Elsässische Sagen: Teil 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112608524, 9783112608517

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WissenschaftlichesJnstitutder Elsaß-Lothringer im Reich

Elsaß-Lothringische Hausbücherei

Band I: Fritz Bouchholtz

Elsässische Sagen, Teil I

Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung / I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung / Georg Reimer / Karl I. Trübner / Veit & Comp.

Berlin und Leipzig 1922

Elsässische Sagen Ausgewählt und bearbeitet von

Fritz Bouchholtz

Teil I

Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung / I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung / Georg Reimer / Karl I. Trübner / Veit & Comp,

Berlin und Leipzig 1922

Vorwort. Als ich vom „Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer

im Reich" mit der Herausgabe der elsässischen und lothrin­

gischen Sagen beauftragt wurde, habe ich mich mit ganz besonderer Freude auf die Arbeit gestürzt.

Es war mir, als

ob ich aufgefordert worden sei, von meiner toten Mutter

viel Liebes und Verehrungswürdiges zu sagen.

Die

Bändchen

in Auswahl.

bringen

zunächst

die

elsässischen

Sagen

Daö Büchlein mit lothringischen Sagen wird

demnächst folgen.

Um im Rahmen der kleinen Hausbücherei

zu bleiben, konnte ich aus dem reichen Schatze von Sagen nur eine beschränkte Anzahl auswählen.

Ich habe aber die

schönsten und typischsten Sagen unseres verlorenen Heimat­ landes zu finden mich bemüht.

Ebenso versuchte ich, die

Sammlung recht mannigfaltig zu gestalten. Burgen, Kirchen

und Städte, Acker- und Weinbaugegenden bilden den Hinter­ grund der lustigen und traurigen Gestalten, die gelegentlich ins Legendarische und Märchenhafte hinüberspielen.

Den Bändchen sind „Die Sagen des Elsasses" von August

Stöber zugrunde gelegt. Doch habe ich mich neben vielen anderen einschlägigen Sammlungen gern der von Stöber

herausgegebenen Jahrbücher „Alsatia", sowie der deutschen Sagen der Brüder Grimm und der Jahrbücher für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß-Lothringens, herausgegeben vom

Vogesen-Club, bedient.

Ich hoffe, in twr Wiedergabe der Sagen den richtigen Ton

getroffen zu haben. Wo der Sagenton knapp und anschaulich war, habe ich ben

Text kaum verändert, um di« tiefpoetische ErzählungSweise

des Volkes nicht zu zerstören. Vor allem sind Urkunden wort­ getreu wiedergegeben. Häufig mußt« ich, bem Rahmen des

Bändchens Rechnung tragend, länger« Aufzeichnungen kürzen. Die vorliegenden Sagen sind zur Bequemlichkeit der Leser

nach der geographischen Lage ihres Handlungsortes, von Süden nach Norden, angeordnet. Möge nun diese kleine Sammlung recht vielen Schicksals­

genossen liebe Erinnerungen an die verlorene Heimat wach halten!

Möge sie aber auch noch mehr reichsdeutschen Brü­

dern und Schwestern zeigen, welch kerndeutsche Werte wir

mit dem teuern, unvergeßlichen Elsaßland verloren haben! Lübz i. Mrckl. Fritz Bouchholtz.

Inhaltsverzeichnis. Seite

Ober-Elsaß. Pfirt:

Die Zwerge in der Wolfshöhle

....

9

Die Hexe von Kästlach..........................................10 Altkirch:

St. Morands Ruhe..................................... 14

....

14

...

15

ZilliSheim:

Die weiße Frau auf dem Köpfte

Brunnstatt:

Das Weingeigerlein von Brunnstatt

Mülhausen:

Lob auf Mülhausen...................................... 15

Der verlorene Bräutigam.................................... 16 Die Zinngießerinnen............................................... 17

Der Schatzgräber am Davidsbrünnlein . Illzach:

.

18

Das Doggele.......................................................... 19 Das Tucherle am Viertelssteg.....

19

Der Teufel als Koch............................................... 20

Masmünster:

MasmünsterS Entstehung.................................... 21 Das Dambürte im Masmünstertal

...

22

Spruch.............................................................22

Thann:

Die Gründung von Neu-Thann ....

22

Die drei Flaschen............................

24

St. Theobaldus rettet Thann i. Schwedenkriege

26

Sennheim:

Die gebannten Kriegsheere............................ 26

Wattweiler:

Der Freier auf Freundstein............................ 27

Hungerstein:

Kunigunde von Hungerstein............................28

Gebweiler:

Wie Gebweiler gerettet wurde.......................31 St. Maria im Schäfertal.......................... 33

Der Teufel auf Hugstein.......................... 34 Rufach:

Die Weiber von Nufach................................. 35

Gebersweiher:

Die Greifenklaue deS heiligen Jmerius

.

.

Sulzbach:

Die Entstehung deS BadeS Sulzbach

.

.

39

.

39

Der Nufacher Galgen................................ 36

Münster:

Die Hexe Anne-Marei............................

Mühlbach:

Das Schratzmännel....................................... 40

Sulzern:

Die Zwerge auf dem Kerbholz ....

Firstmiß:

Der goldene Wagen....................................... 41

37

40

Hugo von Egisheim und sein Sohn... 42 Die Keule im Kolmarer Wappenschild. . 44 Die Erscheinung in PfeffelS Garten ... 46 Warum die Kolmarer Knöpfler heißen . . 46 Galz: Drei Ähren..................................................... 47 Ingers heim: Die Wöchnerin................................................ 48 Ammer-weier: St. Deodat..................................................... 48 Kienjheim: Der redende Totenkopf.................................. 49 Kaysersberg: Kaiser Friedrich Barbarossa in Kaysersberg 52 Der weiße See............................................... 52 Die riesenmäßigen Holzschuhe auf dem Rat­ hause zu Kaysersberg................................. 53 Die Tschäpläre............................................... 54 Der Flieger................................................... 54 Hunaweiher: Die heilige Hunna....................................... 55 Rappoltsweiler: DaS Wappen der Grafen vonNappoltstein 56 Der verschwundene See................................. 57 Die Brüder von Nappoltstein........................ 57 Die Gespensterkutsche von Hoh-Nappoltstein 58 Die Jungfrau auf St. Ulrich........................ 59 Der Hirzensprung........................................... 59 Thannenkirch: Das Dorf Thannenkirch................................... 60 Markirch: Die silberne Rose............................................ 60 Der Milchbrunnen........................................... 61 Schlettstadt: Schlettstadtö Ursprung................................... 61 Die Kirche und das Kloster St.Fides . . 61 Hohkonigsburg: DaS gelbe Fräulein auf Hohkönigsbur^ 62 Kestenholz: Die Glocke von Kestenholz.............................. 63 Dambach: Die treue Gattin............................................ 64 Rheinau: Das versunkene Kloster................................... 64 Mahenheim: Die Hilfe der Toten........................................ 66 Andlau: Die heilige Richardis................................... 67 Der Müllerbursche und das Fräulein von Hoh-Andlau................................................ 68 Barr: Das Rotkäppel................................................. 69 Die Erscheinung auf dem Speicher... 69

Egisheim: Kolmar:

8

Die Zwerge in der Wolfshöhle In der Wolfshöhle, welche etwa eine halbe Stunde südwärts

von Pfirt, zwischen den Felswänden der Heidenflue, weit in den Berg hineinläuft, häufte vor vielen hundert Jahren ein Völklein von Zwergen, das seine Wohnsitze in den unzähligen

Felskämmerlein aufgeschlagen hatte.

Sie lebten daselbst, je

zwei und zwei, Männlein und Weiblein, in schönster Ein­

tracht beisammen. All ihr Hausgerät, besonders aber ihre niedlichen Feld- und Gartenwerkzeuge, waren aus blankem Silber gearbeitet.

Die Zwerge genossen, schon seit undenk­

lichen Zeiten, einer ewigen Jugend.

Alle, welche sie zu sehen

bekamen, rühmten ihre zierliche Gestalt und besonders den eigentümlichen Schein ihrer Augen, die wie Sterne glitzerten.

Sie waren alle kinderlos und liebten es, zuweilen aus ihrer Abgeschiedenheit herauszutreten und mit den Menschen der Umgegend zu verkehren, deren Sprache ihre feinen wohl­

tuenden Stimmlein nachahmten. Zur Zeit der Korn- und Getreideernte kamen sie gewöhnlich in buntem Gewimmel aus ihren Berghöhlen hervor, mit

ihrem Feldgeschirre versehen, und stellten sich mit den Schnit­ tern in Reih und Glied, und die Mahden fielen reichlich

unter ihren Streichen.

Beinahe jede Haushaltung in den

nahegelegenen Dorfschaften hatte ihr Zwergpärchen, das an

ihren frohen und traurigen Begegniffen Anteil nahm; und es war allemal ein Jubel im Haufe, wenn sie über die Schwelle

traten und dann beim Abschied reiche Gaben für alt und jung zurückließen.

Die Leute zeigten sich auch dankbar gegen ihre kleinen Wohl­

täter.

Sie wiesen ihnen bei Kilben und HochzeitSschmäusen

die ersten Plätze an und stellten ihnen die besten Bisten, den

süßesten Most auf, den sie im Vorrat hatten.

Aber eines

wollte ihnen niemals an den Zwerglein gefallen; daß sie näm­

lich so lange Röcke trugen, die bis zum Boden reichten, so­

daß sie ihnen immer die Füße bedeckten. Die Neugierde, zu wissen, wie diese beschaffen seien, konnten

am Ende einige Mädchen nicht länger bezwingen. Sie gingen eines Tages vor Sonnenaufgang zur Wolfshöhle hinauf und

bestreuten die breite Felsenplatte, die sich am Eingänge des­ selben hinzog, mit feinem Sande.

Sie dachten, wenn die

Zwerge ihren Morgenspaziergang in den Wald machten, so

müßten ihre Füße schon Spuren in dem Sande zurück­ lasten, und sie kämen damit doch einmal ins Klare.

Sic

versteckten sich also ins Gebüsche, um zu lauschen.

Sobald die Sonne ihre ersten warmen Strahlen an das Felsentor der Höhle warf, kamen Bergmännlein und Berg­ weiblein, zwei und zwei, hervorgehüpft und wandelten wie

gewöhnlich über die Felsplatte dem Walde zu. Da sahen nun die Mädchen, daß sie Stapfen von Geisen-

füßen im Sande zurückließen.

Darüber mußten sie so heftig

lachen, daß eö die Zwerge hörte», sich umwandten und, den Betrug gewahrend, mit traurigen Mienen in die Höhle zu­ rückkehrten.

Seit jenem Tag kamen sie nicht wieder zu»!

Vorschein.

Die Lexe von Kästlach In Kästlach, einem Dörfchen, nordwestlich von Alt-Psirt ge­

legen, war eine alte Hexe, die hatte eine wunderschöne Jung­ fer im Dienste, die sie sehr hart hielt, so daß dieselbe ihr schon

die ersten Plätze an und stellten ihnen die besten Bisten, den

süßesten Most auf, den sie im Vorrat hatten.

Aber eines

wollte ihnen niemals an den Zwerglein gefallen; daß sie näm­

lich so lange Röcke trugen, die bis zum Boden reichten, so­

daß sie ihnen immer die Füße bedeckten. Die Neugierde, zu wissen, wie diese beschaffen seien, konnten

am Ende einige Mädchen nicht länger bezwingen. Sie gingen eines Tages vor Sonnenaufgang zur Wolfshöhle hinauf und

bestreuten die breite Felsenplatte, die sich am Eingänge des­ selben hinzog, mit feinem Sande.

Sie dachten, wenn die

Zwerge ihren Morgenspaziergang in den Wald machten, so

müßten ihre Füße schon Spuren in dem Sande zurück­ lasten, und sie kämen damit doch einmal ins Klare.

Sic

versteckten sich also ins Gebüsche, um zu lauschen.

Sobald die Sonne ihre ersten warmen Strahlen an das Felsentor der Höhle warf, kamen Bergmännlein und Berg­ weiblein, zwei und zwei, hervorgehüpft und wandelten wie

gewöhnlich über die Felsplatte dem Walde zu. Da sahen nun die Mädchen, daß sie Stapfen von Geisen-

füßen im Sande zurückließen.

Darüber mußten sie so heftig

lachen, daß eö die Zwerge hörte», sich umwandten und, den Betrug gewahrend, mit traurigen Mienen in die Höhle zu­ rückkehrten.

Seit jenem Tag kamen sie nicht wieder zu»!

Vorschein.

Die Lexe von Kästlach In Kästlach, einem Dörfchen, nordwestlich von Alt-Psirt ge­

legen, war eine alte Hexe, die hatte eine wunderschöne Jung­ fer im Dienste, die sie sehr hart hielt, so daß dieselbe ihr schon

mehr als einmal aufge'kündigt hatte; allein die böse Frau

wußte sie durch Schmeicheleien und Versprechungen immer

wieder bei sich zu behalten. Das arme Mädchen mußte nach verrichteter Hausarbeit jede Nacht spinnen, sticken und flicken und durfte sich selten vor

Mitternacht zur Ruhe legen, wiewohl eö des andern Mor­

gens, sobald es hellte, wieder heraus mußte.

Es war daher

nicht wenig verwundert, als es die Meisterin eines Abends

sogleich nach dem Essen zu Bett schickte. Es gehorchte zwar freudig; aber eö war ihm die ganze Zeit über so seltsam und unheimlich zumute, daß eS nicht einschlafen konnte.

Nun glaubte «S einmal in der Wohnstube,

seinem Kämmerlein gegenüber, Lärm zu hören, und da eS

sich aufgerichtet und eine Weile gelauscht hatte, vernahm eS deutlich Spinnrädergeschnurre.

„Die Meisterin hat Leute

zu Kelten"^), dachte eS, „ich bin ihr gut genug zum Schaffen,

aber wenn'ö einmal eine Herrlichkeit im Haus gibt, so schickt sie mich zu Bett."

ES horchte noch einige Augenblicke; dann

trieb es die Neugierde auf, und als eS durch das Schlüssel­

loch in die Wohnstube guckte, sah es, wie lauter Strohbosen") mit Menschenköpfen im Kreise herum saßen und einander zunickten und so hastig spannen, daß es ein grausiges Geschnurrt

absetzte.

Das Mädchen stieß einen Schrei aus und lief eiligst

inö Bett zurück, wo es die ganze Nacht hindurch in den Hitzen lag.

Des andern Tags erklärte es der Frau, daß es nicht

länger bei ihr bleiben könne; sie solle ihm den Lohn geben und

es verabschieden. x) Abendbesuch. ?) Strohbund.

Diese sprach ihm wieder zu, schmeichelte

Allein diesmal blieb es fest

ihm und drohte ihm zuletzt auch.

auf seinem Entschluß und packte sein Plunder*). Beim Fort­ gehen laber faßte die Frau das Mädchen am Arme und sagte zu ihm: „Hörst, wenn du einem Menschen etwas von dem

sagst, was du gestern Nacht gesehen hast, so tue ich dir etwas an; >du magst sein, wo du willst."

DaS Mädchen versprach reinen Mund zu halten und blieb dem Versprechen auch zwei Jahre lang treu. Da dachte es

nun, die Meisterin wird nicht mehr an die Sache denken, es

auch nicht erfahren, wenn eö dem lang verschloffenen Geheim­ nisse, das es so gewaltig drückte, Luft machte; und e6 ver­

traute den nächtlichen Hexenspuk einigen seiner Kameraden an.

Allein als es am folgenden Morgen aufstehen wollte,

hatte es geschwollene Füße und konnte auch sonst kein Glied

rühren.

Einige Wochen später geschah es, daß ein Kästlacher Bursche aus der Fremde heimkehrte.

Er hatte fich verspätigt und

nahm den nächsten Weg über den Hexenplan, einen Heide­ platz, rings von Wald umgeben, in dessen Mitte der Hexen­

baum stand. Als er nun Schritte und Stimmen aus dem Walde kommen hörte, fürchtete er sich und kletterte in seiner

Verwirrung auf den Baum, so hoch er konnte, und versteckte fich im Laub. Siehe, da kamen eine Menge junger und alter Weiber aus

seinem Dorfe und der Nachbarschaft herbeigesprungen, und

die böse Frau, welche das schöne Mädchen verhext hatte, war

auch darunter. Sie tanzten einigemal um den Baum und

*) Wäsche und Kleidungsstücke.

lagerten sich sodann im Kreise herum, und jede mußte er­ zählen, was sie seit der letzten Zusammenkunft Böses an

Menschen und Vieh verübt hatte. was sie ihrem ehemaligen

Die Hexe erzählte nun auch,

Dienstmädchen angetan, weil es jenen nächtlichen Spuk aus-

geschwatzt hatte, und ihre Mitschwestern lobten sie alle ob «des sauberen Streiches. Eine aber sagte: „Wenn das Maidle wüßte, daß es wieder gesund würde, wenn es seine Füße in

der Milch der drei ältesten schwarzen Kühe des Dorfes badete, so brauchte es sich nicht weiter zu grämen.

Es ge­

schieht ihm aber recht, warum hat es geschwatzt." Als der Tag zu bleichen begann, fuhren die Hexen ausein­

ander wie der Wind.

Der Bursche, dem es bei diesem un­

heimlichen Treiben nicht wohl zumute gewesen war, der auch in steter Angst geschwebt hatte, entdeckt zu werden, stieg nun von seinem Baume herunter.

Er kannte das schöne Mäd­

chen wohl, von welchem die Hexen sich unterhielten, und

hatte eS schon als Knabe lieb gehabt. Er eilte dem Dorfe zu, und sobald eS ihm schickliche Zeit

schien, ging er zu des Mädchens Eltern und gab ihnen das Heilmittel an. Es half auf der Stelle und die Kranke wurde

wieder so frisch und gesund wie vorher. Als nun die Eltern den Burschen fragten, was sie ihm zum Lohne geben sollten, antwortete er: „Es wäre mir halt nichts

lieber, als eure Tochter selbst."

Diese hatte Wohlgefallen

an ihrem ehemaligen Gespielen, der jetzt ihr Retter ge­ worden war, und willigte mit Freuden ein, und die Hochzeit wurde bald darauf gefeiert.

St. Morands Ruhe Der heil. Morand, Apostel und Patron des Sundgaus und der Stadt Altkirch, welcher in der Mitte derk 11. Jahr­

hunderts lebte und viele Zeichen und Wunder verrichtete, war eines Tages aus dem Kloster mit entblößtem Haupte,

wie er zu tun pflegte, nach dem benachbarten Dorfe Wahlheim gegangen, um daselbst die Messe zu lesen und andere gottesdienstliche Handlungen zu verrichten. Bei seiner Rück­

kehr aber überraschte ihn ein heftiges Gewitter und nötigte

ihn, sich unter einen über den Weg hinragenden Felsen zu flüchten,

um wenigstens sein entblößtes Haupt vor dem

Sturme zu schützen.

Und siehe, „wie weiches Wachs gab

der harte Stein seinem Haupte nach, um eine Vertiefung zu bilden, die ihm einen sichern Schirm gegen das Ungestüm des Gewitters darbot."

Man errichtete später an dieser Stelle, welche sich einige hundert Schritte nordwärts von der Wallfahrtskirche des heiligen Morandus befindet, eine freundliche Feldkapelle, in

deren Felswand man eine Vertiefung von der Gestalt und

Größe eines Menschenkopfes bemerkt. Das Volk nennt diese häufig besuchte Kapelle St. Morands Ruhe.

Die weiße Frau auf dem Köpfle Zwischen Didenheim und ZilliSheim liegt ein zu letzterer Ortschaft gehöriger Hügel, das Köpfle genannt.

Von dem-

selben sieht man oft zur Mittagsstunde «ine >we-iße Frau mit

einem Schlüsselbunde herabkommen.

Sie erscheint lächelnd,

und läßt sich unweit der Bißmühle am Ufer der Jll nieder, wo sie sich Gesicht und Haare wäscht; jedoch kehrt sie bald

St. Morands Ruhe Der heil. Morand, Apostel und Patron des Sundgaus und der Stadt Altkirch, welcher in der Mitte derk 11. Jahr­

hunderts lebte und viele Zeichen und Wunder verrichtete, war eines Tages aus dem Kloster mit entblößtem Haupte,

wie er zu tun pflegte, nach dem benachbarten Dorfe Wahlheim gegangen, um daselbst die Messe zu lesen und andere gottesdienstliche Handlungen zu verrichten. Bei seiner Rück­

kehr aber überraschte ihn ein heftiges Gewitter und nötigte

ihn, sich unter einen über den Weg hinragenden Felsen zu flüchten,

um wenigstens sein entblößtes Haupt vor dem

Sturme zu schützen.

Und siehe, „wie weiches Wachs gab

der harte Stein seinem Haupte nach, um eine Vertiefung zu bilden, die ihm einen sichern Schirm gegen das Ungestüm des Gewitters darbot."

Man errichtete später an dieser Stelle, welche sich einige hundert Schritte nordwärts von der Wallfahrtskirche des heiligen Morandus befindet, eine freundliche Feldkapelle, in

deren Felswand man eine Vertiefung von der Gestalt und

Größe eines Menschenkopfes bemerkt. Das Volk nennt diese häufig besuchte Kapelle St. Morands Ruhe.

Die weiße Frau auf dem Köpfle Zwischen Didenheim und ZilliSheim liegt ein zu letzterer Ortschaft gehöriger Hügel, das Köpfle genannt.

Von dem-

selben sieht man oft zur Mittagsstunde «ine >we-iße Frau mit

einem Schlüsselbunde herabkommen.

Sie erscheint lächelnd,

und läßt sich unweit der Bißmühle am Ufer der Jll nieder, wo sie sich Gesicht und Haare wäscht; jedoch kehrt sie bald

wieder zurück, und man hört sie sodann heftig weinen, bis sie auf dem Hügel verschwunden ist. Auf diesem Hügel sieht man zuweilen nachts große blaue Flammen hin- und herschweben und spricht im Dorf allge­

mein von reichen Schätzen, welche da vergraben seien und

von der weißen Frau gehütet werden. Schon oft, aber im­ mer vergebens, wurde nach denselben gesucht.

Im Winter

1849 ging wieder einmal ein Bauer aus dem Dorfe in dieser Absicht hinauf und sagte das sogenannte Christophels-

gebet her.

Da hatte er eine schreckliche Erscheinung, die er

gar nicht mit Worten beschreiben konnte. Er kam außer sich nach Hause gelaufen und war lange Zeit vom Schrecken krank.

Das Weingeigerlein von Brunnstatt Wenn die Reben blühen und ihr süßer Duft alles rings um­

her erquickt und ein günstiger Herbst kommen soll, so hört man im Brunnstatter Rebhügel das Weingeigerlein (Wigigerle) lustig darauflos fiedeln, dabei auch Gläserklirren und

Tanzen im Innern des Berges.

Soll es jedoch ein schlechtes

Weinjahr geben, so vernimmt man nur manchmal einzelne klagende Saitenklänge, und in und um den Hügel her scheint

alles öde und traurig.

Lob aus Mülhausen Diß isch ä bravi Stadt. Do heert meer d'Räder suse, Un b’ Webstüel schnurre rächt, der schafft, was Händ norr hei,

Drum hän die Lyt oi ebs. (Daniel Arnold.)

wieder zurück, und man hört sie sodann heftig weinen, bis sie auf dem Hügel verschwunden ist. Auf diesem Hügel sieht man zuweilen nachts große blaue Flammen hin- und herschweben und spricht im Dorf allge­

mein von reichen Schätzen, welche da vergraben seien und

von der weißen Frau gehütet werden. Schon oft, aber im­ mer vergebens, wurde nach denselben gesucht.

Im Winter

1849 ging wieder einmal ein Bauer aus dem Dorfe in dieser Absicht hinauf und sagte das sogenannte Christophels-

gebet her.

Da hatte er eine schreckliche Erscheinung, die er

gar nicht mit Worten beschreiben konnte. Er kam außer sich nach Hause gelaufen und war lange Zeit vom Schrecken krank.

Das Weingeigerlein von Brunnstatt Wenn die Reben blühen und ihr süßer Duft alles rings um­

her erquickt und ein günstiger Herbst kommen soll, so hört man im Brunnstatter Rebhügel das Weingeigerlein (Wigigerle) lustig darauflos fiedeln, dabei auch Gläserklirren und

Tanzen im Innern des Berges.

Soll es jedoch ein schlechtes

Weinjahr geben, so vernimmt man nur manchmal einzelne klagende Saitenklänge, und in und um den Hügel her scheint

alles öde und traurig.

Lob aus Mülhausen Diß isch ä bravi Stadt. Do heert meer d'Räder suse, Un b’ Webstüel schnurre rächt, der schafft, was Händ norr hei,

Drum hän die Lyt oi ebs. (Daniel Arnold.)

wieder zurück, und man hört sie sodann heftig weinen, bis sie auf dem Hügel verschwunden ist. Auf diesem Hügel sieht man zuweilen nachts große blaue Flammen hin- und herschweben und spricht im Dorf allge­

mein von reichen Schätzen, welche da vergraben seien und

von der weißen Frau gehütet werden. Schon oft, aber im­ mer vergebens, wurde nach denselben gesucht.

Im Winter

1849 ging wieder einmal ein Bauer aus dem Dorfe in dieser Absicht hinauf und sagte das sogenannte Christophels-

gebet her.

Da hatte er eine schreckliche Erscheinung, die er

gar nicht mit Worten beschreiben konnte. Er kam außer sich nach Hause gelaufen und war lange Zeit vom Schrecken krank.

Das Weingeigerlein von Brunnstatt Wenn die Reben blühen und ihr süßer Duft alles rings um­

her erquickt und ein günstiger Herbst kommen soll, so hört man im Brunnstatter Rebhügel das Weingeigerlein (Wigigerle) lustig darauflos fiedeln, dabei auch Gläserklirren und

Tanzen im Innern des Berges.

Soll es jedoch ein schlechtes

Weinjahr geben, so vernimmt man nur manchmal einzelne klagende Saitenklänge, und in und um den Hügel her scheint

alles öde und traurig.

Lob aus Mülhausen Diß isch ä bravi Stadt. Do heert meer d'Räder suse, Un b’ Webstüel schnurre rächt, der schafft, was Händ norr hei,

Drum hän die Lyt oi ebs. (Daniel Arnold.)

