Einführung in die thermische Verfahrenstechnik [2., verb. Aufl. Reprint 2011] 9783110843101


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German Pages 405 [408] Year 2011

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Table of contents :
Häufig benützte Formelzeichen
Allgemeine Literaturübersicht
Kapitel 1 : Allgemeine Grundlagen (P. GRASSMANN)
1.1 Mechanische und thermische Verfahrenstechnik
1.2 Erhaltungssätze und Bilanzgleichungen
1.3 Exergiebilanzen
1À Konzentrationsmaße
1.5 Absatz weiser und kontinuierlicher Betrieb
1.6 Maßsysteme
1.7 Einige Hinweise für die Literatursuche
Kapitel 2 : Wärmeaustauscher (E. WEDER)
2.1 Einleitung
2.2 Bilanzgleichungen für Gleich-, Gegen- und Kreuzstrom . . . .
2.3 Wärmeübergang und Wärmedurchgang
2.4 Einführung dimensionsloser Kennzahlen
2.5 Gebrauchsformeln und Diagramme für den Wärmeübergang und den Druckverlust
2.6 Wirtschaftlichkeit
2.7 Konstruktives und Sonderbauarten
2.8 Beheizte Gefäße
2.9 Wärmeübertragungsmittel
Kapitel 3 : Verdampfer und Kondensatoren (E. WEDER)
3.1 Der Wärmeübergang beim Verdampfen
3.2 Bauarten von Verdampfern
3.3 Der Wärmeübergang beim Kondensieren
3.4 Bauarten von Kondensatoren
Kapitel 4: Grundlagen der Trennprozesse (F. WIDMER)
4.1 Definitionen
4.2 Gasgemische
4.3 Die reversible Trennarbeit idealer Gasgemische
4.4 Aggregatzustandsänderungen reiner Stoffe
4.5 Lösungen
4.6 Enthalpie-Konzentrationsdiagramme
Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen (E. WEDER)
5.1 Eindampfen und Verdampfen wässeriger Lösungen
5.2 Destillation
Kapitel 6 : Rektifikation (E. WEDER)
6.1 Einführung
6.2 Die Bilanzgeraden im MCCABE-THIELE-Diagramm
6.3 Die Bodenkolonne
6.4 Die Füllkörperkolonne
6.5 Rektifikation unter erschwerten Bedingungen
Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung (F. WIDMER)
7.1 Einleitung und Definitionen
7.2 Grundlegende Beziehungen, Bilanzgerade
7.3 Allgemeine Anforderungen an ein Waschmittel
7.4 Phasengleichgewichte
7.5 Stoffaustauschvorgänge
7.6 Aufnahme der Absorptionswärme
7.7 Berechnung der theoretischen Bodenzahl nth
7.8 Bestimmung der Kolonnenhöhe von Füllkörperkolonnen
7.9 Wahl des Durchmessers von Absorptionskolonnen
7.10 Absorbertypen
7.11 Regeneration des Lösungsmittels
7.12 Bemerkungen zur Betriebsweise von Absorptionsanlagen
Kapitel 8: Extraktion (F. WIDMER)
8.1 Definitionen und Anwendungen
8.2 Gleichgewichte von Flüssig-Flüssig-Systemen
8.3 Durchführung der Extraktion
8.4 Wahl des Extraktionsmittels
8.5 Berechnung der Gegenstromextraktion unter vereinfachenden Annahmen
8.6 Verfeinerte Berechnung der Gegenstromextraktion unter Berücksichtigung der gegenseitigen Löslichkeit von Abgeber und Aufnehmer
8.7 Bestimmung der Höhe von Fullkörperkolonnen
8.8 Wahl der dispersen und der kontinuierlichen Phase
8.9 Extraktionsapparate
8.10 Längsmischung in Flüssig-Flüssig Extraktions-Kolonnen
8.11 Beispiele von Extraktionsprozessen
Kapitel 9 : Adsorption und Ionenaustausch (H. H. SCHICHT)
9.1 Allgemeines
9.2 Adsorption
9.3 Ionenaustausch
Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe (H. H. SCHICHT)
10.1 Einleitung, Definitionen
10.2 Der feuchte Körper
10.3 Das feuchte Gas
10.4 Die Wärmeübertragung an das feuchte Gut
10.5 Der Verlauf der Trocknung
10.6 Die technischen Trockner
10.7 Die Gefriertrocknung
10.8 Kriterien zur Auswahl des optimalen Trocknungsverfahrens
Kapitel 11: Kristallisation (H. H. SCHICHT/G. SCHÜTZ)
11.1 Allgemeines
11.2 Definitionen und Grundbegriffe
11.3 Löslichkeit und Überlöslichkeit
11.4 Die Keimbildung
11.5 Das Kristallwachstum
11.6 Kristalltracht, Dendriten und Whiskers
11.7 Lösungs- und Kristallisationsenthalpie
11.8 Kristallisatoren
11.9 Fraktionierte Kristallisation
11.10 Weitere Kristallisationsverfahren
Kapitel 12: Verschiedene Trennverfahren (H. H. SCHICHT)
12.1 Sonderverfahren zur Isotopentrennung
12.2 Elektrophorese
12.3 Umgekehrte Osmose oder Hyperfiltration
12.4 Dialyse und Elektrodialyse
Kapitel 13: Verweilzeit und Verweilzeitspektrum (H. H. SCHICHT)
13.1 Verweilzeitspektrum und mittlere Verweilzeit
13.2 Die Übergangsfunktion
13.3 Die Frequenzgangdarstellung des Verweilzeitverhaltens
13.4 Verweilzeitverhalten und Längsvermischung
Kapitel 14: Das chemische Gleichgewicht (G. SCHÜTZ)
14.1 Einleitung
14.2 Das Massenwirkungsgesetz
14.3 Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes
14.4 Anwendung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik auf chemische Reaktionen
14.5 Entropieänderungen bei chemischen Reaktionen und der NERNSTsche Wärmesatz
14.6 Reversible Arbeit chemischer Reaktionen
14.7 Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten
Kapitel 15: Reaktionskinetik (G. SCHÜTZ)
15.1 Einleitung
15.2 Molekularität der Reaktionen
15.3 Reaktionsordnung
15.4 Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten
15.5 Zusammengesetzte Reaktionen
15.6 Polymerisationen
15.7 Explosionen
15.8 Heterogene Reaktionen
15.9 Die Katalyse
Kapitel 16: Reaktoren (G. SCHÜTZ)
16.1 Einleitung
16.2 Einteilung der Reaktoren
16.3 Chargenweiser und kontinuierlicher Betrieb (Satzbetrieb und Fließbetrieb)
16.4 Die drei Stufen der Reaktionskinetik
16.5 Dimensionierung von Reaktoren
16.6 Wärmeumsatz und Stabilität von Reaktoren
16.7 Rückführungen
16.8 Der Einfluß des Druckabfalls und des Verweilzeitspektrums
Lösungen zu den Aufgaben
Literaturverzeichnis
Register
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Einführung in die thermische Verfahrenstechnik [2., verb. Aufl. Reprint 2011]
 9783110843101

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P. Grassmann · F . Widmer Einführung in die thermische Verfahrenstechnik

EINFÜHRUNG IN DIE

THERMISCHE

VERFAHRENSTECHNIK

von Peter Grassmann · Fritz Widmer unter Mitarbeit von Hans H. Schicht · Gerhard Schütz Erich Weder

2. Auflage

Walter de Gruyter · Berlin * New York 1 9 7 4

P r o f . D r . D r . Ε . h. P e t e r G r a s s m a n n P r o f . Dr. F r i t z W i d m e r Eidgenössische Technische Hochschule Zürich Institut für Verfahrens- und Kältetechnik D r . sc. t e c h n . Ε Τ Η H a n s H . S c h i c h t D r . sc. t e c h n . Ε Τ Η Gerhard S c h ü t z Gebr. Sulzer AG, Winterthur D r . sc. t e c h n . Ε Τ Η E r i c h W e d e r Sandoz AG, Basel

Mit 254 Abbildungen und 3 Tabellen

ISBN 311004214 2 © C o p y r i g h t 1974 b y W a l t e r de G r u y t e r & Co., v o r m a l s G. J . G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s h a n d l u n g , J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , G e o r g R e i m e r , K a r l J . T r ü b n e r , V e i t & C o m p . , B e r l i n 30. Alle R e c h t e , i n s b e s o n d e r e d a s R e c h t d e r V e r v i e l f ä l t i g u n g u n d V e r b r e i t u n g sowie d e r Ü b e r s e t z u n g , v o r b e h a l t e n . K e i n T e i l des W e r k e s d a r f in i r g e n d e i n e r F o r m ( d u r c h P h o t o k o p i e , M i k r o f i l m o d e r ein a n d e r e s V e r f a h r e n ) o h n e s c h r i f t l i c h e G e n e h m i g u n g des V e r l a g e s r e p r o d u z i e r t o d e r u n t e r V e r w e n d u n g e l e k t r o n i s c h e r S y s t e m e v e r a r b e i t e t , v e r v i e l f ä l t i g t o d e r v e r b r e i t e t w e r d e n · P r i n t e d in G e r m a n y . S a t z u n d D r u c k : W a l t e r d e G r u y t e r & Co., 1 B e r l i n 30. B u c h b i n d e r : L ü d e r i t z & B a u e r , 1 B e r l i n 61.

Vorwort zur zweiten Auflage Der rasche Absatz der ersten Auflage hat gezeigt, daß hier eine jener bekannten „Lücken" zu schließen war, und daß Darstellung und Stoffauswahl den Wünschen der Leser entgegenkam. So konnten sich die Änderungen gegenüber der ersten Auflage auf folgende Punkte beschränken: 1. Berücksichtigung einiger wichtiger neuerer Entwicklungen — beispielsweise auf dem Gebiet der Extraktion — und der inzwischen erschienenen Literatur. 2. Einfügen einiger Übungsaufgaben, deren Lösungen auf Seite 347 ff zu finden sind. 3. Kleine Änderungen in den Formelzeichen, vor allem Ersatz des I durch Η für die Enthalpie. Inzwischen blicken alle vier ehemaligen Mitarbeiter auf mehrjährige praktische Tätigkeit in der Industrie zurück. So werden sie noch besser beurteilen können, was notwendig ist und was „graue Theorie" bleibt. Als Herausgeber übernehmen nun die beiden Unterzeichneten die Verantwortung für den folgenden Text. Eidgenössische Technische Hochschule Zürich Frühjahr 1974 P . GRASSMANN F . WIDMER

Vorbemerkung zur ersten Auflage Das deutsche Schrifttum ist noch arm an kurzen, zusammenfassenden Darstellungen der Grundverfahren. Der vorliegende Band vermag diesen Mangel zwar nur zur Hälfte zu beheben, ist er doch nur den thermischen Verfahren gewidmet. Immerhin ist mit ihm ein Anfang gemacht.

VI

Vorwort

Bei der Auswahl des Stoffes war es unser Ziel, uns auf das Grundsätzliche zu beschränken, läßt sich doch nur so ein erster Überblick über das weitverzweigte Gebiet und die mannigfaltigen Analogien der Grundverfahren erreichen. So wird manches weniger wichtige Verfahren gar nicht erwähnt, und bei der Behandlung anderer wird der Spezialist manches wissenswerte Detail vermissen. Wir hoffen aber, durch reichliche Hinweise auf die einschlägige Literatur, und zwar vornehmlich auf zusammenfassende Darstellungen und Bücher, den Weg zum eingehenderen Studium gewiesen zu haben. Um schon dem jungen Studenten den Weg zur Verfahrenstechnik zu ebnen, setzen wir nur wenige Vorkenntnisse voraus. Es genügt, wenn der Leser mit Differenzieren und Integrieren und der Behandlung der einfachsten Differentialgleichungen vertraut ist. Partielle Differentialgleichungen und Vektorrechnung werden nirgends benötigt. In der Thermodynamik werden die Begriffe Enthalpie, Entropie und Exergie und der erste und zweite Hauptsatz als bekannt angenommen. So dürfte schon ein Student des vierten Semesters dem Text ohne Mühe folgen können. Die weitgehende Analogie verschiedener Verfahren sollte möglichst schon durch Form und Schreibweise der Gleichungen in die Augen fallen. Deshalb wurden überall einheitliche Buchstabensymbole verwendet, auch wenn dadurch gelegentlich ein zusätzlicher Index erforderlich wurde oder von der üblichen Bezeichnungsweise abgewichen werden mußte. Zum weitaus überwiegenden Teil wurde das Buch von meinen vier jungen Mitarbeitern geschrieben. Trotzdem fühle ich mich für den Text verantwortlich, und ich bin allen Lesern für Hinweise auf eventuelle Irrtümer dankbar. Diese Aufteilung in Arbeit und Verantwortung ist bei der Abfassung von Büchern zwar noch wenig gebräuchlich. Nach allem aber, was mir aus der Verhaltensforschung und über das Arbeiten in Gruppen bekannt ist, sollte sie für den Erfolg nicht ungünstig sein. Gleichungen und Abbildungen sind innerhalb der einzelnen Paragraphen numeriert, wobei die beiden ersten Zahlen jeweils die Nummer des betreffenden Paragraphen wiedergeben. Bei Zitaten, die sich auf denselben Paragraphen beziehen, bleiben diese beiden ersten Zahlen weg und nur die fortlaufende Nummer der Gleichung oder Abbildung wird in einer runden Klammer angegeben. Literatur hinweise sind in eckige Klammern gesetzt. Die entsprechenden Angaben finden sich nach Kapiteln geordnet am Ende des Buches auf den Seiten 369 bis 377. Größere zusammenfassende Darstellungen, die häufig zitiert werden, sind unter der allgemeinen Literatur auf Seite X V I zusammengestellt. Auf sie wird mit Α in einer eckigen Klammer und einer fortlaufenden Nummer verwiesen. So hoffe ich denn, daß dieses Buch seinen Beitrag zum deutsch-sprachigen Schrifttum über Verfahrenstechnik leisten möge. Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Frühjahr 1967 P.

GBASSMANN

Inhaltsübersicht Häufig benützte Formelzeichen Allgemeine Literaturübersicht

XIV XVI

Kapitel 1: Allgemeine Grundlagen (P.

GRASSMANN)

1.1 Mechanische und thermische Verfahrenstechnik 1.2 Erhaltungssätze und Bilanzgleichungen 1.3 Exergiebilanzen 1Λ Konzentrationsmaße 1.5 Absatz weiser und kontinuierlicher Betrieb 1.6 Maßsysteme 1.7 Einige Hinweise für die Literatursuche Kapitel 2: Wärmeaustauscher (E.

WEDER)

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Einleitung Bilanzgleichungen für Gleich-, Gegen- und Kreuzstrom . . . . Wärmeübergang und Wärmedurchgang Einführung dimensionsloser Kennzahlen Gebrauchsformeln und Diagramme für den Wärmeübergang und den Druckverlust 2.6 Wirtschaftlichkeit 2.7 Konstruktives und Sonderbauarten 2.7.1 Rohrbündelwärmeaustauscher 2.7.2 Sonderbauarten (ohne Rohrbündel) 2.7.3 Einige allgemeine Richtlinien zur Konstruktion von Wärmeaustauschern 2.8 Beheizte Gefäße 2.8.1 Wasserdampf als Heizmittel 2.8.2 Induktionsheizung 2.8.3 Dielektrische Heizung 2.9 Wärmeübertragungsmittel

Kapitel 3: Verdampfer und Kondensatoren (E. 3.1 3.2 3.3 3.4

1 3 6 10 13 13 15

Der Wärmeübergang beim Verdampfen Bauarten von Verdampfern Der Wärmeübergang beim Kondensieren Bauarten von Kondensatoren

17 18 18 21 23 27 29 29 31 34 34 34 35 35 35

WEDER)

39 45 47 50

VIII

Inhaltsübersicht

Kapitel 4: Grundlagen der Trennprozesse (F. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5

WIDMER)

Definitionen Gasgemische Die reversible Trennarbeit idealer Gasgemische Aggregatzustandsänderungen reiner Stoffe Lösungen

53 53 55 58 59

4.5.1 Das RAOULTsche Gesetz

4.6

4.5.2 Anwendung auf ideal verdünnte Salzlösungen 4.5.3 Mischungswärme Enthalpie-Konzentrationsdiagramme 4.6.1 Das Hebelgesetz und die Mischungsgerade 4.6.2 Der Verlauf der Isothermen in der flüssigen und in der gasförmigen Phase 4.6.3 Der Verlauf der Isothermen im Zweiphasengebiet, Gleichgewichtsverhalten

Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen (E.

