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German Pages 72 Year 2007
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1067
Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor Von
Hubertus Gersdorf
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
HUBERTUS GERSDORF
Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1067
Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor
Von
Hubertus Gersdorf
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12581-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Im Recht der Netzwirtschaften ist die Entgeltregulierung ein Eckpfeiler der Regulierung. Sie dient der diskriminierungsfreien Nutzung der Infrastruktur. Überhöhte oder prohibitiv wirkende Entgelte können die Ausübung der gesetzlich verankerten Zugangsrechte wesentlich erschweren oder sogar vereiteln. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber im Jahr 2005 auch im Eisenbahnsektor die für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur erhobenen Zugangsentgelte einer umfassenden Regulierung unterworfen. Im Gegensatz zu anderen Netzwirtschaften steckt die Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor jedoch noch „in den Kinderschuhen“. Rechtsprechung liegt hierzu noch nicht vor. Und auch das Schrifttum hat sich dieses Themas bislang nur sporadisch angenommen. Pionierarbeit tut also Not. Die vorliegende Untersuchung im Auftrag der Deutschen Bahn AG (DB AG) soll hierzu einen Beitrag leisten. Sie leuchtet nicht nur den de lege lata bestehenden Rechtsrahmen für die Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor aus, sondern geht auch der Frage nach, ob es sich empfiehlt, die in anderen Netzwirtschaften geltenden Regulierungsmaßstäbe de lege ferenda in das Eisenbahnrecht zu implementieren. Rostock / Berlin, im Juni 2007
Hubertus Gersdorf
Inhaltsverzeichnis A. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Eisenbahnsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Andere Netzwirtschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Stromsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Bundesautobahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Trassenentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Maßgeblicher Zielkonflikt in der Entgeltregulierung: Vollkosten versus zugbetriebsbedingte Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Eisenbahnrechtliche Regulierungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) als Maximalgrenze . .
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b) Keine Verpflichtung zur Vollkostendeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Zugbetriebsbedingte Kosten als (Minimal-)Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Möglichkeit der Erhebung von Aufschlägen auf die zugbetriebsbedingten Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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e) (Zwischen-)Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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f) Grenzen des Gestaltungsspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(1) Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte
31
(2) Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unproblematische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Problematischer Anwendungsfall: Unterschiedliche Deckungsbeiträge einzelner Eisenbahnverkehrsleistungsbereiche . . . . . . . . . . . . . .
34 35 35
g) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8
Inhaltsverzeichnis 3. Anwendung weiterer Regulierungsmaßstäbe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Ausbeutungsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
b) Behinderungsmissbrauch, insbesondere Preis-Kosten-Schere . . . . . . . . . . . . .
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c) Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
(1) Keine Verankerung der KeL im geltenden Eisenbahnrecht . . . . . . . . . . . .
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(2) KeL als künftiger eisenbahnrechtlicher Regulierungsmaßstab? . . . . . . . .
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II. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Keine Anwendbarkeit des Vollkostendeckungsprinzips und Deckung der zugbetriebsbedingten Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
2. Eisenbahnrechtliche Regulierungsmaßstäbe: Ausbeutungs-, Behinderungsmissbrauch und Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
I. Zur Funktionsverteilung zwischen BNetzA und EIU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
II. Funktionale Begrenzung der Kontrollkompetenz durch Regulierungsmaßstäbe
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III. Begrenzung der Kontrollkompetenz durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Trassenentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Entgeltregulierungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Gegenstand und Gang der Untersuchung Mit Inkrafttreten der dritten Novelle des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) am 30. 04. 20051 und der neuen Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) am 01. 08. 20052 hat der Gesetzgeber den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur respektive der hierfür erhobenen Zugangsentgelte einer umfassenden Regulierung unterworfen. Erstmals werden die von den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) für die Benutzung der Schienenwege und der Serviceeinrichtungen (vgl. § 2 Abs. 3c AEG) erhobenen Entgelte hoheitlich reguliert. Im Sinnzentrum dieser Regulierung steht die Gewährleistung eines chancengleichen, diskriminierungsfreien Zugangs zu den Schienenwegen und zu den Serviceeinrichtungen3. Ebenso wie der Zugang als solcher („Ob“) ist auch die Ausgestaltung der Zugangskonditionen („Wie“) für die Verwirklichung eines funktionsfähigen Wettbewerbs auf den Märkten der Eisenbahnverkehrsleistungen von maßgeblicher Bedeutung4. Sowohl der Zugang als solcher als auch die von EIU erhobenen Zugangsentgelte sind integraler Bestandteil des Zugangsregimes. Bezugsobjekt der eisenbahnrechtlichen Entgeltregulierung sind nicht nur die von den EIU erhobenen Entgelte, sondern insbesondere auch die (Entgelt-)Grundsätze, nach denen die Entgelte für die Benutzung der Schienenwege und der Serviceeinrichtungen kalkuliert werden (vgl. § 14d Nr. 6, § 14e Abs. 1 Nr. 4, § 14 f. Abs. 1 AEG). Hierin unterscheidet sich die Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor von dem Recht anderer Netzwirtschaften, in dem die Entgeltregulierung auf die konkreten Entgelte beschränkt ist5. Eingedenk der Tatsache, dass die Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor noch „in den Kinderschuhen steckt“, könnte man der Versuchung erliegen, einen Aus1 AEG vom 27. 12. 1993 (BGBl. I, S. 2378), geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. 04. 2005 (BGBl. I, S. 1138), zuletzt geändert durch das Vierte Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 03. 08. 2005 (BGBl. I, S. 2270). 2 Verordnung über den diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und über die Grundsätze zur Erhebung von Entgelten für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung – EIBV) vom 03. 06. 2005 (BGBl. I, S. 1566). 3 Vgl. Jung / Schultzky, IR 2005, 178; Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (140). 4 Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (140); Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHR-Beiheft 73 (2005), 131 (168). 5 Vgl. Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (140 f.); Staebe, WuW 2006, 492 (493).
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A. Gegenstand und Gang der Untersuchung
flug in das Recht anderer Netzwirtschaften zu wagen und die dort gesammelten Erkenntnisse für den Eisenbahnsektor fruchtbar zu machen. Man liefe dann aber Gefahr, allzu rasch auf einem Irrweg zu landen. Denn ungeachtet des allen Netzregulierungen inhärenten, gemeinsamen Ziels der Herstellung und Gewährleistung eines funktionsfähigen Wettbewerbs sind die einzelnen Netzwirtschaften durch spezifische Eigenarten und Besonderheiten gekennzeichnet, die vorschnelle Adaptionen der in anderen Regulierungsregimes geltenden Prinzipien verbieten6. Die Diversität der die einzelnen Netzwirtschaften prägenden Faktoren beruht auf den Unterschieden in den jeweiligen Marktsituationen, im jeweiligen Kanon der regulatorischen Zielsetzungen und in den jeweiligen ordnungspolitischen Konzeptionen7. Im Folgenden soll auf einige Besonderheiten des Eisenbahnsektors aufmerksam gemacht werden, die entweder keine oder wenigstens keine vergleichbare Entsprechung in anderen Netzwirtschaften finden: – Da der Schienenweg als natürliches Monopol zu qualifizieren ist8, spielt der (etwa) den Telekommunikationsbereich kennzeichnende Infrastrukturwettbewerb (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 4 TKG) im Eisenbahnsektor keine (vergleichbare) Rolle9, auch wenn – vor allem im Schienengüterverkehr – im Einzelfall ein Wettbewerb unterschiedlicher Eisenbahnverkehrswege stattfindet. – Im Gegensatz zu anderen Netzwirtschaften unterliegen die Infrastrukturunternehmen im Eisenbahnsektor bereits einem umfassenden Kontrollsystem10. Die vom Bund gewährten Investitionszuschüsse beim Bau und Erhalt des Schienennetzes werden nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überprüft. Dieses Kontrollsystem zeitigt zugleich Rückwirkungen auf die Verwendung der von dem EIU eingesetzten Eigenmittel. Die Notwendigkeit einer weiter gehenden behördlichen Kontrolle von Entgelten bzw. Entgeltgrundsätzen ist daher erheblich eingeschränkt. – Im Eisenbahnsektor geht es nicht nur um den intramodalen Wettbewerb zwischen verschiedenen EVU, sondern auch um den intermodalen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern (Straße, Luftverkehr, Wasserwege)11. Zutreffend Trute / Broemel, ZHR 170 (2006), 706 (708). Vgl. hierzu Masing, Gutachten 66. DJT, D 13 ff.; Trute / Broemel, ZHR 170 (2006), 706 (708). 8 Vgl. Erwägungsgrund 40 zur Richtlinie 2001 / 14 / EG; wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 65; Wilkens, Wettbewerbsprinzip und Gemeinwohlorientierung bei der Erbringung von Eisenbahndienstleistungen, S. 101 m. w. N. in Fn. 110 auf das verkehrswissenschaftliche Schrifttum. 9 Vgl. wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 65. 10 Vgl. hierzu noch unten nach Fn. 113 f. (S. 44). 11 Vgl. nur Erwägungsgründe 10, 39, 40 zur Richtlinie 2001 / 14 / EG; Gerstner, in: Beck’ scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 174 ff. 6 7
A. Gegenstand und Gang der Untersuchung
11
Zwar gibt es einen solchen intermodalen Wettbewerb teilweise auch in anderen Netzwirtschaften, wie etwa bei der Wärmeversorgung im Energiebereich. Nur ist die Intensität des intermodalen Wettbewerbs im Eisenbahnsektor besonders ausgeprägt. Aufgrund des intermodalen Wettbewerbs sind die Möglichkeiten des EIU, seine Marktmacht bei der Erhebung von Zugangsentgelten zu missbrauchen, vergleichsweise gering oder überhaupt nicht vorhaben. Bau, Unterhaltung und Betrieb des Schienennetzes sind chronisch defizitär. (Ausbeuterische) Monopolrenten sind daher nicht zu erwarten. Schließlich bedarf es weder durch eine „Als-ob-Betrachtung“ der Simulierung eines Wettbewerbspreises noch einer Stimulierung kostenreduzierender, effizienzsteigernder Marktkräfte. Der intermodale Wettbewerb bewirkt all das, was in anderen Netzwirtschaften durch hypothetische effizienzorientierte Kostenansätze erst erwirkt werden soll12. – Im Gegensatz zu dem Recht anderer Netzwirtschaften gibt es im Eisenbahnsektor kein gesondert ausgestaltetes Universaldienstregime, das die ordnungspolitischen (Fundamental-)Ziele einer flächendeckenden Versorgung und der Tarifeinheitlichkeit auch unter den Bedingungen freien Wettbewerbs sicherzustellen sucht13. Art. 87e Abs. 4 GG weist die Erbringung der (Universaldienst-)Aufgabe des Ausbaus und des Erhalts der Schienenwege den EIU des Bundes zu. Aufgrund dieser verfassungsunmittelbaren Indienstnahme der EIU des Bundes ist für eine öffentliche Ausschreibung der Erbringung der Universaldienstleistung – in Parallele zum Telekommunikationssektor (vgl. § 81 Abs. 3 TKG) und zum Postsektor (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG) – von vornherein kein Platz. Auch wären nicht bundeseigene EIU (wohl) kaum in der Lage, die zur Finanzierung der Universaldienstaufgabe erforderlichen Mittel aufzubringen. Daher kommt die Erhebung einer Universaldienstabgabe als Instrument der Finanzierung des Universaldienstes (vgl. § 83 TKG und § 16 PostG) im Eisenbahnbereich nicht in Betracht. Aus dem (erforderlichen) Verzicht auf ein spezielles Universaldienstregime im Eisenbahnsektor kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Kosten verschiedener Leistungen untereinander umzulegen mit der Folge, dass die Kostendeckungsgrade der einzelnen Leistungen unterschiedlich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Entgelte in keinem Fall zu 100% kostenunterlegt sind bzw. nicht den Vollkosten entsprechen. – Das spezielle Stilllegungsrecht im Eisenbahnrecht (vgl. § 11 AEG) findet im Recht anderer Netzwirtschaften keine Parallele. Während der Betrieb der entsprechenden Netze in den übrigen Netzwirtschaften der freien Disposition des Infrastrukturanbieters unterliegt, ist die Einstellung des Betriebs einer Strecke Vgl. hierzu im Einzelnen unter C. I. 3. c) (2), S. 50 ff. Vgl. zum Telekommunikationssektor Art. 87 f. Abs. 1 GG. Das Universaldienstregime nach § 15 AEG in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1191 / 69 des Rates vom 26. 06. 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. L 156 vom 28. 6. 1969, S. 1) betrifft allein Eisenbahnverkehrsleistungen, nicht aber die Eisenbahninfrastruktur. 12 13
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A. Gegenstand und Gang der Untersuchung
an die Voraussetzungen des § 11 AEG gebunden14. Hierin manifestiert sich die besondere Gemeinwohlbindung der Eisenbahninfrastrukturen. – Hinzu kommt eine Reihe nicht-ökonomischer Faktoren, die zeigen, dass das Eisenbahnrecht nicht nur auf wirtschaftlichen Ordnungsprinzipien beruht15. Zu nennen sind etwa verkehrliche, ökologische, denkmalpflegerische (insbesondere bei Restaurierung und Bau von Bahnhöfen) und strukturpolitische Zielsetzungen.
Alle diese Besonderheiten offenbaren, dass sich leichthändige Transfers dogmatischer Erkenntnisse und Regulierungsgrundsätze von einem in den anderen Regulierungssektor verbieten16. Die Regulierung muss den Sachgesetzlichkeiten des zu ordnenden Regulierungsbereichs Rechnung tragen. Die nachstehende Untersuchung vollzieht sich in folgenden Schritten. Zunächst wird der Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor benannt. Es geht um die Bestimmung des Anknüpfungspunktes für die Regulierung. In Betracht kommen insoweit die einzelne Zugtrasse, die einzelne Strecke, das (Gesamt-)Netz oder anderen Gegenstände [dazu unter B.]. Im Anschluss hieran werden die Prüfungsmaßstäbe, die im Rahmen der Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor zur Anwendung gelangen, sichtbar gemacht. Hierbei wird zwischen den Zugangsentgelten für die Benutzung der Schienenwege einerseits und der Serviceeinrichtungen andererseits unterschieden [dazu unter C.]. Schließlich wird der Frage nachgegangen, wie weit die Kontrollbefugnis der BNetzA reicht. Dabei wird sich zeigen, dass sich die Kontrollreichweite nach den jeweiligen Regulierungsmaßstäben bemisst [dazu unter D.].
14 Vgl. hierzu die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 3 EIBV, BR-Drs. 249 / 05, S. 36: „Der Betreiber der Schienenwege hingegen kann über die Bereitstellung der von ihm betriebenen Schienenwege und der Mindestleistungen nicht selbst bestimmen. Er muss diese bereitstellen oder das Verfahren nach § 11 AEG (Stilllegung) durchlaufen.“ 15 Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 197 ff. 16 Vgl. nochmals Trute / Broemel, ZHR 170 (2006), 706 (708).
B. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung I. Eisenbahnsektor Ebenso wie in anderen Netzwirtschaften stellt sich im Eisenbahnsektor die Frage, was den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung bildet. Erst wenn diese Frage geklärt ist, lassen sich die für die Entgeltregulierung relevanten Maßstäbe bestimmen. Es ist zwischen dem Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung und den Entgeltregulierungsmaßstäben zu unterscheiden. Die Frage nach den Entgeltregulierungsmaßstäben ist der nach dem Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung logisch nachgeordnet. Die Bestimmung des Bezugsgegenstandes der Entgeltregulierung bereitet im Eisenbahnsektor Schwierigkeiten und hat erhebliche Auswirkungen auf die Effektivität der Regulierung: Je umfassender der Bezugsgegenstand ist, desto komplexer gestalten sich die Anforderungen an die Regulierung. Der wachsenden Komplexität korrespondiert regelmäßig ein entsprechender Verlust an Regulierungseffektivität. Umgekehrt nimmt die Effektivität der Regulierung reziprok zur Spezifizierung des Bezugsgegenstandes zu. Je überschaubarer der zu regulierende Bezugsgegenstand ist, desto leichter fällt die Anwendung der in Betracht kommenden Regulierungsmaßstäbe. Als Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung im Bereich des Schienennetzes kommen in Betracht: – Die einzelne Zugtrasse, also derjenige Teil der Schienenwegkapazität (§ 2 Nr. 2 EIBV) eines Betreibers der Schienenwege, der erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann. – Einzelne Gruppen von Zugtrassen im o.g. Sinne. – Die einzelne Strecke, also ein bestimmter Teil des Schienenweges (vgl. § 2 Nr. 2 EIBV). – Einzelne Gruppen von Strecken. – Teilnetze, also ein Teil des (gesamten) Schienenetzes. – Das (gesamte) Netz, also die Gesamtheit der Schienenwege eines Betreibers (vgl. § 2 Nr. 7 EIBV). – Das (gesamte) Netz nach Maßgabe weiterer eingrenzender Kriterien, die insbesondere dem unterschiedlichen (investiven und operativen) Aufwand für Bau, Betrieb und Unterhaltung der einzelnen Streckengruppen Rechnung tragen. – Der jeweilige sachlich und räumlich relevante Markt17.
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B. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung
Als Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung im Bereich der Serviceeinrichtungen kommen in Betracht: – Die einzelne Serviceeinrichtung (vgl. § 2 Abs. 3c AEG). – Gruppen von Serviceeinrichtungen. – Die Gesamtheit der Serviceeinrichtungen. – Der jeweilige sachlich und räumlich relevante Markt.
Ausdrücklich ist die aufgeworfene Fragestellung im geltenden Eisenbahnrecht nicht geregelt. Der systematische Zusammenhang zwischen § 14 Abs. 4 und 5 AEG und § 14 Abs. 1 AEG könnte nahelegen, dass es ebenso wie beim Zugang nach § 14 Abs. 1 AEG („Ob“) auch bei der Entgeltregulierung nach § 14 Abs. 4 und 5 AEG („Wie“) auf die konkrete, einzelne Leistung ankommt, zu der Zugang begehrt wird. Dem steht jedoch entgegen, dass Bezugspunkt des Eisenbahnentgeltregulierungsregimes nicht bestimmte Zugtrassen oder Strecken sind. Vielmehr berechtigt es das EIU zu pauschalierenden Mischkalkulationen. Dies kam in der früheren Fassung der EIBV18 deutlich zum Ausdruck. § 5 Abs. 3 Satz 1 EIBV a.F. lautete: „Entgelte für Zugtrassen können 1. für das gesamte Netz eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens, 2. für Teilnetze oder 3. für bestimmte Strecken berechnet und erhoben werden.“
In der Begründung der Vorschrift hieß es ausdrücklich19: „Die Vorschrift stellt klar, daß Mischkalkulationen grundsätzlich zulässig sind. Die spezifischen Kosten einer Strecke müssen dem Benutzungsentgelt für diese Strecke nicht zugrundegelegt werden, da sonst technisch anspruchsvolle Strecken (Brücken, Tunnel) mit deutlich höheren Benutzungsentgelten belastet würden, die eine Benutzung insgesamt in Frage stellen.“
Auch wenn sich in der geltenden EIBV keine § 5 Abs. 3 Satz 1 EIBV a.F. entsprechende ausdrückliche Regelung findet, bestehen keine Anzeichen dafür, dass der Verordnungsgeber von der früheren Rechtslage abweichen wollte. Vielmehr heißt es – in Entsprechung zur Begründung des § 5 Abs. 3 Satz 1 EIBV a.F. – in der Begründung des § 21 Abs. 5 EIBV20: 17 Insbesondere die Bestimmung des räumlich relevanten Marktes wirft erhebliche Probleme auf; vgl. OLG Düsseldorf, Az.: U 20 / 02, Urteil vom 19. 03. 2003, S. 7, und OLG Frankfurt a.M., Az.: 11 U 46 / 05, Urteil vom 10. 10. 2006, S. 8, die in räumlicher Hinsicht das gesamte Bundesgebiet und in sachlicher Hinsicht die Nutzungsüberlassung von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen zur Durchführung von Eisenbahnverkehren als relevanten Markt im Sinne des GWB erblicken; umfassend hierzu wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 7 ff. 18 EIBV vom 17. 12. 1997 (BGBl. I, S. 3153). 19 BR-Drs. 804 / 97, S. 23; hierauf Bezug nehmend VG Köln, Az.: 18 K 2670 / 05, Urteil vom 20. 10. 2006, S. 11. 20 BR-Drs. 249 / 05, S. 56.
II. Andere Netzwirtschaften
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„Mischkalkulationen sind grundsätzlich zulässig . . .“.
Dass das EIU nicht nur die einzelne Strecke, sondern eine Vielzahl von Strecken oder das gesamte Netz als Anknüpfungspunkt seiner Entgeltkalkulation wählen darf, ergibt sich auch aus dem Umkehrschluss des § 21 Abs. 3 EIBV, § 22 Abs. 2 EIBV sowie des § 23 Abs. 2 und 3 EIBV. In den in diesen Vorschriften geregelten Fällen darf sich das von dem EIU erhobene Entgelt allein auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Schienenwegabschnitt bzw. auf eine bestimmte Verkehrsleistung beziehen. Diese Regelungen machen nur dann Sinn, wenn ein EIU in den übrigen, d. h. in den von § 21 Abs. 3 EIBV sowie § 23 Abs. 2 und 3 EIBV nicht erfassten Fällen, einen anderen Bezugsgegenstand für die Entgeltkalkulation festlegen darf. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es Sache des EIU ist, den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung in freier unternehmerischer Autonomie selbst zu bestimmen. Es kann dabei Entgelte für bestimmte Zugtrassen, für bestimmte Strecken bzw. Streckengruppen, für bestimmte Teilnetze oder für das gesamte Netz berechnen und erheben. Mit anderen Worten: Es obliegt allein dem EIU, den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu bestimmen. Das Gleiche gilt für den Bereich der Serviceeinrichtungen. Auch hier muss den Betreibern von Serviceeinrichtungen eine (pauschalierende) Mischkalkulation möglich sein. Anderenfalls würden etwa technisch oder architektonisch anspruchsvolle Bahnhöfe mit Entgelten belastet, welche den Betrieb in Frage stellen können. Entsprechendes gilt für die von EVU vergleichsweise geringer frequentierten Bahnhöfe (z. B. außerhalb von Ballungszentren). Müssten die Kosten dieser Bahnhöfe allein von denjenigen EVU getragen werden, welche diese Bahnhöfe nutzen und dort Halt machen, wäre in vielen Fällen ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb nicht gewährleistet. In Parallele zur Situation der Schienenwege ist es den Betreibern von Serviceeinrichtungen gestattet, anstelle einer einzelnen Einrichtung die Gesamtheit oder eine Vielzahl von Serviceeinrichtungen zum Ausgangs- und Bezugspunkt für die Entgeltberechnung zu machen.
