Elektronisches Tourismus-Marketing: Globale CRS-Netze und neue Informationstechnologien [Reprint 2015 ed.] 9783110804645, 9783110162127


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German Pages 284 Year 1998

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Table of contents :
Teil I: Globale Computer–Reservierungssysteme im internationalen Tourismus
1 Touristische Vertriebslandschaft, früher und heute
2 Entstehungsgeschichte der CRS und deren Marketingfunktionen im globalen Umfeld
2.1 Definition globaler CRS
2.2 Phasen der Entwicklungsgeschichte
2.3 Marketingfunktionen der CRS im globalen Umfeld
3 Marktanalyse der CRS in den Weltmärkten: Nordamerika,Europa und asiatisch-pazifischer Raum
3.1 Marktabdeckung in den Weltmärkten
3.2 Untemehmensübersicht: Gründung/Standorte/Struktur
4 Kooperationen und Konzentrationen der CRS als Folge des Strukturwandels im Luftverkehr und im Tourismus generell
4.1 Systematisierung der Unternehmensverbindungen nach wirtschaftlicher und rechtlicher Selbständigkeit
4.2 Zielsetzungen von Unternehmenszusammenschlüssen
4.3 Kooperationen und Konzentrationen der CRS
5 Wettbewerbsregulierende Organe im Kampf gegen wettbewerbsverzerrende CRS-Praktiken
6 Neueste Entwicklungen im gesamten Umfeld der CRS und Verzahnung aller Bereiche im Tourismusgeschäft der Zukunft
6.1 Veränderte technische Rahmenbedingungen sowie Etablierung neuer Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien
6.2 Neue Entwicklungen im CRS-Bereich
6.3 Neue Entwicklungen im Konsumentenbereich
6.4 Die veränderte Rolle der Reisebüros und Veranstalter
6.5 Verzahnung aller Bereiche im Tourismusgeschäft der Zukunft
Teil II: Potentiale und Engagement der marktbeherrschenden CRS in Lateinamerika (Dokumentation, Analyse, Prognose)
7 Definition touristischer Märkte und Abgrenzung des touristischen Marktes Lateinamerika
7.1 Definition touristischer Märkte
7.2 Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika
8 Geschichtliche Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nach/von Lateinamerika in ihrer Bedeutung für den Kampf globaler CRS um neue Aufbruchmärkte
8.1 Entwicklung im Luftverkehrsbereich und im Bereich touristischer Informationstechnologien vor Anfang der 90er Jahre
8.2 Meilensteine der Entwicklung in Luftverkehr und Wirtschaft nach Beginn der 90er Jahre
9 Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika
9.1 Probleme und Herausforderungen
9.2 Schlüsselmärkte für CRS
9.3 Entwicklung und Stellenwert der Tourismusindustrie in den CRS-Schlüsselmärkten Argentinien und Brasilien (nach1990)
9.4 Status des Engagements globaler CRS im lateinamerikanischen Raum (1994)
10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika
10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika
10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik
10.3 Reisemarkt Mexiko
10.4 Reiseströme des internationalen Tourismus von/nach/ innerhalb Lateinamerika)
11 Die Rolle der Computertechnologie in der zukünftigen Entwicklung des Lateinamerika/Karibik-Tourismus
11.1 Indikatoren für die zukünftige Entwicklung des Lateinamerika-Tourismus
11.2 Rolle der Computertechnologie und neuen elektronischen Medien im zukünftigen touristischen Verkmarktungsprozeß
12 Globalisierung und mögliche räumliche Auswirkungen neuer Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien
13 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
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Elektronisches Tourismus-Marketing: Globale CRS-Netze und neue Informationstechnologien [Reprint 2015 ed.]
 9783110804645, 9783110162127

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Monika Echtermeyer Elektronisches Tourismus-Management

Monika Echtermeyer

Elektronisches Tourismus-Marketing Globale CRS-Netze und neue Informationstechnologien

W DE

G

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1998

® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek



CIP-Einheitsaufnahme

Echtermeyer, Monika: Elektronisches Tourismus-Marketing : globale CRS-Netze und neue Informationstechnologien / Monika Echtermeyer. Berlin ; New York : de Gruyter, 1998 ISBN 3-11-016212-1 brosch. ISBN 3-11-016331-4 geb.

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter GmbH & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin. - Umschlagentwurf: Christopher Schneider, Berlin. — Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin. — Printing in Germany

Vorwort

Der Tourismussektor befindet sich gegenwärtig in einer gewaltigen, tiefgreifenden Umbruchphase, die wie ein Wirbelwind alle Stufen des Tourismusgeschäftes betrifft und alle Beteiligten (vom Produzenten bis zum Konsumenten) in ihren Sog mitreißt. Die wichtigsten treibenden Faktoren in diesem Prozeß sind die globalen ComputerReservierungssysteme (CRS) und die neuen Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien (IKR). War früher die Informationstechnologie von eher marginaler Bedeutung fur den Geschäftserfolg von Tourismusmanagern, so ist sie heute einer der zentralen Faktoren. Doch für viele hat der Begriff „Informationstechnologie" etwas Bedrohliches. Sie ist ihnen unheimlich und was am schlimmsten ist: Sie verändert sich laufend. Trotz ständig zunehmender Bedeutung der globalen CRS und IKR im Kampf um Marktanteile und Wirtschaftsmacht im internationalen Luftverkehr und im Tourismus generell, gibt es bezüglich der historischen und aktuellen Entwicklung noch viele Wissenslücken unter Tourismusfachleuten. Auch an Universitäten und Fachhochschulen sowie an Berufsschulen mit touristischem Lehrangebot erkannte man den informationstechnologischen Fortschritt im Tourismus sehr spät. Das Lehrangebot wurde erst Anfang der 90er Jahre erweitert. Entsprechende Grundlagenwerke, Lehrbücher und Studien zum Thema CRS und Neue Medien kamen erst Anfang/Mitte der 90er Jahre auf den deutschen Markt, obwohl die enorme Bedeutung der Systeme in den USA bereits zehn Jahre vorher deutlich wurde. Aufgrund der vielfältigen Unternehmensverbindungen globaler CRS untereinander sind der „CRS-Dschungel" und die geographische Verbreitung der Systeme für den Laien schwer überschaubar. Es ist auch kaum bekannt, wie engmaschig das CRS-Netz um den Globus bereits gespannt ist und wo noch Lücken bestehen. Auch die Vielfalt der neuen IKR, neue Rahmenbedingungen und neueste Entwicklungen im gesamten Umfeld der CRS sowie die Verzahnung aller Bereiche (CRS, IKR, LVG, Anbieter- und Vertriebsbereich; Konsumentenbereich) im Tourismusgeschäft der Zukunft sind in der Literatur noch nicht zusammenfassend analysiert und dargestellt worden. Vorliegendes Werk gliedert sich grob in zwei Teile und präsentiert eine systematische historische und aktuelle Analyse zu dem Themenfeld IKR/CRS und deren Innovationsdiffusion. Ziel des ersten Teils der Arbeit ist es, das gestreute Wissen über CRS und neue IKR zu bündeln und dem Leser nahezubringen. Dabei soll sowohl Hintergrundwissen aufgebaut werden über die (Markt-) Flächenerschließung der Systeme weltweit, als auch über deren Marktmacht und Marketingfunktionen. Es soll verdeutlicht werden, daß die globalen CRS und die neuen IKR die Schlüsselfaktoren im Wettbewerb der Aktoren des Tourismus-

VI

Vorwort

gewerbes um neue Märkte und um die Verteidigung bestehender Marktanteile sind. Die vielen technologischen Neuerungen zwingen sowohl die Aktoren des Tourismusgewerbes in hochindustrialisierten Ländern wie auch in weniger hochindustrialisierten Regionen der Welt zu einer Neudefinition ihrer Rolle im Glied der internationalen touristischen Produktions- und Absatzkette. Die Zeit drängt. Die neuen Technologien bergen zwar gewisse Risiken, eröffnen aber auch viele neue Wettbewerbschancen - selbst in den Regionen der Welt, die sich bisher nur ein kleines Stück vom internationalen Tourismuskuchen abschneiden konnten. Nach Erreichen einer gewissen Sättigungsgrenze der CRS-Installationen in Europa und Nordamerika und einer Basisabdeckung zentraler Märkte im asiatisch-pazifischen Raum, rückt das enorme ungenutzte Potential Lateinamerikas und der Karibik ins Blickfeld der CRS. Insbesondere für sich wirtschaftlich und (luft)verkehrlich sowie touristisch entwickelnde Länder ist der Zugang zu diesen neuen IKR Voraussetzung dafür, am internationalen Luftverkehrs- und Tourismusgeschäft verstärkt zu partizipieren. Um dies zu verdeutlichen, widmet sich Teil II des Buches dem detailliert untersuchten Reisemarkt Lateinamerika/Karibik, der in der Innovationskette für die neuen Kommunikations- und Reservierungstechnologien zunächst spät erschlossen wurde, nun aber schrittweise aufholt und aufgrund der spezifischen kultur- und naturräumlichen sowie politischen und ökonomischen Voraussetzungen gute Chancen hat, neue Marktanteile zu gewinnen. Nach einer einführenden Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika/Karibik wird die geschichtliche Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nach/von Lateinamerika in seiner Bedeutung für den Kampf globaler CRS um neue Aufbruchmärkte dokumentiert. Die Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika/Karibik sowie die Verkehrsströme ex/nach Lateinamerika/Karibik werden näher unter die Lupe genommen und die jetzige Stellung und mögliche zukünftige Entwicklung dieses Reisemarktes im weltweiten Vergleich vor Augen geführt. Die vielen technologischen Neuerungen zwingen sowohl die Akteure des Tourismusgewerbes in hochindustrialisierten Ländern wie auch in weniger hochindustrialisierten Regionen der Welt zu einer Neudefinition ihrer Rolle im Glied der internationalen touristischen Produktions- und Absatzkette; sie bieten vielfaltige Chancen, bergen aber auch gewisse Risiken, denen die Betroffenen mit Flexibilität und einem hohen Maß an Kreativität begegnen müssen. Die Initialzündung für dieses Buch gab Herr Prof. Dr. Hellmut Schroeder-Lanz während seiner Zeit als Coautor der Annals of Tourism Research und Leiter des Fachbereiches Geographie/Fernerkundung an der Universität Trier. Für seine wissenschaftliche Betreuung und wertvollen Anregungen bin ich ihm zu besonderem Dank verpflichtet. Ebenso herzlich möchte ich Herrn Prof. Dr. Heiner Monheim (Leiter des Fachbereiches Angewandte Geographie/Raumentwicklung an der Universität Trier) für die fachliche Unterstützung und wissenschaftliche Begutachtung danken. Für die große Hilfe beim Entwerfen der Graphiken und die mühevollen redaktionellen Abschlußarbeiten gilt meinem Mann Karl und meinen Freunden ein herzliches Dankeschön. Monika

Echtermeyer

Inhaltsverzeichnis

Teil I: Globale Computer-Reservierungssysteme im internationalen Tourismus

1

1

Touristische Vertriebslandschaft, früher und heute

3

2

Entstehungsgeschichte der CRS und deren Marketingfunktionen

3

4

im globalen Umfeld

5

2.1

Definition globaler CRS

5

2.2 2.3

Phasen der Entwicklungsgeschichte Marketingfunktionen der CRS im globalen Umfeld 2.3.1 Globales Marketing im globalen Reisemarkt 2.3.2 Konzeption globaler CRS und Rolle der Netzwerkbetreiber 2.3.3 Leistungsangebot und Funktionalität der CRS 2.3.4 Vorteile/Nachteile aus Anwendung und Verbreitung

Marktanalyse der CRS in den Weltmärkten: Nordamerika, Europa und asiatisch-pazifischer Raum

7 15 15 18 24 32

37

3.1

Marktabdeckung in den Weltmärkten 3.1.1 CRS in Europa 3.1.2 CRS in Nordamerika 3.1.3 CRS im asiatisch-pazifischen Raum 3.1.4 CRS in anderen Regionen der Welt

37 44 47 47 48

3.2

Unternehmensiibersicht: Gründung/Standorte/Struktur

50

Kooperationen und Konzentrationen der CRS als Folge des Strukturwandels im Luftverkehr und im Tourismus generell

63

4.1

Systematisierung der Unternehmensverbindungen nach wirtschaftlicher und rechtlicher Selbständigkeit

63

4.2

Zielsetzungen von Unternehmenszusammenschlüssen

65

4.3

Kooperationen und Konzentrationen der CRS

67

Vili 5

6

Inhaltsverzeichnis

Wettbewerbsregulierende Organe im Kampf gegen wettbewerbsverzerrende CRS-Praktiken

71

Neueste Entwicklungen im gesamten Umfeld der CRS und Verzahnung aller Bereiche im Tourismusgeschäft der Zukunft

79

6.1

Veränderte technische Rahmenbedingungen sowie Etablierung neuer Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien 6.1.1 Veränderte technische Rahmenbedingungen 6.1.2 Endverbraucherorientierte Technologien 6.1.3 Kommerzielle Online-Dienste und Internet 6.1.4 Vorteile / Nachteile von computergesteuerten IKR Entwicklungen im CRS-Bereich Buchungen vorbei am CRS Verhältnis der CRS zu den Online-Diensten Endverbraucherversionen von CRS

6.2

Neue 6.2.1 6.2.2 6.2.3

6.3

Neue Entwicklungen im Airline-Bereich 6.3.1 Steigender Vertriebskostendruck 6.3.2 Aktuelle Rolle alternativer (direkter) Vertriebswege

103 105 109

6.4

Neue Entwicklungen im Konsumentenbereich 6.4.1 Soziodemographische Veränderungen 6.4.2 Technische Revolution in Privathaushalten

113 113 114

6.5

Die veränderte Rolle der Reisebüros und Veranstalter

116

6.6

Verzahnimg aller Bereiche im Tourismusgeschäft der Zukunft

121

Teil II: Potentiale und Engagement der marktbeherrschenden CRS in Lateinamerika (Dokumentation, Analyse, Prognose)

7

79 79 81 86 93 98 98 99 100

129

Definition touristischer Märkte und Abgrenzung des touristischen Marktes Lateinamerika

131

7.1

Definition touristischer Märkte

131

7.2

Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika 7.2.1 Räumlicher Aspekt 7.2.2 Sachlicher Aspekt, Nachfrager-Aspekt und Saisonaler Aspekt 7.2.3 Marktformen

132 133 135 136

Inhaltsverzeichnis

8

Geschichtliche Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nach/von Lateinamerika in ihrer Bedeutung für den Kampf globaler CRS um neue Aufbruchmärkte 8.1

8.2

8.3

9

Meilensteine der Entwicklung in Luftverkehr und Wirtschaft nach Beginn der 90er Jahre 8.2.1 Liberalisierung im Luftverkehr und Marktpenetration der CRS in Lateinamerika 8.2.1.1 Kooperationen und Allianzen 8.2.1.2. Anschluß einer Luftverkehrsgesellschaft an ein globales CRS am Beispiel Varig/AMADEUS 8.2.2 Marktöffnungsabkommen 8.2.3 Zusammenhang zwischen der Realisierung von Freihandelszonen und der Marktpenetration von CRS in Lateinamerika Zukünftige Entwicklung des Luftverkehrs 8.3.1 Weltluftverkehr 8.3.2 Zukunft der lateinamerikanischen Luftverkehrsindustrie

139

139 142 142 144

149 151

154 155 155 158

Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

163

9.1

Probleme und Herausforderungen

163

9.2

Schlüsselmärkte fur CRS

167

9.3

Entwicklung und Stellenwert der Tourismusindustrie in den CRS-Schlüsselmärkten Argentinien und Brasilien (nach 1990)

170

Status des Engagements globaler CRS im lateinamerikanischen Raum ( 1994)

176

9.4

10

Entwicklung im Luftverkehrsbereich und im Bereich touristischer Informationstechnologien vor Anfang der 90er Jahre

IX

Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

187

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika

188

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

199

10.3 Reisemarkt Mexiko

216

10.4 Reiseströme des internationalen Tourismus von/nach/ innerhalb Lateinamerika 10.4.1 Interregionale Betrachtung (von/nach Lateinamerika) 10.4.2 Intraregionale Betrachtung (innerhalb von Lateinamerika)

228 234 239

χ

11

12

13

Inhaltsverzeichnis

Die Rolle der Computertechnologie in der zukünftigen Entwicklung des Lateinamerika/Karibik-Tourismus

241

11.1 Indikatoren fur die zukünftige Entwicklung des LateinamerikaTourismus

241

11.2 Rolle der Computertechnologie und neuen elektronischen Medien im zukünftigen touristischen Verkmarktungsprozeß

247

Globalisierung und mögliche räumliche Auswirkungen neuer Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien

251

Zusammenfassung

255

Literaturverzeichnis

259

Teil I: Globale Computer-Reservierungssysteme im internationalen Tourismus

1

Touristische Vertriebslandschaft, früher und heute „The agricultural age was based on plows and the animals that pulled them; the industrial age, on engines and the fuels that fed them. The information age we are now creating will be based on computers and the networks that interconnect them." Dertouzos, M.L. (1991)'

Die touristische Vertriebslandschaft ist seit jeher laufenden Veränderungen unterworfen. Ausgehend von der ständigen Veränderung ihrer wirtschaftlichen, politischen, technischen Rahmenbedingungen und sozioökonomischen Umwelt, muß sich die touristische Vertriebslandschaft heute insbesondere an folgende neue Rahmenbedingungen flexibel anpassen: - gesamtwirtschaftliche Entwicklungen wie Marktöffhungsabkommen und die Liberalisierung des Luftverkehrs, die wiederum zu einer Verschärfung und Vergrößerung der Reichweite des Wettbewerbs führen, - elektronischer Direktvertrieb, der traditionell gewachsene Anbieter- und Nachfragerbeziehungen in Frage stellt, - schnell aufeinander folgende technologische Innovationen und die dadurch bedingte Schnellebigkeit des Marktes sowie - wachsende Ansprüche und Anzahl der Marktteilnehmer (Wertewandel der Verbraucher). Die Vermarktimg von Reisen, ist in ihrer Substanz seit jeher speziell als ein Informations- und Kommunikationsproblem zu begreifen. Während früher Printmedien zu den wichtigsten Informations- und Vertriebsmitteln zählten, kamen mit der Liberalisierung des Luftverkehrs vermehrt computergesteuerte Informationsund Reservierungssysteme (CRS) zum Einsatz. Nur diese konnten die plötzlich auftretende Datenflut bewältigen. Im folgenden Teil I werden die enormen Potentiale und Herausforderungen dieser neuen Medien für die Tourismusindustrie vor Augen geführt, Probleme erörtert und die Verzahnung aller Bereiche (CRS, IKR, Luftverkehrsgesellschaften, Anbieter- und Vertriebsbereich; Konsumentenbereich) im Tourismusgeschäft der Zukunft beleuchtet. Der Leser erfahrt, wie aus internen und später nationalen Reservierungssystemen durch zunehmende Vernetzung und Fusionen globale Distributionssysteme entstanden, deren Leistungsangebot und Funktionalität derart wuchs, daß Marketingfunktionen im globalen Umfeld erfüllt werden konnten. Kooperationen und Konzentrationen im Luftverkehr und internationalen Tourismus 1

Dertouzos, M. L. (1991): Communications, Computers and Networks.- In: Scientific American (Hrsg.), Vol.265, Nr.3, S.62, New York

4

1 Touristische Vertriebslandschaft, früher und heute

ebneten den Weg für diese Entwicklung. Neben zentralen Aspekten der geschichtlichen Entwicklung und Marketingfunktionen von CRS und neuen IKR, erörtert das Buch entscheidende wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Veränderungen der touristischen Vertriebslandschaft. Es wird verdeutlicht, wie diese im Luftverkehr und Tourismus unentbehrlich gewordenen technischen Hilfsmittel seit Ende der 70er Jahre in mehreren Stufen weltweite Verbreitung gefunden haben. Insgesamt wird somit ein Bild vermittelt von dem tiefgreifenden Umwälzprozeß im gesamten Umfeld der CRS und den absehbaren Auswirkungen für das Tourismusgeschäft im Informationszeitalter der Zukunft. Die zunehmende Verbreitung globaler CRS in den Tourismusmärkten der Welt, die Entwicklung und Anwendung neuer Informations- Kommunikations- und Reservierungstechnologien, der Boom der Online-Dienste sowie die Verschmelzung der Informatik mit der Telekommunikation und PC-/Audio-Video-Technik mit den daraus resultierenden neuen direkten Informations- und Buchungsmöglichkeiten fur Endverbraucher, eröffnen einerseits viele neue potentielle Geschäftsmöglichkeiten, stellen jedoch andererseits fur einige betroffene Touristiker etwas „Bedrohliches" dar. In Bezug auf die Durchdringung der Märkte mit neuen IKR stehen wir in allen Reisemärkten noch mehr oder weniger am Anfang einer spannenden Entwicklung, die bereits weltweit Anlaß zu vielen Hoffnungen, Ängsten und Spekulationen gegeben hat. Sowohl „High Tech" (Einsatz moderner IKR und CRS), als auch „High Touch" (persönliche Beratung unter Inanspruchnahme neuer Medien) werden insbesondere im Reisevertrieb nötig sein, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen zu sein.

2

2.1

Entstehungsgeschichte der CRS und deren Marketingfunktionen im globalen Umfeld

Definition globaler CRS

Internationale oder globale Computer-Reservierungssysteme stellen sowohl Informations- und Kommunikations- als auch Reservierungs- und Vertriebssysteme dar. Sie sind von Fluggesellschaften betriebene Systeme, die dem Reisemittler, dem Leistungsanbieter sowie dem Endnutzer mit Hilfe der Datenfernübertragung Reservierungs-, Kommunikations- und Informationsfunktionen mit einheitlicher Benutzeroberfläche anbieten und den Betreibern (Yieldmanagement) relevante Informationen über den Markt liefern.' Jeder touristische Leistungsanbieter kann gegen Entrichtung einer Gebühr seine Angebote im System darstellen lassen. Als unternehmensübergreifende Systeme konzipiert, eröffnen sie durch die Verknüpfung mit weiteren Reservierungssystemen weltweit neue Märkte für den Vertrieb von ursprünglich lediglich Transportleistungen, inzwischen zusätzlich einer Vielzahl unterschiedlicher reiserelevanter Leistungen, so daß insgesamt eine Strecken- und Vertriebsoptimierung erreicht werden kann. Die gesamte Palette des CRS mit zentralisierter Datenbank und einem Verarbeitungssystem ermöglicht Informationen, Buchungen und Preiserstellung für Reiseprodukte und -dienstleistungen regional und weltweit. Ähnlich einem leeren Supermarkt wird eine Verkaufsfläche in Form von Speicher- und Kommunikationsmedien zur Verfugung gestellt. Die Leistungsanbieter können ihre Daten dem CRS zur Verfügung stellen und damit diese leeren Regalflächen füllen (Abb. 2.1).2

1

2

Eigens erweiterte und aktualisierte Definition nach: Nymphenburg Consult, Partner für Management - Entwicklung GmbH (Hrsg., 1991): Computer- und Reservierungssysteme (CRS) in der Touristik.- S.75, München Färber, H.D. (1990): Wie ein Regal im Supermarkt.- In: IBM Nachrichten (Hrsg.), Nr.40, S.56/57

2 Entstehungsgeschichte der CRS

Internationale Reiseprodukte

t ·-

Regionale Reiseprodukte

CRS

il·-

000 > 4

{¿entrai-System)

Reisebüro Endverbraucher

*

Nationale Vertriebssysteme

Quelle: eigener E n t w u r f

Abb. 2.1 :

Informationsfluß vom CRS zum Kunden

So kann selbst eine kleine Ferienregion in Rheinland-Pfalz ihre Tourismusprodukte, Hotels, Museen, Feste und Attraktionen weltweit vermarkten. (Beispiel: Die Kosten für die Vorstellung des Fremdenverkehrsverbandes Rheinland-Pfalz mit Verbindungen zu Veranstaltungskalender, Hotelinformationen, Stadtinformationen etc. liegen derzeit im Internet bei ca. 200 DM/Jahr.)3 Die Angebote werden als multimediale Information digitalisiert und stets aktualisiert via CRS (oder/und Online-Dienste) auf die Reise durch die weltumspannenden Netze geschickt. CRS verbuchen Terminal-Mieten oder Leasing-Gebühren und Verwaltungskosten von der Nutzerseite sowie Buchungsgebühren von den Leistungsanbietern. Die konkrete Preisgestaltung kann hier nicht genau angegeben werden, da sie - je nach Darstellung und Grad des Zugriffs auf die Information - stark variiert. Je umfassender der Zugriff (z.B. von „nur Information" bis Information plus Reservierungsmöglichkeit plus sofortige Bestätigung plus elektronische Bezahlung plus sofortiger Ticketausdruck etc.), desto teurer die Buchungsgebühr. Leitungsgebühren und Nutzungsrate der Verbindung machen den größten Teil der Entgelte für CRS aus. Ein reisewilliger Kunde in Amerika oder in Japan kann nun von seinem Reisebüro aus via CRS oder von seinem Wohnzimmer aus mittels PC und Internetanschluß innerhalb weniger Minuten die Ferienregion in Rheinland-Pfalz auswählen und die gewünschten Tourismusprodukte buchen.

3

Meinung, A. (1996): Internet-Anwendung am Beispiel Rheinland-Pfalz.- In: TMS TeleMarketing-Service GmbH (Hrsg.): Dokumentation Kongreß „Elektronik in der Touristik" 11.3.1996, ITB Berlin

2.2

2.2

Phasen der Entwicklungsgeschichte

7

Phasen der Entwicklungsgeschichte

Die Entwicklungsgeschichte der CRS im internationalen Flugreisemarkt und Tourismus läßt sich in verschiedene Phasen einteilen:

1.

„Prähistorische" manuelle Buchungs- und Reservierungsphase (bis Ende 1950)

2.

CRS-Entwicklungsphase (Ende 1950 - Mitte 1960)

3.

CRS-Ausbauphase zu leistungs- und marktfähigen Informations- und Reservierungssystemen (Mitte 1960 - Mitte 1970)

4.

CRS-Evolution zu Instrumenten der Distribution in nationalen Märkten (Mitte 1970 -1987)

5.

CRS-Vernetzung und Konsolidierung zu globalen Systemen (1987 - Ende 1990)

6.

Konfrontation der CRS mit Tourismus (seit Mitte 1990)

alternativen

Vertriebswegen

im

Der nachfolgend aufgeführte Abschnitt gibt einen näheren Einblick in diese Phasen. Phase 1 :

„Prähistorische" manuelle Buchungs- und Reservierungsphase (bis Ende 1950)

In den Jahren zwischen 1920 und Ende 1950 waren Flugbuchungen eine zeitraubende Angelegenheit. Der OAG (Official Airline Guide)-Verlag publizierte einen mehrere hundert Seiten umfassenden manuell handhabbaren Katalog· mit Fluginformationen und Tarifinformationen. Um die komplette Tarifliste zur Verfugung zu haben, mußten die Agenten in den Tarifkatalogen jeder einzelnen Airline, die für den gewünschten Flug in Frage kam, nachblättern. Die eigentliche Reservierung war dann nur per telefonischer Anfrage bei der jeweiligen Airline möglich. Das Ticket konnte anschließend handschriftlich vom Agenten ausgefüllt werden. So mußten eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen zu Rate gezogen werden, um einen einzigen Flug zusammenzustellen. Bei Lufthansa beispielsweise hielten die Agenten ständig Kontakt mit den Lufthansa-Stadtbüros, wo Arbeitsgruppen an großen Tischen mit Reservierungstafeln und unterschiedlichen Symbolen über den Verkauf einzelner Flüge wachten und die gewünschten Sitzplätze blockierten. Die Stadtbüros übernahmen in der Regel auch die Buchungen

8

2 Entstehungsgeschichte der CRS

für andere Dienstleistungen wie Hotelzimmer und Mietwagen in Europa und Übersee. 4 Ähnlich umständlich war die Vorgehensweise bei Pauschalreisen: Am Anfang war der Brief. Wollten Kunden eine Pauschalreise buchen, so suchten sie gemeinsam mit den Reiseberatern aus den Katalogen das passende Angebot heraus, ein Brief an den Veranstalter wurde verfaßt und abgeschickt. Einige Tage später traf die Antwort ein, ob der gewünschte Platz noch frei sei oder nicht. Wenn nicht, begann die Suche von vorn. Last-Minute-Buchungen waren nicht bekannt, alles brauchte seine Zeit. Dem Brief folgten die Vakanzlisten, verschickt von den Veranstaltern. Für jeden Ort, jedes Haus, jeden Flughafen gab es eine Spalte, die Termine standen daneben. Volle schwarze Kästchen bedeuteten: frei buchbar. Halbgefüllte Kästchen signalisierten, daß eine Anfrage nötig war, und leere Kästchen standen für ausgebuchte Kapazitäten. Aber bald stellte sich heraus, daß die Listen oft veraltet waren, kaum daß sie im Reisebüro angekommen waren. Einen schnelleren Wechsel brachten die Mikrofiche, die ein spezielles Lesegerät voraussetzten.5 Telex für die Fernmeldungen und das Telefon für die Kommunikation mit Reiseveranstaltern folgten. Mühsam mußte jeder Fahrschein, jede Platz-, Liegewagen-, Schlafwagenkarte und jedes Flugticket mit der Hand ausgefüllt werden. Jede Reisebestätigung und jede Rechnung wurde mit der Schreibmaschine getippt. Ende 1950 war man sich der Ineffizienz dieser Vorgehensweise bewußt geworden.

