Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 4 [Reprint 2018 ed.] 9783110589399, 9783110237139


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German Pages 312 [320] Year 1951

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Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis
Vertretung – Vollmacht
Einwilligung – Genehmigung
Fristen – Termine
Verjährung
Ausübung der Rechte–Selbsthilfe
Sachregister
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Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 4 [Reprint 2018 ed.]
 9783110589399, 9783110237139

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Entscheidungen

des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor Dr. L. Auerbach, Berlin, Präsident des Patentamtes Berlin Dr. Johannes Eylau, Rechtsanwältin Charlotte Graf, Berlin, Ministerialdirektor z. D. Senatspräsident Dr. Ernst Knoll, Berlin, Rechtsanwalt Erich Kummerow, Berlin, Rechtsanwalt Hermann Reusa, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Walter Schmidt, Düsseldorf, Landgerichtsdirektor Alexander Swarzenski, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Werner Vahldiek, Berlin Gruppe I Bürgerliches

Recht

Allgemeiner Teil Teil 4

Berlin

1951

Walter de Gruyter & Co. vormals C. J . Göschen'sche Verlagshandlung / J . Cuttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches

Herausgegeben von

Alexander Swarzenski Landgerichtsdirektor in Berlin

Teil 4

Berlin

1951

Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Göschen'ache Verlagshandlung / J . Gnttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Archiv-Nr. 28 17 51 D r u c k :

A. W . H a y n ' *

Erben,

Berlin

S'i

36

V

Inhaltsverzeichnis Seile

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen

VII

Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches Teil 4 Vertreting — Vollmacht (Fortsetzung) Einwillgung — Genehmigung

1 91

Fristen — Termine

119

Verjährung

120

Autübing der Rechte — Selbsthilfe

275

Sachrejister

296

VII

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen aus der alten Sammlung RGZ.

53, 57, 60, 62, 65, 65, 65, 66, 66, 68, 71, 72, 72, 73, 73, 74, 74, 74, 75, 77, 77, 78, 78, 78, 79, 79, 80, 81, 81, 83, 84, 85, 86, 86, 86, 86, 86, 87, 87, 88, 88, 88, 89, 89, 90,

Seit«

274 372 340 128 245 268 398 48 365 424 240 179 251 347 394 150 161 263 286 84 324 130 163 275 212 282 416 257 325 241 306 242 75 96 245 366 422 52 281 118 211 430 163 367 83

91 120 124 125 92 130 131 132 136 275 275 138 278 1 140 142 143 7 144 95 145 152 154 155 11 15 17 19 23 27 281 160 161 164 165 166 169 171 174 283 285 27 176 29 177

i

:

,

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RGZ.

90, 91, 93, 93, 94, 94, 95, 97, 97, 100, 100, 100, 101, 102, 103, 103, 105, 105, 106, 108, 108, 109, 110, 111, 113, 116, 118, 118, 123, 125, 128, 128, 128, 129, 130, 130, 131, 134, 134, 134, 134, 135, 135, 135,

Seite

273 390 71 334 162 178 188 66 332 18 118 279 342 24 295 417 183 289 68 125 405 331 214 370 355 281 27 335 378 108 . 76 191 211 385 85 233 337 121 185 283 325 174 219 247

95 96 180 42 162 184 46 186 50 187 191 196 96 50 52 52 52 55 58 64 68 71 73 289 119 199 200 76 201 291 206 209 214 218 221 224 119 9« 102 103 110 224 78 78

VHI RGZ.

136, 136, 139, 142, 142, 143, 144, 145, 145, 145, 146, 146,

Seite

193 427 270 59 258 350 378 40 121 239 182 314

226 230 234 113 237 78 237 79 242 242 295 113

i

RGZ.

148, 149, 151, 153, 154, 157, 158, 159, 164, 168, 170,

Seite

129 19 345 375 58 379 357 363 9 56 281

247 115 249 252 82 259 259 88 263 272 88

Die Entscheidungen sind grundsätzlich — von unwesentlichen Streichungen abgesehen — ungekürzt gebracht worden. Au&nahmsweis gekürzte Entscheidungen sind mit einem t gekennzeichnet. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgebiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am Schluß der Sammlung ein Gesamt-Fundstellenregister erscheinen, in dem alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung verzeichnet sind. Die in der Sammlung abgedruckten Entscheidungen sind nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert; bei den nicht aufgenommenen findet sich ein Hinweis über den Grund des Ausscheiden«.

Allgemeiner Teil Vertretung — Vollmacht (Fortsetzung) RGZ. 73, 347 1. Umfang der Vollmacht eines kaufmännischen Angestellten. 2. Ist ein Verkäufer, der von einer Stadtgemeinde als Käuferin zur Begleichung seiner Kaufpreisforderungen Zahlungsanweisungen auf die Gemeindekasse nebst beigedruckten Quittungsentwürfen erhalten und angenommen hat, der Käuferin gegenüber behufs Verhütung eines Mißbrauchs dieser Schriftstücke durch einen Unbefugten zu deren sorgfaltigen Aufbewahrung verpflichtet und eventuell schadensersatzpflichtig ? 3. Inwieweit sind Beamte einer Gemeindekasse verpflichtet, die Echtheit der Unterschriften von angeblichen Quittungen des angewiesenen Zahlungsempfängers zu prüfen, die ihnen mit den echten Zahlungsanweisungen behufs Auszahlung der angewiesenen Beträge vorgelegt werden ? BGB. §§ 133, 157, 167, 276. II. Zivilsenat. Urt. v. 10. Mai 1910. I. Landgericht Münster. II. Oberlandesgericht Hamm. Die klagende Firma hatte der verklagten Stadtgemeinde auf deren käufliche Bestellung Waren für insgesamt 3641,48 M. geliefert. Diese Summe war seitens der Gemeindekasse der verklagten Stadt in 13 Teilbeträgen auf Grund vorgelegter Zahlungsanweisungen der Beklagten und angeblicher, in Wirklichkeit aber gefälschter Quittungen der Klägerin an deren Angestellten F. bezahlt worden. Die Anweisungen nebst beigedruckten Quittungsentwürfen hatte die Beklagte vorher der Klägerin übersandt. Die Klägerin wollte diese Zahlungen nicht als Tilgung der bezeichneten Schuld gelten lassen, da F., der die eingezogenen Beträge unterschlagen habe, nicht berechtigt gewesen sei, Gelder für sie zu erheben und darüber zu quittieren, und da die von ihm vorgelegten Quittungen gefälscht seien. Sie erhob daher Klage auf Zahlung des angeblich noch geschuldeten Kaufpreises der Waren mit 3641,48 M. nebst Zinsen. Die Beklagte machte geltend: der Angestellte F. sei von der Klägerin ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt gewesen, fiir sie Geld sowohl bei öffentlichen Kassen Zivils. Allgcm. Teil 1

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2

Allgemeiner Teil

als auch bei Privatpersonen in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren. Jedenfalls habe die Klägerin insofern fahrlässig gehandelt, als sie die ihr überbrachten Zahlungsanweisungen mit Quittungsentwürfen offen habe herumliegen lassen, so daß F. sie habe an sich nehmen und nach Unterzeichnung der Quittungsvordrucke die angewiesenen Geldbeträge habe erheben können. Infolgedessen sei ihr, der Beklagten, ein Schadensersatzanspruch in Höhe des eingeklagten Betrags entstanden, womit sie gegen die Klageforderung aufrechne. Die Klägerin berief sich dagegen noch darauf, daß die Beklagte ihr gemäß §§ 276, 278 BGB. für die grobe Fahrlässigkeit ihrer Beamten hafte, indem diese auf die Vorlage der auf den ersten Blick als gefälscht zu erkennenden Quittungen hin die Zahlungen geleistet hätten. Das Landgericht verurteilte die Beklagte nach dem Klagantrag. Das Oberlandesgericht änderte aber auf die von der Beklagten eingelegte Berufung das erste Urteil dahin ab, daß es die Beklagte verurteilte, der Klägerin 910,37 M. nebst Zinsen zu zahlen, und die Klägerin mit ihrer Mehrforderung abwies. Die von beiden Parteien gegen das Berufungsurteil eingelegten Revisionen wurden zurückgewiesen aus folgenden Gründen: . . . „Das Berufungsgericht hat zunächst verneint, daß die Klägerin die von der Beklagten erwirkte Zahlung der eingeklagten Summe an ihren Angestellten F. gegen sich gelten lassen müsse, namentlich daß durch die an diesen geleisteten Zahlungen die geschuldete Leistimg an die Gläubigerin, oder an einen von ihr Bevollmächtigten bewirkt worden sei. In letzterer Hinsicht hat das Berufimgsgericht aus den von der Beklagten zum Nachweis einer Bevollmächtigung des F. durch die Klägerin geltend gemachten Tatsachen . . . nicht gefolgert, daß F. von der Klägerin gerade zur G e l d e r h e b u n g bei ö f f e n t l i c h e n Kassen ermächtigt gewesen sei. Es hat hierzu ausgeführt, nach der Sachlage sei es ausgeschlossen, daß die Kassenbeamten der Beklagten die streitigen Zahlungen an F. geleistet hätten, weil sie das Vorliegen einer ihm stillschweigend von der Klägerin erteilten Inkassovollmacht angenommen hätten. Auf Quittungen, die etwa von F. selbst für die Klägerin unter Beifügung eines das Angestelltenverhältnis desselben andeutenden Zusatzes („per J. F. Wwe. F.") ausgestellt gewesen wären, würden sie keine Zahlung geleistet, sondern die Vollziehung der Quittungen durch den Inhaber der klagenden Firma selbst verlangt haben. Die fraglichen Zahlungen seien daher von ihnen deshalb an F. geleistet worden, weil von ihnen die von diesem mit der Unterschrift „J. F. Wwe." vorgelegten Quittungen als von dem Firmeninhaber selbst vollzogen angesehen worden seien. Da dieses aber nicht der Fall gewesen sei, somit § 370 BGB. nicht zutreffe, hätten die an F., den Überbringer der Quittungen, geleisteten Zahlungen die Beklagte an sich nicht von ihrer Schuld befreit.

Vertretung — Vollmacht

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Diese Ausführungen sind von der Beklagten mit der Anschlußrevision hauptsächlich deshalb angefochten worden, weil das Berufungsgericht mit Unrecht und ohne genügende Begründung — namentlich ohne zu berücksichtigen, daß die fragliche Ermächtigung auch in anderer Weise als durch die Übergabe echter Quittungen erteilt worden sein könnte, — verneint habe, daß demselben eine allgemeine, sich auch auf die Erhebung von Geldern bei öffentlichen Kassen erstreckende Inkassovollmacht erteilt worden sei. In dieser Hinsicht ist namentlich gerügt worden, daß das Berufungsgericht die von der Beklagten erbotenen Beweise über Gelderhebungen des F. außerhalb des Kontors der Klägerin und über die Kenntnis und Duldung dieser Gelderhebungen seitens der Klägerin nicht erhoben habe. Diese Angriffe konnten keinen Erfolg haben. Was den hier hauptsächlich in Betracht kommenden Umfang der fraglichen Vollmacht des F. betrifft, so ist derselbe, da die Anwendimg handelsrechtlicher Bestimmungen (§§ 48flg. HGB.) nicht in Frage steht, das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 167) aber keine näheren einschlägigen Vorschriften enthält, nach dem von der Klägerin kundgegebenen Willen zu bestimmen, für dessen Auslegung die allgemeinen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB. gelten, wobei aber auch die Umstände des Falles und die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen sind (Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 71 S. 221, 223). Es erhellt aber nicht, daß das Berufimgsgericht bei seiner Verneinimg des von der Beklagten behaupteten Umfangs der fraglichen Vollmacht gegen diese Grundsätze verstoßen hätte. Vor allem hat es nicht verkannt, daß es sich hier nicht nur um die Frage der Anwendbarkeit des § 370 BGB., sondern auch darum handelt, ob die in Rede stehende allgemeine, zugleich die Berechtigung zur Gelderhebung bei öffentlichen Kassen in sich schließende Vollmacht von der Klägerin dem F. auch stillschweigend erteilt werden konnte. Demgemäß hat es auch die einschlägigen Behauptungen der Beklagten und die gesamte Sachlage gewürdigt und ist hierbei zu dem Ergebnis gelangt, daß eine etwa von der Klägerin dem F. erteilte Ermächtigung zur Gelderhebung sich keinesfalls auch auf die Erhebung von Geldern bei öffentlichen Kassen erstreckt habe. Diese Annahme hat das Berufungsgericht durch den Hinweis darauf begründet, daß die Kassenbeamten der Beklagten auf Grund einer allgemeinen Inkassovollmacht allein — ohne die Vorlegung von Quittungen, die mit der Unterschrift des Inhabers der klagenden Firma selbst versehen waren, — die fraglichen Zahlungen nicht geleistet haben würden. Hieraus ergibt sich dem Zusammenhange nach als Ansicht des Berufimgsgerichts, daß die Klägerin keinen Grund und somit auch nicht den Willen hatte, dem F. für die Gelderhebungen bei öffentlichen Kassen allgemeine Inkassovollmacht zu erteilen, da er daraufhin allein doch keine Zahlung für die Klägerin erhalten haben würde. Die Erteilung einer etwaigen Spezialvollmacht für solche Gelderhebungen durch Übergabe von Quittungen, die mit der echten Unterschrift des Inhabers der klägerischen Firma versehen waren, kommt aber für die hier in Rede stehenden unbefugten Gelderhebungen des F. überhaupt nicht in Frage, da die von diesem i*

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Allgemeiner Teil

den Kassenbeamten übergebenen Quittungen nicht die echte Unterschrift des Inhabers der Firma trugen, und somit kein Grund für die Annahme vorliegt, daß dieser den F. in bezug auf diese Gelderhebungen irgendwie bevollmächtigt habe. Im übrigen hat das Berufungsgericht bei seiner erwähnten Würdigung auch nicht die Grundsätze von Treu und Glauben verletzt; denn diese erheischen nicht, daß wer einen andern für gewisse Gelderhebungen (z. B. bei der Post oder bei Privatpersonen) bevollmächtigt hat, unter allen Umständen so angesehen werde, als ob er ihm auch Vollmacht für andere Gelderhebungen, insbesondere bei andern öffentlichen Kassen, erteilt habe, namentlich wenn bei diesen, wie im gegebenen Falle, die Auszahlung der Gelder davon abhängt, daß der Kasse eine mit der Unterschrift des Gläubigers selbst versehene Quittung übergeben wird. Die Umstände des vorliegenden Falls und die Verkehrsanschauung hat das Berufungsgericht aber ausreichend berücksichtigt, und zwar gerade bezüglich des hier vor allem in Betracht kommenden Geschäftsverkehrs bei öffentlichen Kassen, wogegen eine für andere Verkehrsgebiete etwa bestehende abweichende Verkehrsanschauung nicht maßgebend sein kann. Die angefochtene Würdigung des Berufimgsgerichts ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, in tatsächlicher Hinsicht aber vom Revisionsgericht nach § 561 ZPO. nicht nachzuprüfen, namentlich nicht bezüglich der Frage, ob aus den feststehenden und aus den unter Beweis gestellten Tatsachen zu folgern ist, daß die Klägerin dem F. auch für Gelderhebungen bei öffentlichen Kassen Vollmacht erteilt habe. Hiernach erscheint die Annahme des Berufungsgerichts, daß die streitige Schuld durch die in Frage stehenden Zahlungen an F. nicht getilgt worden sei, als rechtlich einwandfrei. Trotzdem hat aber das Berufungsgericht die eingeklagte, ihrer Entstehung nach unbestrittene Forderung nicht ihrem vollen Betrag nach als begründet angesehen, weil der Beklagten ein von ihr mit Recht mittels Aufrechnung geltend gemachter Anspruch auf Ersatz des ihr durch das fahrlässige Verhalten der Klägerin entstandenen Schadens insofern zustehe, als durch die von der Beklagten an F. geleisteten Zahlungen die eingeklagte Forderung nicht getilgt sei. Die Revisionsklägerin hat zwar gerügt, daß das Berufungsgericht diesen Schadensersatzanspruch nicht auf eine bestimmte gesetzliche Vorschrift gestützt habe, und daß er sich auch nicht durch die Vorschriften des § 823 Abss. 1 und 2 BGB. rechtfertigen lasse. Doch kann dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils fuhren; denn auch wenn sich dieser Schadenersatzanspruch nicht durch die Vorschriften des § 823 Abss. 1 und 2 begründen läßt — worüber sich das Berufungsgericht nicht klar ausgesprochen hat, und was auch im Hinblick auf die nachstehenden Ausführungen dahingestellt bleiben kann —, so erscheint er doch auf Grund des für die gegenseitigen rechtlichen Beziehungen der Parteien zunächst in Betracht kommenden Vertragsverhältnisses, bei dessen Ab-

Vertretung — Vollmacht

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wicklung der fragliche Anspruch entstanden sein soll, als gerechtfertigt, da das Berufungsgericht die für die rechtliche Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Nach diesen hat nämlich die Klägerin, durch nicht hinreichend sorgfaltige Verwahrung der eingegangenen und durch nicht hinreichende Überwachung des Eingangs der zu erwartenden Zahlungsanweisungen, es ermöglicht, daß F. unbefugt sich in den Besitz der 13 Zahlungsanweisungen setzen und nach Fälschung der Unterschrift des Firmeninhabers unter den vorgedruckten Quittungen die angewiesenen Beträge bei den Kassen der Beklagten erheben konnte. Die vom Berufungsgericht gegebene Würdigung dieses Verhaltens der Klägerin dahin, daß sie dadurch die Pflicht verletzt habe, im Verkehr ihr Verhalten so einzurichten, daß dabei Benachteiligungen anderer vermieden werden, erscheint namentlich im Hinblick auf das Vertragsverhältnis der Parteien als durch die Bestimmungen der §§ 157, 242, 276 BGB. gerechtfertigt. Die Eigenschaft der Beklagten als städtische Korporation und der bei ihr übliche, der Klägerin unbestrittenermaßen bekannte Geschäftsgang brachten nämlich die vom Berufungsgericht festgestellte besondere Art der Bezahlung der Warenforderungen der Klägerin in der Weise mit sich, daß auf die Einreichung der Rechnungen derselben hin seitens der Beklagten entsprechende, mit Quittungsentwürfen versehene Zahlungsanweisungen auf ihre Kassen der Klägerin zurückgesandt wurden, worauf diese gegen Vorlage der Zahlungsanweisungen und der von ihr unterzeichneten Quittungen die angewiesenen Geldbeträge bei der städtischen Kasse zu erheben hatte. Aus dieser ihr bekannten Art der Bezahlung ergab sich aber ohne weiteres eine vertragliche Verpflichtung der Klägerin, die ihr übersandten Zahlungsanweisungen und Quittungsentwürfe so sorgfaltig zu verwahren, daß sie nicht in die Hände Unberechtigter geraten konnten, und daß so ein naheliegender Mißbrauch derselben durch deren Vorlegung bei der Kasse der Beklagten und durch Erhebung der angewiesenen Beträge nach Fälschung der Quittungsunterschriften nach Möglichkeit verhindert wurde. Eine solche Verpflichtung der Klägerin ist schon aus den Grundsätzen von Treu und Glauben und der einschlägigen Verkehrssitte (§§ 157,242 BGB.) herzuleiten; denn hiernach hat der eine Vertragschließende dem ihm bekannten besonderen Interesse des andern Rechnung zu tragen und bei der Abwicklung des Geschäfts sein Verhalten so einzurichten, daß eine Benachteiligung des andern tunlichst vermieden wird. Wird diese selbstverständliche Vertragspflicht von dem einen Vertragschließenden f a h r lässig verletzt, also in dieser Hinsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276), so wird er verpflichtet, den dem anderen dadurch erwachsenen Schaden zu ersetzen, sofern nicht ein anderes bestimmt ist (Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 52 S. 19, Bd. 53 S. 201). Alles dies trifft aber bezüglich des vom Berufimgsgericht festgestellten Verhaltens der Klägerin der Beklagten gegenüber zu, so daß die Folgerung einer Schadensersatzpflicht der Klägerin als gerechtfertigt erscheint. Die Annahme einer Fahrlässigkeit der Klägerin in bezug auf die Verwahrung

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Allgemeiner Teil

der Zahlungsanweisungen wird auch nicht durch die Verschiedenheit ausgeschlossen, die zwischen diesen Anweisungen und echten Quittungen in bezug auf die Vorschrift des § 370 BGB. besteht. Es erhellt namentlich nicht, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung des fraglichen Verhaltens der Klägerin den hervorgehobenen Unterschied verkannt h ä t t e . . . . Hiemach erscheint die Feststellung der fraglichen Schadensersatzpflicht der Klägerin als rechtlich einwandfrei. Das Berufungsgericht hat ferner erwogen, bei der Entstehung des der Beklagten erwachsenen Schadens habe auch ein von dieser gemäß § 278 BGB. zu vertretendes Verschulden ihrer Kassenbeamten mitgewirkt, das allerdings die Verpflichtimg der Klägerin zum Ersatz des in erster Linie durch ihre Fahrlässigkeit verursachten Schadens nicht völlig beseitige, aber doch auf den Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß § 254 BGB. von Einfluß sei, so daß der Klägerin die Ersatzpflicht zu */4, der Beklagten zu % aufzuerlegen sei. Der Schade würde nämlich der Beklagten nicht erwachsen sein, wenn ihre Kassenbeamten die gefälschten Quittungen als Fälschungen erkannt und daraufhin die Zahlungen an F. verweigert hätten. Die Unterschiede zwischen den echten Unterschriften des Inhabers der klagenden Firma und den auf den gefälschten Quittungen befindlichen Unterschriften seien so erheblich, daß die Beanstandung und Zurückweisung der Fälschungen nahegelegen habe. Da die Kassenbeamten wegen der seit Jahren von der Klägerin der Beklagten gemachten Lieferungen nicht selten in der Lage gewesen seien, echte Unterschriften des Inhabers der klagenden Firma zu sehen, so hätten ihnen bei schärferer Aufmerksamkeit die Abweichungen der fraglichen Quittungen auffeilen müssen. Der Umstand, daß F. sich bis dahin als ehrlich erwiesen habe, habe die Beklagte und ihre Kassenbeamten nicht von ihrer Prüfungspflicht in bezug auf die Echtheit der von F. vorgelegten Quittungen entbunden. Auch diese von der Beklagten mittels Anschlußrevision angefochtenen Ausführungen enthalten keine Gesetzesverletzung. Namentlich ist nicht ersichtlich, daß das Berufimgsgericht hierbei den Begriff der Fahrlässigkeit (§ 276 BGB.) verkannt hätte. Grundsätzlich ist nämlich die Annahme rechtlich nicht zu mißbilligen, daß Kassenbeamte, denen angeblich von den Gläubigern selbst unterschriebene Quittungen von andern Personen behufs Erhebung der darin bezeichneten Geldbeträge übergeben werden, vor Ausbezahlung auf die Echtheit der Unterschrift zu achten und im Fall eines sich hierbei ergebenden Verdachts der Fälschimg die Ausbezahlung der quittierten Beträge zu verweigern haben; denn dies erheischt gerade die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, namentlich dann, wenn zwischen demjenigen, für welchen die Kassenbeamten die Zahlungen zu leisten haben, und dem Gläubiger, von dem die Quittung angeblich herrührt, ein Vertragsverhältnis besteht. Auch hier trifft der bereits hervorgehobene Gesichtspunkt zu, wonach der eine Vertragschließende dem ihm bekannten besondern Interesse des andern Rechnung zu tragen und bei der Ab-

Vertretung — Vollmacht

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Wicklung des Geschäfts sein Verhalten so einzurichten hat, daß eine Benachteiligung des andern tunlichst vermieden wird. Überdies hängt nach § 370 BGB. und § 416 ZPO. die Gültigkeit einer an den Überbringer einer Quittung geleisteten Zahlung in der Regel von der Echtheit der darauf befindlichen Unterschrift des Gläubigers ab. In welcher Weise nun die erforderliche Prüfung der Echtheit von Unterschriften auf Quittungen von den beteiligten Kassenbeamten vorzunehmen ist, hängt, soweit keine maßgebenden Vorschriften bestehen, von den Umständen des einzelnen Falles ab, ist also im wesentlichen Tatfrage. Für den vorliegenden Fall kommt die den Ausführungen des Berufimgsgerichts zugrunde liegende, in der Revisionsinstanz nicht nachzuprüfende Annahme in Betracht, daß den Kassenbeamten der Beklagten bei schärferer Aufmerksamkeit schon auf Grund ihrer bereits v o r h a n d e n e n Kenntnis der echten Unterschriften des Inhabers der klagenden Firma die Unechtheit der unter den fraglichen Quittungen befindlichen Unterschriften hätte auffallen müssen. Hiernach würde mit der vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten jeweiligen Prüfung der Unterschriften auf den vorgelegten Quittungen keine irgend erhebliche Störung des Geschäftsgangs bei der Kasse der Beklagten verbunden gewesen sein, da es ja einer Herbeischaffung von Vergleichsmaterial zur Erkenntnis der Unechtheit der fraglichen Unterschriften seitens der beteiligten Kassenbeamten nicht bedurft haben würde. Daher kommen die von der Beklagten von der letzteren Unterstellung aus gegen die fragliche Auffassimg des Berufimgsgerichts vorgebrachten Bedenken für den vorliegenden Fall überhaupt nicht in Betracht. Endlich erscheint es auch nicht rechtsirrtümlich, daß das Berufungsgericht die Kassenbeamten zu der Prüfung der Unterschriften für verpflichtet erachtet hat, obgleich der Überbringer der Anweisungen und Quittungen, F., den Kassenbeamten persönlich als Angestellter der Klägerin bekannt war, und obgleich bis dahin kein Grund vorgelegen hatte, seiner Ehrlichkeit zu mißtrauen. Denn da trotz dieser Umstände die Möglichkeit einer Fälschimg der fraglichen Quittungen nicht ausgeschlossen war, so erscheinen sie nicht als genügend, um die Unterlassung der Prüfimg zu rechtfertigen und die von demselben angenommene Fahrlässigkeit der Kassenbeamten gänzlich auszuschließen. Im übrigen ist aber daraus, daß das Berufungsgericht bei Abwägung des beiderseitigen Verschuldens dazu gelangt ist, die Ersatzpflicht der Klägerin zu % , der Beklagten zu 1 aufzuerlegen, zu schließen, daß es die von der Beklagten bezüglich der Kassenbeamten hervorgehobenen Umstände zu deren Gunsten berücksichtigt hat." . . .

RGZ. 74, 263 l8t die Vorschrift des § 174 BGB. auf den Fall eines vom Vormunde (Pfleger) vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäfts entsprechend anwendbar ?

Allgemeiner Teil

8.

BGB. § 174. III. Zivilsenat. Urt. v. 12. Oktober 1910. I. Landgericht Stolp

II. Oberlandesgericht Stettin.

Aus den Gründen: . . . „Dar zweite Revisionsangriff macht geltend, die Vorschrift des § 174 Satz 1 BGB., wonach ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist, stelle sich nicht als eine Spezialbestimmung dar, vielmehr sei darin der Grundsatz ausgedrückt, daß der Empfanger die einseitige Willenserklärung anfechten könne, wenn er nicht über die Legitimation des Erklärenden unterrichtet sei. Dieselben Gründe, die zu der Bestimmung gefuhrt hätten, sprächen auch für ein gleiches Recht des Empfangers der einseitigen Willenserklärung beim Mangel einer auf dieses Vertretungsverhältnis bezüglichen Legitimation. Zu der Frage, ob § 174 Abs. 1 BGB. auf den gesetzlichen Vertreter, insbesondere den Vormund (Pfleger), anwendbar ist, haben sich Hellwig (Anspruch und Klagrecht S. 360), Habicht (Jur. Woch. 1901 S. 773), Dernburg (Bürgerl. R. Bd. 1 S. 492 Anm. 16), Staub (HGB. Anm. 10 zu § 232) und Oertmann (Kommentar Bern. 1, c zu § 174) geäußert. Hellwig will (ohne nähere Begründung) die Vorschrift des § 174 Abs. 1 auf gesetzliche Vertreter insoweit anwenden, als es sich um solche handele, die durch obrigkeitliche Anordnung bestellt worden seien, ohne daß die Bestellung öffentlich oder dem Schuldner sonstwie bekannt gemacht worden sei. Habicht zieht die ähnlichen Vorschriften der §§111, 114, 182 Abs. 3, 410, 1160, 1831, 1832, 1643, 1686, 1915 BGB. zur Vergleichung heran und meint, es sei die Gleichartigkeit des Wesens dieser Fälle, die Anlaß zu ihrer übereinstimmenden Behandlung im Gesetze gegeben habe; allen sei gemeinsam, daß der Andere Grund habe, an der Befugnis zur Vornahme des Geschäfts zu zweifeln. Daraus folge, daß der dem § 174 Abs. 1 zugrundeliegende Gedanke auch, wenigstens „mitunter", beim gesetzlichen Vertreter Platz greife, nämlich dann, wenn der dem gesetzlichen Vertreter gegenüberstehende andere Beteiligte von der Vertretungsmacht des Vertreters keine Kenntnis habe und auch nicht wisse, wo er sich darüber vergewissern solle. Dernburg verneint die an die Spitze gestellte Frage. Er findet in den angeführten Vorschriften nur kasuistische Bestimmungen, die keineswegs vollständig gleichartig, übrigens auch wenig durchdacht seien. Er weist darauf hin, daß ihre Ausbildung zu einem allgemeinen Grundsatze zu vielen Zweifeln und Mißständen führen und dem Verkehre große Hindernisse in den Weg legen würde, und bemerkt, daß es, abgesehen von der gesetzlichen Vertretung, noch viele andere Fälle gebe, wo die Legitimation dessen, der ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem anderen vor-

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nehme, zweifelhaft und unsicher sein könne. Staub und Oertmann verneinen ebenfalls die Frage ohne nähere Begründung. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist die Frage noch nicht zur Entscheidung gekommen. Eine analoge Ausdehnung der in § 174 für den Fall der Vollmacht gegebenen Vorschrift auf die Fälle der Vormundschaft (Pflegschaft) ließe sich nur dann rechtfertigen, wenn die letzteren Fälle von den Voraussetzungen des § 174 nur in unwesentlichen, den Inhalt der Vorschrift nicht innerlich berührenden Punkten abwichen. Das ist aber nicht der Fall. Wie die Vollmachtsurkunde zur Legitimation des Bevollmächtigten, so dient die Bestallung zur Legitimation des Vormundes (Pflegers). Die rechtliche Natur beider Urkunden ist aber völlig verschieden. Die Bestallung hat nur die Bedeutimg eines gerichtlichen Zeugnisses, daß die darin bezeichnete Person nach Maßgabe des Inhaltes der Bestallung zum Vormunde (Pfleger) bestellt worden ist, nicht aber den Charakter eines Legitimationspapieres in dem Sinne, daß der gutgläubige Dritte, der sich auf Grund der ihm vorgelegten Bestellung mit dem Vormunde (Pfleger) auf Rechtsgeschäfte einläßt, gegen inzwischen eingetretene, aus der Bestallung sich nicht ergebende Änderungen der Vertretungsmacht des in der Bestallung bezeichneten Vormundes (Pflegers) geschützt wird. Sie hat also nicht den Charakter der Vollmacht. Der Mündel hat die aus der mißbräuchlichen Benutzung der Bestallung entstehenden nachteiligen Folgen nicht zu tragen. Auf diesem Standpunkte stehen die Motive zum BGB. (Bd. 4 S. 1079 flg.) und die herrschende Meinung. Wer sich mit dem Vormunde (Pfleger) in rechtsgeschäftliche Beziehungen einläßt, hat also auf seine Gefahr die Fortdauer des Amtes des Vormundes (Pflegers) zu prüfen. In der II. Kommission wurde zwar eine derartige Einschränkung der Legitimationskraft der Bestallung für bedenklich erachtet. Ein Antrag wurde jedoch nicht gestellt, weil die Rechtsprechung nicht verhindert sei, sich einer von den Ausfuhrungen der Motive abweichenden Auffassung hinsichtlich des Charakters der Bestallung anzuschließen. (Vgl. Protokolle der Kommission für die 2. Lesung des Entwurfs des BGB., herausgeg. von Achilles, Bd. 4 S. 752 flg.) Das ist aber nach der herrschenden Meinung nicht möglich, da sich die Auffassung der Motive mit den allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht in Widerspruch befindet. Anderer Meinung ist nur Endemann (Lehrb. § 219a Anm. 57), der die besondere Beilegung des öffentlichen Glaubens für überflüssig erklärt, weil die Bestallung ihren allgemeinen Glauben schon in sich trage. Demgemäß betrachtet er die Vorschrift der §§ 1893, 1682, 1683, wonach das Vertrauen des Dritten auf den Fortbestand des vormundschaftlichen Amtes volle Bestätigung findet, nicht als Ausnahme, sondern als Ausdruck der gesetzlichen Grundauffassung und bemerkt, daß hierzu verstärkend § 1794 BGB und §§ 32, 61 FrGG. träten. Dieser von Endemann gegebenen Begründung ist nicht beizupflichten. Die Vorschriften der §§ 1682, 1893 lassen im Anschluß an §§ 674, 169 und entsprechend dem § 1424 zum Schutze des Vaters und des Vormundes gegen Nachteile deren kraft der

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elterlichen Gewalt und der Vormundschaft bestehendes Verwaltungs- und Vertretungsrecht so lange als fortbestehend gelten, bis sie die Beendigung kennen oder kennen müssen, versagen jedoch dem Dritten die Berufimg auf diese Berechtigung, wenn er bei Vornahme des Rechtsgeschäfts die Beendigung kennt oder kennen muß. Sie bezwecken also den Schutz des Vaters und des Vormundes, nicht den des Dritten. Sie schützen den gutgläubigen Dritten auch nicht schlechthin, sondern nur unter der Voraussetzung, daß sich der Vater oder Vormund in gutem Glauben befindet. Deshalb läßt sich aus ihnen der Rechtsgedanke, daß der gute Glaube des Dritten geschützt werde, nicht ableiten. Aus § 1794 aber ergibt sich nur, daß dem Vormunde die Vermutung, allgemeiner Repräsentant des Mündels zu sein, zur Seite steht. Ebensowenig sprechen die §§ 32, 61 FrGG., die sich mit der nachträglichen Aufhebung gerichtlicher Verfügungen und dem Einflüsse dieser Aufhebung auf die inzwischen vorgenommenen Rechtsgeschäfte beschäftigen, für die Meinung Endemanns. Daß auch die II. Kommission für die Beratung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches auf dem hier vertretenen Standpunkte stand, ergibt sich daraus, daß ein in dieser Kommission gestellter Antrag, wonach die Aufhebung der Vormundschaft öffentlich bekanntgemacht werden sollte, abgelehnt wurde, weil nach der rechtlichen Natur der Bestallungsurkunde eine Schädigung des Mündels durch deren Mißbrauch nicht zu befürchten sei (Prot. Bd. 4 S. 834). Aus der Verschiedenheit der rechtlichen Natur der Vollmacht und der Bestallung erklärt es sich auch, daß mit einer analogen Ausdehnung der Vorschrift des § 174 auf den Fall eines vom Vormunde ohne Vorlegung der Bestallung vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäfts nicht der gleiche Erfolg erreicht werden würde wie durch die Vorschrift des § 174. Durch die letztere Vorschrift wird der vom Gesetze erstrebte Zweck, dem Beteiligten ein Mittel zu gewähren, um ihn gegen Schaden völlig sicher zu stellen, mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 172 erreicht. Das gleiche wäre aber bei der erwähnten analogen Ausdehnimg nicht der Fall, da die Vorschrift des § 172 auf die Bestallung nicht analog anwendbar ist. Abgesehen davon fehlt es auch regelmäßig an einem Bedürfnisse für eine analoge Anwendung des § 174. Denn der Beteiligte kann sich darüber, ob der als Vormund Auftretende wirklich Vormund ist, regelmäßig leicht durch die Einsicht der Gerichtsakten oder durch die ihm auf Verlangen zu erteilenden Abschriften aus den Akten vergewissern (§ 34 FrGG.). Das ist im Falle der Bevollmächtigung nicht möglich. Die Erlangung sicherer Kenntnis über das Bestehen des Vollmachtsverhältnisses ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden. Aber auch die ähnlichen Vorschriften der §§111,182 Abs. 3,410,1160, 1831 BGB. (vgl. auch §§ 1643, 1686, 1832, 1915) erscheinen nicht als Ausfluß eines das Gesetz beherrschenden Grundgedankens. Dafür spricht schon die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften. Der I. Entwurf enthielt nur die Vorschrift des § 410 Abs. 1 Satz 2 in § 308 Satz 1 und die Vor-

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schrift des § 1160 Abs. 2 in § 1118. Dagegen finden sich die Vorschriften des § 111 Satz 2, 1831 erst im II. Entwurf als § 85 Satz 2 und § 1711 Satz 2. Der § 182 Abs. 3 wurde ebenfalls erst von der II. Kommission beschlossen (Prot. Bd. 6 S. 138). Dies spricht dagegen, daß den Entwurf I bereits jener Grundgedanke beherrscht habe. Gegen die Annahme jenes das Gesetz beherrschenden Grundgedankens spricht aber auch der Umstand, daß sich diese Vorschriften zum Teil aus den gleichen Gründen erklären, wie die des § 174. Die Vorschrift des § 410 erreicht mit Rücksicht auf die Vorschriften des § 409 ebenso einen völligen Schutz des Beteiligten, wie die Vorschrift des § 174 mit Rücksicht auf die des § 172. Ebenso erklärt sich die Vorschrift des § 1160 daraus, daß sich der Eigentümer auf seinen guten Glauben hinsichtlich der Person des Gläubigers nur berufen kann, wenn dieser im Besitze des Briefes und als Gläubiger eingetragen oder gemäß § 1155 legitimiert ist. Die von der II. Kommission beschlossene Vorschrift des § 111 Satz 2 wird als dem § 174 nachgebildet und die gleichfalls von der II. Kommission beschlossene Vorschrift des § 1831 Satz 2 wieder als dem § 111 Satz 2 entsprechend bezeichnet. Diese sämtlichen Vorschriften werden als im Interesse der Beteiligten geboten erklärt. Gerade aus dieser Begründung und dem Umstände, daß für die zahlreichen andern Fälle, in denen die Legitimation dessen, der ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem anderen vornimmt, zweifelhaft und unsicher sein kann, namentlich auch für die Fälle, in denen die Legitimation auf ein gesetzliches Vertretungsverhältnis oder auf Erbgang gestützt wird, keine entsprechende Bestimmung getroffen wird, ergibt sich, daß es sich in den erwähnten Fällen nicht um den Ausfluß eines das Gesetz beherrschenden Grundgedankens handelt. Es wäre auch schwer verständlich, weshalb das Gesetz nur die in § 1831 Satz 2 enthaltene Fürsorge für den Beteiligten getroffen haben sollte, wenn es die gleiche Fürsorge auch für den Fall gewollt hätte, daß der Vormund ein einseitiges Rechtsgeschäft, zu dem er selbständig befugt ist, ohne den Nachweis seiner Vertretungsmacht vornimmt. Endlich fällt entscheidend ins Gewicht, daß die Wirksamkeit eines einseitigen Rechtsgeschäfts, zu dessen Vornahme der Handelnde befugt ist, als die Regel erscheint, daß sich also die Zurückweisung des Geschäfts durch den Beteiligten mit der Folge der Unwirksamkeit des Geschäfts als die Ausnahme darstellt, die nur durch das Interesse des Beteiligten gerechtfertigt werden kann. Daß ein solches in einem Falle der vorliegenden Art aber nicht gegeben ist, wurde dargelegt."

RGZ. 79, 212 Wann bedarf die Vollmacht zur Abschließung eines Grundstückskaufvertrags der in § 313 B G B . vorgeschriebenen Form ? BGB. §§ 167 Abs. 2, 313.

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II. Zivilsenat. Urt. v. 12. April 1912. I. Landgericht Kiel. II. Oberlandesgericht daselbst.

In der notariellen Verhandlung vom 7. Januar 1910 erklärte der Bürovorsteber Tr. in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter beider Parteien, daß er einen Kaufvertrag abschließe, inhalts dessen die Beklagten ihre in der Gemarkung P. belegenen Grundstücke dem Kläger für den Preis von 40500 M. verkauften. Die Vollmacht ist enthalten in der privatschrifitlichen Urkunde vom 6. Januar 1910, die der Bürovorsteher Tr. abgefaßt hat und in der die Parteien, nachdem ein dem notariellen Vertrage vom folgenden Tage inhaltlich gleicher Kaufvertrag zwischen ihnen beurkundet ist, zum Schlüsse erklären: „Wir, die Verkäufer, und ich, der Käufer, bevollmächtigen hierdurch den Bürovorsteher Tr., den notariellen Kaufvertrag mit rechtsverbindlicher Kraft für uns zu vollziehen." Die Klage auf Auflassung der Grundstücke gegen Zahlung des Kaufpreises hatte beim Landgericht Erfolg, wurde aber vom Oberlandesgericht abgewiesen. Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Das Berufimgsgericht erachtet den notariellen Kaufvertrag vom 7. Januar 1910, auf den die Klage gestützt ist, für nicht verbindlich, weil die privatschriftliche Vollmacht vom 6. Januar 1910, auf Grund deren der Bürovorsteher Tr. diesen Kaufvertrag erklärte, gemäß § 313 BGB. der gerichtlichen oder notariellen Urkunde bedurft hätte und mangels dieser Form nichtig sei. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß nach § 167 Abs. 2 BGB. die Vollmacht einer Form auch dann nicht bedarf, wenn sie zum Abschluß eines Veräußerungsvertrags über ein Grundstück erteilt ist. Nach seiner Auffassung stellen indes die in der privatschriftlichen Urkunde vom 6. Januar 1910 enthaltenen Erklärungen der Parteien nur ein einziges Rechtsgeschäft dar und zwar einen Kaufvertrag über Grundstücke. Das Berufungsgericht fuhrt in dieser Beziehung aus, daß zunächst ein fester Kaufvertrag zwischen den Parteien beurkundet sei und daß nichts daraufhindeute, dieser erste Teil der Urkunde solle nur eine Anweisung an den Bevollmächtigten über die von ihm festzustellenden Kaufbedingungen enthalten. Es nimmt ferner an, daß die unmittelbar folgende Bevollmächtigung von Seiten der Verkäufer und des Käufers nicht zwei selbständige, voneinander und vom Kaufvertrag unabhängige, nur äußerlich in einem Satze und im Anschluß an den Kaufvertrag abgegebenen Vollmachtserklärungen darstelle, daß vielmehr beide Parteien sich gegenseitig zur Erteilung dieser Vollmachten verpflichtet haben und daß die Vollmachten einen Teil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags selbst bilden. Weil nun dieser Vertrag als Kaufvertrag gemäß § 313 BGB. mangels Beobachtimg der dort vorge-

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schriebenen Form nichtig sei, so sei, schließt das Berufungsgericht, auch die Vollmacht nichtig. Diese Begründung entbehrt jedoch der erforderlichen tatsächlichen Grundlage insofern, als nicht einwandfrei festgestellt ist, daß die Parteien in dem Schriftstücke vom 6. Januar 1910 wirklich einen festen Raufvertrag beurkunden wollten, und nicht vielmehr durch das, was sie in dem Schriftstück als Raufvertrag bezeichnen, den Inhalt der dem Bürovorsteher Tr. erteilten Vollmachten näher bestimmen wollten. Der Ausfuhrung des Berufungsgerichts im Eingange seiner Begründung, die Parteien hätten einen festen Raufvertrag beurkundet, steht die Ausführung am Schlüsse entgegen, daß die Parteien einig gewesen seien, mit der Errichtung der Urkunde vom 6. Januar 1910 sollten die Kaufbedingungen in derjenigen Form festgestellt werden, welche sie endgültig behalten sollten, und es sollte ein Dritter bevollmächtigt werden, um für die Parteien und an ihrer Stelle die Vereinbarungen „mit rechtsverbindlicher Kraft zu vollziehen". Dazu kommt, daß zwar die Beklagten geltend gemacht hatten, sie seien der Meinung gewesen, einen festen Raufvertrag abgeschlossen zu haben, weil sie den Bürovorsteher Tr., der die privatschriftliche Urkunde aufgenommen hatte, für einen Notar gehalten hätten, daß aber der Rläger dies nicht nur bestritten, sondern auch behauptet hatte, wie er selbst, so hätten auch die Beklagten gewußt, die Raufberedungen seien mangels der notariellen Form rechtsunwirksam. Diese letztere Behauptung ist, da das Berufungsgericht eine sie verneinende Feststellung nicht getroffen hat, für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellen. Haben danach die Parteien einverständlich ihre in der Privatschrift niedergelegten Raufverabredungen mangels der erforderlichen Form nicht für rechtswirksam gehalten, so kann nicht angenommen werden, daß sie mit jenen Verabredungen einen festen Raufvertrag schließen wollten. Dann aber sind die Raufverabredungen als solche rechtlich unwirksam, nicht auf Grund des § 313 BGB., sondern weil die Parteien mit diesen Erklärungen eine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an den Raufgegenständen nicht begründen wollten. Eben weil die Parteien sich bewußt waren, daß ihre Raufvereinbarungen als solche mangels der vorgeschriebenen Form nicht rechtswirksam waren, wollten sie, wie das Berufungsgericht feststellt, den Bürovorsteher Tr. ermächtigen, an ihrer Stelle die Vereinbarungen mit rechtsverbindlicher Kraft zu vollziehen, wollten mithin dem Tr. eine rechtswirksame Vollmacht geben. Und indem sie sich gegenseitig zur Erteilung der Vollmacht an Tr. verpflichteten, wollten sie damit ersichtlich in Umgehung der Formvorschrift des § 313 BGB. eine gegenseitige Bindung bezüglich des vereinbarten Raufes selbst herbeiführen. Eine solche Absicht der Umgehung würde nun zwar an sich die Vollmachtserteilung noch nicht nichtig machen. Indes ist die Vollmacht im vorliegenden Falle erteilt auf Grund eines Vertrags der Parteien, und zwar durch eine in dem Vertrage selbst enthaltene Erklärung, durch die zugleich,

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nach der rechtlich einwandfreien Feststellung des Berufungsgerichts, der Wille der Parteien, sich gegenseitig zur Erteilung dieser Vollmacht zu verp f l i c h t e n , zum Ausdruck gebracht wurde. Diese gegenseitige Verpflichtung sind die Parteien eingegangen, um mittels der gleichzeitig dem Tr. erteilten Vollmacht die Vollziehung der notariellen Beurkundung ihrer Kaufvereinbarungen durch den Bevollmächtigten zu sichern. Die Eingehung der Verpflichtung zu diesem Zwecke bedingt weiter den Willen beider Parteien, daß eine jede der anderen gegenüber an die erteilte Vollmacht g e b u n d e n , also insbesondere verpflichtet sein sollte, sie nicht zu widerrufen. Daraus ergibt sich aber, daß der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien Haliin ging, schon durch das formfreie Rechtsgeschäft der Vollmachtserteilung im Verhältnisse zueinander diejenige rechtliche Bindung herbeizufuhren, welche sie mittels der in derselben Urkunde niedergelegten Kaufvereinbarungen, wenigstens bezüglich der Beklagten, in Ermangelung der in § 313 BGB. vorgeschriebenen Form nicht herbeiführen konnten. Durch den Vertrag also, wodurch sie sich gegenseitig zur Erteilung der Vollmacht und deren Nichtwiderruf verpflichteten, wollten die Parteien sich mittelbar als Käufer und Verkäufer binden, insbesondere wollten sich die Beklagten verpflichten, das Eigentum an ihren Grundstücken dem Kläger zu übertragen. Und zwar waren die gegenseitigen Pflichten der Parteien als Käufer und Verkäufer bereits vollständig festgelegt in den Kaufberedungen, zu deren rechtsverbindlicher Vollziehung Tr. bevollmächtigt wurde, so daß der letztere bezüglich des Inhalts des Kaufvertrags lediglich als Vertreter in der Erklärung des Parteiwillens in Betracht kommen konnte. Wollten aber die Parteien durch ihren auf Erteilung und Nichtwiderruf der Vollmacht gerichteten Vertrag sich binden, wie wenn sie einen Kaufvertrag über die Grundstücke der Beklagten bereits abgeschlossen hätten, sollte mithin ihr Vertrag nur den in eine andere rechtliche Form eingekleideten Kaufvertrag enthalten, so ist der Vertrag mangels Beobachtung der in § 313 BGB. vorgeschriebenen Form nichtig (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 50 S. 163 flg., Bd. 62 S. 337, Bd. 76 S. 183). Wenn nun auch die Gültigkeit einer Vollmachtserteilung an sich nicht abhängig ist von dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse, so kommt doch hier in Betracht, daß ein und dieselbe Erklärung der Parteien in der privatschriftlichen Urkunde vom 6. Januar 1910 zugleich die vertragliche gegenseitige Verpflichtung der Parteien zur Vollmachtserteilung und die letztere selbst enthält. Und zwar ist die Vollmacht dadurch erteilt, daß jede Partei der anderen gegenüber die Erklärung abgab, sie bevollmächtige den Bürovorsteher Tr. Eine in dieser Weise erfolgte Vollmachtserteilung aber ist derart von der vertraglichen Abmachimg der Parteien abhängig gemacht und hiermit dergestalt zu einer Einheit verbunden, daß sie unabhängig von der Ungültigkeit des Vertrags, insbesondere dem Vertragsgegner gegenüber, für sich allein nicht zu Recht bestehen kann."

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RGZ. 79, 282 1. Gilt § 181 BGB. auch für familienrechtliche Rechtsgeschäfte ? 2. Ist § 311 BGB. auch bei dem Verkauf eines fremden Vermögens anwendbar ? BGB. § 181. I I . Zivilsenat. Urt. v. 26. April 1912. I. Landgericht Duisburg.

II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Durch Vertrag vom 19. Juni 1909 kaufte die Beklagte von dem Ehemanne der Klägerin „als alleinigem Gesellschafter" der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Maschinenfabrik „Rhenania" in Düsseldorf deren Aktiven und erhielt außerdem von dem Ehemanne der Klägerin „bzw. der Maschinenfabrik Rhenania" übertragen die alleinige imbeschränkte Ausbeutung des auf die Prestofeuerung, eine besondere Art von Dampfkesselfeuerung, mit deren Herstellung die Gesellschaft bis dahin befaßt war, erteilten Musterschutzes. Die Klägerin, die von ihrem Ehemanne dessen Rechte aus dem Vertrage vom 19. Juni 1909 abgetreten erhalten hatte, erhob Klage auf Zahlung des Restkaufpreises. Beide Vorderrichter erkannten der Klage gemäß. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Der zunächst von der Beklagten erhobene Einwand, daß die Klägerin nicht selbständig klagen könne, weil sie mit ihrem Ehemann in westfälischer Gütergemeinschaft lebe, ist vom Berufimgsgerichte für unbegründet erachtet worden, weil die Klägerin durch notariellen Vertrag vom 12. Oktober 1909, also bevor ihr die eingeklagten Ansprüche abgetreten wurden, mit ihrem Ehemanne Gütertrennung vereinbart habe. Es erklärt die Ansicht der Beklagten für unzutreffend, dieser Vertrag sei ungültig, weil in der notariellen Verhandlung der Ehemann der Klägerin allein Erklärungen abgegeben habe und zwar für sich und zugleich als Bevollmächtigter seiner Ehefrau. Es stellt in dieser Beziehung fest, daß der Ehemann der Klägerin durch ihre Vollmacht vom 7. Oktober 1909 ausdrücklich ermächtigt war, der Klägerin gegenüber mit sich selbst in eigenem Namen einen Ehevertrag abzuschließen und vor Gericht oder Notar zu vollziehen, wodurch das für ihre Ehe geltende bisherige Güterrechtsverhältnis aufgehoben und an dessen Stelle die vollständige Gütertrennung nach deutschem Rechte festgesetzt werde. Demnach ist der Ehevertrag vom 12. Oktober 1909, bei dessen Abschluß der Ehemann der Klägerin diese gemäß § 181 BGB. vertreten durfte, in der in § 1434 BGB. vorgeschriebenen Form geschlossen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Mit Unrecht bezeichnet die Revision § 181 BGB. als verletzt, da § 181 nicht nur bei dinglichen und obligatorischen Verträgen zur Anwendung kommt, sondern allgemein bei Rechtsgeschäften, also auch bei familienrechtlichen, sofern hierbei überhaupt eine Vertretung durch Bevollmächtigte zulässig ist.

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Gegenüber dem ferneren Einwände des Beklagten, der Vertrag vom 19. Juni 1909 sei mangels der in § 311 BGB. vorgeschriebenen Form nichtig, weil hierdurch das gesamte Vermögen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung „Rhenania" übertragen sei, führt das Berufungsgericht in erster Linie aus, daß nach Inhalt des Vertrags nicht die „Rhenania", sondern der Ehemann der Klägerin der „Übertragende" sei. Es folgert dies aus der Fassung des Vertrags, insbesondere aus den Eingangsworten, wonach der Vertrag zwischen der Beklagten und dem Ehemanne der Klägerin abgeschlossen ist und daraus, daß der Ehemann auch allein als Verkäufer aufgeführt und als Gläubiger der aus dem Vertrage gegen die Beklagte hervorgehenden Forderungen bezeichnet ist. Das Berufungsgericht nimmt demnach an, daß in dem Vertrag allein der Ehemann und Zedent der Klägerin das gesamte Aktivvermögen der „Rhenania" verkauft hat. Diese Annahme erachtet es für vereinbar mit dem Umstände, daß der Vertrag ohne Einschränkung nicht nur von der Beklagten und dem Ehemanne der Klägerin, sondern auch von der Maschinenfabrik „Rhenania", Gesellschaft mit beschränkter Haftung, vertreten durch ihre beiden damaligen Geschäftsführer, unterschrieben ist. Es beruft sich darauf, daß die „Rhenania" nur einmal in dem ganzen Vertrag als handelnd erwähnt sei, nämlich bei Übertragung der alleinigen Ausbeutung des auf die Prestofeuerung erteilten Musterschutzes, und daß diese Erwähnung nur habe zum Ausdruck bringen sollen, jene vom Ehemanne der Klägerin vorgenommene Übertragung geschehe mit Zustimmung der „Rhenania", auf deren Namen der Musterschutz eingetragen war. Demgemäß, und nur um ihre Zustimmung zum Vertrage zum Ausdrucke zu bringen, habe auch die „Rhenania" den Vertrag mit unterschrieben. War nach diesen rechtlich einwandfreien Ausführungen des Berufungsgerichts allein der Ehemann der Klägerin Verkäufer des Vermögens der „Rhenania", so war er der Beklagten obligatorisch verpflichtet, ihr die einzelnen zu diesem Vermögen gehörenden Gegenstände, soweit es bewegliche Sachen waren, zu übergeben und zu Eigentum zu übertragen und soweit es Rechte waren, sie ihr zu verschaffen. Der Verkäufer hat den Kaufvertrag erfüllt nur bezüglich des alleinigen unbeschränkten Ausbeutungsrechts des für die „Rhenania" eingetragenen Musterschutzes, betreffend die Prestofeuerung, da er dieses Recht in dem Vertrage selbst der Beklagten mit Zustimmung der „Rhenania" übertragen hat. Bezüglich der übrigen Vermögensgegenstände hatte der Verkäufer den Kaufvertrag noch zu erfüllen. Die danach noch erforderliche Übertragung dieser Gegenstände an die Beklagte konnte der Verkäufer, da sie nicht ihm gehörten, an sich rechtswirksam nicht vornehmen. Wohl konnte er dies nach § 185 BGB., wenn seine Übertragung mit Einwilligung der „Rhenania" als der Berechtigten erfolgte. Diese Einwilligung, nämlich die vorherige Zustimmung der „Rhenania" zu der in Erfüllung des Kaufvertrags vom Verkäufer vorzunehmenden Übertragung der zu ihrem Vermögen gehörenden einzelnen Gegenstände, hat die „Rhenania" nach Feststellung des Berufungsgerichts

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dadurch erteilt, daß sie den Vertrag mitunterschrieb. In diesem Sinne ist die Feststellung zu verstehen, daß die „Rhenania" durch ihre Mitunterschrift ihre Zustimmung zu dem Vertrage zum Ausdruck gebracht hat, was später noch dahin erläutert wird, daß die „Rhenania" durch die Unterschrift ihrer beiden Geschäftsführer die Übertragung, also die Übertragung durch den Verkäufer, genehmigt habe. Hat demnach die „Rhenania" eine obligatorische Verpflichtung, ihr Vermögen zu übertragen, nicht, auch nicht neben dem Verkäufer, übernommen, und ist sie überhaupt nicht als Vertragschließende aufgetreten, hat sie vielmehr nur eine nach § 182 Abs. 2 BGB. formfreie Zustimmung erklärt, so konnte § 311 BGB. nicht zur Anwendung kommen. Denn der Ehemann der Klägerin hat sich zwar verpflichtet, ein Vermögen zu übertragen, ab;r nicht sein Vermögen, sondern das Vermögen eines anderen, der „Rhenania". . . . RGZ. 8o, 416 Findet § 177 BGB. Anwendung, wenn jemand nicht als Vertreter im Namen eines anderen, sondern kraft vermeintlichen Amtes im eigenen Namen, aber erkennbar in fremdem Interesse einen Vertrag abgeschlossen hat? BGB. § 177. I I I . Zivilsenat. Urt. v. 15. November 1912. I. Landgericht Kiel. II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger, seit Februar 1910 Fideikommißbesitzer des 1770 errichteten v. A.-D.schen Familienfideikommisses, hat gegen die beiden Beklagten als die Pächter zweier zu diesem gehöriger Meierhöfe Klagen auf Räumung der Pachtgüter erhoben, weil die Pachtverträge ihm gegenüber unverbindlich seien. Die Verträge wurden, als sein von ihm nicht beerbter Vorgänger Inhaber des Fideikommisses war, im Jahre 1907 von den Fideikommißadministratoren, den drei Nebenintervenienten, auf 18 Jahre abgeschlossen. Die Administration des Familienfideikommisses beruht nicht auf Anordnung des Stifters, sondern auf dem Testament eines Fideikommißbesitzers vom 26. März 1836 und ist für den jeweiligen Fideikorrtmißinhaber nur verbindlich, wenn er sich ihr unterwirft. Das haben die beiden Vorbesitzer des Klägers, aber nicht der Kläger getan. Die Beklagten und die Nebenintervenienten behaupteten, nach dem in Schleswig-Holstein geltenden Fideikommißrechte sei der Fideikommißfolger an die von dem Vorbesitzer oder den Administratoren abgeschlossenen Pachtverträge gebunden, außerdem habe der Kläger nach Antritt des Fideikommisses die mit den Beklagten abgeschlossenen Pachtverträge genehmigt. Das Landgericht verurteilte die Beklagten nach dem Klagantrage. Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Die Revision des Klägers ist zurückgewiesen worden. Zivils. Allgem. Teil 4

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18 Aus den G r ü n d e n :

. . . „Die weitere Streitfrage, ob der Fideikommißfolger nach gemeinem oder schleswig-holsteinischem Fideikommißrecht ohne weiteres an die Pachtverträge gebunden sei, die vor seiner Besitzzeit von einem früheren Fideikommißbesitzer oder den Fideikommißadministratoren abgeschlossen seien, hat der Berufungsrichter nicht entschieden. Er hat die Klagen auf Grund des § 177 BGB. abgewiesen, weil der Bevollmächtigte des Klägers die von den Administratoren als Vertretern des damaligen Fideikommißbesitzers und des Fideikommißfolgers abgeschlossenen Pachtverträge genehmigt habe, und weil die Anfechtung dieser Genehmigung durch den Kläger verspätet und imbegründet sei. Die hiergegen erhobenen Revisionsangriffe sind sämtlich unbegründet. Die Revision bekämpft in erster Linie die Anwendbarkeit des § 177 auf den gegebenen Fall, weil die Administratoren nach ihrer und der Beklagten Behauptung nicht als Vertreter namens des Fideikommißbesitzers und dessen Nachfolgers, sondern kraft ihrer Stellung als Fideikommißadministratoren, also kraft Amtes oder einer amtsähnlichen Stellung im eigenen Namen, wenn schon in fremdem Interesse, gehandelt hätten. Diese Rüge geht schon deshalb fehl, weil der § 177 nach dem ihm zugrunde liegenden Gedanken und seinem Zwecke, wenn nicht unmittelbar, so doch entsprechend auf diejenigen Fälle Anwendung finden muß, in welchen jemand kraft vermeintlichen Amtes erkennbar in fremdem Interesse, als Verwalter fremden Vermögens einen Vertrag schließt. Diese Fälle unterscheiden sich wesentlich von dem durch § 177 unstreitig nicht betroffenen Falle, daß jemand als sogenannter mittelbarer Stellvertreter im eigenen Namen auf fremde Rechnung einen Vertrag abschließt. Ein mittelbarer Stellvertreter nimmt das Rechtsgeschäft zwar auch im Interesse eines anderen vor, aber in der Weise, daß er die Geschäftsfolgen zunächst selbst übernimmt und erst nachher auf den anderen überträgt; er und sein Vertragsgegner wollen nur miteinander zu tun haben, der andere tritt nicht in Rechtsbeziehungen zu dem Vertragsgegner (Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 58 S. 273). Testamentsvollstrecker, Konkursverwalter oder sonstige Personen, die auf Grund eines Amtes fremde Vermögen verwalten, handeln dagegen zwar auch nicht als Vertreter im fremden Namen, sondern kraft eigenen Rechtes im eigenen Namen (Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 29 S. 36, Bd. 35 S. 31, Bd. 52 S. 333, Bd. 55 S. 266, Bd. 56 S. 330, Bd. 59 S. 365, Bd. 61 S. 145, Bd. 76 S. 126), aber durch die kraft ihres Amtes von ihnen abgeschlossenen Verträge werden nicht zwischen ihnen persönlich und dem Vertragsgegner, sondern zwischen diesem und den Inhabern der von ihnen verwalteten Vermögen rechtliche Beziehungen geschaffen; die Handelnden erwerben für ihre Person weder Rechte aus den Verträgen noch werden sie durch diese verpflichtet. Die Wirkung entspricht also, wenn der Handelnde wirklich das Amt bekleidet und innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse handelt, der der unmittelbaren Stellvertretung.

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Dadurch rechtfertigt sich die entsprechende Anwendung des § 177, wenn der Vertragschließende auf Grund einer vermeintlichen, ihm in Wahrheit nicht zustehenden Amtsstellung gehandelt hat und der Inhaber des Vermögens, für oder gegen den nach dem Willen der Vertragschließenden der Vertrag wirken sollte, diesen genehmigt. Die Ansicht der Revision, daß zwischen den beiden Fällen zu unterscheiden und in dem hier gegebenen Falle ein neuer Vertragsschluß erforderlich sei, während ein von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgeschlossener Vertrag schon mit der einseitigen Genehmigung die von den Vertragschließenden gewollten Rechtswirkungen für und gegen den Vertretenen schafft, ist mit Rücksicht auf die dargelegte Ähnlichkeit der beiden Fälle unhaltbar; sie ist unvereinbar mit dem Grundgedanken des Gesetzes, das nicht nur im § 177, sondern auch an anderen Stellen (z. B. §§ 182flg., 185) der einseitigen empfangsbedürftigen Genehmigungserklärung die Kraft beilegt, einem Rechtsgeschäfte Wirkungen gegen den Genehmigenden zu verschaffen. Die Ansicht führt auch zu einem die Sicherheit des Verkehrs gefährdenden, praktisch unannehmbaren Ergebnisse. Da leicht Zweifel darüber bestehen können, ob die Stellung, auf Grund deren der Handelnde einen Vertrag in fremdem Interesse abschließt, ein Amt oder eine Vertreterstellung bildet, erfordert das Verkehrsinteresse die Gleichbehandlung beider Fälle; der Vertragsgegner muß auf die Wirksamkeit der Genehmigung dessen, der aus dem Vertrag unmittelbar berechtigt und verpflichtet werden sollte, vertrauen dürfen, ohne Rücksicht darauf, ob der für ihn Handelnde im eigenen Namen kraft vermeintlichen Amtes oder als angeblicher Vertreter im Namen des Vertretenen den Vertrag geschlossen hat." . . .

RGZ. 8i, 257 Kann in der Aushändigung von Grundschuldbriefen und von unterschriebenen, nicht ausgefüllten Abtretungsentwürfen die Erteilung der Vollmacht gefunden werden, über die Grundschulden frei zu verfügen ? BGB. §§ 164—172, 185. V.Zivilsenat. Urt. v. 29. Januar 1913. I. Landgericht Schwerin.

II. Oberlandesgericht Rostock.

P. und M. sind zur Zeit Testamentsvollstrecker für den Nachlaßanteil, den der im Jahre 1890 verstorbene L. seinem Sohne L. K. hinterlassen hat. Zu diesem Vermögen gehörten auch die Grundschulden Fol. 11, 12 A und 28 auf Rittergut L. zu je 3000 M. Die darüber ausgefertigten Briefe und andere Wertpapiere sollen von den früheren Testamentsvollstreckern schon vor langer Zeit dem Rechtsanwalt J. in G., der allgemeines Vertrauen genoß, zur Verwaltung und Aufbewahrung übergeben worden sein. Ihm wurden 2*

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auch nach Angabe der Kläger in den Jahren 1901 und 1902 zum Zwecke einer neuen Hypothekenausleihung von 33000 M. in R. von jenen früheren Testamentsvollstreckern mehrere mit deren beiden Unterschriften H. L. und H. E. versehene, im übrigen unausgefullte Entwürfe zu Grundschuldabtretungen ausgehändigt. J. soll das erwähnte Hypothekengeschäft auch ausgeführt, aber einige jener Entwürfe zurückbehalten haben. Unbestritten ist, daß er einen, nun vollständig ausgefüllten, über obige drei Grundschulden und auf die Beklagte als Übertragungsempfangerin lautenden, als Tag der Abtretung den 20. Februar 1904 nennenden und am gleichen Tage von ihm mit Unterschriftsbeglaubigung versehenen Abtretungsschein nebst den drei Grundschuldbriefen der Beklagten ausgehändigt und dabei eigenmächtig für seine eigenen Zwecke Wechseldarlehen von zusammen 8300 M. aufgenommen hat. Nach J.s Tode stellten sich überhaupt seine vielen Handlungen der Untreue und Unterschlagung heraus. Über seinen Nachlaß wurde der Ronkurs eröffnet. Gestützt auf diesen unredlichen, auftragswidrigen Mißbrauch des unterschriebenen, unausgefüllten Abtretungsentwurfs (Blanketts) der früheren Testamentsvollstrecker durch J., erhoben die jetzigen Testamentsvollstrecker Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der drei oben bezeichneten Grundschuldbriefe. Die Beklagte widersprach, bestritt ein vollmachtswidriges Verfahren J.s und behauptete, jedenfalls in gutem Glauben gewesen zu sein. Die Rlage hatte in keinem der drei Rechtszüge Erfolg. Gründe: „Das Oberlandesgericht nimmt, gleich dem ersten Richter, auf Grund des gesamten Sachverhalts und namentlich auch nach der eidlichen Zeugenaussage des früheren Mittestamentsvollstreckers H. L. an, daß im vorliegenden Falle die Testamentsvollstrecker den J. tatsächlich bevollmächtigt haben, das von ihnen unterschriebene Formular in einer seinem Ermessen überlassenen Weise auszufüllen. Diese tatsächliche Feststellung ist an sich nach § 561 ZPO. für das Revisionsgericht bindend und sie rechtfertigt nach § 164 Abs. 1 BGB. die Klagabweisung. Aber die Revision greift jene Feststellung deshalb an, weil die Vollmacht in Wahrheit eine zeitlich und sachlich beschränkte gewesen sei und die Kläger durch eine neue Vernehmung von H. L. beweisen wollten, daß der nur mit Erhebung und Neubelegung von 33000 M. beauftragte J. den Testamentsvollstreckern mitgeteilt habe, er wolle eine bestimmte Zahl von Grundschuldbriefen veräußern, daß er sich gerade eine der Zahl dieser Grundschuldbriefe entsprechende Anzahl von Abtretungsformularen habe ausstellen lassen und daß er den Mißbrauch des hier in Frage stehenden Blanketts nur dadurch ermöglicht habe, daß er die ihm übergebenen Formulare nicht alle zu dem von ihm ausdrücklich angegebenen Zwecke verwendet habe. Allein der Vorderrichter hat diesen Beweisantritt keineswegs übersehen, sondern ausdrücklich gewürdigt. Er sagt darüber wörtlich:

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„Nach der bisherigen Aussage von H. L. ist nicht anzunehmen, daß er dies bezeugen kann. Aber es kommt auch hierauf nicht an. Denn sicher ist, daß auch nach dieser Darstellung die Testamentsvollstrecker dem J. durch Übersendung der unterschriebenen Formulare freie Hand ließen, noch jetzt seinem Ermessen zu folgen und andere als die zunächst bezeichneten Pöste zu verwerten. Wer ein Blankett unterschreibt, übernimmt damit das Risiko, daß nicht richtige Ausfüllung erfolgt." Allerdings kann der Grund, daß der Erfolg der Zeugenvernehmung unwahrscheinlich sei, nicht gelten. Auch war es immerhin möglich, daß dem J. bei Übergabe der Blankette bestimmte Weisungen für deren Benutzung im Sinne des § 166 Abs. 2 BGB. gegeben wurden. Aber schon nach § 398 Abs. 1 ZPO. brauchte der Berufungsrichter den H. L. nicht nochmals zu vernehmen, nachdem dieser im ersten Rechtszuge schon ausfuhrlich vernommen war und eingehende Aussagen gemacht hatte. Trotz seiner sich aus § 392 ZPO. ergebenden Pflicht, nichts zu verschweigen, hat er obigen Beweissatz nicht bestätigt, vielmehr das Gegenteil. Er hat eidlich ausgesagt, daß die früheren Testamentsvollstrecker die Auswahl der für die Kieler Hypothekenausleihung nötigen Kapitalien ganz dem Ermessen J.s, ihm auch die weiter nötigen Geschäfte, die Empfangnahme des Geldes und die Entgegennahme der neuen Grundschuldbriefe überlassen haben, auch daß er, der Zeuge, dem J. unbegrenztes Vertrauen entgegengebracht habe. Ferner hat der Zeuge beschworen, daß die Testamentsvollstrecker dem J. „eine ganze Menge" — unbekannt wieviel — Zessionsformulare ausgehändigt hätten. Der Zeuge ist also über den Inhalt des angeblich neuen Beweissatzes schon vernommen worden und seine Wiedervernehmung war schon aus dem äußerlichen Grunde des § 398 Abs. 1 ZPO. nicht erzwingbar. Überdies trägt die vom Oberlandesgerichte, gleich dem ersten Richter, gewonnene Überzeugung, daß J. vollkommen freie Hand hatte, über die bei ihm hinterlegten Grundschuldbriefe zu verfugen und der Beisatz, daß sich darin das Gericht durch eine neue Aussage H. L.s nicht erschüttern lassen würde, das Urteil für sich allein. Das Berufungsgericht stellt, wie auch das Landgericht, dessen Gründe es sich aneignet, mit genügender Begründung fest, daß J. nach außen imbeschränkte Vollmacht zur Verfugung über die Grundschuldbriefe und Abtretungsentwürfe hatte. Hiergegen ist auch der Hinweis der Revision unerheblich, daß die Vollmacht zeitlich beschränkt und mit Erledigung des Kieler Geschäfts nach § 168 BGB. erloschen war. Allerdings bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse, und die Revisionskläger meinen daher, daß nach Erledigung des auf Neuausleihung der 33000 M. in Kiel lautenden Auftrags durch den beauftragten J. auch dessen Ermächtigung zur Ausfüllung von Abtretungsentwürfen erloschen sei. Aber der Vorderrichter stellt eben im gegebenen Falle einwandfrei fest, daß die Vollmacht nicht auf den Zweck und die Dauer jenes Auftragsverhältnisses eingeschränkt, sondern nach außen — selbstverständlich in der Erwartimg nicht mißbräuchlicher Verwendung — unbeschränkt erteilt

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worden ist. Schon dieser Grund trägt nach § 164 Abs. 1 BGB. für sich allein das Berufungsurteil. Aber auch die weitere Erwägung des Oberlandesgerichts ist zutreffend, daß der Beklagten nicht zugemutet werden konnte, noch den Nachweis einer dem J. erteilten Vollmacht besonders zu erfordern, und daß sich nach allgemeinen Verkehrsauffassungen diese Vollmacht daraus ergeben habe, daß er die Abtretungserklärung der Testamentsvollstrecker mitsamt den Grundschuldbriefen vorlegte. Weder die Vollmachtserteilung selbst, noch die Bekanntgabe der Bevollmächtigung an Dritte ist nach § 167 BGB. an eine bestimmte Form oder Ausdrucksweise gebunden. Sie können auch durch Handlungen bewirkt werden, die sichere Schlüsse darauf zulassen. Wer einem andern Grundschuldbriefe und zugleich unterschriebene Abtretungsformulare anvertraut, gibt damit nicht nur dem andern, sondern auch jedem Dritten, der sich mit ihm einläßt, in der Regel zu erkennen, daß er den Urkundeninhaber zur freien Verfugung über jene Grundschuldbriefe ermächtigt habe. Der erkennende Senat hat sich schon in einem Urteile vom 16. September 1911 (Rep. V. 101/11) über einen ähnlichen Fall ausgesprochen wie folgt: „Dadurch, daß M. auf die Obligationen die Blankozessionen setzte und die hiermit versehenen Urkunden dem R. aushändigte, erlangte dieser die Ermächtigung über die Forderungen wie über die Urkunden frei zu verfugen. Auch war in den Kundgebungen M.s zugleich im voraus die Einwilligung in die von R. zu treffende Verfügung enthalten (§ 185 BGB.). Zwar richteten sie sich nicht an einen bestimmten Dritten, wohl aber an jeden, mit dem R. nach seiner Entschließung demnächst in Verhandlung trat und abschloß (§ 171 BGB.)." . . . Es liegt kein Grund vor, von dieser Entscheidung im gegebenen Falle, wo der Beklagten nicht nur ein bloßes Übertragungsblankett, sondern sogar eine vollausgefüllte, mit Unterschriftsbeglaubigung versehene Abtretungsurkunde nebst dazu gehörigen Grundschuldbriefen vorgelegt worden ist, abzugehen. Daraus und aus entsprechender Anwendung der §§ 171, 172 BGB. folgt, daß die Beklagte den J. als zur Veräußerung der drei bestrittenen Grundschuldbriefe, zu deren gültiger Abtretung und zur Entgegennahme der Gegenleistung dafür bevollmächtigt erachten durfte, falls er es in Wirklichkeit auch nicht gewesen sein sollte und daß, auch von dieser Betrachtungsweise aus beurteilt, die Klage imbegründet ist. Allerdings ist schon in dem soeben angezogenen Urteile des Senats eine Ausnahme anerkannt, und es muß auch hier hervorgehoben werden, daß sich die Beklagte, falls sie bei dem bestrittenen Geschäfte die mißbräuchliche Verwendung der Grundschuldbriefe und der Übertragungsurkunde durch }. gekannt hätte oder hätte kennen müssen, wie selbstverständlich ist und auch aus § 169 BGB. hervorgeht, auf eine Vollmachtserteilung der Testamentsvollstrecker nicht berufen könnte. Aber solchen bösen Glauben der Beklagten erachtet der Berufungsrichter nicht für gegeben und erklärt insbesondere auch den Umstand, daß J. die Grundschuld-

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briefe für eigene Darlehnsverbindlichkeiten hinterlegte, deshalb für unerheblich, weil sehr leicht denkbar war, daß J., wenn auch auf eigenen Namen, so doch für Rechnung der Testamentsvollstrecker die Anleihen abgeschlossen habe. Auch in dieser Erwägung ist kein Rechtsverstoß zu finden. Endlich ist nach dem gegebenen Sachverhalt auch die Feststellung des Berufungsrichters zutreffend und frei von Rechtsirrtum, daß nicht etwa eine, in Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 63 S. 230 für ungültig erklärte, Grundschuldübertragung in blanco, sondern eine Abtretung mittels vollständig ausgefüllter Übertragungsurkunde vorliege." . . . RGZ. 8i, 325 Kann eine Gesamtvertretung wirksam in der Weise ausgeübt werden, daß von den beiden Vertretern nur der eine nach außen handelt, während der andere ihm durch eine an ihn gerichtete Erklärung Vollmacht oder Genehmigung erteilt ? BGB. §§ 167, 177, 182. II. Zivilsenat. Urt. v. 14. Februar 1913. I. Landgericht Kiel.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Steinproduzenten und Baumaterialienhändler von K. berieten im Jahre 1910 über einen Vertrag mit der in E. ansässigen Klägerin, wodurch deren Wettbewerb gegen Gewährung einer Abfindimg ausgeschaltet werden sollte. Ob der Vertrag mit allen K.er Firmen, namentlich mit der verklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zustande gekommen war, wurde später streitig. Die Klägerin ging davon aus, daß ein gewisser M. Vollmacht gehabt habe, für sämtliche K.er Firmen abzuschließen. Außerdem behauptete sie, die Vertragsurkunde sei zwar namens der Beklagten nur von A., dem einen der beiden gesamtberechtigten Geschäftsführer, unterzeichnet, doch habe der andere Geschäftsführer B. dem A. seine Zustimmimg hierzu erklärt. Das Reichsgericht, das das Berufungsurteil aufhob, äußerte sich über diese letztere Behauptung in folgenden Gründen: . . . „Die Klägerin hatte geltend gemacht, B. habe dem A. Vollmacht erteilt, das Geschäft mit ihr abzuschließen, zum mindesten habe er das vollmachtlos geschlossene Geschäft nachträglich dem A. gegenüber genehmigt. Würde sich bei der erneuten Verhandlung eine Ermächtigung M.s nicht erweisen lassen, so würde es darauf ankommen, ob dies mit Recht als unerheblich bezeichnet ist. Die Untersuchung ist nicht zu umgehen, ob die Ansicht des Oberlandesgerichts, Vollmacht und Genehmigung zum Handeln A.s hätten der Klägerin gegenüber erklärt werden müssen, gebilligt werden darf.

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Wird durch Gesetz oder Rechtsgeschäft bestimmt, daß mehrere Vertreter nur zusammen zur Vertretung berechtigt sein sollen, so wird damit ein gleichzeitiges Handeln nicht verlangt. Die mehreren dürfen einzeln nacheinander tätig werden. Dem Streben nach Klarheit wird allerdings am besten gedient, wenn man für ein gesondertes Tätigwerden zur Bedingung macht, daß jeder Vertreter die in Frage stehende Erklärung gegenüber dem Dritten abgibt. Läßt man es genügen, wenn von zwei Vertretern nur der eine nach außen handelt, während der andere ihm vorher oder nachträglich zustimmt, so kann im Einzelfälle leicht Streit entstehen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Daher war die ältere Rechtsübung über den Satz einig, daß die Zustimmung des Gesamtvertreters kein innerer Vorgang unter den Vertretern bleiben dürfe, vielmehr gegenüber dem Dritten zu äußern sei (vgl. das Urteil des erkennenden Senats Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 40 S. 18 flg.). Als das bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat, boten dessen Vorschriften keinen zwingenden Anlaß, von diesem Standpunkt abzugehen. Freilich bestimmen § 167 Abs. 1 und § 182 Abs. 1, daß Bevollmächtigung und Genehmigung ebensowohl dem Vertreter wie dem Vertragsgegner erklärt werden können. Aber es war nicht nötig, die Erklärung des „zustimmenden" Gesamtvertreters als Zustimmung zum fremden Rechtsgeschäft aufzufassen. Der Gedanke der Gesamtvertretung schien es im Gegenteil zu fordern, daß man ein Stück des Vertragsschlusses darin erblickte, so daß sich die Erklärung ihrem Wesen nach von der des „handelnden" Gesamtvertreters nicht unterschied. Beide Erklärungen waren danach Teilerklärungen, die erst in ihrem Zusammenschluß eine Vertragserklärung ausmachten. Hatte einstweilen nur der eine Vertreter seine Erklärung abgegeben, so lag der Fall des § 177 nicht vor. Die Erklärung des anderen Vertreters, die zur Wirksamkeit des Vertrags hinzukommen mußte, war keine Genehmigimg im Rechtssinne, sondern eine ergänzende Resterklärung und mußte, wie der bisher geäußerte Teil, an den Vertragsgegner gerichtet werden. Diese Rechtsauffassung legte der Senat in der Entscheidung Bd. 61 S. 223 eingehend dar; sie fand den Beifall von Oertmann, Allgem. Teil S. 543. Die Notwendigkeit, nach außen zu handeln, wurde später noch wiederholt eingeschärft, wenn auch der Ausdruck Genehmigung der Bequemlichkeit halber weiter gebraucht wurde. In dem Urteil im Recht 1907 S. 823 wurde ausgesprochen, was bei der Genehmigung rechtens sei, müsse auch für die Bevollmächtigung gelten. Wo sich Zweifel aufdrängten, ob die Ergebnisse der Billigkeit entsprachen, suchte der Senat durch die Annahme eines stillschweigend nach außen betätigten Willens nachzuhelfen; vgl. Jur. Wochenschrift 1908 S. 151 flg. und Entsch. in Zivils. Bd. 75 S. 419. Indessen hat sich in der Rechtsanwendung doch gezeigt, daß die Konstruktion der Teilerklärung gegenüber den Bedürfnissen des Verkehrs nicht durchgeführt werden kann. Zwar über das Datum des Geschäfts — Wirksamwerden erst mit Hinzutritt der vervollständigenden Erklärung ohne die Rückwirkung des § 184 BGB. — hatte das Reichsgericht, soweit zu

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ersehen, keine Gelegenheit zu entscheiden. Eine abweichende Stellungnahme gebot sich aber schon mit Bezug auf den Formzwang bei formbedürftigen Rechtsgeschäften. Müßte die Zustimmungserklärung des bisher untätig gebliebenen Gesamtvertreters wirklich als Teil des Geschäfts betrachtet werden, so wäre sie, nicht minder wie die Erklärung des anderen Vertreters, an die durch Gesetz oder Rechtsgeschäft vorgeschriebene Form gebunden. Dem steht die natürliche Anschauung entgegen, wonach eine Formvorschrift, sofern nicht ausdrücklich die Beobachtung durch jeden Gesamtvertreter angeordnet ist, bei Beobachtung durch einen von ihnen als erfüllt gilt. Daran hat das Reichsgericht auch unter dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs festgehalten. Der 1. Zivilsenat hatte es in dem Falle Jur. Wochenschr. 1901 S. 518flg. mit einem Wechselindossament, in dem Falle Entsch. in Zivils. Bd. 63 S. 96 mit einem Aktienzeichnungsschein zu tun, die beide nur von einem der zwei Gesamtvertreter gezeichnet waren. Die gesetzliche Form (WO. Art. 11, 12 HGB. § 281) wurde in jedem dieser Fälle als gewahrt angesehen und dabei bemerkt, die Wirksamkeit des Geschäfts hänge gemäß § 177 Abs. 1, § 182 Abs. 1, 2 BGB. von der formlosen Genehmigung des anderen Vertreters ab. Ebenso erkannte der 3. Zivilsenat erst kürzlich, die Unterzeichnung eines auf mehrere Jahre geschlossenen Grundstücksmietvertrags durch einen der gesamtberechtigten Vertreter genüge der Vorschrift des § 566 BGB., während alles übrige Sache der formfreien Zustimmung sei (Rep. III. 343/12 vom 6. Dezember 1912). Auch in der Frage der Adresse der Zustimmungserklärung ist der frühere Standpunkt inzwischen verlassen worden. In der Entscheidung des 2. Zivilsenats Entsch. in Zivils. Bd. 80 S. 180 handelte es sich, genau wie in der soeben erwähnten des 3. Senats, um eine Genossenschaft mit einem dreigliedrigen Vorstand, von dessen Mitgliedern je zwei zusammen zur Vertretung berechtigt waren. Beide Senate haben die Ansicht gebilligt, daß ein einzelnes Vorstandsmitglied durch die ihm gegenüber abgegebene Bevollmächtigungserklärung eines anderen Mitglieds instandgesetzt werden konnte, die Genossenschaft vertragsmäßig zu verpflichten. Nur wurde darauf hingewiesen, daß die Bevollmächtigung und, wie der 3. Senat mit Rücksicht auf den ihm unterbreiteten Fall hinzufugte, auch die Genehmigung, eine Erklärung im Namen des Vertretenen bedeute, mithin stets durch so viel Vertreter vorgenommen werden müsse, wie zur Vertretung zusammenzuwirken hätten. Habe ein Gesamtvertreter seine Zustimmung dem nach außen tätig gewordenen anderen Gesamtvertreter erklärt und sei dieser damit einverstanden gewesen, so reiche das hin, um bei dem Tätigen selber eine Zustimmung anzunehmen. Durch § 181 BGB. werde die Wirksamkeit einer solchen Zustimmung nicht gehindert. Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassimg läßt sich auch aus dem Gesetze nachweisen. Nach dem neuen HGB. § 125 Abs. 2 Satz 2 können die zur Gesamtvertretung einer offenen Handelsgesellschaft berechtigten Gesellschafter einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen, und das gleiche verordnet

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§ 232 Abs. 1 Satz 2 für gesamtberechtigte Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Weder ist eine Ausnahme für formbedürftige Geschäfte gemacht, noch ist vorgeschrieben, daß die Ermächtigung selber der Form bedürfte. Zugleich lassen die Vorschriften deutlich erkennen, daß sie, mindestens in erster Linie, eine an den handelnden Vertreter gerichtete Bevollmächtigung im Auge haben. Wird dies schon durch den Wortlaut nahegelegt, so kommt vor allem in Betracht, daß bei „bestimmten Arten von Geschäften" ein konkreter Geschäftsgegner, dem die Vollmacht erklärt werden könnte, regelmäßig noch gar nicht vorhanden ist. Auch die Denkschrift zum HGB. S. 91 liefert hierfür Beweis, indem sie erwägt, bei Erteüung der Ermächtigung habe der zu. ermächtigende Gesamtvertreter, streng genommen, selbst mitzuwirken, die neue Vorschrift sei daher notwendig, um ein aus § 181 BGB. herzuleitendes Bedenken zu beseitigen. Wäre daran gedacht worden, daß die Ermächtigung dem Geschäftsgegner erklärt werden müsse, so würde das Bedenken überhaupt nicht aufgetaucht sein. Es versteht sich von selbst, daß eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, schon weil sie typisch in der Mitte steht zwischen der offenen Handelsgesellschaft und der Aktiengesellschaft, in der hier fraglichen Beziehung von den beiden anderen Gesellschaftsarten nicht getrennt werden könnte. Die Bedeutung der erörterten Gesetzesvorschriften geht aber über diese gegenüber der jetzigen Beklagten hinreichende Schlußfolgerung weit hinaus. Es muß in jenen Vorschriften der Gesetzeswille erblickt werden, daß in allen Fällen der Gesamtvertretung der eine Vertreter dem anderen durch eine an ihn gerichtete formlose Erklärung Vollmacht verschaffen kann. Auch von der Genehmigimg muß das gleiche angenommen werden, da für eine unterscheidende Behandlung der vorherigen und der nachträglichen Zustimmung kein Grund ersichtlich ist. Damit ist der Gedanke der Teilwülenserklärung abgelehnt. Der Satz, daß die Zustimmung eines Gesamtvertreters nicht innere Angelegenheit der Vertreter bleiben dürfe, hat seine Berechtigung verloren. Nur darf hierbei ein Doppeltes nicht außer acht gelassen werden. Zunächst, daß die Zustimmung von der vertretenen Gesellschaft, Genossenschaft usw. ausgehen muß. Erklärt beim Vorhandensein von nur zwei Vertretern der zweite dem ersten nachträglich zu dessen Handeln seine Genehmigung, so setzt die Erklärung zu ihrer Wirksamkeit die Fortdauer des Einverständnisses des ersten Vertreters voraus. Sodann ist nicht zu übersehen, daß sich die Erklärung des handelnden Gesamtvertreters nach außen hin als fertige Vertragserklärung darzustellen hat. Ist z. B. die Urkunde von einem der beiden Vertreter unterschrieben, so darf dieser das so gezeichnete Schriftstück nicht erkennbar als bloßen Entwurf behandelt haben. Die entwickelten Grundsätze finden keine Anwendung, wenn ein in bestimmter Art zu erklärender Beitritt des anderen Vertreters, insbesondere die Mitunterschrift der Urkunde, dem Dritten gegenüber vorbehalten wird.

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Im vorliegenden Falle war behauptet, B. habe dem A. Vollmacht und Genehmigung erklärt. Eine Behauptung des Inhalts, daß zwischen dem Vertreter der Klägerin und A. die Nachholung der Unterschrift B.s besprochen wäre, ist bis jetzt nicht aufgestellt worden. Das Berufungsgericht wird sich danach von neuem der Prüfung zu unterziehen haben, ob eine wirksame Zustimmung erteilt worden ist."

R G Z . 83,241 Haftet der Vertretene d e m Vertragsgegner auf Ersatz des E r füllungsinteresses, w e n n der Vertreter bei d e m innerhalb seiner Vollmacht liegenden A b s c h l u ß eines Kaufvertrag« d e m Vertragsgegner arglistig das Vorhandensein einer E i g e n s c h a f t der Kaufsache vorgespiegelt hat ? BGB. §§ 463, 164, 166. V. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 1. November 1913.

Das Urteil ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". R G Z . 88, 430 Wird d e m § 172 BGB. d a d u r c h g e n ü g t , d a ß der vorgebliche Vertreter eine in seinen H ä n d e n befindliche beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde d e m Dritten vorlegt oder sich i h m g e g e n ü b e r auf diese Abschrift beruft ? BGB. § 172. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht I Berlin.

Urt. v. 5. Oktober 1916. II. Kammergericht daselbst.

Die obige Frage wurde verneint aus folgenden Gründen: „Nach den Feststellungen des Berufimgsgerichts hat die Beklagte unter dem 17. Juni 1912 eine Generalvollmacht ausgestellt, wonach sie ihren Ehemann ermächtigt, sie in allen ihren Angelegenheiten . . . zu vertreten. Seine Vertretungsmacht soll sich ohne jede Ausnahme auf alle Rechtsgeschäfte erstrecken, welche von der Beklagten und ihr gegenüber vorgenommen werden können. Er soll auch ermächtigt sein, in ihrem Namen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Die Unterschrift ist notariell beglaubigt worden. Die Beklagte wird aus einer Bürgschaftserklärung in Anspruch genommen, die ihr Ehemann in ihrem Namen abgegeben hat.

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Wie das Berufungsgericht indessen weiter feststellt, hat die Beklagte diese Vollmacht, ihres weitergehenden Wortlauts ungeachtet, ihrem Ehemanne mit der Beschränkung erteilt, daß sie nur bei dem Gründungsvertrage der Kurhaus-Schloß-P.-Gesellschaft m. b. H. zwecks Regulierung von Hypothekenangelegenheiten verwandt werden sollte. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht hiernach an, daß der Ehemann der Beklagten die Bürgschaftserklärung für diese ohne Vollmacht abgegeben habe und die Beklagte, die die Erklärung auch nicht genehmigt habe, hieraus nicht verpflichtet sei. Die Klägerin hat demgegenüber den Schutz des § 172 BGB. in Ansprach genommen: bei Abgabe der Bürgschaftserklärung habe der Ehemann der Beklagten die Vollmachturkunde vom 17. Juni 1912, die er von der Beklagten unstreitig ausgehändigt erhalten habe, vorgelegt. Oer Einwand kann indessen nach den weiteren Feststellungen des Berufimgsgerichts das Klagebegehren nicht stützen. Das Berufungsgericht hält nämlich für erwiesen, daß die damals vorgelegte Urkunde nicht die Urschrift der Vollmacht, sondern eine — sei es beglaubigte oder nicht beglaubigte — Abschrift gewesen ist. Damit ist den Erfordernissen des § 172 BGB. in der Tat nicht genügt. Nach den Vorschriften der §§ 167, 170 bis 172, über deren Zusammenhang sich bereits die Entscheidung des erkennenden Senats RGZ. Bd. 56 S. 63 ausspricht, ist, wenn jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch öffendiche Bekanntmachung kundgegeben hat, daß er einen anderen bevollmächtigt habe, dieser auf Grund der Kundgebung im ersten Falle dem Dritten, im anderen Falle jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt. In § 172 wird einer besonderen Mitteilung an den Dritten der Fall gleichgestellt, wenn der Vollmachtgeber dem Vertreter eine Vollmachturkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt: die Aushändigung der Urkunde an den Vertreter gilt als eine auf Mitteilung der erteilten Vollmacht an den Dritten gehende Willenserklärung des Vollmachtgebers, und die Vorlegung der dem Vertreter ausgehändigten Urkunde an den Dritten soll diesem die Gewähr bieten, daß eine Bevollmächtigung nach Maßgabe der vorgelegten Urkunde dem als Bevollmächtigter Auftretenden erteilt ist. Es leuchtet ein, daß es hierzu der Urschrift der Vollmachtsurkunde bedarf. Die Abschrift einer solchen kann allenfalls beweisen, daß der Bevollmächtigte einmal Vollmacht erhalten hat, nicht aber, daß er die Vertretungsmacht noch besitzt. Der Bevollmächtigte kann sich, solange er im Besitze der Urschrift der Vollmachtsurkunde ist, davon Abschriften in unbeschränkter Zahl fertigen und beglaubigen lassen; daß er im Besitze der Vertretungsmacht ist, kann nur durch den Besitz derjenigen Urkunde dargetan werden, die er eben vom Vollmachtgeber erhalten hat. Daran kann auch der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts ändern, daß der Ehemann der Beklagten zur Zeit der Abgabe der Bürgschaftserklärung die Urschrift der Vollmacht unstreitig noch besessen und dem Zeugen K., der die Erklärung als Vertreter der Klägerin entgegen-

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nahm, die Vollmachtsabschrift mit dem Bemerken vorgezeigt hat, diese Urkunde sei eine notariell beglaubigte Abschrift der ihm von seiner Frau erteilten Vollmacht; sie habe dieselbe Bedeutung wie die Urschrift der Vollmacht. Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung RGZ. Bd. 56 S. 63 ausgeführt hat, muß nach dem Wortlaute, nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Vollmachturkunde (Urschrift) — sinnfällig — zur Hand oder doch vor Augen gestellt werden. Es genügt nicht, wenn die Vollmachtsurkunde nach Inhalt, Beschaffenheit oder besonderen Rennzeichen genauer bezeichnet, aber nicht vorgelegt, der sinnlichen Wahrnehmung des Dritten nicht unmittelbar zugänglich gemacht wird. Läßt sich der Dritte, auf die bloße Angabe des angeblich Bevollmächtigten vertrauend, mit diesem als Vertreter ein, so handelt er auf seine eigene Gefahr, und zwar gleichermaßen wegen Bestehens der Vertretungsmacht überhaupt wie ihres näheren Umfanges. Es kann endlich auch nicht etwa, wie die Revision meint, darauf ankommen, daß, wenn die Urschrift der Vollmachtsurkünde vom 17. Juni 1912 vorgelegt worden wäre, hieraus die in Rede stehende Beschränkung der Vertretungsmacht gar nicht zu ersehen gewesen wäre, der Wortlaut der Vollmacht vielmehr nur den Glauben an das Bestehen der umfassenden Vertretungsmacht bei der Klägerin oder ihrem Vertreter hätte bestärken können. In dieser Hinsicht genügt es, auf die Ausführungen der Entscheidung RGZ. Bd. 56 S. 63flg., 69 zu verweisen. Der Inhalt der Urkunde ist dem Dritten gegenüber voll wirksam, nur sofern ihm die Urkunde (Urschrift) vorgelegt ist; ist dies nicht geschehen, so bleibt das Bestehen der Vertretungsmacht eine offene Frage, und der Dritte, der sich solchenfalls auf das Bestehen der Vertretungsmacht verläßt, handelt auf seine Gefahr." . . . RGZ. 89, 367 1. Kann ein Vertreter im Namen des Vertretenen zugunsten eines von ihm gleichfalls vertretenen Dritten eine Hypothek bestellen ? 2. Sind Gesellschaftsbeschlüsse einer Gesellschaft m. b. H. nichtig oder nur anfechtbar, wenn: a) der Gegenstand, über welchen Beschluß gefaßt worden ist, in der den Gesellschaftern mitgeteilten Tagesordnung nicht bezeichnet war; b) bei der Beschlußfassung über ein mit einem Gesellschafter vorzunehmendes Rechtsgeschäft dieser mitgestimmt hat? BGB. § 181. GmbHG. §§ 51 Abs. 2, 47 Abs. 4. V. Zivilsenat. Urt. v. 3. Februar 1917. I. Landgericht München II.

II. Oberlandesgericht daselbst.

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In der notariellen Urkunde vom 24. März 1914 haben Franz Sp. und Ludwig Fr. namens der Firma „Grand Hotel Post T." G. m. b. H., deren zur gemeinschaftlichen Vertretung berechtigte Geschäftsführer sie waren, erklärt, daß die Firma I. K. & F. Sp. G. m. b. H. in Regensburg (die jetzige Beklagte) ihrer Gesellschaft einen Baukredit in laufender Rechnung eröffnet habe und daß sie zur Sicherstellung der Gläubigerin für alle aus diesem Kreditverhältnis bisher schon entstandenen und noch entstehenden Forderungen eine Sicherungshypothek bis zum Höchstbetrage vom 60000 M zur nächstoffenen Rangstelle an dem Anwesen der Schuldnerin, Haus Nr. 5 und 6 in T., „errichten", auch die Eintragung dieser Hypothek im Grundbuche bewilligen und beantragen. Auf Grund dieser Urkunde wurde die Sicherungshypothek am 28. März 1914 im Grundbuche von T. eingetragen. Die Gesellschaft m. b. H. „Grand Hotel Post in T." ist am 13. Mai 1914 aufgelöst, und am 22. Juli 1914 ist über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden. Die klagende Gesellschaft m. b. H. „Hotel zur Post" in T. hat von der Konkursmasse der aufgelösten Gesellschaft „Grand Hotel Post T." das Anwesen Haus Nr. 5 und 6 in T. käuflich erworben, und zwar um die der Sicherungshypothek der Beklagten vorgehende Belastung zuzüglich 1500 M. In dem Kaufvertrage ist bemerkt, die Vertragschließenden seien darüber einig, daß die Eintragung der Hypothek zu Unrecht erfolgt und daß die Gläubigerin bereits unter Klagandrohung zur Löschung aufgefordert worden sei; die Käuferin übernehme daher diese Hypothek nur „in dinglicher Haftimg". Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte für schuldig zu erklären, in die Löschung der für sie eingetragenen Sicherungshypothek zu willigen. Die Vorinstanzen haben dem Klagantrag entsprechend erkannt. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufimgsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Aus den G r ü n d e n : ,.1. Die Klägerin stützt den Klagantrag auf Löschung der auf ihrem Grundstücke zum Höchbetrage von 60000 M eingetragenen Sicherungshypothek in erster Linie auf die Behauptung, daß ein das Grundstück belastendes dingliches Hypothekenrecht nicht entstanden sei. Denn das Rechtsgeschäft, durch welches die Hypothek bestellt wurde, habe der Geschäftsführer der Beklagten, Sp., in seiner Eigenschaft als deren Vertreter dem § 181 BGB. zuwider mit sich selbst in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Geschäftsführer und Vertreter der damaligen Grundstückseigentümerin, der G. m. b. H. „Grand Hotel Post T." abgeschlossen; es sei deshalb unwirksam. Der Berufungsrichter hat in Ubereinstimmung mit dem Landgerichte diesen Klagegrund für durchgreifend erachtet. Er führt unter Bezugnahme auf das in der Leipz. Zeitschr. 1909 S. 304 veröffentlichte Urteil des Reichsgerichts II. Zivilsenats vom 12. März 1909 zunächst aus, die Bestimmung des § 37 Abs. 5 Satz 1 GmbHG., wonach gegen dritte Personen eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesell-

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schaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung hat, beziehe sich nicht auf die allgemeinen gesetzlichen Beschränkungen wie die des § 181 BGB. Daß aber der Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b. H. in deren Namen mit sich als Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft m. b. H. ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen könne, soweit die in § 181 zugelassenen Ausnahmen nicht vorlägen, ergebe der klare Inhalt dieser Gesetzesbestimmung. Der Einwand der Beklagten, daß die Bestellung der Sicherungshypothek nicht als Vornahme eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 181 anzusehen sei, gehe fehl; die zur Belastung eines Grundstücks mit einem Rechte nach § 873 erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teiles über den Eintritt der Rechtsänderung, der sog. dingliche Vertrag, sei ein unter § 181 fallendes Rechtsgeschäft. Der Berufungsrichter eignet sich in dieser Beziehung im übrigen die einschlägigen Rechtsausführungen des Landgerichts an. Dieses hatte ausgeführt, ein der Vorschrift des § 181 zuwiderlaufendes Rechtsgeschäft würde im gegebenen Falle auch dann vorliegen, wenn man sich der bei Planck (4. Aufl. Note l e a zu § 181) vertretenen Ansicht anschließen wollte, derzufolge ein Fall des verbotenen Mit-Sich-Selbstkontrahierens an sich nicht vorliege, wenn der Vertreter ein rein einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft vornehme, das ihm zum Vorteile gereiche, so wenn er wie hier sich als eigener Person oder als dem Vertreter eines Dritten im Namen des Vertretenen an dessen Grundstück eine Hypothek bestelle. Denn auch in solchem Falle wäre § 181 nur unter der Voraussetzung nicht verletzt, daß die der Hypothek zugrunde liegende Einigung sich ohne ein Zusammentreffen von Gläubiger und Schuldner in ein und derselben Person vollzogen habe. Nicht von wem die Eintragungsbewilligung im Sinne der GBO. (§§ 19flg.) herrühre, sondern zwischen welchen Personen die nach § 873 BGB. zur Belastung des Grundstücks mit der Hypothek notwendige Einigung über den Eintritt der Rechtsänderung stattgefunden habe, sei ausschlaggebend; die Einigung aber sei ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, welches ein Vertreter namens des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten nach § 181 BGB. regelmäßig nicht vornehmen könne. Im vorliegenden Falle könne die Einigung wie der Zusammenhang mit Notwendigkeit ergebe, nur zwischen Sp. und Fr. als den beiden nach § IX der Satzung zur Vertretung der G. m. b. H. „Grand Hotel Post" nur gemeinschaftlich ermächtigten Geschäftsführern einerseits und dem Sp. als Geschäftsführer der Beklagten als der Gläubigerin anderseits stattgefunden haben. Daß Sp., der ja auch unbestritten vor dem Grundbuchamt in T. als alleiniger Vertreter der Beklagten in dieser Angelegenheit aufgetreten sei, bei der Einigung mitgewirkt habe, dulde keinen Zweifel. Wie der Gesellschaftsvertrag der Beklagten die Vertretungsbefugnis der beiden Geschäftsführer regle, sei allerdings nicht festgestellt. Sollte gemäß der gesetzlichen Regelung in § 35 GmbHG. Kollektiwertretung vorgeschrieben sein, so habe Sp. bei der Einigung mindestens neben dem anderen Geschäftsführer K. mitgewirkt. Sei jedoch jeder von beiden Geschäftsführern für sich allein vertretungsberechtigt gewesen, so sei den

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Umständen nach Sp. als derjenige anzusehen, welcher die maßgebende Verabredung getroffen habe. Der Beklagte habe auch nicht behauptet, daß etwa K. allein dies ohne Mitwirkung Sp.s getan habe; eine solche Behauptung würde überdies keinen Glauben verdienen. Diesen Ausführungen des Landgerichts hat der Berufiingsrichter noch hinzugefugt, es sei jetzt durch Vorlegung des Registerauszugs festgestellt, daß jeder der beiden Geschäftsführer der Beklagten zu ihrer Vertretung berechtigt sei. Das neuerliche Vorbringen der Beklagten aber, daß ihr Prokurist Jakob K. die Hypothekenbestellung veranlaßt habe, sei für die Entscheidung hinsichtlich der Voraussetzungen des § 181 BGB. ohne rechtliche Bedeutung, weil bei der in Frage stehenden Grundstücksbelastung der Einigungsakt erst mit und durch die Hypothekenbestellung vom 24. März 1914, bei welcher „lediglich Sp. als Geschäftsführer der beiden Gesellschaften m. b. H." mitgewirkt habe, als erfolgt zu erachten sei. Mit Unrecht wendet die Revision gegen diese Ausführungen des Berufungsrichters ein, die Mitwirkung der Beklagten bei der Bestellung der Sicherungshypothek sei deshalb nicht notwendig gewesen, weil die Bewilligung der Eintragung ein einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft sei, das nicht unter § 181 falle. Es ist vielmehr der Auffassung des Beruflingsrichters beizustimmen, daß zur Belastung des Grundstücks mit der Hypothek gemäß § 873 BGB. die Einigung der G. m. b. H. „Grand Hotel zur Post" als der damaligen Grundstückseigentümerin mit der Beklagten erforderlich war und daß eine solche Einigung ein zwischen den Beteiligten miteinander abzuschließendes Rechtsgeschäft ist, das als solches unter § 181 BGB. fallt. Die dingliche Einigung im Sinne des § 873 BGB. erfordert übereinstimmende auf die Entstehung oder Veränderung eines dinglichen Rechtes gerichtete Willenserklärungen des Berechtigten und des anderen Teiles, die die Natur von Vertragserklärungen haben und daher von dem einen Teile gegenüber dem anderen abzugeben sind. Auch eine Hypothek kann wie jedes andere dingliche Recht nur durch eine solche Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Gläubiger, nicht durch einseitige Erklärung des Grundstückseigentümers entstehen. Die einseitige Erklärung des Grundstückseigentümers, daß er die Hypothek bewillige, genügt allerdings zur Eintragung der Hypothek in das Grundbuch (§ 19 GBO.). Durch die Eintragung entsteht aber die Hypothek nicht, wenn ihr keine dingliche Einigung zugrunde liegt; vielmehr ist in solchem Falle das Grundbuch unrichtig. Wenn in der vierten Auflage des Planckschen Kommentars zum BGB. an der vom Landgericht angeführten Stelle (Erläuterung le a zu § 181) gelehrt wird, ein Mit-Sich-Selbst-Kontrahieren liege nicht vor, „wenn der Bevollmächtigte sich als eigner Person im Namen des Vertretenen an dessen Grundstück eine Hypothek bewilligt," da es sich dabei um ein „einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft" handle, so kann das, sofern damit gesagt sein soll, daß durch ein solches Rechtsgeschäft eine Hypothek zur Entstehung gebracht werden könne, nicht gebilligt werden, und eine solche Auffassung wird auch durch die

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dort angeführte Rechtsprechung nicht gestützt. Das Landgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß das von Planck angeführte Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 19. Juni 1906 (Rechtspr. d. OLG. Bd. 13 S. 330; Bayerische Zeitschrift 1906 S. 296; Zentralblatt für freiw. Gerichtsbarkeit Bd. 7 S. 709) überhaupt nicht einschlägt, weil in dem dort entschiedenen Falle der Bevollmächtigte nicht sich, sondern für seine eigene Schuld einem Dritten eine Hypothek an dem Grundstücke des Vollmachtgebers bewilligt hatte. Der außerdem noch von Planck für seine Ansicht angeführte Beschluß des Landgerichts Dresden vom 5. Oktober 1900 (Zentralbl. für freiw. Gerichtsbarkeit Bd. 2 S. 325) betrifft nicht die Bewilligung der Eintragung einer Hypothek, sondern die Bewilligung der Löschung einer solchen, und es wird dort lediglich ausgeführt, daß die Eintragungsbewilligung als solche, soweit sie eine dingliche Einigung nicht voraussetzt, nicht unter § 181 falle. Ebenso Kammergericht vom 20. Dezember 1909 (Seuff. Bl. für Rechtsanw. Bd. 72 S. 296). Anderseits steht die Literatur und Rechtsprechung überwiegend auf dem Standpunkte, daß das Grundbuchamt es abzulehnen habe, eine Hypothek auf dem Grundstücke des Vertretenen auf Grund der von einem nicht besonders ermächtigten Vertreter zu seinen eignen Gunsten erklärten Eintragungsbewilligung einzutragen, weil § 181 auf die Eintragungsbewilligung als solche zwar nicht unmittelbar zutreffe, aber doch entsprechend angewendet werden müsse (vgl. Predari, Grundbuchordnung, Erläuterung zu § 19 Nr. 35 (S. 357); Kammergericht vom 19. Juni 1911 (Jahrbuch Bd. 41 S. 168); Kammergericht vom 25. Januar 1909 (Seuff. Bl. für Rechtsanw. Bd. 74 S. 640). Ob das richtig ist, kann hier dahingestellt bleiben, denn es handelt sich hier nicht darum, ob die Eintragung nicht hätte erfolgen dürfen, sondern um die Frage, ob das materielle Hypothekenrecht zur Entstehung gelangt ist. Dafür ist, wie das Landgericht zutreffend hervorhebt, nicht die Eintragungsbewilligung maßgebend, sondern die Einigung. Eine solche Einigung, die allerdings keiner Form bedarf, könnte aus der notariellen Urkunde vom 24. März 1914, in der lediglich die einseitige Bewilligungserklärung der Vertreter der Gesellschaft m. b. H. „Grand Hotel zur Post" verlautbart ist, nur etwa insofern entnommen werden, als angenommen werden dürfte, daß Sp. zugleich als Vertreter der Beklagten dieser Erklärung stillschweigend zugestimmt habe. Unterstellt man das aber, so hat Sp. gleichzeitig als Vertreter der Grundstückseigentümerin und der Gläubigerin gehandelt, also das Rechtsgeschäft der Einigung im Sinne des § 181 BGB. mit sich selber abgeschlossen. — Zuzugeben ist der Revision, daß dem Berufungsrichter insofern eine Ungenauigkeit untergelaufen ist, als er ausführt, bei der Hypothekbestellung vom 24. März 1914 habe lediglich Sp. als Geschäftsführer der beiden Gesellschaften m. b. H. mitgewirkt, während nach dem Inhalte der notariellen Urkunde, der vorgetragen ist, und nach den Feststellungen des Landgerichts, denen sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, in Wirklichkeit als Vertreter der Gesellschaft Zivils. Allgem. Teil 4



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m. b. H. „Grand Hotel Post" außer Sp. auch der andere Geschäftsführer dieser G. m. b. H. Fr. mitgewirkt hat. Aber dieses offenbare Versehen ist für die Entscheidung bedeutungslos, da, wie der Berufungsrichter ausdrücklich festgestellt hat, Sp. und Fr. nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft m. b. H. berechtigt waren. Daß aber die Kollektiwertretung auf der einen, die Einzelvertretung auf der anderen Seite die nach § 181 vorausgesetzte und notwendige Personenidentität ausschlösse, kann der Revision nicht zugegeben werden. Vielmehr steht auch in solchem Falle dieselbe Person als Vertreter auf beiden Seiten, auf der einen Seite allein, auf der anderen als eine der mehreren Personen, deren Mitwirkung zum Zustandekommen einer für den Vertretenen rechtsverbindlichen Willenserklärung erforderlich ist. 2. Stellt sich sonach die Annahme des Berufungsrichters, daß durch die in der notariellen Urkunde vom 24. März 1914 enthaltenen Erklärungen die zur Entstehung der Hypothek erforderliche dingliche Einigung zunächst nicht in rechtswirksamer Weise zustande gekommen sei, als frei von Rechtsirrtum dar, so fragt sich doch, ob eine solche Einigung nicht durch anderweitige, außerhalb der Urkundenerrichtung liegende Vorgänge zustande gekommen ist. In dieser Beziehung hat die Beklagte behauptet, daß die Bewilligung der Hypothek durch ihren Prokuristen Jakob K. veranlaßt worden sei. Die Begründimg, mit welcher der Berufungsrichter diese Behauptung als rechtlich bedeutungslos zurückweist, ist, wie der Revision zugegeben werden muß, nicht bedenkenfrei. Die Behauptung war offensichtlich so zu verstehen, daß K. die Vertreter der Gesellschaft m. b. H. „Grand Hotel zur Post" Sp. und Fr. dazu veranlaßt haben soll, die Hypothekenbestellungserklärung abzugeben. Erweist sich diese Behauptimg als wahr, so würde es nahe liegen, anzunehmen, daß bereits vor Errichtung der notariellen Urkunde die erforderliche dingliche Einigung zwischen K. als dem Vertreter (Prokuristen) der G. m. b. H. K. & Sp. einerseits und den genannten Vertretern der G. m. b. H. „Grand Hotel zur Post" anderseits zustande gekommen ist, also in einer Weise, der § 181 BGB. nicht entgegenstände. Der Berufungsrichter hat ferner außer acht gelassen, daß die Einigung der Eintragungsbewilligung und der Eintragung auch nachfolgen kann (vgl. RGin Jur. Wochenschr. 1905 S. 290 Nr. 15 und 1912 S. 296 Nr. 15). Es wäre deshalb zu prüfen gewesen, ob nicht eine dingliche Einigung in einer dem § 181 nicht widersprechenden Weise dadurch zustande gekommen ist, daß die Beklagte, die sich ja im gegenwärtigen Rechtsstreit auf das Bestehen der Hypothek beruft, die von den Vertretern der G. m. b. H. „Grand Hotel zur Post" zu ihren Gunsten einseitig erklärte Hypothekenbestellung nachträglich stillschweigend angenommen hat, und zwar bevor von seiten der G. m. b. H. „Grand Hotel zur Post" der Wille kundgegeben war, die Hypothekenbestellungserklärung nicht aufrecht zu erhalten (vgl. das schon angeführte, in der Jur. Wochenschr. 1912 S. 296 Nr. 15 veröffentlichte Urteil des Reichsgerichts vom 23. Dezember 1911> IV. 168/1911).