II. Andere Netzwirtschaften Auch in anderen Netzwirtschaften stellt sich die Frage, ob sich die Entgeltregulierung auf das jeweilige Gesamtnetz oder auf Teile desselben bezieht. Exemplarisch seien hier der Bereich der Telekommunikation, der Stromsektor und der Güterverkehr auf Bundesautobahnen genannt.
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B. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung
1. Telekommunikation Anknüpfungspunkt der Entgeltregulierung nach §§ 9 ff. und §§ 27 ff. TKG bildet der sachlich und räumlich relevante Telekommunikationsmarkt, auf dem das betreffende Telekommunikationsunternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt (vgl. § 3 Nr. 4, § 11 Abs. 1 Satz 3 bis 5 TKG). In dem Notifizierungsverfahren zur Teilnehmeranschlussleistung (TAL) – Markt 11 der sogenannten Kommissionsempfehlung – hat die BNetzA21 den Vorleistungsmarkt für den Zugang zur TAL für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten untersucht. Im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung erörtert die BNetzA die Frage, ob jede Teilnehmeranschlussleitung (TAL) einen eigenen relevanten Markt bildet. Da die einzelne TAL durch andere Zugangstechnologien nicht substituierbar ist, könnte man nach Maßgabe einer strengen Auslegung des Bedarfsmarktkonzeptes in der einzelnen TAL einen eigenständigen räumlich relevanten Markt erblicken22. Die BNetzA lehnt dies aber zutreffend unter Hinweis darauf ab, dass bei einer solchen „Atomisierung“ der Märkte die Marktmacht nicht mehr realistisch ermittelt werden könne23. Ebenso spricht sich die BNetzA dagegen aus, regionale Märkte abzugrenzen, also etwa eine Unterteilung in Gebiete, in denen der Ausbau der Teilnehmeranschlussleitungen auf der Basis von Glasfasertechnologie erfolgte, und in Gebiete mit herkömmlicher Anschlusstechnologie vorzunehmen. Daraus würde sich ein über das gesamte Bundesgebiet verteilter Flickenteppich ergeben, der die tatsächlichen Wettbewerbsverhältnisse auf dem relevanten Markt nicht widerspiegelt. Ausschlaggebend für die bundesweite Abgrenzung sei vielmehr, dass die DTAG / T-Com im Bundesgebiet nahezu einziger Anbieter für die Vorleistung Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung sei, was wiederum für bundesweit homogene Wettbewerbsbedingungen spreche24. Ist demnach im Zusammenhang mit der TAL von einem bundesweiten räumlich relevanten Markt auszugehen, ist folgerichtig auch ein bundesweit einheitliches Entgelt für den Netzzugang festzusetzen. Auf diese Weise wird dem ordnungspolitischen Ziel der Tarifeinheitlichkeit bei den Teilnehmeranschlussentgelten (vgl. Art. 87 f. Abs. 1 GG) Rechnung getragen. Bei einer Atomisierung der Märkte wären hingegen die für die einzelne TAL entstehenden spezifischen Kosten Grundlage für die Entgeltregulierung. Da diese Kosten bundesweit divergieren, wären unterschiedliche Anschlusskosten für den Teilnehmeranschluss zu erwarten. Die Annahme eines bundesweiten räumlich relevanten Marktes hilft zu vermeiden, 21 BNetzA, Notifizierung TAL (http: / / forum.europa.eu.int / Public / irc / infso / ecctf / library?l= / germany / registeredsnotifications / de20040119 / marktdefinition / _EN_1.0_&a=d). 22 Vgl. BNetzA, Notifizierung TAL (Fn. 21), S. 23, 26; siehe auch Beese / Müller, RTkom 2001, 83 (85). 23 Vgl. BNetzA, Notifizierung TAL (Fn. 21), S. 26; siehe auch Monopolkommission, Sondergutachten 2005 (§ 121 II TKG), Rz. 95; Beese / Müller, RTkom 2001, 83 (85). 24 Vgl. BNetzA, Notifizierung TAL (Fn. 21), S. 26 f.; siehe auch Monopolkommission, Sondergutachten 2005 (§ 121 II TKG), Rz. 95.
II. Andere Netzwirtschaften
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dass regional unterschiedliche Teilnehmeranschlussentgelte erhoben werden, dass also etwa auf dem Land höhere Anschlusspreise als in der (Groß-)Stadt gezahlt werden müssen. 2. Stromsektor Bei einem gebiets- und länderübergreifenden Netz wird im Stromsektor von einem entsprechend weitergehenden (bundesweiten) räumlich relevanten Markt ausgegangen. Objekt des Zugangsanspruchs ist das gesamte Elektrizitätsversorgungsnetz (§ 21 Abs. 1a Satz 3 EnWG, § 3 Abs. 1 Satz 1 StromNZV). Mit dem Netznutzungsentgelt wird die Nutzung der „Netz- oder Umspannungsebene des jeweiligen Betreibers des Elektrizitätsversorgungsnetzes, an die der Netznutzer angeschlossen ist, sowie alle vorgelagerten Netz- und Umspannungsebenen abgegolten.“25 Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung ist die Anschlussebene der Entnahmestelle eines Netzbetreibers respektive der vorgelagerten Netzebenen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2, § 14 StromNEV). In den Kosten der Netzebene des Entnahmepunktes sind auch Kosten der vorgelagerten Netzebenen enthalten, welche verursachungsgerecht über den Kostenüberwälzungsmechanismus (§ 14 StromNEV) verteilt werden. Die Kosten für die dem Entnahmepunkt nachgelagerten Netzebenen dürfen nicht in das Netznutzungsentgelt einfließen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 StromNEV). 3. Bundesautobahnen Die Modalitäten der Finanzierung des Baus, der Unterhaltung und des Betriebs der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen ist wegen des intermodalen Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern Schiene und Straße von erheblicher Bedeutung. Unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit ist eine Koordinierung der beide Verkehrsträger kennzeichnenden Entgeltregulierungsprinzipien wettbewerbspolitisch oder möglicherweise sogar verfassungsrechtlich geboten. Ökologisch und ökonomisch gerecht könnte eine entfernungsabhängige und ggf. streckenbezogene Autobahnmaut sein. Stattdessen werden Bau und Unterhaltung des gesamten Bundesautobahn- bzw. Bundesfernstraßennetzes über das Steueraufkommen des Bundes finanziert. Auch nach dem für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen geltenden Bundesautobahnmautgesetz des Bundes (ABMG)26 werden pauschalierte Entgelte und nicht streckenbezogene Entgelte verlangt, die den AufMissling, in: Danner / Theobald, Energierecht, Stand: Sept. 2006, B2 EnPrR III Rn. 35. Gesetz vom 05. 04. 2002, BGBl. 2002, S. 1234, neugefasst durch Bekanntmachung vom 02. 12. 2004, BGBl. I, S. 3122, geändert durch Art. 35 des Gesetzes vom 19. 09. 2006, BGBl. I, S. 2146. 25 26
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B. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung
wand für Bau und Unterhaltung der konkreten Strecke abbilden. Maßstab sind insoweit also nicht die gänzlich unterschiedlichen Bau- und Unterhaltungskosten der einzelnen Strecken: Die durchschnittlich gewichtete Maut orientiert sich an den von der Gesamtheit der mautpflichtigen Fahrzeuge verursachten Kosten für den Bau, die Erhaltung, den weiteren Ausbau und den Betrieb des mautpflichtigen Bundesautobahnnetzes (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG; vgl. auch § 1 MautHV27). Allerdings kann die Bundesregierung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 ABMG „darüber hinaus die Höhe der Maut pro Kilometer auch nach bestimmten Abschnitten von Bundesautobahnen und nach der Benutzungszeit bestimmen.“ Von dieser Möglichkeit einer Erhebung von auf bestimmte Abschnitte von Bundesautobahnen bezogenen Entgelten wurde jedoch bislang kein Gebrauch gemacht. Vielmehr beruht die Festlegung der Höhe der Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge auf einer pauschalierenden Betrachtung, welche die Gesamtheit des Bundesautobahnnetzes zum Ausgangs- und Bezugspunkt für die Entgelterhebung macht. 4. Fazit Die vergleichende Analyse hat deutlich gemacht, dass sich die Entgeltregulierung auch in anderen Netzwirtschaften – in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Eisenbahnsektor – nicht auf ein einzelnes, konkretes Netz, sondern auf das Gesamtnetz bzw. auf Teile desselben bezieht. Um zu verhindern, dass die regional divergierenden Auslastungsgrade sowie Kosten für Bau und Unterhaltung der Infrastruktur zu unterschiedlichen Zugangsentgelten führen, wird bei der Entgeltregulierung an das Gesamtnetz oder an Teile desselben angeknüpft. Nur Mischkalkulationen vermögen zu gewährleisten, dass im Bundesgebiet einheitliche Zugangsbedingungen bestehen und damit das ordnungspolitische Ziel der Tarifeinheitlichkeit erreicht wird. Dieses Leitziel gilt nicht nur im Eisenbahnsektor, sondern ist auch für das Recht anderer Netzwirtschaften prägend.
27 Verordnung zur Festsetzung der Höhe der Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge vom 24. 06. 2003, BGBl. I, S. 1001.
C. Entgeltregulierungsmaßstäbe Bei der Suche nach Entgeltregulierungsmaßstäben für das Eisenbahnrecht wird der Blick zunächst auf die andere Netzwirtschaften prägenden Entgeltregulierungsmaßstäbe geworfen werden. Im Recht anderer Netzwirtschaften gelten besondere (teilweise dem allgemeinen Kartellrecht entlehnte) Regulierungsmaßstäbe. Als Beispiel sei das Telekommunikationsrecht genannt: – Ausbeutungsmissbrauch (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 TKG) – Behinderungsmissbrauch (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 TKG): *
Dumping (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
*
Preis-Kosten-Schere (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG). Eine Preis-Kosten-Schere liegt vor, wenn die Spanne zwischen dem Entgelt für die (vorgelagerte) Zugangsleistung und dem Entgelt für die (nachgelagerte) Endnutzerleistung so weit auseinander klafft, dass konkurrierenden Anbietern eine nachhaltige wirtschaftlich erfolgreiche Tätigkeit auf dem Markt nicht möglich ist28. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs geht bei diesem Regulierungsinstrument in erster Linie darum, dem in der vertikalen Integration liegenden besonderen Diskriminierungspotenzial wirksam zu begegnen29.
*
Bündelung (§ 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG).
– Diskriminierung (§ 28 Abs. 1 Nr. 3 TKG). – Grundsatz der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung - KeL - (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 2, § 35 Abs. 1 Nr. 2 TKG).
Im Folgenden sollen die Regulierungsmaßstäbe ermittelt werden, die bei der Erhebung von Zugangsentgelten für die Benutzung der Schienenwege bzw. von Serviceeinrichtungen zu beachten sind.
I. Trassenentgelte Im Vergleich zu anderen Netzwirtschaften bestehen im Eisenbahnsektor spezielle Problemlagen, die sich auf die Bestimmung der Maßstäbe für das Entgeltregulierungsregime auswirken. Insbesondere geht es um das Spannungsverhältnis zwi28 Vgl. hierzu statt vieler Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 60 ff.; Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 84. 29 Vgl. BT-Drs. 15 / 2316, S. 67 zu § 26 TKG-E.
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
schen dem fiskalischen Interesse der Haushaltsentlastung einerseits und dem (verkehrlich und ökologisch) begründeten Ziel der Verkehrsverlagerung auf die Schiene andererseits [dazu unter 1.)]. Im Zentrum dieses Spannungsverhältnisses steht das Regulierungsmodell des § 14 AEG. Die Vollkosten zuzüglich eines der Marktsituation angemessenen Gewinns bilden bei der Entgeltgestaltung die Maximalgrenze. Die Minimalgrenze wird durch die zugbetriebsbedingten Kosten bestimmt [dazu insgesamt unter 2. a) bis d)]. Innerhalb dieses Rahmens kommen zwei Entgeltregulierungsmaßstäbe zum Tragen, welche der Gestaltungsfreiheit des EIU Schranken setzen: Zum einen dürfen die Trassenpreise die Funktionsfähigkeit der einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkte nicht beeinträchtigen [dazu unter 2. e) (1)]. Zum anderen obliegt dem EIU ein Diskriminierungsverbot [dazu unter 2. e) (2)]. Wahrt das EIU diese beiden Entgeltregulierungsmaßstäbe, kann es die Trassenentgelte innerhalb des durch die Minimal- und Maximalgrenze umrissenen Rahmens autonom festlegen. Hierbei ist es Aufgabe des EIU, bei seiner Entgeltgestaltung den Anforderungen des intermodalen Wettbewerbs Rechnung zu tragen. Weitere im Recht anderer Netzwirtschaften enthaltene Regulierungsmaßstäbe finden keine entsprechende Regelung im Eisenbahnsektor. Dies gilt insbesondere für den Grundsatz der Kosten effizienter Leistungsbereitstellung (KeL). Im Rahmen einer rechtspolitischen Diskussion über die Einführung des KeL-Grundsatzes im Eisenbahnrecht sind die Besonderheiten dieses Sach- und Lebensbereichs zu beachten [dazu unter 3.)]. 1. Maßgeblicher Zielkonflikt in der Entgeltregulierung: Vollkosten versus zugbetriebsbedingte Kosten Benutzungsentgelte bestimmen die Situation der Eisenbahnverkehrsunternehmen im intermodalen Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern. Je höher die für die Benutzung der Infrastruktur anfallenden Kosten sind, desto schwieriger wird es für die Eisenbahnverkehrsunternehmen sein, einen größeren Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen zu erlangen. In regulatorischer Hinsicht ergibt sich folgendes Spannungsverhältnis30: Auf der einen Seite steht der Lenkungsansatz, die Benutzung der Schienenwege gegenüber anderen Verkehrswegen (Straßen und Wasserwegen) konkurrenzfähig zu gestalten und die Marktanteile der Schienenverkehrsleistungen gegenüber anderen Verkehrsträgern zu erhöhen. Dies spricht dafür, die Benutzungsentgelte durch Regulierung auf einem möglichst geringen Niveau zu halten. Maßstab hierfür wären etwa die Kosten, die unmittelbar durch den Zugbetrieb anfallen. Die weiteren Kosten, insbesondere die für die Netzbereitstellung für alle Nutzer anfallenden hohen Fixkosten, blieben außer Betracht. 30 Zu diesem grundsätzlichen Problem Freise, TranspR 2003, 265 (275); Fehling, DÖV 2002, 793 (802); Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 174 ff.; Masing, Gutachten 66. DJT, D 127 f.; Staebe, WuW 2006, 492 (494 f.).
I. Trassenentgelte
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Auf der anderen Seite steht das ordnungspolitische Ziel der Eisenbahnliberalisierung, das in der Bundesrepublik Deutschland die Bahnreform im Jahr 1994 maßgeblich bestimmt hat: die unternehmerische, gewinnorientierte Ausrichtung auch der Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Im Interesse der Entlastung des Staatshaushalts sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes als kommerziell betriebene Wirtschaftsunternehmen zu führen, die sich im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern zu behaupten haben (vgl. Art. 87e Abs. 3 GG)31. Unter Zugrundelegung dieser Zielsetzung müssten die Benutzungsentgelte nicht nur die aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten decken, sondern ebenso die hohen Fixkosten für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb des Schienennetzes abdecken. Dies führt zwangsläufig zu höheren Trassenpreisen und damit zu einer stärkeren Belastung der EVU32. Sofern die Benutzungsentgelte aus umwelt- und verkehrspolitischen Gründen auf niedrigem Niveau festgeschrieben würden, müsste letztlich der Staat die Defizite der Eisenbahninfrastrukturunternehmen ausgleichen oder – was in Deutschland nach geltendem Verfassungsrecht (vgl. Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG) ausgeschlossen wäre – diesen Bereich in Eigenregie betreiben. Dies aber kollidierte mit dem Liberalisierungsziel, die Eisenbahnunternehmen vom Tropf des Staates möglichst zu befreien. Die Folgen dieses strukturellen Dilemmas für den Staatshaushalt lassen sich freilich dadurch reduzieren, dass man andere Verkehrsträger, insbesondere die Straße, in einem bestimmten, den Verhältnismäßigkeits- und Gleichheitsgrundsatz wahrenden Umfang zur Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur heranzieht. Der Zielkonflikt zwischen der Verlagerung eines größeren Anteils des Verkehrsaufkommens auf die Schiene durch Festschreibung möglichst niedriger Benutzungsentgelte einerseits und der – im Interesse einer wirtschaftlichen Ausrichtung der Infrastrukturunternehmen und der Entlastung des Staatshaushalts liegenden – Ermöglichung kostendeckender Benutzungsentgelte andererseits spiegelt sich in der Richtlinie 2001 / 14 / EG offen wider, ohne dass die Richtlinie diesen Zielkonflikt selbst löst33: Im Interesse der Verkehrsverlagerung auf die Schiene hatte sich die Europäische Kommission in ihrem Weißbuch aus dem Jahr 1998 noch für eine Orientierung des Infrastrukturbenutzungsentgelts an den sozialen Grenzkosten des Verkehrs ausgesprochen34. Dieser Vorschlag zog vor allem deshalb Kritik auf sich, 31 Vgl. hierzu Gersdorf, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Art. 87e Rdnr. 49 m. w. N. 32 Frotscher / Kramer, NVwZ 2001, 24 (30); Kramer, Das Recht der Eisenbahninfrastruktur, S. 211 f.; Kühl, Übernahme von Schieneninfrastruktur der DBAG durch Dritte, S. 54 m. w. N.; Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHR-Beiheft 73 (2005), 131 (172 f.). 33 Vgl. Fehling, DÖV 2002, 793 (802); Freise, TranspR 2003, 265 (275 f.); Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 178; Grün, in: Brauner / Kühlwetter, Die Eisenbahnen im Recht, 2005, S. 7 (10); Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1411); Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHR-Beiheft 73 (2005), 131 (171 f.). 34 EG-Kommission, Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrs-Infrastrukturgebühren in der EU, Weißbuch,
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
weil mit der Ausblendung der den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb betreffenden Fixkosten das Ziel der Haushaltsentlastung und der privatwirtschaftlichen Ausrichtung der Infrastrukturunternehmen vernachlässigt wurde35. Vor dem Hintergrund dieses ungelösten Zielkonflikts sind die Regelungen der Richtlinie 2001 / 14 / EG über die Entgeltgrundsätze zustande gekommen36. Bereits in den Erwägungsgründen kommt dieses Spannungsverhältnis klar zum Ausdruck. Während es in Erwägungsgrund 38 heißt, dass „die Wegeentgelte . . . daher in Höhe der Kosten festgelegt werden“ sollten, „die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen“, weist Erwägungsgrund 39 darauf hin, dass das „Gesamtniveau der Kostendeckung durch Wegeentgelte . . . Auswirkungen auf den von der öffentlichen Hand zu erbringenden Beitrag“ hat. „Die Mitgliedstaaten können die Kostendeckung durch Entgelte variabel festlegen, auch durch Aufschläge bzw. eine Rendite, die der Markt tragen kann, wobei Ausgewogenheit zwischen Kostendeckung und intermodaler Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs herzustellen ist.“ Entsprechende Regelungen finden sich in Art. 7 und 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG. Gemäß Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG ist das Entgelt für das Mindestzugangspaket im Sinne des Anhangs II Nr. 1 und für den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen im Sinne des Anhangs II Nr. 2 in Höhe der Kosten festzulegen, „die unmittelbar auf Grund des Zugbetriebs anfallen“. Danach soll die Ermittlung der Entgelte für die Trassennutzung und für Serviceeinrichtungen auf der Grundlage der kurzfristigen Grenzkosten des Zugbetriebs erfolgen. Die konkreten Benutzungsentgelte wären außerordentlich gering, weil die hohen Fixkosten für Bau und Unterhaltung der Infrastruktur nicht in Anrechnung gebracht werden könnten37. Dieser in Art. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG aufgestellte „Grundsatz“ wird durch die Bestimmung des Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG relativiert (oder genauer: aufgehoben), der prinzipiell eine vollständige Überwälzung der durch Bau, Unterhaltung und Betrieb der Eisenbahninfrastruktur anfallenden Kosten auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen erlaubt. Danach wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, zur Deckung der dem Betreiber der Infrastruktur entstehenden vollständigen Kosten Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender KOM (1998) endgültig vom 22. 7. 1998; folgende Kosten wurden als Grenzkostenkomponenten qualifiziert: Betriebskosten (Energie, Personal, bestimmte Instandhaltungskosten), Kosten von Infrastrukturschäden (Instandhaltungskosten, Verschleiß [neue Fahrbahnbeläge, Schienen, Pisten, Ausbaggern und Markierung von Kanälen usw.]), Kosten der Infrastrukturüberlastung und –knappheit (Kosten von Zeitverlusten aufgrund gehemmter Verkehrsströme [Staus auf Straßen, Warteschlangen auf Flughäfen und Bahnhöfen] für Nutzer und Dritte). Ökologische Kosten (Luft- und Wasserverschmutzung, Lärmbelästigung), Unfallkosten (Personen- und Sachschäden, Produktionsausfälle). 35 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung, Internationales Verkehrswesen 51 (1999), 436 (438 ff.). 36 Vgl. Fehling, DÖV 2002, 793 (802). 37 Freise, TranspR 2003, 265 (275); Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHRBeiheft 73 (2005), 131 (172).