1930s

Abb. 2.2:

1940s

American Airlines „Request and Reply" Reservierungsabteilung (1930) und ihr „Lazy Susan and Tiffany Card" Reservierungssystem (1940) 6

4 5

Claasen, W. (1990): Die weltweiten Computer-Vertriebssysteme.- Lufthansa Jahrbuch '90, 81 Jegminat, G. (1993): Horrorvision von der Automatenhalle für Reise irreal.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Ausg. 23.02.93, S . 9 / 1 0

6

S A B R E Europe (Hrsg., 1995): SABRE Corporate Facts.- S.20/21, London

2.2 Phasen der Entwicklungsgeschichte

9

Dann brach die Angst aus. Das Computerterminal kündigte sich an. Phase 2:

CRS-Entwicklungsphase (Ende 1950 - Mitte 1960)

Ursprungsland der CRS sind die USA. Während der zufalligen Begegnung eines IBM-Verkaufsmanagers mit dem damaligen Präsidenten von American Airlines an Bord eines Flugzeuges wurde die Idee der Entwicklung eines CRS geboren und Ende der 50er Jahre bis Anfang der 60er Jahre mit SABRE (Semi-Automated Business Research Environment) in die Tat umgesetzt. Zum ersten Mal war es möglich, einen Passagiernamen mit einem Sitzplatz elektronisch zu verbinden. Mitte der 60er Jahre waren Reservierungsagenten der ersten SABRE-Zentrale in New York bereits imstande, mehr als 84.000 Telefonanrufe und Buchungswünsche pro Tag elektronisch zu verwalten.

1950s

1960s

Abb. 2.3: Der erste SABRE-Computer und die erste Reservierungsabteilung von SABRE7

Phase 3:

CRS-Ausbauphase zu leistungs- und marktfähigen Informations- und Reservierungssystemen (Mitte 1960 - Mitte 1970)

Anfang der 60er Jahre scheiterte der Versuch, ein einheitliches Reservierungssystem in den USA zu entwickeln insbesondere auf Grund fehlender Erfahrung im Umgang mit CRS und mangels systeminterner Technologie zur Erfüllung aller unterschiedlichen Ansprüche an das Reservierungssystem. Daher begannen die beiden 7

SABRE Europe (Hrsg., 1995): SABRE Corporate Facts.- S.20/21, London

10

2 Entstehungsgeschichte der CRS

amerikanischen Fluggesellschaften American Airlines und United Airlines ihre internen Reservierungssysteme (sogenannte „Inhouse-Systeme" fur den spezifischen Airline-Bedarf) unabhängig voneinander zu den ersten leistungs- und marktfähigen CRS auszubauen, die zwischen 1964 und 1976 installiert wurden.

Phase 4:

CRS-Evolution zu Instrumenten der Distribution in nationalen Märkten (Ende 1970 - 1987)

Dem neuen Konzept entsprechend - aus einem reinen Reservierungssystem ein computerisiertes System der Distribution zu etablieren - wurden in den 70er Jahren erstmals auch CRS-Terminals in amerikanischen Reisebüros installiert. Darüber hinaus begann man mit der Entwicklung von nationalen Reisevertriebssystemen (z.B. 1976 das deutsche System START), die neben Flugbuchungen von Pauschalreisen über Hotelzimmer und touristischen Leistungen je nach Systemaufbau vieles bieten. Damit wurden die anfangs als reine Reservierungssysteme fungierenden CRS immer mehr zu Informations- und Vertriebssystemen mit weiter zunehmender Funktionalität ausgebaut. CRS dienten als Distributions-Instrument für touristische Leistungen in nationalen Märkten (insbesondere in USA und Europa). Ihre größte Bedeutung während dieser Phase erlangten die CRS in den USA mit der Liberalisierung (engl:: Deregulation) des Luftverkehrs. Damit sich der Luftverkehr im Wettbewerb eines freien Marktes bewähren sollte, trat zum 1. November 1978 der „Airline Deregulation Act" in Kraft. Er sah die Aufliebung der Kapazitätsregulierung zum 1. Januar 1982 und die Aufliebung der Tarifregulierung zum 1. Januar 1983 vor; (in Europa erfolgte die schrittweise Liberalisierung des Luftverkehrs und die Entwicklung von CRS genau zehn Jahre später, ab Dezember 1987). Eine Flut von Daten wurde im amerikanischen Flugreisemarkt ausgelöst:8 Vor 1983 gab es 400.000 verschiedene Tarife; im Jahre 1987 waren es über 7 Millionen Tarife mit mehr als 10.000 Änderungen täglich. 9 Ein unübersehbares Gewirr von Sondertarifen entstand und konnte nur mit Einsatz von Elektronik verwaltet werden. Die Datenflut bedingte zwingend die Installation von Endgeräten in den Reisebüros, um die Reisemittler auf dem neuesten Stand zu halten. 1976 installierte United Airlines die ersten Terminals des Systems APOLLO in ausgewählten US-Reisebüros.10 SABRE folgte und konnte 8 9

10

Nymphenburg Consult, Partner für Management - Entwicklung GmbH (Hrsg., 1991): Computer- und Reservierungssysteme (CRS) in der Touristik.- S.79, München Multidimensionale Preisdifferenzierungskriterien im Luftverkehrsmarkt (Tarife) beinhalten räumliche Kriterien (routen-, flugrichtungs- oder entfernungsbezogene Preisdifferenzierung), zeitliche Kriterien (je nach Saison, Wochentag, Tageszeit, Buchungsoder Reservierungszeitpunkt), mengenmäßige Kriterien (z.B. Sondertarife für Gruppen), personelle Kriterien (Studenten-/Kinder-/Vielfliegertarife) und sachliche Kriterien (Geschäfts/Urlaubsreisen). Darüberhinaus gibt es Phasen, in denen Fluggesellschaften mit unterschiedlich hohen Preisen versuchen, die Schmerzgrenze ihrer Konkurrenten auf bestimmten Strecken zu gewissen Tageszeiten oder saisonal bedingt auszutesten. Nicht alle diese Preise werden für den Passagier sichtbar an die Oberfläche gespült, sondern lediglich bei der obersten Ticketbehörde in den USA angemeldet. GALILEO, COVIA (Hrsg., 1992): News Release.- ITB-Ausgabe, März 1992

2.2

Phasen der Entwicklungsgeschichte

11

APOLLO schon bald in der Anzahl installierter Terminals überholen. Auch das System PARS ("Programmed Airline Reservation System") von Trans World Airlines (TWA) wurde 1976 erstmals vermarktet. Es folgten 1981 SYSTEM ONE" von Texas Air und 1982 DATAS II von Delta Airlines.12 Alle amerikanischen Systeme fungierten in dieser Phase bereits als eigenständige Geschäftseinheiten und waren vollständig im Besitz von Fluggesellschaften als jeweilige Anteilseigner. Nur Fluggesellschaften mit leistungsfähigen CRS waren in der Lage, schnell und effektiv mit Tarifänderungen und anderen Marketingmaßnahmen auf Nachfrage und Konkurrenz zu reagieren und sich in einem Wachstumsmarkt zu behaupten. Fortschritte in Produktivität (Erhöhung der Ticketverkaufszahlen), Effizienz und damit Steigerung des Profits konnten erreicht werden.

Phase 5:

CRS-Vernetzung und (1987 -Mitte 1990)

Konsolidierung

zu

globalen

Systemen

Das Wachstum des Privat- und Geschäfts-Reiseverkehrs verlangte unweigerlich nach neuen weltumspannenden Kommunikationssystemen. Das hatte drastische Folgen für das Geschäft: Wer nicht anbot, konnte auch nicht verkaufen.13 Nachdem der US-amerikanische Markt relativ abgedeckt war (1983 waren bereits 85% und 1987 waren 95% aller Reiseagenturen in den USA mit CRS-Anschluß ausgestattet, d.h. automatisiert'4), wandten sich die amerikanischen CRS in der Zeit von 1985 bis 1992 Europa zu. Dieser Markt bot noch große potentielle Expansionsmöglichkeiten, denn die Einsicht der Europäer zur Entwicklung leistungsfähiger CRS reifte zu einem Zeitpunkt, da nordamerikanische Airlines mit ihren Großrechnern bereits dreistellige Millionenbeträge in US-Dollar durch Buchungsgebühren verdienten (nur Kanada hinkte bis 1990 hinterher). Das SABRE-System von American Airlines erwirtschaftete 1986 bereits fast ein Drittel des Betriebsgewinns der Mutterfirma AMR Corporation. Zwei Jahre später (1988) war es bereits so weit verbreitet und lukrativ (durch die Einnahme von Buchungsgebühren), daß Robert L. Candrall, Chairman der AMR Corporation einmal sagte: „If I were faced with the choice of losing SABRE or eliminating aircraft, I would sacrifice the planes."' 5 Allerdings wurden die 1987/88 eingeführten europäischen Systeme AMADEUS (Gründungsgesellschaften: Lufthansa, Iberia, Air France, SAS) und GALILEO 11 12 13

14 15

SYSTEM ONE (Hrsg., 1996): SYSTEM ONE COMPANY CORPORATE OVERVIEW.- Im Internet http://www.sys 1 .com/info/overview.htm Nymphenburg Consult, Partner für Management - Entwicklung GmbH (Hrsg., 1991): Computer- und Reservierungssysteme (CRS) in der Touristik.- S.78, München Echtermeyer, M. (1993): Globale Computer-Reservierungssysteme im internationalen Luftverkehr.-In: Schriftenreihe des Forschungskreis Tourismusmanagement (Hrsg.), Bd. 2, Kap.3,S. 18-21, Trier World Tourism Organization (Hrsg., 1994): Global Distribution Systems (GDSs) in the tourism industry.- S.27/30, Madrid James, B. (1988): Airlines wage computer war. Fight over reservation networks may alter air travel.- In: International Herald Tribune, Ausg. 28.1.88

12

2 Entstehungsgeschichte der CRS

(Gründungsgesellschaften: British Airways, Swissair, KLM, Covia) von Anfang an auf die speziellen Bedürfnisse der jeweiligen europäischen Märkte ausgerichtet und entsprechende touristische Leistungsanbieter im System verankert. Dies war und ist noch heute - trotz zeitlich verspäteter Entwicklung - der große Vorsprung und Erfolgsfaktor europäischer Systeme im Vergleich zu amerikanischen Systemen.16 Sprachbarrieren, unterschiedliche Währungen, verschiedene Kulturen und nationale Unterschiede in der Rechtsprechung bedingen die Vielfalt der Nutzeransprüche im europäischen Markt, im Gegensatz zu dem relativ homogenen nordamerikanischen Markt. Tendenz der Regionalisierung: Um der drohenden Wettbewerbsgefahr aus den USA Paroli zu bieten und profitable Geschäfte im eigenen Markt abzuwickeln, wurden von den CRS sogenannte "National Marketing Companies " (NMCs) bzw. "National Distribution Companies" (NDCs) in jedem Land Europas eingerichtet. Es entstand ein erstes CRS-Netz. Diese nationalen Marketinggesellschaften vermarkten das CRS zielgruppengerecht, das heißt abgestimmt auf die spezifischen Eigenarten und Bedürfnisse der beteiligten Länder. Drei der fuhrenden Femostcarrier, Singapore Airlines, Thai International und Cathay Pacific gründeten Anfang 1988 das erste asiatische CRS namens ABACUS. Australische Fluggesellschaften folgten mit dem System SOUTHERN CROSS und aus der Zusammenarbeit einer Tochtergesellschaft von Quantas namens APD (Asia Pacific Distribution Ltd) mit Japan Airlines (JAL) wurde das asiatisch-pazifische CRS FANTASIA geboren. Ende 1988 zog sich JAL aus FANTASIA zurück, um ein spezifisches CRS für die Bedürfnisse des japanischen Marktes zu gründen: ähnlich dem von All Nippon Airways entwickelten System ABLE kam AXXESS in japanischer und englischer Schrift auf den Markt. Im März 1990 entstand durch Kooperation der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA) mit ABACUS das neue asiatisch-pazifische System INFINI. Im August 1995 gelang es dem amerikanischen CRS SABRE, 25% Anteile an AXXESS von der Eigentümerin Japan Airlines zu erwerben.17 In Asien wurden die Systeme nicht - wie in den USA - in den Anfangsphasen ihrer Entstehung als reine Informations- und Reservierungssysteme genutzt, sondern sofort im Luftverkehrs-Marketing eingesetzt als Informations-, Reservierungs- und Vertriebssysteme. Dem Vorbild der Europäer folgend begann ABACUS 1991 auch mit der Einrichtung von National Marketing Companies (NMCs) in anderen Teilen der Welt. Auch die Betreiber des Systems FANTASIA vermarkten das CRS durch unabhängige NMCs, die auf die speziellen Bedürfnisse der individuellen Märkte eingehen.18 Darüber hinaus zeichnet sich das System durch eine zukunftsweisende Besonderheit aus: eine frühe vertikale Diversifikation des Leistungsangebots. FANTASIA war von Anfang an im schnellen Aufbau eines nicht-traditionellen 16 17 18

Sloane, J. (1990): Latest developments in aviation CRS's.- E/U Travel & Tourism Analyst, Nr.4, S.5 CRS update (Hrsg., 1995): SABRE buys into AXXESS, forms new marketing venture.- Vol. 3, Nr. 10, S.l, Rockville/MD Godwin, N. (1991): Pacific area CRSs hold promise of payoffs for US trade as well.- In: Travel Weekly (Hrsg.), Vol. 50, Nr. 78, S.50 bzw. Me' Guffie, J. (1990): CRS development and the hotel sector - Part I.- E/U Travel & Tourism Analyst, Nr. 1, S.38

2.2

Phasen der Entwicklungsgeschichte

13

CRS-Geschäftes begriffen, indem es vermehrt Finanz- und Versicherungsdienste anbot, neben den traditionellen flugtouristischen Leistungspaketen." Insgesamt gesehen bietet der asiatisch-pazifische Raum den CRS noch großes brach liegendes Geschäftspotential. Es ist der Raum mit der größten wirtschaftlichen Dynamik weltweit. Tendenz der Konsolidierung·. Eine der wichtigsten Tendenzen in dieser Phase ist die CRS-Konsolidierung und Verschmelzung (sogenannte "mergers") zu globalen Systemen. Primärer Grund fur die Bildung von CRS-Eignergemeinschaften ist das Erreichen der kritischen Marktgröße, die Verminderung der Investitionskosten und risiken, neben steigender Marktabdeckung und Funktionalität. PARS und DATAS II waren die ersten Systeme, die sich 1990 zu dem globalen CRS WORLDSPAN zusammenschlossen. SYSTEM ONE entstand 1981 durch die Fusion der EDV-Abteilungen von Eastern- und Texas Air, wurde 1995 durch das Joint Venture zwischen Continental Airlines (damalige alleinige Eigentümerin von SYSTEM ONE) mit EDS und durch die Fusion mit AMADEUS zum weltgrößten globalen CRS. Das kanadische CRS GEMINI entstand drei Jahre später durch ein Kooperationsabkommen zwischen COVIA, Air Canada und Canadian Airlines. GALILEO INTERNATIONAL ging in den 90er Jahren hervor aus der Fusion von COVIA (APOLLO) mit GALILEO. Ende der 80er Jahre gaben das DOT (Department of Transportation) in den USA und die EG-Behörde in Brüssel die ersten CRS-Wettbewerbsregeln heraus. Sie sollten sicherstellen, daß keine wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen von marktführenden oder dominierenden CRS auf schwächere, im Aufbau begriffene Systeme ausgeübt werden konnten. Nach diesem gesetzlich festgeschriebenen "Code of Conduct" (Verhaltenskodex) hatte sich fortan der Betrieb eines CRS zu richten. Ausnahme war der asiatisch-pazifische Raum. Hier hatte sich bisher noch kein spezifisches Kontrollorgan für den CRS-Betrieb etabliert, obwohl die ersten CRS dort etwa zeitgleich mit den europäischen CRS entwickelt und auf den Markt gebracht wurden. Dem europäischen und amerikanischen Beispiel folgend, konnten die asiatischpazifischen CRS durch Kooperationen auch in anderen Teilen der Welt ein globales CRS-Netz aufbauen. Die CRS-Konsolidierung und Verschmelzung zu globalen Systemen schritt schnell voran, wie im Falle von: • • • • •

ABACUS-INFINI-PARS AMADEUS-SYSTEM ONE GALILEO-GEMINI-COVIA SABRE-FANTASIA WORLDSPAN-ABACUS etc.

Systemverschmelzungen und Kooperationen zwecks Globalisierung zählen zu den wichtigsten Entwicklungen in dieser Phase der historischen CRS-Betrachtung und werden sicherlich auch weiterhin die CRS-Zukunfit bestimmen. 19

Air Transport World (Hrsg., 1991 ): Fantasia.- Nr. 8, S.46

14

2 Entstehungsgeschichte der CRS

Phase 6:

Konfrontation der CRS mit alternativen Vertriebswegen im Tourismus (seit Mitte 1990)

In der bisherigen Branchenstruktur und Wertschöpfungskette waren die Systemteilnehmer Leistungsanbieter/Reiseveranstalter, CRS, Reisebüros und Endkunde konsekutiv miteinander verbunden. CRS dienten als Hilfsmittel im Vertrieb, hatten aber keine direkte Verbindung zu den Endkunden. In dieser Phase und in Zukunft kommt es durch die Weiterentwicklung der CRS, die rasante Innovationsfolge bei IKR und die Konfrontation der CRS mit alternativen Vertriebswegen, verstärkt zur Einbeziehung des Endverbrauchers. Unter den vielen neu- und weiterentwickelten Informations- und Kommunikationssystemen für Endkunden (Videotext, Audiotex, SB-Terminals, Interaktives Fernsehen etc.), zählen die Online-Dienste wohl zu den revolutionärsten. Die Befürchtung stand im Raum, insbesondere das Internet könne eine Konkurrenz für bestehende CRS werden, doch nach dem Motto: ,Jfyou can 7 beat them, join them", richten in dieser Phase immer mehr CRS direkte Vertriebskanäle zum Endverbraucher ein, indem sie „abgespeckte" CRS-(Endverbraucher)Versionen wie zum Beispiel SABRE's „Travelocity", WORLDSPAN's „Travelshopper" und GALILEO's „LeisureShopper" in den Online-Diensten anbieten oder regelrechte Online-Einkaufszentren für den gesamten Bedarf rund um das Reisen einrichten, wie die im Aufbau befindliche „Online-Travel Shopping Mall" von AMADEUS. In einer Beta-Version mit Flugverbindungen in alle Welt, für jeden Abflugsort und jede Airline gab es den Internetzugang von AMADEUS schon 1996.20 AMADEUS ging einen Schritt weiter und baute 1997 eine Travel Shopping Mall auf, einschließlich Boutiquen für einzelne Anbieter und Mittler. Tarife wurden eingebracht, Buchungen ermöglicht und auch die Bezahlung über das Netz eingerichtet. Zunächst wird die Mall in vier Sprachen präsentiert: Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Der große Vorteil einer Travel Mall wird darin gesehen, daß alle Angebote unter einem „Dach" zu finden sind und die Nutzer immer mit denselben Verfahren Leistungen abrufen können. Dadurch würden etwaige Hemmschwellen bei unerfahrenen Online-Nutzern (early adopters) schneller abgebaut werden. Die zunehmende Akzeptanz und Verbreitung der Online-Dienste birgt nicht nur Chancen, wie für darin vertretene Anbieter die Präsenz in einem weltumspannenden Medium und für CRS eine zusätzliche Einnahmequelle, sondern auch Gefahren - vor allem für herkömmliche Reisebüros. An ihnen könnte das Geschäft langfristig vorbeilaufen. Daher werden in dieser Phase zunehmend Forderungen von Seiten der CRS-Kunden laut, entsprechende Einrichtungen für Direktbuchungen in OnlineDiensten auch für sie einzurichten. Insbesondere für die Reisebüros bemühen sich CRS um die Entwicklung von Software, die den Reisebüros erlaubt, Angebote in Online-Diensten zu piazieren. Eine Gefahr für CRS besteht darin, daß Fluggesellschaften ihre komplette Buchungsabwicklung vorbei am CRS über Direktverbindung der Reisebüros zum Rechner der Fluggesellschaft und über

20

AMADEUS Internetadresse http://www.amadeus.net

2.3

Marketingfunktionen der CRS im globalen Umfeld

15

Online-Dienste laufen lassen, wie zum Beispiel geschehen bei der amerikanischen Southwest Airlines, die Shuttle-Flüge im Südwesten der USA durchfuhrt. Eine weitere neue Entwicklung im CRS-Bereich der 90er Jahre ist das Auslagern („Outsourcing") des CRS-Netzwerkbetriebs. So geschehen bei SABRE, die in einem Sieben-Jahres-Vertrag (Wert 400 Mio. US$) im August 1996 das gesamte Management ihres „Sabrenet Data Network" an die Société Internationale de Télécommunications Aéronautique (SITA) abgegeben haben21 und bereits zuvor bei WORLDSPAN, die ihren Netzwerkbetrieb von der amerikanischen Telekommunikationsgesellschaft AT&T managen lassen. System One verwirklichte die Auslagerung des Netzwerkbetriebs bereits 1990, indem es einen 10-Jahres-Vertrag mit der General Motors Tochter EDS (Electronic Data Systems) als Betreiberin des SYSTEM-ONE-Datenzentrums und -Systems unterschrieb. Die Umstrukturierung der Tourismusbranche - angetrieben durch die neuen IKR ist derzeit in vollem Gange und zieht sowohl CRS als auch Leistungsträger, Veranstalter und Reisemittler bis hin zu den Konsumenten in ihren Bann.

2.3

Marketingfunktionen der CRS im globalen Umfeld

CRS gehören mehrheitlich einer oder mehreren international operierenden Fluggesellschaften. Ihr Hauptzweck war ursprünglich beschränkt auf die Optimierung der Streckenergebnisse, die Erhöhung der Marktanteile und die Kundenanbindung der betreibenden Airlines. Die modernen globalen ComputerReservierungssysteme erfüllen heutzutage eine Vielzahl von Marketinganforderungen im Tourismus und bieten die gesamte Palette touristischer Leistungen an. In erster Linie sind die CRS für die betreibenden Fluggesellschaften und die im CRS vertretenen Leistungsanbieter ein Hilfsmittel des Marketing - bei globalen CRS ein Hilfsmittel des sogenannten "Global Marketing". Sie dienen dabei weniger als Hilfsmittel in der Produkt- und Entgeltpolitik, als vielmehr in der Kommunikationsund Distributionspolitik. Die klassischen Marketinginstrumente Preis und Produkt wollen die Anbieter von Reisedienstleistungen im CRS selbst in der Hand behalten.

2.3.1

Globales Marketing im globalen Reisemarkt

Die Welt wird mehr und mehr zu einem "globalen Dorf' und die Bedeutung des multinationalen oder globalen Marketing wächst analog zur Verbesserung der Informations-, Kommunikations- und Transporttechnologien. Die Globalisierungstendenz im internationalen Reisegeschäft war einer der Hauptgründe für die immensen Investitionen in CRS (Abb. 2.4). SABRE hatte bis Ende 1987 bereits 3 Mrd. US$ investiert, AMADEUS 1,2 Mrd. US$ bis Ende 1991; das japanische AXXESS verzeichnete Mitte 1990 ein Investitionsvolumen von rund 1 Mrd. US$ im Vergleich zu 400 Mio US$ von GALILEO im gleichen Zeitraum.

21

Airline Business (Hrsg., 1996): Sita's Sabre.- Vol.12, Nr.8, S.8

16

2 Entstehungsgeschichte der CRS

SABRE (bis 1987) AMADEUS (bis 12/1991) AXXESS (bis 6/1990) GALILEO (bis 1/1990)

1000

2000

3000 [Mio US$]

Abb. 2.4: Investitionsvolumina ausgewählter CRS 22,23,

Nicht nur unter den CRS sind Kooperationen und Fusionen das Mittel zur Erlangung einer globalen Präsenz (Beispiel: GALILEO fusionierte mit dem US-System APOLLO und dem kanadischen GEMINI, AMADEUS übernahm das amerikanische SYSTEM ONE etc.). Insbesondere international tätige Großunternehmen (z.B. Reisebüroketten und Veranstalter) und Airlines streben durch Allianzen, Kooperationen oder Fusionen nach weltweiter Präsenz, um Kunden weltweit bedienen zu können. Beispiele sind die Fusionen von American Express mit Thomas Cook und die Zusammenarbeit von Wagonlit mit Carlson26 oder die ,JrfegaAllianzen"27 im Airlinebereich (Abb. 2.5).

22 23 24 25 26 27

Renton, J./ Gaudin, P. (1987): CRS. Reserving judgement.- Airline Business (Hrsg.), Nr. 3, S.20 Frankfurter Allgemeine Zeitung (Hrsg., 1992): Amadeus nimmt den Betrieb auf; Das "größte zivile Datenzentrum der Welt"; 1,8 Milliarden investiert.- Ausgabe 13.1.92 Bergfeld, T. (1990): Im Wettbewerb der Systeme; Vom Flugticket bis zum Leihski.- In: Süddeutsche Zeitung (Hrsg.), Ausg. 15.5.90 Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1990): Arbeitsgemeinschaft Tourismus (AGT) Worms; Neue Tendenzen bei Galileo dargestellt.- Nr. 7, S.27 Kropp, W. (1995): Elektronische Reisevertriebssysteme; Marktplatz fllr das weltweite Angebot.- In: Roth, P./Schrandt, A. (Hrsg.): Touristik-Marketing.- 2.Aufl„ S.I47, München Airline Busines (Hrsg., 1996): Emerging mega-alliances.- Vol.12, Nr.9, S.31

2.3 Marketingfunktionen der CRS im globalen Umfeld

17

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3.1

Marktabdeckung in den Weltmärkten

39

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£ Spezifische Kundengruppen erwarten gut gemachte, informative CD-ROM- und Internet- beziehungsweise Online-Angebote. Diese können am Point of Sale in Form von Terminals und Computerkonsolen angeboten werden. => Andere medienscheue Kundengruppen müssen die Angebote in Form eines Katalogs zur Verfugung gestellt bekommen und erwarten persönliche Beratung. Determinanten der Substitutionsgefahr Die zentrale Frage lautet: Wann und inwiefern werden sich die Kunden der Zukunft den neuen Medien zuwenden oder auf einer persönlichen Beratung bestehen? Zur Klärung dieser Frage können zwei verschiedene Konzepte kombiniert zu Rate gezogen werden: das Substitutionsgefahr-Konzept von Schertler (1994) und das Involvement-Konzept von Krugman (1965). Schertier (Abb. 6.11) zeigt, daß insbesondere „hocherfahrene" Kunden, die auf spezialisierte Zielgebietsinformationen verzichten können, den „Travel-Kiosk" nutzen. Damit ist eine Art Automat, der Anfang 1994 von Thomas Cook in Großbritannien entwickelt wurde, gemeint. Für erklärungsbedürftige Spezialprodukte dagegen wird der elektronische Markt zwischen Reisebüro und Leistungsträger bestehen bleiben, der Konsument wird konventionell bedient.

94

Klein, M. (1996): Neue Medien in der Tourismuswirtschaft; Mit dem virtuellen Reisebüro durch den Cyberspace.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.5, S.90

6 Neueste Entwicklungen

124

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Delegation an den Gast ( » TravelKiosk « )

Destinationsinformation vom Spezialisten

Full-Service vom Gereralisten (commodity products)

Full-Service vom Spezialisten

Informationssystemtechnologie substituiert Leistungen des Reisebüros

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nieder

Informationssystemtechnologie unterstützt Reisebürotätigkeiten (Multimedia, CRS, DIS)

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Erklärungsbedarf der Reise

Abb. 6.11:

Substitutionsgefahr von Reisebüroleistungen durch Informationssystemtechnologie95

Diese Argumentation von Schertier ist sicher schlüssig. Allerdings ist davon auszugehen, daß die Erfahrenheit des Kunden und das Maß der Erklärungsbedürftigkeit allein nicht das Ausmaß der Automatisierung des Reisevertriebs bestimmen. Weitere Erklärungsfaktoren sind notwendig, und können zum Beispiel mit dem Involvement-Konzept herangezogen werden:96 Dieses Konzept wurde von Herbert Krugman im Rahmen der Werbeforschung eingeführt und wird auch heute noch zur Beschreibung von Kaufentscheidungsprozessen herangezogen. Dabei wird insbesondere die Entscheidung bezüglich des Produktes betrachtet (weniger jedoch die Entscheidung über den zum Erwerb des Produktes in Anspruch genommenen Vertriebsweg). High-Involvement-Käufe sind Käufe, die für den Konsumenten wichtig sind. Low-Involvement-Käufe sind fur den Konsumenten nicht so wichtig. Finanzielle, soziale oder psychologische Risiken sind nicht annähernd so groß. In solchen Fällen lohnt es sich möglicherweise nicht, Zeit und Mühe für die Suche nach Informationen über Alternativen einzusetzen. Deshalb bringen Low-InvolvementKäufe im allgemeinen begrenzte Entscheidimgsprozesse mit sich.97 Eine Übertragung des Konzeptes von den Produkteigenschaften auf die Eigenschaften von Vertriebswegen für Reiseleistungen ist möglich, wenn man davon ausgeht, daß Vertriebswege auch in Abhängigkeit vom Involvement-Niveau gewählt werden (Abb. 6.12).

