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German Pages [387] Year 2020
Raphael Hülsbömer
Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939
Raphael Hülsbömer
Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 Teil 4
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Inhalt II.4 Sachsen...........................................................................................................................................9 II.4.1 Bautzen und Dresden, Wenden und Deutsche – Konfliktfelder einer Bistumsgründung: Meißen 1920/21 (Christian Schreiber)......................................................9 Kirchenrechtliche Prämissen...........................................................................................9 Der Tod von Bischof Franz Löbmann und die Frage der Wiederbesetzung des Apostolischen Vikariats...........................................................................................10 Das Eingreifen von Kardinal Bertram..........................................................................13 Sondierungen der Nachfolge Löbmanns durch das Dresdener Konsistorium und König Friedrich August..........................................................................................14 Päpstliche Nomination oder Kapitelswahl? Pacelli und Bertram.............................18 Weitere Bischofskandidaten...........................................................................................23 Römische Zustimmung zur Bistumserrichtung und Watzls Kritik am Dresdener Konsistorium................................................................................................26 Die Ambitionen Hartmanns und Skalas auf das Bischofsamt...................................28 Ernennung des neuen ‚Diözesanbischofs‘ vor Wiederherstellung der Diözese?....... 30 Das Memorandum Pater Watzls....................................................................................32 Pater Watzl CSsR: Ein geeigneter Bischof?..................................................................38 Ein Einflussversuch der sächsischen Regierung und die Endphase von Pacellis Kandidatensondierung.....................................................................................41 Votum für Schreiber und ‚Tausch‘ mit dem Staat: Pacellis Bericht für Gasparri........ 47 Eine Konvention mit der Reichsregierung: Delbrueck, Watzl und Pacelli..............52 Freie Hand für Pacelli und ein knapper Zeitplan........................................................56 Pacellis Sachsenreise und die Kritik des Dresdener Konsistoriums.........................60 Die Bekanntgabe des neuen Diözesanbischofs............................................................65 Schreibers Amtsantritt und die Opposition der Dresdener Geistlichkeit...............73 Ergebnis...................................................................................................................................76 II.4.2 Ein Besetzungsverfahren über zweieinhalb Jahre: Meißen 1929–31 (Conrad Gröber)..........................................................................................................................84 Pacellis Vorausschau: Antonius Hilfrich für den Meißener Bischofsstuhl?............84 Zwei Eingaben an Pacelli: Schreiber gegen Hartmann und Hartmann für einen Deutschen..............................................................................................................86 Im Leerlauf des Verfahrens: Kandidatenwünsche aus Sachsen und Ansprüche der Regierung..............................................................................................89 5
Pacellis neuer Kandidat: die Ernennung Conrad Gröbers zum Bischof von Meißen.......................................................................................................................92 Gröbers Weihe und Amtsantritt....................................................................................96 Bilanz nach einem Jahr: Gröber, ein umsichtiger Oberhirte.....................................98 Ergebnis.................................................................................................................................100 II.4.3 Seelsorge in der Diaspora: Meißen 1932 (Petrus Legge)............................................106 Die Translation Conrad Gröbers nach Freiburg.......................................................106 Die Suche nach dem neuen Oberhirten: Pacellis Kandidatentrias und die Entscheidung für Petrus Legge..............................................................................107 Die Einsetzung Legges zum Bischof von Meißen.....................................................111 Ergebnis.................................................................................................................................114 II.4.4 Die Entscheidungsmacht des Kardinalstaatssekretärs: Meißen 1936/37 (Heinrich Wienken)..................................................................................................................119 Das Devisenverfahren gegen Petrus Legge und der Plan eines Koadjutors mit Nachfolgerecht........................................................................................................119 Die Kandidatenvorschläge Orsenigos.........................................................................123 Die Hilflosigkeit Giuseppe Pizzardos bei Pacellis Abwesenheit..............................127 Die Anordnung des Papstes: Nexus von Verurteilung und Amtsrücktritt............130 Die ‚Handschrift‘ Pacellis.............................................................................................134 Das staatliche Plazet für Wienken...............................................................................135 Die Einsetzung Wienkens zum Koadjutor des Bistums Meißen.............................140 Ergebnis.................................................................................................................................146 III. Vergleichende Auswertung und Fazit...........................................................................................150 III.1 Pacelli und die Kandidaten..............................................................................................150 III.1.1 Ideales Kandidatenprofil.........................................................................................150 III.1.2 Lokale Umstände und Opportunitätskriterien....................................................159 III.1.3 Kandidatenkorpus und Sondierungen..................................................................164 III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus...................................................................................168 III.2.1 Phase der Normfindung: päpstliche Nomination oder Kapitelswahl?..............168 III.2.2 Phase der Normanwendung: Maximierung der römischen Freiheit................171 III.3 Pacelli und der Staat..........................................................................................................179 III.3.1 Alles für ein Konkordat? Die Bischofseinsetzungen in den Konkordatsverhandlungen.................................................................................................179 III.3.2 Ideal und Konfliktvermeidung: die Bischofseinsetzungen nach den Konkordaten und im Nationalsozialismus.......................................................................189 III.4 Pacelli und die Informanten............................................................................................195 III.4.1 Institutionalisiertes ‚Informantensystem‘.............................................................195 III.4.2 Informelle Ratgeber und Gutachter.......................................................................197 6
III.5 Pacelli und die Kurie.........................................................................................................207 III.5.1 Pacelli als Nuntius....................................................................................................207 III.5.2 Pacelli als Kardinalstaatssekretär...........................................................................215 III.6 Fazit.....................................................................................................................................228 Quellen- und Literaturverzeichnis.......................................................................................................231 Anhang....................................................................................................................................................318 1. Dokumente und Kandidatenlisten............................................................................................318 1.1 Die Ausführungsdekrete vom 4. April 1926 zum Listenverfahren von Artikel 14 § 1 des bayerischen Konkordats von 1924.............................................318 1.2 Die bayerischen Triennallisten....................................................................................330 1.2.1 Die Triennallisten des Episkopats......................................................................330 1.2.2 Die Triennallisten der Domkapitel....................................................................335 1.3 Die Bischofskandidaten in Preußen nach Artikel 6 des preußischen Konkordats von 1929..........................................................................................................361 2. Pacellis Bischofskandidaten........................................................................................................364 Personenregister.....................................................................................................................................368
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II.4.1 Meißen 1920/21 ���������������������
II.4 Sachsen II.4.1 Bautzen und Dresden, Wenden und Deutsche – Konfliktfelder einer Bistumsgründung: Meißen 1920/21 (Christian Schreiber)1 Kirchenrechtliche Prämissen Um die kirchenrechtlichen Strukturen in Sachsen Anfang der 1920er Jahre zu verstehen, ist ein Rückblick in die Vorgeschichte vonnöten.2 Die meisten katholischen Städte und Landgemeinden des im 10. Jahrhundert gegründeten Bistums Meißen gingen im Zuge der Reformation der katholischen Kirche verloren. Der letzte Bischof, Johann IX. von Haugwitz, resignierte 1581, was den Untergang des katholischen Bistums endgültig besiegelte. Schon kurz zuvor erfuhr man in Rom von der Konversion Johanns zum Protestantismus, woraufhin der Papst dem Bautzener Domdekan des katholisch verbliebenen Kollegiatsstifts St. Petri,3 Johann Leisentrit, die apostolische Administration über die noch bestehenden Reste des Bistums Meißen in der Ober- und Niederlausitz übertrug. 1570 inkorporierte der Heilige Stuhl die Administration dem Kollegiatskapitel als dauerhafte Aufgabe. Die katholische Kirche in Sachsen war damit seit dem 16. Jahrhundert Missionsgebiet, das der Kongregation der Propaganda Fide unterstand und in dem später Jesuiten die Seelsorge für die vereinzelten Katholiken übernahmen. Infolge der Bestimmungen des Westfälischen Friedens entstand in Sachsen ein landesherrliches Patronatsrecht des sächsischen Herrscherhauses.4 Nachdem 1697 Kurfürst Friedrich August I. zum Katholizismus konvertiert war, begann eine Zeit der
Vgl. zur Besetzung des bischöflichen Stuhls von Meißen 1920/21 Fischer, Wiedererrichtung, S. 57–119 sowie die im Anhang abgedruckten Quellentexte; Gatz, Ringen, S. 113–118; Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, bes. S. 17–23 und die entsprechenden Quellentexte im Anhang; Kilank, Wiedererrichtung; Kowalczyk, Kirche, S. 18–30; Schiller, Materialien; Strehler, Schreiber, S. 30–34. 2 Vgl. zur Vorgeschichte und Wiedererrichtung des Bistums Meißen besonders Fischer, Wiedererrichtung; Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1; Kilank, Wiedererrichtung; Kowalczyk, Kirche, S. 9–30; Meier, Vikariat; Mitzscherlich, Diktatur, S. 39–44; Schiller, Materialien; Seifert/Mitzscherlich, Bistum Dresden-Meißen; Seifert, Reformation; Stasiewski, Bischofssitze, S. 165–168. 3 Vgl. zur Geschichte des Kollegiatskapitels St. Petri Seifert, Beziehungen. 4 Vgl. dazu Langer, Patronatsrecht. 1
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Förderung der katholischen Kirche in Sachsen. Rom errichtete schließlich 1743 das Apostolische Vikariat Sachsen mit Sitz in Dresden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Vikar regelmäßig mit der Würde eines Titularbischofs ausgestattet, eine Maßnahme die seit Mitte des 18. Jahrhunderts auch bei den Bautzener Domdekanen, welche die Administratur der Lausitz innehatten, vorgenommen wurde. Die Verwaltung der Kirche in den sächsischen Erblanden hatte unter dem Apostolischen Vikar ein katholisch-geistliches Konsistorium inne, das 1827 per Mandat vom König installiert worden war. Seit 1831 wurde das Amt des Apostolischen Präfekten der Lausitz mit dem des Apostolischen Vikars von Sachsen in Personalunion verbunden. Der sächsische König schlug dem Papst den vom Bautzener Kapitel gewählten Domdekan – bei der Wahl nahm jeweils ein staatlicher Kommissar teil – für den Posten des Apostolischen Vikars in Dresden vor.5 Seit 1837 übte der Vikar im Jurisdiktionsgebiet der Erblande das Recht des Königs zur Kollatur der kirchlichen Stellen aus. Die staatliche Oberaufsicht über die katholische Kirche, die durch die sächsische Verfassung vom 4. September 1831 auf die Lausitz ausgedehnt und 1876 durch die Kulturkampfgesetzgebung verschärft wurde, fand erst durch die WRV und ihre Gewährleistung der Religionsfreiheit ein Ende. Sie schuf die Voraussetzung für eine Wiedererrichtung des Meißener Bistums durch einen Zusammenschluss des Apostolischen Vikariats Sachsen (dem auch thüringische Anteile angehörten) und der Apostolischen Administratur der Lausitz, wenngleich die Verfassung des Freistaats Sachsen von 1920 in Artikel 50 den Versuch machte, die Freiheiten der Reichsverfassung wieder einzuschränken.6 Eine eigene vertragliche Vereinbarung zwischen Kirche und Staat in Sachsen existierte nicht.
Der Tod von Bischof Franz Löbmann und die Frage der Wiederbesetzung des Apostolischen Vikariats Die Bestrebungen zur Wiedererrichtung des Bistums Meißen verliefen mit der Frage, wer den neu zu errichtenden Bischofsstuhl bekommen sollte, parallel und sind nicht voneinander zu trennen. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der damalige Apostolische Vikar von Sachsen und Administrator der Lausitz, Bischof Aloys Schäfer, bei Nuntius Andreas Frühwirth mit dem Vorschlag vorstellig, die beiden Jurisdiktionsbezirke in den sächsischen Erblanden und in der Lausitz Eine Ausnahme bildete Aloys Schäfer, der vom Heiligen Stuhl Anfang des Jahres 1906 zunächst zum Apostolischen Vikar für Sachsen und Apostolischen Präfekten der Lausitz ernannt wurde, bevor das Bautzener Kapitel seiner Erhebung zum Kapitelsdekan „zustimmte“. Das Kapitel hatte auf sein Recht, diesen zu wählen, verzichtet, um keine Trennung der ihr inkorporierten Administratur vom Dekanat zu riskieren. Vgl. dazu Fischer, Wiedererrichtung, S. 55; Hirschfeld, Bischofswahlen, S. 787–794. 6 Vgl. Art. 50 der Verfassung des Freistaats Sachsen vom 1. November 1920, Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 144 (Nr. 105). Vgl. dazu Huber, Verfassungsgeschichte VI, S. 803f. 5
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zusammenzufügen. Diese Pläne verfolgte nach den politischen Umwälzungen in Deutschland infolge des Ersten Weltkriegs Bischof Franz Löbmann, der Nachfolger Schäfers, weiter. Unterstützung erhielt dieser von seinem Sekretär, dem Redemptoristenpater Joseph Watzl aus Philippsdorf, der für die Feier des siebten Zentenars des Bautzener Domkapitels St. Petri 1921 eine Geschichte des Kapitels verfasste und sich daher mit den kirchlichen und jurisdiktionellen Strukturen der sächsischen Kirche gut auskannte. Löbmann bat Watzl, über ihre Bemühungen zur Wiedererrichtung der Diözese Stillschweigen zu bewahren, das erst der Registrator und spätere Obersekretär am Bautzener Ordinariat, Nikolaus Halke, der ebenfalls in die Pläne eingeweiht war, nach einer schweren Erkrankung Löbmanns im Oktober 1920 brach und das Domkapitel darüber informierte. Dieses förderte unter dem Kapitelssenior Jakob Skala die Bestrebungen. Skala reichte zusammen mit dem Kanoniker Nikolaus Sauer am 17. November 1920 eine Supplik bei Papst Benedikt XV. ein, in der „sie um die Vereinigung der beiden bischöflichen Gewalten – des Apostolischen Vikars im Königreich Sachsen und des Domdekans des Domstiftes St. Petri zu Bautzen – zu einer bischöflichen Gewalt mit Sitz in Bautzen baten“7. Der Münchener Nuntius Pacelli hatte von der Erkrankung des Apostolischen Vikars Löbmann in der Zeitung gelesen und entrichtete ihm Mitte Oktober einen Genesungswunsch, verbunden mit der Bitte, mitzuteilen, wie schwer sein Gesundheitszustand angegriffen sei.8 Offensichtlich spielte Pacelli bereits in Gedanken eine mögliche Nachfolgeregelung für das Doppelamt durch. Sensibilisiert dafür war er durch die gleichzeitig schwelende Koadjutorfrage für den schwer kranken Bischof Kirstein in Mainz. Eine Antwort aus Dresden erhielt Pacelli vom Präses des katholisch-geistlichen Konsistoriums, Alexander Hartmann, die für die Gesundung Löbmanns nichts Gutes ahnen ließ.9 Dessen Zustand verschlechterte sich rapide, sodass der Dekan des Bautzener Kapitels Skala Mitte November das baldige Ableben Löbmanns vorhersagte.10 Dieser starb schließlich am 4. Dezember 1920, worüber das Bautzener Kapitel dem Nuntius sofort Mitteilung machte, der die Trauernachricht wiederum umgehend an Kardinalstaatssekretär Gasparri übermittelte.11
Fischer, Wiedererrichtung, S. 66. Vgl. Bittschreiben Skalas an Benedikt XV. vom 17. November 1920, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 3rv. 8 Vgl. Pacelli an Löbmann ohne Datum (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 44r. 9 Vgl. Hartmann an Pacelli vom 20. Oktober 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 45r. 10 Vgl. Skala an Pacelli vom 18. November 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 46rv. Skala erbat vom Papst für den scheidenden Bischof den Apostolischen Segen mit vollständigem Ablass zum Todeszeitpunkt, um deren Gewährung sich Pacelli anschließend erfolgreich bemühte. Vgl. als pars pro toto des Briefwechsels in dieser Angelegenheit Gasparri an Pacelli vom 22. November 1920, ebd., Fol. 48r. 11 Vgl. Domkapitel an Pacelli vom 5. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 51r und Pacelli an Gasparri vom 5. Dezember 1920 (Entwurf), ebd., Fol. 53r. 7
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Während man sich in Dresden nunmehr vornehmlich Gedanken machte, wie eine rechtlich fundierte Abwicklung der Amtsgeschäfte während der Vakanz des Apostolischen Vikariats vor sich gehen konnte,12 ging es Pacelli um die grundlegende Frage der Neubesetzung. Rat holte er sich vom Zentrumspolitiker Kaas, der vor kurzem sein kanonistischer Berater geworden war.13 Dieser verfolgte im Umgang mit der staatlichen Autorität eine klare Linie: „Wegen der Neubesetzung des Apostolischen Vikariats in Sachsen rate ich unbedingt, via facti ohne jede Verständigung mit der Regierung vorzugehen. Wenn irgendwo, dann ist in Sachsen, wo aber wieder eine rein sozialistische Regierung das Ruder ergriffen hat,14 die Gelegenheit gegeben, den in der Reichsverfassung ausgesprochenen Grundsatz der freien kirchlichen Ämterbesetzung zur Geltung zu bringen. Ein auch nur kleines Abweichen davon würde hier, wo keinerlei rechtliche Bindungen vorliegen, von dem katholischen Volk nicht verstanden werden.“15
Der Zentrumsprälat hatte die Rechtsfragen zuvor – sicherlich im Auftrag des Nuntius – mit dem früheren sächsischen Justizminister – derzeitig Reichsjustizminister und Vizekanzler –, Rudolf Heinze, erörtert. Sogar dieser habe sich – so Kaas – „im Sinne vollständiger Freiheit des Heiligen Stuhles“16 geäußert, was nichts anderes bedeutete, als dass Rom den Apostolischen Vikar frei ernennen konnte. Als Kandidat für die Nachfolge Löbmanns war Kaas der Ehrendomherr Franz Müller aus Bautzen genannt worden. Jedoch habe er von dem Wunsch der wendischen Geistlichkeit gehört, dass eine Person ihrer Nationalität das Amt bekleiden möge. Hier klingt bereits die zentrale Spannung an, welche die Metastruktur für die Besetzung des Meißener Bistums bilden sollte: der Konflikt zwischen Deutschen und Sorben (Wenden).17 Das slawische Volk stellte in der Lausitz eine nicht unbedeutende Minderheit dar, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein verstärktes Nationalbewusstsein entwickelte. Das Ende des Ersten Weltkriegs und die Gründung der Tschechoslowakischen Republik nährte in ihr die Hoffnung auf die Autonomie des sorbischen Gebiets. Diese sorbischen Autonomiebestrebungen wurden von deutscher Seite kritisch beäugt. Dazu kam, dass die deutsche Kriegsniederlage und die erdrückenden Lasten, die der Versailler Vertrag Deutschland aufbürdete, die deutschnationalen Bestrebungen ver-
Vgl. die entsprechenden Schreiben Hartmanns und des Geistlichen Konsistorialrats Paul Richter vom 28. November und 6. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 59r–60r und 62r–63v sowie die jeweiligen Antwortentwürfe von Pacelli vom 30. November und 8. Dezember 1920, ebd., Fol. 61rv und 64rv. 13 Vgl. dazu die Hinweise in Bd. 1, Kap. II.1.3 (Der Kandidat von Ludwig Kaas: Nikolaus Bares). 14 Die Wahlen zum ersten sächsischen Landtag am 14. November 1920 führten zu einer Regierungskoalition aus MSPD und USPD, die am 9. Dezember des Jahres ihre Arbeit aufnahm. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VI, S. 804. 15 Kaas an Pacelli vom 8. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 65rv, hier 65v. 16 Kaas an Pacelli vom 8. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 65v. 17 Vgl. zur Situation der Sorben Fickenscher, Autonomiebewegung; Fischer, Wiedererrichtung, S. 85– 90; Kowalczyk, Kirche; Zdarsa (Hg.), Eine Kirche 2, S. 271–301. 12
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schärften, insbesondere in den Grenzgebieten und so auch in Sachsen. Die sächsische, preußische und die Reichsregierung fuhren einen dezidiert antisorbischen Politikkurs.18 Vor diesem Hintergrund sind die nationalistischen Auseinandersetzungen zu verstehen, die sich ganz besonders um die Person des Kandidaten für den Bischofsstuhl von Meißen entfalten sollten.
Das Eingreifen von Kardinal Bertram Zur gleichen Zeit schaltete sich der Fürstbischof von Breslau, Kardinal Bertram, in die Angelegenheit ein. Am 7. Dezember habe er Bischof Löbmann beerdigt, wie er einen Tag später dem Nuntius schrieb.19 Ernste Sorgen hätten ihn nun zu der Überzeugung gebracht, dass ein Eingreifen Pacellis in die kirchlichen Strukturen Sachsens erforderlich sei. Es sei dem Nuntius schon bekannt, was für verschiedene Interessengruppierungen hinsichtlich der Bischofsfrage konkurrieren würden. Bertram fasste die komplexe Kirchenstruktur in Sachsen zusammen: Im westlichen Teil Sachsens, den Erblanden, übe ein vom Papst ernannter Apostolischer Vikar die episkopale potestas aus, in dem östlichen, kleineren Gebiet der Lausitz wähle das Domkapitel zu Bautzen ihren Dekan, der als Apostolischer Präfekt dieses Territorium verwalte – beide Ämter würden von derselben Person ausgefüllt. Demgegenüber mache sich heute das Bedürfnis nach einer neuen Organisation geltend, womit Bertram auf eine mögliche Restauration des Bistums Meißen anspielte. Der Fürstbischof machte auch auf die wichtige Nationalitätenfrage aufmerksam, die Kaas schon angedeutet hatte. Die Majorität der Katholiken in den Erblanden seien Deutsche, während die meisten Katholiken in der Lausitz wendische Wurzeln hätten. Im Bautzener Kapitel sei „der wendische Einfluss vorherrschend“20. In der Vergangenheit hätten Bischöfe – so die Einschätzung des Breslauer Kardinals –, die nicht vom Kapitel gewählt worden, sondern durch den Einfluss des Königs ins Amt gelangt seien, mit dem Widerstand der Domkapitulare zu kämpfen gehabt. Dieser Erfahrungswert müsse berücksichtigt werden. Im Januar 1920 trafen sich Vertreter aller drei Regierungen, um über die wendische Nationalbewegung zu beraten. Ergebnis war die Einrichtung einer Überwachungszentrale in Bautzen, die alle sorbischen Aktivitäten unter die Lupe nehmen sollte. Vgl. Fischer, Wiedererrichtung, S. 87; Scholze, Wendenabteilung. 19 Vgl. Bertram an Pacelli vom 8. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 66r–67v. 20 Bertram an Pacelli vom 8. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 67r. Vgl. zum Verhältnis von Sorben und Deutschen im Bautzener Kapitel Seifert, Zusammensetzung, S. 549f. Die hier angeführte Übersicht spiegelt die Zusammensetzung des Kapitels aus dem Frühjahr 1920: „Von den vier residierenden Domherren – den Domdekan eingeschlossen – waren damals … einer deutscher Nationalität (Domdekan) und drei sorbischer Nationalität. Von den vier nichtresidierenden Domherren waren zwei deutscher Nationalität und zwei sorbischer Nationalität. Es gab schließlich je einen sorbischen und einen deutschen Domvikar.“ Ebd., S. 550. Da Löbmann durch den bereits genannten Nikolaus Sauer ersetzt wurde, blieb das Verhältnis von Deutschen und Sorben gleich. 18
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Anlässlich der Exequien hatte Bertram nach eigenen Angaben schon die Initiative ergriffen und Kapitelssenior Skala gebeten, mit der Wahl des neuen Dekans noch zu warten. Dieselbe Anweisung diktierte er dem Nuntius mit der Begründung „wichtiger Interessen des Heiligen Stuhles“21 als Telegramm, das Pacelli an das Domkapitel richten sollte. Während die jeweiligen Leitungsgremien der beiden Jurisdiktionsbezirke – das Domkapitel in Bautzen und das Konsistorium in Dresden – kanonistisch nicht sehr beschlagen seien, könne der Nuntius für die kirchenrechtliche Neuordnung auf die Hilfe von Pater Watzl zurückgreifen. Dieser kenne sich nicht nur gut mit der Geschichte der sächsischen Kirche aus, sondern sei auch vertrauenswürdig. Außerdem stehe er mit dem Kapitel in guten Beziehungen. Bertram schien nicht zu wissen, dass diese Einschätzung nicht mehr aktuell war. Mittlerweile waren nämlich Spannungen zwischen Kapitel und Watzl aufgetreten, weil letzterer sein mit Löbmann gemeinsames Wirken zur Wiederherstellung des Meißener Bistums geheim gehalten hatte.22 Jedenfalls erklärte sich Bertram bereit, den Redemptoristenpater sub secreto nach München zur Audienz schicken, sofern Pacelli dies wünsche. Abschließend verwies der Kardinal auf die gegenseitige Angewiesenheit von Schlesien und Sachsen, die seine Einmischung – die er nicht intendiere – rechtfertigen sollte. Dass Bertram hier jedoch keine weitergehenden persönlichen Ambitionen verfolgte, ist unwahrscheinlich. Unter Rekurs auf eine Unterredung zwischen Bertram und Papst Pius XI. im Jahr 1923 vermutet Hans Friedrich Fischer, dass der Breslauer Kardinal „von Anfang an bei seinen Ratschlägen hinsichtlich der Wiedererrichtung des Bistums Meißen“ einen Plan verfolgte, der „einen Zusammenschluß der ostdeutschen Bistümer zu einer ostdeutschen Kirchenprovinz mit Sitz in Breslau“23 vorsah.
Sondierungen der Nachfolge Löbmanns durch das Dresdener Konsistorium und König Friedrich August Der Nuntius folgte beiden Vorschlägen des Breslauer Kardinals. Bereits am folgenden Tag sandte er das dem Entwurf Bertrams genau entsprechende Telegramm an das Bautzener Domkapitel24 und schrieb nach Breslau, in der nächsten Woche Zeit für Pater Watzl zu haben.25 Aus Bautzen meldete sich am 11. Dezember Kapitelssenior Skala zurück und versicherte Pacelli, ebenfalls
Bertram an Pacelli vom 8. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 67r. Vgl. Fischer, Wiedererrichtung, bes. S. 65–67, 193–195. 23 Fischer, Wiedererrichtung, S. 92. 24 Vgl.: „Wegen wichtiger Interessen des heiligen Stuhles und der Kirche in Sachsen empfehle mit Wahl Dekans etwas zu warten. Genauere Nachrichten bleiben vorbehalten.“ Pacelli an das Domkapitel in Bautzen vom 9. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 69r. 25 Vgl. Pacelli an Bertram vom 9. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 68r. 21 22
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der Ansicht zu sein, dass noch „wichtige Fragen“26 geklärt werden müssten, bevor zur Wahl des Nachfolgers Löbmanns geschritten werden könne. Um den reibungslosen Ablauf der kirchlichen Verwaltung in der Interimszeit zu gewährleisten, wurde Skala vom Kapitel zum Administrator gewählt.27 Auch in Dresden machte man sich Gedanken, in welcher Form die kirchlichen Strukturen Sachsens weiterbestehen könnten. Auf einer Sitzung am 21. Dezember verabschiedeten die Mitglieder des geistlichen Konsistoriums ein Fünf-Punkte-Papier, das sie einen Tag später dem Nuntius unterbreiteten.28 Ihrer Ansicht nach sollten beide Jurisdiktionsbezirke in ihrer Selbständigkeit mit dem einen gemeinsamen Ordinarius erhalten bleiben. Sie fürchteten offenbar, dass eine neu errichtete Diözese Meißen ihren Sitz in Bautzen haben werde, was das Ende ihrer Stellung in Dresden bedeuten würde. Der Nachfolger Löbmanns sollte außerdem dem erbländischen Klerus entstammen und damit also von deutscher Nationalität sein. Die Unterzeichneten fragten Pacelli, ob es ihnen erlaubt sei, konkrete Besetzungsvorschläge zu machen. Bislang konnte das Dresdener Konsistorium in keiner Weise auf die Besetzung des Vikariats Einfluss nehmen, aus seiner Sicht ein Manko, das nun behoben werden sollte. Es glaubte nämlich, dass eine Neuregelung des Besetzungsmodus bevorstand, da das Propositionsrecht des früheren Königs seiner Meinung nach nicht der neuen Regierung zuzusprechen war. Für den Fall, dass die Ernennung des neuen Vikars in irgendeiner Form von der sogenannten Hofpartei beeinflusst würde, ergäbe sich für den electus ein sehr schwieriger Stand – dies hatte Bertram schon ähnlich diagnostiziert. Allerdings wiesen die Konsistorialräte auch daraufhin, dass die Regierung dem Apostolischen Vikar noch das Gehalt bezahlte und daher offenbar nicht gänzlich umgangen werden konnte. Im letzten Punkt ihres Schreibens versicherten sie dem Heiligen Stuhl unbedingten Gehorsam, welche Regelung dieser auch treffen werde. Pacelli vertröstete das Konsistorium ein paar Tage später mit dem Hinweis, dass die Frage der Neubesetzung „in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse reifliche Erwägung und Überlegung“29 verlange. Unterdessen hatte er mit Pater Watzl zwei längere Besprechungen über die kirchliche Lage Sachsens geführt, wie er am Weihnachtsfest an den Breslauer Kardinal schrieb.30 Der Redemptorist werde eine ausführliche Denkschrift erarbeiten, für die auch das Dresdener
Skala an Pacelli vom 11. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 70r–71r, hier 70v. Vgl. Skala an Pacelli vom 20. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 73rv. Über den Nuntius erbat sich Skala von der Propaganda Fide die nötigen Vollmachten. Vgl. Pacelli an Skala vom 23. Dezember 1920 (Entwurf), ebd., Fol. 76r. 28 Vgl. Hartmann an Pacelli vom 22. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 23rv. 29 Pacelli an Konsistorialrat Paul Richter vom 27. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 80r. 30 Vgl. Pacelli an Bertram vom 25. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 79r. 26 27
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Papier nützlich sein könnte. Deshalb sollte Bertram, den Pacelli damit als Vermittler einsetzte, das Dokument streng vertraulich an Watzl weiterreichen.31 Die Frage der Wiederbesetzung beschäftigte auch den ehemaligen König Friedrich August III., der in Sibyllenort im Exil lebte. Am Heiligabend 1920 legte er dem Nuntius brieflich seine Ansichten dar.32 Auf den Plan, die Diözese Meißen wiederherzustellen, war er bereits im September 1919 in einem Gespräch mit Bischof Löbmann aufmerksam gemacht worden. Schon damals befürwortete er dieses Vorhaben, verlangte „jedoch noch mehr Klarheit über die Ausübung seiner königlichen Rechte“33. Noch kurz vor seinem Brief an Pacelli hatte der König auch mit Pater Watzl gesprochen. Dieser war mit dem Ergebnis freilich in keiner Weise zufrieden gewesen, da Friedrich August seinen ehemaligen Einfluss, zumindest auf inoffiziellem Weg, unbedingt weiterhin geltend machen wollte.34 Dies versuchte er nun auch gegenüber dem Nuntius. Gerade nach der Revolution hielt er eine Neuerrichtung des Bistums Meißen für noch nötiger als vorher, weil mit dem Königtum die „Hauptstütze der Kirche“35 in Sachsen weggebrochen sei. Zudem sei es politisch und kirchlich am dienlichsten, wenn der neue Oberhirte durch das Kapitel gewählt und anschließend vom Papst zum Apostolischen Vikar ernannt werde. Dies entsprach der bisherigen Regelung. Da-
Bertram erhielt das Papier des Dresdener Konsistoriums Ende Januar 1921 von Watzl zurück. Dieser hatte einen Kommentar zu der Darlegung der geistlichen Behörde des Apostolischen Vikariats verfasst. Vgl. Watzl an Bertram vom 24. Januar 1921, auszugsweise abgedruckt bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 122 (Nr. 36) und vollständig bei Kilank, Wiedererrichtung, S. 29 (Nr. 3). 32 Vgl. Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 77r–78v. 33 Fischer, Wiedererrichtung, S. 63. 34 So notierte sich Watzl am 17. Dezember 1920 in sein Tagebuch: „Der Erfolg unserer Aktion beim K[önig] ist ausgeblieben. Er hat sich Bedenkzeit vorbehalten, will alle Rechte ausüben, indem er, wenn auch nicht offen, so doch privat sich sehr stark in die Besetzung einmischt, ja sogar seinen Kandidaten aufdrängt, Kap[itel] aber in nichts entgegenkommt. Das Kapitel ging nicht um einen Kandidaten betteln, da es selbst mündig ist. Die Folge muß also sein: sine eo!“ Tagebuchnotizen von Pater Joseph Watzl vom 17. Dezember 1920, abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 202f., hier 202 sowie bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 96–98 (Nr. 30). Hervorhebungen im Original. Hans Friedrich Fischer konstatiert seinerseits: „Die Bemühungen der Königsfamilie, ihren Einfluß bei der Suche nach Kandidaten für den neuzuerrichtenden Bischofssitz geltend zu machen, waren Watzl ein Ärgernis. Deshalb auch war er um Ausschaltung dieses ihm schädlich dünkenden Einflusses bemüht.“ Fischer, Wiedererrichtung, S. 77. In einem Schreiben an Skala einige Tage nach der Unterredung mit Watzl stellte König August offen seine Bedenken hinsichtlich der Bistumsgründung dar, die er dem Nuntius gegenüber dann aber verschwieg. Dort erklärte er hinsichtlich der Wahl des Domdekans: „Die Domherren haben sich auf den besten Anwärter zu einigen, unabhängig von seiner Nationalität.“ Vgl. Friedrich August an Skala vom 19. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 22rv, hier 22v. Dass letztere für ihn im Gegenteil entscheidend war, ergibt sich jedoch aus seiner Darlegung für Pacelli. 35 Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 77r. 31
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bei sollte die strukturelle Neuordnung der sächsischen Kirche erst nach der Bestellung des neuen Vikars betrieben werden, insofern dieser besser als die Übergangsverwaltung geeignet sei, die Lage mit der Kurie zu klären. Das Kapitel wünsche dagegen eine umgekehrte Vorgehensweise: Ein Bistum Meißen mit dem Sitz in Bautzen, vom Kapitel gegründet, „würde diesem eine überwältigende Stellung im Lande verschaffen“36. Friedrich August hielt das für eine dramatische Entwicklung, da die Domkapitulare die politische Lage völlig verkennen würden: „Eine religionsfeindliche Regierung, die sich über die klaren Bestimmungen der Reichsverfassung wegsetzt, erstrebt die völlige Trennung von Staat und Kirche, die völlige Verdrängung von Kirche und Religion aus der Schule und ein Knebelgesetz der schlimmsten Sorte für die Diener aller Religionen.“37 Der König spielte hier auf ein Gesetz der Regierung an, das die Konfessionsschulen aufhob und den Religionsunterricht aus den Volksschulen verbannte, freilich nur von April bis November 1920 in Kraft war.38 Darüber hinaus plante sie für das kommende Jahr ein Gesetz der vollständigen Trennung beider Gewalten, wovon Pacelli bereits im Mai durch den damaligen Vikar Löbmann erfahren hatte.39 In einer Besprechung mit Skala habe er – so Friedrich August weiter – diese prekäre politische Situation im Denken des Kapitelsseniors nicht berücksichtigt gefunden. Dazu kam für den König, dass der erstarkte Nationalismus der Wenden, der in seiner Orientierung auf die Tschechoslowakei zeige und „selbst vor hochverräterischen Gedanken nicht zurückschreckte“40, von manchen Kreisen der Geistlichen sympathisch beäugt werde. Nur weil der Bischof ein Deutscher gewesen sei, sei der Konflikt der Nationalitäten nicht innerhalb der Kirche entbrannt. Das Bautzener Kapitel sei hingegen wendisch geprägt und wenn Skala, der ein „Verfechter des wendischen Vorrechts“ genannt werden müsse, der Nachfolger Löbmanns werde, ändere sich die Situation grundlegend.41 Die im Prager Priesterseminar ohnehin schon prädisponierten Alumnen würden unter seiner Leitung für die sächsische Kirche gefährlich
Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 77v. Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 77v. 38 Vgl. „Übergangsgesetz für das Volksschulwesen“ vom 22. Juli 1919, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Sachsen Nr. 15 vom 25. Juli 1919, S. 171–185. Vgl. dazu Mitzscherlich, Diktatur, S. 45–51. 39 Vgl. Löbmann an Pacelli vom 20. Mai 1920, abgedruckt bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 89–91 (Nr. 26). 40 Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 78r. 41 Dass der hochbetagte Skala die Absicht hatte, das Dekanat beziehungsweise Vikariat für sich zu beanspruchen, bezeugte kurze Zeit später auch Kardinal Bertram. Vgl. Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85rv, hier 85v; Entwurf abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 205f. und Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 99f. (Nr. 31). 36 37
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werden.42 Ganz abgesehen davon, dass es nicht angemessen sei, wenn 280.000 deutsche Katholiken und nur 20.000 Wenden43 von einem wendischen Oberhirten geführt würden, sei mit der Konsequenz zu rechnen, dass dieser alle wichtigen Ämter mit Landsleuten besetzen würde. Ein deutscher Bischof könne zugleich erheblich besser mit der Regierung verkehren. Räume man jedoch, wie Friedrich August in Anlehnung an einen von Kardinal Bertram vorgelegten Modus erklärte,44 dem Bautzener Kapitel das Recht ein, im Einvernehmen mit der Kurie eine Kandidatenliste – etwa eine Terna – anzufertigen, aus der es dann den neuen Oberhirten wähle, dann würde das sorbisch dominierte Bautzener Kapitel in diesem Fall zwei Wenden und einen gänzlich unwählbaren Deutschen vorschlagen und „damit mit dem Schein des Rechtes einem Wenden die bischöfliche Würde übertragen“45. Stattdessen präferierte er eine Wahl durch ein Gremium, das aus sechs Deutschen und vier Wenden bestehen sollte. Genau wie gegenüber der Geistlichkeit aus Dresden bedankte sich Pacelli am 27. Dezember bei seiner Majestät für die gegebenen Informationen, an denen er die Spannungen zwischen Deutschen und Sorben in Sachsen augenfällig studieren konnte und verwies wiederum auf die „reifliche Erwägung und eingehende Überlegung“46, mit denen man der Angelegenheit begegnen müsse. Es gab für Friedrich August also keine Chance zu erfahren, welchen Eindruck seine Ausführungen auf den päpstlichen Gesandten gemacht hatten.
Päpstliche Nomination oder Kapitelswahl? Pacelli und Bertram Der Nuntius nahm die Anmerkungen des Königs durchaus ernst. Da er aber keine voreiligen Schlüsse ziehen oder vorschnell Entscheidungen treffen wollte, legte er seine Gedanken Bertram
Das Wendische Seminar in Prag wurde im 18. Jahrhundert gegründet und fungierte als Ausbildungsstätte für die sächsischen Priesteramtskandidaten. Im Herbst 1919 unterrichtete Bischof Löbmann auf Nachfrage den Nuntius über diese Institution und berichtete dabei auch von dem Wunsch, das Seminar nach Sachsen zu verlegen. Vgl. Löbmann an Pacelli vom 18. Oktober 1919, ASV, ANB 54, Fasz. 1, Fol. 22r–23v. Der hier von August Friedrich vorgebrachte Vorwurf, das Seminar fördere „panslawistische Agitation“, war ein häufiges Argument deutschnationaler Kreise, um die Schließung des Prager Standortes zu erreichen. Vgl. dazu Rothland, Seminar, hier S. 554. Allerdings verlangte auch der Can. 1354 § 1 CIC 1917, dass jede Diözese ein Priesterseminar besaß. 43 Friedrich August veranschlagte beide Zahlenangaben etwa um die Hälfte zu hoch. Im Bistum Meißen gab es 1925 insgesamt 179.540 Katholiken, darunter 9.500 Sorben und 155.025 Deutsche. Vgl. Fickenscher, Statistik, S. 606. 44 Vgl. zu Bertrams Überlegungen zum Wahlmodus das nächste Kapitel. 45 Friedrich August an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 78r-v. 46 Pacelli an Friedrich August vom 27. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 81r. 42
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vor, um sich rückzuversichern.47 Ihm übersandte er das Schreiben Friedrich Augusts und hakte darüber hinaus bei einem konkreten Punkt ein: Der König hatte die Fähigkeit des Bautzener Kapitels im Allgemeinen und des Seniors Skala im Besonderen, die kirchliche Verwaltung bis zur Neubesetzung des Vikariats zu bestreiten, vehement in Zweifel gezogen. Für Pacelli war klar, dass eine Wiederherstellung des Meißener Bistums noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde, zumal Pater Watzl die erforderliche Denkschrift nicht stante pede abfassen konnte: „Wenn nun erst nach Erledigung letzterer Angelegenheit [sc. der Bistumsrestauration, R.H.] oben erwähnte Neubesetzung erfolgen soll, so frage ich mich, ob die jetzige interimistische Administration in den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen ohne Schaden lange bestehen kann.“48 Unbeabsichtigt hatte Bertram diesen Zweifel bestärkt, als er am 8. Dezember von den mangelnden kanonistischen Kenntnissen der Domkapitulare in Bautzen und der Konsistoriumsmitglieder in Dresden gesprochen hatte. Angesichts dieser Konstellation überlegte Pacelli, ob es nicht opportun sei – gemäß dem Vorschlag des Königs –, „schon jetzt die Ernennung des Apostolischen Vikars von Sachsen und Administrators der Lausitz ins Werk zu setzen“49. Für letztgenannten Fall stellte sich dem Nuntius die Folgefrage, wie die Einsetzung stattzufinden habe. Entweder wie bislang üblich durch Wahl des Domkapitels – was im konkreten Fall nur pro hac vice zugestanden würde – oder wie seinerzeit Bischof Aloys Schäfer durch eine vorgreifende Ernennung des Heiligen Stuhls.50 Aufgrund der gegenwärtigen kirchenpolitischen Veränderungen und der Nationalitätenproblematik glaubte der Nuntius, dass sich die zweite Variante empfahl. Er zog demnach die Konsequenz aus der Überzeugung, dass die Bautzener Kapitulare mit der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen überfordert waren. Indem der König diese Einschätzung betont hatte, hatte er unbeabsichtigt auch das von ihm gewünschte Wahlrecht des Kapitels diskreditiert. Über das Wahlthema ging Pacelli daher zügig hinweg. Für die geplante päpstliche Nomination brauchte er einen geeigneten Kandidaten und den hatte er: Pacelli votierte für den Wiesbadener Pfarrer Antonius Hilfrich aus der Diözese Limburg. Dass eine Persönlichkeit aus dem sächsischen Klerus – wie die Geistlichen aus Dresden dies gewünscht hatten – gefunden werden könnte, „die, den gegenwärtigen Verhältnissen gewachsen, mit erforderlicher Kraft und Entschiedenheit die Zügel der kirchlichen Regierung in Sachsen zu führen“51 vermöge, hielt Pacelli für höchst zweifelhaft. Mit der genannten Person bestimmte er einen Deutschen zum neuen Ordinarius, sodass er in dieser Hinsicht den Vorstellungen Friedrich Augusts entsprach.
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Vgl. Pacelli an Bertram vom 28. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 82rv. Pacelli an Bertram vom 28. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 82r. Pacelli an Bertram vom 28. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 82v. Auf diesen Sachverhalt hatte der Brief Friedrich Augusts aufmerksam gemacht, der ihn allerdings nur als Ausnahme anführte. Vgl. zur Einsetzung Schäfers Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 5. 51 Pacelli an Bertram vom 28. Dezember 1920 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 82v. 47 48
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Die Anfrage Pacellis an Bertram transportierte also schon sehr präzise Überlegungen: kein Wahlrecht des Bautzener Kapitels, keine Konzessionen an die wendische Minderheit unter den sächsischen Katholiken oder die wendischen Tendenzen im Domkapitel, keine Aufnahme des Wunsches aus Dresden, einen sächsischen Kleriker zu wählen und auch keine Einbindung der sächsischen Staatsregierung. Wie kam der Nuntius ausgerechnet auf einen Pfarrer aus dem westlichen Wiesbaden für die ostdeutsche Kirche? Die Antwort ergibt sich bei einem Seitenblick auf die beinahe parallel verlaufenden Ereignisse um die Besetzung eines Koadjutors cum iure successionis für die Diözese Mainz. Dort war Hilfrich der Favorit Pacellis für den Posten gewesen – übrigens von Kardinal Bertram Anfang September 1920 vorgeschlagen –, aber aufgrund seiner preußischen Herkunft fallen gelassen worden. Hatte der dortige Domdekan Bendix festgestellt, dass der Hilfrich zugeschriebene „bürokratisch-enge Geist aus Limburg für uns nicht passt“52, war die Personalie nach Meinung des Nuntius für die katholische Kirche Sachsens genau das richtige. Der Fürstbischof von Breslau, der schon zwei Tage später seine Antwort an den Nuntius zurücksandte, stimmte Pacellis Gedankengang unumwunden zu: „Ich neige immer mehr der Ansicht zu, dass es gut ist, wenn der Heilige Stuhl in Sachsen vollendete Tatsache schafft …“53 Zwar habe er dem Bautzener Domkapitel ein eingeschränktes Wahlrecht zugestehen wollen, damit der künftige Bischof einen leichteren Einstand habe, aber es sei durchaus korrekt, „dass man bei den Strömungen im Bautzener Kapitel mit unerwarteten Überraschungen rechnen muss. Und dann? – – – – Posteriora pejora prioribus“54. Damit nicht hinterher alles schlimmer werde als vorher, sei es am besten, wenn der Papst einen Nachfolger Löbmanns ernennen würde. Als finanzielle Grundlage müsste dieser aber die Pfründe des Dekanats erhalten. Hinsichtlich der Kandidatenwahl offenbarte Bertram eine Geistesverwandtschaft mit Pacelli, da er auch bereits an Hilfrich als geeigneten Mann für die sächsische Kirche gedacht habe.55 Die Ernennung eines Auswärtigen habe ihm auch die Schwester des Königs, Herzogin Mathilde von Sachsen, empfohlen, die bei ihm am Bendix an Pacelli vom 20. Dezember 1920, ASV, ANB 78, Fasz. 1, Fol. 138v–139r. Vgl. dazu Bd. 3, Kap. II.3.2 (Ein unerwarteter Kandidatenwechsel). 53 Bertram an Pacelli vom 30. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 83rv, hier 83r; Entwurf abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 207 und auszugsweise bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 101f. (Nr. 32). 54 Bertram an Pacelli vom 30. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 83r. 55 Den Namen des Wiesbadener Pfarrers hatte Bertram handschriftlich in den gedruckten Text ergänzt. Den übrigen Text hatte er zuvor einem Schreiber diktiert, dem er aber die geheime Überlegung hinsichtlich der infrage kommenden Persönlichkeit vorenthalten wollte. Dies zeigt, mit welcher Diskretion der Breslauer Kardinal vorging, was Pacelli mit Sicherheit schätzte, zumal er sich im Umgang mit den Regierungen der deutschen Länder oder mit Domkapitularen des Öfteren über Indiskretionen beschwerte. 52
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Vortag vorgesprochen habe.56 Er glaubte, dass in diesem Fall zwei weitere episkopable Attribute benötigt würden, nämlich Geduld und Ausdauer, um die Schwierigkeiten, welche die Diaspora und die „kühle[n] und verdrossene[n] Haltung“57 der Kapitulare mit sich brächten, überwinden zu können. Zur Vorlage bei der Kurie übersandte Bertram darüber hinaus ein Schriftstück, in dem er grundsätzliche Überlegungen zur Frage der Bischofseinsetzung in Sachsen niederlegte.58 Darin fasste er zunächst die Problematiken zusammen, die seiner Ansicht nach der Wiederbesetzung des bischöflichen Amtes in Sachsen im Weg standen und die hier schon zur Sprache gekommen sind.59 Seine ursprüngliche Lösung für den Modus der Bischofsbestellung sah vor, dass beide Teile an der Bischofswahl beteiligt werden sollten: Aus dem Bautzener Kapitel und den Vertretern des erbländischen Klerus sei ein Wahlgremium zu bilden, das sich mit dem Heiligen Stuhl über einen Korpus von (eventuell drei) Kandidaten verständigen sollte, aus dem es dann den neuen Oberhirten zu wählen habe. Auf diese Weise würde der Bischof durch Kapitelswahl auch zum Dekan – und damit zum Inhaber der Dekanatspfründe – berufen. Schwierig erschien Bertram dabei jedoch die Frage, wie das Wahlgremium genau zusammengesetzt werden sollte: Falls man die Seelenzahl der beiden Bistumsteile als Kriterium für die Stimmengewichtung heranziehen sollte, „drückte [dies] die Stiftskanoniker zu einer minimalen Minorität herab“60. Belasse man jedoch die Wahlbefugnis einzig beim Bautzener Stiftskapitel, so käme es mit aller Wahrscheinlichkeit zur „Wahl eines Wenden, der bei den neun Zehnteln der Diözesanen
Am 21. November hatte Bertram auch den Kronprinzen Georg von Sachsen kontaktiert, um Vorschläge für die Nachfolge Löbmanns einzuholen. Dieser präferierte zwar nicht unbedingt einen auswärtigen Geistlichen, aber bewertete die gegenwärtigen Spitzen der sächsischen Kirche, Jakob Skala und Alexander Hartmann, „infolge ihres Alters und ihrer Wesensart“ als ungeeignet. Vgl. Georg von Sachsen an Bertram vom 9. Dezember 1920, auszugsweise abgedruckt bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 94 (Nr. 28). 57 Bertram an Pacelli vom 30. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 83v. 58 Vgl. Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85rv. 59 Der erste Punkt benannte die Trennung der beiden Ämter des Apostolischen Vikars der sächsischen Erblande und des Administrators beziehungsweise Präfekten der sächsischen Lausitz; zweitens kam Bertram auf die Komplexität der Besetzung dieser in Personalunion geführten Ämter zu sprechen, die bislang nicht „uno actu gemeinsam“ geschehe; drittens bedürfe der Apostolische Vikar der Erblande das Dekanat im Kollegiatstift Bautzen für seinen Unterhalt; ein viertes Problem bildete für Bertram die Tatsache, dass die Wahl des Dekans vom Kapitel selbst vorgenommen wurde; fünftens seien die Wenden im Kapitel in der Mehrheit, während sie im Diözesangebiet nur einen verschwindend geringen Teil der Katholiken ausmachten. Vgl. Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85r. 60 Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85v. 56
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wenig Vertrauen fände“61. Zu allem Überfluss sei Eile angesagt, weil laut Bertram „in Sachsen die schlimmsten Verfassungs-, Kirchen- und Schulkämpfe mit Landtag und Regierung vor der Türe“62 standen. Deshalb votierte er entgegen den soeben skizzierten Überlegungen jetzt doch dafür, dass der Papst einen Titularbischof mit den Rechten des Apostolischen Vikars beziehungsweise des Präfekten für ganz Sachsen ernannte, der zugleich die Dekanatsstelle des Bautzener Kapitels bekleidete. Die Nomination eines auswärtigen Kandidaten habe dabei den Vorteil, keinen der beiden Bezirke zu bevorzugen. Es herrschte also zwischen Friedrich August, Bertram und Pacelli Einigkeit, dass es vor der diözesanen Umstrukturierung einen neuen Bischof deutscher, aber nicht sächsischer Provenienz geben sollte, der den aktuellen Herausforderungen wirksam begegnen konnte. Während der Monarch dabei eine Besetzung durch Wahl anstrebte, sprachen sich Bertram und Pacelli für eine päpstliche Intervention aus. Aber bei genauem Hinsehen zeigen sich auch zwischen den beiden Kirchenfürsten unterschiedliche Ausrichtungen: Der Nuntius hatte als – für ihn letztlich nicht infrage kommende – Alternative zur päpstlichen Besetzung die Kapitelswahl (!) für dieses Mal, also gewissermaßen ausnahmsweise und vorbehaltlich endgültiger Regelungen, die dieses bislang geltende Recht gegebenenfalls aufheben würden, dargestellt. Im Gegensatz dazu qualifizierte Bertram die päpstliche Ernennung (!) fast übertrieben deutlich als Ausnahmeregelung und damit die Wahl als Normalfall, der durch die anvisierte einmalige Abweichung nicht verändert würde: „Das Beste ist, wenn pro hoc exceptionali casu et in hisce urgentissimis momentaneis angustiis der Heilige Vater Selbst für das ganze Gebiet sorgt, indem Er, unter Vorbehalt künftiger statutarischer Regelung, pro hoc tantum vice einen Titularbischof ernennt …“63 Dieser deutliche Wink zeigte Pacelli unmissverständlich, dass Bertram nicht bereit war, auf das Wahlrecht des Bautzener Kapitels zu verzichten, selbst wenn er in diesem Fall die andere Praxis als opportun erachtete. Schematisiert könnte man also sagen: Friedrich August mochte trotz der schwierigen Verhältnisse der sächsischen Kirche im Allgemeinen und des Bautzener Kapitels im Besonderen – Bertram hatte von „nationalistischer Engherzigkeit“64 im Kapitel gesprochen, welcher der König aber wohl in nichts nachstand – das Kapitelswahlrecht mit anschließender päpstlicher Ernennung für die Bestellung des neuen Bischofs erhalten; Bertram präferierte eigentlich das Wahlrecht, aber wegen Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85v. 62 Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85v. 63 Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85v. Hervorhebungen R.H. 64 Bemerkungen Bertrams zur Frage der Bischofswahl für Sachsen ohne Datum [30. Dezember 1920], ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 85v. 61
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besagter Umstände die päpstliche Nomination; Pacelli schließlich wollte ursprünglich das freie Besetzungsrecht des Heiligen Stuhls, wurde darin dann noch bestärkt durch die vorhandenen Probleme, die eine Wahl mit sich brachte.
Weitere Bischofskandidaten Die vordergründige Übereinstimmung Bertrams hinsichtlich der konkreten Vorgehensweise in Meißen nahm Pacelli mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis, wie er am 2. Januar des neuen Jahres dem Breslauer Kardinal eröffnete.65 Bedenken bewegten den Nuntius jedoch, wie das Kapitel einen Kandidaten aufnehmen werde, der nicht von ihm gewählt, sondern vom Papst ernannt worden war. Die für diesen Fall zu erwartenden Schwierigkeiten hatte Bertram selbst prophezeit. Um die Kapitulare gezielt auf eine solche Eventualität vorzubereiten und so „jegliche Unzufriedenheit möglichst zu vermeiden“66, dachte Pacelli daran, sie durch Pater Watzl im Voraus darüber verständigen zu lassen. Vermutlich hoffte er, die Domherren so zu einem freiwilligen Verzicht auf die Wahl des Dekans bewegen zu können. Er hatte für diese Aufgabe Watzl in Aussicht genommen, weil dieser ihm – ebenso wie Bertram – von seiner guten Beziehung zum Kapitel berichtet hatte. Dass das Verhältnis des Redemptoristen zu den Kapitularen tatsächlich jedoch belastet war, wurde schon angesprochen. Weitere Überlegungen drängten sich dem Nuntius auch bezüglich der Kandidatenfrage auf. Den Anstoß dazu erhielt er in einem Gespräch mit einer „Mittelsperson“67 – wie er sie gegenüber Bertram bezeichnete –, die der sächsische Zentrumsabgeordnete Paul Hesslein zu ihm geschickt hatte. Der Gesandte, dessen Namen Bertram nicht erfuhr, war Franz von Stockhammern, ein bayerischer Diplomat und seit 1919 Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium.68 Die genannte Unterredung fand vermutlich am gleichen Tag statt, an dem Pacelli den Fürstbischof von diesen Neuigkeiten unterrichtete. Laut Darstellung des Nuntius schlug Stockhammern für die Nachfolge Löbmanns zwei Geistliche vor: zum einen den Breslauer Domherrn Heinrich Freiherr von Miltitz, „der mehr den aristokratischen Kreisen genehm wäre“ und zum anderen den Bautzener Ehrenkanoniker Franz Müller, „der mehr dem Volke persona grata sein würde“69. Allerdings sei dieser auch in gehobeneren Kreisen beliebt, sodass der König ihn zu seinem Beichtvater und Hausgeistlichen erwählt habe. Müller schien Pacelli mehr zuzusagen, denn
Vgl. Pacelli an Bertram vom 2. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 89rv; Ausfertigung abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 208 und Kilank, Wiedererrichtung, S. 27 (Nr. 1). 66 Pacelli an Bertram vom 2. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 89r. 67 Pacelli an Bertram vom 2. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 89r. 68 Vgl. Empfehlungsschreiben Hessleins an Pacelli vom Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 88r. 69 Pacelli an Bertram vom 2. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 89r. 65
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gegenüber Bertram qualifizierte er ihn als einen „eifrigen Geistlichen“ und „guten Redner“70, den nach Stockhammers Informationen auch der Breslauer Oberhirte zu schätzen wisse. Von diesem erhoffte sich Pacelli zu beiden Punkten, sowohl zur präventiven Beeinflussung des Kapitels durch Watzl als auch zur Kandidatenfrage, weitere Auskünfte. Bertram antwortete drei Tage später, diesmal aber nicht zustimmend.71 Zunächst schien es ihm zwecklos, das Bautzener Kapitel schonend auf die Aussetzung des Wahlrechts vorbereiten zu wollen: „Das Kapitel wird mit einem Übergehen seines Rechts freier Wahl des Dekans immer sehr unzufrieden sein, einerlei ob man ihm vorher etwas andeutet oder nicht. Einen Widerspruch des Kapitels schon vorher gleichsam provozieren, bevor der Heilige Vater sich entschlossen hat, bereitet nur unnötige Hindernisse.“72 Er habe – so Bertram weiter – eigentlich angenommen, dass Pacelli mit Hilfrich über die Ernennung zum Apostolischen Administrator für Sachsen sprechen und anschließend „in tunlichst liebenswürdiger Weise nach Dresden und Bautzen Nachricht geben“73 wolle. Ob dann alles zu einem guten Ende komme, könne er zwar nicht versprechen, doch hege er die Überzeugung, dass die Autorität des Heiligen Stuhls respektiert werde. Es sei eben nicht zu vermeiden, dass der ernannte Bischof „in stiller Geduld und stets gleich liebevoller Freundlichkeit unter Ignorierung von Unarten Boden fassen“74 müsse. Die Nennung des bislang favorisierten Hilfrich zeigt bereits, dass Bertram die zwei Kandidaten, die dem Nuntius als tauglich beschrieben worden waren, nicht empfehlen wollte. Freiherr von Miltitz aus Breslau, der aus einem alten sächsischen Adelsgeschlecht stamme, könne im mittlerweile demokratisch verfassten sächsischen Staat unmöglich auf gute Resonanz stoßen. Sicherlich sei er rhetorisch versiert und könne mit einem „frischen Auftreten“75 glänzen – weshalb er ihn auch zu seinem Domprediger erkoren habe –, gelte vielen jedoch nicht als episkopabel. Zudem kultiviere er adelige Umgangsformen, die in Sachsen, wo es „nur das schlichte, einfache Volk in seiner Armut und Diasporanot“76 gebe, fehl am Platze seien. Ob er die „fromme, stille Innerlichkeit“ besitze, „jenes Fühlen mit der Volksseele der ärmsten Kreise“77, müsse bezweifelt werden. Die gebildete Königsschwester Mathilde sei der gleichen Meinung. Damit schied Miltitz für Bertram aus. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam er hinsichtlich des zweiten Geistlichen. Zwei Fragen habe er verschiedenen Personen vorgelegt, die mit Müller bekannt Pacelli an Bertram vom 2. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 89v. Vgl. Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90r–91r; Entwurf abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 209f. und Kilank, Wiedererrichtung, S. 28 (Nr. 2). 72 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90r. 73 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90r. 74 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90r. 75 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90v. 76 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90v. 77 Bertram an Pacelli vom 5. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 90v. 70 71
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seien: ob er die geistige Begabung besitze, die Herausforderungen der sächsischen Kirche zu bewältigen und ob er in den letzten zwei Jahren im Umfeld des Königs ein tüchtiges Arbeitspensum geleistet habe. Niemand habe diese Fragen mit Bestimmtheit bejahen können. Deshalb fügte Bertram nichts mehr hinzu.78 Bertram hatte die von ihm als Autorität herangezogene Herzogin Mathilde aufgefordert, sich persönlich an den Nuntius zu wenden, um ihrem großen Erfahrungsschatz über die Lage der sächsischen Kirche Gehör zu verschaffen. Diesem Vorschlag folgte sie am 11. Januar, indem sie Pacelli ihren Herzenswunsch offenbarte: Die Kirche Sachsens möge nach der Befreiung von den Kulturkampfgesetzen einen Bischof bekommen, „der alle diese Verhältnisse mit weitem Blick übersieht“ und „sie mit fester Hand leitet“79. Obwohl sich ihrer Meinung nach viele fromme und eifrige Kleriker in Sachsen finden ließen, könne sie nicht beurteilen, ob eine Persönlichkeit darunter sei, „die führen kann und in der Lage ist zu instruere, defendere et pacifice gubernare“80, wie die Herzogin die Aufgaben eines Bischofs im offensichtlichen Anschluss an den heiligen Thomas von Aquin formulierte.81 Da aber der CIC eindeutig davon spreche, dass der Papst die Bischöfe frei ernenne, sei es alternativ denkbar, dass der Heilige Stuhl einen auswärtigen Priester nach Sachsen promoviere. Mathilde hielt einen Ordensmann für geeignet, weil es in Sachsen zum einen darum gehe, das kirchliche Leben auf die neu erworbene Freiheit einzustellen. Zum anderen müsse für die Auseinandersetzungen mit dem Staat ein „geschickter und unerschrockener“82 Bischof her. Damit positionierte sich Mathilde sowohl hinsichtlich des Prozederes als auch des Kandidatenprofils in ähnlicher Weise wie der Nuntius selbst. Dieser übermittelte ihr zwei Tage später seinen Dank für die Einschätzungen und versicherte, die Tragweite der Angelegenheit erkannt zu haben.83 Nur an einem Punkt wurde er konkret: „Ich werde auch den von Ihnen vorgelegten Gedanken wohl überlegen, dass – trotzdem der sächsische Klerus viele fromme, würdige und verdiente Priester aufweist – es doch besser erschiene, wenn eine geeignete Persönlichkeit aus einer anderen Diözese als Oberhirte nach Sachsen gesandt würde.“84 Streng genommen hatte der Nuntius schon längst einen nicht-sächsischen Kleriker als Müller glaubte sich auch selbst dieser Aufgabe nicht gewachsen, weshalb er auf eine Kandidatur freiwillig verzichtete. Laut den persönlichen Aufzeichnungen Pater Watzls bezeichnete Bertram Müller als „Hfn. d. K.“, also „Hofnarr des Königs“. Tagebuchnotizen von Pater Joseph Watzl vom 17. Dezember 1920, abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 202f., hier 203. 79 Mathilde an Pacelli vom 11. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 92r–93r, hier 92v. 80 Mathilde an Pacelli vom 11. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 92v. 81 Vgl. Thomas von Aquin, S.th. IIa-IIae, q. 185, a. 3 c. 82 Mathilde an Pacelli vom 11. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 93r. 83 Vgl. Pacelli an Mathilde vom 13. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 94r. 84 Pacelli an Mathilde vom 13. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 94r. 78
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Diözesanbischof ins Auge gefasst. Oder war er hinsichtlich Hilfrichs Kandidatur mittlerweile ins Wanken geraten, da er die neuen Kandidatenvorschläge Hessleins nicht sofort beiseite geschoben hatte? Jedenfalls suggerierte er mit dieser Formulierung gegenüber Mathilde, dass die Kandidatenfrage noch offen war und konnte sich damit im Bedarfsfall auf ihre sächsische Stimme für einen Nicht-Sachsen berufen, um eventuelle Einwände aus Dresden oder Bautzen besser entkräften zu können.
Römische Zustimmung zur Bistumserrichtung und Watzls Kritik am Dresdener Konsistorium Bei allen Überlegungen über den geeigneten Nachfolger Löbmanns darf nicht vergessen werden, dass die Frage nach der Wiedererrichtung des Meißener Bistums nach wie vor aktuell war. Nach der Bittschrift der Vertreter des Bautzener Kapitels vom 17. November 1920 an den Papst wurde die Angelegenheit auch innerhalb der römischen Kurie thematisiert. Kardinalstaatssekretär Gasparri sah ein, dass es keinen triftigen Grund für die Existenz der beiden getrennten Jurisdiktionsbezirke mit dem einen Apostolischen Administrator beziehungsweise Vikar an der Spitze gab. Deshalb stimmte er dem Wunsch des Bautzener Kapitels zu, anlässlich seines 700-jährigen Jubiläums am 24. Juni 1921 die Diözese Meißen für ganz Sachsen zu restituieren. Über diesen Plan informierte er schon am 4. Dezember 1920 die zuständigen Dikasterien, nämlich den Sekretär der Konsistorialkongregation, Gaetano De Lai, und den Präfekten der Propaganda Fide, Wilhelmus Marinus van Rossum.85 Gasparri versicherte seinen Kurienkollegen, dass noch weitere Informationen von der deutschen Nuntiatur zu erwarten seien. Die beiden Kardinäle hielten die strukturelle Umgestaltung der Kirche in Sachsen für angemessen und brachten keine Einwände dagegen vor.86 Van Rossum wollte vom Staatssekretär wissen, ob seine Kongregation an der praktischen Durchführung beteiligt sein werde. Für diesen Fall bräuchte er weitergehende Instruktionen. Diese Anfrage leitete Gasparri kurz vor Weihnachten an Pacelli weiter, der seine Meinung zu dem Projekt erläutern sollte.87 Am 5. Januar 1921 erwiderte der Nuntius, dass auch er die Wiederherstellung des Bistums Meißen für sinnvoll und konvenient hielt.88 Hinsichtlich der praktischen Umsetzung wollte er sich Vgl. Gasparri an De Lai und van Rossum vom 4. Dezember 1920 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 4rv. 86 Vgl. van Rossum an Gasparri vom 16. Dezember 1920, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 5rv sowie etwas später De Lai an Gasparri vom 18. Januar 1921, ebd., Fol. 9r. 87 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 24. Dezember 1920, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 24r. 88 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 5. Januar 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 7rv. 85
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aber noch nicht äußern, sondern bat, warten zu dürfen, bis die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen waren. Damit spielte der Nuntius auf die von ihm in Auftrag gegebene Denkschrift des Redemptoristenpaters Watzl an. Nachdem Bertram davon abgeraten hatte, über Watzl dem Bautzener Stiftskapitel eine bevorstehende Intervention des Heiligen Stuhls in die Nachfolgeregelung in Aussicht zu stellen, hatte sich Pacelli zu diesem Vorhaben noch nicht wieder geäußert. Er beschränkte sich also darauf, den Abschluss des Memorandums über die Bistumserrichtung abzuwarten, die auf eine breite Zustimmung bauen konnte. Als einzige Partei, die sich gegen die Wiedererrichtung der Meißener Diözese ausgesprochen hatte, war das Dresdener Konsistorium in Erscheinung getreten. Das Fünf-Punkte-Papier vom Dezember des Vorjahres hatte Pacelli an Watzl weitergereicht, der sich daraufhin die Mühe machte, die Darstellung vollständig zu destruieren. Anfang Januar legte er dem Nuntius seine Ergebnisse vor.89 Er wies darauf hin, dass die letzten vier Bischöfe alle an der Arbeitsüberlastung gestorben seien, die aus der gegenwärtigen administrativen Teilung der sächsischen Kirche resultiere. Watzl sah in der Bitte der Dresdener Geistlichkeit, die Teilung beizubehalten, persönliche Ambitionen am Werk und stellte diesen als einzig legitimes Entscheidungskriterium den „Fortschritt in der Seelsorge und das Wohl der katholischen Kirche“90 entgegen. Die alternativlos akzeptable Lösung sei daher die feste Organisation der sächsischen Kirche in einer Diözese. Auch die Wünsche des Konsistoriums zur Besetzung des Apostolischen Vikariats wurden von Watzl als ungerechtfertigt abgetan. Die Bitte, einen erbländischen Kleriker zu wählen, hielt er weder mit dem Apostolischen Wahlrechtsmandat für das Bautzener Kapitel aus dem 16. Jahrhundert noch mit Can. 329 § 2 des kirchlichen Gesetzbuches für vereinbar. Eine Beteiligung des Dresdener Konsistoriums an der Bestellung des neuen Bischofs im Sinne eines Propositionsrechts hielt der Redemptorist ebenfalls für rechtlich unstatthaft.91 Aus seiner Quellenkenntnis entkräftete Watzl weiterhin die Behauptung aus Dresden, der König habe ein „Vorschlagsrecht“ ausgeübt, sowohl hinsichtlich der Ernennung des Vikars als auch des Dechanten des Bautzener
Vgl. Watzl an Pacelli vom 4. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 28rv und Bemerkungen Watzls zum Schreiben des Dresdener Konsistoriums ohne Datum, ebd., Fol. 26r–27r. 90 Bemerkungen Watzls zum Schreiben des Dresdener Konsistoriums ohne Datum, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 26r. 91 Das Konsistorium hatte die Bitte um das besagte Vorschlagsrecht in „Analogie der Consultores im canonischen Rechte“ formuliert. Hartmann an Pacelli vom 22. Dezember 1920, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 23r. Dazu bemerkte Watzl: „Die Consultores im Kirchenrechte sind Domkapitel ohne Stiftung und Statut, Besetzungsvorschläge für das bischöfliche Amt in ihren Diözesen sind ihnen im Cod[ex] Jur[is] Can[onici] nicht eingeräumt. Eine Analogie zwischen ihnen und den beiden durch das königliche Mandat vom 19. Februar 1827 bestehenden Dresdener geistlichen Behörden, die vom h[eiligen] Stuhle bezügl[ich] ihrer geistlichen Agende bloß toleriert sind, ist unstatthaft.“ Bemerkungen Watzls zum Schreiben des Dresdener Konsistoriums ohne Datum, ebd., Fol. 26v. Hervorhebung im Original. 89
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Kapitels.92 Auch sei ein wie auch immer gearteter Einfluss der Regierung auf die Besetzung unbegründet und könne nicht durch Verweis auf die überschaubare Gehaltsleistung an den Apostolischen Vikar (jährlich 12.000 Mark) gerechtfertigt werden. Zudem existiere bereits ein Entwurf für ein neues Kirchensteuergesetz, das den Katholiken langfristig den Besitzstand sichere, auch wenn die Regierung die Zahlung an den Vikar beziehungsweise an einen künftigen Bischof von Meißen einstellen sollte. Der Nuntius nahm Watzls Exposé dankend zur Kenntnis.93 Eine Einflussnahme des Dresdener Konsistoriums oder gar der sächsischen Regierung im konkreten Fall stand für ihn aber entsprechend seiner gegenüber Bertram geäußerten Überlegungen ohnehin nicht zur Diskussion.
Die Ambitionen Hartmanns und Skalas auf das Bischofsamt Das geistliche Konsistorium war allerdings nicht bereit, freiwillig von den Forderungen hinsichtlich der Besetzung des Apostolischen Vikariats abzurücken. Zwar äußerte Präses Hartmann am 24. Januar in einem erneuten Brief an Pacelli den Wunsch, dass der Heilige Stuhl bald einen neuen Vikar ernennen möge, und bekannte, dass man die römische Entscheidung gehorsam akzeptieren werde.94 Aber das hieß nicht, dass er die bisherigen Forderungen fallen ließ. Anlass für sein Schreiben war ein Dekret der Sacra Congregatio de Propaganda Fide vom 7. Januar, mit dem Skala
Hinsichtlich der staatlichen Mitwirkung bei der Besetzung des Doppelamtes herrschte weitgehend Verwirrung. Am 24. Januar veröffentlichte die „Sächsische Volkszeitung“ einen Artikel, in dem darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund Artikel 137 der WRV eine staatliche Einwirkung bei der Wiederbesetzung, wie zu Zeiten der Monarchie, fraglich sei. Vgl. „Die sächsische Regierung und der apostolische Vikar von Sachsen“, in: „Sächsische Volkszeitung“ Nr. 18 vom 24. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 105r. Diese Mitteilung wurde nach Informationen Watzls von der Staatskanzlei auf Anweisung des sächsischen Kultusministeriums lanciert. Watzl befürchtete bei dieser Äußerung Hintergedanken (vgl. Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ebd., Fol. 109v), sodass er zwei Tage später in derselben Zeitung eine Korrektur erscheinen ließ, die den kirchenrechtlichen Vorgang der Wiederbesetzung nicht als fraglich, sondern als „vollkommen klar“ bezeichnete. Denn: „Eine staatliche Einflußnahme auf die Wahl fand auch zur Zeit der Monarchie nicht statt. Der König übte das 1845 von Österreich übernommene aus dem Traditionsrezesse vom 30. Mai 1635 stammende Oberschutzrecht über das Bautzener Domkapitel als katholischer Herrscher aus und sandte seinen Kommissar zur Wahl des Dechants. Eine Nominierung des Kandidaten stand jedoch dem König weder in Bautzen noch fürs apostolische Vikariat in Dresden zu.“ „Die sächsische Regierung und der apostolische Vikar von Sachsen“, in: „Sächsische Volkszeitung“ Nr. 20 vom 26. Januar 1921, ebd., Fol. 106r. Ende Januar versicherte Watzl dem Nuntius, dass eine offizielle Korrespondenz mit den staatlichen Behörden weder bezüglich der Interimsadministratur Skalas noch der Wiederbesetzung stattgefunden habe. Vgl. Watzl an Pacelli vom 28. Januar 1921, ebd., Fol. 102rv. 93 Vgl. Pacelli an Watzl vom 1. Februar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 107r. 94 Vgl. Hartmann an Pacelli vom 24. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 97r–98r. 92
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die vorübergehende Administration der Jurisdiktionsbezirke übertragen worden war.95 Dass ihm diese Entscheidung ein Dorn im Auge war, begründete Hartmann zwar mit dem fortgeschrittenen Alter des Bautzener Kapitelsseniors. Er ließ aber durchblicken, dass für seine Ablehnung eigentlich dessen wendische Nationalität maßgeblich war. Angesichts der überwiegend deutschen katholischen Bevölkerung war für ihn nur ein deutscher Amtsinhaber erwünscht. Deshalb sollte der Heilige Stuhl den neuen Vikar „möglichst aus den deutschen Priestern des apostolischen Vikariats“96 ernennen. Ziemlich unvermittelt kam Hartmann dann auf seine eigene Person zu sprechen und versicherte, dass es nur die Liebe zur Kirche, nicht aber persönlicher Ehrgeiz sei, die ihn veranlasst habe, das kritische Schreiben aufzusetzen. Dies glaubte er belegen zu müssen, indem er auf sein Alter von 65 Jahren hinwies. Er fügte hinzu, zusammen mit dem verstorbenen Löbmann vor 40 Jahren geweiht worden zu sein und durch seine Ämterlaufbahn in der Verwaltung des Apostolischen Vikariats seit 1905 genau über die Arbeitslast Bescheid zu wissen. Daher kam er zu dem Schluss, „dass also dieses erhabene Amt durchaus nicht begehrenswert ist“97. Ungeachtet der vordergründig ausgedrückten Intention lässt sich der Eindruck nicht von der Hand weisen, dass Hartmann dem Nuntius mit diesen Zeilen eine Bewerbung ex negativo für das bischöfliche Amt einreichte. Das erklärt auch, warum Hartmann den Brief in seinem Namen und nicht in dem des gesamten Konsistoriums verfasste. Der Nuntius antwortete ausweichend und beteuerte, die der Sache entsprechende Sorgfalt aufzubringen und alles Notwendige zu tun, um „die beste Lösung in Domino zu finden“98. Auch Skala hoffte, dass seine provisorische Aufgabe als Administrator in eine dauerhafte Regelung einmünden würde. Am 5. Februar berichtete er Kardinal Bertram von den – seiner jetzigen Stellung gemäßen – Aufgaben, einen Nachruf auf Bischof Löbmann und ein Fastenwort für die sächsischen Katholiken verfasst zu haben.99 Wohl zum Beleg, dass er diese Pflichten mit Bravour gemeistert hatte, legte er den Nachruf dem Breslauer Fürstbischof vor.100 Ihm sei – so Skala – das Gerücht zu Ohren gekommen, dass der sächsische Adel für das neu zu besetzende Bischofsamt den Kanoniker Freiherr von Miltitz unterstütze und der König diesem Kandidaten ebenfalls nicht
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Vgl. dazu Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 27. Hartmann an Pacelli vom 24. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 97v. Hartmann an Pacelli vom 24. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 97v. Pacelli an Hartmann vom 26. Januar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 101r. Im Entwurf stand ursprünglich „die beste und alle befriedigende Lösung“. Vermutlich nicht nur, weil trotz allen diplomatischen Geschicks eine allseitig zufriedenstellende Lösung bei widersprüchlichen Vorstellungen schwer zu erreichen ist, sondern gerade weil sein Adressat zu der Partei gehörte, die mit seiner Entscheidung der Besetzungsfrage nicht zufrieden sein würde, strich der Nuntius diese Versicherung für die Ausfertigung des Schreibens heraus. 99 Vgl. Skala an Bertram vom 5. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 110r–111r. 100 Vgl. Nachruf Skalas auf Löbmann vom 15. Januar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 103r–104r.
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abgeneigt sei.101 Skala kommentierte diese Personalie nur kurz: „Hoffentlich seien das Gerüchte, die in Rom keinen Widerhall finden.“102 Bertram leitete Skalas Schreiben am 8. Februar an den Nuntius weiter und merkte an, dass der Kapitelssenior „immer noch“ hoffe, „ad majora zu gelangen“103.
Ernennung des neuen ‚Diözesanbischofs‘ vor Wiederherstellung der Diözese? Die Situation gestaltete sich zunehmend komplex. Auch Pater Watzl „hilft uns nicht über die momentane Schwierigkeit hinweg“104, resümierte Bertram am 8. Februar gegenüber Pacelli. Dabei hatte der Redemptorist eine Woche zuvor dem Breslauer Kardinal zunächst etwas Positives berichtet: Das Bautzener Domkapitel sei bereit, zu akzeptieren, „dass der neue Bischof als erster der wiedererrichteten Diözese vom h[eiligen] Stuhle frei ernannt wird, auch ohne vorherige Befragung der Kapitularen“105. Damit hatte Watzl Pacellis Wunsch entsprochen, das Kapitel in diese Richtung gestimmt und anders als Bertram gedacht hatte letztlich „keinen erheblichen Widerstand gefunden“106. Allerdings scheint es, dass die Kapitulare davon ausgingen, nur bei der ersten Besetzung nicht wählen zu dürfen, bei den nachfolgenden den Bischof jedoch bestimmen zu können. Watzl sah Schwierigkeiten jedoch bei dem Plan, die Ernennung des neuen Oberhirten schon vor der Aufrichtung der Diözese Meißen – „also noch als Domdechant und Apost[olischen] Vikar“107 – zu vollziehen, denn hier schrieb die bisherige Rechtsordnung die Kapitelswahl vor. Diesbezüglich habe ihm Pacelli – so Watzl in seinem Brief an Bertram – bei ihrer Unterredung kurz vor Weihnachten ein Versprechen gegeben: „Exz[ellenz] Pacelli sagte mir ausdrücklich, dass das Apostolische Mandat, auf welches sich das Wahlrecht des Kapitels für die Administratur stützt, nicht aufgehoben werde, solange die alten Zustände dauern, zumal es noch im Ernennungsbreve des verstorbenen Bischofs ausdrücklich anerkannt ist.“108 Die beiden hatten also schon über die Frage der Besetzung des Vikariatspostens vor oder nach der Bistumsgründung diskutiert und für Prälat Müller hatte Skala im Dezember 1920 davon unterrichtet. Vgl. Fischer, Wiedererrichtung, S. 77. Skala an Bertram vom 5. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 110v. 103 Bertram an Pacelli vom 8. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 112rv, hier 112v. Aufgrund des sensiblen Inhalts riet Bertram dem Nuntius, den Brief Skalas zu vernichten. 104 Bertram an Pacelli vom 8. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 112r. 105 Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109rv, hier 109r. Hervorhebung im Original. 106 Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109r. 107 Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109r. 108 Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109r. 101
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Watzl war bereits damals klar gewesen, dass rechtlich der Weg für eine freie Einsetzung des Oberhirten durch den Heiligen Stuhl erst nach der kirchlichen Umstrukturierung frei war: „Mein unwiderstehlichstes Argument bei der oben angedeuteten Diskussion war der Hinweis, dass das Mandat mit der Wiedererrichtung der Diözese erlösche, das Domkapitel seinen Auftrag cum laude erfüllt habe, mit der Beseitigung des Provisoriums aber der h[eilige] Stuhl selbstverständlich nach dem neuen Rechte im Wege der freien Ernennung vorgehen werde.“109
Die Zusage des Nuntius erscheint wohl am ehesten sinnvoll, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass die Sedisvakanz des zweifachen Amtes erst nach der Bistumsgründung durch den dann neu zu definierenden Besetzungsmodus beendet würde. Als dann wenige Tage nach den Gesprächen mit Pater Watzl die Schilderungen des ehemaligen Königs eintrafen, der sich deutlich für eine umgekehrte Reihenfolge aussprach, überdachte Pacelli offensichtlich seine bisherige Position und begann, eine Ernennung des Vikars und Administrators, der später der künftige Diözesanbischof werden würde, schon vor der Bistumsgründung zu erwägen. Diesem Gedanken, den auch Bertram befürwortete, erteilte der Pater jedoch eine Absage: Die Bautzener Domherren dazu zu bringen – so Watzl –, „dass sie sich in eine freie Ernennung des Domdechanten und Apostol[ischen] Vikars vor Redintegration des Bistums finden, halte ich für aussichtslos“110. Besonders die wendischen Kanoniker und Katholiken wären in höchstem Maße unzufrieden, wenn die Administratur des ihren Reihen entstammenden Skala ein so jähes Ende nähme. Was schließlich die Frage nach einem künftigen, rechtlich fixierten Bischofswahlrecht anbelangte, von dem das Kapitel wie gesagt auszugehen schien, so zeichnete Watzl ein für die Kanoniker ernüchterndes Bild: „Wolle man unter Hinweis auf das alte Meißner Bistum für das Kapitel ein Bischofswahlrecht, so sei das eine Gnade des h[eiligen] Stuhles, um die man erst ansuchen müsse. Dieser werde jedenfalls in dieser Frage uniform für ganz Deutschland vorgehen, da diese Frage auch für andere Kapitel akut sei. Bis zur Zeit, wo in Sachsen ein Bischof ernannt werden muss, sei an eine Klärung des Modus nicht zu denken. Dass ein Privileg erbeten werden müsse, ergibt sich ja auch daraus, dass den neuen Bischof nicht sein ehemaliges (Meißner), sondern das Bautzener Kapitel wählen wolle, dem dieses Recht nie zukam.“111
Angesichts dieser Ausführungen schien Bertram ratlos. Er betonte am 8. Februar ausdrücklich gegenüber Pacelli, dem er Watzls Schreiben zukommen ließ, dass es schädlich wäre, wenn die Einsetzung des Bischofs erst nach der Neuumschreibung der Diözese erfolgen würde. Deshalb dachte er über folgende Lösung nach: Der neue Bischof könnte sein Gehalt von einer vakant bleibenden Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109r-v. Hervorhebung im Original. Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109v. 111 Watzl an Bertram vom 1. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 109v. Hervorhebungen im Original. 109 110
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Domherrenstelle des Bautzener Kapitels beziehen. Dann hätte der Bischof nämlich nicht gleichzeitig das Kapitelsdekanat inne, dessen Besetzung man daher wie bisher der Kapitelswahl überlassen könnte. Pacelli äußerte sich in seiner Entgegnung fünf Tage später nicht zu dieser Variante.112 Er wünschte aber, die Einschätzung des Redemptoristen darüber zu hören, sobald Bertram von ihr Kenntnis habe.113
Das Memorandum Pater Watzls Watzls Beurteilung von Bertrams Vorschlag, Domdekanat und Bischofsamt voneinander zu trennen, erfolgte prompt: Am 12. Februar übersandte er Bertram das von Pacelli erwartete und auf den 10. des Monats datierte Memorandum über die kirchliche Situation in Sachsen, das auch die Finanzierungsfrage des künftigen Oberhirten behandelte.114 In der gründlich durchdachten Denkschrift versuchte Watzl darüber hinaus einen gangbaren Weg aufzuzeigen, wie unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen und staatskirchlichen Voraussetzungen eine Wiedererrichtung der Diözese Meißen samt der Ernennung eines Diözesanbischofs möglich wäre. Watzl ging bei seinen Darlegungen von den – von Pacelli und Bertram vereinbarten – Prämissen aus, dass eine länger andauernde Sedisvakanz der Oberhirtenstelle zu vermeiden sei und der für diese infrage kommende Kandidat nicht aus Sachsen stammen sollte. Auf der anderen Seite konstatierte er, dass eine schnelle Neuregelung der kirchlichen Verhältnisse unmöglich zu leisten sei. Es müsse aber das bislang geltende rechtliche Fundament berücksichtigt werden, nämlich das Apostolische Mandat Papst Piusʼ V. vom 24. Mai 1567, das dem Bautzener Kapitel aufgetragen habe, nach dem Tod des Apostolischen Administrators die vollständige Jurisdiktion über das – damals in Auflösung begriffene – Bistum Meißen zu übernehmen und aus den eigenen Reihen einen (oder zwei) Administrator(en) zu wählen. Zu diesem Zweck seien dem exemten Kapitel die Jurisdiktion und die Administratur dauerhaft zugesprochen und dem Administrator Vgl. Pacelli an Bertram vom 13. Februar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 126r. Darüber hinaus ging der Nuntius auf Watzls Wiedergabe seiner in den Audienzen getätigten Äußerungen ein: „… darf ich mir vielleicht die ergebene Bemerkung erlauben, dass die von Hochwürden Herrn P. Watzl C.S.s.R. als meine bestimmten, ausdrücklichen Erklärungen dargestellten Äußerungen nur einfache und persönliche Ansichten gewesen sind, die im Laufe der Besprechung gelegentlich von mir gemacht wurden und sich im Verfolg weiterer Erwägungen auch modizifieren können.“ Pacelli an Bertram vom 13. Februar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 126r. Pacelli empfand es offensichtlich als unangenehm, in diesen heiklen Fragen auf eine verbindliche Meinung festgelegt zu werden. 114 Vgl. Watzl an Bertram vom 12. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 125rv sowie Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ebd., Fol. 115r–123rv. 112
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alle Rechte verliehen worden, die vorher der Bischof von Meißen besessen habe. Damit habe das Kapitel ein außerordentliches Selbstverwaltungsprivileg erhalten, das von Gasparri zuletzt im Ernennungsbreve des verstorbenen Bischofs Löbmann vom 30. Januar 1915 bestätigt worden sei. Dieser Punkt war Watzl wichtig: „Ein schroffes Handeln gegen selbstgegebene und jüngst erst vertretene Privilegien könnte in unserer gefährlichen Zeit leicht zu Widerspruch gegen den h[eiligen] Stuhl Anlass geben, zumal dieser Passus im Ernennungsbreve Löbmanns als eine Genugtuung für den Casus Schäfer115 angesehen wird. Es muss also ein Modus gefunden werden, der des h[eiligen] Stuhles würdig und dem Kapitel annehmbar ist, der aber zugleich die (vermeintliche) Rechtsverletzung weniger fühlbar werden lässt.“116
Deshalb hielt der Verfasser eine einfache römische Nomination vor der Änderung der geltenden kirchenrechtlichen Strukturen für schwierig. Ein Mittelweg sollte also gefunden werden, auf dem der Heilige Stuhl seine Forderung der freien Bischofseinsetzung realisieren konnte und den die Kapitulare gleichzeitig akzeptierten. Der Modus, der nach Watzl den aufgestellten Rahmenbedingungen gerecht wurde, sah wie folgt aus: „Der h[eilige] Stuhl führt den die Person des Bischofs betreffenden Teil der Bistumsfrage gleich einer endgültigen Lösung zu und überlässt im Wege eines beschleunigten natürlichen Entwicklungsganges die stufenweise Redintegration der Diözese als eine rein innerkirchliche Angelegenheit, die den Staat nicht tangiert, dem neuen Oberhirten.“117
Um dies zu leisten, bedurfte es seiner Meinung nach aber eines Ausnahmebischofs. Die skizzierte Regelung implizierte für Watzl, dass der neue Oberhirte – in Übereinstimmung mit Bertrams Vorschlag – nicht mehr zum Domdechanten und Apostolischen Vikar erhoben, sondern zum „Episcopus Misnensis“ ernannt wurde. War das aber letztlich nicht mit dem von ihm als undurchführbar deklarierten Plan identisch, entgegen der bisherigen Rechtsordnung über das Kapitel hinweg den künftigen Oberhirten zu ernennen? Um die rechtliche Integrität zu wahren, hatte sich Watzl einen kanonistischen Kniff ausgedacht, der in dem Gedanken bestand, dass die alte Diözese Meißen in der Lausitz kirchenrechtlich noch existiere und man deshalb noch bis 1900 innerhalb der römischen Kurie den Titel „Administrator exempti Episcopatus Misnensis in Lusatia“ gebraucht habe. Daher könne man der Lausitz einen „wirklichen, exemten Diözesanbischof “118 zuteilen, der seinen Sitz in Vgl. dazu Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 5. Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 117v. Hervorhebung im Original. 117 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 117v. Hervorhebungen im Original. 118 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 118r. Hervorhebung im Original. 115 116
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Bautzen nehmen sollte. Diesem würde dann das Apostolische Vikariat der Erblande anvertraut, wobei er kirchenrechtlich jedoch nicht sein Vikar sei, obgleich er „der Regierung gegenüber als solcher figurieren [müsste], um den Gehalt nicht zu verlieren“119. Das Kapitel, das so seine Exemtion verliere, erhalte unmittelbar den Status eines Kathedralkapitels, sei aber in seinen Rechten bis zur – vom neuen Bischof durch besonderes Mandat zu leistenden – Umbildung der Administration zu beschneiden. Für Watzl war auf diese Weise „ein Bistum mit einem Oberhirten besetzt, das lange schon eines solchen harrt, das geographisch und canonisch bereits circumscribiert ist“120. Mit welcher Reaktion des Bautzener Kapitels war nach Ansicht des Redemptoristen zu rechnen? „Im Hinblick auf die Neuordnung, deren Beginn resp[ektive] Ausgehen von der Lausitz aus man mit Stolz empfindet, sowie mit Rücksicht auf die eigene Erhebung wird das Kapitel geben, was es kann, ohne die freie Ernennung des neuen Bischofs übel zu vermerken.“121 Damit sprach Watzl die wichtige Frage der Dotation des Bischofs an, die vom Kapitel beziehungsweise dem Gebiet der Lausitz (später auch mit Unterstützung der sächsischen Erblande) geleistet werden sollte. Auf diese Weise werde – so Watzl – die Lebenshaltung des neuen Bischofs gesichert, wenn auch nicht gerade komfortabel. Die Dotationsfrage müsse allerdings geklärt werden, bevor der Bischofskandidat kommuniziert werde. Diese Reihenfolge entsprang offensichtlich der Absicht, personenabhängige Widerstände des Kapitels zu vermeiden. Laut Watzl sollte der Heilige Stuhl unter Rekurs auf die Supplik Skalas zur Restauration des Meißener Bistums vom 17. November des Vorjahres eine offizielle Anfrage stellen, „mit welchen unveränderlichen Bezügen das Kapitel die standesgemäße Dotation des neuen Bischofs sicherstellen will“122. Damit würde eine Selbstverpflichtung des Kapitels eingeleitet, auf die sich der Heilige Stuhl künftig berufen könnte. Watzl brachte schließlich auch ein mögliches Wahlrecht des Kapitels zur Sprache. Laut Can. 396 § 1 des kirchlichen Gesetzbuches stand die Übertragung von Dignitäten in Kathedralkapiteln dem Apostolischen Stuhl zu.123 Der Redemptoristenpater empfahl aber, in diesem konkreten Fall, was den Domdekan anbelangte, davon abzuweichen, wenn man das Bischofswahlrecht zukünftig beschneiden wolle: Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 118r. 120 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 118v. 121 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 118v–119r. Hervorhebung im Original. 122 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 120v. 123 Vgl.: „Collatio dignitatum tum in Capitulis cathedralibus tum in collegialibus Sedi Apostolicae reservatur.“ Can. 396 § 1 CIC 1917. 119
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„Falls jedoch nicht beabsichtigt wäre, dem Kapitel in Zukunft irgendeine Ingerenz auf die Besetzung des bischöflichen Stuhles einzuräumen, wäre es klüger, dieses Wahlrecht zur bloßen Kapitelsdignität eines Dechants ohne bischöfl[liche] Jurisdiktion … dem Kapitel zu belassen, um die Ernennung des Bischofs umso freier üben zu können.“124
Darüber hinaus aber sei „unter Gnadenerweisen und Lobeserhebungen für die durch 354 Jahre geleistete treue Obhut über den kathol[ischen] Glauben in der Diözese Meißen das Bautzener Kapitel von dessen bischöflicher Administratur in der Lausitz zu entheben und das Mandat kirchenrechtlich für erloschen zu erklären“125. Ehrenbezeigungen wie Titel oder besondere Tracht schienen Watzl geeignet, um den dauerhaften Ausschluss der Kapitulare aus der Bistumsbesetzung zu versüßen. Die praktische Umsetzung dieser rechtlichen Schritte hänge aber – wie Watzl abschließend noch gesondert betonte – an der Person des künftigen Ordinarius. Neben der zunächst weiterhin zu leistenden Doppelverwaltung der beiden Bezirke müsse die angepeilte Neuorganisation durchgeführt werden, zu der für „den ganz deutschen Bischof “ außerdem „der schon weitgediehene nationale Wahnsinn“ und „der tobende Kulturkampf “126 hinzutrete. Daher bleibe die berechtigte Sorge, dass der neue Bischof „seinen Vorgängern abermals in ein frühes Grab folgen könnte“127. Seiner ausführlichen Darlegung schloss Watzl einen modus procedendi an, der für Bertram und schließlich auch für Pacelli die seiner Ansicht nach notwendigen Handlungsschritte in der nötigen Chronologie zusammenfasste: 1) Der Heilige Stuhl stellt eine offizielle Anfrage beim Bautzener Kapitel, wie es die standesgemäße Sustentation des Bischofs der neuen Diözese gewährleisten möchte.128 2) Gleichzeitig enthebt Rom das Domkapitel der ihm inkorporierten Administratur über das Bistum Meißen und erklärt das Mandat Piusʼ V. von 1567 für erloschen.129 3) Zur gleichen Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 119r. Hervorhebungen im Original. Nach der Bistumserrichtung gab das Kapitel tatsächlich an, sich über das erhaltene Privileg, die Dignitäten verleihen zu dürfen, gefreut zu haben. Vgl. Promemoria des Bautzener Kapitels vom 18. April 1922, ASV, ANB 57, Fasz. 1, Fol. 183r–189r, hier 185v–186r. 125 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 122r. Hervorhebungen im Original. 126 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 122v. 127 Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 122v. 128 Kardinal Bertram vermerkte handschriftlich dazu, dass die Anfrage unbedingt betonen sollte, dass „wegen der Gefahren der Zeit [eine, R.H.] rasche Ernennung eines Bischofs für ganz Sachsen nötig ist“. Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 123r. 129 Wenngleich das Kapitel und das Konsistorium in Dresden damit ipso facto die Exemtion verlören, würde sie dem Bistum erhalten bleiben, „da die Lausitz ja der legitime Rest der exemten Diözese Meißen ist“. Watzl hatte an diese Bemerkung angeschlossen, dass sich das Meißener Bistum nach seiner Wiedererrichtung einer ostdeutschen Kirchenprovinz eingliedern lasse. Dazu notierte Bertram am Seitenrand, 124
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Zeit „ernennt der h[eilige] Stuhl frei den neuen Oberhirten und zwar mit Rücksicht auf den in der Lausitz canonisch fortbestehenden, genügend großen und organisierten Rest der ehemal[igen] Diözese zum Bischof von Meißen und bestimmt zur einstweiligen Residenz und Kathedrale Dom und Stift St. Petri zu Bautzen“130. 4) Dem Bischof wird anschließend das Apostolische Vikariat der sächsischen Erblande übertragen (ohne Titel), das zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vollgültigen Diözesanteil erhoben wird. 5) Der Heilige Stuhl gewährt dem Bischof darüber hinaus freie Hand zur Reorganisation des Bautzener Kapitels und des Dresdener Konsistoriums. 6) Der neue Oberhirte erhält schließlich auch die Befugnis, defizient genutzte Stiftungen des Kapitels geschickt dem Eigentum des Bistums einzuverleiben. Damit seien die ersten unabdingbaren Schritte getan. Den geschickten Schachzug, für die Bischofsernennung auf ein kanonisch noch bestehendes Bistum Meißen in der Lausitz zurückzugehen, legte Pater Watzl dem Breslauer Kardinal wie erwähnt am 12. Februar vor. In seinem Begleitschreiben kam der Redemptorist auf die Sorgen zu sprechen, welche die Kandidatur des Freiherrn von Miltitz bei den Domkapitularen ausgelöst habe. Sie seien durch das bekanntgewordene Treffen zwischen dem Nuntius und Stockhammern verursacht worden und hätten auch Skala dazu bewegt, das – oben dargestellte – Schreiben vom 5. Februar an Bertram aufzusetzen. Watzl prognostizierte, dass immer mehr „schädliche Strömungen“131 aufkommen würden, je länger die Sedisvakanz andauere. Man könne damit rechnen, dass das Kapitel seinen ausgearbeiteten Plan, von dem es noch keine Kenntnis habe, billigen werde. Um etwaige Widerstände der Regierung, zum Beispiel durch „ein giftiges Aufsichtsgesetz“132, zu vermeiden, habe ein eiliges Vorgehen oberste Priorität. Bertram, der die Darlegungen Watzls befürwortete, griff das Gebot der Eile auf und übersandte die Unterlagen schon am folgenden Tag an den Nuntius in München.133 Eine konstitutive Komponente des Plans bildete die Person des neuen Oberhirten, die nach Watzls Analyse viele Qualitäten in sich vereinen musste. Hatten Bertram und Pacelli zunächst an Hilfrich aus Wiesbaden gedacht, machte ersterer nun einen neuen Vorschlag: den Fuldaer Regens Schreiber. „Er ist gesund, tüchtig
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dass man auf diese Aussage verzichten sollte, damit nicht der Eindruck entstehe, „Breslau ambiere nach Metropolitanwünsche[n]“. Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 123r. Auf die durchaus vorhandenen Ambitionen des Breslauer Fürstbischofs wurde schon hingewiesen. Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 123r. Hervorhebungen im Original. Watzl an Bertram vom 12. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 125r. Watzl an Bertram vom 12. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 125v. Vgl. Bertram an Pacelli vom 13. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 113r–114r. Dieses Schreiben war anders als die früheren gänzlich handschriftlich abgefasst, weil er die sensible Materie vermutlich keinem Schreiber mehr anvertrauen wollte. 36
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in jeder Hinsicht, rasch entschlossen und hat jenen Grad von Aszese, der allein befähigt, die nationalistischen Gegensätze geduldig zu ertragen und ruhig zu bleiben.“134 Die von Watzl drastisch geschilderten Erfordernisse für einen erfolgreichen Oberhirten in Sachsen bestimmten jetzt das Anforderungsprofil des Kandidaten – er musste leistungsfähig und zäh sein. Pacelli war von Watzls Gutachten beeindruckt und hielt es „für geeignet, zur Lösung der schwierigen Frage beizutragen“135. Nichtsdestotrotz sah er noch viele Unklarheiten, die er mündlich mit Watzl besprechen wollte. Zur Personalie Schreiber äußerte er sich noch nicht. Auch Bertram befand eine eingehendere Unterredung zwischen Watzl und Pacelli für gut, wie er nach München schrieb.136 Daraufhin lud der Nuntius den Pater zur Audienz ein.137 Nachdem der Philippsdorfer Redemptorist angekündigt hatte, am 3. März zum Gespräch zur Verfügung zu stehen, setzte Pacelli mit einem Brief an Kapitelssenior Skala den ersten Punkt von Watzls Handlungsagenda in die Tat um.138 Ohne mit dem römischen Staatssekretariat eine Absprache getroffen zu haben, erklärte er ihm, dass der Papst hinsichtlich der Bitte um Wiedererrichtung der Diözese Meißen vom 17. November 1920 erst dann eine Entscheidung treffen könne, wenn die Einkommensfrage des künftigen Bischofs geklärt sei. Die mündliche Aussprache mit Watzl in der Münchener Nuntiatur ermöglichte es Pacelli schließlich, „die ganze Frage nach allen Seiten [zu] diskutieren“139, wie er anschließend Bertram berichtete. Laut eigener Darstellung überzeugte ihn das Gespräch davon, einer endgültigen Lösung nahe zu sein. Welche Punkte dem Nuntius noch in besonderer Weise diskutabel erschienen, verdeutlichte er nicht. Wie aber aus der späteren, überarbeiteten Denkschrift Watzls zu der Frage der Wiedererrichtung hervorgeht, hatte sich Pacelli nicht auf das Konstrukt eingelassen, das Bistum zuerst nur in der Lausitz wiederzuerrichten, dem dann später die Erblande gleichsam hinzuwachsen würden.140 Vielmehr intendierte er eine unmittelbare Verschmelzung beider Bertram an Pacelli vom 13. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 113r-v. Pacelli an Bertram vom 18. Februar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 127r; Ausfertigung abgedruckt bei Kilank, Wiedererrichtung, S. 29 (Nr. 4). 136 Vgl. Bertram an Pacelli vom 20. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 128r–129r. 137 Vgl. Pacelli an Watzl vom 23. Februar 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 131r. Der Nuntius kontaktierte Watzl diesmal direkt und nicht über Bertram. Dieser gab jedoch zu bedenken, dass man im Kapitel von der ersten Audienz im vorigen Dezember vermutlich nichts wisse. Daher sei es klug, als Beweggrund für die Besprechung lediglich Watzls Kenntnisreichtum der Archivalien anzugeben. Pacelli folgte diesem Rat. 138 Vgl. Watzl an Pacelli vom 24. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 132r; Pacelli an Skala vom 2. März 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 133r. 139 Pacelli an Bertram vom 3. März 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 134rv, hier 134r; Ausfertigung abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 215f., Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 124f. (Nr. 38) und Kilank, Wiedererrichtung, S. 30 (Nr. 5). 140 Vgl. zu der Denkschrift Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 184. Vgl. auch Gatz, Ringen, S. 116. 134 135
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Bezirke in der neuen Diözese – womöglich war dies ein Diskussionsthema. Ein nach wie vor offenes Feld bildete die Personaldebatte. Watzl habe ihm gegenüber – so Pacelli an Bertram – auf die Vorteilhaftigkeit hingewiesen, wenn der Kandidat der wendischen Sprache zumindest rudimentär mächtig wäre. Ohne diese Fähigkeit sei es extrem schwierig, das Ansehen der wendischen Katholiken zu gewinnen oder die genuin wendischen Angelegenheiten zufriedenstellend zu bearbeiten. Pacelli sah darin offenbar ein berechtigtes Anliegen. Da er nicht wusste, ob der von Bertram vorgeschlagene Fuldaer Regens die Sprache beherrschte, formulierte er den Gedanken, dass Watzl vielleicht selbst eine Option für den Bischofsthron sein könnte. Besonders würden ihn die profunde Kenntnis der sächsischen Verhältnisse und die Tatsache qualifizieren, dass er bereits Sekretär des verstorbenen Bischofs Löbmann gewesen sei. Die fehlende Reichszugehörigkeit – Watzl war tschechoslowakischer Staatsbürger – könne leicht korrigiert werden. Bevor Pacelli diese Überlegung jedoch weiterverfolgen wollte, bat er den Breslauer Kardinal erneut um seinen Rat.
Pater Watzl CSsR: Ein geeigneter Bischof? Sicherlich wusste Watzl sehr genau, dass er mit der wendischen Sprache eine ihn persönlich auszeichnende Fertigkeit als notwendiges Element der Eignung des Bischofskandidaten definierte. Ob er damit seine eigene Kandidatur steuern wollte, ist nicht endgültig zu beantworten, aber doch wahrscheinlich.141 Sollte das der Fall gewesen sein, wäre er neben Interimsadministrator Skala und dem Präses des Dresdener Konsistoriums Hartmann bereits der dritte Geistliche, der sich selbst als Kandidat ins Gespräch gebracht hätte. Neben den beiden vorhin genannten Qualitäten Watzls zeichnete ihn noch aus, dass er kein in Sachsen inkardinierter Priester, sondern im Redemptoristenkolleg im nordböhmischen Philippsdorf zu Hause war. Indem Pacelli ihn in Erwägung zog, blieb er also seiner Intention, keinen sächsischen Priester zu wählen, treu. Bevor der Breslauer Fürstbischof antwortete, erhielt der Nuntius unter dem Datum des 8. März scheinbar zusammenhanglos ein Schreiben vom Ordinariatsangestellten in Bautzen, Nikolaus Halke, das ihn in der Eignung Watzls für den Posten des künftigen Diözesanbischofs von Meißen bestärken sollte.142 Halke bewertete Watzls „reiche Erfahrung auf allen Gebie-
So auch die Einschätzung Hans Friedrich Fischers: „Da es nicht wahrscheinlich ist, daß Watzl plötzlich für die Anliegen der sorbischen Katholiken sein Herz entdeckt hat, ist es wohl nicht abwegig zu vermuten, daß er damit sich selbst um so stärker zur Geltung bringen wollte, da er ja des Sorbischen mächtig war.“ Fischer, Wiedererrichtung, S. 94. 142 Vgl. Halke an Pacelli vom 8. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 135rv. 141
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ten der kirchlichen Verwaltung, seine gründlichen Kenntnisse des kirchlichen und profanen Rechts, kurz seine überragende Gelehrsamkeit“143 für die Neuaufstellung der sächsischen Kirche als unabdingbar. Nun war aber der Pater für Ende des Monats nach Philippsdorf in sein Kolleg zurückbeordert worden. Angesichts des nahenden Verlusts des so wichtigen Mannes ersuchte Halke den Nuntius, sich dafür einzusetzen, dass der Redemptorist eine dauerhafte Rolle in der kirchlichen Hierarchie Meißens spielen möge, sei es als Bischof oder wenigstens als Generalvikar. Interessanterweise führte auch der Bautzener Beamte die Sprachkompetenz Watzls an, womöglich ein Indiz dafür, dass sein Schreiben im Sinne oder sogar auf Geheiß des Redemptoristen abgefasst worden sein könnte.144 Was dachte Kardinal Bertram über diese Personalie? Zunächst einmal hatte er nach dem Eintreffen des Briefes aus München vom 3. März, in dem Pacelli Watzl als eventuell geeigneten Bischofsanwärter einführte, sofort den Oberen des Kollegs in Philippsdorf, Augustin Rössler CSsR, kontaktiert. Damit verstand er als Aufforderung, was Pacelli im besagten Schreiben anmerkte, nämlich dass die nötigen geheimen Auskünfte über Watzl von den Ordensautoritäten eingeholt werden müssten, bevor der Vorschlag nach Rom gesandt werden könnte. Zwar fand der Informationsaustausch mündlich statt, doch brachte Rössler seine Gedanken in einem Manuskript vom 12. März für Bertram noch einmal geordnet ins Wort.145 Dabei führte er eine Bewertung Watzls unter vier – vielleicht von Bertram selbst angelegten – Gesichtspunkten durch: 1) Hinsichtlich der Verteidigung der kirchlichen Freiheiten und Rechte: Rössler war überzeugt, dass Watzl „den Mut eines sel[igen] Klemens August“146 aufbringe, wenn es darauf ankäme. Damit spielte er auf Clemens August Freiherr Droste zu Vischering an, der als Erzbischof von Köln 1837 von der preußischen Regierung inhaftiert wurde, weil er die sogenannte Berliner Konvention, einen Kompromissbeschluss in der Mischehenproblematik, nur anwenden wollte, insoweit sie mit den römischen Anordnungen konform ging.147 Nach Rösslers Ansicht war Watzl demnach bis zum äußersten Konflikt mit dem Staat bereit.
Halke an Pacelli vom 8. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 135r. Auch in den späten 1920er Jahren, als das Domkapitel sich über die Rolle Watzls bei der Wiedererrichtung beschwerte, an seinem vereinnahmenden und autoritären Verhalten, das die Kapitulare in steter Unkenntnis ließ, Kritik übte, schlug sich Halke auf die Seite des Redemptoristen mit dem Hinweis, dass ohne ihn die Diözese nicht hätte wiederhergestellt werden können. Vgl. dazu Fischer, Wiedererrichtung, S. 65–67, 193–195. 145 Vgl. Rössler an Bertram vom 12. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 138r–139v. Der Redemptorist versicherte, den Inhalt der Besprechung „unversehrt ins Grab“ (ebd., Fol. 138r) mitzunehmen. 146 Rössler an Bertram vom 12. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 138v. 147 Vgl. zum sogenannten „Kölner Ereignis“ Keinemann, Ereignis; Lill, Beilegung; Schrörs, Wirren. 143 144
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2) Im Hinblick auf die persönliche Eignung: Der erste Teil des Sinnspruchs fortiter in re, suaviter in modo, komme dem Genannten eher zu als der zweite. Obwohl also die Strenge überwiege, würde ihm auch das jesuanische misereor super turbam (Mk 8,2) am Herzen liegen. 3) Unter dem Gesichtspunkt der Sorbenfrage: Watzl sei alles andere als ein Nationalist. Als Deutsch-Böhme kein deutscher Staatsangehöriger, aber deutsch gesinnt, sei es sein Anliegen, „anderen Nationalitäten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“148. Auch könne Watzl die „verwickelte Angelegenheit des wendischen Seminars in Prag“149 einer günstigen Lösung zuführen, weil er die tschechische Sprache beherrsche. 4) Bezüglich des Verhältnisses zum Redemptoristenorden: Rössler hielt es für auffällig, dass Watzl vielfach außerhalb der Ordensangelegenheiten eingesetzt wurde, konnte aber nicht leugnen, dass „er zumeist guten Erfolg hatte“150. Der Philippsdorfer Superior stellte seinem Untergebenen also ein wohlgefälliges Zeugnis aus. Bertram sandte es am folgenden Tag zum Nuntius nach München.151 Dabei bekannte er, auch selbst schon über eine Kandidatur Watzls nachgedacht zu haben.152 Diesen Gedanken habe er jedoch nicht weiterverfolgt, weil er bislang mit einem Weltgeistlichen gerechnet habe. Sicherlich sei das Sprachenargument nicht zu vernachlässigen, doch könnten „in der öffentlichen Meinung“153 andere Probleme auftreten. Diese resultierten für Bertram zum einen aus der fehlenden Reichszugehörigkeit, was weder in Berlin noch in Sachsen gerne gesehen würde, und zum anderen aus der in der deutschen Kulturkampfgesetzgebung beheimateten Einschätzung der Redemptoristen als Verwandte des Jesuitenordens.154 Damit würden sie unweigerlich am „odium Rössler an Bertram vom 12. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 139r. Die antisorbischen Aussagen und administrativen Schritte Watzls nach der Errichtung der Diözese und der Besetzung des bischöflichen Stuhls zeigen die Inkorrektheit dieser Annahme. Hans Friedrich Fischer zieht über ihn ein deutliches Fazit: „Joseph Watzl war nicht nur einfach ein Anhänger national-deutschen Gedankenguts und Gegner jeglicher panslawistischer Bestrebungen, sondern er war von einem fanatischen Haß gegen alles Slawische besessen.“ Fischer, Wiedererrichtung, S. 181. Diesen Hass sieht Fischer auch in dessen enttäuschten Ambitionen auf das Bischofsamt begründet. Der antisorbische Einfluss, den Watzl auf Bischof Schreiber in den nächsten Jahren ausüben sollte, führte schließlich dazu, dass Pacelli selbst, der in ihm über die gesamte Zeit der Planung und Durchführung der Bistumsgründung hindurch einen fähigen und vertrauensvollen Mitarbeiter sah, Schreiber dazu veranlasste, den Redemptoristen aus seinen Diensten zu entlassen. Vgl. ebd., S. 182. 149 Rössler an Bertram vom 12. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 139r. 150 Rössler an Bertram vom 12. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 139v. 151 Vgl. Bertram an Pacelli vom 13. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 140r–141v. 152 Eine eventuelle Kandidatur Watzls war Bertram bereits Mitte Dezember 1920 von Georg Baron OʼByrn vorgeschlagen worden. Vgl. Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 125 Anm. 139. 153 Bertram an Pacelli vom 13. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 140v. 154 Eine Bekanntmachung über die Ausführung des Jesuitengesetzes vom 5. Juli 1872, die Reichskanzler Otto von Bismarck am 20. Mai 1873 promulgierte, bestimmte, dass der Redemptoristenorden mit der Gesellschaft Jesu verwandt sei und daher ebenso wie diese alle Niederlassungen im Deutschen Reich 148
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contra jesuitas“155 partizipieren. Daher empfahl der Breslauer Kardinal dem Nuntius, falls dieser sich für Watzl entscheiden sollte, Reichskanzler Constantin Fehrenbach zu bitten, „durch Verständigung mit dem sächsischen Ministerpräsidenten außeramtlich einer Entstehung von Vorurteilen vorzubeugen, ohne dem sächsischen Staate Einfluss auf die Wahl zu geben“156. Das hielt er nicht nur hinsichtlich der Ordenszugehörigkeit für sinnvoll, sondern auch für die Frage der Staatszugehörigkeit. Diese bildete für Bertram eine grundsätzliche Grenze des päpstlichen Nominationsrechts: „Wenn auch der h[eilige] Stuhl Freiheit in Ernennung der Bischöfe hat, wird er doch nicht so ohne Weiteres einen Ausländer (Nicht-Deutschen) einschieben können.“157 Damit zog Bertram die Konklusion, dass Watzl zwar eine gute Wahl sei, diese jedoch politische Schwierigkeiten und negative öffentliche Stimmungen nationalistischer Natur erzeugen würde, wenn ihnen nicht präventiv begegnet werden sollte. Pacelli dachte über diese ambivalente Einschätzung zunächst einige Zeit nach und ließ die Personenfrage für ungefähr vier Wochen ruhen. Dass er sich mit einer Entscheidung über die Eignung Watzls schwer tat, zeigt ein Briefentwurf an Pater Rössler vom 22. März.158 Darin bat er den Superior um vertrauliche Informationen über Watzl, weil „dieser eventuell als Bischof von Sachsen in Frage kommen könnte“159. Doch schickte er dieses Schreiben nicht ab – ein erstes Indiz dafür, dass die Gegenargumente für Pacelli so schwer wogen, um von dieser Kandidatenüberlegung abzurücken.