I. Trassenentgelte
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Grundsätze zu erheben; hierbei ist die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs zu gewährleisten. Entgegen der eher irreführend verfassten Überschriften lässt sich Art. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG auch nicht als „Grundsatznorm“ qualifizieren, die in Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG eine „Ausnahme“ findet. Dies folgt, wie soeben gezeigt, sowohl aus der Genese als auch aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 20001 / 14 / EG, wonach es Sache der Mitgliedstaaten bzw. der EIU sein soll, den Zielkonflikt zwischen verkehrlichem und fiskalischem Interesse aufzulösen. Indem die Bestimmung des Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG unter den Vorbehalt der Vorschrift des Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG gestellt wird (vgl. Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG: „unbeschadet . . . des Artikel 8 . . .“), macht der europäische Normgeber unmissverständlich deutlich, dass Art. 7 und Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis stehen. Art. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG ist nicht als „Grundnorm“ und Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG nicht als „Ausnahmetatbestand“ zu interpretieren. Vielmehr beanspruchen beide Regelungen dieselbe Rangstufe. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Richtlinie 2001 / 14 / EG in Art. 7 und 8 die beiden widerstreitenden Pole bei der Entgeltregulierung benennt, ohne den Konflikt zwischen dem Ziel der Verkehrsverlagerung auf die Schiene einerseits und dem Ziel der Haushaltsentlastung und Wirtschaftlichkeit der Eisenbahninfrastrukturunternehmen andererseits selbst zu lösen. Ein Anhaltspunkt für eine Präferenz für den Vollkostenansatz ergibt sich lediglich aus Erwägungsgrund 34 der Richtlinie 2001 / 14 / EG. Danach sollen den Betreibern der Infrastruktur Anreize zu wirtschaftlich sinnvollen Investitionen gegeben werden. In Ermangelung weiterer verbindlicher gemeinschaftsrechtlicher Direktiven bleibt es dann Sache der Mitgliedstaaten, den Zielkonflikt durch eine eigenständige Prioritätensetzung aufzulösen. Sie können sich für den Vollkostenansatz oder für eine Orientierung an den unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten entscheiden38. 2. Eisenbahnrechtliche Regulierungsmaßstäbe Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AEG dient das AEG auch der Umsetzung oder der Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften im Bereich des Eisenbahnrechts39. Die Entgeltregulierungsvorschriften des § 14 AEG und der §§ 21 ff. EIBV finden ihre gemeinschaftsrechtliche Grundlage in der Richtlinie 2001 / 14 / EG, insbesondere in deren Regelungen der Art. 4 ff.40 38 Vgl. Fehling, DÖV 2002, 793 (802); Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 178; Grün, in: Brauner / Kühlwetter, Die Eisenbahnen im Recht, 2005, S. 7 (10); Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHR-Beiheft 73 (2005), 131 (172). 39 Vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 15 / 3280, S. 1. 40 Vgl. Bartosch / Jaros, WuW 2005, 15 (19); Staebe, WuW 2006, 492 (494).
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
Die Entgeltregulierungsvorschrift des § 14 Abs. 4 AEG war im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten41. Auch in der Stellungnahme des Bundesrates fehlt es an einem Entwurf für ein eisenbahnrechtliches Entgeltregulierungsregime42. Nach der 1. parlamentarischen Beratung am 17. Juni 200443 wurde das AEG (u. a.) an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss – AfVerkBau) überwiesen, auf dessen Beschlussempfehlung die heute gültige Regelung des § 14 AEG beruht44. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren – respektive dem Vermittlungsverfahren45 – wurden nur noch geringfügige organisationsrechtliche Änderungen vorgenommen46. a) Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) als Maximalgrenze Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG haben die Betreiber von Schienenwegen ihre Entgelte nach Maßgabe einer aufgrund des § 26 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AEG erlassenen Rechtsverordnung so zu bemessen, dass die ihnen insgesamt für die Erbringung der Pflichtleistungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG entstehenden Kosten zuzüglich einer – der Marktsituation angemessenen47 – Rendite, ausgeglichen werden. Aus der Formulierung in § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG („die ihnen . . . insgesamt entstehenden Kosten“) folgt, dass hiervon nur die von einem EIU aufgebrachten (buchhalterischen) Eigenmittel, nicht aber die vom Bund für den Bau und Erhalt des Schienennetzes gewährten Zuschüsse erfasst sind. Auch wenn in § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG nicht ausdrücklich von „Vollkosten“ die Rede ist, ist im Ergebnis nicht zweifelhaft, dass sich der Gesetzgeber für den Vollkostenansatz entschieden hat. In Konkretisierung des den Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Gestaltungsspielraums48 bekennt sich der Gesetzgeber zur Orientierung der Infrastrukturnutzungsentgelte an den tatsächlichen Infrastrukturkosten zuzüglich einer marktüblichen Rendite49. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG. Wenn in dieser Vorschrift von den „. . . insgesamt . . . entsteVgl. BT-Drs. 15 / 3280, S. 8 und 18. Vgl. BT-Drs. 15 / 3280, S. 22, insbesondere S. 25 bis 27. 43 http: / / dip.bundestag.de / btp / 15 / 15114.pdf. 44 BT-Drs. 15 / 4419, S. 4 und 17. 45 BT-Drs. 15 / 5122, S. 2; demgegenüber wurde die Vorschrift des § 14 Abs. 5 AEG erst im Vermittlungsverfahren in das AEG aufgenommen, vgl. BT-Drs. 15 / 5122, S. 2. 46 Zum weiteren Gang der Gesetzgebung vgl. http: / / dip.bundestag.de / gesta / 15 / J027.pdf. 47 Vgl. hierzu BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 48 Vgl. oben bei und nach Fn.33 (S. 21). 49 Grün, in: Brauner / Kühlwetter, Die Eisenbahnen im Recht, 2005, S. 7 (10); Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (143); Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (35); Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1411); Staebe, WuW 2006, 492 (495). 41 42
I. Trassenentgelte
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henden Kosten . . .“ die Rede ist, deutet dies auf die Gesamt- und damit Vollkosten hin, die einem EIU für den Betrieb, die Unterhaltung und Instandsetzung sowie (anteilig) für den Bau seiner Schienenwege entstehen50. Auch die textliche Parallele zu Art. 8 Richtlinie 2001 / 14 / EG („volle Deckung der dem Betreiber der Infrastruktur entstehenden Kosten“), der Ausprägung des Vollkostenprinzips ist, spricht für diese Deutung. Weiter wird dieses Ergebnis durch den systematischen Zusammenhang zwischen dem Satz 1 und den Sätzen 2 und 3 des § 14 Abs. 4 AEG bekräftigt. § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG ermöglicht Aufschläge auf die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. Damit ist ein Antipode gemeint, der den Zielkonflikt der Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor betrifft51. Verständigerweise kann dann in § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG nur das Gegenstück erblickt werden: das Vollkostenprinzip. Auch die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG lässt sich nicht hiergegen anführen. Wenn in der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau von der „Deckung der durch den Betrieb der Schienenwege entstehenden Kosten“52 die Rede ist, ist damit nicht gemeint, dass nur nicht näher spezifizierte „Betriebskosten“ in Ansatz gebracht werden dürften. Denn anderenfalls ergäben die Regelungen des § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG keinen Sinn. Die im Sinnzentrum dieser Vorschriften stehende Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte, auf die in der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau verwiesen wird53, wäre von vornherein nicht bedroht, wenn EVU ausschließlich die Kosten in Rechnung gestellt werden dürften, die durch den Betrieb von Schienenwegen entstehen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Vollkostenprinzip – in Fortführung der früheren Rechtslage (vgl. § 5 Abs. 2 EIBV a.F.)54 – untergesetzlich verankert ist (vgl. § 20 Abs. 1 EIBV). § 20 Abs. 1 EIBV verstößt nicht etwa gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG, sondern konkretisiert das in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Bekenntnis zum Vollkostenprinzip. Eine Ausnahme von dem Vollkostenprinzip als Maximalgrenze für die Entgelterhebung begründet die Vorschrift des – auf der Grundlage des § 14 Abs. 4 Satz 4 AEG erlassenen – § 22 EIBV. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 EIBV kann die zuständige Aufsichtsbehörde Ausnahmen vom Vollkostenprinzip nach § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG genehmigen, wenn die Kosten anderweitig ausgeglichen werden. Insbesondere im Interesse der Wirtschaftsförderung und der Verbesserung von Verkehrleistungen im ländlichen Raum soll die Schwelle für zulässige Trassenpreise auch unterhalb der Vollkostendeckungsgrenze festgelegt werden können55. Dies setzt nach Staebe, WuW 2006, 492 (495). Vgl. oben C. I 1., S.20 ff. 52 BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 53 BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 54 Vgl. hierzu Frotscher / Kramer, NVwZ 2001, 24 (30); Gersdorf, in: Schmidt-Aßmann / Dolde (Hrsg.), ZHR-Beiheft 73 (2005), 131 (172 f.). 55 Vgl. zur Ratio der Vorschrift die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Wohnungswesen zu § 22 Abs. 1 EIBV (BR-Drs. 249 / 05, S. 56). 50 51
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
§ 22 Abs. 1 Nr. 1 EIBV zum einen die Genehmigung der „zuständigen Stelle“ voraus, womit das EBA gemeint ist (arg. e § 22 Abs. 1 Nr. 2 EIBV); und zum anderen müssen die Kosten anderweitig ausgeglichen werden56. Nur wenn diese beiden (formellen und materiellen) Voraussetzungen vorliegen, kann von dem Vollkostenprinzip als Maximalgrenze für die Entgelterhebung abgerückt werden. b) Keine Verpflichtung zur Vollkostendeckung In der Literatur wird zumeist angenommen, dass ein EIU nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sei, die gesamten Kosten der Infrastruktur in Rechnung zu stellen57. Die Vertreter dieses Standpunkts stützen sich insbesondere auf den Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG, wonach die Betreiber von Schienenwegen ihre Entgelte so zu bemessen „haben“, dass ihre Kosten ausgeglichen werden58. Auch in der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau heißt es, dass das EIU mindestens die durch den Betrieb der Schienenwege entstehenden Kosten decken „muss“59. Hieraus lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass die EIU zur Deckung ihrer Vollkosten verpflichtet sind. Der verpflichtende Charakter des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG („haben“) dient allein der Konkretisierung der Preishöhenkontrolle, welche eine Anwendbarkeit des allgemeinen kartellrechtlichen Missbrauchstatbestandes ausschließt60. Damit soll aber keine Verpflichtung der EIU zur Vollkostendeckung begründet werden. Denn § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG bildet nur einen Baustein innerhalb der Architektur des Entgeltregulierungsregimes des § 14 Abs. 4 AEG. Aus § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG ergibt sich, dass EIU auch berechtigt sind61, nur die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, in Rechnung zu stellen. Der Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG („hierbei können“) zeigt, dass es dem EIU gestattet ist, Entgelte zu erheben, die unterhalb der Vollkostengrenze liegen. Diese durch § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG eröffnete Möglichkeit setzt voraus, dass es keine Verpflichtung eines EIU zur Vollkostendeckung gibt. § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG hätten bei Lichte betrachtet keinen Anwendungsbereich, wenn ein EIU zur 56 Vgl. Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 22 Abs. 1 EIBV (BR-Drs. 249 / 05, S. 56) : „. . . dem Betreiber zufließende andere Mittel. . .“. 57 Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 179; ebenso wohl auch Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (143); Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1411), der § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG im „Grundsatz“ eine solche „Verpflichtung“ entnimmt; a.A. Staebe, WuW 2006, 492 (497 f.). 58 Vgl. Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 179. 59 BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 60 Vgl. hierzu bei und nach Fn. 117 (S. 44). 61 Im Einzelfall können EIU hierzu sogar verpflichtet sein, nämlich dann, wenn bestimmte Eisenbahnverkehrsmärkte nur entsprechend niedrige zugbetriebsbedingte (Grenz-)Kosten vertragen; vgl. hierzu unten C. I. 2. f) (1), S. 31 ff.
I. Trassenentgelte
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Vollkostendeckung gezwungen wäre. Selbst wenn man der Vorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG eine solche Pflicht entnehmen wollte, wäre diese „Pflicht“ durch die Sätze 2 und 3 des § 14 Abs. 4 AEG modifiziert. Im Ergebnis ist ein EIU nach der Entgeltregulierungsbestimmung des § 14 Abs. 4 AEG nicht gezwungen, die Entgelte für die Trassennutzung so festzulegen, dass seine Vollkosten gedeckt werden62.
c) Zugbetriebsbedingte Kosten als (Minimal-)Grenze Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG kann ein EIU Aufschläge auf die Kosten, die unmittelbar aufgrund der Zugbetriebs anfallen, erheben. Der Gesetzgeber normiert hier das dem Vollkostenprinzip gegenläufige Entgeltregulierungsprinzip einer Orientierung an den unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten. Damit stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem in § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG niederlegten Vollkostenprinzip einerseits und den Kosten des unmittelbaren Zugbetriebs (§ 14 Abs. 4 Satz 2 AEG) andererseits63. Der Wortlaut („hierbei“) könnte zu der trügerischen Schlussfolgerung verleiten, dass der Ansatz des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG auf dem Vollkostenprinzip des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG aufsetzt und es konkretisiert. Eine solche Deutung führte indes von vornherein in die Irre, weil es sich um zwei gegenläufige Prinzipien der Entgeltgestaltung im Eisenbahnsektor handelt64. Auch kann die Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG nicht als speziellere Vorschrift qualifiziert werden, die den allgemeinen Tatbestand des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG verdrängt65. Denn bei einer solchen Deutung hätte § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG keinen Anwendungsbereich und wäre gegenstandslos. Von einem allgemeinen, subsidiär zur Anwendung gelangenden Tatbestand könnte dann nicht die Rede sein. Bei Lichte betrachtet bezieht sich der (Klammer-)Begriff des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG („hierbei“) auf die Ausgestaltung des Entgelterhebungssystems durch ein EIU. Anstelle der Vollkostendeckung kann sich ein EIU bei seiner Entgeltgestaltung an den Kosten orientieren, die aufgrund des unmittelbaren Zugbetriebs anfallen, und auf diese Kosten Aufschläge erheben. Der Gesetzgeber stellt dem Vollkostenprinzip des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG das alternative Entgeltbildungssystem der Kosten des unmittelbaren Zugbetriebs nach § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG gegenüber. Der Gesetzgeber eröffnet also eine Bandbreite zwischen den zugbetriebsbedingten Kosten und den Vollkosten, innerhalb derer das EIU das Entgeltniveau grundsätzlich frei wählen darf66. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 2 Ebenso Staebe, WuW 2006, 492 (497 f.). Vgl. hierzu Staebe, WuW 2006, 492 (496 f.); siehe auch Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1412). 64 Vgl. oben C. I 1., S. 20 ff. 65 Zutreffend Staebe, WuW 2006, 492 (496 f.). 66 Vgl. Staebe, WuW 2006, 492 (496 f.). 62 63
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
AEG. Neben einer Deckung der Vollkosten zuzüglich einer angemessenen Rendite „können“ auch lediglich die zugbetriebsbedingten Kosten – mit entsprechenden Aufschlägen – Grundlage der Entgeltkalkulation sein. Auch in der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau ist von der „Stärkung der unternehmerischen Position“ des EIU die Rede67. Dies verdeutlicht, dass der Gesetzgeber mit den Sätzen 2 und 3 des § 14 Abs. 4 AEG den Rahmen gesetzt hat, innerhalb dessen ein EIU die Trassenpreise nach unternehmerischen Grundsätzen autonom festsetzen darf. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob der Gesetzgeber hiermit eine Minimalgrenze für den Kostendeckungsgrad fixiert hat, die das EIU bei seiner Tarifgestaltung nicht unterschreiten darf. Denn in der Praxis liegen die Entgelte stets oberhalb dieser Marge. d) Möglichkeit der Erhebung von Aufschlägen auf die zugbetriebsbedingten Kosten § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 AEG eröffnen den Spielraum, in dem das EIU sein Entgeltniveau grundsätzlich frei wählen kann. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG ermöglicht dem EIU, auf die Kosten, die unmittelbar durch den Zugbetrieb anfallen, Aufschläge68 zu erheben. Entsprechende Aufschläge können bis zur Grenze des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG erhoben werden, bis also die Vollkosten zuzüglich einer marktüblichen Rendite erreicht sind. Der unternehmerische Gestaltungsspielraum des EIU ist daher nicht darauf reduziert, zwischen einer Orientierung an den unmittelbar zugbetriebsbedingten Kosten einerseits und den Vollkosten (zuzüglich einer Rendite) auszuwählen. Er bezieht sich vielmehr auf den gesamten Korridor, der sich von der Schwelle der (Minimal-)Kostendeckung des unmittelbaren Zugbetriebs bis zur Maximalgrenze einer Deckung der Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) erstreckt. Es ist Aufgabe des EIU, durch Aufschläge den Grad der Vollkostendeckung in freier unternehmerischer Autonomie zu bestimmen. Je höher die Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten sind, desto höher ist der Kostendeckungsgrad. Der Kostendeckungsgrad wächst proportional zu den auf die zugbetriebsbedingten Kosten erhobenen Aufschlägen. Die eisenbahnrechtlichen Vorschriften enthalten eine Reihe von Kriterien, die das EIU bei der Entscheidung über die Erhebung von Aufschlägen auf die zugbetriebsbedingten Kosten berücksichtigen kann. Verpflichtenden oder erschöpfenden Charakter haben diese Kriterien indes nicht. Im Rahmen seiner Entgeltgestaltung kann sich das EIU von diesen Kriterien leiten lassen, ohne hierzu verpflichtet zu sein (fakultative Entgeltgrundsätze69): BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. Aufschläge im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG sind von „Zuschlägen“, die in der Praxis von EIU erhoben werden, strikt zu unterscheiden. 69 Vgl. hierzu Ruge, IR 2005, 196 (198 f.); Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (143). 67 68
I. Trassenentgelte
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– Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG kann das EIU bei der Erhebung von Aufschlägen auf die zugbetriebsbedingten Kosten zwischen den Verkehrsleistungen Schienenpersonenfernverkehr (SPFV), Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und Schienengüterverkehr (SGV) sowie nach „Marktsegmenten“ innerhalb dieser Verkehrsleistungen differenzieren. Es kann hier dahinstehen, ob die drei Verkehrsleistungen des SPFV, SPNV und des SGV eigenständige sachlich relevante Märkte darstellen und ob innerhalb dieser weitere (sachlich und räumlich relevante) Märkte denkbar sind70. Ungeachtet dieser Frage ist es dem EIU in jedem Fall gestattet, bei der Tarifgestaltung zwischen den einzelnen Verkehrsleistungen zu differenzieren71. Ausweislich der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau soll „der Betreiber der Schienenwege für seine Leistungen je nach Marksituation für einzelne Marktsegmente unterschiedliche Entgelte erheben“ können. Auf diese Weise soll seine „unternehmerische Position gestärkt“ werden72. Auch hieran zeigt sich der fakultative Charakter des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG: Es obliegt dem EIU, in freier unternehmerischer Autonomie darüber zu entscheiden, ob es bei der Festlegung der Trassenpreise zwischen den einzelnen Verkehrsleistungen unterscheidet. Diese Differenzierungsmöglichkeit ist von zentraler Bedeutung, weil sich der intermodale Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern als vielgestaltig erweist. Der Unterschiedlichkeit der Preiselastizitäten im intermodalen Wettbewerb korrespondiert die Notwendigkeit, bei der Erhebung der Zugangsentgelte zwischen den einzelnen Verkehrsleistungen differenzieren zu können. – Das Wegeentgelt kann73 gemäß § 21 Abs. 2 EIBV einen Entgeltbestandteil umfassen, der den Kosten umweltbezogener Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung trägt (vgl. auch Art. 7 Abs. 5 Richtlinie 2001 / 14 / EG). Dabei ist nach der Größenordnung der verursachten Auswirkungen zu differenzieren. Darüber hinaus darf dadurch die Höhe des Gesamterlöses des Betreibers der Schienenwege nicht verändert werden. – Weiterhin kann das Wegeentgelt einen Entgeltbestandteil umfassen, der die Knappheit der Schienenwegkapazität auf einem bestimmten Schienenwegabschnitt in Zeiten der Überlastung widerspiegelt (§ 21 Abs. 3 EIBV, Art. 7 Abs. 4 Richtlinie 2001 / 14 / EG). Das EIU kann daher den ökonomischen Ratio70 Vgl. OLG Frankfurt a.M., Az.: 11 U 46 / 05, Urteil vom 10. 10. 2006, S. 8: „Teilmarkt Güterverkehr“, offen lassend hingegen OLG Düsseldorf, Az.: U 20 / 02, Urteil vom 19. 03. 2003, S. 7; umfassend hierzu wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 18 ff. 71 Vgl. Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); siehe auch Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 13. 72 BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 73 Zu dem fakultativen Charakter dieser Regelung vgl. BR-Drs. 249 / 05, S. 55 f. zu § 21 EIBV: „Den Betreibern der Schienenwege werden zur umweltbezogenen Differenzierung keine Vorgaben gemacht, damit eine schelle Anpassung an die technische Entwicklung möglich bleibt.“
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
nalitäten von Angebot und Nachfrage folgend für hoch frequentierte Trassen Knappheitsaufschläge erheben74. e) (Zwischen-)Fazit Die EIU verfügen bei der Entgeltbildung über erhebliche unternehmerische Gestaltungsspielräume. Diese Gestaltungsspielräume beziehen sich sowohl auf den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung als auch auf die Entgeltregulierungsmaßstäbe: – Das Eisenbahnrecht fixiert selbst nicht einen bestimmten Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung, sondern legt die Entscheidung hierüber in die Hände des unternehmerisch handelnden EIU. Es kann Entgelte für bestimmte Zugtrassen, für bestimmte Stecken bzw. Streckengruppen, für einzelne Teilnetze oder für das gesamte Netz berechnen und erheben. Hierin manifestiert sich, dass dem EIU im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Preisbildungssystems ein erheblicher Gestaltungsspielraum zukommt. – Auch die im Eisenbahnrecht geltenden Entgeltregulierungsmaßstäbe eröffnen dem EIU Gestaltungsspielräume; dies in zweierlei Hinsicht: *
Erstens obliegt es dem EIU, zwischen den Antipoden des eisenbahnrechtlichen Entgeltbildungssystems grundsätzlich frei zu wählen. Ein EIU kann sich im Rahmen seiner ihm bei der Entgeltfestsetzung zukommenden Autonomie für ein Entgeltniveau entscheiden, dass zur Deckung der Vollkosten (zuzüglich einer angemessenen Rendite) führt oder sich allein an den zugbetriebsbedingten Kosten orientiert oder zwischen beiden Antipoden liegt.
