Muttergotteskirche des gleichnamigen Nonnenklosters in Lissabon ließ er ungeachtet der Kosten aufs Prächtigste neu erbauen.29 Teilweise aufgrund dieser kostspieligen Projekte galt Johann V. in aufgeklärten Kreisen als außerordentlich bigott. Voltaire schrieb: „Wenn er eine Festlichkeit wollte, bestellte er sich eine kirchliche Prozession. Wenn er ein neues Gebäude wollte, ließ er ein Kloster bauen, wenn er eine Mätresse wollte, nahm er sich eine Nonne."30 Während seiner Regierungszeit verfolgte die Inquisition auch weiterhin Ketzer, namentlich „Neue Katholiken", und ließ sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Zwischen 1734 und 1743 kamen insgesamt einund-
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20. Zisterziensermönche aufdem Feld bei der Ernte unter dem Schutz, der heiligen Jungfrau und des heiligen Bernhard, Alcobafa, Portugal.
fünfzig Menschen zu Tode. 3 1 Zeitgenössische Beobachter fanden Kirche und Orden ungewöhnlich mächtig und das Volk außerordendich abergläubisch.32 In Portugal scheint die geschichtliche Statistik leider besonders spärlich und unzuverlässig zu sein, wenigstens im kirchlichen Bereich. Auch angesehene Geschichtsforscher verlassen sich auf unwahrscheinliche und unbegründete Schätzungen, die den Landanteil der Kirche einem Drittel des Königreichs gleichsetzen und annehmen, dass es 1765 42.000 Ordensgeistliche in 493 Klöstern gegeben habe. Dieser Bestand an Ordensgeistlichen ist zweifellos viel zu hoch angesetzt, denn er setzt voraus, dass die durchschnittliche Klosterbevölkerung fast hundert Personen zählte. Immerhin ist er nicht so hoch, wie nötig wäre, wenn man mit einem Durchschnitt von 200 Klosterbewohnern rechnen würde, wie es einige Zeitgenossen tun ! 33 Wohl gibt es eine Reihe von mehr oder weniger überzeugenden Schätzungen, welche die Gesamtzahl der Häuser zu verschiedenen Zeiten zwischen der Mitte des 17. Jahrhun-
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Spanien und Portugal
derts und 1826 erfassen, wobei die Anzahl zwischen 450 und 577 variiert. Es scheint auch glaubwürdig, dass ein oder zwei Klöster erstaunlich große Bevölkerungen aufwiesen: Mafra selbst soll in seiner Frühzeit über 300 Franziskaner untergebracht haben. Alcoba9a, ein ungeheuer reiches Zisterzienserkloster, hatte um 1700 1 1 0 Mönche (Abb. 20).34 Doch wirklich solide Daten hinsichtlich der Gesamtzahl von Ordenshäusern und ihren Bewohnern, die sich auf offizielle Nachforschungen stützen, stehen uns erst für das Jahr 1822 zur Verfugung. Demnach gab es 402 Männer- und 132 Nonnenklöster, die von 5.061 respektive 2.980 Ordensgeistlichen bewohnt waren, also durchschnittlich 13 Mönchen und 22 Nonnen pro Kloster. 35 1826 errechnete Kardinal Saraiva, dass noch einige zusätzliche Männerklöster und 44 Frauenklöster zu berücksichtigen seien, was die Gesamtzahl auf 5 77 brächte, und dass es nach dieser Berechnung etwa 7.000 männliche und 6.000 weibliche Ordensgeistliche gegeben habe. Es scheint, dass Saraivas höhere Gesamtziffern auch Orden einschlossen, die erst kürzlich gegründet worden waren und nur sehr bescheidene Ressourcen hatten, also solche Orden, an denen die Regierung wenig Interesse zeigte.36 Es ist nicht anzunehmen, dass die Klöster um 1750 viel zahlreicher waren als 1822, denn außer dem Jesuitenorden wurden in der erwähnten Zeitperiode kaum geistliche Institutionen aufgelöst. Auch wäre es erstaunlich, wenn in der Mitte des 18. Jahrhunderts die durchschnittliche Zahl der Bewohner pro Ordenshaus in Wirklichkeit mehr als 30 betragen hätte. Aber auch bei dieser Berechnung hätte der Bestand an Mönchen und Nonnen 20.000 kaum überschritten und das Verhältnis von Ordensgeistlichen zur allgemeinen Bevölkerung hätte sich im Rahmen von 1 : 1 2 5 gehalten, niedriger als in Spanien, aber doppelt so hoch wie in Frankreich, das ja nach einem Bericht von Mönchen und Nonnen gewimmelt haben soll. So komme ich zum Schluss, dass die Annahme von 20.000 Ordensgeistlichen fur die Mitte des 18. Jahrhunderts glaubhaft ist. In Spanien und Portugal waren die Klöster vor 1830 kaum von Auflösung oder Säkularisation bedroht. Im Zusammenhang mit dem allgemeinen Angriff auf das Mönchtum erwarben sich diese Länder in der Periode, die dieses Buch behandelt, namentlich eine prominente Rolle bei der Zerstörung des Jesuitenordens. Darüber werde ich in Kapitel 6 berichten.
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5- Kapitel
Italien
talien gilt als Ursprung und Quelle des europäischen Mönchtums. Es war in Italien, wo der Heilige Benedikt im Ö.Jahrhundert die Gemeinschaften von Subiaco und Cassino gründete, von denen sich der Benediktinerorden direkt und viele andere Orden indirekt herleiten. Italien war auch das Land, wo der Heilige Franziskus im 13. Jahrhundert in Assisi eine Gemeinschaft ins Leben rief, die sich in eine große Familie von Bettelorden entwickeln sollte, also in die verschiedenen Zweige der Franziskaner, die insgesamt noch im 18. Jahrhundert die Mehrzahl aller Mönche und Nonnen in Europa ausmachten. Und in Rom befanden sich das Hauptquartier der Kirche und eine Reihe von Institutionen, die auf das Klosterleben überall einen großen Einfluss ausübten. Montesquieu schrieb 1728/29 auf einer Reise durch Italien: Auf der Landstraße in Italien kannst du dich nicht umwenden, ohne einen Mönch zu sehen, und in den Städten kannst du es auch nicht tun, ohne einen Priester zu sehen. Alle Kutschen, alle Schiffe sind voller Mönche. Es gibt keinen Orden, der nicht laxe Mores hätte. Die Geschäfte, welche die Mönche aus aller Welt nach Rom bringen, sorgen überall fur verstopfte Straßen.1
In Italien gab es sowohl absolut wie auch relativ mehr Mönche und Nonnen als in Spanien. Leider ist das italienische Mönchtum im 18. Jahrhundert besonders schwierig zu studieren. Erstens, weil bisher auf diesem Gebiet sehr wenig kritische Arbeit geleistet worden ist - Owen Chadwicks The Popes and European Revolution repräsentiert in dieser Hinsicht eine rühmliche Ausnahme - , und zweitens, weil die Halbinsel zu dieser Zeit politisch hoffnungslos zersplittert war. Das heutige Territorium von Italien umfasste um 1750, neben verschiedenen kleineren Staaten, sieben wichtige politische Einheiten: den Kirchenstaat, der den ganzen mittleren Teil der Halbinsel einnahm; die Republik Venedig im Nordosten; die Republik Genua im Nordwesten; das Königreich Sardinien, das sich aus der Insel Sardinien und den Herzogtümern Savoyen und Piemont zusammensetzte; das Königreich der beiden Sizilien im Süden, bei dem es sich um Neapel und Sizilien handelte, die von König Karl, dem spanischen Thronfolger, regiert wurden; überdies das Herzogtum Mailand, das zur österreichischen Monarchie gehörte; und das Großherzogtum Toskana, das dem Kaiser separat unterstand. Die Republiken Venedig und Genua unterschieden sich mit ihrer Seemacht und oligarchischen Verfassungen in bemerkenswerter Weise von den übrigen Teilen. Noch
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eigentümlicher war der Kirchenstaat, der vom Papst mithilfe des Klerus ohne irgendwelche weltliche Beteiligung praktisch absolut regiert wurde. Neapel und Sizilien, die schon vor 1700 zweihundert Jahre lang unter spanischer Herrschaft gestanden hatten, hatten eine viel engere Bindung an Spanien als zum Rest der italienischen Halbinsel. Auch das Königreich Sardinien mit seinen kriegerischen Königen und einer französisch sprechenden Bevölkerung im Piemont und Savoyen hatte wenig gemeinsam mit den anderen Staatswesen Italiens. Obwohl Papst Innozenz X. Mitte des 1/.Jahrhunderts seine Reform der Männerklöster in ganz Italien verhältnismäßig erfolgreich durchgesetzt hatte und der Pontifex durch seine fortwährende Einflussnahme auf kirchliche Angelegenheiten der Halbinsel noch am ehesten als gesamtitalienischer Regent betrachtet werden konnte, hatte das Papsttum bis 1750 doch schon viel an Autorität eingebüßt und verlor im Laufe der Zeit stets mehr an Ansehen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand der Papst nicht nur einer Koalition von katholischen Machthabern gegenüber, die ihn zur Auflösung des Jesuitenordens zwangen, sondern er musste sich auch mit Aufständischen aus allen italienischen Regionen auseinandersetzen, weil sich diese seine Einmischung in ihre lokalen Angelegenheiten verbaten. Venedig hatte sich schon immer gegen die päpstliche Autorität gesträubt. Neapel wachte eifersüchtig über seine ererbten Herrschaftsrechte. Die Habsburger ihrerseits beanstandeten seine Einflussnahme bei der Ernennung von Bischöfen oder bei der Klosterreform. Und sogar das kleine Herzogtum Parma, das einst direkt unter päpstlicher Herrschaft gestanden hatte, widersetzte sich Clemens XIII., indem es 1768 die Jesuiten aus seinem Territorium vertrieb. Aus diesen Gründen kann man Italien nicht als Einheit behandeln, wie das etwa bei Frankreich, Spanien, Portugal, der österreichischen Monarchie oder sogar Deutschland, dem durch das Heilige Römische Reich immerhin eine gewisse Identität zukam, möglich war. Selbst die Rekrutierungsgebiete der verschiedenen italienischen Klöster schienen zu dieser Zeit durch Faktoren der politischen Zersplitterung definiert.2 Trotzdem findet man im italienischen Mönchtum gewisse Gemeinsamkeiten - oder mindestens Schwerpunkte - , die von denjenigen anderer Länder abweichen. Zum Ersten trug das außergewöhnliche Alter vieler italienischer Klöster zu einem besonders ausgedehnten Güterbesitz bei, und obwohl die Kirche schon während des Mittelalters gut mit Ländereien, Gebäuden und Personal ausgestattet war, erwarb sie sich im Laufe des 16., 17. und frühen 18. Jahrhunderts immer noch mehr dazu. Während der Gegenreformation spielte Italien eine wichtige Rolle, der barocke Baustil war eine italienische Erfindung, und die Italiener machten sich sowohl die Bewegung wie auch den Stil mit Begeisterung zu eigen. Weltgeistliche und Ordensgeistliche waren außerordentlich zahlreich, aber der Bestand an Mönchen war eindeutig größer als derjenige des Weltklerus. Die besten Daten, die uns für Klöster zur Verfügung stehen, stützen sich auf eine Untersuchung, die 1649/50 von Innozenz X. veranlasst worden war und das einzige Beispiel einer gesamtitalienischen Erhebung aus - 138
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dieser Zeit darstellt. Danach gab es in Italien mehr als 6.000 Klöster und fast 70.000 den wichtigsten Orden angehörige Mönche (einschließlich Laienbrüder), von welchen 60 Prozent einen Zweig der Franziskaner vertraten. Obwohl der Papst aufgrund dieser Erhebung mehr als 1.000 kleine Klöster aufhob, dauerte es nicht lange, bis wieder eine Gesamtzahl von 6.000 Ordensgeistlichen erreicht war. Auch vermehrte sich die Zahl der Mönche bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts fortwährend. Boaga, der eine ausgezeichnete Studie über die Nachforschungen von Innozenz X. verfasste, kam zu folgendem Schluss: Die Entwicklung der Orden in der zweiten Hälfte des 17. und zu Beginn des folgenden Jahrhunderts ist durch zwei Phänomene gekennzeichnet: Erstens [gibt] es eine Stagnierung hinsichtlich der geografischen Verteilung der Klöster. Der mächtige Antrieb und die Vitalität der Erweiterung scheint in vielen Fällen vollkommen zum Stillstand gekommen zu sein - wie ζ. B. bei den Dominikanern, den Karmelitern (332 Häuser um 1686 und 353 im Jahr 1765), den Kapuzinern (806 Häuser um 1650 und 802 1761) und den Serviten. Das zweite Phänomen besteht im auffälligen Wachstum bestimmter Orden, während andere die entgegengesetzte Tendenz aufweisen. Einige Beispiele: Die Kapuziner weisen 1765 fast 4.000 Mitglieder mehr auf als 1650 (als ihr Bestand fast 11.000 betrug), und die Jesuiten zählen 1710 3.395 gegenüber 1650 2.677. Ahnliche Verhältnisse lassen sich aus der Statistik der Observanten und Reformierten Franziskaner ablesen. Aber die 4.249 Karmelitermönche von 1650 vermindern sich auf 3.780 um 1686, und die 6240 Dominikaner von 1650 nehmen bis 1700 auf 5.873 ab.3
Insgesamt, namentlich dank der Franziskaner, vermitteln diese Zahlen eine beträchtliche Zunahme an Mönchen zwischen 1650 und 1750. Trotzdem vermochte dieses Wachstum kaum mit der allgemeinen Bevölkerungsvermehrung in den späteren Jahrzehnten dieser Periode Schritt zu halten. Aber auch wenn es 1750 nicht mehr als 70.000 Mönche gab, würde diese Zahl noch immer im Verhältnis von einem Mönch zu 210 aller Einwohner Italiens stehen (1: 210). Indessen zeigt die Erhebung von 1650 auch, dass die Dichte der Ordensgeistlichen im nördlichen Teil der Halbinsel viel geringer war als im Kirchenstaat oder im Königreich der beiden Sizilien, denn 60 Prozent aller Mönche lebten in den letztgenannten Staaten, obwohl diese nicht einmal die Hälfte der italienischen Bevölkerung enthielten. A n dieser Diskrepanz hatte sich auch im späten 18. Jahrhundert nichts geändert.4 Z u m Wachstum der etablierten Orden gesellten sich auch Gründungen von neuen Mönchsgemeinschaften. Ein Orden, die Scolopi oder Piaristen, wurde sogar wieder neu gegründet. Sprechen wir zunächst von den Scolopi. Sie waren 1597 ursprünglich von einem in Rom lebenden Priesterj o s e Calasanz, ins Leben gerufen worden und verfolgten als einziges Ziel, Kinder, und besonders arme Kinder, in scuole pie zu unterrichten, also eine religiöse Schulausbildung zu vermitteln. 1621 wurden die Piaristen als Orden mit feierlichem G e -
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lübde anerkannt. Sie konzentrierten sich ursprünglich hauptsächlich auf die Grundschule, betätigten sich dann aber auch schon bald auf der Sekundarstufe, wo sie natürlich mit den Jesuiten konkurrieren mussten. Durch ihr besonderes Interesse an den Naturwissenschaften und ihre Bewunderung und Sympathie fur Galileo zogen sie sich jedoch den Unwillen der Inquisition und von Papst Innozenz X. zu, der den Orden 1646 aufhob. Doch 1669 legitimierte ihn Clemens IX. wieder, und er zeigte im Laufe des 18. Jahrhunderts beträchtliches Wachstum.5 Im 18. Jahrhundert gab es dann im Allgemeinen nur noch wenige Neugründungen von Männerorden, doch waren zwei der wichtigsten italienischen Ursprungs: Die Passionisten, die dem Herz-Jesu-Kult nahestanden und 1741 von Benedikt XIV. provisorisch anerkannt wurden, und die Redemptoristen, die sich hauptsächlich mit der Mission auf dem Land befassten und 1749 legitimiert wurden.6 Die Erhebung von Innozenz X. befasste sich nicht mit Nonnen, und es gibt auch keinen vergleichbaren Nachweis hinsichtlich der Weltgeistlichen. Aber lokale Daten bestätigen die Annahme, dass in Italien, besonders in den Städten, alle Arten von Klerus außerordentlich zahlreich vertreten waren. Die Stadt Lecce im Königreich Neapel ζ. B. hatte 1630 10.000 Einwohner, die sich auf vier Pfarreien verteilten. Aufgrund von zuverlässigen Quellen wissen wir aber, dass in seinen sieben Männerklöstern 480 Mönche und in acht Frauenklöstern 593 Nonnen lebten, was bedeutet, dass sich mehr als 10 Prozent der Bevölkerung aus Ordensgeistlichen zusammensetzte. Solche Beobachtungen bestätigen sich auch in größerem Rahmen. Neapel, bei Weitem die bevölkerungsreichste Stadt Italiens, hatte um 15 80 etwas mehr als 200.000 Einwohner, einschließlich 1.995 Mönche in 68 Häusern und 1.774 Nonnen in 22 Frauenkonventen. 1 7 8 1 , als die Bevölkerung auf 376.000 angestiegen war, gab es in Neapel mehr als 100 Mönchsgemeinschaften und fast 100 Nonnenklöster mit 4.617 Mönchen und 5.871 Nonnen. Aber nicht nur der absolute Bestand an Ordensklerus hatte sich beträchtlich vergrößert, auch das Verhältnis von Ordensgeistlichen zur Gesamtbevölkerung war von dem an sich schon erstaunlichen Verhältnis von 1:53 auf fast 1:36 angestiegen.7 In zahlreichen Städten repräsentierten die Nonnen mehr als 10 Prozent aller erwachsenen Frauen.8 Aber auch der Weltklerus vermehrte sich. Um 1580 entsprachen in Neapel 3.769 Ordensgeisdiche nur 1.000 Weltgeistlichen. Bis 1706 war die Bevölkerung auf 337.000 Bewohner angewachsen und die Weltpriester auf 3.849, was bedeutete, dass sich die Bevölkerung um 70 Prozent, die Weltpriesterschaft dagegen um 300 Prozent vermehrt hatte. So war ein Verhältnis von 1:88 entstanden, ein Weltpriester für je 88 Einwohner. Trotzdem waren 1781 in Neapel Mönche und Nonnen dem Weltklerus, jetzt auf 3.332 zurückgegangen, zahlenmäßig immer noch bei Weitem überlegen. Im sehr speziellen Fall von Rom hatte sich die Proportion von Weltgeistlichen zur allgemeinen Bevölkerung von 1: 81 im Jahr 1592 auf 1 : 5 5 im Jahr 1760 verändert. Im selben Jahr hatte das Verhältnis von Mönchen (in nahezu 120 Häusern) zur allgemeinen Bevölke- 140 -
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rung ι :4ο und dasjenige von Nonnen (in 53 Häusern) 1:80 erreicht, sodass das Verhältnis zwischen Klerus und allgemeiner Bevölkerung mehr als 1 : 2 0 betrug. Nach einer anderen statistischen Quelle gehörten um 1700 7 Prozent der römischen Bevölkerung irgendeiner klerikalen Gruppe an, und bis etwa 1770 blieb dieses Verhältnis bei über 6 Prozent konstant, obwohl die städtische Bevölkerung in diesem Zeitraum schnell zunahm. Auch wenn wir es hier mit besonders spektakulären Beispielen zu tun haben, zeigen sie deutlich die Entwicklung an, die sich auf der gesamten Halbinsel abzeichnete: Die Weltgeistlichen vermehrten sich schneller als die Ordensgeistlichen, besonders in den nördlichen Regionen, wo lange Mangel geherrscht hatte. Trotzdem vermochten sie die Ordensgeistlichen zahlenmäßig nicht einzuholen. Hanns Gross hat in seinem Buch Rome in the Age of Enlightenment darauf hingewiesen, dass 6-7 Prozent Klerus im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in der Hauptstadt des Katholizismus eigentlich eher niedrig sei. Dieses Urteil erscheint jedoch ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass die Städte Rom und Neapel zusammen mehr geistliche Personen aufwiesen als die gesamte Organisation der Church of England im 18. Jahrhundert. In Rom allein ließen sich im 18. Jahrhundert ungefähr gleich viele Geisdiche finden wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der gesamten Church of England, und in Neapel war der Bestand noch um mindestens ein Drittel höher.9 Betrachten wir nun größere politische Einheiten: In den venezianischen Territorien gab es fur etwa 2,7 Millionen Einwohner mehr als 46.000 Geistliche. In der Lombardei betrug die geistliche Bevölkerung 14.000, im Kleinstaat Modena fast 7.000 und im noch kleineren Lucca sogar 15.000, was ein Verhältnis von mehr als 1 :io bedeutet.10 So besaß Italien verglichen mit irgendeinem großen Land das dichteste Netzwerk an Klöstern, den größten Prozentsatz an Ordensgeistlichen und abgesehen von Frankreich mit seiner ungewöhnlich großen Zahl von Frauenkongregationen die höchste Konzentration von Nonnen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass um 1750 jeder Hundertste der 15 Millionen Einwohner Italiens ein Mönch oder eine Nonne war. Wenn man auch die Weltgeistlichen berücksichtigt, müsste jede 75. Person dem Klerus angehört haben. Eine zuverlässige Ziffer fur die Gesamtzahl der italienischen Frauenklöster ist mir nicht bekannt, aber sie muss annähernd so groß gewesen sein wie diejenige der Männerklöster. Nehmen wir einmal an, es hätte insgesamt 3.000 Nonnenklöster gegeben, was wahrscheinlich eher einer Unterschätzung gleichkommt. Somit hätte es in Italien insgesamt mehr als viermal so viele Klöster gegeben wie in der ganzen österreichischen Monarchie und beträchtlich mehr als in Frankreich, obschon die letztgenannten Staaten eine viel größere Bevölkerung aufwiesen. Es fallt schwer zu glauben, dass die Diskrepanz so groß gewesen sein soll, aber aufgrund der Daten muss es in Italien mindestens fünfzehn Mal so viele Ordenshäuser gegeben haben als in den katholischen Gebieten Deutschlands. In statistischer Hinsicht war Italien zweifellos das Land Europas, das mehr Priester und Mönche zu tragen hatte als irgendein anderes (Abb. 27).
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Wie üblich ist es schwierig, in Bezug auf Klosterbesitz zuverlässige Daten zu finden. Es wird angenommen, dass der Reichtum der italienischen Kirche insgesamt „viel größer war als derjenige des französischen Klerus", und wie anderswo scheint es, dass mindestens die Hälfte davon den Klöstern zukam. Wo detaillierte Studien möglich waren, zeigte sich, dass der Prozentsatz an geistlichem Güterbesitz weniger groß war als traditionsgemäß angenommen. Im Königreich Neapel scheinen etwa 10 Prozent der Ländereien den Ordenshäusern gehört zu haben, im Kirchenstaat muss das Verhältnis ähnlich gewesen sein, und nur in Norditalien war es beträchtlich geringer. In einzelnen Städten dagegen lag der Prozentsatz sichtlich höher: In Bologna ζ. B. besaßen sechsundsiebzig Klöster ein Viertel des gesamten Stadtareals, und die vier großartigen Abteien in Ravenna, darunter das prächtige, altehrwürdige byzantinische Ordenshaus von San Apollinare, nannten 1 7 3 1 34 Prozent der städtischen Grundfläche ihr Eigen. Auch wenn es Geschichtsforschern schwerfällt, den Gesamtwert der monastischen Besitzungen zu bestimmen, sind sie sich doch einig, dass sich die Landanteile der Ordenshäuser aufgrund von laufenden Vergabungen, günstigen Wirtschaftsbedingungen und klugem Haushalten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert beträchtlich vermehrten. Der augenscheinlichste Beweis dafür zeigt sich darin, dass zwischen 1500 und 1700 die kirchlichen Einnahmen in jedem italienischen Staat jährlich durchschnittlich zwischen 5 und 10 Prozent zunahmen. Somit häuften sich riesige Summen an, die sowohl dem Vatikan wie auch effizienten weltlichen Regierungen erlaubten, immer höhere Steuern einzufordern. 11 In den Worten von Owen Chadwick: Die Stimmung in einer italienischen Kleinstadt war völlig vom religiösen Leben beherrscht. Soutanen an jeder Ecke, Prozessionen in den Straßen, häufiges Glockengeläute, Gedränge bei den Gottesdiensten, Priester, denen das Volk wenig Respekt zollte (da sie so zahlreich waren) [...]. Es gab kein Kind, das nicht von diesen liturgischen Erfahrungen geprägt gewesen wäre. Das gehörte zur gesellschaftlichen Ordnung. Zuweilen wurde es die Gesellschaftsordnung selbst, zuweilen war es auch zu viel der gesellschaftlichen Ordnung. 12
In diesem Zusammenhang spielten Mönche oft eine größere Rolle als der Weltklerus, denn nur ein kleiner Prozentsatz des Letzteren übte ein Amt in einer Pfarrei aus. Weltgeistliche übernahmen viel häufiger Aufgaben als Privatkaplane, die im Auftrag einer Stiftung Messen für das Seelenheil von ausgewählten Verstorbenen lasen, das heißt, sie betätigten sich praktisch als „freiberufliche" Priester. Andererseits war es üblich geworden, dass sich Mönche aus verschiedenen Orden um die Seelsorge und Betreuung der Pfarreien kümmerten. Obwohl die katholischen Reformer des 16. und 17. Jahrhunderts dem gemeinschaftlichen Gottesdienst und dem Einsatz von kompetenten Gemeindepfarrern eine zentrale Rolle zuwiesen, vermehrten sich Institutionen wie Bruderschaften und religiöse Gemeinschaften aller Art, die den Rahmen der Pfarrgemeinde sprengten. - 142 -
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Die Durchdringung von weltlichen Institutionen mit Ordensgeistlichen war so weit verbreitet und ihre Präsenz unter dem Volk so allgegenwärtig, dass es unmöglich war, sie an den Rand zu drängen oder die geplanten Reformen ohne ihre Mitarbeit durchzuführen. Jahrhundertelange Vernachlässigung der Seelsorge durch Klerus und Gemeindepfarrer hatte endlich dazu gefuhrt, dass nun ein beträchtlicher Teil des christlichen Volkes und ganze Bereiche der seelsorgerischen Tätigkeit - wie Predigt und Beichte - von Mitgliedern der religiösen Orden, besonders Franziskanern und Dominikanern, bestritten wurden.13 Ein bemerkenswerter Prozentsatz der Pfarreien, an gewissen Orten bis zu einem Drittel, stand unter der Obhut von Mönchen und Nonnen. Zahlreiche Diözesen richteten zwar die vom Tridentinischen Konzil geforderten Priesterseminare ein, aber beileibe nicht alle. Außerdem vermochten diejenigen, die in kleinen und ärmeren Bistümern angesiedelt waren, die Qualität der Priester kaum zu verbessern. Jedenfalls wurden die meisten Seminare sowieso von Ordensgeistlichen geleitet. Ganz allgemein waren es Mönche und Nonnen, die sich um Schulung und Ausbildung und in bescheidenerem Umfang um Mildtätigkeit kümmerten. Mehr als ein Fünftel aller Bischöfe und mehrere Päpste kamen aus den Reihen der Ordensgeistlichen.14 Die Regierungen der italienischen Staaten hingegen waren, mit Ausnahme des Kirchenstaats, paradoxerweise betont säkular ausgerichtet, und der Klerus war nicht aktiv in ihren Ständen, denn solche Körperschaften gab es auf der Halbinsel längst nicht mehr. Obwohl man häufig leichthin und sicherlich oft mit Recht über Gier, Müßiggang und Lässigkeit der Ordensleute spottete, scheinen sich Mönche und Nonnen in Italien „einer weitverbreiteten und tief verwurzelten Popularität erfreut zu haben"'^ Auch zollte ihnen die Gesellschaft viel länger Respekt als ihren Brüdern und Schwestern in Frankreich. Während im Frankreich des frühen 18. Jahrhunderts das Ideal des Pfarrers, der als guter Hirte die eigentliche Kirche verkörperte, allgemein verbreitet war, scheint sich diese Idee in Italien erst nach der Jahrhundertmitte eingebürgert zu haben, und zwar namentlich als Folge der Propaganda und dem Vorbild von San Alfonso de' Liguori und seinen Anhängern, die ironischerweise zur Verbreitung ihrer Botschaft den neuen Redemptoristen-Orden der Missionsmönche gegründet hatten.16 Die genannten Zustände hingen eng mit den herrschenden Gesellschaftsstrukturen und den Einschränkungen, die sie erforderten, zusammen. Wie in Frankreich scheint die Kommende zur gegenseitigen Begünstigung von Regierenden und Adel, einschließlich des Papstes mit seinen Kardinälen, floriert zu haben, bedrohte aber andererseits die Eigenständigkeit der betroffenen Klöster.17 Generell lässt sich sagen, je weiter man in Italien nach Süden vordrang, desto „feudaler" zeigten sich die gesellschaftlichen Normen. Um ihr Vermögen zusammenzuhalten, verlegten sich viele reiche italienische Familien gewissenloser als anderswo darauf, ihre überzähligen Kinder beiderlei Geschlechts für das Zölibat und die Kirche zu bestimmen. Beim Eintritt in ein Frauenkloster war die erforderliche „Mitgift" für Nonnen -
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wenn auch beträchtlich, so doch viel geringer als die voraussichtliche Morgengabe für eine Braut. So schrieb der liberale Carlo Cattaneo 1844 hinsichtlich der Lombardei: „Mädchen waren von Geburt an zu unwiderruflichen Ordensgelübden verdammt, um den Stolz der erstgeborenen männlichen Nachkommen zu fördern." 18 Ein bischöflicher Bericht machte den Familienstolz der Bewohnerinnen für die Opulenz von Nonnenklöstern verantwortlich. In einigen Häusern vererbte man sogar Zellen innerhalb der gleichen Adelsfamilie von Generation zu Generation. Obwohl der Papst den Frauenklöstern strenge Klausur verordnet hatte, herrschte in vielen Häusern ein regelmäßiger, reger Verkehr zwischen den Nonnen und der Außenwelt. Diese lockere Atmosphäre ermöglichte es Verwandten, die Klosterfrauen häufig zu besuchen und sich mit ihnen durch ein Sprechgitter oder in einem Empfangszimmer zu unterhalten (Abb. 21). Gleich den Mönchen erhielten auch manche Nonnen Erlaubnis, einmal im Jahr Urlaub zu nehmen und Zeit mit ihren Familien zu verbringen.19 Während gewisse Häuser die Ordensregeln strengstens einhielten, gab es viele andere, wo es sich leicht flirten ließ und Skandale nicht ungewöhnlich waren. In den Städten waren die Frauenkonvente und Mönchsklöster selten weit voneinander entfernt, und Mönche und Nonnen konnten sich, oft mit Erlaubnis ihrer Ordensleitung, erstaunlich nahestehen. Mary Laven berichtet, was 15 71 im Nonnenkloster San Servolo in Venedig vor sich ging: Die Brüder [von San Antonio und San Salvador] kamen zur Unterhaltung und Geselligkeit nach San Servolo. Die Nonnen bewirteten sie - großartig genug, um die Mahlzeiten als Festessen zu bezeichnen - , und nach dem Essen vergnügten sich die Ordensgeistlichen beiderlei Geschlechts bei Karten- und Würfelspiel. Sie spielten um Geld, und soviel wir wissen, schienen die Nonnen meistens zu gewinnen. Jedenfalls ging das Gerücht um, dass Don Federigo, der Prior von San Antonio, im Laufe dieser Spielabende 800 Dukaten seiner Gemeinschaft verspielt hätte. Während des venezianischen Karnevals war es üblich, dass die Nonnen Theaterspiele inszenierten. Manchmal blieben die Klosterbrüder die ganze Nacht in San Servolo, um den Aufführungen der Nonnen beizuwohnen. Solche Ereignisse bildeten die Höhepunkte [...], aber die Beziehungen zwischen den weiblichen und männlichen Ordensmitgliedern wurden während des ganzen Jahres im alltäglichen Umgang gepflegt. So besorgten die Nonnen die Wäsche der Mönche und reparierten allfällige Schäden an Kleidungsstücken. Innerhalb des Klosters gab es Konversen, Nonnen aus unteren Gesellschaftsschichten, die man aufgenommen hatte, um die Hausarbeiten für die Gemeinschaft zu erledigen. Diese konnten sich oft freier bewegen als die regulären Nonnen und verrichteten Botendienste, indem sie den Brüdern von San Antonio und San Salvador Pakete mit Gebäck und frischen Eiern brachten. Die Mönche ihrerseits sandten den Nonnen gedeckte Körbchen mit allerlei versteckten Gaben. 20
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2i. Pietro Longhi, Der Besuch im Kloster. Museo Civico Correr, Venedig.
Zwischen Mönchen und Nonnen, oft geistliche Tochter genannt, entwickelten sich häufig sehr enge Beziehungen. Dabei mochte als Symbol einer „Verlobung" etwa ein Ring ausgetauscht werden. Auch schrieb man sich gegenseitig Sonette, ließ welleicht ein Porträt malen und sprach von „Heirat" - doch alles beschränkte sich, jedenfalls nach außen hin, auf den platonischen Bereich. Wenn sich diese Verhältnisse fünfJahre nach dem berüchtigten päpstlichen Dekret, welches die venezianische Regierung begrüßt hatte, aufrechterhalten ließen, wie viel mehr mussten sie zweihundert Jahre später toleriert worden sein. „Konservatorien", eine spezifisch italienische Form von Gemeinschaft, die einer weniger strengen Disziplin unterlag, wurden beliebte Stätten für die Erziehung und Ausbildung der Jugend, insbesondere von Mädchen, die für die Ehe bestimmt waren, sofern dies möglich war, oder fürs Kloster, wenn Heiratsaussichten scheitern sollten: 1781 gab es in Neapel nicht weniger als vierundvierzig Konservatorien und Zufluchtsstätten für Frauen. Einige dieser Institutionen legten besonderen Wert auf eine musikalische Ausbildung. Hier, in der Heimat der Oper und der großen Opernhäuser - und Oratorien, welche die Oratorianer praktisch erfunden hatten - , begannen viele Opernsänger und Sängerinnen ihre Laufbahn - 145 -
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in einem Konservatorium, einem Waisenhaus oder einer ähnlichen, quasi klösterlichen Einrichtung. Für einige dieser Sänger diente ihre ursprüngliche Ausbildungsstätte sozusagen als „Mutterhaus", während andere oft am Ende ihrer Karriere dahin zurückkehrten. Vivaldi verbrachte viele produktive Jahre als Lehrer an einem solchen ospedale in Venedig, und Pergolesi, ehemals ein Schüler eines neapolitanischen Konservatoriums, schrieb sein StabatMater, die meistgedruckte Komposition im Europa des 18. Jahrhunderts, bei den Franziskanern von Pozzuoli, die ihn während seiner letzten Krankheit bis zum Ende pflegten.21 Wie in anderen katholischen Ländern gab es in Italien viele prächtige Klöster und Frauenkonvente, die man absichtlich an abgelegenen Orten gegründet hatte. Die berühmtesten unter ihnen sind Monte Cassino auf einem Berg im Königreich Neapel, Subiaco bei Tivoli im Kirchenstaat und Vallombrosa, Camaldoli und Monte Oliveto Maggiore in der Toskana. Noch im 18. Jahrhundert unterhielt Subiaco die beiden historischen Häuser San Scolastico und Sacro Speco und verlor seine praktisch unabhängige Stellung innerhalb des Kirchenstaates erst 1754. 22 Camaldoli verdient besondere Erwähnung als Mutterhaus eines im 1 1 . Jahrhundert gegründeten Ordens, der sowohl Möglichkeiten fur Einsiedler wie auch fur traditionelles Gemeinschaftsleben anbot. Das Kloster unterhielt von Anfang an ein Spital, das allen Bedürftigen offenstand, und hat bis zum heutigen Tag eine Apotheke, die auf das 15. Jahrhundert zurückgeht. Dieses Beispiel zeigt wie kaum ein zweites, was die Klöster gesamteuropäisch im öffentlichen Dienst leisteten. Franziskaner und Dominikaner dagegen hatten sich ursprünglich fast ausschließlich in Städten angesiedelt, und obwohl diese Orden im Laufe unserer Periode vielfache Verzweigungen aufzeigten, behielten sie im Wesentlichen ihren städtischen Charakter bei. Aber auch ältere Orden, wie etwa die Benediktiner, hatten sich inzwischen in städtischer Umgebung etabliert.23 Aufgrund der strengen Klausur, die Papst Pius V. den Nonnenklöstern auferlegt hatte, scheint es, dass diese zwecks Aufsicht und Sicherheit praktisch keine andere Wahl hatten, als fur ihre Häuser einen städtischen Standort zu wählen. Deshalb konzentrierten sich italienische Klöster bis zum 18. Jahrhundert weit häufiger als andernorts, vielleicht mit Ausnahme von Spanien, in städtischen Zentren, und dies zu einer Zeit, als die ländliche Bevölkerung schneller anwuchs als die städtische. So mehrten sich die Klagen, dass die italienischen Städte mit ihren immer zahlreicheren, weitläufigeren Klosteranlagen fortwährend enger und übervölkerter würden.24 Im Laufe des 18. Jahrhunderts gelang es vielen Nonnenkonventen, die von Papst Pius V. verordneten Beschränkungen hinter sich zu lassen, und sie begannen ihre Anlagen zu erweitern, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Allerdings schufen sie damit neue Probleme für die städtischen Regierungen. In Neapel zollten die Nonnen der weltlichen Obrigkeit so wenig Respekt, dass sie sich in einigen Fällen Besitz von benachbarten Männerklöstern gewaltsam aneigneten - unter dem Vorwand, das angrenzende Grundstück — 146 —
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stehe ihrer Arbeit und ihrem Komfort im Wege. 25 Ebenfalls in Neapel behaupteten die aristokratischen Klarissen von Santa Chiara, dass sie alle fünf ihrer Kreuzgänge unbedingt benötigten: drei davon innerhalb der strengen Klausur, den vierten für die Franziskaner, ihre Seelsorger. Den fünften hatte man 1739-42 auf reizvolle Weise völlig neu gestaltet. Er war mit Lauben und Brunnen versehen und mit lieblichen Maiolikakacheln geschmückt, die Szenen aus dem täglichen Leben, Schiffe, Landschaften, Karneval, Musik und Tanz zeigten (Tafel 8). Das war offensichtlich keine Stätte für Gebet und Meditation, sondern ein angenehmer Aufenthaltsort, um im Zusammenspiel mit Besuchern Zerstreuung und Unterhaltung zu suchen. König Karl III. soll diesen Treffpunkt das Kaffeehaus Europas genannt haben. Dieses Ausmaß an Luxus war zwar selten, aber in vielen Städten, besonders in Neapel, machten es solche privilegierten Institutionen mit ihren weitläufigen Gebäudekomplexen fast unmöglich, die öffentliche Infrastruktur zu verbessern.26 Die monastische Bautätigkeit nahm sowohl bei den traditionellen Häusern wie auch bei den neueren Orden riesige Ausmaße an, aber ihre Chronologie unterscheidet sich von derjenigen in Frankreich oder Deutschland. Obwohl die alten Orden schon im 15. und 16. Jahrhundert offensichtliche Anzeichen der Dekadenz aufwiesen, bauten sie während der Renaissance unbeirrt weiter wie auch die noch immer florierenden Mendikanten. Zwei wohlbekannte Tatsachen legen sogar nahe, dass die Klöster in der Renaissance eine bisher wenig beachtete Rolle gespielt haben. So war es in Subiaco, wo die ersten Bücher Italiens gedruckt wurden. Und Fra Angelico, anerkannt als einer der wichtigsten Repräsentanten der italienischen Malerei des Quattrocento, war Vorsteher des Dominikanerklosters San Marco in Florenz, wo er dafür sorgte, dass jede Zelle mit einem hochwertigen religiösen Kunstwerk, aus eigener Hand oder derjenigen eines seiner Schüler, ausgestattet war. In literarischen Werken werden Klöster regelmäßig als Orte genannt, für welche Künstler ihre größten Meisterwerke schufen, doch so, als ob die Anregungen nicht von innen, sondern ausschließlich von außen gekommen wären. Das scheint aber nicht die ganze Wahrheit zu sein.27 Zwar durchlebte Italien keine Reformation oder selbstzerfleischende Religionskriege, die andernorts Klöster ausgeräumt und zerstört hatten. Aber die Gegenreformation schaffte neue liturgische Bedürfnisse, was zur teilweisen Erneuerung von älteren Ordenshäusern führte. Überdies baute man Hunderte von neuen Barockklöstern, allerdings hauptsächlich auf begrenztem Raum in Städten und namentlich im 17. Jahrhundert. Deshalb war das 18. Jahrhundert in Italien weniger wichtig für den Klosterbau als im deutschen Sprachgebiet. Trotzdem errichteten manche Klostergemeinschaften während dieser Periode neue Kirchen und Kreuzgänge, darunter einige der traditionsreichsten Häuser wie Monte Cassino, Camaldoli und die Kartause von San Martino in Neapel (Abb. 22). Zwei wichtige Einzelbauten verdienen besondere Erwähnung: erstens die Basilika von Superga, das spektakuläre, fast klassizistische Bauwerk von Filippo Juvara, das vom nahen Hügelland auf die Stadt Turin
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22. Der große Kreuzgang im Kartäuserkloster San Martino, Neapel.
hinunterblickt. Es wurde zwischen 1 7 1 7 und 1 7 3 1 als königliches Mausoleum fiir König Viktor Amadeus II. von Sardinien neu errichtet und stand unter der Obhut einer ebenfalls neu geschaffenen monastischen Gemeinschaft. Der König ließ das Monument in Erfüllung eines Gelübdes erbauen, welches er abgelegt hatte, als er während des Spanischen Erbfolgekrieges zusammen mit Prinz Eugen die Belagerung der Stadt Turin zu entsetzen suchte (Abb. 23). Zweitens muss die zweifellos klassizistische Kathedrale von Subiaco genannt werden, die zwischen 1769 und 1773 von Giacomo Quarenghi gebaut wurde, der bald darauf als Architekt am Hof von Katharina der Großen in Russland wirkte, wo ihm noch großartigere Möglichkeiten offen standen (Abb. 24).28 Außerdem erforderten Erdbeben und Vulkanausbrüche oft größere Erneuerungsmaßnahmen in einigen Siedlungen des tiefsten Südens. Der berühmteste Fall in dieser Hinsicht war Lecce nach dem Erdbeben von 1693 und im Besonderen die dortigen celestinischen Klöster. Dasselbe Erdbeben verwüstete auch große Teile von Sizilien, wo die Anlage des aristokratischen Benediktinerklosters von Catania, das überdies einem Ausbruch des Ätna zum Opfer fiel, auf großartigste Weise neu erbaut wurde. - 148 -
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23. Die Basilika von Superga bei Turin.
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24. Innenansicht des Kirchenschiffes der klassizistischen Kathedrale von Subiaco, Italien.
Die Neubauten enthielten eine große Bibliothek, ein Museum und eine prachtvolle Orgel, deren musikalische Möglichkeiten die Bewunderung Goethes erregte.29 Wie in den meisten katholischen Ländern nahmen auch die Bestände in italienischen Klosterbibliotheken ständig zu, und zahlreiche Mönche beschäftigten sich mit wissenschaftlichen Problemen. Manche leisteten wichtige Beiträge im Bereich der Mathematik und in den Naturwissenschaften. Muratori, selbst ein Weltgeistlicher, hätte sein Lebenswerk, namentlich die Publikation der Urkunden der mittelalterlichen italienischen Geschichte, ohne die Hilfe monastischer Mitarbeiter nie bewältigen können. Außerdem wurde das erste alphabetische Lexikon, die Biblioteca Universale Sacro-profana, 1701 von einem reformgesinnten General der Konventualfranziskaner, Vincenzo Coronelli, veröffentlicht.30 Doch unter den gelehrten Mönchen war kaum einer berühmter als der Franziskaner Padre Martini (1706-84). Seine bahnbrechenden Arbeiten in der Musikgeschichte lassen sich nur mit denjenigen Burneys in England und Gerberts in Deutschland vergleichen.31 Ferner erfreute sich der Orden der Camaldolesen besonderer Hochachtung wegen seiner wissenschaftlichen - 150 -
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Leistungen und seiner Bereitwilligkeit, fähige Novizen aus Familien anzunehmen, die zu arm waren, um die üblichen Subventionen aufzubringen. Ein Mönch aus diesem Orden, Isidora Bianchi, gehörte zu dem Kreis, der 1764-66 die progressive Mailänder Zeitschrift II Caffe publizierte. Überdies erwarb er sich einen erheblichen Ruf als Schriftsteller und Erzieher. Er setzte sich fur die Freimaurer ein, reiste ins Ausland und pflegte enge Kontakte mit den philosophes. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass ihn die Inquisition gern verhaftet hätte und dass er schließlich den Orden verlassen musste. Indem er den Kirchenstaat mied, gelang es ihm jedoch unter dem Schutz des Herzogs von Modena, seine Freiheit zu bewahren.32 Wie in Europa allgemein gab es auch in Italien schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts Anzeichen dafür, dass das Mönchsleben seinen Anreiz zu verlieren begann. Der Prozentsatz von Knaben und Mädchen aus Adelsfamilien, die ins Kloster eintraten, ging stark zurück: Während zwischen 1600 und 1650 30 Prozent der Kinder aus dem Mailänder Patriziat Geistliche wurden, waren es zwischen 1700 und 1750 nur noch 12 Prozent.33 Aber erst um 1760 herum wurden der innere Zerfall und die äußeren Anfeindungen des Klosterwesens wirklich augenscheinlich. Diese Phase werde ich im II. Teil dieses Buches behandeln.
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6. Kapitel
Die Aufhebung des Jesuitenordens
EINFÜHRUNG
η den 1740er- und 175 oer-Jahren zeigten sich die ersten Anzeichen des geistigen und politischen Erdbebens, das die katholische Kirche und ganz besonders das Mönchtum in ihren Grundfesten erschüttern sollte. Unerwartet sah sich die Kirche in der Defensive, auch in jenen Gebieten, die scheinbar unwiderruflich dem Geist der Gegenreformation ergeben waren. Langsam, aber sicher fanden die Ideen der Aufklärung auch in katholischen Ländern Eingang, was letztlich den Niedergang des traditionellen Mönchtums noch beschleunigte.1 Die architektonische Entwicklung gehört zu den augenscheinlichsten Manifestationen dieser geistigen Veränderungen. Wie schon früher erwähnt, befahl Maria Theresia gleich nach ihrer Thronbesteigung 1740, die Bauarbeiten am Palast einzustellen, den ihr Vater, Karl VI., begonnen hatte und in den das Ordenshaus von Klosterneuburg hätte integriert werden sollen.2 Johann V. von Portugal war es zwar gelungen, in Mafra den Bau eines noch ehrgeizigeren Klosterpalastes zu vollenden, aber sein Nachfolger,Joseph I., zeigte wenig Interesse daran und überließ die weitläufige Anlage den Mönchen. 3 Ganz allgemein kehrte man sich in der Kirchenarchitektur ab vom grandiosen, allumfassenden Barockstil mit seiner theatralischen Figürlichkeit und seiner volkstümlichen Fantasie und Farbenfreude. Zunächst folgte das lichtere, spielerischere Rokoko. Viel dramatischer war jedoch der nächste Schritt, der zum schlichten Weiß des reinen, vergeistigten, introvertierten Stils des Klassizismus führte, der im Bau der neuen Kirche Ste. Genevieve in Paris seinen Höhepunkt erreichte.4 Diese stilistische Revolution stand in engem Zusammenhang mit einem neuen, individuelleren und privateren Verhältnis zu Theologie und Frömmigkeit, das sich dem Protestantismus annäherte. Dabei darf man aber nicht annehmen, dass diese religiöse Entwicklung so scharf und unmittelbar in Erscheinung trat wie die architektonische.5 In den 174oer-Jahren begann auch die französische Regierung antiklerikalen Ansichten Gehör zu schenken, teilweise bedingt durch politische und persönliche Umstände: Frankreich war im Osterreichischen Erbfolgekrieg mit Voltaires Freund, dem agnostischen Friedrich II. von Preußen, verbündet. 1743 starb Kardinal Fleury. Und die Schulden, die sich während des Krieges angehäuft hatten, konnten nur noch durch erhöhte Steuern beglichen werden. In dieser Atmosphäre zeigte sich die Regierung bereit, den Plan zur Publikation
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einer neuen groß angelegten Encyclopedic, zu unterstützen. Sie bemühte Voltaire als inoffiziellen Diplomaten und ernannte ihn zum königlichen Historiografen; und 1749/50 unternahm Ludwig XV. seine wenn auch letztlich vergebliche Kampagne gegen die Steuerimmunität des Klerus.6 Um 1750 waren religiöse Berufungen und der Eintritt in die Klöster der alten Orden in Frankreich - wie auch in anderen Ländern - offensichtlich im Schwinden. Auch die neueren Orden, darunter sogar die Kapuziner, legten kaum noch zu oder stagnierten überhaupt.7 Kurz danach, in den 1760er- und 7oer-Jahren, begann sich auch die herkömmliche Zuweisung von Legaten in katholischen Testamenten zu verändern. Ganz allgemein stiftete man weniger Messen, und solche Stiftungen wurden viel seltener in Klosterkirchen gegründet als bisher.8 Von 1750 an begannen die Regierungen der katholischen Staaten auch einen wahrhaften Wettbewerb bei der Einführung von sogenannten „aufgeklärten" Reformen. Diese betrafen namentlich die Privilegien der religiösen Institutionen: Vergabungen an die Kirche wurden beschränkt und juristische Vorrechte beschnitten. Man bestritt die päpstliche Autorität über die Landeskirchen, vertrieb die Jesuiten und beschränkte auch die Rechte anderer Ordensgemeinschaften. Überdies reduzierte man den Einfluss der Kirche auf Schulen und Presse, erlaubte ein Maß an religiöser Toleranz und mischte sich sogar in liturgische Fragen •
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ein. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die „Krise des europäischen Selbstverständnisses" in katholischen Ländern erstaunlich wenig Auswirkungen. Danach machte sie sich aber besonders in Frankreich bemerkbar. Das wird sofort klar, wenn man die epochalen Werke betrachtet, die in diesen Jahren erschienen und die unmittelbar nach ihrer Publikation eine unglaubliche Breitenwirkung entwickelten. 1748 veröffentlichte Montesquieu De l'esprit des lois. Dieser Titel lässt sich wohl am besten als Vom Geist der Gesetze übersetzen, besonders wenn man vermitteln will, dass es sich dabei um das Wesen der Gesetzgebung handelt. Montesquieus Abhandlung erschien damals revolutionär und subversiv, denn sie sah das Gesetz im Prinzip nicht als Katalog von Befehlen, von Gott oder einem Herrscher erlassen, sondern als System von Normen, die sich aus den gesellschaftlichen Bedürfnissen selbst ergeben haben. Dabei entsprachen die Variationen bei den Gesetzen und Verfassungen in verschiedenen Staaten den klimatischen und geografischen Unterschieden auf der Erde. Praktisch über Nacht gehörte Montesquieus Werk zu jenen Büchern, mit denen ein gebildeter Mensch vertraut sein musste. Innerhalb eines Jahres zitierte man es im britischen Parlament und innerhalb von drei Jahren war es dem ungarischen Landtag zugänglich. Die Befürwortung einer konstitutionellen Monarchie, im Gegensatz zu reinem Despotismus, erzeugte in Frankreich lebhafte, politische Diskussionen.10 Ebenfalls 1750 erschien der Prospekt für die französische Encyclopedie, der von dem radikalen Mathematiker Jean d'Alembert verfasst worden war. Darin wurde der Fortschritt der - 156 -
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Naturwissenschaften gepriesen und eine universelle Zusammenstellung allen wesentlichen Wissens in Aussicht gestellt. Unter der Leitung von Denis Diderot, ebenfalls einem Radikalen, begann man im folgenden Jahr mit der Publikation des großen Lexikons. Als 1765 der vollendete Text vorlag, hatten insgesamt dreihundert Mitarbeiter Beiträge dazu geliefert. Etwa dreißig von diesen gehörten in irgendeiner Form dem katholischen Klerus an, keiner von ihnen war jedoch ein Mönch. 11 Viele der 72.000 Artikel - und natürlich diejenigen, die am meisten Aufsehen erregten - äußerten sich sehr kritisch über die autoritären Ansprüche der Mächtigen. Besonders scharf wurde die katholische Kirche mit ihrem „unfehlbaren" Papst, den zweifelhaften Heiligen, den unwahrscheinlichen Wundern und Reliquienkulten angegriffen. Die Encyclopedie verkündete die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik und feierte im Grunde den Triumph von gebildeten Laien und weltlichen Betrachtungsweisen über die Anmaßungen des gelehrten Klerus, womit speziell die Jesuiten gemeint waren. Gleich zu Beginn fanden sich mehr als viertausend Subskribenten füir das Projekt, ein riesiger Erfolg, wenn man bedenkt, wie kostspielig dieses Unternehmen war und dass zu dieser Zeit auch von Bestsellern weniger als tausend Exemplare gedruckt wurden. Obwohl die Fortsetzung des Projekts 1752 nach dem Erscheinen des ersten Bandes kurzfristig verboten wurde, waren bis 1757 die ersten sieben Bände erschienen, und 1765 lagen auch die übrigen zehn Bände vor. Die Encyclopedie war eine Fundgrube des Wissens und ebenso umfassend wie ihr einziger Konkurrent derselben Größenordnung, das deutsche Lexikon von Zedier, und in jeder Beziehung lebendiger. Bis zum heutigen Tag bleibt sie das eigenwilligste, unterhaltsamste Lexikon, das je publiziert wurde. Es war dem Sprachgebrauch der europäischen Elite angepasst und in elf Zusatzbänden mit prächtigen Kunstdrucken reichhaltig illustriert. Bis 1789 hatte man 25.000 Exemplare der nachfolgenden Ausgaben verkauft, etwas mehr als die Hälfte außerhalb von Frankreich. Die Encyclopedie hat die antiklerikale Denkweise zweifellos aufs Tiefste beeinflusst.12 Während des Erscheinens der Encyclopedie sorgten überdies verschiedene andere bemerkenswerte Schriften für Aufregung auf dem europäischen Kontinent. Jean Jacques Rousseau, ein Mitarbeiter des großen Lexikons, veröffentlichte 1750 und 1754 zwei Discourses. Der erste verurteilte den vorherrschenden Glauben an wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritt, der zweite den Mangel an egalitären Gesellschaftsverhältnissen. Die meisten encyclopedistes lehnten Rousseaus Ansichten zwar ab, aber sie gehörten trotzdem bald zur Thematik der aufklärerischen Debatten. Da Rousseau von Voraussetzungen ausging, die ebenso weltlich und untheologisch waren wie diejenigen von Diderot und d'Alembert, fand die Kirche gleicherweise Anstoß an seinen Schriften. 1756 erschien Voltaires Essai sur les Moeurs, das eine neuartige Sicht der Geschichte repräsentierte, indem es historische Ereignisse auf langfristige, weltliche Ursachen zurückzufuhren suchte und religiöse Interpretationen verächtlich behandelte. In seinem Candide griff Voltaire 1759 nicht nur optimistische Philoso-
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phen an, sondern auch den verzweifelten Versuch des Klerus, eine Erklärung dafür zu finden, warum ein allwissender, wohltätiger Gott vier Jahre zuvor eine Katastrophe wie das verheerende Erdbeben von Lissabon hatte zulassen können. Eine weitere Publikation, die als atheistisch angesehene Abhandlung De l'esprit von Helevetius, die 1758 erschien, kombinierte nach der Meinung der Sorbonne „alle bekannten Arten von vergiftetem Gedankengut", das durch das moderne Schrifttum verbreitet wurde. 13 In seinen Romanen La nouvelle Heloise (1761) und Emile. (1762) sowie im Contrat social (1762) feierte Rousseau außereheliche Liebesbeziehungen, Erziehung ohne klerikale Einflussnahme und allumfassende Demokratie. Obwohl die französische Kirche und der Papst diese Werke mit ungewöhnlichem Eifer verurteilten, war es unmöglich, ihre Publikation und Verbreitung aufzuhalten. Zwischen 1762 und 1766 nahm die antiklerikale Kampagne ständig zu: Man vertrieb die Jesuiten aus Frankreich, und der Hauptteil der Encyclopedie erschien. Unermüdlich verfolgte Voltaire seinen Kreuzzug gegen die Geisteshaltung, die er und Friederich der Große infame nannten, was sich auf den unheilvollen Einfluss der Kirche bezog. So gelang es ihm, den Protestanten Jean Calas posthum erfolgreich zu rehabilitieren, nachdem dieser 1762 in Toulouse ungerechterweise der Ermordung seines Sohnes, eines konvertierten Katholiken, beschuldigt und zu Tode verurteilt worden war. Alle diese Ereignisse erregten die Gemüter in ganz Europa, und in den katholischen Ländern begann sich die geistige Kluft zwischen der offiziellen Geisteshaltung der Hierarchie und derjenigen der gebildeten weltlichen Elite weiter zu öffnen als zu irgendeiner Zeit seit der Reformation.14 Die Versuchung liegt nahe, den Wandel in der praktizierten Frömmigkeit und die zunehmende Akzeptanz von aufklärerischem Gedankengut als kombinierte Kräfte einer tief greifenden und übermächtigen Bewegung zu sehen, die zu grundlegenden Veränderungen in den gesellschaftlichen Strukturen führte und Regierungen zu kirchenfeindlichen Maßnahmen veranlasste. Eine solche Meinung war damals und auch später weit verbreitet, besonders unter den radikalen Vertretern der Aufklärung, aber auch unter den Erzkonservativen. Bei näherer Betrachtung muss man aber einsehen, dass diese Ansicht ein völlig falsches Bild vermittelt. Zum Ersten war der Katholizismus noch immer im Aufschwung: Wir haben ja schon gesehen, wie immer mehr Pilger an Wallfahrten teilnahmen und dass sich Bruderschaften vor und nach 1750 unaufhaltsam vermehrten. Mäßige Reformen wurden zwar von wohlhabenderen und gebildeten Laien gefordert, aber die Chronologie und Einzelheiten der Inkraftsetzung von Neuerungen zeigen deutlich, dass sie keineswegs vom Volk ausgingen. Im Gegenteil, es waren meistens Fürsten, Staatsbeamte oder sogar kirchliche Würdenträger, welche die Initiative ergriffen. Sowohl in katholischen wie protestantischen Ländern beklagten sich Regierungen bis in die i78oer-Jahre regelmäßig darüber, dass sich das Volk ihren Reformanstrengungen hartnäckig widersetze.15 Ferner war eine allgemeine katholische Form der Aufklärung sogar unter der Elite, besonders außerhalb Frankreichs, viel weiter - 158
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verbreitet als die kompromisslose, antiklerikale und skeptische Haltung der wirklich radikalen französischen philosophes. Wie sich bei der Behandlung der Jansenisten und der Ideen Muratoris gezeigt hat, setzten sich viele Befürworter der Reform als loyale Katholiken fur nötige Neuerungen ein. Das galt gleicherweise fur Kleriker und Laien, denn dieses Vorgehen schien ihnen die Interessen der Kirche und die reine Lehre am besten zu bewahren. Die Einstellung gegenüber der Religion, die Voltaire, Diderot und ihre Anhänger vertraten, war solchen Reformern ein Gräuel. 16 Es gibt keine einfache Erklärung fur den Niedergang von Kirche und Mönchtum. Das wird sofort klar, wenn man die Geschichte der Auflösung des Jesuitenordens, den Papst Clemens XI. 1773 offiziell abschaffte, näher betrachtet. Die Auflösung der Gesellschaft Jesu war wahrhaftig ein weltbewegendes Ereignis: Dies war der einzige Orden, der sich in einem besonderen Gelübde dem Papst zu Gehorsam verpflichtet und bekanntlich die „Stoßtruppen der Gegenreformation" gestellt hatte. Überdies hatte der Orden die strengsten Aufnahmebedingungen. Er verlangte von seinen Novizen eine längere und rigorosere Ausbildung als irgendeine andere Mönchsgemeinschaft, und unter seinen Mitgliedern befanden sich, nach allgemeinem Urteil, ein hoher Prozentsatz der fähigsten Gelehrten, der besten Lehrer, der subtilsten Beichtväter und der erfolgreichsten Missionare. Noch 1750 hatten die Jesuiten mit ihren weltweit 22.000 Mitgliedern kaum etwas von ihrer Macht eingebüßt. In katholischen Ländern dominierten sie fast überall in den Universitäten und Sekundärschulen, und ihre Beichtväter hatten sich praktisch in allen katholischen Königshöfen festgesetzt. Niemand konnte leugnen, dass einige der bedeutendsten Philosophen der Zeit aus ihren Reihen stammten. Hier nur ein besonders bemerkenswertes Beispiel: Rudjer Boskovic, geboren in Dubrovnik, erwarb sich einen internationalen Ruf als Mathematiker und Astronom wie auch als Diplomat und Administrator. In Anerkennung seiner Verdienste wurde er in verschiedenen Ländern geehrt und unter anderem auch zum Mitglied der Royal Society ernannt. 17 Der außergewöhnlich rasche Untergang der Jesuiten ist einer der bemerkenswertesten Rückschläge der Religionsgeschichte und verdient mehr wissenschaftliche Aufmerksamkeit, als ihm bisher zugekommen ist.18 Leider ist es unmöglich, dieses Thema in der vorliegenden Studie ausfuhrlich zu behandeln, doch ein solch einschneidendes Ereignis in der Geschichte der geistlichen Orden muss immerhin angesprochen werden. Wie wir sehen werden, lässt sich dieses Geschehen nur in einer komplexen, ja manchmal gar widersinnigen Weise mit bestimmten europäischen Geistesströmungen wie Aufklärung und Jansenismus oder selbst dem allgemeinen Niedergang des Mönchtums in Verbindung bringen. Die Gegenwart von Jesuiten hatte schon immer extreme Reaktionen ausgelöst, eine Resonanz, die von ungetrübter Bewunderung bis zu bitterster Feindseligkeit reichen konnte. In Europa zählten sie weniger als 20.000 Mitglieder, weniger als der Bestand der Kapuziner und nicht mehr als ein Zehntel aller Ordensleute. Aber im Gegensatz zu den alten Orden
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suchten die Jesuiten prinzipiell aktiv auf die Gesellschaft einzuwirken. Anders als die M e n dikanten und andere Orden, die ihre soziale Tätigkeit auf den lokalen Bereich beschränkten, stand die Gesellschaft Jesu unter der strikten Leitung einer Zentraldirektion, hatte ein klar definiertes Programm fur die Kirche und war besonders darauf bedacht, gute Beziehungen zu den politischen und gesellschaftlichen Eliten zu unterhalten. Ihr erfolgreiches Vorgehen bei der Übernahme von Universitäten und Sekundärschulen, bei der Einflussnahme auf den Vatikan und andere Fürstenhöfe und bei der Missionstätigkeit in Europa und Ubersee lässt sich namentlich auf das Kaliber ihrer Mitglieder, die Gründlichkeit ihrer Ausbildung und ihre straffe Organisation zurückfuhren. Angesichts dieser Erfolge konnten die Feindseligkeit kritischer Laien und besonders die nagende Eifersucht seitens von Mönchen anderer Orden und von Weltgeistlichen nicht ausbleiben. Der dem Papst gelobte Gehorsam und die unbedingte Unterordnung unter die Befehlsgewalt ihres Generals führten dazu, dass manche weltliche Fürsten die Loyalität der Jesuiten anzweifelten. Auch haftete ihrer Geheimniskrämerei etwas Unheimliches an, wie beispielsweise der Gründung der mysteriösen, exklusiven Bruderschaft mit dem Akronym Aa. 19 Überdies verdächtigte man die fürstlichen Beichtväter des Vertrauensbruchs, um die Interessen der Gesellschaft Jesu und des Papstes zu fördern.20 Man glaubte ferner, dass der Orden oft ungebührlichen Druck ausübte, um einem sterbenden Erblasser ein Vermächtnis zugunsten der Gesellschaft oder der Kirche abzuringen. A u f diese Weise und durch andere Mittel soll der Orden unermesslichen Reichtum erworben haben. Ja, er soll auch nicht vor Vergiftungen zurückgeschreckt haben, um seine Ziele zu erreichen.21 Manche der eigentlichen oder angeblichen Lehren des Jesuitenordens waren auf starken Widerstand gestoßen. Teile des Werkes eines ihrer führenden Theologen, Hermann Busenbaum, waren sogar vom Papst verurteilt worden - wie übrigens auch von Mitgliedern des Ordens selbst. Abgesehen von anderen anstößigen Meinungen vertrat der Autor darin die Ansicht, dass ein Mordanschlag auf einen Tyrannen unter gewissen Umständen gerechtfertigt sei. In den Augen vieler, besonders aber der Jansenisten, waren jesuitische Beichtväter allzu leicht bereit, auch unter fragwürdigen Umständen mit Unterstützung des Ordens A b solution zu erteilen, besonders wenn es sich bei den Beichtenden um Personen von Macht und Reichtum handelte.22 Diese Vorwürfe gegenüber den Jesuiten, die aufgrund verschiedener bekannter Urkundenfälschungen durchaus glaubwürdig sind, mögen erklären, warum ihnen ein Staat von tief katholischer Frömmigkeit wie Salzburg nie Zutritt gewährt hat und warum sie periodisch auch von manchen anderen Orten wie etwa Venedig ausgeschlossen wurden. 1729 vertrieb man sie aus den Universitäten und Schulen des konservativen Königreichs Sardinien.23 In ihrer Missionstätigkeit in China hatten die Jesuiten ein Verschmelzen von alten Riten des Ahnenkults mit dem katholischen Ritual zugelassen, eine Praxis, die der Papst 1715 verurteilte, was praktisch zum Absterben des Christentums in China führte. Auch waren es die Jesuiten gewesen, die zusammen mit Ludwig XIV. Papst Clemens XI.
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zum Erlass der Unigenitus Bulle gezwungen hatten, was innerhalb der Kirche zu qualvollen Meinungsverschiedenheiten führte. Letztlich schwächte Unigenitus sowohl die theologische wie auch die moralische Autorität der Gesellschaft Jesu. Doch wurde die Bulle häufig zur Rechtfertigung für die kleinliche Verfolgung von frommen, unbescholtenen Katholiken herbeigezogen. Papst Benedikt XIV. (1740-58), der Nachfolger von Clemens XI., pflegte eher Zurückhaltung gegenüber dem Orden, und unter den Kardinälen gab es eine einflussreiche antijesuitische Minderheit. 24 Trotzdem blieb die außergewöhnliche Macht und Einflussnahme, die sich die Jesuiten im Laufe des 17. Jahrhunderts erworben hatten, um 1750 noch weitgehend ungebrochen. Ja, in drei Beziehungen schien ihre Stellung stärker denn je: erstens aufgrund ihrer Mitgliederzahlen und Schulen, die noch stetig im Aufschwung waren; zweitens wegen der Bulle Unigenitus·, drittens durch ihre politische und wirtschaftliche Rolle in den südamerikanischen Kolonien von Spanien und Portugal.
DIE P O R T U G I E S I S C H E
INITIATIVE
Wenn sich die Bewegung zur Unterdrückung der Gesellschaft Jesu direkt auf den Einfluss von neuen theologischen Strömungen und Frömmigkeitsformen und auf die Auswirkungen der Aufklärung und des Jansenismus zurückfuhren ließe, hätte diese sicherlich in dem Land ihren Anfang genommen, in welchem solche Ideen am weitesten verbreitet waren, nämlich in Frankreich. In Wirklichkeit begann der eigentliche Angriff auf die Jesuiten jedoch in Portugal, einem Staat, der, überlaufen von Priestern, Mönchen und Nonnen, in den Augen außenstehender Beobachter zu den rückständigsten Ländern Europas gehörte.25 W i e allgemein im katholischen Europa stellten die Jesuiten die Beichtväter für die meisten Mitglieder der königlichen Familie, nach 1712 jedoch nicht mehr für den König. Auch im Bereich der Universitäten und Sekundärschulen hatte der Orden praktisch ein Monopol, das nur dadurch eingeschränkt war, dass König Johann V. (1706-50) gegen Ende seiner Regierungszeit den Oratorianern besondere Gunst erwies.26 Als der König 1749/50 seine Aufgaben nicht mehr zu meistern vermochte und versäumte, verstorbene Minister oder solche, die im Sterben lagen, zu ersetzen, verblieb die Leitung der öffentlichen Geschäfte zunehmend in den Händen von zwei Mönchen, dem Beichtvater von Johann V., einem Rekollekten, und einem Jesuiten.27 A n dieser Stelle wird es unmöglich, das Geschehen auf den europäischen Kontinent zu beschränken. Denn die Ereignisse in Portugals riesiger, goldreicher Kolonie in Brasilien, die bis 1750 ein sehr ungenau definiertes Gebiet - weit größer als der moderne Staat - umfasste, waren natürlich für die portugiesische Regierung von höchster Bedeutung. Hier spielten die Jesuiten eine überragende Rolle. Im Laufe der kolonialen Erweiterung hatten sie im Na-
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men der gegenreformatorischen Kirche von der Mitte des 16. Jahrhunderts an den größten Teil der missionarischen Tätigkeit innerhalb der portugiesischen und spanischen Weltreiche übernommen. In Südamerika wirkten sie erfolgreich als Missionare unter den Indianern und beschützten deren Traditionen und Gemeinschaften vor anderen Siedlern und vor Sklavenarbeit in Tabak- und Zuckerplantagen. Da es effektiv keine weltlichen Behörden gab, hatten die Jesuiten eine Reihe von praktisch unabhängigen Staaten geschaffen, die riesige Gebiete des Kontinents umfassten und märchenhafte Profite abwarfen. Der größte und berüchtigtste dieser „Staaten" figurierte unter dem Namen Paraguay. Als Anfang des 18. Jahrhunderts zwischen Spanien und Portugal ein Streit über die Grenzlinien der südamerikanischen Territorien entbrannte, wurde unweigerlich auch der Status der Jesuiten in Frage gestellt. Im Abkommen von Madrid bereinigten die beiden Großmächte 1750 die Grenzfuhrung von Brasilien, und einige der jesuitischen Missionsstationen in Paraguay, die ursprünglich unter spanischer Herrschaft gestanden hatten, wurden an Portugal übertragen. Dies führte zur Umsiedlung von mehreren Indianerstämmen, die trotz des Protests seitens ihrer Beschützer unter den elendesten Umständen Hunderte von Meilen zurücklegen 2g mussten. Als Joseph 1 . 1 7 5 0 den Thron bestieg, herrschte allgemein die Meinung vor, dass sich sowohl die innenpolitische Lage als auch die internationale Stellung Portugals drastisch verschlechtert hätten und dass Reformen dringend nötig seien. Unter diesen Umständen und um sich nicht um Regierungsgeschäfte kümmern zu müssen, ernannte Joseph einen Mann als obersten Minister, der unter dem Titel Marquis von Pombai bekannt wurde. Zuvor hatte Pombai sein Land als Gesandter in London und Wien vertreten. In England war er von den Freimaurern aufgenommen und als Fellow in die Royal Society gewählt worden, eine Ehre, die man nicht einmal hohen ausländischen Ministern gewährte, es sei denn, sie zeigten außergewöhnliche Geistesgaben und Weltoffenheit. In Osterreich befreundete er sich mit Gerard van Swieten, dem fortschrittlichen Arzt Maria Theresias, und verfolgte 1748/49 mit großer Bewunderung die Einfuhrung von zentralisierenden Reformen, welche die Unabhängigkeit der Provinzialstände einschränkte'29 Pombai war überzeugt, dass „Macht und Reichtum aller Länder auf der Anzahl und Multiplizierung ihrer Einwohner beruhe".30 Seiner Meinung nach war Brasilien viel zu dünn besiedelt, und deshalb verfugte er, dass Sklaven aus Portugals afrikanischen Kolonien herübergebracht werden müssten, um die Arbeitskräfte zu vermehren. Auch müssten die Indianer aus der Schutzherrschaft der Jesuiten entlassen werden, da sie im gegenwärtigen Zustand in Unwissenheit, Untätigkeit und Aberglauben verblieben. Überdies sollten Indianer und Portugiesen ermuntert werden, gegenseitig zu heiraten und Kinder zu zeugen. Im Juni 175 5 schuf man eine Gesellschaft mit Staatsmonopol zur Übernahme der jesuitischen Besitzungen. Diese politischen Maßnahmen und die Bedingungen des spanisch-portugiesischen Ab-
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kommens führten dazu, dass die bedrängten Jesuiten und ihre indianischen Schützlinge auf einigen Missionsstationen gegen die Regierung zu den Waffen griffen.3 1 Mitten im Krieg gegen die Jesuiten wurde am 1. November 1755, an Allerheiligen, die alte Stadt Lissabon von einem Erdbeben und einem nachfolgenden Tsunami völlig zerstört. Die Katastrophe ereignete sich, während die meisten Gläubigen dem Gottesdienst beiwohnten, und 10.000 Menschen fanden den Tod. Das Erdbeben wurde zum Thema einer intensiven Debatte.Traditionsgebundene Kreise sahen darin eine Gottesstrafe - aber wofür? Andere behaupteten, dass Gott damit seine Missbilligung von Pombai anzeigen wolle. Der Methodistenprediger George Whitefield andererseits, der Lissabon im Jahr zuvor besucht hatte, veröffentlichte einen Bericht, in dem er sein Entsetzen über „die Gotteslästerungen und die abgöttische Verehrung des Papsttums" ausdrückte, die er während der Passionszeit als Augenzeuge miterlebt hatte. Er betrachtete das Erdbeben als Rache Gottes gegenüber diesen Machenschaften des Antichrists. Eine englische Nonne, Schwester Catherine Witham, ein Mitglied des Brigittenordens in Lissabon, bevorzugte eine dritte Betrachtungsweise: Sie dankte Gott, dass sich das Erdbeben nicht während der Nacht oder des Hochamts der Nonnen ereignet hatte.32 Pombai, Fellow der Royal Society, bestand darauf, dass es sich dabei ganz einfach um eine Naturkatastrophe gehandelt habe, und er verstand es, die Situation geschickt zu seinem Vorteil auszunützen. Er überzeugte den König, dass die Stadt, mit Berücksichtigung der nötigen Vorsichtsmaßnahmen, wieder an derselben Stelle aufgebaut werden sollte und zwar nach einem rationalen Plan und in einem eleganten Stil. Trotz größter Schwierigkeiten erzwang er die Durchführung seiner Pläne. Das Erdbeben und der Krieg mit den Jesuitenmissionen hatten eine Krisenstimmung geschaffen, die dringende Maßnahmen zu erfordern schien. Unter diesen Umständen verlieh der König Pombai faktisch despotische Macht. Dieser hatte zwar bisher nie besonderes Interesse an kirchlichen Reformen gezeigt, aber jetzt nach dem Erdbeben, als viele Gotteshäuser neu errichtet werden mussten, unternahm die Regierung, mit päpstlicher Erlaubnis, eine Untersuchung des monastischen Reichtums und der klösterlichen Sitten. Dabei kamen die Kurie und ihr portugiesischer Vertreter zu dem Schluss, dass es im Land zu viele Mönche gebe und dass ihre Lebensführung bisweilen nichts weniger als skandalös sei.33 Doch schon bald wurden diese Ergebnisse durch den Angriff auf die Jesuiten in den Schatten gestellt. Anfang 1756 zerschlug eine vereinte spanisch-portugiesische Streitkraft den Widerstand der Missionen. Die Tatsache, dass der Orden dem König bewaffneten Widerstand geleistet hatte, erhärtete, so glaubten viele, die schlimmsten Beschuldigungen, die der Gesellschaft Jesu seit ihrer Gründung regelmäßig vorgeworfen worden waren. Pombai sorgte dafür, dass die Kenntnisse dieser Ungeheuerlichkeiten in ganz Europa verbreitet wurden. Er schrieb, publizierte und verbreitete eine polemische Abhandlung mit dem Titel Ein kurzer Bericht über die Republik, welche die Jesuitenmönche der spanischen undportugiesischen Provinzen in den überseeischen
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Herrschaftsbereichen der beiden Königreiche einrichteten, und über den Krieg, den sie gegen die spanischen undportugiesischen Streitkräfte anstifteten und führten. Das Pamphlet behandelte „die widerrechtliche Freiheitsberaubung der Indianer" und sprach von 300.000 Familien, die „wie Sklaven um eine Krume Brot für die Jesuiten hätten arbeiten müssen", während sich der Orden dem Bau seiner prächtigen und luxuriösen Kirchen gewidmet habe.34 Im September 175 7 ließ Pombai alle Jesuiten vom Hof entfernen, und am Anfang des folgenden Jahres erzwang er vom sterbenden Papst Benedikt XIV. die öffentliche Erklärung, die eine Reform des Jesuitenordens verlangte. Gleichzeitig erreichte er die Ernennung eines portugiesischen Kardinals, der die Reform umsetzen sollte. Im folgenden Jahr, 1758, wurde ein Attentat auf den König verübt. Dieses scheiterte zwar, aber der Monarch war verletzt worden, und nach einer geheimen Untersuchung ließ Pombai zwölf Adlige, die angeblich den Mordanschlag geplant hatten, hinrichten. Unter diesen befand sich der Herzog von Aveiro, „abgesehen von der königlichen Familie der mächtigste Adlige in Portugal und der Vorsitzende des höchsten Gerichtshofs". Man flocht ihn aufs Rad, sorgte aber dafür, dass er am Leben blieb, um ihn danach auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu können. Den Marquis von Tävora, ein General und ehemaliger Vizekonsul von Indien, ereilte ein ähnliches Schicksal, obwohl allgemein bekannt war, dass dessen Frau die Mätresse des Königs war. Elf Jesuiten wurden wegen Mittäterschaft verhaftet, darunter ein geistesgestörter alter Mann namens Malagrida, der das Erdbeben einem göttlichen Eingriff zugeschrieben hatte. Pombai ernannte seinen eigenen Bruder zum Generalinquisitor und ließ mit Hilfe von willfährigen Bischöfen erklären, die gesamte Körperschaft der Jesuiten befinde sich in Rebellion. Man beschuldigte sie, unter den Indianern Ketzerei geduldet und diese zum Aufstand gegen die Krone aufgewiegelt zu haben. Auch sollten sie in ihren abgelegenen Missionen unermessliche Schätze von Gold und Silber angehäuft haben. 1759 konfiszierte der Staat all ihren Besitz und ihre Ländereien, und sie wurden entweder eingesperrt oder ohne irgendwelche Entschädigung des Landes verwiesen. In einem Staatsakt voll grimmiger Ironie wurde Malagrida zwei Jahre später das letzte Opfer, das die portugiesische Inquisition zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilte. Jetzt, da er sich in seiner Stellung als Despot sicher fühlte, führte Pombai eine ganze Anzahl von Neuerungen durch, die sowohl „aufgeklärt" - oder scheinbar „aufgeklärt" - wie autoritär waren: Die Inquisition und die Zensur wurden in staatliche Institutionen umgewandelt. Die große Lücke, welche die Jesuiten im Bildungswesen hinterließen, füllte man wenigstens teilweise mit einem neuen, staatlich organisierten Schulsystem, das sich hauptsächlich auf die Mitarbeit der Oratorianer stützte. Der kleine Orden der Regularkanoniker von St. Antonius, seit Langem im Niedergang begriffen und allgemein mit einem schlechten Ruf behaftet, wurde aufgehoben - und zwar vom Papst.35 Einige Klöster führten Reformen durch, und man modernisierte den Lehrplan der Universität von Coimbra, hauptsächlich mit — 164 —
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dem Ziel, eine besser ausgerüstete Bürokratie auszubilden. Der Unterschied zwischen Alten und Neuen Christen wurde aufgehoben, und man gewährte Protestanten und Juden religiöse Toleranz. Doch die effektive Einfuhrung dieser Maßnahmen dauerte erheblich länger als die Vertreibung der Jesuiten, und als die Neuerungen endlich zum Tragen kamen, hatten andere katholische Staaten im Reformwesen längst die Führung übernommen. In Sachen der Doktrin vertrat Pombai allgemein die Position eines konservativen Katholiken. So stützte er sich zum Beispiel bei der Vorschrift der theologischen Grundsätze, die in Coimbra gelehrt werden sollten, hauptsächlich auf die Werke von Abt Gerbert von St. Blasien.36 Wäre er entschlossen gewesen, das Mönchtum an sich aktiv anzugreifen, hätte ihm das Erdbeben von Lissabon eine einzigartige Gelegenheit dazu geboten: Leicht hätte er die Zahl der Klöster in der Hauptstadt reduzieren können, indem er deren Wiederaufbau von seinen Plänen ausgeschlossen hätte. Tatsächlich wurden aber praktisch alle Ordenshäuser wieder neu errichtet. Im Zisterzienserkloster von Alcoba^a, wo einer seiner zahlreichen, prominenten Verwandten als Abt waltete, förderte er den Bau einer Manufaktur für Tuch und Taschentücher.37 1787 und 1794, als der bekannte Romancier Beckford Portugal besuchte, gab es dort keinen Mangel an großartigen Klöstern. Da hörte er festliche Messen und begeisternde Predigten, da gab es prächtige Bücher zu bewundern und schwere Mahlzeiten zu verdauen. In Mafra schien alles besonders extrem: „Ein wirres Geläute aller Glocken betäubte ihn fast"; „die Messe wurde mit unheimlich beeindruckender Feierlichkeit zur Begleitung der dröhnenden Orgeln gesungen, von denen es in der Kirche nicht weniger als sechs riesige Exemplare gab"; aber „die Vigilie des Heiligen Augustinus beging man mit strengstem Fasten", das Nachtessen bestand aus Äpfeln, Salat und Wein.38 Kurz gefasst, Pombai und der portugiesische Staat konzentrierten ihre ungewöhnlich frühe und erbarmungslose Initiative ausschließlich auf die Jesuiten, auf die Konfiszierung von deren Besitz und auf die Austreibung von deren Mitgliedern. Daraus lässt sich erken-
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nen, dass sich der Minister weder für religiöse noch kirchliche Reform im weiteren Sinne interessierte. Die Zerstörung der Gesellschaft Jesu in Portugal war ein Staatsakt, die Unterdrückung einer Rebellion und die schonungslose Behauptung der absoluten Macht der Krone. Aber die Auswirkungen der portugiesischen Initiative auf Kirche und Religion waren enorm - allerdings weniger innerhalb als außerhalb von Portugal.