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3. Die Beklagte hat aber weiter geltend gemacht, daß die etwa aus § 181 BGB. herzuleitende anfangliche Unwirksamkeit des in der notariellen Urkunde vom 24. März 1914 enthaltenen Rechtsgeschäfts der Hypothekbestellung geheilt worden sei gemäß § 177 BGB. durch Genehmigung von Seiten der beiden Vertragschließenden. Daß eine solche Heilung rechtlich möglich ist, hat der Berufungsrichter in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. Bd. 56 S. 104 [107], 67 S. 51 [54], 68 S. 37 [40]) nicht verkannt. Auch hat er mit dem Landgerichte, dessen Gründe er zu den seinigen macht, ohne Rechtsirrtum angenommen, daß von seiten der Beklagten eine solche Genehmigung erteilt worden ist. Eine Genehmigung der anderen Beteiligten, der Gesellschaft m. b. H. „Grand Hotel Post" hat die Beklagte darin finden wollen, daß in der Gesellschafterversammlung dieser Gesellschaft vom 1. Mai 1914 laut Sitzungsprotokoll von Justizrat B. als dem Vertreter der Gesellschafterin Frau M. der Antrag gestellt worden ist, „daß die Hypothekeintragung von der Gesellschaft nicht genehmigt werden solle", sowie der weitere Antrag „daß die Genehmigung versagt werden solle", und daß dieser Antrag bei der Abstimmung „mit allen Stimmen" abgelehnt worden ist, eine Beschlußfassung, gegen welche Justizrat B. alsbald Protest einlegte. Wenn das Landgericht auf Grund dieser Feststellungen das Abstimmungsverhältnis so aufgefaßt hat, daß der Antrag „mit allen Stimmen gegen die der Antragstellerin Frau M." abgelehnt worden sei, so ist dagegen ein Bedenken (wie es die Revision angeregt hat) nicht zu erheben. Beide Vorinstanzen gehen auch ohne Rechtsirrtum davon aus, daß zur Genehmigung die Gesellschafterversammlung als oberstes Willensorgan der Gesellschaft berufen war (RGZ. Bd. 68, S. 178/179). Sie gelangen aber übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß durch den Beschluß vom 1. Mai 1914 eine die Rechtswirksamkeit der Hypothek beseitigende Genehmigung nicht erreicht sei. Allerdings aus nicht übereinstimmenden Gründen. Das Landgericht hatte angenommen, der Beschluß sei nicht mit der nach § 47 Abs. 1 GmbHG. erforderlichen Stimmenmehrheit gefaßt worden. Denn es seien dabei, entgegen der Vorschrift des § 47 Abs. 4 des Gesetzes, die Stimmen der Beklagten mitgezählt worden, obwohl die Beschlußfassung ein ihr gegenüber vorzunehmendes Rechtsgeschäft betroffen habe. Wegen des hierin liegenden Verstoßes sei der Beschluß nichtig, ohne daß es der Anfechtungsklage von seiten eines Gesellschafters bedurft habe. Der Berufungsrichter mißbilligt diese Auffassung, weil es sich bei der Beschlußfassung nicht um einen Vertragsabschluß der G. m. b. H. „Grand Hotel Post" mit der Beklagten, sondern um die Genehmigung einer von dem Geschäftsführer Sp. für die Gesellschaft vorgenommenen Rechtshandlung gemäß § 177 BGB. gehandelt habe und weil alle Gesellschafter berechtigt gewesen seien, hierüber mitzustimmen, auch die Beklagte, selbst wenn das Interesse der Gesellschaft in Widerstreit mit ihrem Interesse gestanden haben sollte. Dagegen erachtet der Berufungsrichter den Beschluß vom 1. Mai 1914 um deswillen für rechtsunwirksam, weil 3*

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die auf diesen Tag einberufene Gesellschafterversammlung überhaupt nicht berechtigt gewesen sei, einen Beschluß über die Genehmigung der durch den Geschäftsführer Sp. am 24. März 1914 erfolgten Bestellung einer Sicherungshypothek zugunsten der Beklagten zu fassen. Denn nach § 51 Abs. 2 GmbHG. solle der Zweck der Versammlung jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. Die den Gesellschaftern bei der Berufung mitgeteilte Tagesordnung aber — welche lautete: 1. Genehmigung der Geschäftsführung; 2. Beratung über den Antrag eines Gesellschafters auf Auflösung der Gesellschaft; 3. Verschiedenes — habe nicht den geringsten Hinweis darauf enthalten, daß der einberufenen Versammlung irgendwelche auf die Sicherungshypothek vom 24. März 1914 sich beziehende Beratung und Beschlußfassung oblägen, noch weniger, daß über die Erteilung einer Genehmigung nach § 177 BGB. beraten und beschlossen werden sollte. Um der Vorschrift des § 51 Genüge zu leisten, müsse mindestens der Gegenstand der der Versammlung zu unterbreitenden Anträge, wenn auch nicht diese selbst, in der Einladung der Gesellschafter so deudich bezeichnet werden, daß diese in den Stand gesetzt würden, sich auf den Stoff der in Aussicht genommenen Beratung und Beschlußfassung vorzubereiten und vor Überrumpelungen zu schützen. Diesen Zweck erfülle die Tagesordnung nicht, wenn sie lediglich allgemeine Wendungen, wie „Verschiedenes", „Genehmigung der Geschäftsführung" enthalte, und dann in der Versammlung über diese allgemeine Ankündigung hinausgehende, besonders wichtige, außergewöhnliche Gegenstände zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt würden. Die Ankündigung müsse gemäß §§ 133, 157 BGB., die auch auf sie anwendbar seien, so ausgelegt werden, wie sie von den Gesellschaftern aufgefaßt und verstanden werden könne, nicht aber nach der unerkennbar gebliebenen oder gar etwa verschleierten Absicht, welche die Ankündiger mit ihr verfolgt hätten. Bei solcher Auslegung erweise sich die Ankündigung nicht nur als mangelhaft, sie enthalte vielmehr eine Ankündigung darüber, daß in der Versammlung über die Genehmigung der Sicherungshypothekbestellung beraten und beschlossen werden solle, überhaupt nicht. Über Punkte, die in dieser Weise gar nicht angekündigt seien, könne nach § 51 Abs. 3 eine Beschlußfassung, wenn überhaupt, so jedenfalls nur dann rechtsgültig erfolgen, wenn sämtliche Gesellschafter in der Versammlung anwesend oder vertreten seien. Daß dies nicht der Fall war, legt der Berufungsrichter des näheren dar. . . . Der Berufungsrichter führt weiter aus, mangelhafte Gesellschafterversammlungsbeschlüsse unterlägen im allgemeinen der Anfechtung durch Klage und Einrede von Seiten des ihnen entgegentretenden Gesellschafters. Anders sei es aber, wenn, wie oben dargelegt, die Gesellschafterversammlung betreffs des zur Beschlußfassung gestellten Gegenstandes sich überhaupt nicht als solche, und wenn infolgedessen auch das Abstimmungsergebnis sich nur als Scheinbeschluß einer rechtlich nicht vorhandenen Gesellschafterversammlung darstelle. In solchen Fällen handle es sich nicht um Beseitigung eines mangelhaften Beschlusses, sondern um die Geltend-

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machung des ohne weiteres gegebenen, aber von dem Gegner bestrittenen Nichtvorhandenseins eines Gesellschafterversammlungsbeschlusses an sich. Dieses Nichtvorhandensein könne von jedermann, der ein Interesse daran habe, jederzeit klage- und einredeweise geltend gemacht werden. Für diese Auffassung nimmt der Berufungsrichter auf das in RGZ. Bd. 75 S. 242 abgedruckte Urteil des Reichsgerichts Bezug. Deshalb sei auch die Klägerin berechtigt, zur Begründung des von ihr als Eigentümerin des Grundstücks nach § 894 BGB. erhobenen Löschungsanspruchs die Rechtsunwirksamkeit der Beschlußfassung über die Genehmigung der Hypothekbestellung im gegenwärtigen Rechtsstreite geltend zu machen. Eine anderweite Genehmigung sei nicht behauptet; jetzt könne solche nicht mehr erfolgen, da die Gesellschaft aufgelöst sei. a) Die Revision sucht demgegenüber auszuführen, die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung vom 1. Mai 1914 sei ausreichend angekündigt worden dadurch, daß in dem Berufungsschreiben als Gegenstand die „Genehmigung der Geschäftsführung" bezeichnet gewesen sei. Denn die Bestellung einer Hypothek falle an sich in den Geschäfts- und Wirkungskreis der Geschäftsführer und bedürfe im allgemeinen nicht der Zustimmung oder nachträglichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung. Alle einzelnen Akte der Geschäftsführung schon vorher bekannt zu geben, sei weder erforderlich noch möglich. Diese Revisionsangriffe können nicht als gerechtfertigt angesehen werden. Es handelte sich nach den Feststellungen des Berufungsrichters nicht um einen Akt der gewöhnlichen Geschäftsführung, insbesondere nicht um eine gewöhnliche Hypothekenbestellung zugunsten eines Dritten, sondern um die zur Rechtswirksamkeit erforderliche Genehmigung einer gemäß § 181 ohne solche rechtsunwirksamen Hypothekenbestellung zugunsten einer gleichfalls von Sp. vertretenen anderen Gesellschaft m. b. H. Es beruht auf einer rechtlich bedenkenfreien Auslegung der den Gesellschaftern bei der Einberufung mitgeteilten Tagesordnung, wenn der Berufungsrichter annimmt, aus ihrem Wortlaute sei eine Ankündigung, daß über diesen außergewöhnlichen und wichtigen Gegenstand beraten und beschlossen werden solle, nicht zu entnehmen gewesen. Der Berufungsrichter konnte deshalb ohne Rechtsirrtum folgern, daß die Gesellschafter durch die Mitteilung der Tagesordnung nicht in die Lage versetzt worden seien, sich auf den hier in Frage stehenden Gegenstand der Berufung und Beschlußfassung vorzubereiten, und daß sonach die Mitteilung keine Ankündigung des hier in Frage stehenden Gegenstandes enthalten, also der Vorschrift des § 51 Abs. 2 nicht Genüge geleistet habe (vgl. die Urteile des Reichsgerichts I. 151/1901 vom 3. Juli 1901 [Jur. Wochenschr. 1901 S. 659 Nr. 26]; IV. 654/07 vom 8. Oktober 1908 und II. 565/13 vom 21. September 1915 [Leipz. Zeitschr. 1916 S. 327]). b) Stellt sich sonach die von der Revision erhobene Rüge nicht als gerechtfertigt dar, so liegt doch ein von Amts wegen zu beachtender Rechtsirrtum, auf welchem die Entscheidung beruht, insofern vor, als der Berufungsrichter annimmt, daß der in der Beschlußfassung über einen nicht

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angekündigten Gegenstand liegende Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG. eine Nichtigkeit des gefaßten Beschlusses zur Folge habe, welche von jedem Dritten, der ein Interesse daran hat, geltend gemacht werden könne, ohne daß es einer von einem Gesellschafter zu erhebenden Anfechtungsklage bedürfe. Der Berufungsrichter verkennt nicht, daß „mangelhafte Gesellschafterversammlungsbeschlüsse im allgemeinen der Anfechtung durch Klage und Einrede unterlägen" (vgl. RG. II. 106/1913 in Holdheims Monatsschr. 1914 S. 103; S t a u b - H a c h e n b u r g zu § 45 GmbHG. Anm. 16; RGZ. Bd. 49 S. 145). Er meint aber, das sei anders, wenn die GesellschafterVersammlung „hinsichtlich des zur Beschlußfassung gestellten Gegenstandes sich überhaupt nicht als solche und wenn infolgedessen das Abstimmungsergebnis sich lediglich als Scheinbeschluß einer rechtlich nicht vorhandenen Gesellschafterversammlung darstelle". Diese Auffassung wird in ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall durch das in RGZ. Bd. 75 S. 242 veröffentlichte Urteil, auf das der Berufungsrichter Bezug nimmt, keineswegs gerechtfertigt. Dort ist unter, Mißbilligung der Gründe einer abweichenden Entscheidung des Kammergerichts, der Standpunkt vertreten, den das Reichsgericht auch schon in dem in RGZ. Bd. 60 S. 409 veröffentlichten Urteile für § 51 GenG. eingenommen hatte, daß nämlich der Generalversammlungsbeschluß einer Aktiengesellschaft, für den statt der gesetzlich vorgeschriebenen erhöhten nur die einfache Mehrheit gestimmt hat, nicht nichtig, sondern nur anfechtbar sei. Dabei ist ausgeführt, es sei zuzugeben, daß bei der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft so flagrante Verstöße im Verfahren möglich seien, daß das Abstimmungsergebnis nicht mehr unter den Begriff eines Beschlusses der Generalversammlung gebracht werden könne, so z. B. wenn die Versammlung überhaupt nicht oder von offensichtlich unbefugten Personen berufen sei. Wo die Umstände sich so verhielten, sei für die Anfechtungsklage des § 271 HGB., die ausdrücklich einen, wenn auch mangelhaften Beschluß voraussetze, kein Raum; in einem solchen Falle treffe vielmehr die Charakterisierung des Abstimmungsergebnisses als eines Scheinbeschlusses zu und die Scheinnatur könne von jedermann jederzeit durch Klage und Einrede geltend gemacht werden. Anders verhalte es sich aber, wenn die Formen gewahrt seien. Habe in einer im wesentlichen ordnungsmäßig berufenen Generalversammlung eine Abstimmung stattgefunden und sei als Ergebnis der Abstimmung ein bestimmter Beschluß vom Vorsitzenden verkündet und vom Protokollführer gebucht worden, so sei zwar kein unanfechtbarer Beschluß erzeugt. Die Tatsache aber, daß die zuständigen Personen (Versammlungsleiter und Protokollführer) das Ergebnis unter Beobachtung der gesetzlichen Formen für einen gültigen Beschluß erklärt haben, dürfe nicht ohne weiteres beiseite gesetzt werden. Es müsse also die Ungültigkeit des Beschlusses im Wege der Anfechtungsklage dargetan werden. Geschehe dies nicht, so bleibe der äußerlich gültige Beschluß bei Bestand. Daß nun im gegebenen Falle die Beschlußfassung über einen in der Ankündigung

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nicht bezeichneten Gegenstand einen so flagranten Verstoß enthalte, daß sich um deswillen der gefaßte Beschluß überhaupt nicht als Beschluß einer General-(Gesellschafter-)versammlung darstelle, kann dem Berufungsrichter nicht zugegeben werden. Die Gesellschafterversammlung ist von den dafür zuständigen Organen nach § 51 Abs. 1 des Gesetzes ordnungsgemäß berufen gewesen. Sie hat als solche sich konstituiert und getagt, sowie Beschlüsse gefaßt, die vorschriftsmäßig verlautbart wurden. Wenn sie auch über einen in der Tagesordnung nicht angekündigten Gegenstand einen Beschluß gefaßt hat, so kann man nicht sagen, daß sie hinsichtlich dieses Gegenstandes überhaupt keine Gesellschafterversammlung und deshalb der gefaßte Beschluß ein Scheinbeschluß gewesen sei. Die Vorschrift in § 51 Abs. 2 ist eine „SolT'-Vorschrift, deren Beobachtung nicht zur ordnungsmäßigen Berufimg der Versammlung gehört; das ergibt sich aus Abs. 3 und 4 (Foertsch, Kommentar zum GmbHG. Anm. 1). Nach Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 können allerdings Beschlüsse über solche Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind, nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind. Aber dieser Vorschrift, die im Interesse der Gesellschafter gegeben ist, um diesen die Entschließung über ihre Teilnahme an der Versammlung und ihnen die Vorbereitimg darauf zu ermöglichen, sowie um Überrumpelungen zu verhüten, kann nur die Bedeutung beigelegt werden, daß ein ihr zuwider gefaßter Beschluß für die nicht anwesend gewesenen Gesellschafter, die sich mit der Beschlußfassung nicht ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden erklärt haben, nicht bindend ist, und daß der Beschluß deshalb von diesen Gesellschaftern im Wege der Klage oder Einrede angefochten werden kann. Daß dagegen ein Dritter, der nicht Gesellschafter ist, die Nichtbeobachtung dieser lediglich die inneren Verhältnisse der Gesellschaft betreffenden, im Interesse der Gesellschafter gegebenen Vorschrift zum Anlaß nehmen könnte, um daraus die Nichtexistenz des durch die zuständigen Organe als zustande gekommen verlautbarten Beschlusses einer ordnungsmäßig berufenen Gesellschafterversammlung herzuleiten, erscheint mit dem Wesen und der Bedeutung der Vorschrift nicht vereinbar. In der Literatur steht allerdings H a c h e n b u r g (Kommentar zum GmbHG. zu § 51 Anm. 8) auf dem Standpunkte, daß ein über solche Punkte, die überhaupt nicht angekündigt sind, gefaßter Beschluß „ein Nichts und völlig unbeachtlich" sei. Wenn er sich aber für diese Auffassung auf S t a u b (Kommentar zum HGB. Anm. 9 zu § 256) beruft, so ist diese Bezugnahme für die neueren Auflagen des Staub sehen Kommentars nicht mehr zutreffend. In der 6./7. Auflage (1900), Anm. 5 zu § 256, hatte allerdings Staub noch gelehrt, daß die Beschlußfassung über einen außerhalb der Tagesordnung gestellten Antrag in einer Versammlung, die nicht Vollversammlung ist, ungültig sei und auch durch unterlassene Anfechtung nicht gültig werde. In den neueren Auflagen aber hat er diesen Standpunkt aufgegeben und im Gegensatz dazu ausgeführt (9. Aufl. zu § 256 Anm. 5),

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daß ein Beschluß über einen außerhalb der Tagesordnung gestellten Antrag zwar anfechtbar sei, aber durch unterlassene Anfechtung g ü l t i g werde. Damit hat er sich der früher von ihm bekämpften Ansicht P i n n e r s (Aktienrecht § 256 Anm. 3 S. 194) angeschlossen. Diese war auch anderweit schon früher überwiegend in der Literatur vertreten (vgl. M a k o w e r HGB. zu § 256 Anm. 4, zu § 273 Anm. 5 zu b; E s s e r , Aktiengesellschaften zu §256 Anm. 6; L e h m a n n - R i n g , HGB. zu §241 Nr. 10, zu §273 Nr. 8), und sie wird ebenso mit eingehender Begründung aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes vertreten in dem Beschlüsse des Kammergerichts vom 14. März 1907 (Jahrbuch Bd. 34 A 136, Rechtspr. d. Oberlandesger. Bd. 14 S. 352), auf den S t a u b in der 9. Aufl. Bezug nimmt1). Übrigens ist zu bemerken, daß das erheblichste Bedenken gegen diese Auffassung, welches für die Rechtsverhältnisse bei der Aktiengesellschaft aus der Befristung der Anfechtungsklage gemäß § 271 HGB. hergeleitet wird, für die Gesellschaften mit b. H. nicht in Frage kommt, da bei diesen die Anfechtung nicht durch eine innerhalb bestimmter Frist zu erhebende Klage zu erfolgen braucht (vgl. H a c h e n b u r g , GmbHG. zu § 45 Anm. 31; RG. II 106/13, Urt.vom 6. Juni 1913 in Holdheims Monatsschr. 1914 S.103). c) Erweist sich sonach die Annahme des Berufungsrichters, daß eine Genehmigung des von Sp. dem § 181 BGB. zuwider abgeschlossenen Rechtsgeschäfts der Hypothekenbestellung durch die Gesellschaft m. b. H. „Grand Hotel zur Post" nicht erfolgt, mithin auch die Rechtsunwirksamkeit dieses Geschäfts nicht geheilt sei, als unzutreffend, und beruht daher auch die auf diese Annahme gegründete Zusprechimg der Klage auf Löschung der Hypothek selbst auf Rechtsirrtum, so muß dies zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, sofern nicht die Entscheidung sich aus einem anderen Grunde als gerechtfertigt darstellt (§ 563 ZPO.). Als ein solcher könnte der vom Berufungsrichter gemißbilligte Grund in Betracht kommen, aus welchem das Landgericht angenommen hatte, daß eine Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch die G. m. b. H. nicht erfolgt sei, nämlich die Tatsache, daß bei der Abstimmung über den Antrag, die Genehmigung nicht auszusprechen, die Beklagte mitgestimmt hat. Wenn der Berufungsrichter angenommen hat, daß in diesem Mitstimmen ein Verstoß gegen § 47 Abs. 4 GmbHG. um deswillen nicht gefunden werden könne, weil es sich dabei nicht um einen Vertragsabschluß der G. m. b. H. „Grand Hotel Post" mit der Beklagten, sondern um die Genehmigung einer von dem Geschäftsführer Sp. vorgenommenen Rechtshandlung gemäß § 177 BGB. gehandelt habe, so ist das nicht zu billigen. Die Genehmigung, um die es sich handelte, sollte erteilt werden oder nicht erteilt werden zu dem von Sp. im Namen der G. m. b. H. „Grand Hotel Post" mit der Beklagten abgeschlossenen Geschäfte; durch sie sollte der an sich rechtsunwirksame Vertragsabschluß erst zu einem rechtlich wirksamen werden. Die Genehmigung nach § 177 bildete also ein notwenEbenso Kammergericht vom 21. Mai 1915 (Recht Nr. 10x3). A. M. G o l d m a n n , HGB. zu § 256 Nr. 6 (S. 1065).

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diges Erfordernis für das Zustandekommen des Vertrags. Unter diesen Umständen kann nicht bezweifelt werden, daß es sich bei der Beschlußfassung über die Genehmigung um die Vornahme eines Rechtsgeschäfts der G. m. b. H. gegenüber der Beklagten handelte, und daß deshalb nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG. die Beklagte kein Stimmrecht hatte. Konnte die Genehmigung gemäß § 177 zunächst auch dem Vertreter gegenüber erfolgen, so war doch das Rechtsgeschäft, dessen Vornahme genehmigt werden sollte (die Einigung über die Hypothekbestellung), ein solches, das „gegenüber", nämlich m i t der Beklagten, abzuschließen war, und die Abstimmung betraf dieses Rechtsgeschäft. Allein dem Landgerichte kann darin nicht beigestimmt werden, daß es annimmt, ein Verstoß gegen § 47 Abs. 4 GmbHG. bewirke die absolute Nichtigkeit des Beschlusses, die von jedem Dritten geltend gemacht werden könne, ohne daß es einer Anfechtung des Beschlusses durch einen Gesellschafter bedürfe. Eine solche Nichtigkeit tritt nach übereinstimmender Rechtslehre nur dann ein, wenn der Verstoß eine zwingende, keiner Abänderung durch die Festsetzungen der Beteiligten fähige Vorschrift des Gesetzes betrifft, während Verstöße gegen dispositive Gesetzesvorschriften durch das Unterbleiben einer Anfechtung geheilt werden (§ 134 BGB.). (Vgl. H a c h e n b u r g , GmbHG. zu § 45 Anm. 15; P a r i s i u s - C r ü g e r , ebenda Anm. S. 241.) Nach § 45 des Gesetzes finden aber die Vorschriften der §§ 46 bis 51 nur in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages Anwendung. Zu diesen, sonach ausdrücklich vom Gesetz als dispositives Recht bezeichneten Vorschriften gehört auch der hier in Frage stehende Absatz 4 des § 47. Mit Recht nimmt deshalb H a c h e n b u r g zu § 47 Anm. 26 an, daß durch den Gesellschaftsvertrag auch das Mitstimmen der in § 47 Abs. 4 bezeichneten Beteiligten gestattet werden kann. Die gleiche Ansicht vertritt P a r i s i u s - C r ü g e r 5. Aufl. zu § 47 Anm. 4 Abs. 2 (S. 250). Die Ansicht des Landgerichts wird dagegen von F o e r t s c h vertreten (zu § 47 Anm. 3 Abs. 2). Seiner Auffassung, daß eine das Mitstimmen zulassende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags „direkt den Charakter des Unsittlichen annehmen würde", kann aber wenigstens für den hier in Frage stehenden Fall, wo es sich um den Abschluß eines Rechtsgeschäfts des Gesellschafters mit der Gesellschaft handelt, nicht beigetreten werden, da eine Mitwirkimg zum Kontrahieren mit sich selbst keineswegs unter allen Umständen als den guten Sitten widersprechend anzusehen ist, wie schon daraus hervorgeht, daß einem Vertreter gemäß § 181 BGB. das Kontrahieren mit sich selbst gestattet werden kann. Auch dem Grubenvorstand einer Gewerkschaft hat das Reichsgericht das Recht zugesprochen, bei seiner Entlastung mitzustimmen (RGZ. Bd. 4 S. 304 und V. 404/1914, Urteil vom 27. Februar 1915). Nun entnimmt allerdings das Landgericht auch aus den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, daß ein Mitstimmen der Beklagten bei der Beschlußfassung über die Genehmigung oder Nichtgenehmigung der Hypothekbestellung gegen T r e u und Glauben

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verstoßen habe. Die tatsächlichen Feststellungen, auf welche diese Ausführungen des Landgerichts sich gründen, hat indessen der Berufungsrichter nachgeprüft, und er hat sie sich nicht zu eigen gemacht, hat vielmehr ausdrücklich dahingestellt gelassen, ob der Beschluß der Gesellschafterversammlung um deswillen nichtig sei, weil er den guten Sitten widersprochen habe. Die Feststellungen des Landgerichts bilden deshalb keine prozeßgerechte Grundlage zur Aufrechterhaltung des Berufimgsurteils in der jetzigen Revisionsinstanz, und es kann bei dieser Sachlage unerörtert bleiben, ob sie zur Annahme einer Nichtigkeit des Beschlusses hinreichen würden." . . . R G Z . 93, 334 1. Wann bedürfen die bei einem Erbauseinandersetzungsvertrage beteiligten minderjährigen Miterben je eines besonderen gesetzlichen Vertreters ? 2. Inwieweit wird durch den Mangel einer solchen Vertretung die Wirksamkeit des Vertrags beeinflußt ?

BGB. §§ 181, 139. IV. Zivilsenat. Urt. v. 3. Oktober 1918. I. Landgericht ¡Cottbus. II. Kammergericht Berlin.

Am 26. Mai 1910 schlössen die S.schen Erben, und zwar die Klägerin „handelnd für sich selbst und kraft der elterlichen Gewalt" für ihre damals noch minderjährigen vier Kinder, „zum Zwecke teilweiser Erbauseinandersetzung" einen notariellen Vertrag, in welchem dem Beklagten verschiedene zum Nachlaß gehörige Grundstücke für den Preis von 40000 M. zu Eigentum übertragen wurden. Der Preis wurde unter die Erben einschließlich des Beklagten nach Verhältnis ihrer Erbteile verteilt, und der Beklagte verpflichtete sich, jedem der Miterben den auf ihn entfallenden ziffermäßig berechneten Betrag bei der Auflassung bar zu zahlen. Zur Auflassung kam es nicht. Mit der Klage verlangte die Klägerin unter Berufung auf § 181 BGB. die Feststellung der Wirkungslosigkeit des Vertrags. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Gründe: . . . „Wie das Reichsgericht im Beschlüsse vom 9. November 1907 RGZ. Bd. 67 S. 61 und im Beschlüsse der Vereinigten Zivilsenate vom 13. Mai 1909 Bd. 71 S. 162 ausgeführt hat, muß, wenn bei einem Erbauseinandersetzungsvertrage mehrere minderjährige Miterben beteiligt sind, jeder von ihnen nach §§ 181, 1795, 1915 BGB. durch einen besonderen Pfleger vertreten werden. Diese Auffassung liegt auch dem Berufungsurteile zugrunde, und ein Anlaß, davon abzugehen, besteht nicht. Anders

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würde allerdings die Rechtslage sein, wenn mehrere minderjährige Miterben einem volljährigen Miterben den gesamten Nachlaß übereignen und letzterer sich verpflichtet, jedem der minderjährigen Miterben eine bestimmte Abfindungssumme zu zahlen. In solchem Falle darf ein und derselbe gesetzliche Vertreter den Vertrag namens aller beteiligten Minderjährigen schließen. Denn jeder der letzteren wäre berechtigt, durch einen gemäß § 2033 Abs. 1 geschlossenen besonderen Vertrag unabhängig von den anderen seinen Anteil an dem Nachlasse einem Dritten gegen einen bestimmten Preis zu übertragen; die Übertragung des gesamten Nachlasses in einem Vertrage stellt sich also lediglich als eine Zusammenfassung mehrerer einzelner von den Kindern mit dem Erwerber getroffener Abkommen dar. Zu vertraglichen Abmachungen zwischen den Kindern selbst kommt es in solchem Falle nicht (vgl. Beschluß des Kammergerichts vom 28. November 1910 Johows Jahrb. Bd. 40 S. 1, vom 3. Januar 1911 SeuffertsBl. für Rechtsanw. Bd. 76 S. 486; Entsch. des bayer. Ob.LG. Bd. 3 S.311, Bd. 9 S. 126; Planck Anm. 2d zu § 181, Staudinger Anm. 4 zu § 181; Komm. v. RGR. Anm. 1 zu § 1795; Schneider, Zeitschr. des deutschen Notarvereins Bd. 11 S. 658flg.). Die gleiche Ansicht wird vom bayer. Obersten Landesgerichte (Bd. 9 S. 462) für einen Fall, wie den vorliegenden, vertreten, einen Fall also, in dem dem Erwerber von den übrigen Miterben nur ein einzelner Nachlaßgegenstand gegen Zahlung bestimmter Abfindungssummen an jeden von ihnen übereignet wird. Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Denn im Gegensatze zu der Vorschrift des § 2033 Abs. 1 kann ein Miterbe über seinen Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen nicht verfügen (§ 2033 Abs. 2). Die Verfügung muß vielmehr nach § 2040 Abs. 1 eine gemeinschaftliche sein. Wenn sich also in einem gemeinschaftlichen Vertrage der Miterben über die Veräußerung eines Nachlaßgegenstandes jeder Miterbe von dem Erwerber als Entgelt den auf ihn entfallenden Teil des Gesamtpreises versprechen läßt, so muß einem solchen Vertrage doch eine wenn auch nur stillschweigende Einigung unter den Miterben selbst zugrunde liegen. Denn der Vertrag kann nur zustande kommen, wenn jeder Miterbe damit einverstanden ist, daß das nach § 2041 wiederum zum Nachlasse gehörende Entgelt an die einzelnen ihren Erbanteilen entsprechend verteilt wird. In mehrere selbständige Verträge der einzelnen Kinder mit dem Erwerber läßt sich ein solcher Vertrag also nicht zerlegen. Es handelt sich vielmehr um eine Auseinandersetzung zwischen allen Miterben untereinander. Soweit die Erben minderjährig sind, muß daher in diesem Falle jeder der Miterben einen besonderen Pfleger erhalten (vgl. Planck a. a. O., Entsch. des bayer. Ob.LG. Bd. 13 S. 13). Die in der Literatur vertretene Ansicht, es sei auch in dem Falle, daß sich die Miterben unter sich auseinandersetzen, die Vertretung durch einen Pfleger zuzulassen, sofern die Teilung im Grunde nur eine rechnerische sei und deshalb von einer Vertragsgegnerschaft nicht die Rede sein könne (Komm. v. RGR. Anm. 1 zu § 1795), kann nicht gebilligt werden. Teilung bleibt Teilung ohne Rück-

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sieht darauf, ob sie einfach oder mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Eine Teilung setzt aber begrifflich eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten voraus. Das muß also auch von einer rechnerischen Teilung gelten, um so mehr, als dabei Ausgleichungspflichten und sonstige Schuidverhältnisse unter den Miterben in Frage kommen können. Jedenfalls läßt es sich im vorliegenden Falle nicht, wie die Revision meint, beanstanden, wenn das Berufimgsgericht im Hinblick auf den Inhalt des Vertrags annimmt, daß nicht nur ein Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und seinen Miterben, sondern daß zwischen ihnen auch ein Teilungsvertrag über den Erlös geschlossen worden ist. Als Vertragsgegner stehen sich demgemäß, wie das Berufungsgericht richtig sagt, nicht etwa nur der Beklagte einerseits und die übrigen Erben anderseits, sondern jeder einzelne Miterbe einerseits und seine Miterben anderseits gegenüber. Die Klägerin hat also im Namen der von ihr gesetzlich vertretenen minderjährigen Kinder mit sich in eigenem Namen und gleichzeitig als Vertreterin jedes der Kinder unter diesen ein Rechtsgeschäft vorgenommen, was nach §§ 181, 1630 Abs. 2, 1795, 1686 nicht zulässig war. Denn auch darin ist dem Berufungsgerichte beizutreten, daß es sich nicht um ein Rechtsgeschäft handelt, das ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestand. Zwar hat jeder Miterbe einen Anspruch auf Auseinandersetzung (§ 2042), und der einzelne Miterbe erfüllt somit allerdings eine Verbindlichkeit, wenn er bei der Auseinandersetzung mitwirkt. Die Art, in welcher Weise die Auseinandersetzung zu bewirken ist, ist aber gesetzlich geregelt (§§ 2042 flg.), und deshalb kann man von der ausschließlichen Erfüllung einer Verbindlichkeit nur dann sprechen, wenn die Auseinandersetzung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, nicht aber, wenn sie auf Grund einer davon abweichenden Vereinbarung der Miterben erfolgt (vgl. RGZ. Bd. 67 S. 64, Entsch. des bayer. Ob.LG. Bd. 13 S. 18). Letzteres ist aber hier geschehen. Denn wenn Grundstücke zum Nachlasse gehören, können die Miterben zwar Verkauf durch Zwangsversteigerung und Teilung des nach Tilgung der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibenden Überschusses verlangen (§§ 753, 2047), nicht aber, wie dies hier geschehen ist, freihändigen Verkauf und Teilung des Erlöses. Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung könnte man nur gelangen, wenn zunächst ein freihändiger Verkauf der Grundstücke rechtsgültig zum Abschluß gekommen und damit ein rechtlicher Anspruch der Erben auf Zahlung des Kaufpreises erwachsen wäre. Dann könnten unter Umständen die einzelnen Miterben eine teilweise Auseinandersetzung in Ansehung dieser Nachlaßforderung (§ 2041) fordern, dann nämlich, wenn dadurch den Interessen keines der Beteiligten Eintrag geschähe (Jur. Wochenschr. 1910 S. 846 Nr. 92), also wenn keine Ausgleichungspflicht und kein sonstiges Schuldverhältnis zwischen den Miterben bestünde. In solchem Falle ließe sich annehmen, daß die Verteilung des Erlöses in Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt wäre. Die Revision meint, so liege die Sache hier. Dem ist aber nicht beizutreten. Ein rechtsgültiger Vertrag über die Übereignung

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des Grundstücks war erst geschlossen, nachdem die notarielle Beurkundung des Vertrags beendet (§ 313) und der Vertrag vormundschaftsgerichtlich genehmigt war (§§ 1821 Nr. 1, 1643, 1686). Die Teilung des Erlöses aber war mit dem Kaufvertrage selbst verbunden, also schon vor dem Eintritte seiner Rechtswirksamkeit vereinbart worden. Dagegen ist die Begründung des Berufungsgerichts in folgendem Punkte rechtlich zu beanstanden. Der Beklagte hatte unter Beweisantritt geltend gemacht, das Wesentliche bei Abschluß des Vertrags sei die käufliche Übereignung der Grundstücke an den Beklagten gewesen; die gleichzeitige Überweisung der Kaufpreisanteile an die einzelnen Miterben habe nur nebensächliche Bedeutung gehabt. Von § 181 werde aber nur die letztere Vereinbarung getroffen, nach § 139 bleibe dagegen der Kaufvertrag in Wirksamkeit. Dazu sagt das Berufungsgericht, es sei nicht angängig, den Vertrag, wie es der Beklagte wolle, so auseinanderzureißen, daß ein Teil als Erbauseinandersetzungsgeschäft anzusprechen und von dem anderen sich als Veräußerungsgeschäft darstellenden Teile zu unterscheiden sei. Der Vertrag sei vielmehr als ein einheitlicher zu behandeln und deshalb nach § 134, ohne daß für die Anwendung des § 139 Raum wäre, seinem ganzen U m fange nach nichtig. Nicht zutreffend ist hier zunächst die Ansicht des Berufungsgerichts, daß ein gegen den § 181 verstoßender Vertrag nichtig sei. Er ist lediglich unwirksam, kann also durch Genehmigung wirksam werden (Warneyer 1910 Nr. 414; RGZ. Bd. 71 S. 163). Diese irrige Ansicht ist allerdings f ü r die Entscheidung ohne Einfluß. Aber auch im übrigen gibt die Begründung zu rechtlichen Bedenken Anlaß. Das Berufungsgericht sagt nicht, weshalb für die Anwendung des § 139 kein Raum sei. Auf die tatsächlichen Behauptungen, auf die der Beklagte die Trennbarkeit der beiden Vereinbarungen gründete, geht es nicht ein. Es scheint also den § 139 aus Rechtsgründcn für unanwendbar zu halten. Das wäre aber rechtsirrig. Daß das Rechtsgeschäft ein einheitliches ist, steht der Anwendbarkeit nicht entgegen, ist vielmehr Voraussetzung dafür. Erforderlich ist nur, daß das Rechtsgeschäft dergestalt teilbar ist, daß nach Abtrennung des unwirksamen Teiles ein Rest zurückbleibt, der als selbständiges Rechtsgeschäft bestehen kann. Das trifft namentlich dann zu, wenn, wie hier, mehrere Geschäfte, von denen jedes für sich bestehen kann, durch den Willen der Parteien zu einem einheitlichen Geschäfte verbunden sind. Trennt man die Geschäfte, so würde, wie sich aus obigen Darlegungen ergibt, nur die Teilung des Erlöses unwirksam sein, die Übereignung des Grundstücks an den Beklagten aber bei Bestand bleiben dergestalt, daß die Kaufpreisforderimg zum Nachlaß gehört (§ 2041). Zwar ist jenes Geschäft nur unwirksam. Aber was von nichtigen Geschäften gilt, muß erst recht von unwirksamen gelten. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 139 vorliegen, ist tatsächlicher Natur. Ihre Beantwortimg muß daher dem Berufungsgericht überlassen bleiben. Dabei ist das Berufungsgericht nicht gehindert, von der erwähnten

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Beweiserhebung abzusehen, wenn es glaubt, die Zulässigkeit der Trennung der beiden in Rede stehenden Vertragsbestimmungen schon auf Grund des Inhalts des Vertrags selbst bejahen zu können." . . . R G Z . 95, 188 Kommt ein Vertrag in der Person desjenigen zustande, der im N a m e n eines anderen handelt, ohne erkennbar zu machen, daß dieser N a m e der eines anderen ist ?

BGB. § 164. V. Zivilsenat. Urt. v. 15. März 1919. I. Landgericht Heidelberg.

II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

In einer zu M. aufgenommenen Urkunde unter Privatunterschrift vom 13. Oktober 1917 ist beurkundet, daß zwischen der jetzigen Klägerin und „Gutsbesitzer B. aus Cr. in Ostpreußen" ein Vertrag zustande gekommen sei, durch welchen jene an diesen zwei hypothekarisch gesicherte Forderungen von 90000 und 20000 M. abzutreten erklärte. Als Abtretungspreis war ein Betrag von 50000 M. vereinbart, über dessen Zahlung oder Sicherstellung nähere Bestimmungen getroffen waren. Der Vertrag ist unterschrieben: „Ernst B." Die Verhandlungen mit der Klägerin in M. sind erfolgt durch Anton B., der einen Sohn Ernst B. hat; er besaß von dem Sohne Generalvollmacht, legte sie aber bei den Verhandlungen nicht vor. Die Klägerin hat gegen Ernst B., Gutsbesitzer in Cr., und gegen Anton B., Kaufmann in K., zwei später verbundene Klagen erhoben, mit denen sie Verurteilung der beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung des Abtretungspreises verlangte. Das Landgericht verurteilte den Ernst B. zur Zahlung, wies aber die Klage gegen Anton B. ab. Die von. der Klägerin deswegen eingelegte Berufung wurde vom Berufungsgerichte zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Aus den G r ü n d e n : . . . „Der Berufungsrichter geht davon aus, daß auch gegen Anton B. ausdrücklich aus dem Vertrage vom 13. Oktober 1917 geklagt und aus ihm ein Anspruch auf Erfüllung auch gegen diesen Beklagten hergeleitet werde. Er meint aber, das in erster Instanz festgestellte Sachverhältnis stehe dem entgegen und das neue Vorbringen in der Berufungsinstanz vermöge den Klaganspruch gleichfalls nicht zu rechtfertigen. Danach habe der Beklagte Anton B. den Vertrag auf Grund der ihm erteilten Generalvollmacht als unmittelbarer Stellvertreter seines Sohnes Ernst B. abgeschlossen. Die Klägerin nehme ja aus dem Vertrag auch den Ernst B. als ihren Vertragsgegner in Anspruch; sie könne nicht daneben auch noch den Stellvertreter dieses

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Vertragsgegners als Selbstkontrahenten in Anspruch nehmen. Denn wenn das Rechtsgeschäft für und gegen den Vertretenen wirksam geworden sei, so erzeuge es für und gegen den Vertreter keine Rechtswirkungen. Wenn die Berufungsbegründung darzulegen versuche, daß Anton B. bei der Verhandlung vom 13. Oktober 1917 zwar von einem Sohne gesprochen habe, der beim Heere sei, und auch davon, daß dieser die Ziegelei erhalten solle, daß er sich aber stets als Selbstkäufer dargestellt habe, so führe sie doch nicht näher aus und stelle nicht unter Beweis, wie und wodurch diese Darstellung als Selbstkäufer erfolgt sei. Gerade wenn Anton B. davon gesprochen habe, daß sein Sohn die Ziegelei erhalten solle, so sei es nicht glaubhaft, daß er sich stets als Selbstkäufer dargestellt habe in dem Sinne, daß er nicht für den Sohn, sondern für sich das Geschäft abschließe. Ein Stellvertreter erkläre übrigens seinen Abschlußwillen und er müsse nur irgendwie zum Ausdruck bringen oder es müßten wenigstens die Umstände ergeben, daß er dies nicht für sich in eigenem Namen, sondern für den Vertretenen, in dessen Namen, tue. Das sei aber im vorliegenden Falle geschehen; denn es sei unzweifelhaft, daß er ausdrücklich den Vertrag auf den Namen des Ernst B. und für ihn abgeschlossen habe, und genau das habe auch die Klägerin gewollt und halte ihrerseits an diesem Abschlüsse fest. Daß sie und ihr Rechtsbeistand Dr. F. dabei vielleicht geglaubt hätten, in der Person des Anton B. den von ihm vertretenen Ernst B. selbst vor sich zu haben, mache den Vertreter nicht persönlich als Selbstkontrahenten haftbar. Der Fall liege nicht anders, wie der, wenn jemand in einem Zigarrenladen ein Kistchen Zigarren kaufe und an den Verkäufer bezahle, indem er diesen für den Prinzipal halte, während er nur dessen Angestellter sei. Mit Recht rügt die Revision, daß diese Ausführungen nicht frei von Rechtsirrtum über die rechtlichen Voraussetzungen des Eintritts der Wirkungen der unmittelbaren Stellvertretung sind und insbesondere eine Verkennung der darüber in § 164 BGB. aufgestellten Rechtsregeln enthalten. § 164 erfordert für die unmittelbare Wirkung für und gegen den Vertretenen, daß die Willenserklärung innerhalb der dem Vertreter zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgegeben werde, wobei es allerdings keinen Unterschied machen soll, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, daß sie in dessen Namen erfolgen soll. Wenn der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt, so soll nach Abs. 2 der Mangel des Willens, in eigenem Namen zu handeln, nicht in Betracht kommen. Diesen Begriff des „in fremdem Namen Handelns" verkennt der Berufungsrichter anscheinend, indem er darauf entscheidendes Gewicht legt, daß der Beklagte den Vertrag unter dem Namen „Ernst B." abgeschlossen habe. Er unterstellt selbst, daß die Klägerin und ihr Rechtsbeistand geglaubt haben mögen — wozu sie auf Grund des Verhaltens des Beklagten Anton B. übrigens allen Anlaß hatten —, daß die vor ihnen stehende Person Ernst B. hieß. Damit ist aber unterstellt, daß es für die Klägerin und ihren Rechtsbeistand nicht erkennbar hervorgetreten ist, daß der Name, unter dem der

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Beklagte Anton B. das Geschäft abschloß, ein ihm fremder war, daß er also dabei in Vertretung eines anderen handelte. Der von dem Berufungsrichter zur Verdeutlichung angeführte Fall des Kaufes von Zigarren in einem Laden schlägt, wie die Revision zutreffend ausführt, nicht ein. In solchem Falle ist der Wille des Käufers unzweifelhaft, das Geschäft nicht mit einem beliebigen Angestellten, sondern mit dem Prinzipal abzuschließen, und es ist ihm dabei durchaus gleichgültig, ob die ihm gegenüberstehende Person der Prinzipal oder ein Angestellter ist, der im Namen des Prinzipals handelt. Deshalb kommt auf Grund des beiderseitigen Vertragswillens das Geschäft in der Person des Prinzipals zustande, auch wenn nicht erkennbar hervorgetreten ist, daß ein anderer in seinem Namen gehandelt hat (RGZ. Bd. 30 S. 78; Bd. 67 S. 149). Rechtsirrig aber ist es, wenn der Berufungsrichter einen solchen Vertragswillen der Klägerin daraus herleitet, daß sie mit „Ernst B." den Vertrag abschließen wollte, in der Annahme, daß die ihr gegenüberstehende Person Ernst B. heiße, während in Wirklichkeit Ernst B. eine ganz andere Person war. Daß die Klägerin den Vertrag auch abgeschlossen haben würde, wenn sie gewußt hätte, daß nicht die Person, mit der sie verhandelte, sondern ein anderer, und zwar der im Felde stehende Sohn des Anton B., den sie nie gesehen hatte, der Vertragsgegner sein sollte, hat der Berufungsrichter nicht festgestellt. Es kann dies auch nicht ohne weiteres angenommen werden, da es sich nicht um einen Barkauf, sondern um Übernahme von erheblichen Verpflichtungen handelt, die der „Ernst B." erst in Zukunft erfüllen sollte, also um ein Kreditgeschäft, bei dem die Persönlichkeit des Verpflichteten nicht ohne Bedeutung sein konnte. Der Berufungsrichter scheint auch die Beweislast zu verkennen, wenn er eine nähere Darlegung von Seiten der Klägerin dafür vermißt, daß der Beklagte Anton B. „sich als Selbstkäufer dargestellt habe". Sache des Beklagten wäre es vielmehr gewesen, Umstände darzutun, welche sein Handeln in fremdem Namen erkennbar gemacht hätten. Wenn der Berufungsrichter einen solchen Umstand darin hat finden wollen, daß der Beklagte (wie die Klägerin zugibt) davon gesprochen hat, sein Sohn, der im Felde stehe, solle die Ziegelei erhalten, so stellt er zu Unrecht denjenigen, dem der Kaufgegenstand (übrigens nur ein Teil davon) nach der Absicht des Käufers zugute kommen soll, mit demjenigen gleich, in dessen Namen der Kaufvertrag abgeschlossen wird. Übrigens hat der Berufungsrichter auch (wie die Revision mit Grund rügt) den § 286 ZPO. dadurch verletzt, daß er den von der Klägerin angebotenen Beweis darüber, daß der Beklagte sich stets als Selbstkäufer dargestellt habe, mit der Begründung abgelehnt hat, das sei wegen der oben erwähnten Äußerimg des Beklagten „nicht glaubhaft". Der Beweis einer unmittelbar erheblichen Tatsache kann nicht um deswillen abgeschnitten werden, weil aus anderen Tatsachen sich ihre Unwahrscheinlichkeit oder Unglaubhaftigkeit ergibt. Nicht ohne Grund beanstandet die Revision ferner die Würdigung, welche der Berufungsrichter dem Briefe des Beklagten vom 3. November 1917 zuteil werden läßt, der aus Cr. (dem Wohnorte des Ernst B.) datiert

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und mit „B . . ( d e m ausgeschriebenen Familiennamen beider Beklagten) unterschrieben ist und u.a. folgende Sätze enthält: „Wer hat Ihnen denn den Bären aufgebunden, daß ich die Ziegelei nicht auf meinen Namen gekauft habe? Ernst B. Cr. hat mit Ihnen verhandelt, Emst B. hat den Vertrag gemacht, Ernst B. Cr. ist Ersteher der Ziegelei Haarssen Nr. 147. Daß ich mich zum Kauftermin habe durch Generalvollmacht vertreten lassen, wird wohl gleichgültig sein." Der Berufungsrichter meint, dieser Brief beweise keineswegs, daß Anton B. die Hypotheken der Klägerin für sich persönlich, in eigenem Namen gekauft, sondern im Gegenteil, daß er sie gerade für Ernst B. und in dessen Namen erworben habe. Der ganze Brief sei von Anton B. in seiner Eigenschaft als Vertreter des Ernst Böse geschrieben und er bezeichne sich daher selber als Ernst B. Diese Auffassung entspreche durchaus der Rechtsprechung des Reichsgerichts hinsichtlich des Erfordernisses der eigenhändigen Unterschrift des Ausstellers einer Urkunde (§ 126 BGB.), wenn eine Partei sich dabei durch einen Bevollmächtigten vertreten lasse. Auch diese Ausführung ist nicht frei von Rechtsirrtum. Wenn der Berufungsrichter daraus, daß der Beklagte Anton B. sich in dem Briefe als Ernst B. bezeichnet, entnimmt, daß er den Brief als Stellvertreter des Ernst B. geschrieben und unterschrieben habe, und wenn er ferner darin sogar einen Beweis dafür erblickt, daß dieser Beklagte die Hypotheken für Ernst B. und in dessen Namen erworben habe, so übersieht er, daß es für die Wirkungen der Stellvertretung nicht auf den inneren Willen des Handelnden, sondern auf die Erkennbarkeit dieses Willens von seiten des Empfangers der Willenserklärung ankommt und daß der Inhalt des Briefes gerade deutlich erkennen läßt, daß der Schreiber den Empfänger in dem Glauben belassen will, der Briefschreiber und ebenso derjenige, mit dem er in M. verhandelt und den Vertrag geschlossen hatte, sei Ernst B. Die vom Berufungsrichter für die Zulässigkeit der Unterzeichnung einer Urkunde mit dem Namen des Vertretenen ohne einen die Vertretung andeutenden Zusatz angeführten Urteile des Reichsgerichts befassen sich nur mit der Frage, ob dadurch der in § 126 Abs. 1 BGB. erforderten Schriftform genügt werden könne, ohne über die Folgen der Nichterkennbarkeit der Stellvertretung zu entscheiden. Dem Berufungsrichter ist zuzugeben, daß dem äußeren Anscheine nach ein gewisser Widerspruch darin liegt, daß die Klägerin sowohl gegen den Ernst B., wie gegen den Anton B. Klage erhoben hat und die Verurteilung beider als Gesamtschuldner verlangt. Die darauf bezügliche Bemerkung des Berufungsrichters ist jedoch nach dem Zusammenhange nicht bestimmt, für sich allein die Entscheidung zu tragen, und dazu auch nicht geeignet. Es könnte nur in Frage kommen, ob etwa auf Grund der von der Klägerin aufgestellten Behauptungen die Klage gegen Ernst B. hätte abgewiesen werden müssen. Doch ist zu bcachten, daß die Klägerin den gegen beide Beklagte gerichteten Klaganspruch schon in der Klagschrift ausdrücklich darauf gestützt hat, daß Anton B. hafte, weil er den Vertrag abgeZivils. Allgcm. Teil 4

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schlössen und die Zahlung des Abtretungspreises zugesagt habe, Ernst B. aber, weil an ihn die Hypotheken abgetreten wurden und er das Grundstück, auf dem die abgetretenen Hypotheken eingetragen waren, ersteigerte. Der gegen Ernst B. gerichtete Klaganspruch gründete sich demzufolge nicht darauf, daß er Vertragskontrahent gewesen sei, sondern stellte sich als ein Bereicherungsanspruch dar, mit der Begründung, daß die Hypotheken auf ihn gediehen seien. Angesichts dieser Klagbegründung kann nicht anerkannt werden, daß der vom Berufungsrichter angenommene Widerspruch in den Behauptungen und rechtlichen Schlußfolgerungen der Klägerin in Wirklichkeit besteht." . . . RGZ. 97, 332 96. Unter welchen Umständen bedarf die Vollmacht zur Abgabe eines Kaufangebots über ein Grundstück der Form des § 313 BGB. BGB. §§ 167. Abs. 2, 313. V. Zivilsenat. Urt. v. 3. Januar 1920. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht." RGZ. 102, 24 Zum Begriff des Widerrufs nach § 178 BGB. BGB. § 178. I I . Zivilsenat. Urt. v. 18. März 1921. I. Landgericht III Berlin, Kammer für Handelssachen. II. Kammergericht daselbst.

Im Herbst 1916 kaufte der damals in Berlin befindliche Albert D. C. aus Konstantinopel im Namen der in Konstantinopel ansässigen klagenden Firma von der Beklagten einen Posten Cereisen. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Albert D. C. „sein Eigentum, welches er uns . . . voll bezahlt hat", gegen Vorlegung einer Ausfuhrbewilligung für die Türkei jederzeit auszuhändigen. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1917 erklärte die Beklagte der jetzigen Klägerin den Rücktritt vom Vertrage mit der Begründung, daß sie zur Lieferung nicht verpflichtet sei, weil die Klägerin die Ausfuhrbewilligung nach der Türkei nicht beigebracht habe. Im Herbst 1918 erhob die Klägerin, nachdem sie kurz vorher für das Cereisen eine amtliche Ausfuhrbewilligung nach der Türkei erwirkt und der Beklagten vorgelegt hatte, Klage auf Herausgabe der Ware mit dem Hilfsantrag auf Schadensersatz in Höhe von 17280 M. Neben anderen Einwendungen machte die Beklagte geltend, Albert D. C. sei zur Zeit des Kaufabschlusses nicht befugt gewesen, die klagende Firma zu vertreten; mit dem Schreiben vom 25. Oktober 1917

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habe die Beklagte den bis dahin von der Klägerin nicht genehmigten Kaufvertrag widerrufen. Beide Vorinstanzen haben die Beklagte verurteilt; ihre Revision war erfolglos. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht nimmt an, durch die Erhebung der jetzigen Klage habe Albert D. C., der jedenfalls damals vertretungsberechtigter Teilhaber der Firma D. C. et fils gewesen sei, den im Herbst 1916 mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag für die klagende Firma genehmigt. Ein Widerruf der Beklagten (§ 178 BGB.) sei vorher nicht erklärt worden; ein solcher sei auch nicht enthalten in ihrem Schreiben vom 25. Oktober 1917, worin sie wegen nicht erfolgter Beschaffung der Ausfuhrbewilligung nach der Türkei den Rücktritt vom Vertrage ausspreche, dessen Zustandekommen aber nicht bestreite, auf den Vertragsinhalt vielmehr Bezug nehme. Dieser Auffassung tritt die Revision entgegen. Sie führt aus: Der Widerruf brauche nicht mit der Begründung zu erfolgen, daß der Vertreter keine Vertretungsmacht gehabt habe; er bedürfe überhaupt keiner Begründung, nur die Erklärung sei erforderlich, daß der andere Teil sich nicht länger an den Vertrag gebunden erachte. Werde diese Erklärung vor der nachträglichen Genehmigung abgegeben, so sei der Vertrag hinfällig und nicht mehr genehmigungsfahig. Das Schreiben vom 25. Oktober 1917 enthalte sonach einen wirksamen Widerruf; der dort tatsächlich angegebene Grund sei nicht von rechtlicher Bedeutung. Der erkennende Senat vermag der Revision hierin nicht zu folgen. Der Widerruf nach § 178 BGB. bedarf zwar keiner besonderen Begründung, immerhin muß aber die Erklärung die Absicht erkennen lassen, das Vorgehen des Vertreters ohne Vertretungsmacht als rechtlich unwirksam zu behandeln und den Vertrag demnach als nicht geschlossen zu betrachten. Einen solchen Willen hat die Beklagte in jenem Schreiben nicht zum Ausdruck gebracht; sie vertritt darin, wie auch der Vorderrichter annimmt, unzweideutig den Standpunkt, daß der Vertrag an sich rechtswirksam abgeschlossen worden, sie aber nicht länger an ihn gebunden, sondern zum Rücktritt berechtigt sei, weil Klägerin die Beibringung der Ausfuhrbewilligung ungebührlich verzögert habe. Der Briefinhalt, der als Ganzes zu würdigen ist und nicht in seine einzelnen Bestandteile, von denen die Rücktrittserklärung an und für sich allein rechtlich erheblich sein soll, auseinandergerissen werden darf, steht daher der Annahme eines Widerrufs nach § 178 BGB. geradezu entgegen. Es geht nicht an, einer auf vertragswidriges Verhalten des Gegners sich stützenden Rücktrittserklärung nachträglich eine Bedeutung beizulegen, die von dem Erklärenden offensichtlich gar nicht gewollt war. Hieran wird auch dadurch nichts geändert, daß noch die 2. Kommission in den Fällen der jetzigen §§ 178, 109 BGB. ursprünglich ein Rücktrittsrecht eingeräumt und dieses erst später durch das Recht zum Widerruf ersetzt hat. . . . 4»

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52 RGZ. 103, 295

1. . . . 2. Wird die in einem formnichtigen Grundstücksveräußerungsvertrag erteilte Vollmacht von der Nichtigkeit des Vertrags unbedingt mitergriffen ? V. Zivilsenat. Urt. v. 7. Dezember 1921. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". RGZ. 1 0 3 , 4 1 7 1. . . . 2. Hindert § 181 BGB. einen Vertragsschluß, der durch einen Bevollmächtigten des Vertreters namens des Vertretenen vorgen o m m e n wird ? 3. Wann ist ein solcher Vertragsschluß wirksam ? II. Zivilsenat. Urt. v. 17. Februar 1922. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Gesellschaftsrecht". RGZ. 105, 183 Nach welchen Grundsätzen sind geschäftliche Mitteilungen von rechtlicher Bedeutung an einen Vertragsgegner zu beurteilen, die ein kaufmännischer Angestellter ohne Handelsvollmacht auf Postkarten mit darunter gedruckter Firma des Prinzipals macht ? BGB. § 177. VI. Zivilsenat. Urt. v. 25. September 1922. I. Landgericht Zwickau. — II. Oberlandesgericht Dresden.

Die Klägerin bot am 23. Januar 1920 auf Papierabfälle, die ihr vom Beklagten angeboten waren, 55 M. für 100 kg bei Lieferung von 8—10000 kg. Am 27. Januar 1920 erhielt sie eine mit dem gedruckten Namen des Beklagten unterzeichnete, von seinem Buchhalter W. ausgefüllte Postkarte des Inhalts: „Auf Grund Ihrer werten Karte vom 23. ds. Mts. werde ich in nächster Zeit eine Ladung an Ihre Adresse zum Versand bringen." Am 30. Januar 1920 übersandte die Klägerin dem Beklagten Kaufsbestätigung. Diese wurde am 2. Februar 1920 von W. mit dem Beifügen zurückgeschickt, daß er zum Verkauf der Papierabfälle nicht berechtigt gewesen sei und das Geschäft in Abwesenheit seines Geschäftsherrn abgeschlossen habe. Die Klägerin schrieb am 5. Februar 1920 dem Beklagten, daß sie auf Erfüllung bestehe. Mit der Behauptung, daß sie dem Beklagten eine Nachfrist gemäß

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§ 326 BGB. gesetzt und sich nach deren Ablauf eingedeckt habe, klagt sie 12520,80 M. Schadensersatz ein. Beide Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht stellt fest, daß der Beklagte auf das Gebot der Klägerin vom 23. Januar 1920 dem W. die Antwort diktiert habe, er wolle auf die Sache erst zurückkommen, wenn er mit dem Pressen der Papierabfälle fertig sein werde. Entgegen dieser Anweisung habe jedoch W. die Karte vom 27. Januar 1920 an die Klägerin geschickt. Der Beklagte habe von der Absendung der Karte nichts gewußt. Hiernach habe W. gegen die ausdrückliche Anordnung des Beklagten das Geschäft für dessen Rechnung abgeschlossen. Auf Grund dieser Feststellung macht das Berufimgsgericht folgende rechtlichen Ausführungen. W. sei als Buchhalter Handlungsgehilfe und zum selbständigen Abschluß von Handelsgeschäften nur unter der Voraussetzung befugt gewesen, daß er zugleich Handlungsbevollmächtigter und zum selbständigen Abschluß von Rechtsgeschäften der in Rede stehenden Art ermächtigt war. Ob dies der Fall war, richte sich beim Mangel einer ausdrücklichen Ermächtigung, die nicht behauptet sei, nach dem in die äußere Erscheinung getretenen Verhalten des Prinzipals. . . . (Das Berufungsgericht legt dar, daß ein solches Verhalten nicht erwiesen sei, und fahrt fort:) Eine Abschlußermächtigung W.s würde nur dann anzunehmen sein, wenn er auch in anderen Fällen als in dem vorliegenden dergleichen Postkarten mit Geschäftsabschlüssen nicht nur entworfen, sondern auch selbständig, d. h. ohne Wissen und Willen des Beklagten abgeschickt und der Beklagte dieses Verfahren gebilligt hätte. Daß es so im Geschäft des Beklagten gehandhabt worden wäre, behaupte die Klägerin selbst nicht. In dem einzelnen Fall, wo es geschehen sei, habe W. gegen die ausdrückliche Anweisung seines Prinzipals gehandelt. Hiernach habe W. als Vertreter des Beklagten ohne Vertretungsmacht den Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag sei dem Beklagten gegenüber schlechthin und ohne daß es einer Anfechtung wegen Irrtums bedürfte, nach § 177 Abs. 1 BGB. unwirksam, da der Beklagte ihn nicht genehmigt habe. Die Klägerin sei auch durch den Brief W.s vom 2. Februar 1920 unterrichtet worden, daß er nicht zum Verkauf berechtigt war. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht bedenkenfrei. Sie leiden daran, daß das Berufungsgericht das innere Verhältnis zwischen W. und dem Beklagten zu weit in den Vordergrund schiebt. Unter den Parteien ist nicht streitig, daß der Vertrag zwischen ihnen durch die Zusage vom 27. Januar 1920 zustandegekommen sein würde, wenn sie wirksam erklärt worden wäre. Nun hat so, wie die Postkarte vom 27. Januar 1920 lautet, nicht der Angestellte W., sondern der Beklagte die Zusage erteilt. Nicht W., sondern der Beklagte selbst war nach der äußeren Erscheinung der Karte der Erklärende. Die mit dem gedruckten Namen

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des Beklagten unterfertigte Karte ist auch mit seinem Willen an die Klägerin gesandt worden; er wollte auf der Karte seine Erklärung an sie abgeben. Anderseits konnte die Klägerin der Karte nichts anderes entnehmen, als daß der Geschäftsinhaber, dessen Name unterzeichnet war, ihr Gebot angenommen habe. Die Handschrift der Karte war die gleiche, wie in dem Angebot der Papierabfälle, auf das sie am 23. Januar 55 M. geboten hatte. Demnach greifen die Grundsätze hier nicht Platz, die dann anwendbar sind, wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, insbesondere ein nicht mit Handlungsvollmacht ausgestatteter Angestellter eines Kaufmanns, in Kenntnis und ohne Widerspruch des Geschäftsherrn nach außen als Bevollmächtigter auftritt (vgl. RGZ. Bd. 65 S. 295; Bd. 100 S. 48). Vielmehr ist zu prüfen, ob nicht der Beklagte die Erklärung so gegen sich gelten lassen muß, wie die Klägerin sie nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auffassen durfte und aufgefaßt hat. Die Sache liegt ganz ähnlich, wie wenn der Beklagte dem W. Blankette mit seiner eigenhändigen Unterschrift zur Ausfüllung nach Auftrag überlassen und den richtigen Vollzug nicht überwacht hätte. Hat der Angestellte die Karten auftragswidrig ausgefüllt, so berührt das den gutgläubigen Empfänger zunächst nicht. Wer es zuläßt, daß auf derartigen Postkarten oder auf Blanketten wichtige geschäftliche Mitteilungen hinausgehen, tut das auf seine Gefahr und muß sich durch sorgfältige Überwachimg gegen Mißbrauch schützen. Versagt der Schutz, so kann er in der Regel nur den Weg der Anfechtung beschreiten, weil er eine Erklärung des Inhalts, den die Mitteilung hatte, nicht abgeben wollte, § 119 BGB. Unterläßt er das, so ist er gemeinhin an den Vertrag gebunden. Er kann nicht, wie der Beklagte es will, die Gefahr, die aus seinem Geschäftsgebrauch, seiner Lässigkeit oder Unvorsichtigkeit entsteht, auf den Vertragsgegner überwälzen und von ihm verlangen, daß er erst Erkundigungen einhole, ob die Mitteilungen auch in Ordnimg gehen. Es würde zu einer bedenklichen Gefahrdung der Rechtssicherheit und des Vertrauens im geschäftlichen Verkehr fuhren, wenn es genügen sollte, einen geschlossenen Vertrag damit in Frage zu stellen, daß der Angestellte des einen Vertragsteils den von ihm geschriebenen Brief, der den Namen des Prinzipals unterschrieben oder gedruckt trägt, widerruft oder seinen Inhalt sonst als unrichtig bezeichnet, ohne daß der Prinzipal selbst hierzu eine Erklärung abgibt. Dem Gegner wäre für den Verlust des Vertragsrechts vielfach kein Ersatz in einem unsicheren Entschädigungsanspruch geboten, sowohl wegen des schwierigeren Beweises, als auch weil die Frage des Verschuldens beim Vertragsschluß wie die Anwendbarkeit des § 278 BGB. nicht außer allem Zweifel stünde, und das Bürgerliche Gesetzbuch außerhalb des Vertrags keine Haftung für fahrlässige Vermögensschädigung kennt. Die Auffassung des Berufungsgerichts könnte daher bei den heutigen wilden Preisschwankungen für manchen Kaufmann eine Versuchimg bilden, je nach der Preisbewegung (Konjunktur) seinen Angestellten mit der Behauptung vorzuschicken, er habe etwas anderes geschrieben, als ihm aufgetragen war. Der Klägerin ist es nicht zu verdenken, wenn sie bezweifelt,

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ob der Beklagte oder W., falls die Preise für Papierabfalle statt zu steigen gesunken wären, die angebliche Auftragswidrigkeit geltend gemacht hätte. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Angestellte die Unterschrift des Prinzipals fälschlich angefertigt oder das Blankett, das er sich widerrechtlich verschafft, fälschlich ausgefüllt hätte. Dann hätte der Prinzipal überhaupt keine Erklärung abgegeben und auch keine abgeben wollen, ein Vertrag deshalb nicht zustande kommen können. Es ist nicht zu verkennen, daß die Handlungsweise des W. sich unter Umständen einer Blankettfälschung nähern kann, so, wenn er bewußt und arglistig sich gegen die Weisung des Beklagten vergangen hat, nicht aber, wenn er in der Meinimg, die Preise würden fallen, geglaubt hat, zum Vorteil des Beklagten eigenmächtig verfahren zu sollen, noch weniger, wenn er den Auftrag vergessen oder falsch verstanden hatte. Solchenfalls hätte der Beklagte nach § 120 BGB. wiederum zur Anfechtung greifen müssen. In dieser und anderer Richtung bedarf der Sachverhalt noch der besseren Klarstellung. . . . (Es folgen nun die Hinweise, in welchen Richtungen Aufklärung geboten sei.)

RGZ. 105, 289 1. Zum Begriff der Vollmacht und dem einer Einwilligung im Sinne der §§ 182, 183, 185 BGB. 2. Zur rechtlichen Bedeutung des Einverständnisses mit allgemeinen Geschäftsbedingungen. 3. Wann ist eine Vollmacht zur Aktienvertretung in Generalversammlungen in der durch § 252 Abs. 2 Satz 2 HGB. erforderten Schriftform erteilt ? VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 24. Oktober 1922. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Am 10. August 1920 richteten drei verschiedene Personen je ein Schreiben an die Klägerin, in welchen es heißt: „An die D. Bank richte ich das Ersuchen, mir ein Depositen- und Wertpapierkonto in ihren Büchern zu errichten. Ihre Bedingungen hierfür habe ich erhalten und erkläre mich damit einverstanden." In den Bedingungen lautet Nr. 25 Abs. 5: „Werden der Bank für den Kontoinhaber auf Grund eines mit ihm abgeschlossenen Rechtsgeschäfts (insbesondere Verwahrung) Aktien übergeben, so wird damit die Bank ermächtigt, falls ihr nicht im einzelnen Falle gegenteilige Weisung zugeht, in allen Generalversammlungen nach bestem Ermessen die Aktien vertreten und das Stimmrecht ausüben zu lassen." Der Beklagte hat hierin eine „Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts in Gesellschaften aller Art" erblickt, und auf sein Erfordern hat die Klägerin zu den drei Schreiben nach T. St. 73 Abs. 3 LStG. einen Stempel von je 1,50 M. verwendet. Mit der im Januar 1921 erhobenen Klage fordert die Klägerin

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Zurückzahlung von 4,50 M. Das Landgericht gab der Klage statt, das Kammergericht wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin ist das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt worden. Gründe: . . . Aus vier Gründen verneint die Klägerin die Stempelpflichtigkeit der streitigen Schreiben: 1. Es handle sich um Vertragsanträge, die Annahmen seien nicht beurkundet. 2. Es sei keine Vollmacht, nur eine Einwilligung im Sinne der §§ 182, 183, 185 BGB. erklärt. 3. Es sei keine Vollmacht erteilt, auch keine bedingte, es sei nur vereinbart, welche Vertragsklauseln für künftige Geschäfte maßgebend sein sollten. 4. Eine etwaige Vollmacht sei nichtig nach § 252 Abs. 2 Satz 2 HGB. Eine nichtige Vollmacht sei offenbar auch gar nicht gewollt. Die beiden ersten Gründe versagen unbedenklich. Zu 1. Eine Vollmacht ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, kein Vertrag. Die Schreiben der Bankkunden sind einseitige, rechtsgeschäftliche Erklärungen, sie sind auch der Klägerin zugegangen, wie diese selbst vorträgt. Zu 2. Eine Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Macht, eine Willenserklärung im Namen des Vertretenen abzugeben, §§ 166 Abs. 2, 164 Abs. 1 BGB., RGZ. Bd. 53 S. 275. Das LStG. spricht in T. St. 73 zwar von „Vollmachten, Ermächtigungen und Aufträgen zur Vornahme von Geschäften rechtlicher Natur für den Vollmachtgeber", doch beruht diese Ausdrucksweise noch auf dem Sprachgebrauch des Preuß. ALR. Gemeint ist hier nur das, was das BGB. unter einer Vollmacht versteht (RGZ. Bd. 104 S. 358). Gerade der Zusatz „ für den Vollmachtgeber" stellt klar, daß ein Handeln im Namen des Vollmachtgebers gemeint ist. Eine Einwilligung im Sinne der §§ 182, 183, 185 BGB. wird erteilt zu Handlungen, welche jemand im eigenen Namen, aber im Interesse eines anderen vornimmt (RGZ. Bd. 53 S. 275). Um den Unterschied von Vollmacht und Einwilligung zu kennzeichnen, spricht man jetzt von offener und stiller Stellvertretung. Die von den Bankkunden abgegebenen Erklärungen sind an sich — und abgesehen von den später zu erörternden Bedenken der Klägerin — nach beiden Richtungen verwertbar. Die der Klägerin eingeräumte Macht, die Aktien in den Generalversammlungen vertreten und das Stimmrecht ausüben zu lassen, stellt es der Bank frei, ob sie ihre Vertreter im Namen der Bankkunden oder — bei Inhaberaktien — im eigenen Namen auftreten lassen will. Jedenfalls genügt das Schreiben der Bankkunden im Zusammenhalt mit den Geschäftsbedingungen an sich auch, um die Klägerin als Bevollmächtigte im wahren Sinne des Wortes, als offene Stellvertreterin, auszuweisen.

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Zu 3. Die Klägerin beruft sich hier auf die Ausführungen des Reichsgerichts (I. ZS.) über die rechtliche Bedeutung allgemeiner Geschäftsbedingungen, wie sie in RGZ. Bd. 58 S. 151 niedergelegt sind. Danach werden durch die Billigung jener Bedingungen nicht selbständige Verträge abgeschlossen, sie sind vielmehr lediglich bestimmt und geeignet, Bestandteile der demnächst abzuschließenden Verträge zu werden. Es kann der Revision zugegeben werden, daß sich der erkennende Senat in zahlreichen Entscheidungen, namentlich auch solchen über Stempelforderungen, den Ausfuhrungen des I. Zivilsenats grundsätzlich angeschlossen hat und nur dann davon abgewichen ist, wenn durch das Anerkennen der Geschäftsbedingungen sofort und ohne das Hinzutreten eines weiteren Rechtsgeschäfts rechtliche Wirkungen eintreten sollten, wenn also die unmittelbare Vornahme eines Rechtsgeschäfts unbedenklich festgestellt werden konnte. Zugunsten der Revision kann namentlich das Urteil vom 17. September 1912 VII 157/12 angeführt werden. Die Geschäftsbedingungen besagten damals, daß mit der Übergabe eines Wechsels oder Schecks der Bank auch die Forderung übertragen werde, und das Berufungsgericht hatte angenommen, daß in der Übergabe das neue, erst noch abzuschließende Rechtsgeschäft zu finden sei, für das die Geschäftsbedingungen die einzelnen Klauseln enthielten. Das ist damals vom Senat als nicht rechtsirrtümlich erachtet worden. Von diesem Standpunkt aus könnte man sagen, daß die Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht nur ein, sondern sogar zwei neue Rechtsgeschäfte verlangen. Der Kunde, der die Bedingungen unterschrieben hat, muß zunächst mit der Bank „ein Rechtsgeschäft (insbesondere Verwahrung)" abschließen und dann müssen auf Grund dieses Rechtsgeschäfts Aktien der Bank übergeben werden, erst dann darf die Bank die Aktien vertreten lassen. Ob nicht schon aus diesen Erwägungen der Klage stattzugeben wäre, mag indessen dahingestellt bleiben, denn jedenfalls ist dem Vorbringen der Klägerin in dem letzten Punkte beizutreten. Zu 4. Schriftlich ist die dem § 25 Abs. 5 der Geschäftsbedingungen entsprechende Erklärung der Bankkunden abgegeben worden. Ob diese ihr Einverständnis mit den Geschäftsbedingungen unter diese selbst setzen oder auf ein besonderes Blatt, ist gleichgültig. Jedenfalls nimmt die Erklärung der Bankkunden auf die Geschäftsbedingungen Bezug und macht sie dadurch zu einem Bestandteil der Erklärung selbst (RGZ. Bd. 84 S. 1). Eine körperliche (feste oder lose) Verbindung ist nicht erforderlich (RG. in DJZtg. 1905 Sp. 650 Nr. 53). Die in Bezug genommene Urkunde bildet einen Teil des Inhalts der Haupturkunde, H u m m e l - S p e c h t Anm. 2 Abs. 1 zu § 3 LStG. Aus dem Gesagten folgt aber nur, daß die Bankkunden eine den Inhalt der Nr. 25 Abs. 5 der Geschäftsbedingungen wiederholende urkundliche Erklärung abgegeben haben, die als solche nach § 1 Abs. 1 LStG. stempelpflichtig sein könnte. Hier greift nun aber der von der Revision herangezogene § 252 Abs. 2 Satz 2 HGB. ein. Diese Vorschrift erfordert

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für eine Vollmacht, welche den Bevollmächtigten befähigen soll, in einer Generalversammlung das Stimmrecht namens eines Aktieneigentümers auszuüben, von Gesetzes wegen die Schriftform. Wenn aber das Gesetz zur Gültigkeit einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung die schriftliche Form vorschreibt, so muß die von dem Aussteller unterzeichnete Urkunde zum mindesten den wesentlichen rechtlichen Inhalt derjenigen Willenserklärung enthalten, deren schriftliche Niederlegung das Gesetz erfordert. Die Unterzeichnung eines Schriftstücks, aus dessen Inhalt für sich allein nicht ersichtlich ist, welche Erklärung abgegeben werden soll, das erst im Zusammenhalt mit anderen, darin in Bezug genommenen, Schriftstücken die abgegebenen Erklärungen erkennen läßt, genügt nicht zur Wahrung der gesetzlich erforderten Schriftform (RGZ. Bd. 57 S. 258, Bd. 80 S. 400). Als etwaige Vollmacht zur Stimmführung namens eines anderen in den Generalversammlungen einer Aktiengesellschaft ist also das von den Bankkunden ausgestellte Schriftstück nichtig, § 125 Abs. 1 BGB., mag es auch im übrigen gültig und von rechtlicher Bedeutung sein, und mag namentlich die Billigung von Nr. 25 Abs. 5 der Geschäftsbedingungen auch in der gewählten Form ausreichen, um die Befugnis der Bank zur stillen Vertretung ihrer Runden zu erweisen. An diesen Inhalt der Nr. 25 Abs. 5 des Schriftstücks knüpft sich keine Stempelpflicht, nur als „Vollmacht" würde es insoweit unter die T. St. 73 LStG. fallen. Die etwa erklärte Vollmacht ist formungültig und deshalb nichtig. Das ist schon aus dem Inhalt der Urkunde selbst zu ersehen, daher braucht der Vollmachtstempel nicht verwendet zu werden. Wenn § 25 Abs. 1 c von nichtigen Geschäften und der Erstattung dafür verwendeter Stempel spricht, so sind damit Urkunden gemeint, deren Inhalt nicht selbst die Nichtigkeit ergibt, H u m m e l S p e c h t Anm. 7 zu § 25 LStG.

R G Z . 106, 68 Haftet der Liquidator einer Gewerkschaft Gothaischen Rechts, der mit einem Dritten einen über den Liquidationszweck hinausgehenden Vertrag abschließt, ohne daß ihn dabei ein Verschulden trifft, dem Dritten, sei es auf Erfüllung oder auf Schadensersatz ?

BGB. § 179. V. Zivilsenat.

Urt. v. 16. Dezember 1922.

I. Landgericht Hannover.

II. Oberlandesgericht Celle.

Am 14. November 1910 wurde in einer Gewerkenversammlung der Gothaischen Gewerkschaft „L." die Auflösung der Gewerkschaft und die Ernennung des Beklagten W., des Bankiers Gustav D. und des Senators a. D. Julius Fr. zu Liquidatoren der aufgelösten Gewerkschaft beschlossen. Dieser Beschluß wurde in einer zweiten Gewerkenversammlung vom 6. Dezember 1910 dahin abgeändert, daß die Liquidation der Gewerkschaft wieder auf-

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gehoben und der Bankier D. zum Vorsitzenden und der Beklagte W. zum stellvertretenden Vorsitzenden bestellt wurden. Beide Beschlüsse wurden durch das Bergamt in Gotha in der Gothaer Zeitung veröffentlicht. Am 29. März 1911 schlössen D. und W. handelnd als Grubenvorstand der Gewerkschaft „L." namens dieser mit dem Kläger einen notariellen Vertrag, wonach der Kläger seinen Geschäftsanteil an einer anderen Bergbaugesellschaft für 20000 M. an die Gewerkschaft „L." abtrat und diese sich außer zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtete, eine Fundprämie von 35000 M. an ihn zu zahlen, wann in dem Gebiete jener Gesellschaft durch Bohrung Kali angetroffen würde, welches bezüglich der angetroffenen Salze und des vorhandenen Deckgebirges abbauwürdig wäre. Der Kläger machte geltend, daß die Bedingungen für die Zahlung dieser Fundprämien an sich eingetreten seien, die Gewerkschaft „L." dafür aber nicht in Anspruch genommen werden könne, da der Beschluß, durch den ihre Auflösimg wieder rückgängig gemacht worden sei, ungültig gewesen sei, sie sich daher bei Abschluß des Vertrags noch im Zustande der Liquidation befunden habe und als Liquidationsgewerkschaft zum Abschluß eines solchen über den Rahmen des Liquidationszwecks hinausgehenden Vertrags rechtlich nicht in der Lage gewesen sei. Der Kläger nahm infolgedessen den Beklagten W. und die beklagte Witwe D., diese als alleinige testamentarische Erbin ihres verstorbenen Ehemannes, auf Erfüllung des Vertrags oder Schadensersatz in Anspruch, indem er anführte, D. und W. seien infolge Ungültigkeit des Beschlusses vom 6. Dezember 1910 tatsächlich nicht Vorstandsmitglieder der Gewerkschaft „L." gewesen, hätten also bei Abschluß des Vertrags als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt, hafteten aber für Schadensersatz auch deswegen, weil sie ihren Auftrag als Liquidatoren überschritten hätten, auf Grund des § 140 des Gothaischen Berggesetzes, eventuell auf Grund unerlaubter Handlung. Die Beklagten haben ihre Verpflichtung aus rechtlichen Gründen bestritten, aber auch in Abrede gestellt, daß die im Vertrage vorgesehene tatsächliche Bedingung für die Zahlung der Fundprämie gegeben sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist zurückgewiesen worden. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Gründe: Der Berufungsrichter läßt dahingestellt, ob der Vertrag vom 29. März 1911, den D. und W. als angeblicher Grubenvorstand der Gewerkschaft „L." in deren Namen mit dem Kläger abgeschlossen haben, gegenüber der genannten Gesellschaft wirksam war oder ob er dieser Wirksamkeit um deswillen entbehrte, weil die Gewerkschaft sich im Liquidationszustande befand und deshalb nicht durch ihre früheren Vorstandsmitglieder, sondern durch die Gesamtheit der Liquidatoren, zu denen außer D. und W. noch ein Dritter gehörte, gesetzlich vertreten wurde, und auch diese Liquidatoren neue Geschäfte nur zur Beendigung schwebender Geschäfte eingehen .konnten (§149 Gothaisches Berggesetz vom 23. Oktober 1899, GS. S. 125 flg.).

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Er gelangt bei Unterstellung sowohl des einen wie des anderen Falles zur Abweisung der Klage, und zwar im ersten Falle um deswillen, weil aus einem im Namen eines anderen mit Rechtswirksamkeit für diesen abgeschlossenen Vertrage nur der Vertretene, nicht aber der Vertreter berechtigt und verpflichtet wird (§ 164 BGB.), auch eine Gewähr für die Zahlungsfähigkeit der Gewerkschaft von den Vertretern nicht übernommen worden sei; im anderen Falle, weil die §§ 149, 140 Goth. Bergges., sowie die Vorschriften des BGB. über unerlaubte Handlungen, auf welche die Klage in erster und zweiter Linie gestützt werde, ein Verschulden voraussetzten, das, wie der Berufungsrichter näher darlegt, nicht dargetan sei, während für die Haftung aus § 179 BGB. die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Soweit diese Ausführungen dahin gehen, daß die §§ 149, 140 Goth. Bergges. ein Verschulden der Liquidatoren voraussetzen, können sie in dieser Instanz nicht nachgeprüft werden, da, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat (zuletzt in JW. 1920 S. 54) das genannte Landesgesetz, im Gegensatze zu dem älteren Gothaischen Landesgesetze, nicht revisibel ist. Soweit ferner vom Berufungsrichter die Anwendbarkeit der Vorschriften des BGB. über unerlaubte Handlungen mit der Begründung verneint wird, daß ein Verschulden von D. und W. darin, daß sie als Vertreter der Gewerkschaft aufgetreten seien, nicht gefunden werden könne, liegen die Ausführungen auf tatsächlichem Gebiete und unterhegen deshalb nicht der Nachprüfimg in der Revisionsinstanz. Die Anwendbarkeit des § 179 BGB., auf welche die Haftbarkeit von D. und W. für den vom Berufiingsrichter unterstellten Fall, daß der Vertrag gegenüber der Gewerkschaft nicht wirksam war, in letzter Linie gegründet wird, verneint der Berufungsrichter mit der Begründung, daß zwar D. und W. in diesem Falle als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hätten, daß aber das weitere Tatbestandsmerkmal des § 179, die Verweigerung der Genehmigung von seiten der vertretenen Gewerkschaft, nicht vorliege. Es gehe nicht an, dieser Verweigerung der Genehmigung den Umstand gleichzusetzen, daß der Vertrag durch eine Genehmigung überhaupt nicht geheilt werden konnte, weil es sich um einen Vertrag handelte, der von einer Liquidationsgesellschaft gar nicht abgeschlossen werden konnte. Haftungsgrund des § 179 sei, daß das Vertrauen des Dritten, mit dem der Vertrag abgeschlossen werde, in die Vertretungsmacht des sich als Vertreter Ausgebenden getäuscht sei und er durch diese Täuschung Schaden erleide. Die Täuschung müsse die Ursache des Schadens, und zwar die alleinige, gewesen sein. Dies treffe dann nicht zu, wenn, wie hier, die Ursache der Schädigung des Dritten nicht allein der Mangel der Vertretungsmacht, sondern auch der Inhalt des mit ihm abgeschlossenen Vertrags bilde, so daß der Dritte auch dann geschädigt worden wäre, wenn der Vertreter Vertretungsmacht besessen hätte. Eine Ausdehnung der Haftung auf nicht genehmigungsfahige Verträge würde zu einer unbilligen Beschwerung des schuldlosen Vertreters führen, während bei schuldhaftem Verhalten des

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falschen Vertreters es der Anwendung des § 179 in den meisten Fällen nicht bedürfen würde, weil er schon aus anderen Rechtsgründen haften würde. Aus diesen Gründen erachtet der Berufungsrichter eine Haftung des D. und des W. auch dann nicht für begründet, wenn man annehme, daß diese nicht im Namen der Liquidationsgewerkschaft, sondern im Namen der nach ihrer Ansicht durch den Beschluß vom 6. Dezember 1910 wieder ins Leben gerufenen werbenden Gewerkschaft gehandelt hätten, also im Falle der Ungültigkeit dieses Beschlusses im Namen einer in Wirklichkeit gar nicht existierenden Rechtspersönlichkeit. Denn der in der Literatur vertretenen Ansicht, daß in solchem Falle der falsche Vertreter dem Dritten nach § 179 hafte, erklärt der Berufungsrichter sich nicht anschließen zu können; auch hier treffe die Erwägimg zu, daß eine solche Haftimg für den schuldlosen Vertreter eine unbillige Härte bedeuten würde, die auch durch das Interesse des Dritten nicht geboten erscheine. Daß eine unmittelbare Anwendung des § 179 BGB. dann nicht in Frage kommen kann, wenn der von dem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossene Vertrag schon aus anderen Gründen, als wegen des Mangels der Vertretungsmacht, insbesondere wegen mangelnder Rechtsfähigkeit des Vertretenen, für den Vertretenen unverbindlich sein würde, hat bereits der VII. Zivilsenat des Reichsgerichts in dem Urteile vom 30. April 1909 (Recht 1909 Nr. 1841) ausgesprochen und mit der Stellung des Paragraphen im Zusammenhange des BGB. sowie mit seinem Wortlaute begründet. Daran ist festzuhalten. § 179 schließt sich an die §§ 177, 178 an, welche die Wirksamkeit eines von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen abgeschlossenen Vertrags für den Vertretenen regeln und diese Wirksamkeit lediglich von der Genehmigung des Vertretenen abhängig machen, also Verträge voraussetzen, die durch diese Genehmigung rechtswirksam zustande kommen, so daß bis zur Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung ein Schwebezustand besteht, während dessen es ungewiß ist, ob der Vertrag nicht noch wirksam zustande kommen wird. Ganz im Einklänge damit stellt der § 179, der den gleichen Fall eines von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Vertrags, aber hinsichtlich der Haftung des Vertreters regelt, für diese Haftimg die Voraussetzung auf, daß der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert hat und dadurch festgestellt worden ist, daß der Vertrag für ihn nicht rechtswirksam zustande kommt. Das Gesetz begründet also unmittelbar eine Gewährleistung des vollmachtlosen Vertreters nur dafür, daß der Mangel der Vollmacht durch die nachträgliche Genehmigung des Vertretenen behoben wird, nicht dagegen für andere Mängel, die das Zustandekommen des Vertrags hindern, insbesondere für die Rechtsfähigkeit des Vertretenen. Dabei hat jedoch das erwähnte reichsgerichtliche Urteil die Frage ausdrücklich offen gelassen und dem Tatrichter zur Beantwortung überwiesen, ob nicht „unter den besonderen Umständen des Falles das Verkehrsinteresse in folgerichtiger Durchführung der in § 179 zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken eine analoge An-

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wendung dieser gesetzlichen Bestimmung auch im Falle des Nichtbestehens der angeblich vertretenen Person" — es handelte sich damals darum, daß die vertretene Gewerkschaft infolge Versagung der landesherrlichen Genehmigung nicht zur Entstehung gelangt war — „fordere". Auch in RGZ. Bd. 73 S. 98 ist die Frage dahingestellt gelassen. Von anderer Seite wird die entsprechende Anwendung des § 179 auf den Fall des Vertragsabschlusses im Namen einer „nicht existierenden Person" grundsätzlich befürwortet; so im Komm. v. RGRäten zu § 179A. 1 Abs. 2; Meyer im Recht 1910 S. 695; Strucksberg in L. Zeitschr. 1912 S. 378; auch Flad bei Planck zu § 179 Erl. 6ca; während H u p k a , Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht, S. 173 unter c, und S t a u d i n g e r zu § 179 Erl. 3a Abs. 3, sowie OLG. Celle in Seuff. Arch. Bd. 64 S. 218 die Anwendung des § 179 auf einen solchen Fall für ausgeschlossen erklären. Was nun den hier vorliegenden Fall angeht, so ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, daß der Vertrag vom 29. März 1911 für die Gewerkschaft „L." unverbindlich war, weil diese Gewerkschaft sich damals — ungeachtet des den Eintritt in die Liquidation rückgängig machenden, aber unwirksamen Beschlusses vom 6. Dez. 1910 — im Liquidationszustande befand und in diesem Zustande einmal nicht durch ihre früheren Vorstandsmitglieder D. und W. als solche, sondern nur durch sie als Liquidatoren in Gemeinschaft mit einem Dritten vertreten wurde, ferner aber ein über den Liquidationszweck hinausgehendes Geschäft, wie es in dem Vertrage vorgesehen war, nicht abschließen konnte. Von diesen beiden Mängeln hätte der zuerst genannte durch die Genehmigung des dritten Liquidators, der bei dem Abschlüsse des Vertrags nicht mitgewirkt hatte, geheilt werden können und würde, falls lediglich infolge der Verweigerung dieser Genehmigung der Vertrag für die Gewerkschaft nicht wirksam geworden wäre, der immittelbaren Anwendimg des § 179 nichts entgegengestanden haben. Dagegen muß für die Revisionsinstanz davon ausgegangen werden, daß wegen des an zweiter Stelle genannten Mangels das Geschäft für die Gewerkschaft überhaupt nicht, insbesondere nicht durch eine Genehmigung von seiten der Gewerkenversammlung, wirksam werden konnte. Zwar wird, soweit reichsrechtliche Vorschriften in Betracht kommen, im Schrifttum die Ansicht vertreten, daß durch die Bestimmungen, welche den Abschluß von Geschäften für Vereine und Gesellschaften des bürgerlichen wie des Handelsrechts, die sich im Stadium der Liquidation befinden, einschränken (§§ 49 Abs. 1 Satz 2, 730 Abs. 2 BGB., §§ 149, 298 HGB., § 70 GmbHG.), nicht die Rechts- oder Geschäftsfähigkeit der Vereine und Gesellschaften in diesem Stadium beschränkt, sondern nur eine Grenze für die Vertretungsmacht der Liquidatoren gezogen werde und daß deshalb auch solche Geschäfte, welche durch die Liquidatoren in Überschreitung dieser Grenze abgeschlossen worden sind, wirksam werden durch Genehmigung der ordentlichen Gesellschaftsorgane, die den Geschäftskreis der Liquidatoren erweitern können. Vgl. darüber W i m p f h e i m e r , Die Gesellschaften des Handels- und des bürg. Rechts im Stadium der Liquidation (Fischers

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Abhandlgn. Bd. 17 Heft 2) Kap. 5 S. 135flg., besonders 163flg. u. 195; ferner S t a u b - K o e n i g e HGB. zu §149A. 16a; 151 A. 5; 298 A. 7; D ü r i n g e r - H a c h e n b u r g zu § 149 A. 26; S t a u b - H a c h e n b u r g GmbHG § 60 A. 4; 70 A. 19. Hierauf beruht es auch, daß sowohl S t a u b - K o e n i g e (zu § 149 A. 37), wie S t a u b - H a c h e n b u r g (zu § 70 A. 19) den § 179 ohne weiteres auf Geschäfte anwenden, die von den Liquidatoren unter Überschreitung ihrer gesetzlichen Vollmacht getätigt sind, falls die Gesellschaftsorgane die Genehmigung verweigern. Auch für die Gewerkschaften des Preußischen ABG. vertritt Isay (zu § 134 A. 2a, S. 769 u. A. 16 Abs. 5, S. 771) die Ansicht, daß Geschäfte der Liquidatoren, die den Liquidationszweck überschreiten, nicht absolut nichtig sind, sondern nach §§ 177 flg. BGB. von der Zustimmung der Gewerkenversammlung abhängen. Im vorliegenden Falle handelt es sich indessen, wie oben schon hervorgehoben ist, um eine Gewerkschaft Gothaischen Rechts, und für diese hat der Berufungsrichter auf Grund einer in der Revisionsinstanz nicht nachprüfbaren Auslegung des Gothaischen Berggesetzes von 1899 ausdrücklich festgestellt, daß D. und W. zum Abschlüsse des Vertrags nicht nur in ihrer Eigenschaft als Liquidatoren auf Grund des § 149 des Gesetzes nicht ermächtigt waren, sondern auch nicht ermächtigt werden konnten und daß deshalb der Vertrag von vornherein unheilbar nichtig gewesen ist, also ein genehmigungspflichtiger Vertrag nicht vorlag. Ist sonach dem Berufungsrichter insoweit zuzustimmen, als er die unmittelbare Anwendung des § 179 auf den vorliegenden Fall ablehnt, so ist doch der erkennende Senat der Ansicht, daß der dieser Gesetzesvorschrift zugrunde liegende Rechtsgedanke ihre entsprechende Anwendimg auf rechtsähnliche Fälle im Wege der Analogie zuläßt und daß ein solcher rechtsähnlicher Fall auch hier vorliegt. Dieser Rechtsgedanke geht dahin, daß derjenige, der im geschäftlichen Verkehr als Vertreter eines anderen einem Dritten gegenübertritt, Beziehungen zu diesem anderen kundgibt, auf Grund deren in dem Dritten das Vertrauen erweckt wird, daß durch den Abschluß mit dem Vertreter das Geschäft für den Vertretenen wirksam zustande komme, und daß, wenn dieses Vertrauen, wiewohl ohne subjektives Verschulden des als Vertreter Aufgetretenen, getäuscht wird, dieser wegen der durch sein Auftreten entstandenen Gefährdung des Dritten haftbar sein muß, sei es für das Erfüllungs- oder wenigstens für das negative Vertragsinteresse (sog. „culpa in contrahendo", vgl. Motive zum I. Entwürfe eines BGB. Bd. 1 S. 243 zu §§ 123—125 des Entwurfs unter 2b; RGZ. Bd. 6 S. 258). Dieser Gedanke des im Verkehrsinteresse erforderlichen Vertrauensschutzes gegenüber demjenigen, der im Namen einer anderen Person ein Rechtsgeschäft abschließt, ist im BGB. und in sonstigen Reichsgesetzen nicht nur für den einzelnen Fall des Handelns ohne Vertretungsmacht (§ 179), sondern auch in solchen Fällen anerkannt, in denen das Vertrauen des Dritten fälschlich in der Richtung erweckt wird, daß hinter dem als Vertreter Handelnden eine zum Abschlüsse des Geschäfts als Vertragspartei rechtlich befähigte Person stehe. So erklärt § 54 BGB. denjenigen für persön-

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lieh haftbar, der im Namen eines nicht rechtsfähigen Vereins einem Dritten gegenüber ein Rechtsgeschäft vornimmt; ferner § 200 HGB. denjenigen, der für eine Aktiengesellschaft vor ihrer Eintragung in das Handelsregister handelt, ebenso § 11 GmbHG. für eine Gesellschaft m. b. H. vor deren Eintragung. Mit diesen Vorschriften zusammengehalten erscheint auch der § 179 BGB. nicht als eine vereinzelte Vorschrift, die auf den darin ausdrücklich geregelten Fall zu beschränken wäre, sondern als Ausfluß eines allgemeinen, in dem inneren Zusammenhange der Einzelvorschriften des Gesetzes begründeten Rechtsgedankens. Dieser Gedanke trifft aber nicht nur in dem schon durch die bisherige Rechtslehre und Rechtsprechung für die entsprechende Anwendung ins Auge gefaßten Falle zu, daß die angeblich vertretene Person nicht existiert, — ein Fall, der hier nicht, wie der Berufungsrichter annimmt, vorliegt, da die Gewerkschaft, in deren Namen gehandelt wurde, durch den Eintritt in die Liquidation nicht untergegangen ist — sondern ebensowohl in dem hier vorliegenden Falle, wo die vertretene Person zwar existiert, aber zum Abschlüsse eines derartigen Geschäfts, wie es in ihrem Namen vorgenommen worden, rechtlich nicht befähigt ist. Es ist kein innerer Grund ersichtlich, warum der als Vertreter Aufgetretene, der durch sein Auftreten das Bestehen näherer Beziehungen zwischen ihm und der vertretenen Person kundgegeben hat, dem außenstehenden Dritten nicht hierfür ebenso haftbar sein sollte, wie für die Verweigerung der Genehmigung durch die vertretene Person im Falle eines genehmigungsfähigen Vertrags. Diese Haftung kann, in entsprechender Anwendimg des § 179, im vorliegenden Falle zwar, da der Berufungsrichter festgestellt hat, daß D . und W. den Mangel ohne Verschulden nicht gekannt haben, nicht nach Abs. 1 zu der mit der Klage in erster Linie geltend gemachten Verurteilung zur Erfüllung, wohl aber zu der in zweiter Linie beantragten Verurteilung zum Schadensersatze in Geld, wenn auch nur in dem in Abs. 2 bestimmten beschränkten Umfange führen. R G Z . 108, 125 K a n n der Käufer eines Grundstücks auf die Gültigkeit der V o l l m a c h t auch dann vertrauen, w e n n aus der i h m v o m Vertreter des Verkäufers vorgelegten privatschriftlichen Vollmachtsurkunde die Unwiderruflichkeit der V o l l m a c h t hervorgeht und daraus die N i c h t i g k e i t der Vollmacht zu folgern ist ? BGB. §§ 167, 313. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Verden.

Urt. v. 19. März 1924. II. Oberlandesgericht Celle.

In der notariell b e g l a u b i g t e n Urkunde vom 3. Oktober 1919 beauftragte und bevollmächtigte der Kläger den Auktionator M., seine Grundstücke A. Bd. I Blatt 1 und 12, sowie von seinem Grundstück Bd. I Blatt 8

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daselbst zwei Parzellen zu verkaufen, die Verkaufsbedingungen nach seinem Ermessen festzustellen und sich dabei 2 % vom Kaufpreise zu bedingen, den Kaufvertrag für ihn gerichtlich oder notariell abzuschließen, die erfordelichen Grundbucherklärungen abzugeben, die Kaufgelder in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren. Falls der Kläger die Grundstücke ohne Mitwirkung des M. verkaufen sollte, wurde dem letzteren die Provision von 2 % gleichfalls zugesichert. Die Vollmacht bzw. Vereinbarung sollte für beide Teile auf zwei Jahre verbindlich und gültig sein. Auf Grund dieser Vollmacht verkaufte M. durch notariellen Vertrag vom 4. Oktober 1919 von dem Grundstück A. Bd. I Blatt 8 die beiden Parzellen an den Beklagten D. und durch notariellen Vertrag vom 9. Oktober 1919 die Grundstücke A. Bd. I Blatt 1 und 12 an den Beklagten M. Die Auflassung ist erfolgt; im Lauf des Rechtsstreits ist der Beklagte D. auch als Eigentümer der ihm verkauften Parzellen im Grundbuch eingetragen worden. Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß die von M. mit den Beklagten geschlossenen Kaufverträge und die Auflassungserklärungen nichtig seien, mit der Begründung, daß die Vollmacht wegen Formmangels nichtig sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist mit einer hier nicht interessierenden Maßgabe zurückgewiesen. Die Revision hatte Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht führt aus, daß der Annahme des Landgerichts, die Vollmacht habe der Form des § 313 BGB. nicht bedurft, erhebliche Bedenken entgegenständen; es läßt aber diese Frage unentschieden, weil die Nichtigkeit der Vollmacht nicht die Nichtigkeit der Veräußerungsgeschäfte nach sich ziehen würde; denn der gutgläubige Dritte könne sich auf die Gültigkeit einer ordnungsmäßig erscheinenden Vollmacht verlassen; die Prüfung der Gültigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts sei ihm nicht zuzumuten. Die Gutgläubigkeit der Beklagten sei nicht zu bezweifeln, da sie die etwaigen Mängel der Vollmacht als Laien gar nicht hätten erkennen können. Die Revision macht zunächst geltend, daß, wenn die dem M. erteilte Vollmacht nichtig gewesen sei, dann auch die Veräußerungsgeschäfte nichtig gewesen seien. Nur wenn die Vollmacht an sich gültig sei, könne dem gutgläubigen Dritten nicht zugemutet werden, die Gültigkeit des der Vollmachtserteilung zugrunde liegenden Grundgeschäfts nachzuprüfen. Der Revision war der Erfolg nicht zu versagen. Nach § 167 Abs. 2 BGB. bedarf die Vollmachtserteilung nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Auch die Bevollmächtigung zur Veräußerung eines Grundstücks ist daher grundsätzlich formfrei. Nur in besonderen Fällen, in denen die Vollmacht sich nur als das äußere Gewand darstellt, in das die bereits begründete Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, eingekleidet war, der Verkäufer also schon alles getan hatte, was Zivils. A l l g c m . Teil 4

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auf die Vollmacht des Beklagten vertraut hatte, also sog. Vertrauensinteresse oder negatives Vertragsinteresse. Diesen Schadensersatz kann der Gegner des vollmachtlosen Vertreters nach den in RGZ. Bd. 106 S. 73 entwickelten Grundsätzen in e n t s p r e c h e n d e r Anwendung des § 179 BGB. auch ohne die Voraussetzung verlangen, daß der Vertrag bei Vorhandensein der Vollmacht gültig sein würde, sofern nur der andere Teil überhaupt auf das gültige Zustandekommen des Vertrags vertrauen konnte. Hier war der Beklagte als Vertreter der Reußischen Gebietsregierung, also einer staatlichen Behörde, aufgetreten, und nach der rechtsirrtumsfreien Auslegung des Berufungsgerichts hatte er die Beschaffung der Einfuhrerlaubnis und der Einwilligung der Reichsbank als Vertragspflicht der Käuferin übernommen. Es ist nicht abzusehen, warum er für deren Nichterlangung nicht ebenso haftbar sein sollte wie für die Verweigerung der Genehmigung seitens der vertretenen Person im Falle eines genehmigungsfahigen Vertrags. In jener Entscheidung ist weiter angenommen worden, daß es so wenig wie nach §179 BGB. bei dessen unmittelbarer Anwendung eines subjektiven Verschuldens des als Vertreter Aufgetretenen bedarf. Dies mag dahinstehen. Auch ein Verschulden des Beklagten müßte im vorliegenden Fall angenommen werden. Denn das ihm mitgegebene, von dem Ministerialreferenten Oberbaurat S. unterzeichnete Schriftstück konnte nur mißverständlich als Abschlußvollmacht aufgefaßt werden. Der Ausdruck „Vollmacht" oder „Ermächtigung" oder dgl. war darin überhaupt nicht gebraucht, sondern es war darin nur bescheinigt, daß der Beklagte im Auftrag und für Rechnung des Ministeriums Lebensmittel einkaufte, und es war gebeten, ihm keine Schwierigkeiten zu bereiten und die Absendung der Ware, die für das Ministerium transit reise, nach Möglichkeit zu beschleunigen. Es wäre Pflicht des Beklagten, eines Geschäftsmannes von Beruf, gewesen, sich zu vergewissem, ob er daraufhin einen für das Ministerium bindenden Abschluß vornehmen durfte. Daß er sich darin zum mindesten nicht sicher gefühlt hat, zeigt am deutlichsten die von ihm aufgestellte, vom Berufungsgericht aber für widerlegt erachtete Behauptung, er habe sich beim Abschluß die Genehmigung des Ministeriums vorbehalten. Dieses hat aber nach der Feststellung des Berufungsgerichts die Einfuhrerlaubnis und die Genehmigung der Reichsbank gerade darum nicht herbeigeführt, weil es das Geschäft überhaupt nicht für sich gelten ließ; also auch das hat der Beklagte zu vertreten.. . . RGZ. i;4, $8 1. Stehen die Ansprüche auf Erfüllung und Schadensersatz nach § 179 Abs. 1 BGB. zueinander im Verhältnis einer Wahlschuld nach §§ 262 flg. BGB. ? 2. Begründet die Nichterweislichkeit eines erhobenen Schadensersatzanspruchs aus § 179 Abs. 1 BGB. die Unmöglichkeit der Erfüllung einer Leistung im Sinne des § 265 Satz 1 BGB. ?

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BGB. §§ 179, 262, 263, 265. VII. Zivilsenat. I. Landgericht Berlin.

Urt. v. 16. Februar 1937. II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger verkaufte im Jahre 1923 sein in B. gelegenes Grundstück an eine Grundstücksgesellschaft mbH. Nachdcm die Gesellschaft als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war, ließ sie eine Grundschuld von 36000 RM. eintragen. Im Jahre 1927 verlangte der Kläger mit einer gegen die Grundstücksgesellschaft erhobenen Klage von dieser Zug um Zug gegen Zahlung von 5000 RM. die Einwilligung, daß er im Wege der Berichtigung des Grundbuchs wieder als Eigentümer des Grundstücks eingetragen werde und daß das Grundstück von der Belastung mit der Grundschuld befreit werde; er machte geltend, der Vertrag vom Jahre 1923 sei ein Schwarzkauf. In der Berufungsinstanz erkannte das Kammergericht auf einen Eid des Klägers. Gegen dieses Urteil legte die Grundstücksgesellscbaft Revision ein. Es kam aber in einem vom Kläger gegen den Kaufmann Alfred L., der alle Anteile der Grundstücksgesellschaft besaß, anhängig gemachten Arrestverfahren zu einem Vergleich vom 26. Februar 1929. In diesem erkannte die Grundstücksgesellschaft die Nichtigkeit des Kaufvertrags über das Grundstück an und verpflichtete sich gemeinsam mit L., die Grundschuld in Höhe von 24000 RM. zur Löschung zu bringen. In dem Vergleich heißt es ferner, die Ehefrau G. L., die ebenso wie ihr Ehemann durch Rechtsanwalt G., den jetzigen Beklagten, vertreten werde, übernehme fiir alle aus dem Vertrag sich ergebenden Verpflichtungen der Gesellschaft und ihres Ehemannes die selbstschuldnerische Bürgschaft. Auf Grund dieses Vergleichs wurde der Kläger wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen; die Verpflichtung zur Löschung der Grundschuld in Höhe von 24000 RM. wurde aber nicht erfüllt. Es kam auf Antrag des Kaufmanns Loe., an den die Grundschuld abgetreten war, zur Zwangsversteigerung des Grundstücks. Dabei fielen neben Loe., der in Höhe von rund 13000 RM. nicht befriedigt wurde, der Kaufmann W. mit 7700,98 RM., die P. Bank mit 1315,99 RM. und die Gerichtskasse in B. mit zwei Forderungen von 645,00 RM. und 1400,14 RM. aus. Schon vor der Zwangsversteigerung des Grundstücks hatte der Kläger gegen den Kaufmann L. und dessen Ehefrau wegen des ihm aus der Nichterfüllung des Vergleichs infolge der Nichtlöschung der Grundschuld entstandenen Schadens Klage erhoben. Durch Schriftsatz vom 29. Januar 1932 hatte er dem jetzigen Beklagten den Streit verkündet, da Frau L . einwandte, dieser sei zur Abgabe der Bürgschaftserklärung für sie nicht bevollmächtigt gewesen. Der Beklagte trat dem Rechtsstreit nicht bei. In dessen weiterem Verlauf erließ das Kammergericht am 11. Juli 1933 ein rechtskräftig gewordenes Urteil, durch das der Schadensersatzanspruch des Klägers, soweit er sich gegen den Kaufmann L. richtete, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurde. Dagegen wurde die Klage gegen die Ehefrau 6»

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L. mit der Begründung abgewiesen, daß dem jetzigen Beklagten die Vollmacht zur Abgabe der Bürgschaftserklärung für Frau L. gefehlt habe und daß seine Erklärung auch nicht nachträglich von ihr genehmigt worden sei; er sei als Vertreter ohne Vertretungsmacht aufgetreten. Im weiteren Verfahren über die Höhe des Schadensersatzanspruchs gegen L. wurde dieser rechtskräftig verurteilt, an den Kläger 8500 RM. nebst 6 " > Zinsen seit dem 5. Oktober 1929 zu zahlen und ihn von den Verbindlichkeiten gegenüber den in der Zwangsversteigerung ausgefallenen Gläubigern zu befreien, soweit er diesen persönlich hafte; dies seien die Forderungen des W., der P. Bank und der Gerichtskasse. Auf Grund dieses Sachverhalts nimmt der Kläger mit der im November 1934 eingereichten Klage den Beklagten als Vertreter ohne Vertretungs-

macht auf Schadensersatz in Anspruch. Er hatte den ihm durch das Ver-

trauen auf den Vergleich entstandenen Schaden zunächst auf 55000 RM. angegeben. Für den Fall jedoch, daß der Beklagte selbst den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt habe, hat er ihn nach Maßgabe des genannten, gegen den Ehemann L. ergangenen Urteils des Landgerichts Berlin auf 8500 RM. in bar und 11071,71 RM. Befreiung von Schuldverbindlichkeiten beziffert. Nachdem ihm das Armenrecht nur in letzterem Umfang bewilligt worden war, hat er einen dementsprechenden Antrag gestellt. Der Beklagte hat den Klaganspruch bestritten, indem er geltend macht, er sei nicht als Vertreter der Ehefrau L. aufgetreten und dem Kläger sei durch sein Vertrauen auf die Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung auch kein Schaden entstanden, da alle Beteiligten von Anfang an mittellos gewesen seien. Das Landgericht hat nach dem Antrag des Klägers erkannt. Durch Teilurteil hat das Kammergericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, soweit sie sich gegen seine Verurteilung zur Befreiung des Klägers von dessen Verbindlichkeiten gegenüber dem Kaufmann W. und der P. Bank richtet. Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision des Beklagten führte zur Abweisung des vom Kammergericht zuerkannten Befreiungsanspruchs. Gründe: Der Berufungsrichter geht zutreffend davon aus, durch das rechtskräftige Urteil des Kammergerichts vom 11. Juli 1933 stehe nach den §§ 68, 74 Abs. 3 ZPO. für den gegenwärtigen Prozeß fest, daß der Beklagte keine Vollmacht gehabt habe, für die Ehefrau L. rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, und daß letztere die Bürgschaftserklärung auch nicht etwa genehmigt habe. Er hält femer ohne Rechtsverstoß für erwiesen, daß der Beklagte im Termin vom 26. Februar 1929 auch als Vertreter der Ehefrau L. aufgetreten sei. Der Vorderrichter führt dann weiter aus, der Kläger könne die Befreiimg von den in Rede stehenden Verbindlichkeiten vom Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 1 BGB. verlangen, weil

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er einen solchen Anspruch gegen Frau L. haben würde, falls der Beklagte zur Abgabe der Bürgschaftserklärung für sie bevollmächtigt gewesen wäre. Der Kläger habe seinen Klaganspruch zwar als Schadensersatzanspruch begründet; das hindere aber nicht, ihm den geltend gemachten Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Erfüllung gemäß § 179 Abs. 1 BGB. zuzusprechen. Diese beiden Ansprüche ständen zwar grundsätzlich im Verhältnis der Zahlschuld zueinander; das sei aber nicht der Fall, wenn sich der zunächst geltend gemachte Schaden im Prozeß als unerweisbar herausstelle ; dann könne der Berechtigte Erfüllung des vollmachtlos abgeschlossenen Geschäfts fordern. Der Berufungsrichter legt dann dar, der Kläger habe den Nachweis eines ihm entstandenen Schadens nicht erbringen können, weil sowohl die Grundstücksgesellschaft wie die Eheleute L. zur Zeit der gegen diese möglichen Vollstreckungen vermögenslos und unpfändbar gewesen seien. Einer ausdrücklichen Erklärung des Klägers, daß er nunmehr Erfüllung verlange, habe es nicht bedurft, weil der Leistungsgegenstand des zunächst geltend gemachten Schadensersatzanspruchs inhaltlich derselbe sei wie der des Erfüllungsanspruchs; es handle sich dann nur um eine andere rechtliche Beurteilung der inhaltlich gleichbleibenden Klagforderung. Erst dann legt der Berufungsrichter dar, die Haftung des Beklagten sei nicht auf den Schadensersatzanspruch des § 179 Abs. 2 BGB. — das Vertrauensinteresse — beschränkt, weil der Beklagte den Beweis, daß er den Mangel seiner Vertretungsmacht nicht gekannt habe, nicht erbracht und auch nicht etwa dargetan habe, daß der Kläger den Mangel der Vollmacht gekannt habe oder habe kennen müssen. Der Umfang der Leistungspflicht des Beklagten bestimme sich — so führt der Vorderrichter weiter aus — wie bei einem Bürgen gemäß § 767 BGB. nach dem Umfang der Verpflichtungen des Ehemannes L. auf Grund seiner Nichterfüllung des Vergleichs vom 26. Februar 1929, weil sich hiernach der Inhalt der Verbindlichkeiten der Ehefrau L. im Falle einer wirksamen Bürgschaftsübernahme richten würde. L. sei aber zur Befreiung des Klägers von den Forderungen des W. und der P. Bank verpflichtet. Die Revision rügt zunächst, der Berufungsrichter habe zu Unrecht die Beschränkung der Haftung des Beklagten gemäß § 179 Abs. 2 BGB. verneint... Es mag dahingestellt bleiben, ob dieser Angriff gerechtfertigt ist. Denn auch wenn die Voraussetzung des § 179 Abs. 2 BGB. zum Nachteil des Revisionsklägers ohne Rechtsverstoß verneint sein sollte, so ist der Klaganspruch gleichwohl imbegründet. Der Berufungsrichter geht zutreffend davon aus, daß die nach § 179 Abs. 1 BGB. dem Geschäftsgegner gegen den auftraglosen Vertreter zustehenden Ansprüche auf Erfüllung und Schadensersatz zueinander im Verhältnis einer Wahlschuld nach §§ 262flg. BGB. stehen. Für diese im Schrifttum herrschende Ansicht (vgl. RGRKomm. z. BGB. Anm. 1 zu § 179; Staudinger Anm. 13 zu § 179 BGB.; Planck-Flad Anm. 4c zu

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§ 179 BGB.) spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung. Denn die Worte, daß der auftraglose Vertreter dem anderen Teil „nach dessen Wahl" zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet i.st, weisen auf die §§ 262flg. BGB. hin, in denen das Wahlrecht geregelt ist, wenn mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, daß nur die eine oder die andere zu bewirken ist. P l a n c k erörtert a. a. O., daß im Entwurf zum BGB. in der Bearbeitung der II. Kommission der Ausdruck „Wahl" auch in den §§ 292, 294, 1237 BGB. vorkam, daß aber dieses Wort in den an deren Stelle getretenen §§ 340, 342, 1345, 1347 BGB. beseitigt wurde und nach diesen Bestimmungen nur e i n e Leistung geschuldet ist, ein Teil aber berechtigt ist, anstatt der eigentlich geschuldeten Leistung eine andere zu setzen (facultas alternativa). Es hätte nahe gelegen, daß der Gesetzgeber, wenn er auch im Falle des § 179 Abs. 1 BGB. kein Wahlverhältnis begründen wollte, auch hier den Ausdruck „nach dessen Wahl" gestrichen und eine auf ein Gestaltungsrecht des Gläubigers hindeutende Fassung gewählt hätte. Auch würde, wenn man das Verhältnis des Anspruchs auf Erfüllung und Schadensersatz nicht als ein Wahlverhältnis mit den sich aus §§ 262flg. ergebenden Folgen ansieht, eine Bestimmung darüber fehlen, ob und wann eine vom Gläubiger getroffene Wahl für diesen bindend ist. Anderseits sprechen gegen die Anwendung des § 263 Abs. 2 BGB., wonach die gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete gilt, auf Fälle des § 179 Abs. 1 BGB. um so weniger Bedenken, als der Schuldner schon dadurch benachteiligt ist, daß das Wahlrecht hier im Gegensatz zu der nach § 262 BGB. im Zweifel geltenden Regelung nicht ihm, sondern dem Gläubiger zusteht. — Diese Erwägungen führen im vorliegenden Fall dazu, daß der Kläger mit der von ihm ausgeübten Wahl des Schadensersatzes den Anspruch auf Erfüllung verloren hat. Diese Wahl hat er spätestens mit der Erhebung der gegenwärtigen Klage getroffen; denn mit dieser hat er ausdrücklich Schadensersatz gefordert und hat, wie die Revision zutreffend hervorhebt, diesen Anspruch auch bis zum Erlaß des Berufungsurteils aufrechterhalten. Der Berufungsrichter irrt aber rechtlich, wenn er meint, im vorliegenden Falle stehe dem Kläger gleichwohl noch der Anspruch auf Erfüllung zu, weil der zunächst behauptete Schaden sich im Rechtsstreit als unerweisbar herausgestellt habe. Er hat hier offensichtlich die von ihm zwar nicht ausdrücklich genannte Bestimmung des § 265 Satz 1 BGB. im Auge, wonach sich das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen beschränkt, wenn eine der Leistungen von Anfang an unmöglich ist oder später unmöglich wird. Diese Rechtslage ist aber hier nicht gegeben. Unmöglichkeit einer Leistung liegt dann vor, wenn die Erfüllbarkeit aus sachlichen Gründen ausgeschlossen ist (RGRKomm. z. BGB. Anm. 2 zu § 275). Das trifft im vorliegenden Falle, wo es sich um die Leistung einer Geldschuld als Ersatz eines geltend gemachten Schadens handelt, nicht zu. Insbesondere steht der Unmöglichkeit der Erfüllung der Leistung nicht gleich die Nichterweislichkeit des erhobenen Anspruchs. Die Revision

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weist zutreffend darauf hin, daß bei der Auffassung des Vorderrichters der Berechtigte stets vom Schadensersatzanspruch zum Erfüllungsanspruch mit der Erklärung übergehen könne, er vermöge den Schaden nicht zu beweisen. Ein solches Ergebnis wäre mit der in § 263 BGB. getroffenen Regelung unvereinbar, wonach auch der nicht wahlberechtigte Schuldner mit der vom Gläubiger einmal getroffenen Wahl Gewißheit über die von ihm endgültig geschuldete Leistung erlangen soll. Das ist für ihn von besonderer Bedeutimg, wenn es sich in beiden Fällen um verschiedenartige Leistungen, etwa solche von Geld und von anderen Sachen handelt. Aber auch bei gleichartigen Leistungen hat er schon deshalb ein Interesse an einer Bindung des Gläubigers, weil er in vielen Fällen erst dann den Umfang der ihm obliegenden Leistung wird übersehen und sich danach wird einrichten können. Hiernach steht dem Kläger der Anspruch auf Erfüllung nach § 179 Abs. 1 BGB. nicht mehr zu. Der Berufungsrichter hätte aber dem Kläger den Erfüllungsanspruch selbst dann nicht zusprechen können, wenn diesem ein solcher sachlichrechtlich noch zugestanden hätte. Denn der Kläger hat ihn im Rechtsstreit nicht erhoben. Die Revision sieht mit Recht in dem Verfahren des Berufungsrichters eine Verletzung des Verhandlungsgrundsatzes, weil er damit Rechte in den Rechtsstreit einführe, auf die sich der Kläger nicht berufen habe. Denn wenn der Kläger im Rechtsstreit einen Anspruch auf Schadensersatz erhebt, der Richter ihm aber einen nicht geltend gemachten Erfüllungsanspruch zuspricht, so verurteilt er den Gegner zu etwas, was der Kläger mit der Klage nicht verlangt hat. Daran ändert es auch nichts, wenn — wie hier — der Leistungsgegenstand in beiden Fällen in Geldzahlungen besteht, da auch hier die Ansprüche nach Voraussetzung und Umfang verschieden sein können. Der Richter würde deshalb in einem solchen Falle nicht etwa eine ihm zustehende rechtliche Prüfung der vom Kläger vorgebrachten Tatsachen vornehmen, sondern ihm einen Anspruch zuerkennen, den er nicht geltend gemacht hat (vgl. RGZ. Bd. 151 S. 93 [97/98]). Bei dieser Sachlage braucht der Senat zu der Frage keine Stellung zu nehmen, ob der Erfüllungsanspruch aus § 179 Abs. 1 BGB. auch dann unbegrenzt geltend gemacht werden kann, wenn der auftragslos Vertretene völlig vermögenslos ist und der andere Teil durch die Inanspruchnahme des auftraglosen Vertreters einen wirtschaftlich ganz unbegründeten Vermögensvorteil erzielen würde, oder ob einem solchen Vorgehen unter Umständen die nach § 242 BGB. gebotene Berücksichtigung von Treu und Glauben im Verkehr entgegenstehen würde. Es bedarf somit nur noch der Nachprüfung, ob der Berufungsrichter zutreffend den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch verneint hat. Das ist der Fall. Dabei kommt es nicht darauf an, ob auch bei einer Lage, wie sie hier gegeben ist, der Anspruch nach § 249 BGB. auf Wiederherstellung des Zustandes geht, der bestehen würde, wenn der

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Vertrag dem Vertragsgegner gegenüber wirksam zustande gekommen wäre, oder ob er in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage für den Fall der Wirksamkeit des Vertrags und seiner Unwirksamkeit besteht (s. R G R Komm. z. B G B . Anm. 1 Abs. 1 zu § 179). Denn der Berufungsrichter verneint den Nachweis der Entstehung eines Schadens aus einem Grunde, der für beide Arten der Schadensberechnung zutrifft; er stellt nämlich ohne Rechtsverstoß fest, daß der Kläger in keinem Falle etwas erhalten haben würde, weil alle als Schuldner in Frage kommenden Personen im maßgebenden Zeitpunkt völlig mittellos gewesen seien.. . (Wird näher dargelegt.)

RGZ. 159, 363 x. K a n n die F r a u , w e n n die E h e l e u t e i m Güterstande der allg e m e i n e n G ü t e r g e m e i n s c h a f t leben, i h r e m M a n n eine widerrufl i c h e G e n e r a l v o l l m a c h t m i t der W i r k u n g erteilen, daß er den v o n i h m v o r g e n o m m e n e n S c h e n k u n g e n n a m e n s seiner Frau z u z u stimmen vermag ? 2 . U n t e r w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n m a c h t ein Mißbrauch der V o l l m a c h t die S c h e n k u n g u n w i r k s a m ? BGB. §§ 164, 1446 Abs. 1. IV. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 2. März 1939.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht".