Ein Einflussversuch der sächsischen Regierung und die Endphase von Pacellis Kandidatensondierung Die politische Dimension spielte in der Kandidatenthematik eine ebenso wichtige Rolle wie in der Rahmenfrage der Neuordnung der diözesanen Verhältnisse. Darüber hatte Pacelli mit Watzl Anfang März in München gesprochen. Die damals mündlich zum weiteren Vorgehen vereinbarten
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aufzugeben habe. Vgl. Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu vom 20. Mai 1873, in: Reichsgesetzblatt 1873, Nr. 12 vom 23. Mai 1873, S. 109. Bertram an Pacelli vom 13. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 141r. Hierbei handelte es sich um einen jahrhundertealten „Affekt“ und nicht um eine rechtliche Regelung, da der Jesuitenorden seit 1917 formal im Deutschen Reich wieder zugelassen war. Bertram an Pacelli vom 13. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 141r-v. Bertram an Pacelli vom 13. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 141v. Nach der Entscheidung der AES vom 30. Juli 1922 über die politische Klausel gehörten freilich weder die Nationalität noch die Sprache eines Kandidaten zum staatlichen Repertoire legitimer Gründe für einen Widerspruch gegen einen erwählten Bischof. Vgl. dazu Bd. 3, Kap. II.2.1 (Die Klärung der politischen Klausel). Vgl. Pacelli an Rössler vom 22. März 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 143r. Pacelli an Rössler vom 22. März 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 143r. 41
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Details legte der Redemptorist auf Geheiß des Nuntius dem Breslauer Fürstbischof vor, der ihnen – wie Watzl der Nuntiatur meldete – zugestimmt habe.160 Zu diesen Vereinbarungen gehörte, dass Pacelli an den Wiedererrichtungsfeierlichkeiten am 24. Juni des Jahres – dem 800-jährigen Jubiläumstag des Bautzener Kapitels – teilnehmen und sogar die sächsischen Gemeinden besuchen sollte. Es war offensichtlich eine geschlossene und wirkungsvolle Demonstration der katholischen Kirche in Sachsen intendiert. Die nächsten Schritte auf dem Weg zur Errichtung des Bistums sprach Watzl mit dem Kapitel ab, das nunmehr in die genaue Planung eingeweiht wurde. Ihm legte er auch eine gemeinsam mit Pacelli verfasste Verpflichtungserklärung zur Dotation des neuen Oberhirten vor. Die Domherren sollten darüber hinaus die offiziellen Dokumente anfertigen, wie beispielsweise die Einladung des Nuntius, das Programm für die Feier und die Anträge zur Erhebung Skalas zum Domdekan und Apostolischen Protonotar. Damit befürwortete Pacelli nicht nur die von Watzl vorgeschlagenen Kompensationsleistungen, sondern der Kapitelssenior erfuhr gleichzeitig, für das Bischofsamt nicht infrage zu kommen.161 Diese Gewissheit führte dazu, dass sich die Beziehung zwischen ihm und Watzl noch weiter verschlechterte.162 Noch weitere Titel zu vergeben, erschien dem Redemptoristen sinnvoll und Bertram empfahl, anlässlich der Bistumsrestauration ein päpstliches Almosen für die ärmeren Sachsen zu verteilen.163 Mit dem Zentrumsabgeordneten Hesslein, der Ende März zu einer Audienz nach München kam, diskutierte Pacelli über die Probleme der sächsischen Kirche und ihr Verhältnis zum Staat.164 Am Vgl. Watzl an Pacelli vom 16. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol.149rv. Vgl. auch die Aussage Watzls einige Wochen später: „Betreffs der Bischofsfrage ist Herr Prälat Skala bereits aufmerksam gemacht: ‚dass die Wahl des h[eiligen] Stuhles nicht auf seine Person fallen dürfte.ʻ“ Watzl an Pacelli vom 1. Mai 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 176r. Hervorhebung im Original. Auf wendischer Seite der sächsischen Katholiken vermutete man, dass einige Kreise am Werk seien, die den Episkopat Skalas wegen „rein deutsch-nationalistische[r] Zwecke“ zu verhindern suchten. Um diesen entgegenzuwirken und eventuell doch noch eine Nomination des wendischen Kapitelsseniors zu erreichen, wandte sich der Bautzener Stadtbeamte Theodor Zimmermann am 21. Mai mit einer Laudatio auf Skala an Pacelli. Vgl. Zimmermann an Pacelli vom 21. Mai 1921, ebd., Fol. 188r–189v. Beim Nuntius, für den der Kandidat zu diesem Zeitpunkt schon feststand, stieß dieses Gesuch jedoch auf taube Ohren. Das Fehlen eines Entwurfs im entsprechenden Faszikel des Nuntiaturarchivs macht es wahrscheinlich, dass er dem Stadtbeamten nicht geantwortet hat. 162 Mitte der 1920er Jahre kommentierte Watzl einige Briefe Skalas an Bischof Schreiber folgendermaßen: „Wer es gesehen hat, was ich durch ihn gelitten, als ihm zur Gewißheit wurde, daß er nicht Bischof werden könne, wird Vorstehendes mit Abscheu aus der Hand legen.“ Watzl an Schreiber vom 3. Februar 1925, zitiert nach Fischer, Wiedererrichtung, S. 67. 163 Skala erhielt später vom Nuntius 20.000 Mark, die im Namen des Papstes an die arme Bevölkerung ohne Unterschied der Religionszugehörigkeit verteilt werden sollten. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 42r–47v, hier 47v. 164 Vgl. die Schriftwechsel zwischen Hesslein und Pacelli im Vorfeld der Audienz vom 12., 14. und 17. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 136r–137v, 142r und 144r–145r. Ursprünglich plante Skala, 160 161
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9. April fasste der Politiker die wichtigsten Punkte seiner Darlegungen für den Nuntius noch einmal zusammen.165 Wie schon Anfang des Jahres, als er sich der Vermittlung Stockhammers bedient hatte, kam er auf das Thema der Bischofseinsetzung zu sprechen. Er wies auf die fortwährenden Versuche der Regierung hin, Einfluss auf die Besetzung des bischöflichen Stuhls zu erlangen. Nur die Reichsverfassung könne man „den Kulturkampfgelüsten der sächsischen Regierung“166 entgegenhalten. Gespräche und Konzessionen seien erst möglich, wenn sie ihre Haltung grundsätzlich ändere: „Wenn daher die sächsische Regierung Einfluss auf die Besetzung des bischöflichen Stuhles haben will, dann müsste man doch mindestens verlangen, dass sie sich auf den Standpunkt der Loyalität stellt, dass sie eine freundliche Haltung der Kirche gegenüber einnimmt. Die sächsische Regierung steht aber mit der Kirche auf Kriegsfuß und kann daher nicht verlangen, dass man ihr auch noch einräumt, in der bewussten Frage gehört zu werden.“167
Voraussetzung für auch nur eine offizielle Anzeige an die Regierung in dieser Angelegenheit sei ihre öffentliche Erklärung – so Hesslein –, sich in den Fragen der Trennung von Kirche und Staat
zusammen mit Hesslein nach München zu reisen. Nachdem aber Watzl dem Kapitel in Bautzen von den Ergebnissen des Nuntiaturgesprächs vom 3. März über die Wiedererrichtung der Diözese Meißen berichtet hatte, und sachliche Fortschritte sichtbar wurden, entfiel für den Interimsadministrator die Notwendigkeit einer Unterredung mit Pacelli, zumal er seine persönlichen Ambitionen begraben musste: „Mittlerweile hat nun der Redemptoristenpriester Herr P. Josef WATZL, der im Auftrage des hochseligen Bischofs und Dekans Franz Löbmann im Einverständnis mit dem Domkapitel eingehende Vorbereitungsarbeiten geleistet hat, als er eben von Eurer Exzellenz aus München zurückkehrte, dem hiesigen Domkapitel außerordentlich interessante und hocherfreuliche Mitteilungen gemacht, die mir und dem Domkapitel zeigten, dass die Vorverhandlungen mit der Nuntiatur und dem Heiligen Stuhl bereits zu einem Stadium gelangt sind, das eine mündliche Aussprache mit mir wenigstens zur Zeit in keiner Weise weiter zu fördern geeignet wäre.“ Skala an Pacelli vom 18. März 1921, ebd., Fol. 146r–147r, hier 146v. Hervorhebung im Original. 165 Vgl. Hesslein an Pacelli vom 9. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 157r–161r. Unter die innerkirchlichen Schwierigkeiten subsumierte Hesslein zum einen den überbordenen administrativen Apparat in Bautzen und Dresden, zum anderen die völlig uneinheitliche Zusammensetzung des Klerus, der aus den verschiedensten Gebieten Deutschlands zugewandert sei. Nötig sei eine einheitliche Führung der sächsischen Kirche mit einer einheitlichen Organisation. Was die Beziehungen zum Staat anbelangte, so hätten sich die Konfrontationen nach der politischen Subversion zwar etwas entspannt, aber keineswegs aufgelöst: „Der Umsturz vom 9. November 1918 hat nun auf der einen Seite gewiss mit einem Male die lästigen und einschnürenden Fesseln der Kulturkampfgesetzgebung der siebziger Jahre, die in Sachsen bis dahin bestanden, beseitigt. Auf der anderen Seite aber standen die Katholiken nun einem neuen Kampfe gegenüber, dem Kampfe von links, von wo ungestüm die Durchführung der Trennung von Kirche und Staat, die Beseitigung der konfessionellen Schulen, die Aufhebung des Religionsunterrichts verlangt wurden.“ Ebd., Fol. 158r. 166 Hesslein an Pacelli vom 9. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 159v. 167 Hesslein an Pacelli vom 9. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 159v. 43
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sowie der Konfessionsschule an die WRV und die nachfolgenden Gesetze halten zu wollen.168 Über den Besetzungsmodus oder die Kandidatenfrage äußerte er sich an dieser Stelle nicht mehr. Pacelli nahm die Überlegungen des Zentrumsabgeordneten mit Interesse zur Kenntnis und bat, ihn auch künftig über die politischen Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.169 Wie zeigten sich eigentlich die behaupteten Einflussbemühungen der Regierung? Bislang nur darin, dass der sächsische Gesandte in München, Maximilian von Dziembowski, am 30. März bei Pacelli vorsprach, um das Interesse seiner Regierung an der Wiederbesetzung des Apostolischen Vikariats zu bekunden: „Der Sächsischen Regierung wäre eine baldgefällige Auskunft des Heiligen Stuhles darüber erwünscht, ob bereits Entschließung über die Wiederbesetzung des Apostolischen Vikariats in Sachsen gefasst worden ist, und ob eine Änderung in den bisherigen Verhältnissen beabsichtigt wird. In diesem Falle würde es die Sächsische Regierung für erwünscht halten, wenn ihr Gelegenheit zur Meinungsäußerung in der Sache gegeben würde.“170
Dziembowski erklärte, worauf es der Regierung vornehmlich ankam: Der neue Bischof sollte deutscher Reichsangehöriger sein. So mündete die Frage nach dem Besetzungsmodus und der an ihm Beteiligten doch letztlich wieder in die Kandidatenfrage ein. Wie der Diplomat später in seinem Bericht an das sächsische Außenministerium schilderte, habe Pacelli auf das Anliegen der Regierung folgendermaßen reagiert: „Monsignore Pacelli zeigte für unsere Wünsche volles Verständnis, gab aber seinem Erstaunen mir darüber Ausdruck, dass, wie er erklärte, die sonst so kirchenfeindliche Sächsische Regierung in dieser Richtung Wünsche hege, die unter Umständen zu Verhandlungen führen könnten. Die bisherige Stellungnahme der Sächsischen Regierung in den kirchlichen Fragen würde ihn jedoch nicht davon abhalten, die Angelegenheit der Kurie in wohlwollendster Form zu unterbreiten, da er, wie er besonders betonte, stets für eine friedliche Auseinandersetzung sei, wenn es irgendwie ginge.“171
Laut einer Gesprächsnotiz vom 31. März 1921 dachte Hesslein daran, dass unter den genannten Prämissen, denen er an dieser Stelle außerdem die Gehaltszahlungen an den Klerus beifügte, die Regierung vor der Besetzung angehört oder ihr die Möglichkeit eingeräumt werden könnte, Bedenken geltend zu machen. Vgl. Gesprächsnotiz Hessleins vom 31. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 153rv. 169 Vgl. Pacelli an Hesslein vom 12. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 162r. 170 Dziembowski an Pacelli vom 30. März 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 151r–152rv, hier 152r. Wie häufig nach mündlichen Gesprächen fasste auch der Staatsvertreter seine Interessenpunkte in dem hier zitierten Schreiben nachträglich zusammen. Die sächsische Regierung hatte Ende Januar aus einer Zeitungsberichterstattung von den kirchlichen Bestrebungen zur Bistumserrichtung erfahren. Vgl. Mitzscherlich, Diktatur, S. 43 Anm. 13. 171 Dziembowski an das sächsische Außenministerium vom 10. Mai 1921, auszugsweise abgedruckt bei Grande/ Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 144f. (Nr. 43), hier 144f. 168
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Trotz seiner offensichtlichen Kritik an der Haltung der Regierung sah Pacelli Ansatzpunkte, um mit ihr einen friedlicheren Kontakt aufzubauen und die Spannungen zu entschärfen, was für die Diasporakirche sicherlich von Vorteil war. Deshalb gewichtete er die staatlicherseits nachdrücklich gewünschte Nationalitätenzugehörigkeit des künftigen Oberhirten noch stärker als zuvor: Bislang hatte er es nicht als unüberwindliches Problem betrachtet, dass Watzl kein Reichsbürger war. Das änderte sich jetzt, wie aus einem vertraulichen und Rat suchenden Schreiben an Bertram vom 17. April deutlich wird: „Der Umstand indes, dass genannter H[ochwürden] Herr Pater [sc. Watzl, R.H.] nicht Reichsangehöriger ist, scheint es nach reiflicher Überlegung leider nicht zu gestatten, weiter an ihn zu denken.“172 Im Gedankenaustausch zwischen Nuntius und Breslauer Kardinal waren ansonsten nur noch die Namen Hilfrich und Schreiber gefallen. Pacelli erklärte, mittlerweile jedoch erfahren zu haben, dass die gesundheitliche Verfassung Hilfrichs Anlass zu Bedenken gebe und der Pfarrer für den arbeitsreichen Posten in Sachsen daher wohl nicht infrage komme. Es blieb also nur noch Schreiber übrig, über den sich Pacelli von Bertram Auskunft erbat, „ob derselbe die für die praktische Verwaltung erforderten Eigenschaften besitzt, die auch den Verkehr mit ihm leicht und ersprießlich machen würden“173. Pacelli ging es hier also besonders um das administrative Geschick, das für den Aufbau eines neuen Bistums von herausragender Relevanz war und daher auch von verschiedener Seite für die Leitung Sachsens als besonders wichtig herausgestellt wurde. Dabei dachte der Nuntius aber nicht nur an die dortigen innerdiözesanen Verhältnisse, sondern dezidiert an seinen persönlichen Umgang mit dem neuen Bischof. Verdeutlichen kann das ein Blick in die ursprüngliche Fassung des Textes, den Pacelli dann zu dem eben zitierten veränderte: „Da möchte ich mich nun aber erst durch Eure Eminenz versichern, ob unser Kandidat die für die praktische Verwaltung erforderten Eigenschaften besitzt, die auch mir den Verkehr mit ihm ersprießlich und angenehm machen würden.“174 Zu einem guten Oberhirten gehörte für Pacelli also auch ein guter und „angenehmer“ Umgang mit dem päpstlichen Repräsentanten: „Wenn ich auch selbstverständlich nicht erwarten kann, dass alle kirchlichen Stellen in der so raschen wie genauen und aufmerksamen Art die Korrespondenzen erledigen, wie ich es von Euerer Eminenz überaus großer Zuvorkommenheit gewohnt bin, so muss ich doch im Interesse eines geordneten Verkehrs auch auf obige Eigenschaften achten.“175
Pacelli an Bertram vom 17. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 165rv, hier 165r; Ausfertigung abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 213f., Kilank, Wiedererrichtung, S. 30f. (Nr. 6) und auszugsweise bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 140f. (Nr. 41). 173 Pacelli an Bertram vom 17. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 165r. 174 Pacelli an Bertram vom 17. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 165r. Hervorhebungen im Original gestrichen. 175 Pacelli an Bertram vom 17. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 165r.
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Es liegt auf der Hand, dass Pacelli wiederum durch die kürzlich erfolgte Einsetzung des Koadjutors in Mainz und die Schwierigkeiten im Umgang mit dem dortigen Generalvikar Bendix sensibilisiert war.176 Neben Schreiber konnte sich Pacelli noch einen weiteren Kandidaten für den Meißener Bischofsstuhl vorstellen, nämlich den Breslauer Domkapitular Johannes Steinmann, der auf ihn bei einer persönlichen Begegnung „einen recht guten Eindruck gemacht“177 habe. Bertram jedoch, der Steinmann logischerweise gut kannte, befürwortete dessen Kandidatur nicht.178 Von seinen Fertigkeiten her – ein fleißiger, in der Verwaltung begabter Arbeiter – sei er grundsätzlich zwar geeignet, aber für Sachsen käme er nicht in Betracht. Bertram glaubte, dass Steinmann mehr als andere Probleme mit den Bautzener Kapitularen haben würde. Schon in Breslau habe er „niemals warme Fühlung“179 mit dem Domkapitel aufgenommen, obwohl er ihm schon seit langem angehöre.180 Zudem gehe ihm die Herzlichkeit ab, die für die Nähe zum katholischen Volk – wichtig besonders für die sächsische Diaspora – grundlegend sei. Dagegen beantwortete Bertram die Frage nach der Umgänglichkeit Schreibers positiv. Dieser werde rasch und pünktlich die Verwaltungsangelegenheiten bearbeiten, denn er sei „ein fester Charakter voll Pflichttreue“181. Noch geeigneter aber als Schreiber könnte – so Bertram – der Paderborner Dompropst, Johannes Linneborn, sein. Der 1867 geborene und 1892 zum Priester ordinierte Linneborn sei ein renommierter Kanonist, er kenne ihn persönlich seit Jahren und betrachte ihn als „tüchtige[n] Verwaltungsmann und liebenswürdige[n] Mensch[en]“182. Pacelli wusste freilich um die Qualität des Kanonisten. Auch er hatte eine hohe Meinung von ihm und griff auf ihn regelmäßig als kanonistischen Berater zurück. Dass er ihn im Folgenden dennoch nicht als Bischofsanwärter für Meißen in Betracht zog, hing sicherlich auch damit zusammen, dass er dessen Expertise für die anstehenden Konkordatsverhandlungen in Deutschland nicht verlieren wollte.183 Vgl. dazu etwa das mit mehrmonatiger Verspätung angefertigte Gutachten des Generalvikars in Bd. 3, Kap. II.3.2 (Brentano gegen Bendix et vice versa und die prekäre Lage des Mainzer Bistums). 177 Pacelli an Bertram vom 17. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 165v. 178 Vgl. Bertram an Pacelli vom 22. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 168rv; Entwurf abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 214f. und Kilank, Wiedererrichtung, S. 31f. (Nr. 7). 179 Bertram an Pacelli vom 22. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 168r. 180 Steinmann war 1904 ins Breslauer Domkapitel berufen worden. 181 Bertram an Pacelli vom 22. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 168v. 182 Bertram an Pacelli vom 22. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 168v. 183 Aufschluss über die Wertschätzung gibt beispielsweise ein umfassendes Gutachten über das preußische Patronatsrecht, das Linneborn im Herbst 1926 verfasste und das der Nuntius sichtlich beeindruckt aufnahm. Vgl. „Das Patronatsrecht in Preußen über katholische Benefizien“ von Linneborn im Herbst 1926, ASV, ANB 82, Fasz. 1, Fol. 281r–324r (nur r); Pacelli an Linneborn vom 30. November 1926 (Entwurf), ebd., Fol. 325r. Aber auch schon früher stand Linneborn bei Pacelli in höchsten Ehren. Am deutlichsten 176
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Votum für Schreiber und ‚Tausch‘ mit dem Staat: Pacellis Bericht für Gasparri Am Schluss seines Schreibens mahnte Bertram den Nuntius, die definitive Regelung der offenen Fragen zur Wiedererrichtung des Meißener Bistums nicht zu lange hinauszuzögern. Pacelli sah das ähnlich. Am 11. April war die überarbeitete und endgültige Fassung von Watzls Denkschrift bei ihm eingetroffen, welche auf den 17. März datierte, ihm im Namen des Bautzener Kapitels – von Skala unterzeichnet – zuging und formal an Papst Benedikt XV. adressiert war.184 Pacelli beurteilte das Promemoria, das alle für die Stützung des Grundanliegens der Wiedererrichtung der Diözese Meißen notwendigen Informationen enthielt,185 als eine „außerordentlich saubere und sorgfältige Ausführung“186. Er war also sehr mit Pater Watzl zufrieden und glaubte, dass das Unterfangen bis auf einige Details geregelt war. Wenige Tage später übersandte ihm Watzl die angekündigte formelle Einladung zur Teilnahme an den Wiedererrichtungsfeierlichkeiten sowie einige Anträge für die beabsichtigte Verleihung von Ehrentiteln.187
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zeigt sich diese Tatsache bei der Suche nach einem deutschen Kandidaten für den Posten des Auditors der römischen Rota im Jahre 1920. Aus der Bewertung Linneborns durch Pacelli ergibt sich auch, warum der Paderborner Kanonist das Amt nicht bekam: „Il più adatto fra i proposti a tale ufficio sembrami che sarebbe indubbiamente il Professore Canonico Linneborn di Paderborn, il quale è uno dei migliori Canonisti della Germania. Credo però che la sua scelta arrecherebbe grave danno non solo alla Curia vescovile di Paderborn, ma anche allʼEpiscopato prussiano, a cui, come mi consta, egli rende coi suoi lavori giuridici segnalati servigi anche nei rapporti colle Autorità governative in questi difficili tempi.“ Pacelli an Gasparri vom 18. August 1920, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920, Pos. 1710, Fasz. 895, Fol. 4r–5r, hier 4r-v. Dieselbe Begründung war vermutlich für Pacelli auch hier maßgeblich, dass er eine Kandidatur Linneborns trotz dessen persönlicher Eignung nicht weiterverfolgte. Vgl. auch die wenigen Hinweise in Bd. 1, Kap. II.1.5 (Die Verhandlungen der Jahre 1928/29: keine Schulfrage, aber Erfolge im Modus der Bischofseinsetzungen). Vgl. Promemoria de redintegratione Episcopatus Misnensis in Saxonia a Capitulo Sti Petri Budissae Lus. humillime oblatum, die 17. martii 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 236r–240v; abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 195–202 sowie auszugsweise und mit Übersetzung bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 126–138 (Nr. 39); Anschreiben Skalas an Benedikt XV. vom 17. März 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 11rv. Behandelt wurden die Geschichte des alten Bistums, der Namen und die Zirkumskription der neuen Diözese, ihre Beziehung zum Staat, die Bischofsresidenz und Kathedralkirche, die Bischofsdotation, das Domkapitel und Priesterseminar, die Pfarreien, Priester und Nationalitätenzusammensetzung. Pacelli an Watzl vom 12. April 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 163r. Vgl. Watzl an Pacelli vom 19. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 167rv; Skalas Einladung für Pacelli vom 18. April 1921, ebd., Fol. 166rv. Man wünschte, dass Domkapitular Sauer zum Päpstlichen Hausprälaten und Seminarrektor Anselm Rotzinger zum Geheimkämmerer ernannt würden. Es sollten später noch Anträge zur Verleihung von Ehrentiteln für Laien folgen. Auch eine Spende des Papstes – nach dem Vorschlag Bertrams – floss nach Sachsen, die anlässlich des Besuchs des Nuntius an bedürftige Kinder gehen sollte. 47
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Da für Pacelli nunmehr alles Wichtige geklärt war, erstattete er Gasparri am 25. April 1921 den Bericht, den dieser schon am 24. Dezember des Vorjahres verlangt hatte.188 Als Grundlage für alle Meißen betreffenden Überlegungen übersandte Pacelli Watzls Memorandum, das – so erklärte er dem Kardinalstaatssekretär – genügend „unverzichtbare Informationen“ biete, damit „der Heilige Stuhl diesbezüglich eine endgültige Entscheidung treffen und gegebenenfalls Weiteres unternehmen kann“189. Auf einige Punkte ging der Nuntius gesondert ein. Darunter fiel die Frage nach der finanziellen Ausstattung des künftigen Bischofs. Der ehemalige Zustand, dass der Apostolische Vikar von Sachsen gleichzeitig Dekan des Bautzener Kapitels war, um durch die damit verbundene Pfründe ausreichenden Unterhalt einzuziehen, sei nicht länger hinnehmbar. Deshalb sollte künftig das Bautzener Kapitel für das Einkommen des Diözesanbischofs sorgen. Ein weiterer und vom Nuntius als difficile behandelter Punkt bildete die Frage nach dem geeigneten Kandidaten für das Bischofsamt. Er merkte an, dass dieses Thema angesichts der beiden unterschiedlichen Nationalitäten der katholischen Bevölkerung, deutsch und wendisch, sehr komplex sei. Wegen der deutschen Majorität sei ein Kandidat deutscher Provenienz alternativlos, „auch um Schwierigkeiten und Unzufriedenheiten von Seiten der staatlichen Autoritäten Deutschlands zu vermeiden“190. Es wäre zwar vorteilhaft, wenn der Erwählte die wendische Sprache beherrsche, weshalb er zunächst an Watzl gedacht habe. Weil dieser jedoch der erstgenannten Voraussetzung nicht genüge, sei er davon abgewichen und habe sich neu orientiert: „Nun, in einhelligem Urteil mit verschiedenen kompetenten Personen, die ich diesbezüglich befragt habe, würde sich schwerer Widerwillen gegen die Ernennung eines Klerikers erheben, der nicht im deutschen Reichsgebiet geboren ist. Ich musste mich daher beschränken, einen Priester im deutschen Klerus zu suchen, der gebildet, energisch, eifrig und zur selben Zeit mit Klugheit und Sorgfalt ausgestattet ist, um den Widerständen und dem Missfallen, die ihm möglicherweise von wendischer Seite entgegengebracht werden, vorzubeugen und diese eventuell zu ertragen.“191
Vgl. Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 13r–18v. 189 „… le informazioni indispensabili, acciocchè la Santa Sede possa prendere al riguardo una definitiva decisione e procedere eventualmente ad ulterior.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 13v. 190 „… anche per evitare difficoltà e malcontento da parte delle Autorità civili germaniche.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 14v. 191 „Ora, a giudizio unanime di varie persone competenti da me interpellate al riguardo, la nomina di un ecclesiastico non nato nel territorio del Reich germanico solleverebbe gravi disgusti. Mi sono quindi dovuto limitare a cercare nel Clero tedesco un sacerdote dotto, energico, zelante ed al tempo stesso dotato di prudenza e di pazienza, onde prevenire ed eventualmente sopportare le opposizioni ed i dispiaceri, che potrebbero provenirgli dallʼelemento venedico.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 14v. 188
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Ein solches Profil besitze der Regens des Fuldaer Priesterseminars, Christian Schreiber. Diese Einschätzung stützte Pacelli, indem er auf dessen Ausbildung im römischen Germanicum, seine Laureate in Philosophie und Theologie, seine Tätigkeit als Seminarprofessor für zunächst Philosophie, dann Dogmatik, Apologetik und Homiletik sowie auf den Umstand hinwies, dass er bei der letzten Sedisvakanz des Hildesheimer Bischofsstuhls schon auf der Kandidatenliste des dortigen Domkapitels gestanden habe.192 Zudem sehe ihn Kardinal Bertram als den besten Kandidaten für Sachsen an, während Bischof Schmitt von Fulda versichert habe, dass Schreiber sich unbedingt dem Willen des Heiligen Vaters unterwerfen und damit einem Ruf nach Meißen folgen werde. Pacelli griff anschließend den Wunsch Halkes auf, indem er Watzl als unentbehrlichen Mitarbeiter des Bischofs bezeichnete, weshalb er diesem – zumindest in der ersten Zeit – zur Verfügung gestellt werden sollte.193 Pacelli unterrichtete Gasparri ebenfalls von dem Plan, zur Beschwichtigung des wendischen Teils der katholischen Bevölkerung, Skala – den wendischen Interimsadministrator – zum Apostolischen Protonotar und zum Domdekan des Bautzener Kapitels mit allen Rechten und Privilegien zu erheben. Opportun sei außerdem, wenn das Kapitel seinen Dekan gemäß dem bisherigen Privileg künftig weiterhin selbst wählen dürfe. Nachdem die Personalie geklärt schien, stellte sich noch die Grundfrage, ob und wie die sächsische Regierung in die Meißener Angelegenheit involviert werden sollte. Pacelli erläuterte seinem Vorgesetzten, dass es zwischen dem Königreich Sachsen und dem Heiligen Stuhl keine Überein Vgl. zur Hildesheimer Bischofswahl von 1914/15 Hirschfeld, Bischofswahlen, S. 219–224. Dies war auch ein zentrales Anliegen Skalas, der sich – trotz der persönlichen Spannungen – auf den Verbleib Watzls bis nach Abschluss der kirchenrechtlichen Umwälzungen angewiesen glaubte und sich daher mit dieser Bitte bereits im März an die Propaganda Fide gewandt hatte, die dem Interimsadministrator jedoch am 11. Mai eine Absage erteilte. In der Bedrängnis ersuchte Watzl Pacelli am 17. Mai, die Zurücknahme dieser Verordnung in Rom zu erwirken. Auch bei Kardinal Bertram holte sich Skala Unterstützung, der die entsprechende Bitte am 20. Mai dem Nuntius vortrug. Da der Nuntius jedoch von der Notwendigkeit der Hilfe Watzls ohnehin überzeugt war, hatte er schon am Tag davor ein Schreiben an van Rossum aufgesetzt, um eine Verlängerung der Zeit Watzls beim Bautzener Kapitel zu erwirken. Nachdem der Brief des Breslauer Fürstbischofs am 23. Mai eingetroffen war, wiederholte er die Supplik gegenüber dem Präfekten der Propaganda Fide noch einmal und fügte das Schreiben Bertrams bei. Dieser hatte gleichzeitig den Provinzialvisitator der Redemptoristen in Zwittau, Wenzel Wenig, aktiviert, der sich am 25. Mai an Pacelli wandte und gestattete, dass Watzl seine Arbeiten in Bautzen vollendete. Nur müsse dieser gemäß den Vorschriften nach einem halben Jahr außerhalb einige Zeit im Ordenshaus verbringen. Darüber habe er auch den Ordensgeneral, Patritius Murray, in Rom informiert. Vier Tage später wandte sich der Nuntius daher zum dritten Mal innerhalb der kurzen Zeit an van Rossum, um auch dieses Schriftstück in seine Hände gelangen zu lassen. Der Kardinalpräfekt der Propaganda Fide antwortete am 17. Juni auf die Korrespondenzwelle und gestattete, nachdem er den Redemptoristengeneral dazu befragt hatte, dass Watzl noch einige Zeit in Bautzen verweilen durfte, wenn er, wie bislang, in regelmäßigen Abständen sein Konvikt aufsuchte. Vgl. die Korrespondenz der Beteiligten in ASPF, Nuova Serie, Vol. 678, Rubr. 12/1921, Fol. 311rv, 312rv, 314r, 315r, 316r, 319rv und ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 179r, 182rv, 185r, 187rv, 191r, 194r, 212r.
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kunft gebe, „aus der dem Souverän ein Teilhaberecht an der Ernennung des Apostolischen Vikars von Sachsen und des kirchlichen Administrators der Lausitz ergeben könnte“194. Gleichwohl habe der sächsische König bislang mittels eines Kommissars die Wahl des Bautzener Dekans beeinflusst. Den Dekan wiederum habe der König anschließend dem Heiligen Stuhl als Kandidaten für das Amt des Apostolischen Vikars von Sachsen präsentiert. Zum letzten Mal sei dieses Prozedere bei der Einsetzung Löbmanns 1914 erfolgt. Im Anschluss an Hessleins Darstellung berichtete Pacelli weiter, dass das sächsische Staatskirchentum, das in der Kulturkampfzeit noch einmal erheblich verschärft worden sei und dazu geführt habe, dass die Katholiken „unter der tyrannischsten Unterdrückung“195 hätten leben müssen, sich durch die Revolution vom 9. November 1918 etwas gelockert habe. Eine „frische Strömung des Lebens“196 habe die Katholiken Sachsens erfasst, die jetzt einer einheitlichen, tatkräftigen Leitung bedürften. Dazu werde allenthalben ein entschlossener und tatkräftiger Bischof für notwendig erachtet und zwar auch deshalb, weil den Katholiken neue Gefahr drohe: Die sächsische Regierung – eine Koalition aus MSPD und USPD – und insbesondere der Landesminister für Volksbildung, Hermann Fleißner, würden den Kampf gegen die Kirche fortsetzen. Mit dieser kirchenfeindlichen Ausrichtung, die glücklicherweise durch die WRV etwas abgebremst werde, habe die Regierung in letzter Zeit Gesetzesprojekte betreffend die Schule, die kirchlichen Abgaben oder das staatliche Aufsichtsrecht über die Religionsgemeinschaften erlassen. Pacelli zitierte für den Kardinalstaatssekretär einen Passus aus der Rede Fleißners im sächsischen Landtag vom 17. Dezember 1920, in dem dieser seiner Vorstellung des künftigen Staat-Kirche-Verhältnisses deutlichen Ausdruck gab: „Meine Ansicht ist ferner die …, daß die Kirche bis zum letzten aller staatlichen Autorität entkleidet werden muß. Es muß eine völlig reinliche Scheidung durchgeführt werden, und ich glaube, das liegt im Interesse beider Teile, des Staates sowohl wie der Kirche, wenn in Zukunft nicht immer wieder Reibungen und unnützer Krieg zwischen beiden eintreten soll.“197
„… donde potesse derivare al Sovrano un diritto di partecipazione nella nomina del Vicario Apostolico di Sassonia ed Amministratore ecclesiastico di Lusazia …“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 16r. 195 „… sotto la più tirannica oppressione … “ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 16r. 196 „… una fresca corrente di vita …“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 16v. 197 Rede Fleißners im sächsischen Landtag vom 17. Dezember 1920, abgedruckt in den Verhandlungen des Sächsischen Landtages, 1. Wahlperiode 1920/22, S. 119–122, hier 121. Pacellis italienische Übersetzung dieses Abschnitts: „Io penso, che la Chiesa debba essere completamente spogliata di ogni autorità nello Stato. Occorre addivenire ad un completa separazione ed io credo che sia nellʼ interesse di ambedue le parti, dello Stato e della Chiesa, se nellʼavvenire non si avranno più continui attriti ed inutili conflitti.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, 194
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Trotz dieser anvisierten radikalen Trennung beider Gewalten habe sich der sächsische Gesandte in München an ihn gewandt, um Kenntnis über das weitere römische Vorhaben mit der Kirche Sachsens und die Wiederbesetzung des Apostolischen Vikariats zu erlangen sowie die eigenen Wünsche – zum Beispiel müsse der Nachfolger Löbmanns Deutscher sein – zur Geltung zu bringen. Aus diesem Vorstoß könne man – so Pacelli weiter – diplomatisches Kapital schlagen. Da er ohnehin beabsichtigte, einen Bischof von deutscher Nationalität zu nominieren, war dieser Wunsch der Regierung logischerweise leicht zu realisieren. Wenn man also „in irgendeiner Weise“ auf ihr Anliegen einginge, könne man im Gegenzug etwas verlangen, nämlich „eine schriftliche Erklärung, mit der sie sich verpflichtet, die neuen Beziehungen zwischen Kirche und Staat nicht zu regeln ohne vorheriges Einverständnis mit dem Heiligen Stuhl und auf jeden Fall wenigstens alle Rechte aufrichtig zu respektieren, die den Katholiken auf der Basis der Reichsverfassung zukommen“198.
Letztlich müsse er jedoch bekennen, dass von der sächsischen Regierung für die Kirche nichts Wohlwollendes zu erwarten sei. Daher gebe es letztlich nur einen „einzigen Weg der Rettung“199 für die sächsischen Katholiken wie überhaupt alle deutschen Diasporagebiete: ein Reichskonkordat, das für all jene eine verbindliche Regelung bringe. Vor diesem Hintergrund sah Pacelli zwei Optionen, auf die Regierungsanfrage zu reagieren, deren Entscheidung er Gasparri überließ: „… Eure Eminenz werden urteilen, ob es besser ist, auf irgendeine Weise in die Anfrage der sächsischen Regierung einzuwilligen, oder ob es hingegen angemessener ist, sich auf eine Antwort zu beschränken, in der man (um größere Übel zu vermeiden) aus Höflichkeit schlicht die bereits getroffene Entscheidung des Heiligen Stuhls mitteilt.“200
Fol. 17r. Über diese Vorstellung des Kultusministers hatte den Nuntius kurz vorher Hesslein informiert. Vgl. Hesslein an Pacelli vom 9. April 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 159v–160r. 198 Vgl.: „… mi sono domandato se non fosse opportuno di profittare di questo passo del Governo sassone per cercar di ottenere medesimo, accondiscendeno in qualche modo al suo desiderio, una dichiarazione scritta, colla quale si obblighi a non regolare i nuovi rapporti fra Chiesa et Stato senza previa intesa colla Santa Sede e, in ogni modo, a rispettare lealmente almeno tutti quei diritti che spettano ai cattolici in base alla Costituzione del Reich.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 17v–18r. 199 „Lʼunica via di salvezza …“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 18r. 200 … lʼEminenza Vostra giudicherà se convenga di annuire in qualche guisa alla domanda del Governo sassone o se sia invece più opportuno di limitarsi ad una risposta, in cui (ad evitare mali maggiori) si comunichi per cortesia semplicemente la decisione già presa dalla Santa Sede.“ Pacelli an Gasparri vom 25. April 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 18r. 51
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Um schließlich die arg gebeutelten sächsischen Katholiken, die seit Martin Luthers Zeiten keinen päpstlichen Repräsentanten mehr gesehen hätten, zu ermutigen, habe er es sich vorgenommen – der Bitte des Bautzener Kapitels folgend –, das Land anlässlich der Wiedererrichtungsfeierlichkeiten zu besuchen. Für dieses Vorhaben ersuchte Pacelli abschließend um die kuriale Genehmigung.
Eine Konvention mit der Reichsregierung: Delbrueck, Watzl und Pacelli Bis zum ins Auge gefassten Termin des Festaktes, dem 24. Juni, waren es nur noch knapp zwei Monate. Daher bat Watzl den Nuntius, er möge in Rom auf eine beschleunigte Entscheidung dringen.201 Er bemerkte außerdem, dass das Kapitel entschieden habe, die Feierlichkeiten um zwei Tage zu verschieben, damit sie auf das Fest der Apostel Johannes und Paulus fielen und so das Problem, dass nicht genügend grüne Paramente für die Festliturgie vorhanden waren, umgangen werden konnte. Der Redemptorist schlug vor, erst am Festtag selbst den Namen des neuen Oberhirten öffentlich zu verkündigen, um vorangehende Diskussionen in dieser Richtung zu vermeiden. Auch zum Vorstoß der Regierung äußerte sich Watzl und verdächtigte diese, sich einen letzten Strohhalm im Einfluss auf die Kirche sichern zu wollen.202 Weder mit dem Kapitel in Bautzen noch dem Konsistorium in Dresden habe der sächsische Staat bisher Kontakt aufgenommen. Um Rom aus der Pflicht zu nehmen, hielt Watzl es für opportun, zwei Tage vor dem Jubiläum von Seiten eines Dresdener Vikariatsrats eine amtliche Mitteilung an die Regierung zu richten. Auf die letzte Überlegung ging der Nuntius zunächst nicht ein, sondern bat Gasparri lediglich um die Genehmigung, das Zentenar am 26. Juni feiern zu dürfen.203 Auch auf eine Beschleunigung des römischen Verfahrens drang er nicht, weil er – wie er am 8. Mai gegenüber Watzl betonte – in seiner kürzlichen, ausführlichen Berichterstattung ausdrücklich darum gebeten habe, die Feierlichkeiten Ende Juni zu ermöglichen.204 Ob alles Notwendige bis dahin geregelt sei, konnte Vgl. Watzl an Pacelli vom 1. Mai 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 176rv. Hesslein berichtete Pacelli, dass ihm in einer Besprechung im sächsischen Kultusministerium zwei Forderungen gegenüber der katholischen Kirche vorgetragen worden seien: Neben dem schon durch den Gesandten in München erklärten Wunsch, dass der neue Bischof Reichsdeutscher sein müsse, dürfe ein die Präfektur und das Vikariat vereinigendes Bistum nicht einer ausländischen Erzdiözese, beispielsweise dem Erzbistum Prag, unterstellt werden. Sollte der Heilige Stuhl davon abweichend vorgehen, würde die sächsische Regierung einen Protest bei der Reichsregierung einreichen. Vgl. Hesslein an Pacelli vom 17. Mai 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 180r–181v. 203 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 7. Mai 1921, ASV, Segr. Stato, Anno 1921, Rubr. 255, Fasz. 2, Fol. 69r. Dem Schreiben fügte Pacelli die Bitte um weitere Ordensverleihungen an, die Watzl ihm vorher im Namen des Kapitelsseniors Skala hatte zukommen lassen. 204 Vgl. Pacelli an Watzl vom 8. Mai 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 178r. 201 202
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er Watzl allerdings nicht versprechen.205 Immerhin gestattete Gasparri mit Schreiben vom 26. Mai sowohl die Verlegung der Feierlichkeiten als auch die Anträge für die Ehrenbezeigungen, was Pacelli unverzüglich an Watzl weiter kommunizierte.206 Ende des Monats Mai nahmen nun doch die Regierungen Sachsens und des Reichs mit der Bautzener Kirchenleitung Kontakt auf und wandten sich dabei unmittelbar an Pater Watzl, wie dieser am 2. Juni an Pacelli schrieb.207 In Regierungskreisen merkte man also zunehmend, dass die Kirche in Sachsen vor gravierenden Veränderungen stand. Deshalb sprach am 30. Mai nach Darstellung des Redemptoristen der Regierungspräsident der Lausitz, Kreishauptmann Karl von Nostitz-Wallwitz, als inoffizieller Gesandter der Landesregierung bei ihm vor. Laut Watzl debattierten sie über die Errichtung des Bistums, die Wendenfrage208 und die Verlegung des Prager Priesterseminars. Ohne Interna zu verraten, habe er – so Watzl – Zusagen gemacht, „wenn der Staat sich entschließen wolle, die Angelegenheit nicht nur nicht zu hindern, sondern auch materiell kräftig zu fördern, da durch die beabsichtigte Maßnahme eine Stärkung des Deutschtums, mithin eine Absicht der sächs[ischen] Regierung durch den heil[igen] Stuhl verwirklicht werde“209. Der lutherische Beamte habe die Hinweise – vor allem die geplante Installation eines Deutschen als Diözesanbischof – positiv aufgenommen, Förderung versprochen und sogar darum gebeten, den Nuntius bei den Feierlichkeiten begrüßen zu dürfen.
Eine Verzögerung ergab sich bereits daraus, dass der Bericht des Nuntius vom 25. April erst verspätet sein Ziel erreichte. Der Grund bestand in einem Streik der Eisenbahner auf der Brennerstrecke. Deshalb übersandte er, nachdem er davon Kenntnis erlangt hatte, am 19. Mai ein Duplikat. Damit war beinahe schon die Hälfte der Frist verstrichen. Angesichts dieses Verlustes, bat Pacelli nun doch noch einmal um eine schleunige Behandlung der Materie. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 19. Mai 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 12rv. 206 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 26. Mai 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 193r; Pacelli an Watzl vom 31. Mai 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 196r. 207 Vgl. Watzl an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 197r–199r. Als Vertrauensperson übrigens, die die Dokumente für die Ehrentitel in Rom in Empfang nehmen sollte, wählte Watzl im Namen Skalas den Archivar im Staatssekretariat, Giuseppe Barluzzi. Pacelli empfahl später, Barluzzi auch damit zu beauftragen, sich um die päpstlichen Orden zu kümmern, die anlässlich der Wiedererrichtungsfeierlichkeiten verliehen werden sollten. Vgl. Pacelli an Watzl vom 11. Juni 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 207r. 208 Nostitz-Wallwitz war es als Teilnehmer des Treffens der Regierungsvertreter von Reich, Preußen und Sachsen Anfang des Jahres 1920 zugekommen, das Statut für die zu errichtende sogenannte Wendenabteilung zu entwerfen. Sein Entwurf vom 21. Januar des Jahres formulierte als ihre Aufgabe die „Stärkung der Deutschtumsarbeit in den wendischen Gebieten und wirksame Begegnung der Gefahr des wendischen Irredentismus in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens“. Scholze, Wendenabteilung, S. 577. Dieser Ausschnitt genügt, um die Position, die der Regierungspräsident der Lausitz in der Wendenfrage einnahm, zu verdeutlichen. 209 Watzl an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 197r. 205
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Weniger harmonisch verlief nach Watzls Beschreibung die Unterredung mit dem Vertreter der Reichsregierung, die sich am 1. Juni in der Person des Vatikanreferenten im Auswärtigen Amt, Richard Delbrueck, zu Wort gemeldet habe. Dass das Reich in die innersächsische Materie in dieser Form eingriff, habe seinen Grund darin – so rekapitulierte der Pater den Staatsbeamten –, dass die sächsische Regierung „sich für desinteressiert [erkläre]“210 und die außenpolitischen Gegenstände der Reichsregierung überlasse.211 Die Gesprächsthemen waren denjenigen ähnlich, die er mit Nostitz-Wallwitz erörtert hatte, wobei die gesamtnationale Perspektive für den Regierungsgesandten verständlicherweise die zentrale Rolle spielte. In diese Kategorie gehörte beispielsweise die Überlegung, das neue Bistum Meißen in den Metropolitanbezirk von Bamberg einzugliedern, was wohl der Furcht geschuldet war, dass es einem ausländischen Erzbistum unterstellt werden könnte. Diesen Vorschlag habe Watzl sofort abgelehnt. Als weitere Postulate habe Delbrueck veranschlagt: „Verlegung des Seminars in 3 Jahren (wenn der Staat die Kosten bezahlt!!), Garantie der deutschen Majorität im Kapitel212 (was er aber fallen ließ) und Erteilung des Rechtes der Bischofswahl auch für Sachsen im Reichskonkordate.“213 Letzteres Thema qualifizierte Watzl als derzeit
Watzl an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 197v. Vgl. auch Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 149 Anm. 170. 212 Dass dieser Vorstoß im Kapitel und beim wendischen Bevölkerungsteil Verdrossenheit hervorrief, ist leicht denkbar und wurde vier Tage später in einem weiteren Schreiben Watzls an den Nuntius bestätigt. Vgl. Watzl an Pacelli vom 6. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 202rv, hier 202v. Für Skala ging aus dem Besuch Delbruecks unzweifelhaft hervor, dass „nationale Quertreibereien störend eingegriffen“ hätten, da „von gewissen hypernationalen Seiten, einigen hiesigen Alldeutschen die katholischen Wenden verläumdet werden, als wollten sie das Bistum Meißen neu erstehen sehen, um es dann durch das Erzbistum Prag an die tschechoslowakische Republik auszuliefern“. Skala an Pacelli vom 10. Juni 1921, ebd., Fol. 205rv, hier 205r. Dagegen beteuerte Skala, dass für solch „wahnwitzige Verläumdungen jegliche Unterlagen fehlen“. Ebd., Fol. 205r. Außerdem hätte die sächsische Regierung bislang nichts getan, um die Sympathien der Wenden zu gewinnen. Dennoch seien sie „die loyalsten Staatsbürger“ ohne eigene politische Ambitionen. Ebd., Fol. 205v. Zudem stünden sie treu zur katholischen Kirche, aber auch zu ihrer eigenen Kultur und Sprache: „Die kathol[ische] Religion ist mit dem Volkstum so eng verbunden, dass das eine durch das andere gestützt wird, und die Schädigung des wendischen Volkslebens auch die der kathol[ischen] Religion nach sich ziehen müsste. Betreffs der Errichtung des Bistums und seiner künftigen Besetzung haben sie nur einen Wunsch und der ist: einen Oberhirten zu erhalten, der zu ihnen in ihrer Muttersprache zu reden imstande wäre.“ Ebd., Fol. 205v. Hervorhebung im Original. Schon einen Tag zuvor hatte Watzl einen Brief an den Nuntius verfasst, der diesen auf das Schriftstück des Administrators vorbereiten sollte: „Der ungefähr gleichzeitig eintreffende Brief des Herrn Prälaten und Administrators Skala bezweckt lediglich, Euer Exzellenz in schriftlicher Form die Versicherung zu bieten, dass die katholischen Wenden mit der beabsichtigten Bistumserrichtung keine nationalen Aspirationen verbinden.“ Watzl an Pacelli vom 9. Juni 1921, ebd., Fol. 206rv, hier 206r. Zu dem von Skala unterstrichenen Satz hinsichtlich der gewünschen bischöflichen Sprachfertigkeit bemerkte Watzl, dass die Aussage „nicht als ein Postulat bezüglich der jetzigen Besetzung …, sondern als allgemeine[r] Wunsch“ zu verstehen sei. Ebd., Fol. 206r. 213 Watzl an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 197v. 210 211
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„kaum aktuell“214, womit es aus der Diskussion ausschied. Sobald der Vatikanreferent für diese Forderungen die Zustimmung Pacellis habe, werde – so gab Watzl Delbrueck wieder – das Reichsaußenministerium die Bistumsgründung befürworten. Auf seinen Hinweis, dass die Wünsche des Staates einen Übergriff in die innerkirchlichen Belange darstellen würden, was durch die Reichsverfassung nicht gedeckt sei, habe Delbrueck erwidert, dass dennoch ein Einvernehmen zwischen beiden Gewalten erzielt werden müsse. Gegenüber dieser umfangreicheren Darstellung des Redemptoristen notierte sich Delbrueck selbst nur knapp, was er als Forderungen aufgestellt hatte, um „auch für eine fernere Zukunft eine übermäßige Einflussnahme der Wenden zu verhüten und die tschechische Propaganda bei den wendischen Katholiken zu erschweren“215: 1) die deutsche Majorität im Bautzener Domkapitel (was Delbrueck also offensichtlich nicht „fallen gelassen hatte“), 2) die Auflösung des wendischen Seminars innerhalb von fünf Jahren (Watzl hatte von drei gesprochen) und 3. die Eingliederung Meißens in die deutschen Diözesanstrukturen. Das Bischofswahlrecht des Bautzener Kapitels nahm neben diesen „nationalen“ Postulaten für die Reichsregierung also eine untergeordnete Rolle ein. Für Pacelli waren diese Neuigkeiten Anlass, Watzl wieder nach München zu zitieren.216 Dieser musste jedoch am 6. Juni ablehnen, zu groß sei die Arbeitslast und der Andrang, seitdem die Kunde des bevorstehenden Besuchs des päpstlichen Vertreters in Sachsen die Runde mache.217 Die Besprechung über die Wünsche der Reichsregierung musste also zu einem späteren Zeitpunkt
Watzl an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 197v. Aufzeichnung Delbruecks vom 13. Juni 1921, abgedruckt bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 147f. (Nr. 45), hier 147 und Schiller, Materialien, S. 254f., hier 254. Vgl. auch Fischer, Wiedererrichtung, S. 89. 216 Vgl. Pacelli an Watzl ohne Datum (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 164r. 217 Den Tumult und die damit verbundenen Angriffe auf seine Person schilderte Watzl ausführlich: „Täglich werden wir mit Anfragen bestürmt, von allen Seiten will man das Programm haben, jeder größere Ort bewirbt sich eifersüchtig, den Besuch E[hrwürdiger] Exzellenz zu empfangen, Scharen von einflussreichen Protestanten wollen ins Domstift eingeladen sein, selbst König Friedrich August III. fragt durch Prälat Müller ganz nervös an, warum er keine Einladung erhalte. … Täglich muss ich von Geistlichen und Laien Beleidigungen hinnehmen. Man nennt mich unfähig, ich wisse nicht, was ich wolle, wenn der Apost[olische] Nuntius nach Sachsen zu kommen wünsche, so sei es unverantwortlich, wenn man jetzt in Bautzen noch kein Programm habe. Muss das Jubiläum verlegt werden, so verliert es den Glanz und man wird meiner Unfähigkeit das Misslingen zuschreiben. Ich zweifle nicht, dass ich bei der aufgeregten Stimmung in diesem Falle noch vor dem 26. Juni Bautzen verlassen muss.“ Watzl an Pacelli vom 6. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 202rv, hier 202r-v. Hervorhebungen im Original. 214 215
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stattfinden, vermutlich geschah das kurz darauf in der Reichshauptstadt.218 Zu welchem Ergebnis die beiden Geistlichen im Einzelnen auch gekommen sein mochten, Pacelli war den Forderungen Delbruecks gegenüber nicht grundsätzlich abgeneigt. In Meißen ein eigenes Priesterseminar einzurichten, war vom kirchlichen Recht her ohnehin anzustreben219 und die Diözese entweder exemt zu lassen oder allenfalls einer deutschen Kirchenprovinz zuzuordnen, stand außer Frage. Der Nuntius bat die Vertretung der Reichsregierung in München Mitte Juni lediglich, dass sie seine Zustimmung geheim halte.220 In der Regierung sah man den Grund für diese Intention Pacellis darin, eine Beunruhigung der Wenden zu vermeiden, eine Spekulation, die naheliegt. Jedenfalls war nun die zustimmende Haltung der Reichsregierung zur Bistumserrichtung gesichert. Wenige Tage zuvor hatten auch Papst und Staatssekretär ihr Urteil zu Pacellis Plänen gefällt.
Freie Hand für Pacelli und ein knapper Zeitplan Am 2. Juni schickte Gasparri dem Nuntius die Nachricht, dass Benedikt XV. auf Basis des von Pacelli abgefassten Berichts die Errichtung der Diözese Meißen unter den geschilderten Bedingungen und die Promotion Schreibers auf die bischöfliche Cathedra genehmige.221 Daher könne Pacelli sofort mit der Abfassung des kanonischen Prozesses beginnen. Gegen die Teilnahme des Nuntius an den Wiedererrichtungsfeierlichkeiten habe der Pontifex – so Gasparri – nichts einzuwenden. Hinsichtlich des Umgangs mit dem sächsischen Staat überließen es Papst und Staatssekretär der Klugheit Pacellis, welchen der beiden skizzierten Wege er einschlagen wolle: entweder eine reine Faktenanzeige oder ein wie auch immer geartetes Eingehen auf die Regierungswünsche, mit dem Ziel eine schriftliche Zusage zu erhalten, die staatskirchliche Materie nur unter Einbezug des Heiligen Stuhls zu regeln oder zumindest die in der Reichsverfassung verbürgten kirchlichen Rechte zu respektieren. In jedem Fall müsse Pacelli aber „das umfassende Entgegenkommen und die Güte des Heiligen
Watzl schlug vor, in nächster Zeit in Berlin zusammenzutreffen. Fakt ist, dass der Nuntius eine Woche später in der Hauptstadt, konkret im Continental Hotel Berlin, war, was daraus hervorgeht, dass Pacelli ein vom Hotel bereitgestelltes Notizpapier benutzte, um ein Telegramm von Gasparri zu entschlüsseln. Vgl. Gasparri an Pacelli vom 13. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 211r. Dass er in der Reichshauptstadt mit Watzl und Skala zusammen treffen wollte, geht aus einem Brief Watzls und der dazugehörigen Antwort des Nuntius hervor. Vgl. Watzl an Pacelli vom 10. Juni 1921, ebd., Fol. 206r und Pacelli an Watzl vom 11. Juni 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 207r. Was dort im Einzelnen besprochen wurde, bleibt unbekannt. 219 Vgl. Can. 1354 § 1 CIC 1917. 220 Vgl. Bitte Pacellis um Geheimhaltung der Verhandlungen über die Wiedererrichtung des Bistums, abgedruckt bei Schiller, Materialien, S. 256. 221 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 200r–201r. 218
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Stuhls gegenüber der sächsischen Regierung in einer so delikaten und wichtigen Angelegenheit“222 hervorheben. Für welche der beiden diplomatischen Alternativen entschloss Pacelli sich? Gerne hätte er, wie er sagte, Kapital aus dem versuchten Vorstoß der sächsischen Regierung gezogen. Aber weil er vermutlich davon ausging, dass eine schriftliche Zusage Sachsens, auf eine einseitige Regelung des Kirche-Staat-Verhältnisses zu verzichten, keine durchschlagende Wirkung haben würde, sondern die kirchlichen Rechte eben nur durch ein Reichskonkordat zu verteidigen waren, sah er davon ab, der Regierung eine aktive Rolle bei der Besetzung des neuen Bischofsstuhls zuzugestehen. Stattdessen informierte er den sächsischen Gesandten in München am 18. Juni als Entgegnung auf dessen Offerte vom 30. März, dass der Heilige Stuhl beschlossen habe, ein neues Bistum Meißen durch den Zusammenschluss der beiden bisherigen Jurisdiktionsbezirke aus der Taufe zu heben.223 Zum Oberhirten – so fügte Pacelli hinzu – „wird der Heilige Stuhl, dem Wunsche der sächsischen Regierung entgegenkommend, einen Reichsangehörigen ernennen“224. Dass die Wahl eines Reichsdeutschen nicht ursächlich aus diesem Grund, sondern wegen der nationalen Struktur der katholischen Bevölkerung Sachsens getroffen worden war, erwähnte er nachvollziehbarerweise nicht. Im Gegenteil sollte diese Rücksichtnahme die „Güte“ des Heiligen Stuhls abbilden, wie Gasparri gefordert hatte: „Der H[eilige] Stuhl gibt sich der zuversichtlichen Erwartung hin, dass die sächsische Regierung diesen Akt des Entgegenkommens gebührend würdigen und bei der Neuregelung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat, besonders gelegentlich der in Aussicht stehenden Verhandlungen zwecks Abschluss eines Reichskonkordates, an der Sicherstellung der religiösen Interessen des katholischen Volksteiles des Freistaates Sachsen im Geiste der Gerechtigkeit und Versöhnung mitwirken wird.“225
Pacelli wählte also einen Mittelweg zwischen den beiden Varianten: Einerseits zeigte er lediglich von kirchlicher Seite definitiv entschiedene Tatsachen an, ohne der Regierung eine aktive Beteiligung zuzugestehen. Da er aber andererseits die römische Kandidatenwahl als Entgegenkommen deklarierte, konnte er der Regierung zumindest die moralische Verpflichtung auferlegen, die Freiheit der Kirche zu respektieren, wenn schon diese „Konzession“ nicht für eine schriftliche Zusicherung ausreichte. Damit war diese Angelegenheit geklärt.226 „… tutta la condiscendenza e bontà della Santa Sede verso il Governo Sassone in una materia così delicata e importante.“ Gasparri an Pacelli vom 2. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 200v. 223 Vgl. Pacelli an Dziembowski vom 18. Juni 1921 (Enwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 213rv; Ausfertigung auszugsweise abgedruckt bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 149 (Nr. 46). 224 Pacelli an Dziembowski vom 18. Juni 1921 (Enwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 213r. 225 Pacelli an Dziembowski vom 18. Juni 1921 (Enwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 213r. 226 Der sächsische Beamte bedankte sich drei Tage später beim Nuntius für dessen Mühe und versicherte, den Wunsch des Heiligen Stuhls an seine Vorgesetzten weitergeben zu wollen. Vgl. Dziembowski an Pacelli vom 21. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 215r. 222
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Währenddessen liefen die Vorbereitungen für die Wiedererrichtungsfeierlichkeiten auf Hochtouren. Zwar hatte Gasparri die innerkurialen Anweisungen für die Ausstellung sämtlicher notwendiger Dokumente am 2. Juni erteilt,227 doch drängte die Zeit, wenn die festliche Wiedererrichtung der Diözese am 26. des Monats stattfinden sollte. In den nächsten Wochen wurden hektisch Telegramme verschickt, um die nötigen Vorbereitungen abzuschließen. So fragte der Nuntius am 7. Juni im Staatssekretariat an, ob die feierliche Publikation der Wiederherstellung der alten Diözese am 26. des Monats möglich sein würde.228 Das hing römischerseits letztlich von der Abfassung der Errichtungsbulle ab, weshalb Gasparri diese Frage an van Rossum weiterleitete.229 Doch zeigte sich der Kardinalstaatssekretär nachgiebig, da er erlaubte, die Gründung des Bistums Meißen zu verkünden, selbst wenn die Bulle bis zum Stichtag noch nicht in Bautzen angekommen sein sollte.230 Pacelli gab diese Nachricht unverzüglich an Watzl weiter.231 Um das juristische Dokument sachgerecht abfassen zu können, verlangte van Rossum von Pizzardo, dem Substituten der AES, die Information, ob die Bischofsernennung nach dem ius commue erfolge.232 Diese Frage konnten Pizzardo und merkwürdigerweise auch Gasparri nicht beantworten, weshalb letzterer sie an den Nuntius in München weiterleitete.233 Hieraus wird ersichtlich, dass Gasparri und Benedikt XV. über den Besetzungsmodus gar nicht diskutiert, sondern lediglich den von Pacelli bezeichneten Kandidaten abgesegnet hatten. Allerdings war Pacelli auf die Frage Wahl oder Nomination in seiner Berichterstattung bislang auch gar nicht explizit eingegangen. Erst als Reaktion auf das Gesuch des Präfekten der Propaganda Fide erklärte er, dass die Ernennung Schreibers dieses Mal nach dem gemeinen Recht, also nach Can. 329 § 2 des kirchlichen Gesetzbuches, prozediert werden könne.234 Zukünftig, wenn – wie Pacelli hoffte – die sächsischen Verhältnisse durch ein Reichskonkordat geregelt sein würden, gelte die da Demgemäß hatte er Instruktionen verteilt an den Apostolischen Datar, Vincenzo Kardinal Vannutelli, mit der Bitte um Ausstellung der Bulle für die Erhebung Skalas zum Kapitelsdekan; an den Kanzler der Apostolischen Breven, Nicola Sebastiani, mit der Anweisung, die Bulle für die Verleihung des Titels eines Apostolischen Protonotars ad instar participantium an Skala auszustellen; und schließlich an Kardinal van Rossum mit dem Auftrag, die notwendigen Vorkehrungen für die Errichtung der Diözese Meißen zu treffen. Vgl. die Entwürfe vom 2. Juni 1921 in S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 24r, 25r und 26rv. 228 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 7. Juni 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 28r. 229 Vgl. Gasparri an van Rossum vom 11. Juni 1921 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 29r. 230 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 12. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 208r. 231 Vgl. Pacelli an Watzl vom 12. Juni 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 209rv. 232 Vgl. van Rossum an Pizzardo vom 7. Juni 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 27r. 233 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 13. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 211r. 234 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 18. Juni 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 36r. 227
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rin verabschiedete Besetzungspraxis. Um den Verhandlungen nicht vorzugreifen, empfahl er, diese Frage in der Errichtungsbulle nicht zu berühren. Van Rossum folgte dieser Empfehlung. Am 22. Juni schließlich übermittelte der Kardinalstaatssekretär dem Nuntius telegraphisch die Nachricht der Propaganda Fide, dass die Diözese Meißen nunmehr genau gemäß den eingereichten Wünschen wiederhergestellt sei und man die dazugehörigen Dokumente bald verschicken werde.235 Die Errichtungsbulle Sollicitudo omnium datiert auf den 24. Juni 1921,236 traf in Bautzen aber erst Anfang September ein.237 Schreiber promulgierte sie erst auf einer Bistumssynode im Juli 1923.238 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 22. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 255r. Zwei Tage zuvor, am 20. Juni, hatte die Plenarsitzung der Propaganda Fide stattgefunden, in der man die Wiederherstellung der Diözese Meißen behandelte. Zu sechs Punkten gaben die anwesenden Kardinäle ihre Zustimmung, bevor auch der Papst die Approbation erteilte: Dass die Diözese Meißen aus dem gegenwärtigen Apostolischen Vikariat Sachsen und der Apostolischen Präfektur der Lausitz errichtet, direkt dem Heiligen Stuhl unterworfen und der Zuständigkeit der Konsistorialkongregation (nicht mehr wie zuvor der Propaganda Fide) unterstellt werden sollte; dass sie den Namen „Meißen“ von „Misna“ trage und die Bischofsresidenz Bautzen bilde; dass die dortige aktuelle Kollegiatskirche St. Peter zur Kathedralkirche und das Kollegiatskapitel zum Kathedralkapitel erhoben werde; schließlich, dass die alten Privilegien des Kapitels erhalten bleiben sollten, mit der Ausnahme, dass der zum Dekan Gewählte keine Juris diktionsvollmacht über die Lausitz mehr besitze. Diese kam von nun an dem Diözesanbischof zu. Vgl. van Rossum an Gasparri vom 28. Juni 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 41rv. Gasparri schickte Pacelli am selben Tag noch ein zweites Telegramm, in dem er gestattete, dass Skala das Domdekanat auch ohne Vorlage der dafür notwendigen Bulle in Besitz nehmen dürfe. Vgl. Gasparri an Pacelli vom 22. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 254r. Die diesbezügliche Bitte des Bautzener Kapitels hatte der Nuntius erst am Vortag telegraphisch an Gasparri weitergeleitet. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 21. Juni 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 253r. Die Ernennungsbulle Skalas zum Domdekan konnte der Nuntius erst gegen Jahresende nach Bautzen schicken. Vgl. Pacelli an Skala vom 20. Dezember 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 419r. Zuvor hatte es bei ihrer Anfertigung Abstimmungsschwierigkeiten innerhalb der Kurie gegeben. Vgl. dazu vornehmlich die Korrespondenz zwischen Pacelli und Guerri (Apost. Datarie), ebd., Fol. 376rv, 417rv und 418rv. 236 Vgl. AAS 13 (1921), S. 409–411; auch abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 218–220 sowie auszugsweise und mit Übersetzung bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 150–154 (Nr. 47). 237 Eigentlich hätten die nötigen Dokumente nicht direkt nach Bautzen, sondern zunächst an den Nuntius gesandt werden müssen, damit dieser das Ausführungsdekret zur Errichtung der Diözese unterzeichnen konnte. Aufgrund dieses Versehens des Staatssekretariats ließ Pacelli sich die Errichtungsbulle aus Bautzen zuschicken. Die Taxe für das Dokument betrug 5.000 Reichsmark. Vgl. Pacelli an Skala vom 3. und 7. September 1921 (Entwürfe), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 390r und 396r; Skala an Pacelli vom 7. September 1921, ebd., Fol. 397r. Dazu auch Sincero (Konsistorialkongregation) an Pacelli vom 23. August 1921, ebd., Fol. 380r und 383rv. Vgl. zur Bezahlung der Gebühr Pacelli an Watzl vom 29. September 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 409r; Watzl an Pacelli vom 1. Oktober 1921, ebd., Fol. 410rv; Pacelli an Watzl vom 6. Oktober 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 411r und Pacelli an Barluzzi vom 6. Oktober 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 412r. Die Formel zur Ausführung der Bulle findet sich ebd., Fol. 386r und ging Pacelli von Sincero am 31. August zu. Vgl. Sincero an Pacelli vom 31. August 1921, ebd., Fol. 385r. 238 Vgl. dazu Fischer, Wiedererrichtung, S. 95f. Anm. 209. 235
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Pacellis Sachsenreise und die Kritik des Dresdener Konsistoriums Am Samstag, dem 25. Juni, einen Tag vor den Feierlichkeiten, reiste Pacelli aus München ab.239 Die Sachsenreise dauerte fünf Tage, sodass er am Abend des 30. des Monats wieder in der bayerischen Hauptstadt eintraf.240 Am 2. Juli verfasste er einen ausführlichen Bericht für den Kardinalstaatssekretär, in dem er die Ereignisse um die Wiedererrichtung der Diözese Meißen Revue passieren ließ und anhand dessen man diese aus Pacellis Perspektive betrachten kann.241 Auf der Eisenbahnreise wurde der Nuntius von einem nicht namentlich genannten Sekretär sowie von Prinz Alexander Schönburg-Hartenstein begleitet und in Hof, der letzten Station des bayerischen Staatsgebietes, von Skala und dem Plauener Pfarrer, Heinrich Seidler, empfangen. Dann ging es über Plauen, Reichenbach, Zwickau, Chemnitz, Freiberg und Dresden nach Bautzen. Am nächsten Morgen begann der Festakt im Kapitelspalast mit der Übergabe von Dokumenten und Pontifikalinsignien, woraufhin der neue Apostolische Protonotar Skala im Dom das Dekanat in Besitz nahm.242 Pacelli zelebrierte anschließend ein Pontifikalamt, in dem nach dem Evangelium Domkapitular Eberhard Klein von der Kanzel die Wiedererrichtung des Bistums Meißen verkündete.243 Dazu verlas er ein offenbar von Watzl verfasstes und von Pacelli unterzeichnetes Manuskript – die Errichtungsbulle war ja noch nicht eingetroffen –, das zunächst die Geschichte der katholischen Kirche in Sachsen als ein Werk der Providenz schilderte, das schließlich in der Errichtung der Meißener Diözese im 10. Jahrhundert kulminiert sei.244 Nach ihrem Untergang infolge der Reformation sei die Zeit nun reif, dass der bischöfliche Stuhl des heiligen Benno wiedererrichtet werde. So habe Papst Benedikt XV. „den drängenden Bitten der Priester und Gläubigen stattgegeben“245 und „mich beauftragt [die] Wiederherstellung [der] Diözese Meißen im Bereich der Grenzen [des] Apostolischen Vikariates [der] sächsischen Erblande und [der] kirchlichen Ad Vgl. Pacelli an Gasparri vom 25. Juni 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 39r. 240 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 1. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 300r. 241 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 42r–47v. 242 Wie oben bereits angesprochen, wurden neben der Erhebung Skalas Anselm Rotzinger, Rektor des Prager Priesterseminars, zum päpstlichen Geheimkämmerer (vgl. AAS 13 (1921), S. 328) und Jakob Sauer, Scholastikus des Kapitels, zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. 243 Abweichend von dieser Darstellung Pacellis schreibt Adolf Strehler, dass der Nuntius selbst von der Kanzel die Wiedererrichtung verkündet habe. Vgl. Strehler, Schreiber, S. 27. Zur selben Zeit übrigens proklamierte Konsistorialrat Paul Kaiser während einer Predigt in der Dresdener Hofkirche die Wiederherstellung des Bistums. Vgl. Karl Leimer an Pacelli vom 4. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 315r. 244 Vgl. die provisoria proclamationis von Watzl für Pacelli vom 26. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 257r–259r (nur r). 245 Provisoria proclamationis von Watzl für Pacelli vom 26. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 258r. 239
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ministratur [der] sächsischen Oberlausitz zu verkündigen“246. Der Nuntius war sehr beeindruckt vom Zustrom der Menschen, Katholiken und Protestanten, auch der weltlichen Autoritäten, die an der Zeremonie teilnehmen und den päpstlichen Vertreter begrüßen wollten.247 Ähnliche Impressionen erhielt Pacelli in der die nächsten drei Tage ausfüllenden Visitation sächsischer Orte, wie die alten Zisterzienserklöster von Marienstern und Mariental, Schigiswalde als das einzig rein katholische Örtchen Sachsens, und schließlich Dresden und Leipzig:248 „Ich kann Eurer Eminenz nicht den enthusiastischen Empfang beschreiben, den die katholischen Einwohner dem Gesandten des sehr von ihnen geliebten Heiligen Vaters bereitet haben, denen, verstreut in einem Land von sehr großer protestantischer Mehrheit, bis vor ein paar Jahren eine eiserne Gesetzgebung nicht einmal erlaubte, zu atmen. Es war wie eine Explosion der Freude nach der langen und bedrückenden Knechtschaft, ein wirklicher Triumph des Papstes, dem sich die Abgefallenen gebeugt haben. In der Lausitz empfingen mich die wendischen (slawischen) Einwohner in ihren traditionellen Kostümen, die wie ein wahres Fest der Farben erschienen; von einer Gemeinde zur anderen lösten sich zahllose Begleiter der ersten Familien einander dabei ab, mein Fahrzeug249 zu begleiten; die katholischen Verbände waren versammelt mit ihren verschiedenen Bannern, die sie auf meinen Weg senkten; die Kinder warfen mit vollen Händen Blumen auf meinen Weg und mein Fahrzeug, und das
In der Version von Patzer Watzl hieß es ursprünglich: „So erkläre ich hiemit öffentlich und feierlich, sowie ich durch Se[ine] Eminenz, den Kardinal – Staatssekretär im Namen S[einer] Heiligkeit beauftragt bin: Das Bistum Meißen, das in den Gebietsteilen Sachsens seine legitime Überlieferung hat, ist vom heutigen Tage an durch die Autorität des h[eiligen] Vaters Papst Benedikt XV. im Bereiche der Grenzen des Apostolischen Vikariates der sächsischen Erblande und der kirchlichen Administratur der sächsischen Oberlausitz wiederhergestellt mit jenen Rechten, Verpflichtungen, Bedingungen und Förmlichkeiten, wie solche in der hierüber zu fertigenden Apostolischen Errichtungsbulle ausgesprochen sind.“ Provisoria proclamationis von Watzl für Pacelli vom 26. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 258r. Hervorhebung im Original. Pacelli hatte an dem Entwurf vorher einige Korrekturen vorgenommen, wobei er vornehmlich diesen Absatz aus der Feder des Redemptoristen mit dem im Fließtext zitierten ersetzte. Mit dieser Veränderung gab der Nuntius deutlich weniger Informationen über den rechtlichen Status der Diözese preis (neben dem Verzicht auf den Schlussteil besonders auch die Rücknahme des Ausdrucks „legitime Überlieferung“ des Bistums in den verbliebenen Jurisdiktionsbezirken – ein Konstrukt, das Pacelli nicht geteilt hatte). Die Korrekturen übersandte Pacelli dem Philippsdorfer Ordensmann mittels eines Telegramms. Pacelli an Watzl vom 22. Juni 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 260r. Der endgültige Text der Urkunde ist abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 97f. 247 Pacelli nannte ausdrücklich den ihm schon bekannten Regierungspräsidenten Karl von Nostitz-Wallwitz, den Bautzener Bürgermeister, Gottfried Franz Hermann Riedner, sowie den Präsidenten der Wissenschaftsakademie, Paul von Wiedebach und Nostitz-Jänkendorf (alle Protestanten). Aus dem Adel waren Fürst Friedrich Christian von Wettin, Fürstin Mathilde von Sachsen und die Baronin Elisabeth von Schönberg anwesend. 248 Besonders beeindruckt war Pacelli von der Begrüßungsrede, die der Rechtsrat Heinrich Schömbgens am Abend des 29. Juni in Leipzig hielt. Es handelte sich um eine Laudatio auf den Papst, den Nuntius und die katholische Kirche, die Pacelli so sehr gefiel, dass er sich die Sermo nachher in gedruckter Fassung zusenden ließ. Vgl. Schömbgens an Pacelli vom 7. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 318r und die Rede ebd., Fol. 319r–330r (nur r). 249 Dem Nuntius war für die Rundreise ein Auto zur Verfügung gestellt worden. 246
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Volk, auch aus den umliegenden Orten herbeigeeilt, drängte sich in so großer Zahl zusammen, dass es sich für das Auto als schwierig erwies, weiter zu fahren. Bewundernswert war dann die Frömmigkeit, der Glaubensgeist, die Andacht, die Männer und Frauen, alte und junge, in der Kirche zeigten, vor allem im Empfang des päpstlichen Segens, und bewegend und beeindruckend war der Gesang des Te Deum, mit dem die katholisch Bevölkerung, geprüft vom weltlichen Kampf, dem Herrn ihre Freude und ihre Dankbarkeit ausdrückte.“250
Im zweiten Teil seiner Berichterstattung kam Pacelli auf die sächsische Regierung zu sprechen. Er referierte Gasparri seine Replik auf die Anfrage Dziembowskis und berichtete, dass er am 29. Juni den sächsischen Ministerpräsidenten, Johann Wilhelm Buck, in Dresden aufgesucht habe, obwohl die Regierung „ausschließlich sozialistisch und gegenüber der Kirche feindlich“251 gesinnt sei. Wenngleich der Genannte nicht zu den radikaleren Mitgliedern der Regierung gehöre, dürfe nicht vergessen werden, dass er vormals Kultusminister gewesen sei und in dieser Funktion vehement die Einheitsschule unterstützt habe:252
„Io non posso descrivere a Vostra Eminenza lʼentusiastica accoglienza, che quelle popolazioni cattoliche, disperse in un Paese a grandissima maggioranza protestante ed alle quali sino a qualche anno fa una ferrea legislazione non permetteva nemmeno di respirare, hanno fatto allʼinviato dellʼamatissimo loro Padre. È stata come una esplosione di gioia dopo la lunga ed opprimente servitù, un autentico trionfo dellʼAugusto Pontefice, cui si sono inchinati gli stessi dissidenti. Nella Lusazia le popolazioni venediche (slave) mi ricevevano nei loro tradizionali costumi, che apparivano come una vera festa di colori; da un Comune allʼaltro numerosi cavalieri delle primarie famiglie si davano il cambio per scortare la mia vettura; le associazioni cattoliche erano riunite coi loro svariati vessilli, che sʼinchinavano al mio passaggio; i bambini gettavano a piene mani fiori sul mio cammino e nella mia vettura, ed il popolo, accorso anche dai luoghi vicini, si accalcava talvoltain così gran numero, che riusciva difficile allʼautomobile di procedere oltre. Ammirevole poi era la pietà, lo spirito di fede, il raccoglimento, che uomini e donne, vecchi e giovani, mostravano in chiesa soprattutto nel ricevere la Benedizione papale, e commoventissimo ed imponente era il canto del Te Deum, con cui quelle catholiche popolazioni, provate da lotta secolare, esprimevano al Signore la loro letizia e la loro riconoscenza.“ Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 43v–44r. 251 „… esclusivamente socialista ed ostile alla Chiesa.“ Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 45v. 252 Über diese für Pacelli wichtige Frage hatte ihn der einzige katholische Abgeordnete im sächsischen Landtag, Hesslein, ins Bild gesetzt: „Herr Ministerpräsident Buck, der ja eine Zeit lang Kultusminister gewesen ist, steht auf dem Standpunkte der sogenannten Einheitsschule, in der vielleicht noch so nebenher in den Nachmittagsstunden Religionsunterricht erteilt werden darf. Ich möchte aber nicht verfehlen, in Erinnerung zu rufen, dass Herr Buck es gewesen ist, der am 12. Dezember 1913 die religionsfeindlichen Erlasse herausgegeben hat, und der sich dann auch für das religionslose Übergangsschulgesetz in Sachsen einsetzte. Wenn er heute etwas ruhiger und gemäßigter über diese Dinge denkt, was ich gerne anerkenne, so ist das eine Folge des Inkrafttretens der Deutschen Reichsverfassung, der wir sächsischen Katholiken überhaupt einzig und allein es zu verdanken haben, dass die katholischen Schulen nicht der staatlichen sächsischen Gewalt zum Opfer gefallen sind.“ Hesslein an Pacelli vom 2. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 307r–312r, hier 310r. 250
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„Nichtsdestotrotz wollte er mir versichern, dass man sich nach den verschiedenen religiösen Konfessionen richte und daher auch gegenüber den Katholiken nach den Kriterien der Toleranz, Freiheit und Gleichheit in der Behandlung; ich benutzte die Gelegenheit, gegen die sozialistische Auffassung von der Einheitsschule das heilige Recht der katholischen Eltern zu vertreten, für ihre Kinder katholische Schulen zu haben.“253
Doch könne man der aktuellen sächsischen Regierung darin nicht vertrauen. Immerhin sei er von Buck mit Herzlichkeit empfangen worden. Gemäß Gasparris Weisung habe er – so beteuerte Pacelli – den Ministerpräsidenten erneut – nämlich wie schon gegenüber Dziembowski – auf das Wohlwollen der Kirche hingewiesen, dem Regierungswunsch entsprechend einen deutschen Geistlichen zum Meißener Diözesanbischof zu nominieren.254 Auf die Pläne zur Bistumserrichtung hatte Pacelli den sächsischen Gesandten bereits am 18. Juni aufmerksam gemacht. Zwei Tage später hatte auch das Bautzener Domkapitel das Kultusministerium offiziell vom Beschluss der Wiederherstellung der Diözese unterrichtet.255 Über diesen Schritt war die sächsische Regierung also rechtzeitig informiert worden, nur habe die Staatskanzlei – wie Hans Friedrich Fischer eine Stellungnahme des Regierungsrats Kurt Otto von Zimmermann aus dem sächsischen Kultusministerium vom 12. März 1930 zusammenfasst – „dem aber nicht so große Bedeutung beigemessen, und deshalb sei es versäumt worden, rechtliche Bestimmungen über
„Ciò nondimeno, egli volle assicurarmi che si sarebbe ispirato verso le varie confessioni religiose, e quindi anche verso i cattolici, a criteri di tolleranza, di libertà e di parità di trattamento, ed io ne presi occasione per sostenere, contro lʼanzidetta concezione socialista della scuola unica, il sacro diritto dei genitori cattolici di avere per i loro figli scuole cattoliche.“ Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 46r-v. 254 Gegenüber Buck thematisierte Pacelli außerdem ein Problem, das sich für das geistliche Konsistorium in Dresden aus der Bistumsgründung ergab. Die Laienmitglieder dieses Gremiums hatten sich am gleichen Tag beim Nuntius beschwert, dass sie erst kurz vor den Feierlichkeiten überhaupt von den Plänen zur Wiedererrichtung des Bistums erfahren hätten – eine Behauptung übrigens, die Pacelli von sich wies. Sie zweifelten nun daran, dass durch die freiwillige, innerkirchliche Aufhebung des Apostolischen Vikariats der sächsischen Erblande die durch die WRV verbürgte Ablösung der Staatsleistungen an die Beamten des Konsistoriums noch erreichbar sei. Vgl. Laienmitglieder an Pacelli vom 29. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 296r–298v. Pacelli, der diese finanziellen Ambitionen durchaus ernst nahm, argumentierte gegenüber Buck – im Anschluss an Watzls Memorandum –, dass die Wiederherstellung der Diözese „costitutiva (come si usa qui di dire) un affare ecclesiastico puramente interno“ (Pacelli an Gasparri vom 2. Juli 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 46r), also die Wiedererrichtung nur eine „rein innerkirchliche Angelegenheit“ und das Bistum Meißen der Rechtsnachfolger der beiden ehemaligen Jurisdiktionsbezirke sei. Nach dieser Logik war die Regierung von den Zahlungen also nicht befreit. Der Ministerpräsident habe – so berichtete Pacelli seinem Vorgesetzten – dieser Argumentation zugestimmt. In einem Schreiben an den Haushaltsausschuss des sächsischen Landtags Anfang 1922 setzte Buck diese Zusage in offizieller Weise in die Tat um. Vgl. Fischer, Wiedererrichtung, S. 119. 255 Vgl. Fischer, Wiedererrichtung, S. 119. 253
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die Ernennung von Bischöfen zu vereinbaren“256. Angesichts der kirchlichen Freiheiten, die die WRV gewährte, wäre der Wunsch der sächsischen Regierung nach einer formalen Mitwirkung bei der Besetzung des bischöflichen Stuhls bei Pacelli wohl nur mittels eines Konkordats und das heißt mit entsprechenden Gegenleistungen durchsetzbar gewesen. Doch ein Staatskirchenvertrag mit Sachsen schien dem Nuntius angesichts der politischen Situation völlig undenkbar. Daher machte er in dieser Richtung auch keinerlei Anstalten und sah einzig ein Reichskonkordat als Lösung für Sachsen an. Taktisch klug stellte Pacelli die Wiederherstellung des Bistums gegenüber Buck als einen rein innerkirchlichen Akt dar. Dadurch versuchte er einerseits der Vorstellung entgegenzuwirken, dass aus der Bistumsgründung dem sächsischen Staat irgendwelche neuen Einflussrechte erwachsen könnten, während andererseits dessen alte Verpflichtungen, wie die finanziellen Leistungen, als nach wie vor gültig erscheinen mussten.257 Bis auf seine Zusage, dass ein deutscher Staatsbürger den neu errichteten Bischofsstuhl besteigen werde, hatte Pacelli die sächsische Regierung aus der Besetzung also herausgehalten. Seine Reise bewertete Pacelli als vollen Erfolg.258 Ausgesprochen negativ war jedoch die Stimmung in Dresden. Das Konsistorium meldete sich am 12. Juli beim Nuntius zu Wort und monierte, aus dem Prozess der Bistumserrichtung und der Besetzung des Bischofsstuhls völlig herausgehalten worden zu sein.259 Die jeweils unbestimmt und allgemein gehaltenen Antworten des Nuntius auf Fischer, Wiedererrichtung, S. 115. Vgl. dazu auch oben Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 254. 258 Auch die Presse bewertete den Besuch des Nuntius vielfach günstig, wobei auch negative Stimmen gerade von protestantischer und sozialistischer Seite nicht fehlten. Über die Pressereaktionen unterrichtete den Nuntius wiederum Hesslein, der selbst Artikel für Zeitungen verfasste. Vgl. Hesslein an Pacelli vom 2. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 307rv. Vgl. auch Fischer, Wiedererrichtung, S. 115–119. Da der Nuntius sich bei ihm herzlich für alle Informationen bedankte, nahm der Zentrumspolitiker sich vor, Pacelli weiterhin über die Lage der neuen Diözese in der sächsischen Diaspora zu informieren. Vgl. Pacelli an Hesslein vom 5. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 316r und Hesslein an Pacelli vom 25. Juli 1921, ebd., Fol. 357rv. 259 Vgl. Geistliches Konsistorium an Pacelli vom 12. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 342r–344r. Post bekam Pacelli auch von einem einfachen deutschen Katholiken aus den Erblanden, Karl Leimer, der sich am 4. Juli kritisch zur Errichtungsurkunde des Nuntius äußerte, deren Inhalt er am Morgen des 26. Juni in der Dresdener Hofkirche gehört hatte. Vgl. Leimer an Pacelli vom 4. Juli 1921, ebd., Fol. 315r. Es sei falsch, dass Skala im Namen des Klerus und des katholischen Volkes seine Eingaben zur Wiedererrichtung der Diözese gemacht hätte, „denn 8 Tage vor der Verkündigung dieser Urkunde hat, soweit die sächsischen Erblande in Frage kommen, kein Mensch etwas von dieser Sache gewusst, noch viel weniger, dass ein sächsischer deutscher Katholik seine Einwilligung dazu gegeben hätte. Die Katholiken der sächs[ischen] Erblande haben unter der Führung des jeweiligen Apostolischen Vikars sich über hundert Jahre immer glücklich gefühlt und durch das apostolische Vikariat so vieles erreicht, dass sie es gar nicht nötig hatten, nach einer neu Einrichtung [sic, R.H.], der Wiedererrichtung des Bistums Meißen sich zu sehnen.“ Ebd., Fol. 315r. Aus dieser Kritik sprach eine gehörige Portion Frust über die Vereinigung mit 256
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die Eingaben aus Dresden vom 22. Dezember 1920 beziehungsweise vom 24. Januar 1921 waren also nicht mit Zufriedenheit aufgenommen worden. Die Absender kritisierten, wegen fehlender Informationen von der Errichtung der Diözese völlig überrascht worden zu sein. Weil sie jedoch das Vertrauen des verstorbenen Administrators Löbmann besessen hätten, sei ihr Recht, zu dieser Angelegenheit gehört zu werden, größer als das Watzls, der nicht dem Meißener Klerus angehöre. Um den Redemptoristen beim Nuntius zu diffamieren, erklärten sie, dass dessen Urteil auf Grund seiner Fremdheit leicht falsch ausfallen könne. Auch glaubten sie, ihre Vernachlässigung resultiere aus einem Zweifel an ihrer kirchlichen Gesinnung, da das Konsistorium zum Teil aus Laien bestehe und 1827 durch königliches – nicht kirchliches – Mandat ins Leben gerufen worden sei. Dagegen bezeuge die hundertjährige Tätigkeit der Behörde das Gegenteil. Damit das Vertrauen des erbländischen Klerus und ihr eigenes nicht noch weiter verletzt würde, baten sie darum, an den weiteren Planungen beteiligt zu werden.260
Die Bekanntgabe des neuen Diözesanbischofs Für eine Beteiligung war es jedoch zu spät, die wesentlichen Entscheidungen waren schon getroffen worden. Was war aber eigentlich mit dem neuen Diözesanbischof? Watzl hatte ursprünglich vorgeschlagen, den Namen anlässlich der Wiedererrichtung öffentlich zu kommunizieren. Pacelli hatte darauf jedoch verzichtet. Im watzlschen Entwurf der Proklamationsrede hieß es dazu lediglich, dass mit „der vorläufigen Verwaltung“ der neuen Diözese Skala betraut sei, „bis zur kano-
dem missliebigen Teil der Lausitz unter Führung des Bautzener Kapitels und die eigene Einflusslosigkeit bei diesem Vorgang sowie in der zukünftigen administrativen Struktur der Diözese. Als eigentliche Tragfläche des Angriffs zeigte sich unüberhörbar eine nationalistisch motivierte Kritik am „wendischen“ Kapitel und besonders am wendischen Interimsadministrator, der an „die schönen Erfolge deutscher apostolischer Vikare ohne Hilfe des wendischen Domstiftes zu Bautzen“ nicht heranreiche. Ebd., Fol. 315r. Auch dürfe das Bistum nicht „Meißen“ heißen, sondern lediglich „Budissa“ (Bautzen), ein Werk slawischer Koproduktion von Skala und Watzl. Leimer war auch mit dem Nuntius unzufrieden, dass er auf seiner Reise nur einen Tag in den Erblanden, dagegen drei in der Lausitz zugebracht habe. Der Verfasser beschloss seine antislawischen Ausführungen mit der dringenden Bitte, dass „der heilige Vater recht bald einen neuen Oberhirten deutscher Zunge aus dem Klerus der Erblande finden möge“. Ebd., Fol. 315r. Dieses Pamphlet, das Pacelli offenbar nicht erwiderte, verdeutlicht die schwierige Lage, die aus der unterschiedlichen Nationalität der sächsischen Katholiken resultierte und die der neue Bischof meistern musste. 260 Vgl.: „Es liegt uns vollständig fern, die unbestreitbaren Rechte des h[eiligen] Stuhles bezüglich der Errichtung der Diözese und der Besetzung des bischöflichen Stuhles irgendwie antasten zu wollen; wir möchten aber auch nicht den Katholiken der Erblande Anlass geben zu vermuten, dass die Mitglieder der geistlichen Behörden ihre Pflicht verabsäumt hätten.“ Geistliches Konsistorium an Pacelli vom 12. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 343v. 65
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nischen Besitzergreifung des neuen Oberhirten“261. Doch Pacelli ließ diesen Abschnitt streichen, sodass über die Administration oder den neuen Diözesanbischof kein Wort verloren wurde.262 Auch Kanoniker Klein, der die Restauration des Bistums verkündet hatte, kannte am 2. Juli die Person des neuen Diözesanbischofs noch nicht, als er sich für den Besuch des Nuntius bedankte.263 Das offizielle Dankesschreiben des Meißener Domkapitels vom 10. Juli endete mit dem hoffnungsvollen Satz: „Wir erhoffen von der Güte des Heiligen Vaters das baldige Eintreffen eines Diözesanbischofs (in der Reihe der Bischöfe Meißens der 42.), der als ein guter Hirte nach dem Herzen des göttlichen Erlösers seine Herde zur Weide des Heils führt.“264 Offenbar wollte Pacelli erst die Wiedererrichtungsfeierlichkeiten ohne eventuelle Kritik, die durch die Ernennung Schreibers – einem deutschen, nicht-wendischen und nicht-sächsischen Priester – provoziert werden könnte, über die Bühne bringen. Nun erst erschien ihm die Zeit reif, die Wahl des Heiligen Stuhls, die eigentlich Bertrams und seine Wahl war, dem Domdekan und Administrator Skala zu kommunizieren: „Nachdem nun die Meißner Diözese glücklich wieder ins Leben getreten ist, hat sich der Heilige Vater in seiner väterlichen Fürsorge alle Mühe gegeben, einen geeigneten und seeleneifrigen Hirten zu finden, der, unterstützt vom Domkapitel, das Wohl der katholischen Kirche in Sachsen kräftig zu fördern imstande wäre. Nach reiflicher Überlegung und huldvoller Würdigung der obwaltenden Verhältnisse hat Seine Heiligkeit das Augenmerk auf den Hochwürdigen Herrn phil. et theol. Dr. CHRISTIAN SCHREIBER, Regens des Priesterseminars zu FULDA, gelenkt und ihm den Bischofsstuhl des h[eiligen] Benno anzuvertrauen Allergnädigst beschlossen.“265
Über die vorzüglichen Eigenschaften des Genannten seien dem Heiligen Vater „einstimmig anerkennende und lobende Urteile zugegangen“, sodass die Zuversicht angebracht sei, dass Schreiber „sein hohes Hirtenamt aufs beste verwalten werde“266. Indem Pacelli anschließend die Geschichte Provisoria proclamationis von Watzl für Pacelli vom 26. Juni 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 258r. Vgl. Pacelli an Watzl vom 22. Juni 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 260r. 263 Vgl.: „Möchte es vor allem der Weisheit E[hrwürdiger] Exzellenz gelingen, einen frommen und tüchtigen Bischof für das wiedererstandene Bistum Meißen zu bestellen! Seine Aufgabe wird nicht leicht sein. Ich kenne aufs genaueste die hiesigen kirchlichen Verhältnisse und weiß durchaus, welch ein hohes Maß von Klugheit und Kraft ein Bischof in Sachsen haben muss, um den manichfachesten [sic, R.H.] Hemmungen und Schwierigkeiten zu begegnen.“ Klein an Pacelli vom 2. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 313r–314r, hier 314r. Auch in seiner Antwort fünf Tage darauf verriet Pacelli den Namen des neuen Bischofs noch nicht. Vgl. Pacelli an Klein vom 7. Juli 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 317r. 264 „Speramus de benignitate Sanctissimi Patris brevi adventurum Antistitem (in serie Episcoporum Misnensis 42.), qui bonus pastor secundum Cor divini Redemptoris gregem suum ad salutis pascua ducat!“ Skala und Sauer an Pacelli vom 10. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 336rv, hier 336v. 265 Pacelli an Skala vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 346rv, hier 346r-v. Hervorhebungen im Original. 266 Pacelli an Skala vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 346v. 261 262
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des Domstifts rühmte, das durch die Jahrhunderte dem Heiligen Stuhl die Treue gehalten habe, insinuierte er eine Bringschuld, „dass das hochwürdige Domkapitel diesen gnädigen und wohlwollenden Entschluss S[einer] Heiligkeit mit freudiger Genugtuung aufnehmen wird“267. Am gleichen Tag übermittelte der Nuntius die Neuigkeit nach Dresden an Präses Hartmann und verteidigte sich dabei gegen die Beschwerde des geistlichen Konsistoriums vom 12. Juli.268 Hatte dieses sich auf das Vertrauen berufen, das ihm der verstorbene Löbmann geschenkt habe, so berief sich Pacelli auf den innigsten Wunsch Löbmanns, die Diözese Meißen wiederherzustellen, dem der Papst entsprochen habe. Außerdem habe er neben anderen kompetenten Persönlichkeiten nicht nur die Geistlichkeit in Bautzen, sondern ebenso in Dresden gehört. Damit hatte er durchaus Recht, das Konsistorium hatte mehrfach seine Überlegung hinsichtlich der Bistumserrichtung und der Bischofsbestellung geäußert. Nur Pacelli hatte ihren Vorstellungen einfach nicht entsprochen. Eine Kritik daran hielt er für unangebracht: „Den Entschluss über die erwähnte Wiederherstellung fasste der Heilige Stuhl, vollkommen unterrichtet, nach eigenem Ermessen, einzig zum Wohl der katholischen Kirche in Sachsen.“269 Außerdem sei schließlich die letzte Genehmigung aus Rom erst kurz vor den Feierlichkeiten eingetroffen, die Errichtungsbullen würden sogar immer noch auf sich warten lassen. Pacelli verwies darüber hinaus auf die Praxis, dass dieserart Mitteilungen an die Domkapitel grundsätzlich nur an den Rangältesten gingen, der diese wiederum weiterzugeben habe. Ebenso deklarierte der Nuntius die übrigen Vorwürfe als haltlos, zum einen was die finanzielle Sicherung der Konsistorialbeamten anbelangte, die er mit dem sächsischen Ministerpräsidenten bereits geklärt habe, und zum anderen was die Anzweiflung ihrer kirchlichen Gesinnung betraf. Schließlich sei die Ernennung des neuen Oberhirten – so Pacelli weiter – direkt vom Heiligen Stuhl ohne Partizipation des Bautzener Kapitels vollzogen worden. Beide Gremien waren seiner Ansicht nach also völlig gleich behandelt worden, was Pacelli formal dadurch unterstrich, dass er den oben zitierten Passus, mit dem er Skala den Namen des neuen Oberhirten anzeigte, wörtlich für Hartmann wiederholte. Dementsprechend erwartete er vom Konsistorium einen ebenso klaren Gehorsam gegenüber der päpstlichen Entscheidung, wie vom neuen Meißener Kathedralkapitel.
Pacelli an Skala vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 346v. Vier Tage später veröffentlichte das Kapitel eine Ernennungsanzeige Schreibers in der „Sächsischen Volkszeitung“ Nr. 163 vom 18. Juli 1921, ebd., Fol. 352r. 268 Vgl. Pacelli an Hartmann vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 348r–349r. Hartmann sandte noch am gleichen Tag, also bevor die Nachricht des Nuntius ihn erreichte, ein Schreiben an Pacelli, aus dem deutlich wird, dass er noch nicht einmal ahnte, dass die Entscheidung hinsichtlich des neuen Oberhirten bereits getroffen war. Er führte nämlich für den Bischofsstuhl einen neuen Kandidaten ins Feld, den Pfarrer von Dresden-Neustadt und geistlichen Rat des Konsistoriums, Karl Rothe. Vgl. Hartmann an Pacelli vom 14. Juli 1921, ebd., Fol. 350rv. Pacelli äußerte sich dazu nicht mehr. 269 Pacelli an Hartmann vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 348r. 267
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Der Präses gab sich auf diese autoritäre Zurechtweisung versöhnlich.270 Ohne auf die Person Schreibers weiter einzugehen, bekundete er seine Freude darüber, dass ein neuer Oberhirte gefunden war. Im Namen der katholisch-geistlichen Behörden in Dresden wünschte er diesem, „in unseren so schwierigen Verhältnissen viele Jahre zum Heile unserer Diözese wirken“271 zu können. Darüber hinaus versicherte er, dass die Mitglieder des Konsistoriums und der ganze erbländische Klerus mit gleichem Einsatz und derselben Gewissenhaftigkeit weiterarbeiten würden wie bisher. Am 14. Juli, am gleichen Tag, an dem der Nuntius die beiden obersten Behörden der ehemaligen sächsischen Jurisdiktionsbezirke von der Identität des neuen Bischofs in Kenntnis setzte, zeigte er die Entscheidung des heiligen Stuhls auch dem Ordinarius des electus, Bischof Schmitt von Fulda, an.272 Schreiber erfuhr also nur über seinen Ordinarius und vor allem erst nachdem die Entscheidung bereits an die sächsische Geistlichkeit kommuniziert und daher fast schon irreversibel war, dass man ihn für den Meißener Bischofsstuhl ausgewählt hatte.273 Pacelli vertraute darauf, dass Schmitt auf seinen so wichtigen Mitarbeiter aus Ergebenheit gegenüber dem Heiligen Stuhl verzichten werde. Gleichzeitig betraute er ihn damit, den kanonischen Prozess ohne Zeitverlust durchzuführen.274 Den Fuldaer Oberhirten traf diese Nachricht schwer, wie er knapp eine Woche später Pacelli anvertraute.275 Die Unersetzlichkeit Schreibers sei sogar so groß, dass 272 273
Vgl. Hartmann an Pacelli vom 18. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 351r. Hartmann an Pacelli vom 18. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 351r. Vgl. Pacelli an Schmitt vom 14. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 347rv. Eine reale Entscheidungsfreiheit, das Amt anzunehmen oder abzulehnen, wie sie beispielsweise Hans Friedrich Fischer annimmt, besaß Schreiber demnach nicht: „Vielleicht reizte ihn [sc. Schreiber, R.H.] als tatkräftigen, energischen Mann gerade die Tatsache, daß er hier nicht auf gesicherten, längst eingefahrenen Wegen würde gehen können, sondern neue Wege bahnen mußte. Galt es doch hier im gerade wieder neuerrichteten Bistum aus zwei seit Jahrhunderten getrennten kirchlichen Verwaltungsgebieten, der Lausitz und den sächsischen Erblanden, eine neue Einheit zu schaffen und mit Leben zu erfüllen.“ Fischer, Wiedererrichtung, S. 101. 274 Pacelli begründete die Subdelegation, zu der Gasparri ihn am 2. Juni befugt hatte, mit Verweis auf die Beschwerlichkeiten und Kosten einer Reise durch das Nachkriegsdeutschland. In gewohnter Weise übersandte er Schmitt auch eine Vorlage für den Informativprozess. Es waren die Prozessunterlagen vom Freiburger Erzbischof Fritz. Vgl. dazu Bd. 3, Kap. II.3.1 (Die päpstliche Approbation des neuen Erzbischofs). 275 Vgl.: „Mit blutendem Herzen sehe ich meinen Priester scheiden – meinen besten und liebsten –, mit dem ich im Seminar 8 Jahre lang brüderlich zusammengearbeitet habe, als meinen damaligen Subregens, – der während der 14 Jahre meines Episkopats mein zuverlässiger und hochgeschätzter Berater war. Er wird eine ganze Reihe von Lücken bei seinem Scheiden zurücklassen, die schwer oder nicht auszufüllen sein werden und dies bei dem herrschenden großen Priestermangel. Euer Exzellenz werden es mit mir fühlen und verstehen, dass die Nachricht für mich eine der schwersten Stunden in meinem Bischöflichen Amte war, und dass die Sorge, Herrn Dr. Schreiber zu ersetzen, mich auf lange Zeit beschäftigen wird.“ Schmitt an Pacelli vom 20. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 354r–355r, hier 354r. 270 271
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er überlegt habe, den Papst um eine Revision seiner Entscheidung zu bitten. Doch fügte er sich in den päpstlichen Willen, hinter dem er die Vorsehung ausmachte und fand auch ein Gutes an Schreibers Promotion auf den bischöflichen Stuhl von Meißen: „Ein Trost ist für mich, dass mit dem neuen Bischofe von Meißen im Laufe des Jahres nach dem Bischofe von Mainz276 der dritte Germaniker in das Kollegium der deutschen Bischöfe eintreten wird, nachdem ich seither der einzige so lange Zeit war.“277 Auf diese in den Augen Schmitts besondere Qualifikation ging Pacelli in seiner Entgegnung vom 25. des Monats nicht ein.278 Zwar hatte er Verständnis für die Sorgen des Fuldaer Oberhirten, verwies aber auf „die in weiten Kreisen bekannt gewordene vielseitige Tüchtigkeit Dr. Schreibers, welche die Augen des Heiligen Vaters auf ihn gelenkt hat, als es galt, für die mit eigenartigen Schwierigkeiten kämpfende wiedererstandene Diözese Meißen den geeigneten Mann zu finden“279. Wie reagierte man in Bautzen auf die Nomination Schreibers? Skala machte dem Fuldaer Regens sofort im Namen des gesamten Kapitels telegraphisch seine Aufwartung, bevor er zusammen mit Pater Watzl die Reise nach Fulda antrat. Dort besprachen sie mit Schreiber die zunächst nötigen Erledigungen für einen erfolgreichen Beginn seines Episkopats und des wiedererstandenen Bistums. Am 29. Juli sandten sie dem Nuntius aus der preußischen Bistumsstadt ein Telegramm mit der Information, dass Schreiber soeben vereidigt worden sei.280 Daraufhin wandte sich Pacelli erstmals persönlich an „seinen“ Kandidaten und entrichtete knapp seine Glückwünsche.281 Nach ihrer Rückkehr verfasste Skala das offizielle Antwortschreiben auf die Notifikation des Nuntius vom 14. Juli und ließ durchblicken, dass man in Bautzen mit dem neuen Oberhirten zufrieden war: „Von der Reise zurückgekehrt, die wegen großer Hitze anstrengend genug war, habe ich die höchste Ehre, was ich telegraphisch Eurer Exzellenz schon bezeichnet hatte, nochmals auszudrücken, dass ich und das gesamte Kapitel zu St. Peter und die Katholiken Sachsens dem Heiligen Vater fröhlich gehorchend den Ehrwürdigen Herrn Schreiber als Bischof mit der
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Gemeint ist Ludwig Maria Hugo. Schmitt an Pacelli vom 20. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 354v. Vgl. Pacelli an Schmitt vom 25. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 356rv. Pacelli an Schmitt vom 25. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 356r. Vgl. Schreiber, Skala und Watzl an Pacelli vom 29. Juli 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 358r. Die Vereidigung war Teil des Informativprozesses, der nun erfolgreich abgeschlossen worden war. Schmitt ließ die entsprechenden Dokumente noch am Monatsende der Münchener Nuntiatur zukommen. Vgl. Schmitt an Pacelli vom 31. Juli 1921, ebd., Fol. 360r. Die Prozessunterlagen befinden sich in ASV, ANB 21, Fasz. 4, Fol. 96r–113v. 281 Vgl. Pacelli an Schreiber vom 30. Juli 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 359r. 276 277
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geschuldeten Ehrfurcht empfangen und ihn mit kindlicher Liebe begleiten wollen, sodass durch wechselseitige Eintracht und Hilfe unsere geliebte Diözese aufblühe!“282
Diese Stimmung – Pacelli bezeichnete sie als „Genugtuung“ des Bautzener Kapitels inklusive seines Seniors – nahm der Nuntius mit „aufrichtiger Freude“283 zur Kenntnis. Als Termin für die Bischofsweihe, die Bischof Schmitt vornehmen sollte, peilten sie den 24. August an, während der nächsten Bischofskonferenz in Fulda, da auch der erste Bischof von Meißen, Burchard, seinerzeit während einer Versammlung der deutschen Bischöfe in Magdeburg geweiht worden sei. Pacelli hatte nichts dagegen einzuwenden und übersandte diese Bitte zusammen mit den Informativprozessakten, die gleichzeitig aus Fulda eintrafen, am 5. August an den Kardinalstaatssekretär.284 Dem Domdekan gegenüber verschwieg er allerdings die Befürchtung nicht, dass die Zeit bis zum genannten Termin nicht ausreichen könnte, da nach Eintreffen der Prozessakten in Rom erst noch die Ernennungsbullen angefertigt werden müssten.285 Eine inoffizielle Einschätzung schließlich, was man in Bautzen vom neuen Bischof hielt, fertigte Watzl am 3. August für den Nuntius an.286 Nach seiner Auffassung hatten sowohl Skala als auch die übrigen Domkapitulare die Kandidatenanzeige des Nuntius vom 14. Juli „ruhig und gelassen aufgenommen, da die gänzlich unbekannte Persönlichkeit Dr. Schreibers die Neugierde ungemein fesselte und somit für Kritik kaum noch Raum blieb“287. In Sachsen sei man gemeinhin – soweit er die Lage überschauen könne – sehr zufrieden, dass ein auswärtiger Geistlicher, der den hiesigen Einflüssen resistent sein musste, ausgewählt worden sei. Widersacher scheine es nicht zu geben und die wendischen Katholiken würden sich darüber freuen, dass es kein Priester aus dem ehemaligen Apostolischen Vikariat der Erblande mit seinen exaltiert nationalistischen Strömungen geworden sei. Die Persönlichkeit Schreibers habe bei dem Besuch in Fulda positive
„Ex itinere redux, quod propter magnum aestum satis laboriosum erat, summo honori mihi duco, id quod telegrammate ad Excellentiam Vestram misso jam significaveram, denuo exprimendi, me totumque Capitulum ad St. Petrum Catholicosque Saxoniae SSmo Patri laetissime obedientes Rssm D. Schreiber in episcopum debita cum reverentia recipere illumque cum filiali amore prosequi velle, ut mutua concordia et adjutorio dioecesis nostra praedilecta efflorescat!“ Skala an Pacelli vom 3. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 363rv, hier 363r. 283 Pacelli an Skala vom 5. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 364rv, hier 364r. 284 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 5. August 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 50r. Gasparri reichte die Unterlagen des Informativprozesses gemäß den innerkurialen Zuständigkeiten an den Sekretär der Konsistorialkongregation weiter, damit dieser die Anweisung geben konnte, die Ernennungsschreiben für Schreiber auszustellen. Gasparri bat um Eile, weil die Weihezeremonie schon so bald durchgeführt werden sollte. Vgl. Gasparri an De Lai im August 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 52rv. 285 Vgl. Pacelli an Skala vom 5. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 364rv. 286 Vgl. Watzl an Pacelli vom 3. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 362rv. 287 Watzl an Pacelli vom 3. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 362r. 282
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Impressionen auch beim Domdekan ausgelöst, sodass dieser „guter Dinge“ geblieben sei und sich „herzlich über den tüchtigen Bischof, den Sachsen zu erwarten hat“288, gefreut habe. Mit der Wahl Schreibers konnten scheinbar alle beteiligten Parteien leben. Wahrscheinlich hatte Pacelli mehr Widerspruch erwartet, da er die Bekanntgabe des neuen Oberhirten auf ein Datum nach der Wiedererrichtung der Diözese vertagt hatte und so ausschließen wollte, dass Ärger die Feierlichkeiten überschattete. Aber die Unbekanntheit des Fuldaer Regens verhinderte jede Voreingenommenheit auf Seiten der sächsischen Katholiken, was bei einer Ernennung Watzls gewiss anders gewesen wäre. Schreiber war nun bestrebt, die Situation der sächsischen Diözese mit dem Nuntius zu besprechen. Dafür reiste er zu einer Audienz am 11. August nach München.289 Gesprächsthema war neben der Person Skalas und Pacellis Rundreise in Sachsen auch die noch immer unklare Stellung Watzls, den Schreiber als Unterstützer für die Frühphase seines Amtes behalten wollte.290 Wie der Nuntius an den Redemptoristen schrieb, intendiere der neue Oberhirte, sich bei den Ordensoberen dafür einzusetzen. Das führte zumindest zu teilweisem Erfolg, insofern der Ordensgeneral auf die Anträge Schreibers hin Watzl den Aufenthalt in Bautzen noch bis zum März des folgenden Jahres gestattete.291 Watzl persönlich erschien dieser Zeitraum jedoch als zu kurz, um die größeren Probleme effektiv lösen zu können. Weitere Empfehlungen von Schreiber und Bertram an die Religiosenkongregation in den folgenden Monaten erreichten schließlich, dass der Pater bis zum Sommer 1923 in Bautzen bleiben konnte.292 Die weitgehend positive Resonanz auf den neuen Bischof bedeutete jedoch nicht, dass es nicht sofort Konfliktpotenzial zwischen ihm und seinem Domdekan gab. Es ging um die Frage des bischöflichen Haushalts. In Fulda hatten Schreiber, Skala und Watzl auch über dieses Thema debattiert und letztere dem ersteren abgeraten, auf einen eigenen Haushalt zu insistieren. Nach den Watzl an Pacelli vom 3. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 362v. Vgl. Schreiber an Pacelli vom 6. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 366r und die Antwort Pacellis an Schreiber vom 7. August 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 367r. 290 Vgl. Pacelli an Watzl vom 12. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 372r–373v. 291 Vgl. Watzl an Pacelli vom 1. Oktober 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 410v. 292 Die Fürsprache Bertrams bewirkte auch, dass die vom Ordensgeneral im Mai 1922 schon befohlene Abberufung Watzls aus Bautzen und seine Rückkehr ins Kloster in Philippsdorf rückgängig gemacht wurde. Der Grund für letztere bestand offenbar in den fortgesetzten antisorbischen Äußerungen des Redemptoristen, die aufgrund der Tatsache, dass er der Berater des Bischofs war, auch das Verhältnis von Schreiber zu den wendischen Katholiken und Klerikern belasten sollten. Allerdings gab der national-deutsch gesinnte Schreiber auch selbst durch unbedachte Äußerungen Anlass zu missmutigen Reaktionen auf Seiten der sorbischen Minorität. Vgl. Schreiber an Bertram vom 18. Mai 1922, abgedruckt bei Grande/ Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 173f. (Nr. 57). Vgl. dazu auch Fischer, Wiedererrichtung, S. 102– 105; Aufzeichnung Bergens vom 18. November 1923, abgedruckt bei Schiller, Materialien, S. 268f. 288 289
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Vorüberlegungen Watzls über die Dotation des Diözesanbischofs war stattdessen vorgesehen, dass der neue Oberhirte aus finanziellen Gründen zusammen mit dem Domdekan im Dekanat wohnen sollte.293 Nachdem Schreiber über diese Frage noch einmal nachgedacht hatte, reifte in ihm die Überzeugung, „dass es im Interesse der bischöflichen Wirksamkeit unerlässlich ist, dass ich einen eigenen Haushalt habe und einen eigenen Tisch führe“294, wie er an Skala schrieb. Seine bischöflichen Pflichten könne er „mit viel mehr Freiheit, Diskretion und Ansehen ausüben“295, wenn er in seinem Privatleben diese Autonomie besitze. Da sich die drei Geistlichen über diese Probleme offenbar nicht selbst einigen konnten, schaltete Watzl den Nuntius ein, dem er Schreibers Forderung vorlegte, nachdem er sie mit persönlichen, kritischen Anmerkungen versehen hatte. Zusammenfassend konstatierte er, dass diese Angelegenheit das Verhältnis zum neuen Bischof bereits belaste: „Dieses Schreiben … hat H[ochwürden] Domdechant trotz anfänglicher Sympathien arg verstimmt. Mit der Einrichtung eines eigenen Haushaltes fällt die eigentliche Grundlage der Dotation.“296 Da dieses Dokument erst am Tag nach der Audienz Schreibers in der Nuntiatur eintraf, konnte Pacelli ihn nicht mehr darauf ansprechen. Ohnehin wollte er sich damit nicht weiter beschäftigen, sondern verwies dieses Problem in den Aufgabenbereich des Domstiftes.297 Außer einigen Details298 war das Wesentliche – die Bistumsgründung und die Einsetzung des Diözesanbischofs – erledigt, sodass sich beim Nuntius eine gewisse Abschlussstimmung bemerkbar machte, die er mit einem Lob für den Redemptoristen verband:
Dies hatte jedoch nicht nur finanzielle Gründe, sondern folgte auch einem strategischen Ziel: „Für den Anfang lässt es sich auf keinen Fall vermeiden, dass der Bischof das gemeinsame Leben mitmacht und im Dekanate wohnt, sonst regiert man im alten Tempo weiter und kümmert sich um den ‚Fremdenʻ nicht. Auch kann er die Reorganisation des Kapitels nicht von ferne durchführen. – Diese peinliche Stellung, die immerhin leichter zu ertragen ist als eine konsequente Nichtbeachtung, erfordert, wenigstens im Anfange, ehe er ganz mit dem Kapitel verwächst, einen hohen Grad von Vorsicht, Klugheit und einer Konsequenz, welchʼ letztere mit Milde und Rücksicht gepaart, ihm den Sieg sichern muss. – Auch kann in dieser Jahreszeit und bei der immer drückender werdenden Wohnungsnot an eine sofortige Räumung und zweckmäßige bauliche Herstellung irgendeines domstiftl[lichen] Hauses nicht gedacht werden.“ Memorandum Watzls „Über die kirchlichen Verhältnisse im Freistaate Sachsen“ vom 10. Februar 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 120r-v. Hervorhebungen im Original. 294 Schreiber an Skala vom 2. August 1921 (Abschrift), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 361rv, hier 361r. 295 Schreiber an Skala vom 2. August 1921 (Abschrift), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 361r. 296 Schreiber an Skala vom 2. August 1921 (Abschrift), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 361v. 297 Vgl. Pacelli an Watzl vom 12. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 372r-v. 298 Beispielsweise bat Skala um die Firmvollmacht bis zu dem Zeitpunkt, da Schreiber seine Amtsgeschäfte in Bautzen aufnehmen würde. Eine Bitte übrigens, die Watzl als überflüssig bewertete, da seiner Meinung nach sowohl die Pfarrer als auch die Gläubigen wünschten, dass der neue Bischof das Sakrament spendete. Vgl. dazu Skala an Benedikt XV. vom 10. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 369r; Watzl an Pacelli vom 10. August 1921, ebd., Fol. 370r–371r, hier 370v sowie den Kommentar Watzls für Pacelli vom 10. August 1921, ebd., Fol. 368r. 293
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„Zum Schlusse verleihe auch ich mit Dank gegen Gott meiner Befriedigung Ausdruck darüber, dass trotz mancher Schwierigkeiten doch alles zu einem schönen Ende geführt werden konnte. Dabei vergesse ich nicht, was Euer Hochwürden regulare Bescheidenheit vertuschen möchte, dass Sie ein vornehmliches Werkzeug in der Hand Gottes geworden sind, den letzten Wunsch des Hochseligen Bischofs Löbmann zu erfüllen.“299
Was jetzt noch ausstand, waren die Weihe des neuen Bischofs und seine Besitzergreifung der Diözese.