FRANKREICH
Während die portugiesische Initiative in Historikerkreisen wenig Beachtung gefunden hat, ist dagegen in Frankreich eine ausgedehnte Literatur über die Unterdrückung des Jesuitenordens entstanden. Viele dieser Schriften behandeln das Ereignis so, als ob es sich mehr oder weniger isoliert vom Weltgeschehen und ausschließlich innerhalb der Grenzen Frankreichs und dessen Kolonien abgespielt hätte.39 Das lässt sich schwer rechtfertigen. Wenn sich in einem Land eine bestimmte Veränderung zeigt, kurz nachdem anderswo ähnliche Veränderungen eingetreten sind, heißt das zwar noch lange nicht, dass das frühere Geschehen das spätere beeinflusst hat, und noch weniger, dass das erstere die alleinige Ursache des letzteren war. Trotzdem gibt es in diesem Fall zweifellos eine kausale Verkettung. Freilich hatten die französischen Jansenisten ihre Angriffe auf die Jesuiten während mehr als eines Jahrhunderts aufrechterhalten, und überdies bildeten sie auch seit Langem eine mächtige, gut organisierte Minderheit im parlement von Paris, dessen Vorsitzender zu diesem Zeitpunkt Louis-Adrien le Paige war. Verschiedene lokale Umstände verschärften in den i75oer-Jahren die Animosität gegenüber der Gesellschaft Jesu in Frankreich. So schaffte der Erzbischof von Paris, Christophe de Beaumont, der jesuitischen Sache fortwährend neue Feinde, indem er alle angeblichen Anhänger der Jansenisten mit kaltblütigem Eifer verfolgte und ihnen sogar auf dem Totenbett die Sakramente versagte. Ferner intensivierten sich nach den Streitigkeiten über die Encyclopedic 1752 die Spannungen zwischen Aen philosophes und den Jesuiten. 175 7 machte ein gewisser Robert Damiens einen halbherzigen Mordanschlag auf Ludwig XV. Er äußerte sich lautstark gegen den Erzbischof von Paris und hatte flüchtige Beziehungen zu den Jesuiten. Doch das genügte schon, um den Glauben zu verbreiten, der Orden hätte sich auf eine Verschwörung mit Damiens eingelassen. So wurde er mit größter Grausamkeit hingerichtet. Diese Ereignisse führten zu einer allgemeinen Unruhe im französischen Volk, die sich durch die schweren Steuerlasten und die militärischen Katastrophen des Siebenjährigen Krieges noch erhöhte. Aber erst nach der erfolgreichen Aktion der Portugiesen dachte man in Frankreich ernsthaft daran, nicht lediglich den Einfluss des Jesuitenordens einzudämmen, sondern diesen völlig abzuschaffen. Pombai hatte nicht nur die angeblichen und tatsächlichen Frevel der Jesuiten und seine persönlichen Verdienste bei -
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deren Vertreibung erfolgreich in ganz Europa verbreitet, sondern es war ihm auch gelungen, die etwas verwunderte, aber trotzdem entschiedene Unterstützung des Papstes zu gewinnen. Dadurch eröffnete sich die bisher unvorstellbare Möglichkeit, dass selbst Rom bereit war, die Jesuiten der Willkür der katholischen Fürsten zu opfern. Dale Van Kley, der Autor von The Jansenists and the Expulsion of the Jesuitsfrom France, kommt zu dem Schluss, dass die Führung der Jansenisten imparlement von Paris gegen Ende 1759, aufgrund des Erfolges in Portugal, entschied, alle geringeren Anliegen zurückzustellen und sich ausschließlich auf die Zerstörung der Gesellschaft Jesu zu konzentrieren.40 Was sich nun in Frankreich abspielte, zeigte eine fast unheimliche Ähnlichkeit mit den vorangegangenen Ereignissen in Portugal.41 Due de Choiseul, der wichtigste Minister Ludwigs XV., war den Jesuiten nicht wohlgesinnt und scheint sich mit der Führung der Jansenisten im parlement zusammengetan zu haben, um den Sturz des Ordens herbeizufuhren. In beiden Ländern war ein Mordanschlag auf den König versucht worden, der ohne überzeugende Begründung der Gesellschaft Jesu zulasten gelegt worden war. Wie in Portugal wirkte sich die uneingeschränkte Tätigkeit der Jesuiten in den Kolonien auch fur Frankreich katastrophal aus. Die Gesellschaft besaß ausgedehnte Güter auf der Insel Martinique in der Karibik. Einige von diesen verwaltete Pater La Valette, der 1753 Vorsteher der Missionen in Westindien geworden war. Anfang 1756, vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, kaperten englische Seeleute mehrere Schiffe, die Fracht von La Valette an seine Gläubiger in Frankreich überbringen sollten. Dies führte zu riesigen Verlusten und schließlich zum Bankrott der Missionen in Westindien, von denen nun auch die Gläubiger betroffen waren. Natürlich folgten Gerichtsverfahren auf dem Fuß. Dabei wurde klar, dass La Valette Geschäfte betrieben hatte, von denen er als Mönch eigentlich ausgeschlossen war. Dazu gehörte eine ausgeklügelte Geldwäsche, die darauf angelegt war, Martiniques schwache Währung gegenüber der französischen auszugleichen. La Valette hatte Schulden von sechs Millionen livres angehäuft. Anfänglich klagten ihn seine Gläubiger als Einzelperson an. Doch Anfang 1760 erklärte das Gericht im Zusammenhang mit den Fällen Lioncy und Gouffre in Marseille, dass die Gesellschaft als Körperschaft für diese Schulden verantwortlich sei, da alle Mitglieder des Ordens der diktatorischen Kontrolle eines Generals unterstellt seien. Dieser Beschluss drohte die Gesellschaft, die nur über beschränkte Mittel verfugte, finanziell zu ruinieren. Rechtsgelehrte begannen nun zu argumentieren, dass die Jesuiten gesetzlich überhaupt nicht berechtigt seien, in Frankreich zu wirken, entweder aus technisch-historischen Gründen oder wegen ihrer eingeborenen Verderbtheit und ihres Despotismus. Der Versuch des Königs und einiger seiner Minister, die Anstrengungen des parlement zu hintertreiben, zeitigte jedoch die gegenteilige Wirkung, indem die halböffentlichen Ermittlungen in Sachen der Machenschaften der Jesuiten stark ausgedehnt wurden. Am 6. August 1761 verbot das
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parlement von Paris den Jesuiten, neue Novizen zu rekrutieren - angeblich nur temporär - , löste alle ihre Bruderschaften auf und schloss ihre Schulen. Darauf verlangte der König vom parlement einen sechsmonatigen Aufschub dieser Dekrete, um während dieser Zeit mit der Gesellschaft einen Kompromiss auszuhandeln: Die Jesuiten müssten sich bereit erklären, keine Tyrannenmorde zu erwägen, die „Gallikanischen Artikel", welche die Autonomie der französischen Kirche garantierten, zu respektieren und die Ernennung eines ausschließlich für Frankreich zuständigen Generals zu akzeptieren. Abgesehen davon, dass der Papst und der Ordensgeneral in Rom eine solche Lösung ablehnten, schlossen sich nun auch die Gerichtshöfe der Provinzen dem parlement von Paris an, indem sie sich dem vorgeschlagenen Kompromiss widersetzten und der Regierung durch Maßnahmen wie der Schließung von Jeuitenschulen trotzten. Nachdem der König zwei Jahre lang geschwankt hatte, beugte er sich im November 1764 schließlich dem Willen der parlements und löste den Orden durch königliches Dekret in den meisten Teilen Frankreichs auf.42 Das Einzige, das er zugunsten der Jesuiten noch zu tun vermochte, war die Sicherung einer Pension. Wegen der enormen Kriegskosten war der König auf den guten Willen der parlements angewiesen. Er brauchte dringend ihre Unterstützung, um eine Steuererhöhung durchzusetzen und den drohenden Staatsbankrott zu verhindern. Ein gutinformierter Zeitgenosse, Bernardo Tanucci, der erste Minister des Königs von Neapel, kommentierte zu einem früheren Zeitpunkt im Jahr 1764:
Gott habe diesen Sturm um die Jesuiten beim Papst seinen Anfang nehmen lassen, dem gelehrten und rechtschaffenen Benedikt XIV. Dieser habe eine Bulle erlassen, die den portugiesischen Patriarchen ersuchte, die Jesuiten zu inspizieren und zu beurteilen. Daraus habe sich die Verurteilung der kommerziellen Unternehmen ergeben, welche die Jesuiten betrieben, und dies schrittweise zum Fall von Lioncy und Pater L a Valette gefuhrt. 43
Aus diesem knappen Bericht einer unglaublich komplizierten Geschichte lässt sich ersehen, dass das Geschehen in Portugal und Frankreich, trotz auffallender Ähnlichkeiten, grundlegende Unterschiede aufweist. In der französischen Bevölkerung gab es mehr Menschen, die des Lesens mächtig waren, als in irgendeinem anderen katholischen Land, eine Tatsache, welche die verschiedenen Parteien in der Kontroverse um die Jesuiten voll ausnützten. Überdies hatte sich die Gesellschaft Jesu im Volk viele Feinde geschaffen. Das überstürzte Tempo der Ereignisse und die fieberhafte Stimmung, welche deren Ablauf begleitete, vermitteln eine Vorahnung der Französischen Revolution selbst. In Frankreich war der König zwar kein Werkzeug in den Händen seines ersten Ministers, aber seine absolute Macht existierte doch eher in der Theorie als in der Praxis. Ludwig XV. wusste offensichtlich nicht, wie er sich in dieser Krise verhalten sollte. Schon zweimal hatte er die parlements herausgefordert und dann wieder einen Rückzieher gemacht. Uberwältigt von seinen finanziellen Problemen -
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gab er auch dieses Mal nach. In Portugal gab es keine Institution, die sich mit άζη parlements hätte vergleichen lassen. Auch gab es keine intellektuelle Elite, die man den philosophes hätte zur Seite stellen können. Nachdem in Frankreich ursprünglich die Jansenisten als Gegenspieler der Jesuiten aufgetreten waren, wurde Louis-Rene de la Chalotais, ein Mitglied des bretonischen Parlaments, durch sein Werk Compte rendu des constitutions des Jesuits (1762) berühmt. Die scharfe Kritik, welche diese Schrift bei den Verteidigern der jesuitischen Sache hervorrief, sorgte dafür, dass ihr Gedankengut weite Verbreitung fand. La Chalotais behandelte das Problem in einem allgemeineren und rationaleren Rahmen als die Jansenisten und erweiterte seinen Angriff zudem auf das Mönchtum überhaupt. Sein Werk schien die Behauptung in d'Alemberts 1765 erschienener Schrift Sur la destruction des Jesuites zu bestätigen, dass es diephilosophes und nicht die Jansenisten gewesen wären, die den Untergang der Jesuiten herbeigeführt hätten. Tatsächlich spielten die philosophes jedoch eine untergeordnete Rolle, und überdies zählte Chalotais kaum zu den überragenden Persönlichkeiten aus deren Reihen.44 Aber die relativ starke Strömung des intellektuellen Radikalismus in Frankreich verlieh der Debatte einen besonderen Charakter, der zu einer allgemeinen Kritik der Jesuiten und allem, was sie vertraten, beitrug. Schließlich führten die genannten Faktoren dazu, dass man in Frankreich alle monastischen Institutionen in Frage stellte, während sich die portugiesische Kampagne einzig auf die Unterdrückung der Jesuiten konzentriert hatte.
SPANIEN
Verglichen mit anderen katholischen Ländern, sogar mit Italien und Süddeutschland, schien Spanien in den 176oer-Jahren erstaunlich unberührt von der Aufklärung im traditionellen Sinn. Die Inquisition, die noch stets von den Jesuiten dominiert war, hatte 1759 sowohl die Encyclopedie als auch De l'esprit des lois auf den Index gesetzt. 1764 wurden auch alle Werke von Rousseau verboten, und im September des folgenden Jahres verbrannte man in der Dominikanerkirche zu Madrid in einer feierlichen Zeremonie angeblich ein Exemplar von Emile. Es gelang der Inquisition sogar, Schriften von Theologen, die nicht dem Jesuitenorden angehörten, zu verbannen, obwohl diese Texte selbst vom Vatikan positiv beurteilt und den Gläubigen empfohlen worden waren. Andererseits verkörpert Spanien das beste Beispiel der sogenannten katholischen Aufklärung, besonders weil das Land kaum Vertreter irgendeiner anderen aufklärerischen Richtung hervorgebracht hat.45 Innerhalb Spaniens spielten Mönche bei der katholischen Aufklärung eine wichtige Rolle. Benito Feijoo, ein Benediktiner und Professor an der Universität von Oviedo, veröffentlichte zwischen 1726 und 173 9 neun Bände mit dem Titel Teatro critico universal. Dieses Werk sollte die Spanier in die modernen Naturwissenschaften einfuhren, sie mit den Ideen von Bacon, Descartes, Newton und der induktiven — 169 -
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Methode bekannt machen. 1750 bedachte König Ferdinand VI. die Schriften Feijoos mit einer fragwürdigen Auszeichnung, indem er befahl, es dürften keine kritischen Äußerungen darüber publiziert werden. Im Spanien des 18. Jahrhunderts war Teatro critico universal zweifellos das meistaufgelegte Werk. Obwohl Feijoo zahlreiche Ideen französischen oder protestantischen Ursprungs in sein Land einführte - oder mindestens in die spanische Sprache - , schrieb er zur Ehre Gottes und mit dem Ziel, den KathoÜzismus, so wie er ihn verstand, zu fördern. Dabei kritisierte er aber auch Irrtümer, Aberglauben und Glaubenslehren, welche traditionell zum Bekenntnis eines spanischen Katholiken gehört hatten. Ahnliches könnte man über Fray Gerundio sagen, eine Satire über zeitgenössische Prediger, die sich besonders gegen die Mendikanten richtete. Dieses Buch, von einem Jesuiten namens Jose Francisco de Isla herausgegeben, erschien 175 8, wurde aber von der Inquisition schon nach kürzester Zeit verboten. Denn im Gegensatz zu Feijoos Schriften war der Ton in Fray Gerundio kämpferisch und arrogant und musste auf andere Geistliche unweigerlich beleidigend wirken. Dieser Fall ist ein gutes Beispiel für die arrogante Haltung der spanischen Jesuiten und zeigt ihre G e ringschätzung gegenüber den Kräften, die sich ihnen entgegensetzten.46 Trotz der großen Verdienste, welche sich die spanischen Könige aus dem Hause Habsburg im Lauf der Gegenreformation erworben hatten, und trotz der uneingeschränkten Macht, die ihnen der Papst über die Kirche in ihrem Weltreich verliehen hatte, erfreuten sie sich im Mutterland in kirchlichen Belangen nie derselben Rechte wie der französische König. Noch immer besetzte Rom viele der kirchlichen Amter in Spanien und bezog auch beträchtliche Einnahmen aus diesem Land. Nachdem 1700 mit dem Tod des schwachsinnigen Karl II. die spanische Habsburgerdynastie ausgestorben war, machten sich die Bourbonen, die sich schließlich den Thron sicherten, daran, die Autorität der Krone zu erneuern und, wenn möglich, zu stärken. Ein Mittel zu diesem Zweck bestand in der Zentralisierung der Verwaltung, ein zweites im Bau von neuen Palästen und in der Renovierung von älteren, wobei die gesamte Bodenfläche verdreifacht wurde. 47 Zum Dritten versuchte man den Einfluss des Papstes in kirchlichen Dingen zu beschränken. Aus diesem Grund wurde 1737 ein neues Konkordat ausgehandelt und 1753 nochmals revidiert. Dieses Abkommen räumte nun dem spanischen König ähnliche Rechte ein wie dem französischen: Er konnte selbst bestimmen, wem die wichtigsten Pfründe des Königreichs zukommen sollten, und der Staat kam in den Genuss beträchtlicher kirchlicher Einkommen. 48 Die Krone benützte diese neue Autorität unter anderem, um die Pfarreien zu reformieren und die Beschlüsse des Tridentinischen Konzils wirksamer umzusetzen. Dazu gehörte die Einrichtung von Priesterseminaren zur gründlicheren Ausbildung von Weltpriestern.4 9 In den spanischen Kolonien führte König Ferdinand VI. zwischen 1749 und 1759, seinem Todesjahr, eine, historiografisch gesehen, besonders interessante Reform durch: Er zwang die geistlichen Orden, die Kontrolle über die von ihnen regierten Pfarreien aufzugeben, was praktisch alle Pfarrgemeinden in Mexiko be-
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traf. Die Mönche wurden aus ihren Pfarreien und einigen weniger wichtigen Einrichtungen vertrieben, ihre Rekrutierung unterlag einer strengen Kontrolle, und nach der Umsetzung dieser Maßnahmen verringerte sich ihre Anzahl drastisch. Hier handelte es sich um eine besondere Art von „Säkularisation", die anderswo kaum zu finden war: die zwangsweise Ubergabe von Pfarreien aus den Händen von Ordensgeistlichen an Weltgeistliche.50 1759 bestieg Karl III., der zuvor Herzog von Parma und dann König von Neapel gewesen war, den spanischen Thron. 51 Während seines Aufenthalts in Italien hatte er sich mit gewissen minderen Reformen vertraut gemacht, wie etwa der Beschränkung der Rechte des Klerus zugunsten des Staates und dem Versuch, die Anzahl und den Besitz von Priestern und Mönchen einzudämmen. Aber gegen den dringenden Rat seines getreuen neapolitanischen Ministers, Tanucci, zeigte sich der König nicht bereit, rigoros gegen die Jesuiten oder irgendwelche andere Mönchsorden vorzugehen. Karl III. übernahm die Regierung von Spanien kurz nach der Vertreibung der Jesuiten aus Portugal, und da der Orden in Südamerika beiden Ländern ähnliche Probleme bereitete, erwartete man, dass er Pombals Beispiel folgen würde. Anfänglich unternahm er jedoch überhaupt nichts gegen die Gesellschaft Jesu, obwohl ihn Tanucci von Neapel aus dazu drängte und obwohl sich die Beamten in den Kolonien gegen eine kürzlich eingeräumte Konzession empörten, die den Jesuiten erlaubte, ihren Zehnten von 10 auf 3,3 Prozent zu reduzieren. Es ist auffallend, dass der Beichtvater des Königs, der Franziskaner Fray Joaquin de Osma, diese antijesuitischen Argumente energisch unterstützte,52 während Karl von den verschiedenen Anschuldigungen und von der Vertreibung des Ordens aus Frankreich kaum berührt zu sein schien. Abgesehen davon, dass er einen Franziskaner als Beichtvater hatte, war Karl selbst ein frommes Mitglied des Franziskanischen Ordens Dritten Grades, und nach seiner Ankunft in Spanien erklärte er sich bereit, die Kosten für den Neubau der franziskanischen Hauptkirche in Madrid zu übernehmen (Abb. 26). Er erfüllte dieses Versprechen und machte die neue Kirche, trotz großen Widerstands, zum wichtigsten spanischen Beispiel des klassizistischen Stils, der kurz zuvor fiiir Ste. Genevieve in Paris und bald danach für St. Blasien im Schwarzwald gewählt wurde.53 Karl schloss nun auch den Escorial in die Runde seiner jährlichen Palastbesuche ein, aber erst nachdem man im Innern eine Flucht von prächtigen Rokokozimmern für seinen Hofstaat eingerichtet hatte. Er war offensichtlich kein Feind des Mönchtums an sich, auch wenn er keine besonderen Sympathien für die Jesuiten hegte. Gleichwohl erteilte er 1765 die Erlaubnis zur Publikation einer Schrift von Pedro Campomanes, einem Beamten aus dem Laienstand, der behauptete, der König habe die Autorität, Schenkungen an die Kirche in „mortmain" zu beschränken. Die Zensoren, welche dieses Buch zur Publikation freigaben, waren ein Augustiner, ein Benediktiner und ein Dominikaner. Die Schrift schlug beträchtliche Wellen im Ausland und eröffnete neue Möglichkeiten zur Gesetzgebung in Spanien.54
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Doch am Palmsonntag 1766 ereignete sich in Madrid ein bedrohlicher Aufstand. Obwohl diese Unruhen in eine Zeit kritischen Lebensmittelmangels fielen, wurden sie eigentlich erst ausgelöst, nachdem der oberste Minister am Hof, der Italiener Squillace, den Karl aus Neapel mitgebracht hatte, versuchte, ein altes Edikt wieder in Kraft zu setzen. Unter dem Vorwand, dass Verbrecher so ihre Identität verschleiern könnten, verbot dieses das Tragen von traditionellen Kostümen und Hüten. Der Aufruhr war so beunruhigend, dass der König, begleitet von einem Franziskaner, schließlich auf dem Balkon des Königspalastes erschien und versprach, das Edikt aufzuheben, 26. Die Fassade der Franziskanerkirche San Francisco el
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bquillace zu entlassen und die NahrunesM 6 mittelpreise zu senken. Diese direkte Konfrontation zwischen König und Volk - sehr
ungewöhnlich im vorrevolutionären Europa-jagte Karl einen großen Schrecken ein. Er verließ die Stadt, um in seinem Palast in Aranjuez zu übernachten, ernannte den Grafen von Aranda zum obersten Minister und begann mit seinen Vertrauten umfangreiche Beratungen über die Ursachen des Aufruhrs und die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um wieder Ruhe herzustellen. Nach geheimen Untersuchungen und Beratungen und aus „dringlichen, gerechten und notwendigen Gründen, die ich in meiner königlichen Brust bewahre", befahl Karl III., die Vertreibung der Jesuiten aus seinem gesamten Herrschaftsbereich einzuleiten. Dies geschah ohne Vorwarnung und mit Militärgewalt. Im Mutterland vollzog man die Aktion im April 1767: 2.746 Jesuiten wurden ausgetrieben. Damit hatte Karl III. wohl den bedeutendsten Entschluss seiner gesamten Regierungszeit vollzogen. Obwohl sich diejenigen, die mit den tieferen Gründen vertraut waren, zum Schweigen verpflichtet hatten und man zweihundert Jahre lang geglaubt hatte, die Dokumentation der geheimen Gespräche sei zerstört worden, ergaben sich 1970 aus dem Nachlass von Campomanes viele konkrete Aufschlüsse. Campomanes war der Beamte, der damals die Untersuchungen geleitet und den größten Teil der Argumente entwickelt hatte, die zur Vertreibung der Jesuiten führten. Die Beratungen des kleinen Außergewöhnlichen Königlichen Rates und die Untersuchungen, die daraus hervorgingen, hatten in größter Heimlichkeit stattgefunden. — 172 —
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Dabei war man offenbar zu dem Schluss gekommen, dass die meisten Unruhen von Jesuiten geplant und angezettelt worden waren. Obwohl diese Folgerung ziemlich unwahrscheinlich ist, akzeptierten der König und seine Minister die vorgelegte Beweisführung, und dieselben Argumente, die man in Frankreich erfolgreich gegen die Jesuiten vorgebracht hatte, wurden ihnen nun auch in Spanien zum Verhängnis. Da alle Mitglieder der Gesellschaft Jesu ihrem General unbedingten Gehorsam schuldeten, behauptete man, dass jede Handlung eines individuellen Mönchs auf den Willen und die Verantwortung des gesamten Ordens zurückzufuhren sei. In seinem wichtigen Memorandum belastete Campomanes den Jesuitenorden mit sieben bedenklichen Mängeln. Erstens hätte er sich „entgegen dem Geist ihres Gründers einer fremden Regierung unterstellt". Zweitens hätten seine Mitglieder aus Goldgier gegen die Regierung in Südamerika die Waffen ergriffen. Drittens verbreite er die Lehre des Probabilismus, die leicht zu Aufständen ermuntern könne. Viertens hafte dem Orden ein aufrührerisches, verräterisches und irreligiöses Wesen an, er sei „gleich einem Geschwür, das sich unter dem Deckmantel der Religion des Staates zu bemächtigen suche". Fünftens zeige die Gesellschaft eine ausgesprochene Feindseligkeit gegenüber allen Regierungen und hergebrachten Institutionen - hauptsächlich in ihren Anstrengungen, die Anschuldigungen, die man in Portugal und Frankreich gegen sie erhoben hätte, zurückzuweisen. Sechstens suche sich der Orden an seinen Gegnern zu rächen, was sich daran ersehen lasse, dass sie Unruhen stifteten und angeblich die geheiligte Person des Königs angriffen. Endlich habe sich die Gesellschaft auch mit Kräften außerhalb ihrer Gemeinschaft verbündet. Trotz aller tendenziösen Wiederholungen genügten diese Beschuldigungen, um Karl zu überzeugen - oder vielleicht sein instinktives Gefühl zu bestätigen - , dass die fortgesetzte Gegenwart der Jesuiten in Spanien nicht nur mit seiner königlichen Autorität, sondern auch mit seiner persönlichen Sicherheit unvereinbar sei. Da man sich von der unruhigen Stimmung im Volk bedroht fühlte, riet man dem König, heimlich und unerwartet mit überlegener Gewalt zuzuschlagen. Gleichzeitig konfiszierte man auch die Güter des Ordens. Den einzelnen Jesuiten versprach man eine Pension, wenn sie sich ins Exil begeben und ihre Vertreibung nicht öffentlich kritisieren würden. Obwohl die Bedingungen der Unterdrückung für die individuellen Mönche milder ausfielen als bei Pombai, brachte der Umstand, dass sich der Papst weigerte, plötzlich 5.000 Jesuiten aus dem spanischen Herrschaftsraum Asyl zu gewähren, viele Ordensmitglieder auf der Suche nach einer neuen Bleibe in Not und Elend. 55 Im Verlauf der Unruhen und der Vertreibung der Jesuiten gab man die „anti-mortmain"Gesetzgebung, die Campomanes vorgeschlagen hatte, unauffällig auf, wahrscheinlich aus Furcht vor lautstarker Opposition und um die Kirche und besonders auch die übrigen Orden nicht zu beunruhigen. Als man nach dem Geschehen die spanischen Bischöfe nach ihrer Meinung über die Vertreibung befragte, äußerte sich die Mehrheit positiv. In materieller Hinsicht waren sie die größten Nutznießer: Viele der jesuitischen Anlagen und ein großer
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Teil ihrer Ländereien wurden nun dazu benützt, Priesterseminare fur die Diözesen zu gründen oder solche zu unterstützen. Andere Mönchsorden, welche die Jesuiten seit Jahrzehnten wegen ihrer Privilegien und Ansprüche beneidet hatten, begrüßten die Vertreibung ihrer Rivalen ebenfalls und freuten sich auf die Gelegenheit, einige der Jesuitenkollegien und Universitätsposten übernehmen zu dürfen. Etwa die Hälfte der Besitzungen der Gesellschaft wurde allerdings an Käufer aus dem Laienstand veräußert.56 Das Vorgehen Karls III. gegen die Jesuiten hatte wenig mit Religion und noch weniger mit dem Mönchtum an sich zu tun. Sein entschiedenes Handeln war allein darauf angelegt, seine persönliche Stellung und seine absolute Autorität zu sichern und zu stärken. Nach diesen drastischen Maßnahmen verfolgte er wieder einen Kurs gemäßigter und vorsichtiger Reformen. Erst 1768 begann er die Unabhängigkeit der Inquisition einzuschränken, und obwohl er sie schließlich in ein staatliches Werkzeug umwandelte, schaffte er sie aus Furcht vor der öffentlichen Reaktion nie völlig ab. Bis 1781 ließ er auch weiterhin Hexenverbrennungen zu. Im Übrigen war er weder an Redefreiheit noch an religiöser Toleranz interessiert. Nur sehr wenige Klöster wurden aufgehoben und nur ein Orden wurde aufgelöst, und zwar vom Papst: W i e in Portugal war es der Orden von St. Antonius. Ansonsten bestand Karl darauf, dass die verschiedenen Orden ihre Regel strenger einhielten, und 1770 verlangte er gewisse Beschränkungen bei der Anzahl der Mönche, die jedes Kloster aufnehmen durfte. Andererseits lehnte er aber Vorschläge ab, welche Schenkungen an die Kirche erschwert und das Alter der Profess erhöht hätten. A m Ende seiner Regierungszeit, 1788, scheint sich die Zahl der Ordensgeistlichen nicht reduziert und das Wachstum ihrer Güter kaum vermindert zu haben. Offenbar wurde auch kein Versuch unternommen, den Klöstern Pfarreien wegzunehmen, wie man das in den spanischen Kolonien getan hatte. Der Wahrheitsgehalt von Hermanns treffender Bemerkung ist unbestritten: „Die Vertreibung der Jesuiten verschleierte die Tatsache, dass der Absolutismus der spanischen Krone vor einer Konfrontation mit dem Ordensklerus zurückschreckte."57
DIE
HABSBURGERMONARCHIE
Nach seinem Entschluss, die Jesuiten aus Spanien zu vertreiben, war Karl III. von der Idee besessen, diesen Orden gänzlich zu vernichten. Er arbeitete unermüdlich daran, die übrigen katholischen Mächte zu überzeugen, sich seinem Beispiel anzuschließen und den Papst gemeinsam zur Auflösung der Gesellschaft Jesu zu drängen.58 Neapel und andere italienische Staaten folgten seiner Aufforderung unverzüglich, indem sie die jesuitischen Ordensleute vertrieben. Papst Clemens XIII. war empört und berief sich auf frühere Ansprüche des Vatikans, ungehorsame weltliche Herrscher zu bestrafen und schließlich abzusetzen. Doch sein -
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Protest war vergeblich. Im Frühjahr 1768 schrieb Kaiser Joseph II., der Mitregent in der österreichischen Monarchie, an seinen Bruder Leopold, den Großherzog von Toskana: Jetzt, da die Zeiten aufgeklärter sind, hat die Kurie in Rom nicht mehr so viel Gewicht in der europäischen Politik. Einige kluge und vorsichtige Päpste haben es jedoch fertiggebracht, eine gewisse Einflussnahme zu bewahren, indem sie sich hüteten, extreme Positionen zu vertreten. [...] Aber der gegenwärtige Papst f . . . ] scheint entschlossen, alles zu ruinieren. [...] U m einen von vier Großmächten verbotenen Mönchsorden zu erhalten, was jetzt ohnehin unmöglich ist, hat sich Rom, anstatt ihn [den Orden] auf Wunsch der katholischen Fürsten zu säkularisieren, gegenüber den respektiven Machthabern auf eine Weise gebärdet, die leicht zu einem vollkommenen Bruch mit dem Papsttum fuhren könnte und ihm auch den beschränkten Einfluss, den es noch hat, entziehen würde [...]. Unter diesen Umständen und um eine Krise zu vermeiden, haben sich alle Großmächte geeinigt, den Tod des Papstes abzuwarten [...]. Die Abschaffung des Jesuitenordens [...] wird sicherlich bei der Wahl des neuen Papstes eine conditio
sine qua non sein.
Was uns persönlich angeht, konnten wir uns noch nicht entschließen, uns entweder für oder gegen diese Sache zu engagieren. W i r haben ungenügend Gründe ihre [der Jesuiten] Zerstörung zu wünschen, betrachten aber ihre Existenz auch nicht als so notwendig, dass wir sie beschützen müssten.59
Paradoxerweise wurde das Schicksal der Jesuiten dadurch besiegelt, dass zum ersten Mal in der Geschichte alle wichtigen katholischen Staaten auf internationaler Ebene miteinander verbündet waren, Frankreich und Osterreich seit 1756, Spanien und Frankreich seit 1762, Neapel und Spanien sowieso und fur eine gewisse Zeit sogar Portugal. Als weltlicher Souverän eines unbedeutenderen, aber ziemlich großen Staates war der Papst diesen Mächten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, besonders da seine endegenen Territorien leicht Opfer der antijesuitischen Kräfte werden konnten: 1768 besetzte Frankreich die Enklave von Avignon und Neapel diejenige von Benevent. Anfangs 1769 forderten Spanien, Frankreich und Neapel den Papst formell dazu auf, die Gesellschaft Jesu aufzulösen. Clemens XIII. wollte nichts damit zu tun haben, doch er verstarb innerhalb weniger Wochen. Wie Joseph II. vorausgesagt hatte, sorgten nun die antijesuitischen Kräfte dafür, dass der anpassungsfähige Clemens XIV. zum Papst gewählt wurde, ein Franziskaner, der geneigt schien, die Gesellschaft Jesu abzuschaffen.60 Allerdings konnte sich der neue Papst Zeit lassen, denn keiner der Staaten im deutschsprachigen Raum war bereit, die Jesuiten sofort zu vertreiben. Neben der Habsburgermonarchie war Bayern der wichtigste katholische Staat in diesem Gebiet, und sein regierender Kurfürst war dem Orden aufs Tiefste verpflichtet. Auch Österreich weigerte sich, gemeinsam
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II. Teil: Formen monastischer Reform mit den anderen katholischen Staaten auf R o m Druck auszuüben. Maria Theresia erklärte gegenüber Diplomaten und anderen wiederholt, dass sie von den Maßnahmen der übrigen katholischen Staaten nicht viel halte, dass die Jesuiten in ihrem Hoheitsgebiet nichts mit den angeblichen Verbrechen zu tun gehabt hätten, die in anderen Ländern zur Rechtfertigung von deren Vertreibung gedient hätten, und dass der Orden in ihren Augen durchaus nützlich und respektabel sei. Sie selbst nahm eine neutrale Stellung ein, ergänzte aber diesen Standpunkt 1769 mit einem Zusatz: Wenn der Papst zum Schluss käme, dass die Abschaffung des Jesuitenordens für die Kirche gut wäre, würde auch sie einwilligen. Dieser Gesinnungswandel war ein Zugeständnis an Choiseul, den Minister ihres Verbündeten Frankreich, während der Verhandlungen um die Heirat ihrer Tochter Marie Antoinette mit dem zukünftigen König Ludwig X V I . In geheimen Anweisungen, die Marie Antoinette A n f a n g 1 7 7 0 vor ihrer Abreise nach Frankreich übergeben wurden, schrieb die Kaiserin: Ich muss noch etwas hinzufugen in Bezug auf die Jesuiten. Sprich überhaupt nicht über sie, weder im positiven noch im negativen Sinn. Du kannst Dich auf mich beziehen und sagen, dass ich Dich gebeten hätte, weder Gutes noch Böses über sie zu äußern. Du kannst sagen, dass Du weißt, dass ich sie [die Jesuiten] schätze, dass sie in meinem Herrschaftsbereich viel Gutes gewirkt hätten, dass ich sie ungern verlieren würde, aber dass ich keine Hindernisse in den Weg legen würde, wenn die Kurie in Rom glaubt, der Orden müsste aufgelöst werden; überdies [kannst Du sagen], dass ich immer respektvoll von ihnen sprach, aber dass ich es auch nicht gern hörte, wenn sich Leute privat über diese unglückliche Sache unterhielten.61 Eigentlich ist diese Stellungnahme Maria Theresias erstaunlich, wenn man bedenkt, dass sie 1 7 7 4 selbst bekannte, dass sie „der Gesellschaft während vieler Jahre nicht sehr wohl gesinnt gewesen war".6 2 D e r Einfluss des Ordens innerhalb der österreichischen Monarchie war enorm gewesen, wahrscheinlich größer als sonst irgendwo in Europa. Vor 1759 beherrschten die Jesuiten die Lehrpläne an fast allen Universitäten der österreichischen Hoheitsgebiete, ihre Mitglieder besetzten die Mehrzahl der Lehrstühle in Philosophie und Theologie, sie waren für die meisten Aspekte der Zensur verantwordich, und sie stellten alle Beichtväter für die königliche Familie. U m ihre Seelsorge und Missionstätigkeit erfolgreicher zu gestalten, setzten sie sich für den Gebrauch und das Studium der zahlreichen Volkssprachen von Großungarn ein: Ungarisch selbst, ferner Illyrisch, Kroatisch, Serbisch, Rumänisch, Ruthenisch, Slowakisch und Tschechisch. Durch die 1746 erfolgte Gründung eines Kollegiums in Wien, als Theresianum bekannt, wo die Jesuiten mit der Schulung von jungen Adligen und Regierungsbeamten betraut waren, hatte Maria Theresia das Ansehen der Gesellschaft eigentlich noch gefördert. Überdies übergab man dem Orden die Leitung der Orientalischen Akademie, die 1 7 5 3 zur Ausbildung von zukünftigen Diplomaten eingerichtet worden war. Aber nach diesem Zeitpunkt verloren die Jesuiten langsam an Einfluss, und kurz vor ihrer Auflösung verblieben
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ihnen nur noch wenige Lehrstühle und Posten als Beichtväter am kaiserlichen Hof. Auch in der Zensurkommission waren sie nicht mehr vertreten.63 Bei der Einfuhrung oder Genehmigung dieser Änderungen ließ sich Maria Theresia durch die Animosität des Weltklerus gegenüber den Jesuiten, angeführt vom Wiener Erzbischof Migazzi, leiten. Überdies wollten aber auch die Augustiner, Benediktiner und Dominikaner mindestens gleichberechtigt sein wie die Jesuiten, wenn es darum ging, an den Universitäten Theologie zu lehren. Persönlich soll die Kaiserin in religiösen Dingen dem Jansenismus nahegestanden haben: Sie empfahl ihren Kindern, gewisse jansenistische Texte zu lesen, und missbilligte den von den Jesuiten befürworteten Probabilismus und deren einseitige Unterstützung der Bulle Unigenitus. Sie ermächtigte ihren Arzt, den gelehrten Gerard von Swieten, den Einfluss der Jesuiten zu zügeln. Im November 1758 beschrieb er diese Aufgabe wie folgt: „[...] die Absicht Eurer Majestät [...] die maßlose Macht, die sich die Gesellschaft überall angeeignet hat, zu beschneiden." Er war überzeugt, „dass das wahre Ziel der Gesellschaft darin bestand, Geld zu machen, und dass die religiösen Motive nur als Vorwand dienten, um die Frömmigkeit Eurer Majestät und Ihrer Vorfahren auszunützen". Er behauptete, sie seien so arrogant geworden, dass sie sogar das Urheberrecht zur Publikation der Heiligen Schrift für sich beanspruchten. 1759, wohl kaum zufällig im selben Jahr, in dem der Papst die Reformbedürftigkeit der portugiesischen Jesuiten anerkannte und diese durch Pombai vertrieben wurden, entzog ihnen Maria Theresia das Monopol auf Lehrstühle an den Universitäten und die Vertretung in der Zensurkommission. Trotz beträchtlichen Widerstandes gegenüber diesen Maßnahmen, der die Entschlossenheit der Kaiserin bisweilen ins Wanken brachte, hörte sie nicht auf, die Machtposition des Ordens langsam zu untergraben, sodass sein Einfluss bis 1770 praktisch verschwunden war. Von 1767 an beichtete Maria Theresia nicht mehr bei Pater Kampmüller, SJ. Sie hatte ihn durch Ignaz Müller, den Propst des Augustinerklosters St. Dorothea in Wien, ersetzt.64 Zahlreiche Gelehrte des 18. Jahrhunderts und auch seither haben behauptet, dass Joseph II., im Gegensatz zu seiner Mutter, ein erklärter Feind der Jesuiten gewesen sei. 1790, im Todesjahr des Kaisers, veröffentlichte ein unbekannter Bearbeiter unter dem Titel Briefe von Joseph II. eine Sammlung von Texten, welche die obige Behauptung durch scheinbar überzeugendes Beweismaterial besiegeln sollte. Der Beweis stützt sich hauptsächlich auf zwei Briefe, von denen der erste auf den Januar 1770 datiert und an Choiseul gerichtet gewesen sein soll: A u f meine Unterstützung könnten Sie, wenn ich Regent wäre, Staat machen, und meinen Beyfall in Absicht der Jesuiten und des Plans zu ihrer Aufhebung haben Sie vollkommen. A u f meine Mutter rechnen Sie nicht sehr [...]. Indes ist Kaunitz Ihr Freund [...]. Choiseul! ich kenne diese Leute so gut wie irgendeiner: ihre Bemühungen, Finsternis über den Erdboden zu verbreiten, und Europa vom Kap finis terrae bis an die Nordsee zu regieren und zu verwirren.
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Der zweite Brief vom Juli 1773 wird angeblich an den Grafen von Aranda gerichtet, den spanischen Minister, der zur Zeit der Jesuitenvertreibung an der Macht war: Klemens XIV. hat durch die Abolition der Jesuiten einen fortdauernden Ruhm erworben [...]. Noch ehe sie in Deutschland bekannt geworden, war die Religion eine Glückseligkeitslehre der Volker; sie haben sie zum empörenden Bild umgeschaffen [...]. Ein Institut [...], das eine Universal-Herrschaft über den menschlichen Geist zu erwerben sucht, [...] die Ausbreitung ihrer Größe, und die Finsternis der übrigen Welt. Ihre Intoleranz war die Ursache, dass Deutschland das Elend eines dreißigjährigen Krieges dulden musste. Ihre Prinzipien haben die Heinriche von Frankreich um Leben und Krone gebracht; und sie sind Urheber [der Zurücknahme] des abscheulichen Ediktes von Nantes geworden. Der mächtige Einfluss, den sie über den Prinzen des Hauses Habsburg hatten, ist sehr bekannt [...]. Die Erziehung der Jugend, Literatur, Belohnungen, Erteilung der großen Würden im Staat, das Ohr der Könige, und das Herz der Königinnen, alles war ihrer weisen Führung anvertraut. Man weiß zu sehr, welchen Gebrauch sie davon gemacht, welche Pläne sie ausgeführt, und welche Fesseln sie den Nationen auferlegt haben [...]. Wenn ich zu irgendeinem Hass fähig wäre, so müsste ich diejenige Menschengattung hassen [...].
Beide dieser aufwieglerischen Briefe sind von manchen Historikern, zum Teil von sehr bedeutenden Gelehrten, zitiert worden, häufig noch viel ausfuhrlicher als hier.65 Dass solche Ansichten um 1790 existierten und dass diese namentlich Joseph II. zugeschrieben wurden, ist bedeutsam. Die Schriften, in denen sie sich vorfinden, beruhen jedoch auf reiner Erfindung und vermitteln nicht nur einen völlig falschen Eindruck von der Einstellung des Kaisers, sondern auch von derjenigen seiner angeblichen Adressaten. Die Tatsache, dass so viele Gelehrte diese Briefe fur echt hielten, hat zu einer ernsthaften Verzerrung der geschichtlichen Wirklichkeit gefuhrt.66 In dem früher erwähnten Brief an seinen Bruder Leopold behandelt Joseph das Thema der Abschaffung der Jesuiten fast, wie wenn es sich um einen Scherz handeln würde, und er tut das auch bei anderen Gelegenheiten. So neckte er 1769 den Jesuitengeneral auf grausame Weise mit der bevorstehenden Auflösung seines Ordens. 1771 machte er sich über die kleinlichen Methoden lustig, nach welchen Büßer ihre Sünden auflisten mussten. Und als er 1781 aus seinem jährlichen Heerlager an den Kurfürsten von Trier schrieb, um seine ersten Kirchenreformen zu verteidigen, bedauerte er, dass er sein Exemplar von Busenbaum nicht bei sich hätte. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Joseph weitgehend von Jesuiten erzogen worden war und dass er an der Ausbildung, die er genossen hatte, nie Kritik geübt hat. 1776 bezahlte er sogar für das kostspielige Begräbnis von Pater Franz, seinem ehemaligen jesuitischen Lehrer. Auch blieb er seinem Beichtvater, - 178
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Die A u f h e b u n g des Jesuitenordens
dem Jesuiten Höller, bis zu dessen Tod 1 7 7 0 treu. Überdies waren viele der Privatlehrer, die er in den i78oer-Jahren für seinen Neffen, den späteren Franz II., ernannte, ehemalige Jesuiten. Josephs aufschlussreichste Bemerkungen über die Gesellschaft Jesu ergeben sich aus einem beiläufigen Gespräch mit dem Grafen Papini, als er 1769 inkognito in Italien reiste und die beiden Herren zufällig am selben Ort auf einen Pferdewechsel warteten:
Der [Graf] fragte ihn nach den Jesuiten in Deutschland. Der Kaiser antwortete, dass ihr Verhalten dort nichts zu wünschen übrig lasse; sie sind gelehrt und eifrig. Und nach weiterem Lob schloss er, dass das, was ihnen anderswo zugestoßen sei, in Deutschland nie geschehen würde. Als der Graf dieses Loblied hörte, nahm er an, dass es sich hier [bei seinem Gesprächspartner] um einen jungen Mann handle, der im Theresianum ausgebildet worden sei und aus Loyalität so spreche. „Nein", antwortete der Kaiser, „ich bin zu Hause geschult worden, und was ich sagte, beruht nur auf meiner Wahrheitsliebe." 1780 war auch Katharina die Große erstaunt über sein warmherziges Lob der Jesuiten.67 Weitere Aspekte von Josephs Ansichten finden wir in einem Memorandum von 1 7 7 3 , worin er vor Antritt einer mehrmonatigen Reise Anweisungen gab, was für Maßnahmen ergriffen werden müssten, wenn die erwartete, die Auflösung der Gesellschaft Jesu betreffende päpstliche Bulle Wien erreichen würde. E r begann mit folgenden Worten:
Der Unterricht der Jugend, wenigst des ansehnlichen Theils derselben in der Religion sowohl als in den Wissenschaften ware bis nun zu in hiesigen Landen fast alleinig den Patribus socieatis anvertrauet; weder in dem weltlichen Stand, noch unter den übrigen geistlichen Orden dürften gleich von nun an solche tüchtige Männer in genüglicher Anzahl vorzufinden sein, um allenthalben besonders in größeren Stätten, auf Gymnasien, Accademien und Universitäten mit gleich gutem Erfolg in die Stelle der Patrum societatis einzutreten und die zahlreich gestiftete Lehr Ammter zu besezen. Hier wird es also auf die Überlegung ankommen, was fur eine Vorsehung in dem Schulwesen, besonders bei den adelichen Accademien und Stiftungen in dem Collegio Theresiano, den Convicten Ollmüz, Prag,Tyrnau und all-übrigen Accademien und Gymnasien in den Ländern zu treffen, ob nicht erwünschlich, ja fiir das Wohl der Religion und des Staates nötig wäre, auch nach aufgehobener Societät die den Schulen dermalen vorstehende Lehrer dieses Ordens bei den Lehr Aemtern annoch zu behalten und durch was fiir eine Modalität man sich deren wenigst in solange versichern könnte, bis durch die Anziehung tüchtiger Männer zu künftiger Bestellung der Lehr-Aemter die standhafte Vorsehung getroffen werden mag. Es bedarf einer längeren Verwendung und Vorbereitung, Lehrer zu diesem Unterricht zu bilden, wozu eben das ganze Institutum der Societät besonders geeignet gewesen.68
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Der Kaiser hegte zweifellos große Bewunderung für die intellektuellen und pädagogischen Leistungen der Gesellschaft Jesu. Dabei schienen ihn ihre angeblichen theologischen Irrtümer viel weniger zu stören als seine Mutter. Trotzdem unterstützte er aber die Lockerung der Zensur und wollte diese sogar noch weiterfuhren. Nach dem Tode von Pater Höller wählte er Priester seiner Pfarre als Beichtväter.69 Überdies lag ihm die Schulreform am Herzen, ein Projekt, das nach der Abschaffung des Jesuitenordens unbedingt nötig und nun durch die neuen Einnahmequellen aus den jesuitischen Gütern auch möglich wurde. Ferner wünschte er sich eine grundlegende Reform des Mönchtums. Dabei wären jedoch die Jesuiten nicht sein erster Angriffspunkt gewesen. In diesen Dingen vertrat er ähnliche Ansichten wie Kaunitz, von dem er sicher beeinflusst war.70 Als aber der Papst endlich zu dem Schluss gelangte, dass ihm keine andere Wahl blieb, als die Gesellschaft Jesu aufzulösen, suchte Maria Theresia den Orden nicht zu retten. Nach ihrer Ansicht sollte der Besitz der Jesuiten nicht an die Kirche übergehen, wie es sich der Papst vorgestellt hatte, sondern an den Staat. Nach der Verkündigung der Bulle fragte sie den Papst, ob er ihr, im Gegensatz zu den gesetzten Bedingungen, erlauben würde, ehemalige Jesuiten in priesterlosen Pfarrgemeinden einzusetzen. Der Papst antwortete, das sei ihre Sache, und viele ehemalige Jesuiten fanden auf diese Weise Beschäftigung in der Seelsorge und auf anderen Gebieten, sowohl vor und nach der Thronfolge ihres Sohnes Joseph. 71
ZUSAMMENFASSUNG
Es steht fest, dass die Könige und Fürsten, welche die Jesuiten vertrieben und den Papst zur Aufhebung des Ordens drängten, namentlich ihre eigene absolute Autorität zu stärken suchten. Denn die Gesellschaft Jesu hatte sich in ihren Augen zu einer arroganten, übermächtigen Körperschaft entwickelt, die einer fremden Herrschaft unterstand und scheinbar nicht davor zurückschreckte, Aufstände anzustiften, wenn ihre Interessen gefährdet schienen. Ursprünglich hatten die katholischen Kolonialmächte den Jesuitenmissionen in Ubersee große Freiheiten eingeräumt. Als diese Unabhängigkeit aber missbraucht wurde, fiel der Orden dem neu belebten Absolutismus zum Opfer. In den Fällen, wo die genannten Bedingungen nicht zutrafen, wie ζ. B. in den deutschen Staaten, ging die Unterdrückung der Jesuiten jedoch nicht von den regierenden Fürsten aus, sondern sie wurde vom Papst, unter dem Druck der Könige von Frankreich, Spanien, Portugal und Neapel, verordnet. Die Auflösung des Jesuitenordens schuf einen Präzedenzfall für diejenigen Herrscher, welche die Anzahl und den Reichtum von Mönchen und Nonnen zu beschränken suchten. Als man später in Frankreich und in der Habsburgermonarchie auch andere Orden aufhob, wandte man ähnliche Maßnahmen an wie im Fall der Jesuiten: Der Staat konfiszierte den -
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Die Aufhebung des Jesuitenordens
Besitz, bot aber den Mönchen die Möglichkeit an, als Priester eine Pfarre oder eine andere passende Beschäftigung zu übernehmen, und traf Vorsorge fur Pensionen. Zu dem Zeitpunkt, als die Gesellschaft Jesu aufgelöst wurde, dachte aber kaum jemand an solche Möglichkeiten. Im Gegenteil, viele der übrigen Orden hatten den Untergang der Jesuiten aktiv unterstützt und begrüßt. Im bayerischen Stift von Polling, das zum Rivalen der Jesuitenuniversität in Dillingen aufgestiegen war, hatten die Mönche gehofft, „dass [die Jesuiten], mit der Hilfe Gottes, das gleiche Schicksal erleiden würden wie die Tempelherren. Sie schaden unserer Religion, die frommen ebenso sehr wie die gelehrten."72 Allgemein wurde die Unterdrückung der Jesuiten von Fürsten, Regierungen und anderen Beobachtern als einmalige Aktion betrachtet, welche die Mönche und Nonnen anderer Orden kaum betreffen würde. Weder die Angriffe der philosophes noch die Stimmung im Volk hatte dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Es gab zwar einige engagierte Minister, die allen Ordensgeistlichen feindlich gesinnt waren: Campomanes, Aranda und Kaunitz. Aber zumindest in den beiden letzteren Fällen werden extreme Bemerkungen zuweilen durch maßvollere Äußerungen ausgeglichen und in allen drei Fällen durch die Verfolgung einer relativ gemäßigten Politik im Gleichgewicht gehalten.73 Die meisten, die sich aktiv um die Aufhebung des Jesuitenordens bemüht hatten, sahen sich als vernünftige oder aufgeklärte Katholiken. Ihre Kritik, verbunden mit einer guten Portion Eifersucht, wandte sich hauptsächlich gegen die Intoleranz, unersättliche Machtgier, Rücksichtslosigkeit und besonderen Frömmigkeitsformen der Gesellschaft Jesu. Dem Mönchtum als solchem dagegen standen sie kaum feindseliger gegenüber als der Kirche als Institution oder den grundsätzlichen Lehren des Katholizismus. Doch einige Zeitgenossen, wie Sonnenfels in Österreich und d'Alembert in Frankreich, begrüßten den Untergang der Jesuiten als Vorboten des allgemeinen Absterbens aller Ordensgemeinschaften, und in einem gewissen Sinn behielten sie recht.74 Trotz der verhältnismäßig begrenzten Zielsetzung, welche die Gegner der Jesuiten ins Auge gefasst hatten, ist es kaum möglich, die unabsehbaren Auswirkungen der erfolgten Maßnahmen zu übertreiben. Die Gesellschaft Jesu, der intellektuell fähigste, pädagogisch erfolgreichste und politisch mächtigste Orden, war durch die vereinten Kräfte der katholischen Machthaber zerstört worden. Der Papst behauptete, indem er die Maßnahme vollzog, seine absolute Autorität auf eine Weise, die seine Macht in ferner Zukunft stärken sollte. Zunächst aber betrachtete man die Auflösung des Ordens als gewaltige Niederlage fur das Papsttum, und so wurde sie auch in Rom beurteilt. Sicherlich lässt sich daraus erklären, warum Pius VI., der von 1775 bis 1799 regierte, in fast alle Kirchenreformen, die von weltlichen Fürsten verordnet wurden, einwilligte und warum er sich nie besonders für irgendeine Form des Mönchtums einsetzte. Erst 1791 überwand er sich dazu, die klerikale Zivilverfassung der französischen Nationalversammlung zu verurteilen. Die Tatsache, dass man das Papsttum gezwungen hatte, den Orden aufzugeben, der zu seiner Unterstützung gegründet worden
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war, zerrüttete die Moral im Vatikan und veränderte die Machtverhältnisse zugunsten der katholischen Fürsten. Das eigentliche Leitmotiv - die Zerstörung des erfolgreichsten und mächtigsten Ordens durch den Papst und die katholischen Machthaber - war von einer eigenwilligen Gegenbewegung begleitet. Der offiziell protestantische und tatsächlich agnostische Friedrich der Große von Preußen und Katharina die Große, die den russisch-orthodoxen Glauben angenommen hatte, rühmten sich beide der Toleranz gegenüber ihren katholischen Untertanen. Sie verlangten nun vom Papst die Erlaubnis zur Beibehaltung des aufgelösten Ordens in ihrem Herrschaftsbereich. Die beiden Monarchen betrachteten die Lehrmethoden der Jesuiten als ein einzigartig erfolgreiches Instrument für die Schulung ihrer katholischen Untertanen und waren sich bewusst, dass dieses unmöglich innerhalb einer kurzen Zeitspanne ersetzt werden konnte. Leicht verlegen ließ der Papst Friedrich wissen, dass er, nachdem er den Orden so feierlich aufgehoben habe, nicht in seinen legitimen Fortbestand einwilligen könne, er erklärte sich aber einverstanden, ehemalige Jesuiten in Schlesien unter einem neuen Namen und der Leitung des Königs weiterarbeiten zu lassen. Katharina ihrerseits weigerte sich, die päpstliche Bulle, welche die Aufhebung der Gesellschaft proklamiert hatte, zu publizieren, und befahl den Jesuiten, ihre Aufgaben weiterhin zu erfüllen. Als der Papst von den katholischen Machthabern wegen der Verhältnisse in Russland bedrängt wurde, erklärte er, es handle sich lediglich um ehemalige Jesuiten. Den russischen Mönchen versicherte er hingegen, dass er ihre Tätigkeit billige, welche auch die Aufnahme von Novizen und die Wahl eines Generals einschloss. Während also die Regierung des unabhängigen Polen und Maria Theresia in Galizien die Jesuiten verbannten und auch eine Anzahl von anderen Ordenshäusern aufhoben, konnte sich die Gesellschaft unter dem Schutz dieser nichtkatholischen Herrscher behaupten. Katharina gab ihnen sogar die Gelegenheit, als Ordensgemeinschaft weiterzubestehen. Die Einstellung von Friedrich und Katharina ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die Regierung in London zu dieser Zeit Mönchen und Nonnen in Großbritannien und Irland noch keinerlei Toleranz bezeigte. 1801 erhielt Paul I., Katharinas Nachfolger, eine offizielle Bestätigung vom Papst, dass die Jesuiten in Russland eigentlich immer als wirkliche Jesuiten anerkannt worden seien. Aber bald nachdem sich der Orden andernorts wieder neu etabliert hatte, vertrieb man seine Mitglieder 1820 aus Russland. Trotz dieses ironischen Spiels des Schicksals ist der Schutz der Jesuiten durch Preußen und Russland ein eindrückliches Beispiel von Toleranz gegenüber Ordensgeistlichen seitens nichtkatholischer Herrscher, ein Phänomen, das im 19. Jahrhundert erneut ein erstaunliches Wachstum des Mönchtums ermöglichte, so etwa in Irland, wo ja klösterliche Gemeinschaften seit der Reformation verbannt gewesen waren.75
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η. Kapitel
Frankreich: Die commission des reguliers
wischen 1765 und 1790 strebten fast alle katholischen Länder Klosterreformen an. Aber die beiden wichtigsten und einflussreichsten Beispiele in dieser Hinsicht waren erstens die Änderungen, welche die 1766 in Frankreich etablierte commission des reguliers veranlasste, und zweitens das Reformprogramm, das unter Maria Theresia und Joseph II. in der Habsburgermonarchie Gestalt annahm. Ein Vergleich der beiden Fälle zeigt unerwartete Ergebnisse. Obwohl es im Wesentlichen bei beiden darum ging, die Anzahl der Ordenshäuser zu reduzieren, verkörperten sie völlig verschiedene Auffassungen in Bezug auf die geistlichen und gesellschaftlichen Funktionen des Mönchtums. Die Unterdrückung der Gesellschaft Jesu in Frankreich führte in gewissen Bereichen zwangsweise zu Veränderungen. Da die Jesuiten aus dem Schulsystem, das sie so lange dominiert hatten, vertrieben worden waren, musste man eine Lösung finden, um die entstandene Lücke wieder auszufüllen. Die Regierung entzog der Kirche die Autorität in dieser Sache und unterstellte die rund hundert ehemaligen Jesuitenkollegien der Kontrolle von lokalen Kommissionen, die sich hauptsächlich aus Laien zusammensetzten und unter dem Vorsitz eines Bischofs standen. Obwohl die Leitung von ungefähr einem Drittel der Kollegien wiederum Ordensgeistlichen anvertraut wurde, besonders den Oratorianern und Doktrinianern, geschah dies im Namen des Staates durch die lokalen Kommissionen und nicht durch kirchliche Instanzen. An einigen Orten verwehrte man dem Bischof sogar die Kontrolle über alle Unterrichtsfächer außer den theologischen. Jene Kollegien, die unter der Leitung von Orden standen, entzogen sich zwar der weltlichen Kontrolle schon bald; die Mehrzahl blieb jedoch den lokalen Kommissionen unterstellt. Grundsätzlich verkörperte diese Übertragung von Autorität einen epochalen Triumph des Laienstandes über den Klerus und einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem säkularisierten Schulsystem.1 Tatsächlich waren aber die praktischen Auswirkungen dieser Maßnahmen viel begrenzter; denn die von den lokalen Kommissionen angestellten Lehrer waren anfangs fast alle Kleriker, da es wenig pädagogisch ausgebildete Laien gab. Allerdings zeichnete sich innerhalb der Oratorianer eine gegenläufige Bewegung ab, wo confreres, die kein Gelübde abgelegt hatten, eine zunehmend größere Rolle spielten. Die Kollegien selbst blieben aber weiterhin betont katholisch. Überdies herrschte ein steter Mangel an Geldmitteln, um neue Initiativen zu finanzieren. Trotzdem besteht kein Zweifel, dass die Schulreform den Willen zur Modernisierung des gesamten Bildungssystems bestärkte und beschleunigte. Eigentlich hatten sich - 183
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II. Teil: Formen monastischer Reform
solche Tendenzen schon seit Jahrzehnten bemerkbar gemacht, sogar in den Schulen der Jesuiten: Theologie, Cartesianismus und Latein sollten im Lehrplan zugunsten von „modernen" Fächern wie Naturwissenschaften und aktuellen Fremdsprachen zurückgestellt werden. Natürlich hatte jede Schule ihre eigene Geschichte. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Bürger von Vienne mussten lange und zäh um die Erhaltung ihres ehemaligen Jesuitenkollegiums kämpfen, und es gelang ihnen nur, indem sie eine ihrer beträchtlichen Einnahmequellen an das Kollegium in Grenoble abtraten. 1774 nahm man in Vienne einen Kurs in Gestaltung in den Lehrplan auf und folgte damit dem nationalen Trend, mehr praktische Fächer anzubieten. Trotzdem blieb die Schule den Kindern der lokalen Berufselite vorbehalten, und viele der Schüler erhielten weiterhin in jugendlichem Alter die Tonsur, um die nötigen Voraussetzungen für eine mögliche geistliche Laufbahn zu schaffen.2 Obwohl die Unterdrückung der Jesuiten auf ordensspezifische Gründe zurückzufuhren war, eröffnete sie gleichwohl den Weg zu einer Debatte über das Mönchtum überhaupt. Als der Klerus 1765 zu seiner in Abständen von fünfJahren abgehaltenen Generalversammlung zusammenkam, war das Bewusstsein ausgeprägt, dass sich die Situation der Kirche seit dem letzten Treffen drastisch verschlechtert hatte. Im Zusammenhang mit der Vertreibung der Jesuiten und der Verfugung über ihre Kollegien hatte sich der König nicht wie gewohnt auf die Seite der Geistlichkeit gestellt. Dadurch war die Einheit von Kirche und Staat, wie sie sich durch die Integration von Unigenitus ins Landesgesetz manifestiert hatte, faktisch zerstört. Überdies erhob sich der Aufschrei Appartements und pkilosophes gegen den Klerus immer lauter. So war es sicher am klügsten, wenn die Kirche Reformbereitschaft zeigte und versuchte, das Geschehen, soweit wie möglich, unter Kontrolle zu halten. Unter anderem befasste man sich in der Versammlung auch mit den Verhältnissen in den Klöstern. Dabei muss man bedenken, dass in der Versammlung keine Ordensgeistlichen vertreten waren, was gewissen Weltklerikern Gelegenheit bot, ihren antimonastischen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Besonders die Bischöfe hatten sich schon immer darüber geärgert, dass es in jeder Diözese „ebenso viele einzelne kleine Diözesen wie Klöster gab, über die der Bischof keine Aufsichtsrechte hatte".3 Angesichts des bedauerlichen Zustande der französischen Mönchsorden und um deren völligen Verfall abzuwenden, schlug Erzbischof Lomenie Brienne von Toulouse, die Triebfeder der Versammlung, vor, der König solle den Papst bitten, eine Kommission von geistlichen Würdenträgern zu ernennen, um eine Klosterreform zu beraten. Brienne schrieb 1769: „1765 wurden die monastischen Institutionen in Europa von einer Revolution bedroht. In Frankreich kündigte sie sich durch moralischen Zerfall und durch den Niedergang von Gelehrsamkeit an, besonders aber durch einen zwieträchtigen Geist innerhalb der Klöster, der oft zu Splittergruppen und Rechtsstreitigkeiten in Zivilgerichten führte."4 Diese letzte Bemerkung verdient besondere Beachtung. Denn der Sturz der Jesuiten war ja teilweise durch die Gerichtsfälle im Zusammenhang mit La Valettes - 184 -
Frankreich: Die commission des reguliers
Machenschaften hervorgerufen worden. Andere Rechtsfälle ergaben sich aus Differenzen, meistens zwischen Vorgesetzten und gewöhnlichen Mönchen und Nonnen, über die interne Führung von Ordenshäusern. Unter einem besonderen Verfahren, l'appel comme d'abus, war es möglich, solche Streitigkeiten vor ein Zivilgericht zu bringen, wo die Verhandlungen den Feinden des Mönchtums belastendes Material in die Hände spielten und wo die Urteile den geistlichen Autoritäten meistens nicht sehr willkommen waren. Überdies glaubte man, dass schon die Androhung eines Gerichtsverfahrens die Klosterleitung dazu zwang, gebührende Disziplin einzuhalten. Choiseul, der oberste Minister des Königs, begrüßte die Idee einer Untersuchung, ließ sich aber gerne von denparlements überzeugen, dass der König die Kommission eigenständig einsetzen solle. So etablierte Ludwig 1766, ohne den Papst zu konsultieren, eine commission des reguliers, die aus fünf Erzbischöfen und vier weltlichen Staatsräten bestand. Diese wiederum wurde von verschiedenen Rechtsgelehrten und Theologen beraten. Manche Geistliche waren mit dem Ausschluss des Papstes nicht zufrieden. Aber ähnlich wie bei den neuen Vorkehrungen zur Leitung von ehemaligen Jesuitenkollegien hatte der Klerus im Grunde genommen nichts dagegen, einer Kommission mit Laienmitgliedern beizutreten, die sich mutmaßlich mit geistlichen Problemen befassen würde. Allerdings wurden keine Vertreter der Orden in die Kommission gewählt, obwohl dies erlaubt gewesen wäre. Brienne selbst übte das Amt als Sekretär der Kommission aus. Frauenklöster waren vom Auftrag der commission ausgenommen, wie auch alle neuen, nachreformatorischen Orden. Die Gesamtzahl der betroffenen Mönche betrug, wie schon erwähnt, etwas über 30.000, verteilt auf fast 3.000 Häuser. Zu diesen gehörte auch Cluny und seine Tochtergründungen, die zwar teilweise untersucht, aber im großen Ganzen der Diskretion des Kommendatarabtes von Cluny, dem Kardinal de la Rochefoucauld, überlassen wurden, der gleichzeitig auch Vorsteher der Kongregation und Erzbischof von Rouen war. Als die Schaffung der commission im Mai 1766 verkündet wurde, löste das eine wahre Flut von Kampfschriften aus. Einige Radikale erklärten, dass das Mönchtum in jeder Beziehung schädlich sei, da es der Gesellschaft Arbeitskräfte entziehe und zum Schaden der Wirtschaft Eigentum aus dem Verkehr nehme. Überdies verhindere das Festhalten am Zölibat das Bevölkerungswachstum. W i e können solche Schwärme von Mönchen der Religion irgendwelche Ehre bringen, sie, die aufgrund ihres Gelübdes ein Leben in Armut und Entbehrung fuhren sollten, sich aber von lüsternen und verdorbenen Laien nur durch ihre auffallende und bizarre Kleidung unterscheiden - Mönche, die aus Faulheit ins Kloster eingetreten waren und sich da dem Müßiggang ergeben? W i e viele Abteien gibt es in Frankreich, wo Fremde nur durch die angenehme Unterkunft und die Gaumenfreuden einer guten Tafel angezogen werden? Wenn du aber dahin gehst, be-
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gegnest du den abscheulichsten Skandalen, und du verlässt den Ort voller Entrüstung über die Torheit der Menschen, die für solche Tiere wohlhabende Menagerien gegründet haben und sie unterhalten.
