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German Pages 152 [162] Year 1892
Entscheidungen des
Ober-Seeamts und der Seeämter Deutschen Reichs. ^erausgcgeben im
Reichsamt des Innern.
Neunter Band. E)cft 5.
Hamburg. Druck und Verlag von £. Friederichsen & (£o.
1892.
Inhalt. Seite
9b Spruch des Seeamts zu Flensburg vom ib März }89b betreffend den Seeunfall der Galeaffe „Johanne".........................................................................................................
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92. Spruch des Seeamts zu Tönning vom 17. März 1891, betreffend den Seeunfall der britischen Galiote „Reintjedina"........................................................................................... 629
95. Spruch des Seeamts zu Rostock vom ibGctober 1890 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 19. März {891, betreffend den Seennfall der Bark „Anna" von Rostock......................................................................................................................... 656
9b Spruch des Seeamts zu Hamburg vom J6» August 1890 und Entscheidung des Kaiserlichen Gber-Seeamts vom 20. März J89b betreffend den Seeunfall der Bark „Gudrun" von Hamburg................................................................................................................................... 644
95. Spruch des Seeamts zu Königsberg vom 25. März 1891, betreffend den Seeunfall der Bark „Thusnelda" von Memel............................................................................................. 657
96. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom z. April 1891, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Hans und Kurt" von Hamburg..................................................... 659 97. Spruch des Seeamts zu Brake vom 6. April 1891, betreffend die Seeunfälle der Bark „Humboldt" von Brake........................................................................................................... 666 98» Spruch des Seeamts zu Brake vom 30. April 1891, betreffend den Seeunfall des Dreimastschooners „Mathilde" von Brake........................................................................... 675 99* Spruch des Seeamts zu Emden vom 13» December 1890 und Entscheidung des Kaiserlichen Oder-Seeamts vom 5» Mai 1891, betreffend den Seeunfall der Galiote „Johann" von Jheringsfehn................................................................................................. 677
100» Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 15. Juni 1891, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Triumph" von Apenrade ................................................................. 685 10b Spruch des Seeamts zu Emden vom 20» Juni 1391, betreffend den Seeunfall der Schoonerbrigg „Johanna" von Papenburg......................................................................... 686
102. Spruch des Seeamts zu Emden vom 27. Juni 1891, betreffend den Seeunfall des Dreimastschooners „Ludwig" von Papenburg..................................................................... 691 los. Spruch des Seeamts zu Emden vom b Juli 1891, betreffend den Zusammenstoß der Fischerschalnppe „Venus" von Norderney mir der Mutte „Drei Gebrüder" von Warsingsfehn........ ................................................................................................................... 694
10b Spruch des Seeamts zu Lübeck vom 11. Juli 1891, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Flora" von Lübeck mit der dänischen Jacht „De fire Brödre".. 696
105. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 5. August 1891, betreffend den Zusammen stoß des italienischen Vollschiffes „Jldegonda V" mit dem Fischdampfer „Makrele" von Geestemünde............................................................................................................................. 701 (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags.)
Inbalt (Fortsetzung von Seite 2 des Anschlags-.
Seite
(06. Spruch des Seeanrts zu Flensburg vom 5. August (89 b betreffend den Zusammen stoß des britischen Schraubendampfers „Mentana" mit dem Schraubendampfer „Friedrich Krupp" von Kiel................................................................................................ 706 (07. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom (0. August (89b betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Lavinia" von Hamburg ?(( (08. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 20. August (89(, betreffend den Seeunfall der Bark „Moltke" von Hamburg ...................................................................................... 7(9
(09. Spruch des Seeamts zu Danzig vom 22. August (89 (, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Ella" von Danzig.............................................................................. 728 ((0. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom (. September (89(, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Ottilie" von Hamburg.............................................................. 755
(((♦ Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 3. September (89 (, betreffend den Seeunfall des Schrauöendampfers „Celia" von Hamburg................................................................ 7HH
((2. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom (4. September (89 (, betreffend den Seeunfall des Reichspostdampfers „Reichstag" von Hamburg.............................. 749 ((3. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom (5. September (89(, betreffend den Seeunfall des Schrauöendampfers „Baltic" von Hamburg.............................. 759
((§. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom (8. April (89( und Entscheidung des Kaiser lichen Ober-Seeamts vom 23. September (89 b betreffend die Seeunfälle des Schlepp dampfers „Langenberg" und des Dreimastschooners „Christoph Kasten" von Stralsund 763 ((5. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 23. März (89( und Entscheidung des Kaiser lichen Mber-Seeamts vom 24. September (8ß.(, betreffend den Zusammenstoß der Schraubendamxfer „Freia" von Sonderburg und „Falke" von Flensburg.................. 767 ((6. Spruch des Swamis zu Emden vom 2 (.Februar (89 ( und Entscheidung des Kaiser lichen Ober-Seeamts vom 25. September (89 b betreffend den Seeunfall des Schooners „Mllemina" von Leer........................................................................................................... 77H
vom
9b Spruch des Seeamts zu Flensburg März 189b betreffend den Seeunfall der Galeaffe
„Johanne". Der Spruch des Seeamts lautet: Die dem Küstenfahrer Heike Engelbert de Roth in NeuRönnebeck bei Bremen gehörende Galeasse „Johanne" ist in der Nacht vom 3s. Vctober auf den s. November sZAO im Kattegat in der Gegend von Anholt von dem Eigenthümer und dessen Bruder, dem Schisser Abraham Harms de Roth, jum Sinken gebracht worden. Dem Schiffer Abraham Harms de Roth wird die Besugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes und des Steuermanns gewerbes, dem Küstenschiffer Heike Engelbert de Roth die Besugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes entzogen. Gründe. Der Seemann Heike Engelberth de Roth wohnt in Neu-Rönnebeck in der Provinz Hannover; er besitzt ein von dem Königlichen Regierungs-Präsidenten zu Stade am f. December Z887 ausgestelltes Zeugniß über die Befähigung zum Schiffer auf Küsten fahrt. Sein älterer Bruder Abraham Harms de Roth, welcher früher gleichfalls in Neu-Rönnebeck wohnte, hat feit einigen Jahren seinen Wohnsitz in Farsund in Norwegen, ohne indeß aus dem deutschen Unterthanenverbande ausgetreten zu sein; er besitzt ein am 30. Dctober J883 von der Landdrostei in Stade ausgestelltes Zeugniß über die Befähigung zum Schiffer aus kleiner Fahrt. 3m Juni oder Juli J889 kaufte der jüngere de Roth in Farsund eine hölzerne norwegische Galeasse mit Namen „Johanne". Nachdem das Fahrzeug in Hamburg für 6 000 JH versichert war und der Kaiserlich deutsche Eonsul in Stavanger am s3. August f889 ein Flaggenattest ausgestellt hatte, wurde es in Fahrt gesetzt. Der ältere de Roth fungirte als Schiffer, der jüngere als Steuermann; außer den beiden war nur noch ein Zungmann oder Leichtmatrose an Bord. Zunächst wurde nach Königsberg gesegelt. Hier wurde das Schiff
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Galeaffe Johanne.
