141 58 21MB
German Pages 36 [43] Year 1980
ErnninirsGkiig
ISSN 0071-1179
Wissenschaft und Praxis
Aus dem Inhalt:
Stillen - altmodische Gewohnheit? Säuglings- und Kleinkinderernährung Gastroenteritis im Kleinkindalter Adipositas beim Kind Sondenernährung beim Kind Diätetik bei Enzymopathien
Akademie-Verlag • Berlin E V P 5 - M
31 638
Hstt 4-1979 - BHl 24
Inhalt 1 9 7 9 — I n t e r n a t i o n a l e s J a h r dos K i n d e s
97
D a s Stillen — e i n e a l t m o d i s c h e G e w o h n h e i t J
98
G r u n d l a g e n der S ä u g l i n g s e r n ä h r u n g Herausgeber: Zentralinstitut iür Ernährung der Akademie der Wissenschaften der DDR Direktor: Prof. Dr. habil. II. Haenel in Zusammenarbeit m i t der Gesellschaft für Ernährung in der DDR (Vorsitzender : Prof. Dr. habil. H. Schmandke), der Arbeitsgruppe Ernährung beim Nationalen Komitee für Gesundheitserziehung der DDR (Leiter: Prof. Dr. habil. H.-A. Ketz) und dem Warenzeichenverband Diätetische Erzeugnisse der DDR (Generaldirektor: F. Schmidt). Redaktion : Dr. Friedbert Baum (Chefredakteur), Dr. Jürgen Proll, Dipl.-Journ. Richard Baier.
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H i n w e i s e zur w e i t e r e n V e r b e s s e r u n g der K l e i n k i n d e r n ä h r u n g
. . . .
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Die Gastroenteritis i m Säuglings- und Kindesalter
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Z u r A d i p o s i t a s des K i n d e s
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I n d i k a t i o n e n zur S o n d e n e r n ä h r u n g i n der Chirurgie
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D i e B e d e u t u n g der S t a n d a r d s f ü r die L e b e n s m i t t e l q u a l i t ä t ( 2 . T e i l )
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D i ä t e t i s c h e B e h a n d l u n g v o n E n z y m o p a t h i e n des E i w e i ß s t o f i w e c h s e i s
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Plastverpackung für Lebensmittel T a g u n g s b e r i c h t : L e i t u n g u n d Kontrollo einer Ernährung
123 gesundheitsrelevanten
Tagungsbericht: World Conference on Vegetable F o o d Proteins
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T a g u n g s b e r i c h t : P r o b l e m e der V e r v o l l k o m m n u n g der P l a n u n g der Versorgung der B e v ö l k e r u n g m i t L e b e n s m i t t e l n 126 Philatelistische Ernährungskunde
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Redaktionsbeirat : Dr. M. Anders, H. Bergler, Dr. H. Groß, Dr. sc. M. Möhr, Prof. Dr. habil. M. Ulmann, Dr. J. Voigt. Anschrift der Redaktion : Zentralinstitut für Ernährung der Akademie der Wissenschaften der DDR, DDR-1505 Bergholz-Rehbrücke, Arthur-Scheunert-Allee 114 —116. Verlag: Akademie-Verlag, DDR-108 Berlin Leipziger Str. 3 - 4 ; Fernruf 2 23 62 21 oder 223 62 29 Telex-Nr. 114420; B a n k : Staatsbank der DDR, Berlin, Kto.-Nr.: 6836-26-20712. Veröffentlicht unter der Lizenznummer 1656 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. Gesamtherstellung : VEB Druckerei „Thomas Müntzer", DDR-582 Bad Langensalza. Erscheinungsweise : Die Zeitschrift „Ernährungsforschung" erscheint jährlich in einem Band m i t 6 Heften, Bezugspreis je Band 60, — M zuzüglich Versandspesen (Preis f ü r die D D R 30, — M); Preis je H e f t 10, - M (Preis für die DDR 5, - ) Bestellnummer dieses Heftes: 1091/24/4. Alleinige Anzeigenannahme: DEWAG-WERBUNG, DDR-1054 Berlin, Wilhelm-PieckStr. 49 u n d alle DEWAG-Betriebe in den Bezirksstädten der D D R . Urheberrecht : Den Tageszeitungen der Deutschen Demokratischen Republik ist der auszugsweise Nachdruck der Beiträge dieBer Zeitschrift bei Quellenangabe honorarfrei gestattet. Ansonsten alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung. Kein Teil dieser Zeitschrift darf in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikrofilm oder irgend ein anderes Verfahren — ohne schriftliche Genehmig u n g des Verlages reproduziert werden. © 1979 b y Akademie-Verlag Berlin. Printed in t h e German Démocratie Republie. AN (EDV) 7821
Bezugsmöglichkeiten: In der DDK über den Postzeitungsvertrieb, über Buchhandlungen oder den Akademie-Verlag Im sozialistischen Ausland über den zuständigen Postzeitungsvertrieb oder eine Buchhandlung für fremdsprachige Literatur In der BRD und Berlin(Wost) über eine Buchhandlung oder die Auslieferungsstelle KUNST UND WISSEN, Erich Bieber, D-7 Stuttgart 1, Wilhelmstraße 4 - 6 In Osterreich über den Globus-Buchvertrieb, A-1201 Wien, Höchstädtplatz 3 Im übrigen Ausland über den Internationalen Buch- und Zeitsclirif tenhandel; über den Buchexport, Volkseigener Außenhandelsbetrieb der Deutschen Demokratischen Republik, DDR-701 Leipzig, Postfach 160, oder über den Akademie-Verlag, DDR-108 Berlin, Leipziger Str. 3 - 4 Hinweise für Autoren Die Manuskripte sind in Original-Maschinenschrift einseitig und zweizeilig der Redaktion einzureichen. Pro Zeile 35 oder 70 Anschläge. Der Umfang der Manuskripte sollte mit der Redaktion vereinbart sein. Abbildungen, Tabellen, und Zwischentitel sind erwünscht. Es ist zweckmäßig, die Arbeit mit einer kurzen Zusammenfassung oder mit Schlußfolgerungen sowie mit Empfehlungen für die Praxis abzuschließen. Die Redaktion behält sich eine Überarbeitung der angenommenen Manuskripte vor; größere Änderungen nur mit Einverständnis des Autors. Die Beiträge werden honoriert. Der Autor erhält kostenlos 25 Sonderdrucke seines Beitrages als Fortdrucke,
1979 — Internationales Jahr des Kindes
ISSN 0071-1179
Dieses Foto des niederländischen Bildjournalisten Gerard Klijn ist ein erschütterndes Dokument, eine einzigartige Anklage gegen jene Mächte, die sich dem Fortschritt in den jungen Nationalistaaten entgegenstellen, das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen und den Neokolonialismus gutheißen, stützen und fordern. „Eineinhalb Jahre alt — eineinhalb Jahre Hunger" nannte Gerard Klijn dieses Bild, das von den Journalisten der Welt anläßlich der internationalen Pressefotoausstellung „World Press Photo" in Den Haag als „Künstlerischstes Pressefoto des Jahres" ausgewählt wurde. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Dr. Kurt Waldheim, sagte zu dieser Aufnahme: ,Jch habe in Ländern, in denen den Bewohnern der Begriff der Unterernährung, des Hungers fremd geworden ist, sehr oft in lachende Kinderaugen gesehen. Wir dürfen darüber nicht vergessen — auch das hier sind Kinderaugen! Und nur zwei von hunderttausenden, die in unserer so hochentwickelten Welt vergeblich nach Nahrung suchen . . . "
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H . Haenei und F.-K. Grütte
Das Stillen — eine altmodische Gewohnheit? Eine Betrachtung zum Jahr des Kindes Vermutlich wird seit etwa 200 Millionen Jahren auf der Erde Milch produziert, als sich rattengroße Säugetiere, sogenannte Eplacentalier, vermutlich aus Reptilien entwickelten und aus Schweißdrüsen Milchdrüsen entstanden. Vor etwa 80 Millionen Jahren, in der Kreide- und Tertiärzeit breiteten sich in relativ plötzlicher Entwicklung die zahlreichen Säugetierformen auf unserer Erde aus; sie umfassen derzeit über 4000 Species. Vor etwa 2 Millionen Jahren beginnen sich menschenähnliche Wesen zu entwickeln, vor etwa 40000 Jahren tritt der Mensch in seiner heutigen Gestalt, Homo sapiens sapiens, in Erscheinung. Dank seiner Intelligenz vermag er sich an alle Lebensräume anzupassen und die Welt nach seinen Bedürfnissen zu verändern und zu gestalten. Der Mensch ist anderen Säugetieren hinsichtlich Muskelkraft, Angriffs- oder Verteidigungsfähigkeit, Seh-, Hör- und Geruchsvermögen, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Schwimmvermögen, Wärmeschutz, Instinkthandlung usw. im Nachteil. Aber mit seinem in den Selektionsprozessen hochentwickelten Zentralnervensystem und dem damit verbundenen Überlebensvorteil nimmt er eine einmalige Position ein. Die stoffliche Voraussetzung dafür sind bestimmte Eiweiß-, Lipid-, Kohlenhydratstrukturen; sie beginnen sich intrauterin zu entwickeln, sie hängen aber auch von der Ernährung nach der Geburt für die vollständige Entwicklung ab. Die Muttermilch dürfte mit der evolutionären Veränderung ihrer Zusammensetzung eine Voraussetzung für die Höherentwicklung des menschlichen Gehirns, für seine Evolution generell gewesen sein; sie ist den spezifischen Wachstums- und Entwicklungsbedingungen des Säuglings, seinem „Schutzbedürfnis" gegenüber Infektionen und Belastungen angepaßt. Analog ist die Milch jeder Säugetierart spezifisch für die Reife oder Unreife, für die Entwicklungsweise und -geschwindigkeit, für die Entwicklung der Gewebe- und Organstrukturen und der Resistenzsysteme der Säuglinge zusammengesetzt (Tabelle 1).
Bedeutung des Stillens Mit dem Stillen erhält der Säugling Wasser, Energie und Nährstoffe in zweckmäßiger Menge und Relation zueinander. In Tabelle 2 sind weitere bekannte und vermutete biologische Wirkungen der Frauenmilch-(Brust-) E r n ä h r u n g zusammengestellt. Danach geht die Bedeutung der natürlichen E r n ä h r u n g des Säuglings weit über die Leistungen einer anderen Ernährungsweise hinaus. Die Qualität der Frauenmilch ist auf die unreife Leistungsfähigkeit der Organe, auf den Nährstoffbedarf für das aufeinander abgestimmte Wachstum der Organe und Gewebe, auf die Einregulierung des Stoffwechsels, auf die Infektionsresistenz des Säuglings ausgerichtet. Sie hat besondere fäulnisverhütende Wirkungen auf die intestinale Mikroflora. Der Stillprozeß hat durch die dabei stattfindende Veränderung der Zusammensetzung der Muttermilch eine unterschiedliche durst- und hungerstillende Wirkung. Anfangs wird eine wasserreiche, auf den hohen Flüssigkeitsbedarf des Säuglings abgestimmte Milch gebildet, danach nimmt der Wassergehalt ab, die Konzentration zu. An der 2. Brust wiederholt sich gegebenenfalls dieser Vorgang. Vielleicht hat diese Erscheinung Einfluß darauf, d a ß der brustgestillte Säugling so selten übergewichtig wird. Eine andere chronobiologische Veränderung vollzieht sich von der Kolostralmilch der ersten 5 Tage mit ihrem hohen 98
Gehalt an Eiweiß (überwiegend als Immunoglobuline) und Mineralstoffen und ihrem niedrigeren Gehalt an Laktose und Fett hin zur Zusammensetzung der späteren Milch. Die in der Muttermilch enthaltenen Nährstoffe werden vom Säugling weitgehend ausgenutzt, verschiedene verdauungs- und resorptionsfördernde Mechanismen sind bekannt. Dadurch werden die von der Mutter gelieferten Eiweiße, Vitamine u. ä. besonders effektiv verwertet. Die Muttermilch ist charakterisiert durch den hohen Gehalt an Galaktose (im Laktosemolekül), Cystin, Cholesterin, bestimmten Polyenfettsäuren, T h r o m boplastin u. a. Substanzen, die in den Strukturen des Zentralnervensystems (ZNS) besonders reichlich enthalten sind. Die Muttermilch besitzt ein kompliziertes antimikrobielles/antivirales
System. Im Mutterleib hat der Säugling transplazentar Immunglobulin G in der letzten Zeit der Schwangerschaft erhalten, mit der Muttermilch wird durch die enthaltenen Immunglobuline A (IgA) — die die antigenen Erfahrungen der Mutter rekapitulieren — der immunologische Schutz ergänzt. Die antibakterielle Wirkung der Antikörper wird um das Vielfache verstärkt durch das Zusammenwirken mit dem Lactoferrin, dessen Eisen durch die Eiweißbindung den Bakterien vorenthalten wird, so d a ß sie sich nicht vermehren können. Auch andere Eiweiße (Lysozym) hemmen die Vermehrung von Bakterien. Die mütterlichen IgA vermehren die Eigensekretion des Säuglings im Nasopharynx und im Magendarmkanal, diese schützt gegen Viren, gegenüber welchen die Mutter keine
Tabelle 1 Zusammensetzung der Milch verschiedener Säuger (%) Eiweiß
Mensch Rind Pferd Esel Ziege Schaf Kamel Schwein Hund Katze Finnwal
Trockenmasse
Kasein
Molkenprotein
Laktose
Fett
Mineralstoffe
12,5 12,5 10,0 9,7 13,2 17,3 13,6 19,0 23,0 18,4 38,4
0,4 2,7 1,3 0,7 2,5 4,6 2,7 6,2 4,2
0,5 0,5 1,2 0,7 0,4 0,9 0,9 6,2 5,6 6,0 3,8
7,0 4,7 6,2 0,1 4,1 4,8 5,0 4,3
4,0 3,8 1,9 0,6 4,5 7,4 4,5 7,1 9,3 3,3 22,2
0,2 0,7 0,4 0,4 0,8 1,0 0,7
3,1 8,2
3,1 4,9 1,8
1,1 0,9 0,5 1,7
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Tabelle 2 Besondere biologische Wirkungen der Frauenmilch-(Brust-)Ernährung gegenüber künstlicher Ernährung — Fakten und Hypothesen — 1. Stoffwechsel Hohe Verdaulichkeit Serumanaloge Osmolarität Niedrige Elektrolyt- und Harnstoffausscheidung Schonung der Magensalzsäureproduktion Schonung der Entgiftungsfunktionen 2. Wachstum Regulierung der Wachstumsgeschwindigkeit, der Eiweißretention und des Aufbaus bestimmter Gewebe und Organe ( H K S ; Z N S ) 3. Resistenz Beiträge zur zellulären und humoralen Abwehr Prägung der intestinalen MikroÖkologie; Fäulnishemmung Spezielle prophylaktische und therapeutische Wirkungen 4. (Spät-)Wirkungen auf geistig-psychische Leistungen Intelligenz, Emotionalität, Verhalten, neuromotorische Entwicklung 5. Risikominderung bei chronisch-degenerativen Krankheiten Obesitas, Hyperlipidämien, Arteriosklerose, Diabetes mellitus, Hypertension 6. Stillwirkungen Streßresistenz der Stillenden Hemmung des Menstrualzyklus Regelkreis Milchbedarf und -bildung Förderung der Emotionalität 7. Besondere Belastungen Pestizide, tox. Schwermetalle, Pharmazeutika, Nikotin, Alkohol, Drogen
Antikörper besitzt. Das ist eine spezifische Qualität der Muttermilch, indem sie sich auf diese Weise mit den Viren menschlicher Infektionen auseinandersetzt. Gegenüber Kuhmilch- (und anderen Fremd-)Proteinen wirken Muttermilchproteine nicht antigen, vielmehr unterstützen die Muttermilch-IgA das Immunsystem auch bei der Auseinandersetzung mit anderen Antigenen, so daß Allergien nicht entstehen können. Die Bedeutung des Stillens für die Mutter-Kind-Beziehung wird sehr hoch eingeschätzt, darüber hinaus bedeutet der enge körperliche Kontakt der Mutter mit ihrem Säugling, das Streicheln, Liebkosen und In-den-Armen-Wiegen eine Stimulierung, die so früh wie möglich beginnen sollte; das Neugeborene sollte in den ersten 6 Lebensstunden angelegt werden. Das frühe Saugen und die Häufigkeit des Saugens an der Brust stimulieren Milchbildung und Saugreflexe an der Brust (Stillen nach Bedarf, wenn der Säugling Hunger zu erkennen gibt). Die in der wissenschaftlich-technischen Entwicklung hochentwickelten Krankenhäuser und Entbindungsstationen mit moderner medizinischer TechnoloE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
gie, Asepsis und Therapie können nicht einseitig gesehen werden. Die psychobiologischen Bedürfnisse von Mutter und Kind werden sicher nicht gefördert etwa durch die Isolierung des Säuglings von der Mutter früher oder länger als notwendig, durch die Bevorzugung der Flasche gegenüber der natürlichen Nahrung oder die Zurückhaltung gegenüber der Notwendigkeit, der unerfahrenen jungen Mutter das Stillen beizubringen. Dabei ist die Überwindung von Angst und Unsicherheit der jungen Mutter durch die praktische, geduldige Hilfestellung, z. B. seitens erfahrener Mütter, von großer Bedeutung. Die ersten Lebenstage scheinen besonders wichtig für die Entwicklung der Mutter bezüglich ihrer Aufgeschlossenheit, Zugänglichkeit und Einstellung gegenüber ihrem Säugling zu sein. Es könnte dies eine Periode hormonell induzierter besonderer Empfindungsfähigkeit sein, wobei auch das Stillen selbst beeinflußt. Auch die Zeitökonomie spricht für die Muttermilch. Die Vorbereitung und Zubereitung bei künstlicher Ernährung nimmt viel Zeit in Anspruch. Wenn andererseits die ersten, manchmal mühevollen Tage des An-die-Brust-Gewöhnens überstanden sind, verläuft das Trinken meist schnell, und ein Säugling kann an der Brust 50 ml in der Minute schlucken. Ein weiterer Vorteil des ausschließlichen Stillens, und zwar unter den Bedingungen in Entwicklungsländern, liegt in einer konzeptionsverhütenden Wirkung zur Regulierung des Geburtenabstandes, von Bedeutung für den oft unzureichenden Gesundheits- und Ernährungszustand der Mütter.
Mit der zunehmenden Verwendung von chemischen Substanzen (Pflanzenschutzmittel, chemische Emissionen, Pharmaka), von Genußmitteln (Alkohol, Nikotin, Coffein) in unserer Umwelt gelangen solche Stoffe vermehrt auch in die Muttermilch. Dieser Entwicklung wird von Forschung und Gesundheitsüberwachung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Bisher sind Schädigungen des Säuglings auf diesem Wege aber nicht bekannt geworden.