65

67 67 72 75 75 79

WEDER)

6.1 Einführung 6.2

64

WEDER)

5.1 Eindampfen und Verdampfen wässeriger Lösungen 5.1.1 Darstellung im h, ^-Diagramm und Berechnung der Wärmemengen 5.1.2 Wärmeökonomie, Brüdenverdichtung, Mehrfacheffekt . . . 5.2 Destillation 5.2.1 Zur Theorie der Lösungen 5.2.2 Die offene Destillation Kapitel 6: Rektifikation (E.

59

59 61 62 63

Die Bilanzgeraden im McCABE-TniELE-Diagramm

6.2.1 Die Verstärkungsgerade 6.2.2 Die Abtriebsgerade 6.3 Die Bodenkolonne 6.3.1 Der Glocken- und der Siebboden 6.3.2 Die Zahl der theoretischen Böden 6.3.3 Das Verstärkungsverhältnis 6.3.4 Die Flüssigkeitsführung und Sonderbauarten von Rektifizierböden 6.3.5 Das Mindestrücklaufverhältnis 6.3.6 Berechnung einer vollständigen, stetig arbeitenden Bodenkolonne 6.3.7 Berechnung im h, «^-Diagramm 6.3.8 Der Druckabfall eines Bodens 6.3.9 Kolonnenquerschnitt und Bodenabstand

83 87

87 90 91 91 94 95 98 100 101 105 113 115

6.4

6.5

Inhaltsübersicht

IX

Die Füllkörperkolonne 6.4.1 Einführung 6.4.2 H E T P , N T U , H T U und Kolonnenhöhe 6.4.3 Der Druckabfall und die Belastungs Verhältnisse in Füllkörperkolonnen

118 118 120

Rektifikation unter erschwerten Bedingungen 6.5.1 Vakuum- und Wasserdampfrektifikation 6.5.2 Dreistoffrektifikation 6.5.3 Mehrstoffrektifikation 6.5.4 Zugabe weiterer Komponenten zur Veränderung der Gleichgewichtskurve und die extraktive Rektifikation

125 125 129 129

Kapitel 7 : Absorption und Gaswaschung

122

130

(F. WIDMER)

7.1

Einleitung und Definitionen

133

7.2

Grundlegende Beziehungen, Bilanzgerade

133

7.3

Allgemeine Anforderungen an ein Waschmittel

135

7.4

Phasengleichgewichte 7.4.1 Phasengleichgewichte von physikalisch lösenden Waschmitteln 7.4.2 Phasengleichgewichte von chemisch wirkenden Waschmitteln 7.4.3 Literaturangaben über Gleichgewichtsdaten

136 137 139 141

7.5

Stoffaustauschvorgänge 7.5.1 Zweifilmtheorie 7.5.2 Turbulenztheorien

141 142 146

7.6

Aufnahme der Absorptionswärme

149

7.7

Berechnung der theoretischen Bodenzahl nth

150

7.8

Bestimmung der Kolonnenhöhe von Füllkörperkolonnen . 7.8.1 Zahl und Höhe von Übergangseinheiten

7.9

Wahl des Durchmessers von Absorptionskolonnen 7.9.1 Füllkörperkolonnen 7.9.2 Bodenkolonnen

.

.

.153 155 157 157 158

7.10 Absorbertypen 7.10.1 Oberflächen- und Dünnschichtabsorber 7.10.2 Füllkörperkolonnen 7.10.3 Gasblasenwäscher (Bodenkolonnen) 7.10.4 Apparate mit Flüssigkeitszerstäubung

158 158 159 160 160

7.11 Regeneration des Lösungsmittels 7.11.1 Regeneration durch Austreiben im inerten Gasstrom 7.11.2 Regeneration durch Entspannen 7.11.3 Regeneration durch Auskochen 7.11.4 Beispiel eines Regenerationsprozesses

161 161 163 164 164

7.12 Bemerkungen zur Betriebsweise von Absorptionsanlagen .

.

.

.

165

χ

Inhaltsübersicht

Kapitel 8 : Extraktion (F. W I D M E E ) 8.1

Definitionen und Anwendungen

169

8.1.1 Anwendung der Flüssig-Flüssig-Extraktion

169

8.2

Gleichgewichte von Flüssig-Flüssig-Systemen

170

8.3

Durchführung der Extraktion 8.3.1 Absatzweise Extraktion 8.3.2 Kontinuierliche Gegenstromextraktion

174 174 176

8.4

Wahl des Extraktionsmittels

177

8.5

Berechnung der Gegenstromextraktion unter vereinfachenden Annahmen

180

8.6

Verfeinerte Berechnung der Gegenstromextraktion unter Berücksichtigung der gegenseitigen Löslichkeit von Abgeber und Aufnehmer . .182

8.7

Bestimmung der Höhe von Füllkörperkolonnen

187

8.8

Wahl der dispersen und der kontinuierlichen Phase

189

8.9

Extraktionsapparate 8.9.1 Mischer-Abscheider 8.9.2 Sprühkolonnen 8.9.3 Füllkörperkolonnen 8.9.4 Bodenkolonnen 8.9.5 Rührkolonnen 8.9.6 Extraktoren 8.9.7 Auswahl der geeigneten Extraktionseinrichtung

190 190 191 191 193 194 197 198

.

.

.

.

8.10 Längsmischung in Flüssig-Flüssig Extraktions-Kolonnen . 8.10.1 Stufenmodell 8.10.2 Backflow-Modell 8.10.3 Dispersionsmodell

.

.

.

8.11 Beispiele von Extraktionsprozessen 8.11.1 Entfernung von Merkaptanen aus Kohlenwasserstoffen 8.11.2 Reinigung von Rohcaprolactam

.

198 201 201 203 .

204 204 205

Kapitel 9: Adsorption und Ionenaustausch (Η. H. SCHICHT) 9.1

Allgemeines

208

9.2

Adsorption 9.2.1 Der Adsorptionsvorgang, Sorptionsisothermen 9.2.2 Die technischen Adsorbentien 9.2.3 Molekularsiebe 9.2.4 Die Adsorption aus der Gasphase 9.2.5 Die Adsorption aus der flüssigen Phase 9.2.6 Chromatographie

208 208 211 212 213 215 215

9.3

Ionenaustausch

215

XI

Inhaltsübersicht Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe (Η. H. SCHICHT) 10.1

Einleitung, Definitionen

218

10.2

Der feuchte Körper 10.2.1 Die Arten der Feuchtigkeitsbindung 1 0 . 2 . 2 Die Bewegung der Feuchtigkeit im Gut

219 219

Das feuchte Gas 1 0 . 3 . 1 Das h, X-Diagramm nach MOLLIER 1 0 . 3 . 2 Zur Anwendung des h, X-Diagrammes nach MOLLIER .

223

10.3

10.4

10.5

220 223 .

.

224

Die Wärmeübertragung an das feuchte Gut 10.4.1 Konvektionstrocknung 10.4.2 Kontakttrocknung 10.4.3 Strahlungstrocknung 1 0 . 4 . 4 Trocknung durch im Gut gespeicherte Wärme (adiabate Vakuumtrocknung) 10.4.5 Dielektrische Trocknung

228 228 229 230

Der Verlauf der Trocknung 10.5.1 Der erste Trocknungsabschnitt 10.5.2 Der Knickpunkt 10.5.3 Der zweite Trocknungsabschnitt 10.5.4 Der dritte Trocknungsabschnitt 10.5.5 Der Trocknungsverlauf unter technischen Bedingungen

232 232 233 234 235 236

.

.

231 231

10.6

Die technischen Trockner 10.6.1 Konvektionstrockner 10.6.2 Kontakttrockner

236 237 242

10.7

Die Gefriertrocknung

244

10.8

Kriterien zur Auswahl des optimalen Trocknungsverfahrens

.

.

.

245

Kapitel 1 1 : Kristallisation ( Η . II. SCHICHT/G. SCHÜTZ) 11.1

Allgemeines

248

11.2

Definitionen und Grundbegriffe

248

11.3

Löslichkeit und Überlöslichkeit

249

11.4

Die Keimbildung

252

11.5

Das Kristallwachstum

255

11.6

Kristalltracht, Dendriten und Whiskers

258

11.7

Lösungs- und Kristallisationsenthalpie

259

11.8

Kristallisatoren 11.8.1 Verdampfungskristallisatoren 1 1 . 8 . 2 Kühlungskristallisatoren 11.8.3 Vakuumkristallisatoren

260 260 261

262

XII

11.9

Inhaltsübersicht

Fraktionierte Kristallisation 11.9.1 Gegenstrom-Verfahren mit Rücklauf 11.9.2 Andere Verfahren

263 264 266

11.10 Weitere Kristallisationsverfahren 11.10.1 Adduktive Kristallisation 11.10.2 Züchtung großer Einkristalle 11.10.3 Höchstdruckkristallisation 11.10.4 Kristallisation mittels Transportreaktionen

267 267 268 268 268

Kapitel 12.1

12:

Verschiedene Trennverfahren

( Η . H . SCHICHT)

Sonderverfahren zur Isotopentrennung 12.1.1 Die Kaskadentheorie 12.1.2 Physikalische Verfahren der Isotopentrennung . . . 12.1.3 Chemische und elektrochemische Verfahren der Isotopentrennung

12.2

Elektrophorese

12.3

Umgekehrte Osmose oder Hyperfiltration

12.4

Dialyse und Elektrodialyse

269 269 272

.

274 275

.

.

.

. . .

.

.

275 276

Kapitel 1 3 : Verweilzeit und Vcrweilzeitspektrum

( Η . H . SCHICHT)

13.1

Verweilzeitspektrum und mittlere Verweilzeit

278

13.2

Die Übergangsfunktion

284

13.3

Die Frequenzgangdarstellung des Verweilzeitverhaltens

13.4

Verweilzeitverhalten und Längsvermischung

Kapitel 14: Das chemische Gleichgewicht (G.

.

.

.

.

286 286

SCHÜTZ)

14.1

Einleitung

288

14.2

Das Massenwirkungsgesetz

288

14.3

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes

290

14.4

Anwendung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik auf chemische Reaktionen

293

14.5

Entropieänderungen bei chemischen Reaktionen und der NERNSTsche Wärmesatz

296

14.6

Reversible Arbeit chemischer Reaktionen

297

14.7

Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten

.

.

.

298

Inhaltsübersicht Kapitel 15: Reaktionskinetik (G.

XIII

SCHÜTZ)

15.1

Einleitung

300

15.2

Molekularität der Reaktionen

301

15.3

Reaktionsordnung

303

15.4

Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten

15.5

Zusammengesetzte Reaktionen

311

15.6

Polymerisationen

316

15.7

Explosionen

317

15.8

Heterogene Reaktionen

320

15.9

Die Katalyse

324

Kapitel 16: Reaktoren (G.

.

.

307

SCHÜTZ)

16.1

Einleitung

327

16.2

Einteilung der Reaktoren

327

16.3

Chargenweiser und kontinuierlicher Betrieb (Satzbetrieb und Fließbetrieb)

329

16.4

Die drei Stufen der Reaktionskinetik

330

16.5

Dimensionierung von Reaktoren 16.5.1 Der homogene, instationäre Rührkessel 16.5.2 Der homogene, stationäre Rührkessel 16.5.3 Die Rührkesselkaskade 16.5.4 Das Reaktionsrohr

331 333 334 335 338

16.6

Wärmeumsatz und Stabilität von Reaktoren

341

16.7

Rückführungen

344

16.8

Der Einfluß des Druckabfalls und des Verweilzeitspektrums

.

.

.

345

L ö s u n g e n zu den A u f g a b e n

347

Literaturverzeichnis

369

Register

378

Häufig beniitzte Formelzeichen A. Lateinisches A l p h a b e t Kohärente Einheit des S1 a a Cp Cp

α D D F

f

9 Η Η

h J k k Μ Μ Μ* τη*

Ν Ν Ν* η*

Ρ

Pa Ρ Pi

Q 9 Q*

R

Temperaturleitfähigkeit Oberfläche pro Volumeneinheit Molwärme bei konstantem Druck spez. Wärme bei konstantem Druck Molkonzentration Molarität Diffusionskoeffizient Durchmesser Fläche spez. Oberfläche örtliche Schwerebeschleunigung Höhe Enthalpie spez. Enthalpie Abkürzung für die Einheit J O U L E Wärmedurchgangskoeffizient BoLTZMANN-Konstante

Molmasse, früher „Molekulargewicht" Masse Massenstrom Massenstromdichte Abkürzung für die Einheit NEWTON Stoffmenge in Kilomol Molstrom Molstromdichte Sättigungsdruck Abkürzung für die Einheit P A S C A L Gesamtdruck Partialdruck der Komponente i dem System zugeführte Wärme dem System pro kg zugeführte Wärme Wärmestrom Wärmemenge pro Zeiteinheit ξξ= Q*/F Wärmestromdichte allgemeine Gaskonstante = 1,987 kcal/(kmol K) = Verdampfungs-Enthalpie (= Verd.„Wärme")

m2/s m2/m3 Ξ= m _1 J/(kmol K) J/(kg K) kmol/m3 mol/ltr 2 m /s m m2 m2/kg m/s2 m J ss kg m2 s~2 = Ws J/kg = m2 s- 2 1 J = 1 kg m2 s~2 = 1 Ws W/(m2 K) 1,380 · 10- 23 J/K kg/kmol kg kg/s kg m - 2 s - 1 kg m s - 2 kmol kmol/s kmol m - 2 s - 1 Pa = N/m2 = kg m"1 s~2 1 Pa = 1 N/m2 Ξ 1 kg m- 1 s~2 Pa : - N/m2 s kg m- 1 s~2 Pa Ξ N/m2 = kg m"1 s~2 J ΞΞ kg M 2 s - 2 Ξ Ws J/kg m2 s- 2 = Ws/kg W Ξ kg m2 s - 3 W/m2 s kg s- 3 8314 J/(kmol K) J/kg = m2/s2

Häufig benützte Formelzeichen

S s Τ t u V w X χ y 2

Entropie spez. Entropie absolute Temperatur Zeit Geschwindigkeit Volumen Massenanteil ( = „Gewichts"anteil) (Massen bzw. Mol)-Beladung Molanteil ( = Molenbruch), besonders in der Flüssigkeit Molanteil ( = Molenbruch) im Dampf Längenkoordinate

J/K = kg m2 s~2 K" 1 J/(kg K) = m2 s - 2 K - 1 Κ s m/s m3 — — — — m

B. G r i e c h i s c h e s A l p h a b e t oc β 0 ε η λ ν ρ σ

Wärmeübergangskoeffizient ( = W.ü.,.zahl") Stoff Übergangskoeffizient (St.ü.,,zahl") Schichtdicke Porosität dynamische Viskosität Wärmeleitfähigkeit kinematische Viskosität = η/ρ Dichte Oberflächenspannung

W/(m2 K) m/s m — kg m - 1 s _ 1 W m-1 K-1 m2/s kg/m 3 N/m = kg s - 2

C. I n d i z e s tx ω " ' e m

Anfangszustand Endzustand Dampf bzw. Phase kleinerer Dichte Flüssigkeit bzw. Phase höherer Dichte Gleichgewicht (equilibrium) Mischung D. M a t h e m a t i s c h e Z e i c h e n

= identisch gleich bzw. Definitionsgleichung sä ungefähr gleich ~ proportional Φ nicht gleich -fbis Σ Summe Δ Differenz In natürlicher Logarithmus = (2,3025. .) · log log dekadischer Logarithmus exp (χ) Schreibweise für ex; e = 2,71828. . . ; log e = 0,43429. . * auf Zeiteinheit bezogene Größe

XV

Allgemeine Literaturiihersicht

[Α. 1] D ' A N S , J . u n d Ε . LAX:

Taschenbuch

für Chemiker und Physiker, 3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg (ab 1964). Technische Thermodynamik (in 2 Teilen) I. Teil, 5. Aufl. (1967), II. Teil, 5. Aufl. (1971) mit Diagramm-Mappen, Verlag Th. Steinkopff, Dresden und Leipzig.

[ A . 2 ] BOSNJAKOVIC, F . :

[A. 3] COULSON, J . M. u n d J . F . RICHARDSON,

Chemical Engineering, Bd. I, 2. Aufl. (1964), Bd. II, 2. Aufl. (1968), Pergamon Press, London. [ A . 4 ] EGGERT, J . , L . HOOK u n d G. M . SCHWAB,

Lehrbuch der Physikalischen Chemie, 9. Aufl., S. Hirzel Verlag, Stuttgart (1968). [A.5] GRASSMANN, P.: Physikalische Grundlagen der Verfahrenstechnik, 2. Aufl. der Physikalischen Grundlagen der ChemieIngenieur-Technik, Verlag H. R. Sauerländer, Aarau und Frankfurt a./M. (1970).