95 96 97

Schertier, W. (Hrsg.1994): Tourismus als Informationsgeschäft.- K.ap.3, S.560-563, Wien Deutscher ReisebUroverband et. al. (Hrsg., 1995): Tourismusmarkt der Zukunft.- Kap.9.4, S.276, Frankfurt/Main Assael, H. (Hrsg., 1992): Consumer Behaviour and Marketing Action.- 4. Aufl., Boston

6.6 Verzahnung aller Bereiche

125

Abb. 6.12: Mögliche Einordnung von Reiseleistungen in den Entscheidungsablauf98

Basierend auf der obigen Annahme wird davon ausgegangen, daß mit abnehmendem Entscheidungsniveau ein zunehmend technisierter und unpersönlicher Verkauf Erfolg hat. Damit kann die Eignung verschiedener, insbesondere elektronischer, Vertriebswege im Tourismus zumindest grundsätzlich wie folgt beschrieben werden (Abb. 6.13):

Automat RoutineEntscheidung Abb. 6.13:

Audio- Telefon- CDverkauf ROM text

Data Networks

interaktives Fernsehen

-> ..

_

.....

Reisebüro ·' Extensive ^Entscheidung |iiiSi!R> *

Entscheidungsniveau verschiedener Vertriebswege"

Heutige und zukünftige Vertriebswege Betrachten wir uns die heutigen Vertriebswege, so läßt sich feststellen, daß der Konsument zum überwiegenden Teil entweder über Reisemittler oder über Leistungsträger kommuniziert (Bild A in Abb. 6.14). Die zukünftigen Vertriebswege werden vielfaltiger sein (Bild Β in Abb. 6.14). Der Kunde wird mehr Vertriebswege kennen und diese auch nutzen. Die Aufteilung des Marktes zwischen den einzelnen Vertriebsschienen ist noch lange nicht entschieden. Entscheidend für globale CRS wird sein, inwiefern sie die Prozeßkette vom Leistungsanbieter zum Reisemittler und zum Kunden optimieren werden.

98 99

Deutscher Reisebüroverband et. al. (Hrsg., 1995): Tourismusmarkt der Zukunft.- Kap.9.4, S.277, Frankfurt/Main ergänzt, nach Deutscher Reisebtlroverband et. al. (Hrsg., 1995): Tourismusmarkt der Zukunft.Kap.9.4, S.278, Frankfurt/Main

126

6 Neueste Entwicklungen

Bild A: Leistungs anbieter

Intermediäre

Bild B: Leistungs anbieter

Heutige Vertriebswege Kommunikations Schnittstellen

Konsument

Zukünftige Vertriebswege Intermediäre

Kommunikations Schnittstellen

Konsument

In -Person unternehmen

Telefon

Reisemittlar

Audioiext

Dienste Sonstige

PC-Systems Multimedia katalog

Abb. 6.14:

Heutige und zukünftige Vertriebswege im Tourismus100

100 Boston Consulting Group (Hrsg., 1996): Vortragsfolie anläßlich eines ITB-Kongresses 1996 in Berlin

6.6 Verzahnung aller Bereiche

127

Veränderung der traditionellen Branchenstruktur Die größte Bedrohung der traditionellen Organisations- und Verkaufsstrukturen im Tourismus liegt in der Möglichkeit der individuellen Interaktion des Nutzers mit den Medien der IKR. Informationstechnologie ist eine „disruptive technology"101, d.h. sie bricht mit herkömmlichem EDV-Verständnis und der bisherigen Art, Geschäftsprozesse zu organisieren. Der Einsatz neuer Technologien im Tourismus ist daher gleichzusetzen mit der Bereitschaft zu einem fundamentalen Wandel der bisher gültigen Strukturen, der Arbeitsteilung auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene und den damit verbundenen Verhaltens- und Vorgehensweisen. Der Nutzen wird nur dann ein großer sein, wenn der Einsatz neuer Technologien nicht durch alte Strukturen und Rahmenbedingungen behindert wird.102 Der Erfolg oder Mißerfolg jeder touristischen Vertriebsorganisation hängt in großem Maße von der Fähigkeit ab, die neuentwickelten technologischen Hilfsmittel und Medien unserer Zeit zur bestmöglichen Unterstützung unternehmerischer Strategien, Ziele und des Humankapitals adäquat (sinnvoll) einzusetzen. Wettbewerbsverlagerung Der Direktvertrieb und damit das Umgehen von Reisemittler und Veranstalter hat eine Funktionsverlagerung in Richtung Endverbraucher und eine Wettbewerbsverlagerung zur Folge:103 Während die heutigen CRS zu einem intensiven Horizontalwettbewerb auf der Anbieterseite fuhren (Bild A in Abb. 6.15), wird es zukünftig zu einer Dominanz des Vertikalwettbewerbs kommen (Bild Β in Abb. 6.15). Reisemittler konkurrieren nicht mehr nur horizontal untereinander, sondern auch vertikal mit Reservierungssystemen für den Endverbraucher, mit Branchenfremden (Warenhäuser, Banken, Ver-sicherungen, Kreditkarten-Gesellschaften, Verlage etc.), die in den touristischen Markt eindringen, sowie mit SB-Automaten, die im täglichen Aktionsradius des Konsumenten aufgestellt werden. Der zunehmende vertikale Wettbewerb verstärkt wiederum den Kooperations- und Konzentrationsprozeß in der Tourismusbranche (z.B. Kooperationen zwischen Leistungsträgern, Veranstaltern und Reisemittlern). Der Verteilungskampf um Marktanteile in einer vielfaltigen weitverzweigten Wertschöpfungskette wird immer härter.

101 Schertier, W. (1996): Nutzerprofile von Online-Diensten in der Touristik.- In: Tele Marketing Service GmbH et al. (Hrsg.): Elektronik in der Touristik - Dokumentation zum ITB-Kongreß, 9.-13. März 1996, Berlin 102 ebenda 103 Schulz, A./Frank, K./Seitz, E. (Hrsg., 1996): Tourismus und EDV.- Kap.6, S.169, München

128

6 Neueste Entwicklungen

Heutige Dominanz des horizontalen Wettbewerbs

Horizontaler Wettbewerb

Horizontaler Wettbewerb

Horizontaler Wettbewerb

Zukünftige Dominanz des vertikalen Wettbewerbs Bild Β

W e t t b e Branchenfremde PC SB-Terminai

Quelle: Schulz, A./Frank, K./Seitz, E. (Hrsg., 1996): Tourismus und EDV.- Kap. 6, S.169/170

Abb. 6.15:

Heutige Dominanz des horizontalen Wettbewerbs und zukünftige Dominaz des vertikalen Wettbewerbs

Teil II: Potentiale und Engagement der marktbeherrschenden CRS in Lateinamerika (Dokumentation, Analyse, Prognose)

7

Definition touristischer Märkte und Abgrenzung des touristischen Marktes Lateinamerika

7.1

Definition touristischer Märkte

Am Anfang aller (Markt-) Überlegungen steht die Abgrenzung des zu betrachtenden (touristischen) Marktes. Dies geschieht in Theorie und Praxis vor allem nach räumlichen, zeitlichen und produktspezifischen Aspekten. Hinzu kommen oftmals Angebots- und Nachfrageaspekte. Alle diese Kriterien werden zur Abgrenzung eines Marktes meist zusammen begutachtet. Abgrenzungskriterien für Märkte (allgemein):1 • • • • •

Räumlicher Aspekt (Gebiet) Sachlicher Aspekt (Produkt) Nachfrager-Aspekt (Personengruppen/Unternehmen) Saisonaler Aspekt (Zeit) Anzahl der Marktteilnehmer (Marktformen)

Als Ergebnis der Marktabgrenzung erhält man Angaben über das Marktvolumen des fur einen Betrieb oder für die jeweilige Fragestellung "relevanten" Marktes. Die gängigsten Angaben zur Charakterisierung des Marktvolumens beziehen sich auf Umsatz, Zahl der Beschäftigten, Zahl der Anbieter oder/und Nachfrager oder Zahl der Passagiere (Fluggäste) usw. Während mari gängigerweise von dem "Reisemarkt" spricht, ist dessen Betrachtung in der Realität nicht so einfach, da mehrere Märkte im Tourismusbereich zu unterscheiden sind, die sich teilweise überlappen. Es besteht kein einheitliches touristisches Produkt, sondern die Fremdenverkehrsleistung ist vielfaltig und entsprechend existieren auch eine Reihe von touristischen Märkten.2 Im folgenden wird als touristischer Markt bzw. Tourismusmarkt der abstrakte Ort, die gedankliche Konstruktion verstanden, wo Angebot und Nachfrage zusammentreffen (analog zur allgemeinen Marktbestimmung). Auf touristischen 1 2

Freyer, W. (1990): Tourismus: Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie.- 2.Auflage, S.208/209, München, Wien Freyer, W. (1990): Tourismus: Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie.- 2.Auflage, S.217, München, Wien

132

7 Tourismusmarkt Lateinamerika

Märkten werden Güter und Dienstleistungen getauscht, die im Zusammenhang mit Reisen stehen. Dabei können Anbieter und Nachfrager auf verschiedenen Märkten auftreten (z.B. Reiseveranstalter bieten Pauschalreisen an und fragen Hotelplätze, Transport usw. nach; Reisebüros bieten Reisepakete an und fragen bei Luftverkehrsgesellschaften beziehungsweise bei deren Computer-Reservierungssystemen um freie Sitzplätze nach).

Anbieter

Märkte

Nachfrager

1) Betriebe der Tourismusindustrie i.e.S. fragen auch auf M-2 (und M-3) nach. z.B. Reiseveranstalter Reiseversicherungen (auf M-2) oder Gastronomieleistung (auf M-3) 2) Nichtreisende fragen auch auf M-2 und M-1 nach, z.B. Informationen für die nächste Reise

Abb. 7.1:

Modell der Tourismusmärkte3

7.2 Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle globaler Computer-Reservierungssysteme (CRS) im internationalen Luftverkehr und Reisemarkt Lateinamerikas. Daher muß zunächst eine Abgrenzung des Begriffes "Lateinamerika" unter geographischen Gesichtspunkten vorgenommen werden, um somit das erste Kriterium der Marktabgrenzung (räumlicher Aspekt) zu erfassen.

3

Freyer, W. (1990): Tourismus: Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie.- 2.Auflage, S.220, München, Wien

7.2

Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika

7.2.1

133

Räumlicher Aspekt

Im Rahmen der Literaturrecherche zu vorliegender Arbeit kam eine Vielfalt an geographischem Begriffswirrwarr hinsichtlich der Bezeichnung und länderspezifischen Zuordnung folgender Regionen zutage: Mittelamerika, Zentralamerika, Iberoamerika, Hispano-Amerika, Südamerika, Lateinamerika, Westindien, Karibische Inseln, Karibisches Meer, Karibische See und Karibik. Es erschien notwendig, eine klare geographische Abgrenzung der einzelnen Regionen vorzunehmen, um das allgemein herrschende Begriffswirrwarr durch eine für vorliegende Arbeit gültige Definition zu ersetzen und um das statistische Zahlenmaterial aus verschiedenen Quellen eindeutig zuordnen zu können. Grundlage der Zuordnung des Datenmaterials ist nachfolgend aufgeführte Karte (Abb. 7.2): Beginnen wir mit der Zuordnung des nördlichsten Landes aller lateinamerikanischen Länder: Mexiko erstreckt sich auf einer Fläche von 1,96 Mio. km2 zwischen 14° 14' und 32°43' nördlicher Breite und 86°46' bis 117°07' westlicher Länge.4 Im Norden grenzt Mexiko an die U.S.A., im Südosten an Belize (früher Britisch-Honduras) und Guatemala. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich gesehen, gehört Mexiko zum nordamerikanischen Kontinent. Geographisch wird es meist Zentralamerika zugeordnet, obwohl eigentlich lediglich das Gebiet südöstlich der Landenge von Tehuantepec sowie der mit dieser verbundenen Halbinsel Yucatán einen Teil der zentralamerikanischen Landbrücke bedecken. Aufgrund der indianischen Wurzeln, der spanischen Sprache und Kultur (Sprache der „Iberischen Halbinsel" „lateinischen Ursprungs" δ „Ibero".../ „Latein".../ „Latino"...) zählt das Land ebenso wie Zentralamerika und Südamerika zur großen regionalen Einheit namens "Iberoamerika" beziehungsweise "Lateinamerika". Im spanischen Sprachgebrauch Iberoamérica bzw. Latinoamérica genannt. Mittelamerika (517.998 km 2 groß) gliedert sich in das festländische Mittelamerika (=Zentralamerika; 282.998 km 2 ) und die Inselwelt Westindien (235.000 km2) - auch karibische Inseln oder karibische Staaten genannt.5 Zentralamerika verbindet als schmale Landbrücke die beiden mächtigen Kontinente Nord- und Südamerika miteinander und grenzt im Norden an die Landenge von Tehuantepec (Mexiko), im Süden an den Golf von Darién (Kolumbien). Zentralamerika ist der synonyme Sammelbegriff für die 282.998 km 2 große, sieben Länder umfassende, Staatengruppe zwischen dem 8. und 18. Breitengrad nördlich des Äquators.6 Es handelt sich hierbei um die Länder Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama.7 4 5 6 7

Harenberg Lexikon Verlag (Hrsg., 1995): Länderlexikon 1995/96.- S.285, Dortmund Garcla-Pelayo y Gross, R. (1985): Larousse Manual ilustrado.- S.40, Mexiko, D.F. ebenda Laut Definition der IATA (1996) und der World Tourism Organization, Madrid (1996) zählen Belize, Costa Rica El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko, Nicaragua und Panama zu Zentralamerika. Im Statistischen Jahrbuch der United Nations (1992) werden alle Länder Zentralamerikas (inklusive Mexiko) und der Karibik „America, North" zugeordnet.

134

7 Tourismusmarkt Lateinamerika

Nordamerika

Mittelamerika

Landenge von Tehuantepec

Mittelamerika

Südamerika

Südamerika

Quelle:

Abb. 7.2:

Ernst Klett Verlag (Hrsg., 1971): Länder und Völker, Ausgabe B, Amerika.- S.l und aus: Zentner, Ch. (Hrsg.,1982): Der große Atlas der Weltgeschichte.- S.510/511, München)

Geographische Abgrenzung Nord-/Mittel-/Südamerikas

Der Sammelbegriff Karibik umfaßt das Karibische Meer (auch Karibische See genannt) sowie folgende Inseln zwischen 10° bis 27° nördlicher Breite und 85° bis 60° westlicher Länge: Turcs- und Caicos-Inseln, Bahamas, Große Antillen (Kuba, Jamaica, Haiti, Dominikanische Republik, Puerto Rico), Jungferninseln, Caicos

7.2

Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika

135

Inseln, Anguilla, Cayman-Inseln und die kleinen Antillen (St. Kitts und Nevis, Antigua und Barbuda, Guadeloupe, Dominica, Martinique, St. Lucia, St. Vincent und Grenadines, Barbados, Grenada, Trinidad und Tobago). Der 17.850.000 km2 große südamerikanische Kontinent8 erstreckt sich zwischen dem 13. Breitengrad nördlicher Breite bis zum 56. Breitengrad südlicher Breite und zwischen 83° bis 35° westlicher Länge. Er umfaßt die Länder: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Guyana, Französisch-Guiana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Uruguay und Venezuela. Der „historische Begriff Lateinamerika bezeichnet die Staaten in Amerika, in denen aus dem Lateinischen hervorgegangene Sprachen gesprochen werden. Die noch gebräuchlichen Begriffe „Hispano-Amerika" (Spanisch-Amerika) und „Ibero-Amerika" (nach der Spanien und Portugal umfassenden iberischen Halbinsel) sind nicht allumfassend. Sie berücksichtigen nicht die heutige Sprachenvielfalt der ehemaligen Kolonialgebiete (neben dem spanischsprachigen zentral- und südamerikanischen Raum, Portugiesisch, Englisch, Französisch und Holländisch). Der „geographische Begriff' Latein-amerika (Gesamtheit aller nicht-hochentwickelten Staaten der amerikanischen Hemisphere) umfaßt 24 selbständige Staaten und 14 abhängige (vormalige Kolonial-) Gebiete.9

7.2.2

Sachlicher Aspekt, Nachfrager-Aspekt und Saisonaler Aspekt

Sachlicher Aspekt Aufgrund der besseren Qualität und des in höherem Umfang vorhandenen Datenmaterials konzentrieren sich vorliegende Untersuchungen auf die Rolle der globalen CRS im internationalen Linienflugverkehr von und nach Lateinamerika. Damit ist die weitere Marktabgrenzung hinsichtlich regionaler Aspekte des Flugmarktes in Inlands- und Auslandsflugverkehrsmarkt sowie hinsichtlich des Produktes (sachlicher Aspekt) in Linien- und Charterflugverkehrsmarkt vollzogen. Oberste Priorität hat jedoch die Betrachtung des (regional differenziert: globalen) CRS-Marktes, bei dem der Transportmarkt allgemein und insbesondere der Flugmarkt neben Beherbergungs-, Touristikmarkt und anderen nur einen Untermarkt darstellt. Nachfrager-Aspekt Zu den Nachfragegruppen der CRS in Lateinamerika - ebenso wie in anderen Teilen der Welt - zählen sowohl Transportgesellschaften (Airlines, KreuzfahrtschiffsReedereien, Mietwagen-Unternehmen, Bahnen, usw.) als auch Hotels/Hotelketten, Veranstalter, Reisebüros und viele mehr.

8 9

Garcla-Pelayo y Gross, R. (1985): Larousse Manual ilustrado.- S.40, Mexiko, D.F Maurer, G./Molt, P. (1970): Lateinamerika - Eine politische Länderkunde.- In: Landeszentrale fllr politische Bildungsarbeit (Hrsg.): Zur Politik und Zeitgeschichte.- Heft 31/32, S.8-10

136

7 Tourismusmarkt Lateinamerika

Saisonaler Aspekt Die Nachfrage nach globalen CRS direkt ist saisonunabhängig. Ein indirekter saisonaler Effekt ist insofern vorhanden, als die Höhe des BuchungssegmentVolumens saisonal im Jahresablauf schwankt.

7.2.3

Marktformen

Marktformen können aufgrund der Morphologie (Marktstruktur), der Konkurrenzbeziehungen und der Verhaltensweisen (Reaktionen der Anbieter und Nachfrager auf Preis- und Mengenpolitik) unterschieden werden. Die Marktstruktur wird durch Anzahl und Größe der Marktteilnehmer beschrieben, wobei die Größe durch die Marktanteile (in Bezug auf Umsatz, Beschäftigte usw.) gemessen wird. Nach der absoluten Anzahl und der relativen Größe der Marktteilnehmer auf der Angebots- und Nachfrageseite können vor allem drei wichtige Marktstrukturen und Verhaltensweisen unterschieden werden:10 (1)

(2)

(3)

Monopol: ein marktbeherrschender Anbieter oder Nachfrager, der davon ausgeht, daß er allein die Marktbedingungen (u.a. Menge, Preis, Qualität) bestimmen kann, Oligopol: wenige (relativ große) marktbeeinflussende Marktteilnehmer, die sich in ihren Verhaltensweisen auch an den anderen Marktteilnehmern orientieren, Polypol: viele (relativ kleine) Marktteilnehmer, die einzeln keinerlei Einfluß auf das Marktgeschehen haben.

Hinsichtlich der untersuchten Rolle globaler CRS im internationalen Linienflugverkehr Lateinamerikas stellt sich heraus, daß nur einige wenige, aber entsprechend große Unternehmen als CRS-Anbieter vorhanden sind (z.B. AMADEUS, GALILEO, SABRE). Diese treffen auf eine Vielzahl meist kleinerer Nachfrager (z.B. nationale Luftverkehrsgesellschaften, Reisebüros). In unserem Fall handelt es sich also um ein Angebots-Oligopol. Aufgrund gescheiterter Versuche mehrerer Länder Lateinamerikas, ein eigenes globales CRS aufzubauen, gibt es heutzutage nur wenige ausländische "Großanbieter", das heißt amerikanische und europäische globale CRS, die in Mexiko, Mittelamerika und Südamerika ihre Dienste anbieten. Der immense Investitions- und Entwicklungsvorsprung dieser Systeme ist bereits so weit fortgeschritten, daß Lateinamerikas Luftverkehrsgesellschaften als neue Initiatoren und Betreiber ähnlicher Systeme kaum eine Chance hätten, sich noch im Markt zu etablieren und zu überleben. Wie bereits erwähnt, erhält man als Ergebnis der Marktabgrenzung Angaben über das Marktvolumen des fur die jeweilige Problemstellung relevanten Marktes. Für das Marktvolumen interessieren im vorliegenden Fall neben den Kennziffern für 10

Freyer, W. (1990): Tourismus, Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie.- 2.Auflage, S.211, München, Wien

7.2

Abgrenzung des Tourismusmarktes Lateinamerika

137

Anzahl Terminals und Standorte in den jeweiligen Ländern, beziehungsweise in Schlüsselmärkten Lateinamerikas, auch Größen wie beispielsweise Anzahl der gebuchten Flugsegmente, Anzahl angeschlossener Airlines/Hotels/Veranstalter. Zunächst soll im folgenden Kapitel 8 die geschichtliche Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nach/von Lateinamerika und dessen Bedeutung fur den Kampf globaler CRS um neues „Marktvolumen" näher beleuchtet werden. Kapitel 9 gibt dann einen näheren Einblick in den Status Quo des Marktvolumens globaler CRS in Schlüsselmärkten Lateinamerikas und zeigt Probleme und Herausforderungen für CRS sowie die geschichtliche Entwicklung der Tourismusindustrie in diesen Märkten auf.

8

Geschichtliche Entwicklung des internationalen Luftverkehrs nach/von Lateinamerika in ihrer Bedeutung für den Kampf globaler CRS um neue Aufbruchmärkte

8.1

Entwicklung im Luftverkehrsbereich und im Bereich touristischer Informationstechnologien vor Anfang der 90'er Jahre

Vor Anfang der neunziger Jahre verlief die Entwicklung im Bereich touristischer Informationstechnologien eher ruhig. Im lateinamerikanischen Markt installierten lediglich die US-Reservierungssysteme Terminals dort, wo ihre Mutter-Airlines Anflugpunkte unterhielten. Teilweise waren die Märkte durch staatliche Vorschriften blockiert, um die jeweiligen Nationalcarrier und ihre nationalen Reservierungssysteme zu protektionieren. SYSTEM ONE im Dienst fur PanAm und Eastern Airlines hatte traditionell relativ viele Stützpunkte in Lateinamerika. SABRE und APOLLO deckten die Stützpunkte von American Airlines und United Airlines ab.' Aber auch das von der Société Internationale de Télécommunications Aéronautiques (SITA) 1989 gegründete System GETS (GABRIEL Extended Travel Services) hält noch immer eine wichtige Position zwischen Reisebüros und rund 300 Fluggesellschaften weltweit. Es dient seit jeher den Luftverkehrsgesellschaften (LVG) ohne eigenes Informations- und Reservierungssystem als kostengünstigere Alternative zu großen CRS, allerdings mit einem vergleichsweise geringeren Leistungsumfang. GETS ist eine Weiterentwicklung des ursprünglich als reines Airline-Reservierungssystem konzipierten GABRIEL-Systems. Es bietet den Reisebüros aktuelle Verfugbarkeitsinformation aller angeschlossenen LVG, Flugplan- und Tarifinformationen sowie die Möglichkeit der Reservierung und Ticketausstellung. Weitere in GETS integrierte Programme sind „Timatic" (Pass-/Visa-/Zoll-/ Wechselkurs- Informationen), „Sahara" (Hotelreservierung und -information), „Rental Car" (Mietwagenbuchungen) sowie ein „Front/Back Office Accounting & Management System". Zentrale der GETS Marketing Company ist Luxemburg.2 SITA wurde 1949 in Brüssel gegründet als Genossenschaft von 11 Fluggesellschaften, mit Sitz in Paris, operiert aber mittlerweile von zwei Zentralen aus: 1 2

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1993): Wettrennen um Aufbruchmärkte.Nr.22, S.25 GETS Marketing Company (Hrsg., 1994): GETS, the global CRS, your link to the world.- Nr. 1, S. 1-5, Atlanta

140

8 Geschichtliche Entwicklung

Atlanta/Georgia und London/England. Die Zentrale in den USA ist spezialisiert auf „airline passenger related automation", während man sich in London auf „cargo and flight operations" konzentriert.3 Von dem ersten Aufbau eines internen Telexnetzes bis zur Ermöglichung des globalen Datenverkehrs in 187 Ländern der Erde war es ein langer Entwicklungsschritt.4 SITA hatte bisher ein relatives Monopol für weltweite Kommunikation und Information bei dem Datentransfer zwischen internationalen Fluggesellschaften (Abb. 8.1). Die einmal über SITA angeschlossenen Airlines konnten bislang nur ihr eigenes oder das SITA-Netz nutzen, da sie an die Verwendung der IATA-Protokolle gebunden waren. Gegenwärtig lösen sich diese Monopolstrukturen in der weltweiten Kommunikation auf. Die vielfach übliche Definition, SITA sei ein Netz für die Kommunikation zwischen Airlines, stimmt nicht mehr. Während die Macht globaler CRS immer größer wurde, sah sich die SITA gezwungen, aktiv in anderen Branchen als der Luftverkehrsbranche tätig zu werden und auf die Suche nach neuen potentiellen Märkten zu gehen. Man ging auf die Suche nach den Anbietern von sogenannten "travel related services", zu denen Reiseveranstalter, Reisebüros, Hotelketten, Transportgesellschaften und viele mehr gehören. Inzwischen versucht die SITA ebenfalls in Nischen zu agieren, indem sie Firmen-Service anbietet, mit Angeboten für multinationale Unternehmen mit globalem Kommunikationsbedarf wie beispielsweise die UNESCO und die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Im Laufe der Jahre hat das Unternehmen eine ganze Reihe von Produkten für die Telekommunikation, für Passagier- und Fracht-Service sowie Flight Operations-Service erarbeitet.5 Die meisten lateinamerikanischen und karibischen Airlines sind SITA beziehungsweise GETS angeschlossen. Allerdings waren bis Anfang 1994 lediglich 9 LVG als sogenannte „members" im „Direct Access" - das heißt direkt buchbar angeschlossen: Aeroperù, Copa, Cubana, Empresa Ecuatoriana de Aviación, Lan Chile, Líneas Aéreas Paraguayas, Pluna Trans Brasil Airlines und Varig. Alien anderen lateinamerikanischen und karibischen „travel partners" dient die Verbindung zu GETS nur zum Informationsaustausch.6

3 4 5 6

Société Internationale de Télécommunications Aéronautiques (Hrsg., 1995): SITA Atlanta Data Processing Center, Airline Information Services.- S.2, Atlanta GETS Marketing Company (Hrsg., 1994): GETS, the global CRS, your link to the world.- Nr. 1, S.7, Atlanta Hoffmann, C. (1993): SITA nicht nur für Airlines; Neue Märkte für die SITA.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr. 19, S.26/27 GETS Marketing Company (Hrsg., 1994): GETS, the global CRS, your link to the world.- Nr. 1, S. 1-4, Atlanta

8.1

Entwicklung Luftvcrkchr/touristische Informationstechnologien

141

Abb. 8.1 : Das SITA-Netz weltweit 7 7

Société

Internationale

de

Télécommunications

Information Services.- Atlanta

Aéronautique

(Hrsg.,

1995):

SITA

Airline

142

8 Geschichtliche Entwicklung

Der einst so verschlossene lateinamerikanische Markt stand neuen Informationstechnologien aus Europa, Asien und USA jahrzehntelang eher skeptisch gegenüber. Die Gründe dafür waren unter anderem ein Mangel an Fachkräften, Know-how, finanziellen Mitteln und Weitsicht. Im Vergleich zu Europa und Nordamerika ist daher die Marktabdeckung für CRS in Lateinamerika auch heute noch relativ schwach. Der wirtschaftliche Stand der südamerikanischen Schwellenländer prägt bis heute den geringen Ausstattungsgrad der südamerikanischen Reisewirtschaft mit CRS-Anschlüssen. Der breiten Bevölkerung sind nicht die in Europa gewohnten intensiven Reiseaktivitäten möglich. Entsprechend dünn sind im Landesdurchschnitt Reisebüros und Outgoing-Veranstalter - das heißt Reiseveranstalter für internationalen Tourismus, die Touristen aus dem Land herausfuhren - gesät.8 Das Telefon dominiert vielerorts noch als Reservierungswerkzeug, um Anfragen bei Fluggesellschaften zu tätigen. Lediglich in den großen Städten, die Zielflughäfen internationaler LVG sind, wurden die Reisebüro-Agenturen von den heimischen Fluggesellschaften mit Reservierungsterminals versehen. Diese werden jedoch weniger fur die Touristik eingesetzt, als vielmehr für den Reiseverkehr großer Unternehmen.9 Eine bedeutende Rolle spielen auch die Stadtbüros der Fluggesellschaften, die wichtige Anlaufstellen für das Publikum bilden. Sie sind größtenteils mit den Terminals ihrer eigenen Gesellschaft ausgerüstet.

