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German Pages 170 [176] Year 1903
Entscheidungen des
Ober-Seeamts und der Seeämter des
Deutschen Reichs. Herausgegeben
im
Reichsamte des Innern.
Vierzehnter Band, heft 2.
Hamburg.
Verlag von £. Friederichfen & Lo.
1902.
Inhalt. Seite
29. Spruch des Seeamts zu Brake vom 24. Januar 1901, betreffend den Seeunfall des Dreimastschooners „Elfe" von Brake................................................................................... 157
30. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 2. Februar 190t, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Rocklands" von Flensburg......................................................... 161 3b Spruch des Seeamts zu Königsberg vom Oktober 1900 und Entscheidung des Kaiser lichen Ober-Seeamts vom 6. Februar 190b betreffend den Seeunfall des norwegischen Schooners „hurtig" von Lhristianssund............................................................................... 165
32. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 7. Februar 190b betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „pernambuco" von Hamburg mit dem dänischen Dreimastschooner „Arten" ...................................................................................................................... 17^ 33. Spruch des Seeamts zu Rostock vom 7. Februar 190b betreffend den Seeunfall des norwegischen Schraubendampfers „Concordia" von Bergen.................................... 182
3H. Spruch fccs Seeamts zu Flensburg vom 8. Februar 1901, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Alfred Menzell" von Flensburg............................................... 186 35. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom ib Februar 1901, betreffend die See unfälle der Schraubendampfer „Saale", „Bremen", „Kaiser Wilhelm der Große" und „Main" von Bremen in Folge der Brandkatastrophe in hoboken am 30. Juni 1900 188 36. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 15. Februar 1901, betreffend den See unfall des Vollschiffs „Drehna" von Bremen.................. .................................................. 211
37. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 26. Februar 1901, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Sonneberg" von Hamburg.................................... 215
38. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 12. März 1901, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Straßburg" von Bremen.......................................................... 219
39. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 12. März 1901, betreffend den Zusammenstoß des dänischen Schraubendampfers „Constantin" mit dem Schleppzuge des Schlepp dampfers „Seeadler" von Bremen auf der Elbe............................................................. 222 H0. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 18. März 1901, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Sommerfeld" von Hamburg...................................................... 230
hb Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 24. Oktober 1900 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 20. März 1901, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Holtenau" von Hamburg mit einem unbekannten Dreimastschooner im Englischen Kanal........ ............................................................... 237
H2. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 3. Januar 1901 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 2b März 1901, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Milano" von Hamburg mit dem britischen Vollschiffe „wiscombe park" und der Bark „Weser" von Hamburg auf der Elbe............................................. 2^8 (Fortsetzung folgt aus der dritten Seite des Unischlags-.
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Dreimastschooner Else.
29. Spruch des Seeamts zu Brake vom 24. Januar 190b betreffend den Seeunfall Dreimastfchooners „Elfe" von Brake.
des
Der Spruch des Seeamts lautet: Am 2. September 19°° ist der Dreimastschooner „Else" bei der Einfahrt in Hamelin-Bay gestrandet und völlig verloren. Die Strandung ist durch den Schiffer auf großer Fahrt Earl Anton Max Bachmann aus Elsfleth verschuldet, indem
er seinen Kurs gerade auf die gefährlichen Stellen absetzte, während ihm eine günstige Einfahrt freistand. Dem Schiffer ist ferner der Vorwurf zu machen, daß er eine ihm bekannte Stromversetzung bei Absetzung seines Kurses nicht beachtet hat, daß er nicht gelothet und daß er während der entscheidenden Zeit den Kompaß verlassen und die Navigirung des Schiffes aus der Hand gegeben hat. Die Befugniß, das Gewerbe als Schiffer auszuüben, wird dem Schiffer Bachmann entzogen, die Befugniß, das Steuermanns gewerbe auszuüben, dagegen gelassen.