Entwicklung und Bedeutung künstlicher Säuglingsnahrungen Während über die ganze Entwicklungsgeschichte des Menschen die Mutter(oder Ammen-)Milch praktisch unabdingbare Voraussetzung für das Leben des Kindes war, setzte vor etwa 50 Jahren ein Prozeß ein, die Milch der Kuh systematisch für die Säuglingsernährung heranzuziehen (Tabelle 3). Dazu muß sie verändert werden, denn sie ist in ihrer natürlichen Zusammensetzung zu eiweiß- und mineralstoffreich, in den Proportionen verschiedener Nährstoffe für den Säugling ungeeignet; einzelne Bestandteile sind für den Säugling schlechter verwertbar. Anfänglich wurde Kuhmilch gekocht, verdünnt, durch Zusätze von Zucker oder/und Schleim in eine für den Säugling verträgliche Form gebracht; dann wurden Fortschritte in der wissenschaftlichen Erkenntnis zunehmend genutzt, um die Zusammensetzung zu verändern und sie der Muttermilch anzunähern. Man entwickelte Milchnahrungen von hoher Qualität, mit denen man den Säugling
Ein populäres Baby! O b die kleine Franziska allerdings so weltberühmt wird wie ihre Eltern, kann wohl n i e m a n d voraussagen. Die glückliche M u t t e r auf unserem Bild ist die vierfache Schwimm-Olympiasiegerin von M o n t r e a l , Inhaberin zahlreicher Weltrekorde und Weltmeisterschaften, Kornelia M a t t h e s - E n d e r der stolze Vater (der diese A u f n a h m e genehmigte) ist R o l a n d Matthes, ebenfalls vierfacher Olympiasieger und j a h r e l a n g einer der erfolgreichsten Schwimmer der Welt
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Tabelle 3 Durchschnittliche Zusammensetzung von reifer Frauenmilch und Kuhmilch Zusammensetzung
Frauenmilch
Wasser (ml/100 ml) 87,5 Energie (kcal/100 ml) 70 Trockensubstanzen 12,5 (g/100 ml) 0,9 Protein (g/100 ml) 4,0 Fett (g/100 ml) 7,0 Laktose (g/100 ml) 0,2 Asche (g/100 ml) Proteine ( % des Gesamtproteins) Kasein 42 Molkenproteine 58 NichtproteinStickstoff (mg/100 ml) 40 Aminosäuren (mg/100 ml) Essentielle 29 Histidin 72 Isoleucin 120 Leucin 81 Lysin 23 Methionin 53 Phenylalanin 57 Threonin 21 Tryptophan 72 Valin 23 Cystin Nichtessentielle Arginin Alanin Asparaginsäure Glutaminsäure Glycin Prolin Serin Tyrosin Mineralstoffe pro 100 ml Kalzium (mg) Phosphor (mg) Natrium (mEq) Kalium (mEq) Chlorid (mEq) Magnesium (mg) Schwefel (mg) Eisen (mg) Zink (mg) C h r o m (ng) Mangan (|ig) Kupfer (ng) Jod (ng) Selen (jxg)
45 35 116 230 0 80 69 61
87,5 68 12,5 3,2 3,8 4,7 0,7
84 16
32
89 210 350 260 84 172 150 46 230 26 129 75 166 680 11 250 160 179
31 120 15 92 0,7 2,2 3,5 1,3 2,9 1,1 4,0 12 14,0 30 0,05 0,05 0,3 - 0 , 5 0,3 - 0 , 5 — 0,8 - 1 , 3 0,7 •- 1 , 5 2 -4 40 30 3 4,7 1,3 •- 5 0,5 - 5
Vitamine/100 ml Vitamin A (I.U.) 190 16 Thiamin (ng) Riboflavin (ng) 36 147 Niacin (ng) Pyridoxin (ng) 10 0,2 Pantothenat (mg) Folsäure (|ig) 5,2 0,03 B 1 2 (Hg) Vitamin C (mg) 4,3 Vitamin D (I.U.) 2,2 Vitamin E (mg) 0,2 Vitamin K (ng) 1,5
100
Kuhmilch
103 44 175 94 64 0,35 5,5 0,4 1,1 1,4 0,04 6
anscheinend problemlos aufziehen kann und die in den Industriestaaten weitgehend an die Stelle der natürlichen Säuglingsernährung getreten sind. Es wird eingeschätzt, daß in der D D R nur noch wenige Prozent junger Mütter — genaue Zahlen sind nicht bekannt — ihre Kinder kürzer oder länger stillen. Die Entwicklung dieser künstlichen Nahrungen verlief parallel mit den Erkenntnissen und Fortschritten zur Hygiene der Ernährung. Durch Maßnahmen des Sauberhaltens, des Abkochens und Sterilisierens von Nahrungen und Geschirr, durch Vermeidung von Infektionen sank die Säuglingssterblichkeit (am Beispiel Schwedens) von über 20% um 1800 auf 10% um 1900, um gleichzeitig mit der Entwicklung der künstlichen Säuglingsernährung ab 1900— 1920 auf die niedrigen Werte von unter 2 % zu fallen. Fortschritte der künstlichen Säuglingsernährung und Fortschritte der Hygiene gingen also Hand in Hand. Dabei entwickelte sich die Vorstellung, d a ß die künstliche Milchnahrung ebensogut wie die natürliche sei, für die junge Mutter eine wesentliche Erleichterung darstelle; mithin schien das Stillen altmodisch geworden zu sein. Bei der Einführung künstlicher Säuglingsnahrungen hat man sich am unmittelbaren Gedeihen des Säuglings orientiert, auf Wachstum, Stoffwechsel, Verträglichkeit, Ähnlichkeit zur Zusammensetzung der Frauenmilch, auf hygienische Qualität geachtet. Wie sich aber eine solche Umstellung auf die lebenslange Gesundheit des Säuglings, auf die Disposition zu späteren Stoffwechselstörungen oder Krankheiten, auf psychische Gesundheit und Emotionalität, auf das soziale Verhalten, die Lernfähigkeit und andere Faktoren auswirkt, ist weitgehend unbekannt. Man beginnt jetzt erst — nachträglich — solche Fragen zu stellen und entsprechende Untersuchungen durchzuführen. Die Gründe für den Rückgang des Stillens sind vielschichtig, dazu zählen — die Berufstätigkeit der Frau; zunehmender Wohlstand mit steigenden Ansprüchen an die Lebensbedingungen ; zunehmender Zeit- und Geldaufwand für Motorisierung, Freizeitvergnügen, Tourismus; soziale Beweglichkeit — veränderte Familienstrukturen (2Generationen-Familie, meist mit 1 oder 2 Kindern im Gegensatz zur früheren 3-Generationen-Familie mit oft mehreren Kindern, damit verbunden die bessere Anleitung und Führung der Stillenden durch Frauen mit Stillerfahrung) — angebliche Bequemlichkeit und Modernität der Flaschenernährung
— widersprüchliche Beratung zum Stillen — Veränderung der Bewertung der weiblichen Brust unter sexualästhetischen Gesichtspunkten; Tabu des Stillens in Gegenwart anderer — fehlende oder unzureichende Anleitung und Motivation zum Stillen in manchen geburtshilflichen Einrichtungen; Bevorzugung der einheitlichen Flaschenernährung durch das Pflegepersonal aus Gründen der Zeitersparnis und der Vereinfachung. Andererseits ist festzustellen, daß in der D D R durch wesentliche soziale Maßnahmen zugunsten junger Mütter die Voraussetzungen zum Stillen an sich günstiger geworden sind (20 bzw. 22wöchige vollbezahlte Freistellung von der Arbeit ab Tag der Entbindung; bezahlte bzw. unbezahlte Freistellung bis zum Ende des 1. Lebensjahres des Kindes; bezahlte Stillpausen während der Arbeitszeit).
Nachteile künstlicher Ernährung Zahlreiche Studien belegen, daß auch unter guten hygienischen Bedingungen muttermilchernährte Kinder seltener oder weniger schwer an Infektionen erkranken als Flaschenkinder. Diese unterschiedliche Resistenz ist aber von lebenswichtiger Bedeutung unter schlechten hygienischen Bedingungen, wie sie in Entwicklungsländern nicht selten sind. Häufige, oft tödliche Durchfallerkrankungen und andere Infektionen begleiten die Periode des Abstillens oder der Flaschennahrung, während brusternährte Kinder weitgehend geschützt sind. Z. T. katastrophal ausgewirkt hat sich hier die unter kapitalistischen Bedingungen manipulierte Werbung, die einseitig der Propagierung von Flaschennahrungen diente. Mit der Herausgabe einer Streitschrift gegen einen großen Konzern, daß dieser „Säuglinge umbringt", hatte sich die Kritik an verantwortungslosen Werbemethoden zugespitzt, die in unverantwortlicher Weise auch in den Entwicklungsländern die angeblichen Vorzüge von Flaschennahrungen herausgestellt hatten und damit indirekt gegen das Stillen wirksam geworden waren. In dem Vertrauen auf die von der Werbung versprochenen gesundheitlichen Wirkungen solcher Nahrungen und demonstrierten „Leitbildern" hatten Mütter das Stillen aufgegeben, ohne aber genug Geld für die kommerzielle Nahrung zu haben, ohne genug Verständnis für die Zubereitungsvorschriften aufzubringen und ohne die hygienischen BedinE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979
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gungen beim Umgang mit solchen Nahrungen (sterile Flaschen und Schnuller, einwandfreies Wasser, kurzfristige Verwendung usw.) zu kennen bzw. sie einhalten zu können. Den Konzernen wurde dringend nahegelegt, ihre Verkaufsmethoden in der dritten Welt zu überdenken, um sich den Vorwurf unmoralischen Verhaltens zu ersparen, daß nämlich ihre Produkte zu einer tödlichen Gefahr werden können. Um sich einen möglichst großen Marktanteil zu sichern, waren Vertreter solcher Firmen mit kostenlosen Proben aufgetreten, die den Müttern neugeborener Kinder als Geschenk überlassen wurden. In den Entbindungsstationen und Krankenhäusern warben Plakate mit rund und gesund aussehenden Säuglingen für solche Produkte, Ärzte und Schwestern wurden mit Mustern, Forschungsmitteln oder -geräten oder auf andere Weise beeinflußt. In anderen Fällen waren Werbungen über Radio, Fernsehen und Zeitung in einseitiger Weise zugunsten solcher Produkte eingesetzt worden; von den Firmen eingestellte Gesundheitshelferinnen „berieten" die jungen Mütter bei der Ernährung ihrer Säuglinge. Insgesamt wird eingeschätzt, daß diese profitorientierten Maßnahmen die Einstellung zum Stillen vielfach gestört haben und daß die gesundheitlichen Folgen von tragischem Ausmaß sind. Die ungünstige gesundheitliche Bedeutung des Nichtstillens unter den Bedingungen in Industriestaaten ist weniger auffällig. Folgende Aspekte werden zunehmend diskutiert: Bei früher Flaschenernährung werden verschiedene Ernährungs-/Stoffwechselstörungen zunehmend häufiger gesehen, besonders Säuglingsfettsucht, Eisenmangelanämie, Hypernaträmie, Hypokalzämie, metabolische Azidose, Azotämie, Aminoazidämie bei Frühgeborenen und Acrodermatitis. Diskutiert werden ferner Beziehungen der frühkindlichen Ernährung zur späteren Herzkreislaufgesundheit, und Ursachen der Entstehung arteriosklerotischer Prozesse werden bereits in der Ernährung im frühkindlichen Alter vermutet. Auch zur multiplen Sklerose und zur Colitis ulcerosa werden Beziehungen für möglich gehalten. Ohne Zweifel spielen Kuhmilchproteine für die Ausbildung von Allergien eine wesentliche Rolle. Schließlich ist bekannt, daß der plötzliche Kindstod, das unerwartete Sterben von anscheinend gesunden Säuglingen im Alter zwischen 1—4 Monaten ohne erkennbare vorhergegangene Ursachen, bei Brustkindern sehr viel seltener auftritt als bei Flaschenkindern, so daß ein protektiver Einfluß der Muttermilch angenommen wird. E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
Die Enterocolitis necroticans, eine lebensbedrohende Erkrankung Frühgeborener, scheint bei Säuglingen, die mit Muttermilch aufgezogen werden, nicht aufzutreten. Bezüglich verschiedener Infekte ist festzustellen, daß sie nach wie vor eine große Rolle auch in Industriestaaten spielen, auch wenn die Mortalität entscheidend zurückgegangen ist. Es ist sicher, daß viele Infektionen in der Häufigkeit, Schwere und Mortalität durch das Stillen reduziert werden kön-
Möglichkeiten und Grenzen zur Anpassung von Flaschennahrungen an die Muttermilch Zahlreich sind die Bemühungen, aus Kuhmilch der Frauenmilch ähnliche, sogen, adaptierte Nahrungen zu schaffen. (Die Bezeichnungen „humanisiert" oder „volladaptiert" halten wir sachlich nicht für gerechtfertigt.) Solche Säuglingsnahrungen sind im Eiweißgehalt (von 3,5%) auf 1,5—2,4% gesenkt, der Molkeneiweißgehalt ist z. T. angehoben. Die Butter wird gegen pflanzliche Fette (teil-)ausgetauscht, die Laktose meist auf 7 % angereichert, z. T. sind weitere Kohlenhydrate zugesetzt. Der Mineralstoffgehalt ist von 0 , 7 - 0 , 8 auf 0,3—0,4% gesenkt. Eisen ist meist angereichert. Eine Vitaminierung (C, z. T. auch D, K, E, BGruppe) ist üblich. Abbildung 1 gibt eine Ubersicht über mögliche, wünschenswerte und nicht mögliche Veränderungen. Z. B. ist es nicht möglich, die Proteinvollständig nachzuahmen, qualität wenn man die unterschiedliche Zusammensetzung bedenkt (Abbildung 2).
Milchbestandteile, Mechanismen -^esamteiwfiiDCasein
Allergene Wirkungen werden dem Kuhmilchkasein und -ß-lactoglobulin zugesprochen, offenbar durch Resorption nicht oder unvollständig gespaltener Eiweiße. Als Folgen werden Ekzeme, Rhinitis, Otitis media, Bronchopneumonien, Gastroenteropathien u. a. angenommen. Anscheinend können in den ersten 6 Lebensmonaten fremde Proteine (der Kuhmilch) (wenn die säuglingseigenen IgA nur gering zur Verfügung stehen) in höherem Maße allergen wirken als im späteren Leben. Die Bedeutung von über 200 Nichteiweiß-N-Verbindungen (Aminozukker, N-Azetylneuraminsäure, Nukleotide, Mukopolysaccharide, Polyamine) der Frauenmilch, die in Kuhmilch nicht oder in wesentlich niedrigeren Konzentrationen enthalten sind, beginnt erst in Umrissen bekannt zu werden. Z. B. wird Polyaminen und Nukleotiden ein eiweißsparender Effekt zugeschrieben. Ein offenes Problem liegt in der merkwürdigen Tatsache, daß unter Flaschennahrung, die praktisch immer mit einer höheren N-Aufnahme als bei Muttermilch verbunden ist, der Säugling 2bis 3mal mehr Stickstoff in seinem Gewebe enthält. Nach den bisherigen Ergebnissen hat ein Brustkind 20 g N/kg Körpergewicht, das Flaschenkind 45 g und der Erwachsene 29 g. Die Zusammenhänge sind unklar. Der Fettgehalt beider Milchen ist gleich. Kuhmilchfett wird um etwa 10 % geringer als Frauenmilchfett resorbiert. Eine Frauenmilchlipase fördert offenbar die Frauenmilchfettverdauung im und nach Verlassen des Magens. Die Positionsverteilung der Fettsäuren im Triglyzerid ist unterschiedlich. Im Frauenmilchfett befinden sich mehr Palmitinsäure und weniger Linolsäure in 2-Stellung als im Kuhmilchfett. Aus dem Kuhmilchtriglyzerid wird mehr Palmitinsäure
weitere Adaptation Adaptation wünschenserforderlich u.moalich w e r t - hoher Aufwand
Adaptation wünschens-
Nutzen der Adaptation nicht bewiesen
Senkung, Fallung ,
MolkeneiweiOe
Denaturierung, insbes.
Nichteiwcifi - N
N-Acetyl-Neuraminsäu re, Nucleotide, Poly-
Lipide
Palmitinsäure in Z u s a t z von A r a c h i d o n 2-Stellung Linolsäure säure u.Docadexaensaure in 1,3-Sfelluna
Mineralstoffe
Senkung von Ca . P O ^ Na ; Supplementie-
Vitamine
Supplementienjng von E DC B-GruDoe
Resistenz faktoren
Faulnis-HemmMechanismus
Lactoferrin, Lipase
Enzyme
u. Hormone
Aminozucker, Mucopotysaccharide Cholesterin
Spurenelemente
andere Kohlenhydrate
Lactoseerhohuna Immunglobuline, Lysozym
Makrophagen, L e u k o z y ten, Lactoferrin- PeroxydSekret-Da-A-KomDlex Konzen trationsaraduent
Konzen trat i o n s veränderuna
Stufennahrungen
Abb. 1. Adaptation von Kuhmilchnahrung an Frauenmilch 101
g Stickstoff/Liter 6
-
5 -
1 / / ' / / /
-
Y/s// /y/y/
xfxWy
•y///.
/////,
Kuhmilch
V/???, Frauenmilch
1=3 nicht - Proteinstoff • Serumalbumin HUI I m m u n g l o b u l i n e Lactoferrin • Lysozyme ESI o c - L a c t a l b u m i n D fl - L a c t o g l o b u l i n E22 C a s e i n
einstellen. Der Frauenmilchlaktosegehalt von 1 % wird in Flaschennahrungen häufig eingestellt. Die besondere mikroökologische, d. h. fäulnishemmende Wirkung der Muttermilch im Dickdarm kann nach eigenen Versuchen einer künstlichen Nahrung vermittelt werden. Zusammenfassend ist zu sagen, daß die künstliche Nahrung die natürliche nicht ersetzen kann. Gründe dafür sind Probleme und Grenzen der stofflichen Nachahmung (wobei auch die Ökonomie eine Rolle spielt), die Unkenntnis des Resorptionsgrades oder -mechanismus, die Unkenntnis des Vorkommens oder der Bedeutung mancher enthaltener Stoffe, ihrer Konzentrationen oder ihrer Relationen. Besondere Probleme bieten die resistenzprägenden Eigenschaften der Muttermilch sowie die chronobiologische Dynamik der Frauenmilchzusammensetzung.