8.2

Meilensteine der Entwicklung in Luftverkehr und Wirtschaft nach Beginn der 90er Jahre

Nach Beginn der 90er Jahre änderte sich die Szenerie in der lateinamerikanischen Wirtschaft, im Luftverkehr und damit auch in der Reisewirtschaft erheblich. Die Deregulierung der Luftverkehrsindustrie, politische Stabilität, eine einsetzende wirtschaftliche Prosperität und Marktöffnungen forcieren die Entwicklung.

8.2.1

Liberalisierung im Luftverkehr und Marktpenetration der CRS in Lateinamerika

Die Idee der „Deregulation" (engl.) beziehungsweise „Liberalisierung" (dtsch.) im Luftverkehr wurde Mitte der 70er Jahre in den USA geboren und forderte die Freistellung des kommerziellen Luftverkehrs von staatlichen Anordnungen und Reglementierungen. Dies sollte bewirken, daß sich der Luftverkehr im Wettbewerb eines freien Marktes („Open Sky") bewährt. In den USA trat zum 01.11.1978 das entsprechende Gesetz in Kraft, der „ A i r l i n e Deregulation Act".10 Im Rahmen der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes folgte im Dezember 1987 ein Gesetz zur 8 9 10

Jegminat, G. (1992): CRS in Lateinamerika; Die Expansion hat begonnen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.16 ebenda, S.21 Deutsche Lufthansa AG (Hrsg., 1990): Begriffe und Definitionen im Lufthansa-Konzem.- S.45

8.2

Meilensteine der Entwicklung

143

EG-Liberalisierung im Luftverkehr, (laut Artikel 8a des E WG-Vertrages: „...Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital...gewährleistet ist").11 Mit mehreren Gesetzespaketen hat die Europäische Union den Luftverkehr seither schrittweise liberalisiert (durch Gewährung von Tariffreiheit, Abbau von Kapazitätsrestriktionen, Festlegung von Marktzugangs-kriterien etc.). Ein Selektions- und Konzentrationsprozeß nebst verschärftem Preiswettbewerb war damit eingeläutet - ähnlich den Geschehnissen im US-Luftverkehrsmarkt. Die Liberalisierung im Luftverkehr Lateinamerikas wurde mit der sogenannten „Resolution 297" Anfang der 90er Jahre besiegelt: Sie besagt eine Aufhebung sämtlicher Kapazitäts- und Zugangsbeschränkungen für den Luftverkehr in Bezug auf Passage, Fracht und Post. Unmittelbare Folge war ein explosionsartiger Anstieg der Zahl neuer Routen innerhalb Südamerikas. Das Eindringen der ComputerReservierungssysteme in diesen Kontinent erfolgte quasi im Windschatten der erhöhten Flugfrequenz internationaler amerikanischer und europäischer LVG. Alleine 1993 flogen viele LVG neue Ziele in Südamerika an oder/und übernahmen Streckenrechte von neuen Anteilseignern oder in Konkurs gegangenen Fluggesellschaften; Beispiel: => American Airlines erwarb Südamerika-Routen von Eastern Airlines und => United Airlines kaufte die gesamten Rechte am Südamerika-Streckennetz der in Konkurs gegangenen PanAm auf. Die Anzahl der SABRE-Terminals und GALILEO-Terminals stieg zeitgleich im Markt. => Im Konzentrationsprozeß in Europa bemühte sich auch die spanische Iberia um die Aufnahme neuer Südatlantik-Routen. Iberia kaufte Beteiligungen bei verschiedenen südamerikanischen Fluggesellschaften, die privatisiert wurden (in Venezuela: 45% an Viasa-, in Chile 37% an Ladeco', in Argentinien 30% an Aerolíneas Argentinas, die wiederum die zweitgrößte argentinische Fluggesellschaft Austral kontrolliert). Zeitgleich reiste dabei AMADEUS mit über den Südatlantik. Im Vergleich zu den nationalen Vertriebssystemen bot AMADEUS einen weitaus höheren technischen Standard und konnte daher schnell große Marktanteile für sich gewinnen (Abb. 8.2).

11

ebenda, S.99/100

144

8 Geschichtliche Entwicklung



Terminals bei LVG's Terminals in Reisebüros Standorte Reisebüros

Abb. 8.2:

Anzahl Terminals und Standorte von AMADEUS in Südamerika (1993)12

8.2.1.1 Kooperationen und Allianzen Ein weiterer Faktor, der die Penetration globaler CRS in den lateinamerikanischen Markt erleichterte, waren Kooperationsabkommen der CRS-Anteilseigner und Betreiber-gesellschaften mit nationalen lateinamerikanischen LVG, wie zum Beispiel die Kooperation des AMADEUS-Anteilseigners Deutsche Lufthansa AG mit der brasilianischen Luftverkehrsgesellschaft Varig. 12

Eigener Entwurf aus Daten der AMADEUS Corporate Communication (Hrsg., 1993): News on AMADEUS.- Nr. 6, Ausg. Aug./Sept. 1993, S. 9, Madrid

8.2 Meilensteine der Entwicklung

145

Auch anderen globalen CRS wurde der Weg in den lateinamerikanischen Markt durch Kooperationsabkommen mit LVG und teilweise auch mit nationalen Reisebüro- Organisationen geebnet. Beispiel: SYSTEM ONE ging eine Allianz ein mit der nationalen Fluggesellschaft Kolumbiens Avianca und mit der nationalen kolumbianischen ReisebüroOrganisation Anato. Das interne Avianca-System namens Condor wurde langsam durch SYSTEM ONE ersetzt. GALILEO ist ein Joint-Venture mit der LVG Avensa eingegangen und inzwischen sind die einst an das Avensa-interne System (Sara) angeschlossenen Agenturen (Reisebüros, Airline- und City-Ticketoffices) alle auf GALILEO umgestellt. AMADEUS hat auf ähnliche Weise Eingang in den Markt gefunden, indem es eine Kooperation mit der venezolanischen LVG Viasa einging. Um eine Vortstellung davon zu bekommen, wie weit der Grad der Verflechtungen bereits gediehen ist, geben Abb. 8.3 / Abb. 8.4 einen Überblick über die Eigentumsverhältnisse und Allianzen lateinamerikanischer LVG. Dabei werden unter anderem spezielle Codeshare-Abkommen, Marketing-Allianzen, FrequentFlyer-Programm-Abkommen und Ground-Handling-Joint-Ventures berücksichtigt. Der Ideenvielfalt von Allianzen sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Auffallig ist, daß sich der größte Teil der Allianzen in den Jahren 1992 bis 1994 bildete. These: Die Bildung von Allianzen reduziert Eintrittsbarrieren im Markt für CRS.

146

8 Geschichtliche Entwicklung

Airline alliances Carrier/Partner

Equity

Started

Details

Aerolíneas Argentinas Iberia Yes Ladeco No Pluna No Varlg No Viasa No

Novae 1992 1986 1986 1994

Comprehensive marketing alliance and Joint frequent flyer plan (FFP). Codeshare and frelgt cooperation on Miami-Buenos Al res-Santiago route. Ground handling Joint venture on Montevideo-Buenos Aires shuttle. Ground handling Joint venture. Codeshare on Buenos Aires-Caracas route.

Aeromexico AeroPeru Air France

Yes No

Jan94 Nov94

No No No No Yes

Jun92 Sep94 Jun$4 Apr 94 Sep93

Joint FFP. Air France has put plans on hold for a codesharlng/FFP partnership on Mexico-Paris. Codeshare on Mexico-Phoenix route and FFP partnership. Proposed codesharing and FFP partnership on Mexico-London. Codeshare on key Mexico-US routes and FFP partnership. Codeshare on Mexico-Tokyo/Narita and FFP partnership. Joint scheduling, CRS, FFP, yield management, purchasing and labout agreements.

AeroPeru Aeromexico

Yes

Jan 94

Air Austral Air France Air Madagascar

Yes Yes

Nov 90 Nov 90

Avianca Saeta

No

JUI93

Route specific codesharing agreement

Aviateca Taca

Yes

1989

Joint purchasing, fleetrationalisationand cooperation on support services including maintenance, ground handling and catering.

BWIA Liât

No

Jan 94

Proposed marketing arrangement tor Liât passengers connecting to BWIA flights.

Copa Taca

No

1992

Comprehensive marketing agreement plus joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services.

Ecuatoriana Varlg

No

Apr83

One Joint weekly flight on Rlo-Sao Paulo-Guayaqull-Quito-San Jose.

Dominicana Iberia

No

Aug 88

Codesharing on Madrid-Santo Domingo-Bogota-Rio.

LAB Airlines Varlg

No

Apr 94

Codeshare agreement between Santa Cruz and La Paz.

Lacsa Iberia Taca

No Yes

-

No

America West British Airways Delta Airlines Japan Airlines Mexicana

Joint FFP.

Joint operation to one destination. Codeshare on a single route. B747 aircraft maintenance. Passenger and freigth handling.

Apr 83

Talks are In progress to develop an agreement Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services including maintenance, ground handling and catering. Joint flights.

Ladeco Aerolíneas Argentinas No Iberia Yes

1993 Apr 91

Codeshare and freight cooperation on Mlaml-Buenos Aires-Santiago route. No management contract but comprehensive marketing agreement

Liât BWIA

Jan 94

Proposed marketing arragement for Liât passengers connecting to BWIA flights.

Varig

No

1992

(Quelle: Airline Business (Hrsg., 1994): Airline alliances.- Vol.10, Nr.7, S.26-42)

Abb. 8.3:

(

Sejte

j

v

Allianzen lateinamerikanischer Luftverkehrsgesellschaften (1994)

2

]

8.2

147

Meilensteine der Entwicklung

Airline alliances Carrier/Partner Mexicana Aeromexica

Equity

Started

Details

Yes

Sep 93

No

Nov 93

Yes

1992

Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services Including maintenance, ground handling and catering.

Pluna Aerolíneas Argentinas No

1986

Ground handling joint venture on Montevideo-Buenos Aires shuttle.

Saeta Avlanca

No

Jul 93

Route specific cod esharing agreement

Sahsa Taca

Yes

-

Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services Including maintenance, ground handling and catering.

Taca Group Alitalia

No

Jul 93

Aviateca

Yes

1989

Copa

No

1992

Lacsa

Yes

1992

Nica

Yes

1992

Sahsa

Yes

-

Comprehensive marketing arrangements with the group of Taca Airlines, Including schedule coordination for connections through Miami, Los Angeles, New York and Chicago. Codesharlng with Aviateca on Miami-Guatemala. Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services including maintenance, ground handling and catering. Comprehensive marketing agreement plus mjoint purchasing, fleet rationall-sation and cooperation on support services. Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services Including maintenance, ground handling and catering. Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services including maintenance, ground handling and catering. Joint purchasing, fleet rationalisation and cooperation on support services Including maintenance, ground handling and catering.

No

Jul 93

Codesharlng and block space agreements on Sao Paulo-Porto Alegre and Sao Paulo-Brasilia.

Varig Aerolíneas Argentinas No No Alitalia

1988 Oct 94

Canadian A L Intl. No

Oct 91

Delta

No

Jun 94

Ecuatoriana Japan Airlines

No NO

Apr 83 Mar 88

LAB Airlines Lacsa Lufthansa

NO No NO

Apr 94 Apr 83 1993

SAS

No

May 92

South African AW No

Jan 93

Ground handling Joint venture Planned comprehensive marketing alliance with FFP cooperation and codesharlng. Varig codeshsrlng on Sao Paulo-Rio de Janeiro-Chicago-Toronto; Canadian codeshsrlng on Sao Paulo-toronto. Canadian also cod »shares on Varig flights to Chile and Argentina. Letter of Intent for alliance, with FFP cooperation and codesharlng on Varig's Brazil-US flights. One Joint weekly flight on Rlo-Sao Paulo-Guayaqull-Qulto-San Jose. Codesharlng and block space on Rlo-Sao Paolo-Los Angeles-Nartta and Sao Paulo-LA Nagoya. Cod es ha re agreement between Santa Cruz and La Paz. Joint flights. Codesharlng on Frankfurt-Rio and Frankfurt-Sao Paulo. General sales and marketing cooperation. Codeshsrlng on three weekly Varig frequencies on Rlo-Sao PauloLondon-Copenhagen. Codeshsrlng on Johannesburg-Bangkok.

Alitalia Nica Taca

Transbrasil United Airlines

Viasa Aerolíneas Argentinas No Iberia Yes

1994 Aug 91

Joint scheduling, CRS, FFP, yield management, purchasing and labour agreements. Codesharing on Miami-Mexico.

Codeshare on Buenos Aires-Caracas route. Management contract and comprehensive marketing agreement including Joint routes, codesharlng, Joint FFP and schedule coordination.

ÍOuelle: Airline Business (Hrse.. 1994): Airline alliances.- Vol.10. Nr.7. S.26-42 ) (

Seite 2 v

Abb. 8.3: Allianzen lateinamerikanischer Luftverkehrsgesellschaften ( 1994)

2

148

8 Geschichtliche Entwicklung

Airline cross-equity stakes Carrier/Partner

Aerolíneas Argentinas Austral Iberia Aeromexico AeroPeru Mexicana

Stake held In partner

Date first acquired

100.0

Mar 91

47.0 45.9

Feb 93 1992

Stake held by partner

83.0

Date first acquired

Note

Nov 90

1 2

3

AeroPeru Aeromexico

47.0

Feb 93

Air Austral Air France

34.0

Nov 90

100.0

Mar 91

1

32.9

1948

9

30.0

1989

Taca

10.0

1992

Iberia

37.5

Apr 91

45.9

1992

Taca

49.0

1992

Varig

95.0

Aug 78

Taca

35.0

Austral Aviaco

Aerolíneas Argentinas Iberia

Aviateca Taca Lacsa Ladeco

Mexicana Aeromexico Nica Río Sul

Sahsa

Taca Group

Aviateca Lacsa Nica Sahsa

30.0 10.0 49.0 35.0

1989 1992 1992

Rio Sul

95.0

Aug 75

3

Varig Viasa

Iberia

45.0

Aug 91

Notes: 1 2

Aerolíneas' shareholding Is in Austral parent Cielos del Sur. Iberia's Initial 30 per cent stake held through an Argentine holding company increased in March 1994. Aeromexico bought 11 per cent of Mexicana Initially, and Increased Ist holding In March 1993. Iberia's parent, state holding company Teneo, owns another 67 per cent of Aviaco.

3 9

(Quelle:

Abb. 8.4:

Airline Business (Hrsg., 1994): Airline cross equity stakes.-Vol. 10, Nr. 7, S.45-49)

Internationale Verflechtungen der Eigentumsverhältnisse amerikanischer Luftverkehrsgesellschaften (1994)

latein-

8.2

Meilensteine der Entwicklung

149

8.2.1.2 Anschluß einer Luftverkehrsgesellschaft an ein globales CRS am Beispiel Varig/AMADEUS AMADEUS hat (mit Stand September 1993) an 1.800 Reisebürostandorten in Brasilien 2.800 Terminals installiert. Parallel dazu wurde Varig als nationale LVG Brasiliens mit 4.000 AMADEUS-Terminals weltweit ausgerüstet und in das globale Computer-Reservierungs- und Informations-Netzwerk eingebunden. Mit dem Anschluß der lateinamerikanischen Fluggesellschaften an ein globales CRS eröffnet sich ihnen sozusagen das "Tor zur Welt". Zurück zum Beispiel Brasilien: Der Anschluß an das CRS AMADEUS und die Tatsache, daß Varig seit August 1993 über AMADEUS direkt buchbar ist, eröffnete dieser brasilianischen Fluggesellschaft quasi "von heute auf morgen" mehr als 80.000 Verkaufspunkte weltweit.13 Inwiefern dies Auswirkungen auf die Buchungszahlen der Varig und somit auch auf die Besucherströme und den Tourismus in Brasilien hat, läßt die statistische Analyse in Abb. 8.5 erahnen. Man beachte, daß nicht nur die reinen Strecken-Passagiere, die z.B. zwischen Frankfurt und Brasilien fliegen, Kunden der Varig sind, sondern auch Umsteigerpassagiere, die von A über Β und C nach D fliegen. Diese Umsteigerpassagiere, die irgendwo in der Welt ein Flugzeug besteigen, um sich auf einen Flug mit der Varig von oder nach Brasilien zu bewegen, werden nun vom CRS erfaßt. Denn das Produkt der Varig wird plötzlich weltweit angezeigt und wesentlich vielfaltiger vermarktet.

13

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1993): Varig ab nächsten Monat in Amadeus.Nr.15, S.27

150

8 Geschichtliche Entwicklung

ω Q

finanzielle Restrukturierung, => regionale Kooperationen, => Fusionen, => Privatisierungen, => Anschluß an globale CRS und die => Erhöhung der operationalen Effizienz. Die lateinamerikanische Luftverkehrsindustrie gewinnt neuen Boden unter den Füßen. Die Ära der staatlich geführten LVG in Lateinamerika geht zu Ende. Privatisierungen, strategische Allianzen und Kooperationen sind seit Anfang der 90er Jahre in vollem Gange. Dadurch können Operations-, Maintenance- und Marketing-Kosten gespart, Synergien erzeugt und der Zugang zu neuen Strecken eröffnet werden. Lan Chile beispielsweise kaufte 1995 Anteile an Ladeco und wurde nach Varig und Aéroméxico zur drittgrößten lateinamerikanischen Airline.34 Lan Chile bekam innerhalb Südamerikas Zugang zu vielen neuen Strecken.35 Anstatt sich auf gewissen Strecken harte Konkurrenz zu leisten, zu den gleichen Abflugzeiten und in bestimmten Marktsegmenten, teilten sich die beiden LVG den Markt auf: Lan Chile bedient Peru, Venezuela und Argentinien, während Ladeco Paraguay, Ecuador und Kolumbien anfliegt; die Verkehrsrechte nach Brasilien und Uruguay werden gemeinsam genutzt. Außerhalb Südamerikas eröffnete sich Lan Chile mittels Codeshare-Abkommen der Zugang zu den Karibikstrecken von Ladeco. Die größten Einsparungen werden durch die gemeinsame Wartung der bei Lan Chile und Ladeco identischen Flugzeugtypen erreicht.36 Die einst so verschuldeten lateinamerikanischen Carrier scheinen aus der Finanzmisere herauszukommen. Die Profitabilität ist zurückgekehrt bei den LVG Varig, Transbrasil und Lan Chile; auch Aérolíneas Argentinas zeigt Zeichen einer

34

35 36

Ungefug, H.-G. (1995): Im Luftverkehr zwischen Deutschland und Lateinamerika hat sich ein Uberaus scharfer Wettbewerb entwickelt; Ausbau der Kapazitäten, stagnierende Flugpreise.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.22, S.21 Hunt, C. (1994): Hotels, Air Services growing; Continents 'Southern Cone'.- In: Travel Weekly (Hrsg.), Vol.53, Nr.76, S.88 Airline Business (Hrsg., 1995): Chilean combine.- Vol.11, Nr.10, S.40-45

8.3 Zukünftige Entwicklung

159

verbesserten finanziellen Situation (Abb. 8.9). Hauptgründe dieser Entwicklung sind die aufblühende wirtschaftliche Entwicklung in den lateinamerikanischen Heimatmärkten, Privatisierungen und Effizienzsteigerungen, nicht zuletzt aufgrund der drohenden Konkurrenz großer US-Carrier (American Airlines und United Airlines) im lateinamerikanischen Markt.37 Fallbeispiel Aéroméxico:38 Auch in Mexiko ist eine neue Ära der Globalisierung und des Wettbewerbs angebrochen. Aéroméxico steht dabei Modell für alle LVG Lateinamerikas auf dem Weg zur Modernisierung, Globalisierung und kreativer, Synergien schaffender Zusammenarbeit - kurz Modell für ein neoliberales Unternehmen. Dieser Begriff soll ausdrücken, daß es sich um ein marktorientiertes, privatwirtschaftliches Unternehmen handelt, das folgende Ziele verfolgt: => => => =>

hohe Wirtschaftlichkeit, gute Servicequalität, Diversifikation der Produkte und die Erzeugung von Synergien durch strategische Allianzen und durch den Erwerb von Anteilen bei Partnergesellschaften.

Aéroméxico ist inzwischen die wichtigste LVG Mexikos. Der mexikanische Luftverkehrsmarkt ist aufgeteilt zwischen Aéroméxico (42%), Mexicana (26%) und der seit 1992 operierenden Taesa (29%).39 Aéroméxico besitzt 55% Anteile an Mexicana. Durch weitere 70 % Anteile an der peruanischen LVG Aéro Perú gelang es Aéroméxico, Synergien zu erzeugen, indem der Lima - Los Angeles - Mexiko Verkehr und der Lima - Cancún - Europa - Verkehr jeweils auf dem letzten Flugabschnitt Aéroméxico viele Umsteigerpassagiere bringt. Mit Mexicana wurde der Markt folgendermaßen aufgeteilt: Während sich Aéroméxico hauptsächlich als Geschäfitsreise-Carrier im Markt piaziert und das Streckennetz nach Europa, USA und Südamerika abdeckt, liegt die Priorität Mexicanas im Befördern von Touristen auf dem Streckennetz in die USA, Zentralamerika und Karibik. CodesharingAbkommen mit Air France, Delta Airlines und Varig wurden unterzeichnet. Um den Mangel an Fachkräften im Airline- und Tourismusgeschäft Mexikos zu beheben, gründete Aéroméxico sogar eine auf Luftverkehr- und TourismusAusbildung spezialisierte Universität („Universidad de Aerovías"), erste ihrer Art in Lateinamerika. Nicht nur Lehre und Forschung stehen hier auf dem Programm,

37 38 39

Airline Business (Hrsg., 1995): Latins can look to a brighter future.- Vol. 11, Nr. 10, S.7 Lima Pereira, E. (1994): Mexican Roller Coaster.- In: Air Transport World (Hrsg.), Nr.6, S. 110-163 Jennings, M. (1994): A Mexican wave adiós?- In: Airline Business (Hrsg.), Vol. 10, Nr.9, S. 14

160

8 Geschichtliche Entwicklung

Aerolíneas Argentinas Five year record Revenue US$ million

Net result US$ million

LanChile a n d Ladeco five year records

Revenue USS million

Net result U$$ million

Revenue passenger km billon

LanChile Ládeco

Employees Thousand LanChile is predicting at least a three-fold increase in its net result for the 1995 financial year. Ladeco is aiming for break even with a 10 per cent growth in revenues. LanChile s purchase of a 56.9 per cent stake in Ladeco will give the combined carriers an 85 to 90 per cent share of the domestic market.

SOURCE: Airline reports

The forecast for the 1994/95 financial year ending June 30 is break even. Operating revenues should reach $40 million. SOURCE; ΛΓίηβ Business Top 100

Abb. 8.9: Betriebsergebnisse der LVG Aérolíneas Argentinas, Lan Chile und Ladeco (1990-94)40'41

40

Airline Business (Hrsg., 1995): Pride o f Argentina - V o l l 1, Nr.10, S.48-51

41

Airline Business (Hrsg., 1995): Chilean combine - Vol. 11, Nr. 10, S.45

8.3 Zukünftige Entwicklung

161

sondern auch die Entwicklung neuer Marketing- und Service-Konzepte für die mexikanische Luftverkehrsindustrie, die Aéroméxico bereits erfolgreich in die Praxis umgesetzt hat. Auch die intensive Nutzung moderner elektronischer Informations-, Kommunikationsund Reservierungs-Technologien sowie computerisierter Operations-Technologien zeugt von der Innovationsstärke des mexikanischen Carriers. Hierzu zählen unter anderem:42 • • • • •

Flight-Following System (stellt operationale, Management- und Marketing-Daten zur Verfügung) Fuel-Control System (ermittelt Möglichkeiten zur Kosteneinsparung im Operations-Bereich) CRS-Anschluß Check-in Automation Frequent Flyer Programm (1991 eingeführt, erreichte es bereits 2 Jahre später 410.000 Mitglieder).

Allerdings verschlingen diese vielen kleinen und großen innovativen Schritte sehr viel Geld und es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis Aéroméxico schwarze Zahlen schreibt. Für die Zukunft kann man davon ausgehen, daß bei entsprechender wirtschaftlicher Entwicklung und einer verbesserten Marktorientierung aller beteiligten Unternehmen auch neue Nachfragepotentiale für Flugreisen gewonnen werden können. Laut Prognose der ICAO wird der internationale Linienflugverkehr Lateinamerikas (gemessen in „Revenue Passenger Miles" = internationaler Begriff für die verkaufte Passageleistung43) von 1990-2001 um durchschnittlich 4% jährlich wachsen-, die Anzahl beförderter Passagiere im gleichen Zeitraum wird auf der Achse Nordamerika-Südamerika ebenfalls um durchschnittlich 4% pro Jahr ansteigen und auf der Achse Nordamerika-Zentralamerika/Karibik sogar um durchschnittlich 5 Prozent,44 Die Prognose von Boeing bezieht sich auf das durchschnittliche jährliche Wachstum der Revenue Passenger Miles und gibt für den Zeitraum 1992-2000 innerhalb Lateinamerikas (Intraregionalverkehr) ein Wachstum von 5,8% an und für den Zeitraum 2000-2010 ein Wachstum von 4,9 Prozent. Dem internationalen Linienflugverkehr Lateinamerikas wird ein ähnlich hohes durchschnittliches jährliches Wachstum vorausgesagt: 5,9% für 1992-2000, 4,7% für die Jahre 20002010 (Abb. 8.10).