[ A . 8 ] LANDOLT-BÖRNSTEIN : Zahlenwerte

Chemical Engineers' Handbook, 5. Aufl., McGraw-Hill Book Company, New York/Toronto/London (1973).

[A. 9] PERRY, J . H . :

Encyklopädie der technischen Chemie, 4. neubearb. Aufl., Verlag Chemie, Weinheim/Bergstraße, Bd. 1: Allg. Grundlagen der Verfahrens- und Reaktionstechnik, Bd. 2: Verfahrenstechnik I Grundoperationen), insgesamt etwa 23 Bde., (ab 1973). Frühere 3. Aufl.

[A.10] ULLMANNS

u m f a ß t 19 B d e . ( a b 1951). [A.LL] VAUCK, W . R . A . u n d Η . A . MÜLLER:

Grundoperationen chemischer Verfahrenstechnik, 3. Aufl., Verlag Steinkopf f, D r e s d e n / L e i p z i g (1968). [A.12] WEAST,

[A.6] HENGLEIN, F. Α.: Grundriß

der Che-

mischen Technik, 12. Aufl., Verlag Chemie, Weinheim/Bergstraße (1968). [A.7] KASSATKIN,

A. G.:

Chemische

und

Funktionen aus Physik, Chemie, Astronomie, Geophysik und Technik, 6. Aufl., 4 Bde., Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg, ab 1950.

R.

C.

et

al:

Handbook

of

Chemistry and Physics, 52. und folgende Auflagen, Chemical Rubber Publishing Co., Cleveland (Ohio).

Ver-

fahrenstechnik, Bd. I, 5. Aufl. (1962), Bd. II, 5. Aufl. (1962), VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig.

Für weitere Literatur sei auf das Literaturverzeichnis auf S. 369 verwiesen.

Kapitel 1 : Allgemeine Grundlagen 1.1 Mechanische und thermische Verfahrenstechnik Aufgabe der Verfahrenstechnik ist es, Verfahren im industriellen Maßstab durchzuführen, die eine Änderung der inneren Struktur und/oder der physikalischen und chemischen Eigenschaften der behandelten Stoffe zum Ziele haben. Während es sich nämlich beim großen Gebiet der mechanischen Bearbeitung von Werkstücken darum handelt, einem festen Stoff die dem jeweiligen Zweck angepaßte äußere Form — ζ. B. die einer Schraube — aufzuzwingen, steht bei der Verfahrenstechnik die Veränderung der inneren Struktur im Vordergrund. Ein verfahrenstechnisches Problem liegt beispielsweise vor, wenn ein aus ganz unterschiedlichen Körnern bestehendes Gekörn in Fraktionen zerlegt werden soll, in denen sich jeweils nur Körner befinden, die sich hinsichtlich irgendeiner Eigenschaft weitgehend ähneln. Diese Eigenschaft kann ζ. B. ihr mittlerer Durchmesser oder ihre Dichte sein. Eine solche Trennung läßt sich durch Sieben, Windsichten, Sedimentieren oder Zentrifugieren durchführen. Aufgaben dieser Art gehören in das Gebiet der mechanischen Verfahrenstechnik. Soll dagegen ein Gasgemisch oder eine Salzlösung in ihre Komponenten zerlegt werden, so versagen diese mechanischen Verfahren. Wir sind dann fast immer auf thermische Verfahren, ζ. B. Eindampfen, Destillieren oder Rektifizieren, angewiesen. Dieser Unterschied zwischen mechanischen und thermischen Verfahren sei im folgenden erläutert. Die Mechanik behandelt die Bewegung einzelner Körper. Dabei ist der Bewegungsablauf zumindest bei vergleichsweise großen Körpern vollständig bestimmt, wenn die Anfangsbedingungen und die wirkenden Kräfte gegeben sind. In der mechanischen Verfahrenstechnik hat man es aber häufig — ζ. B. bei der Sedimentation — mit der Bewegung vieler Einzelteilchen zu tun. Es interessiert dann nicht so sehr das Verhalten einzelner Teilchen, sondern wir begnügen uns damit, die Bewegung dieser Vielheit — des Teilchenkollektivs — durch passende Mittelwerte zu beschreiben. Unterscheiden sich die Teilchen stark hinsichtlich ihrer Größe, Form oder Dichte, so ist es meist zweckmäßig, das Gesamtkollektiv in einzelne Teilkollektive mit entsprechend engeren Grenzen der genannten Parameter zu zerlegen und die Bewegungsgesetze jedes Teilkollektivs zu untersuchen. Aber auch dabei begnügt man sich mit der Angabe entsprechender Mittelwerte. Schon hierbei muß man also statistische Betrachtungen heranziehen. Werden die einzelnen Teilchen noch kleiner, so wird ihre BROWNscAe Bewegung merklich. Sie ist, vom Standpunkt der Thermodynamik aus betrachtet, identisch mit der thermischen Molekularbewegung, durch die ζ. B. die Eigenschaften der Gase auf Grund der kinetischen Gastheorie abgeleitet werden können. Wie für die 1

Grassmann, V e r f a h r e n s t e c h n i k

Kapitel 1: Allgemeine Grundlagen

2

gaskinetische Geschwindigkeit, ist auch für die BitowNsche Molekularbewegung die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat maßgebend. Sie ist gegeben durch (GBASSMANN [A. 5], S. 178) )/w2 k

=



^zkTfM

= |/3R

T/M

(1.1.1)

23

= R/NA = 8314/(6,02 · 10 ) = 1,38 · 10~ [J/K] = BoLTZMANNkonstante, d. h. die auf das einzelne Molekül bezogene Gaskonstante, R (R = 8314 J K _ 1 kmol - 1 ) NA= 6,02 · 102e/kmol = AvoGADKO-Konstante, d. h. die Zahl der Moleküle pro kmol (wurde früher auch als LoscHMiDTsche Zahl bezeichnet) Τ = absolute Temperatur [K] Μ = Masse des Teilchens [kg] Μ = Masse des Kilomols [kg/kmol] Molekular-,,Gewicht")

Beispielsweise folgt für ein Sauerstoffmolekül mit Μ = MjNÄ = 32/(6,02 · 1026) = 5,3 · 10~2e kg für Τ = 293 Κ, d. h. für Umgebungstemperatur =

1,38 · 10- 23 · 293/(5,3 · ΙΟ"26) = 479 m/s

Dagegen ergibt sich für einenWassertropfen von 1 μχα.Durchmesser (M = 5,24 · 10 -16 kg) nur noch 4,82 mm/s. Setzen wir Μ = 10 - 3 kg, so wird j/w2 = 3,48 · 10 - 6 mm/s. Diese Geschwindigkeit spielt neben den durch äußere Kräfte, ζ. B. die Schwerkraft erzeugten Geschwindigkeiten, keine Rolle mehr. Vernachlässigen wir sie vollständig, so heißt dies, daß wir nur noch die Gesetze der Mechanik berücksichtigen. Dagegen ist für den thermischen Vorgang gerade diese ungeordnete Molekularbewegung bestimmend. Dementsprechend sind die für die Thermodynamik charakteristischen Größen, wie Temperatur, innere Energie und Entropie, aufs engste mit dieser ungeordneten Bewegung verknüpft. Wenn wir uns im folgenden auf die thermischen Verfahren beschränken, so heißt dies also, daß wir Vorgänge betrachten, bei denen einzelne Moleküle gegeneinander bewegt werden, beispielsweise gelöste Moleküle aus einem Lösungsmittel entfernt werden müssen. Da hier die thermische Molekularbewegung eine ausschlaggebende Rolle spielt, benötigen wir die Gesetze der Thermodynamik, und zwar in zweifacher Hinsicht: Einerseits die Gesetze der auf den Hauptsätzen aufbauenden reversiblen Thermodynamik, um die Oleichgewichte zu berechnen, denen die Systeme zustreben, wenn wir sie sich selbst überlassen, andererseits die Gesetze der noch wenig entwickelten irreversiblen Thermodynamik, um die Schnelligkeit zu berechnen, mit der unter gegebener Bedingung das System sich auf den Gleichgewichtszustand zubewegt. Zusammenfassend ist also zu sagen, daß die Masse der bewegten Teilchen darüber entscheidet, ob ein Vorgang nach den Gesetzen der Mechanik oder Thermodynamik zu berechnen ist (auch [1.11]). Wenn auch bei der Mehrzahl der thermischen Verfahren Wärme — und zwar meist in sehr beachtlicher Menge — umgesetzt wird, so darf doch Zu- oder Abfuhr von Wärme nicht als Kennzeichen eines thermischen Verfahrens betrachtet werden. Beispielsweise gehört die Extraktion (Kapitel 8) zu den thermischen Trenn verfahren, obwohl bei ihr nur vernachlässigbar kleine Wärmemengen umgesetzt werden. Trotzdem benötigt man aber die Gesetze der Thermodynamik, um den Extraktionsvorgang zu berechnen.

1.2 Erhaltungssätze und Bilanzgleichungen

3

Allerdings müssen auch bei Berechnung thermischer Verfahren immer wieder die Gesetze der Mechanik herangezogen werden. U m beispielsweise die für die meisten Verfahren erforderliche Austauschfläche zwischen einem Gas und einer Flüssigkeit herzustellen, muß entweder das Gas in einzelne Blasen oder die Flüssigkeit in einzelne Tropfen zerteilt werden. Auch müssen häufig diese beiden Phasen in bestimmter Weise — ζ. B. im Gegenstrom — aneinander vorbeigeführt werden. Das alles sind Aufgaben, die in den Bereich der Mechanik fallen. Soweit jeweils erforderlich, werden sie aber im folgenden mit behandelt. U m nicht jeweils von ,,Gas oder Flüssigkeit" sprechen zu müssen, verwenden wir als übergeordneten Begriff für beide das Wort „das Fluid".

1.2 Erhaltungssätze und Bilanzgleichungen Literatur:

HOUGEN-WATSON [1.14].

F ü r viele physikalische Quantitäten gelten bekanntlich Erhaltungssätze, so ζ. B. für die Energie, für die Masse und für die elektrische Ladung. (Die Sätze von der Erhaltung der Masse und der Energie wurden von der Relativitätstheorie zu einem einzigen Satz verschmolzen. Davon wollen wir aber im folgenden absehen, da dies für die Verfahrenstechnik nur ausnahmsweise Bedeutung besitzt.) Da die Masse letzten Endes als Masse der Atome der nahezu 100 verschiedenen Elemente vorliegt, und wir von Atomumwandlungen absehen wollen, spaltet sich der Satz von der Erhaltung der Gesamtmasse in ebenso viele Erhaltungssätze auf, als Atomarten für den betreffenden Vorgang von Interesse sind. Wir verwenden diese Erhaltungssätze ζ. B. bei der Prüfung stöchiometrischer Gleichungen, bei denen bekanntlich die Summe der Atome jeder Gattung rechts und links gleich groß sein muß. I n vielen Fällen dürfen jedoch nicht nur die Atome, sondern auch die aus ihnen gebildeten Moleküle als unveränderlich betrachtet werden, d. h. mit anderen Worten, es können chemische Reaktionen ausgeschlossen werden. Dann gilt für jede Molekülgattung ein Erhaltungssatz. Komponenten sind die Bestandteile, aus denen die in einem Prozeß auftretenden Stoffe zusammengesetzt werden können, und die sich während des Prozesses nicht ändern. Bei einer chemischen Reaktion sind als Komponenten also die verschiedenen Atomarten (eventuell auch bestimmte Atomgruppen, d. h. Radikale), bei einem physikalischen Prozeß meist die Moleküle zu betrachten. U m die Rechnung nicht durch überflüssige Gleichungen zu komplizieren, zerlegen wir jedes System in die kleinstmögliche Zahl von Komponenten. Bei einer Lufttrocknungsanlage wird man dementsprechend als Komponenten Luft und Wasser einführen. Obwohl in der L u f t keine chemische Verbindung vorliegt, hätte es keinen Sinn, als Komponenten 0 2 , N 2 , Ar und H 2 0 zu wählen. Durch die Trocknung wird nämlich das Mengenverhältnis von 0 2 : N 2 : Ar in der Gasphase praktisch nicht verändert, d. h. die Gasphase ist und bleibt L u f t der gegebenen Zusammensetzung. Die Erhaltungssätze für die drei Bestandteile 0 2 , N 2 und Ar werden damit identisch. Dagegen müssen wir bei einer Luftzerlegungsanlage, deren Zweck es ja gerade ist, 1·

4

Kapitel 1: Allgemeine Grundlagen

eine 0 2 -reiche, eine N 2 -reiche und eventuell auch eine Ar-reiche Fraktion zu liefern, 0 2 , N 2 und Ar als Komponenten einführen. Um vom Erhaltungssatz zu einer Bilanzgleichung zu gelangen, denken wir uns ein passend gewähltes Raumgebiet derart von der Umgebung abgegrenzt, daß wir die eintretenden und austretenden Ströme messen können. (In der Thermodynamik würde man von einem „System" sprechen.) J e nach Zweckmäßigkeit wählen wir als Bilanzgebiet ein infinitesimales Volumen * * , ,element' d V, einen Rohrabschnitt mit der Länge dL, einen ganzen Apparat, oder unter Umständen sogar eine ganze Fabrik. Bei den genannten Strömen kann es sich sowohl um Massenströme (gemessen in kg/s) wie um Energieströme (gemessen in W), wie auch um Ströme elektrischer Ladungen handeln. Jeder Erhaltungssatz auf ein solches Bilanzgebiet angewandt, ergibt dann eine Gleichung der Form (GRASSMANN [ A . 5 ] , § 1 . 1 ; HOUGEN-WATSON [ 1 . 1 4 ] ; CREMER-DAVIES [ 1 . 1 ] , V o l . I ) :

Abb. 1.2.1: Zur Aufstellung der Bilanzgleichung für einen Kompressor

Eintretender Strom = austretender Strom + Zunahme der betreffenden Quantität im Bilanzgebiet, oder auf unsere Finanzen angewandt Einnahmen = Ausgaben + Ersparnisse.

Um Ströme zu kennzeichnen, versehen wir das entsprechende Buchstabensymbol mit einem * und bezeichnen den eintretenden Strom mit dem Index α, den austretenden mit dem Index ω. Die Bilanz für die Gesamtmasse erscheint damit in der Form M* = Mt

+

dM ~dT

(1.2.1)

Für stationäre Prozesse verschwinden alle zeitlichen Ableitungen. Für sie ist deshalb dMjdt und auch dM*jdt — 0. Für diese technisch wichtige Klasse von Prozessen folgt damit Μ* = M* (1.2.2) d. h. die zufließende Menge ist gleich der abfließenden. Im allgemeinen wird dem Bilanzgebiet aus mehreren Leitungen Masse zuströmen und auch durch mehrere abströmen. Gleichung (2) ist dann zu ersetzen durch ΣΜ* =

ΣΜ*

(1.2.2a)

Die Summation ist dabei über alle die Bilanzgrenze schneidenden Leitungen zu erstrecken. Damit kein Strang vergessen wird, ist die Bilanzgrenze klar in das Fließbild einzuzeichnen.

1.2 Erhaltungssätze und Bilanzgleichungen

5

Da für jede der j Komponenten ein Erhaltungssatz gilt, läßt sich Gleichung (1) aufspalten in die j Einzelgleichungen dMi M i t = M t + -ÖT = 1'2'3'··· i (L2·3) Sie sind voneinander unabhängig, wenn entsprechend den obigen Ausführungen die Zahl der Komponenten so klein wie möglich gewählt wird. Beim Ansetzen der Energiebilanz sind im Prinzip alle Energieformen zu berücksichtigen. Es zeigt sich aber, daß bei den meisten thermischen Verfahren die potentielle und kinetische Energie, ferner in vielen Fällen auch die elektrischen und magnetischen Energien vernachlässigt werden dürfen. Als wichtigste Energieformen bleiben dann: Arbeit, innere Energie und Wärme. Die Arbeit kann ζ. B. über eine rotierende Welle, aber auch als Einschubarbeit pV zugeführt werden. Damit ergeben sich zwei Möglichkeiten der Berechnung: 1. Man faßt die innere Energie U mit der Einschubarbeit pV zusammen und erhält daraus die Enthalpie Η = U + pV. Rechnet man dementsprechend mit den Enthalpien der zu- und abgeführten Materieströme, so dürfen die Einschubarbeiten natürlich nicht nochmals im Glied für die zugeführte Arbeit berücksichtigt werden. Diese reduziert sich dann auf die zugeführte technische Arbeit, die auch Kompressorarbeit genannt wird. Es ist dies die ζ. B. durch die Kompressorwelle zugeführte Arbeit. Für die verlustlose Kompression ist sie gegeben durch A — jV dp

(1.2.4)

2. Man faßt im Glied für die Arbeit alle zugeführten Arbeitsbeträge, also auch die Einschubarbeiten, zusammen. Bei den zu- und abgeführten Materieströmen darf dann natürlich nur noch die innere Energie U eingesetzt werden, (ζ. B. GRASSMANN [A. 5], §§1.9 und 2.5; BAEHR [1.9]; SCHMIDT [1.17].) Bei stationären Vorgängen ist es meist zweckmäßig, alle zugeführten Energien auf die Zeiteinheit zu beziehen. Das bedeutet, daß wir nicht mit Arbeiten, sondern mit Leistungen, nicht mit Wärmemengen, sondern mit Wärmeströmen rechnen. Es ist meist zweckmäßig, die Energien oder Energieströme aufzuspalten in das Produkt einer Masse bzw. eines Massenstromes und einer spezifischen Energie. Man setzt also ζ. B. für die Enthalpie Η = Mh

bzw. H* = M*h

(1.2.5)

Bei chemisch wohldefinierten Substanzen kann man statt dessen auch schreiben Η = Ν Η bzw. U* = N*U

(1.2.6)

Dabei ist U = Mu die auf das kmol bezogene innere Energie [J/kmol], Ν die Anzahl der Kilomole und N* der Kilomol-Strom [kmol s - 1 ]. Da die spezifischen Energien und auch die Entropie fast immer aus Zustandsdiagrammen (GRASSMANN [A.5], §2.4; PLANK [1.16]) entnommen werden und diese fast immer die spezifischen Größen, d. h. die auf das kg bezogenen Größen darstellen, wird die Schreibweise nach Gleichung (5) bevorzugt.