Der verlorene Bräutigam Auf dem Schuttplatze, welcher die Stelle des ehemaligen Gutleuthauses von Mülhausen bezeichnet, stand noch zu An­

fang des 19. Jahrhunderts die Sankt Katharinenkapelle. In ihr sollte einst ein Hochzeitspaar getraut werden; aber siehe,

als man eben über die Schwelle des Gotteshauses treten wollte, war der Bräutigam von der Seite der Braut ver­

schwunden.

Vergebens sah sie sich nach ihm um, rief ihn

beim Namen und fiel endlich, von übergroßem Schmerz be­

wältigt, in Ohnmacht nieder. Alles kam in Bestürzung. Man suchte und suchte, in der Kapelle, in der Nachbarschaft, in

allen Straßen der Stadt, in der Umgegend; kein Mensch wollte den jungen und angesehenen Bürger gesehen haben, und auch weder die tiefbetrübte Braut noch irgend jemand

sah ihn bei Lebzeiten wieder.

Hundert Jahre nach diesem Vorfall kam ein junger Wanders­

mann in festlicher, aber veralteter Tracht zum Baseltor her­ eingeschritten.

Er war über und über mit Staub bedeckt,

was um so auffallender war, da es schon einige Tage lang an­

haltend geregnet hatte.

Seine Rede glich zwar der Mül­

hauser Mundart, allein er gebrauchte Wörter und Wendun­

gen, die schon lange in Abgang gekommen waren. Der Torwächter führte ihn, da er aus seinen Fragen und Reden nicht klug werden konnte, aufs Rathaus.

Er nannte

daselbst seinen Namen, der einem bekannten, aber in Mül­

hausen ausgestorbenen Geschlecht angehörte, und fragte nach seiner Braut und seinen Anverwandten.

ihm Bescheid geben.

Niemand konnte

Endlich erinnerte sich ein alter Mann,

daß man ihm einmal in seiner Jugend das seltsame Begebnis

von einem verlorenen Bräutigam erzählt habe, das sich zur Zeit, da sein Vater noch in die Schule ging, zugetragen

haben soll.

Man schlug in den Gemeindebüchern nach und

fand das Ereignis in der Tat ausgeschrieben.

Der altertüm­

liche Bräutigam gestand nun, daß an seinem Hochzeitstage,

beim Eintreten in die Kirche, plötzlich der Gedanke in ihm aufgestiegen sei: Wie wird eö wohl in hundert Jahren bei

uns auSfehen?

Da babe ihn dann

Und wer wird es erleben?

ganz plötzlich alles Bewußtsein verlassen, und

wie alles

übrige gegangen sei, wisse er nicht. Die Umstehenden waren voll Erstaunen über diese Erzäh­

lung und bemitleideten den armen, vereinsamten Mann von Herzen.

Nun wünschte er sehnlich das Grab seiner Braut zu besuchen. Man begleitete ihn auf den Kirchhof und fand nach langem Suchen das verwitterte Kreuz, unter welchem sie ruhte.

Er

warf sich alsobald auf den Rasen nieder und sank vor den Augen der Anwesenden in Staub und Asche zusammen.

Die Zinngießerinnen Zwei Mädchen, welche Wäscherinnen in Mülhausen waren, wollten ihre künftigen Männer kennen.

Sie setzten sich in

einer Christnacht zwischen elf und zwölf Uhr zusammen und

gossen Zinn, welches sie dann tropfenweise in einen Wasch­ zuber warfen.

Jede nahm sich einen Teil davon, und unter

den seltsamen Formen, welche das geschmolzene Zinn gebildet hatt«, glaubte die «ine ein Bügeleisen,

Schusterahle zu erkennen.

die andere

eine

Jene schloß also daraus, daß sie

einen Schneider, diese, daß sie ein«« Schuster bekommea

2

(ElfälL Sagen.

Dd. I, L. I.

17

von einem verlorenen Bräutigam erzählt habe, das sich zur Zeit, da sein Vater noch in die Schule ging, zugetragen

haben soll.

Man schlug in den Gemeindebüchern nach und

fand das Ereignis in der Tat ausgeschrieben.

Der altertüm­

liche Bräutigam gestand nun, daß an seinem Hochzeitstage,

beim Eintreten in die Kirche, plötzlich der Gedanke in ihm aufgestiegen sei: Wie wird eö wohl in hundert Jahren bei

uns auSfehen?

Da babe ihn dann

Und wer wird es erleben?

ganz plötzlich alles Bewußtsein verlassen, und

wie alles

übrige gegangen sei, wisse er nicht. Die Umstehenden waren voll Erstaunen über diese Erzäh­

lung und bemitleideten den armen, vereinsamten Mann von Herzen.

Nun wünschte er sehnlich das Grab seiner Braut zu besuchen. Man begleitete ihn auf den Kirchhof und fand nach langem Suchen das verwitterte Kreuz, unter welchem sie ruhte.

Er

warf sich alsobald auf den Rasen nieder und sank vor den Augen der Anwesenden in Staub und Asche zusammen.

Die Zinngießerinnen Zwei Mädchen, welche Wäscherinnen in Mülhausen waren, wollten ihre künftigen Männer kennen.

Sie setzten sich in

einer Christnacht zwischen elf und zwölf Uhr zusammen und

gossen Zinn, welches sie dann tropfenweise in einen Wasch­ zuber warfen.

Jede nahm sich einen Teil davon, und unter

den seltsamen Formen, welche das geschmolzene Zinn gebildet hatt«, glaubte die «ine ein Bügeleisen,

Schusterahle zu erkennen.

die andere

eine

Jene schloß also daraus, daß sie

einen Schneider, diese, daß sie ein«« Schuster bekommea

2

(ElfälL Sagen.

Dd. I, L. I.

17

werde.

Sre legten nun beide vor dem Schlafengehen die

kostbaren Zinnstückchen unters Kopfkiffen, und jede sah im Traume die Gestalt ihres zukünftigen Mannes.

Als sie nun am Neujahrstage, nachmittags, miteinander spa­

zieren gehen wollten, sahen sie zwei junge Männer unter einer Haustür stehen und laut reden.

Da rief das eine Mädchen

plötzlich aus: „Guck -da, dort ist mein Schneider, der mir im Traum erschienen ist!", worauf das andere ebenfalls ausrief:

„Und da ist mein Schuhmacher, von dem ich in der Christ­

nacht geträumt habe!"

Die jungen Männer, durch das leb­

hafte Reden der Mädchen aufmerksam gemacht, wandten sich gegen sie um, und obgleich sie dieselben vorher nie gekannt

hatten, luden sie sie zum Spaziergange ein, auf welchem sich schnell zwei Liebespaare und bald darauf zwei Hochzeitspaare zusammenfanden.

Der Schatzgräber am Davidsbrünnlein Dem Maurer Johannes Erne erschien im Jahre 1693, als er um Mitternacht aus der Steingrube im Niemandstal bei dem Davidsbrünnlein, so auf dem Mönchsberg gelegen ist,

vorüberging, eine weiß gekleidete Edelfrau, die ihm kund tat, daß an

selbigem Orte

vieles

Gold,

Silbergeschirr

und

Kleinodien vergraben seien, zu deren Hebung er bestimmt sei.

Er nahm alsobald sein Geschirr zur Hand und fing an zu hacken und zu graben, als plötzlich eine Stimme aus dem nahen Tannenwald herüberrief: „Erne, Erne, wie wird's

dir noch gehen!" Er hörte aber nicht auf die Warnung und grub fort und fort, ohne daß es ihm gelingen wollte, den

Schatz zu heben.

werde.

Sre legten nun beide vor dem Schlafengehen die

kostbaren Zinnstückchen unters Kopfkiffen, und jede sah im Traume die Gestalt ihres zukünftigen Mannes.

Als sie nun am Neujahrstage, nachmittags, miteinander spa­

zieren gehen wollten, sahen sie zwei junge Männer unter einer Haustür stehen und laut reden.

Da rief das eine Mädchen

plötzlich aus: „Guck -da, dort ist mein Schneider, der mir im Traum erschienen ist!", worauf das andere ebenfalls ausrief:

„Und da ist mein Schuhmacher, von dem ich in der Christ­

nacht geträumt habe!"

Die jungen Männer, durch das leb­

hafte Reden der Mädchen aufmerksam gemacht, wandten sich gegen sie um, und obgleich sie dieselben vorher nie gekannt

hatten, luden sie sie zum Spaziergange ein, auf welchem sich schnell zwei Liebespaare und bald darauf zwei Hochzeitspaare zusammenfanden.

Der Schatzgräber am Davidsbrünnlein Dem Maurer Johannes Erne erschien im Jahre 1693, als er um Mitternacht aus der Steingrube im Niemandstal bei dem Davidsbrünnlein, so auf dem Mönchsberg gelegen ist,

vorüberging, eine weiß gekleidete Edelfrau, die ihm kund tat, daß an

selbigem Orte

vieles

Gold,

Silbergeschirr

und

Kleinodien vergraben seien, zu deren Hebung er bestimmt sei.

Er nahm alsobald sein Geschirr zur Hand und fing an zu hacken und zu graben, als plötzlich eine Stimme aus dem nahen Tannenwald herüberrief: „Erne, Erne, wie wird's

dir noch gehen!" Er hörte aber nicht auf die Warnung und grub fort und fort, ohne daß es ihm gelingen wollte, den

Schatz zu heben.

Fünf Tage später arbeitete er mit seinem Sohne und einem Gesellen abermals in der Steingrube des Niemandtales, wo­

hin sich auch der Steinhauer David König und ein Mann von Brunnstadl begeben hatten. Da hörten sie wieder jenen

geheimnisvollen mahnenden Ruf: „Erne, Erne, wie wird's

dir noch gehen!" Den andern wurde seltsam zu Mute; sie

sagten, sie müßten eine Weile inne halten und frische Luft

schöpfen. Kaum halten sie's getan, als die Grube zusammen­ stürzte und den unglücklichen Erne unter ihrem Schutte be­ grub. Dazu erscholl ein höllisches Gelächter. Allein niemand ward in der Nähe gesehen, und Ernes Gefährten flohen

eiligst in die Stadt.

Das Doggele In Jllzach erscheint oft ein Dorfgespenst, das Doggele ge­

nannt, welches, mitten in der Nacht, sich den Kindern zent­

nerschwer auf die Brust setzt und dieselben zu erdrücken scheint. Es ist eine Art Alp oder Vampyr von unbestimm­

ter zusammengeknäuelter Tierform.

Um dasselbe abzuhalten,

malt man zwei in umgekehrter Richtung der Winkel stehende Dreiecke an die Stubentür; auch hängt man zwei gekreuzte Degen in die Stube, oder legt sie in die Wiege des leidenden

Kindes.

Das Tucherle am Viertelssteg Am Vietelösteg, der über den Quadelbach führt, haust ein

neckischer Geist, der die Vorübergehenden manchmal mit Wasser bespritzt oder sie selbst ins Wasser zieht und mehrere

Male untertaucht. Man nennt ihn deswegen das Tucherle.

Fünf Tage später arbeitete er mit seinem Sohne und einem Gesellen abermals in der Steingrube des Niemandtales, wo­

hin sich auch der Steinhauer David König und ein Mann von Brunnstadl begeben hatten. Da hörten sie wieder jenen

geheimnisvollen mahnenden Ruf: „Erne, Erne, wie wird's

dir noch gehen!" Den andern wurde seltsam zu Mute; sie

sagten, sie müßten eine Weile inne halten und frische Luft

schöpfen. Kaum halten sie's getan, als die Grube zusammen­ stürzte und den unglücklichen Erne unter ihrem Schutte be­ grub. Dazu erscholl ein höllisches Gelächter. Allein niemand ward in der Nähe gesehen, und Ernes Gefährten flohen

eiligst in die Stadt.

Das Doggele In Jllzach erscheint oft ein Dorfgespenst, das Doggele ge­

nannt, welches, mitten in der Nacht, sich den Kindern zent­

nerschwer auf die Brust setzt und dieselben zu erdrücken scheint. Es ist eine Art Alp oder Vampyr von unbestimm­

ter zusammengeknäuelter Tierform.

Um dasselbe abzuhalten,

malt man zwei in umgekehrter Richtung der Winkel stehende Dreiecke an die Stubentür; auch hängt man zwei gekreuzte Degen in die Stube, oder legt sie in die Wiege des leidenden

Kindes.

Das Tucherle am Viertelssteg Am Vietelösteg, der über den Quadelbach führt, haust ein

neckischer Geist, der die Vorübergehenden manchmal mit Wasser bespritzt oder sie selbst ins Wasser zieht und mehrere

Male untertaucht. Man nennt ihn deswegen das Tucherle.

Fünf Tage später arbeitete er mit seinem Sohne und einem Gesellen abermals in der Steingrube des Niemandtales, wo­

hin sich auch der Steinhauer David König und ein Mann von Brunnstadl begeben hatten. Da hörten sie wieder jenen

geheimnisvollen mahnenden Ruf: „Erne, Erne, wie wird's

dir noch gehen!" Den andern wurde seltsam zu Mute; sie

sagten, sie müßten eine Weile inne halten und frische Luft

schöpfen. Kaum halten sie's getan, als die Grube zusammen­ stürzte und den unglücklichen Erne unter ihrem Schutte be­ grub. Dazu erscholl ein höllisches Gelächter. Allein niemand ward in der Nähe gesehen, und Ernes Gefährten flohen

eiligst in die Stadt.

Das Doggele In Jllzach erscheint oft ein Dorfgespenst, das Doggele ge­

nannt, welches, mitten in der Nacht, sich den Kindern zent­

nerschwer auf die Brust setzt und dieselben zu erdrücken scheint. Es ist eine Art Alp oder Vampyr von unbestimm­

ter zusammengeknäuelter Tierform.

Um dasselbe abzuhalten,

malt man zwei in umgekehrter Richtung der Winkel stehende Dreiecke an die Stubentür; auch hängt man zwei gekreuzte Degen in die Stube, oder legt sie in die Wiege des leidenden

Kindes.

Das Tucherle am Viertelssteg Am Vietelösteg, der über den Quadelbach führt, haust ein

neckischer Geist, der die Vorübergehenden manchmal mit Wasser bespritzt oder sie selbst ins Wasser zieht und mehrere

Male untertaucht. Man nennt ihn deswegen das Tucherle.

Eine Magd von Illzach ging eines Abends, mit einer schwe­

ren Bürde Gras auf dem Kopfe, unbesorgt über den Steg. Da wurde fle plötzlich von unsichtbaren Armen ergriffen, samt

ihrer Last ins Waffer gezogen und tüchtig „getunkt". Den Kindern, wenn sie sich zu nahe an den Bach wagen, ruft man zu: „Gib acht! 's Tucherle tunkt di!"

Der Teufel als Koch Drei Burschen von Illzach hatten sich dem Teufel ver­

schrieben und sollten von ihm in der Mitternachtsstunde auf dem Sausheimer Kreuzwege Geld empfangen.

Schon dreimal hatten sie sich verirrt und waren immer wieder über die Jllbrücke bei Modenheim gekommen. Das drittemal kam eine große Kutsche mit zwei kohlschwarzen Pferden

bespannt und wollte an ihnen vorüber, daß die Brücke don­ nerte.

Gleich darauf erschienen zwei Frauen und fragten die

Burschen: „Ist keine Kutsche da durchgefahren?" Sie gaben keine Antwort. Kaum waren jene verschwunden, so trat ein schwarzer Mann mit einem gewaltigen Schwänze

zu ihnen und fragte: „Sind nicht zwei Frauen da vorbei­ gekommen?

Ich bin ihr Koch."

Darüber fingen die Burschen an zu lachen, und einer rief: „Du bist mir ein schöner Koch, du trägst den Kochlöffel

hinten!" Da fing es plötzlich an, in der Luft und sodann im Waffer so heftig zu brausen, daß die Wellen an die Brück« schlugen, und

diese war ganz von Feuerflammen umgeben.

Eine Magd von Illzach ging eines Abends, mit einer schwe­

ren Bürde Gras auf dem Kopfe, unbesorgt über den Steg. Da wurde fle plötzlich von unsichtbaren Armen ergriffen, samt

ihrer Last ins Waffer gezogen und tüchtig „getunkt". Den Kindern, wenn sie sich zu nahe an den Bach wagen, ruft man zu: „Gib acht! 's Tucherle tunkt di!"

Der Teufel als Koch Drei Burschen von Illzach hatten sich dem Teufel ver­

schrieben und sollten von ihm in der Mitternachtsstunde auf dem Sausheimer Kreuzwege Geld empfangen.

Schon dreimal hatten sie sich verirrt und waren immer wieder über die Jllbrücke bei Modenheim gekommen. Das drittemal kam eine große Kutsche mit zwei kohlschwarzen Pferden

bespannt und wollte an ihnen vorüber, daß die Brücke don­ nerte.

Gleich darauf erschienen zwei Frauen und fragten die

Burschen: „Ist keine Kutsche da durchgefahren?" Sie gaben keine Antwort. Kaum waren jene verschwunden, so trat ein schwarzer Mann mit einem gewaltigen Schwänze

zu ihnen und fragte: „Sind nicht zwei Frauen da vorbei­ gekommen?

Ich bin ihr Koch."

Darüber fingen die Burschen an zu lachen, und einer rief: „Du bist mir ein schöner Koch, du trägst den Kochlöffel

hinten!" Da fing es plötzlich an, in der Luft und sodann im Waffer so heftig zu brausen, daß die Wellen an die Brück« schlugen, und

diese war ganz von Feuerflammen umgeben.

Einer der drei Burschen ertrank am folgenden Tag in der Jll.

Der zweite starb drei Tage darauf.

Der dritte verfiel in eine

böse Krankheit und siechte sein Leben lang.

Masmünsters Entstehung Der reiche Graf Maso, der Besitzer des Schlosses Ringel­

stein, hatte nur ein einziges Kind, einen Knaben von acht

bis zehn Jahren.

Nun geschah es, daß die heilige Odilia,

welche seit wenigen Jahren erst, 720, in den Himmel aus­ genommen worden war, den frommen, lieblichen Knaben in

Begleitung seines Vaters und dessen Schwester, der heiligen Attala, durch das Dunkel der nahen Waldung kommen sah.

Bei dem Gedanken, wie vielen Widerwärtigkeiten und An­

fechtungen er im Leben noch ausgesetzt sein könnte, bat sie Gott, ihn doch jetzt, in der Blüte und Reinheit seines Her­

zens und Wandels, zu sich zu nehmen.

Die Bitte wurde ihr

gewährt, und sogleich erschien sie den einsam Wandelnden in ihrer ganzen Himmelsglorie.

Alle drei wurden von der

hehren Erscheinung von freudigem Schauer ergriffen und sanken betend auf ihre Knie nieder. Einige Tage darauf fiel der Knabe in die Doller und ertrank.

Darauf betrübte sich der unglückliche Vater so sehr, daß er beschloß, auf allen Glanz und Reichtum der Welt zu ver­

zichten.

Er ließ

ein

Frauenkloster bauen

und

errichtete

über dem Grabe seines geliebten Kindes ein Münster, unter der Patronschaft des heil. Leodegar, der Odilias Oheim war.

Es wurde von ihm Masos Münster genannt, und später entstand um dasselbe herum das freundliche Städtchen Maö-

münster.

Einer der drei Burschen ertrank am folgenden Tag in der Jll.

Der zweite starb drei Tage darauf.

Der dritte verfiel in eine

böse Krankheit und siechte sein Leben lang.

Masmünsters Entstehung Der reiche Graf Maso, der Besitzer des Schlosses Ringel­

stein, hatte nur ein einziges Kind, einen Knaben von acht

bis zehn Jahren.

Nun geschah es, daß die heilige Odilia,

welche seit wenigen Jahren erst, 720, in den Himmel aus­ genommen worden war, den frommen, lieblichen Knaben in

Begleitung seines Vaters und dessen Schwester, der heiligen Attala, durch das Dunkel der nahen Waldung kommen sah.

Bei dem Gedanken, wie vielen Widerwärtigkeiten und An­

fechtungen er im Leben noch ausgesetzt sein könnte, bat sie Gott, ihn doch jetzt, in der Blüte und Reinheit seines Her­

zens und Wandels, zu sich zu nehmen.

Die Bitte wurde ihr

gewährt, und sogleich erschien sie den einsam Wandelnden in ihrer ganzen Himmelsglorie.

Alle drei wurden von der

hehren Erscheinung von freudigem Schauer ergriffen und sanken betend auf ihre Knie nieder. Einige Tage darauf fiel der Knabe in die Doller und ertrank.

Darauf betrübte sich der unglückliche Vater so sehr, daß er beschloß, auf allen Glanz und Reichtum der Welt zu ver­

zichten.

Er ließ

ein

Frauenkloster bauen

und

errichtete

über dem Grabe seines geliebten Kindes ein Münster, unter der Patronschaft des heil. Leodegar, der Odilias Oheim war.

Es wurde von ihm Masos Münster genannt, und später entstand um dasselbe herum das freundliche Städtchen Maö-

münster.

Das Dambürle im Masmünstertal Im Maömünstertal spukt ein seltsamer Gast, daS Dambürle (Tambourlein).

Wenn die Sonne hinter dem Belchen von Giromagnp nieder­ geglitten ist und die Tannen und Föhren im Abendhauche sich

wiegen, so hört man mit einem Male in der lautlosen Ge­

gend das Dambürle seinen Marsch auftrommeln. Ist der verspätete Wanderer auch noch so müde und kann

die Füße kaum mitschleppen, so muß er doch im Takte gehen, schnell, langsam, wie das Dambürle eben anschlägt; auch muß

er ihm nachfolgen, wider Willen, wohin eS geht. Und oft wandert mancher die ganze Nacht hindurch, dem Tone folgend,

und liegt im Morgengrauen müde und matt auf dem Gipfel

des Belchen oder am Rande des blauen SternfeeS.

Spruch Zu Thann im Rangen,

Zu Gebweiler in den Wannen,

Zu Türkheim im Brand,

Wächst der beste Wein im Land.

Doch gegen den Reichenweirer Sporen Haben sie alle das Spiel verloren.

Die Gründung von Neu-Thann Theobaldus, ein frommer Bischof, lebte zu Anfang

des

12. Jahrhunderts zu Eugubin in Umbria. Alles, was er hatte,

gab er den Armen, so daß er vor seinem Tode seinem getreuen Diener weiter nichts als seinen goldenen Ring, den er am rechten Daumen trug, vermachen konnte.

Das Dambürle im Masmünstertal Im Maömünstertal spukt ein seltsamer Gast, daS Dambürle (Tambourlein).

Wenn die Sonne hinter dem Belchen von Giromagnp nieder­ geglitten ist und die Tannen und Föhren im Abendhauche sich

wiegen, so hört man mit einem Male in der lautlosen Ge­

gend das Dambürle seinen Marsch auftrommeln. Ist der verspätete Wanderer auch noch so müde und kann

die Füße kaum mitschleppen, so muß er doch im Takte gehen, schnell, langsam, wie das Dambürle eben anschlägt; auch muß

er ihm nachfolgen, wider Willen, wohin eS geht. Und oft wandert mancher die ganze Nacht hindurch, dem Tone folgend,

und liegt im Morgengrauen müde und matt auf dem Gipfel

des Belchen oder am Rande des blauen SternfeeS.

Spruch Zu Thann im Rangen,

Zu Gebweiler in den Wannen,

Zu Türkheim im Brand,

Wächst der beste Wein im Land.

Doch gegen den Reichenweirer Sporen Haben sie alle das Spiel verloren.

Die Gründung von Neu-Thann Theobaldus, ein frommer Bischof, lebte zu Anfang

des

12. Jahrhunderts zu Eugubin in Umbria. Alles, was er hatte,

gab er den Armen, so daß er vor seinem Tode seinem getreuen Diener weiter nichts als seinen goldenen Ring, den er am rechten Daumen trug, vermachen konnte.

Das Dambürle im Masmünstertal Im Maömünstertal spukt ein seltsamer Gast, daS Dambürle (Tambourlein).

Wenn die Sonne hinter dem Belchen von Giromagnp nieder­ geglitten ist und die Tannen und Föhren im Abendhauche sich

wiegen, so hört man mit einem Male in der lautlosen Ge­

gend das Dambürle seinen Marsch auftrommeln. Ist der verspätete Wanderer auch noch so müde und kann

die Füße kaum mitschleppen, so muß er doch im Takte gehen, schnell, langsam, wie das Dambürle eben anschlägt; auch muß

er ihm nachfolgen, wider Willen, wohin eS geht. Und oft wandert mancher die ganze Nacht hindurch, dem Tone folgend,

und liegt im Morgengrauen müde und matt auf dem Gipfel

des Belchen oder am Rande des blauen SternfeeS.

Spruch Zu Thann im Rangen,

Zu Gebweiler in den Wannen,

Zu Türkheim im Brand,

Wächst der beste Wein im Land.

Doch gegen den Reichenweirer Sporen Haben sie alle das Spiel verloren.

Die Gründung von Neu-Thann Theobaldus, ein frommer Bischof, lebte zu Anfang

des

12. Jahrhunderts zu Eugubin in Umbria. Alles, was er hatte,

gab er den Armen, so daß er vor seinem Tode seinem getreuen Diener weiter nichts als seinen goldenen Ring, den er am rechten Daumen trug, vermachen konnte.

Als nun TheobalduS gestorben war, wachte und betete der treue Diener allein bei dem Leichnam seines Herrn. Dann wollte er diesem, seines Wortes eingedenk, den Ring vom Finger streifen. Aber, o Schrecken! Nicht nur der Ring, sondern auch das obere Glied des Daumens blieb in seiner Hand. Doch er faßte sich und dachte, daß dies der Wille Gottes sei. Nun verschloß er sein Heiligtum sorgfältig im obersten Knopf seines Stabes und zog im Pilgerkleid über das hohe Alpen­ gebirge, bis er am ersten Heumonat glücklich an den Flecken Alt-Thann kam. Ermüdet legte er sich mitten im Walde zur Erde nieder und lehnte seinen Stab an einen Tannen­ baum. Als er bei Sonnenuntergang wieder aufbrechen wollte, ließ sich sein Stab nicht fortbewegen, auch der oberste Knopf nicht öffnen. In großen Ängsten lief er aus dem Wald und rief Wald- und Bauersleute zusammen. Gegenüber der Stelle, wo dieses geschah, residierte auf dem nahen Bergschloffe, Engelburg genannt, der Landesherr, Graf von Pfirt. Er sah zu dem Fenster seines Gemaches hinaus und gewahrte drei hellglänzende Lichter über einem großen Tannenbaum im Walde hinschweben. Er eilte mit seinem Gesinde an die Stelle und fand dort schon viel Volks. Als er die wundersame Geschichte vom unbeweglichen Stabe ver­ nommen hatte, hieß er die ganze Versammlung auf die Knie fallen und gelobte, Gott und dem heiligen TheobalduS zu Ehren eine Kapelle an dem Orte zu bauen und das Heiligtum darin zur allgemeinen Verehrung auszusetzen. Mit diesem Gelübde und mit glaubensvollem Herzen stand er auf und er«

griff den Stab, der sich sogleich wegnehmen und öffnen ließ: Die heilige Reliquie wurde unterdessen in der Pfarrkirche

von Alt-Thann aufbewahrt und dann nach der neuerbauten

Kapelle gebracht, an deren Stelle sich später das wunder­ volle Münster1 erhob.