vermessen und ein Meßbrief für dasselbe ausgestellt. Zur Erlangung eines Tertificats und zur Eintragung des Schiffes in ein deutsches Schiffsregister ist es nicht gekommen. Gleichwohl wurde das Schiff unter deutscher Flagge in Fahrt gehalten. Am 25. Detober segelten die Brüder de Roth mit der „Johanne" von Helsingör ab, angeblich, um nach Thristiansand zu fahren. Als dritter Mann war noch der Schiffsjunge Frandsen aus Kopenhagen an Bord. Zuvor hatte man die angeblich aus 503 Tonnen gesalzener Makrelen bestehende Ladung bei der Mannheimer Ver sicherungsgesellschaft durch deren Agenten inHelsingör für 26 000 Kronen versichert, ohne daß der Agent die unter den durch dänische Zollsiegel verschlossenen Luken im Raume befindliche Ladung sich angesehen hätte. Die Kajüte im Schiffe lag hinten und ging von Bord zu Bord. An der Backbordseite war die Koje des älteren, an der Steuerbordseite die des jüngeren de Roth. Der dritte Mann hatte seine Koje vorn im Schiffe. Das Schiff hat seinen Bestimmungsort nicht erreicht; die Schiffs leute landeten anfangs November im Schiffsboote nördlich von N)arberg an der schwedischen Küste. Nach den Angaben der Gebrüder de Roth hat es damit folgende Bewandtniß: Am Abend des 3J. (Dctober, wo man sich nördlich von Anholt befand und mit Wind aus SD den Turs NV-rG steuerte, kam zwischen bis U Uhr plötzlich ein großer nordwärts fahrender Dampfer von hinten auf. Der jüngere de Roth war allein auf dem Deck, der ältere schlief hinten in der Kajüte, der Schiffsjunge schlief vorn im Volkslogis. Als der Dampfer näher kam, steckte der Steuermann die Ankerlaterne an und hing sie hinten an den Besahnsbaum. Gleich darauf rannte der Dampfer der Galeaffe hinten bei der Kajüte in deren Steuerbordseite und machte hier unter öeni Schandeckel ein großes Loch. Der ältere de Roth, welcher aus tiefem Schlafe durch den Stoß erweckt war, kam sofort auf Deck und erfuhr hier von dem Bruder, daß man von einem Dampfer angerannt sei. Der Dampfer war mittlerweile zurückgegangen, er befand sich, als der ältere de Roth an Deck kam, schon bis \ Seemeile an Back bord achteraus. Die Brüder schrien laut um Hülfe; auf dem Dampfer kehrte man sich nicht daran; derselbe fuhr nordwärts und kam bald gänzlich aus Sicht. Nachdem die Brüder in das von dem Dampfer gemachte Loch von außen eine Matratze hineingestopft hatten, weckten sie den Jungen und hießen ihn an die Pumpe gehen. Das Schiff sank
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Galeasse Johanne.
allmälig vorn immer tiefer weg.
Man warf Kette und Anker ins
U)asser, um dadurch das Kentern zu verhindern.
Eine halbe Stunde
später verließ man in dem Boot, welches hinten am fyxF in Davids
mitgeführt wurde, das sinkende Schiff und segelte der schwedischen Küste zu.
Das Journal wurde nicht geborgen; man wollte es bergen,
vergriff sich aber, indem man statt dessen ein altes Buch mitnahm.
der
Nach
Landung
an
der
schwedischen
Gothenburg zum deutschen Tonsul.
Küste
reiste
man
nach
Obwohl man das Journal ver
loren hatte, legte man hier eine Verklarung ab, nachdem man zuvor
aus dem Gedächtnisse die einzelnen Erlebnisse auf der letzten Reise so genau zu Papier gebracht hatte, wie solches in einem Journal
nicht genauer zu geschehen pflegt.
Als der Dampfer dicht vor der Galeasse war, legte der Steuer mann
de Roth
sein
Ruder
backbord.
In
welcher
Richtung der
Dampfer von der Galeasse frei kam, hat man nicht gesehen. wenig
gehört.
hat man
auf
Ebenso
dem Dampfer Leute gesehen oder Stimmen
Nur soviel hat man erkennen können,
daß der Dampfer
2 Masten hatte und an den: vorderen Raaen führte. Der Schiffsjunge Frandsen, dessen Vernehmung vor dem Seeamt nicht hat herbeigeführt werden können, weil sein Aufenthalt nicht zu ermitteln war, hat in einer Vernehniung vor dem Vorsitzenden des
Seeamts eidlich ausgesagt, daß er, als er an Deck kam, weder einen Dampfer,
noch
eine Ankerlaterne
auf der Galeasse
gesehen habe.
Er hat nur einen schwachen Stoß verspürt, ist gleich wieder ein geschlafen und erst wieder erwacht, als man ihn herauspurrte.
Ueber den Erwerb der Makrelenladung stimmen die Angaben der Gebrüder de Roth nicht immer überein.
Anfangs behaupteten
sie, daß die Makrelen von Fischern verschiedener Nationalität in der
Nordsee gekauft seien; später jedoch erklärten sie, die Fische seien von englischen Fischern, die bei den Mrkney-Inseln lagen, gekauft worden.