RGZ. 170, 281 1. W e l c h e R e c h t s f o l g e n hat es, w e n n j e m a n d den R e c h t s s c h e i n entstehen läßt, ein anderer sei befugt, ihn zu vertreten ? 2. K a n n über den K l a g e a n s p r u c h ein Grundurteil e r g e h e n , o h n e d a ß ü b e r die A u f r e c h n u n g des B e k l a g t e n und seine B e h a u p t u n g , d e r Kläger h a b e die K l a g e f o r d e r u n g abgetreten, e n t schieden wird ? BGB. §§ 167, 242. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin.

ZPO. § 304.

Urt. v. 15. Januar 1943. II. Kammergericht daselbst.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aus Vertrag, unerlaubter Handlung oder anderen Rechtsgründen dem Kläger für die Aufwendungen aufzukommen hat, die ihm aus der Fertigstellung eines Neubaus entstanden sind. Mit der Herstellung dieses Neubaus hatte der inzwischen verstorbene Kaufmann A. den Kläger 1928 beauftragt und ihn zugleich bevollmächtigt, den erforderlichen Kredit zu beschaffen. Den Kredit beschaffte der Kläger

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einstweilen von der Beklagten. Am 11. Februar 1930 erwirkte die Beklagte wegen ihrer Kreditforderung die Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung des Grundstücks; Zwangsverwalter wurde einer ihrer Angestellten, Sch. Auf Vorschlag der Beklagten vom 24. März 1930 kam zwischen ihr, A. und dem Kläger eine Abmachung zustande. Die Beklagte stellte die Zwangsversteigerung einstweilen ein, sagte 90000 RM. weiteres Baugeld zu und erhielt für sich oder eine ihrer Tochtergesellschaften die Verwaltung des erstellten Hauses. Für sie wurde ein Nießbrauch an dem Grundstücke bestellt, und ihr wurden die Mietzinsforderungen abgetreten. Die Bemühungen zur Erlangung einer endgültigen Hypothek sollten fortgesetzt und die Bauarbeiten einer neuen Baufirma übertragen werden, da eine der beiden vom Kläger beschäftigten Baufirmen die Arbeit eingestellt hatte. An ihrer Stelle war der Kläger selbst in der Weise in Aussicht genommen, daß er die Arbeiten „auf eigene Rechnimg" übernehmen sollte. Er setzte auch die Arbeiten fort, nachdem er der Beklagten eine Aufstellung der Kosten für die Vollendung des Baues übersandt hatte, die mit rund 195000 RM. abschließt. Da die Bemühungen um eine Hypothek fehlschlugen, nahm die Beklagte später das Zwangsversteigerungsverfahren wieder auf. Am 22. Oktober 1930 wurde das Grundstück versteigert. Der Kläger behauptet, von der Beklagten oder doch von Sch., für den sie hafte, mit der Weiterführung der Bauarbeiten beauftragt worden zu sein, und fordert von ihr mit der Klage 61273,88 RM. Während das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, hat das Berufungsgericht den Klageanspruch dem Grunde nach, „jedoch unter Berücksichtigung der Abtretungen, Pfändungen und der Aufrechnung der Beklagten", für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache. Gründe: I. Der Berufungsrichter will die Entscheidung über die Sachbefugnis des Klägers, obgleich die Beklagte Abtretungen der Klageforderung behauptet hat, ferner die über Pfändungen des Klageanspruchs und ebenso über den Einwand der Aufrechnung dem Betragsverfahren überlassen. Das geht nicht an, soweit es sich um Abtretungen und um Aufrechnung handelt. Lediglich für Pfändungen gilt der Grundsatz, daß die Entscheidung über den Grund nicht dadurch unzulässig wird, daß die Klageforderung gepfändet und Gläubigern zur Einziehung übertragen ist, auch wenn der Klageantrag nicht auf Zahlung an Pfandgläubiger gerichtet ist. Es braucht auch nicht schon im Verfahren über den Grund geprüft zu werden, ob die Klageforderung die Pfändungen übersteigt (vgl. RG in JW. 1938 S. 821 Nr. 45). Das gleiche gilt aber nicht für Abtretungen, welche die Sachbefugnis des Klägers betreffen können, noch weniger für den Einwand der Aufrechnung (vgl. Jonas-Pohle ZPO. Bern. 29 zu § 304 und die dort angeführten Entscheidungen). Die Vorschriften des § 302 ZPO. können allerdings bei einem Zwischenurteil, das gemäß § 304 ZPO. über den

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G r u n d des Anspruchs ergeht, insofern Anwendung finden, als der Vorbehalt der Aufrechnung auch dort möglich ist, aber eben nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 302 ZPO. (mangelnder Zusammenhang der Forderungen) vorliegen (RG. in HRR. 1940 Nr. 415 zu 2, Nr. 446); übrigens ist es mindestens unklar, ob der Vorderrichter ein Vorbehaltsurteil hat erlassen wollen. Sonst aber kann ein Grundurteil nicht ohne Entscheidung über die Aufrechnung mit Gegenforderungen erlassen werden, die in rechtlichem Zusammenhange mit der Klageforderung stehen (RG. in WarnRspr. 1938 Nr. 81). Dieser Zusammenhang ist hier nach dem, was über die Aufrechnungsforderimg gesagt wird, ohne weiteres anzunehmen. Aus diesem Grunde m u ß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über Abtretungen und Aufrechnung zurückverwiesen werden. I I . Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird der Vorderrichter den Sachverhalt auch unter nachstehenden Gesichtspunkten prüfen und erörtern müssen: I n seinen bisherigen Ausführungen bleibt unklar, ob er annimmt, zwischen dem Kläger und der Beklagten sei wirklich ein „Bauauftrag", also ein Werkvertrag, zustande gekommen, oder ob er den Kläger nur so stellen will, als sei ein solcher zustande gekommen. In jenem Falle bleibt weiter unklar, ob er das Zustandekommen auf ein Handeln von Personen zurückführen will, welche die Beklagte wirksam vertreten konnten und vertreten haben; soweit Sch. dabei in Frage kommt, bleibt unklar, ob ihm Vertretungsmacht zuerkannt wird etwa unter Anwendung der Grundsätze, wie sie im RGRKomm. z. BGB. Bern. 1 zu § 167 und in der dort angeführten Rechtsprechung erörtert sind, oder aus welchen Gründen sonst. Gegebenenfalls würde es sich um die Anwendung der Grundsätze über das Entstehenlassen eines Rechtsscheins oder derjenigen über den sogenannten Vertrauensschutz handeln. Unter den Tatbestandsmerkmalen des Rechtsscheins (vgl. RGZ. Bd. 138 S. 265 [269], Bd. 145 S. 155 [158, 159]) wäre aus dem Handeln eines Nichtbevollmächtigten die Folge herzuleiten, daß dieselben Wirkungen ausgelöst werden wie von der Rechtswirksamkeit, daß also das Rechtsgeschäft als wirklich zustande gekommen gelten würde. Andernfalls könnte die aus § 242 BGB. herzuleitende Rechtsfolge des Vertrauensschutzes grundsätzlich nur dazu führen, daß das sogenannte negative Vertragsinteresse zu ersetzen ist, also der Schaden, den der Vertrauende dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärungen vertraut hat, d. h. die Nachteile, die ohne die Abgabe der Erklärungen, auf deren Gültigkeit er vertraut hat, nicht entstanden wären, ähnlich der gesetzlichen Regelung in den Fällen der §§ 122, 307 BGB., also begrenzt durch das Erfüllungsinteresse. Damit ließe es sich aber nicht rechtfertigen, ohne weiteres die Klageforderung als dem Grunde nach berechtigt zu erklären. Denn abgesehen davon, daß sich das negative Vertragsinteresse mit dem Erfüllungsinteresse zwar decken kann, aber nicht zu decken braucht (RGZ. Bd. 147 S. 103 [110]), jedenfalls aber durch das Erfüllungsinteresse begrenzt wird (vgi. S t a u d i n g e r BGB., 10. Aufl.,

Einwilligung — Genehmigung

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Bern. 6a, 6 b zu § 122 S. 606), hat der Kläger zur Erläuterung seiner Klageforderung, soweit ersichtlich, nur angegeben, er habe „prüfungsfahige Rechnungen" in Höhe von 123512,70 RM. eingereicht, aber nur 61273,88 RM. darauf erhalten. Ob er diese Rechnungen bezahlt hat oder wird bezahlen müssen oder wie sonst er diese Forderung (von ihrer Höhe abgesehen) aus dem bisher vom Berufungsrichter festgestellten Sachverhalt herleiten kann, bleibt unklar; aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes jedenfalls ist sie nicht ohne weiteres zu begründen. Dasselbe gilt, falls eine Haftung der Beklagten aus einem Vertragsverschulden ihrerseits dem Kläger gegenüber insofern hergeleitet würde, als angenommen würde, sie habe fahrlässig den ihr bekannten Belangen des Klägers als (auch) ihres Vertragsgegners nicht Rechnung getragen und ihr Verhalten nicht so eingerichtet, daß eine Benachteiligung des Klägers vermieden wurde. Auch hier könnte es sich nur um den Ersatz des Vertrauensinteresses, also des negativen Vertragsinteresses, handeln; dieses kann aber, wie erwähnt, mit der Klageforderimg, so wie sie bisher erläutert worden ist, nicht gemeint sein. Ob der Vorderrichter den Kläger als Vertragsgegner der Beklagten ansehen will, so daß ein solches Vertragsverschulden möglich wäre, bleibt bisher ungewiß. Diese Fragen müssen aber geklärt sein, bevor ein Urteil über den Grund des Anspruchs erlassen werden kann. (Weiter wird dargelegt, daß der Sachverhalt vom Berufungsgericht bisher nicht erschöpfend gewürdigt worden sei.)

Einwilligung — Genehmigung RGZ. 53, 274 Unterschied zwischen Vollmacht und Einwilligung im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB. BGB. § 185. I.Zivilsenat. I. Landgericht Magdeburg.

Urt. v. 14.Januar 1903. II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Aus den G r ü n d e n : „Bei der Entscheidung über die Revision ist vorauszusetzen — was von der Beklagten bestritten worden ist, und worüber es an einer Feststellung fehlt —, daß der im Vertrage vom 25. Februar 1901 genannte B. P. eine Urkunde ausgestellt und dem Kläger eingehändigt hat, die mit der der Klage beigefügten Abschrift übereinstimmt, und daß eine gleiche Abschrift dem Vertrage vom 25. Februar 1901 angehängt ist. Wird dies vorausgesetzt, so handelt es sich um eine Urkunde, nach deren Erklärungen im ersten Absatz B. P. dem Kläger „die Vertretung

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und Verwertung" der näher bezeichneten Erfindung, betreffend Verfahren und Vorrichtung zum Durchstechen massiver Metallblöcke und zum Auswalzen von Röhren und anderen Hohlkörpern aus Stahl und anderen Metallen, f ü r Deutschland und verschiedene andere Länder überträgt. In der Überschrift ist die Urkunde als „Generalvollmacht" bezeichnet, ihr Inhalt entspricht aber zum Teil dieser Bezeichnung nicht. Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 Abs. 2 B G B . ) , d . h . die durch Rechtsgeschäft von jemand erteilte Macht, in d e s s e n Namen Rechtshandlungen vorzunehmen. Von ihr ist zu unterscheiden, was in der neueren gemeinrechtlichen Theorie als „Ermächtigung" bezeichnet wurde, und was nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 182. 185) neben anderem unter den Begriff der „Einwilligung" fällt, nämlich die im voraus einem anderen erklärte Zustimmung dazu, däß dieser durch Rechtshandlungen, die er in e i g e n e m Namen vornehmen werde, über ein Recht des Zustimmenden verfüge (§ 185 Abs. 1 BGB.). Prüft man daraufhin den Inhalt der als Generalvollmacht bezeichneten Urkunde, so erweist sich gleich die erste Erklärung, durch die dem Kläger die „Vertretung und Verwertung der nachfolgenden Erfindung" übertragen wird, als unbestimmt und mehrdeutig. Unzweifelhaft über eine Vollmachtserteilung hinaus geht die zweite Erklärung, nach welcher der Kläger berechtigt sein soll, die Patente für die Erfindung auf seinen Namen oder auf den des Unterzeichners der Urkunde oder auf beider Namen sowohl eintragen wie übertragen zu lassen. Diese Erklärung enthält eine Vollmachtserteilung und eine Einwilligung, eine Einwilligung darein, daß der Kläger so über die Erfindung verfuge, als ob er selbst der Erfinder oder Miterfinder wäre. In den dann folgenden Erklärungen sind Ausdrücke gebraucht, die nur auf eine Vollmachtserteilung hinzudeuten scheinen. Klar wird aber das, was überall gewollt war, durch den auf alles vorhergehende zurückzubeziehenden Schlußsatz: „ A n die in den Grenzen dieser Vollmacht von Herrn L . für nötig erachteten Abkommen und Handlungen hält sich Unterzeichneter gebunden und betrachtet solche, als wären sie durch ihn selbst getroffen oder vorgenommen, ganz gleich, ob solches im Namen des Herrn L., oder in dem des Unterzeichneten geschehen ist." Dieser Schlußsatz zeigt, daß der Kläger befugt sein sollte, in allen die Erfindung betreffenden Rechtsangelegenheiten nach seiner Wahl entweder im Namen des P., oder in eigenem Namen zu handeln; es wurde zugleich eine Vollmacht und eine Einwilligung im Sinne des § 185 Abs. 1 B G B . erteilt."

R G Z . 6 5, 245 f 1. . . . * ) 2. E r s t r e c k t s i c h die R ü c k w i r k u n g der G e n e h m i g u n g a u f d e n B e g i n n der V e r j ä h r u n g s f r i s t ? *) Geringere Bedeutung

auch

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BGB. §§ 184, 198. V. Zivilsenat. Urt. v. 28. Februar 1907. I. Landgericht Breslau.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die auf Gewährleistung wegen Hausschwammes in dem verkauften Hause in Anspruch genommenen Beklagten waren in beiden Instanzen für den Fall, daß der Kläger einen ihm auferlegten Schiedseid ableiste, verurteilt worden, den Kaufpreis von 88000 M um 16948 M zu mindern. Sie beantragten mit der Revision, das Berufungsurteil aufzuheben und in Abänderung des Urteils erster Instanz die Klage abzuweisen. Es handelte sich für die Revision nur um die, wie in der ersten, so auch in der zweiten Instanz verworfene Einrede der Klageverjährung. Die Klage war zwischen dem 14. und 18. Mai 1904 erhoben, nachdem am 23. April ein zur Unterbrechung der Verjährung geeigneter Antrag des Klägers auf Beweissicherung beim Gerichte eingegangen war. Der Kaufvertrag war am 25. März 1903 notariell geschlossen worden, jedoch unter Vorbehalt der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, weil auf der Verkäuferseite eine noch minderjährige Schwester (Schwägerin) der Beklagten beteiligt war. Diese Genehmigung wurde am 18. Mai 1903 erteilt, nachdem am 6. Mai auf Veranlassung des Vormundschaftsgerichts der von der Belegung des Kaufpreises handelnde § 2 des Vertrages durch einen neuen notariellen Vertrag abgeändert worden war. Die Auflassung des Grundstückes an den Kläger und dessen Eintragung im Grundbuche erfolgte am 28. Mai 1903, nachdem am 1. April oder doch im April 1903, wie die Beklagten behaupteten, was aber vom Kläger bestritten wurde, die Übergabe stattgefunden hatte. Die Beklagten hielten die Klage für verjährt, weil die Gewährleistungsklage nach § 477 Abs. 1 BGB. in einem Jahre nach der Übergabe des Grundstückes verjähre und diese Frist am 1. April 1904 abgelaufen sei. Der Kläger berief sich dagegen darauf, daß nach § 198 BGB. die Verjährung erst mit der Entstehung des Anspruchs beginnt, und war der Ansicht, daß vor der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vom 18. Mai oder doch vor der abändernden Vereinbarung vom 6. Mai 1903 ein klagbarer Anspruch nicht entstanden sei, die Verjährung also nicht habe beginnen können. Die Revision wurde zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : Die Revision erkennt dann zwar an, daß der vorliegende Kaufvertrag wegen der Mitbeteiligung einer minderjährigen Verkäuferin an sich erst mit der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts Rechtswirksamkeit erlangt haben würde (§ 1821 Ziff. 1 BGB.); sie ist aber der Ansicht, daß wegen der in § 184 BGB. verfügten Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, wonach das Kaufge-

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schäft als bereits zur Zeit seines Abschlusses am 25. März 1903 rechtswirksam geworden gelten müsse, auch bereits von diesem Zeitpunkte an die Verjährungsfrist zu rechnen sei. Richtig ist, daß die Rückwirkung der Genehmigung darin besteht, daß das Rechtsgeschäft so zu behandeln ist, als wenn es schon zur Zeit seiner Vornahme rechtswirksam abgeschlossen worden wäre. Es würde daher nicht gebilligt werden können, wenn das Berufungsgericht der Ansicht gewesen sein sollte, wie es nach einem Satze in den Entscheidungsgründen seines Zwischenurteils vom 15. Februar 1905 den Anschein hat, daß der Zeitpunkt der Entstehung aller von der Genehmigung abhängigen Ansprüche aus dem Kaufvertrage durch die rückwirkende Kraft der Genehmigung nicht geändert werde. Unrichtig aber ist die Annahme der Revision, daß sich die Rückwirkung der Genehmigung auch auf den Lauf der Verjährungsfrist erstrecke. Eine rechtliche Fiktion hat nicht die Kraft, tatsächliche Unmöglichkeiten zu überwinden und die Zeitrechnung umzustoßen. Muß es auch so angesehen werden, d. h. hinterher, als ob das am 18. Mai 1903 genehmigte Kaufgeschäft schon am 25. März gültig abgeschlossen wäre und Gewährleistungsansprüche erzeugt hätte, so hatte doch der Kläger am 25. März diese Ansprüche noch nicht; er konnte sie daher damals und vor dem 18. Mai nicht in Wirklichkeit geltend machen. Die Verjährung eines Anspruches erfordert aber, daß der Anspruch entstanden ist, also geltend gemacht werden k o n n t e , und nun während der bestimmten Frist nicht geltend gemacht worden ist. Die Tatsache, daß der Kläger vor dem 18. Mai 1903 nicht klagen konnte, weil damals der Kaufvertrag noch keine Gültigkeit erlangt hatte, kann nicht dadurch aus der Welt geschafft werden, daß hinterher angenommen wird, aber der Wirklichkeit zuwider, daß der Vertrag schon am 25. März Rechtswirksamkeit erlangt habe. Und die Verjährungsfrist läuft nach Naturgesetz, wie jeder Zeitabschnitt, von einem bestimmten Zeitpunkt an vorwärts; sie kann daher wohl in der Einbildung, aber nicht in Wirklichkeit in eine rückwärts liegende Zeit verlegt werden. Die entgegengesetzte Ansicht würde auch auf eine ungerechtfertigte Verkürzung und unter Umständen, namentlich bei kurzen Verjährungsfristen, gänzliche Abschneidung dieser Fristen hinauslaufen, worauf schon der erste Richter aufmerksam gemacht hat. Solche Ansicht, die allerdings in dem Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuche von S t a u d i n g e r (Bd. 1 zu § 184 Nr. 3 Abs. 1) ohne nähere Begründung aufgestellt wird, kann darum nicht für richtig erachtet werden. Es mag noch daraufhingewiesen werden, daß schon nach römischem Rechte die rückwirkende Kraft der Ratihabition Halt machte vor dem Fristenlauf. L. 24, 25 pr. Dig. rat. rem 46, 8; vgl. dazu L. S e u f f e r t , Ratihabition der Rechtsgeschäfte S. 71, 72. Das Berufungsgericht hat also mit Recht angenommen, daß die vorliegende Minderungsklage vor Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist erhoben ist, da die Frist erst am 18. Mai 1903 in Lauf gekommen und die Klage ror dem 18. Mai 1904 zugestellt ist. Unter diesen Umständen ist es gleichgültig, wann vor dem 18. Mai 1903 und ob schon am 1. April

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oder im April 1903 der Kläger in den Besitz des Grundstückes gekommen war; denn eine Übergabe im Sinne des §477 BGB. mit der Wirkung des Beginns der Verjährungsfrist wurde dadurch nicht herbeigeführt. Auch kommt es für die Entscheidung nicht erst auf die eventuelle, übrigens für zutreffend zu erachtende, Erwägung des Berufungsgerichtes an, daß die rückwirkende Kraft der Genehmigung vom 18. Mai, wenn sie auch den Lauf der Verjährungsfrist ergriffe, keinenfalls weiter zurückgreife als auf den 6. Mai 1903, als den Tag, wo der demnächst vom Vormundschaftsgericht genehmigte Vertragschluß zu Ende kam — was auch für die Verwerfung der Verjährungseinrede genügen würde."

RGZ. 77, 84 Ist der Käufer eines Grundstücks, der sich in dem notariellen Kaufvertrage mit dem Verkäufer über die Belastung des Kaufgrundstücks mit einem dinglichen Vorkaufsrechte für diesen geeinigt hat, hieran gebunden? Wird die Einigung dadurch, daß der Käufer durch Auflassung und Eintragung das Grundstück erwirbt, wirksam, obgleich er mit dem Verkäufer bei der Auflassung über den Inhalt des Vorkaufsrechts nicht mehr einig war? BGB. §§873, 185. V.Zivilsenat. Urt. v. 30. September 1911. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Sachenrecht". RGZ. 90, 273 1. Ist eine Abtretung wirksam, wenn der Abtretende berechtigt bleiben soll, im eigenen Namen die Forderung einzuziehen? BGB. § 398. 2. Kann der Gläubiger einer Briefhypothek, der eine privatschriftliche Urkunde über Abtretung der Hypothek und den Hypothekenbrief dem Zessionar ausgehändigt hat, sich einem dritten Erwerber gegenüber darauf berufen, daß er in Wirklichkeit nicht die Hypothek dem Zessionar übereignet habe? BGB. §§ 117, 171. 172, 405, 409. V.Zivilsenat. Urt. v. 23. Mai 1917. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht".

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R G Z . 91, 390 Ist derjenige, der vom Berechtigten ermächtigt ist, das Recht im eigenen N a m e n gerichtlich geltend zu machen, auch ohne eigenes Interesse zur Klage befugt? BGB. §§ 185, 398.

ZPO. § 253.

V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 5. Januar 1818. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Rccht, Schuldrecht".

RGZ. 101, 342 1. G e n ü g t es i m Falle der Gesamtvertretung zur Wirksamkeit eines Vertrags, d a ß der eine der beiden Gesamtvertreter die Vert r a g s e r k l ä r u n g a b g i b t u n d der andere jenem gegenüber seine Gen e h m i g u n g formlos erklärt ? 2. Setzt die Wirksamkeit der G e n e h m i g u n g voraus, d a ß d e m G e n e h m i g e n d e n der vollständige Inhalt des genehmigten Vertrags bekannt ist ? BGB. §§ 182ff. I I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 18. Februar 1921. I. Landgericht II Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Durch Schreiben vom 4. März 1918 übertrug namens der Beklagten deren einer Geschäftsführer G. dem Kläger vom Tage der Eintragung der Beklagten in das Handelsregister ab, die am 7. Februar 1918 erfolgt ist, auf die Dauer ihres Gesellschaftsvertrags die Revision ihres „Kassabuchs, bzw. der reinen Kasse, desgleichen die Führung des Geheimjournals und Geheimhauptbuchs inkl. Eröffnungs- und Abschlußbilanzen, Gewinnund Verlustrechnung" gegen eine vierteljährlich zahlbare Jahresvergütung von 500 M. und eine Vergütung von 100 M. für die jeweiligen Eröffnungsund Abschlußbilanzen; Arbeitszeit und Arbeitsort zu wählen, wurde dem Kläger ausdrücklich überlassen. Dieser behauptet, sofort am 4. März 1918 seine Tätigkeit begonnen zu haben, und hat, nachdem die Beklagte die Zahlung der Vergütung abgelehnt und am 5. August 1918 brieflich erklärt hat, sie erkenne den Vertrag nicht an, Klage erhoben auf Zahlung der vereinbarten Vergütung und auf Ersatz von Auslagen für Geschäftsbücher, sowie auf Feststellung, daß die Beklagte an die Vereinbarung vom 4. März 1918 gebunden sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Kammergericht hat dagegen den Anträgen des Klägers gemäß erkannt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.

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Gründe: Die Beklagte bestreitet zunächst die Wirksamkeit des Vertrags vom 4. März 1918, weil er nur von einem ihrer Geschäftsführer abgeschlossen sei, während sie nach § 35 Abs. 2 GmbHG. und dem Gesellschaftsvertrage nur durch ihre beiden Geschäftsführer als Gesamtvertreter verpflichtet werde. Das Berufungsgericht nimmt dagegen an, daß der Vertrag nachträglich die Genehmigung des anderen Geschäftsführers gefunden habe und dadurch rechtswirksam geworden sei. Es geht also davon aus, daß in den Fällen der Gesamtvertretung durch zwei Vertreter die Vertragserklärung des einen durch die Genehmigimg des anderen Wirksamkeit erlangt. Das entspricht dem Urteile des II. Zivilsenats RGZ. Bd. 81 S. 325, und zwar genügt nach diesem eine formlose, auch nur stillschweigende Genehmigungserklärung des anderen Gesamtvertreters gegenüber dem handelnden Vertreter, sofern dieser mit der Zustimmung des anderen einverstanden ist. Der erkeimende Senat hat sich zwar nicht in der von dem II. Zivilsenate a. a. O. angeführten Entscheidung vom 6. Dezember 1912 III 343/12 auf denselben Standpunkt gestellt (vgl. darüber F u c h s , JW. 1913 S. 561), wohl aber sich in einem Urteile vom 23. Oktober 1917 III 181/17 dem II. Zivilsenat angeschlossen, und hält auch trotz der in der Rechtslehre vertretenen abweichenden Meinungen an dieser, von der Revision übrigens nicht bekämpften Auffassung fest. Die Revision wendet sich gegen die Feststellung, daß im vorliegenden Falle eine Genehmigung des zweiten Geschäftsführers vorliege. Der Berufungsrichter folgert diese daraus, daß der Kläger sich alsbald nach dem Vertragsschlusse die geschäftlichen Unterlagen für die von ihm herzustellenden Arbeiten habe aushändigen lassen und dadurch der Beklagten gegenüber Schritte unternommen habe, die erkennen ließen, daß er die Wirksamkeit des Vertrags annehme, und die dem anderen Geschäftsführer bekannt geworden sein müßten, und ferner aus der Tatsache, daß die Beklagte es bis zum 20. Dezember 1919 unterlassen habe, diesen angeblichen Mangel des Vertragsschlusses geltend zu machen. Darin ist kein Rechtsirrtum zu finden. Daß dem anderen Geschäftsführer auch der vollständige Inhalt des Vertrags vom 4. März 1918, insbesondere die Bindung der Beklagten für die ganze Dauer ihres Gesellschaftsvertrags bekannt gewesen sei, bildet keine Voraussetzung der Wirksamkeit seiner Genehmigung. Wie er bei einer Bevollmächtigung dem Mitgeschäftsführer die Einzelheiten des abzuschließenden Vertrags vertrauensvoll überlassen kann, so kann er auch einen von diesem bereits geschlossenen Vertrag genehmigen, ohne sich um dessen genauen Inhalt zu kümmern. Seine Sache ist es, den näheren Inhalt des Vertrags, dessen Abschluß zu seiner Kenntnis gelangt ist, festzustellen, ehe er durch sein Verhalten sein Einverständnis mit ihm zu erkennen gibt. Dem Vertragsgegner gegenüber wirkt seine Genehmigung, von einer etwaigen Anfechtung abgesehen, auch wenn er sich über den Inhalt des Vertrags geirrt haben sollte. Der Vorderrichter hat auch ohne Rechtsirrtum das späte Zivils. Allgem. Teil 4

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Geltendmachen dieses Unwirksamkeitsgrundes verwertet. In ihrem Schreiben vom 5. August 1918, worauf die Revision dem gegenüber verweist, hat die Beklagte nur erklärt, sie erkenne den Vertrag nicht an, ohne sich auf die Notwendigkeit der Gesamtvertretung zu berufen, und daß sie dabei an diese nicht gedacht hat, ergibt sich daraus, daß sie auch in dem vorliegenden Rechtsstreite diesen Einwand zunächst nicht erhoben hat. Die Kenntnis der Beklagten endlich von der Notwendigkeit des Zusammenhandelns der beiden Geschäftsführer konnte das Berufungsgericht angesichts der aus dem Handelsregisterauszug ersichtlichen ausdrücklichen Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ohne weiteres annehmen. . . . RGZ. 134, 121 1. Gilt die Einschränkung, welche die Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 Abs. 2 BGB. erleidet, auch für die Genehmigung des Vertragsgegners der Partei, von der oder gegen die (zwangsweise) inzwischen verfügt worden ist? 2. Über die Voraussetzungen der Vermögensübernahme im Sinne des §419 BGB. BGB. §§ 184, 419. V.Zivilsenat. Urt. v. 4. November 1931. I. Landgericht II Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Der Beklagte erwirkte im Jahre 1927 gegen seinen Schuldner H . zwei vollstreckbare Urteile, auf Grund deren er sich am 6. November 1928 im Grundbuch eines dem Schuldner gehörigen Grundstücks zwei Sicherungshypotheken eintragen ließ. Die Klägerin, eine Gesellschaft mbH.,, die durch Auflassung vom 14. Mai und Eintragung vom 21. Juni 1929 das Eigentum dieses Grundstücks erworben hat, verlangt vom Beklagten die Löschung der Hypotheken, weil schon vor deren Eintragung auf Grund der Bewilligung des Schuldners ihr Anspruch auf Übertragung des Eigentums aus dem Kaufvertrag vom 14. Juli 1928 vorgemerkt worden war. Der Beklagte will diesen Vertrag und die Vormerkung aus mehreren Gründen nicht gelten lassen und hat im ersten Rechtsgang obgesiegt, ist aber im zweiten unterlegen. Seine Revision führte zur Aufhebung und Zuriickverweisung. Gründe: 1. Die drei Gesellschafter der klagenden Gesellschaft mbH., welche sie gründeten und ihre ersten Geschäftsführer wurden, haben den Kaufvertrag mit dem Schuldner für die Klägerin am Tage der Gesellschaftsgründung abgeschlossen. Am selben Tage wurde die Vormerkung bewilligt und bald darauf im Grundbuch vermerkt. Die Eintragung der Klägerin im Handelsregister ist erst am 16. September 1928 nachgefolgt. Das Be-

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rufungsgericht hält das fiir unerheblich, weil sich die bürgerlichrechtliche Gründergesellschaft, für welche die Wirkungen des Kaufs und der Vormerkung zunächst eingetreten seien, mit der Eintragung der Klägerin ins Handelsregister in deren jetzige Rechtsform verwandelt habe. Aus dieser richtigen Erkenntnis folgt aber nicht, daß die von den Geschäftsführern der Gründungsgesellschaft abgeschlossenen Geschäfte unterschiedslos die Gesellschaft mbH. berechtigen und verpflichten. Der Zweck der mit der Gründung zwischen den Gründern entstehenden Gesellschaft erschöpft sich darin, die Gesellschaft mbH. zur Entstehung zu bringen. Dieser Zweck begrenzt auch den Umfang der Befugnis des Geschäftsführers der bürgerlichen Gesellschaft, Rechtsgeschäfte für die künftige Gesellschaft mbH. vorzunehmen. Bei deren Entstehung gehen also die Rechte und die Pflichten nur aus solchen Geschäften unabweislich auf sie über, die zur Entstehung der Gesellschaft mbH. erforderlich waren. Andere Verträge, welche die Geschäftsführer in der Zeit bis zur Eintragung der Gesellschaft mbH. in deren Namen abgeschlossen haben, brauchen zwar nicht erneuert zu werden, damit daraus Rechte und Pflichten der eingetragenen Gesellschaft hergeleitet werden können. Ihre Wirksamkeit für diese ist aber davon abhängig, daß der Geschäftsführer sie nach der Eintragung gemäß §§ 177 flg. BGB. genehmigt (RGZ. Bd. 83 S. 373, Bd. 105 S. 229). Bei der Beklagten handelt es sich um eine Grundstücksgesellschaft und wohl um eine solche, die auch auf den Erwerb und die Verwertung des Grundstücks gerichtet war, über dessen Belastung die Parteien streiten. Daraus folgt aber nicht, daß es bereits zur Entstehimg der Gesellschaft notwendig war, in deren Namen das Grundstück zu kaufen. Das Berufimgsgericht wird daher zunächst die Genehmigung feststellen müssen. Die Klägerin hat in der notariellen Verhandlung vom 14. Mai 1929 mit dem Schuldner eine Änderung der im Kaufvertrage vom 14. Juni 1928 vorgesehenen Zahlimgsbedingungen vereinbart und die Auflassung von ihm entgegengenommen. Hiermit will sie den Vertrag genehmigt haben. Die Revision ist der Ansicht, damals sei eine wirksame Genehmigung nicht mehr möglich gewesen. Sie beruft sich darauf, daß der Beklagte inzwischen die Sicherungshypotheken am Grundstück erworben habe, und hält die Rückwirkung der Genehmigung zum Nachteil dieser Verfugung fiir unvereinbar mit § 184 Abs. 2 BGB. Aber diese Vorschrift soll, wie die Motive (Bd. 1 S. 247) ergeben, nur verhindern, daß jemand eine von ihm oder mit Wirkung gegen ihn vorgenommene Verfugung außer Kraft setzt, indem er später eine ältere und wirksam gebliebene Verfugung genehmigt. Der erste Halbsatz des Abs. 2 sagt denn auch unzweideutig, daß die Rückwirkung nicht die Verfügungen unwirksam mache, die der Genehmigende vor der Genehmigung getroffen habe. Der zweite Halbsatz bezweckt nur, die zwangsweise mit Wirkimg gegen den Genehmigenden getroffenen Verfügungen seinen eigenen gleichzusetzen. Seine Anwendung beschränkt sich also auf den Fall, daß der Genehmigende der Vollstreckungs-, Arrest- oder Gemeinschuldner ist, dessen Rechte zugunsten von Gläubigem

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veräußert oder belastet waren und zufolge der Genehmigung auf einen anderen übergehen sollen. So hat der erkennende Senat schon in RGZ. Bd. 64 S. 217, wo zwei Pfändungsankündigungen gegen denselben Schuldner vorlagen und die erste mangels Vollmacht des Vertreters des Pfandgläubigers zunächst schwebend unwirksam geblieben war, die nach der zweiten Ankündigung erklärte Genehmigung des ersten Pfandgläubigers unter Ablehnung der Anwendung des § 184 Abs. 2 für geeignet erklärt, den Vorrang der ersten Pfändung zu begründen. Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Königsberg in Seuff. Arch. Bd. 60 Nr. 1 sowie von Tuhr Allg. Teil Bd. IIa S. 245 und Staudinger Anm. 5 zu § 184 vertreten diese Ansicht. Enneccerus-Nipperdey Bd. 1 S. 631 Anm. 18 und Planck-Flad Anm. lb zu § 184 befürworten freilich eine Ausdehnung des § 184 Abs. 2, auch seines ersten Halbsatzes, auf alle wohlerworbenen Rechte, mögen sie auf Verfügungen des Genehmigenden beruhen oder nicht. Sie würde aber nicht nur über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehen, sondern auch Fälle einschließen, die einen anderen Charakter haben als die unmittelbar gesetzlich geordneten. Der Genehmigende handelt arglistig, wenn er es unternimmt, seine oder aus seinem Recht von seinen Gläubigern getroffene Verfügungen durch die Genehmigung eines älteren Geschäfts zu Fall zu bringen. Für seinen Gegner beim älteren Vertrag gilt das nicht ohne weiteres und nicht einmal regelmäßig. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um Rechte der Klägerin, die von den Verfugungen betroffen wurden, sondern um solche des Verkäufers. Er hat durch die Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin und schon durch die Bewilligung der Vormerkung (RGZ. Bd. 118 S. 234) verfugt. Gegen ihn hat dann der Beklagte nach Eintragung der Vormerkung die Zwangsvollstreckung ins Grundstück vorgenommen. Die Genehmigung, deren die erste Verfügung zu ihrer Wirksamkeit bedurfte, war aber nicht von seiner Seite erforderlich, sondern von Seiten seines Vertragsgegners, der Klägerin, und soll von ihr erteilt worden sein. Ihre Rückwirkung in die Zeit vor der Entstehung der Sicherungshypotheken des Beklagten unterliegt also gegebenenfalls keinem rechtlichen Bedenken ... (Es folgt die Prüfimg der Gläubigeranfechtung). 2. Der Beklagte beruft sich auf § 419 BGB. Das Urteil führt dagegen aus: Diese Haftung könne den dinglichen Anspruch nicht entkräften, sondern höchstens ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten rechtfertigen. Sie setze im übrigen voraus, daß ein Vermögen, d. h. ein Inbegriff von Sachgütern, übernommen worden sei; der Verkauf eines oder zweier nicht als Sachgesamtheit erkennbarer und nicht ersichtlich das ganze Vermögen des Veräußerers bildender Grundstücke genüge dazu nicht. Daß die Klägerin beim Abschluß der Kaufverträge gewußt habe, die verkauften Grundstücke seien das ganze Vermögen des Verkäufers, habe der Beklagte nicht behauptet. Die Revision bekämpft auch diese Auffassung. Sie hat darin Recht, daß der Einwand aus § 419 BGB. geeignet ist, zur Abweisung eines dinglichen Anspruchs von der eingeklagten Art zu führen, weil der Kläger nicht die Beseitigung der Zwangsvollstreckung in einen Gegenstand

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verlangen darf, den er sachlichrechtlich zur Zwangsvollstreckung bereitzustellen verpflichtet ist. Aus diesem Grunde hat das Reichsgericht bereits die Widerspruchsklage des § 771 ZPO. im Fall der Haftung aus § 419 für unbegründet erklärt (WarnRspr. 1912 Nr. 158). Die Ausführungen über die gesetzlichen Voraussetzungen der Haftung sind aber in dem entscheidenden Punkte frei von Rechtsirrtum. Das Vermögen, das übernommen wird, braucht freilich nicht gerade in einer Sachgesamtheit (universitas facti) zu bestehen und überhaupt nicht aus Sachen. Einen Vermögensinbegriff (universitas juris) müssen, wie der erkennende Senat im Urteil vom 15. Dezember 1928 (RGZ. Bd. 123 S. 54) bemerkt hat, die veräußerten Gegenstände in ihrer Zusammenfassung darstellen, damit ihre Übertragung die Rechtsfolgen des § 419 begründe. Es braucht aber nicht immer eine Mehrheit von Gegenständen vorhanden oder übertragen worden zu sein, um ein Vermögen im Sinne des § 419 BGB. zu bilden, wenngleich das die Regel sein wird. Daß nicht jeder Gegenstand, deshalb weil er das einzige Gut des Veräußerers ist, als ein Vermögen angesehen werden kann (etwa ein Kleidungs- oder Möbelstück, ein Haustier oder dergl.), versteht sich freilich von selbst, weil der Begriff im Einklang mit der Verkehrsauffassung bestimmt werden muß (Bibergeil, Schuldübernahme in Bd. 44 der „Rechtsfragen der Praxis" S. 14). Mit Bezug auf ein Hausgrundstück hat jedoch der erkennende Senat schon in einem gleichfalls am 15. Dezember 1928 erlassenen Urteil (SeuffArch. Bd. 83 Nr. 65) dargelegt, daß dessen Veräußerung — damals von der Mutter auf den Sohn — eine Vermögensübertragung im Sinne des § 419 sein könne, und an dieser mit der Verkehrsauffassung übereinstimmenden Beurteilung ist festzuhalten. Indessen genügt es nicht etwa allein, daß das Hausgrundstück tatsächlich das Vermögen des Veräußerers gewesen ist, um die Haftung des Erwerbers für die Schulden des Veräußerers nach sich zu ziehen. Das wäre eine unerträgliche Belastung des Verkehrs im allgemeinen und insbesondere des Grundstückverkehrs, der danach ohne weitgehende Nachforschungen nach den persönlichen Verhältnissen des Verkäufers gefahrlich sein würde. Zum Tatbestand des § 419 BGB. gehört vielmehr, mindestens bei der Übertragung einzelner Gegenstände, daß der Erwerber die Verhältnisse des Veräußerers kennt und daß nach diesen ihm bekannten Verhältnissen das ganze oder so gut wie das ganze Vermögen mit dem überlassenen Gegenstand auf ihn übergeht. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts steht, soweit ersichtlich, einer solchen Beurteilung nicht entgegen. Das Urteil des III. Zivilsenats vom 12. Mai 1914 (RGZ. Bd. 85 S. 168), das vielfach — auch von der Revision — dafür angeführt wird, daß das Gesetz keine subjektiven Voraussetzungen aufstelle, hat nicht diesen Inhalt, abgesehen davon, daß es nicht die Übernahme eines einzelnen Gegenstandes behandelt. Damals war nur zu entscheiden, ob es darauf ankomme, daß sich die Parteien in unrichtiger Schätzung der dem Veräußerer verbliebenen Gegenstände nicht bewußt gewesen sein sollten, ein Vermögen zu übergeben und zu empfangen. Das wurde mit dem Bemerken verneint, ein solches Erfordernis

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würde dem §419 ebenso die praktische Bedeutung nehmen, wie wenn man auf 'den Willen zur Schuldübemahme abstellte. Damit würde also nur für ausreichend erklärt, daß die dem Erwerber bekannten tatsächlichen Vermögensverhältnisse bei richtiger Würdigung die Übernahme des Vermögens des Veräußerers ergaben (vgl. auch KG. vom 5. September 1929, LZ. 1930 Sp. 1396). Eine weitergehende Abweichung von der früheren reichsgerichtlichen Rechtsprechimg wäre für den III. Zivilsenat nicht ohne Anrufung der Vereinigten Zivilsenate möglich gewesen. Denn der III. Zivilsenat hatte in einer Entscheidimg vom 11. November 1910 (RGZ. Bd. 76 S. 4) dargelegt, die Veräußerung einzelner Vermögensgegenstände durch Vertrag begründe die Haftung des § 419 nur dann, wenn die Parteien sich bewußt seien, daß sie das ganze Vermögen des Veräußerers ausmachten. Daß der III. Zivilsenat davon trotz der Fassung des Urteils vom 12. Mai 1914 nicht grundsätzlich abweichen wollte, zeigt sein Erkenntnis vom 30. Juni 1914 (WarnRspr. Nr. 282). Dort wird unter Bezugnahme auf das Urteil vom 12. Mai 1914 ausgeführt: es genüge nach § 419, daß die übertragenen Gegenstände tatsächlich das Vermögen des Veräußerers ausmachten, von einigen im Verhältnis zum Ganzen unbedeutenden Vermögensstücken abgesehen, und daß sich die Beteiligten dessen bewußt seien. Auch die Entscheidung des VI. Zivilsenats vom 30. Mai 1929 (WarnRsp. 1929 Nr. 174) will unter Bezugnahme auf RGZ. Bd. 85 S. 168 nur der Ansicht des damaligen Berufungsgerichts entgegentreten, daß die Haftung gesetzlich den Willen oder das Bewußtsein der Vermögensübernahme voraussetze. Sollte aber der Satz, die objektive Tatsache der Übertragung müsse genügen, wörtlich zu nehmen sein, so würde er eine abweichende Entscheidung des gegenwärtigen Falles doch nicht hindern, weil es sich dort nicht um die Übertragung einzelner Gegenstände gehandelt hat, sondern wie hier, wo aus den dargelegten Gründen jedenfalls die Vorstellung der Parteien von den Verhältnissen des Veräußerers zur Vermeidung unerträglicher Ergebnisse für wesentlich erachtet werden muß. Die Auffassung des angefochtenen Urteils bedarf hiernach nur insofern einer Richtigstellung, als der Vorderrichter die Kenntnis zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags für maßgeblich hält und dabei nicht berücksichtigt, daß der Abschluß erst mit der Genehmigung der klagenden Gesellschaft zustande gekommen ist. Daraufkommt es aber nicht an, weil die Kenntnis auch für diesen Zeitpunkt bisher nicht behauptet worden ist. . . .

RGZ. 134, 185 f 1. . . .*) 2. Kann die Genehmigung der Schuldübernahme auf einen Zeitpunkt zurückwirken, in dem die Übernahme dem Gläubiger noch nicht mitgeteilt war? *) Überholt

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BGB. §§ 184, 185, 415, 416. V. Zivilsenat. Urt. v. 21. November 1931. I. Landgericht III Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Aus den G r ü n d e n : . . Nach der herrschenden und in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannten Ansicht stellt der Schuldübemahmevertrag des §415 BGB. eine Verfügung des Schuldners über das Recht des Gläubigers dar, sodaß es sich bei der dort vorgesehenen Genehmigung des Gläubigers um eine solche im Sinne des § 185 Abs. 2 handelt. So ist denn auch die Genehmigung nicht erforderlich, wenn der Gläubiger schon vor der Schuldübernahme seine Zustimmung zu dieser erklärt hatte (WarnRspr. 1911 Nr. 262). Demgemäß muß § 184 BGB. auf die Genehmigung Anwendung finden (RGZ. Bd. 120 S. 153). Wenn die Revision ausfuhrt, die Genehmigung könne eine Rückwirkung höchstens auf den Zeitpunkt der Mitteilung der Schuldübernahme an den Gläubiger äußern, so kann auch dem nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig, daß die Rückwirkung nur auf einen Zeitpunkt zurückgehen kann, in dem das genehmigte Rechtsgeschäft abgeschlossen vorlag (Urt. vom 15. Juni 1929 V 117/28, AufwRspr. 1929 S. 882). Allein die Mitteilung an den Gläubiger ist kein rechtsgeschäftlicher Bestandteil der Schuldübernahme, sondern lediglich eine gesetzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Genehmigung des Gläubigers. Wird die Genehmigung in zulässiger Weise erteilt, so wirkt sie auf den Zeitpunkt zurück, in dem der Schuldübernahmevertrag zwischen dem ursprünglichen Schuldner und dem Übernehmer abgeschlossen wurde. Daß dies der Standpunkt des Gesetzes ist, folgt aus der Fassung des § 415 Abs. 2 Satz 1: „Wird die Genehmigimg verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt." Ob die Genehmigung ausdrücklich oder stillschweigend erklärt wird, ist für die Frage der Rückwirkung belanglos. Es kann daher auch für eine nach §416 als erteilt anzusehende Genehmigung nichts anderes gelten. Im übrigen liegt eine Genehmigungserklärung der Beklagten schon darin, daß sie in diesem Rechtsstreit den Kläger aus der Schuldübernahme in Anspruch nimmt, sodaß es auf die Sondervorschrift des § 416 gar nicht ankommt (RGZ. Bd. 63 S. 42, Bd. 107 S. 216). RGZ. 134, 283 Zur Rückwirkung der Genehmigung. BGB. § 184. V.Zivilsenat. Urt. v. 16. Dezember 1931. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

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Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bewilligung der Löschung einer auf ihrem Hausgrundstück für ihn eingetragenen Grundschuld von 10000 RM., die sie, als von einem Unbefugten bestellt, nicht als wirksam gelten lassen will. Nachdem das frühere, der Klage stattgebende Berufungsurteil vom erkennenden Senat aufgehoben worden war, hat das Berufungsgericht die Klage nimmehr abgewiesen. Die neue, jetzt von der Klägerin eingelegte Revision führte wiederum zur Aufhebung und Zurückverweisung. Auf den Abdruck des früheren Revisionsurteils in RGZ. Bd. 131 S. 64 wird Bezug genommen. Gründe: Der Begründung des früheren Revisionsurteils folgend nimmt das Berufungsgericht nunmehr an, daß der Grundschuldbestellung vom 3./12. Juni 1924 der Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs nach §892 BGB. nicht schon aus dem Grunde versagt werden konnte, weil infolge der wirtschafUichen Beherrschung des Grundstücks durch Eugen M. Personengleichheit auf der Besteller- und Empfängerseite bestanden habe. Demnach prüft der Berufungsrichter zunächst für den Juni 1924 — da ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eigentümereintragung damals noch nicht im Grundbuch vermerkt war — mit Recht, ob etwa der erwerbenden Grundstücksgesellschaft in der Person ihres alleinigen Gesellschafters und Geschäftsführers Eugen M. zur Zeit des Erwerbs der Grundschuld die Unrichtigkeit des Grundbuchs bekannt gewesen sei. Aus tatsächlichen Gründen gelangt er dazu, dies deshalb zu verneinen, weil erst im Sommer 1925 die Versuche eingesetzt hätten, aus einem Schwarzvertrag in Verbindung mit dem preußischen Grundstücksverkehrsgesetz das Ergebnis herzuleiten, daß das Eigentum an dem verkauften Grundstück trotz Auffassung und Umschreibung im Grundbuch beim Veräußerer verblieben sei. Diese Annahme ist freilich nicht haltbar; denn am 8. Juli 1925 hat schon das Reichsgericht in einer noch im Jahre 1924 bei ihm eingegangenen Revisionssache auf eine Klage entschieden, mit der die Nichtigkeit einer Grundstücksveräußerung wegen ungenehmigten Schwarzverkaufs geltend gemacht war, vgl. RGZ. Bd. 111 S. 239. Dennoch ist für den Juni 1924 die tatsächliche Schlußfeststellung des Berufungsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß Eugen M. damals die Unrichtigkeit der Eigentumsumschreibung auf die Aktiengesellschaft T. als Schwarzkäuferin nicht erkannt habe, möge ihm auch die Tatsache des Schwarzkaufs bekannt gewesen sein. Die Revision hat insoweit lediglich um Nachprüfung gebeten. Zutreffend fuhrt das Berufungsgericht weiter aus, daß, wenn schon die Rechtsvorgängerin des Beklagten die Grundschuld kraft des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs unanfechtbar erworben hatte, dem Beklagten die eigene Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht mehr schaden konnte, sodaß es, falls sich nicht von anderer Seite her Bedenken gegen die Gültigkeit des Vorerwerbs oder seines eigenen ergaben, keiner

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weiteren Prüfung nach jener Richtung bedurfte. Auch konnten unter dieser Voraussetzung Widersprüche gegen die Eintragung der Aktiengesellschaft T. als Eigentümerin, die zugunsten der Klägerin, jedoch erst nach dem Grundschulderwerb der Grundstücksgesellschaft, ins Grundbuch gelangt waren, den Abtretungserwerb des Beklagten nicht hindern, während unstreitig ein Widerspruch gegen den rechtlichen Bestand der Grundschuld selbst erst nach der Abtretung an den Beklagten eingetragen worden ist. Die Klägerin hat aber die Wirksamkeit der Grundschuldbestellung vom Juni 1924 mit der Begründung angegriffen, daß die Vollmacht der Aktiengesellschaft T., auf Grund deren Eugen M. die Grundschuld bestellte, von vornherein ungültig gewesen oder doch vor der Grundschuldbestellung durch Widerruf hinfällig geworden sei. Diesen Angriffen hat der Berufungsrichter mit Recht nicht schon deshalb die Beachtung versagt, weil die Grundstücksgesellschaft gutgläubig erworben habe; denn der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich nicht auf die Vertretungsmacht eines Bevollmächtigten des eingetragenen Berechtigten. Er hat sich aber einer weiteren Erörterung der Vollmachtfrage aus dem Grunde für überhoben erachtet, weil etwaige Mängel der Vollmacht rückwirkend dadurch geheilt worden seien, daß in einem Vergleich zwischen der Aktiengesellschaft T. und Eugen M. vom 9. November 1927 das damals berechtigte Organ dieser Gesellschaft ,ihr allein vertretungsberechtigter Liquidator, die Erteilung der Vollmacht an Eugen M. und das von diesem vermöge der Vollmacht vorgenommene Rechtsgeschäft der Grundschuldbestellung genehmigt habe. Hierin kann dem Vorderrichter nicht gefolgt werden. Zwar war das Berufungsgericht an der Berücksichtigung einer Genehmigung vom November 1927 nicht etwa — nach § 565 Abs. 2 ZPO. — deshalb gehindert, weil im früheren Revisionsurteil für die Prüfung der Gutgläubigkeit der Grundstücksgesellschaft auf „die Zeit, als Eugen M. das Grundstück zu ihren Gunsten belastete", in dem Sinne abgestellt worden sei, daß es hierfür unter allen Umständen auf den Juni 1924 ankomme. Gemeint war damit immer nur, wie es auch das Berufimgsgericht durch Eingehen auf die spätere Genehmigung richtig verstanden hat, die für die Frage einer wirksamen Belastung rechtlich maßgebende Zeit. In seinen Erörterungen über die Rückwirkung der aus dem Vergleich vom 9. November 1927 entnommenen Genehmigung hat sich nun das Berufungsgericht zunächst nur mit der Frage einer Genehmigung der Vollmacht des B. auf Eugen M. vom 20. Mai 1924 befaßt, indem es offenbar davon ausging, daß durch die Genehmigung dieser Vollmacht kraft ihrer Rückwirkimg nach § 184 Abs. 1 BGB. auch der Mangel geheilt sei, der den auf Grund der Vollmacht getroffenen rechtsgeschäftlichen Verfugungen bisher anhaftete. An einer späteren Stelle der Begründung bezeichnet es aber auch die V e r f ü g u n g e n selbst, die Eugen M. auf Grund der Vollmacht getroffen habe, als durch den Vergleich vom 9. November 1927 genehmigt. Ob der Vorderrichter hierbei eine selbständige Genehmigung dieser Verfügungen oder nur die mittelbar durch die Genehmigung der

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Vollmacht eintretende Wirkung im Auge hatte, ist seinen Ausführungen nicht mit voller Deutlichkeit zu entnehmen. Jedenfalls fehlt es an einer näheren Darlegung darüber, woraus das Berufungsgericht n e b e n der Genehmigung der Vollmacht noch eine besondere Genehmigung der streitigen Grundschuldbestellung vom 3./12. Juni 1924, als im Vergleich zum Ausdruck gelangt, folgert. Das kann aber dahingestellt bleiben, und es bedarf zur Zeit auch keines Eingehens auf rechtliche Bedenken, die bezüglich entsprechender Anwendimg des § 184 Abs. 1 BGB. auf eine Vollmachterteilung als einseitiges Rechtsgeschäft aus §§ 180, 177 BGB. hergeleitet werden könnten, zumal dann, wenn ein Widerruf der ohne Vertretungsmacht erteilten Vollmacht in der Zeit zwischen Erteilung und Genehmigung in Frage kam, der nur eine Wiederherstellung der erlos c h e n e n Vollmacht als möglich erscheinen lassen könnte. Denn der Wirksamkeit einer durch die Aktiengesellschaft T . erst am 9. November 1927 erklärten Genehmigung würden im vorliegenden Fall die von der Klägerin schon mit der Klage geltend gemachten Widersprüche entgegenstehen, die bereits am 14. Juli und 27. August 1925 gegen das Eigentum der Aktiengesellschaft T . im Grundbuch eingetragen worden sein sollen. Das Berufimgsgericht ist auf diese Widerspruchseintragungen nicht eingegangen, offenbar weil es sie gegenüber der Rückwirkungsvorschrift des § 184 Abs. 1 BGB. für unerheblich hielt, da auch in der Einwirkung eines Widerspruchs durch einstweilige Verfügung keine im Zwangswege gegen den Verfügungsberechtigten getroffene Verfügung im Sinne des § 184 Abs. 2 zu erblicken sei. Hierbei würde jedoch die Bedeutung der Vorschrift des § 184 Abs. 1 überspannt sein, indem in den Bereich der W i r k u n g e n einer Genehmigimg auch die Heilung von Mängeln der V o r a u s s e t z u n g e n ihrer Wirksamkeit einbezogen wird. Wenn § 184 Abs. 1 einer nachträglichen Zustimmung (Genehmigung) Rückwirkung zuschreibt auf den Zeitpunkt der Vornahme des genehmigten Rechtsgeschäfts, so ist dabei doch unerläßliche Voraussetzung, daß eine wirksame Genehmigung vorliegt, d. h. eine Genehmigung dessen, der durch seine Zustimmung dem bisher noch bestehenden Mangel des Rechtsgeschäfts abzuhelfen die rechtliche Macht besitzt, und es kann die Frage, ob er diese Macht besitzt, nicht beantwortet werden auf Grund einer Vorschrift, die nur die rechtlichen Folgen einer wirksamen Genehmigung regelt, jene also voraussetzt. Nun wird allerdings im Grundbuchverkehr kraft Gesetzes (§892 BGB.) zugunsten des gutgläubigen rechtsgeschäftlichen Erwerbers von der rechtlichen Verfügungsmacht — und daher auch von der Genehmigungsmacht nach §§ 184 flg. — dessen ausgegangen, der im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist. Aber da es sich hier um eine Voraussetzung für die Berechtigung und für die Wirksamkeit der Genehmigung, nicht um die Folge und Wirkung einer schon als berechtigt und wirksam feststehenden Genehmigung handelt, so kann für die Frage, ob die Voraussetzungen des Gutgläubigkeitsschutzes vorliegen, nicht der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäftes, den § 184 Abs. 1 im Auge

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hat, sondern nur der Zeitpunkt der Genehmigung selbst maßgebend sein als derjenige, nach dem sich sich ihre Berechtigung und Wirksamkeit zu bestimmen hat. Dies ist vielfach verkannt worden, und man hat daher dem § 184 Abs. 1 eine Tragweite beigemessen, die ihm nicht zukommt (vgl. P l a n c k - S t r e c k e r 5. Aufl. § 892 Erl. II 2ca Abs. 4 S. 277, Erl. I I 2de Abs. 5 S. 281 mit Nachw.; dagegen R a a p e ArchZiv-Prax. Bd. 121 S. 289 flg.; D. C o h n JRsch. 1927 S. 343). Allerdings hat sich auf den abweichenden Standpunkt auch das Urteil des erkennenden Senats vom 14. Oktober 1908 (RGZ. Bd. 69 S. 263) gestellt, das von den Vertretern der Gegenmeinung meist ohne nähere Erörterung angezogen wird. Es handelte sich dort um einen dem vorliegenden ähnlichen Fall, indem eine von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht erklärte Abtretung einer nichtigen Hypothek von dem eingetragenen Gläubiger durch dessen befugten gesetzlichen Vertreter erst genehmigt wurde, nachdem ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs in Ansehung der Hypothek f ü r den Grundstückseigentümer eingetragen worden war. Die Entscheidung erging zugunsten des vom Eigentümer auf Löschungsbewilligung verklagten Zessionars der Hypothek, weil ihm zwar nicht mehr zur Zeit der Genehmigung, wohl aber im Zeitpunkt der Abtretung in Ansehung des Rechts seiner (demnächst wegen Geistesschwäche entmündigten) Zedentin der öffentliche Glaube des Grundbuchs zur Seite gestanden habe und weil nach § 184 Abs. 1 der Zeitpunkt der Abtretung maßgebend sei, nachdem den Mangel der Vertretungsbefugnis des damaligen Bevollmächtigten der Zedentin die spätere Genehmigung des ihr bestellten Vormunds ( und des Vormundschaftsgerichts) rückwirkend geheilt habe. Wenn nun dort in diesem Zusammenhang gesagt ist, dem verklagten Zessionar sei nach dem Gesetze „in allen rechtlichen Beziehungen die Rechtsstellung zuzuweisen, die er eingenommen hätte, wenn der Übertragungsakt von vornherein rechtswirksam gewesen wäre", so kann das in dieser Allgemeinheit nicht aufrecht erhalten werden. Die Rückwirkung der Genehmigung kann sich nicht auf deren eigene Voraussetzungen erstrecken; die Wirkung eines rechtlichen Ereignisses kann begrifflich nicht so weit gehen, daß sie erst die Voraussetzungen schüfe, von denen die rechtliche Wirksamkeit des Ereignisses und damit auch sie selbst abhängt. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch keine Verfügung darstellt. Denn § 184 Abs. 2 BGB. kommt nicht in Betracht. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um mehrere Verfugungen des wirklich Berechtigten, deren Widerstreit zuungunsten der Rückwirkung gelöst wird. Hier steht dagegen der Gegensatz der Verfügimg eines Scheinberechtigten zum Recht des wirklichen Rechtsinhabers in Frage, und die Genehmigimg des Scheinberechtigten kann nicht kraft des öffentlichen Glaubens des Grundstücks zur Wirksamkeit und insbesondere nicht zu rückwirkender Kraft gelangen, wenn die Grundlage ihrer Wirksamkeit, der öffentliche Glaube des Grundbuchs, zur Zeit ihres Inslebentretens infolge der Eintragung eines Widerspruchs nicht mehr bestand.

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Im vorliegenden Falle war die Aktiengesellschaft T. ,wie jetzt unstreitig ist, nicht Eigentümerin des Grundstücks und besaß daher nicht die rechtliche Macht, das Grundstück mit einer Grundschuld zu belasten. Als Nicht-Verfügungsberechtigte konnte sie auch nicht eine von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommene Belastung im Sinne des § 184 Abs. 1 wirksam genehmigen; die Frage nach den Wirkungen einer solchen Genehmigung aber konnte erst von Bedeutung werden, wenn die Genehmigung selbst in ihrer Wirksamkeit feststand. Allerdings konnte zugunsten des rechtsgeschäftlichen Erwerbers eines Rechts am Grundstück der Mangel der Verfugungsbefugnis durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs ergänzt werden. War aber die das Grundstück belastende Verfügung zunächst von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht ausgegangen und wurde dieser Mangel der Begründung der Grundschuld erst nachträglich durch die Genehmigung des Vertretenen ergänzt, so mußte der öffentliche Glaube des Grundbuchs noch im Augenblick der Genehmigung wirksam sein. Denn er erst ersetzte das, was der Genehmigung des Nichtberechtigten fehlte, um wirksam zu werden und insbesondere die Rückwirkung gemäß § 184 Abs. 1 überhaupt äußern zu können. Er selbst steht außerhalb des Bereichs dieser Rückwirkung. Kam es hiernach darauf an, ob der durch Eugen M. vertretenen Grundstücksgesellschaft noch zur Zeit der Genehmigung der Grundschuldbestellung durch den Vergleich vom 9. November 1927 der öffentliche Glaube des Grundbuchs zur Seite stand, so hatte das Berufungsgericht die Kenntnis des Eugen M. von der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach dem Zeitpunkt der Genehmigung zu beurteilen und namentlich die etwa seit dem 14. Juli und 27. August 1925 gegen das Eigentum der Aktiengesellschaft T. und damit auch gegen ihre Verfügungs- und Genehmigungsmacht eingetragenen Widersprüche zu beachten, die nach § 892 BGB. einen gutgläubigen Erwerb der Grundschuld ausschlössen. Dieses Ergebnis läßt sich auch nicht dadurch vermeiden, daß man die Grundschuldbestellung als unmittelbaren Gegenstand der Genehmigung beiseiteschiebt, um anf dem Wege über die Genehmigung der Vollmacht zur rückwirkenden Heilung des Mangels der Grundschuldeinräumung zu gelangen. Denn mochte auch die Aktiengesellschaft T. noch am 9. November 1927 zur Genehmigung einer (noch nicht erloschenen) Vollmacht des B. auf Eugen M. in der Lage sein, so stand doch diese Vollmachterteilung nicht unter dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs. Solche Genehmigung konnte wohl den Mangel der Vertretungsmacht heilen, nicht aber den der sachlichen Verfugungsbefugnis; diesem Mangel war vielmehr nur durch einen zur Zeit der Genehmigung noch fortbestehenden öffentlichen Glauben des Grundbuchs abzuhelfen. Mit seiner bisherigen Begründimg ließ sich hiernach das Berufungsurteil nicht aufrecht erhalten. Kommt es auf die Genehmigung der Grundschuldbestellung durch den Vergleich vom 9. November 1927 nicht an, so erübrigt sich auch, jedenfalls zur Zeit, eine Nachprüfung der Beurteilung,

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die das Berufungsgericht den gegen die Beachtlichkeit dieses Vergleichs gerichteten weiteren Angriffen der Klägerin hat zuteil werden lassen. Der Berufungsrichter wird zutreffendenfalls die Wirksamkeit des Erwerbs der der Grundschuld durch die Grundstücksgesellschaft unabhängig von einer Genehmigung durch den Vergleich vom 9. November 1927 zu untersuchen haben. Er wird dazu den bisher offen gelassenen Fragen nähertreten müssen, ob B., der dem Eugen M. die Vollmacht vom 20. Mai 1924 als „alleiniger Vorstand der Aktiengesellschaft für Treuhandinteressen, jetzt Aktiengesellschaft für Treuhandinteressen Zweigniederlassung B." erteilte, dabei als befugter Vertreter dieser Gesellschaft (Aktiengesellschaft T.) handelte (vgl. über die Vertretung der Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft S t a u b - P i n n e r HGB. Anm. 9 zu §201, Anm. 12 zu §235) und ob die Vollmacht bei Bestellung der streitigen Grundschuld noch bestand oder etwa widerrufen war und mit welcher Wirkimg, ob Eugen M. der Beschränkung des § 181 BGB. unterlag usw. Einer Prüfung und Entscheidung dieser Fragen würde es freilich nicht bedürfen, wenn der Beklagte seinerseits die Grundschuld von der Grundstücksgesellschaft unabhängig von deren Erwerb kraft des öffentlichen Glaubens zu eigen erworben hätte. Aber auch diese Frage der Gutgläubigkeit des Beklagten bei seinem Erwerb durch Abtretung seitens der im Grundbuch als Gläubigerin eingetragenen Grundstücksgesellschaft hat das Berufungsgericht bisher offengelassen. Insoweit ist zu den bisherigen Ausführungen des Berufungsurteils nur zu bemerken, daß es auf Rechtsirrtum beruht, wenn der Vorderrichter annimmt, der Beklagte könne sich bei Unwirksamkeit der Vollmacht des B. auf Eugen M. weder auf einen gutgläubigen Erwerb seiner Rechtsvorgängerin noch auf eigenen gutgläubigen Erwerb berufen. Dieser Satz ist nur in seinem ersten Teil richtig. Der (gutgläubige) Erwerb der Grundstücksgesellschaft von der Aktiengesellschaft T. durch B.-Eugen M. war von deren Vertretungsmacht abhängig; dagegen wurde der Erwerb des Beklagten von der Grundstücksgesellschaft, wenn er in Ansehung des Gläubigerrechts der Grundstücksgesellschaft gutgläubig im Sinne des § 892 BGB. war, durch einen ihm nicht bekannten Mangel des Erwerbs seiner Rechtsvorgängerin nicht mehr berührt. Was endlich die Behauptung der Klägerin anlangt, die Grundstücksgesellschaft habe die Grundschuld nur zum Schein an den Beklagten abgetreten, so ist die Erwägung des Berufungsgerichts nicht zwingend, daß Eugen M. sein Ziel, bei dem drohenden Verlust des Grundstücks noch möglichst viel für sich zu retten, durch eine nach § 117 BGB. nichtige Scheinabtretung nicht hätte erreichen können. Denn wer sich auf ein Scheingeschäft einläßt, kann dies auch in der Hoffnung tun, daß er des Scheins nicht überführt werden und daher trotz der Nichtigkeit des Geschäfts die sich nach dem äußeren Schein ergebenden Vorteile genießen werde.

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RGZ. 134, 325 Welche Bedeutung hat die Zustimmung des in einem früheren Erbvertrag eingesetzten Erben zu einem späteren Testament des Erblassers ? BGB. §§ 182, 183. I I I . Zivilsenat. Urt. v. 1. Dezember 1931. I. Landgericht Kiel.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin ist die einzige Tochter des Hüfners Johann K.; sie stammt aus dessen erster Ehe. Nach dem Tode ihrer Mutter hat sich der Vater wiederverheiratet; die Ehe ist kinderlos geblieben. Nachdem sich die Klägerin mit ihrem jetzigen Ehemann verlobt hatte, hat sie mit ihrem Vater zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten am 29. November 1920 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Der Vergleich enthielt den Vorbehalt, daß der Vater seine stets betonte Absicht, seiner Tochter ihren gesetzlichen Erbteil unverkürzt zuzuwenden, baldigst in einem Erbvertrag zwischen ihm, seiner Frau und seiner Tochter niederlegt. Tags darauf hat Johann K. mit seiner Ehefrau Dora geb. T. einen Erbvertrag geschlossen und darin die Klägerin und seine Ehefrau zu gesetzlichen Erben berufen. Den Erbvertrag hat der inzwischen verstorbene Notar Justizrat M. in Gegenwart zweier Zeugen beurkundet. Beide Zeugen waren mit Johann K. im zweiten Grade verschwägert. Am 31. März 1926, wenige Tage vor seinem Tode, hat Johann K. ein Testament errichtet. Darin hat er unter Ziff. I bestimmt: an der gesetzlichen Erbfolge solle nichts geändert werden, sodaß die Tochter (Klägerin) zu drei Vierteln, die zweite Ehefrau zu einem Viertel als Erbe in Betracht komme. In Ziff. II hat er seiner Ehefrau eine „Abnahme" zugewendet, bestehend in freier Wohnimg und gewissen Naturalleistungen. In Ziff. IV hat er „für die Auseinandersetzung zwischen seinen Erben" das seiner Ehefrau am Nachlaß zustehende Viertel auf 6000 Goldmark festgesetzt. Durch diesen Sachverhalt erachtet sich die Klägerin für benachteiligt. Sie führt aus, der Erbvertrag vom 30. November 1920 sei im Hinblick auf die Zuziehung der beiden verschwägerten Zeugen nichtig gewesen; infolgedessen habe sie den ihr ungünstigen Anordnungen des Testaments vom 31. März 1926 nicht mit der Berufung auf den Erbvertrag wirksam begegnen können. Die Nichtigkeit des Erbvertrags habe der beurkundende Notar zu vertreten. Die Klägerin verlangt deshalb von der Beklagten als der Alleinerbin des Notars Schadensersatz gemäß §839 BGB. in Höhe eines Teilbetrags von 1000 RM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Berufimg und Revision der Klägerin blieben ohne Erfolg. Gründe: . . . Zur Abweisimg der Klage ist der Berufimgsrichter auf Grund folgender tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte gelangt:

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Nach seinen Feststellungen hat man am 31. März 1926, als Johann K. sich anschickte, das Testament zu errichten, die Klägerin und ihren Ehemann eigens mit Kraftwagen herbeigeholt, damit nicht der Erblasser Bestimmungen treffe, die gegen den Willen der Klägerin gingen. Wie der Berufungsrichter insbesondere den Beurkundungen des Zeugen C. entnimmt, ist die Sache mit der Klägerin und ihrem Ehemann eingehend besprochen, ist insbesondere über die Höhe der der Ehefrau K. zu gewährenden „Abnahme" und über den Betrag der an sie zu zahlenden Geldsumme eingehend verhandelt, ja ,,gefeilscht" worden, bis sich endlich die Klägerin und ihr Ehemann mit dem Inhalt des Testaments einverstanden erklärten. Allerdings hätten sich diese beiden, wie sie jetzt behaupten» nur deshalb nicht gegen die Testamentserrichtung verwahrt, weil sie auf den Rechtsbestand des Erbvertrags vertraut und daher angenommen hätten, das Testament werde, soweit mit dem Erbvertrag im Widerspruch stehend, nicht wirksam werden können. Nachdem aber die Klägerin und ihr Ehemann eigens herbeigeholt worden seien, damit man sich ihres Einverständnisses versichern könne, nachdem sie um die Beträge der Zuwendungen an die Ehefrau K. gefeilscht, gleichwohl aber schließlich ihr Einverständnis an den Tag gelegt hätten, verstoße es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn sie das Testament im Hinblick auf den Erbvertrag nicht gegen sich gelten lassen wollten. Damit handle die Klägerin sittenwidrig und arglistig. Durch dieses rechtlich unstatthafte Verhalten habe sie die Errichtung einer letztwilligen Verfügung, die auch dem Erbvertrag gegenüber Bestand gehabt hätte, verhindert. Infolgedessen sei der Klägerin angesichts des gekennzeichneten Verhaltens das Recht genommen, sich, selbst im Falle der Gültigkeit des Erbvertrags, auf die Unwirksamkeit des Testaments zu berufen. Diesen Einwand könne auch die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Notars der Klägerin entgegenhalten; denn auch ihr gegenüber würde die Klägerin arglistig handeln, indem sie sich mit ihrem eigenen, bei der Testamentserrichtung an den Tag gelegten Verhalten in einer nicht zu billigenden Weise in Widerspruch setze. Diesen Ausführungen ist jedenfalls im Ergebnis beizutreten. Der vom Berufungsrichter festgestellte Sachverhalt ist, namentlich auch im Hinblick auf die Anschauungen der ländlichen Bevölkerung, der die Beteiligten angehören, unbedenklich dahin zu beurteilen, daß die Verhandlungen vom 31. März 1926 geradezu rechtsgeschäftlichen Charakter getragen haben. Man hat die Klägerin und ihren Ehemann eigens herangeholt, damit nichts gegen den Wunsch und Willen der Klägerin geschehe. Der auch für diese erkennbare Zweck war mithin, sich ihres Einverständnisses zu versichern. Ihres Einverständnisses bedurfte es nur insoweit, als die Verfügungen des Erblassers geeignet sein konnten, die Rechte der Klägerin zu gefährden oder zu beeinträchtigen. Über den Inhalt der vom Erblasser zu treffenden Verfugungen hat der Zeuge C. fiir diesen mit der Klägerin und ihrem Ehemann bis in die Einzelheiten verhandelt, und er hat schließ-

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lieh das Einverständnis der beiden zu den Einzelheiten erzielt. Das bedeutet, rechtlich gewürdigt, nichts anderes, als daß die Klägerin dem Testament zugestimmt, daß sie also „eingewilligt" hat (§ 183 BGB.). Diese Einwilligung bedurfte keiner Form (§ 182 Abs. 2 das.). Mithin muß die Klägerin die Verfügungen ihres Vaters auch insoweit gegen sich gelten lassen, als diese (möglicherweise) in ihre Rechtsstellung eingreifen konnten. Ihr Vorbringen, sie sei in Wahrheit nicht einverstanden gewesen und habe sich nur im Vertrauen auf den Erbvertrag eines Widerspruchs enthalten, kennzeichnet sich als Berufung auf einen sog. geheimen Vorbehalt und ist daher unbeachtlich (§ 116 BGB.), und zwar um so mehr, als die Klägerin durch dieses Verhalten den Erblasser verhindert hat, durch anderweitigen Erbvertrag oder durch gemeinschaftliches Testament den früheren Erbvertrag zu beseitigen, was er ohne weiteres tun konnte (§§ 2290, 2292 BGB.). Damit rechtfertigt sich das Ergebnis des Berufungsrichters. Kann sich die Klägerin schon auf Grund des unmittelbar oder mindestens sinngemäß anzuwendenden § 183 BGB. nicht auf den Erbvertrag von 1920 berufen, so ist sie auch nicht durch dessen Nichtigkeit geschädigt, die der Notar zu vertreten hat. Es gebricht mithin am ursächlichen Zusammenhang zwischen der schuldhaften Amtspflichtverletzung des Notars und dem Schaden, den die Klägerin nach ihrer Behauptung dadurch erlitten hat, daß sie sich auf den nichtigen Erbvertrag nicht berufen kann. Das Ergebnis wäre aber auch dann kein anderes, wenn man annähme, daß die Verhandlungen vom 31. Dezember 1926 keinen rechtsgeschäftlichen Charakter getragen hätten. Denn dann können die Verhandlungen im Hinblick auf die nahen Familienbeziehungen unter den Beteiligten nur als verwandtschaftliche und Familien-Besprechungen zur Erhaltung des Familienfriedens und des guten Einvernehmens zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann auf der einen, dem Erblasser und seiner zweiten Frau auf der anderen Seite gewertet werden. Auch von diesem Standpunkt aus ist es keineswegs rechtsirrig, sondern zu billigen, daß, wie der Berufungsrichter annimmt, bei dem gegebenen Sachverhalt die Klägerin, wenn sie den Inhalt des zu errichtenden Testaments nicht billigte, sittlich verpflichtet war, mit ihrem Widerspruch hervorzutreten und dem Erblasser anheimzugeben, ob er sich ihrem Widerspruch fügen oder, wie ihm freistand und wie ihm der anwesende Notar alsbald hätte auseinandersetzen können, den Erbvertrag von 1920 beseitigen wollte. Mit der Unterlassung des Widerspruchs hat die Klägerin demgemäß im Verhältnis zum Erblasser und zu dessen Ehefrau sittenwidrig und arglistig gehandelt; hierauf kann sie sich nicht berufen. Ohne Rechtsverstoß hat der Berufungsrichter aber auch angenommen, daß ebenso die Beklagte als Witwe des Notars der Klägerin den Einwand der Arglist entgegenhalten kann. Im Verhältnis zur Beklagten handelt die Klägerin arglistig, indem sie jetzt Ersatz wegen der Nichtigkeit des Erbvertrags begehrt, obschon sie infolge des von ihr bei der Testamentserrichtung an den Tag gelegten Verhaltens den Erbvertrag nicht mehr für sich anführen kann. Es geht rechtlich nicht an, daß sich die Klägerin

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bei der Beklagten als einer Dritten wegen eines Schadens erholt, mit dessen Geltendmachung sie gegenüber der Nächstbeteiligten, nämlich der Witwe ihres Vaters, ausgeschlossen ist. Es handelt sich also, wie der Vertreter der Beklagten zutreffend bemerkt hat, um einen Anwendungsfall der auch sonst im Recht anerkannten Einrede der allgemeinen (gegenwärtigen) Arglist, keineswegs aber um die Anwendung des § 826 BGB. In Wahrheit kommt es auch hier im letzten Grunde auf die Verneinung des ursächlichen Zusammenhangs hinaus.

RGZ. 142, 59 Zur Auslegung des § 1435 BGB. In welchem Zeitpunkt m u ß die den Dritten schützende Unkenntnis von der Ausschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes vorhanden sein, wenn er mit einem der Ehegatten einen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfenden Vertrag schließt? Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder in dem der Genehmigung? BGB. §§ 184, 1435. IV. Zivilsenat. Urt. v. 28. September 1933. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht".

RGZ. 146, 314 Wird die von einem Miterben vorgenommene Kündigung einer gestundeten Nachlaßforderung durch Genehmigung der anderen Miterben rückwirkend wirksam? BGB. § 184 Abs. 1, § 185 Abs. 2, § 2040. IV. Zivilsenat. Urt v. 17. Januar 1935. I. Landgericht Halle a. S.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Die beiden Parteien sind Geschwister. Ihr Vater übergab durch Überlassungsvertrag vom 14. Februar 1919 dem Beklagten eine Anzahl Grundstücke, bewertet mit 60000M.,und 4 Anteile an der Zuckerfabrik Z. GmbH., bewertet mit 12000 M., zum Gesamtpreise von 72000 M. Die Hälfte des Preises sollte an den Vater, die andere Hälfte an die Mutter der Parteien nach vorheriger sechsmonatiger Kündigung der Eltern gezahlt werden. Bis dahin sollte ihnen das Kapital mit 4 % verzinst werden. Der Vater ist am 25. Februar 1922, die Mutter am 20. März 1922 verstorben. Die Parteien haben die Mutter mit noch zwei anderen Geschwistern zu je einem Viertel beerbt. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung des Zivils. Allgem. Teil 4

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auf sie entfallenden Viertels an den in den Nachlaß der Mutter gefallenen 36000 M., aufgewertet auf 36000 RM-, mithin 9000 RM. nebst 10% Zinsen seit dem 1. Januar 1924. Die Zahlung soll an Metzgermeister O. G. erfolgen, an den die Klägerin ihre Forderung am 25. August 1931 abgetreten hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat durch Teilurteil der Klage in Höhe von 6662,45 RM. nebst 4 % Zinsen seit dem 30. Oktober 1933 stattgegeben. Die Revision des Beklagten hatte lediglich den Erfolg, daß der Zeitpunkt des Beginns der Verzinsung auf den 9. Mai 1934 verlegt wurde. Aus den G r ü n d e n : Der Beklagte hat mit einer ihm am 22. Dezember 1930 abgetretenen Prozeßkostenforderung gegen die Klagforderung aufgerechnet. Das Berufungsgericht hält die Aufrechnung für unwirksam, weil die Klägerin schon vor Erklärung der Aufrechnung die Klagforderung an Metzgermeister G. abgetreten und die erfolgte Abtretung dem Beklagten mitgeteilt hat. Die Revision weist demgegenüber darauf hin, daß die Abtretung der Klagforderung nach § 2033 Abs. 2 BGB. unzulässig gewesen sei. Dieser Einwand ist zutreffend. Er entzieht aber zugleich dem Beklagten die Befugnis zur Aufrechnung. Die in den Nachlaß der Mutter gefallene Forderung von 36000 M. stand den Parteien und ihren beiden Geschwistern gemeinschaftlich zu. Die Klägerin konnte daher vor erfolgter Auseinandersetzung des Nachlasses nur gemeinschaftlich mit ihren Miterben über diese Forderung oder einen Teil davon verfügen (§ 2040 Abs. 1, § 2033 Abs. 2 BGB.). Hieran änderte auch nichts der Umstand, daß die Forderimg den einzigen Bestand des Nachlasses bildete. Die Auseinandersetzung ist aber nach der Feststellung des Berufungsgerichts erst erfolgt, als sich die Geschwister der Parteien durch Schreiben vom 30.0ktober 1933 damit einverstanden erklärten, daß die Klägerin ein Viertel der Forderung für sich beanspruche. Daraus ergibt sich anderseits, daß vorher der Beklagte auch nicht mit der an ihn abgetretenen Kostenforderung gegenüber der Klägerin aufrechnen konnte (§ 2040 Abs. 2 BGB.). Seine mit Schriftsatz vom 19. Oktober 1931 erklärte Aufrechnung war daher unwirksam. Soweit etwa in seinen späteren Erklärungen eine Wiederholung der Aufrechnimg zu finden sein sollte, vermag ihm diese nicht zu nützen. Denn für die nach der Auseinandersetzung erklärte Aufrechnung trifft die Ansicht des Berufungsgerichts zu, daß die Aufrechnung dem Metzgermeister G. gegenüber erfolgen mußte. Die am 25. August 1931 an G. unwirksam vorgenommene Abtretung der Klagforderung war zugleich als Abtretung des Auseinandersetzungsanspruchs der Klägerin aufzufassen. Als solche war sie gültig. Der Übergang des in der Klagforderung bestehenden Auseinandersetzungsguthabens vollzog sich aber im Zeitpunkt der Auseinandersetzung. Nach dem Vertrage vom 14. Februar 1919 war das Kapital nach vorheriger sechsmonatiger Kündigung fällig. Die Kündigimg erblickt das

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Berufungsgericht in der Klagerhebung. Das Berufungsgericht ist weiter der Meinung, daß diese von der Klägerin allein ausgesprochene Kündigung durch die in der Erklärung der Geschwister der Parteien vom 30. Oktober 1933 enthaltene Genehmigung nach § 184 Abs. 1, § 185 Abs. 2 BGB. mit rückwirkender Kraft wirksam geworden sei. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Es kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, ob überhaupt § 185 Abs. 2 BGB. auf Verfügungen eines einzelnenMiterben Anwendung findet (vgl. hierzu RGZ. Bd. 93 S. 292, Bd. 129 S. 286, Bd. 139 S. 118; JW. 1925 S. 604 Nr. 7). Denn hier handelt es sich um eine Kündigung, also um eine einseitiges Rechtsgeschäft, durch das ein einzelner Miterbe, die Klägerin, über eine Nachlaßforderung verfügt hat. Die Wirksamkeit einseitiger Rechtsgeschäfte kann aber nicht bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 184 BGB. mit der Folge der Rückwirkung in der Schwebe bleiben. Sie sind, wie § 182 Abs. 3 BGB. (vgl. auch § 180 Satz 1, § 111, § 1398 das.) ergibt, schlechthin wirkungslos. Daraus folgt, daß die von der Klägerin auch nach der Klagerhebung aufrechterhaltene Kündigung erst mit der Zustimmungserklärung vom 30. Oktober 1933 und deren Mitteilung an den Beklagten wirksam erfolgt ist. Die Mitteilung an den Beklagten ist mit Schriftsatz vom 6. November 1933, eingegangen am 9. November 1933, geschehen. Erst vom 9. November 1933 ab lief daher die im Vertrage vom 14. Februar 1919 vorgesehene sechsmonatige Kündigungsfrist. Demgemäß sind die vom Berufungsgericht der Klägerin zuerkannten 4% Zinsen vom 9. Mai 1934 ab zu berechnen.

RGZ. 149, 19 f 1. . . . *) 2. Wird die Verfügung eines zur gesamten Hand Berechtigten durch Genehmigung der übrigen Berechtigten wirksam? 3- • • • *) Gesetz zur endgültigen Regelung der Liquidations- und Gewaltschäden — Kriegsschädenschlußgesetz — vom 30. März 1928 (RGBl. I S. 120). BGB. §§ 185, 398, 432. HGB. § 355. KO. § 65. VII. Zivilsenat. Urt. v. 11. Oktober 1935. I. Landgericht Hanau. II. Oberlandesgericht Kassel.

Der Erstbeklagte, der nach dem Kriege in H. ein Juwelengeschäft betrieb, stand mit der Klägerin, einer Privatbank, in laufender Geschäftsverbindimg. Zur Deckung von Krediten verpfändete er ihr in der Zeit von 1924 bis Anfang 1927 insgesamt 38 Juwelenstücke mit der Bestimmung, daß die Klägerin berechtigt sein sollte, sie jederzeit freihändig zu verkaufen, falls er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte. *) Überholt und geringere Bedeutung. 8*

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Vor dem Kriege hatte der Erstbeklagte zusammen mit seinen Kindern, den Beklagten zu 3 bis 7, in England gemeinschaftlich die Ein- und Ausfuhr von Juwelen und Schmuckwaren betrieben. Durch den Ausbruch des Krieges wurden sie gezwungen, den Geschäftsbetrieb einzustellen. Für die ihnen entstandenen Verluste haben sie Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich erhoben und auf ihre Ansprüche im Betrage von 171000 M. Teilentschädigung erhalten. Mit der Urkunde vom 9. Mai 1927 hat der Erstbeklagte als Inhaber der nicht eingetragenen Firma F. E. in H. an die Klägerin zur Sicherung wegen aller ihrer Forderungen (auch der zukünftigen) die künftige Entschädigungsforderung der Firma an das Reichsentschädigungsamt bis zur Höhe von 30000 RM. abgetreten. Am 11. November 1927 haben die Zweitbeklagte, die Ehefrau, und die Beklagten zu 3, 5 und 7, die Töchter, an die Klägerin auf deren Verlangen ein Schreiben gerichtet, in dem sie bestätigten, daß die Abtretung mit ihrem Einverständnis erfolgt sei. Die mitverklagten Söhne, die Beklagten zu 4 und 6, hatten bereits im Juni oder Juli 1927 ihre Anteile an den künftigen Entschädigungsforderungen an ihre Schwestern übertragen. Am 24. Oktober 1927 wurde Konkurs über das Vermögen des Vaters und das der Söhne eröffnet. Die Klägerin beanspruchte abgesonderte Befriedigung aus den Pfändern und verwertet die einzelnen Stücke für insgesamt 11903,45 RM. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Erstbeklagten wurde am 10. Juli 1930, das über das Vermögen der Söhne am 25. Juni 1932 aufgehoben. Durch Bescheid vom 22. Oktober 1929 wurde den Beklagten auf Grund des Kriegsschädenschlußgesetzes eine Schlußentschädigung von 30950 RM., verzinslich ab 1. April 1929 zu 6 v. H., gewährt und auf den Namen sämtlicher Beklagten ins Reichsschuldbuch eingetragen. 1000 RM. des Entschädigungsanspruches sind unpfandbar. Die Klägerin ist der Meinung, daß ihr abgesehen von dem unpfändbaren Teil die gesamte Entschädigungsforderung abgetreten sei. Sie hatte zunächst im Jahre 1931 von den Beklagten (mit Ausnahme der beiden Söhne, die sich im Konkurs befanden) die Einwilligung in die Auszahlung der bis 1931 aufgelaufenen Zinsen im Klagewege verlangt. Landgericht und Oberlandesgericht haben damals der Klage stattgegeben. Nach dem jetzigen Klagbegehren sollen die Beklagten einwilligen, daß die Reichsschuldenverwaltung die Zinsen der eingetragenen Schlußentschädigung an die Klägerin auszahle und daß die Stammentschädigimg im Höhe von 29950 RM. zu deren Gunsten auf eine Bank in F. umgeschrieben werde. Die Beklagten beanstanden die Gültigkeit der Abtretung und die Höhe der Restforderimg der Klägerin. Landgericht und Oberlandesgericht haben nach dem Klagantrage erkannt. Die Revision hatte nur in einem Nebenpunkte Erfolg.

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Aus den G r ü n d e n : . . . Es bedarf keiner erneuten Stellungsnahme zu der Frage, ob die Ansprüche auf eine Schlußentschädigung wegen Gewaltschadens vor dem Inkrafttreten des Kriegsschädenschlußgesetzes gültig übertragen werden konnten. Denn jedenfalls ist die rechtsgeschäftliche Übertragung, die Abtretung solcher Entschädigungsansprüche, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wirksam geworden. Diese Auffassung entspricht dem Grundgedanken des § 185 Abs. 2 BGB., der die Verfügung eines Nichtberechtigten wirksam werden läßt, wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt. Zwar kommen für diese Bestimmung in erster Reihe Verfügungen über Gegenstände in Frage, die zur Zeit der Verfügung, soweit es sich um körperliche Sachen handelt, Eigentum eines anderen sind und, soweit es sich um Forderungen handelt, einem anderen zustehen. Auf diese Fälle ist seine Anwendbarkeit aber nicht beschränkt. § 185 findet entsprechende Anwendung auch bei Verfügungen dessen, der in der Verfügung beschränkt war, demnächst aber das Verfügungsrecht wieder erlangt hat, wie das beispielsweise beim Gemeinschuldner zutreffen kann (RGRKomm. z. BGB. § 185 Anm. 4). Er findet auch Anwendimg bei Verfügungen des Vorerben nach dem Wegfall der Beschränkung durch Fortfall des Nacherben (RGZ. Bd. 110 S. 94 [95]). Er muß aber auch angewendet werden, wenn wie hier Verfugungen eines noch nicht Berechtigten in Betracht kommen. Allerdings darf es sich zur Zeit der Verfügung nicht um völlig ungewisse in der Luft schwebende Zukunftshoffhungen handeln, es müssen vielmehr Ansprüche sein, die sich aus einer in sicherer Aussicht stehenden Fortentwicklung des objektiven Rechts in naher Zukunft ergeben werden. Das ist hinsichtlich der Gewaltschädenansprüche jedenfalls von dem Zeitpunkte an der Fall, als das Haager Schiedsgericht am 8. Januar 1927 den Standpunkt des Deutschen Reiches ablehnte, wonach die Entschädigung für die Liquidationsschäden in die Beträge des Dawesplanes einzurechnen seien; denn von diesem Zeitpunkte an wurde die Frage der Gewährung einer Schlußentschädigung von Gewaltschäden im Reichstag durch Petitionen und Interpellationen fortdauernd erörtert. Es besteht daher kein Grund, die Bestimmung des § 185 Abs. 2 BGB. über das Wirksamwerden von Verfügungen eines Nichtberechtigten auf diesen Fall nicht anzuwenden. Soweit die Entscheidung RGZ. Bd. 134 S. 225 mit diesen Ausführungen in Widerspruch steht, wird an ihr nicht festgehalten. Auch aus anderen Gründen] kann gegen die Gültigkeit der Abtretung kein Einwand erhoben werden. Die verklagten Mitglieder der Familie E. mit Ausnahme der Mutter hatten in England zusammen ein Handelsgeschäft betrieben. Wegen dieses Handelsgeschäfts haben sich die Beteiligten noch nicht auseinandergesetzt. Mindestens seit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beklagten zu 1, 4, 6 und besteht also eine Art Liquidationsgesellschaft. Wenn das Reichsentschädigungsamt unter diesen Umständen die Entschädigung für alle Mitglieder der

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Familie gewährte und eintragen ließ — die Beteiligung der verklagten Ehefrau beruht anscheinend auf einem Versehen —, so ergibt sich daraus, daß entgegen der Regel des § 420 BGB. die Familienmitglieder zur gesamten Hand berechtigt sein sollten. Der Vater E. hat nun in seiner Abtretungserklärung vom 9. Mai 1927 namens der Firma F. E. in H. deren Forderung an das Reichsentschädigungsamt bis zur Höhe von 30000 RM. der Klägerin abgetreten. Mutter und Töchter haben unter dem 11. November 1927 erklärt, die Abtretung sei mit ihrem Einverständnis geschehen, und damit nach § 185 Abs. 2 BGB. die Verfugung ihres Mannes und Vaters genehmigt. Ihre Behauptimg, sie hätten nur die Genehmigung zur Abtretung des dem Vater gehörigen Anteils gegeben, widerspricht, wie der Berufungsrichter mit Recht ausfuhrt, dem klaren Sinn der Erklärung. Zwar hatte der Vater E. bei der Abgabe der Abtretungserklärung vom 9. Mai 1927 anscheinend angenommen, die gesamte Entschädigungsforderung werde seiner neuen Firma zustehen. Wenn Mutter und Töchter aber sich auf Verlangen der Klägerin mit dieser Abtretung einverstanden erklärten, so kann dies nur so ausgelegt werden, daß sie die Abtretung genehmigten, soweit ihnen Rechte an der Entschädigungsforderung zustehen sollten. Schon vor dem 11. November 1927 hatten die Söhne ihre Anteile an der Entschädigungsforderung an ihre Schwestern abgetreten. Darin lag die Einwilligung der Söhne zur Verfügung über die Forderung durch die Töchter gemäß § 185 Abs. 1 BGB.; demnach ist die Zustimmung der Töchter auch für die Söhne abgegegeben worden. Zwar hat der V. Zivilsenat (RGZ. Bd. 93 S. 292 [296]) für den Fall der Erbengemeinschaft ausgesprochen, daß eine Verfügung der einzelnen — zur gesamten Hand berechtigten — Miterben über einen Erbschaftsgegenstand wirkungslos sei, und auch nicht durch Genehmigimg der anderen Miterben nach § 185 Abs. 2 BGB. gültig werden könne. Für den Fall des § 185 Abs. 1 BGB. hat sich der VI. Zivilsenat (RGZ. Bd. 129 S. 284 [286]) bereits auf den entgegengesetzten Standpunkt gestellt. Der V. Zivilsenat läßt auch in RGZ. Bd. 139 S. 118 [122] dahingestellt, ob die früher ausgesprochene Meinung aufrechtzuerhalten sei. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um eine Erbengemeinschaft, sondern um eine aus dem Gesellschaftsverhältms sich ergebende Gesamthandberechtigung. Für diese ist jedenfalls der Ansicht des V. Zivilsenats nicht beizutreten. Wenn die Verfügung eines außenstehenden Dritten dadurch gültig werden kann, daß die Berechtigten sie genehmigen, muß dies um so mehr von der Verfügung eines Beteiligten gelten, der nur in seiner Verfügungsmacht durch die Rechte anderer beschärnkt ist (vgl. übrigens RGZ. Bd. 92 S. 398). Zur Zeit des Inkrafttretens des Kriegsschädenschlußgesetzes lag demnach eine Verfügung aller — zur gesamten Hand berechtigten — Mitglieder der Familie E. vor, und diese Verfügung wurde am 1. April 1928 durch das Inkrafttreten des Kriegsschädenschlußgesetzes wirksam. Der am 3. September 1929 der Klägerin gegenüber erklärte Widerruf der Ab-

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tretung ist, wie der Berufungsrichter zutreffend ausführt, unbeachtlich, da die gültig gewordene Abtretung ein Vertrag ist und nicht einseitig widerrufen werden kann. Unter diesen Umständen brauchte auf die Frage nicht eingegangen zu werden, ob die abgegebenen Erklärungen nicht nach § 140 BGB. jedenfalls eine Verpflichtung zur Abtretung der künftigen Entschädigungsforderung nach Inkrafttreten des Kriegsschädenschlußgesetzes enthielten.

Fristen — Termine RGZ. 113, 355 1. . . . 2. . . . 3. . . . 4. Ist der Tag der Protesterhebung in die Verjährungsfrist des Art. 78 Nr. 1 WO. mit einzurechnen ? 5. Liegt Unterbrechung der Verjährung vor, wenn der zur Unterbrechung der Verjährung dienende Zahlungsbefehl zwar nicht ordnungsmäßig zugestellt, dieser Formmangel aber nicht rechtzeitig gerügt worden ist? BGB. § 187 Abs. 1. Zivilsenat. Urt. v. 7. Mai 1926. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 131, 337 Wann läuft die u m einen Monat verlängerte Revisionsbegründungsfrist ab, wenn der letzte Tag der ursprünglichen Frist ein Sonntag war? BGB. §§ 188, 190, 193. ZPO. §§ 222, 224, 554 Abs. 2. VII. Zivilsenat. Beschl. v. 27. Februar 1931. I. Landgericht III Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Die vom Kläger eingelegte Revision wurde wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist nach § 554a ZPO. als unzulässig verworfen. Gründe: Die Revision ist am 18. Dezember 1930 eingelegt worden. Die Frist für die Revisionsbegründimg wurde durch Verfügung vom 15. Januar 1931 um einen Monat verlängert. Sie lief also am 18. Februar 1931 ab (ZPO.

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§§ 222, 224; BGB. §§ 187, 188, 190). Unzutreffend ist die Ansicht des Klägers, die verlängerte Frist sei deshalb, weil der 18. Januar 1931 ein Sonntag war, erst am 19. Februar abgelaufen. Sowohl aus § 224 Abs. 3 ZPO. als auch aus dem inhaltlich übereinstimmenden § 190 BGB. ergibt sich, daß die verlängerte Frist u n m i t t e l b a r mit Ablauf der alten Frist zu laufen beginnt. Infolgeder Verlängerung tritt eine Beendigung der ursprünglichenFristtatsächlichnichtein,dieFristläuftdeshalbüberden zunächst vorgesehenen Ablaufstermin hinaus fort. Auch wenn der letzte Tag der alten Frist ein Sonntag oder Feiertag ist, wird die neue Frist unmittelbar anschließend vom nächsten Tage ab berechnet (Stein ZPO. 14. Aufl. Bd. 1 S. 607 Anm. III zu § 224; Warneyer, BGB. 2. Aufl. Bd. 1 S. 364 Anm. 2 zu § 190; so auch der für die Hemmung der Frist dasselbe aussprechende Beschluß des erkennenden Senats vom 2. Januar 1931, abgedr. S. 107 dieses Bandes). Die verlängerte Frist bildet mit der ursprünglichen Frist eine zusammenhängende Einheit; sie endet also an dem Tage des letzten Monats, der durch seine Zahl dem Tage entspricht, an welchem die Revision eingelegt worden ist. Nur wenn dieser Tag ein Sonntag oder Feiertag ist, findet § 222 Abs. 2 ZPO. Anwendung. Da aber der 18. Februar 1931 ein Wochentag war, lief an diesem Tage die Revisionsbegründungsfrist ab; die erst am 19. Februar eingegangene Revisionsbegründung war demnach verspätet.

Verjährung RGZ. 57, 372 1. Wird durch die gerichtliche Geltendmachung eines Teils des Anspruchs die Verjährung auch in betreff des übrigen Teils unterbrochen ? 2. Replik der Arglist gegenüber der Einrede der Verjährung. BGB. § 209. VI. Zivilsenat. Urt. v. 24. März 1904. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Aus den G r ü n d e n : „Am 17. April 1900 wurde der Kläger bei einem Zusammenstoß zweier Motorwagen der verklagten Gesellschaft verletzt. Nachdem auf Anfrage die Beklagte den Haftanspruch dem Grunde nach am 30. Mai 1900 anerkannt, sich aber wegen der Schadenshöhe Erklärungen bis nach deren Bezifferung und Begründung vorbehalten hatte, erhob der Kläger im Oktober 1900 Klage auf Bezahlung der Heilungskosten, sowie auf Ersatz des ihm durch eingetretene Erwerbsunfähigkeit bis zum 1. Dezember 1900 erwachsenen

Verjährung

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Schadens. Durch nachmals rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts vom 9. Juli 1902 wurde ihm auch dieser Schadensersatz . . . zugebilligt. Im gegenwärtigen Rechtsstreite hat der Kläger mit der am 25. November 1902 zugestellten Klage eine vom 1. Dezember 1900 ab zu entrichtende Jahresrente . . . gefordert. Die Beklagte hat . . . die Einrede der Verjährung vorgeschützt. Die Vorinstanzen haben diese Einrede verworfen, das Berufungsgericht mit folgender Begründung. Die zweijährige Verjährung des § 8 des Reichshaftpflichtgesetzes sei — abgesehen von dem Anerkenntnis vom 30. Mai 1900 — ferner unterbrochen worden durch die Erhebung der auf dieses Anerkenntnis gestützten Klage auf Zahlung der Entschädigimg zunächst für die Zeit bis zum 1. Dezeinoer 1900, aber unter Darlegung des gesamten Sachverhalts und der dem Kläger bisher erwachsenen Ansprüche, sowie unter ausdrücklichem Vorbehalt der weiteren Ansprüche über diesen Zeitpunkt hinaus, so daß der Beklagten die Absicht des Klägers, sein ganzes ihm aus dem Unfälle zustehendes Recht zu erhalten und zu betätigen, erkennbar geworden sei (zu vgl. die Gründe des im 39. Bande der Entsch. des RG.s in Zivils. S. 216flg. abgedruckten Urteils des Reichsgerichts, das auch für das Bürgerliche Gesetzbuch noch Gültigkeit habe). Nachdem die Beklagte in diesem Vorprozesse ihre vorerwähnte Verpflichtung wiederholt und ausweislich des Urteilstatbestandes bis zur Erlassung des Urteils anerkannt habe, habe die Unterbrechimg der Verjährung jedenfalls bis zu diesem letzteren angedauert, und es würde eine neue Verjährung erst vom 9. Juli 1902 ab haben beginnen können, so daß sie bei Erhebung der jetzigen Klage noch nicht vollendet gewesen sei. Diese Ausführungen sind in verschiedener Beziehung rechtsirrtümlich." (Nachdem dargelegt worden, daß die Beklagte im Vorprozesse eine Verpflichtung dem Kläger den ihm durch den Unfall entstandenen Schaden zu ersetzen, nicht anerkannt habe, heißt es weiter:) . . . „Auch in der Klagerhebung im Vorprozeß kann eine Unterbrechung der Verjährung des jetzt geltend gemachten Anspruchs nicht gefunden werden. Dieser Anspruch und der im Vorprozeß geltend gemachte Anspruch sind zwar Teile des dem Kläger durch den Unfall gegen die Beklagte erwachsenen Schadensersatzanspruchs. Es handelt sich daher um die Frage, ob die gerichtliche Geltendmachung eines Teils des Anspruchs die Verjährung auch in betreff des übrigen Teils unterbricht. Das ist aber nach dem Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs grundsätzlich zu verneinen. (So auch D e r n b u r g , Bürgerl. Recht Bd. 1 § 180 unter I I ; Planck, BGB. 3. Aufl. zu § 209 Bern. 1; Goldmann u. L i l i e n t h a l , Bürgerliches Gesetzbuch 2. Aufl. § 64 unter II l b ; S t a u d i n g e r , Kommentar zu §209 Bern. 1; N e u m a n n , BGB. 3. Aufl. zu §209 Anm. 4; R e h b e i n , BGB. Bd. 1 S. 318 [mit einer Modifikation S. 319].) Nachdem Bürgerlichen Gesetzbuch tritt eine Unterbrechung nur insoweit ein, als der Klaganspruch rechtshängig wird, und damit die Möglichkeit einer rechtskräftigen Entscheidung gegeben ist. (Vgl. E n d e m a n n , Lehrbuch des

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bürgerlichen Rechts 8. Aufl. Bd. 1 §93 unter 3c; Gareis, Allgemeiner Teil zu § 209 Bern. 3; S t a u d i n g e r , a. a. O.) Dies ergibt zunächst der Wortlaut, aber auch die Entstehungsgeschichte des § 209. In den Motiven zum Entwurf § 170 (Bd. 1 S. 327) wird bemerkt, daß die Klagerhebung die Verjährung insoweit unterbreche, als der Anspruch der richterlichen Entscheidung unterstellt sei; nur in diesem Umfange könne das Urteil Rechtskraft und damit Rechtsgewißheit schaffen. Auf dem gleichen Gedanken beruht es, daß auch der Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren, sowie der Anmeldung des Anspruchs im Konkurse unterbrechende Kraft beigelegt wurde. Nur aus Zweckmäßigkeitsgründen wurde gewissen Akten — der Streitverkündung, der Vornahme einer Vollstreckungshandlung, und unter Umständen schon der Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung — die gleiche Wirkung beigelegt, obgleich es sich in diesen Fällen, wenn auch um eine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs, so doch nicht um eine solche handelt, die die richterliche Feststellung des Anspruchs zur Folge haben muß. Dagegen beruhte es wiederum auf jenem Gedanken, daß die Verwendung des Anspruchs zur Einrede nicht als Unterbrechungsgrund gelten sollte, und dies selbst dann nicht, wenn es sich um eine Aufrechnungseinrede handeln würde (Motive Bd. 1 S. 328 unter II). Die zweite Kommission legte zwar der Geltendmachung der Aufrechnung im Prozesse die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung bei, betonte aber gleichzeitig, daß man damit allerdings von dem im Entwurf angenommenen Prinzip abweiche, daß nur solchen Handlungen des Berechtigten unterbrechende Kraft zukommen solle, die auf die richterliche Feststellung des Anspruchs abzielten, und begründete die Abweichung lediglich mit Zweckmäßigkeits- und Billigkeitsgründen (Protokolle Bd. 1 S. 224). Der in der zweiten Kommission gestellte Antrag, die Aufrechnung im Prozesse mit unter die Unterbrechungsgründe aufzunehmen, enthielt die Beschränkung: „jedoch nur bis zur Höhe desjenigen Betrages, für welchen die Aufrechnung geltend gemacht wird" (Antrag la, Protokolle S. 223); daneben war ein Antrag (2ab, S. 223. 224) gestellt worden, diese Beschränkung zu streichen und als Abs. 3 des § 170 folgendes zu bestimmen: „Die Klagerhebung und die ihr gleichstehenden Handlungen unterbrechen die Verjährung nur bis zur Höhe desjenigen Betrags, in Ansehung dessen dieselben vorgenommen sind." Begründet wurde dieser Antrag damit: es sei erforderlich, das sonst sehr naheliegende argumentum a contrario auszuschließen, daß im übrigen die teilweise Ausübung des Anspruchs durch den Gläubiger die Verjährung bezüglich des ganzen Anspruchs unterbrechen solle. Die Entscheidung hierüber wurde der Redaktionskommission überlassen. Nun ist allerdings in den Entwurf 2. Lesung (§ 175) weder jene Beschränkung (Antrag la), noch der Zusatz im Antrag 2b aufgenommen worden; in dieser Fassung ist die Bestimmung auch in den Entwurf in der Fassung der dem Reichstage gemachten Vorlage (§ 204) übergegangen und auch Gesetz geworden. Daraus läßt sich aber weder schließen, daß die Verjährung auch bezüglich desjenigen Betrags, für den die Aufrechnung

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nicht geltend gemacht worden, unterbrochen werden solle, noch daß dies wenigstens in Ansehimg der Klagerhebung bezüglich des nicht eingeklagten Teils habe gelten sollen. Denn auch die Denkschrift zu dem zuletzt erwähnten Entwurf (S. 34) weist darauf hin, daß der Entwurf — abgesehen von dem Falle unter 5 — als Unterbrechungsgründe grundsätzlich nur solche Handlungen des Berechtigten anerkenne, die auf eine gerichtliche oder eine dieser gleichstehende Feststellung des Anspruchs abzielen, und hiervon nur aus Zweckmäßigkeits- und Billigkeitsgründen einige Ausnahmen, insbesondere im Fall der Aufrechnung, mache. Das Verhalten der Redaktionskommission erklärt sich einfach aus der Erwägimg, daß die im Antrag la enthaltene Beschränkung selbstverständlich und daher überflüssig war, da die Aufrechnung, auch wenn sie unbeschränkt erklärt wird, begrifflich immer doch nur eine Aufrechnung in Höhe des Betrags der F o r d e r u n g ist, gegen die aufgerechnet wird; wegen des Mehrbetrags liegt überhaupt eine Aufrechnung nicht vor. (Vgl. Rehbein, a. a. O. Bd. 1 S. 320 oben; Planck, a. a. O. zu § 209 Bern. 2a a. E.) Um das von dem Antragsteller 2 a b befürchtete argumentum a contrario bezüglich der Klagerhebung auszuschließen, genügte es daher, wenn die im Antrag la vorgesehene Beschränkung weggelassen wurde. Wie hiernach nur in Höhe desjenigen Betrags, für welchen vom Beklagten die Aufrechnung vorgenommen wird, die Verjährung unterbrochen wird, so auch nur in Ansehung des Teilbetrags, wegen dessen der Kläger richterliche Entscheidung begehrt hat. Hiernach ist es für die Frage der Unterbrechung der Verjährung völlig unerheblich, daß der Kläger im Vorprozeß das gesamte Sachverhältnis unter Vorbehalt der weiteren Ansprüche über den 1. Dezember 1900 hinaus in der der Beklagten erkennbaren Absicht dargelegt haben sollte, sein ganzes ihm aus dem Unfall zustehendes Recht zu erhalten und zu betätigen. (Vgl. G o l d m a n n u. L i l i e n t h a l , a. a. O.) Das vom Berufimgsgericht für seine abweichende Ansicht angeführte Urteil des Reichsgerichts, Entsch. in Zivils. Bd. 39 S. 216flg., betrifft einen Fall, der nach preußischem Recht — § 570 A.L.R. I. 9 — zu beurteilen war, das für die Unterbrechung der Verjährung nicht den Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs forderte, sondern klageweise Geltendmachung für genügend erklärte. (Vgl. auch Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 50 S. 298; Jurist. Wochenschr. Jahrg. 1901 S. 19 Nr. 31.) Es kann daher ganz dahingestellt bleiben, ob die Anwendung des im § 570 A.L.R. I. 9 ausgedrückten Grundsatzes auf den vorliegenden Fall in der Tat dazu führen würde, eine Unterbrechung der Verjährung anzunehmen. Ob man nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs in gewissen Fällen wenigstens dann, wenn nach Erhebung der Teilklage diese auf das Ganze erweitert wird, in der E r h e b u n g der Teilklage eine Unterbrechung der Verjährung des ganzen Anspruchs finden kann (so R e h b e i n , a. a. O. S. 319), braucht nicht erörtert zu werden, da eine Klagerhebung, soweit es sich um den Anspruch für die Zeit nach dem 1. Dezember 1900 handelt, im Vorprozeß nicht stattgefunden hat.

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Hiernach muß das Berufungsurteil aufgehoben werden. Zur Endentscheidung ist die Sache jedoch noch nicht reif. Der Einrede der Verjährung würde nach allgemeinen, auch für das Bürgerliche Gesetzbuch geltenden Rechtsgrundsätzen die Replik der Arglist entgegenstehen, wenn die Beklagte durch ihr Verhandeln über die Höhe des von ihr im Schreiben vom 30. Mai 1900 dem Grunde nach anerkannten Anspruchs mit dem Kläger diesen von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten haben sollte (vgl. R e h b e i n , a. a. O. S. 316). Eine solche Behauptung liegt in dem Vorbringen des Klägers, während des Vorprozesses habe die Beklagte längere Zeit hindurch mit seinem Vertreter über die Höhe des behufs Ablösung ihrer Haftpflicht zu zahlenden Kapitals in Verhandlungen gestanden. Solange diese Verhandlungen schwebten, hatte der Kläger keine Veranlassung, seinen Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen, und es würde arglistig von der Beklagten sein, wenn sie sich auf den Ablauf der Verjährungsfrist und einen dadurch herbeigeführten Rechtsverlust des Klägers berufen würde, obgleich sie durch ihr Verhalten dem Kläger Veranlassung gegeben hätte von der gerichtlichen Geltendmachung der Verjährungsfrist abzusehen. Eine anderweite Verhandlung über diesen Punkt ist geboten, und daher die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen." . . . RGZ. 6o, 340 Setzt § 196 N r . 12 BGB. gewerbs- oder berufsmäßige Verp f l e g u n g voraus? BGB. § 196 Nr. 12. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 9. Dezember 1904. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Die vorstehende Rechtsfrage ist bejaht aus folgenden Gründen: . . . „Die der kurzen Verjährung von 2 Jahren unterworfenen Ansprüche sind im § 196 BGB. unter 17 Nummern aufgestellt, von denen die ersten 15 Forderungen aus b e r u f s - oder gewerbsmäßig übernommenen Leistungen betreffen. Daß die Berufs- oder Gewerbsmäßigkeit der Leistung in den Fällen der Nummern 1—15 die Voraussetzung der kurzen Verjährung bildet, erhellt in der Mehrzahl der Fälle aus der Bezeichnung der Forderungsberechtigten nach ihrem Berufe, in anderen aus der ausdrücklichen Hervorhebung des Erfordernisses der gewerbsmäßigen Betreibung der bestimmten Tätigkeit. Soweit dies bei einzelnen Fällen nicht zutrifft, ist mit Rücksicht auf ihre Einreihung unter die übrigen und auf die Ausdrucksweise des Gesetzes auch bei ihnen anzunehmen, daß es auf die B e r u f s m ä ß i g k e i t der bezüglichen Tätigkeit ankommt. Wie nicht zweifelhaft

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sein kann, daß mit den Personen, die „Land- oder Forstwirtschaft betreiben" (Nr. 2), nur solche gemeint sind, welche die Land- oder Forstwirtschaft berufsmäßig treiben, so sind auch unter denjenigen, welche „Lotterielose vertreiben" (Nr. 5) oder „Personen zur Verpflegung oder Erziehung aufnehmen" (Nr. 12), nur solche zu verstehen, die sich mit dem Vertrieb von Lotterielosen oder der Aufnahme von Personen zur Verpflegung oder Erziehung berufs- oder gewerbsmäßig befassen. (Vgl. H o l d e r , Komm. z. BGB. Bern. 1 zu § 196; S t a u d i n g e r , Komm. Bern. 3 zu § 196; D e r n b u r g , Bürgerliches Recht B. 1 § 177 unter IV.) Die Ansicht, daß § 196 Nr. 12 auch einen Anspruch aus einer nur gelegentlich in einem einzelnen Fall übernommenen Verpflegung betreffe, kann somit nicht gebilligt werden. Ihr steht auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes entgegen. Zwar hatte der erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs im § 156 am Schlüsse der Nummer 4 die kurze Verjährimg der Ansprüche derjenigen vorgesehen, welche Personen zur Verpflegung und Erziehimg „aufgenommen haben", und in den Motiven zu diesem Entwurf ist bezüglich des § 156 Nr. 4 u. a. bemerkt, daß es nicht darauf ankommen könne, daß die Aufnahme zur Erziehung oder Verpflegung gewerbsmäßig erfolge (S. 301). Die Worte „aufgenommen haben" sind jedoch bereits in dem revidierten zweiten Entwurf und in dem dem Reichstage vorgelegten Entwürfe durch das Wort „aufnehmen" ersetzt worden, und die Denkschrift, mit welcher der letzte Entwurf dem Reichstage überreicht worden ist, hat die vorerwähnte Bemerkung der Motive des ersten Entwurfs nicht übernommen. Sie hebt nur hervor, daß in umfassendem Maße eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche aus den Geschäften des täglichen Verkehrs und verwandte Ansprüche vorgesehen, und daß in der Auswahl der der kurzen Verjährung von 2 Jahren unterworfenen Ansprüche im wesentlichen das bestehende Recht zum Vorbilde genommen sei (S. 34). Die Auffassung, welche dem ersten Entwürfe zugrunde lag, ist hiernach ersichtlich schon in der Gesetzesvorlage aufgegeben. Unzutreffend ist endlich die Erwägung des ersten Richters, daß, da die Ansprüche aus gewerbsmäßiger Verpflegung in der Nummer 4 des § 196 besonders behandelt seien, die Ansprüche aus nicht gewerbs- oder berufsmäßiger entgeltlicher Verpflegung unter § 196 Nr. 12 fielen. Der § 196 Nr. 4 betrifft nur die Forderungen von Gastwirten, Speise- und Getränkewirten, und die Leistungen, welche unter den Begriff Verpflegung (Nr. 12) fallen, erschöpfen sich nicht in der Gewährung von Wohnung und Beköstigung." . . . RGZ. 62, 178 Beginnt die zweijährige Verjährung der Kaufpreisforderung der Kaufleute (§ 196 Ziff. 1 BGB.) schon mit Schluß des Jahres, in welchem die Forderung entstanden ist, oder erst mit Schluß des Jahres, in welchem die Lieferung erfolgt ist?