Abb. 2
abgespalten und bei dem hohen Kalziumgehalt zu Kalkseife präzipitiert und ausgeschieden. Aus dem Frauenmilchfett wird die Palmitinsäure dagegen vorwiegend als Monoglyzerid in 2-Stellung resorbiert; die Kalkseifenbildung entfällt wegen fehlender freier Palmitinsäure und fehlenden überschüssigen Kalziums. Linolsäure im Frauenmilchfett wird besser abgespalten und resorbiert. Langkettige gesättigte Fettsäuren des Kuhmilchfettes werden mangels ausreichender Mengen konjugierter Gallensäuren schlechter verwertet. Die Kombination verschiedener Fette (Öle, Schmalz, Butterfett) läßt eine gewisse Adaptation zu. Flaschennahrungen auf 2 / s — 1 / 2 Milchbasis können die 2'/2fciche Mineralstoffkonzentration enthalten, besonders durch Natrium, Kalzium und Phosphor. Auf Grund der unreifen Nierenfunktion (ungenügende Konzentrierungskapazität) kann dieses Übermaß zu erhöhter Wasserretention, Ödembildung u. a. Stoffwechsel Störungen führen. Außerdem führt der erhöhte Elektrolytspiegel zu Durst, der Säugling schreit und erhält erneut — da der Durst für Hunger gehalten wird — die künstliche elektrolyt- und energiereiche Nahrung mit den negativen Konsequenzen der Überfütterung und Fettsucht und dem metabolischen Überlastungssyndrom. Andererseits ist bei Senkung des Gesamtmineralstoffgehaltes eine Unterversorgung mit Eisen, Kupfer und anderen Spurenelementen (?) möglich. Die Mineralstoffadaptation an die Frauenmilch ist nur begrenzt möglich. Bezüglich der Vitamine lassen sich dagegen die Frauenmilchkonzentrationen 102
Schlußfolgerungen Das Stillen ist als alleinige Form der Ernährung bis zum 6. Lebensmonat möglich und zu empfehlen; Wachstum, Resistenz und die vollständige Versorgung des Säuglings mit allen Nährstoffen werden gewährleistet, wenn Mutter und Kind gesund sind. Vor 50 Jahren wurde sogar empfohlen, Beikost — und zwar vorsichtig — erst zu Beginn des 2. Lebensjahres zu geben und bis dahin voll und ausschließlich zu stillen. Heutzutage sind die Empfehlungen unterschiedlich, oftmals wird die Beikost schon nach 2—4 Monaten empfohlen, aber erst nach etwa 6 Monaten besteht die nachweisbare Notwendigkeit. In manchen Fällen wird mit der Beikost sogar schon in den ersten Lebenswochen begonnen. Das wird zwar in der Regel vertragen, aber es gibt keine vernünftige Begründung dafür. Nachteilig sind die damit oft verbundene energetische Überfütterung, das Risiko der Entstehung von Lebensmittelallergien, das „Abstumpfen" oder „Verlegen" des kindlichen Appetits (auf die Muttermilch) und damit ein verringerter Saugreiz (der wiederum auf die Milchbildung von Einfluß ist, wodurch der Säugling weniger Milch erhält). Jedenfalls reicht nach 6 Monaten Muttermilch allein für die Nährstoffversorgung des Säuglings nicht mehr aus, er braucht zusätzliche Nahrung. Aber auch dann bildet die Muttermilch eine zwar quantitativ abnehmende, aber wertvolle Quelle an Nährstoffen und trägt wahrscheinlich noch immer zum Infektionsschutz des Säuglings bei; Zwiemilch ist besser als Kuhmilch. Eine Zufütterung vor dem 6. Lebensmonat ist nicht notwendig; es gibt dafür keinen
beweisfähigen Grund. Der von der Kindernahrungsindustrie in kapitalistischen Ländern durch geschickte Werbung z. T. erzeugte Eindruck von der Bedeutung ihrer Milchnahrungen als vollwertigen Stillersatz gilt nicht für die ersten 6 Lebensmonate, sie sind in dieser Zeit überflüssig, wenn genügend Muttermilch gebildet wird. Die Bedeutung solcher Nahrungen liegt in der Zeit danach; in der D D R steht mit dem Sortiment ON „Fürs Kind" ein den Nährstoffbedürfnissen des Säuglings angepaßtes Sortiment zur Verfügung. D a ß die Muttermilch — verglichen mit künstlichen Milchnahrungen — die preiswerteste und zeitsparendste Nahrung ist, sei am Rande erwähnt. Die individuellen Bedürfnisse des Säuglings werden am besten befriedigt — da sich jedes Kind individuell entwickelt und der Bedarf an Milchmenge ebenso wie die Wachstumsrate unterschiedlich sein können — wenn man ihn nach seinen Bedürfnissen an der mütterlichen Brust trinken läßt, obwohl häufiger das Anlegen im 4-Stunden-Rhythmus empfohlen wird. Nach den heutigen Erkenntnissen sind mit dem Stillen des Säuglings auch unter unseren Lebensbedingungen gegenüber künstlicher Flaschennahrung erhebliche Vorteile verbunden oder wahrscheinlich. Sie betreffen — die günstige, angepaßte Wasser-, Energie- und Nährstoffversorgung des Säuglings — das günstige, ausgeglichene Wachstum und Gedeihen des Säuglings, günstige Verdauungs-, Resorptions- und Stoffwechselabläufe — Vermeiden von Überfütterung an Energie, Eiweiß und Mineralstoffen, Verhinderung von Fettsucht, übermäßiger Stickstoffretention im Gewebe und Stoffwechselüberlastung — Vermeidung von (unerkennbarem) Durst — die günstige Resistenz gegenüber Infektionen — die Förderung der emotionalen Mutter-Kind-Beziehung durch den mit dem Stillen verbundenen engen Hautkontakt — die Vermeidung allergischer Effekte von Fremd-(insbesondere Kuhmilch-)Eiweißen und damit Verhinderung oder Reduzierung von (u. U. im späteren Leben auftretenden) allergischen Erkrankungen — Vermeidung möglicher Zusammenhänge zwischen frühkindlicher künstlicher Ernährung und der späteren Entwicklung chronisch-degenerativer Erkrankungen, z. B. des Herzkreislaufsystems, diskutiert werden ferner die Fettsucht, Diabetes mellitus u. a. Ernährungsforschung Hefl 4 • 1979 • Bd. 24
— unbewiesene, aber günstige Wirkungen des Stillens auf spätere geistig-psychische Leistungen, Emotionalität, Verhalten u. a. — Zeitersparnis sowie hygienische und ökonomische Vorteile des Stillens gegenüber der Flaschenernährung. Aus den angeführten nachweisbaren, möglichen oder vermuteten Vorteilen des Stillens sollen keine extremen Schlüsse gezogen und kein Dogma der Muttermilchernährung aufgestellt werden. Die Fortschritte der Ernährungsphysiologie, der Biochemie, der Hygiene, der Technologie und anderer Disziplinen haben zur Entwicklung von Säuglingsnahrungen geführt, die die Muttermilch zwar nicht voll ersetzen können, aber bei sachgemäßer Anwen-
dung die risikoarme Entwicklung des Säuglings gestatten. Insbesondere wäre es falsch, bei einer jungen Mutter Schuldgefühle zu erzeugen, wenn sie nicht stillen oder keine Milch bilden kann, sie unter Druck setzen oder zum Stillen zwingen zu wollen. Aber die Bereitschaft zu wecken und die entsprechenden Hilfen zu geben, ist begründet. Jede Mutter, die stillen kann, sollte es tun, und bei richtiger Anleitung und entsprechender Motivation sind nur wenige Mütter dazu nicht imstande. Qualität und Wirkung der Muttermilch können abgeleitet werden aus der Entwicklungsgeschichte des Menschen, während vergleichbare Informationen bezüglich der Säuglingsfertignahrungen
natürlich nicht existieren. Nach dem heutigen Stand des Wissens ist der Muttermilch, wenn immer möglich, unbedingt der Vorzug zu geben. Es ist wahrscheinlich, daß diese Auffassung mit zunehmender Erkenntnis immer stärker gestützt werden wird. Hinweise über veränderte Einstellungen zum Stillen mit seiner wieder zunehmenden Bevorzugung, eine Selbstbesinnung auf diese ursprüngliche Ernährung des Neugeborenen, mehren sich in letzter Zeit. Prof. Dr. H. Haenel und Dr. F.-K. Grütte Zentralinstitut für Ernährung der AdW der D D R Potsdam-Rehbrücke
U. Spahn und W. Plenert
Grundlagen der Säuglingsernährung Für die Ernährung des Säuglings stehen prinzipiell zwei Ernährungsformen zur Verfügung: 1. Die natürliche Ernährung, die Brusternährung, die wir nach wie vor als die einzige optimale Nahrung für den jungen Säugling akzeptieren, und 2. die künstliche Ernährung mit Kuhmilchmischungen bzw. Fertignahrungen auf Kuhmilchbasis. Die Beikost ergänzt die Milchnahrung sowohl bei Brusternährung als auch bei künstlicher Ernährung. Sie besteht aus Obst- und Gemüsesäften ab 6. bis 8. Lebenswoche und der Breikost. Zunächst soll die Frage beantwortet werden, welche grundsätzlichen Anforderungen an die Ernährung des Säuglings zu stellen sind. Vereinfacht lassen sie sich folgendermaßen umreißen: # Durch die angemessene Zufuhr von Nährstoffen sollen der ungestörte Ablauf aller Stoffwechselprozesse, das Wachstum, die normale geistige Entwicklung und die Infektionsabwehr gewährleistet sein # Die Zusammensetzung der Nahrungen muß den Verdauungs- und Organleistungen des Säuglings angepaßt sein # Die Nahrungen müssen keimarm, frei von pathogenen Keimen und im Falle der sterilen Naßkonserven auf Obst- und Gemüsebasis keimfrei sein Bei sachgemäßer Stilltechnik erhält der vollgestillte Säugling prakE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t 4 • 1979 • B d . 2 4
tisch eine keimfreie Nahrung. Hier hat also das natürlich ernährte Kind eindeutig Vorteile gegenüber dem künstlich ernährten Aber auch die anderen genannten Forderungen werden nur durch die Ernährung mit Muttermilch optimal erfüllt
#
Schließlich sollen die für den Säugling bestimmten Nahrungen frei von Schadstoffen sein.
Energiebedarf Durch die Bereitstellung einer altersgerechten Energiemenge muß der Bedarf für den Erhaltungsstoffwechsel, das Wachstum und die körperliche Aktivität gesichert sein. Infolge seines raschen Wachstums bedarf der junge
Säugling einer relativ hohen Energiezufuhr, bezogen auf seine Körpermasse. In den ersten Lebenswochen beträgt der durchschnittliche Energiebedarf 120 kcal (500 KJ)/kg Körpergewicht und Tag. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres sinkt er dann auf etwa 90 kcal (380 KJ)/kg Körpergewicht und Tag ab. Dieser Rückgang des Gesamtenergieverbrauchs erklärt sich aus dem sinkenden Bedarf für das Wachstum. Im allgemeinen wird der Energiebedarf mit allen uns für die Ernährung des Säuglings zur Verfügung stehenden Nahrungen gedeckt. Im Gegensatz zum vollgestillten Säugling besteht bei künstlicher Ernährung, besonders wenn Pulvernahrungen gefüttert werden, sogar eine nicht unerhebliche Gefahr der Überernährung. Bei Brusternährung ist weder eine unterkalorische noch eine überkalorische Nahrungszufuhr zu befürchten. Wechselnde Trinkmengen und erhebliche Schwankungen in Menge und Zusammensetzung der Muttermilch gewährleisten eine dem Bedarf gerecht werdende Zufuhr von Flüssigkeit und Nährstoffen.
Nährstoffe Hinsichtlich der Gestaltung einer zweckmäßigen Nährstoffrelation in den Frühnahrungen als Ersatz der Muttermilch besteht heute im allgemeinen eine gute Übereinstimmung. Zumindest in den ersten 4 Lebensmonaten sollen Fertignahrungen verwen103
— unbewiesene, aber günstige Wirkungen des Stillens auf spätere geistig-psychische Leistungen, Emotionalität, Verhalten u. a. — Zeitersparnis sowie hygienische und ökonomische Vorteile des Stillens gegenüber der Flaschenernährung. Aus den angeführten nachweisbaren, möglichen oder vermuteten Vorteilen des Stillens sollen keine extremen Schlüsse gezogen und kein Dogma der Muttermilchernährung aufgestellt werden. Die Fortschritte der Ernährungsphysiologie, der Biochemie, der Hygiene, der Technologie und anderer Disziplinen haben zur Entwicklung von Säuglingsnahrungen geführt, die die Muttermilch zwar nicht voll ersetzen können, aber bei sachgemäßer Anwen-
dung die risikoarme Entwicklung des Säuglings gestatten. Insbesondere wäre es falsch, bei einer jungen Mutter Schuldgefühle zu erzeugen, wenn sie nicht stillen oder keine Milch bilden kann, sie unter Druck setzen oder zum Stillen zwingen zu wollen. Aber die Bereitschaft zu wecken und die entsprechenden Hilfen zu geben, ist begründet. Jede Mutter, die stillen kann, sollte es tun, und bei richtiger Anleitung und entsprechender Motivation sind nur wenige Mütter dazu nicht imstande. Qualität und Wirkung der Muttermilch können abgeleitet werden aus der Entwicklungsgeschichte des Menschen, während vergleichbare Informationen bezüglich der Säuglingsfertignahrungen
natürlich nicht existieren. Nach dem heutigen Stand des Wissens ist der Muttermilch, wenn immer möglich, unbedingt der Vorzug zu geben. Es ist wahrscheinlich, daß diese Auffassung mit zunehmender Erkenntnis immer stärker gestützt werden wird. Hinweise über veränderte Einstellungen zum Stillen mit seiner wieder zunehmenden Bevorzugung, eine Selbstbesinnung auf diese ursprüngliche Ernährung des Neugeborenen, mehren sich in letzter Zeit. Prof. Dr. H. Haenel und Dr. F.-K. Grütte Zentralinstitut für Ernährung der AdW der D D R Potsdam-Rehbrücke
U. Spahn und W. Plenert
Grundlagen der Säuglingsernährung Für die Ernährung des Säuglings stehen prinzipiell zwei Ernährungsformen zur Verfügung: 1. Die natürliche Ernährung, die Brusternährung, die wir nach wie vor als die einzige optimale Nahrung für den jungen Säugling akzeptieren, und 2. die künstliche Ernährung mit Kuhmilchmischungen bzw. Fertignahrungen auf Kuhmilchbasis. Die Beikost ergänzt die Milchnahrung sowohl bei Brusternährung als auch bei künstlicher Ernährung. Sie besteht aus Obst- und Gemüsesäften ab 6. bis 8. Lebenswoche und der Breikost. Zunächst soll die Frage beantwortet werden, welche grundsätzlichen Anforderungen an die Ernährung des Säuglings zu stellen sind. Vereinfacht lassen sie sich folgendermaßen umreißen: # Durch die angemessene Zufuhr von Nährstoffen sollen der ungestörte Ablauf aller Stoffwechselprozesse, das Wachstum, die normale geistige Entwicklung und die Infektionsabwehr gewährleistet sein # Die Zusammensetzung der Nahrungen muß den Verdauungs- und Organleistungen des Säuglings angepaßt sein # Die Nahrungen müssen keimarm, frei von pathogenen Keimen und im Falle der sterilen Naßkonserven auf Obst- und Gemüsebasis keimfrei sein Bei sachgemäßer Stilltechnik erhält der vollgestillte Säugling prakE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t 4 • 1979 • B d . 2 4
tisch eine keimfreie Nahrung. Hier hat also das natürlich ernährte Kind eindeutig Vorteile gegenüber dem künstlich ernährten Aber auch die anderen genannten Forderungen werden nur durch die Ernährung mit Muttermilch optimal erfüllt
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Schließlich sollen die für den Säugling bestimmten Nahrungen frei von Schadstoffen sein.
Energiebedarf Durch die Bereitstellung einer altersgerechten Energiemenge muß der Bedarf für den Erhaltungsstoffwechsel, das Wachstum und die körperliche Aktivität gesichert sein. Infolge seines raschen Wachstums bedarf der junge
Säugling einer relativ hohen Energiezufuhr, bezogen auf seine Körpermasse. In den ersten Lebenswochen beträgt der durchschnittliche Energiebedarf 120 kcal (500 KJ)/kg Körpergewicht und Tag. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres sinkt er dann auf etwa 90 kcal (380 KJ)/kg Körpergewicht und Tag ab. Dieser Rückgang des Gesamtenergieverbrauchs erklärt sich aus dem sinkenden Bedarf für das Wachstum. Im allgemeinen wird der Energiebedarf mit allen uns für die Ernährung des Säuglings zur Verfügung stehenden Nahrungen gedeckt. Im Gegensatz zum vollgestillten Säugling besteht bei künstlicher Ernährung, besonders wenn Pulvernahrungen gefüttert werden, sogar eine nicht unerhebliche Gefahr der Überernährung. Bei Brusternährung ist weder eine unterkalorische noch eine überkalorische Nahrungszufuhr zu befürchten. Wechselnde Trinkmengen und erhebliche Schwankungen in Menge und Zusammensetzung der Muttermilch gewährleisten eine dem Bedarf gerecht werdende Zufuhr von Flüssigkeit und Nährstoffen.
Nährstoffe Hinsichtlich der Gestaltung einer zweckmäßigen Nährstoffrelation in den Frühnahrungen als Ersatz der Muttermilch besteht heute im allgemeinen eine gute Übereinstimmung. Zumindest in den ersten 4 Lebensmonaten sollen Fertignahrungen verwen103
Tabelle 1 Kalorien- und Nährstoffbedarf des jungen Säuglings entsprechend den Empfehlungen der ESPGAN [1]
Energie in kcal ( k j ) Protein Fett Kohlenhydrate
100 ml trinkfertige Nahrung
g/100 kcal
g/1 MJ
64 - 7 2 ( 2 6 0 - 3 0 0 ) 1 , 2 - 1,9 g 2 , 7 - 4,1 g 5 , 4 - 8,2 g
—
—
1 , 8 - 2,8 4 , 0 - 6,0 8 , 0 - 12,0
4 , 3 - • 6,7 9 , 6 - -14,4 1 9 , 0 - -28,5
det werden, die der menschlichen Milch weitgehend (sogenannte adaptierte Nahrungen) oder wenigstens teilweise angeglichen sind (sogenannte teiladaptierte Nahrungen). Einen Überblick über die anzustrebende Nährstoffrelation gibt Tabelle 1.
Eiweiß Seit langem ist die für den Säugling wünschenswerte Eiweißzufuhr Gegenstand eingehender Untersuchungen.
gegenüber nur etwa 5 % Nicht-ProteinStickstoff. Im Nicht-Eiweiß-Stickstoff der Frauenmilch sind hauptsächlich freie Aminosäuren enthalten, unter denen das für die Gehirnentwicklung bedeutsame Taurin herausragt. Offensichtlich liegt der Vorteil dieser freien Aminosäuren für den Säugling in der Tatsache begründet, daß sie unmittelbar resorbiert und verwertet werden können. Ein sehr hoher Eiweißkonsum bringt dem Säugling mit Sicherheit keine Vor-
Tabelle 2 Zusammensetzung der Frauenmilch nach Hambraeus et al. [2] in g/100 ml Protein (Aminosäureanalyse) Fett Laktose Sonstige Stoffe („Solids")
Zur Zeit ist man sich einig darüber, eine Eiweißaufnahme von mehr als 3,0 g/kg und Tag für einen reifgeborenen, gesunden Säugling abzulehnen. Danach muß die klassische 2:1-Kuhmilchmischung ( 2 / 3 -Milch) als unphysiologisch eingestuft werden. Sie liefert etwa 3,5 g Protein pro kg Körpergewicht und Tag. In Annäherung an die Verhältnisse der Brusternährung wird international bei künstlicher Ernährung für die ersten 5 Lebensmonate eine Eiweißzufuhr von 2,2 g/kg und Tag und ab 5. Lebensmonat von 2,0 g/kg und Tag empfohlen. Dabei handelt es sich aber keineswegs um den Mindestbedarf. Diese Empfehlungen enthalten noch einen erheblichen Sicherheitsfaktor, so daß der Eiweißbedarf mit den modernen Säuglingsnahrungen in jedem Fall gedeckt wird. Das gilt um so mehr, als vor wenigen Jahren bekannt wurde, daß die reife Muttermilch nicht, wie bisher angenommen wurde, 1,1 bis 1,2 g Eiweiß/100 ml enthält, sondern nur etwa 0,9 g/100 ml (Tabelle 2). Sie enthält nämlich im Vergleich zur Kuhmilch einen beträchtlichen Anteil von NichtProtein-Stickstoff, der etwa 23% des Gesamtstickstoffes ausmacht und in frühere Berechnungen als Protein einging. In der Kuhmilch finden sich dem104
0,88 ± 0,14 3,04 ± 0,97 7,22 + 0,14 11,40 ± 1,0
teile. Unter bestimmten Umständen können ihm daraus sogar Gefahren erwachsen. Durch ein Überangebot an Eiweiß und Mineralien — in der Regel haben die eiweißreichen Milchmischungen auch noch einen höheren Gehalt an Mineralien — kommt es zu einem vermehrten Anfall von harnpflichtigen Substanzen, die vom jungen Säugling bei noch eingeschränkter Konzentrations- und Pufferungskapazität der Nieren nur mit Mühe bewältigt werden können. Ferner können unter einer eiweißreichen Ernährung in diesem Alter über Wochen und Monate erhöhte Serumkonzentrationen bestimmter Aminosäuren, vor allem an Tyrosin und Phenylalanin, beobachtet werden.