42 43 44

Lima Pereira, E. (1994): Mexican Roller Coaster.- In: Air Transport World (Hrsg.), Nr.6, S.l 10-163 Deutsche Lufthansa AG (Hrsg., 1990): Begriffe und Definitionen im Lufthansa-Konzern S.140 International Civil Aviation Organization 'ICAO' (Hrsg., 1992): Outlook for Air Transport to the Year 2001.- Ausg. 9/92, Montreal

162

8 Geschichtliche Entwicklung

(Quelle: I C A O ) 1980-1990

1990 - 2001

Latin America/ Caribbean

4.5

4,0

North America/ South America

4,3

4,0

North America/ Central America/ Caribbean

5.6

5,0

(Quelle: Boeing ) 1970-1992

1992-2000

2000-2010

Latin America (Domestic)

7,6

5,8

4,9

Latin America (International)

9,4

5,9

4,7

1/ Abb. 8.10:

45 46

Prognose des durchschnittlichen jährlichen Wachstums im Linienflugverkehr Lateinamerikas (1990-2010)45/46

International Civil Aviation Organization 'ICAO' (Hrsg., 1992): Outlook for Air Transport to the Year 2001 - Ausg. 9/92, Montreal Boeing Commercial Airplane Group (Hrsg., 1992/93): Current Market Outlook; World Market Demand and Airplane Supply Requirements - Ausg. 3/92, Ausg. 3/93, Seattle

9

Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

9.1

Probleme und Herausforderungen

Im folgenden soll auf die großen Herausforderungen eingegangen werden, die sich den CRS in Lateinamerika stellen. Hauptproblem beim Vertrieb der CRS ist die Anbindung der Systeme an die lokale Kommunikations-Infrastruktur. In den meisten lateinamerikanischen Märkten haben die nationalen LVG bereits Kommunikationsnetze aufgebaut, die fähig sind, sogenannte „non-intelligent workstations" beziehungsweise „dumm terminals" miteinander zu verbinden. Für CRS-Betreiber ist dies insofern akzeptabel, als sie eine nationale LVG als Vertriebspartner („distributor") haben und ihnen die „dumm terminals" als ausreichend funktional erscheinen. Alle anderen CRS-Betreiber müssen in langwieriger Überzeugungsarbeit versuchen, Unternehmen vor Ort zum Aufbau eines neuen modernen Kommunikationsnetzes zu bewegen. Die gelingt jedoch nur in wenigen Fällen. Eine dritte Vertriebsmöglichkeit besteht darin, die modernen Kanäle der SITA-Netze zu nutzen. Die inadequaten nationalen Kommunikationsnetze sind - wie bereits erwähnt einer der größten limitierenden Faktoren fur die Ausbreitung der CRS-Technologien in Lateinamerika. Ist ein Agent, der gerade mit einem neuen CRS ausgerüstet wurde, erst einmal an das nationale Kommunikationsnetz angeschlossen, taucht ein weiteres Problem auf. Bei fast allen internationalen Flügen müssen die Ticketpreise umgerechnet werden in US-Dollar (farequoted). In einigen Märkten, wie beispielsweise Chile, muß eine Umrechnung in US-Dollar sowohl bei lokalen als auch bei internationalen Flugtickets vorgenommen werden. Dies alles macht die interne Abrechnung fur CRS ("BSP-Certification") umso schwieriger. Eine weitere Herausforderung ist es, möglichst viele "local vendors" (lokale Autovermieter, Hotels, Airlines etc.) für die Beteiligung im System zu engagieren. Die großen kommerziellen Vorteile für local vendors bei Präsenz in einem globalen CRS - in Lateinamerika wie auch in anderen Teilen der Welt - liegen auf der Hand. Für die Reisebüros vor Ort muß die Buchbarkeit einer möglichst hohen Anzahl von Local-Vendor-Produkten gewährleistet werden. Aufgabe der nationalen MarketingGesellschaften in Lateinamerika ist es daher, möglichst spanisch- oder portugiesischsprechendes Personal einzusetzen, um diese Local-Vendors zu engagieren und Überzeugungsarbeit zu leisten im Sinne der inzwischen von allen CRS adoptierten Geschäfts-Philosophie:

164

9 Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

"Think globally but, act locally". Lateinamerika ist ein überwiegend zweisprachiger Markt. Vorherrschende Amtssprache ist Spanisch und in Brasilien Portugiesisch. Die kleineren französischen, englischen und holländischen Sprachinseln fallen weniger ins Gewicht. Darauf muß sich ein CRS in puncto Bedienerfreundlichkeit des Systems, Helpdesks, Bedienungshandbücher, Dokumentendrucker und vieles mehr einstellen („act locally"). Im Vergleich zu den weitaus komplizierteren Sprachen, die ein im asiatisch-pazifischen Raum operierendes CRS anbieten muß (Thailändisch, Koreanisch, Chinesisch, Japanisch), ist dies eine mäßig große Herausforderung. Man beachte, daß sich die Anzahl der automatisierten Reisebüros nur schwer schätzen läßt, da der Markt sehr schnell wächst und viele Agenturen mehr als ein CRS benutzen. Während des zwölfmonatigen Zeitraumes von Juni 1993 bis Juni 1994 wurden in Lateinamerika insgesamt 36 Millionen Buchungssegmente durch CRS generiert.1 Setzt man die Anzahl der Buchungssegmente in Relation zu der Bevölkerung eines Landes und vergleicht den sich daraus ergebenden Quotienten Lateinamerikas mit dem Kanadas, so ergibt sich nachfolgendes Verhältnis für Juni 1993 bis Juni 1994 (Abb. 9.1):

1

Folio, M. (1994): Technology on the Global Marketplace.- Rede des Senior Vice President in the Americas von GALILEO International anläßlich einer Travel Weekly Konferenz in Chicago, 5.-8.Juni 1994

9.1

165

Probleme und Herausforderungen

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180

9 Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

START/AMADEUS: Eine Besonderheit bei AMADEUS ist die Tatsache, daß das einst nur als nationales CRS fungierende System START jetzt auch für andere Länder der Welt im Einsatz ist - so auch fur die östlichen Karibikstaaten:46 Seit Ende Januar 1994 ist die "Organization of Eastern Caribbean States " (OECS) an START angeschlossen. Die Mitgliedsstaaten der OECS sind Antigua/ Barbuda, British Virgin Islands, Dominica, Grenada, Montserrat, St. Kitts/St. Nevis, St. Lucia, St. Vincent/ Grenadines. Das Angebot umfaßt Auflistungen von Hotels und Reiseveranstaltern, allgemeine Informationen über Reisen innerhalb der OECSStaaten und einen Jahres-Veranstaltungskalender. Ziel ist es, die Weiterentwicklung von Hotelinformationen mit Hilfe des START-Systems zu erleichtern und Reiseveranstalter zu ermutigen, ihr Buchungsangebot für die Region durch Direktverbindungen in die östliche Karibik zu erweitern. GALILEO wagte 1992 mit Installationen im venezolanischen Markt den ersten Sprung in den lateinamerikanischen Markt, im Vergleich zu AMADEUS und SABRE eine relativ späte Präsenz. Bis Oktober 1993 hatte sich der europäischamerikanische Reservierungs-Multi mit nationalen Vertriebsorganisationen in insgesamt sieben Ländern (Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Uruguay und Venezuela)47 in Position gerückt, mit 640 Reservierungsterminals in 310 Reisebüros. Bis Mai 1994 konnte der Systemverbund die Installationen in Lateinamerika auf 1250 Terminals an 600 Standorten steigern.48 Damit steht das CRS auf Platz 5 hinter AMADEUS, SABRE, GETS und SYSTEM ONE. Allerdings intensiviert auch der CRS-Verbund GALILEO International seine Aktivitäten in der Region. Mexiko kam neu hinzu mit der NDC „APOLLO Travel Services de Mexico" und somit ist GALILEO International 1996 in acht lateinamerikanischen Märkten präsent.49 Es herrscht Arbeitsteilung :50In der Karibik wird auch nach der Fusion von COVIA/GALILEO das CRS APOLLO aktiv bleiben, ebenso wie in Mexiko. In den anderen Märkten, in Mittel- und Südamerika, wird das CRS GALILEO angeboten. Das Credo von GALILEO ist "Think globally, act locally". Dementsprechend sind PCs in den jeweiligen Märkten Lateinamerikas installiert worden, die mit spanischsprachiger beziehungsweise portugiesischsprachiger Software arbeiten. Auch die betreuenden CRS-Trainer und Manager vor Ort sind "local staff' (einheimische Angestellte). GETS: Die SITA-Gesellschaft Gabriel Extended Travel System (Zentrale: Atlanta/Georgia) vertreibt ihr Produkt durch angeschlossene Partner-Airlines. Es ist 46 47

48 49 50

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1994): Östliche Karibik im START-System.Nr.6, S.48 Touristik Management (Hrsg., 1993): Reservierungssysteme in Lateinamerika: Appetit auf mehr.- Ausg. 9/1993, In: Gruner + Jahr (1994): Marktanalyse MARIA, Reisebuchungssysteme, Teil 2, Hamburg ebenda GALILEO International (Hrsg., 1996): GALILEO around the world.- Ausg. 3.96, Swindon Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1993): Wettrennen um Aufbruchmärkte.Nr.22, S.25

9.4

Status des Engagements

181

auf dem lateinamerikanischen Markt länger aktiv als alle anderen CRS. Allerdings schrumpften der Marktanteil und die Anzahl der GETS-Verbindungen in Lateinamerika.51 Der Kampf um Marktanteile wird immer härter. Im Jahre 1995 hält GETS einen Marktanteil von 19-20%; allerdings befurchten die Betreiber, daß es nicht dabei bleiben wird. Denn sowohl durch den Zusammenschluß von AMADEUS und SYSTEM ONE als auch durch das Eindringen anderer CRS in den Markt wurde Lateinamerika zum „CRS battleground" (Zitat eines GETS Executives).52 Im Jahr 1993 verlor GETS bereits einen wichtigen Großkunden in Brasilien, nachdem die LVG Varig zu AMADEUS wechselte. Nach dem Bankrott der LVG Ecuatoriana ging GETS ein weiterer Kunde verloren. GETS war Mitte 1993 online in 43 Ländern weltweit.53 Nach Angaben von CRS Update ist das System 1995 an circa 3.000 Reisebüro-Standorten in 40 Ländern - überwiegend in Lateinamerika - vertreten.54 Ebenso wie alle anderen globalen CRS, garantiert GETS, ein neutrales System zu sein, dessen Architektur keine LVG bevorzugt darstellt. GETS-Anwender haben die Möglichkeit, direkt eine Anfrage und garantierte Bestätigung bezüglich freier Sitzplätze im jeweiligen Airline-Reservierungssystem bei allen „Direct Access participants" zu bekommen.55 SITA hat darüber hinaus eine interaktive Verkaufsfunktionalität für ihren „thirdparty reservations-host for small airlines" (GABRIEL II) entwickelt und Anfang 1995 im Reservierungssystem GABRIEL implementiert. Diese interaktive Verkaufsfunktionalität erlaubt aktuellen Zugriff auf die Sitzplätze und PNRs der Airlines zum Zeitpunkt des Verkaufs und zwar sowohl in Gabriel als auch in AMADEUS. 56 SABRE hat nach Angaben von Michael Parks (Managing Director Latin America and Caribbean) im März 1994 in der Karibik 1.670 Terminals, in Mittelamerika und Südamerika 3.637 Terminals.57 Das entspricht einem Marktanteil von 72% für die Karibik. Für Südamerika und Mittelamerika kann der exakte Marktanteil aufgrund unbekannter aktueller Daten der Konkurrenten nicht angegeben werden. Tatsache ist, daß SABRE die Nummer 1, das heißt Marktführer in Venezuela und in der Karibik ist sowie Nummer 2 in Brasilien, Argentinien, Chile und Mittelamerika. Das Credo für den 51 52 53 54 55 56 57

Woodall, G. (Hrsg., 1994): AMADEUS is CRS market leader in Latin America.- In: CRS Update, Vol.2, Nr.4, S.4 Woodall, T. G. (Hrsg., 1995): GETS holding its own among the world's CRS's.- In: CRS Update.- Vol.3, Nr.5, S.5, Rockville/MD Woodall, T. G. (Hrsg., 1993): GETS subscribers gather in Bulgaria.- In: CRS Update.- Vol.1, Nr.9, S.8, Rockville/MD Woodall, T. G. (Hrsg., 1995): CRS's of the World.- In: CRS Update.- Ausg. 1995, Rockville/MD Woodall, T. G. (Hrsg., 1994): CRS Enhancements.- In: CRS Update.- Vol.2, Nr.18, S.6/7, Rockville/MD Woodall, T. G. (Hrsg., 1995): Interactive utility added to GABRIEL..- In: CRS Update.- Vol.2, Nr.22, S.2, Rockville/MD ebenda und aus: Expertengespräch mit dem SABRE Managing Director Latin America and Caribbean, Michael Parks während der ITB, März 1994, Berlin

182

9 Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

lateinamerikanischen Markt lautet: Technologischer Führer zu sein mit einer bedienungsfreundlichen Windows-Version des CRS SABRE und Marktfuhrer zu werden in ganz Lateinamerika. SABRE betreibt 1994 sieben regionale Büros in Lateinamerika/Karibik, die verantwortlich sind für Verkauf, Ausbildung am CRS und Unterstützung der Agenten im jeweiligen Land. Einige der Regionalbüros betreuen kommissarisch die Arbeit mit dem CRS in mehreren Ländern. Die Regionalbüros verteilen sich auf: -

San Juan/Karibik Headoffice Miami/USA - verantwortlich fur Zentralamerika und Kolumbien Caracas/Venezuela (seit Anfang 1990) Säo Paulo/Brasilien Buenos Aires/Argentinien - mitverantwortlich für Uruguay und Paraguay Santiago/Chile Lima/Peru - mitverantwortlich für Ecuador und Bolivien

Inzwischen ist SABRE bereits in jedem Land Lateinamerikas installiert. Zu den Schlüsselmärkten des CRS zählen jedoch nur die vier südamerikanischen Länder Argentinien, Brasilien, Venezuela und Chile, neben Mexiko und der Karibik. Vorteile des Systems im Vergleich zu konkurrierenden Systemen sind: ein technologisch ausgereiftes und anwendungsreiches „Host-Produkt", die am weitesten entwickelte Windows-Basis das Produkt „Worldfare", eine Datenbasis um Preise zu kalkulieren, die mehr Datenquellen und häufigere Updates beinhaltet als jedes andere CRS sowie ein Produkt namens „Total Access", mit einem Höchstmaß an Verbindungen zu lateinamerikanischen LVG. Sogenannte „Direct Reference System Pages" informieren aktuell über Besonderheiten im jeweiligen Land wie Feiertage, medizinische Ratschläge, Naturereignisse, politische Ereignisse usw.). Das US State Department übermittelt SABRE regelmäßig „ A d v i s o r y Pages" (Seiten mit wichtigen Hinweisen für CRS-Nutzer). Auch den lateinamerikanischen LVG wurde die Möglichkeit eingeräumt, aktuelle Informationen in den Direct Reference System Pages aufzulisten. SYSTEM ONE: Dieses CRS wurde Mitte der 80er Jahre durch Eastern Airlines in Lateinamerika eingeführt. Obwohl später American Airlines die LateinamerikaRouten von Eastern Airlines erwarb, gelang es System One, die meisten seiner Reisebüro-Agenten als treue Kunden zu behalten. Trotz der erdrückenden Macht großer CRS-Konkurrenten. Deshalb wurde eine Allianz mit nationalen Vertriebspartnern eingegangen, bisher in Venezuela und Brasilien58 Damit war sozusagen der "Hintereingang" in die von SABRE und AMADEUS dominierten CRS-Märkte geöffnet. SYSTEM ONE ist noch immer Marktfuhrer in Kolumbien, Chile und in einigen kleineren Ländern Zentralamerikas.

58

Woodall, G. (Hrsg., 1994): AMADEUS is CRS market leader in Latin America.- In: CRS Update, Vol.2, Nr.4, S.4, Rockville/MD

9.4

Status des Engagements

183

WORLDSPAN:59 spielt bisher eine eher unbedeutende Rolle in Lateinamerika mit insgesamt weniger als 50 Standorten in Argentinien, Venezuela und Mittelamerika. Lediglich in Mexiko und in der Karibik ist das CRS in größerem Umfang installiert. Dort gibt es insgesamt rund 850 Standorte. Noch konzentriert sich WORLDSPAN mehr auf Europa und Nordamerika, insbesondere Kanada. Südamerika war bisher kein Zielmarkt fur WORLDSPAN, da keine der betreibenden Luftverkehrsgesellschaften Anflugpunkte (Zielflughäfen) dort hatte und somit meinten, ihr Produkt auch nicht dort absetzen zu müssen. WORLDSPAN will jedoch den Zug in die Region Lateinamerika nicht verpassen und plant, in Zukunft mehr Gewicht auf Aktivitäten in diesem Raum zu legen. Im mexikanischen Reisemarkt hat WORLDSPAN ein besonderes Produkt entwickelt für Agenturen mit relativ geringem Buchungsaufkommen. Ende 1993 wurden rund 600 Dial-In-Disketten (Einwahl-Software) verkauft, mittels derer sich kleinere Reisebüros in das globale CRS einwählen können.60 Im Gegensatz zu GALILEO International, AMADEUS und SABRE hat WORLDSPAN keine nationalen Marketing-Gesellschaften in Lateinamerika, sondern man operiert direkt beziehungsweise mittels „Distributors" (Vertriebspartnern). WORLDSPAN hat einen Distributor in Venezuela und Argentinien. Das CRS bietet ebenso wie seine Konkurrenten touristische und allgemeine Informationsseiten im Programm an. Die Verteilung der CRS-Standorte auf die Schlüsselmärkte Südamerikas zeigt die nachfolgende Abb. 9.7 (Stand. Mai 1994):61

59

60 61

Eigens geführtes Expertengespräch mit dem Vizepräsident fllr Internationales Marketing WORLDSPAN, Neil Beck während der Internationalen Tourismus-Börse (ITB), März 1994, Berlin Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1993): Wettrennen um Aufbruchmärkte.Nr.22, S.25 Woodall, G. (Hrsg., 1994): Amadeus is market leader in Latin America.- In: CRS Update, Vol.2, Nr.4, S.5-6, Rockville/MD

184

9 Marktabdeckung globaler CRS in Lateinamerika

Quelle:

eigener Entwurf aus Daten von Woodall, G. (Hrsg., 1994): AMADEUS is market leader in Latin America.- In: CRS Update, Vol. 2, Nr. 4, S. 5-6

Abb. 9.7: Verteilung der CRS-Standorte auf die Schlüsselmärkte Südamerikas

9.4 Status des Engagements

185

Fazit: Im Jahre 1993 waren die Marktführer in Lateinamerika GETS und SYSTEM ONE. Innerhalb nur eines Jahres gelang es AMADEUS und SABRE, die beiden Marktführer zu verdrängen. Partnerschaftsabkommen mit allen großen LVG in den lateinamerikanischen Schlüsselmärkten der CRS wurden unterzeichnet, und zwar in Venezuela, in der Karibik und Mittelamerika, in Brasilien, Argentinien und Chile. In jedem der Fälle wurde das interne Reservierungssystem des lateinamerikanischen Carriers sowie der Buchungs- und Ticketing- Mechanismus angeschlossener Reisebüros auf das neue globale CRS umgestellt und letztendlich substituiert. Die Zahl der mit einem globalen CRS automatisierten Reisebüros in Lateinamerika hat sich innerhalb eines Jahres (1993-1994) auf 8530 Standorte verdoppelt.62 Dies geschah nicht nur aufgrund von aggressiven Verkaufstechniken der CRS-Betreiber, sondern auch dank erzielter Fortschritte in der Modernisierung der technischen Infrastruktur betreffender Länder Lateinamerikas. Die Verfügbarkeit lateinamerikanischer Airlines in globalen CRS (Stand: 10/1994) zeigt Abbildung 9.8. Hierbei fallt auf, daß die Verfügbarkeit der größeren LVG - im Gegensatz zu den kleineren - sowohl in AMADEUS als auch in GALILEO und SABRE gegeben ist, allerdings in unterschiedlichen FunktionalitätsAbstuftingen. AMADEUS hat bis Ende 1994 insgesamt 32 lateinamerikanische LVG engagieren können; GALILEO und SABRE hatten je 28 Carrier angeschlossen. Allerdings waren 23 LVG bei SABRE lediglich in der geringsten Funktionalitätsstufe, dem „Standard Access" angeschlossen; nur die restlichen 5 LVG waren in der höherwertigen Funktionalität, mittels „Direct Access" direkt buchbar. Bei GALILEO hingegen waren 14 der 28 Carrier direkt buchbar.

62

Woodall, G. (Hrsg., 1994): Amadeus is CRS market leader in Latin America.- In: CRS Update, Vol.2, Nr.4, S.4, Rockville/MD

186

9 M a r k t a b d e c k u n g globaler C R S in L a t e i n a m e r i k a

Airline A Aces Aero California Aero Costa Rica Aerolíneas Argentinas Aero Peru Aeromar Aeromexico Aéropostal Aerosur Aistral Lineas Avensa Aviacsa Avianca Aviateca Copa Ulnar Fancet/Peru Gouini/Sunnam Lacsa Lade Ladeco Lan Chile Lapa LAPV LAB Liât Nicaragüenses Pluna Rio-Sul Saeta SAM Saro Airlines aervivensa Surinam Airways laba laca Tan del Estado Transbrasil Varig VAS Ρ Viasa ¿unana/venezueia

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Erläuterungen Amadeus

Sabre

A Β C D E A Β C D

= Standard Access = Amadeus Access Update = Amadeus Access Seil = Direct Access = Record Return = Standard Access = Answerback = Direct Access = Multi Access

Galileo A Β c D

=

Standard Access Direct Access / Guaranteed Booking Direct Access / Super Guaranteed Booking Direct Access / Secured Booking

Abb. 9.9: CRS-Verfiigbarkeit von Airlines in Lateinamerika63 63

Lindner, K . (1994): L u f t v e r k e h r in Lateinamerika; G e f a h r v o n Ü b e r k a p a z i t ä t e n u n d Preisverfall durch F l u g g e s e l l s c h a f t e n aus U S A . - In: F r e m d e n v e r k e h r s w i r t s c h a f t International (Hrsg.), N r . 2 1 , S.20

10

Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Die Tourismusindustrie ist der Geschäftszweig mit den weltweit größten Zuwachsraten. Jährlich werden mehrere hundert Milliarden US-Dollar im internationalen Tourismusgeschäft umgesetzt. Für viele Länder und Regionen, die weder über reiche Bodenschätze noch über Spitzentechnologien verfügen, kann der Tourismus die Rettung aus einer wirtschaftlichen (Dauer-) Misere sein, sofern landschaftliche und kulturelle Attraktionen sowie adäquate umweit- und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen vorhanden sind beziehungsweise geschaffen werden. Nach den politischen Instabilitäten der achziger Jahre ist in Lateinamerika eine Epoche wirtschaftlicher und politischer Stabilisierung angebrochen. Der lateinamerikanische Subkontinent mit seinen enormen touristischen Ressourcen, vielfaltigen Landschaften und Kulturen befindet sich in einem wirtschaftlichen Restrukturierungsprozeß, der gekennzeichnet ist durch: Demokratie, freie marktwirtschaftliche Prinzipien, gedämpfte Inflationsraten, Überwindung der Schuldenkrise, Schaffung neuer Investitionsanreize und Anstieg von Produktion und Konsum. Freihandelszonen wie Mercosur (vier Staaten Südamerikas), CACM (Mittelamerika) und Caricom (Karibik) sollen den Wirtschaftsaufschwung weiter anheizen. Im Windschatten dieser Entwicklung profitiert auch die Reiseindustrie mit Zuwachsraten.1 Folgende Abbildung 10.1 zeigt die Stellung des Reisemarktes Lateinamerika im weltweiten Vergleich. Es wird deutlich, daß der jährlich immer wieder neu zur Verteilung bereitstehende „Welt-Tourismus-Kuchen" gigantisch groß das Kuchenstück Lateinamerikas jedoch verhältnismäßig klein ist. Weltweit waren im Jahr 1992 insgesamt 481,6 Millionen Touristenankünfte zu verzeichnen. Rund 21% davon verbuchte der gesamte amerikanische Kontinent für sich: • 12,3% • 8,67% • 2,1%

1

2

verzeichnete der Reisemarkt Nordamerika entfielen auf den Reisemarkt Lateinamerika der internationalen Touristenankünfte innerhalb des Reisemarktes Lateinamerika hatten Südamerika als Ziel2

Lindner, K. (1994): Lateinamerika wird wiederentdeckt: Von Veranstaltern und Airlines; Ein Subkontinent befindet sich im Aufbruch.- In: Fremdenverkehrswittschaft International (Hrsg.); Nr.21, S.4 ebenda

188

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Entsprechend profitieren diese Regionen auch unterschiedlich vom internationalen Tourismus. Nicht ohne Grund nennen Branchenkenner Lateinamerika und insbesondere Südamerika - im Hinblick auf das enorme noch ungenutzte touristische Potential - den „Sleeping Giant" (schlafenden Riesen).

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika Bei der Bezeichnung Südamerika handelt es sich eigentlich um 13 individuelle Länder und Märkte, von denen jedes/r eigene Charakteristika und spezifische Anforderungen hat - ähnlich wie die Länder Europas. Noch haben nicht alle Staaten des 300 Millionen Einwohner zählenden Kontinents die enorme Bedeutung der Reiseindustrie fur die jeweilige Volkswirtschaft erkannt beziehungsweise in konkrete Handlungen umgesetzt. Doch einige tourismusrelevante wirtschaftspolitische Kursänderungen sind bereits eingeleitet worden. Zeichen dafür sind vor allem die Förderung der privaten Tourismuswirtschaft, eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, der technologischen Infrastruktur (Telefonnetze, Computernetze etc.), deutliche Investitionsanreize fur ausländische Investoren (Steuer- und Zollerleichterungen, günstige Kredite mit langer Laufzeit etc.) sowie die Anwendung moderner, kommerzieller Vermarktungsmöglichkeiten (CRS, OnlineDienste, CD-ROM Multimedia-Infos etc.). Das Interesse der Veranstalter weltweit am Tourismusmarkt Lateinamerika/ Südamerika hält sich bislang noch in Grenzen, denn das Gros der Veranstalter kommt über die „touristischen Trampelpfade" im Reich der Inkas, Mayas und Azteken, den Highlights wie Machu Picchu, Mexiko City, Rio de Janeiro, Galapagos oder Iguazú nicht hinaus. Originelle und individuelle Angebote gibt es meist nur bei den kleineren Spezialisten und Studienreise-Veranstaltern. Laut einer Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft Lateinamerika (ARGE LA) sind die lateinamerikanischen Länder, gemessen am Gesamtvolumen der Reiseangebote, in den europäischen Veranstalter-Katalogen immer noch unterrepräsentiert; Großveranstalter in Europa vergeben nur einen geringen Anteil an Kapazitäten für lateinamerikanische Destinationen.3 Wie eine Analyse der United-Nations-Statistiken über den Incoming-Tourismus nach Nord-, Mittel- und Südamerika ergibt, bewegen sich in den Jahren 1988-1992 auf dem gesamten amerikanischen Kontinent (inklusive Karibik) jährlich durchschnittlich 92 Millionen Touristen. Doch mehr als drei Viertel von ihnen (70 Millionen) reisen lediglich in die USA, nach Mexiko und Kanada. Südamerika ist in diesen fünf Jahren Empfangerland von weniger als Einachtel (9 Millionen) der Incoming-Touristen auf dem gesamten amerikanischen Kontinent.

3

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1993): ARGE Lateinamerika; Keine Saison für Seminare?- Nr.26, S.68/69

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika

189

190

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Es folgt in Abbildung 10.2 eine Durchschnittsbetrachtung des jährlichen Anteils am Incoming-Tourismus (Internationale Tourismusankünfte)4 der betreffenden Länder/Regionen im Zeitraum 1988-1992.

Quelle: eigene Berechnung anhand statistischer Daten aus: United Nations (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.- Kap. 4, S. 909 - 925, New York

Abb. 10.2:

Durchschnittsbetrachtung des jährlichen Anteils am IncomingTourismus Lateinamerikas (1988-1992)

Fazit: Südamerika ist im touristischen Vergleich unterentwickelt. Gründe dafür sind vielschichtig und könnten neben den bereits erwähnten Punkten die politische Instabilität in den letzten Jahrzehnten, die sich daraus ergebende Unsicherheit und Angst der Reisenden vor persönlichem Schaden, die geographische Unkenntnis in den Aufkommensländern, Sprachbarrieren, die weite Entfernung von potentiellen Quellmärkten und vieles mehr sein. Die Herausforderungen für diesen Kontinent bestehen auch im Vergleich zur boomenden Asien-/Pazifik-Region im kontrollierten Ausbau des Auslands- und Inlandstourismus, im Angebot tourismusrelevanter Infrastruktur, Kapazitäten und Standards, in angemessenen Dienstleistungen in den Bereichen Personal, Transport, Gesundheitswesen und Sicherheit für die Touristen sowie in der professionellen Vermarktung der Tourismusprodukte. Folgende kritische Beleuchtung einiger wichtiger Bestimmungsfaktoren des Reisemarktes Südamerika - als touristischer Teilmarkt Lateinamerikas - soll Verständnis für dessen Entwicklung in den letzten zehn Jahren geben.

4

laut Definition der United Nations: „International visitor arrivals at frontiers including tourists (overnight visitors) excluding same day visitors."