Die Bettelorden mussten besonders heftige Beschuldigungen hinnehmen: „Ihre Armut zwingt ihnen allerlei gemeine Verhaltensweisen auf, [...] Zauberei, Hochstaplerei, Scharlatanerie, Dieberei [...] wäre es nicht ein Vorteil fur die Religion, alle diese Brutstätten von rüpelhaften Mönchen zu zerstören?" Wenn sich die Auflösung der Orden nicht durchführen ließe, sollte wenigstens die Altersgrenze der Profess auf gut 25 Jahre erhöht werden. Eine solche Maßnahme, so dachte man, würde die Zahl der Mönche und der Klöster langsam, aber sicher reduzieren. Die Verteidiger der Klöster hingegen erklärten, diese seien ein Bollwerk und Schmuck der Kirche, und sie brandmarkten ihre Angreifer als geheime oder implizite Feinde des Katholizismus, wenn nicht gar des Christentums überhaupt. Wo sich Missbrauch zeige, sollte dieser korrigiert, aber nicht als Vorwand zur Unterdrückung gebraucht werden. Der kirchliche Grundbesitz sei notwendig zur Unterstützung der Bedürftigen, zum Unterhalt der Mönche und um schickliche Gottesdienste zu feiern.5 Die commission sandte Fragebögen an alle Bischöfe und die Klöster der relevanten Orden. Auch einige eures und Laien äußerten ihre Meinung. Freilich ist es schwierig, die Masse dieser häufig detaillierten Erklärungen zusammenzufassen. Die Bischöfe lieferten jedoch die ausführlichsten Antworten, und diese fanden auch am meisten Beachtung. Ganz allgemein bemerkten sie, dass das französische Mönchtum im Niedergang begriffen sei. Dabei verurteilten sie speziell das weitverbreitete Streben nach persönlichem Eigentum, wie es in den reicheren Ordenshäusern üblich geworden wax. Hier versorgte man nämlich die Mönche mit einem regelmäßigen Einkommen und stellte ihnen bequeme Wohnquartiere, oft in prächtigen neuen Gebäuden, zur Verfügung. Ferner bedauerte man die Tatsache, dass Mönche in vielen Häusern unbehindert mit Laien und Frauen verkehren konnten und dass manche Ordensgeistliche ihre schlichte Kutte mit eleganter, weltlicher Kleidung vertauscht hatten. Bischöfe bemängelten auch die laxe Observanz der Gottesdienstordnung und der Fastenzeiten und ferner die Bereitschaft, mit philosophie, also aufklärerischem Gedankengut, zu flirten. Man war sich einig, dass es zu viele Ordensgeistliche gebe. Die Zielsetzung der Gründer, wie man betonte, sei schließlich Qualität und nicht Quantität gewesen. Überdies fand man es absurd, dass es in manchen Städten mehr als ein Haus desselben Ordens gab. Wie der Papst schon vor Langem erklärt hatte, konnten Klöster mit weniger als zehn oder vielleicht zwölf Insassen nicht als lebensfähig betrachtet werden. Auch die Ernennung von Mönchen als Dorfpriester wurde allgemein verurteilt, und die Bischöfe bestanden darauf, dass ihnen die restlichen Klöster, die sich auf Immunitätsrechte beriefen, unterstellt werden sollten. -
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Frankreich: Die commission des re'guliers
Während hinsichtlich der Bettelorden manche Bischöfe und Weltgeistliche feindselige Bemerkungen über sie machten, erklärten andere, dass sie die hingebende Unterstützung dieser Mönche als Priester, Prediger, Beichtväter und Missionare unbedingt brauchten, um ihre Pfarreien mit angemessener Seelsorge zu versehen. Diese Meinungsverschiedenheiten entsprachen ungefähr den Unterschieden zwischen den Regionen, in denen die Kirche reich begütert war, besonders im Norden und Nordosten, und denjenigen, in denen es wenig geistliche Ländereien gab. In den erstgenannten Gebieten betrachtete man die Tätigkeit der Mendikanten häufig als Einmischung in die Aufgaben der Weltgeistlichen und, da die Bettelmönche fur ihre Predigten, Trauungen und Beerdigungen Gebühren einzogen, auch als Minderung des kirchlichen Einkommens. Wo die Kirche dagegen wenig Güter besaß, hielt man die Hilfe der Mendikanten für unentbehrlich und nützlich. 6 Ganz allgemein schätzte man aber die Arbeit der Bettelorden viel höher ein als diejenige der begüterten Orden. Während manche Weltgeistliche und Laien das Mönchtum in Bausch und Bogen verdammten, bekannte sich die Mehrheit der Befragten zur Gültigkeit der Institution, obgleich fast alle einräumten, dass sie im Niedergang begriffen sei. Die Bemerkungen der Laien konzentrierten sich hauptsächlich auf das ungebärdige Benehmen von ortsansässigen Mönchen und auf eine Kritik des klösterlichen Reichtums. In diesem Zusammenhang spielte die U n veräußerlichkeit der monastischen Güter eine wichtige Rolle, da dadurch oft private Bauprojekte und kommunale Verbesserungen verhindert wurden. Dabei hörte man ausgesprochen kritische Stellungsnahmen häufiger südlich als nördlich der Loire. 7 Obwohl kein Ordensgeistlicher Mitglied der commission war, bemühte sich diese, auch die Meinungen von zahlreichen Mönchen, von Superioren wie von Untergeordneten, zu sammeln, wobei die Letzteren meist anonym blieben. Es gibt keine andere Dokumentensammlung, die einen tieferen Einblick in die Gedanken und Gefühle, in das Leben und die Arbeit von Mönchen des 18. Jahrhunderts vermitteln würde. In den verwahrlosteren Orden schienen sich die Mitglieder nicht weiter an den offensichtlichen Missständen zu stoßen, aber in fast jedem Haus gab es Mönche, die bereitwillig einräumten, dass ihre Regel auf schädliche Weise gelockert worden sei. Der Prior des Celestinenhauses von Verdelais schrieb an Briennes Vertreter: Ich empfinde den unglücklichen Zustand der Kongregation wie kaum ein anderer und bedauere die moralische Unmöglichkeit, uns in der von uns gelobten Lebensweise zu erhalten, ohne eine totale Reform durchzufuhren. Eine solche wird aber keiner akzeptieren, am wenigsten ich selbst, denn ich fühle mich nicht stark oder tugendhaft genug, um einen Wandel, wie er absolut nötig wäre, durchzustehen. [Er würde die Säkularisierung begrüßen, furchtet aber, dass es ihm schaden könnte, wenn er dies öffentlich sagte, denn der Erzbischof von Paris würde sich einem solchen Schritt sicher widersetzen und dabei wahrscheinlich erfolgreich sein.] Handeln Sie also, als ob
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II. Teil: Formen monastischer Reform
Sie unser Einverständnis hätten, und verbrennen sie meinen Brief, wie ich auch den Ihren verbrennen werde. Ein anderer Mönch erklärte: „Ich hoffe, dass Sie Ihr Möglichstes tun werden, um uns eine anständige Pension zu sichern. Diese Aussicht interessiert uns alle. Ich gäbe alles darum, das G e schäft zu beenden und unsere Säkularisierung herbeizubringen, wenn wir eine Pension von 1200 bis 1500 livres erwarten dürften." 8 Viele der Befragten bemerkten, dass Mönche, außer den strenggläubigsten, keineswegs isoliert von der Gesellschaft lebten und dass ihnen wohl bewusst sei, dass das monastische Leben nicht mehr so hoch eingeschätzt würde wie einst, was sich ja auch in den fallenden Rekrutierungsziffern zeige. Natürlich beunruhigte diese Atmosphäre von Feindseligkeit und Gleichgültigkeit die Mönche und Nonnen, und der Angriff auf die Jesuiten verunsicherte sie zwangsläufig noch weiter. In vielen monastischen Gemeinschaften brachen im Ordenskapitel tiefliegende Meinungsverschiedenheiten auf, wobei sich die gewöhnlichen Mönche oft über den „Despotismus" und die luxuriöse Lebensweise ihrer Vorgesetzten beklagten. Diese Beschwerden richteten sich nicht so sehr gegen Kommendataräbte als gegen reguläre Priore und Amtsinhaber. Viele Mendikanten fanden das Betteln unangenehm und sogar gefahrlich, seit die öffentliche Meinung diese Tätigkeit zu verurteilen schien.9 Jene, welche die Fragen der commission beantworteten, achteten oft darauf, ob die ihnen vertrauten Orden und Klöster ihre Profess einhielten. Sie fragten zum Beispiel: Befolgt der Orden seine eigenen Regeln, und stimmt seine Regel mit den Absichten des Gründers und der monastischen Berufung überein ? Läuft das Leben in den einzelnen Häusern so ab, wie es sollte? Benehmen sich Mönche in gewissen Häusern, wie sie sollten? Bringen die Orden und ihre Häuser der Kirche und der Gesellschaft Nutzen? Im Fall von verschiedenen kleinen Orden wurden diese Fragen fast durchwegs verneint. Ein besonders extremes Beispiel bildeten die sogenannten exemten Benediktiner, die das gemeinschaftliche Leben schon vor Langem aufgegeben hatten und jetzt in ihren eigenen Häusern wohnten. Manchmal unterstützten sie sogar ihre Familien, nicht selten mit Hilfe von männlichen und weiblichen Bediensteten, welche sie aus Stiftungsgeldern des Ordens bezahlten. Obwohl sich diese Z u stände seit Langem hingezogen hatten, waren sie in Bezug auf die eigentliche Zielsetzung des Ordens offensichtlich skandalös. Die Kanoniker von St. Ruf hatten sogar selbst um Säkularisierung gebeten. Und sogar in der großen Reformkongregation von St. Maur soll die Gelehrsamkeit abgenommen haben, da die Mönche nicht mehr gezwungen waren, lange Perioden allein zu verbringen wie früher. In manchen Häusern waren die Mitglieder zerstritten, teilweise als Ergebnis der Kontroverse über den Jansenismus. Selbst der große Reichtum vieler Häuser hatte diese nicht davon abgehalten, riesige Schulden anzuhäufen. 10 Trotz dieser selbstkritischen Äußerungen und eines gewissen Defätismus hatte sich innerhalb der Klöster eine beachtliche Meinungsgruppe gebildet, welche die monastischen -
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Frankreich: D i e commission des reguliers
Institutionen energisch verteidigte. E i n e Rückkehr zu strenger O b s e r v a n z der Regel sollte das M ö n c h t u m retten. D e r E r z b i s c h o f von Cambrai, M g r . Choiseul, fasste den Fall besonders intelligent zusammen:
Allgemein gesprochen sind die Ordensgeistlichen heute weniger nötig für seelsorgerische Aufgaben [...], denn die Ausbildung des Klerus hat sich stark verbessert und die Unwissenheit, die unter Weltgeistlichen einst herrschte, hat sich in die Klöster zurückgezogen [...]. Wir sollten uns jedoch in acht nehmen, dass wir ein immer noch nützliches Refugium und Ressourcen, die uns in der Zukunft notwendig werden könnten, nicht zerstören.11
D a s generell bevorzugte Heilmittel bestand darin, die alten Regeln neu z u beleben und i h nen wieder G e l t u n g zu verschaffen, wieder z u m „ursprünglichen klösterlichen Z u s a m m e n leben zurückzukehren". N a c h einer verhältnismäßig kurzen Z e i t von zwei Jahren erließ der K ö n i g im M ä r z 1768 erneut ein Edikt, das sich auf die E m p f e h l u n g e n der commission stützte, welche wiederum aus den E i n g a b e n der U m f r a g e hervorgegangen waren. D i e W e i s u n g begann damit, dass der K ö n i g denjenigen M ö n c h e n ein L o b aussprach, die „bewundernswürdige Beispiele eines geistlichen und arbeitsreichen L e b e n s repräsentierten". Andererseits bedauerte er aber die gegenteiligen Fälle, w o korrupte Regeln zu einer L o c k e r u n g der Disziplin und damit z u allerlei Ubelständen geführt hätten. W i c h t i g aber wäre, fuhr er fort, dass die innere Berufung derjenigen, die M ö n c h e werden wollten, durch Gehorsam, Disziplin und strenge Observanz der Regel gestärkt würde. Z u diesem Z w e c k sollte das A l t e r fur die Profess von M ä n n e r n auf 21, für Frauen auf 18 Jahre hinaufgesetzt werden (im G e g e n s a t z z u m früheren Professalter von 16 Jahren für beide Geschlechter). D a s E d i k t stipulierte beiläufig, dass die Z a h l der Weltgeistlichen, einschließlich Dorfpriester, z u m Nachteil der M ö n c h e z u n e h m e n würde. D i e W ü n s c h e der Bischöfe hinsichtlich der A u f h e b u n g der monastischen Immunität gingen zwar nicht sofort in Erfüllung, aber das E d i k t verlangte von ihnen, dass sie in den Klöstern, die ihnen ohnehin schon unterstanden, Visitationen durchführten, u m die Ordensregeln genau zu prüfen und zu klären. A u f diese Weise hoffte man, Gerichtsfällen vorzubeugen und den inbrünstigen G e i s t der Ordensgründer neu zu erwecken. Gleicherweise verlangte man von Kongregationsvorgesetzten, die Häuser zu besuchen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich lagen. Schließlich verlieh das E d i k t der commission die Autorität, besonders korrupte O r d e n und unzulängliche Institutionen aufzulösen. I m Prinzip sollten alle Häuser mit weniger als sechzehn Insassen geschlossen werden, im Fall von Kongregationen mit weniger als neun. In keiner Stadt durfte es mehr als ein Haus eines bestimmten Ordens geben, außer in Paris, w o ein O r d e n zwei Klöster unterhalten durfte. 1 2 E i n späteres E d i k t verlieh den Bischöfen 1773 noch weitere Autorität über die ihnen unterstehenden Klöster. 1 3
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II. Teil: Formen monastischer Reform
D a s k o m p l i z i e r t e P r o g r a m m d e r commission,
das sich aus E m p f e h l u n g e n , B e r a t u n g e n ,
rechtlichen A r g u m e n t e n und der eigentlichen D u r c h f ü h r u n g zusammensetzte, war von e m p f i n d l i c h e n V e r z ö g e r u n g e n g e p l a g t u n d f ü h r t e überdies z u v e r s c h i e d e n e n W i d e r s p r ü c h lichkeiten. W a s die A b s c h a f f u n g v o n Klöstern betrifft, bietet der Fall des D o m i n i k a n e r hauses v o n G r a s s e ein b e s o n d e r s i n s t r u k t i v e s B e i s p i e l . 1 7 2 9 h a t t e es n o c h z e h n I n s a s s e n , 1 7 6 8 w a r e n es aber nur n o c h vier. D a s E i n k o m m e n reichte k e i n e s w e g s aus, u m d i e z u n e h m e n d b a u f ä l l i g e n G e b ä u d e z u reparieren, u n d m a n h a t t e B e w e i s e dafür, dass d i e M ö n c h e w e d e r p r e d i g t e n n o c h als B e i c h t v ä t e r tätig w a r e n . 1 7 7 1 g e l a n g es d e m B i s c h o f , d i e sion
commis-
z u ü b e r z e u g e n , dass dieses o f f e n s i c h t l i c h h e r u n t e r g e k o m m e n e H a u s E n d e J u n i a u f g e -
h o b e n w e r d e n sollte. D e r R e s t d e r G e s c h i c h t e lässt sich a m b e s t e n m i t d e n W o r t e n v o n Bernard Plongeron wiedergeben:
Bizarrerweise brach ein wahrer Sturm los. A m 30. Juni versammelte sich der Stadtrat zu einer Krisensitzung und kritisierte Mgr. de Prunieres [...]. W a s war ihm nur eingefallen? W i e hatte er übersehen können, welchen Schaden er der Gottesverehrung zufügen würde? Betrachten die Bewohner der Gegend die heruntergekommene Kirche der Dominikaner nicht als ihre „zweite Pfarrkirche", leicht zu erreichen für die ländliche Bevölkerung und nützlich „wegen der Anzahl der Messen, die dort an Fest- und Sonntagen zu günstigen Zeiten gefeiert werden"? Der ehrwürdige Bischof war verblüfft [...]. A b e r langsam wurde ihm die Sache klar, als er erfuhr, dass die Mönche, deren Z a h l sich wunderbarerweise auf sechs erhöht hatte, ihre Verwandten unter den Bürgern von Grasse aktiviert hatten. Eine Gruppe von neuen Sympathisanten verlor keine Zeit, mit südlichem Uberschwang „die Erleuchtung, die vorbildliche Haltung und die regelmäßige Observanz" ihrer Schützlinge zu preisen. Aus Furcht vor ernsthaften Unruhen mussten die königlichen Kommissare am 3. Juli den Versuch, ihre Anweisungen in Kraft zu setzen, aufgeben. 14
H i e r h a n d e l t e es s i c h u m e i n e n a u ß e r g e w ö h n l i c h e n Fall. M e i s t e n s b e d a u e r t e n w e d e r d i e M ö n c h e selbst n o c h ihre N a c h b a r n d i e A u f h e b u n g eines O r d e n s h a u s e s . D o c h C h a t e a u b r i a n d erinnert sich an f o l g e n d e s E r l e b n i s :
[Ich] kehrte zum Mittagsmahl in einer Benediktinerabtei ein, die aus M a n g e l an M ö n c h e n kürzlich in eine wichtigere Klostergemeinschaft desselben Ordens integriert worden war. W i r fanden niemanden da außer dem Schatzmeister, den man mit der Beseitigung der M ö b e l und dem Verkauf von H o l z beauftragt hatte. In der ehemaligen Bibliothek des Priors servierte er uns ein wunderbares, fleischloses Essen: W i r verzehrten eine große A n z a h l von frischen Eiern mit einigen riesigen Karpfen und Hechten. Durch die Arkaden des Kreuzgangs konnte ich am Ufer des Weihers einige mächtige Platanen sehen. A m Fuß eines jeden Baumes erdröhnten schwere
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Axthiebe, die Krone erzitterte in der L u f t , und er fiel vor unseren A u g e n [ . . . ] . M e i n H e r z blutete beim Anblick der zerstörten Waldung und dem verlassenen Kloster. 15
Man schätzt, dass letztlich 458 von 2.966 Ordenshäusern aufgelöst wurden, also ungefähr ein Sechstel, wobei es sich dabei wahrscheinlich um weniger als 3.000 Insassen handelte, vielleicht ein Neuntel aller Mönche der betroffenen Orden^ö Einige Mönche gaben das Ordensleben auf und erhielten eine Pension, andere wurden von fortbestehenden Häusern übernommen. Wichtiger als die eigentliche Aufhebung von Klöstern war die Revision der Ordensregeln. Doch das war ein langwieriges Verfahren. Zwölf Jahre vergingen, bis man die commission auflöste, und sogar dann wurde sie durch eine modifizierte commission anderen Namens ersetzt. Das bedeutete, dass die alten Orden nach der Verkündigung des ursprünglichen Edikts während einer langen Periode in Unsicherheit schwebten. Diese schwierigen Verhältnisse, kombiniert mit der Anhebung des Professalters, waren in den Augen der Ordensgeistlichen und der Generalversammlung des Klerus der Grund für das drastische Absinken der Mönchbestände: 1780 behauptete die Versammlung, dass die religiösen Orden innerhalb von drei Generationen vollständig verschwinden würden, wenn die gegenwärtigen Tendenzen andauerten.17 Es stimmt zwar, dass sich die rund 24.000 Mönche, welche 1768 die von der commission inspizierten Klöster bewohnten, um 1790 auf 18.845 reduziert hatten, also fast um ein Viertel. 18 Aber wie meistens in solchen Fällen ist die Geschichte nicht ganz so einfach. Die i78oer-Jahre erlebten nämlich eine erneute Welle von Berufungen zu den alten Orden: Die Rekrutierungen zu den Maurinern zum Beispiel übertrafen ihren früheren Höchststand der 174oer-Jahre. Das genügte zwar nicht, um die großen Verluste der zwei vorhergehenden Generationen wettzumachen, ist aber trotzdem ein eindrückliches Phänomen.19 Die Arbeit der commission war von bitteren Kontroversen begleitet. Lomenie de Brienne, der die Untersuchungen leitete, war ein Freund und Bewunderer von philosophies wie d'Alembert und sollte, mit der Begründung, dass er nicht an Gott glaube, nach Wunsch Ludwigs XVI. niemals Erzbischof von Paris werden. Daher hat man ihm vorgeworfen, er hätte unter dem Deckmantel der Reform auf eine vollkommene Zerstörung des Mönchtums hingearbeitet.20 Aber auch die übrigen Kommissare, die sich intellektuell weniger radikal gaben, waren den Mönchen kaum freundlicher gesonnen. Sie und die Regierung machten keinen Hehl daraus, dass sie die Zahl der Mönche, wenigstens die der traditionellen Art, für die sie zuständig waren, stark reduziert sehen wollten, und die Anhebung des Professalters war darauf angelegt, dies zu bewirken. Andererseits sagten sie aber auch, sie wollten zwar weniger, aber bessere Mönche, und die getroffenen Maßnahmen schienen dieses Ziel zu unterstützen. 1773 wurden ihre Anstrengungen durch ein weiteres königliches Edikt bestärkt, welches ungewöhnlich detaillierte Vorschriften für das Verhalten von Klöstern und seine Insassen
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II. Teil: Formen monastischer Reform
festlegte: Ein Schulsystem und getrennte Wohnquartiere für die Novizen müssten vorhanden sein. Mit ganz seltenen Ausnahmen müssten Mönche in ihrem Mutterhaus leben, ein Wechsel in ein anderes Haus sei ihnen nicht erlaubt. Auch dürften sie nicht ohne Erlaubnis ausgehen. Sie dürften kein Eigentum besitzen, und der Betrag an Taschengeld, der ihnen erlaubt war, müsse streng beschränkt bleiben.21 Die Grundeinstellung der Kommissare zeigt sich am deutlichsten bei ihrer Einschätzung der Kartäuser, dem strengsten der kontemplativen Orden, dessen Mönche sich ausschließlich dem Gebet, der Meditation, dem Gottesdienst und körperlicher Arbeit innerhalb des Klosters widmeten. Uber diesen Orden waren so wenige Beschwerden eingegangen, dass die commission nur geringe Änderungen empfahl und im Prinzip akzeptierte, dass er seine ursprüngliche Reinheit und Strenge bewahrt hatte und daher keiner Reformen bedurfte. Brienne bezeichnete die Kartäuserklöster als Gefängnisse - allerdings als freiwillige Gefängnisse. Er sagte: „Es ist unmöglich zu wünschen, dass ein Kartäuser ein aufgeklärter Mensch sein könnte."22 Mit anderen Worten, die commission bemühte sich nicht darum, Mönche ins weldiche Leben hineinzuziehen, sie im modernen oder aufgeklärten Sinn für die Gesellschaft nützlicher zu machen. Ihr erklärtes Ziel war es, die Institution durch Wiederherstellung der ursprünglichen monastischen Observanz und Abgeschiedenheit neu zu beleben. Auch die Zusammensetzung der commission rief viel Kritik hervor. Nach ultramontanen Kriterien und den Maßstäben des Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert war es geradezu skandalös, ohne das Einverständnis des Papstes eine unabhängige Körperschaft einzusetzen, die sich mit solchen Angelegenheiten befassen sollte. Doch nach einigem Verhandeln über Einzelheiten und das Schicksal der Güter von aufgelösten Häusern segnete der Papst die Empfehlungen der commission im Nachhinein ab und unterstützte sie durch seinen Einfluss.23 Die Tatsache, dass das französische Volk die Einmischung des Staates in solche Angelegenheiten, bei denen es sich ja eindeutig um Moral, Kirchenrecht und Disziplin handelte, so bereitwillig akzeptierte, weist auf die tiefe Verwurzelung des Gallikanismus hin. Ahnlich wie bei der Austreibung der Jesuiten durch den Staat scheint sich auch hier der zukünftige Anspruch des revolutionären Regimes von 1789 und der nachfolgenden Regierungen anzukündigen, die französische Kirche ohne Berücksichtigung des Papstes oder des Klerus zu regeln. Die commission und die Regierung sind aber auch von einem ganz anderen Standpunkt aus kritisiert worden, nämlich dafür, dass sie die Stellung der Kirche als Großgrundbesitzerin und als Institution, welche die Aristokratie mit ausgedehnten Erholungsräumen versorgte, nie hinterfragten. Die Güter der verhältnismäßig wenigen, kleinen Klöster, die aufgelöst worden waren, blieben im Besitz der Kirche, und ihre Einnahmen wurden für wohltätige Zwecke verwendet. Aber weder die Bischöfe noch die commission stellten jemals den Reichtum und die Steuerprivilegien der Kirche infrage, und auch das groteske System der Kom-
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Frankreich: Die commission des reguliert
mendataräbte wurde nie diskutiert, obwohl es sicherlich einer der Hauptgründe des monastischen Zerfalls war. Das Thema scheint gänzlich tabu gewesen zu sein. Das Problem der Kommende kam gewiss daher nie zur Sprache, weil diese Institution den Bischöfen und der Regierung große Vorteile brachte. Alle Erzbischöfe in der commission fungierten in mindestens einem Kloster als Kommendatarabt, und ein Angriff auf diese Praxis hätte nicht nur das Einkommen vieler Adliger bedroht, sondern auch dasjenige der meisten kirchlichen Würdenträger. Der Versuch, eine monastische Reform durchzufuhren, ohne die Hauptursache des Übels anzugreifen, war ein klassischer Fall „des Zurückschreckens vor der Brennnessel".
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8. Kapitel
Die Habsburgermonarchie: Die josephinische Lösung
EINFÜHRUNG
ie zweite und radikalere Klosterreform in den letzten Jahren des Ancien Regime η J
wurde in der Habsburgermonarchie unternommen.1 Anders als in Frankreich
liLuwroi bildete hier die Auflösung von Klöstern Teil einer grundsätzlichen und umfassenden Kirchenreform: Dazu gehörten die Beschränkung der päpstlichen Autorität über kirchliche Angelegenheiten, die Beschneidung des geistlichen Reichtums, die Schaffung von neuen Diözesen und Pfarrgemeinden, die Einrichtung eines staatlichen Bildungssystems für zukünftige Kleriker, Änderungen in der Liturgie, die Aufhebung von Bruderschaften, eine Umstrukturierung der Armenhilfe und anderen karitativen Tätigkeiten, die Lockerung der Zensur und die Duldung von Protestanten und Juden. Da der größte Teil dieser bedeutsamen Gesetzgebung während der Zeit der alleinigen Herrschaft von Joseph II. 1780-90 verabschiedet wurde, ist das Programm als Josephinismus bekannt geworden.2 Die Anfänge dieser Reformen können jedoch mindestens bis in die frühen Regierungsjahre seiner Mutter, Maria Theresia, zurückverfolgt werden, also in eine Periode, bevor Joseph politische Entscheidungen mitzutragen begann, und als die Kaiserin starb, war die Umsetzung des Programms sicherlich schon in die Wege geleitet. Die habsburgische Monarchie umfasste eine riesige Ansammlung von Territorien, einschließlich der Gebiete des heutigen Ungarn, der Slowakei, Kroatiens, Sloweniens, Luxemburgs und Tschechiens, ferner den größten Teil der modernen Staaten Osterreich und Belgien und beträchtliche Gebiete von Italien, Deutschland, Rumänien, Serbien und (nach 1772) Polen und der Ukraine. Die gesamte Fläche dieser riesigen Agglomeration war zweifellos größer als ganz Frankreich, doch sie entbehrte der staatlichen Einheit, besonders weil gewisse Komponenten - die Lombardei, einige Besitzungen in Deutschland, Belgien und Luxemburg - vollkommen vom Kernland abgetrennt waren. Andererseits war die Bevölkerungsdichte eher geringer als in Frankreich. Nach 1750 setzte allerdings ein rasches Wachstum ein, und Professor Peter Dickson, der einzige, der das relevante Quellenmaterial gemeistert hat, schätzt, dass die Einwohnerzahl um 1780 zwanzig Millionen übertraf.3 Dank der Vorliebe Josephs II. für genaue statistische Angaben haben wir für die Habsburgermonarchie ungewöhnlich überzeugende Daten in Bezug auf die Anzahl der Klöster und deren Insassen Anfang der i78oer-Jahre, also vor der Durchführung der radikalen Re-
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II. Teil: Formen monastischer Reform
formen.4 Es scheint, dass es damals in allen Territorien insgesamt etwas weniger als 2.000 Häuser mit circa 40.000 Ordensgeistlichen beiderlei Geschlechts gab. 30 Jahre zuvor, also bevor die 343 Jesuitenhäuser und eine Anzahl von italienischen Klöstern auf österreichischem Gebiet aufgehoben worden waren, müsste die Gesamtzahl höher gewesen sein; doch hat die Annektierung von Galizien 1772 diesen Verlust teilweise wieder wettgemacht. Verglichen mit den Daten aus Frankreich, dem gesamten Italien, Spanien und (in Bezug auf die Bevölkerung) Portugal handelt es sich hier um unbeträchtliche Zahlen. Diese Berechnung verbirgt aber noch einen weiteren großen Unterschied zwischen den Kerngebieten der Monarchie einerseits und den meisten katholischen Ländern, einschließlich der Lombardei und Belgien, andererseits: Unter den Ordensgeistlichen der österreichischen und ungarischen Länder gab es nur eine winzige Prozentzahl von Nonnen - ungefähr ein Achtel - , während die Klosterfrauen in der Lombardei die Mönche zahlenmäßig bei Weitem übertrafen und sich die beiden Geschlechter in Belgien ungefähr die Waage hielten. Tatsächlich gab es in der Lombardei wie auch in Belgien mehr Frauenklöster als im ganzen Kerngebiet der österreichischen Monarchie. Zwischen den mannigfachen Regionen der Monarchie findet man sogar noch größere Unterschiede als innerhalb von Frankreich. In der Lombardei begegnete man auf 100 Einwohner einem Ordensgeistlichen. In den belgischen Ländern und in den österreichischen Herzogtümern war das Verhältnis der Mönche und Nonnen zur allgemeinen Bevölkerung vergleichbar mit Frankreich: ungefähr 1:220 in Belgien und 1:400 in den österreichischen Provinzen (jedoch auffallend dichter in Niederösterreich). In den böhmischen Gebieten war das Verhältnis ungefähr 1:8oo und in Ungarn sogar 1:1600. Die beiden letztgenannten Proportionen sind unvergleichlich viel niedriger als diejenigen, die uns bisher begegnet sind. Im Fall von Ungarn und Galizien muss man bedenken, dass es an gewissen Orten auch griechisch-orthodoxe Klöster gab. Doch die dürftige Vertretung von Ordensgeistlichen scheint umso erstaunlicher, wenn man in Betracht zieht, dass sie die Zahl der Weltgeistlichen in jeder einzelnen Provinz übertrafen, oft mit überwältigender Mehrheit. Mit anderen Worten, in den meisten Provinzen leistete eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Ordensgeistlichen einen außergewöhnlich großen Beitrag zur Seelsorge in Gebieten, die unzureichend mit Klerikern versorgt waren. Trotz dieser ungünstigen Umstände scheint die Gesamtzahl der Geisdichen als Prozentsatz der ganzen Bevölkerung in der österreichischen Monarchie, wie in vielen anderen katholischen Ländern, um die Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht zu haben.5 Dass man in Frankreich, dem Land der philosophes, gleich nach der Auflösung des Jesuitenordens weitere monastische Reformen ernsthaft ins Auge fasste, sollte nicht weiter verwundern. Die Habsburgermonarchie dagegen schien ihre innere Erneuerung im 17. Jahrhundert und ihre schnelle Expansion nach Osten Anfang des 18. Jahrhunderts buchstäblich dem missionarischen Eifer der Gegenreformation zu verdanken, ja man könnte vielleicht so— 196 —
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gar sagen, dass ihre eigentliche Identität ganz diesem Geist verpflichtet war.6 Kaiser Karl VI., der die Monarchie von 1 7 1 1 bis 1740 regierte, war ein blindergebener, intoleranter Katholik. Aber obwohl seine Tochter und Thronfolgerin, Maria Theresia, einen frohmütigeren Charakter hatte und in religiösen Dingen viel weniger starr war, betrachtete auch sie es lebenslänglich als ihre heilige Pflicht, die Bekehrung von Protestanten, Orthodoxen, Muslimen und Juden zum römischen Katholizismus zu fördern und ihnen das Recht zu öffentlichem Gottesdienst nach ihrem Glauben zu verweigern, ausgenommen in vertraglich geregelten Fällen.7 Wie wir gesehen haben, waren weder sie noch ihr Sohn Joseph bereit, an der eigentÜchen Unterdrückung der Jesuiten mitzuarbeiten, obschon auch sie deren Macht einzuschränken suchten.8 Der größte Teil von Maria Theresias Herrschaftsraum war den Ideen der französischen Aufklärung vor den i76oer-Jahren kaum ausgesetzt, und der spöttische Umgang mit der katholischen Kirche fand bei ihren Untertanen wenig Beachtung.9 Im rückständigen Ungarn waren weiterhin Jesuiten- und Mendikantenmissionare tätig, und 1766 wurde eine direkte Verfugung der Kaiserin benötigt, um dort eine Hetze gegen die Hexerei zu unterbinden.10 Osterreichische Gelehrte, die in ihrem Land nach Parallelen zu der unabhängigen und unkonventionellen öffentlichen Meinungsbildung suchen, die damals in Frankreich so weit verbreitet war, können weiter nichts finden als eine „Flut von Pamphleten", die in den i78oer-Jahren erschienen und meist kurze, ungelenke Texte enthielten. In Österreich erstreckte sich die „öffentliche Sphäre" kaum über den Adel und die Bürokratie hinaus. 11 Aber sogar in Österreich wies die Fassade der katholischen Loyalität einige Sprünge auf. In Ungarn war eine beträchtliche Minderheit der Bevölkerung protestantisch, und in Transsylvanien genossen Lutheraner, Calvinisten und Unitarier (jedoch nicht die griechisch-orthodoxe Mehrheit der Bevölkerung) offizielle Anerkennung. Überdies sollten Verträge die Habsburger verpflichten, diesen Gruppen religiöse Toleranz zu gewähren.12 Prinz Eugen, der berühmteste General der Monarchie, fand großen Gefallen an antipäpstlicher und deistischer Literatur.13 Auch soll sich in den österreichischen Niederlanden der Jansenismus weiterhin erhalten haben,14 und kleine Gruppen von Adligen, die von der religiösen Norm abwichen, fanden sich in Böhmen. Ferner hatte Muratoris katholischer Reformismus einen beträchtlichen Einfluss auf die Kirche, besonders in den südlichen Gebieten der Monarchie. Die Freimaurerei, obwohl vom Papst verurteilt, fand Sympathien bei Maria Theresias Gatten, Kaiser Franz Stephan und seinem Kreis. 1 5 Doch bis in die i74oer-Jahre hinein beeinträchtigte keiner dieser Faktoren die große Welle der klösterlichen Bautätigkeit und der Barockisierung. Nach 1750 gab es hingegen Anzeichen, dass die extremen Formen der gegenreformatorischen Frömmigkeit im Abklingen waren. Maria Theresia und ihr Gatte hegten zweifellos Sympathien fur den Jansenismus und bevorzugten einen einfacheren Stil in Zeremoniell und Gottesdienst, als Sitte geworden war. 16 Zumindest teilweise durch die Kosten und Ver-
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II. Teil: Formen monastischer Reform
W ü s t u n g e n des Ö s t e r r e i c h i s c h e n E r b f o l g e k r i e g e s i n d e n i 7 4 o e r - J a h r e n b e d i n g t , n e i g t e sich die G l a n z z e i t der Kirchenarchitektur ihrem E n d e zu. W e n n j e t z t überhaupt n o c h kirchliche B a u t e n errichtet w u r d e n , w a r e n sie in ihrer A u s f ü h r u n g w e s e n t l i c h schlichter, als m a n für einen f r ü h e r e n Z e i t p u n k t des 18. Jahrhunderts erwartet hätte. N i c h t nur die K ö n i g e , B i s c h ö f e u n d m a n c h fortschrittliche Geistliche, sondern auch der H o f u n d der H o c h a d e l w a n d t e n sich v o n d e n k ä m p f e r i s c h e n F o r m e n d e r G e g e n r e f o r m a t i o n u n d v o m H o c h b a r o c k ab.17 D u r c h d i e s e n W a n d e l v e r ä n d e r t e sich i n d e r M o n a r c h i e u n d i n D e u t s c h l a n d i n n e r h a l b u n d a u ß e r h a l b d e r K l ö s t e r a u c h d i e E i n s t e l l u n g z u m M ö n c h t u m ü b e r h a u p t . D a b e i spielte d e r S t a a t i n d e n h a b s b u r g i s c h e n G e b i e t e n eine v i e l b e d e u t e n d e r e R o l l e als a n d e r s w o . D i e tagebuchähnlichen N o t i z e n der jeweiligen Priore v o n M e l k b e z e u g e n den Verfall von G e h o r s a m , Sittenstrenge, Z u f r i e d e n h e i t u n d religiöser Ü b e r z e u g u n g :
Plötzlich beginnen die M ö n c h e Wert auf auffallende Kleidung zu legen (1750). D e r Prior geniert sich mit seinen M ö n c h e n , weil sie beim G e b e t nicht sehr konzentriert seien. 1752 erscheint in W i e n ein Pamphlet, das Kommendataräbte fordert. D e r Konvent des Stiftes mache dem A b t in seinen wirtschaftlichen Unternehmungen Schwierigkeiten, es sei sogar gegen den A b t Thomas Pauer ein Gegenkapitel abgehalten worden (1758-1761). Die M ö n c h e gingen nachts in die Stadt, sprächen mit Frauen, ließen Klausurschlüssel verschwinden. W e n n ihnen der Prior etwas vorhalte, drohten sie mit dem Austritt. Die „laxitas", so klagte der Prior, werde immer ärger. Einzelne junge Mitbrüder bereiten dem Prior zusehends Schwierigkeiten. Sie wüssten sich nicht zu benehmen, begegneten den Oberen mit Händen in den Hosentaschen. Sie sagten, sie würden machen, was sie könnten, mehr wäre eben nicht möglich. Was die Welt treibe, wollten sofort auch die M ö n c h e tun. Harte M a ß n a h m e n nützten nichts, milde M a ß n a h m e n führten nur zu Gespött. Es gäbe keine Liebe zur Regel mehr, man interpretiere sie, wie es einem passe. D e r Prior klagt sogar über den A b t , der zusätzliche Gebete um Aufhören der großen Niederschläge für nicht opportun hielt, weil bei Nichterhörtwerden des Gebets das Vertrauen der einfachen Leute mehr schwinde denn wachse. Die indifferenten Lehren eines Rousseau und Voltaire verdürben die jungen Leute im Kloster und brächten sie zum Austritt. Der Prior klagt, er wisse sich keinen Rat mehr, den einen sei er zu streng, den andern zu milde. Plötzlich wollten die M ö n c h e mitreden, wann und in welchem Umfang Musik gehört werden sollte oder W e i n zu reichen sei. W e r werde bei solchen Fragen die ganze Kommunität rufen? Im Fasching wollten die M ö n c h e im Refektorium nach der Vesper miteinander plaudern. Er habe es nach vielem Widerstreben gestattet, damit er nicht den Anschein erwecke, er wolle alles und jedes verbieten. M a n verlange mehr Ausgänge in den Garten, werde immer frecher und strebe ständig nach neuen Freiheiten. Der Trierer W e i h b i schof Hontheim habe die äußerst gefahrlichen Lehren seines Buches „Febronius" widerrufen, der W i e n e r Professor für Jurisprudenz Eibl habe jedoch erklärt, er würde trotzdem diese Lehre
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Die Habsburgermonarchie: D i e josephinische Lösung
weiter vortragen. Gott möge geben, so seufzt der Prior, dass auch ihm noch die Augen aufgingen. Es gebe große Schwierigkeiten mit dem Nachwuchs, weil die staatlichen Eingriffe das Bleiben von Kandidaten erschwere. P. Ambrosius erhalte klösterliche Strafen, weil er bis tief in die Nacht hinein P. Maximilian Stadler beim Klavierspielen zugehört habe.18 In den 176oer-Jahren übertraf die Anzahl deutschsprachiger Publikationen von Melker Mönchen zum ersten Mal diejenige von lateinischen Texten. In den 8oer-Jahren veröffentlichte ein Mönch Demea und Alcyphron. Eine ApologiefiirsFrauenzimmer in zwei Gesprächen mit einem Nachwort aus der englischen Zeitschrift Spectator. Andere publizierten Lyrik in radikalen Zeitschriften. Manche schrieben offen über weltliche Dinge für eine allgemeine Leserschaft. 19 Auch mag sich der Prior kaum darüber gefreut haben, dass zwei Abte nacheinander Freimaurer wurden und sich, so wird erzählt, „nach dem Brauch des Hauses in ihren Schürzen haben begraben lassen".20 Melk war eine besonders stattliche und reiche Abtei mit ungewöhnlich guten Beziehungen zum Hof, der Hauptstadt und der Aristokratie. Aber auch in Klöstern, die weniger privilegiert waren und nicht so gut dokumentiert sind, lassen sich Anzeichen einer ähnlichen Entwicklung nachweisen.21 Der Geschichtsforscher Michael Pammer hat aufgrund einer Studie über Oberösterreich behauptet, dass die Reformen von Joseph II. in den i78oer-Jahren eigentlich nur „die administrative Verwirklichung eines längst vollzogenen Gesinnungswandels gewesen sei". Dies zeige sich deutlich an den rückläufigen Zahlen der von Erblassern gestifteten Messen und Vermächtnissen an Klöster, Bruderschaften und Wallfahrtsorte. Doch Pammers Beweisführung ist nicht überzeugend. Denn noch in den 7oer-Jahren enthielten 80 Prozent der Testamente Messestiftungen. Überdies finden sich in 10 Prozent der Testamente Legate an Klöster, was verglichen mit früheren Jahrzehnten eine Zunahme bedeutet. Erst in den 80erJahren, als die Regierung die Zahl der Messen, die gestiftet werden durften, beschränkte, Bruderschaften auflöste und sowohl Klöster als auch Wallfahrten aufhob, begann sich bei den Legaten ein Strukturwandel abzuzeichnen. Dass nach 1750 in manchen Kreisen der Elite und selbst beim Klerus in Bezug auf religiöse Ansichten ein Umdenken einsetzte, steht außer Frage. Eine nähere Betrachtung von Pammers Material scheint allerdings eher darauf hinzuweisen, dass man vor Beginn der Gesetzgebung in den 1770er- und 8oer-Jahren kaum von einem allgemeinen Meinungsumschwung sprechen kann.22 Maria Theresia hat die erste Version ihres „politischen Testaments" wahrscheinlich 1750 diktiert, also kurz, nachdem sie eine Verfassungsreform in ihren Kerngebieten erzwungen hatte. Diese Maßnahme begrenzte die Macht der Stände drastisch - und damit diejenige der reichen österreichischen Abteien - , führte aber auch zu vermehrten Staatseinnahmen und der Möglichkeit, die Streitkräfte zu erweitern.23 In ihrem Dokument erklärte sie, die Geistlichkeit der deutschen Länder befinde sich in einem guten, ja blühenden Zustand und
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könne die großzügige staatliche Unterstützung entbehren, die sie unter ihren Vorgängern genossen habe. Und sie fuhr fort: [...] weilen einerseits sie solches nicht bedürfen, andererseits aber jene so selbte besitzen, leider! nicht so anwenden, wie sie sollten, und anbei das Publicum sehr bedrucken. Dann kein Kloster in den Schranken der Stiftung verbleibet und viele Müssiggänger angenommen werden, welches alles eine große Remedur noch erfordern wird, wo mit der Zeit und nach guter Überlegung die Sachen weiters auszuführen gedenke.
Aber sie schrieb weiter: Jedoch nehme von diesfälligen Maßreguln das Königreich Hungarn aus, allwo wegen der Religion noch viel Gutes zu bewirken wäre. Worzu der daselbstige Clerus wohl beizuziehen, keineswegs aber allein mit ihnen, sondern hauptsächlich mit Weltlichen, die diesfälligen Grundsätze zu concertieren sein, welche furnehmlich dahin abzielen müssen, wie Seminaria, Collegia, Akademien, Spitäler vor die Kranke und Blessierte, Conservatoria vor die ledige Frauen wie in Italien zu besseren Erziehung der Jugend einzuführen: solchem nach sorgfaltig dahin den Bedacht zu nehmen, jenes zu unterstützen und zu erweitern, was dem Publico, aber nicht in particulari denen Geistlichen, Mönichen und Klöstern in allen Ländern zum Nutzen gereichet. 24
Diese Stelle ist zu Recht berühmt geworden, und manche Historiker haben behauptet, dass das ganze Programm der Kirchengesetzgebung unter Maria Theresia und Joseph II. darauf zurückzufuhren sei, ja dass sich die Maßnahmen, die als Josephinismus bekannt geworden sind, von der großen Remedur der Kaiserin herleiteten.25 Ihre Bemerkungen sind zweifellos erstaunlich, besonders wenn man bedenkt, dass sie von einer jungen und frommen Monarchin, der Erbin Karls VI., stammen, die überdies noch einen Jesuiten als Beichtvater hatte. Sie zeugen unter anderem von einer echten Kenntnis der vielfältigen monastischen Verhältnisse innerhalb ihrer Kronländer. Doch wenn man die Erklärung als Keim einer zukünftigen Entwicklung verstehen will, ergeben sich viele Probleme. Erstens scheint ihr Programm sowie die Syntax bei genauer Betrachtung gleicherweise unzusammenhängend und schwer fassbar. Einerseits sagt die Kaiserin, es sei wünschbar, dass die katholische Religion blühe und die Verhältnisse des Klerus gut seien; andererseits zähle nur, was dem Publico... zum Nutzen gereichet. Sie erklärt, die Klöster sollten sich an ihre Vorschriften halten und keine Müßiggänger aufnehmen, aber sie verurteilt sie - oder irgendeinen bestimmten Orden - nie im Prinzip. Sie fasst für die Kerngebiete andere „Heilmittel" ins Auge als für Ungarn. Eine ihrer radikalsten Aussagen steht in besonderem Zusammenhang mit Ungarn - nicht mit der Monarchie als Ganzes. Da verlangt — 200 —
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sie nämlich die Zusammenarbeit zwischen Klerus und Laien, um die Reform zustande zu bringen. Offensichtlich glaubt sie aber auch, dass die Kirche in Ungarn, im Gegensatz zu derjenigen im Kerngebiet, mehr Priester und mehr Unterstützung brauche. Aus ihren Formulierungen kann man aber nicht erkennen, was sie sich unter dem Publico zum Nutzen gereichet vorstellt oder wie es sich mit ihrer Einstellung zu den Klöstern der kontemplativen Orden verhält. Die Bedeutung des Wortes „nützlich" kann fast unendlich variiert werden. Noch 1 7 8 1 , also schon zur Regierungszeit Josephs II., argumentierte Graf Hatzfeld, ein Vertrauensmann des Kaisers und Präsident des Staatsrates, dass die kontemplativen Orden seiner Meinung nach durch Gebet und Gottesdienst ihren Beitrag zu dem allgemeinen Besten leisteten.26 Man kann mit Gewissheit sagen, dass Maria Theresia mit ihm einverstanden gewesen wäre, und es ist deshalb höchst unwahrscheinlich, dass sie solche Orden aufgelöst hätte, wie es ihr Sohn später tat. Es gibt aber noch andere Gründe, den Einfluss der besprochenen Stelle auf die eigentliche Ausarbeitung des politischen Programms anzuzweifeln. In einer zweiten Version von Maria Theresias Testament, 1756 verfasst, werden nämlich die Klöster überhaupt nicht mehr erwähnt, und abgesehen von der Machtbeschränkung der Jesuiten unternahm die Monarchin vor 1765 nichts Konkretes hinsichtlich einer Klosterreform. Überdies war ihr Dokument eigentlich dazu bestimmt, vom Thronfolger beim Regierungsantritt gelesen zu werden. Es wurde streng geheim gehalten, und es ist gut möglich, dass Joseph II. es überhaupt nie gesehen hat.27 1765 wurde Joseph II. Nachfolger seines Vaters als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und als Mitregent der österreichischen Monarchie. Als Kaiser hatte er ziemlich ungenau definierte Befugnisse über die Kirche im Reich, d. h. in Deutschland. Als Mitregent besaß er keine eigene Machtbasis innerhalb der Monarchie, hatte aber ausgiebig Gelegenheit, seine Ansichten zu äußern und die politischen Entscheidungen seiner Mutter zu beeinflussen. In einer Denkschrift „Über die Mängel des gegenwärtigen Systems und die wirksamsten Mittel sie zu beheben" - einem Dokument, das vielleicht noch berühmter ist und ganz gewiss wirksamer war als Maria Theresias politisches Testament - entwickelte er 1765 seine Pläne zur Erneuerung der Monarchie. Darin widmete er den Klöstern eine ausführliche Sektion. Er erklärt, dass es ihnen auf Kosten des Staates viel zu gut gehe. Sie verführten junge Menschen, die nicht verstünden, worum es eigentlich geht, dazu, die Profess abzulegen, und dadurch gingen dem Staat die Dienste von genialen Männern verloren. Er würde die Altersgrenze fur die Profess auf fünfundzwanzig erhöhen - eine große Diskrepanz zum Professalter von sechzehn, das vom Tridentinischen Konzil festgelegt worden war. Er würde eine Kommission ernennen, um alle Klöster näher zu prüfen, sie zu reformieren und sie „für fromme Zwecke zu gebrauchen, die dem Staat gleichzeitig nützlich wären, wie die Schulung von Kindern, die so nicht nur Christen, sondern auch gute Untertanen werden
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würden". Vielleicht sollte jedes zwanzigste Kloster reformiert werden, um die Geistlichen gleichmäßiger im ganzen Land zu verteilen. Diese Denkschrift zeigt, dass Joseph mindestens 1765 gar nicht daran dachte, alle oder sogar viele Klöster aufzuheben. Nur jedes zwanzigste zu reformieren, scheint ein bescheidener Vorschlag. Andererseits äußerte er sich sehr negativ über das katholische Schulsystem, das fast ausschließlich in monastischen Händen lag, und bestand auf der Durchführung von drastischen Reformen.28 Seine Bemerkungen zeigen kaum eine Ähnlichkeit mit den Ideen, die seine Mutter fünfzehn Jahre früher in ihrem Testament niederschrieb. Noch viel weniger lassen sie sich von den Anfangsstadien der französischen Vorschläge von 1765 herleiten. Auf Maria Theresias Bitte schrieb Fürst Kaunitz, ihr oberster Minister, eine ausführliche, am 18. Februar 1766 datierte Antwort auf die vielfältigen Vorschläge in Josephs Denkschrift.29 Was Kaunitz über Klöster zu sagen hatte, scheint erstaunlich, ja, wenn man seinen Ruf als aufgeklärten Reformer der Kirche bedenkt, ausgesprochen peinlich. Ferdinand Maaß, der fünf unentbehrliche Bände von Quellenmaterial über den Josephinismus herausgebracht hat und dessen These Kaunitz als Drahtzieher der Reformbewegung sieht, kann sich nicht überwinden, die peinliche Tatsache überhaupt zu erwähnen, und auch Dickson vermerkt sie nur zögerlich in einer Fußnote als Beweis für Kaunitz'Widersprüchlichkeiten.30 Der Kanzler weist die Aussagen des jungen Kaisers Punkt für Punkt zurück. Er bezweifelt, dass es in den deutschen Erblanden zu viele Mönche gebe. Es gebe nur 23.000, sagt er - diese Zahl ist jedoch zu hoch angesetzt, wie wir gesehen haben. Er verwirft die Idee, dass sich darunter verkannte Genies befänden. Die meisten Mönche taugten kaum für eine Tätigkeit außerhalb des Klosters, und zudem gebe es zu wenige Pfründen, um alle zu befriedigen. Durch den Unterhalt dieser Leute leisteten die Klöster der Gesellschaft einen Dienst. Dann verteidigte er den Nutzen der Klöster. Wenn das Angebot an Gottesdiensten nicht vermindert werden solle, sei das Mitwirken der Mönche unerlässlich: E s stimmt, dass wir mit weniger Mönchen auskämen, wenn es mehr Weltgeistliche gäbe. Aber es ist auch wahr, dass die Kosten fur Weltpriester viel höher sind als für Mönche, denn es ist offensichtlich, dass drei Mönche für den gleichen Betrag in einer Gemeinschaft leben können, wie nötig wäre, um einen unabhängig lebenden Pfarrer zu unterhalten.
Diese Verteidigungsschrift stützte sich auf folgende Annahmen: Erstens, es sei die primäre Aufgabe des Staates, die Pfarreien mit Priestern zu versorgen; zweitens, eine solche Vorsorge sei ohne Ausnahme die wichtigste Funktion der Kirche (oder sollte sie sein); drittens, die Klöster spielten eine lebenswichtige Rolle bei der Erfüllung dieser Vorsorge. Mit anderen Worten, Kaunitz kannte und billigte das Mitwirken der österreichischen Klöster im Bereich der Seelsorge. Obwohl er gegen die Auflösung der Klöster argumentierte, näherte er sich — 202 —
Die Habsburgermonarchie: Die josephinische Lösung
dem Problem schon von einem Standpunkt, der später Josephs Säkularisationspolitik bestimmen sollte.
FRÜHE REFORMEN
IN DER L O M B A R D E I U N D IN
GALIZIEN
Trotz seiner Argumente im oben genannten Dokument begann Kaunitz im folgenden Jahr mit der Förderung monastischer Reformen im Herzogtum Mailand, wo ihm die Vollmacht eines regierenden Ministers zukam. Was ihn dazu veranlasst hat, ist eine interessante Frage. Teilweise muss die A n t w o r t darin liegen, dass sich die katholische Gesinnung allgemein wie auch alle katholischen Machthaber in einer ähnlichen Richtung bewegten. D i e meisten katholischen Staaten hatten die angestammten Rechte der Kirche auf immerwährenden Besitz aller je von ihr erworbenen Ländereien stark eingeschränkt, seit Frankreich 1749 mit Beispiel vorangegangen war. D i e Flut der Gesetzgebung, die folgte, zeigte einen wichtigen Gesinnungswandel an, obschon die neuen Gesetze nicht besonders wirksam waren, da die Herrscher aus Gefälligkeit oder im Gegenzug zu Diensdeistungen weiterhin Ausnahmen erlaubten. Selbst Joseph II. bediente sich A n f a n g der i78oer-Jahre in Belgien regelmäßig solcher Mittel. 3 1 Regierungen suchten auch auf andere, weniger drastische Weise ihre Kontrolle über die Kirche auszuweiten. So behielten sie sich ζ. B. das Recht vor, die Anerkennung von päpstlichen Bullen zu verweigern und die Steuersätze der Geistlichkeit zu erhöhen. Sogar die Unterdrückung von fast 500 orthodoxen Klöstern - zwei Drittel der Gesamtzahl - und die Konfiszierung von Land und Leibeigenen durch die neue russische Zarin, Katharina II., fanden Beachtung und Anerkennung in antiklerikalen Kreisen katholischer Länder. 32 D a gegen konnten die Edikte, die sich von den Empfehlungen der französischen commission des reguliers herleiteten, zu der Zeit, als Kaunitz seine Entschlüsse fasste, noch kaum eine Rolle gespielt haben. D o c h ist es schwierig, die M a ß n a h m e n der Regierungen vom allgemeinen Meinungswandel zu trennen. Pombals Feldzug gegen die Jesuiten und die Bewegung, die in Frankreich zu deren Austreibung führte, haben ein umfangreiches Schrifttum hervorgebracht und beschäftigten jeden, der im katholischen Europa die politischen Ereignisse verfolgte. Das Schicksal der Jesuiten führte unweigerlich zu einer Diskussion über die Verdienste der übrigen Orden. W i e wir im vorhergehenden Kapitel gesehen haben, entzündete die Etablierung der commission des reguliers in Frankreich eine leidenschaftliche öffentliche Debatte über das Klosterwesen überhaupt. 33 Während einer kurzen Periode Mitte der 6oer-Jahre wurde Oberitalien zum Brennpunkt von Schriften und Bewegungen, die sich mit Reformen beschäftigten. Das galt besonders für die Lombardei und Venedig. 34 In Mailand vereinigte sich eine geistreiche Gruppe von jungen Aristokraten und produzierte die erste kritische Zeitschrift, die dort je herausgegeben -
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wurde,// Caffe (1764-66). Einer aus diesem Kreis, der Marquis Beccaria, veröffentlichte 1764 Dei delitti e dellepene (Uber Verbrechen und Strafen), eine unverblümte Verurteilung von Folter und Todesstrafe. Überdies verwahrte er sich dagegen, Verfehlungen, welche der Gesellschaft keinen Schaden zufugten, aber von der Kirche als Sünde gebrandmarkt wurden, ins Strafrecht eines Staates aufzunehmen. Seiner Meinung nach sollte die einzige Rechtfertigung für Gesetze und Strafen deren „Nutzen" sein, und zwar gemessen an einer Skala „der größten Zufriedenheit unter der größten Anzahl [von Menschen]". Beccarias Buch wurde nicht nur sofort ins Französische übersetzt, sondern fand auch am Zarenhof Anklang. So ließ Katharina II. einige seiner Empfehlungen innerhalb von drei Jahren fur das russische Volk veröffentlichen. Beccaria und andere aus dem Kreis um II Caffe fanden schon bald Beschäftigung bei der österreichischen Regierung.35 Der ortsansässige Gouverneur der Lombardei, Graf Firmian, ein Sammler und Kenner der französischen und englischen Aufklärungsliteratur, war einigen ihrer Ideen sehr zugetan. 1765 ernannte man in der Lombardei eine Giunta economale, um die Stellung der Kirche zu untersuchen. 1767/68 wurde die Autorität dieser Kommission sogar noch erweitert.36 1767 erschien der erste Band von Di una riforma d'Italia von Carlantonio Pilati, einem Professor an der fiirstbischöflichen Schule in Trient. Dieses Werk griff die Vorherrschaft der Kirche im Religions- und Geistesleben an. Voltaire frohlockte: „Es gibt kaum ein überzeugenderes und kühneres Werk: Es bringt die Priester zum Erzittern und verleiht den Laien Mut [...]. Französische Bücher sind im Vergleich dazu umsichtig und höflich. Wenn dieser Autor jedoch von Mönchen spricht, nennt er sie Schurken!" Pilati war einer der ersten, der die Aufhebung aller Ordenshäuser empfahl, da sie unnütz und schädlich seien.37 Auch in Venedig erschien eine ganze Flut von antiklerikalen Schriften, unter anderem auch solche, die in Frankreich verbannt oder verbrannt worden waren. In Bezug auf das Klosterwesen lag ihre Bedeutung in der Kritik an erzwungenen religiösen Professen und lebenslänglichen Gelübden. Schauspiele und Opern wie Idomeneo und Jephta wurden herbeigezogen, um auf die schicksalhaften Folgen von voreiligen Gelübden hinzuweisen. In Venedig war es nun jedem erlaubt, seinen Abscheu über die allgemeine Vernachlässigung von Klosterregeln zu äußern und zu behaupten, dass alle Orden zu bequem geworden seien: Sogar die Armut eines Kapuziners, bemerkte man, ließe sich nicht mit der Armut von Leuten wie ζ. B. angehenden Autoren oder mittellosen Studenten vergleichen (Abb. 27).38 Freilich waren die Jesuiten der bittersten Feindschaft ausgesetzt, und mehrere italienische Staaten folgten den Beispielen von Portugal, Frankreich und Spanien, indem sie den Orden verbannten, bevor ihn der Papst offiziell aufgelöst hatte: Neapel 1767, Parma, Modena und Malta 1768. Doch auch allgemein unternahmen alle Regierungen in Italien in den 1760erund 7oer-Jahren Schritte, um das Ordenswesen einzuschränken. Allerdings handelte es sich meistens um sehr begrenzte Maßnahmen wie ζ. B. Gesetze gegen die Erweiterung der mortmain oder die Auflösung eines winzigen Ordens hier und von ein paar praktisch leeren — 204 —
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27. Pietro Longhi, Die Bruderschaft von Venedig, zeigt verschiedene Typen von venezianischen Mönchen.
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Klöstern dort. Auch wurde dafür gewöhnlich von Vornherein die Erlaubnis des Papstes eingeholt.39 Drei italienische Staaten nahmen sich hingegen ein ehrgeizigeres Programm vor. Der erste war Venedig. Während die verhältnismäßig freie Presse der Republik immer radikalere Kritiken über das Mönchswesen veröffentlichte, begann die Regierung die Macht der Inquisition und andere offensichtliche geistliche Privilegien zu untergraben. Überdies hatte man 1766 eine Kommission eingesetzt, um den kirchlichen Besitz und die Art seiner Benutzung zu untersuchen. Im folgenden Jahr legte die Kommission einen ausfuhrlichen und vernichtenden Bericht vor, und 1768, angespornt durch ihren prominentesten Staatsmann, Andrea Tron, führte die Republik eine radikale Klosterreform mit folgenden Zielsetzungen durch: Aufhebung aller Freistellungen, Unterstellung aller Ordensgeistlicher unter die kirchliche Kontrolle der Bischöfe - Begrenzung der Disziplinargewalt der klösterlichen Vorgesetzten - Verbot sich an ausländische Gerichtshöfe zu wenden - Zerstörung von Klostergefängnissen - Verbot der Profess bei Bettelorden, bei anderen Orden Verbot der Profess unter 21 Jahren, absolutes Verbot für den Eintritt von Kindern ins Kloster - keine [Vorbereitung auf ein monastisches Leben] außer Landes und keine Aufnahme von Ausländern - allgemeines Bettelverbot, ausgenommen für Obdachlose - Aufhebung aller Ordenshäuser mit weniger als zwölf Insassen - Verbot eine seelsorgerische Tätigkeit außerhalb der nächsten Nachbarschaft auszuüben (ausgenommen gewisse Franziskanerorden in Dalmatien und Albanien).40
Dieses radikale Programm, das während der folgenden fünf Jahre umgesetzt wurde, führte zur Auflösung von mehr als der Hälfte der venezianischen Klöster, 306 von 441. Die meisten davon waren zwar klein, aber im Endeffekt hatte sich die Zahl der Mönche um 45 Prozent reduziert. Niemand achtete auf den Protest des Papstes. Dabei handelte es sich hier immerhin um die verhältnismäßig umfassendste „Säuberung" von katholischen Ordensgeistlichen durch eine Regierung vor der Französischen Revolution. Das Vorbild der Venezianer beeinflusste nun auch das Vorgehen der beiden anderen italienischen Staaten, die das Mönchtum ernsthaft zu begrenzen suchten, also die von Osterreich regierte Lombardei und das Großherzogtum Toskana. So wie Portugal, das kleine, scheinbar verschlafene Land, den Vorgang, der zur Unterdrückung der Jesuiten führte, eingeleitet hatte, so wurde nun die angeblich dekadente Republik Venedig in ihrem Umgang mit den übrigen Orden für andere Staaten zum Vorbild.41 Firmian empfahl Kaunitz, er solle sich doch dem radikalen Beispiel von Venedig anschließen. Aber Kaunitz antwortete, man müsse vorsichtig vorgehen, erstens, weil man Maria Theresias religiöse Gefühle nicht verletzten dürfe, zweitens aber, weil „die Zahl der Mönchsorden in Italien, obwohl erstaunlich groß, teilweise das Ergebnis der gesellschaftlichen — 206 —
Joseph Gerstmeyer: Ansicht der Benediktinerabtei Melk von der Donau, 1845.
Ρ. Α. de Machy: Ludwig XV. legt den Grundsteinfür die Abteikirche von Ste. Genevieve (Detail), Paris, 6. September 1764.
Türkisches Bett, Augustiner Chorherrenstift Sankt Florian, Oberösterreich, ca. I J O J .
Oer Kaiser- oder Stift Melk
Marmorsaal,
Die Kaiserstiege im Kloster Göttweig,
Niederösterreich.
Die Kirche des Zisterzienserklosters
Stams,
Tirol, Osterreich.
Die Wallfahrtskirche
Vierzehnheiligen.
Innenansicht der Stiftsbibliotkek der Benediktinerabtei St. Gallen, Schweiz.
Die Pergola-Galerie des Kreuzgangs des Klosters Santa Chiara, Neapely Italien.
Detail des sagrario der Kartause von Granada, Spanien.
Die Habsburgermonarchie: Die josephinische Lösung
Struktur des Landes und seiner Familien sei."42 Dabei bezog sich Kaunitz natürlich auf die bei der begüterten Elite weitverbreitete und allgemein akzeptierte Praxis, überzählige Söhne und (vor allem) Tochter in Klöstern unterzubringen. Wohl durfte man Maria Theresias Gefühle nicht vernachlässigen, aber es muss der Druck des neuen Mitregenten, Josephs II., gewesen sein, der Kaunitz bewegte, die Klosterreform in Angriff zu nehmen. Es gab eine Untersuchung, und 1769 begann man damit, kleinere Klöster aufzuheben. Dabei benützte man dieselben Argumente, die Papst Innozenz X. schon Mitte des 17. Jahrhunderts angewendet hatte, nämlich dass ein Ordenshaus mit weniger als zwölf Insassen nicht lebensfähig sei. Darauf handelte man zwischen der Regierung Maria Theresias und Papst Clemens XIV. einen Kompromiss aus, indem man kleine Klöster, statt sie direkt aufzulösen, mit anderen vereinigte. Der bescheidene Erlös, der sich aus diesen Maßnahmen ergab, kam Pfarreien, Spitälern und Waisenhäusern zugute. Zum Zeitpunkt von Maria Theresias Tod hatte man in der Lombardei 65 von 291 Männerklöstern aufgehoben, und die Anzahl der Mönche war von 5.500 auf 4.330 gesunken. Von den 176 Nonnenklöstern waren jedoch nur sechs verschwunden, weil sich die Bischöfe für deren Erhaltung eingesetzt hatten. Männerklöster hatte man namentlich mit der Begründung, dass sie zu klein seien, aufgelöst, zuweilen aber auch, weil sie „nutzlos" waren oder weil ihre Gebäude möglicherweise anderweitig verwendet werden könnten. Diese italienischen Maßnahmen werden oft als Versuchsphase fur die Klosterreform in der übrigen Monarchie dargestellt, und sicherlich war jede Auflösung ein Präzedenzfall für weitere Auflösungen. Tatsächlich wendete man dieselben Kriterien an, als man in Galizien, kurz nachdem Osterreich diese Provinz 1772 nach der Teilung Polens erworben hatte, prozentual eine ähnliche Anzahl von Klöstern aufhob. Hier reduzierte man bis 1777 214 Ordenshäuser auf 187 und 3.212 Ordensgeistliche auf 2.895·43 Aber natürlich lagen die Verhältnisse in der reichen Lombardei grundsätzlich anders als diejenigen in Galizien, und beide waren wiederum vollkommen verschieden von denjenigen in den deutschen Ländern. Kaum eines der zahlreichen Klöster in Mailand kümmerte sich ζ. B. um die Seelsorge einer Pfarrei. In Galizien wiederum machten Mönche und Nonnen nur einen sehr bescheidenen Prozentsatz der an sich schon beschränkten Zahl von Geistlichen aus. Und in keiner der beiden Provinzen spielten Ordensgeistliche irgendeine Rolle in den Ständen. Ende der 1760er- und Anfang der i77oer-Jahre fanden in den höchsten Kreisen der österreichischen Regierung ernsthafte Gespräche über mögliche Wege zur Verbesserung des öffentlichen Schulsystems statt. In einem berühmten Ausspruch erklärte Maria Theresia 1770, das Schulwesen sei ein Politicum - d. h. eine Sache des Staates und nicht wie bisher eine Sache des Klerus. Doch muss diese Erklärung im Zusammenhang mit einer weniger fortschrittlichen Entscheidung, die sie begleitete, gesehen werden. Graf Pergen, der als Experte für Schulangelegenheiten im Ministerium fungierte, vertrat die fast revolutionäre Meinung, dass die Ordensgeistlichen so selbstsüchtig und bildungsfeindlich seien, dass
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II. Teil: Formen monastischer Reform
man ihnen in Zukunft die Schulung und Ausbildung von Laien nicht mehr anvertrauen sollte. Natürlich dachte er dabei namentlich an die Jesuiten, aber es gab in der Monarchie auch andere Lehrorden, besonders die Piaristen und kleine Gemeinschaften von Nonnen, die nicht von derselben ultramontanen Einstellung beeinflusst waren. Wenn man Pergens Vorschlag nachgekommen wäre, hätte man praktisch über Nacht vollkommen neue Kader von Lehrern ausbilden müssen. Nicht nur Maria Theresia, sondern auch Joseph II. und Kaunitz waren sich im Klaren, dass dies unmöglich war. In ihren Augen enthielten hingegen die Ideen von Ignaz Felbiger, dem Propst (oder Abt) des Prämonstratenserklosters von Sagan im preußischen Schlesien, die beste Lösung in diesen Angelegenheiten. Schon länger hatten sie Felbigers veröffentlichten Katechismus bewundert, und schließlich „borgten" sie ihn von Friedrich dem Großen zur Einrichtung und Beaufsichtigung eines neuen Grundschulsystems in ihren Ländern. 44 Indessen entpuppte sich Kaunitz 1770 als Verfechter einer Klosterreform für die ganze Monarchie. In diesem Fall bekannte er selber, dass er teilweise von den Wünschen Josephs II. beeinflusst war. Nun argumentierte er mit großer Uberzeugungskraft, dass die Anzahl der Mönche und Nonnen „viel zu hoch" sei und dass sie durch ein staatlich erhöhtes Professalter von 24 Jahren zu reduzieren sei. Auch sollte das ohne päpstliche Vollmacht oder Einwilligung geschehen. Es sei offensichtlich, sagte er, dass protestantische Länder Vorteile daraus zögen, weniger Mönche und allgemein weniger Zölibatäre zu haben. Überdies ergebe sich ein verzerrtes Bild auf dem Liegenschaftenmarkt, da Klostergut nicht entfremdet werden dürfe. Auch seien Mönche nicht nötig fur das Christentum - vor dem 4. Jahrhundert finde man sie schließlich nirgends in der Kirche. Dann legte er eine weitere aufschlussreiche Berechnung vor: „Ein Priester auf dem Land kann mit Hilfe von drei Kaplänen oder Mitarbeitern' Gottesdienste und Seelsorge fur 4.000 Seelen bewältigen." Wenn das so sei, fuhr er fort, könnten dieselben vier Geistlichen in einer Stadt ebenso viel leisten. In Wien sei jedoch der Klerus viel stärker vertreten. Die Situation wäre in jeder Beziehung besser, wenn es weniger Mönche und Priester gäbe, wenn sich aber alle, die diesen Stand wählten, dazu wahrhaft berufen fühlten.45 Kaunitz hatte seinen Ton seit 1766 offensichtlich grundsätzlich geändert. Trotzdem nahm er immer noch an, dass viele Pfarreien weiterhin von Ordensleuten betreut werden würden. Allerdings bestand er darauf, dass sich deren Schulung nicht wie bisher im klösterlichen Rahmen abspiele, sondern auf der gleichen Grundlage wie in den Universitäten nach einem staatlich anerkannten Lehrplan. Er ging jedoch nicht so weit, den Klöstern die Ausbildung von Priestern völlig zu entziehen. 1770 erteilte Maria Theresia die Erlaubnis zur Anhebung des Professalters auf 24 und später (nicht unbedingt in jeder Provinz) zur Aufhebung von Klostergefängnissen. Auch bewilligte sie die Auferlegung von allerlei kleinlichen Beschränkungen, an die sich die Ordenshäuser zu halten hatten: Diese betrafen ζ. B. die Anzahl der erlaubten Mönche in einem - 208 -
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Haus, die Aufnahmebedingungen fiir Novizen, das genehmigte Ausmaß der Aussteuer, die Ausbildung von Priestern, die Beziehung zu Vorgesetzten und ausländischen Häusern und ähnliche Dinge.46 Mit der Anhebung des Professalters übernahm man eine Maßnahme, die man in Frankreich und Venedig schon früher umgesetzt hatte (obwohl weniger drastisch) und die darauf angelegt war, die Zahl der Mönche und Nonnen zu reduzieren. Aber Maria Theresia ernannte keine Kommission, um die Klöster näher unter die Lupe zu nehmen, und sie hob weder in den deutschen Ländern noch in Ungarn Abteien auf. Eine Ausnahme bildeten natürlich die Jesuitenhäuser, deren Orden, wie wir gesehen haben, erst unter dem Druck der übrigen katholischen Großmächte vom Papst persönlich aufgelöst worden war. So beschränkte sich die Säkularisation der Klöster während Maria Theresias Regierungszeit auf die bescheidenen Maßnahmen, die in der Lombardei und Galizien durchgeführt wurden. Aus diesem Grund ist es unmöglich, in ihrer tatsächlichen Gesetzgebung die große Remedur zu sehen, von der sie 1750 sprach, die sie aber nie genau definiert hat. So lässt sich weder jene Stelle in ihrem Testament noch ihre Gesetzgebung als Grundlage für Josephs Programm betrachten.
DIE T Ä T I G K E I T JOSEPHS II. NACH
1780:
DIE
KERNLANDE
Schon bald nach Maria Theresias Tod lenkte Joseph im Zusammenhang mit seinen Plänen für eine allumfassende Kirchenreform seine Aufmerksamkeit auf die Klöster der Monarchie. Er war überzeugt - zweifellos bestärkt durch seine Kenntnis von Febronius47 - , dass es das Recht und die Pflicht eines weltlichen Herrschers sei, eine solche Reform durchzufuhren, besonders wenn der Papst und die kirchlichen Obrigkeiten dies nicht selbst unternahmen. Er ging sogar so weit, dass er dem Papst 1782 schrieb: Ohne in den Texten der Heiligen Schrift und der Kirchenväter zu suchen, besitze ich eine innere Stimme, die mir sagt, was sich fiir mich als Gesetzgeber und Beschützer der Religion zu tun und zu unterlassen geziemt; und mit Hilfe von Gottes Gnade und dem rechtschaffenen Charakter, den ich in mir selbst erkenne, kann mich diese Stimme niemals in die Irre fuhren. 48
Ganz am Anfang seiner Regierungszeit kamen gravierende Missstände im Kloster Mauerbach, einem der wenigen Kartäuserhäuser in Österreich, ans Licht. Sowohl damals wie auch später vertraten verschiedene Leute die Meinung, es sei dieser Zwischenfall gewesen, der Josephs Säkularisationspolitik angetrieben habe.49 Aber wenn wirklich dieser spezielle Fall die Argumentation zugunsten der Auflösung von kontemplativen Orden bestärkt hatte, so ist es erstaunlich, dass sich Joseph als Rechtfertigung seines Vorgehens selten auf Missstände
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II. Teil: Formen monastischer Reform
wie Laxheit, Frivolität und Grausamkeit in einem spezifischen Ordenshaus bezog. Stattdessen stützte er sich auf allgemeine Prinzipien. Als ersten Schritt sollten die Klöster ihrer extraterritorialen Privilegien beraubt werden. Zu diesem Zweck unterband er alle Verbindungen zwischen Ordenshäusern in seinem Hoheitsgebiet und Vorgesetzten oder Klöstern in anderen Staaten. Zweitens sollten Klöster „nützlich" sein - und Joseph verstand dies im Sinne „eines erfassbaren Beitrags im weltlichen Bereich". So erließ er Ende 1781 ein Dekret, das die Aufhebung aller rein kontemplativen Klöster ankündigte, da sie ja „ihren Nachbarn nicht den geringsten Nutzen brächten", was „Gott keineswegs wohl gefallen könne". Dabei handelte es sich namentlich um Orden wie die Kartäuser, deren Regel und Gelübde ausdrücklich jene Tätigkeiten verboten, die Joseph als nützlich betrachtete. Bewusst oder unbewusst verfolgte er damit genau den entgegengesetzten Weg der commission des reguliers. Keineswegs darauf bedacht, die Observanz der ursprünglichen monastischen Regeln wiederherzustellen, hob er gerade den Orden aufweichen Brienne als unantastbar betrachtet hatte. Man kann sich der Ironie nicht entziehen, dass die philosophes eine Reform unternahmen, welche die wahrhaft kontemplativen Orden wieder in ihr Recht einsetzte, während Joseph, ein frommer Katholik, der die französische Aufklärung kaum verstand, dieselben aufhob.50 Drittens rückten nun aber auch andere Orden in sein Blickfeld, denn nach seinem Willen sollte kein Kloster fortbestehen, wenn es keine nützliche Funktion erfüllte. Damit meinte Joseph, wie sein eigener erster Entwurf für den Staatsrat zeigt, die Ausbildung von Jugendlichen oder die Betreuung von Kranken. Nach eingehenden Beratungen erweiterte man diese qualifizierten Funktionen, indem man „Predigen, Beichte anhören und Beistand am Totenbett" hinzufugte. Später kam auch noch die Seelsorge dazu.51 Aus diesem letzten Zusatz, der in den Dokumenten fast wie eine Nebensache erscheint, entwickelte sich schließlich die Hauptsubstanz des gesamten Programms. Dabei ist bemerkenswert, wie lange es dauerte, bis sich aus den vorläufigen Ideen in Josephs Memorandum von 1765 die drastischen und idiosynkratischen Klosterreformen der 8oer-Jahre entwickelten. Im Sommer 1782 etablierte man eine Geistliche Hofkommission, um die Reform in den Kernländern und in Ungarn umzusetzen. Zu ihrem Vorstand ernannte der Kaiser den Freiherrn von Kressel. Er erklärte, dass die Kommission unter dessen Führung „in diesen Geschäften, die mir so sehr am Herzen liegen, die besten Ergebnisse für Religion und Staat erbringen" würde.52 Zweiunddreißig Jahre nachdem Maria Theresia in ihrem Testament von einer großen Remedur gesprochen hatte, veranlasste Joseph endlich eine umfassende Prüfung aller Klöster als Teil einer ausgeklügelten und detaillierten Zählung aller kirchlichen Besitzungen. Solange der endgültige Bericht noch anhängig war, durften die Klöster keine neuen Novizen aufnehmen. Am 24. Oktober 1783 erließ der Kaiser ein Dekret, dass überall da die Einrichtung eines neuen Pfarrbezirks ins Auge gefasst werden sollte, wo es innerhalb einer existierenden Pfarrei zu viele Gläubige (meistens über 700) gab oder wo Mitglieder einer — 210 —
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existierenden Pfarre zu weit (über eine Stunde zu Fuß) von der nächsten Kirche entfernt wohnten. Das galt auch, wenn Gläubige wegen Überschwemmungen, Schnees, gefährlicher Bergpfade oder schlechter Wege oft vom Kirchgang ferngehalten wurden. Fortan stand das Schicksal eines jeden einzelnen Klosters direkt damit im Zusammenhang, wie viel es zur Verbesserung der Seelsorge beizutragen vermochte: Von Klöstern werden diejenigen, welche entweder zu Versehung der eigenen Pfarreyen oder zur Aushilfe der Seelsorge nothwendig sind, beybehalten, und wird fur dieselben eine angemessene Zahl von Geistlichen, mit einem auf alle Vorfälle berechneten, zureichenden Uberfluss bestimmt. Die übrigen fur die Seelsorge ganz entbehrlichen Klöster gehen nach und nach ein [...] (Dekret 1783)
Man ermutigte die Mönche, aus ihren Orden auszutreten und Priester von Pfarrgemeinden zu werden oder sich pensionieren zu lassen. Auch wenn sie bei ihrem Orden verblieben, stand ihnen die Möglichkeit offen, eine Pfarre zu betreuen. Falls ihnen dieses Angebot nicht zusagte, mussten sie nach einer gewissen Zeit ihr Stift gleichwohl verlassen; sie wurden dann mit anderen Ordensbrüdern aus aufgelösten Klöstern in einem Haus vereint, wo sie bis zu ihrem Lebensende verblieben. Allerdings muss man betonen, dass diese Maßnahmen, im Gegensatz zur anfänglichen Auflösung von rein kontemplativen Orden, im Prinzip nie gegen einen gesamten Orden gerichtet waren. Allerdings gab es mindestens eine Ausnahme: Die Trinitarier sollten völlig abgeschafft werden, denn sie hatten ihre beträchtlichen Ressourcen schon seit einiger Zeit kaum mehr für ihren vorbestimmten Zweck eingesetzt. Dieser war auch nicht mehr zeitgemäß, handelte es sich doch dabei um die Rettung christlicher Gefangener aus den Händen der Türken.53 Im Allgemeinen beurteilte man jedoch jedes einzelne Kloster nach seinen Verdiensten, was freilich immer von Verzögerungen, Unsicherheit, Misstrauen und Widersprüchlichkeiten begleitet war.54 Die finanzielle Seite dieser Abwicklung erfolgte so: Der Besitz der aufgehobenen Häuser oder der Erlös aus deren Verkauf wurde auf einen Religionsfonds übertragen, den man Anfang 1782 etabliert hatte. Schon Maria Theresia hatte einen Fonds dieses Namens begründet, der jedoch ausschließlich dazu diente, Protestanten zum Katholizismus zu bekehren.55 Die erste Aufgabe des neuen Fonds bestand darin, den vertriebenen Mönchen und Nonnen, die keine Beschäftigung finden konnten, eine Pension zu bezahlen. Die feindselige Haltung des Kaisers richtete sich speziell gegen die traditionellen Frauenorden, die der Gesellschaft in seinen Augen überhaupt keinen Nutzen brachten: Ihre Mitglieder konnten weder Priester noch Beichtväter oder Prediger werden. Hingegen billigte er die Art von Institutionen, welche seine Mutter „Konservatorien (wie in Italien) für unverheiratete Frauen" genannt hatte, und ebenfalls Gemeinschaften von Nonnen, die Kinder unterrichteten und Kranke
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betreuten. Solche Häuser waren jedoch äußerst selten in den Kernländern und den östlichen Gebieten der Monarchie. So kam es zur Aufhebung der meisten Frauenklöster. Da aber ihren ehemaligen Bewohnerinnen kaum Möglichkeiten zu einer nützlichen Tätigkeit offenstanden, kam ihre Pensionierung besonders teuer zu stehen.56 Die zweite Aufgabe des Religionsfonds bestand in der Schaffung und Ausstattung von neuen Pfarrbezirken, Pfarrern und Pfarrkirchen. Kein Element seiner Kirchenreform war Joseph wichtiger als die Einrichtung von „Generalseminarien", zwölf an der Zahl, für die ganze Monarchie, wo alle zukünftigen Geistlichen ausgebildet werden sollten. Mit diesem Plan, den er trotz hartnäckiger Opposition seitens seiner Minister und der Geistlichkeit durchsetzte, beabsichtigte er, den Diözesen und besonders den Klöstern ihren Einfluss bei der Ausbildung von Klerikern zu entziehen. Ferner sollte die Regierung den Lehrplan für die Generalseminarien bestimmen, damit die offiziell anerkannte Theologie und die Ansichten der Regierung über Rolle und Funktion des Klerus und der Kirche richtig vermittelt würden. Die Kosten dieser Institutionen wurden teilweise aus dem Religionsfonds beglichen, und viele davon waren in ehemaligen Klostergebäuden untergebracht.57 Doch schon bald wurde klar, dass der Religionsfonds während vieler Jahre für die Pensionskosten von Mönchen und Nonnen aufkommen musste und dass daher kaum genug übrig blieb für die Schaffung von neuen Pfarrbezirken, wie es sich der Kaiser in seinem groß angelegten Programm vorgestellt hatte. Unter diesen Umständen ist bemerkenswert, was man trotzdem erreichte - es übertraf alles, was von irgendeinem anderen katholischen Staat vor der Revolution angestrebt wurde. Nach amtlichen Tabellen löste man in der gesamten Monarchie über 700 Klöster auf, und die ursprüngliche Gesamtzahl des Weltklerus vermehrte sich offiziell um mehr als 5.000. Gleichzeitig sank die Anzahl der Ordensgeistlichen um 14.000. Neuere Studien haben zwar gezeigt, dass diese Ziffern, zumindest für Teile der Monarchie, die Ausmaße des Wandels übertreiben. In diesem Zusammenhang sind zwei Gruppen von Ordensgeistlichen besonders problematisch. Da sind zum ersten diejenigen, deren Häuser aufgelöst wurden, die jedoch Mönche blieben und in andere Häuser oder Orden umzogen. Es bleibt unklar, ob man diese in den offiziellen Statistiken der Ordensgeistlichen immer berücksichtigt hat. Zweitens gab es eine beträchtliche Anzahl von Mönchen, die Pfarrer wurden, aber gleichzeitig Ordensgeistliche blieben. Es scheint, dass diese, wenigstens in einigen Fällen, zum neuen Weltklerus gezählt wurden. Wenn man diese statistischen Probleme berücksichtigt, ist es gut möglich, dass es zwar 5.000 neue Gemeindepfarrer gab, der Schwund an Ordensgeistlichen aber bedeutend niedriger als 14.000 war. Außerdem erscheint auf den Listen der neuen Weltgeistlichen ein großer Teil - mehr als zwei Fünftel - als Seminaristen in einem der neuen Generalseminarien, und es ist nicht klar, inwiefern diese schon seelsorgerische Aufgaben übernehmen konnten.58 Auch gibt es - 212
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Die Habsburgermonarchie: Die josephinische Lösung
unterschiedliche Meinungen darüber, wie viele neue Pfarreien eigentlich geschaffen wurden. Professor Diclcson gibt für die gesamte Monarchie nur 628 an. Zudem etablierte man aber 1.161 „örtliche Kaplaneien".59 Doch wie es sich auch mit den genauen Zahlen verhalten mag, gegen das Ende der Regierungszeit von Joseph II. zeigten sich die Bischöfe und der Staatsrat außerordentlich besorgt über den Rückgang in den Beständen des Klerus und über das alarmierende Absinken von religiösen Berufungen. Man führte das teilweise darauf zurück, dass sowohl die Regierung wie die Gesellschaft der Geistlichkeit allgemein, besonders aber dem Ordensklerus nicht mehr die frühere Hochachtung entgegenzubringen schienen.60 Obwohl die Regierung eigentlich in jeder Provinz dieselben Ziele verfolgte, zeigten sich in der Art und Weise und in den Auswirkungen der Umsetzung beträchtliche Unterschiede. Dabei wissen wir mehr über die Vorgänge in den österreichischen Herzogtümern als in anderen Teilen der Monarchie. Aus Dicksons Tabellen erhalten wir nähere Aufschlüsse über diese Verhältnisse. Zusätzlich zu den 6.500 Weltgeistlichen, die 1780 in diesen Provinzen dokumentiert sind, finden wir 1790 als Folge der Säkularisationen weitere 1.178 Kleriker im Amt oder in der Ausbildung. 61 Wohl mochte die Schaffung von neuen Pfarreien die Zustände in ländlichen Gegenden etwas verbessert haben, die größte Auswirkung hatte sie jedoch in Wien mit seinen Vorstädten, wo man die erstaunliche Zahl von 47 neuen Pfarreien einrichtete. Etwa die Hälfte stützte sich auf die Hilfe von Klöstern. Mehrere davon verdankten ihre eigentliche Ausstattung fortbestehenden Klöstern, andere erhielten Unterstützung aus dem Religionsfonds. Einige wurden von Mönchen betreut, andere von Weltgeistlichen, von denen manche wiederum in Klöstern lebten.62 Abgesehen von den erwähnten Problemen bei der Interpretation der offiziellen Daten hat eine wichtige Studie von Dr. Ludwig Raber weitere Zweifel aufgeworfen. In dieser Arbeit befasst sich Raber mit den Auswirkungen von Josephs Gesetzgebung auf die Häuser der österreichischen Franziskaner-Observanten, mit besonderer Berücksichtigung von Niederösterreich.63 Bekanntlich gehören die Franziskaner einem Bettelorden an. Daraus ergibt sich eine wichtige Frage, die bisher nicht angesprochen wurde: Was für eine Einstellung hatten der Kaiser und die Regierung gegenüber dem Betteln? Joseph hätte dieses Gewerbe gerne völlig eliminiert und erließ diesbezüglich ein Verbot. Er war aus Prinzip gegen das Betteln, da es, nach seiner Meinung, die natürliche Dynamik des Marktes behinderte, die Menschen von der Arbeit abhielt, persönliche Verantwortung untergrub und Unordnung stiftete. Er glaubte, dass das organisierte Bettelwesen des Ordens besonders den Armen ungerechtfertigte Lasten auferlegte. Überdies glaubten er und seine Anhänger, dass die Mönche der Mendikantenorden ungehörigen geistlichen Druck ausübten, um den Leuten Almosen abzupressen, und dass sie auf ihren Bettelrunden Aberglauben und Bigotterie predigten. Andererseits musste Joseph aber auch zugeben, dass die Klöster dieses Ordens nützlich, ja unentbehrlich waren und dass sie finanziell nicht überleben konnten, ohne dass ihr Stiftungsgut
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II. Teil: Formen monastischer Reform
durch zusätzliche Einnahmen ergänzt wurde. So musste er in Bezug auf das Bettelverbot kurzfristig zahlreiche Ausnahmen machen. Langfristig richtete er für die Bettelmönche eine alternative Einnahmequelle mit dem verwirrenden Namen „Pension" ein. Durch diese Maßnahme wurden jedoch die Erträge, welche die Säkularisation bringen sollte, weiterhin reduziert. Zu Beginn von Josephs Regierungszeit gab es 16 Franziskaner-Observantenklöster in Osterreich, und somit hatte dieser Orden die zahlreichste Vertretung in diesem Gebiet. Aufgrund der Ergebnisse, die sich aus der Untersuchung hinsichtlich kirchlicher Einnahmen und Reserven ergaben, beschloss die Kommission, 13 der 16 Häuser aufzulösen, sodass nur noch drei in Wien und seinen Vorstädten übrig bleiben sollten. Diese drei sollten aus ihrer Gemeinschaft Priester für Pfarreien zur Verfügung stellen, Weltpriester bei sich einlogieren, denen Franziskanermönche bei der Seelsorge beistehen könnten, und eine Reserve von Geistlichen unterhalten, die bei Krankheit, Abwesenheit oder Todesfällen von Amtsträgern einspringen würden. Die interessanteste Einzelheit in Rabers Bericht besteht wohl darin, dass nicht alle 13 Klöster gleichzeitig aufgehoben wurden. Die Bürokratie wies daraufhin, dass das unter den Bedingungen der kaiserlichen Dekrete unmöglich wäre. Mit Rabers Worten: Es galt vor allem, in den Klöstern Platz zu machen, indem man die jüngeren Patres und später auch Laienbrüder in die Seelsorge oder auf andere passende Posten versetzte. So kam es zu einer Ursachenverkettung: die Klöster wurden aufgehoben, um Leute fur die Seelsorge zu bekommen, und die Mönche wurden in die Seelsorge geschickt, um Klöster aufheben zu können.