*
Zweitens kann das EIU Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten – und zwar bis zur Grenze der Vollkostendeckung (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) – erheben. Der unternehmerische Gestaltungsspielraum des EIU ist also nicht auf die Wahl zwischen zwei alternativen Preisbildungssystemen begrenzt, sondern bezieht sich auf den gesamten Korridor, der von der (Minimal-)Kostendeckung des unmittelbaren Zugbetriebs bis zur Maximalgrenze der Vollkostendeckung (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) reicht. Es ist Aufgabe des EIU, durch Aufschläge den Grad der Kostendeckung festzulegen.
Die bisherigen Ergebnisse sollen in Form der folgenden Grafik illustriert werden:
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Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 201.
I. Trassenentgelte
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f) Grenzen des Gestaltungsspielraums Der Gestaltungsspielraum des EIU hat indes auch Grenzen, die sich sowohl aus dem AEG als auch aus der EIBV ergeben. Nach § 21 Abs. 1 EIBV hat der Betreiber seine Entgelte für die Pflichtleistungen so zu gestalten, dass sie durch leistungsabhängige Bestandteile den EVU und den Betreibern der Schienenwege Anreize zur Verringerung von Störungen und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Schienennetzes bieten (vgl. auch Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2001 / 14 / EG). Dieses Ziel kann insbesondere dadurch erreicht werden, dass Vertragsstrafen für Störungen des Netzbetriebs, eine Entschädigung für von Störungen betroffene Unternehmen und eine Bonusregelung für Leistungen, die das geplante Leistungsniveau übersteigen, vorgesehen werden (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Richtlinie 2001 / 14 / EG)75. Darüber hinaus schreibt § 21 Abs. 6 EIBV eine Minderung der Entgelte für den Fall vor, dass die Schienenwege nicht in einem vertragsgemäßen Zustand sind. Von zentraler Bedeutung für die Entgeltregulierung sind zwei Faktoren, die ein EIU bei der Tarifierung binden: Zum einen ist die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte zu gewährleisten [sub (1)] und zum anderen darf die Entgelterhebung keine Diskriminierungen enthalten [sub (2)]. (1) Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte Während die Entscheidung über eine verkehrsleistungsspezifische Tarifierung in das Ermessen des EIU gestellt ist (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2: „kann“), stellt die Gewährleistung der „Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs“, eine Grenze der Entgeltgestaltung dar. Der Gesetzgeber bringt durch die Wortwahl in § 14 Abs. 4 Satz 2 zum Ausdruck, dass es sich inso75
Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (144).
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
weit um eine zwingende Direktive der Entgeltregulierung handelt („zu gewährleisten ist“). Die Gestaltungsfreiheit des EIU findet ein Ende, wenn die Erhebung der Zugangsentgelte zur Funktionsunfähigkeit eines Eisenbahnverkehrsmarktes führt. Ausdrücklich bezieht sich dieser Vorbehalt der Funktionsfähigkeit auf den „grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr“. Damit bekennt sich der Gesetzgeber in dem Bereich des grenzüberschreitenden SGV zum intermodalen Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern und setzt zugleich Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2001 / 14 / EG76 um. Dieser Vorbehalt erstreckt sich über den Bereich des grenzüberschreitenden SGV hinaus auch auf weitere Verkehrsleistungen, also auf den übrigen, (rein) nationalen SGV, den SPFV und den SPNV sowie auf mögliche „Marktsegmente“. Der Wortlaut („insbesondere“) und der systematische Zusammenhang innerhalb des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG machen deutlich, dass sich das Schutzgut der „Wettbewerbsfähigkeit“ nicht nur auf den grenzüberschreitenden SGV, sondern auf sämtliche Verkehrsleistungen und „Marktsegmente“ bezieht. Im Sinnzentrum des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG steht damit die Funktionsfähigkeit sämtlicher Eisenbahnverkehrsmärkte77. Zu der Höhe der Entgelte, also zu der Höhe der auf die zugbetriebsbedingten Kosten erhobenen Aufschläge trifft § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG keine Aussage. Diese Funktion erfüllt die – textlich ein wenig missglückte – Bestimmung des § 14 Abs. 4 Satz 3 AEG, welche die Höhe der Entgelte regelt78. Danach darf die Höhe der Entgelte „im Fall des Satzes 2 bezogen auf ein Marktsegment nicht die Kosten, die jeweils unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, zuzüglich einer Rendite, die am Markt erzielt werden kann, übersteigen“. Die Bezugnahme auf § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG („im Fall des Satzes 2“) verdeutlicht, dass diese Regelung nur für den Fall der mangelnden Funktionsfähigkeit einzelner Verkehrsmärkte gilt. Wie hoch die Entgelte in diesem Fall sein dürfen, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln: Vertragen einzelne Eisenbahnverkehrsmärkte ein bestimmtes Entgeltniveau nicht, müssen die Entgelte hinter den Vollkosten zurückbleiben. Der Gesetzgeber bekennt sich damit zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte und räumt insoweit den verkehrlichen Interessen gegenüber fiskalischen Belangen Vorrang ein79. Dies kommt in der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau deutlich zum Ausdruck: 76 Vgl. auch Erwägungsgründe 38 und 39 zur Richtlinie 2001 / 14 / EG; Commission Staff Working Document, Annexes to the Communication on the implementation of the railway infrastructure package Directives (,First Railway Package‘), SEC(2006) 530, S. 46, 48. 77 Selbstredend ist damit nur die Funktionsfähigkeit einzelner Eisenbahnverkehrsmärkte, nicht aber die Existenz einzelner Verkehrsunternehmen geschützt. 78 So ausdrücklich die Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau, BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. 79 Aufgrund der dem Bund nach Art. 87e Abs. 4 GG obliegenden Infrastrukturverantwortung müsste er durch Erhöhung der Bundeszuschüsse die entsprechende Deckungslücke ausgleichen.
I. Trassenentgelte
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„Unter der Bedingung, dass insgesamt mindestens Kostendeckung zu erzielen ist, darf der Betreiber der Schienenwege seine Preisgestaltung nicht so vornehmen, dass einzelne Marktsegmente von der Nutzung seiner Schienenwege ausgeschlossen sind.“80
Führte eine Vollkostendeckung zur Funktionsunfähigkeit einzelner Verkehrsmärkte, bedeutet dies nicht, dass in diesem Fall allein die Kosten, die aufgrund des unmittelbaren Zugbetriebs anfallen, erhoben werden dürfen81. Vielmehr können Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten auch insoweit bis zu der Grenze der Funktionsfähigkeit des einzelnen Eisenbahnverkehrsmarktes erhoben werden. Lediglich in dem (Ausnahme-)Fall, dass bestimmte Eisenbahnverkehrsmärkte eine Bepreisung allein am Maßstab der zugbetriebsbedingten Kosten vertragen, könnten nur diese Kosten in Rechnung gestellt werden (vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG). Im Übrigen aber können Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten bis diesseits der Grenze der Funktionsunfähigkeit des betreffenden Eisenbahnverkehrsmarktes erhoben werden. Der Gestaltungsspielraum ist insoweit also nicht „auf Null“ reduziert. Er ist lediglich verkürzt, wenn die Funktionsfähigkeit bestimmter Eisenbahnverkehrsmärkte ein Entgeltniveau ausschließt, das zur Deckung der Vollkosten (zuzüglich einer angemessenen Rendite) erforderlich ist. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass neben der Vollkostendeckungsgrenze keine weiteren Restriktionen bestehen, wenn die Grenzen der Funktionsfähigkeit eines Eisenbahnverkehrsmarktes diesseits der Vollkostengrenze liegen. Die Grenze zulässiger Zugangsentgelte ist dann die Vollkostendeckungsgrenze (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) bezogen auf die Gesamtheit der Pflichtleistungen. Die aus § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 AEG folgenden Direktiven lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Vertragen einzelne Eisenbahnverkehrsmärkte ein bestimmtes Entgeltniveau nicht, müssen die Entgelte hinter den Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) zurückbleiben. – Verträgt ein bestimmter Eisenbahnverkehrsmarkt allein Entgelte in Höhe der zugbetriebsbedingten Kosten, können Entgelte nur in dieser Höhe erhoben werden. – Im Übrigen sind Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten zulässig, solange und soweit die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte gewährleistet ist. – Darüber hinaus besteht eine Entgeltobergrenze nur insoweit, als die Vollkosten zzgl. einer angemessenen Rendite bezogen auf die Gesamtheit der Pflichtleistungen nicht überschritten werden dürfen.
80 81
BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. So aber Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276).
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
(2) Diskriminierungsverbot Im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG enthält § 14 Abs. 4 AEG wenigstens ausdrücklich kein Diskriminierungsverbot. Auch ist fraglich, ob sich der für das „Ob“ geltende Regulierungsmaßstab des § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG ohne weiteres auf § 14 Abs. 4 AEG übertragen lässt, der die Entgeltregulierung, also das „Wie“ zum Gegenstand hat; man könnte in § 14 Abs. 4 AEG eine auf die Entgeltregulierung bezogene Spezialvorschrift erblicken, die den Rückgriff auf § 14 Abs. 1 AEG sperrt. Trotz dieser grundsätzlichen Bedenken ist in Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung im Schrifttum82 und der Rechtsprechung der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit auch auf den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 4 AEG zu erstrecken. Hierfür streitet eine Reihe von Argumenten: Zum einen ist das Gebot der Diskriminierungsfreiheit durch – Vorrang beanspruchendes – Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben (vgl. Art. 4 Abs. 5 und Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG, siehe auch Art. 5 Richtlinie 2001 / 14 / EG). Zum anderen ist zu bedenken, dass § 14 Abs. 5 Satz 2 AEG im Hinblick auf die Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen ein solches Diskriminierungsverbot enthält. Für den Fall der Erhebung von Entgelten für den Zugang zu Pflichtleistungen (§ 14 Abs. 4 AEG) kann nichts anderes gelten. Weiter ist der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit auf untergesetzlicher Ebene verankert83. § 21 Abs. 6 EIBV bestimmt, dass Zugangsentgelte gegenüber jedem Zugangspetenten auf die gleiche Weise zu berechnen sind84. Damit soll der Gefahr einer diskriminierenden Behandlung einzelner EVU begegnet werden. Der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit gilt nicht nur für die Erhebung der Entgelte selbst, sondern ebenso für die Festlegung der Grundsätze für die Erhebung von Entgelten in den Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)85. Nach Art. 4 Abs. 5 Richtlinie 2001 / 14 / EG hat ein EIU dafür Sorge zu tragen, dass nicht nur die „tatsächlich erhobenen Entgelte“, sondern auch die „Anwendung der Entgeltregelung“ zu gleichwertigen und nichtdiskriminierenden Entgelten für unterschiedliche EVU führen. § 21 Abs. 6 EIBV setzt diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe ins nationale Recht um.
82 Vgl. nur Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 206; Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (144); Ruge, IR 2005, 196 (198); ebenso wohl Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (35); VG Köln, Az.: 18 K 2670 / 05, Urteil vom 20. 10. 2006, S. 10. 83 Vgl. die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 23 Abs. 3 EIBV: „Ob die Festlegung diskriminierend wirkt, unterliegt der Kontrolle der Regulierungsbehörde“; deutlich auch die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr der EIBV a.F., S. 1: „Erhebung diskriminierungsfreier Entgelte“ als Zielsetzung der Verordnung, ebenso S. 24. 84 Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (144). 85 Vgl. Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (144), BNetzA, Az.: 7S3 – 06 – 054, Bescheid vom 20. 11. 2006 – SNB, S. 72 ff.
I. Trassenentgelte
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(a) Unproblematische Anwendungsfälle Das Diskriminierungsverbot drängt zunächst einmal bei der Bestimmung der einzelnen Netze, also bei der Auswahl des Bezugsgegenstandes der Entgeltregulierung, auf Verwirklichung. Wie gezeigt, obliegt es dem EIU, den Bezugspunkt für die Entgeltregulierung zu bestimmen. Es kann dabei zwischen dem gesamten Netz, Teilnetzen, Strecken, Zugtrassen o.ä. grundsätzlich frei wählen, solange und soweit der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit gewahrt ist. Durch die Wahl des Bezugspunktes der Entgelterhebung dürfen nicht einzelne EVU im Verhältnis zu anderen EVU ungleich behandelt werden, solange und soweit hierfür nicht ein rechtfertigender Grund vorliegt. Ebenso gelangt das Diskriminierungsverbot innerhalb einer bestimmten Verkehrsleistung zur Anwendung. Es verpflichtet das EIU zur Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer, solange und soweit eine ungleiche Behandlung einzelner EVU sachlich nicht gerechtfertigt ist (vgl. Art. 4 Abs. 5 und Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG; § 21 Abs. 6 EIBV)86. In der Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 20 Abs. 1 EIBV heißt es87: „Eine Differenzierung innerhalb der Verkehrsleistungen oder Marktsegmente, z. B. nur bezogen auf ein Unternehmen, ist nicht zulässig.“
In der Verpflichtung zur Gleichbehandlung von EVU in einer und derselben Verkehrsleistung liegt das Sinnzentrum des eisenbahnrechtlichen Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit. (b) Problematischer Anwendungsfall: Unterschiedliche Deckungsbeiträge einzelner Eisenbahnverkehrsleistungsbereiche Während das Diskriminierungsverbot in den zwei zuvor genannten Fallgruppen unzweifelhaft seine den Wettbewerb sichernde Funktion entfaltet, ist fraglich und noch nicht geklärt, welche Tragweite dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit im Hinblick auf die unterschiedlichen (Eisenbahnverkehrsleistungs-)„Märkte“ des SPFV, des SPNV und des SGV und im Hinblick auf mögliche weitere „Marktsegmente“ innerhalb dieser Verkehrsleistungen zukommt. Eine Verpflichtung zur gleichen Tarifierung in den einzelnen Verkehrsdienstleistungsbereichen kann dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit nicht entnommen werden. Denn § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG ermöglicht es dem EIU, bei seiner Entgeltgestaltung zwischen den einzelnen Verkehrsleistungen zu differenzieren88. Wie bereits erwähnt89, soll ausweislich der Begründung der Beschlussempfehlung des AfVerkBau „der Betreiber der Schienenwege für seine Leistungen je nach Marksituation für einzelne Ebenso Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (140). BR-Drs. 249 / 05, S. 55. 88 Vgl. Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); siehe auch Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 13. 89 Vgl. oben bei Fn. 71 (S. 29). 86 87
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
Marktsegmente unterschiedliche Entgelte erheben“ können. Auf diese Weise soll seine „unternehmerische Position gestärkt“ werden90. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Differenzierungsmöglichkeit den durch Flexibilität und Variabilität gekennzeichneten Faktoren des intermodalen Wettbewerbs mit anderen Verkehrsträgern Rechnung. Da sich der intermodale Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern in einzelnen Verkehrsmärkten des SPFV, SPNV und SGV unterschiedlich darstellt, verbietet es sich, sämtliche Verkehrsleistungen „über einen Kamm zu scheren“. Ebenso wie die konkurrierenden Verkehrsträger flexibel und variabel auf die Marktsituation in dem jeweiligen Verkehrsleistungsbereich reagieren können, muss auch ein EIU über diese Gestaltungsfreiheit verfügen. Anderenfalls ist ein auf Chancengleichheit beruhender intermodaler Wettbewerb nicht denkbar. Der Diversität der Wettbewerbssituationen in den einzelnen Verkehrsleistungsbereichen korrespondiert der Verzicht auf Nivellierung und die Notwendigkeit einer zwischen Verkehrsleistungen differenzierenden Gestaltung der Zugangsentgelte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG, die eine nach Eisenbahnverkehrsleistungen differenzierende Entgelterhebung gestattet, wirft die Vorschrift des § 21 Abs. 4 EIBV (Verständnis-)Fragen auf. Danach dürfen in dem Fall, dass eine Verkehrsleistung gegenüber anderen Verkehrsleistungen erhöhte Kosten verursacht, diese Kosten nur für diese Verkehrsleistung berücksichtigt werden. Die Vorschrift des § 21 Abs. 4 EIBV entspricht § 5 Abs. 3 Satz 2 der früheren Fassung der EIBV. In der Begründung des (vormaligen) Bundesministeriums für Verkehr zu § 5 Abs. 3 EIBV a.F. heißt es: „Die Vorschrift stellt klar, daß Mischkalkulationen grundsätzlich zulässig sind . . . Die Mischkalkulation ist jedoch nur innerhalb bestimmter Verkehrsleistungen zugelassen, damit erhöhte Kosten einer Verkehrsleistung andere Verkehrsleistungen nicht belasten.“91
Diesen Rechtszustand hat der Verordnungsgeber fortgeschrieben. Die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 21 Abs. 4 EIBV lautet: Die Vorschrift entspricht § 5 Abs. 3 Satz 2 der bisher geltenden Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung“.92
In Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 21 Abs. 5 EIBV heißt es: Mischkalkulationen sind grundsätzlich zulässig, jedoch wegen der allgemeinen Regelung in Absatz 4 nur innerhalb einer Verkehrsleistung, damit erhöhte Kosten einer Verkehrsleistung andere Verkehrsleistungen nicht belasten.“93
BT-Drs. 15 / 4419, S. 17. BR-Drs. 804 / 97, S. 23; hierauf verweisend VG Köln, Az.: 18 K 2670 / 05, Urteil vom 20. 10. 2006, S. 11. 92 BR-Drs. 249 / 05, S. 56. 93 BR-Drs. 249 / 05, S. 56. 90 91
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Ähnliche Überlegungen finden sich auch in der Richtlinie 2001 / 14 / EG. In ihren Erwägungsgründen 21 und 22 heißt es: „Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen müssen gegebenenfalls der Tatsache Rechnung tragen, dass verschiedene Teile des Schienennetzes im Hinblick auf unterschiedliche Hauptnutzer ausgelegt sind.“ „Die Anforderungen des Personenverkehrs sind oft nicht mit denen des Güterverkehrs vereinbar. Bei Erfüllung der Anforderungen des Personenverkehrs verursachen die Erstellung und Instandhaltung des dafür erforderlichen Schienennetzes unter Umständen höhere Kosten als bei einem ausschließlich für den Güterverkehr konzipierten Netz. Der zunehmende Geschwindigkeitsunterschied beim rollenden Material im Güter- und im Personenverkehr kann zu einer Verschärfung der Interessenkonflikte zwischen den beiden Verkehrsarten führen.“
Unter Hinweis auf § 21 Abs. 4 EIBV und den Erwägungsgründen 21 und 22 der Richtlinie 2001 / 14 / EG wird teilweise die Auffassung vertreten, dass „interne Subventionierungen“ zwischen einzelnen Verkehrsleistungsbereichen unzulässig seien; dies gelte vor allem im Zusammenhang mit dem Güterverkehr94. Sofern ein Schienenweg über spezifische Infrastrukturmerkmale verfüge, die letztlich ausschließlich einer bestimmten Verkehrsleistung zu Gute kommen (etwa spezielle Weichen für höhere Geschwindigkeiten und Sicherungssysteme für Reisende), könnten die erhöhten Kosten auch nur auf diese Verkehrsleistung umgelegt werden. Da der Personenverkehr bezüglich Erstellung und Instandhaltung des Schienennetzes teilweise höhere Kosten hervorrufe als der Güterverkehr, dem ein vergleichsweise weniger leistungsstarkes Netz genüge, müsse durch differenzierende Berechnung der Entgelte verhindert werden, dass der Güterverkehr mit seinen anspruchsloseren Bedürfnissen die höheren Kosten für den Personenverkehr mitfinanziere, ohne sie nutzen zu können95. Auch die Kommission vertritt in ihrem Bericht an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Durchführungen des ersten Eisenbahnpakets einen vergleichbaren rechtspolitischen Standpunkt: „Um die Ziele des ersten Eisenbahnpakets erreichen zu können, muss eine Quersubventionierung zwischen Güterzügen und Personenzügen über die Erhebung von Infrastrukturentgelten ausgeschlossen werden.“96
An anderer Stelle des Berichts wird deutlich, dass es der Kommission in erster Linie um die Wettbewerbsfähigkeit des SGV geht und sie daher „Quersubventionierungen“ zu Lasten dieser Eisenbahnverkehrsleistung ablehnt. Zu den an die Mitgliedstaaten gerichteten Forderungen der Kommission gehört u. a.: 94 Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 13; siehe Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276). 95 Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 13. 96 KOM(2006) 189 endgültig, S. 5.