Den Pilger aber behielt der Graf lange Zeit in seinem Schlosse und entließ ihn endlich mit reichen Geschenken, als er begehrte, in seine Heimat zurückzukehren.

Die drei Flaschen Ein Bäuerlein im Thanner Tale hatte vergeblich versucht, seinen Wagen voll Holz in den Gehöften zu verkaufen. Auch das an der Talmündung liegende Städtchen Thann hatte er schon in allen Richtungen durchfahren, ohne seinen Zweck er­

füllt zu sehen, und traurig zog er wieder zum Tore hinaus,

seinem Dorfe zu.

Da sah er, in der Abenddämmerung, ein

Männlein auf einem Steinhaufen an der Straße sitzen und fragte e6, ob es ihm denn nicht fein Holz abkaufen wolle. -

„Ich kann euer Holz nicht brauchen", sagte das Männlein, „aber einen guten Rat will ich euch geben: Verkauft es nicht teurer als um drei Flaschen Wein."

Unwillig über diese

*) Das jetzige Münster von Thann, das während des Welt­ kriege- so schwer gelitten hat, wurde im Jahre 1430 angefangen. Im folgenden Jahre gab es eine solche Menge Wein, daß man, aus Mangel an Fässern, viel desselben zu dem Mörtel verwendete, der zur Befestigung des Baues gebraucht wurde. DaS Münster wurde im Jahre 15*16 vollendet. Nach der kleinen Chronik des Franziskaners hätte Erwin von Steinbach 1275 bereits den Riß und den Anfang zu diesem Gebäude gemacht, „als er noch mit den Straßburger und Freiburger Kirchengebäuden zu tun hatte".

griff den Stab, der sich sogleich wegnehmen und öffnen ließ: Die heilige Reliquie wurde unterdessen in der Pfarrkirche

von Alt-Thann aufbewahrt und dann nach der neuerbauten

Kapelle gebracht, an deren Stelle sich später das wunder­ volle Münster1 erhob.

Den Pilger aber behielt der Graf lange Zeit in seinem Schlosse und entließ ihn endlich mit reichen Geschenken, als er begehrte, in seine Heimat zurückzukehren.

Die drei Flaschen Ein Bäuerlein im Thanner Tale hatte vergeblich versucht, seinen Wagen voll Holz in den Gehöften zu verkaufen. Auch das an der Talmündung liegende Städtchen Thann hatte er schon in allen Richtungen durchfahren, ohne seinen Zweck er­

füllt zu sehen, und traurig zog er wieder zum Tore hinaus,

seinem Dorfe zu.

Da sah er, in der Abenddämmerung, ein

Männlein auf einem Steinhaufen an der Straße sitzen und fragte e6, ob es ihm denn nicht fein Holz abkaufen wolle. -

„Ich kann euer Holz nicht brauchen", sagte das Männlein, „aber einen guten Rat will ich euch geben: Verkauft es nicht teurer als um drei Flaschen Wein."

Unwillig über diese

*) Das jetzige Münster von Thann, das während des Welt­ kriege- so schwer gelitten hat, wurde im Jahre 1430 angefangen. Im folgenden Jahre gab es eine solche Menge Wein, daß man, aus Mangel an Fässern, viel desselben zu dem Mörtel verwendete, der zur Befestigung des Baues gebraucht wurde. DaS Münster wurde im Jahre 15*16 vollendet. Nach der kleinen Chronik des Franziskaners hätte Erwin von Steinbach 1275 bereits den Riß und den Anfang zu diesem Gebäude gemacht, „als er noch mit den Straßburger und Freiburger Kirchengebäuden zu tun hatte".

Worte, die er abermals für Spott hielt, fuhr der Holzbauer

weiter.

Der Mond war schon aufgegangen, als er vor einem

Hofe einen Mann stehen sah, der auf jemand zu warten schien.

Er faßte sich nochmals ein Herz und rief ihm zu:

„Guter Freund, nehmt mir doch mein Holz ab!" — „Wenn ihr eö um drei Flaschen Wein geben wollt, so könnt ihr ab­

laden", entgegnete der Mann. „In Gottes Namen!" rief der Bauer, der Worte des Fremden auf dem Steinhaufen

sich erinnernd, und froh, nicht von den Nachbarn ausgelacht zu werden, wenn er wieder mit seiner vollen Ladung zurück­

käme.

Nachdem das Holz in den Hof geschafft worden war, brachte ihm der Käufer die drei Flaschen, und versicherte ihm, eS sei

vom besten Weine, den er je getrunken. Kaum war er zu Hause angelangt, so gelüstete ihn, eine der drei wohlversiegelten Flaschen zu öffnen, um sich nach der

langen, mühsamen Fahrt zu erquicken.

Er holte sein größtes

Glas hervor, entpfropfte die erste, aber siehe: statt des er­ wünschten stärkenden Weins floß ein Regen der schönsten

vollsten Weizenkörner heraus. Ärgerlich stellte er die Flasche weg und griff nach der zweiten, schenkte ein und — eS floß daraus ein Strom roten Blutes. In Verzweiflung und Fieberhaft faßte er die dritte Flasche an und daraus sprangen

und klangen lustig hellfunkelnde Goldstücke und bedeckten den

ganzen Tisch.

Nun war das Bäuerlein voll Jubels, rief

noch zu später Stunde die Nachbarn zusammen, erzählte ihnen

sein Abenteuer und zeigte ihnen seinen Reichtum. Einer der Nachbarn aber legte ihm den wunderbaren Vor­

gang aus und bezog ihn auf das folgende Jahr. Es wird,

sagte er, ein an Getreide reich gesegnetes Jahr werden; dies

bedeuten die Weizenkörner, die aus der ersten Flasche floffen.

Der Krieg im Morgenlande wird viel Blut kosten, lehrt die zweite.

Alles wird sich aber zum Gedeihen und Wohlergehen

des Landes wenden; dies verkünden die funkelnden Goldstücke,

die so hell und lustig der dritten Flasche entsprangen.

St. Theobaldus rettet Thann im Schweden­ kriege Die Stadt Thann erduldete großes Leid und Ungemach wäh­

rend des Dreißigjährigen Krieges. Zwölf Jahre lang, sagt

die Chronik, konnte man weder Getreideernte noch Weinlese Hallen. Die Eltern aßen ihre eigenen Kinder auf. Ja, der

Hunger trieb manche sogar, das Fleisch von Leichnamen zu verzehren. Man gab ein Stück Feld um ein Brot hin. Alles war in Verzweiflung. Nachdem die Schweden die Stadt am 30. Dezember 1632

eingenommen hatten, flüchteten sich die meisten Einwohner

in das Münster. Die feindlichen Scharen umringten das­ selbe und wollten sie mit Gewalt aus der Kirche vertreiben. Da erschien aber plötzlich der heilige TheobalduS in feiner ganzen

Himmelsglorie, und alsobald fielen die Hufeisen von den

Pferden der Schweden ab, so daß diese sich bestürzt zurück­ zogen

Die gebannten Kriegsheere Auf dem Ochsenfelde oder Lügenfelde hört man oft zu nächt­ licher Stunde dumpfes Waffenklirren.

Da liegen in weit­

hinlaufenden Höhlen unter der Erde die Kriegsheere der

sagte er, ein an Getreide reich gesegnetes Jahr werden; dies

bedeuten die Weizenkörner, die aus der ersten Flasche floffen.

Der Krieg im Morgenlande wird viel Blut kosten, lehrt die zweite.

Alles wird sich aber zum Gedeihen und Wohlergehen

des Landes wenden; dies verkünden die funkelnden Goldstücke,

die so hell und lustig der dritten Flasche entsprangen.

St. Theobaldus rettet Thann im Schweden­ kriege Die Stadt Thann erduldete großes Leid und Ungemach wäh­

rend des Dreißigjährigen Krieges. Zwölf Jahre lang, sagt

die Chronik, konnte man weder Getreideernte noch Weinlese Hallen. Die Eltern aßen ihre eigenen Kinder auf. Ja, der

Hunger trieb manche sogar, das Fleisch von Leichnamen zu verzehren. Man gab ein Stück Feld um ein Brot hin. Alles war in Verzweiflung. Nachdem die Schweden die Stadt am 30. Dezember 1632

eingenommen hatten, flüchteten sich die meisten Einwohner

in das Münster. Die feindlichen Scharen umringten das­ selbe und wollten sie mit Gewalt aus der Kirche vertreiben. Da erschien aber plötzlich der heilige TheobalduS in feiner ganzen

Himmelsglorie, und alsobald fielen die Hufeisen von den

Pferden der Schweden ab, so daß diese sich bestürzt zurück­ zogen

Die gebannten Kriegsheere Auf dem Ochsenfelde oder Lügenfelde hört man oft zu nächt­ licher Stunde dumpfes Waffenklirren.

Da liegen in weit­

hinlaufenden Höhlen unter der Erde die Kriegsheere der

sagte er, ein an Getreide reich gesegnetes Jahr werden; dies

bedeuten die Weizenkörner, die aus der ersten Flasche floffen.

Der Krieg im Morgenlande wird viel Blut kosten, lehrt die zweite.

Alles wird sich aber zum Gedeihen und Wohlergehen

des Landes wenden; dies verkünden die funkelnden Goldstücke,

die so hell und lustig der dritten Flasche entsprangen.

St. Theobaldus rettet Thann im Schweden­ kriege Die Stadt Thann erduldete großes Leid und Ungemach wäh­

rend des Dreißigjährigen Krieges. Zwölf Jahre lang, sagt

die Chronik, konnte man weder Getreideernte noch Weinlese Hallen. Die Eltern aßen ihre eigenen Kinder auf. Ja, der

Hunger trieb manche sogar, das Fleisch von Leichnamen zu verzehren. Man gab ein Stück Feld um ein Brot hin. Alles war in Verzweiflung. Nachdem die Schweden die Stadt am 30. Dezember 1632

eingenommen hatten, flüchteten sich die meisten Einwohner

in das Münster. Die feindlichen Scharen umringten das­ selbe und wollten sie mit Gewalt aus der Kirche vertreiben. Da erschien aber plötzlich der heilige TheobalduS in feiner ganzen

Himmelsglorie, und alsobald fielen die Hufeisen von den

Pferden der Schweden ab, so daß diese sich bestürzt zurück­ zogen

Die gebannten Kriegsheere Auf dem Ochsenfelde oder Lügenfelde hört man oft zu nächt­ licher Stunde dumpfes Waffenklirren.

Da liegen in weit­

hinlaufenden Höhlen unter der Erde die Kriegsheere der

verruchten Söhne Ludwigs 'des Frommen, die ihren Vater allhier im Jahre 833 verraten haben, im Todesbanne. Ver­ spätete Wanderer, welche über die Heide ziehen, werden oft von einzelnen Kriegern in rasselnden Harnischen und Waffen­ gesang begleitet bis in die Nähe von Sennheim oder Thann. Eines TageS öffnete sich vor einem Bewohner der Umgegend eine solche Höhle, und ein Kriegsmann, welcher auö seinem langen, schweren Schlafe erwachte, redete ihn an und ver­ kündigte ihm den Zeitpunkt, an welchem der schreckliche Bann für ihn und seine Gefährten aufhören solle.

Der Freier auf Freundstem Ein junger Graf von GeroldSeck war von dem Liebreize des Fräuleins von Freundstein also ergriffen worden, daß er um ihre Gunst warb. Allein er erhielt von ihr keinen günstigen Bescheid. Nun wandte er sich an ihren Vater. Aber auch von diesem ward ihm eine abschlägige Antwort gegeben. Außer sich ob des gekränkten Ehrgeizes, beschloß er, nun durch Gewalt zu erringen, was man ihm auf sein dringendes Begehren verweigerte. An der Spitze einer Schar von Kriegsleuten rückte er vor das Schloß und griff dasselbe an. Die überraschte Besatzung war zu schwach, dem gewaltigen Andrang der Stürmer auf längere Zeit Widerstand zu Insten und mußte sich ergeben. Schon ritt der Sieger laut jubelnd im Gefühl seiner baldigen Rache mit seiner Schar über die Fallbrücke. Da preßte der greise Vater in wilder Verzweiflung seine Tochter in die Arme, bestieg mit ihr sein Streitroß und stürzte sich also über die Brustwehr des Burgwalls ins tiefe Tal hinab.

verruchten Söhne Ludwigs 'des Frommen, die ihren Vater allhier im Jahre 833 verraten haben, im Todesbanne. Ver­ spätete Wanderer, welche über die Heide ziehen, werden oft von einzelnen Kriegern in rasselnden Harnischen und Waffen­ gesang begleitet bis in die Nähe von Sennheim oder Thann. Eines TageS öffnete sich vor einem Bewohner der Umgegend eine solche Höhle, und ein Kriegsmann, welcher auö seinem langen, schweren Schlafe erwachte, redete ihn an und ver­ kündigte ihm den Zeitpunkt, an welchem der schreckliche Bann für ihn und seine Gefährten aufhören solle.

Der Freier auf Freundstem Ein junger Graf von GeroldSeck war von dem Liebreize des Fräuleins von Freundstein also ergriffen worden, daß er um ihre Gunst warb. Allein er erhielt von ihr keinen günstigen Bescheid. Nun wandte er sich an ihren Vater. Aber auch von diesem ward ihm eine abschlägige Antwort gegeben. Außer sich ob des gekränkten Ehrgeizes, beschloß er, nun durch Gewalt zu erringen, was man ihm auf sein dringendes Begehren verweigerte. An der Spitze einer Schar von Kriegsleuten rückte er vor das Schloß und griff dasselbe an. Die überraschte Besatzung war zu schwach, dem gewaltigen Andrang der Stürmer auf längere Zeit Widerstand zu Insten und mußte sich ergeben. Schon ritt der Sieger laut jubelnd im Gefühl seiner baldigen Rache mit seiner Schar über die Fallbrücke. Da preßte der greise Vater in wilder Verzweiflung seine Tochter in die Arme, bestieg mit ihr sein Streitroß und stürzte sich also über die Brustwehr des Burgwalls ins tiefe Tal hinab.

Noch ragen die Schloßtrümmer von Freundstein, dem ge­ waltigen Belchenkopfe gegenüber, empor und zeugen von der

Macht seiner einstigen Bewohner. Aber in stillen Nächten hört man oft um die öden Mauern Pferdegetrapp und Huf­

schlag ertönen. Das ist der Ritter von Freundstein, der mit seiner Tochter um das Schloß reitet.

Der Geroldsecker

sprengt hinter ihnen her, unermüdlich, und kann die Braut Nicht erreichen.

Kunigunde von Lungerstein Zwischen Rimbach-Zell und Gebweiler, mitten im Bergwald,

lag einst daS feste Schloß Hungerstein. Dort wohnte als letzter Ritter dieses Namens Wilhelm von Hungerstein. Nach dem Tode seiner ersten Gattin, die ihn ohne Erben ge­

lassen hatte, trat er, schon ziemlich bejahrt, in zweite Ehe mit Kunigunde Giel von GielSperg, deren Familie erst im sieb-

zehnten Jahrhundert erlosch. ,,Kunigunde war," wie das Jahrbuch sagt, „noch sehr jung

und über die Maßen schön und gerad von Leib, als kaum eine im Lande." Sie hatte aber einen frechen, üppigen Sinn,

ward ihrem greisen Gatten untreu und verschleuderte sein Gut. Dabei wurde fle noch durch ihre eigenen Verwandten unterstützt und ihr Bruder Wernher von GielSperg vermaß

sich sogar, öffentlich Partei wider seinen Schwager zu nehme» und ihm seinen Untergang zu drohen.

Dadurch geängstigt, suchte der schwache Mann Schutz bei dem mächtigen Grafen von Rappoltstein, welcher zu jener

Zeit Obersthauptmann und Landvogt in Oberelsaß und Sund­ gau war.

„Er bat ihn, daß derselbe ihn wider seines

Noch ragen die Schloßtrümmer von Freundstein, dem ge­ waltigen Belchenkopfe gegenüber, empor und zeugen von der

Macht seiner einstigen Bewohner. Aber in stillen Nächten hört man oft um die öden Mauern Pferdegetrapp und Huf­

schlag ertönen. Das ist der Ritter von Freundstein, der mit seiner Tochter um das Schloß reitet.

Der Geroldsecker

sprengt hinter ihnen her, unermüdlich, und kann die Braut Nicht erreichen.

Kunigunde von Lungerstein Zwischen Rimbach-Zell und Gebweiler, mitten im Bergwald,

lag einst daS feste Schloß Hungerstein. Dort wohnte als letzter Ritter dieses Namens Wilhelm von Hungerstein. Nach dem Tode seiner ersten Gattin, die ihn ohne Erben ge­

lassen hatte, trat er, schon ziemlich bejahrt, in zweite Ehe mit Kunigunde Giel von GielSperg, deren Familie erst im sieb-

zehnten Jahrhundert erlosch. ,,Kunigunde war," wie das Jahrbuch sagt, „noch sehr jung

und über die Maßen schön und gerad von Leib, als kaum eine im Lande." Sie hatte aber einen frechen, üppigen Sinn,

ward ihrem greisen Gatten untreu und verschleuderte sein Gut. Dabei wurde fle noch durch ihre eigenen Verwandten unterstützt und ihr Bruder Wernher von GielSperg vermaß

sich sogar, öffentlich Partei wider seinen Schwager zu nehme» und ihm seinen Untergang zu drohen.

Dadurch geängstigt, suchte der schwache Mann Schutz bei dem mächtigen Grafen von Rappoltstein, welcher zu jener

Zeit Obersthauptmann und Landvogt in Oberelsaß und Sund­ gau war.

„Er bat ihn, daß derselbe ihn wider seines

Schwähers und Schwagers unbillige Gewalt schützen und

ihm Rat und Hilfe leisten wolle, damit er seiner Schulden­ last und seiner Feinde täglichen Überfalls entlediget werden

und eine eingezogene Haushaltung führen möchte." Der Land­ vogt nahm sich des Ritters an, verordnete zur Schulden­

tilgung den Beschlag der Güter und wies dem Ehepaar ein

Jährliches an Getreide, Wein und Geld zu seinem Aus­ kommen an. Dem Gatten wurde statt aller Dienerschaft nur

ein Knappe und ein Hausknecht, und seiner Frau eine Die­

nerin und eine Köchin verwilligt. Diese Beschränkung ihres einst so glänzenden Haushalts er­ füllte Kunigunde mit Wut und Rache. Sie gewann die bei­

den Knechte und schwor ihrem Gatten Verderben und Tod. Als sich dieser an einem schwülen Sommertage, um Kühlung

und Ruhe zu geniesten, in das Gewölbe des Schloffes begeben

hatte, traten die beiden treulosen Knechte herbei und sagten

ihm in den frechsten Ausdrücken, wofern er nicht augenblick­ lich von ihrer Hand sterben wolle, so müsse er schriftlich er­

klären und mit seinem Wappen besiegeln, daß er zur Büßung seiner Sünden eine Wallfahrt nach Jerusalem beschlossen habe. Er woll« von seinen Verwandten hiermit Abschied

nehmen und empfehle seine Gemahlin in ihren Schutz. Der Unglückliche widerstrebte vergebens. Kaum hatte er der Gewalt nachgegeben und den Brief unterschrieben und ver­

siegelt, so wurde er mit einem Stricke, welchen Kunigunde

mit eigener Hand herbeigebracht, von den beiden Knechten erdrosselt. Der Knappe band den Leichnam in der Nacht auf

ein Pferd und warf ihn im benachbarten Walde in eine Grube,

die er mit Moos und Reisig bedeckte.

Am folgenden Tag öffnete Kunigunde, die ihre innere Freude unter geheuchelter Trauer schlecht verbarg, den versiegelten Brief und teilte ihn den Verwandten ihres gemordeten Gatten mit. Allein Wilhelm von Rappoltstein, welcher alsobald von der Sache benachrichtigt wurde, schöpfte Verdacht, der noch

dadurch vermehrt wurde, daß man di« Knechte des Ritters von Hungerstein mit Kleidern desselben geschmückt fand, und

Kunigunde selbst ihr üppiges Leben nur noch in größerem Maße fortsetzte.

Er ließ einen Rat von Edelleuten zusammen berufen, welche die Sache untersuchten und zugleich auch den einen Knecht

festnahmen, der die ganze Freveltat bekannte. Der Leichnam des Gemordeten wurde aufgefunden und in Gebweiler feier­

lich beerdigt.

Nun wurde auch die treulose Gattin eingesetzt und als Mörderin und Diebin verurteilt. Sie wurde in einen Sack gesteckt, um ersäuft zu werden. „Als nun Kunigunde hin­ gerichtet werden sollte," sagt die Urkunde, „hat eine gewisse

Adelsperson, deren Geschlecht ich ehrenhalber nicht nennen will, welche, wie zu vermuten, zuvor Kundschaft mit ihr ge­

habt, den Nachrichter angesprochen und demselbigen zwölf

Goldgulden verheißen, wo er sie bei dem Leben erhalten und davon bringen könnte, welches der Nachrichter bewilliget, sie hart gebunden, daß ihr eine Ohnmacht angekommen, und als­ dann ins Wasser geworfen. Uber dem Wasser aber hat Ge­ melkter vom Adel mit zwei Pferden gewartet, und als die

Verurteilte ein wenig das Wasser hinabgeschwommen, hat sie der Nachrichter, so in einem Schifflein nachfuhr, mit dem

Seil auf das andere Ufer ^gezogen und gestürzt, da sie als­

dann bald wieder zu sich selbst kam und erlabet wurde." Kunigunde flüchtete sich nun insgeheim nach der Schweiz, wo sie drei Jahre lang auf einem Schlöffe zubrachte. Endlich

aber gelang es dem Landvogte, sie zu entdecken. Er ließ sie

sofort zurückbringen und in einem Turme des Schlosses HohRappoltstein verwahren. Durch Schmeicheleien und Verspre­ chungen wußte jedoch das listige Weib im Jahre 1507 den Schloßknecht, Philipp von Bacherach, zu gewinnen, daß er sie vermittelst einer Leiter, die «r an dem Fenster ihres Ker­

kers anbrachte, aus ihrer Haft befreite. Gleich darauf wurde sie aber wieder eingeholt und zum zweitenmal in denselben

Turm gesperrt, wo sie noch zwanzig Jahre verlebte. Wilhelm von Rappoltstein hielt ihre Reize für so gefähr­ lich, daß er seinen Söhnen verbot, sich in der Nähe des Turmes aufzuhalten, aus Furcht, auch sie möchten von ihr

verführt werden. „Denn," sagt der Annalist, „sie war von

einer ausbündigen Schöne und von Natur dahin geneigt, daß sie schier Jedermann als eine andere Venus zu ihrer Liebe

reizte."

Wie Gebweiler gerettet wurde „Es schmeckhete den Frantzöfischen

undt Engelländtischen

Völckheren der Elsässer Wein, den sie genuegsam ohne Geld

khauffen khundten, also wohl, daß sie gedachten noch länger

darin zu verbleiben; aber ehe sie sich in die Winterquartier begaben, kamen die Schinder^) in das Elsaß hinundter, ver-

0 Schinder oder arme Gecken (Armagnaken) nannte das Volk die französischen Truppen, welche nach der Schlacht zu St. Jakob, bei Basel, 1444, nach dem Elsaß kamen und dasselbe plünderten und verwüsteten.

Seil auf das andere Ufer ^gezogen und gestürzt, da sie als­

dann bald wieder zu sich selbst kam und erlabet wurde." Kunigunde flüchtete sich nun insgeheim nach der Schweiz, wo sie drei Jahre lang auf einem Schlöffe zubrachte. Endlich

aber gelang es dem Landvogte, sie zu entdecken. Er ließ sie

sofort zurückbringen und in einem Turme des Schlosses HohRappoltstein verwahren. Durch Schmeicheleien und Verspre­ chungen wußte jedoch das listige Weib im Jahre 1507 den Schloßknecht, Philipp von Bacherach, zu gewinnen, daß er sie vermittelst einer Leiter, die «r an dem Fenster ihres Ker­

kers anbrachte, aus ihrer Haft befreite. Gleich darauf wurde sie aber wieder eingeholt und zum zweitenmal in denselben

Turm gesperrt, wo sie noch zwanzig Jahre verlebte. Wilhelm von Rappoltstein hielt ihre Reize für so gefähr­ lich, daß er seinen Söhnen verbot, sich in der Nähe des Turmes aufzuhalten, aus Furcht, auch sie möchten von ihr

verführt werden. „Denn," sagt der Annalist, „sie war von

einer ausbündigen Schöne und von Natur dahin geneigt, daß sie schier Jedermann als eine andere Venus zu ihrer Liebe

reizte."

Wie Gebweiler gerettet wurde „Es schmeckhete den Frantzöfischen

undt Engelländtischen

Völckheren der Elsässer Wein, den sie genuegsam ohne Geld

khauffen khundten, also wohl, daß sie gedachten noch länger

darin zu verbleiben; aber ehe sie sich in die Winterquartier begaben, kamen die Schinder^) in das Elsaß hinundter, ver-

0 Schinder oder arme Gecken (Armagnaken) nannte das Volk die französischen Truppen, welche nach der Schlacht zu St. Jakob, bei Basel, 1444, nach dem Elsaß kamen und dasselbe plünderten und verwüsteten.

harendt ein Zeit lang zu EntziSheimb, als dan kamen sie unbt nahmen Rufsach ein, Hattstatt, Herleöheimb, Heilig-Creutz,

das Schloß unbt Stättlin Kestenholtz; Sant-Pilt hat sich noch gewehret, unbt zwey Stürm abgeschlagen; lestlichen als

man ihnen getrauwet?, so sie das dritte Mal sollen stürmen,

niemandten zu verschonen, so haben sie sich endtlichen auch mit Beding ergeben müssen." (Aus der Gebweiler Dominikaner-

Chronik, S. 62.) Auch Gebweiler sollte nun von den Schindern genommen weroen.