Schreibers Amtsantritt und die Opposition der Dresdener Geistlichkeit Das Exemplar der Ernennungsbulle Schreibers, das für das Bautzener Kapitel und die Katholiken der neuen Diözese vorgesehen war, datierte auf den 12. August.300 Am 20. des Monats telegraphierte der Kardinalstaatssekretär, dass auch die für Schreiber selbst bestimmte Bulle losgeschickt worden sei.301 Da offensichtlich war, dass sie nicht bis zum anvisierten Weihetermin eintreffen würde, erlaubte der Papst nach Gasparris Angaben, die Weihe trotzdem vorzunehmen. Von dieser Erlaubnis unterrichtete Pacelli sofort den neuen Bischof und den Domdekan.302 Ersterer telegraphierte umgehend zurück, dass der 24. August zu kurzfristig sei, um die Weihezeremonie zu Pacelli an Watzl vom 12. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 373r-v. Darin hieß es: „Heute haben wir [sic, R.H.] zur Kirche Sachsens, die Wir durch Apostolisches Sendschreiben vom 24. des Monates Juni d[es] J[ahres] als eine Uns unmittelbar unterstellte, bischöfliche Diözese wiedererrichtet haben, Unseren geliebten Sohn Christian Schreiber, Seminarrektor zu Fulda, nach dem Rate Unserer ehrwürdigen Brüder, der Kardinäle der h[eiligen] römischen Kirche, durch Apostolische Autorität erwählt und ihn derselben als Bischof und Hirten vorgesetzt. Darum ermahnen und verpflichten wir [sic, R.H.] Euch Alle [sic, R.H.], dass Ihr den erwählten Bischof Christianus als Vater und Hirten Eurer Seelen in Ergebenheit aufnehmet, ihn als solchen verehret, auch seinen Mahnungen und Geboten gebührend Gehorsam und Ehrfurcht erweiset, so dass er an Euch ergebene Kinder, Ihr aber an ihm einen wohlwollenden Vater gefunden zu haben Euch freuet!“ Ernennungsbulle Schreibers vom 12. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 374r, der lateinische Text ebd., Fol. 374v. Hervorhebung im Original; abgedruckt bei Fischer, Wiedererrichtung, S. 221 und mit Übersetzung bei Grande/Fickenscher (Hg.), Eine Kirche 1, S. 159f. (Nr. 50). Das Dokument sollte sowohl bei der Kapitelsversammlung als auch von der Kanzel der Domkirche verlesen werden. 301 Vgl. Gasparri an Pacelli vom 20. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 377r. Die Taxe für die Ernennungsbullen belief sich auf 3.225 Reichsmark. Vgl. Sincero an Pacelli vom 31. August 1921, ebd., Fol. 385r; Überweisungsnotiz von Müller vom 10. September 1921, ebd., Fol. 403r; Pacelli an Müller vom 13. September 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 404r; Pacelli an Barluzzi vom 14. September 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 405r. Die Präkonisation Schreibers durch Papst Benedikt XV. fand im Geheimen Konsistorium am 21. November des Jahres statt. Vgl. AAS 13 (1921), S. 527. 302 Vgl. Pacelli an Schreiber und Skala vom 20. August 1921 (2 Entwürfe auf einem Blatt), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 378r. 299 300
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organisieren.303 Man hatte sich in der Apostolischen Kanzlei also umsonst beeilt, die Dokumente zu verfassen. Skala schlug – nach mündlicher Vereinbarung mit Schreiber – als Ausweichtermine den 8. beziehungsweise 11. September vor, das Fest Mariä Geburt oder den darauffolgenden Sonntag,304 und wollte vom Nuntius wissen, ob die römische Genehmigung auch für diese Termine Geltung beanspruchen könne.305 Obwohl Pacelli diese Frage bejahte, war damit noch nicht das endgültige Datum für die Weihe Schreibers gefunden.306 Offenbar war die Zeitspanne für den neuen Oberhirten immer noch zu knapp, weshalb er dem Nuntius als mögliche Termine den 14. beziehungsweise 21. September anzeigte, das Fest der Kreuzerhöhung beziehungsweise des heiligen Apostels Matthäus. Daraufhin fragte Pacelli sicherheitshalber doch bei Gasparri an, ob an einem der beiden Tage die Ordination erfolgen konnte.307 Als die Ernennungsbullen schließlich Anfang September eintrafen, hatte sich Schreiber für das erstgenannte Datum entschieden, wie Schmitt dem Nuntius berichtete.308 Dieser holte infolgedessen die Weihekonzession des Papstes beim Kardinalstaatssekretär ein, die er an den Fuldaer Oberhirten weiterreichte.309 Nachdem Pacelli das Decretum executionis, das Ausführungsdekret der Bulle zur Wiedererrichtung der Diözese Meißen, am 10. September nach Bautzen gesandt hatte, stand Schreibers Besitzergreifung des Bistums nichts mehr im Wege.310 Der Nuntius sprach dem neuen Bischof seine Glückwünsche aus und versicherte, am 14. des Monats, dem Weihetag, geistig in Fulda anwesend zu sein. Die Ordination Schreibers in festo Exaltationis Crucis nahm – wie bereits erwähnt – Bischof Schmitt unter der Assistenz der Bischöfe Klein von Paderborn und Kilian von Limburg vor. Unmittelbar nach der Besitzergreifung und Inthronisation in Bautzen vier Tage später entrichtete Schreiber dem Nuntius seine Grüße und demonstrierte damit seine Achtung vor dem päpstli-
Vgl. Schreiber an Pacelli vom 21. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 379r. In Can. 1006 § 1 CIC 1917 war vorgeschrieben, dass eine Bischofsweihe an einem Sonntag oder einem Apostelfest stattfinden musste. 305 Vgl. Skala an Pacelli vom 23. August 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 381rv. 306 Vgl. Pacelli an Skala vom 25. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 382r. 307 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 30. August 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 384r. 308 Vgl. Schmitt an Pacelli vom 2. September 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 387r. 309 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 3. September 1921, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905, Fol. 54r; Gasparri an Pacelli vom 6. September 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 392r; Pacelli an Schmitt vom 14. September 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 395r. 310 Vgl. Pacelli an Skala vom 10. September 1921 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 402r; Pacelli an Schreiber vom 9. September 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 401r. Eine Kopie des Ausführungsdekrets sandte der Nuntius auch an die Konsistorialkongregation. Vgl. Pacelli an Sincero vom 6. Oktober 1921 (Entwurf), ebd., Fol. 413r. 303 304
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chen Gesandten.311 Nach Ablauf der ersten beiden Wochen, in denen Schreiber im Amt war, zog Pater Watzl ein positives Fazit: „M[onsignore] Schreiber hat sich in Sachsen außerordentlich gut eingeführt und genießt bei den Protestanten bereits hohes Ansehen.“312 Während die Frage des eigenen Haushalts gelöst sei, bestünden jedoch Spannungen mit den Verantwortlichen des ehemaligen Apostolischen Vikariats in Dresden.313 Diese konfliktgeladene Atmosphäre blieb auch in den nächsten Monaten bestehen. Mitte Mai 1922 berichtete Watzl nicht nur von einem verschärften Widerstand aus den Kreisen deutscher Geistlicher der sächsischen Erblande, sondern auch von Widerstrebungen seitens wendischer Katholiken: „Wir machen hier schwere Zeiten durch! Die Dresdener kath[olisch]-geistl[iche] Behörde führt einen erbitterten Kampf gegen Bischof und Domkapitel und verrät jede geplante Unternehmung an das Kultusministerium, um so wirksamer Schwierigkeiten machen zu können! Gewisse Wenden treten der Autorität des Bischofs in empfindlicher Weise nahe und die prot[estantische] wendische Zeitung: ‚Serbske Nowinyʻ bringt bereits seit mehreren Wochen fast täglich wütende Artikel (aus der Feder kathol[ischer] Geistlicher, zumeist!), die die Maßnahmen des Bischofs … in unqualifizierbaren Ausdrücken bekämpfen.“314
Erschwerend zu dieser permanenten Drucksituation gesellte sich die Fülle zu leistender Arbeiten. Daher wiederholte Watzl seine frühere Befürchtung, der neue Ordinarius, dessen Episkopat so vielversprechend begonnen habe, könnte „der Last nur zu bald erliegen“315. Aus all dem zog der Redemptorist eine eindeutige Lehre: „Immer mehr bestätigt sich die Annahme, dass es in Sachsen unmöglich wäre, das Recht der Bischofswahl zu verleihen. Es ist ein Segen, wenn Rom den Oberhirten ernennt. Darum wäre es besser, dem Kapitel die alten Rechte zu belassen, die Ernennung des Bischofs aber seinem Einflusse zu entziehen. Für ein so wichtiges Recht scheint Sachsen für die nächsten 50 Jahre noch nicht reif zu sein.“316
Vgl. Schreiber an Pacelli vom 18. September 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 406r. Watzl an Pacelli vom 1. Oktober 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 410v. 313 Vgl.: „Nur das Verhältnis zum ‚Apostolischen Vikariat und kath[olischen] geistl[ichen] Konsistoriumʻ in Dresden ist zeitweilig sehr kritisch. Sowohl die Geistlichen als auch die Laien verteidigen kühn ihre Befugnisse dem Bischofe gegenüber, obwohl dieselben keinerlei Begründung im kanon[ischen] Rechte haben. Das ‚sentire cum Ecclesiaʻ scheint hier arg zu fehlen!“ Watzl an Pacelli vom 1. Oktober 1921, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 410v. Während im Zuge des Neuaufbaus der Bistumsverwaltung in den folgenden Monaten in Bautzen ein Bischöfliches Ordinariat errichtet wurde, blieb auch weiterhin eine administrative Behörde in Dresden bestehen, die als eine Zweigstelle des Bautzener Ordinariats fungierte. Vgl. dazu Fischer, Wiedererrichtung, S. 110f. 314 Watzl an Pacelli vom 15. Mai 1922, ASV, ANB 57, Fasz. 1, Fol. 180r–181r, hier 180r-v. 315 Watzl an Pacelli vom 15. Mai 1922, ASV, ANB 57, Fasz. 1, Fol. 180v. 316 Watzl an Pacelli vom 15. Mai 1922, ASV, ANB 57, Fasz. 1, Fol. 180v. Hervorhebung im Original. 311 312
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Ergebnis 1. Die Grundproblematik, welche die Kandidatensuche für den Meißener Bischofsstuhl in Pacellis Augen kompliziert machte, war der schwelende Nationalitätenkonflikt im ostdeutschen Grenzgebiet Sachsen. Der neue Oberhirte musste die deutsch-wendischen Spannungen aushalten und letztlich für beide Seiten akzeptabel sein. Für wie heikel und entscheidend Pacelli dieses Problem hielt, lässt sich augenfällig daran ablesen, dass er bei den Gründungsfeierlichkeiten den schon längst feststehenden Oberhirten nicht publik machte, weil er national motivierte Unmutsäußerungen fürchtete, die den Festakt hätten überschatten können. Angesichts der klar deutsch dominierten Bevölkerungsstruktur des Bistums suchte er einen deutschen und keinen wendischen beziehungsweise sorbischen Kleriker – ein Kriterium, das durch den entsprechenden Wunsch von Reichs- und sächsischer Regierung für Pacelli noch verstärkte Bedeutung erlangte und den Vorteil barg, ihnen gegenüber als Entgegenkommen deklariert werden zu können (vgl. Nr. 3). Gleichzeitig suchte er den deutschen Geistlichen aber nicht in Sachsen selbst, denn abgesehen davon, dass ein namhafter sächsischer Priester vermutlich bereits in irgendeiner Weise in den Nationalitätenkonflikt involviert war, glaubte er nicht, hier einen tauglichen Kandidaten zu finden.317 Als Konzession an die wendische Minderheit hielt er es für wünschenswert, wenn der deutsche Oberhirte der wendischen Sprache mächtig wäre. Doch letztlich war ihm dieses Kriterium zweitrangig, da er schlussendlich davon absah. Um der Opposition und dem Missfallen der wendischen Minorität gewachsen zu sein, ihnen „vorzubeugen“ und sie „eventuell zu ertragen“, sollte der Kandidat außerdem „gebildet, energisch, eifrig und zur selben Zeit mit Klugheit und Sorgfalt ausgestattet“ sein und daher „mit erforderlicher Kraft und Entschiedenheit die Zügel der kirchlichen Regierung in Sachsen zu führen“ vermögen. Die hier angesprochene feste Hand und Tatkraft, mit denen sich der Bischof im Konflikt der Nationalitäten behaupten sollte, waren außerdem ganz grundsätzlich für den Aufbau der inneren Diözesanstrukturen wichtig. Insofern verlangte Pacelli vom neuen Oberhirten auch die Qualitäten, die „für die praktische Verwaltung“ der Diözese notwendig waren. Dazu gehörte für ihn nicht nur administratives Geschick, sondern auch, dass jener mit ihm einen angemessenen und seiner Rolle
Pacelli suchte also einen nicht-sächsischen Geistlichen, gerade um die internen Konflikte zu entschärfen und Streitigkeiten zwischen Bautzen und Dresden zu vermeiden. Von daher trifft die von Rudolf Kilank im Kontext der Ernennung Schreibers formulierte kritische Anfrage die Intention des Nuntius in keiner Weise: „Es bleibt die nach wie vor aktuelle Frage, ob es nicht geraten erscheint, bei einer Bischofskandidatur zunächst auf den Diözesanklerus zurückzugreifen, um kirchlichen, seelsorgerlichen und politischen Schwierigkeiten soweit wie möglich aus dem Wege zu gehen.“ Kilank, Wiedererrichtung, S. 26. Da sich später „gerade an der Person des neuen Oberhirten [sc. Schreiber, R.H.] … die scharfen Auseinandersetzungen der folgenden Jahre [entzündeten]“, beurteilt Kilank die Wahl Schreibers als unglücklich. Ebd., S. 25.
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als päpstlicher Gesandter entsprechenden Umgang pflegte. Zwar sprach Pacelli in dieser Hinsicht vor allem davon, dass der Kandidat die Korrespondenz mit der Nuntiatur rasch erledigen sollte. Aber es ist anzunehmen, dass Pacelli dabei letztlich auch an die Unterstützung seiner Mission als Diplomat des Papstes dachte. Insofern deutet sich hier Pacellis Wunsch an, dass der Bischof eine „römische“ und den Interessen des Heiligen Stuhls zugewandte Haltung einnahm. Offensichtlich wird dies noch einmal bei der biographischen Skizze Schreibers, die Pacelli für Gasparri anfertigte: Neben dessen Tätigkeit als Seminarprofessor und Regens konstatierte der Nuntius nämlich vor allem, dass Schreiber am römischen Germanicum seine philosophisch-theologischen Studien absolviert und mit der doppelten Promotion abgeschlossen hatte. Es war also die vom päpstlichen Lehramt protegierte römisch-scholastische Theologie, die Schreiber gelernt hatte beziehungsweise von der er geprägt war und die er als Regens und Seminarprofessor für die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses einsetzen konnte. Diese Prägung implizierte, „sich unbedingt dem Willen des Heiligen Vaters [zu] unterwerfen“, was Schreiber nach Aussage Bischof Schmitts tun werde. Von daher waren also „römische“ Ausrichtung und (römisch-) theologische Kompetenz für Pacelli weitere, wesentliche Kriterien bei der Wahl des Meißener Diözesanbischofs. Deshalb verwundert es auch nicht, dass zwei weitere von ihm in Erwägung gezogene Kandidaten ebenfalls Ex-Alumnen des Germanikerkollegs waren: Sowohl Hilfrich als auch Steinmann hatten ehemals dort studiert. Erst nach einem längeren Sondierungsprozess kam Pacelli auf den Fuldaer Regens als tauglichsten Kandidaten. Woher nahm er die Geistlichen, die er im Verlauf des Verfahrens für die Meißener Cathedra in Erwägung zog? Mit der Person des Wiesbadener Pfarrers Hilfrich war Pacelli im fast parallel verlaufenden Mainzer Koadjutorfall in Berührung gekommen. Dort hatte er wegen äußerer Umstände von ihm abgesehen und griff insofern fast folgerichtig in Meißen wieder auf ihn zurück, da er von dessen persönlicher Eignung überzeugt war. Weil Hilfrich jedoch aus gesundheitlichen Gründen dem Kriterium der „Kraft und Entschiedenheit“ nicht gerecht zu werden schien, rückte Pacelli schließlich von ihm ab. Die Überlegung, den Breslauer Kanoniker Steinmann zu nominieren, resultierte aus einer persönlichen, nicht näher beschriebenen Begegnung, die Pacelli im Gedächtnis geblieben war.318 Dessen Kandidatur ließ der Nuntius fallen, weil Bertram ihn als ungeeignet für die Meißener Diaspora qualifizierte. Zwischenzeitlich dachte Pacelli über eine Ernennung Pater Watzls nach, der nicht nur die wendische Sprache beherrschte, sondern auch über beachtliche kanonistische Fähigkeiten und reiche Kenntnisse der Geschichte und Gegenwart der sächsischen Kirche verfügte. Weil der Ordensmann jedoch als Tschechoslowake dem essentiellen Kriterium der deutschen Nationalität nicht genügte und damit politische Schwierigkeiten vorherzusehen waren, verfolgte Pacelli diese Idee nicht weiter. Vgl. zu Pacelli und Steinmann auch Bd. 2, Kap. II.1.9 (Ergebnis Nr. 1).
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Sein schlussendlicher Favorit, Regens Schreiber, entstammte dem Vorschlag Bertrams. Auch hier lohnt wieder ein Seitenblick auf den Mainzer Koadjutorfall, da Schreiber bereits in diesem Kontext – wiederum nach Vorschlag des Breslauer Oberhirten – ein ernsthafter Kandidat des Nuntius und genau wie Hilfrich nur aus äußeren Umständen nicht zum Zug gekommen war. Darüber hinaus kannte Pacelli den Regens auch persönlich: Im Sommer 1919 hatte Schreiber in der Münchener Nuntiatur vorgesprochen, um die Frage der Errichtung einer Katholisch-Theologischen Hochschule in Frankfurt zu erörtern.319 Obwohl er damals die Schwierigkeiten dieses von Pacelli unterstützten Projekts ansprach und die Überantwortung einer solchen Fakultät in die Hände des Jesuitenordens für inopportun erklärte, war er offenbar beim Nuntius nicht prinzipiell in Ungnade gefallen. Dennoch könnte hier ein Grund dafür liegen, dass Pacelli den Regens nicht von selbst ins Gespräch brachte, ja dass er sogar noch mit Watzl und Steinmann zwei Alternativkandidaten ins Feld führte, nachdem ihn Bertram auf Schreiber aufmerksam gemacht hatte. Eine leise Skepsis oder zumindest Zurückhaltung auf Seiten Pacellis lässt sich also nicht von der Hand weisen, die jedoch offensichtlich seine grundsätzliche Überzeugung nicht aufheben konnte, dass Schreiber den oben genannten Kriterien – inklusive der Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl und seinen Apostolischen Nuntius – vollauf gerecht wurde. 2. Die Frage, nach welchem Modus der künftige Oberhirte von Meißen ins Amt gelangen sollte, also entweder durch eine päpstliche Ernennung oder vermittelst einer Wahl durch das Bautzener Kapitel beziehungsweise ein örtliches Wahlgremium, hing eng mit dem formalen Zeitpunkt der von Pacelli befürworteten Bistumserrichtung zusammen: a) Zwischenzeitlich überlegte der Nuntius, ob es angesichts der vermeintlichen Unzulänglichkeit der Interimsverwaltung nicht sinnvoll war, schon vor der Bistumsgründung das Dekanat beziehungsweise die Administratur und das Vikariat mit einem Geistlichen zu besetzen, der nach der Diözesanerrichtung sofort die neue Cathedra besteigen sollte. In diesem Fall plädierte er für eine päpstliche Ernennung, obwohl die geltende Rechtslage eine Wahl durch das Bautzener Kollegiatskapitel vorsah. Watzl überzeugte den Nuntius aber davon, dass die Kanoniker eine römische Ernennung des Kapitelsdekans nicht akzeptieren würden und der Heilige Stuhl sich außerdem selbst widerspreche, wenn er ein noch wenige Jahre zuvor bei Löbmanns Einsetzung bestätigtes Privileg plötzlich missachte. Die vom Redemptoristen vorgelegte „Zwischenlösung“, das Amt des Diözesanbischofs von der Bautzener Dekanatspfründe zu trennen und den Oberhirten unter Rückgriff auf ein formalrechtlich in der Lausitz noch existierendes Bistum Meißen frei zu ernennen, lehnte Pacelli ab. Bei dieser kanonistischen Spitzfindigkeit, die zudem nur zu einem „halben“ Bistum Meißen führte, insofern die Erblande ausgeklammert blieben, sah er Vgl. Pacelli an Bisleti vom 12. Juni 1920 (Abschrift), ACEC, 1920, Pos. 334/19, S. 17–21 sowie das Promemoria Schreibers vom 10. August 1919 (Abschrift), ASV, ANB 67, Fasz. 2, Fol. 3r–9r.
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wohl mehr Schwierigkeiten als Vorteile. Zum Beispiel hätte man den Bautzener Domherren erklären müssen, dass ihnen – wie Watzl schrieb – trotz des noch bestehenden alten Bistums Meißen das Bischofswahlrecht nicht zustehe, weil dieses damals vom Meißener Kathedral- und nicht Bautzener Kollegiatskapitel ausgeübt worden sei. Kurzum: Pacelli sah ein, dass eine römische Ernennung vor der Bistumserrichtung rechtlich fragwürdig und in der Umsetzung zu schwierig war. b) Stattdessen kehrte er zu seinem ursprünglichen Vorhaben zurück, zunächst die Wiedererrichtung des Bistums Meißen durch Verschmelzung der beiden Jurisdiktionsbezirke durchzuführen, wodurch die bisherige Rechtslage unwirksam und der Weg frei war, den Diözesanbischof gemäß Can. 329 § 2 des CIC 1917 durch päpstliche Nomination einzusetzen. Eine Bischofswahl kam für ihn nicht infrage, schon allein wegen der praktischen Schwierigkeiten: Eine Wahl einzig durch das Bautzener Kapitel schien unmöglich, da das hierbei unbeteiligte Dresdener Konsistorium eine solche keinesfalls gebilligt hätte. Blieb als Alternative also – entsprechend Bertrams Überlegungen – ein aus beiden Bezirken gebildetes Wahlgremium, doch wie hätte sich ein solches angesichts des dominanten Nationalitätenkonflikts auf einen Kandidaten einigen sollen? Abgesehen davon wollte Pacelli natürlich vor allem einem Geistlichen in das neue Amt verhelfen, der seinem klar konturierten Anforderungsprofil entsprach, was durch eine freie päpstliche Nomination am ehesten und sichersten möglich war. c) Schließlich lässt sich erkennen, dass Pacelli nicht nur im aktuellen ersten Besetzungsfall das ius commune anwenden wollte, sondern dieses für Meißen als dauerhafte, ideale Lösung betrachtete. Deutlich wurde das unter anderem in seinem Briefwechsel mit Bertram Ende Dezember 1920, als beide implizit und doch offensichtlich ihre gegensätzlichen Positionen formulierten: Pacelli stufte die Kapitelswahl, der Breslauer Kardinal hingegen die römische Nomination als Ausnahme ein. Außerdem waren die Kompensationsleistungen für das Bautzener Kapitel – das Privileg zur Wahl des Dekans und die Ehrentitel – von Pacelli nicht dazu gedacht, die Domherren nur für eine einmalige römische Nomination des Diözesanbischofs zu entschädigen. Vielmehr ging es ihm um einen dauerhaften Ausschluss des Kapitels aus dem Besetzungsmodus. Dieses verzichtete zwar auf eine Beteiligung an der Erstbesetzung, ging aber offensichtlich davon aus, künftig daran mitwirken zu können. Da es jedoch diesbezüglich beim Nuntius nicht vorstellig wurde, brauchte sich dieser damit nicht auseinanderzusetzen. Höchstens im Rahmen eines Reichskonkordats war für Pacelli denkbar, dem Bautzener Domkapitel das Bischofswahlrecht zuzugestehen. Für dieses würde er vom Staat freilich nennenswerte Gegenleistungen verlangen. 3. Indem Pacelli feststellte, dass in Sachsen keine konkordatäre Vereinbarung existierte, die dem König eine Mitwirkung an der Einsetzung des Apostolischen Vikars beziehungsweise Administrators zuerkannte, deklarierte er die bisherige Einmischung des Souveräns in diese Angelegen79
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heit als unzulässig. Noch viel weniger konnte demnach der sächsische Staat angesichts des Falls der Monarchie in den politischen Umwälzungen von 1918/19 und der in der WRV festgelegten Autonomie der kirchlichen Ämterbesetzung irgendeinen rechtlich fundierten Einfluss auf die Besetzung eines neu errichteten Bistums anmelden. Insofern bestand für Pacelli hier die verglichen mit den übrigen deutschen Teilstaaten aussichtsreichste Möglichkeit, eine völlig freie Bischofseinsetzung vorzunehmen und damit – wie Kaas formulierte – „via facti ohne jede Verständigung mit der Regierung vorzugehen“. Und tatsächlich sorgte der Nuntius dafür, dass die Bistumserrichtung ebenso wie die päpstliche Nomination Schreibers in formaler Hinsicht ohne aktive staatliche Beteiligung erfolgte. Das bedeutete jedoch nicht, dass Pacelli die staatlichen Interessen ignoriert oder ihnen indifferent gegenüber gestanden hätte – dies konnte er sich angesichts der kirchlichen Situation in Sachsen, die er als außerordentlich schwierig beurteilte, nicht leisten: Er sprach von einem neuen Kampf, den die „sozialistische“ Regierung gegen die Kirche auf allen Feldern führe und der durch die schützenden Kirchenartikel der WRV nur entschärft, aber nicht beendet worden sei. Deshalb schien es ihm opportun, die Interessensbekundungen Dziembowskis hinsichtlich der Person des neuen Oberhirten sowie der Umstrukturierung der sächsischen Kirche diplomatisch auszunutzen. Sein Idealziel einer schriftlichen Zusicherung, die kirchlichen Verhältnisse Sachsens nicht einseitig, sondern nur konkordatär mit dem Heiligen Stuhl zu regeln, sowie die in der WRV verbürgten Rechte der Kirche zu respektieren, schien ihm angesichts der diagnostizierten Kirchenfeindlichkeit der Regierung unerreichbar. Um zumindest „größere Übel zu vermeiden“ und den „Kirchenkampf “ nicht noch zu verschlimmern, beschränkte er sich darauf, ihr lediglich die von Rom getroffene Entscheidung, einen deutschen Staatsbürger an die Spitze des neuen Bistums zu promovieren, zu notifizieren.320 Doch das war noch nicht alles: Diplomatisch geschickt stellte er die Wahl eines Deutschen als dezidiertes Zugeständnis an die staatlichen Wünsche dar, um die Regierung wenigstens moralisch auf eine versöhnliche Haltung zur Kirche zu verpflichten. Nicht weniger geschickt war es, die Bistumserrichtung gegenüber dem sächsischen Ministerpräsidenten als ausschließlich innerkirchlichen Akt und die neue Diözese als Rechtsnachfolgerin der beiden ehemaligen Jurisdiktionsbezirke zu deklarieren, um die Regierung nicht aus ihren – wenn auch geringfügigen – finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem geistlichen Konsistorium in Dresden zu entlassen. Eine essentielle Besserung der Lage der sächsischen Diasporakirche versprach sich der Nuntius jedoch nur von einem Reichskonkordat, für das die Voraussetzungen erheblich günstiger schie Die Identität des neuen Oberhirten erfuhren sächsische und Reichsregierung jedoch wie alle anderen erst durch die allgemeine Publikation Mitte Juli. Mit Pacellis Wahl konnten beide zufrieden sein: „Mit Bischof Dr. Schreiber wurde ein national gesinnter Mann Bischof in Bautzen, der sicher auch in dieser Hinsicht den Wünschen politischer Kreise, besonders deutsch-nationaler, sowohl des Reichs als auch Sachsens entsprach.“ Fischer, Wiedererrichtung, S. 101.
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nen. Dass die Meißener Ereignisse auch die Reichsregierung auf den Plan riefen, ist klar: Nach verlorenem Weltkrieg und Versailler Vertrag war sie insbesondere in den Grenzgebieten an einer „nationalen Festigung“ interessiert. Weil er auf einen positiven Effekt für die Reichskonkordatsverhandlungen hoffte, nahm Pacelli die von Delbrueck in einer geheimen Absprache vorgetragenen Wünsche zustimmend auf. Das musste dem Nuntius umso leichter fallen, da die Forderungen nach einem deutschen Diözesanbischof, einer Priesterausbildung in einem deutschen Seminar und einer Eingliederung des neuen Bistums in einen deutschen Metropolitanbezirk inhaltlich keine Neuorientierung notwendig machten. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Ohne eine formal-rechtliche Partizipation zuzugestehen, ging Pacelli „einvernehmlich“ mit beiden Regierungen vor und signalisierte ihnen Entgegenkommen, von dem er sich einerseits Vorteile für die sächsische Kirchenfreiheit beziehungsweise die Reichskonkordatsverhandlungen erhoffte, das aber andererseits seine tatsächlichen Entscheidungen im Besetzungsverfahren – etwa hinsichtlich des Kandidaten für das Bischofsamt (vgl. Nr. 1) – nicht wesentlich beeinflusste. 4. Zwei Gruppen von Informanten sind in diesem Fall auseinanderzuhalten: Einerseits zog Pacelli selbst Ratgeber heran, deren Urteil ihm relevant erschien, andererseits sprachen einige aus eigener Initiative und ohne vorangegangene Nachfrage bei ihm vor: a) Zu den Erstgenannten gehörten Kaas, Bertram, Watzl und Hesslein. Allerdings war es zunächst nur sein noch frischer kanonistischer Berater Kaas, den Pacelli von sich aus zur Meißener Angelegenheit befragte. Im weiteren Verlauf des Verfahrens tauchte der Zentrumsprälat – zumindest quellenmäßig nachweisbar – als Gesprächspartner des Nuntius nicht mehr auf, da sich dieser fortan auf die Kompetenz örtlicher und in die Meißener Verhältnisse involvierter Informanten stützte. An erster Stelle ist hier der Breslauer Kardinal zu nennen, der zwar zunächst selbst die Initiative ergriff, anschließend von Pacelli aber in den gesamten Entscheidungsprozess einbezogen wurde. Der Nuntius besprach mit ihm sämtliche Überlegungen sowohl hinsichtlich der diözesanen Wiedererrichtungspläne als auch der Einsetzung des neuen Oberhirten und folgte mehrfach dessen Ratschlägen. Erwähnt sei nur, dass Bertram Schreiber für das Bischofsamt vorschlug und den Nuntius an Pater Watzl als den Experten für Geschichte und Rechtslage der sächsischen Kirche verwies. Insofern sich Pacelli beim Redemptoristen umfassend informierte, war diese Beziehung für den faktischen Verlauf des Falls ebenfalls maßgeblich. Watzls Memorandum vom 17. März 1921 beeindruckte Pacelli und bildete für ihn die „unverzichtbare“ Entscheidungsgrundlage in der Meißener Frage. Für wie wichtig er den Pater hielt, wird vor allem daran deutlich, dass er ihn kurzzeitig als Bischofsaspiranten in Erwägung zog. Informationen über die politische Lage in Sachsen holte Pacelli schließlich bei Hesslein ein, dem einzigen Zentrumsabgeordneten im sächsischen Landtag. Ebenso wie Bertram ging auch Hesslein zuerst auf den Nuntius zu, wurde dann aber auch in die Nuntiatur geladen, da 81
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Pacelli dessen Auskünfte wertschätzte. Dementsprechend basierte die Skizze der kirchlichen Lage im sächsischen Staat, die Pacelli für Gasparri anfertigte, im Wesentlichen auf den Ausführungen des katholischen Politikers. Da mit dem Breslauer Fürstbischof, dem Redemptoristen und dem Zentrumspolitiker alle drei zentralen Ratgeber erst durch eigene Initiative in diese Position gelangten, bleibt festzuhalten, dass dem Münchener Nuntius offenbar kein festes „Informantensystem“ für die sächsische Kirche zur Verfügung stand, sondern dieser auf sich situativ bietende Gelegenheiten zurückgriff. Trotz der essentiellen Rolle, welche die genannten Informanten für den Nuntius spielten, verschwand dieser jedoch nicht hinter ihnen, sondern vertrat durchaus auch abweichende Positionen: Zum Beispiel ging Pacelli nicht „ohne jede Verständigung“ mit der Regierung vor, wie Kaas geraten hatte; in Watzls kirchenrechtliche Überlegungen und seinen modus procedendi zur Bistumserrichtung griff er mehrfach korrigierend ein und auch gegenüber Bertram vertrat er eine römische Nomination anstelle der Kapitelswahl oder die Kandidatur Schreibers, obwohl Bertram Linneborn für sogar noch geeigneter hielt. Der Nuntius besaß also klare Vorstellungen zum Verfahren, wägte dennoch klug ab und war auch bereit, eigene Überlegungen auf Anraten zu revidieren. b) Zur zweiten Gruppe von „Beratern“, die aus eigenem Antrieb bei Pacelli vorstellig, jedoch von ihm anschließend nicht weitergehend befragt wurde, lassen sich König Friedrich August und Herzogin Mathilde, aber auch Skala und das Bautzener Kapitel sowie Hartmann und das Dresdener Konsistorium zählen. Zwar nahm Pacelli ihre Ausführungen zur Kenntnis, ließ sie sogar in seine Überlegungen einfließen – wie zum Beispiel seine Reaktion auf den Brief des Königs vom 24. Dezember 1920 zeigt –, doch waren sie für ihn nicht entscheidend und schon gar keine „Vertrauten“, denen er seine eigenen Gedanken offenbart hätte. Mit Kapitel und Konsistorium suchte Pacelli einen diplomatischen Umgang zu pflegen, sodass er sich beispielsweise das Einverständnis für eine päpstliche Nomination aus Bautzen geben ließ oder den Dresdener Konsistorialräten versicherte, sie gegenüber den Domherren nicht benachteiligt zu haben. Aber faktisch hielt er beide Gremien aus den entscheidenden Schritten des Falls in allen Belangen heraus. Die hiesige Geistlichkeit hielt er kaum geeignet, die Interimsadministration wahrzunehmen, sodass er von ihr schon gar keine hilfreichen Ratschläge für die Lösung des Verfahrens erwartete und die Selbstanpreisungen Skalas und Hartmanns für das Bischofsamt geflissentlich ignorierte. 5. Schon Hans Friedrich Fischer zog in seiner Studie über die Wiedererrichtung des Bistums Meißen den Schluss: „Der Nuntius in Deutschland, der in München residierende Eugenio Pacelli, war offensichtlich die Person, die in dieser Angelegenheit die Schlüsselfigur war, in deren Hände die
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Fäden zusammenliefen.“321 Wie die eingehende Untersuchung der vatikanischen Quellen zeigt, erstreckte sich Pacellis Schlüsselrolle nicht nur auf die Informationsbeschaffung oder die bündelnde Organisation und Koordination der innerhalb Deutschlands beteiligten Protagonisten, was ohnehin qua Amt zu seiner Aufgabe gehörte, sondern insbesondere auch auf das Entscheiden und Tun des Heiligen Stuhls selbst. Die Selbständigkeit und Zielstrebigkeit, mit der Pacelli diese Angelegenheit anging, wird bereits daran deutlich, dass er den Kardinalstaatssekretär zunächst überhaupt nicht davon in Kenntnis setzte, an der Wiederbesetzung respektive Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse zu arbeiten. Erst auf Nachfrage Gasparris nahm Pacelli zur Frage der Wiedererrichtung der Diözese Stellung, vertröstete seinen Vorgesetzten aber prompt mit dem Hinweis, genauere Informationen dann liefern zu wollen, wenn die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen seien. Fast vier Monate lang agierte Pacelli daraufhin autonom und ohne Rücksprache mit Rom. Einen ersten Bericht für Gasparri fertigte er erst an, als er alle wesentlichen Fragen geklärt, ja praktisch bereits entschieden hatte: die strukturellen und kanonistischen Prämissen zur Wiedererrichtung, den Besetzungsmodus, den Unterhalt und die Personalie des Bischofs. Es war also ein fertiges Konzept, das Papst und Staatssekretär letztlich nur noch absegnen brauchten. In der Kandidatenfrage präsentierte Pacelli nicht nur das Endergebnis seiner Überlegungen, sondern lieferte zugleich eine umfassende Begründung mit: Die Nationalitätenproblematik zwinge ihn, einen deutschen Geistlichen zu erwählen, der den erwartbaren Widerständen von wendischer Seite standhalten musste. Mit Bertram und Schmitt führte er zwei Autoritäten an, welche seine Entscheidung stützten. Damit zeichnete er seine Wahl als umsichtig aus und konnte bereits vorbeugend den Vorwurf entkräften, er habe die Komplexität der Angelegenheit unterschätzt, der später möglicherweise virulent werden konnte. Eine Alternative zu Schreiber präsentierte Pacelli nicht, sodass er Papst und Staatssekretär in dieser Hinsicht realiter keine Auswahlmöglichkeit gewährte. Einzig zum Umgang mit der sächsischen Regierung legte er Gasparri zwei Optionen vor – angesichts der staatlichen Haltung zur Kirche war das eine heikle Frage, die Pacelli nicht ohne Rücksprache entscheiden wollte. Letztlich war die Rücksprache aber nur eine Formalität, denn in diesem wie in sämtlichen übrigen Punkten ließen Papst und Staatssekretär den Nuntius völlig frei gewähren322 – Pacellis Vorstellungen wurden eins zu eins zur Position des Heiligen Stuhls. Überhaupt entsteht der Eindruck, als dass man sich im römischen Staatssekretariat wenig mit den „Details“ der Meißener Frage beschäftigte: Die Frage van Rossums, nach welchem Modus
Fischer, Wiedererrichtung, S. 81. Die Anweisung Gasparris, Pacelli müsse unbedingt „das umfassende Entgegenkommen und die Güte des Heiligen Stuhls“ der sächsischen Regierung gegenüber zur Geltung bringen, hatte dieser in seiner Unterredung mit Dziembowski und der Kandidatenwahl bereits grundgelegt und entsprach also ohnehin seiner Intention.
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II.4.2 Meißen 1929–31 ���������������������
die Besetzung des neuen Bistums erfolgen sollte, konnten Pizzardo und Gasparri nicht beantworten, obwohl man doch annehmen sollte, dass dies ein wesentlicher Punkt des Verfahrens war. Zweierlei lässt sich daran ablesen: Einerseits, dass man Pacelli offensichtlich so sehr vertraute, dass man sich nicht die Mühe machte, dessen Plan gedanklich detailliert nachzuvollziehen. Denn dann hätte längst eher auffallen müssen, dass sich der Nuntius zum Besetzungsmodus gar nicht ausdrücklich geäußert hatte. Andererseits zeigt dieser Sachverhalt, dass Pacelli nicht alles, was er für sich selbst bereits entschieden hatte, nach Rom berichtete, wenn er sich davon keinen Nutzen versprach. In diesem Fall wollte er nicht, dass in einem offiziellen römischen Dokument das Thema des Besetzungsmodus tangiert wurde – von daher sparte er dieses Thema in seiner Berichterstattung von vornherein schlicht aus. Von seiner geheimen Absprache mit der Reichsregierung unterrichtete er Gasparri nach Lage der Quellen ebenfalls nicht. Vielleicht hielt er dies für unnötig, da er sich seiner Handlungsfreiheit bewusst war. Womöglich schien es ihm auch schwierig, dem Kardinalstaatssekretär den Vorteil, den diese Konvention für die Reichskonkordatsverhandlungen bringen sollte, begreiflich zu machen – immerhin hatte Pacelli von Delbruecks Seite im Gegenzug keine handfesten Zusagen erhalten. Wie immer man das Letztgenannte interpretieren möchte: Es bleibt festzuhalten, dass die theoretische Grundlegung wie auch die praktische Umsetzung des Meißener Falls nicht von Rom, sondern von München aus erfolgte.
II.4.2 Ein Besetzungsverfahren über zweieinhalb Jahre: Meißen 1929–31 (Conrad Gröber)323 Pacellis Vorausschau: Antonius Hilfrich für den Meißener Bischofsstuhl? Nach knapp achtjährigem Episkopat neigte sich die Zeit Schreibers als Bischof von Meißen dem Ende entgegen, als er für den 12. Juli 1929 eine Einladung in die Berliner Nuntiatur erhielt. In der Audienz verkündete ihm Nuntius Pacelli den Wunsch des Papstes, ihn auf den neu errichteten Bischofsstuhl von Berlin zu transferieren.324 Wie Pacelli anschließend Kardinalstaatssekretär Gasparri berichtete, habe Schreiber diesem Vorhaben zwar sofort zugestimmt,
Vgl. zur Besetzung des bischöflichen Stuhls von Meißen 1929–31 Beer, Gröber, S. 44–55; Keller, Gröber, S. 121–123; Schmider, Bischöfe, S. 147; Speckner, Wächter, S. 210f. 324 Vgl. Pacelli an Gasparri vom 21. Juli 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1929–1933, Pos. 584 P.O., Fasz. 92, Fol. 29r–30r. Vgl. dazu Bd. 2, Kap. II.1.7 (Von Ludwig Kaas zu Christian Schreiber und die Bestellung eines Administrators). 323
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jedoch Bedenken hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Diözese Meißen geäußert: Vieles habe er in die Wege geleitet, das tatkräftig weiterentwickelt werden müsse, damit die Initiativen nicht vergeblich gewesen seien. Pacelli berichtete, Schreiber zugesichert zu haben, dies bei der Suche eines Nachfolgers zu berücksichtigen. Was er in seinem Bericht allerdings verschwieg, war, dass er mit Schreiber bereits über eine konkrete Personalie gesprochen hatte, nämlich über den Wiesbadener Pfarrer Antonius Hilfrich. Diese Absprache erwähnte er erst einige Monate später in einem Nuntiaturbericht im Kontext des Limburger Besetzungsfalls, in dem er feststellte, dass Bischof Schreiber „kürzlich“ über Hilfrich „eine sehr ausführliche Lobrede“325 gehalten habe.326 Daher überrascht es nicht, dass Pacelli sich schon am Tag nach der Audienz sub secreto Sancti Officii an den Limburger Oberhirten Kilian wandte, ihn von der bevorstehenden Übersiedlung Schreibers nach Berlin unterrichtete und ihn bat, seine „hochgeschätzte Meinung coram Domino“ über Hilfrich zu äußern, weil dieser „[u]nter den Kandidaten“327 sei, die für die Wiederbesetzung Meißens in Betracht kämen. Wie schon bei der Besetzung des neu gegründeten Bistums 1920 war Hilfrich in Pacellis Augen auch jetzt noch ein geeigneter Mann für die Meißener Cathedra.328 Ob der Nuntius tatsächlich über mehrere Kandidaten nachdachte, wie der Plural insinuiert, muss offen bleiben, denn in den Quellen findet sich kein Beleg dafür. Kilian antwortete prompt: Hilfrich „ist ein philosophisch und theologisch gut durchgebildeter Priester, von musterhaftem Wandel, der auch Interesse und offenen Blick für die öffentlichen Angelegenheiten besitzt und fähig ist, an einschlägigen Debatten sich wirksam zu beteiligen, ohne dass man befürchten müsste, er werde sich in unkluger Weise zu weit vorwagen oder etwa sich zu sehr ins Politische verlieren. Ich kann ihn also mit bestem Gewissen für die Stelle eines Bischofs von Meißen empfehlen.“329
Er ergänzte jedoch, wie groß der Schaden für das Bistum Limburg wäre, sollte es Hilfrich verlieren. Nach Kilians Analyse hatte der schwere Verlust von Theologen im Weltkrieg einen erheb-
Vgl.: „Anche il Rev.mo Mons. Schreiber, Vescovo di Meissen ed Amministratore Apostolico di Berlino, mi fece recentemente di lui [sc. Hilfrich, R.H.] i più ampi elogi.“ Pacelli an Gasparri vom 1. November 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1929–1930, Pos. 587 P.O., Fasz. 95, Fol. 5r. 326 Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.8 (Pacellis Plan für Limburg: Hilfrich als Koadjutor mit Nachfolgerecht). 327 Pacelli an Kilian vom 13. Juli 1929 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 1r. 328 Vgl. Bd. 4, Kap. II.4.1 (Päpstliche Nomination oder Kapitelswahl? Pacelli und Bertram). 329 Kilian an Pacelli vom 16. Juli 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 2r. Kilian erinnerte den Nuntius auch an seine Beurteilung Hilfrichs, die er ehemals im Kontext der ersten Meißener Besetzung gegeben habe. Tatsächlich schrieb er das erwähnte Zeugnis im Kontext der Bestellung des Mainzer Koadjutors, die zur gleichen Zeit erfolgte. In dem am 14. September 1920 verfassten Manuskript war Kilian hinsichtlich der Eignung Hilfrichs zum selben positiven Ergebnis gekommen. Vgl. Bd. 3, Kap. II.3.2 (Pacellis Kandidatensondierungen für den Posten eines Koadjutors). 325
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lichen Priestermangel erzeugt, sodass ihm im nächsten Jahr wohl nur sieben Neupriester zur Verfügung stünden und in drei Jahren sogar gar keine, weil – wie er nicht unkritisch hinzufügte – durch die von Rom geforderte Verlängerung der Studienzeit ein ganzer Jahrgang ausfallen werde.330
Zwei Eingaben an Pacelli: Schreiber gegen Hartmann und Hartmann für einen Deutschen In den folgenden Wochen nahm die Einsetzung Schreibers zum Administrator und künftigen Bischof von Berlin Gestalt an. Ende August 1929 war davon bereits in der Presse zu lesen. Am 3. September präzisierte der Genannte für den Nuntius seine schon in der Juliaudienz vorgebrachten Bedenken über das weitere Geschick der Diözese Meißen, sobald er aus ihrer Verantwortung entlassen worden sei.331 Seine Befürchtungen bezogen sich dabei nicht auf seinen Nachfolger – da schien Schreiber überzeugt, dass der Nuntius eine persona idonea aussuchen werde –, sondern sie konzentrierten sich auf die Zeit der Sedisvakanz. Zunächst betrafen seine Sorgen die rechtlichen Umstände bei der Wahl des Kapitularvikars, der die Diözese bis zur Inauguration des neuen Diözesanbischofs zu regieren hatte. Schreiber erinnerte an ein Kapitels-Statut vom 30. Juni 1927,332 das vorsah, dass die drei noch existierenden nicht-residierenden Domherrenstellen nicht wieder besetzt werden sollten. Da aber ihre Inhaber noch lebten, stellte sich für Schreiber die Frage, inwieweit sie an der Kapitularvikarswahl beteiligt sein sollten. Laut Schreiber sicherte ihnen das angesprochene Statut die bislang ausgeübten Rechte, zu denen aber die Teilnahme an der Kapitularvikarswahl nicht gehörte, die das Bautzener Kathedralkapitel bisher noch nicht vornehmen musste. Da die nicht-residierenden Domherren jedoch bislang an den Wahlen der Dekane und der übrigen Kanoniker beteiligt gewesen seien, würden sie – so prophezeite Schreiber – gewiss auch den Anspruch erheben, bei der Bestellung des Kapitelsvikars mitzuwirken. In Anbetracht der Zusammensetzung des Domkapitels – vier re-
Schon der Geheimerlass der Studienkongregation an den deutschen Episkopat vom 9. Oktober 1921, der formale und inhaltliche Vorgaben für die Reform der deutschen Universitätstheologie machte, verlangte, dass die angehenden Priester volle sechs Jahre (philosophisches Biennium und theologisches Quadriennium) studieren sollten. Vgl. Unterburger, Lehramt, S. 285f. Die römischen Reformanweisungen wurden im Laufe der 1920er Jahre mehrmals wiederholt, verschärft, erweitert und provozierten schließlich auch die Kritik deutscher Bischöfe, wie hier implizit bei Kilian sichtbar. Vgl. dazu ebd., S. 352. 331 Vgl. Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 230r–232r (nur r). 332 Vgl. dazu Seifert, Beziehungen, S. 349. 330
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sidierende und drei nicht-residierende Domherren – sei diese Rechtsfrage „für den Ausfall und die Gültigkeit der Wahl von wesentlicher Bedeutung“333. Der zweite sorgenvolle Blick des Bischofs richtete sich auf die Person, die nach Lage der Dinge zweifelsfrei zum Kapitularvikar gewählt werden würde: Alexander Hartmann, Apostolischer Protonotar und seit 1925 Domdekan. Dieser Aussicht sah Schreiber missmutig entgegen, „insbesondere weil er innerhalb der letzten Zeit mehrfach eine Einstellung zu den wichtigsten Beratungen des Ordinariates zeigte, die den Bestrebungen des Bischofs und der übrigen Ordinariatsmitglieder entgegengesetzt war.“334 Ein längerwierige Sedisvakanz werde Hartmann dazu benutzen, Veränderungen in der Diözese durchzuführen, die – so Schreiber – teilweise „einen Abbau dessen bedeuten würden, was ich mit vieler Mühe aufgebaut habe“335. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Befugnisse eines Kapitularvikars eingeschränkt waren,336 hellte sich für Schreiber diese Perspektive nicht auf, weil „der hochwürdigste Herr Domdekan leicht geneigt ist, unter einseitiger Auslegung der Canones dem Bischöflichen Ordinariate seinen Willen aufzudrücken“337. Um dem zu begegnen, sei es gut, wenn die Dauer der Sedisvakanz so kurz wie nur eben möglich bemessen würde. Am idealsten sei es, „wenn es durch die Vermittlung Euer Exzellenz gelänge, die notwendigen Verhandlungen so zu führen, dass die Inthronisation des neuen Bischofs innerhalb einer Woche nach Weggang des bisherigen Bischofs stattfinden könnte. Damit wäre die Wahl eines Kapitelsvikars nicht nötig und der neue Bischof könnte unmittelbar im Anschluss an den früheren Bischof die Leitung der Diözesangeschäfte in die Hand nehmen“338.
Auch das Domkapitel in Bautzen reagierte auf die bevorstehende Translation Schreibers nach Berlin. Zwei Tage nach der Eingabe des Oberhirten wandte sich der gescholtene Domdekan an Pacelli.339 Hartmann formulierte ein Anliegen, das er bereits Anfang der 1920er Jahre vorgebracht hatte: Der Heilige Stuhl möge nur einen Deutschen, keinen Sorben auf den bischöflichen Stuhl erheben. Die tiefen Spannungen und das festverwurzelte Misstrauen zwischen den Nationalitäten in der Grenzregion zwischen Deutschland, Polen und der Tschechoslowakei waren nach wie vor stark. Sie hatten die Einsetzung Schreibers zum ersten Diözesanbischof in hohem Maße bestimmt und er selbst war während seines Episkopats in diesem Konflikt kein Unbetei-
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Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 231r. Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 231r. Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 231r. Vgl. Can. 435 CIC 1917. Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 231r–232r. Schreiber an Pacelli vom 3. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 2, Fol. 232r. Vgl. Hartmann an Pacelli vom 5. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 3r–4r. 87
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ligter gewesen.340 Auch jetzt positionierte sich Hartmann klar auf der antisorbischen Seite und bemerkte, dass eine anti-deutsche, wendische Bewegung existiere, der zwar nur ein kleiner Teil der 9.000 katholischen Sorben im Bistum Meißen angehöre, jedoch auch einige Kleriker, „die ihren Einfluss nicht in der Weise einsetzen, wie es für das Wohl des ganzen Bistums und besonders auch der übergroßen Mehrheit des gutgesinnten wendischen Klerus und Volkes notwendig wäre“341. Nach Hartmanns Überzeugung gab es für die Sorben überhaupt keinen Grund sich zu beschweren, denn ihren geistlichen Bedürfnissen, auch was Predigt und Beichte in der Muttersprache anbelange, werde in zureichender Weise entsprochen. Während Pacelli auf Hartmanns Anliegen nicht einging und dem Domdekan nach Lage der Quellen nicht antwortete, nahm er die Bitte Schreibers ernst. Freilich hatte er die Lösung für die skizzierten Probleme schon längst in die Wege geleitet: Bereits bevor Schreiber seine Sorgen Anfang September ausformulierte, hatte der Nuntius dem Kardinalstaatssekretär den Vorschlag unterbreitet, dem Meißener Oberhirten die provisorische Leitung über sein angestammtes Bistum zu belassen.342 Das schien deshalb möglich, weil sich die Errichtung des Bistums Berlin noch verzögerte und zunächst nur eine Apostolische Administratur Berlin ins Leben gerufen wurde. Daher konnte Schreiber, als er am 10. September zum Apostolischen Administrator ad nutum Sanctae Sedis von Berlin erhoben wurde,343 gleichzeitig Bischof von Meißen bleiben. Als Pacelli ihm das Ernennungsdekret übermittelte, wies er noch einmal ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hin.344 Schreiber war mit dieser Variante hochzufrieden, weil Schreiber war es letztlich nicht gelungen, die Auseinandersetzungen zu entschärfen. Im Gegenteil brachten ihm als pointiert national Gesinnten manche Entscheidungen sogar „den Ruf eines Sorbenfeindes ein“. Vgl. dazu zusammenfassend Fischer, Wiedererrichtung, S. 180–185, hier 182. Vgl. auch Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 292. 341 Hartmann an Pacelli vom 5. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 3r-v. Der Domdekan exemplifizierte die von ihm angezeigte Intransigenz der Sorben mit dem Widerstand einer angesehenen sorbischen Familie – Verwandte eines wendischen Priesters –, in der Liebfrauenpfarrei in Bautzen die freiwillige Kirchensteuer zu zahlen, weil der dortige Pfarrer Deutscher sei. Nach Aussage Hartmanns verstand dieser die wendische Sprache schon recht gut. Nur ein Sechstel der Seelen der Pfarrei seien wendischer Nationalität, der Kaplan sogar selbst Wende. Daher konnte Hartmann das Verhalten der Familie nicht verstehen. 342 Vgl. „La S. Sede può quindi ora senzʼaltro nominare ad Amministratore Apostolico del territorio della Delegazione di Berlino il sullodato Vescovo, il quale forse potrebbe conservare provvisoriamente il titolo ed il governo della diocesi di Meißen.“ Pacelli an Gasparri vom 23. August 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1929–1933, Pos. 584 P.O., Fasz. 92, Fol. 33v. 343 Vgl. Berolinensis Administrationis Apostolicae Decretum vom 10. September 1929 (Abschrift), ASV, ANB 49, Fasz. 1, Fol. 45r. 344 Vgl. Pacelli an Schreiber vom 22. September 1929 (Entwurf), ASV, ANB 49, Fasz. 1, Fol. 49r. Vgl. dazu Bd. 2, Kap. II.1.7 (Die Ernennung Schreibers zum Apostolischen Administrator). 340
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„dem Wohl des Bistums Meißen während einer etwaigen Sedis-Vakanz am besten dadurch gedient wird, dass, wie Eure Exzellenz vorschlagen, die Verwaltung der Diözese Meißen bis zur Inthronisation des neuen Bischofs vom seitherigen Bischof von Meißen in Händen behalten wird“345. Damit war jeder unliebsame Einfluss Hartmanns auf die Bistumsleistung zunächst einmal ausgeschlossen.
Im Leerlauf des Verfahrens: Kandidatenwünsche aus Sachsen und Ansprüche der Regierung Dass die Neubesetzung der Meißener Cathedra vertagt war, musste auch der längst abgedankte König Friedrich August III. von Sachsen erfahren, als er Ende September versuchte, das Augenmerk des Nuntius auf den Abt des Benediktinerklosters Grüssau, Albert Schmitt, zu lenken.346 Nach Ansicht des Königs vereinte dieser die für Sachsen notwendigen Eigenschaften in sich, der neue Bischof müsse nämlich „ein geistig überragender sehr taktvoller Herr sein, der sich gut in die eigenartigen Verhältnisse des Landes findet und womöglich außerhalb der Politik steht“347. Schmitt besitze darüber hinaus eine erwähnenswerte Klugheit, ein im positiven Sinne verstandenes weltmännisches Naturell und sei auch bei den Protestanten als überragende Persönlichkeit akzeptiert. Letzteres hielt Friedrich August insbesondere für wichtig, weil Sachsen als „Wiege des Protestantismus … für den Bischof ein ungemein schwieriges Tätigkeitsfeld“348 darstelle. Für ihn war der Abt das „Ideal eines Kirchenfürsten“349, woran auch dessen verhältnismäßig junges Alter von 56 Jahren nichts änderte, das der König im Gegenteil als Vorteil auslegte. Friedrich August lebte schon seit der Revolution 1918 im polnischen Exil. Dass seine Wortmeldung dennoch gerechtfertigt war, begründete er damit, sehr an seinem Land zu hängen und „als alter Schutzherr der Kirche mit warmer Liebe an ihrem Wohlergehen das regste Interesse“350 zu besitzen. Pacelli erwiderte höflich aus seinem Urlaubsort Rorschach, dass die Besetzungsfrage des Meißener Bischofsstuhls „noch nicht akut“ 351 sei, weil Schreiber die Diözese zunächst weiterhin verwalte. Er versprach allerdings, „die mir von Eurer Majestät über-
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Schreiber an Pacelli vom 20. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 5r. Vgl. Friedrich August an Pacelli vom 25. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 6r–7v. Friedrich August an Pacelli vom 25. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 6v. Friedrich August an Pacelli vom 25. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 6r. Friedrich August an Pacelli vom 25. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 7r. Friedrich August an Pacelli vom 25. September 1929, ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 7v. Pacelli an Friedrich August vom 30. September 1929 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 8r. 89
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mittelten Informationen zum geeigneten Zeitpunkt vor Augen zu halten“352, was natürlich vieles bedeuten konnte. In den folgenden Monaten ruhte der Meißener Fall also. Im Dezember 1929 wurde Pacelli aus Berlin abberufen, von Pius XI. mit dem Kardinalshut versehen und im Februar 1930 mit dem zentralen Amt des Kardinalstaatssekretärs betraut. Ende April schließlich wurde der bisherige päpstliche Gesandte in Ungarn, Cesare Orsenigo, sein Nachfolger als Nuntius für das Deutsche Reich. Obwohl Pacelli nun in Rom war, blieb er und nicht etwa die Berliner Nuntiatur die Adresse für Meinungsäußerungen zum Thema der Wiederbesetzung des Meißener Bischofsstuhls. So versuchte im Mai 1930 der Vorsitzende der katholischen Organisationen von Leipzig und Umgebung, Lorenz Grave, die Aufmerksamkeit Pacellis angesichts der „voraussichtlich in kurzer Zeit“353 anstehenden Entscheidung über die Neubesetzung des vakanten Bischofsstuhls auf den Leipziger Prälaten Jacobus Stranz zu lenken. Im Namen der „aktiven Katholiken“ der Diözese bekundete Grave das Interesse, „dass unser innerkirchliches Leben in Zukunft wieder eine ruhige und sachliche Entwicklung nehmen möge“354 – eine Bemerkung, die wohl als Kritik an der Person Schreibers gemeint war. Für den Verfasser kam daher nur ein Kandidat infrage, der „in der besten Weise die sächsischen Diasporaverhältnisse“ kenne und mit „fester Hand“355 die Diözese leiten könne. Der künftige Oberhirte sollte demnach aus Sachsen stammen, wie Stranz, der ein „Bahnbrecher für die katholische Diaspora unserer Heimat“356 sei. Das konnte Pacelli auch als Tadel an seiner eigenen, früheren Entscheidung verstehen. Immerhin hatte er 1920/21 bewusst einen auswärtigen Geistlichen auf den neu errichteten Bischofsstuhl gesetzt. Jedenfalls hielt sich der neue Kardinalstaatssekretär mit dem Vorschlag Graves nicht auf, reagierte nicht auf das Schreiben und verfolgte ebenso wenig die Kandidatur des Leipziger Prälaten.
Pacelli an Friedrich August vom 30. September 1929 (Entwurf), ASV, ANB 54, Fasz. 3, Fol. 8r. Grave an Pacelli vom 8. Mai 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 4r. Grave erinnerte Pacelli daran, Stranz bei seiner Reise durch Sachsen anlässlich der Bistumsgründung Meißens 1921, die ihn auch nach Leipzig geführt hatte, persönlich kennengelernt zu haben. 354 Grave an Pacelli vom 8. Mai 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 4r. 355 Grave an Pacelli vom 8. Mai 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 4r. 356 Grave an Pacelli vom 8. Mai 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 4r. 352
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Mitte Juni formulierte schließlich auch die sächsische Regierung ihre Erwartungen an die bevorstehende Wiederbesetzung. Sie ließ dieselben durch den deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Diego von Bergen, bei Pacelli vortragen: „Bei der früheren Zustimmung der Sächsischen Regierung zur Wiedererrichtung des Bistums Meißen bestand die auch von der anderen Seite anerkannte Auffassung, dass als Bischof nur eine Persönlichkeit deutscher Staatsangehörigkeit bestellt und die Diözesan-Grenzen in Übereinstimmung mit den Landesgrenzen gehalten werden, um eine unerwünschte Einflussnahme außerdeutscher kirchlicher Behörden zu vermeiden.“357
Die Regierung erwartete, dass der Heilige Stuhl beide Gesichtspunkte auch bei der gegenwärtigen Besetzung berücksichtigte. Laut seinen Aufzeichnungen wies Pacelli hingegen jeden diesbezüglichen Anspruch Sachsens zurück, weil die Regierung es konsequent ablehne, mit dem Heiligen Stuhl über die rechtliche Stellung der katholischen Kirche in Sachsen zu verhandeln.358 Ausdrücklich nannte Pacelli in diesem Kontext einen Gesetzesentwurf über die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften in Sachsen, der einen im Januar 1929 ausgearbeiteten Vertrag zwischen dem Land Sachsen und dem Bistum Meißen über die Staatsleistungen flankieren sollte.359 Das Gesetzes- beziehungsweise Vertragsvorhaben war allerdings am innerparlamentarischen Widerstand der Linksparteien und der NSDAP im Januar 1930 gescheitert. Am 22. Juni 1930, wenige Tage nach der genannten Vorsprache Bergens bei Pacelli, fanden in Sachsen Landtagswahlen statt, aus denen insbesondere die NSDAP erheblich gestärkt hervorging.360 Damit war die Debatte um die genannten Entwürfe letztlich endgültig vom Tisch. Was Pacelli insbesondere störte, war, dass die Regierung die kirchlichen Belange per Gesetz einseitig regeln beziehungsweise den Vertrag nicht etwa mit dem Papst, sondern mit dem Bistum und seinem Oberhirten schließen wollte. Obwohl – wie Pacelli laut eigenen Notizen dem deutschen Botschafter erwiderte – Bischof Schreiber wiederholt darauf hingewiesen habe, dass dieserart Verhandlungen dem Kompetenzbereich des Heiligen Stuhls oblägen, habe sich die Haltung der Regierung nicht geändert. Wenn also die Regierung hier zu keinen Konzessionen an den Heiligen Stuhl bereit war, wieso sollte dann der Heilige Stuhl seinerseits der Regierung in der Bischofsfrage Zugeständnisse einräumen?
Vgl. Gesprächsnotiz Pacellis vom 14. Juni 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 5r. 358 Vgl. Antwortnotiz für die deutsche Gesandtschaft vom 30. Juni 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 6r. 359 Vgl. zum Gesetzesentwurf die Diskussionsprotokolle zur Vorlage Nr. 74 in den Verhandlungen des Sächsischen Landtags, 3. Wahlperiode 1928/29. Die erste Beratung erfolgte in der 9. Sitzung am 5. März 1929. Vgl. ebd., S. 4061–4099. Vgl. außerdem den nichtratifizierten Vertrag zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Bistum Meißen vom 12./15. Januar 1929, abgedruckt bei Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 346–348 (Nr. 189). 360 Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VI, S. 811f. 357
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Pacellis neuer Kandidat: die Ernennung Conrad Gröbers zum Bischof von Meißen Mit der causa Meißen beschäftigte sich Pacelli erst wieder, als die nach Abschluss des Preußenkonkordats offen gebliebenen Fragen der Zirkumskription geklärt waren und die Apostolische Konstitution Pastoralis officii nostri vom 13. August 1930 das Bistum Berlin kanonisch errichtete.361 Zeitgleich mit der Bistumserrichtung wurde Schreiber zum dortigen Diözesanbischof ernannt. Um die damit eintretende, unerwünschte Sedisvakanz des Meißener Bischofsstuhls zu vermeiden, hatte Pacelli noch als Nuntius anberaumt, dass Schreiber die Diözese Meißen weiterhin bis zur Ernennung und Besitzergreifung seines Nachfolgers als Apostolischer Administrator ad nutum Sanctae Sedis leiten konnte.362 Er hatte also einen Tausch im Sinn: Zunächst war Schreiber Bischof von Meißen und Administrator von Berlin, anschließend sollte er Bischof von Berlin und Administrator von Meißen werden. Als Kardinalstaatssekretär sorgte Pacelli nun dafür, dass die Konsistorialkongregation das entsprechende Ernennungsdekret anfertigte, das der neue Nuntius Orsenigo Ende August 1930 an Schreiber übergab.363 Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um die Frage der Nachfolge Schreibers in aller Ruhe angehen zu können. Die von Pacelli ursprünglich anvisierte Nomination Hilfrichs war inzwischen keine Option mehr, weil dieser am 31. März des Jahres von Pius XI. als Koadjutor mit Nachfolgerecht für den kranken Bischof Kilian von Limburg eingesetzt worden war.364 Als Alternative dachte er an den Freiburger Domkapitular Conrad Gröber. In den Unterlagen der AES findet sich ein Curriculum vitae Gröbers, das Pacelli entweder selbst erstellte oder aber sich von einem Mitarbeiter auf Basis seiner früheren Nuntiaturberichte anfertigen ließ.365 Die Biographie nannte zunächst die markanten Lebensstationen: Gröbers Geburt 1872, seine Zeit als Alumne des Germanicums, seine Priesterweihe 1897 mit dem anschließenden doppelten Doktorat in den Fächern Philosophie und Theo-
Vgl. Konstitution Pastoralis officii nostri vom 13. August 1930, in: AAS 23 (1931), S. 34–41; deutsche Übersetzung bei Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 339–345 (Nr. 188). 362 Vgl.: „Außerdem, um die von Ihnen dargelegten Schwierigkeiten in der Verwaltung der Diözese Meißen während der Sedisvakanz zu vermeiden, beabsichtige ich, dem Heiligen Stuhl vorzuschlagen, Eure Bischöflichen Gnaden dieselbe zu belassen als Apostolischen Administrator bis zur Ernennung und Besitzergreifung Ihres Nachfolgers in Bautzen.“ Pacelli an Schreiber vom 1. Oktober 1929 (Entwurf), ASV, ANB 49, Fasz. 1, Fol. 59rv, hier 59r-v. 363 Schreiber erhielt kurz darauf auch die Quinquennalfakultäten, die er als Administrator zur Regierung der Diözese Meißen benötigte. Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 30. August 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1927–1931, Pos. 573 P.O., Fasz. 85, Fol. 34rv sowie Pacelli an Orsenigo vom 3. September 1930 (Entwurf), ebd., Fol. 36r. 364 Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.8 (Die offizielle Supplik Kilians um einen Koadjutor, das Plazet der Regierung und die Einsetzung Hilfrichs). 365 Vgl. Curriculum vitae Gröbers ohne Datum, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 14r–15r (nur r). 361
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logie, seine folgende siebenjährige Tätigkeit in der Formung des jungen Priesternachwuchses der Freiburger Erzdiözese,366 schließlich seine Leitung bedeutender Pfarreien in Konstanz und seine aktuelle Position als Domkapitular. In einem zweiten Teil zitierte das Dokument ein Schreiben des Freiburger Erzbischofs Fritz vom 7. Juli 1923, das dieser auf Anfrage Pacellis anlässlich der damals vorgängigen Ernennung Gröbers zum päpstlichen Geheimkämmerer verfasst hatte. Darin hieß es: „Über den ausgezeichneten Charakter, die Integrität der Sitten, die Frömmigkeit sowie die Leichtigkeit und Erhabenheit im Schreiben und in der Predigt dieses Priesters [sc. Gröber, R.H.] gibt es in der ganzen Erzdiözese einen Satz: Unter den Priestern ist nicht leicht jemand zu finden, der Conrad Gröber ebenbürtig wäre. Insbesondere in Konstanz fördert er und gießt er überaus segensreich die katholische Sache aus gegen Feinde jeder Art in Zeitungen, in Predigten und in allen Werken pastoraler Sorge, sodass er als erster Führer der Priester und der katholischen Laien in Konstanz hervortritt. Aber auch in den anderen Städten der Diözese rief Dr. Gröber durch seine flammende Predigt die Seelen der Gläubigen nicht nur einmal wach, besonders in der Verteidigung der katholischen Rechte in den öffentlichen Schulen und der religiösen Erziehung. Es sei schließlich erlaubt hinzuzufügen, dass sich Dr. Conrad Gröber auch hinsichtlich der christlichen Kunst, dessen besonderer Verehrer er ist, nicht nur dem Namen nach sehr verdient gemacht hat.“367
Darüber hinaus erinnerte das innerkuriale Dokument an eine aktuellere Bewertung Gröbers: Als Bischof Schreiber den Freiburger Domherrn am 5. Mai 1930 an dritter Stelle für den bischöflichen Stuhl von Ermland vorschlug, qualifizierte er ihn ähnlich wie Fritz als verdient in der Seelsorge, der Lehre und Verwaltung, sachverständig in der kirchlichen Kunst sowie begabt als Redner und Prediger.368 Es ist davon auszugehen, dass Pacelli dieses Gutachten am 29. November mit in seine Audienz beim Papst nahm, in der beide übereinkamen, dem Berliner Nuntius den Namen Gröbers als Kan-
Hierbei handelte es sich wohl um eine Anspielung auf Gröbers Rektorat des bischöflichen Knabenkonvikts St. Konradi in Konstanz, das dieser freilich nur von 1901 bis 1905, also keine sieben Jahre, innegehabt hatte. 367 „De praeclara indole, morum integritate, pietate, scribendi atque sermocinandi facilitate ac gravitate huius sacerdotis in tota Archidioecesi una sententia est: parem Conrado Gröber sacerdotum non facile inveniri posse. Imprimis in urbe Constantiae rem catholicam adversus inimicos omnis generis et in diariis publicis et in sermonibus necnon in omnibus pastoralis curae laboribus felicissime defundit ac promovit, ita ut primus dux sacerdotum ac laicorum catholicorum dictae urbis Constantiae existat. Sed etiam in aliis dioecesis urbibus Dr. Gröber sermone suo inflammante fidelium animos non semel excitavit, praesertim in defensione jurium catholicorum circa scholas publicas instructionumque religiosam. Afferre quoque liceat Dr. Conradum Gröber etiam circa artem christianam, cujus eximius cultor est, non uno titulo optime esse meritum.“ Curriculum vitae Gröbers ohne Datum, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 14r. 368 Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.9 (Die Kandidatenvorschläge des preußischen Episkopats und des Ermländer Domkapitels). 366
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didaten für den Meißener Bischofsstuhl vorzulegen.369 Verbunden mit der Bitte um Meinungsäußerung erledigte Pacelli das am 2. Dezember.370 Orsenigo machte gegen den Erwählten keine Einwände geltend, denn für ihn war Gröber eine persona grata, weil dieser „sowohl durch seine persönlichen Begabungen, als auch durch seine am Collegium Germanicum in Rom erhaltene Ausbildung den besonderen Anforderungen dieser Diözese entspricht“371. Dieses günstige Urteil des Nuntius legte Pacelli daraufhin erneut dem Papst vor.372 Ihre Unterredung mündete in den Beschluss, zusätzlich den Freiburger Erzbischof zu konsultieren und herauszufinden, ob von seiner Seite Bedenken gegen die Promotion Gröbers auf den Meißener Bischofsstuhl bestanden. Mit dieser Aufgabe betraute Pacelli den Nuntius am 13. Dezember.373 Für den Fall, dass Gröbers Ordinarius zustimme, sollte Orsenigo schließlich den Erwählten selbst nach seinem Einverständnis befragen. Nachdem er diese Weisung auf den Weg gebracht hatte und die Personalentscheidung damit schon im Begriff war, außerhalb der Kurie kommuniziert zu werden, ließ sich Pacelli auch vom Heiligen Offizium das Nihil obstat für den Freiburger Domherrn geben.374 Offensichtlich war er sich schon im Vorhinein sicher, dass die Suprema Congregatio nichts zu beanstanden hatte. Genauso wie die oberste Glaubensbehörde war auch Erzbischof Fritz mit Gröbers Promotion nach Meißen einverstanden, wie der Nuntius kurz vor Jahresende nach Rom berichtete.375 Der Erzbischof habe seinem Domkapitular – so Orsenigo – sogar ein „sehr bedeutungsvolles Lob“376 gezollt. Daraufhin hatte Orsenigo den Bischofsaspiranten zum persönlichen Gespräch nach Berlin gerufen, in dem dieser sich „in nomine Domini“ bereit erklärt habe, „die neue Mission“377 anzunehmen.
Vgl. Audienznotiz Pacellis vom 29. November 1930, abgedruckt bei Pagano/Chappin/Coco (Hg.), fogli, S. 300–304, hier 302. 370 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 2. Dezember 1930 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 8r. 371 „… sia per le sui doti personali, che per la preparazione culturale avuta nel Collegio Germanico in Roma, alle peculiari esigenze di questa diocesi.“ Orsenigo an Pacelli vom 8. Dezember 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 9r. 372 Vgl. Audienznotiz Pacellis vom 12. Dezember 1930, abgedruckt bei Pagano/Chappin/Coco (Hg.), fogli, S. 332–335, hier 335. 373 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 13. Dezember 1930 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 10r. 374 Vgl. Pizzardo an Canali vom 15. Dezember 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 11r und Canali an Pizzardo vom 17. Dezember 1930, ebd., Fol. 12r. 375 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 13rv. 376 „… elogi molto significativi …“ Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 13r. 377 „… la nuova missione …“ Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 13r. 369
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Die Kandidatenfrage war also gelöst.378 Pacelli teilte dem Nuntius am 5. Januar 1931 „vertraulich“379 mit, dass Pius XI. Gröber zum Diözesanbischof von Meißen ernannt habe. Er forderte Orsenigo auf, diese Kunde an den Erwählten selbst, an Schreiber als den Apostolischen Adminis-
Der Nuntius dachte übrigens sofort einen Schritt weiter, nämlich an die Wiederbesetzung des Kanonikats, das Gröber derzeit innehatte. Wie er Pacelli schilderte, ergebe sich die Möglichkeit, die Verleihung des vakanten Benefiziums dem Heiligen Stuhl zu reservieren, weil Gröber als päpstlicher Geheimkämmerer Mitglied der päpstlichen Familie sei. Nach Can. 1435 § 1 stehe die Besetzung daher dem Papst zu. Deshalb habe er – so Orsenigo weiter – Gröber bei dessen Besuch in Berlin gebeten, Erzbischof Fritz davon in Kenntnis zu setzen, sobald seine Ernennung zum Meißener Oberhirten publiziert sei. Dabei sollte das Prozedere umgesetzt werden, das die Apostolische Datarie erst kürzlich, am 11. November 1930, erlassen hatte, nämlich, dass die Ortsordinarien für die dem Heiligen Stuhl reservierten Dignitäten und Benefizien eine Liste mit Amtsbewerbern an die Datarie zu übersenden hatten, aus denen der neue Amtsinhaber ausgewählt werden konnte. Vgl. AAS 22 (1930), S. 525f. Vgl. auch Mörsdorf, Lehrbuch II, S. 433f. Der Nuntius fuhr seinen Bericht mit dem Hinweis fort, Gröber habe angemerkt, dass ein Jahr zuvor in einem ähnlichen Fall der päpstliche Vorbehalt nicht beachtet worden sei und dass das aktuell geltende Konkordat in Baden – die Bulle Ad dominici gregis – dieselben Grundsätze für die Besetzung der Kanonikate vorschreibe, die auch im Preußenkonkordat enthalten seien. In beiden Rechtsgrundlagen erfolgte die Auswahl der einfachen Kanoniker nicht von römischer Seite, sondern durch den Bischof beziehungsweise das Kapitel selbst. Vgl. die beiden für sich genommen sehr unterschiedlichen Besetzungsmodi in Ad dominici gregis Nr. IV, Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche I, S. 270f. und im Preußenkonkordat Art. 8, Abs. 2, Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 325. Offensichtlich wollte Gröber mit dieser Parallelisierung andeuten, dass die klassische badische Praxis in ihrer Grundsignatur noch immer eine gewisse Geltung beanspruchen konnte, wenn der Heilige Stuhl im Preußenkonkordat erst ein Jahr zuvor ähnliches vereinbart hatte. Doch darauf ließ sich der Nuntius nach eigenen Angaben nicht ein. Er habe erwidert – so berichtete er Pacelli –, dass das päpstliche Vorbehaltsrecht universal sei und keinerlei Ausnahmen dulde, auch nicht auf Basis des preußischen Konkordats. Falls Fritz Zweifel über das päpstliche Recht anmelden sollte, möge er vor jeder eigenmächtigen Handlung die Nuntiatur befragen. Pacelli zeigte sich mit dieser Weitsicht Orsenigos zufrieden, wie aus seiner Antwort vom 5. Januar 1931 hervorgeht. Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 5. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 16rv. Jedoch erinnerte er Orsenigo daran – so hatte er es drei Tage zuvor mit Pius XI. vereinbart –, dass das Zirkularschreiben an die Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz vom 2. Juni 1926 deutlich darauf hingewiesen habe, dass bis zum Abschluss eines neuen Staatskirchenvertrags das allgemeine Recht bei der Ämterbesetzung angewendet werden müsse. Vgl. Audienznotiz vom 2. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 341, Fol. 2v–3r. Vgl. zum Zirkularschreiben Bd. 3, Kap. II.3.3 (Der staatskirchenrechtliche Vorlauf). Von daher glaubte Pacelli nicht, dass es hinsichtlich des päpstlichen Vorbehalts bei der Wiederbesetzung des Kanonikats irgendwelche Probleme geben werde. Als sich Fritz dann im Februar tatsächlich an die Kurie wandte, um entsprechende Instruktionen zu erhalten, veranlasste Pacelli, dass diese den Ausführungen Orsenigos vom 29. Dezember 1930 und seiner Antwort vom 5. Januar 1931 entsprachen. Vgl. Guerri (Datarie) an Pacelli vom 20. Februar 1931 und die Antwort Pacellis an Guerri vom 25. Februar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 26r und 27rv. 379 „… in via confidenziale …“ Pacelli an Orsenigo vom 5. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 16r. 378
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trator der Diözese und an das Bautzener Domkapitel weiterzugeben.380 Die sächsische Regierung sollte demnach keine Benachrichtigung erhalten. Über die erfolgreiche Ausführung dieser Weisung unterrichtete Orsenigo seinen Vorgesetzten am 9. Januar.381 Er bat außerdem um Mitteilung, unter welchem Datum die Ernennung Gröbers publiziert werde. Er könne dann nämlich gleichzeitig die deutsche Presse informieren, was dem Ansehen der Nuntiatur zuträglich sei. Vier Tage später telegraphierte Pacelli zurück, dass der „Osservatore Romano“ die Nomination Gröbers in Kürze publizieren werde.382 Gleichzeitig beauftragte er den Sekretär der Konsistorialkongregation, die Ernennungsbullen zu erstellen.383 Daher datiert die offizielle Ernennung auf dem 13. Januar.384 Sowohl in Bautzen als auch in Freiburg war man von der Nomination Gröbers überrascht, dass dieser „so weit von der Heimat weg Bischof sein sollte, im ‚roten Sachsen‘, in der ärgsten Diaspora“385. Der frühere Konstanzer Kooperator Gröbers, Alfred Beer, erinnert sich, dass „die Freiburger [mutmaßten], wie es zur Ernennung Dr. Gröbers zum Bischof von Meißen gekommen war. Die einen wußten, daß die Reise mit dem Nuntius [sc. Pacelli, R.H.] diesen auf ihn aufmerksam gemacht habe,386 andere behaupteten, Prälat Kaas, der das besondere Vertrauen des Nuntius besitze, habe ihn für den Bischofsstuhl in Sachsen vorgeschlagen. In Wirklichkeit wußte niemand etwas.“387
Gröbers Weihe und Amtsantritt Gröber plante, die Bischofsweihe schon Anfang Februar aus der Hand von Erzbischof Fritz in Freiburg zu empfangen. Die Zeit dafür wurde knapp und da Gröber damit rechnete, dass die Ernennungsbullen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig und bei ihm eingetroffen sein würden, Orsenigo benachrichtigte Gröber von seiner Ernennung offiziell am 9. Januar 1931, wie Erwin Keller und Christoph Schmider schreiben. Vgl. Keller, Gröber, S. 121; Schmider, Bischöfe, S. 147. Doch wie gesehen war der Domkapitular zu diesem Zeitpunkt schon längst davon unterrichtet, dass die römische Wahl auf ihn gefallen war. 381 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 9. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 18rv. 382 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 13. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 19r. Vgl. schließlich die Bekanntmachung im „Osservatore Romano“ Nr. 11 vom 15. Januar 1931. 383 Vgl. Pacelli an Rossi vom 13. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 17r. Da man den Freiburger Domkapitular in der Konsistorialkongregation nicht näher kannte, fügte Pacelli seinem Schreiben das Curriculum vitae Gröbers als Informationsquelle bei. 384 Vgl. AAS 23 (1931), S. 52. 385 Keller, Gröber, S. 121. 386 Vgl. zu der angesprochenen Urlaubsreise Pacellis mit Gröber unten das Ergebnis Nr. 1. 387 Beer, Gröber, S. 44. 380
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ließ er dem Kardinalstaatssekretär am 20. Januar über Orsenigo die Bitte vortragen, die Weihe notfalls ohne Vorlage der Dokumente erhalten zu dürfen.388 Orsenigo erklärte Pacelli auch den Grund für die Eile: Der Interimsadministrator Schreiber sei wegen Krankheit – „vielleicht durch übermäßige Arbeit hervorgerufen“389 – seit Ende des vergangenen Jahres ans Bett gefesselt. Daher habe er Gröber übrigens empfohlen, sich so schnell wie möglich in seine neue Diözese zu begeben. Umgehend telegraphierte Pacelli die erwünschte päpstliche Konzession an die Berliner Nuntiatur.390 Weil bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Nachricht die Ernennungsbullen betreffend aus der Konsistorialkongregation eingetroffen war, ließ er Minutant Silvani beim dortigen Substituten, Benedetto Renzoni, nachhaken.391 Da aus „schwerwiegenden Gründen“392, nämlich der Krankheit Schreibers, die Konsekration des neuen Bischofs schon Anfang Februar stattfinden müsse, sei eine beschleunigte Abfassung der Dokumente erforderlich. Renzoni versicherte schon zwei Tage später, dass die Bullen am nächstfolgenden Tag, dem 27. Januar, von der Apostolischen Kanzlei fertiggestellt und von der Konsistorialkongregation über den Berliner Nuntius an Gröber gesandt würden.393 Am 26. Januar teilte Orsenigo telegraphisch mit, dass nun der 2. Februar als Konsekrationstermin ins Auge gefasst worden sei, den der Papst daraufhin formal genehmigte.394 Das Weihedatum wurde schließlich noch auf Sonntag, den 1. Februar, vorverlegt. Bischof Ehrenfried aus Würzburg, Gröbers „Freund aus römischen Tagen“395, und der Freiburger Weihbischof Burger standen Erzbischof Fritz als Mitkonsekranten zur Seite. Auch Domdekan Hartmann aus Bautzen, der dem neuen Oberhirten die Grüße aus dem Bistum Meißen überbrachte, nahm an den Feierlichkeiten im Freiburger Münster teil. Weil Gröber in den folgenden Tagen eine Grippe
Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 20. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 20rv. 389 „… prodotto forse da eccessivo lavoro …“ Orsenigo an Pacelli vom 20. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 20r. 390 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 24. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 21r. 391 Vgl. Silvani an Renzoni vom 24. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 22rv. 392 „… per gravi ragioni …“ Silvani an Renzoni vom 24. Januar 1931 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 22r. 393 Vgl. Renzoni an Silvani vom 26. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 24r. 394 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 26. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 23r, Pacelli an Orsenigo vom 27. Januar 1931 (Entwurf), ebd., Fol. 25r und Audienznotiz Pacellis vom 27. Januar 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a, Fasz. 341, Fol. 29r. 395 Schmider, Bischöfe, S. 147. 388
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auskurieren musste, reiste er schließlich erst am 13. Februar nach Bautzen.396 Am nächsten Tag legte er dem Bautzener Domkapitel seine Ernennungsbulle vor und ergriff auf diese Weise von dem Bistum Besitz. Tags darauf erfolgte schließlich die feierliche Inthronisation in der St. Petri Kathedrale.
Bilanz nach einem Jahr: Gröber, ein umsichtiger Oberhirte Auch nachdem die Besetzung abgeschlossen war, blieb Pacelli an den Verhältnissen der Meißener Diözese und dem Episkopat Gröbers interessiert. Anlässlich eines Segensschreibens zu Weihnachten 1931 äußerte er den Wunsch nach einem Bericht über dessen fast einjährige Amtszeit. Dieser gab noch vor Jahresende bereitwillig Auskunft, wobei er ein ausführliches Gutachten anfertigte, in dem er der Reihe nach zentrale Bereiche des Bistums und des kirchlichen Lebens behandelte.397 Weil dieses Dokument einem Arbeitszeugnis aus eigener Feder gleichkam und daher wohl nicht unerheblich für die weitere bischöfliche Karriere Gröbers war, lohnt abschließend ein kurzer Einblick. Positiv äußerte sich Gröber über das Bautzener Domkapitel, weil sich in ihm Männer befänden, mit denen er arbeiten könne und auch Domdekan Hartmann sei ein würdiger Priester mit reichhaltiger Erfahrung, der gute Dienste in der Finanzverwaltung leiste. Zur Verbesserung der administrativen Abläufe habe er die Strukturen des Ordinariats nach Freiburger Vorbild geändert. Mit dem Umstand, dass die bischöfliche Verwaltungsstelle in Dresden – ehemals das geistliche Konsistorium des Apostolischen Vikariats Sachsen – noch bestand, konnte Gröber gut leben. Zwar klängen hin und wieder „staatskirchliche Töne nach“, die er jedoch „mit Leichtigkeit ausschalten“398 könne, was der Kardinalstaatssekretär sicher gerne hörte. Weil die Zweigstelle vom Staat finanziert werde, sei eine Auflösung nur dann ohne finanzielle Nachteile möglich, wenn ein Konkordat mit Sachsen geschlossen würde.399 Wenngleich sich die Regierung ihm gegenüber freundlich und zuvorkommend verhalte, stehe ein Vertragsschluss mit der Kirche aber in weiter Ferne. Den Klerus seiner Diözese hielt Gröber überwiegend für eifrig und glaubenstreu. Ein Segen sei es aber, dass er sich mehrheitlich aus Nicht-Sachsen rekrutiere, was Pacellis Ansicht, einen ebenfalls Die Reise nach und die Ankunft in Bautzen schildert aus der Erinnerung ausführlich Alfred Beer, der den Neubischof begleitete. Vgl. Beer, Gröber, S. 47–50. 397 Vgl. Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 29r–34r. 398 Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 29v. 399 Für die Finanzierung des ehemaligen geistlichen Konsistoriums durch den sächsischen Staat hatte Pacelli selbst seinerzeit während der Bistumserrichtung Sorge getragen. Vgl. dazu Bd. 4, Kap. II.4.1 Anm. 254. 396
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Auswärtigen zum Bischof berufen zu haben, nur stützen konnte. Priester aus der Diaspora – so Gröber – seien zu sehr an die „traurigen Verhältnisse gewöhnt und haben keinen Maßstab mehr, um den Stand des religiösen Lebens richtig zu beurteilen“400. In der Frage der Priesterausbildung konnte Gröber von einem immensen Nachwuchs berichten, unter dem viele sehr begabt seien und sich ein „schönes philosophisches und theologisches Wissen“401 angeeignet hätten. Die Professoren würden ordentliche Vorlesungen im Diözesanseminar in Schmochtitz halten,402 weshalb Gröber es für ausreichend hielt, „dass sich die Alumnen nur drei Jahre in einem auswärtigen Priesterseminar (Fulda oder in Frankfurt) oder auf einer Universität (Innsbruck) aufhalten“403. Weitere Themen, die der Meißener Oberhirte in seinem Gutachten ansprach, waren die Ausbildung katholischer Lehrer, worauf er nach eigener Aussage große Sorge verwendete, und die Wendenfrage, in der „eine erfreuliche Wendung eingetreten“404 sei, da sich die wendische Geistlichkeit vorbehaltlos hinter ihn gestellt habe. Ausführlicher bewertete er den Stand einer katholischen Politik in Sachsen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und der Gottlosenbewegung. Um der Entchristlichung der Jugend vorzubeugen, habe er – so Gröber – in den Pfarreien die Christenlehre eingeführt. Im Kampf gegen den Bolschewismus könne man sich auf die Protestanten nicht verlassen, die nur gegen die katholische Kirche und Rom kämpfen würden. Ein größerer Feind als die Gottlosen seien freilich die Mischehen: „Hier fühlt man den verheerenden Einfluss der protestantischen Umgebung, die zermürbende Tradition, die romgehässige Tätigkeit der protestantischen Pastoren und endlich auch die Charakterschwäche so vieler Katholiken in einem Maßstab wie kaum anderswo im Deutschen Reich.“405 Insgesamt gab es Gröbers Ansicht nach also Licht und Schatten für die katholische Kirche in Sachsen, wobei er zuversichtlich hoffte, dass sie auch weiteren Kämpfen standhalten werde.
Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 30r. 401 Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 30v. 402 Über dieses Seminar, das Bischof Schreiber errichtet hatte, war Pacelli gut unterrichtet, sodass er es bereits in seinem Abschlussbericht am Ende seiner Nuntiaturzeit erwähnen konnte. Vgl. Pacelli an Perosi vom 18. November 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1927–1931, Pos. 511 P.O., Fasz. 24, Fol. 45v. 403 Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 30v. 404 Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 31v. 405 Gröber an Pacelli vom 29. Dezember 1931, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 32v–33r. Dass Gröber schon am Tag nach seiner Ankunft in Bautzen, also am 14. Februar 1931, über die Zahl der Mischehen in seinem Bistum, die er sich sofort statistisch habe vorlegen lassen, erschüttert gewesen sei, berichtet Alfred Beer. Vgl. Beer, Gröber, S. 50. 400
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Dem Papst und Kardinalstaatssekretär machte der Bericht in vielen Teilen „große Freude“406, wie letzterer am 9. Januar 1932 an Gröber schrieb. Und hinsichtlich der Schattenseiten habe Pius XI. – ihm sei insbesondere die Darstellung über die Mischehen sehr nahe gegangen – Trost gefunden in dem Bewusstsein, „diese gefährdetste Diaspora unter der Leitung eines mit Mut und Umsicht für alles sorgenden Oberhirten zu wissen“407. Spätestens zwei Wochen darauf beschlossen Papst und Staatssekretär, Gröber auf den erzbischöflichen Stuhl von Freiburg zu promovieren, der durch den Tod Fritzʼ im Dezember 1931 vakant geworden war.
Ergebnis 1. Zwei Kandidaten zog Pacelli für die Nachfolge Bischof Schreibers in Erwägung, die beide deutsche, aber nicht-sächsische Staatsbürger waren, womit sich der Nuntius den Grundkriterien treu blieb, denen er bereits bei der ersten Meißener Besetzung 1920/21 gefolgt war. In der Frühphase im Sommer 1929 dachte er zunächst an den Wiesbadener Pfarrer Hilfrich und als dieser ein Jahr später keine Option mehr war, an den Freiburger Domkapitular Gröber. a) Wie die Kandidatur des Erstgenannten zustande kam, ist leicht einsichtig. Hilfrich besaß für Pacelli schon lange den Status eines episkopablen Geistlichen: Bereits bei seiner Suche nach einem Nachfolger für Bischof Kirstein von Mainz 1920 oder seiner Ausschau nach dem ersten Oberhirten für das neu errichtete Bistum Meißen war er auf den Wiesbadener Pfarrer gestoßen. Wenn diese Bischofsstühle auch jeweils anders vergeben wurden, so behielt Pacelli ihn für spätere Besetzungsfälle in der Hinterhand. Selbst wenn also Hilfrich in der Audienz vom 12. Juli 1929 von Bischof Schreiber als sein Nachfolger vorgeschlagen und nicht etwa vom Nuntius selbst ins Spiel gebracht worden sein sollte, war Pacelli in keiner Weise vom Votum Schreibers abhängig. In ihrem Urteil waren sich beide Kirchenfürsten einig, sodass festzuhalten bleibt: Wäre Hilfrich nicht im Frühjahr 1930 zum Limburger Koadjutor ernannt worden, hätte ihm Pacelli mit aller Wahrscheinlichkeit jetzt auf die Meißener Cathedra verholfen. Da sich Pacelli selbst in dieser causa über die Qualitäten Hilfrichs nicht näher äußerte, muss auf die Wertung zurückgegriffen werden, die er im praktisch parallel verlaufenden Limburger Fall formulierte. Dort schrieb er ihm eine herausragende Begabung in allen relevanten Bereichen zu: in der Theologie, die Hilfrich als Ex-Germaniker in der „gesunden“, jesuitisch geprägten, römisch-scholastischen Ausformung gelernt, mit dem doppelten philosophisch-theologischen
Pacelli an Gröber vom 9. Januar 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 35r. 407 Pacelli an Gröber vom 9. Januar 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 35r. 406
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Doktorat abgeschlossen hatte und mit der sich außerdem seine unbedingte Treue zum Heiligen Stuhl verband; in seiner klaren Sicht auf die Notwendigkeit, die römischen Vorgaben zur Priesterausbildung umzusetzen; in seiner seelsorgerlichen und administrativen Tätigkeit als bedeutender Pfarrer in Wiesbaden, die ihm als tadellos lebendem Priester ein hohes Ansehen innerhalb und außerhalb der Diözese eingebracht hatte; schließlich in seinem geschickten Umgang mit den staatlichen Autoritäten. b) Vergleicht man diese Kriterien mit Pacellis Exposé über Gröber,408 fällt auf, dass das Profil im Wesentlichen deckungsgleich ist: Gröber hatte gleichermaßen als Alumne des Germanicums an der römischen Gregoriana studiert und mit der Doppelpromotion abgeschlossen; er brachte bereits Erfahrungen in der Formung des jungen Klerikernachwuchses mit; er war ebenfalls für seinen einwandfreien Lebenswandel bekannt und hatte sich als herausragender Konstanzer Pfarrer einen Namen in der gesamten Diözese gemacht. Zwei weitere Punkte, die in Pacellis Gutachten außerdem noch als Vorzüge Gröbers genannt wurden, verdienen abschließend Beachtung: Zum ersten dessen Einsatz für den Katholizismus „gegen Feinde jeder Art“ und die „Verteidigung der katholischen Rechte“ insbesondere im Bereich Schule und Erziehung. Damit genügte Gröber also sowohl der Meißener Diasporasituation als auch dem oben von Pacelli verlangten „geschickten Umgang“ mit dem Staat – der hier einen steten Kampf für die kirchlichen Freiheiten gegen eine von Pacelli als kirchenfeindlich eingestufte sächsische Regierung bedeutete. Zum zweiten betonte das Exposé nachdrücklich Gröbers Fähigkeiten als „flammender“ Redner und Prediger, als welcher er damals weithin bekannt und geschätzt war.409 Sind damit Pacellis inhaltliche Beweggründe für die Favorisierung Gröbers als Alternativkandidat für Hilfrich nachvollziehbar, bleibt noch die Frage, vor welchem Hintergrund er den Entschluss fasste, den Freiburger – mit den oben zitierten Worten Kellers – „so weit von der Heimat weg“ in das sächsische Diasporabistum zu transferieren. Immerhin taucht der Name Gröbers auch in den vatikanischen Quellen dieses Besetzungsfalls völlig unvermittelt auf. Dass Pacelli den Konstanzer Pfarrer und späteren Domkapitular bereits seit längerem kannte, geht schon aus dem Curriculum vitae hervor: An der Auszeichnung Gröbers als päpstlichen Geheimkämmerer im Jahr 1923, anlässlich derer Fritz das im Curriculum zitierte Zeugnis verfasste, war Pacelli als Nuntius beteiligt gewesen. Es ist allerdings nicht zufällig, dass das Gutachten nur diese eine Referenzquelle zur Person Gröbers aus dem Zeitraum von 1917 bis 1929 anführte, denn in der Zwar stammten die Werturteile des Gutachtens über Gröber von Fritz und Schreiber und damit nicht aus Pacellis Mund beziehungsweise Feder. Doch da dieser sie zitierte, scheint er sie sowohl als korrekt wie auch als normativ angesehen zu haben. 409 „Für die Zeitgenossen war Gröber eine geradezu legendäre Berühmtheit als Redner“ (Schmider, Bischöfe, S. 147), der „zündende, hinreißende Predigten halten“ (Müller, Grundlinien, S. 39) konnte. Gröber war außerdem als Rundfunkprediger tätig, „das neue Medium geschickt seiner rhetorischen Begabung anpassend“. Ott, Gröber, S. 68f. 408
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gesamten Nuntiaturberichterstattung Pacellis wird jener ansonsten nicht erwähnt.410 Dennoch war Gröber dem Nuntius keineswegs so fremd, wie diese spärliche Ausbeute vermuten lässt. Pacelli begegnete ihm häufiger, zwangsläufig auf seinen Reisen in die badische Hauptstadt. Zu nennen sind hier insbesondere zwei: Im Mai 1927 nahm Pacelli an der Jahrhundertfeier der Oberrheinischen Kirchenprovinz in Freiburg teil,411 Ende August 1929 besuchte er dort den 68. deutschen Katholikentag.412 Dass er auf diesen beiden kirchlichen Großveranstaltungen auch mit Domkapitular Gröber zusammentraf und ihn schätzen lernte, liegt auf der Hand. Wie eng und vertrauensvoll die Verbindung zwischen ihnen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich war, zeigt sich eindrücklich daran, dass sie während des Katholikentags von Freiburg aus gemeinsam mit ihrem beiderseitigen Freund Kaas und Pacellis Privatsekretär Gehrmann eine von Gröber akribisch organisierte Rundreise durch den Schwarzwald unternahmen.413 Während dieser Rundfahrt war Pacelli schon längst mit der Wiederbesetzung des Meißener Bischofsstuhls beschäftigt. Wenige Wochen nach der Reise übersandte er Schreiber das Ernennungsdekret zum Meißener Interimsadministrator und beurteilte die Kandidatenfrage gegenüber Friedrich August als „nicht akut“. Auch wenn die vatikanischen Quellen Gröbers Kandidatur für das sächsische Bistum erst über ein Jahr später namhaft machen, könnte dieselbe angesichts der genannten zeitlichen Konvergenz schon während dieser Reise oder kurz darauf bei Pacelli gereift sein, spätestens wohl im Frühjahr 1930, nachdem Hilfrich als Limburger Koadjutor nicht mehr für den Meißener Bischofsthron infrage kam. Deshalb ist Bruno Schwalbachs Vermutung zuzustimmen, dass die angesprochenen Begegnungen „Gröbers mit dem damaligen Nuntius Pacelli bei dem späteren Kardinalstaatssekretär einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen“ haben, „daß dieser ihn für episkopabel hielt und sich dafür einsetzte, daß Gröber … zum Bischof von Meißen ernannt wur-
Vgl. Wolf u. a. (Hg.), Kritische Online-Edition. Ausgenommen bleibt die bereits erwähnte Freiburger Erzbischofswahl von 1920, anlässlich der Gröber dem Nuntius zumindest dem Namen nach, nämlich im Wahlprotokoll, begegnete. Ein implizites Lob für den Domkapitular lässt sich schließlich noch in Pacellis Schlussrelation nachweisen. Gröber war seit 1925 als Liturgiereferent im erzbischöflichen Ordinariat verantwortlich für die vier Jahre später erscheinende Neuauflage des Diözesangesangbuches „Magnificat“, über das sich der Nuntius – wohlwissend um seine Entstehung – positiv äußerte. Vgl. Pacelli an Perosi vom 18. November 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1927–1931, Pos. 511 P.O., Fasz. 24, Fol. 8v, Wolf/Unterburger (Bearb.), Lage, S. 116f. 411 Für Gasparri verfasste er damals einen detaillierten Reisebericht. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 20. Mai 1927, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1922–1930, Pos. 511 P.O., Fasz. 22, Fol. 25r–30r. Vgl. auch Pacellis Festrede vom 16. Mai 1927, abgedruckt bei Pacelli, Reden, S. 95–98 (Nr. 19). 412 Vgl. zum Katholikentag: Die 68. Generalversammlung der Deutschen Katholiken; zu Pacellis Empfang ebd., S. 38–43. Seine Rede vom 1. September 1929 zur Kulturmission der Katholiken ist abgedruckt ebd., S. 240–245 und bei Pacelli, Reden, S. 175–181 (Nr. 42). 413 Gröber verfasste darüber anschließend einen Reisebericht. Vgl. Werner (Hg.), Gröber. 410
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de“414. Dieser persönliche Eindruck Pacellis fand in Schreibers Votum vom Mai 1930 anlässlich der Ermländer Sedisvakanz seine Bestätigung, sodass von diesem Gesamtbild her die Nominierung Gröbers in ihrer Genese plausibel erscheint. 2. Über den Besetzungsmodus gab es in diesem Fall keinen Zweifel: Wie schon bei der Erstbesetzung des Bistums 1920/21 wurde der neue Bischof frei vom Papst ernannt gemäß Can. 329 § 2 CIC 1917. Die Rechtslage hatte sich seit damals nicht verändert, ein Reichskonkordat, in dem Pacelli womöglich zu einer Modifikation des Modus – etwa zugunsten einer Beteiligung des Bautzener Domkapitels – bereit gewesen wäre, war noch nicht zustande gekommen. Dass an der Anwendung des ius commune nicht zu rütteln war, hatten offensichtlich auch die Domherren verstanden, die weder bei Pacelli noch bei Orsenigo mit der Bitte um das Bischofswahlrecht vorstellig wurden. Doch selbst für den gegenteiligen Fall muss man davon ausgehen, dass Pacelli es ihnen ungeachtet der rechtlichen Frage ohnehin nicht gewährt hätte: Wenn er dem Domdekan (auf Schreibers Empfehlung) nicht einmal zutraute, die Diözese temporär als Kapitelsvikar zu verwalten, dann traute er ihm und seinen Confratres im Kapitel noch viel weniger zu, den dauerhaften Bistumsvorsteher zu bestellen. Insofern war der „Ämtertausch“ Schreibers vom Diözesanbischof zum Administrator von Meißen ein klares Misstrauensvotum in Richtung Domkapitel.415 3. Die von ihm als kirchenfeindlich eingeschätzte sächsische Regierung ließ der Kardinalstaatssekretär im Verfahren außen vor. Ihre hinsichtlich der Wiederbesetzung angemeldeten Ansprüche wies Pacelli zum einen deshalb zurück, weil ein entsprechender Staatskirchenvertrag, der dieselben begründet hätte, nicht bestand und sie daher rechtlich unfundiert waren. Im Gegenteil hatte die WRV der Kirche eine klare Autonomie in der Ämterbesetzung zugesprochen. Zum anderen ließ er den Einflussversuch auch deshalb nicht gelten, weil die Regierung nicht einmal bereit war, die staatskirchenrechtliche Materie zweiseitig mit dem Heiligen Stuhl zu regeln. Andernfalls hätte Pacelli anscheinend mit sich reden lassen, wie man aus seiner Antwort an den Vatikangesandten Bergen schließen kann. So aber ließ er der Regierung die Nomination Gröbers nicht einmal noti Schwalbach, Erzbischof (1986), S. 19. Vgl. auch dieselbe Einschätzung bei Müller, Grundlinien, S. 38; Ott, Gröber, S. 69. Johannes Werner betont insbesondere Gröbers ausgezeichnete Planung der Rundfahrt: „Der Nuntius und seine Begleiter wussten wohl kaum, wie ihnen geschah, und müssen von der organisatorischen Meisterleistung, die Gröber vollbrachte, beeindruckt gewesen sein – und sie hatten gewiss ihre Hand im Spiel, als derselbe Gröber schon 1931 zum Bischof von Meißen und 1932 zum Erzbischof von Freiburg ernannt wurde.“ Werner (Hg.), Gröber, S. 112f. 415 Wie Pacelli später das deutlich günstigere Urteil aufnahm, das Gröber in seiner „Jahresbilanz“ über Hartmann und den Bautzener Klerus fällte, muss letztlich offen bleiben. Interessant ist jedoch, dass er zur Wiederbesetzung des Bischofsstuhls 1932 erneut auf den „Administratormodus“ zurückgriff und somit wiederum die Wahl eines Kapitularvikars ausschaltete. Vgl. Bd. 4, Kap. II.4.3 (Die Translation Conrad Gröbers nach Freiburg). 414
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fizieren. Jene konnte zwar letztlich mit dem Ergebnis zufrieden sein, da der Freiburger Domherr der gewünschte deutsche Staatsbürger war, doch hatte Pacelli diese Wahl nicht ihr zuliebe getroffen.416 4. Da sich die Frage nach dem Besetzungsmodus in diesem Fall nicht stellte (vgl. Nr. 2), war nur die Kandidatenthematik Gegenstand der Wortmeldungen, die bei Pacelli eingingen. Lediglich zwei Informanten kontaktierte er aktiv und von sich aus: die Diözesanbischöfe Schreiber und Kilian. Die zentrale Rolle nahm dabei der Erstgenannte ein, da dieser dem Nuntius beziehungsweise Kardinalstaatssekretär für beide in Erwägung gezogenen Bischofsaspiranten Pate stand. Die Kandidatur Hilfrichs war expressis verbis mit ihm abgesprochen, während Pacelli das von Schreiber im Kontext des Ermländer Besetzungsfalls eingereichte Votum für Gröber „zweckentfremdete“ und für die Meißener causa heranzog. Daher ist die von Keller geäußerte Vermutung, dass Schreiber bei der Nominierung seines Congermanikers Gröber „mitgewirkt“417 haben könnte, durchaus zu verifizieren. Die hervorgehobene Informantenrolle Schreibers erklärt sich aber nicht nur daraus, dass Pacelli ihn als Person und Bischof hochschätzte – wie dessen Translation nach Berlin belegt –, sondern vor allem auch daher, dass dieser als bisheriger Meißener Diözesanbischof besonders in der Lage sein musste, ein kompetentes Urteil über die Erfordernisse des Amtes zu fällen. Pacelli griff also auf die lokale Autorität zurück. Den Limburger Bischof befragte Pacelli schließlich in dessen Position als Ordinarius Hilfrichs. Ebenfalls auf den Ordinarius des Kandidaten, in diesem Fall den Freiburger Erzbischof, rekurrierte das Curriculum vitae Gröbers, sodass Fritz gewissermaßen indirekt als dritter Informant Pacellis erscheint. Da sich dieser damit auf drei Diözesanbischöfe stützte, folgte er strikt der kirchlichen Hierarchie. Doch darf wiederum die Bedeutung der drei Informanten – auch Schreibers – nicht überbewertet werden, denn Hilfrich und Gröber waren ohnehin von Pacelli hochangesehene, episkopable Persönlichkeiten, von deren Dignität er nicht etwa erst überzeugt werden musste (vgl. Nr. 1). Vielmehr ließ er sich seine eigenen Kandidatenvorstellungen von den Bischöfen bestätigen, was besonders bei Gröbers Kandidatur deutlich wird: Das Curriculum zog zwei Voten heran, die beide aus einem anderen Zusammenhang stammten (Schreiber aus dem Ermländer Fall und Fritz sogar nicht einmal aus dem Kontext einer Bischofsernennung) und deren eines schon alt war (Fritz von 1923). Pacelli befragte weder Schreiber noch Fritz aktuell und dezidiert zur Promotion Gröbers nach Meißen.418 Ihm ge-
Schon im ersten Meißener Besetzungsfall kam für Pacelli nur die Nomination eines deutschen und nicht etwa sorbischen Diözesanbischofs in Betracht, was ihm die klar deutsch-dominierte Bevölkerungsstruktur des Bistums diktierte. Diese Grundkonstellation hatte sich seitdem nicht geändert. 417 Keller, Gröber, S. 121. 418 Vgl. zur Weisung Pacellis an Orsenigo vom 13. Dezember 1930, Fritz nach seinem Einverständnis zur Erhebung Gröbers auf die Meißener Cathedra zu befragen, die Einschätzung in der Nummer 5. 416
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nügte also, dass diese Stimmen seine eigene Kandidatenüberlegung stützten, an einer Diskussion der Personalie, die womöglich aus einer solchen Befragung resultierte, war er nicht interessiert. Gänzlich unwirksam waren schließlich die übrigen „Ratgeber“, die sich aus eigener Initiative an Pacelli wandten. Abgesehen von der sächsischen Regierung (vgl. Nr. 3), waren das drei: Domdekan Hartmann, König Friedrich August und der Laie Grave aus dem Leipziger Verbandskatholizismus. Zwar entsprach Pacelli faktisch dem Anliegen Hartmanns, einen deutschen Oberhirten zu ernennen, doch gilt hier analog, was oben zur Eingabe der Regierung gesagt wurde: Er wählte keinen Deutschen, weil Hartmann dies wollte. Im Gegenteil erhielt dieser – nach Lage der Quellen – ebenso wie Grave nicht einmal eine Antwort. Dessen Kandidatenvorschlag hatte für Pacelli keinerlei Bedeutung. Gleiches gilt für die Proposition des Königs, dem der damalige Nuntius lediglich eine ausweichende Erwiderung zukommen ließ. 5. Eine Besonderheit des Meißener Falls bestand darin, dass Pacelli ihn in der ersten Hälfte noch als Berliner Nuntius, in der zweiten dann als Kardinalstaatssekretär abwickelte. Für beide Phasen bleibt zu konstatieren, dass er die konstitutive Figur für die causa war. Blickt man auf seine Tätigkeit als Nuntius, lässt sich ein hohes Maß an Selbständigkeit feststellen: Ohne römischen Auftrag führte er Kandidatensondierungen durch und erstattete über seine Überlegungen keinen Bericht, ebenso wenig wie über die bei ihm eintreffenden Eingaben der „Ratgeber“. Vor allem aber konzipierte er den „Ämtertausch“ Schreibers (vgl. Nr. 2), der dazu führte, dass die Wiederbesetzung des Meißener Bischofsstuhls erst Ende 1930 virulent wurde. Hatte er diesen „Ämtertausch“ als Nuntius vorbereitet, so setzte er den zweiten Teil desselben – Schreibers Ernennung zum Meißener Administrator – als Kardinalstaatssekretär in die Tat um. Als päpstlicher „Außenminister“ war Pacelli weiterhin der Ansprechpartner für die aus Deutschland kommenden Wortmeldungen zum Besetzungsfall – so wandten sich Grave am 8. Mai und die sächsische Regierung am 22. Juni 1930 direkt an ihn. Da Orsenigo die deutsche Reichsnuntiatur nach der zwölfjährigen „Ära“ Pacelli allerdings erst im April übernommen hatte, ist das wohl nicht überraschend. Entscheidend – wenn man so will – wurde Orsenigo nur einmal am Besetzungsfall beteiligt, nämlich als Pacelli ihn aufforderte, seine Meinung zur Personalie Gröber vorzubringen. Allerdings erteilte Pacelli diese Aufforderung erst nachdem er Pius XI. den Kandidaten bereits vorgelegt hatte. Ebenso ließ Pacelli die Auffassung des Freiburger Erzbischofs zur Promotion Gröbers nach Meißen erst im Anschluss an eine Audienz mit dem Papst einholen. Es scheint also, dass diese Kontaktaufnahmen vom Papst angeordnet wurden und der Kardinalstaatssekretär selbst in beiden Fällen nicht essentiell an der Ansicht des Befragten interessiert war. Ansonsten hätte er sich vermutlich schon um jene gekümmert, bevor er dem Pontifex seine Kandidatenüberlegung offerierte. Er glaubte also, die Personalentscheidung selbst ohne zusätzliche Gutachten ausreichend fundiert treffen zu können. Während die vatikanischen Quellen als solche nicht belegen, wie die Kandidatur Gröbers zustande kam, zeigt sich bereits an diesen Be105
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obachtungen, dass sie Pacellis Intention entsprang. Abgesehen davon war ohnehin er allein durch seine enge Verbindung zum und genaue Kenntnis des Freiburger Domkapitulars (vgl. Nr. 1) in der Lage, dessen Kandidatur zu initiieren. Der Papst segnete Gröbers Ernennung ab, sorgte aber (vermutlich) dafür, dass sie zuvor von Orsenigo und Fritz bestätigt wurde – ein Sachverhalt, dem zumindest ein Hauch von Begrenzung der Freiheit des Kardinalstaatssekretärs anhaftet. Dass Pacelli sich in einer starken Position sah, lässt sich womöglich daran ablesen, dass er das Plazet für Gröber vom Heiligen Offizium erst einholen ließ, nachdem dessen Nomination bereits auf dem Weg in die Öffentlichkeit war.
II.4.3 Seelsorge in der Diaspora: Meißen 1932 (Petrus Legge)419 Die Translation Conrad Gröbers nach Freiburg Der Episkopat Gröbers in Meißen währte keine eineinhalb Jahre. Am 21. Mai 1932 transferierte ihn Papst Pius XI. auf den erzbischöflichen Stuhl von Freiburg, sodass Gröber nach der kurzen Episode in der sächsischen Diaspora in seine Heimat zurückkehrte. Die Katholiken der Meißener Diözese – Deutsche wie Sorben – hatten sich weitgehend mit ihrem neuen Oberhirten angefreundet und waren nicht begeistert, ihn so bald wieder zu verlieren. Zeugnis davon gibt zum Beispiel ein Schreiben, das die sächsische Herzogin Mathilde wenige Tage vor der offiziellen Ernennung an Kardinalstaatssekretär Pacelli richtete.420 Ihr Bruder, König Friedrich August III. von Sachsen, der sich in die beiden vorangegangenen Besetzungsfälle des bischöflichen Stuhls von Meißen eingeschaltet hatte, war im Februar des Jahres verstorben. Der von Gerüchten genährte Gedanke, Gröber zu verlieren, löse – so Mathilde – bei Klerus und Volk „Betrübnis und Deprimiertheit“421 aus. Sie befürchtete eine lähmende Wirkung bei den Katholiken, die sich mühevoll in dem protestantischen Staat zu etablieren versuchten, falls „der Bischof, der ein so hervorragender Führer in Allem ist“422, wieder ginge.
Vgl. zur Besetzung des bischöflichen Stuhls von Meißen 1932 Derksen, Erinnerungen, S. 17–22; Jörgens, Hoffnung, S. 34–45; Mitzscherlich, Diktatur, S. 74–76; Speckner, Wächter, S. 259–262. 420 Vgl. Mathilde an Pacelli vom 16. Mai 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 4r–5r. 421 Mathilde an Pacelli vom 16. Mai 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 4r. 422 Mathilde an Pacelli vom 16. Mai 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 4v. 419
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Es war jedoch schon seit Januar 1932 beschlossene Sache, Gröber nach Freiburg zu berufen und natürlich konnte auch die Herzogin von Sachsen nichts daran ändern. Im Gegenteil warb Pacelli um ihr Verständnis: Es „war sich der Heilige Stuhl des außerordentlichen Opfers, das er für den erwähnten Fall den Katholiken der Meißener Diözese auferlegt, voll bewusst, und nur ganz bestimmte kirchliche Rücksichten, die aber als ausschlaggebend erachtet werden mussten, konnten ihn zu dem getanen Schritt veranlassen.“423
Damit ließ er aus dem Gerücht für Mathilde Gewissheit werden. Die „kirchlichen Rücksichten“ präzisierte er freilich nicht weiter. Sie bestanden letztlich darin, dass er für das erheblich größere und bedeutendere Erzbistum im Südwesten des Deutschen Reiches einen Erzbischof benötigte, der selbst aus Baden stammte und insbesondere bei der dortigen Regierung hoch angesehen war.424 Als abschließende Tröstung versprach Pacelli, sich bei der Wahl des Nachfolgers alle Mühe zu geben, um den Verlust nahezu vollkommen zu ersetzen. Die amtliche Nomination Gröbers zum Erzbischof von Freiburg erfolgte wie gesagt am 21. Mai. Das Bautzener Domkapitel, das am selben Tag durch den Berliner Nuntius Orsenigo davon Kenntnis erhielt, informierte das Bistum über den Weggang des Oberhirten wenig später am 8. Juni durch eine Ernennungsanzeige im Kirchlichen Amtsblatt.425 Zur selben Zeit siedelte Gröber nach Freiburg über und trat dort sein neues Amt an. Bis zur Einsetzung seines Nachfolgers behielt er als Apostolischer Administrator die Verwaltung der Diözese Meißen bei.426
Die Suche nach dem neuen Oberhirten: Pacellis Kandidatentrias und die Entscheidung für Petrus Legge Noch vor dem endgültigen Abschluss des Freiburger Besetzungsfalls stellte Orsenigo eine Kandidatenüberlegung für die Nachfolge Gröbers an. Am 21. Mai schlug er Pacelli den Münsteraner Domprediger und Professor für Homiletik, Adolf Donders, als eventuell infrage kommende Per-
Pacelli an Mathilde vom 18. Mai 1932 (Entwurf), ., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 6r. 424 Vgl. dazu Bd. 3, Kap. II.3.4 (Ergebnis Nr. 1). 425 Vgl. „Ernennung Bischof Dr. Conrad Gröbers zum Erzbischof von Freiburg“, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 6 vom 8. Juni 1932. 426 Das Dekret zur Ernennung Gröbers zum Administrator, das der Sekretär der Konsistorialkongregation, Kardinal Rossi, unterzeichnete, erschien Ende Juli in den Meißener Amtsblättern. Vgl. Ernennungsdekret Gröbers vom 21. Mai 1932, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 7 vom 27. Juli 1932. Vgl. zur Genese des Dekrets Bd. 3, Kap. II.3.4 Anm. 1811. 423
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sönlichkeit vor.427 Donders war bei der Wiederbesetzung des bischöflichen Stuhls von Hildesheim 1929 der Favorit des damaligen Nuntius Pacelli gewesen.428 Doch hatte sich der Domprediger erfolgreich gegen seine Kandidatur gewehrt, indem er seine angeschlagene physische Gesundheit als Hinderungsgrund anführte. Das lag mittlerweile drei Jahre zurück. Nun wusste Orsenigo nach eigener Aussage aus zwei unabhängigen Quellen, dass sich Donders bei guter Gesundheit befinde. Allerdings müsse man dies noch einmal genau nachprüfen, bevor man ihn ernstlich in Erwägung ziehen könne. Pacelli ging auf diesen Vorschlag des Nuntius nicht ein. In der Terna von Geistlichen, die er seinem Berliner Untergebenen volle zwei Monate später am 23. Juli vorlegte, suchte dieser den Namen Donders vergeblich.429 Stattdessen nahm der Kardinalstaatssekretär folgende Geistliche in die engere Auswahl: 1) den Päpstlichen Hausprälaten und Breslauer Kanoniker, Ernst Lange; 2) den Magdeburger Propst, Petrus Legge, und schließlich 3) den Pfarrer von Berlin-Tempelhof und Domkapitular der Hauptstadtdiözese, Heinrich Heufers. Orsenigo erteilte er die Aufgabe, über jeden Informationen zu sammeln und diese im Verbund mit der eigenen Meinung an Pacelli zurückzusenden. Der Nuntius erledigte den Auftrag am 14. August und stellte allgemein fest, dass „hinsichtlich des priesterlichen Lebens alle drei Personen tadellos sind, sodass sie die Achtung ihrer Bischöfe und ihrer Mitbrüder genießen“430. Er fuhr mit dem Hinweis fort, dass jeder in einem deutschen Seminar studiert, aber keiner den Doktorgrad erlangt habe. Bei ersterer Information unterlief dem Nuntius ein Fehler, denn Heufers hatte seine philosophisch-theologischen Studien sehr wohl im Ausland absolviert, nämlich im Innsbrucker Jesuitenkolleg Canisianum. Bevor er anschließend auf die einzelnen Biographien zu sprechen kam, wies Orsenigo daraufhin, dass sich ihre Fähigkeiten beträchtlich unterschieden: 1) Der 52-jährige Heufers, ein gebürtiger Westfale, sei 1904 in Münster zum Priester geweiht worden. Vor elf Jahren habe er die Pfarrei Berlin-Tempelhof übernommen und im letzten Jahr schließlich ein Berliner Kanonikat empfangen. Ein besonderer Charakterzug sei seine ausgeprägte Schüchternheit, die so weit gehe, dass „er auch in den Kapitelssitzungen immer einen Weg findet, um zu vermeiden, seine Meinung auszudrücken, indem er sich bereitwillig hinter den Kollegen oder der Meinung
Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 21. Mai 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1931–1939, Pos. 620 P.O., Fasz. 136, Fol. 100r–101r, hier 100v. 428 Vgl. Bd. 1, Kap. II.1.6 (Der Kandidat des Nuntius: Adolf Donders). 429 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 23. Juli 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 8rv. 430 „… riguardo la vita sacerdotale sono tutti e tre persone incensurabili, che godono la stima dei loro Vescovi e dei Confratelli.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932– 1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 9r–10v, hier 9r. 427
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des Ordinarius verschanzt“431. Aus gleicher Motivation nutze Heufers jede Gelegenheit, um seiner Predigtpflicht aus dem Weg zu gehen. Auch als junger Kaplan in der Pfarrei St. Michael in Berlin und Direktor der dortigen Mütterkongregation habe er es zwar hervorragend verstanden, seine Leitungsfunktionen auszuüben. Aber für die Predigt habe er stets einen Jesuitenpater hinzugezogen. 2) Lange, Päpstlicher Hausprälat und Kanoniker in Breslau, stehe im Alter von 57 Jahren. Vom selben Weihejahrgang wie Heufers, habe er bis 1920 einer Pfarrei in Rokittnitz bei Beuthen vorgestanden, woraufhin er wegen seiner Verdienste von Kardinal Bertram dem Domkapitel hinzugefügt worden sei. Langes Stärken sah Orsenigo auf dem Feld der karitativen Einrichtungen, die er als Diözesanpräses des Caritasverbandes ausspielen konnte. Zwar „ist er kein gewandter Redner, aber ordentlich und klar, mit gutem Sinn ausgestattet, sehr ehrerbietig gegenüber allen seinen vorgesetzten Geistlichen und von versöhnlicher Natur“432. Dieser guten Wertung schob Orsenigo umgehend ein relativierendes Urteil nach: „Er ragt nicht durch besondere Begabungen hervor; ich glaube nicht, dass er eine umfangreiche Kultur besitzt.“433 3) Der letzte Kandidat, Legge, ein 50-jähriger Priester aus der Paderborner Erzdiözese, sei 1907 ordiniert worden und leite seit 1924 die Propstpfarrei St. Sebastian in Magdeburg. Der Nuntius bemerkte eigens, dass es sich um ein bedeutungsvolles Amt handle, da ihm mehrere Tausend Gläubige anvertraut seien. Seine Qualitäten schätzte Orsenigo im Gegensatz zu den beiden Erstgenannten vorbehaltlos: „Er ist ein guter Priester, voll des Eifers: er besitzt einen Unternehmungsgeist; in wenigen Jahren hat er es verstanden, seiner Pfarrei den Rhythmus eines vorbildlichen Lebens einzuprägen. Ein guter Redner, von hingebungsvollen Gefühlen gegenüber dem Heiligen Stuhl.“434 Orsenigo fügte hinzu, dass dessen Bruder, Theodor Legge – ebenfalls Priester –, kürzlich vom Episkopat für den Posten des Feldpropstes vorgeschlagen worden sei.435 „… anche nelle sedute capitolari trova sempre modo di astenersi dallʼesprimere il suo parere, trincerandosi volontieri dietro i colleghi o dietro lʼopinione dellʼOrdinario.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 9v. 432 „… è parlatore non eloquente, ma ordinato e chiaro, dotato di buon senso, molto deferente a tutti i suoi superiori ecclesiastici e di indole conciliante.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 10r. 433 „Non emerge per doti speciali; non credo che possieda vasta coltura.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 10r. 434 „È un buon sacerdote, pieno di zelo: ha spirito intraprendente; in pochi anni ha saputo imprimere alla sua parrocchia un ritmo di vita esemplare. Buon oratore, di sentimenti devoto alla Santa Sede.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 10r. 435 Der Paderborner Erzbischof Klein hatte in einer Denkschrift zur umstrittenen Besetzung der Feldpropstei, die er am 4. Mai 1932 an Reichskanzler Heinrich Brüning sandte, seinen Diözesan Theodor Legge für dieses Amt vorgeschlagen. Einige Wochen zuvor war Klein in Berlin gewesen und hatte wohl bei dieser Gelegenheit Orsenigo von der Personalie unterrichtet. Vgl. dazu Güsgen, Militärseelsorge, S. 154–158; Heim, Bischöfe, S. 239f., der aber den von Klein vorgeschlagenen Legge laut Register fälschlich mit Petrus Legge identifiziert. Vgl. zur Besetzung der Feldpropstei auch Bd. 2, Kap. II.1.16 Anm. 1316. 431
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Woher hatte der Nuntius diese Informationen? Seine Quellen gab er Pacelli nicht preis. Er erwähnte lediglich, die Hinweise mit höchster Diskretion eingeholt zu haben. Obwohl Legge das günstigste Urteil erhalten hatte, wollte sich der Nuntius nicht auf ihn festlegen. Sollte einer der drei den Vorzug bekommen, bot er an, über diesen zunächst sub secreto ein weiteres Votum von einem „anderen fähigen Informanten“436 einzuholen, bevor der Heilige Stuhl eine endgültige Entscheidung fällen werde. Auf Basis dieser Einschätzung votierte Pacelli für die Kandidatur Legges. Schon fünf Tage nachdem Orsenigo seine Kandidateninformationen nach Rom geschickt hatte, bat Domenico Tedeschini, Untersekretär der AES, beim Heiligen Offizium um die Unbedenklichkeitserklärung für den Genannten.437 Diese wurde bereits am folgenden Tag durch Commissarius Lottini ausgestellt.438 Zwei weitere Tage darauf, am 22. August, teilte Pacelli dem Berliner Nuntius mit, dass der Papst Petrus Legge für geeignet halte, um zum Nachfolger Gröbers auf dem bischöflichen Stuhl von Meißen ernannt zu werden.439 Der Entwurf dieses Dokuments enthält eine nachträglich eingefügte Parenthese, die deutlich macht, warum Pacelli die knappen Ausführungen über den Propst für die Entscheidung genügten: „… Pietro Legge, parroco di Magdeburgo, a me pure ben noto …“440 Er hatte ihn während seiner langen Amtszeit in Deutschland persönlich kennengelernt und offensichtlich einen guten Eindruck im Gedächtnis behalten. Nur deshalb hatte es Legge also auch in die engere Auswahl der ursprünglichen Terna geschafft. Obwohl die Kandidatenfrage praktisch gelöst schien, bat Pacelli abschließend, ihm möglichst bald das versprochene weitere Gutachten zu besorgen, das also über die Person Legges zu handeln hatte. Bis Monatsende sammelte Orsenigo zwei weitere Urteile über den Propst, die er – wie er Pacelli dieses Mal mitteilte – beim Paderborner Erzbischof Klein und beim Berliner Oberhirten Schreiber eingeholt hatte.441 Die Informantenwahl des Nuntius ist nachvollziehbar: Klein war Legges Ordinarius und Schreiber hatte – worauf Orsenigo selbst hinwies – den Genannten be-
„… altro informatore competente.“ Orsenigo an Pacelli vom 14. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 10v. 437 Vgl. Tedeschini an Lottini vom 19. August 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 11r. 438 Vgl. Lottini an Tedeschini vom 20. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 12r. 439 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 22. August 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 21r. 440 Pacelli an Orsenigo vom 22. August 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 21r. Hervorhebung R.H. Der Entwurf stammte aus der Feder des Minutanten Silvani. 441 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 31. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 13r–14r. 436
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reits im Aachener Besetzungsfall 1930/31 als episkopabel deklariert.442 Das bedeutete freilich, dass Orsenigo im Vorhinein bereits mit einem positiven Votum des Berliner Bischofs rechnen konnte. Klein versicherte dem Nuntius laut dessen Darstellung, Legge sehr gut zu kennen und ihm daher fundiert in jeder Beziehung das beste Zeugnis ausstellen zu können. Als ein besonders ins Gewicht fallendes Kriterium galt ihm Legges Erfahrung in der Diaspora: Der Erzbischof „nennt ihn einen frommen Priester, gewissenhaft in seinen Pflichten, einen eifrigen Hirten, theologisch gebildet. Von würdevoller Haltung, eifrig und klug, was die sozialen Werke betrifft, von seltener organisatorischer Fähigkeit, ein bester Kenner der Diaspora, wo er sämtliche 26 Jahre seines Priestertums verbrachte, was ihm als kostbare Vorbereitung für die Diözese Meißen dient, die überwiegend Diaspora ist.“443
Ebenso günstig fiel das Votum Schreibers aus. Allerdings habe dieser – so der Nuntius – darauf hingewiesen, dass der Kandidat eine gewisse Affinität für Ehrenbezeigungen besitze. Dieses Malum war nach Orsenigo jedoch nicht überzubewerten. Mit den skizzierten Angaben hoffte der Nuntius, seine Pflicht erfüllt zu haben. Er schloss mit der Einschätzung, dass die Besetzung der Diözese eile, „auch weil das Domkapitel, wie immer, die Sedisvakanz ausnutzen will, um gewisse Anordnungen für den Ordinarius zu treffen, die hingegen besser zusammen mit dem Ordinarius getroffen würden“444.