Die Makrelen sollen von dem älteren de Roth mit 50 Kronen per Tonne und zum großen Theil mit \ Krone Provision per Tonne
baar bezahlt sein mit einer Gesammtsumme von 25—26000 Kronen. Der jüngere de Roth hat das Geld, welches dem Bruder gehörte,
nicht gesehen, kann demnach auch nicht angeben, wo er es aufbewahrte und aus welchen Münzsorten es bestand.
die Zahlung sei in dänischem,
Der ältere de Roth sagt,
norwegischem und deutschem Gelde
erfolgt; wo er das Geld erworben und wie er es aufbewahrte, könne er nicht angeben; jedenfalls habe er das Geld schon mit sich geführt, als man von Farsund aussegelte; versichert gewesen sei es nicht. IX. 40
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(Baleaffe Jvhanne.
Die Gebrüder de Roth wollen nach der Einnahme -er Makrelen ursprünglich die Absicht gehabt haben, mit der Ladung nach Ehristiansand zu gehen. Sie sind anstatt dessen anfangs Vctober nach Helsingör gekommen, weil das Wetter stürmisch und deshalb die norwegische Rüste nicht zu erreichen war. Von tzelsingör ist der ältere de Roth nach Ehristiansand gereist und hat dort die schwimmende Ladung an den Makrelenhändler Thorwald B. Vhlsen für 56—57 Kronen ä, Tonne verkauft. Von Ehristiansand nach Helsingör zurückgekehrt, ließ er sich von dem Käufer in Ehristiansand den handel telegraphisch bestätigen und schloß dann unter Vorzeigung der Depesche mit dem Versicherungsagenten in Helsingör die Versicherung auf 26 OOOKronen ab. Da es von vornherein zweifelhaft erschien, ob das Schiff eine so bedeutende Quantität Makrelen, wie versichert worden, in der Nord see hatte einnehmen können, ist als Zeuge vernommen der amerikanische Bürger John Wollte aus Philadelphia, zur Zeit wohnhaft in Hangesund in Norwegen. Derselbe hat sich vernehmen lassen wie folgt: „Jm Jahre 1889 sei er als Vertreter eines Fischgeschäfts in Philadelphia, der Firma S. M. Levins Sons, nach Hangesund in Norwegen gekommen, um daselbst die Makrelenfischerei zu studiren. Er habe seit dieser Zeit hier handel mit Makrelen getrieben. Er habe niemals gehört, daß Fischer von den Orkney-Inseln mit Makrelenhandelten; die englischen Fischer dürften auf See überhaupt keine Fische verkaufen. Er sei in England gewesen, um die Fischer dort anzuweisen, wie sie die Makrelen auf amerikanische Art einzusalzen hätten. Nur einen habe er gefunden, welcher sich hierauf eingelassen und dann die Makrelen nach Amerika verkauft habe. Ihm seien die in der Galeasse „Johanne" angeblich verladenen Makrelen anfangs Oktober zum Kauf angeboten und zwar mit dem Bemerken, daß sie auf amerikanische Art fein verpackt seien und die Tonne 90 Kilogramm wiege. Er habe 70 Kronen per Tonne geboten, aber sein Gebot zurückgezogen, als er erfuhr, daß die Makrelen noch in Dänemark seien. Später seien ihm dieselben Makrelen von Olsen in Ehristiansand zu Kauf angeboten. Er sei daraufhin nach Ehristiansand gefahren. Sobald er hier erfahren, daß es dieselben Makrelen seien, auf welche er schon früher geboten, habe er sich gleich gedacht, daß es eine Assecuranzaffaire sei. Nachdem er auf Andrängen des verkaufenden Maklers, der ihm versicherte, die Sache sei in Ordnung, noch 7 bis 8 Tage in Ehristiansand auf das Eintreffen des Schiffes gewartet habe, sei ihm mitgetheilt, das Schiff komme nicht, weil es untergegangen sei." Als die Schiffbrüchigen in Gothenburg beim deutschen Lonsul
Galeaffe Johanne.
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ankamen, waren sie völlig mittellos, so daß der Gonsul ihnen Reise geld geben mußte, damit sie nur nach Kiel kommen konnten. Weder die Versicherungssumme aufs (Lasco noch die auf die Ladung ist den Brüdern de Roth bis jetzt ausbezahlt worden. Die Affecuradeure haben sich zu zahlen geweigert, weil sie den Verdacht hegten, es sei das Schiff absichtlich zum Sinken gebracht.
Der Reichscommiffar hat beantragt, daß den Brüdern de Roth die Befugniß zur Ausübung des Schiffer- und Steuermannsgewerbes entzogen werde. Zur Begründung dieses Antrages ist ausgeführt worden, daß die Leute offensichtlich das Schiff weggesetzt hätten, um die Versicherungssumme zu erhalten und daß überdies gegen den §. |6 des Gesetzes vom 25. Vctober 1867, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugnisse zur Führung der Bundesflagge, verstoßen sei. Bezüglich der Zuständigkeit des Seeamts ist noch zu bemerken, daß die Untersuchung vom Herrn Reichskanzler angeordnet und die Führung derselben dem hiesigen Seeamt übertragen ist.
Das, was die Gebrüder de Roth über den Zusammenstoß mit dem unbekannten Dampfer berichten, ist völlig unglaubwürdig. Gin so großer Dampfer, wie derjenige, welchen die Gebrüder de Roth gesehen haben wollen, begnügt sich nicht damit, ein verhältnißmäßig kleines Loch zu machen und dabei den Schandeckel unversehrt zu lassen, wenn er mit einem kleinen hölzernen Segelschiff, wie die „Johanne", zusammenstößt. Gr zertrümmert mindestens die ganze Schanzkleidung, so daß das Wasser hinten gleich in vollen Zügen einströmen muß, und zwar so rasch, daß der Schiffer es schon hätte merken müssen, ehe er die Kajüte verließ; er läßt auch nicht das hinten am Heck hängende Boot unversehrt, sondern muß es nothwendig an seinen: einen Gnde, wo es über die Schanzkleidung des Schiffes hinwegragt, allemal dann zerdrücken, wenn er von hinten aüfkommt.