Eines Nachts legten sie unvermutet Strickleitern an

die. Ringmauern, fürchterlich

zu

doch

begannen

schreien.

Darauf

die Wächter lief

viel

rechtzeitig,

Volk

herbei,

darunter ein wackres Weib mit Namen Bridt Schikhin. Die

nahm einige Wellen Stroh und warf diese brennend und mit großem Geschrei über die Mauern. Zu gleicher Zeit sah alles Volk in der Stadt zur größten Ver­

wunderung die Mutter Gottes und den heiligen Bischof und Märtyrer ValentinuS auf der Ringmauer mit einem großen Glanz umgeben hin und her spazieren, um anzuzeigen, daß sie

die Stadt in ihren Schutz genommen hätten. Da packte den Feind ein solcher Schrecken, daß er eiligst alles

stehen und liegen ließ und die Flucht ergriff. Es war ihm,

als ob das ganze Land ihm nachstürmte. Am andern Morgen war das feindliche Lager leer, und viele

Pferde und Kriegsgerät aller Art führten die geretteten Bürger

in ihre Stadt hinein. Zur Erinnerung an diese wundervolle Begebenheit wird seit

jener Zeit in Gebweiler zu Ehren des heiligen ValentinuS 2) getrautest — gedroht.

eine Messe, und zu Ehren der Mutter Gottes ein Fron-Amt

gesungen.

St. Maria im Schäfertal Das Schäfertal liegt zwischen Gebweiler und dem Bade Sulzmatt. Auf frischem Wiesengrunde erhebt sich eine schlichte

Kapelle und dabei ergießt ein Heller Born sein murmelnd Gewässer in einen moosbedeckten, hölzernen Trog. Maria, die gebenedeite Mutter des Erlösers, so lautet hier

die Kunde, Schafherde.

wartete einst auf

dieser einsamen Trift einer

Es war ein schwüler Tag, saftlos und auSge-

dorrt die Weide und ringsum kein Wasser für die lechzenden Tiere.

Das erbarmte die göttliche Schäferin, sie schlug mit

ihrem Stab auf die Erde und alsobald sprudelte daraus ein

reicher Silberquell, den dürstenden Schafen zur Labe.

Noch rauscht der Quell und gibt heilsames Wasser für manche

Krankheit.

Der Genesung Hoffende trinkt eö gläubig und

tritt sodann betend vor das in der Kapelle hängende Gnaden­ bild, unter welchem folgende Reime stehn:

Kombt ihr Christen ins Schäfferthal, Kombt ihr lieben Schäfflein allzumahl,

Maria ein Schäfferin hir ist. Der guete Schäffer ist Jesus Christ, Das verlohrene Schäfflein er hier fuecht Ohn Unterlaß ihm ganz freundlich rueft: Wo bist mein Schäfflein, ach komm zu mihr,

Hier im Schäfferthal will warten dein.

Förchst mich, so komm zu der Mutter mein, Sie ist die liebe Schäfferin dein, 3

Elsass. Sagen.

Bd. 1, T. I.

33

eine Messe, und zu Ehren der Mutter Gottes ein Fron-Amt

gesungen.

St. Maria im Schäfertal Das Schäfertal liegt zwischen Gebweiler und dem Bade Sulzmatt. Auf frischem Wiesengrunde erhebt sich eine schlichte

Kapelle und dabei ergießt ein Heller Born sein murmelnd Gewässer in einen moosbedeckten, hölzernen Trog. Maria, die gebenedeite Mutter des Erlösers, so lautet hier

die Kunde, Schafherde.

wartete einst auf

dieser einsamen Trift einer

Es war ein schwüler Tag, saftlos und auSge-

dorrt die Weide und ringsum kein Wasser für die lechzenden Tiere.

Das erbarmte die göttliche Schäferin, sie schlug mit

ihrem Stab auf die Erde und alsobald sprudelte daraus ein

reicher Silberquell, den dürstenden Schafen zur Labe.

Noch rauscht der Quell und gibt heilsames Wasser für manche

Krankheit.

Der Genesung Hoffende trinkt eö gläubig und

tritt sodann betend vor das in der Kapelle hängende Gnaden­ bild, unter welchem folgende Reime stehn:

Kombt ihr Christen ins Schäfferthal, Kombt ihr lieben Schäfflein allzumahl,

Maria ein Schäfferin hir ist. Der guete Schäffer ist Jesus Christ, Das verlohrene Schäfflein er hier fuecht Ohn Unterlaß ihm ganz freundlich rueft: Wo bist mein Schäfflein, ach komm zu mihr,

Hier im Schäfferthal will warten dein.

Förchst mich, so komm zu der Mutter mein, Sie ist die liebe Schäfferin dein, 3

Elsass. Sagen.

Bd. 1, T. I.

33

Die böse Thier und Wölff treibt sie ab,

Bewahrt die Schäfflein mit ihrer Gnad. Sie wird dich führen zum guten Hirt,

Bei Ihme dir nichts Leids geschehen wird. Er wird dich tragen in deinen Schaffstall

Aus dem Schäfferthal in Himmelssaal.

Maria, die guete Schafferin, Wird auch sein dein Helferin, Dann Jesus ihr Sohn, der guete Hirt,

Seiner Mutter nichts abschlagen wird.

Der Teufel auf Äugstem Eine Viertelstunde vom Städtchen Gebweiler

liegt

auf

einem niedern Hügel, der sich bis an die Straße herabfenkt, die zerfallene Burg Hugstein. Die ehemaligen Besitzer der­

selben waren zu einer Zeit Raubritter, die ein wüstes, zügel­ loses Leben führten und sich mit Leib und Seele dem Teufel

verschrieben hatten. Als nun die Stunde herannaht«, in welcher sie ihm verfallen

sein sollten, fuhr der Böse, als Kaufmann verkleidet, mit

einem reichbeladenen Wägelein das Tal hinein.

Kaum war

er in die Nähe des Schlosses gekommen, als die Ritter über

ihn herfielen, Roß und Wägelein nahmen und den ver­ meintlichen

Kaufmann

ins

dunkelste Verließ

der

Burg

warfen. Am Abend bat der Kaufmann die Ritter durch den Knecht

um die Erlaubnis, ihnen nach Tische durch lustige Stücklein die Zeit zu verkürzen. Die Schloßherren, welche begierig waren, ihren Gefangenen näher kennen zu lernen und sich

Die böse Thier und Wölff treibt sie ab,

Bewahrt die Schäfflein mit ihrer Gnad. Sie wird dich führen zum guten Hirt,

Bei Ihme dir nichts Leids geschehen wird. Er wird dich tragen in deinen Schaffstall

Aus dem Schäfferthal in Himmelssaal.

Maria, die guete Schafferin, Wird auch sein dein Helferin, Dann Jesus ihr Sohn, der guete Hirt,

Seiner Mutter nichts abschlagen wird.

Der Teufel auf Äugstem Eine Viertelstunde vom Städtchen Gebweiler

liegt

auf

einem niedern Hügel, der sich bis an die Straße herabfenkt, die zerfallene Burg Hugstein. Die ehemaligen Besitzer der­

selben waren zu einer Zeit Raubritter, die ein wüstes, zügel­ loses Leben führten und sich mit Leib und Seele dem Teufel

verschrieben hatten. Als nun die Stunde herannaht«, in welcher sie ihm verfallen

sein sollten, fuhr der Böse, als Kaufmann verkleidet, mit

einem reichbeladenen Wägelein das Tal hinein.

Kaum war

er in die Nähe des Schlosses gekommen, als die Ritter über

ihn herfielen, Roß und Wägelein nahmen und den ver­ meintlichen

Kaufmann

ins

dunkelste Verließ

der

Burg

warfen. Am Abend bat der Kaufmann die Ritter durch den Knecht

um die Erlaubnis, ihnen nach Tische durch lustige Stücklein die Zeit zu verkürzen. Die Schloßherren, welche begierig waren, ihren Gefangenen näher kennen zu lernen und sich

auch gerne die Zeit vertreiben ließen zwischen dem Humpen und dem Bette, gewährten ihm seine Bitte, und er be­

lustigte sie in der Tat durch Gaukelspiele aller Art. Als nun die Mitternachtsstunde vom Schloßturme herab­

tönte, nahm der Fremde ein blaues Fläschchen aus der Tasche

und stellte es auf den Tisch. Derselbe krachte plötzlich mit

furchtbarer Gewalt und fuhr in Stücke.

Die Decke des

Saales fiel ein, und alle Wände zitterten. Der Teufel aber

ergriff die Ritter und fuhr mit ihnen durch die Lüfte. Des andern Morgens lag das ganze Schloß in Trümmern.

Die Weiber von Rufach Nachdem Kaiser Heinrich IV. sich für den Gegenpapst Clemens

erklärt hatte, wollte er alle Bischöfe des Reiches zwing*», den­ selben anzuerkennen; denjenigen aber, die sich weigerten, nahm

er ihre Bistümer weg. von Straßburg.

Dies geschah nun auch dem Bischöfe

Auf kaiserlichen Befehl wurde ihm Rufach,

die Hauptstadt deö oberen MundatS, eines der ältesten Besitz­

tümer der Bischöfe von Straßburg, weggenommen.

Das

Schloß wurde mit Truppen besetzt und die Einwohner aufs grausamste gedrückt. Diese Gewalttaten nahmen nur noch zu unter der Regierung

Heinrichs des V., welcher ein starkes Heer rings um die Stadt

zusammenzog. Zu dieser Zeit, 1105, trieb besonders der kaiserliche Sckloß-

vogt sein böses Spiel mit den Bewohnern von Rufach, die, »»mächtig, sich zur Wehr zu stellen, alle Unbill über sich er­ gehen lassen mußten.

Allein die Stunde der Rache sollte

nicht auebleiben.

3*

35

auch gerne die Zeit vertreiben ließen zwischen dem Humpen und dem Bette, gewährten ihm seine Bitte, und er be­

lustigte sie in der Tat durch Gaukelspiele aller Art. Als nun die Mitternachtsstunde vom Schloßturme herab­

tönte, nahm der Fremde ein blaues Fläschchen aus der Tasche

und stellte es auf den Tisch. Derselbe krachte plötzlich mit

furchtbarer Gewalt und fuhr in Stücke.

Die Decke des

Saales fiel ein, und alle Wände zitterten. Der Teufel aber

ergriff die Ritter und fuhr mit ihnen durch die Lüfte. Des andern Morgens lag das ganze Schloß in Trümmern.

Die Weiber von Rufach Nachdem Kaiser Heinrich IV. sich für den Gegenpapst Clemens

erklärt hatte, wollte er alle Bischöfe des Reiches zwing*», den­ selben anzuerkennen; denjenigen aber, die sich weigerten, nahm

er ihre Bistümer weg. von Straßburg.

Dies geschah nun auch dem Bischöfe

Auf kaiserlichen Befehl wurde ihm Rufach,

die Hauptstadt deö oberen MundatS, eines der ältesten Besitz­

tümer der Bischöfe von Straßburg, weggenommen.

Das

Schloß wurde mit Truppen besetzt und die Einwohner aufs grausamste gedrückt. Diese Gewalttaten nahmen nur noch zu unter der Regierung

Heinrichs des V., welcher ein starkes Heer rings um die Stadt

zusammenzog. Zu dieser Zeit, 1105, trieb besonders der kaiserliche Sckloß-

vogt sein böses Spiel mit den Bewohnern von Rufach, die, »»mächtig, sich zur Wehr zu stellen, alle Unbill über sich er­ gehen lassen mußten.

Allein die Stunde der Rache sollte

nicht auebleiben.

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Am Ostertage hatte der Vogt eine schöne Bürgerstochter, die

mit ihrer Mutter eben in die Kirche gehen wollte, überfallest

und ins Schloß bringen lassen.

Die Verzweiflung der

Mutter kannte keine Grenzen. Sie beschwor die Männer, zu den Waffen zu greifen, ihre Tochter von der Schmach zu

erretten und endlich das schmähliche Joch der fremden Herr­

schaft zu brechen.

Allein die Männer wagten «S nicht, sich

der Übermacht des Feindes entgegenzusetzen.

Da wandte sich

die bange Mutter an die Frauen und beschwor sie bei der

Liebe zu ihren eigenen Kindern, die ja ebenfalls der Wut des

Tyrannen ausgesetzt seien, ihr in ihrem Jammer beizustehen. Ihre Worte fanden Widerhall in den Herzen der Mütter. Sie

bewaffneten sich,

drangen ins Schloß,

sprengten die

Türen, und ehe die Wache, die auf einen solchen Angriff nicht

gefaßt war, zu den Waffen greifen konnte, wurde sie von den heldenmütigen Weibern überwältigt und erschlagen.

„Sie

waren vor Zorn eitel Mann." Nun wuchs auch den beschämten Männern der Mut.

Die

ganze Bevölkerung erhob sich. Die kaiserlichen Truppen fielen

überall unter den Streichen der siegreichen Bürger.

Der

Kaiser selbst entkam mit Mühe und floh nach Kolmar.

Die Frauen brachten Krone, Zepter und Mantel, die er

zurückgelassen hatte, im Triumph zur Kirche und legten sie auf den Altar der heil. Jungfrau nieder.

Von dieser Zeit aber hatten die Rufacher Frauen bei allen öffentlichen Feierlichkeiten und Aufzügen den Vorrang über

die Männer.

Derselbe besteht noch heutzutage darin, daß sie

in der Kirche die Stühle auf der rechten Seite des Altars innehaben.

Der Nufacher Galgen Im 17. Jahrhundert verfuhr man in Rufach sehr streng gegen die Diebe.

Da 'der alte Galgen wegen des zu häufigen Ge­

brauchs gebrechlich wurde, baute man einen neuen aus starkem

Eichenholz, davon das Sprichwort in Umlauf kam: „Der Auch sagte man:

Galgen von Rufach hat gut Eichenholz."

„Nimm dich vor dem Rufacher Galgen in acht!"

Es traf

sich

einst,

daß

die Einwohner

des benachbarten

Dorfes Pfaffenheim einen Dieb eingefangen hatten und ihn am Rufacher Galgen aufhängen wollten.

Dagegen legte aber

der Rufacher Magistrat Protest ein, indem er sagte, er habe

diesen Galgen auf öffentliche Unkosten der Stadt bauen lassen,

und

nur ihre Bürger

und deren Nachkommen

hätten ein

G e n u ß r e ch t auf denselben.

Die Greisenklaue des heil. Imerius Zwischen den Trümmern des Schlosses Hoch-Hattstatt und dem Dorfe Gebersweiher

erhob sich ehedem das stattliche

Benediktinerklosters St. Markus oder St. Marx-Zell ge­ nannt.

König Dagobert hatte es ums Jahr 676 gestiftet

und einigen Mönchen von St. Georgen, im Schwarzwald, übergeben, damit sie Gott dienten mit Beten, Singen, Fasten

und anderen guten Werken. Als erster Abt wurde dem neuen Gotteshause St. Jmerius

vorgesetzt, ein frommer Mann, welcher der ganzen Umgegend als würdiges Vorbild diente.

Er lebte ganz seinem heiligen

Berufe und lag Tag und Nacht dem Gebete ob.

Der stete Verkehr mit seinem Herrn und Heiland erweckte

Der Nufacher Galgen Im 17. Jahrhundert verfuhr man in Rufach sehr streng gegen die Diebe.

Da 'der alte Galgen wegen des zu häufigen Ge­

brauchs gebrechlich wurde, baute man einen neuen aus starkem

Eichenholz, davon das Sprichwort in Umlauf kam: „Der Auch sagte man:

Galgen von Rufach hat gut Eichenholz."

„Nimm dich vor dem Rufacher Galgen in acht!"

Es traf

sich

einst,

daß

die Einwohner

des benachbarten

Dorfes Pfaffenheim einen Dieb eingefangen hatten und ihn am Rufacher Galgen aufhängen wollten.

Dagegen legte aber

der Rufacher Magistrat Protest ein, indem er sagte, er habe

diesen Galgen auf öffentliche Unkosten der Stadt bauen lassen,

und

nur ihre Bürger

und deren Nachkommen

hätten ein

G e n u ß r e ch t auf denselben.

Die Greisenklaue des heil. Imerius Zwischen den Trümmern des Schlosses Hoch-Hattstatt und dem Dorfe Gebersweiher

erhob sich ehedem das stattliche

Benediktinerklosters St. Markus oder St. Marx-Zell ge­ nannt.

König Dagobert hatte es ums Jahr 676 gestiftet

und einigen Mönchen von St. Georgen, im Schwarzwald, übergeben, damit sie Gott dienten mit Beten, Singen, Fasten

und anderen guten Werken. Als erster Abt wurde dem neuen Gotteshause St. Jmerius

vorgesetzt, ein frommer Mann, welcher der ganzen Umgegend als würdiges Vorbild diente.

Er lebte ganz seinem heiligen

Berufe und lag Tag und Nacht dem Gebete ob.

Der stete Verkehr mit seinem Herrn und Heiland erweckte

.nach und nach in der Seele des Abtes eine solche Sehnsucht, die Stätte, auf welcher der Erlöser einst gewandelt, mit eigenen Augen zu sehen und an dessen Grabe zu beten, daß

er den Entschluß faßte, die weite Reise zu unternehmen. Er

vollführte ihn auch, und nachdem er sich genügend vorbereitet, trat er die ersehnte Reise an.

Unterwegs schiffte er an einer Insel vorüber, von welcher lautes Jammern und Wehegeschrei zu seinem Ohre drang.

Ein furchtbarer Greif hauste daselbst und verbreitete Graus und Schrecken unter den Bewohnern der Insel. Da jammerte den heiligen Pilgrim die Not der armen Be­

drängten.

Er stieg ans Land und mit lautem, Herzinnigem

Gebete trat er dem Ungetüm entgegen.

Die Macht dieses

Gebets und der gotterfüllte, feurige Blick

des frommen

Jmeriuö bezwangen den Greifen, und „Aus Gottes Kraft"

brach der Abt ihm eine seiner Hinteren Klauen ab, wodurch er ihm alle Gewalt benahm.

Als Jmeriuö aus dem gelobten

Lande

er die Greifenklaue

zurückkehrt«,

brachte

mit

und

schenkte sie dem Kloster zu ewigem Angedenken.

Dieselbe wurde Jahrhunderte lang von den Mönchen zu

St. Marx zur Erinnerung an den ersten Vorsteher ihres Hauses und an seine Heiligkeit aufbewahrt.

Erst als im

Jahr 1360 die sogenannten Engeländer mit dem Herrn von

Coucy das Elsaß überfielen und verheerten, wurde das Kloster dieses Schatzes beraubt.

Sie versetzten die Klaue sodann dem

Abt von Marbach um zwanzig Gulden, wofür er jedoch noch eine kostbare Perle einlösen konnte, die das welsche Volk ihm in seinem eigenen Kloster geraubt hatte.

Zu Anfang des 16. Jahrhunderts sah Maternus Berler die

Greifenklaue noch im Kloster Marbach, wo sie mit großer

Sorgfalt aufbewahrt wurde.

Die Entstehung des Bades Sulzbach Ein Hirte weidete seine Herde auf einer Halde des Oberfeld­ waldes, unfern des Ortes, wo später das Dorf Sulzbach er­

baut wurde. Sein Vieh war im besten Stande; vor allem aber gedieh eine Kuh von schönem Wüchse und reinlich glän­

zendem Fell, die ihm deswegen auch besonders lieb war. Es

fiel ihm auf, daß jedesmal, wenn sich die andern Kühe nach dem Weiden niedergelegt hatten, die Lieblingskuh noch in den

Wald ging und sodann nach kurzer Zeit wieder in munteren

Sprüngen zurückkehrte, um sich zu den übrigen zu legen. Eines Tages folgte er ihr und sah, wie sie mit gierigen Zügen an einem hellen Wässerlein trank, das aus einem Felsen hervor­

sprudelte, dessen zerbröckeltes Gestein von braungelber Rost­ farbe überzogen war. Er schöpfte sich ebenfalls einen Trank

aus der Quelle, deren Wasser ihm säuerlich, aber sehr kräftig

vorkam. Die Kunde von diesem erquickenden Borne drang bald ins ganze Tal. Man faßte ihn in ein Becken, und so ent­ stand das so zahlreich besuchte Bad Sulzbach.

Die Lexe Anne-Marei Die Hexe Anne-Marei von Münster war so schön, daß, alö sie vor dem Gerichte stand, Richter und Schreiber sich bekreuzten und von ihr abwenden mußten, um nicht durch ihre Reize ge­ blendet zu werden. Nachdem man ihr daö Marterhemd auSgezogen und sie von den Folterschrauben befreit hatt«, gestand

Zu Anfang des 16. Jahrhunderts sah Maternus Berler die

Greifenklaue noch im Kloster Marbach, wo sie mit großer

Sorgfalt aufbewahrt wurde.

Die Entstehung des Bades Sulzbach Ein Hirte weidete seine Herde auf einer Halde des Oberfeld­ waldes, unfern des Ortes, wo später das Dorf Sulzbach er­

baut wurde. Sein Vieh war im besten Stande; vor allem aber gedieh eine Kuh von schönem Wüchse und reinlich glän­

zendem Fell, die ihm deswegen auch besonders lieb war. Es

fiel ihm auf, daß jedesmal, wenn sich die andern Kühe nach dem Weiden niedergelegt hatten, die Lieblingskuh noch in den

Wald ging und sodann nach kurzer Zeit wieder in munteren

Sprüngen zurückkehrte, um sich zu den übrigen zu legen. Eines Tages folgte er ihr und sah, wie sie mit gierigen Zügen an einem hellen Wässerlein trank, das aus einem Felsen hervor­

sprudelte, dessen zerbröckeltes Gestein von braungelber Rost­ farbe überzogen war. Er schöpfte sich ebenfalls einen Trank

aus der Quelle, deren Wasser ihm säuerlich, aber sehr kräftig

vorkam. Die Kunde von diesem erquickenden Borne drang bald ins ganze Tal. Man faßte ihn in ein Becken, und so ent­ stand das so zahlreich besuchte Bad Sulzbach.

Die Lexe Anne-Marei Die Hexe Anne-Marei von Münster war so schön, daß, alö sie vor dem Gerichte stand, Richter und Schreiber sich bekreuzten und von ihr abwenden mußten, um nicht durch ihre Reize ge­ blendet zu werden. Nachdem man ihr daö Marterhemd auSgezogen und sie von den Folterschrauben befreit hatt«, gestand

Zu Anfang des 16. Jahrhunderts sah Maternus Berler die

Greifenklaue noch im Kloster Marbach, wo sie mit großer

Sorgfalt aufbewahrt wurde.

Die Entstehung des Bades Sulzbach Ein Hirte weidete seine Herde auf einer Halde des Oberfeld­ waldes, unfern des Ortes, wo später das Dorf Sulzbach er­

baut wurde. Sein Vieh war im besten Stande; vor allem aber gedieh eine Kuh von schönem Wüchse und reinlich glän­

zendem Fell, die ihm deswegen auch besonders lieb war. Es

fiel ihm auf, daß jedesmal, wenn sich die andern Kühe nach dem Weiden niedergelegt hatten, die Lieblingskuh noch in den

Wald ging und sodann nach kurzer Zeit wieder in munteren

Sprüngen zurückkehrte, um sich zu den übrigen zu legen. Eines Tages folgte er ihr und sah, wie sie mit gierigen Zügen an einem hellen Wässerlein trank, das aus einem Felsen hervor­

sprudelte, dessen zerbröckeltes Gestein von braungelber Rost­ farbe überzogen war. Er schöpfte sich ebenfalls einen Trank

aus der Quelle, deren Wasser ihm säuerlich, aber sehr kräftig

vorkam. Die Kunde von diesem erquickenden Borne drang bald ins ganze Tal. Man faßte ihn in ein Becken, und so ent­ stand das so zahlreich besuchte Bad Sulzbach.

Die Lexe Anne-Marei Die Hexe Anne-Marei von Münster war so schön, daß, alö sie vor dem Gerichte stand, Richter und Schreiber sich bekreuzten und von ihr abwenden mußten, um nicht durch ihre Reize ge­ blendet zu werden. Nachdem man ihr daö Marterhemd auSgezogen und sie von den Folterschrauben befreit hatt«, gestand

fie, daß eines Tages ein Jäger zu ihr gekommen sei, in grünem Rocke, mit goldenen Borden besetzt, und mit einer großen

Hahnenfeder auf dem Hute. Der habe ein Krüglein aus der

Ledertasche gezogen und ihr daraus einen Trunk gereicht, sie auch mit einem Mefferlein am Arme geritzt, darauf Blut ge­

flossen sei, welches er mit seinen Lippen aufgesogen. Darauf habe sie viele geheime Künste verstanden und sei auch oft mit

ihm auf die Berge bei Weier und Metzeral geflogen, wo sich

nachts glänzende Gesellschaften eingefunden hätten, darunter

viele Edeldamen und Bürgersfrauen und Männer, die sich an Schmaus und Tanz vergnügten. Nachdem sie noch viele Un­ taten gestanden hatte, die sie verübt, wurde die schöne AnneMarei als Hexe zum Tode verurteilt und in Münster öffent­

lich verbrannt.

Das Schratzmännel Das Schratzmännel ist in Mühlbach und den benachbarten

Ortschaften ein Kinderpopanz, der sich den schlafenden Kindern wie das Doggele von Jllzach nachts aufs Her; fetzt und sie zu erdrücken scheint. Gegen seine Besuche werden viele Zauber»

mittel gebraucht.