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BGB. § 196. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 15. Dezember 1905. I. Landgericht II Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Das Reichsgericht hat diese Frage in ihrem ersten Teile bejaht, im zweiten verneint aus folgenden Gründen: „Der erkennende Senat kann in der Frage der Verjährung sich dem Berufungsrichter nicht anschließen. Diese Frage geht dahin, ob die zweijährige Verjährung nach Maßgabe des preußischen Gesetzes vom 31. März 1838 bzw. § 196 BGB. für die Kaufpreisforderung der Kaufleute schon mit Schluß des Jahres beginnt, in welchem die Forderung entstanden ist, oder erst mit Schluß des Jahres, in welchem die verkauften Gegenstände geliefert sind. Der erste Richter hat diese Frage im Sinne der ersten, der Berufungsrichter im Sinne der zweiten Alternative bejaht. Der Senat verkennt nicht die erheblichen Zweifel, welchc diese Frage in sich schließt, sowie das Gewicht der Gründe, welche sich für die Ansicht des Berufungsrichters geltend machen lassen, glaubt aber, nach Abwägimg der für beide Ansichten geltend zu machenden Erwägungen, daß doch diejenigen überwiegen und den Ausschlag geben müssen, welche für die Ansicht des ersten Richters sprechen. Für dieses Ergebnis sind die folgenden Gedanken leitend gewesen. Vorwegzuschicken ist, daß es wesentlich auf die Beantwortimg der Frage nach Maßgabe der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs ankommt; denn wenn hiernach die zweijährige Verjährung Platz greift, so kommt diese gemäß Art. 169 Einf.-Ges. zum BGB. hier zur Anwendung. Es bedarf also keiner besonderen Untersuchung, ob die Kaufpreisforderung nach dem Gesetz vom 31. März 1838 der zweijährigen, oder nach den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts der dreißigjährigen Verjährung unterworfen war. Was den Beginn sowie die Hemmung der Verjährung betrifft, soweit es sich um die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt, so werden die hierauf bezüglichen Ausführungen im Zusammenhange mit den übrigen Erörterungen ihre Stelle finden. Auszugehen ist von der Bestimmung des § 198 BGB., wonach die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs beginnt. Der Kaufvertrag ist ein Konsensualvertrag. Die Kaufpreisforderung (§ 433 Abs. 2 BGB.) entsteht also mit dem Abschlüsse des Kaufvertrages (vgl. G o l d m a n n u. L i l i e n t h a l , BGB. Bd. 1 S. 242 Anm. 5) und beginnt mit diesem Zeitpunkt zu verjähren, sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist, oder der Käufer aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Zahlung des Kaufpreises berechtigt ist (vgl. § 202 Abs. 1; Planck, BGB. Bern. 1 zu § 205). Diese letztere Vorschrift findet nach § 202 Abs. 2 BGB. auf die Einrede, daß der Verkäufer seine Leistung noch nicht erfüllt, nämlich den verkauften Gegenstand dem Käufer noch nicht geliefert habe, keine Anwendung. Die Kaufpreisforderung beginnt hiernach mit ihrer Entstehung

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zu verjähren ohne Rücksicht darauf, ob geliefert ist, oder nicht. Nach preußischem Recht war die Rechtslage nicht wesentlich anders gestaltet. Nach § 5 Ziff. 3 des Gesetzes vom 31. März 1838 begann die Verjährung mit Schluß des Jahres, in welchem die Kaufpreisforderung „entstanden" war. Wenn § 545 A.L.R. I. 9 den Anfang der Verjährung an den Zeitpunkt knüpfte, mit welchem die Erfüllung der Verbindlichkeit, also beim Kaufvertrage die Zahlung des Kaufpreises, zuerst gefordert werden konnte, so hinderte der Umstand, daß der Verkäufer selbst noch nicht erfüllt hatte, und der Käufer nur Zug um Zug zu zahlen brauchte, den Eintritt der Verjährung jedenfalls dann nicht, wenn es in der Hand des Verkäufers lag, seinerseits zu erfüllen. Der Berufungsrichter macht deshalb mit Unrecht geltend, die Klägerin habe Zahlung des Kaufpreises gegen Lieferung der Waren bisher nicht fordern können, weil sie selbst nicht erfiillungsbereit gewesen sei. Die Herbeiführung der Erfullungsbereitschaft stand lediglich in ihrem Willen. Mochten auch gewisse Änderungen vom Beklagten gewollt sein, so konnte die Klägerin ihm eine Frist zu deren Angabe setzen und nach Ablauf der Frist unter Anbietung der bestellten Möbel den Kaufpreis fordern. Es ist auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß die Klägerin selbst die Ansicht vertreten hat, daß sie bereits im Jahre 1899 den Kaufpreis hätte fordern können, da sie anderenfalls nicht Zinsen vom 1. Januar 1900 beanspruchen konnte. Die Auffassung des Berufungsrichters führt nun zu folgendem eigentümlichen Ergebnisse. Die Kaufpreisforderung beginnt mit dem Z e i t p u n k t des Kaufabschlusses zu verjähren, und zwar beträgt, solange nicht geleistet ist, die Verjährungsfrist dreißig Jahre, von D a t u m zu D a t u m gerechnet. Diese in dreißig Jahren verjährende Kaufpreisforderung für nicht gelieferte Gegenstände verwandelt sich dann mit der L i e f e r u n g in eine Kaufpreisforderung fiir gelieferte Gegenstände, die in zwei Jahren verjährt vom Schlüsse des Jahres ab, in welchem die Lieferung erfolgt ist. Da es in Wahrheit nicht zwei Kaufpreisforderungen, sondern nur eine einheitliche Kaufpreisforderung gibt, so würde also alsdann ein höchst auffalliger Wechsel in der V e r j ä h r u n g eines u n d desselben A n s p r u c h s eintreten. Rechtlich möglich ist dies zwar; allein es müßten sehr zwingende Gründe vorliegen, um anzunehmen, daß solches wirklich dem Willen des Gesetzes entspreche. Derartige Gründe fehlen; es sprechen dagegen vielmehr die nachstehenden Erwägungen. Es würde zur sachlichen Bedeutung der Ansprüche im umgekehrten Verhältnis stehen, wenn die Kaufpreisforderung des Verkäufers, n a c h d e m er geliefert hat, nachdem er also ein Stück seines Vermögens dem Käufer übergeben hat, bereits in der kurzen Zeit von zwei Jahren verjährt, die Forderung des Verkäufers an den Käufer aber, solange er aus seinem Vermögen noch n i c h t s weggegeben h a t , nur der dreißigjährigen Verjährung unterworfen sein sollte. Weshalb die letztere Forderung gegenüber der ersteren in der Weise begünstigt sein sollte, wäre schwer einzusehen. Richtig ist, daß die kurze Verjährung in erster Reihe eingeführt ist, um den Schuldner des Nachweises

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der Tilgung der entstandenen Forderung zu überheben. Das Vorbild für die neuere deutsche Gesetzgebung ist in dieser Beziehung der Code civil gewesen, dessen Bestimmungen (Artt. 2271—2277) jedoch nur die Vermutung der erfolgten Tilgung begründeten und auf diese Weise dem Gläubiger in den meisten Fällen Raum für den Gegenbeweis ließen, daß Zahlung nicht erfolgt sei. Die Tatsache, daß die deutschen Gesetzgebungen, und insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch, hierüber hinausgehend sich nicht mit einer solchen Vermutung der Tilgung begnügt, sondern die kurze Verjährung als wirkliche Verjährung behandelt und mit geringfügigen Abweichungen den allgemeinen Verjährungsgrundsätzen unterworfen haben, ergibt, daß auch für sie der allgemeine, der Einrichtung der Verjährung zugrunde liegende Gedanke maßgebend sein muß, nämlich der, daß nach Ablauf einer bestimmten Zeit der als Schuldner in Anspruch Genommene nicht nur des Nachweises der Tilgung, sondern auch des Streites ü b e r die E n t s t e h u n g des Anspruchs überhoben sein soll. Gerade bei den Geschäften des täglichen Lebens, die mündlich, rasch, vielfach durch andere Personen (Dienstboten, Kinder) und in großer Zahl abgeschlossen werden, ist das Bedürfnis nach einem derartigen Verjährungsschutz ein dringendes. Es würde einen unerträglichen Zustand bedeuten, wenn der Kaufmann, bei dem einige Pfund Zucker bestellt sind, der Schuhmacher, dem ein Paar Stiefel in Bestellung gegeben sind, der Bäcker aus einer Brotbestellung, der Fleischer aus einer Fleischbestellung usw. usw. noch nach fünf, zehn, zwanzig Jahren Anspruch auf den Preis erheben und den Einwand der kurzen Verjährung mit der Replik zurückschlagen könnten, diese Verjährung greife nicht Platz, da sie nicht geliefert hätten, sie seien aber jetzt zur Lieferung bereit und forderten den Preis gegen Lieferung Zug um Zug. Das Gesetz kann einen derartigen Zustand nicht gewollt haben. Auch läßt sich ein Unterschied in dieser Beziehung zwischen den Ansprüchen, die durch § 196 BGB. der kurzen Verjährung unterworfen sind, schwerlich begründen. Es kommt nicht darauf an, daß den in Anspruch genommenen Personen vielerlei sonstige Einwände zur Seite stehen, mit denen sie solche Anforderungen zurückweisen könnten. Der einfache und klare Einwand der Verjährung soll eben jede weitere Erörterung des erhobenen Anspruchs unnötig machen. Bei den Geschäften, welche die Befriedigung der täglichen Lebensbedürfnisse zum Gegenstande haben, handelt es sich allerdings vielfach um Fixgeschäfte des täglichen Lebens, denen es immanent ist, daß bei ihnen der Rücktritt des Käufers und Bestellers als selbstverständlich und stillschweigend erfolgt gilt, wenn die Leistung nicht zu dem bestimmten Zeitpunkt bewirkt ist. Diese Tatsache kann indes eine andere Auffassung nicht rechtfertigen; denn wenn auch zugegeben ist, daß für sie, soweit Ansprüche auf Erfüllung daraus möglich sind, selbst eine zweijährige Verjährungsfrist schon zu lang wäre, so ist es um so gewisser, daß von einer dreißigjährigen Verjährung keine Rede sein kann. Von den Bedenken, welche sich gegen die im vorstehenden entwickelte Ansicht erheben, ist das am schwersten wiegende dasjenige, welches aus dem

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Wortlaut des § 196 BGB. zu entnehmen ist, nämlich aus den Worten „ f ü r L i e f e r u n g von Waren". Sie scheinen anzudeuten, daß die Lieferung erfolgt sein muß. In gleicher Weise verwertet der Berufungsrichter bei Auslegung des Gesetzes vom 31. März 1838 den dort gebrauchten Ausdruck „für gelieferte Arzneimittel". Es ist ferner darauf hinzuweisen, daß im § 196 auch sonst von „Lieferung von Erzeugnissen", „Ausführung von Arbeiten", „Besorgung fremder Geschäfte", „Gewährung von Wohnung und Beköstigimg", „Leistung von Diensten" usw. die Rede ist; alles Ausdrücke, welche anscheinend die e r f ü l l t e Leistung bezeichnen. Es soll außerdem nicht unerwähnt bleiben, daß in den Motiven zum ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs von den „Ansprüchen für gelieferte Waren", „geleistete Arbeiten" gesprochen wird (Bd. 1 S. 300). Gleichwohl kann dieses Bedenken nicht ausschlaggebend sein. Anzuerkennen ist, daß der Gedanke, es solle durch die kurze Verjährung der Schuldner des Nachweises der Tilgung der Schuld für empfangene Leistung überhoben werden, beherrschend in den Vordergrund getreten ist; allein er hat den anderen Zweck der Verjährung nicht völlig verdrängt. Es wird in den Motiven allgemein erklärt, die Verjährung bedürfe einer Abkürzung für die „Ansprüche aus den Geschäften des täglichen Lebens". In gleicher Weise werden auch vielfach sonst, insbesondere in den Bearbeitungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, als Gegenstand der kurzen Verjährung allgemein die „Ansprüche aus den Geschäften des täglichen Lebens" bezeichnet. Die angeführten, vom Gesetz gebrauchten Ausdrücke müssen hiernach nicht u n b e d i n g t im Sinne bewirkter Leistung verstanden werden, sondern lassen auch Raum für die Auslegung, daß damit ü b e r h a u p t der G e g e n s t a n d der L e i s t u n g gekennzeichnet worden ist. Solche Auslegung wird aber durch die oben erörterten sachlichen Grühde als notwendig gefordert. Die Frage, ob auch die Abnahmeverpflichtung des Käufers in zwei Jahren verjährt, mag zweifelhaft sein. Sollte sie indes selbst zu verneinen sein, so kann daraus ein Schluß auf die Verjährung der Kaufpreisforderung nicht gezogen werden; denn erstens wird niemand Abnahme fordern, wenn er weiß, daß seiner Kaufpreisforderung der Verjährungseinwand entgegensteht; außerdem aber stellt in der großen Mehrzahl aller Fälle die Abnahmeverpflichtung des Käufers nur eine Nebenverpflichtung dar gegenüber der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises als seiner Hauptleistung. Die Verjährung jener Verpflichtung kann daher für diejenige der Hauptleistung nicht maßgebend sein, sondern es kann höchstens das Umgekehrte der Fall sein. Auch dem Umstände, daß die Ansprüche des Käufers auf Lieferung der kurzen Verjährung nicht unterliegen, kann entscheidende Bedeutimg nicht beigemessen werden. Bei dem gegenseitigen Vertrage müssen die Ansprüche der beiden Vertragsteile nicht notwendig derselben Verjährung unterworfen sein. Endlich läßt sich auch die Erwägung, daß der Käufer, wenn er nach Ablauf der Verjährungsfrist die bisher nicht gelieferte Ware entgegennimmt, Zivils. Allgcm. Teil 4

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nunmehr den Einwand der Verjährung gegen die Kaufpreisforderung unmöglich erheben darf, für die Ansicht des Berufungsrichters nicht verwerten. Denn die freiwillige Annahme der Ware nach Ablauf der Verjährungsfrist begründet entweder die replicatio doli gegen die Verjährungseinrede, oder läßt sich als ein Verzicht auf diese Einrede auffassen. Wenn aus diesen Gründen der prinzipielle Standpunkt des Berufungsrichters auch nicht geteilt werden konnte, so war deswegen doch noch nicht die Sache zur Endentscheidung reif. Denn die Klägerin hat in der Berufungsinstanz behauptet, der Beklagte habe mit einem der Inhaber der klagenden Handelsgesellschaft vereinbart, die Ausführung der Order solle bis zu seiner in Aussicht genommenen Wiederverlobung aufgeschoben werden. Damit war ersichtlich stillschweigend auch eine Stundung des Kaufpreises vereinbart, und dadurch eine Hemmung der Verjährung der Kaufpreisforderung herbeigeführt. Hierüber ist daher noch Beweis zu erheben." . . . R G Z . 65, 268 Beginnt die neue Verjährung der in den §§ 196, 197 B G B . bezeichneten Ansprüche sofort mit der Beendigung der Unterbrechung oder erst mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Unterbrechung beendigt ward?

BGB. §§ 196, 197. III. Zivilsenat. Urt. v. 8. März 1907. I. Landgericht I München.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger, ein Antiquitätenhändler, der im Auftrage des Ehemannes und Erblassers der Beklagten zwecks Verwertung eines ihr und ihrem Ehemanne zugehörenden, mit alten Ornamenten versehenen Wohnhauses tätig geworden war, forderte, nachdem das Haus im Jahre 1900 verkauft war, mittels Klage vom 24. Dezember 1904 Zahlung einer ihm angeblich zugesagten Provision von 6000 M. Die Beklagte schützte die Einrede der Verjährung vor, der der Kläger mit dem Einwand entgegentrat, daß der Erblasser im Frühjahr 1902 ihm gegenüber den Anspruch durch wörtliche Erklärung anerkannt habe. In beiden Vorinstanzen ward auf Grund der Verjährungseinrede auf Abweisung der Klage erkannt. Die Revision ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Die Rüge der Revision, daß die vom Kläger erhobene Forderung zu Unrecht zu den in § 196 BGB. aufgeführten Ansprüchen gerechnet sei, ist verfehlt Ohne Erfolg bekämpft die Revision ebenso die Ausführung des Berufungsgerichts, daß die Verjährung des Anspruchs auch in dem Falle, daß der Ehemann und Erblasser der Beklagten, als Schuldverpflichteter, den

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im Jahre 1900 entstandenen Anspruch im Frühjahr 1902 durch wörtliche Erklärung anerkannt haben sollte, bereits vollendet gewesen ist, als im Dezember 1904 die gegenwärtige Klage erhoben ward. Die Folgerung, daß die Unterbrechung der Verjährung der in den §§ 196, 197 B G B . bezeichneten Ansprüche die Wirkung hat, daß die neue Verjährung erst mit dem Schlüsse des Jahres beginnt, in dem die Unterbrechung ihr Ende gefunden hat, läßt sich, wie in Übereinstimmung mit der in der Literatur vorherrschenden Ansicht anzunehmen ist, nicht halten. Der § 201 BGB., der an die Stelle des nach den §§ 198—200 für den Beginn der Verjährung maßgebenden Zeitpunktes den Schluß des Jahres setzt, in dem der Zeitpunkt eingetreten ist, stellt lediglich den Termin fest, mit dem die in den §§ 196, 197 bezeichneten Ansprüche der Verjährung unterworfen werden. Zu der vorgedachten Folgerung kann diese Bestimmung um so weniger leiten, als die Gründe, die zur Hinausschiebung des Termins, mit dem die Unterwerfung der Ansprüche unter die Verjährungsnonnen anhebt, bestimmt haben, der Hinausschiebung des Termins für den Beginn der nach Beendigung der Unterbrechung neu einsetzenden Verjährung nicht, jedenfalls nicht in gleichem Maße, das Wort reden. Der § 217 BGB., der die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung regelt, bestimmt allerdings, daß die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht kommt. Allein die Zwischenzeit, welche zwischen dem nach den §§ 198—200 maßgebenden Zeitpunkt und dem Schluß des Jahres liegt, in dem er eingetreten ist, wird, weil vor der Verjährung liegend, keine Verjährungsfrist; es ist daher nicht angängig, in die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit auch diese Zwischenzeit einzurechnen und so den einmal erfolgten Eintritt der in den §§ 196, 197 bezeichneten Ansprüche in die Verjährung rückwärts als nicht geschehen zu behandeln. Der Schluß, daß die neue Verjährung dieser Ansprüche gleich den anderen der Verjährung unterliegenden Ansprüchen sofort nach Beendigung der Unterbrechung beginnt, es sei denn, daß ein als Hemmungsgrund ausdrücklich anerkannter Umstand vorliegt, ist daher nicht abzuweisen." . . .

R G Z . 65, 398 Wird durch die gerichtliche Geltendmachung eines T e i l s des Anspruchs die Verjährung auch in betreff des übrigen T e i l s wenigstens in d e m Falle unterbrochen, daß nachmals die T e i l k l a g e auf d a s Ganze erweitert wird? VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 25. März 1907. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Zivil prozeß".

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132 R G Z . 66, 48

1 . Z u r A n w e n d u n g der kurzen Verjährung auf Forderungen der Kaufleute für A u s f ü h r u n g von Arbeiten. Werkvertrag. Unternehmervertrag. 2. Kann gegenüber E r b e n , die ein ererbtes Gelände durch A u f s c h ü t t u n g und andere Arbeiten umgestalten lassen, um es vorteilhafter in Parzellen zur A n l a g e von Fabriken veräußern zu können, a n g e n o m m e n werden, daß ein „Gewerbebetrieb des S c h u l d n e r s " vorliege, für den die Arbeiten geleistet seien?

BGB. § 196 Abs. 1 Nr. 1. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 23. April 1907. I. Landgericht Hamburg.

II. Oberlandesgcricht daselbst.

Die Beklagten sind, als Erben ihres Vaters, Eigentümer eines zu dessen Nachlaß gehörigen, in der Gemeinde W. belegenen Geländes. Um eine Verwertung als Fabrikgebäude zu ermöglichen, ließen sie eine Reihe von Aufschließungsarbeiten an dem Gelände vornehmen. Insbesondere wurden eine Straße, ein Stichkanal und eine Gleisverbindung mit der Staatseisenbahn angelegt. Auch fand zur erforderlichen Erhöhung des Geländes eine Aufschüttung von Erdmassen statt. Diese Aufschüttungsarbeit einschließlich der Lieferung der dazu notwendigen Erdmassen hatten die Beklagten im Juli 1901 der Klägerin, einer im Handelsregister eingetragenen offenen Handelsgesellschaft, übertragen, die vorher auch andere der gedachten Arbeiten übernommen hatte. Im Jahre 1902 wurde die Aufschüttungsarbeit fertiggestellt. Die Klägerin ließ den Beklagten die Rechnungen vom 11. August 1902 zugehen, worin das aufgeschüttete Erdreich auf zusammen 27688 cbm angegeben war, und für die Aufschüttung einschließlich der dazu gelieferten Erdmassen, nach dem vereinbarten Satze von 75 Pf. für das cbm, insgesamt 20766 M. gefordert werden. Davon bezahlten die Beklagten im November 1902 nur 14350,50 M. Der Unterschiedsbetrag von 6415,50M. nebst 5% Zinsen seit dem 8. November 1904 wird mit der gegenwärtigen, im April 1905 erhobenen Klage gefordert. Die Beklagten stellten der Klage auch die Einrede der Verjährung entgegen. Das Landgericht gab dieser Einrede statt und wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz wurde die Verhandlung auf diese Einrede beschränkt. Die von der Klägerin eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen, ebenso die Revision aus folgenden Gründen: „Daß die Forderung, deren bestrittener Restbetrag den Gegenstand der Klage bildet, zu denjenigen Ansprüchen gehört, auf welche nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. die dort vorgeschriebene kurze Verjährung an sich Anwendung findet, ist von der Klägerin nicht bestritten und unterliegt auch keinem Bedenken. Die Klägerin ist und war zu der hier in Betracht kommenden Zeit unstreitig eine im Handelsregister eingetragene offene Handels-

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gesellschaft. Sie gehörte zu den „Kaufleuten", deren Ansprüche „fiir Lieferung von Waren" oder „Ausführung von Arbeiten" in § 196 erwähnt sind. Die streitige Forderung ist ferner eine solche „für Ausfuhrung von Arbeiten". Daran ändert der Umstand nichts, daß die Klägerin auch das zur Ausführung der Aufschüttungsarbeit erforderliche Erdreich geliefert hat; denn die Hauptsache, das den Charakter des Geschäfts Bestimmende, war die Arbeit, das Heranschaffen, Aufschütten, Veneilen und Ausgleichen der Bodenmassen. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob die Lieferung des Erdreichs, für sich allein betrachtet, ebenfalls unter § 196 („Lieferung von Waren") fallen würde. Die Lieferung des Erdreichs bildete nach dem Vertrage nicht eine selbständige Leistung, sondern ging als Teil der übernommenen Erhöhungsarbeit in dieser auf. Das ergibt sich deutlich aus dem Umstände, daß nicht gesondert ein Kaufpreis für das gelieferte Erdreich und eine Vergütung für die Arbeit, sondern eine einheitliche Vergütung für die Gesamtleistung vereinbart war. Bei der kurzen Verjährung handelt es sich nun allerdings gewöhnlich um Forderungen verhältnismäßig geringeren Betrages, und es mag deshalb auf den ersten Blick befremden, daß eine Forderung von über 20000 M., wie es die hier eingeklagte ursprünglich war, der kurzen Verjährung ausgesetzt sein soll. Das Gesetz macht aber die Anwendung des § 196 von dem Betrage des Anspruchs nicht abhängig. Das preußische Gesetz vom 31. März 1838 (G.S. S. 249), dem die §§ 196flg. BGB. nachgebildet sind, spricht in seinem Eingange aus, daß es auf der Erwägung beruhe, daß bei Forderungen, die entweder sogleich oder in kurzer Frist berichtigt zu werden pflegen, aus der langen Dauer der gewöhnlichen Verjährungsfristen eine Unsicherheit des Rechtes entstehen würde. Forderungen aus Geschäften der vorliegenden Art pflegen aber, auch wenn sie bedeutenden Betrages sind, nicht weniger als sonst die Forderungen im kaufmännischen Verkehre, in verhältnismäßig kurzer Frist berichtigt zu werden. In diesem Sinne ist eine Forderung der hier in Rede stehenden Art auch zu den Ansprüchen aus Geschäften des täglichen Verkehrs" zu rechnen, mit welcher Bezeichnung die Denkschrift zu dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuchs (S. 32 der bei J . Guttentag erschienenen Ausgabe) die im § 196 aufgeführten Ansprüche zusammenfaßt. Eine bedeutende Höhe kann die Forderung auch in solchen Fällen erreichen, in denen die Anwendbarkeit des § 196 von vornherein nicht dem geringsten Zweifel unterliegen kann: man denke an die Lieferung einer kostspieligen Wohnungseinrichtung durch den Möbelhändler. Aus dem Betrage der Klageforderung ist sonach ein Bedenken gegen die Anwendung des § 196 nicht herzuleiten. Ob es sich bei der Aufschüttungsarbeit um Herstellung eines „Werkes" (§631 BGB.) handelte, bedarf der Erörterung nicht, weil nach feststehender Rechtsprechung der Werkvertrag eine Ausnahme von der kurzen Verjährung nicht begründet (vgl. Urteil des Preußischen Obertribunals vom 14. März 1872, S t r i e t h o r s t , Arch. Bd. 84 S. 275; Urteile des Reichsgerichts vom 21.Mai 1885Jurist. Wochenschr. 1885 S.247Nr. 26,und vom 1. Märzl900,

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Jurist. Wochenschr. 1900 S. 306 Nr. 32, auch vom 2. Januar 1905, Rep. IV. 4 6 3 / 0 4 ) . Dagegen fällt der sog. „Entreprisevertrag" allerdings nicht unter die kurze Verjährung (vgl. außer dem angezogenen Urteile des Obertribunals auch Urteil des Reichsgerichts vom 29. Juni 1891, Entsch. in Zivils. Bd. 28 S. 232). Daß aber ein Vertrag dieser Art vorliege, behauptet die Klägerin selbst nicht. Die Aufschüttung gehörte nicht zu einem umfassenderen Vertrage, durch den die Klägerin etwa, als Generalunternehmer, die baureife Zurichtung und Herstellung des Geländes dergestalt übernommen hätte, daß sie zu diesem Behufe eine Reihe von Arbeiten und Lieferungen an andere, von i h r gedungene Gewerbetreibende zu vergeben gehabt hätte, diese verschiedenen, i h r zu gewährenden Leistungen aber durch ihre Tätigkeit in i h r e r Person zu einer Gesamtleistung verbunden worden und als solche von ihr den Beklagten geschuldet gewesen wären. Die Aufschüttung war vielmehr durch einen besonderen Vertrag als selbständige Einzelleistung von der Klägerin übernommen worden, wcnngleich ihr, durch andere Verträge, noch andere Arbeiten an demselben Gelände übertragen worden waren. Unter solchen Umständen kann von einem „Entreprisevertrage" nicht die Rede sein. Zu prüfen bleibt die Frage, ob die Forderung der Klägerin sich auf eine Leistung gründet, die „für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt" ist; denn in diesem Falle würde nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 nicht die zweijährige, sondern die (im Zeitpunkte der Klageerhebung noch nicht abgelaufene) vierjährige Verjährung Platz greifen. Die Instanzgerichte haben jene Frage verneint, weil ein Gewerbebetrieb der Beklagten überhaupt nicht vorhanden sei. Nur hiergegen ist der Revisionsangriff gerichtet, der jedoch fehlgeht. Die Revision meint, das Unternehmen der Beklagten, das sich dahin gerichtet habe, das ererbte Gelände aufzuschließen, um es demnächst parzellenweise mit Vorteil zu veräußern, trage alle Merkmale des Gewerbebetriebes an sich; die gegenteilige Annahme beruhe auf einer Verkennung des Wesens der sog. Terraingesellschaften, deren Tätigkeit auch keine andere sei, und bei denen doch das Vorhandensein des Gewerbebetriebes nicht bezweifelt werde. Der Auffassung der Revision kann nicht zugestimmt werden. Der Begriff des Gewerbebetriebes setzt, wie sich schon aus dem darin aufgenommenen Merkmale des „Betreibens" ergibt, bei der betreffenden Tätigkeit das D a u e r n d e , B e r u f s m ä ß i g e voraus ( G r i m m , Deutsches Wörterbuch S. 5482 unter b, Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 27 S. 260). Die Absicht muß nicht auf ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte gerichtet sein, sondern auf einen für die Dauer unternommenen Kreis von Geschäften als Ganzes, das als eine dauernde und berufsmäßig fließende Einnahmequelle dienen soll (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 3 8 S. 18). Freilich ist die „Dauer" selbst nicht ein in sich fest Bestimmtes (Absolutes), sondern etwas nur Verhältnismäßiges, durch Beziehung auf andere Verhältnisse oder Umstände Bestimmbares (Relatives). Keinesfalls aber kann von Miterben, die, um ihre Auseinandersetzung zu einem den Beteiligten möglichst günstigen Ergebnisse zu führen, eine zum Verkaufe bestimmte

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Sache aus der Erbschaft behufs Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises in zweckentsprechender Weise „instand setzen", wie der Berufungsrichter es ausdrückt, oder, wie im vorliegenden Falle vielleicht richtiger zu sagen ist, umgestalten lassen, ohne weiteres angenommen werden, daß sie sich damit eine berufsmäßige Einnahmequelle zu erschließen beabsichtigen. Auch den Anschauungen des Verkehrs würde eine solche Annahme nicht entsprechen. Ob der Verkauf der Sache im ganzen oder in Teilen beabsichtigt wird, macht dabei keinen Unterschied. Die Absicht erschöpft sich in der Herbeiführung der Versilberung und Teilung des Nachlasses oder des betreffenden Nachlaßteiles. Von einem berufsmäßigen Betriebe ist dabei nicht die Rede. Möglich ist selbstverständlich, daß im einzelnen Falle die Absicht der Erben nicht die hier dargelegte, für den vorliegenden Fall von den Instanzgerichten einwandsfrei festgestellte Richtung hat, sondern Haty'n geht, eine ererbte Sache zur Grundlage und zum Gegenstande eines gemeinschaftlichen Gewerbebetriebes in dem vorhin angegebenen Sinne zu machen. Um solches anzunehmen, bedarf es aber besonderer Umstände, die hier nicht vorliegen. Die Klägerin hat nichts angeführt, was eine solche Annahme begründen würde. Insbesondere hätte es keine Bedeutung, wenn die in der Berufungsinstanz vorgebrachte Behauptung der Klägerin richtig wäre, daß der Erblasser der Beklagten das Gelände zu Spekulationszwecken gekauft habe; denn auch ein einzelner Spekulationskauf zwingt an sich noch nicht zur Feststellung des Gewerbebetriebes, und es ist somit die Grundlage nicht vorhanden, auf der etwa eine Fortsetzung eines Gewerbebetriebes des Erblassers durch die Erben angenommen werden könnte. Auch der Vergleich mit den sog. „Terraingesellschaften" ist verfehlt. Die Terraingesellschaft wird, gleichviel in welcher Rechtsform, von vornherein zu Erwerbszwecken gegründet. Sie erwirbt ein Gelände zu dem von vornherein satzungsmäßig bestimmten Zwecke, es durch Weiterverkauf im ganzen oder in Parzellen mit Gewinn zu verwerten. Auch pflegt sie erfahrungsmäßig durch ihre Satzungen sich nicht auf ein oder mehrere bestimmte, bei der Gesellschaftsgründung in Aussicht genommene und bezeichnete Grundstücke zu beschränken, sondern sich Erwerb und Verwertung weiteren Grundbesitzes offen zu halten. Jedenfalls ist Wesen und Beruf der Terraingesellschaft und Zweck, wozu sie gegründet wird, der Grundstückshandel. Von alledem ist bei den Beklagten nicht die Rede. Sie bilden nicht eine zu Erwerbszwecken, insbesondere zum Grundstückshandel, gegründete Gesellschaft, sondern eine durch Erbfall eingetretene Gemeinschaft, deren Gegenstand nicht das hier in Rede stehende Gelände bildet, sondern die den Nachlaß als Ganzes ergreift. Auch ein Vergleich mit der Terraingesellschaft kann sonach das von der Revision behauptete Ergebnis nicht haben." . . .

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136 R G Z . 66, 365 f

1. Wird durch Einklagung eines Teiles eines Anspruches die Verjährung auch in Ansehung des Restanspruches dann unterbrochen, wenn zugleich der Anspruch in seinem ganzen Umfange begründet, und die Geltendmachung des Restes ausdrücklich vorbehalten wird, und wenn darauf diese Geltendmachung noch in demselben Prozesse mittels Klageerweiterung erfolgt? 2. Kann eine Teilklage der erwähnten Art deshalb zugleich als Feststellungsklage in Ansehung des Restanspruches angesehen werden, weil in die Klageschrift auch ein Antrag auf Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises wegen Ermittlung des Gesamtbetrages aufgenommen ist? 3. Wird die Verjährung auch durch Klageerhebung, bzw. in den Fällen des § 477 Abs. 2 und des § 639 Abs. 1 BGB. auch durch Stellung eines Antrages auf Beweissicherung bei einem unzuständigen Gericht unterbrochen? 4. . . . * ) 5. . . . * ) B G B . §§ 211, 212, 477 Abs. 2, 639 Abs. 1. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 10. Oktober 1907. I. Landgericht Dortmund. II. Oberlandesgericht Hamm. Gründe: „ E s handelt sich um Schadensersatz wegen mangelhafter Erfüllung eines unter der Herrschaft des preußischen Landrechts abgeschlossenen Werkvertrages, nämlich eines Bauvertrages., und zwar wegen schlechter Beschaffenheit der Materialien des Bauwerkes. Von den jetzt im ganzen geforderten 7500 M. hat die Klägerin in diesem Prozeß anfänglich nur 400 M. nebst Prozeßzinsen eingeklagt, die ihr auch gleich in erster Instanz zugesprochen worden sind; erst am 22. Februar 1906 hat sie ihren Klagantrag auf 7500 M. nebst Zinsen erweitert. Die 7100 M. sind ihr auf Grund des Einwandes der Verjährung abgesprochen worden, weil seit dem 1. Januar 1900 nach Art. 169 Einf.-Ges. zum BGB. der ganze Anspruch der fünfjährigen Verjährung des § 638 Abs. 1 BGB. unterlegen habe, und die fünf Jahre mit dem 31. Dezember 1904 abgelaufen gewesen seien, folglich der Antrag vom 22. Februar 1906 in dieser Beziehung keine Wirkung mehr habe ausüben können. Diese Begründung ist jedenfalls an sich rechtlich zutreffend, da, wie der erkennende Senat laut der Entsch. in Zivils. Bd. 57 S. 373flg. schon ausgeführt hat, nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die gerichtliche Geltendmachung eines T e i l e s eines Anspruches die Verjährung des übrigen Teiles mindestens in der Regel nicht unterbrochen wird. *) Geringere Bedeutung.

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Nun hat freilich die Klägerin sich darauf berufen, daß hier gerade der damals noch offen gelassene Fall vorliege, daß nämlich bei Gelegenheit der vor Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommenen Klagebegründimg schon der Anspruch in seinem g a n z e n Umfange dargelegt, und die Geltendmachung des Restes vorbehalten, und diese sodann noch in demselben Prozesse mittels Klagerweiterung nach § 268 Nr. 2 ZPO. erfolgt sei. Wenn indessen die Klägerin dafür, daß in einem solchen Falle die anfängliche Einklagung eines Teiles als Unterbrechung der Verjährung für den ganzen Anspruch wirke, auf die Ausführungen von R e h b e i n , BGB. Bd. 1, Bern. IV, 1, c zu §§ 194—225, S. 319, Bezug genommen hat, so trifft das insofern nicht einmal völlig zu, als R e h b e i n dort voraussetzt, daß bei dem Vorbehalte auch schon der Betrag des Gesamtanspruches beziffert worden wäre, was im vorliegenden Falle nicht geschehen war; aber überhaupt hat der Senat inzwischen im Urteil zur Sache Rep. VI. 276/06 (jetzt gedruckt in den Entsch. in Zivils. Bd. 65 S. 398flg.), auf dessen Gründe hier verwiesen werden kann, sich bereits gegen die R e h b e i n s c h e Ansicht . . . ausgesprochen. Nach preußischem Landrecht ließ sich auf Grund der §§ 570, 571 I. 9 eine abweichende Meinung wohl rechtfertigen; aber das Bürgerliche Gesetzbuch enthält eben keine solche Bestimmungen. Ohne Erfolg hat sich die Klägerin in der Revisionsverhandlung bemüht, darzulegen, daß diese Klage auf 400 M. zugleich als Feststellungsklage in betreff des ganzen Schadensersatzanspruches hätte aufgefaßt werden müssen, die nachher auch insoweit in eine Leistungsklage umgewandelt worden sei. Daß in die Klageschrift zugleich ein Antrag auf Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises wegen Ermittlung des Betrages aufgenommen war, ist hierfür, auch abgesehen davon, daß von dieser Tatsache laut der Tatbestände in der mündlichen,Verhandlung erster Instanz nichts vorgetragen worden ist, durchaus unerheblich, und auch die Klägerin selbst hat bei Formulierung ihres neuen Klagantrages gar nicht daran gedacht, von der Umwandlung einer angestellten Feststellungsklage zu sprechen, sondern einfach von einer Klagerweiterung geredet. Es bleibt aber noch die weitere Rechtsbehauptimg der Klägerin zu erörtern, daß eben durch den Antrag auf Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises die Verjährung in Ansehung des g a n z e n Anspruches unterbrochen worden sei. Allerdings wird nach § 639 Abs. 1 vgl. mit § 477 Abs. 2 BGB. die fünfjährige Verjährung des § 638 Abs. 1 durch einen solchen Antrag unterbrochen. Das Oberlandesgericht läßt nun dahingestellt, ob die Klägerin hier einen solchen Antrag in rechtswirksamer Weise angebracht hatte, wendet aber den in § 477 Abs. 2 in Bezug genommenen § 212 Abs. 1 BGB. entsprechend an, nach welchem im Falle der Zurücknahme der Klage die Unterbrechung als nicht erfolgt gilt; es findet nämlich eine Zurücknahme des Antrages darin, daß die Klägerin, während das Gericht auf denselben nichts verfügt habe, nach ihrer Klagerhebung niemals auf ihn zurückgekommen sei. Dieser Entscheidungsgrund ist von der Revisionsklägerin mit Recht angegriffen worden, da er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt-

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Welche Folgen das Nichtbetreiben einer bei Gericht angebrachten Sache für die Verjährungsunterbrechung hat, ist in § 211 Abs. 2 BGB. bestimmt, der nach § 477 Abs. 2 hier ebenfalls entsprechend anzuwenden ist. Danach würde hier mit der Stellung jenes Antrages eine neue fünfjährige Verjährung zu laufen angefangen haben, die noch lange nicht vollendet sein würde. Unmöglich kann in einem solchen Falle neben § 211 Abs. 2 je nach Belieben auch § 212 Abs. 1 angewandt werden. Das hängt damit zusammen, daß es eine s t i l l s c h w e i g e n d e Zurücknahme des Antrages auf Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises so wenig gibt, wie eine stillschweigende Zurücknahme der K l a g e . . . . RGZ. 72, 179 1. Zur Frage, ob Werkvertrag, Dienstvertrag oder Besorgung fremder Geschäfte vorliegt. 2. Bezieht sich die kurze Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB. nicht auf einzelne seltene, wirtschaftlich bedeutsame, sondern nur auf alltägliche, kleine gewerbsmäßige Geschäftsbesorgungen und Dienstleistungen? BGB. § 196 Abs. 1 Nr. 7. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 16. November 1909. I. Landgericht Dresden. II. Oberlandesgericht daselbst. Der Kläger klagte gegen die Beklagte auf Zahlung einer ihm von dem Schriftsteller v. P. abgetretenen Forderung von 5000 M. Dieser Anspruch wurde darauf gestützt, daß der frühere Fabrikbesitzer R. diese Summe dem Schriftsteller v. P. für die Umwandlung seines in Konkurs geratenen Fabrikunternehmens in eine Aktiengesellschaft zugesagt, und die Beklagte sich zu deren Zahlung verpflichtet habe. Alle Instanzen erkannten auf Abweisung der Klage. G r ü n d e des Revisionsurteils: „Der Berufungsrichter hat die Klage abgewiesen, weil er die von der Beklagten auf Grund der §§ 196 Abs. 1 Nr. 7 und 768 BGB. erhobene Verjährungseinrede für begründet erachtet. Der Berufungsrichter stellt zunächst fest, daß der Schriftsteller v.P. die Sanierung, Finanzierung, Gründung und Umwandlung von Geschäften und Gesellschaften gewerbsmäßig betrieben habe, als er es unternommen habe, das in Konkurs geratene Geschäft des Fabrikbesitzers R. in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Diese Feststellung ist von der Revision nicht angegriffen worden. Der Beruf ungsrichter führt weiter aus, die von P. durchgeführte Gründung des R.schen Fabrikunternehmens als Aktiengesellschaft habe zu diesem Gewerbebetriebe gehört. DieserPunkt ist ebenfalls von der Revision nicht angegriffen worden. Endlich legt der Berufungsrichter dar, daß jene Gründung nicht als eine Werkleistung,

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sondern als Besorgung fremder Geschäfte oder auch als Leistung von Diensten aufzufassen sei, da v. P. sich nicht irgendwie dafür haftbar gemacht habe, daß der Erfolg eintrete, sondern es nur übernommen habe, sich zu bemühen, eine Aktiengesellschaft ins Leben zu rufen, die die R.sche Fabrik fortführte. Die Revision wendet sich nicht gegen die in dieser Ausführung enthaltene tatsächliche Feststellung bezüglich dessen, wozu v. P. sich verpflichtet hat, sondern macht nur geltend, trotzdem sei seine Forderung als Werklohnforderung anzusehen, auf welche die Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 7 keine Anwendung finde; sollte die Tätigkeit des v. P. sich aber in Wirklichkeit als Besorgung fremder Geschäfte darstellen, so könne gleichwohl die Bestimmung des § 196 Abs. 1 Nr. 7 nicht Platz greifen, weil diese sich nur auf die alltäglichen, kleinen gewerbsmäßigen Besorgungen beziehe, nicht aber auf einzelne seltene, wirtschaftlich höchst bedeutsame und einschneidende Geschäfte, wie das hier vorliegende. Beide Angriffe sind nicht begründet. Das Charakteristische des Werkvertrages besteht, wenn es sich um ein immaterielles Werk handelt, darin, daß der Unternehmer sich zur H e r b e i f ü h r u n g des Erfolges (durch Arbeit oder Dienstleistung) v e r p f l i c h t e t . Der herbeizuführende Erfolg ist, wie § 631 Abs. 2 BGB. es ausdrückt, in solchem Falle der „Gegenstand" des Werkvertrages. An diesem Erfordernis des Werkvertrages fehlt es nach der unangefochtenen Feststellung des Berufungsrichters hier; daher kann die Tätigkeit des v. P. in der Tat nur so beurteilt werden, wie der Berufimgsrichter es getan hat. Die Bestimmung des § 675 BGB. vermag an dieser Auffassung nichts zu ändern. Was aber den Inhalt des § 196 Abs. 1 Nr. 7 angeht, so fehlt jeder Anhalt für die Unterscheidung, welche die Revision in diese Bestimmimg hineintragen will. Der Wortlaut enthält nichts davon; schon das muß ausschlaggebend sein. Außerdem läßt sich aber auch aus Grund und Zweck der Bestimmung die Ansicht der Revision nicht rechtfertigen. Es braucht in dieser Beziehung nur darauf verwiesen zu werden, daß unzweifelhaft die Forderungen der Mäkler unter jene Bestimmung fallen, und daß hierbei in vielen Fällen von kleinen Besorgungen nicht die Rede ist, sondern daß es sich auch hierbei um wirtschaftlich höchst bedeutende Geschäfte handeln kann. Die behauptete Seltenheit des Geschäftes kann ebensowenig in Betracht kommen. Die Gewerbsmäßigkeit der betreffenden Tätigkeit wird dadurch nicht ausgeschlossen, und wenn nach der Natur der betreffenden Geschäfte diese nicht alltäglich, sondern nur hin und wieder vorkommen, so ist nicht einzusehen, weshalb dies ein Grund sein sollte, die daraus entstandenen Forderungen in Ansehung der Verjährimg anders zu behandeln als Forderungen aus Geschäften, die häufiger vorkommen. Die Verjährungseinrede war daher begründet."

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140 RGZ. 73, 394

Welchen Einfluß hat die im Prozesse getroffene Vereinbarung, daß das Verfahren ruhen solle, auf die Verjährung des Klaganspruchs? Replik der Arglist gegenüber der Verjährungseinrede. BGB. §§ 202,211. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Freiburg.

Urt. v. 29. April 1910. II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

Der Beklagte erhob gegenüber dem Klaganspruche die Einrede der zweijährigen Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Er behauptete, die Verjährung sei im Laufe des Prozesses eingetreten, weil das Verfahren zufolge einer, im Hinblick auf einen gleichzeitig anhängig gewesenen ähnlichen Prozeß, getroffene Vereinbarung vom Mai 1903 bis zum November 1906 geruht habe. Das Landgericht und das Oberlandesgericht sahen die Einrede f ü r begründet an. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : „Der Revisionskläger rügt Verletzung des § 202 BGB. Er macht geltend, nach dem Inhalte der über den Stillstand des Prozesses getroffenen Vereinbarung habe er vor dem 23. Mai 1906 — dem Tage der rechtskräftigen Erledigung der Sache H. wider M. — seine Forderung nicht weiter beitreiben dürfen; der Beklagte sei daher solange berechtigt gewesen, die Leistung zu verweigern, und die Verjährung deshalb nach § 202 Abs. 1 a. a. O. gehemmt gewesen. Der Angriff ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat mit Recht die Anwendbarkeit der Vorschriften des § 202 verneint. Der Kläger hat in den Vorinstanzen nichts vorgetragen, woraus sich ergeben würde, daß über sein materielles Recht eine Vereinbarung in dem Sinne getroffen wurde, daß der Beklagte die Leistung einstweilen verweigern dürfe, daß also Stundung bewilligt worden sei. Vielmehr hat er in der Berufungsinstanz nur geltend gemacht, die den Stillstand des Prozesses behandelnden Vorschriften des § 211 Abs. 2 BGB. träfen deshalb nicht zu, weil die Parteien die A u s s e t z u n g des Verfahrens beschlossen, sich auf das Abwarten der rechtskräftigen Erledigung des Vorprozesses geeinigt und darum das Ruhenlassen erklärt hätten. Der Sache nach hat der Kläger damit selbst erklärt, daß der Prozeß durch eine Vereinbarung der Parteien (§ 251 ZPO.) in Stillstand geraten ist; eine „Aussetzung" des Verfahrens konnte von den Parteien überhaupt nicht vereinbart werden, sondern wäre durch Gerichtsbeschluß anzuordnen gewesen. Die Vereinbarung, daß das Verfahren ruhen solle, hatte aber als solche nur prozeßrechtliche Bedeutung und berührte nicht den materiellen Inhalt des Klaganspruchs, insbesondere nicht in der Richtung, daß der Kläger dem Beklagten ein Recht zur zeitweiligen Verweigerung der Leistung einräumte. Dazu wäre noch ein besonderer, auf eine Stundung gerichteter Parteiwille erforderlich gewesen, der vom Berufungsgericht aus-

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drücklich verneint worden ist. Die Ansicht des Oberlandesgerichts, daß die durch die Klagerhebung nach § 209 Abs. 2 BGB. unterbrochene Verjährung mit dem Stillstande des Prozesses auf Grund von § 211 Abs. 2 wieder zu laufen begonnen habe, ist deshalb nicht zu beanstanden. Dagegen ist das in diesem Zusammenhang Ausgeführte in einer anderen Beziehung nicht bedenkenfrei, ohne daß jedoch das Ergebnis unrichtig wäre. Das Berufungsgericht führt aus, nach dem Termine vom 11. März 1903 habe der Rechtsstreit auf u n b e s t i m m t e Zeit geruht; durch die in jenem Termine abgegebenen übereinstimmenden Erklärungen der Parteien, daß die Sache ruhen solle, sei der Prozeß infolge einer Vereinbarung in Stillstand geraten; der unerhebliche B e w e g g r u n d zu jener Erklärung liege in der Absicht, die rechtskräftige Erledigung des anderen Prozesses abzuwarten. Von dem Standpunkt aus, daß ein Ruhen auf unbestimmte Zeit vereinbart worden sei, nimmt der Berufungsrichter dann an, der Kläger sei nicht gehindert gewesen, den Beklagten schon vor Ablauf der vom 11. März 1903 zu berechnenden zweijährigen Verjährungsfrist zur weiteren Verhandlung zu laden. Demgegenüber wird zur Begründung der Revision mit Recht darauf hingewiesen, daß nach dem vom Kläger Vorgetragenen das Abwarten der Erledigung des anderen Prozesses nicht nur als ein Beweggrund in Betracht kommt. Nach dem Vorgetragenen haben sich vielmehr die Parteien g e e i n i g t , den Prozeß bis zur Erledigung der anderen Sache nicht zu betreiben. Danach wäre zwar kein Ruhen bis zu einem nach dem Kalender bestimmten Zeitpunkte, wohl aber ein Ruhen bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses und damit eine Bindung vereinbart worden, die es der einzelnen Partei nicht freiließ, zu einem beliebigen Zeitpunkte das Verfahren fortzusetzen. In dem Verhandlungstermine vom 11. März 1903 haben die Parteien nach dem Sitzungsprotokoll allerdings nur erklärt, daß das Verfahren ruhen solle und über die Dauer des Ruhens nichts angegeben. Allein maßgebend ist nicht die dem Gerichte gegenüber abgegebene Erklärung, sondern der Inhalt des Vereinbarten; zur Herbeiführung der Wirkungen der über das Ruhen getroffenen Abrede bedurfte es überhaupt nicht einer dem Gerichte gegenüber abgegebenen Erklärung. Daraus folgt indessen nicht, daß der Kläger durch die Vereinbarung gehindert gewesen wäre, durch rechtzeitige neue Ladung die Verjährung zu unterbrechen (§211 Abs. 2 Satz 2 BGB.), und daß, was aus einer solchen Verhinderung abgeleitet werden könnte, der Einrede der Verjährung die Gegeneinrede der Arglist entgegenstände. Denn sollte das Vereinbarte etwa dahin zu verstehen gewesen sein, daß die weitere Betreibung des Prozesses je nach der Erledigung des anderen Rechtsstreits auch über den Ablauf der Verjährungszeit verschoben werde, und daß dabei nicht die Notwendigkeit und folglich auch nicht die Befugnis des Klägers bestehe, durch eine rechtzeitige neue Ladung zu unterbrechen, so würde dieses eine Erstreckung der Verjährungszeit und damit eine nach § 225 BGB. unzulässige Erschwerung der Verjährung ergeben." . . .

142 RGZ. 74, 150 Kann das Weitervermieten einzelner Räume eines im ganzen gemieteten Hauses durch den Mieter an verschiedene Personen als ein Gewerbebetrieb im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB. angesehen werden ? BGB. § 196 Nr. 1 VII. Zivilsenat. Urt. v. 5. Juli 1910. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Die Klägerin hatte für H. auf dessen Grundstück einen Neubau aufgeführt. Noch während des Baues vermietete H. den Neubau im ganzen an den Beklagten, der die einzelnen Räume des Baues dann an verschiedene Geschäftsleute weitervermietete. Die Klägerin verlangte mit der Klage Vergütung für angeblich auf Bestellung des Beklagten von ihr zur Vollendung des Neubaues gelieferte Arbeiten und Materialien für Drahtputzwände u. dgl. Der Beklagte erhob den Einwand der Verjährung. Das Reichsgericht billigte die diesen Einwand verwerfende Entscheidung des Berufungsgerichts. Aus den G r ü n d e n : „Der Angriff der Revision, das Berufungsgericht verkenne den Begriff des Gewerbebetriebes im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB., ist verfehlt. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit in diesem Sinne setzt voraus, daß die Absicht nicht auf ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte gerichtet sein muß, sondern auf einen Kreis für die Dauer unternommener Geschäfte als Ganzes, das als eine dauernd und berufsmäßig fließende Einnahmequelle dienen soll (Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 38 S. 18, Bd. 66 S. 51). Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Falle zu. Die Absicht des Beklagten ging offenbar nicht bloß dahin, einzelne Weitervermietungen vorzunehmen, sondern die Benutzbarkeit des von ihm im ganzen gemieteten Hauses unter Verwendung seiner persönlichen Arbeitskraft durch Weitervermieten der einzelnen Räume zu einer dauernden, berufsmäßigen Einnahmequelle für sich zu machen. Nur zu diesem Zwecke hatte er sich die Möglichkeit des Gebrauchs des Hauses durch den mit H. geschlossenen Mietvertrag gesichert. Daß er die durch Weitervermieten zu erzielenden Mietzinsbeträge zu einer d a u e r n d e n Einnahmequelle machen wollte, ergibt sich schon daraus, daß er erhebliche Aufwendungen aus eigener Tasche für bauliche Veränderungen des gemieteten Hauses gemacht hat, die es zum lohnenden Weitervermieten seiner einzelnen Räume geeignet machen sollten. Der Berufungsrichter stellt überdies ausdrücklich fest, daß es sich bei dem Weitervermieten um eine dauernde, gleichartige, in der Absicht der Gewinnerzielung vorgenommene Tätigkeit handelte. Auch der gewöhnliche Sprachgebrauch bezeichnet eine derartige Tätigkeit als einen Gewerbebetrieb. Ob die vorstehenden Erwägungen auch dann überall zu-

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treffen, wenn sich der E i g e n t ü m e r eines Hauses oder mehrerer Häuser durch deren Vermieten eine dauernde Einnahmequelle schafft, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es sei aber bemerkt, daß auch in einem solchen Falle die Annahme eines Gewerbebetriebs nicht grundsätzlich ausgeschlossen erscheint." . . . RGZ. 74, 161 Sind unter Waren im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB. (Ansprüche „für Lieferung von Waren") auch Wertpapiere zu verstehen? BGB. § 196 Nr. 1. I. Zivilsenat. Urt. v. 28. September 1910. I. Landgericht Essen.

II. Oberlandesgericht Hamm.

Aus den G r ü n d e n : „Die Revision r ü g t . . . , daß der vom Beklagten vorgeschützte Einwand der Verjährung vom Oberlandesgerichte im Gegensatze zum Landgerichte als nicht durchgreifend erachtet wurde. Mit der im Dezember 1907 erhobenen Klage wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Umschreibung zweier von der Klägerin, einer Aktienbank, im März 1904 an ihn verkauften Kuxe der Gewerkschaft A. in das Gewerkenbuch zu bewirken. Das Landgericht hatte angenommen, daß es sich hier um den Anspruch eines Kaufmanns „für Lieferung von Waren" handle, der der Verjährungsbestimmimg des § 196 Nr. 1 BGB. unterliege. Es hat deshalb die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht faßt den Klaganspruch gleichfalls als einen Anspruch des Verkäufers auf Abnahme des Kaufgegenstandes auf. Es läßt aber dahingestellt, ob § 196 Nr. 1 BGB. unter den Ansprüchen für Lieferung von Waren außer dem Kaufpreisanspruche auch die Ansprüche auf Abnahme begreifen wolle. Es hält diese Gesetzesbestimmung schon deshalb für unanwendbar, weil Kuxe jedenfalls keine „Waren" im Sinne des § 196 Nr. 1 seien; sie seien Urkunden über Anteilsrechte an einem Bergwerke, keine Forderungen, keine Wertpapiere und insbesondere keine „Waren". Der Entscheidungsgrund des Oberlandesgerichts, daß Kuxe nicht als Waren im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB. aufgefaßt werden können, ist zutreffend und trägt die ausgesprochene Verwerfung des Verjährungseinwandes. Mit Recht hat das Oberlandesgericht angenommen, daß unter „Waren" nur bewegliche körperliche Gegenstände des Handelsverkehrs zu verstehen sind. Der Gesetzgeber kann gewisse technische Ausdrücke, deren er sich zur Bezeichnung bestimmter Begriffe bedient, nicht entbehren. Der Gesetzgeber des gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft getretenen neuen Handelsgesetzbuchs bezeichnet in § 1 Nr. 1 n u r die „beweglichen Sachen" als „Waren"; er stellt die Wertpapiere mit einem

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„oder" daneben und gibt damit zu erkennen, daß er die Wertpapiere nicht als Waren betrachtet (über den Begriff der Sache vgl. § 90 BGB.). Noch schärfer ist die Unterscheidung in § 381 HGB. hervorgehoben. Hier wird ausdrücklich erklärt, daß die im 2. Abschnitte des 3. Buches für den Kauf von Waren getroffenen Vorschriften auch für den Kauf von Wertpapieren gelten. Ebenso wird im Börsengesetze zwischen Geschäften in Waren und in Wertpapieren konsequent unterschieden. Der Gesetzgeber befindet sich auch bei dieser Unterscheidung durchaus im Einklänge mit dem allgemeinen Sprachgebrauche und mit der Auffassung des Verkehrs, der unter „Waren" bewegliche körperliche Sachen (individuelle oder Gattungssachen), nicht aber unbewegliche Sachen oder Forderungen oder Rechte oder Wertpapiere begreift. Es ist nicht anzunehmen, daß das Bürgerliche Gesetzbuch von der Ausdrucksweise des Handelsgesetzbuchs und von der hier in § 1 gegebenen Definition der Ware abweichen wollte. Für eine unterschiedliche Behandlung der Waren und anderer Gegenstände des Verkehrs hinsichtlich der Verjährung liegen auch gesetzgeberische Gründe vor. Sie bestehen insbesondere beim Verkaufe von Forderungen in der fortdauernden, nur der 30 jährigen Verjährung unterworfenen Haftung des Verkäufers für den Bestand des Rechtes und in der abweichenden Regelung der Gewährleistungspflicht des Verkäufers. Bei dieser Auslegung des § 196 Nr. 1 war es nicht notwendig, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob sich die Gesetzesbestimmung nur auf den Kaufpreisanspruch oder auch auf andere Ansprüche des Verkäufers, insbesondere den auf Abnahme, bezieht. Ebenso konnte die Frage dahingestellt bleiben, ob Kuxe als Wertpapiere aufzufassen sind, eine Frage, die der erkennende Senat im Gegensatze zu der oben erwähnten Darlegung des Oberlandesgerichts für das Gebiet des Börsengesetzes wiederholt bejaht hat (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 47 S. 106, Bd. 52 S. 180, Bd. 54 S. 351)." . . .

R G Z . 75, 286

1. Bedeutung des Fallenlassens oder der Einschränkung eines Klageantrages für die Verjährung des dann geltend gemachten Anspruchs. 2. . . .

BGB. §§211,212. ZPO. §§271 Abs. 1. VI. Zivilsenat. Urt. v. 9. Februar 1911. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Zivilprozeß".

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R G Z . 77, 324 1. Sind in dem Falle, wenn der Kläger von der ursprünglich erhobenen Feststellungsklage im Verlaufe des Prozesses zur Leistungsklage auf Zahlung von Renten übergegangen ist, bei der Wertbestimmung nach § 9 ZPO. Rückstände der Rente hinzuzurechnen ? 2. Sind in Hinsicht auf die Unterbrechung der Verjährung die Anbringung eines Armenrechtsgesuchs im anhängigen Prozesse und ein darauf vom Vorsitzenden des Gerichts erteilter Bescheid als Prozeßhandlungen im Sinne von § 211 Abs. 2 BGB. anzusehen? BGB. § 211 Abs. 2. VI. Zivilsenat. Urt. v. 2/Oktober 1911. I. Landgericht Leipzig.

II. Oberlandesgericht Dresden.

Der Kläger hatte wegen eines am 1. Mai 1903 infolge Verschuldens des Gutsbesitzers R. erlittenen Unfalls diesen mit einer, am 30. Juni 1903 zugestellten Klage auf Schadensersatz belangt. An die Stelle des inzwischen verstorbenen R. war dessen Witwe als Beklagte getreten. Der Kläger hatte zunächst Zahlung von 87,50 M. für Kurkosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten verlangt. Das Landgericht erkannte dem Klagantrage gemäß. Hiergegen wurde vom Beklagten Berufung eingelegt. Am 28. Januar 1905 wurde über das Vermögen des Klägers das Konkursverfahren eröffnet, und in der Folge wurde der Prozeß längere Zeit nicht fortgesetzt. Späterhin trug der Kläger im Wege der Anschlußberufung auf Verurteilung der jetzigen Beklagten zur Zahlung einer Rente an. Das Oberlandesgericht sprach dem Kläger eine Rente zu, und zwar für die Zeit vom 1. Mai 1903 bis zum Ende des Jahres 1939 jährlich 250 M., sodann bis 1944 jährlich 200 M., von da an bis 1954 jährlich noch 150 M. Die Revision der Beklagten ist für zulässig erklärt, aber als unbegründet zurückgewiesen worden, aus folgenden Gründen: „I. Es kam zunächst die Zulässigkeit der Revission mit Rücksicht auf § 546 ZPO. in Frage. Bei Anwendung der Vorschrift des § 9 ZPO. würde sich der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Rente, da im vorliegenden Falle (anders als in dem Falle der Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 36 S. 416) für die Anfangsjahre, und zwar auf die Dauer von 36 Jahren, die höhere Rente von 250 M. zugesprochen ist, also das Zwölfeinhalbfache dieses Jahresbetrages angesetzt werden darf, auf 3125 M. berechnen. Es handelt sich nun darum, ob zu dieser Summe Rückstände der Rente hinzuzurechnen sind, und ob solche etwa nur bis zum Zeitpunkte der ursprünglichen, auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klage (1. Mai 1903 bis 30. Juni 1903), oder aber bis zur Erhebung der Leistungsklage, die durch Zivils. Allgcm. Teil 4 10

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Verlesung des bezüglichen Antrags in der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 1909 erfolgt ist, in Ansatz kommen. Der Senat bat das letztere angenommen. Nach dem Beschlüsse der vereinigten Zivilsenate vom 28. September 1887 (Entsch. in Zivils. Bd. 19 S. 416flg.) sind bei der Wertbestimmung des Streitgegenstandes die Rückstände wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen dem Werte eines solchen Rechtes zuzurechnen, wenn sie zugleich mit dem Ansprüche auf die künftigen Bezüge zur Klage gestellt sind. Als Rückstände kommen dann freilich hierbei nur die bis zur Klagerhebung fällig gewordenen, nicht auch die erst nach der Klagerhebung fällig werdenden, im Laufe des Prozesses inzwischen tatsächlich erwachsenen Bezüge in Betracht (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 23 S. 359flg.). Aber als diejenige Klage, mit der das Recht auf wiederkehrende Leistungen geltend gemacht worden ist, kann im gegenwärtigen Falle nicht die anfangliche Feststellungsklage, sondern nur die spätere Leistungsklage angesehen werden. Bei einer Feststellungsklage wird, selbst wenn sie ein Recht auf wiederkehrende Leistungen — Renten — zum Gegenstand hat, in der Regel von „Rückständen" nicht die Rede sein können, mag auch die Vorschrift des § 9 ZPO. unter Umständen für die Wertbcrechnung auf solche Klagen entsprechende Anwendung leiden. Keinesfalls war mit dem hier anfanglich gestellten Klagantrag: „festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für allen etwaigen künftigen Schaden Ersatz zu leisten, der diesem noch (durch den Unfall) entstehen wird", bereits ein Anspruch auf Zahlung von Renten in dem Sinne geltend gemacht, daß auch nur für die Wertberechnung schon fällige und noch nicht fällige Leistungen in Frage gekommen wären. Hierbei ist es auch nicht von Bedeutung, daß nach der besonderen Bestimmung des § 209 Abs. 1 BGB. durch Erhebung der Feststellungsklage die Verjährung der auf das festzustellende Rechtsverhältnis gegründeten Einzelansprüche zugleich unterbrochen worden ist. „Zur Klage gestellt" wurde der Anspruch auf Rentenzahlung erst mit dem in der Berufungsinstanz auf dem Wege der Anschlußberufung gestellten Leistungsbegehren. Mit diesem wurde, obschon nach § 268 ZPO. zulässigerweise, doch gegenüber der bisherigen Feststellungsklage ein anderer Gegenstand, mindestens eine andere Rechtsschutzhandlung verlangt. Von da ab erst konnte es sich um Bezüge handeln, die zur Zeit der Klagerhebung bereits verfallen waren, und auf welche der Gesichtspunkt zutrifft, daß von dem im Gesetze (§ 9 ZPO., § 9a GKG.) an die Hand gegebenen festen Maßstabe für die Wertberechnung bei Rechten von unbestimmter Dauer die (eines solchen Schätzungsmodus nicht bedürfenden) jetzt schon genau bestimmten und fälligen Teilansprüche unberührt bleiben. In diesem Umfange sind dann aber die jetzt als lückständig eingeklagten Renten nicht durch den nach § 9 ZPO. ermittelten Wert der künftigen Bezüge mit abgegolten; sie sind vielmehr in Konsequenz des vom Reichsgericht aufgestellten und bisher festgehaltenen Grundsatzes (s. auch Entsch. in Zivils. Bd. 58 S. 294) als Gegen-

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stand eines besonderen Anspruches zu behandeln und selbständig in Rechnung zu bringen. Wenn sich dadurch der Streitwert — auch für die Gebühren — beträchtlich erhöht, so ist doch in jener Berechnungsweise nicht eine unbillig wirkende Besonderheit zu erblicken. Die Folge der mit dem Übergange von der Feststellungs- zur Leistungsklage verknüpften Veränderung in dem Streitobjekte (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 67 S. 82, Bd. 15 S. 407) muß sich die Gegenpartei gefallen lassen, gleichwie ähnliche Wirkungen einer sonst zulässigerweise vom Kläger vorgenommenen Erweiterung oder Änderung der Anträge. Die Rückstände belaufen sich auf 1562,50 M. II. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz die Einrede der Verjährung vorgeschützt; diese Einrede ist vom Berufungsgericht verworfen. Es kommen hierbei folgende Prozeßvorgänge in Betracht. Im Termin vom 27. Januar 1905 wurde vor dem Oberlandesgericht streitig verhandelt, und die Verhandlung auf den 24. Februar 1905 vertagt. Am 21. und 22. Februar 1905 wurde von beiden Teilen dem Gericht angezeigt, daß der Kläger in Konkurs verfallen sei. Im Termine vom 24. Februar 1905 ist niemand erschienen. Später, am 29. Januar 1906, ging beim Gericht ein von Rechtsanwalt Dr. M. im Auftrage des Klägers verfaßtes Gesuch (vom 27. Januar 1906) um Erteilung des Armenrechts für die Berufungsinstanz ein. Darauf ist der Kläger mit Bescheid des Vorsitzenden des II. Zivilsenates des Oberlandesgerichts vom 29. Januar veranlaßt worden, nach einigen Richtungen, namentlich im Hinblick auf § 1 Abs. 1 KO., § 850 Abs. 3 ZPO., Aufschluß zu geben und zur weiteren Begründung seines Armenrechtsgesuches die Ansprüche, die er jetzt geltend zu machen gedenke, näher darzulegen. Rechtsanwalt Dr. M. bat namens des Klägers mit Eingaben vom 9. und 24. Februar 1906 zunächst um Gewährung einer Frist zur weiteren Begründung des Annenrechtsgesuches, ersuchte dann aber mit Eingabe vom 3./5. März 1906, die Entschließung auf den Antrag bis auf weiteres auszusetzen. Von da ab ist bis zum Dezember 1908 in der Sache nichts geschehen. Erst auf Ladungen der Beklagten hin, die in Schriftsätzen des klägerischen Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz vom 18. Dezember 1908 und 8. Januar 1909, zugestellt am 23. Dezember 1908 und 12. Januar 1909, enthalten waren, ist am 21. Dezember 1908 und 8. Januar 1909 weiterer Termin auf den 17. Februar 1909 anberaumt, und in diesem Termin wieder verhandelt worden. Das Berufungsgericht fuhrt aus: ohne das Armenrechtsgesuch des Klägers vom 27. Januar 1906 und die hierauf bezüglichen weiteren Eingaben würde der Rechtsstreit in der Zeit vom 24. Februar 1905 bis in den Dezember 1908 hinein geruht haben und demnach die dreijährige Verjährung des § 852 Abs. 1 BGB. nach § 211 BGB. vollendet sein. Diesfalls würde die durch die Klagerhebung bewirkte Verjährungsunterbrechung nach Ablauf von drei Jahren seit der letzten, am 24. Februar 1905 vorgenommenen, Prozeßhandlung geendet haben. Falle dagegen die letzte Prozeßhandlung einer der Parteien, hier des Klägers, oder des Gerichts in die Zeit zwischen •10

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dem 29. Januar und 5. März 1906, so sei die Verjährung bis zum 23. D e zember 1908 bzw. 12. Januar 1909 nicht vollendet worden. Der Berufungsrichter erblickt nun in dem Gesuche des Klägers um Bewilligung des Armenrechts und den darauf bezüglichen weiteren Eingaben eine Prozeßhandlung im Sinne des § 2 1 1 BGB., eventuell in dem Beschlüsse des Gerichtsvorsitzenden vom 29. Januar 1906 eine Handlung des Gerichts im Sinne dieser Gesetzesvorschrift, wodurch also die mit der Klagerhebung bewirkte Unterbrechung der Verjährung gewahrt worden sei. Wollte man (wird schließlich bemerkt) übrigens auch annehmen, daß als letzte Prozeßhandlung im Sinne von § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB. die Berufungsverhandlung vom 24. Februar 1905 zu gelten hätte, so werde an dem Ergebnis nichts geändert. In diesem Falle hätte zwar im Februar 1905 eine neue Verjährung begonnen; allein es würde in dem fraglichen Aftnciiftxhtsgesuche ein „Betreiben des Prozesses" gemäß §211 Abs. 2 BGB. zu finden, und damit wiederum rechtzeitig eine Unterbrechung der Verjährung eingetreten sein. Die Revision wendet hiergegen ein, daß das vom Kläger am 29. Januar 1906 eingereichte Armenrechtsgesuch und ebenso der Beschluß des Senatspräsidenten vom gleichen Tage keine Prozeßhandlungen der Parteien oder des Gerichts seien, die nach § 211 Abs. 2 BGB. den wiedereingetretenen Lauf der Verjährimg unterbrechen könnten. Unter Prozeßhandlungen verstehe § 211 Abs. 2 eine solche, die dem Prozeßgegner gegenüber formell oder materiell zur Fortführung des Prozesses vorgenommen wird. Das sei aber bei dem Armenrechtsgesuch und bei dem Bescheide des Gerichtsvorsitzenden ausgeschlossen. Diese Handlungen seien der Beklagten überhaupt nicht bekannt geworden und hätten nur den Zweck gehabt, eine Befreiimg des Klägers von der Zahlung der Gerichts- und Anwaltsgebühren herbeizuführen. Der Beschluß des Präsidenten enthalte keine Verfügung des Gerichts, sondern lediglich eine Belehrung der Partei, sei ein Akt, der sich nur zwischen dem Gericht und dem Kläger abgespielt habe. Der Angriff ist nicht berechtigt; vielmehr war der Auffassung des Vorderrrichters, wenigstens im Ergebnisse, beizutreten. Prozeßhandlung im Sinne der Zivilprozeßordnung ist jede Handlung — Willensbetätigung — sowohl der Parteien als des Gerichts, die zur Begründung, Führung und Erledigung des Rechtsstreits dient und vom Prozeßgesetz in ihren Voraussetzungen und Wirkungen geregelt ist (vgl. G a u p p - S t e i n , CPO. Vorb. vor § 128 IV. 1 [10. Aufl. S. 358]; ähnlich H e l l w i g , Prozeßhandlung und Rechtsgeschäft S. 49). Allerdings wird von einem Teile der Rechtslehrer erfordert, daß die Handlung unmittelbar auf den Betrieb des Prozeßverfahrens gerichtet sein, ein „prozeßkonstitutiver Akt" sein müsse (vgl. W a l s m a n n , im Archiv für Zivilist. Praxis Bd. 102 S. 17, 18; R o s e n b e r g , Stellvertretung im Prozeß S. 63; dagegen vgl. aber G a u p p - S t e i n a. a. O. Anm. 36 und 42, sowie S c h m i d t , Zivilprozcßrccht 2. Aufl. § 51 S. 329). In dem Urteile des Reichsgerichts, VII. Zivilsenat vom 22. Dezember 1902 (Entsch. in Zivils. Bd. 56 S. 333flg.) ist gesagt, daß „nach dem in den älteren Gesetzen, der Rechtsprechung und der Literatur herrschenden

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Sprachgebrauch unter Prozeßhandlungen nur solche Handlungen zu verstehen seien, welche dem Betriebe des Verfahrens unmittelbar angehören — mögen sie nun dem Gerichte oder dem Gegner gegenüber vorgenommen sein —, namentlich diejenigen, welche die gerichtliche Entscheidung des Rechtsstreites herbeizuführen bestimmt sind". Indes handelte es sich in diesem, wie auch in dem in den Entsch. in Zivils. Bd. 19 S. 362 entschiedenen Falle um den Abschluß und die Beurkundung von Vergleichen, die Ermächtigung zu Prozeßhandlungen nach § 54 und § 81 (früher § 77) ZPO., um den Gegensatz von „eigentlichen" Prozeßhandlungen und den in Gestalt von Prozeßhandlungen vorkommenden Rechtsgeschäften. Gegen derartige Geschäfte und die Vertretungsmacht hierzu mag der Begriff der Prozeßhandlung enger abzugrenzen sein (s. auch Wach, Handbuch der CPO. § 58 V. S. 608flg.; Rechtspr. der Oberlandesgerichte Bd. 1 S. lflg.). Allein darauf kommt es hier nicht an. Ein von der Partei bei dem Prozeßgerichte angebrachtes Armenrechtsgesuch darf selbst vom Standpunkt jener engeren Begriffsbestimmung aus als eine Prozeßhandlung betrachtet werden und wird denn auch zumeist als eine solche mit aufgeführt (Rosenberg, a. a. O. S. 58, 62; Skonietzki, ZPO. zu § 81 Bern. 1 S. 210; S c h m i d t , a. a. O.). Das Armenrechtsgesuch ist ein Antrag an das Gericht. Es wird dadurch die richterliche Tätigkeit nach einer bestimmten Richtimg zum Zwecke des Prozeßbetriebes in Bewegung gesetzt, ein Gerichtsbeschluß veranlaßt. Jener Antrag und diese Entscheidimg sind in §§ 114flg. ZPO. nach Voraussetzungen und Wirkungen geregelt. Sie bezwecken und bewirken nicht allein vorläufige Befreiung von der Berichtigung der Gerichtsund Anwaltskosten, sondern namentlich — im Anwaltsprozesse — die Beiordnung eines Offizialanwaltes, der alsdann berufsmäßig zur Betreibung des Prozesses für die arme Partei verpflichtet ist. Der unvermögenden Partei wird im Anwaltsprozeß öfters gar kein anderes Mittel für das Betreiben des Prozesses zu Gebote stehen, als der Antrag auf Bewilligung des Armenrechtes. Es handelt sich dabei auch nicht um eine bloß wirtschaftliche Maßnahme zur Ermöglichung oder Förderung des Prozesses, wie etwa bei der Aufnahme von Darlehen zur Beschaffung der Kostenvorschüsse. Die Beziehung der fraglichen Handlung zu der Prozeßführung kann insofern auch als eine unmittelbare bezeichnet werden; daß mit ihr eigentliche ,.prozeßgestaltende" Akte noch nicht betätigt, sondern nur vorbereitet oder veranlaßt werden, schließt die Bedeutung als einer Prozeßhandlung im weiteren Sinne nicht aus. Im vorliegenden Falle hat der Kläger mit dem Armenrechtsgesuche vom 27. Januar 1906 gebeten, ihm insbesondere auch zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte einen beim Oberlandesgerichte zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, und erklärt, er beabsichtige das Verfahren fortzusetzen. (Es ist dann auch später, durch Gerichtsbeschluß vom 17. Februar 1909, dem Kläger das Armenrecht bewilligt worden; die Bestellung eines Armenanwalts unterblieb nur, weil der Kläger bereits einen Vertreter hatte.)

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Nun erscheint es, wie der Berufungsrichter ferner zutreffend darlegt, nicht gerechtfertigt, den Begriff der Prozeßhandlung für den in § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB. vorgesehenen Fall weiter einzuschränken. Dazu gibt weder der Wortlaut noch der Zweck der Gesetzesvorschrift Anlaß. Es war auch nicht erforderlich, daß eine Zustellung oder Mitteilung des Antrags an den Prozeßgegner erfolgte. Insoweit hat das Berufungsgericht mit Recht betont, daß es sich bei den im Gesetz erwähnten Prozeßhandlungen der Parteien oder des Gerichts nicht sowohl um Unterbrechung einer Verjährungsfrist, als vielmehr um die Erhaltung der durch die Klagerhebung bereits eingetretenen Unterbrechung handle, daß daher auch der Hinweis auf das vor der Klagerhebung eingereichte Armenrechtsgesuch, wodurch freilich eine Unterbrechimg der Verjährung nicht herbeigeführt würde, hinfällig sei. Weiterhin kann es auch nicht zweifelhaft sein, daß der Beschluß des Gerichtsvorsitzenden vom 29. Januar 1906 eine Prozeßhandlung des Gerichts im Sinne von § 211 Abs. 2 Satz 1 darstellt. Er enthält eine zwar nicht endgültige, aber vorläufige Entschließimg und eine Bescheidung des Antragstellers, zu welcher der Vorsitzende, wenn auch nicht auf Grund des vom Berufungsgericht angezogenen § 139, so doch nach §§ 118, 119 ZPO. behufs der Instruktion und Vorprüfung zunächst verpflichtet oder doch befugt war. Endlich handelte es sich auch nicht um rechtlich unwirksame Prozeßhandlungen. Zur Vornahme von Prozeßhandlungen, vornehmlich zur Stellung des (dem Anwaltszwange nicht unterliegenden) Antrags auf Bewilligung des Armenrechts, war der Kläger berechtigt, sofern der eingeklagte Anspruch nicht zur Konkursmasse gehörte. Allerdings kann es sich fragen, ob — wie der Vorderrichter in erster Linie annimmt — als „letzte" Prozeßhandlung im Sinne des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB. das Armenrechtsgesuch des Klägers, bzw. der vom Vorsitzenden hierauf erteilte Bescheid zu gelten habe. Nach § 174 Abs. 2 des I. Entwurfs zum BGB. sollte die Unterbrechung der Verjährung zufolge der Klagerhebung mit dem Zeitpunkt endigen, in welchem ein Stillstand des Prozesses eintritt. Um einen festeren Zeitpunkt für die Beendigimg der Unterbrechung zu gewinnen, ist von der II. Kommission die „letzte Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts" als maßgebend für die Beendigung der Unterbrechung bestimmt worden (vgl. Kommiss.-Protokolle zu § 174 S. 456; M u g d a n , Materialien Bd. 1 S. 790flg.). Hat man mit dem Berufungsrichter die bestehende Gesetzesvorschrift dahin aufzufassen, daß es zur Wahrung der durch die Klagerhebung eingetretenen Unterbrechung der Verjährung genügen soll, wenn in die für den rechtshängigen Anspruch geltende Verjährungsfrist (vorliegend von drei Jahren) Prozeßhandlungen einer Partei oder des Gerichts fallen, so ist diese Voraussetzung hier ohne weiteres erfüllt. Jene Auffassung würde dem Zwecke des Gesetzes (§211 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) genügen, auch dem Wortlaute der Vorschrift nicht zuwiderlaufen. In der Tat läßt sich in vielen Fällen erst rückwärts bestimmen, wann die letzte Parteihandlung erfolgt, und damit ein Stillstand des Prozesses, der die Unterbrechung der Verjährung beendigt hat, eingetreten ist.

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Anders mag sich dies verhalten, wenn sich der Eintritt des Stillstandes, Ruhens des Prozesses, wie in dem Falle des § 251 Abs. 2 ZPO., in einer bestimmten, gesetzlich festgesetzten Weise offenbart hat. Hier könnte die für die Beendigung der Unterbrechung maßgebende „letzte" Prozeßhandlung in dem hinter diesem Zeitpunkte zurückliegenden Verfahren zu suchen sein, oder als solche der erfolglose Aufruf der Sache von seiten des Gerichts in dem von den Parteien frustrierten Termine (vgl. Planck, BGB. zu § 211 Bern. 2 [3. Aufl. S. 356]; O e r t m a n n , BGB. §211 Bern. 2 [2. Aufl. S. 637]) zu gelten haben. Es käme in diesem Falle weiter darauf an, ob eine mit dieser letzten Prozeßhandlung bereits in Lauf gesetzte neue Verjährung nach Maßgabe von § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB. unterbrochen worden ist. Indes ist auch hierbei zu beachten, daß es sich im Grunde doch um Aufrechthaltung der durch die Klagerhebung eingetretenen Unterbrechung, um Beseitigung des Stillstandes handelt. Hierfür, für die neuerliche Verjährungsunterbrechung, hat das Gesetz nicht einen Rechtsakt der Art wie die in § 209 BGB. aufgeführten verlangt; es erfordert nur, daß eine der Parteien „den Prozeß weiter betreibt" (während allerdings eine Prozeßhandlung des Gerichts hier nicht ausreichen soll). Erforderlich ist also, daß eine Partei eine neue Prozeßhandlung vornimmt, die dazu bestimmt und geeignet ist, den stillstehenden Prozeß weiter in Gang zu setzen (vgl. v. S t a u d i n g e r , Komm, zu § 211 Bern. 6, 5./6. Aufl. S. 668). Solche Handlungen sind vornehmlich, aber keineswegs ausschließlich Ladungen, Zustellungen. Zur Aufstellung strengerer Anforderungen, wie der, daß durch die Handlung der Prozeß der Entscheidimg unmittelbar entgegengeführt werde (vgl. G o l d m a n n und L i l i e n t h a l , BGB. § 64 S.258 y undAnm.24), nötigt der Wortlaut des Gesetzes nicht; dessen Tendenz weist eher auf das Gegenteil hin. Gegenüber der besonderen Regelung in § 211 BGB. kann auch nicht die in § 251 Abs. 2 ZPO. vorgesehene Zustellung einer Ladimg als einziges Mittel, den Stillstand zu beendigen, gelten. Bei der vorstehend erörterten Bedeutung des Antrags auf Bewilligung des Armenrechts darf im gegenwärtigen Falle das vom Kläger gestellte Armenrechtsgesuch als Akt des Weiterbetreibens des Prozesses im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Bei dieser Sachlage kann schließlich davon abgesehen werden, zu erörtern, ob dem Kläger ein früheres Weiterbetreiben des, durch die Konkurseröffnung zwar hier wohl nicht gemäß § 240 ZPO. unterbrochenen, aber doch tatsächlich beeinflußten, Prozesses überhaupt möglich gewesen wäre, ob und wann von diesem Gesichtspunkt aus ein wirklicher Stillstand des Prozesses (vgl. G o l d m a n n - L i l i e n t h a l , a.a.O. S. 256 ß Anm. 19 bis 23) seit dem Termin vom 24. Februar 1905 eingetreten war." . . .

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1. Ist ein in Kenntnis der Verjährung formlos erklärter Verzicht auf die Wirkungen der Verjährung rechtsgültig? 2. Bedarf ein in Unkenntnis der Verjährung erfolgtes vertragsmäßiges Schuldanerkenntnis der Schriftform? B G B . §§ 208, 222. II. Zivilsenat. I. Landgericht Düsseldorf.

Urt. v. 2. Januar 1912. II. Oberlandesgericht daselbst.

Aus den G r ü n d e n : „ D a s Berufungsgericht ist rechtlich einwandfrei davon ausgegangen, daß nach dem Preuß. Allg. Landrechte, unter dessen Herrschaft die Verjährung im Jahre 1898 begann, die streitige Forderung aus dem sog. Bauentreprisevertrage erst in 30 Jahren verjährte, während nunmehr gemäß Art. 169 Abs. 2 Einf.Ges. zum B G B . und § 196 Nr. 1 B G B . die Dauer der Verjährungsfrist nur zwei Jahre beträgt. Zutreffend ist weiter erwogen, die Verjährung habe zwar nach § 208 B G B . durch das angeblich im Jahre 1901 erfolgte Schuldanerkenntnis unterbrochen werden können; jedoch habe sofort nach Beendigung der Unterbrechung gemäß § 217 B G B . eine neue Verjährung begonnen, die im Jahre 1903, also schon vor dem nach Behauptung der Klägerin erst im Jahre 1906 mündlich wiederholten Schuldanerkenntnis und Zahlungsversprechen, abgelaufen sei. Auch darin hat das Berufungsgericht recht, daß eine Unterbrechung der Verjährung infolge eines erst nach ihrer Vollendung erteilten Schuldanerkcnntnisses begrifflich ausgeschlossen ist. Vielmehr kann nach Ablauf der Verjährung nur noch ein Verzicht auf ihre Wirkungen oder ein vertragsmäßiges Schuldanerkenntnis im Sinne des § 222 B G B . in Frage kommen. Daß neben dem vertragsmäßigen Anerkenntnis ein einseitiger formloser Verzicht auf die Verjährung zulässig sei, ist im Bürgerlichen Gesetzbuche nicht ausdrücklich anerkannt und in der Rechtslchrc bestritten. Die Zulässigkeit kann jedoch einem begründeten Bedenken nicht unterliegen. Nach den Motiven zu § 182 des Entwurfs (§ 222 BGB.) bedurfte es eines besonderen Hinweises auf die Verzichtbarkeit nicht, weil die rechtliche Natur der Verjährungseinrede dies von selbst mit sich bringt, insofern nämlich, als in der bewußten und gewollten Nichtgeltendmachung der Einrede notwendig ein Verzicht auf die Verjährung zu finden ist (vgl. Motive Bd. 1 S. 342). Auch in der der Reichstagsvorlage beigegebenen Denkschrift (S. 56) wird ausdrücklich anerkannt, daß der einseitige Verzicht des Verpflichteten auf die Wirkimg der Verjährung dem Ansprüche wieder volle Kraft verleiht. Dem steht nicht entgegen, vielmehr spricht dafür, daß in der II. Kommission ein zu § 182 gestellter Antrag mit der Begründimg abgelehnt wurde, es gehe zu weit, mit dem Antrage in jedem dem Berechtigten gegenüber erklärten formlosen Anerkenntnisse der ver-

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jährten Forderung einen Verzicht auf die Verjährungseinrede zu erblicken. Der abgelehnte Antrag lautete ganz allgemein. „Als Verzicht auf diese Befugnis (d. h. die Befriedigung des Anspruchs zu verweigern) wird es angesehen, wenn der Verpflichtete den Anspruch befriedigt, sicherstellt oder dem Berechtigten gegenüber anerkennt; es macht dabei keinen Unterschied, ob der Verpflichtete die Vollendung der Verjährung gekannt hat oder nicht." Gegen die Fassung des Antrags wurde in der Kommission mit Recht geltend gemacht, sie enthalte insofern eine Fiktion, als sie einen Verzicht auf die Verjährungseinrede auch dann unterstelle, wenn der Schuldner die Leistung in Unkenntnis der Verjährung bewirke. Diese Fiktion werde besser vermieden (vgl. Protokolle Bd. 1 S. 232—236). Nach allgemeinen Grundsätzen setzt nämlich der Verzicht auf die Verjährungseinrede den Willen, zu verzichten, und damit in erster Linie die Kenntnis der eingetretenen Verjährung voraus. Gerade durch diese Voraussetzung unterscheidet sich der Verzicht auf die Verjährung wesentlich von dem vertragsmäßigen Schuldanerkenntnisse, das nach § 222 BGB. auch in Unkenntnis der Verjährung rechtswirksam erfolgen kann und die Wirkung erzeugt, daß selbst das in Unkenntnis der Verjährung Geleistete nicht zurückgefordert werden kann. Die Bestimmung des § 813 Abs. 1 BGB. beschränkt sich in diesem Sinne ausdrücklich. Um Rechtswirksamkeit in dem angegebenen Umfange zu erlangen, muß das Anerkenntnis allerdings vertragsmäßig sein. Durch dieses Erfordernis unterscheidet es sich von dem in § 208 BGB. vorgesehenen Schuldanerkenntnis, das eine Unterbrechung der Verjährung bewirkt, ohne daß es noch eines Anerkennungsvertrages oder auch nur einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung des Verpflichteten bedarf. Vielmehr genügt hierzu jede ausdrückliche oder stillschweigende dem Berechtigten gegenüber erfolgende Kundgebung, aus der die Überzeugung des Verpflichteten von dem Bestehen des Anspruchs erhellt (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 73 S. 132). Ob das vertragsmäßige Anerkenntnis im Sinne des § 222 der Schriftform bedarf, ist in der Rechtslehre bestritten. In Übereinstimmung mit einem Urteile des I. Zivilsenats vom 2. Februar 1910, Rep. I. 80/09, sowie mit der in der Rechtslehre vorherrschenden Meinung ist die Frage zu bejahen. Auf diesem Standpunkte steht denn auch das Berufungsgericht. In den §§ 781 und 782 BGB. ist für das Schuldanerkenntnis die schriftliche Form vorgeschrieben und eine Ausnahme hiervon, abgesehen von § 350 HGB., nur für die Fälle gemacht, in denen ein Schuldanerkenntnis auf Grund einer Abrechnung oder im Wege eines Vergleichs erteilt wird. An einer besonderen Bestimmung, welche nötig gewesen wäre, um eine Ausnahme auch für ein Schuldanerkenntnis im Falle der Verjährung zu rechtfertigen, fehlt es. Ebenso fehlt es an Gründen rechtspolitischer Natur, die den Gesetzgeber hätten bestimmen können, auch für den Fall der Verjährung eine Ausnahme zuzulassen. Im Gegenteil geht aus den Protokollen der II. Kommission, der die Vorschrift bezüglich des vertragsmäßigen An-

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erkenntnisses in § 222 ihre Entstehung verdankt, hervor, daß die Kommission in der Absicht, eine bedenkliche Abschwächung der Verjährungswirkung zu verhüten, unter dem vertragsmäßigen Anerkenntnisse „ein dem § 683 des Entwurfs (§ 781) entsprechendes" und nach diesem Paragraphen, der die Schriftform vorschrieb, „formalisiertes" Schuldanerkenntnis verstand. In den Protokollen heißt es a. a. O.: „Wenn geltend gemacht werde, daß der Unterschied zwischen einem konstitutiven abstrakten Schuldanerkenntnis und dem nur ein tatsächliches Zugeständnis des Bestehens der Forderung enthaltenden Anerkenntnis im Sinne des § 169 in der Praxis oft schwer durchführbar sein werde, so treffe dieser Einwand gegenüber dem nach § 683 formalisierten Schuldversprechen nicht zu." Von der nämlichen Auffassung ist der Verfasser der Denkschrift ausgegangen, in der S. 56 bei Erwähnung des vertragsmäßigen Anerkenntnisses des § 222 auf § 765 der Reichstagsvorlage verwiesen ist, der dem § 781 entspricht. Hiernach kann ein nach Vollendung der Verjährung bloß mündlich erteiltes Schuldanerkenntnis nur unter den Voraussetzungen des Verzichts, also der Kenntnis der Verjährung, oder in den erwähnten Ausnahmefallen rechtswirksam sein. Daß nun aber die Beklagte in Kenntnis der Verjährung oder auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs die Schuld anerkannt und Zahlung versprochen habe, war in den Vorinstanzen von der Klägerin nicht behauptet. Daher ist die Klage vom Berufimgsgerichte mit Recht wegen Verjährung abgewiesen worden. Schon aus den bisherigen Ausführungen folgt, daß das angeblich nach Vollendung der Verjährung bloß mündlich erteilte Schuldanerkenntnis und Zahlungsversprechen dem Revisionsangriffe, der Verjährungseinrede stehe die Replik der Arglist entgegen, nicht zur Stütze dienen kann. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist wiederholt entschieden, daß der Verjährungseinrede die Replik der Arglist nur unter besonderen Umständen, nämlich nur dann entgegengesetzt werden kann, wenn der Verpflichtete durch sein Verhalten dem Anspruchsberechtigten begründeten Anlaß gegeben hat, während der Verjährungszeit von der gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs abzusehen (vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 64 S. 220). Die Replik der Arglist muß im vorliegenden Falle um so mehr versagen, als der Mangel der gesetzlich vorgeschriebenen Form des angeblichen Schuldanerkenntnisses von Amts wegen berücksichtigt werden mußte."

RGZ. 78, 163 1. Bedarf das „vertragsmäßige Anerkenntnis" eines verjährten Anspruchs der Schriftform? 2. Bedarf die Umwandlung einer verjährten Schuld in eine Darlehnsschuld der Schriftform?

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BGB. §§ 222, 607, 781. III. Zivilsenat. Urt. v. 29. Dezember 1911. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". RGZ. 78, 275 Ist in der Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. unter dem „Gewerbebetrieb des Schuldners" nur der Gewerbebetrieb des Empfängers der gelieferten Waren usw. zu verstehen? BGB. § 196. VII. Zivilsenat. Urt. v. 5. Dezember 1911. I. Landgericht Magdeburg.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Durch Vertrag vom 31. März 1903 bestellten beide Beklagte bei der Klägerin die zur Einrichtung einer Molkerei erforderlichen Maschinen und Geräte. Mit der Klage verlangte die Klägeiin die Zahlung des Restes des Preises für die gelieferten Gegenstände. Die Beklagten erhoben u. a. den Einwand der Verjährung des Klaganspruchs. Das Landgericht gab der Klage gegen beide Beklagte statt. Gegenüber dem Beklagten H. wurde diese Entscheidung rechtskräftig. Der Beklagte P. legte Berufung ein, die zurückgewiesen wurde. Auf seine Revision wurde die Klage gegen den Beklagten P. abgewiesen, aus folgenden Gründen: „Für die Revisionsinstanz kommt lediglich die vom Beklagten P. erhobene Einwendimg der Verjährung in Betracht. Diese Einwendimg gründet der Beklagte auf die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB., wonach die Ansprüche der Kaufleute und Fabrikanten für Lieferung von Waren und Ausfuhrung von Arbeiten mit Einschluß der Auslagen in zwei Jahren verjähren, „es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt". Trifft der Ausnahmefall zu, so verjähren derartige Ansprüche nach der Vorschrift des § 196 Abs. 2 in vier Jahren. Der Berufimgsrichter stellt ohne Rechtsirrtum fest, daß für den Anspruch der Klägerin gegenüber den beiden Beklagten P. und H. die zweijährige Verjährungsfrist zurZeit der Klagezustellung bereits abgelaufen gewesen ist; er verwirft aber den Einwand der Verjährimg deshalb, weil der eingeklagte Anspruch eine für den Gewerbebetrieb des Beklagten H. erfolgte Leistung betreffe, also der vierjährigen Verjährung unterliege, diese jedoch, wie unstreitig ist, zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht vollendet gewesen ist. Im einzelnen begründet der Berufungsrichter diese Entscheidung wie folgt. Die Leistung der zur Einrichtung der Molkerei erworbenen Maschinen

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sei lediglich für den Gewerbebetrieb des Beklagten H. erfolgt, für dessen Rechnimg allein die Molkerei betrieben worden sei. Der Beklagte P. sei bei diesem Betriebe nicht beteiligt gewesen; er habe nur dem Beklagten H. das für die Einrichtung und den Betrieb der Molkerei erforderliche Geld vorgestreckt. Besteller der Maschinen sei ursprünglich nur H. gewesen. Weil aber die Klägerin befürchtet habe, ihre Forderung könnte gefährdet sein, wenn P. das H. zugesagte Geld nicht auszahlen sollte, habe sie die Mitunterschrift P.s unter dem Bestellungsvertrage erwirkt, so daß dieser und H. Gesamtschuldner des Preises geworden seien. Sei auch hiernach die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners P. nicht erfolgt, . . . so finde dennoch auch diesem gegenüber die vierjährige Verjährung des Abs. 2 Anwendung, nicht aber die zweijährige des Abs. 1, weil unter dem in Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten „Gewerbebetrieb des Schuldner" nur der Gewerbebetrieb des Empfängers verstanden werden könne, und die Leistung hier für den Gewerbebetrieb des Empfängers, nämlich H.s, erfolgt sei. Diese Auslegung des Abs. 1 ergebe sich als notwendig aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Deren Vorbild sei die Bestimmung in § 1 Nr. 1 des preuß. Gesetzes vom 31. März 1838 wegen Einführung kürzerer Verjährungsfristen gewesen, wonach von der zweijährigen Verjährung ausgenommen waren „solche Forderungen, welche in bezug auf den Gewerbebetrieb des Empfängers der Ware oder Arbeit entstanden sind". Entsprechend dieser Vorschrift habe die zweite Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch beschlossen, dem die zweijährige Verjährung regelnden § 156 des ersten Entwurfs, in dem eine Ausnahmevorschrift hinsichtlich der für den Gewerbebetrieb des Empfängers erfolgten Leistungen nicht enthalten war, die Vorschrift einzufügen, daß von der zweijährigen Verjährimg ausgeschlossen sein sollten die Ansprüche für Lieferungen, die für den Gewerbebetrieb „des Empfängers" erfolgt sind (Protokolle der II. Kommission Bd. 1 S. 202flg.). Erst die Redaktionskommission habe dann die Worte des „Empfängers" ersetzt durch die Worte „des Schuldners". Daß darin eine sachliche Änderung gefunden werden könne, dessen sei sich die zu einer solchen Änderung nicht befugte Redaktionskommission nicht bewußt gewesen. Es komme daher auch beim Vorhandensein mehrerer Schuldner für den Ausschluß der zweijährigen Verjährung nur darauf an, ob objektiv die Leistung für den Gewerbebetrieb des Empfängers erfolgt sei, wie sich dies auch aus der Vorschrift in Nr. 5 des § 196 Abs. 1 ergebe, wonach die zweijährige Verjährung ausgeschlossen sei, wenn die gelieferten Lose „zum Weitervertriebe geliefert" seien. Eine solche Auffassung des § 196 Abs. 1 entspreche auch dem der zweijährigen Verjährung zugrunde liegenden gesetzgeberischen Gedanken, daß die Geschäfte des täglichen Verkehrs in kurzer Zeit geregelt zu werden pflegten; denn bei den für den Gewerbebetrieb des Empfängers erfolgten Leistungen handele es sich in der Regel nicht um solche Geschäfte. Gegen diese Ausführungen des Berufungsrichtcrs müssen grundsätzliche Bedenken erhoben werden. Das Gesetz hat von seiner Verkündung

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ab als Entscheidungsnorm zu dienen nicht nur für Streitfälle, sondern auch und insbesondere für die friedliche Regelung der rechtlichen Beziehungen der Staatsbürger untereinander, denen die Ergebnisse der Vorarbeiten, die sogenannten Gesetzesmaterialien, regelmäßig nicht zugänglich sind. Ist hiernach eine Gesetzesvorschrift bei Berücksichtigung ihres Zusammenhanges mit den übrigen Vorschriften des Gesetzes und mit denen der andern in Betracht kommenden Gesetze nach Wortlaut und Sinn völlig klar und zweifellos, so bleibt für eine weitere Auslegung aus den Gesetzesmaterialien, die sich in Gegensatz zum Wonlaute und Sinne stellt, regelmäßig kein Raum. Erwägungen, die etwa bei den Vorarbeiten leitend gewesen sind, dürfen für die Anwendung des Gesetzes nicht maßgebend sein, wenn sie im Gesetze keinen Ausdruck gefunden haben. Hiernach überschreitet der Berufungsrichter die Grenze zulässiger Auslegung, wenn er annimmt, die Worte in § 196 Nr. 1 „für den Gewerbebetrieb des Schuldners" sollten nichts anderes bedeuten als „für den Gewerbebetrieb des Empfängers"; denn in der Rechtssprache haben die Ausdrücke „Empfänger einer Leistung" und „Schuldner" einen völlig verschiedenen Sinn. Unter dem nach Nr. 1 maßgebenden „Gewerbebetriebe des Schuldners" kann deshalb hier, wo es sich lediglich um die Schuld des Beklagten P. handelt, nur der Gewerbebetrieb dieses Beklagten, des Mitbestellers der Maschinen und Gesamtschuldners für den Preis, verstanden werden. Zu demselben Ergebnis gelangt man übrigens auch bei richtiger Benutzung der Entstehungsgeschichte des § 196, die vom Berufungsrichter zutreffend, wenn auch nicht erschöpfend, wiedergegeben ist. Es mag zugegeben werden, daß die zweite Kommission durch die der Nr. 1 des § 196 neu gegebene Fassung für den Ausschluß der zweijährigen Verjährungsfrist die Lieferung für den Gewerbebetrieb des Empfängers der Leistimg, nicht für den des Schuldners der Gegenleistung als maßgebend hat erklären wollen. Von Bedeutung kann jedoch jedenfalls nur die Meinung des Gesetzgebers selbst, also des Bundesrats in Verbindung mit dem Reichstage, sein, nicht die gesetzgeberische Absicht der Kommission, die lediglich ein Hilfsorgan des einen der beiden gesetzgebenden Faktoren, nämlich des Bundesrats, war. Diese Absicht der Kommission könnte nur dann wesentliche Bedeutung haben, wenn sich aus den weiteren Schicksalen des Entwurfs entnehmen ließe, daß auch der Bundesrat und der Reichstag die Auffassung der Kommission geteilt hätten. Die weitere Entstehungsgeschichte läßt jedoch auf das Gegenteil schließen. Denn nachdem die Redaktions-(Unter-) Kommission der zweiten Kommission, sei es auch unter Überschreitung ihrer Aufgabe, nur die Fassung, nicht den sachlichen Inhalt der Kommissionsbeschlüsse zu ändern, die Worte „Gewerbebetrieb des Empfängers" durch die Worte „Gewerbebetrieb des Schuldners" ersetzt hatte, ging lediglich diese neue Fassung in den nunmehr dem Bundesrate vorgelegten Entwurf II über, dessen § 163 Nr. 1 mit dem Wortlaute des § 196 Nr. 1 des Gesetzes selbst in dem entscheidenden Punkte, nämlich in den Worten „für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt" schon völlig überein-

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stimmte. Dasselbe trifft für den Entwurf III zu. Dem Bundesrate und dem Reichstage hat hiernach die in Betracht kommende Vorschrift nur in der Fassung des jetzigen § 196 Nr. 1 vorgelegen. Über die Bedeutung dieser Vorschrift ergeben die weiteren Verhandlungen nach der hier fraglichen Richtung nichts weiteres, und es findet sich auch sonst kein Anhaltspunkt dafür, daß auch nur einer dieser gesetzgebenden Faktoren, dem klaren Wortlaute der Entwürfe zuwider, der Meinung gewesen sei, unter dem Gewerbebetriebe des „Schuldners" solle der Gewerbebetrieb des „Empfängers" verstanden werden. Auch für die Anwendung des bestehenden Gesetzes muß hiernach die Ersetzung des Wortes „Schuldners" durch das Wort „Empfängers" ausscheiden. Dabei muß der Gesichtspunkt völlig außer Betracht bleiben, ob etwa der Gesetzgeber zweckmäßig gehandelt hätte, wenn er den Ausschluß der zweijährigen Verjährung vom Vorliegen einer Leistung für den Gewerbebetrieb des Empfangers abhängig gemacht hätte. Es kann zugegeben werden, daß möglicherweise der Gesetzgeber bei der Erhebung der Vorschrift des § 196 Nr. 1 zum Gesetze nur den regelmäßigen Fall ins Auge gefaßt hat, daß nur eine Person als Schuldner vorhanden und daß sie zugleich die ist, für deren Gewerbebetrieb die Leistung erfolgt ist. Das Gesetz ergibt aber nirgends zwingende Gründe dafür, daß die Anwendimg jener Vorschrift auszuschließen sei, wenn beim Vorhandensein mehrerer Schuldner, die, wie im vorliegenden Falle, Gesamtschuldner sind, die Leistung nur für den Gewerbebetrieb des einen von ihnen erfolgt ist. Daß sich bei einer Forderung, die gleichzeitig gegen mehrere Gesamtschuldner entstanden ist, das Schicksal des Anspruchs gegenüber den einzelnen Schuldnern verschieden gestaltet, hat rechtlich nichts Auffallendes. Insbesondere ist in § 425 Abs. 2 BGB. ausdrücklich vorgeschrieben, daß die Verjährung nur für und gegen den Gesamtschuldner wirkt, in dessen Person sie eintritt, außer wenn sich aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. Daß diese Ausnahme hier zutreffe, kann nicht anerkannt werden. Die Parteien hätten vereinbaren können, daß auch gegenüber dem Beklagten P., ebenso wie gegenüber dem Beklagten H., die vierjährige Verjährungsfrist eintreten solle. Eine solche Vereinbarung ist aber nicht behauptet, und es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob sie gegenüber der Vorschrift des § 225 BGB. rechtswirksam wäre, nach der die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht erschwert werden darf. Der vom Berufungsrichter hervorgehobene Umstand, daß sich der Beklagte P., wenn er Bürge des Schuldners H. geworden wäre, nur auf die vierjährige Verjährung berufen könnte, während er nach seiner Meinung als Hauptschuldner die zweijährige Verjährung vorschützen könne, erklärt sich dadurch, daß die Schuld des Gesamtschuldners H., für den sich P. verbürgt hätte, hinsichtlich der Verjährung eine anders geartete ist, als die vertraglich geschaffene Hauptschuld P.S. Ein Rechtsverstoß ist daher in der Annahme nicht zu finden, daß im ersteren Falle die Verpflichtung P.s in einem Punkte, nämlich der Verjährung, schwerer wäre als im anderen Falle.

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Auch in der Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 2 ist die zweijährige Verjährung davon abhängig gemacht, daß die Lieferung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse zur Verwendung im Haushalte „des Schuldners" erfolgt ist. Daß auch hier nicht der objektive Zweck der Leistung, nämlich der Umstand, daß sie für einen Gewerbebetrieb bestimmt ist, entscheidend sein, also unter dem „Schuldner" nicht der Empfänger der Leistung verstanden werden sollte, ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Danach war zwar noch in dem durch die Beschlüsse der Redaktionskommission festgestellten, dem Bundesrate vorgelegten zweiten Entwürfe die Nr. 2 des dem jetzigen § 196 entsprechenden § 163, abweichend von der Nr. 1, dahin gefaßt: „Mit dem Ablaufe von zwei Jahren verjähren die Ansprüche derjenigen, welche Land- und Forstwirtschaft betreiben, für die zur Verwendung im Haushalte gelieferten land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse." Der Bundesrat hat aber diese Fassung, offenbar um sie in Übereinstimmung mit Nr. 1 zu bringen, geändert und in § 191 des dem Reichstage vorgelegten Entwurfs dahin neu gefaßt, daß die bezeichneten Ansprüche in zwei Jahren verjähren, „sofern die Lieferung zur Verwendung im Haushalte des Schuldners erfolgt". In dieser Fassung ist die Vorschrift Gesetz geworden. § 196 Abs. 1 Nr. 5 ist zwar sowohl in den beiden Entwürfen als auch im Gesetze selbst dahin gefaßt, daß die zweijährige Verjährung eintritt für die Ansprüche derjenigen, welche Lotterielose vertreiben, aus dem Vertriebe der Lose, „es sei denn, daß die Lose zum Weitervertriebe geliefert werden", so daß also ein entscheidendes Gewicht nicht darauf gelegt ist, ob die Lose zum Weitervertriebe gerade dem Schuldner geliefert sind oder einer anderen Person. Hieraus kann aber für die Auslegung der im Wortlaute und in dem vorausgesetzten Tatbestande abweichenden Nr. 1 und Nr. 2 nichts entnommen werden. In den Erläuterungsbüchern zum Bürgerlichen Gesetzbuche ist die hier streitige Frage soweit ersichtlich nicht erörtert. Nur O e r t m a n n (BGB. von Gareis, 2. Aufl., § 196 zu Nr. 1 Anm. y y S. 609) bemerkt unter Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes ohne sonstige nähere Begründung, eine Leistimg für den Gewerbebetrieb des „Schuldners" sei nicht vorhanden, wenn jemand für den Betrieb eines Dritten im eigenen Namen ein Geschäft eingegangen sei. Dies Ergebnis stimmt mit dem hier gebilligten Standpunkte überein. Da hiernach die Einrede der zweijährigen Verjährung dem Klaganspruche mit Recht entgegengehalten wird, mußte der Revision stattgegeben und die Klage gegenüber dem Beklagten P. abgewiesen werden."

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160 R G Z . 85, 242

Zur Frage der Verjährung von Vertragsstrafen. Was ist in § 196 Abs. 1 Nr. 1 B G B . unter einem Ansprüche „für Lieferung von W a r e n " zu verstehen? B G B . § 196 Abs. 1 Nr. 1. II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 10. Juli 1914.

I. Landgericht Saargemünd.

II. Oberlandesgericht Colmar.

Die Klägerin hatte den Beklagten den Alleinverkauf ihres Bieres für einen bestimmten Bezirk auf mehrere Jahre übertragen. Für jedes Hektoliter Bier, das sie während der Vertragszeit aus einer anderen Brauerei zum Weiterverkaufe bezogen, sollten die Beklagten der Klägerin 20 M . als Vertragsstrafe zahlen. Der Geltendmachung des Anspruchs auf die Strafe begegneten die Beklagten neben sonstigen Einwendungen mit der Einrede der Verjährung. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : . . . „Aber auch die weiter vorgebrachte Einrede der Verjährung wurde ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen. Nach der vom ersten Richter gebilligten Meinung der Beklagten unterläge der geltend gemachte Anspruch nicht der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährung des § 195 BGB., sondern der vierjährigen Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 a. a. O., die zur Zeit der Erhebung der vorliegenden Klage allerdings abgelaufen gewesen wäre. Das Landgericht hat, um seine Auffassung zu begründen, zwei Gesichtspunkte angezogen. Unter Hinweis auf das Urteil des Reichsgerichts R G Z . Bd. 61 S. 390 nimmt es einmal an, daß die Vertragsstrafe sich als eine Ersatzleistung darstelle für den der Klägerin entgangenen Anspruch auf den Kaufpreis, und weiter ist es der Ansicht, daß auch die Vorschrift des § 224 B G B . Platz greife. Die Anwendung dieser Vorschrift ist jedoch ohne weiteres dadurch ausgeschlossen, daß ein Hauptanspruch, von dem der Anspruch auf die Vertragsstrafe als gleichzeitig verjährender Anspruch auf eine Nebenleistung abhängen könnte, überhaupt nicht vorhanden ist. Denn der Anspruch auf den Kaufpreis, den das Landgericht hier als Hauptanspruch im Auge hat, ist, soweit die Beklagten die Vertragsstrafe zu entrichten haben, gar nicht entstanden. Was sodann den Gesichtspunkt der Ersatzleistung betrifft, so hat dieser, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, auszuscheiden, weil die Strafe so bemessen war, daß sie das Interesse der Klägerin am Verkaufe der entsprechenden Menge von Bier weit überstieg. Das ergab sich aus dem Zwecke der Strafe. Sie sollte der Klägerin, wie diese geltend gemacht hat, nicht nur für das einzelne nicht verkaufte Hektoliter eine Entschädigung gewähren, sondern namentlich dazu dienen, den dem Beklagten zugewiesenen Bezirk der klägerischen Brauerei als Absatzgebiet zu erhalten.

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In Frage könnte danach nur noch kommen, ob die Verjährungsvorschrift des § 196 Nr. 1 nicht etwa unmittelbar anwendbar ist in dem Sinne, daß es sich bei dem Versprechen der Beklagten, nur Bier der Klägerin zu führen, und bei der zur Sicherung des Versprechens vereinbarten Strafe um einen Anspruch des Kaufmanns oder Fabrikanten „ f ü r Lieferung von Waren", hier der Klägerin für die Lieferung ihres Bieres, handelt. Allein auch das ist zu verneinen. Wenn auch anzuerkennen ist, daß die hier in Betracht kommenden Ansprüche des Kaufmanns oder Fabrikanten nicht notwendig solche auf einen Kaufpreis sein müssen, so bleibt doch immer erforderlich, daß die geschuldete Leistung sich als Äquivalent gerade für die Warenlieferung darstellt. Daran fehlt es aber im gegebenen Falle. Denn das Versprechen der Beklagten und die Vertragsstrafe stehen zwar in enger Beziehung zu einem Lieferungsverhältnisse, bilden aber nicht ein Äquivalent gerade für die Warenlieferungen, sondern sind allgemein ein Teil des auch sonstige Rechte und Pflichten umfassenden Vertragsverhältnisses der Parteien." RGZ. 86, 75 Voraussetzungen der kurzen Verjährung des Anspruchs auf Architektenhonorar. BGB. § 196 Nr. 7. VII. Zivilsenat. I. Landgericht Wiesbaden.

Urt. v. 1. Dezember 1914. II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Der Beklagte kaufte im Jahre 1909 ein in W. gelegenes Haus, nachdem er vorher mit dem Kläger wegen Umbaus des Hauses f ü r seine ärztlichen Zwecke in Verbindung getreten war. Der Umbau gelangte zur Ausführung. Der Kläger stellte das Bauprojekt auf, erwirkte die baupolizeiliche Genehmigung und Dispenserteilung und führte die Bauleitung. Als Honorar waren ihm 8 % der gesamten Bausumme versprochen. Er hat auf Zahlung eines Teilbetrags seiner Honorarforderung Klage erhoben. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und hinsichdich eines Teiles der Klageforderung u. a. die Einrede der Verjährung vorgeschützt. In erster Instanz wurde der Beklagte zur Zahlung verurteilt. Die von ihm eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil, soweit die Verjährungseinrede reicht, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an die Vorinstanz zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : „Die Gründe, aus denen der Berufungsrichter zur Zurückweisung der Verjährungseinrede des Beklagten gelangt ist, geben zu rechtlichen Bedenken Anlaß, soweit die Vorschrift in § 196 Nr. 7 BGB. in Frage Zivils. Allgcm. Teil 4 11

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kommt. Nach dieser Vorschrift verjähren in zwei Jahren die Ansprüche derjenigen, welche, ohne zu den in Nr. 1 bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen, mit Einschluß der Auslagen. Der Berufungsrichter hält diese Vorschrift im gegebenen Falle aus dem doppelten Grunde nicht für anwendbar, weil er das zwischen den Parteien zustande gekommene Vertragsverhältnis nicht als Dienstvertrag, sondern als Werkvertrag auffaßt und außerdem das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit nicht für gegeben hält. In beiden Richtungen sind aber die Ausführungen des Urteils zur Begründung des Standpunkts des Berufungsrichters unzureichend. Nach den vorliegenden Feststellungen hatte der Kläger, der ein akademisch gebildeter Architekt ist und die Errichtung von Bauten nicht selbst übernimmt, sondern lediglich den Bauplan aufstellt und die Bauausführung überwacht, im gegebenen Falle für den vom Beklagten beabsichtigten Erweiterungsbau die Aufstellung des Bauplans und die Bauleitung, letztere ohne die Vergebung der Arbeiten an die Bauhandwerker, übernommen. Die zur Bauleitung gehörige Tätigkeit des Klägers sieht der Berufungsrichter als Dienstleistung an, aber sie war nach seiner Ansicht nebensächlicher Art. Die Aufstellung des Bauplans dagegen, die sich nach seiner Meinung als die Hauptleistung darstellt und dem Vertragsverhältnis seinen eigentlichen Stempel aufdrückt, ist, so wird ausgeführt, den Regeln des Werkvertrags zu unterstellen und fallt deshalb nicht unter § 196 Nr. 7, da dieser auf Werkverträge regelmäßig keine Anwendung findet. Die Unterscheidung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag ist im wesentlichen danach zu treffen, ob nach dem Willen der Vertragschließenden ein bestimmter Erfolg oder die Arbeitstätigkeit selbst den Vertragsgegenstand bildet. Die Grenze ist der Natur der Sache nach im einzelnen Falle oft schwer zu ziehen, es bedarf dazu meist eines genauen Eingehens auf die Besonderheiten des betreffenden Vertrags. Das gilt ganz besonders vom Verhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Architekten. Der Begriff des Architekten ist dehnbar und steht keineswegs in der Verkehrsanschauung derart fest, daß man mit ihm als mit einem für alle Einzelfalle maßgebenden Begriffe rechnen kann. Die zwischen dem Bauherrn und dem bauleitenden Architekten abgeschlossenen Verträge haben erfahrungsgemäß einen sehr verschiedenartigen Inhalt. Demgegenüber erscheint es nicht als eine ausreichende und überzeugende Begründung, wenn der Berufungsrichter, wie geschehen, mit allgemeinen, nicht auf den gerade vorliegenden Fall zugeschnittenen, sondern die Stellung und Tätigkeit eines bauleitenden Architekten von der Art des Klägers überhaupt betreffenden Ausführungen darzutun versucht, daß die Aufstellung des Bauplans sich als Gegenstand eines Werkvertrags, nicht eines Dienstvertrags darstelle. Je nach den Umständen kann sie recht wohl auch den Gegenstand eines Dienstvertrags darstellen, sie ist auch in der'Rechtsprechimg der Gerichte vielfach so aufgefaßt worden (vgl.Silberschmidt in Gruchots Beitr. 1914 S. 343, 349;

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RGZ. Bd. 63 S. 312, 315, Bd. 81 S. 8; Seuff. Archiv Bd. 60 S. 350). Auch beim Dienstvertrage wird ein Erfolg erstrebt, zu dessen Erreichung eben die Dienstleistung bestimmt ist, und es ist, wenn es sich um die Ausarbeitung eines Bauplanes für die Errichtung eines Bauwerks handelt, dem Besteller selbstverständlich um die Gewinnung eines zweckentsprechenden, für die Ausführung des beabsichtigten Baues dienlichen Bauplans zu tun. Regelmäßig bildet aber in solchem Falle die Herstellung des Bauplans nur ein Glied in der Rette der auf den schließlichen Enderfolg, die Errichtung des Baues, gerichteten Handlungen. Selbständige Bedeutung kommt hierbei dem Bauplane nicht zu, sein Wert besteht eben nur darin, daß er der Ausführung des geplanten Baues zur Grundlage dient und sie ermöglicht. Dies trifft um so mehr zu, wenn, wie im vorliegenden Falle, der Architekt mit der Entwerfimg des Bauplans und zugleich mit der Leitung der Bauausführung betraut wird, seine Tätigkeit mithin fiir die Herbeiführung des erstrebten Enderfolges, eben der Herstellung des Bauwerks, einheitlich in Anspruch genommen wird. Es ist nicht anzuerkennen, daß die Anfertigung des Bauplans der Bauleitung gegenüber das die Art des Vertrags als eines Werkvertrags schlechthin Bestimmende ist. Der Plan bereitet die spätere Tätigkeit des Architekten vor; selbständige Bedeutung kommt ihm in diesem Falle — anders, wenn es sich lediglich um die Anfertigung des Planes handelt — nicht zu. Vielmehr ist die Bauleitung der eigentliche Gegenstand des Vertrags, wobei die Verteilung des Honorars nach der Hamburger Norm entscheidend ins Gewicht fällt. Daß es im vorliegenden Falle anders sei, wurde bislang vom Berufungsrichter nicht festgestellt. Einen typischen Architektenvertrag gibt es nicht. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit hält der Berufungsrichter um deswillen nicht für gegeben, weil nach seiner Meinung in der Hauptsache künstlerische Leistungen in Frage kommen. Was aber zur Begründimg dieser Anschauung weiter ausgeführt wird, besteht wiederum in Erwägungen ganz allgemeiner Art und ist nicht, wenigstens nicht in erkennbarer Weise, der besonderen Eigenart des vorliegenden Falles entnommen. Der Vorderrichter geht dabei von der Erwägung aus, die Auffassung des Verkehrs verlange vom Architekten vor allem die Betätigung künstlerischen Empfindens und bewerte danach seine Leistungen. Das ist nach der täglichen Erfahrung in dieser Allgemeinheit sicherlich nicht zutreffend. Die Aufgaben, die dem Architekten zufallen, sind überaus verschiedener An. Bei den gewöhnlichen Profanbauten, namentlich bei Wohnhäusern, pflegt auf den Gebrauchszweck das Hauptgewicht gelegt zu werden, während der künstlerischen Ausgestaltung, soweit sie überhaupt in Betracht kommt, erst an zweiter Stelle Bedeutimg beigemessen wird. Wie sich dies im vorliegenden Falle verhält, ist aus den Urteilsausfiihrungen nicht ersichtlich. Jedenfalls fehlt es für die Annahme, daß der Kläger, der doch in seinem Berufe zum Zwecke des Erwerbes tätig wird, gleichwohl seine Berufstätigkeit nicht gewerbsmäßig ausübe, an genügenden, die Eigenart gerade des klägerischen Geschäftsbetriebes berücksichtigenden Feststellungen. Dabei kommt noch wesentlich

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in Betracht, daß es sich gegenwärtig auch um die Bauleitung, und zwar, wie ausgeführt, nicht bloß nebensächlich handelt. Diese besteht aber in der Leistung von Diensten und in der Besorgung von Geschäften, die nicht oder nicht in erster Linie auf künstlerischem Gebiete liegen. Daß der Architekt grundsätzlich als Künstler nicht unter den Begriff des Gewerbetreibenden falle, kann nicht anerkannt werden. Dies führt in teilweiser Berücksichtigung des Rechtsmittels des Beklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Verjährungseinrede des Beklagten reicht." . . . RGZ. 86, 96 Unterliegt der Anspruch, dtl aus den Rechtsgründen der auftraglosen Geschäftsführung oder der ungerechtfertigten Bereicherung wegen Aufwendungen zur Beseitigung eines Schadens von einem Dritten gegen die Person erhoben wird, die für diesen Schaden dem Beschädigten aus unerlaubter Handlung ersatzpflichtig ist, der kurzen Verjährung des § 852 BGB. ? BGB. §§ 195, 196, 852. VI. Zivilsenat. Urt. v. 4. Januar 1915. I. Landgericht Hamm.