6

Kapitel 1: Allgemeine Grundlagen

Der Nullpunkt der Skala für die innere Energie und die Enthalpie ist physikalisch bedeutungslos. Alle Energiebilanzen müssen sich deshalb so schreiben lassen, daß nur Differenzen der Werte der spezifischen inneren Energie bzw. der spezifischen Enthalpie auftreten, da sich nur dann ein additives Glied heraushebt. Diese Tatsache kann für die Überprüfung von Energiebilanzen von Nutzen sein. Gleiches gilt jedoch nicht für die Entropie, denn nach dem NEKNSTscÄere Wärmesatz ist es physikalisch sinnvoll, die Entropie am absoluten Nullpunkt gleich Null zu setzen. Die Energiebilanz für den in Abbildung 1 dargestellten stationär betriebenen Kompressor läßt sich also schreiben U* + [A] = Qo> + mit der Kompressionsarbeit



oder Ha + A = Qm + Ηω

(1.2.7)

[A], die für den reversiblen Prozeß gegeben ist durch:

ω

ω

[A] = —f ρ dV= a

-

Die Leistungsbilanz

(Ρν)ω

+ (pV)a + f a

V dp = — (ρν)ω + (pV)a + A

(1.2.8)

erhält man, wenn man alle Größen auf die Zeiteinheit bezieht

U*ix +' L[A* J] = ^m Q* +1 U* ω

oder

H*a +1 A* = Q* ω +' Ηm

Dabei ist A* die durch die Kompressorwelle zugeführte Kompressorleistung. verlustlosen Prozeß ist sie gegeben durch A* = f V* dp

x

(1.2.9) '

Für den (1.2.10)

Eine weitere Folgerung aus den Erhaltungssätzen, das Hebelgesetz, werden wir in Abschnitt 4.6.1 kennenlernen.

I.B £xergiebilanzen In den Wärmebilanzen kommt die Wertigkeit der verschiedenen Energieformen nicht zum Ausdruck. Sowohl für die Durchführung wie für die Wirtschaftlichkeit eines Verfahrens ist es aber von maßgebendem Einfluß, ob eine vorgegebene Energiemenge in Form von Wärme oder in Form von Arbeit, ζ. B . als elektrische Energie, zugeführt wird. Mit Hilfe der Exergie läßt sich eine solche Wertung thermodynamisch einwandfrei durchführen. Definitionsgemäß ist die Exergie eines Körpers die Arbeit, die erforderlich ist, um ihn reversibel vom Umgebungszustand in den betreffenden Zustand zu überführen. Dabei darf Wärme nur bei der Temperatur T n der Umgebung ausgetauscht werden ([A. 5] § 2.7—2.9). Diese Einschränkung hat folgende Bedeutung: in der Umgebung steht uns ein Wärmereservoir von einer riesigen Kapazität zur Verfügung, mit dem theoretisch beliebige Wärmemengen ohne Arbeitsaufwand ausgetauscht werden können. Dagegen erfordert die Bereitstellung von Wärme bei Τ > T v eine Heizung, d. h. es wird Brennstoff verbraucht, die Abfuhr von Wärme bei Τ < T u den Betrieb einer Kälteanlage.

1.3 Exergiebilanzen

7

An Hand des (Τ — s)-Diagrammes nach Abbildung 1.3.1 sei diese Größe für einen stationären offenen Prozess hergeleitet*). Der Zustand des Körpers sei durch den P u n k t ω, der Umgebungszustand durch den P u n k t U gegeben. Dieser ist auf jeden Fall durch Τ = Tv und ρ = pc gegeben. Wieweit auch die Partialdrücke denjenigen der Umgebung angeglichen werden sollen, hängt von dem zu behandelnden Problem ab, bzw. ist durch Definition festzulegen.



Τ = Tu

-ου

Abb. 1.3.1: Zur Ableitung des Exergiebegriffes

Aus den beiden Bedingungen „reversibel" und „Wärmeaustausch nur bei Τ = ΤΌ" folgt ds = 0 für Τ =j= Τ v . Damit bleibt als möglicher Weg nur U- • 1 durch s1 = und Tx — Τυ.

ω. Dabei ist 1 bestimmt

Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik gilt für den Weg Z7-> 1 +

= if

Aus der Bedingung der Reversibilität Q

u

^

1

= M T

( 8

u

1

=

dQrev



8

— hv) Τ d S

) = M T

u

u

(1.3.1)

folgt

{ s

a



8

u

)

(1.3.2)

Da nach Voraussetzung Φι->α> — 0 ist, folgt für dieses adiabate Wegstück aus dem 1. Hauptsatz A

1

+

a t

=

M(httt



(1.3.3)

h1)

Aus diesen drei Gleichungen ergibt sich die wichtige Beziehung Ε ω = Α υ + 1 + Α 1 _ > „ = Μ [ Κ — hü — T v i s » — β ρ)]

(1.3.4)

Der in Klammer stehende Ausdruck stellt dabei die spezifische Exergie e des Körpers im Zustand ω dar. Liegt der Zustand ω auch auf der Isobaren ρ = ρω und darf die spezifische Wärme als konstant vorausgesetzt werden, so ist ω Sa> —

s

u

=

f

d s =

f

dq

c

dqjT

=

cp

f

d T \ T

=

cp

In

(TJTjj)

(1.3.5)

u ω Κ

— Ä 8

.ίο is [3 S* c8 Ρ4

Q, Ο/

te; £

φ ίβ Η

-2 Η Ή £

φ § α a a, Ρ ο

Ei 05

Of

Qj ε ß5 s Qj

cu

Η

afΗ

Q/

I

il a? ft? a, r e = Verdampfungs- bzw. Schmelzenthalpie des reinen Lösungsmittels bei der Temperatur T. 4.5.3 M i s c h u n g s w ä r m e Beim Vermischen realer Gase gleicher Temperatur ändert sich die Temperatur nicht, sofern nicht große Abweichungen vom idealen Gas vorliegen oder chemische Reaktionen auftreten. Beim Mischen von Flüssigkeiten oder beim Lösen von Salzen ist dagegen vielfach eine Temperaturänderung feststellbar. (Ein Vermischen von Äthylalkohol mit Wasser führt zu einer merklichen Erwärmung; umgekehrt kann man durch sogenannte Kältemischungen (4.7), Bd. I I I , S. 4 ) eine Temperaturerniedrigung erreichen.) Diese Erscheinungen lassen sich mit Hilfe der Mischungswärme erklären.

Abb. 4.5.2: Schema der isothermen Mischung zweier Stoffströme M* und M\

ΜΤ

Führen wir einem Gefäß (Abb. 2) zwei Massenströme M * (Flüssigkeit 1) und M * (Flüssigkeit 2) von gleicher Temperatur Ta zu, so wird im allgemeinen bei adiabater Mischung die Temperatur Τ ω des austretenden Massenstromes (Μ* + M * ) von der Eintrittstemperatur Ta abweichen. Soll sich kein Temperaturunterschied zwischen Ein- und Austritt ergeben, muß der Lösung im Gefäß pro kg eine Wärmemenge qt = Q*/(Μ* + M*) zugeführt oder entzogen werden. Da es in der Thermodynamik und physikalischen Chemie üblich ist, dem System zugeführte Energiebeträge als positiv zu betrachten, spricht man von positiver Mischungswärme qt, wenn zwecks isothermer Mischung Wärme zugeführt werden

62

Kapitel 4 : Grundlagen der Trennprozesse

muß. Dies bedeutet, daß bei einem Stoffsystem mit positiver Mischungswärme (q, > 0) die beteiligten Stoffe bei adiabater Durchführung der Mischung sich abkühlen (Τω < Tx), und umgekehrt bei einer negativen Mischungswärme (qt < 0) sich erwärmen ( Τ ω > 1\). 4.6 Enthalpie-Konzentrationsdiagrammo Literatur: Bosnjakovic [A.2], I I , S. 264; Ghassmann [A.5], S. 77. Mit Hilfe von Enthalpie-Konzentrations-Diagrammen lassen sich viele Aufgaben sehr leicht graphisch lösen, deren rein rechnerische Behandlung oft mühsam wäre. Trotz der beschränkten Genauigkeit, die aber meist den Anforderungen technischer Berechnungen vollauf genügt, bilden diese Diagramme ein wichtiges Hilfsmittel, vor allem bei der Behandlung von Zwei-Komponentensystemen. So erweist es sich als zweckmäßig, die besprochene Temperaturänderung, wie sie beim Mischen zweier Flüssigkeiten oder auch beim Auflösen mancher Salze auftritt, an Hand eines h, woder H , «-Diagrammes zu verfolgen. Das gleiche gilt für die Berechnung der zu- und abzuführenden Wärmen. In diesen Diagrammen (Abb. 1) ist als Abszisse der Massenanteil w der einen Komponente und auf Dampf der Ordinate die auf die Masseneinheit des Gemisches bezogene spezifische Enthalpie h aufgetragen; manchmal auch als Abszisse der Molanteil χ und als Ordinate die molare Enthalpie JFi. Wenn man nach Übereinkunft für die beiden reinen Komponenten meist h = 0 für t — 0 °C setzt, so NaBdampf sei doch betont, daß die Wahl des Nullpunktes S willkürlich ist. In derartigen Diagrammen sind vor allem die Isothermen und die Phasengrenzlinien (Solidrn-, •/*O" / Liquidus-, Siede- und Taulinien) von Bedeutung (Abb. 1). Die Soliduslinie trennt das Gebiet der festen Phase von einem Zweiphasengebiet (fest — ^sij^ Flüssigkeit flüssig), welches seinerseits gegenüber der flüssigen Phase durch die Liquiduslinie abgegrenzt ist. Die Schmelze^ Liquiduslinie entspricht damit dem Beginn der Erstarrung oder dem Ende des Schmelzens. Der Kristallgemenge in der Senkrechten gemessene Abstand zwischen ι Hzo w ^ NHj Solidus- und Liquiduslinie ist gleich der Schmelz. , enthalpie r(i eines Gemisches, dessen ZusammenAbb. 4.6.1: Λ, w-Diaeramm von π π r, ι ι · ι, jj 2 q setzung sich wahrend des Schmelzvorganges mcht ändert. Siede- und Taulinie trennen das flüssig-gasförmige Zweiphasengebiet von dem Gebiet der flüssigen und der gasförmigen Phase (die Taulinie entspricht dem Beginn, die Siedelinie dem Ende der Kondensation). Der in der Senkrechten gemessene Abstand ist gleich der Verdampfungsenthalpie rs (Kondensationsenthalpie) eines Gemisches, /

4.6 Enth alpie-Konzentrationsdiagramme

63

dessen Zusammensetzung während der Aggregatzustandsänderung erhalten bleibt. Wegen der Abhängigkeit der Siedetemperatur vom Druck sind die Tau- und Siedelinien in hohem Maße vom Druck abhängig. Unter Benutzung des im folgenden allgemein abgeleiteten Hebelgesetzes kann mit Hilfe experimentell gemessener Mischungswärmen der Verlauf der Isothermen festgelegt werden. 4.6.1 Das H e b e l g e s e t z u n d die M i s c h u n g s - G e r a d e Die Ansatzpunkte der Isothermen (Abb. 3) an den beiden Ordinatenachsen lassen sich entweder durch die Beziehung h = cpt oder Η = Cpt bestimmen. (cp, Cp = mittlere spezifische bzw. mittlere molare Wärme der betreffenden reinen Stoffe zwischen 0 und t °C.) Um den Verlauf der Isothermen zwischen den beiden Ordinatenachsen zu finden,

Mischen wir die Stoffmenge Ma (Massenanteil der Komponente 1 = w\, a; spezifische Enthalpie ha) mit der Stoffmenge Mb (wi% 4; hb), so lassen sich mit Hilfe der Erhaltungssätze (1.2) die Menge Mm, die spezifische Enthalpie hm und die Zusammensetzung wiy m des Gemisches berechnen: Erhaltung der Masse: Ma + Mb = Mm (4.6.1) Erhaltung der Komponente 1: Ma Wi,a + Mb w1I,b — Wi,m) Ma (km — ha) = Mb (hb — hm)

(4.6.4) (4.6.5)

Kapitel 4: Grundlagen der Trennprozesse

64 und durch Division:

W\,m — Wi>a

W\,b — Wi,m

(4.6.6)

Trägt man die Zustandspunkte Pa, Pb und Pm der Teilmengen Ma, Mb und des Gemisches Mm in ein hyw-Diagramm (Abb.2) ein, so liegen sie auf einer Geraden, der sog. Mischungsgeraden. Der Quotient auf der linken Seite von Gleichung (6) entspricht nämlich bis auf einen Maßstabfaktor dem Tangens des Neigungswinkels der Verbindungsgeraden zwischen den Punkten Pa und Ρ m ; der Quotient auf der rechten Seite dem entsprechenden Wert für die Verbindungsgerade der Punkte Pm und Pb. Da beide Verbindungsgeraden durch P m gehen und die gleiche Neigung aufweisen, muß der Mischungspunkt Pm somit auf der Verbindungsgeraden von Pa nach P&, der Mischungsgeraden, hegen. Aus Gleichung (4) und (5) folgt zudem das sogenannte Hebelgesetz für die Mischung: Teilmenge Ma · Abstand PaPm = Teilmenge Mb · Abstand

PbP m

Denkt man sich die Mischungsgerade durch einen im Mischpunkt P m aufliegenden Balken und die Massen Ma und Mb durch daran angreifende proportionale Kräfte ersetzt, so entspricht die obige Beziehung dem Hebelgesetz der Mechanik. Allgemein führt die gleichzeitige Gültigkeit von drei unabhängigen Erhaltungssätzen immer auf derartige Hebelgesetze und Mischungsgeraden. 4.6.2 Der Verlauf der I s o t h e r m e n in der f l ü s s i g e n und in der g a s f ö r m i g e n Phase Mischen wir 0,6 kg Wasser und 0,4 kg Äthylalkohol von je 20 °C, so ergibt sich für das Gemisch (w1 = 0,4) eine Temperatur von ungefähr 28 °C. In einem h, w-Diagramm (Abb. 3) hegt somit der entsprechende Mischpunkt Μ auf der 28 ^-Isothermen. Um bei gleicher Zusammensetzung den Punkt der 20 °C-Isothermen zu finden, muß vom Zustandspunkt Μ der Mischung aus die hier negative Mischungswärme qt (ungefähr 29,3 kJ/kg) nach unten abgetragen werden. Eine negative Mischungswärme führt also zu nach unten durchhängenden Isothermen, eine positive zu solchen, die nach oben ausgebogen sind. hi

kJ/Wi

I 0 Wß

0,2

0,4

0,6

0,8

yy)H

Abb. 4.6.3: Ermittlung des Verlaufes der 20°C-Isothermen im h, w-Diagramm für das System Wasser-Aethylalkohol mit Hilfe der Mischungswärme qt

4.6 Enthalpie-Konzentrationsdiagramme

65

Für Flüssigkeiten, deren Volumen weder vom Druck noch von der Temperatur merklich beeinflußt wird, ist die innere Energie u vom Druck unabhängig. Damit müßte sich nach der Definitionsgleichung h = u + pv ein Anstieg von h mit wachsendem Druck ergeben. Bei nicht allzu hohen Drücken darf diese Zunahme jedoch infolge des kleinen spezifischen Volumens ν der Flüssigkeiten vernachlässigt werden, so daß die Isothermen im Flüssigkeitsgebiet dann angenähert als druckunabhängig betrachtet werden dürfen. Die Isothermen im Dampfgebiet sind infolge der vernachlässigbaren Mischungswärme Geraden. Die Unabhängigkeit der Enthalpie eines idealen Gases vom Druck erlaubt zudem, diese Isothermen mit genügender Näherung als druckunabhängig zu betrachten. 4.6.3 Der Verlauf der I s o t h e r m e n im Z w e i p h a s e n g e b i e t , G l e i c h g e w i c h t s verhalten Das Diagrammfeld zwischen Tau- und Siedelinie stellt das Νaßdampfgebiet dar. Naßdampf ist ein heterogenes Gemisch aus siedender Flüssigkeit und kondensierendem Dampf. Diese beiden Phasen stehen dabei im thermodynamischen Gleichgewicht und haben somit dieselbe Temperatur T. Der Zustand eines solchen heterogenen Gemisches wird in Abbildung 4 durch Punkt Μ dargestellt. Den beiden homogenen Phasen Dampf G und Flüssigkeit L, aus denen dieses Gemisch Μ aufgebaut ist, entsprechen Zustandspunkte auf den Phasengrenzlinien, dem Dampf Punkt G auf der Taulinie und der Flüssigkeit Punkt L auf der Siedelinie. Nach der Mischungsregel müssen alle drei Zustandspunkte L, G und Μ auf einer Geraden, der Mischungsgeraden, liegen, und wegen des Gleichgewichtes zwischen den beiden Phasen muß diese Gerade gleich der Isothermen Τ = konst. sein. Die Isothermen im Naßdampfgebiet sind also Geraden und verbinden je zwei Punkte auf den Phasengrenzlinien, deren Zustände im Gleichgewicht stehen.