Hier wirken sich neben dem Aminosäureüberschuß aber auch noch qualitative Unterschiede von Frauenmilchund Kuhmilcheiweiß aus. In der menschlichen Milch beträgt das Verhältnis Molkenprotein zu Kasein 65:35, in der Kuhmilch dagegen 19:81. Die Zusammensetzung des Molkenproteins der kaseinreichen Kuhmilch (Tabelle 3) weicht zudem erheblich von der der Frauenmilch ab. a-Laktalbumin bildet bei letzterer den Hauptbestandteil, während die Hauptfraktion des Kuhmilch-Molkenproteins, das ß-Laktoglobulin, überhaupt nicht nachweisbar ist. Zusammen mit dem Serumalbumin der Kuhmilch wird hauptsächlich das /i-Laktoglobulin für die Entwicklung einer Allergie gegen Kuhmilcheiweiß beim menschlichen Säugling verantwortlich gemacht. Laktoferrin, Lysozym und sekretorisches Immunglobulin A, die für die Infektionsabwehr von Bedeutung sind, kommen in nennenswerten Mengen dagegen nur in der menschlichen Milch vor. Zusammenfassend zum Eiweißproblem kann gesagt werden: Der vollgestillte Säugling erhält eine eiweißarme Nahrung, die seinen funktionellen Leistungen, seinem Bedarf an Bausteinen für das Körperwachstum und der Abwehr umweltbedingter Störungen voll angepaßt ist. Vor allem wird er mit allen erforderlichen Aminosäuren und einer Vielzahl von Substanzen, die zum Teil nur in geringen Konzentrationen in der Muttermilch vorhanden sind, versorgt. Diese Tatsache scheint nicht zuletzt auch für eine ungestörte Gehirnentwicklung von erheblicher Bedeutung zu sein.
Fett Ähnlich wie beim Eiweiß bestehen zwischen dem Fettkörper der menschlichen Milch und dem Kuhmilchfett deutliche Unterschiede, abgesehen davon, daß ein gestillter Säugling mehr als die Hälfte seines Energiebedarfes durch Fett deckt. In der Muttermilch (Abbildung 1) ist der hohe Gehalt an unge-
Tabelle 3 Bestandteile des Molkenproteins der Frauen- und Kuhmilch nach Hambraeus et al. [2]
Laktoferrin a-Laktalbumin /i-Laktoglobulin Serumalbumin Lysozym Immunglobulin A Immunglobulin G Immunglobulin M
Frauenmilch (mg/ml)
Kuhmilch (mg/ml)
1,5 1,5
Spuren 0,9 3,0 0,3 0,0001 0,03 0,6 0,03
—
0,5 0,5 1,0 0,01 0,01
E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
gl100 ml n
EZ3
(=• ES3
Kohlenhydrate
Fett
Frauenmilch KiNa Milasan 2-1 - Milch Kuhmilch
Eiweiß
A b b . 1. N ä h r s t o f f z u s a m m e n s e t z u n g von F r a u e n m i l c h , K u h m i l c h u n d verschiedenen Säuglingsnahrungen
sättigten Fettsäuren bemerkenswert, von denen uns die Linolsäure am meisten interessiert, weil sie für den Organismus unentbehrlich ist und hier vielfaltige Funktionen ausübt. Sie macht 7 — 1 3 % der Fettsäuren des menschlichen Milchfettes bzw. 5—7% der Gesamtenergie der Muttermilch aus. Dementsprechend wird in adaptierten und teiladaptierten Säuglingsnahrungen ein Teil des Kuhmilchfettes durch geeignete Pflanzenfette (z. B. Baumwollsaatöl, Maiskeimöl, Sonnenblumenöl) ersetzt. Auf diese Weise werden nicht nur ein wünschenswerter Fettanteil von 5 0 % und ein ausreichender Gehalt an Linolsäure von 3—6% der Gesamtenergie erzielt, sondern auch eine wesentlich bessere Fettresorption auf G r u n d einer der Muttermilch sehr ähnlichen Fettsäurezusammensetzung.
Kohlenhydrate Folgt man neueren Empfehlungen, dann sollten die Säuglingsfertignahrungen auf Milchbasis als Kohlenhydratanteil ausschließlich Laktose enthalten. Diese Forderung, die für die adaptierten Nahrungen uneingeschränkt gestellt wird, geht ebenfalls auf die Zusammensetzung der Frauenmilch zurück, deren Kohlenhydrate mindestens zu 90 % aus Laktose bestehen. Der Rest sind Oligosaccharide. D a s sogenannte „2. Kohlenhydrat" in F o r m von Polysacchariden wird heute als Zusatz zu Säuglingsfertignahrungen abgelehnt. Aus verschiedenen G r ü n d e n ist die Saccharose dazu gleichfalls nicht E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Hcl't 4
1979 - Bd. 24
geeignet. Stattdessen wird der Einsatz von Dextrin-Maltose-Gemischen neben der Laktose als unbedenklich empfohlen. Allerdings sollte man sich vor übertriebenen Erwartungen hüten. Adaptierte Nahrungen, die als einziges Kohlenhydrat Laktose enthalten, üben auf die Darmflora des Säuglings keineswegs den gleichen Effekt aus wie die Laktose im Verband der Frauenmilch.
Ernährungsschema In den ersten drei Lebensmonaten ererhalten Säuglinge prinzipiell flüssige Nahrung. Wird nicht gestillt, dann sollten ausschließlich Fertignahrungen Verwendung finden, und zwar solche, die der Muttermilch am weitesten angeglichen sind. Über die Zusammensetzung der verschiedeneft Nahrungen informiert Abbildung 1. M a n erkennt auf den ersten Blick, wie sehr die 2:1Kuhmilchmischung in ihrer Zusammensetzung von der Frauenmilch abweicht. Sie ist eiweißreich, äußerst fettarm und sehr kohlenhydratreich. Die K i N a ist demgegenüber wesentlich frauenmilchähnlicher, da sie nur 1,8% Eiweiß enthält und ihr Fettkörper teilausgetauscht ist. Von den 8 % Kohlenhydraten entfallen 4,1 % auf Laktose. Das Milasan schließlich entspricht vom Eiweißgehalt her einer 2:1-Milchmischung. Ihr Vorteil liegt aber darin, d a ß sie durch Zusatz von Pflanzenfetten wesentlich fettreicher und reicher an ungesättigten Fettsäuren ist (43% polyensäurereiche Pflanzenöle). N a c h Vollendung des 3. Lebensmona-
tes wird der erste Brei gefüttert. Eine Vorverlegung der Breifütterung in den 3. oder gar in den 2. Lebensmonat m u ß als unzweckmäßig angesehen werden, weil das ohne Zweifel die Überernährung fördert. Das trifft auch für die Fertigbreie zu. Grundsätzlich ist jedoch die Verwendung von altersgerechten Fertigbreien aus der Reihe „ F ü r s K i n d " zu befürworten. N u r diese sterilen Naßkonserven stellen einen vollwertigen Ersatz der Milchmahlzeiten in bezug auf ihren Gehalt an Energie, Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien dar. Außerdem garantieren sie den Einsatz einwandfreier Rohware. Den zweiten Brei erhalten die Säuglinge im 5. und den dritten Brei im 6. Lebensmonat. Im 7. M o n a t wird im allgemeinen mit dem Zufüttern fester N a h r u n g begonnen. Diese wird jedoch eine ganze Breimahlzeit kaum vor Vollendung des 1. Lebensjahres ersetzen können. Während der ganzen Säuglingszeit, insbesondere in den ersten Lebensmonaten, ist streng auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Ohne auf den Wasserhaushalt des Säuglings näher eingehen zu können, sei kurz vermerkt, d a ß er im 1. Halbjahr 200 ml und im 2. Halbjahr 150 ml/kg und Tag benötigt.
Kochsalz in der Säuglingsernährung Aus der Fülle der Probleme, die es in Z u k u n f t in der Versorgung des Säuglings mit Mineralien und sogenannten Spurenelementen noch zu lösen gibt, sei eines herausgegriffen, das neben der adäquaten Versorgung des Säuglings mit Eisen in letzter Zeit verschiedene Arbeitskreise bewegte, nämlich die zu reichliche A u f n a h m e von Kochsalz. Bekanntlich fördert eine chronische A u f n a h m e zu großer Natriummengen über eine Wasserretention und Zunahme der Kreislaufflüssigkeit die Manifestation eines arteriellen Hochdrucks. Wenngleich sich ein Hochdruck selten schon im Säuglingsalter zeigt, so besteht doch in einer Gewöhnung an große und zunehmend größere Kochsalzmengen im Laufe der Jahre eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Nahrungen auf Kuhmilchbasis haben bereits einen wesentlich höheren Natriumgehalt als die Frauenmilch, in den gemüse- und fleischhaltigen Fertigbreien erscheint er sogar bedenklich hoch. Dabei stammt das viele Natrium weniger aus den Rohprodukten selbst, als vielmehr aus Kochsalzzusätzen während des Herstellungsprozesses. Ernäh105
rungsphysiologische Gesichtspunkte sind dafür kaum ausschlaggebend, da der Natriumbedarf auch ohne diese Zusätze reichlich gedeckt wird. Offensichtlich liegt hier eine zu weitgehende Orientierung am Geschmack des Erwachsenen vor. Auf derartige Zusätze sollte man daher besser verzichten. Schließlich stellt der arterielle Hochdruck einen gefährlichen Risikofaktor für das Herzkreislaufsystem dar.
#
Vorteile der Brusternährung Wir verfügen heute über ein breites Sortiment von Säuglingsfertignahrungen auf Kuhmilch-, Obst- und Gemüsebasis, das uns ein hohes Maß an Sicherheit in der Ernährung von Säuglingen garantiert. Der künstlich ernährte Säugling hat unter unseren derzeitigen Ernährungsbedingungen grundsätzlich die gleichen Uberlebenschancen wie ein gestillter Säugling. Es sei in diesem Zusammenhang der hervorragende Anteil der Fertignahrungen an der Senkung der Säuglingssterblichkeit hervorgehoben, insbesondere aus hygienischer Sicht. Dennoch kann man die überragenden Vorteile der Brusternährung (Tabelle 4) nicht ignorieren. Gerade in den letzten Jahren haben sich unsere Kenntnisse über die Zusammensetzung der menschlichen Milch erheblich erweitert, wie wir am Beispiel des Eiweißes zeigen konnten. Danach kommt der natürlichen Ernährung eine wesentlich größere Bedeutung zu, als man jahrzehntelang angenommen hat. Von den Vorteilen der Brusternährung beschäftigt den Pädiater immer wieder die hohe Infektionsresistenz, weil auch sie eine weitreichende Bedeutung für das gesamte spätere Leben hat. Im wesentlichen sind es 3 Faktoren, die offenbar dafür verantwortlich sind: % Die immunologischen Wirkungen der Frauenmilch, von denen hier nur die wichtigsten angeführt seien: — Das sekretorische Immunglobulin A der Muttermilch übt eine lokale Schutzfunktion im Darm des jungen Säuglings aus — Der Gehalt an Lysozym ist in der Muttermilch 5000fach höher als in der Kuhmilch. Es wirkt bakterizid und potenziert die Wirkung der Antikörper Tabelle 4 Vorzüge der Brusternährung 1. 2. 3. 4.
Optimale Zusammensetzung der Nahrung Praktische Keimfreiheit der Nahrung Hohe Infektionsresistenz Günstige psychische Wirkungen (Mutter—Kind-Beziehung)
106
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— Die zelluläre Komponente der Muttermilch, die sich aus Makrophagen und Lymphozyten zusammensetzt. Diese Zellen kommen besonders reichlich im Kolostrum, der Vormilch, vor. Es enthält 0 , 5 - 1 0 , 0 • 10« Zellen pro ml Der Fettkörper der Frauenmilch. Während bei der künstlichen Ernährung auf sekretorisches Immunglobulin A, Lysozym und Zellen verzichtet werden muß, besteht durch die Herstellung einer frauenmilchähnlichen Beschaffenheit des Fettkörpers in den adaptierten Nahrungen in gewissem Umfang die Möglichkeit, den resistenzsteigernden Effekt der Muttermilch zu kopieren. Unter einer Ernährung mit fettadaptierten Nahrungen, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr von Linolsäure, lassen sich Infektionsresistenz und Immunantwort der Säuglinge steigern Bei der Brusternährung gelangt ein Teil der Laktose in die unteren Dünndarmabschnitte und in den Dickdarm und bewirkt hier ein saures Milieu mit einer überwiegenden Besiedlung dieser Darmabschnitte mit Bacterium bifidum. Damit verbunden ist die Unterdrükkung von Fäulnisvorgängen und die Zurückdrängung des Wachstums von Escherichia coli. Für den Säugling dürfte daraus eine geringere Inanspruchnahme der immunologischen Abwehr resultieren, was ihm gewisse Reserven für die Bekämpfung von Infektionen läßt.
3. Es lassen sich jedoch auf der Grundlage dieser Erkenntnisse auch die industriellen Fertignahrungen auf bestimmten Teilgebieten heute schon wesentlich weiterentwickeln. Dabei wird das Ziel natürlich eine noch größere Übereinstimmung mit der Muttermilch sein müssen. Literaturhinweise [ 1 ] E S P G A N Committee on Nutrition: Guidelines on Infant Nutrition. I. Recommendations for the composition of an adapted formula; Acta paediat. (Stockholm) 1977, Suppl. 262 [2] Hambraeus, L., E. Forsum und B. Lönnerdal: Nutritional aspects of breast milk versus cow's milk formula. In: Hambraeus, L., Hanson, L. A., McFarlane, H. (Hrsg.): Food and Immunology. Almqvist and Wiksell International, Stockholm 1977, S. 116 bis 124
Zusatzliteratur Jelliffe, D. B.: World trends in infant feeding; Amer. J. clin. Nutr. 29 (1976) 1227 Plenert. W. und U. Lehnert: Säuglingsernährung. Leipzig; VEB Georg Thieme 1976 Spahn, U.: Aktuelle Probleme der Ernährung des Säuglings und Kleinkindes; Heilberufe 29(1977) 259
Dr. med. habil. U. Spahn Prof. Dr. med. habil. W. Plenert Universitäts-Kinderklinik Jena
Schlußfolgerungen Aus alledem lassen sich folgende Schlußfolgerungen ziehen: 1. Neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Frauenmilch haben eindrucksvoll belegt, wie sehr diese dem Bedarf des Säuglings angepaßt ist. Die einzelnen Bestandteile entfalten ihre spezifischen Wirkungen jedoch voll erst im Gesamtverband der menschlichen Milch. Ein gestillter Säugling ist in hohem Maße gegen Infektionen und die Aufnahme alimentärer Antigene in der Phase einer noch nicht voll entwickelten eigenen Abwehr geschützt. 2. Trotz aller Fortschritte wird es in absehbarer Zeit nicht möglich sein, eine industrielle Fertignahrung zu produzieren, die in ihrer Zusammensetzung und vor allem in ihren funktionellen Wirkungen der menschlichen Milch gleichkommt.