II. Oberlandesgericht Kassel.

Aus den G r ü n d e n : . . . „Die Revision hat endlich geltend gemacht, daß der Anspruch des Klägers, möge er auch auf die Rechtsgründe der auftraglosen Geschäftsführung oder der Bereicherung gestützt sein, dennoch nach § 852 BGB. für verjährt zu erachten sei, da der Anspruch aus der unerlaubten Handlung immerhin die Grundlage des Klaganspruchs bilde und durch den Beschädigten nicht innerhalb der Verjährungszeit verfolgt worden sei. Auch dieser Angriff muß versagen. Die Ansprüche aus auftragloser Geschäftsführung wie aus ungerechtfertigter Bereicherung sind selbständiger Natur und unterliegen ihrer selbständigen Verjährung, die die dreißigjährige des § 195 BGB. ist; dies gilt auch dann, wenn für das Geschäft, dessen Erledigung für den Geschäftsherrn die Geschäftsführung zum Gegenstande hatte oder die bereichernde Zuwendung begründete, eine kürzere Verjährung Platz greift (RGZ. Bd. 69 S. 429; Urt. vom 7. Mai 1912, Rep. III. 292/11). Rechtlich zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß eine Anwendung des § 852 BGB. nur insoweit in Frage kommen könnte, als die Aufwendungen des Klägers, deren Ersatz er verlangt, erst nach dem Ablaufe der Verjährung für den Schadensersatzanspruch des Beschädigten gegen den Beklagten gemacht wären. Denn dann befreite die Geschäftsführung oder die die Grundlage des Bereichcrungsanspruchs bildende Zuwendung den Schuldner nicht mehr von einer Schuld; diese war vielmehr erloschen. Es ist aber im gegebenen Falle unstreitig, daß, als der Kläger

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die Wiederherstellungsarbeiten an dem beschädigten Dome ausführte und damit die Schadensersatzleistungen, die der Beklagte aus der unerlaubten Handlung schuldete, seinerseits erfüllte, der Schadensersatzanspruch noch nicht verjährt war. Die Revision beruft sich für ihre Auffassung, daß der Anspruch des Klägers aus der Geschäftsführung und aus der Bereicherung nur geltend gemacht werden könne, wenn zur Zeit seiner Geltendmachung der Anspruch des Beschädigten aus der unerlaubten Handlung, den der Kläger befriedigt habe, noch zu Recht bestehe und nicht durch Verjährung erloschen sei, auf einen Aufsatz in Gruchots Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts Bd. 42 S. lflg. (Dr. Eugen J o s e f ) . Allein zu Unrecht. Durchaus zutreffend führt dieser Aufsatz aus, daß die kurze Verjährung von Ansprüchen, die durch Lieferung von Waren oder durch Arbeitsleistungen der in § 196 BGB. bezeichneten Art entstehen, auch dann Platz greifen muß, wenn der Anspruch wegen des Entgelts solcher Lieferungen oder Arbeitsleistungen auf Geschäftsführung oder auf Bereicherung gestützt wird (vgl. P l a n c k , Komm. z. BGB., 4. Aufl., Anm. 1 zu § 196 BGB., RGR. Komm, ebenda). Denn hier erzeugt erst die Geschäftsführung oder die bereichernde Zuwendimg zugleich den Anspruch aus jenen Leistungen, dessen kurze Verjährung aus § 196 eine vertragsmäßige Grundlage nicht voraussetzt; der Geschäftsführungs- oder Bereicherungsanspruch ist mit dem Anspruch auf Bezahlung der in § 196 BGB. bezeichneten Lieferungen oder Leistungen vereinigt. Anders ist es aber, wenn die Geschäftsführung oder die bereichernde Zuwendung in der Bezahlung einer Schuld des Geschäftsherrn besteht. Hier findet die Geschäftsführung oder Zuwendung eine bestehende Schuldverbindlichkeit vor. Sie schafft und erzeugt diese nicht erst gleichzeitig; sie bringt sie vielmehr durch Ersatzerfüllung zum Erlöschen. Nach der Wiederherstellungsleistung des Klägers bestand der Schadensersatzanspruch des Beschädigten gegen den Beklagten überhaupt nicht mehr; er war in den Geschäftsführungs- oder Bereicherungsanspruch umgewandelt worden. Für diesen neuen Anspruch kann eine andere Verjährung als die gewöhnliche des Anspruchs aus der Geschäftsführung oder Bereicherung nicht in Frage kommen, wie auch der von der Revision für ihre Ansicht angerufene Schriftsteller (a. a. O. S. 8) anerkennt." . . . R G Z . 86, 245 Wird die Verjährung durch Zustellung der Klage an einen nichtbevollmächtigten Vertreter des Beklagten unterbrochen, wenn der Beklagte dessen Prozeßführung nach Ablauf der Verjährungsfrist genehmigt? BGB. § 209. ZPO. § 89 Abs. 2. I I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 19. Februar 1915. I . Landgericht I Berlin.

I I . Kammergericht daselbst.

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Aus den Gründen: . . . „Dem Berufungsgerichte kann in seiner weiteren Ausführung nicht beigepflichtet werden, die dreijährige Verjährungsfrist des § 852, die nach seiner Ansicht am 5. Juni 1908 zu laufen begonnen hat, sei durch die am 3. Juni 1911 erfolgte Zustellung der Klage in dem vorliegenden Prozesse nicht unterbrochen worden, weil diese Zustellung nicht an die Beklagten selbst, sondern an den Justizrat Dr. C. geschehen sei und dieser erst am 16. Juni 1911 Vollmacht erhalten habe. Die Beklagten müßten allerdings gemäß § 89 Abs. 2 ZPO. die vor der Bevollmächtigung liegende Prozeßführung des C. gegen sich gelten lassen, aber diese rein prozessuale Vorschrift sei für die zivilrechtliche Frage der Unterbrechung und Vollendung der Verjährung bedeutungslos. § 209 BGB. knüpft die materiellrechtliche Folge der Unterbrechung der Verjährung an die Prozeßhandlung der Klagerhebung und überläßt die Entscheidung der Frage, ob eine rechtsgültige Erhebung der Klage vorliegt, völlig dem Prozeßrechte. Wenn also nach den Grundsätzen des Prozeßrechts eine Klage gültig erhoben ist, so tritt auch jene bürgerlichrechtliche Wirkung der Unterbrechung der Verjährung ein, und zwar ohne Unterschied, ob die Klagerhebung nach den Vorschriften des Zivilprozesses von vornherein wirksam war oder ob sie nachträglich mit rückwirkender Kraft Wirksamkeit erlangt hat. Diese Ansicht steht auch nicht etwa in einem — zur Anrufung der vereinigten Zivilsenate nötigenden—Widerspruche mit der von dem Berufungsgericht angezogenen Entscheidung des I. Zivilsenats RGZ. Bd. 14 S. 340 oder mit dem daselbst Bd. 45 S. 424 abgedruckten Urteile desselben Senats; denn bei beiden handelte es sich nicht um den § 209 BGB., sondern um das frühere Recht, und nicht um den § 89 Abs. 2, sondern um den § 295 ZPO. (vgl. anderseits zu § 89 Abs. 2, RGZ. Bd. 64 S. 217 und Jur. Wochenschr. 1915 S. 36). Demnach würde die Verjährung des Klaganspruchs durch die Klagezustellung vom 3. Juni 1911 unterbrochen sein, wenn sie wirklich erst am 5. Juni 1908 zu laufen begonnen hätte." . . . R G Z . 86, 366 Welchen Einfluß hat der Erlaß einer Forderung in einem später angefochtenen Vergleich auf den Lauf der Verjährungsfrist?

BGB. §§ 200, 202. VII. Zivilsenat. Urt. v. 20. April 1915. I. Landgericht Flensburg. II. Oberlandesgericht Kiel.

Der Ehemann der Klägerin war im kaufmännischen Geschäfte des Ehemanns der Beklagten gegen Gehalt und Tantieme angestellt. Er verstarb im Jahre 1908. Seine Erbin, die Klägerin, klagte im Juni 1910 gegen den Ehemann der Beklagten auf Vorlegung seiner Geschäftsbücher, soweit die

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Vorlegung zur Feststellung des Tantiemeanspruchs ihres Erblassers erforderlich sei. Diese Klage wurde abgewiesen, weil über die Tantiemeansprüche im März 1909 eine vergleichsmäßige Einigung erfolgt sei. Durch Schreiben vom 25. November 1911 focht die Klägerin den Vergleich wegen arglistiger Täuschung an. Mit der nun erhobenen Klage vom 14. Oktober 1912 verlangte sie vom Ehemanne der Beklagten und nach dessen Tode von der Beklagten noch Zahlung von 5000 M. Die Klage wurde vom Berufimgsgericht auf Grund des von der Beklagten geltend gemachten Verjährungseinwands abgewiesen. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen. Gründe: . . . „Das Berufungsgericht fuhrt aus, die Klägerin mache, den Vergleich vom März 1909 wegen arglistiger Täuschung anfechtend, einen ihrem verstorbenen Ehemann angeblich zustehenden weiteren Anspruch auf Tantieme geltend. Dieser Anspruch sei im Jahre 1908 entstanden und unterliege nach § 196 Nr. 8 BGB. der zweijährigen Verjährung. Die vorliegende Klage sei erst im Oktober 1912 erhoben worden und deshalb der Anspruch verjährt, wenn nicht die Verjährung durch die im Vorprozeß erhobene Klage vom 30. Juni 1910 unterbrochen oder durch den Vergleich vom März 1909 gehemmt sei. Beides sei zu verneinen. Die Revision erachtet diese Ausfuhrungen für nicht zutreffend und ficht sie als das materielle Recht und Prozeßvorschriften verletzend an. Den erhobenen Angriffen war der Erfolg zu versagen. 1. Die Revision greift zunächst die Annahme des Berufungsgerichts an, daß mit der Klage lediglich ein dem Erblasser der Klägerin aus dessen Anstellungsvertrag angeblich zustehender Anspruch auf Tantieme, aber kein Bereicherungsanspruch geltend gemacht sei. (Dieser Angriff wird mit der Begründung, daß allein die Vertragsklage erhoben sei, zurückgewiesen.) 2. Als Unterbrechungsgrund kommt allein die Klagerhebung im Vorprozeß in Betracht. (Daß Gegenstand der Vorklage auch schon die jetzt geltend gemachte Forderung sei, wird entgegen den Ausführungen der Revision verneint.) 3. Die Hemmung der Verjährung gemäß § 202 BGB. schließt der Vorderrichter aus, weil die Höhe der Tantiemeforderung vergleichsweise festgesetzt sei, einem darüber hinausgehenden Anspruch deshalb nicht eine Einrede im Sinne der angeführten Gesetzesstelle entgegengestanden habe. Der Vergleich habe den Beklagten oder dessen Erben nicht nur vorübergehend zur Verweigerung einer Mehrforderung berechtigt, sondern aus ihm sei der Einwand auf dauernde Verweigerung einer weiteren Zahlung herzuleiten. Die Klägerin — so fuhrt das angefochtene Urteil weiter aus — könne sich auch nicht darauf berufen, daß durch den wegen arglistiger Täuschung anfechtbaren Vergleich eine Hemmung der Verjährung bis zur Kenntnis des Anfechtungsgrundes oder bis zu seiner Geltendmachung oder sogar

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bis zur rechtskräftigen Beseitigung des angefochtenen Vergleichs eingetreten sei. Das sei nicht in Einklang zu bringen mit der Bestimmung des § 200 BGB., nach der die Verjährung mit dem Zeitpunkte beginne, von welchem an die Anfechtung zulässig sei. Eine mit dem Vergleichsabschluß eingetretene Hemmung der Verjährung würde danach in demselben Augenblicke wieder behoben sein, da die Anfechtung sofort mit dem Vergleichsabschlusse zulässig sei. Die Revision erachtet diese Ausführungen für rechtsirrtümlich. Nach ihrer Auffassung war die Forderung mit dem Abschlüsse des Vergleichs erloschen und blieb bis zur Anfechtung erloschen. Von der Anfechtung an habe Hann eine neue Verjährung begonnen. Die Verjährungsfrist sei danach von der am 25. November 1911 erklärten Anfechtung an zu berechnen. Die Anwendung des § 200 BGB. hält die Revision für bedenklich. Sei diese Gesetzesbestimmung aber anzuwenden, so sei das Ergebnis, daß die Verjährung zwar durch den Vergleich gehemmt oder unterbrochen werde, aber wegen dessen noch gar nicht bekannter Anfechtbarkeit sofort wieder zu laufen beginne oder weiter laufe, formalistisch und wenig befriedigend. Der Auffassung der Revision ist nicht zu folgen. In der Berufungsinstanz ist darüber, ob die Anfechtimg des Vergleichs Erfolg hat, eine Entscheidung nicht getroffen worden. Für die Revisionsinstanz ist deshalb zu unterstellen, daß die Anfechtimg durchdringt. Dann ist der Vergleich als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 BGB.), und die Klägerin ist durch ihn nicht gehindert, Ansprüche auf eine höhere als die vergleichsweise vereinbarte Tantieme zu erheben. Weil nun — so meint die Revision — die hier eingeklagten 5000 M. erst nach Beseitigung der im Vergleiche getroffenen Vereinbarung gefordert werden konnten, könne die Verjährung dieser Forderung auch erst mit der Anfechtung beginnen. Damit soll die nach §§ 194, 198 BGB. für den Beginn der Anspruchsverjährung entscheidende Entstehung des Anspruchs der Klägerin nicht in das Jahr 1908, sondern mit der Anfechtung zusammen in das Jahr 1911 fallen. Entscheidend ist aber nach der in der II. Kommission den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegebenen Fassung im Regelfalle für den Beginn der Verjährung schon der Zeitpunkt, in dem aus einem Schuldverhältnis, wie es hier in Betracht kommt, ein Gläubigerrecht überhaupt geltend gemacht werden kann. Das konnte aber bereits im Jahre 1908 nach Beendigung des mit dem 30. September ablaufenden Geschäftsjahres geschehen. Von der Regel des § 198 abweichende Bestimmungen sind in den §§ 199, 200 getroffen. Der § 199 behandelt die hier nicht in Betracht kommenden kündbaren Leistungen. Der § 200 Satz 1 läßt, wenn die Entstehung eines Anspruchs davon abhängt, daß der Berechtigte von einem ihm zustehenden Anfechtungsrechte Gebrauch macht, die Verjährung mit dem Zeitpunkte beginnen, von welchem an die Anfechtung zulässig ist. Diese Gesetzesbestimmung setzt voraus, daß dem Berechtigten ausschließlich infolge der Anfechtung ein ihm bisher nicht zustehender Anspruch

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erwächst. Das tritt ein, wenn ein Rechtsgeschäft, auf Grund dessen eine Leistung erfolgt ist, angefochten wird; es entsteht dann für den Anfechtenden ein Bereicherungsanspruch, den er ohne die Anfechtung nicht hatte. Um die Entstehung eines neuen Anspruchs aber handelt es sich hier bei der Anfechtung des Vergleichs nicht. Nicht einen neuen Anspruch auf die eingeklagte Tantieme konnte die Klägerin erwerben, sondern die Anfechtung beseitigte nur ein der Geltendmachung ihrer Forderung entgegenstehendes Hindernis, den Einwand der vergleichsmäßigen Befriedigung. Der § 200 BGB. findet danach auf eine Anfechtung der vorliegenden Art überhaupt keine Anwendung. In der Literatur ist allerdings auch die gegenteilige Ansicht vertreten. Der § 200 soll auch anzuwenden sein, wenn, wie hier durch den Vergleich, ein Anspruch beseitigt ist, der nun infolge der Anfechtung des ihn beseitigenden Rechtsgeschäfts wieder auflebt (vgl. RGRKomm. 2. Aufl. Anm. 1 zu § 200, O e r t m a n n , BGB. 2. Aufl. Anm. 2 zu § 200). Aber auch diese Auffassung kann zu keinem der Klägerin günstigeren Ergebnis führen. Denn darüber ist, soweit ersichtlich, kein Streit, daß die Anfechtung im Sinne des § 200 zulässig ist, sobald die objektiven Bedingungen der Anfechtbarkeit vorliegen, und daß es dabei auf den Zeitpunkt nicht ankommt, an dem der Berechtigte Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erlangt. Der Gesetzgeber hat gerade vermeiden wollen, daß sich der Fristablauf übermäßig lang hinzieht und, wenn die Anfechtimg erst kurz vor Ablauf von 30 Jahren erfolgt (§ 121 BGB.), dann noch weitere 30 Jahre ein Herausgabeanspruch besteht. Deshalb soll die Verjährung mit dem Abschlüsse des anfechtbaren Geschäfts beginnen. Das führt dann allerdings zu der im angefochtenen Urteile gezogenen Folgerung, daß, wenn die Verjährung durch den Abschluß des angefochtenen Geschäfts gehemmt gewesen ist, die Frist doch in demselben Augenblicke weiterläuft. Dies kann, wie in der Begründimg zu § 200 anerkannt ist, zu Härten führen. Aber damit rechtfertigt es sich noch nicht, wie dies der Kommentar von G o l d m a n n und L i l i e n t h a l (2. Aufl. Bd. 1 S. 248 Nr. 3) will, § 202 Abs. 1 und § 205 analog anzuwenden, so daß die Zeit, während welcher das anfechtbare Geschäft bestand, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird. Die Einreden des § 202 Abs. 1 sind solche, welche, ohne das Bestehen des Anspruchs selbst zu berühren, dem Verpflichteten nur vorübergehend das Recht zur Verweigerung der Leistung geben. Das trifft nicht zu auf Rechtsgeschäfte, die wie hier der Vergleich rechtliche Beziehungen der Parteien endgültig zu regeln bestimmt sind." . . .

R G Z . 86, 422 Unterliegen Ansprüche wegen der Fracht auch dann der Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 3 BGB., wenn der Frachtvertrag unter Großkaufleuten geschlossen wird und einen See-

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transport für den Gewerbebetrieb des Schuldners zum Gegenstände hat? BGB. § 196. I. Zivilsenat. Urt. v. 12. Juni 1915. I. Landgericht Düsseldorf, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Frachtvertrag über den Transport von 24000 cbm Rundweichholz von Galatz nach Rotterdam im Frühjahr 1910 zustande gekommen ist. Die Klägerin behauptet dies und hat als Frachtfuhrerin von dem Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung beansprucht. Mit der im Dezember 1911 beim Landgerichte Düsseldorf erhobenen Klage hat sie diesen Schaden bereits auf 5832 M. angegeben, hat aber zunächst nur einen Teilbetrag von 650 M. nebst Zinsen eingeklagt. Der erste Richter verurteilte den Beklagten nach diesem Klagantrage. Der Beklagte legte Berufung ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgerichte erweiterte die Klägerin den Klagantrag auf Zahlung von 5832 M. nebst Zinsen. Der Beklagte setzte dem erweiterten Klagantrag außer den früher vorgetragenen Einwendungen die Einrede der Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 3 BGB. entgegen. Das Oberlandesgericht wies den Klaganspruch, soweit er in der Berufungsinstanz erweitert wurde, also in Höhe von 5182 M. und Zinsen wegen Verjährung ab. Die Revision ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Die Revision meint, das Oberlandesgericht habe auf die Klageforderung mit Unrecht die Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 3 angewendet. Dort sei von den Ansprüchen der Frachtfuhrleute und Schiffer, der Lohnkutscher und Boten die Rede. Das deute auf kleine Verhältnisse hin. Der Frachtführer des Handelsgesetzbuchs, der als Vollkaufmann sein Gewerbe betreibe, falle mit seinen Ansprüchen wegen der Fracht nicht unter die bezeichneten Kategorien. Zu berücksichtigen sei auch, daß es sich hier um einen reinen Seetransport gehandelt habe. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von dem in RGZ. Bd. 61 S. 390 mitgeteilten. Bei Seetransporten rechtfertige schon die Schwierigkeit der Ermittelung des Sachverhalts den Ausschluß einer so kurzen Verjährungsfrist. Es sei auf den eingeklagten Anspruch die Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 anzuwenden, da beide Teile Kaufleute seien und der Transport für den Gewerbebetrieb des Beklagten habe erfolgen sollen. Die Bedenken der Revision sind nicht begründet. Daß der § 196 Abs. 1 Nr. 3 nicht nur kleine Verhältnisse und die Ansprüche kleiner Gewerbetreibender im Auge hat, ergibt die Zusammenstellung der dort genannten Ansprüche mit denen der Eisenbahnunternehmungen. Es ist auch kein Grund erkennbar, warum der Gesetzgeber den Frachtanspruch dieser

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Unternehmungen hinsichtlich der Verjährung anders behandeln sollte als den anderer Transportanstalten. In der von der Revision selbst angeführten Entscheidung des II. Zivilsenats vom 20. Oktober 1905, Rep. II 14/05 (RGZ. Bd. 61 S. 390) ist denn auch bereits ausgesprochen, daß die damals zur Verhandlung stehende Forderung einer Aktiengesellschaft gegen eine kaufmännische Firma wegen Fracht der Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 3 unterliege. Auch damals handelte es sich um einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Frachtvertrags. Das Reichsgericht hat ausgespiochen, daß dies ein Anspruch „wegen der Fracht" im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 3 sei. Von der Ansicht des II. Zivilsenats abzuweichen, liegt kein Grund vor. Die gesamte handelsrechtliche Literatur teilt seinen Standpunkt (vgl. die Kommentare zum Handelsgesetzbuche von Staub §439 Anm. 2, Düringer-Hachenburg §439 Anm. 2, LehmannRing § 439 Nr. 1, Makower § 436 IV c, Brand § 439 Anm. 2, Ritter § 439 Anm. 2). Daß es sich im vorliegenden Falle um einen reinen Seetransport, in dem erwähnten Urteile des II. Zivilsenats um einen Landund Seetransport handelt, kann eine abweichende Beurteilung nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber, der die kurzen Verjährungsfristen begünstigt (vg. § 225 BGB.), hat für die seerechtlichen Ansprüche grundsätzlich sogar eine nur einjährige Verjährungsfrist festgesetzt (vgl. § 901 HGB.). Abzulehnen ist auch die von Rosenmeyer (D. Jur.-Z. 1905 S. 598) vertretene Ansicht, daß nicht § 196 Abs. 1 Nr. 3, sondern § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 auf die in Frage stehenden Ansprüche Anwendung finde, wenn beide Teile Kaufleute seien und die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolge, eine Ansicht, der Oertmann, Kommentar z. BGB. § 196, 2c und Planck, Kommentar z. BGB. § 196 Anm. 4 gefolgt sind. Die Vorschrift des § 196 Nr. 3 trifft die besonderen Ansprüche; sie sind, soweit Ansprüche unter Kaufleuten in Frage stehen, aus der allgemeinen Vorschrift der Nr. 1 herausgehoben. Übrigens liegt auch hierzu bereits ein Ausspruch des Reichsgerichts in dem eben erwähnten Urteile des II. Zivilsenats vor; vgl. ferner Urteil des I. Zivilsenats vom 14. November 1906, Rep. I 165/06 (RGZ. Bd. 64 S. 287). Ihm hat sich auch die Mehrzahl der Kommentatoren angeschlossen (vgl. Staub a.a.O., Ritter a.a.O, Brand a.a.O., Staudinger, Kommentar zum BGB. § 196 zu Nr. 3)." RGZ. 87, 5a Kann die verzögerte Entscheidung über ein Armenrechtsgesuch unter Umständen gemäß § 203 Abs. 2 BGB. zu einer Hemmung der Verjährung führen?

BGB. § 203 Abs. 2. VI. Zivilsenat. Urt. v. 12. April 1915. I. Landgericht Gießen. II. Oberlandesgericht Dannstadt.

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Am 12. März 1910 fiel die damals noch minderjährige Klägerin in der L.straße zu Gr. über einen auf dem Fußsteige liegenden Steinhaufen und verletzte sich. Ihr Vater als ihr gesetzlicher Vertreter verklagte zunächst die Gemeinde Gr. auf Schadensersatz, weil sie den Unfall durch die Nichtbeleuchtung des Steinhaufens verschuldet habe, die Klage wurde aber vom Landgerichte Gießen abgewiesen. Mit der jetzt vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Kreis Fr. in Anspruch, weil er weder den Steinhaufen beleuchtet noch die Gemeinde Gr. von der Anfuhr der Steine in Kenntnis gesetzt habe. Sie ist aber in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg aus folgenden Gründen: „Der Beklagte hat der Klage neben anderen Einwendungen die Einrede der Verjährung entgegengestellt. In der ersten Instanz ist er mit ihr nicht durchgedrungen, weil angenommen wurde, die Klägerin habe aus tatsächlichen Gründen zunächst nicht erkennen können, daß ein schuldhaftes Verhalten des Kreises, bzw. seiner Beamten vorliege. Erst durch das landgerichtliche Urteil im Vorprozesse habe sie von den Gründen Kenntnis erhalten, durch die eine Haftung der Gemeinde ausgeschlossen wurde, insbesondere davon, daß der Kreis die Gemeinde nicht von der Anfuhr der Steine benachrichtigt habe; es könne daher der Beginn der Verjährung nicht vor den 6. Mai 1912 gelegt werden. Abweichend hiervon will das Berufungsgericht die Verjährung jedenfalls im August 1910 beginnen lassen. Es wird festgestellt, daß sich die Klägerin zunächst außergerichtlich an die Gemeinde Gr. wandte, von dieser aber im April 1910 abschlägig beschieden wurde. Dabei sei ihr der Inhalt eines Schreibens der Schweizerischen Versicherungsgesellschaft W. vom 5. April 1910 mitgeteilt worden, in dem es hieß, die Renovierungsarbeiten würden von dem Kreise vorgenommen, möglicherweise hätten dessen Beamte für Beleuchtung und Absperrung des Steinhaufens sorgen müssen, die Verletzte möge sich an den Kreis wenden. Der Bescheid der Gemeinde erging mit Kenntnis des Kreisamtes Fr., das als Aufsichtsbehörde unter dem 7. April 1910 der Gemeinde anheimgestellt hatte, die Klägerin nach dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft zu bedeuten. Wie femer festgestellt wird, fanden nunmehr weitere Verhandlungen zwischen dem Vertreter der Klägerin, dem Kreisamt und der Gemeinde wegen Leistung von Schadensersatz statt, die damit endeten, daß das Kreisamt unter dem 23. August 1910 der Klägerin eröffnete, nicht der Kreis, sondern die Gemeinde sei haftbar. Aus diesen Vorgängen schließt der Vorderrichter, daß der gesetzliche Vertreter der Klägerin schon im April 1910 erfahren habe, es handele sich um eine Kreisstraße und daß sonach der Kreis, der für seine Beamten einzustehen habe, als verantwortlich zu betrachten sei. Die Klägerin sei daher auch in der Lage gewesen, gegen den Kreis vorzugehen und habe hierzu jedenfalls Ende August 1910 nach der ausdrücklichen Ablehnung jeder Haftung alle Veranlassung gehabt. Die jetzige Klage sei erst im Oktober 1913, also nach vollendeter Verjährung

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erhoben worden. Zuzugeben sei, daß die Klägerin oder ihr gesetzlicher Vertreter darüber im Zweifel habe sein können, ob der Kreis oder die Gemeinde mit Aussicht auf Erfolg habe verklagt werden können; aber das sei unerheblich, es habe gegen beide geklagt werden müssen. Das Berufungsgericht stellt sodann noch fest, daß die Klägerin nach Zurücknahme ihrer Berufung im Vorprozesse schon im Januar 1913 um Zulassung zum Armenrecht für die Klage gegen den Kreis nachgesucht hat, daß hierauf das Landgericht unter Aktenabgabe mit dem Kreisamt in Verhandlung trat, dieses wiederum mit der Frankfurter Versicherungsaktiengesellschaft verhandelte und daß erst am 18. September 1913 die Bewilligung des Armenrechts stattfand. Es wird anerkannt, daß bei normalem Geschäftsgange die Klage rechtzeitig hätte erhoben werden können,hierauf komme es aber nicht an, und es brauche daher nicht geprüft zu werden, ob und wie sich die Verzögerung hätte vermeiden lassen. Schon diese letzteren Ausführungen geben zu Bedenken Anlaß. Nach § 852 BGB. verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Daß dieser Zeitpunkt mit dem Unfälle selbst zusammenfiele, nimmt der Vorderrichter nicht an, sondern er verlegt ihn in den August oder frühestens in den April 1910. Nun handelt es sich um einen Anspruch, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört. Mit Rücksicht auf § 78 ZPO. bedurfte daher die Klägerin zu seiner Verfolgung im Rechtswege der Tätigkeit eines bei dem zuständigen Landgerichte zugelassenen Rechtsanwalts. Da sie die Kosten eines solchen nicht tragen kann, hat sie den gesetzlich vorgesehenen Weg eingeschlagen und die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Armenrechte beantragt. Daß dies rechtzeitig geschah und daß die Klagerhebung vor April und noch mehr vor August 1913 möglich gewesen wäre, wenn die Erledigung des Armenrechtsgesuchs in der gewöhnlichen Zeit stattgefunden hätte, unterliegt keinem Zweifel. Bis zur Beiordnung eines Anwalts aber war die Klägerin an der Rechtsverfolgung verhindert. Es mußte daher geprüft werden, ob dieser Verhinderung rechtliche Bedeutung zukommt. Nach den jetzt vorliegenden Feststellungen ist das zugunsten der Klägerin anzunehmen. Aus § 203 Abs. 2 BGB. ergibt sich, daß die Verjährung gehemmt ist, wenn der Berechtigte in anderer Weise als durch Stillstand der Rechtspflege an der Rechtsverfolgung durch höhere Gewalt gehindert wird. Als höhere Gewalt ist freilich nicht jeder Zufall anzusprechen, vielmehr muß es sich um ein von außen her einwirkendes Ereignis handeln, das durch die äußerste, nach der Sachlage von dem Betroffenen vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden konnte (RGZ. Bd. 64 S. 405, Bd. 48 S. 412; Kom. von RGR., Anm. 2 zu § 203). Das Berufungsgericht sagt nun, daß sich die Entscheidung über das Armenrechtsgesuch verzögert habe, weil die an das Kreisamt abgegebenen Akten nicht vollständig zurückkamen. Nach der genaueren Darstellung im Urteile des Landgerichts wurden sie im März 1913 dem Kreisamt über-

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sandt und gelangten trotz mehrfacher Erinnerung erst mit einem Schreiben vom 27. August 1913 zurück, zugleich wurde mitgeteilt, es lasse sich nicht feststellen, wo sich die Akten befunden hätten. Das Fehlen dieser dem Landgerichte zu seiner Beschlußfassung nötigen Akten wie auch die geschäftliche Behandlung des Armenrechtsgesuches überhaupt stellt für die Klägerin ein von außen her eingreifendes Ereignis dar, das sie in keiner Weise vorauszusehen oder abzuwenden vermochte und das im gegebenen Falle als höhere Gewalt um so eher anzuerkennen ist, als irgendwelche geschäftliche Gewandtheit bei der in einfachen Verhältnissen lebenden Klägerin nicht vorausgesetzt werden kann. Diese Auffassung entspricht auch der Praxis des Reichsgerichts bei der Auslegung des § 233 ZPO., nach der ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigender unabwendbarer Zufäll dann angenommen wird, wenn ein rechtzeitig eingereichtes Armenrechtsgesuch ohne Verschulden des Antragstellers so spät beschieden wird, daß eine Wahrimg der Frist nicht möglich ist (Warneyer 1911 Nr. 115,449). Muß sonach angenommen werden, daß die Verjährung bis zur Zustellung des über die Bewilligung des Armenrechts ergangenen Beschlusses gehemmt war, so hat dies nach § 205 BGB. die Wirkung, daß der betreffende Zeitraum in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird. Dann war aber die Verjährung im Oktober 1913 bei Erhebung der vorliegenden Klage noch nicht vollendet. Das angefochtene Urteil war somit gemäß §§ 564, 559 ZPO. aufzuheben, ohne daß es einer Prüfung nach der Richtung bedarf, ob der Auffassung des Vorderrichters, die Verjährung habe mindestens Ende August 1910 begonnen, beizutreten sein würde." . . .

RGZ. 87, 281 Ist gegenüber der Verjährungseinrede die Gegeneinrede der allgemeinen Arglist zulässig? BGB. §§ 222. III. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 9. November 1915. I. Landgericht Königsberg. II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin und deren Rechtsvorgänger, ihr inzwischen verstorbener Ehemann, haben im Jahre 1893 der Militärverwaltung die Gebäude und Hofräume auf ihrem Grundstück in K. vermietet. Am 1. April 1912 ist nach Ablauf der Mietzeit die Rückgabe erfolgt. Die Klägerin erhob nunmehr wegen Nichterfüllung der Reparaturpflichten, die dem Beklagten nach ihrer Ansicht oblagen, Ersatzansprüche, erhielt aber auf ihr im April 1912 eingereichtes Gesuch erst im September 1913 und zwar in ablehnendem Sinne Bescheid. Sie glaubt, mindestens 4055 M. beanspruchen zu können und bat vorläufig 1000 M. eingeklagt.

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Der Beklagte hat widerklagweise die Feststellung beantragt, daß der Klägerin der Anspruch auf Zahlung von 4055 M. nicht zustehe. Das Landgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Das Oberlandesgericht erklärte auf die Berufung der Klägerin die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 62 S. 329, Bd. 66 S. 364) davon aus, daß die Ersatzansprüche der Klägerin, obschon sie aus der Nichterfüllung einer vertraglichen, nicht einer gesetzlichen Verpflichtung des Beklagten abgeleitet werden, unter die Verjährungsvorschrift des § 558 BGB. fallen. Es nimmt aber mit Recht an, daß der Verjährungseinwand des Beklagten durch die von der Klägerin erhobene Gegeneinrede der Arglist entkräftet wird. Die Klägerin hat auf Veranlassung der Beamten, welche am 1. April 1912 mit ihr verhandelten, am 24. April 1912 ein Entschädigungsgesuch verbunden mit einer Schadensberechnung bei der Garnisonverwaltung in K. eingereicht, darauf aber erst im September 1913, also nach Ablauf der Verjährungsfrist, Bescheid erhalten. Unter diesen Umständen war sie zu der Annahme berechtigt, daß die Militärverwaltung ihre Entschließung lediglich von den Ereignissen der sachlichen Prüfung des Gesuchs abhängig machen, auf die drohende Verjährung der Ansprüche sich aber nicht stützen wolle. Eine verzögerliche Behandlung der Angelegenheit durch die Behörden durfte sie für ausgeschlossen erachten. Sie konnte auch annehmen, daß die Garnisonverwaltung, wenn ihr die Zuständigkeit für die Entscheidung abging, das Gesuch an die zuständige Stelle weitergeben werde. Hat sonach die Militärverwaltung der Klägerin begründeten Anlaß zu der Annahme gegeben, daß es einer Unterbrechung der Verjährung nicht bedürfe, so kann sich der Beklagte des Verjährungseinwandes nicht bedienen, ohne sich der Einrede der allgemeinen Arglist auszusetzen. Es reicht zur Begründung dieser Einrede aus, daß eine Partei im Rechtsstreit eine Haltung einnimmt, die mit einem von ihr früher betätigten Verhalten nach dem Grundsatze von Treu und Glauben unvereinbar ist (RGZ. Bd. 71 S. 432, Bd. 76 S. 354, Bd. 78 S. 347; Warneyer Rechtspr. 1914 Nr. 326). Daß aber die Arglisteinrede, in diesem Sinne verstanden, auch zur Entkräftimg des Verjährungseinwandes geeignet ist, hat das Reichsgericht wiederholt anerkannt (RGZ. Bd. 57 S. 376, Bd. 78 S. 130; Seuff. Arch. Bd. 63 Nr. 128). Der II. Zivilsenat hat zwar in dem Urteile RGZ. Bd. 64 S. 220 eine abweichende Ansicht geäußert und der Gegeneinrede der Arglist die bezeichnete Wirkung nur unter der — im vorliegenden Falle nicht nachgewiesenen — Voraussetzung zugebilligt, daß der Schuldner die Unterbrechung der Verjährung arglistig verhindert habe. In der späteren Entscheidung Bd. 78 S. 130 hat sich jedoch der zweite Senat auf den hier eingenommenen Standpunkt gestellt, so daß zu einer Anrufung der ver-

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einigten Zivilsenate kein G r u n d vorliegt. Den Zwecken des Verjährungsinstituts läuft die Beschränkung, welcher der Verjährungseinwand nach dem Dargelegten unterliegt, nicht zuwider. Soweit das auf der Beweiserleichterung beruhende Interesse des S c h u l d n e r s an rechtzeitiger Klagerhebung in Frage kommt, widerspricht es dem Rechtsempfinden und kann es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, daß der Schuldner dieses Interesse auf Kosten der Gebote von T r e u und Glauben wahrt. Von diesem Gesichtspunkte der Billigkeit aus hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts in dem verwandten Falle der Versäumung einer vertraglichen Ausschlußfrist f ü r die Klagerhebung die Geltendmachung der Verwirkungsklausel durch den Schuldner f ü r unzulässig erklärt, wenn dieser durch sein Verhalten den Gläubiger von der Wahrung der Frist abgehalten hat (RGZ. Bd. 22 S. 201, insbesondere S. 205; Jur. Wochenschr, J908 S. 115 Nr. 16). Das bei der Verjährung mit in Frage kommende ö f f e n t l i c h e Interesse (zu vergl. § 225 BGB.) wird aber vom Gesetzgeber, wie § 853 BGB. beweist, hinter das ebenfalls das Gemeinwohl berührende Interesse an der Aufrechterhaltung von T r e u und Glauben im Rechtsverkehr zurückgestellt. Der § 853 enthält keine Ausnahmevorschrift, sondern ist eine besondere Anwendung des die Einrede der allgemeinen Arglist beherrschenden Rechtsgedankens."

R G Z . 8q, 163 Rechtfertigt das Auftreten als Kaufmann die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. ? BGB. § 196. VII. Z i v i l s e n a t .

U r t . v. 19. September 1916.

I. Landgericht Halle a. d. S.

II. Oberlandesgericht Naumburg.

Aus den G r ü n d e n : . . . „Unbestritten kommt der Kläger weder als Kaufmann im Sinne des § 1 noch, da ein Eintrag in das Handelsregister nicht stattgefunden hat, im Sinne des § 2 H G B . in Betracht. Die Beklagte versucht denn auch die Anwendbarkeit der N r . 1 des § 196 BGB. nur daraus herzuleiten, daß d e r Kläger tatsächlich ein nach § 2 H G B . eintragungspflichtiges Unternehmen nach kaufmännischer Art betrieben und somit im Rechtsverkehr wie ein Kaufmann aufgetreten sei, so daß er allgemein als solcher zu gelten habe. Allein dem Berufungsrichter ist darin beizutreten, daß es einen Rechtssatz, nach dem derjenige, der im Rechtsverkehr wie ein Kaufmann auftritt, lediglich wegen dieses seines Auftretens ganz allgemein als Kaufmann zu gelten habe, n i c h t gibt. Schon die Vorschrift des § 2 HGB., nach der erst n a c h erfolgtem Eintrag der Firma in das Handelsregister das betreffende Unternehmen als Handelsgewerbe im Sinne des Gesetzes und damit dessen

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Inhaber als Kaufmann zu gelten hat, spricht gegen das Bestehen eines solchen Rechtssatzes. In einem Falle wie dem vorliegenden, in dem überhaupt irgendein Eintrag in das Handelsregister nicht in Frage steht, wird es allerdings zum Schutze des redlichen Verkehrs gerechtfertigt sein, in Anwendung der in den §§ 157 und 242 BGB. ausgesprochenen Rechtsgrundsätze denjenigen, der, sei es allgemein im Rechtsverkehr oder sei es einer bestimmten anderen Person gegenüber, wahrheitswidrig sich als Kaufmann ausgegeben hat, zugunsten seines Vertragsgenossen als Kaufmann zu behandeln. Insoweit als der gutgläubige Vertragsgenosse nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte infolge des Auftretens des Scheinkaufmanns zu der Annahme berechtigt erscheint, daß des letzteren ausdrücklicher oder stillschweigender Willenserklärung eine bestimmte Bedeutung, ein bestimmter Inhalt zukommt, erfordert es die Sicherheit des Verkehrs, daß die Erklärung gleich wie die eines Kaufmanns zu beurteilen ist. Soweit es sich jedoch nicht um den Schutz des redlichen Verkehrs in diesem Sinne handelt, insbesondere insoweit die Anwendbarkeit der verschiedenen die V e r j ä h r u n g betreffenden gesetzlichen Vorschriften in Frage kommt, fehlt es an jedem Rechtsgrunde dafür, den im Handelsregister nicht eingetragenen Nichtkaufmann lediglich deshalb den für Kaufleute gegebenen Verjährungsvorschriften zu unterwerfen, weil er als Kaufmann aufgetreten ist." . . . R G Z . 90, 83 In welchem Zeitpunkte entsteht gemäß § 198 BGB. der Rückgriffsanspruch einer Partei gegen ihren Rechtsanwalt, der darauf gestützt ist, daß dieser eine Forderung der Partei gegen einen Dritten hat verjähren lassen? BGB. §§ 198, 249d. Rechtsanwaltsordnung § 32a.*) I I I . Zivilsenat. Urt. v. 23. März 1917. I. Landgericht Guben.

II. Kammergericht Berlin.

Der Kläger, ein früherer Gerichtsvollzieher, der am 24. April 1907 von dem bei dem Tiefbauunternehmer B. angestellten Buchhalter E. mit dem Rade überfahren und auf den 1. Mai 1908 pensioniert worden ist, hat in einem Vorprozesse seine Schadensersatzansprüche aus dem Unfall gegen die beiden genannten Personen geltend gemacht, und zwar mit der Klage zunächst wegen seiner Auslagen und seines Erwerbsverlustes bis zur Pensionierung in Höhe von 2105,07 M., sodann nach Rechtskraft der ihm günstigen Entscheidung über den Grund des Anspruchs am 30. November 1910 unter Erweiterung des Klagantrags in Höhe des Schmerzensgeldes von 2000 M. und des Einkommenausfalls seit seiner Pensionierung. Während ihm der ursprüngliche Klaganspruch zuerkannt wurde, ist der erweiterte Anspruch rechtskräftig wegen Verjährung abgewiesen worden. *) Vgl. auch R G Z . 1 5 3 , 101 (abgedruckt unter ,,Zivilprozeßct). Zivils. Allgem. Teil 4

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Allgemeiner Teil

Im gegenwärtigen Verfahren verlangte er vom Beklagten, der ihn im Vorprozeß als landgerichtlicher Prozeßbevollmächtigter vertreten hatte, Schadensersatz wegen verspäteter Einklagung der abgewiesenen Ansprüche. Das Landgericht wies die Klage wegen der auch hier erhobenen Verjährungseinrede ab. Das Berufungsgericht erachtete diese Einrede nicht für begründet und erklärte den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Der gegen den Beklagten als den früheren Prozeßbevollmächtigten des Klägers erhobene Rückgriffsanspruch ist verjährt. Er ist darauf gestützt, daß der Beklagte in Verletzung seiner Anwaltspflichten die dem Kläger aus einem Unfall gegenüber Dritten erwachsenen Schadensansprüche nicht rechtzeitig im Vorprozeß eingeklagt und so die Verjährung dieser Ansprüche nicht verhindert habe. Gemäß § 32a RAO., der am 1. Juni 1910 in Kraft getreten ist, verjährt der Anspruch der Partei auf Schadensersatz aus dem zwischen ihr und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis in fünf Jahren. Auf diese Verjährungsvorscbrift finden, wie der Senat bereits in der Entscheidung RGZ. Bd. 88 S. 223 ausgesprochen hat, die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Nach § 198 das. beginnt die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs, ohne daß es auf eine Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen des Anspruchs ankommt (Jur. Wochenschr. 1912 S. 70). Die Entstehung des nunmehr geltend gemachten Rückgriffsanspruchs fallt zusammen mit der Vollendung der Verjährung des klägerischen Unfallanspruchs, die nach der Feststellung Ende August 1910 erfolgte. Die fünfjährige Verjährungsfrist war also zur Zeit der Klagerhebung — anfangs November 1915 — bereits abgelaufen. Abzulehnen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Lauf der Verjährung des Rückgriffsanspruchs erst mit der Erhebung der Verjährungseinrede gegen den Unfallanspruch durch die Unfallschuldner — am 30. November 1910 — begonnen habe. Der Rückgriffsanspruch ist eine Schadensersatzforderung, die sich auf eine Pflichtverletzung des Anwalts und auf einen hierdurch entstandenen Schaden gründet. Mit dem Eintritt dieser Voraussetzungen, insbesondere mit dem Eintritt eines ursächlichen Schadens, ist der Rückgriffsanspruch entstanden. Der Eintritt eines Schadens ist dann zu bejahen, wenn die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich mit dem früheren Vermögensstande eine schlechtere geworden ist. Mit der Vollendung der Verjährung ist eine sehr erhebliche Veränderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Gestaltung des Anspruchs vor sich gegangen. Der Anspruch ist zwar nicht untergegangen, aber der Verpflichtete hat das Recht der Leistungsverweigerung erlangt (§ 222 BGB.). Wenn auch das zur Befriedigung des verjährten Anspruchs Geleistete nicht mehr zurückgefordert werden kann, so kann doch

Verjährung

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der Schuldner gegen seinen Willen zur Leistung nicht mehr gezwungen werden, und dem Gläubiger fehlt die Rechtsmacht zur gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs. Der Umstand, daß im Prozesse die Verjährungstatsache nicht von Amts wegen zu beachten, vielmehr vom Schuldner einredeweise geltend zu machen ist, hindert keineswegs die Annahme, daß der aus der Vollendung der Verjährung für den Gläubiger sich ergebende Schade bereits mit dem Ablaufe der Verjährungsfrist eingetreten ist. In diesem Zeitpunkte wird der Anspruch, der bis dahin ein rechtlich mangelfreier war, mit einer zerstörlichen Einrede, also einem rechtlichen Mangel behaftet. Diese mit dem Verjährungseintritt verursachte erhebliche Veränderung in den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Anspruchs schließt es in sich, daß mit der Vollendung der Verjährung bereits ein Schade entstanden ist und nicht erst, wie das Berufungsgericht annimmt, droht. Die nach der eigenen Darlegimg des Berufimgsgerichts fernliegende Möglichkeit, daß die Vorschützung der Verjährungseinrede unterlassen werde, rechtfertigt nicht die Verneinung des Schadenseintritts; eine solche Unterlassung würde nur die Folge haben, daß der eingetretene Schade nicht zu einem bleibenden würde, sondern späterhin wieder aufgehoben würde. Der Schadensersatzschuldner ist in solchen Fällen durch die Vorschrift des § 255 BGB., die ihm einen Anspruch auf Abtretung der Rechte des Ersatzberechtigten gegen Dritte gewährt, gedeckt. Die dargelegte Auffassung des Schadensbegriffes steht im Einklänge mit der bisherigen Rechtsprechimg des Reichsgerichts. So ist z. B. in RGZ. Bd. 62 S. 321 der Schade eines Gläubigers schon deshalb bejaht worden, weil er an Stelle einer unbestrittenen Forderung eine bestrittene, erst im Prozeßwege durchzusetzende Forderang erlangt habe. RGZ. Bd. 76 S. 146 hat ausgeführt, daß der Gläubiger, der alsbaldige Schadenserstattung verlangen könne, sich nicht auf zukünftige, die Beschädigung möglicherweise wiederaufhebende Maßnahmen verweisen zu lassen brauche. Auch das Schrifttum steht auf demselben Standpunkte (vgl. insbes. Planck § 249 Anm. 2; O e r t m a n n Vorbem. 2 von § 249; F i s c h e r , „Der Schaden nach dem BGB." in Abhandl. für Privatr. und Zivilpr. 11 S. 6). Ist aber, wie dargelegt, der Rückgriffsanspruch mit der Vollendung der Verjährung des Unfallanspruchs schon entstanden, so war auch der Kläger an dessen Geltendmachung nicht gehindert. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde auch zu unhaltbaren Folgerungen führen. Der Beginn der Verjährung des Rückgriffsanspruchs wäre vollständig in das Ungewisse gesetzt; er wäre vom Belieben beider Parteien des Unfallanspruchs abhängig; denn er würde früher oder später eintreten je nach der Zeit, zu der der Unfallanspruchberechtigte den Anspruch erheben oder dessen Gegner die Verjährungseinrede vorschützen würde. Der gesetzgeberische Grund der Verjährungsvorschriften, baldmöglichste Rechtssicherheit zu schaffen, wäre dabei erheblich in Frage gestellt." . . .

12*

Allgemeiner Teil

180 R G Z . 93, 71

Wann verjährt der Schadensersatzanspruch des Grundstückskäufers gegen den Verkäufer wegen Nichtbestehens einer zugesicherten Grunddienstbarkeit ? BGB. §§ 96, 195, 437. V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. l.Juni 1918. I. Landgericht Hannover.

II. Oberlandesgericht Celle.

Der Kläger kaufte von dem Erblasser der Beklagten K. S. durch Vertrag vom 19. März 1892 dessen Grundstück zu Hannover, Engelborstelerdamm Nr. 78 und erhielt demnächst auch die Auflassung. Der § 6 des Vertrags enthält folgende Erklärung: „Rüchichtiich der Befriedigungen und nachbarlichen Verhältnisse ist zu beachten, daß zugunsten des verkauften Bürgerwesens auf dem Grundstücke Nr. 79 des Engelborstelerdamms die Servitut ruht, daß zum Schutze der nach dieser Seite hin belegenen Fenster des Kaufobjekts in einer Entfernung von 10 Fuß von diesen Fenstern weder etwas gebaut noch sonst etwas hergerichtet werden darf, wodurch diesen Fenstern Licht und Luft entzogen werden könnte". In einem Vorprozeß, in welchem die jetzige Beklagte dem jetzigen Kläger auf Streitverkündung beigetreten war, erstritt der Eigentümer des Grundstücks Nr. 79 dem Kläger gegenüber die Feststellung, daß die Servitut nicht bestehe. Gegenüber der hierauf gestützten Klage auf Schadensersatz wandte die Beklagte namentlich Verjährung ein. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Revision hatte Erfolg. Gründe: „Das Berufungsgericht . . . erachtet in Übereinstimmimg mit dem Landgerichte die Einrede der Verjährung für durchgreifend. Der Revisionsangriff, der dies beanstandet, ist begründet. Die beiden genannten Gerichte sind der Ansicht, daß die Bestimmung in § 6 des Vertrags nicht den Verkauf eines Rechtes, sondern die Zusicherung einer dem verkauften Grundstück innewohnenden Eigenschaft zum Gegenstand gehabt habe und daß deshalb der wegen Mangels dieser Eigenschaft geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß Art. 169 EG. z. BGB. auch nicht mehr der 10 jährigen Verjährung aus dem hannoverschen Verjährungsgesetze vom 22. September 1850 oder der 30jährigen Verjährungsfrist aus § 195 BGB. seit dem Inkrafttreten des neuen Rechtes unterworfen gewesen sei, sondern der nur einjährigen Verjährung aus § 477 BGB. Demgegenüber vertritt die Revision zutreffend den Standpunkt, daß sich die Vertragsbestimmung nach den Grundsätzen sowohl des zur Zeit des Kaufabschlusses in Geltung gewesenen gemeinen Rechtes wie des jetzt herrschenden Gesetzes nicht im Sinne der Zusicherung einer Grundstückseigenschaft, sondern nur dahin auffassen lasse, daß sich der Kauf auch auf das in § 6 bezeichnete servitutarische Rccht als ein Nebenrecht erstreckt habe.

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Nach den Quellen des gemeinen Rechtes stellten mit dem herrschenden Grundstücke verbundene Servituten Akzessionen des Grundstücks dar, gehörten mithin zu dessen Bestandteilen, und demgemäß haftete der Verkäufer des Grundstücks, der das Vorhandensein einer ihm zugehörenden Servitut zugesagt hatte, im Falle des Mangels der Servitut mit der actio empti venditi. „Sed si fundum tibi vendidero et ei fundo iter accessurum dixero, omnino tenebor itineris nomine, quia utriusque rei unus venditor obligatus sum" (1-6 § 6 D. de A. E. V. 19, 1). Es sollte die Sache hiernach so angesehen werden, als hätte der Verkäufer beides verkauft, das Grundstück und die Servitut. Auch ist es bezeichnend, daß es vom Gesichtspunkte der Eviktion aus betrachtet werden sollte, wenn dem Käufer eine (mitverkaufte) Servitut durch einen Dritten demnächst mit Erfolg abgestritten wurde; vgl. 1. 75 D. de evict. 21, 2. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche müssen zugunsten des herrschenden Grundstücks bestehende Dienstbarkeiten, als „mit ihm verbundene Rechte", kraft der ausdrücklichen Bestimmung des § 96 für Bestandteile des Grundstücks erachtet werden. Zwar können sie nicht in Wirklichkeit Bestandteile der das Grundstück bildenden Grundflächen sein; wohl aber müssen sie als Bestandteile „gelten" und als solche behandelt werden, und zwar als wesentliche Bestandteile, da sie nicht vom Grundstücke getrennt werden können (§ 93 BGB.). Was nun aber zu den Bestandteilen der Kaufsache gehört oder auch nur von Gesetzes wegen zu solchen zu rechnen ist, kann nicht gleichzeitig auch als Eigenschaft der Kaufsache angesprochen werden (vgl. Warneyer 1912 Nr. 205), da Eigenschaften einer Sache nur die inneren Beziehungen darstellen, die der Sache, wie sie gegeben ist, eine besondere Beschaffenheit oder einen besonderen Wert verleihen. Und demgemäß muß es auch als ausgeschlossen angesehen werden, daß der Verkäufer eines Grundstücks, betreffs dessen er das Vorhandensein eines ihm zugehörigen Dienstbarkeitsrechts zugesichert hat, bei Mangel dieses Rechtes aus dem Gesichtspunkte des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft haftbar gemacht wird; vielmehr läßt sich seine Haftbarkeit nach der ganzen Tragweite der Vorschrift des § 96 nur so verstehen, als hätte er nicht die gesamten Bestandteile des Grundstücks, auf die sich der Verkauf erstreckte, gewährt oder gewähren können. Was die Art der Haftung und ihrer Geltendmachung anlangt, so kann sie sich sachgemäß nur nach § 437 BGB. regeln, da das mit einem Grundstücke verbundene Recht, insbesondere ein Dienstbarkeitsrecht, wiewohl es als Grundstücksbestandteil zu gelten hat, seinem wirklichen Wesen nach immer die Natur eines Rechtes behält, und dieser Umstand gegebenenfalls für die Regelung der Haftung maßgebend bleiben muß. Es träfe daher gerade die Vorschrift des § 437 zu, wonach der Verkäufer für den Bestand des verkauften Rechtes haften muß. Der Verkäufer eines Grundstücks, der eine bestimmte Größe desselben zugesichert hat, haftet zwar nach § 468 für die Größe, mithin für den Umfang oder das Maß der wirklichen und natürlichen Bestandteile des Grundstücks, „wie für eine

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Eigenschaft". Aber diese Sonderbestimmung läßt sich nicht auf den Fall übertragen, daß gemäß § 96 ein Recht als Bestandteil in Frage kommt. Die erörterten Grundsätze auf den gegebenen Fall angewendet, ergibt sich, daß auch die Beklagte als Erbin des Verkäufers K . S. wegen Alangeis des nach § 6 des Vertrags mitverkauften Dienstbarkeitsrechts aus § 437 haftet, und daß somit zur Zeit nur die gewöhnliche 30 jährige Verjährung gemäß Art. 169 Abs. 1 Satz 1 E G . z. B G B . Platz greifen kann, weil die 10 jährige Verjährungsfrist aus dem hannoverschen Gesetze vom 22. September 1850 bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht abgelaufen war. Das Berufungsgericht hat sich für seine Ansicht, daß es sich in § 6 des Vertrags um die Zusicherung einer Eigenschaft des Grundstücks gehandelt habe, auf die Urteile des erkennenden Senats R G Z . Bd. 52 S. 1 und Bd. 61 S. 84 berufen. In der ersteren Entscheidung lag jedoch ein wesentlich anders gearteter Fall vor, da dort die Zusicherung den Bierumsatz der verkauften Gastwirtschaft betraf, mithin imbedingt nur von einer bloßen Eigenschaft der Kaufsache, nicht von einem mit ihr verbundenen Rechte die Rede sein konnte. In dem zweiten Urteil ist allerdings die Ansicht vertreten worden, daß das Recht, die Bebauung der vor dem Grundstücke liegenden Grundfläche zu verbieten, eine Eigenschaft des Grundstücks sowohl im Sinne des § 119 Abs. 2 wie des § 459 Abs. 2 B G B . darstelle. Indes damals hatte es sich nicht darum gehandelt, daß dem Käufer das Verbietungsrecht zugesichert und der Verkäufer wegen Mangels des Rechtes in Anspruch genommen war, sondern nur um eine Anfechtung des Kaufes wegen Irrtums. Zur Entscheidung stand daher auch nur die Frage, ob ein Irrtum über eine Grundstückseigenschaft im Sinne des § 119 anzunehmen sei. Aber abgesehen davon, seine vormals grundsätzlich vertretene Ansicht vermag der erkennende Senat nicht mehr aufrecht zu erhalten. Es steht ihr, wie dargelegt worden, die Vorschrift des § 96 B G B . entgegen, wonach mit einem Grundstücke verbundene Rechte, also auch ein dem Nachbargrundstücke gegenüber bestehendes Untersagungsrecht, als Bestandteile des Grundstücks gelten sollen. Demgemäß könnte in einem entsprechenden Falle auch nur die Anschauung als folgerichtig erscheinen, daß, wenn sich ein Käufer über das Vorhandensein eines Untersagungsrechts im Irrtum befunden hat, sein Irrtum einen Bestandteil des Grundstücks und sonach letzten Endes den Vertragsgegenstand selbst, nicht aber eine Eigenschaft des letzteren betraf. Sonach ist das Ergebnis des Urteils Bd. 61 S. 84 auch jetzt zu billigen und nur seine Begründung aufzugeben."..

R G Z . 94, 162 K a n n die V e r m i e t u n g v o n W o h n u n g e n durch den E i g e n t ü m e r eines H a u s e s als Gewerbebetrieb im Sinne des § 196 N r . 1 B G B . angesehen werden?

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BGB. § 196 Nr. 1. VII. Zivilsenat. Urt. v. 8. November 1918. I. Landgericht Frankfurt.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Den Gegenstand der Klage bilden Forderungen für Bauarbeiten, die der Vater des Klägers, zum Teil der Kläger selbst an einem Hausgrundstücke des Erblassers der Beklagten, Heinrich S., ausgeführt hatte. Dem auf Grund des § 196 Nr. 1 BGB. erhobenen Einwände der Verjährung trat der Kläger mit der Behauptung entgegen, daß die Leistungen für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt seien, da Heinrich S. durch Vermietung von Wohnungen in den ihm gehörigen Häusern ein Gewerbe betrieben habe. Die Verjährungseinrede wurde in beiden Vorinstanzen verworfen. Die Revision blieb ohne Erfolg. Aus den G r ü n d e n : . . . „In der Sache tritt die Revision lediglich der Annahme des Berufungsgerichts entgegen, daß Heinrich S. durch Vermietung von ihm gehörigen Häusern ein Gewerbe betrieben habe. Sie meint, regelmäßig könne die Vermietung von Wohnungen durch den Eigentümer des Hauses nicht als Gewerbebetrieb angesehen werden, nur unter besonderen Umständen sei dies der Fall, deshalb habe durch Ausübung des Fragerechts nach dieser Richtung eine nähere Aufklärung herbeigeführt werden müssen. Der Berufungsrichter hat aber keineswegs verkannt, daß nicht jede Vermietimg von Wohnungen durch den Hauseigentümer einen Gewerbebetrieb des letzteren in sich schließt; er geht vielmehr hiervon aus und stützt seine Entscheidung auf die besonderen, in der Urteilsbegründung näher dargelegten Umstände des vorliegenden Falles. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung wird man in der Vermietimg von Wohnungen durch den Hauseigentümer, obschon diesem daraus eine Einnahmequelle entsteht, einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB. in der Regel nicht zu erblicken haben, weil es sich in solchen Fällen gewöhnlich nicht um eine auf Gewinn gerichtete selbständige Tätigkeit des Vermieters, sondern lediglich um eine in den Rahmen der Ausübung seiner Eigentümerrechte fallende, allgemein übliche Ausnutzung des Eigentums am Hause handelt, wobei die hierzu erforderliche persönliche Tätigkeit des Eigentümers als ganz unerheblich völlig in den Hintergrund tritt. Anders aber, wenn der Eigentümer wesentlich darauf ausgeht, durch die Vermietung von Wohnungen seines Hauses unter Aufwendung persönlicher Arbeitskraft seinen Unterhalt zu gewinnen; hier geht das Unternehmen des Eigentümers über den sonst üblichen Umfang der bloßen Ausnutzung des Grundstücks hinaus und steigert sich zum Betrieb eines Gewerbes. Von diesem Standpunkt aus hat auch der Berufimgsrichter die Sache beurteilt. Er hat ausgeführt, Heinrich S. habe nach der Errichtung zweier Hinterhäuser ungefähr 26 Wohnungen vermietet, daneben allerdings noch einen Schweinehandel als Nebengewerbe

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betrieben, aus der Vermietung von Wohnungen aber seine Hauptbeschäftigung gemacht, die auf fortlaufende Gewinnerzielung aus dem Bauen und Vermieten zahlreicher Wohnungen gerichtet gewesen sei und seine persönliche Arbeitskraft in erheblichem Maße in Anspruch genommen habe. Er habe sich in dieser Tätigkeit einen dauernden Beruf geschaffen. Diese Feststellungen sind ausreichend, um die getroffene Entscheidung in der hier in Betracht kommenden Hinsicht zu rechtfertigen; einer weitergehenden Aufklärimg der Sache nach dieser Richtung hin bedurfte es nicht."

R G Z . 94, 178 H e m m u n g der Verjährung.

Zur Auslegung des § 202 B G B .

BGB. § 202. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 25. November 1918.

I. Landgericht Bromberg.

II. Oberlandesgericht Posen.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Urteile des erkennenden Senats vom 4. Februar 1918 Bd. 92 S. 153. Das Obcrlandesgericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückgelangte, wies unterm 5. Juli 1918 die Berufung des Beklagten auch insoweit zurück, als der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Jahresrente wegen Beeinträchtigung ihrer Erwerbsfähigkeit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt war. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: „Es handelt sich im gegenwärtigen Rechtsstreite nur noch um die Entscheidung der Frage, ob der von der Klägerin geltend gemachte Rentenanspruch in Höhe von 4000 M. Jahresrente verjährt ist oder nicht. In dieser Hinsicht hat das Oberlandesgericht unter Beachtung des in dem reichsgerichtlichen Urteile vom 4. Februar 1918 eingenommenen Rechtsstandpunktes folgendes ausgeführt: Die zweijährige Verjährungsfrist des § 8 HaftpflG. für den Unterhaltsanspruch der Klägerin lief zunächst vom Tage des Unfalls, dem 5. Oktober 1910, bis zur Erhebung der Klage des Vorprozesses seitens des verstorbenen Ehemanns der Klägerin, also bis zum Februar 1911. Die nunmehr eingetretene Unterbrechung der Verjährung dauerte bis zur Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses, nämlich bis zum 3. März 1913. Von da ab bis zu dem im September 1915 erfolgten Tode des Ehemanns der Klägerin war die Verjährung gehemmt. Denn da der Ehemann der Klägerin mit seinem im Vorprozesse gestellten Antrag, festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, denjenigen Schaden zu ersetzen, der aus der Verminderung der Erwerbsfähigkeit der Ehefrau abgeleitet werde, rechtskräftig abgewiesen worden war, die Klägerin selbst aber ebensowenig wie ihr Ehemann zu dessen Lebzeiten eine Leistungsklage auf Gewährung einer Rente wegen Verminderung ihrer

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Erwerbsfahigkeit anstrengen konnte, weil mit Rücksicht auf die Erwerbsverhältnisse des Ehemanns die Klägerin zu dessen Lebzeiten eine Verschlechterung ihrer Vermögenslage oder eine Verminderung ihres Unterhalts durch ihren Unfall nicht erlitten hatte, so blieb die Verjährung des Anspruchs der Klägerin wegen Erwerbsverminderung so lange gehemmt, bis sie nach dem Tode ihres Ehemanns und durch diesen in die Lage kam, die Leistungsklage auf Gewährung einer Unterhaltsrente anstrengen zu können. Diese Darlegungen lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen, stehen vielmehr mit der Vorschrift des § 202 BGB. durchaus in Einklang. § 202 bestimmt: „Die Verjährung ist gehemmt, solange die Leistimg gestundet oder der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung berechtigt ist." Diese Vorschrift greift auf den vorliegenden Fall Platz. Eine Leistungsklage auf Zahlung einer Unterhaltsrente wegen Verminderung ihrer Erwerbsfahigkeit konnte die Klägerin oder ihr Ehemann bei des letzteren Lebzeiten nicht anstrengen, weil, wie das Berufungsgericht einwandfrei festgestellt hat, das Einkommen des Ehemanns aus seiner ärztlichen Tätigkeit ein derartig hohes war, daß die Klägerin selbst für ihren Unterhalt irgendwelche Tätigkeit nicht zu entfalten brauchte. Solange also ihr Ehemann lebte, war eine Erwerbsverminderung der Klägerin nicht eingetreten, da sie bei Lebzeiten ihres Mannes einem Erwerbe nicht nachzugehen brauchte, um ihren Unterhalt zu bestreiten, dieser vielmehr in der Lage und nach § 1360 BGB. verpflichtet war, für ihren Unterhalt zu sorgen. Dementsprechend ist denn auch in dem im Vorprozeß ergangenen rechtskräftigen Urteile des Oberlandesgerichts in Posen vom 14. Januar 1913 der hier fragliche Rentenanspruch der Klägerin als ein durch den Tod ihres Ehemanns oder eine Änderung seiner Vermögensverhältnisse „bedingter" bezeichnet worden. Schon dadurch wurde hinsichtlich des Leistungsanspruchs der Beginn der Verjährung beeinflußt (vgl. RGZ. Bd. 84 S. 311). Die danach allein in Betracht kommende Klage auf Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin allen weiteren ihr aus dem Unfall entstehenden Schaden, insbesondere also auch den etwa durch ihre Erwerbsverminderung künftig entstehenden Schaden zu ersetzen, hat der Ehemann der Klägerin innerhalb der seit dem Tage des Unfalls laufenden zweijährigen Verjährungsfrist des § 8 HaftpflG., nämlich im Februar 1911 angestrengt. Mit dieser Klage ist er lediglich deshalb rechtskräftig abgewiesen worden, weil in jenem Vorprozeß (zu Unrecht) angenommen wurde, es fehle das Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Dieses Urteil wirkte, wie in RGZ. Bd. 92 S. 153 dargelegt worden ist, nicht bloß für und gegen den klagenden Ehemann, sondern auch für und gegen dessen Ehefrau, die jetzige Klägerin. Da es aber eine materiellrechtliche Abweisung nicht enthielt, so steht es der jetzigen Geltendmachung der Rentenansprüche wegen Erwerbsverminderung nicht entgegen, wie gleichfalls in jenem reichsgerichtlichen Urteile dargelegt ist. Es hatte aber

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vermöge seiner Rechtskraft die Wirkung, eine erneute Geltendmachung des Feststellungsbegehrens sowohl auf seiten des Mannes wie auf Seiten der Frau unmöglich zu machen, mit anderen Worten, es hemmte die weitere Rechtsverfolgung in Gestalt einer Feststellungsklage. Danach blieb trotz der Abweisung der Feststellungsklage in dem Vorprozesse die nach § 8 HaftpflG. laufende zweijährige Verjährung gehemmt. Denn wenn auch der Grundsatz: „agere non valenti non currit praescriptio" in dieser Allgemeinheit im § 202 BGB. nicht zum Ausdruck gelangt ist, so tritt doch die Hemmung der Verjährung nicht bloß in dem dort besonders bezeichneten Falle, sondern ganz allgemein dann ein, wenn der Durchführung eines an sich fortbestehenden Anspruchs ein emstliches Hindernis entgegensteht, wenn insbesondere die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zwecks Unterbrechung der Verjährung ausgeschlossen erscheint (vgl. RGZ. Bd. 80 S. 215flg.; Komm, von RGR. zu § 202 BGB. Anm. 1; Planck zu § 202 Anm. 2). Dementsprechend heißt es denn auch in den Protokollen der Kommission für die II. Lesung des Entw. des BGB. (Bd. 1 S. 217), der den ersten Entwurf in einer dem jetzigen Gesetze entsprechenden Weise geändert hat, der gefaßte Beschluß genüge, um alle Fälle zu decken, in welchen die Hemmung der Verjährung ihren Grund in einem der Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehenden rechtlichen Hindernis habe. Völlig in Einklang hiermit wird in RGZ. Bd. 86 S. 370 der Satz aufgestellt: „Die Einreden des § 202 Abs. 1 sind solche, welche, ohne das Bestehen des Anspruchs selbst zu berühren, dem Verpflichteten nur vorübergehend das Recht zur Verweigerung der Leistung geben." Ein solcher Fall liegt hier vor: eine erneute Feststellungsklage vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 8 HaftpflG. zu erheben, war die Klägerin und ihr Ehemann mit Rücksicht auf das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts in Posen vom 14. Januar 1913 nicht in der Lage, und die Leistungsklage wurde erst nach dem im September 1915 erfolgten Tode des Ehemanns möglich, da vorher ein Anspruch der Klägerin wegen Verminderung ihrer Erwerbsfahigkeit nicht bestand. Hiernach hat das Berufungsgericht mit Recht auf Grund des § 202 BGB. angenommen, daß die Verjährungsfrist des § 8 HaftpflG. gehemmt und somit die im Oktober 1916 erhobene Leistungsklage damals noch nicht verjährt war." RGZ. 97, 66 Wird eine nach § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB. begonnene neue Verjährung schon durch die Einreichung oder erst durch die Zustellung einer Ladung unterbrochen? BGB. § 211 Abs. 2 S. 2. VI. Zivilsenat. Urt. v. 30. Oktober 1919. I. Landgericht Zweibrücken.

II. Oberlandesgericht daselbst.

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Nach Feststellung, daß durch Vereinbarung der Parteien der Rechtsstreit am 23. November 1914 in Stillstand geraten war, prüft das Reichsgericht die Frage, ob die danach neu begonnene Verjährung schon durch das am 17. November 1917 erfolgte Einreichen einer Ladimg bei dem Prozeßgericht unterbrochen worden ist, oder ob dazu die Zustellung der Ladimg mit der Terminsbestimmung an den Gegner erforderlich war, und entscheidet diese Frage im ersteren Sinne aus folgenden Gründen: „ I n Anlehnung an die Darlegungen des Senats im Urteil V I 476/10 vom 2. Oktober 1911 (RGZ. Bd. 77 S. 324flg.) ist der ersteren Meinung der Vorzug zu geben. Die Gesetzesworte „in gleicher Weise wie durch Klagerhebung" sind nur in Beziehung zu setzen zu dem, was im § 211 Abs. 1 über die Wirkung der Unterbrechimg durch Klagerhebung bestimmt ist, nicht aber so zu verstehen, daß die Unterbrechung der neuen Verjährung gerade in derselben Weise wie eine Klagerhebung, also durch Zustellung eines Schriftsatzes an die Gegenpartei vor sich gehen müßte. Bei dem Akte des „Weiterbetreibens" handelt es sich im Grunde um Aufrechterhaltung der durch die Klagerhebung eingetretenen Unterbrechung, um Beseitigung des Stillstandes im Rechtsstreite. Deshalb muß jede Prozeßhandlung einer Partei genügen, die dazu bestimmt und geeignet ist, den stillstehenden Prozeß weiter in Gang zu setzen. Wenn hierzu in der angeführten Entscheidung schon die Anbringung eines Armenrechtsgesuchs als genügend erachtet worden ist, so muß die Einreichung eines Ladungsschriftsatzes um so mehr den Begriff erfüllen. Deshalb ist anzunehmen, daß die Klägerin die neue Verjährung am 17. November 1917, also rechtzeitig, unterbrochen h a t . " . . .

R G Z . ioo, 18 Ist die Vorschrift des § 193 B G B . auf die in § 5 T G . v o m 11. M ä r z 1850*) vorgeschriebene präklusivische Frist von 14 T a g e n anwendbar ? B G B . § 193. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht I Berlin.

Urt. v. 5. Juli 1920. II. Karmnergericht daselbst.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger einmal die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines ziffermäßig bestimmten Betrags, ferner die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm den gesamten weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden sei und noch entstehe, daß ihn bei einem Auflauf in der Nacht vom 3. zum 4. Februarl917 eine Kugel in den Kopf getroffen habe. Das Landgericht traf die beantragte *) Jetzt TG. v. 12. Mai 1920.

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Feststellung und erklärte den Leistungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. In zweiter Instanz wurde die Klage abgewiesen. Die von dem Kläger eingelegte Revision hatte Erfolg aus nachstehenden Gründen: Nach dem Tatbestande zweiter Instanz wurde der minderjährige Kläger am Abend des 3. Februar 1917 in Berlin bei einem Auflaufe, der sich infolge einer Schlägerei entwickelt hatte, von einem Schutzmann in den Kopf geschossen. Durch Schreiben vom 19. Februar 1917, das nach der Behauptung des Klägers am gleichen Tag in der Wohnung des Oberbürgermeisters von Berlin eingegangen sein soll, zeigte der Vater des Klägers den Vorfall an und verlangte die Zahlung einer Rente. Am 7. März 1917 erhielt er von der Stadt einen ablehnenden Bescheid und erhob nunmehr die vorliegende Klage, die nach dem Urteil erster Instanz am 28. März 1917 zugestellt wurde. In rechtlicher Hinsicht stützt sich die Klage auf das preußische Gesetz, betr. die Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen Aufläufen verursachten Schadens, vom 11. März 1850. Nach § 5 daselbst muß der Verletzte, wenn er von der Gemeinde Schadensersatz fordern will, seine Forderung binnen 14 Tagen präklusivischer Frist, nachdem das Dasein des Schadens zu seiner Wissenschaft gelangt ist, bei dem Gemeindevorstand anmelden und binnen 4 Wochen präklusivischer Frist nach dem Tage, an welchem ihm der Bescheid des Gemeindevorstands zugegangen ist, erforderlichenfalls gerichtlich geltend machen. Die erste dieser Fristen ist nach der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gewahrt und daher die Klage in zweiter Instanz abgewiesen worden. Für erwiesen wird erachtet, daß der Vater des Klägers nach seiner eigenen Erklärung am 4. Februar 1917 die nötige Wissenschaft erlangt hatte, die Anmeldefrist sei daher am 18. desselben Monats abgelaufen. Dadurch, daß dieser Tag ein Sonntag gewesen sei, sei keine Verlängerung der Frist eingetreten. Von dem Kläger war behauptet, daß sein Vater erst am 6. Februar den Sachverhalt erfahren habe, und die Revision stellt zur Nachprüfung, ob sich aus den Erklärungen des Vaters zur Genüge ergebe, daß er schon am 4. Februar 1917 die erforderliche Kenntnis besessen habe. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen aber insoweit keinen Rechtsirrtum erkennen. Mit Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß der Schaden zur Wissenschaft des Ersatzberechtigten gelangt ist, sobald er eine Klage gegen den Verpflichteten begründen kann (RGZ. Bd. 98 S. 121), es genügt aber, wie der Senat in Bd. 99 S. 39 angenommen hat, wenn diese Klage eine Feststellungsklage ist. Eine danach ausreichende Kenntnis konnte das Berufungsgericht aus den von dem Vater in dem Beweisaufnahmetermin vom 3. Juli 1919 abgegebenen Erklärungen entnehmen. Nach diesen ist ihm am Sonntagmorgen auf der Polizei gesagt worden, sein Sohn sei bei einem Auflaufe gewesen, aber nicht direkt beteiligt. Der Schutzmann habe geschossen,

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und die Kugel habe den Kläger am Halse getroffen. Am Sonnlagnachmittag habe er seinen Sohn im Krankenhause gesehen und bemerkt, daß der Kopf verbunden war. Dagegen kann der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zugestimmt werden, daß die Anmeldefrist mit dem 18. Februar 1917 zu Ende gegangen sei. Über die Berechnung der beiden präklusivischen Fristen des § 5 enthält das T G . keine näheren Vorschriften; es bedurfte daher insoweit der Ergänzung durch das sonst in Preußen geltende Recht. An die Stelle des im Jahre 1850 gültigen Landesrechts aber sind jetzt die Vorschriften des BGB. getreten. In dem gleichen Sinne hat sich der Senat bereits in dem Urteile vom 22. Dezember 1919 (RGZ. Bd. 98 S. 11) ausgesprochen, als es sich um die Frage handelte, ob für die Höhe des zu erstattenden Schadens altes oder neues Recht maßgebend sei. Die damaligen Erwägungen treffen auch hier zu, so daß auf sie verwiesen werden kann. Das BGB. enthält in den §§ 187 bis 193 eine Reihe von Auslegungsvorschriften, die gemäß § 186 für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungem gelten sollen. Für den Beginn einer Frist bestimmt § 187 Abs. 1, daß dann, wenn für den Anfang ein Ereignis maßgebend sein soll, bei der Berechnimg der Frist der Tag nicht mitzuzählen ist, in den das Ereignis fällt. Im vorliegenden Falle besteht das maßgebende Ereignis darin, daß der Vater des Klägers von dem Dasein des Schadens Wissenschaft erlangte; es fiel in den Lauf des 4. Februar 1917, und der 5. Februar ist daher als erster Tag zu zählen. Da es sich um eine nach Tagen bestimmte Frist handelt, so endete sie gemäß § 188 Abs. 1 BGB. mit dem Ablauf des 18. Februar, sofern nicht aus besonderen Gründen eine Verlängerung eingetreten ist. Für den Fall nun, daß, wie hier, der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag fallt, schreibt § 193 vor, daß an die Stelle des Sonntags der nächstfolgende Werktag tritt, wenn innerhalb der Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken war. Ist diese Vorschrift hier anwendbar, so würde die Schadensanmeldung rechtzeitig sein, wenn sie am 19. Februar 1917 bei der zuständigen Stelle eingegangen sein sollte. Diese Ansicht vertritt die Revision und es ist ihr zuzustimmen. Mit der Forderungsanmeldung gemäß § 5 TG. bringt der Anmeldende der Gemeinde gegenüber zum Ausdruck, daß er von ihr Schadensersatz verlangen wolle. Die Anmeldung enthält mithin eine Willenserklärung. Das Berufungsgericht will aber den § 193 BGB. nur dann anwenden, wenn zur Abgabe der innerhalb einer Frist abzugebenden Erklärung eine Verpflichtung bestand, nicht aber dann, wenn zwar das Unterbleiben der Erklärung Rechtsnachteile mit sich bringt, eine besondere Pflicht zur Willenserklärung aber nicht vorhanden war. Aus dem Wortlaute des Gesetzes läßt sich diese Auffassung nicht begründen. Wenn es dort heißt: „ I s t . . . innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben . . . " , so wird hiermit über den Grund, aus dem die Erklärimg abgegeben werden soll, nichts näheres gesagt; er kann ebensowohl in einem bei dem Unterbleiben drohenden

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Rechtsnachteile wie in einer besonderen Erklärungspflicht bestehen. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift beweist nichts für die Auslegung des Berufungsgerichts. Der Entwurf des BGB. wollte von einer Regelung der Einwirkung von Sonn- und Feiertagen überhaupt absehen. Die für den Wechsel- und Handelsverkehr sowie für den gerichtlichen Verkehr getroffenen besonderen Bestimmungen seien nicht zur Übertragung auf das bürgerliche Recht geeignet;leitende Regel müsse sein, daß Sonn- und Feiertage, soweit nicht der Wille der Parteien ein anderes ergebe, auf die Zeitberechnung im allgemeinen ohne Einfluß seien (Mot. zu § 153 des Entw. Bd. 1 S. 287). Diese Auffassung wurde von der Kommission für die zweite Lesimg nicht geteilt; die Mehrheit hielt es im Gegenteil für wünschenswert, Vorschriften über die Einwirkung der Sonn- und Feiertage auf Termine und Fristen in das BGB. aufzunehmen. Seitens der Kritik und insbesondere seitens der Mehrzahl der Handelskammern seien Wünsche in dieser Richtung vielfach ausgesprochen, und es empfehle sich, der in diesen Wünschen zum Ausdruck gelangenden berechtigten Zeitströmung, die auf größere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage sowie auf Gewährung der Sonntagsruhe für die arbeitenden Klassen gerichtet sei, Folge zu geben. Demgemäß wurden zwei neue Paragraphen, 153 a und 153 b, beschlossen, von denen der letztere sich auf Fristen bezieht und nach Annahme eines Verbesserungsantrags folgende Fassung erhielt: „Hat eine Leistung innerhalb einer Frist zu erfolgen und ist der letzte Tag ein Sonntag oder ein am Leistungsorte anerkannter allgemeiner Feiertag, so tritt an die Stelle dieses Tages der nächstfolgende Werktag." Die Beschränkung der Vorschrift auf Leistungen wurde für angemessen erachtet und ein Antrag zu dem die Termine behandelnden § 153a, der allgemein von „Rechtsgeschäften" sprach, abgelehnt p>rot. Bd. 1 S. 190 bis 194). Auf Willenserklärungen wurde die Vorschrift in der Reichstagskommission ausgedehnt. Der Bericht der Kommission, Ausgabe Guttentag, S. 46ff., bemerkt, daß in bezug auf die Abgabe oder Annahme von Willenserklärungen, auf den Fristenablauf und auf Leistungen Anträge gestellt seien, die eine verstärkte Sonntagsheiligung bezweckten. Aus ihnen ist der Vorschlag eines § 188a hervorgegangen, der sich auf die Abgabe von Willenserklärungen und auf Leistungen bezog, während die Reichstagsvorlage in dem damaligen § 265 nur Leistungen behandelt hatte. Die Aufnahme der Willenserklärungen in die Vorschrift wurde von verschiedenen Seiten für bedenklich gehalten, weil sie von dem Prinzip der Sonntagsheiligung nicht gefordert werde und die ärmere Bevölkerung benachteilige, aber diese Ansicht drang nicht durch. Bei der zweiten Lesung in der Kommission wurde beantragt, die Aufnahme der Willenserklärung rückgängig zu machen, indessen wurde der Antrag trotz der Befürwortung durch den Regierungsvertreter abgelehnt. Aus diesen Vorgängen ergibt sich, daß die Vorschrift des § 193 BGB. ihre Entstehung vor allem dem Bestreben verdankt, eine bessere Sonntagsheiligung und eine ausgiebigere Sonntagsruhe zu ermöglichen, für die Erreichung dieses Zwecks kann es aber nicht darauf ankommen, ob eine spezielle Verpflichtung zur Abgabe

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einer Willenserklärung bestand oder nicht. Der umfassenderen Auslegung ist daher der Vorzug zu geben. Ob die Willenserklärung, wie behauptet wird, privatrechtlicher Natur sein muß, wenn sie unter § 193 fallen soll, kann dahingestellt bleiben, weil die Anmeldung einer Forderung bei dem, der als Schuldner in Anspruch genommen werden soll, privatrechtlichen Charakter hat. Wenn aber die ZPO. trotz der allgemeinen, in § 222 Abs. 1 enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften des BGB. es für nötig hielt, im Abs. 2 das. noch besonders zu bestimmen, daß eine Frist, wenn ihr Ende auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag falle, mit dem Ablaufe des nächstfolgenden Werktags ende, so liegt der Grund hierfür nach der Begründung der Novelle von 1898 (Materialien, herausgegeben von Hahn und Mugdan, S. 96 bis 97) darin, daß das BGB. nur Fälle betrifft, in denen es sich um eine Willenserklärung oder Leistung handelt, während der § 222 Abs. 2 ZPO., wie der III. Zivilsenat des Reichsgerichts sich ausdrückt, „eine durchgreifende Regel des gerichtlichen Verfahrens" aufstellt (RGZ. Bd. 97 S. 301). Mit dieser Auffassung setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteile des V. Zivilsenats vom 7. Februar 1906 V 327/05, teilweise abgedruckt in der Zeitschr. f. Rechtspfl. in Bayern, 1906 S. 123. Dort wird der § 193 BGB. auf Verjährungsfristen nicht für anwendbar erklärt, weil er nur Termine und Fristen zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen im Auge habe. Um eine derartige Frist handelt es sich aber im gegebenen Falle. Verjährungs- und Ausschlußfristen sind voneinander wesentlich verschieden und auch die einzelnen Ausschlußfristen können verschiedene Tragweite haben (RGZ. Bd. 88 S. 295); jetzt war nur darüber zu entscheiden, ob die Auslegungsregel des § 193 BGB. auf die Anmeldefrist des § 5 TG. Anwendung zu finden habe. Da diese Frage zu bejahen ist und die Möglichkeit besteht, daß die Schadensanmeldung am 19. Februar 1917 an die zuständige Stelle gelangte, so muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die noch nicht entscheidungsreife Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufimgsgericht zurückverwiesen werden.

RGZ. ioo, 118 Wird ein Schadensersatzanspruch, der an sich einer kurzfristigen Verjährung unterliegt, dadurch der dreißigjährigen Verj ä h r u n g unterworfen, daß ihn ein Schiedsgericht, dessenAufgabe darauf beschränkt ist, über den Grund des Anspruchs zu entscheiden, d e m Grunde nach als gerechtfertigt feststellt? BGB. §§218,220. VII. Zivilsenat. Urt. v. 12. Oktober 1920. I. Landgericht Köln. II. Oberlandesgericht daselbst.

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Die Klägerin hat auf ihre Bestellung im Jahre 1909 von der Beklagten zunächst eine und sodann eine zweite Trennbandsäge geliefert erhalten und um die Zeit der ersten Lieferung 4000 M. an die Beklagte gezahlt. Für den Fall von Mängelrügen war die Bildung eines Schiedsgerichts vorgesehen. Schon nach Lieferung der ersten Maschine kam es zu Mängelrügen der Klägerin, die zu weiteren Verhandlungen führten. Am 12. Februar 1910 übernahm die Klägerin die Bandsägen zum Betrieb. Im März dess. Jahres rügte sie wiederum gewisse Mängel und stellte der Beklagten beide Bandsägen mit dem Verlangen der Nachlieferung mängelfreier Maschinen zur Verfügung. Die Beklagte erkannte die Rügen nicht an und lehnte das Lieferungsverlangen ab. Die Parteien beriefen sodann ein Schiedsgericht. In dessen erster Sitzung am 3. Mai 1910 erklärten sie zu Protokoll, daß die ordentlichen Gerichte ausschließlich über die Höhe der sich aus dem zu fäll enden Schiedsspruch ergebenden Geldforderungen entscheiden sollten und daß für den Tatbestand und alle übrigen Streitfragen das einberufene Schiedsgericht zuständig sei; der Schiedsspruch habe auch die sämtlichen Erhebungen technischer Art, soweit sie im Bereiche des Wissens der Schiedsrichter liegen, zu enthalten. Am 28. April 1911 erließen die Schiedsrichter den mit Gründen versehenen Schiedsspruch, in dessen Formel unter I die Mängelrüge der Klägerin hinsichtlich einer Reihe von Punkten für berechtigt erklärt, unter II bis V die Verurteilung der Beklagten ausgesprochen wurde, der Klägerin die ihr entstandenen Auslagen für Zoll, Fracht, Abladen, Montage, Beihilfe bei den verschiedenen Änderungen, Demontage, Aufladen und etwaige Versicherung für die gelieferten Trennbandsägen und Bandsägeblätter zu vergüten, der Klägerin die Auslagen für die Aufführung und den Abbruch der für die beiden Sägen erforderlich gewesenen Fundamente zu vergüten, die Kosten, welche der Klägerin für die Umänderung der Transmissionen, d. i. der Wellen, Lager, Befestigungsteile, Kuppelungen, Stellringe, Riemenscheiben, Ausrücker und Fundamente der Lager entstanden waren, um die 2 Ersatz Bolinder Bandsägen betreiben zu können, zu ersetzen, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der infolge mangelhaften Arbeitens der Trennbandsägen durch Wertminderung des bis zum 14. Mai 1910 geschnittenen Holzes entstanden war, wobei zu jedem der vier Posten der von den Schiedsrichtern für angemessen erachtete Betrag angegeben und unter VII über die Kosten des schiedsgerichtlichen Verfahrens erkannt wurde. Inzwischen hatte Klägerin mit der im Mai 1910 erhobenen Klage des vorliegenden Rechtsstreites 23250 M. beansprucht, und zwar 3250 M. als Rückgewähr des für die erste Säge gezahlten Kaufpreises und 20000 M.

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Schadensersatz für zunächst 20 Tage. Zu einer streitigen sachlichen Verhandlung ist es in diesem Prozeß jahrelang nicht gekommen. Vom 8. März 1911 an hat der Prozeß geruht, bis Klägerin mittels Schriftsatzes vom 13. November dess. Jahres den Antrag ankündigte, die Beklagte zur Zahlung von 24774,11 M. zu verurteilen, und mit Schriftsatz vom 30. November 1911 Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins beantragte. In der ersten streitigen Verhandlung vom 9. Juli 1912 verlas Klägerin den im Schriftsatze vom 13. November 1911 angekündigten Antrag und bezog sich zur Begründung auf eine Rechnungsaufstellung. Die Beklagte beantragte Klagabweisung. Nachdem das Landgericht durch Zwischenurteil die Einwände der unzulässigen Klagänderung und der Anfechtbarkeit des Schiedsspruchs verworfen hatte, verurteilte es die Beklagte, Zug um Zug gegen Rücknahme der der Klägerin gelieferten beiden Trennbandsägen 19295,45 M. an sie zu zahlen, und wies die Mehrforderung ab. Dagegen legten beide Parteien Berufung ein. Durch Teilurteil des Berufungsgerichts wurde die Klage in Höhe von 16045,45 M. abgewiesen. Die Revision der Klägerin, mit der diese das Urteil anfocht, soweit es die Klage für mehr als 3931,50 M. abwies, führte zur Aufhebung. Gründe: Die im angefochtenen Berufungsteilurteile der Klägerin abgesprochenen 16045,45 M. umfassen die ihr vom Landgerichte zuerkannten 19295,45 M. mit Ausschluß des schon in der Klageschrift enthaltenen besonderen Rechnungspostens von 3250 M. und setzen sich aus den in erster Instanz als erstattungspflichtig berechneten Schiedsgerichtskosten von 3931,50 M. sowie aus den in erster Instanz auf Grund der Nummern II bis V des Schiedsspruchs unter Aufrechnung gewisser Gegenforderungen zugesprochenen Beträgen zusammen. Die Revision fügt sich dem Entscheidungsgrunde des Berufungsrichters hinsichtlich der Schiedsgerichtskosten, daß insoweit Erstattungsansprüche vor dem Schiedsgerichte geltend zu machen seien, und greift nur die vorinstanzliche Abweisung der auf die schiedsrichterliche Entscheidimg zu II bis V mitgestützten Klagansprüche als unberechtigt an. Nach Ansicht des Berufungsrichters sind die letzterwähnten Ansprüche, wenn sie entstanden sein sollten, durch Verjährung untergegangen. Das angefochtene Urteil legt eingehend dar, daß es sich insoweit um Ansprüche handelt, die an und für sich — abgesehen vom Schiedssprüche — der sechsmonatigen Verjährung des § 477 BGB. unterlagen, daß sie nicht schon in der Klageschrift des vorliegenden Prozesses, sondern als nachträglich neu erhoben wirksam erst in der gerichtlichen Verhandlung vom 9. Juli 1912 geltend gemacht seien, damals aber die sechsmonatige Verjährungsfrist — deren Lauf zwar durch das schiedsgerichtliche Verfahren und zufolge Verhandlungen der Parteien auch noch für geraume Zeit nach Abschluß jenes Verfahrens hinausgeschoben sei, indes spätestens am 3. November 1911 begonnen habe — schon abgelaufen gewesen sei. Die Zivils. Allgcm. Teil 4

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mit Hinweis auf die §§ 209,218,220 BGB. begründete Replik der Klägerin, daß hier die dreißigjährige Verjährung Platz greife, ist im Berufungsurteile mit der Erwägung verworfen, die Entscheidung des Schiedsgerichts stehe einem nur über den Grund entscheidenden gerichtlichen Urteile gleich, und gegen ein solches laufe nicht die dreißigjährige, sondern die ursprüngliche Verjährungsfrist (vgl. hierzu RGZ. Bd. 66 S. 10). Die Revision zieht in Zweifel, ob sich der Berufungsrichter mit der Verjährungseinrede überhaupt befassen durfte. . . . (Es folgen Erwägungen, mit denen das Bedenken zurückgewiesen wird.) Sodann können Bedenken beiseite bleiben, die von der Revision gegen die Ansicht des Berufungsrichters entwickelt werden, die von ihm als verjährt befundenen Klagansprüche seien noch nicht mit der ursprünglichen Klage, sondern erst am 9. Juli 1912 rechtshängig gemacht worden. Von grundlegender Bedeutung für die Annnahme der Verjährung mit Bemessung der Verjährungsfrist auf 6 Monate und nicht, wie Klägerin wollte, auf 30 Jahre war die Auffassung des Berufungsrichters, daß die in betreff jener Ansprüche ergangene Entscheidung des Schiedsgerichts nicht einem gerichtlichen Feststellungsurteile (ZPO. § 256), sondern einem nach § 304 ZPO. erlassenen gerichtlichen Zwischenurteil entspreche. Diese Auffassung wird von der Revision mit Recht bekämpft. Vorweg ist der Standpunkt der Revisionsbeantwortung abzulehnen, welche in den Aussprüchen unter II bis V der Schiedsspruchformel Zwischenentscheidungen finden will, die einem gerichtlichen Urteile nach § 303 ZPO. gleichzustellen sind. Jene Aussprüche entscheiden nicht über einzelne Angriffsmittel, sondern über das Bestehen gewisser vollständig umschriebener Ansprüche im ganzen bis auf deren Geldbetrag, hinsichtlich dessen sich die Schiedsrichter nur gutachtlich geäußert haben. Für solche Entscheidung kann nur die Gleichstellung mit einem Zwischenurteil nach § 304 ZPO. oder mit einem Feststellungsurteil in Frage kommen. Für die Auffassung im ersteren Sinne, die das angefochtene Urteil vertritt, könnte man auf Bemerkungen im Kommentar zur ZPO. von Struckmann und Koch § 1040 Anm. 1 und in Daubenspecks Schrift: „Die Schiedsgerichte für Regulierung der Bergschäden" S. 83 hinweisen. Überzeugende Gründe lassen jedoch die angedeuteten Bemerkungen nicht ersehen. Insbesondere ist für den in jenem Kommentar aufgestellten Satz, ein Schiedsspruch, der sich vertragsmäßig auf den Grund des Anspruchs beschränke, habe die Kraft eines Zwischenurteils nach § 304, aus der ebendort angezogenen Entscheidung RGZ. Bd. 69 S. 52 eine irgendwie beweiskräftige Stütze nicht zu entnehmen. Man muß von vornherein beachten, daß sich Grundurteile nach § 304 und Feststellungsurteile nach § 256 ZPO. inhaltlich sehr nahe stehen. Dabei ist zu der Frage, welcher der beiden Arten von Urteilen ein gewisser Schiedsspruch entspricht, nicht einmal verwertbar, daß Klagen auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses ein rechtliches Interesse des Klägers daran erfordern, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Denn bei der freien Stellung, die einem Schiedsgerichte für die Gestaltung seines Verfahrens

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im allgemeinen einzuräumen und grundsätzlich auch im vorliegenden Falle eingeräumt ist, kann dafür, welcher der beiden fraglichen Entscheidungsarten ein Schiedsspruch zuzuweisen ist, der — wie hier — bestimmte einzelne Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien feststellt, nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob auf Seiten der klagenden Partei ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 bestand. Wichtiger könnte sein, welchen Inhalt und welche Fassimg der Sachvortrag der Klägerin vor dem Schiedsgerichte hatte, da es nicht denkbar erscheint, die in Betracht kommenden schiedsrichterlichen Aussprüche auch in dem Falle, wenn und soweit von der Klägerin im Schiedsverfahren noch nicht bestimmte Geldansprüche vorgebracht waren, als eine Zwischenentscheidung zu beurteilen (vgl. RGZ. Bd. 97 S. 120). Es mag indes, wiewohl in der Begründung des Berufungsurteils bestimmte Feststellungen nach der Richtung nicht getroffen sind, unterstellt werden (vgl. auch die Formel des Schiedsspruchs zu II bis V), daß Klägerin ihre Ersatzansprüche schon im Schiedsverfahren dem Betrage nach bezeichnet hat. Daraus folgt aber nach Lage des Falles noch keineswegs, daß dem Berufungsrichter beizustimmen sei. Als ein Zwischenurteil nach § 304 ist nur ein Urteil anzusehen, das im Laufe eines einheitlich auch zur Entscheidimg über den streitigen Betrag des Klaganspruchs anhängig gemachten und auf letztere Entscheidung mitgerichteten Prozeßverfahrens ergeht und lediglich den Charakter einer das Endurteil vorbereitenden Entscheidung hat (vgl. JW 1904 S. 493 Nr. 2; RGZ. Bd. 66 S. 10, auch Bd. 21 S. 387,388). Bei Übertragung der Erwägung auf ein Schiedsverfahren setzt die Beurteilung eines Schiedsspruchs als einer dem § 304 entsprechenden Zwischenentscheidung notwendig voraus, daß die Schiedsrichter über den Grund eines bei ihnen anhängig gemachten, auch dem Betrage nach streitigen Anspruchs entschieden haben, um damit eine vorbereitende Grundlage für einen Endschiedsspruch, den sie gleichfalls zu fällen berufen und gewillt sind, zu schaffen (vgl. JW. 1918 S. 137 Nr. 12). Hier kam für die Schiedsrichter nach ihrem Spruche vom 28. April 1911 eine Fortsetzung ihres Verfahrens und ein späterer Endschiedsspruch über den Anspruchsbetrag nicht in Frage. Der von ihnen gefällte Spruch hat die Bedeutung einer ganz selbständigen Entscheidung, mit der das anhängig gemachte Schiedsverfahren in der Hauptsache endgültig seinen Abschluß fand. Die Entscheidung über den Betrag der Ansprüche gehörte nach dem Abkommen der Parteien vom 3. Mai 1910 nicht zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Sie konnte nur in einem besonderen, bei dem ordentlichen Richter anhängig gemachten Prozesse herbeigeführt werden und erfolgen. Wenn sich die Schiedsrichter, denen in jenem Abkommen Aufgaben von untereinander verschiedener Natur und Tragweite mit vorzugsweiser Berücksichtigung der technischen Fragen zugewiesen sind, über den angemessenen Geldbetrag der Ansprüche äußerten, so gaben sie insoweit nur Gutachten ab, und die Angaben, welche die Parteien selbst den Schiedsrichtern über die Anspruchsbeträge unterbreiteten, konnten nur auf Erreichung günstiger Gutachten zielen. Soweit aber die Schiedsrichter in den 13'

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Nummern II bis V Entscheidungen getroffen haben, steht mit der Beurteilung ihres Spruches als End- und nicht als Zwischenentscheidung in vollem Einklänge, daß sie auch über die Kosten des schiedsgerichtlichen Verfahrens entschieden haben und, wie das Berufungsurteil mit Grund annimmt, nach dem Willen der Parteien über diese Kosten entscheiden sollten. Denn bei Erlaß von Zwischenurteilen und diesen gleichzustellenden Entscheidungen ist über die Kosten des Verfahrens nicht zu befinden (vgl. RGZ. Bd. 16 S. 316, Bd. 40 S. 369, Bd. 66 S. 10). Nach alledem bleibt nur übrig, den Schiedsspruch vom 28. April 1911 in seinen Entscheidungen zu I I bis V als einen einem gerichtlichen Feststellungsurteil entsprechenden Endschiedsspruch zu beurteilen. Kann sonach die im Berufungsurteile vertretene abweichende Beurteilung des Schiedsspruchs nicht bestehen bleiben, so muß auch die in Anlehnung an RGZ. Bd. 66 S. 10 gezogene Folgerung jenes Urteils, daß die vom Schiedsgericht im Grunde als berechtigt festgestellten Schadensersatzansprüche der Klägerin nach wie vor der ursprünglichen kurzen Verjährungsfrist unterlagen, als hinfällig erscheinen. Vom Standpunkte der vorstehenden Erörterungen aus ist vielmehr unbedenklich anzunehmen, daß jene Ansprüche nur noch der dreißigjährigen Verjährung unterworfen sind (BGB. §§ 218,220; ZPO. § 1040).

RGZ.

IOO,

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1. Von welchem Zeitpunkt an kann im Falle der Testamentsvollstreckung eine Nachlaßforderung mit der Folge geltend gemacht werden, daß die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 207 BGB. zu laufen beginnt? 2. . . . * ) BGB. §207. V. Zivilsenat.

Urt. v. 27. November 1920.

I. Landgericht I I Berlin.

II. Kanunergericht daselbst.

Der Beklagte zu 5, Dr. K., ist Idossant der beiden Klagewechsel, von denen der eine, über 20000 M. lautend und am 1. September 1917 ausgestellt, am 10. November 1917 fällig war, während der andere, über 50000 M. lautend, am 2. Oktober 1917 ausgestellt und am 1. Januar 1918 fällig war. Der erste Wechsel ist am 13. November 1917, der zweite am 3. Januar 1918 protestiert worden. Der letzte Inhaber der Wechsel war der Großschlächtermeister H. in Berlin, der am 23. Februar 1918 verstorben ist. Seinen Nachlaß verwaltet der Kläger als Testamentsvollstrecker. Dieser hat die Wechselsumme nebst Zinsen und Kosten gegen den Aussteller, die Akzeptantin und die Indossanten der Wechsel eingeklagt. Das Landgericht hat den Beklagten zu 5 zur Zahlung von 70000 M. nebst Zinsen und Kosten verurteilt, das Kammergericht hat die Klage gegen ihn als im Wechsel* ) Überholt.

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prozeß unstatthaft abgewiesen. Die Revision des Klägers ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: . . . In erster Instanz hatte der Beklagte zu 5 nur den Einwand erhoben, daß der Erblasser H. bei Hingabe der Wechsel mit ihm vereinbart habe, vor Ende des Jahres 1918 dürfe aus den Wechseln unter keinen Umständen eine Forderung erhoben werden, die Wechselforderungen würden solange gestundet. Den ihm hierüber zugeschobenen Eid hat der Kläger am 6. November 1918 in der Überzeugungsform geleistet, worauf die Verurteilung des Beklagten zu 5 erfolgte. In der Berufimgsinstanz erhob dieser dagegen den Einwand der Verjährung, indem er jetzt geltend machte, durch die Eidesleistung des Klägers stehe fest, daß die Wechselforderungen nicht bis Ende des Jahres 1918 gestundet seien; der erste Wechsel sei daher am 13. Februar 1918, der zweite am 5. Juli 1918 — drei Monate nach Annahme des Testamentsvollstreckeramtes durch den Kläger — verjährt gewesen. Der Kläger wandte demgegenüber ein, daß der Ablauf der Verjährung gemäß § 207 BGB. gehemmt gewesen sei. H. sei am 23. Februar 1918 verstorben, die Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker habe er, Kläger, dem Nachlaßgericht erst am 3. Juni 1918 erklärt. Der Kläger widerrief ferner die Eidesleistung vom 6. November 1918 über die Stundung der Wechselforderungen durch H. gegenüber dem Beklagten zu 5, weil dieser am 19. Dezember 1918 dem Justizrat Ho. erzählt habe, er habe im September oder Oktober 1917 dem Erblasser H. gegenüber die Wechselforderungen anerkannt und damit auf seine Bitte von H. Stundung erhalten. Dies habe er, Kläger, vom Justizrat Ho. nachträglich erfahren. Der Berufungsrichter führt demgegenüber aber aus, daß der Kläger ausweislich der Nachlaßakten schon in der Verhandlung vom 5. April 1918 bei der Testamentseröönung dem Nachlaßgerichte die Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker erklärt habe. Damit habe sein Amt begonnen und er sei rechtlich in der Lage gewesen, die Forderungen einzuklagen. Die spätere nochmalige Erklärung der Annahme des Amtes sei daher nicht maßgebend. Ob dem Kläger das Zeugnis über seine Ernennimg als Testamentsvollstrecker erst im Juni 1918 erteilt sei, erscheine belanglos, da der Kläger jedenfalls imstande gewesen sei, innerhalb sechs Wochen vom 5. April 1918 ab gerechnet, sich dies Zeugnis zu besorgen. Er wäre deshalb auch tatsächlich spätestens am 18. Mai 1918 in der Lage gewesen, im Wechselprozesse zu klagen, so daß die Forderungen bei der Klagerhebung am 19. August 1918 auch bei Berücksichtigung dieses Umstandes verjährt gewesen seien. Die jetzige Behauptung des Klägers, daß H. bei Hingabe der Wechsel dem Beklagten Dr. K. bis Ende 1918 Stundung gewährt habe, sei bereits durch die Eidesleistung des Klägers in erster Instanz widerlegt. Der Widerruf der Eidesleistung durch den Kläger habe nicht die Folge, daß die Eidesleistung nunmehr als verweigert anzusehen sei. Der Kläger habe damit nur auf die Geltendmachung der formellen Beweiskraft der Eidesleistung zu seinen

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Gunsten verzichtet. Die Wirkungen der Eidesleistung zugunsten des Beklagten zu 5 blieben dagegen bestehen; die Behauptung der Stundung bis Ende 1918 sei also widerlegt. Wenn der Beklagte Dr. K. in erster Instanz auch selbst die Stundung bis Ende 1918 behauptet habe, so liege hierin doch kein Geständnis, das ihn binde; denn der Kläger habe diese Tatsache, bevor Dr. K. sie behauptete, seinerseits nicht behauptet, vielmehr in erster Instanz stets bestritten. Da die übrigen Behauptungen des Klägers über anderweitige Stundung nicht mit Beweismitteln unterstützt seien, die im Wechselprozeß zulässig seien, so müsse die Klage als in der gewählten Prozeßart unstatthaft abgewiesen werden. Die Revision rügt Verletzung des § 207 BGB. und des § 464 Abs. 2 ZPO. Sie wendet sich zunächst gegen die Annahme des Berufiingsrichters, daß die Verjährung des Anspruchs aus dem zweiten Wechsel über 50000 M. schon am 5. April 1918 wieder zu laufen begonnen habe. Die dreimonatige Verjährungsfrist könne erst von dem Tage an gerechnet werden, an welchem der Kläger das Testamentsvollstreckerzeugnis oder einen anderen urkundlichen Ausweis über sein Amt erhalten habe, zumal da es sich um einen Wechselprozeß handele, in welchem die Urkunden der Klage hätten beigefugt werden müssen. Nicht die rechtliche, sondern die tatsächliche Klagemöglichkeit sei für den Lauf der Verjährung entscheidend. Dieser Revisionsangriff konnte keinen Erfolg haben. Nach § 207 BGB. wird die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlasse gehört oder sich gegen einen Nachlaß richtet, nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die Erbschaft von den Erben angenommen oder der Konkurs über den Nachlaß eröffnet wird oder von welchem an der Anspruch von einem Vertreter oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungszeit kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Da es sich hier um einen Regreßanspruch des Inhabers gegen den Vormann handelt, greift gemäß Art. 78 Nr. 1 WO. die Verjährung von drei Monaten Platz, deren Lauf hier mit dem Tage des erhobenen Protestes begann. Als Vertreter des Nachlasses im Sinne des § 207 kommt neben dem Nachlaßpfleger oder Abwesenheitspfleger auch ein Testamentsvollstrecker in Betracht, da nach § 2212 BGB. nur dieser ein seiner Verwaltung unterliegendes Recht gerichtlich geltend machen kann (vgl. Motive Bd. 1 S. 324). Da das Amt eines Testamentsvollstreckers nach § 2202 Abs. 1 BGB. mit dem Zeitpunkte beginnt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt, und die Annahme des Amtes durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht erfolgt (§ 2202 Abs. 2), so kann die sechs- oder dreimonatige Frist nur von diesem Zeitpunkt an gerechnet werden. In § 167 des Entwurfs des BGB. war der Beginn der Frist von sechs Monaten in den Zeitpunkt verlegt, in welchem ein Vertreter, gegen welchen oder von welchem der Anspruch geltend gemacht werden konnte, bestellt war. Auch hier war also schon auf die Bestellung des Vertreters und die Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs Gewicht gelegt. Sachlich ist an dem

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Inhalte dieser Vorschrift durch die etwas abweichende Fassung des § 207 BGB. nichts geändert (Protokolle Bd. 2 S. 221). Die Verjährung soll nicht laufen, solange der Nachlaß nicht vertreten ist. Mit der Erklärung der Annahme des Testamentsvollstreckeramtes gegenüber dem Nachlaßgericht ist aber die Möglichkeit geschaffen, mit Ansprüchen für oder gegen den Nachlaß vorzugehen. Abzulehnen ist die Auffassung der Revision, daß es daneben auch noch auf die tatsächliche|Möglichkeit, den Anspruch geltend zumachen, ankomme, daß hier daher die Frist von drei Monaten erst von dem Zeitpunkt an gerechnet werden dürfe, in welchem der Kläger das Testamentsvollstreckerzeugnis oder einen anderen urkundlichen Ausweis über seine Ernennung erhalten habe. Des in § 2368 BGB. vorgesehenen Zeugnisses über seine Ernennung bedarf der Testamentsvollstrecker überhaupt nicht; er kann den Beweis für seine Ernennung und die Annahme des Amtes auch auf jede andere Art, z. B. durch Vorlegung des Testaments und einer Ausfertigung der Annahmeerklärung führen (JW. 1910 S. 802 Nr. 9). Dies gilt auch im Prozeß, insbesondere auch im Wechselprozeß. Zur Besorgung derartiger Urkunden genügt die sechs- oder dreimonatige Frist. Geradeso gut wie der Testamentsvollstrecker sich den Wechsel und den Protest zur Klage im Wechselprozeß rechtzeitig verschaffen muß, vermag er sich auch die zu seiner Legitimation dienenden Urkunden zu verschaffen. Diese Urkunden müssen übrigens nach § 593 Abs. 2 ZPO. nicht notwendig der Klage beigefügt werden, sondern können auch mit einem vorbereitenden Schriftsatze nachgebracht werden. Die Erhebung der Klage, welche die Verjährung unterbricht (§ 209 BGB.), ist also auch ohne Beifügung der Legitimationsurkunde möglich. Es kann auch, wie der Berufungsrichter mit Recht angenommen hat, nur auf die rechtliche Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs nach § 207 BGB. ankommen. Andernfalls bestände für den Vertreter die Möglichkeit, dadurch, daß er sich nicht in die tatsächliche Bereitschaft zur Geltendmachung des Anspruchs versetzt, den Ablauf der Verjährung nach Willkür zu verzögern. RGZ. ii6, 281 1. . . . 2. Unterliegt ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, den der Käufer erhebt, weil ihm nur ein Teil der bedungenen Ware geliefert wurde, der kurzen Verjährung nach § 196 oder § 477 BGB ? BGB. § 196 Abs. 1 Nr. 1, § 477. I. Zivilsenat. Urt. v. 12. März 1927. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht".

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200 R G Z . 118, 27

In welcher Frist verjähren die Schlepplohnforderungen der Schleppschiffer ? BGB. § 196 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2. VII. Zivilsenat. Urt. v. 12. Juli 1927. I. Landgericht Duisburg.

II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Schlepplöhnen. Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen, vom Oberlandesgericht dem Grunde nach zugesprochen worden. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Aus den G r ü n d e n : . . . Der zweite Angriff der Revision richtet sich gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es den Eintritt der Verjährung der Klagansprüche verneint hat. Ob diesen Erwägungen beizutreten wäre, kann unerörtert bleiben, denn die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 3 BGB., von welcher der Berufungsrichter ausgegangen ist, kommt überhaupt nicht in Frage. Unter die angezogene Vorschrift fallen die Ansprüche der Eisenbahnunternehmungen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgelds, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohns. Dazu gehören nicht die Ansprüche der Schleppschiffahrtsunternehmer auf Zahlung des vereinbarten Schlepplohns. Namentlich ist der Schleppvertrag kein Frachtvertrag. Beim Schleppvertrag wird das zu schleppende Schiff regelmäßig — und etwas Abweichendes ist hier nicht behauptet worden — dem Schleppschiffer nicht übergeben. Es bleibt im Besitz desjenigen, der den Schleppauftrag erteilt, und die Aufgabe des Schleppschiffers besteht nur darin, mit der von ihm gestellten Kraft das schwimmende Schiff an einen bestimmten Ort zu bringen. Für diesen Erfolg haftet der Schiffer, und die von ihm geschlossenen Verträge sind deshalb wohl Werkverträge, aber, da es an einer zur Beförderung übergebenen Sache fehlt, nicht Frachtverträge, vgl. Ob. Trib. bei Striethorst Archiv Bd. 57 S. 121, Gruch. Bd. 14 S. 862, ROHG. Bd. 23 S. 320. Dem ist das Reichsgericht in RGZ. Bd. 6 S. 100 nicht entgegengetreten. Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche auf Zahlung von Schlepplohn fallen aber unter § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB., denn es sind die Ansprüche eines Kaufmanns für die durch Werkvertrag übernommene Ausführung von Arbeiten, und da die Leistungen für den Gewerbebetrieb des Schuldners bewirkt worden sind, verjähren sie nach § 196 Abs. 2 BGB. in vier Jahren. Diese Frist ist unstreitig nicht abgelaufen. Die Entscheidung RGZ. Bd. 86 S. 422, auf die sich die Beklagte berufen hat, greift nicht ein. Sie sagt nur, daß auch die unter Großkauf leuten und für den Gewerbebetrieb des Schuldners geschlossenen Seefrachtverträge unter Nr. 3 des § 196 Abs. 1 BGB. fallen.