Im besten Fall konnte man hoffen, jährlich ein Haus aufzulösen, aber auch dieses Ziel wurde nicht immer erreicht. Als Joseph II. im Februar 1790 starb, waren vier der 13 Häuser noch immer nicht säkularisiert. Eines war durch die Fürsprache des Bischofs von St. Pölten gerettet worden. Die übrigen warteten auf ihre Aufhebung. Durch den Tod Josephs und die Thronfolge von Leopold II. erhielten sie eine Gnadenfrist. Wenn sich dieses Beispiel auf alle Orden übertragen lässt, kann man eher verstehen, warum Josephs Programm im Endeffekt weniger einschneidend war als ursprünglich beabsichtigt. Es ist jedoch unbestritten, dass die Umwandlung von Mönchen in Gemeindepfarrer bei den Franziskanern in Österreich außerordentlich erfolgreich war. Nach Raber waren zwischen 1783 und 1790 zur Seelsorge ausgesetzt:
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Die Habsburgermonarchie: Die josephinische Lösung in der Diözese Linz
! 5 Patros
in der Diözese St. Pölten
5 5 Patres
in der Erzdiözese Wien
107 Patres
als Feidkaplane
4 Patres
Summe der Exponierten
181 Patres
1783 gab es in Niederösterreich 325 Patres. Diese Ziffer ist offensichtlich nicht fiir dieselben Gebiete errechnet worden wie diejenige in der Tabelle. Trotzdem lässt sich daraus ersehen, dass ein beträchtlicher Prozentsatz aller Franziskanerpriester Gemeindepfarrer wurden vielleicht die Hälfte. Viele Aspekte von Josephs Programm werden auf einem berühmten Kupferstich zusammengefasst (Abb.28). Ich hatte das Glück, in den vatikanischen Archiven eine außerordentlich lebendige, zeitgenössische Beschreibung dieser Darstellung zu finden. Der Autor, Kardinal Garampi, der päpstliche Nuntius in Wien, vermittelt die Anspielungen in dieser Allegorie in einer klaren, bildhaften Sprache. Im März 1783 berichtet er, dass zwei Geschäfte seit der letzten Januarwoche diesen und noch einen zweiten „skandalösen und ketzerischen" Stich zum Kauf angeboten hätten, und zwar, als ob sie fremden Ursprungs wären, mit Billigung der Zensur. Neugier, die Mutter der Versuchung und der Ketzerei, führte zu so schnellen und zahlreichen Verkäufen, dass die Kunden Mühe hatten, in die Geschäfte hinein- und wieder herauszukommen. Was mich aber noch mehr erstaunte, war der übersetzte Preis, [...] zweieinhalb Gulden, und trotz eines solchen Preises wurden viele Tausende verkauft. [...] [Das Bild] zeigt St. Peter und den Kaiser zuoberst auf einem Hügel stehend. Vor ihnen gibt es ein Netz mit nackten Seelen, die hintereinander in den Himmel klettern. Der Kaiser hält es [das Netz] mit der rechten Hand, St. Peter mit der linken. Der Letztere blickt bescheiden nach unten; die Schlüssel hält er in der rechten Hand. Des Kaisers linke Hand ist hoch erhoben und zeigt auf das Symbol Gottes oder der Dreifaltigkeit, das hoch am Himmel leuchtet. Auf einer Seite des Hügels sieht man einen Freimaurer oder jemanden, der wie ein Bauhandwerker gekleidet ist. Dieser trägt eine Laterne in der Hand, von welcher ein heller Lichtstrahl auf eine Gruppe von elenden, armen Menschen fällt - so als ob christliche Wohltätigkeit für die Armen vor der Einfuhrung der Freimauererei unbekannt gewesen wäre. Auf der anderen Seite des Hügels sieht man die Fassade der Schottenkirche [einer berühmten Benediktinerabtei in Wien] mit einem Wirtshausschild; und der Küster bettelt um Almosen und ruft die Menschen zum Gottesdienst [...].
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II. Teil: Formen monastischer Reform
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schöfe einer nach dem andern gegenseitig zu überbieten suchten. Es muss ein berauschendes Schauspiel gewesen sein, das sowohl die Teilnehmer wie auch die Beobachter mehr als Traum denn Wirklichkeit erlebten. Als der Bischof von Chartres vorschlug, dass man Jagdprivilegien aufgeben sollte, erklärte der Due du Chätelet: „Der Bischof nimmt uns unsere Jagd, so nehme ich ihm auch etwas weg."35 Der Herzog meinte, man könnte ja den Zehnten ablösen. Gegen Ende der Nacht hatte man alle Privilegien, gesellschaftlichen Unterschiede und Herrschaftsrechte aus der Welt geschafft - mindestens im Prinzip. Als diese Angelegenheiten am 1 1 . August wieder zur Sprache kamen, war die Stimmung in der Versammlung viel nüchterner; trotzdem wäre es niemandem in den Sinn gekommen, die Versprechungen vom 4. August wieder rückgängig zu machen. Die Mitglieder formulierten nun Dekrete auf der Grundlage der Erklärungen jener außergewöhnlichen Nacht. Die Bischöfe beschlossen, dass es unter diesen Umständen nur eines gebe, nämlich dass man sogar noch weiter gehen und die Zehnten freiwillig aufgeben sollte. Dieser Beschluss trat nicht sofort in Kraft, wenigstens theoretisch, aber es wurde nun zunehmend schwieriger, den Zehnten einzuziehen. Indessen gab man den Klerikern zu verstehen, dass ihre Besoldung und eine Reihe von anderen kirchlichen Aufgaben in Zukunft direkt vom Staat finanziert werden würden:
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Die Revolution in Frankreich
[Nach dem neuen Gesetz] sind alle Zehnten abgeschafft, abhängig von einer Entscheidung, die andere Möglichkeiten findet, um die Kosten des Gottesdienstes zu decken, die Priester zu besolden, die Armen zu entlasten, Kirchen und Pfarrhäuser zu bauen und zu reparieren, und alle Einrichtungen, Seminarien, Schulen, Kollegien, Spitäler, Gemeinschaften etc. [zu unterhalten], die bisher durch den Zehnten bestritten wurden.
Bis dahin zweifelten nur die Misstrauischen und Schwarzseher unter dem Klerus an den guten Vorsätzen der Versammlung. Der Erzbischof von Paris ließ ein Te Deum singen, um diesen „epochemachenden, erinnerungsträchtigen Augenblick in der Geschichte der Nation" zu feiern.36 Obwohl es offensichtlich war, dass die Klöster durch diese Entschlüsse schwer in Mitleidenschaft gezogen werden würden, erwähnte man ihre missliche Lage kaum. Am 24. September hielt Necker eine lange Rede vor den Abgeordneten. Er erklärte noch eindringlicher als zuvor, dass die finanzielle Situation so hoffnungslos sei, dass unverzüglich gehandelt werden müsse, um das Land vor innerem Chaos zu retten und seinen Ruf im Ausland wiederherzustellen. Die materiellen Umstände hatten sich sichtlich verschlechtert, seit die Generalstände zusammengekommen waren, namentlich nachdem sie beschlossen hatten, noch existierende Steuern nicht mehr einzuziehen.37 Im Besonderen bat Necker alle wohlhabenden Bürger um einen patriotischen Beitrag. Nach ihm sprach Dupont de Nemours, ein respektierter Ökonom. Auch er redete außerordentlich lange und räumte ein, dass man „den Staat retten müsse", aber ein patriotischer Beitrag würde nicht genügen. Er konzentrierte sich auf die Möglichkeit, die Kirche zu schröpfen. „Der Klerus", sagte er, „hat seine Pflicht getan [...]. Der Zehnte steht Euch zur Verfügung." Im Weiteren berechnete er, was für Beträge nötig wären, um Gemeindegottesdienste, Bischöfe und Kathedralen ausreichend zu unterstützen. Danach lobte er die Arbeit der Spitäler und Kollegien, die nach seiner Meinung in Zukunft besser finanziert werden sollten. Erst dann erwähnte er Klöster und nur im Zusammenhang mit der Stiftung von frommen Messen. Er wies darauf hin, dass es schon seit Langem nicht mehr genug Geistliche gebe, um all die Messen zu lesen, die von den Stiftern vorgeschrieben waren, und dass die Kirche Wege gefunden hätte, diese Schwierigkeiten zu umgehen, indem sie mehrere Spenden in einer Messe zusammenfasste. Dann fuhr er fort: „Es gehört zu den Pflichten des Bischofs, die Observanz von Stiftungen zugunsten von Abteien und Prioraten mit den Messen der Kirchgemeinden zu kombinieren, und das wird unausweichlich werden, wenn die Abschaffung des Zehnten oder sein Ubergang in die öffentliche Domäne die Hälfte der Ordenshäuser zerstören wird." Nach ein paar weiteren Sätzen stellte er sogar das völlige Verschwinden von Klerikern, die sich nicht mit Seelsorge beschäftigen würden, in Aussicht. Er nahm an, dass man Mönche und Nonnen mit Pensionen abfinden würde. Aber er meinte, dass die Enteignung ihrer Ländereien kombiniert mit dem Zehnten und anderen Gebühren trotzdem ausreichen würde, um den Kredit
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III. Teil: Die Revolutionszeit
des Staates wiederherzustellen. Auf dieser Grundlage ließen sich dann genügend Darlehen aufnehmen, um die von Necker beschriebenen Finanzprobleme zu lösen. An keiner Stelle seiner Rede findet sich die leiseste Anerkennung von Gebet und Kontemplation, von Gottesdienst, Gelehrsamkeit, künsderischer Leistung oder wirtschaftlicher Tätigkeit, wie sie von den Klöstern gepflegt worden waren.38 Zu diesem Zeitpunkt wurde offensichtlich, dass sich die Versammlung zum größten Teil aus philosophes, Protestanten und vom Jansenismus beeinflussten Personen zusammensetzte. In den folgenden Wochen lief die Finanzdebatte mit Unterbrechungen weiter. Duponts Vorschläge wurden nicht in allen Einzelheiten gutgeheißen, aber die Idee der Enteignung von Kirchengut fand bei vielen Abgeordneten ein Echo, und schon bald erschien diese Lösung vielen unumgänglich. Die meisten Befürworter wollten das anfallende Land verkaufen, damit dem Staat sofortige Finanzkraft zukäme. Am 28. September las man der Versammlung einen Brief der Kluniazensermönche von St. Martin-des-Champs vor: Sie bitten [Euch], das freiwillige Angebot anzunehmen, nach welchem sie ihren ganzen Besitz der Nation übertragen. Sie können diese Verzichtserklärung im Namen des gesamten Ordens machen, im Vertrauen, dass sich alle ihre Mitglieder (ausgenommen einige wenige) diesem Plan mit Begeisterung anschließen [...]. Der Orden der Kluniazenser [...] hat ein geschätztes Gesamteinkommen von 1.800.000 /ivres, von dem die Hälfte den Kommendataräbten und den Prioren gehört. Die Liegenschaften ihrer drei Häuser in Paris sind mindestens vier Millionen wert, was zusammen mit dem Umschwung ihrer weiteren Häuser in verschiedenen Provinzen für jedes Individuum eine Pension von 1.500 /ivres abwerfen könnte. Diese Transaktion würde dem Staat ein Einkommen von 900.000 /ivres verschaffen und den Mönchen Freiheit, die sie in ihrem Glück mit dem Rest der Franzosen teilen werden. 39
Der Vorgesetzte des Ordens hatte nichts von diesem Plan gewusst und wollte nichts damit zu tun haben, wie auch manche der Mönche, aber der Antrag hatte einen großen Eindruck hinterlassen. St. Martin-des-Champs war außerordentlich reich und besaß Präsentationsrechte in zwei Drittel der Pfarrgemeinden in der Hauptstadt.40 Ein paar Tage später, am 1. Oktober, wurden vor der Versammlung ähnliche Botschaften verlesen. Die Mönche der berühmten Abtei von Bec in der Normandie ζ. B. begrüßten die Abschaffung des Zehnten und der Herrschaftsrechte und baten um Erlaubnis, „die unschätzbaren Vorteile der Freiheit", begleitet von einer passenden Pension, genießen zu dürfen. Die Mönche von Bonneval dagegen sagten, dass sie am liebsten in ihrem gegenwärtigen Stand verbleiben würden, dass sie sich aber einer Auflösung fugen würden, wenn sie eine Pension bekommen könnten.41 Endgültige Entscheidungen über das Schicksal von Kirchengut zögerten sich hinaus, besonders wegen der Debatten über die Erklärung der Menschenrechte, der Bürgerrechte und
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Die Revolution in Frankreich
der Verfassung. Als der König sich weigerte, seine Vollzugsgewalt aufzugeben, zwang ihn der „Marsch der Weiber" vom 5. Oktober, nach Paris zu ziehen. Er verlangte nun, dass ihm die Nationalversammlung dahin folge. Am Samstag, dem 10. Oktober, wandten sich die Abgeordneten, die noch immer in Versailles tagten, wieder der Frage der Kirchengüter zu. Sie hörten sich Talleyrand an, den Bischof von Autun, der sich einst in der Generalversammlung des Klerus als Finanzgenie ausgezeichnet hatte. In einer außerordentlich klaren und schlauen Rede legte er dar, wie man die Schwierigkeiten umgehen könnte, welche die Revolution und besonders die Erklärung der Menschenrechte mit ihrer Anerkennung des heiligen Rechts auf Privateigentum geschaffen hätten. Er sagte, dass man der Kirche die Güter nicht zum Vorteil von Einzelpersonen geschenkt hätte, sondern dass sie dazu da seien, den Beauftragten die Erfüllung von gewissen Pflichten zu ermöglichen. Der Staat könne zwar „nicht die gesamte Körperschaft des Klerus zerstören, denn diese Körperschaft ist im Wesentlichen nötig zur Ausübung der Religion; er kann sich aber gewisser Gruppen innerhalb dieser Körperschaft entledigen, wenn er diese als schädlich oder einfach als unnütz betrachtet". Deshalb „hat er weitgehende Rechte, ihren Besitz zu veräußern". Auf dieser Grundlage unterbreitete er einen Plan, nach welchem er den Kirchenbesitz, dessen gesamten Wert er mit 150 Millionen livres jährlich einschätzte, auf die Nation übertragen würde. Im Gegenzug würde der Staat der Kirche zum Unterhalt der Kleriker und ihrer Aufgaben 100 Millionen zurückvergüten. Diese Summe würde sich im Laufe der Zeit durch den Tod von älteren Amtsinhabern vermindern, da diese, wenn überhaupt, durch Kleriker mit niedriger Besoldung ersetzt werden würden. Nebenbei bemerkte er noch, dass „es von jetzt an jeder Gemeinschaft verboten ist, jemandem ein Gelübde abzunehmen, bis man entschieden hat, welche der vormaligen Gemeinschaften fortbestehen würden".42 In den darauffolgenden Wochen ging die Debatte über diese Fragen weiter. Verschiedene sprachgewaltige Redner richteten sich gegen Talleyrands Plan und ähnliche Vorschläge. Dabei äußerte Abbe Maury wohl die überzeugendsten Argumente. Er wies darauf hin, dass die Kirche Land und Geld, die sich jetzt in ihrem Besitz befanden, weder von einem König noch von einer Nation empfangen hätten und dass die Personen, welche die Vergabungen gemacht hätten, diese individuellen Kirchen und Gemeinschaften und nicht der Kirche als Ganzem geschenkt hätten. Er vertrat die Meinung, dass ein begüterter Klerus absolut wünschenswert und alles Eigentum gleichermaßen heilig sei. Überdies solle die Versammlung zuerst einmal ihre eigene Einstellung gegenüber der Religion im Allgemeinen und dem Katholizismus im Besonderen prüfen, bevor sie die Kirche angriffe. Die Gruppe, die das Eigentum des Klerus wirklich dem Staat übertragen wolle, behauptete er, bestehe aus Spekulanten, die, im Gegensatz zu anderen Segmenten der Gesellschaft, einschließlich der Kirche, selbst nicht bereit wären, zur Rettung des Staates Opfer zu bringen.43 Abbe Gouttes erklärte, die Klöster sollten sich selbstverständlich einer Reform unterziehen und ihre Zahl sollte
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III. Teil: Die Revolutionszeit
reduziert werden. Aber die Versammlung habe keine Autorität, die Gelübde von Ordensgeistlichen zu brechen. [Auch] wäre es nicht in Eurem Interesse oder demjenigen der Religion oder Moral, Männer wie die Mönche des Ordens von Cluny auf die Gesellschaft loszulassen. [Männer], die Euch vorschnell das geben, was ihnen gar nicht gehört, und zwar mit der Auflage, dass sie [dafür] höhere Pensionen empfangen sollten, als solch unnütze und der Gesellschaft sogar gefährliche Personen verdienten. Sie [lassen sich nur] mit gierigen und faulen Hornissen vergleichen, welche die Substanz der weisen und fleißigen Bienen verzehren.44 Behaltet jedoch die nützlichen Mönche: solche gibt es nämlich, wie die Mauriner, [... ] [und] die Mendikantenorden, welche der Kirche so große Dienste erwiesen haben.45
Vor dem 28. Oktober gab es keine Debatte, die sich speziell mit dem Klosterwesen befasst hätte. Dann las man die Briefe von zwei Mönchen und einer Nonne, die um eine Entscheidung baten, die bestimmen würde, ob die befristete Aufhebung der Profess dauerhaft werden sollte. Man wies darauf hin, dass man nach den Regeln der Versammlung einen so wichtigen Schritt, der eine wesentliche Frage vorschnell zu beurteilen scheine, nicht bei der ersten Lesung verabschieden dürfe. Aber die Anliegen der Ordensgeistlichen erregten so wenig Interesse, dass man nach einer unzulänglich kurzen Diskussion ordnungsgemäß ein Dekret erließ, welches das ewige Gelübde außer Kraft setzte.46 Im Lauf der Debatte über geistliches Eigentum hörte man alarmierende Stimmen, die vor Talleyrands Vorschlägen warnten. Der Reichtum der Kirche würde vom Staat verschleudert werden, und er wäre zudem unzureichend, um dem Bankrott vorzubeugen. Diejenigen, die gegenwärtig mehr Kirchengüter genössen, als ihnen eigentlich zukäme, sollten nicht gezwungen werden, diese aufzugeben, denn „kein Franzose sollte einen Grund zum Klagen haben, weil er frei sei", und „die unzähligen Mönche und Nonnen, die um göttliche Gnade flehten, in ihrem gegenwärtigen Stand verbleiben zu dürfen", solle man gewähren lassen.47 Erzbischof Boisgelin plädierte für Mäßigung, für kluge Reformen statt Enteignung. Aber, wie die meisten Redner, sagte er erstaunlich wenig über Klöster, nur dass „Häuser und Gemeinschaften auf solche Weise zu reduzieren seien, dass die Zahl ihrer Mitglieder ausreichen würde, um die Ziele und die nützlichen Aufgaben, denen sie ihre Tätigkeit widmen sollten, erfüllt werden könnten."48 Man überließ es Comte de la Marek, eine kraftvolle Verteidigung der Klöster zu wagen. Er beschrieb sich als Vertreter „der belgischen Provinzen", also der Teile der Niederlande, die von Frankreich annektiert worden waren. Er argumentierte, die Konfiszierung der Kirchengüter würde dazu fuhren, dass seine Region im Vergleich zu anderen Provinzen ungerechterweise einen viel größeren Teil seines Reichtums an den französischen Staat abgeben müsste.
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Die Revolution in Frankreich Warum? Ein sehr großer Teil des Landes in diesen Provinzen gehört dem Klerus, den Spitälern und Kollegien. Die Bauern auf diesen Ländereien, gesichert durch die Dauer ihrer Pachtverträge, [...] haben sich daran gewöhnt, das gepachtete Land als ihr Eigen zu betrachten; sie sparen keine Mühe beim Bebauen des Landes, auf dem sie ansässig sind [...]. Die meisten Besitzer, die Mönche, die Ordenskapitel, verzehren ihren Reichtum auf dem gleichen Land, auf dem er produziert wird; sie haben keine Ahnung von jenen Luxusartikeln und Merkwürdigkeiten, die aus fernen Gegenden stammen und die dafür verantwortlich sind, dass Geld von einem Land ins andere transportiert wird. Die Einnahmen, die ihre Bedürfnisse bei Weitem übertreffen, brauchen sie teilweise zum Bauen und Unterhalten von ungeheuer großen Gebäuden, teilweise zur Deckung der Kosten der öffentlichen Schulen und natürlich stets für aufgeklärte Armenfursorge. Die Quellen von Reichtum und Zufriedenheit, seit Jahrhunderten bezeugt, [...] werden austrocknen, wenn die Nationalversammlung diese Ländereien veräußert. [...] Ich setze mich nicht für die Sache des Klerus ein, sondern für diejenige des Volkes.
Im Laufe seiner Rede betonte er mehrmals, wie wichtig es sei, dass sich dieses Gebiet immer gegen die Ernennung von Kommendataräbten gewehrt habe. Gleich anderen Referenten zweifelte er an den allgemein optimistischen Prognosen hinsichtlich der mutmaßlichen Beträge, welche der Großverkauf von geistlichen Ländereien einbringen würde. Nachdem er seinen Standpunkt klargemacht hatte, holte er zu einer Herausforderung der grundsätzlichen Axiome der Revolution aus. Warum, fragte er, sollen alle französischen Provinzen gleich behandelt werden, als ob sie Bestandteile einer Maschine wären? Warum kann es nicht verschiedene kleine Staaten geben, von denen jeder separat und nach der Eigenart seiner Bevölkerung unterschiedlich verwaltet wird, die aber durch eine übergreifende Regierung zur gegenseitigen Unterstützung vereint sind? 49 Es ist kein Wunder, dass diese leidenschaftliche Rede bei der Nationalversammlung nicht gut ankam. Aber sie zeigt im entscheidenden Augenblick beispielhaft die Parallelen und Unterschiede zwischen den revolutionären Bewegungen in Belgien und in Frankreich. Comte de la Marek, einer der prominentesten Adligen der Osterreichischen Niederlande, war zu dieser Zeit schon damit beschäftigt, den Aufstand gegen Joseph II. vorzubereiten, da er dessen Kirchenpolitik aus denselben Gründen ablehnte wie jetzt die Säkularisation des Kirchenbesitzes in Frankreich. Aber es war ihm auch klar, dass sich die französische Beurteilung von Klöstern - besonders unter Abgeordneten der Nationalversammlung - stark von der belgischen Meinung unterschied. Außerdem war ihm bewusst, dass die jüngsten Erfahrungen mit Klöstern außerhalb der belgischen Provinzen in Frankreich für Franzosen viel weniger positiv gewesen waren als für die Belgier. Die Entschlossenheit, mit der Joseph II. seine Territorien zu vereinheitlichen suchte, zeigte eine große Ähnlichkeit zu den Zielsetzungen der Franzö- 275 "
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sischen Revolution. Begründet in den historischen Traditionen der beiden Länder, ließ sich aber die Zentralisierung in Frankreich viel leichter durchführen als in Belgien. Am 2. November, nach der täglichen Debatte und der Rede von Comte de la Marek, verabschiedete man schließlich mit 568 gegen 346 Stimmen folgendes Dekret: „Der ganze kirchliche Besitz steht der Nation zur Verfugung, vorbehaltlich der zweckdienlichen Kosten für Gottesdienste, Besoldung der Pfarrer und Fürsorge für die Armen, unter der Aufsicht und nach den Bestimmungen der Provinzen."50 Ein Abgeordneter, der zuversichtlicher war als Comte de la Marek, berichtete seiner Wählerschaft in Flandern, was geschehen war, und fügte hinzu: „Danach werdet Ihr nicht sagen, dass Eure Abtei aufgelöst sei oder dass Eure guten Mönche Hungers sterben müssten. Man wird Vorsorge treffen, dessen könnt Ihr versichert sein. Die Leute in Frankreich sind nicht so unmenschlich."51 Innerhalb einer Woche einigte man sich weiter darüber, dass der geistliche Besitz unter den Schutz des Königs und der Staatsbeamten gestellt werden sollte, vorgeblich um Diebstahl vorzubeugen, aber namentlich um ein Inventar aufzunehmen. Ein regulärer Abt, der auch Abgeordneter war, M. de Coulmiers, Abt von Abbecourt, versuchte sich dieser Maßnahme vergeblich zu widersetzen, indem er darauf bestand, dass die Vorsteher der Häuser selbst in der besten Lage wären, die nötige Information zu liefern. Die Versammlung wollte diese Aufgabe jedoch lieber der örtlichen Obrigkeit anvertrauen.52 Schon vor Ende 1789 hatte man mit dem Sammeln dieser Information begonnen, und die ersten Verkäufe von geistlichen Ländereien im Rahmen von 400 Millionen livres waren bewilligt worden.53 Aber zu diesem Zeitpunkt glaubten immer noch viele, dass einzelne Orte die Details des Programms selbst bestimmen könnten und dass nur einige wenige Güter enteignet werden würden.54 Doch das Gegenteil traf ein. Im Dezember unterbreitete der Kirchenausschuss der Versammlung seinen großen Bericht über das Schicksal der Orden, der Ordensgeistlichen und ihrer Häuser. Als M . Treilhard, der radikale Vorsitzende des Ausschusses55, den Rapport vorstellte, sprach er über die vollständige Dekadenz der Klöster und über die vorherrschende Uberzeugung, dass sie säkularisiert werden müssten. Ewige Gelübde wurden natürlich strikt abgelehnt. Jeder Mönch und jede Nonne sollte die Gelegenheit haben, innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, ob er oder sie im Kloster bleiben oder ins weltliche Leben entlassen werden wollte. Diejenigen, welche das Ordensleben wählten, würden in besonderen Häusern vereint werden, namentlich in Kleinstädten und auf dem Land. Der Staat würde jedem Haus jährlich 5 00 livres pro Kopf bezahlen, um die Gemeinschaft und die Gebäude zu unterhalten. Jene, die das Kloster verlassen wollten, bekämen eine etwas größere Pension, die sich mit zunehmendem Alter erhöhen würde. Ehemalige Äbte sollten mit einer jährlichen Summe von 2.000 livres besonders großzügig kompensiert werden. Alle diese Maßnahmen würden die persönliche Freiheit fördern und den „abscheulichen Gegensatz, der es gewissen Orden ermöglicht, von Luxus und Pracht umgeben zu sein, andere aber zu einem elenden
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Die Revolution in Frankreich
Bettelleben verdammt", in Glanz und Glorie zerstören. Die Häuser, die in wichtigen Städten weiter bestehen würden, wären solche, die sich mit Schule und Erziehung, Betreuung von Kranken und Armen und Gelehrsamkeit beschäftigen würden. M . Treilhard erklärte, dieses System hätte einen doppelten Vorteil: „Die Gegenwart von Ordensleuten könnte die ländlichen Gegenden, in denen sie angesiedelt wären, neu beleben, und gleichzeitig würden dann Liegenschaften, die sie in den großen Städten besessen hatten, fur andere Zwecke zur Verfugung stehen, eine ungeheuer wertvolle Ressource in unserer kritischen Situation." Was also bis zu diesem Zeitpunkt ins Auge gefasst wurde, war nur eine partielle Säkularisation. Am 1 1 . , 12. und 13. Februar 1790 wurden die Empfehlungen dieses Rapports in der Nationalversammlung stürmisch diskutiert. Der Bischof von Clermont setzte sich kraftvoll fur das Mönchtum ein und wies darauf hin, dass das von seiner Wählerschaft verlangt worden sei. Die Ansichten von Roederer oder Petion hatten bei der Versammlung mehr Erfolg. Roederer meinte, gewöhnliche Bauern würden im landwirtschaftlichen Bereich mindestens so viel leisten wie die Mönche. Auch könnten die Armen ebenso gut vom Staat versorgt werden wie von den Mönchen, und „wenn es sich ziemt, frommen Männern die Freiheit einer sitzenden, abgeschiedenen, kontemplativen Lebensweise zu gewähren, so sage ich, dass jeder in seiner Studierstube ein sitzendes, abgeschiedenes, kontemplatives Leben führen kann". Petion kommentierte: Heutzutage arbeiten Mönche nicht mehr; sie sind der Gesellschaft als Arbeiter verloren, Reichtum, der ihr [der Gesellschaft] abgeht. So sind Mönche als Individuen schädlich, als Körperschaften gefährlich. Wenn das einst so volkreiche Spanien heute verödet und verarmt ist, geht das einzig auf die Errichtung von Klöstern zurück. Wenn England blüht, verdankt es diese Tatsache teilweise der Abschaffung des Mönchtums [...]. Ihr müsst diese Orden völlig zerstören. Wenn ihr einigen das Fortbestehen erlaubt, öffnet Ihr den W e g zur Wiederbelebung von allen.
Der Generalvorgesetzte von St. Lazare argumentierte, dass Paris ohne seine Mönche unendlich viel ärmer wäre, was Barnave, ein protestantisches Mitglied des Kirchenausschusses, dazu provozierte, die Orden als „unvereinbar mit den Menschenrechten" zu erklären, weil ihre Mitglieder die Freiheit freiwillig aufgäben. Er meinte, sie lebten „außerhalb der Gesellschaft'', „gegen die Gesellschaft". Die Nationalversammlung ließ sich von diesen radikalen Ideen hinreißen. Man beschloss, dass ewige Gelübde nicht mehr anerkannt würden und dass alle Orden, die solche verlangten, säkularisiert werden sollten, „ohne die Möglichkeit, irgendwann in der Zukunft wieder neu zu erstehen". Ordensgeistliche sollten frei sein, das Kloster zu verlassen. In diesem Fall würden sie pensioniert werden. Jene Mönche, die das gemeinschaftliche Leben nicht hinter sich lassen wollten, würden in einem von der örtlichen Obrigkeit bestimm-
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ten Haus untergebracht. Nonnen dagegen durften in ihren gegenwärtigen Häusern bleiben. Schulische und karitative Institutionen durften fortbestehen - aber nur vorläufig, bis bessere Vorkehrungen getroffen werden konnten.56 Jetzt, eine Woche vor Josephs II. Tod, hatten die revolutionären Kräfte hinsichtlich des Mönchswesens schon mehr radikale Maßnahmen verabschiedet, als der österreichische Kaiser je ins Auge gefasst hatte. Er hatte nur gewisse Orden aufgelöst, namentlich kontemplative, und säkularisierte im Ganzen weniger als die Hälfte der Klöster in seinem Herrschaftsraum. Frankreich dagegen hatte alle traditionellen Orden abgeschafft und nur einen kleinen Rest bis zu ihrem Aussterben auf Duldung fortbestehen lassen. Joseph behielt die staatliche Anerkennung der ewigen Gelübde bei, was die Nationalversammlung abgelehnt hatte. Die Ländereien und Einnahmequellen, die er enteignete, dienten religiösen Zwecken und flössen nicht wie in Frankreich in die allgemeine Staatskasse. Kein Land, das katholisch geblieben war, hatte je zuvor alle Orden mit lebenslänglichen Gelübden aufgelöst. Kein christliches Land hatte je allen Kirchenbesitz konfisziert. Die Nationalversammlung war weit über das hinausgegangen, was sich die Leute in ihren cahiers vorgestellt hatten. Tatsächlich ist es schwer, jemanden zu finden, der vor diesen Geschehnissen solch skrupellose Enteignungen empfohlen hätte. Im November 1790 erschien in London Edmund Burkes Reflections on the Revolution in France, die klassische Darstellung eines Arguments gegen den Rationalismus, den Despotismus, die Irreligiosität und den Plündergeist der revolutionären Kräfte. Das Buch sollte auf lange Sicht als eine der kraftvollsten Verteidigungsschriften des Konservatismus ungewöhnlich einflussreich werden. Kurzfristig enthielt es die beste Kritik des neuen französischen Regimes. Doch die meisten Politiker und manche zeitgenössische Beobachter betrachteten Burkes Beurteilung der Geschehnisse anfänglich als unmögliche Ubertreibung. Einige dachten sogar, dass Burke wahnsinnig geworden sei. Als ihn dann der französische Expansionismus, der im April 1792 zum Krieg führte, das Massaker vom September 1792 und die Hinrichtung Ludwigs XVI. zu rechtfertigen schienen, gab man zu, dass seine Analyse prophetisch gewesen sei. Trotzdem könnte man sagen, er „hätte zu früh recht gehabt". Einer seiner gegenwärtigen Herausgeber berichtet, dass sich Burkes Ansichten schon im September 1789 verfestigt hätten, wobei er seine Meinung auf unzulängliche Information gegründet haben soll. Diese sei ihm durch eine Gruppe von Reaktionären zugekommen, die er zufällig getroffen oder mit denen er korrespondiert habe. Weder das Material, das er besaß, noch die eigentlichen Ereignisse in Paris hätten zu dieser Zeit seine Darstellung gerechtfertigt. Das könne man dadurch beweisen, so wird gesagt, dass er seinen Text lange vor der Verabschiedung der Zivilkonstitution vom Juli 1790 fertiggestellt habe.57 Mit einer Mischung von Freude und Unruhe bemerkten seine Zeitgenossen, dass sich Burke auf bemerkenswerte Weise mit dem Schicksal der französischen Kirche und besonders
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mit demjenigen des Mönchtums beschäftigte. Windham, ein ursprünglich skeptischer Freund und später einer seiner feurigsten Anhänger, sagte: „Was sollen wir über ein Buch sagen, dessen eindrücklichster Teil, sowohl vom Argument wie von der Sprache her, eine Rechtfertigung von Klöstern ist?" 58 Es ist tatsächlich erstaunlich, dass Burke es wagte, so viel über dieses Thema zu schreiben. Das protestantische Großbritannien war noch immer nicht bereit, dem Mönchtum auch nur die leisesten Sympathien entgegenzubringen. Als Ire katholischer A b stammung, der sich unermüdlich fur größere Toleranz gegenüber Katholiken einsetzte, musste er häufig die potenziell ruinöse Anschuldigung zurückweisen, dass er kein Mitglied der A n glikanischen Kirche, sondern selbst ein Katholik sei, den die Jesuiten von St. Omer ausgebildet hätten. Hätten diese Anschuldigungen gestimmt, wäre er nicht berechtigt gewesen, im Parlament zu sitzen und die Amter zu bekleiden, die er innehatte, und er hätte sich zudem strafbar gemacht. Aber natürlich betonte er das Schicksal der Klöster, weil gerade ihr Fall demonstrierte, mit welcher Verachtung die Revolution sich gegen die hergebrachte Ordnung richtete, wie sehr sie Eigentumsrechte und Tradition missachtete. E r nahm sich die Mühe, all die umfangreichen Berichte der Nationalversammlung zu lesen. Daraus konnte er ersehen, dass das Schicksal der Klöster schon im November 1789 faktisch besiegelt war und dass dieser Entschluss im Februar 1790 bestätigt wurde. Zur selben Zeit hatte man sich prinzipiell auch auf die Enteignung allen Kirchengutes geeinigt und bestimmt, wie man dabei vorgehen und den Verkauf handhaben sollte. Die Zivilkonstitution des Klerus, welche Burke tatsächlich besprach, ging zwar beim Durchfuhren der Kirchenreform noch weiter, änderte aber wenig an den Beschlüssen hinsichtlich der kirchlichen Ländereien. Zweifellos erkannte er die Folgen von einigen der frühen Maßnahmen der Revolution, im weltlichen wie im kirchlichen Bereich, noch bevor sie in die Praxis umgesetzt wurden. In diesem Sinne kann man ihn schon einen Propheten nennen, aber einen, der sich von dokumentarischem Beweismaterial und nicht von göttlicher Offenbarung leiten ließ. Im Zusammenhang mit dem Schicksal der Klöster sprach er jedoch von etwas, das schon entschieden war und gegenwärtig umgesetzt wurde. E r war Ende 1789 nicht nur außergewöhnlich gut informiert, sondern hatte, im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen und manchen späteren Historikern, die Gabe zu begreifen, was die Zerstörung des französischen Mönchtums wirklich bedeutete.
DIE REVOLUTION UND DIE KLÖSTER NACH FEBRUAR
179Ο
Angesichts der Wahl, entweder das Kloster zu verlassen oder unter viel ungünstigeren Bedingungen im Ordensleben zu verbleiben, ergriffen viel Mönche die Gelegenheit, das Mönchsleben hinter sich zu lassen. Wie üblich sind die verfugbaren Daten schwierig zu interpretieren. Ein Mönch, der anfänglich bereit war, das Klosterleben aufzugeben, mochte sich vielleicht
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anders besinnen. Wenn das Ordenshaus eines Mönchs aufgelöst wurde, wie das in den meisten Fällen geschah, mochte das für ihn mit guten Gründen bedeuten, dass seine Verpflichtungen dadurch beendet seien. „Wir sind es nicht, die unseren Orden verlassen, unser Orden verlässt uns." Auch war es nicht so, dass Häuser mit strenger Observanz erhalten geblieben und schlampige aufgelöst worden wären. Trotz oder vielleicht wegen der Empfehlungen der commission des reguliers gab es eine erstaunlich große Zahl von Häusern mit sehr wenigen Insassen. Während ein beträchtlicher Prozentsatz der Mönche aus alten, begüterten Abteien das Kloster verließ, zeigten andere Orden, besonders die Kapuziner, eine viel größere Anhänglichkeit zu ihrem Gemeinschaftsleben und zu ihrer Profess. In Paris, wo Plongeron den Befund genau studiert hat, scheint sich ungefähr die Hälfte der Mönche fur ein weltliches Leben entschlossen zu haben. Der größte Teil der anderen Hälfte nahm das Angebot einer Wohngelegenheit in einem der Häuser an, welches den Insassen ein gemeinschaftliches Leben erlaubte.59 Einige freuten sich über die Möglichkeit, Gemeindepfarrer zu werden, während andere ein vollständig säkulares Leben anstrebten und heirateten. La Gorce schrieb, dass sich die Mönche im Allgemeinen weder als Helden noch als Verräter erwiesen hätten. Es war, als ob sie „plötzlich aus ihrer halbherzigen Ruhe, ihrem schläfrigen Psalmensingen aufgewacht wären." Ihre friedfertigen Gewohnheiten und der Mangel an Zusammenarbeit zwischen den Häusern und den Orden erleichterten die Säkularisation erheblich.60 Die meisten Nonnen dagegen erklärten, dass sie in ihrer Gemeinschaft verbleiben wollten. Oft protestierten sie heftig gegenüber den Beamten, die ihnen „ihre Freiheit" anboten. Sie sagten, sie wünschten diese Art von Freiheit nicht, die eine Freiheit, die sie suchten, besäßen sie schon, nämlich die Freiheit, Gott zu ehren und in ihrer Gemeinschaft zu beten. Die Vorstellung, die sich unter Karikaturisten und gewissen Abgeordneten der Nationalversammlung verbreitet hatte, dass die Nonnen nur auf eine Gelegenheit gewartet hätten, um ihrem Gefängnis zu entfliehen und einen Ehemann zu finden, hatte sich als Fantasiegebilde erwiesen. Nur ein ganz kleiner Prozentsatz der ehemaligen Nonnen heiratete, und von diesen verehelichte sich nur etwas mehr als ein Drittel mit einem Priester oder Ordensgeistlichen. Unter den männlichen Klerikern, die sich zur Heirat entschieden, wählten nur 4,5 Prozent eine Nonne zur Ehefrau. 61 Manche Äbte und Äbtissinnen leisteten anfanglich Widerstand, und zahlreiche Städte und Dörfer ersuchten darum, ihre Klöster behalten zu dürfen. Doch gab es sehr wenig gewalttätige Opposition. Dass die Ordensgeistlichen selbst auf friedliche Weise aufgeben würden, war zu erwarten gewesen. Viel erstaunlicher war, dass sich die Laien, die an sich mit ihnen sympathisierten, fast durchwegs passiv verhielten. Allerdings gab es in Montauban im Mai 1790 einen Aufstand, als man mit dem Inventar des Klosters begann: Fünf Menschen fanden den Tod. Im nächsten Monat folgten noch schlimmere Unruhen bei Nimes, bei denen es 300 Tote zu beklagen gab. Die Feindseligkeit gegenüber den Maßnahmen der - 280 -
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Nationalversammlung hatte sich hier offensichtlich noch dadurch verstärkt, dass die örtliche Verwaltung kürzlich in die Hände einer protestantischen Elite übergegangen war, was die katholische Bevölkerung sehr verstimmte.62 Fromme Katholiken waren aufs Tiefste verletzt, als die Versammlung im Frühjahr 1790 einen Antrag von Dom Gerle ablehnte, den besonders die Traditionalisten im Süden befürworteten und die den Katholizismus zur Staatsreligion Frankreichs erklärt hätte.63 In Toulouse, wo nur 5 Prozent der Mönche bereit waren, das Kloster zu verlassen, versammelten sich im April 1790 313 Bürger, um für die Erhaltung des Katholizismus und besonders fur die örtlichen Kapitel und Ordenshäuser zu plädieren. Was darauf folgte, ist außerordentlich instruktiv. Der Bürgermeister verbot diese Zusammenkunft mit der Begründung, dass es erstens niemandem einfallen würde, „diese heilige Religion" zu bedrohen, und dass zweitens solch „geheime Machenschaften" darauf angelegt seien, „im Herzen von Toulouse eine Partei zu bilden, die sich der Erneuerung des französischen empire zu widersetzen suche". Lokalzeitungen lancierten Angriffe auf faule Priester und reiche Pfarrgemeinden, und im Juli nahm der Bürgermeister an einem patriotisch revolutionären Fest teil, wo er und die lokale Bürgerwehr schworen, „in der Gegenwart des .Höchsten Wesens' als Bürgersoldaten, Kameraden und Brüder zu leben und zu sterben und der Nation und dem Gesetz des Königs treu zu bleiben".64 Hier lässt sich in der offiziellen Reaktion schon der schrille Ton der Propaganda erkennen, der in einer tödlicheren Form die grausame Unterdrückung während des Terrorregimes rechtfertigen sollte. Dom Gerles Antrag hatte nicht nur Treue zur Kirche, sondern im Gegenzug auch heftigen Antiklerikalismus hervorgerufen. Die geringe Opposition gegen die Klosterpolitik der Nationalversammlung, die inzwischen viel radikaler geworden war als in den cahiers vorgesehen, zeigt, dass wenigstens die politische Elite mehrheitlich damit einverstanden war. Natürlich war es von Bedeutung, dass die neue Gesetzgebung nicht sofort in Kraft trat. Der Verkauf von Land und Gütern wurde erst in den letzten Monaten von 1790 ernstlich in Angriff genommen. Die Regierung, deren Defizite fortwährend anwuchsen, beschloss sogenannte assignats im Wert der konfiszierten Ländereien herauszugeben, was nichts anderes war als Papiergeld. Anfänglich brachten die angebotenen Liegenschaften gute Preise, denn es dauerte eine Weile, bis der Markt überschwemmt und mehr assignats gedruckt waren und bis die Inflation, die das Papiergeld praktisch wertlos machte, eingesetzt hatte.65 Außer im Eisass, wo man fürchtete, dass das Land von Juden aufgekauft werden könnte, weckte der Vorgang wenig Widerstand.66 Im Allgemeinen verließen die Mönche ihre Ordenshäuser erst gegen Ende 1790, denn ihre Pensionen waren erst vom 1 .Januar 1790 an zahlbar. Auch kann Paris nicht der einzige Ort gewesen sein, wo mehr als die Hälfte der Männerklöster für Mönche, die im Orden verbleiben wollten, noch bis Ende 1791 offenstand.67 Inzwischen hatte die Nationalversammlung in Bezug auf die Kirche weitere radikale Gesetze erlassen, welche die Aussichten für Mönche und Nonnen noch hoffnungsloser machten.
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Im Juli 1790 verabschiedete man eine durchgreifende Kirchenreform, die Zivilkonstitution des Klerus. Dieses Gesetz teilte die Diözesen grundsätzlich neu ein, sodass viele Bischöfe ihre Sitze verloren. Es schaffte alle Amter in Kapiteln, Kollegien und Klöstern beiderlei Geschlechts ab, sodass nur noch jene Pfründen übrig blieben, die zugunsten der Seelsorge existierten, und es bestimmte die Besoldung für den gesamten Klerus. Überdies richtete es von Laien dominierte Wahlkreise ein, die Gemeindepriester und Bischöfe wählen sollten. All diese Beschlüsse wurden ohne die Einbeziehung der französischen Kirche oder des Vatikans gefasst, und dem Papst wurde zukünftige Einmischung ausdrücklich verboten.68 Diese Maßnahmen gingen weit über das hinaus, was irgendein katholisches Land je gesetzlich festgelegt hatte, und weiter, als die protestantischen Staaten bei der Rationalisierung der Kirchengeografie und den Vorschriften für Pfarrwahlen gegangen waren. Fast alle Bischöfe waren dagegen; die meisten hatten sich sogar geweigert, an den Debatten teilzunehmen. Auch die Mehrzahl der Abgeordneten aus dem niederen Klerus stimmte dagegen. Anfänglich wollte der König diese Gesetzgebung nicht akzeptieren. Er begründete das nicht zuletzt damit, dass man die Rolle des Papstes in der Kirche nicht berücksichtigt habe. Schließlich bat die Versammlung den König, das Einverständnis des Papstes einzuholen. In den Augen der Revolutionäre handelte es sich dabei um eine einfache Formalität. Schließlich hatte man ja den Papst früher zwingen können, die Jesuiten abzuschaffen, und Pius VI. hatte die Maßnahmen Josephs II. nicht offiziell verurteilt. Gleich den französischen Bischöfen war der Papst höchst widerwillig, in der Kirche eine Spaltung hervorzurufen, und er hoffte, dass sich irgendein Kompromiss finden ließe. In Rom war man sich wohl bewusst, wie folgenreich die Verurteilung der Zivilkonstitution des Klerus sein könnte, und man nahm sich deshalb viel Zeit mit der Antwort. Obwohl viele Kleriker die Zivilkonstitution ablehnten, gab es andere, welche die Degradierung der Hierarchie und die Betonung der Seelsorge begrüßten. Die Ansichten des Papstes in Angelegenheiten der französischen Kirche schienen den meisten unwichtig. Dom Gerle stellte sich nicht nur demonstrativ auf die Seite der neuen Gesetzgebung, sondern hatte sich auch überzeugt, dass sie gottgewollt sei, denn vor zwei Jahren hätte sie ein armes Kind namens Suzanne Labrousse vorausgesagt.69 Doch während man auf die Antwort des Papstes wartete, erhob sich in den Provinzen schon bald heftiger Widerstand gegen die neue Ordnung, was die Nationalversammlung im Dezember 1790 dazu veranlasste, von allen Klerikern, die ein kirchliches Amt bekleideten, einen Treueid auf den Staat und die Zivilkonstitution zu verlangen. Schließlich brachte man den König Ende November unter starkem Druck dazu, die Zivilkonstitution zu akzeptieren, obwohl sich Rom noch nicht dazu geäußert hatte. Ironischerweise war es gerade zu diesem Zeitpunkt, dass Österreich seine Herrschaft über Belgien wiederherstellte. Als sich nun die Bischöfe gezwungen sahen, eine Entscheidung zu treffen, weigerten sich fast alle, wie auch viele der gewöhnlichen Priester, den Eid zu leisten. Sie vermochten den
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völligen Ausschluss des Papstes und die Laienwahl des Klerus nicht zu verkraften. Auch hier ist es schwierig, zuverlässige Daten zu finden. Einer erstaunlich großen Anzahl gelang es, sich dem Eid zu entziehen. Einigen erlaubte man, ihn mit gewissen Vorbehalten abzulegen. Andere wieder hatten den Schwur zwar geleistet, wollten ihn aber wieder rückgängig machen. Ungefähr die Hälfte des Klerus verweigerte den Treueid, weniger als die Hälfte in Paris und im Süden, weit mehr als die Hälfte im Norden und Westen. Unter den Ordensgeistlichen waren die Nonnen nicht berechtigt, den Eid abzulegen, doch viele Mönche leisteten ihn. Dom Gerle bestand darauf, den Schwur demonstrativ in Gegenwart der Nationalversammlung abzulegen. In Paris leistete ihn etwa die Hälfte der Mönche, wobei sich unter diesen die Zahl deijenigen, die das Kloster verlassen hatten, mit der Zahl der darin Verbliebenen ungefähr die Waage hielt.70 Obwohl die kirchliche Hierarchie im 19. Jahrhundert annahm, dass die „störrischen" Priester offensichtlich die richtige und die „konstitutionellen" ebenso offensichtlich die falsche Entscheidung getroffen hätten, war die Situation 1790/91 nichts weniger als klar umrissen. Die französische Kirche war seit Langem daran gewöhnt, der weltlichen Macht zu gehorchen und den Papst zu ignorieren. So war es fur einen Priester eine existenzielle Frage, ob es wichtiger sei, sich der traditionellen Idee einer vom Staat unabhängigen Kirche zu verschreiben oder seiner Aufgabe gegenüber seiner Pfarrgemeinde nachzukommen. Denn wenn er sich weigerte, den Eid zu leisten, konnte er seine Stellung verlieren. Andererseits fühlten sich viele im Tiefsten verletzt und aufgewühlt durch die radikalen Veränderungen, welche die Zivilkonstitution mit sich brachte. In allen Regionen spielten die Ansichten von katholischen Laien, besonders Frauen, eine wichtige Rolle. In einigen Gebieten bedrängten die Gläubigen den Klerus, den Eid zu verweigern. Andernorts war der gegensätzliche Druck ebenso stark. Ehemalige Mönche mochten besondere Gründe haben, die Zivilkonstitution anzuerkennen, da sie das Ordensleben ja gerade deshalb hinter sich gelassen hatten, um gute Bürger zu werden und nützliche Arbeit zu leisten. Endlich, am 10. März 1791, sandte Papst Pius VI. seine Verurteilung der Zivilkonstitution. Er erklärte: „Vom Anfang bis zum Ende enthält sie nichts, was nicht zensiert werden sollte, und alle ihre Bestimmungen sind so ineinander verflochten, dass kaum etwas darin vom Verdacht des Irrtums frei ist." 71 Er ergriff die Gelegenheit, praktisch die ganze Tätigkeit und alle Ideen der Revolution zu verurteilen. Vierzehn Tage zuvor hatte Talleyrand, der einzige Bischof, der bereit war, so etwas auf sich zu nehmen, die ersten „konstitutionellen" Bischöfe geweiht. Die französische Kirche war nun auf allen Ebenen gespalten. Viele der alten aristokratischen Bischöfe, die von der Krone zu den traditionellen Diözesen ernannt worden waren, befanden sich schon im Exil. Aber diejenigen, die noch im Amt waren, standen nun plötzlich einer fast völlig neuen Gruppe von gewählten Bischöfen gegenüber, die meistens aus bescheideneren Verhältnissen stammten und deren Diözesen mit den neuen departements übereinstimmten. Der niedere Klerus, einschließlich der Mönche, teilte sich in
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jene, die durch ihren Eid ein Amt in der Kirche übernehmen durften, und jene, die durch die Verweigerung des Schwurs ausgeschlossen blieben. Diese Problematik überschattete nun auch die Entleerung und Plünderung der Klöster, und der Verkauf von geistlichen Ländereien führte zu einer engen Verbindung zwischen den zahlreichen Käufern, oft an sich schon prominente Leute, und dem revolutionären Regime. Gleichzeitig mit der Verabschiedung der Zivilkonstitution hatte man auch den Adel abgeschafft, was bedeutete, dass viele Mitglieder des Ersten und des Zweiten Standes ihrer Identität verlustig gingen. Diese prekäre Situation festigte bei der Führung und den Nutznießern der Revolution die Uberzeugung, dass ihre hart erkämpften Errungenschaften akut gefährdet seien. Die offensichtliche Unzuverlässigkeit des Königs, das Ausmaß der Emigration, die Bedrohung durch fremde Mächte und die Opposition im Inland bildeten ein explosives Gemisch. Die Revolutionäre betrachteten die „eidverweigernden" oder „störrischen" Kleriker als Verräter, die jederzeit bereit sein könnten, dem König, den Emigranten und den Feinden Frankreichs beim Umsturz der neuen Ordnung beizustehen. Andererseits erfreuten sich in manchen Gebieten auch die Dissidenten großer Sympathien. In gewissen Landesteilen führte die religiöse Kluft geradezu zu einem Bürgerkrieg, indem rivalisierende Banden sich gewalttätig an jenen Klerikern vergriffen, die ihnen gerade missfielen. Im November 1791 verlangte die neue Gesetzgebende Versammlung, dass Priester, die den Eid verweigert oder widerrufen hatten, diesen nun sofort leisten müssten, wenn sie nicht ihre Pension und das Recht, die Messe zu lesen, verlieren wollten. Überdies drohte Klerikern, die nicht geschworen hatten, eine Gefängnisstrafe, wenn gemeldet wurde, dass nur schon ihre Anwesenheit eine regimefeindliche Stimmung geschürt habe. Der König weigerte sich zwar, diese neuen Maßnahmen mit seiner Unterschrift zu besiegeln, aber an vielen Orten wurden sie trotzdem in Kraft gesetzt. In diesem Klima intensivierten sich die Verfolgungen. Wenn ein „störrischer" Priester angezeigt wurde, konnte er verbannt werden, und wenn er es wagte, wieder nach Frankreich zurückzukehren, erwartete ihn eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren. Ehemalige Mönche litten unter diesen Maßnahmen ebenso sehr wie die Geistlichen, die schon immer dem Weltklerus angehört hatten. Angesichts der inneren Zwietracht und der Bedrohung aus dem Ausland schien sich die revolutionäre Führung Anfang 1792 in einem panischen Zustand befunden zu haben. Man verlangte eine Kriegserklärung gegenüber den Fürsten, welche die Emigranten unterstützten. Diese erfolgte dann im März. In dieser geladenen, fieberhaften Atmosphäre waren die Berichte und Dekrete der Legislativen Versammlung voll von haarsträubenden Erklärungen, die nicht nur dogmatisch und despotisch waren, sondern jeglicher Wahrheit entbehrten. Einige Zitate aus einem dieser Dokumente sollen genügen, um zu zeigen, wie Mönche und Nonnen beurteilt wurden: Der Rapport des Ausschusses für Öffentliche Schulbildung vom 10. Februar behandelte die weltlichen Kongregationen und wurde der Versammlung durch Gaudin, einen Abgeordneten aus der schon damals rebellierenden Vendee, vorgestellt:
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Die Revolution in Frankreich Die Philosophie hat uns schon vor langer Zeit gelehrt, dass die Säkularisation der Klöster absolut notwendig ist, und die Erfahrung hat uns jetzt davon überzeugt, was fur Vorteile diese Säkularisation unserer Gesellschaft bringt. Es gibt kaum jemanden, der das nicht begreifen würde. Trotzdem erwarte ich nicht, dass die Mehrzahl derjenigen, die in diesen Häusern gewohnt haben und nun ihre Ketten durch die assemblee Constituante zerrissen sehen, sich bei ihren Befreiern bedanken würden. Jene unlösbaren Bande, gleichermaßen verworfen von Natur und Nation, existieren nicht mehr: Beim ersten Atemzug der Freiheit waren sie verschwunden [...]. Doch durften die Oratorianer und die Doktrinianer ihre Arbeit im öffentlichen Schulwesen weiter betreiben. Natürlich erwartete man, dass sie in diesem Fall ihren guten Ruf bestätigen würden; aber diese Hoffnung ist völlig enttäuscht worden. E s scheint, dass diese Körperschaften nur erhalten geblieben sind, um unserer Nation die Unmöglichkeit vor Augen zu halten, irgendeine geistliche Korporation mit unserer Verfassung in Einklang zu bringen [...]. E s war das Ziel des Gesetzgebers, eine engere Verbindung zwischen allen Bürgern und dem öffentlichen Interesse herzustellen, und jede Korporation ist unweigerlich ein „Mittelmann", der sich zwischen das Individuum und das Vaterland stellt. E s sollte uns deshalb nicht erstaunen, dass diese Kongregationen einem raschen inneren Zerfall anheimgefallen sind [...]. Streitigkeiten hat es über vieles gegeben, aber hauptsächlich über die Frage des zivilen Treueids [...]. Euer Ausschuss [...] schlägt vor, diese [Orden] jetzt sofort zu säkularisieren [...]. Der Besitz dieser Kongregationen wird dann an die nationale Verwaltung übergehen und wird die Mittel für das öffentliche Schulsystem vermehren [...]. D a die Konsolidierung all dieser Güter nötig ist, um Eure Pläne auszufuhren, könnt Ihr die Zerstörung aller Kongregationen, die bisher mit Seminarien und theologischer Lehre betraut waren, wie die Lazaristen, Suplizianer, Eudisten und viele andere, nicht hinausschieben; und schließlich die Sorbonne, [ . . . ] die wohl verdient, durch die Vernunft, die sie so oft verurteilt hat, verdammt zu werden. Alle diese Körperschaften, die eng mit der alten bischöflichen Hierarchie verbunden sind, [...] wurden unter dem Schutz des Aberglaubens geboren und sind mit der Zeit durch die Art und Methode ihrer Lehrtätigkeit langsam immer verdorbener geworden. Ihre Häuser blieben Zufluchtsorte und Brutstätten des Fanatismus [...]. Diese Gemeinschaften schöpfen ihre Kraft aus ihrem Zusammenleben [...]. Das kann man ja am Beispiel der Mönche sehen. Ihre Zerstreuung hat der Nation eine gewisse Anzahl zurückgegeben, [ . . . ] sie in nützliche Bürger umgewandelt. Der alte Baum des Mönchtums ist durch die Wohltaten der assemblee Constituante völlig entwurzelt worden. E s wird Euch zum Ruhm gereichen, diesen letzten Rest auszurotten [...]. Die Tochter der Weisheit [...] Nonnen außerhalb der Klausur [...] haben unter der Führung ihrer geistlichen Väter das G i f t des Fanatismus in die fernsten Ecken unserer Gesellschaft getra-
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gen [...]. Ihre Lebensweise, die sich zwischen Rückzug und Zerstreuung bewegt, dient gleichermaßen dazu, den Fanatismus zu konzentrieren und zu verbreiten d
Also wurden alle diese Kongregationen ordnungsgemäß aufgelöst. Allerdings dauerte es bis zum 18. August, bis das ganze Programm des Ausschusses in Kraft gesetzt werden konnte. Denjenigen, die Kongregationen angehörten, die sich um Krankenpflege und um die Armen kümmerten, befahl man, ihren Aufgaben weiterhin nachzukommen, aber nicht in der Ordenstracht der gebannten Gemeinschaften, sondern als Laien in Alltagskleidung. In Zukunft würden nur diejenigen, die den Eid geleistet hatten, unterrichten dürfen. Mitglieder der aufgelösten Organisationen, die den Treueid geschworen hatten, erhielten eine kleine Pension. Am Tag zuvor hatte man allen Mönchen und Nonnen, die noch in Gemeinschaften lebten, befohlen, vor dem ι. Oktober ihre Wohnquartiere zu räumen. Mit diesen Gesetzen war das Schicksal des Mönchtums in Frankreich offiziell besiegelt. Eine „zweite Revolution", vom Pariser Pöbel vorangetrieben, zwang die Nationalversammlung Anfang August, noch radikalere Positionen einzunehmen. Am 26. August erließ man ein Dekret, nach welchem alle „störrischen" Kleriker Frankreich innerhalb von vierzehn Tagen verlassen mussten. Wer diesem Befehl nicht nachkäme, würde nach einer Strafkolonie in Guyana verschifft werden. Radikale Kräfte in Paris - und Mordbanden - handelten nun auf eigene Faust. Zwischen dem 2. und 7. September stürmten sie durch Gefängnisse und Klöster, wo sie über tausend mutmaßlich „störrische" und verräterische Kleriker ermordeten oder kurzerhand hinrichteten, darunter mindestens 200 Priester und viele Nonnen und Mönche. 73 Solche Beispiele von Lynchjustiz ereigneten sich in den nächsten zwei Jahren in manchen Landesteilen immer wieder, oft mit der Unterstützung der Obrigkeit. Ende 1792 wurde die Monarchie abgeschafft und im Januar der König hingerichtet. Elf Tage danach erklärte die französische Republik Großbritannien den Krieg. Die fatalen Auswirkungen der in- und ausländischen Kriegshandlungen verschlimmerten sich noch durch schlechte Ernten und eine galoppierende Inflation. Letztere war namentlich durch die Methoden und die Hast, mit denen man das Kirchengut veräußert hatte, ausgelöst worden. Unter dem Regime des Ausschusses fur Öffentliche Sicherheit richtete sich der „Terror" 1793/94, trotz der Garantie von Religionsfreiheit in der Verfassung, gegen eine ganze Reihe von mutmaßlichen „Feinden der Revolution". Dazu gehörten auch die verschiedenen Versionen des Katholizismus und das ganz Spektrum des katholischen Klerus. Im Juli 1793 verordnete ein Dekret, dass alle Kirchenglocken entfernt und für Kriegszwecke eingeschmolzen werden müssten. Allerdings zeigte sich häufig, dass das Abnehmen der Glocken die Statik des gesamten Kirchengebäudes gefährden würde - so konnten viele Glocken erhalten bleiben, waren aber zum Schweigen verurteilt. Im Oktober ersetzte man den Gregorianischen Kalender durch eine rationalistische Zeiteinteilung mit einer zehntägigen Woche und ab-
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surden, neu geprägten Namen fur die Wochentage und Monate. Diese neue Zeiteinteilung hatte offensichtlich nichts mehr mit den Vorstellungen in den cahiers zu tun. So hatten sich damals ζ. B. viele eine gewissenhaftere Observanz des Sonntags gewünscht.74 Die Revolutionsregierung versuchte die Erinnerung an die alte Religion vollkommen auszuwischen. Die Namen von Heiligen, kirchlichen Würdeträgern und Klöstern verbannte man von den Landkarten. So wurde Pont-l'Eveque zu Pont-Libre, Pont-l'Abbe zu Pont-Marat, PortRoyal zu Port-Libre. Die Stadt St. Denis wurde zu Franciade umbenannt und St. Quentin zu Egalite-sur-Somme.75 Auch gefährdeten gewisse Erklärungen wie „Es ist der ausdrückliche Wunsch der Nation", dass „kein öffentliches Monument, das an die despotische Regierungszeit erinnert, erhalten bleiben soll"76, kirchliche Bauten und Denkmäler. Die gegenwärtige Nationalversammlung, der Konvent, legalisierte die Scheidung und befürwortete die Heirat von Priestern, einschließlich der Bischöfe. Da manche Geistliche diese Maßnahmen nicht unterstützen wollten, erklärte man im Juli 1793, dass jeder Bischof, der die klerikale Heirat ablehne, abgesetzt oder deportiert werden würde. Im September traf ein weiterer Schlag die unglücklichen Schwestern, denen man ursprünglich befohlen hatte, sich als Laien weiter um die Armen und Kranken zu kümmern: Nur wenn sie einen Treueid auf die Verfassung leisteten, durften sie weiterarbeiten. Man behauptete, ihre Anwesenheit und Hilfe bei Geburt, Krankheit und Tod würde den Traditionsbewussten unter den Schwestern zuviel Macht über die geistige Verfassung ihrer Patienten geben.77 Ende 1793 hatte die Regierung die konstitutionelle Kirche, die sie selbst geschaffen hatte, faktisch aufgegeben. Man zwang die Kleriker, ihre Berufung abzuschwören. Kirchen wurden entheiligt und geschändet. Man führte den atheistischen „Kultus der Vernunft und des Höchsten Wesens" ein, den man in einer „gereinigten" Notre-Dame und anderen Kirchen in ganz Frankreich feierte. Katholische Messen waren verboten. Schließlich schien im Sommer 1794 nicht nur die katholische Kirche, sondern sogar das Christentum selbst ungesetzlich geworden zu sein. Im Wirbel dieser radikalen Veränderungen waren nicht nur der Reichtum und das Ansehen, sondern auch der Gesamtbestand des Klerus drastisch zusammengeschmolzen. Eine beträchtliche Körperschaft von Mönchen und eine kleine Anzahl von Nonnen waren säkularisiert worden. Schon im Anfangsstadium der Revolution waren 30.000 bis 40.000 Priester ausgewandert, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl. Darunter gab es auch zahlreiche Mönche. Wenn jedoch der Fall von Paris repräsentativ ist, war der Prozentsatz von Ordensgeistlichen, die ins Exil gingen, viel kleiner als der von Weltgeistlichen. Viele Geistliche aus Paris setzten sich klugerweise in die Provinz ab.78 Jene „Hartnäckigen", die nach 1790 in Frankreich blieben, konnten ihr Amt nur illegal und mit großem Risiko für sich selbst und ihre Gemeinden weiterfuhren. Während der Verfolgungszeit von 1793 trat ein großer Prozentsatz der konstitutionellen Kleriker, vielleicht 20.000, von ihren Amtern zurück, entweder offiziell oder einfach dadurch, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllten. In dieser Periode
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kamen mehr als 2.000 Priester und andere Geistliche mit oder ohne Prozess um. 79 Manche gingen außerordentlich mutig in den Tod, ganz besonders die vielen Nonnen, die sich mit dem Regime auf keinen Kompromiss einlassen wollten. Ihr Opfermut und die Reaktion, welche dadurch bei anderen hervorgerufen wurde, ermöglichten letztlich die Erneuerung der Kirche im 19. Jahrhundert, aber kurzfristig schwächten sie den Klerus natürlich noch weiter. Kirchliche Bauten in Frankreich wurden während dieser Phase zur Zielscheibe des Pöbels und gewissenloser Beamten. Im Zusammenhang mit Klöstern war die Säkularisation der neuen Kirche von St. Genevieve eines der ersten Beispiele der Entheiligung. Nachdem man die Reliquien der heiligen Genevieve, der Stadtpatronin von Paris, zerstört hatte, verwandelte man die Kirche in das Pantheon und begrub dort 1791 die sterblichen Uberreste von Voltaire und Rousseau. Einige Klöster, wie ζ. B. St. Lazare, hatte man schon gestürmt, bevor deren Insassen überhaupt ausgezogen waren. Wenn ein Gebäude einmal leer stand, konnte es leichter geplündert werden, entweder von kriminellen Elementen oder von jenen, denen die Regierung die Liegenschaft nach der Enteignung zugewiesen hatte. Ein Kontingent von 200 Männern verwüstete 1793 den riesigen Komplex der Abtei von Cluny. Allerdings waren noch zahlreiche weitere Angriffe nötig, um die Anlage in ihren heutigen Zustand zu versetzen (Abb. 37). Natürlich zogen auch die Königsgräber der Bourbonen in St. Denis die Aufmerksamkeit der Revolutionäre auf sich, und die Regierung beschloss feierlich, dass sie zerstört werden sollten. Wenn Klostergebäude überhaupt überlebten, wurden sie meistens für die Verwaltung oder andere institutionelle Zwecke benützt. Einige wenige fanden eine ungewöhnliche Verwendung. So war die Einrichtung einer Schießpulverfabrik in St. Germain-des-Pres ein besonders schockierender Fall mit voraussehbaren Konsequenzen. Clairvaux wandelte man in eine Glasfabrik um. Kulturgüter wie ornamentaler Schmuck, Gemälde, Skulpturen, Glasmalereien, Manuskripte und Bücher erlitten verschiedene Schicksale. Eine Rolle spielten dabei die dringende Bitte der Regierung um patriotische Beiträge, die weitverbreitete Verachtung der gotischen Kunst und Architektur, die Bedürfnisse der neuen Benutzer und der Bedarf der Museen. 80 Mitte 1794 war die katholische Kirche in Frankreich faktisch vernichtet. Doch schon innerhalb von wenigen Wochen kam es zum Sturz der radikalen Regierung, der nun ein weniger fanatisches, aber offiziell noch immer irreligiöses Regime folgte. Jetzt, da es weniger gefährlich geworden war, feierten Priester, „störrische" und konstitutionelle, wieder häufiger die Messe, wozu sie auch bald offizielle Erlaubnis erhielten. Viel wichtiger war jedoch, dass die Hingabe von frommen Laien, besonders Frauen, den Katholizismus, mit oder ohne Priester, am Leben erhielt. Die französische Regierung dagegen erkannte bis 1801 offiziell überhaupt keine Religion an. Viele Anhänger der neuen Ordnung betrachteten den Katholizismus, wenn nicht gar das Christentum an sich, als unvereinbar mit der Revolution. Hin und wieder gab es sogar erneut Verfolgungen von Katholiken. 81 -
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Das Kloster Cluny in Burgund (aj vor der Zerstörung -während der Französischen Revolution und (b) nach der Zerstörung, ca. 1810.
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III. Teil: Die Revolutionszeit
Als Napoleon 1799 Konsul und damit tatsächlicher Herrscher von Frankreich wurde, bemühte er sich, sein Regime mit der katholischen Kirche zu versöhnen. Einer seiner Generale meldete ihm: „Unsere religiöse Revolution ist gescheitert. Die Leute sind wieder römischkatholisch geworden." 82 Napoleon kam zu dem Schluss, dass die bittere innere Spaltung, welche die Revolution hinterlassen hatte, ohne die Lösung der religiösen Frage nicht geheilt werden könne. Dabei kam ihm die Wahl des gemäßigten Papstes Pius VII. im Jahr 1800 zu Hilfe. Zynisch, wie er war, rechnete sich Napoleon aus, dass ihm dessen Unterstützung mindestens „ein Armeecorps von 200.000 Mann" wert sei. 1801 gelang es ihm, mit dem Papst ein Konkordat abzuschließen. M i t dem Segen Roms wurde nun die kirchliche Hierarchie wiederhergestellt, und der Staat erklärte sich bereit, ihre Besoldung zu übernehmen. Den Klerus, der die konstitutionelle Kirche betreut hatte, entließ man häufig zugunsten der aus dem Exil heimkehrenden, romtreuen Geistlichen. Andererseits versuchte man jedoch nicht, das verlorene Kirchengut wieder einzubringen, und das Mönchtum kam überhaupt nicht zur Sprache. Papst Pius VII., selbst Benediktiner, hatte die Wiederherstellung der französischen Kirche ohne monastisches Element stillschweigend hingenommen. 83 Dieser Präzedenzfall sollte in Deutschland schon bald Schule machen. 1802 zeigte sich Napoleon bereit, die Publikation von Chäteaubriands Le genie du Christianisme zu erlauben, ja sie sogar zu begrüßen, denn er hoffte dadurch seine bisher antireligiösen Anhänger zu beeinflussen und ihre Unterstützung für das Konkordat zu erwirken. Das Buch hatte zweifellos eine enorme Ausstrahlung, indem es Gefühle ansprach, die in Frankreich seit Langem unterdrückt worden waren. Man könnte Chateaubriand rechtens den Erfinder der französischen Romantik und des romantischen Katholizismus nennen. Er betonte den Beitrag der Kirche zu dem, was wir als schön empfinden, und ihre Einwirkung auf unsere Gefühle durch Liturgie, Kunst, Architektur und Musik. Chateaubriand sagte wenig über Klöster, aber was er sagte, ist sehr aufschlussreich. Dem Mönchtum sei eine besondere Schönheit zu eigen, weil es sehr alt sei. „Geschichte, die Leidenschaften des Herzens und Nächstenliebe konkurrieren miteinander in den Ursprungszeiten des Mönchtums." Er lobte Klöster sogar wegen ihrer schönen Namen wie ζ. B. Vallombrosa. M a n wird vielleicht sagen, dass die Motive, die das monastische Leben ursprünglich begründet haben, nicht mehr unter uns existierten, dass Klöster zu bedeutungslosen Zufluchtstätten geworden seien [...]. G i b t es denn keine Waisen, Kranke, Reisende und Unglückliche mehr? [...] Es ist eine barbarische Philosophie und eine grausame Praxis, die Unglücklichen zu zwangen, mitten in der W e l t zu leben [...]. M a n hat behauptet, dass man den M ö n c h e n und Nonnen durch die Vertreibung aus ihrer Abgeschiedenheit einen großen Dienst erwiesen hätte: Was ist daraus geworden? Die Frauen, die in einem ausländischen Kloster Asyl finden konnten, sind da-
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Die Revolution in Frankreich
hin geflohen; andere haben sich zusammengetan, um unter sich, mitten in der Welt, monastische Gemeinschaften zu bilden; manche sind aus Kummer gestorben; und die bedauernswerten Trappisten betreiben, statt von den Vorteilen eines freien Lebens zu profitieren, nun ihre Kasteiungen auf den englischen Heiden und den russischen Steppen. 84
Napoleon zögerte, monastische Gemeinschaften wieder herzustellen. Aber mit oder ohne offizielle Erlaubnis begannen sie sich neu zu beleben. 1804 ließ er sich überzeugen, einige Missionskongregationen (Lazaristen, Pater des Heiligen Geistes) und viele karitative Frauengemeinschaften rechtlich anzuerkennen. Ja er erkannte sogar die befristete, nicht aber die ewige Profess an - eine wichtige Abweichung von den Prinzipien der Revolution. Schon waren auch verschiedene Gruppen von christlichen Brüdern aus dem Asyl zurückgekehrt, um die Grundschulen aus dem elenden Zustand, in den sie die Revolution gestürzt hatte, zu erretten. Obwohl man ihnen den rechtlichen Status versagte, siedelten sie sich zwischen 1805 und 1808 in mehr Ortschaften an, als sie dies vor 1789 getan hatten.85 Die weibliche Gruppe von Kongregationen stand unter dem Schutz von Napoleons Mutter, und 1808 hatten sie schon wieder 10.000 Schwestern, die Kranke pflegten und Kinder unterrichteten. Ein männliches Benediktinerkloster und ein Trappistenhaus erwarben sich auf Umwegen Anerkennung. Doch die Stellung aller dieser Häuser blieb unsicher, da ihnen die rechtliche Grundlage jederzeit entzogen werden konnte.86 Nach der Wiederherstellung der Bourbonenmonarchie 1815 erlebte das Mönchtum einen erstaunlichen Aufschwung in Frankreich, und die Zahl der Ordensgeistlichen erreichte bis i860 vorrevolutionäre Ausmaße. Doch die Zustände der letzten Jahre des Ändert Regime und die Revolution selbst hatten ihre Spuren hinterlassen. Die Mehrzahl der neuen Ordensgeistlichen war Frauen, und keine von ihnen durfte darauf hoffen, je die Art von Luxus und Pracht zu genießen, die den alten Orden im 18. Jahrhundert beschieden waren.87 Nur in seltenen Fällen, wie ζ. B. in Solesmes, konnten vormalige Klostergebäude wieder von Mönchen übernommen werden. Es gehört zum unausweichlichen Erbe der Revolutionszeit, dass das Mönchtum in Frankreich stets mit einer bitteren Kontroverse behaftet war. Für viele Franzosen war es geradezu antirepublikanisch und unpatriotisch. So gab es sogar in der Dritten Republik noch periodisch Verfolgungen von Mönchen und Nonnen.
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ίο. Kapitel
Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
ie Geschichte des Mönchtums außerhalb von Frankreich entwickelte sich zwischen 1792 und 1813 in großen Zügen wie folgt: Die siegreichen französischen Armeen ermöglichten es, fast überall im westlichen und südlichen Europa die Religionspolitik der Revolution umzusetzen. Nur Sizilien und Teile der Schweiz und der Iberischen Halbinsel blieben verschont. Doch wann und wie die Maßnahmen wirksam wurden, variierte von Land zu Land. So nahm das Geschehen in Deutschland einen völlig anderen Lauf als in den übrigen Ländern. Die Eigenart und zeitliche Bestimmung der Maßnahmen, die von den Franzosen aufgezwungen oder gefördert wurden, hingen in den meisten Fällen von der lokalen Situation und von der Ausrichtung der jeweiligen Regierung in Paris ab. Letztlich behandelte man aber die Klöster in allen Territorien, die Frankreich eroberte oder längere Zeit besetzt hielt, fast gleich. Entscheidend waren jene schicksalshaften Beschlüsse, welche die Nationalversammlung und die nachfolgende assemblee legislative in den ersten drei Jahren der Revolution gefasst hatten.
E
Eine Provinz wurde im September 1791, schon bevor der Krieg begann, annektiert oder wieder mit Frankreich „vereinigt". Dabei handelte es sich um die Enklave von Avignon, die dem Papst gehörte. Das Schicksal dieser Stadt, welche die Vereinigung selbst beantragt hatte, muss für andere, die Ähnliches in Betracht gezogen hatten, ein abschreckendes Beispiel gewesen sein. „Zwischen 1792 und 1794", schrieb der Historiker des revolutionären Vandalismus, bestürmte man den Nationalkonvent, die Erlaubnis zur Zerstörung der Bastille du Midi, des päpstlichen Palastes, zu erteilen, der im Stil der Jakobiner oft auch Bastillepapale genannt wurde. Die Festung überdauerte nur dank ihres massiven Mauerwerks, welches sich den Pickeln der Vernichtungsmannschaft widersetzte. Da die Zerstörung der Zitadelle nicht gelungen war, gab man sie zur Plünderung frei [...]. Jeder Bürger durfte mitnehmen, was ihm gefiel: Wandteppiche, Holzarbeiten, Möbel. Es war eine legale Plünderung, kaltblütig ausgeführt [...]. Die Verwüstung verschonte weder weltliche noch religiöse Denkmäler [...]. Das Lapidarmuseum von Avignon [...] ist sozusagen ein Leichenhaus von Steinen und Marmor, wo Archäologen aus reiner Gutherzigkeit einige seltene Fragmente, die der Zerstörungswut der Vandalen entgangen waren, gesammelt und neu zusammengesetzt haben. Das sind die einzigen Überreste der Meisterwerke, die Avignon einst zur schönsten Stadt der Welt gemacht hatten: zerbrochene Säulen, zerschmetterte Kapitelle, schrecklich entstellte Statuen. Hier sind die Trümmer
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III. Teil: Die Revolutionszeit
der Benediktiner, dort diejenigen der Celestiner, und weiter drüben diejenigen des Kreuzgangs der Kathedrale. 1 Bald nachdem die Revolutionsarmee im September 1792 bei Valmy ihren Sieg über Osterreich und Preußen errungen hatte, erklärte der Konvent, dass alle Territorien, die sich innerhalb der „natürlichen Grenzen" Frankreichs befänden, „vereinigt werden sollten". Die französische Regierung bot auch allen, „die ihre Freiheit wiedererlangen wollten, Bruderschaft und Hilfe an". Der erste Fall, der den Prinzipien dieses Anspruchs zu genügen schien, war das Herzogtum Savoyen, das wie Nizza zum Königreich Sardinien gehörte. Beide Territorien wurden kurz nacheinander annektiert, Savoyen im November 1792 und die Stadt Nizza im Januar 1793. Bei der Übernahme dieser Gebiete gab es keine großen Schwierigkeiten, und sie waren nun wie Avignon den französischen Gesetzten unterstellt, welche auch die Säkularisierung der Klöster und die Enteignung aller ihrer Ländereien umfasste.