Die Einsetzung Legges zum Bischof von Meißen Die beiden positiven Stimmen von Klein und Schreiber gaben den letzten Ausschlag dafür, dass sich Papst und Kardinalstaatssekretär am 3. September endgültig auf Legge festlegten.445 Was Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.11 (Die Kandidatenvorschläge des Aachener Domkapitels und der preußischen Bischöfe). 443 „… dice sacerdote pio, fedele ai suoi doveri, zelante pastore, teologicamente colto. Di portamente dignitoso, zelante e prudente per quanto riguarda le opere sociali, di rara capacità organizzatrice, ottimo conoscitore della Diaspora, ove passò tutti i suoi 26 anni di sacerdozio, ciò che gli conferisce una preziosa preparazione per la Diocesi di Misnia, che è prevalentemente Diaspora.“ Orsenigo an Pacelli vom 31. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 13r-v. 444 „… anche perchè il Capitolo, come sempre, vuole approfittare della sede vacante per sistemare certe pendenze con lʼOrdinario, che è meglio invece siano sistemate con lʼOrdinario stesso.“ Orsenigo an Pacelli vom 31. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 13v. 445 Aus der Audienz bei Pius XI. von diesem Tag notierte sich Pacelli mit Bezug auf Orsenigos Bericht: „Approvato il sac. Legge.“ Audienznotiz Pacellis vom 3. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 346, Fol. 55r. 442
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noch fehlte, war das Einverständnis von diesem selbst. Deshalb wies Pacelli den Berliner Nuntius am selben Tag an, Legges Zustimmung einzuholen.446 Dieser verbrachte damals einige Zeit in seinem Elternhaus im westfälischen Brakel, wo ihn Orsenigos telegraphische Mitteilung erreichte, „in dringender Angelegenheit“447 in die Nuntiatur zu kommen. Legge machte sich umgehend auf den Weg und sprach bereits am 7. September beim Nuntius vor. Dieser informierte ihn über den päpstlichen Wunsch, ihn zum Bischof von Meißen zu ernennen, wozu der Propst nach einigem Zögern seine Zustimmung gab.448 Damit konnte Orsenigo noch am selben Tag dem Kardinalstaatssekretär die telegraphische Mitteilung machen, dass der Erwählte seine Nomination akzeptiere.449 Um das Bautzener Domkapitel „vorwarnen“ zu können, wünschte er eine frühzeitige Benachrichtigung, wann die päpstliche Ernennung publiziert werde. Die Formalitäten leitete Pacelli am 9. September in die Wege, indem er den Sekretär der Konsistorialkongregation anwies, die entsprechenden Dokumente für die Promotion Legges auf den bischöflichen Stuhl von Meißen erstellen zu lassen.450 Die offizielle Nomination datiert daher auf diesen Tag.451 Orsenigos Bitte entsprechend informierte er ihn zur selben Zeit, dass die Nomination Legges drei Tage später, am Montag dem 12. September, im „Osservatore Romano“ publiziert werde.452 Damit war der Nuntius in den Stand versetzt, das Meißener Domkapitel bereits am 10. des Monats
Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 3. September 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 16r. 447 Orsenigo an Legge vom 5. September 1932, abgedruckt bei Jörgens, Hoffnung, S. 34. 448 Pfarrer Johannes Derksen überliefert, wie Legge seinen Besuch bei Orsenigo später geschildert habe: „Eines Tages wurde ich dringend nach Berlin gerufen. Obschon der Nuntius noch kaum von seiner Krankheit genesen war, wurde ich ins Krankenzimmer gebeten. Der Nuntius hat mir meine eigenen Familienverhältnisse dargelegt, und ich habe nicht gewußt, was alles zu bedeuten hatte; bis dann endlich der Nuntius zu mir sagte: ‚Der Heilige Vater wünscht, daß Sie Bischof von Meißen werden.‘ Da bin ich aber erschrocken … und ich wollte nicht annehmen. Der Nuntius ließ mich allein … Und dann kam er wieder zu mir. Ich wollte, ich konnte nicht ja sagen. Da zeigte der Nuntius auf das Bild des Heiligen Vaters Papst Pius XI.: ‚Sehen Sie sich diesen Kopf an! Sehen Sie aber auch diese Faust. Wenn der Sie einmal will, gibt es kein Nein dagegen.‘“ Derksen, Erinnerungen, S. 17f. 449 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 7. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 18r. 450 Vgl. Pacelli an Rossi vom 9. September 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 17r. Für die nötige Kenntnis des Kandidaten fügte Pacelli eine Abschrift der Vita Legges aus Orsenigos Bericht vom 14. August bei, die den Studienort Legges nicht erwähnte und insofern auch die angesprochene Fehlinformation Orsenigos nicht korrigierte. Vgl. Curriculum vitae del sacerdote Pietro Legge, ebd., Fol. 15r. 451 Vgl. AAS 24 (1932), S. 343. 452 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 9. September 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 20r. Vgl. auch den Entwurf der Anzeige vom 9. September 1932, ebd., Fol. 19r sowie die Bekanntmachung im „Osservatore Romano“ Nr. 213 vom 12.–13. September 1932. 446
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von der Einsetzung unterrichten zu können, das daher von dieser Neuigkeit nicht erst aus der Presse erfahren musste. Umgehend beglückwünschte es den neuen Oberhirten und versicherte ihm seine Treue.453 Am 28. September übersandte Colli, der Auditor der Berliner Nuntiatur, zwei Ergebenheitsschreiben des Neuernannten an Pizzardo.454 Das eine war an Pacelli gerichtet, das andere für Pius XI. bestimmt. Der erste Brief zeugt von dem nachhaltigen Eindruck, den Pacelli noch als Nuntius auf Legge gemacht hatte: „Der Gedanke an das überaus segensreiche Wirken Eurer Eminenz hat mich in all meinen Arbeiten geleitet, seitdem ich die große Ehre hatte, Eure Eminenz auf dem Katholikentage in Magdeburg kennen zu lernen. Die herrlichen Worte in den programmatischen Ausführungen über die katholische Aktion haben bis heute außerordentliche Früchte gezeitigt.“455
Auf dem Magdeburger Katholikentag 1928 hatte Pacelli das Wesen der Katholischen Aktion im Sinne Piusʼ XI. erläutert und ihr Aufgabenfeld abgesteckt.456 Legge stilisierte sich gleichsam als Schüler, der versuchte, sich die Ausführungen des Lehrers zu eigen zu machen und in die Tat umzusetzen. Dass dies erfolgreich verlaufen war, untermauerte Legge am Beispiel der Rekonziliationen, also der Wiederaufnahme von ausgetretenen Menschen in die Kirche. Ihre Zahl sei auf mittlerweile über 70 im Jahr 1932 gestiegen (bei einem Anfangswert von gerade einmal jährlich fünf), seitdem er nach den pastoralen Anweisungen, die Pacelli auf dem Katholikentag verkündet hatte, arbeite. Eine ähnliche Entwicklung ergebe sich auch im Blick auf die Zahl der nachträglich kirchlich getrauten Menschen. „Ich habe daher gewiss allen Grund, Eurer Eminenz heute allen Dank zu sagen. Ich verspreche aber zugleich Eurer Eminenz, in gleichem Sinne in der Diözese Meißen arbeiten zu wollen.“457 Seine Eignung für die Arbeit in der Diaspora unterstrich Legge implizit, indem er darauf hinwies, dass seine bisherige Pfarrei St. Sebastian aus 6.000 Katholiken bestehe, die unter 180.000 Andersgläubigen leben würden.
Vgl. Jörgens, Hoffnung, S. 35. Die päpstliche Nomination Legges wurde Ende September im Meißener Amtsblatt bekannt gegeben. Vgl. Ernennungsanzeige Legges vom 16. September 1932, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 9 vom 29. September 1932. 454 Vgl. Colli an Pizzardo vom 28. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 22rv. 455 Legge an Pacelli vom 23. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 24rv, hier 24r. 456 Vgl. Pacellis Rede auf dem Magdeburger Katholikentag vom 5. September 1928, abgedruckt bei Pacelli, Reden, S. 137–140 (Nr. 31). 457 Legge an Pacelli vom 23. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 24v. 453
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Im zweiten Brief bedankte sich Legge beim Papst für „die Auszeichnung und Gnade“458, zur Bischofswürde erhoben zu werden. Zwar sei die Aufgabe in der sächsischen Diaspora nicht einfach, aber der Gehorsam gegenüber dem römischen Pontifex, den er seit frühester Jugend pflege, stehe für ihn nicht zur Disposition. Die Anhänglichkeit an den vicarius Christi zu stärken, sei stets Inhalt seiner priesterlichen Tätigkeit gewesen und sollte auch zentraler Bestandteil seines Wirkens in Meißen werden. Die Bischofsordination vollzog Erzbischof Klein unter Assistenz des Hildesheimer Oberhirten Bares und des Münsteraner Weihbischofs, Johannes Scheifes, am 28. Oktober, dem Fest der Apostel Simon und Judas, in Magdeburg. Am Sonntag, dem 6. November, legte Legge dem Bautzener Domkapitel seine Ernennungsbulle vor, wodurch er formell das Bistum in Besitz nahm.459 Das Ernennungsdekret, das Ende November auch im Meißener Diözesanblatt erschien, war wie gewöhnlich vom Kanzler der Heiligen Römischen Kirche unterzeichnet, in diesem Fall also von Kardinal Frühwirth.460 Domdekan Alexander Hartmann verlas es öffentlich bei der feierlichen Inthronisationszeremonie, die im Anschluss an die angesprochene Kapitelssitzung stattfand.
Ergebnis 1. Die vatikanischen Quellen zu diesem Besetzungsfall lassen kaum Rückschlüsse auf Pacellis Kandidatenprofil zu. Ohne jede Begründung oder nähere Erläuterung legte der Kardinalstaatssekretär dem Nuntius die Terna der angedachten Bischofsanwärter vor. Woher nahm er diese drei Geistlichen? Liest man das Schreiben genau, fällt die Einleitung auf: „Es sind als Kandidaten, die für den vakanten Bischofsstuhl von Meißen in Erwägung zu ziehen sind, vorgeschlagen worden …“461 Legge an Pius XI. vom 23. September 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 25rv, hier 25r. 459 Vgl. „Inthronisation des hochwürdigsten Herrn Bischofs“, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 11 vom 25. November 1932. 460 Der zentrale standardisierte Passus lautete: „Hodie Nos, de venerabilium Fratrum Nostrorum Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalium consilio, ad Cathedralem Ecclesiam vestram Misnensem, Nobis ac, Sedi Apostolicae immediate subiectam, suo in praesens Pastore destitutam, dilectum filium PETRUM LEGGE, Magdeburgi, in archidioecesi Paderbornensi Parochum, apostolica auctoritate elegimus ipsumque illi in Episcopum praefecimus et Pastorem.“ Ernennungsdekret Legges vom 9. September 1932, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 11 vom 25. November 1932. Hervorhebung im Original. 461 „Sono stati proposti come candidati, da prendere in considerazione per la vacante Sede vescovile di Misnia …“ Pacelli an Orsenigo vom 23. Juli 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1932–1939, Pos. 628 P.O., Fasz. 146, Fol. 8r. Hervorhebung R.H. 458
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Handelte es sich hierbei nur um eine einleitende Formel oder hatte Pacelli tatsächlich Vorschläge eingeholt, die sich in Akten nicht erhalten haben? Beides scheint denkbar (vgl. Nr. 4). Tatsache ist jedenfalls, dass er den schlussendlich zum Bischof erkorenen Legge persönlich aus seiner Zeit als Berliner Nuntius kannte und sogar – wie er selbst zugab – gut kannte. Im Kontext des Magdeburger Katholikentags 1928, den der Propst organisierte, hatte er mehrfach mit ihm zu tun gehabt. Legge suchte Pacelli damals häufiger in der Nuntiatur auf, um die Vorbereitungen zu besprechen.462 Mit dem Verlauf dieses katholischen „Diaspora-Kongresses“ war Pacelli hochzufrieden, wie er in seiner anschließenden Berichterstattung erklärte463 – ein Urteil, das damit gewissermaßen auch und gerade für Legge galt. Auch den Berliner Domkapitular Heufers kannte Pacelli aus seiner Nuntiaturzeit näher.464 Dieser war von 1908 bis 1931 in der Berliner Seelsorge tätig und als Kaplan von St. Matthias-Schöneberg beziehungsweise dann vor allem als Pfarrer von Herz Jesu-Tempelhof in der unmittelbaren Umgebung des Nuntius gewesen. Pacelli wiederum hatte nachweislich ein Auge auf den örtlichen Klerus.465 Domkapitular Lange schließlich war als Koryphäe des Breslauer Caritasverbandes und als Zweiter Vorsitzender des Deutschen Caritasverbandes weit über die Diözesangrenzen hinaus bekannt und geschätzt. Seine Ehrungen mit dem Päpstlichen Verdienstorden „Pro bene merenti“ und dem Päpstlichen Hausprälatentitel gingen über Pacellis Schreibtisch.466 Mit allen dreien hatte Pacelli als Nuntius also zu tun gehabt und auf diese Kenntnis griff er jetzt als Staatssekretär zurück. Nicht genau zu klären ist, welche Kriterien für die Auswahl dieser Trias maßgeblich waren. Zwar kann man festhalten, dass Pacelli faktisch die Nomination eines deutschen Geistlichen wünschte, der in der mittelbaren Nähe zur Meißener Diözese tätig und außerdem mit der katholischen Diaspora in Berührung gekommen war – denn dies galt für alle drei Amtsanwärter. Ebenfalls waren sie alle Domherren, Legge freilich erst seit wenigen Wochen und „nur“ nicht-residierender Kapitular am Paderborner Dom. Mit 50 Jahren war er der Jüngste der Trias, gefolgt von Heufers mit 52 und Lange mit 56 Jahren. Keine Übereinstimmung gab es etwa hinsichtlich ihres Studiums, das von Orsenigo nur am Rande thematisiert wurde. Legge hatte in Würzburg und Paderborn
Vgl. Jörgens, Hoffnung, S. 31. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 12. September 1928 (Entwurf), ASV, ANB 37, Fasz. 5, Fol. 31r–33r sowie erneut Bd. 1, Kap. II.1.6 (Der Kandidat des Nuntius: Adolf Donders). 464 In Pacellis Nuntiaturberichterstattung fällt der Name Heufers indes nicht. Vgl. Wolf u. a. (Hg.), Kritische Online-Edition. 465 Seine enge Bekanntschaft mit Clemens August Graf von Galen, der Pfarrer von St. Matthias gewesen war, macht das deutlich. Vgl. dazu die entsprechenden Hinweise in Bd. 2, Kap. II.1.12 (Ergebnis Nr. 1). 466 Die Bitte Bertrams, Lange zum Päpstlichen Hausprälaten zu erheben, leitete Pacelli Mitte September 1928 nach Rom weiter und erklärte dabei, „da parte di questa Nunziatura nulla osta alla concessione“. Pacelli an Gasparri vom 13. September 1928, ASV, Segr. Stato, Anno 1928, Rubr. 248, Fasz. 3, Fol. 91r. Hervorhebung im Original. 462 463
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studiert, Lange war in Breslau ausgebildet worden, während Heufers bei den Innsbrucker Jesuiten gewesen war, was sich für ihn in dieser causa allerdings nicht bezahlt machte. Da die Wahl zugunsten Legges (auch) auf Basis von Orsenigos Gutachten erfolgte, lässt sich von hier aus die Frage stellen, welche Vorzüge der Nuntius dem Magdeburger Propst vor den beiden anderen Geistlichen zuerkannte. Sie bestanden insbesondere auf dem Feld der Seelsorge, in der zwar alle durchaus Erfahrung gesammelt hatten, aber Legge eindeutig herausstach. Eng damit verbunden war die Begabung in Predigt und Rede, die ihm Orsenigo ausdrücklich zu- und den anderen beiden ausdrücklich absprach. Legges Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl stellte Orsenigo besonders heraus, zu der sich lediglich über Lange ein analoges Urteil findet, insofern dieser „ehrerbietig gegenüber allen seinen vorgesetzten Geistlichen“ sei. Letztlich sind diese Bestimmungen aber nur bedingt aussagekräftig, denn Pacelli besaß durch seine persönliche Kenntnis, vielleicht sogar auch durch das Exposé eines anderen Informanten, ein umfangreicheres und vermutlich auch modifiziertes Bild von den Kandidaten. Schlussendlich entschied er sich für den ihm vertrautesten und persönlich hochgeschätzten Geistlichen. 2. Der Besetzungsmodus war für Pacelli unstrittig: In Ermangelung einer alternativen Rechtsgrundlage folgte jener der Vorgabe des Can. 329 § 2 CIC 1917 und damit einer freien päpstlichen Ernennung. Erst ein Jahr später sollte der Kardinalstaatssekretär mit dem Abschluss des Reichskonkordats den Modus des badischen Konkordats auf Meißen ausdehnen.467 Erwähnenswert ist noch, dass Pacelli wie schon beim vorangegangenen Meißener Besetzungsfall eine Kapitularvikarswahl vermied, indem er Gröber die Interimsverwaltung der Diözese als Administrator übertrug und den Domherren auf diese Weise erneut jeden Einfluss auf die Bistumsleitung verwehrte. 3. Weder sächsischer Regierung noch Reichsregierung gewährte Pacelli irgendeine Beteiligung an der Wiederbesetzung des Bischofsstuhls. Die Quellen zeigen nicht einmal, dass es eine Kontaktaufnahme zwischen ihm und den Staatsvertretern gegeben hätte. 4. Darauf, dass Pacelli womöglich informell Informanten kontaktierte, um sich Kandidatenvorschläge und beziehungsweise oder -beurteilungen geben zu lassen, wurde bereits hingewiesen (Nr. 1). Ob er dies wirklich tat und um wen es sich im positiven Falle handelte, muss offen bleiben.468 Mit seiner Vgl. Art. 14 des Reichskonkordats, Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 508. Vgl. zum badischen Konkordat Bd. 3, Kap. II.3.4 (Die Besetzung des Freiburger Erzbischofsstuhls in den Konkordatsverhandlungen). 468 Zwei Namen scheinen besonders überlegenswert: Zum einen könnte es sich um Gröber gehandelt haben. Wie Pacelli bei der vorangegangenen Meißener Besetzung den bisherigen Diözesanbischof – Schreiber – über den möglichen Nachfolger befragt hatte, so könnte er auch diesmal den bisherigen Diözesanbischof – Gröber – in die Kandidatenüberlegungen mit einbezogen haben. Ohnehin stand Pacelli während dieses Be467
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persönlichen Kenntnis war Pacelli vielleicht auch in der Lage, die Dreierliste von sich aus aufzustellen. Mittelbarer Informant war der Berliner Oberhirte Schreiber, der Legge im September 1930 im Kontext der Aachener Besetzung für tauglich erklärt hatte. Auf indirektem Weg hatten Orsenigos Anfragen bei – wiederum – Schreiber und Klein Einfluss auf Pacelli. Allerdings befragte sie der Nuntius erst, als der Kandidat bereits gefunden war, sodass ihren Voten über Legge lediglich bestätigende Funktion zukam. Ungefragt meldete sich schließlich Herzogin Mathilde beim Kardinalstaatssekretär. Doch ihre Bitte, Gröber nicht nach Freiburg zu transferieren, stieß auf Granit. 5. Da in diesem Fall keine Fragen zum Besetzungsmodus geklärt werden mussten (vgl. Nr. 2), war dem Heiligen Stuhl als einzige Aufgabe aufgetragen, einen Kandidaten für den vakanten Bischofsstuhl zu finden. Die Rekonstruktion weist den Kardinalstaatssekretär als die Instanz aus, welche diese Personalsuche konstitutiv durchführte. Indem er gegenüber Orsenigo bekannte, dass er Legge persönlich gut kenne, bewies er gleichzeitig, dass er mit den römischen Sondierungen beschäftigt war. Die Person des Papstes tritt nur an zwei Stellen durch Pacellis Korrespondenz mit der Berliner Nuntiatur in Erscheinung. Hierbei ist eine aufschlussreiche Beobachtung zu machen: Nachdem Orsenigo sein Urteil über die Kandidatentrias eingereicht hatte, erwiderte Pacelli, dass Pius XI. den Magdeburger Pfarrer bevorzuge; im Anschluss an die später von Schreiber und Klein eingeholten Voten erklärte er wiederum, dass der Papst sich (in der Audienz vom 3. September) für Legge entschieden habe. Anders jedoch zu Beginn: Als Pacelli dem Nuntius die Kandidatentrias zur erstmaligen Begutachtung vorlegte, erwähnte er nicht, dass der Papst an der Genese der Liste beteiligt gewesen wäre oder womöglich die drei Geistlichen als Kandidaten ins Auge gefasst hätte. Nimmt man diese Beobachtung ernst, dann ergibt sich daraus, dass der Kardinalstaatssekretär den Pontifex erst in die Kandidatenfrage einschaltete, nachdem er die grundlegende Kandidatenvorauswahl bereits vorgenommen hatte. Dies legt auch die zeitliche Abfolge nahe, gesetzungsfalls in Kontakt mit dem neuen Freiburger Oberhirten – im August 1932 war Gröber für mehrere Tage sogar persönlich in Rom –, da dieser an den badischen Konkordatsverhandlungen beteiligt war. Zum anderen könnte man beispielsweise auch an Pacellis langjährigen Vertrauten Franz Rauterkus SJ denken, den er häufiger in Ostdeutschland betreffenden Belangen konsultierte, der langjährig in Berlin tätig war und sich auch über die Breslauer Geistlichkeit äußern konnte. Daher wäre durchaus vorstellbar, dass dieser Heufers und Lange vorschlug. Dass der Jesuit schließlich auch den Magdeburger Pfarrer kannte und ihm positiv gegenüberstand, wird eindrücklich daran deutlich, dass er die Festrede bei den abendlichen Feierlichkeiten nach Legges Bischofsweihe in Magdeburg hielt. Am Ende seiner Ansprache sagte er: „Der Heilige Geist hat den Besten ausgesucht, und ich frage die St.-Sebastians-Gemeinde und ganz Magdeburg, ob ich nicht recht habe.“ Jörgens, Hoffnung, S. 38. Vor diesem Hintergrund sowie der engen Verbindung zwischen ihm und Pacelli scheint es durchaus plausibel, dass der Kardinalstaatssekretär – wie im Schneidemühler Fall – an der Nuntiatur vorbei über seinen römischen Kontaktmann Pater Robert Leiber SJ bei ihm in der causa Meißen anfragte. Zu belegen sind diese Vermutungen freilich nicht. Vgl. zu Rauterkus das im Kontext der Fälle Tütz 1925/26 und Schneidemühl 1930/31 über ihn Gesagte, Bd. 1, Kap. II.1.4 (Ergebnis Nr. 4) und Bd. 2, Kap. II.1.10 (Ergebnis Nr. 4). 117
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mäß der Tedeschini am 19. August den Namen des Propstes dem Heiligen Offizium zur Prüfung kommunizierte und Pacelli erst drei Tage später dem Nuntius mitteilte, dass Pius XI. Legge für tauglich erachtete. Hatte der Kardinalstaatssekretär den Propst etwa aus der Kandidatentrias ausgewählt, ihn dann von der Suprema Congregatio überprüfen lassen und erst anschließend dem Pontifex vorgelegt?469 Es scheint jedenfalls, dass Achille Ratti den Kandidaten letztlich absegnete, den Pacelli ihm gegenüber als tauglichste Wahl deklarierte. In seine Kandidatenerwägungen involvierte Pacelli auch den Berliner Nuntius. Allerdings ließ er diesen keine Vorschläge machen, sondern erlaubte ihm nur, sich zu den Geistlichen zu äußern, die er sich selbst überlegt hatte. Dementsprechend ging er auf Orsenigos aus eigener Initiative vorgetragene Überlegung, den Münsteraner Domprediger Donders für den Meißener Bischofsstuhl in Betracht zu ziehen, nicht ein. Innerhalb der biographischen Skizzen für seinen Vorgesetzten unterlief dem Nuntius eine gewichtige Fehlinformation hinsichtlich Heufersʼ Theologiestudiums, was deutlich macht, dass seine Kenntnisse über die Kandidaten begrenzt waren. Angesichts dieses Fauxpas, und der Tatsache, dass er zu allen drei Geistlichen nur unbestimmt erklärte, sie hätten in deutschen Seminaren studiert, stellt sich die Frage, ob er ihre akademische Vita überhaupt kannte. Obwohl ihm klar sein musste, dass diese Information mitunter für die Wahl eines Bischofs entscheidend sein konnte, kümmerte er sich nicht um präzisere Angaben. Pacelli jedenfalls beachtete weder die Fehlinformation – sofern er diese bemerkte470 – noch die unklaren Angaben zum Studium der Kandidaten. Wenngleich seine Ausführungen über Legge die günstigsten waren, sah sich Orsenigo nicht befugt, dessen Favoritenrolle zu vertreten. Vielmehr blieb er völlig neutral und überließ es Pacelli, die entsprechenden Schlüsse aus seinen Informationen zu ziehen. Wenn dieser auch nicht an einer „Vorentscheidung“ durch den Nuntius interessiert schien, so konvergierte die Wahl Legges immerhin de facto mit Orsenigos Ergebnis. Insofern war das Exposé des Nuntius – sei es als Bestätigung, sei es als Entscheidungshilfe – für Pacelli nicht unwichtig. Abgesehen davon suchte der Kardinalstaatssekretär im Nuntius keinen Ratgeber oder etwa jemanden, der das Verfahren „konstruktiv“ mit ent- und abwickelte. Stattdessen benutzte er ihn als Vermittler, der seine Weisungen ausführte und Gutachten beschaffte. Die Notizen der Audienzen Pacellis bei Pius XI. vom 19. und 20. August 1932 erwähnen die Meißener Besetzung nicht. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 346, Fol. 45r–46v. 470 Es ist anzunehmen, dass Pacelli darüber im Bilde war, dass Heufers bei den Jesuiten in Innsbruck studiert hatte. Er kannte Heufers so gut, dass er sich in der Lage sah, ihn als ernsthaften Bischofskandidaten zu betrachten. Sollte er darüber hinaus noch einen Informanten hinzugezogen haben, der die Kandidatur des Berliner Domkapitulars vorgeschlagen hätte, wären auch von jenem biographische Informationen zu erwarten gewesen. Ein halbes Jahr nach dem Meißener Fall erhielt Pacelli im Kontext der Wiederbesetzung des Bistums Münster vom Rektor des Innsbrucker Canisiuskollegs, Pater Hofmann, ein Gutachten, das auch Heufers als Ex-Alumnen dieser Einrichtung behandelte. Spätestens hier erfuhr der Kardinalstaatssekretär, dass Orsenigos Angabe verkehrt gewesen war. 469
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II.4.4 Meißen 1936/37 ����������������������
II.4.4 Die Entscheidungsmacht des Kardinalstaatssekretärs: Meißen 1936/37 (Heinrich Wienken)471 Das Devisenverfahren gegen Petrus Legge und der Plan eines Koadjutors mit Nachfolgerecht Knapp drei Jahre waren seit seinem Amtsantritt vergangen, als Legge am 9. Oktober 1935 verhaftet wurde. Der Vorwurf lautete „fahrlässige Devisenverschiebung“ und unterstellte ihm, illegale Devisentransaktionen in die Niederlande vorgenommen zu haben. Das Berliner Landgericht verurteilte den Meißener Bischof daher am 23. November zu einer Geldstrafe von 100.000 Mark, wobei 40.000 durch die Untersuchungshaft abgegolten waren. Zu den verbliebenen 60.000 Mark kamen noch weitere 70.000 dazu, die der Generalvikar Wilhelm Soppa zahlen sollte. Insgesamt haftete die Diözese Meißen demnach für den hohen Betrag von 130.000 Mark.472 Unter dieser Voraussetzung war ein schlichter Übergang zur Tagesordnung für Legge nicht möglich. Seit Dezember hielt er sich in seiner westfälischen Heimat Brakel auf und erwartete eine Beurteilung des Falles durch den Heiligen Stuhl, dem er zuvor die gerichtlichen Unterlagen hatte zukommen lassen. Unter dem Datum des 7. Januar 1936 erreichte ihn in Brakel der Bescheid des Kardinalstaatssekretärs Pacelli, dass Papst Pius XI. „die von Euerer Exzellenz öffentlich abgegebene Gewissenserklärung bezüglich Ihres guten Glaubens an die Legalität der von andern durchgeführten finanziellen Maßnahmen gewürdigt hat“473 und damit keine kanonischen Beweggründe gegen eine Wiederaufnahme der Meißener Amtsgeschäfte sprächen. Der Papst wusste um die propagandistische Instrumentalisierung dieser Prozesse durch Vgl. zur Besetzung des bischöflichen Stuhls von Meißen 1936/37 Heim, Bischöfe, S. 343–356; Mitzscherlich, Diktatur, S. 201–220; nur einige knappe Bemerkungen bei Höllen, Wienken, S. 58, 61–63; eine stark verkürzte Zusammenfassung der Ereignisse lieferte Legge selbst am 26. August 1937, in: Aufzeichnungen Sebastians von der Plenarkonferenz des deutschen Episkopats vom 24.–26. August 1937, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 329–338 (Nr. 399/III), hier 335f. 472 Soppa wurde darüber hinaus zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Auch Legges Bruder Theodor war mitangeklagt und erhielt eine Gefängnisstrafe. Vgl. zum Prozess gegen Legge und Soppa die Aktenberichte und den Auszug aus dem Gerichtsurteil bei Zdarsa (Hg.), Eine Kirche 2, S. 210–218 (Nr. 68–70) sowie Hoffmann/Janssen, Wahrheit, S. 174–176, 200–202; Höllen, Wienken, S. 57f.; Mitzscherlich, Diktatur, S. 181–201; Rapp, Devisenprozesse, S. 139–181; die Zahlen auch bei Preysing an Bertram vom 11. November 1936, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 55f. (Nr. 336a). Vgl. allgemein zu den Devisenprozessen gegen katholische Geistliche im Dritten Reich auch Bd. 3, Kap. II.3.5 Anm. 1900. 473 Pacelli an Legge vom 7. Januar 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 18r. 471
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die Nationalsozialisten und „empfand … das nach seiner Meinung ungerechte Urteil gegen Bischof Legge als einen ‚gegen die Kirche als solche gerichteten Schlagʻ“474, wie Vatikanbotschafter Bergen dem Auswärtigen Amt mitteilte. Pacelli gab Legge den Auftrag, sobald er sich gesundheitlich erholt habe mit dem Berliner Nuntius Orsenigo die nötigen Maßnahmen abzusprechen, um eine möglichst reibungslose Rückkehr nach Meißen sicherzustellen. Doch stellte sich diese schwieriger dar, als erwartet. Anfang Februar wandte sich Preysing in dieser Angelegenheit an die Nuntiatur, der als Bischof von Berlin an den Geschehnissen des nahegelegenen sächsischen Bistums nicht nur besonders interessiert und gut informiert war, sondern mit dem Titel eines Administrators bereits am 15. Oktober des Vorjahres auch die Interimsverwaltung des Sprengels übernommen hatte.475 Nach Preysing wurden Legges seelsorgerliche Fähigkeiten bei den Diözesanen und im Klerus zwar hoch geschätzt. Dennoch sei eine mögliche Rückkehr mit schwerwiegenden Problemen belastet. Um das Dilemma zu illustrieren, stellte der Graf Pro- und Contra-Argumente für die Rückkehr Legges nach Meißen gegenüber, wobei die negative Seite mit vier Punkten im Vergleich zu lediglich zwei positiven Gründen im wahrsten Sinne des Wortes doppelt so schwer wog: Dafür spreche: 1) Legge habe gewiss persönlich keine „culpa theologica“476 auf sich geladen und eine Aufgabe des Bischofsamtes könnte als Strafe missdeutet werden. 2) Außerdem würde die Amtsdemission als Konzession an die antikirchlichen nationalsozialistischen Kräfte gedeutet werden. Dagegen sei aber zu berücksichtigen: 1) Legge sei „pro foro externo einer Fahrlässigkeit schuldig gesprochen worden“477 und lade damit dem Bistum als haftender Instanz neue Schulden auf. 2) Da der Bischof wiederholt während des Strafverfahrens betont habe, sich um die Finanzen des Bistums nicht zu kümmern und sich mit dieser Materie nicht auskenne, sei er – so Preysing – der nunmehr noch erheblich gespannteren Finanzlage Meißens nicht gewachsen. 3) Des Weiteren gebe der gesundheitliche Zustand des Genannten Anlass zur Sorge: Konnte Legge die körperlichen und zunehmenden seelischen Lasten noch tragen? Und wenn er die Amtsgeschäfte zunächst wieder aufnehme, sie Rapp, Devisenprozesse, S. 165f. Vgl. Preysing an Orsenigo vom 1. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 15r–17r (nur r). 476 Preysing an Orsenigo vom 1. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 15r. Culpa theologica meint in der klassischen Moraltheologie eine „sittliche Zurechenbarkeit“ oder sittliche Schuld, die freilich nicht notwendig gegeben sein muss, damit ein juristischer Straftatbestand vorliegt. In einem solchen Fall – wie ihn Preysing hier für Legge definierte – „muß sich der Verurteilte dem Strafurteil fügen, und zwar aus Gründen der äußeren Rechtsordnung, d[as] h[eißt] letztlich des Gemeinwohles“. Mausbach, Moraltheologie I, S. 146. Kirchlich macht sich der Täter nach dieser Vorstellung jedoch nicht strafbar, wie es Pacelli zuvor in seinem Schreiben an Legge ja bereits festgestellt hatte. Eine Amtsabsetzung kam damit vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus nicht infrage. 477 Preysing an Orsenigo vom 1. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 15r–16r. 474 475
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anschließend aber aus Krankheitsgründen doch niederlegen müsse, werde es in der Öffentlichkeit heißen, dass die Rückkehr falsch gewesen sei. 4) Schließlich befürchtete Preysing einen erheblichen Widerstand der sächsischen Regierung, die ausgesprochen kirchenfeindlich eingestellt sei. Falls sie die Regentschaft Legges sabotiere, werde „ein erzwungenes Scheiden aus der Diözese … für die Kirche eine größere Niederlage bedeuten, als eine augenblickliche Resignation, die durch seinen Gesundheitszustand motiviert ist“478. Angesichts dieser überwiegend nachteiligen Konsequenzen einer Rückkehr Legges nach Meißen, plädierte der Graf für letztgenannten Schritt als das geringere Übel. Diese Bedenken hatte Preysing offenbar schon häufiger gegenüber dem Nuntius geäußert und nun auf dessen Bitte schriftlich fixiert, damit dieser sie an den Heiligen Stuhl weiterreichen konnte. Als Orsenigo dies am 2. Februar erledigte, meinte er, dass die Lösung Preysings „vielleicht besser wäre“479, zumal Legge vermutlich seine Revision gegen das verhängte Urteil zurückziehen und das Thema dadurch an die Interessenspitze des Volkes katapultiert werde. Allerdings war das Urteil des Papstes drei Wochen zuvor schon gefällt worden – Legge sollte in sein Bistum zurückkehren dürfen. Würde Pius XI. seine offenbar im Einvernehmen mit Pacelli getroffene Entscheidung entsprechend dem Vorschlag des Berliner Oberhirten revidieren und Legge zum Amtsverzicht auffordern? Wie der Entwurf einer Weisung Pacellis von Mitte des Monats zeigt, dachten Papst und Staatssekretär an eine andere Lösung: „Seine Heiligkeit“ – so Pacelli – „geruhte mir diesbezüglich seinen Gedanken mitzuteilen und sagte, dass, wenn der Bischof, von dem die Rede ist, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, das Bistum angemessen zu leiten, könnte man ihm einen Koadjutor mit Nachfolgerecht geben.“480 Die einzelnen Argumente Preysings diskutierte Pacelli nicht, nur die angeschlagene Gesundheit Legges war hier das Argument, das er bemühte, um die Installation eines Koadjutors zu rechtfertigen. Eine Koadjutoreinsetzung konnte jedoch nur vorgenommen werden, wenn der Meißener Bischofsstuhl noch besetzt war. Eine Resignation Legges aus gesundheitlichen Gründen, wie Preysing sie vorschlug, befürworteten Papst und Staatssekretär also nicht. Abschließend – so der Weisungsentwurf – sollte Orsenigo sowohl Preysing als auch Legge selbst von der genannten Absicht des Papstes in Kenntnis setzen und einen Plan entwerfen, wie dem neuen Koadjutor ausreichende Einkünfte organisiert werden könnten. Preysing an Orsenigo vom 1. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 15r–16r. 479 „… sarebbe forse meglio.“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 13rv, hier 13v. 480 „Sua Santità Si è degnato esprimermi, in merito, il Suo pensiero, dicendo che, qualora il Vescovo, di cui è parola, non fosse più in grado, per ragioni di salute, di reggere convenientemente la diocesi, si potrebbe dargli un Coadjutore cum iure successionis.“ Pacelli an Orsenigo vom 16. Februar 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 19r. Hervorhebung von Pacelli handschriftlich in den Entwurf eingefügt. 478
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Allerdings blieben diese Anweisungen im Entwurfsstadium stecken und wurden nicht auf den Postweg gebracht, weil im selben Augenblick die Antwort Legges auf Pacellis Schreiben vom 7. Januar im Staatssekretariat einging.481 Der Meißener Bischof bedankte sich darin für die positive Entscheidung des Papstes, was die Erlaubnis seiner Rückkehr nach Meißen anbelangte. Nachdem er nun gesundheitlich wiederhergestellt sei, habe er auftragsgemäß mit dem Nuntius konferiert und komme mit diesem überein, „dass eine endgültige Wiederaufnahme der bischöflichen Amtsgeschäfte“ in seiner Diözese „nur nach Erledigung der Revision angängig sein wird“482. Zur Beruhigung des Verhältnisses von Kirche und Staat sowie im Interesse seiner eigenen Person hielt Legge es für wünschenswert, das römische Urteil an die Reichsregierung gelangen zu lassen. Da er darüber nachdenke – wie Orsenigo dem Kardinalstaatssekretär bereits mitgeteilt hatte –, seine Revision gegen das Gerichtsurteil zurückzuziehen, könne diesbezüglich „die Stellungnahme des Heiligen Stuhles von Gewicht sein“483. Auf der Basis dieser Mitteilung modifizierte Pacelli die ursprüngliche Weisung in zwei Punkten: Nachdem Legge seine gesundheitliche Wiederherstellung erklärt hatte, war dessen angegriffene Verfassung kein Argument mehr, um ihm einen Koadjutor an die Seite zu stellen. Daher formulierte Pacelli nun allgemeiner, dass man, wenn Legge „nicht mehr in der Lage ist, die Diözese allein angemessen zu leiten, ihm unbeschadet auch seiner Rückkehr auf den Bischofsstuhl einen Koadjutor mit Nachfolgerecht geben könnte, vorausgesetzt, es ist möglich, in irgendeiner Weise für den anständigen Lebensunterhalt desselben zu sorgen“484. Nach wie vor wollten also Papst und Staatssekretär die Legge gegebene Zusage nicht zurücknehmen. Er sollte in sein Bistum zurückkehren können, trotz der von Preysing bei Legge diagnostizierten „Fahrlässigkeit“ und des von ihm befürchteten Widerstands der sächsischen Landesregierung.485 Legges vermeintliche Defizite in der Finanzverwaltung konnten – so womöglich die Überlegung Pacellis – ohnehin durch die Wahl eines entsprechenden Fach-
Vgl. Legge an Pacelli vom 14. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 247, Fol. 44r–45r. 482 Legge an Pacelli vom 14. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 247, Fol. 44v. Das Gespräch mit Orsenigo hatte am Vortag stattgefunden. Vgl. dazu Mitzscherlich, Diktatur, S. 203. 483 Legge an Pacelli vom 14. Februar 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 247, Fol. 44v. 484 „… non fosse più in grado, di reggere da solo convenientemente la diocesi, si potrebbe, salvo anche il suo ritorno in sede, dargli un Coadiutore cum iure successionis, purché sia possibili di provvedere in qualche modo alla decorosa sostentazione del medesimo.“ Pacelli an Orsenigo vom 22. Februar 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 247, Fol. 46rv, hier 46r. Unterstreichung im Original, Kursivgesetztes von Pacelli handschriftlich in den Text eingefügt. 485 Wie genau sich Ratti und Pacelli die Rückkehr Legges nach Meißen vorstellten, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, zeigt folgende Audienznotiz: „Dovrebbe andara là una sera o una notte, e fare sapere dopo che è là.“ Audienznotiz Pacellis vom 8. Mai 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 353, Fol. 36r. 481
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manns zum Koadjutor ausgeglichen werden, sodass jener das Bistum nicht mehr allein zu verwalten brauchte. Vielleicht wogen für die römische Kirchenleitung die beiden vom Berliner Oberhirten angeführten Proargumente sogar schwerer als die skizzierten Gegengründe und eine Abberufung des Meißener Bischofs, der sich nach ihrer Auffassung sittlich nicht vergangen hatte und die man als Nachgiebigkeit gegenüber den Nationalsozialisten deuten konnte, als unangemessen. Wie immer auch die zu diesem Zeitpunkt schwer abzusehende Zukunft Legges als Bischof von Meißen aussehen würde: Mit der Einsetzung eines Koadjutors war nicht nur ein etwaiges Scheitern Legges an der Spitze des sächsischen Bistums abgefedert. Auch dessen Nachfolger konnte ohne missliebige Domkapitelswahl relativ frei vom Heiligen Stuhl bestimmt werden. Vor diesem allgemeinen Hintergrund, der mit Sicherheit von Pacelli im Geiste durchgespielt worden war, erscheint die Begründung für die Installation eines Koadjutors letztlich sekundär. Die zweite Veränderung im Vergleich zur ursprünglichen Instruktion betraf das weitere Vorgehen: Während Orsenigo zunächst den Auftrag erhalten sollte, die Einsetzung des Koadjutors voranzutreiben, wurde diese Anweisung in der neuen Fassung gestrichen. Pacelli wollte demnach erst die Rückkehr Legges nach Meißen im Anschluss an das Revisionsverfahren abwarten. Eine zwischenzeitliche Koadjutorbestellung hätte wohl ein negatives Licht auf Legge geworfen und das schwebende Verfahren präjudiziert. Und da Legge ohnehin im Amt bleiben sollte, bestand keine Eile. Was die Bitte Legges betraf, Pacellis „Rückkehrgenehmigung“ vom 7. Januar der Reichsregierung vorlegen zu dürfen, so überließ dieser die Entscheidung darüber dem Nuntius. Wie Legge später auf einer Plenarkonferenz des deutschen Episkopats berichtete, war Orsenigo mit der Bitte einverstanden, sodass anzunehmen ist, dass er ihr entsprach.486
Die Kandidatenvorschläge Orsenigos Damit hing der Fortgang der Koadjutorfrage von der Entwicklung des Revisionsverfahrens ab und dieses zog sich noch über Monate hin.487 Erst Mitte August kam Orsenigo in einem Schreiben an Pacelli wieder auf die Meißener Koadjutorfrage zu sprechen.488 Er bemerkte, dass die Revi Vgl. Aufzeichnungen Sebastians von der Plenarkonferenz des deutschen Episkopats vom 24.–26. August 1937, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 335. 487 Im Mai 1936 wandte sich Legge erneut an Pacelli, um seinen verbesserten Gesundheitszustand zu betonen und deutlich zu machen, zur Wiederaufnahme der Amtsgeschäfte bereit zu sein. Vgl. Mitzscherlich, Diktatur, S. 204. Mitzscherlich konstatiert: „Doch je lauter Legge nach Rom rief, um so auffälliger wurde das Schweigen.“ Ebd., S. 204. Der Grund für diese „Stille“ war die angesprochene Absicht, auf den Ausgang des Revisionsverfahrens zu warten. 488 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 16. August 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 20rv. 486
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sion den Bischof zum Schaden des kirchlichen Lebens „leider … noch immer von seiner Diözese fernhält“489. Mittlerweile vertrat er die Ansicht, auf den Abschluss des Verfahrens nicht mehr zu warten, sondern glaubte, dass die Einsetzung des Koadjutors der prekären Lage des Bistums abhelfen konnte und zwar ohne dem rechtlichen Status Legges als Diözesanbischof vorzugreifen. Zu gegebener Zeit könne dieser seine Arbeit auch leichter vollständig wieder aufnehmen, wenn er nun durch den Koadjutor – obgleich nur mittelbar – die Diözesanleitung wieder anträte.490 Das Argument, aufgrund der „geistlichen Notwendigkeiten der Diözese“491 nicht noch länger zu warten, sondern unverzüglich einen Koadjutor mit Nachfolgerecht zu installieren, traf bei Papst und Kardinalstaatssekretär auf offene Ohren. Um dem Heiligen Stuhl die Kandidatenfindung zu erleichtern, bat Pacelli den Nuntius am 1. September um Namensvorschläge. Vier Wochen lang ließ sich Orsenigo diese Sache durch den Kopf gehen, bis er am 2. Oktober zwei Geistliche präsentierte, die seiner Überzeugung nach für das in Rede stehende Amt infrage kamen.492 Zu beiden legte er eine umfassende Vita und Bewertung vor: a) Zunächst dachte der Nuntius an den 44-jährigen – und damit noch sehr jungen – Offizial des Bistums Berlin, Georg Köhler. Dieser habe seine theologische Ausbildung zunächst in Breslau erhalten und nach seiner Priesterweihe 1918 drei Jahre lang im römischen Kolleg der Anima fortgesetzt. Als Abschluss stehe ein Doktorat im Kanonischen Recht. Von 1921 bis 1925 sei er daraufhin als Seelsorger im jungen Bistum Meißen tätig gewesen. Dort sei er aufgefallen „durch seinen Eifer, besonders für die Jugendorganisationen, und hat das angenehmste Andenken seiner Arbeit hinterlassen, wie kürzlich sein damaliger Pfarrer bezeugte“493, der jetzige Domkapitular Paul Kretschmer. Anschließend sei Köhler zum Sekretär von Bischof Schreiber berufen worden, weil dieser – wie Orsenigo nicht vergaß zu erwähnen – sich einen Priester mit römischem Doktorgrad an seiner Seite gewünscht habe. Gleichzeitig habe er eine Professur am Berliner Priesterseminar besetzt, sei Domvikar sowie Assessor an der bischöflichen Kurie gewesen und habe das Amt des Defensor vinculi im Offizialat bekleidet. Diese vielfältigen Aufgaben habe Köhler gewiss bravourös gelöst, was der Nuntius daraus schloss, dass Schreiber ihn 1930 bei seinem Transfer von Meißen
„Purtroppo … tuttora lontano dalla sua diocesi …“ Orsenigo an Pacelli vom 16. August 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 20r. 490 Wenn Legge einen Koadjutor erhielt, bedeutete dies nichts anderes, als dass er noch im Amt war, denn immerhin war es sein Koadjutor. 491 „… ai bisogni spirituali della diocesi …“ Pacelli an Orsenigo vom 1. September 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 22r. 492 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 23r–25r. 493 „… per il suo zelo, specialmente per le organizzazioni giovanili e lasciò gratissimo ricordo del suo lavoro, come recentemente attestava il suo parroco dʼallora …“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 23v. 489
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an die Spitze des neu errichteten Bistums Berlin „mitgenommen“ und ihm dort wiederum eine Seminarprofessur, den Posten des Offizials sowie eines Richters am Kirchengericht anvertraut habe. Das Vertrauen, das Schreiber in Köhler gesetzt habe, sei auch von den Nachfolgerbischöfen Bares und Preysing geteilt worden. Am wichtigsten war für Orsenigo jedoch noch etwas anderes: „Das, was aber meines Erachtens seinen besten Vorzug begründet, ist die kindliche Anhänglichkeit an alle Weisungen des Heiligen Stuhls und seine Liebe zum Stellvertreter Christi.“494 Diese Romzentrierung erschloss der Nuntius aus einigen konkreten Fällen, in denen Köhler den römischen Standpunkt gegen die Bestrebungen der sächsischen Regierung verteidigt habe, die Diözese Meißen betreffende Angelegenheiten allein mit den deutschen Kirchenstellen unter Ausschluss des Heiligen Stuhls zu regeln.495 Überhaupt sei Köhler charakterlich standhaft und nicht leicht zu beugen, insbesondere wenn es um die kirchlichen Rechte gehe. Diese gewisse Intransigenz habe ihm zweifellos nicht überall Sympathien eingebracht. Dennoch werde er von allen geachtet und besitze – wie Orsenigo glaubte – keine Feinde. b) Etwas knapper skizzierte er anschließend die Nummer zwei, den 53 Jahre alten Päpstlichen Hausprälaten und Direktor des Berliner Sitzes des deutschen Caritasverbandes, Heinrich Wienken. Gebürtig aus der Diözese Münster, habe Wienken daselbst und in Innsbruck studiert. Praktisch unmittelbar nach der Priesterweihe 1909 sei er von Bischof Hermann Jakob Dingelstad auf eine der zum Bistum gehörenden Kaplanstellen in Berlin geschickt worden. Nach dem Weltkrieg habe er schließlich die erwähnte Stellung im Caritasverband angetreten, in der ihm die Anerkennung des gesamten Episkopats zuteil geworden sei, die sich vor allem auf „seinen echt priesterlichen Geist“496 beziehe. Die damit angerissene Hochschätzung der Charakterzüge Wienkens baute Orsenigo im Folgenden aus: „Von sanftem Charakter und festen Prinzipien, setzte er sich oft mit wahrhaft priesterlicher Liebe zum Vorteil der religiösen Bedürftigen und inhaftierten Priester ein. Seine großen Verdienste um die russische Kolonie in Berlin497 sind dem Heiligen Stuhl wohl „Ciò che a mio avviso costituisce però il suo miglior pregio è la filiale adesione a tutte le direttive della Santa Sede e il suo amore al Vicario Christi.“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 24r. 495 Orsenigo spielte hier auf die Versuche der sächsischen Regierung in den Jahren 1929/30 an, die kirchlichen Belange per Gesetz und vermittelst eines Vertrags mit der Diözese Meißen (und nicht mit dem Heiligen Stuhl) rechtlich zu regeln. Vgl. dazu die Kritik, die Pacelli bereits während der Besetzung des Bistums Meißen 1929–31 äußerte, Bd. 4, Kap. II.4.2 (Im Leerlauf des Verfahrens: Kandidatenwünsche aus Sachsen und Ansprüche der Regierung). 496 „… il suo schietto spirito sacerdotale …“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 24v. 497 Bereits seit 1923 wirkte Wienken intensiv in der „Katholischen Fürsorge für Rußland“ mit, die der Berliner Vertretung des Deutschen Caritasverbandes angeschlossen war und die sich für Flüchtlinge einsetzte. Außerdem engagierte er sich in der vom Aachener Professor Ludwig Berg seit 1924 in Berlin betriebenen Fürsorge für russische Emigranten. Vgl. zum Beispiel den Bericht über die Berliner Russen494
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bekannt.“498 Wenn Wienken überhaupt negative Eigenschaften besitze, dann jene, dass er sich schonungslos überarbeite. Beide Personen, die er offerierte, hielt Orsenigo gleicherweise für das fragliche Amt geeignet. Die erstgenannte zeichne sich durch die Kenntnis der Diözese Meißen und die dort maßgeblichen Fragen aus, die zweite überblicke hingegen ex professo den gesamtdeutschen Klerus. Wienkens kürzliche Designation für die „Kirchliche Informationsstelle der Bischöflichen Behörden in Berlin“ – dieses diente dem Kontakt mit den Regierungsstellen in der Reichshauptstadt – sei ein erneuter Beweis der Achtung, die der Episkopat ihm entgegenbringe.499 Blieb noch die Frage, wie die Reichsregierung auf eine etwaige Nomination der Genannten reagieren würde. Die Antwort Orsenigos fiel zurückhaltend aus: „Ich glaube nicht, dass die Regierung einen Anhaltspunkt finden kann, um der Ernennung des einen oder anderen Schwierigkeiten zu bereiten, auch wenn sie nicht begeistert über deren würdevolle Standfestigkeit ist.“500 Pacelli war mit den Kandidatenvorschlägen einverstanden und erachtete beide Geistlichen ebenfalls für geeignet, wie er an die Berliner Nuntiatur telegraphierte.501 Nachdem auch das Heilige Offizium gegen keinen der beiden Kandidaten für das Koadjutoramt etwas einzuwenden hatte,502 musste eine Entscheidung gefällt werden.
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fürsorge (15. August 1925–15. Februar 1926), ASV, ANB 85, Fasz. 3, Fol. 315r–328r. Beide Tätigkeiten mündeten schließlich im „Päpstlichen Hilfswerk für die Russen in Deutschland“, das 1928 auf Anregung Pius XI. gegründet wurde. In dessen Kommission, die bis Ende 1934 wirken konnte, wurde Wienken auf Vorschlag Pacellis vom Vatikan berufen. Vgl. Höllen, Wienken, S. 35–37. Vgl. zur Russlandpolitik des Vatikans auch Bd. 1, Kap. II.1.4 Anm. 1220. „Di carattere mite e di fermi principi, egli si adoperò spesso con vera carità sacerdotale a vantaggio dei poveri religiosi e sacerdoti detenuti. I suoi grandi meriti verso la colonia russa di Berlino sono già ben noti alla Santa Sede.“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935– 1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 24v. Am 30. März 1936 erkor die Konferenz der westdeutschen Bischöfe Wienken zum Büroleiter der Informationsstelle. Wienken sollte so Amtsnachfolger des Berliner Domkapitulars Georg Banasch werden, der am 22. November 1935 wegen des Verdachts, Staatsgeheimnisse verraten zu haben, von der Gestapo verhaftet worden war und erst am 6. März 1936 wieder frei kam. Da am Profil dieser Institution, deren Aufgabenspektrum die Bischöfe erweitern wollten, im Laufe des Jahres noch gefeilt wurde, trat Wienken seine neue Aufgabe noch nicht sofort an. Am 20. August wurde die Informationsstelle aufgelöst und durch ein neu konfiguriertes „Kommissariat der Fuldaer Bischofskonferenz“ ersetzt, das im Januar 1937 formal seine Arbeit aufnahm. Vgl. dazu Höllen, Wienken, S. 55–69. „Non credo che il Governo possa trovare motivo alcuno per fare difficoltà alla nomina sia dellʼuno come dellʼaltro, anche se non è entusiasta della loro dignitosa fermezza.“ Orsenigo an Pacelli vom 2. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 25r. Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 12. Oktober 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 30r. Vgl. Pizzardo an Ottaviani vom 13. Oktober 1936 (2 Entwürfe), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935– 1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 26r und 28r sowie Ottaviani an Pizzardo vom 15. Oktober 1936, ebd., Fol. 27r und 29r. 126
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Die Hilflosigkeit Giuseppe Pizzardos bei Pacellis Abwesenheit Der Kardinalstaatssekretär konnte diese Entscheidung jedoch nicht treffen, weil er Mitte Oktober zu einer diplomatischen Reise nach Nordamerika aufbrach.503 Deshalb übertrug Pacelli die Abwicklung der Meißener Angelegenheit dem Sekretär der AES, Giuseppe Pizzardo. Dieser begab sich umgehend in die vatikanischen Archive, um nach Informationen zu suchen, die der Heilige Stuhl bisher über Köhler und Wienken gesammelt hatte. Die Suche war jedoch ertraglos, wie sich der Sekretär am 12. Oktober notierte.504 Einzig eine positive Beurteilung über Wienken konnte er auftreiben, die von einem Innsbrucker Pater stammte und unter dem Datum des 3. Februar 1933 über den Jesuitengeneral dem Kardinalstaatssekretär zugegangen war. Diese sich drei Jahre zuvor ereignete Episode hatte im Kontext der Wiederbesetzung des Münsteraner Bischofsstuhls nach dem Tod Poggenburgs stattgefunden.505 Das von Pizzardo angedeutete Urteil über den Caritasdirektor bestand in einer sehr knappen Bemerkung des Rektors des Canisiuskollegs in Innsbruck, Pater Hofmann SJ. Wienken hatte dort von 1904 bis 1908 studiert und war nach Ansicht Hofmanns ein vorzüglicher Student und ein vorbildlicher Priesteramtskandidat gewesen, der mit einem „ruhigen, ganz männlichen Charakter“506 und treu kirchlicher Gesinnung ausgestattet sei. Obwohl mittlerweile dreieinhalb Jahre seit dieser Einschätzung vergangen waren, hatte diese knappe Bemerkung im Staatssekretariat immer noch Gewicht. Die Kandidatenfrage war jedoch nicht das einzige Problem, mit dem Pizzardo sich auseinanderzusetzen hatte: Er musste sich auch über den rechtlichen Modus für die Koadjutoreinsetzung in Meißen vergewissern. Auf Basis seiner Notizen ist der Gedankengang des Sekretärs recht leicht nachzuvollziehen: Ausgangspunkt bildete für ihn Artikel 14 des Reichskonkordats, der für die Besetzung der sächsischen Diözese den Modus vorschrieb, der für das Erzbistum Freiburg galt. Gemäß Artikel 3 des badischen Konkordats legte der Heilige Stuhl dem dortigen Metropolitankapitel eine Liste von drei Namen zur Auswahl vor. Laut Pizzardos Überlegungen war die Kapitelswahl im vorliegenden Fall jedoch keine Option, da der Meißener Bischofsstuhl nicht vakant war. Damit blieb ihm nur der Rekurs auf das Schlussprotokoll des badischen Konkordats, das zum 3. Artikel definierte: „Für den Fall der Bestellung eines Coadjutors cum iure successionis für den Erzbischof von Freiburg wird der Heilige Stuhl im Benehmen mit der Badischen Staatsregierung vorgehen.“507 War dem Sekretär
Vgl. zu Pacellis Nordamerikareise kurz vor den Präsidentschaftswahlen DʼAlessio, United States. Vgl. Notizen Pizzardos vom 12. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 34r–35r (nur r), hier 34r. 505 Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.12 (Pacellis eigene Kandidatensondierungen). 506 Kandidatenbeurteilung Hofmanns ohne Datum, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1933, Pos. 640 P.O., Fasz. 156, Fol. 15r. 507 Zu Art. III, Abs. 1, Satz 1 des Konkordats mit Baden, Huber/Huber (Hg.), Staat und Kirche IV, S. 359. 503 504
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damit das Prozedere klar? Keineswegs. Ratlos beschloss Pizzardo seine Notizen mit der Frage: „In welchem Sinne ist dieser Artikel zu verstehen?“508 Vor diese beiden Aporien hinsichtlich des Kandidaten und des Einsetzungsmodus gestellt, suchte der augenscheinlich überforderte Pizzardo am 16. Oktober mit einem vertraulichen Schreiben – ohne Protokollnummer – bei Orsenigo Rat.509 Er erklärte sich dankbar, wenn der Nuntius verrate, ob er alles in allem betrachtet Köhler oder Wienken präferiere. Dass der Nuntius sich zuvor nicht für einen der beiden hatte entscheiden wollen, war dem Sekretär angesichts seiner Hilflosigkeit gleichgültig. Zweitens wünschte er zu wissen, ob es angesichts der zum Tragen kommenden Konkordatsbestimmung eine besondere Prozedur zur Installation des Koadjutors gebe. Die Antwort Orsenigos ließ nicht lange auf sich warten. Vor die strikte Wahl gestellt entschied er sich in der Personalfrage für Köhler, weil dieser „die besseren wissenschaftlichen Fähigkeiten besitzt, um auch Generalvikar sein zu können; außerdem ist er ein wahrer und kämpferischer Freund des Heiligen Stuhls“510. Was den modus procedendi anbelangte, bestätigte der Nuntius die von Pizzardo identifizierte Rechtsgrundlage. Das vorgeschriebene „Benehmen“ mit der Regierung entschlüsselte er als ihr Recht, allgemeinpolitische Bedenken einwenden zu können. Abschließend konfrontierte der Nuntius den Sekretär mit einer Verfahrensfrage, für die er nun seinerseits eine Antwort wünschte: „Ich bitte Eure Exzellenz achtungsvoll mir mitzuteilen, ob ich nach erfolgter Anfrage an die Regierung – nämlich um Zeit zu gewinnen, was immer nützlich ist – unterdessen die erforderlichen Absprachen über den angemessenen Unterhalt des zu Ernennenden mit Seiner Exzellenz, den Herrn Bischof [sc. Petrus Legge, R.H.], und mit dem Ehrwürdigen Domkapitel vornehmen kann, freilich ohne die Namen der Kandidaten zu nennen.“511
„In che senso si deve intendere questo articolo?“ Notizen Pizzardos vom 12. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 35r. 509 Vgl. Pizzardo an Orsenigo vom 16. Oktober 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935– 1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, ohne Seitenzahl [1 Seite]. 510 „… abbia le migliore qualità scientifiche per essere anche Vicario Generale, ed è inoltre un vero e pugnace amico della S. Sede.“ Orsenigo an Pizzardo vom 17. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, ohne Seitenzahl [1 Seite]. Dass der Nuntius sich nicht für den Caritasdirektor entschied, ist angesichts der engen Freundschaft, die beide später verband, sehr überraschend. Dieser Sachverhalt wird von Mitzscherlich, die das Schreiben Orsenigos nicht einbezieht, in ihrer Analyse nicht gesehen. Vgl. Mitzscherlich, Diktatur, S. 218f. Vgl. zum Verhältnis von Orsenigo und Wienken Höllen, Wienken, S. 77f. 511 „Prego rispettosamente Vostra Eccellenza dirmi, se fatta la domanda al Governo, posso frattanto, cioè per guadagnare tempo, il che è sempre utile, prendere gli opportuni accordi il decoroso sostentamento del Nominando, con S. E. Monsignor Vescovo e con il Ven. Capitolo, naturalmente senza fare nomi di Candidati.“ Orsenigo an Pizzardo vom 19. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 36rv, hier 36r-v. 508
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An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass es sich hier in Meißen keineswegs um die erste Koadjutoreinsetzung des Jahres 1936 im Reich handelte. Wenige Monate zuvor war Johann Baptist Dietz als Unterstützer und Nachfolger des alternden Fuldaer Oberhirten, Joseph Damian Schmitt, installiert worden. Ende Februar hatte sich Orsenigo zu diesem Zweck ein dreischrittiges Verfahren überlegt, das von Pacelli im Wesentlichen abgesegnet worden war:512 1) Zunächst sollte die Zustimmung des betroffenen Diözesanbischofs eingeholt werden, sowohl formal, dass ein Koadjutor eingesetzt werde, als auch „material“, wen der Heilige Stuhl für diesen Posten wünsche. Gleichzeitig müssten Absprachen über den Lebensunterhalt des Betreffenden getroffen werden. 2) Anschließend sei der politischen Klausel mit einer Anfrage an die Staatsregierung Rechnung zu tragen. 3) Sollte die staatliche Seite keine Bedenken vorbringen, müsse abschließend der Amtsanwärter sein Einverständnis erteilen. Nach Ablehnung des ersten römischen Kandidaten war dieser Ablauf damals auf Pacellis Anordnung in dem Sinne modifiziert worden, dass vor jeder Absprache mit Schmitt oder dem Domkapitel zunächst die Zustimmung der Regierung abgewartet werden sollte, da diese der große Unsicherheitsfaktor war. Der Name des neuen, von Rom ins Auge gefassten Anwärters für den Posten des Koadjutors blieb den lokalkirchlichen Autoritäten bis zum Ende unbekannt. Dieses Prozedere adaptierte Orsenigo nun auch für Meißen: Die Namen der Kandidaten beziehungsweise den Namen des letztlich von Rom erwählten Geistlichen wollte er nicht kundgeben. Dabei wusste Legge anders als Schmitt damals wohl noch nicht einmal, dass ihm ein Koadjutor zur Seite gestellt werden sollte. Diesen Zustand beabsichtigte Orsenigo zu ändern, zumindest war das zwangsläufig, wenn die konkordatsmäßig nicht abgesicherte Unterhaltsfrage des Koadjutors geklärt werden sollte. Anders als Pacelli zuvor in Fulda angeordnet hatte, intendierte Orsenigo, die diesbezüglich nötigen Klärungen schon vor dem erhofften staatlichen Einverständnis zum Kandidaten vorzunehmen, damit die Einsetzung sobald wie möglich stattfinden könne. Da der Kardinalstaatssekretär nicht im Vatikan war, brauchte der Nuntius in dieser Sache keinen Widerspruch aus Rom zu erwarten. Und tatsächlich gewährte ihm Pizzardo, der zuvor Rücksprache mit Pius XI. gehalten hatte, absolute Freiheit: „Eure Exzellenz ist autorisiert, die notwendigen Schritte durchzuführen in der Weise, die Sie für angemessen halten. Sie mögen mich dann wissen lassen, wann ich die Ernennung publizieren kann.“513 Auch in der Kandidatenfrage folgte der Papst Orsenigos Vorschlag und ordnete an, Köhler mit dem Koadjutoramt zu betrauen.
Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.16 (Die Klärung des Einsetzungsmodus und Schmitts Zustimmung zum Koadjutorplan). „V. E. è autorizzata fare le pratiche necessarie nel modo che riterrà opportuno. Facendomi poi sapere quando potrà pubblicare i nomina.“ Pizzardo an Orsenigo vom 23. Oktober 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 38r.
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Die Anordnung des Papstes: Nexus von Verurteilung und Amtsrücktritt Doch so geradlinig sollte die Einsetzung Köhlers nicht vonstatten gehen. Wie Orsenigo am Monatsende nach Rom berichtete, habe sich Bischof Legge praktisch zeitgleich mit der Weisung Pizzardos in der Berliner Nuntiatur vorgestellt und nun von seinem endgültigen Entschluss berichtet, den Widerspruch gegen seine Verurteilung zurückzuziehen.514 Dadurch hoffe er, den mit ihm verurteilten Priestern – seinem Bruder Theodor und dem Meißener Generalvikar Wilhelm Paul Soppa –, die schon einige Zeit im Gefängnis säßen, eine Strafmilderung zu erwirken. Für Orsenigo lag die äußerste Delikatheit dieser Entscheidung auf der Hand: Einerseits handle es sich zwar darum, die Strafe der Verurteilten abzukürzen, doch bedeute sie andererseits auch ein Schuldeingeständnis. Daher erntete Legge für diesen Schritt vom Nuntius keine Wertschätzung.515 Jedenfalls schien der Plan, der Diözese einen Koadjutor zu geben, dadurch noch dringlicher: „Ich hielt es jedoch für angemessen, ihm zu sagen, und später habe ich ihm auch noch offener durch den Erzbischof von Paderborn516 wissen lassen, damit er darüber nachdenke, dass der Heilige Stuhl auch bereit ‚wäre‘, ihm eine Hilfe zu geben, gegebenenfalls einen Koadjutorbischof, um ihm die Wiederaufnahme seines pastoralen Dienstes zu erleichtern.“517
Der Heilige Stuhl wäre also bereit, Legge einen Koadjutor zur Seite zu stellen. Dass es in Rom bereits beschlossene Sache war, bekannte Orsenigo nicht. Wie nahm der Meißener Oberhirte die Mitteilung auf? Wie der Nuntius zusammenfasste, war Legge keineswegs erfreut, ganz im Gegenteil: Zwar habe „er erklärt, ‚in allem mit dem einverstanden zu sein, was der Heilige Vater zum Wohl der Diözese Meißen für angemessen hält‘, aber gleichzeitig erklärte er sich von seiner Seite aus ausgesprochen gegen die Ernennung eines Koadjutors für ihn, und merkte an, dass er sich ausreichend wiederhergestellt fühle; dass die Diözese Meißen klein ist; und dass eine solche Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 31. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 39r–40v. Warum Orsenigo von nun an seine Schreiben – anders noch als seinen Bericht vom 19. des Monats – an Pacelli adressierte, obgleich er doch wissen musste, dass dieser nicht in Italien war, bleibt offen. Eventuell wollte er die Etikette wahren und wusste nicht genau, wann sein Amtsvorgänger wieder in den Vatikan zurückkehren würde. 515 Stattdessen ließ sich Orsenigo diesen Entschluss schriftlich geben. Dieses Dokument, das er am 31. Oktober nach Rom sandte, konnte in den vatikanischen Archiven nicht gefunden werden. 516 Klein war also auch in die Intention Roms eingeweiht und fungierte für Orsenigo deshalb als Vermittler, weil Legges Aufenthaltsort Brakel zu dessen Erzdiözese gehörte. 517 „Ho creduto però opportuno dirgli, e più tardi glielʼho anche fatto sapere ancora più francamente per mezzo dellʼArcivescovo di Paderborn, affinchè vi riflettesse, che la Santa Sede ‚sarebbe‘ anche disposta a dargli un aiuto, eventualmente un Vescovo Coadiutore, per facilitargli la ripresa del suo lavoro pastorale.“ Orsenigo an Pacelli vom 31. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 39v. 514
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Ernennung heute leicht als ein ungünstiges Urteil des Heiligen Stuhls über seine Wiederaufnahme der Bistumsleistung interpretiert würde“518.
Schließlich habe Legge verdeutlicht, dass er sogar einen Amtsrücktritt vorziehen würde. Orsenigo zeigte sich empört über diese Bemerkung: Was eigentlich als Gunsterweis geplant gewesen sei, um die Schwierigkeiten des Bischofs bei der Rückkehr in seine Diözese zu verringern, werde von diesem nun „wie ein Hindernis“519 hingestellt. Angesichts dessen habe er – so Orsenigo – nichts mehr zu Legge gesagt und auch keinerlei Schritte bei der Reichsregierung unternommen. Das Koadjutorprojekt habe er stattdessen mit der strengsten Vertraulichkeit behandelt und den Beteiligten lediglich eröffnet, dass der Heilige Stuhl – wie der Nuntius oben bereits formuliert hatte – bereit wäre, die Diözese mit einem Koadjutor zu unterstützen. Nach diesem Fehlschlag stellte sich für den Nuntius die Situation noch erheblich verfahrener dar als zuvor. In Deutschland sei es – so Orsenigo – nämlich die Regel, dass ein gerichtlich Verurteilter seine öffentlichen Ämter niederlege. Die sächsische Regierung habe bereits angekündigt, ihren Anteil an Legges Honorar nicht mehr zu bezahlen, wenn das Gerichtsurteil endgültig werden sollte.520 Dass Legge die Meißener Amtsgeschäfte also wieder aufnehmen konnte, bezweifelte Orsenigo angesichts des Rückzugs der Revision und des damit gewissermaßen verbundenen Schuldeingeständnisses außerordentlich. Welche Lösung der prekären Lage bot sich an? Der Nuntius erinnerte an den Vorschlag Preysings, dass Legge resignieren könnte, weil er aus gesundheitlichen Gründen seine Diözese seit Februar nicht mehr zu regieren imstande sei. Dann wäre alles eine Frage der Koordination: „Wenn diese Lösung heute in Erwägung gezogen wird, wäre es gut, sie mit der Rücknahme des Einspruchs abzustimmen, und gegebenenfalls die Ernennung des Koadjutors vorzubereiten, um so zu zeigen, dass der Heilige Stuhl bereit war, ihm zu helfen.“521 Pius XI. teilte die Sorgen des Nuntius. Für ihn kam ein Verzicht Legges auf die Revision im gegen ihn
„… ha dichiarato ‚di esser in tutto dʼaccordo con quanto il Santo Padre riterrà opportuno per il bene della diocesi di Misnia‘, ma al tempo stesso si è dichiarato da parte sua decisamente contrario alla nomina di un Coadiutore per lui, osservando che si sente ristabilito in forze sufficientemente, che la diocesi di Misnia è piccola, e che una simile nomina oggi verrebbe facilmente interpretata come un giudizio della Santa Sede sfavorevole alla ripresa del governo della diocesi da parte sua …“ Orsenigo an Pacelli vom 31. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 39v–40r. 519 „… come fosse un ostacolo …“ Orsenigo an Pacelli vom 31. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 40r. 520 Nach Orsenigo handelte es sich um eine Summe von jährlich knapp 4.700 Reichsmark, was allerdings kein großer Schaden sei, da noch ein hoher Betrag von 16.000 Mark übrig bleibe. Außerdem seien die Kosten für Legges Wohnung und Heizung gedeckt. 521 „Se questa soluzione oggi si dovesse prendere in considerazione, sarebbe bene abbinarla alla rinuncia allʼappello, ed eventualmente preparare la nomina del Coadiutore, per mostrare così come la Santa Sede era pronta ad aiutarlo.“ Orsenigo an Pacelli vom 31. Oktober 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 40v. 518
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laufenden Devisenverfahren bei gleichzeitiger Wiederaufnahme der diözesanen Amtsgeschäfte nicht infrage. Pizzardo gab Orsenigo den Auftrag, dies Legge schonend beizubringen: „Der Heilige Vater überlässt es Ihrem Takt und Ihrer Klugheit, dem Bischof von Meißen zu verstehen zu geben, dass der Heilige Stuhl sich seinem Verzicht auf das Recht des Einspruchs nicht widersetzen will, sofern jener mit dem Verzicht auf die Diözese zusammenfällt.“522 Legge sollte demnach stringent vor die Wahl eines Entweder-Oder gestellt werden. Umgehend lud ihn Orsenigo in die Berliner Nuntiatur vor.523 Am Sonntag, dem 15. November, sprach Legge in der Rauchstraße 21 vor. Orsenigo informierte das Staatssekretariat knapp eine Woche später über das Gespräch.524 Erst nach der Vergewisserung, dass Legge bereits die Aufhebung der Revision in die Wege geleitet hatte, habe er weisungsgemäß erläutert, dass der Heilige Stuhl gegen den „so großherzigen Akt“525 – Legge versuchte seinem Bruder und seinem Generalvikar zu helfen –, der zudem das einzige Mittel sei, seine Ehre zurückzugewinnen, nichts einzuwenden habe. Was dieser Schritt allerdings für Konsequenzen nach sich ziehen werde, erläuterte Orsenigo anschließend mit aller Deutlichkeit: „Ich fühlte mich aber verpflichtet, ihm mitzuteilen, dass dieser Verzicht [sc. auf die Revision, R.H.] natürlich eine nachteilige Auswirkung auf seinen Namen hat und in dieser ungünstigen Atmosphäre es nicht gerechtfertigt ist, die Diözese ohne Weiteres mit hineinzuziehen; dass der Heilige Vater ihn gewiss in einem anderen Licht sah, als er ihm die Diözese Meißen anvertraute, und dass es jetzt notwendig ist, dem Heiligen Vater eine volle Handlungsfreiheit zu überlassen, über die Diözese zu verfügen. Ich stellte klar, dass es zu diesem Ziel erforderlich ist, mit dem Verzicht auf die Revision, der potentiell schon erledigt ist, den Verzicht auf das Bistum zu verbinden.“526 „Santo Padre rimette di Lei tatto et prudenza far comprendere Vescovo Misnia che Santa Sede non vuole opporsi sua rinuncia diritto appello purchè coincida con rinunzia Diocesi.“ Pizzardo an Orsenigo vom 7. November 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 41r. 523 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 14. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 42rv. 524 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 21. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 44r–45v. 525 „… atto così generoso …“ Orsenigo an Pacelli vom 21. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 44v. 526 „Io però mi sentivo in dovere di fargli rilevare, come questa rinuncia aveva naturalmente una ripercussione sfavorevole sul suo nome ed in questo sfavorevole atmosfera non era giusto coinvolgere senzʼaltro anche la diocesi; che il Santo Padre, quando gli affidò la Diocesi di Misnia lo vedeva certo in una luce diversa e che ora era necessario rimettere il Santo Padre nella piena libertà di disporre della Diocesi. Spiegai che a questo scopo occorreva associare con la rinuncia all revisione, che virtualmente è già fatta, la rinuncia alla Diocesi.“ Orsenigo an Pacelli vom 21. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 44v. 522
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Auf diese offenen Worte reagierte Legge laut Darstellung des Nuntius sehr verständig und ergeben. Die einzige Frage, die er gestellt habe, sei die nach seiner Zukunft gewesen. Orsenigo erwiderte nach eigenen Angaben darauf, dass der Heilige Stuhl seine Bischöfe nicht verlasse, womit er auf die hohe Geldstrafe anspielte, die Legge zahlen musste. Er habe versichert, für ihn beim Heiligen Stuhl in dieser Sache einzutreten.527 Legge sollte außerdem einen Brief an Pius XI. schreiben, „in Übereinstimmung mit dem von mir Dargestellten und mit kindlicher Ergebenheit; das erscheint mir als ein nicht allein logischer Akt, sondern als sehr ehrerbietig und einer guten Kirchenleitung entsprechend“528. Bereits am Folgetag setzte Legge das verlangte Schreiben auf, in dem er wie gewünscht bekannte, sein bischöfliches Amt aufgeben oder allen sonstigen Anweisungen folgen zu wollen, die der Papst erließ.529 Damit schien diese Seite der Angelegenheit geklärt. Was war aber mit der Einsetzung eines coadiutor cum iure successionis? Auch darüber hatte Orsenigo nach eigenen Angaben mit Legge gesprochen, allerdings in einer ganz bestimmten Weise: „In allen meinen Gesprächen zuerst über einen Koadjutorbischof mit dem Recht der Nachfolge als auch dann über den Verzicht [sc. auf die Revision, R.H.] war ich immer geneigt, die Angelegenheiten derart zu präsentieren, dass ich die Verantwortung für das, was ich vorschlug, auf mich nehme, da es mir schien, den erhaltenen ehrwürdigen Auftrag so verstehen zu müssen.“530 Vertraulich bemerkte Orsenigo im Bericht – nicht im Gespräch gegenüber Legge –, dass die finanziellen Rücklagen der Nuntiatur zur Deckung der Strafzahlung problemlos ausreichen würden. Damit beantwortete er eine entsprechende Anfrage Pizzardos vom 7. November positiv. 528 „… in conformità a questo mio esposto e con filiale rassegnazione; mi pare un atto non solo logico, ma molto deferente e in conformità al buon governo della Chiesa.“ Orsenigo an Pacelli vom 21. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 45r. 529 Vgl. Legge an Pius XI. vom 16. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 46rv. Zunächst erinnerte der Oberhirte an die Zusage Pacellis vom Jahresanfang, dass der Heilige Stuhl keinerlei Bedenken gegen seine Wiederaufnahme des Amtes hege. Damals sei aber – so Legge – das Urteil gegen ihn noch nicht rechtskräftig gewesen. Nun habe er sich – wie man in Rom durch die Berichterstattung des Nuntius bereits wusste – entschlossen, „mit Rücksicht auf das durch mich als Bischof vertretene Ansehen der Kirche und auf die Befriedung des Verhältnisses von Kirche und Staat in Deutschland meinerseits auf die Revision zu verzichten“. Ebd., Fol. 46r. Es stehe zu erwarten, dass auch die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision bald zurückgenommen werde, was zu seiner endgültigen Verurteilung führe. Dies dem Papst mitzuteilen, sei ihm – so Legge – ein „Herzensbedürfnis“. Ebd., Fol. 46v. Die Ankündigung Orsenigos im Blick, erklärte er sich bereit, „auf Befehl E[hrwürdiger] Heiligkeit hin mein bischöfliches Amt in Meißen aufzugeben“ (ebd., Fol. 46v) oder, wenn der Papst etwas anderes im Sinn haben sollte, auch diesen Weisungen bedingungslos zu folgen. 530 „In tutti i miei colloqui sia per un Vescovo Coadiutore cum jure successionis prima e poi per la rinuncia ho sempre inclinato a presentare le cose in modo da tener su di me la responsabilità di quanto suggerivo, sembrandomi di dover così interpretare il veneratissimo incarico avuto.“ Orsenigo an Pacelli vom 21. November 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 45r. Hervorhebung im Original. 527
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Dass die Einsetzung eines Koadjutors in Rom bereits beschlossen war, erfuhr Legge also auch jetzt nicht. Der Nuntius vermittelte immer den Eindruck, als sei es seine persönliche Auffassung und nicht etwa von Rom diktiert. Indem Legge jedoch die völlige Freiheit des Heiligen Stuhls zur Lösung der Meißener Frage anerkannte und zusagte, alle etwaigen Anordnungen des Papstes anzunehmen, erteilte er jedenfalls implizit seine Zusage zum Koadjutor-Plan, gegen den er kürzlich noch heftig opponiert hatte.
Die ‚Handschrift‘ Pacellis Mitte November kehrte der Kardinalstaatssekretär schließlich von seiner Nordamerikareise in den Vatikan zurück. Sofort übernahm er das Zepter des Handelns, arbeitete sich durch die vergangene Korrespondenz zum Meißener Fall, hielt Rücksprache mit dem Papst und erteilte dem Nuntius am 30. des Monats neue Anweisungen: „Um die Situation nicht noch peinlicher zu machen und auch weil Monsignore Legge nur aus Fahrlässigkeit verurteilt wurde, ein Bußgeld zu bezahlen, scheint es dem Heiligen Vater ausreichend, ihm einen Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge zu geben, ohne ihn auf den Rücktritt zu verpflichten …“531 Das war nichts anderes als ein Richtungswechsel um 180 Grad: Drei Wochen zuvor war für Pius XI. die Rücknahme der Revision noch untrennbar mit der Entpflichtung Legges vom Bischofsamt verbunden gewesen. Plötzlich aber war dessen Rücktritt nicht mehr erforderlich. Man muss davon ausgehen, dass der Urheber für diesen Sinneswandel Pacelli war. Dessen Gründe für die entsprechende Einflussnahme auf den Papst könnten vielfältig gewesen sein: Vielleicht wollte er der deutschen NS-Regierung die Genugtuung nicht verschaffen, dass ein von ihr verurteilter Bischof sein Amt niederlegte. Was wäre damit für eine Präzedenz geschaffen? Vielleicht hielt er den Amtsrücktritt für überzogen, da Legge eine culpa theologica nicht nachgewiesen werden konnte. Sicher jedoch dachte Pacelli an die Wiederbesetzung: Wie sollte ein Koadjutor installiert werden, wenn Legge zurücktrat? In diesem Fall hätte eine „ordentliche“ Besetzung, das heißt durch Domkapitelswahl erfolgen müssen. Einer der Kandidaten auf der dafür zu erstellenden Terna hätte darüber hinaus aus dem Bistum Meißen stammen müssen. Kurzum: Die Möglichkeit, einen Kandidaten im eigenen Sinne auf den Bischofsthron zu erheben, wäre erheblich eingeschränkt, falls überhaupt realisierbar. „Per non rendere più penosa la situazione e dato anche che Monsignor Legge fu condannato a pagare una ammenda soltanto per negligenza, sembra al Santo Padre sufficiente, senza obbligarlo alla rinunzia, di dargli un Coadiutore con successione …“ Pacelli an Orsenigo vom 30. November 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 48r–49r (nur r), hier 48r. Das Entwurfsschreiben ist nicht unterschrieben. Dass Pacelli die Federführung wieder übernommen hatte, ergibt sich formal daraus, dass er den ersten Entwurf (ebd., Fol. 50r) eigenhändig korrigierte.
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Diese formale Modifikation war jedoch noch nicht alles, auch hinsichtlich des Kandidaten erwirkte Pacelli eine Veränderung: Der Papst habe sich – so Pacelli in der Weisung an Orsenigo – für den zweiten der beiden Kandidaten entschieden, die in der engeren Auswahl gewesen waren. Hatte sich Pius XI. zuvor für Köhler ausgesprochen, so sorgte Pacelli nun für die Priorität Wienkens. Auch dies war eine vollständige Umentscheidung.532 Orsenigo erhielt die Order, die nötigen Schritte zur Amtseinsetzung zu unternehmen, zuerst jedoch Legges Einverständnis einzuholen. Damit ließ der Kardinalstaatssekretär den Nuntius entsprechend dem oben dargelegten dreischrittigen Verfahren vorgehen, das bereits 1936 in Fulda Anwendung gefunden hatte.
Das staatliche Plazet für Wienken Wie Orsenigo drei Wochen später am 18. Dezember berichtete, habe Legge „sich bereit erklärt, den Koadjutor mit Nachfolgerecht zu akzeptieren“533. In den organisatorischen Fragen wie Unterkunft und Unterhalt des Koadjutors gelangten beide zu einer akzeptablen Regelung.534 Ebenso kooperativ habe sich Legge in der Personalfrage gezeigt und keinerlei Einwände gegen Wienken erhoben, vielmehr die Wahl eines Geistlichen, der nicht aus der Meißener Diözese stammte, befürwortet. Damit waren alle innerkirchlichen Hindernisse ausgeräumt. Orsenigo intendierte deshalb, am nächsten Tag die Reichsregierung nach politischen Bedenken gegen Wienken zu befragen. Die Anfrage noch vor Weihnachten war Teil eines wohlüberlegten Zeitplans, da die offi-
Pacellis Nordamerikareise beziehungsweise seine Interventionen nach seiner Rückkehr scheinen also „die Hintergründe für diesen Meinungsumschwung“ zu sein, die für Birgit Mitzscherlich in ihrer Darstellung des Falls nicht „erkennbar“ waren. Mitzscherlich, Diktatur, S. 211. 533 „… si è dichiarato pronto ad accettare il Coadiutore cum jure successionis …“ Orsenigo an Pacelli vom 18. Dezember 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 55rv, hier 55r. Aus seinem Referat auf der Bischofskonferenz vom 26. August 1937 geht deutlich hervor, dass Legge mit der Bestellung des Koadjutors trotz allem nicht zufrieden war und im Nuntius – nicht zu Unrecht – seinen „Hauptwidersacher“ erkannte. Vgl. Bd. 4, Kap. II.4.4 Anm. 471. 534 Laut Angabe Orsenigos schlug Legge vor, dem Koadjutor fürs Erste seine eigene Bischofsunterkunft zur Verfügung zu stellen. Dauerhaft könne dieser in einer hergerichteten Wohnung für die Domkapitulare oder aber in einem Appartement untergebracht werden, das der bischöfliche Stuhl in Dresden besitze. Was das Gehalt anbelangte, habe er – so Orsenigo – das Einverständnis erwirkt, dass Legge bis zur seiner Rückkehr nach Meißen von seinen Bezügen (ca. 16.000 Mark) einen Teil (6.000 Mark) an den Koadjutor weitergebe. Nach der Rückkehr könne der Koadjutor ein Domkanonikat erhalten, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. In den folgenden Monaten wurde dieses Thema noch häufiger diskutiert. Vgl. die Hinweise in Orsenigos Berichten an Pacelli vom 13. März 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 72r–73r; vom 10. April 1937, ebd., Fol. 75r–76r und 24. Juni 1937, ebd., Fol. 80rv sowie Pacelli an Orsenigo vom 10. Juli 1937 (Entwurf), ebd., Fol. 81r.
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zielle Ernennung des Caritasdirektors dann nach Möglichkeit in der ersten Januarhälfte erfolgen konnte und damit bevor das Gerichtsverfahren gegen den Meißener Bischof zu einem Abschluss kam.535 Der Nuntius wollte der Presse keine Zeit lassen für kritische Zeitungskommentare über die Wiederaufnahme der Amtsgeschäfte durch den verurteilten Bischof. Er hoffte wohl, dass der öffentliche Unmut durch das Koadjutorprojekt entschärft wurde. Wie geplant setzte Orsenigo sein Vorhaben in die Tat um, begab sich am 19. Dezember ins Auswärtige Amt und übergab dem Gesandten Otto von Erdmannsdorff folgende Verbalnote: „Der Heilige Stuhl hat im Einvernehmen mit S[einer] Exzellenz dem Herrn Bischof von Meißen Petrus Legge die Absicht, den Hochwürdigen Herrn Prälaten Heinrich Wienken, Direktor beim Deutschen Caritasverband in Berlin, zum Koadjutor desselben Herrn Bischofs mit dem Rechte der Nachfolge zu ernennen. Die Apostolische Nuntiatur beehrt sich anzufragen, ob Bedenken allgemein politischer Natur gegen den Kandidaten bestehen.“536
Die Notwendigkeit, einen Koadjutor zu installieren, begründete Orsenigo mit der Arbeitsüberlastung des Interimsadministrators.537 Nach den Aufzeichnungen des Staatsbeamten fügte der Nuntius mündlich hinzu, dass Wienken der Reichsregierung genehm sein müsste, da er „stets gute Beziehungen zu den amtlichen Stellen unterhalten habe“538. Insbesondere dem Leiter der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“, Erich Hilgenfeldt, sei Wienken bekannt.539 Da der Caritasdirektor seit vielen Jahren in Berlin weile, dürfte es den staatlichen Behörden keine Probleme bereiten, innerhalb der vorgesehenen 20-tägigen Einspruchsfrist ihre Antwort zu formulieren. Weil Wienken selbst noch keine Kenntnis von seiner neuen Aufgabe besitze, habe der Nuntius abschließend – so die Notizen Erdmannsdorffs – um eine streng diskrete Behandlung der Anfrage gebeten.
Am 29. Dezember informierte der Nuntius Pacelli erleichtert, dass Legge bislang noch keine offizielle Antwort der Regierung zu seinem Verzicht auf die Revision erhalten habe. Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 56r–57r, hier 56r-v. 536 Verbalnote der Nuntiatur an das Auswärtige Amt vom 19. Dezember 1936 (Abschrift), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 58r; abgedruckt bei Albrecht (Bearb.), Notenwechsel III, S. 226 (Nr. 238). 537 Vgl. Heim, Bischöfe, S. 348. Vgl. generell zum Folgenden ebd., S. 347–353. 538 Aufzeichnung Erdmannsdorffs vom 19. Dezember 1936, zitiert nach Albrecht (Bearb.), Notenwechsel III, S. 226 Anm. 3. 539 Hilgenfeldt war eng mit Benedikt Kreutz befreundet, der als Caritaspräsident mit Sitz in Freiburg direkter Vorgesetzter von Wienken als Leiter der Berliner Zweigstelle war. Da Kreutz häufig von amtswegen in die Reichshauptstadt kam, wo auch die „Nationalsozialistische Volkswohlfahrt“ ihren Sitz hatte, trafen die drei gewiss oft zusammen. Vgl. zur Beziehung von Kreutz und Hilgenfeldt Höllen, Wienken, S. 40–42. 535
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Drei Tage später ging die Note der Nuntiatur vom Auswärtigen Amt dem Reichskirchenministerium zu, das dieselbe erst am 29. Dezember an das Geheime Staatspolizeiamt, den „Stellvertreter des Führers“ Rudolf Heß, die Berliner Gauleitung der NSDAP und den Berliner Oberbürgermeister Julius Lippert weitervermittelte. Die erhoffte Einsetzung Wienkens in der ersten Januarhälfte war damit praktisch schon unmöglich. Orsenigo wurde dies klar, als er am Silvestertag vom Auswärtigen Amt die Mitteilung erhielt, dass es den zuständigen Behörden angesichts der Weihnachts- und Neujahrsfeiertage nicht möglich sei, die nötigen Untersuchungen über den Kandidaten in angemessener Form durchzuführen und daher eine Beantwortung der Eingabe nicht rechtzeitig erfolgen könne.540 Wieder einmal also reichte den staatlichen Stellen die vom Reichskonkordat bestimmte Frist, um Bedenken geltend zu machen, nicht aus.541 Kommentarlos gab Orsenigo die Nachricht am 9. Januar 1937 an Pacelli weiter, also an dem Tag, der formal das Fristende markierte.542 Obgleich das Kirchenministerium am 29. Dezember 1936 die Ermittlungen über Wienken erst initiierte, „votierte dieses am gleichen Tag gegenüber dem preußischen Ministerpräsidenten [sc. Hermann Göring, R.H.] allein auf der Basis der ihm vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellten Informationen für eine Ablehnung des Kandidaten“543. Stein des Anstoßes war nicht nur die frühere Aktivität des Geistlichen als Zentrumsabgeordneter in der Berliner Stadtverordnetenversammlung in den Jahren 1929 bis 1933, sondern auch dessen Ausbildung bei den Innsbrucker Jesuiten. Dennoch sollte vor einer endgültigen Entscheidung das Urteil der in Auftrag gegebenen Gutachten abgewartet werden. Das erste stammte vom Berliner Oberbürgermeister und erreichte die Kirchenbehörde unter dem Datum des 14. Januar 1937. Neben einigen biographischen Anmerkungen zog Lippert ein positives Resümee über die politische Tätigkeit des Caritasdirektors: Laut den eingeholten Stimmen sei eine gute Zusammenarbeit mit ihm möglich gewesen, „[p]olitisch Nachteiliges ist nicht zu berichten“, den weitreichenden Einfluss der Zentrumspartei habe Wienken „geschickt im Interesse der katholischen Caritas verwendet“544. Das Exposé der Berliner Gestapo, das zwei Tage später verfasst wurde, monierte vor allem die Zusammenarbeit des Caritasdirektors mit Vgl. Verbalnote des Auswärtigen Amtes an die Nuntiatur vom 31. Dezember 1936 (Abschrift), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 60r; abgedruckt bei Albrecht (Bearb.), Notenwechsel III, S. 228 (Nr. 240). 541 Vgl. dazu pars pro toto Bd. 2, Kap. II.1.14. 542 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 9. Januar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 59rv. 543 Heim, Bischöfe, S. 349. Dass Preußen mit der Besetzung des sächsischen Bistums eigentlich nichts zu tun hatte, merkten die Beamten des Reichsministeriums für die Kirchlichen Angelegenheiten wohl erst später. Vgl. ebd., S. 355. 544 Lippert an das Reichskirchenministerium vom 14. Januar 1937, zitiert nach Heim, Bischöfe, S. 350. 540
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dem ausgesprochenen NS-Gegner und Filmproduzenten Franz Kloidt,545 die Rückschlüsse zulasse, wie es um Wienkens „innere Einstellung dem Staat gegenüber“546 bestellt sei. Zu Wienkens weiteren beruflichen Aktivitäten rechneten die Staatspolizeibeamten sein Engagement in der Düsseldorfer Zentralstelle der Katholischen Aktion, seinen Vorsitz im Reichsverband für die Katholischen Auslandsdeutschen sowie im Verband katholischer deutscher Sozialbeamten. Beobachtet wurde darüber hinaus ein – angesichts seiner Tätigkeiten logischerweise nicht überraschender – enger Kontakt Wienkens mit dem Ordinariat des Bistums Berlin sowie mit der Zentrumszeitung „Germania“. Wenngleich auf Basis dieser Informationen dem Genannten eine „bestimmte staatsfeindliche Betätigung … nicht nachgewiesen werden“ könne, so seien wegen seiner früheren politischen Karriere und der Verbindung zu Kloidt „Bedenken gegen seine Ernennung zum Koadjutor des Bischofs von Meißen“547 gerechtfertigt. Am 19. Januar machte schließlich Rudolf Heß dem Kirchenministerium Mitteilung, für die Untersuchung über Wienken noch mehr Zeit zu benötigen und daher dessen Ernennung „vorläufig nicht zugestimmt werden“548 könne. In der Kirchenbehörde war man jedoch nicht gewillt, noch mehr Zeit einzuräumen und entschied sich noch am gleichen Tag, dem Auswärtigen Amt bekannt zu geben, gegen Wienken keine Einwände zu erheben. Dieses Ergebnis ist angesichts der skizzierten Voten sehr überraschend. Die Motivation für die positive Reaktion gibt auch Bernd Heim Rätsel auf: „Die überlieferten Dokumente des Kirchenministeriums lassen nicht erkennen, welche Gründe letztlich für die ursprünglich nicht befürwortete staatliche Zustimmung zur Ernennung des Kandidaten verantwortlich waren. Obwohl die Ermittlungsergebnisse der Staatspolizei Heinrich Wienken, ohne ihn selber konkret zu belasten, in eine deutliche Nähe zu Bevor Kloidt 1930 in die Filmabteilung des Reichsinnenministeriums wechselte, war er mehrere Jahre Geschäftsführer der „Caritas für Akademiker“ gewesen, einem Verein, welcher der Berliner Hauptvertretung der Caritas angegliedert war. Damit gehörte er zum engsten Mitarbeiterstab Wienkens. Vgl. Höllen, Wienken, S. 14f. 546 Gestapo Berlin an das Reichskirchenministerium vom 16. Januar 1937, zitiert nach Heim, Bischöfe, S. 350. 547 Gestapo Berlin an das Reichskirchenministerium vom 16. Januar 1937, zitiert nach Heim, Bischöfe, S. 350. 548 Heß an das Reichskirchenministerium vom 19. Januar 1937, zitiert nach Heim, Bischöfe, S. 350. Am nächsten Tag legte Heß einen Bericht vor, der ähnlich wie die Berliner Geheime Staatspolizei auf Wienkens Mitgliedschaft im Zentrum sowie seine Verbindung zu Kloidt hinwies und mit jener in der abschließenden Beurteilung im Wesentlichen übereinstimmte: „Staatsfeindliche Tätigkeit kann dem Wienken nicht nachgewiesen werden. Dagegen spricht für eine ungünstige Beurteilung Wienkens die Tatsachte, daß er dem bereits erwähnten Dr. Kloidt so stark propagiert, [sic!] einen Mann, der nach Äußerungen seiner Frau erklärt haben soll, er warte nur bis bessere Zeiten wiederkämen, in denen ‚das den Katholiken geschehene Unrecht wieder gut gemacht wird …‘.“ Heß an das Reichskirchenministerium vom 20. Januar 1937, zitiert nach Heim, Bischöfe, S. 351. 545
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‚besonders gehässigen Gegnern des Nationalsozialismus‘ rückten, lehnte das Kirchenministerium diesen Kandidaten nicht ab, während es nur ein Jahr später Wilhelm Holtmann gerade aufgrund der von den Ermittlungsbehörden behaupteten engen Verbindung zum Regimegegner Bischof Galen ablehnen sollte und im ‚Fall Fulda‘ Wendelin Rauch aus nicht minder parteipolitischen Motiven abgelehnt hatte.“549
Angesichts dieser inkonsequenten Vorgehensweise des Ministeriums ist der Verdacht naheliegend, dass nicht unmittelbar mit der Person Wienkens zusammenhängende Motive für die Zustimmung maßgeblich waren, sondern eher allgemeinpolitische und kirchenpolitische Gründe den Ausschlag gaben. So könnte es das Anliegen der Nationalsozialisten gewesen sein, den im Umfeld der Berliner Sommerolympiade 1936 erhofften Gewinn an internationalem Ansehen nicht durch eine eventuell bis in die Öffentlichkeit gelangende Auseinandersetzung mit dem Heiligen Stuhl zu gefährden.550 Dazu kommt die eigene schwache Position: „Das fehlende juristische Fundament der eigenen Ablehnungsmotive und in deren Folge eine neuerliche, für die Leipziger Straße [sc. Sitz des Kirchenministeriums, R.H.] höchst unerfreuliche, diplomatische Kontroverse mit der Kurie um die Berechtigung der Ablehnungsmotive, haben vermutlich das Kirchenministerium im Januar 1937 zur Aufgabe der ursprünglich geplanten Ablehnung des Kandidaten bewogen.“551
Auf der anderen Seite darf nicht vergessen werden, dass Wienkens Verhältnis zum Nationalsozialismus nicht so „gehässig“ war, wie es nach dem Gesagten den Anschein hat: Zwar gehörte er keineswegs zu den „Brückenbauern“, doch hing er schon vor 1933 dem „Irrglauben“ an, „man könne den Nationalsozialismus entschärfen und taufen“, zeigte „gewisse Affinitäten zum Nationalsozialismus von einigen Aspekten der Kulturpolitik her“552 und glaubte, man müsse in ihm auch das Gute sehen. Er hielt Kompromisse für notwendig, um der Kirche „selbst unter schwierigsten politischen Bedingungen Seelsorge und Caritas zu sichern“553. Angesichts dessen erscheint das positive Urteil des Reichskirchenministeriums gar nicht mehr so überraschend. Letztlich muss die Erklärung jedoch ohne Quellenbeleg bleiben. Jedenfalls konnte sich Orsenigo über die am 23. Ja-
Heim, Bischöfe, S. 355. Vgl. Schwerdtfeger, Konrad, S. 78f. 551 Heim, Bischöfe, S. 356. 552 Höllen, Wienken, S. 48. 553 Höllen, Wienken, S. 50. Nachdem Wienken beim Festessen nach seiner Bischofsweihe am 11. April des Jahres seine Rede mit einem Hoch auf Hitler beendet hatte, bezeichnete ihn Preysing als „forma optima des Kompromißlers“. Aufzeichnung Adolphs vom 13. April 1937, abgedruckt bei Adolph, Aufzeichnungen, S. 100f. (Nr. 40), hier 100. Wienkens häufigere, ungeschickte öffentliche Huldigungen Hitlers brachten ihm das Prädikat ein, „braun“ zu sein, wodurch er sich freilich missverstanden und persönlich getroffen fühlte. Vgl. zu Wienkens Verhältnis zum NS Höllen, Wienken, S. 48–54 u. ö.; Ders., Heinrich Wienken (1883–1961), S. 183–186; Zumholz, Wienken, S. 562–564. 549 550
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nuar mit zweiwöchiger Verspätung ergehende Replik des Auswärtigen Amtes freuen, dass gegen die Einsetzung Wienkens zum Koadjutor für Meißen mit dem Recht der Nachfolge „Bedenken allgemein politischer Natur nicht bestehen“554.