Gin solcher Dampfer verschwindet auch nicht, wie jener gethan haben soll, so rasch, daß er schon gegen eine Seemeile achteraus sein konnte, als der ältere Bruder an Deck kam. Gs kommt auch nicht vor, daß auf solchem Dampfer Leute weder zu sehen noch zu hören sind. Gs ist unmöglich, daß der Stoß des Dampfers im Volkslogis kaum bemerkbar war, so daß der dort schlafende Schiffsjunge saunt davon erwachte; kommt ein solcher Dampfer auf ein hölzernes Segel-
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Galeaffe Johxnne.
schiff losgefahren, so kracht letzteres derartig in allen Fugen, daß
einem das Schlafen schon vergehen soll. Durch die glaubhafte Aussage des gänzlich unverdächtigen Schiffs jungen Frandsen wird es zur unzweifelhaften Gewißheit erhoben,
daß gar kein Dampfer zur Stelle gewesen ist.
Frandsen behauptet,
er habe weder einen Dampfer gesehen, noch das angeblich angezündete Ankerlicht; er hätte beides aber sehen müssen, wenn es wahr wäre,
daß ein Dampfer das Schiff angerannt und die Ankerlaterne gebrannt
hätte, da Frandsen, wie de Roth's behaupten, gleich nachher an Deck gekommen sein soll. Sollte übrigens an dieser unzweifelhaften Gewißheit etwas mangeln,
so
wird solches jedenfalls ausreichend ergänzt durch die von den
Gebrüdern de Roth über den Erwerb der Makrelen gemachten Angaben. Es ist zunächst angesichts der Aussage des Zeugen Willie ausgeschlossen,
daß man eine so große Partie gesalzener Makrelen in der Nordsee kaufen konnte. Es ist ferner undenkbar, daß der ältere de Roth sich im Besitze der erforderlichen Baarmittel befunden hat; wobei auch
noch darauf hingewiesen werden mag, daß bekanntlich die englischen Fischer, wenn sie überall für Geld Fische ablassen, nur englisches Geld annehmen.
Die über den Erwerb der Baarmittel und die
Aufbewahrung derselben abfetten der Gebrüder de Roth gemachten Angaben tragen den Stempel der Unwahrheit so offensichtlich an der Stirn, daß es in dieser Richtung kaum einer weiteren Ausführung bedarf.
Sicherlich lassen sich noch eine Reihe anderer Indicien gegen die
Gebrüder de Roth anführen; das Seeamt glaubt aber von weiteren Auseinandersetzungen absehen zu dürfen, weil die hervorgehobenen
völlig genügen dürften, die Brüder de Roth für überführt zu erachten,
daß ihre Angaben, sie seien von einem Dampfer an- und übergesegelt, auf Erfindung beruhen.
Liegt die Sache aber so, wird man nicht fehlgreifen, wenn man ohne weiteres annimmt, daß die Gebrüder de Roth selbst absichtlich das Schiff zum Sinken gebracht haben, um die Versicherungssumme
zu profitiren.
Glückte es ihnen, die Affecuradeure solchergestalt zu
täuschen, so war den gänzlich mittellos gewordenen Leuten ein großer
Gewinn sicher und damit für sie hinreichende Veranlassung zum lVeg-
setzen des Schiffes gegeben. A)ie sie solches bewerkstelligt haben, kann bei dem Mangel eines Geständnisses ihnen natürlich nicht nachgewiesen werden; vermuthlich
haben sie das Loch durch Sprengung mit einer Dynamit-Patrone
Galiote Reintjedina.
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hergestellt oder nach vorgängiger Durchsägung der Planken mit einem Beile eingehauen.
Daß die beiden Brüder im Einverständniß mit einander gehandelt haben, als sie das Schiff zum Sinken brachten, und daß nicht einer
von ihnen allein der Schuldige sein kann, ist nach Lage der Umstände unzweifelhaft, weil derartige Unternehmungen selbstverständlich nicht von einem ohne Mitwissen des andern ins Werf gesetzt werden konnten. Schiffer, welche eines solchen Unternehmens fähig sind, wie das
den Gebrüdern de Roth zur Last fallende, haben nicht die Eigen
schaften, welche zur Ausübung des Schiffer- und Steuermannsgewerbes
erforderlich sind. Es waren ihnen deshalb in Uebereinstimmung mit dem Anträge des Reichscommiffars die ihnen zustehenden Befugnisse zu entziehen. Mit Recht ist vom Reichscommissar hervorgehoben worden, daß.
auch gegen ß. (6 des Gesetzes vom 25. Dctober (867 verstoßen ist. Spätestens innerhalb eines Jahres nach dem (3. August (889, der
Ausstellung des Flaggenattestes, hätte die Eintragung des Schiffes in
ein deutsches Schiffsregister erfolgen müssen.
Weil solches nicht geschehen
war, fuhr der Schiffer nach dem (3. August (890 unter der Reichs flagge, ohne dazu berechtigt zu sein, und verfiel damit der Straf bestimmung des §. (4( des angezogenen Gesetzes.
92. Spruch des Seeamts zu Tönning vom \7. März }89l, betreffend den Seeunfall der britischen Galiote „Reintjedina" Der Spruch des Seeamts lautet:
Die britische Galiote „Reintjedina" ist auf der Reise von Ulorrisson im Firth of Forth nach Hamburg am 29. October (890 bei Wenningstedt auf Sylt gestrandet und total verloren gegangen.
Don dem Strandvogt Bleiken in Rampen, sowie von den
Stationen zur Rettung Schiffbrüchiger auf Sylt und Amrum
ist alles zur Bergung der Schiffbrüchigen geschehen, was unter
den obwaltenden Umständen gethan werden konnte. Es ist lobend anzuerkennen, daß der Post-Inspector Schütz nach Amrum telegraphirte, man möge mit dem Rettungsboote
den Schiffbrüchigen zur Hülfe kommen.
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Galiote Reintjedina.