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe „Verbot von Quersubventionen zwischen Güter- und Personenbeförderung zur Stützung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs.“97
Bei Lichte betrachtet lässt sich in einer unterschiedlichen Tarifierung der Zugangsentgelte in den einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkten kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bzw. eine diskriminierende Quersubventionierung erblicken. Aus ökonomischer Sicht liegt eine Quersubventionierung nur vor, wenn das Entgelt für ein bestimmtes Produkt nicht ausreicht, um die spezifischen zusätzlichen Kosten (Einzelkosten) zu decken, die für die Herstellung dieses Produkts entstehen. Die Differenz zwischen Entgelt und Einzelkosten würde dann anderweitig ausgeglichen. Ob und in welchem Maße jedes Produkt darüber hinaus zur Deckung der nicht produktspezifischen Gemeinkosten beiträgt, ist für die Frage einer möglichen Quersubventionierung ohne Bedeutung. Angesichts der Kostenstrukturen im Eisenbahnbereich scheidet daher die Annahme einer diskriminierenden Quersubventionierung bereits im Ansatz aus. Darüber hinaus sprechen weitere Gründe dafür, in der unterschiedlichen Tarifierung der Zugangsentgelte in den einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkten keinen Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung zu erblicken. Erstens kann insoweit nicht von einer „Quersubventionierung“ zwischen den einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkten die Rede sein, weil die Preise im Regelfall nicht zu 100% kostenunterlegt sind, also nicht den Vollkosten entsprechen. Letztlich geht es allein darum, ob einem EIU erlaubt ist, unterschiedliche Entgeltniveaus in den einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkten zu wählen bzw. unterschiedliche Kostendeckungsbeiträge zu erzielen. Decken die Zugangsentgelte nicht einmal die (Voll-)Kosten des EIU, kann von einer diskriminierenden „Quersubventionierung“ zwischen den Eisenbahnverkehrsmärkten ebenso wenig wie von einem Preishöhenmissbrauch die Rede sein. Zweitens will es ordnungspolitisch so recht nicht einleuchten, dass man sich gegen unterschiedliche Deckungsbeiträge im Eisenbahnsektor stemmt, während im intermodalen Wettbewerb sogar Quersubventionierungen gang und gäbe sind. § 11 ABMG sieht vor, dass das dem Bund zustehende (Maut-)Aufkommen aus der Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen zum überwiegenden Teil zur „Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur“, also auch zugunsten konkurrierender Verkehrsträger – wie der Eisenbahninfrastruktur – verwendet wird. Nach § 5 RegG98 partizipieren die Länder zum Zwecke der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs, wozu insbesondere der SPNV zählt (§ 7 RegG), am Mineralölsteueraufkommen des Bundes. Ebenso können den Gemeinden zur Verbesserung ihrer Verkehrsverhältnisse KOM(2006) 189 endgültig, S. 11. Gesetz zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs vom 27. 12. 1993 (BGBl. I 1993, S. 2378, 2395, zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes vom 29. 06. 2006 (BGBl. I, S. 1402). 97 98
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Bundesmittel aus dem Mineralölsteueraufkommen zufließen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 GVFG99). Wenn der Gesetzgeber den Wettbewerb belastende intermodale Quersubventionierungen zugunsten der Eisenbahninfrastruktur und der Eisenbahnverkehrsmärkte regelt100, müssen unterschiedliche Deckungsbeiträge in den einzelnen Eisenbahnverkehrsleistungsbereichen, die unter wettbewerblichen Gesichtpunkten indifferent sind, erst recht zulässig sein. Während im ersten Fall der intermodale Wettbewerb zwischen den konkurrierenden Verkehrsträgern beeinträchtigt ist, liegt im zweiten Fall keine Wettbewerbsstörung vor. Es machte keinen Sinn, wettbewerblich neutrale Kostenumlegungen zwischen den Eisenbahnverkehrsmärkten für unzulässig zu erklären, während der Bundesgesetzgeber wettbewerbsbeeinträchtigende Quersubventionierungen im intermodalen Wettbewerb ausdrücklich vorsieht. Drittens – und dies ist der entscheidende Gesichtspunkt – ist in hohem Maße fraglich, ob es im Eisenbahnnetz der Bundesrepublik Deutschland überhaupt verkehrsleistungsspezifische Mehrkosten für bestimmte Verkehrsleistungen in nennenswertem Maße geben kann. Die in den Erwägungsgründen 21 und 22 Richtlinie 2001 / 14 / EG angestellten Überlegungen mögen ihre Berechtigung haben, weil in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – wie etwa in der Französischen Republik – die unterschiedlichen Eisenbahnverkehrsdienste nicht über ein und dasselbe multifunktionale Eisenbahnnetz, sondern über spezifische, für bestimmte Verkehrsleistungen konzipierte unifunktionale Netze abgewickelt werden. Bei unifunktionalen Netzen lassen sich die spezifischen Kosten der einzelnen Verkehrsleistung vergleichsweise leicht zuordnen. Daher gibt es gute Gründe, die Kosten für das jeweilige unifunktionale Netz nur derjenigen Verkehrsleistung aufzubürden, die es tatsächlich in Anspruch nimmt. Anders liegen die Dinge in der Bundesrepublik Deutschland, in der ein multifunktionales Netz historisch gewachsen ist, das der Abwicklung sämtlicher Eisenbahnverkehrsleistungen dient. In einem multifunktionalen Netz kann es verkehrsleistungsspezifische Mehrkosten in nennenswertem Umfang kaum geben. Zwar ist ein solcher Mehraufwand für bestimmte Eisenbahnverkehrsleistungen durchaus denkbar, wie etwa die Kosten für Sicherungssysteme für Reisende des SPFV und des SPNV zeigen, die von dem SGV nicht gebraucht werden. Gleichwohl nimmt jede in einem multifunktionalen Netz erbrachte Eisenbahnverkehrsleistung die entsprechende Kapazität in Anspruch, so dass fraglich ist, ob von Mehrkosten für einzelne Verkehrsleistungen überhaupt die Rede sein kann. Dies gilt auch für die Mehrkosten eines Netzes, das der Abwicklung von Eisenbahnverkehren mit höherer Geschwindigkeit dient. Die Infrastruk99 Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden vom 13. 03. 1971 (BGBl. I, S. 239), zuletzt geändert durch Art. 282 Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, S. 2407). 100 Zu intermodalen Quersubventionierungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union vgl. Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“, KOM(2001), 370 endgültig, S. 69 ff.
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
turkosten wachsen nach Maßgabe der Geschwindigkeit, mit der das Netz befahrbar ist. Das bedeutet aber nicht, dass die geschwindigkeitsbezogenen Mehrkosten bestimmten Eisenbahnverkehrsleistungen zugeordnet werden können. Man verkürzte die Problematik, wenn man etwa die Kosten für ein Hochgeschwindigkeitsnetz als spezifische Kosten des SPFV deklarierte. Denn auch dem SPNV und dem SGV bleibt es unbenommen, mehr Fahrt aufzunehmen und die volle Leistungsfähigkeit des Netzes auszuschöpfen. Das setzte freilich den Einsatz neuer Zugtechnik und von neuem Zugmaterial voraus. Dass bestimmte Leistungsmerkmale des Netzes nach Lage der Dinge nur von bestimmten Verkehrsleistungen in Anspruch genommen werden, bedeutet nicht, dass sie nicht auch von anderen Verkehrsleistungen in Anspruch genommen werden könnten. In jedem Fall wird Kapazität gebunden, für die Mehrkosten angefallen sind. Aus diesem Grund lassen sich die hierdurch entstehenden Mehrkosten nicht einseitig einer Verkehrsleistung zuschlagen, nur weil diese Verkehrsleistung diese Leistungsmerkmale auch tatsächlich nutzt. Solange und soweit auch andere Eisenbahnverkehrsleistungen diese Leistungsmerkmale in Anspruch nehmen könnten, lässt sich von verkehrsleistungsspezifischen Mehrkosten des Netzes nicht sprechen. Pointiert: Was allen nützt oder zumindest allen nützen könnte, muss auch von allen bezahlt werden. Darüber hinaus dürfte aus dem multifunktionalen Charakter des Eisenbahnnetzes in der Bundesrepublik Deutschland folgen, dass die Vollkosten auch nur nach Maßgabe eines solchen Netzes anfallen. Anderenfalls müsste man zum Zwecke der Berechnung der Vollkosten für die Abwicklung einer bestimmten Verkehrsleistung das gesamte tatsächlich bestehende multifunktionale Netz in hypothetische unifunktionale Teilnetze aufspalten und die Infrastrukturkosten auf der Grundlage der Leistungsmerkmale dieses hypothetischen Netzes zu ermitteln suchen. Es ist fraglich, ob sich die Kosten für ein solches hypothetisches Netz überhaupt verlässlich darstellen lassen. Außerdem müssten die im Vergleich zum bestehenden multifunktionalen Netz geringere Auslastungsquote und geringeren Synergieeffekte eines unifunktionalen Netzes in Rechnung gestellt werden. Angesichts der Komplexität und Variabilität der Kostenermittlungsfaktoren, die auf der Basis eines hypothetischen unifunktionalen Netzes zu berücksichtigen wären, dürfte die Bestimmung der Kosten eines solchen Netzes in praxi auf kaum lösbare Probleme stoßen. Eine Kostenermittlung auf der Grundlage hypothetischer unifunktionaler Netze ist eher ein theoretisches Denkmodell, das den Anforderungen der Praxis jedoch kaum gerecht zu werden vermag. Eine hypothetische (Voll-)Kostenbestimmung wäre regelmäßig dem Verdacht einer beliebigen, nicht willkürfreien Kostenermittlung ausgesetzt, die vor dem rechtsstaatlichen Willkürverbot des Grundgesetzes keinen Bestand hätte. Viertens räumt § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG dem EIU die Möglichkeit ein, bei der Festlegung von Aufschlägen auf die zugbetriebsbedingten Kosten zwischen den einzelnen Verkehrsleistungsbereichen zu differenzieren. Dementsprechend kann sich das EIU für unterschiedliche Deckungsbeiträge entscheiden, solange und soweit sich die Zugangsentgelte diesseits der (Maximal-)Grenze der Vollkosten zuzüglich einer angemessenen Rendite bewegen.
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g) Fazit Die Ausführungen haben gezeigt, dass die EIU bei der Entgeltbildung über erhebliche unternehmerische Gestaltungsspielräume verfügen. Diese beziehen sich zum einen auf den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung; das Eisenbahnrecht fixiert selbst nicht einen bestimmten Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung, sondern legt die Entscheidung hierüber in die Hände der unternehmerisch handelnden EIU. Zum anderen eröffnen auch die eisenbahnrechtlichen Entgeltregulierungsmaßstäbe den EIU unternehmerische Gestaltungsspielräume. Erstens können die EIU innerhalb der Bandbreite, die durch die Antipoden des eisenbahnrechtlichen Entgeltbildungssystems eröffnet wird, also der Deckung der Vollkosten zuzüglich einer marktüblichen Rendite einerseits und den zugbetriebsbedingten Kosten andererseits, frei entscheiden. Und zweitens können EIU Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten – und zwar bis zu der Grenze der Vollkosten zuzüglich einer marktüblichen Rendite – erheben. Der unternehmerische Gestaltungsspielraum der EIU erstreckt sich auf den gesamten Korridor, der von der (Minimal-)Kostendeckung des unmittelbaren Zugbetriebs bis zur Maximalgrenze der Vollkostendeckung reicht. Die Grenzen dieser den EIU zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielräume ergeben sich zum einen unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte, also insbesondere des SPFV, des SPNV und des SGV, und zum anderen unter dem Aspekt des Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit. Die Zugangsentgelte dürfen keine prohibitive, die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte beeinträchtigende Wirkung entfalten. Und weiter unterliegen die EIU sowohl bei der Bestimmung des Entgelterhebungsgegenstands als auch bei der Ausgestaltung des Zugangsentgeltsystems dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Innerhalb dieser Grenzen obliegt die Festsetzung der Zugangsentgelte der freien unternehmerischen Gestaltungsbefugnis der EIU. Diese Ergebnisse sollen in Form der folgenden Grafik illustriert werden.
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
3. Anwendung weiterer Regulierungsmaßstäbe? Wie bereits erwähnt101, ist die Entgeltregulierung im Recht anderer Netzwirtschaften nicht nur durch den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit, sondern durch weitere Regulierungsmaßstäbe gekennzeichnet. Hierzu gehört insbesondere das – aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht stammende – Missbrauchsverbot, das die Tatbestände des Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauchs umfasst. Darüber hinaus ist der Fokus auf einen weiterreichenden effizienzbezogenen Kostenmaßstab zu werfen: den Grundsatz der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL). Der KeL-Maßstab stellt im Verhältnis zum Missbrauchstatbestand deshalb eine Verschärfung dar, weil im Modell der KeL der (idealtypische) „Als-ob-Wettbewerbspreis“ als Referenzpreis gilt, während dem betroffenen Unternehmen im Rahmen des Missbrauchstatbestands ein Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag zugestanden wird, der die Brandbreite zwischen dem „Als-ob-Wettbewerbspreis“ und der Missbrauchsgrenze abdeckt102. Die beiden Missbrauchstatbestände stehen nicht im Verhältnis der Alternativität, sondern sind nebeneinander anwendbar. Die Unbedenklichkeit eines Preises in einer Hinsicht schließt dessen Missbräuchlichkeit in anderer Hinsicht nicht aus103. Etwas anderes gilt für das Verhältnis eines kostenorientierten Effizienzmaßstabes (KeL) zum Verbot des allgemeinen Ausbeutungsmissbrauchs, der als weitergehender Regulierungsmaßstab vorgeht und jenen verdrängt104. Der Behinderungsmissbrauchstatbestand, insbesondere die Preis-Kosten-Schere, wird durch den Grundsatz der KeL nicht verdrängt; vielmehr sind beide Regulierungsmaßstäbe nebeneinander anwendbar105. Im Folgenden wird untersucht, ob diese Entgeltregulierungsmaßstäbe im geltenden Eisenbahnrecht verankert sind. Hierbei wird sich zeigen, dass sich im Eisenbahnrecht Konkretisierungen beider Missbrauchstatbestände finden [dazu sub a) und b)]. Demgegenüber ist der Regulierungsmaßstab der KeL im geltenden Eisenbahnrecht nicht geregelt. Auch begegnen einer künftigen Regelung dieses Regulierungsmaßstabs im Eisenbahnrecht vor dem Hintergrund der diesen Sach- und Lebensbereich kennzeichnenden Faktoren erhebliche Zweifel [dazu sub c)]. a) Ausbeutungsmissbrauch Im allgemeinen Kartellrecht ist der Missbrauchstatbestand („Entgelthöhenmissbrauch“106) in § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB geregelt. Als bereichsspezifische Kodifizie101 102 103 104 105
C., S. 19 f. Vgl. hierzu sogleich. Vgl. statt vieler Masing, Gutachten 66. DJT, D 128 f. Masing, Gutachten 66. DJT, D 129. Masing, Gutachten 66. DJT, D 129.
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rung des Ausbeutungsmissbrauchs sei § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG genannt. Bei der Beurteilung des Missbrauchstatbestandes wird dem betroffenen Unternehmen eine Bandbreite zwischen dem (idealtypischen) „Als-ob-Wettbewerbspreis“ und der Missbrauchsgrenze zugebilligt107. Ein Preismissbrauch liegt erst vor, wenn die tolerable Entgeltspanne, die zwischen dem Referenzpreis, der im Vergleichsmarkt mit Wettbewerb ermittelt wird, und einem Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag liegt, überschritten wird108. Ein solcher Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag wird mit etwa 25% auf den wettbewerbsanalogen Referenzpreis veranschlagt109. Durch diesen Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag unterscheidet sich der Missbrauchstatbestand vom effizienzbezogenen Kostenmaßstab, bei dem der „Als-ob-Wettbewerbspreis“ den allein zulässigen Referenzpreis darstellt. Bevor der Frage nachgegangen wird, ob dieser Ausbeutungsmissbrauchstatbestand Eingang in das geltende Eisenbahnrecht gefunden hat, ist vorauszuschicken, dass ein entsprechendes Missbrauchspotenzial im Eisenbahnsektor nicht vorhanden ist. Erstens: Da im Gegensatz zu anderen Netzwirtschaften der Schienenbetrieb chronisch defizitär ist, ist die Gefahr ausbeuterischer Monopolrenten vergleichsweise gering, wenn eine solche Gefahr überhaupt angenommen werden kann. Dementsprechend wird im allgemeinen Kartellrecht ein Preismissbrauch regelmäßig abgelehnt, wenn die von dem betroffenen Unternehmen erhobenen Entgelte unterhalb der tatsächlichen Kosten liegen110. Zweitens ist die typische Konstellation eines Preismissbrauchs im Eisenbahnsektor auch deshalb nicht gegeben, weil – mit Blick auf die Erfordernisse des intermodalen Wettbewerbs – regelmäßig nur Entgelte bis diesseits der Vollkostengrenze erhoben werden. Das Schienennetz bildet zwar ein natürliches Monopol111. Gleichwohl kann sich ein EIU kraft der domestizierenden Wirkung des intermodalen Wettbewerbs nicht wie ein Monopolist verhalten. Erhöhte oder gar (preis-)missbräuchliche Zugangsentgelte führten im Regelfall zu entsprechenden Mengenverlusten bei der Trassennachfrage und damit nicht zu einer Steigerung der Umsätze des EIU. Nach einer Studie von wikConsult zeitigte eine Erhöhung der Trassenpreise um 5% keinen Einnahmezuwachs, wenn die Nachfrage im Zuge des intermodalen Wettbewerbs um 6,33% zurückginge112. In Antizipierung der zu befürchtenden Mengenverluste ist die GeVgl. Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 21. Vgl. statt vieler Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 22; Immenga / Mestmäcker / Möschel, GWB, § 19 Rn. 159. 108 Vgl. BGH, WuW / E BGH 1678 (1684); Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 23. 109 Vgl. BGHZ 68, 233 (39); Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 23. 110 Vgl. BGH, NJW 2000, 76 (78 m. w. N.). 111 Vgl. Erwägungsgrund 40 zur Richtlinie 2001 / 14 / EG; wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 65; Wilkens, Wettbewerbsprinzip und Gemeinwohlorientierung bei der Erbringung von Eisenbahndienstleistungen, S. 101 m. w. N. in Fn. 110 auf das verkehrswissenschaftliche Schrifttum. 106 107
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fahr der Erhebung ausbeuterischer Trassenpreise vergleichsweise gering. Eine spezifische Preishöhenregulierung erscheint wegen der Auswirkungen des intermodalen Wettbewerbs auf die Erhebung der Zugangsentgelte nicht erforderlich113. Und schließlich ist drittens zu berücksichtigen, dass die Investitionszuschüsse des Bundes beim Bau und Erhalt des Schienennetzes einem umfassenden Kontrollsystem unterliegen114. Dieses Kontrollsystem ergibt sich insbesondere aus der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und dem Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (BSchWAG115). Auch wenn sich die Überprüfung unmittelbar nur auf die Bundeszuschüsse beschränkt, hat diese Kontrolle mittelbare Auswirkung auf den Einsatz der Eigenmittel des EIU. Gelangen die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Anwendung, ist ein EIU faktisch auch zur Wahrung dieser Grundsätze bei der Verwendung der Eigenmittel gehalten116. Die Notwendigkeit einer weiteren behördlichen Preishöhenkontrolle wird damit erheblich eingeschränkt. Letztlich kommt es auf diese rechtstheoretischen Einwände gegen eine Anwendbarkeit des allgemeinen Ausbeutungsmissbrauchs im Eisenbahnrecht nicht an. Denn dieser – im Recht anderer Netzwirtschaften verankerte – Regulierungsmaßstab hat im Eisenbahnrecht durch das Prinzip der Vollkostendeckung als Entgeltobergrenze seine Konkretisierung erhalten. Wie bereits gezeigt117, steckt § 14 Abs. 4 AEG den Korridor ab, innerhalb dessen sich ein EIU bei seiner Ausgestaltung des Zugangsentgeltsystems bewegen darf. In diesem System bilden die Vollkosten (zuzüglich einer marküblichen Rendite) die Preisobergrenze (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG) und die zugbetriebsbedingten Kosten die (Unter-)Grenze. Auf die zugbetriebsbedingten Kosten können Aufschläge (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG) erhoben werden, solange und soweit die Vollkostendeckungsgrenze nicht überschritten wird. Eine unzulässige „Ausbeutung“ der Zugangspetenten liegt nicht vor, wenn die Zugangsentgelte diese Schwelle nicht überschreiten. Die Grenze zulässiger Zugangsentgelte ist demnach durch das Vollkostendeckungsprinzip markiert. Für eine neben das Vollkostendeckungsprinzip tretende, gesonderte Preishöhenkontrolle ist kein Raum. Die Vollkostendeckungsgrenze des § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG ist eine Konkretisierung des Ausbeutungstatbestandes.
112 wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 64 ff., 65, 66 f., 70, ff., 78. 113 wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 67. 114 Vgl. Staebe, WuW 2006, 492 (499 f. m. w. N.). 115 Gesetz vom 15. 11. 1993 (BGBl. I, 1874), zuletzt geändert durch Art. 309 Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I 2407). 116 Zudem ergibt sich der Anreiz zur Wirtschaftlichkeit auch aus der unternehmerischen Zielsetzung eines in privater Rechtsform organisierten EIU; zum Ganzen Staebe, WuW 2006, 492 (500). 117 C. I. 2., S. 23 ff.
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b) Behinderungsmissbrauch, insbesondere Preis-Kosten-Schere Die Preis-Kosten-Schere als Vermutungstatbestand des Behinderungsmissbrauchs hat insbesondere im TKG eine spezialgesetzliche Ausprägung gefunden (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG). Von einer Preis-Kosten-Schere spricht man, wenn die Entgelte auf dem vorgelagerten Zugangsmarkt die möglichen Entgelte auf dem nachgelagerten Endkundenmarkt entweder überschreiten oder die Preisspanne zwischen Endkundenpreis und Zugangspreis so gering ist, dass konkurrierenden Anbietern eine nachhaltige, wirtschaftlich erfolgreiche Tätigkeit auf dem Endkundenmarkt nicht möglich ist118. Die Preis-KostenSchere betrifft die besondere Konstellation eines vertikal integrierten Unternehmens, das auf dem vorgelagerten Zugangs- und dem nachgelagerten Endkundenmarkt tätig wird119. Das mit der Preis-Kosten-Schere regulatorisch unterfangene Behinderungspotenzial wird durch etwaige Entflechtungsregeln, wie sie im Energie- und Eisenbahnsektor gelten (vgl. §§ 6 ff. EnWG und §§ 9, 9a AEG120), noch nicht hinfällig121. Eigentlich dürfen Preis-Kosten-Scheren bei einer rechtlichen und funktionellen Trennung der verschiedenen Geschäftsbereiche nicht auftreten. Der Gesetzgeber ist aber nicht daran gehindert, neben Entflechtungsregeln den Behinderungstatbestand der Preis-Kosten-Schere zu normieren, um durch diese Form regulatorischer „Doppelsicherung“ dem einem vertikal integrierten Unternehmen inhärenten Missbrauchspotenzial wirksam zu begegnen. Der Gedanke der Preis-Kosten-Schere ist im geltenden Eisenbahnrecht durch den Garantiegehalt des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG konkretisiert. Danach dürfen die Zugangsentgelte keine Größenordnung einnehmen, welche die Funktionsfähigkeit der einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkte gefährdet122. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG stellt also sicher, dass die auf dem vorgelagerten Markt erhobenen Zugangsentgelte und die auf den Eisenbahnverkehrsmärkten erzielbaren Entgelte nicht in einer Weise auseinander driften, dass die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte nicht mehr gewährleistet ist. Auf diese Weise wird die Preis-Kosten-Schere, in deren Schutzzentrum die Funktionsfähigkeit des betreffenden nachgelagerten Marktes steht, verwirklicht. Bei Lichte betrachtet ist damit der Garantiegehalt des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG eine Konkretisierung der Preis-Kosten-Schere.