Die Einsetzung Wienkens zum Koadjutor des Bistums Meißen Der Koadjutorposten war nicht das einzige Amt, für das Wienken ausersehen war: Am 13. Januar fasste die Plenarkonferenz der deutschen Bischöfe in Fulda den Beschluss, Wienken als Geschäftsführer in das Berliner „Kommissariat der Fuldaer Bischofskonferenz“ zu berufen, das als Nachfolgerinstitution aus der „Kirchlichen Informationsstelle“ hervorgegangen war.555 Dieses Amt, das Orsenigo für sehr dienlich hielt, wurde von der Bischöflichen Kurie Berlin in das Haus des Caritasverbandes umgesiedelt, wo Wienken es leicht mit dem Caritasdirektorat in Personalunion ausüben konnte. Orsenigo berichtete schon am 29. Dezember 1936 über diesen Sachverhalt nach Rom, nachdem Bertram Wienken bereits kurz vor Weihnachten offiziell in das neue Amt berufen hatte. Der Bericht des Nuntius stand unter der Hinsicht, dass der Genannte diesen soeben angetretenen Posten sofort wieder werde aufgeben müssen.556 Dennoch war es für den Nuntius keine Option, der zuständigen Stelle – und das heißt wenigstens Bertram selbst – einen Wink zu geben, eine alternative Kandidatenwahl zu treffen. Vielmehr versicherte er dem Kardinalstaatssekretär, dass er das secretum Sancti Officii sorgfältig beachtet und niemandem von der bevorstehenden neuen Verwendung Wienkens berichtet habe, außer den Bischöfen Legge und Preysing. Übrigens sei es erheblich leichter, einen Nachfolger für die Leitung des Kommissariats zu finden, als eine geeignete Person für das Bischofsamt im Allgemeinen und die Koadjutorstelle im Besonderen. Mit dem Eintreffen des staatlichen Plazets vom 23. Januar 1937 brauchte sich Orsenigo über Letzteres jedenfalls keine Sorgen mehr zu machen. Am 24. des Monats telegraphierte er die Nachricht von der Zustimmung der Regierung an das römische Staatssekretariat und kündigte an, am nächsten Tag das Einverständnis von Wienken selbst zu erfragen.557 Am Monatsende konnte Orsenigo Pacelli schließlich davon unterrichten, dass der Gefragte seine Disposition bekundet Verbalnote des Auswärtigen Amtes an die Nuntiatur vom 23. Januar 1937, abgedruckt bei Albrecht (Bearb.), Notenwechsel III, S. 230 (Nr. 243). 555 Vgl. zum Kommissariat und Wienkens dortiger Tätigkeit Höllen, Wienken, S. 54–143, hier 61; Pilvousek, Wienken. 556 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1936, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 56r–57r. 557 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 24. Januar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 51r. 554
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habe, „das zu tun, was seine Oberen von ihm verlangen“558. Was das Devisenverfahren betraf, so seien die Verhandlungen zwischen der Regierung und Legges Anwalt abgeschlossen. Da auch die staatliche Seite ihre Revision gegen das frühere Urteil zurückgezogen habe, sei die Sache nunmehr erledigt. Es sei damit zu rechnen, dass der Meißener Generalvikar Soppa innerhalb der nächsten Wochen das Gefängnis verlassen könne. Wie sah nun die Zukunft Legges aus? Wann und wie würde er nach Meißen zurückkehren? Diesen Fragen stellte sich Orsenigo in seinem Schreiben nicht. Auch der Bautzener Kapitelsdekan Hartmann schien ihnen keine übergeordnete Rolle beizumessen: Als der Nuntius ihn nach eigener Aussage – im Anschluss an Wienkens positive Reaktion – über die Installation des Koadjutors unterrichtete, habe dieser „keinen Einwand erhoben; einzig fragte er, wie man für den Lebensunterhalt des neuen Koadjutor-Bischofs sorgen werde“559. Orsenigo erwiderte, dass Legge ihn von seinem Gehalt entlohne. Der Nuntius bewertete diese Regelung als angemessen, da Wienken für den Bischof arbeiten und zum Beispiel Firmungen oder Verwaltungsaufgaben übernehmen werde. Nach Wienkens Zustimmung und der Information des Bautzener Domkapitels hielt Orsenigo die Zeit für reif, um die Einsetzung zu publizieren. Erst jetzt überlegte er lediglich, „ob es nicht vorher angebracht wäre, darüber seiner Eminenz Herrn Kardinal Bertram, Erzbischof von Breslau, Mitteilung zu machen, umso mehr als Monsignore Wienken nun einen sehr delikaten Posten besetzt, der ihm kürzlich haargenau von Seiner Eminenz, dem Herrn Kardinal Bertram, im Namen des gesamten Episkopats Deutschlands anvertraut wurde.“560
Ähnlich wie Orsenigo betrachteten auch Papst und Staatssekretär diesen Vorschlag als einen Akt der Höflichkeit, sodass Pacelli den Auftrag gab, ihn auszuführen.561 Der Nuntius unterrichtete daraufhin den Breslauer Kardinal mit vertraulichem Schreiben vom 8. Februar und bestätigte diesen
„… a fare ciò che i suoi Superiori desiderano da lui.“ Orsenigo an Pacelli vom 30. Januar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 52r–53r, hier 52v. 559 „… non fece alcuna obbiezione, soltanto chiese come si provvederà al mantenimento del nuovo Vescovo Coadiutore …“ Orsenigo an Pacelli vom 30. Januar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 52v. 560 „… se non sarebbe prima opportuno farne parola allʼEminentissimo Signor Cardinale Bertram, Arcivesvovo di Breslavia, molto più che Monsignor Wienken occupa ora un posto delicatissimo, affidatogli recentemente precisamente da Sua Eminenza il Signor Cardinale Bertram, a nome di tutto lʼEpiscopato di Germania.“ Orsenigo an Pacelli vom 30. Januar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 53r. 561 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 4. Februar 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 54r. 558
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Schritt dem Kardinalstaatssekretär fünf Tage später.562 Nun sollte die Nomination Wienkens aber definitiv vollzogen werden. Neun Tage später war es schließlich so weit: Pacelli bat den Sekretär der Konsistorialkongregation, die erforderlichen Anweisungen zur Anfertigung der Ernennungsdokumente zu erteilen.563 Damit stand der 22. Februar als offizielles Nominationsdatum fest.564 Gleichzeitig informierte er Orsenigo, dass der „Osservatore Romano“ die Einsetzung Wienkens zum Koadjutor in der nächsten Ausgabe bekannt machen werde.565 Am Morgen des 24. Februar war die Neuigkeit in der deutschen Presse zu lesen.566 Später urteilte der Nuntius, dass Wienkens Ernennung „eine sehr gute Aufnahme hatte und sein Amt als Koadjutorbischof mit dem Recht der Nachfolge, besonders vom Episkopat und Klerus, als die beste praktische Lösung der verzwickten Situation beurteilt wurde“567. Diese Behauptung war zumindest einseitig, schon allein deshalb, weil gerade Bertram keineswegs davon begeistert war, dass sein Mann für das bischöfliche Kommissariat plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand.568
Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 13. Februar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 67rv. 563 Vgl. Pacelli an Rossi vom 22. Februar 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 63r. Zur nötigen Information fügte er für Rossi eine kurze Vita des Ernannten bei. Vgl. ebd., Fol. 61r. 564 Vgl. AAS 29 (1937), S. 215. 565 Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 22. Februar 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 62r. Vgl. schließlich die Bekanntmachung im „Osservatore Romano“ Nr. 45 vom 24. Februar 1937. 566 Der Nuntius nahm die Anzeigen aus der „Germania“ und der „Märkischen Volkszeitung“ wahr. Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 24. Februar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 64rv, hier 64v. 567 „… ebbe ottima accoglienza e il suo officio di Vescovo Coadiutore cum jure successionis fu giudicato, specialmente dallʼEpiscopato e dal Clero, la migliore soluzione pratica dellʼintricata situazione.“ Orsenigo an Pacelli vom 13. März 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 72r–73r, hier 72v. Hervorhebung im Original. 568 Vgl. Höllen, Wienken, S. 62. Bertram war verärgert, dass seine Planung mit Wienken auf diese Weise und ohne sein Wissen zunichte gemacht wurde. Das brachte er später in einem Brief an Pacelli zum Ausdruck, in dem er auf die im Januar 1937 bereits vollständig geklärte Ernennung Wienkens zum Leiter des Bischöflichen Kommissariats verwies: „Alles das war vereinbart, als plötzlich ganz unerwartet das amtliche Schreiben der hochwürdigsten Apostolischen Nuntiatur vom 8. Februar 1937 bei mir eintraf mit der Erklärung: Der H[eilige] Stuhl wolle den Mons[ignore] Wienken ernennen zum Vescovo Coadjutore des Bischofs Legge von Meißen cum jure successionis. Hinzugesetzt war die Bemerkung: ‚Tutte le pratiche preliminari, compreso il consenso governativo, sono già ultimate.ʻ Diese Mitteilung, die die Ernennung als eine alsbald zu publizierende vollendete Tatsache bezeichnete, machte neue Beratung im Gremium des Episkopats notwendig …“ Bertram an Pacelli vom 18. Oktober 1937, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 362–364 (Nr. 410), hier 363. 562
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Noch am 22. Februar bat Preysing seinen langjährigen Freund an der Spitze des römischen Staatssekretariats, ihn nunmehr von seinen Pflichten als Administrator des Bistums Meißen zu entbinden und damit der von ihm seit mittlerweile eineinhalb Jahren getragenen Doppelbelastung ein Ende zu bereiten.569 Er schlug vor, dem neuen Koadjutor sofort alle nötigen Fakultäten zu übertragen, damit er selbst nicht mehr gebraucht würde. Orsenigo, der die Supplik des Berliner Diözesanbischofs zwei Tage später nach Rom weitervermittelte, fügte hinzu, dass es ihm sinnvoll erscheine, wenn der Heilige Stuhl Legge auferlege, Wienken zu seinem Generalvikar zu ernennen.570 Dieser „Wunsch“ sollte Legge seiner Ansicht nach sofort mitgeteilt werden, sobald dieser seine Befugnisse als Ordinarius des sächsischen Bistums zurückerhalte. Eine zügige Anfertigung der Ernennungsbullen könne – so der Nuntius – die Installation Wienkens beschleunigen. Orsenigo sorgte sich offenbar um die reibungslose Integration des neuen Koadjutors in die diözesanen Strukturen und damit letztlich um die Sinnhaftigkeit der Koadjutoreinsetzung überhaupt. Denn wenn Legge die Amtsgeschäfte vollumfänglich wieder aufnahm, welche Rolle sollte Wienken dann faktisch noch spielen? Die Bitte, die Ernennungsdokumente beschleunigt auszustellen, leitete Pizzardo mit päpstlicher Bevollmächtigung an die Konsistorialkongregation weiter.571 Pius XI. erlaubte außerdem, dass Wienken schon die Bischofsweihe empfangen durfte, bevor er seine Ernennungsbullen in den Händen hielt. Diese Abweichung vom normalen Geschäftsgang – wie auch die Bitte, die Dokumente zügig zu erstellen – waren wohl auch einer Petition geschuldet, in der Legge den seelsorglichen Notstand seines Bistums, der durch seine lange Absenz entstanden sei, zur Sprache brachte.572 Als Legge dieses Schreiben am 20. Februar verfasste, war die Nomination Wienkens noch nicht publiziert worden und er konnte nicht wissen, dass die Veröffentlichung unmittelbar bevorstand. Eine Woche später vermochte Pacelli den Oberhirten zu beruhigen und schrieb ihm,
Vgl. Preysing an Pacelli vom 22. Februar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 79rv. 570 Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 24. Februar 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 64rv. 571 Vgl. Pizzardo an Santoro vom 26. Februar 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 65r. Der Papst stimmte auch dem ebenfalls von Orsenigo vorgetragenen Vorschlag zu, Wienken direkt die Quinquennalfakultäten zu übertragen, genauso wie es im Dezember des Vorjahres bei der Fuldaer Koadjutoreinsetzung gehandhabt worden war. Vgl. Bd. 2, Kap. II.1.16 Anm. 1398. Dass der Heilige Stuhl alle seine Anliegen zustimmend aufnahm, teilte Pacelli Orsenigo Ende Februar mit. Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 26. Februar 1937 (Entwurf), ebd., Fol. 66r. 572 Dieses Schreiben, das auf den 20. Februar datiert und das Bischof Preysing am 22. Februar seiner Eingabe beifügte, konnte in den vatikanischen Akten nicht aufgefunden werden. Vgl. dazu aber Mitzscherlich, Diktatur, S. 215. 569
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„dass mit der unterdessen veröffentlichten Ernennung eines Koadjutors eine Lösung getroffen ist, die mit der Rücksicht auf die Person Euerer Exzellenz und die nunmehr gebesserte Gesamtlage in der Beurteilung des Prozessergebnisses die Wahrung der seelsorglichen Interessen der Diözese Meißen verbindet, welch letztere unter einer weiteren Verlängerung der bisherigen Notlösung gelitten haben würden. In der Person des neuernannten Koadjutors werden Euer Exzellenz einen wertvollen und treuen Helfer zur Seite haben, der Ihnen die stufenweise Normalisierung der Verhältnisse gewiss wesentlich erleichtern wird.“573
In den folgenden Wochen wurden zwischen Orsenigo, Legge und Wienken noch die letzten Formalitäten geklärt: Außer Absprachen, welche noch einmal den Unterhalt Wienkens betrafen, erstellte der Nuntius das Dekret zur Demission Preysings, die am 1. April wirksam werden sollte.574 Mit dem Rücktritt Preysings trat Wienken sein Amt als Generalvikar an, zu dem ihn Legge der Vorgabe des Nuntius entsprechend ernannte.575 Noch im März bedankte sich der Meißener Bischof bei Pacelli und zog ein positives Fazit über das nun vor dem Abschluss stehende Verfahren: „Ich schließe mich gern der Hoffnung E[hrwürdiger] Eminenz an, daß durch die Ernennung des Hochw[ürdigsten] Herrn Prälat Wienken zu meinem Koadjutor die allmähliche Normalisierung der Verhältnisse erleichtert wird. Die Besprechungen, die ich in Berlin mit dem Hochwürdigsten Herrn Apostolischen Nuntius und mit dem Hochw[ürdigsten] Herrn Coadjutor habe führen können, bilden, wie ich zuversichtlich hoffe, die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.“576
Was die insgesamt 130.000 Mark Bußgeld anbelangte, welche die verurteilten Legge und Soppa zu zahlen hatten, so wurde sie schlussendlich mit Unterstützung des deutschen Episkopats beglichen.577 Anfang April stattete der Meißener Bischof seiner Diözese einen kurzen Besuch ab,
Pacelli an Legge vom 27. Februar 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 68r. 574 Vgl. die Telegramme zwischen Orsenigo und Pacelli vom 4. März 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 69r und vom 6. März 1937 (Entwurf), ebd., Fol. 70r sowie den folgenden Bericht Orsenigos an Pacelli vom 13. März 1937, ebd., Fol. 72r–73r. 575 Vgl. Mitzscherlich, Diktatur, S. 217. Soppa übernahm mit der Ernennung Wienkens zum Generalvikar das Amt des Offizials und war als Ordinariatsrat tätig. Vgl. Seifert, Soppa. 576 Legge an Pacelli vom 18. März 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 74rv, hier 74r. 577 Für die Zahlung des Bußgeldes hatte Pacelli noch im Vorjahr die Unterstützung des Heiligen Stuhls zugesichert. Vgl. Pacelli an Orsenigo vom 30. November 1936 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 48r–49r (nur r). Orsenigo berichtete ihm daraufhin, dass der deutsche Episkopat eine Spendenaktion für Legge durchführe, sodass eine römische Sustentation nicht mehr nötig sei. Vgl. Orsenigo an Pacelli vom 29. Dezember 1936, ebd., Fol. 56r–57r, hier 57r. Vgl. zur Spendenaktion der deutschen Diözesen das Rundschreiben Bertrams an die deutschen Metropoliten 573
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um einige Regelungen zu treffen.578 Orsenigo äußerte daraufhin gegenüber Pacelli das Vorhaben Legges, bald endgültig wieder zu seiner Cathedra zurückzukehren und fügte hinzu: „… ich weiß nicht, ob der Moment reif ist; es ist aber günstig in dem Sinn, dass die Nationalsozialisten, die noch von der Wirkung der Enzyklika beansprucht sind, es vielleicht nicht wagen, neue Fehlgriffe hinzuzufügen.“579 Die Enzyklika „Mit brennender Sorge“, welche die antikirchlichen Aktionen der Regierung scharf verurteilte und die NS-Ideologie als Neuheidentum brandmarkte, war kurz zuvor – am Palmsonntag, dem 21. März – für die Nationalsozialisten völlig überraschend von den katholischen Kanzeln in Deutschland verlesen worden.580 Obwohl jene prompt mit Verhaftungen, Durchsuchungen und Repressalien gegen katholische Einrichtungen reagierten, glaubte Orsenigo, dass sie gleichsam paralysiert die Rückkehr des verurteilten Diözesanbischofs hinnehmen würden. Am 11. April wurde Wienken schließlich im Dom seines Heimatbistums Münster von Bischof Galen zum Titularbischof von Arethusa (Syrien) geweiht. Im Anschluss siedelte er nach Bautzen über und trat sein neues Amt an. Doch nach kurzer Zeit bereits trat das ein, was schon befürchtet worden war: Er wurde in der Meißener Diözese nicht gebraucht, weil Legge wieder in der Lage war, die Hirtensorge für sein Bistum selbst zu tragen. In den folgenden Monaten „pendelte“ Wienken „zwischen Berlin und Bautzen“581, bis er im Oktober die Genehmigung Pacellis erhielt, definitiv die Leitung des Berliner Kommissariats zu übernehmen.582 Im Dezember ging er wieder nach Berlin und kehrte amtlich erst nach dem Tod Legges im Frühjahr 1951 nach Bautzen zurück. Am 29. November dieses Jahres wurde er in der Bautzener St. Petrikirche inthronisiert.583
vom 15. November 1936, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 55 (Nr. 336) sowie ebd., S. 56 Anm. 3. Vgl. auch weitere Klärungen zu diesem Thema in dem Schreiben Hartmanns an Pius XI. vom 7. April 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 77rv sowie die Korrespondenzen zwischen Orsenigo und Pacelli vom 10. und 28. April 1937, ebd., Fol. 75r–76r und 78r sowie vom 9. und 18. August 1937, ebd., Fol. 82r–83r und 84r. 578 Vgl. Mitzscherlich, Diktatur, S. 217. 579 „… non so se il momento sia maturo; è però favorevole nel senso che i nazionalsocialisti, assorbiti dallʼimpressione dellʼEnciclica, non oseranno forse aggiungere nuovi sbagli.“ Orsenigo an Pacelli vom 10. April 1937, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1935–1940, Pos. 678 P.O., Fasz. 248, Fol. 75v. 580 Vgl. zur Enzyklika Bd. 2, Kap. II.1.17 Anm. 1574. 581 Höllen, Wienken, S. 63. 582 Bei einer Unterredung zwischen Preysing, Orsenigo und Berning am 15. Oktober in Berlin wurde der Entschluss gefasst, den Heiligen Stuhl um eine Entpflichtung Wienkens von seinen Aufgaben in Bautzen zu bitten. Bertram trug die Bitte wenig später erfolgreich dem Kardinalstaatssekretär vor. Vgl. Bertram an Pacelli vom 18. Oktober 1937, abgedruckt bei Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe IV, S. 362–364 (Nr. 410). Vgl. zum ganzen Höllen, Wienken, S. 64–69. 583 Vgl. Seifert, Wienken, S. 815. 145
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Ergebnis 1. Pacelli hatte für das Koadjutoramt keinen Kandidaten im Blick, den er dem Nuntius zur Einschätzung vorlegte. Stattdessen ließ er sich umgekehrt von Orsenigo Vorschläge unterbreiten. Dieser offerierte mit Köhler und Wienken zwei Berliner Geistliche, die mit der kirchlichen Situation in Ostdeutschland – das heißt Diasporasituation und „Nationalitätenproblem“ – vertraut schienen. Beide waren zwar als Bischofskandidaten Pacellis noch nicht in Erscheinung getreten, aber für ihn dennoch keine Unbekannten. Als Nuntius in Berlin hatte er insbesondere mit dem Caritasdirektor häufig zu tun gehabt, der – wie sich Wienken selbst später erinnerte – „fast jede Woche wenigstens einmal zu Besprechungen über kirchliche und caritative Fragen bei ihm“584 war. Ein erster Kontakt zwischen Wienken und Pacelli ist für das Frühjahr 1921 nachweisbar.585 Im Laufe der nächsten Jahre lernte Pacelli Wienken immer mehr schätzen, bis er den „hochverdienten Direktor des Berliner Caritasverbandes“ im Frühjahr 1929 in die Reihe der Geistlichen seines „absoluten Vertrauens“586 eingliederte. Dies ist ein nicht zu unterschätzendes Bekenntnis, wenn Wienken auch nicht „zum Kreis der kirchenpolitisch-diplomatischen deutschen Mitarbeiter des Nuntius“587 gehört haben mag. Im Kontext des Münsteraner Besetzungsfalls 1933 hatte schließlich der Rektor des Innsbrucker Jesuitenkollegs für Pacelli ein ausgezeichnetes Zeugnis über Wienken ausgestellt, das dem Kardinalstaatssekretär noch zur Verfügung stand. Die solide theologische Ausbildung und treu kirchliche Gesinnung des Genannten war damit noch einmal bekräftigt. Der Berliner Offizial Köhler konnte nicht mit einem solchen jesuitischen Zeugnis aufwarten. Er hatte die philosophisch-theologische Ausbildung vor allem in Breslau erhalten, anschließend allerdings ein kanonisches Doktorat an der römischen Gregoriana erworben. Ob Pacelli ihn ebenfalls so gut kannte wie Wienken, ist eher unwahrscheinlich. Köhler ging erst 1930 mit Bischof Schreiber nach Berlin, als Pacelli die Hauptstadt schon verlassen hatte, um sein Amt als Kardinal So schrieb Wienken in einem Brief anlässlich des Todes Piusʼ XII. 1958, zitiert nach Höllen, Wienken, S. 16. 585 Damals vermittelte Nuntius Pacelli einen Geldbetrag von der Kurie an den Caritasdirektor, mit dem der Caritasverband einen Schweizer Kredit zurückzahlen konnte. Vgl. Gasparri an Pacelli vom 13. Februar 1921, ASV, ANB 74, Fasz. 1, Fol. 53rv. 586 „… benemerito Direttore del Caritasverband di Berlino … di assoluta fiducia …“ Pacelli an Sincero vom 2. Februar 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Pontificia Commissione Pro Russia, 1921–1931, Pos. 12, Fasz. 80, Fol. 21rv, hier 21r-v. Es ging in diesem Schreiben Pacellis um Vorschläge für Mitarbeiter in dem bereits angesprochenen (vgl. Bd. 4, Kap. II.4.4 Anm. 497) „Päpstlichen Hilfswerk für die Russen in Deutschland“. Wienkens Tätigkeit in dieser Institution wurde wenig später mit der Verleihung des Monsignore-Titels und seiner Ernennung zum Päpstlichen Ehrenkaplan ausgezeichnet. Vgl. Höllen, Wienken, S. 37 Anm. 206. 587 Höllen, Wienken, S. 16. 584
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staatssekretär anzutreten. Eventuell wird man davon ausgehen können, dass Pacelli über seine Kontakte zu den Bischöfen Schreiber, Bares und Preysing von Köhler zumindest gehört hatte. Wenn Pacelli auch beide Geistliche als tauglich bezeichnete, bekundete er jedoch eine eindeutige Priorität für den Caritasdirektor. Da er die Nomination Köhlers wieder zurücknahm, kann dieser letztlich kaum zu seinen Bischofskandidaten gezählt werden. Welche genauen Gründe ihn dazu bewogen und welche Qualitäten er generell vom künftigen Diözesanbischof erwartete, bekundete er nicht. Faktisch optierte er jedenfalls für den Jesuitenschüler, den er in einer langjährigen vertrauensvollen Bekanntschaft als „wertvollen und treuen Helfer“ kennengelernt hatte. 2. Die Frage nach dem Besetzungsmodus hing davon ab, ob Legge angesichts der angeblichen Devisenvergehen in seine Diözese zurückkehren durfte. Nach Prüfung der Prozessunterlagen konzedierte der Staatssekretär (und zunächst auch der Papst) dem Meißener Oberhirten, an der Spitze des sächsischen Diasporabistums bleiben zu dürfen. Um allen etwaigen Problemen, die mit einer Rückkehr Legges nach Meißen verbunden sein könnten, zu begegnen, traf Pacelli mit Pius XI. die Entscheidung, einen Koadjutor mit Nachfolgerecht einzusetzen.588 Dass es sich hierbei nicht nur – wenn überhaupt – um eine Notlösung handelte, zeigt deutlich der Vergleich der beiden Weisungsentwürfe Pacellis vom 16. und 22. Februar 1936: Als das Argument einer angeschlagenen Gesundheit des Oberhirten nicht mehr schlagkräftig war, erklärte Pacelli ganz allgemein, dass Legge allein nicht mehr zur Bistumsleitung in der Lage sei. Die Argumentation war also letztlich sekundär im Vergleich zu dem Ziel, einen Koadjutor zu installieren. Pacelli maß diesem Modus also grundsätzliche Vorzüge bei, die letztlich nur in der Ausschaltung des Bischofswahlrechts des Meißener Domkapitels sowie in der Freiheit bestehen konnten, keinen Meißener Kandidaten benennen zu müssen. So offenbart sich der Prozess gegen Legge als ein willkommener Anlass für den Kardinalstaatssekretär, das im Reichskonkordat für Meißen festgelegte Wahlrecht nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Schließlich beurteilte Pacelli den Koadjutor-Modus als beste Lösung, um bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die Person Legges auch die Seelsorge in Meißen nicht zu gefährden. Wenngleich der Meißener Oberhirte dieser Lösung schließlich zustimmte, war seine Haltung dazu für den Kardinalstaatssekretär letztlich ebenso unerheblich wie die des Bautzener Kapitels. 3. Der nationalsozialistischen Reichsregierung erkannte Pacelli nur das Minimum an Einflussnahme auf die Besetzung zu – das politische Bedenkenrecht – und kam ihr darüber hinaus nicht entgegen. Dabei machte es letztlich keinen Unterschied, ob eine gewöhnliche Bischofswahl stattfand oder eine Koadjutoreinsetzung, denn zu beiden Modi gehörte entsprechend der im Die Initiative zur Installation eines Koadjutors kam also nicht von Orsenigo, wie noch Bernd Heim im Anschluss an Martin Höllen vermutete. Vgl. Heim, Bischöfe, S. 347, 354.
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Reichs- beziehungsweise badischen Konkordat festgelegten Regelung die politische Klausel. Da die Reichsregierung nach einem undurchsichtigen Entscheidungsprozess keine Einwände gegen Wienken geltend machte, brauchte Pacelli auf etwaigen Widerstand nicht zu regieren. Es ist davon auszugehen, dass er die Entscheidung für Wienken, einem eher kompromissbereiten und „unpolitischen“ Mann, auch mit Blick auf das staatliche Nihil obstat traf, nachdem wenige Monate zuvor sein Favorit in Fulda daran gescheitert war.589 Bemerkenswert ist außerdem, dass Pacelli nicht die Amtsaufgabe Legges nach dessen Verurteilung verlangte. Ebenso wie der Papst beurteilte er den Devisenprozess für ungerecht und verstand ihn als Angriff auf die Kirche. Legge selbst hielt er für keines sittlichen Vergehens schuldig. Die nationalsozialistische Verurteilung wollte er nicht mit einer Demission Legges anerkennen und „belohnen“, ansonsten hätte er der NS-Propaganda nicht weniger als die folgenschwere Macht zugestanden, über das Amt des Diözesanbischofs zu entscheiden.590 4. Informanten, die Pacelli für die Kandidatenfrage oder den Besetzungsmodus heranzog, lassen sich auf Basis der vatikanischen Quellen nicht nachweisen. Bedeutsam ist allerdings, dass er Legge trotz der Empfehlung seines Vertrauten Preysing nicht fallen und sich von dessen vorgebrachten Argumenten, die gegen den verurteilten Bischof sprechen sollten, nicht überzeugen ließ. Da das angesprochene positive Votum Pater Hofmanns über Wienken noch präsent war, kann man den Rektor zumindest als indirekten Informanten gelten lassen. 5. Der gesamte Besetzungsfall wurde von Pacelli gesteuert. Die völlige Abhängigkeit der Kurie von ihrem Staatssekretär in Angelegenheiten, die Deutschland betrafen, könnte nicht deutlicher zu-
Bernd Heim ist zuzustimmen, wenn er konstatiert: „Daß ausgerechnet dieser ehemalige Zentrumsabgeordnete später der reichsdeutsche Wunschkandidat der Nationalsozialisten für den Danziger Bischofsstuhl bzw. einer der von Teilen der Reichsregierung für das Erzbistum Köln favorisierten Kandidaten werden sollte, lag außerhalb des damaligen Horizonts.“ Heim, Bischöfe, S. 354. Heim bezieht sich hier auf die Bischofseinsetzungen in Danzig von 1938 und Köln von 1942. Vgl. ebd., S. 404–443 und 630–662. 590 Ein weiterer Fall, dass die NS-Regierung die Absetzung eines Diözeanbischofs verlangte, ereignete sich im Frühjahr 1938 in Rottenburg, nachdem Bischof Sproll sich bei der Wahl über den Anschluss Österreichs an das Dritte Reich demonstrativ enthalten hatte. Auch hier stimmte Pacelli einer Demission nicht zu. Vgl. dazu Burkard, Politik, der freilich moniert, dass der Kardinalstaatssekretär dieses Ereignis instrumentalisiert habe, die seit der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ „eingefroren[e]“ (ebd., S. 269) Verbindung zwischen Heiligem Stuhl und Reichsregierung wieder zu aktivieren und daher zu „defensiv“ (ebd., S. 268) agiert habe. Im Meißener Fall entfaltete die Enzyklika noch keine Wirkung, da das staatliche Nihil obstat für Wienken bereits zwei Monate vor ihrem Erscheinen erteilt wurde. 589
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tage treten, als in den Ereignissen, die auf den zweifachen Kandidatenvorschlag Orsenigos folgten: Pacelli begab sich auf Amerikareise und überließ es Pizzardo, den Meißener Fall abzuwickeln. Eine Entscheidung hinsichtlich der beiden – von Pacelli zuvor als tauglich deklarierten – Kandidaten konnte dieser jedoch alleine nicht fällen. Stattdessen benötigte Pizzardo einen konkreten Vorschlag, eine klare Präferenz für einen der beiden Proponierten, die er nur glaubte, von Orsenigo bekommen zu können. Mit dessen eindeutigem Votum wollte er dann beim Papst vorsprechen. Ex negativo bedeutet dies, dass letztlich nicht Pius XI. die Personalentscheidungen traf, was ja an dieser Stelle möglich gewesen wäre. Vielmehr gab es die „Vorentscheidung“ im Staatssekretariat, die dem Papst dann zur Approbation vorgelegt wurde. Genauso wenig war der Sekretär der AES in der Lage, das nähere Vorgehen zur Amtseinsetzung zu spezifizieren. Ohne den Deutschlandkenner Pacelli war das Staatssekretariat in seiner Entscheidungsfindung hilflos. Positiv zeigt sich das noch eindrücklicher, als Pacelli von seiner Reise zurückkehrte: Die auf Orsenigos Rat vom Papst bereits erteilte Anweisung zur Einsetzung Köhlers als neuen Koadjutorbischof von Meißen wurde von Pacelli kurzerhand kassiert. Zwar hatte dieser zuvor beiden Kandidaten sein Nihil obstat gegeben, doch nun, nachdem er offenbar wieder Zeit hatte, sich eingehender mit der Angelegenheit zu beschäftigen, bekundete er eine eindeutige Priorität Wienkens vor Köhler, die so stark war, dass er den Papst zur Revision seiner Entscheidung veranlasste. Pacellis gewichtigen Einfluss auf Pius XI. demonstriert auch seine Intervention zugunsten Legges Verbleib in Meißen: Orsenigo gelang es, den Papst bei Abwesenheit des Kardinalstaatssekretärs davon zu überzeugen, dass die definitive strafrechtliche Verurteilung Legges, die aus dem Rückzug seiner Revision folgte, notwendig die Aufgabe des Bischofsamtes nach sich ziehen müsse. Diese Haltung zeigt zunächst einmal eine Inkonsequenz des Pontifex angesichts der Tatsache, dass er und Pacelli Legge bereits am 7. Januar 1936 zugesagt hatten, im Amt bleiben zu können. Damals hatte der Prozess zwar noch einen ungewissen Ausgang, was für diese klare Zusage jedoch unerheblich gewesen war. Jedenfalls folgten Pizzardo und Ratti dem Urteil des Nuntius in dem Augenblick, als Pacelli den Kurs nicht vorgeben konnte. Doch dieser ließ sich nicht so schnell von seiner Position abbringen, Pacelli war nicht bereit, die positiven Argumente – sowohl hinsichtlich des Modus (Nr. 2) als auch bezüglich des Verhältnisses zum Nationalsozialismus (Nr. 3) – für den Verbleib Legges auf der bischöflichen Cathedra von Meißen so leicht beiseite zu schieben. Er dachte taktischer als die drei Genannten und schaffte es bei seiner Rückkehr nach Rom, den Papst umgehend zur Revision der neuen Entscheidung zu bewegen. Dies zeigt nicht nur eindrücklich, wer in Rom – zumindest in dieser Angelegenheit – die Entscheidungen traf, sondern lässt auch erahnen, wie wenig zufrieden Pacelli mit Orsenigo sein musste, dem es beinahe gelungen wäre, seine Politik in der Meißener causa zunichte zu machen.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten III.1 Pacelli und die Kandidaten
III. Vergleichende Auswertung und Fazit Auf der Basis der detaillierten Analyse der einzelnen Besetzungsfälle können abschließend in einer Synopse der jeweils untersuchten fünf Fragekomplexe Grundlinien des Denkens und Handelns Pacellis gezogen werden.
III.1 Pacelli und die Kandidaten III.1.1 Ideales Kandidatenprofil Der zentrale Kern von Pacellis Bischofsideal bestand in einer bestimmten Haltung zur Ausbildung des geistlichen Nachwuchses: War der ins Auge gefasste Amtsanwärter fähig und gewillt, die römischen Vorgaben und Instruktionen zur Priesterausbildung umzusetzen? Den Ausgangspunkt für diese Leitmaxime bildete Pacellis düstere Analyse des deutschen Theologiestudiums, das zu wenig scholastisch-systematisch und zu sehr positiv-historisch ausgerichtet war, was es anfällig für (neo-) modernistische und protestantische Tendenzen machte. Pacelli hielt daher eine Reform nach römischer Maßgabe für dringend notwendig. Für die Umsetzung der entsprechenden Instruktionen der Studienkongregation waren die Bischöfe verantwortlich, doch ergab sich hier ein Problem: Wie sollten Geistliche, die selbst die defizitäre Theologie studiert hatten, erkennen, dass eine Verbesserung der Priesterausbildung dringend geboten war? Klaus Unterburger, der auf den engen Konnex von Bischofseinsetzung und Theologiestudium hingewiesen hat, fasst diesen Sachverhalt zusammen: „Eine schlechte Ausbildung bedingte schlechte Bischöfe und schlechte Bischöfe bedingten wiederum eine schlechte Ausbildung. Um diesen Zirkel zu durchbrechen, musste sich Rom von außen einmischen: Die Reform musste bei den Bischofsernennungen ebenso ansetzen wie bei den theologischen Studien. Zunächst musste Rom erste Schritte zu einer Reform der deutschen Theologie unternehmen und vor allem für geeignete, möglichst nicht in Deutschland ausgebildete Bischöfe sorgen. Wenn die Diözesen dann wieder in uneingeschränkt guten Händen wären, könnten diese die Fakultäten stringenter überwachen und leiten und für die richtige Ausbildung des künftigen Klerus sorgen, aus dem dann wieder geeignete Bischofskandidaten erwüchsen.“591
Unterburger, Lehramt, S. 339.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Es war also dafür zu sorgen, dass die Bischofskandidaten selbst die „gesunde“ Theologie gelernt hatten, weil damit gewissermaßen ipso facto die Einsicht in die Notwendigkeit verbunden war, die insuffiziente Theologie zu reformieren. Deshalb bevorzugte Pacelli Geistliche, die im römischen Germanicum beziehungsweise im Innsbrucker Canisianum studiert hatten. Diese waren durch ihre korrekte theologische Ausbildung nicht nur fähig, die römischen Vorgaben umzusetzen, sondern für gewöhnlich auch willig, da sie bei ihrer Ausbildung durch die papsttreuen Jesuiten die Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl gewissermaßen absorbiert hatten. Der Gehorsam gegenüber dem römischen Lehramt garantierte, dass die Instruktionen nicht nur toter Buchstabe blieben, sondern energisch umgesetzt wurden. Die „gesunde“ römisch-scholastische Theologie und die Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl waren also die beiden komplementären Komponenten, die in die Reform der Priesterausbildung mündeten.592 Dieser Leitdirektive folgte Pacelli konstant in jedem Besetzungsfall über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg. Nur in Einzelfällen kam sie nicht ausdrücklich, sondern lediglich indirekt durch eine oder auch beide der genannten Prämissen zum Vorschein (wie etwa in Aachen 1930/31 oder Meißen 1932 und 1936/37). Verfügte ein Ordinarius über keine eigene Priesterausbildungsstätte, war die Direktive dennoch zentral, da es darum ging, die Alumnen möglichst an die Jesuitenkollegien in Rom, Innsbruck oder Frankfurt zu entsenden. Auch in seinen theoretischen Reflexionen im Kontext der bayerischen und preußischen Konkordatsverhandlungen bildete die Maxime den Indikator, um würdige von sehr würdigen und gute von sehr guten Bischofskandidaten zu unterscheiden. Ein Überblick über die Studienbiographien aller von Pacelli (zumindest temporär und formal) in Erwägung gezogenen Bischofskandidaten demonstriert die skizzierten Prioritäten eindrücklich: Kandidaten Konrad Algermissen Nikolaus Bares Ludwig Baur Ludwig Bruggaier Wilhelm Burger Bernhard Custodis Johann Baptist Dietz Adolf Donders Matthias Ehrenfried Arnold Francken
Studienort Freiburg / Rom (Germanicum/Gregoriana) Trier Tübingen Eichstätt Freiburg / Rom (Gregoriana) Köln / Rom (Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Münster Rom (Germanicum/Gregoriana) Münster
Vgl. in Grundzügen zu diesem Kern von Pacellis Bischofsbild auch Unterburger, Lehramt, S. 338–340; Ders., Fakultäten, S. 108–121; Wolf/Unterburger (Bearb.), Lage, S. 60–72; Wolf, Affäre, S. 27.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Clemens August Graf von Galen Conrad Gröber Franz Hartz Heinrich Heufers Antonius Hilfrich Johann Baptist Höcht Wilhelm Holtmann Ludwig Maria Hugo Ludwig Kaas Philipp Kaiser Maximilian Kaller Georg Köhler Joseph Kumpfmüller Simon Landersdorfer OSB Ernst Lange Petrus Legge Joseph Machens Antonius Mönch Ferdinand Piontek Bernhard Poschmann Konrad Graf von Preysing Michael Rackl Wendelin Rauch Christian Schreiber Joannes Baptista Sproll Georg Stauber Johannes Steinmann Albert Stohr Hermann Joseph Sträter Joseph Vogt Paul Weber Heinrich Wienken Friedrich Wolf
Innsbruck (Canisianum) Freiburg / Rom (Germanicum/Gregoriana) Münster Innsbruck (Canisianum) Rom (Germanicum/Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Münster Rom (Germanicum/Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Breslau Breslau / Rom (Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Eichstätt / München Breslau Paderborn / Würzburg Innsbruck (Canisianum) / Münster / Bonn Rom (Germanicum/Gregoriana) Breslau Braunsberg Innsbruck (Canisianum) Eichstätt / Rom (Gregoriana) Freiburg / Rom (Germanicum/Gregoriana) Rom (Germanicum/Gregoriana) Tübingen Tübingen Münster / Rom (Germanicum/Gregoriana) Mainz / Freiburg / Münster / Rom (Gregoriana) Freiburg / Würzburg / Bonn / Köln Bonn / Eichstätt / Rom (Gregoriana) Breslau Innsbruck (Canisianum) Fulda/Limburg
Mit 25 von 43 Kandidaten handelte es sich bei der Mehrzahl entweder um ehemalige Alumnen des Germanicums, des Canisianums oder zumindest um Absolventen eines weitergehenden Studiums an der römischen Gregoriana. 152
III.1 Pacelli und die Kandidaten
Aus der Übersicht wird jedoch auch deutlich, dass eine Ausbildung an den genannten Jesuitenanstalten keine conditio sine qua non war, um von Pacelli als Anwärter auf die Mitra in Betracht gezogen zu werden. Im Gegenteil: Geistliche wie Bares, Donders oder Landersdorfer waren von Pacelli hochgradig favorisierte Kandidaten, obwohl sie „nur“ am Trierer Seminar, der Münsteraner Katholisch-Theologischen Fakultät oder der Eichstätter Hochschule studiert hatten, die zusammen mit dem Fuldaer Seminar nach Pacellis Ansicht allerdings noch zu den besten Ausbildungsanstalten in Deutschland gehörten. Prinzipiell war das möglich, weil das Studium bei den Jesuiten nur als „Mittel“ zum Zweck fungierte und eine korrekte Theologie nicht zwingend an dieses Studium gebunden war. Mit anderen Worten: Man konnte auch römisch-orthodox sein, ohne dass man das bestmögliche Studium absolviert hatte. Ein prägnantes Beispiel dafür ist etwa der Thomist Baur (Rottenburg 1926/27), der in der protestantischen Hochburg Tübingen studiert hatte. Eine Abweichung von seinem Ausbildungsideal schien Pacelli noch aus einem weiteren Grund vertretbar. Ebenso wenig wie die korrekte Theologie war die zweite Grundprämisse, die Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl, zwangsläufig an die jesuitische Ausbildung gebunden. Vielmehr konnte die Romtreue im Notfall das Ausbildungsdefizit kompensieren: Wenn also ein Kandidat die Notwendigkeit von Reformen in der Priesterausbildung nicht selbst gebührend erkannte, jedoch den nötigen Gehorsam besaß, setzte er die römischen Instruktionen mit gleichem Erfolg um. So dachte Pacelli etwa über Kaller und Weber, die an der seiner Meinung nach desaströsen Breslauer Fakultät studiert hatten (Tütz 1925/26 und Schneidemühl 1930/31). Weil Pacelli sich hinsichtlich des Erstgenannten in dieser Überlegung vollkommen bestätigt sah, ließ er ihn auf der Ermländer Terna (1930) vor dem Germaniker Steinmann rangieren. Die römische Ergebenheit, das „römische Empfinden“, war demnach für das Ziel der korrekten Priesterausbildung noch entscheidender als das römisch-jesuitische Studium. Der Fokus der Priesterausbildung spiegelt sich nicht nur in den Ausbildungsbiographien der Bischofsanwärter wider, sondern auch in ihren Ämterlaufbahnen: Kandidaten
Konrad Algermissen Nikolaus Bares Ludwig Baur Ludwig Bruggaier
einschlägige Ämter593 Leiter des Apologetischen Dezernats des Volksvereins / Professor (Seminar) Professor (Seminar) / Regens / Domkapitular / Diözesanbischof Professor Domkapitular
Aufgeführt werden die einschlägigen Ämter, welche die Kandidaten bis zu ihrer letzten Kandidatur inne gehabt hatten.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Wilhelm Burger Bernhard Custodis Johann Baptist Dietz Adolf Donders Matthias Ehrenfried Arnold Francken Clemens August Graf von Galen Conrad Gröber Franz Hartz Heinrich Heufers Antonius Hilfrich Johann Baptist Höcht Wilhelm Holtmann Ludwig Maria Hugo Ludwig Kaas Philipp Kaiser Maximilian Kaller Georg Köhler Joseph Kumpfmüller Simon Landersdorfer OSB Ernst Lange Petrus Legge Joseph Machens Antonius Mönch Ferdinand Piontek Bernhard Poschmann Konrad Graf von Preysing Michael Rackl Wendelin Rauch Christian Schreiber Joannes Baptista Sproll Georg Stauber Johannes Steinmann Albert Stohr
Weihbischof / Domkapitular Vizerektor der Anima / Pfarrer Regens / Dozent Domkapitular / Professor Professor (Lyzeum) Subregens / Domkapitular / Regens Pfarrer Konviktsrektor / Pfarrer / Domkapitular / Diözesanbischof Konviktsrektor / Pfarrer / Domkapitular Pfarrer / Domkapitular Konviktsrektor / Pfarrer Regens / Domkapitular / Generalvikar Pfarrer / Wallfahrtsdirektor / Domkapitular Regens Professor (Seminar) / Domkapitular / Zentrumsvorsitzender Domvikar / Konviktsrektor Pfarrer / Administrator in Tütz Offizial / Professor (Seminar) Pfarrer / Domkapitular Professor / Abt Pfarrer / Domkapitular Pfarrer / Kommissar der Ostgebiete des Bistums Paderborn Professor (Seminar) Pfarrer / Domkapitular / Weihbischof Domkapitular / Vorsitzender des Bonifatiusvereins Professor Attaché in Rom / Domkapitular / Diözesanbischof Professor (Seminar) / Regens Professor (Seminar) Professor (Seminar) / Regens / Diözesanbischof Subregens / Domkapitular / Generalvikar / Weihbischof Konviktsrektor / Pfarrer Konviktsrektor / Domkapitular / Botschaftskonsultor Professor (Seminar)
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Hermann Joseph Sträter Joseph Vogt Paul Weber Heinrich Wienken Friedrich Wolf
Domkapitular / Weihbischof / Generalvikar Professor (Seminar) / Subregens / Domkapitular / Generalvikar Pfarrer / Domkapitular Leiter der Berliner Hauptvertretung der Caritas Subregens / Pfarrer
Fast zwei Drittel der Amtsanwärter waren zumindest kurzzeitig als Rektoren an bischöflichen Konvikten, als Theologieprofessoren an Fakultäten und häufiger an Priesterseminaren oder gar als (Sub-) Regenten der Seminare mittelbar beziehungsweise unmittelbar an der Priesterausbildung beteiligt. Vor dem Hintergrund der theologischen Ausrichtung Pacellis ist es nicht überraschend, dass die Dozenten schwerpunktmäßig die systematischen Fächer Philosophie, Apologetik, Dogmatik oder Moraltheologie unterrichteten, vereinzelt aber auch Exegese oder Homiletik. Er erhoffte sich von denen, die bereits Erfahrungen in der Prägung der Alumnen vorweisen konnten, ein größeres Verständnis für dieses Thema und eine stärkere Gewichtung innerhalb ihres bischöflichen Wirkens. Demgegenüber fiel die Zahl derer, die den Großteil ihrer geistlichen Karriere als Pfarrer bestritten hatten und aus der „vollen Seelsorge“594 kamen – wie es Donders einmal ausgedrückt hatte –, deutlich ab. War also für Pacellis Idealbischof die Seelsorge zweitrangig? Die Zuspitzung auf die Priesterausbildung deutet auf das Gegenteil hin: Die Ausbildung der Alumnen bestimmte ihre spätere pastorale Praxis, ein „apostolisch gesinnter Klerus schafft ganz von selbst eine entsprechende Seelsorge“595. Insofern zielte Pacellis Intention, die Priesterausbildung nach den römischen Vorgaben zu reformieren und zu verbessern, letztlich auf eine reformierte und verbesserte Seelsorge: Damit war sein Bischofsbild grundlegend auf die Sorge um die salus animarum ausgerichtet.596 Der Bischof war seiner Ansicht nach zuerst Hirte, wie er im Ausführungsdekret zum bischöflichen Triennallistenverfahren in Bayern formulierte: „Mit einem Wort, es ist zu sehen, ob sie [sc. die Kandidaten, R.H.] in allen diesen Qualitäten erblühen, die für einen sehr guten Hirten erforderlich sind, um imstande zu sein, fruchtbar und erbaulich das Volk
Donders an Pacelli vom 23. Juni 1933, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1933, Pos. 640 P.O., Fasz. 156, Fol. 53r. 595 Jedin, Bischofsideal, S. 88. 596 Diese Kausalität von orthodoxer Theologie und korrekter Seelsorge findet sich auch später noch bei Pacelli, zum Beispiel spiegelt sie sich in einer Ansprache Piusʼ XII. in Assisi von 1956, insofern er dort bei einer Skizze der Aufgaben des Bischofs die Wahrung des depositum fidei mit der Wahrung des depositum gratiae parallelisiert. Vgl. Ansprache Piusʼ XII. vom 22. September 1956, in: AAS 48 (1956), S. 711–725. Vgl. dazu Charue, Lehre, S. 12f. 594
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Gottes zu leiten.“ Dieses Ideal des Seelsorgebischofs und Hirten erinnert an das Bischofsbild im Umfeld der tridentinischen Reformen, wie es etwa im berühmten Stimulus pastorum des Brager Erzbischofs Bartholomäus de Martyribus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zum Ausdruck kam: Die „erstrangige äußere Sorge“ des Hirten – so fasst Marianne Schlosser zusammen – müsse sich beziehen „auf die Predigt, die seine Hauptaufgabe sein soll, auf die individuelle Seelsorge und auf die Bestellung geeigneter Seelsorger“597. Der letzte Punkt gewann für Pacelli die entscheidende Bedeutung, doch auch das Predigtamt, das das Tridentinum als die vorzügliche Aufgabe des Bischofs definierte,598 war für ihn häufig ein wichtiger Faktor: Die zum Teil in mehreren Besetzungsfällen in Erwägung gezogenen Kandidaten Donders, Piontek, Kumpfmüller, Preysing, Machens und Algermissen bekleideten in ihrer geistlichen Karriere allesamt das Amt des Dompredigers. Auch bei Bares, Ehrenfried, Baur und Gröber hob Pacelli die Predigtbegabung und die rhetorischen Fähigkeiten heraus, während sie Legge, Landersdorfer und Burger jeweils von dritter Seite zugesprochen wurden und dadurch in seine Personalentscheidung einflossen. Bei Kaller goutierte er die polnische Sprachkenntnis (Tütz 1925/26, Ermland 1930), die es ihm ermöglichte, zu predigen und Beichte zu hören. Offensichtlich ergänzte also in Pacellis Bischofsbild die Predigtbegabung das maßgebliche Kriterium der Priesterausbildung.599 Für das skizzierte Ideal bildeten die vom CIC verlangten Tauglichkeitskriterien (Can. 331 § 1) gewissermaßen den Unterbau, die notwendige Bedingung, die jedoch für sich genommen „nur“ gute und würdige, aber keine sehr guten und sehr würdigen Oberhirten konstituierte: 1) Die verlangte Geburt des Amtsanwärters aus einer rechtmäßigen Ehe thematisierte Pacelli nie. Wie seine Bischofsskizze im Ausführungsdekret zu den bischöflichen Triennallisten zeigte, spielte immerhin die familiäre Herkunft des Aspiranten eine gewisse Rolle. Es kam häufiger vor, dass Gutachten von Seiten Dritter auf diese Verhältnisse eingingen, jedenfalls dann, wenn es sich um eine alte und fromme katholische Familie handelte (etwa bei Preysing,
Schlosser, Stimulus, S. 238. Hervorhebungen im Original. Vgl. zum „tridentinischen Bischofsideal“ Braun, Bischofsideal; Gatz, Bischofsideal; Jedin, Bischofsideal. 598 Vgl. Conc. Trid., Sess. XXIV, Decr. de reform., Can. IV, Wohlmuth (Hg.), Dekrete 3, S. 763. Vgl. auch Can. 1327 CIC 1917. 599 In etwa der Hälfte der Besetzungsfälle thematisierten die vatikanischen Quellen das Predigtkriterium nicht, was jedoch nicht zwingend bedeuten muss, dass es für Pacelli nicht auch in diesen causae von Bedeutung gewesen wäre. Anders herum gibt es keinen Fall, in dem jemand den Bischofsstuhl bestiegen hätte, dem die Predigtbegabung ausdrücklich abgesprochen oder in dem sie zumindest in Zweifel gezogen worden war. Die einzige Ausnahme war womöglich Galen (vgl. Bd. 2, Kap. II.1.12 Anm. 801), der vielleicht auch gerade aus diesem Grund sowohl in Aachen 1930/31 als auch in Münster 1933 erst nachträglich nominiert wurde. 597
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Galen, Hartz, Sträter, Hilfrich oder Hugo). Pacelli selbst entfaltete diese Frage allerdings nicht näher.600 2) Das geforderte Mindestalter von 30 Jahren verschob Pacelli deutlich nach hinten. Wenn er im angesprochenen Ausführungsdekret erläuterte, die Kandidaten müssten „reifen Alters, aber nicht zu weit vorgerückt“ sein, meinte er eine Altersspanne von ungefähr Mitte 40 bis äußerstenfalls Mitte 60.601 Eine Ausnahme bildete Sträter, der mit über 70 zum Aachener Administrator bestellt wurde (1937/38), was jedoch einen Sonderfall darstellte. Die Mehrheit seiner Kandidaten war bei der Nominierung in den 50ern und damit noch rüstig genug, um der Hirtenaufgabe gewachsen zu sein. 3) Die Forderung, dass sich die Amtsanwärter im geistlichen Dienst bereits bewährt haben sollten und die Priesterweihe daher mindestens fünf Jahre zurückliegen musste, wurde für Pacelli nie virulent. Bemerkenswert hinsichtlich der geistlichen Biographie seiner Kandidaten ist freilich, dass er sie mit einer einzigen Ausnahme sämtlich aus dem Weltklerus rekrutierte und keine Religiosen heranzog. Da er dieses Thema nicht expliziert hat, lässt sich lediglich vermuten, dass für diese Praxis neben ordensspezifischen Fragen und der „weltlichen“ Aufgaben, die mit der Bistumsleitung verbunden waren (s. u.), insbesondere die schwierige politische Durchsetzbarkeit verantwortlich gewesen sein könnte.602 4) Die von der vierten Nummer des Canons aufgezählten persönlichen Eigenschaften flankierten ständig Pacellis Kandidatenvoten: „ausgestattet mit guten Sitten, Frömmigkeit, Eifer im Glauben, Klugheit und weiteren Eigenschaften, welche die Leitung der entsprechenden Diözese erfordert“603. Wenn die moralische und sittliche Integrität zur Disposition stand, verfuhr Pacelli durchaus unterschiedlich: Der von ihm hochfavorisierte Gröber durfte sich gegen die Anschuldigungen verteidigen (Freiburg 1931/32), während er Eberle, dem er ohnehin skeptisch gegen-
Zu Recht konstatiert Erwin Gatz mit Blick auf das Profil des deutschen Episkopats im 20. Jahrhundert: „Der Adel spielte für die Rekrutierung des Klerus und der Bischöfe unseres Zeitraumes kaum noch eine Rolle. Von Geburtsadel waren nur die Kardinäle Konrad von Preysing und Clemens August von Galen“, während Faulhaber den Adelstitel ad personam erhalten hatte. Gatz, Amt, S. 33. Auch eine Präferenz für eine soziale Schicht lässt sich in Pacellis Personalpolitik nicht erkennen. 601 Vgl. die Kandidatenübersicht in Bd. 4, Anhang 2. 602 Gerade auch die Einsetzung von Jesuiten, was sich von Pacellis Bischofsprofil eigentlich anbot, war aus diesem Grund praktisch undurchführbar. Allerdings passte dies bekanntlich auch nicht zur Ordensphilosophie, nämlich „außerhalb der Gesellschaft [sc. Jesu, R.H.] keine Prälatur oder Würde zu erstreben noch der Wahl ihrer Person für ein derartiges Amt, soweit es an ihnen liegt, zuzustimmen …; ein jeder soll darauf sehen, den Seelen gemäß unserer Profeß der Demut und Niedrigkeit zu dienen und daß die Gesellschaft nicht die Personen verliert [sc. an Prälaturen oder Würden außerhalb des Ordens, R.H.], die ihr für ihr eigenes Ziel notwendig sind“. Satzungen der Gesellschaft Jesu (Text B), Nr. 817, zitiert nach Ignatius von Loyola, Gründungstexte, S. 823. 603 Can. 331 § 1 Nr. 4 CIC 1917. 600
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überstand, diese Chance verweigerte (Augsburg 1930). Ein ernster Verdacht oder eine negative Fama durften jedoch unter keinen Umständen zurückbleiben, wie auch sein Umgang mit den Vorwürfen gegen den in Rottenburg 1926/27 gewählten Sproll belegt. Den charakterlichen Anforderungen widersprach es seiner Ansicht nach auch, wenn Geistliche sich selbst für die bischöfliche Cathedra empfahlen.604 An die Selbstanpreisungen des Präses des Dresdener Konsistoriums Hartmann (Meißen 1920/21) oder des Ermländer Domkapitulars Schröter (Ermland 1930) verschwendete er keinen Gedanken. Den Ambitionen des Regensburger Weihbischofs Hierl hingegen war er nur bereit, aufgrund wichtiger äußerer Umstände nachzugeben (Würzburg 1920–24). Wie interpretierte Pacelli schließlich die „weiteren Eigenschaften“, die laut des genannten Canons für die Bistumsleitung erforderlich sein sollten? Einerseits subsumierte er darunter einen gewissen Grundstock an administrativer und organisatorischer Begabung – im Ausführungsdekret sprach er von „Geschicklichkeit der Kandidaten in der Verwaltung der weltlichen Güter“. Doch prinzipiell hielt Pacelli diese Kategorie nicht für entscheidend, zumal Mängel auf diesem Gebiet mit einem entsprechend begabten Generalvikar ausgeglichen werden konnten, wie er es etwa in Hildesheim 1929 vorschlug. Selbst in den neu gegründeten Bistümern, in denen die diözesane Administration zum Teil erst errichtet werden musste, war dieses Kriterium von untergeordneter Bedeutung. Andererseits zählte Pacelli zu diesen Eigenschaften Grundsatzfestigkeit und Prinzipientreue. Der Bischof durfte „in grundsätzlichen Dingen nicht zu nachgiebig“, sollte jedoch gleichzeitig mäßigend und nicht streitlustig sein (beispielsweise Limburg 1929/30 oder Augsburg 1930). Die Standfestigkeit galt nicht nur innerkirchlich, sondern auch gegenüber dem Staat. Mehr als einmal forderte Pacelli vom Oberhirten, bei Bedarf die kirchlichen Freiheiten und Prinzipien gegen ungebührliche Ingerenzen von Seiten der Regierung zu verteidigen (etwa Rottenburg 1926/27 oder Meißen 1929/30). Eng damit verbunden war ein gewandter Umgang mit den staatlichen Behörden, den ein Bischof als öffentliche Person wenigstens in einem gewissen Grad beherrschen sollte (vgl. III.1.2). 5) Ein theologisches oder kanonistisches Doktorat schließlich war für die Bewertung seiner Kandidaten unerheblich. Die Absolventen der Gregoriana besaßen zwar sämtlich den Dr. theol. und phil. Pacelli monierte jedoch nicht, dass dem vom Paderborner Domkapitel gewählten Klein die Doktorwürde abging (1920). Entscheidend war für ihn stattdessen die korrekte theologische Ausbildung an sich. Allerdings erachtete er ein allgemein anerkanntes wissenschaftliches Prestige durchaus als hilfreich, weil es dem Diözesanbischof erlaubte, leichter in die Angelegenheiten der Katholisch-Theologischen Fakultäten einzugreifen (Würzburg 1920–24).
Schon traditionell galt es als unangebracht und eher als Zeichen, dass man für das Bischofsamt nicht geeignet war, wenn man dasselbe anstrebte. Vgl. dazu etwa Horst, Bischofsamt.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Pacellis Bischofsprofil verband folglich das klassische Ideal des vorbildlichen Seelsorgehirten, zugespitzt auf das Hauptbetätigungsfeld Priesterausbildung, mit der vom Ersten Vatikanum geprägten und im Codex von 1917 umgesetzten römischen Ausrichtung.605 Letztere fungierte gewissermaßen als Formalprinzip: Sie verlangte möglichst ein „römisches“ Studium, auf jeden Fall aber Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl, damit die kurialen Vorgaben umgesetzt wurden. Die cura animarum konnte für Pacelli nur in enger Rückbindung an den Nachfolger Petri adäquat und fruchtbringend sein. Daher war die Umformung des Klerus und damit der pastoralen Infrastruktur unter dieser Direktive sein oberstes Gebot.
III.1.2 Lokale Umstände und Opportunitätskriterien In seiner Suche nach tauglichen Bischofsanwärtern maß Pacelli einem breiten Spektrum von lokal-diözesanen Umständen, politischen Rahmenbedingungen und opportunen Beweggründen Relevanz bei. Zunächst schaute er genau auf die Provenienz der Kandidaten. Niemals stand es für ihn zur Disposition, dass die Anwärter für die deutschen Bischofsstühle auch deutsche Staatsbürger sein mussten. Im Regelfall wählte er außerdem Geistliche aus, die aus demselben deutschen Teilstaat des vakanten Bistums stammten. Häufig suchte er den neuen Oberhirten sogar in der zu besetzenden Diözese selbst, zum Beispiel Bares in Trier (1922), Sproll, Baur und Stauber in Rottenburg (1926/27), Hilfrich und Wolf in Limburg (1929/30), Poschmann in Ermland (1930), Vogt, Custodis und Galen in dem aus Kölner und Münsteraner Bistumsteilen neu gegründeten Aachen (1930/31), Gröber in Freiburg (1932), Donders, Heufers und Galen in Münster (1933), Machens und Algermissen in Hildesheim (1934) oder Rackl in Eichstätt (1935). Wenn er jedoch im jeweiligen Bistum keinen oder nicht ausreichend Geistliche fand, die seinen Anforderungen entsprachen, öffnete sich sein Blick für das nähere Umfeld, wie zum Beispiel in Tütz (1925/26) und Schneidemühl (1930/31), wo er auf Berliner und Breslauer Geistliche zurückgriff, oder auch in Hildesheim (1928/29), wo er Kandidaten aus Münster und Trier heranzog. Prinzipiell achtete Pacelli also auf einen Bezug der Kandidaten zur Diözese und wollte eine gewisse mentalitätsbezogene „Kompatibilität“ sicherstellen, die das Wirken des neuen Oberhirten erleichtern sollte. Auf der anderen Seite war das Lokalitätskriterium jedoch nicht zwingend. Beispielsweise scheute sich Pacelli nicht, den Rheinländer Mönch für das westfälische Münster (1933) zu favorisieren, obwohl ihm die Diskrepanz in der Mentalität deutlich vor Augen stand. Er ignorierte sie, da er den hochgeschätzten Weihbischof gerne auf einem westlichen, preußischen Bistumssitz gesehen hätte. Es gab außerdem Fälle, in denen Pacelli ganz bewusst Geistliche von außerhalb der vakan Insofern fügt sich das Bischofsbild nahtlos in die Entwicklungslinie des 19. Jahrhunderts. Vgl. dazu Wolf, Rohrstengel.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
ten Diözese präferierte, weil zum Beispiel Streitigkeiten und Parteiungen innerhalb des Klerus beziehungsweise des Domkapitels einen unbelasteten Kandidaten erforderten oder die Situation des Bistums derart prekär war, dass er eine „frische Kraft“ von außen für notwendig erachtete (beispielsweise Mainz (1920/21), die Meißener Fälle oder Würzburg (1920–24)). Ein spezifisches Pflaster war für Pacelli Berlin. Wegen des Status als Schaltzentrale Preußens beziehungsweise als Reichshauptstadt avancierten die Berliner Bischofseinsetzungen zu den wichtigsten, die Pacelli im vorliegenden Untersuchungszeitraum abwickelte.606 Die damit verbundenen politischen Implikationen hatten grundlegenden Einfluss auf seine Kandidatensuche. Sich auf diplomatischem Parkett gewandt bewegen und mit den staatlichen Behörden souverän umgehen zu können, in den „Feinheiten der Umgangsformen“ (1929/30) geschult zu sein und die kirchlichen Prinzipien im Herzen der staatlichen Macht zu verteidigen – was ab 1933 noch einmal eine andere Qualität erhielt (s. u.) – gewannen als Auswahlkriterien herausragende Bedeutung. Entscheidend ist aber, dass sie die seelsorgliche Hauptdirektive der Priesterausbildung keineswegs ablösten, sondern diese erweiterten und somit die Ansprüche an die Kandidaten noch einmal steigerten. Daher ist es nicht erstaunlich, dass sich Pacelli für die Berliner Cathedra unter seinen idealen episcopabili die besten heraussuchte und folgerichtig das oben als Regelfall deklarierte Lokalitätsprinzip in diesen Fällen nicht beachtete. Vielmehr gehörte das gesamte Reich zu seinem Einzugsgebiet: Kaas, Schreiber, Bares und Preysing waren seine bevorzugten Kandidaten. Außer dem Erstgenannten, dessen Kandidatur Pacelli noch während des Besetzungsfalls wieder verwarf, waren die übrigen drei bereits Diözesanbischöfe, die ein gehöriges Maß an Erfahrung mitbrachten und sich bereits bewährt hatten. Abgesehen von Schulte (Köln 1919/20) und Gröber (Freiburg 1932) waren sie die einzigen amtierenden Diözesanbischöfe, die auf ein anderes Bistum transferiert wurden.607 Sie waren enge, dem Heiligen Stuhl treu ergebene Vertrauensleute, mit denen Pacelli neben der Nuntiatur einen zusätzlichen Draht zur Regierung etablieren wollte. Der Berliner Bischof war also nicht nur Hirte seiner Diözese, sondern erfüllte gewissermaßen eine überdiözesane, die Kirche des gesamten Reiches betreffende und repräsentierende Aufgabe. Diese universal ausgerichtete, kirchenpolitische Perspektive der Berliner Diözese verdrängte aus Pacellis Personalkriteriologie offensichtlich, dass sie zugleich auch zutiefst Diaspora war. Dass Preysing, der in München groß geworden war und im provinziell-katholischen Eichstätt residierte, diesbezüglich keine Erfahrung besaß, war Pacelli gleichgültig, als er ihn 1935 in die Reichshauptstadt transferierte. Ähnlich stand es in Würzburg (1920–24): Zwar lagen die zum Eine gleichwertige Bedeutung könnte man höchstens Köln, München und Breslau beimessen, denen die drei Kardinäle Schulte, Faulhaber und Bertram vorstanden. Während Pacelli jedoch auf die Kandidatenfrage im rheinischen Erzbistum keinen Einfluss hatte, wurden die beiden letztgenannten Bischofsstühle zwischen 1919 und 1939 nicht vakant. 607 Zu ergänzen wäre noch Kaller, der allerdings nur Apostolischer Administrator war, bevor er die Ermländer Cathedra bestieg. 606
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Bistum gehörenden Diasporagebiete formal im Fokus Pacellis, doch die favorisierten Kandidaten Ehrenfried und Landersdorfer waren auf diesem Feld unbescholten. Auch hier schien dieses Thema durch ein anderes Kriterium, nämlich das theologisch-wissenschaftliche, in den Hintergrund gerückt. Allerdings spielte die konfessionelle Struktur in den östlichen Jurisdiktionsbezirken (Meißen, Tütz, Schneidemühl, Ermland) zumeist eine hervorgehobene Rolle. Die meisten der im Zuge der jeweiligen Fälle genannten Namen (zum Beispiel Kaller, Piontek, Steinmann, Hartz, Legge) waren mit der Diaspora bereits intensiv in Berührung gekommen. Pacelli erwartete hier eine strikte Verteidigung der katholischen Prinzipien und Rechte, ganz besonders hinsichtlich der Sozialisation der Jugend in Schule und Familie, aber auch in Zeitungen und pastoralen Werken, wie er sie etwa Gröber attestierte, der damit seine Diasporatauglichkeit unter Beweis gestellt hatte (Meißen 1929–31). Spezifische Züge erhielten die Besetzungsfälle in den östlichen Grenzgebieten durch die spannungsgeladenen Nationalitätengegensätze in der Bevölkerungsstruktur, die durch die zunächst noch frischen Grenzverschiebungen in Folge des Versailler Vertrags verstärkt wurden. Dem war Pacelli durchaus bestrebt, bei seiner Kandidatensuche Rechnung zu tragen, jedoch nicht um jeden Preis. In Meißen (1920/21) suchte er vorzugsweise einen Geistlichen, der die wendische Sprache beherrschte, rückte jedoch von diesem Kriterium ab, da er niemanden finden konnte, der zugleich seinem Bischofsideal gerecht wurde. Stattdessen musste der neue Bischof das Missfallen von wendischer Seite aushalten und energisch die Zügel führen, um das Bistum zu einen. Demselben Prinzip folgte Pacelli in den folgenden drei Meißener causae konsequent. Ein ähnliches Bild ergab sich in Tütz (1925/26), Ermland (1930) und Schneidemühl (1930/31) hinsichtlich des polnischen Bevölkerungsteils. In den erstgenannten Fällen fand Pacelli einen idealen Geistlichen, der des Polnischen mächtig war, bei Letztgenanntem verzichtete er in Ermangelung eines tauglichen Kandidaten schlussendlich auf dieses Prinzip. Die gewünschte Zweisprachigkeit, die dem neuen Oberhirten eine breitere Akzeptanz in der Diözese oder einen seelsorglichen Vorteil verschaffen konnte, war jedoch nur der eine Aspekt. Der andere war die politische Sprengkraft, die sich aus den nationalen Gegensätzen ergab und die rein diözesane Ebene – wie schon beim Bistum Berlin zu beobachten war – transzendierte. Besonders augenfällig wurde dies vor dem Hintergrund der separatistischen Bestrebungen im Rhein- und Saargebiet in der ersten Hälfte der 1920er Jahre, die sich auf Pacellis Personalwahl in Mainz (1920/21) – womöglich auch in Trier (1921/22) – auswirkten. Um den deutschen Interessen gerecht zu werden, verzichtete er dort einerseits auf einen frankophilen Koadjutor, wofür er im Gegenzug eine staatliche Finanzierung verlangte. Um die sich soeben entspannenden Beziehungen zu Frankreich nicht zu belasten, tauschte er jedoch andererseits den zunächst ins Auge gefassten Kandidaten mit einem nicht-preußischen Geistlichen, der bei aller „deutschen“ Gesinnung dennoch kooperationsbereit war.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Hier ist die politische Dimension der Bischofseinsetzungen bereits angesprochen und die Frage aufgeworfen, welche Konsequenzen Pacelli aus ihr für sein Bischofsprofil zog beziehungsweise welche Auswirkungen politische Motive auf seine Personalentscheidungen hatten. Zwei Themengebiete waren besonders virulent: die Konkordatsverhandlungen und der Nationalsozialismus. Um die Bereitschaft, über Konkordate zu verhandeln, auf staatlicher Seite zu fördern oder zumindest nicht zu verringern, war Pacelli besorgt, die Interessen der jeweiligen Regierung im Kandidatenprofil zu berücksichtigen und dadurch den Heiligen Stuhl als wohlwollenden und zuverlässigen Vertragspartner darzustellen. Zum Teil war sein Entgegenkommen eher geringfügig: So etwa in Meißen (1920/21), wo er neben einer Beschwichtigung der kirchenfeindlichen sächsischen Regierung auf positive Impulse für die Reichskonkordatsverhandlungen hoffte, als er einen „deutsch“ gesinnten Geistlichen nominierte. Ähnliches galt auch für Tütz (1925/26), wo er zugunsten des Preußenkonkordats die Forderung der Regierung akzeptierte, für den Administratorposten keinen deutschen Staatsbürger von einer kirchlichen Stelle in Polen abzuziehen. Zur Förderung der badischen Verhandlungen transferierte er Gröber nach nur einjährigem Epis kopat in Meißen auf die Freiburger Cathedra (1931/32), weil dieser ein Einheimischer und bei der Regierung beliebt war. Schwerwiegender waren Pacellis Konzessionen zum Beispiel in Rottenburg (1926/27), da er hier darauf verzichtete, außerhalb Württembergs nach tauglichen, bei den Jesuiten ausgebildeten Kandidaten zu suchen, unter anderem um einem württembergischen Staatskirchenvertrag nicht noch zusätzliche Steine in den Weg zu legen. Dasselbe Muster kehrte in Hildesheim (1928/29) und Limburg (1929/30) wieder: Entgegen seiner Idealvorstellung, was die römisch-jesuitische Ausbildung der Bischofskandidaten anbelangte, suchte er gezielt nach Nicht-Germanikern, um den antirömischen Ressentiments auf preußischer Seite keine neue Nahrung und den Konkordatsgegnern keine Munition zu liefern. All diesen Zugeständnissen ist gemeinsam, dass Pacelli sie mit seinem Bischofsideal in Einklang bringen konnte, weil sie nicht substantieller Natur waren. Sobald sie Gefahr liefen, dieses Ideal zu verletzen, rückte er von ihnen ab, wie etwa in Limburg, wo er die Überzeugung gewann, an einem Germaniker doch nicht vorbei zu kommen, wenn er die korrekte Ausbildung des geistlichen Nachwuchses in St. Georgen sicherstellen wollte. Eine gewisse Ausnahme von diesem Schema stellt der Fall Würzburg (1920–24) dar, wo Pacelli die Bereitschaft signalisierte, die Nomination des zwar prinzipiell als „sehr gut“, jedoch für das fragliche Bistum nur als „gut“ eingestuften Hierl zu akzeptieren, weil er sich davon Vorteile für die bayerischen Konkordatsverhandlungen versprach. Diese zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, schien ihm wichtiger als die Person eines einzelnen Diözesanbischofs. Auch der Nationalsozialismus spielte bei Pacellis Auswahl der Bischofskandidaten in den zehn Besetzungsfällen zwischen 1933 und 1939 eine wichtige Rolle. Bereits bei den ersten Sedisvakanzen in Münster, Berlin und Hildesheim in der Frühphase des Nationalsozialismus verlangte Pacelli 162
III.1 Pacelli und die Kandidaten
von den Kandidaten katholische Prinzipientreue und eine streng-kirchliche Haltung gegenüber dem Regime. Dabei ließ er jedoch Vorsicht walten und wählte nach außen hin gemäßigte Geistliche, um einen offenen Konflikt mit der NS-Regierung zu vermeiden. Das „Drei-Bischofs-Jahr“ 1935 mit den Neubesetzungen in Berlin, Mainz und Eichstätt brachte einen Umschwung. Pacelli agierte vor dem Hintergrund der sich im Laufe der Jahre 1934/35 zusehends verschärfenden Auseinandersetzung zwischen nationalsozialistischem Staat und katholischer Kirche weniger vorsichtig und optierte für Kandidaten, die sich auch öffentlich schon deutlich gegen den Nationalsozialismus profiliert hatten.608 Als die NS-Regierung in Fulda 1936 gegen diese offensive Linie die politische Klausel zog, reagierte Pacelli mit einem Kandidatenwechsel, kehrte zu seinem vorherigen Kurs zurück und wählte einen Geistlichen, der sich nicht öffentlichkeitswirksam gegen den Nationalsozialismus hervorgetan hatte. Diesem Prinzip folgte er auch bei den folgenden Besetzungen in Passau und Meißen. Der letzte Besetzungsfall in Aachen im Schatten der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ spitzte die Kandidatenfrage noch einmal zu: Einerseits agierte Pacelli wieder offensiver, indem er den öffentlichen NS-Gegner Algermissen auf der Terna platzierte, den er in Hildesheim in der Frühphase noch präventiv von der Liste gestrichen hatte. Andererseits wurde der gewählte Holtmann von Regierungsseite abgelehnt, obwohl sie dessen Haltung zum Nationalsozialismus einzig aus seiner Verbindung zu Galen erschließen konnte. In dieser Situation erkannte Pacelli, dass er nicht einmal mehr einen politisch nach außen weniger auffälligen Bischof installieren konnte. Anstatt aber einen „regierungskonformen“ Oberhirten einzusetzen, schaltete er den staatlichen Einfluss durch die Bestellung eines Administrators mit bischöflichen Befugnissen aus. Um allerdings keinen offenen Konflikt mit der Regierung zu provozieren, wählte er einen Geistlichen, der schwerlich zu beanstanden war, jedoch seinem Ideal nicht entsprach, das er hier der politischen Situation opferte. Prinzipiell hat Pacelli sein Bischofsideal im Nationalsozialismus jedoch aufrecht erhalten: Er griff mehrfach auf Kandidaten zurück, die er auch schon vor 1933 im Blick gehabt hatte. Er folgte seinem „alten Rezept“ des korrekt römisch-theologisch ausgebildeten und stringent am Heiligen Stuhl ausgerichteten Hirten, der den Fokus auf die Priesterausbildung legte. Als solcher war der Bischof gleichzeitig entschiedener Gegner der ideologischen Grundlagen des Nationalsozialismus und Verfechter der kirchlichen Rechte zum Schutz der Herde. Fraglich war nur, inwieweit der ins Auge gefasste Kandidat diese Haltung bereits in die Öffentlichkeit hinein transportiert haben durfte. Pacelli versuchte, die Grenzen auszuloten, einerseits um – mit seinen Worten – „in der Öf Das Bild eines furchtlosen und standfesten Bischofs zeichnete Pacelli genau zu diesem Zeitpunkt in pathetischen Worten in einem Glückwunschschreiben an Kardinal Schulte anlässlich dessen 25-jährigen Bischofsjubiläums. Vgl. Pacelli an Schulte vom 12. März 1935, abgedruckt bei Stasiewski (Bearb.), Akten II, S. 113–117 (Nr. 200). Auch Bernd Heim verweist auf 1935 als das Jahr, in dem die Reichsregierung „entsetzt feststellen“ musste, dass mit der Ernennung genehmer Bischöfe nicht mehr zu rechnen war. Heim, Bischöfe, S. 216.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
fentlichkeit den Anschein passiven Abwartens zu vermeiden“609, andererseits jedoch um für den Amtsanwärter das konkordatsrechtlich fixierte staatliche Nihil obstat zu erhalten. Er fürchtete, durch eine zu offensive Personalwahl eine Eskalation des Konflikts heraufzubeschwören, die die Seelsorge und die Spendung der Sakramente vollends gefährdet und damit die eigentliche Entelechie seiner Bischofspolitik konterkariert hätte. Dafür war Pacelli unter verschärften Bedingungen sogar einmal bereit, in der Praxis von seinem Ideal abzusehen. Im Prozess der Kandidatensuche trafen für Pacelli also drei Ebenen in gewöhnlich folgender Hierarchie zusammen: Sein abstraktes ideales Kandidatenprofil, die politische Opportunität und die diözesanen Eigenheiten. Insgesamt versuchte er durch sorgfältiges und wenn nötig längeres Abwägen aller Aspekte Geistliche zu finden, die allen drei Postulaten gerecht wurden, das heißt er suchte Bischöfe tatsächlich für diese oder jene konkrete Diözese in einem konkreten politischen Kontext. Seinem Ideal, das immer die Grundlage bildete und in den Einzelfällen lediglich ergänzt oder modifiziert wurde, blieb Pacelli bis auf zwei Ausnahmen (Würzburg und Aachen) treu. Für diese waren jeweils politische Beweggründe ausschlaggebend, durch die er sich übergeordnete Vorteile für die Kirche versprach. Diözesane Spezifika verloren für Pacelli vor der universaleren politischen Perspektive an Gewicht: Er wechselte beispielsweise keinen Kandidaten, weil dieser zu geringe Diasporaerfahrung besaß, durchaus aber, wenn er die Überzeugung gewonnen hatte, dass die Wahl politisch inopportun war. Weil er sein Bischofsideal dynamisch anwenden konnte, etwa vom römischen Ausbildungsideal abzusehen ohne dadurch die Fixierung auf die korrekte Priesterausbildung aufgeben zu müssen, sicherte er sich größeren Spielraum für situatives Handeln. Bei aller Festigkeit im Grundanliegen war Pacelli in seiner Kandidatensuche also durchaus flexibel.
III.1.3 Kandidatenkorpus und Sondierungen Da seine Kandidatensuche sich stets auch nach den je gegebenen Umständen richtete, arbeitete Pacelli keine vorgefertigte Liste idealer Kandidaten von Sedisvakanz zu Sedisvakanz einfach sukzessive ab. Nicht einmal in Bayern, wo seit 1930 eine feste Favoritengruppe tatsächlich existierte, ging er so vor. Das führte dazu, dass ihm die Sondierungen nicht immer leicht von der Hand gingen: Längere Denkphasen im Sondierungsprozess (beispielsweise in Meißen 1920/21, Rottenburg 1926/27 oder Aachen 1930/31), Wechsel von zunächst ins Auge gefassten Personen (etwa in Mainz 1920/21 oder Limburg 1929/30), Revisionen von vorläufigen Kandidatenternen (zum Bei-
Pacelli an Preysing vom 27. November 1935, zitiert nach Adolph, Kardinal, S. 24.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
spiel in Ermland 1930, Berlin 1933/34 oder Hildesheim 1934) – all das zeigt, mit welcher Akribie, Sorgfalt, aber auch Berechnung Pacelli sich seiner Aufgabe widmete. Wesentlich ist die Frage, wie Pacelli auf seine Kandidaten stieß und woran er festmachte, dass die Geistlichen seinen Kriterien gerecht wurden. Wie ließ es sich etwa quantifizieren, ob jemand den nötigen Grad an römischer Ergebenheit besaß, vor allem dann, wenn er kein römisch-jesuitisches Studium absolviert hatte, das die Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl hätte nahelegen können? Woher wusste Pacelli, ob ein Priester das geforderte Maß an diplomatischer Expertise im Umgang mit den staatlichen Behörden besaß, etwa dass der kontemplative Religiose Landersdorfer dieser „weltlichen“ Fähigkeit in so ausgeprägter Form gerecht wurde, um als Bischof von Berlin (1933/34) infrage zu kommen? Hier war ein hohes Maß an subjektiver Einschätzung vonnöten und folgerichtig nahm die persönliche Kenntnis, die Pacelli von seinen Kandidaten besaß, einen essentiellen Platz in seiner Kandidatensuche ein. Natürlich basierten seine Überlegungen auch auf Vorschlägen Dritter, auf konkordatären Kandidatenlisten und informellen Ratgebern (vgl. III.4). Doch dass er diesen Voten blind vertraut hätte, kam selten vor. Blickt man etwa auf seine Zeit als Nuntius, so waren es offenbar Hilfrich (Mainz und Meißen 1920/21), Wolf (Limburg 1929/30) und womöglich auch Hugo (Mainz 1920/21), Ehrenfried (Würzburg 1920–24) und Stauber (Rottenburg 1926/27), die er ohne nennenswerte eigene Kenntnis auf Basis von Informantenvoten als Bischofsanwärter in Stellung brachte. Wenn er ansonsten auf einen Geistlichen zurückgriff, der ihm von dritter Seite als tauglich präsentiert worden war, dann besaß er im Regelfall – bei aller Problematik, dies im Einzelfall zu bewerten – bereits ein eigenes Bild, einen eigenen Eindruck von der fraglichen Person. Über eine persönliche Bekanntschaft hinaus herrschte bisweilen sogar ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Pacelli und seinen Kandidaten. Einen gewissen „Nepotismus“ von Vertrauensleuten wird man ihm nicht absprechen können. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass Pacelli mehreren Vertrauten zur Mitra verhalf, sondern lässt sich auch an einigen Beispielen illustrieren: Bei seiner Überlegung, Preysing auf die Eichstätter Cathedra zu promovieren (1932), berücksichtigte er die persönliche Präferenz des Grafen für die kleine, katholische Diözese und wollte ihm offensichtlich eine Gunst erweisen. Zugunsten Wienkens, eines Geistlichen seines „absoluten Vertrauens“610, revidierte er die von Pius XI. und Orsenigo getroffene Personalentscheidung für den Posten des Koadjutors in Meißen (1936/37). Um die Kölner Dompropstei für seinen engen Berater Kaas frei zu räumen, war er bereit, den amtierenden Propst Vogt nach Aachen zu transferieren (1930/31). Wenige Monate zuvor hatte er den Zentrumsprälaten offenbar erstmals ernsthaft für das Bischofsamt in Erwägung gezogen (Berlin 1929/30), genau zu dem Zeitpunkt, als er dessen Dienste im Umfeld des Preußenkonkordats nicht mehr benötigte. Vgl.: „… ecclesiastici, di assoluta fiducia …“ Pacelli an Sincero vom 2. Februar 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Pontificia Commissione Pro Russia, 1921–1931, Pos. 12, Fasz. 80, Fol. 21v.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Doch auch wenn solche engen Beziehungen nicht bestanden, waren die eigenen Personenkenntnisse Pacellis für gewöhnlich die faktische Vorbedingung einer Kandidatur. Sie speisten sich aus den vielfältigsten und häufig zufälligen Begegnungen des Nuntius: Einige Kandidaten waren seine Ratgeber in kanonistischen, kirchlichen oder (kirchen-) politischen Fragen, gingen in der Nuntiatur ein und aus und fungierten teilweise sogar als Reisebegleiter (zum Beispiel Preysing, Kaas, Landersdorfer, Wienken); andere sprachen aus besonderen Anlässen beim Nuntius vor und waren ihm daher im Gedächtnis geblieben (beispielsweise Schreiber, Legge); wieder andere lernte Pacelli im Umfeld der Katholikentage kennen, auf denen er ein „ständiger Gast“611 war (etwa Donders, Legge, Piontek, Gröber); auch Stadtbesuche des Nuntius anlässlich von Jubiläen und Zentenaren konnten Berührungspunkte mit potentiellen Kandidaten werden (beispielsweise Gröber und Burger in Freiburg oder Bares in Trier); situative Anlässe, die bei Pacelli Impressionen über Amtsanwärter hinterließen, waren etwa die Auseinandersetzungen um das württembergische Kirchengesetz von 1924 (Baur), die internen Streitigkeiten im Regensburger Klerus (Kumpfmüller, Höcht) oder der Besuch eines Kriegsgefangenenlagers (Francken); einige Geistliche waren ihm bei früheren Recherchen nach geeigneten Inhabern für andere Ämter aufgefallen (zum Beispiel Kaller als Seelsorger für russische Flüchtlinge oder Poschmann für die Breslauer Dogmatikprofessur) oder bei seiner Berichterstattung über die Zustände der deutschen Priesterseminare von 1919 (etwa Bares, Höcht, Dietz); Publikationen und theologische Werke begutachtete er sorgfältig, um aus ihnen Erkenntnisse über die Verfasser zu gewinnen (beispielsweise zu Kaller, Preysing, Algermissen); einige Amtsanwärter rekrutierte er aus der Gruppe der Berliner Pfarrer, die er nach seiner Übersiedlung in die Reichshauptstadt getroffen hatte (etwa Galen, Heufers). Ein ganzes Spektrum persönlicher Eindrücke und „detaillierte[r] Personalkenntnisse“612 brachte Pacelli also mit, als er 1930 an die Apostelgräber zurückkehrte. Von nun an fanden die persönlichen Begegnungen mit Geistlichen, die er später als Bischofskandidaten in Erwägung zog, nur noch vereinzelt statt (zum Beispiel mit Francken, der im Kontext der Münsteraner causa nach Rom reiste oder mit Bares, der kurz vor seiner Promotion nach Berlin 1933 anlässlich seines Ad-limina-Besuchs bei Pacelli vorsprach). Deshalb griff er vorzugsweise auf den „Bestand“ zurück, den er als Nuntius vor Ort erworben hatte. Ein halbes Dutzend der Bischofskandidaten, die er als Staatssekretär nominierte, waren bereits vor 1930 als Amtsanwärter in Betracht gekommen. Die übrigen hatte er als Nuntius noch kennengelernt, bis auf einige, schwer zu identifizierende Ausnahmen wie Machens (Hildesheim 1933/34) oder womöglich Rackl (Eichstätt 1935), Stohr, Kaiser (beide Mainz 1935) und Holtmann (Aachen 1937/38). Hier deutet sich zumindest an, dass Pacelli etwa ab Mitte der 1930er Jahre vermehrt auf Vorschläge angewiesen war, da seine örtlichen
Morsey, Streiflichter, S. 23. Volk, Konrad, S. 91.
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III.1 Pacelli und die Kandidaten
Kenntnisse zunehmend veralteten. Prinzipiell bedeutete der Amtswechsel jedoch keinen Bruch in seiner Personalpolitik, die insgesamt von Kontinuität bestimmt war. Wenn er ideale Geistliche gefunden hatte, fasste er sie oftmals bei mehreren Besetzungsfällen ins Auge: Acht von 43 Kandidaten zog er bei zwei, sechs bei drei und zwei sogar bei vier Sedisvakanzen in Erwägung. Gerade bei parallelen oder zumindest zeitlich nahe gelegenen Fällen überschnitten sich Kandidaturen, weil Pacelli die entsprechenden Namen frisch präsent hatte (etwa Hilfrich in Meißen 1920/21 und Mainz 1920/21 sowie erneut in Meißen 1929–31 und Limburg 1929/30; Heufers in Meißen 1932, Münster 1933 und Berlin 1935; Francken in Berlin 1933/34, Hildesheim 1934 und Aachen 1937/38; oder Rauch in Berlin 1935, Mainz 1935 und Fulda 1936). Häufig hielt er an tauglich eingestuften Geistlichen auch über einen längeren Zeitraum fest: Nachdem sich etwa seine Intention zerschlagen hatte, Hilfrich 1920 als Bischof von Mainz oder Meißen zu installieren, realisierte er sie eine Dekade später in Limburg. Als es ihm nicht gelang, Bares 1922 an die Spitze des Bistums Trier zu bringen, unternahm er 1929 in Hildesheim einen weiteren Versuch. 1936 nutzte er die Passauer Sedisvakanz, um Landersdorfer in den bischöflichen Ordo zu erheben, was er schon zwölf Jahre zuvor im Kontext der causa Würzburg angedacht hatte. Bilanziert man die hier untersuchten 31 Besetzungsfälle unter dem Gesichtspunkt, inwieweit Pacelli seine Kandidaten durchsetzen konnte, ergibt sich ein klares Bild: Neben Regensburg, für das er 1927 nicht zuständig war, wurden lediglich Köln, Paderborn und Freiburg in der Frühphase nach den politischen Umwälzungen ohne maßgeblichen Einfluss Pacellis auf die Personalfrage wiederbesetzt. Hinsichtlich der beiden letztgenannten Fälle müsste man korrekter sagen, dass der Nuntius durch seinen aus konkordatspolitischen Gründen motivierten Einsatz für die freie Kapitelswahl gewissermaßen ex negativo den Ausgang der Verfahren wesentlich beeinflusste, ohne jedoch die Identität des neuen (Erz-) Bischofs aktiv mitzubestimmen. Diese aktive Rolle nahm Pacelli in allen übrigen Bistumsbesetzungen ein, wobei es ihm meistens gelang, seinen Favoriten auf den Bischofsstuhl zu bringen. Nicht so sehr ins Gewicht fiel, wenn sich das Domkapitel gegen seinen favorisierten Erstplatzierten der Kandidatenterna (vgl. III.2.2) entschied, (wie es in Münster 1933, Hildesheim 1934, Mainz 1935 und Aachen 1937/38 der Fall war,) da es sich bei den übrigen Ternakandidaten um von ihm ausgesuchte und als tauglich betrachtete Alternativen handelte, mit deren Wahl man immer rechnen musste. Durchkreuzt wurden seine Pläne, wenn ins Auge gefasste Amtsanwärter es definitiv ablehnten, in den Bischofsstand berufen zu werden, was allerdings die Ausnahme war (zweimal Donders und je einmal Heufers und Weber). Das staatliche Obstat machte in Fulda 1936 seine Wunschkandidatur zunichte, wo er allerdings einen „gleichwertigen“ Ersatzgeistlichen präsentieren konnte. Anders als hier wurde die Bischofsfrage in Aachen ein Jahr später nicht zur Zufriedenheit Pacellis gelöst, nachdem die Regierung die Einsetzung des drittplatzierten Ternakandidaten verhindert hatte. Vollends scheiterte er außerdem in Trier (1921/22), wo sich nicht nur das Domkapitel sträubte, die verlangte Scheinwahl durchzuführen, sondern ihm sogar Pius XI. einen Strich durch die Rechnung machte. Von den beiden letztgenannten, schwer167
III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
wiegenden Beispielen abgesehen, war Pacelli in der Umsetzung seiner personellen Überlegungen höchst erfolgreich.
III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus III.2.1 Phase der Normfindung: päpstliche Nomination oder Kapitelswahl? Signifikant für Pacellis Überlegungen zum Besetzungsmodus der Bischofsstühle war die Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis. Zu keiner Zeit ließ er einen Zweifel daran, dass er die freie päpstliche Nomination laut CIC als ideale Lösung betrachtete, denn sie erlaubte dem Heiligen Stuhl auf zügige und diskrete Weise, den gewünschten Kandidaten ohne Einschränkung zur Mitra zu verhelfen. Weil die Praxis der Bischofseinsetzungen jedoch in neuen Konkordaten rechtlich abgesichert werden sollte, waren Kompromisse und damit Abstriche vom Ideal des Codex unumgänglich. Hauptstreitpunkt war das Bischofswahlrecht der Domkapitel. Ein freies Bischofswahlrecht der Domherren war für Pacelli nicht nur aus ekklesiologischen und kirchenrechtlichen Gründen inakzeptabel, sondern insbesondere deshalb, weil es nicht die gewünschten Ergebnisse zeitigte. Der von Pacelli diagnostizierte Zirkel in der Kandidatenfrage, demgemäß ungenügend ausgebildete Bischöfe durch eine Vernachlässigung der korrekten Priesterausbildung wieder ebensolche Bischöfe hervorbrachten, galt analog auch hier: Wie sollten Domherren, denen die Einsicht in die Relevanz der Priesterausbildung nach römischer Maßgabe fehlte, einen Oberhirten wählen, der diese Qualität besaß? Die sehr würdigen Kandidaten blieben nach Pacellis Überzeugung unberücksichtigt und der Kreislauf würde dann aufs Neue in Gang gesetzt. Immerhin konstatierte Pacelli, dass aus der Kapitelswahl ausnahmslos würdige und eifrige Hirten hervorgingen (Köln 1919/20, Preußen- und Bayernkonkordat 1922). Diese durchaus positive Wertung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pacelli in kritischer Distanz zu den deutschen Domkapiteln stand. Die Kollaboration der Domherren mit den Regierungen gegen den Heiligen Stuhl, um das Bischofswahlrecht zu erhalten, war für ihn nicht nachvollziehbar. Insbesondere die Erfahrungen im Trierer Fall (1921/22), wo sich die Kanoniker gegen seine Anweisungen zur Scheinwahl sträubten, sorgten für große Ernüchterung. Innerhalb der Domkapitel diagnostizierte Pacelli Karrierismus, Neid und Zwistigkeiten, die eine Wahl des geeignetsten Amtsanwärters behindern würden. Des Öfteren warf er den Domherren vor, indiskret mit Personalangelegenheiten umzugehen, selbst wenn diese streng sub secreto behandelt werden sollten. Das Misstrauen führte dazu, dass Pacelli den Domkapiteln in den Ausführungsdekreten zum bayerischen Triennallistenverfahren erheblich restriktivere Bestimmungen als den Bischöfen auferlegte. Das häufig von ihrer Seite vorgetragene Argument, ein von Rom oktroyierter Bischof 168
III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
werde von der katholischen Bevölkerung nicht akzeptiert, hielt er aufgrund seiner Erfahrungen in Mainz (1920/21), wo der Heilige Stuhl einen Koadjutor eingesetzt hatte, für falsch und vorgeschoben. Es waren demnach prinzipielle und empirische Gründe, die für Pacelli gegen eine maßgebliche Beteiligung der Domkapitel an der Besetzung der Bischofsstühle sprachen. Dennoch schien es ihm, vornehmlich aus konkordatspolitischen Gesichtspunkten, aber auch, um den innerkirchlichen Frieden zu wahren, inopportun und sogar unmöglich, die Domkapitel gänzlich aus dem Verfahren herauszuhalten. Unbedingt zu vermeiden war seiner Ansicht nach jedoch, dass der skizzierte Zirkel fortbestand. Er musste von Rom aus durchbrochen werden, indem der Heilige Stuhl die Möglichkeit erhielt, anders als bei den früheren Modi der Staatskirchenverträge des 19. Jahrhunderts, maßgebend über die Person des neuen Oberhirten zu bestimmen. Dementsprechend intendierte Pacelli ursprünglich sowohl für den bayerischen als auch für den preußischen beziehungsweise reichsdeutschen Besetzungsmodus, den Domherren lediglich ein für den Heiligen Stuhl nicht verbindliches Vorschlagsrecht einzuräumen, wie es den Bischöfen in Nordamerika zukam. Aus diesem Plan entwickelte sich im Laufe der Konkordatsverhandlungen in Bayern ein bindendes Propositionsrecht, in Preußen (und auf dieser Grundlage auch in Baden) ein beschränktes Bischofswahlrecht. Für diesen unterschiedlichen Ausgang waren insbesondere zwei Faktoren entscheidend: Zum einen hatte der bayerische Staat nach Pacellis Meinung kein Recht, das Wahlrecht nach dem Fall der Monarchie einzufordern, weil er dasselbe im bayerischen Konkordat von 1817 zugunsten der nominatio regis aufgegeben hatte. In Preußen hingegen entsprach es der bisherigen Tradition. Zum anderen war hier die Koalition der Befürworter durch das Votum des Episkopats bedeutend stärker als in Bayern. War Pacelli 1919 noch der Ansicht, die preußischen Bischöfe bei einer etwaigen Ausschaltung des Kapitelswahlrechts involvieren zu können, merkte er wenig später, dass sie mit Domherren und Regierung eine Interessengemeinschaft bildeten, die er aus Bayern nicht kannte. Bemerkenswert ist, dass Pacelli sich vor dem Hintergrund der (kirchen-) politischen Situation in Preußen keine Illusionen über das faktisch Durchsetzbare machte und bereits 1921/22 davon ausging, im künftigen Konkordat ein (eingeschränktes) Kapitelswahlrecht zu verankern. Der seinerzeit vom Vatikanreferenten Delbrueck erhobene Vorwurf, Pacelli verstehe die Spezifika der deutschen Kirche nicht und könne nicht einschätzen, was in Deutschland erreichbar sei, trifft in diesem zentralen Aspekt nicht zu.613 Die Variante des bayerischen „Musterkonkordats“ diente Pacelli zwar als Druckmittel in den Verhandlungen, jedoch nicht realiter als Vorbild für den preußischen Modus. Ein päpstliches Nominationsrecht zu installieren, zog er bis zum Vertragsschluss nie ernsthaft in Erwägung. Den Can. 329 § 2 des Codex so weit wie möglich durchzusetzen, versuchte er gar nicht erst, jedenfalls nicht im Wortsinne, wohl aber was den essen Vgl. Morsey, Eugenio Pacelli, S. 120. Auch Antonius Hamers betont dagegen zu Recht die Rücksichtnahme Pacellis auf das Kapitelswahlrecht. Vgl. Hamers, Beziehungen, S. 139f.
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III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
tiellen Kern betraf: die maßgebende Rolle des Heiligen Stuhls für die Bestellung des Bischofs. Diesen Kern mit dem Kapitelswahlrecht zu vereinbaren, das der § 3 des genannten Canons zumindest als Ausnahmeregelung gestattete, gelang ihm im Listenverfahren, das er durch die fehlende Verbindlichkeit und die Spezifikationen in der konkreten Ausführung konsequent auf dieses Ziel hin ausrichtete. Wie schon bei seinem idealen Bischofsprofil zeichnete sich Pacelli auch hierbei durch eine flexible Ausgestaltung seines fest anvisierten Grundanliegens aus. Da der Modus ermöglichte, von Rom aus die seiner Ansicht nach sehr würdigen Geistlichen an die Spitze der Bistümer zu bringen, erreichte Pacelli genau das, was er wollte. Dementsprechend zufrieden war er mit dem Ergebnis und wählte die preußische Variante nicht zuletzt deshalb auch als Vorlage für die badischen Verhandlungen. Auch hier signalisierte Pacelli von Anfang an Bereitschaft, das Kapitelswahlrecht zu konzedieren, und sicherte die römische Freiheit durch das Listenverfahren. Die fehlende Listenbindung betrachtete er als großen Vorteil gegenüber dem Modus des bayerischen Konkordats: Dieser kam dem Ideal des CIC durch das römische Ernennungsrecht zwar formal näher, besaß jedoch das Manko, dass der Heilige Stuhl keine eigenen Geistlichen in das Besetzungsverfahren einbringen konnte und mit den Vorschlägen vorliebnehmen musste, die in Rom eingingen. Diese Einschränkung fiel vor dem Hintergrund des letztlich im Konkordat verankerten dreifachen Listenverfahrens allerdings nicht ins Gewicht, da auf diese Weise viele Kandidaten zur Auswahl standen.614 Doch zwischenzeitlich (Februar 1923) votierte Pacelli offenbar dafür, dass dem Papst für die Ernennung des Oberhirten lediglich eine einzige verbindliche Sedisvakanzliste des jeweiligen Domkapitels zur Verfügung stehen sollte. Dieser Vorschlag, von dem er sich in einer schwierigen Verhandlungssituation den Durchbruch erhoffte, überrascht, da es zumindest zweifelhaft war, ob er geeignet gewesen wäre, die gewünschten Kandidaten auf die Cathedren zu bringen. Das päpstliche Nominationsrecht war in diesen engen Grenzen jedenfalls wenig wert und auf Kosten der römischen Freiheit erkauft. War Pacelli bereit, aus Angst vor einem Scheitern der Verhandlungen notfalls sogar seine Bischofspolitik zu gefährden? Es scheint jedenfalls, dass er für den Abschluss eines insgesamt guten Konkordats im Extremfall dazu bereit gewesen wäre, tiefe Einschnitte im Artikel zur Bischofseinsetzung hinzunehmen. Sicherlich bestärkte ihn die Erfahrung in Bayern darin, in den Konkordatsverhandlungen mit den übrigen deutschen Staaten lieber ein Kapitelswahlrecht mit hohem als ein päpstliches Nominationsrecht mit geringfügigem Entscheidungsspielraum des Heiligen Stuhls anzustreben. Die Bischofseinsetzungen, die Pacelli zwischen den politischen Umwälzungen von 1918/19 und den jeweiligen Konkordatsabschlüssen in den deutschen Teilstaaten durchführte, mach So auch die Einschätzung von Mörsdorf, Besetzungsrecht, S. 114 Anm. 431. Vgl. auch Hartmann, Bischof, S. 66f.
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III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
te er in ihrem konkreten Verfahrensverlauf stringent von den schwebenden (oder stagnierenden) Konkordatsverhandlungen abhängig (vgl. III.3). Dementsprechend trugen sie alle provisorischen Charakter und folgten ganz unterschiedlichen Modi: In Köln (1919/20) und Trier (1921/22) verfocht Pacelli eine Scheinwahl; in Paderborn (1920) und Freiburg (1920) konzedierte er freie Bischofswahlen; in Rottenburg (1926/27) ließ er das Domkapitel aus einer Terna wählen, nachdem er zunächst eine römische Ernennung angedacht hatte; in Hildesheim (1928/29) wiederum war er bereit, eine Kapitelswahl auf Basis einer Terna zu gestatten, wobei er schließlich ähnlich wie in Würzburg (1920–24) mit der Regierung vereinbarte, dass der Papst den neuen Oberhirten ernannte; in Freiburg (1931/32) schließlich geschah die Amtseinsetzung auf dem Weg der freien päpstlichen Nomination. Auf welche Weise die Bischöfe ins Amt gelangten und inwieweit die staatliche Seite daran beteiligt war, entschied Pacelli nicht von seinem Ideal oder der Norm des CIC her, sondern einzig auf Basis der Opportunität für die Konkordatsverhandlungen.615 Wo es solche konkordatspolitischen Rücksichtnahmen nicht gab, agierte Pacelli völlig anders. Das lässt sich an den Meißener Fällen ablesen: Da er Verhandlungen mit Sachsen für aussichtslos hielt, die zwischenzeitlich betriebenen Reichskonkordatsverhandlungen hier nur mittelbar hineinspielten und ebenfalls keine alte Rechtsgrundlage existierte, nahm er sich die Freiheit, konsequent die Ideallösung des Can. 329 § 2 anzuwenden, bis 1933 das Reichskonkordat eine neue Situation schuf. Auch die Fälle Mainz (1920/21) und Tütz (1925/26) fallen aus dem Schema heraus, da Pacelli der konkordatspolitischen Direktive hier jeweils nicht im Bereich des Besetzungsmodus, sondern im Bereich des Personaltableaus folgte (vgl. III.1.2). Durch die Installation eines Koadjutors beziehungsweise eines Apostolischen Administrators sorgte er dafür, dass der Heilige Stuhl beide Mal die frei entscheidende Instanz war.
III.2.2 Phase der Normanwendung: Maximierung der römischen Freiheit Pacelli war nicht nur bestrebt, dem Heiligen Stuhl in den Konkordatsverhandlungen so viel Einfluss wie möglich auf die Bestellung der Diözesanbischöfe zu sichern, sondern er versuchte die römische Freiheit auch nach dem Abschluss der Verträge in der Umsetzung und Anwendung der Konkordatsnormen auf die Sedisvakanzen weiter zu steigern. In erster Linie ist dies bei den preu Hier bestätigt sich die These Hubert Wolfs: „Ging es nur um die reine Lehre, die ‚theoriaʻ, wie Pacelli diesen Bereich einmal selbst nannte, erwies er sich durchaus als ‚Hardlinerʻ. Als frommer Kleriker pflegte er einen absoluten hierarchischen Gehorsam gegenüber römischen Normvorgaben, die er als solche niemals in Zweifel gezogen hätte. Ging es jedoch um die konkrete praktische Um- und Durchsetzung dieser Normen in Deutschland, zeigte sich Pacelli als Diplomat, der immer die politische Opportunität im Blick hatte und sich regelmäßig für eine politisch-pragmatische Lösung entschied.“ Wolf, Geschick, S. 109.
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ßischen Besetzungsfällen beziehungsweise bei den causae zu beobachten, in denen die Domkapitel den neuen Bischof wählten. Denn obwohl Pacelli in Artikel 6 des Preußenkonkordats seine Ziele erreicht hatte, bildete die Kapitelswahl aus einer Terna noch immer einen Unsicherheitsfaktor, da der Wahlausgang nicht mit letzter Sicherheit zu antizipieren war. Insbesondere dann, wenn Pacelli einen ganz bestimmten Favoriten auf die Cathedra bringen wollte, konnte ihm die Bischofswahl leicht einen Strich durch die Rechnung machen. Um also das Kapitelswahlrecht weiter einzuschränken oder gar vollends auszuschalten, verfolgte Pacelli verschiedene Strategien: In neu zu gründenden Bistümern plante er, vor der kanonischen Errichtung einen Administrator einzusetzen, der anschließend zum Diözesanbischof aufstieg. Auf diese Weise umging er das ordentliche Besetzungsverfahren des Konkordats. Während ihm dieses Vorhaben in Berlin (1929/30) gelang, scheiterte es in Aachen (1930/31). Von der Option, einen Koadjutor mit Nachfolgerecht zu installieren, machte Pacelli mehrfach Gebrauch. Nicht nur der angeschlagene Gesundheitszustand eines amtierenden Oberhirten (so in Limburg 1929/30 oder Fulda 1936), sondern auch Komplikationen in der Bistumsleitung (so in Meißen 1936/37) dienten ihm als Anlass zu diesem Schritt. Lediglich durch das politische Bedenkenrecht war die Personalentscheidung des Heiligen Stuhls eingeschränkt. Versteht man die Koadjutoreinsetzung als ‚Gegenmaßnahmeʻ gegen die Kapitelswahl, überrascht es nicht, dass Pacelli für sie im bayerischen Konkordat keine Bestimmung ausgehandelt hatte und dieser Modus in den bayerischen Besetzungsfällen nach Konkordatsabschluss auch kein Thema war. Die Zusammenstellung der Terna war ein probates Mittel, durch das Pacelli die Bischofswahlen zu beeinflussen versuchte. Die stets nicht alphabetisch sortierte Reihenfolge der Namen spiegelte eine Präferenzhierarchie wider; der Erstplatzierte war prinzipiell Pacellis Favorit. Um die Chance zu erhöhen, dass dieser die Wahl gewann, gab es die Möglichkeit, Alternativkandidaten auf die Liste zu setzen, die wenig Aussichten besaßen, gewählt zu werden oder solche, die sich dem Bischofsamt verweigerten. In Münster (1933) etwa gestaltete Pacelli die Dreierliste de facto als Zweierliste, da sie einen Geistlichen enthielt, der seiner Vermutung nach eine etwaige Wahl nicht annehmen würde. Er ging jedoch nie das Risiko ein, die Terna mit untauglichen oder seinem Ideal widersprechenden Klerikern „aufzufüllen“. Selbst bei der Besetzung des Bistums Berlin (1935), wo er mit letzter Konsequenz das Ziel verfolgte, seinen Favoriten durch eine mit zwei Alibi-Kandidaten präparierte Terna auf die Cathedra zu bringen, stellte Pacelli ausnahmslos Geistliche zur Wahl, die seiner Ansicht nach episkopabel waren. Allerdings gingen hier seine Bestrebungen, den Wahlausgang zu steuern, so weit, dass er parallel zwei unterschiedliche Ternen anfertigen ließ, von denen diejenige dem Domkapitel vorgelegt wurde, die das gewünschte Wahlergebnis wahrscheinlicher machte. Dieser manipulative Umgang mit der Terna war jedoch eine Ausnahme, die der Bedeutung des Berliner Bistums in einer verschärften politischen Situation geschuldet war. 172
III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
Nach der Bischofswahl schließlich verlangte das preußische Konkordat vom Domkapitel, bei der Regierung nach politischen Bedenken gegen den Gewählten anzufragen. Doch in der Praxis höhlte Pacelli diese Norm aus, indem er in sämtlichen Besetzungsfällen die Anweisung erteilte, ihm etwaige staatliche Einwände sofort mitzuteilen und eine Neuwahl des Domkapitels ohne seine ausdrückliche Genehmigung für nichtig erklärte. Nicht also die Domherren, sondern der Heilige Stuhl hatte über die Legitimität der Bedenken zu urteilen.616 Relevant wurde die Order einzig in Aachen 1937/38, wo das Kapitel ihr übrigens Folge leistete. In noch breiterem Maß als durch die Kapitelswahl waren die Ortskirchen – Domherren und Oberhirten – durch das konkordatäre Listenverfahren an der Einsetzung der Bischöfe beteiligt.617 Auch hier verlor Pacelli sein Ziel, die Freiheit Roms so groß wie möglich zu gestalten, nicht aus den Augen. Einzig in Bayern arbeitete er rechtliche Bestimmungen aus, die das Prozedere zur Aufstellung der Listen präzise regelten, was sich aus ihrem verbindlichen Charakter erklärt, der sie von den Vorschlagslisten in Preußen oder Baden unterschied. In Preußen schärfte Pacelli durch regelmäßige Instruktionen, die Kandidatenvorschläge jeweils einzeln und streng geheim anzufertigen, ein intransparentes Verfahren ein, damit niemand außer den kurialen Verantwortlichen die proponierten Geistlichen überblicken konnte und die römische Freiheit bei Aufstellung der Terna somit nicht durch moralischen Druck beschränkt würde.618 Um einheitliche Willensbekundungen möglichst zu vermeiden, verzichtete er ansonsten auf präzisierende Regelungen, was häufig dazu führte, dass die eingehenden Listen hinsichtlich Anzahl und Herkunft der Kandidaten sowie Art und Umfang der beigefügten Informationen völlig divergent waren. Übergreifend für die Listenverfahren aller Teilstaaten gilt, dass Pacelli keinen Wert darauf legte, von sämtlichen Beteiligten die vorgeschriebenen Vorschläge zu erhalten. Er ignorierte es und hakte nicht nach, wenn Bischöfe (zum Beispiel in Ermland 1930) oder Domkapitel (beispielsweise Daher ist es vom normativ-rechtlichen Standpunkt zwar korrekt, aber faktisch entsprach es zumindest in der Ära Pacellis nicht der Praxis, wenn Gerhard Hartmann erklärt: „Der ‚Herr des Verfahrensʻ bei der Anfrage wegen politischer Bedenken ist der Dompropst und nicht der Heilige Stuhl … Erst nach diesem Verfahren tritt der Heilige Stuhl durch die Ernennung [sc. des neuen Bischofs, R.H.] auf den Plan.“ Hartmann, Bischof, S. 72. 617 Die Analyse der Kandidatenvorschläge von Domkapiteln und Episkopat ist ein eigenes Thema. Erste Beobachtungen auf Basis einiger bayerischer Triennallisten macht Forstner, Nominierungen. 618 Ob die Oberhirten sich an diese Vorschrift hielten und nicht doch untereinander Kontakt aufnahmen, etwa auf der Fuldaer Konferenz, bleibt einer eigenen Untersuchung vorbehalten. Tatsache ist allerdings, dass die Vorschläge zum Teil sehr divergent waren und damit keinen Anhaltspunkt für eine Absprache liefern. Es gab jedoch auch andere Fälle: etwa die Besetzung des Bistums Aachen 1930/31, wo sich acht Stimmen von elf Proponenten auf Sträter vereinigten; oder den Münsteraner Fall 1933, wo Donders ebenfalls acht Voten erhielt; oder schließlich Berlin 1933/34, wo sieben Bischöfe Berning nominierten. Zu beachten ist hier aber, dass die Kandidaturen der Genannten für die jeweiligen Bistümer durchaus nahe lagen und es sich daher nicht um „ungewöhnliche“ Mehrheiten handelte. 616
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in Eichstätt 1935) säumig waren oder schlicht keine tauglichen Kandidaten nennen konnten (etwa in Aachen 1930/31). Am gravierendsten wirkte sich dieses Desinteresse Pacellis in der Umsetzung des badischen Vorschlagssystems aus: Die Kandidatenlisten, die der Freiburger Erzbischof und durch die Vorgabe des Reichskonkordats auch die Bischöfe von Mainz, Rottenburg und Meißen jährlich einreichen sollten, wurden in der Anfangsphase nicht angefertigt. Die Frage, warum die Oberhirten ihr Recht nicht wahrnahmen, ob sie es womöglich schlicht vergaßen oder vergeblich auf eine römische Aufforderung warteten, muss offen bleiben. Als 1935 der Mainzer Bischofsstuhl vakant wurde und das Versäumnis auffiel, diente als Grundlage für die Wiederbesetzung nur die Sedisvakanzliste der Domherren. Die Überlegung, ersatzweise die benachbarten Oberhirten zu befragen, wiegelte Pacelli ab. Es stellt sich die Frage, wie Pacelli in den einzelnen Besetzungsfällen konkret mit den Vorschlagslisten umging und ob sich die allgemeinen Beobachtungen darin bestätigen. Bei aller Schwierigkeit, die Relevanz der Listen für Pacelli im Einzelfall zu bewerten, lassen sich einige Grundlinien ziehen. Für Bayern ist festzuhalten, dass Pacelli sich an die rechtliche Verbindlichkeit der Triennal- beziehungsweise Sedisvakanzlisten hielt: Sämtliche Oberhirten, die er einsetzte, hatten mehrfach positive Abstimmungsergebnisse erzielt. Dabei waren für ihn jedoch die Triennallisten der Domkapitel unerheblich. Sie dienten ihm zwar einmal als Vergewisserung seiner Personalentscheidung (Augsburg 1930), konnten aber in keinem der Fälle als wirklich entscheidender Faktor in seiner Kandidatenwahl identifiziert werden. Im Gegenteil: Negative Ergebnisse für Preysing in München (1926), Speyer (1926) und Passau (1929) konnten Pacelli beispielsweise nicht davon abhalten, ihn 1932 auf die Eichstätter Cathedra zu promovieren. Es war allerdings eine Ausnahme, dass Kanoniker in ihren Voten die eigenen Diözesangrenzen überschritten. Daher kristallisierten sich selten überdiözesane Favoriten heraus, auf die Pacelli hätte zurückgreifen können. Jedoch auch die Stimme der Domherren des jeweils vakanten Bistums betrachtete er nicht als wesentlich. Nur einmal fasste Pacelli einen Kandidaten ins Auge, der ganz oben auf ihrem Zettel stand (Rackl in Eichstätt 1935). Da hier jedoch in erster Linie das informelle Votum Preysings auf den Kardinalstaatssekretär einwirkte, war für letzteren die Konvergenz mit den Domherren in der Personalentscheidung wohl eher ein positiver Nebeneffekt. In Augsburg 1930 und Eichstätt 1932 nahm Pacelli die Favoriten der Sedisvakanzlisten zwar zur Kenntnis, entschied sich aber jeweils gegen sie. Die am Ende dort eingesetzten Bischöfe standen auf keiner einzigen Sedisvakanz- oder Triennalliste des jeweiligen Kapitels. In Passau installierte Pacelli 1936 gar einen Geistlichen, den die dortigen Domherren zuvor auf zwei Triennallisten mit negativen Ergebnissen als nicht-episkopabel deklariert hatten.619 Daher lässt sich die Einschätzung von Joseph Listl für den hiesigen Untersuchungszeitraum nicht verifizieren: „Diese letztgenannte Liste [sc. die Sedisvakanzliste in Bayern, R.H.] wird verständlicherweise erfahrungsgemäß in Rom immer besonders beachtet.“ Listl, Besetzung, S. 39.