Wir setzen den Massenanteil des Dampfes im Gemisch gleich d = Μ oj(M D + Mf), (M D, Mf = Masse des Dampfes bzw. der Flüssigkeit), und denjenigen der Flüssigkeit gleich / = M F j { M D + ΜF). Dann teilt der Zustandspunkt Μ des Gemisches die Strecke GL im Verhältnis d:f (Abb. 4). Die Enthalpie hm des Gemisches 5

Grassmann, Verfahrenstechnik

Kapitel 4: Aufgaben

66 ist damit gegeben durch:

hm = h'f + h"d = h'f + h" (1 — /)

(4.6.7)

Beim Eindampfen von Salz- oder Zuckerlösungen besteht die Dampfphase nur aus einer Komponente, dem flüchtigen Lösungsmittel. In diesem Fall führen die Isothermen im Naßdampfgebiet von den Zustandspunkten der Lösung zu Punkten auf der Ordinatenachse des reinen Lösungsmittels. Die Enthalpie des dann überhitzten Dampfes ist infolge der Siedepunkterhöhung um die Überhitzungsenthalpie cv"A Τ s höher als diejenige des reinen gesättigten Lösungsmitteldampfes (5.1). Enthalpie-Konzentrationsdiagramme von verschiedenen Lösungen sind zu finden bei [4.9J; [4.10]; [4.11].

Aufgaben zu Kapitel 4: 4.1 (zu 4.3) In einer Luftzerlegungsanlage werden η Mole Luft (79Vol.%N 2 , 21% 0 2 ) von 20° C in eine sauerstoffreiche Fraktion (8% N 2 , 92% 0 2 ) und eine stickstoffreiche Fraktion (96% N a , 4% 0 2 ) von gleicher Temperatur zerlegt. Berechne die molare reversible Trennarbeit dieses Trenn Vorganges. 4.2 (zu 4.5) Salzhaltiges 3,5 Gew.% NaCl auf.

Meerwasser

weise

einen

mittleren

Salzgehalt

von

a) Wie hoch ist der Dampfdruck über dem Salzwasser bei einer Temperatur von 20°C ϊ. (Dampfdruck des reinen Wassers bei 20°C ist gleich 18 mm Hg). b) Wie hoch ist die Siedetemperatur des Salzwassers bei einem Druck von 760 mm Hg ? 4.3 (zu 4.5) Mischt man je 0,5 kg Wasser und Äthylalkohol von 20° C, so stellt sich in der Mischung eine Temperatur von ungefähr 27,5° C ein. a) Wie groß ist die Mischungswärme qt ? (Spez. Wärme der c p,m = 3,35 kJ/(kg K)).

Mischung

b) Wie groß ist die Zunahme der Entropie bei diesem Mischungsvorgang ? (Anleitung: Für die Berechnung der Mischungsentropie dürfen angenähert die Beziehungen für die ideale Gasmischung verwendet werden. Molmasse der Mischung = 26 kg/kmol). 4.4 (zu 4.6) Welche Zusammensetzung wm und welche Temperatur Τm weist die Mischung Μ m auf, welche sich beim Mischen von 70 kg Äthylalkohol-WasserLösung Ma (wa = 0,8, Ta = 30° C) mit 30 kg Lösung Mb der gleichen Komponenten (wb = 0,4 Tb — 20° C) ergibt (w = Massenanteil des Äthylalkohols in der Lösung). Anleitung: Ermittle die Lösung auf graphischem Wege mit Abb. 4.6.3.

Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen Literatur:

BILLET [5.1, 5.2, 5.9] BOSNJAKOVIC [5.3]; KIRSCHBAUM [5.5]; RANT [5.6].

5.1 Eindampfen und Verdampfen wässeriger Lösungen

5.1.1 Darstellung im h, ^-Diagramm und Berechnung der Wärmemengen Zur Trennung von Gemischen müssen, je nach ihrem thermodynamischen Verhalten, ganz verschiedene Trennverfahren angewendet werden. In diesem und dem folgenden Kapitel sind diejenigen Verfahren besprochen, die auf dem Verdampfen und Kondensieren beruhen. Der "Übersichtlichkeit halber beschränken wir uns dabei — mit Ausnahme von 6.5 — auf Zweistoffgemische. Die Lösungen, die wir zunächst betrachten, bestehen aus einem flüchtigen Lösungsmittel (solvens) und einem darin gelösten, nicht flüchtigen Stoff (solutum). Das Lösungsmittel ist in vielen Fällen Wasser. Es soll hier deshalb nur das Eindampfen und Verdampfen wässeriger Lösungen wie etwa Salz- oder Zuckerlösungen besprochen werden. Wie in 4.5 erwähnt, darf man bei solchen Lösungen den Dampfdruck des gelösten Stoffes gegenüber dem Dampfdruck des Lösungsmittels vernachlässigen. Dies bedeutet, daß aus der Lösung beim Sieden nur das Lösungsmittel, also reiner Wasserdampf, entweicht und der gelöste Stoff in der Flüssigkeit zurückbleibt. Die Lösung wird somit durch fortgesetztes Ausdampfen immer konzentrierter. Ist man dabei am ausgetriebenen Lösungsmittel interessiert (wie bei der Trinkwasserherstellung aus Meerwasser = Sea-Water-Conversion, Desalination), so spricht man von Verdampfen1, möchte man aber die aufkonzentrierte Lösung (Eindicken von Obst- und Fruchtsäften2 oder sogar den gelösten Stoff selbst gewinnen (Zucker und Salz aus ihren Lösungen), so redet man von Eindampfen. Die Vorgänge, die sich beim Eindampfen oder Verdampfen abspielen, werden am zweckmäßigsten im h, w-Diagramm3 verfolgt, denn dieses gibt alle wichtigen energetischen und stofflichen Zusammenhänge sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr anschaulich wieder. Zunächst untersuchen wir die Verhältnisse bei Chargenbetrieb, weil sie hier besonders einfach zu überblicken sind. 1

Oft nennt man diesen Prozeß auch Destillation. Unter Destillieren im engeren Sinne versteht man aber das Trennen eines Zweistoffgemisches, bei dem beide Komponenten flüchtig sind; es wird nur nicht von dem die Rektifikation kennzeichnenden Gegenstromprinzip Gebrauch gemacht. 2 Bei Obst- und Fruchtsäften ist jedoch insofern Vorsicht geboten, als die Aromastoffe leichtflüchtig sind. 3 Man beachte, daß in diesem Abschnitt mit w der Massenanteil der mcAtflüchtigen Komponente bezeichnet wird und nicht wie in 5.2 und in Kapitel 6, der Massenanteil, der ZeicAferflüchtigen Komponente. 5*

68

Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen

1 kg einer Salzlösung befinde sich in einem Behälter, der durch einen beweglichen Kolben abgeschlossen sei, so daß der Druck in seinem Innern konstant bleibt, und weder Dampf noch Flüssigkeit aus ihm entweichen kann. Der Anfangszustand der Lösung sei durch den Punkt 1 (Abb. 1) charakterisiert. Führen wir der Lösung die

Abb. 5.1.1: Darstellung des Verdampfungsprozesses im h, wDiagramm einer Salzlösung. S = Siedepunkt, Sm = Schmelzpunkt, Ε = Erstarrungspunkt. Übrige Bezeichnungen im Text

Wärmemenge q'L = h2 — h1 zu 4 , so wird sie bis zu ihrem Siedepunkt ( = 2) erhitzt. Eine weitere Wärmezufuhr bewirkt dann, daß sie teilweise verdampft. Der ausgetriebene Dampf, den man Brüdendampf oder kurz Brüde nennt, ist reiner Wasserdampf. Sein Zustandspunkt liegt deshalb auf der linken Ordinatenachse: w = 0. 4

Der Index L besagt, daß sich die zugeführte Wärme auf die gesamte, ursprünglich vorhandene Lösungsmenge ( = 1 kg) bezieht. Der Strich ' bedeutet, daß die Wärmemenge q' zum Aufheizen der flüssigen Lösung dient, und entsprechend heißen zwei Striche ", daß q" zum Verdampfen gebraucht wird.

5.1 Eindampfen und Verdampfen wässeriger Lösungen

69

Zudem liegt er auf der Brüdenisothermen, die vom Zustandspunkt der restlichen Lösung ausgeht; denn der Dampf und die Restlösung stehen während des ganzen Prozesses miteinander im thermischen Gleichgewicht. Der Zustandspunkt der ganz zuerst aufsteigenden Brüden wird somit als Schnittpunkt der Ordinatenachse w — 0 mit der Isothermen T2 gefunden. Sind die Isothermen im Zweiphasengebiet nicht eingetragen, so erhält man den Dampfpunkt B2 wie folgt: Wie wir der Abbildung 4.5.1 entnehmen können, siedet eine wässerige Lösung L bei einer Temperatur Τ s.l, die — wegen der Dampfdruckerniedrigung durch den gelösten Stoff — um die Siedepunktserhöhung ΔTs über der Verdampfungstemperatur TS IIt0 des reinen Wassers liegt. Da der ausgetriebene Brüdendampf mit der Flüssigkeit im Gleichgewicht steht, hat auch er die Temperatur Ts< L — T2, ist also um ΔΤs — T2 — T S fft0 überhitzt. Wir müssen somit — ausgehend vom Siedepunkt S des Wassers — auf der Enthalpieachse die Verdampfungswärme rHi0 (-> B0) und darüber die Überhitzungsenthalpie Cp.H,o ΔΤ$ = Cp Hto ( ^ 2 — T S i h , o ) abtragen, um zum Brüdenpunkt B2 zu gelangen (c'v%ato = spezifische Wärme des Wasserdampfes). Da aus der Lösung fortwährend Wasser entweicht, nimmt ihre Konzentration w im Laufe des Verdampfungsprozesses mehr und mehr zu: ihr Zustandspunkt wandert auf der Siedelinie nach rechts. Da mit wachsender Konzentration der Lösung sich auch ihre Siedetemperatur erhöht, steigt der Zustandspunkt Β der Brüden — die ständig mit der Restlösung im Gleichgewicht stehen — auf der Enthalpieachse (w = 0) nach oben. Dieser Anstieg der Brüdenenthalpie braucht jedoch nicht beachtet zu werden, wenn die Differenz zwischen End- und Anfangstemperatur ( T 3 — T 2 ) klein ist. Dies ist bei kleiner Siedepunktserhöhung der Lösung und allgemein bei schmaler Eindampfbreite ( = w3— il\) der Fall. Weichen alle drei Temperaturen Ts Ht0, T2 und T3 nicht stark voneinander ab, so darf überhaupt jegliche Überhitzungsenthalpie vernachlässigt werden, so daß sämtliche Zustandspunkte aller im Laufe des Prozesses ausgetriebenen Brüden mit B0 zusammenfallen (S. 70). Der Zustandspunkt des ganzen Systems (Dampf und Restlösung) klettert auf der wx = const-Linie nach oben, weil die Gesamtkonzentration unverändert bleibt (man beachte, daß dabei seine Temperatur mit steigender Konzentration der Lösung zunimmt). In Punkt 3 sei der Endzustand erreicht. Auf der Isothermen T3 finden wir den Brüdenpunkt B3 und den Punkt La der Restlösung. Nach dem Hebelgesetz (vgl. Abschnitt 4. 6.1) verhält sich die Dampfmenge zur Flüssigkeitsmenge wie: Dampfmenge Flüssigkeitsmenge

3 L3 3 B3

δ φ

(5.1.1)

Die während des ganzen Prozesses von 1 bis 3 (pro kg Ausgangslösung) aufgewendete Wärmemenge beträgt qL = h3 — k1\ davon wird, wie bereits bemerkt, der Teil = h2 — h1 zur Erwärmung der Ausgangslösung bis zum Siedepunkt und der Rest — h3 — während des Ausdampfens benötigt. Projizieren wir diese Strecken von L 3 aus auf die Ordinatenachse, so erhalten wir die entsprechenden Wärmemengen qB, q'n, q"n, die sich nun jedoch auf 1 kg Brüdendampf beziehen. Denn nach dem Strahlensatz gilt:

70

Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen

qB

δ + φ

Gesamtmenge ( = 1 kg)

qL

δ

Brüdenmenge

wKz

Abb. 5.1.2: Kontinuierlich arbeitender Verdampfer. Bezeichnungen im Text

Abb. 5.1.3: Darstellung der kontinuierlichen Verdampfung im h, w-Diagramm. Bezeichnungen siehe Text und Abbildung 2

kg Zulauf und ganz besonders die pro kg erzeugter Brüden (beim Ferdampfen) oder die pro kg eingedickter Lösung (beim .Eindampfen) aufzuwendenden Wärmemengen qF, qB und q^z- Die pro Zeiteinheit gesamthaft zugeführte Wärmemenge (ohne jedoch die Verluste an die Umgebung zu berücksichtigen) beträgt: = qjr M* — qB J f * = qKz M*Kz

Q* = qM Ml

(5.1.2a)

Wir wollen diese Ausdrücke noch derart umformen, daß man qF, qB sowie qK. unmittelbar aus dem h, ^-Diagramm herauslesen kann. Es ist: qF = Q*jM* = qMM%IM*.

Da aber nach dem Hebelgesetz Mm (WKz — WM) = M* (wKz — wF) ist, folgt: qF = qM

5.i.2b)

w Kz — WM

Die Salzbilanz für den gesamten Verdampfer lautet: Μ ρ wF = Μ*

· 0 + M*KzwKz

oder

Μ*\Μ*Κζ

= w\z\wF .