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R G Z . 123, 378 1. Zur Frage der Sachbefugnis bei abgetretenen Ansprüchen auf Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung. 2. Welcher Verjährung unterliegt ein Anspruch auf Vergütung, die für die Übertragung von Auflassungsrechten an Grundstücken vereinbart ist? BGB. §§ 195, 196 Nr. 7, § 398. I I . Zivilsenat. Urt. v. 22. Januar 1929. I. Landgericht III Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger, von Beruf Bauingenieur, bohrte seit dem Jahre 1908 in der Bitterfelder Gegend nach Kohlen. Er erwirkte im Jahre 1910 von Grundbesitzern in der Gemarkung P. notarielle Urkunden, worin ihm zu bestimmten Preisen Äcker und Wiesen mit bindender Wirkung zum Kauf angeboten wurden, im ersten Falle bis zum 1. Oktober 1912, im zweiten bis zum 15. April 1914. Er nahm diese Angebote am 28. September 1912 und 15. April 1914 in notariellen Urkunden an, und zwar im zweiten Falle namens einer am selben 15. April 1914 von ihm und seiner Ehefrau mit 20000 M. Stammkapital gegründeten Gesellschaft mbH. M. M., deren Geschäftsführer er war und die im Juni 1914 ins Handelsregister eingetragen wurde. Am 15. Juli 1914 wurden mit der S. Braunkohlengesellschaft mbH. in H., deren gesamtes Vermögen später von der jetzigen Beklagten übernommen worden ist, drei Urkunden verabredet und aufgenommen. In der ersten, notariellen Urkunde trug der Kläger seine Rechte auf den Erwerb des Eigentums an den Grundstücken von R., wie 1910/12 erworben, zu gleichen Bedingungen der S. Braunkohlengesellschaft mbH. an, die am 29. September 1915 rechtzeitig annahm. Mit der zweiten, ebenfalls notariellen Urkunde traten der Kläger und seine Frau die gesamten Geschäftsanteile der M. M. GmbH, gegen Erstattung der nach Angabe des Klägers auf das Stammkapital eingezahlten 5000 M. gleichfalls an die S. Braunkohlengesellschaft mbH. ab, welche die 5000 M. am 8. Oktober 1915 zu zahlen hatte. Mit der dritten (privatschriftlichen) Urkunde versprachen die Geschäftsführer der S. Braunkohlengesellschaft mbH. dem Kläger für die Zuführung mehrerer Geschäfte betreffend den Erwerb von Kohlenfeldern, insbesondere in den Fluren von R., eine „Gesamtprovision" von 100000 M., zahlbar unter bestimmten Voraussetzungen gleichfalls am 8. Oktober 1915. In einem durch drei Instanzen gegangenen Vorprozeß, den die Ehefrau des Klägers in abgetretenen Rechten ihres Mannes gegen die S. Braunkohlengesellschaft mbH. angestrengt und gegen die jetzige Beklagte zu Ende geführt hat, sind der damaligen Klägerin im Jahre 1924 in aufgewerteter, wertbeständiger Form 105000 M. für die Geschäftsanteile und die Gesamtprovision rechtskräftig zugesprochen worden. Mit der jetzigen, am 9. Mai 1927 zugestellten Klage verlangt der Kläger Schadensersatz wegen verspäteter Zahlung der 105000 M. im

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Teilbetrag von 5000 RM. Die Beklagte hat die Sachbefugnis des Klägers für die Zeit nach der Abtretung bestritten und gegen den gesamten Anspruch die Einrede der Verjährimg erhoben. In beiden Vorinstanzen wurde der Kläger abgewiesen. Auf seine Revision wurde das Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : Der Vorderrichter hält den Kläger zur Geltendmachung des nach der Abtretung vom Oktober 1916 erwachsenen Schadens nicht für sachberechtigt, auch nicht für befugt, den § 1380 BGB. zur Begründung seiner Sachberechtigung heranzuziehen, weil darin eine Klagänderung liege. Wegen des älteren Schadens erachtet er die Einrede der Verjährung für durchgreifend. Diese Entscheidung ist in keinem Teile haltbar. 1. Der Kläger hat an seine Ehefrau nicht seine gesamten Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis zur S. Braunkohlengesellschaft mbH. abgetreten, sondern, wie im Berufungs- und im Revisionsurteil des Vorprozesses gesagt ist, seine Forderungen aus den Verträgen mit der S. Braunkohlengesellschaft „in Höhe von 125000 M.". Aus dem Inhalt dieser Abtretung kann nichts dafür abgeleitet werden, daß der Kläger seiner Ehefrau neben den Hauptansprüchen auch Schadensersatzansprüche in irgendwelchem Umfang mit abgetreten habe, die nach § 288 Abs. 2 BGB. wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung neben dem im Vorprozeß geltend gemachten und zuerkannten Verzugszinsenanspruch begründet waren. Dementsprechend hat im gegenwärtigen Rechtsstreit der erste Richter mit Recht ausgesprochen, es lägen keinerlei Umstände vor, aus 4enen der Wille zu einer solchen Abtretung hervorgehe; eine Abtretung der vor 1917 entstandenen Schadensersatzansprüche könne daher nicht angenommen werden. Auch das Berufungsgericht hat erklärt, es sei nicht ohne weiteres anzunehmen, daß mit der Abtretung Schadensersatzansprüche aus der Zeit vor der Abtretung auf die Ehefrau übergegangen seien. Die Unterscheidung zwischen Schadensersatzansprüchen „aus der Zeit vor der Abtretung", die verjährt sein sollen, und „aus der Zeit nach der Abtretung", wofür der Kläger nicht sachberechtigt sein soll, darf aber auch in dem — gegebenen — Falle, daß jene Abtretung nicht vorliegt, nicht in der geschehenen Weise gemacht werden. Einmal ist zu beachten, daß aus der Nichtzahlung auf den im Vorprozeß angenommenen Verfalltag (8. Oktober 1915, also über ein Jahr vor der Abtretung) Schadenswirkungen beim damaligen Gläubiger, dem Kläger, eingetreten sein können, die im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht abgeschlossen waren. Das erhellt sofort, wenn man sich den Fall denkt, daß der Kläger gegen Gewährung des Nennbetrags von 105000 M. abgetreten, also nur die geschuldete Geldsumme in die Hand bekommen hätte. Damit wären Schäden, die dadurch erwuchsen, daß er nicht die Summe ein Jahr zuvor zur Verfügung hatte, mit ihr arbeiten, eingegangene Geschäfte ausführen konnte, weder beseitigt noch beendigt gewesen. Gerade in solcher Richtung bewegt sich aber die Schadensbegründung des Klägers: er habe außer dem in den Abmachungen

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mit der S. Braunkohlengesellschaft verwerteten Felderwerb noch andere Kaufangebote über Grubenfelder und Baustellenland abgeschlossen, habe aber beim Mangel des ihm geschuldeten Kapitals diese Erwerbungen nicht verwerten können; auch habe er für die Erschließung von Kohlenfeldern, die er infolge des Zahlungsverzugs der Beklagten nicht habe ankaufen können, 7000 M. vergeblich verauslagt, endlich seiner Ehefrau 10000 GM. für Prozeßkosten zur Verfugung stellen müssen. Dafür sei die nicht rechtzeitige Zahlung des geschuldeten Betrags an ihn ursächlich. Seine Absicht sei dahin gegangen, die Kohlenfelder zu verwerten, indem er nach und nach, sobald er in den Besitz der 105000 M. gelangt wäre, die Kaufangebote angenommen und die Kohlenfelder dann weiter verkauft und dies immer wiederholt hätte. Die Abtretung an seine Frau würde auch gar nicht erfolgt sein, wenn die Zahlung am 8. Oktober 1915 rechtzeitig geschehen wäre. Der Kläger sucht also den ganzen geltendgemachten Schaden damit zu begründen, daß nicht an ihn, solange er Gläubiger war, gezahlt worden sei. Indessen kommt es hierauf nicht einmal an. Allerdings können dann, wenn die Abtretung eine Vermögenszuwendung enthält, spätere mit der Person des Abtretungsempfangers zusammenhängende Ereignisse einen weiteren Schaden verursachen, der für diesen selbst einen Ersatzanspruch entstehen läßt. Anders liegt aber die Sache hier. Der Kläger hat in der Klage behauptet (und das hat sich schon im Vorprozeß ergeben, wo die Nichtigkeig der Abtretung eingewendet war), er habe die Forderungsabtretung an seine Ehefrau nur zur Sicherung wegen ihres eingebrachten Gutes von rund 19000 M. vorgenommen, und er behauptet weiter, im Innenverhältnis zwischen ihnen beiden sei sie verpflichtet gewesen, ihm die überschießenden rund 85000 M. sofort herauszugeben, womit er seine Geschäfte hätte abwickeln können. In solchem Falle liegt die Sache rechtlich so: Zwar ist auch die Abtretung zu Sicherungszwecken als Vollabtretung anzusehen mit der Folge, daß zum Wiedererwerb Rückabtretung erforderlich ist (RGZ. Bd. 99 S. 143, Bd. 102 S. 386; JW. 1929 S. 182 Nr. 15); auch kann eine Abtretung zum Einzug unter der Form der Vollabtretung vor sich gehen. Aber eine Vermögenszuwendung ist damit nicht verbunden, wie denn die Forderung z. B. im Konkurse der Frau vom Manne ausgesondert werden kann und gar nicht in das eingebrachte Gut der Ehefrau als Abtretungsempfängerin fällt. Damit scheidet die Heranziehung des § 1380 BGB. für die Berechtigung des Klägers am Klaganspruch sachlich aus. In solchem Falle ist der wirklich Geschädigte bei weiterer Nichtzahlung auch nur der Abtretende, nicht die Frau, in deren Person hier die Entstehimg anderen Schadens als des bereits im Vorprozeß ausgeglichenen Geldentwertungsschadens gar nicht behauptet wird. Diesen seinen Schaden aus Ursachen, die nach der Abtretung liegen — einen Schaden, den nach RGZ. Bd. 107 S. 134 auch die Frau hätte mitverfolgen können — muß der Kläger, der zudem offenbar mit Zustimmung seiner Frau handelt, auch selbst geltend machen können. Hiernach ist er berechtigt, den gesamten Schaden wegen verzögerter Erfüllung beizutreiben, soweit er nicht schon im Vorprozeß ausgeglichen ist.

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2. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist nicht begründet. Die Rechtsgeschäfte mit der S. Braunkohlengesellschaft vom 15. Juli 1914 haben in Ansehimg der Geschäftsanteile der GmbH, die Rechtsform der Abtretung gegen Entgelt, also eines Kaufs der Geschäftsanteile. Hierbei sind als Verkäufer zu 19 Teilen der Kläger, zu einem Teil seine Ehefrau bezeichnet. Wegen der Felder auf Gemarkung R. hat der Kläger ein — am 29. September 1915 angenommenes — Angebot auf Erwerb seiner Auflassungsansprüche gegen Übernahme der ihm obliegenden Zahlungen gemacht; es handelt sich also wieder um einen Kauf von Rechten. Das Provisionsversprechen von 100000 M. ist für Zuführung von Erwerbsgeschäften über Kohlenfelder, also für Leistung von Diensten gegeben. Die Gerichte der zweiten und dritten Instanz im Vorprozeß haben aber hierin ein einheitliches Geschäft, eine käufliche Überlassung der Auflassungsansprüche an die Grundbesitzer von R. und P. für 100000 M. gesehen. Im gegenwärtigen Rechtsstreit erklärt das Berufungsgericht im Anschluß an die Ausführungen des ersten Richters wieder, auf die Rechtsform komme es nicht an, sondern auf die vom Kläger ausgeübte wirtschaftliche Funktion, und findet in den Geschäften nur eine Vermittlertätigkeit, weil sie den Bergbauinteressenten die Möglichkeit zum Erwerb der erforderlichen Felder hätten verschaffen sollen, sei es durch Weiterveräußerung der Felder selbst, sei es durch Übertragung von Optionsrechten. Der Kläger habe, sagt der Vorderrichter, die Felder mangels des erforderlichen Kapitals gar nicht selbst oder durch die von ihm gegründete Gesellschaft ausbeuten wollen. Er geht damit über die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers weg, dieser habe ursprünglich die von ihm in der Bitterfelder Gegend erschlossenen oder sichergestellten Kohlenfelder selbst oder durch die von ihm gegründete Gesellschaft mbH. auszubeuten beabsichtigt und gar nicht daran gedacht, sie an Dritte zu verkaufen. Für unerheblich erachtet das Berufungsgericht die weitere Erklärung des Klägers, er sei durch Versprechungen zu den Abmachungen vom 15. Juli 1914 „verleitet" worden; die Wahl der Anstellung der Grubenfelder zum gleichen Preis und eines „Gesamtprovisionsanspruchs" sei nur aus steuerlichen Rücksichten erfolgt. Endlich unterstellt der Vorderrichter die dem Kläger versprochene Vergütung durchweg der kurzen Verjährimg des § 196 Nr. 7 BGB. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der § 196 BGB. stellt eine Reihe von Ansprüchen bestimmter Art zusammen, die unter den Gesichtspunkt der Geschäfte des täglichen Verkehrs fallen und nach ihrer Zahl und ihrer in der Regel untergeordneten Bedeutimg in kurzer Zeit vollständig abzuwickeln sind. Hierbei liegt neben dem Beruf des Anspruchsberechtigten und dem Gegenstand des Anspruchs auch auf der rechtlichen Natur der Ansprüche entscheidendes Gewicht. Wirtschaftliche Betrachtungen können die Anwendung dieser Vorschriften nicht begründen. Im Streitfall handelt es sich überall um Ansprüche aus Verkauf von Rechten, nicht aus Dienstverträgen irgendwelcher Art, wie sie § 196 Nr. 7 BGB. für die Regel voraussetzt. Dafür, wie die Überlassung von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft

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mbH. als Leistung von Diensten oder als Besorgung eines fremden Geschäfts soll betrachtet werden können, bleibt der Vorderrichter jede nähere Begründung schuldig. Zwar kann die Gründung einer Gesellschaft mbH. den Gegenstand eines Auftrags und der Leistung von Diensten oder der Besorgung eines fremden Geschäfts bilden (RGZ. Bd. 72 S. 179); aber um einen Auftrag handelt es sich hier nicht, sondern um eine eigene Gründung, wobei die Gesellschaft mbH., zur Eintragung in das Handelsregister zugelassen, einen selbständigen Geschäftszweck gehabt haben muß, § 3 Nr. 2 GmbHG. Dieser Geschäftszweck ist auch mit dem Vertrag vom 15. Juli 1914 nicht einfach weggefallen, so wenig wie die Gesellschaft mbH. selbst. Denn in dem Vertrag ist eine Bestimmung enthalten, welche den Kläger und seine Frau zum „Rückerwerb der veräußerten Geschäftsanteile" verpflichtet, falls die S. Braunkohlengesellschaft mbH. dies bis zum 1. Oktober 1915 verlange. Die bisher unterbliebene Feststellung des satzungsmäßigen Geschäftszwecks dieser Gesellschaft mbH. wäre ein wichtiger Fingerzeig für die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit des Klägers überhaupt gewesen. Daß diese auch im weiteren nicht unter den rechtlichen Gesichtspunkt des Dienstvertrages gebracht werden kann, ergibt sich schon aus folgender Erwägung: Dem Kläger, der eine über Jahr und Tag sich hinziehende Spekulation in Grubenfeldern eingeleitet hat und der für seine Rechte auch andere Verwertungsmöglichkeiten gehabt hätte als die Abgabe an andere Bergbauinteressenten (z. B. die Einbringung in eine Gesellschaft anderer Art und Zusammensetzung als die hier gewählte), stand zunächst ein zur Vergütung Verpflichteter überhaupt nicht gegenüber. Nicht einmal ein Unbekannter, den die Tätigkeit anging, war vorhanden. Vielmehr vollzog der Kläger seine Arbeit in spekulativer Absicht für sich selbst. Die Art und Weise der Verwertung ihres Ergebnisses war der Zukunft vorbehalten, wenn der Kläger dabei auch, und vielleicht in erster Linie, an den Verkauf seiner Rechte an Dritte gedacht haben mag. In gewissem Sinne, rein wirtschaftlich betrachtet, ist jede Handelstätigkeit Vermittlung von Gütern, ohne daß deshalb, wie § 196 Nr. 1 BGB. zeigt, von einer Anwendung der Nr. 7 das. auf die dadurch erworbenen Ansprüche die Rede sein könnte. Bei dieser Vorschrift ist wesentlich, daß gerade durch den gewerbsmäßigen Betrieb der Besorgung fremder Geschäfte oder der Leistung von Diensten selbst schon „gebührende Vergütungen mit Einschluß der Auslagen" erworben werden. Hiervon war keine Rede beim Kläger, der nachträglich die Ergebnisse seiner Arbeit verkauft hat. Wie es sich auch mit den von ihm unter Beweis gestellten Verwertungsabsichten verhalten mag, jedenfalls ist auf die von ihm erst am 15. Juli 1914 durch Verträge erworbenen Ansprüche § 196 Nr. 7 unanwendbar. Das Eingreifen einer andern Vorschrift des § 196, insbesondere der Nr. 1, ist weder behauptet noch ersichtlich. Danach greift hier nur die ordentliche 30 jährige Verjährung Platz.

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RGZ. 128, 76 1. Wann beginnt die Verjährung eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung? 2. Auf wie lange Zeit erstreckt sich die Unterbrechung der Verjährung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung? BGB. §§ 196 flg. VII. Zivilsenat. Urt. v. 4. April 1930. I. Landgericht Wiesbaden, Kammer für Handelssachen. . Frankfurt a. M.

II. Oberlandesgericht

Durch schriftlichen Vertrag mit dem Beklagten vom 19./28. Mai 1922 hatte die klagende Aktiengesellschaft die Lieferung einer in Charbin (Mandschurei) zu errichtenden ölhärtungsanlage für Sojabohnen von 50000 kg täglicher Verarbeitung zum Gesamtpreis von 48000 £ übernommen. Im Vertrag war bestimmt, daß die gesamte Anlage am 1. Juni 1923 betriebsfertig montiert sein sollte und'daß die Zahlungen des Bestellers mit 18000 £ bis zum 10. Juni 1922, mit weiteren 20000 £ entsprechend der Versendung und mit den restlichen 10000 £ binnen 14 Tagen nach Inbetriebsetzung der Anlage und nach Erfüllung der von der Klägerin übernommenen Garantieverpflichtung zu erfolgen hätten. Durch eine schriftliche Sondervereinbarung vom 28. Mai 1922 bestätigte die Klägerin, daß der Ingenieur Z. des Beklagten, der sich mit der Betriebsweise einer von der Klägerin bereits fertiggestellten ölhärtungsanlage vertraut machen sollte, vom 5. Juni 1922 ab 14 Tage lang im Betrieb der Firma K. in Ka. werde tätig sein können und daß, wenn ihm die Möglichkeit hierzu nicht gegeben werde, der Vertrag vom 19./28. Mai 1922 verfalle. Es stellte sich danach heraus, daß die Anlage für die Firma K. am 5. Juni 1922 noch nicht fertig war, so daß Z. in Ka. nicht in Tätigkeit treten konnte. Die Klägerin brachte als Ersatz eine gleichartige Anlage in Holland in Vorschlag; der Beklagte erklärte aber durch Schreiben vom 7. Juni 1922 der Klägerin seinen Rücktritt vom Vertrag, da die in der Sondervereinbarung gegebene Zusage nicht eingehalten worden sei. Die Klägerin hält den Rücktritt für unberechtigt und behauptet, es sei ihr durch ihn ein Schaden im Gesamtbetrag von etwa 10000 £ entstanden. Zur Sicherung ihrer Ansprüche erwirkte sie im August 1922 sowie im Januar und Februar 1923 beim Landgericht Bremen Arrestbefehle gegen den Beklagten, auf Grund deren sie mehrere Pfändungen gegen ihn vornehmen ließ; die letzte Pfändung erfolgte am 14. Februar 1923. Mit der am 12. November 1927 beim Landgericht Wiesbaden eingereichten Klage machte die Klägerin einen Teilbetrag ihrer Forderung in Höhe von 51000 RM. mit Zinsen geltend. Das Landgericht entsprach dem Klagantrag. Der Beklagte legte Berufung ein und wandte im zweiten Rechtsgang Verjährung ein. Auf Grund dieses Einwands wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

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Aus den G r ü n d e n : Das Oberlandesgericht nimmt auf Grund der Vereinbarung der Parteien über den Gerichtsstand im Vertrag vom Mai 1922 an, daß sie deutsches Recht als für ihre Vertragsbeziehungen maßgebend anerkennen wollten. Rechtliche Bedenken sind dagegen nicht geltend zu machen. Die Verjährungseinrede erachtet der Berufungsrichter für durchschlagend, indem er erwägt: Der Klaganspruch gehe auf Schadensersatz und werde auf eine positive Vertragsverletzung des Beklagten gestützt. Dieser Anspruch sei spätestens im August 1922 entstanden, als die Klägerin den ersten Arrestantrag gestellt und dabei unzweideutig zu erkennen gegeben habe, daß sie nicht mehr Vertragserfüllung, sondern Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordere. Gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB. in Verbindung mit § 201 das. sei mithin die vierjährige Verjährungsfrist an sich am 31. Dezember 1926 abgelaufen. Wolle man aber zugunsten der Klägerin unterstellen, daß die Arrestpfändungen nach § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB. die Verjährung unterbrochen hätten, so sei dies im Ergebnis ohne Belang, weil die letzte Vollstreckungshandlung am 14. Februar 1923 stattgefunden habe, der Anspruch daher unter allen Umständen am 15. Februar 1927, also vor der erst im November 1927 erfolgten Klagerhebung verjährt gewesen sei. Endlich sei die von der Klägerin der Verjährungseinrede entgegengesetzte Gegeneinrede der Arglist ungerechtfertigt, da das Verhalten des Beklagten nicht geeignet sei, sie zu begründen. Die Revision führt zunächst aus, der mit der Klage verfolgte Anspruch sei der im Vertrag vom Mai 1922 begründete Erfullungsanspruch, der jetzt nur infolge des Rücktritts des Beklagten und seiner Erfullungsweigerung die äußere Form des Schadensersatzanspruchs habe. Der Anspruch auf Zahlung der Vergütung aus dem Werkvertrag sei nicht verjährt, jedenfalls nicht der auf Zahlung der letzten Rate von 10000 £, deren Fälligkeit erst nach der für den 1. Juni 1923 vorgesehenen Inbetriebsetzung des Werkes eingetreten wäre. Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen. Das Wesen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Vertrags besteht darin, daß an die Stelle der ursprünglichen Vertragspflichten beider Teile eine einseitige reine Geldforderung des Ersatzberechtigten tritt, die sich nach der Verschlechterung bemißt, welche seine wirtschaftliche Stellung durch das Unterbleiben des Vertragsvollzugs erfahren hat (vgl. RGZ. Bd. 102 S. 62, Bd. 127 S. 248). Die hier maßgebende Klagschrift ergibt zweifelfrei, daß die Klägerin nur einen solchen an die Stelle der ursprünglichen Vertragspflichten gesetzten Geldanspruch hat verfolgen wollen. (Wird näher ausgeführt.) Unbedenklich ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Klägerin schon mit ihrem Arrestantrag vom 30. August 1922 den Schadensersatzanspruch verfolgt und daß dieser mithin als damals entstanden zu gelten hat; auch der Arrestbefehl des Landgerichts Bremen von demselben Tage war schon in diesem Sinne abgefaßt.

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Die Revision wendet sich, indem sie sich nunmehr dem Standpunkt anpaßt, daß ein Schadensersatzanspruch in Rede steht, weiter dagegen, daß dessen Verjährung sich früher vollendet haben könne, als die Verjährung des vertraglichen Vergütungsanspruchs eingetreten sei. Der Vorderrichter führt hierzu aus: Der Beginn der Verjährung des Schadensersatzanspruchs stehe in keiner Abhängigkeit von dem für den ursprünglichen Vertragsanspruch maßgebenden Zeitpunkt. Denn es liege ein neuer, selbständiger Anspruch vor, für den eine eigene Verjährung beginne; deren Anfang bestimme sich völlig unabhängig allein nach den Grundsätzen der §§ 198, 201 BGB. Dieser Auffassung ist beizutreten; sie wird auch vom RGR.-Kommentar Anm. 2 Abs. 1 a. E. zu § 198 geteilt. Als Ersatz für den Erfüllungsanspruch in dem von der Revision behaupteten Sinne, daß die für diesen geltenden Verjährungsvorschriften ohne Unterschied darauf zu übertragen seien, läßt sich der Schadensersatzanspruch nicht betrachten. Er bewahrt vielmehr seine selbständige Natur gerade auch im Hinblick auf die Zeit seiner Entstehimg. Darin liegt keine Unbilligkeit für den Gläubiger; denn es hängt ja von ihm ab, ob er beim Anspruch auf Vertragserfüllung stehen bleiben oder zum Schadensersatzanspruch übergehen will. Die Vorteile, die ihm der letztere durch seine alsbaldige Fälligkeit bietet, werden in der Regel den Nachteil eines etwaigen früheren Ablaufs der Verjährungsfrist aufwiegen. Des weiteren meint die Revision, die Arrestpfändung gegen den Beklagten habe die Verjährung unterbrochen und diese Unterbrechung habe so lange gedauert, als die Vollstreckungshandlung bestehen geblieben sei. Der Berufungsrichter geht, ohne die Frage zu entscheiden, zugunsten der Klägerin davon aus, daß auch eine Arrestpfändung geeignet sei, die Verjährung gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB. zu unterbrechen, bezeichnet es aber als unbestritten, daß eine derartige Unterbrechung nicht so lange währe, als die Vollstreckung überhaupt dauert, sondern immer nur eine augenblicklich wirkende sei. Auch hierin ist dem Berufungsgericht beizustimmen ; die Richtigkeit seiner Ansicht ergibt sich schon aus dem Gesetze selbst. Daraus, daß im § 211, im § 214 Abs. 1 und im § 215 Abs. 1 BGB. für verschiedene Unterbrechungsfälle des § 209 BGB. die Fortdauer der Unterbrechung bis zu bestimmten Zeitpunkten besonders angeordnet ist, folgt ohne weiteres, daß in den anderen Fällen, so namentlich bei der Unterbrechung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung (§ 209 Abs. 2 Nr. 5) und auch im Falle des § 208, die Unterbrechung nicht fortdauert. Insbesondere enthält § 216 BGB., der sich mit der Unterbrechung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung beschäftigt, keine Vorschrift von der Art der §§ 211,214 Abs. 1, § 215 Abs. 1. Sodann bekämpft die Revision noch die Annahme des Berufungsgerichts, die nach Beendigung der Unterbrechung gemäß § 217 BGB. beginnende neue Verjährung setze alsbald ein, und nicht erst mit dem Schlüsse des Jahres, in dem die Unterbrechung eintrat. Diese Ansicht steht aber in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 65 S. 268), von der abzugehen keine Veranlassung vorliegt.

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Nach alledem ist die Meinung des Oberlandesgerichts, daß die Verjährung des eingeklagten Schadensersatzanspruchs schon vor Klagerhebung vollendet gewesen sei, rechdich nicht zu beanstanden. Auch bei der Ablehnung der Gegeneinrede der Arglist, auf welche die Revision nicht zurückkommt, tritt kein Rechtsirrtum zutage (vgl. RGZ. Bd. 87 S. 281, Bd. 109 S. 309, Bd. 115 S. 135). RGZ. 128, 191 1. Zum Begriff des Stillstands des Rechtsstreits im Sinne des §211 BGB. in Verbindung mit §§251, 251a ZPO. 2. Kann die Unterbrechung der Verjährung während eines Sühneverfahrens endigen ? BGB. §§211, 558. ZPO. §§251, 251a. VIII. Zivilsenat. Urt. v. 27, März 1930. I. Landgericht Prenzlau. II. Kammergericht Berlin.

Durch Vertrag vom 17. August 1904 hatte der Beklagte das Gut D. einschließlich des toten und lebenden Inventars bis zum 1. Juli 1922 an den Kläger verpachtet. Der Wert des Inventars wurde bei der Ubergabe des Gutes auf 113802 M. abgeschätzt; dabei wurde vereinbart, es solle bei der Rückgabe ein der Taxe entsprechender, gleich hoher Wert zurückgegeben werden. Werterhöhungen der einzelnen Stücke gegenüber der Taxe, sowie etwaige Mehrsaaten und Bestellungen sollten dem Pächter erstattet werden. Über die Berechnung des Mehr- oder Minderwertes bestehen zwischen den Parteien Meinungsverschiedenheiten. Da man sich bei der Rückgabe über sie nicht einigen konnte, weil der Kläger die Zahlung der neuen Taxsumme unter Abzug der ursprünglichen mit 113802 M. forderte und sein gesetzliches Pfandrecht am Inventar geltend machte, der Beklagte aber die Verpflichtung zur Zahlung bestritt, traf man folgendes Abkommen: Die Beteiligten vereinbaren, daß bis zur Beendigung des schwebenden Rechtsstreites dem abziehenden Pächter von dem Verpächter eine Sicherungshypothek an der Substanz des Fideikommißrittergutes D. an der jetzt offenen Stelle von 12000000 M. in besonderer Urkunde bestellt werden soll. Bis zur Eintragung dieser Sicherheitshypothek bleibt das gesetzliche Pfandrecht des Pächters an dem Inventar dadurch bestehen, daß der Pächter das Inventar nicht dem Verpächter, sondern den Rittergutspächtern Gustav S., Julie S. und Walter S., erstere beide in P., letzterer in D. wohnhaft, übergibt, welche sich bereit erklärt haben, den Pfandbesitz an dem Inventar für den Pächter W. auszuüben. Sobald die Eintragung der Sicherungshypothek erfolgt ist, erlischt das Pfandrecht an dem Inventar.... Die Sicherungshypothek ist nicht bestellt worden. Zivil«. Allgem. Teil 4

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Scfaon im Jahre 1920 hatte der Kläger eine Feststellungsklage dahin erhoben, daß ihm der Unterschied zwischen der ursprünglichen und der bei Rückgabe des Gutes aufgestellten Taxe auszuzahlen sei. Am 27. Juni 1922 wurde ein zugunsten des Klägers ergangenes Urteil vom Reichsgericht aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, wo sie zur Zeit ruht. Ende des Jahres 1922 erhob der Kläger vier getrennte Leistungsklagen, die, vom Landgericht abgewiesen, infolge Berufung vor den Senat des Kammergerichts gelangten, bei dem auch die Feststellungsklage wieder anhängig geworden war. Die letztere suchte der Senat durch Vergleich zu erledigen. Am 23. April 1923 ordnete er einen Sühnetermin vor dem Berichterstatter an. Im ersten Termin vom 3. Juni 1923 erschien der Kläger nicht, im zweiten vom 19. November 1923 erschien niemand. Im Juni 1925 nahm das Verfahren durch den Wechsel von Schriftsätzen seinen Fortgang; am 10. Juni 1925 fand ein Sühnetermin statt. Der Berichterstatter holte Gutachten ein und hielt am 8. Mai 1926 einen neuen Sühnetermin ab. Einen in diesem Termin gemachten Vergleichsvorschlag lehnte der Beklagte am 28. Oktober 1926 ab. Weitere Verhandlungen blieben erfolglos, und am 21. September 1927 erklärte der Beklagte jeden ferneren Versuch für aussichtslos. Am 13. Februar 1928 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die übrigen Sachen waren zum Termin angesetzt, und zwar O 670/22 und 671/22 auf 14. Juni 1923, 669/22 auf 11. Juni 1923 und 3 AO 114/28 auf 14. April 1924. Es erschien niemand. Nur der Urkundsbeamte fragte am 8. Dezember 1924 noch an, ob das Verfahren fortgesetzt werden solle oder ob es durch Vergleich erledigt sei. Auf eine Ladung des Klägers vom 9. Juni 1927 hin wurde in sämtlichen vier Sachen neuer Termin auf den 17. Oktober 1927 anberaumt. Die Sachen 669/22, 670/22 und 671/22 wurden verbunden (3 AO 113/28), und es wurde Urteil dahin erlassen, daß diese Sache ebenso wie 3 AO 114/28 an das Landgericht zurückverwiesen werde. Dieses verband auch die Sachen 3 AO 113 und 3 AO 114/28. Dem Antrag auf Zahlung stellte der Beklagte nunmehr die Einrede der Verjährung entgegen, die durch wiederholten Stillstand im Rechtsstreit gemäß § 558 BGB. eingetreten sei. Das Landgericht wies die Klage ab; es wurde angenommen, der persönliche Anspruch des Klägers sei verjährt; soweit dieser aber den dinglichen, ihm auf Grund des Pfandrechts zustehenden Anspruch geltend mache, liege Klagänderung vor. Auf die Berufung des Klägers erklärte das Kammergericht durch Teilurteil den persönlichen Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: Das Kammergericht weist die Einrede der Verjährung in Ansehung des persönlichen Anspruchs zunächst deshalb zurück, weil die Verjährungsfrist des § 558 BGB. noch nicht zu laufen begonnen habe. Für den Pächter

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beginne die Verjährung mit der Beendigung des Pachtverhältnisses, für den Verpächter mit dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhalte. Für den Pächter komme es also auf den Besitz als Tatsache nicht an. Im vorliegenden Falle werde aber der Besitz vom Pächter auf Grund der Vereinbarung bei Übergabe des Gutes fortgesetzt, wenn auch nur an einem Teil der Pachtsache und zur Ausübung bestimmter Rechte. Darin liege eine Erstreckung des Pachtverhältnisses, das also noch nicht in vollem Umfang beendet sei. Eine andere Annahme würde eine Ungleichheit schaffen. Daß die Verjährung nur gegen den Pächter, nicht aber gegen den Verpächter zu laufen beginne, sei nur gerechtfertigt, wenn der Pächter die Sache gegen den Willen des Verpächters nicht zurückgebe. Sonst seien beide gleichzustellen. Das Pachtverhältnis sei sonach im Sinne des § 558 BGB. noch nicht beendet. Damit verkennt das Berufungsgericht die Bedeutung dieser Vorschrift. Wenn sie die Verjährung für den Verpächter mit dem Zeitpunkt beginnen läßt, in dem er die Sache zurückerhält, so stellt sie auf die Zeit ab, zu der er von den Mängeln und Veränderungen der Sache sichere Kenntnis erlangt oder erlangen kann, von der ab er also erst in der Lage ist, seine Rechte nach dieser Richtung hin wahrzunehmen. Damit wird allerdings eine unterschiedliche Behandlung der beiden Vertragsparteien begründet; sie schafft aber keine Ungleichheit, sondern ist durchaus billig, da der Pächter, der sich im Besitz der Sache befindet, spätestens bei Beendigung des Pachtverhältnisses die Mängel und Veränderungen kennt und geltend machen kann. Die Erwägung des Berufungsgerichtes ist hiernach rechtsirrig. Dasselbe bat aber für die Annahme zu gelten, das Pachtverhältnis sei bezüglich des Inventars fortgesetzt worden, weil der Kläger den Pfandbesitz durch die neuen Pächter mittelbar ausübe; darin sei die Vereinbarung der Erstreckung des Pachtverhältnisses zu erblicken. Dieser Auffassung steht schon der Umstand entgegen, daß ein solches Pachtverhältnis eine rechtliche Unmöglichkeit darstellen würde. Es mag dahinstehen, ob sich der Grund und Boden vom Inventar in der Weise trennen läßt, daß sie in der Hand desselben Eigentümers Gegenstand von Rechten verschiedener Pächter sein können. Jedenfalls kann ein Pachtverhältnis nicht fortdauern, wenn der bisherige Pächter, wie im vorliegenden Falle, Grund und Boden samt Inventar aus der Hand gibt und sich so außerstande setzt, weitere Früchte davon zu ziehen. Damit entfallen die wesentlichen Merkmale eines Pachtvertrags, die gerade in der Fruchtziehung durch den Pächter und in der Zahlung des Pachtzinses bestehen. Hier hat aber der Kläger den Grund und Boden an den Beklagten, das Inventar an die neuen Pächter abgegeben. Für letzteres zahlt er weder an den Beklagten einen Pachtzins, noch erhält er von den neuen Pächern ein Entgelt. Von einem Fortbestand des ursprünglichen Pachtverhältnisses kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Für eine in einem Pachtgrundstück liegende Drainage, an der das Pachtrecht fortbestehen sollte, hat der erkennende Senat dasselbe ausgesprochen (Urt. vom 13. Februar 1930 VIII 529/29), weil die Auseinanderreißung eines Grundstücks und der in ihm liegenden Drainage in der Weise, daß 14'

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dem neuen Pächter die Rechte am Grundstück, dem früheren Pächter die Rechte an der Drainage zuständen, rechtlich unmöglich sei. Sonach ist das Pachtverhältnis zwischen den Parteien beendet und dem Beginn des Laufes der Verjährungsfrist aus § 558 BGB. stand insoweit kein Hindernis entgegen. Es fragt sich aber, ob nicht die Geltendmachung der Verjährungseinrede deshalb unzulässig ist, weil eine Verjährung nach Lage des Verfahrens überhaupt nicht Platz greifen konnte. Die beiden Zeiträume, innerhalb deren sich die Verjährung vollzogen haben soll, sind die Zeiten vom 14. April 1924 bis 10. Juni 1925 und vom 8. Mai 1926 bis 1. April 1927. Vor Beginn des ersten Zeitraums war die Verordnung über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 135) in Kraft getreten. Sie führte den jetzigen § 251a ZPO. neu ein und schränkte im neugefaßten § 251 Abs. 1 die Befugnis der Parteien, durch Vereinbarung oder durch Nichterscheinen in einem Termin das Verfahren zum Ruhen zu bringen (§ 251 a. F.), dahin ein, daß nur das Gericht das Ruhen anordnen kann, wenn beide Parteien es beantragen und die Anordnung zweckmäßig erscheint. Vor Ablauf von drei Monaten kann das Verfahren nur mit Zustimmimg des Gerichts aufgenommen werden (§ 251 Abs. 2 ZPO.). Im § 251 a ist diese Befugnis dahin erweitert, daß beim Nichterscheinen beider Parteien im Termin oder dann, wenn beim Ausbleiben einer Partei die erschienene Partei keine Anträge zur Sache stellt, der Richter nach Lage der Akten entscheiden kann. Tut er dies nicht, so hat er die Wahl, neuen Termin zu bestimmen oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Danach ist die Möglichkeit, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, den Parteien entzogen und allein in die Hand des Gerichts gelegt, das selbst bei einem dahin gehenden Antrag beider Parteien hierüber zu entscheiden hat. Diese Neuregelung konnte auch für die Auslegung des § 211 BGB. nicht ohne Einfluß bleiben. Der im Abs. 1 das. aufgestellte Grundsatz, daß die durch Klagerhebung eingetretene Unterbrechung der Verjährung bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des Rechtsstreits andauere, ist im Abs. 2 durchbrochen. Vereinbaren die Parteien den Stillstand des Rechtsstreits oder führen sie den Stillstand durch Nichtbetreiben herbei, so endet die Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Dem Stillstand des Rechtsstreits ist nach der früheren und nach der jetzigen Gesetzeslage u. a. das Ruhen des Verfahrens gleichzustellen. Tritt aber das Ruhen durch Untätigkeit oder Vereinbarung der Parteien nicht mehr von selbst ein, sondern nur noch auf Anordnimg des Gerichts, so kann es — und damit die Beendigung der Unterbrechung der Verjährung — auch im Sinne des § 211 Abs. 2 BGB. nicht mehr durch Vereinbarung oder Untätigkeit der Parteien herbeigeführt werden. Insoweit ist dieser Vorschrift die Wirksamkeit genommen. Nun ist allerdings nicht zu verkennen, daß es infolge des Verhaltens der Parteien, insbesondere des Nichtbetreibens eines Rechtsstreits, auch ohne Anordnung des Gerichts zu einem tatsächlichen Stillstand des Ver-

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fahrens kommen kann, der eine Wirkung im Sinne des § 211 Abs. 2 BGB. auszuüben vermag (vgl. die bei Stein-Jonas vor § 239 ZPO. I 3 Abs. 2 angeführten Beispiele). Dies wird aber bloß dann der Fall sein können, wenn das Betreiben des Verfahrens nur von den Parteien abhängig ist. In RGZ. Bd. 97 S. 126 hat das Reichsgericht ausgesprochen: Das Beweisverfahren sei ein besonders gearteter Abschnitt des Prozesses, bei dem die Leitung ausschließlich in den Händen des Gerichts oder des mit seiner Erledigung betrauten Richters liege. In dieses Verfahren könnten die Parteien nicht in entscheidender Weise eingreifen, die Angabe von Zeugen-Anschriften stelle sich nicht als Wiederaufnahme des Prozeßbetriebs, sondern nur als Beihilfe zur Durchführung des vom Gericht in die Hand genommenen Offizialbetriebs dar. Weder die Unterlassung solcher Angaben noch die Nichtvornahme anderer ihren während des Beweisverfahrens zu Gebote stehender Maßnahmen, wie die Stellung von Anträgen aus § 256 ZPO. oder auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, seien als Nichtbetreiben im Sinne des §211 BGB. anzusehen. Im Hinblick auf die prozeßleitende Stellung des Gerichts könnten sie keinen entscheidenden Einfluß auf den Gang des Verfahrens haben. Ihre Vornahme sei kein Parteibetrieb im Sinne des § 211 und ihre Unterlassung führe nicht zu einem die Unterbrechung der Verjährung beseitigenden Stillstand des Rechtsstreits. Diese Grundsätze haben im allgemeinen auch für das Sühneverfahren zu gelten. Es ist zwar zuzugeben, daß es kein Offizialverfahren ist, wie das Beweisverfahren. Während bei diesem die prozeßleitende Mitwirkung der Parteien vollständig ausgeschaltet und ihnen die Beendigung ganz aus der Hand genommen ist, kommt beim Sühneverfahren ihrer Mitwirkung immerhin eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Sie können insbesondere durch eine ablehnende Erklärung auf die Beendigimg dieses Verfahrens hinwirken und das Gericht zur Fortsetzimg des ordentlichen Streitverfahrens bringen. Aber diese Maßnahmen haben auch hier keine entscheidende Wirkung; es bedarf immer noch einer ausdrücklichen Anordnung des Gerichts oder des beauftragten Richters, um das Sühneverfahren zu beendigen und den Übergang zum ordentlichen Verfahren herbeizufuhren. Solange sie nicht ergeht, dauert eben das Sühneverfahren fort. Während seiner Dauer liegt also die eigentliche Leitung des Verfahrens in der Hand des Gerichts, wenn auch nicht in demselben Umfang wie beim Beweisverfahren, und die Mitwirkung der Parteien tritt gegenüber der gerichtlichen Leitung so weit zurück, daß etwaige von ihnen ausgehende Unterlassungen von Maßnahmen, die auf eine Förderung des Verfahrens oder des Rechtsstreits überhaupt hinzielen, nicht zum Stillstand im Sinne des § 211 BGB. führen können. Dem steht eben die Leitung durch das Gericht entgegen. Diese Auffassung liegt auch im Interesse der Rechtssicherheit. Hat das Gericht einmal die Leitung des Verfahrens den Parteien aus der Hand genommen und betreibt es das Verfahren selbst, haben anderseits die Parteien sich dem gefügt und im Vertrauen auf eine entsprechende

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Leitung diese dem Gericht überlassen, so darf das nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen und zu einer Verwirkung ihrer Ansprüche führen. Hiernach ist insoweit kein Stillstand im gegenwärtigen Rechtsstreit eingetreten; die durch die Klagerhebung eingetretene Unterbrechung der Verjährung dauert daher fort. RGZ. 128, 211 1. Wie lange ist die Verjährung des Wandlungsanspruchs gehemmt, wenn der Verkäufer einer Maschine für gewisse Zeit eine Garantie mit der Verpflichtung zur Nachverbesserung übernommen hat und wiederholte Instandsetzungen erforderlich werden? 2. Kann der Käufer, der zwar rechtzeitig einen Mangel der Ware gerügt, aber nicht rechtzeitig Wandlungsklage erhoben hat, den vorausgezahlten Kaufpreis unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern? BGB. §§ 205, 477, 478, 639 Abs. 2, § 813. II. Zivilsenat. Urt. v. 22. November 1929. I. Landgericht Hannover.

II. Oberlandesgericht Celle.

Laut Auftragsbestätigung vom 29. Januar 1925 verkaufte die Klägerin an die Beklagte ein Hava-Kraftfeldzeug (einen Traktor) zum Preise von 8270 GM. und ein Schutzdach zum Preise von 210 GM. Nach den dem Abschluß zugrunde liegenden Verkaufs- und Lieferungsbedingungen übernahm die Klägerin eine Garantie von 6 Monaten, gerechnet vom Versandtag an. Sie verpflichtete sich danach, die Teile, die innerhalb dieser Zeit nachweislich durch schlechtes Material oder fehlerhaften Bau unbrauchbar werden sollten, auszubessern oder nach ihrer Wahl zu ersetzen, ohne zu einer Entschädigung irgendwelcher Art verpflichtet zu sein. Mit der Klage verlangte die Klägerin Zahlung des restlichen Kaufpreises von 6164,80 RM. nebst Zinsen/ Die Beklagte erhob Widerklage mit dem Antrag, die Klägerin zur Rückzahlung der geleisteten Teilzahlung von 2400 RM. nebst Zinsen zu verurteilen. Sie machte geltend, die gelieferte Maschine habe nicht die zugesicherten Eigenschaften und sei zu dem vorgesehenen Verwendungszweck untauglich; deshalb habe sie — Beklagte — die Wandlung erklärt. Das Landgericht wies die Klage und die Widerklage ab. Beide Teile legten Berufung ein. Das Oberlandesgericht wies das Rechtsmittel der Klägerin zurück und verurteilte sie auf die Widerklage zur Zahlung von 2400 RM. nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Kraftfeldzeugs. Ihre Revision wurde zurückgewiesen. Gründe: Der Berufungsrichter hält den von der Beklagten geltend gemachten Wandlungsanspruch für begründet, weil durch die Beweisaufnahme fest-

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stehe, daß der Traktor schon zur Zeit seiner Versendung mit Fehlern behaftet gewesen sei, die seinen Wert und seine Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen und auch nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch minderten, ohne daß die Minderung als unerheblich bezeichnet werden könne. Er geht davon aus, daß zur Zeit der Erhebung der Widerklage (19. Dezember 1925) die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 BGB. bereits abgelaufen gewesen sei, denn der Traktor sei am 23. oder 24. April 1925 abgeliefert worden. Dies möge auch dann zutreffen, wenn man mit der Entscheidung RGZ. Bd. 96 S. 267 annehme, daß die Verjährung, solange Ausbesserungsarbeiten im Gange waren, jedesmal gehemmt gewesen sei. Es greife jedoch gegenüber der Verjährungseinrede der Einwand der Arglist durch. Dieser sei dann begründet, wenn der Schuldner, sei es auch unabsichtlich, den Gläubiger durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung der Wandlung abgehalten habe (RGZ. Bd. 115 S. 135). Die Beklagte habe die Wandlung mit Schreiben vom 29. Oktober 1925 begehrt. Damals sei bei Hinzurechnung der Zeiten, in denen die Verjährung deshalb gehemmt war, weil die Klägerin an dem Traktor Ausbesserungsarbeiten vornahm, die Verjährung auf keinen Fall vollendet gewesen. Bis dahin habe die Klägerin durch ihre Ausbesserungen die Beklagte ständig abgehalten, zu wandeln. Am 5. November habe die Klägerin die Zurücknahme des Traktors abgelehnt. Bis zum 11. November 1925 sei dann noch weiter verhandelt worden. Jetzt habe der Standpunkt der Klägerin der Beklagten allerdings klar sein müssen. Von nun an sei sie nicht mehr durch das Verhalten der Klägerin von der Geltendmachung der Wandlung abgehalten worden. Um jene Zeit sei der Beklagten aber auch die Klage zugestellt worden. Die Beklagte habe der Klägerin bei den ständig sich zeigenden Fehlern großes Entgegenkommen gezeigt. Unter diesen Umständen liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben darin, daß die Klägerin einwende, die Wandlung hätte schon Anfang November 1925 geltend gemacht werden müssen. Eine gewisse Überlegungsfrist habe sie der Beklagten zugestehen müssen. Die Revision wendet ein: Der Wandlungsanspruch solle — nach Ansicht der Beklagten — von vornherein bestanden haben. Dann habe sich die Beklagte innerhalb der für seine Geltendmachung bestimmten Frist darüber schlüssig werden müssen, welche Rechtsbehelfe sie ergreifen wollte. Von dieser Notwendigkeit habe sie weder der Umstand entbunden, daß die Klägerin einen abweichenden Rechtsstandpunkt eingenommen habe, noch deren Nachbesserungsangebote. Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Wandlungsanspruch der Beklagten zur Zeit der Erhebung der Widerklage verjährt war. Nicht beizutreten ist der Auffassung der Beklagten, die Verjährungsfrist habe erst nach Ablauf der Garantiefrist von 6 Monaten begonnen, sei also aus diesem Grunde bei Erhebung der Widerklage noch nicht abgelaufen gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats (RGZ. Bd. 65 S. 121, Bd. 91 S. 306), von der abzugehen kein Anlaß vorliegt, wird durch Verein-

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barung einer Garantiefrist am Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist des § 477 BGB. nicht ohne weiteres etwas geändert. Beide Fristen können nebeneinander herlaufen. Nur dann, wenn die vereinbarte Garantiefrist länger ist als die kurze Verjährungsfrist, muß als vereinbart gelten, daß die Verjährungsfrist verlängert ist, weil andernfalls der Käufer nicht in der Lage wäre, die später als 6 Monate nach der Ablieferung der Ware sich zeigenden, unter die Garantie fallenden Mängel geltend zu machen. Da die Maschine spätestens am 24. April 1925 abgeliefert wurde, wäre der Wandlungsanspruch mit Ablauf des 24. Oktober 1925 verjährt, wenn nicht der Ablauf der Verjährung durch Hemmung hinausgeschoben worden wäre. Nach der auch vom Berufungsrichter angezogenen Entscheidung RGZ. Bd. 96 S. 267 ist die für den Werkvertrag gegebene Vorschrift des § 639 Abs. 2 BGB. auf den Kaufvertrag entsprechend anzuwenden. Danach ist, wenn sich der Verkäufer im Einverständnis mit dem Käufer der Beseitigung des Mangels unterzieht, die Verjährimg so lange gehemmt, bis der Verkäufer dem Käufer gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert. Der Berufungsrichter rechnet danach mit der Möglichkeit, daß „jedesmal, solange Ausbesserungen im Gange waren", die Verjährung gehemmt gewesen sei; er rechnet aber auch damit, daß trotz dieser Hemmimg die Verjährungsfrist abgelaufen war. Er nimmt dazu keine bestimmte Stellung, weil er auf Grund der Entscheidung RGZ. Bd. 115 S. 135 glaubt, die Beklagte könne der Einrede der Verjährung mit dem Gegeneinwand der Arglist begegnen. Es ist aber zweifelhaft, ob im vorliegenden Falle durch die Berufung hierauf das Zuwarten der Beklagten mit der Erhebung der Widerklage gerechtfertigt werden kann. Die zuletzt erwähnte Entscheidung führt (S. 139) aus: Eine Hemmung der Verjährung mit der im § 205 BGB. bestimmten Wirkung, daß die Hemmungsdauer nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird, finde nur in den im Gesetz bestimmten Fällen statt, und zu diesen gehöre nicht die Einrede der Arglist oder ein sie begründendes Verhalten des Schuldners. Auch der Beginn einer neuen Frist, wie nach einer Unterbrechung der Verjährung, komme nicht in Frage. Vielmehr müsse die Frist, innerhalb deren nach Aufhören der den Arglisteinwand rechtfertigenden Verhältnisse der Anspruch durch Klage oder in anderer zur Unterbrechung der Verjährung geeigneter Weise geltend zu machen sei, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, auf dem der Einwand der Arglist beruhe, unter Berücksichtigung der Anforderungen des anständigen Geschäftsverkehrs und der Umstände des einzelnen Falles bestimmt werden. Nun hatte die Klägerin auf die letzten Bemängelungen der Beklagten dieser schon am 23. September 1925 geschrieben, daß sie sich die Beschädigungen und Schwierigkeiten nur mit einer nicht ganz sachgemäßen Behandlung des Kraftfeldzeuges erklären könne, und im Schreiben vom 1. Oktober 1925 hatte sie ihr mitgeteilt, eine Zurücknahme des Traktors komme auf keinen Fall in Frage. Nach Empfang des letzteren Schreibens konnte die Beklagte nicht mehr damit rechnen, daß die Klägerin ihren Belangen ohne Klagerhebung

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Rechnung tragen werde. Wenn sie dann noch bis zum 19. Dezember mit der Erhebung der Widerklage wartete, so hat sie die angemessene Frist überschritten. Es kommt daher darauf an, ob nicht durch Vornahme der Nachbesserungsarbeiten in entsprechender Anwendung des § 639 Abs. 2 BGB. eine Hemmung der Verjährung mit der Wirkung des § 205 das. eingetreten ist. Diese Frage ist zu bejahen. Dabei ist nicht erheblich, an wievielen Tagen Instandsetzungen vorgenommen wurden. Entscheidend ist vielmehr, innerhalb welcher Zeit die Frage in Schwebe war, ob der Mangel durch Instandsetzungsarbeiten beseitigt werden könne. Nach dem Verhalten der Parteien, wie es im Schriftwechsel zum Ausdruck kommt, sollte nicht bloß ein einzelner äußerlich zutage getretener Mangel beseitigt werden, sondern die Tätigkeit der Klägerin sollte so lange fortgesetzt werden, bis sie zum Ziele führte oder bis ihre Ergebnislosigkeit feststand. Die gesamte Zeit, innerhalb deren Instandsetzungen vorgenommen wurden, ist also als eine einheitliche Zeitdauer zu betrachten; denn die Notwendigkeit der Instandsetzungen beruhte auf Mängeln im Bau der Maschine und des verwendeten Stoffes. Dieser Zustand dauerte nach dem vorhandenen Schriftwechsel vom 30. April bis in den September hinein. War hiernach die Verjährung um mindestens 4 Monate gehemmt, so fiel die am 19. Dezember 1925 erfolgte Erhebung der Widerklage noch in die Verjährungsfrist. Die Revision war demnach zurückzuweisen, ohne daß es noch darauf ankäme, ob die Beklagte den gezahlten Teil des Kaufpreises unter dem Gesichtspunkt der ungerechtferigten Bereicherung nach § 813 BGB. zurückfordern könnte. Diese Frage wäre übrigens zu verneinen. § 477 das. unterwirft die Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen Mangelhaftigkeit der übergebenen Sache der kurzen Verjährung, um im Interesse der Rechtssicherheit möglichst bald klare Verhältnisse unter den Vertragschließenden zu schaffen. Aus dem Zweck der Verjährung folgt, daß Ansprüche, die sich gegen den Bestand des Geschäfts richten, als erloschen gelten sollen, wenn sie nicht innerhalb der Verjährungsfrist verfolgt werden. Das Kauf- und Erfiillungsgeschäft soll also nach unbenutztem Ablauf der Ver jährungsfrist so angesehen werden, als ob ihm ein Mangel nicht anhaftete. Demgegenüber stellt die Vorschrift des § 478 BGB. eine Ausnahme dar. Nach ihrer Fassung sollte dem Käufer, der seinerseits noch nicht erfüllt hatte, lediglich eine Einrede gegen den Kaufpreisanspruch des Verkäufers gewährt werden, wenn er noch innerhalb der Verjährungsfrist dem Verkäufer den Mangel angezeigt oder wenigstens die Anzeige an ihn abgesandt hatte. Irgendein anderer Anspruch steht dem Käufer nicht mehr zu. Er könnte danach auch den gezahlten Kaufpreis nicht unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern. Ein solcher Anspruch würde dem Grundgedanken der Vorschrift des § 477 BGB. widersprechen, die für das Kaufrecht eine besondere Regelung enthält (RGZ. Bd. 74 S. 292).

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RGZ. 129, 385 Unter welchen Voraussetzungen unterbricht eine im Ausland erhobene Klage die nach deutschem Recht zu beurteilende Verjährung? BGB. § 209 Abs. 1. ZPO. § 328 Nr. 5, § 723. II. Zivilsenat. Urt. v. 8. Juli 1930. I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.

Für die in Oslo ansässige klagende Aktiengesellschaft, die norwegische Vertriebsgesellschaft für die Erzeugnisse der Vacuum Oil Company in New York, sind während der Zeit von 1905 bis 1922 zahlreiche Warenzeichen fiir Öl durch Eintragung in das norwegische Zeichenregister geschützt worden. Die Beklagte Eagle Oil Company of New-York GmbH, in Hamburg hat im Jahre 1925 gegen die Norsk Vacuum Oil beim Handelsgericht in Oslo Klage erhoben auf Löschung der Warenzeichen „Vacuum" und „Arctic" und auf Ersatz des ihr durch die widerrechtliche Verwendung dieser Zeichen entstandenen Schadens. Die Norsk Vacuum Oil hat in jenem Verfahren Widerklage erhoben auf Unterlassung der Benutzung mehrerer mit den ihrigen verwechslungsfahiger, teilweise sogar genau oder fast genau übereinstimmender Bezeichnungen sowie auf Ersatz des ibr durch die Verletzung ihres Warenzeichen- und Ausstattungsschutzes und durch den hierdurch begangenen unlauteren Wettbewerb seit dem 1. Mai 1918 zugefugten Schadens. Die norwegischen Gerichte — das Handelsgericht in Oslo und das Höchste Gericht daselbst — haben die Klage der Eagle Oil abgewiesen und sie auf die Widerklage zur Unterlassung der Benutzung der Zeichen und zur Zahlung einer Entschädigung von 20000 norw. Kronen an die Norsk Vacuum Oil verurteilt. Die Eagle Oil hat diesen Betrag nicht gezahlt. Der Norsk Vacuum Oil ist es auch nicht gelungen, ihn in Norwegen zwangsweise beizutreiben, da jene dort kein Vermögen besitzt. Nunmehr fordert die Klägerin von der Beklagten Zahlung der 20000 norw. Kronen, die Gegenstand des norwegischen Rechtsstreits waren. Sie stützt sich auf Zeichenverletzung und unlauteren Wettbewerb und beruft sich zum Beweise ihres Anspruchs auf die in den norwegischen Urteilen nach eingehenden Erörterungen getroffenen Feststellungen in Verbindung mit dem Inhalt der Klageschrift im norwegischen Verfahren. Diese Urkunden befinden sich in norwegischer Sprache und in amtlich beglaubigter deutscher Übersetzung bei den Akten des jetzigen Rechtsstreits. Die Beklagte tritt unter Hinweis auf den Mangel der Gegenseitigkeit zwischen dem Deutschen Reich und Norwegen der Verwendung der norwegischen Urteile entgegen und verlangt selbständige Begründimg und selbständigen Beweis des Klaganspruchs; sie hält aber den Anspruch, der sich auf eine in Norwegen begangene Verletzung des Zeichenrechts der Norsk Vacuum Oil stütze, nicht für gegeben, weil die Zeichen der letzteren weder im deutschen Zeichenregister eingetragen, noch in Bern registriert seien. Etwaige An-

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sprüche wegen unlauteren Wettbewerbs aber seien verjährt, weil die Erhebung der Widerklage in Norwegen durch die Norsk Vacuum Oil die Verjährung nicht unterbrochen habe. Maßgebend sei deutsches Recht, denn der Grundsatz des Art. 12 EG. z. BGB. sei entscheidend. Danach betrage die Verjährungsfrist (§ 852 BGB.) nur drei Jahre, nach norwegischem Recht dagegen zehn Jahre. Die Klägerin gibt letzteres als richtig zu. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Der von der norwegischen Gesellschaft Norsk Vacuum Oii erhobene Klaganspruch ist gerichtet auf Verurteilung der in Hamburg ansässigen Eagle Oil GmbH, zur Zahlung von 20000 norw. Kronen als Schadensersatz wegen vorsätzlicher Verletzung ihres norwegischen Zeichen- und Ausstattungsschutzes sowie wegen eines gleichzeitig damit ihr gegenüber in Norwegen begangenen unlauteren Wettbewerbs. Der Anspruch ist der jetzigen Klägerin im norwegischen Vorprozeß der Parteien rechtskräftig zuerkannt. Sie macht ihn aber mit Recht vor dem deutschen Gericht von neuem selbständig geltend, weil die Anerkennung von Urteilen norwegischer Gerichte in Deutschland mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit zwischen dem Deutschen Reich und Norwegen gemäß § 328 Nr. 5 ZPO. ausgeschlossen ist. Das hindert nicht, die norwegischen Urteile in Anbetracht ihrer eingehenden und sorgfältigen Prüfung und Feststellung des Sachverhalts als wichtiges Beweismittel dafür zu verwenden, daß die Beklagte unerlaubte Handlungen begangen hat, die sie nach norwegischem Recht zum Schadensersatz gegenüber der Klägerin verpflichten. Das Berufungsgericht sieht diesen Beweis als geführt an. Die Revision beanstandet das nicht. Da bewußte Verletzungen des Zeichen- und Ausstattungsschutzes sowie unlautere Wettbewerbshandlungen nicht nur nach norwegischem, sondern auch nach deutschem Recht unerlaubte Handlungen darstellen (§§ 823flg. BGB.), so können aus diesen im Ausland begangenen unerlaubten Handlungen nach dem Grundsatz des Art. 12 EG. z. BGB. gegen die Beklagte als eine in Deutschland ansässige Gesellschaft nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als wenn der in Norwegen verwirklichte Tatbestand dem deutschen Recht unterstellt würde. Die Beklagte beruft sich in doppelter Beziehung auf den Schutz dieser Vorschrift. Einmal genießt ihrer Ansicht nach ein ausländisches Warenzeichen, das nicht in die deutsche Zeichenrolle eingetragen ist, in Deutschland keinen Schutz, wie sich aus § 23 in Verb, mit § 12 WZG. ergebe. Der Klaganspruch, der sich in vollem Umfang auf Verletzung in Deutschland nicht eingetragener Warenzeichen aufbaue, sei daher auf Grund des Art. 12 a. a. O. abzuweisen. Mit Recht weist das Berufungsgericht diese auch von Seligsohn Anm. 5

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zu § 12 WZG. vertretene Ansicht, auf die übrigens die Revision nicht mehr zurückkommt, in Übereinstimmung mit Hagens Anm. 6 zu § 12 a. a. O. zurück. Aus der Nichteintragung eines ausländischen Warenzeichens in der deutschen Zeichenrolle folgt nur, daß diesem Zeichen nicht der Schutz des d e u t s c h e n Warenzeichenrechts zugute kommt. Das ist von Bedeutung für Verletzungen, die innerhalb des Deutschen Reiches begangen werden. Dagegen besteht kein Grund für die Annahme, daß es unzulässig sei, einen Inländer, der die Verletzungshandlung gegen ein nur im ausländischen Staat geschütztes Warenzeichen dort begangen hat, vor einem deutschen Gericht aus dem ausländischen Warenzeichengesetz in Anspruch zu nehmen. Weiter wendet die Beklagte unter Berufung auf den Grundsatz des Art. 12 EG. z. BGB. Verjährung des Schadensersatzanspruchs ein. Das Berufungsgericht hat diese Einrede zurückgewiesen. Es stellt aus dem Urteil des Handelsgerichts in Oslo fest, daß die jetzige Klägerin im norwegischen Vorprozeß das Verhalten der jetzigen Beklagten aus der Zeit vom Mai 1918 bis Anfang 1924 zur Grundlage der damals im Weg der Widerklage erhobenen Ansprüche hat machen wollen, und daß sie spätestens Anfang 1924 von den Handlungen der jetzigen Beklagten Kenntnis gehabt hat. Bis zur Erhebimg der vorliegenden Klage (Anfang Januar 1929) wäre daher bei Zugrundelegung der zehnjährigen Verjährungsfrist, die nach dem für die materielle Beurteilung des eingeklagten Anspruchs maßgebenden norwegischen Recht für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen gilt, der Klaganspruch nicht verjährt. Da aber nach deutschem Recht (§ 852 BGB.) die Verjährungsfrist für solche Ansprüche nur drei Jahre dauert, so ist nach Art. 12 EG. z. BGB. diese kürzere Verjährungsfrist maßgebend mit der Wirkung, daß der Schadensersatzanspruch zur Zeit der Klagerhebung bereits verjährt war, sofern die Verjährung nicht durch die im Vorprozeß von der damaligen Beklagten, jetzigen Klägerin, erhobene Widerklage unterbrochen worden sein sollte. Dabei wird davon ausgegangen, daß dem Klaganspruch Verletzungsbandlungen der Beklagten zugrunde gelegt sind, die mit Mai 1918 beginnen und mit dem Anfang des Jahres 1924 beendet sind. Das Berufungsgericht nimmt nun an, die von der jetzigen Klägerin im Vorprozeß erhobene Widerklage habe die Verjährung unterbrochen. Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. September 1925 II 505/24 (JW. 1926 S. 374 Nr. 6). Mit Recht. Allerdings waren im vorliegenden Fall im Gegensatz zu dem früher entschiedenen „die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen zuständig" (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte, wie das Berufungsgericht meint, in Norwegen einen Gewerbebetrieb ausgeübt hat. Jedenfalls war gegen sie der auch dem deutschen Recht (§ 33 ZPO.) bekannte Gerichtsstand der Widerklage begründet. Hatte sie gegen die jetzige Klägerin in Oslo Klage erhoben, so mußte sie sich wegen eines mit dem Klaganspruch oder mit den gegen ihn vor-

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gebrachten Verteidigungsmitteln im Zusammenhang stehenden Gegenanspruchs in demselben Rechtsstreit auch als Beklagte belangen lassen. Der Senat hat aber die Zuständigkeitsfrage in der damaligen Entscheidung nur deshalb besonders erörtert, weil der Fall dazu Anlaß bot. Damit eine im Ausland erhobene Klage die nach deutschem Recht zu beurteilende Verjährung unterbreche, hat er allgemein gefordert, daß das ausländische Verfahren von der inländischen Rechtsordnung anerkannt werde. Hieran ist trotz der abweichenden Ansicht Neumeyers in der Anmerkimg zu jener Entscheidung (JW. 1926 a. a. O.) festzuhalten. Der ausschlaggebende Umstand bei der Klagerhebung liegt keineswegs in der Nachdrücklichkeit des Gläubigerwillens, die auch bei einer außergerichtlichen Mahnung in gleichem Maße vorhanden sein kann. Entscheidend ist die prozessuale Rechtsschutzhandlung der Anrufung des Gerichts. Kann aber selbst das ausländische Urteil auf das deutsche Rechtsverhältnis keine materielle Wirkung ausüben, so muß eine solche auch seiner Vorbereitung, der Klagerhebimg, versagt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, wie den Mißständen, die aus einer schrankenlosen Möglichkeit der Klagerhebung vor ausländischen Gerichten drohen, auf andere Weise begegnet werden könnte. Eine entsprechende Anwendung des Art. 30 EG. z. BGB. würde, worauf Neumeyer hinweist, der Willkür Tür und Tor öffnen und zu einer höchst bedenklichen Rechtsunsicherheit fuhren. Die hier vertretene Ansicht wird namentlich von Frankenstein Intern. Privatrecht Bd. 1 S. 371, 598 geteilt; vgl. auch J o s e f in Bl. f. intern. Privatrecht (Beil. zur LZ.) 1926 S. 241 flg. Somit hätten für eine unterbrechende Wirkimg der Widerklage der Beklagten im norwegischen Vorprozeß sämtliche Voraussetzungen des § 328 ZPO. erfüllt sein müssen. Das war jedoch nicht der Fall. Die Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 5 ist nicht gegeben; denn die Gegenseitigkeit ist zwischen Norwegen und dem Deutschen Reich nicht verbürgt (SteinJonas § 328 VIII E 17). Hiernach fehlt es an einer Unterbrechung der Verjährung. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Denn eine Klagabweisung ist zur Zeit nicht möglich (wird näher dargelegt). RGZ. 130, 85 Zum Begriff „Waren" im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. BGB. § 196 Abs. 1 Nr. 1. III. Zivilsenat.

Urt. v. 14. Oktober 1930.

I. Landgericht München I.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Durch Vertrag vom 27. September 1919 und Nachtragsvertrag vom 18. November 1919 verkaufte der Ehemann und Rechtsvorgänger der Klägerin, Heinrich Sch. in M., im Zusammenhang mit der Auflösung

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seines Geschäfts, einer Möbelfabrik und Bauschreinerei, sein Schnittholzlager (1947 cbm) für rund 643000 M. an die Beklagte, eine Holzgroßhandlung. Die Käuferin hatte den Kaufpreis vom 1. Februar 1920 ab mit 41/2% zu verzinsen und je zur Hälfte am 1. Februar 1922 und 1. August 1922 zu zahlen. Sie zahlte den gesamten Betrag nebst Zinsen in drei Posten, nämlich am 1. Februar, 4. April und 2. Mai 1922. Nach dem Tode des Sch. trat die Klägerin, seine Witwe und Erbin, erstmals am 17. August 1926 wegen Aufwertung der geleisteten Papiermarkzahlungen an die Beklagte heran. Die Beklagte verhielt sich stets ablehnend auf dieses Ansinnen, das die Klägerin bis zum Mai 1928 verfolgte. Mit der am 16. Juli 1928 erhobenen Klage verlangt die Klägerin Aufwertimg nach richterlichem Ermessen, mindestens aber in Höhe von 20000 RM. Das Landgericht erklärte den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Auf die Revision der Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Gründe: Von den mehreren Angriffen der Revision ist der begründet, welcher sich gegen die Entscheidung des Berufungsrichters zur Verjährungsfrage wendet. Wie der Berufungsrichter ohne Rechtsirrtum zugunsten der Beklagten darlegt, war das Hindernis, das die Rechtsprechung zunächst noch der erfolgreichen Durchführung von Aufwertungsansprüchen der in Rede stehenden Art bereitet hatte, mit dem 1. Juli 1924 weggefallen. Von diesem Tage an lief für den Klaganspruch die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB. Die Verjährung vollendete sich mit dem 1. Juli 1928. Die Klage ist unstreitig erst Mitte Juli 1928 erhoben. Mithin ist, wie der Berufungsrichter selbst bemerkt, der Verjährungseinwand der Beklagten gerechtfertigt, wenn die Kaufpreisforderyng aus dem Verkauf des Holzlagers den Anspruch eines Kaufmanns für Lieferung von Waren darstellt. Zu dieser Frage stellt das Berufungsgericht wiederum einwandfrei fest, daß der Verkäufer Sch., der sein Geschäft bis zum Februar 1920 fortbetrieben hat, im Zeitpunkt des Kaufabschlusses noch Kaufmann war; ferner, daß die Verjährung aus § 196 Abs. 1 Nr. 1 auch für Kaufverträge gilt, die sich nach Umfang und Anlaß über die gewöhnlichen Umsatzgescbäfte des täglichen Lebens erheben; endlich, daß auf der Seite der Beklagten, einer Holzgroßhandlung, ein gewöhnliches Umsatzgeschäft vorlag; denn sie erwarb das Holz, um es weiterzuveräußem. Dagegen vertritt der Berufungsrichter die Meinung, daß das Holzlager für den Verkäufer Sch. keine „Ware" gewesen sei. Der Begriff „Ware" bezeichne nicht eine dem Gegenstand an sich anhaftende Eigenschaft, sondern eine ihm vom Inhaber verliehene Bestimmung. Sch. habe nicht Holzhandel betrieben, sondern eine Möbelfabrik; das Holz, das er anschaffte, habe zur Herstellung von Möbeln dienen sollen und sei für Sch. nur insofern „Ware" gewesen, als es bestimmt war, nach Verarbeitung

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weiterveräußert zu werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB.). Die Verjährungsvorschrift richte sich gegen den Verkäufer; sie habe daher nur Ansprüche im Auge, die vom Standpunkt des Verkäufers aus Warenlieferungen dargestellt hätten. Die Verjährungsvorschrift möge sich zwar nicht auf solche Waren beschränken, die der Kaufmann regelmäßig im Betrieb gerade seines Handelsgeschäfts umsetze; auch wenn z.B. ein Wollwarenhändler ein Gelegenheitsgeschäft in Pelzen mache, habe er damit die Pelze zu seiner Ware gemacht; stets müsse es sich aber um Gegenstände handeln, mit denen der Kaufmann Handel treibe. Der Vertrag, auf Grund dessen sich Sch. im Hinblick auf die bevorstehende Auflösung seines Geschäfts des zur Herstellung von Möbeln angeschafften Holzlagers entäußert habe, möge zwar ein Handelsgeschäft für Sch. gewesen sein (§ 344 HGB.), aber es habe vom Standpunkt des Verkäufers aus betrachtet, nicht die Lieferung von Waren betroffen. Daran ist richtig, daß es für § 196 BGB. nur darauf ankommt, ob der Verkäufer als Kaufmann Ware geliefert hat, nicht auch darauf, ob der Käufer die Kaufsache als Ware erworben hat. Im übrigen kann aber dem Berufimgsrichter nicht gefolgt werden. Seine Darlegungen sind schon nicht schlüssig. Sie ließen sich allenfalls noch hören, wenn Sch. erst nach Auflösung seines Geschäfts das Holzlager veräußert hätte. So liegt die Sache aber nicht. Nach den Feststellungen des Urteils hat Sch. sein Geschäft bis in den Februar 1920 weitergeführt. Bei dem schon im Herbst 1919 abgeschlossenen Geschäft mit der Beklagten hat er von seinen Schnittholzbeständen soviel zurückbehalten, als er zur Fortfuhrung des Geschäfts brauchte. Sein Fournierholzlager hat er nicht an die Beklagte, sondern anderweit verkauft. Nach alledem hat Sch. den Verkauf an die Beklagte nicht etwa unter Zwang oder Druck, sondern auf Grund kaufmännischer Erwägungen abgeschlossen, und er wird angesichts der damaligen hohen Preise, der vermeintlichen Teuerung, damals wohl das Geschäft für vorteilhaft gehalten haben. Indem er sich unter solchen Umständen zum Verkauf an die Beklagte entschloß, hat er die Schnittholzbestände „zum Verkauf bestimmt", also von der eigenen Auffassung des Berufungsrichters aus die Vorräte zur „Ware" gemacht. Die Sache liegt nicht anders, als wenn ein Kaufmann einen Teil seines Lagers abstößt, weil ihm das Lager zu groß wird („Liquiditätsrücksichten"), oder wenn ein Fabrikant Hilfsstoffe abstößt, die im Hinblick auf einen Wechsel der Geschmacksrichtung zu entwerten drohen, oder wenn er Maschinen, Geräte und Werkzeuge veräußert, um modernere anzuschaffen („Rationalisierung"). Verkäufe solcher Art von der Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 auszunehmen, besteht kein Grund. Es ist also gerade die Willensrichtung des Verkäufers, die der Berufungsrichter vermißt hat, in Wahrheit gegeben. Aber selbst davon abgesehen, sind die Darlegungen des Berufungsrichters nicht zu halten. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. spricht nur von gelieferten Waren. Mag man dabei auch zunächst an die gewöhnlichen Warenumsatzgeschäfte des täglichen Lebens denken, so gibt doch der Gesetzesinhalt

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keine Ermächtigung zu einer einschränkenden Auslegung, was ja auch der Berufungsrichter nicht verkennt. Der Begriff der Ware ist ein allgemeiner Begriff des Handelsrechts, und das bürgerliche Recht hat ihn ersichtlich aus dem Handelsrecht übernommen. Ware bedeutet ganz allgemein bewegliche körperliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind (Staub HGB 12. Aufl. Anm. 38 zu § 1, Anm. 3 vor § 373) oder die nach der Anschauung des Verkehrs als Gegenstände des Warenumsatzes in Betracht kommen können (Düringer-Hachenburg, HGB. 3. Aufl. Anm. 19 zu § 1; M. Wolff in Ehrenbergs Handbuch Bd. 4 S. 7). Eine Beschränkung des Begriffs auf solche Dinge, die der Kaufmann zum regelmäßigen Absatz bestimmt hat, ist weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung irgendwo vertreten, sie wird im Gegenteil von M. Wolff a. a. O. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ausdrücklich abgelehnt. Eine solche Beschränkung, welche die Rücksicht auf subjektive Absichten des Raufmanns in den Begriff hereinbringen würde, verträgt sich auch kaum mit der Bedeutung, die der Begriff der Ware sonst im Handelsrecht hat. So ist der „Handelskauf" (§§ 373flg.HGB.) aufWaren (und Wertpapiere) beschränkt. Es geht nicht an, die Anwendimg der wichtigen §§ 373flg.HGB. in Fällen der hier in Rede stehenden Art auszuschließen. RGZ. 130, 233 2. Fällt unter die Verjährungsvorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 2 BGB. die Forderung eines Weingutsbesitzers aus Verkauf eigenen Wachstums ? BGB. § 196. I. Zivilsenat. Urt. v. 12. November 1930. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 135, 174 Kann nach den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen von 1927 und 1930 auch für Ansprüche aus vorsätzlichem Verschulden die Verjährungsfrist im voraus vertragsmäßig abgekürzt werden ? BGB. §§ 225, 276 Abs. 2. Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen v. 7. Juli 1927 § 70 und v. 1. Juli 1930 § 64. I. Zivilsenat. Urt. v. 6. Februar 1932. I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin verkaufte Lederwaren an die Firma K. & Co. in Leipzig. Nach der von dieser gegebenen Versandanweisung traf die Klägerin mit

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der Beklagten, einer Speditionsfirma in Hamburg, eine Vereinbarung über Hinziehung des Kaufpreises und dessen Übersendung an sie. Auf Grund der so zwischen den Streitteilen angebahnten Geschäftsverbindung hat Hann die Klägerin der Beklagten die in die Firma K. & Co. verkauften Lederwaren in verschiedenen Posten übersandt und sie mit der Einziehung des Kaufpreises und der Abführung des Geldes an sie beauftragt. Die Klägerin behauptet, entgegen den von ihr ausdrücklich gegebenen Weisungen und entgegen der der Beklagten nach den Vereinbarungen obliegenden Treuhänderpflicht habe die Beklagte ohne Entgegennahme oder Sicherung des der Klägerin zustehenden Kaufpreises die Ware aus den Händen gegeben oder durch ihre überseeischen Vertreter aushändigen lassen und dadurch bewirkt, daß die Klägerin für ihre Waren keinen Gegenwert erhalten habe. Sie hält deshalb die Beklagte wegen Verschuldens für schadensersatzpflichtig und hat auf Erstattung ihres Schadens Klage erhoben. Die Beklagte hat sich auf die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen vom 7. Juli 1927 berufen. Das Landgericht gab der Klage im wesentlichen statt. Entgegengesetzt entschied das Oberlandesgericht. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat ausgeführt, für das Rechtsverhältnis der Parteien seien die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp.) in der Fassung vom 7. Juli 1927 maßgebend. Diese Annahme läßt keinen Rechtsirrtum erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Des weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die in § 70 der Spediteurbedingungen vorgesehene und von der Beklagten geltend gemachte dreimonatige Verjährungsfrist — beginnend mit der Kenntnis des Berechtigten von dem Anspruch, spätestens jedoch mit der Ablieferung des Gutes — zur Zeit der Klagerhebung bereits verstrichen war. Die Revision bestreitet dies nicht; sie meint aber, diese Verjährung komme hier nicht in Betracht, weil das Verschulden der Beklagten, auf welches der Klaganspruch gestützt sei, in einem wissentlichen Abweichen von der ihr durch die Klägerin erteilten Weisung, also in der vorsätzlichen Verletzung einer eigenen Vertragspflicht der Beklagten bestehe, wogegen sie sich nicht habe freizeichnen können, und zwar auch nicht durch Aufstellung kurzer Verjährungsfristen. Nun besagt § 70 ADSp. (§ 64 in der jetzigen Fassung vom 1. Juli 1930): Alle Ansprüche an den Spediteur, gleichviel aus welchem Rechtsgrunde . . . , verjähren in drei Monaten . . . Diese Bestimmung bezieht sich nach ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck auf sämtliche Ansprüche gegen den Spediteur, gleichviel ob er als Spediteur, Lagerhalter, Frachtführer, Kommissionär usw. gehandelt hat. Dementsprechend umfaßt die in § 40 (jetzt § 39) ADSp. vorgesehene VersicherungsZirils. Allgem. Teil 4

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pfiicht des Spediteurs gemäß den „Speditionsversicherungsbedingungen" (jetzt: Speditionsversicherungsschein SVS.) grundsätzlich auch die durch Vorsatz des Spediteurs verursachten Schäden. Denn nach SVS. § 4 zu b Satz 2 (jetzt § 3 Ziffer 6) ist an sich auch der Schaden mitversichert, der durch Vorsatz des Spediteurs, seiner gesetzlichen Vertreter, Angestellten oder sonstigen Erfüllungsgehilfen entstanden oder mitentstanden ist (vgl. aber auch die Ausnahmen in § 4 Ziffer 3 SVS. in der Fassung vom 1. Juli 1930 ; S c h w a r t z , Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen vom 1. Juli 1930 § 51 Anm. 4 S. 65/66). Danach ergreift die dreimonatige Verjährung grundsätzlich auch den gegenwärtigen Klaganspruch, einerlei ob das der Beklagten zur Last gelegte Verschulden auf Vorsatz oder auf grober oder einfacher Fahrlässigkeit beruht. Es fragt sich, ob eine derartige Verjährung auch dann, wenn es sich um ein vorsätzliches Verschulden der Beklagten handeln sollte, auf dem angeführten Wege mittels der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen zwischen den Parteien rechtswirksam vereinbart werden konnte. Das ist zu bejahen. Richtig ist, daß eine Haftung des Spediteurs für sein eigenes vorsätzliches Verschulden wegen der zwingenden Vorschrift des § 276 Abs. 2 BGB. nicht im voraus vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden kann (vgl. auch S c h w a r t z a. a. O. § 51 Anm. 4 S. 65). Das betrifft aber nur den aus dieser Haftung hergeleiteten Anspruch als solchen und berührt nicht die gesetzlich besonders und selbständig geregelte Verjährungsfrage. Vielmehr gilt hier der in § 225 Satz 2 BGB. aufgestellte Grundsatz, daß eine vertragliche Erleichterung der Verjährung, insbesondere eine Abkürzung der Verjährungsfrist zulässig ist. Die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auf Ansprüche aus vertraglichem oder außervertraglichem Verschulden ist in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt und erstreckt sich auch auf vorsätzliches Verschulden (RGUrt. vom 17. J a nuar 1912 I 456/10 in WarnRspr. 1912 Nr. 154; RGZ. Bd. 66 S. 363). Dabei ist zu beachten, daß — anders als bei den in der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts wiederholt behandelten allgemeinen Beförderungsbedingungen des Vereins Deutscher Spediteure — die hier in Frage kommenden Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen auf Grund gemeinsamer Verhandlungen und Vereinbarungen des Vereins Deutscher Spediteure, Reichsverbands des Deutschen Speditionsgewerbes, einerseits und der maßgeblichen deutschen Auftraggeber-Verbände anderseits zustandegekommen sind und Geltung erlangt haben. Nach alledem ist der Riaganspruch verjährt. R G Z . 136, 193

1. Wann endet i m F a l l der Anordnung des Ruhens des Verfahrens die Verjährungsunterbrechung durch Klagerhebung? 2. Von wann a b beginnt in solchem Fall die neue Verjährung zu laufen?

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BGB. § 202 Abs. 1, § 211 Abs. 2. ZPO. §§ 251, 251a. I I . Zivilsenat. Urt. v. 29. April 1932. I. Landgericht Mannheim, Kammer f. Handelssachen.il. Oberlandesgericht Karlsruh e.

Die Klägerin ist Inhaberin von insgesamt acht Wechseln über zusammen 21200 RM., die sämtlich vom Beklagten teils als Aussteller, teils als Indossant gezeichnet sind. Sie hat ihre Ansprüche aus diesen Wechseln gegen den Beklagten und andere Beteiligte zunächst in vier getrennten Prozessen verfolgt. In allen stand am 21. März 1929 Termin zur mündlichen Verhandlung an, in dem nur der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin erschien, der Beklagte aber nicht vertreten war. Auf den Antrag des Vertreters der Klägerin verkündete das Gericht in allen vier Sachen den Beschluß: „Das Ruhen des Verfahrens wird angeordnet". Im Dezember 1930 beantragte der Beklagte in den vier Wechselprozessen einen neuen Termin, zu dem er die Klägerin lud. Demnächst wurden die vier Sachen zum Zweck einheitlicher Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Beklagte machte nunmehr geltend, daß die Wechselansprüche sämtlich verjährt seien. Die Klägerin unterlag in allen drei Rechtszügen. Gründe: Das Berufungsgericht geht davon aus, daß durch die Klagerhebung die dreimonatige Verjährung der geltend gemachten Wechselregreßansprüche unterbrochen worden sei (Art. 78 Nr. 1 WO., § 209 BGB.), und prüft dann, welche Bedeutung es habe, daß das Landgericht durch die Beschlüsse vom 21. März 1929 das Ruhen des Verfahrens angeordnet hatte. Wenn in § 211 Abs. 2 BGB. davon die Rede ist, daß der Prozeß infolge einer Vereinbarung oder dadurch in Stillstand gerät, daß er nicht betrieben wird, so scheint diese Vorschrift heute ihrem Wortlaut nach nicht mehr anwendbar, seitdem die Verordnung über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 135) den § 251 ZPO. dahin abgeändert hat, daß das Ruhen des Verfahrens durch Gerichtsbeschluß angeordnet wird. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, hierdurch sei die Möglichkeit eines auf Vereinbarung zurückgehenden Stillstandes des Prozesses ausgeschaltet; geblieben aber sei die Möglichkeit, daß ein Prozeß durch tatsächliches Nichtbetreiben in Stillstand gerate. Dieser zweite Fall liege hier vor. Gemäß § 251 Abs. 2 ZPO. n. F. hätten die Parteien nach Ablauf von drei Monaten seit der Anordnung des Ruhens das Gericht ohne dessen Mitwirkung wieder anrufen und zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung laden können. Vom 21. Juni 1929 an seien sie wieder uneingeschränkt Herren des Verfahrens gewesen. Wenn dann noch weiter Stillstand geherrscht habe, so rühre dies ausschließlich daher, daß der Prozeß eben nicht weiter betrieben worden sei. Mit dem genannten Zeitpunkt sei somit die Verjährung von neuem in Gang gesetzt und deshalb im Dezember 1930 längst abgelaufen gewesen, als der Beklagte Terminsbestimmung beantragt habe. 15*

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Das angefochtene Urteil glaubt also einen Unterschied machen zu können zwischen dem Stillstand des Prozesses kraft Vereinbarung und dem Stillstand kraft tatsächlichen Nichtbetreibens, während in Wirklichkeit seit der Verordnung vom 13. Februar 1924 (§§251, 251a Abs. 2 ZPO.) der Stillstand allgemein nicht mehr dem Parteibelieben überlassen bleiben soll. Vor allem aber läßt das Berufungsgericht eine Äußerung darüber vermissen, ob es eine Beendigung der Verjährungsunterbrechung durch die Beschlüsse vom 21. März 1929 annimmt. Nur dann aber, wenn diese Annahme zutrifft, ist sein Urteil haltbar. Nach § 217 BGB. kann eine neue Verjährung erst nach Beendigung der Unterbrechung beginnen; nach § 211 Abs. 2 das. endigt die durch Klagerhebung erfolgte Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Da die Unterlassung eines rechtlich möglichen Weiterbetreibens in der Zeit zwischen dem 21. Juni 1929 und der Ladung vom Dezember 1930 keine Prozeßhandlung darstellt, so kommen nur die Beschlüsse vom 21. März 1929 als letzte Prozeßhandlung in Betracht. Würde dadurch die Unterbrechung der Verjährung nicht beendigt sein, so hätte sie noch im Dezember 1930 fortgedauert, so daß die Verjährungseinrede unbegründet wäre. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Anordnung der Verfahrensruhe der Unterbrechung der Verjährung ein Ziel setzt. Die Anspruchsverjährung dient dem öffentlichen Interesse; oberste Richtschnur ist daher, daß die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann (§ 225 BGB.). Dieser Erfolg soll auch nicht auf dem Umweg erreicht werden, daß ein Prozeß begonnen, aber liegen gelassen wird (§ 211 Abs. 2 das.). Abgesehen vom Mahnverfahren, so heißt es in den Motiven zum BGB. Bd. 1 S. 332, enthält die Zivilprozeßordnung „keine Vorschrift, nach welcher die Wirkungen der Rechtshängigkeit infolge der Untätigkeit der Parteien aufhören. Die Rechtshängigkeit besteht in der Regel nach fort, bis der Rechtsstreit erledigt ist. Der materiellrechtlichen Frage nach der Dauer der Unterbrechung der Verjährung bei Stillstand des Rechtsstreits wird durch diesen prozessualen Grundsatz selbstverständlich nicht vorgegriffen. Das Prozeßrecht kann guten Grund haben, den Fortgang des Rechtsstreits vom Willen der Parteien abhängig zu machen; das bürgerliche Recht muß im Auge behalten, daß die Verjährung, soweit möglich, dem Parteiwillen entzogen wird". Offenbar muß es von diesem Standpunkt aus gleichgültig sein, ob die Untätigkeit der Parteien den Stillstand des Prozesses unmittelbar oder durch einen auf ihr beruhenden Gerichtsbeschluß herbeiführt. Auch im zweiten Fall ist schließlich der übereinstimmende Antrag der Parteien (§ 251 ZPO.) oder ihr tatsächliches Nichtverhandeln (§251a ZPO.) der Grund des Stillstandes, dem das bürgerliche Recht mit der Vorschrift begegnet, daß nunmehr die Verjährungsunterbrechung aufhört. In diesem Sinn hat sich denn auch die überwiegende Zahl der Schriftsteller ausgesprochen, so O e r t m a n n , BGB. §211 Anm. 2a; E n n e c c e r u s - N i p p e r d e y , Allgem. Teil § 216 IV A 3 ; S t e i n - J o n a s , ZPO. §251 Bemerk. IV Abs. 2. Anderer Meinimg ist,

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soweit ersichtlich, nur Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts 3. Aufl. S. 440. Das Urteil RGZ. Bd. 128 S. 191 [196], auf das er sich beruft, äußert sich in Wahrheit über diesen Punkt nicht und hatte auch keine Veranlassung dazu, da in dem dort zur Entscheidung stehenden Fall ein Beschluß auf Verfahrensruhe nicht ergangen war. Ist also durch die Beschlüsse vom 21. März 1929 die Unterbrechung der Verjährung beendet worden, so brauchte der Lauf der neuen Wechselverjährungsfrist doch keineswegs, wie die Revisionsbegründung meint, von der Anordnung des Ruhens an zu beginnen. Im Gegenteil konnte hier eine neue Verjährung nicht sofort anfangen, weil auch im Fall des § 251 a Abs. 2 ZPO., um den es sich hier handelt, die Vorschrift des § 251 Abs. 2 gilt, das Verfahren also vor Ablauf von drei Monaten nach der Anordnung des Ruhens nur mit Zustimmung des Gerichts aufgenommen werden konnte. Durch diese Sperrfrist wird eine Hemmung der Verjährung begründet, die der in § 202 Abs. 1 BGB. vorgesehenen entspricht. Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung dadurch gehemmt, daß der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. Das bedeutet: eine Hemmung muß überall da angenommen werden, wo dem Berechtigten vorübergehend durch ein rechtliches Hindernis die Geltendmachung seines Anspruchs unmöglich gemacht wird. Daß alle derartigen Fälle durch die Vorschrift des § 202 Abs. 1 mitgetroffen werden sollten, sprechen die Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. 1 S. 217 ausdrücklich aus (vgl. auch RGZ. Bd. 80 S. 216, Bd. 94 S. 180; E n n e c c e r u s - N i p p e r d e y a.a.O. §215 Anm. 5). Es ist auch nichts Außergewöhnliches und verstößt nicht gegen das Gesetz, daß sich die neue Verjährung nicht unmittelbar an die Beendigung der Unterbrechung anschließt. Allerdings ist die hemmende Sperrfrist des § 251 Abs. 2 ZPO. nicht schlechthin auf drei Monate zu bemessen. Das Gericht kann einer vorzeitigen Aufnahme zustimmen. Kann nach den Umständen mit Sicherheit auf seine Zustimmung gerechnet werden, so wird auch schon ein Teil der Frist als Zeit willkürlichen Stillstands zu behandeln sein (vgl. dazu RGZ. Bd. 72 S. 187). Ob die Umstände auch hier derart lagen, braucht jedoch nicht geprüft zu werden. Jedenfalls spätestens mit Ablauf der drei Monate seit Anordnung der Verfahrensruhe war der Zeitpunkt gekommen, in dem die Klägerin nicht mehr gehindert war, ihre Ansprüche zu verfolgen, in dem deshalb der weitere Stillstand des Prozesses lediglich den Parteien zur Last fällt. Zutreffend haben deshalb die Vorinstanzen angenommen, daß spätestens vom 21. Juni 1929 ab eine neue Verjährung zu laufen begann, daß somit zur Zeit der Aufnahme des Rechtsstreits die mit der Klage verfolgten Wechselregreßansprüche auf alle Fälle verjährt waren.

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Unterliegt bei Vertragsrechten auf kurzzeitig wiederkehrende, wirtschaftlich einheitliche Leistungen auch der „Gesamtanspfuch" der Verjährung? BGB. §§ 194, 197, 198, 224. VIII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 30. Mai 1932. I. Landgericht Ratibor.

II. Oberlandesgericht Breslau.

Der Kläger macht Rechte aus einem Vergleich geltend, den am 31. Mai/26. August 1796 der verklagte Preußische Staat als Eigentümer des Dominiums Sch. in Oberschlesien mit der Herrschaft des Dominiums Ob., Graf von Op., geschlossen hat. Darin wurde bestimmt, daß die vom Dominium Ob. beanspruchte, bis dahin streitig gewesene Holzungsgerechtigkeit als aufgehoben gelten sollte. Das Dominium Sch. trat ferner den sog. Servitutenwald, einen Teil des Reviers Sc., an das Dominium Ob. ab. Nach § 5 des Vergleichs sollten die Untertanen bestimmter Orte des staatlichen Dominiums, die bisher das Recht gehabt hatten, in dem Revier Se. Raifund Leseholz zu holen, dies Recht auch in dem abgetretenen Forstteil behalten. Ferner hieß es dort: Sie entrichten dafür an das Dominio Ob. nichts, sondern leisten die diesfalligen Prästationen, die ohnedies nicht füglich repartiert werden könnten, vollständig an das Dominium Sch., wogegen aber auch gleichbenanntes Dominium die bisherige Versteuerung des ganzen Waldes Se., mithin auch des nun abgetretenen Teils, allein über sich behält, so daß das Dominium Ob. zu dieser Steuer nicht das Mindeste beiträgt. In der Folgezeit haben auf Grund dieses Vergleichs die Grafen von Op. teils die auf dem Servitutenwald ruhenden Grundsteuern selbst bezahlt, teils sind diese Grundsteuern vom Beklagten für Rechnimg des Majorats Ob. an die Steuerkasse bezahlt worden. Die in § 5 des Vergleichs bezeichneten RafF- und Leseholzberechtigungen sind im Lauf des 19. Jahrhunderts abgelöst worden. Im Jahr 1880 hat der Beklagte zum letztenmal die Grundsteuer für den Servitutenwald erlegt, und zwar unmittelbar durch Zahlung an die Steuerkasse zugunsten der Herrschaft Ob. Im Jahr 1914 hat der vom Kläger als Alleinerben beerbte Graf T.-W. von Graf von Op. den Servitutenwald durch Tauschvertrag zu Eigentum erworben. In dem Vertrag war bestimmt, vom Zeitpunkt der Übergabe an solle jede Vertragspartei in alle mit dem vertauschten Besitz verknüpften Rechte und Pflichten und in alle den Besitz betreffenden Verträge eintreten. Am 14. Juli 1926 verlangte der Kläger, auf jene Rechtsvorgänge gestützt, vom Beklagten, daß er die nun von ihm für den Servitutenwald bezahlten Grundvermögenssteuern samt Kreissteuerzuschlägen ersetze, und erhob im Juni 1928 Klage auf Erstattung der seit dem 1. Januar 1924 derart gezahlten Beträge.

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Der Beklagte machte neben anderen Einwänden die Verjährungseinrede geltend. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gründe: Der Berufungsrichter hat mit Recht in der streitigen Vereinbarung einen schlicht privatrechtlichen Vertrag, nicht etwa über Steuerfreiheit, sondern über Steuererstattung gesehen und den gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs erhobenen Bedenken kein Gehör geschenkt. Ohne Stellungnahme zu den sonstigen Streitpunkten, insbesondere zu der Frage, ob die Ablösimg der Raff- und Leseholzgerechtigkeiten den Erstattungsansprüchen die Grundlage entzogen hat, weist er die Klage wegen Verjährung aller Ansprüche aus dem Vergleich ab. Zur Frage der zeitlichen Rechtsanwendung geht der Berufimgsrichter zutreffend davon aus, daß nach dem Preußischen Allgemeinen Landrecht zu beurteilen sei, ob die Verjährung in Gang gesetzt und bis zum 1. Januar 1900 gelaufen sei. Das wird unter Berufung auf die Vorschrift des § 509 ALR. I 9 bejaht, derzufolge auch das Recht, jährliche Leistungen und Abgaben von der Person oder dem Grundstück eines anderen zu fordern, durch den bloßen Nichtgebrauch verjähren kann, und zwar in der Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 546 das. Die Erwägungen des Berufiingsrichters über Beginn und Lauf der Verjährung nach diesen Gesetzesbestimmungen für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs greift die Revision nicht an; sie sind auch nicht zu beanstanden. Der Revision ist dagegen zuzugeben, daß die Stellungnahme des Berufungsrichters zum Eingreifen des zeitlichen Ubergangsrechts der Art. 169, 170 EG.Z.BGB. für den Fristlauf seit dem 1. Januar 1900 zum mindesten nicht eindeutig ist. Während das Berufimgsurteil zunächst für die Verjährung des Vergleichsanspruchs seit Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs allein die Regel des Art. 169 Abs. 1 Satz 1 EG.z.BGB. angewendet wissen will, mißt es in späteren Ausfuhrungen den Grundsätzen des alten Rechts über die Verjährbarkeit eines Gesamtanspruchs auch über den 1. Januar 1900 Bedeutung bei und glaubt, diese Stellungsnahme sei durch Art. 170 EG.z.BGB. gedeckt. Die Revision weist demgegenüber daraufhin, daß Art. 170 EG.z.BGB. die Regel des Art. 169 nicht einschränke, sondern daß dessen Verjährungsvorschriften auch schuldrechtlich vor 1900 begründete Ansprüche für den Verjährungslauf zur Zeit des neuen Rechts schlechthin unterworfen seien, soweit nicht Art. 169 Abs. 2 eingreife. Das entspricht in der Tat der Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit es sich um Ansprüche handelt, die zur Zeit des alten und des neuen Rechts gleichmäßig oder im wesentlichen gleichartig bestanden und hier wie dort der Verjährung unterlagen (RGZ. Bd. 56 S. 253, Bd. 79 S. 268, Bd. 95 S. 302, Bd. 104 S. 195). Die hier zu entscheidende Frage liegt insofern besonders, als es sich darum handelt,

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ob ein nach Preußischem Allgemeinem Landrecht begründetes und nach diesem (§ 509 ALR. I 9) der Verjährung unterhegendes Gesamtrecht auf wiederkehrende Leistungen von der Unverjährbarkeit betroffen wird, die etwa für solche Rechtsbildungen nach dem Recht der Anspruchsverjährung des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt. In dem Schrifttum wird überwiegend die Meinung vertreten, das neue Recht sei für einen alten, am 1. Januar 1900 noch nicht verjährten Anspruch maßgebend auch insofern, als es dessen Unverjährbarkeit bestimme. Auf der anderen Seite ist zu beachten, daß die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 56 S. 253, Bd. 64 S. 421) die Verjährungsvorschriften des alten Rechts über den 1. Januar 1900 hinaus als fortgeltend da anerkennt, wo das neue Recht einen dem altrechtlich erwachsenen Anspruch gleichartigen Anspruch nicht gibt, Ob die Gesichtspunkte dieser Urteile zutreffen würden, wenn mit der Revision anzunehmen wäre, das Bürgerliche Gesetzbuch behandle nur die Berechtigung auf jede einzelne wiederkehrende Leistung als Anspruch, der Begriff eines Gesamtanspruchs (Stammanspruchs) aber sei ihm fremd, so daß für einen solchen keine Verjährung laufen könne, darf dahinstehen. Denn der Revision ist gerade hierin für den vorliegenden Fall nicht zu folgen. Sie meint, es komme in den §§ 194, 198 BGB. zum Ausdruck, ein Anspruch im Sinn dieser Vorschriften sei durch ein Forderungsrecht auf ein dauerndes Tun nicht gegeben; es werde kein einheitlicher Gesamtanspruch auf die wiederkehrenden Leistungen, hier durch den Vergleich kein Gesamtanspruch auf jeweilige Steuererstattimg, erzeugt. Das Schrifttum hat zu der Frage im Hinblick auf den Begriff des Anspruchs in § 194 BGB., den der wiederkehrenden Leistungen in § 197 BGB., auf „die Entstehung des Anspruchs" in § 198 BGB. und zu der auch für diesen Fall bedeutsamen Bestimmung des § 224 BGB., daß mit dem Hauptanspruch auch der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen verjähre, vielfach und ungleichmäßig Stellung genommen. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts hat in einem Erkenntnis vom 1. April 1927 VI 474/26 die Frage, ob bei Vereinbarung wiederkehrender Leistungen ein der Verjährung zugängliches Stammrecht bestehe, berührt, aber nicht entschieden, da nach Lage jenes Falls von wiederkehrenden Leistungen und solchen an bestimmte Personen nicht die Rede sein konnte. Dagegen hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Rechtsnatur der Leibrente ständig anerkannt, daß die einzelnen Rentengefälle als Nutzungen eines in sich geschlossenen einheitlichen Rentenrechts anzusehen seien (RGZ. Bd. 67 S. 207, Bd. 68 S. 340, Bd. 80|S. 208, Bd. 89 S. 259, Bd. 91 S. 6, Bd. 94 S. 157, Bd. 104 S. 272, Bd. 106 S. 93, Bd. 111 S. 286). Was für das Leibrentenrecht gilt, ist für Fälle nach Art des vorliegenden nicht entscheidend anders anzusehen. Jedenfalls bedeutet wirtschaftlich betrachtet die Zusage, jedes Jahr unbegrenzt die Grundsteuern einer bestimmten Fläche zu tragen, nicht das Versprechen einer Summe von Einzelleistungen, sondern das einer einheitlichen Lastenbefreiung, eine Gewähr, die einen dauernden, nahezu eigenschaftlichen Vorzug des

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erworbenen Landes ausmacht. Dieser rechtlich festbegründeten wirtschaftlichen Lage wird die Auffassung der Verpflichtung als einer einheitlichen Gesamtverpflichtung mit einzelnen Gefällen weitaus besser gerecht als die von selbständigen, imverknüpften oder nur durch eine Anwartschaft gebundenen Einzelforderungen. Für die zu entscheidende Frage der Verjährbarkeit bleibt offen, ob diesem Gesamtrecht ein Anspruch im Sinn von § 194 Abs. 1, § 198 Satz 1 BGB. entspricht, da die Geltendmachung des Gesamtrechts, von der Feststellungsklage abgesehen (vgl. RGZ. Bd. 83 S. 354), in der Regel nur durch Einforderung der einzelnen fälligen Leistungen zum Ausdruck kommen wird. Der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs hatte diesem Tatbestand gerade für die Verjährungsfrage dadurch Rechnung getragen, daß er in § 160 bestimmte: Hängen wiederkehrende Leistungen von einem Hauptrecht nicht ab, so beginnt die Verjährung des Anspruchs im ganzen mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verjährung des Anspruchs auf eine Leistung begonnen bat. Entsprechend wurde in § 184 des Entwurfs (jetzt § 224 BGB.; vgl. Motive Bd. 1 S. 310) als Abs. 2 angefügt: Bei selbständigen wiederkehrenden Leistungen ist mit der Verjährung des Anspruchs im ganzen auch der Anspruch auf die bis dahin verfallenen Leistungen verjährt. Beide Bestimmungen sind von der Kommission zur zweiten Beratung des Entwurfs gestrichen worden, weil dafür kein Bedürfnis vorhanden sei; die Unterstellung eines Gesamtanspruchs fließe nicht aus der Natur der Sache, beruhe vielmehr auf künstlicher Fiktion; praktische Nachteile würden aus der Beseitigimg der Vorschriften nicht erwachsen (Protokolle Bd. 1 S. 212). Daraus wird nicht erkennbar, welche praktische Entscheidung die Kommission fiir richtig gehalten hat. Insbesondere ergibt sich aber nicht, daß die Zulassung der Verjährung des Gesamtrechts überhaupt als unverträglich mit Sinn und Zweck der Anspruchsverjährung angesehen worden wäre. Wie anzunehmen, trifft als Gesichtspunkt dieser Änderung zu, was Rehbein BGB. §§ 194—225 Anm. VI S. 333 als deren Grund angibt: die Frage, ob ein verjährbarer Hauptanspruch — zu ergänzen: Gesamtanspruch — vorliege, solle nach der Lage des Einzelfalls entschieden werden. Für Fälle nach Art des vorliegenden läßt sich aber nicht wohl in Abrede stellen, daß — ebenso wie das für die einzelnen Rentenansprüche einer Leibrente anerkannt wird (RGRKomm. BGB. § 760 Anm. 3) — auch hier in der Geltendmachung des einzelnen Gefälles gleichzeitig die des Gesamtanspruchs, soweit er zur Stillung ansteht, zum Ausdruck kommt. Unterbleibt dagegen bei solchen kurzzeitig und laufend wiederkehrenden Gefallen Leistung, Einklagung oder eine sonst die Verjährung unterbrechende Handlung für eine Rate, so setzt gleichzeitig die Verfolgung des Gesamtanspruchs in dem zu seiner Stillung und Kundmachung einzig bestimmten

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Akt aus. Damit tritt auch für ihn der die Verjährung kennzeichnende Anschein der Befriedigung ein. Wer die einzelne fällige Rate der wiederkehrenden Leistung nicht zahlt, kommt nicht nur mit ihr in Verzug, sondern verletzt auch das Gesamtrecht und gibt berechtigten Grund zu dessen Feststellung. Die Regel, die § 160 des ersten Entwurfs aufgestellt hatte, entspricht deshalb für Fälle nach Art des vorliegenden auch dem Sinn des geltenden Rechts und den Anforderungen des Rechtsverkehrs. Es kann nicht im Sinn des Gesetzgebers gelegen haben, die wirtschaftliche nnd staatliche Aufgabe der Verjährungseinrichtung aus Erwägungen rechtsbegrifflicher Art weitgehend einzuschränken und seit langen Jahren in Vergessenheit geratene, der Bestimmung nach laufend wiederkehrende Rentenrechte niemals erlöschen zu lassen. Der Gesetzgeber des bürgerlichen Rechts wollte dieser Rechtseinrichtung vielmehr weitgehenden Spielraum geben. Das zeigt die Übergangsvorschrift des Art. 169 Abs. 2 EG.z. BGB., die Ablehnimg von Abreden, welche die Verjährung erschweren, und die Zulassung von solchen, die sie erleichtern, in § 225 BGB. sowie die besondere Bestimmung von Ausnahmen der Verjährbarkeit in § 194 Abs. 2, §§ 758, 902 Abs. 1 Satz 2, §§ 898, 924 BGB. u. a. m. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts hat diese Auffassung des Gesetzgebers von der grundlegenden und öffentlichen Bedeutung der Verjährungsvorschriften ständig anerkannt bis zu der Folgerung, daß der Verjährungsausschluß gegenüber Forderungsrechten in einem ausländischen Recht den Zwecken des deutschen Rechts im Sinn von Art. 30 EG.z.BGB. widersprechen kann (RGZ. Bd. 60 S. 299, Bd. 79 S. 268 u n d [zu Art. 30 EG.Z.BGB.] Bd. 106 S. 82).

Mit dieser Gesamtrichtung des deutschen Rechts wäre es nicht vereinbar, der Verjährungseinrede keine Folge zu geben gegenüber schuldrechtlichen Verträgen nach Art des vorliegenden, die seit 1880 nicht gehandhabt und bis 1928 nicht verfolgt worden sind. Vielmehr ist mit dem Berufimgsrichter (und zwar aus Erwägungen des neuen Rechts) anzunehmen, daß sich die Verjährung des Gesamtrechts auch nach dem 1. Januar 1900 vollenden konnte und spätestens 1912 vollendet hat. Daraus folgt, unter entsprechender Anwendung des § 224 BGB., auch die Abweisung der in diesem Rechtsstreit geltend gemachten einzelnen Erstattungsforderungen für die Zeit nach dem 1. Januar 1924.

R G Z . 139, 270 t Unter welchen Voraussetzungen wird die Verjährung durch eine Versagung des Armenrechts gehemmt? BGB. § 203. VI. Zivilsenat. Urt. v. 26. Januar 1933. I. Landgericht Halle.

II. Oberlandesgericht Naumburg.

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Der Kläger hat am 30. Juni 1927 in M. dadurch einen Unfall erlitten, daß er von einem Kraftwagen des Beklagten, den dieser selbst steuerte, angefahren wurde. Er hat den ihm entstandenen Schaden durch eine im September 1928 erhobene Klage geltend gemacht und unter Vorbehalt der Erweiterung seines Anspruchs einen Teilbetrag von 3000 RM. gefordert. In der Klage war auch vorgetragen worden, daß der Kläger durch den Unfall erwerbsunfähig geworden und außerstande gesetzt sei, sein Feinkostgeschäft zu versehen; als Ersatz hierfür war ein Rentenanspruch von monatlich 250 RM. angekündigt worden. Diesen hat der Kläger dann aber nicht erhoben, weil das Landgericht seinen Antrag vom 25. Oktober 1928, ihm für seinen Rentenanspruch von monatlich 250 RM. das Armenrecht zu bewilligen, durch Beschluß vom 13. November 1928 mit der Begründung abgelehnt hatte, daß der Kläger das Geschäft bis zum 1. Oktober 1928 betrieben und nach seinen Angaben im Armenrechtsgesuch einen Reinverdienst von 3420 RM erzielt, seine spätere Notlage aber durch den Verkauf des Geschäftes selbst verschuldet habe. Aus den gleichen Gründen ist dem Kläger auch das für eine einstweilige Verfügung auf Zahlung einer Rente von monatlich 250 RM. nachgesuchte Armenrecht durch einen Beschluß vom 23. November 1928 versagt und auch ein erneutes Armenrechtsgesuch am 4. Januar 1929 abgelehnt worden. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht durch Beschluß vom 11. Oktober 1929 zurückgewiesen. Erst nachdem im Hauptprozeß von dem Universitätsprofessor Dr. L. ein Gutachten erstattet worden war, das den Kläger als in seinem Gewerbe vollständig erwerbsunfähig bezeichnete, hat ihm das Landgericht im Hauptprozeß auf ein erneutes Armenrechtsgesuch durch Beschluß vom 20. Dezember 1930 das Armenrecht für die Einklagung eines Rentenanspruchs von monatlich 250 RM. bewilligt. Es hat dem Kläger sodann durch Teilurteil eine Rente von monatlich 100 M. zugesprochen. Auf die mit der Berufung vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung hat aber das Oberlandesgericht den Rentenanspruch in vollem Umfange abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Die Ausführungen, mit denen der Berufungsrichter darzulegen sucht, daß die Verweigerung des Armenrechts die Hemmung der Verjährung nicht zur Folge gehabt habe, sind von Rechtsirrtum beeinflußt. Er führt hierzu aus, das jeder näheren Begründung entbehrende Armenrechtsgesuch des Klägers vom 25. Oktober 1928, das nicht nur die bis zum Oktober 1928 aufgelaufene Rente, sondern auch die künftige betroffen habe, sei in dem Beschlüsse des Landgerichts vom 13. November 1928 allerdings insofern nicht völlig sachgemäß beschieden worden, als darin über die künftige Rente nichts gesagt, die Rechtsverfolgung wegen der aufgelaufenen Rente aber als zur Zeit aussichtslos bezeichnet und die Bewilligung des Armen-

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rechts insoweit vorbehalten worden sei. Immerhin möge in dem Beschlüsse sinngemäß eine Versagung des Armenrechts gefunden werden. Es gereiche dem Kläger aber zum Vorwurf, daß er sich darüber nicht beschwert habe. Den Beweis dafür, daß sich das Beschwerdegericht auf den gleichen Standpunkt gestellt haben würde wie das Landgericht, und daß es dies insbesondere auch gegenüber ausführlichen Darlegungen bezüglich des Rentenanspruchs getan hätte, sei der Kläger schuldig geblieben. Worauf seine Zurückhaltung zurückzuführen sei, könne dahingestellt bleiben; denn jedenfalls habe er sich nicht jahrelang untätig verhalten dürfen, sondern sein Gesuch unter Hinweis auf die bevorstehende Verjährung erneuern oder gegen den Beschluß vom 13. November 1928 Beschwerde einlegen müssen. Daß das L.'sche Gutachten erst im Oktober 1930 eingegangen sei, könne die Säumnis des Klägers nicht entschuldigen. Er habe seine Bemühungen um die Bewilligung des Armenrechts mit Rücksicht auf die drohende Verjährung schon vor dem Eingange des Gutachtens wieder aufnehmen müssen. Wenn er das Armenrecht für die Einklagung des Rentenanspruchs nicht habe erreichen können, habe er eine Feststellungsklage erheben können. Daß ihm das Gericht das Armenrecht auch für eine Feststellungsklage bei dringendem Hinweis auf die drohende Verjährung nicht bewilligt hätte, erscheine als ausgeschlossen und könne von dem hierfür beweispflichtigen Kläger jedenfalls nicht dargelegt werden. Das Berufungsgericht ist bei seiner Begründung davon ausgegangen, daß die Versagung des Armenrechts für die arme Partei einen die Rechtsverfolgung hindernden Fall höherer Gewalt nach § 203 Abs. 2 BGB. darstellen kann. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Das Reichsgericht hat bereits ausgesprochen, daß die Verzögerung der Entscheidung über ein Armenrechtsgesuch im Anwaltsprozeß als höhere Gewalt angesehen werden und eine Hemmung der Verjährung begründen kann (RGZ. Bd. 87 S. 52). Was von einer solchen Verzögerung gilt, muß um so mehr von der Versagung des Armenrechts gelten. In einzelnen Entscheidungen des Reichsgerichts ist ferner ausgesprochen, daß die Verjährung von Aufwertungsansprüchen ganz allgemein bis zum 1. Juli 1924 gehemmt gewesen ist, weil in den Jahren 1922 und 1923 noch keine Aufwertungsansprüche mit Aussicht auf Erfolg hätten erhoben werden können, und das Hindernis, welches die Rechtsprechung einer erfolgreichen Durchführung solcher Ansprüche in den Weg gelegt habe, erst mit dem 1. Juli 1924 weggefallen sei (RGZ. Bd. 111 S. 147, Bd. 120 S. 355, Bd. 122 S. 327, Bd. 126 S. 61; Zeiler, Aufwfälle Nr. 1467, 1486, 1657, 1820, 1825, 1873, 1944, 2250). Wenn in diesen Entscheidungen teilweise der Versuch gemacht worden ist, die Hemmung der Verjährung aus einer rechtsähnlichen Anwendung des § 202 BGB. mit der Erwägung herzuleiten, der Aufwertungsschuldner sei infolge der damaligen Lage der Rechtsprechung vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt gewesen, so zeigt die Begründimg der Entscheidungen doch mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Unmöglichkeit der Durchsetzung von Aufwertungsansprüchen als ein vom Auf-

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wertungsgläubiger nicht zu beseitigendes Hindernis der Rechtsverfolgung, also als ein Fall der Verhinderung der Rechtsverfolgung durch höhere Gewalt angesehen worden ist, so daß die Hemmung der Verjährung mit dem gleichen oder größeren Recht wie aus § 202 BGB. aus § 203 das. hätte hergeleitet werden können. RGZ. 142, 258 1. Zum Begriff des „Zurückerhaltens" in § 558 Abs. 2 BGB. 2. Kommt es für die in § 202 BGB. bestimmte H e m m u n g der Verjährung darauf an, ob der Berechtigte bereits Feststellungsklage oder Klage auf zukünftige Leistung erheben kann? 3. Unterliegt der Anspruch auf Zurückzahlung einer unter Vorbehalt zurückgegebenen Pachtsicherheit der kurzen Verjährung nach § $81 Abs. 2, § 558 Abs. 1 BGB? IV. Zivilsenat. Urt. v. 20. November 1933. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". RGZ. 144, 378 Zum Einwand gegenwärtiger Arglist gegenüber der Verjährungseinrede. N a c h welchem Recht bestimmen sich seine Voraussetzungen bei altrechtlichen Schuldverhältnissen seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs? BGB. §§ 222, 242. EG.z.BGB. Art. 169, 170. V. Zivilsenat. Urt. v. 2. Juni 1934. I. Landgericht Braunschweig.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Beklagte hat durch notariellen Vertrag vom 22. März 1894 ein auf seinen Namen im Grundbuch stehendes Grundstück in B. für den durch Schuldübernahme und Aufrechnimg alsbald berichtigten Preis von 30100 M. dem Rentner August L. verkauft und ihm am 1. April 1894 übergeben. Die Auflassimg, die nach dem Vertrag an einem der ersten Tage der nächsten Woche erfolgen sollte, ist unterblieben, auch nachdem der Beklagte am 5. Februar 1899 auf L.s Wunsch zwei Bevollmächtigte bestellt hatte, die — jeder für sich — ermächtigt sein sollten, das Grundstück an L. oder mit dessen Zustimmung an einen beliebigen Dritten aufzulassen. August L. ist im Januar 1928 verstorben. Als Testamentsvollstrecker hat der Kläger im Mai 1933 die Klage auf Auflassung des Grundstücks an die Erben des August L. erhoben. Gegenüber der Einrede des Beklagten, der Klaganspruch sei verjährt, hat sich der Kläger auf die erwähnte Vollmachtsurkunde berufen, deren Aushändigung als Anerkennung des Klaganspruchs

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die Verjährung unterbrochen und deren Entgegennahme — wie eine Stundung wirkend — den Lauf der Verjährungsfrist auf mindestens 5 Jahre gehemmt habe. Ferner hat der Kläger die Einrede der Verjährung mit dem Gegeneinwand unzulässiger Rechtsausübung (Einrede der gegenwärtigen Arglist) bekämpft. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat seiner Auffassung, daß die Verjährungseinrede zwar an sich begründet sei, aber durch den Einwand unzulässiger Rechtsausübung geschlagen werde, überall das geltende Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugrundegelegt. Die Rüge der Revision, daß im Rahmen der Art. 169, 170 EG.Z.BGB. auch die einschlagenden Bestimmungen des vor 1900 in Braunschweig geltenden gemeinen Rechts sowie des braunschweigischen Landesrechts hätten angewendet werden müssen, ist begründet. Die Anwendung dieser Vorschriften führt aber zu keinem anderen als dem vom Berufungsgericht gefundenen, in der Frage nach Vollendung der Verjährung dem Beklagten günstigen Ergebnis... (Wird näher ausgeführt). Danach endete die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des 5. Februar 1929, d. h. zu dem von dem Berufungsgericht errechneten Zeitpunkt. Auch die Annahme, daß die Einrede der Verjährung durch den Gegeneinwand unzulässiger Rechtsausübimg geschlagen werde, hat das Berufungsgericht dem § 242 BGB., mithin dem zur Zeit seiner Entscheidung geltenden Recht, in der Ausprägung entnommen, die dieses Recht in der Rechtsprechung des Reichsgerichts erfahren hat. Die Revision meint, nach a l t e m Recht bestimmten sich gemäß Art. 170 EG.z.BGB. die dem Verkäufer durch den Vertragsschluß überkommenen Pflichten; deshalb könne auch die Frage, ob in der Berufung auf Verjährung des Erfüllungsanspruchs ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege, lediglich nach dem Inhalt des bisherigen Rechts beantwortet werden. Diese Auffassung kann nur in ihrem Vordersatz gebilligt werden. Richtig ist, daß sich bei einem vor dem 1. Januar 1900 entstandenen Schuldverhältnis auch in der Folgezeit Inhalt und Umfang der Leistung nach dem bisherigen Recht bestimmen. Aber schon für die Art, wie der Schuldner die Leistung zu bewirken hat, gilt auch bei altrechtlichen Verhältnissen für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dessen § 242. Diese Vorschrift beansprucht wegen ihrer allgemeinen Bedeutimg für das Erfüllungsgeschäft Geltung auch für solche Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 1900 entstanden sind (RGUrt. vom 23. September 1929 VI 168/29 im Anschluß an H a b i c h t . Die Einwirkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf zuvor entstandene Rechtsverhältnisse, 3. Aufl., S. 189 und abweichend von den Erläuterungsbüchern zum EG.Z.BGB. bei Art. 170: S t a u d i n g e r , 9. Aufl., III 3c, Planck Anm. 13a, N i e d n e r 2. Aufl., II 3b). Vollends ist das

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neue Recht anzuwenden, wenn die Beurteilung von rechtserheblichen Umständen in Frage steht, die sich nicht als unmittelbare Auswirkungen des Schuldverhältnisses selbst darstellen und die nach dem 1. Januar 1900 eingetreten sind (Staudinger a. a. O Anm. III; Niedner a. a. O. Anm. II 3 b und c). Um einen solchen Umstand handelt es sich bei der Vollendung der Verjährung und dem aus ihr erwachsenen Recht des Beklagten, die Auflassung als die zur Vertragserfüllung erforderliche Leistung zu verweigern (§ 222 BGB. in Verbindung mit Art. 169 EG.z.BGB.). Ob sich der Beklagte mit der Berufung auf ein solches Recht zu den Anforderungen in Widerspruch setzt, die Treu und Glauben an den redlichen Schuldner stellen, ist mithin nach dem Recht zu entscheiden, das zur Zeit der Ausübimg des Leistungsverweigerungsrechts gilt. Diese Auffassung entspricht allein dem Wesen des Einwands unzulässiger Rechtsausübung als eines Rechtsbehelfs, mit dem das gegenwärtige Verhalten des Gegners deshalb bekämpft wird, weil es mit Rücksicht auf sein früheres Verhalten gegen Treu und Glauben verstößt. Es bedarf deshalb nicht der Erörterung, ob bei Zugrundelagung der Rechtssätze, die im gemeinen Recht für das Anwendungsgebiet der exceptio doli generalis entwickelt worden sind, ein anderes als das aus dem geltenden Recht vom Berufungsgericht hergeleitete Ergebnis gerechtfertigt wäre. Durfte das Berufungsgericht hiernach bei seiner Entscheidung von dem geltenden Recht ausgehen, so lassen die Gründe des angefochtenen Urteils, soweit sie dem Beklagten das beanspruchte Leistungsverweigerungsrecht versagen, keinen Rechtsirrtum hervortreten. In der vom Berufungsgericht herangezogenen, im Schrifttum vielfach gebilligten Rechtsprechung des Reichsgerichts ist anerkannt, daß der sog. Einwand der allgemeinen oder gegenwärtigen Arglist auch gegenüber der Einrede der Verjährung Platz greift (RGZ. Bd. 57 S. 376, Bd. 60 S. 392, Bd. 78 S. 134, Bd. 87 S. 281, Bd. 109 S. 309, Bd. 115 S. 137, Bd. 138 S. 299, Bd. 142 S. 284, Bd. 143 S. 236 u. S. 250; vgl. ferner JW. 1919 S. 102 Nr. 2 u. S. 304 Nr. 4, 1927 S. 973 Nr. 8). Zur Begründung dieses Einwands genügt die Berufung auf ein früheres Verhalten des Schuldners, durch das er — sei es auch unabsichtlich — dem Gläubiger nach verständigem Ermessen ausreichenden Anlaß gab, von einer Unterbrechimg der Verjährung, insbesondere durch Klagerhebung, abzusehen, weil Befriedigung auch ohne Anrufimg der Gerichte zu erwarten stand und von ihrem Aufschub die Erhebung der Verjährungseinrede nicht zu besorgen war. Im Streitfall hatten beide Vertragsteile den Kaufvertrag vom 22. März 1894 bis auf die Auflassung alsbald vollständig erfüllt. Der Beklagte hatte den Besitz auf den Käufer übertragen, der Käufer den Kaufpreis berichtigt. Mit der Übergabe waren Nutzungen und Lasten des verkauften Grundstücks auf den Käufer übergegangen. Durch die Einräumung des Besitzes am Kaufgrundstück hatte der Beklagte, wie das Berufungsgericht hervorhebt, wirtschaftlich betrachtet die wichtigste Verkäuferpflicht erfüllt. Das

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ihm verbleibende Eigentumsrecht gewährte ihm zwar eine unverjährbare Klage aus diesem Recht gegen Dritte (§ 8 Abs. 2 des braunschw. Gesetzes über den Eigentumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke usw. vom 8. März 1878, GuVoS. S. 29; Art. 180, 181 EG.z.BGB.; § 902 BGB.), aber keinen Titel zur Wiedererlangung des Besitzes gegen den Käufer. Denn der Käufer konnte sowohl vermöge der gemeinrechtlichen exceptio rei venditae et traditae (vgl. § 9 des genannten Gesetzes vom 8. März 1878) wie auch nach § 986 BGB. dem Beklagten die Herausgabe des Grundstücks für immer verweigern. Das Besitzrecht des Käufers war dauernd; es unterlag weder nach gemeinem Recht noch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 194) der Verjährung (RGZ. Bd. 138 S. 296). Schon eine so weitgehende, dem Käufer eine derart starke Stellung verschaffende Vertragserfüllung deutete nach Auffassung des Berufungsgerichts darauf hin, daß der Beklagte zur Bewirkung der allein noch übrigbleibenden Auflassung sich ohne weiteres und jederzeit bereitfinden lassen werde. Darüber hinaus aber bekundete der Beklagte solche Bereitschaft im Jahre 1899 nach der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung noch besonders dadurch, daß er mit Rücksicht auf die inzwischen geschehene Aufgabe seines Wohnsitzes in B. zwei dort ansässige Bevollmächtigte bestellte, die je für sich und mit der Befugnis, Unterbevollmächtigte zu bestellen, ermächtigt sein sollten, das verkaufte Grundstück an den Käufer oder mit dessen Zustimmung an jeden beliebigen Dritten aufzulassen. Die Auflassung blieb aufgeschoben, weil der Käufer den Eigentumsübergang unmittelbar auf einen von ihm gesuchten weiteren Käufer herbeizuführen gedachte; die Bevollmächtigten wurden bestellt, damit in Vertretung des Beklagten die Auflassimg jederzeit erklärt werden konnte, sobald sich für das Grundstück ein weiterer Käufer gefunden haben sollte. Darin, daß der Beklagte die Vollmachtsurkunde dem Käufer behändigte, hat das Berufungsgericht eine Bestätigung seiner Überzeugung gefunden, daß die Auflassung nicht etwa deshalb vinterblieb, weil sich der Beklagte durch Zurückhaltung dieser Vertragsleistung zu sichern gedachte, sondern weil dem Käufer die Wahl des Auflassungsempfängers und des Zeitpunkts freigestellt sein sollte. Bei diesem Stande der Vertragsabwicklung ist es, auch nachdem die von dem Beklagten bestellten Auflassungsbevollmächtigten in den Jahren 1922/23 verstorben waren, bis zu dem im Jahre 1928 erfolgten Ableben des Käufers und bis zur Vollendung der Verjährung im Februar 1929 geblieben. Der Beklagte hat sich, weil ihm die Angelegenheit aus dem Gedächtnis geschwunden war, um das Schicksal des Grundstücks seit dem Jahre 1899 nicht mehr gekümmert und seitdem mehr als 30 Jahre lang wederden Käufer noch dessen Erben jemals im Eigenbesitz und damit in der tatsächlichen Herrschaft über das Grundstück gestört. Erst als die Erben des Käufers, nachdem sie Ende 1929 den Wohnsitz des Beklagten ermittelt hatten, auf Bereinigung der Angelegenheit durch Vornahme der Auflassung drangen, hat der Beklagte diese verweigert. Daß er sich zur Rechtfertigung seines Verhaltens auf das angebliche Versprechen einer Beteiligung an dem beim

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Weiterverkauf zu erzielenden Erlös stützen könne, hat das Berufungsgericht aus tatsächlichen Erwägungen verneint. Wenn bei umfassender Würdigung dieses Sachverhalts das Berufungsgericht zu der Rechtsauffassung gelangt ist, daß unter so bewandten Umständen der Beklagte durch seine Erfullungsweigerung sich in einen mit Treu und Glauben nicht mehr vereinbaren Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setze, so kann dem aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. Denn durch sein früheres Verhalten hat der Beklagte — wenn auch unabsichtlich — dem Käufer nach verständigem Ermessen ausreichenden Anlaß gegeben, zunächst die sich wegen der hohen Belastung des Grundstücks schwierig gestaltenden Versuche eines Weiterverkaufs nicht zu beschleunigen und später von einer zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Maßnahme abzusehen. Es mag sein, daß der Käufer, wie die Revision geltend macht, mit fortschreitendem Zeitablauf an die immer noch ausstehende Übereignung ebenfalls nicht mehr gedacht hat. Dadurch wurde aber — hierin irrt die Revision — der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und der Untätigkeit des Käufers nicht gelöst. Daß der Käufer über der erlangten und viele Jahre hindurch unangefochten ausgeübten, vollkommenen tatsächlichen Herrschaft über das gekaufte Grundstück den Mangel der rechtlichen Verfügungsgewalt schließlich aus den Augen verlieren konnte, ist nach der dem Berufungsurteil ersichtlich zugrundeliegenden Auffassung auch eine Folge des früheren Verhaltens des Beklagten gewesen, nicht seiner späteren Untätigkeit, die übrigens unter den obwaltenden Umständen den Käufer in dem durch sein früheres Verhalten hervorgerufenen Vertrauen nur bestärken konnte. Nun hat allerdings der Kläger erst im Mai 1933 die Klage auf Auflassung des Grundstücks erhoben, obwohl ihm schon etwa drei Jahre früher bekannt war, daß der Beklagte die Mitwirkung bei der Auflassung nunmehr verweigerte. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, auf denen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung beruht, ist die Frist, innerhalb deren nach Beendigimg der den Einwand rechtfertigenden Verhältnisse der Anspruch durch Klage oder in anderer zur Unterbrechung der Verjährung geeigneter Weise geltend zu machen ist, gemäß den Anforderungen des anständigen Geschäftsverkehrs und den Umständen des Falls zu bestimmen (RGZ. Bd. 115 S. 135, Bd. 143 S. 250). Das Berufungsgericht hat in dieser Richtung keine Feststellung getroffen. Der Kläger hat aber vorgetragen, daß der Beklagte im Jahre 1930 das Zustandekommen eines bindenden Verkaufs bestritten und deshalb, nicht etwa wegen Verjährung, die Übereignung abgelehnt habe, ferner daß die zum Beweise dienliche Ausfertigung des Kaufvertrags erst am 21. April 1933 aufgefunden worden sei. Der Beklagte hat dies nicht bestritten. Unter diesen Umständen hat der Kläger die Klage rechtzeitig erhoben.