Die Zwerge auf dem Kerbholz Nordöstlich von Sulzern, im kleinen Münstertale, erhebt

sich das Kerbholz, ein hoher Berg, deffen First mit gewürzigen Weidekräutern übersäet ist. In den zahlreichen Senn­

hütten werden die trefflichen Münsterkäse bereitet, die weit­

hin verschickt werden. Daselbst wohnen die Sennen mit

ihrem Vieh vom ersten Mai jeden Jahres bis zum letzten

fie, daß eines Tages ein Jäger zu ihr gekommen sei, in grünem Rocke, mit goldenen Borden besetzt, und mit einer großen

Hahnenfeder auf dem Hute. Der habe ein Krüglein aus der

Ledertasche gezogen und ihr daraus einen Trunk gereicht, sie auch mit einem Mefferlein am Arme geritzt, darauf Blut ge­

flossen sei, welches er mit seinen Lippen aufgesogen. Darauf habe sie viele geheime Künste verstanden und sei auch oft mit

ihm auf die Berge bei Weier und Metzeral geflogen, wo sich

nachts glänzende Gesellschaften eingefunden hätten, darunter

viele Edeldamen und Bürgersfrauen und Männer, die sich an Schmaus und Tanz vergnügten. Nachdem sie noch viele Un­ taten gestanden hatte, die sie verübt, wurde die schöne AnneMarei als Hexe zum Tode verurteilt und in Münster öffent­

lich verbrannt.

Das Schratzmännel Das Schratzmännel ist in Mühlbach und den benachbarten

Ortschaften ein Kinderpopanz, der sich den schlafenden Kindern wie das Doggele von Jllzach nachts aufs Her; fetzt und sie zu erdrücken scheint. Gegen seine Besuche werden viele Zauber»

mittel gebraucht.

Die Zwerge auf dem Kerbholz Nordöstlich von Sulzern, im kleinen Münstertale, erhebt

sich das Kerbholz, ein hoher Berg, deffen First mit gewürzigen Weidekräutern übersäet ist. In den zahlreichen Senn­

hütten werden die trefflichen Münsterkäse bereitet, die weit­

hin verschickt werden. Daselbst wohnen die Sennen mit

ihrem Vieh vom ersten Mai jeden Jahres bis zum letzten

fie, daß eines Tages ein Jäger zu ihr gekommen sei, in grünem Rocke, mit goldenen Borden besetzt, und mit einer großen

Hahnenfeder auf dem Hute. Der habe ein Krüglein aus der

Ledertasche gezogen und ihr daraus einen Trunk gereicht, sie auch mit einem Mefferlein am Arme geritzt, darauf Blut ge­

flossen sei, welches er mit seinen Lippen aufgesogen. Darauf habe sie viele geheime Künste verstanden und sei auch oft mit

ihm auf die Berge bei Weier und Metzeral geflogen, wo sich

nachts glänzende Gesellschaften eingefunden hätten, darunter

viele Edeldamen und Bürgersfrauen und Männer, die sich an Schmaus und Tanz vergnügten. Nachdem sie noch viele Un­ taten gestanden hatte, die sie verübt, wurde die schöne AnneMarei als Hexe zum Tode verurteilt und in Münster öffent­

lich verbrannt.

Das Schratzmännel Das Schratzmännel ist in Mühlbach und den benachbarten

Ortschaften ein Kinderpopanz, der sich den schlafenden Kindern wie das Doggele von Jllzach nachts aufs Her; fetzt und sie zu erdrücken scheint. Gegen seine Besuche werden viele Zauber»

mittel gebraucht.

Die Zwerge auf dem Kerbholz Nordöstlich von Sulzern, im kleinen Münstertale, erhebt

sich das Kerbholz, ein hoher Berg, deffen First mit gewürzigen Weidekräutern übersäet ist. In den zahlreichen Senn­

hütten werden die trefflichen Münsterkäse bereitet, die weit­

hin verschickt werden. Daselbst wohnen die Sennen mit

ihrem Vieh vom ersten Mai jeden Jahres bis zum letzten

Septembertage, wo sie dann wieder ins Tal herabziehen und ihre Herden überwintern. Jedoch stehen während dieser Zeit die Sennhütten nicht verlassen. Denn die rüstigen

Zwerge, welche im Berge hausen, kommen dann hervor. Sie verteilen sich in die Hütten, füllen die Ställe mit stattlichen Kühen und bereiten noch viel schmackhaftere Käse, als die besten Sennen es zu tun vermöchten. Oft steigen sie dann

nachts über den krachenden Schnee ins Tal herab und suchen die Armen in den Hütten auf, welchen sie unbemerkt frische

Butter und treffliche KäSbrote auf den Tisch legen.

Der goldene Wagen Auf

einem

Berge

deö

schönen

Münstertales

liegt

ein

Moosgrund, die Firstmiß genannt. Derselbe soll vor vielen hundert Jahren ein tiefer, kristallheller See gewesen sein, in welchem mächtige Wassergeister hausten, die den einsamen

Wanderern oder den Berghirten oftmals -erschienen, wenn sie in die Nähe des Seeö kamen. Im Grunde desselben, so geht die Sage, hielten die Geister reiche Schätze ver­

borgen. Unter anderem sollte von Zeit zu Zeit ein herrlicher

Wagen, ganz von gediegenem Golde gearbeitet, aus der Tiefe heraufsteigen und ans Felsgestade rollen. Wer ihn nur eine kleine Strecke weit über den Rand hinausbrächte, wo das

Gebiet der Geister ein Ende hätte, dem würde er ange­

hören. Es dürfte aber während der ganzen Zeit kein Wort geredet werden, denn das würde den kühnen Unternehmer

nicht nur wieder um das erworbene Gut bringen, sondern

ihn noch in die größte Gefahr stürzen.

Drei Brüder,

welche die Aussicht

auf einen so reichen

Septembertage, wo sie dann wieder ins Tal herabziehen und ihre Herden überwintern. Jedoch stehen während dieser Zeit die Sennhütten nicht verlassen. Denn die rüstigen

Zwerge, welche im Berge hausen, kommen dann hervor. Sie verteilen sich in die Hütten, füllen die Ställe mit stattlichen Kühen und bereiten noch viel schmackhaftere Käse, als die besten Sennen es zu tun vermöchten. Oft steigen sie dann

nachts über den krachenden Schnee ins Tal herab und suchen die Armen in den Hütten auf, welchen sie unbemerkt frische

Butter und treffliche KäSbrote auf den Tisch legen.

Der goldene Wagen Auf

einem

Berge

deö

schönen

Münstertales

liegt

ein

Moosgrund, die Firstmiß genannt. Derselbe soll vor vielen hundert Jahren ein tiefer, kristallheller See gewesen sein, in welchem mächtige Wassergeister hausten, die den einsamen

Wanderern oder den Berghirten oftmals -erschienen, wenn sie in die Nähe des Seeö kamen. Im Grunde desselben, so geht die Sage, hielten die Geister reiche Schätze ver­

borgen. Unter anderem sollte von Zeit zu Zeit ein herrlicher

Wagen, ganz von gediegenem Golde gearbeitet, aus der Tiefe heraufsteigen und ans Felsgestade rollen. Wer ihn nur eine kleine Strecke weit über den Rand hinausbrächte, wo das

Gebiet der Geister ein Ende hätte, dem würde er ange­

hören. Es dürfte aber während der ganzen Zeit kein Wort geredet werden, denn das würde den kühnen Unternehmer

nicht nur wieder um das erworbene Gut bringen, sondern

ihn noch in die größte Gefahr stürzen.

Drei Brüder,

welche die Aussicht

auf einen so reichen

Gewinn gewaltig lockte, verabredeten sich einst, in

einer

gewissen Nacht, wo der Wagen gewöhnlich kam, diesen zu

erfassen. Sie erschienen auch vor Mitternacht an der Stelle und sahen bald auf den

rauschenden

Wellen des Sees

den goldenen Wagen emporsteigen. Die Brüder zitterten vor Angst und Freude und machten sich gegenseitig durch Zeichen aufmerksam, daß sie doch ja ihr Glück nicht durch

ein vorlautes Wort verscherzen wollten. Schon war der Wagen über dem Wasser und näherte sich dem Ufer. Schnell

faßten nun die Brüder die goldene Deichsel und zogen mit rüstigen Armen und hatten den Wagen schon eine gute

Strecke über den Abhang gezogen. Da rollte ein Stein

herab und hemmte eines der Räder. „Zieht nur frisch vor­ an," rief einer von ihnen, „ich will ihn schon herauskriegen!"

Kaum

war

das

letzte

Wort

gesprochen,

so

wurden

alle drei von gewaltigen unsichtbaren Händen ergriffen und

in den Wagen geschmettert, der mit seiner Beute im Wasser­ schlunde versank.

Lugo von Egisheim und sein Sohn Auf der alten Burg Drei-Egisheim oder Drei-Exen lebte

gegen das Ende des zehnten Jahrhunderts Hugo IV., Graf des NordgaueS oder Unter-Elsaffeö und Geschwisterkind des

Kaisers Konrad, des Saliers, mit seiner Gemahlin Heilwig, der einzigen Tochter des Grafen von DagSburg. Diese hatte

ihm nach und nach drei Knaben und fünf Mädchen geboren. Sie starb, sowie ihr ältester und ihr jüngster Sohn. Es blie­

ben nur noch die Töchter nebst dem mittleren Knaben Bruno am Leben.

Gewinn gewaltig lockte, verabredeten sich einst, in

einer

gewissen Nacht, wo der Wagen gewöhnlich kam, diesen zu

erfassen. Sie erschienen auch vor Mitternacht an der Stelle und sahen bald auf den

rauschenden

Wellen des Sees

den goldenen Wagen emporsteigen. Die Brüder zitterten vor Angst und Freude und machten sich gegenseitig durch Zeichen aufmerksam, daß sie doch ja ihr Glück nicht durch

ein vorlautes Wort verscherzen wollten. Schon war der Wagen über dem Wasser und näherte sich dem Ufer. Schnell

faßten nun die Brüder die goldene Deichsel und zogen mit rüstigen Armen und hatten den Wagen schon eine gute

Strecke über den Abhang gezogen. Da rollte ein Stein

herab und hemmte eines der Räder. „Zieht nur frisch vor­ an," rief einer von ihnen, „ich will ihn schon herauskriegen!"

Kaum

war

das

letzte

Wort

gesprochen,

so

wurden

alle drei von gewaltigen unsichtbaren Händen ergriffen und

in den Wagen geschmettert, der mit seiner Beute im Wasser­ schlunde versank.

Lugo von Egisheim und sein Sohn Auf der alten Burg Drei-Egisheim oder Drei-Exen lebte

gegen das Ende des zehnten Jahrhunderts Hugo IV., Graf des NordgaueS oder Unter-Elsaffeö und Geschwisterkind des

Kaisers Konrad, des Saliers, mit seiner Gemahlin Heilwig, der einzigen Tochter des Grafen von DagSburg. Diese hatte

ihm nach und nach drei Knaben und fünf Mädchen geboren. Sie starb, sowie ihr ältester und ihr jüngster Sohn. Es blie­

ben nur noch die Töchter nebst dem mittleren Knaben Bruno am Leben.

Eines Abends wahrsagte ein altes Weib dem Grafen, daß, obgleich er selbst ein mächtiger und weitgebietender Herr im Lande sei, sein Söhnlein Bruno doch noch mächtiger und

größer würde, so daß er, sein Vater, ihm den Staub von

den Füßen küssen würde. Hugo versank in düstere Gedanken über die Worte des Weibes und glaubte nicht anders, als daß Bruno ihm einst die Herrschaft entreißen und ihn viel­

leicht im Verließe schmachten lassen, wenn nicht gar aus dem Leben schaffen werde. Langsam wurde sein Groll gegen das unschuldige Söhnlein

immer größer. Und eine Tages befahl er seinem Jäger, das Knäblein im Walde mit einem Pfeile zu durchbohren. Der

Jäger, der reich belohnt worden war, entledigte sich scheinbar des Auftrags und brachte seinem Herrn ein blutiges, von

einem Pfeil durchbohrtes Herz. Für einige Jahre schien Graf Hugo beruhigt. Aber je älter

er wurde, um so größer wurden sein« GewissenSqualen. End­ lich ließ er den Burgpfaffen rufen, gestand ihm sein Ver­

brechen und verlangte von ihm die schwerste Buße, damit er Ruhe fände auf Erden und seines ewigen Heiles nicht ver­

lustig ginge. D«r Priester hörte die Erzählung feines reue­ vollen und gebeugten Gebieters an. Die Untat erschien ihm

aber zu groß. Der Priester erklärte dem Grafen, daß ihm nur der Papst allein dafür Absolution erteilen könnte. Obgleich eS nun mitten im Winter war, zog Graf Hugo ein

härenes Büßerkleid an und begab sich ohne Begleitung über das Alpengebirge nach Rom. Der damalige Papst war

Leo IX. Er warf sich ihm zu Füßen und gestand ihm in seiner furchtbaren Seelenangst das schwere Verbrechen.

Leo wandte sein Gesicht ab und verhüllte sich einige Augen­ blicke. Dann hob er den greisen, bußfertigen Sünder auf

und sagte: „Der Heiland ist für alle Sünden gestorben; auch du sollst Gnade vor ihm finden; Gnade, wie sie nur Wenigen

zuteil ward. Denn wiffe, der Sohn, den du tot glaubst, er

lebt! Gott hat sich sein erbarmt. Dein Jäger hatte den Knaben, besten Herz er durchbohren sollte, lieb. Er ließ ihn unter Gottes Beistand in Freiheit dahinziehen und brachte

dir das Herz eines erschaffenen Rehbocks. Gute Menschen

nahmen sich des Knaben an und ließen ihn unterrichten. Er wurde Priester, Bischof und — ", indem er dem erstaunten

Grafen in die Arme sank — „sein Her; liegt nun wieder an dem Herzen seines Vaters." Hugo hatte Mühe, seine Sinne zu fasten. Sein Glück war

unaussprechlich. Er blieb noch einige Wochen bei seinem

Sohne und kehrte sodann mit seinem Segen nach EgiSheim zurück. Hier verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens im

Gebet und Wohltun gegen Arme und Notleidende.

Die Keule in Kolmars Wappenschild Nachdem der griechische Held und Halbgott Herkules auf der eifersüchtigen Juno Betreiben sich in zwölfjährigen Dienst bei dem Könige von Tiryos, EurystheuS, begeben und auf besten Befehl schon mehrere gefährliche Abenteuer im fernen

Osten bestanden hatte, mußte er nach Westen ziehen und die Rinder des dreigestaltigen Geryoncö, welche von dem zwei­

köpfigen Hunde Orthros und dem Riesen Eurytion bewacht

waren,

aus der Insel Erytheia

an der Küste Spaniens

Leo wandte sein Gesicht ab und verhüllte sich einige Augen­ blicke. Dann hob er den greisen, bußfertigen Sünder auf

und sagte: „Der Heiland ist für alle Sünden gestorben; auch du sollst Gnade vor ihm finden; Gnade, wie sie nur Wenigen

zuteil ward. Denn wiffe, der Sohn, den du tot glaubst, er

lebt! Gott hat sich sein erbarmt. Dein Jäger hatte den Knaben, besten Herz er durchbohren sollte, lieb. Er ließ ihn unter Gottes Beistand in Freiheit dahinziehen und brachte

dir das Herz eines erschaffenen Rehbocks. Gute Menschen

nahmen sich des Knaben an und ließen ihn unterrichten. Er wurde Priester, Bischof und — ", indem er dem erstaunten

Grafen in die Arme sank — „sein Her; liegt nun wieder an dem Herzen seines Vaters." Hugo hatte Mühe, seine Sinne zu fasten. Sein Glück war

unaussprechlich. Er blieb noch einige Wochen bei seinem

Sohne und kehrte sodann mit seinem Segen nach EgiSheim zurück. Hier verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens im

Gebet und Wohltun gegen Arme und Notleidende.

Die Keule in Kolmars Wappenschild Nachdem der griechische Held und Halbgott Herkules auf der eifersüchtigen Juno Betreiben sich in zwölfjährigen Dienst bei dem Könige von Tiryos, EurystheuS, begeben und auf besten Befehl schon mehrere gefährliche Abenteuer im fernen

Osten bestanden hatte, mußte er nach Westen ziehen und die Rinder des dreigestaltigen Geryoncö, welche von dem zwei­

köpfigen Hunde Orthros und dem Riesen Eurytion bewacht

waren,

aus der Insel Erytheia

an der Küste Spaniens

holen.

Er bestand auch dieses Abenteuer glücklich und nahm

die Herde als Eigentum für sich in Anspruch, was ihm Eury-

stheuö gewährte unter der Bedingung, daß Herkules damit

täglich ohne Ausnahme einen bestimmten Weg von 20 Meilen zurücklegen müsse.

Herkules war dazu bereit, und unter

mancherlei Abenteuern trieb er seine Rinder über die Pyre­ näen und über die Gebirge des südlichen Galliens.

Über

einen der höchsten Gipfel der Vogesen fand er den Weg, den auch Bacchus gezogen war, als er den Tribokkern die Kunst, Reben zu pflanzen, gelehrt hatte, und stieg in das herrliche

Rheintal hinab bis nach Argentovar, dem jetzigen Horburg,

woselbst er abends, von der Wanderung müde, ankam und kurze Rast halten wollte; denn er hatte feine vorgeschriebenen 20 Meilen noch nicht herausgebracht.

Hier erquickte er sich nun mit einigen Humpen des besten OberländerS, der aber bald den Gewaltigen so sehr bewältigte,

daß er einschlief.

Als er endlich wieder erwachte, brach er

schnell auf, um die verlorene Zeit einzubringen, allein eS ge­

lang ihm nicht mehr, Basel, das Ziel der Wanderung für diesen Tag, zu erreichen.

Zudem hatte er auch noch in seiner

Hast das furchtbare Werkzeug, welches ihm zum Bestehen seiner Heldentaten so treulich gedient hatte, seine Keule, mit­

zunehmen vergessen. Die Keule wurde lange Zeit als Erinnerungszeichen an die

Anwesenheit des Halbgotts im Elsaß aufbewahrt, und als später die schöne Stadt Kolmar zwischen den Wassern der Thur, der Jauch und der III aufgebaut wurde, nahm man die Herkuleskeule ins Wappenschild auf, wo sie noch jetzt, von

einer Mauerkrone beschirmt, in rotem und grünem Felde prangt.

Die Erscheinung in Pfeffels Garten Bei Pfeffel in Kolmar war ein Kind im Hause, das wollte

nie über einen gewissen Flecken im HauSgarten gehen, auf dem seine Kameraden ruhig spielten. Diese wußten nicht, warum,

und zogen eS einmal mit Gewalt dahin; da sträubten sich ihm

die Haare empor und kalter Schweiß brach aus seinem Leibe. Als der Knabe von der Ohnmacht endlich zu sich kam, wollte

er lange nichte gestehen. Endlich auf vieles Zureden sagte er: „ES liegt an der Stelle ein Mensch begraben, dessen Hände so und so liegen, dessen Beine so und so gestellt sind (was er

alles genau beschrieb) und am Finger der einen Hand hat er einen Ring." Man grub nach, der Platz war mit Gras be­

wachsen und drei Fuß unter der Erde fand sich ein Gerippe

in der beschriebenen Lage, und am benannten Finger ein Ring. Man beerdigte es ordentlich und seitdem ging der Knabe, dem man weder davon noch vom AuSgraben das mindeste gesagt, ruhig auf den Flecken. Dieses Kind hatte die Eigenschaft, daß es an dem Ort, wo

Tote lagen, immer ihre ganze Gestalt in Dünsten aufsteigen

sah und in allem erkannte. Der vielen schrecklichen Erscheinun­

gen wegen härmte eS sich ab und verzehrte schnell sein Leben.

Warum die Kolmarer Knöpfler heißen In Kolmar lebte einst ein Schultheiß, welcher sich stets genau

zu der von ihm für die Ratsversammlung bestellten Stunde

im Sitzungösaale einfand; allein oft mußte er lange auf die übrigen Mitglieder warten. Dies ärgerte ihn am Ende, und

da er dem Stadthaus gegenüber wohnte, so gebot er dem

Die Erscheinung in Pfeffels Garten Bei Pfeffel in Kolmar war ein Kind im Hause, das wollte

nie über einen gewissen Flecken im HauSgarten gehen, auf dem seine Kameraden ruhig spielten. Diese wußten nicht, warum,

und zogen eS einmal mit Gewalt dahin; da sträubten sich ihm

die Haare empor und kalter Schweiß brach aus seinem Leibe. Als der Knabe von der Ohnmacht endlich zu sich kam, wollte

er lange nichte gestehen. Endlich auf vieles Zureden sagte er: „ES liegt an der Stelle ein Mensch begraben, dessen Hände so und so liegen, dessen Beine so und so gestellt sind (was er

alles genau beschrieb) und am Finger der einen Hand hat er einen Ring." Man grub nach, der Platz war mit Gras be­

wachsen und drei Fuß unter der Erde fand sich ein Gerippe

in der beschriebenen Lage, und am benannten Finger ein Ring. Man beerdigte es ordentlich und seitdem ging der Knabe, dem man weder davon noch vom AuSgraben das mindeste gesagt, ruhig auf den Flecken. Dieses Kind hatte die Eigenschaft, daß es an dem Ort, wo

Tote lagen, immer ihre ganze Gestalt in Dünsten aufsteigen

sah und in allem erkannte. Der vielen schrecklichen Erscheinun­

gen wegen härmte eS sich ab und verzehrte schnell sein Leben.

Warum die Kolmarer Knöpfler heißen In Kolmar lebte einst ein Schultheiß, welcher sich stets genau

zu der von ihm für die Ratsversammlung bestellten Stunde

im Sitzungösaale einfand; allein oft mußte er lange auf die übrigen Mitglieder warten. Dies ärgerte ihn am Ende, und

da er dem Stadthaus gegenüber wohnte, so gebot er dem

Weibel, sich in Zukunft vor die Tür desselben zu stellen und

ihm von Zeit zu Zeit durch Berührung und Abzählung der

Knöpfe an seiner bunten AmtSmontur die Zahl der anwesen­ den Rateherren zu bezeichnen. Man lachte über diese eigentümliche Weise des Schultheißen,

sich von der Anwesenheit seiner Räte zu versichern, und davon ging der Scherzname Knöpfler auf sämtliche Bewohner der

Stadt über.

Drei Ähren Lin frecher Geselle, dem nichts heilig war, hatte sich eines

Tages in die Kirche von Nieder-Morschweier geschlichen und daselbst die silberne Monstranz gestohlen. Er floh damit den

Berg hinauf und warf die Hostie im Vorübergehen in ein nahes Ahrenfeld. Sie blieb an drei dicht nebeneinander stehen­

den Halmen hängen, und alsbald flog ein wilder Bienen­ schwarm mit melodischem Summen herbei und umgab die Halme, als wolle er sie schützen und dem Leib des Herrn Ehre

erweisen. Die Leute, die vorüberzogen, sahen dem seltsamen

Treiben der Bienen zu und fielen vor der wundervollen Hostie nieder und priesen die göttliche Macht, welche sich hier offen­ barte. Bald wurde das Wunder nah und fern bekannt. Man baute

an der heiligen Stätte ein Kloster und eine Wallfahrtskirche, Dreien-Ähren genannt, und wenn die Landleute in dieser Ge­ gend ihr Getreide säen wollen, so versäumen sie nicht, ein

wenig Staub aus der Kirche unter ihre Aussaat zu mischen,

damit sie desto bester gedeihe.

Weibel, sich in Zukunft vor die Tür desselben zu stellen und

ihm von Zeit zu Zeit durch Berührung und Abzählung der

Knöpfe an seiner bunten AmtSmontur die Zahl der anwesen­ den Rateherren zu bezeichnen. Man lachte über diese eigentümliche Weise des Schultheißen,

sich von der Anwesenheit seiner Räte zu versichern, und davon ging der Scherzname Knöpfler auf sämtliche Bewohner der

Stadt über.

Drei Ähren Lin frecher Geselle, dem nichts heilig war, hatte sich eines

Tages in die Kirche von Nieder-Morschweier geschlichen und daselbst die silberne Monstranz gestohlen. Er floh damit den

Berg hinauf und warf die Hostie im Vorübergehen in ein nahes Ahrenfeld. Sie blieb an drei dicht nebeneinander stehen­

den Halmen hängen, und alsbald flog ein wilder Bienen­ schwarm mit melodischem Summen herbei und umgab die Halme, als wolle er sie schützen und dem Leib des Herrn Ehre

erweisen. Die Leute, die vorüberzogen, sahen dem seltsamen

Treiben der Bienen zu und fielen vor der wundervollen Hostie nieder und priesen die göttliche Macht, welche sich hier offen­ barte. Bald wurde das Wunder nah und fern bekannt. Man baute

an der heiligen Stätte ein Kloster und eine Wallfahrtskirche, Dreien-Ähren genannt, und wenn die Landleute in dieser Ge­ gend ihr Getreide säen wollen, so versäumen sie nicht, ein

wenig Staub aus der Kirche unter ihre Aussaat zu mischen,

damit sie desto bester gedeihe.

Die Wöchnerin Vor nicht sehr langer Zeit starb zu Ingersheim eine Wöchnerin; der hatte man keine Schuhe mit ins Grab gegeben, wie dies

gewöhnlich geschieht. Da kam sie nun gleich in der ersten Nacht

in ihrem weißen Totenhemde, klopfte leise ans Fenster und sagte: „Warum habt ihr mir keine Schuhe angelegt? Ich muß

durch Disteln und Dornen und über spitze Steine." Nun stellte ihr der Mann ein Paar Schuhe vor die Tür, und der Geist kehrte während sechs Wochen jede Nacht zurück, um den

Säugling zu stillen.

St. Deodat St. Deodat hatte im Jahre 609 das Bistum Nevers ver­

lassen, um als Apostel im Elsaß zu wirken. Nachdem er sich lange Zeit in den Bergen aufgehalten hatte, ließ er sich in

einem jetzt verschwundenen Dorfe, Wilra, auf dem rechten

Ufer der Weiß, in der Nähe von Mariaweiler, dem heutigen Ammersweier, nieder. Im Jahre 680 schenkte ihm ein reicher

Mann beträchtliche Weinberge, die er im Sigolöheimer Bann besaß. Darüber wurden die Bauern von Ammerschweier eifer­

süchtig und fürchteten, der Fremdling würde nach und nach ihre eigenen Grundstücke an sich ziehen, so daß sie den heiligen

Mann unbarmherzig aus seinen Besitztümern vertrieben. Da­ für bestrafte sie aber der Himmel damit, daß alle Kinder

fortan mit Kröpfen geboren wurden. Bald bemerkte man je­ doch, daß dieser Fluch nur diejenigen traf, welche diesseits des

Baches geboren wurden; daher zogen die Frauen vor ihrer

Niederkunft hinüber und brachten also gesunde Kinder zur Welt.