Es ist -ringend zu empfehlen, daß in Zukunft bei Wester land auf der Insel Sylt ein passendes Rettungsboot zur Ver fügung gehalten werde. Gründe. Die britische.Galiote „Reintjedina" war am 23. Detober 1890 mit einer Ladung feuerfester Steine und Thonröhren für Hamburg von Morissonhaven im Firth of Forth in See gegangen. Die Besatzung bestand aus folgenden Personen: s. dem Schiffer Edmund Reid aus Dundee, 2. dem Steuermann William Gordon Strachau ebendaher, 3. dem Leichtmatrosen James Tellfort aus Carlisle, 4. dem Leichtmatrosen James Miller aus Inverary. Der Tiefgang des Schiffes betrug hinten 9'--, vorn 9 Fuß bei \ Va Fuß Auswässerung. In den ersten Tagen war die Reise bei gutem Wetter glücklich verlaufen. Dann war das Wetter schlecht geworden und hatte das Schiff in der hohen See stark gearbeitet, so daß es leck geworden war. Nachdem man am Abend des 26. das Feuer von Helgoland in Sicht bekommen hatte, war man ni.it deni lecken Schiffe bis zum Morgen des 29. ohne bestimmten Turs in der Nordsee umhergetrieben. Trotz angestrengten Pumpens war dabei das Schiff allmälig immer tiefer zu liegen gekomnien; die Verschanzung vorn und mittschiffs war schließlich weggeschlagen, so däß das Deck bis mittschiffs fast immer unter Wasser stand. Am 29. bei Tagesanbruch kam an Steuerbord die Südspitze der Insel Sylt in Sicht. Man segelte nun bei heftigem Sturm aus SSW und hohem Seegange nordwärts der Rüste entlang. AIs man zwischen 8 und 9 Ahr morgens in der Gegend von Wenningstedt angekonmien war, ließ man das Schiff gradewegs auf den Strand laufen. Das Schiff lief ungefähr 2 Vs Kabellängen vom Fuß des Kliffs an einer Stelle, wo man den Feuerthurm von Kämpen in VzN peilt und wo bei gewöhnlicher Ebbe 6 bis 7 Fuß Wasser sind, auf den Grund. Nach dem Festkommen schlug es nicht herum, vielmehr blieb der Steven dem Lande zu gerichtet. Die Brandung ging nunmehr über das ganze Schiff hin, so daß die Mannschaft genöthigt wurde, sich in die Takelage zu flüchten. Sämmtliche % Leute kletterten auf die Breitfockraa und blieben hier sitzen. Der Vorsitzende des Zweigvereins zur Rettung Schiffbrüchiger auf Sylt, Eschels aus Westerland, und der Strandvogt Bleiken aus Kämpen trafen sofort Anstalten, um die im Maste sitzenden Schiff brüchigen zn retten. Zuerst kam der Kampener Raketenapparat, dann der Westerlander an die Strandungsstelle. Schon eine halbe Stunde
Galiote Reintjedina.
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nach der Strandung kamen die Raketenapparate in Thätigkeit. Weil das Schiff nicht mit der Breitseite, sondern mit dem Buge dem Lande zugekehrt lag, war es schwierig, die Raketen so zu werfen, daß die Leine sich in der Takelage des Schiffes verfing. So kanr es, daß es anfangs nicht gelingen wollte, eine Verbindung mit dem Schiffe herzustellen. Nachdem es endlich gelungen war, eine Leine zu den Schiffbrüchigen hinzubringen, verfing sich das nachgezogene Iolltau mit der Leine an einer nördlich vom Schiff liegenden Steinbuhne. Versuche, die Leine von der Buhne klar zu machen, blieben erfolglos. Dbgleich im weiteren verlaufe des Tages im ganzen 18 Raketen verschossen wurden, gelang es doch erst gegen Abend, eine Leine in die Hände der Schiffbrüchigen zu bringen, welche diese oberhalb der Raa am 2 Hafte befestigten. Am Lande setzte man diese Leine hoch oben am Kliff fest und brach dann wegen eingetretener Dunkelheit einstweilen die Rettungsarbeiten ab. Zwischen 7 und 8 Uhr abends kanr der Leichtmatrose James Tellfurt an dieser Leine herunter, indem er einen vom Steuernrann ihm zurecht genrachten Block auf die Leine hing und sich an dieser hinabgleiten ließ. Tr fiel dabei allerdings ins Wasser, wurde aber, ohne die Verbindung mit der Leine zu verlieren, von der Brandung ans Land geworfen und so gerettet. Gegen 10 Uhr abends versuchte auch der Steuermann in ähnlicher Weise ans Land zu kommen. Während er hinabglitt, riß indeß die Leine, in Folge dessen er ins Wasser fiel und als Leiche ans Land gezogen wurde. Der Schiffer und der Leichtmatrose Miller blieben die Nacht über auf der Raa sitzen. Am andern Morgen wurden die Rettungs arbeiten mit den Raketenapparaten wieder ausgenommen. Mittlerweile war auch das Lister Rettungsboot mobil gemacht. Dasselbe kam indeß nur bis in die Nähe des Schiffes; es mußte umkehren, ohne etwas auszurichten, weil Wind und Seegang so heftig geworden waren daß man das Boot kaum über Wasser halten konnte. Nur mit genauer Noth konnten die Rettungsmannschaften List wieder erreichen. Die noch verfügbaren Raketen von Kämpen und Westerland waren bald verschossen, ohne daß eine Verbindung mit dem Schiffe hergestellt wurde. Ts trafen dann eine Anzahl Raketen ein, welche man von List und Rantum requirirt hatte. Mit diesen gelang es, mehrmals eine Verbindung mit dem Schiffe herzustellen. Am Nach mittage kam eine Leine ans Schiff, welche die Schiffbrüchigen wieder oberhalb der Raa am Maste befestigten. Sie zogen mittelst derselben
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Galiote Reintjedina.
zwei Korkjacken, welche man am Lande daran festgemacht hatte, ans
Schiff,
konnten sie aber nicht weiter als bis unter das Bugspriet
bringen, vermuthlich weil sie sich hier im Tauwerk verwickelt hatten oder von Wrackstücken festgehalten wurden.