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika

191

Zu den Bestimmungsfaktoren der touristischen Nachfrage in Lateinamerika zählen: I. Die wirtschaftliche Situation II. Kursschwankungen des US-Dollars und das daraus resultierende Preis-Leistungs-Verhältnis Die politische Situation (Sicherheit für Reisende) III. IV. Klimatische und naturgeographische Faktoren V. Die Infrastruktur VI. Die intra- und internationale Streckenplanung/-führung und Verkehrsrechte der Fluggesellschaften sowie deren Vermarktung VII. Punktuell oder regional auftretende und schwer vorhersehbare Ereignisse mit „spill effect" auf Nachbargebiete VIII. Die Berichterstattung über Lateinamerika in den Medien und das daraus resultierende Image des Reisemarktes Die Vermarktung lateinamerikanischer Destinationen und IX. Tourismusprodukte im In- und Ausland

I. In Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung ist positiv zu bewerten, daß der Kontinent auf einen Pfad größerer Stabilität eingeschwenkt ist, mit Reformen und demokratisch gewählten Regierungen, die zu einer Verringerung des Staatseinflußes, Abbau der Inflationsraten und deutlich verbesserten Wachstumsaussichten innerhalb neu geschaffener Freihandelszonen geführt haben. Aufgrund des historisch gewachsenen Bürokratismus dauert es dennoch eine Weile bis die lateinamerikanischen Behörden ein so liberales System vollkommen umgesetzt haben. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika/Karibik (ECLAC) berichtet:5 Der Handel zwischen den Mitgliedern der Freihandelszone Mercosur stieg von 2,5 Mrd. US-Dollar 1988 auf fast 8 Mrd. US-Dollar in 1993; dies entspricht 25% des gesamten intraregionalen Handelsvolumen in Lateinamerika. Das Wirtschaftswachstum in Lateinamerika betrug 1993 im Schnitt 3,4%; in 1994 wurden 3,2% Zuwachs erreicht. Zwar wurde der Schuldenberg mit einer Gesamthöhe von über 500 Mrd. US-Dollar 1993 nicht abgetragen, aber durch die deutlich gestiegenen Exporteinnahmen der Länder ist diese Last nicht mehr so drückend. Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes der gesamten lateinamerikanischen Volkswirtschaft entwickelte sich wie folgt (Abb. 10.3):

5

Economic Commission for Latin America and the Caribbean (ECLAC) (Hrsg., 1994): Biennial Report 1992-1994; Economic and Social Council official records 1994.- Nr.18, S.319-328, Santiago de Chile

192

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

[Mio. US$1

BIP aufaddiert für ges. Lateinamerika In U S * (market exchange rates) —ώ—

(Quelle:

Veränderungen zum Vorjahr

eigener Entwurf aus Daten der United Nations (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.39. Ausgabe, Kap. 3/24 S. 197 - 202

Abb. 10.3:

Entwicklung der lateinamerikanischen Wirtschaft am Beispiel des BIP (1983 - 1991)

II. Der US-Dollar ist die Basis-Währung im lateinamerikanischen Tourismus. Dementsprechend steigen und fallen die Zielgebietspreise in Lateinamerika mit dem jeweils aktuellen Dollarkurs und das Tourismusgeschäft wird dadurch geschwächt beziehungsweise gestärkt. V. Die Infrastruktur der lateinamerikanischen Länder hat nach wie vor noch nicht das Niveau anderer Fernreisedestinationen erreicht. Da der Lateinamerika-Reisende in der Regel sehr reiseerfahren ist, löst gerade der Vergleich mit asiatischen Reisezielen einen gewissen Erfolgsdruck aus.6 VI. Zu den Bestimmungsfaktoren intra- und internationale Streckenplanung/führung und Verkehrsrechte der Fluggesellschaften sowie deren Vermarktung ist folgendes anzumerken: Aufgrund der wirtschaftlichen und politischen

6

Beuttier, G. (1993): Lateinamerikanische Incoming-Agenturen in Deutschland aber die Entwicklung in ihren Destinationen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr. 22, S.20

10.1 Reisemarkt Lateinameríka/SUdamerika

193

Verhältnisse, die sich - abgesehen von wenigen Ausnahmen - stabilisieren, ist eine positive Entwicklung der Passagierzahlen in Lateinamerika zu beobachten.7 Ein Problem ist allerdings, daß die Open-Sky-Politik, die den Wettbewerb anheizen und den Reiseverkehr forcieren sollte, in einigen Ländern (wie z.B. Kolumbien) zu Überkapazitäten auf bestimmten Strecken und damit zu einem niedrigeren Tarifgefiige gefuhrt hat. Das Sitzplatzangebot von/nach Lateinamerika wurde hauptsächlich in den Jahren 1993-1995 der Nachfrage entsprechend stark ausgebaut und viele neue Strecken aufgenommen (in erster Linie von Aérolíneas Argentinas, Avianca, American Airlines, Iberia, Lufthansa, Ladeco, Lan Chile und Viasa).8'"10 Durch Kooperationen und strategische Allianzen der lateinamerikanischen LVG untereinander, aber auch mit ausländischen LVG, wurden Synergien erzeugt, die Wartung, Catering, eine Angleichung der Flugpläne, neue Verkehrsrechte, Slots, eine bessere intra- und internationale Streckenplanung/-fuhrung und eine Verbindung der Airpässe zum Inhalt haben. Auch Synergien im Bereich der Verkaufsbüros, Reservierungen und Marketing können so besser genutzt werden. Beispiel hierfür sind gemeinsame Frequent-Flyer-Programme wie „Latin Pass", die in diesem Fall die Möglichkeit des Meilensammelns auf Strecken von 15 beteiligten LVG bieten." Die meisten lateinamerikanischen LVG bieten ihren Kunden mittlerweile Airpässe an, mit denen auf Routen einer oder mehrerer Fluggesellschaften das jeweilige Land oder eine ganze Region zum Pauschalpreis einer meist begrenzten Anzahl Coupons bereist werden kann. Als Beispiel seien anschließend in Abbildung 10.4 die Airpässe zur Unterstützung der touristischen Vermarktung der „Regionen" Mercosur, Mundo Maya, Zentralamerika und Karibik aufgeführt: 12

7

8 9

10 11 12

Lindner, K. (1994): Luftverkehr in Lateinamerika: Gefahr von Überkapazitäten und Preisverfall durch Fluggesellschaften aus USA; Eventuell 1995 mehr Frequenzen nach Brasilien.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.19 Hunt, C. (1994): Hotels, Air Services growing; Continents's „Southern Cone".- In: Travel Weekly, Vol.53, Nr.76, S.88 Ungefug, H.-G. (1995): Im Luftverkehr zwischen Deutschland und Lateinamerika hat sich ein Uberaus scharfer Wettbewerb entwickelt; Ausbau der Kapazitäten, stagnierende Flugpreise.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.22, S.21 Touristik Management (Hrsg., 1995): Lateinamerika öfter im Flugplan.- Nr.9, S.56 Woodall, T.G. (Hrsg., 1994): Airline Automation wins contract for Latin Pass.- In: CRS Update, Vol.2, Nr.13, S.3, Rockville/MD Eigene Zusammenstellung aus Angaben der: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1995): Airpässe Lateinamerika; Airpässe Karibik.- Nr.22, S.20/22

194

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Name des Passes

gültig für

Flugleistung

Preis

Gültigkeit Voraussetzung

(Airline) Caribbean Explorer (LH / LIAT)

Karibik

3 - 6 Coupons

99 -117 DM je Coupon

21 Tage

Flug mit LH ins Zielgebiet

Discover America (LH / Detta Airlines)

Karibik

3 -10 Coupons

781 -1972 DM

60 Tage

Flug mit LH 1 Delta Iris Zielgebiet

uniimitiert

594 DM

30 Tage

keine

224 -1049 DM

60 Tage

Flug mit LH / USAir ins Zielgebiet

je Coupon 75 US$

45 Tage

Einreise mit einer der drei Airlines

Intra Caribbean (BWIA)

Visit USA (LH / US-Air)

Ges. Karibik Im BWIAStreckennetz

ges. Karibik 3 - 8 Coupons außer St. Maarten

Mayan Alrpass (Lacsa. Taca. Aviateca)

ZentralAmerika

Visit Central America (Aviateca, Lacsa, Taca, Nica, Copa)

ZentralAmerika

Mercosur (Aerolíneas Argentinas, Austral und fünf andere Airlines)

Definition Airpässe:

Argentinien, Brasilien, Paraguay Uruguay

ab 4 Coupons

3 -10 Coupons

unlimitlert ab 1200 Meilen

3 Coupons 319 USJ, 7 - 60 Tage je weiterer Coup, ca. 50 US$

225 - 870 US $ je nach Anzahl Meilen

7 - 30 Tage

Bnreise mit einer der fünf Airlines

beliebiges intl. Ticket

Flugschein bestehend aus mehreren Flugcoupons mit festgesetztem Preis, mit limitierter Gültigkeitsdauer für festgelegte Regionen.

Quelle: zusammengestellt aus Angaben auf S. 20/22 FVW Nr. 22/95: Airpässe Lateinamerika; Airpässe Karibik

Abb. 10.4:

Airpässe zur Vermarktung lateinamerikanischer Destinationen im nationalen und internationalen Luftverkehr

VII. Beispiel fur Ereignisse mit „spill effect":13 Die Cholera-Epidemie 1991 in Peru wirkte sich auch äußerst negativ auf die Anrainerstaaten Bolivien, Brasilien, Ecuador und Kolumbien aus. Selbst potentielle Touristen fur Argentinien befürchteten ein Übergreifen der Epidemie auf dieses Land und blieben fern.

13

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1991): 40 German tour operators on trends in tourism to the Caribbean and Latin America; Growth for the Caribbean, Reverses for South America.- Nr.21,S.5-9

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Sudamerika

195

VIII./IX. Die Vermarktung lateinamerikanischer Destinationen und Tourismusprodukte scheint unter anderem darunter zu leiden, daß in der Presse ein zu einseitiges und negatives Bild des Subkontinents gezeichnet wird. Zu den oft zitierten Problemen, die von der Tourismusindustrie kaum beeinflußbar sind, zählen politische Instabilität, unkontrollierbare Währungsabwertungen (extremer Preisverfall), Gesundheitsprobleme und Kriminalität.14 Nach wie vor bestehe Angst vor Kriminalität (vor allem in Brasilien), vor politischen Unruhen (in Mittelamerika) und vor gesundheitlichen Gefahrdungen, heißt es.15 Positives Beispiel einer Gegenmaßnahme zu den Negativberichten über Lateinamerika in den Medien initiierte die brasilianische Tourismusbehörde:16 Um zu einer objektiveren Berichterstattung über Brasilien und seine Probleme im Ausland beizutragen, werden alle drei Monate in verschiedenen Orten des Landes Treffen und Gespräche mit ausländischen Korrespondenten stattfinden, an der auch Vertreter der jeweiligen Bundesregierungen teilnehmen. Laut Meinung von Branchenkennern liegt das Hauptproblem im Lateinamerika/ Karibik-Tourismus im „fehlenden Erkennen seiner Wichtigkeit", insbesondere seitens der Politiker.17 Folgeprobleme, die daraus entstehen (zum Beispiel aufgrund fehlender Finanzmittel), sind das mangelnde Eigenengagement der meisten Länder (fehlende Fremdenverkehrsämter, schlechte Öffentlichkeitsarbeit, Schließung der Büros nationaler Luftverkehrsgesellschaften im Ausland). Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit durch Fremdenverkehrsämter und mittels moderner Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien wäre nötig, um die breite Masse potentieller Touristen für Lateinamerika/Karibik-Ziele zu interessieren. Doch hier liegt ein Grundproblem. Die wenigsten Länder sind in Europa präsent. Wenn überhaupt, dann wird die Arbeit von diplomatischen Vertretungen und nationalen Fluggesellschaften übernommen, denen es aber an finanziellen Mitteln und Personal mangelt, und die sich der touristischen Vermarktung des Landes neben ihren eigentlichen Aufgaben annehmen müssen. Selbst am Reisebüro-Counter werden Reisen nach Lateinamerika oft deshalb nicht aktiv angeboten, weil das Informationsmaterial nebst Zielgebiets-Kenntnissen der Expedienten für unzureichend gehalten wird. Zielgebietsinformationen müssen zumeist in der Freizeit selbständig angelesen werden. Länderinformationen in den Berufsschulen sind oftmals unbrauchbar, da sie eher den Charakter von Erdkunde-Stunden als von brauchbaren

14

15

16 17

Fremdenverkehrswirtschaft International (1992): Der Markt für Lateinamerika ließe sich am besten durch objektivere Berichterstattung ausbauen.- Nr.21. In: Gruner + Jahr AG & Co (Hrsg. 1995): Marktanalyse MARIA 1992-1995 des Landes Mexiko. Beuttier, G. (1993): Reisebüros haben am Counter Schwierigkeiten beim Umgang mit der Vermittlung von Lateinamerika-Reisezielen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.22, S.5 Lindner, K. (1993): Deutsch-Brasilianische Kommission; Neue Aktionen für Brasilien.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.57 eigene Erhebung in Form von Expertengesprächen mit Vertretern lateinamerikanischer Fluggesellschaften, Reisebüro-Oganisationen und Fremdenverkehrsverbänden anläßlich der Internationalen Tourismusbörse in Berlin 1994

196

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Produktinformationen haben.18 Lediglich Mexiko hält eine Vorbildfunktion in Bezug auf die Vermarktung seines Tourismusproduktes im Ausland. Wichtigste Quelländer des Lateinamerika/Karibik-Tourismus generell sind Europa und die USA, in einigen Ländern Südamerikas überwiegen jedoch Touristen aus dem Quellmarkt Lateinamerika. Dennoch wird eine oft eher auf Nordamerika als Europa ausgerichtete touristische Orientierung beklagt. Europäische Reiseveranstalter beispielsweise bemängeln einen Qualitätsstandard bei Hotels, der sich nach amerikanischem Niveau richte und nicht hiesigen Ansprüchen genüge." Es darf auch nicht vergessen werden, daß die Ansprüche der Lateinamerikaner an den einheimischen Tourismus oftmals völlig anders sind als die der Nordamerikaner und Europäer. Es handelt sich also um drei zum Teil völlig unterschiedliche Nachfragegruppen, nach deren Bedürfnissen sich die Tourismuswirtschaft orientieren sollte, um erfolgreich zu sein. Beispiel Brasilien: Nach Angaben von Embratur kamen 1993 1,65 Millionen Touristen ins Land, 62,4% kamen aus Südamerika, 22,9% aus Europa und lediglich 9,4% aus Nordamerika.20 Der prozentuale Anteil südamerikanischer Länder am gesamten Incoming- und Outgoing-Tourismus Lateinamerikas/Südamerikas ist sehr inhomogen verteilt, wie Abbildung 10.5 zeigt. Der breiten Bevölkerung sind in Lateinamerika nicht die in Europa gewohnten Reiseaktivitäten möglich. Entsprechend dünn sind im Landesdurchschnitt Reisebüros und Outgoing-Veranstalter gesät. Das Telefon ist noch immer vielerorts wichtigstes Reservierungswerkzeug, um bei Fluggesellschaften nach freien Sitzplätzen anzufragen. Lediglich in großen Städten wurden Agenturen von heimischen Fluggesellschaften mit CRS versehen, weniger für die Touristik, als vielmehr für den Reiseverkehr großer Unternehmen. Eine bedeutende Rolle spielen auch die Stadtbüros der Luftverkehrsgesellschaften. Diese sind mit den Terminals ihrer eigenen Gesellschaft ausgerüstet. In den letzten Jahren ist jedoch zu beobachten, daß der technische Ausstattungsgrad der lateinamerikanischen Reisebranche steigt, nicht zuletzt als Folge des Wettbewerbs unter den Fluggesellschaften.21 Insbesondere die Länder Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Uruguay verzeichnen eine hohe Zahl an Auslandsreisen (Outbound travel), die sich jedoch vorwiegend priviligierte Bevölkerungsschichten leisten können.22 Gerade diese Länder sind es auch, die jährlich die höchsten Anteile an einreisenden Touristen (Incoming-Tourismus) in Südamerika verzeichnen.

18 19

20 21 22

Schafberg, B. (1992): Zielgebietskenntnisse am Counter Uber Lateinamerika und die Karibik unzureichend.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.8/9 Fremdenverkehrswirtschaft International (1992): Der Markt filr Lateinamerika ließe sich am besten durch objektivere Berichterstattung ausbauen.- Nr.21. In: Gruner + Jahr AG & Co (Hrsg. 1995): Marktanalyse MARIA 1992-1995 des Landes Mexiko. Instituto Brasileiro de Turismo 'Embratur' (Hrsg., 1995): Sintese de Informacdes sobre o turismo no Brasil.- S.l, Brasilia Folio, M. (1994): Skript einer Rede anläßlich der Travel Weekly Conference 5.-8.Juni 1994.Chicago Folio, M. (1994): Skript einer Rede anläßlich der Travel Weekly Conference 5.-8.Juni 1994.Chicago

10.1 Reisemarkt Lateinamerika/Südamerika

197

Wie Abb. 10.5 - zusammengestellt aus Daten des statistischen Jahrbuchs der Vereinten Nationen (UN) - belegt, waren die Länder des südlichen Teiles Lateinamerikas (Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay) im Jahre 1992 bereits Empfänger von rund 62% des gesamten internationalen Tourismusvolumens Südamerikas (Incoming-Tourismus) und hatten 15,3% Anteil am Tourismusvolumen Lateinamerikas. Der Anteil Brasiliens lag bei beachtlichen 14% (3,5% Anteil Tourismusvolumen Lateinamerikas) und die Länder des Andenpaktes (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) teilten sich die restlichen 24% (5,6% Anteil am Fremdenverkehr Lateinamerikas).

198

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

10.2

199

Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

Reisemarkt Zentralamerika Der im Jahre 1993 rund 31 Millionen Einwohner 23 zählende Reisemarkt Zentralamerika umfaßt die sieben Länder Belize, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama auf einer Fläche von 523.200 Quadratkilometern. 24 In ihrer wirtschaftlichen Entwicklung finden die zentralamerikanischen Staaten zur Normalität zurück; die Freihandelszonen Caricom (Caribbean Common Market) und CACM (Central American Common Market) sollen den Wirtschaftsaufschwung weiter anheizen; der Tourismus wird ausgebaut. Die wirtschaftliche und fremdenverkehrswirtschaftliche Entwicklung ist jedoch nicht einheitlich. Der Tourismus spielt fur die Zahlungsbilanzen von Costa Rica, Guatemala, Honduras und Panama eine entscheidende Rolle, während in Nicaragua - das Land mit dem geringsten Reiseaufkommen - Gedanken an ein florierendes Tourismusgeschäft eher noch Wunschträume sind.25 Die Auswirkungen negativer Presseberichte über Bürgerkrieg, Guerilla-Bewegungen, systematische Verletzung der Menschenrechte, Gesundheitsrisiken und allgemeine Unsicherheit für Touristen ließen in der Vergangenheit die Touristenzahlen der betroffenen Länder stark schrumpfen. Inzwischen steht die „weiße Industrie" in allen Ländern Zentralamerikas jedoch mindestens an dritter Stelle als wichtigste Deviseneinnahmequelle. Die traditionellen Devisenquellen wie Kaffee, Bananen, Getreide, Fleisch stehen unter dem Preisdruck der Rohstoffmärkte, so daß der Entwicklung des Tourismus eine besondere Bedeutung beigemessen wird.26 Die Länder Belize, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama verfugen auf kleinstem Raum über eine außergewöhnliche Vielfalt an Landschaft, Klima, Vegetation und kulturhistorischen Attraktionen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind dabei eher gering. Unterschiedlich entwickelt ist jedoch der Tourismus, basierend auf der mehr oder minder großen politischen Stabilität in jedem Staat. In politischer Hinsicht ist man bestrebt, den Ländern eine an den Erfahrungen Costa Ricas orientierte, touristische Gesetzgebung zu vermitteln, um die Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges gezielt steuern zu können.27 Costa Rica erzielte Anfang der 90er Jahre ansehnliche Wachstumsraten im Tourismus durch konsequente Vermarktung des ökotouristischen Potentials. Dem Vorbild Costa Ricas folgend, sind die Tourismusbehörden anderer zentralamerikanischen Staaten bemüht, unter dem allgegenwärtigen - aber vielerorts noch mit unklaren Vorstellungen, Definitionen und Handlimgsrichtlinien behafteten - Oberbegriff „Ökotourismus" fur eine Steigerung der Incomingzahlen in Zukunft Sorge zu tragen. Kritiker beurteilen das, 23 24 25 26 27

eigene Berechnung anhand Zahlen aus: Harenberg Lexikon Verlag (Hrsg., 199S): Harenberg Länderlexikon 1995/1996.- S.101-330 United Nations (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.- 39. Auflage, Kap.86, S.760, New York Becker, R. (1994): Mittelamerika; Viele setzen auf den Tourismus.In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.,), Nr.4, S184 United Nations/Economic Commission for Latin America and the Caribbean (Hrsg., 1993): Economic Survey of Latin America and the Caribbean.- Vol.I/II, Santiago/Chile Becker, R. (1993): Stabileres Mittelamerika; Costa Rica als ein Vorbild.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.,), Nr.22, S.21/22

200

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

was sich mancherorts in Zentralamerika hinter diesem Modebegriff verbirgt, lediglich als „harten Verzicht auf Komfort" aufgrund fehlender Infrastruktur filr hochwertigere touristische Angebotsaktivitäten.28 Mittlerweile hat sich die Vorbildfiinktion Costa Ricas negativ gewandelt und die Länder Zentralamerikas können nun aus den Fehlern einer zu schnellen touristischen Entwicklung lernen. Nach den Boomjahren, in denen der Tourismus zum wichtigsten Devisenbringer des Landes aufstieg, hat sich die Situation des Fremdenverkehrs in Costa Rica 1994 drastisch verändert. Überkapazitäten, fehlende finanzielle Mittel und ein mangelhafter Service gefährden das einstige Traumziel. Folgen des Überangebots insbesondere in der Hôtellerie sind ein stetiger Preisverfall, sinkende Einnahmen, sinkende Renditen und einige Konkursfalle. Inzwischen bewerten staatliche Banken den Tourismus nur noch als zweitrangigen Anlagebereich in Costa Rica und geben verminderte Finanzierungs-möglichkeiten.2' Seit 1990 werden große Anstrengungen im touristischen Investitions-und Planungsbereich Zentralamerikas unternommen.30 Als besondere, regional übergreifende Planungsvorhaben seien hier die Projekte ,JMundo Maya", ein gemeinsames Programm von Mexiko, Belize, Guatemala, Honduras und El Salvador zur Vermarktimg der Maya-Fundstätten und ,JPaseo de la Pantera", ein koordiniertes Angebot der Länder Panama, Costa Rica, Nicaragua im Bereich Ökound Abenteuertourismus, genannt. Die globale Tourismusplanung und entsprechende Investitionsvorhaben werden von internationalen Entwicklungshilfeprogrammen bezuschußt. Haupthindernisse bei der Verwirklichimg aller Vorhaben sind jedoch die noch nicht hinreichend entwickelte Verkehrs- und Kommunikations-Infrastruktur in einigen Regionen (Beispiel El Salvador: von den 12.164 Kilometern Straßennetz sind nur 14% asphaltiert 31) und die aus den politischen Unruhen der Vergangenheit (Bürgerkriege der 80er Jahre) übernommene Hypothek in Form eines Images als besonders unsichere Reiseländer. Für die gesamte Region wird vom mehrstaatlichen Projekt Mundo Maya, das unter anderem aus UNESCO- und EG-Mitteln finanziert wird, ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaft erwartet. Ob dieses Bemühen erfolgreich verläuft, hängt wesentlich von politischer und sozialer Stabilität und der Reaktion touristischer Quellmärkte hierauf ab. Im Sog des prosperierenden MexikoTourismus gewinnen die Nachbarstaaten Guatemala und Belize zunehmend neue Reisende, nicht zuletzt durch das Ruta-Maya-Programm. Kontinuierlich steigende Besucherzahlen der letzten Jahre rechtfertigen die von Optimismus geprägte Erwartungshaltung zentralamerikanischer Länder an die touristische Entwicklung. Die internationale Anbindung auf dem Luftwege hat in der Region in den Jahren seit 1990 gute Fortschritte gemacht. Einen großen Anteil an der Entwicklung und Öffnung neuer Flugrouten hatte die fuhrende costaricanische Airline Lacsa. Neue 28 29 30 31

Ungefug, H.G. (1994): Der Öko-Tourismus als Marktnische ist im Kommen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.2I, S. 10/11 Becker, R. (1995):Costa Rica; Ein Reiseweg am Scheideweg..- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.5, S.201 Schilling, F.J. (1993): Von Optimismus geprägt.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.5, S.183 Barbian, H.E. (Hrsg., 1994): Focus Zentralamerika.- Nr.3, S.10

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

201

Liniendienste wurden nach Peru (1991), Ecuador (12/92), San Francisco (11/92) und nach Chile (01/93) eröffnet.32 1992 war für den zentralamerikanischen Luftverkehrsmarkt ein Jahr verschärfter Konkurrenz und Marktbesetzung. Die Flugkapazitäten wurden insgesamt etwa verdoppelt. Auch ausländische Carrier wie United Airlines, Continental Airlines, Iberia und Mexicana de Aviación eröffneten neue Verbindungen, erhöhten sowohl die Flugfrequenz als auch die Kapazität der Flüge. Costa Rica entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem Drehkreuz im Luftverkehr zwischen Europa und Lateinamerika sowie zwischen Nord- und Südamerika.33 Hinter den Kulissen wird zwischen den zentralamerikanischen Carriem und den US-Linien über ein Open-Skies-Agreement verhandelt. Allerdings haben es die Zentralamerikaner schwer, als einzelne kleine Luftverkehrsgesellschaften einen gemeinsamen Nenner gegenüber den übermächtig großen US-Carriem, mit dem Rückhalt ihrer Inlandsmärkte, zu finden.34 Daher gründete man 1994 einen Dachverband namens America Central Corporation, durch den die zentralamerikanischen Luftverkehrsgesellschaften Taca (El Salvador), Aviateca (Guatemala), Copa (Panama), Lacsa (Costa Rica), Nica (Nicaragua) und Taca (Honduras) ihr Produkt mit vereinten Kräften vermarkten können.35 Ziel der Kooperation innerhalb des Dachverbandes ist es unter anderem, Synergien durch Marketing, Verkaufsbüros, Reservierungen und Streckenanpassungen besser nutzen zu können. Die Identität und der eigene internationale Status eines jeden Carriers werden innerhalb der American Central Corporation nicht aufgegeben. Für die Zukunft erwarten alle Länder Zentralamerikas eine erhebliche Ausweitung von Flugrouten, Kapazitäten, Besucherzahlen und Umsätzen.36 Folgende Abbildungen 10.6 und 10.7 zeigen die Entwicklung der Besucherzahlen und Deviseneinnahmen aus dem Tourismus von 1988-1992 und verdeutlichen deren steigende Tendenz in den Ländern Zentralamerikas:

32 33 34 35 36

Becker, R. (1993): Mittelamerika - Klarer Auftrieb zu verzeichnen- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.S, S.181-183 ebenda, S. 182 Schilling, F.J. (1993): Von Optimismus geprägt.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.5, S.184 America Central Corporation (1995): A new world is waiting to be discovered.- In: Travel Agent (Hrsg.), Ausg. 28.8.95, S.67, New York Becker R.(1993): Mittelamerika; Klarer Auftrieb zu verzeichnen- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.,), Nr.5, S.18I-183

202

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateins

[in Tsd.] τ nnn

2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 1988

1989

1990

1991

1992

(Quelle: eigener Entwurf aus United Nations (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.- 39. Ausg., Kap.95, S.891-913, New York)

Abb. 10.6: Touristenankünfte in Ländern Zentralamerikas 1988-1992

[Mo. US$] 1 9nn 1.000 800 600 ; 400 200 0 1988

1989

1990

1991

1992

(Quelle: eigener Entwurf aus U n i t e d N a t i o n s (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.- 39. Ausg., Kap.95, S.891-913, New York)

Abb.10.7: Deviseneinnahmen aus dem Zentralamerikas 1988-1992

Tourismus

in

Ländern

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

203

Reisemarkt Karibik Die meisten Inseln der Karibik zeichnen sich aus durch überwiegend politische und wirtschaftliche Stabilität, gute Flugverbindungen, mäßig gute Infrastrukturen und sind nicht zuletzt aufgrund ihrer Angebotsbreite und Exotik nach wie vor Traumziele vieler Urlauber - in erster Linie aus Nordamerika und Europa. Der Tourismus hat sich in der Karibik zur Haupteinnahmequelle entwickelt und machte 1991 rund 45 Prozent des Brutto-Sozialproduktes der Region aus. Die meisten Karibik-Inseln leiden wirtschaftlich unter einer wachsenden Verschuldung und einer hohen Arbeitslosenquote (z.B. 1991 in Jamaica: 15,4% und in Antigua und Barbuda: 20,6%; 1993 in Haiti: 75% und in der Dominikanischen Republik 28%)37. Traditionell gehörten die Zucker- und Rum-Industrien zu den Haupteinnahmequellen der Region. Aufgrund des weltweiten Überschußes haben diese Industriezweige jedoch entscheidend an wirtschaftlicher Bedeutung verloren. Während der 80er Jahre etablierte sich der Tourismus in der Karibik als der führende Wirtschaftsfaktor in der Region. Während dieser Zeit besuchten mehr als 82 Mio. Touristen und 41 Mio. Kreuzfahrt-Passagiere karibische Destinationen und gaben etwa 50 Mrd. US-Dollar aus. Innerhalb des vergangenen Jahrzehnts verzeichneten die Touristen-Zahlen ein enormes Wachstum um rund 60 Prozent. Das KreuzfahrtVolumen verdoppelte sich.38 1989 wurde die Caribbean Tourism Organization (CTO) durch einen Zusammenschluß der Caribbean Tourism Association mit dem Caribbean Research and Development Centre gegründet. Der Organisation sind derzeit 32 Regierungen angeschlossen. Die CTO ist in ihrer Kernfunktion eine Marketing-Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die vielen kleinen Inselstaaten in ihrer Gesamtheit als eine Destination zu vermarkten.39 Darüber hinaus erstellt sie Tourismus-Statistiken für 32 Mitgliedstaaten der Region. Der Privatsektor wird durch die Caribbean Hotel Association (CHA) innerhalb der CTO repräsentiert. 1994 verbrachten insgesamt 22,7 Mio. Gäste ihren Urlaub in der Karibik. Die Bruttoeinnahmen aus allen touristischen Bereichen beliefen sich 1994 auf über 12 Mrd. US-Dollar.40 Im Jahre 1989 reisten halb so viele, insgesamt 11 Mio., ausländische Besucher in die Karibik; davon kamen 1,5 Mio. aus Europa. Die Einnahmen der Region aus dem Tourismus beliefen sich im gleichen Jahr auf 7,8 Mrd. US-Dollar. Die Karibik verfugt über 120.000 Hotelzimmer mit einer durchschnittlichen Auslastungsquote von 65 Prozent; 75 Prozent der Hotels haben 50 oder weniger Zimmer. Insgesamt wird im Jahre 1991 die Anzahl der direkt oder

37 38

39 40

Harenberg Lexikon Verlag (Hrsg., 1995): Harenberg Länderlexikon 1995/1996.- S.41, S.l 17, S.159, S.l98, Dortmund Smith, C. (1991): Tourism Performance of Economic Importance in the Caribbean; Political considerations often hamper investments.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.34 Elder, M. (1995): CTO's Future Focus.- In: Travel Agent (Hrsg.), Ausg. 28.8.95, S.36-38, New York lt. Angabe der CTO während eines Expertengesprächs, ITB ( 1995)

204

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

indirekt im Tourismus Beschäftigten auf mehr als 400.000 geschätzt.41 1994 arbeiteten 216.000 Personen direkt im Tourismus, weitere 580.000 bezogen ihr Einkommen indirekt aus dieser Branche.42 Der Tourismus ist 1995/1996 nach wie vor der wichtigste Wirtschaftsfaktor in der Karibik. Die Entwicklung des Tourismus in den karibischen Inselstaaten zeigt Abb. 10.8:

[ in Tsd. ] 25.000 [ in Mio US S] 20.000

15.000

10.000

5.000

0 1988

1990

1992

1994 Jahr

Quelle: eigener Entwurf aus United Nations (Hrsg., 1994): Tourist Arrivals by region of origin.In: Statistical Yearbook, Kap.95, S.891-913, New York und Angaben der CTO (1995)

Abb. 10.8:

Die Entwicklung des Tourismus in den karibischen Inselstaaten (1988 - 1992)

Wie Abbildung 10.8 zeigt, haben die Karibik-Staaten seit 1988 kontinuierliche Besucherzuwächse erzielt. Die Erfolge in der Besucherstatistik ab 1993 läßt sich insbesondere mit der Durchführung des „Caribbean Tourism Development Programme" begründen: Mit Unterstützung der Europäischen Union und einem Etat von 9 Mio. ECU wurden 83 Projekte zur Steigerung der Besucherzahlen aus Europa realisiert (Vorgabe + 10%, realisiert + 13%) sowie 130 Projekte in der Karibik. Hierzu zählten Projekte zur Verbesserung des touristischen Angebotes, zur professionellen Vermarktung, Schulungsprogramme und vieles mehr. Trotz positiv klingender Besucherzuwachs-Statistiken gilt es dennoch, einige Problemfelder im Karibiktourismus zu lösen, wie beispielsweise: 41

42

Smith, C. (1991): Tourism Performance of Economic Importance in the Caribbean; Political considerations often hamper investments.-ln: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.34 Caribbean Tourism Organization (Hrsg., 1995): CTO-Pressemappe- Ausg. März 1995, S.l-13

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

I.