FRÜHE EROBERUNGEN,
BESONDERS
BELGIEN
Nach General Dumouriez' Sieg über die Österreicher bei Jemappes im November 1792 besetzten die französischen Truppen Belgien, und in Paris machte man sich daran, die beiden Länder „wiederzuvereinigen", da sich ja Frankreichs „natürliche Grenzen" bis an den Rhein erstreckten. Die langjährigen Verträge, nach welchen die Scheide im Interesse des britischen Handels gesperrt war, wurden gekündigt, und eine baldige Invasion der holländischen Republik schien unvermeidbar. Da Großbritannien darauf bestand, dass die Niederlande von Frankreich unabhängig bleiben müssten, beschloss der Konvent am 1. Februar 1793 einstimmig, den Engländern den Krieg zu erklären. Vierzehn Tage später marschierte Dumouriez in die holländische Republik ein, erlitt aber im März in der Schlacht von Neerwinden eine Niederlage durch die Österreicher. Daraufhin setzte sich Dumouriez von der französischen Armee ab. Im Mai brachte Kaiser Franz II. die belgischen Provinzen wieder unter seine Kontrolle, und kurz danach marschierten seine Truppen in Frankreich ein. Die Belgier, die sich Joseph II. widersetzt hatten, schienen nun auch die Revolutionsregierung gedemütigt zu haben.2 Beim eiligen Rückzug gelang es den Franzosen nur noch, eine bescheidene Anzahl von „Kirchen und Klöstern zu verwüsten". W i e wir im 8. Kapitel gesehen haben, erlaubte Franz II. während dieser zweiten österreichischen Restauration zur selben Zeit, als Frankreich den Katholizismus für ungesetzlich erklärte, die Wiederherstellung von 3 8 Ordenshäusern, die Joseph II. säkularisiert hatte. Es handelte sich fast ausschließlich um Nonnenklöster.3 Nach der Schlacht von Jemappes vertrieben die französischen Truppen den Kurfürst und Erzbischof von Mainz und benachbarte deutsche Fürsten aus ihren Hoheitsgebieten, die - 294 -
Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
Frankreich nun mithilfe von revolutionären Marionettenregierungen und korrupten Volksabstimmungen annektierte. Doch diese Phase der französischen Herrschaft dauerte wie in Belgien nur ein paar Monate. Im Juli 1793 musste sich die französische Garnison in Mainz den Österreichern ergeben. Zu Beginn der Französischen Revolution hatte der Radikalismus auch im Rheinland Anhänger gefunden. Darauf spielt der Text einer Ode auf den Tod Josephs II. an, für die Beethoven 1790 am Hof des Kurfürsten von Köln die Musik geschrieben hatte: Ein Ungeheuer, sein Name Fanatismus, stieg aus den Tiefen der Hölle, dehnte zwischen die Erd'und Sonne und es ward Nacht. D a kam Joseph, mit Gottes Stärke, riss das tobende Ungeheuer weg ... und trat ihm aufs Haupt. D a stiegen die Menschen ans Licht. 4
Aber die französische Regierung hatte sich nach der Besetzung des Rheinlands sehr unbeliebt gemacht, besonders weil sie die Geistlichkeit bedrohte, Weltkleriker wie Mönche, welchen man doch weitgehend die wirtschaftliche Grundlage für den relativen Wohlstand dieser Gegend verdankte und deren Religiosität im Volk die größte Hochachtung genoss. Während der französischen Herrschaft mussten sich besonders Mönche oft über den Rhein ins Exil flüchten, um dann mit der Rückkehr ihrer Landesfürsten triumphierend wieder heimzukehren.5 Solange sich die französischen Streitkräfte als unzulänglich erwiesen und sich die Stimme des Volkes lautstark bemerkbar machen konnte, hatte die revolutionäre Kirchenpolitik hier keine Chance. Aber die Siege und Invasionen der Österreicher spornten das Regime in Paris zu jener beispiellosen Mobilisation des französischen Volkes an, die mithilfe der Konskription und grausamer Strafen für Treulosigkeit und Versagen eine Armee schaffte, die ihrer Natur nach jeder anderen überlegen war, besonders von ihrer Größe her. In Zukunft sollten die französischen Streitkräfte die meisten ihrer zahlreichen Schlachten gewinnen, und weil sie die Macht hatten zu strafen und den Besitz „aller Volksfeinde" zu enteignen, hatten auch die militärisch unterstützten Regierungen der besetzten Gebiete große Autorität. So konnten sie es sich leisten, die Opposition in der Bevölkerung mit einer Art Verachtung zu behandeln, die bei einem rechtsstaatlich etablierten Zivilregime, welches das Eigentum respektiert und sich bemüht, mit allgemeiner Zustimmung zu regieren, nicht vorstellbar gewesen wäre.6
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III. Teil: Die Revolutionszeit
Wiederum waren es Belgien und das Rheinland, die zuerst zurückerobert und nun nach der neuen Ordnung vom Sommer 1794 regiert wurden. Dabei bekamen die belgischen Provinzen die revolutionäre Gesetzgebung schneller zu spüren, da man sie im Juli 1795 offiziell Frankreich angegliedert hatte. Nachdem die Terrorherrschaft sich totgelaufen hatte, war der Katholizismus nun nicht mehr offiziell verboten, aber Klöster blieben tabu. Bouteville, der Statthalter, den das französische Direktorium nach Brüssel entsandt hatte, war sich sicher, dass das Ablegen der ewigen Profess unvereinbar war mit der Freiheit, welche die Revolution so glorreich errungen hatte. Trotzdem zögerte er anfänglich, gegen die Klöster vorzugehen, weil er wusste, dass sie sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit erfreuten. Nachdem er sich jedoch durch Befehle aus Paris bedrängt fühlte, begann er im Juni 1796 mit einer Inventaraufnahme aller Ordenshäuser, und zwar mit der Absicht, sie aufzulösen und ihren Besitz zu konfiszieren. Im September 1797 verabschiedete dann das Direktorium ein besonderes Gesetz, nach dem alle Männer- und Frauenklöster in Belgien säkularisiert werden mussten. Ausgenommen waren nur diejenigen, die sich mit Schulunterricht und Krankenpflege beschäftigten. Damit kehrte man zu dem Zustand zurück, den man in Frankreich 1792 angestrebt hatte. Alle Klostergüter wurden verkauft. Den Mönchen und Nonnen gab man statt einer Pension Gutscheine (voucher), die man, in einer „abgefeimten Art von Verfolgung", nur zum Erwerb von konfisziertem Kirchenland gebrauchen konnte. Viele weigerten sich, diese halbherzige Entschädigung anzunehmen. Einige, die zugegriffen hatten, mussten erfahren, dass man sie am Kauf von monastischem Land hinderte. Wieder anderen erteilte man die Erlaubnis zum Kauf solchen Landes, ja sogar, direkt oder indirekt, zum Erwerb von ehemaligen Klostergebäuden und zur erneuten Einrichtung von gewissen Formen religiösen Gemeinschaftslebens. Doch schon innerhalb eines Jahres wurde der relativ gemäßigte Bouteville nach Paris zurückgerufen, und das Regime verfolgte wieder eine radikalere Religionspolitik. Auch die ursprünglich unbehelligten Kongregationen wurden jetzt aufgelöst und verschiedene Gesetze gegen das Klosterwesen mit erneutem Eifer durchgesetzt. Die Rüge, die ein niederer Beamter einsacken musste, weil er mit enteigneten Nonnen sympathisiert hatte, mag die neuerliche Einstellung der Regierung lebhaft illustrieren:
Eure große Nachsicht gegenüber Euren ehemaligen Nonnen, Bürger, hat mir im Polizeiministerium große Schwierigkeiten eingebracht. Ich kann mit dem besten Willen nicht verstehen, wie ein aufgeklärter Republikaner, der Ihr zu sein scheint, mich in allem Ernst fragen kann, ob es möglich wäre, eine Gemeinschaft von blöden alten Frauen ungestört zu belassen, wenn doch notorisch ist, dass sie nur darum zusammenbleiben wollen, um ihre Vorurteile und ihren Fanatismus an junge Mädchen weiterzugeben, welche ihnen der Adel zur Pflege anvertraut. [... ] Wenn Ihr mir nicht innerhalb von zehn Tagen bestätigt, dass sie ihr altes Konvent verlassen haben,
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
komme ich nicht umhin, [der Regierung] zu berichten, dass Ihr für einen beispiellosen Skandal in der Republik verantwortlich seid, nämlich dafür, dass eine religiöse Institution drei Jahre nach der [offiziellen] Säkularisation noch immer existiert. Niemand ist ein größerer Menschenfreund als ich, aber dieses Gefühl rechtfertigt die Verbreitung von Fanatismus und Vorurteilen keineswegs, welche die Regierung so zielstrebig zu zerstören sucht. Natürlich besteht Frömmigkeit darin, den Unglücklichen dadurch zu helfen, dass man sie mit dem Lebensnotwendigen versorgt, aber nicht dadurch, dass man sich zusammenrottet, um sich gegen das Gesetz und die Institutionen der Republik aufzulehnen.
Während dieser Zeit durfte man die Kirchenglocken nicht läuten, dem Klerus war das Tragen geistlicher Tracht untersagt, und die Geistlichen mussten einen Treueid leisten, nach dem sie sich den Gesetzen der Republik unterstellen und ihnen gehorchen würden. Unter den Kommissaren der Regierung befand sich auch Johann Matthias Konz, ein ehemaliger Prämonstratenser aus Luxemburg, der einen Hass auf Mönche entwickelt und sich begeistert der französischen Sache angeschlossen hatte. Aber er war ein „merkwürdiger Vogel" und nicht besonders beliebt. Nur sehr wenige Kleriker erklärten sich bereit, den verlangten Eid zu schwören. Das hatte zur Folge, dass Tausende von Geistlichen als Verräter gebrandmarkt und mehr als 800 deportiert wurden. Als überdies noch die Konskription dazukam, gab es Ende 1798 einen landesweiten Aufstand, der aber auf grausame Weise unterdrückt wurde. Die Brutalität, mit der die Regierung ihre Absichten verfolgte, zeigt sich in der Tatsache, dass fast 8000 Geistliche auf der Deportationsliste standen. In Wirklichkeit deportierte man jedoch weniger als 900, was wohl auf den Umfang und die Willenskraft des belgischen Widerstands zurückzuführen ist. Auch die britische Seeblockade mag etwas mitgeholfen haben. Die Situation der Kirche blieb jedoch schwierig, bis 1802 das Konkordat in Kraft trat. Während der langjährigen französischen Besetzung, die bis 1814 andauerte, spielten die belgische Kirche wie auch Mönche und Nonnen eine wichtige Rolle in der nationalen Opposition gegen Frankreich, wie ja schon früher gegen Joseph II. Dieses Erbe, kombiniert mit dem Widerstand gegen die vom Wiener Kongress aufgezwungene Vereinigung mit der holländischen Republik, machte Belgien nach 1815 zu einem natürlichen Zentrum des liberalen Katholizismus, zu einer Zeit, wo sich die katholische Kirche in den meisten Ländern mit reaktionären und antinationalen Ideen identifizierte. Andererseits hatte die lange französische Herrschaft auch bewirkt, dass sich im Land zwischen den Freunden der Kirche und den vom revolutionären, republikanischen Geist geprägten Antiklerikalen eine tiefe Kluft aufgetan hatte.7 Was im Rheinland während der zweiten französischen Besetzung geschah, lässt sich am besten im Zusammenhang mit der speziellen Geschichte der Säkularisation in Deutschland
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III. Teil: Die Revolutionszeit
darstellen. Von einem chronologischen und logischen Standpunkt aus ist es jedoch sinnvoller, zunächst Italien und die übrigen Länder zu behandeln, in welchen die französische Herrschaft entscheidende Spuren hinterlassen hat.
ITALIEN
Alle italienischen Staaten, die in den letzten Jahren des Anden Regime aktiv Klosterreformen verfolgt hatten, waren zur Zeit, als 1796 die Franzosen eintrafen, in eine reaktionäre Phase eingetreten: Parma in den 1770er- und Venedig in den 8oer-Jahren, die Lombardei und die Toskana in den letzten Tagen der Regierungszeit Josephs II. und Anfang der 9oer-Jahre und Neapel ebenfalls in den 9oer-Jahren.8 Der Kirchenstaat andererseits hatte eigentlich überhaupt nie etwas unternommen, um die Klöster in seinem Gebiet zu reformieren. Das lag wahrscheinlich teilweise daran, dass er seit den frühen 176oer-Jahren von Jesuiten und anderen Flüchtlingen überschwemmt worden war. Nur Pius VI. bemühte sich um die Reform von Subiaco. Doch indem er 1791 die Zivilkonstitution des Klerus verurteilte und die Französische Revolution mit allen ihren radikalen Neuerungen verdammte, gab er seine ursprüngliche Taktik auf, Regierende, welche die Kirche eigenmächtig zu reformieren suchten, durch Zugeständnisse zu beschwichtigen.9 So fanden die französischen Streitkräfte, als sie zwischen 1796 und 1798 die italienische Halbinsel besetzten, ein überwiegend konservatives Land vor. Diese Situation sollte sich jedoch unter der dynamischen und rücksichtslosen französischen Herrschaft bald ändern. 1796 eroberte Napoleon Bonapartes Armee die Lombardei, setzte eine republikanische Marionettenregierung ein und begann damit, revolutionäre Maßnahmen einzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich faktisch alle von der Revolution beeinflussten Regierungen auf die Säkularisation aller Ordensgemeinschaften festgelegt, die mit der Idee der persönlichen Freiheit unvereinbar schienen. Napoleon selbst gefiel sich darin, Mönche „Würmer" oder „Irrsinnige" zu nennen und darauf hinzuweisen, dass weder die frühe Kirche noch Muslime, Engländer oder Protestanten ihre Existenz für notwendig gehalten hätten.10 Andererseits brauchte er die Unterstützung der Katholiken und ihrer Priester, besonders zu gewissen Zeiten, und so machte er gelegentlich auch Bemerkungen oder erteilte Befehle, die Mönche freundlich gesinnt schienen. So sagte er z.B. zu General Joubert,„er solle versuchen, unter den Mönchen im Tirol Anhänger zu finden".11 Doch sobald ein Kloster ihm irgendwelchen Anlass zu Ärger gab, wurde es sofort säkularisiert. Schon bald stellte sich auch in Italien dieselbe finanzielle Notlage ein, die in Frankreich zur Konfiszierung des Kirchenguts gefuhrt hatte. Daher löste die Republik Mailand 1798 fast alle Klöster auf und begann damit, deren Ländereien zu verkaufen. Immerhin besann man sich wieder auf - 298 -
Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
eine Ausnahmeregelung, die man in Frankreich Ende 1792 aufgegeben hatte, indem man Institutionen, die sich mit Schulunterricht oder Krankenpflege beschäftigten, verschonte. Daraufhin besetzten die Franzosen den Kirchenstaat. 1798 vertrieben sie den Papst und setzten in Rom eine republikanische Regierung ein, welche die christlich tönenden Straßennamen veränderte und die ewige Profess abschaffte. Wie in Mailand gab es auch hier eine Anzahl von Priestern und Mönchen, besonders unter den Kapuzinern, welche die neue Republik unterstützten. Doch schon bald wurde die neue Regierung durch einen Aufstand bedroht, der mindestens zum Teil religiös motiviert war. Im Januar 1799 rief man in Neapel die Parthenopäische Republik aus, und damit begannen auch die Säkularisationen der Klöster. Einige Bischöfe und Mönche, besonders Dominikaner, wie es scheint, stellten sich hinter die neue Regierung, aber es dauerte nicht lange, bis eine zusammengewürfelte Armee unter der Führung von Kardinal Ruffo die Franzosen vertrieb und die republikanische Regierung stürzte. Der Fanatismus und die Brutalität, welche die Verteidiger der Religion bei dieser und ähnlichen Revolten an den Tag legten, schockierte die zivilisierte Welt nicht weniger als die Grausamkeiten der Französischen Revolution.12 Indessen wählten die Kardinäle Anfang 1800 einen Nachfolger für Pius VI. Da Rom in den Händen der Franzosen lag, versammelten sie sich in Venedig, wo sie in der Kirche San Giorgio Maggiore einen Benediktiner als Pius VII. zum Pontifex erhoben. Dieser schien zu diesem Zeitpunkt besonders geeignet, da er als Bischof von Imola in einer Predigt bemerkt hatte, dass Katholiken gerechtfertigt wären, mit einer revolutionären Regierung zusammenzuarbeiten. 1799 wendete sich das Kriegsglück während einiger Monate, und die Franzosen waren in ganz Italien auf dem Rückzug. Das hatte zur Folge, dass einige der säkularisierten Klöster wieder besiedelt werden konnten. Aber Frankreich erholte sich schnell von seinen Rückschlägen und gewann in den folgenden Jahren die Herrschaft über die Halbinsel zurück. Erneut wurden Marionettenregierungen eingerichtet, die das Land verwalten sollten. Inzwischen hatte der Papst mit Napoleon sowohl für Frankreich wie Italien Konkordate abgeschlossen. Aber weder im einen noch im anderen gab es irgendwelche Klauseln, die sich mit Klöstern befasst hätten - ausgenommen das Versprechen des Papstes, dass er die erworbenen Eigentumsrechte der Käufer von konfisziertem Kirchenland in keiner Weise anfechten würde. Im Piemont ereigneten sich partielle Säkularisationen. In der Lombardei, der Toskana und im ehemaligen Kirchenstaat wurden alle Klöster aufgelöst. Nur Institutionen, die Schulen unterhielten oder Kranke pflegten, waren ausgenommen, wie es gebräuchlich geworden war. Als diese Maßnahmen Rom erreichten, protestierte der Papst und erklärte, dass die Klöster für die Kirche notwendig seien. Diese Stellungnahme führte zu seiner Deportation, förderte aber auf lange Sicht die Wiederbelebung des Mönchtums im 19. Jahrhundert. Der Statthalter von Rom 1809 bis 1814, Camille de Tournon, betrachtete die Säkularisation der römischen Ordenshäuser als politischen Fehler, und es gelang ihm, „die vier
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III. Teil: Die Revolutionszeit
größten Nonnenklöster zu erhalten". Überdies bemühte er sich aber auch unermüdlich um das Säubern und Reparieren der großartigen Denkmäler des antiken Rom. Ein wichtiger Beamter in Neapel dagegen, Pierre Roederer, dem wir schon als Mitglied der Nationalversammlung begegnet sind, war der Ansicht, dass die Bevölkerung sich namentlich durch Faulheit auszeichne, was wiederum der Grund für die Rückständigkeit dieses Landesteils sei. Seiner Meinung nach waren die Klöster der Hauptgrund fur diesen Müßiggang, ganz besonders „die ioo.ooo Mönche, die täglich für 500.000 Taugenichtse Suppe kochten". Doch angesichts der Volksaufstände gegen das französische Regime glichen die Maßnahmen, die man in Neapel anfänglich umzusetzen suchte, immer mehr den halbherzigen Reformen der vorrevolutionären Regierungen: Säkularisation von kleinen Klöstern, Verkauf einiger Ländereien, aber auch die Erlaubnis zum Fortbestand von lebensfähigen Häusern. Auf Befehl Napoleons, der 1810 die allgemeine Säkularisation aller Klöster auf der gesamten Halbinsel anordnete, wurde später eine radikalere Variante in Kraft gesetzt: Reiche, solvente Klöster wurden aufgelöst und ihr Besitz enteignet, aber landlose Mendikantenhäuser und nützliche oder arme Frauenkongregationen blieben verschont. Zwischen 1806 und 1814 säkularisierte man in Neapel 1.322 Klöster, nur 401 Mendikantenhäuser und ein paar Nonnenklöster blieben erhalten. Das französische Regime und Regierungen, welche die Unterstützung Frankreichs genossen, ließen Frauengemeinschaften (und auch einige Mönchskapitel) in Frieden, solange sie keine ewige Profess verlangten und sich mit Schulunterricht und Krankenpflege beschäftigten. Manchmal erlaubte man auch andere Ausnahmen. So wurde ζ. B. die Säkularisation des traditionsreichen Klosters von Camaldoli in den Hügeln der Toskana widerrufen, da man seine Dienstleistungen fur die Bequemlichkeit und Sicherheit der Reisenden als notwendig erachtete. Doch als das napoleonische Imperium 1814 auseinanderfiel, hatte man, außer in Sizilien, das die Franzosen nie erobert hatten, „im Paradies der Mönche" fast alle Klöster abgeschafft. Was die Ländereien der Ordenshäuser betraf, so unterlagen sie den Gesetzen der Revolution und nicht denjenigen Josephs II. und Leopolds II., das heißt, alles enteignete Klostergut wurde weltlichen Zwecken zugeführt, ohne die Bedürfnisse der Kirche oder die Absicht der ursprünglichen Spender zu berücksichtigen. Auch Pensionen an vertriebene Mönche und Nonnen zahlte man nur, solange sich diese gefügig verhielten. Die beträchtliche Anzahl unter ihnen, die sich auflehnte, wurde einfach deportiert, 350 wahrscheinlich nach Korsika. 13 Die meisten Ländereien wurden veräußert, doch die Marionettenregierungen blieben nicht lang genug an der Macht, um den Vorgang zu Ende zu fuhren. Während man fast alle Klostergebäude requirierte oder zerstörte, erfuhren Museen und Gemäldegalerien, darunter besonders Napoleons Privatsammlung und Bestände in Paris, durch konfiszierte Klosterschätze eine ungeheuere Bereicherung.14
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
Karte 4: Schweizer Kloster
SCHWEIZ
Wenn uns schon Belgien wie ein Museum von mittelalterlichen Institutionen und Gebräuchen vorkommt, so ist die Vielfalt dieses Phänomens bei der Schweiz sogar noch ausgeprägter. Im Lauf der Zeit war die sogenannte Schweizerische Eidgenossenschaft bis zum 18. Jahrhundert zu einer losen Konföderation herangewachsen, die sich aus 13 politisch unabhängigen „Orten" zusammensetzte. Bei diesen handelte es sich teilweise um ländliche G e biete, teilweise um kleine Stadtstaaten. Die Bevölkerung teilte sich in Katholiken und Protestanten, wobei die religiöse Unterteilung die politischen Grenzen oft überschnitt. In den Regionen, wo der Katholizismus vorherrschte, erlebte dieser im 18. Jahrhundert eine Blütezeit, war aber auch notorisch für seine widerspenstige Haltung gegenüber den Bischöfen und dem Papst. In der Stadt Luzern erreichte das Verhältnis von Klerikern zu erwachsenen Männern die außerordentliche Proportion von 1:5, so hoch wie sonst nirgends in Europa. 15 Damals gab es in der Schweiz etwa 120 Klöster, von denen St. Gallen und Einsiedeln zu den berühmtesten und gelehrtesten gehörten. Einsiedeln war auch ein beliebter Wallfahrtsort und zog durch das wundertätige Standbild der „schwarzen Madonna" Scharen von Pilgern an, darunter auch Gibbon. 1755 schrieb er Folgendes über dieses Erlebnis:
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III. Teil: Die Revolutionszeit Von Zürich aus begaben wir uns - weniger um andächtig zu beten, sondern eher aus Neugier auf eine Wallfahrt zur Benediktinerabtei von Einsiedeln, dort im Volksmund „Unsere Liebe Frau" genannt. Ich habe mich über die überschwängliche Zurschaustellung von Reichtum in dieser armseligsten Ecke Europas sehr gewundert. Inmitten einer wilden Landschaft von Wäldern und Bergen erscheint ein Palast wie von Zauberhand errichtet, und er war auch wirklich durch die Zauberkraft der Religion erbaut worden. Vor dem Altar lag eine Gruppe von Pilgern und Marienverehrern ausgestreckt auf dem Boden. Ehrentitel und Verehrung der Mutter Gottes rief bei mir Entrüstung hervor, und das lebhafte, nackte Bildnis des Aberglaubens war für mich, wie es an derselben Stelle auch für Zwingli gewesen war, das zwingendste Argument für die Reformation der Kirche.16
Erzdiakon Coxe, ein weiterer englischer Historiker, verurteilte diese Szene eine Generation später noch viel ausfuhrlicher: Wie ich zu Fuß zu diesem berühmten Kloster ging, sah ich den ganzen Weg entlang nur Verkaufstände mit Kuchen, Molke und anderen Erfrischungen für die zahlreichen Pilger, die unterwegs waren. Ich sah mehrere Hunderte in Gruppen [...] ich sah auch Schwärme von fröhlichen jungen Fräulein, welche die Wallfahrt ebenso sehr zu genießen schienen wie Mädchen aus Wales eine Totenwache [...]. Die lächerlichen Geschichten [...] über den Ursprung und das Wachstum dieser Abtei enthalten so viele bedauernswerte Fälle der Leichtgläubigkeit aus dunkleren Zeiten: Dass sie in unserem aufgeklärten Jahrhundert immer noch geglaubt werden, muss man der Macht des gewohnheitsmäßigen Vorurteils zuschreiben. Gleichzeitig zeigt sich, wie schwierig es für den menschlichen Geist ist, solch abergläubische Irrtümer abzuschütteln, die er im Namen der Religion aufgesaugt hat [... ]. Was immer sein [des Klosters] Ursprung und wer immer sein Gründer gewesen sein mag, [Tatsache ist, dass] Haufen von Pilgern von überall hierher wandern, um die Jungfrau anzubeten und um ihr Gaben darzubringen: Man hat ausgerechnet, dass ihre [der Pilger] Anzahl bei zurückhaltender Berechnung jährlich auf 100.000 kommt. C o x e f a n d die barocke Kirche „geschmacklos" und die Reliquien und die „Skelette der Heiligen in M a s k e r a d e " eine „elende Beleidigung der wehrlosen menschlichen N a t u r " (Abb.38).17 In der Schweiz machte sich der Einfluss der Französischen Revolution schon früh bemerkbar, und 1 7 9 2 annektierte Frankreich einen Teil der Diözese Basel. D i e zahlreichen Klöster sorgten sich um ihr Uberleben, weil es bei ihren Untertanen und Pächtern solche gab, die, inspiriert durch das französische Beispiel, die Autorität und sogar die eigentliche Existenz
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
j8. Die Benediktinerabtei Einsiedeln, Schweiz.
ihrer Brotherren zu hinterfragen begannen. Die Macht und der Reichtum von Abtei und Fürstentum St. Gallen war vielen schon lange ein Dorn im Auge, besonders der benachbarten, protestantischen Stadt St. Gallen und den protestantischen Bauern im Toggenburg. Ähnlich wie in St. Blasien erreichten die baulichen Anlagen des Klosters wie auch sein Prestige in den 179oer-Jahren ihren Höhepunkt. Aber der Abt und das Mönchskapitel befanden sich in einer Zwangslage, indem sie sich entscheiden mussten, ob sie ihre weltlichen Ansprüche aufgeben sollten, um die Abtei als geistliche Institution zu erhalten. 1795 traf der Abt mit dem zögerlichen Einverständnis der Mönche die schicksalsschwere Entscheidung, die Feudalrechte des Klosters preiszugeben. Als im folgenden Jahr ein neuer Abt, Pankraz Vorster, gewählt wurde, betrachtete es dieser als seine erste Aufgabe, die finanzielle Sicherheit des Hauses wiederherzustellen. Durch seine Anstrengungen, die fälligen Abgaben wieder einzutreiben, machte er sich natürlich sehr unbeliebt. 1797 kam dann die französische Invasion, anstelle der Schweizerischen Eidgenossenschaft errichtete man die Helvetische Republik, und der Abt machte weitere kleine Zugeständnisse. Im folgenden Jahr gab das Mönchskapitel alle seine politischen Rechte an das Volk ab, und Vorster verließ St. Gallen unter Protest. Er fragte: „Was fur eine Absurdität ist ein Kloster in den Händen von modernen Aufklärern
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III. Teil: Die Revolutionszeit
ohne geistliche oder weltliche Unterstützung?" 1799 konnte er fur ein paar Monate zurückkehren, dann aber ging er endgültig weg. Von diesem Zeitpunkt an kämpfte er mit allen Mitteln fur die Wiederherstellung seiner Abtwürde. Mehrmals bat er Georg III. von England um Hilfe, und nach dem Verlust des Kaisers als höchsten Lehensherrn meinte er 1803 sogar, der englische König könnte vielleicht diese Funktion übernehmen. Im selben Jahr machten sich die Franzosen daran, die politische Geografie des schweizerischen Gebietes völlig umzugestalten, erlaubten aber der Regierung eine gewisse Unabhängigkeit. Sie schufen einen Kanton St. Gallen, dessen führender Minister, Karl Müller von Friedberg, dem Fürstabt früher als erster Minister gedient hatte. Inzwischen durchlebte die Abtei mehrere unsichere Jahre, bis der neue Kantonsrat 1805 schließlich beschloss, sie aufzulösen. Diese Entscheidung sollte uns nicht verwundern, denn abgesehen von den Kräften der revolutionären Ideologie hatte die Abtei mit vielen anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. D a waren einmal die jahrhundertealten lokalen Ressentiments, die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abt und dem Mönchskapitel und nicht zuletzt die Tatsache, dass alle berühmten Ordenshäuser in Deutschland schon säkularisiert oder in Auflösung begriffen waren. Es ist jedoch bemerkenswert, dass der Beschluss, das Kloster St. Gallen aufzuheben, nur mit 36 gegen 33 Stimmen zustande kam. Das war fast die einzige Entscheidung dieser Art, die damals durch eine ziemlich freie Abstimmung getroffen wurde. Die knappe Mehrheit zeigt nicht nur, dass Mönche und Mönchtum noch immer einen bedeutenden Anhang im Volk hatten, sondern auch, dass die Meinungen weit auseinandergingen. 1 8 1 4 setzte sich der Abt bei den Bevollmächtigten des Wiener Kongresses für die Wiederherstellung der Abtei ein, doch ohne Erfolg. Die Klosterkirche wurde nun zur Bischofskirche von St. Gallen, die monastischen Anlagen dienten fortan als Bischofspalast und städtische Verwaltungsgebäude. 18 Jedes schweizerische Kloster hatte seine eigene Geschichte, besonders nachdem die Franzosen ihren Zugriff auf das Land gelockert hatten. Der Abt und die Mönche von Einsiedeln hatten 1797 ihr Ordenshaus verlassen, kehrten aber 1802 als Mönchsgemeinschaft zurück und unterhalten bis zum heutigen Tag ein aktives monastisches Leben. Engelberg, ein anderes berühmtes Benediktinerkloster, dessen Abt nach dem englischen Historiker Coxe „über große Macht verfugte, die ihn fast zum absoluten [Herrscher] machte" 19 , verlor zwar seine weltlichen Privilegien, blieb aber weiter bestehen. Die meisten der zahlreichen Ordenshäuser in Luzern überlebten, einschließlich drei Kapuzinerklöster, obschon es ihnen von 1798 bis 1 8 1 2 , vierzehn Jahre lang, verboten war, Novizen aufzunehmen. Im Fall der Schweiz zeigt sich ähnlich wie bei Belgien deutlich, dass es schwierig war, Klöster aufzulösen, wenn die staatliche Macht nicht zentral gesteuert wurde oder ihre Autorität nicht zum Tragen bringen wollte. Unter diesen Umständen konnten manche monastische Gemeinschaften im Volk genug Unterstützung finden, um zu überleben, besonders wenn sie bereit waren, ihren politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einfluss
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
einzuschränken oder aufzugeben. Aber wie üblich ist auch hier die Geschichte der Schweiz einmalig.
SPANIEN
UND
PORTUGAL
1793 begann Spanien einen Krieg mit Frankreich. Die Propaganda des Wohlfahrtsausschusses stieß zwar bei einigen Spaniern einschließlich mancher Mönche auf Sympathie, doch die Mehrzahl des Volkes, angefeuert durch die Kirche, schloss sich einem Kreuzzug an, der sich gegen Königsmord und das antikatholische Frankreich richtete. Zusammengewürfelte Einheiten von katalanischen Bauern waren zusammen mit regulären spanischen Streitkräften außerordentlich erfolgreich im Zurückdrängen der einfallenden Franzosen. 1795 schlossen Spanien und Frankreich in Basel einen Frieden, ohne dass es territoriale Veränderungen gab. Daher bot sich keine Gelegenheit, die Klosterpolitik der revolutionären Versammlungen in Spanien umzusetzen. Im folgenden Jahr verbündete sich Spanien sogar mit Frankreich und beteiligte sich mit begrenztem Erfolg am Seekrieg gegen Großbritannien. Diese militärischen Konflikte brachten die spanische Regierung dem Bankrott nahe, sodass man sich 1798, um Geld einzunehmen, eine ungewöhnliche Variante von Klosterreform ausdachte: Man wollte alle Ordenshäuser dazu überreden, einen Teil ihrer Ländereien dem Staat zu überlassen. Dabei versicherte man sich auch der Unterstützung des Papstes, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Richard Herr schreibt: „Man kann ziemlich sicher sein, dass in Kastilien bis 1808 ein Sechstel des Kirchenguts von der .festen Erbfolge befreit war'", wie dieses Vorgehen genannt wurde. Aber dieser Plan genügte nicht, um den Staat bei der Rückzahlung seiner Schulden vor dem Verzug zu bewahren.20 Indessen gelang es Frankreich mithilfe Spaniens, 1807 in Portugal einzumarschieren und das Land zu erobern. Portugal hatte sich geweigert, Napoleons Kontinentalsperre zu unterstützen, die darauf angelegt war, den Handel mit Großbritannien zu unterbinden und den ganzen Kontinent in einen Wirtschaftsraum zugunsten Frankreichs umzuwandeln. Die portugiesische Königsfamilie floh nach Brasilien, und in Portugal selbst brach ein Guerillakrieg zwischen den Anhängern und den Gegnern Frankreichs aus. Dabei spielte auch der Klerus einschließlich der Mönche eine wichtige Rolle. Trotz der französischen Einmischung tat sich in Portugal hinsichtlich der Kirchenreform während der napoleonischen Periode wenig. Aber natürlich litten die Ordenshäuser wie auch das übrige Land unter Krieg und Bürgerkrieg, und die Klöster verloren durch Zerstörung, Beschlagnahmung oder Plünderung viele ihrer Schätze. Großbritannien sandte Expeditionseinheiten, um den Gegnern Frankreichs beizustehen, und vier Jahre lang kämpften britische und französische Streitkräfte um die Vorherrschaft in Portugal, bis Wellingtons Armee 1 8 1 1 die Franzosen vertrieb.21
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III. Teil: Die Revolutionszeit
Inzwischen mischte sich Napoleon in Spanien in eine umstrittene Thronfolge ein und versuchte das Problem zu lösen, indem er seinen Bruder Joseph als König einsetzte. Gleichzeitig erließ er ein Dekret, welches die Inquisition abschaffte und die Anzahl der Männerklöster um zwei Drittel reduzierte. Folgerichtig provozierte Napoleons selbstherrliche Intervention eine Revolte, an der auch Mönche prominent beteiligt waren. In Galizien gehörten die Abte von Valdeorras, Cosoyo, Cela, San Manuel und Trives zu den Anführern der Guerilla. In Kastilien war es ein Kapuziner, Delica, und in Andalusien Fra Rienda. Ganze Mönchsbataillone wurden aufgestellt: aus Dominikanern in Malaga, Karmelitern in Logrono, Franziskanern in Burgos und berittenen Mendikanten in Murcia. Der Konflikt wurde als Heiliger Krieg verherrlicht, als erneuter Kreuzzug gegen die Ungläubigen.22 Innerhalb eines Jahres seiner Thronbesteigung ging König Joseph mit weiteren drastischen Maßnahmen gegen die Klöster vor. Er schaffte alle männlichen Orden ab und räumte den Mönchen nur fünfzehn Tage ein, um ihre Klöster zu verlassen und die Ordenstracht abzulegen. Der Staat konfiszierte alles Land, um es zum Verkauf anzubieten. Die neuen Gesetze traten in den Gebieten Spaniens in Kraft - hauptsächlich im Norden und im Westen - , die unter französischer Kontrolle standen. Mönche, die ihre Häuser verließen oder daraus vertrieben worden waren, bekamen eine Pension, doch empfahl man ihnen, sich als Weltgeistliche zu betätigen. Nun begann der Verkauf von Klostergut, wobei ein Teil des Ertrags der Besoldung der Gemeindepfarrer zugute kam, den größten Teil benützte man jedoch zur Aufbesserung der Staatskasse. Klostergebäude passte man entweder neuen Bedürfnissen an oder überließ sie dem Zerfall und der Plünderung. Obwohl Nonnen von der allgemeinen Säkularisation verschont blieben, versuchte man sie zum Verlassen des Klosters zu bewegen. Wenn man bedenkt, dass es Karl III. und seine Nachfolger nach der Vertreibung der Jesuiten versäumt hatten, auch nur die geringste Klosterreform durchzuziehen, muss der Schock der neuen Maßnahmen einer gesellschaftlichen und religiösen Revolution gleichgekommen 23
sein. Nach ihrem Rückzug aus Portugal wurden die Franzosen von britischen Expeditionstruppen auch langsam aus Spanien vertrieben. 1812 erarbeitete die offizielle patriotische Regierung Spaniens eine liberale Verfassung. Dabei wählte sie einen Mittelweg zwischen der Wiederherstellung der Klöster und dem napoleonischen Plan. Die Anzahl der Ordenshäuser, die fortbestehen durften, wurde stark eingeschränkt: Nur 60 Männer- und 350 Nonnenklöster sollten erhalten bleiben. Das Professalter erhöhte man auf 23 Jahre, und alle Orden mussten sich streng an ihre Regel halten. Indessen gab man aber 1814 im Zuge der Restauration alle diese Pläne wieder auf und ließ die Mönche und Nonnen in ihre Häuser zurückkehren. Um 1820 gab es 33.000 Mönche, immer noch eine eindrückliche Zahl, auch wenn der gesamte Bestand um ein Drittel kleiner war als in vornapoleonischer Zeit. Trotz der Veräußerung von Klostergut existierten jetzt wieder fast so viele Ordenshäuser wie früher.24 Die atypische - 306 -
Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
Chronologie der spanischen Geschichte brachte es mit sich, dass kirchliche Ländereien erst in den i83oer-Jahren enteignet wurden. Trotzdem waren es gewiss die Erfahrungen aus der französischen Regierungszeit, die ihre Spuren hinterlassen hatten und die Enteignung von Klostergut als praktische Möglichkeit anboten. Dies hatte aber eine tiefe Spaltung der spanischen Gesellschaft zur Folge, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein andauerte. Ein ähnlicher Gesinnungswandel wie in Spanien war auch in Portugal der Wegbereiter fur die allgemeine Aufhebung von Klöstern, die ebenfalls in die 18 3 oer-Jahre fiel.25
DEUTSCHLAND
1794/95 besetzten die Franzosen erneut das linke Rheinufer und begannen hier französische Gesetze einschließlich Religionsgesetze einzuführen. Aber der Vorgang ging viel langsamer voran als in irgendeinem anderen Teil Europas, den die revolutionären Armeen erobert hatten. So wurden ζ. B. Feudalrechte und der Zehnt erst 1798 abgeschafft. Andere typische Maßnahmen führte man allmählich ein, wie etwa den revolutionären Kalender, das Wallfahrtsverbot, religiöse Toleranz etc. Wenige begrüßten das radikale Programm. Der Großteil des Volkes fühlte sich im Tiefsten verletzt und leistete passiven Widerstand. Natürlich profilierten sich die Mönche unter den Gegnern, und manche handelten sich für ihr Verhalten eine Strafe ein: Sieben Monate für den Kapuziner Pacificus Höcker von Aachen wegen seiner aufrührerischen Predigt über das wundertätige Kreuz in Brigden; vier Monate für den Franziskaner Lubentius Ophoven, da er sich über die republikanische Kleidung lustig gemacht hat; und so weiter. Aufs rechte [Rheinjufer deportierte man: sechs Augustiner aus Trier, einen Kapuziner aus Bingen, dreißig Dominikaner von Jülich, einen Kapuziner von Bacharach, einen Franziskaner von Aachen, und so weiter. 26
Gelegentlich gab es auch härtere Strafen, aber nichts lässt sich mit der grausamen Unterdrückung vergleichen, die in Belgien einsetzte, nachdem das ganz Programm der revolutionären Maßnahmen in Kraft trat. Die Abschaffung des Zehnten und der feudalen Abgaben 1798 verminderten natürlich das Einkommen der reicheren Ordenshäuser stark, aber in diesem besetzten Teil Deutschlands wurden französische Dekrete, die sämtliche kirchliche Ländereien enteigneten und praktisch alle Klöster säkularisierten, erst zum Gesetz erhoben, nachdem Frankreich das Gebiet 1801 offiziell annektiert hatte. Warum? Es drängt sich die Frage auf, ob die Erklärung dieses Phänomens nicht mit der besonderen Rolle der traditionsreichen deutschen Klöster und ihrer Wertschätzung beim
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Volk im Zusammenhang stehen könnte.27 Sicherlich gab es französische Beamte, welche die Regierung in Paris 1799 dazu drängten, in religiösen Dingen vorsichtig vorzugehen.28 Aber eine solche Erklärung macht keinen Sinn, wenn man bedenkt, wie die Franzosen in Belgien hausten, wo das Volk, wie es schien, den Orden noch eine tiefere Verehrung entgegenbrachte als in Deutschland und wo das französische Regime die Klöster trotzdem erbarmungslos säkularisierte. Im Rheinland hatte das zögerliche Handeln der französischen Regierung jedoch ganz andere Gründe. Bei der Besetzung und Annexion von Belgien und den italienischen Staaten hatte es Frankreich mit einzelnen politischen Einheiten zu tun. Der größte Teil von Belgien war wie die Lombardei von den Österreichern regiert worden. Piemont, die Toskana, der Kirchenstaat und Neapel waren separate Herrschaften. Jeder dieser individuellen Kleinstaaten konnte von den französischen Armeen leicht erobert werden. Das linke Rheinufer dagegen gehörte zum Heiligen Römischen Reich, welches zu dieser Zeit ein so riesiges Gebiet umfasste, dass sich niemand auch nur im Traum vorstellen konnte, wie man das Ganze erobern könnte. In den Anfangsstadien der Revolution behaupteten die Franzosen, sie hätten die Machtpolitik hinter sich gelassen und diese mit Prinzipien wie Brüderlichkeit und Nationalität ersetzt. Aber spätestens 1795 fielen sie wieder darauf zurück, Frankreichs Interessen durch traditionelle Mittel wie Diplomatie und Krieg zu fördern. Eine offizielle Annexion des linken Rheinufers hätte den im Westfälischen Frieden geschlossenen Vertrag vollkommen untergraben. Frankreich hatte diesen Vertrag verbürgt und bisher aufrechterhalten, da er gewährleistete, dass Deutschland politisch zersplittert blieb. Aufgrund dieses Abkommens konnte weder die komplizierte politische Landkarte Deutschlands noch seine komplexe Verfassung ohne die Zustimmung anderer Mächte verändert werden. Daher akzeptierte die französische Regierung die Tatsache, dass sie das Rheinland ohne Abschluss eines neuen Vertrags nicht offiziell annektieren konnte. Überdies stellte die Existenz von kirchlichen Fürstentümern innerhalb des Reichs die Franzosen vor ein ungewöhnliches Problem. Da ein großer Teil des deutschen Gebiets, das sie besetzt hielten, zu den erzbischöflichen Territorien von Mainz, Trier und Köln gehörte, ließ sich die übliche Taktik des revolutionären Regimes, einfach alles Kirchengut einzuziehen, nicht so leicht anwenden. Wenn in Deutschland die Säkularisation von Klöstern überhaupt zur Sprache kam, sei es in der Presse oder auch durch Regierungsbeamte, so kann es nicht verwundern, dass dieses Thema meistens in einer viel wichtigeren und dringlicheren Frage aufzugehen schien: Sollten einige oder alle kirchlichen Territorialstaaten säkularisiert werden? Im Vergleich zu den reichen Bischofssitzen und besonders den drei erzbischöflichen Kurfürstentümern spielten unabhängige Fürstabteien eine geringe Rolle. In den i74oer-Jahren, als Friedrich der Große und Bayern gierige Blicke auf die erzbischöflichen Ländereien warfen, war deren Säkularisation ernsthaft erörtert worden. Dann Ende
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der 1770er- und Anfang der 8oer-Jahre wurde die Frage erneut aufgeworfen, als es schien, die Pläne Josephs II., Belgien gegen Bayern auszutauschen, könnten die deutsche Landkarte grundlegend verändern. In den unzähligen Pamphleten, die sich mit diesem Problem beschäftigten, äußerten sich fast alle protestantischen Autoren sehr kritisch über die kirchlichen Staaten. Einer der prominentesten von ihnen, C. F. von Moser, meinte allerdings, dass die Bischöfe, im Gegensatz zu den meisten deutschen Landesherren, gewählt und bis zu einem gewissen Grad von ihrem Domkapitel überwacht würden. Katholische Verfasser zeigten natürlich mehr Sympathien, aber das lag namentlich daran, dass sie die kirchlichen Staaten als wesentliche Stützen des Reichs und des katholischen Einflusses im Reichsverband betrachteten; ob sie verdienstvoll waren, spielte dabei keine Rolle.29 Als nun die Frage im Zusammenhang mit der französischen Besetzung wieder aktuell wurde, erschien gegen Ende der i79oer-Jahre erneut eine Flut von Pamphleten, doch diesmal aus einer unerwarteten Perspektive. Preußen und andere Mächte argumentierten jetzt, sie könnten die französische Forderung nach Annexion des linken Rheinufers nur billigen, wenn sie dafür anderswo für den beträchtlichen Gebietsverlust entschädigt werden würden - und was wäre zu diesem Zweck geeigneter als das Land der anachronistischen, kirchlichen Fürstentümer? In den Verhandlungen, die 1795 zu den Abkommen von Basel, 1797 von Campoformio, 1798 von Rastatt und endlich 1801 zum Frieden von Luneville führten, griff man diese Frage wieder auf. Obwohl Kaiser Franz II. versprochen hatte, die Einheit des Reichs zu bewahren, hatte er schon in Campoformio eine heimliche Abmachung getroffen, nach welcher Frankreich das linke Rheinufer annektieren und Osterreich dafür mit der Erzdiözese Salzburg entschädigt werden würde. In Rastatt hatte man sich auf das Prinzip „Entschädigung durch Säkularisation" geeinigt. Die weltlichen Fürsten suchten zwar die Sache in ein gutes Licht zu stellen, ließen sich aber tatsächlich von Gier nach Land und Souveränität leiten. Auch fanden sie die Taktik der Teilung, die kurz zuvor in Polen angewendet worden war, viel attraktiver als die Bewahrung der Reichseinheit. Um angesichts der bevorstehenden Katastrophe noch möglichst viel zu retten, zeigten die Kirchenfursten ebenfalls keine Gewissensbisse: Die Bischöfe zeigten sich geneigt, die Güter der Klöster preiszugeben; die Erzbischöfe glaubten, es wäre ausreichend, wenn man nur die Bistümer angreife und dabei den drei geistlichen Kurfürsten zum Tröste eine kleine Vergrößerung durch die Territorien von Salzburg, Münster und Fulda zukommen lasse; unter diesen endlich wollte Mainz in Gottes Namen zu allem J a sagen, sofern man nur dafür sorge, dass Mainz als deutscher Patriarch und Primas übrig bleibe. 30
In Rastatt wurde unter dem Vorsitz des ränkevollen Talleyrand, der jetzt Frankreichs Außenminister war, ein Beschluss gefasst, der darauf angelegt war, alles Kirchengut in Deutschland
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III. Teil: Die Revolutionszeit
zu liquidieren. Talleyrand hatte ja schon in der Nationalversammlung den Anstoß zur Säkularisation in Frankreich gegeben.31 Der Beschluss von Rastatt konnte jedoch nicht sofort umgesetzt werden. Der Krieg der Zweiten Koalition verzögerte alles um drei Jahre, und erst in Luneville, wo man sich 1801 ernsthaft um die Befriedung Mitteleuropas bemühte, akzeptierte man die französische Annexion des linken Rheinufers offiziell und betraute den Kaiser damit, einen detaillierten Plan zur Entschädigung der übrigen Mächte auszuarbeiten. Ein paar Monate später erhielt Napoleon vom Papst das Einverständnis zum Konkordat, das in Frankreich wieder den Katholizismus herstellte, aber gleichzeitig auch den Verkauf von kirchlichen Ländereien ratifizierte. Da man nun mit dem Papst und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches auf gutem Fuß stand und die deutschen Fürsten die Sache begünstigten, waren alle Hindernisse ausgeräumt, die das französische Regime bisher davon abgehalten hatte, im Rheinland seine Religionspolitik, die man in Frankreich schon in den ersten Jahren der Revolution umgesetzt hatte, zum Tragen zu bringen. Im Sommer 1802 traten die Maßnahmen ordnungsgemäß in Kraft. Wie inzwischen üblich geworden war, verschonte man auch hier nur die Gemeinschaften, die Kranke pflegten und Kinder unterrichteten.32 Die Franzosen hatten schon immer beabsichtigt, ihre revolutionäre Religionspolitik im Rheinland einzuführen, hatten aber mit der Umsetzung gewartet, bis sie durch einen gültigen Vertrag das Recht erhielten, das Gebiet zu annektieren. Im restlichen Deutschland lagen die Verhältnisse aber ganz anders. Praktisch alle weltlichen Fürsten befürworteten mindestens eine partielle Säkularisation der kirchlichen Territorialstaaten. Dabei waren sie weder von religiösen noch von speziell antireligiösen Motiven geleitet, sie waren ganz einfach daran interessiert, ihre eigenen Staaten zu vergrößern und zu konsolidieren und ihre persönliche Kontrolle über sie zu festigen. Während der Vorverhandlungen für die vier Verträge, die im Frieden von Luneville gipfelten, waren Klöster kaum zur Sprache gekommen. Indessen waren in Bayern nach 1798 Pläne zur Auflösung von Klöstern unverhofft sehr aktuell geworden. Die Kriegskosten drohten den Staat in den Bankrott zu treiben, und wie so häufig suchte die Regierung die Lösung darin, sich bei den Klöstern zu bedienen. Sie wusste, dass sie die große Zahl der Ordenshäuser, die in den Ständen vertreten waren, rechtlich nicht auflösen konnte. Da aber unter diesen einige der reichsten Abteien waren, belegte man diese mit dem Einvernehmen des Papsts mit einer riesigen Steuer von 15 Millionen Gulden. Doch im folgenden Jahr kam ein neuer Kurfürst an die Macht, Max Joseph IV. Seine Person stellt ein seltenes Phänomen dar. Er war zwar Regent eines Staates des Ancien Regime, befürwortete aber einen großen Teil der revolutionären Gesetzgebung; er regierte ein tiefgläubiges katholisches Volk, hatte aber selbst eine protestantische Erziehung genossen. Seine reformfreudigen Ansichten fanden lebhafte Unterstützung bei Graf Montgelas,
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
jp. Der Entschädigungsbaum von F. L. Neubauer,
I8OJ.
einem fähigen, aber auch rücksichtslosen Minister. Dieser hatte schon früher vorgeschlagen, dass Klöster so weit wie möglich säkularisiert und ihr Land enteignet werden sollte. Als Max Joseph die Regierung antrat, glaubte er jedoch, dass es taktisch nötig sei, die schwere Steuerlast seines Vorgängers zu annullieren und den Fortbestand aller Klöster zu garantieren. Doch es blieb bei einem leeren Versprechen. 1802 säkularisierte der Kurfürst in Bayern alle Klöster, die nicht durch die Reichsverfassung geschützt waren, also die Mendikantenhäuser und die geringeren Gemeinschaften der alten Orden, im Ganzen 77 Männer- und 14 Frauenklöster. Es gingen zwar viele Bittschriften ein, die um Schonung gewisser Häuser baten, aber man schenkte ihnen keine Beachtung.33 Noch viel wichtiger war jedoch, dass Montgelas im Ausschuss des Reichtages, der mit der Vorbereitung der Säkularisation betraut war, im letzten Augenblick eine neue Idee in die Diskussion einführte: Nicht nur die Fürstbistümer und die Fürstabteien sollten auf weltliche Landesherren übertragen werden, sondern es sollte allen Fürsten das Recht zustehen, sich aller Klöster auf ihrem Hoheitsgebiet zu entledigen. Es scheint, dass sich die Diskussion nie zuvor in einem solch weit gefassten Spielraum bewegt hatte, aber der Ausschuss, der sich namentlich aus Fürsten zusammensetzte, stimmte bereitwillig zu. Im endgültigen Dokument
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vom 25. Februar 1803, dem Reichsdeputationshauptschluss (d. h. der Entscheidung des Reichsausschusses), war die schicksalshafte Klausel inbegriffen. § 35 liest sich wie folgt: Alle Güter der fundirten Stifter, Abteyen und Klöster, in den alten sowohl als in den neuen Besitzungen, katholischer sowie A. C . Verwandten, mittelbar sowohl wie unmittelbar, deren Verwendung in den vorhergehenden Anordnungen nicht förmlich festgesetzt worden ist, werden der freien und vollen Disposition der respectiven Landesherrn, sowohl zum Behuf des Aufwands fur Gottesdienst, Unterrichts- und andere gemeinnützige Anstalten, als zur Erleichterung ihrer Finanzen überlassen.
Die einzige Einschränkung bestand darin, dass die Domkirchen unterhalten und die Pensionen „für die aufgehobene Geistlichkeit" bezahlt werden mussten. Was mit einem harmlosen Vorschlag begonnen hatte, ein paar Fürsten für verhältnismäßig kleine Landverluste am linken Rheinufer zu kompensieren, hatte sich zu einer totalen Neuordnung der deutschen Landkarte entwickelt, und die Idee, dass die Entschädigung von Kirchenfürsten kommen sollte, hatte die Form einer allgemeinen Säkularisation und Veräußerung allen Kirchenguts angenommen (Abb. 39).34 Nicht alle Landesherren handelten sofort, aber bis 1812 waren in Süddeutschland praktisch alle Klöster säkularisiert, im Ganzen über 400 (Abb. 40). Nur einige wenige Häuser hatte man für Mönche und Nonnen reserviert, die das Kloster nicht verlassen wollten. Die Insassen solcher Gemeinschaften würden ja mit der Zeit aussterben und nicht durch neue ersetzt werden. Bei den Benediktinern ζ. B. blieb in Deutschland nur das St.-Jakobs-Haus in Regensburg erhalten.35 Es sollte nun klar sein, dass diese Entscheidungen nicht dem direkten Einfluss der Französischen Revolution oder der Aufklärung zugeschrieben werden dürfen. Es waren deutsche Landesfürsten, welche sich diese Maßnahmen ausdachten und umsetzten. Dabei muss man bedenken, dass die meisten von ihnen die Revolution missbilligten und bis 1802 aufklärerischen Ideen gegenüber vorsichtig geworden waren. Die theoretische Anregung für ihr Handeln kam nicht von Voltaire oder gar Muratori, sondern von den Befürwortern staatlicher Souveränität und den Gegnern priesterlicher Regierungen. Scheglmann, der reaktionäre Historiker der bayerischen Säkularisation, behauptete, der primäre Einfluss sei bei Pufendorf und seiner Schule des Naturrechts zu suchen.36 Das ist vielleicht nicht so fantastisch, wie es sich anhören mag, denn es war Pufendorf, der das Heilige Römische Reich eine Ungeheuerlichkeit nannte, weil er keinen absoluten Souverän als Regierenden zu erkennen vermochte. Er und seine Schule argumentierten auch, dass die Bereitschaft des Menschen, sich aus Neigung und Notwendigkeit zum eigenen Schutz einem Landesherrn zu unterstellen, Letzterem unumschränkte Macht verleihe.37 Das Heilige Römische Reich und die alten Klöster
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
40.1. S. Dürr, Die Säkularisation des Zisterzienserklosters Salem, Bodensee, Deutschland, 1804.
gehörten beide einem Zeitalter an, in dem es keinen Absolutismus, keine Territorialstaaten und keine streng kontrollierten Grenzen gab, einem Zeitalter, da sich der päpstliche Einfluss in gewissen Fragen noch über die ganze Christenheit erstreckte und sich die Orden und die Universitäten nicht an einer nationalen, sondern an einer internationalen oder transnationalen Gemeinschaft orientierten. Die Säkularisation in Deutschland markierte den Triumph des Territorialstaats, aber noch nicht des Nationalstaats. Der Reichsdeputationshauptschluss musste unweigerlich zum Untergang des Heiligen Römischen Reichs selbst fuhren, was dann im Jahr 1806 auch geschah. Ein solch massiver Wandel in der deutschen und europäischen Staatenordnung hätte sich nicht ereignen können, ja wäre nicht einmal vorstellbar gewesen ohne eine vorhergehende Revolution in Deutschland oder das Chaos von Kriegswirren. Eine deutsche Revolution hat - 3*3
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III. Teil: Die Revolutionszeit
es jedoch nicht gegeben. Dagegen hatten die Siege der französischen Armeen zu Frankreichs Forderung nach einer Annexion des linken Rheinufers gefuhrt. Entweder Napoleon selbst oder seine Mitstreiter waren die wichtigsten Drahtzieher bei den Entscheidungen, die man in Campoformio, Rastatt und Luneville getroffen hatte. Ohne die Französische Revolution hätte es diese Siege nicht gegeben, und ohne die Französische Revolution ist es nicht vorstellbar, dass ein französischer Herrscher in Erscheinung getreten wäre, der wie Napoleon fähig und bereit war, die Landkarte Deutschlands neu zu ordnen und die Struktur und die Verfassung des Reichs zu zerschmettern. Wenn es keine Revolution gegeben hätte, hätte kein katholisches Land anderen katholischen Staaten als Vorbild dienen können, wie es Frankreich tat, als es demonstrierte, dass sich das gesamte Mönchtum aus der Welt schaffen ließ. Und ohne Revolution hätte man den Papst auch nicht zwingen können, das Verschwinden der Mönche und Nonnen willenlos zu billigen. Noch 1789 wäre die Idee einer Generalsäkularisation der deutschen Klöster undenkbar gewesen. Aber bis spätestens 1798 war es gelungen, die revolutionäre Religionspolitik nicht nur Frankreich, sondern auch Belgien und großen Teilen Italiens aufzuzwingen. Für die Regierung diente das als Mittel zur Tilgung von Staatsschulden. Die Idee an sich schockierte niemanden mehr. Die Möglichkeit war auch in Deutschland denkbar geworden.38 So war die Auflösung der süddeutschen Klöster Bestandteil einer allgemeinen Säkularisation allen Kirchenguts geworden, einschließlich vieler kirchlicher Fürstentümer. Nur der Besitz der Pfarrgemeinden blieb verschont. Teilweise war es auch ein endgültiger Vorstoß der deutschen Fürsten, ihre territoriale Souveränität zu besiegeln und das Reich zu zerstören. In dieser Hinsicht war der Vorgang einmalig. Auch in verschiedenen anderen Beziehungen war er ungewöhnlich. So rief er nirgends ernsthafte Unruhen hervor, wie sie sich in diesem Zusammenhang in Frankreich, Belgien, Spanien und Neapel ereigneten. Im Gegensatz zu anderen Ländern fielen die Säkularisationen auch in eine Zeit, als die deutschen Ordenshäuser ein diszipliniertes Leben führten, sich einer robusten Mitgliedschaft erfreuten und wegen ihrer religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Tätigkeit äußerst geschätzt waren. Und während es sich eigentlich um eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Klöstern handelte, war der zugehörige Besitz außerordentlich groß. Nachdem die Entscheidung aber einmal gefallen war, verlief die Geschichte der deutschen Säkularisation ähnlich wie in anderen Ländern. In Bayern, dessen Abwicklung des Klosterwesens ausführlich studiert worden ist, fiel großer Reichtum an. Durch die Auflösung der traditionsreichen Klöster, die in den Ständen vertreten waren, erwarb der Staat 28 Prozent aller Bauernhöfe. Überdies kamen noch weitere 25 Prozent von kleineren Landbesitzern zusammen, wobei es sich namentlich um kirchliche und einige monastische Güter handelte. Der riesige Waldbesitz der Orden war besonders wertvoll. Aber dieser unverhoffte Reichtum muss den riesigen Staatsschulden gegenüber-
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Die Folgen der Revolution außerhalb Frankreichs
41. Karikatur in Aquarell: Satire der Säkularisation in Bayern, 1803.
gestellt werden, die sich in jüngster Zeit angehäuft hatten. Dazu kamen die Schulden der Klöster selbst, die Kosten für die Pensionen der „aufgehobenen Geistlichkeit" und die Verpflichtungen des Staates fur den Unterhalt von 1.330 Kirchen. Außerdem war die Regierung dafür verantwortlich, dass der Gottesdienst in den vormals monastischen Pfarreien betreut und der Unterricht in früheren Klosterschulen weitergeführt wurde. Häufig war es auch schwierig, für die weitläufigen und oft abgelegenen Klosteranlagen eine Verwendung zu finden. Einige wandelte man in Fabriken um, aber das, was man aus solchen Verkäufen gewann, entsprach selten den Erwartungen. Insgesamt scheint das zusätzliche jährliche Nettoeinkommen des bayerischen Staates 5.000.000 Gulden betragen zu haben (Abb. 41). 39 Eine große Menge von Gemälden, Skulpturen, goldenen und silbernen liturgischen Gefäßen und Ornamenten, kunstvollen Möbeln, Noten und Musikinstrumenten, Büchern und Manuskripten ging in den Besitz des Staates über. Was man nicht veräußerte, bildet heute den Hauptbestand der Bibliotheken und Museen in Bayern. Andererseits geschah es häufig,
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III. Teil: Die Revolutionszeit
dass der Wert dessen, was man in den Klöstern fand, nicht richtig eingeschätzt wurde, und zudem gab es so ungeheuer viel Material, dass man unmöglich alles erhalten konnte. Aber nicht nur Bayern und andere süddeutsche Staaten wie Württemberg profitierten vom Reichsdeputationshauptschluss. Auch das protestantische Preußen bekam große A n teile von katholischen Territorien zugesprochen, einschließlich über hundert Ordenshäuser. Bis dahin hatte die Regierung in Berlin eine gewisse Anzahl von Klöstern geduldet. Aber besonders nach 1 8 1 ο begann auch Preußen, sowohl alteingesessene wie auch kürzlich erworbene Ordenshäuser aufzulösen, darunter viele, die früher zu Polen gehört hatten. Diese beispiellosen Veränderungen hatten offensichtlich weiter reichende Folgen als bloß die Auswirkungen eines massiven Besitzaustausches - Folgen, die ich in der abschließenden Zusammenfassung ansprechen möchte.
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Zusammenfassung
DIE KLÖSTER DES
Ancien
Regime
ch hoffe, dass es mir gelungen ist zu zeigen, wie die Vernachlässigung der katholischen Klöster in Europa seitens der meisten neuzeitlichen Historiker und auch mancher Kirchenhistoriker zu einer schwerwiegenden Verzerrung der geschichtlichen Wirklichkeit gefuhrt hat. Die große Zahl der Klöster, die enormen Ausmaße ihres gesamten Reichtums, das ungehinderte Wachstum vieler Orden bis in die zweite Hälfte des ι S.Jahrhunderts, ihr politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, karitativer, pädagogischer und wissenschaftlicher Wirkungsbereich, ihre architektonischen, künstlerischen und musikalischen Leistungen - alle diese Tatsachen hätten eigentlich darauf hinweisen müssen, dass diese Institutionen zu einflussreich waren, um einfach übersehen zu werden. Dies trifft ganz allgemein zu, gleichgültig, ob man sich von ihren Grundprinzipien angezogen oder abgestoßen fühlt. Nur durch die Wahrnehmung des Umfangs und der Reichweite der klösterlichen Tätigkeit können wir die enorme Bedeutung dieser Ordenshäuser verstehen und einschätzen. Dabei sollten wir uns stets die Vielfalt dieser monastischen Gemeinschaften vor Augen halten, ihre öffentlichen Erscheinungsformen, gleichermaßen greifbar fur Freund und Feind, ihre Integration ins System des Ancien Regime und nicht zuletzt auch die Bewunderung wie den Hass und die Kontroversen, die sie in den Menschen hervorriefen. Um meine vorangegangenen Ausführungen nochmals zusammenzufassen: 1750 gab es im katholischen Europa mindestens 15.000 Männer- und 10.000 Frauenklöster. In diesen Ordenshäusern lebten ungefähr 200.000 Mönche und mindestens 150.000 Nonnen, was bedeutete, dass es im Ganzen mehr Ordensgeistliche als Weltkleriker gab und dass allein die Zahl der Mönche derjenigen des weltlichen Klerus vergleichbar war. Diese Ziffern stellen wohl nach der Krise der Reformation den Höhepunkt des monastischen Wachstums dar, denn in einigen, ja vielleicht in den meisten Ländern und Orden sank die Zahl der Ordensgeistlichen in den Jahrzehnten zwischen 1750 und den Revolutionsjahren. In diese Jahrzehnte fielen auch die Aufhebung des Jesuitenordens in den katholischen Ländern sowie die Reformen, die in Frankreich von der commission des reguliers angeregt worden waren, und die partielle Säkularisation von Klöstern durch die Republik Venedig und Kaiser Joseph II. Andererseits lassen sich aber auch Zunahmen verzeichnen, wobei diese Entwicklung bei den französischen Nonnen, welche die einfache Profess abgelegt hatten, besonders ausgeprägt
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Zusammenfassung
war. Diese befassten sich hauptsächlich mit Schulunterricht und der Pflege von Kranken, Kindern, Alten und Invaliden. Wenn man diese Nonnen mitrechnet, konnte die Gesamtzahl der Ordensgeistlichkeit 1789 kaum - wenn überhaupt - niedriger gewesen sein als 1750. Die Anzahl der Mönche dagegen war zweifellos gesunken. Vor 1789 gab es hinsichtlich der Ausmaße des klösterlichen Grundbesitzes große regionale Unterschiede. In Frankreich werden diese Anteile auf 5 Prozent des verfügbaren Landes geschätzt. Da jedoch die Anteile anderswo viel höher ausfallen, kann man annehmen, dass die Klöster im Durchschnitt etwa 10 Prozent der gesamten Landreserven besaßen. Die alten Ordenshäuser waren meist reiche Grundherren, in einigen Gebieten sogar eigentliche Feudalherren, die viele Landarbeiter und Bedienstete beschäftigten und nicht nur Bauernhöfe und Wälder, Weinberge und Brauereien bewirtschafteten, sondern auch städtische Liegenschaften, Heilbäder, Bergwerke und Manufakturen unterhielten. Viele hatten gleichsam eine „eingebaute" politische Machtbasis durch ihre Vertretung in den Provinzialständen. Tatsächlich hatten sie oft größeren politischen Einfluss als die Bischöfe, von deren Oberaufsicht sie im Allgemeinen freigestellt waren. Die Klöster erfüllten vielfältige gesellschaftliche Funktionen. Die Grundprinzipien der alten Orden, Gebet, Meditation und Gottesdienst, standen immer noch im Mittelpunkt und genossen in katholischen Ländern allgemein hohes Ansehen. Viele betrachteten diese kontemplative Lebensweise als eine für die Gesellschaft „nutzbringende" Tätigkeit. Aber die Klöster waren auch die Nutznießer eines bedeutenden Anteils der großen Geldsummen, welche die Gläubigen in ihren Testamenten zur Finanzierung von Fürbitte und Totenmessen hinterließen, obgleich die Zuwendungen der Elite gegen Ende des 18. Jahrhunderts etwas nachzulassen begannen. Überdies erfüllten die Klöster ihre Pflicht im Rahmen der Gastfreundschaft. Während einige elegante Wohngemächer zur Beherbergung des Hochadels unterhielten, beschränkten sich andere auf bescheidenere Quartiere. Zudem betrieben sie oft halbamtliche Spitäler und Apotheken. Auch spendeten sie Nahrung und Trank für Besucher und Menschen in ihrem Umkreis, aber meistens auf eine Art und Weise, die von aufgeklärten Staatsmännern und Ökonomen als zufällig und unverantwortlich gebrandmarkt wurde. Trotzdem spielten diese Almosen für den Lebensunterhalt vieler Menschen und Gemeinschaften am Rande der Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Als William Cobbett 1829 seine History of the Protestant Reformation in England and Ireland publizierte, behauptete er, dass die Aufhebung der Klöster auf den Britischen Inseln im 16. Jahrhundert den Erlass von Fürsorgegesetzen zum Schutz der Armen (Poor Law) notwendig gemacht habe; und er begründete seine Behauptung mit dem Hinweis auf Klagen, die ihm 1792 anlässlich der Säkularisation eines Kartäuserklosters in Frankreich zu Ohren gekommen waren.1 Hier handelt es sich um einen Zweig des monastischen Lebens, der von Historikern weitgehend vernachlässigt worden ist. Auch lagen praktisch der ganze Bereich von Schule und Erzie- 318
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hung sowie die meisten Universitäten in den katholischen Ländern in den Händen von Ordensgeistlichen. Dazu gehörte die beste Ausbildung auf der sogenannten Sekundarstufe, welche besonders in Jesuitenkollegien gepflegt wurde, aber auch das, was wir heute allgemein Grundschule nennen, und fast alle Schulungsmöglichkeiten fur Mädchen. Nicht zu vergessen ist dabei die Ausbildung von Weltpriestern wie auch von den Ordensgeistlichen selbst. Wenn jemand Gelehrter werden wollte, bot ihm der Eintritt ins Kloster weitaus die besten Aussichten, es sei denn, er verfugte über ein ansehnliches persönliches Vermögen. Viele Ordenshäuser unterhielten großartige Bibliotheken, die im Laufe des 18.Jahrhunderts noch stark erweitert wurden und die es an Umfang und Qualität mit den Universitätsbibliotheken aufnehmen konnten. Die reichen Ordenshäuser boten ihren Mitgliedern, meist als Gegenleistung fur eine anfänglich umfangreiche Schenkung, eine Lebensweise, wie sie der ehemalige Jesuit Feller 1788 in Averbode, einem Prämonstratenserkloster bei Lüttich, vorfand: „Eine kostbare Abgeschiedenheit, wo Religion, Gelehrsamkeit, die Künste, Landwirtschaft usw. voll Vitalität im Schoß von Frieden und Zufriedenheit ruhen."2 Manche fühlten sich von der Idee angezogen, dass man sich als Mönch von der Last verschuldeter Güter oder lästiger Familienverpflichtungen sowie von lokalen Amtspflichten oder vom Militärdienst befreien konnte; damit setzten sie sich aber auch der Kritik von Andersdenkenden aus. Die bescheideneren und weniger intellektuellen Ordenshäuser vermittelten ihren Mitgliedern immerhin eine gewisse gesellschaftliche Stellung, ein Heim, ein M a ß an Frieden und Sicherheit. Allerdings brachte das Bettelwesen, an dem einige Zweige der Franziskaner noch lange festhielten, auch Unannehmlichkeiten und Gefahren mit sich. Doch gab es in allen Orden Gelegenheit, einige oder alle der folgenden Talente zu entwickeln und in der Praxis anzuwenden: predigen, lehren, lernen, schreiben; sich in einer Pfarrgemeinde oder Bruderschaft seelsorgerisch zu betätigen; singen, ein Instrument spielen und Musik komponieren; Theater spielen; Pläne fur Gebäude zu entwerfen; malen; handwerkliche und körperliche Fähigkeiten aller Art zu pflegen. Die hierarchische Struktur der Ordenshäuser bot den Insassen auch die Möglichkeit, administrative, finanzielle, seelsorgerische und politische Verantwortung zu übernehmen. Außerhalb der Klöster gab es fur Frauen selten Gelegenheit, solche Aufgaben zu erfüllen. Während manche der berühmten Abteien nur Mitglieder des Adels aufnahmen, bot ein respektabler Prozentsatz der bedeutenden Häuser, besonders im deutschen Sprachraum, auch Personen aus bescheidenen Verhältnissen die Möglichkeit, zur Abtwürde aufzusteigen und somit dieselbe soziale Stufe wie ein Graf oder sogar ein Fürst zu erreichen. Die Klöster übernahmen auch Aufgaben, die aus heutiger Perspektive unangebracht erscheinen. Sie dienten u. a. als wichtige Quellen fur Darlehen an Regierungen und Privatpersonen, denn die Sicherheit ihrer riesigen, unveräußerlichen Ländereien konnte kaum überboten werden, solange diese effizient verwaltet und bewirtschaftet wurden. Einige Abteien, ~ 3*9 ~
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besonders solche in abgelegenen Gegenden, fungierten auch als Hotels fur Reisende. Ferner bildeten die Klosterschulen einen großen Teil aller Musiker aus, einschließlich Opernsänger beiderlei Geschlechts, wobei sich darunter auch castrati befanden. 3 Verschiedene Ordenshäuser konnten sich erlesener Bildersammlungen rühmen. Andere wieder besaßen Observatorien, Kuriositätenkabinette und Museen, welche den Insassen wichtige wissenschaftliche Arbeiten ermöglichten. Allerdings zeigten sich auch negative Seiten. Viele Ordenshäuser hatten lockere, ja geradezu schamlose Sitten einreißen lassen, die sowohl ihre Ordensregel als auch die Kirchengesetze verletzten. D a s ist nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Mönche und Nonnen oft durch unangebrachte Methoden zum Eintritt ins Kloster und zur Profess veranlasst wurden. Häufig „umgarnte" man junge Menschen viel zu früh, indem man sie einem teilweise brutalen Druck und einer Gehirnwäsche aussetzte; manchmal mögen auch alternative Perspektiven auf ein sicheres und einigermaßen komfortables Leben gefehlt haben. In allen Regionen des katholischen Europa verfolgten wohlhabende Familien eine Strategie, nach der man die überzähligen jüngeren Söhne und die Töchter, für die man sich keine Mitgift leisten konnte, ins Kloster schickte. In einigen Gebieten, besonders in Italien, erreichte diese Praxis ungewöhnliche Ausmaße, ging dann aber allerdings im Laufe des 18. Jahrhunderts leicht zurück. Wenn der Vorsteher eines Ordenshauses entschlossen war, seine nahezu absolute Autorität rücksichtslos anzuwenden, konnte ein Mönch oder eine Nonne wenig dagegen ausrichten. Ungehorsam mochte unter Umständen schwerwiegende Strafen nach sich ziehen: erzwungenes Fasten, öffentliche Demütigung, Körperstrafen und Einweisung ins Klostergefängnis. Überdies erkannte der Staat die monastischen Gelübde als verbindlich an und verfolgte Mönche und Nonnen, die einen Fluchtversuch wagten. Allerdings gab es nur wenige Nonnen und eine Minderheit von Mönchen, welche die Aufhebung ihrer Klöster während der Revolutionsjahre guthießen. Deshalb darf man wohl annehmen, dass die Insassen dieser Häuser im großen Ganzen mit dem Leben zufrieden waren, das sie gewählt oder in das sie eingewilligt hatten. Viele fanden darin offensichtlich ihre Erfüllung. Gewisse monastische Leistungen sind wahrhaft bewundernswert. Manche Touristen mögen zwar denken, es hätten fast zu viele barocke, Rokoko- und klassizistische Klosterkirchen und -anlagen überlebt, und einige davon, wie das oft bei weniger gewichtigen Beispielen eines bestimmten Stils vorkommt, sind zweifellos nicht sehr bedeutend. Trotzdem würden sich heute wenige Kunstreisende den Ansichten von Baedekers erstem Reiseführer über Sizilien anschließen: „Im 17. Jahrhundert wurden zahlreiche groß angelegte Gebäudekomplexe im ,barocken' Stil gebaut; doch zeichneten sie sich nur durch eine übermäßige Fülle an dekorativen Einzelheiten aus." 4 Hier einige Beispiele von Bauwerken, welche die meisten Besucher durch ihre Größe, Schönheit und kühne Architektur begeistern: Melk, Vierzehnheiligen, St. Gallen, die zwei Abteien in Caen, die Kartause in Granada, Santa Chiara in Nea-
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pel, San Nicola in Catania, Superga in Turin, St. Blasien im Schwarzwald und das heutige Pantheon in Paris. Aber auch Leute, die den Barock und ihm verwandte Stile nicht besonders schätzen, müssen zugeben, dass die Klöster dieser Zeitperiode der Nachwelt viele großartige romanische, gotische und sogar noch ältere Bauwerke erhalten haben. Einige, wie etwa Cluny und St. Denis, fielen der Revolution zum Opfer, aber andere, wie San Apollinare in Ravenna, Maulbronn, Heiligenkreuz und Assisi, bestehen im Wesentlichen bis heute in ihrer ursprünglichen Form. Manche Mönche waren selber namhaft im künstlerischen Bereich tätig, so etwa Architekten wie Dom Guillaume de la Tremblaye, Künsder wie Fra Angelico oder Bernardo Strozzi oder Musiker wie der Abt Gerbert und Padre Martini. Natürlich boten Klöster auch Beschäftigung und Berufsmöglichkeiten für fast alle schöpferischen Laien, die sich zu dieser Zeit den schönen Künsten widmeten, wie fur viele Tausende mit geringerer Begabung. Tintoretto, Rubens und Tiepolo schufen eine große Zahl von Altaraufsätzen für diese Ordenshäuser; Architekten wie Hildebrandt, die Gebrüder Asam, Soufflot und Quarenghi bauten ihre Anlagen; und Michael Haydn widmete sein Leben der Aufgabe, St. Peter in Salzburg mit erlesener Musik zu versorgen.5 Für den Historiker liegt eine der höchsten Leistungen der Mönche dieser Zeitperiode in der geistigen Arbeit der Mauriner, die unter der Führung von Mabillon viele der Prinzipien, auf die sich die moderne Wissenschaft stützt, erarbeiteten. Sie setzten strenge Kriterien für den Gebrauch von Beweismaterial, etablierten die Texte vieler wichtiger mittelalterlicher Quellen und prangerten die Leichtgläubigkeit ihrer frommen Vorgänger oder Rivalen an, die unbesehen die Echtheit von Anekdoten, Reliquien und Wundern übernommen hatten, solange diese die Anziehungskraft ihres Klosters förderten. In dieser Beziehung leisteten die Mönche von St. Maur einen bedeutenden Beitrag zur Aufklärung. Des Weiteren muss man bedenken, dass zwar Prevost seinen klassischen Roman nicht darum schrieb, weil oder während er Mönch war, und dass auch Baudeau als Verfasser physiokratischer Schriften nicht wegen seiner Ordenszughörigkeit bekannt wurde; aber es besteht kein Zweifel, dass beide viele ihrer beruflichen Erfolge ihrem Orden zu verdanken hatten. Außerdem finden wir unter den Jesuiten den Wissenschaftler Boskovic, den architektonischen Theoretiker Laugier und die Lehrer an der Schule Louis-le-Grand, welche ihr einstiger Schüler Voltaire nicht genug preisen konnte. Die Rolle der Ordensgeistlichen ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Klerus durchwegs unterschätzt worden. McManners beschreibt die wohlhabenden Klöster der alten Orden als „großes, abgetakeltes Wrack, das mit reicher Fracht beladen infolge der zurückweichenden Ebbe des Mittelalters am Ufer der Moderne gestrandet war".6 Doch dieses eindrückliche Bild trägt der nachreformatorischen Entwicklung der alten Orden überhaupt keine Rechnung. Es entspricht zwar der Wahrheit, dass sich das Konzil von Trient und die meisten Reformer, ob Laien oder Kleriker, dafür einsetzten, die Zahl der Weltgeistlichen, besonders -
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die der weltlichen Priester, zu vermehren und diejenige der Mönche zu mindern. Aber die Orden, sowohl die alten wie die neuen, vereitelten diese Zielsetzung häufig, indem sie auf ihrer Unabhängigkeit von den Bischöfen bestanden, in gewissen Fällen die Gläubigen von den Pfarrkirchen weglockten und den jungen Männern den Eintritt in eine klösterliche Gemeinschaft angenehmer und befriedigender darstellten als eine Laufbahn als weltlicher Priester. Betrachtet man das Menschenpotenzial und die Ressourcen der Kirche insgesamt, lässt sich im Licht des gegenreformatorischen Geistes kaum bestreiten, dass zu viel davon der kontemplativen Lebensweise von Mönchen und Nonnen und den extravaganten Projekten für neue Kirchen und sonstige Klosterbauten zufloss. Auch scheint klar, dass jedes nur mögliche Mittel verwendet wurde, um den politischen und gesellschaftlichen Status der Äbte, Äbtissinnen und deren Gemeinschaften zu erhalten. Aber im katholischen Europa gehörten die Klöster eben für die meisten Menschen zu einer natürlichen sozialen Ordnung, die sich nicht ohne Weiteres wegdenken ließ. Auch hatten sie sich für die katholischen Herrscher als Gegengewicht zum Adel sehr nützlich gezeigt, indem sie Möglichkeiten für königliche Einflussnahme boten, als Quelle für Darlehen und Einkommen dienten und pädagogische, seelsorgerische und soziale Dienste leisteten. Überdies war der Versuch, die Anzahl der Pfarreien zu vermehren, mit schwierigen rechtlichen und finanziellen Problemen verbunden, und vielen Bischöfen war es noch immer nicht gelungen, leistungsfähige Priesterseminare zur Ausbildung ihres Klerus einzurichten. Dagegen war es relativ leicht, einen neuen Orden zu gründen; auch die Gründung eines neuen Klosters unter dem Patronat eines alten Ordens war ziemlich problemlos, und noch einfacher war es vielleicht, ein Ordenshaus, das schon existierte, zu reformieren. Die „Vorreiter der Gegenreformation", also Mönche, die irgendwohin abgeordnet werden konnten, um Heiden oder Protestanten zu bekehren, waren nicht nur Jesuiten, sondern auch Kapuziner und andere neue Orden. Außerdem engagierten sich im 17. und 18. Jahrhundert auch die alten Orden häufig mit Aspekten der Kirchenreform: Sie bauten große Hallenkirchen, stellten Prediger, Beichtväter und Gemeindepfarrer zur Verfügung, betrieben Missionstätigkeit, förderten Pilgerfahrten, gründeten und unterstützten Bruderschaften und widmeten sich der Lehrtätigkeit auf allen Stufen. In diesem Sinne könnte man fast sagen, dass sie zum Opfer ihres eigenen Erfolges wurden. Denn es ist allgemein bekannt, dass der weldiche Klerus in Frankreich gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts eine gut ausgebildete, zuverlässige Körperschaft bildete. Diese Tatsache beruhte weitgehend auf dem Verdienst der Mönche, welche die Priesterseminare betreuten, hatte aber ironischerweise zur Folge, dass Ordensgeistliche nun viel eher entbehrlich geworden waren. Im 18. Jahrhundert gab es fast überall Ordensmitglieder, die versuchten, das Klosterleben mit den gesellschafdichen Veränderungen und mit den Ideen der Aufklärung in ihrer katholischen Version in Einklang zu bringen. Manche begannen die Notwendigkeit des Zölibats anzuzweifeln und den Wert der traditionellen monastischen Tagesordnung zu hinterfra-
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gen. Einige verbreiteten ihre Ideen durch Schriften, in denen sie sich entweder fur Veränderungen, wie etwa der Benediktiner Werkmeister, oder für den status quo, wie der Jesuit Feller, einsetzten. W i e sich bei den Fällen Werkmeisters von Neresheim und verschiedenen französischen Klöstern gezeigt hat, war es schwierig, Mönch zu bleiben, wenn die Reformvorschläge gewisse Grenzen überschritten.7 Wenn ein Gebiet vor 1790 katholisch war und aus diesem Grund eine große Zahl von Klöstern besaß, unterschied es sich in vielen Beziehungen von protestantischen Ländern; und diese Tatsache sollte beim Schreiben europäischer Geschichte viel stärker betont werden, als das in der Regel der Fall ist. So gab es natürlich in protestantischen Staaten viel weniger Geistliche als in katholischen. Wenn ζ. B. ein Mann in England eine geistliche Laufbahn einschlagen wollte, bot sich viel weniger Gelegenheit dazu als in einem katholischen Land, und für Frauen gab es in dieser Beziehung überhaupt keine Möglichkeiten. Außer in Oxford und Cambridge lagen Bildung und Erziehung allgemein in der Hand von Lehrern, die nicht dem Zölibat unterstanden. Knabenschulen hingegen wurden auch weiterhin hauptsächlich von Geistlichen betreut. Es gab auch keine Klosterpforten, wo Almosen - zufällig oder anderweitig - verteilt wurden, ausgenommen in dem außerordentlichen Fall von St. Cross in Winchester, wo diese Praxis als Anomalie weiterlebte. Überdies gab es natürlich auch keine Äbte mehr, welche die Bischöfe zahlenmäßig übertrafen, wie das früher im House of Lords der Fall gewesen war. Zudem existierten keine Institutionen mehr, die unverheirateten Frauen eine sichere Bleibe hätten bieten können. In diesem Sinne wäre eine vergleichende Studie der Sozialstruktur von protestantischen und katholischen Gebieten auf dem Kontinent mit Berücksichtigung der Klöster außerordentlich wünschenswert. Eine solche Analyse würde sich besonders in Süddeutschland und der Schweiz lohnen, wo katholische und protestantische Dörfer häufig dicht nebeneinander lagen. Im vorliegenden Buch habe ich mich jedoch auf eine vergleichende Studie der katholischen Länder beschränkt, was an sich schon ein kühnes Unternehmen ist. Daraus hat sich ergeben, dass sich die Stellung der Klöster in der Gesellschaft des katholischen Europa von Region zu Region und von Staat zu Staat stark unterschied. In Italien war die monastische Bevölkerung dichter als in irgendeinem anderen Land, in Spanien war sie dichter als in Frankreich oder Portugal, und in Frankreich war sie wiederum dichter als in Deutschland und in der Habsburgermonarchie. Das Verhältnis von Ordensgeistlichen zur allgemeinen Bevölkerung bewegte sich zwischen mehr als 1:100 in begünstigten Gegenden wie Köln und Rom - in Neapel erreichte es 1:36 - bis zu weniger als 1:1000 in Teilen von Ungarn und Polen. Aber es gab kein einziges Gebiet, wo keine Häuser der alten Orden und verschiedene Zweige und Untergruppen der Franziskaner existiert hätten. In Italien waren die Ersteren relativ schwach, die Letzteren relativ stark vertreten. Dominikaner und militärische Orden waren besonders in Spanien mächtig, während Piaristen hauptsächlich in Italien, Po-
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len und der österreichischen Monarchie eine große Rolle spielten. Die Mendikanten andererseits waren in den Kerngebieten der Monarchie weit weniger verbreitet als in anderen Ländern. Gewisse Orden scheinen in sehr kleinen Regionen dominant gewesen zu sein, wie etwa die Rekollekten in Slawonien, was auch Joseph II. aufgefallen war.8 In den Kernländern der Monarchie gab es relativ wenige Frauenklöster, dagegen waren sie in Spanien und Italien sehr zahlreich, und das Aufblühen von neuen Frauenorden im Frankreich des 18. Jahrhunderts kennt keine Parallelen. Klöster, die faktisch wie ein Staat funktionierten, gab es nur in Deutschland, und solche, deren Abte gleichzeitig als Minister und Ratgeber der Krone dienten, nur in Osterreich. Auch die Betreuung von Pfarreien durch Klöster war im deutschen Sprachraum üblicher als in anderen Gebieten. Äbte, die sich zu Anfuhrern politischer Aufstände aufschwangen, finden sich dagegen nur in Belgien und ganz vereinzelt in Spanien. Die Einbeziehung von Frauenklöstern bei strategischen Entscheidungen im Familienkreis ist am ausgeprägtesten in Italien und Spanien, jedoch weniger häufig im deutschen Gebiet. Die großen Variationen, die zwischen den verschiedenen katholischen Ländern hinsichtlich der Anzahl, Dichte, Mischung, Unabhängigkeit und des gesellschaftlichen Engagements der Ordensgeistlichen bestanden, genügten, um den betreffenden Gesellschaften einen eigenständigen Charakter zu verleihen. Vor der Französischen Revolution waren die traditionsreichen Abteien in den katholischen Ländern des deutschen Sprachraums politisch am mächtigsten, weil hier manche Ordenshäuser wie unabhängige Staaten funktionierten und weil ihre geistige Tätigkeit an Gelehrsamkeit und Kunstsinn ihresgleichen suchte. In Frankreich andererseits waren diese Art Klöster trotz ihres Reichtums am wenigsten einflussreich, und zwar schon bevor die Reformen der commission des reguliers dafür sorgten, dass sie ihre Existenz im geistigen Klima der Aufklärung nur noch schwer zu rechtfertigen vermochten. Die Tatsache, dass die Klöster in Frankreich weder in der Generalversammlung des Klerus noch in den Generalständen vertreten waren, hat im Anfangsstadium der Revolution sicher viel zu ihrer raschen Auflösung beigetragen.