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Anders als mit den Vorschlägen der Domkapitel ging Pacelli mit den bischöflichen Triennallisten um. Allein durch seine formalen Vorschriften hatten sie ein höheres Gewicht: Da Pacelli den bayerischen Domkapiteln nämlich verwehrte, über taugliche Kandidaten zu diskutieren, konnten diese lediglich nackte Abstimmungslisten ohne jede Zusatzinformation in Rom vorlegen, während es die Beratungen der Freisinger Bischofskonferenz ermöglichten, für jeden Kandidaten biographische Informationen und Wertungen beizufügen. Um in einem Entscheidungsprozess, der auf diesen Listen fußte, zum Zug zu kommen, waren solche zusätzlichen Anmerkungen natürlich von Vorteil. Grundlage für Pacellis Kandidatensondierungen ab 1930 war die bischöfliche Triennalliste von 1929, die jüngste seit seinem Amtsantritt als Kardinalstaatssekretär. In akribischer Durchsicht anlässlich der Augsburger Sedisvakanz klassifizierte er die vorgeschlagenen Geistlichen und stellte eine Favoritengruppe zusammen, die bereits sämtliche Kandidaten enthielt, die er in den 30er Jahren auf die bayerischen Bischofsstühle bringen sollte.620 Bei allen stand ein positives Abstimmungsergebnis zu Buche, sodass die rechtliche Legitimation für ihre Erhebung zum Diözesanbischof gegeben war. Thomas Forstner weist zu Recht darauf hin, dass keiner der Geistlichen, die im Untersuchungszeitraum die bayerischen Bischofsstühle bestiegen, „jemals mehr als maximal eine Gegenstimme“621 auf den bischöflichen Triennallisten erhielt. Pacelli suchte in seinen Überlegungen also den Anschluss an das bischöfliche Votum, doch war dieses allein für ihn nicht zentral, um einen Namen in die erlesene Auswahl einzufügen. Vielmehr war der Sondierungsprozess wesentlich von seinem Bischofsideal und seiner persönlichen Kenntnis bestimmt (vgl. III.1). Deshalb sortierte er durchaus Geistliche in die Gruppe, die ein schlechteres Abstimmungsergebnis erzielt hatten als andere, die er wiederum nicht auswählte. Pacelli ließ sich also von den bischöflichen Listen keine Kandidaten aufdrängen, von denen er selbst nicht absolut überzeugt war. Einige Geistliche, wie Landersdorfer oder Preysing, die vom Episkopat vorgeschlagen wurden, hatte er längst zuvor schon als episcopabili im Blick gehabt. Ebenso wenig ließ er sich von einem Geistlichen abbringen, dessen Dignität er sich sicher war: Obwohl Rackl auf der Triennalliste von 1935 nicht mehr auftauchte und damit von der Freisinger Konferenz als Bischofskandidat „abgewählt“ worden war, nominierte ihn Pacelli wenig später zum Eichstätter Oberhirten (1935). Dies war eine Option, die das Verfahren bot: Frühere Listen verjährten nicht, der Fundus potentieller Kandidaten wuchs stetig und Meinungswechsel der Proponenten brauch-
Die 1943 in Bamberg und Speyer eingesetzten Joseph Otto Kolb und Joseph Wendel standen erst auf der bischöflichen Triennalliste von 1938 und gehörten daher noch nicht zu dieser Favoritengruppe Pacellis. Kolb erzielte zwar seit 1926 durchgängig positive Ergebnisse auf den Listen des Bamberger Metropolitankapitels, doch war dessen Votum, wie deutlich wurde, für Pacelli nicht bestimmend. Wendel wurde erstmals 1935 von den Speyerer Domherren vorgeschlagen. 621 Forstner, Nominierungen, S. 122. 620
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III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
ten nicht berücksichtigt zu werden. Bei Bedarf nutzte Pacelli diese Freiheit aus.622 Ungeachtet dieses freien Umgangs mit den Vorschlägen lässt es sich aus Pacellis Sicht als Qualitätsmerkmal werten, dass er die bischöflichen Triennallisten auch als Denkanstoß für außerbayerische Kandidatensondierungen benutzte (etwa in Mainz 1935 oder in Fulda 1936). In Preußen war der Heilige Stuhl lediglich moralisch verpflichtet, die Vorschlagslisten zu „würdigen“. Wie wandte Pacelli dieses Prinzip in der Praxis an? Ähnlich wie für Bayern lässt sich auch hier feststellen, dass ihm die Kandidatenpräferenzen der Kanoniker gleichgültig waren. In den sieben Besetzungsfällen, die zwischen 1930 und 1939 gemäß Artikel 6 des Preußenkonkordats verliefen, war nur zweimal ein Kandidat auf der Terna zu finden, der gleichzeitig auch auf der Sedisvakanzliste des Domkapitels stand (nachträglich in Münster 1933 und in Hildesheim 1934). In beiden Fällen war das Votum der Domkapitel für ihre Nominierung durch den Kardinalstaatssekretär jedoch nicht ausschlaggebend. Dieser übersah allerdings keineswegs die Gefahr, die sich aus einer vollständigen Ignoranz der Wünsche der Domherren ergeben konnte. Schließlich waren diese als einzige örtliche Partei in der Lage, zumindest ihre eigenen Vorschläge mit den von Rom zur Wahl gestellten Kandidaten abzugleichen. Als die Münsteraner Domherren 1933 nachdrücklich monierten, dass ihnen keiner ihrer favorisierten Geistlichen für die Bischofswahl vorgelegt wurde, gab Pacelli dem Drängen nach und erklärte sich ausnahmsweise bereit, den gewünschten Kandidaten für die geschrumpfte Wahlliste nachzunominieren. Einen offenen Streit über seine Personalpolitik, der hier womöglich drohte, wollte Pacelli keinesfalls heraufbeschwören. Vermutlich ließ er auch deshalb kurz darauf in Berlin (1933/34) präventiv eine Entschuldigung dafür vorbringen, dass er den Erstplatzierten der Kanoniker nicht zur Wahl stellte. Auch die Motivation, beim letzten Berliner Fall (1935) einen der gesuchten Alibi-Kandidaten zwar nicht von der Vorschlagsliste, aber zumindest aus dem Kapitel zu nehmen, wird man in dieser beschwichtigenden Strategie zur Konfliktvermeidung sehen müssen.623 Diese änderte jedoch nichts daran, dass sich Pacelli für die Stimme der Domkapitel ansonsten wenig interessierte. Mehr Relevanz maß Pacelli den bischöflichen Vorschlägen bei. Von den 21 Kandidaten der (endgültigen) Ternen hatten neun nicht auf ihren Listen gestanden, zweimal besetzte Pacelli aus
Vor dem Hintergrund der skizzierten Freiheit, mit der Pacelli die Listen behandelte, lassen sich die „Erfolgskriterien für die Erlangung des Bischofsamtes“, die Forstner, Nominierungen, S. 124 aus den Triennallisten als maßgeblich für die Erhebung zum Bischofsamt ableitet, nämlich „1. Die möglichst einhellige Unterstützung eines Vorschlags durch die Gesamtheit der bayerischen Bischöfe“ und „2. die zumindest nicht vollkommene Ablehnung durch mindestens eines der Dom- oder Metropolitankapitel“ weiter differenzieren. 623 In diese Linie ließe sich auch die Liste des Mainzer Domkapitels von 1935 einordnen, die im Rahmen der allerersten Anwendung des badischen Modus (laut Reichskonkordat) entstand. Immerhin adaptierte Pacelli zwei der dort genannten Geistlichen für die römische Terna. Für die Nominierung des einen schien die Kapitelsliste sogar der entscheidende Anstoß gewesen zu sein. Auf der anderen Seite kannte Pacelli 622
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III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
dieser „externen“ Gruppe den ersten Listenplatz (Vogt in Aachen 1930/31 und Bares in Berlin 1933/34). In keinem Besetzungsfall ignorierte er die Kandidaten des Episkopats vollständig. Das Minimum war, dass er eine Terna vorlegte, die lediglich einen einzigen vorgeschlagenen Kandidaten enthielt, der wiederum nur von einem einzigen Oberhirten als episkopabel deklariert worden war (Galen in Aachen 1930/31). Dass nur einer der Ternakandidaten zuvor auf dem Zettel der Bischöfe gestanden hatte, gab es in drei Fällen. In ebenfalls drei Fällen schafften es zwei Proponierte auf die Terna und einmal war die gesamte Trias der römischen Liste in den eingereichten Voten zu finden (Aachen 1937/38). Für Pacellis Überlegungen, ob er einen bestimmten Geistlichen in die Terna aufnehmen sollte, war die Anzahl der Proponenten unerheblich: Er besaß keine Scheu, einerseits klare Favoriten des Episkopats zu ignorieren (wie Sträter in Aachen 1930/31 oder Berning in Berlin 1933/34) und andererseits nur einmal Genannte an die Spitze der Terna zu stellen (etwa Mönch in Münster 1933). Freilich gab es auch gegenteilige Fälle, in denen er die mit teilweise überwältigender Mehrheit vom Episkopat gewünschten Namen auf der Terna platzierte (zum Beispiel Donders in Münster 1933 oder Preysing in Berlin 1935). Wie schon in Bayern beobachtet, handelte es sich allerdings auch hier wieder für gewöhnlich um Kleriker, die schon längst zu seinem Fundus idealer Kandidaten gehörten. Auch in diesen Fällen also konnte die Stimme der Bischöfe den Kardinalstaatssekretär nicht von „neuen“ Amtsanwärtern überzeugen. Eine Ausnahme scheint die causa Hildesheim (1934) darzustellen, in der das Votum des Episkopats (und des Domkapitels) die Kandidatur von Machens anstieß, den Pacelli zuvor nicht gekannt hatte. Berücksichtigt man jedoch, dass dieser die Tauglichkeit des Genannten informell bei einem Vertrauten verifizierte, bevor er ihn zur Wahl stellte, bestätigt dieses Beispiel einmal mehr, dass Pacelli dem Urteil der preußischen Proponenten mit Skepsis begegnete. Die verfahrenstechnischen Modalitäten, die Pacelli in Preußen installierte, um die Listen so frei wie möglich behandeln zu können, nutzte er also konsequent aus. Während er auf das Votum der Bischöfe größeres Augenmerk legte, waren für ihn die Kandidatenwünsche der Domkapitel entsprechend seiner kritischen Sicht auf diese Institution nahezu unbedeutend. Letztlich gilt aber für beide: Pacelli „würdigte“ die Kandidatenvorschläge, wenn und insoweit er unter ihnen Geistliche fand, von denen er ohnehin wusste, dass sie seinem Ideal gerecht wurden. Dasselbe galt im Prinzip für Bayern, wenngleich er mehr Acht auf die Stimme der Freisinger Konferenz als auf die der preußischen Oberhirten gab. Das lag einerseits an der Verbindlichkeit des bayerischen Verfahrens, andererseits aber wohl auch daran, dass Pacelli die bayerischen Bischöfe insgesamt
auch in diesem Fall die beiden übernommenen Kandidaten bereits; einen von ihnen hatte er früher schon als Bischofsanwärter in Betracht gezogen. Außerdem war die von ihm gewünschte Intransparenz der örtlichen Kandidatenvorschläge durch das in diesem Fall erfolgte verkürzte Listenverfahren nicht gegeben, sodass er womöglich besonders darauf bedacht war, die Kapitelsliste einzubinden. 177
III.2 Pacelli und der Besetzungsmodus
höher schätzte als die preußischen. Klammert man dies aus, könnte man überspitzt resümieren, dass für Pacelli die Vorschlagslisten in erster Linie kein Instrument zur Kandidatenfindung waren, sondern politische Konzessionen und ein Arrangement mit den Ortskirchen, denen sie zur „Beruhigung“ dienten. Vor dem Hintergrund des früher Gesagten erscheint das schlüssig: Wenn seiner Ansicht nach die meisten Bischöfe keinen Sinn für die notwendigen römischen Reformen in der Priesterausbildung hatten, wenn den Domkapiteln dieser Sinn ebenfalls abging und diese keine sehr würdigen Oberhirten frei wählen konnten, dann waren beide ebenso wenig in der Lage, die richtigen Amtsanwärter vorzuschlagen. Stattdessen oblag die Suche nach passenden Kandidaten dem Heiligen Stuhl beziehungsweise dem Apostolischen Nuntius, die entweder aus eigener Kenntnis taugliche Geistliche auswählten (vgl. III.1) oder sich informell bei „römisch“ konditionierten Ratgebern informierten (vgl. III.4). Daher bildeten für Pacelli das Kandidatenprofil, die Konstitution der Besetzungsmodi in den Konkordaten und die praktische Umsetzung dieser Modi eine kohärente Einheit, die zentralistisch in Rom ihre Verbindung und ihren Ausgangspunkt besaß. Dies war eine konsequente Umsetzung der streng hierarchisch auf den Papst ausgerichteten Ekklesiologie des Ersten Vatikanums, die der CIC von 1917 in eine rechtliche Form gegossen hatte. Eine von Rom losgelöste oder gar gegen Rom gerichtete Interessenvertretung der Teilkirche, wie etwa die Domkapitel hinsichtlich des Bischofswahlrechts, bewertete Pacelli nach diesem Grundverständnis. Die Nachfolger der Apostel konnten ihr Amt seiner Ansicht nach nur in enger Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri ausüben, weil nur so die Einheit der Kirche gewahrt war. Weil außerdem die Bischöfe nach Pacellis Überzeugung die Jurisdiktion über ihre Diözese vom Papst erhielten, weshalb sie ihr Bistum in dem Augenblick in Besitz nahmen, in dem sie dem Domkapitel ihre römischen Ernennungspapiere vorlegten, war es für ihn folgerichtig, dem Papst beziehungsweise dem Heiligen Stuhl die wesentlichen Befugnisse in der Bestellung der Bischöfe zu reservieren.624
Pacelli legte diese ekklesiologischen Aspekte später in der Enzyklika Mystici Corporis mit Hilfe des paulinischen Bildes vom Leib mit Haupt und Gliedern dar: Die Teilkirchen – so Pius XII. – werden „von Christus Jesus durch die Stimme und Vollmacht des eigenen jeweiligen Bischofs geleitet. Deshalb sollen die Bischöfe nicht nur für herausragendere Glieder der gesamten Kirche gehalten werden, weil sie durch ein ganz einzigartiges Band mit dem göttlichen Haupt des ganzen Leibes verbunden sind …, sondern – was die eigene Diözese eines jeden anbelangt – weil sie als wahre Hirten im Namen Christi die ihnen jeweils zugewiesenen Herden jeweils weiden und leiten …; indem sie jedoch dies tun, sind sie nicht völlig eigenen Rechtes, sondern unterstehen der gebührenden Autorität des Römischen Bischofs, obwohl sie die ordentliche Jurisdiktionsvollmacht genießen, die ihnen von ebendiesem Papst unmittelbar zugeteilt wurde. … Jedoch ist auch festzuhalten …[,] daß Christus nach seinen Gliedern verlangt. Und dies freilich in erster Linie, insofern die Person Jesu Christi vom Papst vertreten wird, der – um nicht von der Last des Hirtenamtes erdrückt zu werden – nicht wenige andere Teilnehmer an seiner Sorge berufen muß …“ Pius XII., Enzyklika Mystici Corporis vom 29. Juni 1943, abgedruckt in: AAS 35 (1943), S. 193–248, hier 211–213, Übersetzung zitiert nach DH 3804f. Vgl. auch die Analyse zur Konkor-
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III.3 Pacelli und der Staat III.3 Pacelli und der Staat
III.3 Pacelli und der Staat III.3.1 Alles für ein Konkordat? Die Bischofseinsetzungen in den Konkordatsverhandlungen Die Staatskirchenverträge des 19. Jahrhunderts, der CIC von 1917 und die WRV von 1919 bildeten die Eckpfeiler für eine komplexe und keineswegs durchsichtige rechtliche Ausgangssituation zu Beginn der Nuntiaturzeit Pacellis. Die auch für die Besetzung der Bischofsstühle bestimmende Frage lautete, ob die alten Rechtsgrundlagen angesichts der politischen Umwälzungen noch Geltung beanspruchen konnten. Insbesondere in Köln (1919/20) und in den zur selben Zeit einsetzenden bayerischen Konkordatsverhandlungen wurde Pacellis Sicht auf dieses Problem deutlich. Entsprechend seiner Auffassung von Konkordaten als bilateralen Verträgen ging er von einer prinzipiellen Fortgeltung sowohl der preußischen (und oberrheinischen) Zirkumskriptionsbullen als auch des bayerischen Konkordats von 1817 aus, hielt allerdings einzelne Bestimmungen für hinfällig, vor allem diejenigen zum staatlichen Einfluss auf die Bischofseinsetzungen.625 Im Sinne einer strengen Privilegienauslegung waren seiner Ansicht nach weder die preußische Exklusive noch das Nominationsrecht des bayerischen Königs auf die neuen demokratischen Regierungen übergegangen. Diese Privilegien durfte der Heilige Stuhl außerdem laut Pacelli unter keinen Umständen stillschweigend oder gar ausdrücklich neu konzedieren, da sie „verachtenswert“626 und ein großes Übel seien, das die Freiheit der Kirche als societas perfecta ungebührlich einschränke. Gerade vor dem Hintergrund der bayerischen Revolution, die Pacelli hautnah erlebte, fürchtete er, dass legitim gewählte sozialistische Regierungen Einfluss auf die kirchliche Ämterbesetzung erlangen könnten.
datspolitik Pacellis bei Hamers, Beziehungen, S. 137–140; vgl. außerdem Unterburger, Deutschlandbild (2010). Andrea Riccardi bemerkt zu dieser zentralistischen Direktive Pacellis: „Il pontificato pacelliano viene rappresentato come il massimo dellʼautoritarismo e del verticismo: cʼè qualcosa di vero in questʼimmagine, perché gli anni di Pio XII sono lo sbocco finale di un processo di centralizzazione nella Chiesa cattolica che ha il suo inizio, almeno, con Pio IX e con il Vaticano I.“ Riccardi, potere, S. 41. 625 Vgl. zur großteils ungenauen Sicht der Forschung auf die Haltung Pacellis in der Fortgeltungsthematik insbesondere die entsprechenden Anmerkungen in Bd. 1, Kap. II.1.1 (Ergebnis Nr. 3) und Bd. 3, II.2.1 (Ergebnis Nr. 3). 626 Vgl.: „… di privilegio odioso … “ Pacelli an Gasparri vom 13. August 1919, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1919–1922, Pos. 1718, Fasz. 898, Fol. 9r. 179
III.3 Pacelli und der Staat
Dies war eine klare theoretische Grundauffassung, aber wieder einmal bezog der Diplomat die praktische Ebene ein. Hegte er zunächst noch die Erwartung, dass die WRV die staatlichen Ingerenzen von selbst beenden würde, musste er wenig später zur Kenntnis nehmen, dass die deutschen Innenminister die alten Verträge noch vollumfänglich für gültig erachteten. Auch wenn er diese Ansicht für unrechtmäßig und „heimtückisch“627 erachtete, war sie die Grundlage für das weitere Vorgehen Pacellis, der sich damit als nüchterner Realpolitiker erwies. Obwohl dem Heiligen Stuhl seiner Meinung nach die Freiheit in der Ämterbesetzung zustand, durfte er sie nicht einfordern. Sollte er auf die alten Bestimmungen keine Rücksicht mehr nehmen, drohte er als vertragsbrüchig dazustehen. Einen solchen Schritt qualifizierte Pacelli als „heikel“628 und womöglich fatal: Er konnte seiner Ansicht nach nicht nur als feindlicher Akt gegen die Demokratie und die Republik gewertet werden und schwächte nicht nur die Erfolgsaussichten für künftige Konkordate, sondern gefährdete auch die Verpflichtungen gegenüber der Kirche, insbesondere die finanziellen Leistungen, die die alten Verträge dem Staat auferlegten. Wenn die Kirche die alten Vorschriften ignorierte, konnte der Staat das auch. Diese Situation durfte nach Pacellis Meinung keinesfalls eintreten; er wollte die neuen Freiheiten nicht auf Kosten dieser lukrativen Vorteile erreichen, sondern zusätzlich. Die Gefahr versuchte der Nuntius auf doppelte Weise zu bannen: Zunächst durfte der Heilige Stuhl die Dokumente des 19. Jahrhunderts auf theoretischer Ebene nicht für aufgehoben erklären, was den Staat direkt aus seinen Verpflichtungen entlassen hätte. Ebenso wenig aber durfte er die Fortgeltung schlechthin bejahen, denn wie hätte er dann die neuen verfassungsmäßigen Freiheiten einfordern können? Diese Aporie löste Pacelli dadurch, diese Grundsatzfrage gar nicht erst auszudiskutieren, zumal er eine Verständigung mit der staatlichen Seite – egal ob Preußen, Bayern, Baden etc. – ohnehin nicht für möglich hielt. Stattdessen beließ er die Fortgeltungsfrage bewusst in der Schwebe und verlangte ex novo Verhandlungen über die gesamte staatskirchenrechtliche Materie. Die günstigen Kirchenartikel der WRV boten ihm dazu eine ausgezeichnete Grundlage, die es vertraglich abzusichern galt. Das negative Urteil, das Pacelli in theoretischer Hinsicht über die Verfassung fällte, hielt ihn nicht davon ab, sich ihre Vorteile zunutze zu machen.629 Geschickt wies er dem Staat formal die Schuldnerrolle zu, indem er die Notwendigkeit zu diesen Neuverhandlungen auf eine einseitige staatliche Rechtsverletzung des Deutschen Reichs durch die WRV zurückführte. Die nach außen hin Vgl.: „… un subdolo tentativo …“ Pacelli an Gasparri vom 15. November 1919, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1919–1922, Pos. 1718, Fasz. 898, Fol. 27v. 628 Vgl.: „… ma sembra delicato da parte Santa Sede rompere per prima Concordato.“ Pacelli an Gasparri vom 19. August 1919, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1918–1922, Pos. 72, Vol. I, Fol. 4r. 629 Vgl. auch die Feststellung von Hubert Wolf: „Diese [sc. die WRV, R.H.] war nach Pacelli ‚eine Verfassung, die in der Theorie [in teoria] nicht gut ist, aber den deutschen Katholiken in der Praxis [in pratica] heute zumindest eine größere Freiheit als unter dem vergangenen Regime ermöglichtʻ. Nicht zuletzt die Autonomiegarantie für die Kirche ermöglichte die Konkordatspolitik Pacellis, mit der er den Einfluß der Ortskirche bei der Bestellung der Bischöfe erfolgreich zurückdrängen konnte.“ Wolf, Geschick, S. 103. 627
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III.3 Pacelli und der Staat
unklare Haltung in der Fortgeltungsfrage, mit der er die skizzierte Problematik geschickt umging, vertrat Pacelli konsequent über den gesamten Zeitraum von 1919 bis zum Abschluss der einzelnen Konkordate, sogar noch 1932 in Baden. Einzig bei einer ersten Fühlungnahme mit der preußischen und der Reichsregierung in Berlin (Dezember 1919) rückte er von diesem Schema ab: Er bejahte die temporäre Fortgeltung der preußischen Bullen, vorbehaltlich der staatlichen Bereitschaft, einen neuen Staatskirchenvertrag abzuschließen. Unter dieser Prämisse konnte Pacelli zwischenzeitlich auf die Freiheiten verzichten, die die WRV der Kirche und damit letztlich Rom zugesprochen hatte, da sich diese Situation mit Abschluss der neuen Konkordate erledigen würde. Die Theorie spiegelte sich eins zu eins auf der praktischen Ebene wider und damit in der Art, wie Pacelli mit den Sedisvakanzen während der Konkordatsverhandlungen umging. Er war peinlich darauf bedacht, die Fortgeltung der alten Rechtsgrundlagen genauso wenig durch die konkreten Bischofseinsetzungen zu „verneinen“, wie er es verbal tat. Bei einer Besetzungspraxis, die von der bisherigen abwich, zum Beispiel bei einer päpstlichen Bischofsernennung in Bayern, bei einem laut Pacelli an sich legitimen Widerruf des (de iure noch geltenden) Kapitelswahlrechts in Preußen beziehungsweise am Oberrhein oder bei einer eigenmächtigen Ausschaltung der staatlichen Mitsprache, war der Vorwurf des Vertragsbruchs von staatlicher Seite vorprogrammiert. Deshalb handelte Pacelli zumindest bei den ersten Besetzungsfällen nach der Maxime: Der bisherige Besetzungsmodus war stringent beizubehalten, allerdings nur provisorisch und mit einer ausdrücklichen Präzedenzklausel. Durch diese Einschränkung „bejahte“ Pacelli wiederum die überkommene Art der Bischofseinsetzungen nicht vorbehaltlos, sondern wie schon auf der theoretischen Ebene nur temporär. Mit dieser Handlungsmaxime blieb die Frage nach dem jeweils konkret rechtlich geltenden Besetzungsmodus genauso in der Schwebe wie die Frage nach der Fortgeltung der alten Verträge an sich. Hier liegt der Grund dafür, dass sich Pacelli in den ersten Besetzungsfällen nach der WRV in Köln (1919/20), Paderborn (1920) und Freiburg (1920) für Bischofswahlen nach Vorgabe der alten Zirkumskriptionsbullen einsetzte.630 Das Wahlrecht bei diesen ersten Gelegenheiten zu kassieren, was die Forschung bisher großteils als Absicht Pacellis angenommen hat, passte überhaupt nicht in sein Konzept.631 Stattdessen akzeptierte er einerseits, dass der Heilige Stuhl in den beiden letztgenannten Fällen keinen Einfluss auf die Auswahl des neuen Oberhirten ausübte. Andererseits nahm er in Kauf, dass die Bischofswahlen in den beiden erstgenannten Fällen in Anwesenheit eines staatlichen Wahlkommissars stattfanden, nachdem das jeweilige Domkapitel gemäß der bisherigen Praxis der Regierung zuvor eine Kandidatenliste übermittelt hatte. Was also prinzipiell
Daran ändert nichts, dass es sich in Köln um eine Scheinwahl handelte und die badische Regierung in Freiburg freiwillig auf ihre alten Einflussrechte verzichtete. 631 Vgl. zum Beispiel Schmider, Bischöfe, S. 129; Selbach, Katholische Kirche, S. 297; Trippen, Bischof, S. 414f.; Wolf, Affäre, S. 29f. Korrekt dagegen etwa Gatz, Ringen, S. 108f. 630
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III.3 Pacelli und der Staat
gegen seine Agenda war – nämlich dass die Domkapitel und nicht der Heilige Stuhl die Bischofseinsetzungen bestimmten – und was er als illegitim betrachtete – nämlich dass der Staat sich in die kirchliche Ämterbesetzung einmischte –, tolerierte er in diesen Einzelfällen in der Erwartung, dauerhaft eine größere Freiheit und Autonomie der Kirche in neuen Konkordaten festschreiben zu können. Damit investierte er diplomatisch weitsichtig in die Zukunft „auf Kosten“ der Gegenwart. Die Investition lohnte sich jedoch nur, wenn die Konkordate tatsächlich erfolgreich ausgehandelt wurden, was wiederum an der staatlichen Konkordatswilligkeit hing. Mit der Konkordatswilligkeit der Regierungen ist der Indikator benannt, an dem sich zwei strategische Grundlinien ablesen lassen, nach denen Pacelli in den konkreten Besetzungsfällen handelte: a) Bei tatsächlich oder vermeintlich vorhandener Konkordatsbereitschaft kam er dem Staat entgegen und zeigte sich den Wünschen der Regierung gegenüber aufgeschlossen. Das galt nicht nur für die genannten Fälle in Köln, Paderborn und Freiburg unmittelbar im Anschluss an die Verhandlungszusage von Seiten der preußischen und der Reichsregierung, sondern auch direkt danach in Mainz (1920/21). Zwar fand hier eine Bischofswahl nach alter Praxis nicht statt. Das lag aber vor allem daran, dass das Mainzer Domkapitel aufgrund innerer Zwistigkeiten freiwillig auf das Wahlrecht verzichtete. Um die Gefahr zu minimieren, durch die Einsetzung des Koadjutors als vertragsbrüchig zu erscheinen, versuchte Pacelli vorsichtig, den Heiligen Stuhl im konkreten Verfahren nach außen hin möglichst wenig sichtbar werden zu lassen und gestattete notfalls die Ablegung eines Treueids.632 Vor allem aber versprach er der Reichsregierung informell, einen Kandidaten zu wählen, der den separatistischen Bestrebungen im Rheinland ablehnend gegenüberstand. Dadurch erreichte er nicht nur die staatliche Finanzierung des neuen Amtes an der Bistumsspitze, sondern letztlich auch ein insgesamt einvernehmliches Klima zugunsten der soeben initiierten Reichskonkordatsverhandlungen. Genauso nachgiebig und vorsichtig agierte Pacelli in Würzburg (1920–24) während der bayerischen Konkordatsverhandlungen. Da eine provisorische Anwendung des alten Besetzungsmodus in Bayern nicht möglich war, sah er nur die Option, die Sedisvakanz bis zum Konkordatsabschluss hinauszuzögern. Eine alternative Besetzungsvariante schien ihm wegen der erörterten Gründe zu gefährlich. Nichtsdestotrotz zog er zwischenzeitlich die Einsetzung eines Koadjutors in Erwägung, fasste dafür allerdings einen Geistlichen ins Auge, den er selbst nicht als ideal ansah, aber der von Regierungsseite gewünscht war. Mit diesem Schritt wollte sich Pacelli erkenntlich zeigen, sofern die bayerischen Verhandlungsführer dem Besetzungsmodus der Bischofsstühle zustimm Den Heiligen Stuhl aus Opportunitätsgründen herauszuhalten und stattdessen den Episkopat beziehungsweise die Ortskirche die römischen Interessen vertreten zu lassen, war nicht nur mehrfach im Zusammenhang der Bischofseinsetzungen ein beliebtes Vorgehen Pacellis, sondern auch in anderen Kontexten seines Wirkens. Vgl. dazu etwa Feliciani, Basisnorm, S. 58f.; Unterburger, Lehramt, S. 336f. u. ö.; Wolf, Geschick, S. 107; Ders., Papst, S. 277f.
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III.3 Pacelli und der Staat
ten, den der aktuelle römische Vertragsentwurf propagierte. Er war also einmal mehr bereit, auf Kosten des aktuellen Einzelfalls in die zukünftige Regelung zu investieren, den konkreten Besetzungsfall gewissermaßen einzutauschen, um die Konkordatsverhandlungen zu fördern. Nachdem sich diese Koadjutorlösung zerschlagen hatte, rang sich Pacelli erst, nachdem das neue Konkordat paraphiert war, mit aller Vorsicht dazu durch, den neuen Bischof einzusetzen: formell durch päpstliche Nomination mit politischem Bedenkenrecht des Staates; informell nach Verständigung mit der Regierung; faktisch wie früher durch staatliche „Präsentation“, da der Wunschkandidat des Kultusministers den Zuschlag erhielt. Nach den gleichen Grundmustern ging Pacelli in den preußischen Fällen vor, nachdem die dortigen Verhandlungen ab Mitte der 1920er Jahre in ein zentrales Stadium getreten waren. Von der Angst vor einem Verhandlungsabbruch getrieben, suchte er in Tütz (1925/26) informellen Kontakt mit der Regierung und unterstützte ihre Interessen in der Kandidatenfrage vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Spannungen mit allem Nachdruck sogar gegen Papst und Staatssekretär (vgl. III.5.1). Die Besetzung des Bistums Hildesheim (1928/29) zögerte er ähnlich wie in Würzburg zunächst hinaus, um den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen nicht zu gefährden. Als diese länger andauerten und die Bischofseinsetzung unumgänglich schien, war er nicht mehr dazu bereit, zehn Jahre nach der WRV noch einmal eine Kapitelswahl gemäß Impensa Romanorum zuzulassen. Nach so langer Zeit und mit einem neuen Bayernkonkordat im Rücken war seine Sorge, eines Vertragsbruchs bezichtigt zu werden und damit die finanziellen Leistungen zu verlieren, abgeebbt. Da er ein einseitiges römisches Handeln aber angesichts der kurz vor dem Abschluss stehenden Verhandlungen für unmöglich einstufte, stimmte er den konkreten Besetzungsmodus inoffiziell mit Berlin ab. Auch in der Personalfrage ging er behutsam vor, indem er als Oberhirten dezidiert einen Nicht-Germaniker akzeptierte, um keine unnötigen Ressentiments zu schüren und dem neuen Vertrag auf den letzten Metern keine Steine mehr in den Weg zu legen. Deshalb nahm er es auch – wenngleich mit Unverständnis – hin, dass das Kultusministerium eine Anerkennungsurkunde ausstellte. Pacelli traf also grundsätzlich informelle Absprachen mit den Regierungen, besonders dann, wenn der alte Besetzungsmodus nicht beibehalten wurde. Eine formell-offizielle Mitsprache erlaubte er nicht, da es diese ja gerade dauerhaft auszuschalten galt und für die er daher möglichst kein Präjudiz schaffen durfte. Informell berücksichtigte er die Anliegen der Regierung mit aller Konsequenz. Den Heiligen Stuhl wollte er als wohlwollenden und zuverlässigen Vertragspartner präsentieren und alles vermeiden, was einem erfolgreichen Konkordatsabschluss irgendwie hinderlich sein konnte. b) Bei fehlender Konkordatsbereitschaft sah Pacelli keinen Sinn darin, gegenüber der staatlichen Seite diesen entgegenkommenden Kurs beizubehalten. So erkannte er schnell, dass sich seine Nachgiebigkeit in Köln und Paderborn nicht bezahlt gemacht hatte, die preußische Regierung 183
III.3 Pacelli und der Staat
vielmehr entgegen der ursprünglichen Verhandlungszusage eine Verzögerungstaktik fuhr und ihre alten Einflussrechte möglichst lange konservieren wollte. Deshalb nutzte Pacelli die nächste Gelegenheit, die Sedisvakanz in Trier (1921/22), um massiven Druck auf Berlin auszuüben, indem er anders noch als in Paderborn eine Bischofswahl gemäß De salute animarum blockierte. Die alte Besetzungsform zu verweigern, wagte Pacelli auch deshalb, weil er in der unmittelbar vorangegangenen Mainzer Bischofseinsetzung zwei Erkenntnisse gesammelt hatte: Der Neubischof werde vom katholischen Volk nicht weniger geachtet, wenn er vom Heiligen Stuhl ernannt anstatt vom Kapitel gewählt war; außerdem sei die Gefahr, dass von Regierungsseite die Finanzleistungen gekappt werden könnten, weniger real als zunächst angenommen. Pacelli hatte also dazugelernt und vermeintlich die Strategie des Staates durchschaut. Weil die preußische Kirche hingegen die Gefährdung höher einstufte und dieses Druckmittel sogar eher für die eigenen Interessen wie den Erhalt des Kapitelswahlrechts einsetzte, kritisierte Pacelli auf ihrer Seite eine gewisse Kulturkampfmüdigkeit. Er selbst hielt einen Konflikt mit der Regierung für notwendig, zumal es wenig zu verlieren gab, wenn die staatlichen Leistungen nicht akut gefährdet schienen und ein neues, günstiges Konkordat auch nicht in Sicht war. Zu diesem Zweck zog er Profit aus der staatlichen Angst vor einem französischen Saarbistum beziehungsweise einem frankophilen Bischof und erzwang Zusagen mit dem Ergebnis, dass aktuell und zukünftig sowohl die Kandidatenliste, die das Domkapitel der Regierung vorlegte, als auch die Teilnahme eines staatlichen Kommissars bei der Bischofswahl Vergangenheit waren. Insofern bildete die causa Trier einen entscheidenden Wendepunkt, was die staatliche Einflussnahme auf die Besetzung der Bischofsstühle in Preußen anbelangte. Weil die preußische Regierung auch die gewünschte Konkordatsbereitschaft signalisierte, schaltete Pacelli anschließend sofort wieder auf das erste, nachgiebigere Handlungsmuster zurück und räumte dem Trierer Domkapitel ein (Schein-) Wahlrecht ein, das der staatliche Vertragspartner unbedingt bewahren wollte.633 Damit schaffte er das versöhnliche Klima, in dem die soeben wiederbegonnenen Verhandlungen zu einem guten Ende geführt werden sollten. Ähnlich wie in Trier handelte Pacelli in der Oberrheinischen Kirchenprovinz. Zwar zogen die dortigen Regierungen – vor allem Baden – anders als Preußen zügig Konsequenzen aus der WRV und enthielten sich weitgehend der alten Einflussnahmen auf die Besetzung der Bischofsstühle. Aber genauso wie dort nahm der Nuntius zur Kenntnis, dass sich ungeachtet seines entgegenkommenden Kurses in Freiburg und Mainz keine Konkordatsbereitschaft einstellte. Er initiierte deshalb Gasparris Zirkularschreiben von 1926, das für den Oberrhein das ius commune in der Ämterbesetzung vorschrieb: das hieß kein Bischofswahlrecht und keinerlei staatliche Beteiligung. Den dadurch erzeugten Druck bekam die württembergische Die freie Bischofswahl, die die Domherren letzten Endes durchführten, gestattete Rom gegen Pacellis Plan (vgl. III.5.1).
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Regierung zu spüren, als der Rottenburger Bischofsstuhl (1926/27) vakant wurde. Sie insistierte auf dem alten Kapitelswahlrecht von Ad dominici gregis und drohte mit der Einstellung der finanziellen Sustentationen, falls der Heilige Stuhl eigenmächtig die Bischofseinsetzung vornehmen sollte. Dass dieses nicht mehr für akut gehaltene Thema nach so langer Zeit seit der WRV wieder als Druckmittel benutzt wurde, betrachtete Pacelli als skandalös. Nachzugeben kam für ihn allein schon deshalb nicht infrage, weil er den Rottenburger Fall als Teil der preußischen Verhandlungen betrachtete: Konzessionen im konkordatsresisten Württemberg hätten negative Auswirkungen für die Forderungen des Heiligen Stuhls im (zu diesem Zeitpunkt) konkordatswilligen Preußen gehabt. Die Aporie, den alten Wahlmodus nicht erlauben, aber auch das ius commune nicht umsetzen zu können, löste Pacelli mit der Drohung, die Cathedra notfalls längere Zeit vakant zu lassen. Durch die kämpferische Haltung erreichte er, dass der Kultusminister Konkordatsverhandlungen in Aussicht stellte. Daraufhin konzedierte Pacelli im Gegenzug eine Kapitelswahl, die er allerdings aufgrund der Unverbindlichkeit der staatlichen Zusage nach preußischer Vorlage einschränkte. Wieder also erzwang Pacelli eine Verhandlungszusage durch eine Sedisvakanz und wieder zeigte er sich anschließend nachgiebig, indem er pro hac vice das Kapitelswahlrecht erlaubte: Die causa Rottenburg war darin ein Analogon zur causa Trier. Dass die württembergische Zusage letztlich fruchtlos blieb, wirkte sich in Freiburg (1931/32) aus. Erneut operierte Pacelli mit der Sedisvakanz als „Konkordatshebel“: Ohne Verhandlungsbereitschaft sollte der Erzbischofsstuhl frei vom Papst besetzt werden. Nach mehrmonatiger Wartezeit, ohne dass eine ihn zufriedenstellende Replik von Seiten des Staates einging, machte Pacelli die Ankündigung wahr. Wichtig ist, dass er nicht mehr wie in Rottenburg vagen Zusagen vertraute und auf dieser Basis ein Kapitelswahlrecht erlaubte. Was sich dort im Nachhinein als Fehler oder zumindest als wirkungslos herausgestellt hatte, wollte er nicht wiederholen. Gleichzeitig erhöhte die päpstliche Nomination des Freiburger Oberhirten den Druck auf die Regierung, durch Verhandlungen für künftige Fälle eine Regelung zu schaffen, die Ortskirche und Staat beteiligte. Um jedoch die durch die formale Unnachgiebigkeit im Besetzungsmodus forcierte staatliche Verhandlungsbereitschaft nicht mit verbrannter Erde zu fundieren, suchte er die Person des von Rom ernannten Erzbischofs ganz im Sinne der Regierung aus. Einmal mehr war es also abschließend ein freiwilliges Entgegenkommen, mit dem Pacelli die Wogen nach einem seiner Meinung nach unumgänglichen Konflikt zu glätten suchte. Aufs Ganze gesehen verfolgte Pacelli während der Phase der Konkordatsverhandlungen in den einzelnen Diözesen keine separate, in sich geschlossene Besetzungspolitik. Er fügte die Sedisvakanzen konsequent in seine Konkordatspolitik ein, instrumentalisierte sie dafür und ordnete sie ihr letztlich unter. Damit nahmen sie prinzipiell keine Sonderrolle gegenüber anderen Bereichen seines Wirkens ein, in denen ihm ebenfalls konsequent die konkordatspolitische Opportunität 185
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vor Augen stand.634 Die Besetzungsfälle dienten Pacelli als „Waffen“ in seinem „Kampf “ mit dem Staat, den er abwechselnd offensiv oder defensiv bestritt, wobei er tendenziell „mutiger“ wurde, je länger die WRV zurücklag und je mehr diplomatische Erfolge er verbuchen konnte. Sein Umgang mit dem Staat war geprägt von einem sorgfältig abgewogenen Gemisch aus formellen und informellen Schritten, von Festigkeit und Nachgiebigkeit, von Pression und Konzession, um die Regierungen einerseits in die neuen Staatskirchenverträge zu zwingen und damit ihre Ingerenzen auf die kirchliche societas zum großen Teil zu beenden, aber andererseits nicht zum Schaden der Kirche zu verprellen, der er eine privilegierte und geschützte Stellung im Staat zu sichern beabsichtigte. Ähnlich wie Pacelli die Sedisvakanzen zugunsten der Konkordatsverhandlungen einsetzte, tauschte er auch innerhalb der Verhandlungen Zugeständnisse im Modus der Bischofseinsetzungen für Gegenleistungen ein, entweder in anderen Bereichen der staatskirchlichen Materie oder aber für einen erfolgreichen Konkordatsabschluss als solchen. Ohne „angemessenen Nutzen“ war er zu Abstrichen in dem für die Kirche so zentralen Element der Bestellung der Bischöfe nicht bereit, das wäre „absurd“635. Wenn es aber gewichtige Gegenleistungen einbrachte, auf den Staat zuzugehen, ergriff er die Gelegenheit beim Schopf. Im bayerischen Konkordatsentwurf etwa erkannte er viele für die Kirche ausgezeichnete Bestimmungen, zum Beispiel im Bereich der Schule oder der Staatsleistungen, die – wie er konstatierte – „schwerlich in den modernen Zeiten besser konzipiert werden könnten“636. Um einen solch vorzüglichen Kontrakt abzuschließen, hielt er beispielsweise das Listenverfahren als einschränkende Grundlage der päpstlichen Nomination der Oberhirten für einen akzeptablen Preis und wäre in dieser Sache sogar noch nachgiebiger gewesen als es der Artikel 14 schließlich bestimmte (vgl. III.2.1). In Preußen definierte er das Kapitelswahlrecht schon frühzeitig als Verhandlungsmasse, weil er nüchtern einsah, dass die Kirche zu hohe Kompensationsleistungen aufwenden müsste, um es gänzlich abzuschaffen (vgl. III.2.1). Sinnvoller schien ihm stattdessen, auf den Feldern Schule – was bekanntlich gar nicht gelang –, Fakultäten, Vorbildung des Klerus, Gründung des Bistums Berlin oder Staatsleistungen
Man denke etwa an seine Bestrebungen, lehramtliche Verurteilungen zu vermeiden, zum Beispiel die der ökumenischen „Una-Sancta-Bewegung“ 1926/27 (vgl. Wolf, Geschick, S. 106–108; Ders., Papst, S. 262–278), die des schlesischen Kirchenhistorikers Joseph Wittig 1923–1925 (vgl. Unterburger, Lehramt, bes. S. 295–297) oder die des Tübinger Dogmatikers Karl Adam (vgl. Hülsbömer, Adam, S. 186). 635 Vgl.: „Sarebbe infatti assurdo che la S. Sede accettasse una limitazione qualsiasi della sua libertà in materia così importante per lo stesso Governo, senza averne una proporzionata utilità.“ Pacelli an Gasparri vom 11. September 1920, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1918–1922, Pos. 72, Vol. I, Fol. 74r. 636 „… quali difficilmente, nei tempi moderni, potrebbero concepirsi migliori.“ Pacelli an Gasparri vom 14. Februar 1923, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1918–1922, Pos. 72, Vol. III, Fol. 46v. 634
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günstigere Konditionen zu erreichen. Ob er eine ganz konkrete Bestimmung gegen das Wahlrecht tauschte, zeigen die Quellen nicht. Um das quid pro quo möglichst ertragreich zu gestalten, wandte Pacelli diplomatische Finessen an. Zum Beispiel stellte er Forderungen auf, die weiter gingen als das, was er eigentlich erreichen wollte. Für staatliche Zugeständnisse konnte er diese Postulate dann leicht wieder zurückfahren. Nach diesem Muster präsentierte er den preußischen Verhandlungsführern nicht nur den überraschenden Vorschlag Bertrams zur Bischofseinsetzung, der eine freie päpstliche Ernennung bedeutet hätte, sondern letztlich auch den Modus des bayerischen Konkordats. Vor diesem Hintergrund erschien das beschränkte Kapitelswahlrecht wie eine weitreichende Konzession, obwohl Pacelli von ihm schon längst ausgegangen war und zumindest in Grundzügen bereits die kuriale Genehmigung in der Hinterhand hatte. Dennoch deklarierte er diese Variante zunächst als reine Privatüberlegung, um die staatlichen Beamten in einer „ängstlichen Unsicherheit“637 zu lassen, ob der Heilige Stuhl zustimmen würde. All das stärkte die Rolle Pacellis als gesprächsbereiten Unterhändler, aber auch die Bereitschaft der Regierung, für dieses offensichtlich gravierende Entgegenkommen ihrerseits Gegenleistungen anzubieten. Eine zweite Taktik Pacellis bestand darin, etwas als Zugeständnis zu deklarieren, was er faktisch gar nicht als ein solches einstufte. Das galt insbesondere für die politische Klausel. Das politische Bedenkenrecht des Staates, das sich nur auf allgemein- und nicht auf parteipolitische Gegenstände erstrecken sollte, wie eine AES-Sitzung im Juli 1922 klärte, gehörte seit Ende des 19. Jahrhunderts zum Grundbestand der Konkordate. Als „Ersatz“ für das von ihm verabscheute staatliche Veto erkannte Pacelli seine Berechtigung voll an, wenngleich er durchaus Spielräume ausnutzte, um die Klausel so zu formulieren, dass etwaige staatliche Bedenken für den Heiligen Stuhl möglichst unverbindlich waren, was ihm vor allem in Baden gelang. Dennoch sah er prinzipiell ein, dass der Staat ein legitimes politisches Interesse an der öffentlichen Person des Diözesanbischofs hatte. Deshalb bekannte er ausdrücklich, dass ungeachtet der vollen Autonomie der Kirche in der Ämterbesetzung durch die WRV dem Staat auch ohne Konkordat ein derart eng gefasstes politisches Bedenkenrecht konzediert werden musste. Trotzdem benutzte er dasselbe in den Konkordatsverhandlungen als besondere Konzession des Heiligen Stuhls. Überblickt man, wie geschickt, überlegt und mit welch realistischem Blick auf die politischen Umstände Pacelli gegenüber den deutschen Regierungen agierte, sowohl im Umgang mit den konkreten Sedisvakanzen im Kontext der Konkordatsverhandlungen als auch in der Debatte über die künftigen Besetzungsmodi der Bischofsstühle, überrascht das Urteil der Deutsch-Evangelischen Korrespondenz über den gerade nach Rom zurückkehrenden Nuntius nicht: „… in uno stato di ansiosa incertezza …“ Pacelli an Gasparri vom 16. Juni 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1925–1933, Pos. 563 P.O., Fasz. 79, Fol. 52r.
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„Mit einem innerlichen Aufatmen, das diesen vielleicht geschicktesten Diplomaten der Kurie aber nur ehrt, werden ihn viele, die direkt oder indirekt mit ihm zu tun hatten, sein Wirken zu spüren bekamen, scheiden sehen. Denn er ist ihnen allen – das ist wohl keine Frage – in der Kunst der Staats- und Kirchenpolitik weit, weit über gewesen.“638
Bei aller politischen Berechnung und Opportunität, die sein diplomatisches Handeln bestimmten, darf jedoch nicht übersehen werden, dass Pacelli nach eigener Angabe zwar bis an die letzte Grenze ging, die er mit der Dignität des Heiligen Stuhls und den kirchlichen Interessen noch für kompatibel hielt, aber nicht weiter.639 Im Gegenteil verlor er die normativen Vorgaben nie aus den Augen: Wenn er auch in den konkordatären Besetzungsmodi zugunsten anderer Bestimmungen Einschnitte hinnahm, so erreichte er dennoch seine Ziele für die künftige Praxis der Bischofseinsetzungen sowohl in Bayern als auch in Preußen und Baden vollständig (vgl. III.2.1). Wenn er die konkreten Besetzungsfälle als Mittel in den Verhandlungen einsetzte, dann zu dem Zweck, die dadurch dem Heiligen Stuhl errungenen Freiheiten bei künftigen Sedisvakanzen ausschöpfen zu können. Und selbst die instrumentalisierten Fälle „opferte“ Pacelli nicht einfach der konkordatspolitischen Opportunität. Das galt letztlich nur für die frühen, von Rom unbeeinflussten Bischofswahlen in Paderborn und Freiburg, in denen er aus den skizzierten Gründen mit großer Vorsicht agierte, und für die potentielle Koadjutoreinsetzung in Würzburg, wo sich sein sorgenvoller Blick auf die schwierigen bayerischen Verhandlungen richtete. Ansonsten versuchte er grundsätzlich, die konkordatspolitischen „Fesseln“, die er dem jeweiligen Verfahrensverlauf anlegte, durch die Einschränkung von Kapitelswahlen oder Kandidatenabsprachen mit der Regierung so zu gestalten, dass er seine Ziele in der Bischofspolitik dennoch umzusetzen vermochte (vgl. III.1.2). Pacelli verfolgte also einen gewissen „maximalistischen“ Anspruch, insofern er keinen mit einer Sache verbundenen Faden durchtrennen wollte und stattdessen – meistens erfolgreich – „alles“ zu erreichen versuchte: Er wollte die neuen kirchlichen Freiheiten realisieren und gleichzeitig die alten Verpflichtungen des Staates bewahren; den Wortlaut oder Geist des Can. 329 umsetzen und gleichzeitig Zugeständnisse in anderen Konkordatsbestimmungen erzielen; den idealen Bischof einsetzen, gleichzeitig die staatliche Verhandlungsbereitschaft fördern und womöglich noch weitere Parteien wie beispielsweise die französische oder polnische Regierung (wie in Mainz 1920/21
Zitiert nach Schwaiger, Papsttum, S. 278. Mit dieser Maxime folgte Pacelli übrigens einer Vorgabe des Lehramts Leos XIII.: „Zuweilen treten aber Zeitumstände ein, da noch auf eine andere Weise eine Einigung [sc. zwischen der kirchlichen und staatlichen Gewalt, R.H.] stattfindet zur Herstellung des Friedens und der Freiheit, wenn nämlich die Staatsgewalt und der Römische Papst in einer speziellen Frage ein Übereinkommen treffen [sc. ein Konkordat, R.H.]. In solchen Zeiten offenbart die Kirche in ganz besonderer Weise ihre mütterliche Liebe, indem sie so viel Nachgiebigkeit und Entgegenkommen zeigt, als nur immer möglich ist.“ Leo XIII., Enzyklika Immortale Dei vom 1. November 1885, abgedruckt in: ASS 18 (1885), S. 161–180, hier 167, Übersetzung zitiert nach Schmidt (Bearb.), Staatslehre, S. 222. Hervorhebung R.H.
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oder Tütz 1925/26) zufriedenstellen. Diese Reihe ließe sich weiter fortsetzen. Sie genügt aber zu verdeutlichen, dass Diplomatie beziehungsweise Politik für Pacelli gewöhnlich nicht hieß, eines aufzugeben, um etwas anderes zu erhalten, sondern vielmehr das eine so zu gestalten, dass er es nicht aufgeben musste, um etwas anderes durchzusetzen. Was formal als Kompromiss erschien, konnte Pacellis Absichten in der Substanz vollständig widerspiegeln, wie es ihm etwa besonders eindrücklich mit seinem „Kompromissmodus“ innerhalb der preußischen Konkordatsverhandlungen gelang.
III.3.2 Ideal und Konfliktvermeidung: die Bischofseinsetzungen nach den Konkordaten und im Nationalsozialismus Pacellis Sicht auf das Verhältnis von Kirche und Staat war von der societas-perfecta-Lehre Leos XIII. geprägt, von der ausgehend er die Einmischung der staatlichen Seite in die genuin kirchlichen Belange wie die Einsetzung der Bischöfe scharf verurteilte. Von dieser lehramtlichen Grundlage her ergab sich auch positiv eine Vorgabe für den Umgang mit dem Staat: „In Angelegenheiten gemischten [sc. Kirche und Staat betreffenden, R.H.] Rechtes aber ist nicht die Trennung der einen Gewalt von der anderen und noch viel weniger der Streit, sondern schlechthin die Eintracht … in höchstem Maße der Natur gemäß und desgleichen den Ratschlüssen Gottes gemäß.“640
Diese aufgetragene Eintracht war die Vorbedingung für den Abschluss neuer Staatskirchenverträge und für Pacelli allein schon deshalb ein handlungsleitendes Prinzip,641 was sich in seinen Strategien des Entgegenkommens und in seiner abgewogenen Diplomatie in den Besetzungsfällen während der Konkordatsverhandlungen widerspiegelt. Auch wenn er die Verhandlungen mitunter als „Kampf “ betrachtete, wenn er zwischenzeitlich eine Kulturkampfmüdigkeit auf Seiten der preußischen Kirche bemängelte, wo er einen Konflikt mit der Regierung als notwendig Leo XIII., Enzyklika Immortale Dei vom 1. November 1885, ASS 18 (1885), S. 174, Übersetzung zitiert nach DH 3172. 641 Es trifft also den Kern seines Denkens, was Pacelli 1929 auf dem Freiburger Katholikentag zum Verhältnis von Kirche und Staat ausführte: „Und alle diejenigen, welchen die Geschichte Wegweiserin zur Weisheit ist, werden zugeben, daß einträchtiges Zusammenarbeiten von Kirche und Staat für beide lebensfördernd ist und Glück und Segen der Völker bedeutet, wie jener große und heilige Lehrer des Mittelalters, Ivo von Chartres, es schon so trefflich zum Ausdruck gebracht hat: ‚Cum regnum et sacerdotium inter se conveniunt, bene regitur mundus, floret et fructificat Ecclesia.‘ Die Frucht solcher Vereinbarungen, ein gesicherter, in seinen Grundlagen klar umgrenzter Friedens- und Vertrauenszustand und die daraus sich ergebende bewußt freudige Bejahung des Staates durch die Katholiken, ist wirklich die Mühen und Anstrengungen wert, die vor Erreichung des Zieles zu überwinden sind.“ Pacelli, Reden, S. 177. 640
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erachtete, war ihm prinzipiell an einem erneuten Kulturkampf, der ihm aus frühester Zeit noch als Drohkulisse vor Augen stehen musste, überhaupt nicht gelegen. Vielmehr bildete das Ziel, Auseinandersetzungen mit dem Staat möglichst zu vermeiden oder zumindest nicht eskalieren zu lassen, eine rote Linie in Pacellis Politik der Bischofseinsetzungen und zwar auch außerhalb seiner Konkordatsbestrebungen. Obwohl es in Meißen (1920/21) keine rechtliche Vorschrift dazu gab, notifizierte Pacelli der sächsischen Regierung, einen deutschen Staatsbürger als Oberhirten ausgesucht zu haben. Damit demonstrierte er Entgegenkommen, um womöglich ad maiora mala vitanda die kirchenfeindliche Agenda der Regierung abzuschwächen. Ebenfalls mehr Einfluss als durch die politische Klausel konkordatsrechtlich vorgesehen gewährte Pacelli der preußischen Regierung faktisch, als er sich – ähnlich wie kurz zuvor in Hildesheim – zunächst für einen Nicht-Germaniker als neuen Koadjutor in Limburg (1929/30) entschied, um in Staat und Gesellschaft kurz nach Abschluss des Preußenkonkordats keine antirömischen Ressentiments zu schüren. Als die Wahl schließlich doch auf einen Germaniker fiel, zeugte einmal mehr Pacellis praktische Anweisung von diplomatischer Raffinesse, den unterstützten Bischof selbst als Urheber des Plans darzustellen, um Rom nicht zu kompromittieren. Es sollte der Eindruck vermieden werden, dass die Kurie die deutschen, lokalkirchlichen Instanzen überging und die konkordatären Freiheiten ausnutzte, um regelmäßig Germaniker oder „römische“ Geistliche einzusetzen. Auch in der Erstbesetzung des Bistums Berlin (1929/30), als Pacelli seinen „Ersatzmodus“ und seinen Germaniker-Kandidaten unter deutlichem Missfallen der Regierung durchsetzte, zeigte er abschließend eine versöhnliche Seite, als er versprach, dass die Erstbesetzung der Diözese Aachen (1930/31) gemäß Artikel 6 des neuen Preußenkonkordats erfolgen werde. Wenngleich er auch hier zunächst durchaus die Absicht hatte, die Kapitelswahl auszuschalten, gab er beim ersten Widerstand des preußischen Kultusministeriums nach, um die Geltung des neuen Staatskirchenvertrags nicht zu gefährden. Als Pacelli das zwar rechtlich unverbindliche, aber nachdrücklich vorgetragene Kandidatenvotum des bayerischen Ministerpräsidenten für den Eichstätter Bischofsstuhl (1932) nicht berücksichtigte, ließ er ihm als Ausdruck hohen Respekts eine akribisch ausgearbeitete Erklärung zukommen. Die in den Konkordaten gewonnenen Freiheiten forderte Pacelli also ein, verlor dabei aber die staatliche Seite nicht aus den Augen, die er mit zum Teil einfachen Akten diplomatischer Etikette beschwichtigte. Wenngleich die neue Rechtslage hauptverantwortlich dafür war, dass die ersten nachkonkordatären Besetzungsfälle im Spannungsfeld von Staat und Kirche grundsätzlich reibungslos verliefen, trug diese abgewogene Politik ihren Teil dazu bei. Das Jahr 1933 bedeutete in dieser Hinsicht keinen Bruch: Pacelli verfolgte dieselbe Linie unter den erschwerten Bedingungen der NS-Diktatur stringent weiter. Er hielt sein ideales Kandidatenprofil aufrecht und beugte sich anbahnenden Konflikten mit dem Regime vor, indem er notfalls Geist190
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liche nominierte, die ihre ablehnende Haltung zur NS-Ideologie nicht öffentlich gemacht hatten (vgl. III.1.2). Ausgesprochen nachgiebig ging Pacelli damit um, dass die Reichsregierung die vom Reichskonkordat vorgeschriebene 20-tägige Frist, um politische Bedenken geltend zu machen, fast immer verletzte und zum Teil erheblich überzog: Während er in Münster (1933) noch darüber hinwegsah, drohte er in Berlin (1933/34), in künftigen Fällen nicht mehr auf eine verspätete Antwort zu warten und stattdessen die Einsetzung des neuen Bischofs vorzunehmen, wie es das Konkordat der Kirche ausdrücklich gestattete. Doch letztlich handelte es sich dabei um eine leere Drohung: Trotz ständiger Fristüberschreitungen in den nachfolgenden Besetzungsfällen machte Pacelli die Ankündigung nicht wahr. Dieses Recht durchzusetzen, war für ihn keine reale Option. Ein offener Konflikt mit allen zu erwartenden Konsequenzen für den entsprechenden Oberhirten und die gesamte Kirche in Deutschland wäre die Folge gewesen. Pacelli befürchtete sogar eine Aufkündigung des Reichskonkordats. Daher beschränkte er sich darauf, die Fristverletzungen zähneknirschend hinzunehmen und hartnäckig Verwahrung einzulegen, wobei fraglich bleibt, ob er wirklich davon ausging, dadurch die Regierung disziplinieren zu können. Seit der Hildesheimer causa (1934) ließ er jedenfalls im Staatssekretariat notieren, wann die Anfrage an die Regierung erfolgt war, um den zeitlichen Rahmen genau nachhalten zu können. Pacelli blieb seinem klassischen Rechtsdenken treu und monierte beharrlich die Verstöße gegen das Reichskonkordat.642 Die lästigen Überschreitungen der Einspruchsfrist konnte Pacelli noch leicht hinnehmen, solange die Regierung am Ende das Nihil obstat erteilte. Auf die ersten sechs Fälle zwischen 1933 und 1935 traf das noch zu, was an einer Vielzahl von Gründen lag: neben Pacellis „zurückhal Bernd Heim beurteilt den „Versuch des Vatikans, die Einhaltung der zwanzigtägigen Einspruchsfrist sicherzustellen“ als das „folgenschwere unsensible, überlange Festhalten an einer Methodik, die sich angesichts der Zeitumstände und der Gefährlichkeit des Gegners überlebt hatte“, sodass er zu dem Schluss kommt, „der kirchliche Widerstand wirkt aus heutiger Sicht eher tragisch denn heroisch“. Heim, Bischöfe, S. 738. Wie auch immer Heim sich ein alternatives, besseres Vorgehen Pacellis vorstellt, das weniger „folgenschwer“ und „unsensibel“ gewesen wäre und gleichzeitig die nötige Tragweite besessen hätte, um die entscheidende Sicherung der Kirche aufzugeben, nämlich die ungeschmälerte Geltung des Reichskonkordats: Letztlich gibt er selbstrelativierend zu, dass „sich die Regierung des Zeitdrucks, unter dem sie stand, immer bewußter wurde und nach 1935/36 bei ablehnenden wie zustimmenden Äußerungen deutlich schneller entschied“. Ebd., S. 739. Offenbar war die regelmäßige Verwahrung, die Pacelli einlegte, doch nicht völlig wirkungslos. Abgesehen davon: Wenn Heim die Anfrage stellt, ob „die maßgeblichen Kirchenführer zu alt“ oder „geistig zu unbeweglich“ waren, „um der Herausforderung durch den Nationalsozialismus angemessen entgegentreten zu können“ (ebd., S. 738), wird er doch zumindest nicht umhinkommen, Pacelli zugute zu halten, keineswegs „unbeweglich“, sondern vielmehr flexibel gehandelt zu haben, wenn er die rechtlichen Kategorien gerade nicht strikt anwandte und keine Folgen aus den Fristverletzungen zog. Dieses Thema lässt sich nur richtig verstehen, wenn man es nicht isoliert betrachtet, sondern in die übergeordnete Konfliktvermeidungsstrategie Pacellis einordnet.
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tender“ Personalpolitik zu Beginn vor allem an einer grundsätzlichen „Konzeptlosigkeit“643 der nationalsozialistischen Kirchenpolitik samt einem diffusen Behördenapparat und daran, dass die Nivellierung von allgemein- und parteipolitischen Bedenken, deren Unterscheidung dem totalitären Regime letztlich unverständlich sein musste, sich erst allmählich auswirkte.644 Die Gründung des Reichsministeriums für die Kirchlichen Angelegenheiten, das sich in der Folgezeit zuständig erklärte, verschärfte die Situation, da es eine „restriktivere Politik“ fuhr und aus den Erfahrungen der Eichstätter Besetzung (1935) den Schluss zog, künftig „lieber einen Kandidaten zu viel als zu wenig abzulehnen“645. Prompt wurde in Fulda (1936) erstmals in dem hier untersuchten Zeitraum ein von Pacelli ins Auge gefasster Geistlicher von staatlicher Seite durch die Anwendung der politischen Klausel für non grata erklärt. Wesentlich für Pacellis diplomatisches Handeln ist, dass er den Einspruch akzeptierte, obwohl die Regierung den Inhalt der Bedenken nicht transparent machte und dieser daher nicht nachprüfbar war. Pacelli, für den diese Praxis nichts anderes als ein rechtlich unzulässiges Veto war, sah Rom daher theoretisch befugt, den Kandidaten ungeachtet des staatlichen Widerspruchs einzusetzen. Doch wie schon bei der Fristverletzung beschränkte er sich praktisch auf einen Protest, wahrte den formalen Rechtsanspruch und wählte einen Ersatzkandidaten, nachdem die Reichsregierung mehrfach darauf insistiert hatte, die Ablehnungsgründe nicht offenlegen zu müssen. Eine Eskalation war letztlich nur zu vermeiden, wenn Pacelli nachgab, denn wie wäre eine Einigung vor dem Hintergrund möglich gewesen, dass die geltend gemachten parteipolitischen Einwände gemäß der konkordatären Vorgabe zwar nicht legitim waren, die Regierung die Differenz zu staatspolitischen Bedenken aber nicht teilte? Hier gab es keine Basis für eine sachliche Diskussion. Um diesem Problem zu begegnen, schlug Pacelli die besagte Kurskorrektur ein, im Folgenden wieder politisch nicht hervorgetretene Kandidaten zu nominieren, um nicht einmal Anhaltspunkte für parteipolitische Einwände zu liefern. Darin bestand letztlich die von Bernd Heim in ihrer Existenz in Zweifel gezogene „Abwehrstrategie“646 des Heiligen Stuhls gegen die Neudefinition des Bedenkenrechts auf Seiten der NS-Regierung. Sie funktionierte in den sich anschließenden Besetzungsfällen von Meißen und Passau (1936). Anders war jedoch die Situation in Aachen (1937/38): Das Fuldaer Fiasko wiederholte sich jetzt an einem weniger auffälligen Kandidaten – das war die Kehrseite des Rückziehers in Fulda gewesen, der Regierung ein Präjudiz an die Hand zu geben, wie man künftig die Einsetzung unliebsamer Geistlicher verhindern konnte. Zwar akzeptierte Pacelli ein weiteres Mal das „Veto“ und ließ den gewählten Kandidaten erneut fallen, um die aufgeheizte Stimmung nach der En Vgl. Heim, Bischöfe, S. 730f., hier 730. Vgl. Heim, Bischöfe, S. 183. 645 Heim, Bischöfe, S. 217. 646 Heim, Bischöfe, S. 740. 643 644
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zyklika „Mit brennender Sorge“ nicht zu entzünden. Da er aber nun Gefahr lief, die Freiheit in der Besetzung der Bischofsstühle dem Belieben des Staates zu opfern, umging er die politische Klausel durch die Installation eines mit aller Vorsicht ausgewählten Administrators. Die Lösung glich einem diplomatischen Kunststück, durch das er der NS-Regierung eine Lektion erteilte, ohne den gefürchteten Bruch heraufzubeschwören. Dafür verzichtete er ausnahmsweise auf sein Bischofsideal. Wie schon in den ersten Besetzungsfällen unmittelbar nach der WRV investierte er auf Kosten der Gegenwart in die Zukunft und tatsächlich „kehrte die Regierung“ zumindest im Altreich „nach der kirchlichen Machtdemonstration notgedrungen zur konkordatären Basis zurück“647. Indem Pacelli bei Bedarf nach außen „apolitisch“ scheinende Bischöfe installierte und keine Konsequenzen aus den Konkordatsverletzungen zog, vermied er einen offenen Konflikt mit dem NS-Staat und schützte das Reichskonkordat. Diese diplomatisch-taktische Maxime in Pacellis Handeln im Kontext der Bischofseinsetzungen lässt sich problemlos mit den großen kirchenpolitischen Linien der Zeit verbinden. Thomas Brechenmacher etwa resümiert über Pacellis Handeln: „Der Heilige Stuhl hatte die Brücken nicht gänzlich abgebrochen, hatte weder das von der deutschen Regierung mit Füßen getretene Konkordat aufgekündigt, weder die eigene Verhandlungsbereitschaft … zurückzunehmen versucht, noch gar Nuntius Orsenigo aus Deutschland abgezogen. Er hatte versucht, die Konfrontation nicht eskalieren zu lassen, sondern sie unter Kontrolle zu halten.“648
Hierhin gehört auch die Rolle des Kardinalstaatssekretärs für das vermeintliche „Schweigen“ des Heiligen Stuhls zu den Irrtümern und Verbrechen des Nationalsozialismus, die offenbar auch in seinem Bemühen Ausdruck fand, den geplanten Syllabus des Heiligen Offiziums von 1937 oder
Heim, Bischöfe, S. 765. Bernd Heim kritisiert an der Politik in Aachen (und späteren ähnlichen Fällen nach 1939), dass „die betroffenen Katholiken jahrelang auf reguläre Bischöfe zu verzichten [hatten], weil der Heilige Stuhl meinte, römische Rechtspositionen verteidigen zu müssen“. Darin sieht er außerdem eine Parallele zum NS-Staat: „der einzelne ist nichts, das System und sein Erhalt ist alles“. Ebd., S. 741. Dem ist erstens entgegenzuhalten, dass die Katholiken etwa im Bistum Aachen zunächst einmal keinerlei reale Nachteile hatten, weil ihnen „lediglich“ ein Administrator vorstand, zumal dieser alle Rechte eines Diözesanbischofs erhalten hatte. Zum zweiten ging es Pacelli bei seiner Strategie, den Bruch zu vermeiden, natürlich um den Erhalt des „Systems“ Kirche in Deutschland. Allerdings impliziert das vor allem die Fortexistenz des kirchlichen, seelsorglich-sakramentalen Lebens (vgl. auch das Folgende), das ipso facto auf den Einzelnen ausgerichtet ist – die salus animarum war die causa finalis seiner Bischofspolitik. Kirchlicher „Systemerhalt“ und „seelsorgliche Aspekte“ lassen sich daher nicht ohne Weiteres gegenein ander ausspielen. Vgl. ebd., S. 768f. u. ö. 648 Brechenmacher, Teufelspakt, S. 642f. 647
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die berühmte Anti-Rassismus-Enzyklika Piusʼ XI. von 1938 zu verhindern.649 Dominik Burkard konstatiert, Konfrontationen dieser Art „musste[n] geradezu irreparable diplomatische Schäden verursachen“650. Sich über das fehlende staatliche Plazet oder gar non-placet hinwegzusetzen, hätte in dieselbe Kategorie gehört. Dieser offensichtliche „Primat der Politik“651 zur Konfliktvermeidung konnte letztlich nur dem „Ziel der Selbsterhaltung“ dienen, „der Erhaltung des kirchlichen Lebens in Deutschland unter weitestmöglicher Kontrolle durch die [römische, R.H.] Zentralinstanz“652. Der „Primat der Diplomatie“653 verfolgte letztlich nur den Zweck, „die seelsorgerliche Handlungsfähigkeit von Papst und Kirche nicht zu gefährden“654, auf die Pacellis Bischofspolitik ausgerichtet war. Dieser Kern durfte daher logischerweise der Diplomatie auch nicht prinzipiell zum Opfer fallen, die ansonsten ohne Ziel und Sinn gewesen wäre. Deshalb gilt die auf Rassismus und Totalitarismus allgemein bezogene Analyse Burkards auch hier: „Doch auch wenn Pacelli dem Handeln nach diplomatischen Maßstäben den Vorrang gab, seine Haltung in der Sache … war ebenso unzweideutig.“655 Die „Haltung in der Sache“ konnte bei der Bestellung von Diözesanbischöfen letztlich nur das Kandidatenideal sein, das er als Prämisse adäquater Seelsorge ansah, und hier nahm er (ausgenommen den Aachener Sonderfall) keine grundsätzlichen Abweichungen vor. Schon gar nicht kam ihm in den Sinn, etwaigen Wünschen der NS-Regierung in personeller oder habitueller Hinsicht zu entsprechen.656 Mit den Mitteln der Diplomatie versuchte Pacelli, seinen idealen Geistlichen zur Mitra zu verhelfen, wobei das Instrumentar wie schon im Zusammenhang mit den Konkordatsverhandlungen aus einem sorgfältig abgewogenen Ineinander von Druck und Nachgiebigkeit bestand. Wenn er die nach eigener Auffassung aus den diagnostizierten Rechtsverletzungen des NS-Regimes für den Heiligen Stuhl resultierenden Freiheiten nicht ausschöpfte, verhielt er sich entgegenkommend und entschärfend. Schienen jedoch die Freiheiten und damit seine Ziele in der Bischofspolitik in Gefahr, änderte er sein Vorgehen, wie sich paradigmatisch am Aachener Fall, aber auch an weiteren Beispielen ablesen lässt. Als etwa das Plazet im Berliner Fall (1933/34) lange auf sich warten ließ und aus Zwischentönen ein möglicherweise negativer Bescheid nicht auszuschließen war, drohte Pacelli, dass die päpstliche Weihnachtsansprache deutliche Worte finden werde. Als Vgl. dazu etwa mit weiterer Literatur Brechenmacher, Enzyklika (2014); Rauscher (Hg.), Rassismus; Wolf, Pius XI.; Ders., Papst, S. 230–240, 278–306. 650 Burkard, Häresie, S. 244. Hervorhebung im Original. 651 Wolf, Papst, S. 277. 652 Brechenmacher, Teufelspakt, S. 642. 653 Burkard, Häresie, S. 245. 654 Wolf, Papst, S. 240. 655 Burkard, Häresie, S. 248. 656 Die Bestellung Rarkowskis zum Feldbischof stellte eine Ausnahme dar. Vgl. Bd. 3, Kap. II.2.7 (Ergebnis Nr. 3). 649
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III.4 Pacelli und die Informanten III.4 Pacelli und die Informanten
gut zwei Jahre später bei Pacellis Favoriten für dieselbe Cathedra ein Ausbildungsmangel moniert wurde, kündigte er der Regierung den „Kampf “ an. Dass er schließlich ganz pragmatisch – gemäß seiner beliebten Methode, den Heiligen Stuhl herauszuhalten – das Berliner Domkapitel eine formale Befreiung von diesem als unsinnig betrachteten Mangel beantragen ließ, liegt konsequent auf seiner Linie, nachgiebig zu handeln, sobald auf diesem Weg sein Ziel erreichbar schien. Indem er wenig später die geforderte Demission Legges als Bischof von Meißen (1936) ablehnte, verhinderte er, dass das NS-Regime durch einen propagandistischen Schauprozess bestimmen konnte, wer Bischof blieb und wer nicht. Die strukturellen Ähnlichkeiten in Pacellis diplomatischem Programm und seinen Strategien zum Umgang mit dem Staat, die er während der Konkordatsverhandlungen in der Weimarer Republik und unter den verschärften Umständen der NS-Diktatur anwandte, sind frappierend. Auch als flexibler Realpolitiker, als Nuntius und als Kardinalstaatssekretär, der gezielt auf die aktuellen Herausforderungen reagierte, blieb er denselben Handlungsmustern verpflichtet. Am Ende des Weges der Diplomatie stand für ihn der Skopus größtmöglicher Freiheit der Kirche beziehungsweise des Heiligen Stuhls zur Realisierung des auf Rom ausgerichteten kirchlich-seelsorglichen Lebens, was unter den politischen Unwegsamkeiten seiner Ansicht nach nur auf diesem Weg erreichbar war. Sein Ringen um die rechte Dosis von Konfrontation und Eintracht, um auf dem Weg nicht ins Stocken zu geraten, ihn aber gleichzeitig nicht zu verlassen, scheint ein Schlüssel zum Verstehen seines Wirkens zu sein.
III.4 Pacelli und die Informanten III.4.1 Institutionalisiertes ‚Informantensystem‘ Die Listenverfahren der Konkordate, die ein wesentlicher Bestandteil der Bischofseinsetzungen wurden, konstituierten ein formalisiertes System von Ratgebern und Proponenten. Nachdem bereits deutlich wurde, welch prinzipieller Stellenwert den Vorschlagslisten der Bischöfe und Domherren für Pacelli zukam (vgl. III.2.2), stellt sich die Frage, ob aus ihnen womöglich einzelne Personen in ihrer Bedeutung herausragten.657 Die Antwort fällt ernüchternd aus, was jedoch vor dem Da die Domkapitel in den Verfahren sämtlicher Konkordate stets nur als Gremium in Erscheinung traten, erstreckt sich die Frage im Prinzip nur auf die einzelnen Bischöfe. Zwar formulierten die bayerischen Oberhirten ihre Vorschläge nicht wie in Preußen einzeln, sondern gemeinsam auf der Freisinger Konferenz. Doch enthielten die Triennallisten regelmäßig kurze Erläuterungen zu den jeweiligen Kandidaten, aus denen meist hervorgeht, wer die entsprechende Person vorgeschlagen beziehungsweise unterstützt hatte.
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Hintergrund der insgesamt marginalen Relevanz der Listen für Pacellis personale Sondierungen nicht unbedingt überrascht. Lediglich für die bayerischen Triennallisten fällt auf, dass Pacelli den Stimmen Faulhabers und Buchbergers – mit beiden hatte er in der ersten Hälfte der 1920er Jahre in München intensiven Kontakt gehabt – sowie Ehrenfrieds, dem er 1924 auf den Würzburger Bischofsthron verholfen hatte, ein verstärktes Gewicht beimaß. Diese drei waren innerhalb des bayerischen Episkopats die wichtigsten Stützen für seine Favoritengruppe episkopabler Kandidaten, die er 1930 zusammenstellte (Augsburg) und die alle Namen umfasste, die in den folgenden vier Fällen in den bischöflichen Ordo erhoben werden sollten. Während für die Oberrheinische Kirchenprovinz die Vergleichsbasis fehlt, da das Listenverfahren des badischen Konkordats nur einmal (verkürzt) in Mainz (1935) griff, lässt sich aus der Zusammenschau der sieben causae, die bis 1939 nach Artikel 6 des preußischen Staatskirchenvertrags verliefen, kein einziger Bischof erkennen, auf dessen Votum Pacelli entscheidendes Gewicht gelegt hätte. Das gilt sogar für die Oberhirten, deren Einsetzung er selbst maßgeblich betrieben hatte, insbesondere die hochfavorisierten Kandidaten Hilfrich, Schreiber und Bares.658 Zwar stimmten ihre Vorschläge vereinzelt mit den Namen überein, die Pacelli auf der Wahlterna platzierte, doch überwogen bei allen außer Schreiber die gegenteiligen Fälle. Und selbst wenn die Namen zum Teil übereinstimmten, konnte regelmäßig gezeigt werden, dass die Voten – inklusive diejenigen Schreibers – für Pacellis Personalentscheidung vermutlich nicht wesentlich oder gar letztverbindlich waren. Denkbar wäre, dass Bares nach seiner Promotion auf den Berliner Bischofsstuhl (1933/34) beim Kardinalstaatssekretär eine bedeutendere Stimme für die Suche seines Nachfolgers in Hildesheim (1934) gehabt hatte. Immerhin beinhaltete seine Vorschlagsliste mit Machens einen Kandidaten, den Pacelli bis dahin persönlich nicht kannte und der es prompt auf die Terna schaffte. Doch darf dabei nicht übersehen werden, dass Pacelli die Personalie von dritter Seite noch einmal überprüfen ließ. Pacelli ging frei mit allen Vorschlägen um und scheute sich nicht, notfalls auch gegen jeden einzelnen Proponenten zu entscheiden, selbst gegen Faulhaber (Eichstätt 1935), wenn dieser zum Beispiel, wie Pacelli sicher wusste, einer der Hauptverantwortlichen dafür war, Rackl von der Triennalliste des Jahres 1935 auszuschließen und ihm damit die Episkopabilität abzusprechen. Dem hohen Maß an Eigenständigkeit, das Pacelli kennzeichnete, der sich seine Informanten nicht durch einen Vertrag mit dem Staat diktieren ließ, korrespondieren die Beobachtungen, die sich zu den Informationsgebern anstellen lassen, die abseits des formalen Verfahrens in die Besetzung der Bischofsstühle involviert waren.
Preysing fehlt bei dieser Aufzählung, weil er zwischen seiner Translation nach Berlin 1935 und dem Ende des Untersuchungszeitraums 1939 keine Kandidatenliste in Rom einreichte.
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III.4.2 Informelle Ratgeber und Gutachter Die informell Beteiligten lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Es gab auf der einen Seite diejenigen, die sich ungefragt an Pacelli wandten, auf der anderen Seite diejenigen, die er selbst um Wortmeldungen anging: a) In ungefähr einem Drittel der untersuchten Bischofseinsetzungen wandten sich Personen mit Bitten und Kandidatenvorschlägen auf eigene Initiative an den Nuntius beziehungsweise Kardinalstaatssekretär. Das gesamte Spektrum war hier vertreten, angefangen bei einfachen katholischen Laien und Politikern über Vertreter aus der katholischen Aristokratie, Theologieprofessoren und Religiosen bis hin zum höheren Klerus wie Domherren, Äbten und Bischöfen. In den meisten Fällen ließ sich Pacelli nicht in seine Überlegungen hineinreden. Die Supplikanten stießen auf taube Ohren und längst nicht alle erhielten eine Antwort. Wenn es aber doch die diplomatische Etikette gebot, formulierte Pacelli zumeist ausweichende und floskelhafte Repliken (wie beispielsweise an König Friedrich August in Meißen 1920/21 und 1929–31). Dabei hing es keineswegs vom Stand des Bittstellers ab, wie Pacelli mit den Vorschlägen umging: So wiegelte er die (Kandidaten-) Überlegungen nicht nur des Leipziger Laien Grave ab (Meißen 1929–31), sondern ebenso diejenigen des Königsberger Jesuitenpaters Dietz (Ermland 1930), des Bautzener Domdekans Hartmann (Meißen 1929–31), des Vizekanzlers Papen, des Grüssauer Abts Schmitt (beide Münster 1933) und des Breslauer Fürstbischofs Bertram (Hildesheim 1928/29). Gerade das letztgenannte Beispiel ist aufschlussreich: Als ehemaliger Hildesheimer Diözesanbischof sah Bertram sich befähigt, darauf hinzuweisen, dass der künftige Oberhirte unbedingt eine besondere administrative Begabung besitzen müsse. Doch da er damit ein grundlegend anderes Bischofsbild als Pacelli propagierte (vgl. III.1), drang er mit seinem Kandidatenvorschlag nicht durch. Anders erging es dem Votum des Freiherrn von Franckenstein, Landersdorfer auf den Bischofsstuhl des heiligen Burkard zu erheben (Würzburg 1920–24). Pacelli verfolgte den Plan im Folgenden tatsächlich. Allerdings wollte er den Abt zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon längst auf einer bayerischen Cathedra sehen. Offenbar hing also der Erfolg dieser aus eigenem Antrieb agierenden „Ratgeber“ davon ab, dass sich ihre Eingaben mit Pacellis Prinzipien vertrugen und dieser noch keinen festgefügten Plan für die Erledigung der Sedisvakanz erdacht sowie keinen Amtsanwärter ins Auge gefasst hatte. Nur dann schien die Aussicht gegeben, dass Pacelli ihre Wünsche wenigstens weiterverfolgte. Das gelang beispielsweise dem Tübinger Moraltheologen Schilling, dessen Kandidatensyllabus zum Ausgangspunkt für Pacellis Sondierungen in Rottenburg wurde (1926/27). Die entscheidenden Informationen besorgte sich der Nuntius anschließend freilich an anderer Stelle. Es gelang auch in Augsburg (1930), wo Pacelli über einen von verschiedenen Seiten ins Gespräch gebrachten Kandidaten ebenfalls weitere Erkundigungen einzog. An dieser Stelle ergibt sich jedoch ein grundsätzliches Problem: War es die Stimme des Augsburger Dom197
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predigers Birner, die über den päpstlichen Geheimkämmerer Cramer-Klett vorgetragene Bitte des Papierfabrikanten Haindl, die Sedisvakanzliste des Augsburger Domkapitels, die knappe Einschätzung Vassallos oder vielleicht sogar die Kombination aus allem, die Pacelli zu diesem Schritt veranlasste? War die oben angesprochene Supplik Franckensteins der Auslöser dafür, dass Pacelli Landersdorfer im Würzburger Fall unterstützte oder stimmte sie einfach nur zufällig mit seinem ohnehin bereits existenten Vorhaben überein? In den Fällen also, in denen diese auf eigene Rechnung erfolgten Petitionen augenscheinlich erfolgreich waren, bleibt ihre tatsächliche Wirkung auf Pacelli – ähnlich wie es schon bei den Listenverfahren zu beobachten war – häufig schwer zu fassen. Hier lassen sich kaum eindeutige Resultate erzielen, da sich große Spielräume für Interpretationen bieten. Noch am deutlichsten zeigt sich die Relevanz eigenständig agierender Informanten an vor allem zwei Aktionen: zum einen an der vom Kölner Oberbürgermeister Adenauer ausgehenden Initiative, Vogt auf den Aachener Bischofsstuhl zu bringen (Aachen 1930/31). Sie ist der einzige Anhaltspunkt, von dem her verständlich wird, wieso Pacelli den Genannten an der Spitze der Aachener Terna platzierte. Mit dem Botschaftskonsultor Steinmann als entscheidendem Promotor und dem Zentrumsvorsitzenden Kaas waren zwei langjährige Vertraute aus Pacellis näherem Umfeld in die Angelegenheit involviert. Zum anderen mündete nach einer vergeblichen Bischofswahl in Münster (1933) die Intervention der beiden Domherren Francken (persönlich) und Donders (brieflich) bei Pacelli in die erhoffte Nachnominierung Galens für den zweiten Wahlgang. Hier handelt es sich um einen der seltenen Fälle, in denen der Kardinalstaatssekretär sein ursprüngliches Vorhaben revidierte, was sicher vor allem auf die persönliche Vorsprache Franckens in Rom zurückzuführen ist, der im Folgenden zu einem mehrfach ins Auge gefassten Bischofsanwärter avancierte. b) Entscheidend für die Klärung, auf wen Pacelli tatsächlich hörte und wem er sachgerechte Urteile zutraute, ist die Gruppe von Personen, die er selbst kontaktierte und um Rat fragte. Im Wesentlichen rekrutierte er sie unter den Religiosen und Bischöfen, eine Nebenrolle spielten Kanonisten beziehungsweise staatskirchenrechtliche Fachleute. Von den Ordensleuten waren die Jesuiten diejenigen, die Pacelli am häufigsten konsultierte. Der Gesellschaft Jesu brachte er grundsätzlich eine hohe Wertschätzung entgegen für ihre römische Ausrichtung, ihre Spiritualität und Pastoral, vor allem aber ihre Treue zur scholastischen Theologie und Philosophie. Deshalb waren sie auch regelmäßig seine ersten Ansprechpartner, wenn es um theologische Gutachten ging.659 Der Kern seines Bischofsprofils, die römisch-scholastische Theologie und die Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl waren gewissermaßen in der Societas Iesu institutionalisiert. Wenn die Anwärter auf die Mitra daher bestenfalls in den Jesuitenkollegien ihre Ausbildung und Prägung erhalten haben sollten, dann waren die Jesuiten folgerichtig Vgl. Wolf/Unterburger (Bearb.), Lage, S. 70f.
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auch am ehesten prädestiniert, zu beurteilen, ob die potentiellen Kandidaten den theologischen Anforderungen mit Blick auf die Reform der Priesterausbildung entsprachen. Genau dies war die Frage, die Pacelli seinen jesuitischen Informanten vorlegte und zwar für gewöhnlich exklusiv; von den zusätzlich herangezogenen Gutachtern wünschte er nur eine allgemeine Einschätzung des fraglichen Kandidaten (zum Beispiel in Hildesheim 1928/29). Pauschal könnte man daher sagen, dass die Jesuiten für die Bewertung desjenigen Teils des Bischofsprofils zuständig waren, der gute von sehr guten Kandidaten unterschied (vgl. III.1.1). Allerdings griff Pacelli längst nicht in jedem Besetzungsfall auf die Mitglieder der Gesellschaft Jesu zurück: Lediglich in sieben Fällen wandte er sich an sie (s. u.), in zweien kann es aufgrund der Quellenlage nur vermutet werden (Tütz 1925/26 und Berlin 1929/30), in vier wirkten frühere Voten jesuitischer Provenienz womöglich nach (Augsburg 1930, Eichstätt 1932, Mainz 1935 und Meißen 1936/37). Dass die Jesuiten also nur an ungefähr einem Drittel der Bischofseinsetzungen beteiligt waren, hatte mehrere Gründe. Die zu lösende Grundschwierigkeit bei der Informationsbeschaffung besteht nicht nur darin, überhaupt Vertrauensleute zu finden, sondern solche, die in Bezug zum fraglichen Gegenstand stehen. Das heißt, dass jemand, wenn er Bischofskandidaten für ein konkretes Bistum vorschlagen soll, mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sein muss. Soll jemand Kandidatenurteile abgeben können, muss er die entsprechenden Personen kennen. Diese Hürde hatte Pacelli auch bei der Suche nach passenden Jesuiten zu nehmen und nicht immer war das möglich. Vor dem Hintergrund des Gesagten leuchtet es ein, dass er sich die Meinung des Rektors des Innsbrucker Canisianums Hofmann einholte, als die Kandidatur von Ex-Alumnen des dortigen Kollegs im Raum stand (Münster 1933, Hildesheim 1934).660 In Münster bediente er sich dafür nachweislich der Vermittlung des Jesuitengenerals Ledóchowski. Auch mit dem Rektor des römischen Germanicums Noppel stand er im Austausch, wie sich an der Liste episkopabler Germaniker ablesen lässt, die er sich als Kardinalstaatssekretär anfertigen ließ (Münster 1933). Während er über einen Kandidaten aus Münster den St. Georgener Kirchenhistoriker Böminghaus befragte, der zuvor mehrere Jahre in der westfälischen Bistumsstadt gewirkt hatte (Hildesheim 1928/29), ließ er sich vom Provinzial der oberdeutschen Ordensprovinz Hayler eine Wertung über einen Augsburger Geistlichen besorgen (Augsburg 1930). Leichter war der „Ortsfaktor“ in Rottenburg (1926/27) zu erfüllen, wo Pacelli mit dem Stuttgarter Superior Stiegele sowie dem ehemaligen und aktuellen Spiritual des Tübinger Wilhelmsstifts Bleienstein und Köppel gleich drei Jesuiten befragen konnte, die eng im diözesanen Leben involviert waren. Ähnliches galt für Limburg (1929/30), wo Pacelli auf die ersten beiden Regenten des von ihm protegierten jungen Kollegs St. Georgen zurückgriff, das in der Diözese lag und auf dessen Förderung die Bischofseinsetzung finalisiert Hofmann hatte erstmals für die Besetzung des Bistums Regensburg 1927 Kandidaten vorgeschlagen, woran Pacelli jedoch unbeteiligt war.
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war. Ging es um ostdeutsche Diözesen beziehungsweise Jurisdiktionsbezirke stützte sich Pacelli auf den in Berlin residierenden Pater Rauterkus, einen seiner „Geistlichen absoluten Vertrauens“. Zweifelsfrei ließ sich dies freilich nur für den Schneidemühler Fall (1930/31) nachweisen, wo Pacelli als Mittelsmann übrigens seinen engen Berater Leiber benutzte, der ihm 1930 nach Rom gefolgt war. Ob Pacelli Jesuiten befragte, hing also nicht zuletzt davon ab, ob es entsprechende Niederlassungen gab und er Mitglieder mit dem notwendigen Bezug fand. Zunehmend möglich wurde dies ohnehin erst im Laufe der 1920er Jahre, denn es dauerte einige Zeit, bis sich der Orden nach Aufhebung des Jesuitengesetzes 1917 allmählich wieder in Deutschland etablierte. Daher verliefen die ersten Besetzungsfälle nicht zufällig ohne jesuitische Beteiligung. Stattdessen suchte der Nuntius dort wieder jeweils direkt vor Ort den Kontakt zu anderen Religiosen, wie den Guardianen der Franziskanerniederlassungen in Paderborn (Paderborn 1920) und Freiburg (Freiburg 1920), dem Guardian der Minoriten in Oggersheim (Mainz 1920/21), dem im Kloster Gorheim weilenden ehemaligen Franziskanergeneral Schuler (Freiburg 1920) oder etwa dem Kölner Dominikanerprior, der sich über einen langjährig in Köln wirkenden Geistlichen äußern sollte (Trier 1921/22). Von ihnen wünschte er allesamt jedoch nur Voten über Kandidaten, die bereits ins Auge gefasst oder schon gewählt waren. Namen potentieller episcopabili für den Mainzer Bischofsthron (1920/21) ließ er sich von dem ihm bekannten Superior der Kapuziner in Waghäusel vorlegen, der zuvor eineinhalb Jahrzehnte Guardian in der alten Kurfürstenstadt gewesen war. Den Kontakt zum Redemptoristenpater Watzl, der ein Experte für das sächsische Staatskirchenrecht war und den Pacelli daher häufig konsultierte, stellte der Breslauer Fürstbischof her (Meißen 1920/21). Ein bestimmtes Muster, was die Ordenszugehörigkeit der Befragten anbelangt, lässt sich nicht erkennen. Offensichtlich war Pacelli prinzipiell an einer Einschätzung aus dem Mund eines Regularklerikers gelegen, der in gewisser Weise eine Außenperspektive einnahm, außerhalb der klassischen Bistumshierarchie stand und vermeintlich gesteigerten Wert auf die geistliche Dimension legte. Ab Mitte der 1920er Jahre verschwand diese Ordensvielfalt aus Pacellis Informantengruppe, die offenbar nicht viel mehr als eine Notlösung gewesen war. Ihren Platz nahmen die Jesuiten ein. Eine gewichtige Ausnahme bildete ein zweiter Kleriker „absoluten Vertrauens“, der ab 1925 insbesondere für Ostfragen zuständige Steyler Missionar Gehrmann (Berlin 1929/30, eventuell auch Tütz 1925/26 und Ermland 1930).661 Der Unterschied der genannten Ordensinformanten zu den Eine weitere Ausnahme bestand in Pacellis Anfrage an den Sekretär des Abtprimas des Benediktinerordens (Rottenburg 1926/27). Allerdings ging es hier lediglich darum, den Wahrheitsgehalt eines kolportierten „Wirtshausexzesses“ in Erfahrung zu bringen, wobei die benediktinische Adresse gewissermaßen als letzte Frageoption erschien. Pacellis Nachfolger in München und Berlin kontaktierten nur noch vereinzelt Ordensleute, die womöglich mittelbar auf seine Entscheidungen als Kardinalstaatssekretär gewirkt haben könnten: Orsenigo holte etwa ein Exposé beim niederdeutschen Redemptoristenprovinzial
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Jesuiten war, dass Pacelli sie nie dezidiert über die theologische Eignung beziehungsweise die zu erwartende Förderung der Priesterausbildung befragte. Ein sprechendes Beispiel dafür bietet der Trierer Fall (1921/22): Vom Kölner Dominikanerprior Keller wünschte Pacelli lediglich eine Einschätzung, ob der gewählte Bornewasser „würdig und geeignet“662 für das Bischofsamt war. Die für ihn entscheidende Frage, ob der electus das nötige Gewicht auf die Priesterausbildung legen werde, stellte er hingegen dem dortigen Weihbischof Mönch, der als Germaniker und Jesuitenschüler seiner Ansicht nach hierüber qualifiziert urteilen konnte. Selbst für die Mitglieder des eigentlich dem Thomismus verpflichteten Ordo praedicatorum nahm Pacelli dies offenbar nicht an. Wie ging Pacelli schließlich mit den Voten um, die er von den Ordensleuten erhielt? Die Bilanz fällt insgesamt ambivalent aus: Die über bereits fixe Kandidaten eingeholten Exposés von den Mitgliedern der verschiedenen Orden waren allesamt affirmativ und stellten ihn daher nicht vor die Herausforderung, die entsprechenden Geistlichen eventuell nachträglich in Zweifel ziehen zu müssen. Ob die Gutachten Pacelli wirklich zu einem solchen Schritt hätten veranlassen können, bleibt daher fraglich. Auch die Kandidatenvorschläge des an und für sich hochgeschätzten Waghäusler Kapuzinersuperiors für den Mainzer Bischofsstuhl ignorierte er letztlich vollständig. Sie passten nicht in sein Konzept. Der sächsische Redemptoristenpater Watzl war für Pacelli eine wichtige Instanz zur Lösung der Meißener causa, ihm folgte er in einigen Punkten, modifizierte und korrigierte ihn jedoch in anderen. Selbst das Urteil Gehrmanns über den Charakter eines womöglich für Berlin infrage kommenden Kandidaten schien Pacelli nur zum Teil zufrieden zu stellen. Durchaus überraschend ist, dass die Voten der Jesuiten bei Pacelli zum Teil ebenfalls eine ambivalente Aufnahme fanden: Ungeachtet ihrer ziemlich eindeutigen Fürsprache für Sproll in Rottenburg favorisierte Pacelli zumindest zwischenzeitlich einen anderen Kandidaten. In Limburg folgte er den Rektoren von St. Georgen zwar letztlich, jedoch erst im zweiten Anlauf, nachdem er sich zuerst gegen ihren Favoriten entschieden hatte. Auch das positive Zeugnis des oberdeutschen Provinzials führte nicht dazu, dass Pacelli den fraglichen Kandidaten für die Augsburger Cathedra nominierte. Selbst Noppels Germanikerliste „arbeitete“ Pacelli in den darauffolgenden Fällen nicht einfach ab, sondern zog lediglich zwei der zehn dort für Deutschland aufgezählten Bischofsanwärter in Erwägung. Doch ungeachtet der skizzierten Einschränkungen waren die jesuitischen Stimmen für Pacelli (mit Ausnahme Augsburgs) jeweils ein maßgeblicher und wegweisender Resonanzboden. Den Urteilen von Böminghaus, Rauterkus und (mehrmals) Hofmann schloss er sich sogar vorbehaltlos an.
ein (Ermland 1930). Vassallo wandte sich an den bayerischen Franziskanerprovinzial, den Provinzial der oberdeutschen Jesuitenprovinz (beide Regensburg 1927/28) und an den Prior des Münchener Karmelitenklosters (Augsburg 1930). 662 Pacelli an Keller vom 11. März 1922 (Entwurf), ASV, ANB 53, Fasz. 2, Fol. 101r. 201
III.4 Pacelli und die Informanten III.4 Pacelli und die Informanten
Die zweite Gruppe von Informanten, der Episkopat, war quantitativ die wichtigste. An beinahe jedem Besetzungsfall waren Bischöfe beteiligt. Ein beliebtes Grundmuster Pacellis in den 1920er Jahren war es, die Ordinarien der ins Auge gefassten Kandidaten zu befragen, sofern diese nicht aus dem vakanten Bistum stammten (zum Beispiel Paderborn 1920, Mainz 1920/21, Würzburg 1920–24 oder Meißen 1929–31). In den nachkonkordatären Fällen verzichtete er für gewöhnlich auf diese Praxis und gab auch Orsenigo und Vassallo von Rom aus keine entsprechenden Instruktionen, da der Episkopat durch die Listenverfahren ohnehin in die Kandidatenfrage involviert war.663 Von den Ordinarien verlangte Pacelli jeweils lediglich eine generelle Meinungsäußerung, wie etwa von Poggenburg, nachdem er sich zuvor von jesuitischer Seite die eigentlich zentrale Information besorgt hatte, inwieweit der in Rede stehende Münsteraner Geistliche sich um die Priesterausbildung kümmern werde (Hildesheim 1928/29). Es gab keinen Fall, in dem ein Bischof seinen Diözesanpriester für völlig untauglich erklärt hätte, was nicht verwunderlich ist. Da Pacelli zumeist schon positive Zeugnisse über die fragliche Person vorlagen, spielte diese Befragung der Ordinarien für ihn kaum eine wesentliche Rolle. Sie war eher ein formaler Akt und ein Zeichen der Courtoisie, um den Ortsbischof nicht zu übergehen, wenn ihm ein Diözesankleriker „genommen“ werden sollte. Das zeigt sich eindrücklich daran, dass er beim Trierer Oberhirten sogar für Kaas ein Exposé anforderte, was angesichts ihres engen Vertrauensverhältnisses de facto überflüssig war (Berlin 1929/30). Aus dem Episkopat ragen einige Bischöfe heraus, die Pacelli gesondert in seine Überlegungen und Sondierungen einbezog. Zu Anfang der 1920er Jahre nahm Bertram eine besondere Position ein: Nachdem er sich in der Nachfolge Kardinal Hartmanns als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz etabliert hatte, war er seit Meißen (1920/21) beinahe in jeden außerbayerischen Besetzungsfall bis 1929 involviert. Während er noch in Meißen zunächst entsprechend seinem neuen Selbstverständnis als Anführer der deutschen Kirche eigenständig beim Nuntius vorsprach, besprach dieser anschließend die Abwicklung der causa detailliert mit ihm. In Mainz (1920/21) war der Kandidatenvorschlag Bertrams für Pacelli noch entscheidend, während er sich in Tütz (1925/26) nach einigem Zögern darüber hinwegsetzte. Hier hielt er aber dennoch eine intensive Rücksprache mit dem Breslauer Kardinal, also auch noch nach dem Jahr 1923, in dem die Diskrepanzen zwischen beiden Kirchenfürsten offen zutage traten, was zeigt, dass Pacelli gerade in den Ostgebieten bis zu diesem Zeitpunkt nur spärliche Ratgeber hatte. Nachdem man die Kandidatenfrage für Rottenburg (1926/27) durchaus im Sinne Pacellis eher „zufällig“ auf dem Breslauer Katholikentag besprochen hatte, verpufften die nächsten Einflussversuche Bertrams in Hildesheim (s. o.) und Berlin (1929/30) völlig. Von da an gab es zwischen den beiden Kirchenfürsten zur In Schneidemühl (1930/31) und Meißen (1932) griff Orsenigo jeweils noch auf die Ordinarien der Kandidaten zurück, da in beiden Fällen kein Listenverfahren vorgesehen war. Eine dementsprechende Anordnung von Seiten Pacellis bedurfte es dafür nicht.
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Frage der Bischofseinsetzungen außerhalb des formalen Listenverfahrens keinen nennenswerten Kontakt mehr. Erkennbar ist also ein ambivalentes Verhältnis, wie es sich auch in den preußischen Konkordatsverhandlungen zeigt, wobei Pacelli den Breslauer Oberhirten im Laufe der Zeit immer weniger Gewicht beimaß und letztlich ausschaltete. Gegenpol zu ihm war der Münchener Erzbischof Faulhaber, dessen Relevanz für Pacelli bereits im Triennallistenverfahren zutage trat. Gerade in der ersten Hälfte der 1920er Jahre lässt sich ihr Kontakt allerdings schwer bewerten, da die örtliche Präsenz mündliche und das heißt quellenmäßig nicht nachvollziehbare Absprachen geradezu herausforderte.664 Bei aller vorhandenen Vertrautheit wird man jedoch Faulhabers Einfluss auch nicht überbewerten dürfen: In Mainz (1920/21) – und damit zum einzigen Mal außerhalb des bayerischen Freistaats – ließ der Nuntius den Erzbischof „lediglich“ einen bereits in den Blick genommenen Kandidaten beurteilen, der ihm persönlich bekannt war. Im Würzburger Fall (1920–24) war Faulhaber zwar ein enger Berater Pacellis, doch konnte er sich nicht mit allen Vorstellungen durchsetzen. Wenn man sich schließlich noch vor Augen führt, dass Pacelli sich 1935 in Eichstätt gegen Faulhabers Votum entschied, dann bleibt zu konstatieren, dass die Rolle des Münchener Metropoliten auf die Besetzung der Bischofsstühle gerade in dem Fall am bedeutendsten war, an dem Pacelli nicht partizipierte: in Regensburg (1927/28). Von Rom aus griff Pacelli informell – soweit quellenmäßig fassbar – nur noch in Passau (1936) auf Faulhaber zurück, wo er ihn gewissermaßen als „Ersatznuntius“ einsetzte, um ihren gemeinsamen Freund Landersdorfer zur Annahme der Mitra zu bewegen. Im Kontext der übrigen bayerischen Sedisvakanzen beschränkte sich Faulhabers Beteiligung auf die bischöflichen Triennallisten. Der dritte Kardinal in Deutschland, der Kölner Erzbischof Schulte, den Pacelli als „sehr ehrerbietig“665 gegenüber der Nuntiatur bezeichnete und der laut Eduard Hegel „höchstes Ansehen beim Nuntius besaß“666, partizipierte außerhalb des preußischen Listenverfahrens als Sprachrohr des Episkopats nur an den preußischen Konkordatsverhandlungen und an den frühen Besetzungen seiner Suffraganate Paderborn (1920) und Trier (1921/22), wobei er sich jeweils insbesondere für das Domkapitelswahlrecht einsetzte. In Kandidatenfragen war er für Pacelli vollkommen unerheblich, sodass Erwin Gatz zuzustimmen ist, der resümiert, dass „die Metropoliten nicht zum Zuge kamen“667.
Es ist davon auszugehen, dass die Tagebücher Faulhabers, die derzeit in einem breit angelegten Kooperationsprojekt in München kritisch ediert werden, weitere Aufschlüsse über seine Kontakte mit Pacelli bieten werden. 665 Pacelli an Perosi vom 18. November 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1927–1931, Pos. 511 P.O., Fasz. 24, Fol. 40r, Übersetzung zitiert nach Wolf/Unterburger (Bearb.), Lage, S. 225. 666 Hegel, Erzbistum, S. 123. 667 Gatz, Bischofswahlen, S. 155. 664
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Den 1933 verstorbenen Schreiber hingegen beurteilt Gatz als wichtigen Informanten für die vatikanische Bischofspolitik.668 Für Personenhinweise auf informellem Wege wandte sich Pacelli jedoch nur zweimal an ihn, jeweils bei Bischofseinsetzungen in Ostdeutschland, wo sich Schreiber nach mehreren Jahren als Ordinarius auskannte: zum einen in Meißen (1929–31), was sich gewissermaßen von selbst nahelegte, da Schreiber hier bis dato Oberhirte gewesen war. In diesem Erledigungsfall fungierte er als Stütze für beide von Pacelli ernsthaft erwogenen Kandidaten. Zum anderen in Berlin (1929/30), bevor er dort selbst zum Amtsanwärter avancierte. Pacelli wusste, dass Schreiber mit dem in Rede stehenden Kandidaten schon langjährig vertraut war und wünschte deshalb ein Urteil, dem er letztlich jedoch nicht folgte.669 Selbst wenn seine Kandidatenvoten noch auf spätere Fälle nachgewirkt (etwa von Meißen 1929–31 in Limburg 1929/30 oder von Aachen 1930/31 in Meißen 1932) und selbst falls seine Einschätzungen innerhalb des formalen Listenverfahrens noch am ehesten Gehör gefunden haben sollten (vgl. III.4.1), muss sein Status als bedeutender Informant Pacellis bei Bischofseinsetzungen relativiert werden. Dasselbe Resultat ergibt sich für Pacellis Kontaktmann Preysing, der im vorliegenden Untersuchungszeitraum formal an der Aufstellung nur einer einzigen Kandidatenliste beteiligt war: der Triennalliste des bayerischen Episkopats von 1935, die bekanntlich eine untergeordnete Rolle spielte. Auch in informeller Hinsicht lässt sich ein maßgeblicher Einfluss des Grafen auf die Besetzung eines Bischofsstuhls nur in Eichstätt (1935) nachweisen. Bei einem Besuch in Castel Gandolfo betrieb er offenbar entscheidend die Wahl seines Nachfolgers. Unbedeutend war er hingegen für die Koadjutoreinsetzung in Meißen (1936/37): Obwohl er Interimsadministrator der sächsischen Diözese war, fragte ihn Pacelli nicht nach geeigneten Geistlichen. Eine Privatkorrespondenz zwischen beiden ist zwar denkbar, aber unwahrscheinlich, wenn man sich vor Augen führt, dass Orsenigos Vorschläge hier die Referenzquelle des Kardinalstaatssekretärs bildeten. Außerdem sprach sich Preysing, der sich dafür übrigens nicht direkt an den Kardinalstaatssekretär, sondern an die Nuntiatur wandte, vor dem Hintergrund des Devisenprozesses gegen die Rückkehr Legges in sein Bistum aus. Pacelli entschied diesen Sachverhalt jedoch gegenteilig. Ein einziges Mal griff Pacelli für seine Personalsondierungen auf Gröber zurück. Gefragt war hier allerdings weniger ein Vertrauter als vielmehr der Freiburger Erzbischof, der über seinen Weihbischof urteilen sollte (Hildesheim 1934). Pacelli akzeptierte dessen negatives Votum. Auch Galen fungierte lediglich einmal, im Aachener Sonderfall (1937/38), als Vertrauensperson. Für seine Lösung war er freilich massiv verantwortlich, sowohl was die personelle als auch
Vgl. Gatz, Besetzung, S. 235; Ders., Bischofswahlen, S. 155. Vgl. auch Höhle, Berliner Bischöfe, S. 101. Durchaus denkbar wäre außerdem, jedoch mit den vatikanischen Quellen nicht zu belegen, dass Schreiber einer der anonymen Informanten war, die Pacelli im Kontext der Besetzung der Administratur Tütz (1925/26) konsultierte.
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III.4 Pacelli und die Informanten
was die strukturelle Seite anbelangte. Anlass war übrigens eine Romreise des Münsteraner Bischofs, die Pacelli nutzte, um ihn zur Audienz zu laden und die Aachener Frage zu erörtern. Die Übersicht zeigt, dass letztlich niemand unter dem Episkopat in der Frage der Bischofseinsetzungen das bevorzugte Gehör Pacellis besaß, geschweige denn ein Monopol, seine Vorstellungen äußern zu dürfen. Ein gewisses Muster schien zu sein, dass Pacelli dem Votum von wegtransferierten Bischöfen über ihre alte Diözese stärkeres Gewicht beimaß, wie Schreiber in Meißen (1929–31), Preysing in Eichstätt (1935) und womöglich auch Bares in Hildesheim (1934). Für Gröber jedoch zeigen die Quellen nicht, dass der Kardinalstaatssekretär ihn 1932 für die Einsetzung seines Nachfolgers in Meißen konsultiert hätte. Grundsätzlich entschied Pacelli je nach Situation, Ort und Lage und offenbar zum Teil auch zufällig, ob und wen er involvierte. Dabei scheute er sich nicht, gegen vermeintliche Vertrauensleute zu entscheiden. Wenn die Bischofseinsetzungen mit den Konkordatsverhandlungen zusammenhingen, griff Pacelli mitunter auf staatskirchenrechtliche Berater zurück. Zu nennen sind hier aber nur einige wenige: zunächst der Eichstätter Kanonist Hollweck, der sowohl in Preußen (Köln 1919/20) als auch in Bayern (Konkordatskapitel) den Nuntius beratschlagte, wobei der erste Anstoß von Gasparri ausging. In der Frage nach der besten Variante zur Einsetzung der Bischöfe ging Pacelli mit ihm weitgehend konform. Der Freisinger Kirchenrechtler Scharnagl vertrat ebenfalls eine „römische“ Perspektive hinsichtlich des Bischofswahlrechts, wurde von Pacelli sehr geschätzt und von ihm zur Lösung der Modusfrage in den bayerischen Konkordatsverhandlungen herangezogen. In einem weiteren Sinne könnte man auch den Freiburger Kapitularvikar Sester hier nennen (Freiburg 1931/32), der zwar eigentlich kein Kanonist war, aber den Kardinalstaatssekretär regelmäßig mit Gutachten für die badischen Konkordatsverhandlungen versorgte, bis seine eigenen Ambitionen auf das Erzbischofsamt enttäuscht wurden. Ihm begegnete Pacelli zunehmend mit Vorsicht. Keiner der Genannten kann als Vertrauensperson Pacellis bezeichnet werden. Das traf nur auf seinen Freund Kaas zu. Seitdem dieser im Frühjahr 1920 zu seinem konkordatsrechtlichen Berater geworden war, zeigen die vatikanischen Quellen seine Spuren abgesehen von den Konkordatsverhandlungen mit Preußen und Baden in Meißen (1920/21), wo ihm jedoch die präzisen Kenntnisse der sächsischen Verhältnisse fehlten, in Mainz (1920/21), in Trier (1921/22), wo er gewissermaßen auf doppelte Weise involviert war und für Pacelli die Kandidatenfrage „entschied“, in Rottenburg (1926/27), Hildesheim (1928/29) und Aachen (1930/31), wo er sogar auf indirekte Weise die Kandidatur Vogts bestimmte. Seine Rolle ist abgesehen vom Trierer Fall jeweils kaum einzuschätzen. Wahrscheinlich ist, dass er noch an erheblich mehr Fällen beteiligt war und sich womöglich bisweilen hinter den anonymen Informanten verbarg, die Pacelli beiläufig erwähnte (etwa Berlin 1929/30). Was oben zu Faulhaber gesagt wurde, gilt in noch höherem Grad für Kaas, der Pacelli seit 1933 auch noch in Rom vor Ort zur Verfügung stand: Wie umfassend der mündliche Meinungsaustausch tatsächlich gewesen sein könnte, lässt sich hier, wie immer wenn die 205
III.4 Pacelli und die Informanten
vermeintlichen Kontaktpersonen in der unmittelbaren Nähe waren – man denke zum Beispiel auch an Rauterkus in Pacellis Berliner Wirkungsphase –, quellenmäßig nicht nachweisen und nur erahnen. Wie die Durchsicht durch alle „Informantengruppen“ zeigt, war das Ortskriterium eine Grundkonstante in der Informantenstruktur. Pacelli suchte jeweils Kenner aus dem fraglichen Bistum, derselben Kirchenprovinz oder zumindest aus größtmöglicher Nähe. In den vorkonkordatären, provisorischen Fällen gab es nach diesem Schema regelmäßig einen besonderen Ansprechpartner als Resonanzboden, ob Bertram in Meißen (1920/21) und Tütz (1925/26), Generalvikar Bendix in Mainz (1920/21), Kaas in Trier (1921/22), Erzbischof Hauck in Würzburg (1920–24) oder die Jesuiten in Limburg (1929/30). Dabei mussten diese bei Pacelli nicht zwangsläufig Gewicht haben, im Gegenteil konnte es sich dabei auch nur um eine lästige Pflicht handeln: Zwischen ihm und dem Bamberger Metropoliten etwa herrschten in der Würzburger Frage enorme Spannungen. Hauck kritisierte sogar Pacellis Politik, auf informell-vertrauliche Weise bei bestimmten Personen Informationen einzuziehen und dabei den Episkopat oder die hierarchischen Repräsentanten der Ortskirche zu übergehen. Unbeeindruckt behielt Pacelli diese Praxis bei. Die informellen Ratgeber lieferten ihm auch in den nachkonkordatären causae entscheidende Informationen, die das formale Listenverfahren ausstachen oder wesentlich „ergänzten“ (etwa in Augsburg 1930, Aachen 1930/31, Münster 1933, Hildesheim 1934 oder Eichstätt 1935). Auffällig ist jedoch auch, dass Pacelli in mehreren nachkonkordatären Fällen überhaupt keine informellen Voten mehr einholte und die Zahl der Befragten daher mit der Zeit deutlich abnahm, was sicher mehrere Gründe hatte: Erstens machte es das formalisierte Listenverfahren überflüssig, die angesprochenen „Höflichkeitskontakte“ mit den Bischöfen zu pflegen. Zweitens war es von Rom aus ohnehin schwieriger, Informanten sub secreto zu kontaktieren, weshalb sich Pacelli teilweise Vermittler wie Leiber bediente. Drittens, und hier ist wohl die zentrale Ursache zu suchen, besaß er seiner Ansicht nach mittlerweile eine umfassende Kenntnis tauglicher Kleriker (vgl. III.1.3), auf die er rekurrieren konnte, ohne Informanten konsultieren zu müssen (so in Freiburg 1931/32, Eichstätt 1932, Berlin 1933/34, Berlin 1935 und Passau 1936).670
Es ist jedoch auch davon auszugehen, dass Pacellis Kontakte zu Informanten, vor allem zu den ihm vertrauten Jesuiten, längst nicht immer einen Niederschlag in den vatikanischen Quellen gefunden haben. Im Kontext der Besetzung der Prälatur Schneidemühl 1930/31 etwa schrieb Pater Leiber, nachdem er von Pater Rauterkus aufgefordert worden war, für Pacelli eine Personaleinschätzung vorzunehmen: „Dass Sie diesen Brief nach Kenntnisnahme vertilgen werden, darf ich als selbstverständlich annehmen.“ Rauterkus an [Leiber] vom 31. August 1930, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1938, Pos. 607 P.O., Fasz. 119, Fol. 5v. Nimmt man an, dass Aufforderungen dieser Art in den meisten Fällen Folge geleistet wurde, ergeben sich Lücken, die sich womöglich durch Quellenbestände aus dem Jesuitenarchiv oder der Gregoriana in Rom schließen lassen. Eine Studie über Pacellis „Jesuiten-Netzwerk“ steht noch aus.
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III.5 Pacelli und die Kurie III.5 Pacelli und die Kurie
Einen „Fachmann“ oder „Hauptadressaten“, an den sich Pacelli anlässlich der Bestellung der Bischöfe grundsätzlich gewandt hätte, gab es nicht. Als wichtige Informanten kristallisieren sich insgesamt Kaas, vereinzelte Jesuiten wie Hofmann und in Einzelfällen dieser oder jener der genannten Bischöfe heraus. Von einem regelrechten Informanten-„Netzwerk“ lässt sich jedoch nicht sprechen. Dafür waren die Ratgeber, die Pacelli je situativ auswählte, zu divergent und ihre Zahl insgesamt zu überschaubar. Über allem stand letztlich Pacelli selbst, der sich von niemandem völlig abhängig machte und Ratschlägen nur selten blind vertraute.
III.5 Pacelli und die Kurie III.5.1 Pacelli als Nuntius Das von Hubert Wolf in seiner Studie über die Rottenburger Bischofswahl herausgearbeitete Bild eines „selbstbewusst und souverän agierenden Nuntius, der sich mit seinen Ansichten und Vorschlägen in Rom bei seinem Vorgesetzten … Gasparri und bei Pius XI. meistens durchsetzen konnte“671, lässt sich im Wesentlichen für alle 13 Besetzungsfälle zwischen 1919 und 1929 generalisieren. Pacelli hatte grundsätzlich einen genauen Plan und präzise Überlegungen zum Ablauf der Besetzung, zu den infrage kommenden Kandidaten, zum Zeitplan und zum Umgang mit dem Staat. Seine Vorstellungen verfolgte er stringent, zielstrebig und mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit. Der hohe Grad an Selbstbewusstsein und Autonomie des Nuntius lässt sich besonders an seiner fast ausnahmslosen Praxis erkennen, Gasparri sofort ausgearbeitete Konzepte, fertige Ideen und konkrete Bischofsanwärter zu präsentieren. Bevor er sich diese nicht zurechtgelegt hatte, verzichtete er für gewöhnlich auf jede Berichterstattung, sodass er im Extremfall über Monate hinweg von Rom völlig unabhängig agierte (zum Beispiel in Meißen 1920/21). Legte er dem Kardinalstaatssekretär schließlich seine Pläne vor, unterbreitete er häufig nur einen Vorschlag zum Modus oder lediglich einen einzigen Kandidaten, die damit als alternativlos erschienen (etwa in Meißen 1920/21, Mainz 1920/21 oder Trier 1921/22). Auf diese Weise schränkte er die römische Entscheidungsfreiheit massiv ein, da eine abweichende Dezision auf dieser Basis praktisch unmöglich war. Demgegenüber war es eine Ausnahme, wenn er beispielsweise zwei gleichwertige Kandidaten benannte, aus denen Gasparri auswählen sollte, wie in Würzburg (1920–24) oder Rottenburg (1926/27), wobei er im letztgenannten Fall prompt versuchte, die römische Entscheidung nachträglich zu revidieren. Präsentierte er mehrere Optionen, wie eine causa erledigt wer Wolf, Affäre, S. 38.