Eine zweite Leine, welche
traf, blieb im Vordergeschirr hängen, eine dritte, welche ebenfalls traf und
dem Leichtmatrosen ergriffen wurde,
von
mußte wieder
fahren gelassen werden, weil der Leichtmatrose sie nicht halten konnte.
So blieben der Schiffer und der Leichtmatrose auch bei Eintritt der Nacht noch auf der Raa sitzen.
Mitten in der Nacht stieg der Schiffer
hinunter; er hatte vorher dem Leichtmatrosen gesagt,
er habe ein
Telegramm um ein Boot ans Land geschickt; er müsse ans Land,
denn er könne
es nicht länger aushalten.
Am darauf folgenden
Morgen hing der Schiffer todt im Vordergeschirr.
Das Wetter begann nunmehr besser zu werden, der Wind flaute
ab und die See wurde ruhiger. lebend auf der Raa.
Der Leichtmatrose Miller saß noch
Man konnte auch jetzt noch nicht gleich mit
einem Boote ans Schiff kommen, weil man nur das der Badedirektion
zu Westerland gehörende Boot zur Verfügung hatte, ein Fahrzeug,
welches allerdings vorn und hinten mit einem Luftkasten versehen ist, zur Zeit aber keinen Korkgürtel hatte und als seetüchtiges Rettungs
boot nicht anzusehen war.
Erst nach einer Stunde etwa, als die
See ganz ruhig geworden und niedrigste Ebbe eingetreten war, konnten
es
Leute unternehmen, in diesen: Boote an das gestrandete Schiff
zu rudern.
Sie erreichten glücklich den aus dem Wasser ragenden Bug
des Schiffes,
holten den Leichtmatrosen von der Raa herunter und
brachten ihn noch lebend ans Land.
Derselbe ist am Leben erhalten
geblieben.
Mittlerweile
waren
auch
die Lister mit ihrem Rettungsboote
wieder an Drt und Stelle gekommen.
Sie nahmen die Leiche des
Schiffers aus dem Vordergeschirr, brachten sie ans Land und kehrten dann heim.
Am zweiten Morgen, am 30. Dctober also, hatte sich unteranderen auch der grade dienstlich auf Sylt anwesende Post-Inspector
Schütz aus Kiel am Wenningstedter Strande eingefunden. sah,
Als er
daß alle Versuche, die beiden noch im Maste sitzenden Leute zu
retten, erfolglos waren und unter den Zuschauern die Aeußerung siel „wenn das bei Amrum passirte, waren die Leute längst gerettet",
begab er sich nach Westerland und telegraphirte von hier an den Poftagenten zu Nebel auf Amrum:
„Ich komme eben von der Strandungsstelle eines Schooners
633
Galiote Reintjedina.
bei Wenningstedt, die Raketen sind vergeblich verschossen, das Lister Rettungsboot ist wieder abgesegelt, die Brandung ist nach
Angabe von Sachkennern mäßig, können Sie nicht Seeleute
dort mobil machen, da hier nichts zur Rettung der Menschen
geschieht, die in den Masten sind." Der postagent in Nebel theilte den Inhalt dieses Telegramms dem Commandeur des Amrumer Rettungsbootes, dem Fischer Volkert
Dieser rief sofort die für das
Nikolaus Flohr in Norddorf, mit.
Nachdem das Boot mit
Rettungsboot designirten Leute zusammen.
Mann besetzt war, ging man gleich nach Mittag mit demselben in See, um nach der Strandungsstelle zu fahren.
Führer des Bootes
war der genannte Fischer Flohr; unter den übrigen Leuten befanden sich
sein
Bruder
und
Flohr
Theodor
Fischer
der
Bork.
Jens
Särnmtliche Leute hatten Aorkjacken angezogen.
Der Wind war nach WNW umgegangen, die See war ruhiger
geworden und es schien sich das Wetter allmälig zu bessern. wurde nur gerudert; als
man
glücklich
durch
Zuerst
die Brandung bei
Amrum gekommen war, setzte man Segel und fuhr dann rudernd
Nordwestlich von der Hörnumer Bake an
und segelnd nordwärts.
gekommen, außerhalb der Brandung, zog man die Ruder ein, um einen Imbiß zu nehmen.
Da kam plötzlich eine große Areuzsee von
Backbord her aufs Boot losgestürzt.
Das Boot schlug um, so daß
es mit dem Kiel nach oben zu liegen kam.
Sämmtliche Insassen
bis auf zwei, welche unterm Boot blieben, fielen ins Wasser.
hingen sich an die Leeseite, um es wieder aufzurichten.
H Minuten kam eine zweite Areuzsee.
Sie
Nach 3 bis
Diese warf das Boot herum
und brachte es wieder auf ebenen Aiel.
Die unter den: Boote ge--
bliebenen beiden Leute waren am Leben und saßen unversehrt darin.
Das Boot war voll Wasser, die Masten waren abgebrochen und sämmtliche Riemen ins Wasser gefallen.
Dort den im Wasser be
findlichen Leuten stiegen mit Hülfe der im Boote gebliebenen Leute
6 Mann wieder ins Boot. Boot nicht.
Zwei Mann
dagegen erreichten das
Der eine, der Bruder des Führers, schwamm windwärts
hinter dem Boote her, der andere trieb leewärts mit zwei Rudern im
Arm anscheinend
regungslos
im Wasser.
trieb nunmehr unaufhaltsam dem Lande zu.
Das
Rettungsboot
Im Treiben
reichte
man noch dem leewärts im Wasser liegenden Jens Bork einen Boots
haken hin.
Er faßte aber nicht danach.
Der Bruder des Führers
schwamm hinter dem Boote her; das Boot trieb indessen rascher als er schwimmen konnte, so daß er bald aus Sicht kam.
Nach einiger
63H
Galiote Reintjedinai
Zeit trieb das Boot ungefähr 50 Schritt südwestlich von der Hörnumer Bake auf die Düne.