Mit Gleichung (2 a) ergibt sich: qKz\qF

= M*

IM KZ



WKZIwF

WKZ

qnz = qF — = qM Wp

und mit Gleichung (2b): WKZ WKZ



W WM

F

WKZ WP

(5.1.2 c)

Kapitel 5: Zerlegung von Gemischen durch Verdampfen

72

Das Hebelgesetz auf den ganzen Verdampfer angewandt liefert: M*Kz (wKz — wF) = M* (wF — 0), mit Gleichung (2a) folgt: qB jqKz = MgzIM* Wp

= wFl(wKz—

WKz

0,5 praktisch mit ihr zusammenfällt. In diesem Konzentrationsbereich ist es deshalb wie bei einer Salzlösung möglich, durch einfaches Verdampfen die eine Komponente — das Ammoniak — rein zu gewinnen. Bei Lösungen von weniger als 0,52 Molanteilen Ammoniak enthält der Gleichgewichtsdampf hingegen auch Wasser, ist also selbst ein Ammoniak-Wasser-Gemisch. Dieses ist aber so stark angereichert, daß seine Reinheit den gestellten An-

a : Salzlösung

,

I Ammoniak

-

Wasser

0,52 x

a'

x

b

Abb. 5.2.5: McCABE-TmELE-Diagramm einer Salzlösung und des Gemisches Ammoniak—Wasser bei einem Druck von 1 bar. xa, ya = Molanteil Wasser in der Flüssigkeit bzw. im Dampf [kmol Wasser/kmol Salzlösung] xb, yb = Molanteil Ammoniak in der Flüssigkeit bzw. im Dampf [kmol Ammoniak/kmol Ammoniak-Wasser-Gemisch]

Aufgaben zu Kapitel 5

81

forderungen in vielen Fällen bereits zu genügen vermag, und damit auch hier eine Trennung durch Verdampfung ausreicht. Entsprechendes gilt allgemein für Gemische mit weit ausgebauchter Gleichgewichtslinie wie etwa Aceton—n-Butanol, Aceton—Wasser, Wasser—Salzsäure und andere. Der Destillationsprozeß gestaltet sich genau gleich wie der Verdampfungsprozeß. Beim Chargenbetrieb füllt man einen Verdampfer, eine sogenannte Destillierblase, mit der Ausgangslösung und verdampft sie teilweise. Die aufsteigenden Brüden werden kontinuierlich abgezogen und in einem Kondensator niedergeschlagen. Dadurch erhält man das Destillat. — Da entsprechend der Gleichgewichtskurve vornehmlich die leichtersiedende Komponente ausdampft, verarmt die Restlösung immer mehr an Leichtersiedendem. Damit sinkt auch die Konzentration der Brüden; denn die aufsteigenden Brüden stehen während des ganzen Destilliervorganges in jedem Augenblick mit der Restlösung, der sie gerade entstiegen sind, im Phasengleichgewicht. Sobald eine gewünschte untere Grenze erreicht ist, wird der Prozeß abgebrochen und die Blase entleert. Das Destillat fängt man meist in verschiedenen Fraktionen auf (Abb. 6), die in der Reihenfolge ihrer Entstehung immer mehr von der schwererflüchtigen Komponente enthalten. Man nennt dieses Verfahren fraktionierte Destillation. Bei Mehrstoffgemischen kann man auf diese Weise Fraktionen unterschiedlichster Zusammensetzung bekommen.

Abb. 5.2.6: Schema einer chargenweise arbeitenden, offenen Destillation mit Entnahme dreier Fraktionen

Aufgaben zu Kapitel 5: 5.1 (zu 5.1) In einem Verdampfer soll bei einem Druck von 2 bar eine Kochsalzlösung von 3 auf 10 Gew. % Salzgehalt aufkonzentriert werden. Dar Prozeß werde nach Abb. 5.1.5 geführt. Die eintretende Lösung werde sofort mit dem Verdampferinhalt durchmischt, so daß dessen Zusammensetzung gleich der des abfüeßenden Konzentrates ist. Die Temperatur des Zulaufs betrage 20° C. Für den Wärmeübergang sei mit einer Temperaturdifferenz von Δ TWÜ = 20° C zu rechnen. 6

Grassmann, Verfahrenstechnik

82

Kapitel 5: Aufgaben Man berechne die pro kg Zulauf und die pro kg Konzentrat notwendigen Wärmemengen sowie die Temperatur, bei der der Heizdampf zur Verfügung stehen muß. Angaben: Die Molmasse von Kochsalz (NaCl) beträgt Μ = 58 kg/kmol. Bei 2 bar ist die Siedetemperatur von Wasser 122° C und seine Verdämpfungsenthalpie r = 2200 kJ/kg. Die Abhängigkeit der spezifischen Wärme der Lösung von Temperatur und Salzgehalt ist zu vernachlässigen; sie sei c'p = 4,18 kJ/(kg K). Anleitung: Diese Aufgabe läßt sich am leichtesten mit Hilfe eines h, w-Diagrammes lösen.

5.2 (zu 5.2) In eine Destillierblase werden 400 kg einer Ammoniak-Wasser-Mischung eingefüllt, die 90 Gew. % Ammoniak enthalte. Wieviel praktisch reinen Ammoniak läßt sich daraus durch eine offene Destillation höchstens gewinnen ? Anleitung: Benütze die Gleichgewichtsdaten nach Abb. 5.2.5.

Kapitel 6 : Rektifikation Literatur:

[6.1]; BILLET [6.35, 6.37]; BOSNJAKOVIC [6.2]; [A.3]; HENGSTEBECK [6.4]; KIRSCHBAUM [6.6]; NORMAN [6.7]; [6.8]; TREYBAL [6.10].

BADGER/BANCHERO

COULSON/RICHARDSON SAWISTOWSKI/SMITH

6.1 Einführung Wir haben im letzten Abschnitt gesehen, daß durch eine einmalige Verdampfung, also durch Destillation, nur eine beschränkte Trennung der Lösungen in ihre Komponenten möglich ist. Und zwar ist die Trennwirkung dieses Verfahrens um so geringer, je enger sich die Gleichgewichtskurve im McCABE-TmELE-Diagramm an die Diagonale anschmiegt. Möchte man eine weitere Zerlegung des Gemisches erreichen, im Grenzfall bis zu den reinen Komponenten, so muß man zu einer komplizierteren Trennmethode greifen, nämlich zur Rektifikation. Um die Vorgänge, die sich bei der Rektifikation abspielen, zu studieren, betrachten wir zunächst ein wärmeisoliertes Gefäß (Abb. la), dem ein Zweistoffgemisch1 der Konzentration xa (Abb. lb) mit Siedetemperatur zufließt. Von unten her wird Sattdampf der Konzentration ya eingeblasen. Da die beiden Phasen nicht im Gleichgewicht stehen, d. h. yx φ ye ist2, weisen sie auch verschiedene Temperaturen auf (S. 77). Diese Gleichgewichtsstörung bewirkt einen gekoppelten Wärme- und

Abb. 6.1.1a: Schematische Darstellung einer Trennstufe zur Erläuterung der Rektifikation Abb. 6.1.1b: Ermittlung der Austrittskonzentrationen von Dampf und Flüssigkeit im McCABE-THiELE-Diagramm Wir beschränken uns im folgenden wieder auf die Trennung von Zweistoffgemischen. Erst in 6.5 soll noch kurz auf die Rektifikation von Mehrkomponenten-Systemen hingewiesen werden. 2 Der Index e bedeutet Gleichgewicht = equilibrium. 1

6*

84

Kapitel 6: Rektifikation

Stoffaustausch, bis im Grenzfall (wenn die Phasen lange genug miteinander in Berührung bleiben) das Gleichgewicht hergestellt ist. In unserem Beispiel ist ya < ye (xa) (Abb. lb). Es kondensiert somit aus dem Dampf ein Teil der schwererf1 üchtigen Komponente an die Flüssigkeit aus, während eine thermisch äquivalente Menge Leichtersiedendes von der Flüssigkeit an den Dampf übergeht. Bei gegebener Gleichgewichtsstörung sind die pro Zeiteinheit zwischen Dampf und Flüssigkeit ausgetauschten Wärme- und Stoffmengen dem Produkt k F proportional. F — Berührungsfläche zwischen den Phasen, k — Wärme- [nach Gleichung (2.3.9)] bzw. Stoffdurchgangskoeffizient (7.5). Da sowohl der Wärme- als auch der Stoffdurchgangskoeffizient durch heftige Turbulenz innerhalb der einzelnen Phasen stark erhöht wird, läßt sich obige Aussage dahin ausdrücken, daß der Wärme- und Stoffaustausch sich um so rascher vollziehen, je größer die Berührungsflächen zwischen den beiden Phasen sind und je höher der Turbulenzgrad innerhalb der einzelnen Phasen ist. Wenn wir idealen Stoffaustausch voraussetzen dürfen, so stehen der abziehende Dampf und die Flüssigkeit im Gefäß im Phasengleichgewicht. Dürfen wir weiter annehmen, daß der Gefäßinhalt durch die Dampfblasen gut durchmischt wird, so hat der Ablauf dieselbe Konzentration wie die Flüssigkeit im Gefäßinnern, der abziehende Dampf steht also auch mit dem Ablauf im Phasengleichgewicht: y m =y e 0»ω). Wir haben somit eine Anreicherung (und zwar die mit dieser Anordnung höchstmögliche) der leichtersiedenden Komponente im Dampf von ya auf ya erreicht; dafür ist die Konzentration der Flüssigkeit von xa auf χω gesunken. Man nennt eine Einrichtung, die nach diesem Prinzip arbeitet, eine theoretische Trennstufe (auch S. 94). Kondensator

Abb. 6.1.2b: Ermittlung der Konzentration im MCCABE-THIELEDiagramm Abb. 6.1.2a: Zur Erläuterung der Arbeitsweise einer Rektifiziersäule. N*i = Dampfstrom [kmol/s] im i-ten Querschnitt N*i = Flüssigkeitsstrom [kmol/3] im i-ten Querschnitt (Rücklauf) HD = Heizdampf HK = kondensierter Heizdampf

In Abbildung 2a ist die Trennstufe der Abbildung la zu einem Kreislauf ergänzt. (Der Leser suche im Augenblick noch nicht nach dem technischen Nutzen dieser

6.1 Einführung

85

Apparatur; wir werden sofort darauf zu sprechen kommen.) Der Dampf 3 G1 wird in einem Verdampfer — einer sogenannten Heizblase oder kurz Blase genannt — erzeugt und steigt als Gleichgewichtsdampf zum siedenden Blaseninhalt, dem sog. Sumpf, zur ersten Trennstufe auf; d.h. yx — ye(xs). Sein Zustandspunkt Gx liegt somit im McCABE-THiELE-Diagramm (Abb. 2b) über xs auf der Gleichgewichtslinie. Der Dampf perlt durch die Flüssigkeit der Trennstufe hindurch, wobei sich der oben besprochene Wärme- und Stoffaustausch vollzieht. In einem Kondensator wird er niedergeschlagen und fließt als sogenannter Rücklauf3 L im Gegenstrom zur Gasphase wieder der Blase zu. Um im MCCABE-THIELE-Diagramm den Zustandspunkt Lx zu erhalten, legen wir um den Verdampfer eine Bilanzhülle und stellen auf: Bilanz der gesamten Stoffmenge: Bilanz der leichterflüchtigen Komponente:

= y1 = N^ x±

(6.1.1) (6.1.2)

Aus diesen beiden Gleichungen folgt unmittelbar x1 — yx, was bedeutet, daß der Punkt in der Höhe yx auf der Diagonalen (die die Gleichung χ = y erfüllt) des Diagramms liegt. Nach der beschriebenen Arbeitsweise einer theoretischen Stufe finden wir den Punkt G2 über Lx auf der Gleichgewichtskurve. Da Lz der kondensierte Dampf G2 ist, folgt für den zweiten Querschnitt sofort x2 = y2 und damit der Punkt L2. Es ist nun leicht einzusehen, daß man eine weitere Anreicherung der leichtersiedenden Komponente erhält, wenn man zwischen Blase und Kondensator mehrere Trennstufen hintereinander schaltet. Sie werden dabei zweckmäßig in einem gemeinsamen, zylindrigen Mantel zu einer sogenannten Kolonne (Rektifizierkolonne, Rektifiziersäule, Verstärkersäule, Läuterungssäule) vereint, die auf die Blase aufgesetzt wird. (Die technische Verwirklichung dieses Gedankens werden wir in den Bodenkolonnen — 6.3 — finden.) Wir können damit die Arbeitsweise einer Rektifizieranlage verallgemeinert wie folgt zusammenfassen (Abb. 3): Der in der Blase aus dem Zweistoffgemisch ausgetriebene Dampf G steigt im Gegenstrom zum Rücklauf L in der Kolonne auf. Sogenannte Einbauten übernehmen die Aufgabe, zwischen den beiden Phasen möglichst große Berührungsflächen zu schaffen und innerhalb der einzelnen Phasen eine möglichst hohe Turbulenz zu erzeugen. Dann vollzieht sich zwischen Dampf und Rücklauf der gewünschte Wärme- und Stoffaustausch, so daß der Dampf gegen das obere Kolonnenende hin immer reiner wird. In einem Kondensator wird er niedergeschlagen. Es ist nun nicht notwendig, das ganze Kondensat wie in Abbildung 2 als Rücklauf aufzugeben, sondern es genügt, der Kolonne lediglich einen Teil davon zuzuführen; der Rest kann als sogenanntes Destillat D (Kopfprodukt, Geist, Erzeugnis — leichtersiedende Fraktion) abgezogen werden. Damit wird die Anlage wirtschaftlich sinnvoll. Man wird selbstverständlich bestrebt sein, möglichst viel Destillat abzuzweigen; andererseits können wir aber 3

G — aufsteigende Gasphase L = herunterfließende flüssige Phase = Rücklauf ( = .Liquid) Die Indizes 1 und 2 beziehen sich auf die gleichnumerierten Kolonnenquerschnitte.

86

Kapitel 6: Rektifikation

Kondensator

5

Kondensator

OestillatJöjhter

-tio-»·

Destillat D

I

! ι

I

t f 1

Rücklauf L

' Destillat Ό (Erzeugnis,Kopfprodukt, „Geist", tmchterflüchtige Fraktion)

Feed F

Rücklauf L

t : · GasphaseG

'Gasphase G

1 HD'

Blase (Sumpf) kondensierter Sumpfprodukt S Heizdampf Κ

Abb. 6.1.3: Schema einer stetig arbeitenden Verstärkungskolonne

I

J_

Ψ

—:

SumpfproduktS

(Ablauf, Schlempe, schwererflüchtige Fraktion)

Kondensat

Abb. 6.1.4: Schema einer vollständigen, aus Verstärkungs- und Abtriebssäule bestehenden Rektifizieranlage. HD = Heizdampf

jetzt schon vermuten, daß diesbezüglich gewisse Grenzen gesetzt sind, und eine Mindestmenge als Rücklauf „geopfert" werden muß. Mit der Frage nach dem Mindestrücklauf werden wir uns eingehend zu befassen haben (6.3.5). Um trotz der Entnahme des Destillates eine kontinuierliche Betriebsweise aufrechtzuerhalten, muß man der Blase eine entsprechende Menge der Ausgangslösung als Feed F zuführen und ihr gleichzeitig eine angereicherte schwerersiedende Fraktion als Sumpfprodukt S (Ablauf, Schlempe) entnehmen. Eine solche Anlage liefert aber lediglich die leichterflüchtige Komponente in der gewünschten Reinheit. Um auch die schwerersiedende Komponente mit hoher Reinheit zu gewinnen, ist unter der Verstärkungssäule eine zweite Kolonne, eine sogenannte Abtriebskolonne, anzufügen. Die Zulaufstelle des Feed trennt die beiden Teile voneinander (Abb. 4). Wird der Zulauf flüssig eingespeist, so gesellt er sich zu dem von oben kommenden Rücklauf, der an der Mischstelle etwa die Konzentration des Zulaufs haben sollte. Zusammen bilden sie dann den Rücklauf der Abtriebskolonne, dessen Gehalt an Schwerersiedendem nach unten hin zunimmt, bis in der Blase die gewünschte Zusammensetzung des Ablaufs erlangt ist. Damit ist das Ziel erreicht: eine stetig arbeitende Rektifiziersäule, die in zwei beliebig reinen Fraktionen D und S (Abb. 4) die beiden Komponenten des Ausgangsgemisches liefert.

6.2 Die Bilanzgeraden im McCABE-THiELE-Diagramm

87

6.2 Die Bilanzgeraden im McCABE-TniELE-Diagramm 6.2.1 D i e V e r s t ä r k u n g s g e r a d e Wir legen um das obere Ende einer Verstärkungskolonne (Abb. 1) eine Bilanzhülle B, die die Säule in einem beliebigen Querschnitt schneidet. Durch diesen Querschnitt steige ein Dampfstrom N * v l der Konzentration y v nach oben, und ein Flüssigkeitsstrom Λ~* v der Zusammensetzung χ v fließe , nach unten. Wir nehmen zunächst an, die B— Kolonne arbeite mit vollständigem RückΓ jvQ lauf, d. h. die ganze im Kondensator niedergeschlagene Destillatmenge werde der Kolonne als Rücklauf zugeführt; es ist somit Ν β = 0.