118 Vgl. nur Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 55 ff.; Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 84. 119 Zum Telekommunikationssektor vgl. Regierungsbegründung des Gesetzentwurfs BTDrs. 15 / 2316, S. 67 zu § 29 TKG-E; Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 55; Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 85. 120 Vgl. hierzu Masing, Gutachten 66. DJT, D 114 ff. 121 Zutreffend Masing, Gutachten 66. DJT, D 124. 122 Vgl. hierzu im Einzelnen C. I. 2 f) (1), S. 31 ff.
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c) Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) Für die Bestimmung der Tiefe der Entgeltregulierung und des Umfangs der Kontrollbefugnisse der BNetzA kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, ob im Eisenbahnrecht effizienzorientierte Kostenmaßstäbe zum Tragen kommen. Unter dem Gesichtspunkt der KeL sind nur solche Kosten anerkennungsfähig, die für die Leistungserbringung unabdingbar sind (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG: „ . . . soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind“)123. Es soll verhindert werden, dass Ineffizienzen beim Aufbau und Betrieb des Netzes auf die Zugangspetenten abgewälzt werden124. Maßstab ist dabei, welche Kosten bei einem funktionsfähigen Wettbewerb berücksichtigt werden könnten125. Das KeL-Modell beruht auf einer (hypothetischen) Als-ob-Betrachtung, bei der der Wettbewerbspreis simuliert wird und die Behörde mit den auf diese Weise regulierten Entgelten die Marktkräfte stimuliert126. Die KeL setzen sich aus zwei Bausteinen zusammen: den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung sowie einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG). Mit den langfristigen Zusatzkosten werden die Einzelkosten der betrachteten Leistung erfasst127. Es handelt sich um die Kosten, die entfallen, wenn die Produktion der betreffenden Dienstleistung nicht erfolgt128. Mit den leistungsmengenneutralen Gemeinkosten werden die einer Einzelleistung nicht mehr zuordenbaren Kosten abgedeckt129. Zunächst ist zu klären, in welchem Verhältnis ein solcher KeL-Grundsatz – seine Geltung im Eisenbahnrecht hier (hypothetisch) unterstellt – zum Vollkostendeckungsprinzip und zu den zugbetriebsbedingten Kosten stünde. Teilweise werden die KeL als ein weiteres Kostenmodell qualifiziert, das neben die eisenbahnrechtlichen Kategorien der Vollkosten und der zugbetriebsbedingten Kosten treten soll130. Bei Lichte betrachtet erstreckte sich der effizienzorientierte Kostenansatz 123 Vgl. statt aller Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 10, 22; Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 290. 124 Koenig / Rasbach, IR 2004, 26 (27). 125 Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 10; Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 290. 126 Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 11. 127 Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 26; Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 291; Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 34. 128 Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 34. 129 Vgl. Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 32; Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 28 Rn. 40. 130 Deutlich Grün, in: Brauner / Kühlwetter, Die Eisenbahnen im Recht, 2005, S. 7 (9 f., 11); ähnlich Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (35); allgemein zu den Kostenansätzen im Recht der Netzwirtschaften Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 289 ff.
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sowohl auf die Vollkosten als auch auf die zugbetriebsbedingten Kosten. Ineffizienzen, welche die Zugangsentgelte nicht belasten dürfen, können sowohl den Bereich der gesamten Infrastruktur, der Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der Vollkosten ist, als auch die einzelnen Leistungen des unmittelbaren Zugbetriebs betreffen. Effizienzorientierte Kostenansätze führen also zu weiteren Differenzierungen in den Entgeltbildungskategorien der Vollkostendeckung einerseits und der zugbetriebsbedingten Kosten andererseits. Dementsprechend ist zwischen den (tatsächlichen) Ist- und den effizienten Vollkosten sowie zwischen den Ist- und effizienten zugbetriebsbedingten Kosten zu unterscheiden. (1) Keine Verankerung der KeL im geltenden Eisenbahnrecht Ausdrücklich findet sich der Entgeltregulierungsmaßstab der KeL nur im Telekommunikations- und Postrecht (vgl. § 31 Abs. 1 bis 4 TKG und § 20 Abs. 1 PostG). Entgeltregulierungsmaßstab im Energierecht sind die „Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen“ (§ 21 Abs. 2 EnWG, vgl. auch § 21a EnWG), welche an die Stelle des vormaligen Maßstabs der „energiewirtschaftlichen rationellen Betriebsführung“131 getreten sind. Im geltenden Eisenbahnrecht ist ein effizienzorientierter Kostenansatz nicht geregelt. Darüber besteht im Schrifttum im Wesentlichen Einigkeit132. Das Vollkostendeckungsprinzip und die zugbetriebsbedingten Kosten markieren die Grenzen des eisenbahnrechtlichen Preisbildungssystems. Von effizienten Vollkosten oder effizienten zugbetriebsbedingten Kosten ist in § 14 Abs. 4 AEG nicht die Rede. Der KeL-Grundsatz ist in § 14 Abs. 4 AEG nicht verankert. Die Geltung dieses Grundsatzes lässt sich auch nicht unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG begründen. Danach dient das AEG u. a. „der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene bei dem Erbringen von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen“. Diese Regulierungsziele sind im Bereich der Entgeltregulierung zum einen durch die Schutzgarantie des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG, welche die Funktionsfähigkeit der einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkte zu sichern sucht133, und zum anderen durch das Diskriminierungsverbot134 verwirklicht, das ein EIU bei Erhebung der Zugangsentgelte zu beachten hat. Ein „wirksamer und unverfälschter Wettbewerb“ auf den Eisenbahnverkehrsmärkten ist nicht notwendig an effizienzorientierte Kostenmaßstäbe gekoppelt. Der KeLSo noch § 21 Abs. 2 EnWG-E (BT-Drs. 15 / 3917, 17, 60). Gerstner, in: Beck’ scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 184; Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (143); Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (35); Ruge, DVBl. 2005, 1405, 1412; Staebe, WuW 2006, 492 (495), Trute / Broemel, ZHR 170 (2006), 706 (718 f., 722); siehe auch Masing, Gutachten 66. DJT, D 126; a.A. Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 10 f. 133 Vgl. hierzu C. I. 2. f) (1), S. 31 ff. 134 Vgl. hierzu C. I. 2. f) (2), S. 34 ff. 131 132
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
Grundsatz ist keine unverzichtbare Voraussetzung der allgemeinen Regulierungsziele des § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG. Deshalb lässt sich ein effizienzorientierter Regulierungsansatz nicht unter Hinweis auf diese Bestimmung in den Entgeltregulierungstatbestand des § 14 Abs. 4 AEG „hineinlesen“. Die Richtlinie 2001 / 14 / EG führt zu keinem anderen Ergebnis135. In Erwägungsgrund 40 ist davon die Rede, dass „den Betreibern der Infrastruktur Anreize zur Kostensenkung und zur effizienten Verwaltung ihrer Fahrwege zu geben“ sind. Dieser Erwägungsgrund wird durch Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2001 / 14 / EG konkretisiert, wonach den Betreibern der Infrastruktur „Anreize zur Senkung der mit der Fahrwegbereitstellung verbundenen Kosten und der Zugangsentgelte zu geben“ sind. Diese gemeinschaftsrechtliche Direktive wird durch die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 EIBV ins nationale Recht umgesetzt, die „der effizienten Nutzung der Schienenwege durch finanzielle Anreize“ dient136. Darüber hinaus heißt es in Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2001 / 14 / EG, dass Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten „auf der Grundlage effizienter . . . Grundsätze“137 erhoben werden dürfen. Bedeutung und Tragweite dieses Satzes bleiben im Dunkeln, weil nicht ersichtlich ist, was mit „effizienten Grundsätzen“ gemeint ist138. Auch Erwägungsgrund 40 trägt insoweit nicht zur Erhellung bei139, weil diese Regelung sich auf die „Verwaltung der Fahrwege“, nicht aber auf für die Benutzung der Fahrwege erhobenen (Zugangs-)Entgelte bezieht. Die Richtlinie 2001 / 14 / EG verpflichtet die Mitgliedstaaten daher nicht, Zugangsentgelte nach Maßgabe eines effizienzorientierten Kostenansatzes zu regulieren. Gemeinschaftsrecht drängt nicht zu einer Korrektur des § 14 Abs. 4 AEG, der nicht auf dem KeL-Grundsatz beruht. Auch lässt sich nicht auf die kartellrechtliche Maßstabsnorm des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB rekurrieren und auf diese Weise eine effizienzorientierte Entgeltkontrolle im Eisenbahnbereich begründen140. Es kann hier nicht entschieden werden, ob § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB überhaupt auf einem solchen effizienzorientierten Kostenansatz beruht141. Die Ausgestaltung als Preismissbrauchstatbestand spricht da135 Ebenso Gerstner, in: Beck’ scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 184; a.A. Ostendorf / Grün, IR 2005, 275 (276); Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 10 f. 136 So ausdrücklich die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu § 21 EIBV (BR-Drs. 249 / 05, S. 55). 137 Entsprechende Formulierungen finden sich in der englischen („on the basis of efficient . . . principles“) und in der französischen Fassung („sur la base de principes efficaces . . . tout en garantissant“). 138 Ebenso Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 11. 139 So aber Grün / Ostendorf, Stellungnahme des Netzwerks Privatbahnen e.V., S. 11. 140 A.A. Grün, in: Brauner / Kühlwetter, Die Eisenbahnen im Recht, 2005, S. 7 (11); Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 296 f., allerdings auf der Basis des vormaligen AEG. 141 Bejahend Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 293 f.; Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19 Rn. 204; siehe auch Zimmerlich / Müller,
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für, auch im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB dem betroffenen Unternehmen einen Erheblichkeitszuschlag auf den Als-ob-Wettbewerbspreis zuzubilligen142. Entscheidend dürfte jedoch sein, dass § 14 Abs. 4 AEG eine spezielle, auf die Besonderheiten des Eisenbahnsektors bezogene Entgeltregulierungsvorschrift darstellt, die den allgemeinen Missbrauchstatbestand des § 19 Abs. 4 Nr. 4 AEG verdrängt143. Aus § 14b Abs. 2 AEG ergibt sich nicht ausdrücklich, dass das AEG und das GWB generell nebeneinander anwendbar sind144. Zwar bestimmt § 14b Abs. 2 Satz 1 AEG explizit, dass die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden nach dem GWB durch das AEG unberührt bleiben. Das bedeutet aber nicht, dass beide Regelungswerke vollumfänglich im Sinne einer kumulativen Normenkonkurrenz nebeneinander anwendbar sind145. Denn Aufgaben, Zuständigkeiten der Kartellbehörden und hiermit korrespondierend Abstimmungspflichten mit anderen (Regulierungs-)Behörden bestehen nur nach Maßgabe der Anwendbarkeit des GWB. Ob und inwieweit das GWB neben dem AEG anwendbar ist, ist im AEG – im Gegensatz etwa zum Telekommunikationssektor (vgl. § 2 Abs. 3 TKG) – nicht geregelt. Diese Frage ist daher nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. In Betracht kommt zum einen, dass die sektorspezifischen Normen des AEG die allgemeine Vorschrift des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verdrängen, d. h. dass das GWB im Verhältnis zu § 14 Abs. 4 AEG als subsidiär zurücktritt. Zum anderen könnten beide Normen parallel, also nebeneinander im Sinne einer kumulativen Normenkonkurrenz anwendbar sein146. Die besseren Gründe sprechen dafür, § 14 AEG als Spezialvorschrift anzusehen, die die allgemeine kartellrechtliche Vorschrift des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verdrängt147. Durch das Dritte Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften wurde in das AEG erstmals ein Entgeltregulierungstatbestand aufgenommen. Die Entgeltregulierungsvorschrift des § 14 Abs. 4 AEG war im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten, sondern ist erst im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens in das AEG eingefügt worden148. Sie N&R 2006, 46 (47 f.); verneinend Gerstner, WuW 2002, 131 ff.; Haus, Zugang zu Netzen und Infrastruktureinrichtungen, S. 156 ff.; Wiedemann, in: ders., Handbuch Kartellrecht, § 23 Rn. 65. 142 Vgl. hierzu oben bei und nach Fn. 106 (S. 43). 143 A.A. offenbar Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14b Rn. 26, der zwischen § 14 Abs. 4 und 5 AEG nicht differenziert und in den Entgeltregulierungsbestimmungen des AEG allgemein keine Sonderregelungen erblickt; siehe auch Bartosch / Jaros, WuW 2005, 15 (23). 144 Vgl. Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14b Rn. 21, mit dem zutreffenden Hinweis, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften nicht die maßgebliche Frage nach der Zuständigkeitsabgrenzung geklärt hat. 145 So aber Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 236 f.; siehe auch Martenczuk / Thomaschki, RTkom 1999, 15 (25). 146 Vgl. hierzu Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 234. 147 Vgl. die Nachweise auf die a.F. in Fn. 143 (S. 49). 148 Vgl. hierzu bereits oben bei und nach Fn. 41 (S. 24).
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
beinhaltet ein ausdifferenziertes Entgeltbildungssystem, dessen Grenzen durch das Vollkostendeckungsprinzip und die zugbetriebsbedingten Kosten markiert sind. Ein EIU kann sein Entgeltniveau grundsätzlich innerhalb der durch diese beiden Entgeltbildungskategorien begrenzten Bandbreite frei festsetzen. Es kann auch Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten erheben, solange und soweit die Zugangsentgelte die Grenze der Vollkostendeckung (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) nicht überschreiten. Der hierdurch eröffnete unternehmerische Gestaltungsspielraum ist nur durch den Vorbehalt der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte und durch den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit begrenzt. Die allgemeinen kartellrechtlichen Missbrauchstatbestände des Ausbeutungsund des Behinderungsmissbrauchs sind durch das Regelungsmodell des § 14 Abs. 4 AEG konkretisiert149. Das Gleiche gilt im Verhältnis zu § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB. Die „Angemessenheit“ des Zugangsentgelts, auf die § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB Bezug nimmt, richtet sich nach dem Wertungsmodell des § 14 Abs. 4 AEG und den einschlägigen Bestimmungen der EIBV. Solange und soweit die Vollkostendeckungsgrenze nicht überschritten und die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte gewährleistet ist, können Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten erhoben werden. Für eine gesonderte Prüfung der „Angemessenheit“ der Zugangsentgelte nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB bleibt kein Raum. § 14 Abs. 4 AEG begründet einen eisenbahnrechtlichen (Sonder-)Entgeltregulierungstatbestand, der die allgemeine kartellrechtliche Vorschrift des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verdrängt. In Ermangelung der Anwendbarkeit des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB kann ein effizienzorientierter Kostenansatz, selbst wenn er dieser allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmung zugrunde liegen sollte, im Eisenbahnsektor nicht Platz greifen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die KeL als Entgeltregulierungsmaßstab im geltenden Eisenbahnrecht nicht verankert sind. Auch kann die Anwendbarkeit diese Kontrollmaßstabes nicht unter Rekurs auf § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB begründet werden, weil diese allgemeine kartellrechtliche Vorschrift durch den bereichspezifischen, auf die Besonderheiten des Eisenbahnsektors zugeschnittenen Entgeltregulierungstatbestand des § 14 Abs. 4 AEG verdrängt wird. (2) KeL als künftiger eisenbahnrechtlicher Regulierungsmaßstab? Sind die KeL im geltenden Eisenbahnrecht nicht geregelt, bleibt zu klären, ob es zweckmäßig erscheint, diesen effizienzorientierten Kostenmaßstab zum Baustein einer künftigen eisenbahnrechtlichen Entgeltregulierung zu machen150. Da Effizienzsteigerungen und Kostenreduzierungen als Funktionsgesetze der freien WettVgl. C. I. 3. a), S. 42 ff., und b), S. 45 ff. Mit entsprechendem Impetus vgl. Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (149); Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (35 f.); eher zurückhaltend Masing, Gutachten 66. DJT, D 127 f. 149 150
I. Trassenentgelte
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bewerbsordnung sind, scheint es prima facie sinnvoll zu sein, einen effizienzbasierten Kostenansatz auch im Eisenbahnsektor zur Geltung zu bringen. Geht man den Dingen auf den Grund, erheben sich dagegen erhebliche Zweifel, die insbesondere auf den Eigenarten und Besonderheiten der diesen Netzwirtschaftsbereich kennzeichnenden Faktoren fußen. Bei Lichte betrachtet sind die spezifischen Funktionen des KeL-Grundsatzes im Eisenbahnsektor bereits erfüllt: Weder bedarf es durch eine „Als-ob-Betrachtung“ der Simulierung eines Wettbewerbspreises noch bedarf es einer Stimulierung kostenreduzierender, effizienzsteigernder Marktkräfte151. Im Einzelnen: Erstens: Einer – der KeL-Funktion entsprechenden – Simulierung eines „hypothetischen Wettbewerbs“ bedarf es wegen des intermodalen Wettbewerbs nicht oder jedenfalls nicht in dem Maße wie in anderen Netzwirtschaften. KeL sind nur solche Kosten, die bei einem funktionsfähigen Wettbewerb anfielen152. Da tatsächlich kein Wettbewerb besteht, legt man das hypothetische Modell eines „Als-ob-Wettbewerbs“ zugrunde und sucht auf diese Weise einen „Als-ob-Wettbewerbspreis“ zu ermitteln. Diese Prämisse steht im Eisenbahnbereich auf tönernen Säulen. Zwar bildet das Schienennetz im Kern ein natürliches Monopol153, so dass ein Infrastrukturwettbewerb im Eisenbahnsektor nicht stattfindet und auch nicht zu erwarten ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieses Wirtschaftsfeld zur Gänze durch Fehlen von Wettbewerb geprägt ist, der zum Zwecke der Kostenermittlung nach dem KeL-Grundsatz (hypothetisch) simuliert werden müsste. Denn die EIU befinden sich in intermodalem Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern. An die Stelle des fehlenden Infrastrukturwettbewerbs im Eisenbahnsektor tritt der intermodale Wettbewerb mit konkurrierenden Verkehrsträgern. Der Sache nach handelt sich ebenfalls um einen Infrastrukturwettbewerb. Aufgrund des intermodalen (Infrastruktur-)Wettbewerbs mit anderen Verkehrsträgern kann sich ein EIU nicht wie ein (natürlicher) Monopolist verhalten. Der intermodale Wettbewerb lässt etwa eine ausbeuterische Preishöhenfestsetzung nicht zu. Der Erhebung erhöhter, ausbeuterischer Zugangsentgelte korrespondierten regelmäßig entsprechende Mengenverluste, welche die Umsätze eines EIU nicht steigen, sondern eher fallen ließen154. Ebenso zwingt der intermodale Wettbewerb die EIU zu einer an kaufmännischen Gesichtspunkten orientierten Unternehmensführung. Der intermodale Wettbewerb duldet Ineffizienzen nicht. Um im intermodalen Wettbewerb bestehen zu können, muss sich ein EIU – im Interesse von Kostensenkungen – die Verhinderung von Ineffizienzen auf die eigene Fahne der Unternehmensführung schreiben. Dass es 151 Zu dieser Funktion des KeL-Grundsatzes vgl. statt aller Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 31 Rn. 10. 152 Vgl. hierzu bereits bei und nach Fn. 123 (S. 46). 153 Vgl. Erwägungsgrund 40 zur Richtlinie 2001 / 14 / EG; wik-Consult, Zur Frage einer Marktbeherrschung durch die Deutsche Bahn AG, S. 65; Wilkens, Wettbewerbsprinzip und Gemeinwohlorientierung bei der Erbringung von Eisenbahndienstleistungen, S. 101 m. w. N. in Fn. 110 auf das verkehrswissenschaftliche Schrifttum. 154 Vgl. hierzu bereits oben nach Fn. 111 (S. 43).