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RGZ. 145, 121 1. . . . 2. . . . 3. Richtet sich die Verjährung eines Wechselsanspruchs, f ü r den im übrigen ausländisches Recht gilt, auch dann nach diesem Rechte, wenn danach die Verjährung nicht eine Einrichtung des sachlichen, sondern des Verfahrensrechts ist? WO. Art. 77, 85. EG. z. BGB. Art. 30. BGB. § 194. II. Zivilsenat. Urt. v. 6. Juli 1934. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 145, 239 1. Wie wirkt die Anordnung, daß das Verfahren ruhen soll, auf die Unterbrechung der Verjährung durch Klagerhebung? 2. Zum Einwand der gegenwärtigen Arglist gegenüber der Verjährungseinrede. BGB. §211 Ab. 2, §§222, 242. ZPO. §§ 251, 251a. V. Zivilsenat. Urt. v. 27. Oktober 1934. I. Landgericht Magdeburg.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Mehrere am Torfschiffahrtskanal bei G. gelegene Gärtnereigrundstücke, darunter je ein Grundstück des Baumschulenbesitzers S. und des Klägers, wurden im August 1924 durch das bei starkem Gewitterregen aus den Ufern getretene Kanalwasser überschwemmt.S. führte den ihm hierdurch an seinen Gemüse- und Obstbaumkulturen entstandenen Schaden auf schuldhafte Verletzung der dem Lande Preußen (Kulturbauverwaltung) obliegenden Pflicht zur Unterhaltung des Kanals zurück. Er machte in einem bei dem Landgericht in Magdeburg im Jahre 1926 anhängig gewordenen Rechtsstreit den Preußischen Fiskus hierfür verantwortlich. Unter Bezugnahme auf das Beweisergebnis in der Sache S. wider Fiskus und aus dem gleichen Rechtsgrunde erhob der Kläger im April 1927 bei demselben Landgericht eine Schadensersatzklage gegen das verklagte Land Preußen. In dem vor Klagerhebung eingereichten, dem Beklagten mitgeteilten Gesuch um Bewilligung des Armenrechts hatte er erklärt, daß das Ergebnis des Vorprozesses mit Rücksicht auf die drohende Verjährung seines Anspruchs nicht abgewartet werden könne und deshalb zur Unterbrechung der Verjährung die Klage erhoben werden müsse. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. In der Klagbeantwortung verwies er ebenfalls auf den Vorprozeß. In dem auf den 2. Juni 1927 vor dem Einzelrichter anberaumten Verhandlungstermin blieben beide Parteien aus. Der Richter beschloß und verkündete darauf: „Mit Rücksicht auf die

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Sache S. wider Fiskus wird das Ruhen des Verfahrens angeordnet". Beglaubigte Abschrift der diesen Beschluß enthaltenden Sitzungsniederschrift wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers übersandt. Nachdem die von S. erhobene Klage abgewiesen worden war, nahm der Beklagte den Rechtsstreit mit dem Kläger mit Schriftsatz vom 11. August 1931 wieder auf. Das Landgericht erklärte unter Verwertung des von den Parteien vorgetragenen Beweisergebnisses in der Sache S. wider Fiskus den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Dagegen wies das Oberlandesgericht auf Berufung des Beklagten die Klage wegen Verjährung ab. Die Revision des Klägers hatte Erfolg aus den nachstehenden Gründen: Die Klage stützt sich auf die Behauptung, daß Beamte des Beklagten die diesem obliegende Pflicht zur Unterhaltung des Torfschiffahrtskanals fahrlässig nicht gehörig erfüllt und dadurch das Eigentum des Klägers widerrechtlich verletzt hätten (§ 823 Abs. 1, §§ 31, 89, 831 BGB.). Der Anspruch auf Ersatz des aus solcher unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt nach § 852 BGB. in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Kläger von dem Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Diesen Zeitpunkt hat das Berufungsgericht (wie näher ausgeführt wird, mit Recht) spätestens in das Jahr 1927 als das Jahr der Erhebung der vorliegenden Klage verlegt. Die Entscheidung über die Revision hängt hiernach davon ab, ob die durch Klagerhebung herbeigeführte Unterbrechung der Verjährung mit der Verkündung des Gerichtsbeschlusses vom 2. Juni 1927 ihr Ende erreicht hat. Das wäre nicht der Fall, wenn durch diesen Beschluß im Sinne des § 148 ZPO. die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung der Sache S. wider Fiskus angeordnet sein sollte. Denn für die Anwendung der dem Kläger entgegenstehenden Vorschrift im § 211 Abs. 2 BGB. ist dort kein Raum, wo der Stillstand des Verfahrens auf einer vom Gesetz bestimmten Unterbrechung oder auf einer vom Gericht beschlossenen Aussetzimg, mithin nicht auf einer Vereinbarung der Prozeßparteien oder auf ihrer Untätigkeit beruht (RGZ. Bd. 72 S. 185). Das Berufungsgerichtnimmt an, daß ein Aussetzungsbeschluß nichr ergangen s e i . . . (Nachdem eine hiergegen gerichtete Rüge der Revision für begründet und eine erneute Prüfung des Inhalts des erlassenen Beschlusses für erforderlich erklärt wurde, fahren die Urteilsgründe fort:) Sollte die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht wiederum zu dem Ergebnis führen, daß der Einzelrichter am 2. Juni 1927 gemäß § 251 a Abs. 2 ZPO. das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat, so wäre die vom Berufungsgericht für solchen Fall bereits gezogene Folgerung, daß mit der letzten Prozeßhandlung des Gerichts die durch Klagerhebimg eingetretene Unterbrechung der Verjährung des Klaganspruchs ihr Ende fand, nicht zu beanstanden. Die von der Revision hiergegen angeführten Gründe schlagen nicht durch. Zunächst trifft es nicht zu, daß ein Ruhen 16»

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des Verfahrens, weil es seit der Verordnung vom 13. Februar 1924 nicht mehr durch Parteivereinbarung, sondern nur noch durch die Anordnung des Gerichts (§§ 251, 251a ZPO.) herbeigeführt werden könne, die Unterbrechung der Verjährung nicht mehr im Sinne des § 211 Abs. 2 BGB. zu beendigen vermöge. Für ihre gegenteilige Meinung kann die Revision das von ihr angezogene Urteil des VIII. Zivilsenats vom 27. März 1930 (RGZ. Bd. 128 S. 191 [196]) nicht verwerten. In dem dort zur Entscheidung stehenden Falle war ein Beschluß auf Verfahrensruhe nicht ergangen. Demgemäß war das genannte Urteil mit der Frage befaßt, wann ein infolge des Verhaltens der Parteien ohne gerichtliche Anordnung tatsächlich eingetretener Stillstand des Verfahrens nach der Änderung der hier eingreifenden gesetzlichen Vorschriften noch eine Wirkung im Sinne des § 211 Abs. 2 BGB. ausüben könne. In den Gründen dieses Urteils ist freilich der weiterreichende Ausspruch enthalten, daß die Untätigkeit der Prozeßparteien einen Stillstand des Verfahrens im Sinne und mit der Folge des §211 Abs. 2 BGB. überall dort nicht mehr bewirken könne, wo das G e r i c h t durch Anordnung des Ruhens gemäß §§ 251, 251a ZPO. dem Verfahren Einhalt geboten habe. Dem kann aber nicht beigetreten werden. Einer Entscheidung der vereinigten Zivilsenate bedarf es nicht, weil das genannte Urteil auf dem erwähnten Ausspruch nicht beruht (RGZ. Bd. 134 S. 22), zudem der VIII. Zivilsenat nach einem Beschlüsse des Präsidiums des Reichsgerichts inzwischen zu bestehen aufgehört hat (RGZ. Bd. 108 S. 60). Mit dem II. Zivilsenat (RGZ. Bd. 136 S. 193) ist vielmehr anzunehmen, daß die Änderung des Verfahrensrechts in den §§ 251, 251 a ZPO. den Anwendungsbereich der sachlich-rechtlichen Vorschrift in § 211 Abs. 2 BGB. nicht beschränkt hat. Es macht für die Verjährung eines im Prozeß befangenen Anspruchs keinen Unterschied, ob die Untätigkeit der Parteien den Stillstand des Rechtsstreits unmittelbar oder durch einen auf ihr beruhenden Gerichtsbeschluß herbeiführt. Auch in diesem Fall ist, wie der II. Zivilsenat zutreffend ausgeführt hat, schließlich der übereinstimmende Antrag der Parteien (§ 251 ZPO.) oder ihr tatsächliches Nichtverhandeln (§ 251a ZPO.) der Grund des Stillstandes, dem eben das bürgerliche Recht mit der Vorschrift begegnet, daß nunmehr die Unterbrechung der Verjährung endet. Die Revision will dies freilich nicht gelten lassen. Sie meint, insoweit müsse zwischen Fällen unterschieden werden, in denen die Anordnung des Ruhens des Verfahrens lediglich in dem Ausbleiben der Parteien ihren Grund finde, und solchen Fällen, in denen wie hier ein anderer, die Aussetzung des Verfahrens rechtfertigender Grund die gerichtliche Entscheidung mehr oder minder ausschlaggebend bestimmt habe. Dieser Auffassung der Revision kann jedoch nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß nach § 251 ZPO. selbst der übereinstimmende Antrag beider Parteien für sich allein die Anordnung des Ruhens nicht rechtfertigt und daß im Falle des § 251a ZPO. selbst beim Ausbleiben beider Parteien vor Erlaß eines solchen Beschlusses immer noch zu prüfen

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ist, ob das öffentliche Interesse an wirksamer Förderung des einmal anhängig gewordenen Prozesses nicht eine Entscheidung nach Lage der Akten oder wenigstens die Bestimmung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung angezeigt erscheinen läßt. Nach dem geltenden Verfahrensrecht liegen die Dinge also niemals so, daß der übereinstimmende Antrag der Parteien oder ihr Ausbleiben oder Nichtverhandeln im Verhandlungstermin für sich allein einen Beschluß auslöst, der den Stillstand des Verfahrens bewirkt. Immer hat das Gericht vor Erlaß eines solchen Beschlusses zu prüfen, ob noch ein anderer Grund als der gemeinsame Wunsch der Parteien oder ihre Untätigkeit es rechtfertigt, das Verfahren zum Stillstand zu bringen. Im Fall des § 251 ZPO. wird einer der wichtigen Gründe, die ein Ruhen des Verfahrens rechtfertigen können, neben den besonders genannten schwebenden Vergleichsverhandlungen vielfach gerade der bei Gericht und Parteien gleichermaßen bestehende Wunsch sein, eine Beweisaufnahme in einer -anderen gleichliegenden Sache abzuwarten. Dieselbe Erwägung wird beim Ausbleiben beider Parteien das Gericht oftmals bestimmen, von einer nach Lage der Akten sonst geboten erscheinenden Beweisaufnahme oder von der Bestimmung eines neuen Verhandlungstermins abzusehen, solange der richtunggebende Vorprozeß noch nicht erledigt ist. Der hier von dem Gericht am 2. Juni 1927 erlassenen Anordnung des Ruhens gäbe der die Entscheidung mibestimmende Grund, daß als Leitprozeß derzeit die Sache S. wider den Preußischen Staat schwebte, also keineswegs ein besonderes Gepräge, das in der Frage nach dem Ablauf der Verjährungsfrist seine Gleichstellung mit einem das Verfahren nach § 148 ZPO. aussetzenden Beschluß rechtfertigen könnte. Außerdem würde die von der Revision für geboten erachtete Abwägung, ob mehr die Untätigkeit der Parteien oder aber das Gewicht der nach Auffassung des Gerichts für ein Ruhenlassen des Verfahrens sprechenden Gründe die Entscheidung über das Ruhen des Verfahrens bestimmt hat, in die Beurteilung der sachlich-rechtlichen Frage nach Verjährung des Klaganspruchs eine Unsicherheit hineintragen, die tunlichst von ihr ferngehalten werden muß. Der Rechtsverkehr braucht klare Entscheidungen von unbezweifelbarer rechtlicher Tragweite. Es ist die Aufgabe der in den §§ 251, 251a ZPO. vorgesehenen gerichtlichen Beschlüsse, Gewißheit darüber zu schaffen, ob ein schwebendes Prozeßverfahren zur Ruhe zu bringen ist. Ist die Entscheidimg aber einmal dahin ergangen, daß das Ruhen des Verfahrens angeordnet wird, so muß ihre aus § 211 Abs. 2 BGB. zu entnehmende Wirkung auf den Lauf der Verjährimg ebenfalls aus dem Bereich von Zweifeln über ihre rechtliche Tragweite gerückt sein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht ist mit den Prozeßbevollmächtigten der Parteien noch erörtert worden, ob nach dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt der Einrede der Verjährimg der Einwand unstatthafter Rechtsausübung (Einrede der gegenwärtigen oder allgemeinen Arglist) entgegenstehe. Der Kläger hatte vorgetragen, daß die im August 1924 eingetretene Überschwemmung in vier verschiedenen

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Gärtnereien an Gemüse- und Obstbaumkulturen Schaden angerichtet hätte, daß daraufhin der Beklagte nach und nach mit vier jeweils auf denselben tatsächlichen und rechtlichen Grund gestützten Schadensersatzklagen — darunter vom Kläger im Annenrecht — überzogen worden sei und daß die Entscheidung in jedem Falle von einer ebensowohl langwierigen als kostspieligen Beweisaufnahme abgehangen habe. Bei dem Prozeßgericht wie bei allen Prozeßbeteiligten habe die Überzeugung bestanden, daß es zur Verminderung des Aufwandes an Kosten und Arbeit zweckmäßig sei, zunächst nur einen der Prozesse, die Sache S. wider den Preußischen Staat, durchzuführen und von deren Ausgang das Weitere abhängig zu machen. Demgemäß sei in zwei anderen Klagesachen das Verfahren bis zur Erledigung der genannten Sache durch Gerichtsbeschluß ausgesetzt worden. Als die Entscheidung in der Sache S. wider den Preußischen Staat auf sich habe warten lassen, sei die Klage in der vorliegenden Sache ausdrücklich zur Unterbrechung der Verjährung erhoben, danach aber von beiden Parteien in den Schriftsätzen auf den Zusammenhang mit dem Vorprozeß verwiesen worden. Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits seien sich darüber einig gewesen, daß zunächst nur der Vorprozeß durchgeführt und bis zu dessen Erledigung das Verfahren in der vorliegenden Sache ausgesetzt werden solle. Wenn nun statt eines Aussetzungsbeschlusses ein das Ruhen des Verfahrens anordnender Beschluß ergangen sei, so sei das auf einen Zufall zurückzufuhren und habe nach damals herrschender Übereinstimmimg der Prozeßparteien einen Unterschied in der Rechtslage gegenüber den anderen schwebenden Sachen nicht begründen sollen. Dieser Sachverhalt war unter folgenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen: Die Anspruchsverjährung dient nicht nur Belangen des Schuldners, sondern ist auch im öffentlichen Interesse zum Schutz des Rechtsverkehrs geschaffen, der klare Verhältnisse braucht und deshalb bewahrt bleiben soll vor einer Verdunkelung der Rechtslage, wie sie bei späterer Geltendmachung von Rechtsansprüchen aus längst vergangenen Tatsachen zu besorgen wäre. Die Verjährung kann daher durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden (§ 225 BGB.); dieser Erfolg soll auch nicht auf dem Umweg erreicht werden, daß ein Prozeß begonnen, aber liegen gelassen wird (§ 211 Abs. 2 BGB. und RGZ. Bd. 136 S. 193 [195]). Daraus folgt aber nicht, daß sich ein Schuldner auf die Vollendung der Verjährung auch dann berufen darf, wenn er damit eine Haltung annimmt, die mit einem früher von ihm betätigten Verhalten nach Treu und Glauben unvereinbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 144 S. 378) greift der Einwand unstatthafter Rechtsausübung auch gegenüber der Einrede der Verjährung Platz. Zur Begründung des Einwandes genügt die Berufung auf ein früheres Verhalten des Schuldners, durch das er — sei es auch unabsichtlich — dem Gläubiger nach verständigem Ermessen Anlaß gab, von einer Unterbrechung der Verjährung abzusehen, weil der Gläubiger nach dem Vorangegangenen annehmen durfte, daß der Schuldner entweder es auf eine gerichtliche Ent-

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Scheidung nicht ankommen lassen oder aber bei der Verteidigung gegen eine später zu erhebende oder durchzuführende Klage seine Abwehr nur gegen den sachlichen Bestand des Klaganspruchs richten werde. Wie der III. Zivilsenat (RGZ. Bd. 87 S. 281 [283]) zutreffend ausgeführt hat, läuft die Beschränkung ,der die Einrede der Verjährung hiernach unterliegt, dem mit der Rechtseinrichtung der Verjährung verfolgten Zweck nicht zuwider. Das auf Beweiserleichterung beruhende Interesse des Schuldners an rechtzeitiger Klagerhebung darf nicht auf Kosten der Gebote von Treu und Glauben gewahrt werden. Anderseits hat das Gesetz, wie die — nur eine besondere Anwendungsform des Einwandes unstatthafter Rechtsausübung darstellende — Vorschrift im § 853 BGB. zeigt, das durch die Verjährungsbestimmungen geschützte öffentliche Interesse dem ebenfalls das Gemeinwohl berührenden Interesse an Aufrechterhaitung von Treu und Glauben im Rechtsverkehr nachgeordnet. Im Streitfall haben die Parteien nach dem Vortrag des Klägers sich nicht darauf beschränkt, schlechthin ein Ruhen des Verfahrens zu vereinbaren. Deshalb passen die Ausführungen in dem Urteil des VI. Zivilsenats vom 22. Juni 1916 — VI 99/16 —, in dem für einen solchen Fall der Einwand unstatthafter Rechtsausübung gegenüber der Einrede der Verjährung nicht zugelassen wird, nicht auf den gegenwärtig zur Entscheidung stehenden Fall. Hier haben die Parteien, wie der Kläger behauptet, die Entscheidung des ausdrücklich zur Unterbrechung der Verjährung anhängig gemachten Rechtsstreits — zwecks Ersparung von Kosten namentlich auch für den Beklagten, dem ein im Armenrecht klagender Gegner gegenüberstand — bis zu der in absehbarer Zeit erwarteten Erledigung der Sache S. wider den Preußischen Staat im Wege einer Aussetzung des Verfahrens hinausschieben wollen. Durfte der Kläger nach den vom Beklagten hierzu gegebenen Erklärungen annehmen, daß bei einer nicht vorausgesehenen Verzögerung in der Erledigung der genannten Sache der Beklagte seine sachliche Verantwortimg für den angerichteten Schaden nicht von einer nochmaligen Unterbrechung der Verjährung durch eine dazu geeignete Prozeßhandlung des Klägers abhängig machen werde, so konnte sich der Beklagte nachher nicht ohne Verstoß gegen Treu und GlaubenaufVerjährung berufen. R G Z . 148, 129

Innerhalb welcher Frist verjähren die im Verfahren vor dem Reichsgericht entstehenden Gerichtskosten? BGB. § 195. III. Zivilsenat. Beschl. v. 2. August 1935. Gründe: Durch Urteil des beschließenden Senats vom 13. Dezember 1927 waren die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben worden.

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Durch Beschluß des Landgerichts Landsberg (Warthe) vom 3. November 1933 wurde der Beklagte und Revisionskläger, dem' für die Revisionsinstanz das Armenrecht bewilligt worden war, zur Nachzahlung der Beträge verpflichtet, von deren Berichtigung er einstweilen befreit war (§ 125 ZPO.). Der Beklagte legte gegen die Beitreibung der beim Reichsgericht entstandenen Kosten mit dem Einwand der Verjährung Erinnerung ein. Auf die Verjährung der Kosten haben die Vorschriften Anwendimg zu finden, die für den Kostengläubiger maßgebend sind, nicht die Vorschriften des Landes, durch das die Kostenbeitreibung erfolgt (vgl. R i t t m a n n - W e n z , GKG. § 5 Bern. 6). Die allgemeine Fassung des § 115 des preußischen Gerichskostengesetzes vom 31. Oktober 1922 (GS. S. 363) über die Anwendbarkeit seiner Vorschriften auch in den Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit hat die Beschränkung des Gesetzes auf seinen Geltungsbereich zur selbstverständlichen Voraussetzimg. Auch die Dienstanweisung des Reichsjustizministers über Einziehung und Verrechnung der für die Geschäfte des Reichsgerichts in Ansatz kommenden Kosten vom 31. März 1922 (Pr. JMB1. S. 189) verfügt nur die Beitreibung der Kosten durch die Landesbehörden und die verhältnismäßige Teilung gemeinsam beigetriebener Gerichtskosten zwischen Reich- und Landeskasse, ohne daß im übrigen die Anwendung des Landeskostengesetzes auf die Kosten des Reichsgerichts angeordnet ist. Nach § 2 Abs. 4 der Dienstanweisung hat die Landesbehörde vor Ablauf der Verjährungsfrist der Kasse des Reichsgerichts über den Stand der Sache Mitteilung zu machen. Über die Dauer der Verjährungsfrist ist daraus nichts zu entnehmen. Weder aus der Dienstanweisung noch aus dem preußischen Gerichtskostengesetz rechtfertigt sich daher der Schluß, daß § 13 das. über die vierjährige Verjährungsfrist auf die Kosten des Reichsgerichts anzuwenden wäre, wenn ihre Einziehung durch preußische Behörden erfolgt. Im deutschen Gerichtskostengesetz, das mangels anderer Sonderbestimmungen die alleinige Grundlage für das Kostenwesen des Reichsgerichts bildet, ist keine von den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichende Regelung getroffen. Es muß daher bei der Regel der dreißigjährigen Verjährung nach § 195 BGB. bleiben. In den Motiven zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs war zu § 157 (letzter Absatz; S. 307) gesagt worden, daß bei der Entwerfung des Einführungsgesetzes geprüft würde, ob eine kürzere Verjährung für Gerichtskostenansprüche des Reichsfiskus zu bestimmen sei, und daß ein Eingreifen, wenn es fiir geboten erachtet würde, unter dem Gesichtspunkt der Ergänzung des Gerichtskostengesetzes im Einfuhrungsgesetz zu geschehen hätte. Das Einführungsgesetz hat aber dann keine Ergänzung des Gerichtskostengesetzes in dieser Richtung gebracht. Der Einfluß der Armenrechtsbewilligung und des Nachzahlungsbeschlusses nach § 125 ZPO. auf der Lauf der Verjährung ist im Schrifttum sehr bestritten. Nach S t e i n - J o n a s , ZPO. 15. Aufl. § 125 Bern. II tritt durch die Bewilligung des Armenrechts eine Hemmung der Verjährung

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nach §202 BGB. ein. M ü g e l - E h m , Pr. GKG. § 13 Anm. 5 lehnen die Annahme einer Hemmung ab und räumen der Armenrechtsbewilligung keinerlei Einfluß auf den Lauf der Verjährung ein. B a r t s c h e r - D r i n n e n b e r g - W e n z , Pr. GKG. 7. Aufl. § 17 Anm. 1 Fußnote 2 S. 153 halten eine eigentliche Hemmimg ebenfalls nicht für gegeben, meinen aber, daß die Verjährung erst mit dem Eintritt der Nachzahlungspflicht beginne, weil vorher der Anspruch nicht geltend gemacht, die Leistung also nicht im Sinne des § 194 BGB. gefordert werden könne. Die Frage kann hier dahingestellt bleiben, weil bei einer dreißigjährigen Verjährungsfrist die Kostenforderung gegen den Beklagten keinesfalls verjährt ist. RGZ. 151, 345 1. Ist für den Beginn der Verjährung die nach § 852 BGB. erforderliche Kenntnis des Verletzten von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen auch dann maßgebend, wenn die Berufsgenossenschaft den auf sie übergegangenen Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger geltend macht? 2. Wird die Verjährung unterbrochen, wenn die Frist an einem Sonntag abläuft und die Klage am folgenden Tage zugestellt worden ist? BGB. §§ 193, 209, 217, 222, 852. RVO. § 1542. VI. Zivilsenat. Urt. v. 11. Juni 1936. I. Landgericht Frankfurt a. M.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Beklagte hatte der Firma S. AG. eine Zerstäubermaschine geliefert. Als die Anlage am 24. März 1932 erstmalig zur Probe in Betrieb gesetzt wurde, riß die Zerstäuberscheibe von der Welle, auf der sie befestigt war, los und flog dem in der Nähe befindlichen Maschinisten F. der S. AG. gegen die Füße. Der rechte Fuß mußte alsbald abgenommen werden. Die klagende Berufsgenossenschaft hat auf Grund der Reichsversicherungsordnung dem Verletzten Heilungskosten, Krankengeld und eine Rente bewilligt. Mit der erst am 25. März 1935 zugestellten Klage machte die Klägerin den auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch des Verletzten geltend. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Das Oberlandesgericht wies die vom Landgericht zuerkannte Klage wegen Verjährimg ab. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen:] Die Klägerin macht den nach § 1542 RVO. auf sie übergegangenen Anspruch des Verletzten geltend. Die Schadensersatzforderung entsteht in der Person des Verletzten, geht dann freilich durch dessen Person hindurch schon im Augenblick der Entstehung auf die Berufsgenossenschaft über, soweit diese dem Verletzten Leistungen zu gewähren hat; das enspricht

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der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. zuletzt RGZ. Bd. 148 S. 18 [22]). Für die Fragen, ob, in welchem Umfang und zu welcher Zeit ein Schadensersatzanspruch des Verletzten entstanden ist, kommt es auf die Verhältnisse des Verletzten an. Danach muß aber auch die eigene Kenntnis des Verletzten im Sinn des § 852 BGB. für den Beginn der Verjährung entscheiden, wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf die im RGRKomm.z.BGB. § 852 Bern. 4 angeführte Entscheidung in RGZ. Bd. 63 S. 382 (388) — vgl. P l a n c k , BGB. § 852 Bern. 2 — zutreffend angenommen hat. Die Revision bekämpft diese Rechtsauffassung auch nicht, sondern geht von ihr aus. Das Berufungsgericht legt mit näherer tatsächlicher Begründung dar, daß der Verletzte schon am Unfalltage nicht nur von dem Schaden, sondern auch davon, daß die Beklagte ersatzpflichtig aus § 823 und § 831 BGB. war, Kenntnis erlangt habe. In diesen Ausführungen tritt kein Rechtsirrtum hervor . . . (Wird näher ausgeführt.) Ist aber hiernach der 24. März 1932 als Beginn der Verjährung anzusehen, so würde diese mit dem Ablauf des 24. März 1935 vollendet sein (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB.). Da jedoch der 24. März 1935 ein Sonntag war, so hatte die Klägerin geltend gemacht, daß die am folgenden Tage (25. März 1935) zugestellte und damit erhobene Klage (§ 253 ZPO.) noch gemäß § 193 BGB. die Verjährungsfrist unterbrochen habe. Das Berufimgsgericht will das nicht anerkennen; es meint, die Anwendung des § 193 BGB. auf Verjährungsfristen sei ausgeschlossen. Die Revision beruft sich wiederum auf § 193 BGB., den das Berufungsgericht zu Unrecht nicht angewendet habe. Sie muß Erfolg haben. Der § 193 BGB. bildet eine Auslegungsregel (§ 186 BGB.) und bezieht sich nach seinem Wortlaut nur auf Willenserklärungen und Leistungen, für die der nächstfolgende Werktag gelten soll, wenn sie sonst an einem Sonntag oder allgemeinen Feiertag abzugeben oder zu bewirken wären. Auf den hier in Rede stehenden Fall der durch Klagerhebung bewirkten Unterbrechung der Verjährung (§ 209) ist die Vorschrift des § 193 unmittelbar nicht anzuwenden. Ob die Klagerhebung den in § 193 gedachten rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ohne weiteres gleichzustellen ist, mag dahinstehen. Jedenfalls wird die Verjährungsfrist dadurch, daß ihr Lauf im Fall einer vor ihrem Ablauf erfolgten Klagerhebung als unterbrochen gilt (§ 217), noch nicht zu einer für diese Klagerhebimg bestimmten Frist, wie sie in § 193 vorausgesetzt ist; ihr Ablauf bringt weder den Anspruch noch die Klagbefugnis zum Erlöschen, berechtigt vielmehr nur zum Einwand nach § 222. Wenn aber § 193 BGB. danach nicht unmittelbar zutrifft, so kommt doch eine entsprechende Anwendung in Frage. Hierüber herrscht im Schrifttum Streit ( S t a u d i n g e r , BGB. § 193 Bern. 1 Abs. 2 mit Anf.; S t a u b - G a d o w , HGB. § 359 Anh. Anm. 38; E n n e c c e r u s - N i p p e r d e y , I § 202 Anm. 5 für entsprechende Anwendung; — dagegen RGRKomm.z. BGB. § 193 Bern. 1; P l a n c k , Bern. 1; O e r t m a n n , Bern. 2dy). Der V.Zivilsenat des Reichsgerichts hat durch Urteil vom 7. Februar 1906 (teilw.

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abgedr. BayZ. 1906 S .123) ausgesprochen, daß § 193 für Verjährungsfristen nicht gelte, ohne zu erörtern, ob die Vorschrift entsprechend anwendbar sei. Die?e weit zurückliegende Entscheidung ist nach Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 844) nicht mehr im Sinn des § 136 (früher § 137) GVG. bindend. Inzwischen hat das Reichsgericht in späteren Urteilen (RGZ. Bd. 97 S. 300, Bd. 100 S. 18, Bd. 105 S. 123; vgl. RAG. Bd. 4 S. 139) eine freiere Stellung eingenommen. Diese Entscheidungen des Reichsgerichts beschäftigten sich zwar mit Ausschlußfristen. Solche unterscheiden sich von den Verjährungsvorschriften in ihren Rechtswirkungen besonders insofern, als die Ausschlußfrist von Rechts wegen und unbedingt wirkt und in aller Regel eine Hemmung und Unterbrechung nicht zuläßt (vgl. RGRKomm.z.BGB. § 186 Bern. 1). Allein für die hier zu beurteilende Frage, ob, wenn der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag fällt, die Rechtsausübung auf den folgenden Werktag zu verschieben ist, kann jenem Unterschiede keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Es besteht kein grundsätzliches Bedenken, jene Urteile des Reichsgerichts auch auf Verjährungsfristen und deren Unterbrechung durch Klagerhebimg anzuwenden. Von einer Heranziehung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung, insbesondere des § 188, wonach eine Zustellung, also auch die der Klage, an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen grundsätzlich nur mit richterlicher Erlaubnis erfolgen darf, und der Sondervorschriften der §§ 207 Abs. 1 und 496 Abs. 3 ZPO., wonach namentlich bei Zustellungen von Amts wegen schon die Einreichung der Klage beim Gericht die Verjährung unterbricht, sofern die Zustellung nachfolgt, ist hierbei abzusehen. Wenn das Berufungsgericht und auch O e r t mann meinen, für die Ausdehnung auf Verjährungsfristen bestehe bei deren regelmäßiger Länge kein Bedürfnis, so wird der Gesetzeszweck, nämlich die Wahrung der Sonntagsheiligung und Sonntagsruhe, verkannt Überdies gibt es auch zahlreiche kurze Verjährungsfristen, z. B. §§ 477,490, 558, 606, 638 BGB., die sich auf sechs Wochen bis ein Jahr erstrecken. Auch die Entstehungsgeschichte des § 193 BGB. läßt über den Zweck der Vorschrift keinen Zweifel. Der von der zweiten Kommission geschaffene Entwurf sollte sich auf Leistungen beschränken (Mugdan, Mat. zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. 1 S. 767), die Reichstagskommission hat die Willenserklärungen hinzugefügt (Mugdan a. a. O. S. 971; vgl. die Wiedergabe der Vorgeschichte des § 193 in RGZ. Bd. 97 S. 300). Die zweite Kommission weist zur Begründung ihres Entwurfs auf die von der Mehrzahl der Handelskammern geäußerten Wünsche hin: es empfehle sich, „der in diesen Wünschen zum Ausdrucke gelangenden berechtigten Zeitströmung auf größere Heilighaltung der Sonn- und Festtage sowie auf Sonntagsruhe für die arbeitenden Klassen Folge zu geben und auch durch das Zivilgesetzbuch der guten Sitte zu Hilfe zu kommen" (Mugdan a. a. O. S. 768). Auch die Reichstagskommission spricht in ihrem Berichte mehrfach von dem Grundsatz der Sonntagsheiligung und sagt, daß die Vorschrift eine

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verstärkte Sonntagsheiligung bezwecke (Mugdan S.971). Hiernach weist der Grundgedanke der Gesetzesvorschrift über seinen engeren Wortlaut hinaus. Der Senat hält daher eine rechtsähnliche Anwendung des § 193 BGB. auf Verjährungsfristen für geboten. Die gegenteilige Auffassung würde die Verjährungsfrist im Ergebnis um einen Tag verkürzen, wenn der letzte Tag auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, was dem Sinn des Gesetzes nicht entsprechen würde. Die einen hier nicht in Betracht kommenden Sonderfall — die Verlängerung einer richterlichen Frist — betreffende Entscheidung in RGZ Bd. 131 S. 107 steht nicht entgegen. Die Einrede der Verjährung ist hiernach unbegründet, und das Berufungsgericht wird nunmehr die Ansprüche der Klägerin sachlich zu prüfen haben. Danach war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. RGZ. 153, 375 1. Wann verjähren die während eines längeren Zeitraums alle Vierteljahre regelmäßig zahlbaren Mäklergebühren, wenn der Anspruch auf ihre Zahlung von dem Fälligwerden von — in gleichen Abständen zahlbaren — Versicherungsbeiträgen abhängt, die der Auftraggeber auf Grund des vom Mäkler vermittelten Versicherungsvertrags von seinem Vertragsgegner zu fordern hat? 2. Begründet die Verteidigung des Klägers gegen eine verneinende Fest8tellungswiderklage die Unterbrechung der Verjährung? BGB. §§ 196, 197, 208, 209, 652. VII. Zivilsenat. Urt. v. 19. Februar 1937. I. Landgericht Hamburg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (RRG.) hat mit der Beklagten und mit vier anderen Versicherungs-Gesellschaften den am 1. Januar 1929 in Kraft getretenen Versicherungsvertrag vom 10. September 1928 abgeschlossen, wodurch die Gesellschaften zu je 1 / 5 den bei der Deutschen Reichspost angemeldeten Rundfunkhörern auf die Dauer von fünf Jahren Versicherungsschutz für Personen- und Sachschäden gewährten, die in Zusammenhang mit dem Besitz, der Verwendimg und der Unterhaltung von Rundfunkempfangsanlagen stehen. Unter Berufung auf die Briefe der „Filialdirektion" Hamburg vom 17. und 28. Februar 1928 verlangt der Kläger mit der im September 1934 eingereichten Klage von der Beklagten die Zahlung einer Vergütung für die Vermittlung des Versicherungsvertrags vom 10. September 1928. Er macht geltend, durch die bezeichneten Briefe sei ihm eine laufende Vergütung von 15 v. H. der Versicherungsbeiträge versprochen worden, welche die RRG. an die Beklagte zu zahlen habe. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Verhand-

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Jungen zu fördern, die Versicherungsbeiträge auszuhandeln und dann, wenn insoweit Übereinstimmung erzielt worden sei, die Beklagte mit der RRG. zur abschließenden Verhandlung zusammenzubringen, während der endgültige Abschluß des Vertrags unmittelbar zwischen den Vertragsteilen habe stattfinden sollen. Durch ihn sei die Beklagte mit der RRG. in Verbindung gekommen. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, den Abschluß selbst zu besorgen, sondern er habe als unparteiischer Vermittler das Zustandekommen des Vertrags fördern sollen; das habe er getan. Der Kläger hat zunächst einen Teilbetrag von der auf rund 17250 RM. berechneten Gesamtforderimg in Höhe von 2000 RM. nebst Zinsen zu 5 v. H. seit dem 1. Januar 1930 gefordert, den er auf die Vermittlergebühr für das Jahr 1932 verrechnet wissen will. Die Beklagte hat am 1. November 1934 Widerklage erhoben mit dem Antrage, festzustellen, daß dem Kläger über den eingeklagten Betrag hinaus keine weiteren Ansprüche wegen der von ihr abgeschlossenen Haftpflichtversicherung mit der RRG. gegen sie zuständen. Während das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben hat, ist vom Oberlandesgericht die Beklagte am 23. Mai 1936 verurteilt worden, an den Kläger 2000 RM. nebst Zinsen zu 5 v. H. seit dem 1. Januar 1933 zu zahlen. Den weitergehenden Zinsanspruch hat es „zur Zeit" abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, daß dem Kläger Provisionsanspriiche wegen der mit der RRG. abgeschlossenen Haftpflichtversicherung gegen die Beklagte, soweit die Ansprüche in den Jahren 1929 und 1930 sowie in der Zeit vom 1. Januar 1931 bis zum 30. September 1931 entstanden sind, nicht zustehen, im übrigen aber auch die Widerklage abgewiesen. Die Revision des Klägers und die Anschlußrevision der Beklagten waren ohne Erfolg. Aus den G r ü n d e n : 1. Der Berufungsrichter hat dem Kläger nur einen Teil des von ihm beanspruchten Vermittlerlchns zuerkannt. Die auf die Jahre 1929 und 1930 sowie auf die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1931 entfallenden Vergütungsansprüche hält er — bei Erlaß des Berufungsurteils (23. Mai 1936) — für verjährt. Dabei geht er von der Annahme aus, der Kläger sei Kaufmann. Der Kläger bezeichne sich nämlich — so führt er aus — in der Klage selbst als Kaufmann, auch habe er, nach seiner Erklärung in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, kaufmännische Gelegenheitsgeschäfte gemacht, wie sie sich ihm geboten hätten, und zwar des Erwerbes wegen; zu diesen Geschäften gehöre auch das hier streitige Mäklergeschäft. Der Berufungsrichter stellt danach fest, daß der Kläger ein Handelsgewerbe betrieben habe und deshalb als Kaufmann anzusprechen sei. Da die Leistung des Klägers für den Gewerbebetrieb der Beklagten geschehen sei, so unterliege der Anspruch des Klägers der vierjährigen Verjährung (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB.). Hinsichtlich der — für den Beginn der Verjährung maßgebenden (§§ 198, 201 BGB.) — Entstehung der Vergütungsansprüche hat der Berufungsrichter folgendes erwogen:

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Aus den Briefen vom 17. und 28. Februar 1928 in Verbindung mit dem zwischen der RRG. und der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrage ergebe sich, daß die Provision fallig sei im Verhältnis zu den gezahlten Raten der Jahresprämien und daß sie für die ganze Dauer des Vertrags, dessen Geltung am 1. Januar 1929 für die Dauer von fünf Jahren begann, zu zahlen sei. Im Versicherungsvertrage der RRG. mit den fünf Versicherungsgesellschaften ist — wie das Oberlandesgericht feststellt — vereinbart, daß die Prämie als „vorläufige" Prämie in Vierteljahresraten bis zum 20. Januar, 20. April, 20. Juli und 20. Oktober im voraus für das kommende Vierteljahr zu entrichten sei, daß aber nach Ablauf eines jeden Vierteljahrs die endgültige Prämienfestsetzung stattfinde. Danach sei die erste Provisionsrate nach Ablauf des ersten Vierteljahres von 1929 fallig gewesen. Mit der im September 1934 erhobenen Klage habe der Kläger einen Teilbetrag von 2000 RM. gefordert und im Laufe des Rechtsstreits habe er erklärt, daß er diesen Betrag auf die Prämie für das Jahr 1932 fordere; insoweit sei der Anspruch nicht verjährt. Für die Ansprüche auf Provision, die im Jahre 1931 entstanden seien, habe die Verjährung mit dem Schlüsse des Jahres 1931, also am 1. Januar 1932, zu laufen begonnen. Im Zeitpunkte des Urteilserlasses seien, da die Verjährungsfrist am 31. Dezember 1935 abgelaufen gewesen sei, die im Jahre 1931 (wie die vorher) entstandenen Provisionsansprüche verjährt gewesen; dabei sei aber zu beachten, daß der Anspruch auf Prämie für das letzte Vierteljahr 1931 erst nach dem 1. Januar 1932 fällig geworden sei, mithin auch der Provisionsanspruch des Klägers nicht früher als nach dem 1. Januar 1932 habe entstehen können, so daß dieser Anspruch für das letzte Vierteljahr 1931 noch nicht verjährt sei. Der Berufungsrichter ist schließlich der Meinung, durch die Erhebung der verneinenden Feststellungswiderklage sei die Verjährung nicht unterbrochen. Nur demjenigen, der sein Recht selbst wahrnehme und es verfolge, also dem Angreifer, solle die Unterbrechung der Verjährung zugute kommen. Die Revision des Klägers bekämpft die Auffassung des Berufungsrichters, daß die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB. auf die Vergütungsansprüche des Klägers anwendbar sei und daß die Erhebimg der verneinenden Feststellungswiderklage nicht zu dessen Gunsten die Verjährung unterbrochen habe. Auf die im ersten Punkte erhobenen Angriffe braucht jedoch nicht eingegangen zu werden; denn das Berufungsurteil stellt sich — vorbehaltlich der Frage der Unterbrechungswirkung der verneinenden Feststellungswiderklage — mit Bezug auf die Anwendung einer vierjährigen Verjährungsfrist aus einem anderen als dem vom Oberlandesgericht angewendeten, von der Revision des Klägers bekämpften Grunde im Ergebnis als zutreffend dar (§ 563 ZPO.). Nach § 197 BGB. verjähren in vier Jahren u. a. die Ansprüche auf Rückstände von allen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind auf solche regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gerichtet. Sie bestimmen sich nämlich hinsichtlich ihrer Bemessung sowohl wie hinsichtlich ihres Fälligwerdens nach den Prämien, welche die Beklagte von der RRG. zu fordern hatte.

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Da aber diese — vorbehaltlich der endgültigen Feststellung ihrer Höhe nach Ablauf eines jeden Vierteljahrs — während der fünfjährigen Laufzeit des Versicherungsvertrages regelmäßig alle Vierteljahre, jeweils am 20. Januar, 20. April, 20. Juli und 20. Oktober im voraus für das kommende Vierteljahr zu entrichten waren, so wurden, wie auch der Berufungsrichter — unangefochten von der Revision des Klägers — angenommen hat, die Vergütungen ebenfalls regelmäßig alle Vierteljahre fällig, und zwar in Raten nachträglich nach Ablaufeines jeden Kalendervierteljahrs: am 1. April, 1. Juli, 1. Oktober 1929, 1. Januar 1930 usw. Für den Begriff der wiederkehrenden Leistungen in § 197 BGB. kommt es nur auf die fest bestimmte zeitliche Wiederkehr an, nicht aber auch auf die Gleichmäßigkeit des Betrags (RGZ. Bd. 88 S. 42 [46]). § 197 erstreckt sich auf alle regelmäßig wiederkehrenden Leistungen, nicht bloß auf die dort aufgeführten einzelnen Arten von solchen. Maßgebend für den Gesetzgeber waren für die Unterwerfung der Ansprüche auf solche Leistungen unter die kurze Verjährung (§§ 196, 197) einmal rechtspolizeiliche Erwägungen, welche die Abkürzung der Verjährungsfrist rechtfertigen (Mot. I S. 297, 305). Dazu trat der wirtschaftliche Gesichtspunkt, daß die Ansammlung derartiger Rückstände keine Begünstigung verdient. Es besteht kein Grund, der es rechtfertigen könnte, die auf längere Zeit, in regelmäßiger Wiederholung zahlbaren laufenden Vergütungen eines Vermittlers, die diesem für das Zustandebringen eines ebenfalls langfristigen Vertrags gebühren, — mit Bezug auf die Rückstände und deren Verjährung — anders zu behandeln als sonstige regelmäßig wiederkehrende Leistungen. Da sich die Klagerhebimg nur auf die Vermittlerlohnansprüche bezieht, die der Kläger für diePrämie des Jahres 1932 zu fordern hat, so waren im Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils (23. Mai 1936) nach der Vorschrift des § 197 BGB. die Rückstände an Vergütungen verjährt, die dem Kläger für die Jahre 1929 und 1930 sowie für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1931 gebührt hätten. Es braucht also nicht geprüft zu werden, ob die Verjährung in diesem Umfang auch gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB. eingetreten ist, wie der Berufungsrichter angenommen hat. Daß etwa die Ansprüche des Klägers ausnahmsweise einer nur zweijährigen Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB. unterworfen wären, hat das Oberlandesgericht nicht angenommen. Insoweit hat auch die schriftliche Anschlußrevisionsbegründung keinen Angriff erhoben. Diese Vorschrift setzt voraus, daß es sich um Personen handelt, welche die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben; wesentlich ist also, daß gerade durch den gewerbsmäßigen Betrieb der Besorgung fremder Geschäfte oder der Leistung von Diensten selbst schon „gebührende Vergütungen mit Einschluß der Auslagen" erworben werden (RGZ. Bd. 123 S. 378 [384]). Daß der Kläger dergestalt eine Tätigkeit als Agent oder Vermittler gewerbsmäßig betreibe, war nicht geltend gemacht. Der Berufungsrichter hat zwar auf Grund der Angaben des Klägers an-

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genommen, daß er sich mit kaufmännischen „Gelegenheitsgeschäften", wie sie sich ihm geboten hätten, des Erwerbs wegen befaßt habe; daß es sich hierbei aber ausschließlich oder im wesentlichen um Vermittlungsgeschäfte der vorliegenden Art oder sonst um die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistimg von Diensten gehandelt hätte, dafür hat die Beklagte, etwa um — ohne Rücksicht auf die Kaufmannseigenschaft des Klägers — eine nur zweijährige Verjährung zu begründen, nichts beigebracht. Es gebricht demgemäß insoweit auch an einer tatsächlichen Feststellung. 2. Auch hinsichtlich der Verjährung gemäß § 197 BGB. ist jedoch zu prüfen, ob nicht, wie die Revision des Klägers annimmt, durch die Erhebung der verneinenden Feststellungswiderklage und die sachliche Einlassung des Klägers darauf eine Unterbrechung der Verjährung mit der Wirkung eingetreten ist, daß die Verjährungsfrist wegen der dem Kläger auf die Widerklage hin aberkannten Ansprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits nicht weiterlief (§ 211 BGB.). In seinem Urteil vom 19. April 1905 (RGZ. Bd. 60 S. 387 [391]) hat der IV. Zivilsenat des Reichsgerichts ausgesprochen, zwar schließe der Ausspruch, die verneinende Feststellungswiderklage sei sachlich unbegründet, die Feststellung des Bestehens des umstrittenen Rechtsverhältnisses in sich (so neuerdings auch RGUrt. vom 22. Oktober 1936 IV 135/36 in JW. 1937 S. 158 Nr. 9); trotzdem stelle der Antrag auf Abweisung der verneinenden Feststellungswiderklage und überhaupt die Verteidigimg gegen diese keine die Verjährung unterbrechende gerichtliche Handlung dar; die Abwehr der verneinenden Feststellungswiderklage enthalte nicht die für die Unterbrechung der Verjährung erforderliche bestimmte Betätigung des Rechts; denn dazu gehöre eine Rechtsverfolgung, also eine auf Zuerkennimg eigenen Rechts, nicht bloß auf Abwehr des gegnerischen Begehrens gerichtete Tätigkeit. Wenn auch mit der rechtskräftigen Abweisung einer verneinenden Feststellungs(Widerklage in bezug auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses derselbe Erfolg eintreten könne, der mit der rechtskräftigen Zusprechung der bestätigenden Feststellungsklage erzielt werde, so dürfe diese Gleichheit des Erfolgs doch nicht dahin führen, beide Fälle in bezug auf die Unterbrechung der Verjährung einander gleichzustellen, um so weniger, als die vom Gesetz anerkannten Unterbrechungshandlungen eine in sich geschlossene Gruppe bildeten, die durch Verallgemeinerung nicht erweitert werden dürfe. Der IV. Zivilsenat hat im Anschluß an diese Erwägungen noch andere Gründe angeführt, die seine Ansicht zu stützen geeignet seien. Insbesondere hat er sich dahin ausgesprochen, auch der Gesichtspunkt der Arglist könne gegenüber der Einrede der Verjährung nicht beachtet werden, weil der Kläger durch die Erhebung der Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens seines Rechts nicht gehindert worden sei, die Leistungsklage zu erheben oder die erhobene Leistungsklage zu erweitern; für ihn sei infolge der Erhebung der Widerklage nur der Anlaß zur Erhebung einer bejahenden Feststellungsklage, deren Zulässigkeit im allgemeinen vorausgesetzt, weggefallen. Dies ist der Standpunkt, den im vorliegenden Fall auch der Be-

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rufungsrichter in der bezeichneten Frage eingenommen hat. Er ist in der weiteren Rechtsprechung des Reichsgerichts wiederholt bestätigt worden (vgl. RGZ. Bd. 71 S. 68 [73], Bd. 75 S. 302 [305], Bd. 90 S. 290; RGUrt. vom 8. April 1918 VI 373/17 und vom 4. Mai 1921 VI 29/21). Vergebens beruft sich die Revision zur Stütze ihrer abweichenden Meinung auf das Urteil des VI. Zivilsenats vom 3. Januar 1907 VI 238,06 (abgedr. Gruch. Bd. 51 S. 1052). In dem dort entschiedenen Fall war der auf Ersatz von Kur- und Heilungskosten gerichtete Schadensersatzanspruch des Klägers aus einem vom Beklagten zu vertretenden Unfall dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und (zu diesem Teile) die Feststellungswiderklage (dahin, daß dem Kläger aus dem Unfall seiner Frau gegen den Beklagten kein Anspruch zustehe) rechtskräftig abgewiesen worden. Hinsichtlich des Betrags der Ersatzforderung war dann die Sache an die Vorinstanzen zurückgelangt, und schließlich hatte sich das Reichsgericht wieder in der Revisionsinstanz mit dem Streitfall zu beschäftigen. Dabei hat es ausgesprochen, daß der Berufungsrichter die Einrede der Verjährung ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen habe. Zur Begründung ist in dem Revisionsurteile ausgeführt: Mit der Erhebung der negativen Feststellungswiderklage sei der gesamte Anspruch des Klägers auf Ersatz der Kur- und Heilungskosten rechtshängig geworden. Nun sei zwar durch diese Klagerhebung, auch durch die eine positive Betätigung des Rechts nicht enthaltende Verteidigung des Klägers und Widerbeklagten hiergegen keine Unterbrechung der Verjährung erfolgt. Allein nachdem über die Feststellungswiderklage, so wie hier geschehen, zugunsten des Klägers und Widerbeklagten rechtskräftig entschieden worden sei, so dürfe man diesem Urteile doch zum mindesten die Wirkung beimessen, welche eine Geltendmachung des gesamten Anspruchs durch Feststellungswiderklage mittels Unterbrechung der Verjährung herbeigeführt haben würde. Dieses Urteil beschäftigt sich also nur mit dem (hier nicht vorliegenden) Fall der r e c h t s k r ä f t i g e n Abweisung einer verneinenden Feststellungswiderklage, der es mit Bezug auf die Anspruchsverjährung die gleiche Rechtsschutzwirkung beimißt, wie sie dem Kläger (Widerbeklagten) zuteil geworden wäre, wenn er eine bestätigende Feststellungsklage erhoben hätte. Es trifft aber nicht zu, daß aus diesem nur die Rechtskraftwirkung einer früheren Vorentscheidung behandelnden Erkenntnisse die Folgerung gezogen werden könnte, schon dem Antrage auf Abweisung einer verneinenden Feststellungsklage sei die Wirkung beizumessen, daß damit die Verjährung des Klaganspruchs überhaupt unterbrochen werde. Denn die Frage der Rechtskraftwirkung ist verschieden von der hier allein maßgeblichen Frage, ob mit Bezug auf die Unterbrechung der Verjährung der Erhebung einer verneinenden Feststellungswiderklage oder dem Antrage des Klägers auf deren Abweisung dieselbe Wirkung zukomme, wie der Erhebung einer eigenen Klage. Der Umfang der Rechtskraft eines die verneinende Feststellungswiderklage abweisenden Urteils ergibt sich erst aus der Bedeutung und der Tragweite dieses Erkenntnisses selbst, die sich im EinzelZivils. AUgcm. Teil i

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falle verschieden gestalten können (RGZ. Bd. 90 S. 290 [292]). Wenn auch die Rechtskraft eines derartigen Erkenntnisses möglicherweise den Beklagten daran hindert, den etwa im weiteren Verfahren erweiterten Klagansprüchen gegenüber wie andere Einreden so auch die der Verjährung zu erheben, so begründet dieser Umstand doch nicht die Annahme, daß der Antrag auf Abweisung einer verneinenden Feststellungswiderklage hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung der Erhebung der Leistungsklage oder der (bejahenden) Feststellungsklage gleichstehe. Denn diese Frage steht mit der bezeichneten Rechtskraftwirkung der Abweisung einer verneinenden Feststellungswiderklage in keinem Zusammenhang. Schließlich wäre der Kläger, wie seine Revision noch anführt, durch die Erhebung der verneinenden Feststellungswiderklage auch nicht gehindert gewesen, seinerseits die Leistungsklage auf die weiter ihm geschuldeten Vergütungen auszudehnen oder, falls insoweit etwa die Voraussetzungen der Leistungsklage gefehlt haben sollten (im vorliegenden Fall ist ein rechtliches Hindernis aber nicht zu ersehen), eine bejahende Feststellungsklage zu erheben und hierdurch die Unterbrechung der Verjährung seiner Ansprüche herbeizuführen, soweit sie nicht schon verjährt waren. Die verneinende Feststellungswiderklage stände jedenfalls der Erhebimg einer Leistungs- oder einer bestätigenden Feststellungsklage nicht im Wege, diese würde vielmehr jener das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis genommen und insoweit (hinsichtlich der Widerklage) die Hauptsache erledigt haben. Für die Frage der Unterbrechung der Verjährung ist es deshalb auch ohne Belang, daß der Antrag auf Abweisimg der verneinenden Feststellungswiderklage deren Zurücknahme ausschließt (§ 271 ZPO.) und daß der Kläger (Widerbeklagte) durch die sachliche Begründung seines Abweisungsantrags dieselbe Sicherheit dafür erlangt, daß seine Ansprüche rechtskräftig für begründet erklärt werden, wie im Falle der Erhebung der bejahenden Feststellungsklage. Hier standen ihm die verfahrens-rechtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung, die es ihm ermöglicht hätten, sich wegen seines ganzen Anspruchs in die Rechtsstellung des Angreifers zu bringen und hierdurch die Verjährung seiner Ansprüche im vollen Umfange zu unterbrechen. Von diesen Möglichkeiten hat er keinen Gebrauch gemacht. Die Rechtseinrichtung der Verjährung beruht vorwiegend auf Zweckmäßigkeitsgründen und ist deshalb wesentlich von förmlicher Natur. Grundsätzlich ist nur der Anerkennung des Anspruchs (§ 208 BGB.) und der förmlichen Erhebung einer Klage (§ 209 Abs. 1 das.) die Wirkung der Unterbrechung beigelegt. Der förmlichen Klagerhebung sind ausnahmsweise nur eine Reihe festumrissener Tatbestände gleichgestellt (§ 209 Abs. 2); dazu gehört nicht die Verteidigung des Klägers gegenüber einer verneinenden Feststellungswiderklage, die im vorliegenden Falle übrigens erst zu einer Zeit erhoben worden ist, in der die Ansprüche des Klägers zum Teil schon nach § 197 BGB. verjährt waren. Es erscheint nicht als zulässig, gegenüber dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der lediglich ein auf „Zusprechung eigenen Rechts", nicht aber nur auf „Abwehr des Klag-

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begehrens" gerichtetes Verhalten (Mot. I S. 328 unter II) als Unterbrechungsgrund anerkennen wollte, der abschließend geordneten Ausnahmeregelung (in § 209 Abs. 2 BGB.) einen anderen Tatbestand als weiteren Unterbrechungsgrund hinzuzufügen. Für die Annahme, daß der Einrede der Verjährung der Tatbestand einer unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen könne, gibt das Sachvorbringen des Klägers keinen Anhalt. R G Z . 157, 379 Hat die Änderung der Vorschriften über das Ruhen des Verfahrens (ZPO. §§ 251, 252a) den Anwendungsbereich des § 2 1 1 Abs. 2 B G B . beschränkt?

BGB. § 211 Abs. 2. II. Zivilsenat. Urt. v. 16. März 1938. Die Entscheidung ist abgedruckt unter ,, Zivilprozeß". R G Z . 158, 357 1. Schließt nach § 1594 Abs. 3 in Verb, mit § 203 Abs. 2 B G B . ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, das zur Versäumung der Jahresfrist des § 1594 Abs. 1 geführt hat, die A n nahme höherer Gewalt in entsprechender Anwendung des § 232 Abs. 2 Z P O . aus ? 2. Ist im Sinne des § 1596 Abs. 2 BGB. das Ruhen des Verfahrens der Zurücknahme der Klage gleichzustellen?

BGB. §§ 203, 211, 212, §§ 1594, 1596 in der Fassung des Gesetzes über die Änderung und Ergänzung familienrechtlicher Vorschriften usw. vom 12. April 1938 (RGBl. I S. 380). ZPO. §§ 232, 233. IV.'Zivilsenat. Urt. v. 3. November 1938. I. Landgericht Dresden.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Beklagte ist am 16. Juli 1928 von der damaligen Ehefrau des Klägers geboren. Die Ehe des Klägers mit der Mutter des Beklagten ist durch Urteil des Oberlandesgerichts vom 29. Dezember 1928, das mit Ablauf des 25. Februar 1929 rechtskräftig geworden ist, geschieden worden. In diesem Urteil ist u. a. festgestellt, daß die Ehegatten seit dem 5. Februar 1927 getrennt gelebt haben und daß der letzte eheliche Verkehr vor der Trennung stattgefunden hat, sowie daß der Beklagte im Ehebruch erzeugt ist. Die Tatsache der Geburt des Beklagten sowie die Behauptung, daß dieser im Ehebruch mit P. U. erzeugt sei, hatte der Kläger im Ehestreit durch Schriftsatz vom 10. Oktober 1928 vorgetragen. Am 6. Mai 1929 17*

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beantragte der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, ihm das Armenrecht für eine Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Beklagten zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Diesem Gesuch entsprach das Landgericht durch Beschluß vom 14. Juni 1929 unter Beiordnung des damaligen Rechtsanwalts H. als Armenanwalt, dem der Kläger später schriftliche Prozeßvollmacht erteilte. Der Beschluß vom 14. Juni 1929 wurde H. am 17. Juni 1929 zugestellt. Am 10. August 1929 reichte er einen als Klagbegründung bezeichneten Schriftsatz beim Landgericht ein. Auf den Hinweis des Landgerichts, daß umgehend Klage einzureichen sei, reichte er am 26. August 1929 die Anfechtungsklage ein, in der jedoch der Name des dem Beklagten inzwischen zur Vertretimg gegenüber der Anfechtungsklage bestellten Pflegers fehlte. Die Geschäftsstelle des Landgerichts forderte H. noch an demselben Tage zur Ergänzung der Klagschrift durch Benennung des Pflegers auf. Da diese Ergänzung nicht erfolgte, veranlaßte der Vorsitzende am 13. September 1929 eine gleiche Aufforderung unter Mitteilung von Namen und Anschrift des Pflegers. Nachdem H. dieser Aufforderung nunmehr nachgekommen war, bestimmte der Vorsitzende am 14. September 1929 Verhandlungstermin auf den 24. Oktober 1929. Die Urschrift der Klage mit der Terminbestimmimg wurde H. am 16. September 1929 zurückgegeben. Die Klagzustellung erfolgte darauf am 16. Oktober 1929. Durch Beschluß vom 10. April 1930 entzog das Landgericht dem Kläger das Armenrecht, weil seine Rechtsverfolgung aussichtlos sei. Im Verhandlungstermin vom 8. Mai 1930, in dem keine der Parteien erschienen war, ordnete das Landgericht das Ruhen des Verfahrens an. Nachdem Rechtsanwalt H. durch Urteil des Ehrengerichtshofs der Reichs-Rechtsanwaltskammer vom 16. Januar 1935 aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen worden war, lud der Kläger durch seinen neuen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt G., den Beklagten mit Schriftsatz vom 24. Februar 1937 zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, da die Anfechtungsfrist nicht gewahrt sei. Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, daß er zwar von der Geburt des Beklagten in der ersten Hälfte des Oktober 1928 Kenntnis erlangt habe, daß sich aber die von seinem früheren Prozeßbevollmächtigten verschuldete Verspätung der Klagzustellung für ihn als ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 1594 Abs. 3, § 203 Abs. 2 BGB. darstelle, so daß der Lauf der Anfechtungsfrist bis zum 16. Oktober 1929 gehemmt gewesen sei. Das Landgericht hat festgestellt, daß der Beklagte kein eheliches Kind des Klägers ist. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auch seine Revision blieb erfolglos. Aus den G r ü n d e n : In der Zeit zwischen der letzten Verhandlung vor dem Berufungsgericht und der Verkündung des Berufungsurteils ist das Gesetz über die

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Änderung und Ergänzung familienrechtlicher Vorschriften und über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 12. April 1938 (RGBl. I S. 380) erlassen worden und in Kraft getreten. Der Entscheidung des Rechtsstreits sind daher nunmehr, und zwar auch in der Revisionsinstanz, die §§ 1593flg. BGB. in der ihnen durch dieses Gesetz gegebenen Fassung zu Grunde zu legen (vgl. § 29 des Gesetzes). Nach der einwandfreien und von der Revision auch nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts kann der Beklagte nicht vom Kläger erzeugt sein,da dieser seiner damaligen Ehefrau in der gesetzlichen Empfangniszeit nicht beigewohnt hat. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt mithin lediglich davon ab, ob die Anfechtung der Ehelichkeit rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 1594 BGB. erfolgt ist. Die Frist beginnt nach § 1594 Abs. 2 n. F. mit dem Zeitpunkt, in dem der Mann Kenntnis von den Umständen erlangt, die für die Unehelichkeit des Kindes sprechen, frühestens aber mit der Geburt des Kindes. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß nach Lage des vorliegenden Falles die Kenntnis von der Geburt des Beklagten dem Kläger zugleich die Kenntnis von den Umständen vermittelt hat, die für die Unehelichkeit des Beklagten sprechen. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich weiter, daß der Kläger von der Geburt des Beklagten nicht vor dem 1. Oktober 1928, spätestens aber am 10. Oktober 1928 Kenntnis erlangt hat. Die am 16. Oktober 1929 erfolgte Klagzustellung hätte daher die Anfechtungsfrist nur dann gewahrt, wenn mit dem Kläger anzunehmen wäre, daß der Lauf der Frist gemäß § 1594 Abs. 3 in Verbindung mit § 203 Abs. 2 BGB. gehemmt war. Das Landgericht hat sich unter bewußter Abweichung von der Rechtsprechung des Reichsgerichts auf den Standpunkt gestellt, daß dem Kläger die Säumnis des ihm beigeordneten und von ihm rechtzeitig unterrichteten damaligen Rechtsanwalts H. nicht zuzurechnen sei und daß sich daher diese Säumnis für ihn als höhere Gewalt im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB. darstelle, die den Lauf der Anfechtungsfrist gehemmt habe. Das Berufungsgericht ist dieser Auffassung zwar nicht beigetreten, hat aber eine den Lauf der Anfechtungsfrist hemmende höhere Gewalt darin erblickt, daß der Vorsitzende der Zivilkammer dem Kläger gerade den damaligen Rechtsanwalt H. als Armenanwalt beigeordnet habe, der, wie sich später zeigte, seiner ganzen Persönlichkeit und seinen Lebensverhältnissen nach in keiner Weise geeignet gewesen sei, die Aufgaben eines Rechtsanwalts sachgemäß zu erfüllen. Die Annahme eines eigenen Verschuldens des Klägers scheidet das Berufungsgericht aus, da er auf die Auswahl des ArmeDanwalts keinen Einfluß genommen habe, als einfacher, geschäftsungewandter Volksgenosse auch nicht in der Lage gewesen sei, sich ein Urteil über die Art der Berufsausübung H.s zu bilden oder gar ihn zu überwachen, und da er der Erklärung H.s, er brauche sich um nichts weiter zu kümmern, habe vertrauen dürfen. Das Berufungsgericht hat demgemäß angenommen, daß der Lauf der Anfechtungsfrist von der durch den Beschluß vom 14. Juni 1929 erfolgten Beiordnung H.s an bis

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zu der am 16. Oktober 1929 geschehenen Klagzustellung gehemmt, die Anfechtungsfrist also zur Zeit der Klagzustellung noch nicht verstrichen gewesen sei. Der erkennende Senat hat sich in einer Reihe von Entscheidungen, und zwar insbesondere auch für die Fälle des § 1339 Abs. 3 und des § 1594 Abs. 3 BGB. auf den Standpunkt gestellt, daß die Partei im Falle des § 203 Abs. 2 BGB. ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten ebenso zu vertreten habe wie nach § 232 Abs. 2 ZPO. (WarnRspr. 1910 Nr. 415, 1917 Nr. 286; JW. 1932 S. 1350 Nr. 8; vgl. auch WarnRspr. 1936 Nr. 40). Diese Rechtsprechung gibt der Senat jedoch auf Grund erneuter Prüfung auf. Die entsprechende Anwendung des § 232 Abs. 2 ZPO. ist in der Entscheidung JW. 1932 S. 1350 Nr. 8 aus dem Grunde für gerechtfertigt erklärt worden, weil der Begriff der höheren Gewalt im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB. im wesentlichen dem des unabwendbaren Zufalls im Sinne des § 233 ZPO. entspreche. Es ist nun zwar daran festzuhalten, daß der Begriff der „höheren Gewalt" in den Fällen, in denen es sich — wie bei § 203 BGB. — um die Vornahme von Rechtshandlungen innerhalb einer Frist handelt, im wesentlichen dem des „unabwendbaren Zufalls" im Sinne des § 233 ZPO. entspricht und daß daher in diesen Fällen auch die Beschränkung auf Ereignisse, die von außen her einwirken, ihren Sinn verliert (JW. 1938 S. 176 Nr. 45). Die daraus gezogene Folgerung, daß infolgedessen auch die Vorschrift des § 232 Abs. 2 ZPO. entsprechend anzuwenden sei, ist aber weder zwingend noch durch sonstige Erwägungen geboten. Ein allgemeiner Grundsatz, daß der Vertretene für das Verschulden seines Bevollmächtigten oder sonstigen Vertreters in jedem Falle einzustehen habe, ist dem geltenden Rechte fremd. Die Vorschrift des § 278 BGB. bezieht sich nur auf die Erfüllung von Verbindlichkeiten. § 232 Abs. 2 ZPO. aber ist eine nur für das Gebiet des Prozesses geltende, auf den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Prozesses beruhende Vorschrift, die sich nicht ohne weiteres auf das außerprozessuale Gebiet übertragen läßt (Jonas JW. 1932 S. 1350 Anm. zu Nr. 8). Hiernach ist davon auszugehen, daß sich die Nachlässigkeit, die H. schon von seiner Beiordnung an bei der Behandlung der Sache an den Tag gelegt hat, namentlich aber die unverständliche Hinauszögerung der Klagzustellung, die letzten Endes für die Versäumung der Jahresfrist ursächlich war, für den Kläger als höhere Gewalt im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB. darstellte, durch die der Lauf der Frist bis zur tatsächlich erfolgten Zustellung einer den sachlich- und verfahrensrechtlichen Anforderungen entsprechenden Klage gehemmt war. Daß dem Kläger keinerlei eigenes, der Annahme höherer Gewalt entgegenstehendes Verschulden zur Last zu legen ist, hat das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei dargetan. Die Revision erhebt eine Anzahl von Rügen verfahrensrechtlicher und sachlich-rechtlicher Art, die ihr jedoch nicht zum Erfolg verhelfen können. (Die Verfahrensrügen werden zurückgewiesen; dann wird fortgefahren:)

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Die Revision will schließlich dem Umstände Bedeutung beigemessen haben, daß der Rechtsstreit nahezu 7 Jahre geruht habe; sie ist der Ansicht, daß die Vorschrift des § 211 Abs. 2 BGB. als Ausfluß eines allgemeinen Rechtsgedankens auch im vorliegenden Falle Anwendung finden müsse. Hierin kann ihr nicht beigetreten werden. § 1594 Abs. 3 BGB. erklärt von den für die Verjährung geltenden Vorschriften nur die der §§ 203, 206 über die Hemmung der Verjährung für entsprechend anwendbar. Eine U n t e r b r e c h u n g des Laufes der Anfechtungsfrist in der Weise, daß mit Beendigimg der Unterbrechung eine neue Anfechtungsfrist zu laufen beginnen könnte, ist dagegen dem Gesetz unbekannt; sie wäre unvereinbar mit den Vorschriften des § 1594 Abs. 1 und 2 BGB. und mit dem Zwecke, den diese Vorschriften verfolgen. Lediglich für den Fall der Zurücknahme der Klage hat § 1596 Abs. 2 in der Fassung des Gesetzes vom 12. April 1938 eine dem § 212 Abs. 1 entsprechende selbständige Vorschrift dahin getroffen, daß die Anfechtung in diesem Falle als nicht erfolgt anzusehen ist. Das bloße Ruhen des Verfahrens kann der Zurücknahme der Klage aber nicht gleichgestellt werden. R G Z . 164, 9 Wie ist die Rechtslage im Hinblick auf die Hemmung des Laufs der Verjährung für den Restanspruch zu beurteilen, wenn der Kläger bei demselben Schaden gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 Z P O . nicht für den ganzen Schadensersatzanspruch, sondern nur für einen Teilanspruch das Armenrecht beantragt und dieses auch dafür nur zum Teil erhält und wenn ihm weiter, nach Abweisung der Klage im ersten Rechtsgange, im Berufungsverfahren das Armenrecht auch für den eingeklagten Teilanspruch versagt wird ? Muß er sich auf die Möglichkeit der Unterbrechung der Verjährung des Restanspruchs durch Zustellung eines Zahlungsbefehls oder Anbringung eines Güteantrags verweisen lassen?

BGB. § 203 Abs. 2, § 209 Abs. 2 Nr. 1 und 1 a. ZPO. § 114 Abs. 1 RAO. § 37 III. Zivilsenat. Urt. v. 15. Dezember 1939. I. Landgericht Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger war Gläubiger einer früher im Grundbuche von St. eingetragenen Hypothek von 10000 RM. Er traf mit H. ein Abkommen des Inhalts, daß dieser sich verpflichtete, die Hypothek nebst Zinsen bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks auszubieten. Bedingung für diese Verpflichtimg war jedoch, daß der Kläger die Zwangsversteigerung nicht nach dem 30. Juni 1932 beantragte. Wegen der Einleitung der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks wandte sich der Kläger an den Beklagten. Er behauptet, dem Beklagten schon Anfang Mai, zuletzt noch mit Schreiben vom 27. Juni den Auftrag zur Stellung des Zwangsverstei-

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gerungsantrags vor Ende Juni erteilt zu haben. Der Beklagte habe es aber schuldhafterweise unterlassen, den Antrag zu stellen. Infolgedessen sei H. von seiner Verpflichtung zur Ausbietung der Hypothek freigeworden. Diese fiel bei der von anderer Seite betriebenen Zwangsversteigerung aus. Für den ihm so entstandenen Schaden macht der Kläger den Beklagten verantwortlich. Nachdem ihm für eine von ihm beabsichtigte Klage über einen Teilanspruch in Höhe von 2500 RM nur für einen Anspruch in Höhe von 1100 RM. das Armenrecht bewilligt worden war, hat er den Rechtsstreit wegen dieses Betrags durchgeführt. Der Beklagte bestritt, einen bestimmten Antrag zur Stellung des Zwangsversteigerungsantrags, zumal innerhalb der genannten Frist, von dem Kläger erhalten zu haben; er stellte auch eine schuldhafte Säumnis in der Ausführung eines etwaigen Auftrags in Abrede. Er erhob weiter die Einrede der Verjährung. Die Klage wurde vom Landgericht als sachlich unbegründet abgewiesen. Der Kläger, dem von dem Berufungsgericht das Armenrecht versagte worden war, führte den Rechtsstreit auf eigene Kosten ohne Erhöhung des bisherigen Antrages weiter. Der Beklagte erhob im Berufungsrechtsgange mit Einwilligung des Klägers unter Einlegung der Anschlußberufung Widerklage auf Feststellung, daß dem Kläger gegen ihn über den Klageanspruch hinaus keine Ansprüche zuständen. Das Berufungsgericht änderte durch Urteil vom 9. Juni 1937 das erste Urteil ab; es entsprach dem Klageantrag und wies die Widerklage ab. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Diesem wurde, ausgehend davon, daß dem Beklagten der von dem Kläger behauptete Auftrag erteilt worden sei und daß der Beklagte diesen schuldhaft nicht ausgeführt habe, aufgegeben, noch zu prüfen, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schuldhaften Verletzung des Anwaltsdienstvertrags durch den Beklagten und dem vom Kläger behaupteten Schaden bestehe. In der neuen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, in der die Parteien ihre bisherigen Anträge wiederholt haben, hat der Kläger gegenüber der Einrede der Verjährung unzulässige Rechtsausübung eingewendet. Er hatte nach dem Erlaß des ersten Urteils des Berufungsgerichts, und zwar am 16. August 1937, unter Vorlage einer Klageschrift über den weitergehenden Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 9536,54 RM. nebst Zinsen das Armenrecht für die Durchführung einer solchen neuen Klage nachgesucht. Nachdem die Entscheidung über das Gesuch zunächst ausgesetzt worden war, wurde ihm am 9. Mai 1938 das Armenrecht bewilligt. Die Klage wurde bald darauf erhoben und das Verfahren durch Beschluß vom 10. Juli 1937 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt. Das Berufungsgericht hat durch Urteil vom 19. November 1938 wiederum dem Klageantrag entsprochen, nunmehr aber auch der Widerklage mit der Begründung stattgegeben, daß der Restanspruch verjährt sei.

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Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit darin zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und zur Abweisung der Widerklage. Gründe: Das Berufungsgericht hat, wieder ausgehend von der Rechtswirksamkeit des Ausbietungsabkommens zwischen dem Kläger und H., gemäß der ihm im ersten Urteil des Senats gemachten Auflage geprüft, ob zwischen der schuldhaften Vertragsverletzung des Beklagten, der Versäumung des Zwangsversteigerungsantrags innerhalb der Frist bis zum 30. Juni 1932, und dem behaupteten Schaden des Klägers, dem Ausfall mit dem größeren Teil seiner Hypothek, ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Diese Frage hat es bejaht. Es hat weiter für den Fall, daß man H. noch über die genannte Frist hinaus an das Ausbietungsabkommen für gebunden erachten wollte, jedenfalls die alsbaldige Nachholung der versäumten Handlung, der Stellung des Versteigerungsantrags, und zwar spätestens bis zum 15. Juli 1932, für erforderlich erklärt. Die Unterlassung des Antrags auch bis dahin habe der Beklagte gegenüber dem Kläger zu vertreten; H. sei infolgedessen von seiner Ausbietungspflicht frei geworden, und die Hypothek sei dann zum größeren Teil bei der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks ausgefallen. Demgemäß hat das Berufungsgericht den im vorliegenden Rechtsstreite geltend gemachten Teil des Schadensersatzanspruches des Klägers gegen den Beklagten erneut für begründet erachtet. Da der Beklagte das Urteil nicht angegriffen hat, insoweit auch kein beachtlicher Rechtsirrtum zu erkennen ist, so hat es dabei sein Bewenden. In dem neuen Urteil hat das Berufungsgericht nunmehr der unter Anschlußberufung erhobenen Widerklage des Beklagten, die auf die Feststellung gerichtet ist, daß dem Kläger über die Klageforderung von 1100RM. nebst Zinsen hinaus gegen den Beklagten keine Ansprüche zustehen, stattgegeben. Gegenüber diesen weitergehenden Forderungen des Klägers hat es die vom Beklagten aus § 37 RAO. n. F. erhobene Einrede der Verjährung für durchgreifend erachtet. Hierbei hat es zunächst ohne Rechtsirrtum angenommen, daß sich die Verjährung des Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen den Beklagten nach der Vorschrift des § 37 RAO., nicht derjenigen des § 35 RAO., richtet. Denn es handelt sich, wie das Urteil mit Recht betont, nicht um die Inanspruchnahme aus einer Verletzimg der Pflicht zur unverzüglichen Erklärung bei Ablehnung eines Auftrags (§ 35 RAO.), sondern nur um eine solche aus der schuldhaften Nichtausführung eines vom Beklagten angenommenen Auftrags (§ 37 RAO.), nämlich des Auftrags, rechtzeitig den Zwangsversteigerungsantrag zu stellen. Zur Frage der Verjährimg dieses Anspruchs hat das Urteil ausgeführt: Die fünfjährige Verjährung beginne entsprechend der Vorschrift des § 198 BGB. mit dem Zeitpunkte der Entstehung des Schadensersatzanspruchs zu laufen. Der Schaden sei als entstanden anzusehen, wenn die Vermögenslage der geschädigten Partei im Vergleichs zu dem früheren Vermögensstande sich ver-

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schlechten habe. Dies sei bei dem Kläger spätestens am 15. Juli 1932, dem letzten Termine für die Stellung des Versteigerungsantrags, eingetreten, da von diesem Zeitpunkt ab die Hypothek des Klägers, infolge des Wegfalls der Verpflichtung des H. zu deren Ausbietung, gefährdet gewesen sei. Von da an habe daher die fünfjährige Frist des § 37 RAO. zu laufen begonnen. Das erst am 16. August 1937 beim Gericht eingegangene Gesuch um Bewilligung des Armenrechts für die Verfolgung des Restanspruchs von 9536,54 RM., auf den die Widerklage des Beklagten sich bezieht, sei auch mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 203 Abs. 2 BGB. nicht mehr geeignet gewesen, den Lauf der bereits am 15. Juli 1937 eingetretenen Verjährung dieses Anspruchs zu hemmen. Der Kläger sei trotz wiederholter Versagimg des Armenrechts in dem vorliegenden Rechtsstreite mindestens seit Erlaß des ersten für ihn günstigen Urteils des Berufungsgerichts in dieser Sache vom 9. Juni 1937 verpflichtet gewesen, das Armenrechtsgesuch wegen des Restanspruchs zu stellen, zumal ihm bekannt gewesen sei, daß der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben habe und sie aufrechterhalte. Von da ab habe er erwarten können, daß das Landgericht nicht auf seinem ablehnenden Standpunkte verharren werde; anderenfalls hätte er mit dem Erfolge der Beschwerde gegen den erneut ablehnenden Beschluß des Landgerichts rechnen können. Die Verjährung des Restanspruchs sei danach mit dem Ablauf des 15. Juli 1937 eingetreten. Die Auffassung des Berufungsgerichts über den Beginn und Lauf der Verjährung des Anspruchs aus § 37 RAO. ist frei von Rechtsirrtum und steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 90 S. 82 [84], Bd. 128 S. 76 [79], Bd. 153 S. 101 [106/107]). Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen gegen das Urteil. Rechtsbedenken bringt sie vor gegen die Ansicht des Berufungsgerichts über den Zeitpunkt der Entstehimg des Schadensersatzanspruchs des Klägers. Sie sind jedoch nicht als begründet anzuerkennen. Das Berufungsgericht hat in dem jetzt angefochtenen Urteil nicht, wie in dem ersten Urteil, angenommen, daß H. schon mit der Unterlassung des Zwangsversteigerungsantrags bis zum 30. Juni 1932 unbedingt von der Verpflichtung zur Ausbietung der Hypothek frei geworden sei, sondern es hat als letztmöglichen Zeitpunkt zur Stellung des Antrags den 15. Juli 1932 bezeichnet und H. im äußersten Falle bis dahin an das Ausbietungsabkommen für gebunden erachtet. Damit hat es zugleich auch der vom Reichsgericht ausgesprochenen Rechtsansicht, auf welche die Revision sich beruft, Rechnung getragen, daß unter Umständen eine gewisse Überschreitung von Fristen für die Vornahme von Rechtshandlungen unschädlich sein kann (vgl. RGZ. Bd. 92 S. 208 [209/211], Bd. 117 S. 354 [356/357]). Wenn es dann in Würdigung der Gesamtumstände, besonders der wirtschaftlichen Bedeutung, welche die Stellung des Zwangsversteigerungsantrags innerhalb der vereinbarten Frist oder wenigstens alsbald darauf für H. besaß, als letzte Frist für den Antrag und damit für die Bindung des H. an das Ab-

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kommen den 15. Juli 1932 ansieht (statt September oder Oktober 1932, wie die Revision meint), so ist das jedenfalls vom Rechtsstandpunkt aus nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht konnte daher mit Recht den Schaden des Klägers infolge der Befreiung des H. von dem Ausbietungsabkommen mit diesem Zeitpunkt als eingetreten ansehen und danach den Beginn der Verjährung des Schadensersatzanspruchs bestimmen. Die Verjährung trat hiernach mit Ablauf des 15. Juli 1937 ein, wenn ihr Lauf nicht gehemmt oder unterbrochen wurde (§§ 202flg., 208flg. BGB.). Das Berufungsgericht veraeint letzteres für den den Klageanspruch übersteigenden Anspruch des Klägers. Jedoch zu Unrecht. Nach anerkannter Rechtsprechimg, die auch das Berufungsgericht nicht unbeachtet gelassen hat, kann die Versagung des Armenrechts für die arme Partei einen die Rechtsverfolgung hindernden Fall höherer Gewalt nach § 203 Abs. 2 BGB. darstellen, der eine Hemmimg der Verjährung des zu verfolgenden Anspruchs begründet. Das hat aber, wie in dem Urteil des Reichsgerichts RGZ. Bd. 139 S. 270 (273flg.) näher dargelegt ist, zur Voraussetzung, daß die Partei ein sachgemäß begründetes Armenrechtsgesuch für den Anspruch vorgelegt und ferner alle ihr für die Erlangung des Armenrechts zu Gebote stehenden Mittel erschöpft, insbesondere von dem zulässigen Rechtsmittel gegen einen das Armenrecht versagenden Beschluß Gebrauch gemacht hat. Der Kläger hat zwar ausweislich der Akten das Armenrecht zunächst für die Geltendmachung nicht des ganzen Schadensersatzanspruchs, sondern nur eines Teilanspruchs in Höhe von 2500 RM. nachgesucht. Das ist offensichtlich in Verfolg einer vielfach geübten, auf § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO. zurückgehenden Gerichtsübung, zur Kostenersparnis das Armenrecht zunächst nur für einen Teil des Anspruchs zu bewilligen, und in der Annahme geschehen, daß, wenn über diesen Teil des Anspruchs ein obsiegendes Urteil ergehen würde, sich eine Klage über den Restanspruch erübrigen werde. Denn über die Höhe des Schadens, des Ausfalls des Klägers mit seiner Hypothek, konnte im wesentlichen kein Streit bestehen. Das Armenrechtsgesuch entsprach im übrigen in sachlicher Hinsicht nach Inhalt der ihm zugrunde liegenden Klageschrift den an es zu stellenden Anforderungen. Das Armenrecht wurde dem Kläger aber vom Landgericht durch Beschluß vom 11. Februar 1936 (erkennbar ebenfalls aus dem Gesichtspunkte der Kostenersparnis in sinngemäßer Anwendung der bezeichneten gesetzlichen Bestimmung, da es sonst bei der Einheitlichkeit des Schadens hätte ganz versagt werden müssen) auch noch nicht für diesen Teilanspruch ganz bewilligt, sondern nur auf einen Anspruch in Höhe von 1100 RM., welcher Betrag offensichtlich mit Rücksicht auf die Zuständigkeit des Landgerichts gewählt wurde. Für den weitergehenden Teilanspruch muß es danach, wenn das in dem Beschluß auch nicht ausdrücklich gesagt worden ist, sinngemäß als abgelehnt angesehen werden, um so mehr, als das Gericht gleichzeitig eine Ermäßigung des Klageantrags auf den bezeichneten Teilanspruch anregte, welcher Anregung der Kläger entsprach. Nachdem er

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dann vom Landgericht durch Urteil vom 2. April 1936 mit der Klage abgewiesen worden war und Berufung gegen das Urteil eingelegt hatte, hat er das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts für den Klageanspruch erneuert. Das Berufungsgericht hat ihm aber nunmehr durch den ausführlich begründeten Beschluß vom 7. September 1936 das Armenrecht auch für den Klageanspruch in Höhe von 1100 RM. versagt. Das Berufungsgericht hat es in dem jetzt angefochtenen Urteil unterlassen, die durch diese Armenrechtsgesuche des Klägers und die Versagungen des Annenrechts geschaffene Rechtslage daraufhin zu prüfen, ob und welche Rechtsfolgen sich daraus etwa für den Lauf der Verjährung des übrigen, nicht im Streit befangenen Schadenersatzanspruchs ergeben, und zwar nicht nur des Teilanspruchs von 2500—1100 = 1400 RM., f ü r den ihm das Landgericht das Armenrceht auf sein Gesuch hin nicht bewilligt hat, sondern auch des weitergehenden Anspruchs, für den der Kläger ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts zunächst nicht besonders gestellt hat. Daß der Kläger durch die Versagung des Armenrechts an der Rechtsverfolgung des genannten Teilanspruchs in Höhe von 1400 RM. im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB. verhindert war, ist nach dem Ausgeführten zweifelsfrei. Die Verjährung dieses Teilanspruchs war während der Dauer des vorliegenden Rechtsstreits, d.h. jedenfalls von der Versagung des Annenrechts bis zum Erlaß des ersten obsiegenden Urteils des Berufungsgerichts vom 9. Juni 1937, gehemmt. Und zwar ist dabei der das Armenrecht versagende Beschluß des Landgerichts vom 11. Februar 1936 zugrunde zu legen. An sich wäre freilich nach dem oben ausgesprochenen Grundsatze zu verlangen gewesen, daß der Kläger sich nicht bei dem bezeichneten Beschluß beruhigt, sondern dagegen das ihm zustehende Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt und so eine Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der Bewilligung des Annenrechts für den vollen Teilanspruch in Höhe von 2500 RM. herbeigeführt hätte. Aber auch ohne diese Beschwerde ist die mit ihr zu erstrebende Klärung der Rechtslage eingetreten, und zwar durch die Versagimg des Armenrechts fiir den eingeklagten Teilanspruch in Höhe von 1100 RM. im ersten Berufungsrechtsgange durch den Beschluß vom 7. September 1936, in dem mit näheren Ausführungen die sachliche Unbegründetheit des Schadensersatzanspruchs des Klägers ausgesprochen worden ist. Damit ist eindeutig klargestellt, daß der Kläger mit einer Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts, durch den ihm das Armenrecht für den 1100 RM. übersteigenden Teil seines Schadensersatzanspruchs versagt worden ist, keinesfalls Erfolg gehabt haben würde. Bei dieser besonderen Sachlage ist daher die Einlegung dieses Rechtsmittels gegen den Versagungsbeschluß des Landgerichts nicht zu verlangen. Dieser Beschluß ist vielmehr als maßgebend für den Beginn der Hemmung der Verjährung anzusehen. Dieselbe Rechtsfolge wie für den Teilanspruch in Höhe von 1400 RM. ist durch jene Versagungen des Armenrechts auch für den darüber hinausgehenden, ganzen Schadensersatzanspruch des Klägers eingetreten. Denn

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durch die Versagung des Armenrechts zunächst für den 1100 RM. überschreitenden Teilanspruch von 2500 RM. durch das Landgericht und weiter durch die Versagung des Armenrechts auch für den eingeklagten Teil von 1100 RM. durch das Berufungsgericht ist zugleich zweifelsfrei klargestellt worden, daß dem Kläger das Armenrecht auch für den weitergehenden Anspruch jedenfalls bis zum Erlaß des ersten Urteils des Berufungsgerichts vom 9. Juni 1937, mit dem er obsiegte, versagt geblieben wäre. Es wäre für den Kläger völlig zwecklos gewesen, bis zu diesem Zeitpunkte für die Verfolgung dieses weitergehenden Anspruchs die Bewilligung des Armenrechts nachzusuchen, mit dessen Versagung er doch mit Sicherheit rechnen mußte. Dafür ist auch noch das Schicksal des später, nach dem Erlaß des bezeichneten Berufungsurteils, am 16. August 1937 eingereichten Armenrechtsgesuchs für den Restanspruch von 9536,54 RM. ein Beleg. Sogar nachdem der Kläger im Berufungsverfahren mit seinem Teilanspruch in Höhe von 1100 RM. obgesiegt hatte und die vom Beklagten erhobene verneinende Feststellungswiderklage abgewiesen worden war, als nunmehr jedenfalls von einer mangelnden Erfolgsaussicht für den Anspruch des Klägers, und zwar in seiner Gesamtheit, nicht mehr gesprochen werden konnte, begegnete er in der Bewilligung des Armenrechts Hindernissen, obwohl er noch auf die drohende Verjährung des Anspruchs hingewiesen hatte. Mit Rücksicht darauf, daß gegen das bezeichnete Urteil des Berufungsgerichts Revision eingelegt worden war, wurde die Entscheidung über das Gesuch zunächst ausgesetzt und das Armenrecht erst am 9. Mai 1938 bewilligt, nachdem das Revisionsurteil ergangen war. Aus diesen Gründen erscheint es gerechtfertigt, die Rechtslage so zu beurteilen, als wenn der Kläger seinerzeit statt für den Teilanspruch in Höhe von 2500 RM. für den ganzen Anspruch ein Armenrechtsgesuch vorgelegt und darauf die Versagung des Armenrechts zunächst durch das Landgericht und dann durch das Berufungsgericht erfahren hätte. Die Beurteilung der Hemmung der Verjährung kann hier also keine andere sein, als bei dem Teilanspruch in Höhe von 2500—1100 = 1400 RM. Gegenüber dem in RGZ. Bd. 139 S. 270flg. entschiedenen Fall ist dabei noch zu bemerken, daß es sich hier nicht, wie dort, um verschiedene Arten des Schadensersatzes (Rentenanspruch neben dem sonst dort geltend gemachten Schaden) handelt, sondern um ein und denselben, aus einem einheitlichen Tatbestande zu folgernden Schaden, nämlich den Ausfall des Klägers mit seiner Hypothek infolge der schuldhaften Unterlassung der rechtzeitigen Stellung des Zwangs Versteigerungsantrags. Erschien es in jenem Falle für den in Gestalt des Rentenanspruchs geltend gemachten Schadcn gerechtfertigt, die besondere Nachsuchung des Armenrechts und die Klärung der Frage der Armenrechtsbewilligung gegebenenfalls noch durch eine Beschwerde gegen den versagenden Beschluß des ersten Gerichts zu verlangen, so muß in dem vorliegenden, anders gearteten Falle nach dem oben Ausgeführten von einem solchen Verlangen für den weitergehenden Anspruch abgesehen werden.

270 Die Hemmung der Verjährung hat nach § 205 BGB. zur Folge, daß der Zeitraum während der Zeit der Hemmung in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird. Für die Verjährung des ganzen, 1100 RM. übersteigenden Anspruchs hat also nach dem Ausgeführten der Zeitraum von dem das Armenrecht zum Teil versagenden Beschluß des Landgerichts vom 11. Februar 1936 bis zum Erlaß des ersten Berufungsurteils vom 9. Juni 1937 auszuscheiden. Durch dieses dem Kläger günstige Urteil, durch das ihm nicht nur der Anspruch in Höhe von 1100 RM. zuerkannt, sondern zugleich die auf Feststellung des Nichtbestehens eines weitergehenden Anspruchs des Klägers gerichtete Widerklage des Beklagten abgewiesen wurde, änderten sich die Aussichten eines Armcnrechtsgesuchs auch für den Anspruch, soweit er den Klageanspruch überstieg. Die Verhinderung des Klägers hörte mit diesem Urteil auf, und zwar, worin dem Berufungsgericht zuzustimmen ist, von dem Augenblick des Erlasses des Urteils, nicht erst von der Mitteilung der Urteilsgründe an den Kläger an. Dieser konnte nunmehr mir dem Erfolg eines Gesuchs um Bewilligung des Annenrechts entweder beim Landgericht oder doch jedenfalls auf die Beschwerde gegen einen etwa ablehnenden Beschluß des Landgerichts beim Berufungsgericht rechnen. Er hat denn auch entsprechende Schritte zur Verhütung des Weiterlaufs und Ablaufs der Verjährung für den Restanspruch unternommen, indem er für dessen gerichtliche Geltendmachung am 16. August 1937 beim Landgericht ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts einreichte. Zu dieser Zeit und auch zu der Zeit, als das Landgericht die Entscheidung über das Armenrechtsgesuch aussetzte, am 29. September 1937, lief die Verjährung des Anspruchs noch, während sie zur Zeit der Erhebung der Klage über den Restanspruch, nach Bewilligung des Armenrechts für diese Klage, am 23. Mai 1938, ohne erneute Hemmung abgelaufen war. Sie hatte nach dem oben Ausgeführten am 15. Juli 1932 begonnen und war am 11. Februar 1936, dem Anfange der Hemmung ihres Weiterlaufs durch den das Armenrecht teilweise versagenden Beschluß des Landgerichts, vier Jahre und sieben Monate weniger vier Tage gelaufen. Der Rest der Verjährungszeit betrug danach noch fünf Monate und vier Tage, umfaßte also einen längeren Zeitraum als die Zeit von fast vier Monaten von dem Weiterlauf der Verjährung nach Aufhören der Hemmung, dem 9. Juni 1937 (erstes Urteil des Berufungsgerichts), bis zu der genannten Aussetzung der Entscheidung über das Armenrechtsgesuch für den Restanspruch, jedoch nicht mehr den Zeitraum von elf Monaten und sechzehn Tagen bis zur Erhebung der Klage über diesen Anspruch. Nach der in RGZ. Bd. 139 S. 270 (273) vertretenen, oben gebilligten Ansicht, daß die das Armenrecht nachsuchende Partei alle ihr zu dessen Erlangung zu Gebote stehenden Mittel zu erschöpfen und auch von dem zulässigen Rechtsmittel gegen einen das Armenrecht versagenden Beschluß Gebrauch zu machen hat, durfte sich der Kläger nicht bei jener Aussetzung der Entscheidung über sein Armenrechtsgesuch für den Restanspruch beruhigen; vielmehr hatte er unter Hinweis auf die drohende Verjährung des An-

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spruchs nicht nur beim Gericht seine Bedenken gegen die Aussetzung der Entscheidung vorzutragen, wie er es zunächst getan hat, sondern bei dessen etwaigem Beharren auf seinem Standpunkt oder bei einer etwaigen Versagung des Armenrechts Beschwerde einzulegen, um eine Entscheidung der höheren Instanz darüber herbeizuführen. Da er das unterlassen hat, ist eine erneute Hemmimg der Verjährung als nicht eingetreten anzusehen und ist die Verjährung des Restanspruchs eingetreten. Ihre Unterbrechung konnte durch jene nach ihrem Ablauf geschehene Klageerhebung (§ 209 BGB.) nicht mehr stattfinden. Der Beklagte kann sich indessen nicht auf die Verjährung dieses Anspruchs berufen. Nach dem Inhalt der den Restanspruch betreffenden Akten hat er gegen die Bewilligung des Armenrechts für diesen Anspruch Widerspruch erhoben, und zwar mit der Begründung, daß es als äußerst unzweckmäßig erscheinen müsse und unnötige Kosten verursachen würde, wenn vor der Erledigung des vorliegenden, die Grundfragen für den ganzen Anspruch des Klägers klärenden Rechtsstreits die Klage über den Restanspruch angestrengt werde. Dabei mußte ihm, nachdem er in dem vorliegenden Rechtsstreit die Einrede der Verjährung erhoben hatte, gegenwärtig sein, daß mit der Möglichkeit des Eintritts der Verjährung zu rechnen war. Nachdem er so auf die Aussetzung und die Verzögerung der Entscheidung über das Armenrechtsgesuch, womit sich der Kläger trotz gewisser Bedenken zunächst abfand, hingewirkt hat, verträgt es sich nicht mit dem das Dienstverhältnis zwischen den Parteien beherrschenden Grundsatze von Treu und Glauben (§ 242 BGB.), wenn er sich darauf beruft, daß die Verjährung des Restanspruchs in der Zeit zwischen der Aussetzung der Entscheidimg über das Armenrechtsgesuch und der Erhebung der Klage über den Restanspruch, nach schließlicher Bewilligung des Armenrechts eingetreten sei. Der Kläger konnte und mußte darauf vertrauen, daß der Beklagte aus jener Verzögerung der Entscheidung über das Armenrechtsgesuch und damit der Erhebung der Klage keine Rechte für die Verjährung des Anspruchs herleiten werde (vgl. RGZ. Bd. 144 S. 378 [379/380], Bd. 145 S. 239 [244/45], Bd. 153 S. 101 [III]; Urteile des Reichsgerichts vom 22. Mai 1936 VII 234/35, in JW. 1936 S. 2533 Nr. 5, und vom 9. Dezember 1936 V 131/36, in JW. 1937 S. 1057 Nr. 1). Insoweit ist daher der Einwand der unrichtigen Rechtsausübung, die in dem vom Kläger gegenüber der Einrede der Verjährung erhobenen Einwände der unzulässigen Rechtsausübung (§ 826 BGB.) mit liegt, begründet. Der Beklagte muß sich danach so behandeln lassen, als wenn die Verjährung des Restanspruchs, auf den sich die Widerklage bezieht, nicht eingetreten wäre. Die Einrede der Verjährung kann hiernach, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, nicht als Stütze des Widerklageantrags dienen. Anschließend mag noch bemerkt werden, daß vom Kläger auch nicht, wie der Beklagte meint, zu verlangen war, eine Unterbrechung des Laufs der Verjährung des Restanspruchs durch Zustellung eines Zahlungsbefehls oder durch Anbringung eines Güteantrags herbeizuführen (§ 209 Abs. 2

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Nr. 1 und 1 a BGB.)- Durch diese Rechtsbehelfe konnten die Belange des Klägers nicht hinreichend gewahrt werden. Denn die durch sie herbeigeführte Unterbrechung der Verjährung ist nach § 212a Satz 2, § 213 BGB. in Verb, mit §211 Abs. 2 BGB., § 701 ZPO. nicht von Dauer, wenn der Partei, wie hier dem Kläger, im Falle des Widerspruchs des Gegners gegen den Zahlungsbefehl oder bei Erfolglosigkeit des Güteversuchs die Mittel zur Fortsetzung des Rechtsstreits fehlen. Noch weniger konnte ein Verlangen nach der Erhebung der Feststellungsklage über den Restanspruch in Frage kommen, da einmal der Kläger sich auf diese nicht verweisen zu lassen brauchte (RGZ. Bd. 139 S. 278), da weiter auch deren Voraussetzung bei der Möglichkeit der Erhebung der Leistungsklage nicht gegeben war. Zudem erforderte die Erhebung der Klage wie auch die Zustellung des Zahlungsbefehls, und zwar schon vor der Vornahme dieser Prozeßhandlungen (§ 74 Ab. 3, § 31 Abs. 1 GKG. und § 28 der Durchführungsverfügung zu den Kostengesetzen, AV. des RJMin. vom 13. März 1937, 5600 VId 191, DJ. S. 433), die Aufwendung von Kosten, die dem im Sinne des § 114 ZPO. unvermögenden Kläger nicht zuzumuten war. Das angefochtene Urteil beruht hiernach, soweit es der Widerklage des Beklagten stattgegeben hat, auf einem Rechtsirrtum, der seine Aufhebung insoweit notwendig macht. Da wegen des unstreitigen Ausfalls des Klägers fast mit der ganzen Hypothek von 10000 RM. bei der Zwangsversteigerung kein Zweifel bestehen kann, daß er einen höheren Anspruch gegen den Beklagten besitzt, als den ihm zuerkannten Betrag von 1100 RM., so war gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. in der Sache selbst auf Abweisung der Widerklage zu erkennen. R G Z . 168, 56 t Ist eine Klagezurücknahme und infolgedessen keine Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung anzunehmen, wenn ein Feststellungsantrag bei Erweiterung eines daneben gestellten Leistungsantrages weggelassen wird?

BGB. §§ 211, 212, 852. KFG. § 14. VI. Zivilsenat. Urt. v. 18.Nobember 1941. I. Landgericht Oldenburg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger erlin am 14. September 1935 einen Unfall dadurch, daß ein von ihm geführter Personenkraftwagen mit einem vom Zweitbeklagten geführten Postkraftwagen zusammenstieß. In einem Vorprozeß erging das rechtskräftige Grundurteil des Oberlandesgerichts vom 14. Juli 1937, durch das der damalige Leistungsanspruch des Klägers zu 4/5 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurde; mit 1/5 wurde er abgewiesen. Neben dem gegen die beiden Beklagten als Gesamtschuldner gerichteten Leistungsanspruche hatte der Kläger wegen seines weitergehenden Schadens einen

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entsprechenden Feststellungsanspruch erhoben, über den noch nicht entschieden worden war. In dem auf das Grundurteil folgenden Verfahren vor dem Landgericht wiederholte der Kläger zunächst in der Verhandlung vom 1. Oktober 1937 seine Anträge und verhandelte abermals am 15. Oktober 1937; jedenfalls am I.Oktober 1937 stellte er auch seinen Feststellungsantrag. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1937 kündigte er sodann neue Anträge an, nämlich 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 8895 nebst Zinsen und 2. den Zweitbeklagten zur Zahlung eines vom Gericht festzusetzenden Schmerzensgeldes zu verurteilen; der Feststellungsantrag fehlte. In dem Betrage von 8895 RM. waren 4/5 des Verdienstausfalls für die Jahre 1935 und 1936 enthalten; später bemaß der Kläger seinen Verdienstausfall für das Jahr 1936 höher und erweiterte mit Schriftsatz vom 20. Mai 1938 seinen Antrag zu 1 auf 10495 RM. nebst Zinsen. Auf der Grundlage dieser Anträge wurde verhandelt. Das Landgericht sprach mit Urteil vom 22. Dezember 1938 dem Kläger 5294,84 RM. nebst Zinsen und ein Schmerzensgeld von 3200 RM. zu; im übrigen wies es ihn ab. Im Tatbestande dieses Urteils heißt es, der Kläger sei nach dem Urteil des Oberlandesgerichts „in vollem Umfang zur Leistungsklage übergegangen". Der Kläger legte Berufung ein und beantragte, die Beklagten als Gesamtschuldner zu einem Mehrbetrage von 5200 RM. nebst Zinsen zu verurteilen; am Schlüsse der Berufimgsbegründung behielt er sich eine Erhöhung der Schadensersatzansprüche um den Verdienstausfall für die Jahre 1937 und 1938 vor. Die Beklagten schlössen sich der Berufung an und beantragten, den Kläger abzuweisen, soweit er mehr als 3694,84 RM. nebst Zinsen und mehr als 800 RM. Schmerzensgeld verlange. Darauf sprach das Oberlandesgericht mit Urteil vom 9. August 1939 dem Kläger den vollen, von ihm geforderten Mehrbetrag zu, setzte aber das Schmerzensgeld auf 1600 RM. herab. Im gegenwärtigen Rechtsstreit verlangt der Kläger Ersatz seines Verdienstausfalls für die Zeit seit dem 1. Januar 1937, und zwar in Form einer einmaligen Zahlung von 16800 RM. nebst Zinsen und einer Vierteljahresrente von 1400 RM., zahlbar bis zur Vollendung seines 70. Lebensjahres. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und beide Vordergerichte haben den Kläger auf Grund dieser Einrede abgewiesen. Seine Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß der Kläger im Vorprozeß seinen Feststellungsantrag zurückgenommen habe und daß die Beklagten in die Zurücknahme des Feststellungsantrages stillschweigend gewilligt hätten. Es wendet daher § 212 BGB. an und legt einem Gespräch der beiderseitigen Prozeßbevollmächtigten vom 26. Juli 1939 über eine Erledigung durch Vergleich, wobei nach der Behauptung des Klägers sein jetziger Anspruch dem Grunde nach anerkannt worden sein soll, keine Bedeutung bei, weil damals die Verjährung Zivils. Allgem. Teil 4

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Allgemeiner Teil

sowohl aus § 852 BGB. als auch aus § 14 KFG. bereits vollendet gewesen sei. Gegen diese Beurteilung erhebt die Revision begründete Bedenken. Sie weist mit Recht darauf hin, daß es sich um die Auslegung des Verhaltens im Verfahren handelt und daß hierin das Reichsgericht nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. RGZ. Bd. 86 S. 380, Bd. 134 S. 132) an die Auffassung der Tatsacheninstanzen nicht gebunden ist. Das Berufungsgericht erkennt selbst an, daß im Unterlassen der Wiederholung eines früher gestellten Antrages nicht notwendig dessen Zurücknahme zu linden sei, sondern daß das auch dahin gedeutet werden könne, der Antrag solle vorläufig nicht weiter betrieben werden. Auch ist dem Berufungsgericht nicht entgangen, daß das Reichsgcricht wiederholt ausgesprochen hat, im Zweifel sei diese Deutung vorzuziehen (vgl. außer der im Berufungsurteil angeführten Entscheidung JW. 1935 S. 2281 Nr. 15 auch die Entscheidungen JW. 1930 S. 3549 Nr. 8 und HRR. 1933 Nr. 1258, vor allem aber schon RGZ. Bd. 66 S. 12 [14]). Richtig ist zwar, daß in der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung RGZ. Bd. 75 S. 286 nach den Umständen eine Klagezurücknahmc für einen Teil des ursprünglichen Klageantrages angenommen und nur uie Ansicht des damaligen Berufungsgerichts mißbilligt worden ist, der Beklagte habe in diese Zurücknahme durch schlüssige Handlungen gewilligt. Jener weist aber gegenüber dem vorliegenden einen wesentlichen Unterschied auf. Denn dort hatte der Kläger ursprünglich zwei Leistungsanträge gestellt, einen auf Ersatz von Kurkosten in Höhe von 100 M. und einen auf eine Jahresrente von 1500 M., und er hatte, nachdem der Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden war, im Betragsverfahren seinen Antrag in der Schlußverhandlung dahin geändert, daß er eine einmalige Zahlung von 6198,80 RM. verlangte, unter der Erklärung, er behalte sich Ansprüche für die spätere Zeit vor. Diese Erklärung ist damals dahin gedeutet worden, der Kläger wolle für den schwebenden Rechtsstreit auf die Verfolgung des weitergehenden Anspruchs verzichten, sich aber dessen Wiederaufnahme in einem anderen Verfahren offen halten. Ein Feststellungsantrag wie im vorliegenden Fall war in jenem gar nicht gestellt worden; wohl aber war dies in dem Fall geschehen, welchcr der Entscheidung RGZ. Bd. 66 S. 12 zugrunde lag. Damals hatte ebenso wie jetzt der Kläger einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag nebeneinander gestellt; er hatte dann in einer späteren Verhandlung den Feststcllungsantrag nicht mehr verlesen, sondern den Leistungsantrag erweitert. Das Reichsgericht hat damals die Ansicht mißbilligt, daß in dem Nichtverlesen des Antrags dessen Zurücknahme gelegen habe; es hat darin nur einen Stillstand in der verfahrensmäßigen Verfolgung gesehen und § 211 Abs. 2 BGB., nicht § 212 angewandt. . . . Hiernach ist davon auszugehen, daß der Kläger seinen Feststellungsantrag im Vorprozeß nicht zurückgenommen, sondern ihn nach dem 15. (1.) Oktober 1937 nur nicht weiter verfolgt hat. Es bedarf daher keines Eingehens auf die Bedenken der Revision gegen die Annahme des Berufungsge-

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Ausübung der Rechte — Selbsthilfe

richts, daß die Beklagten in c\je Zurücknahme stillschweigend gewilligt hätten. Jedoch sei kurz bemerkt, daß die Beklagten eine Zurücknahme offenbar selbst nicht als vorliegend angesehen haben, da sie anderafaJ ls sicherlich den Antrag aus § 271 Abs. 3 ZPO. gestellt hätten; einer von ihnen als solche nicht erkannten Zurücknahme konnten sie nicht zustimmen und haben sie nicht zugestimmt. Mit der Verneinung einer Zurücknahme scheidet die Anwendung des § 212 BGB. aus, und es ist § 211 Abs. 2 BGB. anzuwenden. Daraus folgt, daß frühestens mit dem 2. Oktober 1937 eine neue Verjährung begonnen hat. Soweit sie die dreijährige nach § 852 BGB. war, lief sie noch zur Zeit der Klageerhebung im gegenwärtigen Rechtsstreit. Anders steht es freilich mit der zweijährigen Verjährung nach § 14 KFG.; jedoch liegt die bisher nicht geprüfte Möglichkeit vor, daß die Verjährung am 26. Juli 1939 durch ein Anerkenntnis nach § 208 BGB unterbrochen worden ist. Aus diesen Gründen mußte das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden.