II. III. IV. V. VI.

205

Die große Abhängigkeit des Tourismus vom nordamerikanischen Markt und eine daraus resultierende einseitige Orientierung auf dessen Bedürfnisse Saisonale Schwerpunkte Die Konzentration des Tourismus auf wenige Destinationen Konkurrenzkampf im Karibik-Luftverkehr Der Hotelbetrieb Die professionelle Vermarktung der Destination Karibik

I. Die karibische Reisebüro-Industrie sieht den nordamerikanischen Markt traditionell als ihren wichtigsten „Brötchengeber" an. Während der 80er Jahre wurden dennoch einige Probleme augenscheinlich. In diesem Zeitraum sank der Karibik-Anteil des gesamten überseeischen Reiseaufkommens der US-Bürger von 32 Prozent in 1980 auf 25 Prozent in 1989. Ebenso ging der Anteil der KaribikReisen der Kanadier von 19,3 auf 14,1 Prozent zurück.43 Gegensätzlich dazu verlief die Entwicklung des Karibik-Tourismus aus Europa:44/45 So stieg der Karibik-Anteil am europäischen Fernreisemarkt von 6,1 Prozent (1980) auf 8,1 Prozent im Jahre 1989. Touristen-Ankünfte aus Europa legten von 832.200 im Jahr 1980 auf 1.541.600 in 1989 zu. Dies entspricht einem Zuwachs von mehr als 85 Prozent. Von 1985 bis 1989 verzeichneten die karibischen Staaten die höchsten jährlichen Wachstumsraten im europäischen Fernreisemarkt. Während der Anteil europäischer Gäste in den karibischen Ländern 1986 noch 9,9 Prozent betrug, erreichte er 1992 bereits 16,8 Prozent, Tendenz steigend.46 So stieg das Verkehrsaufkommen aus Europa durchschnittlich um 21 Prozent pro Jahr entsprechend der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Europa und dem Wertverfall des US-Dollars. Dieser positive Trend wurde noch durch ein erweitertes Flugangebot von Europa in die Karibik sowie verstärkte Promotion-Maßnahmen und verbilligte Flugtarife verstärkt. Laut Angaben der CTO steigerten sich die Touristenankünfte aus Europa 1994 sogar auf 2,6 Millionen, 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor.47 43

44

45

46 47

Smith, C. (1991): Tourism Performance of Economic Importance in the Caribbean; Political considerations often hamper investments.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.34 Travel Trade Gazette (Hrsg., 1995): Caribbean cruises to new heights with its visitor levels.Nr.3, S.2 und Caribbean Tourism Organization (Hrsg., 1995): CTO-Pressemappe.- Ausg. März 1995, S.3ff Eigene Berechnungen anhand der Angaben der CTO Pressestelle und : United Nations (Hrsg., 1994): Tourist Arrivals by region of origin.-In: Statistical Yearbook, Kap.95, S.891-908, New York Ortwald, W.E. (1993): Caribbean Tourism Conference; In Zukunft höhere Investitionen.- In Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.57 Caribbean Tourism Organization (Hrsg., 1995): CTO-Pressemappe- Ausg. März 1995, S. 1 -13

206

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Europäische Touristen sind begehrte Gäste, denn sie halten sich länger am Urlaubsort auf als nord -oder südamerikanische Touristen und geben dort auch entsprechend mehr Geld aus. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Europäer im Jahre 1995 beträgt 11,8 Nächte, während die Nordamerikaner lediglich 5,9 Nächte verweilen.48 Haupt-Reisezeit der Europäer sind die Sommer-Monate, während dann die Nordamerikaner kaum vor Ort sind. II. Die saisonalen Schwerpunkte (hohe Variabilität der Winter/Sommer - Hotelbelegungsraten) wurden in der Karibik zum großen Hindernis fur die Entwicklung einer finanzkräftigen Tourismusindustrie in der Region.49 Im Zeitraum Januar bis April sind lediglich 40 Prozent der Übernachtungskapazitäten verkauft. Die Monate Mai, Juni, September und Oktober weisen die niedrigsten Belegungsraten auf.50 In der Zeit zwischen Juli und Oktober fegten eine Reihe von tropischen Wirbelstürmen über die Region hinweg. Die Jahre 1980 und 1995 lagen mit einer hohen Anzahl Hurrikane weit über dem Durchschnitt. Die Vermarktung der Sommersaison wird dadurch sehr erschwert. III. Der Tourismus in der Karibik leidet auch unter Konzentrations-Problemen. Mehr als 70 Prozent der europäischen Touristen halten sich in nur acht Destinationen der Region auf. Mehr als 360.000 Franzosen besuchen jährlich die beiden Inseln Martinique und Guadeloupe. Die Holländer reisen bevorzugt auf die Niederländischen Antillen. Darüber hinaus reisen die Touristen vorwiegend über die Hubs (Flug-Drehkreuze) wie beispielsweise Puerto Rico oder Ziele mit einem entsprechend hohen Flugaufkommen, wie Kuba oder die Dominikanische Republik, ein. Dies bringt fur kleine Hotels auf den kleineren Karibikinseln Probleme - auch im Marketing-Bereich - mit sich. Die Anwerbung von Kunden ist erschwert. Auf die meisten der ostkaribischen Inseln wie Montserrat, Saba, St. Eustatius, St. Vincent oder Dominica trifft dies zu. Die kleinste (englischsprachige) Karibikinsel Montserrat hat nur 12.000 Einwohner, während Jamaica, die größte, 2,27 Mio. Einwohner verzeichnet.51 Daher müssen insbesondere die kleinen Karibik-Staaten auch auf dem Gebiet des Marketings kooperieren - andernfalls würden sich Aktivitäten über-schneiden und Finanzmittel unnütz verschwendet werden.

48 49 50

51

Travel Trade Gazette (Hrsg., 1995): Caribbean cruises to new heights with its visitor levels.Nr.3,S.2 Poon, A. (1988): Innovation and the future of Caribbean tourism.- In: Butterworth (Hrsg.): Tourism Management.- Nr.9, S.213 Smith, C. (1991): Tourism Performance of Economic Importance in the Caribbean; Political considerations often hamper investments.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.34 Poon, A. (1988): Innovation and the future of Caribbean tourism.- In: Butterworth (Hrsg.): Tourism Management.- Nr.9, S.214

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

207

IV. Von 1985 bis 1989 verzeichneten die karibischen Staaten - wie bereits erwähnt - die höchsten jährlichen Wachstumsraten im europäischen Fernreisemarkt. Dieser positive Trend wurde durch ein erweitertes Flugangebot von Europa in die Karibik sowie verstärkte Promotion-Maßnahmen und verbilligte Flugtarife verstärkt. Ab Winterflugplan 1993/94 standen beispielsweise von Deutschland aus 128.000 zusätzliche Chartersitzplätze in die Karibik zur Verfugung, durch Aufnahme neuer Destinationen und Erhöhung bestehender Frequenzen von Condor, Air Aruba, Taino und BWIA.52 Allerdings sehen sich die karibischen Fluggesellschaften mit der wachsenden Präsenz, Effizienz und Konkurrenz speziell der größeren USFluggesellschaften konfrontiert. Kooperationen werden seitens der KaribikAirlines beschworen, um wenigstens als Einheit überleben zu können." Hintergrund: Allein American Airlines deckt seit der 1989 erfolgten Übernahme aller Eastern-Airlines-Routen auf den „Rennstrecken" über dem karibischen Meer knapp 70 Prozent des Bedarfs ab.54 Die einst unter der staatlichen Obhut fliegenden unprofitablen, bürokratisch geführten karibischen Carrier müssen seit ihrer Privatisierung in den 90er Jahren nun mehr denn je im freien Wettbewerb um ihr Überleben kämpfen. Air Jamaica beispielsweise war fast bankrott, als im November 1994 die regionale Hotelkette Sandais 70% Anteile kaufte und Air Jamaica vor dem Untergang rettete.55 Auch die BWIA mußte verkauft und privatisiert werden. Im Juni 1995 steht der Verkauf von Liât an. Im Karibik-Luftverkehr dominieren die Ferienflug-gesellschaften den Markt. Linienverkehr spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die touristische Vermarktung der Region wird seitens karibischer und ausländischer LVG durch das Anbieten von speziellen Karibik-Airpässen (LH/LIAT: „Caribbean Explorer Pass", LH/Delta: „Discover America", BWIA: „Intra Caribbean", etc.) unterstützt. V. Problematisch ist in der Karibik der Hotelbetrieb in Bezug auf die benötigten Güter, die aus dem Ausland importiert werden müssen. Zwar erzielen die karibischen Hotels die höchsten Brutto-Einnahmen pro Zimmer oder Übernachtung weltweit. Dennoch ist ihr Netto-Erlös der niedrigste aufgrund der hohen Kosten für Verpflegung zuzüglich der hohen steuerlichen Belastungen. Viele Hotels in der Karibik wurden auf den amerikanischen Markt zugeschnitten und entsprechen nicht der europäischen Nachfrage. Erstmals 1978 und vermehrt in den 80er Jahren wurden vor allem All-Inclusive-Clubs der Superlative entwickelt, die zunächst einen enormen Erfolg für die Tourismusindustrie Jamaicas darstellten, und bald auch in anderen Regionen der Karibik betrieben wurden.56 All-Inclusive52 53 54 55 56

Beuttier, G. (1993): Steigenberger Consulting; Karibik Projekt wird konkreter.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.58 Ortwald, W.E. (1993): Caribbean Tourism Conference; In Zukunft höhere Investitionen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.57/58 Jennings, M. (1995): Heated Competition.- In: Airline Business (Hrsg.), Vol.11, Nr.5, S.37 ebenda Poon, A. (1988): Innovation and the future of Caribbean tourism.- In: Butterworth (Hrsg.): Tourism Management.-Nr.9, S.216

208

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Hotelaufenthalt bedeutet im ursprüng-lichen Sinn, ein Preis deckt alle Urlaubskosten vor Ort ab: Transfer zum Hotel, Übernachtung, Essen, Sport- und Freizeitangebote, Trinkgelder etc. All-Inclusive-Hotels ersparen den internationalen Gästen, sich vor Ort mit den Nebenkosten auseinanderzusetzen und erlauben ihnen, den Urlaub fast exakt im voraus zu budgetieren. Im Jahre 1994 mußte die Regierung der Kleinen-Antillen-Insel St. Lucia jedoch die „Notbremse" ziehen, nachdem in den Jahren zuvor All-Inclusive-Hotels wie Pilze aus der karibischen Erde gesprossen waren. Eine weitere unkontrollierte Expansion soll inzwischen auch auf anderen Inseln verhindert werden, weil die Regierung darin eine Gefahr fur die lokale touristische Infrastruktur sieht, in der die einheimische Bevölkerung zunehmend weniger am Touristen-Dollar verdient:57 Wer alles bezahlt hat, nutzt fast ausschließlich die Angebote der Hotelanlage aus. Lokale Landwirtschaft, lokale SporWFreizeitangebote und einheimische Restaurants geraten ins Hintertreffen. Die Zauberformel „All Inclusive" hat an Glanz verloren und neue innovative Tourismuskonzepte sind zukünftig gefragt, wie beispielsweise die Vermarktung von Qualitätstourismus- und Ökotourismus-Destinationen. Jamaica beispielsweise will sich auch in Zukunft als Qualitätsziel präsentieren.58 Dazu gehören Investitionen in eine weitere Verbesserung der Infrastruktur sowie ökologische Projekte wie der Bau von Kläranlagen. Kein Qualitätstourismus ohne Rücksicht auf ökologische Belange. Auch auf anderen Karibikinseln sind sich die Regierungen der Bedeutung einer intakten Umwelt als Grundlage fur einen weiteren wohldosierten Ausbau des Tourismus, dem wichtigsten Devisenbringer vieler Inselstaaten, bewußt geworden. Einige Inseln der Karibik wie z.B. Bermuda und Dominica haben sich eine jährliche Besucher-Obergrenze auferlegt, die nicht überschritten werden darf. Eine derartige Beschränkung gilt auch für das Kreuzfahrtgeschäft der betreffenden Inseln. Man bedenke, daß ein einziges Kreuzfahrtschiff pro Tag über eine Tonne Müll produziert.59In diesem Sinne stand die jährlich stattfindende Caribbean Tourism Conference (CTC) 1993 unter dem Motto: „Schutz dem Karibischen Meer - unser Erbe, unsere Zukunft" und 1994 lautete es: developing Ecotourism: Balancing Dollars and Sense" In der karibischen Tourismusindustrie besteht ein besonders hoher Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften und Schulungsmaßnahmen. Nicht zuletzt aufgrund mangelnder Ausbildung und Kenntnissen der Zusammenhänge zwischen dem größten Potential der Tourismuswirtschaft: der (möglichst unberührten) intakten Natur, Nachfrage nach touristischen Ressourcen und Angebot vor Ort, gab es vielerorts Probleme. Mangelnde Rücksicht auf den ökologischen Schutz der Umwelt haben in einigen Karibik-Staaten die Entwicklung außer Kontrolle geraten lassen. St. Maarten, die Dominikanische Republik und St. Thomas sind Beispiele dafür, wo die Entwicklung des Tourismus nicht unter Berücksichtigung optischer Aspekte, der Bau-Dichte und der Umweltbelastung durch Abfall vorgenommen 57 58 59

Lindner, K. (1994): All-Inclusive-Hotels, erfolgreich, aber nicht ideal.-In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.23 Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1994): Rundreiseprogramme fllr Europäer.Nr.6, S.120 Ortwald, W.E. (1993): Caribbean Tourism Conference; In Zukunft höhere Investitionen.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.21, S.58

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

209

wurde. So ist eine umfassende Gesetzgebung notwendig, um in der Karibik auch ökologischen Aspekten im Tourismus in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen. Mit der Gründung des „Caribbean Ecotourism Support Network" (CESN) im Jahre 1994 wurde ein entscheidender innovativer Schritt in Richtung Zukunft des Karibik-Tourismus getan. Der Aufgabenbereich des CESN umfaßt sowohl die Vermittlung von Daten und Informationen über den Ökotourismus an die Mitgliedstaaten der CTO als auch die Förderung öffentlicher Fortbildungsprogramme, die sich mit den Fragen des Ökotourismus beschäftigen.60 In Anbetracht des hohen Stellenwertes der Tourismusindustrie innerhalb der Karibik, hat auch die damalige Europäische Gemeinschaft - im Rahmen des LoméAbkommens - der Region Unterstützung aus dem europäischen Entwicklungsfonds zugesprochen. Dazu gehörten die finanzielle und technische Unterstützung für den Ausbau der touristischen Infrastruktur, für Schulungsmaßnahmen, Forschung, Marketing, die Teilnahme an internationalen Tourismus-Messen und die Förderung des Einsatzes moderner Informations-, Kommunikations- und Reservierungssysteme. Das Karibik-Förderprogramm der Europäischen Union (EU) trat 1993 in Kraft und wird für drei Jahre von der EU mit einem Etat von neun Mio. ECU (rund 18 Mio. DM) finanziell unterstützt.

Ziele und Maßnahmen des Karibik-Förderprogrammes sind im einzelnen:61

=> die Erhöhung der Besucherzahlen europäischer Gäste um jährlich 10 bis 15 Prozent durch gezielte Marketing- und Informationsarbeit, die einer Steigerung der Einnahmen aus dem Tourismus von circa 65 Mio. US-Dollar pro Jahr gleich käme; => eine marktgerechte Produktentwicklung und Umweltschutzmaßnahmen vor Ort; => die Unterstützung der Aus- und Weiterbildung für die im karibischen Fremdenverkehr Beschäftigten und als Pendant die Intensivierung des Fachwissens der Reisebüro-Mitarbeiter in Europa; => die Entwicklung einer Datenbank und Aktualisierung der Hotel- und Besucherstatistiken; => ein Umdenken der im Tourismus tätigen Unternehmen zu unterstützen, damit einheimische Produkte und Dienstleistungen stärker einbezogen und die Abhängigkeit von Importprodukten verringert wird. => Als wichtiges Ziel wird anvisiert, die innerkaribischen Flugverbindungen zu verbessern und die Anschlußflüge auf die Ankünfte der internationalen Airlines abzustimmen.

60 61

Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1995): Ökotourismus in der Karibik.- Nr. 10, S.35 Lindner,K.(1994): Caribbean Tourism Organization Förderprogramm zeigt Erfolge.- In: Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg.), Nr.6, S.l 19

210

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Das Resümee, das CTO und EU bereits nach einem Jahr Förderungsarbeit zogen, ist positiv: Nach Schätzungen der CTO reisten 1993 rund 2,25 Millionen europäische Gäste zu karibischen Inseln, zehn Prozent mehr als 1992. VI. Die professionelle Vermarktung der Destination Karibik steht zunächst einmal vor dem Problem, daß die Region Karibik aus vielen kleinen Inseln besteht, mit inadäquaten finanziellen Ressourcen, um effektive eigenständige Marketingarbeit im Ausland zu leisten. Lediglich die größeren Inseln(gruppen), wie die Bahamas und Jamaica, stellen eine Ausnahme diesbezüglich dar. In der Vergangenheit gab es mehrere Initiativen zur Vermarktung der Region Karibik als Einheit, allerdings mit geringem Erfolg. Fehlende Hingabe und moderate finanzielle Unterstützung seitens einiger Inseln waren der Grund dafür.62 Zeitweilig war man sich unschlüssig darüber, ob von anderen Ländern der Welt oder von den eigenen Nachbarinselstaaten der größte Verdrängungs-Wettbewerb im Tourismus ausging. Bedenken wurden angemeldet, die Idee der ganzheitlichen Vermarktung der Karibik würde einerseits die individuellen Vorzüge und Attraktionen und das besondere Flair einzelner Destinationen „verwässern", andererseits könnten Negativereignisse wie Natur-katastrophen, politische Unruhen, Wirtschaftskrise oder ähnliches, die sich auf eine Insel begrenzten, negativ auf die ganze Region ausstrahlen. Trotz aller Bedenken widmet sich die Caribbean Tourism Organization in jüngster Zeit verstärkt der Vermarktung der Karibik als einer Region und dies mit modernster Technologie. Dem weltweiten Trend der Verbreitung globaler Informations/Kommunikations- und CRS-Technologien im Tourismus folgend, lautete das Motto der Caribbean Tourism Conference 1995: „Trends in Information Technologies and Future Attractions". Seit 1991 ist die Karibik an die globalen Airline-CRS angeschlossen. Die touristischen Produktinformationen vieler CTO-Mitgliedstaaten sind online über die großen Airline-CRS abrufbar. In Nordamerika kann die Produktinformation auf diesem Wege 95% aller Reisebüroagenten erreichen.63 Allerdings sind noch nicht alle Mitgliedsstaaten der CTO mit ihren Produktinformationen in den modernen CRS beziehungsweise GDS (Globalen Distributionssystemen) oder online in Netzen wie CompuServe, America Online und Internet vertreten. Seitens der CTO laufen die Bemühungen in vollem Gange, denn auch in der Karibik haben für die Produkt-Vermarktung verantwortliche Touristiker inzwischen erkannt: „Wer in

62 63

World Tourism Organization (Hrsg., 1995): Global Tourism Forecasts to the year 2000 and beyond; The Americas.- Vol.3, S.28/29, Madrid Jefferson, Th. (1995): Auszug aus der Eröffnugsrede des Chairman, CTO Board of Directors und Executive Council Member, Cayman Islands Ministry of Tourism anläßlich der 19. Caribbean Tourism Conference 6.-10.9.95, Nassau/Bahamas

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

211

Zukunft marktfähig bleiben möchte, darf den Zug der Zeit nicht verpassen und muß sich auf den „Informationhighway" begeben"64 Zwar haben dies die CTO und viele karibische Tourismus-Verantwortliche in den Ministerien oder Chefetagen großer Touristikfirmen erkannt, jedoch sind die Touristiker an der Basis noch nicht genügend überzeugt von den Vermarktungschancen, die sich für ihr Produkt aus den neuen IT ergeben könnten. Es kursiert Berührungsangst im Umgang mit den neuen Medien. Die Angst vor dem Wegrationalisieren des eigenen Arbeitsplatzes ist gerade unter Reisebüroagenten weit verbreitet. Darüber hinaus fehlen vielen kleinen Reisebüros die finanziellen Mittel, um sich zeit- und standardgerecht zu automatisieren. Dies wurde allzu deutlich während der Caribbean Tourism Conference (Jahrestagung) im September 1995 in Nassau/Bahamas.

Die Wirtschaftsgrundlagen der karibischen Staaten sind sehr zerbrechlich, da: • sie zum überwiegenden Teil einseitig auf den Tourismus ausgerichtet sind; • eine Diversifizierung der Wirtschaftsbasis aufgrund fehlender Bodenschätze, Infrastruktur, Fläche, etc. kaum möglich ist; • jahreszeitlich auftretende Hurricanes immer wieder eine Gefahr für die Bewohner, Besucher und Infrastruktur der betroffenen Inseln darstellen; • eine Austauschbarkeit der Sonne-/Sand-/Meer-Destinationen z.B. mit Zielen in Zentralamerika oder Südamerika gegeben ist.

Gerade deshalb ist für viele Inselstaaten eine professionelle, zeitgerechte Vermarktung ihrer touristischen Produkte überlebensnotwendig. In diesem Sinne hat die CTO bereits einen Online-Informationsdienst fur CompuServe entwickelt und installieren lassen sowie konkrete Karibik-Informationen im TravelFile des World Wide Web (WWW) im Internet. Ab Ende 1995 steht die Information des TravelFile auch den derzeit 3 Millionen America, Online-Anwendern zur Verfügung. 65 Im TravelFile des WWW sind inzwischen 300 Seiten KaribikInformationen von 32 CTO-Mitgliedsstaaten abrufbar. Hierzu zählen Informationen über Geographie, Kultur, Klima, Attraktionen, Feiertage, Hotels und vieles mehr. Der Ablauf des Informationsvermittlungs-Prozesses soll im folgenden Schema dargestellt werden (Abb. 10.9):

64

65

Jefferson, Th. (1995): Auszug aus der Eröffhugsrede des Chairman, CTO Board of Directors und Executive Council Member, Cayman Islands Ministry of Tourism anläßlich der 19. Caribbean Tourism Conference 6.-10.9.95, Nassau/Bahamas Elder,M. (1995): CTO's Future Focus.- In: Travel Agent (Hrsg.), Ausg. 28.8.95, S.36-38,New York

212

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Auftraggeber:

CTO

Inselstaat:

Bonaire

Tourismusministerium

PC I des Reisebüroagenten

I pc I des Veranstalters

PC

des Konsumenten fragen Infos ab

Fremdenverkehrsamt

entwickeln Infoseiten Quelle: eigener Entwurf aus Unterlagen der 19. Caribbean Tourism Conference, Nassau / Bahamas, 6 . - 1 0 . Sept. 1995

Abb. 10.9:

Schematische Darstellung des Informationsvermittlungs-Prozesses eines Online-Informationsdienstes fur die Karibik

Während der Caribbean Tourism Conference wurde im September 1995 die erste multimediale CD-ROM mit allgemeinen Informationen zu allen 32 karibischen Staaten vorgestellt, zum Einführungs-Preis von knapp 10 DM. Die Kern-CDs (49 DM) zu den einzelnen Inseln sollen in Kürze folgen und detaillierte Informationen zu touristischen Angeboten beinhalten. Fertiggestellt sind bereits die CD-ROMs für Kuba, die Dominikanische Republik und Jamaica mit spezifischen Produktinformationen und direkter Buchungsmöglichkeit. Photos und Videos zeigen die Schönheiten dieser Inseln. Auf diesen CD-ROMs ist bereits ein Datex-J-Decoder integriert. Möchte der Endverbraucher zum Beispiel ein Hotel für seine Reise in die Karibik buchen, kann er sich anhand von Photos und detaillierten Informationen entscheiden. Es besteht auch die Möglichkeit, auf einer Ebene die Leistungen einzelner Hotels miteinander zu vergleichen. Über einen Decoder wird ein Zugang zu Datex-J (jetzt T-Online) hergestellt mit anschließender Zugriffsmöglichkeit auf den START-Rechner. Hier erfolgt die Vakanzprüfung. Nach Anwahl eines der gut 1.500 im elektronischen Reiseshop vertretenen Reisebüros ist eine Reservierung/Buchung für den Endverbraucher möglich. In erster Linie ist die Nutzung dieser CD-Edition für Deutschland gedacht, wobei es auch möglich ist, vom Ausland das START-Buchungssystem zu nutzen. Initiiert wurde das CD-ROM-Projekt von der CTO im Rahmen des von der EG geförderten „Caribbean Tourism Development Programme". Mit der Durchführung des Projektes wurde die Firma Steigenberger Consulting in Deutschland beauftragt. Inzwischen hat Steigenberger Consulting das Projekt abgegeben an START/ Telematik zwecks Weiterentwicklung und Ausdehnung der Buchbarkeit auch auf andere Inseln. Ziel ist eine eigenständige Weiterentwicklung und zukünftige

10.2 Reisemärkte Zentralamerika/Karibik

213

Aktualisierung der CD-ROM seitens der Tourismus-Verantwortlichen in der Karibik.66 Seit Ende Januar 1994 ist die Organisation of Eastern Caribbean States (OECS) an das ST^ÂT-System angeschlossen. Die Mitgliedsstaaten der OECS (Antigua und Barbuda, British Virgin Islands, Dominica, Grenada, Montserrat, St. Kitts und St. Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadines) sind direkt aus dem STARTReisecontainer in Datex-J abrufbar. Das Angebot umfaßt Auflistungen von Hotels und Reiseveranstaltern, allgemeine Informationen über Reisen innerhalb der OECSStaaten und einen Jahres-Veranstaltungskalender. Über Dialogfenster können weitere Informationen angefordert werden.67 Auch auf privatwirtschaftlicher Ebene werden derzeit CD-ROMs über Ziele in der Karibik, Kreuzfahrtreisen und Hotels vor Ort quasi um die Wette entwickelt - und dies nicht nur für Reisebüros, sondern auch für den Endkunden. Beispiel aus den USA: Die in Miami ansäßige Firma International Voyager Media hat in Zusammenarbeit mit dem technologischen Knowhow der Firma Factware Inc./Pennsylvania die ersten CD-ROMs entwickelt, die kompatibel sind mit dem WWW im Internet. Diese beiden CD-ROM/Internet-Medien namens „Caribbean Travel Guide" und „International Voyager Cruise Guide" stehen nun den derzeit mehr als 6,2 Millionen amerikanischen Haushalten mit Internetanschluß für ein paar Dollar zur Verfugung. Um eine Vorstellung von der Anwendungsvielfalt zu bekommen, sei hier ein Auszug aus einem Werbezettel für dieses Medium aufgezeigt:

66 67

Gespräch mit Herrn Buhr/Steigenberger Consulting, Projektleiter der Karibik-CD-ROM, September 1995 und mit Vertretern der START Telematik GmbH/Worms Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1994): Östliche Karibik im START-System.Nr.6, S.48

214

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

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Abb. 10.14:

Mundo Maya86

CIUDADES COLONIALES: Fünfzig Städte in 20 Bundesstaaten haben sich 1992 zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Marketingprogramm zu realisieren. Ziel dieser Kooperation ist es, mehr Touristen für den Besuch in den Kolonialstädten Mexikos zu gewinnen. Die „klassische" Kolonialroute führt zu den schönsten Städten im zentralmexikanischen Hochland (Abb.10.15). Obwohl jede Kolonialstadt ihr eigenes Gesicht hat, gibt es viele Gemeinsamkeiten: schattige Plätze, malerische Innenhöfe, prächtige Adelspaläste, stattliche Bürgerhäuser und verschwenderisch ausgestattete Kirchen. Das spanische Kulturerbe erinnert an die Blütezeit der 300jährigen Kolonialepoche, als die weißen Herren durch Landwirtschaft, Silberbergbau und andere Bodenschätze reich wurden. Trotz spanischer Prägung haben die Kolonialstädte ihren eigenen mexikanischen Stil entwickelt, denn die spanischen Baumeister ließen ihre Entwürfe von indianischen Künstlern ausführen. Inzwischen hat die UNESCO die historischen Zentren einiger im europäisch-indianisch-mexikanischem Stil gebauten Kolonial-städte in die Liste des schützenswerten kulturellen Welterbes aufgenommen.87 Zuständig fur die Entwicklung und Realisierung des MarketingProgrammes ist der „Fondo Ciudades Coloniales", eine zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft, die direkt dem mexikanischen Tourismus-Ministerium untersteht.88

86 87 88

Staatliches Mexikanisches Verkehrsamt/Ministerium für Tourismus (Hrsg., 1995); MexikoSchlüssel, 11. Auflage, S.9, Frankfurt/Main ebenda, S.l 0/11 Gruner + Jahr AG & Co. (Hrsg. 1995): Marktanalyse MARIA 1992-1995 des Landes Mexiko.Hamburg

223

10.3 Reisemarkt Mexiko

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Abb. 10.15:

Ciudades Coloniales89

LA RUTA DE CORTÉS: Den Spuren des spanischen Eroberers Hernán Cortés folgt eine neue touristische Route (Abb. 10.16) von Veracruz am Golf von Mexiko, wo Cortés im Jahre 1519 landete, bis nach Mexiko-Stadt, der ehemaligen Aztekenmetropole Tenochtitlán.