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
sich dabei um einen funktionsfähigen intermodalen Wettbewerb handelt, zeigt sich daran, dass die von den EIU erhobenen Zugangsentgelte insgesamt regelmäßig unterhalb der Kostendeckungsgrenze liegen. EIU schöpfen den ihnen zustehenden Preishöhenrahmen deshalb nicht aus, weil sie anderenfalls aufgrund des intermodalen Wettbewerbs mit anderen Verkehrsträgern mit entsprechenden, Umsatz schmälernden Mengenverlusten zu rechnen hätten. Die chronischen Verluste der EIU sind nicht Ausdruck einer (ökonomisch irrationalen) autonomen Selbstbeschränkung bei der Preisbildung, sondern den Notwendigkeiten des wirksamen intermodalen Wettbewerbs geschuldet. Der funktionsfähige intermodale Wettbewerb generiert bereits das, was im theoretischen Modell der KeL erst simuliert werden könnte: effizienzorientierte Kosten. Mit anderen Worten: Der Ermittlung eines (hypothetischen) „Als-ob-Wettbewerbs-Preises“ für den Netzzugang bedarf es nicht, weil die Zugangsentgelte im Wege des wirksamen (Infrastruktur-)Wettbewerbs mit konkurrierenden Verkehrsträgern bereits gebildet werden, also bereits ein tatsächlicher und nicht lediglich hypothetischer Wettbewerbs-Preis vorliegt. Zweitens ist zu berücksichtigen, dass ein EIU wegen der chronischen Kostenunterdeckung ein Eigeninteresse an einer Kostenminimierung hat. Erlaubt der intermodale Wettbewerb keine beliebige Erhöhung der Zugangsentgelte und damit keine Verbesserung der Ertragskraft auf der Einnahmeseite, bleibt nur die Ausgabenseite, um wirtschaftlich „auf den grünen Zweig“ zu gelangen. Zur Kosteneinsparung bedarf es keiner Stimulierung nach Maßgabe eines KeL-Modells. Die notwendige Anreizwirkung zur Kostenreduzierung durch Effizienzsteigerung geht bereits von der chronischen Kostenunterdeckung aus. Effizienzsteigernde Kräfte müssen nicht erst stimuliert werden; sie sind der Entscheidungsrationalität eines chronisch defizitären Unternehmens ohnehin inhärent. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass EIU aufgrund der Investitionszuschüsse des Bundes beim Bau und Erhalt des Schienennetzes einer umfassenden Kontrolle unterliegen155. Auch wenn sich die Überprüfung am Maßstab der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unmittelbar nur auf die Bundeszuschüsse beschränkt, hat diese Kontrolle mittelbare Auswirkungen auf den Einsatz der Eigenmittel des EIU. Eine zusätzliche Wirtschaftlichkeitskontrolle durch einen effizienzorientierten Kostenansatz ist regelmäßig nicht erforderlich. Drittens trägt die Kategorie der KeL, so wie sie sich in anderen Netzwirtschaften herausgebildet hat, den Besonderheiten des Eisenbahnsektors nicht hinreichend Rechnung. Die KeL setzen sich aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung sowie einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals zusammen (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG). Die KeL erfassen also sowohl die langfristigen Zusatzkosten (Einzelkosten) als auch einen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten. Gemeinkosten sind von den zugbetriebs155
Vgl. hierzu bereits oben nach Fn. 113 (S. 44).
I. Trassenentgelte
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bedingten Kosten nicht erfasst, sondern nur Bestandteil der Vollkosten. Sollte sich ein EIU im Rahmen seiner unternehmerischen Gestaltungsfreiheit für Zugangsentgelte in Höhe der zugbetriebsbedingten Kosten entscheiden, gelangte der KeLGrundsatz nicht zur Anwendung. Die Übertragung des KeL-Grundsatzes auf den Eisenbahnsektor bedeutete eine Fixierung auf das Vollkostenprinzip und würde damit die Grundfeste des Eisenbahnrechts erschüttern, das eine flexible Preisgestaltung in den Grenzen zwischen den zugbetriebsbedingten Kosten und den Vollkosten ermöglicht. Viertens berücksichtigt der KeL–Maßstab nicht, dass die unternehmerische und wirtschaftliche Handlungsautonomie der EIU durch politische Vorgaben beeinflusst ist. Diese verpflichten den Netzbetreiber zum einen dazu, neben betriebswirtschaftlichen Effizienzmaßstäben auch struktur- und umweltpolitische Ziele zu verfolgen. Dazu zählen insbesondere Vorgaben zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur in einem Umfang und einer Qualität, die aus unternehmerischer Sicht nicht sachgerecht wären. Vermeintliche Ineffizienzen, die Folge solcher politischen Vorgaben sind, wären von der KeL-Regulierung auszuklammern, sind aber kostenrechnerisch kaum zu isolieren. Zum anderen wird nicht nur durch den intermodalen Wettbewerb, sondern auch durch die Begrenztheit der öffentlichen Mittel Kostendruck aufgebaut. Die zukünftig den Erhalt des Bestandsnetzes regelnde Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) wird diesen Druck deutlich erhöhen; denn die dort vorgesehene nominale Festschreibung der Finanzmittel auf vsl. 2,5 Mrd. A jährlich bedeutet eine reale Mittelsenkung im Zeitablauf. Mit dieser Ausgestaltung der öffentlichen Infrastrukturfinanzierung wird damit also ein im Ergebnis dem KeL–Ansatz ähnlicher Rationalisierungsdruck aufgebaut. Resümierend ist festzuhalten, dass die den KeL-Grundsatz tragenden Funktionen im Eisenbahnsektor nicht auf Verwirklichung drängen: Weder bedarf es durch eine „Als-ob-Betrachtung“ der Simulierung eines Wettbewerbspreises, weil sich die Zugangsentgelte im Wesentlichen durch den vorhandenen intermodalen (Infrastruktur-)Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern bestimmen; noch bedarf es einer Stimulierung kostenreduzierender, effizienzsteigernder Marktkräfte, weil die – auf dem intermodalen Wettbewerb gründende – chronische Kostenunterdeckung des Schienennetzes bereits diese Anreizwirkung zeitigt. Ist der intermodale Wettbewerb in der Lage, die dem KeL-Maßstab zugrundeliegenden Ziele zu erreichen, ist einer Anwendbarkeit dieses effizienzorientierten Kostenmaßstabs im Eisenbahnsektor die Grundlage entzogen. Die freie Preisbildung ist ein Funktionsgesetz einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung. Staatliche Preiskontrolle ist ein Fremdkörper in einem freiheitlichen Wirtschaftssystem und bedarf der strikten Rechtfertigung. Sie ist dort gerechtfertigt und zum Teil auch gefordert, wo in Ermangelung eines funktionsfähigen Wettbewerbs eine wettbewerbsgenerierte Preisbildung nicht zu erwarten ist. Bezogen auf die von EIU erhobenen Zugangsentgelte bedarf es einer sorgfältigen Begründung, weshalb der funktionsfähige Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern für sich genommen nicht ausreicht,
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
die mit einem effizienzorientierten Kostenansatz verbundenen Zwecke zu erfüllen. Doch selbst wenn man den intermodalen Wettbewerb insoweit als unzureichend betrachtete und „Restineffizienzen“ zu konstatieren suchte, müsste man sich die Frage gefallen lassen, ob der Aufbau umfänglicher bürokratischer Kontrollsysteme, der zur Operationalisierung eines effizienzorientierten Kostenansatzes erforderlich wäre, noch angemessen erschiene. Dem möglichen Abbau entsprechender „Restineffizienzen“ wäre der erhebliche bürokratische (Mehr-)Aufwand gegenüberzustellen. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob eine Implementierung eines effizienzorientierten Kostenansatzes vor der gebotenen nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse Bestand hätte. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Anwendung des KeL-Grundsatzes in anderen Netzwirtschaften erhebliche Probleme bereitet und die Ermittlung der KeL im Einzelfall nicht immer frei von „Beliebigkeit“ ist156. Auch insoweit gilt es an das Fundamentalprinzip einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung zu erinnern: Eine wettbewerbsgenerierte, im Wege des wettbewerblichen Entdeckungsverfahrens zustande kommende Preisbildung ist allemal leistungsfähiger als eine wettbewerbsanaloge, bürokratische Preisfestsetzung.
II. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen § 14 Abs. 5 AEG betrifft die für den Zugang zu Serviceeinrichtungen (vgl. § 2 Abs. 3c AEG) erhobenen Entgelte. Ebensowenig wie § 14 Abs. 4 AEG157 war § 14 Abs. 5 AEG im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten158. Auch in der Stellungnahme des Bundesrates fehlt es an einer Aussage zu den Zugangsentgelten für Serviceeinrichtungen 159. Im Gegensatz zu § 14 Abs. 4 AEG160 ist § 14 Abs. 5 AEG nicht auf die Beschlussempfehlung des AfVerkBau zurückzuführen. Vielmehr ist § 14 Abs. 5 AEG erst im Zuge des Vermittlungsverfahrens zustande gekommen161. 1. Keine Anwendbarkeit des Vollkostendeckungsprinzips und Deckung der zugbetriebsbedingten Kosten Im Gegensatz zu § 14 Abs. 4 AEG knüpft § 14 Abs. 5 AEG nicht an die Vollkosten bzw. die (Grenz-)Kosten an, die für die Benutzung der einzelnen Service156 Vgl. hierzu statt vieler Schuster / Ruhle, in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 31 Rn. 18 ff. 157 Vgl. hierzu bereits oben bei und nach Fn. 41 (S. 24). 158 Vgl. BT-Drs. 15 / 3280, S. 8 und 18. 159 Vgl. BT-Drs. 15 / 3280, S. 22, insbesondere S. 25 bis 27. 160 BT-Drs. 15 / 4419, S. 4 und 17; vgl. hierzu bereits oben nach Fn. 42 (S. 24). 161 BT-Drs. 15 / 5122, S. 2.
II. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen
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einrichtung entstehen162. Ein früherer Entwurf der EIBV hatte hingegen noch eine synchrone Entgeltregulierung für die Zugangsentgelte in den Bereichen der Pflichtleistungen und Serviceeinrichtungen vorgesehen. In der Entwurfsfassung vom 10. 12. 2003 heißt es: „§ 22 Entgeltgrundsätze (1) Das Entgelt für die Pflichtleistungen (Anlage 2 Nr. 1) und den Schienenzugang zu den Serviceeinrichtungen (Anlage 2 Nr. 2) ist grundsätzlich in Höhe der Kosten festzulegen, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. ... § 23 Ausnahmen von den Entgeltgrundsätzen (1) Der Betreiber der Infrastruktur hat Aufschläge gegenüber dem Entgelt nach § 22 Abs. 1 zu erheben, um seine Kosten für die Pflichtleistungen (Anlage 2 Nr. 1) und den Schienenzugang zu den Serviceeinrichtungen (Anlage 2 Nr. 2) insgesamt und unter Berücksichtigung der Entgeltnachlässe nach § 24 auszugleichen. . . .“
Eine solche an den Voll- bzw. Grenzkosten anknüpfende Regelung hat der Gesetzgeber nur für den Bereich der Pflichtleistungen vorgesehen. Im Bereich der Serviceeinrichtungen orientiert sich der Entgeltregulierungsmaßstab nicht an den Voll- bzw. Grenzkosten. Vielmehr sind gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 AEG die Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen einschließlich der damit verbundenen Leistungen so zu bemessen, dass die Wettbewerbsmöglichkeiten der Zugangsberechtigten nicht missbräuchlich beeinträchtigt werden. Sie dürfen insbesondere einzelnen Zugangsberechtigten keine Vorteile gegenüber anderen Zugangsberechtigten einräumen, soweit hierfür nicht ein sachlich rechtfertigender Grund vorliegt (§ 14 Abs. 5 Satz 2 AEG). Mit dem Verzicht auf eine – § 14 Abs. 4 AEG entsprechende – Regelung, welche die Vollkostendeckungsgrenze und die zugbetriebsbedingten Kosten auch im Bereich der Serviceeinrichtungen zu verbindlichen Regulierungsmaßstäben erklärt, verletzt der Gesetzgeber auch nicht die Richtlinie 2001 / 14 / EG. Allerdings bestimmt die Regelung des Art. 7 Abs. 3 Richtlinie 2001 / 14 / EG, der die Entgeltgrundsätze zum Gegenstand hat, dass „unbeschadet der Absätze 4 und 5 und des Artikels 8 . . . das Entgelt für das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen in Höhe der Kosten festzulegen“ ist, „die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen“. Damit ist jedoch nur der „Schienenzugang“ zu den Serviceeinrichtungen, nicht aber der Bereich der Serviceeinrichtungen als solcher von Art. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG erfasst. Dementsprechend klammert auch Art. 7 Abs. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG den Bereich der Serviceeinrichtungen aus dem Anwendungsbereich der Entgeltregulierungsvorschrift des Art. 7 Richtlinie 2001 / 14 / EG explizit aus. 162
Vgl. auch Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 211.
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C. Entgeltregulierungsmaßstäbe
2. Eisenbahnrechtliche Regulierungsmaßstäbe: Ausbeutungs-, Behinderungsmissbrauch und Diskriminierungsverbot Indem der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 5 Satz 1 AEG die missbräuchliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten der Zugangsberechtigten durch Erhebung der Zugangsentgelte untersagt, knüpft er an den allgemeinen Missbrauchstatbestand der §§ 19, 20 GWB an. Insoweit kann auf die das allgemeine Kartellrecht prägenden Grundsätze zurückgegriffen werden163. Von dem Missbrauchstatbestand des § 14 Abs. 5 Satz 1 AEG ist der Ausbeutungsmissbrauch erfasst. Wie bereits erwähnt, wird dem betroffenen Unternehmen bei der Beurteilung des Missbrauchstatbestands eine Bandbreite zwischen dem (idealtypischen) „Als-ob-Wettbewerbspreis“ und der Missbrauchsgrenze zugestanden164. Ein Preismissbrauch liegt erst vor, wenn die tolerable Entgeltspanne, die zwischen dem Referenzpreis, der im Vergleichsmarkt mit Wettbewerb ermittelt wird, und einem Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag liegt, überschritten wird165. Ein solcher Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag wird mit etwa 25% auf den wettbewerbsanalogen Referenzpreis veranschlagt166. Durch diesen Erheblichkeits- oder Missbrauchszuschlag unterscheidet sich der Missbrauchstatbestand vom effizienzbezogenen Kostenmaßstab, bei dem der „Als-ob-Wettbewerbspreis“ den allein zulässigen Referenzpreis darstellt. Ein KeL-Maßstab ist in § 14 Abs. 5 AEG – ebenso wie in § 14 Abs. 4 AEG167 – nicht verankert. Der Missbrauchstatbestand des § 14 Abs. 5 Satz 1 AEG erstreckt sich auf das Behinderungsverbot168. In Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Direktiven (vgl. Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2001 / 14 / EG und Art. 7 Abs. 7 Satz 2 Richtlinie 2001 / 14 / EG) schützt der Gesetzgeber auf diese Weise die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte. Insoweit besteht ein dem Bereich der Pflichtleistungen (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG169) vergleichbarer Rechtszustand. Schließlich bildet der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit einen weiteren Regulierungsmaßstab. Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage des Diskriminierungsverbots für den Bereich der Serviceeinrichtungen findet sich in Art. 5 Richtlinie 2001 / 14 / EG. Im nationalen Recht ist sedes materiae § 14 Abs. 5 Satz 2 163 Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 212; Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1412). 164 Vgl. statt vieler Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 22; Immenga / Mestmäcker / Möschel, GWB, § 19 Rn. 159; speziell zu § 14 Abs. 5 AEG Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 Rn. 212. 165 Vgl. BGH, WuW / E BGH 1678 (1684); Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 23. 166 Vgl. BGHZ 68, 23 (39); Groebel, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommTKG, § 28 Rn. 23. 167 C. I. 3 c) (1), S. 47 ff. 168 Kühling / Ernert, NVwZ 2006, 33 (36); vgl. auch Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1412). 169 Siehe hierzu C. I. 2. f) (1), S. 31 ff.
II. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen
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AEG, § 24 Abs. 4 EIBV und § 24 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 6 und § 23 Abs. 4 EIBV. Deshalb dürfen die Zugangspetenten grundsätzlich nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, es liegt ein die Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigender Grund vor. Das Diskriminierungsverbot steht daher unter dem Vorbehalt einer sachlichen Rechtfertigung (vgl. § 14 Abs. 5 Satz 2 AEG).
D. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA I. Zur Funktionsverteilung zwischen BNetzA und EIU Unternimmt man den Versuch, den Aufgaben- und Funktionskreis der EIU zu bestimmen und diesen von den Aufgaben und Befugnissen der staatlichen Aufsichtsinstanzen (BNetzA, EBA) abzugrenzen, muss man sich zunächst die Kernziele der Verfassungsreform aus dem Jahr 1994 (Bahnreform) in Erinnerung rufen170. Im Gegensatz zu früher, als die Deutsche Bundesbahn Bestandteil der Bundesverwaltung und gemeinwirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtet war, sind nach der Bahnreform Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form zu führen (Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG). Die Bezeichnung „als Wirtschaftsunternehmen“ meint nicht „ähnlich wie“, sondern umschreibt in verfassungsverbindlicher Form den Zweck der auf den Eisenbahnmärkten tätigen Unternehmen171. Privatwirtschaftliche Ziele stehen im Gegensatz zu den auf umfassende Gemeinwohlhervorbringung gerichteten gemeinwirtschaftlichen Unternehmenszielen. Wirtschaftlichkeit erfasst Gemeinwirtschaftlichkeit gerade nicht172. Erforderlich ist eine an kaufmännischen Leitprinzipien orientierte Unternehmenspolitik der Eisenbahnen des Bundes. Die von den einzelnen Unternehmen zu erbringenden (Dienst-)Leistungen werden als Wirtschaftsgut verstanden, durch dessen Angebot am Markt Gewinne erzielt werden sollen. Dies bedeutet nach außen eine Orientierung am Wettbewerb mit anderen Eisenbahnunternehmen oder anderen Verkehrsträgern und nach innen eine Ausrichtung der Unternehmensziele auf eine Optimierung der Unternehmensgewinne. Die von den Eisenbahnunternehmen des Bundes erbrachten Angebote werden als ein Wirtschaftsgut wie jedes andere verstanden, das in den freien Wettbewerb überführt wird und mit dessen Hilfe Gewinne erzielt werden sollen173. Kurzum: Dem durch Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG ausgeformten Hierzu umfassend Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 1 ff. Hommelhoff / Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (535 f.); Schmidt-Aßmann / Röhl, DÖV 1994, 577 (581); Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rdnr. 37; Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 47. 172 Fromm, DVBl. 1994, 187 (191 f.); Hommelhoff / Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (535); Schmidt-Aßmann / Röhl, DÖV 1994, 577 (581); Uerpmann, in: v. Münch / Kunig, GG, Band 3, Art. 87e Rdnr. 10; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rdnr. 37; Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 47. 173 Hommelhoff / Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (533 ff.); Schmidt-Aßmann / Röhl, DÖV 1994, 577, 581; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rdnr. 37; Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 47. 170 171
I. Zur Funktionsverteilung zwischen BNetzA und EIU
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Eisenbahnverfassungsrecht liegt ein deutliches Bekenntnis zugunsten der Kommerzialisierung der Angebote der Eisenbahnen des Bundes zugrunde. Die Wirtschaftlichkeit ist das diese Wirtschaftsbereiche kennzeichnende Strukturgesetz. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des Art. 87e Abs. 3 Satz 1 gilt für EVU und EIU gleichermaßen. Diese Gleichstellung folgt bereits aus dem Wortlaut. In Art. 87e Abs. 3 S. 1 ist von „Eisenbahnen des Bundes“ die Rede, die sich in EVU und EIU aufspalten. Der Wortlaut des § 87e Abs. 3 Satz 2 GG („Diese“) macht deutlich, dass sich das Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG prägende Strukturprinzip auch auf EIU bezieht. Im geltenden Verfassungsrecht fehlt jedweder Anhaltspunkt dafür, dass EIU im Gegensatz zu EVU nicht ausschließlich kommerziell ausgerichtet sein sollen174. In der durch Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG verlangten Organisationsprivatisierung („in privat-rechtlicher Form“) und in der kommerziellen Ausrichtung der Eisenbahnen des Bundes („Wirtschaftsunternehmen“) spiegelt sich der vollzogene Paradigmenwechsel im Eisenbahnverfassungsrecht wider. Art. 87e GG beruht auf einer Trennung zwischen hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben. Dem Bund ist es versagt, Dienstleistungen im Bereich der Eisenbahnen zu erbringen (vgl. Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG). Er trägt allein eine Infrastrukturverantwortung (Art. 87e Abs. 4 i.V.m. Art. 87e Abs. 1 Satz 2, Abs. 2): Aus der ursprünglich bestehenden staatlichen Erfüllungsverantwortlichkeit ist eine Gewährleistungs- und Kontrollverantwortlichkeit des Bundes geworden175. Diese von Verfassungs wegen vorgegebene Funktionentrennung spiegelt sich im einfachen Eisenbahnrecht wider. Die strikte Trennung zwischen unternehmerischen und hoheitlichen Aufgaben kommt in § 8 AEG klar zum Ausdruck. Nach § 8 Abs. 1 AEG müssen öffentliche Eisenbahnen in der Leitung, Geschäftsführung und Verwaltung sowie hinsichtlich der verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Kontrolle sowie der internen Rechnungsführung von staatlichen und kommunalen Gebietskörperschaften unabhängig sein. Ihr Wirtschaftsplan und ihre Rechnungsführung sind von den Haushalten staatlicher und kommunaler Gebietskörperschaften zu trennen. Die Erhebung von Zugangsentgelten für die Inanspruchnahme von Pflichtleistungen und Serviceeinrichtungen legt der Gesetzgeber in die Hände der EIU. Nach § 14 Abs. 4 und 5 AEG haben die EIU „ihre Entgelte . . . zu bemessen . . .“ (vgl. auch §§ 20 ff. EIBV). In Konkretisierung verfassungsrechtlicher Vorgaben obliegt es den EIU, sowohl die Entgeltgrundsätze als auch die konkreten Entgelte in freier unternehmerischer Entscheidung festzulegen; die Entgeltbildungskompetenz liegt 174 Vgl. Hommelhoff / Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (528), die zu Recht darauf hinweisen, dass einer Aufspaltung der Eisenbahnen des Bundes in zwei Unternehmenstypen durch Art. 87e Abs. 1 S. 1 der Weg versperrt ist; die materielle Privatisierungssperre des Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG führt zu keinem anderen Ergebnis, vgl. Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 49 und 75. 175 Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 3.