DIE A U F H E B U N G
DER
KLÖSTER
Die Jesuiten mit ihrer zentral gesteuerten Organisation hatten sich ihren eigenen Machtbereich geschaffen. A u f dem Höhepunkt ihrer Einflussnahme beherrschten sie die meisten Universitäten und Sekundärschulen und stellten die Beichtväter fur die Mehrzahl der katholischen Fürsten. Aus diesen Tatsachen lässt sich teilweise erklären, warum der Feldzug gegen sie, der in der Mitte der 175 oer-Jahre in Portugal begann und 1773 zur päpstlichen Aufhebung der Gesellschaft Jesu führte, solch drastische Folgen hatte. Obwohl die weitverbreitete
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Kritik ihrer Theologie und ihre Verfolgung der Jansenisten und deren Anhänger dabei mitgespielt haben mögen, ging die Initiative gegen die Jesuiten namentlich von Fürsten aus, die der trotzigen Missachtung, welche der Orden def weltlichen Autorität entgegenbrachte, ein Ende bereiten wollten. Damit trachteten sie eine Körperschaft zu zerstören, die in Südamerika völlig eigenmächtig handelte und deren Mitglieder einem General in Rom gehorchten und einem fremden Herrscher, nämlich dem Papst, Gehorsam gelobt hatten. Viele sahen im Feldzug gegen die Jesuiten den ersten Schritt auf dem Weg zur Zerstörung des Mönchtums allgemein, und es besteht kein Zweifel, dass dieses Vorgehen als Präzedenzfall behandelt wurde. Manche der übrigen Orden schlossen sich jedoch dem Vernichtungskampf gegen ihre hochmütigen Rivalen freudig an; und die portugiesischen und spanischen Regierungen, die den Sturz der Jesuiten mit zäher Entschlossenheit verfolgt hatten, wünschten oder wagten scheinbar nicht, die übrigen Orden anzugreifen. Ferner hatten weder Maria Theresia noch ihr Sohn Joseph Interesse an der Aufhebung der Gesellschaft Jesu. Obwohl beide den Bestand an Ordensgeistlichen gern reduziert hätten, betrachteten sie die Jesuiten als elitäres Korps, das für den Unterhalt von Bildung und Gelehrsamkeit unentbehrlich schien. Maria Theresia brachte es auf den Punkt, als sie sich weigerte, nach der Aufhebung des Ordens 1775 in Wien eine Akademie zu gründen: „Ich könnte mich unter keinen Umständen dazu entscheiden, mit drei ehemaligen Jesuiten und einem ehrbaren Chemieprofessor eine Akademie anzufangen. Wir würden uns ja vor der ganzen Welt lächerlich machen."9 Der Untergang der Jesuiten verursachte im Bildungswesen aller katholischen Länder eine schwere Krise, die sich erst nach vielen Jahren und nur mithilfe anderer Orden überwinden ließ. Obwohl Clemens XIV. persönlich die Auflösung der Gesellschaft Jesu proklamierte, tat er dies nur unter dem unbarmherzigen Druck der katholischen Mächte. In Rom empfand man die Konsequenzen dieses Handelns als große Demütigung. In der Folge hielten sich die Päpste mit ihrer Kritik an Kirchenreformen zurück, die von weltlichen Fürsten wie Andrea Tron in Venedig und Joseph II. in der österreichischen Monarchie angestrebt wurden. Deshalb nahmen wohl die französischen Revolutionäre an, dass man in Rom die Zivilkonstitution des Klerus ohne Weiteres akzeptieren würde. Wie kam es nun aber dazu, dass regierende Fürsten und andere Katholiken plötzlich auch die Säkularisation anderer monastischer Orden zu begünstigen begannen? Die Landesherren des katholischen Europa waren sich seit Langem einig, dass es zu viele Klöster gebe, mochten ihre Ideale noch so bewundernswert sein. In ihren Augen brachten die Ordenshäuser der Gesellschaft keinen oder nur geringen Nutzen. So wussten die kritischen Stimmen: Ihre Weltanschauung und vielleicht sogar ihre pädagogische Tätigkeit sei schädlich, und wegen ihrer internationalen Verflechtungen könnten sie sich gegenüber dem Staat, in dem ihr Kloster lag, unmöglich loyal verhalten. Auch besäßen sie viel zu viele Ländereien, deren Wert ständig ansteige, solange sie durch die Gesetze der Toten Hand vor den Kräften
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des freien Marktes geschützt wären. Überdies unterhielten sie ein wirtschaftliches System, das Bevölkerungszuwachs und freie Wirtschaftsentfaltung behinderten. Die meisten Landesherren vertraten auch die Meinung, die Kirche in ihren Territorien solle hauptsächlich moralisches Verhalten und Patriotismus fördern. So sah man die Klöster namentlich als Institutionen, die Männer, die vielleicht gute und nützliche Weltgeistliche geworden wären, von der Gesellschaft absonderten. Auch glaubte man, dass die Befreiung der Ordenshäuser von der bischöflichen Aufsicht den Respekt für die seelsorgerische Tätigkeit vermindert hatte. Des Weiteren hinterließen die kriegerischen Erfolge und der wirtschaftliche Aufschwung der protestantischen Länder während des 18. Jahrhunderts einen tiefen Eindruck: Die Siege der Preußenkönige spornten die Herrscher und Administratoren der österreichischen Monarchie an; die Triumphe Großbritanniens führten zu Forderungen nach einer Reform in Frankreich. Im Untergrund kündigte sich ein fundamentaler Gesinnungswandel an, weg vom Glauben, dass der Mensch namentlich dazu bestimmt sei, sich auf dieser Erde auf den Tod und das ewige Leben vorzubereiten, und hin zur Uberzeugung, dass man in erster Linie versuchen sollte, seine eigenen Lebensumstände und diejenigen seiner Mitmenschen nach Kräften zu verbessern. Die Verkünder von persönlicher Freiheit und Menschenrechten fanden diese Prinzipien unvereinbar mit einem ewigen Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam. Noch im 17. und frühen 18. Jahrhundert glaubten die meisten katholischen Fürsten, dass alle ihre Untertanen katholisch sein müssten, wenn sie sich ihrer Souveränität und auch ihres persönlichen Seelenheils versichern wollten. Aus diesem Blickwinkel sah man Mönche und Nonnen nicht nur als wesentliches Element in der Missionstätigkeit der Gegenreformation, sondern auch als Stützen des katholisch-fürstlichen Katholizismus. Doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich die Einstellung der Fürsten grundlegend verändert. Sie waren zur Überzeugung gekommen waren, dass sie auch effektiv regieren konnten, ohne bei ihren Untertanen Gleichförmigkeit des Glaubens zu erzwingen; und auch die Vorstellung religiöser Toleranz lag nun durchaus im Bereich des Möglichen. Viele waren jetzt bereit, die religiöse Zugehörigkeit eines Untertanen zu übersehen, solange er dem Staat gute Dienste leistete. Dieser Wandel stand natürlich stark unter dem Einfluss der Aufklärung, obwohl die meisten Katholiken und katholischen Landesherren nur gewisse Aspekte des Ideenguts dieser Bewegung akzeptierten, nämlich jene, die sich mit den Lehren der römischen Kirche in Einklang bringen ließen.10 Nachdem sich dieser Gesinnungswandel gefestigt hatte und die Klöster daher entbehrlich schienen, richtete sich die Aufmerksamkeit auf deren Besitztümer, die als natürliche Ressourcen geeignet schienen, die Aufgaben der Weltgeistlichen wirksam zu unterstützen. Daher könnte man sagen: „Jeder Katholik, der nach den hergebrachten Prinzipien seiner Religion zu leben wünschte, hatte die Klöster schon lange aufheben wollen [...] [und] wollte ihre Einkünfte nach den Bedürfnissen der Zeit für wohltätige - 326
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Zwecke verwenden." 1 1 Tatsächlich war jedoch eine solche Meinung wenig verbreitet unter Katholiken, welche im Allgemeinen höchstens eine partielle Aufhebung von Ordenshäusern befürworteten. Es ist wichtig, die Verschiedenartigkeit der M e t h o d e n zu sehen, die Regierende im 18. Jahrhundert im U m g a n g mit Klöstern anwendeten. Einige Staaten beschränkten sich darauf - zumindest bis zur Französischen Revolution - , die Jesuiten anzugreifen und solche Maßnahmen umzusetzen wie die Begrenzung der Privilegien der „Toten Hand", die Erhöhung der Altersgrenze fiir die Profess und die Limitierung der Anzahl der Novizen, die ein Ordenshaus aufnehmen durfte. In Frankreich verfolgte die commission des reguliers die langjährige Tradition, kleine monastische Gemeinschaften aufzulösen, machte aber andererseits besondere Anstrengungen, die kontemplativen Orden wiederzubeleben. Joseph II. dagegen endedigte sich aller kontemplativen Klöster in seinen Ländern und benützte die Mittel, die sich daraus und aus anderen partiellen Säkularisationen ergaben, hauptsächlich zur Schaffung von neuen Pfarreien. Nie wurde jedoch im Zusammenhang mit diesen Initiativen geistlicher Besitz entfremdet und weltlichen Zwecken zugeführt. Als während der Französischen Revolution die Profess abgeschafft, alle Klöster aufgehoben und die Konfiszierung der monastischen Güter mit der Sanierung einer bankrotten Staatskasse gerechtfertigt wurde, ging das in jeder Beziehung viel weiter als irgendwelche Maßnahmen, die ein katholischer Staat seit der Reformation je ergriffen hatte. M a n kann sich fragen, warum es im Endeffekt so einfach war, die Klöster aufzuheben. M ö n c h e und Nonnen hielten sich generell an die Gebote ihrer Berufung und wehrten sich nicht handgreiflich gegen die Säkularisation, besonders weil ihnen in den meisten Fällen eine Pension oder eine andere Beschäftigung versprochen wurde, wenn sie bereit waren, aus ihrem Orden auszutreten. Falls sie das Kloster nicht verlassen wollten, bot man ihnen in der Regel die Möglichkeit an, den Rest ihres Lebens in einem Gemeinschaftshaus zu verbringen, das speziell für diesen Z w e c k bestimmt war. Für die meisten stellten sich die Schwierigkeiten erst später ein, nachdem die Pensionen ihren W e r t verloren hatten, die restlichen Gemeinschaftshäuser aufgelöst wurden und die revolutionären Regime alle ehemaligen Ordensgeistlichen als unverbesserliche Verräter brandmarkten. D i e wehrhaften Abteien Belgiens standen in bemerkenswertem Gegensatz zur Fügsamkeit der meisten M ö n c h s g e meinschaften. Sie und ihre Anhänger widersetzten sich sowohl Joseph II. als auch den anfänglichen Vorstößen der französischen Revolutionsarmee. In Spanien standen den Klöstern ebenfalls genug Verteidiger zur Verfügung, um zwei französische Invasionen relativ erfolgreich abzuwehren. Ansonsten finden sich nur in Teilen der Schweiz und in Italien Mönche, die vom Volk dazu ermutigt wurden, den Säkularisationen entgegenzuwirken. Die deutschen Klöster hingegen, deren Güter und Status während eineinhalb Jahrhunderten durch den Westfälischen Frieden gleichsam in A s p i k konserviert geblieben waren, fanden sich 1803
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gnadenlos den machtpolitischen Umwälzungen ausgeliefert, welche die Französische Revolution ins Rollen gebracht hatte. Sowohl den französischen Armeen als auch denjenigen der deutschen Fürsten samt Osterreich und Preußen - geeint durch ihr gegenseitiges Streben nach Klosterbesitz - Widerstand zu leisten erwies sich als hoffnungsloses Unterfangen. Im Allgemeinen brachte das katholische Europa dem Schicksal der Ordensgeistlichen wenig Sympathien entgegen. Dies beruhte namentlich auf einer weitverbreiteten Meinung, dass sich Mönche und Nonnen nicht länger als Landesfursten und Feudalherren aufspielen sollten und dass das Gepränge, die bequeme Lebensweise, die Schlemmerei, der Reichtum, der politische Einfluss und die Steuerprivilegien der reichen Klöster mit dem Gelübde der Armut unvereinbar seien. Überdies hatten sich die Orden durch ihre öffentlichen Rivalitäten und kleinlichen Streitigkeiten weder beim Volk noch bei den Regierenden große Gunst erworben. So war der Widerstand des Volkes gegen die Aufhebung von Klöstern viel weniger ausgeprägt als die öffentliche Ablehnung von anderen aufklärerischen Reformen wie ζ. B. der Gesetzgebung gegen kirchliche Festtage, Prozessionen, Verehrung von Reliquien usw. Allerdings schien die Forderung nach einer vollständigen Säkularisation aller Klöster nicht einmal in Frankreich ein großes Anliegen gewesen zu sein. Obwohl das Mönchtum während der Revolutionszeit fast überall dem Untergang geweiht schien, hat es in gewissen Gegenden doch überlebt. Man könnte nun versucht sein, dieses Phänomen mit der zahlenmäßigen und politischen Stärke sowie der Reformfreudigkeit eines Ordens zu erklären. Aber das kann nicht ausschlaggebend gewesen sein. Man könnte sich ζ. B. vorstellen, dass sich der Erste Stand nicht mit dem Dritten Stand zur Nationalversammlung zusammengeschlossen hätte, wenn die Ordensgeistlichen in den französischen Ständen rechtmäßig vertreten gewesen wären, und dass die Revolution unter diesen Umständen ganz anders verlaufen wäre und auch einige französische Klöster überlebt hätten. Doch nachdem sich die Nationalversammlung einmal gebildet hatte, der Pariser Pöbel in fiebriger Erregung war und der wahre Tatbestand der Staatsfinanzen offenbar wurde, gab es fur die französischen Klöster keine Rettung mehr, gleichgültig, was immer zu ihrer Rechtfertigung vorgebracht worden wäre. Bald besetzten französische Truppen auch andere Länder, und diese mussten sich nun den revolutionären Gesetzen fügen. Die Dynamik und Rücksichtslosigkeit, welche die Revolution auf die französische Armee und Verwaltung übertragen hatte, mögen die fast vollständige Säkularisation erklären, die in Belgien, dem italienischen Festland, Deutschland, der Schweiz und Teilen Spaniens umgesetzt wurde. Mit den belgischen Klöstern verfuhren die Franzosen gnadenlos, ungeachtet ihres Reichtums, ihrer Macht und Disziplin, ungeachtet der Reformen Josephs II. und des Widerstands des Volkes. Die Klöster auf dem italienischen Festland wurden während der zweiten französischen Besetzung aufgehoben. Nicht einmal die Tatsache, dass Venedig und die Toskana selbst eine Klosterreform durchgeführt hatten, verschonte die Ordenshäuser vor den napoleonischen
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Maßnahmen. Die deutschen Klöster ihrerseits fielen einer Kombination von französischem Machtanspruch und Gier deutscher Fürsten zum Opfer. Im Kerngebiet und in den östlichen Regionen der österreichischen Monarchie dagegen erwiesen sich die Ordenshäuser durch die Reformen von Joseph II. „nützlicher" und erfreuten sich daher auch der Unterstützung der Elite. Allerdings ist ihr Fortbestehen in diesen Gebieten letztlich darauf zurückzufuhren, dass Österreich nicht von Napoleon annektiert und neu strukturiert worden war. Dasselbe gilt fur Polen; dort jedoch waren die Klöster stattdessen den Großmächten preisgegeben, die den polnischen Staat unter sich aufteilten. Das wiederum bedeutete, dass ein gewisser Prozentsatz der Ordenshäuser bis ins 19. Jahrhundert unter österreichischer und russischer Oberhoheit weiterbestand. Diejenigen unter der preußischen Krone wurden jedoch nach 1 8 1 0 auch aufgehoben, und nach 1820 verlegte sich auch Russland wieder auf Säkularisationen.12
DIE FOLGEN DER
SÄKULARISATION
Was hatte nun aber die Auflösung all dieser Klöster für Folgen? Am auffälligsten war der Schaden sicher im künstlerischen Bereich, beim Verlust von Gebäuden, Skulpturen, bunten Glasfenstern, Manuskripten und Büchern. Henry James schrieb während einer Frankreichreise nach einem Besuch der Abtei von Montmajour in sein Tagebuch: „Uberall begegnet man bei einem Blick in die Vergangenheit dem Gespenst der großen Revolution, und immer erscheint es in der Form der Zerstörung von etwas Schönem oder Kostbarem. Um ihr [der Revolution] überhaupt vergeben zu können, [müssen wir bedenken], wie viel sie zusätzlich zerstört haben muss, was noch verhasster war als sie selbst."13 Obwohl die Verwüstungen in Frankreich am schlimmsten waren, findet man überall im katholischen Europa Beispiele, die sich von bloßer Vernachlässigung über geschmackloses Verbauen bis zu böswilligem Vandalismus erstrecken. Aber auch wenn alle Klöster als lebendige Gemeinschaften überlebt hätten, wären wohl ihre Anlagen und Schätze trotzdem nicht unberührt geblieben; und wie wir ja wissen, haben die Klöster während ihrer intensiven Bautätigkeit im 17. und 1 S.Jahrhundert selbst viel Wertvolles zerstört. Manche französischen Historiker suchen die Auswüchse der Revolution zwar zu mildern, so ζ. B. Christian Peligry, wenn er über Toulouse schreibt:
W i r müssen uns bewusst sein, dass es sich bei Plünderungen und Kunstfrevel um Erscheinungen handelt, die so alt sind wie die Menschheitsgeschichte. Die Bilanz der Revolution, auch wenn sie von Auswüchsen getrübt ist, die unter dem Einfluss von Zorn und Torheit begangen wurden, scheint uns trotz allem positiv, besonders wenn wir uns eingestehen, dass daraus ein Grundgerüst für unsere großen Bibliotheken erwachsen ist, welches ihr Fortbestehen durch alle Schwierig-
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Zusammenfassung keiten des 19. und den größten Teil des 20. Jahrhunderts sichergestellt hat. 14
Trotzdem gibt es wohl kaum eine Parallele zu dem unermesslichen Schaden, den die Franzosen ihrem Erbe während der Revolutionsjahre in kurzer Zeit selbst zugefügt haben. So ist es nicht einfach, die unmittelbaren Folgen zu ermessen, die sich durch die Aufhebung der Klöster ergaben. Zum Ersten gibt es überhaupt keine „reinen" Beispiele. Abgesehen von den Kernländern und den östlichen Provinzen der Habsburgermonarchie zog man mit den klösterlichen Besitzungen praktisch überall auch anderes Kirchengut ein. Und auch in Osterreich, wo nur ein Drittel der Klöster aufgelöst wurde, ist der Sachverhalt kompliziert wegen der zeitgleichen Abschaffung von Bruderschaften, wie Abbildung 28 deutlich zeigt. Während in Frankreich und seinen Satellitenstaaten sowohl Kirchengut wie Adelsbesitz konfisziert und auch die Uberreste von feudalen Verhältnissen abgeschafft wurden, waren die Verluste für die Adelsklasse in Deutschland und in der österreichischen Monarchie gering. Außerdem bestand die Leibeigenschaft weiter bis mindestens 1848. Einzig in Frankreich gab es eine Spaltung zwischen dem Klerus, der die Zivilkonstitution akzeptierte, und demjenigen, der sie ablehnte; und für eine kurze Zeit war das Christentum sogar überhaupt verboten. In manchen Gebieten, besonders in den westlichen und südlichen Gegenden Deutschlands, ist es schwierig festzustellen, ob der erlittene Schaden von der Säkularisation oder den Armeen und Schlachten der napoleonischen Wirren herrührte. Deshalb ist es problematisch, die Aufhebung der Klöster isoliert zu studieren. Um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen auszuwerten, die sich aus der Säkularisierung ergaben, haben sich die Gelehrten intensiv mit der Frage beschäftigt, wer denn eigentlich die Käufer des Klosterguts waren. Im Fall von Süddeutschland kamen sie zu dem Schluss, dass sich „die Sozialstruktur durch den Erwerb von monastischem Besitz nur geringfügig veränderte". W o im Zusammenhang mit klösterlichem Besitz unabhängig arbeitende Bauern auf ihrem eigenen Pachtgut saßen, wie etwa in Bayern, waren sie auch nach der Aufhebung der Klöster noch da. Güter, die die Mönche selber verwaltet hatten, wurden im Allgemeinen von wohlhabenden Bürgern, Adeligen oder Bauern gekauft. Im Rheinland [... ] profitierten namentlich das betuchte Bürgertum und die besser gestellte Bauernschaft. 15
Eine der gründlichsten Studien dieser Art wurde im Piemont durchgeführt. Aber auch hier zeigten sich keine umwälzenden Veränderungen. Nur 2,7 Prozent der gesamten Landfläche wechselte überhaupt die Hand, wobei drei Viertel davon aus dem Besitz von 4 1 1 Klöstern stammten. Die Zahl der Käufer war sehr gering, im Ganzen 3.555, was nur 0,2 Prozent der Bevölkerung entspricht. Freilich konnten diejenigen, die an sich schon reich - 330 -
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waren, den Löwenanteil des Landes erwerben, während sich die Armen gar nichts zu leisten vermochten. Adlige kauften 16,6 Prozent, einen verhältnismäßig kleinen Anteil, und andere „Grundbesitzer" und „Kaufleute" erwarben je 15,2 Prozent. Vertretern der Kirche gelang es, 4,2 Prozent zu kaufen.16 Allerdings scheinen solche Berechnungen, auch wenn wir diese Art wissenschaftlicher Bemühungen bewundern mögen, heute weniger nutzbringend als in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg, als im Westen wie im Osten die Beziehungen zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten als Schlüssel zum Verständnis des historischen Wandels begriffen wurden. Zum Ersten sind die Schlussfolgerungen dieser Studien selten weltbewegend, indem fast durchwegs festgestellt wird, dass sich die Stellung derjenigen, die man mit Recht bourgeois oder mittelständisch nennen könnte, im Verhältnis zum Adel leicht verbesserte, während der Gewinn fur die untersten Schichten sehr dürftig ausfiel. Zweitens aber ist es auch in modernen Gesellschaften sehr schwierig, soziale Klassen genau zu definieren. Statt von Klasse zu sprechen, wäre es vielleicht instruktiver, den Vorgang als eine wesentliche Phase in der Verdrängung einer „Gesellschaft der Ränge", d. h. rechtlich privilegierter Stände, durch eine egalitäre Gesellschaftsordnung zu begreifen. Niemand würde die Geistlichkeit als Klasse bezeichnen, aber wenn sie, wie im Fall von Bayern, mehr als die Hälfte aller Ländereien besäße, wäre ihre wirtschaftliche und soziale Bedeutung so groß wie diejenige irgendeiner Klasse und viel genauer definierbar. Andererseits muss der Klerus ganz gewiss als Stand angesehen werden. Es lässt sich kaum bezweifeln, dass der Geistlichkeit ein gewisser esprit de corps innewohnt und dass sich ihre Weltanschauung wie auch ihr Verhalten von der Laienbevölkerung unterscheidet. In den Augen der Zeitgenossen handelte es sich daher darum, ob dem Klerus seine Stellung als privilegierter Stand entzogen oder ob die Sonderstellung der Ordensgeistlichen innerhalb dieses Standes aufgehoben und wenigstens ein Teil ihrer Güter und ihrer politischen und wirtschaftlichen Macht aufgegeben werden sollte. Die Säkularisation brachte eine massive Umschichtung der Landreserven vom Klerus auf verschieden Gruppen der Laienbevölkerung mit sich. Auch wenn die klösterlichen Ländereien und Kirchengüter so verteilt wurden, dass sich im gegenseitigen Verhältnis von Adel, Bürgertum und Bauernschaft wenig veränderte, übersehen die groß angelegten statistischen Studien meistens die Tatsache, dass alle Gesellschaftsgruppen durch den Erwerb von ehemals geistlichen Gütern einen absoluten Gewinn davontrugen - in einem Gebiet wie Bayern sogar einen riesigen. Auch die einzelnen Staaten profitierten ausgiebig, in einigen Ländern jedoch mehr als in anderen. Freilich sahen sich manche, die übertriebene Hoffnungen gehegt hatten, von den Ergebnissen der Konfiszierung und dem Erlös der Verkäufe enttäuscht. So ist es ζ. B. fraglich, ob die Einnahmen, die in Bayern aus der massiven Ubergabe von Klosterbesitz an den Staat zusammenkamen, die Kosten der Pensionen und den Unterhalt von Pfarreien und
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Zusammenfassung Schulen aufwogen. Viele abgelegene und weitläufige Klosteranlagen konnten nicht verpachtet oder verkauft werden oder brachten sehr geringen Erlös ein. Das jährliche Einkommen der vielen Besitzungen, die der Staat beschlagnahmt hatte, betrug gerade einmal fünf Millionen Gulden. 1 7 Frankreich war in diesem Zusammenhang natürlich am wichtigsten, weil die Säkularisationen eng mit der Revolution verbunden waren. Schließlich ermöglichten sie die siegreichen Feldzüge der französischen Armeen und dienten dem größten Teil des katholischen Europa als Vorbild. Hier wird die Geschichte unglaublich kompliziert, indem besonderes Papiergeld, assignats, zum Kauf von Kirchengütern gedruckt wurde. Florin Aftalion beschreibt diese Situation wie folgt: Wo immer die Gründe liegen mögen, ob es nun die Entwertung des Papiergeldes oder frevelhafte Unterschlagungen waren, Tatsache ist, dass die Revolutionsregierung den unermesslichen Reichtum, den sie beschlagnahmt hatte, auf unverantwortliche Weise verschwendete. Nach einer groben Schätzung war der größte Teil der biens nationaux, mit einem Wert von ca. vier Milliarden livres im Jahr 1790, schon vor 1797 eingezogen worden. (Zwei Milliarden davon kamen von Kirchengut, zwei weitere Milliarden ergaben sich aus dem Besitz von Verdächtigen, Emigranten und Todeskandidaten.) In der Staatskasse betrug die Gesamtsumme der eingegangenen Zahlungen zu diesem Zeitpunkt allerdings nur eine Milliarde [...]. In einer relativ kurzen Zeitspanne von sieben Jahren führte der Staat, unabsichtlich oder willkürlich, eine unvergleichliche Neuverteilung des nationalen Vermögens durch; es handelte sich dabei um eine Summe, die mehr als drei Milliarden livres betrug, was ungefähr dem doppelten Bruttosozialprodukt vor der Revolution entsprach. Doch im Gegensatz zu den Absichten, die die Jakobiner in ihrer Ideologie vertraten, waren die Begünstigten dieses ungeheuerlichen Reichtums keineswegs die Bedürftigen, sondern in verschiedenem Maße, je nach Region, wohlhabende Bauern und sogar, mithilfe von Mittelsmännern, Aristokraten und Emigranten. Der größte Nutznießer war zweifellos der Staat selbst, obwohl es unmöglich ist, festzustellen, wie viel ihm von den 45 Milliarden, die er ursprünglich als assignats drucken ließ, übrig blieb. 18 Aber wie überall gingen die Käufer von geistlichem Gut eine Verpflichtung zur Unterstützung des antiklerikalen Regimes ein. W i e sich die Säkularisation auf die allgemeine wirtschaftliche Lage auswirkte, ist ebenfalls schwer zu bemessen. Aus dem Blickwinkel des 2 1 . Jahrhunderts scheint es fast jedem klar, dass ein System, in dem so viele Menschen und Güter dem Unterhalt von Klöstern dienten, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritte behindern musste. Doch geschichtlich hat sich der Fall keineswegs so geradlinig entwickelt. Zur Zeit der Französischen Revolution hatte sich das protestantische Großbritannien schon deutlich durch seine wirtschaftliche
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Vorreiterrolle profiliert, was von vielen Kommentatoren auf die Enteignung der Klöster unter Heinrich VIII. zurückgeführt wurde. Nun liegt aber eines der produktivsten Industriegebiete Europas an der belgisch-französischen Grenze, also in einer katholischen Region, wo Klöster von alters her dominierten. 19 Trotz der radikalsten aller Säkularisationen gab es jedoch in Frankreich keinen Aufschwung, im Gegenteil, das Land erlitt gravierende wirtschaftliche Rückschläge während der Revolutionskriege und napoleonischen Feldzüge, kam gegenüber Großbritannien noch weiter ins Hintertreffen und öffnete sich im 19. Jahrhundert der Industrialisierung nur langsam.20 Bildung gehörte zu den wichtigsten gesellschaftlichen Tätigkeiten der Mönche und Nonnen. Wenn sich eine Gesellschaft „modernisieren" wolle, wurde und wird auch heute noch oft gesagt, müsse man den Klerus davon abhalten, seine schädlichen oder mindestens undurchsichtigen Lehren an Generationen von Schulkindern weiterzugeben. Die Säkularisationen, die im Namen der revolutionären Regierung durchgeführt wurden, zielten nicht zuletzt darauf ab, Mönche und Nonnen und den Klerus ganz allgemein vom Bildungswesen, besonders von Sekundärschulen und Universitäten, fernzuhalten. Aber auch in diesem Bereich ist die Geschichte paradox. Ahnlich wie bei der Auflösung des Jesuitenordens führte die revolutionäre Säkularisation der Klöster anfänglich dazu, dass sich das Bildungsangebot drastisch reduzierte. Mit den Mönchen verschwand in Süddeutschland auch die reiche Auswahl an Universitäten. In Paris, das vor der Revolution von Mönchen und Nonnen strotzte, hatten 1789 60 Prozent der Witwer und 62 Prozent der Witwen das Inventar ihres Nachlasses persönlich unterschrieben, und in Nordfrankreich übertrafen die Lese- und Schreibkenntnisse der allgemeinen Bevölkerung 50 Prozent, sofern sich das berechnen lässt.21 Es ist wohl kein Zufall, dass in Frankreich die Lese- und Schreibfahigkeit während der Revolutionszeit abnahm.22 Alle drei der sogenannten aufgeklärten Despoten, Friedrich der Große, Katharina die Große und Joseph II., hatten den A b t Felbiger als Bildungsberater engagiert und beauftragt, die Grundschulen in ihren Hoheitsgebieten zu verbessern, was ihm auch teilweise gelang. Ferner war der Prozentsatz der Bevölkerung, die lesen und schreiben konnte, in den drei katholischen Kurfürstentümern am Rhein verglichen mit ganz Europa am höchsten. In Italien dagegen, wo sich die größte Konzentration von Mönchen und Nonnen befand, war das Analphabetentum im 18. Jahrhundert überdurchschnittlich hoch. Ja, es scheint sogar, dass sich das Verhältnis proportional zur Anzahl der Mönche verschlechterte, das heißt, je mehr Mönche es in einer italienischen Provinz gab, desto niedriger waren die Lese- und Schreibkenntnisse der Bevölkerung: In Neapel und Sizilien betrugen sie weit unter 20 Prozent. 23 Trotzdem muss man annehmen, dass die besseren Lehrer unter den Mönchen und Nonnen ihren Schülern über den Katechismus hinaus auch weitere intellektuelle Dimensionen eröffneten, was zweifellos wesentlich besser war als eine Situation, wo Schulen überhaupt fehlten. Natürlich war auch die musikalische Ausbildung stark beeinträchtigt. Im Sonderfall Frank- 333
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reich ersetzte man den ohnehin beschränkten und einseitigen Musikunterricht, der bis dahin in verschiedenen, im Land verstreuten Klöstern und Kirchen zur Verfügung gestanden hatte, durch eine professionelle Ausbildung, die in einem einzigen staatlichen Konservatorium in Paris angeboten wurde. Die österreichische Monarchie, Portugal, Polen, Sizilien und Teile von Spanien entgingen der französischen Besetzung. Unter diesen Gebieten hatte nur Osterreich ernsthafte Klosterreformen durchgeführt, wobei man ein Drittel (oder etwas mehr) der Klöster aufgehoben und die Zahl der Mönche und Nonnen drastisch reduziert hatte. Freilich entstand dadurch auch allerlei Schaden. Manche Gebäude der aufgehobenen Klöster wurden zerstört oder verschandelt; die kostbaren Bibliotheken und Klosterschätze wurden zerstreut, wobei sicherlich viel verloren ging. W i e in fast allen Ländern waren zahllose Dörfer wirtschaftlich von den Klöstern abhängig und hatten daher gute Gründe, deren Niedergang zu bedauern. Es gibt Studien darüber, wie sich die umfassenden Veränderungen, die Joseph II. durchführen ließ, auf das Musikleben in den Kirchen Wiens auswirkten. Vor den Reformen betrug der Gesamtbestand der eingestellten Musiker über 300, und diejenigen, die in mehr als fünfzig alten Pfarrkirchen sangen und spielten, bezogen insgesamt eine jährliche Summe von 28.000 Gulden. Durch die Abschaffung der Bruderschaften und der Schließung einiger alter Kirchen sowie der Vereinfachung der Liturgie reduzierten sich die Kosten auf die Hälfte. Weitere fünfündfünfzig Gotteshäuser, viele davon Klosterkirchen, benötigten relativ wenige M u sikanten, da die Mönche und Nonnen ihre musikalischen Bedürfnisse selber bestritten. Aber man konnte die Ausgaben für musikalische Darbietungen noch weiter vermindern, indem man einige dieser Institutionen aufhob und andere in Pfarrkirchen umwandelte. Freilich fühlten sich die betroffenen Musiker gekränkt, und es mag wohl sein, dass das Musikleben in Wien etwas an Glanz und Vielfalt einbüßte.24 Ähnliche Veränderungen müssen sich auch in anderen Teilen der Monarchie eingestellt haben. Was uns jedoch in Osterreich in größtes Erstaunen versetzt, ist die Tatsache, dass so viele Ordenshäuser, einschließlich der Mehrzahl der prominentesten Stifte, die Regierungszeit Josephs II. überlebten und dass sie nach seinem Tod weitgehend wieder das Klosterleben aufnahmen, das sie vor 1780 geführt hatten. Die einzige Veränderung schien darin zu bestehen, dass nun mehr Mönche als Gemeindepfarrer dienten. Nach 1790 gelang es den Abteien sogar, ihre Rolle in den Ständen und einen großen Teil ihrer Unabhängigkeit zurückzugewinnen. Einige wurden von der Regierung dazu bestimmt, sich speziell der höheren Bildung zu widmen. St. Florian beispielsweise sollte sich speziell geschichtlicher Studien annehmen. In der Revolution von 1848 verloren die Stifte zwar ihre Feudalrechte, doch das Ständekomitee, das in Niederösterreich die Einzelheiten dieser Veränderungen ausgearbeitet hatte, wurde trotzdem noch vom Melker A b t präsidiert.25 Auch nach diesen Ereignissen bezogen sie noch immer einen großen Teil ihres Einkommens aus ihren Ländereien, und in der zwei- 334
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ten Hälfte des 19. Jahrhunderts scheinen sie überdies wieder ganz verschiedenartige Rollen übernommen zu haben. Der Abt des Augustinerklosters Brünn, Gregor Mendel (1822-84), ergriff die gebotene Gelegenheit, um mit Pflanzen aus dem Klostergarten zu experimentieren, und er tat dies mit solch frappierenden Ergebnissen, dass er heute als einer der Gründer der modernen Biologie verehrt wird.26 In St. Florian war Anton Bruckner (1824-96) Sängerknabe und später Organist, und es war auch hier, wo ihm Anregung und Unterstützung zukamen, die ihm für seine Laufbahn als Komponist lebenswichtig wurden.27 Im letzten Jahrzehnt des 19. und im ersten des 20. Jahrhunderts gebärdete sich das Haus der Prämonstratenser in Tepl, Böhmen, durch die Heilquelle Marienbad zu Reichtum gekommen, auf eine Art und Weise, wie man dies eher im 18. Jahrhundert erwartet hätte. Als der zukünftige Edward VII. als Prinz von Wales das Bad besuchte, lernte er den Abt kennen. Bei einem späteren Aufenthalt, als er schon König war, schrieb er am 7. September 1905 an den zukünftigen Georg V.: [...] der Abt und die Mönche von Tepl unterhielten mich am letzten Montag in ihrem Kloster, und danach nahmen sie mich auf eine Rebhuhnjagd mit! Es gab mehr Treiber als Vögel, ca. 200 der Ersteren, und wir töteten zwischen 20 und 30 der Letzteren und ein paar Hasen [...] da es ein schöner Tag war, war auch alles sehr genussreich.
Am nächsten Tag wurde der Abt mit der Würde eines C V O (Commander of the Royal Victorian Order) ehrenhalber bedacht, und im darauffolgenden Jahr führte ihn der König durch den Buckinghampalast.28 Wenn Klöstern eine solch hohe gesellschaftliche Stellung zukommt, scheint es unumgänglich, dass sie es hie und da auch mit „schwarzen Schafen" zu tun haben. So hat ζ. B. der Abt von St. Vaast Robespierre ein Stipendium zukommen lassen, und die oberösterreichische Abtei Lambach vermittelte dem zukünftigen Adolf Hider Gesangsunterricht.29 Wie allgemein bekannt, entwickelten sich beide Männer zu den gefährlichsten Feinden, welche Kirche und Klöster je gekannt haben. Während der Hyperinflation der frühen i92oer-Jahre erlitten die Klöster zusammen mit anderen Landbesitzern riesige Einkommensverluste.30 Doch nur wenige gingen ein, und im Allgemeinen bestanden sie weiter, nicht nur in der österreichischen Republik, sondern auch in der Tschechoslowakei und in Ungarn. Nur während der NS-Zeit wurden sie alle geschlossen. Einer der bekanntesten österreichischen Historiker, Hugo Hantsch, ein Benediktiner von Melk, war einer von denen, die in einem Konzentrationslager inhaftiert wurden, gottlob nur kurze Zeit. 31 Hinter dem „Eisernen Vorhang" wurden die Klöster nach 1945 von den kommunistischen Regierungen beschlagnahmt. In Osterreich dagegen stellte man die wichtigen Häuser wieder her, und sie florieren bis zum heutigen Tag. Für Außenstehende scheint ihre Stellung in der modernen österreichischen Gesellschaft erstaunlich. Die Abtei
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von Stams etwa bildete die siegreichen österreichischen Ski-Teams der letzten Jahre aus; Melk erteilt, neben anderen Bildungsbereichen, auch Kochunterricht. Ich erwähne diese Dinge bloß, um zu zeigen, dass diese Klöster, zumindest seit sie durch die Reformen von Joseph II. „nützlicher" gemacht worden waren, keine Schwierigkeiten hatten, sich den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft anzupassen und etwas dazu beizutragen. Obwohl die österreichischen Abteien wohl kaum durch die Klosterreformen Josephs II. - vielleicht aber durch seine Militärreformen - von den direkten Folgen der Französischen Revolution verschont geblieben waren, scheint es höchst wahrscheinlich, dass seine Maßnahmen die fortbestehenden Häuser so akzeptabel und nützlich gemacht hatten, dass sie vor den zeitweiligen Belästigungen, welche die Klöster im 19. Jahrhundert in Frankreich, Spanien und Portugal erleiden mussten, geschützt blieben. Im katholischen Europa kann man eigentlich nirgends von einer typischen Säkularisationserfahrung sprechen, da sowohl die zugrunde liegende Situation wie auch der Verlauf der Aufhebungen von Gebiet zu Gebiet stark variierten. Aber fur Deutschland war der Fall von Bayern wenigstens einigermaßen typisch, und da er zufällig besonders gut untersucht worden ist, werde ich hier die Ansichten von fünf Kommentatoren über die Auswirkungen der Aufhebungen vorstellen. Damit möchte ich zeigen, wie sehr diese Problematik damals die Gemüter bewegte (und auch heute noch bewegen kann) und wie verschieden sie wahrgenommen werden konnte. Im Folgenden greife ich zuerst die Ansichten des intelligenten jungen Adligen Freiherr J. C. von Aretin auf, der zur Zeit der Säkularisation mit der Aufgabe betraut war, die Bibliotheken der aufgelösten Klöster nach Büchern und Manuskripten zu durchsuchen, die der königlichen Bibliothek in München zur Ehre gereichen würden. Er schrieb 1803: Zwischen gestern und heute stand eine Kluft von tausend Jahren: Heute ist der Riesenschritt über diese unermesslichen Kluft gewagt. Von heute an datirt sich eine Epoche der baierischen Geschichte, so wichtig, als in derselben bisher noch keine zu finden war. Von heute an wird die sittliche, geistige und physische Kultur des Landes eine ganz veränderte Gestalt gewinnen. Nach tausend Jahren noch wird man die Folgen dieses Schrittes empfinden. Die philosophischen Geschichtschreiber werden von der Auflösung der Klöster, wie sie es von der Aufhebung des Faustrechts thaten, eine neue Zeitrechnung anfangen, und man wird sich dann den Ruinen der Abteyen ungefähr mit eben dem gemischten Gefühle nähern, mit welchem man jetzt die Trümmer der alten Raubschlösser betrachtet. Glauben Sie nicht, lieber Freund, dass mich hier der Enthusiasmus zu weit hinreisse. Wenn Sie den bisherigen Einfluss unsrer Klöster, die das Drittheil des Landes inne hatten, näher kennen lernen, so bin ich überzeugt, Sie werden mit mir die Aenderung einsehen, die den Zeitgenossen nie oder nur selten im wahren Lichte erscheinen kann.32
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Im Gegensatz dazu gibt ein katholischer Historiker, Α . M . Scheglmann, der um 1900 schrieb, zu bedenken, dass alle bayerischen Klöster den einen Test bestanden hätten, auf den es wirklich ankam: Sie alle hätten ihre Regel eingehalten. Daher meint er, dass allen ein Fortbestehen hätte genehmigt werden müssen. Der Reichsdeputationshauptschluss müsse von einem „moralischen" Standpunkt aus als Diebstahl von Gott, rechtlich als illegitime Usurpation, politisch als Hochverrat und im Lichte der Vernunft als Torheit und Wahnsinn betrachtet werden.33 Eberhard Weis, der die Säkularisation in Bayern gründlich studiert hat, ist zu dem Schluss gekommen, dass sie zwar zu bitteren Verlusten von unschätzbaren Bauten und kunstvollen Gegenständen und Manuskripten gefuhrt hatte, dass aber die Klöster, wenn sie 1803 nicht aufgelöst worden wären, langsam ihren eigenen Niedergang herbeigeführt hätten. Zudem wären spätestens 1848/49 ihre Rechte als Grundherren großer Ländereien verloren gegangen. Dietmar Stutzer, der die handlichste Geschichte der Säkularisation Bayerns verfasste, betonte darin die ungeheure Reichweite ihrer Auswirkungen. Die Klosterglocken, die bisher täglich mehrmals über weite Landstriche hin erklangen, verstummten gleichsam symbolisch und wurden eingeschmolzen. Die sorgfältig durchdachte Infrastruktur der Ordenshäuser musste entweder übernommen oder ersetzt werden: Mühlen, Bäckereien, Brauereien, Krankenhäuser, Apotheken und Schulen. Ferner musste man die Mönche und Nonnen sowie die restlichen Laienbrüder und -schwestern aus ihren Klöstern wegleiten, einige in speziell etablierte Gemeinschaftshäuser, viele in ein neues, weltliches Leben. Die Bücher der Bibliotheken, Gold- und Silberschätze, Gemälde und andere kostbare Gegenstände und Gerätschaften mussten gesichtet und dann entweder verkauft oder in staatlichen Bibliotheken, Museen und Galerien untergebracht werden. In unbedachter Weise unternahm es der Staat, nicht nur die Pensionen für die Mönche und Nonnen zu berappen, sondern auch für das Laienvolk zu sorgen, das bisher vollkommen von den Klöstern abhängig gewesen war, eine Verpflichtung, die man bisweilen als Vorboten der Sozialversicherung gesehen hat. Man hat ausgerechnet, dass die funfundsechzig Klöster über 4.000 Personen vollzeitlich beschäftigt hatten; zu diesen gesellten sich dann noch zweimal so viele teilzeitlich Bedienstete, sodass in diesem Zusammenhang im Ganzen mehr als 30.000 Menschen, Familienmitglieder eingerechnet, von der Säkularisation direkt betroffen waren. Auch zeigte sich, dass die Verwaltung der beträchtlichen Güter und Einkünfte bei den großen Ordenshäusern nicht unbedingt darauf ausgerichtet war, den höchsten Profit zu erzielen, sondern eher die gegenseitigen Interessen der Klostergemeinschaft zu fördern. Ferner musste man nach der Säkularisation neue Kreditquellen suchen, da sich bisher die Klöster der nötigen landwirtschaftlichen Darlehen angenommen hatten. So erwies sich die Säkularisation als Umwälzung, die dem Volk von oben her auferlegt wurde und die sich nur in einem Staat durchführen ließ, wo die öf-
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fentliche Meinung überhaupt keine Rolle spielte und wo man rechtmäßige Interessen nicht zu beachten brauchte.34 Doch am bemerkenswertesten ist die Meinung des bekannten Historikers Karl Otmar Freiherr von Aretin, einem Nachfahren des optimistischen Adligen von 1803. Obwohl die Säkularisation ein nötiges Vorspiel zur Modernisierung gewesen sei, schrieb er 1990, hätte die Art, wie sie durchgeführt worden sei, Folgen gehabt, „von denen sich das katholische Deutschland erst im 20. Jahrhundert langsam wieder erholte". Es wäre nicht nötig gewesen, alle Kirchengüter einzuziehen und achtzehn süddeutsche Universitäten zu zerstören. Die Vorsorge, die die bayerische Regierung für die wirtschaftlich Schwachen einrichtete, wäre ungenügend gewesen. Und verhängnisvoll hätte sich freilich auch ausgewirkt, dass während der revolutionären und napoleonischen Zeit fortwährend fremde Armeen dieses Gebiet durchzogen und dass 1803 bei der politischen Neuordnung Deutschlands die politische Vorherrschaft der Katholiken im Heiligen Römischen Reich durch ein protestantisches Übergewicht im Deutschen Bund abgelöst wurde. „In Gebieten, wo Klöster aufgehoben wurden, erlitt Süddeutschland einen weiteren Schub von Armut und kultureller Rückständigkeit."35 Die französischen Revolutionäre hatten sich wohl kaum vorgestellt, dass sich die Klöster je wieder beleben würden; und der ältere Aretin dachte 1803 zweifellos, dass sie in Bayern für alle Zeiten ausgerottet seien. Doch 1814 rehabilitierte der Papst im Prinzip die Gesellschaft Jesu, und schon bald darauf zogen die Jesuiten in einem Land nach dem andern wieder ein, auch wenn ihre Anwesenheit stets umstritten und oft befristet blieb. Nach der Restauration gaben einige katholische Regierungen, wie ζ. B. Bayern und fast alle italienischen Staaten, viele der beschlagnahmten Güter zurück oder es gelang ihnen, vormalige monastische Ländereien teilweise wieder der Kirche zuzuführen. Und überall im katholischen Europa gab man die Erlaubnis zur Gründung oder Wiederherstellung gewisser Klöster. Dabei spielte es eine bedeutende Rolle, wie lange die pauschalen Aufhebungen in Kraft geblieben waren. In Frankreich überdauerten die drakonischen Kirchenreformen von 1789 bis 1792 mindestens bis 1801, und auch danach waren den Männerklöstern bis zur Restauration große Beschränkungen auferlegt, und die Frauenklöster unterstanden einer strengen Kontrolle. Daher besaßen die neuen Besitzer von Kirchengut ihre Ländereien meistens eine ganze Generation, bevor die neuerliche Einrichtung eines traditionellen Klosters überhaupt in Frage kam. Zudem waren in Frankreich die ursprünglichen Klosteranlagen meistens zerstört, zu Ruinen reduziert oder für andere Zwecke beschlagnahmt worden. In Belgien dauerte die neue Ordnung fast 20 Jahre, in Deutschland zwölf oder etwas weniger. Auf dem italienischen Festland dagegen hatten die Franzosen nur während zwei begrenzter Zeitspannen regiert, wobei ihre Kontrolle des Kirchenstaates und Neapels besonders kurz war. Die Gebiete Spaniens, die unter französischer Herrschaft gestanden hatten, durchlebten sogar eine noch kürzere Periode partieller Aufhebungen. Daraus ergab sich folgende Situation: Als sich um 1830 die
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Möglichkeit bot, den Benediktinerorden neu zu etablieren, lebten in Frankreich fast keine Benediktinermönche mehr, und alle ihre ursprünglichen Güter und Anlagen waren längst verkauft. In Teilen Spaniens und in Italien dagegen hatten die Klostergebäude oft nur kurze Zeit leer gestanden, als den monastischen Gemeinschaften während der Restaurationszeit die Rückkehr erlaubt wurde. Für manche der Güter hatte man zu dieser Zeit noch nicht einmal einen Käufer gefunden. Wie zu erwarten, waren die Folgen der Säkularisation für die Kirche selbst am ausgeprägtesten. So kippte, wie ja beabsichtigt war, die ursprüngliche zahlenmäßige Vorherrschaft der Ordensgeistlichen zugunsten des weldichen Klerus, zumindest was die Mönche betraf. Aber die Absicht fast aller Reformer, durch die Auflösung der Klöster die Anzahl der Weltgeistlichen, besonders der Gemeindepfarrer, zu erhöhen und deren Lebensbedingungen zu verbessern, verwirklichte sich im Allgemeinen nicht. In vielen Fällen standen im Endeffekt weniger Geistliche fur die Betreuung der Pfarreien zur Verfugung, teilweise weil früher oft Ordensgeistliche solche Aufgaben übernommen hatten, aber vielmehr noch aufgrund der gesetzlichen Maßnahmen und der Ereignisse der Reform- und Revolutionszeit, die sich negativ auf die Rekrutierung und Moral von Klerikern ausgewirkt hatten. Sogar in der österreichischen Monarchie stellte sich gegen Ende der Herrschaft Josephs II., seinen Anstrengungen zum Trotz, ein empfindlicher Priestermangel ein. Napoleon ermöglichte es zwar der katholischen Kirche, sich durch das Konkordat als Kirche der Mehrheit der Franzosen neu zu konstituieren. Doch 1815 war der Bestand an Gemeindepfarrern in Frankreich nur noch halb so groß wie um 1789, und es gab praktisch keine Mönche mehr, die hätten aushelfen können. In gewissen Gegenden Frankreichs waren Gemeindepfarrer nur selten anzutreffen.36 In Napoleons späteren Jahren und nach 1815 stellte sich jedoch erneut ein grundlegender Gesinnungswandel ein. So konnte Stendhal in Le rouge et le noir, erschienen 1830, einen jungen Mann darstellen, der den Eintritt in den Jesuitenorden als Beginn einer Laufbahn begriff, die es ihm erlauben würde, nach der Restaurationszeit den meteoritenhaften Aufstieg nachzuahmen, der Napoleon als Soldat in der vorangehenden Generation beschieden war. Tatsächlich zeichnete sich das Jahr 1830 durch die Höchstzahl an Priesterweihen im 19. Jahrhundert aus.37 Die Hauptfigur aus Stendhals Roman belauscht eine Gruppe von Geistlichen, die mit einem hohen Beamten bereden, ob der Staat ihre Waldparzellen, die angeblich ihren größten Reichtum dargestellt hatten, an die Kirche zurückgeben würde.38 Männerorden hatten ihre Bildungsarbeit wieder aufgenommen, jetzt jedoch im Wettbewerb mit Lehrern im Laienstand. In den Spitälern, besonders in jenen, die geistig und körperlich Behinderte betreuten, und in den Grundschulen, besonders in solchen für Mädchen, übernahmen Nonnen die Aufgaben, die sonst niemand erfüllen mochte. Obwohl der französische Staat der Kirche tatsächlich keinen Besitz zurückgegeben hat, gab es nach 1880 schon - 339 -
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wieder fast doppelt so viele Ordensgeistliche wie vor der Revolution; allerdings war jetzt ein viel größerer Prozentsatz davon Nonnen. 39 Aber die Erfahrung der Revolution sorgte dafür, dass die Wiederbelebung von Klöstern in Frankreich immer umstritten blieb, was zur Folge hatte, dass Mönche und Nonnen während der Dritten Republik zweimal eine Periode des Exils erleiden mussten. Freilich waren die neu belebten Gemeinschaften, besonders bei jenen Orden, die früher reich begütert waren, in wesentlichen Aspekten sehr verschieden von ihren Vorgängern. Auch wenn es einigen durch Spenden und Opfer gelang, beträchtliche Bauten zu erwerben oder zu errichten, blieben sie im Prinzip doch arm, ohne politischen Einfluss und ihren Kongregationen, Bischöfen und dem Papst untergeordnet. Die meisten neu gegründeten Klöster und Orden strebten auch gar nicht danach, großartige Bauwerke aufzustellen oder Mönche und Nonnen des alten Regimes nachzuahmen. Sie waren alle Bestandteil einer neuartig konzipierten Kirche, noch immer von zölibatären Geistlichen betreut, aber nicht mehr in staatliche Strukturen oder den Adel eingebunden. Sie lebten nicht mehr von ihrem ererbten Stiftungsgut, und statt sich im ganzen Bereich der weltlichen Sphäre zu betätigen, wie das früher üblich war, konzentrierten sie sich auf ihre grundlegenden Aufgaben. Nach 1830 rekrutierte sich in Frankreich die Mehrzahl der Anwärter fur den Klerus aus armen, bäuerlichen Familien, und diese Tendenz war auch andernorts zu beobachten. Laienstand und Geistlichkeit waren jetzt viel schärfer abgegrenzt und ihre Unterscheidung hatte sich drastisch verschoben. Der Klerus wurde nicht mehr als Stand betrachtet, sondern als Beruf. In Zukunft würde es keine Bischöfe mehr geben, die gleichzeitig staatliche Amter bekleideten. Auch in Ländern, wo die katholische Kirche dominierte, repräsentierte sie im Prinzip nur die wichtigste Konfession in einer säkularen Gesellschaft, wo verschiedene Konfessionen friedlich nebeneinander existierten. Aus den Umwälzungen der Revolution ergab sich jedoch ein verblüffendes Paradox: Indem sich die Mitglieder der neuen Berufsgruppe gegen gleichgültige Regierungen zusammenschlossen, gewann das Papsttum beträchtlich an A u torität und Einfluss über die Kirche. Eine überraschende Begleiterscheinung dieser Entwicklung zeigte sich in der Ausbreitung des Mönchtums in Länder, wo klösterliche Gemeinschaften früher verboten waren. Protestantische wie auch katholische Staaten identifizierten sich nicht länger durch bestimmte Formen des Christentums. Im Zuge des Mitgefühls, das man den Opfern der Französischen Revolution entgegenbrachte, fanden vertriebene Mönche und Nonnen eine erstaunlich warme Aufnahme in Großbritannien, und einige Klöster etablierten sich in England, einschließlich der Gemeinschaft, die sich später in Downside niederließ. Das katholische Irland, wo das Mönchtum eine Zeit lang durch Gesetze unterdrückt worden war, erfreute sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer blühenden Klosterkultur. Ferner waren das anglikanische England, das presbyterianische Schottland und das lutherische Preußen zu
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Lokalitäten geworden, wo katholische Klöster neu erblühten und wo verfolgte Mönche und Nonnen aus katholischen Ländern Zuflucht finden konnten. Zum Entsetzen des protestantischen Flügels der anglikanischen Kirche etablierte auch die Church ofEngland schon bald eigene Klöster. Es gibt wohl kaum jemanden in unserer modernen westlichen Gesellschaft, der dächte, es wäre vernünftig, zu einer Ordnung zurückzukehren, in welcher den Klöstern die Stellung zukäme, die sie im Ancien Regime in den katholischen Ländern einnahmen. Die Gelehrten jener Zeiten hatten sicher recht, wenn sie glaubten, es gebe zu viele Klöster, besonders in einem Land wie Italien, das geradezu vor geistlichen Häusern strotzte. Es besteht kein Zweifel, dass sich die verschiedenen Orden in unschönem Wettbewerb miteinander maßen und dass ihre ursprüngliche Zweckbestimmung von anderen Zielsetzungen, oft solchen, die sich kaum mit dem monastischen Leben vereinbaren ließen, überlagert worden war, so ζ. B. das Wegsperren von überflüssigen Söhnen und Töchtern aus prominenten Familien. Da es so viele Mönche und Nonnen gab und da die Mehrzahl ohne Eifer und nur unter Druck ins Kloster eingetreten war, kann es nicht verwundern, dass ihr Lebenswandel oft nicht dem erwarteten Standard entsprach. Andererseits kann man sogar heute sehen, wo doch der Gesamtbestand an Mönchen und Nonnen in den meisten europäischen Ländern rapide abnimmt, dass es Individuen gibt, die sich fast zwingend zum Mönchsleben berufen fühlen und dass sie nicht nur den Gottesdienst und die Religion bereichern, sondern auch die Gesellschaft im Allgemeinen. Die Anziehungskraft solcher Berufungen manifestierte sich kürzlich durch den Strom von Antragstellern, die nach dem Fall der Mauer 1989 hervortraten, um in osteuropäische Klöster einzutreten, denen das Land zurückerstattet worden war. Ich möchte meine Bemerkungen beenden, indem ich mich noch einmal auf die Weisheit von Edmund Burke berufe. Freilich scheint es allzu leicht, sich von seinem Stil berauschen zu lassen. Doch die Art und Weise, wie er in seinen Reflections on the Revolution in France, Ende 1790 publiziert, das Problem der Klosteraufhebungen behandelt, muss zu den außerordentlichsten Beobachtungen seines Genies gezählt werden, auch wenn diese Abschnitte zu seinen Lebzeiten bizarr erschienen sein mögen und seither kaum mehr Beachtung gefunden haben. Er behandelte die Frage mit der Objektivität eines Menschen, der in Großbritannien lebte, sich jedoch im französischen Mönchtum besonders gut auskannte und leidenschaftlich um das Schicksal der Klöster, Mönche und Nonnen besorgt war. Kaum ein englischer Autor, der nicht katholisch war, hätte vor 1789 gewagt, Mönche zu verteidigen. Mönche, Mendikanten und Nonnen erschienen häufig in Gothic Novels - wenngleich von der englischen Literaturkritik kaum beachtet -, 4 0 aber meistens als Bestandteil eines Geflechts von fantastischen oder geheimnisvollen Geschehnissen, Altertümelei und Gruselgeschichten, wie wir sie in Büchern wie The Castle of Otranto, Vathek, The Italian, The Mysteries of Udolpho und The Monk finden. Nur der letzte dieser Romane, von denen zwei
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vor und drei nach den Reflections geschrieben wurden, scheint die eigentliche Rolle eines Mönchs, Minoriten oder einer Nonne auch nur annähernd zu verstehen. Ordensgeistliche waren in England gewöhnlich Objekte des Spottes und der Verachtung, ja, die meisten Protestanten betrachteten ihre gesamte raison d'etre ganz einfach als wertlos. In den Reflections on the Revolution in France begann Burke mit ein paar allgemeinen Bemerkungen: die Mönche bauten „großartige Bibliotheken, legten große Sammlungen von alten Instrumenten, Medaillen und Münzen [...] und von Naturalien an". Danach versetzte er sich in die Gefühlswelt der vertriebenen und enteigneten Ordensgeistlichen, „die [sich] im Laufe des Lebens [...] auf Aussichten und Vorsorge [verlassen hätten], die auf Gesetze abgestützt und in den Augen von jedermann als sicher galten"!41 Doch sein Hauptanliegen bestand darin, die tiefliegenden Vorurteile seiner Adoptivheimat, England, zu bekämpfen: Aber diese Institute sind auf Aberglauben allein gegründet [...] dies bestreite ich nicht [...]. Ist denn Aberglaube das größte aller Laster? [...] Aberglaube ist die Religion schwacher Seelen [...]. Aber ein kluger Mann [...] würde wahrscheinlich die Torheit, die aufbaut, erträglicher finden als die, welche niederreißt; die welche ein Land ausziert lieber ergreifen als die, welche es entstellt; die welche es bereichert lieber als die, welche es plündert; [...] die, welche dem Menschen gebietet, sich selbst erlaubte Freuden zu versagen, lieber als die, welche anderen den dürftigen Unterhalt ihrer Selbstverleugnung entreißt.
So und nicht anders ist die wahre Lage der Sache, wenn man zwischen den alten Stiftern des mönchischen Aberglaubens und den Anhängern des philosophischen Aberglaubens, den eingebildeten Weisen des Tages, entscheiden soll. Im Weiteren geht Burke auf den Müßiggang der Mönche ein: „Mönche sind träge" - es sei so! Gesetzt, sie hätten keine andere Beschäftigung als im Chor zu singen. So sind sie doch wenigstens nicht unnützer als eine Menge derer, die weder singen noch reden, gewiss nicht unnützer als die, welche auf der Bühne singen. Sie sind ebenso nutzbar beschäftigt, als wenn sie vom Anbruch des Tages bis in die Nacht eins aus dem zahllosen Heer der überflüssigen, knechtischen, lichtscheuen, entmannenden - oft pestilenzialischen und tödlichen Gewerbe trieben, zu welchen der Luxus der bürgerlichen Gesellschaft tausend Unglückliche unwiderruflich verdammt hat. [...] [Ich] würde mich weit geneigter fühlen, diese Menschen von ihrer traurigen Industrie loszureißen, als den süßen Frieden klösterlicher Einsamkeit zu stören.
Wahrscheinlich glaubte Burke selbst nicht, dass die Mönche im Prinzip abergläubisch oder faul waren; aber er machte diese Zugeständnisse - oder schien sie zu machen um sich die Sympathien seiner intoleranten, protestantischen Leserschaft zu erhalten. Indem er das - 342
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Los der Mönche gegenüber demjenigen von gemeinen Arbeitern als vorteilhaft herausstellte, schien er, wie Chateaubriand das in Le genie du christianisme auf eine andere Art tat, den romantischen Katholizismus und Anglikanismus und den jungen Toryismus der i83oer-Jahre vorwegzunehmen.42 Ironischerweise verteidigte er sogar die Besitzungen der Kommendataräbte, ohne grundlegende Vorbehalte gegen deren Existenz anzusprechen, nämlich die Tatsache, dass sie zugunsten von Fremden Einkommen abzweigten, das eigentlich fiir den Unterhalt der Mönche bestimmt war. Kann mir irgendein philosophischer Plünderer nachweisen, was Übles darin liegt, dass eine gewisse, wenn auch ziemlich ansehnliche Portion des Landeigentums in einer Reihe von Personen fortgepflanzt wird, die der Absicht der Stiftung nach immer, und sehr häufig in der Tat, Frömmigkeit, Sittlichkeit und Gelehrsamkeit in ausgezeichnetem Grad besitzen? [...] Einkünfte [...], welche vermöge ihrer Bestimmung nach Maßgabe persönlicher Verdienste den angesehensten Familien Unterstützung und neuen Glanz, den niedrigsten die Mittel, zu Würde und Hoheit zu gelangen, verleihen ? [...] es ist nicht abzusehen, wie irgendein Staat wesentlich darunter leiden kann, [...] wenn es einen Gegenstand gibt, den man erwerben kann, ohne vorher Geld erworben zu haben.
Aber das Überraschendste an Burkes Argumenten gegen die Plünderer und Beschlagnahmer besteht darin, dass er seine klassische Verteidigung der Reform gegenüber der Revolution aber auch der Reform gegenüber einer reaktionären Bewahrung - mit Bezug auf die französischen Klöster präsentiert und nicht, wie oft angenommen, im Zusammenhang mit allgemeinen Problemen oder solchen der englischen Politik. „Es muss etwas anderes geben als nur die Alternative zwischen totaler Zerstörung oder unverändertem Fortbestand." - „Ein guter Patriot und ein kluger Politiker bedenkt immer, wie er die bestehenden Ressourcen seines Landes am besten einsetzen könnte." „Verstandet Ihr die Menschen auf keine andere Weise zu benutzen, als dass Ihr aus Mönchen Pensionäre machtet? Wußtet Ihr die großen Einkünfte auf keine andere Weise anzulegen, als dass Ihr nach Verschwendermanier den Fonds veräußertet? [...] Eure Staatsmänner verstehen ihr Gewerbe nicht: es blieb ihnen nichts anderes übrig, als das Handwerkszeug zu verkaufen." Es war im Zusammenhang mit dieser Diskussion über Klosteraufhebungen, dass Burke äußerte: „Eine Bereitschaft zu bewahren und die Fähigkeit bessere Zustände herbeizufuhren, würden, in meinen Augen, zusammen einen wahrhaften Staatsmann ausmachen."43 Auch wenn es unwahrscheinlich erscheinen mag, war es gerade der despotische, hitzige Joseph II., der - obwohl nur zögernd - solch konservative Wege verfolgte und Maßnahmen verwirklichte, die sich in Osterreich bis zum heutigen Tag bewährt haben. Freilich waren " 343 -
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die Probleme in Frankreich unvergleichlich größer, schon deshalb, weil die Klöster da zahlreicher und weniger effizient waren als in der österreichischen Monarchie, und zudem, weil der französische Staat bankrott war. Trotzdem hätte sich gewiss eine ausgeglichenere Lösung finden lassen. Obwohl das Fortbestehen aller Fürstabteien im deutschen Sprachraum kaum wünschenswert gewesen war, hätte man sicher nicht alle deutschen Klöster stilllegen und im Zuge dieser Entwicklung auch viele Universitäten schließen müssen. Im Fall von Italien ergaben sich besonders hartnäckige Probleme, da ja die Zahl der Klöster kaum übersehbar war. Freilich konnten nicht alle diese vielen Ordenshäuser erhalten bleiben. Aber der Widerstand, der sich bei wiederholten Aufhebungsversuchen regte, zeigt, dass sich diese Institutionen in der italienischen Gesellschaft großer Beliebtheit erfreuten und dass daher Reformmaßnahmen der Säkularisation vorzuziehen waren. Es wäre wohl kaum möglich gewesen, die monastische Ordnung, wie sie noch 1750 oder 1789 existierte, auf die Dauer zu erhalten. Vieles musste weichen: Der größte Teil der Länder und Privilegien, viele Ordenshäuser und deren Insassen und natürlich ein beträchtlicher Prozentsatz der Gebäude und Klosterschätze. Wenn Klöster jedoch zu reich und wohlhabend geworden waren, so wurden sie umso erbarmungsloser ausgeplündert. Anstatt die monastischen Institutionen vollständig zu zerstören, wäre es sicher besser und auch möglich gewesen, das Problem durch einen Kompromiss zu lösen, vielleicht nach dem Vorbild Josephs II. - oder in der Art, wie Colleges in Oxford und Cambridge gewisse Elemente der mittelalterlichen, klösterlichen Tradition bewahrt haben. Die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt, dass Klöster auch weiterhin die Bedürfnisse gewisser Menschen zu stillen vermögen und zudem vielfältigen gesellschaftlichen Funktionen dienen. In diesem Sinne wenigstens haben faule Mönche und, in noch höherem Maße, unnütze Nonnen ihre Feinde beschämt - seien sie nun philosophische Plünderer, revolutionäre Vandalen oder machtgierige Herrscher.
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Anmerkungen
EINLEITUNG
Ι
J.MCMANNERS (Hg.), The Oxford Illustrated History of Christianity (Oxford: 1990), S. 259,280,289,293,296, 587-588,663.
2
C . Η . LAWRENCE, Medieval Monasticism: Forms of Religious Life in Western Europe in the Middle Ages
3
Diese Summe setzt sich aus folgenden Zahlen zusammen: österreichische Monarchie, 1780: 2.000 Häuser: ca.
(2. Ausg., London: 1989), S. 288. 30.000 Mönche und 15.000 Nonnen, die Letzteren namentlich in der Lombardei und Belgien konzentriert (siehe Kap. 2 und 8) (diese Zahlen überschneiden sich ζ. T. mit denjenigen von Italien und Polen weiter unten); Frankreich, 1765: 3.000 Männerklöster mit 30.000 Insassen; 1789: 55.000 Nonnen (5.000 Häuser?) (siehe Kap. 3); Deutschland, 1803: ca. 600 Häuser und mindestens 10.000 Ordensgeistliche (siehe Kap. 2); Italien, 1650: 6.000 Männerklöster mit 70.000 Mönchen; verschiedene lokale Zahlen für Nonnen, die extrapoliert auf ein absolutes Minimum von 3.000 Häusern mit 40.000 Insassen hinweisen; es ist gut möglich, dass die Anzahl der Nonnen noch viel höher war, und man hat gute Gründe anzunehmen, dass sich die Gesamtzahl bis 1750 noch erhöht hat (siehe Kap. 5); Polen, 1 7 7 3 : 884 Männerklöster nach lateinischem Ritus mit 14.500 Insassen und 152 Nonnenklöster mit ca. 3.000 Insassen (plus 144 Gemeinschaften, die den griechischen Ritus der Basiliusregel befolgten, mit 1.225 Mitgliedern) (siehe Werke, die in Anm. 2 auf S. 3 49 zitiert sind); Portugal, 18 2 2: ca. 400 Männerklöster und ca. 150 Frauenklöster mit vielleicht 7.000 Mönchen und 6.000 Nonnen, um 1750 insgesamt ca. 20.000 Ordensgeistliche (siehe Kap. 4); Spanien, 1788: 2.000 Männerklöster mit 60.000 Insassen; 1.000 Frauenklöster mit 30.000 (siehe Kap. 4); Schweiz, 1 7 6 1 : ca. 120 Häuser mit 1.634 Mönchen und 7 1 1 Nonnen (siehe Kap. 10). „Insassen" wurde absichtlich als ungenaue Bezeichnung gewählt: In vielen Fällen ist es nämlich unmöglich festzustellen, ob diese Zahlen sich nur auf Mönche und Nonnen mit Profess beziehen oder ob darin auch Novizen und/oder Laienbrüder und -schwestern oder vielleicht sogar Bedienstete Inbegriffen sind. Um die akkurate Zahl für 1750 zu ermitteln, muss man zu den Erhebungszahlen nach 1773 noch die Jesuiten dazuzählen. Siehe O. CHADWICK,The Popes and the European Revolution (Oxford: 1981), S. 2 1 1 - 3 für die genannten Zahlen und einige andere. 4 J . SCHWEDER, Kloster Schöntal (Lauda-Königshofen, kein Datum), S. 13. 5
A . YOUNG, Travels in France during the Years 1 7 8 7 , 1 7 8 8 Sc 1789, hg. ν. C.Maxwell (Cambridge: 1929), S. 81.
6 G . CHITTOLINI und G . MICCOLI (Hg.), L a chiesa e il potere politico dal medioevo alletä contemporanea (Turin: 1986), S. 273. 7
Siehe S. 5 , 3 2 - 3 3 .
8 D. HiGGS,The Portuguese Church, in: W. J . Callahan und D. Higgs (Hg.), Church and Society in Catholic Europe of the Eighteenth Century (Cambridge: 1979), S. 54 erwähnt eine Gesamtzahl von fünfzig, wovon zweiunddreißig für Männer und achtzehn für Frauen waren. Leider gibt es in diesem Werk, trotz des Kalibers seiner Mitarbeiter, überhaupt keine Quellenhinweise, was natürlich die Zuverlässigkeit und Autorität des Buches automatisch vermindert. Vgl. ζ. B. den Stadtplan, der aus Β. M . Caeiro abgedruckt ist, Os conventos de Lisboa (Lissabon: 1989), S. 15—17, der sechsundvierzig conventos anzeigt, und S. 1 2 , wo man uns sagt, dass es damals im heutigen Ballungsraum von Lissabon siebzig Klöster gegeben habe. Mein Dank an Dr. Jon Parry, der mir Kopien von dieser und anderen Publikationen über portugiesische Klöster verschafft hat.
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Anmerkungen 9 A . BABEAU, Paris en 1789 (Paris: kein Datum), S. 252,260. Es ist unglaublich schwierig, diese Zahlen akkurat zu berechnen. Das genaue Datum, die fragliche Fläche und die Definition eines Klosters variieren von Schätzung zu Schätzung. Babeau nennt 1 5 4 Nonnenklöster, andere wiederum geben niedrigere Schätzungen an. Seine Daten fur Männerhäuser müssen sich auf die 175 oer-Jahre beziehen, also auf die Zeit vor der Aufhebung der Jesuiten und bevor die Arbeit der commission des reguliers irgendwelche Auswirkungen hatte. B. PLONGERON, Les reguliere de Paris devant le serment constitutionel (Paris: 1964) anerkennt siebenunddreißig Klöster im Paris von 1789, schließt aber neuere Orden mit einfachen Gelübden aus, und er befasst sich überhaupt nicht mit Frauenklöstern. In einer neueren Arbeit über Paris nennen S. BONIN und C . LANGLOIS (Hg.), Atlas de la revolution fran6ayes de Belgique (Brüssel: 1973) wertvolles Material. Uber Josephs Klosterpolitik: J. Laenen, Etude sur la suppression des couvents dans les Pays-Bas autrichiens etplus specialement dans le Brabant (1783-1794)
(Antwerpen: 1905), und die ausgezeichnete Studie von
G . de Schepper, La reorganisation desparoisses et la suppression des couvents dans les Pays-Bas autrichiens sous le regne de Joseph II (Löwen: 1942). Zur „Revolution in Brabant": L.Oclphce, Joseph II et la revolution brabanfonne (Bruges: 1891); S.Tassier, Les democrates beiges de 1789 (ursprünglich publ. 1930,2. Ausg., Brüssel: 1989);]. L. Pdliiky, Revolution in Brussels, 1787-1793
(Brüssel, Hanover, Ν. H. und London: 1987);). Craeybeckx, „The Brabant revolution:
a conservative revolt in a backward country?", in: Acta Historiae Neerlandka, 4, Γ970, S. 49-83. Das Manuskript von Malingies Tagebuch in der Universitätsbibliothek von Gent ist eine wirkliche Fundgrube an Information und Details; Malingie war Mönch im Kloster St. Peter in Gent. Zur Klosterarchitektur: Bazin, Paläste des Glaubens, Bd. II. Für die Zeit der französischen Besetzung: L. de Lanzac de Laborie, La domination franfaise en Belgique (2. Bde., Paris: 1895);?. Verhaegen, La Belgique sous la domination franfaise, 1792-1814
(5 Bde., Brüssel: 1923-1929).
Zu LOMBARDEI und TOSKANA siehe die allgemeinen Werke, die unten unter Italien aufgeführt sind. Zur Lombardei speziell: D. Sella und C. Capra, IIducato di Milano dal 1535 al 1796 (Storia d'Italia, hg. v. G . Galasso, Bd. IX, Turin: 1984); F. Valsecchi, L'assolutismo illuminato in Austria e in Lombardia (2 Bde., Bologna: 1 9 3 1 - 1 9 3 4 ) . Zur Toscana speziell: F. Scaduto, Stato e chiesa sotto Leopoldo Igranduca di Toscana (Leghorn: 1885); A. Pincelli, Monaster! e conventi delterritorio aretino (Florenz: 2000). Zur Reaktion in der Toscana: G.Turi, „Viva Maria"la reazione alle riforme leopoldine (1790-1799)
(Florenz: 1969). Frankreich
Nützliche Nachschlagewerke sind: L. Le Grand, Les sources de l'histoire religieuse de la Revolution aux Archives Nationales (Paris:i9i4), und L. Bely, Dictionnaire de VAncien Regime (Paris: 1996). Die allgemeinen geschichtlichen Standardwerke über das frühneuzeitliche Frankreich, geschrieben von Professoren an den weltlichen Universitäten, ignorieren das Klosterwesen praktisch durchwegs, wenn nicht die Kirche überhaupt. Ein gutes Beispiel dafür ist E. Le Roy Ladurie, IheAncien Regime: A History of France 1660-1774
(Oxford: 1991). Unter den neueren franzö-
sischen Beiträgen zur religiösen und geistlichen Geschichte - „die neue Religionsgeschichte" - gibt es vier, die einen ernsthaften Versuch machen, die Rolle und die Entwicklung der Klöster in den entsprechenden Zusammenhang zu stellen: M . Vovelle, Piete baroque et dechristianisation en Provence au XVIII' siecle: les attitudes devant la mort d'apres les clauses des testaments (Paris: 1973); F. Lebrun (Hg.), Histoire des catholiques en France (2. Ausg., Paris: 1980), die das großartige Kapitel von C. Langlois und T. Tackett enthält, „A lepreuve de la Revolution"; P. Boutry u. a., Histoire de la France religieuse, Bd. III: Du roi Tres Chretien ä la lakite republicaine, XVIII' -XIX' siecle (Paris: 1991); und L. Chätellier (Hg.), Religions en transition dans la seconde moitie du dix-huitieme siecle (Oxford: 2000). Eindrückliche Darstellungen von verwandten Themen finden sich in: R. Chartier, The Cultural Uses of Print in Early Modern France (Princeton: 1987); F. Lebrun, M . Venard und J. Queniart, Histoire generale de Venseignement et de la education en France, Bd. II (Paris: 1981); R. Darnton, The forbidden Best-Sellers of Pre-revolutionary France (London: 1996); L . W. B. Brockliss, French Higher Education in the Seventeenth and Eighteenth Centuries: A Cultural History (Oxford: 1987). J. McManners, Church and Society in Eighteenth Century France (2 Bde., Oxford: 1998), ist eine gelehrte und liebevolle Darstellung der französischen Kirche des Anden Regime, die kaum übertreffen werden kann und die die Historiografie dieser Periode grundsätzlich verändern sollte. Allerdings geht das Werk nicht über den Ausbruch der Revolution hinaus. Siehe auch McManners, French Ecclesiastical Society und theAncien Regime: Α Study of Angers in the Eighteenth Century (Manchester: i960), und N. Aston, Religion and Revolution in France, 1780-1804
(Basing-
stoke: 2000). Über den Jansenismus und die Vertreibung der Jesuiten, zusätzlich zu McManners, Pastor und Boutry: Doyl z, Jansenism; D. K. Van Kleys zwei Studien, The Jansenists and the Expulsion ofthe Jesuitsfrom France, 1757—1765 (London: 1975) und The Religious Origins of the French Revolution (New Haven und London: 1996); M . Cotteret, Jansenismes et lumieres (Paris: 1998); und P. Chaunu, M . Foisil und F. de Noirfontaine, Le basculement religieux de Paris au XVIII' siecle (Paris: 1998).