Die Wöchnerin Vor nicht sehr langer Zeit starb zu Ingersheim eine Wöchnerin; der hatte man keine Schuhe mit ins Grab gegeben, wie dies

gewöhnlich geschieht. Da kam sie nun gleich in der ersten Nacht

in ihrem weißen Totenhemde, klopfte leise ans Fenster und sagte: „Warum habt ihr mir keine Schuhe angelegt? Ich muß

durch Disteln und Dornen und über spitze Steine." Nun stellte ihr der Mann ein Paar Schuhe vor die Tür, und der Geist kehrte während sechs Wochen jede Nacht zurück, um den

Säugling zu stillen.

St. Deodat St. Deodat hatte im Jahre 609 das Bistum Nevers ver­

lassen, um als Apostel im Elsaß zu wirken. Nachdem er sich lange Zeit in den Bergen aufgehalten hatte, ließ er sich in

einem jetzt verschwundenen Dorfe, Wilra, auf dem rechten

Ufer der Weiß, in der Nähe von Mariaweiler, dem heutigen Ammersweier, nieder. Im Jahre 680 schenkte ihm ein reicher

Mann beträchtliche Weinberge, die er im Sigolöheimer Bann besaß. Darüber wurden die Bauern von Ammerschweier eifer­

süchtig und fürchteten, der Fremdling würde nach und nach ihre eigenen Grundstücke an sich ziehen, so daß sie den heiligen

Mann unbarmherzig aus seinen Besitztümern vertrieben. Da­ für bestrafte sie aber der Himmel damit, daß alle Kinder

fortan mit Kröpfen geboren wurden. Bald bemerkte man je­ doch, daß dieser Fluch nur diejenigen traf, welche diesseits des

Baches geboren wurden; daher zogen die Frauen vor ihrer

Niederkunft hinüber und brachten also gesunde Kinder zur Welt.

Der redende Totenkopf Es war einer schon weit und breit in der Welt herumge­ kommen, und doch trieb eS ihn immer wieder hinaus. Und wieder hatte er das Ränzel auf dem Rücken und den

Stock in der Hand. Er zog gesund seiner Straßen, als plötz­

lich ein Totenkopf vor ihm herkollerte. „Ei, was soll's denn mit dir, Alter?" rief er ihm zu, „komm

doch und halte Mittagims mit mir!" — „Hab' weder Hunger noch Durst", war die Antwort, „morgen aber fei du mein

Gast, und so du nicht kommst, so werd' ich dich holen." „Kann sein, kann auch nicht sein", sagte der Bursche vor sich

hin, indem er durch lange, dunkle Gewölbe schritt, die ihn end­

lich wieder auf eine schöne breite Straße führten. An der Straße, auf einem Bäumchen sah er zwei Krabben

(Krähen), die heftig miteinander zankten. Es kam ihm dies sonderbar vor, doch ließ er sich's nicht anfechten und ging

seines Wegs.

Ein Stück weiter kam er an einen Bach. Daran stand ein

Pfarrer, der schöpfte Wasser in einen Zuber.

Das

Wasser lief aber alles wieder in den Bach, denn der Zuber hatte keinen Boden.

Er zog weiter und immer weiter und kam zuletzt an ein Haus. Er klopfte an die Tür, rief, aber niemand regte sich. Da riß er einen Fensterladen auf, und siehe, es flatterte ein unzähliges

Heer von V ö g e l n heraus, daß ihn ein Grausen ankam und er den Laden eiligst zuwarf. Wieder zog er der Straßen. Da erblickte er an einem Wässer­ lein den Totenkopf. Wieder rief er ihm zu: „Nun, haft noch

keinen Durst und noch keinen Hunger?"

„Ich hab weder Hunger noch Durst", entgegnete dieser, „du

aber kommst mit mir in mein Schloß." Der Fahrende hatte nichts dagegen und folgte dem Toten­

kopfe, der, als sein Wegweiser, gradauö vor ihm hinkollerte. Da sie am Schlöffe angelangt waren, stiegen sie die breiten

Treppen hinauf, durch breite lange Gänge, durch große Säle und Kammern, da war alles voller Lichtlein.

Der Wanderbursche war darob erstaunt. Der Totenkopf sagte ihm aber: „Siehe, das sind die Lebenslichtlein. So lang' ein

Mensch lebt, hat er ein Lichtlein und wenn er stirbt, so löscht

dasselbe aus." — „Zeig mir auch meines", bat jener. Der Totenkopf wies ihm in einiger Entfernung ein Licht, das bis zu einem kleinen Stümpfchen herabgebrannt war. Darob

machte der Wanderer ein traurig und düster Gesicht.

„Sag' mir doch," rief ihm der Totenkopf zu, um ihn aus der Schwermut zu reißen, „was hast du denn unterwegs gesehen?"

„Zuerst sah ich zwei Krabben auf einem Baume, die mitein­

ander händelten." „Das sind zwei Brüder, die einander auf der Welt gehaßt und stets miteinander vor dem Richter waren. Die muffen auch nach ihrem Tode noch stets miteinander zanken. Was hast

du sonst weiter geseh'n?" „Ich habe einen geistlichen Herrn gesehen, der Waffer aus dem

Bache in einen bodenlosen Zuber schöpfte." „Das war eben ein Pfarrer, der die weltlichen Güter liebte, deren nie genug bekam und nur immer mehr wollte. Nun muß

er Waffer schöpfen und wieder schöpfen und bekommt doch nicht genug, um seinen Zuber zu füllen. Was hast du aber noch gesehen?"

50

Darauf berichtete der Wanderer von den» Haus und den

Vögeln, die herausgeflogen sind. „Wieviel waren'ö wohl?"

„Ei, wohl ein paar tausend, denke ich."

„Soviel deren herausflogen, soviel arme Seelen find erlöst." Das alles ging dem Burschen seltsam im Kopf herum und er

starrte mit glasigen Augen vor sich hin. „Sag' mir einmal", redete ihn der Totenkopf wieder an, „wie lange glaubst du wohl auf der Reise zu sein?"

„Nun, schon den ganzen Tag!"

„Den ganzen Tag? Ei ja wohl! Wisse, du wanderst seit drei­

hundert Jahren. Und jetzt geh' wieder hin, wo du hergekom­

men bist!" Und der Bursche ging zum Schloß hinaus. Er kam zuerst an

das Haus mit den verschlossenen Läden, riß den untersten Laden wieder auf; aber es flogen keine Vögel heraus. Am Bache stand kein geistlicher Herr mehr, der in den leeren Zuber

Wasser schöpfte, und auf dem Bäumchen an der Straße zank-

ten sich auch keine Krabben mehr. Da er nun so fortwanderte, kam er endlich auch in sein Dorf

und vor seines Vaters Haus. Er klingelte und eine fremde Person zeigte sich am Fenster.

„Zu wem wollt ihr, guter

Freund?" rief sie herab. „Ei, ine Haus, in mein Haus!" anworlete er.

Als die Leute di« Tür öffneten und den fremden Mensch«» in

altmodischer, abgetragener und ganz verstaubter Tracht sahen,

schüttelten sie die Köpfe, und noch mehr, als sie nach seinem Namen gefragt und er ihnen einen solchen genannt hatte, der

im ganzen Orte unbekannt war.

4*

51

Die Leute hatten Mitleid mit dem sonderbaren Fremdling

und führten ihn aufs Rathaus. Nachdem er auch da seinen Namen wieder angegeben, schlug man in den alten Büchern nach und fand in der Tat, daß es vor etwa dreihundert Jahren

ein Geschlecht seines Namens gegeben hatte, das aber seitdem

gänzlich ausgestorben war. Man ging nun mit dem Fremden in 'die Kirche und ließ eine

heilige Messe für ihn lesen. Während derselben sah man eine weiße Taube um den Altar fliegen. Der Fremde aber kniete starr und regungslos an seinem Platze. Als man ihn aufrüt­

telte, fiel er zu Staub und Asche. Man glaubt, die weiße

Taube sei seine Seele gewesen.

Kaiser Friedrich Barbarossa in Kaysersberg Kaiser Friedrich Barbarossa, der das Schloß von Kaysersberg gebaut haben soll, begann auch den Bau der Stadlkirche. Da ihm «aber 'inmitten der Arbeit das Geld ausging, versetzte er

die Krone seiner Gattin. Dieser fromme Entschluß rührte

den Himmel; denn sogleich erschienen zwei Engel, jeder mit einem vollen Beutel versehen, um die Krone der Kaiserin ein­ zulösen und den Bau der Kirche zu befördern.

Der weiße See Die Waffer deö weißen Sees, im Urbistal, waren zu einer Zeit von wüster, grauschwarzer Farbe und am Ufer ringsum­

her standen die Blumen und Bäume welk und dürr; die Fische trieben tot auf der Oberfläche; kein Vogel kam, um sich am

Strand zu baden, kein Wild, seinen Durst daselbst zu löschen

und eine bösartige Seuche wütete im ganzen Lande.

Die Leute hatten Mitleid mit dem sonderbaren Fremdling

und führten ihn aufs Rathaus. Nachdem er auch da seinen Namen wieder angegeben, schlug man in den alten Büchern nach und fand in der Tat, daß es vor etwa dreihundert Jahren

ein Geschlecht seines Namens gegeben hatte, das aber seitdem

gänzlich ausgestorben war. Man ging nun mit dem Fremden in 'die Kirche und ließ eine

heilige Messe für ihn lesen. Während derselben sah man eine weiße Taube um den Altar fliegen. Der Fremde aber kniete starr und regungslos an seinem Platze. Als man ihn aufrüt­

telte, fiel er zu Staub und Asche. Man glaubt, die weiße

Taube sei seine Seele gewesen.

Kaiser Friedrich Barbarossa in Kaysersberg Kaiser Friedrich Barbarossa, der das Schloß von Kaysersberg gebaut haben soll, begann auch den Bau der Stadlkirche. Da ihm «aber 'inmitten der Arbeit das Geld ausging, versetzte er

die Krone seiner Gattin. Dieser fromme Entschluß rührte

den Himmel; denn sogleich erschienen zwei Engel, jeder mit einem vollen Beutel versehen, um die Krone der Kaiserin ein­ zulösen und den Bau der Kirche zu befördern.

Der weiße See Die Waffer deö weißen Sees, im Urbistal, waren zu einer Zeit von wüster, grauschwarzer Farbe und am Ufer ringsum­

her standen die Blumen und Bäume welk und dürr; die Fische trieben tot auf der Oberfläche; kein Vogel kam, um sich am

Strand zu baden, kein Wild, seinen Durst daselbst zu löschen

und eine bösartige Seuche wütete im ganzen Lande.

Die Leute hatten Mitleid mit dem sonderbaren Fremdling

und führten ihn aufs Rathaus. Nachdem er auch da seinen Namen wieder angegeben, schlug man in den alten Büchern nach und fand in der Tat, daß es vor etwa dreihundert Jahren

ein Geschlecht seines Namens gegeben hatte, das aber seitdem

gänzlich ausgestorben war. Man ging nun mit dem Fremden in 'die Kirche und ließ eine

heilige Messe für ihn lesen. Während derselben sah man eine weiße Taube um den Altar fliegen. Der Fremde aber kniete starr und regungslos an seinem Platze. Als man ihn aufrüt­

telte, fiel er zu Staub und Asche. Man glaubt, die weiße

Taube sei seine Seele gewesen.

Kaiser Friedrich Barbarossa in Kaysersberg Kaiser Friedrich Barbarossa, der das Schloß von Kaysersberg gebaut haben soll, begann auch den Bau der Stadlkirche. Da ihm «aber 'inmitten der Arbeit das Geld ausging, versetzte er

die Krone seiner Gattin. Dieser fromme Entschluß rührte

den Himmel; denn sogleich erschienen zwei Engel, jeder mit einem vollen Beutel versehen, um die Krone der Kaiserin ein­ zulösen und den Bau der Kirche zu befördern.

Der weiße See Die Waffer deö weißen Sees, im Urbistal, waren zu einer Zeit von wüster, grauschwarzer Farbe und am Ufer ringsum­

her standen die Blumen und Bäume welk und dürr; die Fische trieben tot auf der Oberfläche; kein Vogel kam, um sich am

Strand zu baden, kein Wild, seinen Durst daselbst zu löschen

und eine bösartige Seuche wütete im ganzen Lande.

Da hieß es nun, dies Elend sei eine Strafe des Himmels und

sein Zorn könne nur besänftigt werden, wenn man ein un­

schuldiges Kindlein im See ertränkte und zum Opfer brächte.

Allein keine Mutter wollte eines der ihrigen hergeben. Es be­

gab sich nun, daß auf einer benachbarten Burg die Wärterin

mit dem jüngsten Knaben ihres Herrn auf dem grünen Rasen im Garten spielte. Als sie aber das Kind einen Augenblick ver­ ließ, stürzte ein gewaltiger Geier herab, wollte es auf seinen

Horst tragen, ließ eö aber, im Darüberfliegen, in den weißen See fallen. Und stehe, alsbald hörte der böse Fluch auf. Das Wasser des Sees wurde wieder kristallhell, seine Ufer be­

deckten sich mit frischerBlüte, und Krankheit und Elend wichen einem frohen, gedeihlichen Leben.

Die riesenmäßigen Lolzschuhe auf dem Rat­ hause von Kaysersberg Auf dem Rathause von Kaysersberg werden zwei alte, riesen­

mäßige Holzschuhe gezeigt, mit schweren eisernen Schienen ver­ sehen und gewaltigen Nägeln beschlagen, deren jeder sieben bis

acht Pfund wiegen mag. Sie sollen einem fremden Wald­

bruder gehört haben, welcher im Gebirge lebte, wo er sich eine armselige Klause von Baumstämmen und Lehm erbaut hatte. Er war hierher gekommen, um ein schweres Verbrechen abzu­

büßen, und hatte das Gelübde getan, diese beschwerlichen

Schuhe zeitlebens zu tragen. Man sand ihn eines Tages tot im Walde liegen und brachte die Schuhe als eine Merkwürdig­ keit auf das Rathaus.

Nach andern mußte derselbe Pilger in seiner unbequemen Fuß­

bekleidung ein ungeheuer großes Kruzifix von einem Wall-

Da hieß es nun, dies Elend sei eine Strafe des Himmels und

sein Zorn könne nur besänftigt werden, wenn man ein un­

schuldiges Kindlein im See ertränkte und zum Opfer brächte.

Allein keine Mutter wollte eines der ihrigen hergeben. Es be­

gab sich nun, daß auf einer benachbarten Burg die Wärterin

mit dem jüngsten Knaben ihres Herrn auf dem grünen Rasen im Garten spielte. Als sie aber das Kind einen Augenblick ver­ ließ, stürzte ein gewaltiger Geier herab, wollte es auf seinen

Horst tragen, ließ eö aber, im Darüberfliegen, in den weißen See fallen. Und stehe, alsbald hörte der böse Fluch auf. Das Wasser des Sees wurde wieder kristallhell, seine Ufer be­

deckten sich mit frischerBlüte, und Krankheit und Elend wichen einem frohen, gedeihlichen Leben.

Die riesenmäßigen Lolzschuhe auf dem Rat­ hause von Kaysersberg Auf dem Rathause von Kaysersberg werden zwei alte, riesen­

mäßige Holzschuhe gezeigt, mit schweren eisernen Schienen ver­ sehen und gewaltigen Nägeln beschlagen, deren jeder sieben bis

acht Pfund wiegen mag. Sie sollen einem fremden Wald­

bruder gehört haben, welcher im Gebirge lebte, wo er sich eine armselige Klause von Baumstämmen und Lehm erbaut hatte. Er war hierher gekommen, um ein schweres Verbrechen abzu­

büßen, und hatte das Gelübde getan, diese beschwerlichen

Schuhe zeitlebens zu tragen. Man sand ihn eines Tages tot im Walde liegen und brachte die Schuhe als eine Merkwürdig­ keit auf das Rathaus.

Nach andern mußte derselbe Pilger in seiner unbequemen Fuß­

bekleidung ein ungeheuer großes Kruzifix von einem Wall-

fahrtöort zum anbern tragen, ohne auszuruhen; er brach aber unter der Last zusammen und gab seinen Geist auf. Dieses Kruzifix (im Volksmund „der viehmäßig groß Krifchtüs") ist ebenfalls noch in Kaysersberg zu sehen.

Die Tschäpläre Auf dem RäppeleSfelsen, rechts von der Straße, welche von Kaysersberg nach Schnierlach führt, sitzt die Tschäpläre, eine gespenstige Frau von ungeheurer Größe. Sie steigt manchmal von ihrem Felsensitze herab und treibt die Kinder nach Hause, welche sich nach dem Läuten der Nachtglocke int Walde oder auf dem Felde aufhalten.

Der Flieger In Kaysersberg lebte vor noch nicht allzu langer Zeit ein Mann, der bis an sein Ende in der Stadt und in der ganzen Umgegend unter dem Namen Flieger bekannt war. Als er nämlich eines Tages in seinen Reben mit der Wein­ lese beschäftigt war, reichte ihm eine Frau seines Alters, welche bei ihm als Taglöhnerin arbeitete, eine Traube hin mit den Worten: „Versuch doch einmal diesen Süßling!" Kaum hatte der Bauer einige Beeren von der Traube gekostet, so fühlte er sich emporgehoben, schwebte zunächst längere Zeit über den Wipfeln der Bäume hin, flog sodann über das Tal hin und ließ sich endlich am linken Ufer der Weiß, bei einer Kapelle nieder. Er wurde dort gefunden und bewußtlos nach Haufe ge­ bracht, wo er mehrere Wochen lang auf den Tod krank lag. An dem Orte auf dem Weinberge, wo er aufgeflogen war, und da, wo er sich niedergesenkt hatte, ließ er später zwei Denk-

fahrtöort zum anbern tragen, ohne auszuruhen; er brach aber unter der Last zusammen und gab seinen Geist auf. Dieses Kruzifix (im Volksmund „der viehmäßig groß Krifchtüs") ist ebenfalls noch in Kaysersberg zu sehen.

Die Tschäpläre Auf dem RäppeleSfelsen, rechts von der Straße, welche von Kaysersberg nach Schnierlach führt, sitzt die Tschäpläre, eine gespenstige Frau von ungeheurer Größe. Sie steigt manchmal von ihrem Felsensitze herab und treibt die Kinder nach Hause, welche sich nach dem Läuten der Nachtglocke int Walde oder auf dem Felde aufhalten.

Der Flieger In Kaysersberg lebte vor noch nicht allzu langer Zeit ein Mann, der bis an sein Ende in der Stadt und in der ganzen Umgegend unter dem Namen Flieger bekannt war. Als er nämlich eines Tages in seinen Reben mit der Wein­ lese beschäftigt war, reichte ihm eine Frau seines Alters, welche bei ihm als Taglöhnerin arbeitete, eine Traube hin mit den Worten: „Versuch doch einmal diesen Süßling!" Kaum hatte der Bauer einige Beeren von der Traube gekostet, so fühlte er sich emporgehoben, schwebte zunächst längere Zeit über den Wipfeln der Bäume hin, flog sodann über das Tal hin und ließ sich endlich am linken Ufer der Weiß, bei einer Kapelle nieder. Er wurde dort gefunden und bewußtlos nach Haufe ge­ bracht, wo er mehrere Wochen lang auf den Tod krank lag. An dem Orte auf dem Weinberge, wo er aufgeflogen war, und da, wo er sich niedergesenkt hatte, ließ er später zwei Denk-

fahrtöort zum anbern tragen, ohne auszuruhen; er brach aber unter der Last zusammen und gab seinen Geist auf. Dieses Kruzifix (im Volksmund „der viehmäßig groß Krifchtüs") ist ebenfalls noch in Kaysersberg zu sehen.

Die Tschäpläre Auf dem RäppeleSfelsen, rechts von der Straße, welche von Kaysersberg nach Schnierlach führt, sitzt die Tschäpläre, eine gespenstige Frau von ungeheurer Größe. Sie steigt manchmal von ihrem Felsensitze herab und treibt die Kinder nach Hause, welche sich nach dem Läuten der Nachtglocke int Walde oder auf dem Felde aufhalten.

Der Flieger In Kaysersberg lebte vor noch nicht allzu langer Zeit ein Mann, der bis an sein Ende in der Stadt und in der ganzen Umgegend unter dem Namen Flieger bekannt war. Als er nämlich eines Tages in seinen Reben mit der Wein­ lese beschäftigt war, reichte ihm eine Frau seines Alters, welche bei ihm als Taglöhnerin arbeitete, eine Traube hin mit den Worten: „Versuch doch einmal diesen Süßling!" Kaum hatte der Bauer einige Beeren von der Traube gekostet, so fühlte er sich emporgehoben, schwebte zunächst längere Zeit über den Wipfeln der Bäume hin, flog sodann über das Tal hin und ließ sich endlich am linken Ufer der Weiß, bei einer Kapelle nieder. Er wurde dort gefunden und bewußtlos nach Haufe ge­ bracht, wo er mehrere Wochen lang auf den Tod krank lag. An dem Orte auf dem Weinberge, wo er aufgeflogen war, und da, wo er sich niedergesenkt hatte, ließ er später zwei Denk-

steine setzen in Gestalt kleiner Kapelle», welche man jetzt noch sieht.

Die heilige Sunna Die hl. Hunna war eine Verwandte des Herzogs Attich und bewohnte im 7. Jahrhundert mit ihrem Gemahl Huno oder Hunnes ein Schloß zwischen Zellenbcrg und RappoltSweiler.

Beide gaben dem Dorf Hunaweier seinen Namen. Huno

war jener reiche Mann, welcher dem hl. Deodat eine beträcht­ liche Schenkung im Sigolsheimer Gemeindebann gemacht

hatte. Die hl. Hunna war eine der reichsten Edelfrauen des Landes; allein trotz ihres Reichtums bewohnte sie nur ein bescheidenes

Kämmerlein auf ihrem Schlöffe. Sie war die Freundin und Trösterin der Armen und Hilfsbedürftigen und ließ sich oft sogar herab, ihnen die Kleider zu waschen, weswegen sie das Volk die heilige Wäscherin nannte. Oft sah man sie auch auf

einem Eselein ins Gebirge reiten und daselbst die armen Leute aufsuchen, welch« in den zerstreuten Hütten wohnten. Sie verrichtete Zeichen und Wunder, und noch jetzt wissen die

Umwohner vieles von ihr zu erzählen. Ein reichlich fließender vierröhriger Brunnen ist ihr geweiht

und heißt der Hunnabrunnen. Da traf es sich einmal in einem weinarmen Jahre, daß aus allen Röhren Wein floß, als man abends die Pferde und Kühe tränken wollte. Man strömte her­ bei mit Zubern und Fässern, und jeder versorgt« sich damit

fürs ganze Jahr, und dieser Wein war besser als der beste, der noch je in der Gegend gewachsen war.

Abwärts vom Dorfe liegt die Hunnawiese, früher ein Eigen-

steine setzen in Gestalt kleiner Kapelle», welche man jetzt noch sieht.

Die heilige Sunna Die hl. Hunna war eine Verwandte des Herzogs Attich und bewohnte im 7. Jahrhundert mit ihrem Gemahl Huno oder Hunnes ein Schloß zwischen Zellenbcrg und RappoltSweiler.

Beide gaben dem Dorf Hunaweier seinen Namen. Huno

war jener reiche Mann, welcher dem hl. Deodat eine beträcht­ liche Schenkung im Sigolsheimer Gemeindebann gemacht

hatte. Die hl. Hunna war eine der reichsten Edelfrauen des Landes; allein trotz ihres Reichtums bewohnte sie nur ein bescheidenes

Kämmerlein auf ihrem Schlöffe. Sie war die Freundin und Trösterin der Armen und Hilfsbedürftigen und ließ sich oft sogar herab, ihnen die Kleider zu waschen, weswegen sie das Volk die heilige Wäscherin nannte. Oft sah man sie auch auf

einem Eselein ins Gebirge reiten und daselbst die armen Leute aufsuchen, welch« in den zerstreuten Hütten wohnten. Sie verrichtete Zeichen und Wunder, und noch jetzt wissen die

Umwohner vieles von ihr zu erzählen. Ein reichlich fließender vierröhriger Brunnen ist ihr geweiht

und heißt der Hunnabrunnen. Da traf es sich einmal in einem weinarmen Jahre, daß aus allen Röhren Wein floß, als man abends die Pferde und Kühe tränken wollte. Man strömte her­ bei mit Zubern und Fässern, und jeder versorgt« sich damit

fürs ganze Jahr, und dieser Wein war besser als der beste, der noch je in der Gegend gewachsen war.

Abwärts vom Dorfe liegt die Hunnawiese, früher ein Eigen-

tum der Heiligen, die sie noch immer in treuem Schirme hält

und durch ihre Diener hüten läßt. Ein Bauer vermaß sich

einst zur Nachtzeit, Bandweiden auf der Wiese zu stehlen. Als er sie aber in Bündel geschnürt hatte und auf dem Rücken forttragen wollte, wurden sie ihm so schwer, daß er unter ihrer

Last zusammenbrach, und auch nach mehreren wiederholten Versuchen war eö ihm unmöglich, sie von der Stelle zu brin-

gen. Er mußte also leer nach Hause zurückkehren, und e« wurde noch dazu mit unsichtbaren Händen tüchtig auf ihn los­

gehauen, bis er atemlos vor seiner Hütte niederfiel.