In wenigen Wochen jährt sich zum sechsten Male jener Tag, an dem eine verräterische Militär-Junta in Chile den rechtmäßig gewählten Präsidenten ermordete. Fünf Jahre nach dem Tode Salvador Allendes hat der Hunger die Gesichter vieler chilenischer Kinder gezeichnet. Dort, wo einst unter der Regierung der Unidad Populär kostenlos Milch abgegeben wurde, müssen heute ausländische Wohlfahrtsorganisationen versuchen, die Not der Kinder zu lindern E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
M . Möhr
Hinweise zur weiteren Verbesserung der Kleinkindernährung Die Säuglingsernährung ist der Kleinkindernährung gegenüber im Vorteil. Sie ist pädiatrisch und ernährungswissenschaftlich gut erforscht und steht auch weiterhin im Blickfeld dieser Disziplinen. Neben einer Förderung der Stillfreudigkeit werden qualitative Veränderungen in der Zusammensetzung der Milchfertignahrungen und Weiterentwicklungen der Säuglings-Fertigkost auf Obst- und Gemüsebasis angestrebt. Damit wird die Ernährung der Säuglinge immer besser den optimalen Anforderungen gerecht. Für Säuglinge besteht ein einheitliches Ernährungsregime, das in bestimmten Grenzen modifiziert werden kann. Tageszeit und Rhythmus der Nahrungsaufnahme sowie zu empfehlende Nahrungen und Nahrungsmengen werden vorgegeben. Ein weiterer Vorteil der Säuglingsernährung ist ein gut funktionierendes, engmaschiges Betreuungssystem, das bereits mit der Schwangerenberatung beginnt und in den Mütterberatungsstellen und Kinderkrippen fortgesetzt wird. Den Säuglingen steht eine spezifische, materiell hochwertige Ernährungsbasis zur Verfügung. Über das Stillen hinaus kann auf verschiedene Milchpulver-Flaschennahrungen, auf mehrere Instant-Breie und eine breite Palette von Säuglingsfertignahrungen zurückgegriffen werden, die den Ernährungsbedürfnissen entsprechend altersmäßig differenziert sind [1]. Damit ist der gesamte Bereich der Säuglingsernährung sowohl materiell als auch hinsichtlich empfehlenswerter Ernährungsregime abgesichert. Dies alles trifft für die Ernährung der Kleinkinder nicht mehr oder nur noch im begrenzten Umfang zu. Eine eigene Kleinkindkost (für die Ein- bis Dreijährigen) gibt es seitens der Warenbereitstellung nicht, es sei denn, man rechnet die Säuglingsfertignahrungen für den 8. bis 15. Monat noch dazu. Die vorhandenen 4 Produkte sind für die Übergangsphase gedacht und können allein eine kontinuierliche Mittagsversorgung nicht sichern. Kleinkinder werden zu Hause in die mehr oder weniger außerordentlich wechselhafte Familienkost einbezogen. Häufig wird ad libitum ernährt, was sowohl die Menge als auch die Qualität der Kost und auch den Mahlzeitenrhythmus betrifft. Ein Absetzen von Flasche, Brei, E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979
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Pudding usw. erfolgt oft zu spät. Vielfach wird Kleinkindern eine gröbere Kost in Form von Frischkost, Rohkost oder Vollkornerzeugnissen vorenthalten, obwohl die Verdauungstoleranz größer geworden ist. Dagegen wird eine reine Erwachsenenkost häufig schon für angemessen angesehen, obwohl sie zumeist zu scharf gewürzt und zu salzig ist, zu viel Gebratenes und Geräuchertes enthält und im allgemeinen zu fettreich ist. Kleinkinder sind in der häuslichen Ernährung allzuoft gezwungen, sich den jeweiligen Ernährungssitten und -gebräuchen der Eltern anzupassen, obwohl dies für sie nicht immer am zweckmäßigsten ist. Aus Analysen zur Ernährungssituation im Kleinkindalter geht hervor, daß Ernährungsmängel besonders in der häuslichen Kost vorkommen. Sie sind vorwiegend auf ein ungenügendes Wissen über eine differenzierte Ernährung in diesem Altersbereich zurückzuführen. Allerdings muß man auch kritisch einschätzen, daß vielen Eltern nicht genügend Informationen über eine zweckmäßige Kleinkindernährung zur Verfügung stehen, Die aktuellen Publikationen [u. a. 1 — 10] reichen offenbar
nicht aus, um die Familienernährung der Kleinkinder durchgreifend zu verbessern. Informationsschriften mit praktischen Empfehlungen für die Kleinkindernährung sollten vorwiegend auf durchschnittliche Lebensmittelverbrauchsvarianten, auf Kostplangestaltungen und auf generelle Ernährungsmuster orientieren. Täglicher Mahlzeitenumfang, Mahlzeitenrhythmus und die Mahlzeitenqualität sollten unseren typischen Kosttraditionen entsprechend im Vordergrund stehen. Vor allem ist die Erkenntnis zu vermitteln, daß Kleinkinder einen spezifischen Ernährungsbedarf haben. Dies wird besonders deutlich, wenn man die notwendige Nährstoffdichte — d . h . den physiologisch erforderlichen Nährstoffanteil pro 1000 kcal (4200 KJ) — in der Nahrung eines Kleinkindes mit dem entsprechenden Bedarf pro 1000 kcal eines jungen und eines älteren Mannes vergleicht (siehe Abbildung 1). Der Eiweißbedarf eines Kleinkindes pro kg Körpergewicht liegt höher als der eines jungen Mannes. Die Kleinkinderkost sollte daher relativ reich an hochwertigem Eiweiß sein. Der Fettbedarf ist für Kleinkinder zwar
Notwendige Nährstoffdichte in 1000 kcal (t 200 kJ) der Nahrung eines Kleinkindes m,
eines jungen • mg
36
500L
35
32
30 Eiweiß
mg
Fett
Kalzium
mg 33
0> I
¿".Ol
300 iL
Mannes
mg
6,7
U001
33 32
und alten m
A l l
Eisen
23
0,3 Vit.A
IL
Vit.C
Abb. 1.
107
senen um fast 100% höher. Das bedeutet, daß zu seiner Absicherung besondere Kostregime mit typischen Lebensmitteleinsatzmengen notwendig sind. Aus diesen Darlegungen wird klar, daß man eine richtige Kleinkindernährung nicht durch einfache Portionierung der Erwachsenenkost erhalten kann. In der Familienernährung wird es aber leider häufig so gehandhabt: vom großen Familientopf eine kleinere Portion fürs Kleinkind — ohne besondere Zugaben oder Differenzierungen in den Mengenanteilen. Eine solche Ernährung kann — wie es Abbildung 1 belegt — dem differenziert höheren Nährstoffbedarf der Kleinkinder nicht gerecht werden. Dem spezifischen Nährstoffbedarf der Kleinkinder muß mit einer gerichteten Lebensmittelauswahl und einer spezifischen Kostgestaltung entsprochen werden. Da die verschiedenen Lebensmittel einen unterschiedlichen Nährstoffgehalt haben [1], sind für die Ernährung der Kleinkinder solche zu bevorzugen, die ihrem Nährstoffbedürfnis besonders Rechnung tragen. Lebensmittelauswahl und Lebensmittelmengen müssen auf die einzelnen Mahlzeiten so abgestimmt sein, daß sie der Leistungsfähigkeit der kleinkindlichen Verdauungsorgane entsprechen. Verdaulichkeit und Bekömmlichkeit sind zu fördern, wobei die für Kleinkinder typische Speisenbeliebtheit und nationale Kosttraditionen zu berücksichtigen sind. Musterrezepturen [9] geben Hinweise, wie das alles „unter einen H u t " zu bringen ist. Ferner werden für die Ernährung der Kleinkinder durchschnittliche Lebensmittelverbrauchsempfehlungen gegeben [9, 11 bis 14], die für Krippen und Heime verbindlich sind und auch in der häuslichen Ernährung genutzt werden sollten (Tabelle 1). Einige exemplarische Bilanzen sollen nun zeigen, durch welche Produkte und Verzehrsmengen die für Kleinkinder kritischen Inhaltsstoffe erfüllt werden können. Abbildung 2 macht deutlich, daß Kalzium überwiegend aus Trinkvollmilch bereitgestellt wird. Alle an-
Tabelle 1 Empfehlungen für die Ernährung von Kleinkindern (1—3 Jahre) — Durchschnittlicher Lebensmitteleinsatz pro Kind und Tag — Empfohlene Verbrauchsmenge in g Lebensmittel Ganztagsverpflegung
Teilverpflegung in Tageskrippen
Trinkvollmilch Quark, Käse
400 25
300 20
Fleisch, Wurst Fisch Ei
35 5 5
22 5 3
Butter Delikateß-Margarine Öl, Margarine
15 5 5
7 3 3
Vollkornbrot Mischbrot Knäckebrot, Leichtkostschnitten u. ä. Weißbrot, Brötchen Kuchen und Gebäck
30 30 10 10 15
Nährmittel (Mehl, Haferflocken. Reis, Nudeln u. ä.) Kartoffeln Gemüse Obst Säfte Marmelade, Honig u. ä. Zucker
relativ höher als im folgenden Kindesund Erwachsenenalter, doch soll dies nicht bedeuten, daß den Kleinkindern noch mehr Nahrungsfett angeboten werden muß. Die derzeitige Kleinkindkost enthält eher zuviel Nahrungsfett, so daß eine Reduzierung des Fettgehaltes in der Kost anzustreben ist. Der Bedarf an Nahrungs-Kalzium ist im Kleinkindalter mit 200 mg/1000 kcal um rund 70 % höher als bei einem jungen Erwachsenen. Das bedeutet, daß kalziumreiche Lebensmittel — insbesondere Trinkvollmilch — in der Kleinkindkost eine Vorrangstellung haben. Ähnliches gilt für die Eisenzufuhr. Pro 1000 kcal benötigen Kleinkinder 3 mg
20 —
5 5 15
20
16
140 150 175 40
140 150 130 30
10 15
8 12
mehr Eisen; das sind etwa 80% mehr! Dies mit einer normalen durchschnittlichen Ernährung zu realisieren ist nicht immer leicht. Eine ausreichende Aufnahme eisenreicher Lebensmittel ist erforderlich. Unter besonderen Situationen können im Kleinkindalter Eisensubstitutionen angebracht sein, sofern hierfür eine ärztliche Entscheidung vorliegt. Die Erfüllung des Vitamin-A-Bedarfs zeigt im JCleinkindalter keine besonderen Probleme. Die typische Durchschnittskost sichert eine ausreichende Bereitstellung dieses Vitamins. Der Vitamin-C-Bedarf der Kleinkinder liegt im Vergleich zum jungen Erwach-
Tabelle 2 Lebensmittel, die vorwiegend zu viel eingesetzt werden (56 Krippen) — Anzahl der Krippen und durchschnittliche Einsatzmengen — (1. Analyse) hoher Verbrauch Lebensmittel
Einsatzempfehlung
Anzahl der Krippen
0
Vollkornbrot/Mischbrot Butter Ei Öl/Margarine Fleisch/Wurst Weißbrot/Brötchen
20 g 7g 3g 3g 22 g 5g
46 43 42 34 29 28
43 15,5 7,5 6 38 13
108
Einsatz
g g g g g g
normaler Verbrauch
geringer Verbrauch
Anzahl der Krippen
0
Anzahl der Krippen
10 13 5 10 22 13
21 7,5 3,5 3 22 5
Einsatz
g g g g g g
0
Einsatz
—
—
—
—
9 12 5 15
1,5 1,5 15,5 1.5
E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Hell 4
g g g g
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Tabelle 3 Lebensmittelt, die vorwiegend zu wenig eingesetzt werden (56 Krippen) satzmenge — (1. Analyse)
Anzahl der Krippen und durchschnittliche Ein-
Lebensmittel
Einsatzempfehlung
geringer Verbrauch Anzahl der 0 Einsatz Krippen
normaler Verbrauch Anzahl der 0 Einsatz Krippen
Säfte Gemüse Deli-Margarine Obst Knäcke/Leichtkost
30 g 150 g 3g 130 g 5g
47 46 38 32 24
4 10 4 21 16
deren Lebensmittel tragen nur unwesentlich zur Kalziumversorgung bei. Daraus leitet sich ab, daß bei ungenügendem Angebot an Trinkvollmilch die notwendige Kalziumzufuhr gefährdet ist. Die Versorgung mit Nahrungseisen ist bei Kleinkindern besonders problemaMenge je Kind/
Tr/nkvollmilch
400 g
Gemüse
150 g
Quark
und Kose
25 g 30 g
Vollkornbrot Obst Fleisch
175 g und
Tag
Wurst
35 g
» •
Prozent
9g 87 g lg 75 g lg
29 138 2,5 126 5
meinschaftseinrichtungen. Ergebnisse aus einer Analyse in 56 Tageskrippen können das belegen. Tabelle 2 zeigt, daß von einigen Lebensmitteln oft zuviel verbraucht wird. Das betrifft vor allem Mischbrot, Butter, Fleisch und Wurst sowie Weißbrot und Brötchen. Der empfohlene Richtsatz für des
Tagesbedarfs
• 7*/. 3 V. SV. 2'/. i •/. s •/.
2 5 % der Phenylalaninspiegel über
7 mg/'100 ml 12 mg/100 ml 12 mg/100 ml
Damit sind alle Fleisch und Fleischwaren, Milch und Milchprodukte sowie Eier enthaltende Zubereitungen aus der Nahrung zu eliminieren. Eine Ausnahme bildet lediglich das junge Säuglingsalter, in welchem Milch als natürliche Eiweißquelle begrenzt verwendbar ist. Auch handelsübliche Backund Teigwaren, die durch Verwendung von Mehl und Eiern einen relativ hohen Eiweißgehalt aufweisen, können nicht verwendet werden. Die geringe Menge an natürlichem Eiweiß, die toleriert wird, ist in der Regel bereits durch Gemüse und Obst sowie später durch Kartoffeln abgedeckt. Back- und Teigwaren müssen deshalb nach Spezialrezepturen aus eiweißfreier Stärke hergestellt werden (siehe Broschüre „Berlophen" vom VEB Berlin-Chemie). Zur Sättigung und ausreichenden kalorischen Versorgung sind lediglich eiTabelle 6 Entwicklungsquotient bei letzter Untersuchung (mittleres Alter 33,6 + 21,4 Monate) bei Patienten mit Behandlungsbeginn in den ersten 3 Lebensmonaten in Abhängigkeit von der Qualität der Stoffwechseleinstellung Stoffwechseleinstellung
n
EQ
ausgezeichnet gut schlecht
16 43 20
103 + 14 94 + 19 80 + 15
weißfreie Zubereitungen mit Stärke (z. B. gesüßte oder gewürzte Breie) und eiweißfreie oder -arme Fette (Öle und milchfreie Margarine) verwendbar. Die Notwendigkeit eines rechtzeitigen Behandlungsbeginns geht aus Tabelle 4 hervor. Nur die Patienten, deren Behandlung in den ersten 3 Lebensmonaten begonnen wurde, zeigen im Durchschnitt einen normalen Entwicklungsquotienten (EQ) von mehr als 85 bei der Nachuntersuchung. Je später die Behandlung beginnt, desto niedriger ist der EQ sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch bei Nachuntersuchungen. Trotz eines Anstieges des EQ um 10 bis 20 Punkte bei den verspätet behandelten Patienten erreichen diese keine bzw. nur im Ausnahmefall eine normale geistige Entwicklung. Ein weiteres Problem ist die konsequente Einhaltung der Diät und deren regelmäßige Stoffwechselkontrolle. Wenn die Patienten nach allen im Verlaufe der Behandlung gefundenen Phenylalaninwerten in 3 Gruppen eingeteilt werden, dann zeigt sich, daß nur bei ausgezeichneter und guter Stoffwechselführung im Mittel ein normaler EQ erreicht wird (Tabelle 5). Im Gegensatz dazu haben diejenigen Patienten, die durch Diätübertretungen häufig E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g H e f t 4 • 1979
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Phenylalaninwerte von mehr als 12 mg bestimmten Entwicklungsphase mögpro 100 ml im Serum aufweisen, bereits lich ist. einen deutlichen Entwicklungsrück- Nach Abschluß dieser Phase kann stand. wahrscheinlich auf eine Normalkost Unklarheiten bestehen über die Dauer übergegangen werden. Zeitliche Ander erforderlichen Behandlung. Die gaben dazu schwanken von 3 bis 12 JahDiät bewirkt keine Heilung des Defek- ren. Neuere Nachuntersuchungen an tes. Sie kann den Stoffwechseldefekt Patienten nach Diätbeendigung mit lediglich soweit kompensieren, daß kei- dem Nachweis diskreter neurologischer ne erfaßbaren Schäden auftreten. Die Störungen und EEG-Veränderungen Erkrankung selbst bleibt jedoch le- lassen jedoch Vorsicht geboten erbenslänglich bestehen. Theoretisch ist scheinen. Wir halten z. Z. die Diät bis somit eine lebenslängliche Behandlung mindestens zum vollendeten 6. Lebenserforderlich. Dies ist bei der Mehrzahl jahr ein. Falls zu diesem Zeitpunkt von Störungen des Aminosäurestoff- unter Phenylalaninbelastung EEG-Verwechsels zweifellos der Fall. Bei PKU änderungen nachweisbar sind, raten sprechen bisherige Beobachtungen da- wir vom Diätabbruch ab und wiederfür, daß eine Schädigung des Zentral- holen diese Untersuchungen in jährnervensystem durch den erhöhten lichen Abständen. Auch unter NormalPhenylalaningehalt nur während einer kost sind dann regelmäßige Überwa-
chungen der neurologischen und intellektuellen Entwicklung sowie des EEG erforderlich. Kein Zweifel besteht auch daran, daß bei Frauen mit PKU während der Schwangerschaft die Entwicklung auch eines nicht erkrankten Kindes durch den hohen Phenylalaningehalt der Mutter gestört werden kann. Es ist deshalb diesen Frauen bei Kinderwunsch eine gezielte Schwangerschaft unter vorheriger Wiederaufnahme der Diät anzuraten. Prof. Dr. sc. med. H. Theile Abt. Humangenetik Kinderklinik Bereich Medizin Karl-Marx-Universität Leipzig
W.-J. Uhde
Plastverpackung für Lebensmittel Die revolutionierende Entwicklung der dem jeweiligen Einsatzzweck anzupasPlaste hat dazu beigetragen, daß Er- sen, müssen den Plasten jedoch Hilfszeugnisherstellung und Verpackungs- und Zusatzstoffe eingearbeitet werden prozeß unmittelbar aufeinanderfolgen. (Weichmacher, Stabilisatoren, AntiWährend früher die Verpackung vor- oxydantien, Gleitmittel, Antistatika, optische Aufheller, wiegend dazu diente, ein Gut transport- UV-Absorber, fähig zu machen und vor äußeren Ein- Farbpigmente und viele andere mehr). flüssen zu schützen, erwartet man heute Dazu einige Beispiele: PVC läßt sich von ihr, daß sie in weitgehendem Maße nur mit bestimmten Stabilisatoren zu auch der Geschmackserhaltung und der glasklaren Erzeugnissen verarbeiten Haltbarkeit des Erzeugnisses dient. Mit (Becher, Flaschen). Verschiedene LePlasten kann man Verpackungsmittel bensmittel sind lichtempfindlich (Milch, herstellen, die sich den Anforderungen Speisefette und -öle). Durch UV-Abdes Inhalts weitgehend anpassen. Durch sorber in der Verpackung wird in dieentsprechende Wahl oder Kombination sen Fällen der schädliche ultraviolette des Materials können sie z. B. gasdicht Anteil des Lichtes zurückgehalten; oder gasdurchlässig sein. Man denke gleichzeitig wird der Plastwerkstoff hier an vakuumverpackte Wurst- und selbst geschützt. Optische Aufheller, in Käsesorten im Selbstbedienungssystem Waschmitteln als Weißmacher bekannt, oder an das in Schrumpffolien verpack- verleihen dem Plastwerkstoff ein gete Geflügel. Und nicht zuletzt ist zu falliges Aussehen. betonen, daß erst auf diese Weise für Die Verarbeitungshilfs- und -zusatzzahlreiche leichtverderbliche Lebens- stoffe sind fast ausschließlich niedermittel eine bessere Haltbarkeit ermög- molekulare Verbindungen, die im Gelicht werden konnte. gensatz zu den hochmolekularen grundAus den Möglichkeiten der modernen sätzlich leichter löslich und toxisch Verpackung ergibt sich die Frage nach sein können. Sie besitzen unterschiedeventuellen gesundheitlichen Risiken liche Löslichkeitseigenschaften, so daß für den Verbraucher. In der D D R wer- ihr Übergang (Migration) auf Lebensden im Lebensmittelsektor vorwiegend mittel nicht immer ganz auszuschliefolgende Plastwerkstoffe eingesetzt: ßen und in seinem Umfang im voraus Polyvinylchlorid (PVC), Polyäthylen, nicht abzuschätzen ist. Diese AusfühPolystyrol, Polyamid, Melaminharz- rungen sollen genügen, um die Risiken preßmassen und Zellglas. Bei diesen eines möglichen Fremdstoffüberganges Plasten handelt es sich um hochmole- und die daraus erwachsenden gesundkulare Substanzen, die in Wasser und heitlichen und lebensmittelhygienischen anderen Lebensmittelbestandteilen Probleme aufzuzeigen. In vielen Länpraktisch unlöslich sind. Unlösliche dern befaßt sich daher die Gesetzgebung Stoffe sind auch ungiftig, da sie im mit der notwendigen Überwachung der Körper nicht wirksam werden können. für Lebensmittelzwecke eingesetzten Um ihre verschiedenen Eigenschaften Plaste, um durch entsprechende gesetzh n i ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