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III.5 Pacelli und die Kurie
den konnte, argumentierte er streng auf seine favorisierte Lösung hin und spitzte den Bericht darauf zu (beispielsweise in Würzburg 1920–24 oder Meißen 1920/21). Seine Berichterstattung war so gut wie nie rein informatorisch, was gerade auch Vorschlägen von dritter Seite und Petitionen zum Verhängnis werden konnte, die er als Vermittler nach Rom übersandte: Ein Gesuch des Rottenburger Domkapitels (1926/27) kommentierte er für Gasparri direkt als undurchführbar; eine Supplik des Limburger Oberhirten (1929/30) hielt er mehrere Wochen zurück, bevor er sie dem Kardinalstaatssekretär übermittelte, und stellte dabei ein Besetzungsprozedere vor, das sie letztlich obsolet machte; durch die Argumentationsstruktur seiner Berichterstattung disqualifizierte er die Kandidatenwünsche der Hildesheimer Kanoniker (1928/29) zugunsten seiner eigenen Personenüberlegung; die Eingabe Bertrams für die Erstbesetzung Berlins (1929/30) benutzte er als Negativfolie, um davor seine abweichenden Vorstellungen zu entfalten. Pacelli steuerte und lenkte die römischen Instruktionen also ganz bewusst in eine bestimmte Richtung. Er wünschte letztlich keine Vorgaben aus der kurialen Zentrale, sondern die Bestätigung seiner Pläne. In manchen Fällen sparte er zu diesem Zweck sogar Informationen in seiner Berichterstattung aus: Um zum Beispiel für die Scheinwahl seines Kandidaten in Trier (1921/22) das römische Plazet zu erhalten, erwähnte er gegenüber Gasparri lediglich einseitig, dass der Kölner Erzbischof den fraglichen Kandidaten für geeignet hielt, verschwieg jedoch, dass jener eigentlich jemand anders favorisierte. Ähnlich ging er mit dem Votum Gehrmanns in Berlin (1929/30) um, das er dem Kardinalstaatssekretär vorenthielt, da es letztlich nicht in sein Personalkonzept passte. Letztlich war diese Art selektiver Berichterstattung jedoch ein seltenes Instrument im Rahmen des „zielgerichteten“ Charakters seiner Nuntiaturberichte, durch den er die Entscheidungen des Heiligen Stuhls steuerte und gewissermaßen antizipierte. Pacellis Eigenständigkeit in seinem Wirken als Nuntius erschöpfte sich jedoch nicht nur darin, sich fertige Pläne absegnen zu lassen, sondern beinhaltete zuweilen sogar, ohne Rücksprache zu agieren: Wiederum in der Trierer causa (1921/22) schrieb er erst dann an das Staatssekretariat, als er seine ausgeklügelte „Do-ut-des“-Strategie bereits angewandt und vom preußischen Kultusminister die gewünschten Zusagen in den Händen hielt. Einen Koadjutorplan des Bamberger Erzbischofs für die Würzburger Cathedra (1920–24) lehnte er eigenmächtig ab, ohne ihn in Rom zur Disposition zu stellen. Seine spätere Lösung erörterte er zunächst informell mit dem bayerischen Kultusminister, bevor er sie Gasparri als Wunschoption präsentierte. Auch in Hildesheim (1928/29) einigte sich der Nuntius mit der preußischen Regierung auf Kandidat und Verfahren, ohne sich zuvor beim Heiligen Stuhl rückzuversichern. Wie die Beispiele zeigen, handelte es sich in diesen Fällen vornehmlich um Interaktionen mit der staatlichen Seite, die in Zusammenhang mit seiner Grunddirektive standen, die Bischofseinsetzungen im Licht der Konkordatsverhandlungen zu sehen (vgl. III.3.1). Verzichtete Pacelli etwa auf eine Absprache mit dem Kardinalstaatssekretär, weil er fürchtete, dieser könnte ihm für diese Politik Steine in den Weg legen? 208
III.5 Pacelli und die Kurie
Tatsächlich erzeugte gerade dieser wesentliche Bereich der Beziehungen zwischen Staat und Kirche Spannungen zwischen Pacelli und seinem Mentor Gasparri, die insbesondere die bayerischen und preußischen Konkordatsverhandlungen, aber auch den richtungsweisenden Kölner Fall (1919/20) durchzogen. Seine Furcht, die alten Rechtsgrundlagen gegenüber den Regierungen infrage zu stellen, führte dazu, dass er ihre temporäre Fortgeltung im Widerspruch zu Gasparris Instruktionen bejahte, die er damit letztlich ins Gegenteil verkehrte. Aus demselben Grund versuchte er erst gar nicht, den Wunsch des Kardinalstaatssekretärs nach einer päpstlichen Nomination des neuen Kölner Erzbischofs in die Tat umzusetzen, sondern signalisierte der staatlichen Seite sofort die Möglichkeit einer (Schein-) Wahl, was Gasparri eigentlich nur als Notlösung zugestanden hatte. Im bayerischen Kontext widersetzte sich Pacelli dem Gutachten des Jesuitenkonsultors Ojetti, das Gasparri ihm als rechtlichen Resonanzboden für das Fortgeltungsthema vorgelegt hatte. In theoretischer Hinsicht waren Staatssekretär und Nuntius durchaus einer Meinung, was die kirchliche Freiheit nach den politischen Umwälzungen anbelangte. Doch während Gasparri diese Theorie eins zu eins applizieren wollte, bezog Pacelli die realpolitische Dimension in die Gleichung ein: Gasparri war durch und durch Kanonist, während Pacelli nicht nur Kanonist, sondern auch und insbesondere Diplomat war. Die weiteren Kontroverspunkte, die zwischen den beiden auftraten, lassen sich von dieser unterschiedlichen Grunddisposition her verstehen: Während Gasparri der Norm des CIC entsprechend das Kapitelswahlrecht in Preußen kassieren wollte, hielt Pacelli hartnäckig entgegen, dass dies aus opportunen Kriterien unmöglich sei; während ersterer das Bayernkonkordat in vielen Punkten als unverrückbares Vorbild für den preußischen Kontrakt betrachtete, proklamierte letzterer die Notwendigkeit, angesichts der unterschiedlichen Umstände Abweichungen zu akzeptieren; während sich der Kardinalstaatssekretär lange gegen Abstriche vom Can. 329 § 2 im bayerischen Konkordat sperrte, insistierte der Nuntius aus verhandlungstechnischen Gründen auf einem Propositionsrecht der Ortskirche; während jener keine Schwierigkeit darin sah, der bayerischen Regierung das Versprechen zu leisten, künftig keinem anderen Teilstaat das Bischofswahlrecht mehr zu konzedieren, erkannte dieser darin eine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner diplomatischen Ziele in Preußen. Weil Gasparri in erster Linie von der rechtlichen Norm aus urteilte, war es für Pacelli mühsam und schwierig, den Spielraum zu erhalten, den er für die Verhandlungen zu benötigen glaubte. Dass er angesichts der römischen Instruktionen mitunter das Scheitern seiner Mission in Deutschland vor Augen hatte, lässt sich aus seiner Berichterstattung herauslesen, die zum Teil flehentliche Züge annahm. Die Verhandlungen mit Bayern und Preußen avancierten für ihn daher gerade auch hinsichtlich der Regelung der Bischofseinsetzungen zu einem regelrechten Drahtseilakt zwischen Regierung und Heiligem Stuhl. Der genuin diplomatische Fokus, den Pacelli seinem Vorgesetzten voraus hatte, konnte außerdem zu einer Sichtweise führen, die auch die übernationalen Auswirkungen einer Entscheidung berücksichtigte. Als die bayerische Regierung eine „Meistbegünstigungsklausel“ im Modus der 209
III.5 Pacelli und die Kurie
Bischofseinsetzungen verlangte, verwies der Nuntius auf die Gefahr, die eine solche Bestimmung für künftige Konkordatsverhandlungen, auch mit anderen Staaten wie Polen, bedeutete. Als ihm etwa Gasparri und Benedikt XV. verboten, die französische Regierung über die Personalie des ins Auge gefassten Mainzer Koadjutors (1920/21) zu informieren, dachten sie wiederum rein von der rechtlichen Warte aus, während Pacelli dabei auch die sich soeben entspannenden Beziehungen Roms und Frankreichs im Blick hatte. Damit nahm er zugleich eine geweitete Perspektive ein, die ex professo wohl eher dem Kardinalstaatssekretär als dem deutschen Nuntius zukam.672 Zum Thema Bischofseinsetzungen korrespondierte Pacelli so gut wie ausschließlich mit Gasparri, gelegentlich auch mit Pizzardo und Borgongini Duca, also mit dem Staatssekretariat beziehungsweise der AES, welche in der Kurie die formalrechtlich zuständige Behörde war. Sitzungen der AES wurden allerdings nur zur grundsätzlichen Debatte der Bischofsfrage nach der WRV (Köln 1919/20) und mehrmals im Rahmen der bayerischen Konkordatsverhandlungen anberaumt. Für die preußischen Verhandlungen fand eine mehrfach angekündigte Konferenz nicht mehr statt. Im Spektrum der an den Sitzungen teilnehmenden Kardinäle muss Pacelli entsprechend seiner diplomatischen Ausrichtung in der Mitte respektive eher auf Seiten des gemäßigten Flügels einsortiert werden. Von den wenigen Ausnahmen abgesehen, in denen die römische Meinungsbildung auf diesem Weg erfolgte, war für die Ausgestaltung der römischen Politik anlässlich der einzelnen Sedisvakanzen lediglich das Zusammenspiel von Pacelli, Gasparri und dem Papst verantwortlich.673 Die Päpste Benedikt XV. und Pius XI., mit denen Gasparri als letzte autoritative Instanz Rücksprache hielt, treten durch die vatikanischen Quellen nur selten in Erscheinung. In zwei Fällen lässt sich jedoch eine Intervention des Pius-Papstes gegen die Pläne des Nuntius ausmachen: In Trier (1921/22) konzedierte der frisch gewählte Papst eine freie Bischofswahl und verhinderte damit Pacellis favorisierten Kandidaten. In Tütz (1925/26) entwickelte sich sogar eine regelrechte Konfrontation zwischen Nuntius auf der einen und Pontifex und Staatssekretär auf der anderen Dieses Beispiel passt übrigens auch nicht zum klassischen Schema vom frankophilen Gasparri und germanophilen Pacelli. Der Auffassung, der Pacelli-Papst hätte später für Deutschland besondere Partei ergriffen, widerspricht zum Beispiel Unterburger, Deutschlandbild (2010). 673 Hier bildet sich die allgemeine Entwicklung in der politischen Entscheidungsfindung innerhalb der Kurie seit dem Ende des Ersten Weltkriegs ab, die sich zunehmend weg von der AES auf die genannten Autoritäten konzentrierte. Vgl. etwa Wolf, Papst, S. 148. Ein beredtes Beispiel für die unklare Rolle der Kongregation in den 1920er Jahren gibt eine Diskussion innerhalb einer Congregatio plenaria vom 25. Februar 1926 über etwaige Korrekturen an den Ausführungsdekreten zum Triennallistenverfahren. Frühwirth bemerkte, dass es doch gar nicht nötig sei, für eine solche Aufgabe die Kardinäle zusammenzurufen. Bonzano und Ehrle etwa sahen die Sitzung hingegen als vollkommen berechtigt an. Vgl. Protokoll der Sitzung der AES vom 25. Februar 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Sessiones, 1926, Sessio 1289, Vol. 80, Stampa 1152, ohne Paginierung [9 Seiten], hier S. [2], [3] und [7]. Vgl. auch Wolf/Hinkel, rapporti; Regoli, ruolo. 672
210
III.5 Pacelli und die Kurie
Seite. Bezeichnenderweise kreiste der Konflikt erneut um die Repugnanz von Diplomatie und Prinzip: Pacelli sei der preußischen Regierung in der Personalfrage zu weit entgegengekommen und habe die seelsorgerlichen Interessen der polnischen Minorität im Administraturbezirk vernachlässigt – ein Thema, auf das Achille Ratti als ehemaliger Nuntius in Warschau offenbar gesteigerten Wert legte. Nicht also nur Gasparri, sondern auch Pius XI. brachte Pacellis diplomatischer Linie, die hier seiner Ansicht nach zu weit gegen den kirchlichen Grundauftrag ging, geringes Verständnis entgegen. Aufschlussreich ist, wie diese römischen Abweichungen von Pacellis Überlegungen zustande kamen. Im ersten Fall ist die Erlaubnis zur freien Kapitelswahl auf die persönliche Vorsprache Kardinal Schultes zurückzuführen, der gerade anlässlich des Konklaves in Rom weilte. In der zweiten causa wandte sich der Weihbischof von Gnesen-Posen brieflich gegen den Kandidaten des Berliner Nuntius. Wenn also der einlinige Informationsfluss aus der Feder Pacellis ausgehebelt wurde, entweder durch abseits der Nuntiatur nach Rom gesandte Petitionen oder durch persönliche Interventionen an den Apostelgräbern, wurde dort eine alternative Perspektive möglich. Letztlich war das die logische Konsequenz aus Pacellis gesteuerter Berichterstattung. Kardinal Bertram etwa bediente sich häufiger dieses Mittels: in Hildesheim (1928/29) und Berlin (1929/30) gegen Pacellis Pläne, wobei er nur in der letzten causa damit einen Teilerfolg erringen konnte; in Köln (1919/20) noch in Pacellis Sinne, wodurch ihm letztlich ein wesentlicher Anteil zukam, dass dieser hier seine Strategie durchsetzen konnte. Ähnliches geschah im Rahmen der bayerischen Konkordatsverhandlungen, als der Gesandte Ritter sich bei Gasparri wirksam für Konzessionen einsetzte, die der Nuntius für sich allein genommen nicht erreicht hatte. Die beiden letztgenannten Beispiele illustrieren, dass eine parallel zur Nuntiatur verlaufende Verbindung zwischen deutschen Stellen und dem Heiligen Stuhl aus Sicht Pacellis nicht ausschließlich negativ war. Die Vorteile des gesprochenen Wortes machte er sich auch selbst zunutze, um seinen Vorstellungen den Nachdruck zu verleihen, den er mit seinen schriftlichen Berichten nicht oder nicht in ausreichendem Maße erzielen konnte. Bei Aufenthalten an der Kurie vertrat er seine Vorstellungen effektiv zum Beispiel in den Fällen Paderborn (1920) und Hildesheim (1928/29) und löste außerdem die beschriebenen Spannungen in Tütz auf diese Weise. Art und Umfang der Kommunikation übten wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindungsprozesse aus. Die Frage, ob und inwieweit Pacellis Überlegungen und Pläne in der Kurie rezipiert wurden und wie konstitutiv seine Rolle damit für die Position des Heiligen Stuhls war, ist zentral. Ohne Übertreibung lässt sich konstatieren, dass er die Schlüsselrolle für die römische Politik einnahm und die Bischofseinsetzungen nicht nur praktisch abwickelte, sondern auch ideell konzipierte. Ungeachtet der skizzierten Spannungen konnte Pacelli in der Mehrheit der Fälle seine kompletten Vorstellungen durchsetzen, in wenigen Ausnahmen musste er geringfügige Abstriche hinnehmen, nur in 211
III.5 Pacelli und die Kurie
Trier scheiterte seine Bischofspolitik (nicht Konkordatspolitik) vollends. Dieser Erfolg war nicht nur seiner geschickten Berichterstattung und autonomen Handlungsweise geschuldet, die damit für gewöhnlich ihr Ziel erreichte, sondern auch der Tatsache, dass Gasparri ihn fast ungehindert gewähren ließ. Dieser gab sich meistens mit Pacellis Darlegungen zufrieden, segnete sie ab und ließ dem Nuntius freie Hand. Daher verliefen ihre Interaktionen mehrheitlich harmonisch. Es gab auch Fälle, in denen Pacelli eine enge und häufige Rücksprache mit seinem Mentor pflegte, wie im Kölner Fall (1919/20), wohl wegen seiner wegweisenden Relevanz, oder in Rottenburg (1926/27), wo die Zeichen im Anschluss an die konfliktgeladene Tützer Administratoreinsetzung womöglich besonders auf Entspannung standen. Zum Teil schien der Kardinalstaatssekretär sich auch nur flüchtig mit den Bischofseinsetzungen zu befassen, vollzog die Planungen des Nuntius nicht immer genau nach (wie zum Beispiel in Meißen 1920/21) und sandte häufig nur knappe und mitunter sogar fehlerhafte Telegramme (etwa in Würzburg 1920–24) als Reaktion auf Pacellis umfangreiche Berichte. Es kam auch vor, dass Gasparri sich Rat bei Pacelli suchte (und nicht umgekehrt), etwa ob nach Abschluss des Preußenkonkordats das Bistum Berlin kanonisch errichtet werden konnte (Berlin 1929/30). Insofern konnte der Nuntius in vielen Fällen kein „reiner Befehlsempfänger Roms“674 sein. Zum Kernthema des Profils der Bischofskandidaten erhielt der Nuntius im Rahmen der Besetzungsfälle keinerlei konkrete Instruktionen. Allerdings stand seine Einschätzung der deutschen Theologie mit den negativen Auswirkungen auf die Priesterausbildung in völligem Einklang mit der Generalinstruktion für seinen Münchener Amtsvorgänger Giuseppe Aversa, die er in dieser Hinsicht umsetzte.675 Daher folgte Pacelli in diesem zentralen Aspekt einer römischen Vorgabe, wobei nicht übersehen werden darf, dass er das Bischofsprofil aus einer eigenen Analyse der deutschen Theologie ableitete (vgl. III.1.1) und als Sekretär der AES an der Abfassung von Aversas Instruktion höchstwahrscheinlich selbst wesentlich beteiligt war.676 Die im Auftrag der Studienkongregation im Frühjahr 1926 verfasste Denkschrift des Jesuiten Augustin Bea über die Lage der Kirche in Deutschland postulierte dieselbe Strategie wie Pacelli, theologisch korrekt ausgebildete Bischöfe für die Reform der deutschen Universitätstheologie einzusetzen.677 Der Nuntius, der dieses Konzept bereits 1922 entfaltet hatte (vgl. Exkurs II und Bayernkonkordat) und also nicht von Bea übernahm, stand dem Jesuiten bei Abfassung dieser Relation beratend zur Seite.678 An den maßgeblichen Stellen der Kurie war diese Direktive für die Besetzung der deutschen Bischofs Wolf, Geschick, S. 99. Vgl. Instruktion für Aversa vom November 1916, ANM 257, Fasz. 10, Fol. 7r–63r, hier 18v–19v. 676 So auch die Einschätzung von Unterburger, Deutschlandbild (2010), S. 229. 677 Vgl. Unterburger, Gefahren, bes. S. 37–40. Auch deshalb beurteilte Pacelli Beas Denkschrift als ausgezeichnet. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 26. Mai 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1925–1933, Pos. 565 P.O., Fasz. 81, Fol. 102r–104v, hier 102r. 678 Vgl. Unterburger, Gefahren, S. 29f. 674
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III.5 Pacelli und die Kurie
stühle offenbar von Anfang an akzeptiert und rezipiert.679 Daher ist es nicht überraschend, dass es in den einzelnen Besetzungsfällen, abgesehen vom angesprochenen Beispiel Tütz, keinerlei prinzipielle Kontroversen zwischen Nuntiatur und Staatssekretariat in der Personalfrage gab. Auch in Trier war nicht ein divergentes Bischofsideal die Ursache dafür, dass der Papst Pacellis Personalplanung vereitelte. Wie Pacelli schließlich mit Weisungen umging, die seinen Plänen zuwiderliefen, wurde am Rande schon deutlich. Gerade wenn es sich um neuralgische Punkte handelte, die seiner Meinung nach seine gesamte diplomatische Mission gefährden konnten, versuchte er hartnäckig, die Order nicht ausführen zu müssen und ein Umdenken in Rom zu erreichen. Letztes Mittel dafür war die persönliche Intervention, aber es gelang ihm auch innerhalb seiner Berichterstattung, indem er Gasparri eindrücklich und notfalls mehrfach die Konsequenzen vor Augen führte, die sich aus der Umsetzung der missliebigen Instruktion seiner Ansicht nach ergeben konnten, wie etwa hinsichtlich der Diskussion um die Fortgeltung der alten Rechtsgrundlagen. Wie spitzfindig Pacelli dabei Schlupflöcher ausnutzte, zeigt sein Umgang mit Ojettis Gutachten in den bayerischen Konkordatsverhandlungen: Da Gasparri versäumt hatte, ihn explizit anzuweisen, die Position des Konsultors zu adaptieren, sah er sich befugt, die gegenteilige Sicht gegenüber der bayerischen Regierung zu vertreten. Es würde sicher zu weit gehen, wollte man behaupten, Pacelli habe sich die Weisungen „ausgesucht“, die er ausführte. Tatsächlich jedoch wehrte er sich im Rahmen der Bischofseinsetzungen und der konkordatären Auseinandersetzungen um die Besetzungsmodi erfolgreich gegen jede, von der er glaubte, dass sie seine Konkordatsverhandlungen ernsthaft desavouieren konnte. In anderen Bereichen zeigte er sich nachgiebiger: So war es für ihn nur ein kleiner Preis, sich in das Verbot zu fügen, der französischen Regierung den Mainzer Koadjutor (1920/21) inoffiziell zu notifizieren, zumal er die französische Perspektive in seiner Kandidatenentscheidung ohnehin schon berücksichtigt hatte. Doch auch, wenn es sich um Angelegenheiten mit geringerer Trag Vor dem Hintergrund des spezifisch auf die Situation der deutschen Kirche beziehungsweise Theologie ausgerichteten Bischofsprofils ist es nicht verwunderlich, dass Pacelli einen in der Konsistorialkongregation ausgearbeiteten Fragebogen zur Überprüfung der Amtstauglichkeit potentieller Bischofskandidaten nach Lage der Quellen nicht benutzte. In diesem Katalog, den die Kongregation zum Beispiel Vassallo 1928 anlässlich einer Weihbischofseinsetzung in München übermittelte, finden sich zwar die für Pacellis Kriteriologie maßgebenden Komponenten – gesunde Lehre und römische Reverenz –, jedoch nicht als herausgehobene und besonders zu fordernde Qualitäten. Das Thema Priesterausbildung fehlt sogar völlig. Vgl. ASV, ANM 431, Fasz. 2, Fol. 176r/177r (175r). Dasselbe gilt etwa für das Dekret über die amerikanischen Bischofsernennungen von 1916 und dasjenige über das polnische Listenverfahren von 1921, auf die sich Pacelli in seinen Ausführungsdekreten zum bayerischen Triennallistenverfahren stützte. Vgl. Bd. 3, Kap. II.2.1 (Die Ausarbeitung des Triennallistenverfahrens). Die „romtreuen Priester“ (Armando, Nuntien, S. 149) für die Bischofsstühle auszuwählen, bildete auch die Maxime für den Pariser Nuntius Maglione, wobei hier die Action française der entscheidende Kontrapunkt war. Vgl. Moigne, LʼÉpiscopat.
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III.5 Pacelli und die Kurie
weite handelte, konnte es sein, dass Pacelli eine missliebige Order nur teilweise oder zunächst gar nicht ausführte: Obwohl ihm Pius XI. auftrug, sich mit Bertram in der ersten Berliner causa (1929/30) über eine Lösung zu verständigen, kontaktierte Pacelli den bei ihm in Ungnade gefallenen Breslauer Oberhirten erst, als er sich einen Kandidaten ausgesucht hatte. Das Versprechen gegenüber der bayerischen Regierung, in keinem Konkordat mit einem deutschen Teilstaat das Bischofswahlrecht zu erlauben, leistete er schließlich erst, als jeder Versuch, Gasparri umzustimmen, gescheitert war. Die Grundlage für Pacellis eigenständiges Handeln und auch für sein gegenüber dem römischen Vorgesetzten trotz aller formalen Unterwürfigkeit sehr bestimmtes Auftreten lag einerseits sicher in seinem ausgeprägten Amtsverständnis als vicarius papae, in dessen Vollmacht und Auftrag er agierte. Gegenüber Dritten stellte er seine persönliche Sicht der Dinge – nachdem sie das römische Plazet erhalten hatte – durchaus als weise Entscheidung des Heiligen Vaters dar (zum Beispiel in Limburg 1929/30). Er begriff sich nicht nur als strenger Advokat des Heiligen Stuhls, sondern auch als Teilhaber an der kurialen Zentralgewalt. Deshalb konnte er die aus Rom kommenden Anordnungen, die ihn qua Hierarchie und Amt verpflichteten, auch im Vorhinein entsprechend steuern und notfalls gegen sie opponieren, wenn er glaubte, dass sie den Interessen des Heiligen Stuhls beziehungsweise der Kirche in Wirklichkeit abträglich waren – es handelte sich hierbei für ihn gewissermaßen um einen dem Heiligen Stuhl immanenten Sondierungsprozess. Andererseits findet man einen wesentlichen Grund sicherlich auch in seiner selbstbewussten Persönlichkeit, die sich der eigenen diplomatischen und kanonistischen Fähigkeiten bewusst war. Als jemand, der fast immer die Entscheidungen des Heiligen Stuhls über die Besetzung der Bischofsstühle bestimmte, repräsentierte Pacelli einen einflussreichen Typ von Nuntius, der keineswegs die Regel war, wie schon ein knapper Seitenblick auf seine Nachfolger Orsenigo und Vassallo (vgl. III.5.2) oder auf seine Vorgänger in der Münchener Nuntiatur in der Zeit zwischen Kulturkampf und Erstem Weltkrieg verdeutlicht.680 Übersehen werden darf dabei jedoch nicht, dass sie alle unter ganz anderen rechtlichen und politischen Voraussetzungen amtierten. Die Umwälzungen infolge der WRV schufen erst den Entfaltungsraum, den Pacelli für sein konzeptionelles Handeln benötigte. Vielleicht am bemerkenswertesten bei der Zusammenschau der untersuchten Bischofseinsetzungen ist, dass sich in dem selbstbewussten, eigenständigen und zielgerichteten Agieren Pacellis keine essentiellen Entwicklungen oder Fortschritte ausmachen lassen: Vom Anfang bis zum Ende folgte er dieser Linie. Wie Michael Hirschfeld gezeigt hat, nahmen Letztgenannte bei der Besetzung der deutschen Bischofsstühle im Allgemeinen keine entscheidende Rolle ein. Vgl. Hirschfeld, Bischofswahlen, zusammenfassend S. 827f. Um die Spezifika näher zu fassen, die Pacellis Nuntiaturzeit ausmachten, wäre ein umfassender synchroner Vergleich mit anderen europäischen beziehungsweise internationalen Nuntien notwendig, der in dieser Arbeit nicht geleistet werden kann. Vgl. erste Ansätze dazu in Wolf (Hg.), Eugenio Pacelli.
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III.5 Pacelli und die Kurie
III.5.2 Pacelli als Kardinalstaatssekretär Die Rückkehr Pacellis nach Rom bedeutete keine nennenswerte Veränderung für die vatikanische Bischofspolitik in Deutschland. Im Gegenteil: Auch an der Spitze des Staatssekretariats verfolgte er das Thema mit voller Aufmerksamkeit und organisierte weiterhin die Abwicklung der Fälle, selbst in der Übergangszeit zwischen Dezember 1929 und Februar 1930, als er streng genommen ohne Amt war (Limburg 1929/30). Im Unterschied zu seinem Amtsvorgänger Gasparri steuerte Pacelli durchweg und akribisch die Besetzungsfälle von Rom aus und nahm sich dabei sogar unvermindert der Aufgaben an, die er zuvor als Nuntius durchgeführt hatte: er leitete bisweilen die Verfahren ein, ohne dass vorher eine entsprechende Mitteilung aus der Nuntiatur ergangen wäre (etwa in Schneidemühl 1930/31, Freiburg 1931/32 oder Hildesheim 1934); er überließ es nicht der Berliner Nuntiatur, detaillierte Anweisungen zu erteilen, wie das Listenverfahren in den preußischen Bistümern vorzugehen habe, sondern steckte grundsätzlich die wichtigen Schritte ab; er selbst zog bei Informanten, zum Teil auch aus Deutschland, Erkundigungen über Bischofskandidaten ein (zum Beispiel Augsburg 1930, Schneidemühl 1930/31, Münster 1933 oder Hildesheim 1934); er gab strategische Elemente im Verfahren vor, zum Beispiel die Berliner Bischofswahl (1933/34) unbedingt vor den Reichstagswahlen vom November 1933 erfolgen zu lassen; er setzte sich bei Schwierigkeiten persönlich mit der Reichsregierung auseinander und entwickelte präzise Lösungen, wenn Orsenigo der diplomatische Erfolg versagt war (beispielsweise im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Ausbildungsmangel Preysings in Berlin 1935). Agierte Pacelli noch als Nuntius in konzeptioneller Hinsicht gewissermaßen wie der Kardinalstaatssekretär, so handelte er an der Spitze des römischen Staatssekretariats in Umsetzung und Abwicklung der Bischofseinsetzungen zum Teil weiterhin wie der Nuntius vor Ort.681 Die Grundlage für ein solches Auftreten war seine intime und umfassende Kenntnis der deutschen Verhältnisse im Verbund mit seinem kanonistischen Know-how, von der die vatikanische Deutschlandpolitik nicht nur profitierte, sondern geradezu abhängig war. Als Pacelli in Rorschach Urlaub machte, kontaktierte ihn Pizzardo in der eher untergeordneten Zweifelsfrage, ob der Gefreite Prälat von Schneidemühl (1930/31) in den bischöflichen Ordo erhoben werden sollte. Eine eigenmächtige Entscheidung und sei es in Rücksprache mit Pius XI. wollte der Sekretär der AES nicht treffen. Obwohl nur noch Formalia bis zum Abschluss des Eichstätter Besetzungsfalls (1935) zu erledigen waren, sah sich im Staatssekretariat niemand dafür zuständig, während Pacelli abwesend war. Daher blieb das staatliche Nihil obstat für den nominierten Bischof bis zu seiner Rück-
Der Schweizer Nuntius Filippo Bernardini urteilte laut einer Aufzeichnung des späteren Nuntius der Bundesrepublik Deutschland Aloysius Muench aus dem Jahr 1946 von Pius XII. noch genauso, wenn er feststellte, „that the pope still thought he was the nuncio to Germany and that he loved Germans too much“. Phayer, Church, S. 164.
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III.5 Pacelli und die Kurie
kehr fast zwei Wochen liegen. Als Pizzardo zu Beginn der Aachener causa (1930/31) tatsächlich einmal eigenständig handelte und dem Plan des Nuntius folgend die rechtlichen Voraussetzungen schaffen wollte, um das Kapitelswahlrecht auszuschalten, machte er im Dekret, das Kardinal Schulte zum zwischenzeitlichen Administrator ernannte, einen entscheidenden Fehler. Deshalb scheiterte der Plan, den Pacelli nach seiner Rückkehr in die Kurie gerne umgesetzt hätte. Auch Silvani, der ehemals Auditor in der Berliner Nuntiatur gewesen war und Pacelli jetzt im Staatssekretariat zur Seite stand, hatte zum Auftakt des Freiburger Falls (1931/32) nicht präsent, dass die Rechtslage in der Oberrheinischen Kirchenprovinz durch das Zirkularreskript von 1926 grundlegend geändert war und lieferte deshalb eine unzulängliche rechtliche Einschätzung. Von daher überrascht es nicht, dass man Pacelli nicht nur qua Amt, sondern gerade wegen seiner Kompetenz und Erfahrung das Feld der Entscheidungen vorbehaltlos überließ. In der Besetzung der deutschen Bischofsstühle schien in der Kurie an Pacelli also kein Weg vorbei zu führen. Richtete sich auch Pius XI. danach und galt das ebenfalls für die wichtigste Entscheidung, die hier zu treffen war und zwischen diesen beiden getroffen wurde, nämlich die über die Kandidaten? Die grundlegende Problematik, die sich an dieser Stelle ergibt, ist, dass die vatikanischen Quellen die genauen Kandidatensondierungen in der Kurie kaum nachvollziehen lassen und es häufig nicht möglich ist, präzise zwischen Papst und Staatssekretär hinsichtlich ihres Anteils am Entscheidungsprozess zu differenzieren.682 Dennoch lässt sich auf Basis vieler Indizien und in der Gesamtschau der rekonstruierten Besetzungsfälle eindeutig konstatieren, dass Pacelli wie schon als Nuntius nach wie vor der Urheber und Entscheider in der deutschen Bischofspolitik war. Die päpstliche Dezision, die der Amtseinsetzung eines Bischofs erst rechtliche Geltung verlieh, beruhte auf den Vorsondierungen im Staatssekretariat und das hieß auf Pacellis Personalüberlegungen, die der Pontifex anschließend in einer Audienz regelmäßig absegnete und durchwinkte. Wenn Pacelli des Öfteren schrieb, der Papst habe die preußischen Vorschlagslisten geprüft und die Kandidatenternen für die Bischofswahlen erstellt, dann handelte es sich dabei um eine Standardformel, die die hierarchische Kirchenstruktur abbildete (in Münster 1933 und den folgenden Fällen). Doch faktisch war es in vielen Fällen gar nicht möglich, von den Vorschlagslisten zu den schlussendlich verabschiedeten Dreierlisten zu kommen. Ihre Zusammensetzungen sind häufig An Pius XI. gelangt man grundsätzlich nur durch das, was Pacelli in seinen Weisungen oder Notizen über ihn schreibt und daher nicht „ungefiltert“. Auch Pacellis Audienznotate belegen häufig nur, dass eine Entscheidung zwischen Papst und Staatssekretär getroffen wurde, jedoch nicht, wie sie zustande kam. Fehlen sogar solche Aufzeichnungen, lässt sich streng genommen nicht einmal das Faktum der Rücksprache belegen, welche das Kirchenrecht vorschrieb. Vgl.: „Nihil grave aut extraordinarium in iisdem Congregationibus, Tribunalibus, Officiis agatur, nisi a Moderatoribus eorundem Romano Pontifici fuerit antea significatum.“ Can. 244 § 1 CIC 1917.
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nicht ohne zusätzliche Informationen, Gutachten und persönliche Kenntnisse erklärbar, die letztlich nur Pacelli besaß (vgl. III.2.2). Gleiches galt von den in Bayern eingesetzten Oberhirten, die aus seiner Favoritengruppe stammten. Der Papst fungierte – wie es bereits für Pacellis Nuntiaturzeit zu beobachten war – als Legitimationsinstanz und Autorität für die eigenen Pläne. Besonders eindrücklich zeigt sich das bei der im Kontext der Aachener causa (1937/38) angedachten Protestnote gegen die Verletzung der staatlichen Einspruchsfrist: In der Ausfertigung seiner entsprechenden Instruktion schrieb Pacelli, der Papst wünsche einen solchen Schritt. Im Entwurf hieß es jedoch, er – also Pacelli – halte ihn für angemessen. Die Formulierungen verschiedener Weisungen identifizieren den Kardinalstaatssekretär als Sondierungsinstanz in der Kandidatenfrage: In Augsburg (1930) etwa erklärte er Vassallo, dass er den dortigen Kapitelsvikar für nicht-episkopabel halte und zwei Alternativen in Erwägung ziehe. Ähnlich bekannte Pacelli in einem Weisungsentwurf für die Besetzung der Eichstätter Cathedra (1932), einen möglichen Kandidaten gut, einen anderen dagegen kaum zu kennen. Innerhalb der Besetzung des Bistums Meißen (1932) geht ebenfalls aus dem Entwurf einer Weisung hervor, dass es der am Ende zum Bischof erhobene Geistliche nur in die engere Kandidatenauswahl geschafft hatte, weil Pacelli ihn persönlich gut kannte. Das Votum seiner Mitarbeiter im Staatssekretariat war für Pacelli hierbei nicht relevant. Zum Beispiel lagen die vom Preußenkonkordat vorgeschriebenen Vorschlagslisten des Episkopats für den neu errichteten Bischofsstuhl von Aachen (1930/31) einen Monat lang im Staatssekretariat, bis Pacelli aus seinem Urlaub in die Ewige Stadt zurückkehrte. Zwar sortierte ein Mitarbeiter die Unterlagen und fertigte eine Übersicht an, doch den Fall trieb man nicht voran, geschweige denn, dass man Personalentscheidungen traf. Als Pacelli wiederkam, waren die Vorsondierungen obsolet, da er sich über die Listen hinwegsetzte. Das gleiche geschah im Berliner Besetzungsfall (1933/34). Während der Kardinalstaatssekretär zu Beginn des Meißener Verfahrens (1936/37) nicht in der Kurie war, übernahm Pizzardo die Vorauswahl der Kandidaten. Da diese den Sekretär der AES jedoch überforderte, trug er die Personalentscheidung Orsenigo auf, was Pacelli nie tat (s. u.). Es war eine außergewöhnliche Situation, die ex negativo den Normalfall verdeutlicht. Über seine Kandidatenwünsche unterrichtete Pacelli den Papst „gebührend“683 (Münster 1933) und „wies“ ihn auf taugliche Amtsanwärter „hin“684 (Aachen 1937/38). Es konnte sogar vorkommen, auch wenn es nicht die Regel war, dass er schon vor der entsprechenden Audienz beim Pontifex für seine ins Auge gefassten Geistlichen das Plazet des Heiligen Offiziums eingeholt hatte
Vgl.: „LʼAugusto Pontefice, a Cui mi sono fatto doverosa premura di riferire in merito …“ Pacelli an Orsenigo vom 9. März 1933, ASV, ANB 102, Fasz. 4, Fol. 39r. 684 Vgl.: „… non ho mancato di segnalare allʼAugusto Pontefice … “ Pacelli an Orsenigo vom 25. November 1937 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1937–1943, Pos. 726 P.O., Fasz. 343, Fol. 31v. 683
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(etwa in Aachen 1930/31).685 Der Kardinalstaatssekretär hatte hier bereits entschieden, und folgerichtig „approbierte“686 Pius XI. die Designierten anschließend, wie Pacelli in seinen Audienznotaten festhielt. Dieser sammelte also nicht nur die bei ihm ex professo eingehenden Vorschläge, sondern konzipierte auch die Personalpolitik. Schon die früher diagnostizierte Kontinuität in der Besetzung der Bischofsstühle, dergemäß eine Vielzahl von Geistlichen, die Pacelli bereits vor 1930 nachweislich als Kandidaten in Erwägung gezogen hatte, nach 1930 tatsächlich die Mitra erhielt (vgl. III.1.3), weist ihn als den ununterbrochenen Taktgeber in dieser Angelegenheit aus. Pius XI. hingegen ließ Pacelli gewähren. Zwar sind aufgrund der Quellensituation Interventionen und Modifikationen des Papstes in und an Pacellis Überlegungen nicht völlig auszuschließen. Doch lässt sich in den untersuchten Fällen kein Beleg dafür finden, dass es zwischen dem „kampffreudige[n]“687 und „unerschrockene[n]“ Ratti auf der einen und dem „vermittelnde[n] und ausgleichende[n]“688 Pacelli auf der anderen Seite Konflikte auf dem Feld des Bischofspersonals gegeben hätte. Stattdessen kristallisieren sich eher Beispiele für eine einvernehmliche Personalpolitik heraus: Zum Beispiel fand die Ernennung Landersdorfers zum Bischof von Passau (1936) die ungeteilte Unterstützung des Papstes, der den Abt persönlich kannte und darauf bestand, dass der Genannte das Bischofsamt akzeptierte. Für die von Pacelli nachdrücklich betriebene Einsetzung Preysings zum Bischof von Eichstätt (1932) war Ratti – zumindest nach Pacellis Aussage – „voreingenommen“689. Und in Gröber sah Pius XI. vor dessen Translation nach Freiburg einen „mit Mut und Umsicht für alles sorgenden Oberhirten“690 (Meißen 1929–31). Hier lässt sich nicht nur ein weiteres Mal ablesen, dass Pacellis Bischofsideal an höchster Stelle geteilt wurde (vgl. III.5.1), sondern auch, dass er es verstand, den Pontifex für seine Favoriten zu gewinnen. Wie weit der Einfluss Pacellis im Extremfall tatsächlich reichte, zeigt signifikant der Meißener Besetzungsfall von 1936/37: Nachdem er von seiner Nordamerikareise zurückgekehrt war, kippte er nicht nur eine wichtige Verfahrensmodalität, sondern auch die Kandidatenwahl, die von Orsenigo erarbeitet, von Pizzardo aufgegriffen und – das ist das Wesentliche – vom Papst bereits approbiert war. Pacelli konnte Pius XI. sogar zur Revision von bereits getroffenen Entscheidungen veranlassen.
Für gewöhnlich ließ Pacelli den Assessor des Heiligen Offiziums erst nach seiner Audienz beim Papst kontaktieren. 686 Vgl.: „Il S. Padre approva la terna …“ Audienznotiz Pacellis vom 29. November 1930, Pagano/Chappin/ Coco (Hg.), fogli, S. 302. 687 Hudal, Tagebücher, S. 118. 688 Leiber, Pacelli, S. 115. 689 Vgl.: „Eletto Mgr Preysing. Scrivere als Barone v. Ritter che il S.P. era già per questo caso voreingenommen [sic, R.H.].“ Audienznotiz Pacellis vom 26. August 1932, S.RR.SS., AA.EE.SS., Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 346, Fol. 49v. 690 Pacelli an Gröber vom 9. Januar 1932 (Entwurf), S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1930–1932, Pos. 601 P.O., Fasz. 111, Fol. 35r. 685
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Trotz seiner starken Position und der Freiheit, die ihm Ratti ließ, agierte Pacelli keineswegs unabhängig oder losgelöst. Er informierte Pius XI. regelmäßig und offenbar über alle wesentlichen Inhalte der Bischofseinsetzungen. Es finden sich sogar auch Spuren, dass der Papst die Wahl der Bischöfe nicht der völligen Beliebigkeit Pacellis überlassen wollte, ungeachtet aller Akzeptanz von dessen Deutschland betreffender Kompetenz. Weil er selbst nicht die nötigen Personalkenntnisse besaß, um die Vorschläge seines „Außenministers“ zu beurteilen, kam es offenbar bisweilen vor, dass er von ihm verlangte, den Nuntius vor Ort zu den Kandidaten zu befragen, sofern das noch nicht erfolgt war (insbesondere zu Beginn von Pacellis Amtszeit zum Beispiel in Meißen 1929–31, Schneidemühl 1930/31 oder Aachen 1930/31). Für gewöhnlich allerdings bezog Pacelli die Nuntien in München und Berlin formal in die Kandidatensondierungen ein. Zum einen verlangte er von beiden Voten über von ihm ins Auge gefasste Bischofsanwärter vor der endgültigen Nominierung. Zum anderen sollte Orsenigo in den preußischen und oberrheinischen Besetzungsfällen, in denen nach konkordatärer Vorgabe Vorschlagslisten eingereicht wurden, Vorsondierungen anstellen. Diese Aufgabe fiel Vassallo in den bayerischen causae nicht zu, weil Pacelli an einer Wertung der Triennallisten in abstracto, also ohne Bezug zu einem konkreten Bischofsstuhl, nicht interessiert war. Die anlässlich der Sedisvakanzen jeweils angefertigte Liste des örtlichen Domkapitels konnte Vassallo nicht beurteilen, da er die Dokumente versiegelt nach Rom weiterreichte, ohne den Inhalt zu kennen. Es handelte sich also nur um die Beurteilung vorgegebener Geistlicher, eigene Kandidatenvorschläge wünschte der Kardinalstaatssekretär weder von Vassallo noch von Orsenigo. Selbst in den Fällen, in denen (noch) kein Konkordat galt oder die Besetzung keine Vorschlagslisten der Ortskirche vorsah, wie etwa bei der Installation von Koadjutoren, verzichtete Pacelli darauf, sich vom zuständigen Nuntius Namen potentieller Bischofsanwärter geben zu lassen (zum Beispiel in Schneidemühl 1930/31, Freiburg 1931/32, Meißen 1932 oder Fulda 1936). Die Suche nach und die Benennung von tauglichen Geistlichen betrachtete Pacelli also prinzipiell als seine eigene Aufgabe. Deshalb kontaktierte er des Öfteren Informanten an den Nuntiaturen vorbei, zum Teil sogar, wenn die befragten Personen direkt vor Ort in Berlin (Schneidemühl 1930/31) und München (Augsburg 1930) waren. Diese allgemeinen Beobachtungen spiegeln sich im konkreten Umgang Pacellis mit Orsenigos Vorsondierungen wider. Nie konnten diese als alles entscheidender Faktor für die Personalentscheidung des Kardinalstaatssekretärs nachgewiesen werden. Es gab keinen besonderen „Kandidaten Orsenigos“, der es auf einen Bischofsstuhl geschafft hätte. Im Gegenteil ignorierte Pacelli durchaus Kleriker, die der Nuntius als am ehesten tauglich deklariert (etwa in Aachen 1930/31) und entschied sich sogar direkt für Personen, die dieser als ungeeignet eingeschätzt hatte (beispielsweise in Münster 1933, Hildesheim 1934, Mainz 1935 und Aachen 1937/38). Jedoch gab es auch Besetzungsfälle, in denen Pacelli mit Orsenigos Wertungen übereinstimmte (zum Beispiel in Meißen 1932 und Berlin 1933/34) oder von diesem positiv herausgestellte Kandidaten 219
III.5 Pacelli und die Kurie
auf die Terna setzte (in Ermland 1930, Berlin 1935 und wiederum Mainz 1935). Die hinsichtlich der Relevanz der Vorschlagslisten und der auf eigene Faust auftretenden Informanten aufgezeigte Schwierigkeit (vgl. III.4) gilt auch hier: Den Einfluss des Nuntius genau zu gewichten, ist kaum möglich, da Pacelli die fraglichen Kandidaten selbst gut kannte und ohnehin für episkopabel erachtete. Da diese Namen außerdem auf den konkordatären Listen standen, brachte sie Orsenigo auch nicht in das Verfahren ein. Das heißt, selbst wenn Pacelli sie nicht schon vorher auf dem Zettel hatte, hätte er sie auf den Vorschlägen von Episkopat und Domkapitel gesehen. Eine unterstützende und hinweisende Funktion nahm der Berliner Nuntius in diesen Einzelfällen also ein, jedoch keine, die Pacellis Entscheidung lenkte oder determinierte. Eine solche konstitutive Partizipation am Sondierungsprozess sah Orsenigo auch gar nicht als seine Aufgabe an. Anders als Pacelli ging er niemals über die Listen von Domkapitel und Epis kopat hinaus, um womöglich weitere Geistliche ins Gespräch zu bringen. Das war selbst dann nicht der Fall, wenn er auf ihnen weniger als drei geeignete Kleriker gefunden hatte, die für die römische Terna infrage kamen (zum Beispiel in Aachen 1937/38). Er hielt sich damit wortgetreu an seine Instruktionen, ohne besondere Eigeninitiative zu entwickeln. Er stellte auch grundsätzlich keine provisorische Dreierliste für die Bischofswahlen auf, die der Kardinalstaatssekretär hätte absegnen können, sondern überließ das Feld der Kandidatenfindung vorbehaltlos seinem Vorgesetzten. Folgerichtig dachte Orsenigo auch nicht daran, eigenständig Namen vorzulegen, wenn Pacelli ihn nicht danach fragte. Ausnahmen waren die Seltenheit, wie etwa im Meißener Fall von 1932, wo der Kardinalstaatssekretär seinen Vorschlag jedoch prompt ignorierte. Von den Konkordatslisten kommentierte Orsenigo nie alle vorgeschlagenen Personen, sondern beschränkte sich regelmäßig auf die mit den meisten Stimmen. Dabei fielen seine biographischen Informationen und charakterlichen Wertungen im Umfang sehr unterschiedlich aus, streng abhängig davon, wie weit seine eigenen Kenntnisse reichten. Wenn ihm diese abgingen, begnügte er sich offenbar mit den vorhandenen, ohne sie durch Recherchen zu ergänzen, sodass ihm mitunter auch Fehler und Ungenauigkeiten unterliefen (wieder etwa im Meißener Fall 1932) oder manches einfach offen blieb: In Aachen (1937/38) beispielsweise beurteilte Orsenigo einen Geistlichen nicht, obwohl es das Stimmenergebnis geboten hätte. Im Berliner Fall von 1935 etwa kümmerte er sich nicht darum, den von NS-Seite gegen Preysing vorgebrachten Ausbildungsmangel an dessen Vita zu verifizieren. Diese Passivität Orsenigos gilt im Wesentlichen ebenso für Vassallo, soweit das auf Basis der wenigen Bischofseinsetzungen beurteilbar ist, an denen er beteiligt war. In Augsburg (1930) und Eichstätt (1932), wo er noch formal das Amt des bayerischen Nuntius bekleidete, brachte er eigenständig keine Kandidatenvorschläge vor oder lieferte zum Teil unsichere Informationen über etwaige Bischofsanwärter, die Pacelli ihm zur Begutachtung vorlegte. Im erstgenannten Fall folgte der Kardinalstaatssekretär immerhin seiner Kandidatenpräferenz, wobei hier wiederum die Frage offen bleibt, ob Vassallos Stimme für Pacelli wirklich entscheidend war, zumal sich in der gleichen 220
III.5 Pacelli und die Kurie
causa zeigte, dass Pacelli strengere Maßstäbe an die Auswahl von Bischofskandidaten anlegte. Im letztgenannten Fall konnte sich der Münchener Nuntius nicht einmal dazu durchringen, aus einer Trias von episcopabili, die er für Pacelli kommentieren sollte, einen als beste Wahl für die päpstliche Nomination herauszugreifen. Wie Orsenigo sprach auch er sich nicht gegen einen Geistlichen aus, den der Kardinalstaatssekretär als ernsthaften Amtsanwärter bestimmt hatte. Lediglich in der zweiten Eichstätter Bischofseinsetzung (1935), als Vassallo noch als „Privatperson“ in München weilte, legte er Pacelli implizit einen Kandidatenwechsel aus politischen Gründen nahe, was jedoch auf taube Ohren stieß. In diesem Verfahren wurde er vom Kardinalstaatssekretär zur Personalfrage schon gar nicht mehr konsultiert.691 Da die meisten Besetzungsfälle auf Verfahrensebene normiert waren, gab es in diesem Bereich wenig Regelungsbedarf für die Nuntien, zumal Pacelli von Rom aus die Weichen gewöhnlich en detail stellte. Hier lässt sich eine gewisse Unzufriedenheit Pacellis über die Amtsführung Vassallos erkennen, der einmal seiner Ansicht nach nicht angemessen auf einen Zeitungsartikel reagierte und dafür aus Pizzardos Feder Tadel erntete (Eichstätt 1932) und ein anderes Mal vom Ärger des Kardinalstaatssekretärs zumindest mitgetroffen wurde, dass einige der bayerischen Triennallisten nicht rechtzeitig fertig waren, worum er sich – als „Privatmann“ vor Ort – hätte kümmern können (Eichstätt 1935). Für Orsenigo ergibt sich im Vergleich zur Kandidatenthematik ein etwas ausgewogeneres Bild: Einerseits stellte er durchaus eigene Überlegungen an, wie etwa in Schneidemühl (1930/31) einen provisorischen Administrator zu installieren, in Aachen (1930/31) die formale Bistumserrichtung hinauszuzögern, um das Kapitelswahlrecht zu umgehen, oder in Münster (1933) für die preußischen Kandidatenlisten eine 15-tägige Eingangsfrist zu etablieren – alles Punkte, die der Kardinalstaatssekretär akzeptierte. Während es sich hierbei eher um weniger bedeutende Verfahrensschritte handelte, arbeitete Orsenigo mit Pacelli eng und entscheidend zusammen, um mit Hilfe zweier Ternen Preysing auf den Berliner Bischofsstuhl (1935) zu bringen. Auf der anderen Seite sieht man bei ihm wiederum eine merkwürdige Teilnahmslosigkeit, zum Beispiel wenn er nicht von selbst hinsichtlich der Hildesheimer Sedisvakanz (1934) tätig oder in Rom vorstellig wurde, sondern erst als Pacelli ihm dies auftrug. In Aachen (1937/38) etwa prognostizierte Orsenigo in seiner Berichterstattung, dass eine erneute Bischofswahl nach der staatlichen Ablehnung des electus zwecklos sei, präsentierte jedoch keine Lösung des Problems. Dass Pacelli ihn aus der Freiburger causa (1931/32) samt der eng damit verwobenen badischen Konkordatsverhandlungen zunächst komplett heraus hielt, schien Orsenigo nicht zu stören. Ein wesentlicher Grund für seinen Ausschluss war freilich struktureller Natur: Von Berlin aus war es schwierig, Da für den Passauer Fall 1936 die vatikanischen Quellen fehlen, lassen sich hier keine fundierten Aussagen treffen.
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fundierte Urteile über die Situation in Freiburg beziehungsweise Baden zu treffen. Deshalb suchte sich der Kardinalstaatssekretär einen Ansprechpartner vor Ort. Dasselbe geschah in Passau (1936): Pacelli bediente sich der Vermittlung Faulhabers, um den Scheyerner Abt zur Annahme des Bischofsstuhls zu bewegen. Allerdings war hier ein erster dahingehender Versuch Orsenigos gescheitert. Von daher kann man in diesem Schritt Pacellis durchaus auch ein Misstrauensvotum gegen die Fähigkeiten des Nuntius sehen. Womöglich schickte er in Freiburg (1931/32) auch aus diesem Grund Kaas anstatt Orsenigo zum Berliner Gespräch mit dem badischen Zentrumsführer Föhr. Auch den Auftrag im Kontext der zweiten Aachener Bischofseinsetzung (1937/38), mit dem Münsteraner Weihbischof Roleff nötige Absprachen zu treffen, führte Orsenigo nicht zu Pacellis Zufriedenheit aus, der sich daher anschließend auf die Mithilfe Galens stützte. Wie schon auf der Kandidatenebene sind also auch im Bereich des Verfahrens Zweifel Pacellis an der Eignung Orsenigos erkennbar. Eine abweichende Haltung zwischen Staatssekretär und Berliner Nuntius lässt sich schließlich im Hinblick auf den Umgang mit der NS-Regierung erkennen. Dass Orsenigo anders als Pacelli kein gelernter Diplomat war,692 ist zum Beispiel daran zu erkennen, dass er gegenüber dem preußischen Ministerialrat Schlüter den Vorwurf des Ausbildungsmangels gegen Preysing erst akzeptierte, wenige Stunden später jedoch widerrief (Berlin 1935).693 Die Lösung solch diplomatischer Probleme nahm Pacelli notfalls von Rom über den deutschen Vatikangesandten selbst in Angriff. Beispielsweise sorgte er mit Nachdruck 1933/34 dafür, dass die Regierung das Nihil obstat für den erwählten Berliner Oberhirten erteilte, was Orsenigo nicht gelungen war (ähnlich auch in Eichstätt 1935). Mit ausdrücklicher Kritik, dass der Nuntius die Regierung nicht zur Einhaltung der Einspruchsfrist oder zur Offenlegung der Ablehnungsgründe bewegen konnte, hielt sich der Kardinalstaatssekretär jedoch zurück. Dafür wusste er zu genau um die Komplexität der politischen Situation. Doch verlangte er von Orsenigo mitunter eine härtere Gangart, wenn seiner Ansicht nach die Freiheit und Rechte der Kirche in Gefahr waren (etwa in Hildesheim 1934). Generell schien der Nuntius konfliktscheuer und vorsichtiger gegenüber dem NS-Regime als Pacelli lieb war. In Mainz (1935) etwa schlug der Nuntius vor, das Domkapitel die Anfrage nach politischen Bedenken vornehmen zu lassen, um Spannungen mit dem Heiligen Stuhl vorzubeugen, der laut Baden- beziehungsweise Reichskonkordat dafür zuständig war. Für Pacelli kam eine solche Abweichung von der zu schützenden Rechtsgrundlage nicht infrage. Auch in der Kandidatenfrage mahnte Orsenigo zu stärkerer Zurückhaltung unter dem Aspekt politischer Opportunität: Das betraf zum Beispiel den Mainzer Dogmatiker Stohr, der ehemals Zentrumsabgeordneter gewesen war und laut Orsenigo daher Schwierigkeiten hinsichtlich des Nihil obstat bekommen würde Vgl. dazu etwa Adolph, Sie sind nicht vergessen, S. 15–60, bes. S. 15f.; Brechenmacher, Bild, S. 300f. Auf einen weiteren diplomatischen Fauxpas Orsenigos im Zusammenhang mit der Feldbischofsernennung weist Heim, Bischöfe, S. 752, hin.
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III.5 Pacelli und die Kurie
(Mainz 1935). Dennoch stellte Pacelli ihn zur Wahl. Das galt etwa auch für den Hildesheimer Professor Algermissen, dessen Nominierung der Nuntius gleich zweimal für inopportun deklarierte. Ungeachtet dessen platzierte ihn Pacelli in Hildesheim (1934) immerhin auf der vorläufigen, in Aachen (1937/38) sogar auf der endgültigen Terna. Diese nachgiebigere Haltung heißt jedoch noch nicht, dass das klassische Bild der Forschung zuträfe, Orsenigo sei ein „zu NS-freundliche[r] Nuntius“694 gewesen, was Thomas Brechenmacher in Zweifel zieht. Obgleich es vor dem Hintergrund, Stohr als inopportun zu qualifizieren, letztlich nicht konsistent war, favorisierte Orsenigo mit Rauch einen offenen NS-Gegner für den Mainzer Bischofsstuhl. Auch Algermissens Kritik an Rosenberg hielt er für aller Ehren wert. In der Debatte über die Einhaltung der staatlichen Einspruchsfrist im Anschluss an die Hildesheimer causa (1934) vertrat er die römische Position mit allem Nachdruck, nachdem Pacelli ihm dies aufgetragen hatte. Es war also keine ideologische Überzeugung, die ihn in den Augen des Kardinalstaatssekretärs zum Teil zu vorsichtig agieren ließ, sondern die Sorge vor einer Verschärfung der Konflikte, die er dann selbst an vorderster Front auszutragen hatte.695 Pacelli hingegen, der die Direktive Konfliktvermeidung durchaus teilte (vgl. III.3.2), schien auf Seiten Orsenigos den ersten Aspekt seiner eigenen politischen Linie des Wechsels von Druck und Nachgiebigkeit zu vermissen. Sowohl Orsenigo als auch Vassallo spielten für die konzeptionelle Seite der Bischofseinsetzungen insgesamt also nur eine sehr untergeordnete Rolle. Das lag zum einen an ihrem überwiegend geringen Engagement in dieser Sache, zumindest gering im Vergleich zu der Art, wie Pacelli das Amt vor ihnen ausgeübt hatte. Vor diesem Hintergrund könnte man sie als „schwache“ Nuntien bezeichnen. Berücksichtigt man allerdings, dass Pacelli keinen durchschnittlichen Typ von Nuntius verkörpert hatte, sondern in ungewöhnlich hohem Maße frei und gestalterisch wirkte, relativiert sich das Urteil. Sie schienen eher ein Amtsverständnis zu besitzen, das weniger die eigene Initiative als vielmehr die ausführende und zuarbeitende Seite in den Vordergrund stellte. Während beispielsweise Nuntius Pacelli bei Bedarf wie selbstverständlich das secretum Sancti Officii ausweitete (Limburg 1929/30), sah sich Nuntius Orsenigo aus Angst vor Indiskretionen nicht befugt, öffentliche Gebete für die Bischofswahl zu konzedieren (Ermland 1930). Zum anderen gestand ihnen Pacelli nicht den Spielraum zu, den er selbst als Nuntius von Gasparri erhalten hatte.696 Vassallo hatte diese Einflussmöglichkeit sogar noch selbst erfahren, als Gasparri ihn an Brechenmacher, Bild, S. 308. Zu einer ähnlich differenzierten Sicht Orsenigos kommt Heim, Bischöfe, S. 756. 696 Insofern trifft das allgemeine Urteil Walter Adolphs für den Bereich der Bischofseinsetzungen zu: „Auch innerkirchliche Entwicklungen beschränkten die Freiheit seines [sc. Orsenigos, R.H.] Handelns. Eugenio Pacelli, zuerst als Kardinalstaatssekretär, später als Papst Pius XII., hielt die Fäden der Kirchenpolitik in Deutschland fest in den Händen.“ Adolph, Sie sind nicht vergessen, S. 17. 694 695
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III.5 Pacelli und die Kurie
lässlich der Besetzung des Bistums Regensburg (1927/28) aufforderte, sich für einen bestimmten Kandidaten zu entscheiden. Dadurch erhielt er wesentlichen Anteil an der Ernennung Buchbergers. Pacelli hingegen nutzte die beiden Nuntien meistens lediglich als Vermittler und Bestätigungsinstanzen, als „Sprachrohr Roms und Berichterstatter“697, nicht als Berater und Ideengeber. Sie waren zwar für die formalen Schritte zuständig, fungierten für Pacelli ansonsten häufig jedoch nur als Ansprechpartner unter anderen in Deutschland. Was Pius XII. später in aller Deutlichkeit über seine Zusammenarbeit mit den kurialen Amtsträgern klarstellte, praktizierte Pacelli bereits als Kardinalstaatssekretär gegenüber den Verantwortlichen im Staatssekretariat und den beiden Nuntien: „Io non voglio collaboratori, ma esecutori“698. Denkbar ist daher auch, dass Orsenigo und Vassallo vor diesem autokratischen Führungsstil Pacellis zurückschreckten und sich deshalb eigenmächtiger Entscheidungen weitgehend enthielten. Alles in allem ergibt sich ein kohärentes Bild der Beziehung Pacellis zum Papst, den Mitarbeitern des Staatsekretariats und den Nuntien: Der Kardinalstaatssekretär zog alle Fäden und stellte sämtliche Weichen in den deutschen Bischofseinsetzungen, sowohl hinsichtlich der Kandidaten als auch der Verfahrensabläufe. Obwohl sich mit Pacellis Amtsantritt keine gravierenden Veränderungen im formalen innerkurialen Behördengang ausmachen lassen, war der Prozess der Entscheidungsfindung im Vergleich zur Ära Gasparri doch völlig verschieden. Dieser hatte die Erledigungen der Sedisvakanzen nicht initiiert, nicht eigenständig Gutachten eingeholt und schon gar keine Kandidaten vorgegeben. Ungeachtet der jurisdiktionell-hierarchischen Strukturen war die Schaltzentrale vor 1930 München respektive Berlin, nach 1930 Rom – jeweils in der Person Pacellis.699 An dieser gravierenden Verschiebung innerhalb der Abläufe wird erkennbar, wie wenig systematisiert der kuriale Apparat funktionierte und wie viel von den einzelnen Protagonisten abhing. Es gab kein festes Verfahren, mit den eingereichten Vorschlagslisten umzugehen oder kein formalisiertes Prozedere, um Bischofskandidaten zu eruieren. Die Entscheidungsfindung war auf Papst und Staatssekretär zugeschnitten. Letzterer konnte sein Amt, wie Gasparri es tat, mit einem größeren Zug Subsidiarität versehen, indem er die konzeptionelle
Brechenmacher, Bild, S. 305. Tardini, Pio XII, S. 79. 699 Die sich anschließende Frage, welchen Einfluss Pacelli seit 1939 als Papst auf die Bischofseinsetzungen in Deutschland nahm, kann letztlich erst entschieden werden, wenn die vatikanischen Unterlagen aus seinem Pontifikat ausgewertet sind. Von den Ergebnissen dieser Untersuchung ausgehend lässt sich vermuten, dass er die Entscheidungskompetenzen nicht aus der Hand gab. Tatsächlich lassen sich Verbindungslinien ziehen, etwa in der Kandidatenfrage: Man denke insbesondere an Wendelin Rauch, den Pacelli in den 1930er Jahren dreimal als Bischofsanwärter in Betracht zog. 1946 wurde Rauch schließlich vom Freiburger Metropolitankapitel zum Erzbischof gewählt. Die Annahme liegt nahe, dass Pius XII. ihn auf der Freiburger Terna platzierte. 697 698
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III.5 Pacelli und die Kurie
Kompetenz (meistens) an den Nuntius abtrat, oder wie Pacelli stärker autokratisch interpretieren. Bei beiden jedoch kam den weiteren kurialen Beteiligten nur untergeordnete Bedeutung zu – eine Entwicklung, die der „streng zentralistisch“700 regierende Pius XII. später noch weiter vorantreiben sollte.701 Die AES konferierte nur in der Frühphase der 1920er Jahre im Kontext der Konkordatsverhandlungen und des wegweisenden Kölner Falls (1919/20). Das Heilige Offizium war für den gesamten Untersuchungszeitraum völlig unerheblich. Lediglich ein einziges Mal, in Mainz (1935), winkte sie einen Bischofskandidaten nicht kommentarlos durch: Eine Notiz in ihren Unterlagen stellte einen gewissen Stohr unter Modernismusverdacht. Sie hatte jedoch keinerlei zusätzliche Informationen und konnte den Inkriminierten nicht einmal mit dem Mainzer Professor, der für den Bischofsstuhl ins Auge gefasst war, identifizieren. Deshalb ignorierte Pacelli den Vorwurf, nachdem Unterlagen aus der Studienkongregation ein günstiges Bild über den Genannten gezeichnet hatten. In sämtlichen anderen Fällen machte das Heilige Offizium nicht die geringste Anmerkung zu den Bischofsaspiranten, die der Sekretär oder Untersekretär der AES zur Prüfung vorlegte. Es handelte sich hierbei de facto also um einen rein formalen Akt, den man im Staatssekretariat beziehungsweise der AES auch genauso interpretierte. Das lässt sich unter anderem daran ablesen, dass die Anfrage in manchen Fällen zu spät erfolgte, um mögliche Einwände noch berücksichtigen zu können (zum Beispiel in Meißen 1929–31, Berlin 1935 oder Fulda 1936) oder sogar gänzlich unterblieb, was gerade dann passierte, wenn der Papst selbst eine klare Verfahrensoder Personalentscheidung getroffen hatte (wie in Trier 1921/22).702 Dass das Heilige Offizium grundsätzlich keine negativen Akteneinträge über die Amtsanwärter vorweisen konnte, lag unter anderem daran, dass die Orthodoxie des Kandidaten bereits in den vorangehenden Sondierungen von Nuntius und Staatssekretär untersucht wurde. Dies machte es faktisch überflüssig, die Glaubensbehörde zu involvieren, wenn es auch als verfahrenstechnische Absicherung sinnvoll erscheinen mochte. Ähnlich erging es dem klassischen Instrument der Kandidatenprüfung, dem Informativprozess.703 Dieser sollte vor der päpstlichen Approbation der Amtsübernahme eines nominierten, gewählten oder postulierten Geistlichen die Rechtmäßigkeit der Kandidatenfindung und die Dignität des Amtsanwärters überprüfen. Im Kern bestand der Prozess daher aus der notariell beglaubigten Befragung von zwei oder mehr Zeugen über den Kandidaten und die Diözese nach
Schwaiger, Papsttum, S. 301. Vgl. Bd. 4, Kap. III.2.2 Anm. 624. 702 Grundsätzlich wurde das Nihil obstat niemals für Kandidaten eingeholt, die bereits zum Bischof ordiniert waren (wie in Köln 1919/20, Regensburg 1927/28, Berlin 1929/30, Freiburg 1931/32, Berlin 1933/ 34, Hildesheim 1934 und Berlin 1935). 703 Vgl. zum Informativprozess Bd. 1, Kap. I.6 Anm. 109. 700 701
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III.5 Pacelli und die Kurie
entsprechend schematisierten Fragebögen.704 Während diese Unterlagen der Theorie nach in Rom geprüft werden und eigentlich die Grundlage für die päpstliche Bestätigung bilden sollten (Definitivprozess), war der Informativprozess im hiesigen Untersuchungszeitraum tatsächlich nur lästiger Ballast, der jeden Sinn verloren hatte. Keinen der fünf Prozesse, die zwischen 1919 und 1924 durchgeführt wurden, nahm Pacelli persönlich vor.705 Stattdessen subdelegierte er sie an Weih- und Nachbarbischöfe. Die Unterlagen waren grundsätzlich völlig unerheblich für die Personalentscheidung respektive die päpstliche Bestätigung der Kandidaten. Im Gegenteil hatten diese regelmäßig nicht nur das Plazet des Pontifex schon längst erhalten, bevor der Informativprozess abgeschlossen war und die Akten den Heiligen Stuhl erreichten, sondern das Plazet war bereits nach außen hin kommuniziert worden (vor allem in Meißen 1920/21, Mainz 1920/21 und Trier 1921/22). Eine Revision der Entscheidung auf Basis der Prozessunterlagen wäre also ohne Gesichtsverlust nicht mehr möglich gewesen. Als Pacelli in Freiburg (1920) den Auftrag erhielt, den kanonischen Prozess durchzuführen, wies er dies mit dem Hinweis zurück, dass er schon längst Gutachten über den gewählten Bischof gesammelt hatte. Die Beschaffung der relevanten Informationen und die päpstliche Bestätigung waren also vom eigentlichen, klassischen Informativprozess getrennt. Dieser bildete letztlich nur noch ein inhaltsleeres, formales Appendix des Verfahrens.706 Die nötigen Informationen sammelte der Nuntius gewissermaßen „entformalisiert“ in Recherchen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Ansprüche zugespitzt waren. Die alte Form der Fragebögen, die – wie Heribert Raab zu Recht bemerkte – nur zu einem oberflächlichen Bild des Promovenden führte,707 hatte sich genauso überlebt wie der Prozess als formal-kanonisches Gebilde direkt vor der päpstlichen Bestätigung. Erst recht, wenn der Heilige Stuhl den Bischof ernannte, wie im CIC vorgesehen und im Bayernkonkordat angewandt, oder eine Terna zur Bischofswahl auf Vgl. die Fragebögen aus den Akten des Paderborner und Freiburger Informativprozesses von 1920 ANB 21, Fasz. 4, Fol. 2r–43r, hier 4r/5r und 26r/27r. Die Fragebögen waren noch identisch mit denen, die zum Beispiel im Prozess anlässlich der Wahl Ferdinands von Fürstenberg zum Bischof von Paderborn 1661 benutzt wurden. Diese sind abgedruckt bei Richter, Informativprozeß, S. 50–72. Zum Prozess gehörten außerdem Beglaubigungen, dass der Kandidat die Sakramente rechtmäßig empfangen sowie die Professio fidei beziehungsweise den Antimodernisteneid abgelegt hatte. 705 In Köln wurde vom Prozess dispensiert, sodass nur Paderborn, Freiburg, Meißen, Mainz und Trier übrig blieben. Den Prozess zur Translation Faulhabers nach München 1917 hatte Pacelli freilich noch selbst abgewickelt. Vgl. Pacelli an Gasparri vom 13. Juli 1917, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1917–1918, Pos. 35, Fasz. 34, Fol. 2r. 706 Das ergibt sich bereits aus der angedeuteten Weisung Gasparris in Freiburg: Pacelli erhielt den Auftrag, Informationen über den vom Domkapitel gewählten Kandidaten einzuholen. Sollten diese günstig ausfallen, konnte er dem Kapitel die päpstliche Bestätigung der Wahl kommunizieren. Dann sollte er schließlich noch den kanonischen Prozess durchführen. Vgl. Gasparri an Pacelli vom 23. September 1920, ASV, ANB 47, Fasz. 1, Fol. 31r. 707 Vgl. Raab, Informativprozeß, S. 106. 704
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III.5 Pacelli und die Kurie
stellte, wie im Preußen- und Badenkonkordat festgelegt, war es überflüssig, die Tauglichkeit des Kandidaten vor der abschließenden Bestätigung noch einmal zu prüfen. Die entscheidenden Sondierungen mussten vorher stattfinden. Deshalb war es letztlich folgerichtig, dass die Konsistorialkongregation 1924 die „feierliche Befragung der zwei Zeugen“ und damit wie gesagt den Kern des alten Informativprozesses als „überflüssig“708 abschaffte.709 Der erste Besetzungsfall, in dem dieses Prozedere nicht mehr abgewickelt wurde, war die causa Würzburg (1920–24). Danach verlieren sich sämtliche Spuren des kanonischen Prozesses in den vatikanischen Quellen zu den Bischofseinsetzungen.710 Die alte Zeugenbefragung wurde ersetzt durch die freie Informationsbeschaffung des Nuntius oder zum Teil auch – im Falle Pacellis – des Kardinalstaatssekretärs.711 Die Unterlagen des Informativprozesses zu prüfen, wäre Aufgabe der Konsistorialkongregation gewesen, die formal die Bischofseinsetzungen abwickelte. Für die deutschen Bistumsbesetzungen war allerdings die AES zuständig (Can. 255 CIC 1917), wobei die Angelegenheit faktisch nur innerhalb der Trias Nuntius, Kardinalstaatssekretär und Papst entschieden wurde. Die Konsistorialkongregation wurde innerhalb des Besetzungsverfahrens von Seiten der AES, für gewöhnlich vom Sekretär, lediglich zu dem Zweck konsultiert, die Ernennungsbullen für den vom Papst bestätigten Kandidaten auszustellen, was sie im Vernehmen mit der Apostolischen Kanzlei besorgte. Ihre Beteiligung war also ausschließlich formaler Natur. Einfluss auf die Entscheidungsfindung nahm sie nie. Vgl.: „Sed, mutatis temporis adiunctis, et ad promovendorum idoneitatem et dignitatem agnoscendam suffecta praevia inquisitione secreta, solemnis duorum testium interrogatio, iuxta antiquas Constitutiones praescripta, supervacanea visa est; ideoque ex variis Summorum Pontificum decretis pluribus in locis abolita fuit … Ssmus D. N. Pius PP. XI, praesenti Sacrae Congregationis Consistorialis decreto, statuit, ut, … vetus duorum testium interrogatio, quam in sua Instructione particolari, die 15 maii 1591, Urbanus PP. VIII statuit, cesset nec amplius locum habeat.“ Dekret „De processu inquisitionum circa promovendos ad episcopatum“ der Konsistorialkongregation vom 29. Februar 1924, in: AAS 16 (1924), S. 160f., hier 161. 709 In gewisser Weise wurde hier die Konsequenz aus dem Urteil gezogen, das Paul Hinschius schon Ende des 19. Jahrhunderts fällte: „Nothwendig ist der Informativprocess nicht. … Das Verfahren hat den Zweck, die nöthigen Unterlagen für das Urtheil des Papstes zu beschaffen. Erachtet sich derselbe aber auf andere Weise genügend informirt, worüber selbstverständlich jede Kognition ausgeschlossen bleibt, so bedarf es weiterer Ermittlungen nicht.“ Hinschius, Kirchenrecht 2, S. 674. 710 Vassallo hatte von der Derogation übrigens zunächst keine Kenntnis genommen, sodass er im Kontext der Besetzung des Bistums Regensburg (1927/28) eine entsprechende Anfrage beim Heiligen Stuhl stellen musste. 711 Papst Paul VI. schrieb in seinem Motu proprio Sollicitudo omnium Ecclesiarum vom 24. Juni 1969 im Prinzip dasselbe vor, wenn er den päpstlichen Legaten im Rahmen des Informativprozesses auftrug, „frei und mit gebührender Vorsicht Geistliche wie auch kluge Laien, die ihm zu nützlicher und vertrauenswürdiger Auskunft geeignet erscheinen, um ihre Ansicht [zu] bitten“ (Nr. VI, 2 a), Übersetzung zitiert nach Akten Papst Paul VI., S. 59. 708
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III.6 Fazit III.6 Fazit
III.6 Fazit Die Kernpunkte, die sich aus der Zusammenschau der Bischofseinsetzungen für Pacellis Handeln ergeben, lassen sich thesenartig zusammenfassen: 1) Die vatikanische Bischofspolitik in Deutschland zwischen 1919 und 1939 war beinahe ausschließlich von Pacelli bestimmt. Er konzipierte die Strategien zur Besetzung der Bischofsstühle, entwickelte die Besetzungsmodi in den Konkordaten und gab die Kandidaten vor. Das Jahr seines Amtswechsels 1930 erbrachte hierin keine Veränderung: Agierte Pacelli als Nuntius in konzeptioneller Hinsicht wie ein Kardinalstaatssekretär, führte er als Kardinalstaatssekretär die Zügel so eng wie ein Nuntius vor Ort. Die naheliegende Vermutung, dass sich diese Linie im Pontifikat Piusʼ XII. fortsetzte, wird künftig an den vatikanischen Quellen aus diesem Zeitraum zu prüfen sein. 2) Für sein Wirken erhielt Nuntius Pacelli von Benedikt XV., Pius XI. und Gasparri fast vollständig freie Hand. In einer gesteuerten Berichterstattung vertrat er seine Vorstellungen geschickt und effektiv. Während über das Bischofsideal Einvernehmen herrschte, ergaben sich in seltenen Fällen Konflikte auf dem Feld der Diplomatie. In Rom begegnete man einigen Zugeständnissen, die Pacelli dem Staat aus konkordatspolitischen Motiven machte, mit Unverständnis. 3) Zwischen dem „mäßigenden“ Kardinalstaatssekretär Pacelli und dem „impulsiven“ Pius XI. gab es in der Bischofspolitik keine nennenswerten Meinungsverschiedenheiten. Der Pontifex winkte die Personalentscheidungen seines „Deutschland-Experten“ regelmäßig durch. Pacelli agierte autokratisch und gestand weder den Mitarbeitern im Staatssekretariat noch den Nuntien Orsenigo und Vassallo einen konstitutiven Anteil am Prozess der Entscheidungsfindung zu. 4) Pacellis Bild eines idealen Bischofs, an dem er in den 20 Jahren konsequent festhielt, war das eines Hirten, der die römischen Instruktionen zur Reform der Priesterausbildung entschieden umsetzte. Kandidaten dieser Qualität mit den politischen Opportunitäten und den Erfordernissen der vakanten Diözese in Einklang zu bringen, war das Ziel seiner Sondierungen. Auf den letzten Aspekt konnte er verzichten, wenn nicht alles zu erreichen war. 5) Die deutschen Domkapitel betrachtete Pacelli äußerst abschätzig, da er in ihnen Karrierismus und mangelnde Anhänglichkeit an den Heiligen Stuhl erkannte. Weil er den Domherren absprach, die Relevanz der römischen Instruktionen zur Priesterausbildung begriffen zu haben, sah er sie auch nicht in der Lage, die richtigen Bischöfe zu wählen. Ein freies Kapitelswahlrecht war daher seiner Ansicht nach unbedingt zu verhindern. Folgerichtig waren ihm auch sämtliche Kandidatenvoten der Kanoniker nahezu gleichgültig. 6) Ein eingeschränktes Kapitelswahlrecht, bei dem der Heilige Stuhl den maßgeblichen Einfluss ausübte, unterstützte Pacelli beinahe von Beginn an in den Konkordatsverhandlungen mit Preußen (und Baden). Dieses Modell, das dem Geist des CIC entsprach, setzte er gegen Gasparris 228
III.6 Fazit
Absicht durch, weil es für ihn ein wichtiger Baustein für einen erfolgreichen Abschluss der Konkordatsverhandlungen war. 7) Um passende Kandidaten zu finden, vertraute Pacelli vor allem auf sein eigenes Urteil. Deshalb war die persönliche Kenntnis der Geistlichen ein wesentlicher Faktor in seinen Personalsondierungen. Nur wenige Kleriker, die er nicht aus eigener Anschauung einschätzen konnte, schafften es auf einen Bischofsstuhl. 8) Der rechtlichen Verbindlichkeit der bayerischen Triennallisten wurde Pacelli gerecht. Die preußischen Vorschlagslisten „würdigte“ er hingegen nur, insoweit er auf ihnen seine gewünschten Kandidaten wiederfand. Mehrheitsvoten des Episkopats waren für seine Personalentscheidungen nicht maßgeblich. Entscheidender waren ihm informelle Gutachten, die er vorzugsweise bei Jesuiten oder vereinzelten Bischöfen einholte. Eine wesentliche Rolle spielte außerdem sein Berater Kaas. Ein festes Informantennetzwerk für die Besetzung der Bischofsstühle besaß Pacelli indes nicht. 9) Bewusst ließ Pacelli die Fortgeltung der alten Rechtsgrundlagen nach der WRV in der Schwebe, um einerseits den Staat nicht aus seinen bisherigen Verpflichtungen zu entlassen und andererseits die günstigen Freiheiten der Kirchenartikel in neuen Staatskirchenverträgen abzusichern. Die Bischofseinsetzungen der 1920er Jahre ordnete er vollständig auf seine Konkordatspolitik hin und benutzte sie als Druckmittel und Katalysatoren. 10) Konfliktvermeidung war Pacellis oberste Direktive im Umgang mit dem Staat. Nachgiebigkeit und Verzicht auf eigene Rechtsansprüche sollten den erfolgreichen Abschluss von Konkordaten in der Weimarer Republik ermöglichen und das kirchlich-seelsorgliche Leben im Dritten Reich schützen. Drohte jedoch die kirchliche Autonomie in der Ämterbesetzung eingeschränkt zu werden, schreckte er vor Auseinandersetzungen nicht zurück. Nur in Extremfällen machte er Konzessionen auf Kosten der Ideale und dann nur in teleologischer Ausrichtung auf ihre künftige Durchsetzung. 11) „Faccia amare Roma“ – Sorgen Sie immer dafür, dass man Rom liebt.712 Diese Maxime, die er seinem Sekretär Gehrmann ins Stammbuch schrieb, war für Pacelli in jedem Aspekt der Besetzungsfälle bestimmend: Die Bischöfe sollten die römischen Vorgaben umsetzen, die korrekte römische Theologie studiert haben und dem Heiligen Stuhl mit hoher Anhänglichkeit gegenüber stehen; den römischen Einfluss auf die Besetzung der Bischofsstühle dehnte er nicht nur normativ in den Konkordaten, sondern auch in der Anwendung der Normen umfassend aus; gegenüber dem Staat versuchte er den Heiligen Stuhl immer schadlos zu halten und antirömischen Ressentiments vorzubeugen; seine bevorzugten Informanten waren die Rom ergebenen Jesuiten; er war In Anlehnung an die Darstellung von Kraus, Sekretär, S. 175 formuliert, der Pacelli mit den Worten zitiert: „Faccia lʼamare Roma, sorgen Sie immer, daß man Rom lieb gewinnt!“ Vgl. auch Hamers, Beziehungen, S. 140; Morsey, Eugenio Pacelli, S. 105; Preuschoff, Gehrmann, S. 51.
712
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III.6 Fazit
bestrebt, alle wesentlichen Befugnisse und alle Entscheidungen beim Heiligen Stuhl zu zentralisieren. – Der Heilige Stuhl allerdings war meistens faktisch niemand anders als er selbst. 12) Die Grundhaltung bei aller Festigkeit im Kern flexibel anzuwenden war das Prinzip des Handelns Pacellis: Er musste nicht zwingend Germaniker als Bischöfe einsetzen, um seinem römischen Ideal zu entsprechen; er musste nicht zwingend eine freie päpstliche Ernennung der Oberhirten durchsetzen, um dem Heiligen Stuhl den bestimmenden Einfluss zu sichern; er musste nicht zwingend in der Öffentlichkeit profilierte NS-Gegner auswählen, um grundsatzfeste Bischöfe zu installieren. Ideal und Realpolitik in hohem Maße zu synthetisieren, ist das Kennzeichen von Pacellis Bischofspolitik.
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Quellen- und Literaturverzeichnis Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis Vatikanische Quellen Archivio Segreto Vaticano [ASV] Archivio della Nunziatura di Berlino [ANB] Busta 2, Fasz. 2 Busta 11, Fasz. 1 Busta 21, Fasz. 4 Busta 37, Fasz. 5 Busta 39, Fasz. 4 Busta 42, Fasz. 6 Busta 44, Fasz. 2 Busta 46, Fasz. 3, 4 Busta 47, Fasz. 1 Busta 48, Fasz. 3, 4, 5, 8 Busta 49, Fasz. 1, 3 Busta 50, Fasz. 4, 6, 7 Busta 51, Fasz. 1, 2 Busta 52, Fasz. 1, 2 Busta 53, Fasz. 2 Busta 54, Fasz. 1, 2, 3 231
Quellen- und Literaturverzeichnis
Busta 57, Fasz. 1 Busta 59, Fasz. 1 Busta 61, Fasz. 16 Busta 67, Fasz. 2, 5 Busta 68, Fasz. 3 Busta 74, Fasz. 1 Busta 78, Fasz. 1 Busta 79, Fasz. 1 Busta 80, Fasz. 1 Busta 82, Fasz. 2 Busta 83, Fasz. 3, 4 Busta 84, Fasz. 1 Busta 85, Fasz. 3 Busta 87, Fasz. 4 Busta 90, Fasz. 1 Busta 102, Fasz. 1, 2, 3, 4, 5
Archivio della Nunziatura di Monaco [ANM] Busta 257, Fasz. 10 Busta 346, Fasz. 6 Busta 351, Fasz. 1, 3 Busta 375, Fasz. 1 Busta 396, Fasz. 8 Busta 398, Fasz. unico Busta 399, Fasz. 1 Busta 400, Fasz. 1, 2, 3 232
Quellen- und Literaturverzeichnis
Busta 401, Fasz. 1, 2, 8, 9 Busta 402, Fasz. 2 Busta 406, Fasz. 1 Busta 430, Fasz. 2, 4 Busta 431, Fasz. 2
Cancelleria Apostolica [Canc. Ap.] Regesta Litterarum Apostolicarum [Regesta Litt. Ap.], XX 7
Segreteria di Stato [Segr. Stato] Anno 1918, Rubr. 255, Fasz. 1 Anno 1919, Rubr. 255, Fasz. 2 Anno 1920, Rubr. 255, Fasz. 1, 3 Anno 1921, Rubr. 245, Fasz. unico Anno 1921, Rubr. 255, Fasz. 1, 2, 4, 6 Anno 1922, Rubr. 10, Fasz. 2 Anno 1923, Rubr. 79, Fasz. 3 Anno 1925, Rubr. 88, Fasz. 1 Anno 1926, Rubr. 88, Fasz. 1 Anno 1927, Rubr. 79, Fasz. 2 Anno 1928, Rubr. 88, Fasz. 1 Anno 1928, Rubr. 248, Fasz. 3 Anno 1930, Rubr. 6, Fasz. 9
233
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Segreteria di Stato, Guerra (parte moderna, 1914–1918) [Segr. Stato, Guerra, 1914–1918] Rubr. 244, Fasz. 141 Rubr. 244, Fasz. 142 Rubr. 244, Fasz. 144,2 Rubr. 244, Fasz. 362,2
Segreteria di Stato, Sezione per i Rapporti con gli Stati, Archivio Storico [S.RR.SS.] Congregazione degli Affari Ecclesiastici Straordinari [AA.EE.SS.] Baviera, 1917–1918, Pos. 35, Fasz. 34 Baviera, 1918–1920, Pos. 59, Fasz. 39 Baviera, 1918–1920, Pos. 60, Fasz. 39 Baviera, 1918–1920, Pos. 62, Fasz. 40 Baviera, 1918–1922, Pos. 68, Fasz. 45 Baviera, 1918–1922, Pos. 72, Vol. I Baviera, 1922–1928, Pos. 72, Vol. II Baviera, 1918–1922, Pos. 72, Vol. III Baviera, 1922–1928, Pos. 72, Vol. IV Baviera, 1922–1927, Pos. 153, Fasz. 4 Baviera, 1922–1927, Pos. 155, Fasz. 4 Baviera, 1924–1940, Pos. 159 P.O., Fasz. 5 Baviera, 1925–1926, Pos. 164 P.O., Fasz. 13 Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, 15, 16 Baviera, 1927, Pos. 172 P.O., Fasz. 21 234
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Baviera, 1930, Pos. 176 P.O., Fasz. 23 Baviera, 1932–1934, Pos. 185 P.O., Fasz. 31 Baviera, 1935, Pos. 197 P.O., Fasz. 39 Germania, 1919–1920, Pos. 1693, Fasz. 885 Germania, 1919–1921, Pos. 1698, Fasz. 889, 890 Germania, 1920, Pos. 1702, Fasz. 893 Germania, 1920, Pos. 1708, Fasz. 894 Germania, 1920, Pos. 1710, Fasz. 895 Germania, 1920, Pos. 1712, Fasz. 895 Germania, 1919–1922, Pos. 1718, Fasz. 897, 898 Germania, 1920–1921, Pos. 1725, Fasz. 905 Germania, 1920, Pos. 1726, Fasz. 906 Germania, 1920–1921, Pos. 1728, Fasz. 906 Germania, 1919–1921, Pos. 1737, Fasz. 910 Germania, 1921–1931, Pos. 505 P.O., Fasz. 14 Germania, 1921–1925, Pos. 507 P.O., Fasz. 16, 17 Germania, 1922–1936, Pos. 509 P.O., Fasz. 18 Germania, 1922–1930, Pos. 511 P.O., Fasz. 22, 24 Germania, 1922–1926, Pos. 514 P.O., Fasz. 25 Germania, 1922–1933, Pos. 523 P.O., Fasz. 33 Germania, 1922–1932, Pos. 526 P.O., Fasz. 51 Germania, 1923–1935, Pos. 529 P.O., Fasz. 56 Germania, 1924–1930, Pos. 550 P.O., Fasz. 71 Germania, 1925–1932, Pos. 558 P.O., Fasz. 76 Germania, 1925–1932, Pos. 559 P.O., Fasz. 76 Germania, 1925–1933, Pos. 563 P.O., Fasz. 79, 80 235
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Pontificia Commissione Pro Russia, 1921–1931, Pos. 12, Fasz. 80 Pontificia Commissione Pro Russia, 1921–1924, Pos. 80, Fasz. 401, 402
Russia, 1924–1925, Pos. 659, Fasz. 42
Sessiones, 1919–1920, Sessio 1230, Vol. 73, Stampa 1069 Sessiones, 1922, Sessio 1250, Vol. 30, Stampa 1092 Sessiones, 1922, Sessio 1255, Vol. 30, Stampa 1097 Sessiones, 1923, Sessio 1261, Vol. 77, Stampa 1104 Sessiones, 1926, Sessio 1289, Vol. 80, Stampa 1152
Stati Ecclesiastici, 1919–1922, Pos. 1470, Fasz. 612 Stati Ecclesiastici, 1930–1938, Pos. 430a P.O., Fasz. 341, 345, 346, 348, 349, 350, 351, 352, 353
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Anhang Anhang
Anhang 1. Dokumente und Kandidatenlisten 1.1 Die Ausführungsdekrete vom 4. April 1926 zum Listenverfahren von Artikel 14 § 1 des bayerischen Konkordats von 1924 1) Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium per Episcopos Bavaricos pro Dioecesibus Bavariae quolibet triennio.713 Summam semper sollicitudinem habuit Ecclesia in Episcopis eligendis, a quibus maxima ex parte profectus catholicae religionis et incrementum fidei pendet. Haec ipsa ratio Sanctissimum Dominum Bendictum XV s. m. permovit ad novam electionis methodum, de consulto Eṁorum Sacrae Consistorialis Congregationis Patrum, statuendam in Foederatis Americae Statibus, quae uberes fructus iam edidit. Idem factum est in regione Canadensi, Scotica, Brasiliana, Mexicana et in Polonia. Anno denique 1924 Sanctissimus Dominus Noster Pius Papa XI et Status Bavaricus, desiderio adducti ordinandi denuo, modo stabili et mutatis temporum adiunctis aptato, conditionem Ecclesiae catholicae in Bavaria, consilium inierunt, sollemnem Conventionem paciscendi. Providetur iam art. 14 praedicti Concordati electioni evehendorum ad sedes episcopales vacantes hoc modo, ut suggerantur Sanctae Sedi ad liberam electionem tres elenchi proponendorum virorum, et quidem: I. Index quolibet triennio per Episcopos residentiales Bavariae componendus; II. Index quolibet triennio per unumquodque Capitulum cathedrale Bavaricum componendus; III. Index sede aliqua vacante per respectivum Capitulum cathedrale Bavaricum componendus. [2] Vgl. „Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium per Episcopos Bavaricos pro Dioecesibus Bavariae quolibet triennio“ vom 4. April 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Sessiones, 1926, Sessio 1289, Vol. 80, Stampa 1152, 5a, [6 Seiten] sowie ASV, ANM 415, Fasz. 3, Fol. 2r–4v. Dieses Dekret ist zudem publiziert bei Haering/Pimmer-Jüsten/Rehak (Hg.), Statuten, 457–461.
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Quod attinet ad indicem pro eligendorum Episcoporum propositione quolibet triennio per Episcopos Bavariae conficiendum, Sanctissimus Dominus Noster Pius XI, de consulto Eminentissimorum Patrum Sacrae Congregationis Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositae, statuit et praesenti Decreto huius Apostolicae Nuntiaturae praescribit, ut in posterum ratio agendi iuxta leges, quae sequuntur, adhibeatur et vigeat. 1. Ad proponendos Apostolicae Sedi sacerdotes ad episcopale munus idoneos unus conventus omnium Episcoporum Bavariae fiet tempore et modo infra assignatis. 2. Quolibet triennio, sub initium Quadragesimae, omnes et singuli residentiales Episcopi Bavariae iuxta modum infra statutum illi Metropolitano, qui Praeses erit conventus, de quo infra sub numero 8, vel, utraque sede metropolitana bavarica vacante, Episcoporum Bavariae tunc temporis Decano, sacerdotum nomina scripto mittent, quos dignos episcopali ministerio existimabunt. Nil autem obstat, quominus sacerdotes alius etiam dioecesis aut provinciae Bavariae aut ulterioris Germaniae, etiamsi extra Bavariae vel Germaniae fines degant, proponantur. Sub gravi tamen exigitur ut qui proponitur, personaliter ex diuturna conversatione a proponente cognitus sit. 3. Episcopi indicem proponendorum conficientes una cum nomine candidati, aetatem quoque, quoad eis fieri potest, designabunt, locum nativitatis et praesens domicilium, atque officium quo praecipue fungitur. 4. Antequam determinent, quem proponant, Episcopi poterunt a proprio Auxiliari non Suffraganeo, si quem habeant, et ab aliis viris prudentioribus, necessarias notitias requirere, ita tamen, ut finis huius in-[3]quisitionis omnino lateat. Notitias vero, quas seu viva voce seu scriptis receperint, nemini patefaciant, nisi forte in Episcoporum conventu, de quo inferius sub n. 8 et sequentibus. 5. Nomina, quae Episcopi iuxta n. 2 huius decreti proponent, nulli alii praeterquam conventus Praesidi, manifestent. 6. Praeses, receptis ab Episcopis candidatorum propositionibus, suas adiiciat: omnium indicem ordine alphabetico conficiat et, reticitis proponentibus, hanc notulam transmittat singulis Antistitibus, ut hi opportunas investigationes peragere valeant de qualitatibus eorum quos personaliter et certa scientia non cognitos habeant. 7. Investigationes eiusmodi maxima secreti cautela peragendae erunt, ut supra n. 5 dictum est. Quodsi verendum sit, ne res palam fiat, ab ulterioribus inquisitionibus abstinendum. 8. Die et loco a Praeside determinandis, omnes memorati Episcopi conveniant ad seligendos eos, qui Sanctae Sedi ad episcopale ministerium proponi debeant, ita tamen ut suspicio et fama quaelibet, praesertim per diaria et ephemerides oboriens et omne curiositatis studium vitetur. Cum autem Episcopi Bavariae quolibet anno convenire soleant, ut votum fidelis obsequii erga Sanctam Sedem renovent et quaestiones religiosas gregibus sibi commissis communes pertractent, praedicta occasione, triennio elapso, ad implenda ea, quae relate ad propositionem candi319
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datorum ad ministerium episcopale peragenda sunt, uti fas eis esto; attamen in sessione speciali eaque secreta, adstantibus solum episcopis residentialibus. [4] 9. In conventu, invocato divino auxilio, dandum erit a singulis, Praeside non excepto, tacto pectore ad mentem canonis 1622 § 1), iusiurandum de secreto servando, ut sacratius fiat vinculum, quo omnes adstringuntur. Postea praesens decretum legendum erit. 10. Deinde unus ex Episcopis praesentibus in Secretarium ab omnibus per secreta suffragia. 11. His peractis, ad disceptationem procedatur, ut inter tam multos exhibitos digniores et aptiores seligantur. Id tamen veluti Christo praesente et sub eius obtutu fiet, omni humana consideratione postposita, cum discretione et caritate, supremo Ecclesiae bono divinaque gloria et animarum salute unice ob oculos habitis. 12. Candidati maturae sed non nimium provectae aetatis esse debent; prudentia praediti in agendis rebus, quae sit ex ministeriorum exercitio comprobata; sanissima et non communi exornati doctrina, eaque cum debita erga Apostolicam Sedem devotione coniuncta; maxime autem honestate vitae et pietate insignes. Attendendum insuper erit ad sollertiam candidatorum in temporalibus bonis administrandis, ad conditionem eorum familiarem, ad indolem et valetudinem. Uno verbo, videndum, num omnibus iis qualitatibus polleant, quae in optimo pastore requiruntur, ut cum fructu et aedificatione populum Dei regere queant. Nec proponantur, qui insuper non habeant eas qualitates quae in art. 13 Concordati supponuntur. 13. Discussione peracta, fiet hac ratione scrutinium: a. Qui omnium Episcoporum sententia, quavis demum de causa, visi fuerint in disceptatione ex numero proponendorum expungendi, ii in suffragium non vocabuntur; de ceteris, etiam probatissimis, suffragium feretur. [5] b. Candidati singuli ordine alphabetico ad suffragium proponentur: suffragia secreta erunt. c. Omnes Episcopi, ipso Praeside non excepto, pro singulis candidatis donabuntur tribus schedulis eiusdem coloris, quarum prima habeat impressum „Probo“ altera „Non probo“, et tertia „Abstineo“. d. Singuli Praelati, incipientes a Praeside, in urna apte disposita schedulam deponent, quam coram Deo et graviter onerata conscientia iustam aestimabunt pro sacerdote, qui in suffragium vocatur: ceterae duae schedulae in alia urna pariter secreta deponentur. e. Singulis suffragiis peractis, Praeses, adstante Episcopo Secretario, schedulas in prima urna depositas extrahet, et earum textum coram omnibus leget scriptoque adnotabit. Quo facto, schedulae utriusque urnae statim comburentur (ad mentem can. 171 § 4). 14. Scrutinio de omnibus completo, liberum erit Episcopis, si id ipsis placeat, aut aliquis eorum postulet, ut inter candidatos plenis aut paribus suffragiis approbatos novo scrutinio designetur, quinam ex eis praeferendus sit. Ad hunc finem autem singuli Praelati nomen praeferendi candidati in alia schedula signabunt, eamque in urna deponent: quae examinabuntur, ut supra n. 13 litt. e, statuitur. 320
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Suffragia statim, peracto scrutinio, comburantur. 15. Quamvis vero summus Pontifex sibi reservet, dioecesi vel archidioecesi aliqua vacante, opportunis modis consilia petere, ut personam eligat, quae inter approbatas magis idonea videatur dioecesi illi regendae, nihilominus fas erit Episcopis in eodem conventu indicare, generali saltem ratione, cuinam dioecesi, maiori vel minori, tranquillae et ordinatae, an etiam multis subsidiis indigenti, candidatos magis idoneos censeant, atque id quidem, quibus de causis. [6] 16. Episcopus a secretis, discussione durante, diligenter adnotabit quae de singulis candidatis a singulis suffragatoribus dicta fuerint; quaenam discussionis fuerit conclusio; denique quinam tum in primo scrutinio, tum in secundo (si fiat) fuerit exitus, et quidnam specialius iuxta n. 15 huius decreti fuerit dictum. 17. Antistites a conventu ne discedant, antequam ab Episcopo Secretario lecta fuerit relatio ab eodem confecta circa nomina proposita, candidatorum qualitates et obtenta suffragia, eamque probaverint. 18. Actorum exemplar a Praeside, a Secretario et a ceteris Episcopis praesentibus subscriptum quam tutissime per Nuntium Apostolicum ad Sacram Congregationem Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositam mittetur. Acta vero ipsa penes ipsum Praesidem in archivio secretissimo Sancti Officii servabuntur, destruenda post triennium, vel etiam prius, si periculum violationis secreti immineat. 19. De cetero fas erit semper Episcopis, tum occasione propositionis candidati tum vacationis alicuius sedis, praesertim maioris momenti, litteras Nuntio Apostolico vel Sacrae Congregationi Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositae vel ipsi Sanctissimo Domino perscribere, quibus mentem suam circa personarum iam in indice, de quo supra, propositarum qualitates sive absolute, sive relate ad provisionem dictae sedis, fusius patefaciant.
Datum Monachii, die 4 aprilis, in festo Resurrectionis D. N. I. C., anno 1926 + Albertus Archiepus Hemesen. Nuntius Apostolicus
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2) Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium per Capitula Cathedralia Bavarica pro Dioecesibus Bavariae quolibet triennio.714 Summam semper sollicitudinem habuit Ecclesia in Episcopis eligendis, a quibus maxima ex parte profectus catholicae religionis et incrementum fidei pendent. Haec ipsa ratio Sanctissimum Dominum Benedictum XV s. m. permovit ad novam electionis methodum, de consulto Eminentissimorum Sacrae Congregationis Consistorialis Patrum, statuendam in Foederatis Americae Statibus quae uberes fructus iam edidit idem factum est in regione Canadensi, Scotia, Brasiliana, Mexicana et in Polonia. Anno denique 1924 Sanctissimus Dominus Noster Pius PP. XI et Status Bavaricus, desiderio adducti ordinandi denuo, modo stabili et mutatis temporum adiunctis adapto, conditionem Ecclesiae catholicae in Bavaria, consilium inierunt sollemnem Conventionem paciscendi. Providetur iam art. 14 praelaudati Concordati electioni evehendorum ad sedes episcopales vacantes hoc modo, ut suggerantur Sanctae Sedi ad liberam electionem tres elenchi proponendorum virorum et quidem: I. Index quolibet triennio per Episcopos residentiales Bavariae componendus; II. Index quolibet triennio per unumquodque Capitulum cathedrale Bavaricum componendus; III. Index sede aliqua vacante per respectivum Capitulum cathedrale Bavaricum componendus. [2] Quod attinet ad indicem pro eligendorum Episcoporum propositione quolibet triennio per Capitula cathedralia conficiendum, Sanctissimus Dominus Noster Pius XI, de consulto Eminentissimorum Patrum Sacrae Congregationis Negotiis Ecclesiastisis [sic, R.H.] Extraordinariis praepositae, statuit et huius Apostolicae Nuntiaturae prasenti Decreto praescribit, ut in posterum ratio agendi iuxta leges, quae sequuntur, adhibeatur et vigeat. 1. Ad proponendos Apostolicae Sedi sacerdotes episcopali munere dignos conventus singulorum Capitulorum cathedralium Bavariae fient tempore et modo infra assignatis. 2. Quolibet triennio, sub initium Quadragesimae, Capitulorum cathedralium Praesides (can. 397 n. 4) omnes et singulos in iis ad normam canonis 411 § 3 vocem habentes admonebunt de proponendis brevi tempore sacerdotum non tamen plurium quam trium nominibus, quos dignos episcopali munere in aliqua dioecesi Bavariae existiment. 3. Candidati maturae sed non nimium provectae aetatis esse debent; prudentia praediti in agendis rebus, quae sit ex ministeriorum exercitio comprobata; sanissima et non communi exorna Vgl. „Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium per Capitula Cathedralia Bavarica pro Dioecesibus Bavariae quolibet triennio“ vom 4. April 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Sessiones, 1926, Sessio 1289, Vol. 80, Stampa 1152, 5c, [6 Seiten] sowie ASV, ANM 415, Fasz. 3, Fol. 52r–54v.
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ti doctrina, eaque cum debita erga Apostolicam Sedem devotione coniuncta; maxime autem honestate vitae et pietate insignes. Attendendum insuper erit ad sollertiam candidatorum in temporalibus bonis administrandis, ad conditionem eorum familiarem, ad indolem et valetudinem. Uno verbo, videndum, num omnibus iis qualitatibus polleant, quae in optimo pastore requiruntur, ut cum fructu et aedificatione populum Dei regere queant. Nec proponantur, qui insuper non habeant eas qualitates, quae in art. 13 Concordati supponuntur. [3] Nil autem obstat, quominus sacerdotes alius etiam dioecesis aut provinciae Bavariae aut ulterioris Germaniae, etsi extra Bavariae vel Germaniae fines degant, proponantur. Nemo seipsum proponere potest. 4. Singuli Capitulares in toto hoc officio gerendo nullius, neque clerici, neque laici, consilium exquirent, neque ulli alii suam in hac re intentionem manifestabunt. Sub gravi tamen exigitur, ut qui proponitur, personaliter ex diuturna conversione a proponente cognitus sit. 5. Circa Pascha, die et loco a Praeside determinandis, omnes memorati Capitulares convenient ad proponendos candidatos et ad iudicandum de propositis per scrutinium, ita tamen ut suspicio et fama quaelibet, praesertim per diaria et ephemerides oboriens, et omne curiositatis studium vitetur. Ipse conventus veluti Christo praesente et sub eius obtutu fiet ut, omni humana consideratione postposita, supremo Ecclesiae bono divinaque gloria et animarum salute unice ob oculos habitis, digni et apti candidati Sanctae Sedi proponantur. 6. In conventu, qui, si ob nimiam diuturnitatem opus sit, interrumpi potest, adhibitis tamen cautionibus. praesertim [sic, R.H.] ad actorum custodiam necessariis, invocato divino auxilio, dandum erit a singulis, Praeside non excepto, tacto pectore (ad mentem canonis 1622 § 1), iusiurandum de secreto sub gravi servando, ut sacratius fiat vinculum, quo omnes adstringuntur; postea praesens decretum legendum erit. 7. Deinde tres ex praesentibus Capitularibus eligentur, sicut fit in ipsis electionibus, ad normam canonis 171 quorum duo munere Scrutatorum, tertius Secretarii fungentur. 8. Tunc singuli Capitulares, secundum ordinem prae-[4]cedentiae, in urna apte disposita deponent secreto schedulam, qua reticito nomine proprio suos pro episcopali munere candidatos indicabunt. Una cum nomine candidati aetatem quoque, quoad eius fieri potest, designabunt, locum nativitatis et praesens domicilium, atque officium quo praecipue fungitur. Ab ulterioribus notis circa candidati qualitates abstinebunt. 9. Nil obstat, quominus Capitulares absentes rite excusati schedulas a se conscriptas in tegumentis obsignatis inclusas Praesidi exhibendas curent, qui eas adstantibus Scrutatoribus aperiet aliisque in urna positis adiiciet. 10. Tunc Scrutatores coram Praeside schedulas ex urna extrahent inspicientes, an earum numerus respondeat numero Capitularium proponentium; secreto nominum propositorum 323
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indicem ordine alphabetico conficient: si forte in aliqua schedula plura quam tria nomina inveniant, illa alia ut non adiecta habeant. Indice confecto schedulas ipsas statim comburent. 11. His peractis, omissa qualibet de candidatis disceptatione, fiet hac ratione scrutinium: a. Praeses adstantibus Scrutatoribus nomina candidatorum praeleget. Qui qualitatibus art. 13. Concordati non respondere visi fuerint, in suffragium non vocabuntur; de ceteris omnibus suffragium feretur. b. Candidati singuli ordine alphabetico ad suffragium proponentur: suffragia secreta erunt. c. Omnes Capitulares, pro singulis candidatis, tribus schedulis eiusdem coloris donabuntur, quarum prima habeat impressum „Probo“, altera „Non probo“, et tertia „Abstineo“; quae prostrema [sic, R.H.] schedula adhibenda erit, si candidatus non satis notus sit vel qualibet alia de causa. [5] d. Singuli Capitulares secundum ordinem praecedentiae in urna apte disposita schedulam deponent, quam coram Deo et graviter onerata conscientia iustam aestimabunt pro sacerdote, qui in suffragium vocatur: ceterae duae schedulae in alia urna pariter secreta deponentur. e. Si agatur de suffragio ferendo circa aliquem candidatum prasentem, is debet a qualibet sententia de sua persona abstinere. f. Singulis suffragiis peractis, Scrutatores, adstante Praeside, schedulas in prima urna depositas extrahent, et textum coram omnibus legent, quas Secretarius diligenter scripto adnotabit. Quo facto, schedulae utriusque urnae comburentur (ad mentem can. 171, § 4). 12. Scrutinio de omnibus completo, liberum erit Capitularibus, si id ipsis placeat aut aliquis eorum postulet, ut inter candidatos plenis aut paribus suffragiis approbatos novo scrutinio designetur, quinam ex eis praeferendus sit. Ad hunc finem autem singuli Capitulares nomen praeferendi candidati in alia schedula signabunt, eamque in urna deponent: quae examinabuntur, adnotabuntur atque comburentur ut supra n. 11 litt. f) decernitur. 13. Capitulares a conventu ne discedant, antequam a Secretario lecta fuerit relatio ab eodem confecta circa nomina proposita et obtenta suffragia, eamque probaverint. 14. Actorum exemplar a Praeside, a Secretario, a Scrutatoribus et a ceteris Capitularibus praesentibus subscriptum quam tutissime per Nuntium Apostolicum ad Sacram Congregationem Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositam mittetur. Acta vero ipsa clausa et a Praeside coram omnibus adstantibus sigillo Capituli munita per ipsum Praesidem Ordinario [6] tradentur, ut ea in archivio secretissimo Sancti Officii servet. Post triennium vero, initio conventus, qui ad conficiendum novum indicem fiet, comburentur, vel etiam prius, si periculum violationis secreti immineat. 324
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15. De cetero fas erit semper Capitularibus, tum occasione propositionis candidati tum vacationis alicuius sedis, praesertim maioris momenti, litteras Nuntio Apostolico vel Sacrae Congregationi Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositae vel ipsi Sanctissimo Domino perscribere, quibus mentem suam circa personarum iam in indice, de quo supra, propositarum qualitates sive absolute, sive relate ad provisionem dictae sedis fusius patefaciant.
Datum Monachii, die 4 aprilis, in festo Resurrectionis D. N. I. C., anno 1926. + Albertus Archiepus Hemesen. Nuntius Apostolicus
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3) Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium, sede aliqua Bavariae vacante, per respectivum Capitulum Cathedrale.715 Summam semper sollicitudinem habuit Ecclesia in Episcopis eligendis, a quibus maxima ex parte profectus catholicae religionis et incrementum fidei pendent. Haec ipsa ratio Sanctissimum Dominum Benedictum XV s. m. permovit ad novam electionis methodum, de consulto Eminentissimorum Sacrae Consistorialis Congregationis Patrum, statuendam in Foederatis Americae Statibus quae uberes fructus iam edidit. Idem factum est in regione Canadensi, Scotia, Brasiliana, Mexicana et in Polonia. Anno denique 1924 Sanctissimus Dominus Noster Pius Pp. XI et Status Bavaricus, desiderio adducti ordinandi denuo, modo stabili et mutatis temporum adiunctis aptato, conditionem Ecclesiae catholicae in Bavaria consilium inierunt, sollemnem conventionem paciscendi. Providetur iam art. 14 praelaudati Concordati electioni evehendorum ad sedes episcopales vacantes hoc modo, ut suggerantur Sanctae Sedi ad liberam electionem tres elenchi proponendorum virorum, et quidem: I. Index quolibet triennio per Episcopos residentiales Bavariae componendus; II. Index quolibet triennio per unumquodque Capitulum cathedrale Bavaricum componendus; III. Index sede aliqua vacante per respectivum Capitulum cathedrale Bavaricum componendus. [2] Quod attinet ad indicem pro eligendorum Episcoporum propositione sede aliqua vacante per respectivum Capitulum cathedrale conficiendum, Sanctissimus Dominus Noster Pius XI, de consulto Eminentissimorum Patrum Congregationis Negotiis Ecclesiasticis Extraordinariis praepositae, statuit et huius Nuntiaturae Apostolicae praesenti Decreto praescribit, ut in posterum ratio agendi iuxta leges, quae sequuntur adhibeatur et vigeat. 1. Ad proponendos Apostolicae Sedi sacerdotes episcopali officio dignos et ad vacantem dioecesim regendam aptos, conventus Capituli cathedralis huius Dioecesis fiet tempore et modo infra assignatis. 2. Intra octo dies a vacatione sedis Praeses Capituli cathedralis (can. 397 n. 4) omnibus in Capitulo ad normam canonis 411 § 3 vocem habentibus significabit diem, non ultra 15 dies ab ipsa vacatione constituendum, et locum, quo singuli sacerdotum, non plurium tamen quam trium, nomina proponent, quos dignos episcopali munere in eadem dioecesi existiment. Vgl. „Decretum Circa proponendos ad Episcopale ministerium, sede aliqua Bavariae vacante, per respectivum Capitulum Cathedrale“ vom 4. April 1926, S.RR.SS., AA.EE.SS., Sessiones, 1926, Sessio 1289, Vol. 80, Stampa 1152, 5b, [6 Seiten] sowie ASV, ANM 415, Fasz. 3, Fol. 102r–104v.
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3. Candidati maturae sed non nimium provectae aetatis esse debent; prudentia praediti in agendis rebus, quae sit ex ministeriorum exercitio comprobata; sanissima et non communi exornati doctrina, eaque cum debita erga Apostolicam Sedem devotione coniuncta; maxime autem honestate vitae et pietate insignes. Attendendum insuper erit ad sollertiam candidatorum in temporalibus bonis administrandis, ad conditionem eorum familiarum, ad indolem et valetudinem. Uno verbo, videndum, num omnibus iis qualitatibus polleant, quae in optimo pastore requiruntur, ut cum fructu et aedificatione populum Dei regere queat. Nec proponantur, qui insuper non habeant eas qualitates, quae in art. 13. Concordati supponuntur. [3] Nil autem obstat, quominus sacerdotes alius etiam dioecesis aut provinciae Bavariae aut ulterioris Germaniae, etiamsi extra Bavariae vel Germaniae fines degant, aut etiam aliquis episcopus titularis vel residentialis proponantur. Nemo se ipsum proponere potest. 4. Singuli Capitulares in toto hoc officio gerendo nullius, neque clerici neque laici, consilium exquirent, neque ulli alii suam in hac re intentionem manifestabunt. Sub gravi tamen exigitur, ut qui proponitur, personaliter ex diuturna conversatione a proponente cognitus sit. 5. Die et loco a Praeside determinato omnes memorati Capitulares convenient ad proponendos Candidatos et ad iudicandum de propositis per scrutinium, ita tamen ut suspicio et fama quaelibet, praesertim per diaria et ephemerides oboriens, et omne curiositatis studium vitetur. Ipse conventus veluti Christo praesente et sub eius obtutu fiet ut, omni humana consideratione postposita, supremo Ecclesiae bono divinaque gloria et animarum salute unice ob oculos habitis, digni et apti Sanctae Sedi proponantur. 6. In conventu (qui, si ob nimiam diuturnitatem opus sit, interrumpi potest, adhibitis tamen cautionibus praesertim ad actorum custodiam necessariis), invocato divino auxilio, dandum erit a singulis, Praeside non excepto, tacto pectore (ad mentem canonis 1622 § 1), iusiurandum de secreto sub gravi servando, ut sacratius fiat vinculum, quo omnes adstringentur; postea praesens decretum legendum erit. 7. Deinde tres ex praesentibus Capitularibus eligantur, sicut fit in ipsis electionibus, ad normam canonis 171, quorum duo munere Scrutatorum, tertius Secretarii fungentur. [4] 8. Tunc singuli Capitulares, secundum ordinem praecedentiae, in urna apte disposita deponent secreto schedulam, qua reticito nomine proprio suos pro episcopali munere candidatos indicabunt. Una cum nomine candidati aetatem quoque, quoad eius fieri potest, designabunt, locum nativitatis et praesens domicilium, atque officium quo praecipue fungitur. Ab ulterioribus notis circa candidati qualitates abstinebunt. 9. Nil obstat, quominus Capitulares absentes rite excusati schedulas a se conscriptas in tegumentis obsignatis inclusas Praesidi exhibendas curent, qui eas, adstantibus Scrutatoribus, aperiet aliisque in urna positis adiicet. 327
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10. Denique Scrutatores, coram Praeside, schedulas ex una extrahent inspicientes, num earum numerus respondeat numero Capitularium proponentium; secreto nominum propositorum indices ordine alphabetico conficient; si forte in aliqua schedula plura quam tria nomina inveniant, illa alia ut non adiecta habeant. Indice confecto schedulas ipsas statim comburent. 11. His peractis, omissa qualibet de candidatis disceptatione, fiet hac ratione scrutinium: a. Praeses, adstantibus Scrutatoribus, nomina candidatorum praeleget. Qui qualitatibus art. 13. Concordati non respondere visi fuerint, in suffragium non vocabuntur; de ceteris omnibus suffragium feretur. b. Candidati singuli ordine alphabetico ad suffragia proponentur; suffragia secreta erunt. c. Omnes Capitulares pro singulis candidatis tribus schedulis eiusdem coloris donabuntur, quarum prima habeant impressum „Probo“, altera „Non probo“, et tertia „Abstineo“; quae postrema schedula adhibenda erit, si candidatus non satis notus sit vel qualibet alia de causa. [5] d. Singuli Capitulares secundum ordinem praecedentiae in urna apte disposita schedulam deponent, quam coram Deo et graviter onerata conscientia iustam aestimabunt pro sacerdote, qui in suffragium vocatur: ceterae duae schedulae in alia urna pariter secreta deponentur. e. Si agatur de suffragio ferendo circa aliquem candidatum praesentem, is debet a qualibet sententia de sua persona abstinere. f. Suffragiis peractis, Scrutatores, adstante Praeside, schedulas in prima urna depositas extrahent et textum coram omnibus legent, quas Secretarius diligenter scripto adnotabit. Quo facto, schedulae utriusque urnae comburentur ad mentem can 171 § 4). 12. Scrutinio de omnibus completo, liberum erit Capitularibus, si id ipsis placeat aut aliquis eorum postulet, ut inter candidatos plenis aut paribus suffragiis approbatos, novo scrutinio designetur quinam ex eis praeferendus sit. Ad hunc finem autem singuli Capitulares nomen praeferendi candidati in alia schedula signabunt, eamque in urna deponent: quae examinabuntur, adnotabuntur atque comburentur ut supra n. 11. litt. f) decernitur. 13. Capitularis a secretis scrutinio durante, diligenter adnotabit, quinam tum in primo scrutinio, tum in secundo (si fiat) fuerit exitus. 14. Capitulares a conventu ne discedant, antequam a secretario lecta fuerit relatio ab eodem confecta circa nomina proposita et obtenta suffragia, eamque probaverint. 15. Actorum exemplar a Praeside, a Secretario a Scrutatoribus et a ceteris Capitularibus praesentibus subscriptum quam tutissime per Nuntium Apostolicum ad Sacram Congregationem Negotiis Ecclesiasti-[6]cis Extraordinariis praepositam mittetur. Acta vero ipsa clausa et a Praeside coram omnibus adstantibus sigillo Capituli munita per ipsum Praesidem Nuntio Apostolico ut ea in Archivio servet, statim comburenda post nominationem Episcopi a Romano Pontifice factam. 328
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16. De cetero fas erit Capitularibus litteras Nuntio Apostolico vel Sacrae praedictae Congregationi vel ipsi SSṁo Domino perscribere, quibus mentem suam circa personarum in indice, de quo supra, pro sede vacante propositarum qualitates fusius patefaciant. 17. Si quando pro aliquo Capitulo urgeat obligatio sede vacante subiiciendi Sanctae Sedi indicem candidatorum dignorum officio episcopali idoneorumque ad regendam vacantem dioecesim, eodem tempore, quo conficiendus est index generalis proponendorum ad episcopale ministerium pro dioecesibus Bavariae quolibet triennio S. Sedi suggerendus, duae separatae sessiones habeantur, observatis respectivis Decretis, et quidem in priore sessione conficiatur index proponendorum ad sedem vacantem, in altera autem conficiatur index generalis proponendorum ad episcopale ministerium pro dioecesibus Bavariae.
Datum Monachii, die 4 aprilis, in festo Resurrectionis D. N. I. C., anno 1926. + Albertus Archiepus Hemesen. Nuntius Apostolicus
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1.2
Die bayerischen Triennallisten
1.2.1 Die Triennallisten des Episkopats 1926 (8. September)716
Abstimmungsergebnisse717 probo
1. Michael Buchberger718 (Weihbischof in München) 2. August Damm (Religionslehrer in Kaiserslautern) 3. Karl Dangl (Domkapitular in Passau) 4. Franz Xaver Eberle (Domkapitular in Augsburg) 5. Placidus Glogger OSB (Abt in Augsburg) 6. Franz Seraph Haggenmiller OFMCap (Provinzial in Altötting) 7. Theodor Hermann (Domkapitular in Speyer) 8. Rudolf Hindringer (Erzbischöflicher Sekretär in München) 9. Joseph Kumpfmüller (Domkapitular in Regensburg) 10. Simon Landersdorfer OSB (Abt in Scheyern) 11. Johann Leicht (Domkapitular in Bamberg)
– non probo – abstineo
7
–
–
3
1
3
4
1
2
vor der Abstimmung gestrichen 5
–
2
1
3
3
3
–
4
6
1
–
3
–
4
4
–
3
3
3
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 52r–61r. Vgl. auch Vassallo an Gasparri vom 14. Oktober 1926, ebd., Fol. 51rv. Wie in der Folgezeit erstellten die Bischöfe die Liste auf ihrer Vollversammlung im Herbst oder Frühjahr in Freising. Für alle Kandidatenlisten – auch jener der Domkapitel – galt die dekretierte Vorgabe, sie in alphabetischer Reihenfolge abzufassen. 717 Da Bischof Maximilian Lingg von Augsburg aus Altersgründen nicht teilnehmen konnte, waren insgesamt nur sieben der acht Ordinarien Bayerns anwesend. 718 Fett gedruckt werden alle Geistlichen, die später zum Diözesanbischof ernannt wurden. 716
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12. Alfred Leonpacher (Religionslehrer in München) 13. Franz Mittenhuber (Pfarrer in Roth bei Nürnberg) 14. Konrad Graf v. Preysing (Domprediger in München) 15. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 16. Otto Ritzer (Domvikar in Passau) 17. Erhard Schlund OFM (Professor an der Franziskanerhochschule in München) 18. Eduard Weigl (Professor in München) 19. Karl Wolkenau (Pfarrer in Nürnberg)
–
3
4
vor der Abstimmung gestrichen 5
1
1
3
–
4
4
–
3
2
4
1
–
7
–
3
–
4
1929 (11. September)719
Abstimmungsergebnisse720 probo
1. Otto Brauner (Domkapitular in Speyer) 2. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 3. Franz Xaver Eggersdorfer (Professor in Passau) 4. Eduard Eichmann (Professor in München) 5. Franz Heidingsfelder (Professor in Regensburg) 6. Rudolf Hindringer (Domkapitular in München)
– non probo – abstineo
3
–
4
3
–
4
6
–
1
1
6
–
1
3
3
6
–
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 4r–9r. Da Bischof Maximilian Lingg von Augsburg aus Altersgründen nicht teilnehmen konnte, waren insgesamt nur sieben der acht Ordinarien Bayerns anwesend.
719 720
331
Anhang
7. Johann Baptist Höcht (Domkapitular in Regensburg) 8. August Knecht (Professor in München) 9. Joseph Kumpfmüller (Domkapitular in Regensburg) 10. Simon Landersdorfer OSB (Abt von Scheyern) 11. August Naegle (Professor in Prag) 12. Konrad Graf von Preysing (Domkapitular in München) 13. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 14. Ferdinand Ranzinger (Domkapitular in Passau) 15. Otto Ritzer (Domvikar in Passau) 16. Anton Scharnagl (Professor in Freising) 17. Karl Wolkenau (Domkapitular in Bamberg)
4
–
3
–
4
3
5
–
2
6
–
1
1
6
–
5
1
1
5
–
2
1
–
6
5
–
2
2
1
4
5
–
2
1932 (6. September)721
Abstimmungsergebnisse722 probo
1. Johann Baptist Dietz (Regens des Priesterseminars in Bamberg) 2. Franz Xaver Eggersdorfer (Professor in Passau) 3. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt)
–
non probo
– abstineo
7
–
–
5
–
2
4
–
3
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 42r–47v. Wie in den Jahren zuvor waren wiederum nur sieben bayerische Bischöfe auf der Freisinger Konferenz anwesend als über die Triennalliste abgestimmt wurde. Dies lag daran, dass durch den Tod Leos von Mergel am 20. Juni 1932 das Bistum Eichstätt vakant war.
721 722
332
Anhang
4. Johann Baptist Höcht (Generalvikar in Regensburg) 5. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen) 6. Philipp Kaiser (Rektor des Knabenseminars in Würzburg) 7. Simon Landersdorfer OSB (Abt von Scheyern) 8. Konrad Graf von Preysing (bereits ernannter, aber nicht publizierter Bischof von Eichstätt) 9. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 10. Otto Ritzer (Domvikar in Passau) 11. Franz Rümmer (Pfarrer in Arnstein) 12. Vinzenz Schreiber (Regens des Priesterseminars in Speyer) 13. Ludwig Stamer (Religionslehrer in Neustadt) 14. Karl Wolkenau (Domkapitular in Bamberg)
6
–
1
3
–
4
4
–
3
6
–
1
5
–
2
7
–
–
3
–
4
3
–
4
2
–
5
2
–
5
6
–
1
1935 (20. März)723
Abstimmungsergebnisse724 probo – non probo – abstineo
1. Vitus Brander (Regens des Priesterseminars in Würzburg) 2. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt)
3
–
4
3
1
3
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 50r–57r/66r–71r. Weil der Bischof von Passau, Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf, aus Krankheitsgründen verhindert war, nahmen erneut nur sieben der insgesamt acht Oberhirten Bayerns an der Abstimmung teil.
723 724
333
Anhang
3. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt) 4. Adam Hiller (Domkapitular in Speyer) 5. Philipp Kaiser (Rektor des Knabenseminars in Würzburg) 6. Simon Landersdorfer OSB (Abt von Scheyern) 7. Johann Baptist Neuhäusler (Domkapitular in München) 8. Otto Ritzer (Domvikar in Passau) 9. Vinzenz Schreiber (Regens des Priesterseminars in Speyer)
3
–
4
2
–
5
4
–
3
4
–
3
5
–
2
1
1
5
2
–
5
1938 (16. August) 725
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Peter Biebel (Militärkaplan in Salzburg) 2. Vitus Brander (Domkapitular in Würzburg) 3. Wilhelm Bullacher (Pfarrer in der Diözese Speyer) 4. Vinzenz Fuchs (Professor in Dillingen) 5. Philipp Jakob Haußner (Domkapitular in Speyer) 6. Josef Hiltl (Regens des Priesterseminars in Regensburg) 7. Simon Irschl (Domkapitular in München) 8. Joseph Otto Kolb (Weihbischof von Bamberg) 9. Johann Baptist Lenhardt (Rektor des Knabenseminars in Bamberg)
3
2
3
3
1
4
3
4
1
6
0
2
4
0
4
4
0
4
2
3
3
7
1
0
3
1
4
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 51r–54r.