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Bibliografischer Essay Was die Klöster selbst betrifft, enthält J. Evans, Monastic Architecture in France from the Renaissance to the Revolution (Cambridge: 1964) eine einzigartige fotografische Dokumentation und vermittelt eine sehr nützliche Einfuhrung in die Geschichte der bedeutendsten Orden. J. Taraion, La France des abbayes (Paris: 1978) enthält eine leicht zugängliche Ubersicht. Besonders interessant sind J. de Viguerie (Hg.), La vocation religieuse et sacerdotale en France, XVII-XIX
siecles (Angers: 1979); über die Kapuziner: B. Dompnier, Enquete au pays desfreres des anges: les Capucins
de la province de Lyon aux XVII' et XIIIe siecles (St. Etienne: 1993); über Nonnen: E. Rapley, The Devotes: Women and Church in Seventeenth-Century France (London: 1990). Zur commission des reguliers gibt es die außerordentlich wertvolle Studie von P. Chevallier, Lomeniede Brienne et l'ordre monastique (1766-1789) sie überholt jedoch weder S. Lemaire,/,« commission des reguliers, 1766-1780
(2 Bde., Paris: 1959-1960),
(Paris: 1926) noch J. M . Prat, Essai his-
torique sur la destruction des ordres religieuxen France au dix-huitieme Steele (Paris: 1845) vollständig. Zwei statistische Ubersichten stützen sich auf die Dokumentation der commission: Μ . Peigne-Delacourt: Tableau des abbayes et des monasteres d'hommes en France (Arras: 1785) (mit etwas Information über Nonnenklöster) und L. Lecestre, Abbayes, prieures et couvents d'hommes en France: liste generale d'apres les papiers de la Commission des Reguliers en 1768 (Paris: 1902). Artikel in der Encyclopedie sind natürlich sehr aufschlussreich hinsichtlich der Einstellung gegenüber Mönchen und Nonnen, wie auch [S. Ν. H. Linguet,] Essaiphilosophique sur le monachisme (Paris: 1775), und die anonyme Histoire philosophique du monachisme {2 Bde., London: 1788). Zur Revolution: G . Lefebvre, The French Revolution: From its Origins to 1793 (London: 1962) geht das Thema umfassender an als die meisten französischen Werke. Aber die meisterhaften Schriften sowohl von Burke, Reflections on the French Revolution (1790), als auch Tocqueville, The Ancien Regime (1859), überdauern die Zeit, besonders in Bezug auf Religion und Kirche. W. Doyle, The Oxford History of the French Revolution (Oxford: 1989) vermittelt die beste Einfuhrung in diese Thematik und schenkt der Kirche und den Mönchen und Nonnen wie auch S. Schama, Citizens (London: 1989), mehr Beachtung als die meisten modernen Verfasser, die über französische Geschichte schreiben. Andere wertvolle Darstellungen mit verschiedenen Schwerpunkten sind: J. F. Bosher, The French Revolution (London: 1989) und D. M . G . Sutherland, France, 1789-181$:
Revolution and
Counter-Revo-
lution (London: I985).T. Tackett, Becoming a Revolutionary: The Deputies of the French National Assembly and the Emergence of a Revolutionary Culture (1789—1790) (Princeton: 1996), erklärt die Radikalisierung der Revolution am überzeugendsten, und A. Aftalion, The French Revolutionen
Economic Interpretation (Cambridge: 1990) beleuchtet
die finanziellen Probleme. Die publizierten Debatten und proces-verbaux der aufeinander folgenden assemblees sind reichhaltige Quellen wie auch die Flugblätter und Karikaturen. Für die religiösen Aspekte bleiben die großartigen älteren Werke von S. Sicard, Le clerge de France pendant la Revolution (3 Bde., Paris: 1 9 1 2 - 2 7 ) , und P. de la Gorce, Histoire religieuse de la Revolution franfaise (5 Bde., Paris: 1905-23), unentbehrlich, wie auch A. Denys-Buirette, Les questions religieuses dans les cahiersde 1789 (Paris: 1919).}. McManners, The French Revolution and the Church (London: 1969) ist eine kurze, aber ausgezeichnete Studie. L. Detrez, La Flandre religieuse sous la Revolution
(1789-1801),
Bd. I (Lille: 1928, vergriffen) ist eine eindrückliche Arbeit. Ο. H. Hufton, Women and the Limits of Citizenship in the French Revolution (London: 1992), eröffnet eine ganz neue Perspektive. Bis jetzt haben die Klosteraufhebungen relativ wenig wissenschaftliche Arbeiten hervorgebracht, aber A. Aulards, La revolution franfaise et les congregations (Paris: 1903) enthält eine wichtige Dokumentensammlung. Sicard vermittelt lebensnahe Einzelheiten des Auflösungsverfahrens, und die ausgezeichnete Studie von B. Plongeron, Les reguliers de Paris devant le serment constitutionnel (Paris: 1964), zeigt, wie man die französische Geschichte als Ganzes angehen könnte. A. Sorel, Le couvent des Carmes et le seminaire de Saint-Sulpicependant la Terreur (Paris: 1863), beschreibt einen berühmten Fall. L. Reau, Histoire du vandalisme, hg. v. M . Fleury und G . - M . Leproux (Paris: 1994), vermittelt, ζ. T. etwas wahllos, ein Bild der revolutionären Verwüstungen. Eine allgemeinere Verurteilung findet sich in R. Sedillot, Le coüt de la revolution franfaise I (Paris: 1987). Chäteaubriands Memoirs, übersetzt ins Englische von R. Baidick (Harmondsworth: 1965), und sein Lege'nie du christianisme (Paris: 1802) werden immer wichtige Quellen bleiben.
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Bibliografischer Essay Italien Venturis Settecento riformatore ist eine Fundgrube von Information und von Einblicken in die italienische Gedankenwelt, immer auch in Beziehung zum Geistesleben von anderen Ländern und oft von scharfsinnigen Beobachtungen über sich abzeichnende politische, religiöse und sogar wirtschaftliche Enwicklungen begleitet. Einige seiner Aufsätze wurden in S.J. Woolf (Hg.), Italy and the Enlightenment (London: 1972), publiziert. Seine Textsammlung, Illuministi italiani (7 Bde., Mailand: 1958—?) sucht ihresgleichen. A. C . Jemolo, II Giansenismo in Italia prima della Rivoluzione (Bari: 1928) bleibt ein grundlegendes Werk. D. Carpanetto und G . Ricuperati, Italy in the Age of Reason, 1685-182;; meine Übersicht. Η. Μ. Acton, The Bourbons of Naples, 1734-1825
(London: 1956) vermittelt die beste allge-
(London: 1987) ist nützlich. Zur italienischen Kirche:
Chadwick, Popes and Revolution ; M . Rosa (HgJ, Clero e societä nell'Italia modema (Rom: 1992) und, leider weitgehend zu spät fur die Zeitperiode dieses Buches, Clero e societä contemporanea (Rom: 1992); G. Chittolini und G.Miccoli (Hg.), La chiesa e ilpoterepolitico dalmedioevo all'etä contemporanea (Turin: 1986); G . de Rosa,T. Gregory und A. Vauchez, Storia dell'Italia religiosa, Bd. II: L'etä moderna (Rom und Bari: 1994); und Rosas Artikel in: Callahan und Higgs, Church and Society. Uber das Mönchtum gibt es neben den soeben erwähnten Werken eine wachsende Reihe, Italia benedettina genannt, die hauptsächlich in Cesena publiziert wird; L. Penco, Storia delmonachesimo in Italia (Rom: 1968); G. Boaga, La soppressione innocenziana deipiccoli conventi in Italia (Rom: 1971); G. Farnedi und G. Spinelli (Hg.), Settecento monastico italiano (Cesena: 1990); F. G. B.Trolese (Hg.),//monachesimo italianodalleriformeilluministicheall'unitä nazionale (17681870) (Cesena: 1992). Auf Englisch M . Laven, „Sex and celibacy in early modern Venice", in: HJ,44,2001, S. 865-888. Uber Kunst und Architektur: Bazin, Paläste des Glaubens, Bd. I; R. Wittkower, Art and Architecture in Italy,
1600-1750
(Harmondsworth: 1958). Über Musik: C. Burney, Music, Men, and Manners, in France and Italy 1770, hg. ν. Η. Ε. Poole (London: 1969), und J. Rosselli, Singers cfthe Italian Opera: The History ofa Profession (Cambridge: 1992). Zur Revolutionszeit: C. Zaghi, L'ltalia diNapoleone (Turin: 1989); C. Naselli, La soppressione napoleonica delle corporazioni religiose (Rom: 1986); R. De Felice, La vendita dei beni nazionali nella Republica romana del
17^8-17^
(Rom: 1966); P. Notario, La vendita dei beni nazionali in Piemonte nelperiodo napoleonico (1800-1814)
(Turin:
1980); P. Villani, La vendita dei beni dello stato nel regno di Napoli, 1806-1815
(Mailand: 1964).
[Siehe auch Werke, die oben unter „Lombardei" und „Toskana" aufgeführt sind.] Polen Auf Englisch gibt es J. Lukowski, The Partitions of Poland (Harlow: 1999), und J. Kloczowski, „The Polish Church", in: Callahan und Higgs, Church and Society, eine Studie, die man mithilfe von Kloczowskis historischem Atlas, Dzieje chrzescijanstwa polskiego, Bd. II (Paris: 1991) ergänzen kann. Ferner, namentlich auf Französisch, M . Rechowicz (Hg.), Poland's Millennium of Catholicism (Le millenaire du catholicisme en Pologne) (Lublin: 1969), und eine Reihe von relevanten Artikeln in: Miscellanea historiae ecclesiasticae, 6,1987. Portugal Auch hier gibt es ein Kapitel (von Higgs) in: Callahan und Higgs, Church and Society. Α. H. de Oliveira Marques, History of Portugal (2 Bde., London: 1972) ist die beste allgemeine Geschichte auf Englisch. Das Standardwerk über die Kirche ist F. de Almeida, Historia dalgreja em Portugal, von welchem Bd. III (neue Ausg., Lissabon: 1970) die relevante Information für das vorhegende Buch enthält. Der Diciondrio de historia da Igreja em Portugal, hg. v. Α. Α . B. Andrade (bis jetzt offenbar nur 2 Bde., Lissabon: 1979-1983) scheint vielversprechend. Zu Pombai: K. Maxwell, Pombai: Paradox of the Enlightenment {Cambridge: 1995) und Μ . Η. Carvalho dos Santos (Hg.), Pombai revisitado (2 Bde., Lissabon: 1984); zur Austreibung der Jesuiten: J. Caeiro, Historia da expulsäo da Campanhia de Jesus daprovincia de Portugal (Lissabon: 1991); und zur Kirchenreform allgemein: S.J. Miller, Portugal and Rome c. 1748-1830:
An Aspect of Catholic Enlightenment (Rom: 1978). Zur Architektur: Bazin, Paläste des Glaubens, Bd. I;
J. Lees-Milne, Baroque in Spain and Portugal (London: 1960); L. F. da Gama, Paläcio national de Mafra (Lissabon: 1992). Zur Statistik von Klöstern, Mönchen und Nonnen in F. de Sousa, „O rendimento das ordens religiosas nos finais do antigo regime", in: Revista de Historia Econömica e Social, 7 , 1 9 8 1 , S. 1-28.
- 391 -
Bibliografischer Essay Spanien Zur allgemeinen Geschichte des frühneuzeitlichen Spanien J . H . Elliott, Imperial Spain, 1469-1 JI6 (London: 1963); J . Lynch, Spain under the Habsburgs (2. Ausg., London: 1 9 8 1 ) , und Bourbon Spain, ιγοο-ι8ο8
(London:
1989). Dazu über die spanische Aufklärung R . Herr, The Eighteenth Century Revolution in Spain (Princeton: 1958), ferner sein Rural Change and Royal Finances in Spain at the End of the Old Regime (London: 1989), und J . Sarrailh, L' Espagne eclairee de laseconde moitie du XVIII'siecle R. Garcia-Villoslada (Hg),Historia delalglesia
(Paris: 1954)· Das wesentliche Werk zur Kirchengeschichte ist: en Espana (5 Bde., Madrid: 1978-80), Bde. I V und V. Chadwick,
Popes and Revolution, und Callahans Artikel in: Callahan und Higgs, Church and Society, sind auch sehr nützlich. Zur Geschichte der alten Orden: A. Linage Conde, El monacato en Espaüa e Hispanoamericana (Salamanca: 1977)· Weitere wichtige Bücher sind: zur Frömmigkeit im spanischen Barock: C . Μ . N. Eire, From Madrid to Purgatory: The Art and Craft of Dying in Sixteenth-Century Spain (Cambridge: 1995); zur königlichen Autorität über die Kirche: D. C . Hermann, Leglise d'Espagne sous lepatronage royal (1476-1834)
(Madrid: 1988); zur Statistik über
Mönche und Nonnen: M . Saez Marin, Datos sobre la Iglesia espanola contemporanea, ly68-1868
(Madrid: 1975);
zum klösterlichen Einkommen: A. L . Lopez Martinez, La economia de las ordenes religiosas en el antiguo regimen (Sevilla: 1992); zur Politik Karls III.: A . Guimerä (Hg.), Elreformismo borbönico (Madrid: 1996), sowie Carlos IIIy la Ilusträcion (2 Bde., 1988-90), und R . Herr, Rural Change and Royal Finances in Spain at the End of the Old Regime (London: 1989). Z u r Architektur, außer Bazins, Blunts und Tomars allgemeinen Darstellungen, gibt es zwei Bände über Monasteries de Espana (Bd. I von P. N. Palacio, 5. Ausg.,Madrid: 1988; Bd. II von W. Rincon Garcia,Madrid: 1998); ferner Lees-Milne, Baroque in Spain and Portugal, und R . Guerra de la Vega, Iglesiasy Conventos del Antiguo Madrid (Madrid: 1996).
- 392 -
Abkürzungsverzeichnis
AHY
Austrian History Yearbook
AP
Archives parlementaires
ASVNV
Archivio segreto vaticano, Nunziatura Vienna
BL
British Library, London
DIP
Dizionario degli Istituti di Perfezione,hg. G . Pelliccia und G . Rocca (Rome: 1973fr.)
FRA
Fontes rerum austriacarum
HHSA
Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien
HJ
Historical Journal
MIÖG
Mitteilungen des Instituts fur österreichische Geschichtsforschung
MÖSA
Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs
TRHS
Transactions of the Royal Historical Society
ZBL
Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
- 393 -
Abbildungsverzeichnis
F A R B T A F E L N (NACH S. 2O6(
Joseph Gerstmeyer: Ansicht der Benediktinerabtei Melk von der Donau, 1845. Foto © Stift Melk, Österreich P. A. de Machy: Ludwig XV. legt den Grundstein fur die Abteikirche von Ste. Genevieve (Detail), Paris 6. September 1764. Foto © Centre des monuments nationaux, Paris Türkisches Bett, ca. 1707. Foto © Augustiner-Chorherrenstift St. Florian, Osterreich Der Kaiser- oder Marmorsaal, Stift Melk. Foto © Stift Melk, Österreich Die Kaiserstiege im Kloster Göttweig, Niederösterreich. Foto Stift Göttweig Die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. Foto des Franziskanerklosters Vierzehnheiligen, Deutschland Die Kirche des Zisterzienserklosters Stams, Tirol, Österreich. Foto © Gregor F. Peda, Kunstverlag Peda, Passau Innenansicht der Stiftsbibliothek der Benediktinerabtei St. Gallen, Schweiz. Foto © Stiftsbibliothek St. Gallen Die Pergola-Galerie des Kreuzgangs des Klosters Santa Chiara, Neapel, Italien. Foto © Archivio dell'arte Luciano Pedicini, Neapel Detail des sagrario der Kartause von Granada, Spanien. Foto © Institut Amatüer d'Art Hispanic, Barcelona TEXTABBILDUNGEN
1. Stich des Kartäuserklosters Villefranche-de-Rouergue, Südfrankreich. Foto © Centre des monuments nationaux, Paris 2. Ansicht der Benediktinerabtei Melk von der Donau. Foto © Bildarchiv Foto Marburg 3. Zwei Ansichten einer Mönchszelle von ca. 1700 im ehemaligen Prämonstratenserkloster Verdun, Lothringen. The Conway Library, Courtauld Institute of Art, London 4. Benedikt Prill,Tuschzeichnung (ca. 1750) der geplanten Anlage für Klosterneuburg. Stiftsmuseum Klosterneuburg, Niederösterreich 5. Die arkadengeschmückten Fischteiche im Benediktinerstift Kremsmünster, Oberösterreich. Foto © Bildarchiv Foto Marburg 6. Das Observatorium und Museum in Kremsmünster. Foto © Bildarchiv Foto Marburg 7. Plan für den Neubau der Benediktinerabtei Ottobeuren, Süddeutschland, überlagert vom Grundriss der alten Anlage. 8. Innenansicht des Theaters im Kloster Ottobeuren. Foto © Bildarchiv Foto Marburg 9. Stich von Joseph Gablers Orgel im Benediktinerstift Weingarten, Süddeutschland. Cambridge University Library 10. Flugaufnahme des Klosters St. Blasien, Schwarzwald. Foto © Verlag Revellio GmbH, Villingen 1 1 . Design fur das dekorative Orgelgehäuse (von F. J. Salzmann, ca. 1770) in der neuen Kirche von St. Blasien. Generallandesarchiv, Karlsruhe, Deutschland 12. Dominikus Zimmermann: Gemälde (Detail) der Prozession, welche die Reliquien der verkohlten Christusfigur zur neuen Wallfahrtskirche in der Wies trägt. Foto Wieskirche, Bayern 13. Karikatur der „Mönche bei Tisch" von Joseph Anton Koch, 1793. Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen, Dresden. 14. Der große Hof der Abtei Premontre, Frankreich. The Conway Library, Courtauld Institute of Art, University of London
- 395 -
Abbildungsverzeichnis 15. Stiche der Abtei Bec, Normandie. Foto © Centre des monuments nationaux 16. Hubert Robert, Les cygnes de Saint-Antoine-les Champs. Privatsammlung 17. Allgemeine Ansicht des Escorial bei Madrid von einem Druck aus dem 16. Jahrhundert. Cambridge University Library. 18. Der großartige Treppenaufgang des Nonnenklosters Las Descalzas Reales, Madrid. Foto © Patrimonio Nacional, Madrid 19. Allgemeine Ansicht des Palastklosters Mafra, Portugal. Foto © Elo-Publicidade, Mafra 20. Zisterziensermönche auf dem Feld bei der Ernte unter dem Schutz der heiligen Jungfrau und des heiligen Bernhard, Alcoba^a, Portugal. Foto © Elo-Publicidade, Mafra 21. Pietro Longhi, Der Besuch im Kloster. Museo Civico Correr, Venedig. Foto © Fratelli Alinari, Florenz 22. Der große Kreuzgang im Kartäuserkloster San Martino, Neapel. Foto © Fratelli Alinari, Florenz 23. Die Basilika von Superga bei Turin. Gemälde der Schule Pannini im Palazzo Reale, Turin 24. Innenansicht des Kirchenschiffes der klassizistischen Kathedrale von Subiaco, Italien. Foto © Fratelli Alinari, Florenz 25. Satirische Darstellung der Vertreibung der Jesuiten aus Portugal, 1762. Foto ©The Houghton Library, Harvard University 26. Die Fassade der Franziskanerkirche San Francisco el Grande, Madrid. Foto © Patrimonio Nacional, Madrid 27. Pietro Longhi, Die Bruderschaft von Venedig. Fondazione Querini Stampalia, Venedig 28. Ein Stich, der die Auswirkungen der Reformen Josephs II. darstellt. Aus der Sammlung des Verfassers 29. Fassade der philosophischen Bibliothek des Prämonstratenserklosters Strahov, Prag. Foto © Bildarchiv Foto Marburg 30. Das Refektorium in der benediktinischen Erzabtei Pannonhalma, Ungarn. 3 1 . Die „Nouvelle Place Royale" in Brüssel, Druck aus dem späten 18. Jahrhundert, Brüssel. Foto Bibliotheque Royale de Belgique 32. Stich, der darstellt, wie Mönche die Truppen Josephs II. veijagen, 1789. Foto © Direktion der Museen der Stadt Wien (Historisches Museum) 33. Darstellung der Plünderung des Klosters St. Lazare, 1789. © Phototheque des musees de la ville de Paris (Musee Carnavalet) 34. Jacques-Louis David, Der Ballhausschwur. Foto © Centre des monuments nationaux, Paris (Chateau de Versailles) 35. Karikatur: Ein Bauernweib, das eine Aristokratin und eine Nonne trägt, 1789. © Phototheque des musees de la ville de Paris (Musee Carnavalet) 36. Karikatur der französischen Geistlichkeit bei der Zwangsaufgabe ihrer Güter, 1789-1790. © Phototheque des musees de la ville de Paris (Musee Carnavalet) 37. Das Kloster Cluny in Burgund (a) vor der Zerstörung während der Französischen Revolution und (b) bei der Zerstörung, ca. 181 o. Aus zeitgenössischen Illustrationen 38. Die Benediktinerabtei Einsiedeln, Schweiz. Grafische Sammlung, Stiftsbibliothek Einsiedeln 39. Der Entschädigungsbaum von F. L. Neubauer, 1803. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 40.1. S. Dürr, Die Säkularisation des Zisterzienserklosters Salem, Bodensee, Deutschland, 1804. Foto © Generallandesarchiv Karlsruhe 4 1 . Karikatur in Aquarell: Satire der Säkularisation in Bayern, 1803. Museen der Stadt Nürnberg
" 396 ~
Abbildungsverzeichnis
LANDKARTEN
Ι . Osterreichische Klöster, S. 47 2. Klöster in Deutschland und in Tirol, S. 63 3. Belgische Klöster, S. 230 4. Schweizer Klöster, S. 301 Grafische Darstellung, S. 50 TABELLEN
Tabelle 1: Stift Melk 1751 Tabelle 2: Der Prozentsatz von Melks Einkommen aus verschiedenen Quellen Tabelle 3: Tagesablauf der Melker Mönche an Arbeitstagen, 1780 Tabelle 4: Tagesablauf im Klosternach 1786 (nach der Reform) Tabelle 5: Mönchtum in Niederösterreich und Ungarn. Ein Vergleich
-
397 ~
Register
Dieses Register ist nach dem Vorbild der englischen Origianlausgabe gestaltet und enthält neben Orts- und Personenamen auch viele Querverweise und Konzepte, die den interessierten Leser über inhaltliche Schwerpunkte und geistesgeschichtliche Verbindungen informieren.
Aa, jesuitische Bruderschaft, 160
- Integration mit Klöstern in Frankreich, 1 0 3 , 1 1 1 ,
Abbaye-aux-Bois s. Paris
112,192-3,
abbe, Definition, 20
- als Mönche und Nonnen, 6 5 , 7 9 , 9 4 , 1 2 3 , 1 2 6 , 1 4 7 ,
Abbe, Lexikonartikel v. Voltaire, 257
23
Aberglauben, 1 3 , 1 1 5 , 1 2 4 , 1 6 2 , 1 7 0 , 2 0 2 , 2 1 3 , 2 5 7 ,
- s. auch Familienstrategien, Frankreich, Stände
285,302
Afflighem, belg. Abtei, 232
- Burke über, 342
Afrika, Nord-, 1 1 5 , 1 2 5 , 1 6 2
Abt (Äbte)
Aftalion, Florin, Historiker, 332
- bescheidener Abstammung, 6 6 , 6 8 , 7 0 , 7 3 , 8 3 , 2 4 1 ,
Albert, Fürst v. Sachsen-Teschen, 235,246 Albrechtsberger, Johann Georg, Organist, 55
319
Alcoba9a, Zisterzienserkloster, Portugal, 1 3 5 , 1 6 5 , Abb.
- Abtwahl,36,66,68,73-4,80,83, i n
20:134
- Autorität der Äbte, 4 9 , 7 9 - 8 1 , 2 5 3 , 3 0 3 , 3 2 0 - in Belgien, 2 2 9 , 2 3 3 - 4 , 2 3 5 , 2 3 7 - 8 , 2 3 9 , 2 4 1 , 3 2 4
Alembert, Jean ü ,fhilosofhe, 1 1 0 , 1 5 6 - 7 , 1 6 9 , 1 8 1 , 1 9 1
- Definition, 20
Allegorie, 1 6 5 , 1 7 0 , 2 1 5 ; Abb.: 216
- in Frankreich, 1 1 0 , 1 1 1 , 1 1 2 , 2 7 6
Allgemeine deutsche Bibliothek, 75
- Fürstäbte; 6 2 , 6 4 , 7 3 , 7 7 , 8 6 , 2 3 3 , 3 4 4
Allio, Donato Feiice d', 5 8
- Herausforderung der Autorität, 8 0 - 8 1 , 9 4 , 1 8 8 , 1 9 8 ,
Alpen, 1 2 1
233,253
Altäre, 4 2 , 7 5 , 8 4 , 1 2 8 , 1 3 0 , 2 4 8 , 3 0 2 , 3 2 1
- Kommendataräbte, 3 5 , 9 5 , 1 1 1 - 3 , 1 8 8 , 1 9 8 , 2 1 7 ,
Altbayern, 78
218,239,243,252,254,272,343
Altenburg, Benediktinerabtei in Niederösterreich, 17
- als aufgeklärte Landesherren, 74,86
Altkatholiken, 38
-
Alte Orden, 2,4,22 — 3 , 3 1 - 2 , 3 4 , 3 1 8
v.Melk,46,48,50,52,198,199,334
- s. auch Stände, Generäle, Klöster, Mönche, A b -
- und Aufklärung, 77,86
tei(en), Definition, 20
- in deutschsprachigen Gebieten, Kap. 2141
Äbtissin(nen), 6 4 , 9 2 , 9 4 , 1 0 6 , 1 0 7 , 1 1 0 , 1 1 2 , 2 6 1 , 3 2 2
- in Frankreich, 3 2 , 9 1 - 1 1 4 , 1 8 5 , 1 9 1 , 2 5 2 , 2 8 0 - 8 1 - Bestand, 9 0 - 1 , 9 6 - 7 , 1 8 5
Acta Sanctorum, 95,96,241 Adel, Adlige, 3 5 , 4 3 , 1 0 3 , 1 1 1 , 1 2 3 , 1 4 3 , 1 9 2 , 1 9 7 , 2 5 5 , 268-70
- in Italien, 146 - und Jesuiten, 9 4 , 1 5 9 , 1 7 9
- Äbte, 6 1 , 1 1 1 - 3 , 1 9 2 — 3 , 2 3 4
- und katholische Reform, 31—2,93,322
-
-
Adelsklöster,65,92,103,147
Lebensart,46,49,53-4,186
- Aufhebung in Frankreich, 284
- Vergleich zw. Osterreich und Ungarn, 226-7
-
- in Spanien, 124
Bischöfe,48,83,104,111,254,264,268
- 399 -
Register - s. auch Orden, monastische
assignats, 281,332
Amerika, 125
Assisi, 1 3 7 , 3 2 1
- Südamerika, 125, ι 6 ι , 162 - 3
Attentat, 160,164,166
Amterverkauf, 1 1 3
- Billigung durch die Jesuiten?, 160,166
Anden Regime, Eigenart, 14
- Versuch, 164,166
Andalusien, 306
Aufklärung, die, 30,73,86,155—8,197,126,210,268,
Angelico, Fra, 3 2 , 1 4 7 , 3 2 1
321
Angers, 16
- Ablehnung im Volk, 87,15 8
Anjou,92
- Akzeptanz, 158
Antiklerikalismus, 3 0 , 1 5 5 , 1 5 7 , 1 5 8 , 1 5 9 , 2 0 3 , 2 0 4 , 2 6 0 ,
- Anfänge, 30,155 - und Bayern, 86
262,281,297,332 Antwerpen, 231
- und das Christentum, 30
Apologie fürs Frauenzimmer, 199
- in Deutschland, 77,86-7
Apotheken, 146,318,337
- Grenzen der Popularität, 15 8
Appel comme d'abus, 185
- in Italien, 403-4
Aquinus, St. Thomas v., 86
- und Jesuiten, 1 1 6 , 1 6 1
Aragon, 121
- katholische Aufklärung, 5 9 , 7 2 - 3 , 1 5 8 - 9 , 1 8 1 ,
Aranda, Graf, span. Minister, 1 7 2 , 1 7 8 , 1 8 1
169-70,253-4
Aranjuez, 172
- und Katholizismus, 3 0 , 7 2 - 3 , 1 5 5 - 9 , : 97> 2 57>3 2 6
Architektur und Gebäude, 4 2 , 1 0 0 - 1 , 1 1 5 , 1 2 8 , 1 4 7 - 5 0 ,
- und Klöster, 30,76-7,96,186,252,322,324
155,290,320-1
- und Portugal, 1 3 3 , 1 6 1
- Französische Revolution und, 7 4 - 5 , 1 0 0 , 1 0 1 - 2 , 2 8 7 , 288,321
- und Reformen, 156,158 - und Spanien, 169-70
- klassizistisch, 61, 74-5, 1 0 1 , 1 4 7 - 8 , 171
Augsburg, 76
- Pracht der Kirchen, 4 1 - 2 , 51, 52, 68, 70 - 2
Augustinerorden, 4 , 1 3 , 2 2 , 3 1 , 3 7 , 4 9 , 9 2 , 9 3 , 124,172, 239
- Überdauern monastischer Anlagen, 89, 320-1 - s. auch Barock und unter einzelnen Ländern
Augustinus St., 37,38,165
Aretin, Freiherr, J. C. v., 336,338
Augustinus, Schrift v. Cornelius Jansen, 3 7
Aretin, Freiherr, K. O. v., 338
Augustus, König v. Polen und Kurfürst v. Sachsen, 29
Aristokratie s. Adel
Ausschuss für Öffentliche Sicherheit, Wohlfahrtsausschuss, 286-7,305
Arles, Erzbischof v., 94 Armeen, 338
Aussteuern s. Mitgift für Nonnen
- französisch,revolutionär, 265,293,294,295,298,
Aveiro, Herzog v., 164
307,314,328,332
Averbode, Prämonstratenserabtei in Lüttich, 319
- monastisch, 64,306
Avignon, 175,293—4.
Armenunterstützung, 3 0 , 8 3 , 8 6 - 7 , 1 0 3 , 1 3 2 , 1 4 6 , 1 8 6 , 195,232,275
Babenberger, Markgrafen v. Österreich, 44,5 8
Armut, Gelübde der, 3 3 , 9 7 , 1 0 7 , 1 1 5 , 1 8 5 , 2 5 7 , 3 2 6
Bacon, Francis, 169
Arnaud, Baculard d', 25 8
Balkan, 19,58
Arnauld, Angelique, Äbtissin v. Port-Royal, 9 4 , 1 1 2
Ballett, 55,105
Arräbidas, portugies. Orden, 132
„Ballhausschwur" s. Nationalversammlung
Arras, Abtei St.Vaast, 2 5 1 - 2 , 2 5 5 , 3 3 5
Ballonflüge, 78,234
Artois, 92,102,251—2
Barnave, 277
Asam Brüder, Freskenmaler, 3 21
Barry, Madame du, 1 1 0
Assemblee legislative, Nationalkonvent (1791-92),293, 284,287,294
Barock, 42,155 -
Assemblee des Notables in Frankreich (1787), 259-60
deutsch und österreichisch, 4 1 - 3 , 47-68, 7 1 - 2 , 77»
- 400 —
Register - französisch,41,98, ι ο ο - ι
- Amtseinsetzung: Joseph II., 235; Leopold II., 246;
- hochwertige Beispiele von monastischem Barock, -
Franz II., 246
84,320-1
- und Aufklärung, 231
italienisch,41,65,147
- Bevölkerung, 231
- Kritik, 7 3 , 1 0 1 , 3 2 0
- Edikte Josephs II., 237-8
- Niedergang, 7 3 - 7 6 , 1 5 5 , 1 9 8 ,
- und Franz II., 246-7,294
- spanisch und portugiesisch,127,132—3
- französische Herrschaft, 246,296-7
- und volkstümliche Kultur, 84,87,302
- im Vergleich zu Deutschland, 3 1 4
Basel, Vertrag v. (1795), 305,309
- französische Invasionen, 246,294
Bastille s. Französische Revolution
- und Gegenreformation, 231
Batthyäny, Graf Joseph, Kardinal Erzbischof v. Eszter-
- und Jansenismus, 1 9 7 , 2 3 1
gom, 228
- und Josephs II. Politik, 2 3 3 , 2 3 5 - 6 , 2 3 9 - 4 0
Baudeau, abbe, 321
- Klerus, Bestand im Verhältnis zur Bevölkerung, 231
Bauern, Kleinbauern, Untertanen, 3,4,42,65,88,266,
- Klöster, Mönche und Nonnen, 196,232,240,251
305
- Bestand, 2 3 1 , 2 4 0
-
Streitigkeiten mit Abteien, 65,82,83
- im Verhältnis zur Bevölkerung, 231
-
Besteuerung der, 82
- Grundbesitz, 2 3 1 - 2 , 2 3 9
Bayern, 3 , 1 6 , 3 0 , 3 6 , 4 8 , 6 2 , 7 0 , 7 8 , 8 8 , 3 0 8 , 3 3 0 , 3 3 6
- Kritik, 232
- Akademie, 8 6 , 1 1 4
- Lebensart, 232-4
- Abtauschpläne, 236-7,309
- Reichtum, 2 3 3 , 2 3 9 , 2 4 2 - 3 , 2 5 1
- und Jesuiten, 6 2 , 1 7 5
- Säkularisationen durch Joseph II., 239-40
- klösterlicher Reichtum, 88,310
- Säkularisationen rückgängig gemacht, 246,294
- Säkularisationen, 6 2 , 3 1 1 , 3 1 4 , Abb. 41: 315,
- Säkularisationen durch die Franzosen, 246
- Ansichten über, 2 1 1 , 3 3 6-8
- Unterstützung im Volk, 232,238,243,246,296
- staatlicher Gewinn durch, 3 1 4
- Unterstützung durch Bischöfe, 232, durch die
- staatliche Übernahme von Kulturgütern, 3 1 5 ,
Stände von Hainaut, 232
336-7
- und Leopold II., 245-6
Bayle, Pierre, 30
- und Regierung in Wien, 2 3 0 - 1 , 2 3 9
Bazin, Germain, 5 2 , 1 0 0
- Reichtum, 2 3 1 , 2 3 3 , 2 4 1 - 3
Bearn,92
- und Revolution, 238,242-3, Abb. 32: 244
Beaumont, Christophe de, Erzbischof v. Paris, 166
- und Staatsverträge, 230
Bec, Abtei in der Normandie, 9 7 , 1 1 2 ; Abb. 15 (a) und
- und Stände, 229,236-40,242-3,246,251
(b): 98-99; 272
- Vereinigte Republik, 243
Beccaria, Marquis Cesare, 204
- Verfassungen, 229,235-6,238—9
Beckford, William, Autor, 165
- bewaffneter Widerstand, 240-3
-
- s. auch Brabant, Flandern, Hainaut, Luxemburg
Vathek, 341
Bedienstete in Klöstern, 4 , 7 , 2 2 , 1 0 4 , 1 0 5 , 1 4 4 , 3 3 7
Benedikt, St., 137
Bedos, Dom, Autor v. L'Art du Facteur d'Orgues, 100
Benedikt XIII., Papst (1724-30), 8
Beer, Michael, Architekt, 65
Benedikt XIV., Papst (1740-58), 3 9 , 1 4 0 , 1 6 1 , 1 6 4 , 1 6 8
Beethoven, Ludwig van, 55,295
Benediktinerorden, Benediktiner, 4 , 8 , 1 4 , 1 5 - 6 , 2 2 ,
Beiern, portugies. Kloster, 124
3 1 - 2 , 3 9 - 4 0 , 5 2,68,79-88,93,
Beichtstühle, 42
94,124,137,171,190,312,339
Beichtväter, 4 1 , 1 0 5 , 1 0 8 , 1 1 0 , 1 1 6 , 1 5 9 , 1 7 6 , 1 9 0 , 2 1 0
- und Bruderschaften, 84
- Mönche als, 4 1 , 1 0 3 , 1 2 4 , 1 4 3 , 1 6 1 , 1 7 1 , 1 8 7
- Englische Kongregationen, 81
Bekehrungen zum römisch-katholischen Glauben, 28,
- Geschichte, 95-6
34,197 Belgien, 9,12,32,37,96,195,196,203,223,229-48,308
- Gelehrsamkeit und Forschung, 74,95-6 - s. auch Mauriner
- 401 -
Register - Kluniazenser, 91
- adlig, 83,103, i n
- unter Napoleon, 291
- und Bildung in Frankreich, 183
- Orden der Exemten, 188
- und frz. Revolution, 264,267,282-4,287,309
- portugiesische Reform, 13 2
-
- in Spanien, 1 2 4 , 1 6 9 - 7 0 , 1 7 1
- und Jansenisten, 94,166
- in Städten, 146
- und Klöster, Mönche und Nonnen, 3 2,33,94,
- in Ungarn, 2 2 6-2 8
Fürstbischöfe,40,62,64,83,309
103-4,117,125,184,187
Benediktbeueren, bayerisches Kloster, 16
189,206,232
Benevento, 175
- als Kommendatarabt, 3 5 , 1 1 1 - 2
Bentley, Thomas, 92
- und Priesterseminarien,33,143,322
Berlin, 75
- in den Ständen, 4 8 , 1 0 2 , 2 2 7
Bernhard, St., 95
Blanchard, 234
Berufungen, geistliche, 3 3 , 1 5 0 , 1 5 6 , 1 8 8 , 1 8 9 , 1 9 1 , 2 1 3 ,
Blanning,T.C.W., Historiker, 16
252,256,341
Blickle, Peter, Historiker, 65
Beschränkung der klösterlichen Autonomie in Frank-
Boaga, G., Historiker, 139
reich, i n , 156,203
Böhmen,32,35,41,60,197,221,226
Bessel, Gottfried, Abt v. Göttweig, 48,5 8
- Verhältnis der Ordensgeistlichen zur allgemeinen
Bevölkerung, 2 , 1 1
Bevölkerung, 196
- Behinderung des Wachstums durch Mönchtum,
Boisgelin, Erzbischof v. Aix, 274
185,258,259,336
Bolland, Jean, 96
- ländlich, 146
Bollandisten, 96,291
- Schwerpunkt auf Vermehrung, 162
Bologna, Konkordat v. (1516), 1 1 0
Bianchi, Isidoro, Camaldoleser Mönch, 1 5 1
-
und Klöster, 1 1 0 , 1 4 2
Bibel,37,38,56,72,122,177
Bonaparte s. Napoleon
Bibliotheken
Bondorf, Fürstentum, 73
-
Bonneval, Abtei, 272
-
monastisch,5i,53,56,6o,66,77-8,95,97,114, 128,190,221-2,233,241,248,219,334
Bordeaux, Abtei Ste. Croix, 100
staatlich,315,329-30,336,337
Born,Ignazv. 221
Bier, Erzeugung in Klöstern, 4 , 5 4 , 2 3 2 , 3 1 8 , 3 3 7
Monachologia, 221
Bildung, Schule, 8 6 , 1 2 2 , 1 3 9 , 2 9 9 - 3 0 0 , 3 1 9
Bosher, J. F., Historiker, 20
- in bischöflichen Seminarien, 1 1 7 , 1 9 5
Boskovic, Rudjer, jesuitischer Naturwissenschafter,
- in Frankreich, 104,115—6,183—4, 291, 296 - Kollegien (Jesuiten), 1 1 5 - 7 , 1 8 4 , 2 5 2 , 3 1 9 , 3 2 1
Bourbonen,frz., 103,288,291
- Konservatorien, 145—6,200,211,245
Bourbonen, span., 1 2 3 , 1 7 0
- Lehrorden, 1 1 5 , 1 1 7
Bouteville, frz. Minister in Belgien, 296
-
mNormalschulen,yy
Brabant, Herzogtum, 229,242
- in der österreichischen Monarchie, 1 7 6 - 7 , 2 0 0 ,
- Rat v., 229,236,238,240
207-8
- Revolutionen: kleine (1787), 238; große (1789), 243
- in Portugal, 164
-
- Rolle der Ordensgeistlichen, 5 , 8 , 1 7 - 8 , 4 9 - 5 0 , 5 6 ,
Brandenburg, 62
73-4,86,115-7,143,
159,161,164,176,183,339
Ständev.,229,236,238,240-42
Brantöme, Maurinerkloster, 97
- Schulung von Mädchen, 1 0 4 - 6 , 1 1 7 - 9 , 1 4 5 - 6 , 3 1 9
Brasilien, 132 - 3 , 1 6 1 - 2 , 3 0 5
- Training der Novizen, 49
Brest, 262
- s. auch Doktrinianer,Jesuiten, Lazaristen, Oratoria-
Bretagne, 102
ner, Piaristen, Suplizianer
Brewer, Bede, 82
Birnau, Wallfahrtskirche am Bodensee, 84
Briefe von Joseph II., weitgehend Fälschungen, 177—8
Bischof (Bischöfe), Erzbischof (-bischöfe)
Brienne, Erzbischof und Kardinal Lomenie de, 1 1 0 ,
- 402 -
Register 184,185,187,191,192,210,260
Cartesianismus, 1 1 6 , 1 8 4
267,330
Casoyo, Abt v., 306 Catania, Benediktinerkloster v., Sizilien, 148
Bruderschaften, 3 0 , 3 2 , 8 4 , 9 4 , 1 1 5 , 1 4 2 , 1 5 8 , 1 6 8 , 195,199,330; Abb. 28: 216
Cattaneo, Carlo, 144
Brüder der christlichen Schule, 1 1 7
Cela,Abtv.,304
Broutier, Prämonstratenser Mönch, Besitz, 97
Chadwick, Owen, Historiker, 1 6 , 1 3 7 , 1 4 2
Bruckner, Anton, 335
Champagne, Champagner, 93
Brüssel, 1 2 , 2 3 1 , 2 3 8 , 2 4 3
Chancelade, Kloster im Perigord, 93
- Coudenberg,Prämonstratenserkloster, 239,241,
Chantal, Jeanne de, 1 1 8 Chaplin, Maurus, Mönch im Kloster Lambspring,
Abb. 3 1 : 240
80-1
Bürgerkrieg, England, 1 1 Burgund, 102
Chartres, Bischof v., 270
Burgos, 306
Chätelet, Due du, 270
Bürokratie, österreichisch, 1 9 7 , 2 1 9 - 2 0
Chateaubriand, Vicomte de, 40,190,343 Genie du christianisme (1802), 290,343
Burke, Edmund, 1 4 , 2 7 8 - 9 , 3 4 1 - 3 - über französisches Mönchtum, 93,279,342
Chätillon, Karmeliterinnenkloster, 18
- als Prophet, 238,278-9
Chelsea, Krankenhaus, 15
- Reflections on the Revolution in France, 14,238,278,
China, 160 Choiseul, Mgr., Erzbischof v. Cambrai, 188
341-3
Choiseul,Duc de, frz. Minister, 1 6 7 , 1 7 6 , 1 7 7 , 1 8 5
Burney, Dr. Charles, Musikhistoriker, 74, 150
Chorgesang,(-gebet), 2 2 , 3 2 , 5 3 , 2 1 9 , 2 3 3
Busenbaum, Hermann, jesuitischer Kirchenrecht-
Christentum, 1 2 1 , 1 6 0 , 1 8 6 , 2 0 8 , 2 2 5 , 2 5 4
ler,160, 178
- Abschaffung in Frankreich, 287,330 Caen, Abteien, 97,254,320
„Christen, Neue" s. Portugal
Caffe, II, Zeitschrift, 1 5 1 , 2 0 4
Christina, Königin v. Schweden, 29
Cahiers de doleance, 260-3
Chronogramme, 66-7
- Meinungen der Stände über das Mönchtum
Church of England, (anglikanisch), 1 5 , 1 4 1 , 2 7 9 , 3 4 0 - 1
- Erster Stand (Klerus), 2 6 1 - 2
Churrigueresque, Spielart des Barock, 1 2 7 , 1 2 8
- Zweiter Stand (Adel), 263
Citeaux, Abtei, 3 4 , 9 1 , 9 7 , 1 0 7
- Dritter Stand (übrige Bevölkerung), 2 6 1 , 2 6 2 - 3
Clairvaux
- Zuverlässigkeit des Beweismaterials, 261
- Abtei, 97,107,288
Cahors, 262
- Abt v., 94
Calais, 92
Clark, J. C. D., Historiker, 14
Calas, Jean, 158
Clemens IX., Papst, 140
Calasanzjose, 139
Clemens XI., Papst (1700-21), 3 8 , 1 5 9 , 1 6 0
Calonne, französischer Minister, 259-60
Clemens XIII., Papst (1758-69), 1 3 8 , 1 7 4 , 1 7 5
Calvin, Calvinismus, 7 8 , 1 9 7 , 2 1 7
Clemens XIV., Papst (1769-74), 8 , 9 , 1 7 5 , 1 7 8 , 2 0 7 ,
Camaldoli, Kloster in Toskana, 1 4 6 , 1 4 7 , 3 0 0
325
- Orden v., 1 4 6 , 1 5 0 - 1
Clermont, Bischof ν., 2 8 8
Cambre, La, Zisterzienserinnenkloster, Belgien, 232
Cluny, 3 4 , 9 1 , 1 8 5
Cambridge, Colleges, 1 5 , 5 6 , 2 3 3 , 2 4 8 , 2 2 3 , 2 4 4
- Abtei, 34,97; Abb. 37 (a) und (b): 288-289
Campoformio, Vertrag v. (1797), 3 0 7 , 3 1 4
- Kommendatarabt, 185
Campomanes, Pedro de, spanischer Beamter, 1 7 1 - 4 ,
- Orden v. Cluny(Kluniazenser), 9 1 , 2 5 6 , 2 7 2 , 2 7 4
181
Cobbett, William, Historiker, 318
Caprara, Kardinal Giovanni Battista, päpsd. Nuntius in Wien, 2 1 9 , 2 2 1 Carlone, Carlo Antonio, 69
Coimbra, Universität, Portugal, 164-5 Colbert, frz. Minister, 1 1 3 Colleges, 1 5 , 3 2 , s. auch Cambridge, Oxford
- 403 -
Register
Collison, Patrick, Historiker, ι
Descartes, R e n e , : 1 6 , 1 6 9
Columbus, Christopher, 125
Design, Studium v., 184
commission des reguliers, Kap. 7 . 9 , 1 3 , 9 0 , 2 0 3 , 2 5 5 , 2 5 8 , 261 - Beweismaterial zuhanden der commission, 1 8 6 - 9 -
Despotismus/Absolutismus, 8 6 , 8 8 , 1 2 6 . 1 7 4 - Äbte des Despotismus bezichtigt, 8 2 , 1 8 8 , 2 5 2 , 3 0 4 - aufgeklärter Despotismus von Joseph II. für Ungarn
Schaffung der commission (1766), 185
vorgesehen, 229
- Edikte auf Empfehlung der commission·. (1768), 189;
- in Frankreich, 260,278
(1773)189,191
- Hauptmotiv für die Aufhebung der Jesuiten, 197,
- Anzahl der Säkularisationen, 1 9 1
286,299
- Auswirkungen im Ausland, 203
- fur die deutsche Säkularsation, 3 1 2 , 3 1 4
- Maßnahmen zur Bewahrung des Mönchtums, 189,191 -2,252
- Rechtfertigung in Pufendorfs Schriften, 3 1 2 - 3 - in Portugal, 163
- Umsetzung der Edikte, 1 9 0 - 1
Deutschland, 2 9 , 4 1 , 1 2 1 , 1 3 8 , 1 9 5 , 2 9 7
- Vergleich mit Josephinismus, 1 8 3 , 2 0 2
- Bevölkerung, 4 2 , 6 1 , 8 8 , 3 5 3
- Mitgliedschaft, 1 8 5 , 1 9 2
- Fürsten und Kirche, 6 1 , 1 1 0 , 1 7 5 , 1 8 0
- öffentliche Kontroverse, 1 8 5 , 1 9 1 , 2 0 3
- Katholizismus, Kap. 2; 2 , 5 , 9 , 1 4 , 2 9 , 6 6 , 8 9 , 9 4 , 1 2 2 ,
- Papst nicht konsultiert, 1 8 5 , 1 9 2
195-196,324
- ungenügende Repräsentation der Mönche, 1 8 5 , 1 8 7
- Klöster, Mönche und Nonnen
Compiegne, 18
- Anzahl, 88,141,345,355—6
Compton, James, Mönch in Lambspring, 80
- und Aufklärung, 86-8
Conde, Louis de Bourbon, Kommendatarabt, 1 1 2
- Barock, Neubauten, 41 - 2 , 6 1 - 8 4 ,
Condillac,philosophe, 20
- Gelehrte, 6 7 , 7 3 , 8 6 , 9 6
congrue (übliche Besoldung von Pfarrvikaren in Frank-
- Grundbesitz, 6 4 - 5 , 6 8 , 7 0 , 8 8
reich), 93
-
converses, bekehrte Juden in Spanien, 122
- Unabhängigkeit v. Klöstern, 5 , 4 1 , 6 4 - 5 , 6 6 , 7 0 ,
Cordeliers (Observante Franziskaner in Frankreich), 108,114,256
73>111 - s. auch Bayern, Heiliges Römisches Reich, Franzö-
Corneille, Pierre, 106
sische Revolution, Reichsklöster, reichsunmittelbar,
Coronelli, Vincenzo, 1 5 0
Säkularisationen
Coulmiers, M . de, Abt v. Abbecourt, 296
Deutsch, Sprache, 5 6 , 5 9 , 1 9 9
Coxe, Erzdiakon und Historiker, 302,304
Deutschritter, 23
Cowley, Prior v. St. Edmund, 88
Dickens, A . G., Historiker, 29 Dickson, P . G . M . , Historiker, 1 6 , 1 9 5 , 2 0 2 , 2 1 3 , 2 2 6 ,
Damiens, Robert, 166
227
Darmes, Edmund, Mönch in Lambspring, 80
Diderot,Denis,philosophe, 2 0 , 1 0 8 , 1 1 0 , 1 5 7 , 1 5 9
Dauberval, Tänzer, 105
- ha religieuse, 106
David, Jacques-Louis, Kunstmaler, 267
Dientzenhofer, Johann Leonhard, Architekt, 66
Deffand, Marquise du, 1 1 0
Dietmayr, Berthold, Abt v. Melk, 4 8 , 5 0 - 1
Delica, Guerilla-Anfuhrer der Kapuziner, 306 Dei deliti e dellepene (Uber Verbrechen und Strafen),
Departement du Nord, 266 Deportation, 2 9 7 , 2 8 6 , 2 9 9 , 3 0 0 , 3 0 7 De re diplomatica, 95
Säkularisationen, 6 6 , 7 6 , 8 1 , 8 8 , 3 0 7 , 3 1 1 - 1 6 ; Abb. 39: 3 1 2
Copsey, Pitt, Mönch in Lambspring, 80
„Demokraten", belgische, 240
>126-7,
!47
confreres, 183
204
IOO
Dillingen, Jesuitenuniversität, 1 8 1 Dillon, Erzbischof v. Narbonne, 254 Diözesen -
Geografie der, 3 3 , 4 7 , 2 8 4
- in Osterreich, 4 7 , 1 9 5 , 2 1 2 Doktrinianer, 1 1 7 , 1 8 3 , 2 8 5 Dogma, Zerfall des Glaubens an das katholische, 254
- 404 -
Register Dominikanerorden, Dominikaner, 6 , 8 , 2 3 , 1 2 5 , 1 7 2 , 2 6 6
- geistliche Mitarbeiter, 20,15 7
- Anzahl, 139,256
- und die Jesuiten,, 1 1 7 , 1 5 7 , 1 6 6
- anti-jesuitisch, 177
- Prospectus (1750), 156
- anti-revolutionär, 299,306
- kurzfristiges Verbot, 157
- Bischöfe, 125
- Verkauf und Verbreitung, 157
- Missionen, 1 2 4 , 1 2 5
Engelberg, Benediktinerabtei, Schweiz, 304
- in Pfarreien, 1 2 4 , 1 4 3
England, 4, t 4 , 7 9 , 1 6 2
- pro-revolutionär, 268,299)
- Äbte im mittelalterlichen House of Lords, 323
- in Städten, 1 2 5 , 1 4 6 , 2 6 6
- Ausbildung, 323
Dominikus, St., 23
- historische Tradition in, 1 3 - 5
Donau, Fluss, 44,47
- Klösterin, 1 4 , 2 5 6 , 3 1 8 , 3 4 0
Douai, engl. Ordenshäuser in, 25 2
- engl. Mönche in Deutschland, 79-81
Downside Abbey, 79,340
- Reisende (Touristen),engl., 9 2 , 1 2 9 , 1 3 2 , 1 6 3 , 1 6 4 ,
Dreißigjähriger Krieg (1618-48), 29,42,60,65,68,
2
3I,255»3°I - 2
- als Vorbild fur Frankreich, 256,258,277,326,333 Dritter Stand s. Generalstände
Entchristiansierung, 13
Dubois, frz. Kardinal, 1 1 0
Ephemerides du citoyen, Zeitschrift, 93
Dumouriez, General, 294
Erdbeben
Durham, 51
- Lissabon (1755), 1 2 7 , 1 5 8 , 1 6 3 - 5 - Süditalien und Sizilien (1782), 148
Edward VII., König v. England ( 1 9 0 1 - 1 0 ) , 335
Erzbischof (-bischöfe) s. Bischof
Egle, Markus, Abt v. Wilten, 48
Erzengel, 12
Eide, 246
Escorial, Palastkloster bei Madrid, 5 1 , 5 8 , 6 8 , 1 0 0 ,
- Josephs II., 229,235 - 7
123-4, t28, Abb. 1 7 : 1 2 9 , 1 3 2 , 1 3 3
- auf die Republik, 297
Estany, Louis Parent d', 104
- auf die Zivilkonstitution, 282-3,284,288
Ettal, Benediktinerabtei, Oberammergau, 84
- s. auch Gelübde
Eudisten, 1 1 7 , 2 8 5
„eidverweigernde" französische Kleriker s. „störrische Priester"
Eugen v. Savoyen, Fürst, General, 148,197 Evans J o a n , Kunsthistorikerin, 89-90
Einkommen, persönliches Eigentum v. Mönchen
Evans, R. J. W., Historiker, 16
und Nonnen, 32, 56, 97, 186, 192
Eybel, Professor der Rechte in Wien, 198,221
268, 270; Abb.: 36; 270 Einsiedeln, Benediktinerabtei, Schweiz, 3 0 1 - 2 ; Abb. 38:3035304 Einsiedler, 146
Familienstrategien und Klöster, 6 , 1 0 3 - 4 , 1 0 8 , 1 4 3 - 4 , 207,320,324,341 Fasten, 5 4 , 5 9 , 1 1 5 , 1 6 5 , 1 8 6 , 3 2 0
Einzäunung v. Allmendland, 8 5
Febronius, Pseudonym fur Hontheim, 40,198,209,253
Elisabethinerinnen, 227
- Verfasser v. Uber den Zustand der Kirche, 40
Elliott, Sir John, Historiker, 34
Fegefeuer, 3 3
Eisass, 92,98,281
Feijoo, Benito, span. Benediktiner, Professor, 169-70
Elton, Sir Geoffrey, Historiker, 1 1
Felbiger, Ignaz, Abt oder Propst des Prämonstraten-
Emigration, emigres, 284,287,290-91,332
serklosters Sagan, Schulreformer, 77,208,233
- Adel, 266
Feiler, F. X., ehemaliger Jesuit, 2 3 8 , 3 1 9 , 3 2 3
- Klerus, 283,287
Ferdinand, König v. Aragon, r 2 r - 2
- mehr Weltgeistliche als Ordensgeistliche, 287
Ferdinand VI., König v. Spanien (1746-59), 170
Enzyklopädie, erste alphabetische, 158
„Feudalismus" und die Klöster, 82,92, t43,266,268,
Encyclopedic, im. (1751-65), 2 0 , 1 0 1 , 1 5 6 - 8 , 1 6 9
303.335 Feuerwehr, 1 1 5
- Artikel überfoundations, 256
- 405 -
Register Filles de la Charite, 1 1 8 - 9
- Orden, neue Frauen-, 1 1 8 - 9 , r 4'> 2 53 _ 4>339
- Anzahl, 199
- und der Papst, 1 1 0 , 1 1 2 , 1 6 8 , 1 8 5 , 1 9 2 , 2 6 3 , 2 8 3
- Tochter der Weisheit, 262,285
- Privilegien des Adels, 1 1 2 - 3 , 2 6 6 , 2 6 8 - 7 0 , 2 9 1 , 3 2 4
Firmian, Graf Karl, Gouverneur der Lombardei, 204,
- Regionale Unterschiede, 92,187,263,275
206
- Staatsschulden, 259-60 - Vergleich mit der östereichischen Monarchie, 89,
Fischer,J. M., Architekt, 68
183,251-2,278
Fisher, Mr., Präsident v. Lambspring, 80 Fischteiche, 59; Abb. 5: 60
- Verfassung, 260,262,263,273,286
Flämisch, Sprache, 241,243
- Weltgeistliche, 9 1 , 1 1 3 , 1 4 3 , 2 6 1 - 2
Flandern, 9 2 , 2 2 9 , 2 3 4 , 2 3 6 , 2 4 2 , 2 5 1 , 2 7 6
- s. auch Französische Revolution, Generalstände,
Fleury, Kardinal, 1 1 0 , 1 5 5
Stände und Aufhebung des Jesuitenordens, 1 6 1 - 9 ,
Florenz, 2 , 1 4 7
173.179
- Dominikanerkloster San Marco, 147
Franz (Stephan) I., Kaiser (1745-65), 197
Folter, 204
Franz II., Kaiser (1792-1835), 179,294,309
Fontenelle, 30
Franz, Pater, SJ, 178
Fontevraud, königliches Doppelkloster, 9 2 , 9 7 , 1 0 3
Franziskaner, O r d e n , 4 , 8 , 2 3 , 3 1 - 2 , 3 6 , 1 3 7 , 3 1 9
Francois de Sales, St., 2 4 , 1 1 8
- Eigenschaften, 2 3 , 1 1 4 - 5 , 1 3 7 , 1 4 6
Franken, 2,84
- in Frankreich, 1 1 4 - 5
Frankreich, Kap. 3 , 7 , 9 , 1 0 ; 2 , 3 , 8 , 1 4
- als Gemeindepfarrer, Seelsorger, 2 3 , 1 2 4 , 1 4 3 , 1 4 7 , 214-5,228
- Akademien, 1 1 4 - Außenpolitik, 1 1 3 , 2 8 4 , 2 4 1
- in Italien, 1 3 7 , 1 3 9 , 1 4 6 - 7
- Bankrott, 168,260,274,344
- Observanten (Cordeliers in Franreich), 1 0 8 , 1 1 4 - 5 , 213
- Bündnis mit Osterreich, 1 7 5 , 1 4 1 - Barock, 41,98
- in Österreich, 2 1 3 - 5 , 2 4 7
- Commission des reguliers, Kap. 7
- in Portugal, 132
- Edikt v.Nantes, 178
- in Spanien, 1 2 4 - 5 , 1 7 0 - 2 , 3 0 6
- Edikte betreffend Klöster (1768), 189; (1773), 1 8 1 ,
- Orden Dritten Grades, 1 7 1
191
- nicht „reformiert", 1 3 , 2 3 - 4 , 1 1 4
- Eigenarten, 1 1 0 - 3 , 2 5 1 , 2 5 7
- inUngarn, 225-6,227,228
- Historiker, 1 3 , 9 5 - 6 , 1 0 2
- Zweige, 2 3 , 1 1 4 - 5
- Historiografie, 102
- s. auch Kapuziner, Minims. Armut, Rekollekten
- Kirche, und königliche Autorität, 1 1 0 - 3 , 1 6 8 , 1 8 4 ,
Franziskus, St., 2 3 , 3 6 , 1 1 5 , 1 3 7 Französische Revolution Kap. 9,10: 9 - 1 0 , 1 2 , 3 9 , 1 6 8 ,
192
122
- Besitz, 192 - Vermögen, Reichtum, 1 9 2 , 3 1 9
- und Architektur 1 0 0 , 1 0 1 - 2 , 7 4 - 5 , 2 8 7 - 8 , 3 2 1 - Armeen, 293,294,295,298,307,332
- Klöster - Anzahl, 9 0 - 3 , 9 6 , 1 1 4 - 5 , 1 9 6 , 2 9 1 , 2 5 6 , 2 9 1
- Aufhebung der Monarchie (1792), 286
- Architektur, 89—90,100-2
- Auswirkungen außerhalb Frankreichs, 293ff.
- gegenwärtiger Zustand der Gebäude, 89,102
- Auswirkungen auf Belgien, 240
- ungleiche Erfahrungen im 18. Jahrhundert, 100,
- Auswirkungen auf Deutschland, 293,295,307-16,
191,252-3,255-6
328,330
- Reichtum,Einkommen,91-2,93, i n , 1 0 5 , 1 1 4 , 187
- Auswirkungen auf Italien, 298-300 - Auswirkungen auf Portugal, 305-7
- Verlust an Eifer und Glaubwürdigkeit, 256,257
- Auswirkungen auf Spanien, 1 2 7 , 2 9 3 , 3 0 5 - 7
-
- Bastille, 265,268
Zehnten,92,251,270—1
- Kolonien, 166-7,253
- Bilanz der Säkularisationen, 3 3 1 - 2
- Notables,Assemble'edes (1787), 259-60
- Finanzierung des Staates, 270-2
— 406 —
Register
-
Kirchenpolitik, 2 5 1 , 2 5 3 , 2 7 0 - 1 , 2 7 6 , 2 4 7 - 8 , 2 9 5 ,
Gaudin, Verurteilung des Mönchtums, 284
306,310,338
Gefängnis, Kloster-, 80,106,206,208,320
-
Grund fur Bürgerkrieg, 284
Gegenreformation, Kap. 1
Klosterpolitik, 247,251,279-82,294,296
- und Belgien, 231
-
- und Deutschland, 4 1 - 3 , 7 2 - 3 , 7 9
Opposition gegenüber, 2 7 7 , 2 7 4 - 5 , 2 8 0 - 1
- im Vergleich zu Joseph II., 251,278,247-8
- und Frankreich, 93
-
Kriege, 80,286,310,333
- und Italien, 138,147
-
Landverkauf, 275,276,281,284,296,306,310,330,
- und Jesuiten, 4 1 , 9 4 , 1 1 5 , 1 5 9
339
- und Klöster, Kap. 1; 4 9 , 1 1 3 , 2 5 9 , 3 2 6
-
Religionspolitik, Versagen der, 283-4,287,290
- neue Orden, 23-4,33,322
-
Revolutionstradition, 89-90
- und die österr. Monarchie, 43
-
Symapthie der Vonckisten, 240
- und Portugal, 132
- im Vergleich zu Belgien, 251-2,263,275—6
- und Spanien, 1 2 2 - 3 , 1 7 0
- Verurteilung durch Burke, 14,238,278—9,343
- und Ungarn, 223
- Verurteilung durch Papst, 283
Gehorsam, Gelübde von, 33,107,189,326
- „zweite" Revolution, 286
Gelübde, 5 , 8 , 1 8 , 3 3 , 7 8 , 1 0 6 - 8 , 2 1 0 , 2 3 3 , 2 5 3 , 2 7 4 , 320,326
Französisch, Sprache, 59,138,241 -
Frauenklöster s. Nonnenklöster
Kritik an lebenslänglichen Gelübden, 144,204, 258-9
Freeman, Robert, Historiker, 53
- Abschaffung lebenslänglicher Gelübde in Frank-
Freimaurer, 1 2 , 1 5 , 1 5 1 , 1 9 7 , 1 9 9 , 2 1 5 , 2 2 0 , 2 2 1
reich, 243,251
Freisinniger Katholizismus im 19. Jahrhundert in
- und Jesuiten, 24,159
Belgien, 297 Friedberg, Karl Müller v., 304
-
Friedrich II. (der Große), König v. Preußen, 77,55,
-
Beibehaltung durch Joseph II., 2 21 Einfache Profess, 24; Abschaffung in Frankreich, 251
182,208,241,308,333
Geistliche Hofkommission (1782) unter Joseph II.,
Frömmigkeit, 3 3 , 7 5 , 7 6 , 9 6
210—11,216,220
-
Barock und Gegenreformation, 30,41
-
Entwicklung individualisierter Frömmigkeit, 75,
- für die Kerngebiete, 210,226; für Ungarn, 210,226
155,158,197-8
- Umsetzung v. Josephs Programm, 2 1 2 , 2 1 5 , 2 2 7 - 8 Geistliche Staaten im Heiligen Römischen Reich,
Fronde, 34
62-5,310
Fulda, Kloster und Bistum, 64,309 Fürbitte bei Heiligen, 33
- Abschaffung der geistl. Staaten, 312
Füret, Francois, Historiker, 13
- Diskussion über, 308,309 - Einstellung der Bewohner, 65-6,82
Gablerjoseph, Orgelbauer, 7 1 - 2
- Fragen der Kompensation, 309-10
Galileo, 140
- monastische Fürstentümer im Kleinformat, 62,
Galizien, Provinz in Polen, damals (1772) in der österr. Monarchie, 196,203,207 -
64-5,74,86,308 Gelehrsamkeit, Forschung, monastisch, 50,56,65,
Klöster, 196
77-8,150,184,255,319
Galizien, Provinz in Spanien, 306
- A b t Gerbert, 7 3 - 5 , 9 6 , 1 5 0 , 1 6 5
Galli-Bibiena, Architekt und Bühnenbildner, 5 2
- A b t Knittel, 6 6 - 7
Gallikanische Artikel, 168
- A b t Mendel, 335
Gallikanismus, 1 8 , 1 1 0 , 1 6 8 , 1 9 2 , 2 6 3 , 2 8 3
- in Deutschland und Österreich, 5 0 , 5 6 , 6 5 , 7 3 - 5 , 8 6
Garampi, Kardinal, päpstl. Nuntius in W i e n ( 1 7 7 3 -
- in Frankreich, 95-6,103
8 5 ) , 2 i 5 - r 7 , 2 i 9 -21
- historisch, 56,59,86,95—6,150,321
Gastfreundschaft, klösterliche Verpflichtung, 5 , 4 6 - 7 , 51-2,185,190,234,242,318
- und Jesuiten, 159 - in Kremsmünster, 59-60
- 407 -
Register - mathematisch, 8 6 , 1 5 0 , 1 5 9 -
Goethe, Johann Wolfgang ν., 15 ο
naturwissenschaftlich,59,125,150,335
Gotik, 98,127,288
- in Spanien, 124-5
- Roman (Gothic Novel), 341
- s. auch Mauriner
Gottesdienst, 5 , 1 7 , 2 3 , 4 2 , 5 4 , 5 5 , 1 0 0 , 1 8 6 , 1 9 2 , 1 9 7 ,
Gemäldegalerien
202,208,215,222,234
- monastisch, 5 9 - 6 0 , 1 2 8 , 3 2 0
- s. auch Tagesablauf im Kloster
- staatlich,privat, 3 0 0 , 3 1 5 , 3 3 7
Göttweig, Benediktinerabtei, Niederösterreich, 48,54,
Gemeinde, 83
58;Tafel4
Generalstände, frz., 2 6 3 - 4 , 2 7 1 , 3 2 8
Gouffre, Kaufmann in Marseille, 167
- von (1614), 1 1 4 , 2 5 9
Gouttes, Abbe, 273
- von (1789), 260,263;
Granada, 1 2 1 , 1 2 5 , 1 2 7
- Forderung nach Einberufung, 259-60,263
- Kartause, i27;Tafel 9
- und Klerus, 264
Grande Chartreuse, 9 1 , 1 0 4
-
Stände
Grasse, Dominikanerkloster, 190
- Erster Stand, 260,262,264
Greco, El, 129
- ZweiterStand, 260,263,284
Gregorianischer Gesang, 17
- Dritter Stand, 260-3,267
Griechische Architektur, 101
- Umwandlung zur Nationalversammlung, 263-4
Grenoble, 184
- neue Zusammensetzung, 264
Gross, Hanns, Historiker, 141
- s. auch, Nationalversammlung, Cahiers de doleances
Großbritannien, ro, 1 4 , 1 2 2 , 1 8 2 , 2 4 1 , 2 5 6 , 2 7 9 , 2 9 4 ,
Generalversammlung des Klerus in Frankreich, 1 1 0 , 114,184-5,191,260,273
297.305.340,341 - britische Klöster im Ausland, 1 5 , 7 9 - 8 1 , 2 5 2
Generäle und Vorgesetzte v. Orden, 1 5 0 , 1 6 0 , 1 6 7 , 1 7 3 , 182,325
- britische Expeditionstruppen, 305—6 - s. auch England
Genua, Republik, 137
Grundbesitz, monastisch, allgemein, 3 - 4 , 6 8 , 7 0 , 1 2 7
Geoffrin, Madame de, 1 1 0 , Abb. 16: 109
Guadalupe, Marienheiligtum, Spanien, 1 2 4 , 1 2 7
Geografieunterricht, 59
Gugger, Fürstabt v. St. Gallen, 77
Georg III,. König v. England (1760-1820), 234,304
Guyana, Strafkolonie, 286
Georg V., König v. England (1910-36), 335
Guignes, Mile. De, 107-8
Geras, Prämonstratenserabtei, Österreich, 54,219 Gerbert, Martin, Abt v. St. Blasien, 7 3 - 7 , 8 5 , 9 6 , 1 5 0 , 165
Habsburg, Dynastie, 7 4 , 1 2 3 , 1 7 0 , 1 7 8 , 2 3 0 - Erzherzoginnen, 1 2 3 , 1 2 9
Gerle, Dom, Karträuser, 2 6 7 - 8 , 2 8 1 - 3
- österreichisch, 2 9 , 3 6 , 4 6 , 7 4 , 1 3 8 , 2 3 0
Gesamtkunstwerk, 5 2-3
- spanisch, 170
Gent, Stadt, 233,242
Habsburgermonarchie s. Österreichische Monarchie
- Benediktinerabtei St. Peter, 232-9,242
Hagenauer, Dominikus, Abt v. St. Peter, Salzburg, 86
- BischofLobkowitz, 235
Hainaut, 246
- Kartäuserkloster, 236-7
- Stände, 232
- s. auch Malingie, Seiger
- Amtseinsetzung von Franz II., 246
Gibbon, Edward, 1 5 , 9 6 , 3 0 1
Hantsch, Hugo, Mönch in Melk, Historiker, 335
Gidding, Little, 15
Harsnep, Mönch in Lambspring, 82
Giunta economale, Kommission zur Untersuchung der Kirche in der Lombardei, 204
Hatzfeld, Graf, 201 Hauntinger, Mönch, Bibliothekar in St. Gallen, 77-8
Gleichförmigkeit, unter Joseph II., 223,226,228,275
Hautefort, Familie, 107
Glocken, 1 0 3 , 1 4 2 , 1 6 5 , 2 3 5 , 2 8 6 , 2 9 7 , 3 3 7
Hautevillers, Abtei in Champagne, 93
Gloucester, Herzog v., 234
Hawkins, Sir John, Musikhistoriker, 84
Glücksspiel, 144
Haydn, Franz Josef, 5 5
- 408 -
Register Haydn, Michael, 3 21
Inquisition, 1 2 2 , 1 2 5 , 1 5 1
Heatley, Maurus, Abt v. Lambspring, 80-1
- portugiesisch, 1 3 3 , 1 6 4
Hedouin, Prämonstratensermönch, 253
- römisch, 1 4 0 , 1 5 1
Heilbäder als Klosterbetrieb, 6 1 , 9 3 , 3 1 8 , 3 3 5
- spanisch, 1 2 8 , 1 6 9 , 1 7 4 , 3 0 6
Heiligenkreuz, Zisterzienserkloster, Niederösterreich,
- venezianisch, 206
321
Irland, 7 9 , 1 8 2 , 3 4 0
Heinrich VIII., König v. England (1509-47), 1 1 , 3 5 ,
- Nord-, 4 Isabella, Königin v. Kastilien, 1 2 1 - 2 , 1 2 5
247.333 Heinrich IV., König v. Frankreich (1598-1610), 1 1 5 ,
Isla, Jose Francisco de, jesuitischer Polemiker, 170 Italien, Kap. 5; 2 , 3 , 6 , 1 6 , 3 0 - 1 , 3 5 - 6 , 5 8 , 7 4 , 9 6 , 1 2 2 ,
178,256
195,223
Helvetische Republik, 203 Helvetius, 158,258
- und Aufklärung, 203-4
- Del'esprit, 158
-
Herkules-Symbolik, 53,66
- und frz. Revolution, 251,298-300
Hermann, Christian, Historiker, 1 2 , 1 7 , 1 7 4
- Gegenreformation, 1 3 8 , 1 4 7
Hermans, Godfrid, Abt des Prämonstratenserklosters
- Klöster, Mönche und Nonnen in Italien, 139-40,
Tongerlo, 2 4 1 - 3
Barock,41,127,138,147
143.344
Herr, Richard, Historiker, 305
- Anzahl, 138-40,207,345
Herrmann, Wolfgang, Kunsthistoriker, 102
- gemeinsame Charkateristika, 1 3 8 - 9 , 1 4 6
Hervier, Augustinermönch, 253
- Musik, 7 4 , 1 4 5 - 6 , 1 5 0
Hexen, Hexerei, 6 6 , 1 7 4 , 1 9 7
- regionale Unterschiede, 139
Herz Jesu Kult, 3 6 , 1 4 0
- Reichtum, Grundbesitz, 1 3 8 , 1 4 2
Hieronymiten, iberischer Orden, 1 2 4 , 1 2 8
- Säkularisationen durch die revolutionären Regie-
Hildebrandt, Lucas, Architekt, 58,81
rungen, 298,299
Hildesheim, Bistum, 79,81
- in der Lombardei, 206
Historiker, Historiografie der Klöster, 1 0 - 1 6 , 1 7 - 8 , 1 9 , 56,59.96 Histoire de Dom B, 258
- in Venedig, 206,317 - im Vergleich mit anderen Ländern, 1 4 1 - 3 , 1 4 6 - 7 - Verhältnis zur allgemeinen Bevölkerung, 139,
Histoirephilosphique du monachisme, anonym (1788), 257-8
140-1 - Verhältnis zum Weltklerus, 1 3 8 , 1 4 0
Hitler, Adolf, 335
- politische Zersplitterung, 1 3 7 - 8 ,
Hoffmann, Caspar, Abt v. Melk (15 87-1623), 46
- s. auch Aufklärung, Genua, Lombardei, Kirchen-
Holländische Republik, 230,237,239,240-2,294,297
staat, Neapel, Päpste
Höller, jesuitischer Beichtvater, 1 7 8 , 1 8 0
Sardinien, Sizilien, Toskana, Venedig
Hontheim, Suffraganbischof v. Trier, 240
Ixnard, P.M., Architekt, 7 4 , 1 0 1
- s. auch Febronius Hufton, Olwen, Historikerin, 16
Jagd, 67,270,335
Hugenotten, 29,39
Jakobiner, 268,293,332 James II., König v. England, und VII. v. Schotdand, 29
Hyller, Sebastian, Abt v. Weingarten, 70
James, Henry, 329 Jansen, Cornelius, 37
Idomeneo, und Gelübde, 204
Jansenismus, Jansenisten, 3 7 - 9 , 9 4 , 1 1 5 , 1 5 9 , 1 6 0 ,
Imola, Bischofssitz des späteren Papstes Pius VII.. 299
166-7,169,188,255,257,272,325
Indianer, südamerikan., 1 6 2 - 3 , ^ 4
- in Belgien, 197,238
Industrialisierung, 333
- und Jospeh II., 220
Infame (unheilvoller Einfluss der Kirche), 158
- und Maria Theresia, 1 7 7 , 1 9 7
Innozenz X., Papst, 34
Jemappes, Schlacht v., 294
Innsbruck, 48
- 409 -
Register Joseph II. Kaiser (1765-90), Alleinherrscher in der
Jephta und Gelübde, 204 JesuitenJesuitenorden, Gesellschaft Jesu, 1 , 1 3 , 2 4 , 2 9 ,
österreichischen Monarchie (1780-90), Kap. 8; 9 , 1 7 , 6 1 , 7 7 , 8 6 , 2 0 i , 2 1 4 , 2 1 5 ,
33.41.65,78,94,115-7,125 132,156,158-61,167,338,339
2I
7 > 2 4 3 > 2 4 7 > 2 7 5 > 2 7&> 3 3 3
- Ablehnung durch Universität Salzburg, 160
- Abschaffung v. Bruderschaften, 330,334
- Anzahl, 1 1 5 , 1 5 9 , 1 7 2 , 1 7 3 , 1 8 3 , 1 8 6
- und Beethoven, 295
- Aufhebung des Ordens (1773), Kap. 6; 1 5 9 , 1 6 1 - 6 6 ,
- und Belgien, 203,232,235-43
180,317
- Despotismus, 229,240,243-4,343
- Auswirkung, 1 5 9 , 1 8 0 - 4 , 2 0 3 > 298,324-5
- allgemeine Einstellung zur Religion, 209,219,
- in Deutschland, 175
221-2,226;Toleranz, 1 8 0 , 1 9 5 , 1 9 7 , 2 2 6 , 2 3 5
- in Frankreich, 90,15 8 , 1 6 6 - 9 , 1 8 3 - 4 , 1 8 5
- Einstellung gegenüber den Jesuiten und ihrer Auf-
- vielschichtige Gründe, 1 5 9 , 1 8 1 , 3 2 5
hebung, 1 7 5 , 1 7 7 - 8 0 , 1 9 7
- in Italien, 1 3 8 , 1 6 0 , 1 7 4 , 2 0 5
- Einstellung gegenüber den Mendikantenorden,
- in der österreichischen Monarchie, 174-80,
213-5
196-7,208
- und Josephinismus, 6 2 , 1 9 5 , 2 1 5 , 2 2 3 , 2 4 7
- in Portugal, 164, Abb. 25: 165,203
- Klosterpolitik und -reform, 1 8 0 , 1 8 3 , 1 9 5 , 1 9 9 ,
- in Spanien, 170-4,306
201-2,209-13,217,223,237-9,247,251,317,336
- in Südamerika, 1 6 2 - 3 , 1 7 1 , 1 8 0 , 3 2 5
- Konzept von Bildung, 1 9 5 , 2 0 1 - 2 , 2 0 8 , 2 1 0
- Übernahme der pädagogischen Rolle durch an-
- Memorandum (1773), 179; (1765), 2 0 1 - 2 , 210
dere Orden, 1 1 7 , 1 3 9 - 4 0 , 1 6 4 , 1 7 4 , 1 8 1 , 1 8 3 , 2 2 6 ,
- und Österreich, 2 0 9 - 1 1 , 2 2 3
325
- Säkularsationen, 7 8 , 1 9 6 , 2 1 0 - 1 1 , 2 1 2 , 2 1 4 , 2 1 7 , 2 2 2 ,
- Zusammenfassung, 180-2
227,235
- und Aufklärung, 1 1 6 , 1 8 1
- und Ungarn, 223-9
- als Beichtväter, 4 1 , 1 1 6 , 1 5 9 - 6 0 , 1 6 1 , 2 0 0 , 1 7 8 , 3 2 4
- Vorliebe für Statistik, 195-6
- Bruderschaften, 1 1 5 - 6 , 1 6 0 , 1 6 8 , 1 7 6 , 1 7 8
Joseph I., König v. Portugal (1750-77), 1 5 5 , 1 6 2
- ehemalige Jesuiten, 1 7 9 , 1 8 0 , 1 8 2 , 2 3 8 , 2 4 2 ; Pensio-
Joseph (Bonaparte), König v. Spanien, 306
nen, 1 6 8 , 1 7 3 , 1 8 1
Josephinismus, Bedeutung, 195
- Eigenart, 1 5 9 - 6 0 , 1 8 0
Joubert, General, 298
- Gelehrsamkeit, 8 6 , 9 6 , 1 5 9 , 3 2 1
Journalismus, monastisch, 9 3 , 1 7 7 , 2 3 8
- als Gemeindepfarrer, Seelsorger, 1 2 4 , 1 8 0
JoyeuseEntree, 229,236,239,240
- Gründe für Unbeliebtheit, 1 1 7 , 1 6 0 , 1 6 3 , 1 8 1
Juden, 1 2 2 , 1 6 5 , 1 9 5 , 1 9 7 , 2 2 6 , 2 5 5 , 2 8 1
- und Jansenismus, 3 8 , 1 1 5 , 1 6 0 , 1 6 6 , 3 2 5
Juvara, Filippo, Architekt, 147
- geistiges Kaliber, 1 5 9 - 6 0 , 1 8 1 - Kollegien, 1 1 5 - 6 , 1 8 3 - 4
Kalmus, Henry, Mönch in Lamspring, 79
- als Lehrer, 4 1 , 1 1 5 - 6 , 1 1 7 , 1 5 9 , 1 7 6 , 1 7 8 , 1 8 2 , 3 1 9
Kalender, Ersatz des gregorianischen durch den revolutionären, 2 8 6 - 7 , 3 ° 7
- undphilosophes, 1 1 7 , 1 5 7 , 1 6 6 , 1 8 1
Kampmiller, jesuitischer Beichtvater v. Maria Theresia,
- und scholastische Theologie, 4 1 , 8 6 , 1 6 0 , 1 8 4
177
- und Theater, 55,84 - und t/mgem'iaj, 3 8 , 1 6 0 - 1 , 1 7 7
Kanonissen, 1 1 0
- Vermögen, Reichtum, 1 6 0 , 1 6 2 , 1 6 4 , 1 6 7 , 1 7 1
- Ste. Waudru, Möns, 246
- s. auch Bruderschaften, Inquisition, Mission,Paris
Kanoniker, 19,22,246 Kant, Immanuel, 86
(Sorbonne), Universitäten, Zensur Jimenes, Kardinal, span. Minister, 1 2 2 - 1 2 3
Kantaten, 55,146
Jobst, Alfons, Abt v. Weingarten, 7 2
Kaplaneien, unter Joseph II., 2 1 3
Johannes vom Kreuz, St., 129
Kapläne, 4 8 , 1 2 3 , 2 0 8 , 2 1 3 , 2 1 5
Johann V., König v. Portugal (1706-50), 5 8 , 1 2 3 , 1 5 5 ,
- s. auch Adel
161
Kappel, Wallfahrtskirche, 84
— 410 —
Register Kapuziner, 7 , 2 3 , 3 3 , 4 1 , 1 1 5 , 1 5 6 , 3 0 4 , 3 0 6
- in Spanien und Portugal, 1 2 2 , 1 3 3 , 1 6 4
- Bestand, 1 1 5 , 1 3 9 , 2 2 7 , 2 5 6
Keuschheit, Gelübde der, 5 , 1 9 , 3 3 , 1 0 7 - 8 , 3 2 6
- Berufungen, 1 1 5 , 1 5 6
Kirche, konstitutionelle, 282,287,290
- Eigenschaften, 1 1 5
- s. auch Zivilkonstitution des Klerus
- Kritik an deren „Armut", 204
Kirche, römisch-katholisch, 1 9 7 , 2 2 5 , 2 3 1 , 2 5 1 , 2 6 8 , 288
- Unterstützung von revolutionären Regierungen, 299 - Weigerung das Kloster zu verlassen, 280
- Autorität, 1 2 3 , 1 5 7
Kardinal, 8 , 3 6 , 1 4 3 , 1 6 1
-
Karikaturen, 88,269; Abb. 35: 269; Abb. 36: 270; Abb.