liche Maßnahmen gesundheitliche Schäden auszuschließen. In der D D R erließ das Ministerium für Gesundheitswesen besondere Richtlinien, daß nur solche Plaste im Lebensmittelsektor Verwendung finden, die frei von jeglicher gesundheitsschädigender Wirkung sind. Eine ständige Kontrolle der Hygieneinstitute sorgt dafür, daß die Bestimmungen der Plastanordnung eingehalten werden. Wissenschaftler und Praktiker sind andererseits bemüht, durch die Anwendung moderner analytischer und toxikologischer Methoden Schäden für den Menschen auszuschließen und ein Höchstmaß an Sicherheit für den Verbraucher zu gewährleisten. Die schon häufig ausgesprochene Warnung, Plasttüten, in denen z. B. technische Artikel verpackt waren, nicht für die Aufbewahrung von Lebensmitteln zu verwenden, ist somit gerechtfertigt. Es müssen z. B. Verwechslungen mit Weich-PVC-Beuteln befürchtet werden, die für Lebensmittel aus Gründen des vorsorglichen Gesundheitsschutzes nicht zugelassen sind. Zur Textilverpackung benutzt man im allgemeinen Polyäthylenfolien, die entweder keine weiteren Zusätze enthalten (und dann unbedenklich sind) oder aber mit stabilisierenden Stoffen (Antioxydantien) versehen sind. Bei Lebensmittelpackstoffen sind von vornherein nur garantiert unbedenkliche Zusatzstoffe zugelassen, für Plastfolien für andere Waren als Lebensmittel besteht diese Einschränkung nicht. Damit ist es möglich, daß Zusatzstoffe in Plastmaterialien vorhanden 123
Phenylalaninwerte von mehr als 12 mg bestimmten Entwicklungsphase mögpro 100 ml im Serum aufweisen, bereits lich ist. einen deutlichen Entwicklungsrück- Nach Abschluß dieser Phase kann stand. wahrscheinlich auf eine Normalkost Unklarheiten bestehen über die Dauer übergegangen werden. Zeitliche Ander erforderlichen Behandlung. Die gaben dazu schwanken von 3 bis 12 JahDiät bewirkt keine Heilung des Defek- ren. Neuere Nachuntersuchungen an tes. Sie kann den Stoffwechseldefekt Patienten nach Diätbeendigung mit lediglich soweit kompensieren, daß kei- dem Nachweis diskreter neurologischer ne erfaßbaren Schäden auftreten. Die Störungen und EEG-Veränderungen Erkrankung selbst bleibt jedoch le- lassen jedoch Vorsicht geboten erbenslänglich bestehen. Theoretisch ist scheinen. Wir halten z. Z. die Diät bis somit eine lebenslängliche Behandlung mindestens zum vollendeten 6. Lebenserforderlich. Dies ist bei der Mehrzahl jahr ein. Falls zu diesem Zeitpunkt von Störungen des Aminosäurestoff- unter Phenylalaninbelastung EEG-Verwechsels zweifellos der Fall. Bei PKU änderungen nachweisbar sind, raten sprechen bisherige Beobachtungen da- wir vom Diätabbruch ab und wiederfür, daß eine Schädigung des Zentral- holen diese Untersuchungen in jährnervensystem durch den erhöhten lichen Abständen. Auch unter NormalPhenylalaningehalt nur während einer kost sind dann regelmäßige Überwa-
chungen der neurologischen und intellektuellen Entwicklung sowie des EEG erforderlich. Kein Zweifel besteht auch daran, daß bei Frauen mit PKU während der Schwangerschaft die Entwicklung auch eines nicht erkrankten Kindes durch den hohen Phenylalaningehalt der Mutter gestört werden kann. Es ist deshalb diesen Frauen bei Kinderwunsch eine gezielte Schwangerschaft unter vorheriger Wiederaufnahme der Diät anzuraten. Prof. Dr. sc. med. H. Theile Abt. Humangenetik Kinderklinik Bereich Medizin Karl-Marx-Universität Leipzig
W.-J. Uhde
Plastverpackung für Lebensmittel Die revolutionierende Entwicklung der dem jeweiligen Einsatzzweck anzupasPlaste hat dazu beigetragen, daß Er- sen, müssen den Plasten jedoch Hilfszeugnisherstellung und Verpackungs- und Zusatzstoffe eingearbeitet werden prozeß unmittelbar aufeinanderfolgen. (Weichmacher, Stabilisatoren, AntiWährend früher die Verpackung vor- oxydantien, Gleitmittel, Antistatika, optische Aufheller, wiegend dazu diente, ein Gut transport- UV-Absorber, fähig zu machen und vor äußeren Ein- Farbpigmente und viele andere mehr). flüssen zu schützen, erwartet man heute Dazu einige Beispiele: PVC läßt sich von ihr, daß sie in weitgehendem Maße nur mit bestimmten Stabilisatoren zu auch der Geschmackserhaltung und der glasklaren Erzeugnissen verarbeiten Haltbarkeit des Erzeugnisses dient. Mit (Becher, Flaschen). Verschiedene LePlasten kann man Verpackungsmittel bensmittel sind lichtempfindlich (Milch, herstellen, die sich den Anforderungen Speisefette und -öle). Durch UV-Abdes Inhalts weitgehend anpassen. Durch sorber in der Verpackung wird in dieentsprechende Wahl oder Kombination sen Fällen der schädliche ultraviolette des Materials können sie z. B. gasdicht Anteil des Lichtes zurückgehalten; oder gasdurchlässig sein. Man denke gleichzeitig wird der Plastwerkstoff hier an vakuumverpackte Wurst- und selbst geschützt. Optische Aufheller, in Käsesorten im Selbstbedienungssystem Waschmitteln als Weißmacher bekannt, oder an das in Schrumpffolien verpack- verleihen dem Plastwerkstoff ein gete Geflügel. Und nicht zuletzt ist zu falliges Aussehen. betonen, daß erst auf diese Weise für Die Verarbeitungshilfs- und -zusatzzahlreiche leichtverderbliche Lebens- stoffe sind fast ausschließlich niedermittel eine bessere Haltbarkeit ermög- molekulare Verbindungen, die im Gelicht werden konnte. gensatz zu den hochmolekularen grundAus den Möglichkeiten der modernen sätzlich leichter löslich und toxisch Verpackung ergibt sich die Frage nach sein können. Sie besitzen unterschiedeventuellen gesundheitlichen Risiken liche Löslichkeitseigenschaften, so daß für den Verbraucher. In der D D R wer- ihr Übergang (Migration) auf Lebensden im Lebensmittelsektor vorwiegend mittel nicht immer ganz auszuschliefolgende Plastwerkstoffe eingesetzt: ßen und in seinem Umfang im voraus Polyvinylchlorid (PVC), Polyäthylen, nicht abzuschätzen ist. Diese AusfühPolystyrol, Polyamid, Melaminharz- rungen sollen genügen, um die Risiken preßmassen und Zellglas. Bei diesen eines möglichen Fremdstoffüberganges Plasten handelt es sich um hochmole- und die daraus erwachsenden gesundkulare Substanzen, die in Wasser und heitlichen und lebensmittelhygienischen anderen Lebensmittelbestandteilen Probleme aufzuzeigen. In vielen Länpraktisch unlöslich sind. Unlösliche dern befaßt sich daher die Gesetzgebung Stoffe sind auch ungiftig, da sie im mit der notwendigen Überwachung der Körper nicht wirksam werden können. für Lebensmittelzwecke eingesetzten Um ihre verschiedenen Eigenschaften Plaste, um durch entsprechende gesetzh n i ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979 • Bd. 24
liche Maßnahmen gesundheitliche Schäden auszuschließen. In der D D R erließ das Ministerium für Gesundheitswesen besondere Richtlinien, daß nur solche Plaste im Lebensmittelsektor Verwendung finden, die frei von jeglicher gesundheitsschädigender Wirkung sind. Eine ständige Kontrolle der Hygieneinstitute sorgt dafür, daß die Bestimmungen der Plastanordnung eingehalten werden. Wissenschaftler und Praktiker sind andererseits bemüht, durch die Anwendung moderner analytischer und toxikologischer Methoden Schäden für den Menschen auszuschließen und ein Höchstmaß an Sicherheit für den Verbraucher zu gewährleisten. Die schon häufig ausgesprochene Warnung, Plasttüten, in denen z. B. technische Artikel verpackt waren, nicht für die Aufbewahrung von Lebensmitteln zu verwenden, ist somit gerechtfertigt. Es müssen z. B. Verwechslungen mit Weich-PVC-Beuteln befürchtet werden, die für Lebensmittel aus Gründen des vorsorglichen Gesundheitsschutzes nicht zugelassen sind. Zur Textilverpackung benutzt man im allgemeinen Polyäthylenfolien, die entweder keine weiteren Zusätze enthalten (und dann unbedenklich sind) oder aber mit stabilisierenden Stoffen (Antioxydantien) versehen sind. Bei Lebensmittelpackstoffen sind von vornherein nur garantiert unbedenkliche Zusatzstoffe zugelassen, für Plastfolien für andere Waren als Lebensmittel besteht diese Einschränkung nicht. Damit ist es möglich, daß Zusatzstoffe in Plastmaterialien vorhanden 123
sind, die auf Lebensmittel übergehen können und unerwünschte Fremdstoffe darstellen. Deshalb muß man auch heute noch davon abraten, Plastmaterialien aus dem technischen Sektor für die Verpackung von fetthaltigen (und auch flüssigen) Lebensmitteln weiter zu verwenden. Gewaschene Plastbeutel
von Textilien können für andere (trokkene, praktisch fettfreie) Lebensmittel wie z. B. Obst und Schrippen genommen werden, wenn die Beutel selbst frei von geruch- und geschmackabgebenden Stoffen sind. Am besten dürfte nach wie vor sein, nur solche Beutel für Eßwaren zu benutzen,
die zuvor Lebensmittel enthielten oder die ausdrücklich für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen sind. Dr. W.-J. Uhde Zentralinstitut für Ernährung der AdW der D D R Potsdam-Rehbrücke
TAGUNGSBERICHTE
Symposium „Leitung und Kontrolle einer gesundheitsrelevanten Volksernährung", Budapest/Ungarische VR, 14.—15. 9.1978 Ausgehend von den Ministerratsbeschlüssen und den Richtlinien der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei hatte diese Tagung das Anliegen, die Planung, Leitung und Kontrolle als Instrument für die weitere Entwicklung verstärkt einzusetzen und die Wege und Möglichkeiten zur gesunden Ernährung des Volkes aufzuzeigen. Es wurde dargelegt, wie und nach welcher Konzeption die einzelnen fachspezifischen Leitungs- und Kontrollorgane sowie Institutionen ihre Aufgabe für die Durchsetzung der Prinzipien der gesunden Ernährung wahrnehmen und die dafür erforderlichen materiellen Voraussetzungen schaffen bzw. bereitstellen. In diesem Zusammenhang kommen in der U V R die wichtigsten Aufgaben dem Ministerium für Gesundheitswesen, dem Ministerium für Landwirtschaft und Ernährungswesen, dem Landesinstitut für Ernährung und in den letzten Jahren verstärkt den BezirksHygiene-Instituten der Bezirke zu. Marton und Laszlo faßten die wesentlichsten Aufgaben auf dem Gebiet der Leitung und Kontrolle der gesunden Ernährung aus der Sicht des Ministeriums für Gesundheitswesen zusammen. Dazu gehören die exakte Anwendung des neuen Lebensmittelgesetzes und das vom Ministerrat der UVR im Jahre 1976 erlassene Gesetz über die Sicherung der gesunden Ernährung der Bevölkerung. Die wichtigsten Aufgaben sind in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Gemeinschaftsverpflegung, insbesondere der Kinderund Schulspeisung, die Entwicklung neuer Erzeugnisse (fett- und zuckerreduzierte sowie diätetische), die bessere Auswertung der Krankenstatistik zum Zwecke der präventiven Arbeit und eine umfassende und abgestimmte Ernährungspropaganda. Der Bevölkerung der UVR steht ein sehr reichhaltiges Lebensmittelsorti124
ment zur Verfügung. Seitens des Binnenhandels (Gellai) wurde sogar festgestellt, daß Angebot, Niveau und Verpackung im Lebensmittelsortiment sowie die Versorgungssituation bereits mit denen in industriell entwickelten europäischen Staaten vergleichbar sind. Die Ernährungssituation ist mit der in der D D R im Prinzip identisch. Der tägliche Energieverbrauch liegt über 3000 kcal pro Person und Tag, 30 bis 35 % der Bevölkerung sind energetisch überernährt. Die Überernährung resultiert in erster Linie aus dem hohen Fett- und Zuckerverbrauch. Zeitweilige Unterversorgung kommt bei Eisen, Vitamin C und Folsäure vor. Die ernährungsabhängigen Krankheiten nehmen zu. Gegenwärtig sind etwa 300000 Diabetiker registriert (bei 10 Millionen Einwohnern). Die Herz-Kreislauf-Leiden und Leberschäden steigen ebenfalls an. In der UVR sind 42 % aller Berufstätigen Frauen, 72 % aller Frauen sind berufstätig. Das ist mit ein Grund, daß die Gemeinschaftsverpflegung weiter entwickelt werden soll. 1975 erhielten 2,3 Millionen Bürger ein volles Menü, bis 1980 sollen es 2,8 Millionen sein. Die Kapazität der Kinder- und Schülerspeisung soll mit Hilfe verschiedener Maßnahmen erhöht werden. Dazu gehören u. a. die Einführung von Gefriergerichten sowie von Büfettwagen für die Frühstücks- und Pausenversorgung. Die Büfettwagen sollen vor allem Obst, Obstnektare, Milch und Milchprodukte anbieten, weniger Süßwaren. Weiterhin will man die tägliche Vorsuppe beim Mittagessen, eine tief verwurzelte Verbrauchergewohnheit, teilweise durch Fruchtsäfte und -nektare ersetzen. Bis 1980 soll erreicht werden, daß 50% aller Schüler täglich ein volles Menü erhalten. Vereinfachte Untersuchungen zur Erfassung von Ernährungszustand und -Situation verschiedener Schichten der
Bevölkerung sollen von den BezirksHygiene-Instituten durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang betonte Frau Pataky, daß ursächliche Zusammenhänge zwischen Ernährungsund Gesundheitszustand der Bevölkerung einerseits und den Umwelteinflüssen und der -belastung andererseits aufgedeckt und im Interesse einer gesunden Nahrung und Umwelt positiv verändert werden müssen. Rodler berichtete über Erfahrungen beim Erfassen des Ernährungszustandes und der -Situation bestimmter Bevölkerungsgruppen, die im Rahmen und unter den Möglichkeiten der BezirksHygiene-Institute durchgeführt werden können. Die Räte der Gemeinden und der Städte, das Kabinett für Gesundheitserziehung, das Rote Kreuz sowie andere staatliche und gesellschaftliche Organisationen können dabei große Hilfe leisten. Die zu untersuchenden Parameter sollten standardisiert und auf einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Damit könnten Erkenntnisse auf Landesebene für die gesamte Bevölkerung gewonnen werden. Nach den Richtlinien des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährungswesen (Keliger) soll die landwirtschaftliche Anbaustruktur immer mehr der gesunden Ernährung der Bevölkerung dienen. Hygienevorschriften müssen im Inland, aber auch bei Export-Import streng beachtet werden. Das Ministerium gibt bei der Entwicklung spezieller Lebensmittel finanzielle Unterstützung und auch höhere Subventionen als bei Standarderzeugnissen. Aus den Untersuchungen der Haushaltsstatistik und des -budgets der Zentralverwaltung für Statistik (Baranyai) der UVR geht hervor, daß die Unterschiede zwischen einzelnen Schichten der Bevölkerung (auch hinsichtlich des Prokopfverbrauchs an Lebensmitteln) im Durchschnitt immer kleiner werE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4
1979 • Bd. 24
sind, die auf Lebensmittel übergehen können und unerwünschte Fremdstoffe darstellen. Deshalb muß man auch heute noch davon abraten, Plastmaterialien aus dem technischen Sektor für die Verpackung von fetthaltigen (und auch flüssigen) Lebensmitteln weiter zu verwenden. Gewaschene Plastbeutel
von Textilien können für andere (trokkene, praktisch fettfreie) Lebensmittel wie z. B. Obst und Schrippen genommen werden, wenn die Beutel selbst frei von geruch- und geschmackabgebenden Stoffen sind. Am besten dürfte nach wie vor sein, nur solche Beutel für Eßwaren zu benutzen,
die zuvor Lebensmittel enthielten oder die ausdrücklich für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen sind. Dr. W.-J. Uhde Zentralinstitut für Ernährung der AdW der D D R Potsdam-Rehbrücke
TAGUNGSBERICHTE
Symposium „Leitung und Kontrolle einer gesundheitsrelevanten Volksernährung", Budapest/Ungarische VR, 14.—15. 9.1978 Ausgehend von den Ministerratsbeschlüssen und den Richtlinien der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei hatte diese Tagung das Anliegen, die Planung, Leitung und Kontrolle als Instrument für die weitere Entwicklung verstärkt einzusetzen und die Wege und Möglichkeiten zur gesunden Ernährung des Volkes aufzuzeigen. Es wurde dargelegt, wie und nach welcher Konzeption die einzelnen fachspezifischen Leitungs- und Kontrollorgane sowie Institutionen ihre Aufgabe für die Durchsetzung der Prinzipien der gesunden Ernährung wahrnehmen und die dafür erforderlichen materiellen Voraussetzungen schaffen bzw. bereitstellen. In diesem Zusammenhang kommen in der U V R die wichtigsten Aufgaben dem Ministerium für Gesundheitswesen, dem Ministerium für Landwirtschaft und Ernährungswesen, dem Landesinstitut für Ernährung und in den letzten Jahren verstärkt den BezirksHygiene-Instituten der Bezirke zu. Marton und Laszlo faßten die wesentlichsten Aufgaben auf dem Gebiet der Leitung und Kontrolle der gesunden Ernährung aus der Sicht des Ministeriums für Gesundheitswesen zusammen. Dazu gehören die exakte Anwendung des neuen Lebensmittelgesetzes und das vom Ministerrat der UVR im Jahre 1976 erlassene Gesetz über die Sicherung der gesunden Ernährung der Bevölkerung. Die wichtigsten Aufgaben sind in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Gemeinschaftsverpflegung, insbesondere der Kinderund Schulspeisung, die Entwicklung neuer Erzeugnisse (fett- und zuckerreduzierte sowie diätetische), die bessere Auswertung der Krankenstatistik zum Zwecke der präventiven Arbeit und eine umfassende und abgestimmte Ernährungspropaganda. Der Bevölkerung der UVR steht ein sehr reichhaltiges Lebensmittelsorti124