Die in demselben befindlichen Leute bargen sich
ans Land. Die beiden außerhalb des Bootes im Wasser treibenden Leute kamen einstweilen nicht wieder zum Vorschein; ihre Leichen wurden (7 Tage später an der jütischen Küste aufgefischt,, die des
Flohr unversehrt, die des Bork mit eingedrücktem Schädel. Nach Aussage der Amrumer wären sie auch dann mit ihrem Boote ausgegangen, wenn das von dem Post-Inspector Schütz auf gegebene Telegramm nicht den Zusatz enthalten hätte: „hier geschieht nichts zur Rettung der Menschen, die in den Masten sind". Sie erklären, sie hätten sich auf alle Fälle verpflichtet gehalten,
mit dem Boote nach der Strandungsstelle zu gehen, weil sie angesichts
des sich bessernden Wetters die Hoffnung gehabt hätten, mit dem besonders tüchtigen Boote noch am Abend den Schiffbrüchigen hülfe
bringen zu können.
Sie sind deshalb auch der Meinung, daß der
Post-Inspector durchaus richtig handelte, als er die Nachricht von dem bei Wenningstedt stattgefundenen Strandungsfall nach Amrum
telegraphirte. Als die Lister bei ihrer Rückkehr von der Strandungsstelle er fahren hatten, daß das Amrumer Rettungsboot gekentert fei und zwei zur Besatzung desselben gehörende Leute vermißt wurden, machten sie sich sofort wieder auf den Weg. Sie fuhren ganz nach Hörnum hinunter, ohne indeß der Vermißten ansichtig zu werden, und kehrten erst am (. November nach List zurück. Die gestrandete Galiote „Reintjedina" hat sich allmälig ganz in
den Sand eingebohrt und ist mit der Ladung total verloren gegangen. Sie war früher ein deutsches Schiff und gehörte dem Schiffer Dirk
Buse in Mst-Rhauderfehn.
Dirk Buse segelte mit ihr im März (890
in Ballast von der Weser nach dem Firth of Forth, um eine Ladung Kohlen für Brake zu holen. Das Schiff strandete im Firth of Forth, wurde condemnirt
und in öffentlicher Auction an W. Taylor in Taylor verkaufte das Schiff an den Schiffs
Grangemouth verkauft.
makler p. 5. Nicoll in Dundee und dieser setzte es wieder in Fahrt. Gb selbiges geschehen ist, nachdem zuvor der Board of Trade das
Schiff für seetüchtig erklärt hatte, hat nicht festgestellt werden können.
Die Vermuthung, daß der Board
of Trade das Schiff nicht für
seetüchtig erklärt hat, wie solches von Schiffen, welche von neuem in
Fahrt gesetzt werden sollen, nach englischer Gesetzgebung vorgeschrieben
ist, wird dadurch bestätigt, daß die beiden geretteten Matrosen nach
Galiote Reintjedina.
655
ihrer eidilichen Aussage in Schiffsdienst genommen waren, ohne vorher ongemusttert zu sein. Zur Zeit, als das Schiff noch ein deutsches war, war es verrneffen z« einem Netto-Raumgehalt von 75,as Register-Tons und führte das Unterscheidungs-Signal AD BI. Erbaut war es im Jahre (865, «nd zwar aus Holz.
Wie das verloren gegangene Schiff auf der Reise nach Hamburg leck geworden ist, hat bei dem Totalverlust desselben selbstverständlich nicht ermittelt werden können. Anzunehmen ist, daß bei dem Arbeiten des Schiffes in der schweren See die Verbindungen sich gelöst haben, wie solches bei alten Schiffen und denen, welche schon früher einmal gestrandet sind, nichts Ungewöhnliches ist. Die Strandung bei Wenningstedt ist offenbar die unmittelbare Folge des keckwerdens, wodurch das Schiff bei dem schweren Wetter in seiner Ulanövrirfähigkeit derart beeinträchtigt wurde, daß man keinen richtigen Lurs mehr halten konnte, vielmehr zu treiben genöthigt war, wie die Umstände es mit sich brachten. Zur Rettung der Schiffbrüchigen ist am Strande zu Wenningstedt alles geschehen, was bei der Lage des Schiffes geschehen konnte. In dieser Beziehung ist hervorzuheben, daß schon eine halbe Stunde nach der Strandung die Raketenapparate in Function traten, daß man unablässig bemüht war, vermittelst der Raketenapparate eine Verbindung mit dem Schiffe herzustellen. Es ist ferner darauf hinzuweisen, daß es zu keiner Zeit an Raketen gemangelt hat, daß vielmehr, als die Westerlander und Aampener Raketen verschaffen waren, ausreichender Ersatz von List und Rantum zur Stelle war. Die seeamtliche Unter suchung hat ergeben, daß namentlich der Strandvogt Bleiken mit großer Energie und Umsicht sich unablässig der Leitung der Rettungs arbeiten unterzogen hat. Wenn die Arbeiten nicht überall den gewünschten Erfolg halten, so lag dies hauptsächlich daran, daß das Schiff grade an der un günstigsten Stelle auf den Strand gelaufen war und außerdem nicht mit der Breitseite, sondem mit dem Buge dem Lande zu lag. Die Stelle, wo es strandete, liegt unmittelbar vor dem ^6 Meter hohen rothen Kliff, wo das Wasser in einer Länge von beinahe 2 Kabellängen flach ausläuft und damit gestrandete Schiffe von dem Tiefgänge der „Reintjedina" — (0 bis 8 Fuß — hindert, näher an das Ufer heranzukommen.
Es ist klar, daß je weiter die Entfernung des
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Bark Anna.
gestrandeten Schiffes vom Ufer ist, desto schwieriger die Aufgabe wird, eine Verbindung mit demselben herzustellen.
Diese Schwierigkeit wird
vermehrt, wenn das gestrandete Schiff nicht mit der Breitseite dem Lande zugekehrt ist, weil es den Raketenapparaten dann an einem größeren Treffobject mangelt.
Der Post-Inspector Schütz ging allerdings zu
weit,
als er
telegraphirte, es geschähe auf Sylt nichts zur Rettung der Schiff
brüchigen.