Gründe. Der Dreimastschooner „Else", Heimathshafen Brake, Unterscheidungs-Signal NGIB, war 1863 aus Eisen erbaut und zu s 383,8 cbm — 488 britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt vermessen. Die Besatzung betrug s0 Mann. Führer des Schiffes war der Schiffer auf großer Fahrt Earl Anton Max Bachmann aus Elsfleth. Die „Else" hat er seit Januar 1898 als Schiffer geführt, vorher war er 41/® Jahre lang erster Steuermann auf verschiedenen deutschen Schiffen. Bei einer seeamtlichen Untersuchung ist er bisher nicht betheiligt gewesen. Die „Else" sollte von Port Elizabeth in Ballast nach Hamelin gehen. Der Tiefgang betrug vorn s0 Fuß 3 Zoll und hinten sO Fuß 6 Zoll. Der Schiffer hatte sich in Port Elizabeth eine englische Admiralitäts karte von der Flinders-Bay und der Hamelin-Bay aus dem Jahre 1878 verschafft, die dem Seeamte vorgelegen hat. Ferner will er in XIV.
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Dreimastschooner (Elfe.
Port Elizabeth erfahren haben, daß sich in hamelin zwar ein kootse befinde, daß dies aber kein geprüfter kootse sei und daß er nicht über die Riffe herauskomme. In Hamelin sollte die „Else" eine Ladung Holz für England einnehmen, die Eharterpartie war aber schon zwei Tage vor Ankunft des Schiffes in Hamelin verfallen. Am Nachmittag des (. September kam Tap Leeuwin in Sicht. Am Mittag des folgenden Tages wollte der Schiffer in die HamelinBay einsegeln. Die kuft war klar, es wehte eine sehr starke Nordwest briese und im Journal ist bemerkt, daß man „einen sehr starken Strom nach Süden setzend" gefunden habe. Um (2 Uhr 30 Minuten wurde Boranup Sand-Patch, eine Sandhügelgruppe am Lande, in (mißweisend) G^N und Hamelin-Island in SGzDVsG gepeilt. Der Schiffer steuerte hierauf NGzV. Loth und Lothleine wurden gebrauchsfertig gehalten. Um (2 Uhr H5 Minuten wurde Boranup Sand-Patch in (mißweisend) G und Hamelin-Island in SG gepeilt. Der Kurs wurde jetzt auf SGzG (mißweisend) geändert, d. h. man hielt auf Edith kedge zu, eine Klippe, die nach der Karte bei Hoch wasser H Fuß über Wasser hervorragt. Um diese Zeit, nach Angabe des Schiffers etwa HO Minuten vor dem ersten Auslaufen, wurde die kootsenflagge gehißt, es wurde aber nicht beigedreht, um den kootsen zu erwarten. Der Schiffer, der erste Steuermann und der Bootsmann gingen auf die Back und blieben dort, um Ausguck nach Edith Ledge zu halten, konnten dasselbe aber nicht entdecken. Nach dem Journal war greller Sonnenschein und die Sonne blendete sehr auf dem Wasser. Es war Hochwasser. Von oben wurde kein Ausguck gehalten, die Mannschaft war beschäftigt, die Segel zu kürzen. Gelothet wurde nicht, auch wurden keine weiteren Peilungen vor
genommen. Um ( Uhr 30 Minuten stieß das Schiff auf Grund. Jetzt sah der Schiffer auch Edith Ledge und zwar achteraus an der Luvseite. Das Schiff gehorchte dem Ruder schlecht und trieb mit Strom und Wind immer weiter auf den Strand. Um 2 Uhr stieß es wieder heftig auf Grund. Alle Versuche, das Schiff in offenes Wasser zu bringen, blieben erfolglos. Um nicht an die hohen Felsen zu treiben, ließ der Schiffer den Steuerbordanker fallen. Das Schiff lag in der Nähe der Ietty und zwar an deren Westseite in einer Entfernung von ungefähr drei Kabellängen. Es war vorn flott, hinten auf Grund. Gegen Abend wurde das Wetter stürmisch mit Gewitter und schweren Regengüssen. Der Schiffer ließ auch den Backbordanker
Äreimastschooner Else. fallen, das Schiff trieb jedoch vor beiden Ankern und gerieth immer weiter auf Grund und stieß oft und hart auf.