Ausübung der Rechte—Selbsthilfe R G Z . 68, 424 Kann der Widerspruchsklage der Ehefrau gegen eine Pfändung von früherem, ihr bei der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft übereignetem Gesamtgut aus einem nach der Teilung nur gegen den Ehemann erwirkten Schuldtitel der Einwand ent e g gengesetzt werden, daß die Klägerin nach § 1480 BGB. hafte und ihr Vorgehen gegen § 226 BGB. verstoße ?

VII. Zivilsenat. Urt. v. 26. Mai 1908. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht".

RGZ. 71, 240 Droht eine Wassersgefahr d u r c h den Damm, wenn durch ihn bei einer Hochflut der ungehinderte Ablauf des Wassers gehemmt und dadurch dem Oberlieger Schaden verursacht wird?

BGB. § 228. V. Zivilsenat. Urt. v. 8. Mai 1909. I. Landgericht Kottbus.

II. Kammergericht Berlin. 13»

276 Der Gemeinschuldner R. hatte durch notariellen Vertrag vom 2. April 1898 vom Vater und Vorbesitzer des Beklagten das Recht erworben, auf dem Gute Groß-G. Kohlenbergbau zu treiben und im Bereiche des Gutes bergbauliche Anlagen jeder Art zu errichtcn. Im Jahre 1900 richtete der Beklagte am Südrande des Tagebaues etwa 20 m von der Scheune entfernt einen Erdwall her und führte ihn über den in den Bergbau einbezogenen Rakower Weg hinweg bis hinein in seinen Garten. Der Erdwall sollte zum Schutze der Grubenbaue gegen Tageswasser gedient haben; geraume Zeit hindurch hatte er eine Grubenbahn getragen. Am 13. August 1901 entstand ein heftiges Unwetter; es stauten sich vor dem Erdwalle starke Regenmassen an. Um dem Wasser Abfluß zu verschaffen, ließ der Beklagte den Damm durchstechen.Die Wassermassen ergossen sich dann in den Tagebau und richteten hier umfangreichen Schaden an, dessen Ersatz der Konkursverwalter mit der Klage beanspruchte. Der Beklagte bestritt den Anspruch und stellte hilfsweise eine angebliche Gegenforderung zur Aufrechnung. Das Landgericht hielt die Aufrechnung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 393 BGB. für unzulässig und erkannte in Höhe eines Teiles des beanspruchten Betrages nach dem Klagantrage. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben. Aus den Gründen: „Die Revision macht geltend, es sei Beweis dafür angeboten gewesen, daß der Beklagte den Damm innerhalb des Gartens durchstochen habe. Hierzu sei aber der Beklagte befugt gewesen, weil nach den beim Abschlüsse des Vertrages vom 2. April 1898 getroffenen mündlichen Abreden der Garten von allen bergbaulichen Anlagen habe verschont bleiben müssen. Die Benutzung des Gartens sei dem Beklagten erst später gestattet worden, aber nur zur Anlage einer Grubenbahn, die dann vor dem 13. August 1901 bereits längst wieder beseitigt gewesen sei. Der Angriff ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Damm zunächst als bergbauliche Anlage hergestellt worden ist, um den Tagebau vor Wasser zu schützen. Es ist weiter festgestellt worden, daß bereits im Mai 1900 die Vorflutverhältnisse anderweitig in der Weise geregelt waren, daß die Wassermassen durch den Damm aufgehalten und der Wasserleitung der Grube zugeführt werden sollten. Hiernach besteht kein Zweifel, daß der Damm, mag er auch später zur Anlage der Grubenbahn mitbenutzt worden sein, ursprünglich im gegenseitigen Einverständnis zum Schutze der Grube vor dem Tageswasser bestimmt war und daher auch insoweit, als er innerhalb des Gartens lag, vom Beklagten nicht nach Belieben beseitigt oder durchstochen werden durfte. Dem Beklagten steht auch nicht die Vorschrift des § 228 BGB. zur Seite; denn neben dieser Vorschrift steht die des § 904, die klar den gesetzgeberischen Gedanken zum Ausdrucke bringt, daß zu einem Eingriffe in das Eigentum eines anderen eine drohende Gefahr nur ganz ausnahmsweise berechtigt, nämlich

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nur, wenn es sich um den Schutz eines erheblich höherwertigen Gutes handelt, und auch nur gegen volle Entschädigung. Der § 228 gestattet die Beschädigung oder Zerstörung der fremden Sache ohne jede Entschädigung, und er erfordert, daß der entstehende Schade nicht außer Verhältnis zu der drohenden Gefahr steht. Dieses überaus weitgehende Recht gibt das Gesetz dann, aber auch nur dann, wenn „die Gefahr d u r c h die Sache droht". Der Ausdruck ist nicht zweifelfrei und hat auch in der Rechtslehre (vgl. P l a n c k , Rehbein, S t a u d i n g e r zu § 228, R ü m e l i n , Schadenshaftung, Oetker in B e r n h ö f t s und Binders Beiträgen S. 263, 284) zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten geführt. Bald wird von einer Gefahr gesprochen, die „von" der Sache drohe, oder von einer Gefahr, die „durch" die Sache, ihre Bescbaffenheit, ihren Zustand drohe, bald wird gesagt, die Sache müsse die „ursprüngliche" Ursache der Gefahr sein, sie müsse die Gefahr „erzeugen", bald wird es für genügend erklärt, daß durch die Sache die Gefahr „vermittelt" werde. Jedenfalls ist nach dem Wortlaute des § 228, seinem Verhältnis zu § 904 und auch zu dem den Grundsatz der Freiheit und Ausschließlichkeit des Eigentums anerkennenden § 903 eine engere Auslegung geboten. Es kommt hinzu, daß der § 228 sich im 6. Abschnitte des 1. Buchs des BGB. unter der Aufschrift „Selbstverteidigung" findet und daß er sich unmittelbar an die die Notwehr behandelnde Vorschrift des § 227 anschließt. Hieraus ergibt sich, daß den Gesetzgeber die Vorstellung von der Selbstverteidigung gegenüber einem Angriffe geleitet hat, der im Falle des § 227 von einer Person, im Falle des § 228 von einer Sache ausgeht. Ein Tier oder auch ein lebloser Gegenstand kann durch unmittelbare Einwirkung auf die Sache eine Gefahr schaffen, erzeugen; dann droht die Gefahr durch die Sache. Im vorliegenden Falle war die Quelle der Gefahr nicht der Damm, sondern der Niedersturz der Wassermassen auf den oberhalb der bergbaulichen Anlagen befindlichen Grundstücken des Beklagten. Der Damm, ein Teil der bergbaulichen Anlagen und zu deren Schutze bestimmt, war lediglich ein H i n d e r n i s für den Abfluß der Wassermassen und damit für die Abwendung der auf den eigenen Grundstücken des Beklagten entstandenen und dort sich ausbreitenden Gefahr. Für Fälle solcher Art ist die Vorschrift des § 228 überhaupt nicht bestimmt. Unerheblich ist hiernach, ob der Schade auch außer Verhältnis zur Gefahr gestanden hat. Auch darauf braucht nicht eingegangen zu werden, ob dem Beklagten zu seinem Vorgehen ein Recht aus § 904 BGB. zustand; nach dieser Vorschrift hat der Beschädigte in jedem Falle Ersatz des ihm entstehenden Schadens zu beanspruchen. Der Klaganspruch ist hiernach an sich begründet." . . .

Allgemeiner Teil

278 R G Z . 72, 251

1. Ist unter Schade i m Sinne des § 226 BGB. n u r V e r m ö g e n s s c h a d e zu v e r s t e h e n ? 2. K a n n i m Falle des § 226 BGB. auf U n t e r l a s s u n g der schikanösen Rechtsausübung geklagt werden? BGB. § 226. II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 3. Dezember 1909.

I. Landgericht Offenburg.

II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

Die Ehefrau des Beklagten und Mutter des Klägers starb am 9. Oktober 1890 auf dem Schlosse zu R., das im Grundbuche auf den Namen des Beklagten eingetragen ist. Sic wurde auf der unteren Terrasse des Schloßbergs im umfriedeten Teil des Schloßguts begraben. Der Beklagte verbot dem Kläger, Schloß R. und dessen umfriedetes Gelände jemals zu betreten. Da der Kläger gleichwohl das Grab seiner Mutter weiter besuchte, so drohte ihm der Beklagte, er werde ihn bei nochmaligem Betreten seines Besitzes mit Waffengewalt vertreiben und ihn wegen Hausfriedensbruchs belangen. Der Kläger hat darauf Klage erhoben mit dem Antrage, den Beklagten zu verurteilen, einzuwilligen, daß er das im umfriedeten Eigentum des Beklagten gelegene Grab seiner Mutter nach Gutdünken besuchen dürfe. Er hat die Klage begründet mit der Behauptung, es sei nach dem Tode der Mutter stillschweigende Vereinbarung aller beteiligten Angehörigen gewesen, daß jeder derselben jederzeit das Recht haben solle, die gemeinschaftliche Grabstätte derselben zu besuchen. Er sei auch Miteigentümer des Schlosses R. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage mit dem Antrage, festzustellen, daß dem Kläger keine Befugnis zum Betreten des Schlosses R., insbesondere der dort befindlichen Grabstätte, zustehe, und demselben das Betreten des Schloßgutes unter Androhimg von Strafe zu untersagen. Er trug vor, er sei alleiniger Eigentümer des Schloßgutes R., habe daher nicht die Pflicht, dem Kläger den Zutritt zu demselben zu gestatten. Bei dem feindseligen Verhältnis der Parteien zueinander; und da er schwer herzleidend sei, sei sein Verhalten begreiflich, das des Klägers aber stelle sich als Schikane dar. Durch Urteil des Oberlandesgerichts wurde der Beklagte verurteilt, einzuwilligen, daß Kläger das im umfriedeten Eigentum des Beklagten auf Gemarkung K. gelegene Grab seiner Mutter am Geburtstage und Todestage derselben sowie am Ostersonntag und am Allerheiligentage und zwar in der Zeit zwischen 11 und 12 Uhr vormittags, besuche. Die Revision gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen, aus folgenden Gründen: „ D i e Revision ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig, weil der Rechtsstreit Ansprüche nicht vermögensrechtlicher Natur betrifft. Sie ist aber nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht

Ausübung der Rechte — Selbsthilfe

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hat zunächst z u g u n s t e n des Beklagten ausgeführt, ein besonderes dingliches oder persönliches Recht des Klägers auf jederzeitigen Zutritt zur Grabstätte seiner Mutter sei nicht dargetan. Sodann aber ist erwogen: wenn auch der Kläger ein durch Vereinbarung begründetes Recht auf beliebigen Zutritt zur Grabstätte nicht besitze, so sei doch gleichwohl die gänzlich ablehnende Haltung des Beklagten nicht gerechtfertigt. Der Beklagte erkenne es selbst als seine sittliche Pflicht an, den Sohn von dem Besuche des Grabes seiner Mutter nicht völlig auszuschließen. Er sei aber hieran gemäß §§ 226 und 826 BGB. auch rechtlich gehindert. Ein selbständiges Recht des Klägers könne zwar nicht aus den §§ 226 und 826 BGB. abgeleitet werden; aber der Beklagte sei, soweit die Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmungen gegeben seien, nicht befugt, das ihm als Eigentümer des Schloßguts zustehende Verbietungsrecht gegen den Kläger auszuüben, und er müsse deshalb dem Kläger den Zutritt gestatten. Auf Unterlassung der schädigenden Rechtsausübung könne nicht nur im Falle des § 226, sondern auch im Falle des § 826 BGB. geklagt werden. Der Schade, von dem die §§ 226 und 826 BGB. handelten, brauche kein Vermögensschaden zu sein. Der Kläger werde aber in seinen kindlichen Gefühlen empfindlich verletzt und deshalb geschädigt, wenn es ihm unmöglich gemacht werde : das Andenken seiner Mutter der Sitte gemäß auch durch zeitweiligen Besuch ihrer Grabstätte zu pflegen. Daß der eigene Vater ohne triftigen Grund durch rücksichtslose Ausübung seines Eigentumsrechts dem Sohne jene Schädigung zufüge, verstoße zweifellos gegen die guten Sitten, und die u n b e d i n g t e Rechtsausübung, die der Beklagte eintreten lassen wolle, k ö n n e a u c h n u r d e n Zweck h a b e n , dem Sohne Schaden zuzufügen. Diese Erwägungen seien indessen zutreffend nur bezüglich der völligen Ausschließung vom Besuche der Grabstätte. Dagegen müßten die vom Beklagten zur Rechtfertigung seines Verhaltens angeführten Gründe, nämlich die zwischen den Parteien bestehenden Zwistigkeiten, ihre feindselige Gesinnung gegeneinander, sowie der Umstand, daß der Beklagte als kranker Mann Aufregungen zu vermeiden suchen müsse, dazu führen, die Besuche des Klägers in der näher bestimmten Weise zu beschränken." (Dies wird näher tatsächlich dargelegt, und sodann ist weiter erwogen): „Soweit der Beklagte dennoch auch mit der fraglichen Beschränkung dem Kläger den zeitweiligen Besuch der Grabstätte auf Grund seines Eigentumsrechts verwehren wolle, treffe ihn in der Tat der Vorwurf, daß er dadurch dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufüge und auch seine Eigentumsrechte nur zu dem Zwecke ausübe, um dem Kläger Schaden zuzufügen. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Entscheidung auf Grund des § 226 BGB. Durch diese Gesetzesbestimmung ist ein Gebot der sozialen Ethik in beschränktem Umfange als Rechtsgrundsatz aufgestellt, und die Ausübung eines Rechtes für unzulässig erklärt, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Hiernach stellt sich die Ausübung eines Rechtes, die einzig und

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allein die böswillige Schädigung eines anderen bezwecken kann, als ein rechtswidriger Mißbrauch des Rechtes dar. Begründet der § 226 auch nicht ein selbständiges Recht des Dritten, gegen den sich die Absicht der Schädigung richtet, so gewährt er doch unter der angegebenen Voraussetzung das Recht, der Schikane mit allen gesetzlichen Mitteln entgegenzutreten, und zwar nicht bloß im Wege der Einrede, sondern auch mittels Klage auf Unterlassung der schikanösen Rechtsausübung. Denn an einer Bestimmung, welche, wie die des § 1297 BGB., für einen Fall dieser Art die Klage ausdrücklich ausschließt, fehlt es; die allgemeinen Rechtsgrundsätze sprechen vielmehr für die Notwendigkeit, Rechtsschutz zu gewähren, wie zur Verfolgung eines Rechtes, so auch zur Verteidigung gegen Unrecht. Die Anwendbarkeit des § 226 BGB. beschränkt sich nun nicht auf Vermögensschaden, sondern umfaßt auch die Verletzung idealer Werte und Interessen. Hierüber läßt die Vergleichung mit § 253 BGB. keinen Zweifel bestehen, indem dieser für die Art des Ersatzes eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, besondere Bestimmung trifft. Daher konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum in der rücksichtslosen Ausübung des Eigentums, soweit der Beklagte damit einzig und allein den Zweck der Schikane verfolgt, eine Schädigung des Klägers durch empfindliche Verletzung seines kindlichen Gefühles erblicken und das unbedingte Verbot des Besuches der Grabstätte untersagen, sowie das Verbot auf das den Umständen nach rechtmäßige Maß beschränken. Eine andere Bedeutung als die einer Beschränkung des Verbotes des Beklagten hat die Verurteilung zur Einwilligung in den Besuch der Grabstätte nicht. Zu dieser Entscheidung bedurfte es nicht des Nachweises eines besonderen dinglichen oder persönlichen Rechtes des Klägers zum Besuche der Grabstätte. Dazu genügte vielmehr die durch Sitte und Pietät gebotene Pflicht des Klägers, das Andenken seiner Mutter durch zeitweiligen Besuch ihrer Grabstätte zu pflegen, und der natürliche, in den nahen Familienbeziehungen begründete Anspruch darauf, daß er an der Erfüllung dieser Pietätspflicht nicht ohne jeden Grund, aus bloßer Schikane, von dem eigenen Vater gehindert werde. Ob man das Verbot des Beklagten mit dem Kläger als eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder wie sonst bezeichnen will, kann dahingestellt bleiben. In tatsächlicher Beziehung hat das Berufungsgericht unter Würdigung der von dem Beklagten zur Rechtfertigung seines Verhaltens angeführten Gründe mit ausreichender Begründung festgestellt, daß der Beklagte mit dem unbedingten Verbote des Besuches der Grabstätte nur den Zweck verfolgen könne, dem Sohne Schaden zuzufügen. Ob eine Handlung überhaupt oder unter bestimmten Umständen nur den Zweck der Schädigung eines anderen haben kann, ist eine nach den konkreten Verhältnissen zu beurteilende, der Nachprüfung des Revisionsgerichts entzogene Tatfrage."

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RGZ. 84, 306 1. Ist für die Prüfung, ob die Verteidigung zur Abwendung eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs erforderlich war, der Umstand erheblich, daß der Angreifer, ohne daß der Angegriffene es wußte, ein offenes Messer bei sich getragen hat, u m es nach Bedürfnis zu gebrauchen? 2. Zur Frage, ob die Verteidigung erforderlich war, obwohl der Angegriffene sich dem Angriffe durch die Flucht entziehen konnte. BGB. § 227. VI. Zivilsenat. Urt. v. 21. März 1914. I. Landgericht Frankenthal.

II. Oberlandesgericht ZweibrUcken.

Der Beklagte, Wirt und Metzger, geriet in seiner Wirtschaft mit dem Winzer F., dem Ehemanne der klagenden Witwe F. und dem Vater der klagenden Kinder, in einen Wortwechsel. Der Beklagte rief dabei dem F. einige rohe Schimpfworte zu. F., ein ungewöhnlich großer und kräftiger Mann, schlug den Beklagten zu Boden und mißhandelte ihn mit Fäusten. Andere Gäste kamen dem Beklagten zu Hilfe; F. entriß sich ihnen jedoch und ging von neuem mit hoch erhobenen Fäusten auf den Beklagten los. Dieser ergriff ein in seiner Einschänke liegendes Metzgermesser und versetzte dem F. einen tödlichen Stich in die Brust. Vor der ersten Tätlichkeit hatte F. ein Küchenmesser aus der Hosentasche in die innere Joppentasche gesteckt. Die Schadensersatzansprüche der Klägerinnen sind von den beiden Vorderrichtern zur Hälfte dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden. Auf die Revision des Beklagten wurde das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben. Aus den G r ü n d e n : . . . „Im wesentlichen zutreffend ist die Ansicht der Revision, daß es für die Frage, ob die Verteidigung des Beklagten erforderlich war, unerheblich sei, ob er davon gewußt habe, daß F. ein Küchenmesser, also ein offenes Messer, in die Joppentasche gesteckt hatte. Nach dem Wortlaute des § 227 BGB., wie nach der herrschenden Lehre und der Rechtsprechimg des Reichsgerichts zu § 53 StGB, ist Notwehr diejenige Verteidigung, die sachlich (objektiv) d. i. nach den Umständen des Falles erforderlich ist, um den Angriff abzuwenden. Es kommt nicht darauf an, wie der Angegriffene nach seiner persönlichen Anschauung von der Beschaffenheit des Angriffs die Erforderlichkeit der Verteidigung bemißt. Deshalb wird dem Angegriffenen, der eine der Art oder dem Maße nach nicht gebotene Verteidigung angewendet hat, der Einwand versagt, daß er diese Verteidigung für erforderlich gehalten habe. Was zuungunsten

282 des Angegriffenen gilt, muß auch zu seinen Gunsten wirken. Die Erforderlichkeit der Verteidigung ist mithin nicht danach zu beurteilen, was der Angegriffene von der Gewalt und der Gefährlichkeit des Angriffs wahrgenommen und gewußt hat, sondern welche Gewalt und Gefährlichkeit dem Angriffe tatsächlich innewohnte. War der Angegriffene des Glaubens, er sei dem Angreifer an Körperkraft weit überlegen, hat er aber zu einer Verteidigung gegriffen, die solchenfalls nicht erforderlich gewesen wäre, so hat er dennoch die Notwehr nicht überschritten, wenn der Angreifer in Wahrheit der viel stärkere, die gewählte Verteidigung daher tatsächlich erforderlich war. Dasselbe trifft zu, wenn der Angreifer mit Waffen versehen war, die er eintretendenfalls zu benutzen gedachte, der Angegriffene aber davon, daß sein Gegner Waffen mit sich führe, keine Kenntnis gehabt hat. Was zur Abwehr in Wahrheit erforderlich ist, kann sich auch nur nach der wirklichen, nicht nach der von dem Angegriffenen vermeinten Größe oder Geringfügigkeit der ihm durch den Angriff drohenden Gefahr entscheiden. Erschien dem Angegriffenen der Angriff gefährlicher als er in Wirklichkeit war, und hat er der vermeintlichen Gefährlichkeit seine Verteidigimg angepaßt, so würde diese nicht erforderlich gewesen, die Überschreitung der Notwehr dem Angegriffenen freilich dann nicht schädlich sein, wenn er aus entschuldbarem Irrtum ohne Verletzung der schuldigen Sorgfalt, so, wenn er mit einer ungeladenen Pistole bedroht wurde, zu dem tatsächlich nicht erforderlichen Abwehrmittel gegriffen hätte (vgl. hierzu B i n d i n g , Strafrecht Bd. 1 S. 751). Hier wäre der Umstand allein, daß F . ein Messer bei sich getragen hat, freilich ohne Belang. Der Beklagte hat jedoch geltend gemacht, er habe gewärtigen müssen, von F . noch einmal zu Boden geworfen und niedergestochen zu werden; F . habe das Messer schon in der Joppentasche gehabt, wo er es leicht greifen konnte. Das Berufungsgericht ist dieser letzten, von ihm selbst als richtig festgestellten Behauptung nicht gerecht geworden. Hätte F . , was der Tatrichter festzustellen hat, das Messer in die Joppentasche gesteckt in der Absicht, davon nach seinem Bedürfnis Gebrauch zu machen, so wäre nach Maßgabe der vorerörterten Grundsätze neuerlich zu prüfen, ob die Verteidigung des Beklagten erforderlich war. . . . Wie der Revision ferner zuzugeben ist, hat der Vorderrichter rechtsirrig die Verteidigung des Beklagten um deswillen für nicht erforderlich erachtet, weil er, wenn F . auf der einen Seite der Einschänke eindrang, auf der andern Seite hätte hinauseilen und bei den Gästen Schutz suchen können. Die Möglichkeit der Flucht schließt Notwehr regelmäßig nur dann aus, wenn der Angegriffene sich, ohne daß er berechtigte Interessen aufgibt, dem Angriff entziehen kann. Hier konnte jedoch dem Beklagten nicht angesonnen werden, daß er in seiner eigenen Wirtschaft vor einem Raufbolde die Flucht ergreife und damit nicht nur die Wahrung seines Hausrechts preisgebe, sondern auch sein Ansehen als Wirt, das er gerade solchen Besuchern gegenüber aufrechterhalten mußte, aufs Spiel setze, ganz ab-

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gesehen davon, ob er, was nach dem Vorausgegangenen mindestens fraglich war, bei den andern Gästen Sicherheit gefunden hätte. Dagegen wird das Berufungsgericht noch zu erwägen haben, ob der Beklagte weiteren Tätlichkeiten des F. nicht durch Drohung mit dem Metzgermesser hätte vorbeugen können." . . . RGZ. 88, 118 Unter welchen Voraussetzungen befreit die irrige M e i n u n g , sich in einer Notwehrlage zu b e f i n d e n , den H a n d e l n d e n vom Verschulden ? BGB. §227. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 21. Februar 1916. I. Landgericht Kassel

II. Oberlandesgericht daselbst.

Aus Anlaß eines Wortstreites, in den die Parteien miteinander bei einem gemeinsamen Aufenthalt im Kaffee Sch. in C. in der Nacht vom 10. zum 11. November 1913 geraten waren, versetzte der Beklagte dem Kläger — nach vorangegangenen anderen beiderseitigen Tätlichkeiten — mit einem Bierglas einen oder mehrere Schläge auf den Kopf, durch die der Kläger erheblich verletzt wurde. Er nimmt den Beklagten auf Ersatz des ihm erwachsenen Schadens in Anspruch. Der Beklagte hat Notwehr und mitwirkendes eigenes Verschulden des Klägers eingewendet. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen, indem es zwar nicht den Einwand der Notwehr für begründet erachtet, den Beklagten aber wegen des Irrtums, er befinde sich in Notwehr, von allem Verschulden entlastet hat. Das Urteil des Oberlandesgerichts wurde aufgehoben aus folgenden Gründen: „Den Hergang des Streites stellt das Berufungsgericht, wie folgt, fest. Die bis dahin miteinander nicht bekannten Parteien saßen in dem oben genannten Kaffee nebeneinander; beide hatten schon vorher geistigen Getränken zugesprochen. Der Kläger brachte die Rede auf die von dem Beklagten veröffentlichten Sektanzeigen, der Beklagte faßte seine Äußerungen als Spott auf; die Parteien gerieten miteinander in Sticheleien. Der Kläger setzte sich schließlich an einen entfernteren Platz. Der Wortstreit endete damit nicht. Der Beklagte ging zuerst zu Tätlichkeiten über, indem er dem Kläger mit der Faust oder mit der flachen Hand einen Schlag ins Gesicht versetzte. Beide begaben sich wieder auf ihre Plätze. Nach einigen Minuten ging der Kläger hinter dem Stuhle des Beklagten vorbei, blieb dort aber einen Augenblick stehen und schlug den Beklagten auf den Kopf; er rief dabei: „Wenn Du herauskommst, gehörst Du mir!" und ging dann weiter. Jetzt erhob sich der Beklagte, ergriff ein Bierglas und versetzte damit

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dem Kläger, der sich inzwischen ein bis zwei Schritt vom Tische des Beklagten entfernt hatte, einen oder mehrere Schläge auf den Kopf. Das ist die Körperverletzung, die den Grund der Klage bildet. Das Berufungsgericht erwägt nun: Der Beklagte sei zwar zuerst tätlich geworden; diese Tätlichkeit sei aber beendet gewesen, so daß der Schlag, den der Kläger dem Beklagten von hinten auf den Kopf versetzte, als ein neuer rechtswidriger Angriff gegen diesen erscheine. Nach dem Schlage sei der Kläger jedoch gleich weitergegangen und damit der Angriff beendet gewesen, den der Kläger auch, wie erkennbar gewesen sei, nicht habe fortsetzen oder wiederholen wollen. In Notwehr habe sich also der Beklagte nicht befunden, als er mit dem Bierglas auf den Kläger eingeschlagen habe. Aber es sei ihm zu glauben, daß er weitere Tätlichkeiten des Klägers erwartete, und zwar nach den Herausforderungen des Klägers jn verstärktem Maße; er habe es deshalb für nötig gehalten, den Kläger kampfunfähig zu machen. Die dem Kläger zugefügte vorsätzliche Verletzung sei daher nicht schuldhaft und der Schadensersatzanspruch des Klägers damit unbegründet. Die gegen diese Ausführungen gerichtete Revision des Klägers, die die Verletzung der §§ 823, 227 B G B . sowie des § 286 ZPO. rügt, erschien begründet. Das Berufungsgericht erkennt an, daß eine Notwehr des Beklagten, eine Verteidigung gegen einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff des Klägers, gegenständlich nicht begründet war. Es nimmt auch nicht, wie die Revision glaubt, an, daß eine vermeintliche Notwehr im Sinne des § 227 BGB. der wirklichen Notwehr gleichzustellen sei, sondern nur, daß die von ihm zugunsten des Beklagten für glaubhaft erachtete vermeintliche Notwehr den Beklagten vom Verschulden entlaste. Daß die vermeintliche Notwehr, d. i. der tatsächliche Irrtum über das Vorhandensein der Notwehrlage, den in ihr Handelnden vom Verschulden entlasten kann, ist nicht rechtsirrtümlich. Diese Annahme ist jedoch nur unter einer Voraussetzung möglich, die das Berufungsgericht nicht geprüft und nicht festgestellt hat. Der irrige Glaube des Handelnden, er befinde sich in Notwehr, darf selbst nicht auf einem Verschulden beruhen. Wie bei der Überschreitung der an sich wirklich gegebenen Notwehr kommt es auch bei der nur in tatsächlichem Irrtum von der Person des Handelnden angenommenen auf die Entschuldbarkeit des Irrtums an (Jur. Wochenschr. 1911 S. 578 Nr. 16, 1914 S. 587 Nr. 4). Diese hat der Täter zu beweisen. Denn an sich ist sein Handeln nicht nur gegenständlich widerrechtlich, sondern auch schuldhaft. Wie die rechte Notwehr muß der Täter auch diejenige Sachlage seinerseits dartun, die ihm als Folge seines Irrtums die gleiche Rechtsvergünstigung für die Beurteilung seines Handelns verschaffen soli. Das Berufungsgericht erachtet aber den Beklagten schon deshalb für entlastet vom Verschulden, weil ihm zu glauben sei, daß er sich in der Notwehr zu befinden vermeint habe. Damit ist er aber vom Verschulden noch nicht befreit; es kommt darauf an, ob er ohne Fahrlässigkeit sich in dieser Lage zu befinden vermeinen d u r f t e . Das hat das Berufungsgericht

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nicht untersucht. Die von ihm festgestellte Sachlage ergibt dies auch nicht ohne weiteres; sie steht vielmehr der Annahme eines entschuldbaren Irrtums entgegen. Der Kläger hatte hiernach, nachdem er vorher vom Beklagten in einem abgeschlossenen Angriffe mißhandelt worden war, den Beklagten angegriffen und ihn mit der Faust auf den Kopf geschlagen. Der Angriff war von hinten erfolgt. Es ist natürlich und insoweit dem Beklagten als Verschulden nich tanzurechnen, daß er aufsprang und ein Verteidigungswerkzeug ergriff. Aber der Kläger war, wie das Berufimgsgericht feststellt, weitergegangen und hatte sich von dem Stuhle des Beklagten bereits, wenn auch nur wenig entfernt; es war erkennbar, wie das Berufungsgericht tatsächlich annimmt, daß er den Angriff nicht fortsetzen oder wiederholen wollte. Dann ist aber zunächst anzunehmen, daß dies auch dem Beklagten erkennbar war. Wenn dies der Fall war, so konnte er nicht ohne Verschulden glauben, sich einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffe des Klägers gegenüber zu befinden. Die Herausforderungen des Klägers, die den Notwehrglauben des Beklagten nach der Annahme des Berufungsgerichts erzeugt oder verstärkt haben sollen, bestanden einmal darin, daß er den Rock ausgezogen und den Beklagten zum Ringen herausgefordert hatte. Aber diese Herausforderung war längst abgetan; sie erfolgte, wie das Berufungsgericht feststellt, bevor noch der Beklagte die erste Tätlichkeit gegen den Kläger verübte, sie konnte einen entschuldbaren irrtümlichen Glauben an einen gegenwärtigen Angriff des Klägers nicht begründen. Die zweite Herausforderung war der Zuruf: „Wenn Du herauskommst, gehörst Du mir!" Das ist die Ankündigung eines zukünftigen Angriffs außerhalb der Wirtschaft, gegen den sich der Beklagte anderweit sichern mochte; einen drohenden gegenwärtigen Angriff, der eine Abwehrhandlung im Augenblick erforderte, konnte der Beklagte daraus nicht entnehmen. Dies ergibt sich noch deutlicher, wenn die Beweisaufnahme herangezogen wird. Nach den Bekundungen der Zeugen H. und P. ist der Beklagte dem weitergehenden Kläger nachgelaufen und hat ihm dann die gefährlichen Schläge mit dem Bierglase versetzt. Wird diesen Bekundungen gefolgt, so ist es ersichtlich, daß der Beklagte bei seiner Handlung sich nicht wohl in dem entschuldbaren Irrtum, daß ein gegenwärtiger Angriff des Klägers drohe, befunden haben kann." . . .

RGZ. 88, 2 i i 1. Selbstverteidigung. Einwirkung auf fremde Sachen. 2. Begriff der durch eine Sache drohenden Gefahr. BGB. §§228, 904. I. Zivilsenat. Urt. v. 29. April 1916. I. Landgericht Bremen.

II. Oberlandesgericht Hamburg.

286 Am 4. November 1911 setzte der im Eigentum der Klägerin stehende Dampflogger „Leda" in der Nordsee seine Fleet von 132 Netzen zum Zwecke des Heringsfanges aus. In südwestlicher Richtung 2—3000 m von ihr entfernt lag der der Beklagten gehörige Segellogger „Blumenthal", der seine 70 Treibnetze bereits früher ausgeworfen hatte. Als dieser gegen Abend durch einen Südweststurm auf die Leda zu und seine Fleet über deren Fleet hin- und hergetrieben wurde, ließ der Kapitän der Blumenthal seinen Logger mittels eines Taues an dem Reep der Leda befestigen. Nach einigen Stunden riß das Reep, und der hinter der Bruchstelle liegende Teil der Leda-Fleet ging verloren. — Gestützt auf Art. 18 des internationalen Vertrags, betr. die polizeiliche Regelung der Fischerei in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer, vom 6. Mai 1882 (RGBl. 1884 S. 25), auf § 823 Abs. 2 BGB. und auf die §§ 485,486,774 HGB. verlangte die Klägerin von der beklagten Reederei Ersatz ihres auf 10385 M. bezifferten Schadens. Die Beklagte begehrte Klagabweisung. Sie nahm den Schutz des § 228 BGB. für die Blumenthal in Anspruch, weil die Befestigung an dem fremden Reep das einzige, nautisch richtige Mittel gewesen sei, um die eigene Fleet und die der Leda zu retten und um einen Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge zu vermeiden. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt, das Oberlandesgericht wies dagegen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob das Reichsgericht das Urteil des Berufungsgerichts auf und stellte das des Landgerichts wieder her aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht stellt fest, daß der Kapitän der Blumenthal durch die Befestigung seines Loggers an dem Reep der Leda gegen Art. 18 des internationalen Vertrags vom 6. Mai 1882 verstoßen hat, und daß dieser Verstoß für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen ist. Trotzdem verneint es die Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil die schädigende Maßnahme als Verteidigungshandlung im Sinne des § 228 BGB. nicht widerrechtlich gewesen sei. Bei einem Weitertreiben der Blumenthal habe nämlich ihren Netzen völlige Vernichtung von seiten der Fleet der Leda und in absehbarer Zeit ihr selbst ein Zusammenstoß mit dem Logger der Klägerin gedroht. Zur Rettung aus dieser Notlage habe, abgesehen von dem von der Besatzung der Blumenthal eingeschlagenen Wege nur noch ein zweiter offen gestanden: ihr Kapitän hätte die eigene Fleet kappen und unter Segel gehen müssen. Das hätte jedoch von ihm nicht verlangt werden können, da das andere Mittel nach menschlicher Voraussicht und Erfahrung geeignet gewesen sei, Schaden von beiden Fleeten und beiden Schiffen fernzuhalten. Die Revision rügt Verletzung des § 228 BGB. Der Angriff ist begründet. Art. 18 a. a. O. untersagt den Fischern das Festmachen ihrer Fahrzeuge an den Netzen, Bojen und sonstigen Fischereigeräten eines anderen Fischers, um deren Beschädigung oder Zerstörung zu verhüten. Er ist also in Ver-

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bindung mit der ihn ergänzenden Strafvorschrift des § 2 des zur Ausführung des internationalen Vertrags erlassenen Reichsgesetzes vom 30. April 1884 dazu bestimmt, den wirtschaftlichen Interessen der ,anderen Fischer' zu dienen. Aber die Übertretung eines solchen Schutzgesetzes ist im Rahmen des § 228 BGB. gestattet und vermag alsdann, falls nicht Satz 2 a. a. O. zur Anwendimg zu bringen ist, eine Schadensersatzpflicht des Täters nicht auszulösen. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch hat den schon dem gemeinen Rechte nicht unbekannten Gedanken, daß zur Abwendung einer Gefahr und eines durch sie drohenden Rechtsgutsverlustes unter Umständen die Verletzung fremden Eigentums erlaubt sei (vgl. 1.2 pr., 1. 3, 4 pr., 1. 29 § 3,1. 49 § 1 Dig. 9, 2; 1. 7 § 4 Dig. 43, 24; 1. 3 § 7 Dig. 47, 9; RGZ. Bd. 5 S. 161 flg.), in sich aufgenommen und fortgebildet. Die §§ 228 und 904 BGB. verhalten sich über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines derartigen Eingriffs, welchen der Eigentümer der fremden Sache zu dulden verpflichtet ist. Beide Bestimmungen stehen in so engen Beziehungen zueinander, daß ihr Inhalt und ihr Anwendungsgebiet sich am besten durch eine Vergleichung der Verhältnisse, welche sie regeln wollen, und der Ziele, welche sie verfolgen, gegeneinander abgrenzen lassen. § 904 behandelt den Fall, in welchem sich jemand einer fremden Sache bedient, um einer nicht von ihr ausgehenden Gefahr zu begegnen, § 228 dagegen den Fall, in welchem er sich gegen die Sache wendet, »durch welche' die Gefahr droht, d. h. welche sie erzeugt hat und sie ohne Abwehrmaßregel fortwirken lassen würde. § 904 setzt voraus, daß der durch die Einwirkung entstehende Schaden bedeutend geringer ist als der dem Einwirkenden drohende, und verpflichtet auch dann — selbst bei dem geringsten Eingriff — den Täter zur vollen Entschädigung des fremden Eigentümers. § 228 verlangt dagegen nur, daß der angerichtete Schade nicht außer Verhältnis zu dem abzuwendenden steht, und läßt unter dieser Bedingung die Beschädigung und selbst die Zerstörung der ,drohenden' Sache ohne Entschädigung ihres Eigentümers zu, es sei denn, daß der Handelnde selbst die Gefahr schuldhaft herbeigeführt hat. Diese Gegenüberstellung zeigt, daß § 228 die Interessen des Geschädigten hinter die des Bedrohten weit mehr zurücktreten läßt als § 904. Der gesetzgeberische Grund ist der, daß der Schädiger im Falle des § 228 der,drohenden' Sache gegenüber eine Verteidigungsstellung, im Falle des § 904 einer nicht drohenden Sache gegenüber die Stellung eines Angreifers einnimmt. Schon der V. Zivilsenat des Reichsgerichts hat in dem Urteil vom 8. Mai 1909 (RGZ. Bd. 71 S. 242) auf die Stellung des § 228 im 6. Abschnitte des 1. Buches des Bürgerlichen Gesetzbuchs hingewiesen, der in den §§ 227 und 228 von der Selbstverteidigung' handelt, und daraus die Folgerung gezogen, daß der Gesetzgeber bei ihnen sich von der Vorstellung eines Angriffs hat leiten lassen, der im Falle des § 227 von einer Person, im Falle des § 228 von einer Sache ausgeht. Der erkennende Senat stimmt dem V. Senat auch darin bei, daß mit Rücksicht hierauf und mit Rücksicht auf den schweren Eingriff, welchem das Eigentum und die Vermögensrecht-

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liehen Interessen des Geschädigten im Falle des § 228 ausgesetzt sind, eine enge Auslegung des Begriffs der ,gefahrdrohenden Sache' geboten ist. Als eine solche kann nur ein Gegenstand gelten, der unmittelbar aus sich heraus ein fremdes Rechtsgut gefährdet und der, als Person gedacht, wie ein Angreifer zu behandeln und durch eine angemessene Abwehrhandlung unschädlich zu machen wäre. Im gegebenen Falle war die Sachlage folgende. Der Südweststurm trieb beide Schiffe vor sich her, den Logger der Beklagten aber, der nur 70 Netze ausgeworfen hatte, schneller als den der Klägerin mit seinen 132 Netzen. Da dieser, um sein Reep vor dem starken Drucke, welchen der Wind und das Wasser ausübten, zu entlasten, außerdem noch seine Maschine gegen die Strömung langsam angehen ließ, so näherte sich ihm die Blumenthal bald derart, daß ihre Fleet über die seine hin- und herzutreiben begann. Dadurch lief die Fleet der Blumenthal allerdings Gefahr, sich mit den Netzen der Leda zu verwickeln, zerrissen und vernichtet zu werden. Nicht aber in diesen lag der eigentliche Grund, die ursprüngliche und Hauptursache der Gefahr, sie wurde vielmehr von den Naturgewalten, dem Sturme und dem Seegange, geschaffen, welche den wiederholten Zusammenstoß beider Fleete herbeiführten und immer wieder herbeizuführen drohten. Nur unter ihrem Einflüsse, gleichsam als Werkzeug der Elemente, wirkte die an sich ungefährliche Fleet der Leda auf die der Blumenthal schädigend ein. Sie kam daher als gefahrdrohende' Sache im Sinne des § 228 BGB. nicht in Betracht, ebensowenig aber der klägerische Dampfer selbst, welcher von der Stelle, an der die Besatzimg der Blumenthal dessen Reep auffischte, noch etwa 2 km entfernt war. Hieraus folgt, daß es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Anwendung des § 228 BGB. fehlt. Dadurch, daß der Kapitän der Blumenthal seinen Logger an dem Reep der Leda befestigte, unternahm er es auch nicht, deren Fleet zu beschädigen oder zu zerstören, er wollte sie vielmehr gerade erhalten und wirkte in der angegebenen Weise auf sie ein, um sie sich nutzbar zu machen, um mit ihrer Hilfe der von dem Sturme drohenden Gefahr zu begegnen und zu verhüten, von ihm mit der bisherigen Schnelligkeit und in der bisherigen An vorwärts getrieben zu werden. Ein solcher Fall ist aber nicht nach § 228, sondern nach § 904 BGB. zu beurteilen, vorausgesetzt, daß auch seine weiteren Voraussetzungen für die Statthaftigkeit eines Eingriffs in fremdes Eigentum gegeben sind. Unterstellt man dies, so haftet für den dadurch entstandenen Schaden die Beklagte unmittelbar. Denn bei der Anordnimg der die Leda schädigenden Maßregel handelte der Kapitän der Blumenthal im Rahmen der ihm in dem § 527 HGB. gesetzlich erteilten Vollmacht, nahm er außerhalb des Heimathafens des Loggers der Beklagten zu dessen Erhaltung der Klägerin gegenüber eine Rechtshandlung vor, deren Folgen seine Reederei ebenso vertreten muß, als wenn sie unmittelbar von ihr selbst vorgenommen worden wäre. Lag dagegen eine der Bedingungen, unter welchen § 904 BGB. dem Sacheigentümer die Pflicht zur Duldung von Eingriffen eines anderen auf-

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erlegt, nicht vor, so hatte der Kapitän der Blumenthal, da § 228 BGB. nicht Platz greift, kein Recht, die Fleet der Leda als Rettungsmittel zu benutzen, auf sie einzuwirken und sie zu verletzen (§ 903). Da die Einwirkung vorsätzlich und in dem Bewußtsein erfolgte, dadurch gegen Art. 18 des internationalen Vertrags vom 6. Mai 1882 zu verstoßen, so handelte er nicht nur objektiv widerrechtlich, sondern auch schuldhaft im Sinne der §§ 823 Abs. 2, 276 BGB. Auch von diesem Gesichtspunkt aus muß die Beklagte den von ihrem Kapitän in Ausübung seiner Dienstverrichtungen der Klägerin schuldhaft zugefügten Schaden ersetzen (§§ 485, 486, 774 HGB.)."... R G Z . i n , 370 Über den Begriff des gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf das Eigentum und über die zu seiner Abwendung zulässigen Mittel.

BGB. §227. IV. Zivilsenat. Urt. v. 12. Oktober 1925. I. Landgericht Hannover.

II. Oberlandesgericht Celle.

Der Kläger ist am 18. Oktober 1923 abends, als er auf einem Feld des Beklagten Kartoffeln entwendete, von letzterem betreten und durch einen Schrotschuß verwundet worden. Sein Schadensersatzanspruch ist vom Landgericht abgewiesen, vom Oberlandesgericht zu einem Drittel für gerechtfertigt erklärt worden. Die Revision des Beklagten führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Gründe: Der Beklagte hatte geltend gemacht, daß er den Schuß, durch den der Kläger verletzt worden sei, in berechtigter Notwehr abgegeben und deshalb nach § 227 BGB. nicht rechtswidrig gehandelt habe. Es seien in der damaligen Zeit in dortiger Gegend des öfteren Kartoffeldiebstähle von bewaffneten Diebsbanden ausgeführt worden; auch auf seinem eigenen Feld sei in den vorausgegangenen Tagen ein erheblicher Teil der Kartoffelernte gestohlen worden. Zur Zeit des fraglichen Vorfalls habe er in der Dunkelheit eine ganze Anzahl von Personen auf seinem Felde beobachtet, auf der daneben liegenden Straße hätten Personen mit einem Handwagen gehalten. Er habe beim Zusammentreffen mit mehreren Personen nach wiederholter Aufforderung zum Halten einen Schreckschuß abgegeben und damit den Kläger unabsichtlich verletzt. Der Verlauf des Vorfalls hat sich nicht völlig klarstellen lassen. Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Beklagte nicht auf den Kläger gezielt, sondern einen Schreckschuß vor sich gegen den Boden abgegeben habe, um den Dieben den Ernst der Lage klarzumachen. Es sagt aber, der BeZJVIU. Allgem. Teil 4 19

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klagte habe gewußt, daß ein solch« Schuß in der Richtung gegen den Erdboden, wenn Menschen in der Nähe seien, stets eine Gefahr für Leib und Leben dieser Menschen bilde, besonders hier, wo es dunkel gewesen sei und der Beklagte deshalb das Gelände nicht mit Sicherheit habe übersehen können. Zur Herbeiführung einer solchen Gefahr sei der Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Notwehr nicht berechtigt gewesen, weil er, nachdem sich die Kartoffeldiebe zur Flucht gewendet gehabt hätten, einen Angriff auf seine Person nicht zu befurchten gehabt habe. Er habe auch nicht etwa schießen dürfen, um die Flucht zu hindern, weil das außerhalb des Abwehrzweckes gelegen habe; denn er habe nicht damit zu rechnen gehabt, daß der Fliehende Helfershelfer herbeiholen und in Kürze wieder erscheinen werde; dabei könne die Behauptung des Beklagten, daß damals auf dem Lande häufiger Bandendiebstähle mit Waffen ausgeführt worden seien, als richtig angenommen werden. Etwa bloß zum Schutze seines Eigentums ohne Rücksicht auf die Frage persönlicher Bedrohung habe der Beklagte schon deshalb nicht schießen dürfen, weil das beim Weglaufen der Diebe nicht notwendig gewesen sei. Der letztere Satz läßt erkennen, daß das Berufungsgericht den Begriff der Notwehr rechtlich verkannt hat. Unstreitig führte der Kläger, als er vor dem Beklagten davonzulaufen suchte, einen Rucksack mit gestohlenen Kartoffeln mit sich. Solange er bestrebt war, sich die Diebesbeute zu sichern, dauerte sein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff gegen das Eigentum des Beklagten noch fort, und der Beklagte war berechtigt, die zur Abwendung dieses vom Kläger angestrebten Erfolges erforderlichen Mittel anzuwenden, und zwar auch solche Mittel, die eine Gefahrdung des Angreifers an Leib und Leben herbeiführen konnten. Als solches berechtigtes Mittel muß bei der hier gegebenen Sachlage der vom Beklagten abgegebene Schrotschuß unbedenklich anerkannt werden. Es kann insoweit auf die Ausfuhrungen des I. Strafsenats im Urteil vom 20. September 1920 (RGSt. Bd. 55 S. 82) verwiesen werden, denen sich der erkennende Senat anschließt. Hiernach stellt sich die Handlung des Beklagten, wie sie vom Berufimgsgericht festgestellt ist, als eine durch Notwehr gebotene Handlung im Sinne von § 227 BGB. dar, aus der eine Haftung des Beklagten für den entstandenen Schaden nicht herzuleiten ist. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Erörterung, ob nicht das eigene Verschulden des Klägers, das vom Berufimgsgericht angenommen wird und wegen dessen es eine Haftung des Beklagten unter Anwendung des § 254 BGB. nur zu einem Drittel ausgesprochen bat, bei richtiger Beurteilung dazu führen würde, den Schadensersatzanspruch völlig auszuschließen (vgl. JW. 1924 S. 1968 Nr. 3). Das Berufungsurteil mußte aus den oben angeführten Erwägungen aufgehoben werden; weitere tatsächliche Feststellungen sind nicht mehr erforderlich, weshalb von hier aus die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende landgerichtliche Urteil zurückzuweisen war.

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RGZ. 12$, 108 1. Inwieweit können Straßenhändler, die in einer Großstadt einen festen Sund auf dem Bürgersteig einnehmen wollen, sich der Stadt gegenüber auf den Gemeinbrauch an der Straße berufen ? 2. Ist die Ersitzung eines solchen Rechtes durch den Straßenhändler möglich? 3. Über Mißbrauch des Untersagungsrechts durch die Stadt. BGB. §§ 226, 1004. VLZivilsenat. Urt. v. 10. Juni 1929. I. Landgericht Wiesbaden.

II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Die Beklagten betreiben mit polizeilicher Erlaubnis seit längerer Zeit den Straßenhandel mit Zeitungen und Zeitschriften in W.; dabei nehmen sie, der Beklagte E. schon seit 1914, feste Standorte auf dem Bürgersteig an Straßenecken ein. Dort stellen sie tagsüber tragbare Holzgestelle auf, welche die zum Verkauf bestimmten Druckerzeugnisse enthalten. Der Beklagte E. hat das Gestell jetzt auf Räder gesetzt und bewegt es ab und zu hin und her, ohne sich aber erheblich von seinem Standort zu entfernen. Die Klägerin erblickt darin einen unzulässigen Eingriff in das ihr an der Straße zustehende Eigentum und hat beantragt, die Beklagten zur Entfernung ihrer Verkaufsstände zu verurteilen und ihre Schadensersatzpflicht festzustellen. Die Beklagten machen geltend, sie seien zu ihrer Handlungsweise befugt, das Verlangen der Klägerin widerspreche den guten Sitten und bezwecke nur ihre Schädigung. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründimg ab, daß die Beklagten die Straße nur im Rahmen des Gemeingebrauchs benutzten. Das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagten zur Entfernung der Verkaufsstände. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und zur Zurückverweisung. Gründe: Mit Recht haben die Vorderrichter den Rechtsweg zugelassen. Der Klaganspruch stützt sich auf die Vorschrift des § 1004 BGB. Der Umstand, daß sich ihm gegenüber die Beklagten in erster Reihe auf ihr aus dem Gemeingebrauch entspringendes Recht zur Benutzung der Straße berufen und daß diese Frage den eigentlichen Kernpunkt des Streites bildet, ändert daran nichts. Denn wenn auch die Frage des Gemeingebrauchs dem öffentlichen Recbt angehört, und wenn man auch bei der Störungsklage die Grundlagen der Störungshandlung für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs heranzieht, so handelt es sich doch nicht nur um Fragen des öffentlichen Rechts, sondern um die dem Gemeingebrauch entspringenden Rechtsbefugnisse einzelner Personen. Deshalb liegt ein bürgerlicher Rechtsstreit vor. Diesen Standpunkt hat das Reichsgericht stets vertreten (vgl. z.B. RGZ. Bd. 30 S. 246, Bd. 88 S. 16, Bd. 123 S. 183 und 188; JW. 1908 S. 334 Nr. 17; Gruch. Bd. 33 S. 240). 18*

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In der Sache selbst sind zunächst diejenigen Rügen der Revision unbegründet, die nicht den Gemeingebrauch der Straße betreffen. Zur Prüfung, ob etwa ein vertraglicher Anspruch der Beklagten auf Einnahme eines festen Verkaufstands vorliege, hatte das Berufungsgericht keinen Anlaß, da keine Behauptungen darüber aufgestellt waren und etwas derartiges auch nicht aus dem Sachvortrag der Beklagten zu entnehmen war. In dieser Beziehung könnte nur die Tatsache in Betracht kommen, daß der Beklagte E. seinen Stand schon seit 1914 eingenommen hat und daß von der Klägerin dagegen erst kurze Zeit vor der Klagestellung Einspruch erhoben worden ist. Daraus kann aber höchstens entnommen werden, daß die Klägerin das Verhalten des Beklagten E. stillschweigend geduldet hat. Dagegen ergibt sich daraus nichts für die Annahme, daß auch nur eine der Parteien irgendeine vertragliche Bindung hätte eingehen wollen. Die Beklagten behaupten ja auch selbst nicht, daß sie irgendein Sonderrecht zu haben glaubten oder erwerben wollten, machen vielmehr gerade geltend, daß sie nur das täten, was kraft des (Gemeingebrauchs jeder andere — das Einverständnis der Polizei vorausgesetzt — tun könne. An dieser Tatsache scheitert auch ohne weiteres die Berufung der Beklagten auf Ersitzung. Sie könnte überhaupt nur in Frage kommen, wenn für die Straße kein Grundbuchblatt angelegt wäre, würde aber, abgesehen von allen anderen Voraussetzungen, in jedem Falle erfordern, daß die Beklagten geglaubt haben, ein besonderes Recht zu ihrem Verhalten zu besitzen. Handelten sie nur, weil sie annahmen, auf Grund des Gemeingebrauchs dazu berechtigt zu sein, so können sie daraus nicht ein Sonderrecht auf Grund von Ersitzung herleiten. Denn höchstens ein solches besonderes Recht könnte ersessen werden (Germer s h a u s e n - S e y d e l , Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen 4. Aufl. S. 100 und die dort angeführte Entscheidung). Den Einwand der Beklagten, das Verlangen der Klägerin sei unzulässig, weil es nur den Zweck haben könne, ihnen Schaden zuzufügen, hat das Berufungsurteil nicht besonders erörtert. Aus dem Zusammenhang ist aber zu entnehmen, daß der Berufungsrichter insoweit die Ausführungen des Landgerichts billigt, die den Einwand zurückweisen. Dieser Standpunkt ist ohne rechtliche Bedenken. Steht der Klägerin auf Grund ihres Eigentums überhaupt das Recht zu, den Beklagten die Einnahme eines festen Verkaufsstandes zu verbieten, so spricht nichts dafür, daß sie bei diesem Verbot lediglich von der Absicht geleitet worden wäre, die Beklagten zu schädigen. Mangels jeglicher Darlegung ist schon gar nicht einzusehen, wie die Klägerin, eine große Gemeinde, dazu kommen sollte, sich in ihrer Handlungsweise von der Absicht leiten zu lassen, zwei Straßenhändler zu schädigen. Die Beklagten führen ja auch selbst schon einen weiteren Grund für das Verhalten der Klägerin an, nämlich deren Absicht, damit die Schädigungen und die daraus gegen sie herzuleitenden Ersatzansprüche der Mieter ihrer Zeitungshäuschen zu vermeiden. Überdies ergibt sich das Interesse des Eigentümers, Störungen seines Eigentums zu

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verhüten, ohne weiteres aus der Rechtslage. Schließlich glaubt die Klägerin auch, wie sie vorträgt, daß der Verkehr durch die Stände der Beklagten leide, und auch diese Ansicht würde schon genügen, um die Voraussetzungen des § 226 BGB. auszuschließen. Der außerordentliche Behelf dieser Vorschrift ist nur gegeben, wenn die Rechtsausübung ganz allein den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Nur dazu will das Recht auch dem an sich Berechtigten nicht seine Hand leihen. Mit Recht rügt aber die Revision, daß der Vorderrichter mit unzureichender Begründung die Berufung der Beklagten auf den Gemeingebrauch an der Straße zurückgewiesen habe. Der Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils in dieser Frage ist allerdings nicht zu beanstanden. Daß die Klägerin die Eigentümerin der K.-gasse ist, in der die Beklagten ihre Stände haben, ist nicht bestritten. Da diese Straße dem Gemeingebrauch gewidmet ist, tritt das Eigentum ohne weiteres insoweit zurück, wie dieser Gemeingebrauch reicht. Eine Ausübung des Eigentumsrechts kommt nur hinter diesem Gemeingebrauch in Frage. Das gilt insbesondere auch von der Störungsklage aus § 1004 BGB. Soweit die Störungshandlung sich innerhalb des Rahmens des Gemeingebrauchs hält, muß der Eigentümer sie dulden, und insoweit entfallt also eine Klage gemäß § 1004 Abs. 2 BGB. Im übrigen aber bleibt das Privateigentum an der Straße erhalten und kann auch während des Bestehens der Öffentlichkeit der Straße insoweit ausgeübt werden, als ihm nicht die Widmung der Straße für den öffentlichen Gebrauch entgegensteht. Hieran ist auch gegenüber neueren Versuchen, die Eigentumsbefugnisse weiter einzuschränken (vgl. insbesondere Schmidt in Fischers Zeitschrift für Verwaltving Bd. 47 S. 1 flg., bes. 45flg., und Scheicher daselbst S. 371), mit der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts festzuhalten (so insbes. RGZ. Bd. 88 S. 16, Bd. 94, S. 33, Bd. 123 S. 181 und 187; JW. 1898 S. 149 Nr. 30, 1900 S. 569, 1908 S. 334 Nr. 17; Gruch. Bd. 33 S. 420; vgl. auch Entsch. des Preuß. Oberverwaltungsgerichts Bd. 74 S. 361). Dagegen bemißt das Berufungsgericht den Umfang des Gemeingebrauchs der Straße zu eng, wenn es darunter im Anschluß an das Preußische Allgemeine Landrecht (§ 7 II 15) nur die Benutzung zum Gehen und Fahren, zur Beförderung von Menschen, Tieren und Sachen begreift. G e r m e r s h a u s e n , auf den sich der Vorderrichter beruft, vertritt a. a. O. in der neuen (4.) Auflage S. 74 flg. auch einen weiteren Standpunkt, indem er als Gemeinverbrauch den einem jeden kraft öffentlichen Rechts offen stehenden freien Gebrauch der Wege für den Verkehr innerhalb der besonderen Bestimmung der einzelnen Wege und innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen bezeichnet. Er weist auch besonders darauf hin, daß nicht ein für allemal und gleichmäßig feststeht, welcher Verkehr zum Gemeingebrauch gehört, daß vielmehr bestimmend das jeweilig nach der allgemeinen und regelmäßigen Gestaltung des Verkehrs Übliche und noch Zulässige sei. Nur eine solche Auffassung vermeidet ein starres Festhalten an bestimmten Begriffen und trägt der Wandlung der Verhältnisse und der Anschauungen über Zweck und Bestimmung der öffentlichen Straßen

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Rechnung. Wird eine Straße einmal unter Zustimmung aller Beteiligten der Öffentlichkeit gewidmet, dann hat sie auch allen Zwecken zu dienen, zu denen sie nach der jeweiligen besonderen Gestaltung der allgemeinen Verhältnisse bestimmt ist. Dieser Grundgedanke ist auch schon in den beiden RGZ. Bd. 123 S. 181 und 187 veröffentlichten Entscheidungen des V. Zivilsenats vertreten. Mit Recht ist dort auch darauf hingewiesen, daß der Gemeingebrauch sich nicht auf den Verkehr im engsten Sinne beschränkt, daß vielmehr die Straße auch sonstigem allgemein ausgeübtem Gebrauch dient. Die Frage, was im einzelnen zum Gemeingebrauch gehört, ist nicht ausschließlich von der Polizei und sonstigen Verwaltungsbehörden derart zu entscheiden, daß diese Stellungnahme auch für den Richter in Rechtsstreitigkeiten maßgebend wäre. Viel mehr hat der Richter diese Frage selbstständig zu prüfen, wenn auch die Stellungnahme der Polizei oder der sonstigen Verwaltungsbehörden von wesentlicher Bedeutung für die tatsächliche Beurteilung der Sachlage sein wird. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, daß die bloße polizeiliche Erlaubnis zum Vertreiben von Druckschriften auf der Straße (§ 43 RGewO.) nicht zur Einnahme eines bestimmten Standes auf dem Bürgersteig berechtigt. Aber auch die von den Beklagten behauptete polizeiliche Anweisung dieser Stände kann das auf Eigentum gestützte Recht der Klägerin nicht beseitigen. Es kommt hiernach entscheidend darauf an, ob die Beklagten kraft des Gemeingebrauchs befugt sind, den festen Stand auf dem Bürgersteig einzunehmen. Das Berufungsgericht hat das im wesentlichen auf Grund der von ihm gegebenen — wie dargelegt, zu engen — Begriffsbestimmung des Gemeingebrauchs verneint. Die weiter von ihm angestellten Erwägungen, der Verkehr erfordere solche Verkaufsstände nicht, diese erschwerten auch den allgemeinen Verkehr, unterstützen nur den Hauptgedanken, daß die Errichtung der Stände nicht zu der allgemeinen Benutzung der Straße gehöre, und tragen die Entscheidung nicht selbständig. Die wesentliche Frage ist vielmehr, ob in W. sich tatsächlich die Verkehrsanschauung und -Übung herausgebildet hat, daß die Zeitungen und Zeitschriften verkaufenden Straßenhändler auch einen festen Stand auf dem Bürgersteig an Stellen einnehmen, an denen das mit dem Verkehr noch vereinbar ist. Diese Frage ist nach den bisherigen Feststellungen nicht ohne weiteres zu verneinen; die Beklagten haben es ausdrücklich behauptet. Daß die tatsächlichen Verhältnisse anders liegen, ist nicht festgestellt; insbesondere ist das nicht aus der Verneinung eines Verkehrs bedürfnisses zu entnehmen. Falls, wie die Beklagten behaupten, die Verkehrspolizei, der in erster Reihe die Sorge für einen ordnungsmäßigen Straßenverkehr obliegt, nichts gegen das Einnehmen der festen Stände eingewendet, sondern sogar den Beklagten diese Plätze angewiesen hat, so würde das für die Behauptung der Beklagten sprechen. In der gleichen Richtimg würde die Tatsache zu werten sein, daß die Klägerin jahrelang das Einnehmen des festen Standes durch den Beklagten E. geduldet hat. Ob sich aber tatsächlich in W. ein solcher Gemeingebrauch herausgebildet hat, muß der Tatrichter entscheiden.

Ausübung der Rechte — Selbsthilfe

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Grundsätzlich kann noch die Frage aufgeworfen werden, ob das Betreiben eines Gewerbes auf der Straße mit einem festen Stand überhaupt noch in den Rahmen des Gemeingebrauchs fallen kann. Diese Frage ist zu bejahen. Dient das Gewerbe unmittelbar den Zwecken und Bedürfnissen des Straßenverkehrs (wenn dieser es auch nicht unbedingt erfordert), so wird sein Betrieb, wenn die allgemeine Verkehrsanschauung und Übung dahin geht, auch in den Gemeingebrauch der Straße fallen können. Die Klägerin gibt selbst zu, und das Berufungsurteil geht davon aus, daß den Beklagten kraft des Gemeingebrauchs das Recht zusteht, die Druckschriften in Behältnissen mit sich zu führen und sie auf den Straßen im Umherziehen oder auch von einem bestimmten Standort aus zu vertreiben. Dann ist aber nicht einzusehen, weshalb sich nicht auch der allgemeine Brauch herausbilden sollte, daß diese Händler ein den Verkehr nicht wesentlich hinderndes Behältnis an einer bestimmten Stelle der Straße niedersetzen und dort die Schriften verkaufen. Die Polizei scheint das, wenn die Behauptung der Beklagten zutrifft, zu begünstigen, also der Ansicht zu sein, daß diese Art des Vertriebs den Verkehr weniger hindert als die andere. Bei Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse wird das Berufungsgericht unterstützend auch die Verhältnisse in anderen Städten ähnlicher Art heranziehen können. RGZ. 146, 182 Handelt der Verkäufer (Vermieter) einer dem Käufer (Mieter) auf Grund eines Abzahlungsgeschäfts übergebenen beweglichen Sache, der diese gegen den Willen des mit Teilzahlungen im Rückstand befindlichen Käufers (Mieters) ohne obrigkeitliche Hilfe und ohne Z u g um Zug-Rückgewähr der empfangenen Leistungen wieder an sich nimmt, auch dann widerrechtlich, wenn ihm für den Fall nicht pünktlicher Leistung von Teilzahlungen (Mietraten) ein Wegnahme-(Rücktritts-)recht vertraglich zusteht? BGB. § 229, 858. Abz.Ges. §§ 1,3,5, 6. III. Zivilsenat. Urt. v. 4. Dezember 1934. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Sachenrecht".

Sachregister (Die Ziffern bedeuten die Seitenzahlen dieses Bandes) Abgetretener Schadensersatzanspruch, Sachbefugnis 201 Abtretung, Anzeige der — einer Forderung an den Vertreter des Schuldners, § 407 Abs. 1 BGB 78 —, Zur Frage des Erlasses eines Grundurteils ohne Entscheidung über Aufrechnung des Beklagten und über Geltendmachung der — der Klageforderung 88 —, Scheingeschäft bei — einer Briefhypothek 95 Abwendung eines durch die Sache drohenden Schadens 275 —, Zur Frage der — einer durch eine Sache drohenden Gefahr 285 Abzahlungsgeschäft, Selbsthilfe bei — und verbotene Eigenmacht 295 Aktienvertretung, Über Vollmacht zur — in Generalversammlungen 55 Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen und Abkürzung der Verjährungsfrist 224 Allgemeine Gütergemeinschaft, Erteilung einer Generalvollmacht durch Ehefrau an Ehemann in der - n - 88 A m t , Vertragsabschluß kraft vermeintlichen —es und § 177 B G B 17 Anerkenntnis einer verjährten Schuld 152; Schriftform 154 Anfechtbarkeit, Nichtigkeit oder — von Gesellschaftsbeschlüssen einer GmbH bei fehlender Angabe des Gegenstandes auf der Tagesordnung; bei Mitstimmen eines Gesellschafters über ein mit ihm vorzunehmendes Rechtsgeschäft 29 Anfechtung der Ehelichkeit, Versäumung der Jahresfrist zur — — — durch Verschulden des Prozeßbevollmächtigten und § 232 Abs. 2 ZPO 259 Anfechtungsfrist bei Testamenten, Hemmung 78

Angestellter ohne Handlungsvollmacht, Rechtswirksamkeit geschäftlicher Erklärungen eines kaufmännischen — n — — auf Postkarten mit vorgedruckter Firma statt Unterschrift 52 Angriff, Über den Begriff des gegenwärtigen rechtswidrigen — s auf das Eigentum und über die zur Abwendung zulässigen Mittel 289 —, Zur Frage der Notwehr bei Möglichkeit, sich dem — durch Flucht zu entziehen 281 Architektenhonorar, kurze Verjährung des Anspruchs auf — 161 Arglist, Gegeneinwand der — gegenüber Verjährungseinrede 130, 140, 152, 174/ 214, 237» 242 Arglistiges Verschwelgen, Haftung des Vertretenen für des Vertreters bei Kaufabschluß 27 Armenrecht, Hemmung der Verjährung durch Versagung des — s 234 Armenrechtsgesuch, Hemmimg der Verjährung durch verzögerte Entscheidung über ein — 171 Armenrechtsverfahren, Zur Frage der Hemmung der Verjährung des Restanspruchs bei Einklagen eines Teilanspruchs im — 263 Aufbewahrung, Verpflichtung des Verkäufers zur sorgfaltigen — der von der Käuferin zur Begleichung des Kaufpreises überreichten Zahlungsanweisung 1 Auflassungsrechte, Verjährung einer Vergütung für die Übertragung von — n an Grundstücken 201 Aufrechnung, Zur Frage des Erlasses eines Grundurteils ohne Entscheidung über - des Beklagten und über Geltendmachung der Abtretung der Klageforderung 88 Auftraglose Vertreter, Zur Frage der Wahlschuld bei Ansprüchen auf Erfüllung und Schadensersatz gegen den — n — 82

Sachregister A u f t r e t e n als Kaufmann und Anwendung der kurzen Verjährungsfrist 176 Ausland, Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung im - 318 Ausländisches Recht, Verjährung eines Wechselanspruchs, für den gilt 243 Ausschlußfrist des § 5 Tumultschädengesetz 187 A u s ü b u n g der Rechte — Selbsthilfe 375—295 B B e a m t e r , Verpflichtung des — n einer Gemeindekasse, vorgelegte Quittungen des angewiesenen Zahlungsempfängers auf Echtheit der Unterschrift zu überprüfen 1 Beginn der Verjährung nach § 852 B G B bei Übergang des Anspruchs auf Berufegenossenschaft 249 — der Verjährung der Kaufpreisforderungen von Kaufleuten 125 — der Verjährung bei Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 206 — der neuen Verjährung nach der Unterbrechung 130 Beglaubigte A b s c h r i f t , Vorlegung einer — n — der Vollmachtsurkunde und § 172 BGB 27 Berechnung der Revisionsbegründungsfrist 119 Berufsgenossenschaft, Beginn der Verjährung nach § 852 BGB bei Übergang des Anspruchs auf — 249 Bevollmächtigter des Vertreters, Zur Frage der Wirksamkeit eines Vertragsschlusses, der durch einen —n — — namens des Vertretenen vorgenommen wird 52 Briefhypothek, Scheingeschäft bei Abtretung einer — 95 D Darlehnsschuld, Form der Umwandlung einer verjährten Schuld in eine — 154 Drohende Gefahr, Zur Frage der Abwendung einer durch eine Sache —n — 285

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E Echtheit der Unterschrift, Prüfungspflicht des Beamten einer Gemeindekasse bei Vorlage von Quittungen auf — — — 1 Ehelichkeit, Versäumung der Jahresfrist zur Anfechtung der — durch Verschulden des Prozeßbevollmächtigten und § 232 Abs. 3 ZPO 259 Eigenes Wachstum, Verjährung der Forderung eines Weingutsbesitzers aus Verkauf —n —s 224 Eigentum, Über den Begriff des gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf das — und über die zur Abwendung zulässigen Mittel 289 Einigung über Vorkaufsrecht 95 Einschränkung eines Klageantrages und Einfluß auf die Verjährung des dann geltend gemachten Anspruchs 144 Einseitiges Rechtsgeschäft, Zurückweisung eines — n — s des Vormundes und § 174 BGB 7 Einverständnis, Zur rechtlichen Bedeutung des - ses mit allgemeinen Geschäftsbedingungen 55 Einwilligung — Genehmigung 91 — 119 — Zum Begriff der Vollmacht und — im Sinn der §§ 182ff. B G B 55 —, Unterschied zwischen Vollmacht und — gem. § 185 Abs. 1 BGB 91 Empfangsstelle, Rechtsfolgen bei Einrichtung einer — von Schriftstücken in einem größeren Unternehmen 78 Erbauseinandersetzungsvertrag, Zur Frage der gesetzlichen Vertretung mehrerer Minderjähriger bei einem — 42 —, Unwirksamkeit eines —es wegen fehlender gesetzlicher Vertretung Minderjähriger und § 139 BGB 43 Erfüllung, Zur Frage der Wahlschuld bei Ansprüchen auf — und Schadensersatz gegen den auftraglosen Vertreter 83 E r l a ß einer Forderung in einem später angefochtenen Vergleich und Verjährung 166 Ermächtigung' zur Prozeßführung im eigenen Namen 96 Ersitzung eines Rechts auf Gemeingebrauch an der Straße? 291

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Sachregister

F Feststellungsantrag, Unterbrechung der Verjährung durch — 272 Flucht, Zur Frage der Notwendigkeit der Verteidigung bei Möglichkeit, sich dem Angriff durch — zu entziehen, §227 BGB 281 Forderungsabtretung, Anzeige der — an den Vertreter des Schuldners, § 407 Abs. 1 B G B 78 F o r m des Anerkenntnisses eines verjährten Anspruchs 154 — der Umwandlung einer verjährten Schuld in eine Darlehnsschuld 154 — des Verzichts auf die Wirkungen der Verjährung 152 — der Vollmacht zur Abschließung eines Grundstückkaufvertrags 11 —, Zur Frage der — gem. § 313 BGB für Vollmacht zur Abgabe eines Kaufangebots über ein Grundstück 50 Formnichtiger Vertrag, Zur Frage der Wirksamkeit der in einem —n — erteilten Grundstücksveräußerungs-Vollmacht 52 Frachtvertrag, Verjährung der Ansprüche aus dem — 169 F r e m d e r Name, Handeln in —m —n ohne Erkennbarmachung, daß Name der eines anderen 46 Frist, Unterbrechung der Verjährung bei Ablauf der — an einem Sonntag und Zustellung der Klage am folgenden Tage 249 Fristen-Termine 119—120 G Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen 291 Genehmigung — Einwilligung 91 — "9 —, Zum Begriff der — eines Vertrags 76 —, Zur Rückwirkung der — 103 —, Auswirkung der Rückwirkung der — auf Beginn der Verjährungsfrist 92 —, Über die Rückwirkung der —, § 184 Abs. 2 BGB 98 Genehmigungspflicht, Zur Frage der — des Vertretenen bzgl. eines Rechtsgeschäfts, das Vertreter mit sich selbst vorgenommen hat 73

Generalvollmacht, Erteilung einer — durch Ehefrau an Ehemann in der allgemeinen Gütergemeinschaft 88 Gerichtliche Geltendmachung, Unterbrechung der Verjährung durch — — eines Teils des Anspruchs 120, 136 Gerichtskosten, Verjährung der — 247 Gesamtanspruch, Vertragsrechte auf wiederkehrende, wirtschaftlich einheitliche Leistungen und Verjährung des —s 230 Gesamte Hand, Wirksamwerdender Verfügung eines zur — n — Berechtigten durch Genehmigung der übrigen Berechtigten 1 1 5 Gesamtgut, Widerspruchsklage der Ehefrau gegen eine Pfändung von früherem — aus einem nur gegen den Ehemann erwirkten Titel 275 Gesamtvertretung, Zur Frage der — 23, 96 Geschäftsbedingungen, Zur rechtlichen Bedeutung des Einverständnisses mit allgemeinen — 55 Geschäftsbesorgung, Verjährung von Ansprüchen aus — en 138 —, Ansprüche aus — im Sinne des § 196 Nr. 7 BGB 201 Geschäftsführung, Verjährung des Anspruchs aus — 164 Gesellschaftsbeschlüsse einer GmbH, Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von —n bei fehlender Angabe des Gegenstandes auf der Tagesordnung; bei Mitstimmen eines Gesellschafters über ein mit ihm vorzunehmendes Rechtsgeschäft 29 Gesetzliche Vertretung, Zur Frage der — n — mehrerer Minderjähriger bei einem Erbauseinandersetzungsvertrag 42 Gewerbebetrieb des Schuldners im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB 132, 142, 155 —, Vermietung von Wohnungen als — im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB 182 Gewerkschaft, Haftung des Liquidators einer — für einen über den Liquidationszweck hinausgehenden Vertrag 58

Sachregister G m b H , Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschaftsbeschlüssen einer — bei fehlender Angabe des Gegenstandes auf der Tagesordnung; bei Mitstimmen eines Gesellschafters über ein mit ihm vorzunehmendes Rechtsgeschäft 29 Großkaufleute, Veijährung der Ansprüche aus zwischen — n geschlossenem Frachtvertrag 169 Grunddienstbarkeit, Verjährung des Schadensersatzes wegen Nichtbestehen einer zugesicherten — 180 Grundschuldbrief, Vollmachtserteilung zur Verfügung über Grundschulden durch Aushändigung von —en und unterschriebenen Abtretungsentwürfen 19 Grundstück, Zur Frage des Formzwangs gem. § 313 B G B für Vollmacht zur Abgabe eines Kaufangebots über ein — 50 Grundstückskauf, Privatschriftliche Vollmachtsurkunde, aus der die Unwiderruflichkeit der Vollmacht hervorgeht, beim — 64 Grundstückskäufer, Verjährung des Schadensersatzanspruches des — s wegen Nichtbestehen einer zugesicherten Grunddienstbarkeit 180 G r u n d s t ü c k k a u f v e r t r a g , Formzwang gem. § 313 B G B für Vollmacht bei Abschüeßung eines —s 11 Grundstücksveräußerungsvertrag Zur Frage der Wirksamkeit der in einem formnichtigen — erteilten Vollmacht 52 Grundurteil ohne Entscheidung über Aufrechnung des Beklagten und über Geltendmachung der Abtretung der Klageforderung 88 H Haftung, Zur — des Vertreters ohne Vertretungsmacht bei Nichtigkeit des Vertrages 79 Handeln in f r e m d e m N a m e n ohne Erkennbarmachung, daß Name der eines anderen 46 H e m m u n g der V e r j ä h r u n g 166, 184 — durch Versagung des Armenrechts 234

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Hemmung der Verjährnng durch verzögerte Entscheidung über ein Annenrechtsgesuch 171 — nach § 202 BGB 237 — bei einer Nachlaßforderung 196 —, Zur Frage der — — — des Restanspruchs bei Einklagen eines Teilanspruchs im Armenrechtsverfahren 263 — bei einem Wandlungsanspruch 214 Hypothek, Selbstkontrahieren bei Bestellung einer — 29 I Inkrafttreten des B G B und Verjährung 237 I r r t u m über Notwehriage 283 K K a u f , Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei einem — und Verjährungsfrist 199 Kaufabschluß, Haftung des Vertretenen für arglistiges Verschweigen des Vertreters bei — 27 Kaufangebot, Zur Frage des Formzwangs gem. § 313 B G B für Vollmacht zur Abgabe eines — s über ein Grundstück 50 K a u f m a n n , Anwendung der kurzen Verjährungsfrist bei Auftreten als — 176 Kaufmännischer Angestellter, Umfang der Vollmacht eines — n —n 1 Kaufpreis forderung, Veijährung der — der Kaufleute, Beginn 125 K l a g e auf Unterlassung der schikanösen Rechtsausübung 278 —, Zurücknahme der — und Ruhen des Verfahrens, § 1596 Abs. 2 BGB 259 Klageantrag, Einschränkung eines —es und Einfluß auf die Verjährung des dann geltend gemachten Anspruchs 144 Klageerhebung, Unterbrechung der Verjährung durch — 165, 218 —, Ruhen des Verfahrens und Unterbrechung der Verjährung durch — 226 Kündigung, rückwirkende Wirksamkeit der von einem Miterben vorgenommenen — einer Nachlaßforderung durch Genehmigung der anderen Miterben 113

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Sachregister

Kurze Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 7 138 — des Anspruchs auf Architektenhonorar 161 — sfrist, Anwendung bei Auftreten als Kaufmann 176 — der Forderungen aus Werkvertrag, Unternehmervertrag 132 L Lieferung von Waren im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB 160 Liquidator, Haftung des — s einer Gewerkschaft für einen über den Liquidationszweck hinausgehenden Vertrag 58

Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschaftsbeschlüssen einer GmbH bei fehlender Angabe des Gegenstandes auf der Tagesordnung; bei Mitbestimmen eines Gesellschafters über ein mit ihm vorzunehmendes Rechtsgeschäft 29 Notstand bei Wassergefahr 275 Notwehr, Zum Begriff der — 281, 289 —, Irrtum über — 283

P Pacht, Begriff des Zurückerhaltens im § 558 Abs. 2 bei der — 237 Pachtsicherheit, Verjährung des AnM spruchs auf Zurückzahlung einer Mäklergebühren, Verjährung regelunter Vorbehalt zurückgegebenen mäßig zahlbarer — 252 - 237 Miete, Begriff des Zurückerhaltens Pfändung, Widerspruchsklage der in § 558 Abs. 2 bei der — 237 Ehefrau gegen eine — von früheMinderjährige, Zur Frage der gerem Gesamtgut aus einem nur setzlichen Vertretung mehrerer gegen den Ehemann erwirkten —r bei einem ErbauseinanderTitel 275 setzungsvertrage 42 Pflichtteilsberechtigtes Kind, AnMißbrauch, Über —, des Unterfechtung, eines Testaments zu sagungsrechts auf ° GemeingeGunsten eines übergangenen — n brauch an der Straße durch die —es 78 Stadt 291 Protesterhebung, Einrechnung des — der Vollmacht bei Schenkung 88 Tages der — in die VerjährungsMitwirkendes Verschulden, Einfrist des Art. 78 Nr. 1 WO 119 wand des — n — s gegenüber der Prozeßbevollmächtigter, VersäuRechtskraftwirkung nach § 68 ZPO mung der Jahresfrist zur Anbei Nebenintervention 79 fechtung der Ehelichkeit durch Verschulden des — n und § 232 Abs. 2 ZPO 259 N Prozeßführung, Ermächtigung zur Nachlaßforderung, Hemmung der — im eigenen Namen 96 Verjährung bei einer — 196 Prozeßhandlung im Sinne des § 2 1 1 —, Rückwirkende Wirksamkeit der Abs. 2 BGB 145 von einem Miterben vorgenom- Prüfungspflicht der Beamten einer menen Kündigung einer — durch Gemeindekasse bei Vorlage von Genehmigung der anderen MitQuittungen auf Echtheit der Unerben 1 1 3 terschrift 1 Namen, Handeln im fremden —, R ohne erkennbar zu machen, daß Name der eines anderen 46 Rechtsanwalt, Entstehen und VerNebenintervention, Einwand des jährung des Regreßanspruches gemitwirkenden Verschuldens gegen einen — 177 genüber der Rechtskraftwirkung Rechtskraftwirkung, Einwand des nach § 68 ZPO bei - 79 mitwirkenden Verschuldens geNeue Verjährimg, Beginn der — n genüber der — nach § 68 ZPO bei — nach der Unterbrechung 130 Nebenintervention 79

Sachregister Rechtsschein, Rechtsfolgen bei Entstehung des — s, ein anderer sei Zur Vertretung befugt 88 Regreßanspruch gegen Rechtsanwalt, Entstehen und Verjährung 177 Reichsgericht, Verjährung der im Verfahren vor dem — entstehenden Gerichtskosten 247 Restanspruch, Zur Frage der Hemmung der Verjährung für — bei Einklagen eines Teilanspruchs im Armenrechtsverfahren 263 Revisionsbegründungsfrist, Berechnung der — 1 1 9 Revisionssumme, Berechnung der - »45 Rückwirkende Wirksamkeit der von einem Miterben vorgenommenen Kündigung einer Nachlaßforderung durch Genehmigung der anderen Miterben 1 1 3 Rückwirkung, Über die — der Genehmigung, § 184 Abs. 2 B G B 98, 103 —,Uber den Zeitpunkt der — der Genehmigung der Schuldübernahme 102 —, Auswirkung der — der Genehmi- 1 gung auf Beginn der Verjährungsfrist 92 Ruhen des Verfahrens gemäß §§ 251, 252 a ZPO und Einfluß auf § 2 1 1 Abs. 2 B G B 259 —, Einfluß auf die Verjährung 140 — und Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung 226, 242 — und Zurücknahme der Klage im Sinne des § 1596 Abs. 2 B G B 259 S Sachbefugnis bei abgetretenem Schadensersatzanspruch 201 Schaden, Unter — im Sinn des § 226 B G B ist nicht nur Vermögensschaden zu verstehen 278 Schadensersatz, Zur Frage der Wahlschuld bei Ansprüchen auf Erfüllung und — gegen den auftraglosen Vertreter 82 Schadensersatz wegen Nichterfüllung, Beginn der Verjährung 206 — bei einem Kauf und Verjährungsfrist 199

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Schadensersatzanspruch, Sachbefugnis beim abgetretenen — 201 —, Verjährung des — s des Grundstückskäufers wegen Nichtbestehen einer zugesicherten Grunddienstbarkeit 180 —, 30jährige Verjährung eines an sich einer kurzfristigen Verjährung unterliegenden —s,wenn ein Schiedsgericht ihn dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat 191 Scheingeschäft bei Abtretung einer Briefhypothek 95 Schenkungen durch den Ehemann in der allgemeinen Gütergemeinschaft 88 Schiedsgericht, 3ojährig:e Verjährung eines an sich einer kurzfristigen Verjährung unterliegenden Schadensersatzanspruchs, wenn ein — ihn dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat 191 S c h i f f e r , Verjährung der Schlepplohnforderungen der Schlepp — 200 Schikaneverbot, Unter Schaden im Sinn des § 226 B G B (—) ist nicht nur Vermögensschaden zu verstehen 278 Schlepplohnforderungen der Schleppschiffer 200 Schuldanerkenntnis bzgl. einer verjährten Schuld 152 Schuldübernahme, Über den Zeitpunkt der Rückwirkung der Genehmigung der Schuldübernahme 102 Selbsthilfe — Ausübung der Rechte 275-295 -- bei Abzahlungsgeschäft und verbotene Eigenmacht 295 Selbstkontrahieren eines Vertreters in familienrechtlichen Rechtsgeschäften 15 — eines Gesellschafters bei Beschlußfassung in einer GmbH 29 —, Zur Frage der Genehmigungspflicht des Vertretenen bei — des Vertreters 73 — bei Bestellung einer Hypothek 29 — bei Verträgen zwischen Unterbevollmächtigten im Namen des Machtgebers mit Bevollmächtigten, von dem er die Untervollmacht erhalten 68

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Sachregister

Selbstverteidigung, Zur Frage der - 285 Sonntag, Unterbrechung der Verjährung bei Ablauf der Frist an einem — und Zustellung der Klage am folgenden Tage 249 Spediteurbedingungen, allgemeine, deutsche — u. Abkürzung der Verjährungsfrist 224 Stempelpfllchtigkeit, Zur Frage der Vollmacht 55 Stillstand des Rechtsstreits im Sinne des § 211 BGB 20g Sühneverfahren, Endigung der Unterbrechung der Verjährung während eines — s 209 T Teil, Unterbrechung der Verjährung durch gerichtliche Geltendmachung eines — s des Anspruchs 120, 136 Teilanspruch, Zur Frage der Hemmung der Verjährung für Restanspruch bei Einklagen eines — s im Armenrechtsverfahren 263 Testament, Zustimmung zu einem — 110 Testamentsanfechtung, Hemmung der Frist bei — 78 Tumultschädengesetz § 5 Ausschlußfrist 187 U Umwandlung einer verjährten Schuld in eine Darlehnsschuld, Schriftform 154 Unerlaubte Handlung u. Verjährung des Anspruchs aus damit in Zusammenhang stehender Geschäftsführung bzw. Bereicherung 164 Ungerechtfertigte Bereicherung, Verjährung des Anspruchs aus — r - nach § 852 BGB 164 —, nicht rechtzeitig erhobene Wandlungsklage und Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises unter dem Gesichtspunkt der —n — 214 Unterbrechung der Verjährung nach §211 Abs. 2 Satz 2 186 —»Beginn der neuen Verjährung nach der — — — 130 — durch Feststellungsantrag 272 — durch Klageerhebung 165

Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung bei einem unzuständigen Gericht 136 — durch Klageerhebung im Ausland 218 — durch Klagerhebung und Ruhen des Verfahrens 226, 242 — und Prozeßhandlung im Sinne des §211 Abs. 2 BGB 145 — bei Ablauf der Frist an einem Sonntag und Zustellung der Klage am folgenden Tage 249 —, Fndigiing während eines Sühneverfahrens 209 — durch gerichtliche Geltendmachung eines Teils des Anspruchs 120, 136 — durch Verteidigung gegen eine verneinende Feststellungsklage 252 — durch Vornahme einer Vollstrekkungshandlung 206 — durch nicht ordnungsmäßig zugestellten Zahlungsbefehl 119 Unterhaltsvertrag zwischen unehelicher Mutter als Vertreterin des Kindes und Vater, Einwendundungen dagegen 78 Unterlassungsklage betr. schikanöse Rechtsausübung 278 Unternehmervertrag, kurze Verjährung der Forderungen aus — 132 Unterschrift, Prüfungspflicht des Beamten einer Gemeindekasse bei Vorlage von Quittungen auf Echtheit der — 1 —, Rechtswirksamkeit geschäftlicher Erklärungen eines kaufmännischen Angestellten ohne Handlungsvollmacht auf Postkarten mit vorgedruckter Firma statt — 52 Untervollmacht, Zur Frage der Wirksamkeit von Verträgen zwischen Unterbevollmächtigten im Namen des Machtgebers und Bevollmächtigten, von dem er die — erhalten 68 Unwiderruflichkeit der Vollmacht, Privatschriftliche Vollmachtsurkunde, aus der die — — — hervorgeht, beim Grundstückskauf 64 Unwirksamkeit eines Erbauseinandersetzungsvertrages wegen fehlender gesetzlicher Vertretung Minderjähriger und § 139 BGB 42

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Sachregister Unzulässige Rechtsausübung s. Arglist Unzuständiges Gericht , Unterbrechung der Verjährung durch Klagerhebung beim —n — 136

Vertragsschluß kraft vermeintlichen Amtes und § 177 BGB 17 —, Zur Frage der Wirksamkeit eines —es, der durch einen Bevollmächtigten des Vertreters namens des Vertretenen vorgenommen wird 52 Vertragsstrafen, Verjährung von — 160 Vertreter, Selbstkontrahieren eines —s in familienrechtlichen Rechtseschäften 15

V Vaterschaftsanerkenntnis, Zur Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft beim Vorliegen eines — ses 78 Verbotene Eigenmacht, Selbsthilfe iur Frage der Genehmigungsbei Abzahlungsgeschäft und pflicht des Vertretenen bei Selbst295 kontrahieren des — s 73 Vergütung, Verjährung einer — für die Übertragung von Auflassungs- Vertreter ohne Vertretungsmacht, Über Verjährung der Ansprüche rechten an Grundstücken 201 gegen — aus § 179 BGB 79 Verhütung eines Mißbrauchs, Zur ist Verkäufer verpflichtet, —,Zur Haftung des — s — — bei Nichtigkeit des Vertrages 79 die von der Käuferin zur Begleichung des Kaufpreises über- Vertretung — Vollmacht 1—91 reichte Zahlungsanweisung sorg- Vertretungsmacht, Haftung des Vertreters ohne — 58, 79 fältig aufzubewahren 1 Verwaltung und Nutznießung, UnVerjährung 120—274 kenntnis von der Ausschließung Verjährungsfrist, Auswirkung der der — — — des Mannes seitens Rückwirkung der Genehmigung des Vertragsgegners im Sinne des auf Beginn der — 92 § 1435 BGB 1 1 3 —,Einrechnung des Tages der Protesterhebung in die — des Art. 78 Verzicht auf die Wirkungen der Verjährung; Form? 152 Nr. 1 WO 119 Vermeintliches Amt, Vertragsab- Verzögerte Entscheidung über ein Armenrechtsgesuch und Hemschluß kraft — n —es und § 177 mung der Verjährung 171 BGB 17 Vollmacht-Vertretung 1—91 Vermietung von Wohnungen als —, Umfang der — eines kaufmänniGewerbebetrieb im Sinne des schen Angestellten 1 § 196 Nr. 1 BGB 182 —, Über — zur Aktienvertretung in Vermögen, Verkauf eines fremden Generalversammlungen 55 —s und § 3 1 1 BGB 15 —, Zum Begriff der — und EinVermögensübernahme, Über die willigung im Sinne der §§ 182 ff. Voaussetzungen der — im Sinn B G B 55 des § 419 BGB 98 —, Unterschied zwischen — und EinVerneinende Feststellungsklage, willigung gem. § 185 Abs. 1 BGB 91 Unterbrechung der Verjährung —, Formbedürftigkeit der — zur Abdurch Verteidigung gegen eine schließung eines Grundstückkaufvertrags 1 1 252 —, Zur Frage der Wirksamkeit der in Verpflegung, Verjährung von Aneinem formnichtigen Grundsprüchen aus — 124 stücksveräußerungsvertrage erteilVerteidigung, Zur Frage der Notten — 52 wendigkeit der — bei Möglichkeit, —,Zur Frage des Formzwangs gem. sich dem Angriff durch Flucht zu § 313 BGB für Vollmacht zur Abentziehen, § 227 BGB 281 gabe eines Kaufangebots über ein Vertragsrechte auf wiederkehrende, Grundstück 50 wirtschaftlich einheitliche Leistun— »Mißbrauch der — bei Schenkung gen und Verjährung des Gesamt88 anspruchs 230

f

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Sachregister

Vollmacht, Zur Frage der Widerruflichkeit der — 71 Vollmachtserteilung zur Verfügung über Grundschulden durch Aushändigung von Grundschuldbriefen und unterschriebenen Abtretungsentwürfen 19 Vollmachtsurkunde, Privatschriftliche —, aus der die Unwiderruflichkeit der Vollmacht hervorgeht, beim Grundstückskauf 64 —, Vorlegung einer beglaubigten Abschrift der — und § 172 B G B 27 Vorgedruckte F i r m a , Rechtswirksamkeit geschäftlicher Erklärungen eines kaufmännischen Angestellten ohne Handlungsvollmacht auf Postkarten mit — r — statt Unterschrift 52 Vorkaufsrecht, Einigung über — 95 Vormund, Zurückweisung eines einseitigen Rechtsgeschäfts des —es und § 174 BGB 7 Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrages und Unkenntnis von der Ausschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes seitens des Vertragsgegners 1 1 3 W Wahlschuld, Zur Frage der — bei Ansprüchen auf Erfüllung und Schadensersatz gegen den auftraglosen Vertreter 82 Wandlungsanspruch, Hemmung der Verjährung eines —s 214 Wandlungsklage, nicht rechtzeitig erhobene — und Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung 214 Waren im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB 143, 221 Wassersgefahr, Notstand bei — 275 Wechselanspruch, Verjährung eines —s, für den ausländisches Recht gilt 242

Weingutsbesitzer, Verjährimg der Forderung eines —s aus Verkauf eigenen Wachstums 224 Weitervermieten einzelner Räume eines im ganzen gemieteten Hauses durch Mieter als Gewerbebetrieb im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB 142 Werkvertrag, kurze Verjährung der Forderungen aus — 132 Wertbestimmung nach §9 ZPO bei Übergang der Feststellungsklage zur Leistungsklage 145 Wertpapiere als Waren im Sinne des § 196 Nr. 1 BGB 143 Widerruf, Zum Begriff des — s nach § 178 BGB 50 Widerruflichkeit, Zur Frage der — der Vollmacht 71 Widerspruchsklage der Ehefrau gegen eine Pfändung von früherem Gesamtgut aus einem nur gegen den Ehemann erwirkten Titel 275 Wiederkehrende Leistungen, Verjährung —r — 252 Wiederkehrende, wirtschaftlich einheitliche Leistungen und Verjährung des Gesamtanspruchs 230 Wirksamwerden der Verfügung eines zur gesamten Hand Berechtigten durch Genehmigung der übrigen Berechtigten 1 1 5 Z Zahlungsanweisung, Verpflichtung des Verkäufers zur sorgfältigen Aufbewahrung der von der Käuferin zur Begleichung des Kaufpreises überreichten — 1 Zurückerhalten des vermieteten oder verpachteten Gegenstandes, Begriff 237 Zurücknahme der Klage und Ruhen des Verfahrens, § 1596 Abs. 2 BGB 259 Zustimmung zu einem Testament 110

in

der

Demnächst erscheinen Guttentagschen Sammlung Deutscher

Gesetze:

Gesetz betreffend Mitbestimmungsrecht im Bergbau und in der eisenschaffenden Industrie mit E r l ä u t e r u n g e n von Amtsgerichtsrat H a n s W i l h e l m K ö t t e r D I N A 5. E t w a 160 S e i t e n . 1951. E t w a D M 7 , — (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze Nr. 238) In dem vorliegenden Erläuterungswerk äußert sich der Handelsrechtler zu den zum Teil weit In die Bereiche des Aktienrechts eingreifenden neuen Bestimmungen über das Mitbestimmungsrecht. Der Verfasser beleuchtet die Fragen, die das Gesetz aufwirft, von allen Seiten. Dabei zeigt sich, daß der Schwerpunkt des Gesetzes nicht, wie man aus der Diskussion In der Öffentlichkeit entnehmen könnte, nur auf sozialem und arbeitsrechtlichem Gebiet liegt, sondern daß es von besonders einschneidender Bedeutung f ü r des Handelsrecht Ist. Mit der Regelung des Mitbestimmungsrechts hat der Gesetzgeber Neuland betreten. Der mit der Materie befaßte Jurist und Wirtschaftler wird bald sehen, daß er darin der Führung bedarf und wird erkennen, daß eine sorgfaltige Kommentierung zu einem Gesetz, dessen Probleme so schwierig und umstritten sind, f ü r die Praxis ganz unentbehrlich Ist.

Grundpfandrechte und Währungsumstellung Das Gesetz Aber die Umstellung von Grundpfandrechten und über Aufbaugrundschulden mit amtlicher Begründung und Kommentar, vierzigste Durchführungsverordnung t u m Umstellungsgesetz und Lastenauigleichssicherungsgesetz v o n Dr. G e r h a r d N e h l e r t Dezernent der Staatsverwaltung für Justiz in Berlin

mit Vorwort v o n Dr. V a l e n t i n

Kielinger

Senator für Justiz in Berlin

1951. Oktav. VIII/176 Seiten. Preis DM 12.— (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetz* Nr. 239) Der vorliegende Kommentar aus der Feder des an seiner Fassung maBgeblich beteiligten Referenten hat die Aufgabe, allen Interessenten in Wirtschaft und Justiz die Anwendung dieses schwierigen Gesetzes zu erleichtern. Er berücksichtigt dabei weitgehend die Erkenntnisse, die im Bundesgebiet seit ErlaB der dieselben Fragen behandelnden 40. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz gewonnen worden sind und stellt, da deren Wortlaut in dem Berliner Gesetz größtenteils wörtlich übernommen ist, zugleich eine Kommentierung dieser Vorschriften dar.

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Großkommentar

der Praxis:

Kommentar zum Handelsgesetzbuch Früher herausgegeben von Mitgliedern des Reichsgerichts Zweiter Band (§§ 105-177, §§333-342). D a s R e c h t der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft Bearbeitet von Reichsgerichtsrat a. D. D r . O t t o W e i p e r t (Zitiermethode: Weipert in RGR.-Komm. z. HGB.) Gr.-Oktav. V I , 816 Seiten. 1950. Ganzleinen DM 45,— Der K a u f des I I . Bande« rerpf lichtet zur A b n a h m e des ganzen W e r k e s Band I erscheint im Herbst 1951 „Der sog. RGR-Komm. z. HGB, nach Anlage u n d Mitarbeitern ursprünglich eine Art Fortsetzung des altbewährten Staubschen Kommentars, Ist . . . die eingehendste Erläuterung des HGB, die wir besitzen. Es ist sehr zu begrüßen, daß er Jetzt neu herausgegeben werden soll. Zunächst liegt von der 2. Auflage n u r der 2. Band vor, der das Recht der Personalgesellschaften (OHG, KG und stille Gesellschaft) enthält und wieder von dem bewährten Verfasser der 1. Auflage bearbeitet worden ist . . . Insgesamt ist dieser ,Großkommentar der Praxis', wie er sich selbst bezeichnet, eine sehi erfreuliche Bereicherung des handelsrechtlichen Schrifttums. Er sollte In der Bibliothek keines Juristen fehlen, der an gesellschaftsrechtlichen Fragen Interessiert ist." Prof. Dr. Hueck, Neue Juristische Wochenschrift

Das Recht der offenen Handelsgesellschaft Systematisch dargestellt von Professor D r . A l f r e d H n e c k Zweite Auflage. Gr.-Oktav. VIII, 353 S. 1951. Ganzleinen D M 2 8 , — „ D e r Verfasser gibt eine umfassende Darstellung des gehenden Rechts der o H G . u n t e r Verzicht auf rechtsgeschichtliche und rechtsvergleicbende Betrachtungen. Die Grundgedanken sind in seltener Klarheit unter eingehender Berücksichtigung der Rechtsprechung und Rechtslehre herausgearbeitet, aber auch Probleme von geringerer Bedeutung haben eingehende Berücksichtigung gefunden. Es handelt sich u m ein Standardwerk f ü r Theorie und Praxis, das sich durch Tiefgründigkeit der E r ö r t e r u n g e n auszeichnet. Zahlreiche Beispiele erleichtern das Eindringen in die Problematik und lassen dadurch das Werk auch f ü r unseren juristischen Nachwuchs förderlich erscheinen." Monatsschrift f ü r Deutsches Recht

Das Urheberrecht in der Musik und die deutsche Urheberrechtsgesellschaft Von E r i c h S c h u l z e , Generaldirektor der Gema D I N A 5. 136 Seiten. 1951. D M 5 , 8 0 (Kommissionsverlag) „Wir haben es bei dem beschriebenem Buch mit einer Rechtstatsachendarstellung zu tun, wie sie anregender und aufgelockerter nicht gedacht werden kann, u n d jeder, der sich nur einmal eine Vorstellung machen will vom Wesen des musikalischen Urheberrechts, sollte das Buch wie eine Fibel zur Hand nehmen, u m Eingang zu finden, in ein Rechtsgebiet, das zu Unrecht als spröde verschrien ist und dessen Reize gerade durch die geschickte Darstellung Schulzes allen erschlossen werden." RA. Dr. Mohring in Gema-Nachrichten

Walter de Gruyter & Co., Berlin W 3 5

Grundstücksmiete Mieterschutz — Mietzinsbildung — Wohnraumbewirtschaftung Erläutert von Dr. F r i t z K i e f e r s a u e r 7. Auflage. Oktav. 448 Seiten. 1950. Halbleinen DM 20,— „Die Gesetzestexte sind eingehend kommentiert. Die Erläuterungen sind in der einein guten Kommentar eigentümlichen Art sorgfältig mit Gesetzeshinweisen, Rechtsprechung u n d Literaturangaben belegt. Hervorzubeben ist auch die gut gegliederte Stofianordnung und das sebr übersichtliche Druckbild. Das Buch wird dem großen Kreis derer, die mit dem Miet-, Wobnungs- und Grundstücksreclit zu tun haben, ein ausgezeichnetes Hilfsmittel sein." Der Steuerpraktiker

Das in Bayern geltende Nachbarrecht Von C h r i s t i a n M e i s n e r , weiland Rechtsanwalt 4. Auflage bearbeitet von Oberlandesgerichtsrat Dr. J o s e f R i n g D I N A 5. X X . 658 Seiten. 1951. Halbleinen DM 45,— ,,Das W e r k enthält weit mehr, als man nach seinem Titel vermuten sollte. Das Nachbarrecht is-t in weitestein Umfange gefaßt und was darin geschildert wird, betrifft weit mehr reichsrecht liehe als bayrische Rechtsverhältnisse und Bestimmungen. Der Verfasser rechnet t u m Nachbarrecht deo Inbegriff aller jener Normeo, durch welche der Eigentumsinhalt zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen der angrenzenden Grundbesitzer abgemildert wird. . . Das Buch k a n n dem preußischen oder sächsischen J u r i s t e n nicht minder warm wie dem bayrischen empfohlen werden als eine Schatzkammer reichen Wissens und umfangreicher Nachweisungcn über allgemeine deutsche Rechtsverhältnisse " Juristische Wochenschrift

Gesetz über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen vom 31. Juli 1938 Erläutert von Ministerialdirigent Dr. W e r n e r V o g e l s f Vierte Auflage, bearbeitet von Dr. K a r l S e y b o l d Oktav. VIII, 318 Seiten. 1949. Halbleinen DM 15,— ,,Den Hauptteil des Werkes bilden die mit großer Gründlichkeit und Sachkunde gefaßten Erläuterungen. Auch die mit dem Testamentsgesetz zusammen hängenden Materien wie die Dienstvorschriften f ü r Notare, H a f t u n g des Notars und des Richters, Strafvorschriften, Fälle, in denen der Erwerb von Todes wegen einer behördlichen Genehmigung bedarf, sind behandelt. Der K o m m e n t a r wird in der vorliegenden 4. Auflage seine führende Stelluog b e h a u p t e n . " Deutsche Rechts Zeitschrift

J. Schweitzer Verlag, B e r l i n W 35 20*

Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und den wichtigsten Nebengesetzen Textauggabe mit Verweisungen und ausführlichem Stichwörterverzeicbnis 3., oeubearbeitete Auflage. Herausgegeben von Oberlandesgerichtsrat Dr. H a n s w e r n e r M ü l l e r Groß-Oktav. VIII, 337 Seiten. 1951. DM 7,8) Die vorliegende Ausgabe bringt die Zivilprozeßordnung und das Gericbtsverfassungsge&etz in der Fassung des Recbtsvereinbeitlichungsgesetzes vom 12. 9.1950. Daneben sind nen aufgenommen die einschlägigen Vorschriften des Grundgesrtr.es, die Übergangsvorschriften des Vereinheitlichungsgesetzes, das Besatzungsrecht und das Gesetz Uber das Bundesverfassungsgericht. Von den in der früheren Auflage enthaltenen Nebengesetzen sind unter Weglassung alles Uberholten nur die Bestimmungen beibehalten worden, deren Anwendung für die ordentlichen Gerichte häufig in Betracht kommt. Dabei ist insbesondere dem wichtigen Vollstreckungsnotrecht ein besonderer Raum gewidmet worden. Auf diese Webe ist es gelungen, die Aasgabe recht handlich und übersichtlich tu gestalten, wofür alle die Rechtspflege Ausübenden dem Verfasser Dank wissen werden.

WILLENBÜCHER

Das Kostenfestsetzungsverfahren und die Deutsche Gebührenordnung für Rechtsanwälte nebst ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften 15-, völlig neubearbeitete Auflage, herausgegeben von Justizamtmann P. H o f f m a n n , Ministerialrat Dr. K . S c h a f e r nnd Erster Staatsanwalt Dr. J . A. G r a f W e s t a r p Groß-Oktav. X I I , 540 Seiten. 1951 Anhang: Das Kostenrecht in der Deutschen Demokratischen Republik von P e r s i k e . 28 Seiten Ganzleinen DM 32,— Zu den anerkannten Kostenkommentaren gehörte seit jeher der „Willenbticher". Die 15. Auflage bestätigt erneut seine Vorzüge und erweitert sie. Der Kommentar stellt das in der Bundesrepublik geltende Recht dar; die Abweichungen in der DDR sind in einem Anhang wiedergegeben.

Tabellen zur Gebührenordnung für Rechtsanwälte zur Reichskostenordnung in freiwilliger Gerichtsbarkeit zum Gerichtskostengesetz und Umsatzstauergesetz nebst ergänzenden Bestimmungen und Erläuterungen Zusammengestellt von Rechtsanwalt G o t t f r i e d Q u a n d t 15. Auflage. Oktav. U Seiten. 194». Halbleinen DM «,— Die altbekannten Quandt-Tabellen sind in der vorliegenden neuen Auflage auf den neuesten Stand der Gesetzgebung gebracht worden. Sie werden den deutschen Anwälten nebst ihren Mitarbeitern und den deutschen Gerichtsbeamten bei ihrer täglichen Schreibtischarbeit wie bisher gute Dienste leisten.

J. Schweitzer Verlag, Berlin W35

GUTTENTAGSCHE SAMMLUNG DEUTSCHER GESETZE

ACHILLES-GREIFF

Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einfiihrungsgesetz, Jugendwohlfahrtsgesetz, Schiffsrechtsgesetz, Ehegesetz, Testamentsgesetz Mit Anmerkungen und Sachregister und mit Erläuterungen der Verordnung über das Erbbaurecht, des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung sowie von Teilen des Familienrechtsänderungsgesetzes, der FamilienrechtsangleichungsVerordnung und des Verschollenheitsgesetzes Herausgegeben von Prof. Dr. G ü n t h e r B e i t z k e Rechtsanwalt R e i n h a r d F r e i h e r r v. Godin Senatspräsident Dr. J o a c h i m Greiff Senatspräsident a. D. F r i e d r i c h Oegg 19. Auflage. Oktav. XVI, 1360 Seiten. 1949. Dünndruck Ganzleinen DM 36,—

(Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze Nr. 38/39) ,,. . . Der Gesetzesstoff, so unübersichtlich er In den letzten Jahren sein mag, wurde wohl vollkommen gemeistert. Und ebenso wird man zuverlässig durch die Rechtsprechung geführt . . ." Prof. Dr. Arthur Wegner, Münster

Ehegesetz vom 20. Februar 1946 mit Abdruck der noch in Kraft befindlichen Bestimmungen der Durchführungsverordnungen zum Ehegesetz vom 6. Juli 1938 Erläutert von Rechtsanwalt R e i n h a r d F r e i h e r r v o n Godin und H a n s F r e i h e r r v o n G o d i n Mit Erläuterungen der §§ 93 a und 606 bis 639 Zivilprozeßordnung von Reichsgerichtsrat Dr. T ö l k e Zweite, vermehrte Auflage, DIN A 5. XV, 496 Seiten. 1950. Ganzleinen DM 22,— (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze Nr. 230) „Hochinteressante Beispiele aus der Praxis der Rechtsprechung machen die Erklärungen lebendig und fesselnd. Das Werk ist wegweisend auf eherechtlichem Gebiet und gilt anerkanntermaßen als Spitzenleistung unter den Eherechtskommentaren. Bemerkenswert ist die menschlich hohe Lebensauffassung, mit der die beiden Verfasser ihre Gesetzesauslegungen untermauern. Das Buch liest sich flüssig, well es Praktiker geschrieben haben, die auch schwierige Rechtsprobleme tiefgründig und doch in schlicht natürlicher Ausdrucksweise zu behandeln verstehen." D e r Standesbeamte

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GUTTENTAGSCHE SAMMLUNG DEUTSCHER GESETZE

Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in der amerikanischen und britischen Besatzungszone und in Berlin Gesetze der Militärregierungen mit den Verordnungen für Berlin Erläutert von Rechtsanwälte R e i n h a r d F r h r . v o n C o d i n und H a n s F r h r . v o n C o d i n 2. Auflage. DIN A 5. X X . 613 Seiten. 1949. Canzleincn DM 3 0 , — ( G u t t e n t a g s c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r G e s e t z e N r . 232) „ . . . es k a n n den V e r f a s s e r n n i c h t h o c h g e n u g a n g e r e c h n e t w e r d e n , daB sie u n s r e c h t z e i t i g dieses v o r t r e f f l i c h e , In d e r t ä g l i c h e n P r a x i s u n e n t b e h r l i c h g e w o r d e n e H i l f s m i t t e l in die H a n d g a b e n . U n d daß sie d a b e i J e d e O b e r f l ä c h l i c h k e i t v e r m i e d e n , m i t w i s s e n s c h a f t l i c h e r G r ü n d l i c h k e i t v o r g i n g e n , den P r o b l e m e n n i c h t a u s w i c h e n . . . " Monatsschrift für Deutsches Recht „ D i e s e r a u s g e z e i c h n e t e K o m m e n t a r , der als e r s t e r In alle T i e f e n und Schwierigkelten des Gesetzes eindringt, wird dabei ebenso une n t b e h r l i c h sein, w i e bei d e r Auslegung des G e s e t z e s im S t r e i t verfahren." Süddeutsche Juristen-Zeitung

HEYMANN-KÖTTER

Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht) mit Erläuterungen 20. Gesamtauflage Herausgegeben von Amtsgerichtsrat H a n s W i l h e l m K ö t t e r Oktav. 576 Seiten. 1950. Ganzleinen DM 18,— ( G u t t e n t a g s c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r G e s e t z e Nr. 4) „ D i e b e w ä h r t e k o m m e n t i e r t e H a n d a u s g a b e des H G B . a u s d e r F e d e r E r n s t H e y m a n n s , J e n e s g r o ß e n K e n n e r s und L e h r e r s des Hand e l s r e c h t s , w u r d e n a c h s e i n e m T o d e v o m A m t s g e r i c h t s r a t H. W. K ö t t e r w e l t e r b e a r b e i t e t u n d liegt n u n m e h r , a u f den n e u e s t e n S t a n d geb r a c h t , v o r . D i e s e r H a n d k o m m e n t a r b r i n g t I m A n h a n g die N e b e n g e s e t z e zum H G B . Im W o r t l a u t . E r b e d a r f k e i n e r w e i t e r e n E m p f e h l u n g , w e n n m a n d a r a u f h i n w e i s t , daQ e s sich n u n m e h r u m die 20. A u f l a g e dieses W e r k e s h a n d e l t . " R u n d s c h a u f ü r G. m. b. H. „ D e r r a s c h e n U n t e r r i c h t u n g d i e n e n a u c h die e i n g e h e n d e n Z u s a m m e n s t e l l u n g e n ü b e r die i m G e s c h ä f t s v e r k e h r ü b l i c h e n B e d i n g u n g e n und K l a u s e l n . E r l e i c h t e r t w i r d die B e n u t z u n g d u r c h d a s a u s f ü h r l i c h e S a c h r e g i s t e r . I m A n h a n g sind w i c h t i g e G e s e t z e u n d V e r o r d n u n g e n und handelsübliche Vertragsformulare abgedruckt." Monatsschrift für Deutsches Recht

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G U T T E N T A G S C H E SAMMLUNG D E U T S C H E R G E S E T Z E GODIN-WILHELMI

Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937 (RGBl. I S. 107 ff.) Zweite, vermehrte Auflage erläutert von R e i n h a r d DIN A 5.

X I I , 1228 Seiten.

Freiherr 1950.

von

Godin

Ganzleinen DM 5 2 , —

( G u t t e n t a g s c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r Gesetze Nr. 205) . . S c h o n u m s e i n e r s a c h l i c h e n V o r z ü g e w i l l e n wird m a n den K o m m e n t a r als die b e s t e G e s a m t d a r s t e l l u n g des g e l t e n d e n A k t i e n r e c h t s b e z e i c h n e n m ü s s e n , die w i r g e g e n w ä r t i g h a b e n . W a s a b e r d e m W e r k s e i n e n e i n z i g a r t i g e n C h a r a k t e r v e r l e i h t , ist d e r es belebende große Atem einer Uberragenden sittlich tief verwurzelten P e r s ö n l i c h k e i t . Dieses p e r s ö n l i c h e M o m e n t v e r l e i h t der A r g u m e n t a t i o n v. Godins da, wo es u m G r u n d f r a g e n u n s e r e r R e c h t s o r d n u n g geht, besondere Wucht . . . " P r o f . Dr. B a l l e r s t e d t , J u r i s t e n z e i t u n g

Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Kleiner Kommentar von Dr. jur. J o h. L a n g und Dr. jur. Ludwig Weidmüller Sechsundzwanzigste, neubearbeitete und ergänzte Auflage der von Parisius und Crüger begonnenen erläuterten Textausgabe DIN A 5. X I I , 320 Seiten. 1951. Ganzleinen DM 12,80 ( G u t t e n t a g s c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r G e s e t z e Nr. 29) Die 26. A u f l a g e der b e k a n n t e n E r l ä u t e r u n g e n zum G e n o s s e n s c h a f t s gesetz, deren B e a r b e i t u n g w i e d e r u m in den b e w ä h r t e n Händen von Dr. L a n g und Dr. W e i d m ü l l e r lag, b e d a r f k e i n e r b e s o n d e r e n E m p fehlung. D e r K o m m e n t a r Ist j e t z t n a c h E r l a ß des H a n d e l s r e c h t lichen B e r e i n i g u n g s g e s e t z e s vom 18. 4. SO u n d des Gesetzes ü b e r B e k a n n t m a c h u n g e n vom 17. 5. 50 a u f den n e u e s t e n S t a n d d e r G e s e t z e und d e r R e c h t s p r e c h u n g g e b r a c h t u n d a u ß e r d e m n o c h d a d u r c h v e r vollständigt, d a ß in e i n e m A n h a n g Auszüge von a n d e r e n Gesetzen, soweit sie f ü r das G e n o s s e n s c h a f t s g e s e t z v o n B e d e u t u n g sind, a b gedruckt wurden. D e r K o m m e n t a r wird n a c h wie vor der unentb e h r l i c h e R a t g e b e r im G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n sein.

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GUTTENTAGSCHE SAMMLUNG DEUTSCHER GESETZE KOHLRAUSCH-LANGE

Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen 39. und 40. Auflage von Professor R. L a n g e DIN A 5. XI, 560 Seiten. 1950 In Ganzleinen DM 22,—• (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze Nr. 2) „Die Bedeutung dieses Werkes auch f ü r die Behörden der Staatsund Kommunalverwaltungen liegt auf der Hand. Gibt es doch kaum eine Behörde oder Dienststelle, die sich nicht mehr oder weniger oft mit strafrechtlichen Fragen zu befassen hätte. Mir scheint, daO dieser vorwiegend auf die praktischen Bedürfnisse abgestellte Kommentar auch eine vorzügliche Grundlage f ü r den Unterricht an Verwaltungs- und Polizeischulen und ähnlichen Lehrgängen sein könnte." Schwartzsche Vakanzenzeitung

Der Lastenausgleich Sammelwerk über alle Gesetze, Verordnungen, Erlasse u. dgl., die bisher für das Gebiet des LastenausgJeichs ergangen sind (z. B. Lastenausgleich-Sicherungsgesetz, Soforihilfegesetz) bzw. noch ergehen werden Herausgegeben und erläutert von Staatssekretär a. D. Dr. P a u l B i n d e r Ministerialrat Dipl.-Kfm. Dr. J o s e f D r e x l Wirtschaftsprüfer Dipl.-Kfm. Dr. W o l f g a n g W e h e Reichsriditer a. D. A r t h u r S e w e l o h Regierungsdirektor Dr. L u d w i g Z i m m e r t e DIN A 5. 984 Seiten. 1949. In Loseblattforin. In Halbleinen DM 3 8 — (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze Nr. 235)

1. Nachtrag Nachträge zum Hypothekensidierungsgesetz Nachträge zum Soforthilfegesetz (Stand 1. Juli 1950) 142 Seiten. 1950. DM 7,— „Der große Wert des Buches liegt darin, daß diese gesetzlichen Bestimmungen dauernd vollständig auf dem laufenden gehaltenwerden. Es folgen dann die Erläuterungen. Diese werden die Einarbeitung In die vielfach recht verwickelte Materie sehr erleichtern, da sie sorgsam und mit großer Sachkunde abgefaßt sind. Dadurch wird sich das Buch bald eine angesehene Stellung auf dem behandelten Gebiet erwerben." Monatsschrift f ü r Deutsches Recht

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