89

Staatliches Mexikanisches Verkehrsamt/Ministerium für Tourismus (Hrsg., 1995): MexikoSchlüssel 1995.- 11. Auflage, S. 10/11, Frankfurt/Main

224

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Abb. 10.16:

La Ruta de Cortés90

Luftverkehr in Mexiko: Zum kontinuierlichen Aufwärtstrend in Mexikos Tourismusindustrie haben nicht nur die genannten wechselnden Marketing-Programme, sondern auch das verstärkte Engagement der nationalen Fluggesellschaften beigetragen. Nach erfolgreicher Reorganisation setzte Aéroméxico auf den Ausbau ihres transatlantischen Streckennetzes. Im dritten Jahr ihrer Privatisierung erreichte die Fluggesellschaft schließlich die Gewinnzone. Auch die einst staatliche Luftverkehrsgesellschaft Mexicana nahm seit ihrer Privatisierung 1989 eine erfolgreiche Entwicklung und flog 1991 bereits tief in den schwarzen Zahlen. Im Zuge der laufenden Umstrukturierungen wurden die Mexicana-Töchter Aérocaribe, Aéro Cozumel und Aéro Monterrey unter dem Namen „Mexicana Inter" zusammengefaßt. Die Expansionspläne der Mexicana sind seit 1992 für die Zukunft auf Nord- und Südamerika ausgerichtet. Gleichwohl besteht auch eine starke Orientierung auf den europäischen Markt. Darüber hinaus darf auch das noch brach liegende inländische Potential nicht außer Acht gelassen werden, denn von den 80 Millionen Einwohnern Mexikos reisen bisher nur 5 Prozent mit dem Flugzeug."

90 91

Staatliches Mexikanisches Verkehrsamt/Ministerium für Tourismus (Hrsg., 1995): MexikoSchlüssel 1995.- 11. Auflage, S.7, Frankfurt/Main Airline Business (Hrsg., 1994): Mexico faces the moment of truth.-Vol. 10, Nr. 12, S.20/21

10.3 Reisemarkt Mexiko

225

Seit der Deregulierung des mexikanischen Luftverkehrs Mitte 1991 scheinen die Ereignisse im mexikanischen Markt die früheren Erfahrungen nördlich der Landesgrenze widerzuspiegeln. Die finanzielle Situation der mexikanischen Luftverkehrsgesellschaften wurde zunehmend schlechter. Gründe dafür waren: 92

1. der schwache Peso (verantwortlich für 26% des Nettoverlustes 1994 von Aéroméxico und Mexicana), 2. Überkapazität im Heimatmarkt Mexiko und 3. der Niedrigpreis-Wettbewerb zwischen Aéeroméxico/Mexicana und TAESA (war verantwortlich für einen 20prozentigen Yieldverfall 1994) 4. Aérovías de México (Aéroméxico) übernahm im Februar 1993 insgesamt 55% Anteile an dem früheren Rivalen Mexicana. Mexicana war stark verschuldet und verlor 1994 monatlich rund 20 Mio. US-Dollar.

Die Krise bei Aéroméxico wurde hervorgerufen durch laufende Verluste bei Aéroméxico und Mexicana. Die LVG Aéroméxico, der 54% Anteile von Mexicana gehören, flog Verluste ein in Höhe von 44 Mio. US$ im zweiten Quartal des Jahres 1994; 39 Mio US$ davon gehen auf das Konto von Mexicana.93 Im internationalen Vergleich gesehen gaben amateurhafte Verhaltens- und Verfahrensweisen, kurzfristige Streichung von Flügen und veraltete Reservierungssysteme immer wieder Anlaß zu Problemen und Kritik. Seit 1992 gibt es mehr Flugverbindungen nach Mexiko als es in den Jahren zuvor je gegeben hat. Veranstalter sprechen von Überkapazitäten im Interregionalverkehr nach Mexiko, während im innermexikanischen Flugverkehr nach wie vor Kapazitätsbedarf besteht. Experten rechnen damit, daß der zunehmende Wettbewerb auf den Transatlantikrouten dem Mexiko-Tourismus weiteres Wachstum beschehren wird und dem Verbraucher günstige Flugpreise. Der Kapazitätsbedarf im innermexikanischen Luftverkehr wird durch die starke Expansion im transatlantischen Luftverkehr noch zunehmen.94

Trends/Zukunft des Tourismus in Mexiko: Die Weichen für das 21. Jahrhundert sind in Mexiko gestellt. Liberalisierungen und Erleichterungen in der Gesetzgebung bereiten den Boden für mehr private Investitionen in den Ausbau der touristischen Infrastruktur. Die Zeiten sind günstig wie selten zuvor, die Wirtschaft floriert, die Inflation scheint im Griff zu sein und das Ausland bezeugt wieder Vertrauen durch große Investitionsvorhaben. Im Lande selbst herrscht ein zunehmendes Problembewußtsein, wobei jedoch noch eine ganze 92 93 94

ebenda Air Transport World (Hrsg., 1994): Aeromexico chairman resigns as Mexicana falters.- Vol.31, Nr. 10, S.7 ebenda

226

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Reihe von Rahmenbedingungen von den verantwortlichen Politikern zu schaffen sind. Mexikanische Wirtschaftspolitiker haben sich folgende Ziele gesetzt: Inflation eindämmen, florierendes Wirtschaftswachstum, Investitionsvorhaben des Auslands generieren. Neben den klassischen Kultur-Rundreisen und dem Badetourismus ist Mexiko zunehmend Ziel für Geschäfts- und Incentivereisen, Tagungen und Kongresse. Eine Steigerung des Geschäftstourismus-Volumens insbesondere von den „großen Nachbarn aus dem Norden" wird erwartet, denn Mexiko ist seit Anfang 1994 Mitglied der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA (North American Free Trade Agreeement) und der erste lateinamerikanische Staat in der OECD. Im Zuge dieser Entwicklung wird seitens der mexikanischen Tourismusbehörden ein besonderes Augenmerk auf den Geschäftstourismus gelegt und der Bau von Tagungshotels forciert. Die Sitzplatzkapazität einiger zwischen den USA und Mexiko verkehrenden Fluggesellschaften wurde nach Inkrafttreten der NAFTA stark erweitert; Continental Airlines beispielsweise verdoppelte die Sitzplatzkapazität aufgrund eines erwarteten Anstiegs des Geschäfitsreisevolumens auf der Strecke Houston - Mexiko-City Ende 1994.'5 Die Banco Nacional de Mexico erwartete einen 3,5-prozentigen Anstieg des Passagieraufkommens im Luftverkehr als Resultat des NAFTA und höhere durchschnittliche TouristenAusgaben (mehr als 614 US$) infolge des Anstiegs im Geschäftsreisesektor.96 Auch in Zukunft werden die nordamerikanischen Touristen mit weitem Abstand an der Spitze im weltweiten Gästeaufkommen Mexikos liegen. Die auf die Bedürfnisse des amerikanischen Marktes zugeschnittene Infrastruktur paßt sich allerdings immer mehr europäischen Bedürfhissen an. Denn mit einem durchschnittlichen Wachstum von 33,9 Prozent jährlich (1988-92)'7 ist Europa inzwischen nach USA und Kanada zweitwichtigster Quellmarkt für Mexikos Tourismusindustrie. Deutschland nimmt innerhalb Europas den ersten Platz ein. Europäische Touristen bleiben im Durchschnitt 20 Tage im Land und geben zusätzlich zum Reisepreis etwa 1.100 Dollar aus, - beinahe doppelt so viel wie die Amerikaner auf ihrer Mexiko-Reise.98 Besondere Aufmerksamkeit soll daher in den kommenden Jahren dem europäischen Markt eingeräumt werden, dessen Potential längst noch nicht ausgeschöpft ist. Zielgruppen in Europa sind Reisende zwischen 25 und 54 Jahren, die über ein jährliches Einkommen von mindestens 25.000 US$ verfugen. Die geplanten Marketing-Aktionen in Europa werden im Rahmen eines gemischten Fonds finanziell unterstützt, der aus Beiträgen einzelner mexikanischer

95 96 97 98

Travel Weekly (Hrsg., 1994): Continental places 757-200 on N.Y. Route; Boosting Capacity.Vol.53, Nr.74, S.84 Travel Weekly (Hrsg., 1994): Tourism will generate $4.4 Billion for Mexico this year, bank says.- Vol.53, Nr.74, S.15 Eigene Berechnung anhand der Zahlen aus: United Nations (Hrsg., 1994): Statistical Yearbook.- 39th issue, S.900/911, New York Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1994): Eurobolsa in Queretaro; Mexikos Vielfalt gut vermarkten.- Nr.23, S.51

10.3 Reisemarkt Mexiko

227

Reiseziele, der Regierungen der Bundesländer sowie von der mexikaniaschen Bundesregierung finanziert wird.99 Seitens des Tourismusministeriums besteht eine langfristige Strategie zur Entwicklung Mexikos als Ziel für Qualitätstourismus unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte. Seit 1993 setzt das mexikanische Tourismusministerium besondere Schwerpunkte auf die Förderung des Ökotourismus. So ist zum Beispiel gesetzlich verankert, daß bei der Erschließung neuer Feriengebiete, wie es das Beispiel Huatulco zeigt, die jeweilige bebaute Fläche nur 25 Prozent des gesamten Territoriums betragen darf; 75 Prozent stehen unter Naturschutz.100 Die Vermarktung des Reiselandes Mexiko wird zunehmend durch moderne Informations-, Kommunikations- und Reservierungstechnologien unterstützt. Darüber hinaus gibt es ein professionelles Marketing-Programm für den amerikanischen und europäischen Markt, das Werbeaktionen, Informationsreisen fur die Fachbranche, Seminare für Reiseveranstalter und Reisebüros umfaßt. Bedeutendes Element im Marketing-Programm ist und bleibt die Marktforschung, die in den wichtigsten Quelländern des Tourismus Aufschluß über Ansprüche, Forderungen und Reiseverhalten der (potentiellen) Gäste geben soll. Ziel des Engagements ist, Mexiko in seiner gesamten Vielfalt darzustellen und die jeweiligen Zielgruppen wie Badeurlauber, Kulturreisende, Abenteuer-Touristen oder Wassersportler mit entsprechenden Angeboten zu animieren. Ein „Council for Tourism Promotion" wurde 1995 gegründet, um den Reiseverkehr nach Mexiko zu forcieren. Der Organisation gehören 16 staatliche Vertreter und 27 private Unternehmen an, die gemeinsam neue Tourismus-Werbestrategien entwickeln. Unterstützt wird die Marketing-Arbeit der Fremdenverkehrsämter durch ein großes Angebot an gedrucktem und audiovisuellem Material. Mexiko präsentiert sich erstmalig seit August 1994 mit informativen Seiten in START/AMADEUS. Expedienten haben seitdem die Möglichkeit, allgemeine Informationen und aktuelle touristische Angebote direkt im CRS abzurufen.101 Weitere CRS-Informationsseiten und Entwicklung touristischer CD-ROMs über den Reisemarkt Mexiko werden in Zukunft folgen. Auch GALILEO ist mit seinem nationalen CRS APOLLO im mexikanischen Markt vertreten. Aéroméxico und Mexicana sind an APOLLO im „Inside Link" angeschlossen, das heißt: Reisebüroagenten können Fluginformationen beider Airlines abrufen und auch eine sofortige SitzplatzBestätigung bekommen.102 SABRE besitzt eine nationale Marketing Company (NMC) in Mexiko. Die inländische Fluggesellschaft Aviacsa, die hauptsächlich den südöstlichen Teil des Landes bedient, wurde Ende 1994 an SABRE

99 100 101 102

Willen, K. (1994): Eurobolsa 1994, Europa über alles.- In: Touristik Management (Hrsg.), Nr.l 1, S.32 Interview mit dem Staatssekretär für Tourismus, Francisco Javier Alejo anläQlich der Internationalen Tourismusbörse in Berlin, 1993 Fremdenverkehrswirtschaft International (Hrsg., 1994): Mexiko ab August im STARTSystem.-Nr. 13, S.28 Woodall, T.G. (Hrsg., 1994):CRS enhancements.- In: CRS update.- Vol.2, Nr. 18, S.6/7, Rockville/MD

228

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

angeschlossen.103 Werbung und Informationstransfer fur potentielle MexikoUrlauber sind mit der Präsenz des staatlichen Mexikanischen Fremdenverkehrsamtes im Internet optimiert worden, wo auf rund 45.000 Seiten tourismusrelevante Daten, Programme und Angebote abrufbar sind.104

10.4 Reiseströme des internationalen Tourismus von/ nach/innerhalb Lateinamerika Eine Untersuchung (inklusive Prognose) der weltweiten Reiseströme im Linienflugverkehr wird jährlich von der International Air Transport Association (IATA) herausgegeben und liefert sowohl für die Luftverkehrsindustrie als auch für CRS-Betreiber und die gesamte Reiseindustrie weltweit wichtige Informations- und Planungsgrundlagen. Die Vorhersage der IATA-Statistik 1996-2000 basiert auf Befragungen von 84 IATA- und Nicht-IATA-LVG und Organisationen weltweit. Insgesamt konnte ein Volumen von 310 Millionen Passagieren (91% des gesamten Passagiervolumens) weltweit im nationalen und internationalen Luftverkehr (1994) festgestellt und den Prognosen zugrunde gelegt werden.105 Die Ende 1994 veröffentlichte Statistik und Prognose für den Zeitraum 1994-1998 basiert auf einem Volumen von 281 Millionen beförderten Passagieren im Jahre 1993 (88% des gesamten Passagiervolumens) und ist ebenso Bestandteil der ReisestromAnalysen dieses Kapitels (Abb. 10.17).106

103 104 105 106

Woodall, T.G. (Hrsg., 1994): Mexican carrier joins SABRE.- In: CRS update.- Vol.2, Nr.l4, S.5, Rockville/MD Internet-Adresse: http://mexico-travel.com International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.l, S.10, Genf International Air Transport Association (Hrsg., 1994): International Traffic Forecast 19941998 Scheduled Passengers.- Kap.l, S.8/9, Genf und ebenda (Hrsg., 1996): International Passenger Traffic Forecast 1996-2000.- Kap.l, S. 10

229

10.4 Reiseströme von/nach/innerhalb L a t e i n a m e r i k a

.

Total 1ATA estimateincluding non-revenue + non-ICAO passengers

Non-revenue + non-ICAO passengers

88% of total world (1993) 9 1 % of total world (1994)

Quelle: eigener E n t w u r f aus 1ATA ( 1 9 9 4 ) und 1ATA ( 1 9 9 6 )

Abb. 10.17:

Datenbasis 1993 der IATA-Analysen (fur den 5-Jahreszeitraum 1994 bis 1998) und Datenbasis 1994 (für den 5-Jahreszeitraum 1994 bis 1998)107

Betrachten wir zunächst das Wachstum im internationalen Luftverkehr 1994, so fallt in der folgenden Abbildung 10.18 auf, daß es zwischen den einzelnen Regionen der Welt enorm variiert. Es variiert in Abhängigkeit von wirtschaftlichem Wachstum, politischer Stabilität, Veränderungen im direkten Luftverkehrs-Umfeld (zum Beispiel jegliche Form von Kooperationen/Allianzen der LVG, CRSVerbreitung etc.) und anderen beeinflussenden Faktoren, welche sich von einem Reisemarkt zum anderen unterscheiden. Die Abbildung zeigt Südamerika als die Region mit der zweithöchsten Wachstumsrate im Passagieraufkommen weltweit - neben dem nordostasiatischen Raum.

107

International Air Transport Association (Hrsg., 1994): International Traffic Forecast 19941998 Scheduled Passengers.- Kap.l, S.8/9, Genf und ebenda (Hrsg., 1996): International Passenger Traffic Forecast 1996-2000.- Kap. 1, S. 10

230

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

1994 growth in main inter-regional traffic flows

Abb. 10.18:

Wachstum bedeutender interregionaler Verkehrsströme internationalen Linienflugpassagier-Aufkommens (1994)108

des

Im Windschatten des Wirtschaftsaufschwunges in Südamerika bekommen sowohl der Luftverkehr als auch die Tourismuswirtschaft insgesamt einen höheren Stellenwert eingeräumt. Für global agierende CRS eröffnen sich somit in Lateinamerika viele neue lukrative Märkte. Abgesehen von SYSTEM ONE und dem System GETS, die schon viele Jahre im lateinamerikanischen Markt aktiv sind, begann der Kampf um Marktanteile der globalen CRS AMADEUS, SABRE und GALILEO erst im Jahre 1990. Bis zu den Jahren 1992/1993 waren die Geschäftsbeziehungen in Form von Airline-Allianzen, Streckennetz-Übernahmen, Aufbau nationaler Marketing-Gesellschaften usw., so weit gereift, daß erste Erfolgszahlen von beachtlichen Marktanteilen der CRS in Schlüsselmärkten Lateinamerikas gemeldet werden konnten. Inwiefern sich die Passagierströme in/aus einem Land - nach Einschalten der CRS in das Glied der Reisekette verändert haben, bleibt noch zu nachzuweisen. In den Analysen der nachfolgenden Statistiken sollen daher speziell die prozentualen Veränderungen des internationalen Linienflugpassagier-Aufkommens in Lateinamerika, in den Jahren nach Eindringen der CRS in den Markt, näher beleuchtet werden.

108

International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.2, S.28, Genf

10.4 Reiseströme von/nach/innerhalb Lateinamerika

231

Wie die Abbildung 10.19 zeigt, stieg die Anzahl der Linienflugpassagiere im internationalen Luftverkehr Lateinamerikas von 1992 bis 1993 um: • 4,3% in Mexiko, • 7,5% in der Karibik, • 11,0% in Upper South America, (umfaßt nach Definition der IATA die Länder: Bolivien, Peru, Ecuador inklusive Galapagos-Inseln, Kolumbien inklusive SanAndres-Insel, Venezuela, Guyana, Surinam und Französisch Guyana), • 10,7% in Lower South America (Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay, Uruguay); von 1993 bis 1994 um:109 • 4,6% in Mexiko, • 0,8% in der Karibik (Folge der Hurricans), • 9,9% in Upper South America und • 13,3% in Lower South America. Insbesondere der prozentuale Anstieg im Linienflugpassagier-Aufkommen Südamerikas ist im internationalen Vergleich gesehen sehr hoch.

World regions - Actual traffic growth for 1994 over 1993

Abb. 10.19:

109

Prozentuale Veränderung des internationalen LinienflugpassagierAufkommens in Lateinamerika (1992-1993-1994)1 ]0 und weltweit

International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.2, S. 15, Genf

232

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Für den 5-Jahres-Zeitraum 1995-1999 wurde von der IATA ein durchschnittliches jährliches Wachstum im nationalen und internationalen Linienflugverkehr (Anzahl beförderte Passagiere weltweit) von 4,9% hochgerechnet.1" Lateinamerika liegt 1995-1999 bereits 1,9 Prozentpunkte112 über dem Weltdurchschnitts-Wachstum im Linienflugverkehr. Die prognostizierten Wachstumsraten (Abb. 10.20)'13 betragen für: • Mexiko 3,9%, die Karibik 6,3%, • Upper South America 8,8%, Lower South America 8,2 Prozent. Betrachtet man nur den südamerikanischen Kontinent als eine Einheit, so liegt hier das durchschnittliche Wachstum 1996-2000 sogar um 6,6 Prozentpunkte"" höher als im Weltdurchschnitt. Die reiferen Reisemärkte Nordamerika mit (5% - 4,9% =) 0,1% und Westeuropa mit (6,2% - 4,9% =) 1,3% liegen weit unter dem prognostizierten Durchschnitt Südamerikas. Die Höhe der prognostizierten Zahlen weist Südamerika als eine der drei "High Growth Areas" der Welt aus, neben Osteuropa und Südost-Asien (Abb. 10.20)."5

Abb. 10.20:

HO 111 112 113 114 115

Durchschnittliches jährliches Wachstum im Linienflugverkehrs-Aufkommen von, nach und innerhalb ausgewählter Weltregionen (1995-1999)

International Air Transport Association (Hrsg., 1994): International Traffic Forecast 19941998 Scheduled Passengers - Kap.l, S.15, Genfund ebenda (Hrsg., 1996), Kap.2, S.15 International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.2, S.l 1, Genf 1,9 Prozentpunkte berechnen sich aus: [(3,9+6,3+8,8+8,2):4] = 6,8% - 4,9% = 1,9 Prozent International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers - Kap.2, S. 17, Genf 6,6 Prozentpunkte berechnen sich aus: [(8,8+8,2):2] = 8,5%; 8,5% - 4,9% = 6,6 Prozent International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.2, S. 17, Genf

233

10.4 Reiseströme von/nach/innerhalb Lateinamerika

Stellt man eine Rangfolge des Passagiervolumens innerhalb Lateinamerikas (1992 bis 1998) auf, so nimmt Zentralamerika (nach geographischer Definition der IATA: inklusive Mexiko) den ersten Platz ein. Danach folgen Lower South America, Upper South America und die Karibik (Abb. 10.21). Betrachtet man hingegen die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate im internationalen Linienflugverkehr (1994-1998), so steht Upper South America auf Rang 1 gefolgt von Lower South America, der Karibik und auf dem letzten Rangplatz Zentralamerika.

0

5

10

15

20

Mio. Passagiere p.a.

Abb. 10.21:

o

3

6

9

Wachstum p.a. (Durchschnitt: 1994 - 1998)

Total Market Region Pair Forecasts 1994-1998, Regional Summary" 6 * ( ' R a n g f o l g e der Regionen nach abnehmender Anzahl an Passagieren)

116

IATA Industry Automation and Financial Services (Hrsg., 1994): International. Traffic Forecast 1994 bis 1998, Scheduled Passengers.- Ausg. Sept.1994, Kap.2, S.2, Genf

234

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

10.4.1

Interregionale Betrachtung (von/nach Lateinamerika)

Die bedeutendsten interregionalen Verkehrsströme weltweit im Jahre 1992 und 1993 sowie von/nach Lateinamerika 1994 zeigt Abb. 10.22."7 Es fällt auf, daß die Haupt-verbindungen im Passagierfluß von und nach Lateinamerika im Jahr 1992 auf drei Achsen liegen. Im Jahr 1993 kommen eine vierte und eine fünfte Achse hinzu. Ein Vergleich der Verkehrsdaten dieser Jahre verdeutlicht, daß im Jahr 1993 ein signifikantes Wachstum der Verkehrsströme registriert wurde und sich die zwei weiteren Achsen herauskristallisierten. 1992: Erste Achse: Mexiko/Zentralamerika » Zweite Achse: Karibik

Dritte Achse: Südamerika

USA/Kanada (10,6 Mio. Passagiere) Westeuropa (2,7 Mio. Passagiere) Westeuropa (2,2 Mio. Passagiere)

Ab 1993 zusätzlich: Vierte Achse: Upper South America Fünfte Achse: Lower South America

USA/Kanada (3,1 Mio. Passagiere) USA/Kanada (2,5 Mio. Passagiere).



Bis Ende 1994: haben sich alle fünf intraregionalen Verkehrsströme konsolidiert (Abb. 10.22). Die erste Achse verzeichnet einen Zuwachs von 1,6 Mio. Passagieren, die zweite, dritte und fünfte Achse wachsen um je 400.000 Passagiere, die vierte um 300.000 Passagiere." 8 Insgesamt gibt es seit 1993 fünf wichtige interregionale Verkehrsachsen weltweit, die Lateinamerika als Quell- oder Zielregion haben Der Passagierfluß zwischen Lateinamerika und den verbleibenden Regionen der Welt (Afrika, asiatisch-pazifischer Raum, Zentral-/Osteuropa) liegt bei insgesamt unter 350.000 Passagieren pro Jahr und wurde daher von der IATA in die interregionale Verkehrsstrombetrachtung der großen Verkehrsströme nicht mit einbezogen. Die kleineren Passagierströme dürfen jedoch nicht völlig außer Acht gelassen werden, zumal es für die Tourismusindustrie, wie auch insbesondere für die CRS-Industrie, stets interessant ist zu wissen, aus welchen Quellmärkten die Passagierströme kommen. Im nachfolgenden Absatz werden daher anhand der Zahlen von 1992 einige interessante Aspekte aus der Untersuchung dieser kleineren Verkehrsströme gezogen.

117

118

IATA Industry Automation and Financial Services (Hrsg., 1994): International Traffic Forecast 1994 bis 1998, Scheduled Passengers.- Ausg. Sept.1994, Kap. 1, S.25, Genfund aus IATA Industry Automation and Financial Services (Hrsg., 1993): International Traffic Forecast 1993 bis 1997, Scheduled Passengers.- Ausg. Okt..l993, Kap.4, S.5, Genf IATA Industry Automation and Financial Services (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 1996 bis 2000, Scheduled Passengers - K.ap.2, S.26, Genf

10.4 Reiseströme von/nach/innerhalb Lateinamerika

235

Main inter-regional traffic flows in 1992

]

1992 passengers (m i 1 ions)

Main inter-regional traffic flows in 1993

I

Abb. 10.22:

119 120 121

I 1993 passengers (milions)

Bedeutende interregionale Verkehrsströme von/nach Lateinamerika (1992119 /1993120 /1994121 )

International Air Transport Association (Hrsg., 1993): International Traffic Forecast 19931997 Scheduled Passengers.- Kap.4.2, S.5, Genf International Air Transport Association (Hrsg., 1994): International Traffic Forecast 19941998 Scheduled Passengers.- Kap.l, S.25, Genf International Air Transport Association (Hrsg., 1996): International Traffic Forecast 19962000 Scheduled Passengers.- Kap.2, S.26, Genf

236

10 Touristisches Potential des Reisemarktes Lateinamerika

Wie Abb. 10.23 zeigt, gibt es große regionale Unterschiede im Passagiervolumen und in der Verteilung der Passagierströme auf bestimmte Zielregionen Lateinamerikas. Lower South America: Die meisten und größeren Verkehrsströme dieser Betrachtung gehen von der Region Lower South America aus bzw. haben diese als Zielregion. Von und nach Lower South America reisten insgesamt 293.000 Passagiere zwischen 1991 und 1992. Den größten Anteil am Passagiervolumen (242.000) hat Brasilien. Der Verkehr zwischen Nordostasien und Lower South America ist mit 160.800 der Wichtigste, gefolgt von Südafrika mit rund 60.000 Passagieren und Australien mit 27.000 bzw. der gesamten Region Südwestpazifik mit rund 50.000 Passagieren. Als einzige Region Lateinamerikas hat Lower South America Passagierströme in und von alle(n) Regionen Afrikas. Mexiko/Zentralamerika: Abgesehen von den bedeutenden Passagierströmen nach und von USA/Kanada gibt es lediglich zwei weitere interregionale Verkehrsachsen - nach/von Japan und Malaysia. Der Interregionalverkehr zwischen Mexiko/Zentralamerika und Osteuropa, Zentraleuropa, Afrika und dem Südwestpazifik ist minimal. Upper South America: Upper South America hat als einzige Region Lateinamerikas eine Verbindung zu Osteuropa und Zentraleuropa mit rund 16.000 Passagieren. Hinter der Achse nach Nordostasien verbirgt sich lediglich ein Volumen von rund 6.000 Passagieren. Es gibt keine nennenswerten Verkehrsströme zwischen Upper South America und Südostasien, Afrika und südwest-pazifischer Region.

237

10.4 Reiseströme von/nach/innerhalb Lateinamerika

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