725
334
Anhang
10. Johannes Erik Müller (Apost. Vikar für Schweden) 11. Johann Baptist Neuhäusler (Domkapitular in München) 12. Paul Spreitzer (Pfarrer in der Diözese Eichstätt) 13. Johannes Evangelist Stigler (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 14. Joseph Wendel (Rektor des Theologenkonviktes in Speyer) 15. Johann Zinkl (Domkapitular in München)
6
1
1
6
1
1
1
4
3
3
2
3
3
1
4
6
1
1
1.2.2 Die Triennallisten der Domkapitel Metropolitankapitel München 1926 (18. Juni)726
Abstimmungsergebnisse727 probo – non probo – abstineo
1. Michael Buchberger (Weihbischof in München) 2. Martin Grabmann (Professor in München) 3. Simon Landersdorfer OSB (Abt in Scheyern) 4. Johannes Erik Müller (Apost. Vikar für Schweden) 5. Konrad Graf v. Preysing (Domprediger in München)
9
–
–
4
3
3
5
1
4
5
–
5
3
5
2
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 8r–19r. Wenn bei den Abstimmungen der Domkapitel für manche Kandidaten insgesamt genau eine Stimme weniger abgegeben wurde, als für andere Kandidaten in derselben Abstimmung, dann liegt das darin begründet, dass die entsprechende Person Mitglied des Domkapitels war und auf die Stimmabgabe beim eigenen Wahldurchgang verzichtete. Allerdings folgten nicht alle Domkapitel dieser Praxis.
726 727
335
Anhang
6. Peter Röhrl (Regens des Priesterseminars in Freising) 7. Johann Baptist Schauer (Domkapitular in München) 8. Anton Scharnagl (Professor in Freising)
4
2
4
7
1
1
3
3
4
1929 (27. Juni) 728
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Michael Buchberger (Bischof von Regensburg) 2. Matthias Dunstmair (Dompropst in München) 3. Sebastian Fischer (Domkapitular in München) 4. Joseph Gartmeier (Domkapitular in München) 5. Martin Grabmann (Professor in München) 6. Simon Landersdorfer OSB (Abt in Scheyern) 7. Konrad Graf von Preysing (Domkapitular in München) 8. Ludger Ried OSB (St. Bonifatius München) 9. Anton Scharnagl (Professor in Freising) 10. Johann Baptist Schauer (Weihbischof in München)
9
–
2
4
2
4
5
1
4
5
–
5
5
1
5
8
–
3
6
1
3
2
2
7
2
5
4
8
–
2
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 65r–66v.
728
336
Anhang
1932 (4. April)729
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Michael Buchberger (Bischof von Regensburg) 2. Sebastian Fischer (Domkapitular in München) 3. Martin Grabmann (Professor in München) 4. Rudolf Hindringer (Generalvikar in München) 5. Simon Landersdorfer OSB (Abt von Scheyern) 6. Konrad Graf von Preysing (Domkapitular in München) 7. Peter Röhrl (Regens des Priesterseminars in Freising) 8. Anton Scharnagl (Domdekan in München) 9. Johann Baptist Schauer (Weihbischof in München)
10
–
1
1
5
4
6
3
2
1
5
4
4
3
4
6
1
3
–
5
6
5
1
4
5
–
5
1935 (6. April)730
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Ferdinand Buchwieser (Generalvikar in München) 2. Martin Grabmann (Professor in München) 3. Johann Baptist Neuhäusler (Domkapitular in München) 4. Ludger Ried OSB (Vikar in München)
6
3
1
2
5
4
3
3
4
1
8
2
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 20r–21r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 3rv.
729 730
337
Anhang
5. Anton Scharnagl (Domdekan in München) 6. Johann Baptist Schauer (Weihbischof in München)
7
1
2
6
2
2
1938 (5. Januar 1939) 731
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Nikolaus Brem (Domkapitular in München) 2. Ferdinand Buchwieser (Generalvikar in München) 3. Angelus Kupfer OSB (Abt von Ettal) 4. Sigisbert Mitterer OSB (Abt von Schäftlarn) 5. Johann Baptist Neuhäusler (Domkapitular in München) 6. Albert Graf von Preysing (Propst in Landshut) 7. Anton Scharnagl (Domdekan in München) 8. Johann Baptist Schauer (Weihbischof in München) 9. Johann Zinkl (Domkapitular in München)
4
5
2
8
1
2
2
7
3
5
5
2
6
4
1
3
7
2
6
4
1
2
5
4
4
2
5
Domkapitel Speyer 1926 (21. Mai)732
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. August Damm (Religionslehrer in Kaiserslautern)
6
4
–
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 64rv. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 20r–26r.
731 732
338
Anhang
2. Jakob Detzel (Religionslehrer in Ludwigshafen) 3. Franz Joseph Gebhardt (Domkapitular in Speyer) 4. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt) 5. Philipp Jakob Haußner (Pfarrer in Mörsch) 6. Hermann Heibrück (Konviktsdirektor in Speyer) 7. Theodor Hermann (Domkapitular in Speyer) 8. Ludwig Maria Hugo (Bischof von Mainz) 9. Ludwig Husse (Pfarrer in Ludwigshafen) 10. Philipp Albert Klein (Domkapitular in Speyer) 11. Philipp Klotz (Religionslehrer in Pirmasens) 12. Otto Lutz (Subregens des Priesterseminars in Speyer) 13. Josef Magin (Pfarrer in Kusel) 14. Konrad Graf von Preysing (Domprediger in München) 15. Johannes Rößler (Pfarrer in Zweibrücken) 16. Ludwig Ruthig (Pfarrer in Neustadt) 17. Christian Schreiber (Bischof von Meißen) 18. Gustav Weckmann (Regens des Priesterseminars in Speyer)
5
4
1
3
4
2
6
3
1
4
4
2
7
3
–
8
1
–
5
2
3
2
6
2
6
2
1
1
8
1
1
7
2
6
4
–
3
5
2
1
8
1
1
7
2
3
3
4
3
4
3
339
Anhang
1929 (22. Mai)733
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Georg Bienfang (Pfarrer in Ranschbach) 2. Otto Brauner (Domkapitular in Speyer) 3. August Damm (Professor in Kaiserslautern) 4. Jakob Detzel (Professor in Ludwigshafen) 5. Eduard Eichmann (Professor in München) 6. Wilhelm Fernekess (Pfarrer in Börrstadt) 7. Franz Joseph Gebhardt (Domkapitular in Speyer) 8. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt) 9. Philipp Haußner (Pfarrer in Mörsch) 10. Hermann Heilweck (Pfarrer in Zweibrücken) 11. Theodor Hermann (Domkapitular in Speyer) 12. Karl Hofen (Domkapitular in Speyer) 13. Philipp Albert Klein (Generalvikar in Speyer) 14. Josef Magin (Pfarrer in Speyer) 15. Albert Meckes (Religionslehrer in Speyer) 16. Johannes Rößler (Religionslehrer in Landau) 17. Gustav Weckmann (Regens des Priesterseminars in Speyer)
1
8
1
3
4
2
4
4
2
3
5
2
4
3
3
1
4
5
2
4
3
2
5
3
3
4
3
7
2
1
7
1
1
6
1
2
4
1
4
3
3
4
3
6
1
1
8
1
4
5
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 83r–84r.
733
340
Anhang
1932 (29. Juni)734
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. August Damm (Professor in Kaiserslautern) 2. Jakob Detzel (Professor in Ludwigshafen) 3. Franz Joseph Gebhardt (Domkapitular in Speyer) 4. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt) 5. Philipp Jakob Haußner (Pfarrer in Frankenthal) 6. Hermann Heilweck (Religionslehrer in Landau) 7. Theodor Hermann (Domkapitular in Speyer) 8. Karl Hofen (Domkapitular in Speyer) 9. Philipp Albert Klein (Generalvikar in Speyer) 10. Josef Magin (Pfarrer in Speyer) 11. Johannes Rößler (Religionslehrer in Landau) 12. Vinzenz Schreiber (Regens des Priesterseminars in Speyer) 13. Alfons Stamer (Rektor des Knabenseminars in Speyer)
3
4
1
3
4
1
4
3
–
5
3
–
4
3
1
7
1
–
5
1
1
5
1
1
4
2
1
4
4
–
3
4
1
4
3
1
5
2
1
1935 (5. April)735
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo 1 3 4
1. Franz Joseph Gebhardt (Domdekan in Speyer) 2. Alban Haas (Religionslehrer in Neustadt)
2
4
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 40rv. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 6r–7r.
734 735
341
3
Anhang
3. Philipp Jakob Haußner (Pfarrer in Frankenthal) 4. Hermann Heilweck (Religionslehrer in Landau) 5. Theodor Hermann (Domkapitular in Speyer) 6. Adam Hiller (Domkapitular in Speyer) 7. Karl Hofen (Domkapitular in Speyer) 8. Philipp Albert Klein (Generalvikar in Speyer) 9. Nikolaus Lauer (Religionslehrer in Speyer) 10. Otto Lutz (Subregens des Priesterseminars in Speyer) 11. Vinzenz Schreiber (Regens des Priesterseminars in Speyer) 12. Alfons Stamer (Rektor des Knabenseminars in Speyer) 13. Ludwig Stamer (Religionslehrer in Neustadt) 14. Joseph Wendel (Rektor des Theologenkonvikts in Speyer)
5
3
1
4
5
–
4
1
3
2
3
3
3
5
–
2
5
1
5
3
1
2
7
–
5
3
1
3
4
2
3
6
–
6
2
1
1938 Die Speyerer Triennalliste dieses Jahres konnte in den Quellen nicht aufgefunden werden. Domkapitel Augsburg 1926 (20. Mai)736
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Nikolaus Brem (Domkapitular in München)
5
2
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 27r–32v.
736
342
2
Anhang
2. Johannes Deller (Domkapitular in Augsburg) 3. Robert Domm (Chorvikar in Augsburg) 4. Franz Xaver Eberle (Domkapitular in Augsburg) 5. Placidus Glogger OSB (Abt in Augsburg) 6. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen) 7. Leonard Meitinger (Domkapitular in Augsburg) 8. Frederik Müller (Domkapitular in Augsburg) 9. Karl Reth (Dompropst in Augsburg)
6
–
2
5
2
2
4
–
4
6
2
1
7
–
2
5
–
3
2
–
6
3
2
3
1929 (28. April)737
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Johannes Deller (Domkapitular in Augsburg) 2. Robert Domm (Chorvikar/Bischofssekretär in Augsburg) 3. Franz Xaver Eberle (Generalvikar in Augsburg) 4. Placidus Glogger OSB (Abt in Augsburg) 5. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen) 6. Wendelin Weber (Domkapitular in Augsburg)
6
1
2
3
2
5
8
–
1
5
1
4
8
–
2
5
–
4
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 67r–74r.
737
343
Anhang
1932 (23. April)738
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Joseph Briechle (Pfarrer in Oettingen) 2. Robert Domm (Bischöflicher Sekretär in Augsburg) 3. Franz Xaver Eberle (Generalvikar in Augsburg) 4. Placidus Glogger OSB (Abt in Augsburg) 5. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen)
2
4
2
4
3
1
7
–
–
5
1
2
5
1
2
1935 (5. April)739
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Ottmar Bannwolf (Pfarrer in Augsburg) 2. Joseph Briechle (Pfarrer in Oettingen) 3. Robert Domm (Domkapitular in Augsburg) 4. Franz Xaver Eberle (Weihbischof in Augsburg) 5. Placidus Glogger OSB (Abt in Augsburg) 6. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen)
2
3
5
1
5
4
3
2
4
9
–
–
5
3
2
9
–
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 22r–30r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 75r–87r.
738 739
344
Anhang
1938 (11. April)740
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Robert Domm (Domkapitular in Augsburg) 2. Franz Xaver Eberle (Weihbischof in Augsburg) 3. Joseph Hörmann (Domkapitular in Augsburg) 4. Albert Vierbach (Domkapitular in Augsburg)
3
2
2
7
–
–
5
2
–
3
1
3
Domkapitel Passau genaue Abstimmungsergebnisse wurden nicht mitgeteilt
1926 (17. Mai)741 Liste der Vorgeschlagenen 1. Willibald Adam OSB (Abt in Metten) 2. Nikolaus Brem (Domkapitular in München) 3. Michael Buchberger (Weihbischof in München) 4. Karl Dangl (Domkapitular in Passau) 5. Franz Xaver Eggersdorfer (Professor in Passau) 6. Matthias Garhammer (Domkapitular in Passau) 7. Franz Xaver Kiefl (Domdekan in Regensburg) 8. Ignaz Klug (Professor in Passau)
7 Stimmen
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 40r–49r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 33r–35r.
740 741
345
Anhang
9. Johannes Niederhuber (Professor in Regensburg) 10. Albert Graf von Preysing (Pfarrer in Gmund) 11. Matthias Reichenwallner (Religionslehrer in Burghausen) 12. Anton Scharnagl (Professor in Freising) 13. Joseph Stadler (Domkapitular in Passau) 14. Joseph Weidinger (Generalvikar in Würzburg) 15. Eduard Weigl (Professor in München) 16. Georg Wohlmuth (Dompropst in Eichstätt)
7 Stimmen
9 Stimmen
1929 (14. September)742
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Karl Dangl (Dompropst in Passau) 2. Matthias Dunstmair (Dompropst in München) 3. Franz Xaver Eggersdorfer (Professor in Passau) 4. Bernhard Hauth (Domkapitular in Passau) 5. Rudolf Hindringer (Domkapitular in München) 6. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen) 7. Simon Landersdorfer OSB (Abt in Scheyern)
4
1
4
1
8
1
6
1
3
2
2
5
2
1
7
1
3
6
2
3
5
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 78r–80r.
742
346
Anhang
8. Karl Loibl (Domkapitular in Regensburg) 9. Theodor Müncker (Professor in Passau) 10. Konrad Graf von Preysing (Domprediger in München) 11. Matthias Reichenwallner (Religionslehrer in Burghausen) 12. Anton Scharnagl (Professor in Freising) 13. Emil Uttendorfer (Domkapitular in München) 14. Sebastian Vogl (Professor in Passau) 15. Eduard Weigl
–
9
1
1
6
3
2
4
4
2
4
4
7
1
2
1
8
1
2
2
6
7
–
3
Entsprechend der in Nr. 12 des Dekrets „Circa proponendos ad Episcopale ministerium, sede aliqua Bavariae vacante, per respectivum Capitulum Cathedrale“ eröffneten Möglichkeit, führten die Kapitulare zwischen Scharnagl und Weigl abschließend eine Stichwahl durch, die Letztgenannter mit sieben Ja-Stimmen für sich entschied. Damit war Weigl der Favorit des Passauer Domkapitels. 1932 (6. Mai)743
Abstimmungsergebnisse probo – non probo –
1. Franz Xaver Eggersdorfer (Professor in Passau) 2. Joseph Freundorfer (Professor in Passau) 3. Rudolf Hindringer (Generalvikar in München) 4. Joseph Hörmann (Regens des Priesterseminars in Dillingen) 5. Ferdinand Ranzinger (Domkapitular in Passau)
5
–
1
2
2
2
4
1
1
2
2
2
2
–
3
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 31r–32r.
743
347
abstineo
Anhang
6. Fanz Riemer (Generalvikar in Passau) 7. Anton Scharnagl (Domdekan in München) 8. Eduard Weigl (Professor in München)
3
–
2
5
–
1
4
–
2
1935 (25. März)744
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Nikolaus Brem (Domkapitular in München) 2. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 3. Franz Xaver Eggersdorfer (Domkapitular in Passau) 4. Joseph Freundorfer (Professor in Passau) 5. Bernhard Hauth (Domkapitular in Passau) 6. Simon Irschl (Domkapitular in München) 7. Kaspar Kellner (Domkapitular in Passau) 8. Simon Landersdorfer OSB (Abt von Scheyern) 9. Franz Riemer (Generalvikar in Passau) 10. Anton Scharnagl (Domdekan in München) 11. Eduard Weigl (Professor in München)
1
3
3
4
1
2
6
–
–
6
–
1
–
2
4
6
1
–
1
1
4
1
3
3
5
–
1
3
–
4
1
5
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 73r–74v.
744
348
Anhang
1938 (2. September)745
Abstimmungsergebnisse probo
1. Franz Xaver Eggersdorfer (Domkapitular in Passau) 2. Joseph Freundorfer (Professor in Passau) 3. Joseph Hörmann (Domkapitular in Augsburg) 4. Simon Irschl (Domkapitular in München) 5. Johann Baptist Neuhäusler (Domkapitular in München) 6. Franz Riemer (Generalvikar in Passau)
– non probo – abstineo
5
1
2
6
–
3
4
1
4
8
–
1
2
5
2
6
1
1
Domkapitel Regensburg 1926 (12. Juni)746
Abstimmungsergebnisse probo
1. Eduard Griener (Pfarrer in Vohenstrauß) 2. Anton Götz (Pfarrer in Vilsbiburg) 3. Johann Baptist Höcht (Domkapitular in Regensburg) 4. Joseph Kumpfmüller (Domkapitular in Regensburg) 5. Johann Baptist Kurz (Stiftskanonikus am Stift zu Unserer Lieben Frau in Regensburg)
–
non probo
– abstineo
2
1
3
1
2
3
4
–
2
5
–
1
1
4
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 56r–57r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 36r–38r.
745 746
349
Anhang
6. Robert Reichenberger
1
2
3
(Domkapitular in Regensburg) 1929 Das Regensburger Domkapitel bat darum, in diesem Jahr keine Kandidatenliste anfertigen zu müssen, weil es erst anlässlich der Sedisvakanz zwei Jahre zuvor eine erstellt hatte.747 1932 Auch in diesem Jahr verzichtete das Regensburger Domkapitel beschlussmäßig darauf – ohne Angabe von Gründen –, die Triennalliste aufzustellen.748 1935 (19. Oktober)749
Abstimmungsergebnisse probo
1. Anton Dantscher SJ (Spiritual des Priesterseminars in Regensburg) 2. Johann Baptist Dietl (Lehrer in Regensburg) 3. Anton Doeberl (Domkapitular in Regensburg) 4. Johann Baptist Höcht (Generalvikar in Regensburg) 5. Michael Höfner (Domkapitular in Regensburg)
–
non probo
– abstineo
3
3
2
1
6
1
5
2
1
5
1
2
4
3
1
Vgl. den Hinweis bei Vassallo an Gasparri vom 27. September 1929, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 64rv. Damit stufte das Domkapitel die Vorschrift des Artikels 14 § 1 des bayerischen Konkordats nicht als zu leistende Pflicht, sondern nur als Recht ein. Während sich Nuntius und Kurie zu diesem Verzicht nicht weiter äußerten, widersprach der Münchener Kirchenrechtler Scharnagl auf eine Anfrage im Jahr 1935 dieser Auffassung und führte aus, dass andernfalls „die Auswahl des Apostolischen Stuhles gegenüber der Vorschrift des Konkordats in unzulässiger Weise eingeschränkt“ würde. Scharnagl an Vassallo vom 24. September 1935, S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 16r–18r (nur r), hier 18r. 748 Vgl. Reichenberger (Domdekan) an Vassallo vom 26. April 1932, ASV, ANM 431, Fasz. 2, Fol. 38r. 749 Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 20r–23r. 747
350
Anhang
6. Albert Lang (Professor in München) 7. Johann Baptist Wührl (Domkapitular in Regensburg)
3
1
4
5
2
1
1938 Die Regensburger Triennalliste dieses Jahres konnte in den Quellen nicht aufgefunden werden. Domkapitel Würzburg 1926 (20. Mai)750
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Vitus Brander (Subregens des Priesterseminars in Würzburg) 2. Michael Buchberger (Weihbischof in München) 3. Ivo Fischer (Domvikar in Würzburg) 4. Adam Josef Heeger (Pfarrer in Rimpar) 5. Philipp Kaiser (Domvikar in Würzburg) 6. Hugo Michael Kaufmann (Religionslehrer in Würzburg) 7. Kilian Josef Meisenzahl (Rektor des Knabenseminars in Würzburg) 8. Franz Rümmer (Pfarrer in Arnstein) 9. Karl Staab (Regens des Priesterseminars in Würzburg) 10. Joseph Weidinger (Generalvikar in Würzburg) 11. Georg Wunderle (Professor in Würzburg)
2
5
1
1
4
3
3
4
1
4
2
2
4
3
1
4
3
1
7
–
1
6
2
–
4
3
1
3
1
3
4
4
–
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 39r–41v.
750
351
Anhang
1929 (13. Juli)751
genaue Abstimmungsergebnisse wurden nicht mitgeteilt
Abschließende Kandidatenliste 1. Franz Rümmer (Pfarrer in Arnstein) 2. Karl Haab (Domkapitular in Würzburg) 3. Joseph Weidinger (Domkapitular in Würzburg)
1932 (23. März)752
genaue Abstimmungsergebnisse wurden nicht mitgeteilt
Abschließende Kandidatenliste 1. Vinzenz Fuchs (Professor in Dillingen) 2. Franz Rümmer (Pfarrer in Arnstein) 3. Kilian Josef Meisenzahl (Domkapitular in Würzburg) genaue Abstimmungsergebnisse wurden nicht mitgeteilt
1935 (28. März)753 Abschließende Kandidatenliste 1. Vinzenz Fuchs (Professor in Dillingen) 2. Philipp Kaiser (Rektor des Knabenseminars in Würzburg) 3. Franz Rümmer (Pfarrer in Arnstein)
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 82rv. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 33rv. 753 Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 72rv. 751 752
352
Anhang
1938 (2. Juni)754
Abstimmungsergebnisse probo
1. Vitus Brander (Domkapitular in Würzburg) 2. Josef Braun755 (Pfarrer in Ochsenfurt) 3. Vinzenz Fuchs (Professor in Dillingen) 4. Thomas Gröber (Spiritual in Würzburg) 5. Eugen Kainz (Domkapitular in Würzburg) 6. Franz Rümmer (Dompfarrer in Würzburg) 7. Anton Schäfer (Regens des Priesterseminars in Würzburg) 8. Karl Staab (Domkapitular in Würzburg)
–
non probo
–
abstineo
2
3
4
1
7
2
9
–
1
5
3
2
6
1
2
5
1
3
6
2
2
5
1
3
Domkapitel Eichstätt 1926 (13. Mai)756
Abstimmungsergebnisse probo
1. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 2. Rudolf Hindringer (Erzbischöflicher Sekretär in München)
–
non probo
–
abstineo
6
2
–
1
4
4
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 55rv. Im Staatssekretariat konnten die in Sütterlinschrift geschriebenen Namen kaum gelesen werden. Daher wurden die entzifferten Namen noch einmal in lateinischer Schreibschrift ergänzt. Über „Pfarrer Braun“ wurde „Parroco Braun?“ notiert. Man konnte also nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, wer dieser Pfarrer eigentlich war, weil das Würzburger Domkapitel keinerlei zusätzliche Angaben gemacht hatte. Eine römische Nomination war unter diesen Umständen praktisch von vornherein ausgeschlossen. 756 Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 42r–43r. 754 755
353
Anhang
3. Karl Kiefer (Domkapitular in Eichstätt) 4. Matthias Lederer (Pfarrer in Wemding) 5. Ludwig Müller (Generaldirektor des „Kath. Preßvereins für Bayern“) 6. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 7. Joseph Schielle (Domkapitular in Eichstätt) 8. Klemens Wagner (Generalvikar in Eichstätt) 9. Georg Wunderle (Professor in Würzburg)
4
4
–
2
7
–
2
7
–
9
–
–
3
5
–
1
6
1
3
6
–
1929 (30. Juni)757
Abstimmungsergebnisse probo
1. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 2. Ludwig Eisenhofer (Professor in Eichstätt) 3. Karl Kiefer (Domdekan in Eichstätt) 4. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 5. Johann Baptist Schauer (Weihbischof in München) 6. Johann Baptist Schindler (Pfarrer in Weißenburg)
–
non probo
–
7
–
1
1
8
–
4
2
2
8
1
–
2
3
4
3
5
1
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 80bisr–81v.
757
354
abstineo
Anhang
1932 (26. Mai)758
Abstimmungsergebnisse probo –
1. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 2. Rudolf Hindringer (Generalvikar in München) 3. Karl Kiefer (Domdekan in Eichstätt) 4. Matthias Lederer (Domkapitular in Eichstätt) 5. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 6. Anton Scharnagl (Domdekan in München)
non probo
–
abstineo
8
1
–
3
5
2
7
1
1
6
3
–
6
3
1
1
6
3
1935 (12. Juli)759
Abstimmungsergebnisse probo
1. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 2. Joseph Kürzinger (Professor in Eichstätt) 3. Michael Rackl (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 4. Anton Scharnagl (Domdekan in München)
–
non probo
–
9
–
–
6
2
2
9
–
1
4
3
3
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 34r–35r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 9r–10r.
758 759
355
abstineo
Anhang
1938 (19. Oktober)760
Abstimmungsergebnisse probo –
1. Ludwig Bruggaier (Domkapitular in Eichstätt) 2. Georg Heidingsfelder (Professor in Eichstätt) 3. August Horstmann (Domkapitular in Eichstätt) 4. Joseph Kürzinger (Professor in Eichstätt) 5. Karl Rößner (Domkapitular in Eichstätt) 6. Joseph Schröffer (Professor in Eichstätt) 7. Johannes Evangelist Stigler (Regens des Priesterseminars in Eichstätt) 8. Ludwig Wolker (Generalpräses der Katholischen Jungmännervereine Deutschlands)
non probo
– abstineo
8
–
–
5
4
–
3
5
–
5
3
1
5
2
1
7
1
1
6
1
2
2
2
5
Metropolitankapitel Bamberg 1926 (5. Juni)761
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Johann Baierlipp (Domvikar in Bamberg) 2. Johann Baptist Dietz (Regens des Priesterseminars in Bamberg) 3. Johann Dürbeck (Domkapitular in Bamberg) 4. Johann Eckert (Rektor des Knabenseminars in Bamberg)
2
10
–
6
6
–
2
7
2
6
6
–
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 59r–61r. Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 44r–47v.
760 761
356
Anhang
5. Ludwig Faulhaber (Professor in Bamberg) 6. Georg Köhler (Pfarrer in Nürnberg) 7. Joseph Otto Kolb (Pfarrer in Nürnberg) 8. Johann Leicht (Domkapitular in Bamberg) 9. Gamelbert Maier OFM (Pfarrer in Nürnberg) 10. Adam Männlein (Pfarrer in Kronach) 11. Georg Schönfelder (Religionslehrer in Bamberg) 12. Adam Senger (Weihbischof in Bamberg) 13. Johannes Thiem (Religionslehrer in Bamberg) 14. Johannes Vetter (Domprediger in Bamberg) 15. Karl Wolkenau (Pfarrer in Nürnberg)
2
8
2
4
4
4
5
4
3
7
1
3
4
5
3
4
6
2
2
7
3
8
–
3
3
6
3
7
2
3
8
1
3
1929 (15. Juli)762
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Johann Baierlipp (Domvikar in Bamberg) 2. Johann Baptist Dietz (Regens des Priesterseminars in Bamberg) 3. Johann Eckert (Rektor des Knabenseminars in Bamberg) 4. Ludwig Faulhaber (Professor in Bamberg) 5. Joseph Otto Kolb (Pfarrer in Nürnberg)
3
8
1
4
6
2
8
1
3
2
7
3
8
2
2
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 14, Fol. 75r–77v.
762
357
Anhang
6. Artur Michael Landgraf (Professor in Bamberg) 7. Johann Leicht (Domkapitular in Bamberg) 8. Adam Männlein (Pfarrer in Kronach) 9. Gamelbert Maier OFM (Pfarrer in Nürnberg) 10. Franz Ott (Pfarrer in Coburg) 11. Franz Rathgeber (Domvikar in Bamberg) 12. Johann Schmitt (Subregens des Priesterseminars in Bamberg) 13. Georg Schönfelder (Religionslehrer in Bamberg) 14. Georg Sponsel (Domkapitular in Bamberg) 15. Johannes Vetter (Novize des OP) 16. Karl Wolkenau (Domkapitular in Bamberg)
4
5
3
7
1
3
3
3
6
6
4
2
5
1
6
4
1
7
4
2
6
5
3
4
8
–
3
8
1
3
8
1
2
1932 (20. Juni)763
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Johann Baptist Dietz (Regens des Priesterseminars in Bamberg) 2. Michael Gehringer (Pfarrer in Hof) 3. Joseph Otto Kolb (Pfarrer in Nürnberg) 4. Benedikt Kraft (Professor in Bamberg)
4
5
3
3
5
4
7
2
3
2
4
6
Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 15, Fol. 37r–38r.
763
358
Anhang
5. Gregor Kümmelmann (Domkapitular in Bamberg) 6. Artur Michael Landgraf (Professor in Bamberg) 7. Johann Leicht (Domdekan in Bamberg) 8. Franz Ott (Pfarrer in Coburg) 9. Franz Rathgeber (Pfarrer in Herzogenaurach) 10. Johann Schmitt (Rektor des Knabenseminars in Bamberg) 11. Georg Schönfelder (Religionslehrer in Bamberg) 12. Johannes (Marianus) Vetter OP (im Konvent in Warburg) 13. Karl Wolkenau (Domkapitular in Bamberg)
8
–
3
1
6
5
9
–
2
4
3
5
4
3
5
3
5
4
2
6
4
7
1
4
8
1
2
1935 Die Bamberger Triennalliste dieses Jahres konnte in den Quellen nicht aufgefunden werden.764
1938 (28. Oktober)765
Abstimmungsergebnisse probo – non probo – abstineo
1. Heinrich Ames (Domkapitular in Bamberg) 2. Georg Köhler (Domkapitular in Bamberg) 3. Joseph Otto Kolb (Weihbischof von Bamberg)
6
–
3
8
–
1
7
–
2
Bei den Wirren, die mit Aufstellung der Liste und ihrer (möglichen) Übersendung nach Rom verbunden waren (vgl. Bd. 3, Kap. II.2.6 Anm. 859), ist es denkbar, dass sie entweder gar nicht angefertigt wurde oder aber unterwegs verloren ging. 765 Vgl. S.RR.SS., AA.EE.SS., Baviera, 1926–1938, Pos. 165 P.O., Fasz. 16, Fol. 62r–63v. 764
359
Anhang
4. Gregor Kümmelmann (Domkapitular in Bamberg) 5. Johann Baptist Lenhardt (Rektor des Knabenseminars in Bamberg) 6. Johann Leicht (Dompropst in Bamberg) 7. Franz Ott (Stadtpfarrer in Bamberg) 8. Franz Rathgeber (Pfarrer in Herzogenaurach) 9. Joseph Schneider (Subregens des Priesterseminars Bamberg) 10. Johannes (Marianus) Vetter OP (Prior des Dominikanerkonvents Köln)
360
4
–
5
6
1
3
4
1
4
5
1
4
9
1
–
3
2
5
8
–
2
Anhang
1.3 Die Bischofskandidaten in Preußen nach Artikel 6 des preußischen Konkordats von 1929 Provenienz
1930 Ermland
1930/31 Aachen
1933 Münster
1933/34 Berlin
1934 Hildesheim
1935 Berlin
Breslau (Bertram)
1. August Spannenkrebs 2. Ferdinand Piontek
1. Hermann Joseph Sträter 2. Otto Paschen
1. Adolf Donders 2. Joseph Hammels
Wilhelm Berning
1. Joseph Machens 2. Otto Seelmeyer
Köln (Schulte)
1. Franz Sawicki 2. Raymund Dreiling 3. Konrad Graf von Preysing
Hermann Joseph Sträter
1. Maximilian Meinertz 2. Wilhelm Berning
Maximilian ten Hompel
Paderborn (Klein)
Johannes Hillebrand
Wilhelm Berning
Augustin Baumann
Trier (Bornewasser)
Karl Eschweiler
1. Hermann Joseph Sträter 2. Wilhelm Berning 3. Emmerich David 4. Johannes Hillebrand 5. Adolf Donders 1. Hermann Joseph Sträter 2. Ildefons Herwegen
1. Arnold Francken 2. Clemens August Graf von Galen 3. Adolf Donders 4. Maximilian Meinertz Adolf Donders
1. Clemens -August Graf von Galen 2. Konrad Graf von Preysing 3. Paul Simon Konrad Graf 1. Heinrich von Preysing Wienken 2. Albert Fuchs
1. Laurentius Antonius Zeller Mönch 2. Arnold Francken
1. Konrad Wilhelm Graf von Stockums Preysing 2. Laurentius Zeller
Osnabrück (Berning)
Maximilian Kaller
1. Antonius Mönch 2. Laurentius Zeller 3. Ludwig Kaas 1. Adolf Donders 2. Franz Meis
1. MaximiPaul Simon lian Kaller 2. Paul Steinmann
1. Konrad Graf von Preysing 2. Augustin Baumann 3. Paul Simon
Hermann Joseph Sträter
361
(1. Wilhelm Berning 2. Paul Simon)
1937/38 Aachen
1. Augustin Baumann 2. Paul Simon 3. Heinrich Wienken
1. Paul Simon 2. Joseph Pascher
Anhang
Limburg (Kilian / ab 1933 Hilfrich)
Berthold Merkel
--
Fulda (Schmitt)
(Antonius Hilfrich)
Hermann Jo- -seph Sträter
Berlin (Schreiber / ab 1934 Bares / ab 1935 Preysing)
1. Maximilian Kaller 2. Ludwig Baur 3. Conrad Gröber 4. Dominik Heller
Joseph Pascher
1. Wilhelm Berning 2. Paul Steinmann 3. Adolf Strehler Wilhelm Berning
1. Konrad Algermissen 2. Joseph Pascher
1. Wilhelm Hermann Berning Joseph 2. Emmerich Sträter David
Konrad Algermissen
--
1. Otto Seelmeyer 2. Joseph Machens 3. Augustin Baumann
Clemens August Graf von Galen --
1. Heinrich Wienken 2. Franz Hartz 3. Paul Simon 4. Konrad Algermissen 1. Albert Fuchs 2. Arnold Francken 3. Franz Hartz 4. Wilhelm Holtmann 1. Franz Hartz 2. Heinrich Wienken
1. Hermann Joseph Sträter 2. Theodor Hürth 3. Petrus Legge 4. Hugo Taepper (1. Lauren1. Theodor tius Zeller Hürth 2. Franz 2. Karl Joseph Peters Scheller 3. Ludwig Bruggaier)
1. Adolf Donders 2. Franz Meis 3. Arnold Francken 4. Clemens August Graf von Galen 1. Adolf Donders 2. Albert Homscheid 3. Michael Rackl
--
1. Laurentius -Zeller 2. Heinrich von Meurers
1. Wilhelm Berning 2. Paul Simon 3. Franz Hartz
Münster (Poggenburg / ab 1933 Galen)
Robert Melcher
Clemens August Graf von Galen
--
1. Wilhelm Berning 2. Paul Steinmann 3. Arnold Francken
1. Heinrich Roleff 2. Franz Aengenvoort
1. Konrad Graf von Preysing 2. Arnold Francken 3. Paul Simon
Ermland (Kaller)
--
1. Wilhelm Berning 2. Hermann Joseph Sträter
1. Wilhelm Berning 2. Paul Simon
Konrad Algermissen
Aachen (Vogt)
--
--
1. Franz Hartz 2. Clemens August Graf von Galen 3. Adolf Donders 1. Arnold Francken 2. Adolf Donders 3. Clemens August Graf von Galen
1. Paul Steinmann 2. Konrad Graf von Preysing
Konrad Algermissen
(1. Wilhelm Berning 2. Clemens August Graf von Galen 3. Bernhard Lichtenberg) 1. Konrad -Graf von Preysing 2. Joseph Machens 3. Petrus Legge
Hildesheim (Bares / ab 1935 Machens)
362
--
Anhang
Domkapitel
Anzahl der vorgeschlagenen Kandidaten römische Terna
zum Bischof gewählt
1. August Spannenkrebs 2. Andreas Hinzmann 3. Kunibert Krix 4. Johannes Heller 5. Johannes Wronka 21
1. Hermann Joseph Sträter 2. Karl Bremer
1. Franz Hautkappe 2. Josef Janssen 3. Clemens August Graf von Galen
1. Paul Steinmann 2. Wilhelm Berning 3. Alfons Blaeschke
1. Augustin Baumann 2. Albert Homscheid 3. Joseph Machens
1. Clemens August Graf von Galen 2. Heinrich Heufers 3. Georg Banasch
1. Emmerich David 2. Joseph Machens 3. Maximilian Kaller
13
16
11
11
13 (14)
14
1. Maximilian Kaller 2. (Bernard Poschmann) Johannes Steinmann 3. (Johannes Steinmann) Bernard Poschmann
1. Joseph Vogt 2. Bernhard Custodis 3. Clemens August Graf von Galen
1. Antonius Mönch 2. Adolf Donders 3. Heinrich Heufers (4. Clemens August Graf von Galen)
1. Nikolaus Bares 2. (Simon Konrad Landersdorfer) Konrad Graf von Preysing 3. Arnold Francken
1. Antonius Mönch 2. (Konrad Algermissen) Joseph Machens 3. (Joseph Machens) Arnold Francken
1. Arnold Francken 2. Konrad Algermissen 3. Wilhelm Holtmann
Maximilian Kaller
Joseph Vogt
Clemens August Graf von Galen
Nikolaus Bares
Joseph Machens
1. Konrad Graf von Preysing 2. (Paul Weber) Wendelin Rauch 3. (Wendelin Rauch/ Heinrich Heufers) Paul Weber Konrad Graf von Preysing
363
(Wilhelm Holtmann)
Anhang
2. Pacellis Bischofskandidaten Besetzungsfälle
Kandidaten766
Köln 1919/20
--
Paderborn 1920
--
Freiburg 1920
--
Mainz 1920/21
Antonius Hilfrich
Alter
47
Herkunftsbistum
Limburg
Studien
Rom (Germanicum/ Gregoriana) Rom (Germanicum/ Gregoriana) Rom (Germanicum/ Gregoriana) Münster/Rom (Germanicum/ Gregoriana) Rom (Germanicum/ Gregoriana) Trier
Ämter767
(Konviktsrektor)/Pfarrer
Ludwig Maria Hugo 49
Speyer
Christian Schreiber
48
Fulda
Johannes Steinmann
50
Hildesheim
Antonius Hilfrich
47
Limburg
Trier 1921/22
Nikolaus Bares
51
Trier
Würzburg 1920–24
Matthias 53 Ehrenfried 44 Simon Landersdorfer OSB
Eichstätt München
Rom (Germanicum/ Gregoriana) Eichstätt/München
Tütz 1925/26
Maximilian Kaller
45
Berlin
Breslau
Pfarrer
Rottenburg 1926/27
Joannes Baptista Sproll Ludwig Baur
56
Rottenburg
Tübingen
55
Rottenburg
Tübingen
(Subregens)/Domkapitular/ Generalvikar/Weihbischof/ Professor
Georg Stauber
44
Rottenburg
Tübingen
Konviktsrektor/Pfarrer
München
Eichstätt/München
(Professor)/Abt
Meißen 1920/21
Regensburg 1927/28
Simon 47 Landersdorfer OSB
Regens Professor (Seminar)/Regens Domkapitular/ Konviktsrektor (Konviktsrektor)/Pfarrer Professor (Seminar)/Regens/ Domkapitular Professor (Lyzeum) (Professor)/Abt
Kursiv gesetzt sind jene Geistliche, die den Bischofsstuhl letztendlich bestiegen. In Klammern gesetzt sind diejenigen Kleriker, die Pacelli entweder als „Alibikandidaten“ nutzte oder von deren Kandidatur er im Besetzungsverfahren vor der endgültigen Personalentscheidung aus verschiedenen Gründen wieder abließ. 767 Die Auswahl der Ämter beschränkt sich auf einschlägige Posten. In Klammern gesetzte Ämter wurden früher, zum entsprechenden Zeitpunkt jedoch nicht mehr ausgeübt. 766
364
Anhang
Hildesheim 1928/29
Berlin 1929/30
Adolf Donders
51
Münster
Münster
Domprediger/Professor
Nikolaus Bares
57
Trier
Trier
Professor (Seminar)/Regens/ Domkapitular
(Antonius Mönch)
58
Trier
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Pfarrer)/Domkapitular/ Weihbischof
Ludwig Kaas
48
Trier
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
Professor (Seminar)/ Domkapitular/ Zentrumsvorsitzender
Christian Schreiber
57
Fulda
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Professor (Seminar)/ Regens)/ Bischof von Meißen
56
Limburg
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Konviktsrektor)/Pfarrer
(Friedrich Wolf)
45
Limburg
Fulda/Limburg
(Subregens)/Pfarrer
Antonius Hilfrich
56
Limburg
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Konviktsrektor)/Pfarrer
Conrad Gröber
57
Freiburg
Freiburg/ Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Konviktsrektor/Pfarrer)/ Domkapitular
Maximilian Kaller
50
Berlin
Breslau
(Pfarrer)/Administrator in Tütz
Johannes Steinmann
60
Hildesheim
Münster/ Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Konviktsrektor)/ Domkapitular/ Botschaftskonsultor
Bernhard Poschmann
49
Ermland
Braunsberg
Professor
(Ferdinand Piontek)
52
Breslau
Breslau
Domkapitular/-prediger/ Vorsitzender des Bonifatiusvereins
Paul Weber
49
Breslau
Breslau
Pfarrer
Franz Hartz
48
Münster
Münster
(Konviktsrektor)/Pfarrer/ Domkapitular
Joseph Kumpfmüller 61
Regensburg
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
Domprediger/-kapitular
Johann Baptist Höcht
60
Regensburg
Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Regens)/Domkapitular/ Generalvikar
Joseph Vogt
65
Köln
Bonn/Eichstätt/Rom (Gregoriana)
(Professor (Seminar)/ Subregens)/Domkapitular/ Generalvikar
Bernhard Custodis
54
Köln
Köln/Rom (Gregoriana)
(Vizerektor der Anima)/ Pfarrer
Clemens August Graf von Galen
52
Münster
Innsbruck (Canisianum)
Pfarrer
Limburg 1929/30 Antonius Hilfrich
Meißen 1929–31
Ermland 1930
Schneidemühl 1930/31
Augsburg 1930
Aachen 1930/31
365
Anhang
Freiburg 1931/32 Conrad Gröber
60
Freiburg
Meißen 1932
Ernst Lange Petrus Legge
56 50
Breslau Münster
Heinrich Heufers
52
Münster
Konrad Graf von Preysing (Johann Baptist Höcht) (Ludwig Bruggaier) Antonius Mönch
52
München
62
Regensburg
50 63
Eichstätt Trier
Adolf Donders
56
Münster
Heinrich Heufers
53
Münster
Clemens August Graf von Galen Nikolaus Bares
55
Münster
62
Trier
Konrad Graf von Preysing
53
München
Innsbruck (Canisianum)
Arnold Francken
58
Münster
Münster
Eichstätt 1932
Münster 1933
Berlin 1933/34
Hildesheim 1934
Freiburg/ Rom (Germanicum/ Gregoriana) Breslau Paderborn/Würzburg Innsbruck (Canisianum) Innsbruck (Canisianum) Rom (Germanicum/ Gregoriana) Eichstätt Rom (Germanicum/ Gregoriana) Münster Innsbruck (Canisianum) Innsbruck (Canisianum) Trier
(Konviktsrektor/Pfarrer/ Domkapitular) Bischof von Meißen (Pfarrer)/Domkapitular Pfarrer/Kommissar der Ostgebiete des Bistums Paderborn (Pfarrer)/Domkapitular (Attaché in Rom)/ Domprediger/-kapitular (Regens)/Domkapitular/ Generalvikar Domkapitular (Pfarrer)/Domkapitular/ Weihbischof Domkapitular/-prediger/ Professor (Pfarrer)/Domkapitular Pfarrer (Professor (Seminar)/ Regens/ Domkapitular)/Bischof von Hildesheim (Attaché in Rom/ Domprediger/-kapitular)/ Bischof von Eichstätt (Subregens)/Domkapitular/ Regens
(Simon 53 Landersdorfer OSB) Antonius Mönch 63
München
Eichstätt/München
(Professor)/Abt
Trier
Joseph Machens
47
Hildesheim
(Pfarrer)/Domkapitular/ Weihbischof Professor (Seminar)/ Domprediger
Arnold Francken
58
Münster
Rom (Germanicum/ Gregoriana) Innsbruck (Canisianum)/ Münster/Bonn Münster
(Konrad Algermissen)
45
Hildesheim
Freiburg/Rom (Germanicum/ Gregoriana)
(Wilhelm Burger)
54
Freiburg
Freiburg/Rom (Gregoriana)
(Leiter des Apologetischen Dezernats des Volksvereins)/ Professor (Seminar)/ Domprediger Weihbischof/Domkapitular
366
(Subregens)/Domkapitular/ Regens
Anhang
Berlin 1935
Konrad Graf von Preysing
55
München Innsbruck (Canisianum)
(Wendelin Rauch)
50
Freiburg
Eichstätt 1935
(Paul Weber) (Heinrich Heufers) Michael Rackl
54 55 52
Mainz 1935
Wendelin Rauch
50
Albert Stohr
45
Philipp Kaiser
49
Simon Landersdorfer OSB Heinrich Wienken
56
Freiburg/Rom (Germanicum/Gregoriana) Breslau Breslau Münster Innsbruck (Canisianum) Eichstätt Eichstätt/Rom (Gregoriana) Freiburg Freiburg/Rom (Germanicum/Gregoriana) Mainz Mainz/Freiburg/Münster/ Rom (Gregoriana) WürzRom (Germanicum/ burg Gregoriana) München Eichstätt/München
53
Münster
Innsbruck (Canisianum)
(Georg Köhler)
44
Breslau/Rom (Gregoriana)
Fulda 1936/39
Wendelin Rauch
51
Lausitz/ Meißen Freiburg
57
Bamberg
Aachen 1937/38
Johann Baptist Dietz Arnold Francken
63
Münster
Konrad Algermissen
49
Hildesheim
Passau 1936 Meißen 1936/37
Wilhelm Holtmann 56
Münster
Hermann Joseph Sträter
Köln
72
(Attaché in Rom/ Domprediger/-kapitular)/ Bischof von Eichstätt Professor (Seminar) (Pfarrer)/Domkapitular (Pfarrer)/Domkapitular Professor (Seminar)/Regens Professor (Seminar) Professor (Seminar) (Domvikar)/Konviktsrektor (Professor)/Abt Leiter der Berliner Hauptvertretung der Caritas Offizial/Seminarprofessor
Freiburg/Rom Professor (Seminar) (Germanicum/Gregoriana) Rom (Germanicum/ Regens/Dozent Gregoriana) Münster (Subregens)/Domkapitular/ Regens Freiburg/Rom (Leiter des Apologetischen (Germanicum/Gregoriana) Dezernats des Volksvereins)/ Professor (Seminar)/ Domprediger Münster Pfarrer/Wallfahrtsdirektor/ Domkapitular Freiburg/Würzburg/Bonn/ Domkapitular/Weihbischof/ Köln Generalvikar
367
Personenregister Personenregister
Personenregister Die römischen Ziffern (I, II, III, IV) zeigen den Band an. Die fett gedruckten Seitenzahlen verweisen auf einen Besetzungsfall, aus dem die betreffende Person als neuer Ortsordinarius hervorging. Adam, Karl III: 156, 211, 377, 410; IV: 186 Adam, Willibald IV: 345 Adenauer, Konrad I: 216; II: 138f., 145, 147, 149; IV: 198 Aengenvoort, Franz II: 251, 257; IV: 362 Aigeltinger, Karl III: 377–379, 381, 406 Algermissen, Konrad II: 252–255, 257, 259f., 280–284, 286, 288, 296, 370, 373f., 380, 395–398, 404; IV: 151, 153, 156, 159, 163, 166, 223, 362f., 366f. Altfrid, heiliger II: 256 Ames, Heinrich IV: 359 Anker, Karl III: 504 Anschütz, Gerhard I: 227 Anton, Frank III: 167 Antonia von Luxemburg III: 228 Aretin, Erwein von III: 226 Arndt, Georg II: 66 Aversa, Giuseppe IV: 212 Baierlipp, Johann IV: 356f. Banasch, Georg II: 293, 297, 304, 322; IV: 126, 363 Bank, Rudolf I: 390 Bannwolf, Ottmar IV: 344 Barbetta, Giulio II: 222 Bares, Nikolaus I: 36, 204, 206f., 215, 228–236, 241f., 247f., 251–253, 387–426; II: 21, 77f., 84f., 128, 157, 166f., 200, 211–248, 249, 251, 253f., 257f., 263, 265, 273, 279, 286–292, 295, 297, 302, 307, 314, 318; III: 46, 231, 261, 267; IV: 114, 125, 147, 151, 153, 156, 159f., 166f., 177, 196, 205, 362–366 Barluzzi, Giuseppe IV: 53, 59, 73 Bartels, Christian I: 161 Bartholomäus, Apostel III: 497 Bartholomäus de Martyribus IV: 156 Bartsch, Erich II: 264f. Bartolini, Riccardo II: 91 Baudri, Johannes I: 80 Baumann, Augustin II: 155, 251, 254f., 257f., 286, 296, 372, 385, 395, 399f., 404; IV: 361–363
Baumgartner, Eugen III: 426, 428, 430–433, 435, 438– 441, 443–448, 451–454, 464f., 467–475, 478–482 Bauer, Gustav Adolf I: 125 Baur, Ludwig II: 77, 95; III: 369–371, 377, 379, 381– 384, 386–389, 393, 398, 400, 406, 413–415, 418–420; IV: 151, 153, 156, 159, 166, 362, 364 Bayer, Johannes III: 487 Bazille, Wilhelm III: 395, 397–403, 416f. Bea, Augustin III: 378; IV: 212 Becker, Carl Heinrich I: 68f., 125, 184, 216, 222–226, 249, 261, 268, 278, 305–307, 311, 315f., 325, 328, 330f., 335f., 359–362, 367–369, 375, 401; II: 28, 30, 34, 39; III: 94f. Becker, Joseph III: 322, 337–344, 346f., 357, 363 Bendix, Ludwig III: 314f., 317, 323–331, 334f., 337– 357, 359, 361–365; IV: 20, 46, 206 Benedikt XV., Papst I: 29–31, 37, 59, 66f., 72f., 91, 95, 105f., 108, 117, 122, 137, 139–141, 145f., 157, 161, 163–165, 172, 174f., 185–188, 190, 197, 203, 209, 211f., 214, 217, 224, 230, 233, 249, 253, 268, 277, 279, 281, 386; II: 162; III: 12, 34–39, 43, 113, 120, 125f., 135, 157, 297, 299f., 303–306, 317, 336, 344, 348, 365, 395, 427, 436; IV: 11, 47, 56, 58, 60f., 72f., 210, 228 Benno, heiliger IV: 60, 66 Berg, Ludwig I: 322; IV: 125 Bergen, Diego von I: 67f., 71f., 74, 106–108, 116, 123, 127, 130, 133f., 145, 198–200, 207, 217f., 224, 254, 257, 268, 308, 342, 364, 378, 386; II: 102, 230, 240f., 265, 311f., 323, 393; III: 248, 251f., 259, 268; IV: 71, 91, 103, 120 Berghaus, Karl II: 155 Bernardini, Filippo IV: 215 Berning, Wilhelm I: 35, 176; II: 73, 77, 99, 129, 131–135, 139, 144f., 147, 150, 152, 155, 164, 195, 208, 213–219, 221–223, 230, 240, 246–248, 254, 264, 273, 290, 292, 296–298, 311, 368f.; IV: 145, 173, 177, 361–363 Bernstorff-Wehningen, Berthold Graf von I: 393
368
Personenregister
Bertram, Adolf I: 34f., 65, 108, 110–114, 117, 125, 134, 136, 140, 156f., 159, 179–181, 184, 186, 189–191, 194–197, 201, 204, 213, 217–220, 222, 225, 230, 250f., 258–260, 262, 264–270, 275, 278, 280–285, 287, 290– 295, 300, 309–314, 317, 319–321, 327, 332–337, 341, 346f., 349–351, 356f., 363, 372, 376f., 380–384, 390– 394, 396, 400, 402, 408, 422, 425; II: 10–23, 26, 28f., 32, 35, 37f., 40–42, 75, 77, 85, 98f., 103, 117, 131, 160, 163, 165, 167, 186, 198, 212, 214, 220, 240, 243, 252f., 258, 273, 286, 290, 295–297, 319, 366, 369; III: 94, 248, 316–322, 329, 331–333, 364, 382, 384, 389, 418f.; IV: 13–25, 27–33, 35–42, 45–47, 49, 66, 71, 77–79, 81–83, 109, 115, 119, 140–142, 144f., 160, 187, 197, 202, 206, 208, 211, 214, 361 Bethmann Hollweg, Theobald von I: 29 Bettinger, Franz von II: 73, 294; III: 164, 218, 220 Beyer, Maximilian II: 21, 39 Bianchi-Cagliesi, Vincenzo III: 256f. Biebel, Peter IV: 334 Bienfang, Georg IV: 340 Bierbaum, Maximilian II: 161f., 201 Billot, Louis III: 321 Birner, Adam III: 187–190, 206, 211; IV: 198 Bisleti, Gaetano I: 206, 271f.; II: 24, 97, 124, 356; III: 48f., 51f., 75, 108; IV: 78 Bismarck, Otto von IV: 40 Blaeschke, Alfons II: 219, 223f.; IV: 363 Blank, Winand I: 136, 138f. Bleienstein, Heinrich III: 378–382, 389, 404, 418f.; IV: 199 Bleske, Johannes I: 286, 295, 298–301 Bley, Bernhard II: 257 Bludau, Augustinus I: 191; II: 18, 69f., 78–80, 83, 91, 95f., 102 Bluel, Johannes I: 389f., 393, 401, 417 Bodelschwingh, Friedrich von II: 220 Boeckem, Wilhelm II: 393 Boelitz, Otto I: 203, 222, 225–227, 246, 250, 254, 258, 260–265, 268–270, 275–278, 364, 378, 384; III: 94 Boepple, Ernst III: 246f., 249–251, 258f., 264, 276 Boggiani, Tommaso Pio III: 51f., 108 Bolz, Eugen III: 389, 391–395, 397, 402, 416, 418 Böminghaus, Ernst I: 397–399, 402f., 424; IV: 199, 201 Bonaventura, heiliger III: 492, 501 Bonifatius, heiliger I: 291; III: 318, 339, 407 Bonifaz VIII., Papst III: 65, 103 Bonzano, Giovanni III: 107f.; IV: 210 Borgongini Duca, Francesco I: 257, 260f., 355, 386, 404, 410, 415; II: 20, 96; III: 48, 75, 106, 108, 162, 165, 408; IV: 210
Bormann, Martin II: 378 Bornewasser, Franz Rudolf I: 203–253, 329, 407f., 410, 417, 424; II: 12f., 18, 40, 73, 98, 131, 165, 195, 198– 200, 208, 216, 223, 239, 242, 247, 251, 254, 259, 280, 286, 295, 367; III: 46; IV: 201, 361 Bosler, Otto III: 401f., 404–407 Brachvogel, Eugen II: 79 Braig, Carl II: 50 Brander, Vitus III: 132; IV: 333f., 351, 353 Braun, Josef IV: 353 Braun, Otto I: 246, 357, 359, 362, 365, 419; II: 28, 30, 32, 34, 309 Braun, Thomas III: 165f., 170 Brauner, Otto III: 210; IV: 331, 340 Brehm, August III: 36 Brem, Nikolaus III: 188f., 272; IV: 338, 342, 345, 348 Bremer, Karl II: 130f.; IV: 363 Brenner, Maximilian I: 146, 246; III: 348 Brentano di Tremezzo, Otto Rudolf von III: 317–320, 323f., 326, 328f., 333, 337, 339, 347–349, 351–353, 355f., 358, 361–363, 425 Brettle, August III: 298, 304 Brettle, Emil III: 450 Briechle, Joseph IV: 344 Brors, Adolf II: 85, 100 Bruggaier, Ludwig II: 78; III: 213–217, 219, 221f., 231– 236, 239–241; IV: 151, 153, 331, 333, 348, 353–356, 362, 366 Brugger, Philipp I: 53–55, 110–112, 135, 203 Brüning, Anton II: 139 Brüning, Heinrich III: 393; IV: 109 Buchberger, Michael III: 30, 73, 158–186, 197f., 209f., 219, 235f., 275, 283, 289; IV: 196, 224, 330, 335–337, 345, 351 Buchholz, Alfons II: 83 Buchner, Franz Xaver III: 213 Buchwieser, Ferdinand IV: 337f. Buck, Johann Wilhelm IV: 62–64 Bucks, Aloysius Franz I: 286, 315 Bullacher, Wilhelm IV: 334 Bülow, Bernhard Wilhelm von II: 276f., 301, 305–307, 313, 316, 333f., 338, 346; III: 256, 487, 489, 492f., 495–499 Bülow, Friedrich von II: 94 Burchard von Meißen IV: 70 Burger, Wilhelm II: 256, 278–280, 282, 285, 288; III: 441–443, 456, 458f., 477, 484f., 488f., 505, 507; IV: 97, 151, 154, 156, 166, 366 Burkard, heiliger III: 149f.; IV: 197 Burkert, Eduard III: 379
369
Personenregister
Busch, Konrad von III: 331 Büsse, Joseph I: 390 Buttmann, Rudolf II: 192f., 228, 233f., 270, 277, 309, 313, 325 Canali, Nicola I: 404, 410; II: 20, 60, 87, 114, 137, 139, 173, 183, 225, 260, 300; III: 200, 242, 244, 400, 405, 490f.; IV: 94 Capitani, Leopoldo I: 246 Cavagnis, Felice I: 93; III: 14f., 19 Centoz, Luigi I: 295, 297, 299, 387f., 417; II: 57, 61f., 67, 69–73, 75, 78 Cerretti, Bonaventura I: 97–106, 207f.; III: 336 Christ, Peter I: 241 Cicognani, Amleto Giovanni I: 314; III: 162–164, 185, 409. Ciriaci, Pietro III: 49–51, 53f. Cohen, Karl I: 135f. Colli, Carlo II: 193f., 206, 211, 219, 226f.; III: 281, 487, 499f.; IV: 113 Colmar, Joseph Ludwig III: 339 Colonna, Antonio II: 222 Consalvi, Ercole I: 147, 187, 270f., 385; II: 205; III: 403 Cortain, Eduard II: 12, 20–22, 34, 38 Cramer–Klett, Theodor Freiherr von I: 90; III: 189, 194, 211; IV: 198 Custodis, Bernhard II: 137, 139–141, 145–147; IV: 151, 154, 159, 363, 365 Custodis, Karl I: 135 Dalbor, Eduard I: 280, 293f., 302f. Damm, August IV: 330, 338, 340f. Dangl, Karl III: 176f., 179–181; IV: 330, 345f. Dannecker, Augustinus III: 406 Dantscher, Anton IV: 350 Dard, Émile I: 208, 236, 253; III: 335, 343, 345 David, Emmerich I: 112–114, 117; II: 132, 136, 296, 369; IV: 361–363 De Lai, Gaetano I: 96–100, 106f., 142, 146, 148f., 153, 172f., 244–246, 412, 415; III: 48–50, 75, 106, 108, 122, 148, 306, 309, 346, 491; IV: 26, 70 Deißmann, Adolf I: 408 Deitmer, Josef I: 291, 317, 396f., 402, 406, 426; II: 9f., 12, 14–16, 19f., 22, 40f., 214 Delbrueck, Richard I: 181f., 184f., 254–258, 378, 384; III: 329, 333; IV: 52, 54–56, 81, 84, 169 Dellenbusch, Karl Eugen II: 376f. Deller, Johannes III: 190; IV: 343 Detten, Hermann von II: 311, 324, 335f.; III: 276
Detzel, Jakob IV: 339–341 Dieckhoff, Hans Heinrich II: 346 Dietl, Johann Baptist IV: 350 Dietz, Matthias II: 83f., 99, 223f.; IV: 197 Dietz, Johann Baptist II: 328–366, 372; III: 243, 278, 286, 288; IV: 129, 151, 154, 166, 332, 356–358, 367 Dingelstad, Hermann Jakob II: 155; IV: 125 Disteldorf, Johann Baptist I: 241 Dittmeyer, Adam Joseph III: 128–132, 155, 157 Doeberl, Anton IV: 350 Doetsch, Wilhelm I: 299–301 Domm, Robert III: 191; IV: 343–345 Dommermuth, August II: 56 Donders, Adolf I: 396–400, 402–406, 409f., 420–424, 426; II: 113, 120, 132, 136, 154, 156–158, 160f., 164–168, 170, 173–176, 179–184, 187f., 197, 199f., 202–205, 208–210; IV: 107f., 118, 151, 153–156, 159, 166f., 173, 177, 198, 361–363, 365f. Dreiling, Raymund II: 72; IV: 361 Droste zu Vischering, Clemens August Freiherr IV: 39 Dunstmair, Matthias IV: 336, 346 Dürbeck, Johann IV: 356 Düsterwald, Franz I: 132, 136 Dziembowski, Maximilian von IV: 44, 57, 62f., 80, 83 Eberle, Franz Xaver III: 187–196, 201–204, 209–212; IV: 157, 330, 343–345 Eck, Jakob I: 135 Eckert, Johann IV: 356f. Eckstein, Laurentius III: 488f. Eggersdorfer, Franz Xaver III: 30, 205f., 210, 261, 270f., 273, 286f., 289f.; IV: 331f., 345–349 Ehrenfried, Matthias II: 51; III: 108, 125–158, 194–197, 204, 209f., 218f., 227, 235, 242f., 260, 262, 267, 285, 289, 503; IV: 97, 151, 154, 156, 161, 165, 196, 364 Ehrle, Franz III: 75, 108, 164f., 400, 501; IV: 210 Ehrler, Fritz II: 51 Eich, Michael III: 315 Eichmann, Eduard III: 30; IV: 331, 340 Eisenhofer, Ludwig IV: 354 Eisner, Kurt III: 16 Engelhardt, Josef III: 337–340, 343, 357 Engert, Joseph III: 170 Epp, Franz Xaver Ritter von II: 307; III: 245f., 249–251, 254–256, 258–260, 264, 276, 281f. Erdmannsdorff, Otto von IV: 136 Ernst, Joseph I: 387, 390f., 397f., 403, 416, 420, 423, 425 Ernst, Konrad I: 390, 406 Eschweiler, Karl II: 73; IV: 361 Euskirchen, Joseph I: 136
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Personenregister
Faber, Frederick William III: 220 Fahrenhorst, Karl I: 404 Faulhaber, Ludwig IV: 357 Faulhaber, Michael von I: 35, 40, 108, 281, 326f.; II: 73, 181, 315, 367; III: 11–13, 16–18, 24, 28, 30, 33f., 40– 45, 58, 85f., 91, 107f., 114, 119–122, 131–133, 143, 145, 152, 156, 173, 180–183, 186, 194f., 197, 201f., 204, 209f., 218, 221, 223, 235, 239, 252–254, 260, 264–267, 273f., 278–283, 288–290, 330f., 333, 335, 341, 364; IV: 157, 160, 196, 203, 205, 222, 226 Fehrenbach, Constantin IV: 41 Fendel, Hendrik II: 44, 46, 51–53, 64 Ferdinand von Fürstenberg IV: 226 Fernekess, Wilhelm IV: 340 Fiedler, Lorenz II: 56 Fischer, Franz Joseph III: 377–381, 386, 406 Fischer, Ivo III: 137; IV: 351 Fischer, Sebastian IV: 336f. Fleißner, Hermann IV: 50 Föhr, Ernst III: 425f., 428–430, 432, 439, 443f., 449– 454, 456, 465f., 468f., 471–473, 480, 482, 484; IV: 222 Francken, Arnold II: 154–160, 164, 167, 169–171, 173, 181, 183f., 202–204, 208f., 215f., 220f., 223–226, 241– 244, 247f., 259, 261, 280, 282f., 286, 288, 294, 371, 374, 379f., 395–398, 403f.; IV: 151, 154, 166f., 198, 361–363, 366f. Franckenstein, Moritz Freiherr von und zu III: 136, 138, 157; IV: 197f. Franzelin, Johannes Baptist I: 81f. Freundorfer, Joseph III: 270f.; IV: 347–349 Frick, Wilhelm II: 192, 194; III: 494, 497 Friedrich II., König von Preußen I: 55f. Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen IV: 9 Friedrich August III., König von Sachsen IV: 14, 16–19, 22, 55, 82, 89f., 102, 105f., 197 Friedrich Christian von Sachsen IV: 61 Friedrich (Gestapo Düsseldorf) II: 377f. Friesenegger, Joseph Maria III: 190 Fritz, Karl I: 327; II: 77, 278; III: 291–313, 339, 344, 358, 372, 386, 389, 411f., 419, 421–426, 428–432, 435f., 441, 444, 449f., 457, 459, 461, 465, 467f., 476f., 481, 484; IV: 68, 93–97, 100f., 104, 106 Fritz, Theobald III: 172, 176–180, 208, 211, 234 Frühwirth, Andreas I: 97, 100–102, 106, 148f., 152f.; III: 48, 51f., 75, 108, 132, 151, 165f., 202; IV: 10, 114, 210 Fuchs, Albert II: 368, 371f., 399f.; IV: 361f. Fuchs, Johannes I: 412 Fuchs, Vinzenz IV: 334, 352f. Funk, Joseph III: 187, 190
Gabriel, Ferdinand I: 168, 176 Gageur, Oskar III: 379 Gal, Karl Siegfried von I: 135 Galen, Augustinus von II: 189, 192, 194 Galen, Clemens August Graf von I: 37; II: 128, 139–141, 145–147, 150, 153–211, 214f., 217, 242, 247, 250f., 273, 293–297, 304, 321, 324f., 371f., 377, 386–391, 393, 397, 399f., 402–406; IV: 115, 139, 145, 152, 154, 156f., 159, 163, 166, 177, 198, 204, 222, 361–363, 365f. Galen, Franz Graf von II: 183, 186, 189, 192, 194 Galen, Maximilian Graf von II: 159 Galli, Aurelio III: 108 Garhammer, Matthias IV: 345 Gartmeier, Joseph IV: 336 Gasparri, Enrico III: 108 Gasparri, Pietro I: 30f., 47, 55–58, 62–66, 69–71, 76–78, 89–91, 94, 96, 100, 102–106, 108–110, 112–122, 124– 128, 130–133, 137f., 140–142, 145–148, 151f., 154– 161, 169–179, 183f., 188f., 191–204, 207f., 210, 217, 220–228, 230, 232–239, 241–248, 250–253, 255–259, 261f., 265, 268–277, 280f., 284–286, 288f., 292–298, 300–317, 319f., 322f., 325–363, 365–369, 371–373, 375–379, 382–388, 392, 396f., 400–406, 409f., 412, 414–416, 418, 425; II: 10, 14, 16–20, 22–28, 30f., 33, 35, 37, 40–42, 49, 52–54, 57, 68f., 74, 96, 117, 224, 242, 278, 282, 309, 320; III: 12f., 15–19, 23, 25–35, 39f., 42–51, 53–71, 73–109, 120–127, 129, 132–136, 138, 141–148, 155, 157–161, 167f., 172f., 177–181, 183f., 186, 205, 209, 211, 228f., 236, 294–297, 300f., 303–309, 313, 330, 334–337, 342, 345f., 355, 359, 365, 367, 369f., 372f., 375f., 378, 382, 385–390, 393–405, 407–409, 419–427, 433–436, 440–442, 477, 479, 501, 504; IV: 11, 26, 33, 42, 47–53, 56–60, 62f., 68, 70, 73f., 77, 82–85, 88, 102, 115, 146, 179f., 184, 186f., 205, 207–215, 223f., 226, 228, 330, 350 Gebhardt, Franz Joseph IV: 339–341 Gehringer, Michael IV: 358 Gehrmann, Eduard I: 321f.; II: 14, 18, 41, 62, 97, 100, 102, 305; III: 493; IV: 102, 200f., 208, 229 Genga, Annibale della s. Leo XII., Papst Georg von Sachsen IV: 21 Gillmann, Franz III: 134 Giobbio, Adolfo I: 85 Giorgi, Oreste III: 51f. Glogger, Placidus III: 176–179, 191; IV: 330, 343f. Göbel, Karl III: 132 Göbel, Matthäus II: 55–58 Goebbels, Joseph II: 299 Göhre, Paul I: 125 Goldenberger, Franz III: 91, 133
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Personenregister
Göring, Hermann II: 176, 192, 194f., 215, 222, 225, 228, 231f., 234, 246, 264, 266f., 269f., 273, 285, 299, 306–308, 316, 347, 375; III: 256; IV: 137 Götz, Anton IV: 349 Grabmann, Martin II: 218; III: 144, 156, 260f., 388, 419, 501; IV: 335–337 Gramse, Bernhard I: 282–285, 291–298, 303, 307f., 317–319, 322 Granito Pignatelli di Belmonte, Gennaro III: 48, 51f., 75, 108 Grave, Lorenz IV: 90, 105, 197 Gregor IX., Papst III: 65 Grellner, Johann III: 131 Griener, Eduard IV: 349 Grimme, Adolf II: 61f., 91, 108 Gröber, Conrad II: 77, 95, 240, 256, 279, 285, 339, 355; III: 299, 339, 420–485, 486, 489, 498, 504f., 507; IV: 84–106, 107, 110, 116f., 152, 154, 156f., 159–162, 166, 204f., 218, 362, 365f. Gröber, Thomas IV: 353 Groote, Rudolf von I: 66, 68f., 111f., 135–137, 143–145 Grünau, Werner Freiherr von I: 74 Grünkorn, Kurt Leopold III: 460–462 Gschwendtner, Johannes vom Kreuz III: 159, 169 Guerri, Giuseppe I: 176; IV: 59, 95 Günther, Robert II: 343, 348, 351 Gürtner, Franz III: 81, 120 Haab, Karl IV: 352 Haas, Alban IV: 332, 334, 339–341 Haas, August II: 61 Hacker, Franz Xaver III: 213 Haenisch, Konrad I: 112, 125, 127f., 135, 144 Hagemann, Johannes I: 387f., 390, 392, 400, 406, 417, 419; II: 251, 262, 266f., 269, 272 Haggenmiller, Franz Seraph IV: 330 Hähling von Lanzenauer, Heinrich I: 162, 165–171, 178 Haidlen, Richard II: 381 Haindl, Georg III: 189, 206, 211; IV: 198 Halke, Nikolaus IV: 11, 38f., 49 Hammels, Joseph II: 143, 165; IV: 361 Haniel, Edgar von I: 71f., 125, 133; III: 333 Harnack, Adolf von I: 408 Harth, Ernst III: 132 Hartl, Martin III: 35, 38, 60, 85f. Hartmann, Alexander IV: 11f., 15, 21, 27–29, 38, 67f., 82, 86–89, 97f., 103, 105, 114, 141, 145, 158, 197 Hartmann, Felix von I: 53–55, 57–59, 64–69, 73, 75–77, 88, 107f., 110f., 113–115, 126, 128, 136, 139, 142, 153, 155; II: 155; IV: 202
Hartz, Franz II: 101–121, 155, 166, 172f., 175, 293, 311, 370–374, 405; IV: 152, 154, 157, 161, 362, 365 Hauck, Johann Jakob von II: 349f., 352; III: 13, 16, 24f., 28, 42, 58, 86, 107, 119, 122, 125–131, 136–140, 142f., 145, 150, 154–157, 219, 227, 235, 256, 274, 289; IV: 206 Haußner, Philipp Jakob IV: 334, 339–342 Hauth, Bernhard IV: 346, 348 Hautkappe, Franz II: 158f., 172f.; IV: 363 Hayler, Franz Xaver III: 193, 208, 211; IV: 199 Heckel, Johannes II: 15f. Hedwig, heilige II: 34 Heeger, Adam Josef IV: 351 Hehn, Johannes III: 134, 142, 151 Heibrück, Hermann IV: 339 Heidingsfelder, Franz III: 210; IV: 331 Heidingsfelder, Georg IV: 356 Heilweck, Hermann IV: 340–342 Heinze, Rudolf IV: 12 Held, Heinrich III: 44, 60, 64, 67f., 70, 132, 134f., 137, 141, 154, 161f., 166, 170, 181, 188, 209, 215–217, 221, 224, 226f., 233f., 236 Heller, Dominik II: 77; IV: 362 Heller, Johannes II: 75, 82, 90; IV: 363 Henle, Anton von III: 12, 107, 132, 134, 151, 158–161, 163, 167–170, 172f., 176 Hennig, Julius II: 90 Henrich, Konrad Wilhelm III: 333 Herkenne, Heinrich II: 141 Hermann, Theodor IV: 330, 339–342 Herr, Jakob II: 46, 48, 51 Herwegen, Ildefons II: 131, 136f., 186f.; IV: 361 Heß, Rudolf II: 376; IV: 137f. Heßdörfer, Clemens Valentin III: 130 Hesslein, Paul IV: 23, 26, 42–44, 50–52, 62, 64, 81 Heufers, Heinrich II: 161f., 173–182, 197, 201–209, 211, 293, 297, 300–304, 320–322, 325, 327; IV: 108f., 115–118, 152,154, 159, 166f., 363, 366f. Heyer, Friedrich I: 325f., 331, 335, 337, 342f., 352, 354; II: 28–30, 38, 148 Hieber, Johannes von III: 372 Hierl, Johann Baptist III: 131–135, 151, 156–158, 160– 162, 165–176, 178, 180f., 184f.; IV: 158, 162 Hildebrand, Dietrich von II: 306 Hilfrich, Antonius II: 42–69, 70, 74, 84, 167f., 217, 251–253, 281, 296, 330, 368, 399; III: 319–323, 329f., 332f., 343f., 359f., 364; IV: 19f., 24, 26, 36, 45, 77f., 84f., 92, 100–102, 104, 152, 154, 157, 159, 165, 167, 196, 362, 364f. Hilfrich, Joseph III: 321 Hilgenfeldt, Erich IV: 136
372
Personenregister
Hillebrand, Albert Anton II: 196 Hillebrand, Johannes II: 73, 132, 136; IV: 361 Hiller, Adam IV: 334, 342 Hilpisch, Georg I: 65 Hiltl, Josef IV: 334 Hindenburg, Paul von II: 34, 70, 153, 191, 193f., 316 Hindringer, Rudolf III: 205, 210, 212, 273; IV: 330f., 337, 346f., 353, 355 Hinschius, Paul I: 56, 84; IV: 227 Hinzmann, Andreas II: 75, 81, 90; IV: 363 Hirsch, Paul I: 125 Hirtsiefer, Heinrich I: 362 Hitler, Adolf I: 32; II: 153, 175, 192, 194, 197, 202, 220, 225, 228, 237, 240, 299, 316f., 376, 379, 381, 394; III: 237, 246f., 503; IV: 139 Hlond, August I: 303 Hochhuth, Rolf I: 32 Höcht, Johann Baptist III: 159, 167, 169f., 176, 180, 196–200, 204–209, 211f., 217, 219, 221f., 230f., 234f.; IV: 152, 154, 166, 332f., 349f., 365f. Hofen, Karl IV: 340–342 Hoffmann, Johannes I: 70, 88f., 104, 116, 122, 126, 199; III: 12, 16, 18f., 23, 25–31, 33, 68, 114f., 127 Hofmann, Georg III: 246, 252–254 Hofmann, Michael II: 161–163, 197f., 201–204, 208– 210, 259f., 279, 285f., 288; III: 162–164, 166, 208, 211, 229f., 234; IV: 118, 127, 148, 199, 201, 207 Höfner, Michael IV: 350 Hollweck, Joseph I: 58–64, 66, 70, 73, 83, 89, 93f., 106, 119, 148f., 154, 192; III: 13–15, 19–21, 45, 113, 119; IV: 205 Holtmann, Wilhelm II: 371, 374–378, 380–382, 386, 389, 396–398, 400, 402f., 406; IV: 139, 152, 154, 163, 166, 362f., 367 Hompel, Adolf ten II: 197 Hompel, Maximilian ten II: 250, 257–259; IV: 361 Homscheid, Albert II: 166, 251, 257, 259; IV: 362f. Höpker-Aschoff, Hermann I: 316, 356f., 362, 375 Hörmann, Joseph III: 191, 193; IV: 333, 343–347, 349 Horstmann, August III: 213; IV: 356 Hötzl, Petrus von III: 188 Hudal, Alois III: 223 Hugo, Ludwig Maria I: 222, 247; II: 337; III: 162, 164– 166, 313–365, 485f., 496, 500, 504, 507; IV: 69, 152, 154, 157, 165, 339, 364 Hürth, Franz II: 104 Hürth, Theodor II: 127f., 144, 150; IV: 362 Husse, Ludwig IV: 339 Ignatius von Antiochien II: 166 Innozenz III., Papst III: 103
Irschl, Simon III: 270f.; IV: 334, 348f. Ivo von Chartres I: 264; IV: 189 Jäger, August II: 231, 262, 265 Janssen, Josef II: 159; IV: 363 Jauch, Bernhard III: 505 Jesus Christus I: 67, 128, 130f., 136, 139, 163, 166, 215, 316; II: 71f., 82, 108, 115, 127f., 136, 144, 153, 163, 166, 168, 189f., 252, 272, 282, 290f., 315, 349; III: 184, 200, 246, 248, 282, 305, 382, 445, 463 IV: 114, 125, 178 Jochum, Otto III: 190 Johann IX. von Haugwitz IV: 9 Johannes, Apostel IV: 52 Johannes IV., Herzog von Cleve I: 56 Jonnart, Charles I: 207 Josef, heiliger II: 143; III: 356 Judas, Apostel II: 93, 190; III: 201, 227, 281, 304; IV: 114 Kaas, Ludwig I: 182, 194, 201, 204–209, 213f., 216–218, 225, 228–233, 235, 247f., 250f., 253, 337, 352, 363, 380, 383, 407, 410, 424; II: 12f., 18–20, 22f., 25, 36f., 39–41, 96, 138f., 146, 148f., 165, 172; III: 119, 256, 324, 328, 333, 337, 339–342, 344, 346, 348, 355f., 360, 363, 391–393, 395, 418, 425, 430, 449f., 452–456, 461, 466, 469, 482, 484; IV: 12f., 80–82, 96, 102, 152, 154, 160, 165f., 198, 202, 205–207, 222, 229, 361, 365 Kahr, Gustav Ritter von III: 31, 33f., 127 Kainz, Eugen IV: 353 Kaiser, Paul IV: 60 Kaiser, Philipp II: 356; III: 490, 492, 500–503, 505, 507; IV: 152, 154, 166, 333f., 351f., 367 Kakowski, Aleksander I: 108 Kaller, Maximilian I: 279–324, 353, 371; II: 11, 14, 17, 20, 37, 69–101, 102–104, 107, 111f., 115–117, 119– 121, 129, 155, 166, 172, 202f., 213, 217, 223, 254f., 296–298, 369, 371, 373; IV: 152–154, 156, 160f., 166, 361–365 Kampe, Walther II: 43 Kapp, Wolfgang I: 160f.; III: 127 Kather, Arthur II: 83 Kaufmann, Hugo Michael III: 132; IV: 351 Kaufmann, Paul I: 134 Keller, Augustinus I: 244, 252; IV: 201 Keller, Heinrich II: 397 Kellner, Kaspar IV: 348 Kemmerer, Matthäus III: 354 Keppler, Paul Wilhelm von I: 111f., 158; III: 305, 307, 344, 366–369, 372–377, 381f., 386f., 390, 411, 413f., 417–419
373
Personenregister
Kerrl, Hanns II: 311, 316f., 338, 375, 389; III: 251, 257f., 264, 497 Ketteler, Wilhelm Emmanuel von I: 187; II: 181; III: 316f., 328, 335, 339, 359 Kiefer, Karl III: 213–216, 224f., 227f., 240f., 244, 259; IV: 354f. Kiefl, Franz Xaver III: 30, 36–40, 43, 45, 66, 119, 159– 161, 166–170, 173, 176, 181; IV: 345 Kilian, Augustinus II: 42–44, 46f., 51–69, 71, 74, 98, 130, 133, 157; III: 319f., 322f., 344, 364; IV: 74, 85f., 92, 104, 362 Kindsmüller, Karl III: 170 Kirstein, Georg Heinrich Maria III: 314–316, 324, 327– 330, 334, 336f., 339, 342f., 345f., 355, 359, 361, 363, 365; IV: 11, 100 Kisky, Wilhelm I: 114f., 155 Klein, Eberhard IV: 60, 66 Klein, Karl II: 56 Klein, Kaspar I: 65, 157–179, 209; II: 73, 98, 132, 134, 136, 145, 150, 168, 208, 216f., 255, 286, 296, 298f., 305, 332, 372, 400; III: 304; IV: 74, 109–111, 114, 117, 130, 158, 361 Klein, Philipp Albert IV: 339–342 Klein, Wilhelm II: 45–51, 53, 67 Kleus, Hermann II: 155 Klinke, Joseph I: 285, 291f., 294, 319 Klitsche, Erich I: 286 Kloidt, Franz IV: 138 Klotz, Philipp IV: 339 Klug, Ignaz IV: 345 Knecht, August IV: 332 Knecht, Friedrich Justus III: 295, 297–300, 304, 306f. Knilling, Eugen Ritter von III: 60, 62f., 68, 77f., 99, 137 Knoll, Wilhelm III: 353 Koch, Engelbert I: 287 Koch (-Weser), Erich I: 125, 184 Koch, Hugo II: 96 Koch, Thaddäus III: 504 Köhler, Georg (Bistum Berlin) IV: 124f., 127–130, 135, 146f., 149, 152, 154, 367 Köhler, Georg (Erzbistum Bamberg) IV: 357, 359 Kolb, Joseph Otto IV: 175, 334, 357–359 Komp, Georg Ignaz III: 434 Konrad von Parzham, heiliger III: 283 Köpke, Gerhard III: 255 Kopp, Georg von I: 131; II: 96, 252 Köppel, Robert III: 378–382, 404, 411, 414, 418; IV: 199 Korbinian, heiliger III: 35 Körner, Ludwig III: 298
Korum, Michael Felix I: 203–209, 211, 221, 228, 247f., 252, 407, 411, 421; II: 19, 200, 400 Koschel, Jakob II: 141 Köster, Adolf I: 255f., 260 Kösters, Ludwig II: 46f., 50f., 53, 67 Kottmann, Max III: 373f., 377, 379, 381, 384–386, 388f., 391, 393, 406, 410–412, 418f. Kraft, Benedikt IV: 358 Kranzbühler, Eugen III: 318 Krauß, Walter III: 246, 250, 265 Krausneck, Wilhelm III: 60, 63, 68 Krebs, Engelbert III: 501, 505 Kretschmer, Paul IV: 124 Kreutz, Benedikt IV: 136 Kreutzwald, Peter Karl Aloys I: 53 Kribben, Johann I: 134, 136 Krichel, Laurenz I: 134, 136 Krix, Kunibert II: 75, 81, 90; IV: 363 Kuenzer, Ernst III: 458 Kümmelmann, Gregor IV: 359f. Kumpfmüller, Joseph III: 159, 162–167, 169f., 176, 186–213, 221, 231, 234, 283; IV: 152, 154, 156, 166, 330, 332, 349, 365 Kunisch, Siegmund II: 313 Kupfer, Angelus IV: 338 Kurz, Johann Baptist IV: 349 Kürzinger, Joseph III: 240; IV: 355f. Laemmer, Hugo I: 55 Lagliero, Giovanni III: 108 Lammers, Aloys I: 325f., 335; II: 61f. Lammers, Hans Heinrich II: 194f., 234 Lammers, Vinzenz II: 177 Landersdorfer, Simon Konrad II: 221, 224–226, 242f., 247, 357; III: 136, 138, 140f., 144f., 151f., 155f., 173– 175, 177, 179f., 185f., 205f., 210, 261, 269–291; IV: 152–154, 156, 161, 165–167, 175, 197f., 203, 218, 330, 332–337, 346, 348, 363f., 366f. Landgraf, Artur Michael IV: 358f. Landmann, Robert von III: 188 Lang, Albert IV: 351 Lange, Ernst IV: 108f., 115–117, 152, 154, 366 Langer, Felix II: 32 Lauer, Nikolaus IV: 342 Laufer, Peter III: 315 Laun, Friedrich III: 406 Laurenti, Camillo II: 87 Lauri, Lorenzo I: 289, 294f. Lausberg, Peter Joseph I: 134, 136, 214f., 228, 244f., 252 Lauscher, Albert I: 210
374
Personenregister
Lederer, Matthias III: 213f., 239f.; IV: 354f. Ledóchowski, Wladimir II: 161, 208; IV: 199 Leers, Otto III: 425 Legge, Petrus II: 127, 258f., 292, 372f.; III: 504; IV: 106– 118, 119–124, 128–136, 140–145, 147–149, 152, 154, 156, 161, 166, 195, 204, 362, 366 Legge, Theodor IV: 109, 119, 130 Lehnert, Pascalina II: 201, 204 Leiber, Robert II: 102–104, 120, 179; IV: 117, 200, 206 Leicht, Johann IV: 330, 357–360 Leimbach, Karl Alex II: 332, 342f., 348, 351 Leimer, Karl IV: 60, 64f. Leisentrit, Johann IV: 9 Lenhardt, Johann Baptist IV: 334, 360 Lenhart, Georg III: 315f., 318, 337–339, 343, 358, 487 Lenz, Johannes III: 502 Leo XII., Papst I: 186, 264, 415; III: 66 Leo XIII., Papst I: 89, 203; II: 171; III: 20, 258f., 292; IV: 188f. Leonpacher, Alfred IV: 331 Lerchenfeld, Hugo Graf von I: 255, 260; III: 39, 44, 57, 62 Lerchenfeld, Maximilian Graf von III: 66 Lichtenberg, Bernhard II: 103f., 112, 298, IV: 362 Lingg, Maximilian von III: 44, 107, 186, 188–190, 192, 194, 203, 205f.; IV: 330f. Linneborn, Johannes I: 123, 168, 170, 356, 363, 380; IV: 46f., 82 Lippert, Julius IV: 137 Lippert, Peter II: 299f. Lob, Joseph II: 130 Löbmann, Franz IV: 10–18, 20f., 23, 26, 29, 33, 38, 43, 50f., 65, 67, 73, 78 Locatelli, Achille III: 108 Locher, Gabriel III: 389, 418 Loibl, Karl III: 38, 167, 169; IV: 347 Lorbacher, Daniel III: 342, 348, 351f., 354, 362 Lottini, Giovanni II: 107; III: 148, 222, 303; IV: 110 Lüdecke, Heinrich II: 212 Ludgerus, heiliger II: 176, 196f., 200, 204, 214, 297 Ludwig III., König von Bayern III: 11 Ludwig III., König von Franken III: 35 Ludwigs, Henrik I: 136 Luitpold, Prinzregent von Bayern III: 188 Łukomski, Stanisław Kostka I: 293–295, 302, 322 Lüninck, Ferdinand Freiherr von II: 196 Luther, Martin IV: 52 Lutz, Otto III: 163–166; IV: 339, 342 Lutze, Viktor II: 228f., 265
Machens, Joseph Godehard I: 393, 401; II: 249–289, 292–294, 369–371; IV: 152, 154, 156, 159, 166, 177, 196, 361–363, 366 Mackensen, Hans Georg von II: 381–383 Mager, Hermann III: 504 Magin, Josef IV: 339–341 Maglione, Luigi I: 36, 58, 107f., 116, 137; IV: 213 Maier, Gamelbert IV: 357f. Malusardi, Giuseppe II: 222 Männlein, Adam IV: 357f. Maria, Gottesmutter I: 141; II: 144; IV: 74 Marquardt, Julius II: 90 Marrani, Bonaventura II: 72 Martin, Alfred von II: 136f. Marum, Ludwig III: 438 Marwitz, Johannes Nepomuk I: 80 Marx, Joseph I: 207 Marx, Wilhelm I: 201; II: 20 Mathilde, Herzogin von Sachsen IV: 20, 24–26, 61, 82, 106f., 117 Matt, Franz I: 256, 344; III: 31–34, 39–42, 44f., 48, 57– 62, 65, 71f., 76–79, 82, 84, 86–90, 92, 97, 99–102, 127, 133–135, 141, 147, 155 Mattes, Wilhelm III: 470 Matthäus, Apostel IV: 74 Matthee, Theodor II: 90 Matthias, Apostel I: 407 Mausbach, Joseph I: 68, 71–73, 89, 155, 187 Mause, Karl I: 203, 211f., 214, 216, 221, 230f., 236, 241, 245f. Maximilian, heiliger III: 283 Maximilian I. Joseph, König von Bayern III: 11, 20, 68 May, Jakob III: 315, 487–489, 492 Mayer, Philipp Jakob II: 337; III: 315f., 354, 359, 487, 497 Mayr, Franz III: 282 Meckes, Albert IV: 340 Meerwald, Willy II: 195 Meglio, Joseph di II: 391 Meinertz, Maximilian II: 76, 83, 85, 155f., 172, 217f., 221, 223f., 248; IV: 361 Meis, Franz II: 153, 157f., 164, 167, 169–171, 173, 189; IV: 361f. Meise, Amandus III: 315, 331, 364 Meisenzahl, Kilian Josef IV: 351f. Meister Eckhart II: 282 Meitinger, Leonard III: 190; IV: 343 Melcher, Robert II: 72; IV: 362 Menne, Albert I: 168
375
Personenregister
Menshausen, Fritz von II: 192–194, 229–231, 265, 305f., 316, 335f., 338f., 346; III: 251, 255, 259, 493, 496, 498f. Mergel, Johannes Leo von III: 23, 25, 36, 86, 107, 119, 140, 143f., 146f., 149, 179, 210, 213, 215, 219, 222, 231, 234f., 242f., 267, 285; IV: 332 Merkel, Berthold II: 44, 46f., 52f., 71; IV: 362 Merkle, Sebastian III: 134, 142, 151 Merry del Val, Raffaele I: 97, 100, 106, 148f., 152f.; II: 136f.; III: 48f., 51f., 54, 75, 108 Meurers, Heinrich von II: 216, 223f.; IV: 362 Meyding, Robert III: 394 Middendorf, Arnold I: 53f., 66f., 70, 72–74, 77, 108, 111f., 114f., 117, 128, 131f., 134–141, 143f., 159, 186– 189, 245, 270, 277 Mies, Joseph I: 135 Miller, Otto II: 80f. Miltenberger, Franz III: 132 Miltitz, Heinrich Freiherr von IV: 23f., 29, 36 Mittenhuber, Franz IV: 331 Mitterer, Sigisbert IV: 338 Mohr, Heinrich III: 458f. Mönch, Antonius I: 204, 233, 244, 247, 252, 406–410, 420, 423f., 426; II: 165, 173f., 181, 183f., 197–200, 203, 205, 207f., 210, 251, 257, 259–261, 280, 282, 286, 288; III: 319, 340, 353; IV: 152, 154, 159, 177, 201, 361, 363, 365f. Mörner, Linus III: 130 Muench, Aloysius IV: 215 Mühlberg, Otto von I: 29 Muhs, Hermann II: 228, 378f. Müller, August Viktor I: 204, 214f., 228, 234f., 239, 241, 245, 252 Müller, Franz IV: 12, 23–25, 30, 55, 73 Müller, Frederik IV: 343 Müller, Hermann II: 34 Müller, Johannes Erik IV: 335 Müller, Joseph I: 134, 136, 146 Müller, Ludwig II: 220; IV: 354 Müncker, Theodor IV: 347 Münz, Michael III: 167, 169 Murray, Patritius IV: 49 Mutz, Franz Xaver II: 278; III: 298f., 304 Naegle, August III: 210; IV: 332 Napoleon Bonaparte, Kaiser von Frankreich I: 93, 209; II: 122; III: 14, 20 Neuhäusler, Johann Baptist IV: 334f., 337f., 349 Neurath, Konstantin von II: 231f., 264, 316, 338f., 345f., 362, 381; III: 251, 256, 281, 496, 499
Niederhuber, Johannes IV: 346 Niermann, Arnold I: 128, 216f., 225, 264–267 Nikolaus V., Papst I: 101 Noppel, Constantin II: 199, 208f.; III: 501f., 507; IV: 199, 201 Nörber, Thomas III: 291–295, 300f., 303, 309–313 Noske, Gustav I: 388, 412 Nostitz–Wallwitz, Karl von IV: 53f., 61 Nuss, August III: 353 O’Byrn, Georg Baron IV: 40 Ojetti, Benedetto I: 64f., 83–87, 89f., 93–97, 100, 103f., 149, 151; III: 19–23, 115, 121f.; IV: 209, 213 Ompteda, Ludwig Karl Georg von I: 187, 270 O’Rourke, Eduard Graf I: 262 Orsenigo, Cesare I: 38, 47; II: 34, 36, 61, 70, 74, 76–78, 84–90, 92–94, 99f., 102, 105–116, 119–135, 139–145, 148–153, 155–160, 163–184, 186–189, 191–193, 198, 202–208, 210–229, 231–242, 244f., 247–263, 265, 267–277, 279, 281f., 284f., 287–316, 321–336, 338–343, 345–353, 356, 358–362, 365–376, 379–388, 390–396, 405f.; III: 238f., 244f., 249, 251, 253–258, 263–265, 268, 272, 275–278, 281, 287, 289–291, 429, 441–445, 449–460, 464f., 472, 477, 484–490, 492–497, 502, 504, 507f.; IV: 90, 92, 94–97, 103–112, 114–118, 120–126, 128–137, 139–147, 149, 165, 193, 200, 202, 204, 214f., 217–224, 228 Ott, Adolph I: 53, 66, 74, 135f. Ott, Franz IV: 358–360 Ottaviani, Alfredo II: 330, 341, 374; III: 188, 211, 484; IV: 126 Ow-Felldorf, Sigismund Felix III: 107, 179, 210, 227, 269, 274, 288; IV: 333 Pacelli, Eugenio passim Paech, Joseph I: 284–286, 289, 292, 294–296, 298, 300, 303–309, 314, 317f., 320, 322f. Papen, Franz von II: 175f., 179, 185–187, 190, 192, 194, 207, 209, 222, 232, 238, 241; IV: 197 Pappert, Josef Wilhelm II: 46–51, 67; III: 502 Parocchi, Lucido Maria III: 331 Paschen, Otto II: 131, 139; IV: 361 Pascher, Joseph II: 168, 252, 257, 368; IV: 361f. Paul VI., Papst IV: 227 Paulinus a Sancta Teresia III: 199f., 211, 234 Paulus, Apostel II: 81, 238, 282; III: 332; IV: 52 Pechmann, Wilhelm Freiherr von III: 103 Perosi, Carlo I: 35, 170, 176, 320, 327, 373, 380, 403; II: 18, 24, 26, 31, 37, 95, 120, 133f., 138, 145, 150, 153,
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Personenregister
199f., 239, 242, 280, 282, 398; III: 192, 336, 428; IV: 99, 102, 203 Peters, Franz Joseph II: 78; IV: 362 Pfaffenbüchler, Johann Baptist I: 281 Pfundtner, Hans II: 234 Philalethes (Pseudonym) III: 381 Philipp Prinz von Hessen II: 354 Philon von Alexandrien II: 168, 252 Pierluigi da Palestrina, Giovanni II: 227 Pingel, Franz II: 90 Piontek, Ferdinand I: 290f., 293, 319–321; II: 11, 14, 17, 20, 75, 103, 105, 112, 117f., 120; IV: 152, 154, 156, 161, 166, 361, 365 Pius V., Papst IV: 32, 35 Pius VII., Papst I: 84, 186, 209, 240, 264; III: 11, 20 Pius IX., Papst I: 80, 234; III: 317 Pius X., Papst I: 29, 131; III: 132, 229, 491 Pius XI., Papst I: 30f., 35, 37, 39, 44, 47, 131, 235f., 238, 241, 243, 253, 262, 277, 279–281, 286, 294, 296, 300–303, 307–310, 315–317, 322f., 331, 333, 341, 351, 355f., 364, 366, 379f., 385, 387, 392, 396, 405, 419f., 425f.; II: 9f.; 21–23, 34, 36, 42–44, 52, 54, 57, 60, 68, 81, 86f., 92, 94, 101, 108, 111, 114f., 119, 121, 124–126, 129, 140, 143f., 151–153, 162, 171, 173, 187, 189f., 199, 210, 221, 226f., 233f., 239, 243, 247, 249, 251, 260, 272, 274, 278, 287f., 290, 299, 301, 315, 326f., 329, 341, 344f., 352, 365, 374, 376, 382–384, 393, 402, 405; III: 43, 54, 59f., 76, 83, 85–87, 96, 101, 106, 108, 123f., 135f., 143, 147, 157, 159–161, 167f., 183f., 186, 189, 193f., 200, 203, 212, 222f., 233, 236f., 245, 260f., 266, 268, 274f., 278, 280f., 287, 290, 384– 386, 389f., 400, 404, 407f., 417, 425, 444, 451, 462f., 478f., 484f., 490, 493, 496, 498, 507; IV: 14, 90, 92, 95, 100, 105f., 111–114, 117–119, 121f., 126, 129, 131, 133–135, 143, 145, 147, 149, 165, 167, 194, 207, 210f., 214–216, 218f., 227f., 318f., 322, 326 Pius XII., Papst s. Eugenio Pacelli Pizzardo, Giuseppe I: 137, 146, 198, 217, 249, 386, 418; II: 60, 62f., 87, 107, 114, 121–124, 137, 139, 149, 151, 173, 183, 193, 225–227, 243, 245, 248, 260, 299f., 330, 341, 351, 353, 367, 374, 406; III: 161f., 166, 187, 200–202, 216f., 222f., 225–227, 236–239, 242, 244f., 256f., 262, 303, 439, 464f., 474f., 490f., 507; IV: 58, 84, 94, 113, 126–130, 132f., 143, 149, 210, 215–218, 221 Poggenburg, Johannes I: 65, 128, 134, 176, 399f., 402, 405, 407, 409, 424; II: 72, 98, 113f., 120, 128, 139, 150, 153f., 157, 159, 161, 171, 175, 181f., 222, 294; IV: 127, 202, 362 Polzin, Ludwig II: 115 Pompilj, Basilio I: 96f., 99f., 105f., 148f., 153; III: 48, 108
Porsch, Felix I: 201 Poschmann, Bernhard II: 76, 83, 85, 87, 89, 91, 94, 97–100; IV: 152, 154, 159, 166, 363, 365 Preger, Konrad von I: 125 Preysing, Albert Graf von IV: 338, 346 Preysing, Konrad Graf von I: 34–36; II: 72f., 95, 219, 223, 226, 241f., 244, 246–248, 289–328, 333, 355, 367f.; III: 81, 120f., 164, 166, 205f., 210, 212, 213–237, 238–241, 243–247, 251, 254, 260, 262–264, 266–268; IV: 119–122, 125, 131, 139f., 143–145, 147f., 152, 154, 156f., 160, 164–166, 174f., 177, 196, 204f., 215, 218, 220–222, 331–333, 335–337, 339, 347, 361–363, 366f. Principi, Primo III: 491 Rackl, Michael II: 166, 356; III: 205f., 210, 214, 228, 237–268, 275; IV: 152, 154, 159, 166, 174f., 196, 331– 333, 354f., 362, 367 Rademacher, Arnold I: 272f., 345, 370; II: 137, 146, 398f. Ragonesi, Francesco III: 108 Raitz von Frentz, Edmund III: 452, 480 Rampolla del Tindaro, Mariano I: 30, 57, 73, 81, 85, 135, 180, 235, 240f., 270, 343, 388; III: 298f. Ranuzzi de’ Bianchi, Vittorio Amadeo III: 108 Ranzinger, Ferdinand IV: 332, 347 Rarkowski, Franz Justus II: 264, 335f., 361–363, 380, 402; III: 279, 289; IV: 194 Rathenau, Walther I: 257, 261 Rathgeber, Franz IV: 358–360 Ratibor-Corvey, Karl Prinz von I: 68 Ratti, Achille s. Pius XI., Papst Rauch, Karl III: 487 Rauch, Wendelin II: 300f., 303f., 318–321, 326–341, 343f., 355, 357–363, 365f., 380, 396, 401; III: 286, 488–490, 492, 500–506, 508; IV: 139, 152, 154, 167, 223f., 363, 367 Rauterkus, Franz I: 291, 320f.; II: 39f., 102–105, 112, 116f., 120f.; IV: 117, 200f., 206 Rechberg, Aloys Freiherr von III: 66 Reger, Maximilian III: 159 Regnath, Willibald III: 213 Reichenberger, Robert III: 159, 167, 169; IV: 350 Reichenwallner, Matthias IV: 346f. Reichert, Maria Ignatia III: 165f. Reiner, Heinrich II: 334, 336–338; III: 497f. Reinhard, Wilhelm III: 505 Reischmann, Klaus III: 495 Reisinger (Sanitäts-Rat in Bad Reichenhall) II: 350 Remmele, Adam III: 466–468, 481 Renzoni, Benedetto II: 115, 124; III: 456; IV: 97
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Personenregister
Reth, Karl III: 187, 190f.; IV: 343 Retzbach, Anton III: 430, 467 Ribbentrop, Joachim von II: 353, 381, 391f. Richter, Paul IV: 12, 15 Rick, Anton Johann I: 417 Ried, Ludger IV: 336f. Riedner, Gottfried Franz Hermann IV: 61 Riemer, Franz III: 269–271, 281, 286, 290; IV: 348f. Ritter zu Groenesteyn, Otto Freiherr I: 199; III: 25, 60, 75f., 89, 93, 120, 123–125, 162, 215f., 222f., 232f., 236; IV: 211, 218 Ritzer, Otto III: 205, 210, 212; IV: 331–334 Röhrl, Peter IV: 336f. Roleff, Heinrich II: 250f., 257, 384–391, 395, 399f., 404, 406; IV: 222, 362 Romahn, Paul II: 90 Romunde, Joseph I: 136 Roos, Christian III: 434 Rösch, Adolf III: 300, 458 Rosenberg, Alfred II: 282, 370, 374, 396, 404; III: 503; IV: 223 Rosentreter, Augustinus I: 280 Rossi, Carlo Raffaello I: 316, 415–417; II: 31, 33, 62f., 92, 111, 115, 142, 189, 234, 272, 315, 351, 353, 391; III: 165, 184f., 202, 223, 256, 281, 408f., 456, 464, 495; IV: 96, 107, 112, 142 Rössler, Augustin IV: 39–41 Rößler, Johannes IV: 339–341 Rößner, Karl IV: 356 Rossum, Wilhelmus Marinus van IV: 26, 49, 58f., 83 Roth, Georg III: 248f. Roth, Joseph II: 375f., 379, 381, 383 Rothe, Karl IV: 67 Rotzinger, Anselm IV: 47, 60 Rückert, Leopold III: 470, 473 Rümmer, Franz IV: 333, 351–353 Rupprecht von Bayern III: 228 Rust, Bernhard II: 176, 187, 195, 212, 231f., 234f., 262, 264, 266–269, 273f., 276, 310, 312, 323f.; III: 494f., 497 Ruthig, Ludwig IV: 339 Sahm, Heinrich II: 238 Sander, Franz Xaver II: 75, 80, 89–92 Santoro, Vincenzo II: 123, 351, 353; III: 201f., 464f.; IV: 143 Sauckel, Fritz II: 354 Sauer, Jakob IV: 60, 66 Sauer, Nikolaus IV: 11, 13, 47 Sauerbruch, Ferdinand I: 281
Sawicki, Franz II: 72; IV: 361 Sbarretti, Donato III: 49, 75, 108, 168 Scapinelli di Léguigno, Raffaele III: 48, 51f., 108 Schachinger, Fritz III: 251 Schachleiter, Alban III: 318 Schäfer, Aloys IV: 10f., 19, 33 Schäfer, Anton IV: 353 Scharnagl, Anton III: 30, 71, 82, 85, 114, 119f., 210, 239f., 271; IV: 205, 332, 336–338, 346–348, 350, 355 Schauer, Johann Baptist III: 189, 194, 273; IV: 336–338, 354 Scheglmann, Alphons III: 36f., 39, 41, 43, 45, 66, 119, 159–161, 167–170, 173, 176 Scheifes, Johannes II: 196; IV: 114 Schell, Herman III: 150 Scheller, Karl II: 128; IV: 362 Schemm, Hans III: 246 Schenk, Peter III: 298 Scherr, Joseph III: 170 Schielle, Joseph III: 213; IV: 354 Schilling, Otto III: 377–381, 410f., 418f.; IV: 197 Schindler, Johann Baptist IV: 354 Schioppa, Lorenzo I: 140–142, 144–146, 159–161, 293; III: 11–13, 131, 294 Schlör, Ferdinand von III: 125–133, 136–139, 141, 151f., 154, 157 Schlund, Erhard IV: 331 Schlüter, Johannes II: 212, 237, 265, 306–309, 311, 313f., 324, 328; III: 499; IV: 222 Schmelzle, Hans III: 60 Schmidt, Franz III: 438, 460 Schmidt, Hermann II: 343 Schmidt, Jakob III: 487 Schmitt, Albert II: 183, 185–187, 207, 209, 222; IV: 89, 197 Schmitt, Johann IV: 358f. Schmitt, Josef III: 426, 455, 464, 466 Schmitt, Joseph Damian I: 65f., 287; II: 73f., 78, 84f., 131f., 164, 215, 253, 281, 295, 328–332, 340–345, 348, 350–354, 356, 358–360, 363–366, 372; III: 305, 307, 319, 321f., 332, 364; IV: 49, 68–70, 74, 77, 83, 129, 362 Schmitz, Hermann Joseph I: 215 Schmitz, Ignatius II: 141 Schmitz, Laurentius I: 165–167, 169, 178 Schmoll, Polycarp III: 172–178, 236 Schnägerl, Anton II: 222 Schneider, Friedrich I: 390, 417 Schneider, Joseph III: 487; IV: 360 Schnütgen, Alexander I: 53 Schofer, Joseph III: 421, 425
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Personenregister
Scholl, Kaspar I: 135 Schöllig, Otto III: 505 Schömbgens, Heinrich IV: 61 Schönberg, Elisabeth von IV: 61 Schönburg-Hartenstein, Alexander IV: 60 Schönfelder, Georg IV: 357–359 Schönherr, Irenäus II: 278; III: 301–303, 312 Schönke, Paul I: 283–285 Schreiber, Christian I: 36f., 39, 287; II: 9–42, 47, 49, 51, 53, 65, 68, 70, 76f., 83–85, 98f., 105f., 113, 115, 119f., 127f., 134, 145, 150, 162, 167, 177, 182, 201, 208, 211–213, 221, 227, 239–241, 245, 248, 276, 290, 298; III: 149, 319, 322, 339, 341, 344, 360; IV: 9–84, 85–93, 95, 97, 99–105, 110f., 116f., 124f., 146f., 152, 154, 160, 166, 196, 204f., 339, 362, 364f. Schreiber, Vinzenz IV: 333f., 341f. Schröffer, Joseph IV: 356 Schropp, Dominikus III: 315f., 318, 322, 363f. Schröter, Franz II: 74, 78–85, 87, 90f., 99f.; IV: 158 Schuler, Dionysius III: 300–302, 312; IV: 200 Schulte, Johannes I: 135 Schulte, Karl Joseph I: 53–156, 157f., 160–165, 167– 171, 176, 178, 189, 191, 203–218, 220–222, 227f., 230–246, 248f., 251–255, 264f., 271, 278, 329, 335, 345, 347–349, 380, 383; II: 31, 63, 72f., 98f., 123–125, 128f., 132, 134f., 139, 142f., 146, 150–152, 154–157, 160f., 172, 182, 184f., 190, 195f., 208, 217–221, 223, 250, 257f., 295, 297, 366–368, 371, 386, 399, 404; III: 34f., 47, 205, 230, 234; IV: 160, 163, 203, 211, 216, 361 Schulte, Paul II: 299 Schumacher, Nikolaus III: 487–489 Schwamborn, Paul Anton Josef II: 13 Schwarz, Wilhelm I: 187, 271 Schwemin (Pfarrer von Stegers/Schlochau) I: 295 Sebastian, Ludwig II: 357; III: 107, 210, 242f., 260, 267, 331f., 341, 344, 353, 364, 498; IV: 119, 123 Sebastiani, Nicola IV: 58 Sedlmeier, Wilhelm III: 504 Seelmeyer, Otto I: 389–391, 393, 396, 401f., 406, 410, 419–422, 425f.; II: 230, 250, 252f., 257f.; IV: 361f. Seidler, Heinrich IV: 60 Selbst, Joseph III: 313 Senestrey, Ignatius von III: 171, 180, 208 Senger, Adam III: 17, 86, 353; IV: 357 Sester, Josef III: 427–429, 431–445, 448–452, 458f., 468, 479, 482–485; IV: 205 Sibilia, Enrico II: 223 Sicherer, Hermann von III: 63 Siebert, Ludwig III: 249f., 254, 260
Silvani, Maurilio II: 222, 299, 326f., 351, 353; III: 205f., 208, 230, 427, 456, 464, 484, 486f., 494, 504f., 507; IV: 97, 110, 216 Simmons, John Lintorn Arabin I: 343 Simon, Apostel II: 93, 190; III: 201, 227, 281, 304; IV: 114 Simon, Paul I: 68; II: 217, 221, 223f., 248, 254, 257, 292, 294–298, 325, 368, 370, 372f.; IV: 361f. Simons, Walter III: 333, 348, 362 Sincero, Luigi I: 321; II: 102; IV: 59, 73f., 146, 165 Skala, Jakob IV: 11, 14–17, 19, 21, 28–31, 34, 36–38, 42f., 47, 49, 52–54, 56, 58–60, 64–67, 69–74, 82 Soden, Carl-Oskar Freiherr von III: 81, 120f. Soherr, Heinrich Wendelin III: 353 Soppa, Wilhelm III: 504; IV: 119, 130, 141, 144 Spada, Domenico III: 184 Spahn, Peter I: 201 Spannenkrebs, August II: 69f., 75f., 81, 85, 88–91, 93, 96, 99; IV: 361, 363 Speck, Karl Friedrich III: 16, 18, 60, 64, 120 Spee, Friedrich Graf von I: 53, 66, 136 Sponsel, Georg IV: 358 Spreitzer, Paul IV: 335 Sprenger, Jakob II: 333f., 336; III: 494, 496–499 Sproll, Joannes Baptista I: 35f., 394; III: 366–420, 479, 498, 504f.; IV: 148, 152, 154, 158f., 201, 364 Staab, Karl IV: 351, 353 Stadler, Joseph IV: 346 Stahler, Thaddäus III: 136 Stamer, Alfons IV: 341f. Stamer, Ludwig IV: 333, 342 Stark, Johannes II: 197 Stauber, Georg III: 379, 382–384, 388f., 403, 406, 411, 414, 419, 504; IV: 152, 154, 159, 165, 364 Steffens, Arnold I: 136 Stegerwald, Adam I: 78, 184 Stein, Franz Joseph von III: 273 Steinmann, Alfons II: 18 Steinmann, Conrad I: 387–390, 392–396, 412–415, 417 Steinmann, Johannes I: 198, 268; II: 78, 87, 89–91, 94, 96f., 138f., 147, 149f.; IV: 46, 77f., 152–154, 161, 198, 363–365 Steinmann, Paul I: 309f.; II: 11–14, 17f., 20, 23, 36, 40f., 212f., 215, 217, 219–221, 223, 225–228, 237f., 243, 245, 247f., 290f., 293, 301–304, 309f., 313, 322; IV: 361–363 Stengel, Paul Freiherr von III: 60 Sticker, Anton I: 405 Stiegele, Rudolf III: 378–380, 418; IV: 199 Stigler, Johannes Evangelist IV: 335, 356
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Personenregister
Stockhammern, Franz von IV: 23, 36 Stöckle, Hermann Maria II: 222 Stockums, Wilhelm II: 367, 399f.; IV: 361 Stofer, Karl III: 406 Stoff, Oskar II: 90 Stohr, Albert II: 337, 340, 355; III: 261, 485–508; IV: 152, 154, 166, 222f., 225, 367 Stotzingen, Fidelis von II: 187; III: 290, 389 Stranz, Jacobus IV: 90 Sträter, Hermann Joseph II: 127–136, 139, 141, 143–145, 147, 150, 152, 366–406; IV: 152, 155, 157, 173, 177, 361–363, 367 Strehl, Johannes II: 264 Strehler, Adolf II: 35, 217, 223f.; IV: 60, 362 Stuckart, Wilhelm II: 265f., 269, 271, 274–276 Stumpf, August III: 458 Stutz, Ulrich I: 123 Surmann, Heinrich II: 154, 158, 160, 170, 202, 209 Switalski, Wladislaus II: 18, 95 Tacci, Giovanni III: 49, 51f., 54f., 75 Taepper, Hugo II: 128; IV: 362 Tedeschini, Domenico IV: 110, 118 Terboven, Josef II: 376, 387 Testa, Gustavo III: 178, 180, 185, 208 Theegarten, Felix II: 348 Thiel, Andreas II: 83 Thiem, Johannes IV: 357 Thomas, Apostel III: 260 Thomas von Aquin I: 206, 272, 407; III: 175, 383, 388; IV: 25 Tillmann, Fritz II: 398 Tilmann, Franz I: 203–205, 211, 213, 215, 230–234, 236, 241, 245, 248, 252f. Tils, Peter I: 134, 136 Trendelenburg, Friedrich I: 287–290, 297, 307f., 325f., 331, 335f., 357; II: 126, 149, 309 Triller, Georg III: 36 Trunk, Gustav III: 421, 423 Ulrich, Carl III: 326, 358 Ulrich, heiliger III: 187, 231 Ulrich von Straßburg III: 492 Urban VIII., Papst I: 416; IV: 227 Uttendorfer, Emil IV: 347 Valentin, heiliger III: 283 Vannutelli, Vincenzo III: 108; IV: 58 Vassallo di Torregrossa, Alberto I: 47; III: 107–109, 158–162, 167–169, 171–181, 183–187, 191–196,
198–205, 207–209, 211–218, 220–227, 231f., 234, 236–239, 241–244, 249f., 263f., 268, 272, 280f., 284, 290f.; IV: 198, 201f., 213f., 217, 219–221, 223f., 227f., 321, 325, 329f., 350 Velden, Johannes Joseph van der II: 395 Vetter, Johannes (Marianus) IV: 357–360 Vicari, Hermann von III: 292 Vico, Antonio III: 51f., 108 Vierbach, Albert IV: 345 Vogl, Sebastian IV: 347 Vogt, Joseph I: 67, 69, 74, 78, 128, 131f., 134, 136, 142, 145, 204, 245; II: 122–152, 164f., 208, 219, 226, 241, 247, 254, 281, 292, 366, 369, 374, 383, 395; IV: 152, 155, 159, 165, 177, 198, 205, 362f., 365 Wagner, Klemens III: 213; IV: 354 Wagner, Jakob III: 171–173 Wahl, Joseph II: 342 Waldo von Freising III: 35 Walzer, Raphael II: 278; III: 389, 489f. Watzl, Joseph IV: 11, 14–16, 19, 23–28, 30–43, 45, 47–49, 52–56, 58–61, 63, 65f., 69–73, 75, 77–79, 81f., 200f. Weber, Emil II: 342 Weber, Paul II: 101, 103–112, 116–121, 300–304, 318, 320–322, 325–327; IV: 152f., 155, 167, 363, 365, 367 Weber, Simon III: 298 Weber, Wendelin III: 190; IV: 343 Weckmann, Gustav IV: 339f. Wehr, Matthias III: 502 Weidinger, Joseph III: 131f.; IV: 346, 351f. Weigl, Eduard III: 271; IV: 331, 346–348 Weimann, Robert Adalbert I: 280–287, 289, 291f., 300f., 308, 311, 317, 319, 322 Weishaupt, Maximilian III: 190 Weismann, Robert I: 357f., 362 Weiß, Fridolin III: 298f. Weizsäcker, Ernst Heinrich Freiherr von II: 391 Wendel, Joseph IV: 175, 335, 342 Wengenmayr, Hans III: 193f. Wenig, Wenzel IV: 49 Wernz, Franz Xaver I: 149f. Werthmann, Lorenz III: 300, 302, 312 Wetterlé, Emile I: 207f. Wichert, Johannes II: 90 Wiedebach und Nostitz-Jänkendorf, Paul von IV: 61 Wiedenmaier, Karoline III: 450 Wiedenmaier (Ehemann von Karoline Wiedenmaier) III: 450
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Personenregister
Wienken, Heinrich I: 36, 321; II: 102, 161, 163, 201, 368, 370–374, 406; IV: 119–149, 152, 155, 165f., 361f., 367 Wienstein, Richard II: 195 Wildermann, Rudolf I: 125, 128, 143, 179 Wilhelm I., König von Preußen I: 143 Wilhelm, Balthasar III: 207 Wilhelm von Hohenzollern III: 228 Willibald, heiliger II: 242; III: 216, 237, 244, 266 Windthorst, Ludwig I: 222 Wirth, Joseph I: 200–202, 226, 342; III: 367 Wittig, Joseph I: 273, 312, 370; II: 16, 105f., 321; IV: 186 Wittmann, Georg Michael III: 171 Woermann, Ernst II: 394f. Wohlmuth, Georg III: 30, 44, 60, 64, 81, 86, 120, 143, 213; IV: 346 Woker, Franz Wilhelm I: 145, 161–163, 165, 168–171 Wolf, Friedrich II: 46, 48–51, 54, 64, 67; IV: 152, 155, 159, 165, 365 Wolfgang, heiliger III: 172
Wolkenau, Karl III: 205f., 210, 261; IV: 331–333, 357– 359 Wolker, Ludwig IV: 356 Wronka, Johannes II: 75, 81f.; IV: 363 Wuermeling, Bernhard I: 162, 164, 168 Wührl, Johann Baptist IV: 351 Wunderle, Georg IV: 351, 354 Zahn, Joseph III: 134 Zech-Burkersroda, Julius Graf von I: 75f., 110, 117, 120–125,156, 160, 182, 342; III: 297, 309, 333 Zehnhoff, Hugo am I: 125 Zehnter, Johann Anton III: 438 Zeller, Laurentius II: 78, 165, 216, 220f., 223, 243, 247f., 295; IV: 361f. Zimmermann, Kurt Otto von IV: 63 Zimmermann, Ludwig III: 190 Zimmermann, Theodor IV: 42 Zinkl, Johann IV: 335, 338
Die zwei Karten auf den folgenden Doppelseiten stammen aus: E. Gatz (Hg.), Die Bistümer der deutschsprachigen Länder von der Säkularisation bis zur Gegenwart, Freiburg im Breisgau 2005, und werden abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Görres-Gesellschaft.
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