ment zur Verfügung. Seitens des Binnenhandels (Gellai) wurde sogar festgestellt, daß Angebot, Niveau und Verpackung im Lebensmittelsortiment sowie die Versorgungssituation bereits mit denen in industriell entwickelten europäischen Staaten vergleichbar sind. Die Ernährungssituation ist mit der in der D D R im Prinzip identisch. Der tägliche Energieverbrauch liegt über 3000 kcal pro Person und Tag, 30 bis 35 % der Bevölkerung sind energetisch überernährt. Die Überernährung resultiert in erster Linie aus dem hohen Fett- und Zuckerverbrauch. Zeitweilige Unterversorgung kommt bei Eisen, Vitamin C und Folsäure vor. Die ernährungsabhängigen Krankheiten nehmen zu. Gegenwärtig sind etwa 300000 Diabetiker registriert (bei 10 Millionen Einwohnern). Die Herz-Kreislauf-Leiden und Leberschäden steigen ebenfalls an. In der UVR sind 42 % aller Berufstätigen Frauen, 72 % aller Frauen sind berufstätig. Das ist mit ein Grund, daß die Gemeinschaftsverpflegung weiter entwickelt werden soll. 1975 erhielten 2,3 Millionen Bürger ein volles Menü, bis 1980 sollen es 2,8 Millionen sein. Die Kapazität der Kinder- und Schülerspeisung soll mit Hilfe verschiedener Maßnahmen erhöht werden. Dazu gehören u. a. die Einführung von Gefriergerichten sowie von Büfettwagen für die Frühstücks- und Pausenversorgung. Die Büfettwagen sollen vor allem Obst, Obstnektare, Milch und Milchprodukte anbieten, weniger Süßwaren. Weiterhin will man die tägliche Vorsuppe beim Mittagessen, eine tief verwurzelte Verbrauchergewohnheit, teilweise durch Fruchtsäfte und -nektare ersetzen. Bis 1980 soll erreicht werden, daß 50% aller Schüler täglich ein volles Menü erhalten. Vereinfachte Untersuchungen zur Erfassung von Ernährungszustand und -Situation verschiedener Schichten der
Bevölkerung sollen von den BezirksHygiene-Instituten durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang betonte Frau Pataky, daß ursächliche Zusammenhänge zwischen Ernährungsund Gesundheitszustand der Bevölkerung einerseits und den Umwelteinflüssen und der -belastung andererseits aufgedeckt und im Interesse einer gesunden Nahrung und Umwelt positiv verändert werden müssen. Rodler berichtete über Erfahrungen beim Erfassen des Ernährungszustandes und der -Situation bestimmter Bevölkerungsgruppen, die im Rahmen und unter den Möglichkeiten der BezirksHygiene-Institute durchgeführt werden können. Die Räte der Gemeinden und der Städte, das Kabinett für Gesundheitserziehung, das Rote Kreuz sowie andere staatliche und gesellschaftliche Organisationen können dabei große Hilfe leisten. Die zu untersuchenden Parameter sollten standardisiert und auf einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Damit könnten Erkenntnisse auf Landesebene für die gesamte Bevölkerung gewonnen werden. Nach den Richtlinien des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährungswesen (Keliger) soll die landwirtschaftliche Anbaustruktur immer mehr der gesunden Ernährung der Bevölkerung dienen. Hygienevorschriften müssen im Inland, aber auch bei Export-Import streng beachtet werden. Das Ministerium gibt bei der Entwicklung spezieller Lebensmittel finanzielle Unterstützung und auch höhere Subventionen als bei Standarderzeugnissen. Aus den Untersuchungen der Haushaltsstatistik und des -budgets der Zentralverwaltung für Statistik (Baranyai) der UVR geht hervor, daß die Unterschiede zwischen einzelnen Schichten der Bevölkerung (auch hinsichtlich des Prokopfverbrauchs an Lebensmitteln) im Durchschnitt immer kleiner werE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4
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den, jedoch treten innerhalb einer Schicht teilweise hohe Unterschiede in der Verbrauchs- und Ausgabenstruktur auf. Sie erklären sich bei dem wachsenden Lebensniveau vor allem aus den unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen der einzelnen Bürger (Bedürfnis nach gutem Essen, nach Reisen, nach langlebigen Konsumgütern usw.). Große Bedeutung wird der Ernährungsaufklärung und -propaganda gewidmet. In der Tagungspause stellte sich das Hauptstädtische Kabinett für
Gesundheitserziehung mit einer Ausstellung und mit Lebensmittelprodukten vor. Die Tagungsteilnehmer sollten ihr Gewicht prüfen, ihre Größe messen und auf einer Tafel ihr Sollgewicht mit dem Istgewicht vergleichen. Anschließend sollte jeder Teilnehmer den für ihn bestimmten „Korridor" passieren: einer war für Übergewichtige, einer für Normalgewichtige und einer für Untergewichtige vorgesehen. In jeder Passage waren die entsprechend dem jeweiligen Körpergewicht „zugeschnittenen" Informationen enthalten; wie man sich
ernähren und welche Lebensweise man anstreben soll. Am Ende der Passagen warteten auf jeden Teilnehmer die entsprechenden Produkte zum Verkosten, darunter eine Reihe verschiedener Salate, Trinkjoghurt (mit Erdbeer-, Himbeer-, Kirsch-, Aprikosen- oder Pfirsichgeschmack) und andere Milchprodukte, Obst, verschiedene Brotsorten usw. Die psychologische Wirkung dieser Art der Ernährungspropaganda auf die Tagungsteilnehmer war nicht zu übersehen! G. Pfaff
World Conference on Vegetable Food Proteins, Amsterdam, 29. 10.—3.11.1978 Die von der American Oil Chemists' Society veranlaßte und von 48 handels-, wirtschafts- und wissenschaftspolitischen Organisationen getragene Konferenz betrachtete sich als Fortsetzung einer 1973 in München/BRD begonnenen Reihe. Sie war stark handelspolitisch orientiert und mit einer von 32 Firmen und Vereinigungen beschickten Ausstellung von Erzeugnissen, technischen Ausrüstungen und Verfahren sowie Meßgeräten verbunden; diese gab einen begrenzten Einblick in den Stand und die Tendenzen der Aromatisierung von simuliertem Fleisch, der Proteinstrukturierung bzw. -texturierung, der enzymatischen Proteinhydrolyse, der Proteinisolierung mittels Dekantern, Separatoren und Ionenaustauschern sowie in technische Fortschritte in bezug auf die Ölsaatenzerkleinerung, -schälung und -extraktion und in einige Entwicklungen auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Gerätebaues. 80 % der etwa 1000 Kongreßteilnehmer aus 43 Ländern kamen aus der Lebensmittelindustrie und der Nahrungsgüterwirtschaft. Wie die Ausstellung beschäftigten sich auch die Vorträge und Diskussionsbeiträge überwiegend mit Sojaprotein. Als weitere künftige Quellen für Nahrungsproteine wurden Baumwollsaat, Bohnen, Erbsen, Erdnüsse, Hafer, Kartoffeln, Kokosnüsse, Maiskeime, Pflanzenblätter, Rapssaat, Saflorkerne, Sesamsaat, Sorghumhirse, Triticale, Weintraubenkerne und Weizen abgehandelt. In 11 Sektionen wurden zu folgenden Generalthemen insgesamt 55 Plenarvorträge gehalten: # Proteinernährung # Ökonomie pflanzlicher Proteine # Neuere Entwicklungen in der Regelung des Verkehrs mit Proteinlebensmitteln E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Hefl 4
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Charakteristik von Proteinzusätzen zu Lebensmitteln # Pflanzenproteine in Getreideerzeugnissen, Snacks und Backwaren • Pflanzliche Proteine in Fleisch- und Fischprodukten # Pflanzliche Proteine in Süßwaren # Pflanzliche Proteine in fermentierten Lebensmitteln und ähnlichen Erzeugnissen (Hydrolysaten, Würzen) • Pflanzenproteine in Milchprodukten • Markterfordernisse und -experimente • Fortschritte bei neuen Pflanzenproteinen. Darüber hinaus fanden, zahlreiche Round-Table-Diskussionen statt, an denen jeweils die Autoren der einschlägigen Plenarvorträge teilnahmen. Es waren überdies bestimmte Referenten zu Kurzvorträgen bestellt worden. Außerdem bestand die Möglichkeit zu schriftlichen oder mündlichen Anfragen, und es waren ad-hoc-Beiträge zugelassen. Für den Fachmann hatten die Rundtisch-Diskussionen einen wesentlich größeren Informationswert als die Plenarvorträge; denn diese waren in der Qualität und im Informationsgehalt sehr unterschiedlich und gingen mitunter nicht über das Niveau von Werbevorträgen für Pf!anzen-(Soja)proteinerzeugnisse hinaus. Aus den Vorträgen und Diskussionen des Kongresses sowie der angegliederten Ausstellung lassen sich folgende Feststellungen ableiten; 1. Die Gewinnung und Verarbeitung von Pflanzenproteinen für Lebensmittelzwecke ist eine ökonomisch zwangsläufige Entwicklung, die zusehends ihre Basis verbreitert und schnell voranschreitet. 2. Die beschränkt gewährten Einsichten in die Technologie der Protein-
gewinnung lassen andere als die üblichen oder bekannten Verfahrensschritte nicht erkennen. 3. Die Tendenz, in viele Lebensmittel (Back- und Süßwaren, Fleisch- und Milcherzeugnisse) geringe Mengen an Proteinen mit bestimmten funktionellen Eigenschaften (insbesondere in Hinsicht auf Wasser- und Fettbindung sowie grenzflächenaktive Wirkung) einzubringen, überwiegt das Bestreben, in wenigen Erzeugnissen größere Mengen an tierischem Protein durch pflanzliches zu ersetzen. 4. Die Aroma- und Texturanpassung gibt der Fleischsimulierung Grenzen auf, die bisher nicht zufriedenstellend und wirtschaftlich vertretbar überwunden werden konnten. Vollsimulate werden darum auch nicht mehr angestrebt. Die Streckung von Fleisch durch Pflanzenproteine konzentriert sich auf Hackfleischerzeugnisse und Gulaschkonserven sowie auf neue Applikationsformen (z. B. das Einspritzen von Pflanzenprotein in Pökelfleisch mit der Pökellauge). 5. Die Extrusion von Pflanzenproteinen wird weit mehr betrieben als die kostenaufwendigere Verspinnung. Sie gewinnt besonders an Bedeutung bei der Verarbeitung von minderwertigem sowie von bei der mechanischen und enzymatischen Entbeinung anfallendem Fleisch (insbesondere von Geflügelfleisch). 6. Der Begriff funktionelle Eigenschaften wird zunehmend auf alle Eigenschaften ausgedehnt, die den Wert und die Verbraucherfreundlichkeit eines Erzeugnisses bestimmen, d. h. auch auf den Nährwert und auf sensorische Merkmale. Zusammenhänge zwischen funktionellen Eigenschaften von Proteinen und molekularen Gegebenheiten und Kenngrößen sind Gegenstand intensiver Grundlagenforschung. 125
den, jedoch treten innerhalb einer Schicht teilweise hohe Unterschiede in der Verbrauchs- und Ausgabenstruktur auf. Sie erklären sich bei dem wachsenden Lebensniveau vor allem aus den unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen der einzelnen Bürger (Bedürfnis nach gutem Essen, nach Reisen, nach langlebigen Konsumgütern usw.). Große Bedeutung wird der Ernährungsaufklärung und -propaganda gewidmet. In der Tagungspause stellte sich das Hauptstädtische Kabinett für
Gesundheitserziehung mit einer Ausstellung und mit Lebensmittelprodukten vor. Die Tagungsteilnehmer sollten ihr Gewicht prüfen, ihre Größe messen und auf einer Tafel ihr Sollgewicht mit dem Istgewicht vergleichen. Anschließend sollte jeder Teilnehmer den für ihn bestimmten „Korridor" passieren: einer war für Übergewichtige, einer für Normalgewichtige und einer für Untergewichtige vorgesehen. In jeder Passage waren die entsprechend dem jeweiligen Körpergewicht „zugeschnittenen" Informationen enthalten; wie man sich
ernähren und welche Lebensweise man anstreben soll. Am Ende der Passagen warteten auf jeden Teilnehmer die entsprechenden Produkte zum Verkosten, darunter eine Reihe verschiedener Salate, Trinkjoghurt (mit Erdbeer-, Himbeer-, Kirsch-, Aprikosen- oder Pfirsichgeschmack) und andere Milchprodukte, Obst, verschiedene Brotsorten usw. Die psychologische Wirkung dieser Art der Ernährungspropaganda auf die Tagungsteilnehmer war nicht zu übersehen! G. Pfaff
World Conference on Vegetable Food Proteins, Amsterdam, 29. 10.—3.11.1978 Die von der American Oil Chemists' Society veranlaßte und von 48 handels-, wirtschafts- und wissenschaftspolitischen Organisationen getragene Konferenz betrachtete sich als Fortsetzung einer 1973 in München/BRD begonnenen Reihe. Sie war stark handelspolitisch orientiert und mit einer von 32 Firmen und Vereinigungen beschickten Ausstellung von Erzeugnissen, technischen Ausrüstungen und Verfahren sowie Meßgeräten verbunden; diese gab einen begrenzten Einblick in den Stand und die Tendenzen der Aromatisierung von simuliertem Fleisch, der Proteinstrukturierung bzw. -texturierung, der enzymatischen Proteinhydrolyse, der Proteinisolierung mittels Dekantern, Separatoren und Ionenaustauschern sowie in technische Fortschritte in bezug auf die Ölsaatenzerkleinerung, -schälung und -extraktion und in einige Entwicklungen auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Gerätebaues. 80 % der etwa 1000 Kongreßteilnehmer aus 43 Ländern kamen aus der Lebensmittelindustrie und der Nahrungsgüterwirtschaft. Wie die Ausstellung beschäftigten sich auch die Vorträge und Diskussionsbeiträge überwiegend mit Sojaprotein. Als weitere künftige Quellen für Nahrungsproteine wurden Baumwollsaat, Bohnen, Erbsen, Erdnüsse, Hafer, Kartoffeln, Kokosnüsse, Maiskeime, Pflanzenblätter, Rapssaat, Saflorkerne, Sesamsaat, Sorghumhirse, Triticale, Weintraubenkerne und Weizen abgehandelt. In 11 Sektionen wurden zu folgenden Generalthemen insgesamt 55 Plenarvorträge gehalten: # Proteinernährung # Ökonomie pflanzlicher Proteine # Neuere Entwicklungen in der Regelung des Verkehrs mit Proteinlebensmitteln E r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Hefl 4
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Charakteristik von Proteinzusätzen zu Lebensmitteln # Pflanzenproteine in Getreideerzeugnissen, Snacks und Backwaren • Pflanzliche Proteine in Fleisch- und Fischprodukten # Pflanzliche Proteine in Süßwaren # Pflanzliche Proteine in fermentierten Lebensmitteln und ähnlichen Erzeugnissen (Hydrolysaten, Würzen) • Pflanzenproteine in Milchprodukten • Markterfordernisse und -experimente • Fortschritte bei neuen Pflanzenproteinen. Darüber hinaus fanden, zahlreiche Round-Table-Diskussionen statt, an denen jeweils die Autoren der einschlägigen Plenarvorträge teilnahmen. Es waren überdies bestimmte Referenten zu Kurzvorträgen bestellt worden. Außerdem bestand die Möglichkeit zu schriftlichen oder mündlichen Anfragen, und es waren ad-hoc-Beiträge zugelassen. Für den Fachmann hatten die Rundtisch-Diskussionen einen wesentlich größeren Informationswert als die Plenarvorträge; denn diese waren in der Qualität und im Informationsgehalt sehr unterschiedlich und gingen mitunter nicht über das Niveau von Werbevorträgen für Pf!anzen-(Soja)proteinerzeugnisse hinaus. Aus den Vorträgen und Diskussionen des Kongresses sowie der angegliederten Ausstellung lassen sich folgende Feststellungen ableiten; 1. Die Gewinnung und Verarbeitung von Pflanzenproteinen für Lebensmittelzwecke ist eine ökonomisch zwangsläufige Entwicklung, die zusehends ihre Basis verbreitert und schnell voranschreitet. 2. Die beschränkt gewährten Einsichten in die Technologie der Protein-
gewinnung lassen andere als die üblichen oder bekannten Verfahrensschritte nicht erkennen. 3. Die Tendenz, in viele Lebensmittel (Back- und Süßwaren, Fleisch- und Milcherzeugnisse) geringe Mengen an Proteinen mit bestimmten funktionellen Eigenschaften (insbesondere in Hinsicht auf Wasser- und Fettbindung sowie grenzflächenaktive Wirkung) einzubringen, überwiegt das Bestreben, in wenigen Erzeugnissen größere Mengen an tierischem Protein durch pflanzliches zu ersetzen. 4. Die Aroma- und Texturanpassung gibt der Fleischsimulierung Grenzen auf, die bisher nicht zufriedenstellend und wirtschaftlich vertretbar überwunden werden konnten. Vollsimulate werden darum auch nicht mehr angestrebt. Die Streckung von Fleisch durch Pflanzenproteine konzentriert sich auf Hackfleischerzeugnisse und Gulaschkonserven sowie auf neue Applikationsformen (z. B. das Einspritzen von Pflanzenprotein in Pökelfleisch mit der Pökellauge). 5. Die Extrusion von Pflanzenproteinen wird weit mehr betrieben als die kostenaufwendigere Verspinnung. Sie gewinnt besonders an Bedeutung bei der Verarbeitung von minderwertigem sowie von bei der mechanischen und enzymatischen Entbeinung anfallendem Fleisch (insbesondere von Geflügelfleisch). 6. Der Begriff funktionelle Eigenschaften wird zunehmend auf alle Eigenschaften ausgedehnt, die den Wert und die Verbraucherfreundlichkeit eines Erzeugnisses bestimmen, d. h. auch auf den Nährwert und auf sensorische Merkmale. Zusammenhänge zwischen funktionellen Eigenschaften von Proteinen und molekularen Gegebenheiten und Kenngrößen sind Gegenstand intensiver Grundlagenforschung. 125