£

Dann lauten die Bilanzgleichungen: Bilanz der gesamten Stoffmenge: r =

Κ

(6.2.1)

κ ,

Bilanz der leichterflüchtigen Komponente: N0*v

yv = N t y x

v

(6.2.2)

Daraus folgt sofort: xv

=

yv

(6.2.3)

Abb. 6.2.1: Zur Ableitung der Verstärkungsgeraden Β = Bilanzhülle; übrige Bezeichnungen im Text

Diese lineare Gleichung stellt im M C C A B E THIELE-Diagramm eine Gerade, die sogenannte Bilanzgerade dar. Auf ihr liegen der mittlere 2 Zustandspunkt des nach oben steigenden Dampfes und der mittlere 2 Zustandspunkt der nach unten fließenden Flüssigkeit eines beliebigen Schnittes durch die Kolonne. Im Falle des vollständigen Rücklaufes deckt sie sich mit der Diagonalen des Diagramms (Abb. 2). Gleichung 1 besagt zwar, daß (bei vollständigem Rücklauf) in jedem Kolonnenquerschnitt der Dampfstrom N* v gleich dem Flüssigkeitsstrom N*>Y ist; sie sagt aber nichts darüber aus, ob und wie sich Ν * r (und damit auch A7* ,-) längs der Kolonne ändert. Dies wollen wir etwas näher untersuchen. Dazu müssen wir weiter ausholen: TROUTON hat in der nach ihm benannten Regel ausgedrückt, daß die molaren Verdampfungsentropien ΔS = r[Ts vieler chemischer Verbindungen bei Atmosphärendruck gleich sind und ungefähr den konstanten Wert AS ^ 22 kcal/ (kmol K) % 92 kJ/(kmol K) haben 3 . Da die Siedepunktsdifferenzen der zu trennenden Komponenten im allgemeinen klein gegenüber den absoluten Siedetemperaturen sind, so folgt für die molaren Verdampfungsenthalpien: mit 1

rx ~ r2

(6.2.4)

r = Η" — H'

(6.2.5)

Der Index V deutet an, daß sich die Größen auf die Verstärkungssäule beziehen. Siehe hierzu 6.3.2, Annahmen a) bis c), ferner 6.3.3 und 6.3.9. 3 Dazu KIRSCHBAUM [6.61, S. 98. Dort werden Werte von AS zwischen 14 und 27 kcal/(kmol K) angegeben. 2

88

Kapitel 6: Rektifikation

Gleichung (4) darf nicht etwa dazu verleiten, anzunehmen, alle Stoffe hätten ungefähr dieselbe molare Verdampfungsenthalpie. Diese schwankt für die verschiedenen Substanzen natürlich in weiten Grenzen. Es empfiehlt sich deshalb, bei jeder Trennaufgabe die Werte der Yerdampfungsenthalpien der Komponenten miteinander zu vergleichen. Erst dann wird man entscheiden können, ob man mit obiger Vereinfachung rechnen darf. Wenn die molaren Verdampfungsenthalpien zweier Flüssigkeiten etwa gleich sind, so ist bei Vernachlässigung der Mischungswärme auch die molare Verdampfungsenthalpie einer Mischung der beiden etwa gleich groß, so daß wir schreiben können: r1 ^ r2 ev r(x) tv const

(6.2.6)

Ferner darf die Verdampfungsenthalpie innerhalb des kleinen Bereiches, in dem sich der Druck (wegen des Druckabfalles) längs der Kolonne bewegt, als Konstante betrachtet werden: (6.2.7)

r(p) & const

Und schließlich sind die Änderungen der Enthalpien von Dampf ( f f " , h") und Flüssigkeit ( f f ' , h ' ) der Kolonne entlang gegen die Verdampfungswärmen vernachlässigbar; (H',h') und (H",h") dürfen also über die ganze Kolonne konstant gesetzt werden: f f ' , h'

const

f f " , h" en const

(6.2.8)

Ebenfalls vernachlässigen dürfen wir ohne Weiteres alle vorkommenden kinetischen und potentiellen Energien. Da die Kolonnen mit den in der Technik gebräuchlichen Dimensionen (Durchmesser, Höhe) — auch wenn sie nicht isoliert sind — mit guter Näherung als adiabat betrachtet werden dürfen, lassen sich die obigen Resultate wie folgt zusammenfassen: Die gesamte Wärme, die frei wird, wenn die schwerersiedende Komponente beim Stoffaustausch aus dem Dampf an den Rücklauf kondensiert, dient zur Verdampfung einer gleich großen Menge (gemessen in Kilomolen) der leichterflüchtigen Komponente vom Rücklauf in den Dampf. In einem Kolonnenabschnitt kondensieren somit pro Zeiteinheit gleich viele Kilomole Schwerersiedendes wie Leichtersiedendes wieder verdampfen. Daraus folgt das wichtige Ergebnis, daß der molare Dampf- und Flüssigkeitsstrom längs eines Säulenabschnittes, in dem weder Gemisch zugegeben noch Seitenfraktionen entnommen werden, unverändert bleibt. Dies wollen wir auch noch in eine mathemathische Form kleiden. Gleichzeitig leiten wir die Gleichung der Bilanzlinie der Verstärkungskolonne her, der jetzt aber eine gewisse Destillatmenge entnommen wird. An Hand der Abbildung 1 stellen wir wieder die Bilanzgleichungen auf: Bilanz der gesamten Stoffmenge: N*t Bilanz der leichtersiedenden Komponente: Energiebilanz:

v

= N*

Kv-yv

• *

v

= K v ' •ff

(6.2.9)

-j- N_

HZ = Nt

x

VH'v

v + N%'

x

+ N*dH'd+

Q*k

(6.2.11)

6.2 Die Bilanzgeraden im McCABE-TmELE-Diagramm

89

Lösen wir Gleichung (9) nach iV* v auf und setzen den dafür gefundenen Ausdruck N*iV — Np in (11) ein, so erhalten wir: N*>v Hy = {N* y -

N*) H'y + NlH'D

+ Q*K

= N* (H'D — Hy) +

Ql

oder: Nt,v

(H'y-H'y)

Nach Gleichung (5) ist Hy — H'y = r & const, nach Gleichung (8): HD—H'y bei stationärem Betrieb: Q% = const. Somit ist N * , v r **

» const.

& 0, und (6.2.12)

Diese Gleichung sagt aus, daß erstens die im Kondensator abzuführende Wärmemenge Q* ungefähr gleich der Kondensationsenthalpie des Dampfstromes ist (was man auch sofort unter Beachtung der entsprechenden Voraussetzungen aus Abbildung 1 hätte ablesen können) und daß zweitens die in kmol/s gemessene Menge des Dampfstromes sich längs der Kolonne kaum ändert. Da im stationären Betrieb Ν % = const ist, folgt nach Gleichung (9) auch: iV* r » const

(6.2.13)

Da der gesamte Molstrom sowohl des Dampfes wie der Flüssigkeit praktisch konstant bleibt, sehen wir jetzt, warum es sinnvoll ist, in JfoZströmen N* zu rechnen, und die Zusammensetzungen in JfoZanteilen χ und y anzugeben. Gleichung (10) ist also eine lineare Gleichung in xY und yv\ Ν* Vv =

iV

v

N*d

χ

ν +

O, V

iV

Xd

(6.2.14)

Ο, V

Sie ergibt im McCABE-TmELE-Diagramm eine Gerade, die man Verstärkungsgerade nennt. Sie ist eine Bilanzlinie, wie wir sie zu Beginn dieses Abschnittes eingeführt haben. Sie schneidet die Diagonale (Abb. 2) im Punkte χ = y = xq und h a t die Neigung tga = dyyjdxv — iV* νί^ο, ν = 1· Das Gleichheitszeichen (tga = 1) gilt für Ν* ν — N*t v, also für vollständigen Rücklauf, womit nochmals gezeigt ist. daß die Verstärkungsgerade in diesem Falle mit der Diagonalen zusammenfällt.

Kapitel 6: Rektifikation

90

Eine weitere wichtige Größe der Rektifikation — das sogenannte Rücklaufverhältnis ν — ist als Quotient aus dem Rücklaufstrom und dem Destillatstrom definiert: v^NlvjNl

(6.2.15)

Wenn wir Gleichung (9): N*tV = 2V* v -f N* in Gleichung (14) einsetzen, so lautet diese: N*L,v yv

xv

= Ntv

+ Nl

N*n

+ *

n,v

'

+

xD K

Kürzen wir die beiden Brüche mit N* und setzen wir f ü r IV* γ/Ν* das Rücklauf Verhältnis ν ein, so erhalten wir: Vv

=

XD

+

Χγ

ν + 1

v +

(6.2.16)

l

Für xv — 0 ergibt sich der Schnittpunkt Ρ der Verstärkungsgeraden mit der Or/

dinatenachse. Seine Koordinaten sind Ρ

X

0,

\

D

v

—\ .

+ ) l

Es sei betont, daß die Bilanzlinie keine Gerade ist, wenn eine der Gleichungen (4) bis (8) nicht erfüllt ist, oder die Kolonne nicht adiabat arbeitet. Praktisch sind aber die dadurch bedingten Abweichungen vom geradlinigen Verlauf im allgemeinen klein. 6.2.2 D i e A b t r i e b s g e r a d e Die Berechnung der Bilanzlinie der Abtriebskolonne verläuft genau gleich wie für die Verstärkungskolonne. Wir setzen wieder die Gültigkeit der Gleichungen (4) bis (8) voraus und stellen die drei üblichen Bilanzgleichungen auf 4 (Abb. 3): Gesamtmenge:

Κ

Leichtersiedendes:

NtA'XA

Energie:

Nl,A

λ

=

Κ

Λ

+

= N^A'yA H'a

(6.2.17)

Ν,

+ Q$ = Ν*>α

+

Nl'XS Η:

+ Ν*

(6.2.18) H's

Feed

Abb. 6.2.3: Zur Ableitung der AbtriebsN*S,XS)HS

4

Seraden Β = Bilanzhülle: übrige Bezeichnungen im Text

Der Index Α deutet an, daß sich die Größen auf die Abtriebskolonne beziehen.

(6.2.19)

91

6.3 Die Bodenkolonne

Setzen wir Gleichung (17) in Gleichung (19) ein und ordnen, so erhalten wir: H ) N * ' Ä + N* ~ = *" Q

r

m0

Somit ist: N*,A r ™ Q*B

(6-2.20)

woraus wegen r «s const und Q* = const auch in der Abtriebssäule N*

a

& const

N t t A » const

und damit

(6.2.21)

folgt.

(6.2.22)

Aus Gleichung (18) gewinnen wir sofort die Bilanzlinie, die wiederum eine Gerade ist, die sogenannte Abtriebsgerade: Nt

A

y.4 = -j^XA—iti-Vs i v G. A

N*

(6.2.23)

Abb. 6.2.4: Die Abtriebsgerade im McCABE-THiELE-Diagramm

Sie schneidet die Diagonale des McCABE-THiELE-Diagramms im Punkte χ = y = und hat eine Neigung von tgß = dyAjdxA = N*tA\N*tA ^ 1 (Abb. 4).

χs

6.3 Die Bodenkolonne

Literatur:

BOSNJAKOVIC

[6.2]; HENGSTEBECK [6.4]; D I E R Y [6.11]; Z E L F E L [6.12],

6.3.1 D e r G l o c k e n - u n d der S i e b b o d e n (Vgl. Abschnitt 6.3.9) Wie bereits gesagt, soll in einer Rektifizierkolonne der hochsteigende Dampf mit dem herabfließenden Rücklauf in innigste Berührung gebracht werden, um den bestmöglichen Stoffaustausch zwischen den beiden Phasen zu erreichen. Dazu sind große Berührungsflächen zwischen Dampf und Flüssigkeit zu schaffen und hohe Turbulenz innerhalb der Phasen zu erzeugen. Heute werden dazu hauptsächlich zwei Arten von Kolonnen verwendet: die hier zu besprechende Bodenkolonne und die in 6.4 zu behandelnde Füllkörperkolonne. In Abbildung 1 sind ein Glocken- und ein Siebboden schematisch dargestellt; Abbildung 2 zeigt davon je eine Photographie.

92

Kapitel 6: Rektifikation

D e r G l o c k e n b o d e n : Durch den Zulaufstutzen strömt der Rücklauf ( = Ablauf des nächsthöheren Bodens) auf den Boden herab, verteilt sich über seine Fläche und fließt dann durch den Ablaufstutzen dem nächstunteren Boden zu. Der Dampf tritt zuerst durch die in den Boden eingesetzten Kamine (Glockenhälse), wird durch die darübergestülpten Glocken umgelenkt und in die Flüssigkeit geführt. Unmittelbar über dem Bodenblech liegt die Flüssigkeit vergleichsweise ruhig, doch darüber bildet sich eine gutdurchmischte Schaum- oder — bei nichtschäumenden Flüssig-

Abb. 6.3.1a: Schema eines arbeitenden Glockenbodens G = Gasphase, L = Rücklauf, Gl = Glocken, GH = Glockenhals (Kamin), ZS = Zulaufstutzen (hier von segmentförmigem Querschnitt), ZW = Zulaufwehr, AS = Ablaufstutzen, AW = Ablaufwehr, e = Dampfdurchdringtiefe

Abb. 6.3.1 b: Schema eines arbeitenden Siebbodens Β = gelochtes Blech; übrige Bezeichnungen wie in Abbildung l a

keiten — Sprudelschicht aus. Damit der Dampf nicht durch den Zulauf stutzen hinaufströmt, muß dieser in die Flüssigkeitsschicht eintauchen; zusätzlich bringt man gelegentlich noch ein Zulaufwehr an. So ist der Dampf gezwungen, seinen Weg durch die Glocke zu suchen. Die Dicke der Flüssigkeitsschicht wird durch die Höhe des Ablaufwehres bestimmt. Ganz analog sind die Verhältnisse auf dem S i e b b o d e n : Der Unterschied zum Glockenboden besteht nur darin, daß der Dampf nicht durch Glocken umgelenkt, sondern durch ein gelochtes Blech geradewegs in die Flüssigkeit eintritt Wegen der größeren Querschnitte der Dampfdurchdringkanäle ist der Glockenboden viel unempfindlicher gegen Verkrustung und darf stärker belastet werden. Die Belastbarkeit des Siebbodens kann allerdings — namentlich bei Dampfgeschwindigkeiten um 1,5 m/s — manchmal dadurch wesentlich gesteigert werden, daß man über dem Boden ein Drahtnetz anbringt, das die Höhe der Schaumschicht begrenzt [6.13]. Man beachte, daß sich — besonders bei großem Bodendurchmesser — von der Zulaufstelle zum Ablauf hin über den Boden ein Flüssigkeitsgefälle ausbildet. Ungleiche Flüssigkeitshöhe bewirkt aber ungleiches „Blasen" der Glocken und Sieblöcher. Um dieser unerwünschten Erscheinung zu begegnen, werden gelegentlich die Böden leicht schräg eingebaut.

93

6.3 Die Bodenkolonne Flüssigkeitsaufgabe

Zulaufwehr

Ablaufwehr

Ablaufgtutzen

Abb. 6.3.2a: Foto eines Glockenbodens

Abb. 6.3.2b: Foto eines großen Siebbodens. Abb. 18.32 aus COULSON/RICHAKDSON [A. 3] Bd. II, 1. Aufl. 1955.

94

Kapitel 6: Rektifikation

6.3.2 D i e Z a h l d e r t h e o r e t i s c h e n B ö d e n Um die Arbeitsweise eines Austauschbodens zu studieren, greifen wir auf die einführenden Betrachtungen in 6.1 zurück. Analog den Voraussetzungen, die wir dort für die theoretische Trennstufe getroffen hatten, nehmen wir jetzt für den Boden an, daß a) die Flüssigkeit auf einem Boden ideal durchmischt, ihre Zusammensetzung also über den ganzen Boden dieselbe sei; insbesondere habe auch der Ablauf die gleiche Konzentration; b) der Wärme- und Stoffaustausch zwischen Dampf und Flüssigkeit ideal sei, so daß der von einem Boden aufsteigende Dampf mit der Flüssigkeit auf ihm [und wegen a) mit seinem Ablauf] im Phasengleichgewicht stehe und c) der Dampf keine Flüssigkeitströpfchen oder -spritzer mit sich reiße, also trocken, gesättigt sei1.

Einen Boden, der so arbeitet, nennt m a n einen theoretischen Boden.

Unter den Voraussetzungen a) bis c) läßt sich die für eine bestimmte Trennaufgabe erforderliche Anzahl theoretischer Böden leicht mit Hilfe des MCCABE-THIELEDiagramms ermitteln (6.1). sei die gegebene Blasenkonzentration eines stationär arbeitenden Rektifizierapparates (Abb. 3), dessen theoretische Bodenzahl zu bestimmen sei, und xD die verlangte Reinheit des Destillates. (Man lasse sich nicht dadurch verwirren, daß in Abbildung 3 a das Resultat, nämlich die Anzahl der Böden, bereits vorweggenommen ist.) Durch den Punkt D auf der Diagonalen des McCABE-TmELE-Diagramms (Abb. 3 b) legt m a n — wie in Abschnitt 6.2.1 gezeigt — mit der Neigung 2 tga — N*jN* die Bilanzgerade. Der von der Blase aufsteigende Dampf Gx steht mit der Blasenflüssigkeit im Gleichgewicht; sein Zustandspunkt

Kondensator

Abb. 6.3.3 a: Schema einer stetig arbeitenden Verstärkungskolonne. Bezeichnungen wie in Abb. 6.1.4 1

Abb. 6.3.3 b: Verfolgung des Rektifikationsprozesses im MCCABE-THIELEDiagramm

Diese dritte Annahme hatten wir, um den Leser nicht zu verwirren, in 6.1 noch nicht erwähnt; sie muß aber auch dort erfüllt sein. 2 Da hier keine Verwechslung möglich ist, ist der Index V weggelassen.