Nach dem ersten
Ausstößen war das Schiff dicht geblieben, nach dem zweiten Aus
stößen wurden 8 Zoll Wasser gefunden.
Durch unablässiges Pumpen
gelang es, das Wasser um 5 Zoll zu vermindern, weiterhin stieg jedoch das Wasser unaufhörlich,
obgleich
Um 7 Uhr Abends waren V) Zoll, um
ständig gepumpt wurde.
8 Uhr Morgens 25 Zoll
und ant folgenden Mittag 30 Zoll Wasser im Schiffe.
blieb andauernd
ungünstig.
Das Wetter
Am Nachmittag des folgenden Tages
gelang es mit Hülfe vom Lande eine Leine nach einer Boje auszu
bringen ; die hiermit angestellten Versuche, das Schiff abzuhieven, miß langen jedoch.
Ebenso blieben die am folgenden Tage, am
tember, angestellten Versuche völlig erfolglos.
Sep
Das Schiff hatte sich
inzwischen stark nach Steuerbord übergelegt, sodaß nur noch mit einer
Pumpe gepumpt werden konnte.
Das Wasser stieg ständig im Raume
und hatte am Nachmittag des
September schon ungefähr dieselbe
Höhe im Raume wie außenbords. Pumpen aufgegeben.
Am 5. September wurde bas
Das Schiff lag jetzt völlig fest.
Am 8. Sep
tember kamen Besichtiger an Bord, am 29. September wurde das Wrack verkauft.
Die vorstehende Darstellung beruht auf den Aussagen des Schiffers
und dem Schiffsjournal,
Hinzuzufügen ist,
er habe die Gefahrsignale,
die
daß der Schiffer erklärt,
ihm vom Lande aus gegeben seien,
erst bemerken können, als es zu spät gewesen sei.
ein,
daß die Zeit zwischen
dem Hissen
Ferner räumt er
der Lootsenflagge und dem
Ausstößen zu kurz gewesen sei, als daß ein Lootse habe herauskommen können.
Nach dem ersten Ausstößen vor Anker zu gehen, ist seiner
Meinung nach durchaus unthunlich gewesen.
Ferner lag dem Seeamt eine vor dem Kaiserlichen Konsulat in Freemantle aufgenommene Verhandlung vor, sowie eine fernere Ver
handlung,
die
von einer aus
dem
obersten Zollbeamten und dem
Friedensrichter bestehenden Untersuchungsbehörde zu Port Hamelin
ausgenommen ist. Der Inhalt der Aussagen deckt sich im Wesent lichen mit dem vorstehenden Thatbestände. Hervorzuheben ist ferner, daß Edith Ledge nach den Aussagen der Zeugen für die einfahren den Schiffe mit Ausnahme der frühen Morgenzeit wegen der dann
dahinter aufgehenden Sonne stets gut sichtbar sein soll.
Nur von
einem Schiffsführer sei über die Einfahrt geklagt worden.
Dieser
ist auch als Zeuge vernommen und hat bekundet, daß er Edith Ledge einmal um die Mittagszeit nur mit Schwierigkeit habe auffinden
Dreimastschooner (Elfe.
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können.
Der kootse soll nach den Zeugenaussagen zwar nicht geprüft
aber tüchtig sein, seinen Dienst bereits 7—8 Jahre versehen und von
den einlaufenden Schiffen regelmäßig genommen werden.
Der Reichskommissar hat
beantragt, dem Schiffer das Patent
zu entziehen.
Für die Beurtheilung des Unfalls durch das Seeamt ist die Zeit bis zum ersten Ausstößen
des Schiffes maßgebend.
das Schiff unter den obwaltenden Umständen verloren. das Werfen
eines Ankers unmittelbar nach
Nachher war