Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 15, Heft 2 [Reprint 2021 ed.] 9783112441800, 9783112441794


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German Pages 158 [183] Year 1905

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Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 15, Heft 2 [Reprint 2021 ed.]
 9783112441800, 9783112441794

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Entscheidungen des

Ober-Seeamts und der Seeämter des

Deutschen Reichs. Herausgegeben im

Reichsamte des Innern.

Fünfzehnter Band, heft 2.

Hamburg. Verlag von L. Friederichsen & Lo.

1904.

Inhalt Seite

23. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 15. Mai 1903, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Lulea" von Hamburg......................................................................... 159

24. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 1^. Januar 1903 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 19. Mai 1903, betreffend den Seeunfall des Dampfers „Kambyfes" von Hamburg................................................................................. W 25. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 23. Mai 1903, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Olga" von Stettin............................................................................. 179

26. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 27. Mai 1903, betreffend den Seeunfall des Fischerkutters P C 23 „Oberfischermeister Decker"........................................................... 18i

27. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 29. Mai 1903, betreffend den Zusammen­ stoß des Schranbendampfers „Magdeburg" von Hamburg mit einem Fischerboote... 187

28. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 8. Juni 1903, betreffend den Zusammen­ stoß des Fischdampfers „Theodor" von Geestemünde mit dem britischen Schrauben­ dampfer „Hampshire" vor dem Hafen von Shields......................................................... 190 29. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 13. März 1903 und Entscheidung des Kaiser­ lichen Ober-Seeamts vom 18. Juni 1903, betreffend den Seeunfall des Schrauben­ dampfers „Bothilde Ruß" von Hamburg........................................................................... 198

30. Spruch des Seeamts zu Tönning vom 18. Juni 1903, betreffend den Seeunfall des Fischerkutters „Hilda" von Amrum............................................ 210 31. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 3. März 1903 und Entscheidung des Kaiser­ lichen Ober-Seeamts vom 19. Juni 1903, betreffend den Seeunfall des Schrauben­ dampfers „Seriphos" von Hamburg..................................................................................... 215

32. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 25. Juni 1903, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Reiher" von Bremen................................................................. 222 33. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 26. Juni 1903, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Westphalia" von Hamburg mit dem britischen Schoner „Marie Anne" auf dem St. Lorenz-Strome........................................................................ 227 34. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 30. Juni 1903, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Oldenburg" von Bremen........................................................... 235

35. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 4. Juli 1903, betreffend den Zusammenstoß des Dampfers „F. Bischoff" von Bremen mit dem schwedischen Dampfer „Fides" in der Ostsee............................................................................................................................ 2^0 (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags).

Schraubendampfer Lulea.

vom

23. Spruch des Seeamts zu Hamburg Mai 1903 f betreffend den Seeunfall Schraubendampfers „Lulea" von Hamburg.

159

des

Der Spruch des Seeamts lautet: Die Strandung des Dampfers „Lulea" am 3. Januar 1903 bei Häfringe ist dadurch herbeigeführt, daß Kapitän Frank sich beim Ansteuern der Insel in der Abstandsschätzung geirrt hat. Der Irrtum ist durch eine außergewöhnliche Versetzung durch Strom und U)ind, sowie durch die mangelhafte Befeue­ rung der Einfahrt von Häfringe hervorgerufen, es wird deshalb dem Kapitän ein Vorwurf schuldhafter Handlungsweise nicht gemacht. Den Häfringer Lotsen gebührt für die geleistete Hilfe Anerkennung. Eine Verbesserung der Befeuerung von Häfringe, welche schon wiederholt angeregt worden ist, wird für sehr wünschens­ wert erklärt. Tatbestand. Der im Jahre 1902 in Helsingör erbaute, zu ^233,8 cbm = 1 ^9^,52 Registertons Brutto- und 2652,u cbm = 936,15 Registertons Netto-Raumgehalt vermessene Schraubendampfer „Lulea", Unterscheidungssignal RMPU), ist Eigentum der Firma H. M. Gehrckens in Hamburg und wird von dem Kapitän Aug. Frank geführt, der ein Befähigungszeugnis zum Schiffer auf großer Fahrt, ausgestellt in Aurich am {. Juli 1893, besitzt. Dieser Dampfer ist am 3. Januar 1903 auf den Schären bei Häfringe gestrandet; die Mannschaft ist, da man ein Auseinander­ brechen und Sinken des Schiffes befürchtete, von dem Häfringer Lotsen­ boot abgeborgen worden. Es ist aber später gelungen, den Dampfer wieder abzubringen. Die seeamtliche Untersuchung hat über die näheren Umstände dieses Unfalls das folgende ergeben: Der Dampfer hatte am 1. Januar 1903 die Reise von Hamburg aus mit einer Ladung Stückgüter nach Norrköping und Mxelösund angetreten. Die Reise verlief bis zum Nachmittage des 3. Januar ohne Zwischenfall. Gegen 5 Uhr abends an diesem Tage kam das feste Feuer von Häfringe in NU)zU)-Richtung in Sicht, und der xv. 11