Das Wappen der Grafen von Rappoltstein In der Zahl der elsässischen Ritter, die im Jahre 1174 mit Kaiser Konrad III. in das gelobte Land zogen, um die Ungläu­ bigen zu bekämpfen, befand sich Herr Konrad oder Kuno von

Rappoltstein. Daß er ebenso handfest als mutig war, bewies er, als das Heer der Kreuzfahrer in Syrien lag und Damas­ kus belagerte. Da trat plötzlich auö dem feindlichen Heer ein

riesenmäßiger Sarazene hervor und forderte mit frechem

Hohngelächter den beherztesten unter den christlichen Streitern

zum Zweikampf auf. Nach kurzem Bedenken bot sich Herr Konrad von Rappolt­ stein als Gegner an, und nachdem er «inigemale die gewaltigen Streiche des Riesen kampfgewandt von sich abgeleitet hatte, führte er selbst einen so derben Hieb, daß er den Sarazenen

von oben bis unten in zwei Stücke spaltete. Der Kaiser, in dessen Gegenwart der Rappoltsteiner den

Kampf siegreich bestanden hatte, verlieh nun ihm und seinem 76

tum der Heiligen, die sie noch immer in treuem Schirme hält

und durch ihre Diener hüten läßt. Ein Bauer vermaß sich

einst zur Nachtzeit, Bandweiden auf der Wiese zu stehlen. Als er sie aber in Bündel geschnürt hatte und auf dem Rücken forttragen wollte, wurden sie ihm so schwer, daß er unter ihrer

Last zusammenbrach, und auch nach mehreren wiederholten Versuchen war eö ihm unmöglich, sie von der Stelle zu brin-

gen. Er mußte also leer nach Hause zurückkehren, und e« wurde noch dazu mit unsichtbaren Händen tüchtig auf ihn los­

gehauen, bis er atemlos vor seiner Hütte niederfiel.

Das Wappen der Grafen von Rappoltstein In der Zahl der elsässischen Ritter, die im Jahre 1174 mit Kaiser Konrad III. in das gelobte Land zogen, um die Ungläu­ bigen zu bekämpfen, befand sich Herr Konrad oder Kuno von

Rappoltstein. Daß er ebenso handfest als mutig war, bewies er, als das Heer der Kreuzfahrer in Syrien lag und Damas­ kus belagerte. Da trat plötzlich auö dem feindlichen Heer ein

riesenmäßiger Sarazene hervor und forderte mit frechem

Hohngelächter den beherztesten unter den christlichen Streitern

zum Zweikampf auf. Nach kurzem Bedenken bot sich Herr Konrad von Rappolt­ stein als Gegner an, und nachdem er «inigemale die gewaltigen Streiche des Riesen kampfgewandt von sich abgeleitet hatte, führte er selbst einen so derben Hieb, daß er den Sarazenen

von oben bis unten in zwei Stücke spaltete. Der Kaiser, in dessen Gegenwart der Rappoltsteiner den

Kampf siegreich bestanden hatte, verlieh nun ihm und seinem 76

ganzen Geschlecht die Befugnis, das Bild des erlegten Sara­ cenen als Helmzierde zu tragen.

Der verschwundene See Allgemein ist die Sage auf beiden Ufern des Rheines, na­ mentlich in den Berggegenden verbreitet, daß vor undenk­

lichen Zeiten das ganze Rheintal, von den höchsten Gipfeln des

Juras an, zwischen dem Wasgau und seinen Verzweigungen

und dem Schwarzwald, dem Odenwald und den übrigen Ge­ birgshöhen nordwärts bis gegen Bingen, ein ungeheurer See

sich erstreckt habe, dessen Ufer die höchsten Bergspitzen zu bei­ den Seiten gebildet hätten.

Im Elsaß ist die Sage namentlich in Rappoltsweiler bekannt. Nach ihr stieß der See an die große Tännchel- oder Tännickselmamr, und an die Felsenkette, welche sich oberhalb GeberSwölher und Pfaffenstein bis zu dem Wallfahrtsorte Schauen­

burg hinzieht. Noch heute erzählen dort in den Bergen 'die alten Leute, auf die von Geschlecht zu Geschlecht die Kunde

überliefert wurde, daß noch vor nicht allzu ferner Zeit in de» Felsen starke Eisenringe zu sehen waren. An ihnen wurden

einst die Schiffstane der Fahrzeuge befestigt, die auf dem mächtigen See mit vollen Segeln bin und herkreuzten.

Die Brüder von Nappoltstein In den beiden unteren Rappoltsteiner Schlössern, welche in kurzer Entfernung voneinander, jedes auf einem hohen Felsen, liegen, wohnten einst zwei Brüder. Der eine war Herr von

St. Ulrich, der andere Herr von Girsberg. Beide wollten

ganzen Geschlecht die Befugnis, das Bild des erlegten Sara­ cenen als Helmzierde zu tragen.

Der verschwundene See Allgemein ist die Sage auf beiden Ufern des Rheines, na­ mentlich in den Berggegenden verbreitet, daß vor undenk­

lichen Zeiten das ganze Rheintal, von den höchsten Gipfeln des

Juras an, zwischen dem Wasgau und seinen Verzweigungen

und dem Schwarzwald, dem Odenwald und den übrigen Ge­ birgshöhen nordwärts bis gegen Bingen, ein ungeheurer See

sich erstreckt habe, dessen Ufer die höchsten Bergspitzen zu bei­ den Seiten gebildet hätten.

Im Elsaß ist die Sage namentlich in Rappoltsweiler bekannt. Nach ihr stieß der See an die große Tännchel- oder Tännickselmamr, und an die Felsenkette, welche sich oberhalb GeberSwölher und Pfaffenstein bis zu dem Wallfahrtsorte Schauen­

burg hinzieht. Noch heute erzählen dort in den Bergen 'die alten Leute, auf die von Geschlecht zu Geschlecht die Kunde

überliefert wurde, daß noch vor nicht allzu ferner Zeit in de» Felsen starke Eisenringe zu sehen waren. An ihnen wurden

einst die Schiffstane der Fahrzeuge befestigt, die auf dem mächtigen See mit vollen Segeln bin und herkreuzten.

Die Brüder von Nappoltstein In den beiden unteren Rappoltsteiner Schlössern, welche in kurzer Entfernung voneinander, jedes auf einem hohen Felsen, liegen, wohnten einst zwei Brüder. Der eine war Herr von

St. Ulrich, der andere Herr von Girsberg. Beide wollten

ganzen Geschlecht die Befugnis, das Bild des erlegten Sara­ cenen als Helmzierde zu tragen.

Der verschwundene See Allgemein ist die Sage auf beiden Ufern des Rheines, na­ mentlich in den Berggegenden verbreitet, daß vor undenk­

lichen Zeiten das ganze Rheintal, von den höchsten Gipfeln des

Juras an, zwischen dem Wasgau und seinen Verzweigungen

und dem Schwarzwald, dem Odenwald und den übrigen Ge­ birgshöhen nordwärts bis gegen Bingen, ein ungeheurer See

sich erstreckt habe, dessen Ufer die höchsten Bergspitzen zu bei­ den Seiten gebildet hätten.

Im Elsaß ist die Sage namentlich in Rappoltsweiler bekannt. Nach ihr stieß der See an die große Tännchel- oder Tännickselmamr, und an die Felsenkette, welche sich oberhalb GeberSwölher und Pfaffenstein bis zu dem Wallfahrtsorte Schauen­

burg hinzieht. Noch heute erzählen dort in den Bergen 'die alten Leute, auf die von Geschlecht zu Geschlecht die Kunde

überliefert wurde, daß noch vor nicht allzu ferner Zeit in de» Felsen starke Eisenringe zu sehen waren. An ihnen wurden

einst die Schiffstane der Fahrzeuge befestigt, die auf dem mächtigen See mit vollen Segeln bin und herkreuzten.

Die Brüder von Nappoltstein In den beiden unteren Rappoltsteiner Schlössern, welche in kurzer Entfernung voneinander, jedes auf einem hohen Felsen, liegen, wohnten einst zwei Brüder. Der eine war Herr von

St. Ulrich, der andere Herr von Girsberg. Beide wollten

eines Morgens frühe auf die Jagd ziehen und verabredeten sich

am Abend zuvor, daß der, welcher zuerst erwachen würde, dem andern einen Pfeil an den Fensterladen schießen sollte, um

ihn zu wecken.

Schon bleichte der Tag, da stieß der Graf von St. Ulrich den Laden auf und griff nach der Armbrust, um das verabredete

Zeichen zu geben; aber im selben Augenblick schwirrte des Bru­ ders Pfeil durch die Morgenluft herüber und durchbohrte ihm

das Herz.

Die Gespensterkutsche von Loh-Rappoltstein In der Christnacht, um die Mitternachtstunde, fahrt jedes

Jahr eine große mit vier Rappen bespannte Kutsche den jähen

Berg herab, auf dem das Schloß Hoh-Rappoltstein liegt. Sie

rollt durch die Hauptstraße der Stadt, am Schützenhause vor­

bei, auf der Straße nach Gemar hin. Niemand sitzt darin und kein Kutscher lenkt die Roffe. Nach zwei Uhr kehrt sie

jedesmal denselben Weg wieder zurück und weckt die Schläfer

durch ihr unheimliches Raffeln auf. Ein Knabe, der einst noch spät einen Auftrag in dem benach­ barten Gemar zu besorgen hatte, traf die Kutsche auf seinem

Rückweg an, und da er müde war und sehr fror, bat er, man möchte ihn doch mitnehmen. Er bekam zwar keine Antwort,

allein die Pferde hielten still. Der Schlag ging auf und wieder zu, nachdem der Knabe in die Kutsche gestiegen war. Er mag

wohl eingeschlafen sein. Nachdem ihn aber die Eltern die ganz«

Nacht vergeblich gesucht hatten, fanden sie ihn am Morgen in

den Ästen einer hohen Pappel sitzend. Wie er da hinaufgekom­ men war, konnte er nicht sagen.

eines Morgens frühe auf die Jagd ziehen und verabredeten sich

am Abend zuvor, daß der, welcher zuerst erwachen würde, dem andern einen Pfeil an den Fensterladen schießen sollte, um

ihn zu wecken.

Schon bleichte der Tag, da stieß der Graf von St. Ulrich den Laden auf und griff nach der Armbrust, um das verabredete

Zeichen zu geben; aber im selben Augenblick schwirrte des Bru­ ders Pfeil durch die Morgenluft herüber und durchbohrte ihm

das Herz.

Die Gespensterkutsche von Loh-Rappoltstein In der Christnacht, um die Mitternachtstunde, fahrt jedes

Jahr eine große mit vier Rappen bespannte Kutsche den jähen

Berg herab, auf dem das Schloß Hoh-Rappoltstein liegt. Sie

rollt durch die Hauptstraße der Stadt, am Schützenhause vor­

bei, auf der Straße nach Gemar hin. Niemand sitzt darin und kein Kutscher lenkt die Roffe. Nach zwei Uhr kehrt sie

jedesmal denselben Weg wieder zurück und weckt die Schläfer

durch ihr unheimliches Raffeln auf. Ein Knabe, der einst noch spät einen Auftrag in dem benach­ barten Gemar zu besorgen hatte, traf die Kutsche auf seinem

Rückweg an, und da er müde war und sehr fror, bat er, man möchte ihn doch mitnehmen. Er bekam zwar keine Antwort,

allein die Pferde hielten still. Der Schlag ging auf und wieder zu, nachdem der Knabe in die Kutsche gestiegen war. Er mag

wohl eingeschlafen sein. Nachdem ihn aber die Eltern die ganz«

Nacht vergeblich gesucht hatten, fanden sie ihn am Morgen in

den Ästen einer hohen Pappel sitzend. Wie er da hinaufgekom­ men war, konnte er nicht sagen.

Die Jungfrau auf St. Ulrich In der Christnacht jedes Jahres zeigt sich auf dem Rap-

poltsteinischen Schlosse St. Ulrich

ein

weißes Fräulein,

welches einige Male um das Schloß herumwandelt, sodann bleibt es am Tore stehen, dessen Schlüssel es in der Hand

hält. In demselben Augenblicke

kommt

vom Zellenberger

Schlosse ein Ritter angesprengt, welcher das Fräulein er­

lösen will, allein er vermag «S nicht, da dies nur von einem

Lebenden geschehen kann.

Sowie ihn die Jungfrau kommen sieht, schlägt sie den Schleier umö Gesicht und schließt das Tor hinter sich zu.

Wenn aber einmal ein Lebender es wagte, und die auf dem Banne haftenden Bedingungen

erfüllen

würde die Jungfrau erlöst werden,

und

könnte,

so

all die reichen

Schätze, die in dem Schloß verborgen sind, würden ihm zufallen.

Der Lirzsprung Auf der Straße von RappoltSweiler nach Markirch, unfern des Wallfahrtsortes Dusenbach, liegt der vierzig Fuß hohe

Fels, Hirzsprung genannt. Folgender Begebenheit verdankt

er seinen Namen: Als Graf Anselm von Rappöltstein, ein leidenschaftlicher Jäger, eines Tages einen prächtigen Hirsch verfolgte, kam er plötzlich mit seinem Pferd« an den Rand des über den Abgrund ragenden Felsens. Er konnte das

Pferd nicht mehr zurückhalte», und mit dem Rufe: „Maria, hilf!" schwang er sich in die Tiefe. Er kam unversehrt an

und baute zum Dank für seine wundervolle Rettung der beiden Kapellen von Dusenbach.

eine

Die Jungfrau auf St. Ulrich In der Christnacht jedes Jahres zeigt sich auf dem Rap-

poltsteinischen Schlosse St. Ulrich

ein

weißes Fräulein,

welches einige Male um das Schloß herumwandelt, sodann bleibt es am Tore stehen, dessen Schlüssel es in der Hand

hält. In demselben Augenblicke

kommt

vom Zellenberger

Schlosse ein Ritter angesprengt, welcher das Fräulein er­

lösen will, allein er vermag «S nicht, da dies nur von einem

Lebenden geschehen kann.

Sowie ihn die Jungfrau kommen sieht, schlägt sie den Schleier umö Gesicht und schließt das Tor hinter sich zu.

Wenn aber einmal ein Lebender es wagte, und die auf dem Banne haftenden Bedingungen

erfüllen

würde die Jungfrau erlöst werden,

und

könnte,

so

all die reichen

Schätze, die in dem Schloß verborgen sind, würden ihm zufallen.

Der Lirzsprung Auf der Straße von RappoltSweiler nach Markirch, unfern des Wallfahrtsortes Dusenbach, liegt der vierzig Fuß hohe

Fels, Hirzsprung genannt. Folgender Begebenheit verdankt

er seinen Namen: Als Graf Anselm von Rappöltstein, ein leidenschaftlicher Jäger, eines Tages einen prächtigen Hirsch verfolgte, kam er plötzlich mit seinem Pferd« an den Rand des über den Abgrund ragenden Felsens. Er konnte das

Pferd nicht mehr zurückhalte», und mit dem Rufe: „Maria, hilf!" schwang er sich in die Tiefe. Er kam unversehrt an

und baute zum Dank für seine wundervolle Rettung der beiden Kapellen von Dusenbach.

eine

Das Dorf Tannenkirch Am Fuße des TännchelS, nördlich von Rappoltsweiler, liegt das Dorf Tannenkirch. Früher stand dort nur ei« Kirchlein mitten im Walde. In dies Kirchlein flüchtete sich einst eine

schöne Jungfrau vor der wilden Zudringlichkeit eines sie ver­ folgenden Ritters. Allein auch in das stille Heiligtum drang

der Wüstling. Da wußte sich die Jungfrau nicht mehr zu

helfen und schrie laut: „Herr hilf! Herr hilf!" Siehe, da wurden die Mauern des Kirchleins immer enger und enger,

und bald verwandelten sie sich in eine ungeheure Tanne, welche das Mädchen in ihrem Stamme verschloß, bis der Verfolger von ihr gewichen war. Später wurde wieder ein Kirchlein an

dieselbe Stelle gebaut, und das Dorf Tannenkirch erhielt

seinen Namen von der wundersamen Tanne.

Die silberne Rose Der Berggeist,

der

in

den

'Silber-werken

von Markirch

waltet, verkehrte einst viel mit den Menschen und tat ihnen

Liebes und Gutes, erntete aber dafür nichts als Undank.

Als er eines Tages die schöne Tochter eines Bergmannes ge­

sehen hatte, bat er sie um ihre Liebe; allein sie verschmähte ihn, und feit jenem Tage verschloß er sich ins Innere des

Berges und verschüttete alle Gruben, so daß die Bergwerke

ftillstanhen. Nur ein einziges Mal zeigte er sich noch, gab dem Mädchen eine künstlich in Silber gearbeitete Rose und verschwand so­

dann für immer. Die silberne Rose, welche bis auf den heutigen Tag im Be­ sitz der Nachkommen des Mädchens sein soll, von ihnen aber

Das Dorf Tannenkirch Am Fuße des TännchelS, nördlich von Rappoltsweiler, liegt das Dorf Tannenkirch. Früher stand dort nur ei« Kirchlein mitten im Walde. In dies Kirchlein flüchtete sich einst eine

schöne Jungfrau vor der wilden Zudringlichkeit eines sie ver­ folgenden Ritters. Allein auch in das stille Heiligtum drang

der Wüstling. Da wußte sich die Jungfrau nicht mehr zu

helfen und schrie laut: „Herr hilf! Herr hilf!" Siehe, da wurden die Mauern des Kirchleins immer enger und enger,

und bald verwandelten sie sich in eine ungeheure Tanne, welche das Mädchen in ihrem Stamme verschloß, bis der Verfolger von ihr gewichen war. Später wurde wieder ein Kirchlein an

dieselbe Stelle gebaut, und das Dorf Tannenkirch erhielt

seinen Namen von der wundersamen Tanne.

Die silberne Rose Der Berggeist,

der

in

den

'Silber-werken

von Markirch

waltet, verkehrte einst viel mit den Menschen und tat ihnen

Liebes und Gutes, erntete aber dafür nichts als Undank.

Als er eines Tages die schöne Tochter eines Bergmannes ge­

sehen hatte, bat er sie um ihre Liebe; allein sie verschmähte ihn, und feit jenem Tage verschloß er sich ins Innere des

Berges und verschüttete alle Gruben, so daß die Bergwerke

ftillstanhen. Nur ein einziges Mal zeigte er sich noch, gab dem Mädchen eine künstlich in Silber gearbeitete Rose und verschwand so­

dann für immer. Die silberne Rose, welche bis auf den heutigen Tag im Be­ sitz der Nachkommen des Mädchens sein soll, von ihnen aber

als ein Geheimnis verwahrt und niemand gezeigt wird, öffnet

sich jedesmal, wenn der Familie ein Glück zuteil werden,

und schließt sich, wenn sie ein Unglück treffen soll. Noch oft hört man den Geist im Berge hämmern und das Volk glaubt, daß er einst die reichen Silberadern wieder öffnen werde.

Der Milchbrunnen Es steht auf einer Wiese ein steinerner Brunnen, woraus

Milch statt Waffer fließt. Ringsum blühen große Blumen,

die bergen Honig in den Kelchen. Dahin trägt die Mutier Gottes in stillen Nächten die mutterlosen Kindlein und tränkt

sie. Sie lächeln dann in der Wiege und am Morgen haben sie ein „Milchschnäuzchen" am Munde.

Schlettstadts Ursprung Die Sage führt den Ursprung von Schlettstadt auf die Zeit der Riesen zurück. Einer der mächtigsten unter ihnen, Schlett»,

grub mit eigenen Händen das Lebertal; er riß Bäume und Felsen aus den Bergen und schleuderte sie in die Ebene. Da­ mit baute er ein ungeheures Schloß auf der Stelle, wo sich

jetzt Schlettstadt erhebt.

Die Kirche und das Kloster St. Fides Eine der berühmtesten Kirchen weit und breit war die Kirche St. Fides in Schlettstadt. Von allen Seiten strömten Pil­

ger herbei, die den Mönchen des Klosters Opfer brachten. Aber mit der Zeit ließ der Eifer nach, und die Mönche verarmten so sehr, daß sie beschlossen, das Kloster zu verlassen.

als ein Geheimnis verwahrt und niemand gezeigt wird, öffnet

sich jedesmal, wenn der Familie ein Glück zuteil werden,

und schließt sich, wenn sie ein Unglück treffen soll. Noch oft hört man den Geist im Berge hämmern und das Volk glaubt, daß er einst die reichen Silberadern wieder öffnen werde.

Der Milchbrunnen Es steht auf einer Wiese ein steinerner Brunnen, woraus

Milch statt Waffer fließt. Ringsum blühen große Blumen,

die bergen Honig in den Kelchen. Dahin trägt die Mutier Gottes in stillen Nächten die mutterlosen Kindlein und tränkt

sie. Sie lächeln dann in der Wiege und am Morgen haben sie ein „Milchschnäuzchen" am Munde.

Schlettstadts Ursprung Die Sage führt den Ursprung von Schlettstadt auf die Zeit der Riesen zurück. Einer der mächtigsten unter ihnen, Schlett»,

grub mit eigenen Händen das Lebertal; er riß Bäume und Felsen aus den Bergen und schleuderte sie in die Ebene. Da­ mit baute er ein ungeheures Schloß auf der Stelle, wo sich

jetzt Schlettstadt erhebt.

Die Kirche und das Kloster St. Fides Eine der berühmtesten Kirchen weit und breit war die Kirche St. Fides in Schlettstadt. Von allen Seiten strömten Pil­

ger herbei, die den Mönchen des Klosters Opfer brachten. Aber mit der Zeit ließ der Eifer nach, und die Mönche verarmten so sehr, daß sie beschlossen, das Kloster zu verlassen.

als ein Geheimnis verwahrt und niemand gezeigt wird, öffnet

sich jedesmal, wenn der Familie ein Glück zuteil werden,

und schließt sich, wenn sie ein Unglück treffen soll. Noch oft hört man den Geist im Berge hämmern und das Volk glaubt, daß er einst die reichen Silberadern wieder öffnen werde.

Der Milchbrunnen Es steht auf einer Wiese ein steinerner Brunnen, woraus

Milch statt Waffer fließt. Ringsum blühen große Blumen,

die bergen Honig in den Kelchen. Dahin trägt die Mutier Gottes in stillen Nächten die mutterlosen Kindlein und tränkt

sie. Sie lächeln dann in der Wiege und am Morgen haben sie ein „Milchschnäuzchen" am Munde.

Schlettstadts Ursprung Die Sage führt den Ursprung von Schlettstadt auf die Zeit der Riesen zurück. Einer der mächtigsten unter ihnen, Schlett»,

grub mit eigenen Händen das Lebertal; er riß Bäume und Felsen aus den Bergen und schleuderte sie in die Ebene. Da­ mit baute er ein ungeheures Schloß auf der Stelle, wo sich

jetzt Schlettstadt erhebt.

Die Kirche und das Kloster St. Fides Eine der berühmtesten Kirchen weit und breit war die Kirche St. Fides in Schlettstadt. Von allen Seiten strömten Pil­

ger herbei, die den Mönchen des Klosters Opfer brachten. Aber mit der Zeit ließ der Eifer nach, und die Mönche verarmten so sehr, daß sie beschlossen, das Kloster zu verlassen.

als ein Geheimnis verwahrt und niemand gezeigt wird, öffnet

sich jedesmal, wenn der Familie ein Glück zuteil werden,

und schließt sich, wenn sie ein Unglück treffen soll. Noch oft hört man den Geist im Berge hämmern und das Volk glaubt, daß er einst die reichen Silberadern wieder öffnen werde.

Der Milchbrunnen Es steht auf einer Wiese ein steinerner Brunnen, woraus

Milch statt Waffer fließt. Ringsum blühen große Blumen,

die bergen Honig in den Kelchen. Dahin trägt die Mutier Gottes in stillen Nächten die mutterlosen Kindlein und tränkt

sie. Sie lächeln dann in der Wiege und am Morgen haben sie ein „Milchschnäuzchen" am Munde.

Schlettstadts Ursprung Die Sage führt den Ursprung von Schlettstadt auf die Zeit der Riesen zurück. Einer der mächtigsten unter ihnen, Schlett»,

grub mit eigenen Händen das Lebertal; er riß Bäume und Felsen aus den Bergen und schleuderte sie in die Ebene. Da­ mit baute er ein ungeheures Schloß auf der Stelle, wo sich

jetzt Schlettstadt erhebt.

Die Kirche und das Kloster St. Fides Eine der berühmtesten Kirchen weit und breit war die Kirche St. Fides in Schlettstadt. Von allen Seiten strömten Pil­

ger herbei, die den Mönchen des Klosters Opfer brachten. Aber mit der Zeit ließ der Eifer nach, und die Mönche verarmten so sehr, daß sie beschlossen, das Kloster zu verlassen.

Da aber erschien dem wackern Ritter Walter von TubelSheim, als er einem Gelübde zufolge in der Kirche der heil. Fides die

Nächte mit Beten zugebracht hatte, eine weißgekleidete Ge­ stalt, in der Ritter Walter seinen Wohltäter, den unlängst

verstorbenen Grafen Konrad erkannte. Vor der Kirche aber sah er durchs Fenster den Platz angefüllt mit Pilgern in

weißen Kleidern, und weiter ab auf der Straße sprengten

viele Ritter in roten Kleidern auf Füchsen heran. Graf Konrad befahl dem zu Tode erschrockenen Ritter in Gotteö Namen, seinen überlebenden Brüdern mitzuteilen, daß

sie sein - des Grafen Konrad - Erbe nicht unter sich teilen dürften, sondern der Kirche der heil. FideS schenken müßten.

Ferner, daß sie die Kirche der heil. FideS mit allen Kräften schützen und ihre Freiheiten mähren sollten.

Damit sein Auftrag auch von den Brüdern geglaubt würd«, nannte die Erscheinung dem Ritter allerlei Geheimnisse, die nur ldie überlebenden Brüder allein kannten. Darauf ver­

schwand der Geist des toten Konrad und mit ihm all« die Ge­

stalten vor der Kirche. Ritter Waller entledigte sich seines Auftrags, worauf die Brüder des Grafen bestürzt ob der seltsamen Kunde, die sie nicht bezweifeln konnten, Rats pflogen. Darauf gaben sie das

Erbe ihres Bruders zu dessen und ihrer anderen Vorfahren Seelenheil, zur Vergebung ihrer eigenen Sünden, zu des

Herrn Ehre und der Menschen Heile der heiligen FideS.

Das gelbe Fräulein auf Lohlönigsburg Fronsastenkindern und Sonntagskindern allein zeigt sich das

gelbe Fräulein auf HohkönigSburg.

Da aber erschien dem wackern Ritter Walter von TubelSheim, als er einem Gelübde zufolge in der Kirche der heil. Fides die

Nächte mit Beten zugebracht hatte, eine weißgekleidete Ge­ stalt, in der Ritter Walter seinen Wohltäter, den unlängst

verstorbenen Grafen Konrad erkannte. Vor der Kirche aber sah er durchs Fenster den Platz angefüllt mit Pilgern in

weißen Kleidern, und weiter ab auf der Straße sprengten

viele Ritter in roten Kleidern auf Füchsen heran. Graf Konrad befahl dem zu Tode erschrockenen Ritter in Gotteö Namen, seinen überlebenden Brüdern mitzuteilen, daß

sie sein - des Grafen Konrad - Erbe nicht unter sich teilen dürften, sondern der Kirche der heil. FideS schenken müßten.