Seminar zu Problemen der Vervollkommnung der Planung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln Die Sektion „Ernährungswirtschaft" der Gesellschaft für Ernährung in der D D R organisierte gemeinsam mit der Sektion „Sozialistische Volkswirtschaft Binnenhandel" der Handelshochschule Leipzig (Lehrgruppe Lebensmittelhandel) am 1. und 2. Februar 1979 in Eisenach ein Seminar zum obengenannten Thema. Die Veranstaltung erbrachte eine Abrechnung der auf diesem Gebiet geleisteten Arbeit und zugleich den Auftrag für die gemeinsame Forschungstätigkeit im Zeitraum 1981 bis 1985. Der Einladung waren Vertreter der örtlichen Staatsorgane, der Nahrungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie, des G r o ß - und Einzelhandels sowie Wissenschaftler verschiedener Disziplinen (Ernährungswissenschaftler, Mediziner, Ökonomen und Juristen) gefolgt. Diese Zusammensetzung des Teilnehmerkreise sicherte von vornherein einen interessanten und niveauvollen Meinungsstreit, der als Fazit vielfältige Anregungen für die weitere Arbeit aufzuweisen hatte. Die Grundlage des vom Vorsitzenden der Sektion „Ernährungswirtschaft", Schilling, eröffneten und geleiteten Seminars bildeten die von Anders (Handelshochschule, Leipzig) im Ergebnis seiner mehrjährigen Forschungstätig(Schluß von Seite 125): Die Beeinflussung funktioneller Eigenschaften wird durch unterschiedliche Verfahrensführungen bei der Proteingewinnung, enzymatische Partialhydrolysen und durch Proteinderivatisierung betrieben. 7. Es gibt erste übernationale ( F A O , Codex Alimentarius Commission, EG) Bestrebungen, zur gesetzlichen Regelung des Einsatzes von Pflanzenproteinen in Lebensmitteln und ihrer K o n trolle Abstimmungen vorzunehmen und Empfehlungen herauszugeben. 8. Markttests und -experimente haben gezeigt, d a ß der erfolgreichen Einf ü h r u n g von neuen Eiweißnahrungsmitteln in den Lebensmittelverkehr wohlüberlegte und psychologisch fundierte Strategien der Verbraucherbefragung, -Vorbereitung und -beeinflussung zugrunde liegen, die Erzeugnisse bedürfnisgerecht sein, und die Qualitäts- und Kennzeichnungsmerkmale besonderen Anforderungen genügen müssen. B. G a ß m a n n 126
keit vorgelegten Thesen sowie sein Einführungsreferat. Anders ging davon aus, d a ß sich in den 30 Jahren des Bestehens der D D R auf der Grundlage des sozialistischen Eigentums das Planungssystem voll bewährt hat. Auf G r u n d der Dynamik und komplexen Wirkungsweise der ökonomischen Gesetze verändern sich jedoch die Bedingungen und Voraussetzungen ihrer Ausnutzung ständig. In Übereinstimmung der Entwicklung von Produktionsverhältnissen und Produktivkräften im Prozeß der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ist die schrittweise Vervollk o m m n u n g vor allem der langfristigen Planung in ihrer Einheit mit der kurzfristigen und operativen Planung unerläßlich. Ausgehend vom gegenwärtigen Stand der Planung im Bedürfniskomplex Ernährung wurden theoretische Grundlagen ihrer Vervollkommnung entwickelt und daraus allgemeine und spezifische Erfordernisse abgeleitet, wie — Sicherung der Komplexität der Versorgungsplanung bei Lebensmitteln in Einheit von materieller und finanzieller Planung — Sicherung der Einheit von K o m plex-, Territorial- und Zweigplanung — Qualifizierung der territorialen Versorgungsplanung in den Bezirken und Kreisen im Zusammenhang mit der Vertiefung der Kooperationsbeziehungen. Vom Referenten wurden konkrete Lösungswege zur Entwicklung eines mehrstufigen Systems der Planung und Bilanzierung für den Ernährungskomplex und zur Weiterentwicklung der Methoden und Instrumentarien für die einzelnen Ebenen unter konsequenter Beachtung der Prinzipien des demokratischen Zentralismus unterbreitet. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit der Einbeziehung der Bedarfsforschung in der Planung und ihre entsprechende Berücksichtigung bei der Weiterentwicklung der Planmethodik. Diesem Grundanliegen schloß sich Ulbricht (Zentralinstitut für Ernährung, Potsdam-Rehbrücke) inhaltlich an. Er bewies die Notwendigkeit der komplexen Erfassung der Ernährungsbedürfnisse unter Berücksichtigung des Substitutions- und Komplementäreffektes
und stellte am Beispiel eines „geometrischen Modells eines 2-dimensionalen Speiserezepturproblemes" methodische Lösungsmöglichkeiten zur Erarbeitung von Bilanzen zur optimalen Befriedigung der Ernährungsbedürfnisse auf Energiebasis vor, die über die E D V praktikabel sind. Breiten R a u m in der Diskussion n a h m die Notwendigkeit der Vervollkommnung der Bedarfsforschung bei Lebensmitteln und ihre Einbeziehung in die Planung ein. Dazu stellte Angelrath (VEB G r o ß handel Obst/Gemüse/Speisekartoffeln, G o t h a ) die Notwendigkeit der K o m plexität der Bedarfsforschung heraus und leitete Vorstellungen zu Methodik und Instrumentarien am Beispiel Speisekartoffeln ab. Beachtenswert dabei ist die Herstellung des Zusammenhanges von Natural- und Endproduktbasis unter Berücksichtigung der Verluste in den einzelnen Verarbeitungsstufen. Welche besonderen Probleme bei Frischwaren, speziell den Erzeugnissen der M u n d p r o d u k t i o n , zu lösen sind, verdeutlichte Stahl (Handelshochschule, Leipzig) am Ergebnis einer Analyse über den Stand der Bedarfsforschung und der W a h r n e h m u n g der Warenfondsträgerschaft in verschiedenen Kombinaten der Fleisch- und Milchwirtschaft bzw. der Getränke- und Backwarenindustrie. Hepp (Konsumgenossenschaft, Bad Salzungen) berichtete über Kundenbefragungen zur Bedarfsstruktur bei Konditoreiwaren. Er ging davon aus, d a ß Bedarf und Produktionsmöglichkeiten nicht immer identisch sind und der ökonomischen Stimulierung der Produktionsbetriebe in Richtung einer bedarfsgerechten Produktion mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Lippold (Hochschule für Ökonomie, Berlin) und Dittebrand (Institut für Marktforschung, Leipzig) nahmen zur Funktion des Versorgungsplanes als Bedarfsdeckungsentscheid und zur zeitlichen Einordnung der Bedarfsforschung in den Planungsprozeß Stellung. Die Umsetzung der Ergebnisse der Bedarfsforschung mit Hilfe von Sortimentskonzeptionen demonstrierte Krüger (Warenzeichenverband Diätetische Erzeugnisse). Sie stellte besonders die Bedeutung einer schrittweisen Erhöhung der Stabilität des LebensmittelE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Hell 4 • 1979 • Bd. 24
angebotes in seiner Feinstruktur am Beispiel des Diätkomplexes heraus. Busch (Institut für Obstforschung, Pillnitz) leitete aus dem Stand und der Entwicklung der O b s t p r o d u k t i o n A n f o r derungen an die Kapazitäts- und Arbeitskräfteentwicklung ab und verwies damit auf den Z u s a m m e n h a n g zwischen Versorgungsplanung und Zweigplanung, insbesondere im R a h m e n der langfristigen Planung. Entsprechend der wachsenden Bedeutung der komplexen Versorgungsplan u n g im Territorium auf G r u n d der zun e h m e n d e n Arbeitsteilung in der Einzelhandelssphäre stellte Stampf (Gaststättenkomplex „Oberer H o f , Oberhof) die F o r d e r u n g nach einer komplexen Versorgungsbilanz des Kreises in den Mittelpunkt. Er unterbreitete den Vorschlag, f ü r den Bereich der Speisenp r o d u k t i o n , unabhängig von Eigent u m s f o r m e n und Unterstellungsverhältnissen, dem volkseigenen Gaststättenbetrieb des jeweiligen Kreises die F u n k t i o n des Warenfondsträgers zu übertragen, verbunden mit der Vera n t w o r t u n g f ü r die Organisation der K o o p e r a t i o n zwischen allen Gaststätten und Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Zobel (Handelshochschule, Leipzig) ging von der zunehmenden Bedeutung der Gemeinschaftsverpflegung aus und erläuterte Erfahrungen aus der Arbeit mit Rezepturenkarteien auf der G r u n d lage von Musterrezepturen. Er zeigte Möglichkeiten der Einbeziehung der Gemeinschaftsverpflegung in die W a r e n f o n d s p l a n u n g auf. M a u e r (Handelshochschule, Leipzig) n a h m zur Verantwortung der Bilanzorgane, bilanzbeauftragten Organe und W a r e n f o n d s t r ä g e r aus planungs- und vertragsrechtlicher Sicht Stellung. U n ter Betonung der Rolle der örtlichen R ä t e als M a c h t o r g a n e des sozialistischen Staates verdeutlichte er die Verbindlichkeit von Verträgen, Koordinierungsvereinbarungen und Sortimentskonzeptionen als wesentliche Instrumente der Planung. Schließlich berichtete Eckardt (Konsumgenossenschaft, Schleiz) über Probleme der weiteren Vervollkommnung der finanziellen Planung und Abrechn u n g a m Beispiel der Ermittlung des Einzelhandelsumsatzes. Er forderte ein einheitliches Vorgehen bei der A b r e c h n u n g aller am U m s a t z beteiligten Betriebe und Einrichtungen sowie konkretere Aussagen in der Gebrauchswertstruktur. D a r ü b e r hinaus gab es in der weiteren Diskussion eine Vielzahl von Anfragen und Hinweisen zu weiteren im Einführungsreferat und in den Thesen aufgeworfenen Problemen, die in ihrer GeE r n a h r u n g s f o r s c h u n g Hel't 4 • 1979 - Bd. 24
samtheit das Anliegen dieser Beratung unterstützten. Der Vorsitzende der Sektion „ E r n ä h rungswirtschaft" beendete die Veranstaltung mit einem Ausblick auf die weiteren Aktivitäten der Sektion und
verwies auf die Bedeutung der im N o vember 1979 stattfindenden T a g u n g „30 Jahre D D R — 30 Jahre sozialistische E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t . " M . A n d e r s / D . Schilling/A. Stahl
Philatelistische Ernährungskunde
Sind Tomate und Gurke Gemüse oder Früchte? Der Biologe versteht unter einer Frucht ein Organ der höheren Pflanzen, das den Samen umschließt. So betrachtet, gehören auch Bohne, Erbse, T o m a t e , G u r k e (Bild 1), Kürbis und andere von uns den Gemüsen zugeordnete P r o d u k t e eigentlich zu den Früchten. N a c h ihrem Bau unterscheidet man
a)
Zu diesen Streufrüchten gehören unter a n d e r e m : Hülsen (sich an zwei Seiten öffnend), z. B. Erbsen, Bohnen (Bild 2)
MAGYAR POSTA Bild 3 b) Schoten (in m a n c h e n Fällen durch eine Längsscheidewand in 2 Fächer getrennt), z. B. Kresse, Senf, Rettich, Radieschen und die Kohlarten c) Kapseln, z. B. M o h n (Bild 3). 2. Schließfrüchte, bei denen die Samen von einer F r u c h t w a n d umschlossen Bild 1 bei den Bedecktsamern Einzelfrüchte und zusammengesetzte Früchte. Nach Art der Samenverbreitung teilt man die Einzelfrüchte von eßbaren Vegetabilien ein in: 1. Streufrüchte, bei denen die Samen von einer derben Schale umgeben sind, die sich bei der Reife öffnet und die Samen herausfallen läßt. »'»»'»i1»1»1»»» MA S S MHSÍOLUS
Republic of M a l d i v e s Bild 2
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angebotes in seiner Feinstruktur am Beispiel des Diätkomplexes heraus. Busch (Institut für Obstforschung, Pillnitz) leitete aus dem Stand und der Entwicklung der O b s t p r o d u k t i o n A n f o r derungen an die Kapazitäts- und Arbeitskräfteentwicklung ab und verwies damit auf den Z u s a m m e n h a n g zwischen Versorgungsplanung und Zweigplanung, insbesondere im R a h m e n der langfristigen Planung. Entsprechend der wachsenden Bedeutung der komplexen Versorgungsplan u n g im Territorium auf G r u n d der zun e h m e n d e n Arbeitsteilung in der Einzelhandelssphäre stellte Stampf (Gaststättenkomplex „Oberer H o f , Oberhof) die F o r d e r u n g nach einer komplexen Versorgungsbilanz des Kreises in den Mittelpunkt. Er unterbreitete den Vorschlag, f ü r den Bereich der Speisenp r o d u k t i o n , unabhängig von Eigent u m s f o r m e n und Unterstellungsverhältnissen, dem volkseigenen Gaststättenbetrieb des jeweiligen Kreises die F u n k t i o n des Warenfondsträgers zu übertragen, verbunden mit der Vera n t w o r t u n g f ü r die Organisation der K o o p e r a t i o n zwischen allen Gaststätten und Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Zobel (Handelshochschule, Leipzig) ging von der zunehmenden Bedeutung der Gemeinschaftsverpflegung aus und erläuterte Erfahrungen aus der Arbeit mit Rezepturenkarteien auf der G r u n d lage von Musterrezepturen. Er zeigte Möglichkeiten der Einbeziehung der Gemeinschaftsverpflegung in die W a r e n f o n d s p l a n u n g auf. M a u e r (Handelshochschule, Leipzig) n a h m zur Verantwortung der Bilanzorgane, bilanzbeauftragten Organe und W a r e n f o n d s t r ä g e r aus planungs- und vertragsrechtlicher Sicht Stellung. U n ter Betonung der Rolle der örtlichen R ä t e als M a c h t o r g a n e des sozialistischen Staates verdeutlichte er die Verbindlichkeit von Verträgen, Koordinierungsvereinbarungen und Sortimentskonzeptionen als wesentliche Instrumente der Planung. Schließlich berichtete Eckardt (Konsumgenossenschaft, Schleiz) über Probleme der weiteren Vervollkommnung der finanziellen Planung und Abrechn u n g a m Beispiel der Ermittlung des Einzelhandelsumsatzes. Er forderte ein einheitliches Vorgehen bei der A b r e c h n u n g aller am U m s a t z beteiligten Betriebe und Einrichtungen sowie konkretere Aussagen in der Gebrauchswertstruktur. D a r ü b e r hinaus gab es in der weiteren Diskussion eine Vielzahl von Anfragen und Hinweisen zu weiteren im Einführungsreferat und in den Thesen aufgeworfenen Problemen, die in ihrer GeE r n a h r u n g s f o r s c h u n g Hel't 4 • 1979 - Bd. 24
samtheit das Anliegen dieser Beratung unterstützten. Der Vorsitzende der Sektion „ E r n ä h rungswirtschaft" beendete die Veranstaltung mit einem Ausblick auf die weiteren Aktivitäten der Sektion und
verwies auf die Bedeutung der im N o vember 1979 stattfindenden T a g u n g „30 Jahre D D R — 30 Jahre sozialistische E r n ä h r u n g s w i r t s c h a f t . " M . A n d e r s / D . Schilling/A. Stahl
Philatelistische Ernährungskunde
Sind Tomate und Gurke Gemüse oder Früchte? Der Biologe versteht unter einer Frucht ein Organ der höheren Pflanzen, das den Samen umschließt. So betrachtet, gehören auch Bohne, Erbse, T o m a t e , G u r k e (Bild 1), Kürbis und andere von uns den Gemüsen zugeordnete P r o d u k t e eigentlich zu den Früchten. N a c h ihrem Bau unterscheidet man
a)
Zu diesen Streufrüchten gehören unter a n d e r e m : Hülsen (sich an zwei Seiten öffnend), z. B. Erbsen, Bohnen (Bild 2)
MAGYAR POSTA Bild 3 b) Schoten (in m a n c h e n Fällen durch eine Längsscheidewand in 2 Fächer getrennt), z. B. Kresse, Senf, Rettich, Radieschen und die Kohlarten c) Kapseln, z. B. M o h n (Bild 3). 2. Schließfrüchte, bei denen die Samen von einer F r u c h t w a n d umschlossen Bild 1 bei den Bedecktsamern Einzelfrüchte und zusammengesetzte Früchte. Nach Art der Samenverbreitung teilt man die Einzelfrüchte von eßbaren Vegetabilien ein in: 1. Streufrüchte, bei denen die Samen von einer derben Schale umgeben sind, die sich bei der Reife öffnet und die Samen herausfallen läßt. »'»»'»i1»1»1»»» MA S S MHSÍOLUS
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sind, die sich bei ihrer Reife ö f f n e t . Z u den S c h l i e ß f r ü c h t e n g e h ö r e n : a) Nüsse, bei d e n e n meist n u r 1 Sa-
DAN CHU C O N C
schigen, saftigen F r u c h t w a n d sind Beeren u n d S t e i n f r ü c h t e . Bei den Beeren w e r d e n die meist zahlreichen S a m e n d u r c h saftiges Fruchtfleisch u m s c h l o s sen.
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Bild 5 m e n v o n einer harzigen, lederartigen o d e r häutigen F r u c h t w a n d umschlossen ist, z. B. H a s e l n u ß , K o k o s n u ß (Bild 4) sowie b) S p a l t f r ü c h t e und Bruchfrüchte,
Bild 8 Erstaunlicherweise g e h ö r e n d a z u T o mate, Paprika, Gurke, Kürbis. Melone (Bild 5). Bei d e n S t e i n f r ü c h t e n wird n u r der ä u ß e r e Teil der F r u c h t w a n d fleischig, der innere dagegen h a r t , z. B. bei Pfirsich, Kirsche, W a l n u ß (Bild 6), Olive. Bei A p f e l , Birne, Quitte, die auch bei den Schließfrüchten eingeordnet werden müssen, w e r d e n die S a m e n von einem kapselartigen H o h l r a u m ein geschlossen. Bei den z u s a m m e n g e s e t z ten F r ü c h t e n , die sich aus m e h r e r e n F r u c h t k n o t e n entwickeln, die d u r c h Fruchtwand oder durch besondere Achsengewebe zu einer Verbreitungseinheit v e r b u n d e n sind, differenziert m a n zwischen S a m m e l f r ü c h t e n u n d F r u c h t ständen.
steinfrüchte haben Himbeere und B r o m b e e r e (Bild 7). Bei E r d b e e r e (Bild 8) u n d H a g e b u t t e vereinigt die fleischige Blütenachse Nüßchen. Die F r u c h t s t ä n d e gehen a u s einem B l ü t e n s t a n d h e r v o r u n d sind d u r c h fleischiges A c h s e n g e w e b e o d e r d u r c h Blütenteile miteinander verbunden, so d a ß sie teilweise wie eine einzige F r u c h t aussehen. Die A n a n a s (Bild 9) besteht z. B. a u s einem B e e r e n f r u c h t s t a n d , die M a u l b e e r e a u s einem N ü ß c h e n f r u c h t s t a n d u n d die Feige a u s einem S t e i n f r u c h t s t a n d (Bild 10). Diese F r ü c h t e bezeichnet m a n a u c h als Scheinfrüchte. Bei dieser B e t r a c h t u n g wird deutlich, wie erheblich die wissenschaftliche Einteilung d e r F r ü c h t e von d e r im F r u c h t u n d G e m ü s e h a n d e l üblichen Einteilung abweicht.
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Bild 10 So ist z. B. die , , S c h o t e " m i t den j u n g e n Erbsen keine S c h o t e s o n d e r n eine Hülse, die „ P a p r i k a s c h o t e " (Bild 11) eine Beere u n d m ü ß t e , g e n a u wie die T o m a t e , K ü r b i s u n d G u r k e , den F r ü c h ten z u g e o r d n e t w e r d e n , die W a l n u ß ist keine N u ß s o n d e r n eigentlich eine
Bild 6 m e h r s a m i g e F r ü c h t e , die d u r c h Längs- o d e r Q u e r t e i l u n g in einsamige T e i l f r ü c h t e zerfallen, z. B. D o l d e n g e w ä c h s e , wie K ü m m e l , Fenchel, M ö h r e , Sellerie, Petersilie. S a f t i g e S c h l i e ß f r ü c h t e mit einer flei-
H P B W A P M H Bild 9
Bild 7 128
Bei den S a m m e l f r ü c h t e n sind stets m e h r e r e F r ü c h t e d u r c h ihre F r u c h t w a n d o d e r G e w e b e der Blütenachse u n t e r e i n a n d e r verwachsen. Sammel-
Bild 11 S t e i n f r u c h t u n d zu den echten Beeren g e h ö r e n weder E r d b e e r e n o c h M a u l beere, H i m b e e r e o d e r B r o m b e e r e . —mzE r n ä h r u n g s f o r s c h u n g Heft 4 • 1979
Bd. 24
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