Daß er so telegraphirte, steht indeß mit dem Kentern des
Amrumer Rettungsbootes und dem Verluste zweier Amrumer See
leute in keinem Zusammenhänge, da die Amrumer ohnehin sich auf
den U)eg gemacht hätten.
Wie die Amrumer selbst vor dem Seeamt
sich ausgesprochen haben, konnten sie es nur lobend anerkennen, daß
man sie von der traurigen Lage der Schiffbrüchigen benachrichtigte. Das Seeamt kann sich dem nur anschließen und hinzufügen, daß es leicht erklärlich ist, daß der Post-Inspector in der ersten Aufregung über das Gesehene und Erlebte seine Worte nicht so sorgsam über
legte und wählte,
wie es unter anderen Umständen zweifelsohne
geschehen wäre. Als ein recht fühlbarer Mangel ist es von allen beim Rettungs werk Betheiligten empfunden worden, daß kein brauchbares Rettungs
boot zur Verfügung stand, da, wenn solches der Fall gewesen, der Leichtmatrose Miller mindestens eine Stunde früher vom Mast hätte
Leider befindet sich an der ganzen Westküste der Insel Sylt kein passendes Rettungsboot; man ist viel heruntergeholt werden können.
mehr, wenn ein solches gebraucht werden soll, auf die Rettungsboote
in List und auf Amrum angewiesen, welche so weit entfernt sind, daß
sie erst nach mehreren Stunden eintreffen können.
Im Interesse der
bei Sylt strandenden Schiffbrüchigen nicht minder wie in dem der vielen auf Sylt im Sommer weilenden Badegäste ist es dringend zu
empfehlen, daß auf der Westseite der Insel ein passendes Rettungs boot zur Verfügung gehalten werde.
95,
Spruch des Seeamts zu Rostock
vom U. October 1890 und Entscheidung des Kaiserlichen
Ober-Seeamts
vom
19» März
1891,
betreffend
den
Seeunfall der Bark „Anna" von Rostock. Der Spruch des Seeamts lautet: Die Strandung der Bark „Anna" an der SVSeite der Insel
Bark Anna.
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Tittle Inagua (Bahama-Inseln) ist verursacht durch die westlich setzende Strömung und die Dunkelheit der Nacht. Dem stell vertretenden Schiffer und dem Steuermann gereicht es zum Vorwurf, daß sie bei Bestimmung des (Luises nicht alle in Er wägung zu ziehenden Umstände mit der erforderlichen Vorsicht in Rechnung gezogen haben. Ein Grund, dem stellvertretenden Schiffer sein Steuermannspatent zu entziehen, liegt nicht vor. Entscheidungsgründe. Die deutsche Bark „Anna", Heimathshafen Rostock, Unterscheidungs-Signal TEBG, ist auf der Reise von Monte Ehristy auf St. Domingo nach Riga in der Nacht vom 19auf den 20. Februar 1890 an der Südostseite der Insel Tittle Inagua (Bahama-Inseln) auf ein Riff gerathen und total wrack geworden. Die seeamtliche Untersuchung dieses Unfalls hat zu folgenden Er gebnissen geführt: Die Bark, welche im Jahre 187( in Kiel aus Eichenholz erbaut, feit (88^ in Rostock beheimathet und zu einem Netto-Raumgehalt von 4^7,56 britischen Register-Tons vermessen war und welche nach großer Reparatur im Jahre (88(1 vom Büreau Veritas die Classe 3/3 A. 1.1. mit dem Stern auf 6 Jahre, d. h. bis zum September 1890 erhalten hatte, ist am 25. December 1889 in Ballast von pernambuco in Monte Ehristy eingetroffen. Mährend Einnahme einer für Riga bestimmten Ladung Blauholz starb dort am 23. Januar 1890 der bisherige Führer des Schiffes, Schiffer Zelck, und es wurde in Folge dieses Todesfalles unter Zustimmung des hiesigen Eorrespondentrheders der erste Steuermann, tj. E. F. Papenhagen aus Rostock, vom Kaiserlich deutschen Lonsulat zu Monte Ehristy für die Heim reise nach Europa zum Stellvertreter des Schiffers ernannt, während der bisherige zweite Steuermann Thürkow zum ersten Steuermann aufrückte. Papenhagen hat das Steuermanns-Examen im Jahre 1886 in Rostock gemacht, das Schiffer-Examen aber bisher nicht absolvirt. Am 18., Februar 1890 verließ das Schiff den fjafcn von Monte Ehristy. Dasselbe wär seemäßig ausgerüstet. Ehronometer, sowie die nöthigen Meßapparate und Seekarten befanden sich an Bord. Die Karte von Mestindien war aus dem Jahre 1883. Die Besatzung bestand mit Einschluß der genannten beiden Steuerleute aus zehn Personen. Die kadung betrug ^29 Tons und war ordnungs mäßig verstaut. Nach Aussage des Zimmermanns Matson war der Top des Fockmastes nicht von guter Beschaffenheit, der Rumpf jedoch in sehr gutem Zustande und die Bark überhaupt für die Reise nach Europa tauglich genug. Die Absicht des stellvertretenden Schiffers
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Bark Anna.
war, zwischen den Inseln Little Inagua und West Taicos hindurch zugehen und dann durch die Laicos-Passage die offene See zu gewinnen. Die Monte Thristy näher gelegenen Passagen durfte er seiner Ansicht nach nicht wählen, weil er nicht gegen den Gst-Passat aufkreuzen zu können glaubte. Das Wetter war am s8. Februar bedeckt und böig mit Regen. Am sy. vormittags klarte es auf, so daß alle Segel gesetzt werden konnten. Bei der mittags aufgemachten Mbservation constatirte der Schiffer, welcher seit der Abfahrt alle zwei Stunden geloggt und die abgesegelten Entfernungen regelmäßig abgesetzt hatte, daß das Schiff sich auf 20 0 ^7' N. B. und 72 0 2{' W. £. befand, während es nach Loggrechnung auf 20" 52' N. B. und 72° \2' W. £., also 5 Seemeilen nördlicher und 9 Seemeilen östlicher sein sollte. In Folge dieses Resultates wurde der bisherige