Grundbesitz,4,11-12,131,186,187,192,338 - Enteignung, 2 7 1 - 3 , 2 7 5 , 3 2 7 , 2 7 6 , 2 8 8 , 3 3 0
41:315
- Bewertung des Mönchtums: unwesentlich, 186,259,
Karl Eugen, Herzog v. Württemberg, 128
290
Karl V., Kaiser, 128
- wesentlich, 186,259,299
Karl VI., Kaiser ( 1 7 1 1 - 1 7 4 0 ) , 5 8 , 1 5 5 , 1 9 7 , 2 0 0 , 2 2 3 Karl II., König v. Spanien (1665-1700), 170
Kirchenstaat, 2 , 6 4 , 1 3 7 - 8 , 1 4 3 , 1 5 1 , 1 7 5 , 2 9 9 , 3 0 8 -
Karl III., König der beiden Sizilien (1734-59), 1 3 7 , 1 4 7 König v. Spanien (1759-88), 1 3 2 , 1 7 1 - 2 , 3 0 6
Klöster, Mönche und Nonnen, 139,142,298 Klasse als historischer Faktor, 3 3 1 Klassenkampf, 1 1
Karmeliter, 268
Klassizismus, 7 4 - 5 , 1 0 1 - 2 , 1 4 7 - 8 , 1 5 5 , 1 7 1
- Mönche, 1 3 2 , 1 3 9 , 3 0 6
Klausur, 4 9 , 5 1 , 6 8 , 1 0 2 , 1 0 7
- Nonnen, 1 1 8 , 1 2 9 ; Barfußerinnen (Descalzas), 129
- strenger für Nonnen (1566), 33
Karneval, (Fasching), 144,198
- für Mönche in Frankreich (1773), 192
Kartäuser, Kartäuserklöster, Abb. 1: 21; 2 2 , 9 1 , 9 3 , 1 2 4 ,
Kleber, Jean-Baptiste, Architekt und General, 98 Kleidung v. Mönchen und Nonnen, 1 8 5 , 1 8 6 , 1 9 8 , 2 1 7 ,
127,192,210,256,266,291, Kartenspielen, 56,144,258
258
Kastilien, 1 1 , 1 2 1 , 1 2 3 , 3 0 5 , 2 0 6
Klerus als Gesellschaftklasse, 3 3 1
Katalonien, 305
-
Katechismus, 74,208,333
Ordensgeistliche - nach allg. Einschätzung zu zahlreich, 3 7 , 1 4 2 ,
Katharina II.,russ. Zarin, 1 4 8 , 1 7 9 , 1 8 2 , 2 0 4 , 2 3 4 , 3 3 3 - Beibehaltung der Jesuiten, 182
186,208,322 - Bestand im Verhältnis zur Bevölkerung, 3 1 , 1 3 9 ,
- Säkularisation von Klöstern, 203
140-1,196
Kathedralen (Dom), 1 2 3 , 1 2 6
- Definition, 19-25
„Katholische Aufklärung", „Katholische Reform", 3 1 ,
- im Vergleich zu Weltgeistlichen, 9 1 , 1 2 3 , 1 3 1 ,
59. 158-9»
l8l
240,259,317
> 2 53
- s. auch Klöster, Mönche, Nonnen und einzelne
- (Deutschland), 1 5 8 , 1 6 9
Länder
- (Frankreich), 252,253
- Weltgeistliche
- (Spanien), 169-70
- Antagonismus gegenüber Jesuiten, 1 1 7 , 1 2 4 , 1 7 0 ,
„Katholische Reformation", 3 1 , 1 2 2
189,212,322
- s. auch Gegenreformation
- Bestand im Verhältnis zur allg. Bevölkerung, 3 1 ,
Kaunitz, Wenzel Anton v., Graf, seit 1764 Fürst
84,131.135
- Erster Minister in Österreich, 1 7 7 , 1 8 0 , 1 8 1 , 2 0 3 - und Belgien, 229,231
- Bedürfnis ihre Zahl zu vermehren, 189,3 2 1 - 2
- über Bildung, 208
- Definition, 19
- über Klöster, 202,208
- als Priester für monastische Pfarren, 49
- Reformen in der Lombardei, 203,206-7; Säkulari-
- Mitarbeiter an Encyclopedic, 2 0 , 1 5 7 - Niederer Klerus in Frankreich, 262,264,267
sationen, 207 Kempten, Stadt, 65
- als Staatsminister, 1 1 0 , 1 4 3
- Benediktinerabtei, 65-6,82
- im Verhältnis zu Ordensgeistlichen, 3 1 , 3 7 , 9 1 , 131,140,231,240,317,339
Ketzerei, 2 1 5 , 2 2 0
- 411
-
Register
- im Vergleich zu Ordensgeistlichen, 31,91,123, 259
- Vermehrung der Anzahl durch Joseph II., 212,
-
Seminarien, 3 4 , 4 9 - 5 0 , 1 1 7 , 1 2 6 , 2 0 0
-
in S t ä d t e n , 3 , 1 0 2 , 1 2 5 , 1 3 1 , 1 4 4 , 1 4 6 , 1 8 6 , 1 8 9 , 2 7 7
- Unabhängigkeit innerhalb des Heiligen Römischen Reichs, 5 , 6 2 , 6 5 - 6 , 7 0 , 8 1 - 8
228
- s. auch unter einzelnen Ländern
- Vernachlässigung durch Papst, 181,290
Kley, Dale Van, Historiker, 167
- Vorschläge zur totalen Aufhebung, 204
Klöster, Mönchtum, europäisch, katholisch
- Vorteil fur die kath. Regierungen, 35,82,193,322 - Wiederbelebung im 19. Jahrhundert, 9,90,182,247,
Anzahl, 2 , 3 1 , 9 0 - 3 , 9 6 , 1 1 2 , 1 2 6 , 1 3 1 , 1 3 9 , 1 4 0 - 1 ,
-
254,291,334-5,338-41
185,191,195-6,256,317-18
- wirtschaftliche Bedeutung, 4,45-6,93,123
- als Arbeitsgeber, 4,98,232,263,275,318,321,337 Bautätigkeit,41-3,50-3,65,66,68,70,75,100,132,
-
- s. auch Architektur, Stände, Reichsklöster, Biblio-
147-50,275
theken, Mönche, Nonnen, Pfarreien, Ordens-
Bedeutung,gesellschaftlich, 1 - 7 , 8 3 , 1 0 2 - 3 , 1
-
geistliche, Testamente, einzelne Länder, Orden und Abteien
-
u n d Bildung, 8 , 4 9 , 5 9 , 7 0 , 7 4 - 7 , 8 6 , 1 2 4 , 1 3 9 , 2 0 7 - 8 ,
Klöster, orthodox, 19,203
263,277,318-19
Klosterneuburg, 55,58; Abb. 4: 59; 155
- Darlehen an Bauern, 337
Knittel, Benedikt, Abt v. Schöntal, Zisterzienserkloster, 66-7, 72
- Darlehen an Regierungen, 36,319
Knowles, David, Benediktinermönch und Historiker,
- Definition, 19
66-7
- Disziplin, 39,46,49,67,76,95,115,185,189,255,
Kollegien s.Jesuiten, Bildung
314 - extra-territorialer Charakter, 5,35,210,235,313,325
Köln, Stadt, 62,88,245
- Freistellung von bischöflicher oder staatlicher Auf-
- Erzbischof und Kurfürst, 62,295,308
sicht, 3 , 5 , 3 5 , 4 9 , 1 1 , 1 8 4 , 1 8 6
Koloman, St., 51 Kolonien, 1 2 5 , 1 2 8 , 1 6 1 - 3 , 1 6 6 , 1 6 7 , 1 7 0 , 1 7 1
2
33>3 I ^>3 2 2 >3 2 ^ - als Förderer und Mäzene der Kunst, 4 , 1 4 7 , 3 2 0 - 1
Komödien, deutsch, 56
- Fortschritt im 18. Jahrhundert, 81,89,93,139 -
Kommendataräbte, Kommende, 35,143,255,343
Grundbesitz, 3 - 4 , 4 2 - 3 , 6 8 , 7 0 , 9 2 , 1 4 2 , 1 8 6 , 3 1 8 ,
-
332-3.337-8 -
in F r a n k r e i c h , 1 1 1 - 1 3 , 1 8 8 , 1 9 2 - 3 , 2 5 2 , 2 5 4 , 2 6 8 , 272
- in der österreichischen Monarchie, 198,217-8
Grundprinzip, 1 , 5 - 6 , 1 7 , 3 2 - 3 3 , 4 9 , 2 7 7 , 3 1 7
„Kompensation durch Säkularsation" in Deutschland,
- Hindernisse für die Verbesserung v. städtischen Inf-
309-10
rastrukturen, 1 1 4 - 5 , 1 4 6 - 7 , 1 8 7 -
als H o t e l s , 5 , 4 6 - 7 , 5 1 , 5 2 , 1 8 5 , 2 3 4 , 3 2 0
Kongregationen, 20,23,33,39,94>
-
und Infrastruktur, 8 6 , 1 2 3 , 3 3 7
- Benediktiner von St. Maur s Mauriner
296
- interne Streitigkeiten, 80-1,184,188,198,255,304
- von Bischöfen und Ordensgeistlichen (päpsd.), 36
- Käufer v. monastischem Grundbesitz, 174,330-1
- der Christlichen Lehre s. Doktrinarier
-
Klausur, 4 9 , 5 1 , 6 8 , 1 0 2 , 1 0 7 , 1 9 8
- Bedeutung, 20-1
-
K r i t i k , 3 2 , 3 7 , 7 3 , 7 9 , 8 7 - 8 ; A b b . 1 3 : 87; 1 1 2 , 1 6 9 ,
-
185-7, 2 0 4>
- von Mönchen und Laien, 116
2 2
3 > 256~7,258,277,2*®5> 3!9>
325-6 -
- weltliche Frauenkongregationen in Frankreich, 118, 285-6,291,296-7,300
N i e d e r g a n g i m 18. J h . , Kap. 7; 3 1 , 1 1 9 , 1 5 1 , 1 5 6 , 159,184,186-7,
von K l ö s t e r n , 4 6 , 8 0 , 9 5 , 1 8 9
2
55> 2 5 ^
Konkordate
- Reform, Kap. 6,7,8; 31,34,3 7
-
V.Bologna,(1516), 1 1 0 , 1 1 2
- Reichtum, Einkommen, 3-4,31,44-6,64,65,70,
-
mit Frankreich (1801), 2 9 0 , 2 9 7 , 2 9 9 , 3 1 0
91,112,142,147,180,187,255-6,266,326
- Säkularisationen s. einzelne Länder und Orden -
S c h u l d e n , 6 6 , 7 0 , 7 9 , 8 0 , 1 6 7 , 1 8 8 , 2 2 2 , 239, 2 5 5 , 3 1 5
-
412
-
m i t Italien ( 1 8 0 2 ) , 299
-
mit Spanien (1737) u n d (1753), 1 1 0
Konskription, militärisch, 295,297
-
Register Konservatorien (meist weiblich), 2 0 0 , 2 1 1 , 2 4 5
- s. auch Grundbesitz, Wein
„Kontinentalsperre" v. Napoleon, 305
Lambach, Abtei, Oberösterreich, 84,335
Konz Johann Mathis, 297
Lambspring, Benediktinerabtei, Norddeutschland,
Körperliche Arbeit in Klöstern, 76
79-81
Körperstrafe, 106,320
Langheim, Zisterzienserkloster, 84
Korsika, 300
Languedoc, Stände v., 254
Krankenpflege und Schule, 1 1 5 , n 8 , 1 2 5 , 2 1 8 , 2 7 7 ,
Laon, Kloster St. Martin, 104
296,299-300,310,318,337,339
Larive, frz. Schauspieler, 105
Kremsmünster, Benediktinerstift, Oberösterreich,
La Rochefoucauld, Erzbischof v. Rouen, Kardinal, 34,
59-60,92
185
- Fischteiche, 5 9; Abb. 5:60
Lateinisch, 5 6 , 6 6 - 7 , 7 8 , 1 8 4 , 1 9 9 , 2 1 7
- Mathematischer Turm, 59; Abb. 6: 61
La Tour du Pin, Madame de, 2 5 4
Kressel, Freiherr v., Vorstand der Geistlichen Hofkom-
La Trappe, Zisterzienserkloster, 95
mission, 210, 2 2 0 - 1 , 2 2 6
Laugier, Marc-Antoine, Architekturtheoretiker, 1 0 1 ,
Kreuzgang, 5 1 , 1 1 3 , 1 4 7 , 1 9 0 , 2 9 4
321
- Santa Chiara, Neapel, 147; Tafel 7
La Valettejesuit, 1 6 7 , 1 6 8 , 1 8 4
Kreuzweg, 36
Laven, Mary, Historikerin, 144
Kreuzzüge, 1 2 1 , 1 2 3 , 1 2 6 , 3 0 6
Lawrence, C. H., Historiker, 1
Kriege
Lazaristen, 1 1 7 , 2 8 5 , 2 9 1
- Auswirkungen der revolutionären, Kap. 10
Lecce, Süditalien, 140,148
- s. auch Dreißigjähriger Krieg, Österreichischer
Lecestre, Leon, Historiker, 91
Erbfolgekrieg
Lees-Milne James, Kunsthistoriker, 132
Siebenjähriger Krieg, Spanischer Erbfolgekrieg
Leibeigene, 230,330
Krimkrieg, 1 1 8
Leibniz, G . W., Philosoph, 30
Kroatien, 223
Leo X., Papst, 2 1 7
Kurfürstentümer. 62,64—5
Leopold III., Babenberger, Markgrafv. Österreich
- geistlich, 62,333
(1485 heilig gesprochen), 5 8
- weltlich, 62
Leopold II., Großherzog v.Toskana (1765-90), 175,
Labrousse, Suzanne, 282
Kaiser und Herrscher in der österreichischen Monar-
178,220 La Chalotais, Louis-Rene de, 169
chie (1790-2), 214,245
Ladurie, E. Le Roy, Historiker, 13
- Anzahl der Klöster, Mönche und Nonnen in der
La Fleche,Jesuitenkolleg, 1 1 5 - 1 6
Toskana, 245
La Gorce, Pierre de la, Historiker, 280
- Klosterpolitik in der Monarchie, 246; in der Tos-
Laien
kana, 245
- Männer und Frauen, 1 3 , 1 7 , 3 0 , 4 0 , 8 4 , 8 7 , 1 8 5 - 1 8 7 , 200,208,243,280,282,288
- Reaktion auf die Reformen in der Toskana, 245 - als Herrscher der österreichischen Monarchie,
- als klösterliche Amtsträger, 46,218
245-6
- als Käufer von kirchlichem Besitz, 174,332
Le Paige, Louis-Adrien, 166
- Beanspruchung ihrer Rechte gegenüber dem Klerus,
Lepanto, Schlacht v. (15 71), 125
87-8,157,183,187,200,207
Leronge, Dom, Autor landwirschaftlicher Schriften,
Laienbrüder und -schwestern, 4 , 9 0 , 1 0 5 , 1 4 4 , 3 3 7
93
Lalande, Miserere, 108
Le Sage, Herve-Julien, Prämonstratensermönch, 104
L a Marek, Comte de, 274
Lessing, Gotthold Ephraim, vii
- Verteidigung der Klöster vor der Nationalversamm-
Lewis, „Monk", Autor v. The Monk (1796), 341 Ligne
lung, 274-5 Landwirtschaft, monastisch, 4 2 - 3 , 4 5 - 6 , 9 3 , 2 4 1 , 3 1 8
- Charles, Fürst v., 105,246
- 413 -
Register
- Charles-Joseph, Fürst v., 105
- Maßnahmen (1786), 259-60
- Louis, Fürst v., 243
- und Zivilkonstitution, 282
Liguori, St. Alfonso de', 36,143
Ludwig, J. F., Architekt, 34
Lilienfeld, Zisterzienserkloster, Niederösterreich, 222,
Luneville, Vertrag v. (1801), 309,310,314
246
Lure, Abtei im Eisass, 98
Linguet, Simon Journalist, 257
Luther, Martin, 1,32,37,78,217
Linz, Gründung eines neuen Bistums, 221
Lutheranismus, 140,197
Lioncy, Kaufmann in Mareilles, 167,168
Lüttich (Liege)
Lissabon, 126,133
- Fürstbistum , 80,229,319
- Erdbeben v. (1755), 27,158,163,165; Wiederauf-
- Revolution (1789), 243
bau, 163,165
Luxemburg, 195,240
- Muttergotteskirche, 133
- Versuch zur Gründung einer Diözese, 240
Lissoir, Prämonstratensermönch, Ubersetzer des Fe-
Luzern, Stadt in der Schweiz, 301,304
bronius, 253 Litauen, 105
Maaß, Ferdinand, Historiker, 202
Liturgie, 53,156,195,219
Mabillon,Jean,Mauriner und Historiker, 95,321
- persönliche Erfahrung, 142,290
Machiavelli, Niccolö, 78
- neuartig, 50,98,147
Madrid, 129
- Reform, 76,98,195,246,334
- Aufstand (1766), 172
L o c k e j o h n , Philosoph, 29
- Dominikanerkirche, 172
Loire,Tal, 115,187
- Franziskanerkirche, 171; Abb. 26:172
Lombardei, 137,144,195,203,208,230
- Nonnenkloster Las Descalzas Reales, 129; Abb. 18: 130
- Besetzung durch Napoleon und unter frz. Regierung, 298
- Vertragv. (1750), 162-3
- Bestand von Klerus, Klöstern, Mönchen und N o n -
Mafra,portugiesisches Palastkloster, 58,127,128,133,
nen, 140,196,207
135,155.165
- Klosterreformen, 204,207,237
Mailand, Stadt, 203
- Säkularisation durch republikanische Regierung,
- H e r z o g t u m s. Lombardei
299
Mainz, 62,294 - 5
London, 81,101,162
- Fürstbischof und Kurfürst, 48,62,66,78,294,308, 309
- St. Paul, 101 Lothringen, 97
- Wählerschaft, 295
- Karl, Herzog v., Statthalter v. Belgien (1745-80),
Malines, Erzbischof v., 232 Malagrida, portugies. Jesuit, 166
231,239
Malingie, Emilien, M ö n c h im Kloster St. Peter, Gent,
Löwen (Louvain),belg. Universitätsstadt, 12,37,231, 232,238-9
232-8,242,244
Loyola, Ignatius v., Gründer des Jesuitenordens, 13,36
Malaga, 306
Lucca, Republik, 141
Malta, 204
LudwigXIII., König v. Frankreich (1610-43), 34
Malerunterricht, 105
LudwigXIV., König v. Frankreich (r643-1715), 35.38,
Maniersimus, 127,128 Manon Lescaut (1731), Roman, 96
64,98,110,112,128,160 25i,266
Manufakturen, durch Klöster betrieben, 165,318
LudwigXV., König v. Frankreich (1715-74), 9,13,74,
- in ehemaligen Klöstern, 288
94,101,103,110,111,156
Marczali, Henrik, Historiker, 225
166-8,185,
Maria Theresia, Kaiserin, Herrscherin in der Oster-
Ludwig XVI., König v. Frankreich (1774-92), hinge-
reichischen Monarchie (1740-80),48,58—9,74,155,
richtet (1793), 111,114, : 7 6 , 1 9 1 , 2 6 4
206,208-9,217
-
414
-
Register - Reichtum, Vermögen,44-6,92; S.Tabellen 1 und 2:
- und Belgien, 229,232,235
45 und 46
- und Ungarn, 2 0 0 - 1 , 2 0 9 , 2 2 3 , 2 2 6 - und Jansenismus, 1 7 7 , 1 9 7
Melkerhof, Wien, 48,51
- und Jesuiten 1 7 6 - 7 , 1 8 0 , 1 9 7 , 2 0 1 , 2 0 9 , 3 2 5
Melker Reform, 46
- und Josephinismus, 195,200
Memoires de Trevoux, jesuitische Zeitschrift, 1 1 7
- das „politischeTestament", 199- 2 0 1 , 2 1 0 , 2 2 6
Mendel, Gregor, 335
- Reformen, 7 4 , 1 6 2 , 1 8 3 , 1 9 9 - 2 0 0 , 2 0 7 - 9 , 3 2 5
Mendikanten, -orden und Bettelwesen, 4 , 6 - 8 , 2 3 ,
- religiöse Intoleranz, 197
114-5,137,147,160,186,187
Mariazell, Wallfahrtsort, 31
206,239,246,274,300,306,316
Marie Antointette, Königin v. Frankreich, 176
- Feldzug gegen Bettelwesen, 1 8 6 , 2 0 6 , 2 1 3 , 2 1 5 , 2 5 7
Marie Christine, Schwester v.Joseph II., 235,245-6
- in Frankreich, 1 1 4 - 5 ; Lob der Bischöfe, 187; Verurteilung durch Bischöfe, 1 8 7 , 2 5 7
Marienbad, 6 1 , 3 3 5
- in Deutschland und Österreich, 2 1 3 - 5 ;
Marillac, Louis, 1 1 8
un
d Jo-
seph II., 2 1 3 - 1 5
Marmontel,philosophe, 1 1 0
- Gefahren und Beschwerden des Bettelwesens, 188,
Marmoutier, Abtei, 1 1 2
316
Maroilles, Benediktinerabtei, 266 Martini. G . B., Musikhistoriker, 7 4 , 1 5 0
- in Ungarn, 1 9 7 , 2 2 5 - 6
Martinique, karibische Insel, frz. Kolonie, 167
- s. auch Armut, Dominikaner, Franziskaner, Kapuziner, Minims, Missionen, Rekollekten und
Marx, Karl, Marasmus, 1 1
einzelne Länder
Masevaux, Frauenkloster im Eisass, 98 Massalska, Helen, 1 0 5 - 8 , 2 4 3 , 2 4 6
Menschenrechte, Erklärung der, 2 7 2 - 3 , 2 7 7 , 3 2 6
Mauerbach, Kartäuserkloster, Osterreich, 209
Menzenschwand, Ortschaft im Schwarzwald, 86
Maulbron, Kloster, 321
Mersch, Jean van der, General, 242
Mauriner, Benediktinerkongregation v. St. Maur, 14,
Mesmerismus, 253
22.74.94-5.188,191,255-6,274,321
Messen, Stiftung zuhanden die Seelen der Verstorbe-
Maury, Abbe, 273
nen, 1 2 , 3 3 ,
Max Joseph IV., Kurfürst, später König v. Bayern
271,318
(1799-1825), 3 I O - I I
io
3>
I2
4,142,156,199
- andere Messen, 55; (Mozarts in c-Moll), 86
Mayer Arno, Historiker, 84
- Abschaffung in Frankreich, 287
McCarthy, domestizierter Affe, 1 1 2
- Nutzen, 190
McManners, John, Historiker, 1 6 , 9 0 , 1 1 2 , 1 1 9 , 3 2 1
Metz, 93
McNamara,J. Α . K., Historikerin, 1 6 , 1 0 6
Mexiko, 170
Mednyanszky, Mrs. (geborene Birkbeck), xiii
Michaud, Gerard, Historiker,253
Meinungen, Einstellung der Öffentlichkeit, 1 8 1 , 1 9 7 , 257-8,268
Migazzi, Graf, Erzbischof v. Wien, 177 Minims, 1 1 5
- Mönche als Publizisten, 323
Missionen, 5 , 2 3 , 2 4 , 1 2 5 - 6 , 2 2 5
- Leserschaft, 168
-
Melk, Benediktinerabtei, Niederösterreich, 24,43—5 8,
- kath. Mönche nach Großbritannien, 1 5 , 7 9 , 8 0
92,Tafel 1; Abb. 2: 44
Jesuiten,42,115,159—63,167,176,197
- auf dem Land, 3 6 , 1 4 0 , 1 4 3
- Anzahl von Mönchen, besonders in Pfarreien s.
- Mendikanten, 1 1 5 , 1 2 5 , 1 8 7 , 1 9 7
Grafik 1: 50; 219
Mitgift für Nonnen, 6 , 1 0 4 , 1 1 8 , 1 4 3 , 3 2 0
- Gesinnungswandelnach 1 7 5 0 , 1 9 8 - 9
- s. auch Familienstrategien
-
Mönchsleben,46,49,53-4,198-9
Mittelalter, 1 - 2 , 1 4 , 7 4 , 8 9 , 9 7 , 1 2 1 , 1 2 4 , 1 3 8 , 2 2 9 , 2 3 1 ,
-
Musik,52,55,199
301,321
- Neubau der Anlage, 50-3; Gründe für Erneuerung,
Modena, Herzogtum, 1 4 1 , 1 5 1 , 2 0 4
52 - im 21. Jahrhundert, 336
Modernisierung, 39,338 Mole, Fran£ois-Rene, Schauspieler, 105
- 415 "
Register Moliere, 232
- Del'espritdeslois
Mönche
Montgelas, Graf, bayer. Minister, 31 ο - 1 1
(1748), 156,169
- Anzahl, 2 , 3 1 , 4 6 , 9 6 , 1 2 6 , 1 3 0 - 1 , 1 3 7 , 1 8 5 , 1 9 1 , 2 3 1 ,
Montmajour, Abtei in Provence, 94,329 Montmartre s. Paris
291 - im Verhältnis zur allgemeinen Bevölkerung, 2 , 9 1 , 126,139,140- 1,196,231,301
Morellet, 20 Mortmain („tote Hand"), 9 3 , 1 1 1 , 1 7 1 , 1 8 7 , 2 0 3 , 2 0 4 - 5 ,
- im Verhältnis zu Nonnen, 3 , 9 1 , 1 2 6 , 1 3 1 , 1 4 0
208,326,327
- im Verhältnis zu Weltgeistlichen, Kap. 353,37,
Moser, C. F. v., 309 Mozart, Wolfgang Amadeus, 55,86
91,113-4,131,140,231
Müller, Ignaz, Propst des Augustinerklosters St. Doro-
- zur Ader lassen, 55
thea, Wien, 177
- und Akademien, 5 9 , 6 1 , 8 6 , 1 1 4 - Aufgaben außerhalb des Klosters, 4 9 , 1 1 4
München, 336
- Bestand per Ordenshaus, 9 1 , 1 1 8 , 1 3 1 , 2 3 4
Munggenast, Joseph, Architekt, 51
- als Bischöfe, 8,123
Münster, 309
- britisch, 7 9 - 8 1 , 2 5 2
Muratori, Lodovico Antonio (1672-1750), 1 4 , 3 1 2
- Forderung nach Reduzierung v. Mönchen, 3 4 , 1 6 3 ,
- Historiker und Theologe, 3 9 , 7 3 , 9 6 , 1 5 0 , 1 5 9 , 1 9 7 , 312
174,321-2 - als Gemeindepfarrer, Seelsorger, 4 9 , 8 4 , 9 3 , 1 2 6 , 1 4 2 , 1 7 0 - 1 (Mexiko), i 8 i , 1 8 6 , 1 9 6 , 2 0 8 , 2 1 8 , 2 3 4 , 2 3 7 ,
Museen - monastisch, 59- 6 0 , 7 8 , 1 0 3 , 3 2 0 -
334 - irisch, 79
staatlich,privat,300,315,337
Musik, 5 2 , 5 5 , 6 5 , 8 6 , 1 4 7 , 2 9 0 , 3 2 0
- Jubiläum, 234
- Beeinträchtigung durch Säkularisationen, 334
- Klagen über Äbte und Priore, 8 0 - 1 , 1 8 5 , 1 8 8 , 1 9 8 ,
- in frz. Klöstern, 1 0 5 , 1 0 8 , 1 1 4 - Geschichte, 5 5 , 7 4 , 1 5 ο
233 - Laxheit, 7 6 , 1 3 7 , 1 4 3 - 4 , 1 6 3 , 1 8 5 - 6 , 1 8 9 , 2 1 0 , 2 5 5 ,
- in ital. Klöstern, 145 - in Melk, 5 2 , 5 5 , 1 9 9
258,320 - Lebensbedingungen, 5 6 , 1 8 6 , 1 8 7 , 9 6 - 1 0 0
Muslime, 197,298
- als Lüstlinge, 2 5 8-9
- und ihre Herrscher, 1 2 1 - 2 , 1 2 5
- als Päpste, 8 , 1 4 3 , 1 7 5 , 2 9 0
Müßiggang der Mönche, 1 4 3 , 1 8 5 , 2 0 0 , 2 5 7 , 2 6 2 , 2 7 7 ,
- Schlemmerei und Trunksucht, 54-55; Abb. 13: 87; 88,185-6,234
300,342 Mystik, christliche, 1 8 , 1 2 9 , 1 3 2
- Schwinden des religiösen Eifers, 232,255 - Tagebücher, 79,23 2
Nantes, Edikt v., 29
- Vernachlässigung durch Historiker, 1 1 - 1 2 , 3 1 7 , 3 1 8
Nachleben (nach dem Tod), 129
- Verlust an Bedeutung durch bessere Ausbildung
Napoleon (Bonaparte), frz. Kaiser (1804-14), 290,291
von Weltgeistlichen, 189,322
- und Deutschland, 3 1 0 , 3 1 4 , 3 3 8
- s. auch Äbte, Mendikanten, Klöster, Orden, Pfarreien, Ordensgeistliche, Berufungen
- und Italien, 298-9 - und Klöster, Mönche und Nonnen, 291,300,328—9
Mönchskapitel, 2 2 , 4 3 , 5 1 , 6 8 , 8 0 , 1 0 2 , 1 9 8 , 2 3 7 , 3 0 3
- Konkordat mit dem Papst, 290,299,310,339
Mönchsquartiere, Zellen s. Wohnquartier
- Kontinentalsperre, 305
Möns, Abtei Ste. Waudru, 246
- und Portugal 305
Montauban, Volksaufstand, 280
- Regime, 300
Montecassino, Benediktinerabtei, Süditalien,137,
- und Spanien, 127,306
146-7 Monte Oliveto Maggiore, Abtei in Toskana, 146
Nationalversammlung, frz. (1789-91), 9,243,263—266, 273,275,277,279,293
Montespan, Mme. de, 1 1 2
- Aufhebung religiöser Gelübde, 267
Montesquieu, 1 3 7 , 1 5 6 , 2 5 8
- Atmosphäre, Stimmung, 266—70
- 416 —
Register - „Ballhausschwur", 272
- Aussichten, Möglichkeiten, 16,104,126,319
- Debatten, 266,268-71,272-8,281-82
- in Belgien, 196,231,236
- Etablierung, 264
- Berufungen, 6,16,104-5
- Mönche, 267
- Beziehungen zu Mönchen, 144-5,280
- „Opfernacht", 268-9
- Definition, 18-9,23-4
- anfängliche Unterstützung durch Mönche, 253,
- Forderung nach Reduzierung, 37,39
268-70
- in Frankreich, 91,255,288
- Zusammensetzung, 272
- und frz. Revolution, 2 80,3 20
Nationalgarde, frz., 265,268
- inItalien, 137,141,196; Abb. 21: 145
National Trust, 4
- und Jansenismus, 94
Naturrecht(s), Schule des, 212
- Karmeliterinnen, 18,118
Naturwissenschaft, 59,125,140,150,184,335
- Kontrolle v. Pfarreien, 143
Neapel,3,137,140-1,146-7,298,308
- Konzilv.Trient und,33,118
- Stadt, 140
- Neue Orden, 118-9, 1 4 I > 2 53 - 4> 2&7> 318,339
- Anzahl von Mönchen, Nonnen und Klerus, 140
- Annerkennung durch philosophes, 119,258
- Kartäuserkloster San Martino, 147, Abb. 22: 148
- Schwinden des religiösen Eifers, 188,232,255
- Nonnenkloster Santa Chiara, 147: Tafel 8
- in Spanien, 126,129-30
- Königreich ν., 13 7-8,140-6
- wissenschafd. Studium v. Frauenorden 16
- Außenpolitik, 175
- Ursulinerinnen, 11
- frz. Herrschaft, 299-300
- Wiederbelebung im 19. Jahrhundert, 288
- und Jesuiten, 204
- s. auch Familienstrategien, Klöster, Nonnenklöster, Säkularisationen
- Karls III. Reformen, 171 - Säkularisationen, 299
Nonnenklöster, 9,19,22,94,163,185,132-4
- s. auch Karl III., Italien, Sizilien
- Adelsklöster, 92,94,103,105-6,110,126,147
Neckerjacques, frz. Minister, 114,260,264,271 - 2
- Anzahl, 2,91,118,140,245
Neerwinden, Schlacht v., 294
- Definition, 19
Nemours, Dupont de, 59,184
- in Frankreich, 91,92,94,103-110,288
Neresheim, Benediktinerabtei, 68,73,77-8,86
- Grundbesitz, 6
Ness, Rupert, Abt v. Ottobeuren, 68,72
- Gebäude, Anlagen, 98,129,146-7
„Neue Katholiken" s. Portugal
- und Joseph II., 211
Neumann, Balthasar, Architekt, 84
-
Newman,John Henry, Kardinali04
- Kritik, 144,147,255
Newton, Issac, 29,116,169
- Laxheit, 144,147,255
Nicolai, Friedrich, Berliner Redaktor, 75,87-8
- Leben in Adelsklöstern, 105-110,144,146
Niederlande, 122
- in Neapel, 147,300
- österreichisch s. Belgien
- in Rom, 300
- s. auch Holländische Republik
- in Spanien, 126,131
Nightingale, Florence, 118
- und Städte, 146
Nimes, 101,262,28ο
- in Toskana, 245
Nizza, 294
- ungleiche Verteilung, 223-4
Nonnen
- fur Witwen, 108-10
- Anzahl, 2,33
- s. auch Familienstrategien, Klöster, Nonnen, Sä-
- per Ordenshaus, 92,105,135
kularisationen
- im Verhältnis zu Mönchen, 2-3, 91,131,140, 196,245
Noot, Henri van der, 238,240 -1,243 Normalschule, 77
- im Verhältnis zur allg. Bevölkerung, 2,91,140, 245
Klausur,33,107,118,146-7
Normandie, 95 Notre Dame s. Paris
" 417 -
Register
Noverrejean-Georges, Ballettdirektor, 165
- s. auch Brabant, Flandern, Hainaut, Luxemburg
Novizen, 49,70,79,105,106,151,159,168,182,192,
Österreichischer Erbfolgekrieg (1740-8), r 1 1 , 1 5 5 , 198
209,210,233,234,238-40,304,327
Österreichische Monarchie, Kap. 8 : 2 , 1 4 , 4 1 , 5 8 , 6 1 ,
NS-Zeit, 10,247,335
77,83,86,88,138,294
Nuntius, päpstl., Rolle in Wien, 219-20
- Allianz mit Frankreich, 175,241.
Nützlichkeit, als Kriterium für Klöster, 113,188,189,
- und Aufhebung des Jesuitenordens, 174-80,180-1,
192,200-1, α ι ο - ι ι , 213,221-3,228,237,252-3,
196,325
274.325.336
- Ausdehnung, 195-6 Oberammergau, 84
- Außenpolitik, 230,236,241
Oper, 55,145- 6,320
- Autorität der Herrscher über die Kirche, 9,203,
Oratorianer, 117, i6i, 164,183, 285
208-9
- s. auch Bildung
- Bevölkerung, 195
Oratorium, 55,145,146
- Bildungsreform, 77,180,195,291-2,207-8,212
Orden,monastisch,kontemplativ, 22, i n , 117,201,
- und Gegenreformation, Kap. 2; 196-7,198
209-10,226,247
- Klöster, Mönche und Nonnen
- Anzahl und Vielfalt 1 - 2 , 1 9 - 2 0 , 2 3 - 2 4 , 1 1 7 , 3 1 7
-
- Definition, 19-20,22
- im 19.Jahrhundert, 247,252,335
Anzahl,46,83,88,196
- Gründung im 18. Jahrhundert, 36,119,140
- Neubauten und Barockisierung, Kap. 2; 197-8
- internationaler Charakter, 5
- Reformen, Kap. 8; 200-1, 203-9
- Kritik an kleinen Gemeinschaften, 186,189-90,
- im Vergleich zu Frankreich, 183,210
206,207
- Säkularisierungen, Kap. 8; Anzahl, 195-6,207,
- militärisch, 5,23,124-5
212-13,217; Folgen, 2 1 2 - 1 3 , 2 1 7 , 2 2 1 - 2 , 2 1 9 ,
- ohne ewiges Gelübde, 118-19
334
- Pädagogik, Bildung, 1 1 5 - 7 , 1 3 9 - 4 0 , 1 5 9 , 1 6 4 , 1 8 2 ,
- überdauernde Klöster, 89,217-19,221-2,246-7,
208,218
334-5
- spontanes Wachstum, 36 -
- Kerngebiete, 195-6,200,212,226,230
Streitigkeiten,33,39,181,325,328,341
- konstituierende Teile, 195,229-30
- s. auch Alte Orden, einzelne Länder und Orden
- und Papst, 138
Ordensgeistliche s. Mönche, Klerus, Klöster O r g e l , 4 2 , 5 1 , 5 5 , 7 1 - 2; Abb. 9: 71; 75,84,97,100,128, 150,165,233
- Tiirkenkriege,42-3,46,244-5 (1787—91) - Unterschiede zw. den Provinzen, 196,197,207,213, 223,226
Orleans, Louis, Herzog v., 103
- und Weingarten, 70
Orpheus und Euridike, 106
- im Vergleich zu Frankreich
orthodox, griechisch, 196-7,217,225
- s. auch Belgien, Böhmen, Galizien, Ungarn, Jesui-
Orval, Zisterzienserkloster in Luxemburg, 239—40
ten, Josephinismus, Lombardei
Osma, Fray Joaquin de, 171
Österreichische Niederlande s. Belgien
Österreich, Österreich. Provinzen, moderne Republik,
Osteuropa, 14
10,17,20,24,35-6,39,61,
Ottobeuren, Benediktinerkloster im Allgäu, 68-70,78;
213,217 -
Abb. 7: 67; Abb. 8: 69
Diözesen,47,195,226
- und bäuerliche Bevölkerung, 83-4
- Historiker, 56,197
- Neuerbauung, 68
- Klöster, 41,43-62,78,88,92,195,196,246-7,
Oviedo, Universität, Spanien, 169
335-6 -
Oxford, University, 322
Niederösterreich,47-48,58,88,213,222
-
- Oberösterreich, 59,70,84,199,221
Colleges,15-16,97,104,233,344
Ozouf, Mona, Historikerin, 3
- Vergleich mit Frankreich, 89,92.195,197
-
418
-
Register Pachten, Melk, 44-5
- St. Lazare, Abtei, 265; Abb. 33: 265; 266, 277,288
Paderborn, Bistum, 81
- St. Martin-des-Champs, Abtei, 266,272
Palastkloster, span. Ursprung, 5 1 , 5 8 , 1 2 8
- St. Nicolas-des-Champs, Abtei, 1 1 2
- s. auch Escorial, Kosterneuburg, Mafra
- Ste. Genevieve,Abtei, 2 , 1 5 , 7 4 , 9 2 , 9 8 , 1 0 1 - 2 ,
Palacio, Pedro, Kunsthistoriker, 123
103,155,171,256,288;Tafel 1
Pammer, Michael, Historiker, ißß
- St. Sulpice, Kirche, 98,101
Pannonhalma, Benediktinerabtei, Westungarn, 8; Abb.
- Sorbonne (Universität), 1 3 , 1 5 8 , 2 8 5
30: 224; 226,247
- Konservatorium, 334
Pantheon s. Paris
- s. auch frz. Revolution
Papsttum s. Päpste
Parlements
Papini, Graf, 179
- französisch, 3 8 , 1 6 8 - 9 , 1 8 4 , 1 8 5
Papst/Päpste, 8 , 3 6 , 1 7 4
- von Paris, 103,166-8
- Aufhebung des Ordens v. St. Antonius, 94
Parma, Herzogtum, 1 3 8 , 1 7 1 , 2 0 4
- und Frankreich, 1 1 0 , 1 1 2 , 1 5 6 , 1 6 8 , 1 8 5 , 1 9 2 , 2 6 3
Passionisten, Gründung des Ordens im 18. Jahrhun-
- Konkordate, 1 1 0 , 2 9 0 , 2 9 9 , 3 1 0
dert, 140
- Zivilkonstitution, 1 8 1 , 2 8 2 , 2 9 8 , 3 2 5
Passionsspiele, 84
- und Jansenismus, 94
Pauer, Thomas, Abt v. Melk, 198
- und Jesuiten, 2 4 , 1 3 8 , 1 5 9 - 6 0 , 1 6 4 , 1 6 7 , 1 7 3 , 1 7 5 ,
Paull.,russ. Zar, 182,234
177,180-1,325,338
Peligry, Christian, 329
- und Joseph I I . , 1 9 5 , 2 0 9 , 2 1 7 , 2 1 9 - 2 0
Pensionen för M ö n c h e , 8 , 9 4 , 1 8 8 , 1 9 1 , 2 1 1 - 1 2 , 2 3 9 , 268, 2 7 1 - 2 , 2 7 6 , 2 8 1 , 2 9 6
- und Klöster, 3 3 - 7 , 1 1 1 , 1 3 8 , 1 8 1 , 2 0 4 , 2 9 9
300,306,312,315,327,337
- Mönche als, 8 , 1 4 3 , 1 7 5 - und Nonnen, 3 3 , 1 1 8 , 1 4 4 - 6
Pereigne, Zisterzienserkloster, 104
- und Portugal (1536), 122
Pergen, Graf, 207-8
- Schwächung der Autorität, 3 8 , 1 1 0 , 1 3 8 , 1 5 6 , 1 7 5 ,
Pergolesi, G . B., Komponist, 146 Perignon, Dom Pierre, 93
197,203,206 - und Spanien, 128; (1773) 170,305
Perigord, 93
- Stärkung der Autorität nach (1815), 1 8 1 , 3 4 0
Petion, 277
- und Verkauf v. geistlichem Grundbesitz, 299,310
Pez, Bernhard und Hieronymus, Mönche und Histori-
- Verurteilung v. Rousseaus Schriften, 157-8
ker in Melk, 56
Paraguay, 162
Pfalz, Territorialherrschaft am Oberrhein, 62
Paris, 3 , 7 , 9 1 , 9 2 , 9 4 , 1 0 3 , 1 1 2 , 3 4 6
Pfarreien
- Bastille, 265,268
- und Konzil v. Trient, 1 3 , 1 7 0
- cahiersv., 263
- Gegenreformation, 1 3 , 3 2
-
- Errichtung von neuen Pfarren durch Joseph II.,
Erzbischofv.,94,103,187,271
- und frz. Revolution, 265-6,286
Kap. 8
- Klöster, Mönche und Nonnen
- geografische Aspekte, 3 , 3 3 , 85—6,210-11, 2 1 3 , 282
- Abbaye-aux-Bois, Zisterzienserinnenkloster, 94, 103,105-8
- und Jansenisten, 37
- Cordeliers (Observante Franziskaner), 1 1 4
- Mönche als Seelsorger in Pfarreien, Kap. 2; 5,8,23,
- Hospice St. Jacques (Dominikanerkloster), 268 - JesuitenkollegLouis-le-Grand, 1 1 6 , 2 5 2 , 3 2 1
49,93,124,142,181,187,202,247 - Weltgeistliche und P f a r r e i e n , 4 , 1 3 , 4 9 , 1 2 3 , 1 4 2 , 1 7 1 ,
- Montmartre, Nonnenkloster, 103
215
- Notre Dame, 103,287
Pfarrkirchen, 3 , 4 1 - 2 , 8 3 , 1 9 0 , 2 1 2 2 1 8 , 2 2 5 , 2 2 8 , 2 3 7 ,
- Pantheon s. Ste. Genevieve
334
- St. Germain-des-Pres, Abtei, 15,91,94—6,98, 103,112,288
- Ideal des bon eure, 143,254—5
Philipp II., König v. Spanien (1556-98), 6 , 3 5 , 5 1 , 1 2 6 , 127,128
- 419 -
Register Philipp III., König ν. Spanien (1598-1621), 124 Philippi, Ballettlehrer, 105
- „Neue Katholiken", 122,133,165
Philosofhes, 78,110,111,139,159,169,181,191,210, 231
- im Vergleich zu Frankreich, 168-9
- Reichtum, 126,133,135 - im Vergleich zu Spanien, 121,13 2 _ 3 , 1 3 5, 1 73
- und cahiers, 263 - und Jesuiten, 166.
Pracher, Beda, Mönch in Neresheim, 77-8
Pozzuoli, 146
- und Mönche, 78,87,151,134,257
Prag, 60
- in der Nationalversammlung, 272
Prämonstratenser, Kanonikerorden, 4,22,31,49,54,
- und neue Frauenorden, 119 Physiokraten, 93
Prandtauer, Jakob, Architekt, 51,56
60,91,93,241 (Ungarn), 227,228
Piaristen, Lehrorden, 139,208,226 Piemont, 137-8. 299,308,330 Pilati, Carlantonio, Di una reforma d'Italia (iy6y), 204 Pilger, 66-7, 94, 158, 301, 302 Pilgrimage of Grace (1536), 11 Pius V., Papst (1565-72), 33,146 Pius VI., Papst (1775-99), 47,181,217,281-2,298 Pius VII., Papst (1800-1823), 181,290,299 „plateresque", Baustil, 128 Plongeron, Bernard, Historiker, 90,190, 280 Plünderung, 10,265; Abb. 33: 265; 266,284,288,293, 305-6,344
Predigen, Prediger, 5,42,103,114-5,124,143,165, 170,187,190,210,232 Premontre, Abtei in Frankreich, 22,34,91,97; Abb. 14:97; 101,253 Premy, Plünderung des Nonnenkloster, 266 Preußen, 81,182,241,245-6,294,309,326,340 -
Gewinn durch Säkularisationen, 309,316 Prevost, Abbe, Benediktiner und Jesuit, Romancier, 96,321 Prior, Priorin, 22,35,48,187,188,198, 217,272 Privilegien, geistliche, Angriff durch Adel, 268-7 1 Probabilismus, schwer fassbare Theologie in Verbin-
- s. auch Verwüstung
dung mit Jesuiten , 38,173,177
Pointer, Benno, Abt, Meinung über Josephs II. Reformen, 218
Profess, 24,80,104,106-8,144,204,291,296 - Professalter, 33,104,174,189,191,201,208-9, 2 33>
Polen, 2,9,29,48,105,195,309,316,329
235,306,327
- Anzahl der Klöster, Mönche und Nonnen, 31
- bei Ordensgeistlichen, 186,188,206,233,274
- s. auch Galizien Polling, Stift in Bayern, 78,181 Pombai, Marquis, höchster portugies. Minister, 162-66,203
Protestantismus, Protestanten, 1, 11-12,13,31-2,37, 64-65.73.7 8 "9.23 1
- als Publizist, 164—7,171,173 - päpsd. Unterstützung zur Reform des Jesuitenordens, 164 „Poor Law" in England, 318 Poree, Paterjesuit, 116 Port-Royal-des-Champs, Zisterzienserinnenkloster, 38,94 Portugal, Kap. 4; 2,9,138 - Anzahl von Klöstern, Mönchen und Nonnen, 132-3,161,172,196,345 - Abkommen mit Spanien (1750), 125,162-3 - Architektur, 126-7,132 - Barock, 127,132,133 - Feldzug gegen die Jesuiten, 40,161-6,171,206 - und Großbritannien, 305 - Klosterreform, 132,162-4
-
in Deutschland, 65 inFrankreich,94,255,262,272,281 in der österreichischen Monarchie, 195 in Spanien und Portugal, 122,165 in der Schweiz, 64,301,303,323 Toleranz gegenüber Protestanten durch kath. Regierungen, 195 - Toleranz gegenüber Jesuiten durch protestant. Regierungen, 182 - Vorteile durch weniger Kleriker, 208,323 Provence, 32 Propst, Vorsteher eines monastischen Hauses, 22 Prunieres, Mgr. de, Bischof v. Grasse, 190 Pufendorf, Samuel, 312 Pyrenäen, 121 Quarenghi, Giacomo, Architek,t 148,321 Quesnel, jansenistischer Autor, 3 8
— 420 —
Register Raber, Ludwig, Historiker, 2 1 3 - 4
- Klöster mit diesem Rang, 6 2 , 6 5 - 6 , 7 3 , 8 1
Racinejean, 106
- Erwerbung dieses Rangs durch Klöster, 65,68,70
Räköczi Revolte, 225
- Abschaffung des Rangs, 3 1 1 - 1 2
Rance, Armand-Jean de, Abt v. Kloster La Trappe, 95,
- Definition, 62
112
- Vorteile, 82
Rapley, Elizabeth, Historikerin, 1 6 , 1 1 8
„Reinheit des Blutes", 122
Rastatt, Vertrag v. (1798), 3 0 9 , 3 1 0 , 3 1 4
Reiseerlaubnis fur Mönche und Nonnen, 5 6
Rastignac, Mile de, 24,106-8
Reiten (Kremsmünster), 59
Ravenna, 1 0 1 , 1 4 2
Rekollekten, 115, 161, 256, s. auch Franziskaner
- San Apollinare, Kloster, 321
Religion und moderne Historiker, 1 0 - 1 9
Raynal, Abbe Guillaumt, philosophe, 20,253,258
Religionsfonds
Reconquista in Spanien und Portugal, 1 2 1 - 4
- Maria Theresias, 2 1 , 2 1 1
Redemptoristen, Ordensgründung im 18. Jh, 36,140,
- für Pfarreien und Pensionen unter Joseph II. 2 1 1 -
143
12,213,217,221-2,228,239
Reflexions morales, 3 8
247-8
Reformation, protestanisch, 1 , 1 3 , 1 4 , 3 1 , 3 5 , 4 2 , 4 9 , 6 2 , 65-6,89,237,219,251,317
Reliquien von Heiligen, 3 0 , 4 2 , 5 1 , 9 5 , 1 0 3 , 1 3 0 , 3 2 1 - v. Erzengel Gabriel, 129
- s. auch Protestanten
- v. Heiligen Blut, 72
Regel(n), monastisch, 1 9 , 2 0 , 3 3 , 8 1 , 9 5 , 1 3 7 , 188,189,
- in Einsiedeln, 302
198
- v. Ste. Genevieve, 1 0 1 , 1 0 3 , 1 3 0 , 3 2 1
- Augustiner, 22
- v. Ste. Waudru, 246
- v. St. Benedikt, 1 4 , 2 2 , 4 4 , 1 0 7
Remiremont, Nonnenkloster, 92,103,288
- Kartäuser, 210
Renaissance, 5 3 , 1 2 7 , 1 2 8 , 1 4 7
- Kritik an der Regel, 188,198
Republik
- Observanz der Regel, 3 7 , 5 3 , 7 7 , 1 8 8 - 9 , '98-9,306,
- Französische, 296-7
337 Regensburg
- Helvetische, 303
- St. Emmeram, 8 1 - 2
Restauration (1815), 9,90,306,33 8
-
- Parthenopäische, 299 Revolution v. 1848,334
St.Jakob.312
Regent v. Frankreich, 103
Rhein, Fluss, 1 2 1
Reich, Heiliges Römisches, 5 , 6 2 - 5 , 7 3 , 1 3 8 , 3 1 2 , 3 3 8
- als Frankreichs „natürliche" Grenze, 294
- Betrug durch Franz II., 309
- linkes Ufer unter französischer Besetzung, 296
- Geschichte und Struktur, 62-4
- frz. A n n e x i o n , 3 0 7 - 1 0 , 3 1 2 , 3 1 4
- Gesuche ans Reichsgericht, 65,82
Rheinland, 62,295-6,308,330
- Reichsfiirsten, 62-4
Richardson, Samuel, Romanautor, 96
- Reichsfurstinnen, 64,92
Richelieu, Kardinal, 34,94
- Problematik für Frankreich, 308-9
Rienda, Fra, andalusischer Guerillafiihrer, 306
- Teilung ohne Vorbehalt, 309
Robert Hubert, Kunstmaler, 110,: Abb. 16: 109
- s. auch Deutschland, Reichsdeputationhauptschluss,
Robespierre, Maximilien, 252,268,335
Reichsklöster, reichsunmittelbar, Westfälischer
Roederer, Pierre, 277,300
Friede
Rohan, Kardinal, 252 Rokoko,42,61,155,171
Reichenbach, Konvention ν. (1790), 246 Reichsdeputationhauptschluss (1803), 3 1 2 - 1 3 , 3 1 6 , 337 Reichsklöster, 6 2 - 6 , 8 1 , 8 8 , 9 2 , 3 1 1 Reichstag, 6 2 , 3 1 1 reichsunmittelbar, 70,81
Rom, Stadt, 7 4 , 1 3 7 - antike Denkmäler, 300 - frühe Basiliken, 101 - Katakomben, 95 - St. Peter, 1 0 1 , 2 1 5
— 421 -
Register - Zahl der Kleriker, 1 4 0 - 1
Salzburg, Fürstbistum, 29,70,309
- s. auch Italien, Kirchenstaat, Papst, Vatikan
- St. Peter, Benediktinerkloster, 16,70,86,3 21
Romantik, 290
- Universität, 70,73
Rosa, Mario, Historiker, 16
San Manuel, Abt v., 306
Rottmayr, Johann Michael, Freskenmaler, 51
St. Antonius, Aufhebung des Ordens, 1 6 4 , 1 7 4
Rouen, Erzbischof ν., 18 5
St. Antoine-des-Champs, Kloster, 1 1 0
- St. Ouen,92
St. Bernard, Abtei, Belgien, 241
Rousseau, Jean-Jacques, 78, 157-8, 169, 198, 254, 258
St. Blasien, Benediktinerabtei im Schwarzwald, 7 3 - 5 , 101,171
Royal Societyv, London, 1 1 4 , 1 5 9 , 1 6 2 Rubens, 248,321
- Gemeindepfarrer, 85-6
Ruffo, Kadinal, 299
- Neubau nach Brand v. 1768,74-5,86,88; Abb. 10: 75; Abb. 1 1 : 76
Rumänien, 195,223 Russland, 1 4 , 1 9 , 1 8 2 , 2 0 3 , 2 9 1 , 3 2 9
St. Claude, Abtei, 1 1 2
Sachsen, 62
St. Florian, Augustinerstift, Oberösterreich, 60,221,
St. Denis, königliche Abtei, nördlich Paris, 1 1 3 , 2 8 8 3 3 4-5; Tafel 2
Sagan, Prämonstratenserkloster in Schlesien, 77
St. Gallen, Schweiz
Sagrario, Kartause, Granada, 127; Tafel 9
Säkularisation der geistlichen Staaten in Deutschland, > - Stadt, 303; Kanton, 304 208-11
- Fürstabtei,64-5,77,30i;Tafel 7
Säkularisation v. Klöstern, 9,324-9,337
- frz. Revolution, 303-4
- Auswirkungen: künsderisch, 2 1 6 , 3 1 7 ; wirtschaft-
St. Germain-des-Pres s. Paris
lich, 3 3 1 - 3 3 , 3 3 7 - 8 ;
St. Joseph, Kloster, 1 1 0
pädagogisch, 333; allgemein, 2 1 4 , 3 2 9 - 3 0 , 3 3 6 - 8 ;
St. Maur s. Mauriner
bezüglich Musik, 334
St. Ouen s. Rouen
- Bayern, verschiedene Meinungen über, 311,336—9
St. Peter, Abtei s. Gent
- Belgien, Kap. 8,10; 235-6,246
St. Pölten, Bischof v., Niederösterreich, 24
- Deutschland, Kap. 2 , 6 , 1 0 ; 3 0 4 , 3 0 1 - 2
St. Quentin, Neubenennung, 287
- Frankreich, Kap. 6,7,9; 1 8 7 - 8 , 1 9 1 , 2 6 2 , 2 8 5
St. Ruf, Kanoniker v., Antrag auf Säkularisation, 188
- Französische Revolution und, Kap. 9 , 1 0
St. Sulpice s. Paris
- Italien, Kap. 5 . 1 0 ; 276- 77,279-81,294,296-7
St. Vaast s. Artois, Arras
- Jesuiten, Kap. 6; 324-5
Ste. Genevieve, Orden (Genovefains) s. Paris
- österreichische Monarchie, Kap. 6,8; 2 1 0 - 1 1 , 2 1 2 ,
Saraiva, Kardinal, 135
214,217,221,227,248
Sardinien, Königreich v., 1 3 7 - 8 , 1 4 8 , 1 6 0 , 294
- Portugal, Kap. 4; 307
- Insel, 137
- Schweiz, 3 0 1 - 5
Satire, Abb. 2 5 : 1 6 5 ; 1 7 0 , 2 2 1 ; Abb. 35: 269; Abb. 36: 270; Abb.39: 3 1 1 ; Abb.41: 3 1 5
- Spanien, Kap. 4 , 1 0 ; 306 - Übertragung von monastischem Grundbesitz, Kon-
Abb.28: 216
sequenzen, 309,311—12,330-2 - in Ungarn, 227
Savoyen, Herzogtum v., 137,294
- Unterschiede in Vorgehen und Erfahrung der Säku-
Schäfdarn, Abtei in Bayern, 54
larisation, 226-7,336 Salamanca, 124 -
- satirische Kunstblätter, zum Verkauf in Wien, 215;
Scheglmann, Α. M., Historiker, 3 1 2 , 3 3 7 Scheide, Fluss, 230,253,294
Dominikanerkloster St. Esteban, 124
Schießgesellschaften, 6 1 , 6 7 , 2 3 4 , 3 3 5
Universität von, 12 5
Schlesien, 7 7 , 1 8
Salem, Zisterzienserkloster, Bodensee, 84; Abb. 40:
Schönbrunn, Schloss, Wien, 58
313 Salle, Jean-Baptiste de la, 1 1 7
Schöntal, Zisterzienserkloster, 2,66-7,68,78 Schottenstift s. Wien
- 422 —
Register
Schottland, 340
Spanien, Kap.4; 2 , 6 , 8 , 1 2 , 3 1 , 3 7 , 5 1 , 5 8 , 1 3 8 , 2 7 7
Schulen, Kloster-, 49—50,59,70
- Anzahl der Ordenshäuser, Mönche und Nonnen,
Schussenried, Abtei, Bibliothek, 7 8 , 8 4
126,130-32,306
Schwaben, 6 2 , 7 0
-
Bedeutung des Mönchtums, 1 2 3 - 4 , 1 2 6
Schwarzach, Abtei, 82
-
Säkularisationen, 1 7 1 , 3 0 6
Schwarzwald, 2 3 , 7 4
-
Reichtum der Klöster, 1 2 6 , 1 3 0
Schweden, 65
- Architektur, 1 2 6 - 7 , 1 2 8
Schweigen(s), Observanz des, 95
- und Aufklärung, 1 6 9 - 7 0
Schweiz, 4 1 , 7 0 , 2 9 5 , 3 0 1 - 5 , 3 2 3
-
- Anzahl von Klöstern, 3 0 1
- und frz. Revolution, 2 9 3 , 3 0 5 - 7
Barock, 1 2 7
-
Bevölkerung, 3 0 1
- Unterstützung durch einige Mönche, 305
-
und frz. Revolution, 3 0 2 - 5
- Widerstand von vielen, 3 0 5 . 3 0 6
Schwur s. Eide
- Intensität der Religion, 1 2 8 - 3 0
Scolopi s. Piaristen
- und Jesuiten
Scuolepie, 1 3 9
-
in Südamerika, 1 6 2 - 3 , 1 7 1 , 1 7 3
Seelsorge, 1 3 , 4 9 , 77, 84, 1 1 5 , 1 2 4 , 1 4 2 - 3 , 1 4 7 , 1 7 6 ,
-
Austreibung, 1 7 4
-
Ersuchung von päpstl. Hilfe zur Aufhebung, 1 7 5
1 8 0 , 1 9 6 , 202, 208, 210—11, 2 1 4 2 2 1 , 228, 247, 282
- Liberale und Republikaner nach 1 8 1 1 , 1 2 7
Seiger, A b t v. St. Peter, Gent, 234—5
- königliche Autorität über die Kirche, 1 1 0 , 1 2 8 , 1 7 0
Seine, Fluss, 91
- im Vergleich zu Frankreich, 1 2 4 , 1 2 6 , 1 7 3
Seitenstätten, Kloster, 60
- im Vergleich zu Italien, 1 2 2 , 1 3 8
Selbstkasteiung, 1 1 5 , 1 9 1
- im Vergleich zu Portugal, 1 2 1 , 1 3 2 , 1 7 1
Seminarien, Priester-, 1 1 7 , 1 4 3 , 1 7 0 , 1 7 4 , 3 2 2
Spanischer Erbfolgekrieg, 230
-
bischöflich,50,117,124,143,170
Spitäler, Krankenhäuser, 1 0 2 , 1 1 8 1 4 6 , 2 0 0 , 2 0 7 , 2 1 1 -
-
General- (Josephs II)., 2 1 2 , 2 1 9 , 2 3 8 - 9 , 2 4 3 , 2 4 6 )
-
monastisch, 4 9 , 1 1 7 , 1 2 6 , 1 4 3
12.227,233,258,265,271,318,337,339 - Chelsea, 1 4
Sens, 263
Sprachunterricht,lebende Sprachen, 5 9 , 1 8 4
September Massaker (1792), 278,286
Squillace, span. Minister, 1 7 2
Serbien, 1 9 5 , 2 2 3
Staat(es), Rolle des, Kap. 6 - 1 0 ; 8 - 1 0 , 2 4 - 5 , 3 3 - 5 , 3 7 - 8 ,
Serro, Giovanni, Architekt, 65
166
Sevilla, 1 2 6
- Triumph des Territorialstaates, 3 1 3 - 1 4
-
Staatsrat, österreichischer, 2 0 1 , 2 1 0 , 2 1 3
Königreich, 1 3 1
Seymour, Rev. Hobart, 7
Stadler, Maximilian, Musiker in Melk, 199
Shaftesbury, 3 rd Earl of, Autor, 30
Stadl Paura, Wallfahrtskirche, Oberösterreich, 84
Siebenjähriger Krieg ( 1 7 5 6 - 6 3 ) , 8,166—7,259
Städte und Klöster, 3 , 1 1 4 , 1 2 5 , 1 4 6 - 7
Sizilien, 1 3 7 , 2 9 3 , 3 0 0
Stams, Zisterzienserkloster, Tirol, 8 9 , 3 3 6 ; T a f e l 6
-
Königreich der Beiden Sizilien, 1 3 7 - 9 , 3 2 ° > s · auch
Stände
Neapel
- Erster Stand, 2 , 2 0 , 3 6
Skifahren, 89, 336
- in Bayern, 3 6 , 7 8 , 3 1 0 , 3 1 4
Slowakei, 195
- in Belgien, 2 2 9 , 2 3 6 , 2 3 8 - 4 3 , 2 4 6 , 2 5 1
Slowenien, 195
- in Frankreich, 1 0 2 , 1 1 1 , 1 1 3 — 1 4
„Sonderweg" der deutschen Geschichte, 1 2 1
- in Italien, 143
Sonnenfels, Baron, Kameralist, 1 8 1 , 2 2 1
- in Österreich, 3 6 , 4 7 - 8 , 1 9 9
Sorbonne, s. Paris
- in Portugal, 1 3 3
Soto, Domingo de, Naturwissenschafter, 1 2 5
- in Ungarn, 227
Soufflot,Jacques-Germain, Architekt, 1 0 1 , 3 2 i ; T a f e l 1
- s. auch Brabant, Hainaut, Generalstände
Souveränität, 3 1 2 - 4
Stationen des Kreuzwegs, Verehrung, 36
- 423 -
Register Steingaden, Kloster im Allgäu, 84
Tiepolo, ital. Kunstmaler, 321
Steinhausen, Wallfahrtskirche, 84
Tintoretto, ital., Kunstmaler, 321
Stendhal, Romanschriftsteller, Le rouge et le noir (1830),
Tirol, Stände v., 48 - Mönche, 298
339 Stift, Bedeutung, 20
- Südtirol, 54
„störrische", „eidverweigernde" Priester, 283-4,
Todesstrafe, 204 Toggenburg, Talschaft, Ostschweiz, 64,303
288
Toledo, 1 2 2 , 1 2 6
Strahov, Prämonstratenserkloster, Prag, 6 0 - 1 , 2 2 1 ;
Toleranz, religiöse, 5 9 , 7 3 , 7 7 , 8 6 , 1 2 2 , 1 5 6 , 1 6 5 , 1 7 4 ,
Abb. 29: 222
182,195,197,207,226,236,255
Strassburg, 98
261,279,326
Straßenbau, 74,86,123
Tombs, Robert, Historiker, 1 2 1
Strozzi, Bernardo, genuesischer Kapuziner und Kunst-
Tongerlo, Prämonstratenser Abtei, Belgien, 2 4 1 - 3
maler, 321 Stutzer, Dietmar, Historiker, 337
Torton, Bankier, 106
Subiaco, ital. Kloster bei Tivoli, 1 3 7 , 1 4 6 , 1 4 7 , 2 9 8 ;
Toskana, Großherzogtum, 137,146,206,298,308 - Anzahl der Ordenshäuser, Mönche und Nonnen,
Abb. 2: 1494
245
Suplizianer, 1 1 7
- Konservatorien, 245
Superga, Kloster und Votivkirche bei Turin, 147; Abb.
- Leopolds II. Herrschaft, 245; Reaktion darauf, 245
28:149
Totenbett, 160,166
Swieten, Gerard van, Berater v. Maria Theresia, 122, -
177 Symphonien, 5 5
Beistand am, 210 Toulouse, 1 5 8 , 1 8 4 , 2 8 1 , 3 2 9 Tournai, 80 Tournon, Camille de, 80
Tagesablauf im Kloster und „kanonische Stunden",
Townsend, Rev. Joseph, 132
218,246,323 Taisnieres, 266
Transylvanien (Siebenbürgen), 197,223)
Talleyrand, Bischof v. Autun, 2 7 3 - 4 , 2 8 3 , 3 0 9 - 1 0
Trappisten, 95,255,291
Tanucci, Bernardo, Minister im Königreich Neapel,
Trauttmansdorff, Graf, Abt v. Tepl, 61 Trauttmansdorff, Graf, Minister in Belgien, 243
168,171
Treilhard,M., Vorsitzender des Kirchenausschusses
Tanzen, 5 9 , 1 0 5 , 1 0 6 , 1 4 7 , 2 3 4 , 2 5 5 Taschengeld, s. Einkommen, persönliches Eigentum
der Nationalversammlung, 276—7
Tävora, Marquis, 164
Tremblaye, Dom Guillaume de la, Architekt, 97,321
Tawney, R. Η . , Historiker, 1 1
Treppenaufgang, 5 1 , 5 8 , 1 2 9
Teatro critico universal, 169-70
Trient, Konzil v., 1 3 , 1 9 , 2 4 , 3 1 - 3 3 , 3 5 , 3 7 , 3 9 , 1 2 2 , 1 2 4 ,
TeDeum, 267,271
143,170,201,321
Tegernsee, Abtei in Bayern, 78
- Fürstbistum von, 204
Teilung Polens, 9, 309
Trier, 62
- deutsche Politik gegenüber Polen, 309
- Erzdiözese, 240
Tepl, Prämonstratenserkloster in Böhmen, 6 1 , 3 3 5
- Kurfürst, 62,178,308
Testamente, kath. Vermächtnisse, 3 0 , 1 5 6 , 1 9 9 , 3 1 8
Trinitarianer, Orden, 2 3 , 2 2 1
Terror, frz. Revolution, 281,286,296
Trinity College, Cambridge, 56; Dublin, 7; Oxford,
- anti-katholisch, 286
104
- anti-christlich, 287
Trives, Abt v., 306
Theater, monastisch, 5 2 , 5 5 - 6 , 6 8 , 1 0 5 , 1 4 4 , 2 3 4
Tron, Andrea, venezianischer Staatsmann, 206,325
Theresa v. Avila, St, 1 1 8 , 1 2 9
Tschechische Republik, 195
Therese philosophe, 258
Turgot, Baron, 1 1 0 , 2 5 6
Thumb, Peter, Architekt, 77
Turin, 147
- 424 -
Register
Türken, 4 2 - 3 , 4 6 , 5 0 , 1 2 5 , 2 1 1 , 2 2 5 - 6 , 2 4 1 , 2 4 5
- und Jesuiten, 160
Turnhout, Schlacht v., 242
- und Musik, 146 -
Bestand von Klerus und Ordenshäusern, 141,206; Abb. 27: 205
Ukraine, 195,223 Unfehlbarkeit, päpstl., 36
-
Einzelne Klöster, 144-5,; Abb. 21:145
Ungarn, 2 9 , 1 9 5 - 7 , 2 2 3 - 9
-
Klosterreform (1767), 203,204-6,325
-
Bevölkerung, 197,225
-
Säkularisationen, 206,317; Auswirkungen, 206,317
-
Gegenreformation, 29,225
Verdelais, Celestiner Kloster, 187
- Juden in,226
Verdun, Prämonstratenser Abtei, 56,97; Abb. 3:57
-
VerlooyJ. B. C . , Verfechter der flämischen Sprache,
Kirche,Ressourcen,225,229 -
-
-
im Vergleich zu Niederösterreich, 225-8
241
Klöster, Mönche und Nonnen, Anzahl, 3 1 , 1 9 6 ,
Vendee, 284
226-7
Versailles, Palast, 101,128,254,264,266,273
-
Bautätigkeit, 225
Verwüstung, Zerstörung, 42,50,60,65,80,102,225,
-
Säkularisationen, 226-7,228
-
Vertretung im Landtag, 227
232,288,293,294,305,329 Victor Amadeus II., König v. Sardinien, 148
- Wiederbelebung im 19. Jh., 247
Vienne Jesuitenkolleg, 184
Landesteile, 223-5
Vierzehnheiligen, Wallfahrtskirche, 84; Tafel 5
- und Maria Theresia, 197,210,223-6
Visitantinnen, 118
-
modernes Ungarni95,223
Vitoria, Francisco deJurist, 125
-
Reformen josephs II., 226-8
Vivaldi, Antonio, Komponist, 146
-
Volkssprachen, 176
Aufhebung von Josephs Reformen, 246,247
- Orthodoxe in Ungarn, 196,225,226
Volkstum, religiös, 13,30,83-4
-
Voltaire, 7 8 , 1 1 , 1 1 6 , 1 3 3 , 1 5 5 - 6 , 1 5 9 , 2 0 4 , 2 5 2 , 3 1 2 ,
Protestanten in Ungarn, 197,223,225,226
321
- Toleranz, religöse Bedeutung, 226 -
Vorsorge für Pfarreien, 223,228
-
Schriften, 157-8,198,297
Unigenitus, päpsd. B u l l e , 3 8 - 9 , 1 6 0 - 1 , 1 7 7 , 1 8 4
Vonck, Jean-Francis, 240-2
Unitarier in Transylvanien, 197
Vorster, Pankraz, A b t v. St. Gallen, 303-4
Universitäten, 8,12,333,344 -
belgisch, 12,231
Wachau, Weingebiet in Niederöstereich, 46,54
-
deutsch, 333,33 8
Waisenhäuser, 207,258
-
englisch, 7
Walckiers, Vicomte, 243
-
katholisch, 12
Wald, Klostereigentum, 4 , 4 5 , 3 0 2 , 3 1 4 , 3 1 8 , 3 3 9
-
österreichisch, 4 8 , 1 7 6 - 7 , 1 7 9 , 2 0 8 , 2 4 7 , 2 4 8
Waldsassen, Zisterzienserkloster, 84
-
portugiesisch, 1 6 1 , 1 6 4 - 5
Wales, 4
-
spanisch, 125,169
Wallfahrten und Prozessionen, 3 0 , 5 1 , 5 8 , 6 7 , 7 2 , 8 4 ,
Urlaub für M ö n c h e und Nonnen, 144
94,103,158,199,245—6,301-2
Ursulinerinnen, 118, s. auch Nonnen
Walpole, Horace, 255 Ward, Mary, Gründerin der engl. Fräulein, 15
Valdeorras, A b t v., 306
Weber, Max, 11
Valldolid, frühere span. Hauptstadt, 126
Wellington, engl. General, 305
Vallombrosa, Kloster in Toskana, 146,290
Weltkriege des 20. Jh., 127,247,331
Valmy, Schlacht v., 294
weltliche Frauenkongregationen, 285-6,291,300
Vandalismus s. Verwüstung, Zerstörung
Westfälischer Friede (1648), 29,32,43,64,308,328
Vatikan, 6 4 , 1 3 3 , 1 4 2 , 1 7 5 , s. auch Kirchenstaat, Papst
Wein, Erzeugung durch Klöster, 4 , 4 5 - 6 , 5 4 83,93,
Velladics, Märta, Historikerin, 227, 248 Venedig, Republik, 137—38,141,206
105,318 -
Konsum, 5 4,70,94,199
- 425 -
Register Weingarten, Benediktinerabtei, 66,70-2,76,146,207
- geheizte Räume, 56,97,105
Weis, Eberhard, Historiker, 337
- Komfort, 56; Abb. 3 (a) und (b): 57; 186
Werkmeister, Mönch in Neresheim, 78,3 23
- Zellen, mittelalterlich, 97
Westminster Abbey, 32
Wolff, Christian, Philiosoph, 59
Whitefield, George, engl. Methodistenprediger, 163
Wunder, Mirakel, 9 5 , 1 5 7 , 3 0 1
Whitham, Catherine, engl. Nonne in Lissabon, 163
Württemberg, 78
Wien, 44,47,162 - Barock, Neubauten, 44,51
Young, Arthur, 293
- Belagerung (1683),42,225
Yuste, span. Kloster, 124
- Erzbischofν., 17 7 - Franziskanerklöster, 214
Zapf, Georg Wilhelm, 76-7
- Gründung v. neuen Pfarren durch Joseph II., 213
Zauberei, 1 3 , 1 8 6
- Klerus, 208,245
Zedier, Lexikon, 157
- Musik, 55,334
Zehnten, 4 , 4 3 , 1 3 1 , 2 6 3 , 2 6 6 , 2 7 0 - 1 , 3 0 7
- Orientalische Akademie, 176
Zensur,41,128,164,171,176-7,180,195,215,257, 261
- Papstbesuch, 2 1 7 , 2 2 0
Zisterzienser Orden, 2 , 4 , 2 2 , 3 2 , 3 8 , 4 9 , 6 6 , 8 4 , 8 9 , 9 1 ,
- St. Dorothea, Kloster, 177
95,124,256
- St. Stephan, Kathedrale 55
Zivilkonstitution des Klerus (1790), 278,279,282-4,
- Schottenstift, 6 0 , 2 1 5 , 2 1 8
325
- Theresianum, 1 7 6 , 1 7 9 - Universität, 48 198
- Reaktion des Klerus, 282-3,330
- Wiener Kongress (1815), 297,304
- Verurteilung durch Papst, 181,283,298
Wies, Wallfahrtskirche in Bayern, 84; Abb.12: 85
- Eid auf die, 282-3
Wilten, Kloster im Tirol, 48
Zölibat(s), Gelübde des, 6 , 1 2 , 3 3 , 1 4 3 . 1 8 5 , 2 0 8 , 2 2 1 ,
Winchester, St. Cross, 323
323 Zückert, Harmut, Historiker, 82
Windham, William, 279 Wohltätigkeit der Klöster, 6 5 - 6 , 8 3 , 1 0 3 , 1 4 3 , 1 4 6 , 2 1 5 Wohnquartiere der Mönche und Nonnen, 32,56,96-7, 1 1 3 192,233
- 426 -
# Werner Telesko
Kulturraum Österreich
Kulturraum Österreich DM; Itk-ijislis lUi&wjiwW
Die Identität der R e g i o n e n in der b i l d e n d e n Kunst d e s 19. Jahrhunderts 2008. 632 Seiten, 244 s / w - A b b .
.0
24 χ 17 c m . Gb. 978-3-205-77720-5
Während im ersten Band der Gesamtpublikation, der unter dem Titel
ο:
„Geschichtsraum Österreich" im Böhlau Verlag im Jahr 2006 erschienen