160

Schraubendampfer Lulea.

Kapitän steuerte auf dieses Feuer zu. Etwas später wurde das vor dem festen Feuer stehende Blitzfeuer gesichtet, und Kapitän Frank ließ diese beiden Feuer ein wenig südlich offen halten. Es wehte zur Zeit starker südöstlicher Wind mit zunehmender Stärke. Die £uft war gut feuersichtig. Das feste Feuer von Häfringe hat eine Sichtweite von \3 Seemeilen, und Kapitän Frank sowohl wie sein erster Steuer­ mann, welche beide das Feuer zunächst blitzartig sahen, schlossen daraus, daß sie das Feuer auf die äußerste Sichtweite in Sicht bekommen hätten. Kapitän Frank fuhr deshalb mit seinem Schiffe, welches 8V-2 Knoten machte, mit voller Fahrt bis 6 Uhr 5 Minuten auf die Feuer zu und stoppte dann die Maschine, da er beabsichtigte, das Herauskommen des Lotsen, für welchen er Signal gegeben hatte, abzuwarten. Als das Schiff einige Minuten mit gestoppter Maschine gelegen hatte, gewahrte der Kapitän Brandung etwa H Strich an Steuerbord voraus. Er meinte, nach der zurückgelegten Entfernung seit dem Sichten des Feuers, daß er die äußeren Untiefen an der nördlichen Seite des Fahrwassers vor sich habe, und ließ, um eine weitere Annäherung des Schiffes an die Untiefen zu vermeiden, die Maschine auf volle Kraft rückwärts stellen. Das Schiff legte sich jetzt quer zu Wind und Seegang; der Kapitän sah darin aber keine Gefahr, da er den südlichen Teil des Fahrwassers vollständig offen wähnte. Plötzlich bemerkte er jedoch auch Brandung achteraus an der Südseite und erkannte daraus, daß er sich nicht, wie er gemeint hatte, bei den äußeren Schären, sondern dicht unter Häfringe befand. Ein versuch, den Kurs jetzt wieder nach See zu nehmen, mißlang in dem engen Fahrwasser durch Wind und Seegang. Es wurde daher der Anker mit 25 Faden Kette geworfen, um ein weiteres vertreiben des Schiffes auf die Schären zu verhindern und das Schiff durch den lvind zu drehen. Der in kurzer Zeit nach dem Fallen des Ankers an Bord kommende Lotse Dause teilte dem Kapitän sofort mit, daß das Schiff sich schon dicht an den an der Südseite des Fahrwassers gelegenen Untiefen befinde und in dringender Gefahr der Strandung sei. Die Maschine wurde noch auf volle Kraft vorwärts gesetzt mit hart rechts Ruder, doch stieß das Schiff alsbald schwer auf und blieb fest sitzen. Das Schiff füllte sich schnell mit Wasser, was den Kapitän veranlaßte, bas Backbordrettungsboot klar machen und die Feuer herausreißen zu lassen. Das Lotsenboot, welches schon abgestoßen hatte, wurde durch Signal zurückgerufen und es wurden an alle Mann Korkwesten ausgegeben. Das Schiff stieß fortwährend heftig und kam immer mehr in die Brandung,

Schraubendampfer Lulea.

161

sodaß der Kapitän, ein Auseinanderbrechen des Schiffes befürchtend, indem er seine Mannschaft auf

beschloß, das Schiff zu verlassen,

Rettungsboot und Lotsenboot verteilte. 8 Mann besetzt war,

Als

das

Schiffsboot mit

wurde es durch eine hohe See von der Leite

des Dampfers weggerissen und gleich darauf zum Kentern gebracht.