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D. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA
damit bei den EIU. Demgegenüber ist es Aufgabe der Eisenbahnregulierung, die Beachtung der einschlägigen eisenbahnrechtlichen Vorschriften und damit auch des eisenbahnrechtlichen Entgeltregulierungsregimes sicherzustellen (§ 14b Abs. 1 AEG). Die Entgeltkontrollkompetenz wird demnach von staatlichen Stellen wahrgenommen. Während also die Zugangsentgelte für die Benutzung von Trassen und Serviceeinrichtungen von den unternehmerisch geführten EIU festgesetzt und erhoben werden, ist es Aufgabe der staatlichen Bahnaufsicht, die von den EIU festgelegten Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen daraufhin zu überprüfen, ob sie mit dem geltenden eisenbahnrechtlichen Entgeltregulierungsregime vereinbar sind (vgl. § 14b Abs. 1 AEG). Diese Aufgabe der Entgeltregulierung obliegt gemäß § 14b Abs. 1 Nr. 4 AEG der BNetzA. Das eisenbahnrechtliche Entgeltregulierungsregime differenziert daher zwischen der Entgeltbildungs- und der Entgeltprüfungskompetenz176. Während erstere bei den EIU liegt, wird letzte von der BNetzA wahrgenommen. Da es das Gesetz dem EIU überlässt, seine Entgeltgrundsätze in Ausfüllung seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zunächst selbst zu bestimmen, ist es der BNetzA verwehrt, bei der Überprüfung der Entgeltgrundsätze ihre Bewertung an die Stelle der Ausgestaltungsentscheidung des EIU treten zu lassen177. Die BNetzA muss bei der Wahrnehmung ihrer Kontrollkompetenz diesen den EIU obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum beachten. Dieser unternehmerische Gestaltungsspielraum der EIU kommt in der Vorschrift des § 14 Abs. 4 AEG deutlich zum Ausdruck178. Indem ein EIU bis zur (Maximal-)Grenze der Vollkostendeckung prinzipiell Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten erheben kann, soll seine unternehmerische Gestaltungsfreiheit im Interesse eines wirksamen intermodalen Wettbewerbs gestärkt werden. Die Konkretisierung dessen, was preislich im Interesse eines wirksamen intermodalen Wettbewerbs erforderlich ist, legt das geltende Eisenbahn-(Verfassungs-)Recht in die Hände des EIU. Die Kompetenz zur Ausgestaltung der Wettbewerbsbedingungen im Verhältnis zu anderen Verkehrsträgern obliegt nicht dem Staat, sondern den nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu führenden EIU. Ihnen fällt die Aufgabe zu, bei der Preisgestaltung den Anforderungen des intermodalen Wettbewerbs Rechnung zu tragen und Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten nach Maßgabe der unternehmerisch prognostizierten Preiselastizitäten zu erheben.
176 177 178
Vgl. auch Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (145). Vgl. Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (145). Vgl. hierzu zusammenfassend C. I. 2. e), S. 30.
II. Begrenzung der Kontrollkompetenz durch Regulierungsmaßstäbe
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II. Funktionale Begrenzung der Kontrollkompetenz durch Regulierungsmaßstäbe Inhalt und Reichweite der von der BNetzA wahrzunehmenden Kontrollbefugnisse bestimmen sich nach den materiellen Entgeltregulierungsmaßstäben. Sie dienen – proaktiv gestaltend, Gesetzesverstöße verhindernd oder reagierend, begangene Gesetzesverstöße nachträglich sanktionierend – der Verwirklichung der Entgeltregulierungsmaßstäbe. Die Überprüfungskompetenz der BNetzA ist funktional auf die Wahrung des materiellen Rechts, insbesondere der Entgeltregulierungsmaßstäbe, bezogen und hierdurch zugleich begrenzt. Der BNetzA werden nur insoweit Befugnisse eingeräumt, als diese zur Verhinderung künftiger bzw. zur Sanktionierung bereits begangener Verstöße gegen eisenbahnrechtliche (Entgelt-)Bestimmungen erforderlich sind. Diese funktionale Ausrichtung und Begrenzung der Kontrollbefugnisse der BNetzA kommt bereits in der Aufgabennorm des § 14b AEG zum Ausdruck. Nach § 14b Abs. 1 AEG obliegt der BNetzA die Aufgabe, „die Einhaltung der Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu überwachen“; hierzu zählen u. a. die von den EIU festgelegten Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen (§ 14b Abs. 1 Nr. 4 AEG). Die allgemeine Befugnisnorm des § 14c AEG bekräftigt diese funktionale Bezogenheit der Kontrollmöglichkeiten der BNetzA. Nach § 14c AEG kann die BNetzA in Wahrnehmung ihrer Aufgaben gegenüber öffentlichen EIU die Maßnahmen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen die Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur erforderlich sind. Die allgemeinen Kontrollbefugnisse dienen demnach der Verhinderung bzw. der Sanktionierung von Verstößen gegen Vorschriften des eisenbahnrechtlichen Zugangsregimes. Das Gleiche gilt für die Fälle der Vorabprüfung (vgl. § 14e AEG) und der nachträglichen Prüfung (vgl. § 14 f. AEG) durch die BNetzA. Auch insoweit ist die BNetzA nur zum Eingreifen legitimiert, wenn die Entscheidung der EIU „den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur“ nicht entspricht (vgl. § 14e Abs. 1, § 14f Abs. 1 Satz 2 AEG). Hiermit korrespondierend treffen die EIU Mitteilungspflichten nur, wenn dies zur Durchführung der Aufgaben der BNetzA erforderlich ist (vgl. § 14c Abs. 3 AEG, § 14d i.V.m. § 14e AEG). Da die Aufgaben und Befugnisse der BNetzA auf die Einhaltung der (materiellen) Vorschriften über den Netzzugang bezogen sind, gilt Gleiches für die Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der Mitteilungspflichten der EIU. Zur Mitteilung im Sinne des § 14c Abs. 3 AEG sind die EIU nur verpflichtet, wenn die entsprechenden Informationen zur Verwirklichung der materiellen Regulierungsmaßstäbe erforderlich sind.
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D. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA
III. Begrenzung der Kontrollkompetenz durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Die Wahrnehmung der Kontrollbefugnisse durch die BNetzA liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. die „Kann“-Regelungen in §§ 14c, 14e, 14f AEG). Als Ermessensgrenze ist insbesondere der grundrechtlich und rechtsstaatlich fundierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten179. Der Erforderlichkeitsgrundsatz als Element des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes findet in § 14c Abs. 1 und 3 AEG ausdrücklich Erwähnung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sind die Grundrechte des EIU (vgl. insbesondere Art. 14, Art. 12 GG) zu berücksichtigen. Auch können sich die Deutsche Bahn AG und ihre Tochtergesellschaften nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf grundrechtlichen Schutz berufen180. Die Grundrechtsfähigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil der Bund nach Lage der Dinge sämtliche Kapitalund Stimmrechtsanteile an der Deutschen Bahn AG hält. Ein beherrschender Einfluss des Bundes auf die operative Unternehmensführung ist kraft der durch Art. 87e GG begründeten Unternehmensautonomie181 ausgeschlossen182. Auch lässt sich eine vergleichsweise geringere grundrechtliche Schutzintensität der DB AG nicht unter Hinweis darauf begründen, dass der Vermögensbestand des Unternehmens zu einem (großen) Teil unter Monopolbedingungen und unter Inanspruchnahme öffentlicher Bundesmittel aufgebaut wurde183. Schließlich ist bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorzunehmenden Abwägung der einander widerstreitenden (grundrechtlich geschützten) Belange im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit die konkurrierenden Wettbewerber auf die Leistungen der DB AG angewiesen sind184. Diese Direktive kann vor allem für den Zugang zu Serviceeinrichtungen und die in diesem Zusammenhang erhobenen Entgelte Bedeutung erlangen. Nicht sämtliche Serviceeinrichtungen begründen „natürliche Monopole“, sondern können von den Wettbewerbern ggf. selbst bereitgestellt werden.
179 Vgl. Gerstner, in: Beck’scher AEG-Kommentar, § 14 f. Rn. 16; Ruge, DVBl. 2005, 1405 (1413). 180 Zur Grundrechtsfähigkeit der DTAG vgl. jüngst BVerfGE 115, 205 ff.; zur Grundrechtsberechtigung der DB AG zuletzt Lang, NJW 2004, 3601 (3604 f.); Uerpmann-Wittzack, in: HdbStR IV, § 89 Rn. 47; zur Grundrechtsfähigkeit von „Mischunternehmen“ vgl. zuletzt umfassend Selmer, in: Merten / Papier (Hrsg.) HdbGR, § 53 Rn 9 ff., 35 ff. 181 Zur verfassungskräftigen Unternehmensautonomie der Eisenbahnen des Bundes vgl. Hommelhoff / Schmidt-Aßmann, ZHR 160 (1996), 521 (543 und 555 ff.); Schmidt-Aßmann / Röhl, DÖV 1994, 577 (581); Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87e Rdnr. 35; Gersdorf, in: Starck (Hrsg.), GG III, Art. 87e Rn. 51. 182 Ebenso für die DTAG BVerfGE 115, 205 (227 f.). 183 Vgl. hierzu im Hinblick auf die DTAG BVerfGE 115, 205 (242). 184 Vgl. hierzu abermals BVerfGE 115, 205 (242).
IV. Fazit
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IV. Fazit Da sich Inhalt und Reichweite der Kontrollkompetenz nach den materiellen Regulierungsmaßstäben richten und in den Bereichen der Zugangsentgelte für Pflichtleistungen und Serviceeinrichtungen unterschiedliche Maßstäbe gelten, gestaltet sich die Kontrollbefugnis der BNetzA in beiden Bereichen unterschiedlich.
1. Trassenentgelte Wie gezeigt, gelten im Bereich der Erhebung von Trassenentgelten durch EIU folgende Regulierungsmaßstäbe: – Wahrung der Vollkostendeckungsgrenze (zuzüglich einer marktüblichen Rendite)185. – Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte. – Wahrung des Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die BNetzA von den EIU Entgeltlisten und einen Nachweis einfordern, wonach die Entgelte insgesamt nicht höher liegen als die Vollkosten zuzüglich einer marktüblichen Rendite. Auch kann sie von dem betreffenden EIU die erforderlichen Auskünfte verlangen, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine diskriminierende Behandlung einzelner EVU vorliegen. Eine Kostenaufschlüsselung – etwa wie in anderen Netzwirtschaften nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern186 – wäre jedoch zur Verwirklichung der Regulierungsziele allenfalls dann zulässig, wenn der vom EIU selbst bestimmte Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung dies erforderlich macht. Eine solche Kostenaufschlüsselung ist bei einer effizienzorientierten Entgeltregulierung regelmäßig geboten. Da aber der KeL-Maßstab im geltenden Eisenbahnrecht nicht verankert ist187, wäre die Forderung nach einer Kostenaufschlüsselung nicht erforderlich. Im geltenden Eisenbahnrecht kommt es allein auf die (tatsächlichen) Vollkosten eines EIU an. Der Gesetzgeber trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass die den KeL-Grundsatz tragenden Funktionen im Eisenbahnsektor nicht auf Verwirklichung drängen: Weder bedarf es durch eine „Als-ob-Betrachtung“ der Simulierung eines Wettbewerbspreises, weil sich die Zugangsentgelte im Wesentlichen durch den vorhandenen intermodalen (Infrastruktur-)Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern bestimmen; noch bedarf es einer 185 Von dem Vollkostenprinzip als Maximalgrenze für die Entgelterhebung kann nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 EIBV abgerückt werden. Das setzt zum einen eine entsprechende Genehmigung des EBA und zum anderen einen anderweitigen Kostenausgleich voraus; vgl. oben bei Fn. 55 (S. 25). 186 In diesem Sinne die rechtspolitische Petition von Koenig / Neumann / Schellberg, WuW 2006, 139 (148). 187 C. I. 3. c) (1), S. 47 ff.
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D. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA
Stimulierung kostenreduzierender, effizienzsteigernder Marktkräfte, weil die – auf dem intermodalen Wettbewerb gründende – chronische Kostenunterdeckung des Schienennetzes bereits diese Anreizwirkung zeitigt188. 2. Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen Im Bereich der Entgelte für die Benutzung von Serviceeinrichtungen gelangen folgende Maßstäbe zur Anwendung: – Ausbeutungsmissbrauch. – Behinderungsmissbrauch. – Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit.
Die Kontrollbefugnis der BNetzA erstreckt sich allein auf diese drei Regulierungsmaßstäbe. Die Prüfung des Ausbeutungsmissbrauchstatbestandes begründet zwar eine Preishöhenkontrolle. Sie ist aber nicht mit einem effizienzorientierten Kostenansatz gleichzusetzen 189, so dass auch insoweit im Regelfall keine umfassende Kostenaufschlüsselung verlangt werden darf. In jedem Fall sind regulatorische Maßnahmen nur unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig. Nur wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Verletzung eines Regulierungsmaßstabes vorliegen, ist die BNetzA befugt, entsprechende Auskünfte von dem betreffenden EIU zu verlangen und ggf. weitergehende Maßnahmen zu treffen.
188 189
Vgl. hierzu im Einzelnen nach Fn. 151 (S. 51). Vgl. bei und nach Fn. 164 (S. 56).
Zusammenfassung in Thesen I. Gegenstand der Untersuchung Gegenstand der Untersuchung ist die Frage, nach welchen Prinzipien sich die Regulierung der Zugangsentgelte bemisst, die von EIU für die Benutzung ihrer Schienenwege und Serviceeinrichtungen erhoben werden. Bestimmt werden der Bezugsgegenstände der Entgeltregulierung, die Entgeltregulierungsmaßstäbe und die Reichweite der Kontrollbefugnis der BNetzA.
II. Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung Ein EIU kann den Bezugsgegenstand der Entgeltregulierung in freier unternehmerischer Autonomie selbst festlegen. Es kann dabei Entgelte für bestimmte Zugtrassen bzw. Trassengruppen, für einzelne Stecken bzw. Streckengruppen, für bestimmte Teilnetze oder für das gesamte Netz berechnen und erheben. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Gestaltungsspielraum des EIU. Das Gleiche gilt für den Bereich der Serviceeinrichtungen. Betreibern von Serviceeinrichtungen ist es gestattet, anstelle einer einzelnen Einrichtung die Gesamtheit oder eine Vielzahl von Serviceeinrichtungen zum Ausgangs- und Bezugspunkt für die Entgeltberechung zu machen190. Diese Rechtslage findet ihre Entsprechung im Recht anderer Netzwirtschaften191.
III. Entgeltregulierungsmaßstäbe 1. Der Eisenbahnsektor ist durch den Konflikt zwischen dem Ziel der Verkehrverlagerung auf die Schiene einerseits und dem Ziel der Haushaltsentlastung und Wirtschaftlichkeit der EIU andererseits gekennzeichnet. Die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, und die Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) bilden die Antipoden in diesem Zielkonflikt. Die Richtlinie 2001 / 14 / EG benennt offen dieses Spannungsverhältnis, ohne es jedoch selbst aufzulösen192.
190 191 192
B. I., S. 13 ff. B. II., S. 17 ff. C. I. 1., S. 20 ff.
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Zusammenfassung in Thesen
2. Das nationale Eisenbahnrecht überlässt es dem EIU, zwischen den Antipoden des eisenbahnrechtlichen Entgeltbildungssystems grundsätzlich frei zu wählen. Ein EIU kann sich im Rahmen seiner ihm bei der Entgeltfestsetzung zukommenden Autonomie sowohl für eine Vollkostendeckung als auch für eine Tarifierung entscheiden, die allein die zugbetriebsbedingten Kosten widerspiegelt. Innerhalb dieses Entgeltbildungssystems markieren die Vollkosten (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) die Maximalgrenze zulässiger Zugangsentgelte und die zugbetriebsbedingten Kosten die (Minimal-)Grenze (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 AEG)193. 3. Ein EIU kann Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten erheben (§ 14 Abs. 4 Satz 2 AEG) und zwar bis zu der Grenze der Vollkostendeckung. Der unternehmerische Gestaltungsspielraum des EIU ist nicht auf die Wahl der alternativen Preisbildungssysteme begrenzt, sondern bezieht sich auf den gesamten Korridor, der von der (Minimal-)Kostendeckung des unmittelbaren Zugbetriebs bis zur Maximalgrenze der Vollkostendeckung (zuzüglich einer marktüblichen Rendite) reicht. Es ist Aufgabe des EIU, durch Aufschläge den Grad der Kostendeckung festzulegen194. 4. Grenzen des dem EIU eingeräumten Gestaltungsspielraums ergeben sich zum einen unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte und zum anderen unter dem Aspekt des Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit: a) Die Zugangsentgelte dürfen die Funktionsfähigkeit der einzelnen Eisenbahnverkehrsmärkte nicht beeinträchtigen (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG). Aufschläge auf die zugbetriebsbedingten Kosten dürfen nur bis zur Grenze der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte erhoben werden (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 3 AEG)195. b) Das Diskriminierungsverbot bindet das EIU sowohl bei der Bestimmung des Bezugsgegenstandes der Entgelterhebung als auch bei der Entgeltgestaltung innerhalb eines und desselben Verkehrsleistungsbereichs196. c) Was den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit im Hinblick auf die unterschiedlichen Eisenbahnverkehrsmärkte betrifft, so kann diesem eine Verpflichtung zur gleichen Tarifierung in den einzelnen Verkehrsdienstleistungsbereichen nicht entnommen werden (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG). In der in § 21 Abs. 4 EIBV niedergelegten Verpflichtung, den Verkehrsleistungen ihre spezifischen Einzelkosten anzulasten, kommt das aus anderen Sektoren bekannte Verbot der Quersubventionierung zum Ausdruck. Da diese verkehrsleistungsspezifischen Mehrkosten in dem multifunktionalen Eisen193 194 195 196
C. I. 2. a) und b), S. 24 ff. C. I. 2. d), S. 28 ff. C. I. 2. f) (1), S. 31 ff. C. I. 2. f) (2) (a), S. 35 f.
III. Entgeltregulierungsmaßstäbe
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bahnnetz in der Bundesrepublik Deutschland kaum bzw. überhaupt nicht anfallen197, setzt § 21 Abs. 4 EIBV dem Preisdifferenzierungsspielraum keine Grenzen und stellt insofern auch keine Einschränkung des § 14 Abs. 4 Satz 2 AEG dar. 5. Weitere, dem allgemeinen Kartellrecht entlehnte Entgeltgrundsätze kommen im Eisenbahnsektor nicht zur Anwendung. Der kartellrechtliche Tatbestand des Ausbeutungsmissbrauchs ist durch das eisenbahnrechtliche Vollkostendeckungsprinzip konkretisiert, das die Maximalgrenze für zulässige Zugangsentgelte markiert198. Das Gleiche gilt für den kartellrechtlichen Tatbestand des Behinderungsmissbrauch (Preis-Kosten-Schere), der seine Konkretisierung in dem eisenbahnrechtlichen Vorbehalt der Funktionsfähigkeit der Eisenbahnverkehrsmärkte findet199. Ein effizienzorientierter Kostenansatz (KeL) ist im geltenden Eisenbahnrecht nicht verankert. Auch kann die Anwendbarkeit dieses Kontrollmaßstabes nicht unter Rekurs auf § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB begründet werden, weil diese allgemeine kartellrechtliche Vorschrift durch den bereichspezifischen, auf die Besonderheiten des Eisenbahnsektors zugeschnittenen Entgeltregulierungstatbestand des § 14 Abs. 4 AEG verdrängt wird200. Schließlich besteht rechtspolitisch kein Bedarf für eine Implantierung eines KeL-Maßstabes im künftigen Eisenbahnrecht, da die den KeL-Grundsatz tragenden Funktionen im Eisenbahnsektor bereits verwirklicht erscheinen: Weder bedarf es durch eine „Als-ob-Betrachtung“ der Simulierung eines Wettbewerbspreises, weil sich die Zugangsentgelte im Wesentlichen durch den vorhandenen intermodalen (Infrastruktur-)Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern bestimmen; noch bedarf es einer Stimulierung kostenreduzierender, effizienzsteigernder Marktkräfte, weil die – auf dem intermodalen Wettbewerb gründende – chronische Kostenunterdeckung des Schienennetzes bereits diese Anreizwirkung zeitigt201. 6. Die Entgeltregulierung im Bereich der Serviceeinrichtungen bestimmt sich nach anderen Grundsätzen. Im Gegensatz zu § 14 Abs. 4 AEG knüpft § 14 Abs. 5 AEG nicht an die Vollkosten bzw. die (Grenz-)Kosten an, die für die Benutzung der einzelnen Serviceeinrichtung entstehen202. Als eisenbahnrechtliche Regulierungsmaßstäbe gelangen der Ausbeutungs- und der Behinderungsmissbrauch sowie das Diskriminierungsverbot zur Anwendung. Ein effizienzorientierter Kostenansatz ist auch im Bereich der Serviceeinrichtungen nicht vorgeschrieben203.
197 198 199 200 201 202 203
C. I. 2. f) (2) (b), S. 35 ff. C. I. 3. a), S. 42 ff. C. I. 3. b), S. 45 ff. C. I. 3. c) (1), S. 47 ff. C. I. 3. c) (2), S. 50 ff. C. II. 1., S. 54 ff. C. II. 2., S. 56 ff.
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Zusammenfassung in Thesen
IV. Reichweite der Kontrollkompetenz der BNetzA 1. Für die Funktionsverteilung zwischen der BNetzA und den EIU gilt, dass die Entgeltbildungskompetenz beim EIU liegt, während die Entgeltkontrollkompetenz der BNetzA zukommt204. 2. Die Kontrollkompetenz der BNetzA ist funktional auf die Einhaltung der (materiellen) Entgeltregulierungsmaßstäbe bezogen und durch diese begrenzt205. Darüber hinaus ist bei Wahrnehmung der Kontrollkompetenz der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten206. 3. Im Rahmen der Überprüfung von Trassenpreisen kann die BNetzA von einem EIU Entgeltlisten und einen Gesamtkostennachweis einfordern. Auch kann sie von dem betroffenen EIU die erforderlichen Auskünfte verlangen, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine diskriminierende Behandlung einzelner EVU vorliegen. Eine Kostenaufschlüsselung nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern ist hingegen in Ermangelung der Anwendbarkeit des KeLMaßstabes im Eisenbahnrecht unzulässig207. Im Bereich der Überprüfung von Entgelten für die Benutzung von Serviceeinrichtungen kann die BNetzA die zur Verwirklichung der Regulierungsmaßstäbe (Ausbeutungs-, Behinderungsmissbrauch und Diskriminierungsverbot) erforderlichen Maßnahmen treffen, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist208.
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D. I., S. 58 ff. D. II., S. 61 ff. D. III., S. 62 ff. D. IV. 1., S. 63 f. D. IV. 2., S. 64 f.
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