Ferner, daß sie die Kirche der heil. FideS mit allen Kräften schützen und ihre Freiheiten mähren sollten.

Damit sein Auftrag auch von den Brüdern geglaubt würd«, nannte die Erscheinung dem Ritter allerlei Geheimnisse, die nur ldie überlebenden Brüder allein kannten. Darauf ver­

schwand der Geist des toten Konrad und mit ihm all« die Ge­

stalten vor der Kirche. Ritter Waller entledigte sich seines Auftrags, worauf die Brüder des Grafen bestürzt ob der seltsamen Kunde, die sie nicht bezweifeln konnten, Rats pflogen. Darauf gaben sie das

Erbe ihres Bruders zu dessen und ihrer anderen Vorfahren Seelenheil, zur Vergebung ihrer eigenen Sünden, zu des

Herrn Ehre und der Menschen Heile der heiligen FideS.

Das gelbe Fräulein auf Lohlönigsburg Fronsastenkindern und Sonntagskindern allein zeigt sich das

gelbe Fräulein auf HohkönigSburg.

Es hat ein schneeweiß Antlitz, trägt einen engen Rock von

altmodischem Schnitt und strohgelber Farbe. Hut, Schleier, Schuhe und Strümpfe sind orangegelb. Am Gürtel hängt ein

Schlüffelbund. Kommt nun gerade zur Mittagsstunde der

Begünstigte nuf's Schloß, sei's allein oder in Gesellschaft, so

sieht nur er das Fräulein, das ihm winkt, den größten Schlüssel aus dem Bunde nimmt und an einem der großen

runden Ecktürme die Bewegung des Aufschließens macht.

Würde einer der Bevorzugten, ohne ein Wort zu reden, dem gelben Fräulein folgen in den Turm und die unterirdischen

Gänge, so wär« sie «rlöst, und er hätte Geld genug. Allein bis

setzt hat noch jeder einen Schrei der Verwunderung auSgestoßen, und alsobald war das Fräulein vor seinen Augen ver­

schwunden.

Die Glocke von Kestenholz Da wo die neue Kirche stehet, siehet man noch die Trümmer einer alten Burg, auf welcher ein Zwingherr häufele, von welchem die Bürger erzählen: daß er unter einer daselbst ge­

standenen Linde mit jeder Braut den-ersten Reihen getanzt, hernach aber, nach seinem Gefallen, sich mehrere Freiheiten

angemaßt und soviel Ausgelassenheiten verübt hätte, daß sich

endlich die Bürger zusammen verschworen und auf ein ge­

gebenes Zeichen mit der Glock«, an «inem Morg«n vor Tag, daS Schloß angegriffen und ihren Tyrannen ermordet haben.

Dies« Glocke ist noch zu sehen, sie hängt im Kirchturm, siehet uralt aus, hat keine Inschrift, und zum Andenken dieser Be­ gebenheit wird sie noch jetzt alle Morgen vor der Torglock« an­

gezogen und sonst zu nichts gebraucht.

Es hat ein schneeweiß Antlitz, trägt einen engen Rock von

altmodischem Schnitt und strohgelber Farbe. Hut, Schleier, Schuhe und Strümpfe sind orangegelb. Am Gürtel hängt ein

Schlüffelbund. Kommt nun gerade zur Mittagsstunde der

Begünstigte nuf's Schloß, sei's allein oder in Gesellschaft, so

sieht nur er das Fräulein, das ihm winkt, den größten Schlüssel aus dem Bunde nimmt und an einem der großen

runden Ecktürme die Bewegung des Aufschließens macht.

Würde einer der Bevorzugten, ohne ein Wort zu reden, dem gelben Fräulein folgen in den Turm und die unterirdischen

Gänge, so wär« sie «rlöst, und er hätte Geld genug. Allein bis

setzt hat noch jeder einen Schrei der Verwunderung auSgestoßen, und alsobald war das Fräulein vor seinen Augen ver­

schwunden.

Die Glocke von Kestenholz Da wo die neue Kirche stehet, siehet man noch die Trümmer einer alten Burg, auf welcher ein Zwingherr häufele, von welchem die Bürger erzählen: daß er unter einer daselbst ge­

standenen Linde mit jeder Braut den-ersten Reihen getanzt, hernach aber, nach seinem Gefallen, sich mehrere Freiheiten

angemaßt und soviel Ausgelassenheiten verübt hätte, daß sich

endlich die Bürger zusammen verschworen und auf ein ge­

gebenes Zeichen mit der Glock«, an «inem Morg«n vor Tag, daS Schloß angegriffen und ihren Tyrannen ermordet haben.

Dies« Glocke ist noch zu sehen, sie hängt im Kirchturm, siehet uralt aus, hat keine Inschrift, und zum Andenken dieser Be­ gebenheit wird sie noch jetzt alle Morgen vor der Torglock« an­

gezogen und sonst zu nichts gebraucht.

Die treue Gattin Ein Herr von Bernstein, dem festen Schloff«, deffen Trüm­ mer oberhalb des Städtchens Dambach stehen, hatte bösen

Argwohn gegen seine Gattin gefaßt. Um sie zu prüfen, gab

er eines Tages eine Reise vor, verbarg sich aber nur in der Nähe und, um sie zu überraschen, stieg er nachts verkleidet auf einer Leiter vor das Fenster ihres Schlafgemaches. Die

treue Gattin erwachte plötzlich bei dem Geräusche und da sie

d«r vermummten Gestalt am Fenster ansichtig wurde, faßte sie «in Schwert und brachte ihrem Gatten einen tödlichen Streich

bei. Kaum war sie ihres Irrtums gewahr geworden, so geriet sie in Verzweiflung, die ihrem Leben bald ein Ende machte.

Jetzt noch erzählt man im Volk, fährt das unglücklich« Paar

in stillen Nächten in einer kristallenen Kutsche längs des Rö­ merweges hin und ein Rudel höllischer Hunde sagt ihnen

bellend nach.

Das versunkene Kloster In elsässischer Mundart sSundgau). „HanSdännel, dräs de Labbe, 's Stechrueder lais ins Schiff,

Mer lons gemächli driwe, der Rhin isch do ;e dies." Ken Lüftelg geth. Ze Rhinau mürt si nix wit u» breit, Der Mond hetS Lienduech silwre ums Dörfel üsgelrit.

„Was zucksch, was hesch ze lüstre? Herrsch, was der Wächter saat?

Der Kirchehammer lipft si, un d' Zwölferglocke schlaat."

Un dies im Rhiustrom drunde hebbt au e Hammer üS:

Zwölf Glockeschläs erdöne zuem Waffergrund erüS.

Die treue Gattin Ein Herr von Bernstein, dem festen Schloff«, deffen Trüm­ mer oberhalb des Städtchens Dambach stehen, hatte bösen

Argwohn gegen seine Gattin gefaßt. Um sie zu prüfen, gab

er eines Tages eine Reise vor, verbarg sich aber nur in der Nähe und, um sie zu überraschen, stieg er nachts verkleidet auf einer Leiter vor das Fenster ihres Schlafgemaches. Die

treue Gattin erwachte plötzlich bei dem Geräusche und da sie

d«r vermummten Gestalt am Fenster ansichtig wurde, faßte sie «in Schwert und brachte ihrem Gatten einen tödlichen Streich

bei. Kaum war sie ihres Irrtums gewahr geworden, so geriet sie in Verzweiflung, die ihrem Leben bald ein Ende machte.

Jetzt noch erzählt man im Volk, fährt das unglücklich« Paar

in stillen Nächten in einer kristallenen Kutsche längs des Rö­ merweges hin und ein Rudel höllischer Hunde sagt ihnen

bellend nach.

Das versunkene Kloster In elsässischer Mundart sSundgau). „HanSdännel, dräs de Labbe, 's Stechrueder lais ins Schiff,

Mer lons gemächli driwe, der Rhin isch do ;e dies." Ken Lüftelg geth. Ze Rhinau mürt si nix wit u» breit, Der Mond hetS Lienduech silwre ums Dörfel üsgelrit.

„Was zucksch, was hesch ze lüstre? Herrsch, was der Wächter saat?

Der Kirchehammer lipft si, un d' Zwölferglocke schlaat."

Un dies im Rhiustrom drunde hebbt au e Hammer üS:

Zwölf Glockeschläs erdöne zuem Waffergrund erüS.

E Metteglöckel drunde fangt hell ze lüdden an, E Zugg vun Klosterbrüedre summt schmächdi, bleich un rahn.

Sie schrüdden üsm Wasser, e jeder trat e Kerz Un murmelt vor sich nidder un schlaat derzue uffe Her;.

Jetz sinn ft alli howwe, un'S Glöckel drunde schweit.

's schellt dreimol noch, un jeder still uf de Kneije leit. Sie betten um Erbarme: „Sei gnädi, Herr un Gott!"

Vergangen isch es alle do Hunde Truej un Spott. e' isch gsin e lustis Völkel, dis het im Kloster ghüft;

Gebett hen sie nit, selli, doch beste besser gschmüst.

Un isch rnr

Naacht noch gange am Rhinaukloster hien,

Se het mer'S Heere rabble mit Würfle druf un drin.

So sin emol sie gseffe grad in re Osternaacht, 's het bi der ewjen Ambel keen Brueder meh gewacht.

Druff, wie di isch erlosch« - uf einmal rüschtS un stift

Durch alli Gang un Zelle, wie wenn e Wasser brüst. Der Rhinftrom, wild tut zorni, hetS Kloster ball umringt, In sine diese Rache ers griddi nunderschlingt.

Do drunde steht's, versunke jetz vil Iohrhundert schunn, Mer siehtS, wenn d' Well« schweij«, oft glänzen in der Sunn. „HanSdännel, bräj de Labbe, 's Stechrueder laij inS Schiff,

Mer lonS gemächli driwe, der Rhin isch do ze dies." Ken Lüftel geht. Ze Rhinau müxt ft nix wit un breit, Der Mond HetS Lienduech silwre umS Dörfle üSgeleit. A u g n st S t ö b e r. 5

SIM. Sagen.

Bd. 1, T. i.

65

Die Lilfe der Toten Niklaus Zorn von Bulach, welcher seinen Sitz in Osthausen,

unweit von Mahenheim hatte, war ein braver RitterSman», der «S mit der Welt recht gut hielt, aber darüber den Himmel

nicht vergaß. Bei Spiel und Tanz, bei Trinkgelag und Tur»

nier fehlte er so wenig wie bei Glockengeläute und Chor« gesang. Er ging selten an einer Kirche vorüber, ohne einzu­ treten und wenigstens ein Paternoster oder ein Ave zu spre­

chen. Auch versäumte er eö nie, wenn er über einen Friedhof ging, für das Heil der Seelen zu beten, deren Leiber hier

ruhten. Eines Nachts, als er spät vom Humpenklang zurückkehrte, er­

blickte er das Licht der ewigen Lamp« in einer Kapelle und wollte eben über den darum liegenden Kirchhof gehen, um fein Gebet zu verrichten, als zwei vermummte Gestalten mit

blinkenden Waffen auf ihn lossprangen. Aber noch ehe er selbst zum Schwerte greifen konnte, regte sich's auf dem gan­ zen Kirchhof. Eine Menge von Gerippen richtete sich aus ihren Gräbern empor und stürzte über die beiden Mörder her,

welche eiligst die Flucht ergriffen. Der Junker wußt« nicht, wie ihm geschah. Aber ein Gerippe

trat zu ihm und sprach: Fürchte dich nicht, Herr Klaus Zorn von Bulach, die Toten, für deren Seelen du so fleißig betest,

sind dir dankbar und werden es nimmer dulden, daß dir auf ihrem Gebiete ein Haar gekrümmt werd«.

Die heilige Richardis Die heilig« Richardis, ein« Tochter b«S HerchengariuS, Gra­ fen Les Nordgaus im Elsaß, aus Attichs Geschlecht, hatt« sich

Die Lilfe der Toten Niklaus Zorn von Bulach, welcher seinen Sitz in Osthausen,

unweit von Mahenheim hatte, war ein braver RitterSman», der «S mit der Welt recht gut hielt, aber darüber den Himmel

nicht vergaß. Bei Spiel und Tanz, bei Trinkgelag und Tur»

nier fehlte er so wenig wie bei Glockengeläute und Chor« gesang. Er ging selten an einer Kirche vorüber, ohne einzu­ treten und wenigstens ein Paternoster oder ein Ave zu spre­

chen. Auch versäumte er eö nie, wenn er über einen Friedhof ging, für das Heil der Seelen zu beten, deren Leiber hier

ruhten. Eines Nachts, als er spät vom Humpenklang zurückkehrte, er­

blickte er das Licht der ewigen Lamp« in einer Kapelle und wollte eben über den darum liegenden Kirchhof gehen, um fein Gebet zu verrichten, als zwei vermummte Gestalten mit

blinkenden Waffen auf ihn lossprangen. Aber noch ehe er selbst zum Schwerte greifen konnte, regte sich's auf dem gan­ zen Kirchhof. Eine Menge von Gerippen richtete sich aus ihren Gräbern empor und stürzte über die beiden Mörder her,

welche eiligst die Flucht ergriffen. Der Junker wußt« nicht, wie ihm geschah. Aber ein Gerippe

trat zu ihm und sprach: Fürchte dich nicht, Herr Klaus Zorn von Bulach, die Toten, für deren Seelen du so fleißig betest,

sind dir dankbar und werden es nimmer dulden, daß dir auf ihrem Gebiete ein Haar gekrümmt werd«.

Die heilige Richardis Die heilig« Richardis, ein« Tochter b«S HerchengariuS, Gra­ fen Les Nordgaus im Elsaß, aus Attichs Geschlecht, hatt« sich

im Jahre 862 mit dem später zur Kaiserwürde gelangten Karl dem Dicken verehelicht. Sie zeichnet« sich nicht nur durch hohe Weisheit und Frömmigkeit, sonder» auch durch eine für ihre Zeit ungewöhnliche Bildung aus und galt für eine der

schönsten Frauen des Reichs. Nach einer fünfuwdzwanzigjährigen Ehe gab der in jeder Hinsicht unfähige Kaiser den bösen

Einflüsterungen einiger ränkevoller Hofleute Gehör, welche die edle Frau einer schändlichen Verbindung mit Luitwakd, Bischof von Vercelli, anklagten, „der des KeyserS sonderlicher, geheimer Rhat war."

Luitward wurde vom Hofe verbannt

und der schwache, von finsterm Mißtrauen erfüllte Kaiser 6e« schied seine Gemahlin vor eine Versammlung von Bischöfen

und Herren nach Kirchheim, einer seiner drei Pfaden, die er

im Elsaß hatte, damit sie sich verantworte. Die Kaiserin er­ bot sich, ihr« Unschuld durch die Feuerprobe zu beweisen, über

glühende Stangen zu wandeln und einen glühenden eisernen Handschuh anzulegen.

Da trat ein junger Rittersmann hervor und erbot sich, für die

Unschuld der Kaiserin gegen deren Verleumder zu kämpfen. Allein keiner wagte eS, den Kampf anzunehmen. Da zog Ri­ chardis ein weißes, seidenes Hemd an, das mit Wachs be­

strichen war und wandelte also bekleidet durch die Flammen. Und siehe! Hemd und Körper blieben unversehrt. Da war ihre

Unschuld vor aller Welt erwiesen, die Bosheit ihrer Wider­ sacher aber zu Schanden gemacht. Nun war Richardis ihres ungerechten, finstersinnigen Ge­ mahls müde, so wie alles Glanzes, der sie in ihrer hohen

Würde als Kaiserin umgeben. Sie gelobte, Gott allein bis

5*

67

zum Enke ihrer Tage zu dienen und zu seinem Dienste ein

Kloster zu bauen. Sie schickte den jungen Ritter von Andelo, der sie so mutig

verteidigt hatte, hinaus ins vogesische Gebirge, damit er ihr tief in der Wildnis, wo noch keine menschliche Wohnung wäre, eine Stätte als Zufluchtsort aufsuche. Diese fand der Ritter auch hinter dem St. Odilienkloster in

einem einsamen, tannenbewachsenen Tal, wo an einem Quell

ein Bär trank, der seine Höhle in der Nähe hatte und in der­

selben mehrere Junge. Dieser Ort gefiel der heiligen Richardis wegen seiner Ein­

samkeit und Wildnis wohl, und sie ließ hier ein fürstliches

Kloster bauen. Der junge Ritter aber wurde des Klosters Schirmvogt und der Stammvater der Herren von Andlau.

Der Müllerbursche und das Fräulein von LohAndlau Die Tochter

eines Ritters von Hoh-Andlau

hatte

einen

Müllerburschen im Tale liebgewonnen und kam oft zu nächt­

licher Stunde, da alles im Schlosse schlief, zu einem heim­ lichen Pförtchen herab und besuchte ihn in der Mühle. Sie waren einander so zugetan, daß keines ohne das andere leben

mochte, und weinten oft stundenlang miteinander, wenn sie daran dachten, daß sie sich einst meiden sollten. Eines Nachts war die Jungfrau nun wieder den Berg her­ abgekommen und hatte die Mühle bereits durchwandert, ohne

den Geliebten zu finden. Sie rief ihn ängstlich beim Namen

und da sie keine Antwort erhielt, brach sie in lautes Jammern

und Weinen aus. Nachdem sie also verzweifelnd umherge-

zum Enke ihrer Tage zu dienen und zu seinem Dienste ein

Kloster zu bauen. Sie schickte den jungen Ritter von Andelo, der sie so mutig

verteidigt hatte, hinaus ins vogesische Gebirge, damit er ihr tief in der Wildnis, wo noch keine menschliche Wohnung wäre, eine Stätte als Zufluchtsort aufsuche. Diese fand der Ritter auch hinter dem St. Odilienkloster in

einem einsamen, tannenbewachsenen Tal, wo an einem Quell

ein Bär trank, der seine Höhle in der Nähe hatte und in der­

selben mehrere Junge. Dieser Ort gefiel der heiligen Richardis wegen seiner Ein­

samkeit und Wildnis wohl, und sie ließ hier ein fürstliches

Kloster bauen. Der junge Ritter aber wurde des Klosters Schirmvogt und der Stammvater der Herren von Andlau.

Der Müllerbursche und das Fräulein von LohAndlau Die Tochter

eines Ritters von Hoh-Andlau

hatte

einen

Müllerburschen im Tale liebgewonnen und kam oft zu nächt­

licher Stunde, da alles im Schlosse schlief, zu einem heim­ lichen Pförtchen herab und besuchte ihn in der Mühle. Sie waren einander so zugetan, daß keines ohne das andere leben

mochte, und weinten oft stundenlang miteinander, wenn sie daran dachten, daß sie sich einst meiden sollten. Eines Nachts war die Jungfrau nun wieder den Berg her­ abgekommen und hatte die Mühle bereits durchwandert, ohne

den Geliebten zu finden. Sie rief ihn ängstlich beim Namen

und da sie keine Antwort erhielt, brach sie in lautes Jammern

und Weinen aus. Nachdem sie also verzweifelnd umherge-

laufen war, fand sie ihn endlich zerschmettert im Mühlbache.

Die Sinne vergingen ihr; sie stürzte sich ihm nach in die schäu­ mende Flut. Jetzt sieht man noch in gewissen Nächten die Gestalten der

beiden Liebenden, jede an einer anderen Seite des Ufers hin­

gehen, und sodann im Getöse der Wellen, die vom Mühlrade herabbrausen, mit lautem Weinen verschwinden.

Das Rotkäppel In der Neugaffe zu Barr lebte ein Mehlhändler, der von der

roten Mühe, die er gewöhnlich trug, int ganzen Städtchen

und auch in der Umgebung nur das Rotkäppel genannt wurde. Er ftand im Gerücht, daß er schlechtes Maß und Gewicht halte und darum nach seinem Tode umgehen müsse. Auch soll

er die Haus- und Nachbarsleute nachts häufig beunruhigt haben. Um sich gegen seine unheimlichen Angriffe zu sichern,

ließ man Kapuziner kommen, die ihn bannten, ihn in «inen Sack steckten und ihn in den Wald am Rothmannsberg tru­

gen. Dort treibt er nun sein Wesen, neckt die Vorübergehen­ den, führt die, die sich nachts verspätet haben, irre und täuscht die Förster durch Axthiebe und Sägen, daß sie meinen, der Wald sei voller Holzdiebe.

Die Erscheinung auf dem Speicher Ein Knabe von 13 bis 14 Jahren, der in Barr mit seinen Eltern ein altertümliches Gebäude bewohnte, hatte den Auf­ trag, täglich etliche Rebwellen vom Speicher herab in die Küche zu tragen. Eines Tages vergaß er über dem Spielen

sein« gewöhnliche Arbeit zu verrichten und mußte nun spät

laufen war, fand sie ihn endlich zerschmettert im Mühlbache.

Die Sinne vergingen ihr; sie stürzte sich ihm nach in die schäu­ mende Flut. Jetzt sieht man noch in gewissen Nächten die Gestalten der

beiden Liebenden, jede an einer anderen Seite des Ufers hin­

gehen, und sodann im Getöse der Wellen, die vom Mühlrade herabbrausen, mit lautem Weinen verschwinden.

Das Rotkäppel In der Neugaffe zu Barr lebte ein Mehlhändler, der von der

roten Mühe, die er gewöhnlich trug, int ganzen Städtchen

und auch in der Umgebung nur das Rotkäppel genannt wurde. Er ftand im Gerücht, daß er schlechtes Maß und Gewicht halte und darum nach seinem Tode umgehen müsse. Auch soll

er die Haus- und Nachbarsleute nachts häufig beunruhigt haben. Um sich gegen seine unheimlichen Angriffe zu sichern,

ließ man Kapuziner kommen, die ihn bannten, ihn in «inen Sack steckten und ihn in den Wald am Rothmannsberg tru­

gen. Dort treibt er nun sein Wesen, neckt die Vorübergehen­ den, führt die, die sich nachts verspätet haben, irre und täuscht die Förster durch Axthiebe und Sägen, daß sie meinen, der Wald sei voller Holzdiebe.

Die Erscheinung auf dem Speicher Ein Knabe von 13 bis 14 Jahren, der in Barr mit seinen Eltern ein altertümliches Gebäude bewohnte, hatte den Auf­ trag, täglich etliche Rebwellen vom Speicher herab in die Küche zu tragen. Eines Tages vergaß er über dem Spielen

sein« gewöhnliche Arbeit zu verrichten und mußte nun spät

laufen war, fand sie ihn endlich zerschmettert im Mühlbache.

Die Sinne vergingen ihr; sie stürzte sich ihm nach in die schäu­ mende Flut. Jetzt sieht man noch in gewissen Nächten die Gestalten der

beiden Liebenden, jede an einer anderen Seite des Ufers hin­

gehen, und sodann im Getöse der Wellen, die vom Mühlrade herabbrausen, mit lautem Weinen verschwinden.

Das Rotkäppel In der Neugaffe zu Barr lebte ein Mehlhändler, der von der

roten Mühe, die er gewöhnlich trug, int ganzen Städtchen

und auch in der Umgebung nur das Rotkäppel genannt wurde. Er ftand im Gerücht, daß er schlechtes Maß und Gewicht halte und darum nach seinem Tode umgehen müsse. Auch soll

er die Haus- und Nachbarsleute nachts häufig beunruhigt haben. Um sich gegen seine unheimlichen Angriffe zu sichern,

ließ man Kapuziner kommen, die ihn bannten, ihn in «inen Sack steckten und ihn in den Wald am Rothmannsberg tru­

gen. Dort treibt er nun sein Wesen, neckt die Vorübergehen­ den, führt die, die sich nachts verspätet haben, irre und täuscht die Förster durch Axthiebe und Sägen, daß sie meinen, der Wald sei voller Holzdiebe.

Die Erscheinung auf dem Speicher Ein Knabe von 13 bis 14 Jahren, der in Barr mit seinen Eltern ein altertümliches Gebäude bewohnte, hatte den Auf­ trag, täglich etliche Rebwellen vom Speicher herab in die Küche zu tragen. Eines Tages vergaß er über dem Spielen

sein« gewöhnliche Arbeit zu verrichten und mußte nun spät

•bento noch ohne Licht aus den Speicher gehen, um sein RebHolz zu holen. Als er oben angelangt war, fiel ihm eine ungewöhnliche Helle auf, die zu einem Fenster hereinkam, an einer Stelle der Wand, wo er sonst niemals ein Fenster wahr­ genommen hatte. Die Neugierde trieb ihn an bas Fenster. Er blickte hindurch in eine Helle geräumig« Stube mit wunderbar aussehenden Möbeln. Am Tische saß bei einer altertümlichen, sehr hell brennenden Lamp« ein« alte Frau und las, wie «S dem Knaben vorkam, in einem geschriebenen Buche. Ein alter, seltsam gekleideter Mann ging in der Stube auf und ab. Der Knabe beobachtete diese Erscheinung mehr als zwanzig Minuten lang. Endlich nahm er in seinem jugendlichen Über­ mut seine Mütze und warf damit nach der alten Frau, die verwundert in die Höhe schaute und den Knaben ansah. Dar­ auf ging in dem erleuchteten Zimmer eine große Doppeltür auf und eS füllte sich mit vielen altfränkisch gekleideten Per­ sonen. DaS Zimmer schien dem Knaben immer größer und Heller zu werden. Er sprang die Treppe hinab, um seine El­ tern und Geschwister zu rufen, damit fie die seltsam« Komödie sehen sollten, bi«, wie er meinte, in einem Nachbarhaus« vor sich gingAls aber der Knabe mit seinen Eltern und Geschwistern wie­ der auf den Speicher kam, war alles dunkel. Die weggewor­ fene Mütze wurde nie gefunden. Auch war nie eine Spur von einem Fenster auf dem Speicher zu finden. Später sah der Knabe nie mehr das geringste. Aber die Be­ schreibung, die er von dem Zimmer und seinen Möbeln, sowie von den Personen, die er darin gesehen und deren altertüm­ lichen Kleidung gegeben hatte, blieb sich immer gleich.