6.3 Die Bodenkolonne

95

G 1 liegt also im McCABE-THiELE-Diagramm über x s auf der Gleichgewichtskurve, seine Zusammensetzung beträgt yv Als nächstes suchen wir die Konzentration der vom untersten Boden ablaufenden Flüssigkeit Lv Dazu benutzen wir die Eigenschaft der Bilanzlinie, daß ein Punkt auf ihr die Dampf- und Flüssigkeitskonzentration in einem Querschnitt angibt. Somit liegt der Punkt 1 des ersten Querschnittes in der Höhe y1 auf der Bilanzgeraden, und die gesuchte Konzentration xl des Ablaufes L1 kann als Abszisse abgelesen werden. Nach den Annahmen a), b) und c) steht der von diesem untersten Boden aufsteigenden Dampf G2 mit der von ihm ablaufenden Flüssigkeit L1 im Gleichgewicht, seine Konzentration y2 ist also die Gleichgewichtskonzentration zu x1. Wie oben, findet man dann mit Hilfe der Bilanzgeraden die Zusammensetzung x2 des Ablaufes L2 des zweiten Bodens und weiter als dazugehörige Gleichgewichtskonzentration die Zusammensetzung y2 des den zweiten Boden verlassenden Dampfes D3. So fährt man fort, bis man bei XQ angelangt ist. Der vom obersten Boden aufsteigende Dampf wird im Kondensator vollständig verflüssigt; Rücklauf, Destillat und dieser Dampf weisen dieselbe Zusammensetzung auf. Wir erhalten mit Hilfe dieses Verfahrens auf sehr einfache Weise die Anzahl der theoretischen Böden: sie ist gleich der Anzahl der auf der Bilanzgeraden gelegenen Eckpunkte des Treppenzuges. (Der Punkt D zählt nicht als i?c£punkt!) 6.3.3 D a s V e r s t ä r k u n g s v e r h ä l t n i s In Wirklichkeit stehen der von einem Boden aufsteigende Dampf und die von ihm abfließende Flüssigkeit im allgemeinen nicht im Gleichgewicht. Dieser Sachverhalt wird durch das Verstärkungsverhältnis s ausgedrückt. Es ist definiert als das Verhältnis der tatsächlichen Anreicherung der leichterflüchtigen Komponente im Dampf beim Durchströmen eines Bodens zu der Anreicherung, die auf einem theoretischen Boden erreicht würde (vom Bilanzpunkt Β bis zum Gleichgewichtspunkt Ε in Abb. 4):

s

Vn —

Vn,e

Vn-1

(6.3.24)

Vn-1

Der theoretische Boden hat demnach das Verstärkungsverhältnis 5 = 1 .

Abb. 6.3.4: Zur Definition des Verstärkungsverhältnisses

Die Abweichungen der tatsächlich beobachteten Verstärkungsverhältnisse vom Wert 1 sind durch folgende Gründe bedingt:

96

Kapitel 6: Rektifikation

1. Die kurze Berührungszeit zwischen Dampf und Flüssigkeit (größenordnungsmäßig einige Zehntelsekunden) genügt nicht für die vollkommene Einstellung des Konzentrationsgleichgewichts. 2. Vom Dampf werden Flüssigkeitstropfen mitgerissen (6.3.7 und 6.3.9). 3. Die Flüssigkeit ist auf dem Boden — besonders wenn sein Durchmesser groß ist — nie vollständig durchmischt. Dies führt zu einem Konzentrationsgefälle längs des Flüssigkeitsweges über den Boden.

Die beiden ersten Erscheinungen führen zu einer Erniedrigung des Verstärkungsverhältnisses, die letzte bewirkt eine Erhöhung. Dies soll kurz veranschaulicht werden; der Beweis findet sich bei K I R S C H B A U M [6.6], S. 378ff. Dem untersten Boden einer Kolonne (Abb. 5 a) fließt links der Rücklauf L 2 mit einer Konzentration x2 (Abb. 5b) zu. Von der Blase kommend (die Konzentration der Blasenflüssigkeit sei χ s ) tritt der Dampf G t mit einer über dem ganzen Querschnitt gleichen Konzentration y1 [ = ye{xs)\ durch das Sieb in die Flüssigkeit ein. Wenn wir wieder vollkommenen Stoffaustausch voraussetzen, so stellt sich an jeder Stelle des Bodens zwischen Dampf und Flüssigkeit Gleichgewicht ein. An der Stelle Α erreicht der Dampf somit die Zusammensetzung y A = ye(%A) — 2/e(#2)· Längs seines Weges über den Boden hin verarmt der Rücklauf immer mehr an Leichtersiedendem, bis er den Boden bei Β mit einer Konzentration xB = xt verläßt. Entsprechend sinkt auch die Gleichgewichtskonzentration des Dampfes, die bei Β ihren niedrigsten Wert yB [= ye(xerreicht. Die mittlere Dampfkonzentration y2 über diesem ersten Boden (im zweiten Säulenquerschnitt) liegt dann zwischen y\ und yB. Damit ist aber s = — y^lte/ei^) — 2/i] > 1.

/

y

e

( x

iy-> Gy/


1 ist ( K I R S C H B A U M [6.6], S. 382ff.). 2

E

2

In günstigen Fällen würde ein solcher Boden etwa soviel wie zwei theoretische leisten. Leider überwiegen aber meistens die oben angeführten vermindernden Einflüsse diesen wünschenswerten Effekt, so daß man praktisch nur Verstärkungsverhältnisse von s = 0,6 -τ- 0,8 erzielt. Dies namentlich bei kleinen Kolonnen, bei denen die Flüssigkeitsdurchmischung auf den Böden so gut ist, daß sich kein Konzentrationsgefälle ausbilden kann. Bei sehr guten Konstruktionen und optimalen Betriebsbedingungen darf man jedoch mit Verstärkungsverhältnissen von 0,8 bis 1 rechnen. Werte über 1 sind nur in Ausnahmefällen erreicht worden. Ist nlh die mit Hilfe der Stufenkonstruktion im McCABE-THiELE-Diagramm ermittelte Zahl der theoretischen Böden, so sind für die praktische Ausführung (6.3.25) Böden zu wählen. Der Sicherheitsfaktor b liegt etwa zwischen 1,5 und 2! Abbildung 6 zeigt die Stufenkonstruktion für ein konstantes VerstärkungsVerhältnis von s = 0,7. Man beachte, daß die Zahl η der so erhaltenen Böden nicht gleich dem Quotienten aus theoretischer Bodenzahl nlh und dem Verstärkungsverhältnis s ist

A b b . 6 . 3 . 6 : S t u f e n k o n s t r u k t i o n i m MCCABE-

THiELE-Diagramm für ein konstantes Verstärkungsverhältnis von s = 0,7

(η Φ nthls). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Gleichgewichtskurven und die Verstärkungsgerade parallele Geraden wären [6.14]. (In Gleichung (25) ist dieser Sachverhalt im Sicherheitsfaktor berücksichtigt.) 7

Grassmann, Verfahrenstechnik

Kapitel 6: Rektifikation

98

6.3.4 D i e F l ü s s i g k e i t s f ü h r u n g und S o n d e r b a u a r t e n von R e k t i f i z i e r böden Die Abbildungen 7a bis c zeigen, wie durch verschiedene Anordnungen der Zu- und Ablaufstutzen sowie durch Anbringen von Wehren der Flüssigkeitsweg beeinflußt werden kann. Über die ganze Kolonne betrachtet, fließt der Rücklauf bei allen Varianten im Gegenstrom zum aufsteigenden Dampf parallel zur Säulenachse vom Kondensator zur Blase herunter. Auf dem einzelnen (meist horizontalen) Boden jedoch strömt er normal zur Kolonnenachse im Kreuzstrom zum Dampf. Je nachdem, ob die Strömungsrichtung auf allen Böden dieselbe ist oder von Boden zu Boden umkehrt, spricht man von gleichsinniger oder gegensinniger Flüssigkeitsführung. Man bemühte sich weiter, die Flüssigkeit längs ganz bestimmter Wege von der Zulaufstelle zum Ablauf stutzen zu leiten. Dadurch wurde die Bildung eines Konzentrationsgefälles in der Flüssigkeit, das die Trennwirkung des Bodens erhöht, stark

",ΤΤΓ

a

lit

gegensinnig

gegensinnig

b

gleichsinnig

c

gegensinnig

gleichsinnig

Abb. 6.3.7: Verschiedene Flüssigkeitsführungen in Bodenkolonnen. Die Schemata der obersten Reihe a bis c beziehen sich auf den mittleren Boden der darunterstehenden Kolonnenausschnitte. Die Abläufe aller gezeichneten Böden ( = Zulaufe der nächsttieferen) sind dick ausgezogen. Die Zulaufe sind weggelassen, da sie mit den gestrichelt eingetragenen Abläufen der nächstunteren Böden zusammenfallen; lediglich bei e ist der Zulauf punktiert angedeutet. Die punktierten Zonen werden mit wachsendem Kolonnendurchmesser inaktiver

6.3 Die Bodenkolonne

99

gefördert. Diesem Gedanken entsprangen die Tunnelböden mit zwangsweiser Flüssigkeitsführung zwischen den einzelnen Tunneln. Abbildung δa gibt einen Tunnelboden mit geraden Tunneln (THOKMANN-Boden) wieder. [Neben geraden werden auch kreisförmige, zur Säule konzentrische (Ringtunnelboden 3 = KÜHNI-Boden) oder spiralige Tunnel (Spiraltunnelboden = GRASSMANN-Boden) verwendet.] In Abbildung 8 c

Schnitt A-A (schemafisch) Abb. 6.3.8 b: Schnitt durch den Boden der Abbildung 8 a

Abb. 6.3.8 a: Schema eines Tunnelbodens. Die Pfeilchen geben die Flüssigkeitswege an

Abb. 6.3.8 c: Perspektivische Ansicht eines Tunnels

ist ein Teil einer Tunnelhaube dargestellt. Dank der schrägen Schlitze strömt der Dampf immer in einer ganz bestimmten Richtung in die Flüssigkeit ein, wodurch diese zwischen den Tunneln gefördert wird (Pfeilchen in Abb. 8 a). Böden für kleine Flüssigkeitsbelastungen haben durchgehende Tunnel, während sie für größere Belastungen, wie Abbildung 8 a zeigt, unterbrochen sind, was der Flüssigkeit eine Querdurchmischung gestattet. Eine weitere Klasse von Böden bilden die sogenannten „ Ventilböden" (Abb. 9 u. 10). Sie passen sich durch öffnen und Schließen der Klappen den verschiedenen Belastungen selbsttätig an. Da der Dampf auf diesen Böden bei allen Belastungen mit etwa gleicher Geschwindigkeit in die Flüssigkeit einströmt, bleibt der Druckverlust auch bei Belastungsschwankungen nahezu konstant. Als weiterer Vorteil tritt der Dampf horizontal in die Flüssigkeit ein, wodurch ein Trockenblasen des Bodens — wie es beim Siebboden zu befürchten ist — weitgehend verhindert wird. bewegliches Deckplättchen_

Dampfloch

Bodenblech-

Abb.

6 . 3 . 9 : Schwimmklappenboden der NTTTTER ENGINEERING CO. Siehe auch HENGSTEBECK [ 6 . 4 ] , S. 48 u n d [6.16]

3

Untersuchungsergebnisse über Ringtunnelböden sind worden [ 6 . 1 5 ] . 7*

Abb. 6.3.10: Öffnungeines Flexitray-Bodens

1937

von

KIRSCHBAUM

veröffentlicht

100

Kapitel 6: Rektifikation

6.3.5 Das M i n d e s t r ü c k l a u f v e r h ä l t n i s Wie man sich anhand der Stufenkonstruktion im McCABE-THiELE-Diagramm (ζ. B. Abb. 6 oder 13) leicht klarmacht, benötigt man zur Bewältigung einer vorgegebenen Trennaufgabe um so weniger Böden, je weiter die Bilanzgerade unter der Gleichgewichtslinie liegt, oder anders ausgedrückt, je näher die Bilanzgerade an die Diagonale anrückt. Kommt sie im Grenzfall mit dieser zur Deckung, so wird die Bodenzahl ein Minimum. Die Kolonne arbeitet dann mit vollständigem Rücklauf, d. h. die Destillatmenge ist null. Damit werden auch die absoluten Anschaffungskosten der Kolonne am niedrigsten. Dagegen streben die pro kg Erzeugnis aufzuwendenden Anschaffungskosten sowie die Betriebskosten für die Blasenheizung und Kondensatorkühlung gegen unendlich, weil gar kein Destillat entnommen wird (Abb. 12). Der andere Grenzfall zeichnet sich dadurch aus, daß die pro kg Erzeugnis aufzuwendenden Betriebskosten ein Minimum werden, dafür aber die Anschaffungskosten über alle Maßen anwachsen; denn wie in Abbildung 11 ersichtlich ist, wird die Bodenzahl unendlich groß, sobald das RücklaufVerhältnis derart gewählt wird, daß die Verstärkungsgerade die Gleichgewichtskurve bei χ — xs schneidet. Dieses RückverlaufVerhältnis nennt man Miniestrücklaufverhältnis «min.

Abb. 6.3.11: Bestimmung des Mindestrücklaufverhältnisses vmin im M C C A B E THiELE-Diagramm

Es ist also das kleinste Rücklaufverhältnis, bei dem eine Trennaufgabe mit unendlich vielen Böden gerade noch durchgeführt werden könnte. Um das Mindestrücklaufverhältnis zu finden, legt man die Bilanzgerade durch den Punkt D und den Punkt Ε über xs auf der Gleichgewichtskurve. Der Abschnitt auf der Ordinatenachse ist dann gleich χz>/(vmin + 1), woraus sich v mln berechnen läßt. Für die Bilanzgerade heißt das, daß sie innerhalb des zu überbrückenden Konzentrationsbereiches überall unterhalb der Gleichgewichtskurve hegen muß. Wie groß soll man nun das wirkliche RücklaufVerhältnis wählen? In Abbildung 12 sind die Betriebs- und die Anschaffungskosten (Amortisation, Verzinsung) — bezogen auf 1 kg Destillat — über dem Rücklauf Verhältnis aufgetragen. Ihre Summe ergibt die Gesamtkosten pro kg Destillat. Das optimale RücklaufVerhältnis vopt ist offenbar dasjenige, für welches diese Gesamtkosten ein Minimum werden. Es ist also durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zu ermitteln. In den meisten Fällen liegt es zwischen dem 1,3- bis 4fachen des Mindestrücklaufverhältnisses [6.38].

6.3 Die Bodenkolonne

101

Rücktaufverhö/fnis υ

6.3.6 B e r e c h n u n g e i n e r v o l l s t ä n d i g e n , s t e t i g a r b e i t e n d e n B o d e n k o l o n n e 4 Abbildung 13 zeigt das Schema einer nach Abbildung 6.1.4 stetig arbeitenden Bodenkolonne und das dazugehörige McCABE-THiELE-Diagramm. Gegeben sind der Zulauf N*, seine Temperatur T F sowie seine Zusammensetzung χ ρ und verlangt sind die

4

Die Betrachtungen, die wir hier für die stetig arbeitende Rektifizierkolonne angestellt haben, gelten grundsätzlich auch für die absatzweise arbeitende Kolonne. Es ist dabei lediglich zu beachten, daß der Blaseninhalt mit fortschreitender Rektifikation immer konzentrierter an schwererflüchtiger Komponente wird. Eine ausführliche Behandlung der ehargenweisen Rektifikation findet der Leser bei K I R S C H B A U M [6.6], S. 158/166.

Kapitel 6: Rektifikation

102

Reinheiten χ D und χ s der Fraktionen N * und N*. (Auch das Sumpfprodukt stellt in vielen Fällen ein Erzeugnis dar!) Wir können sofort die Destillat- und die Ablauf menge berechnen: Eine Bilanzfläche um die ganze Kolonne gelegt, gestattet uns, die nötigen Gleichungen aufzustellen: Gesamtbilanz:

=

Bilanz der leichterflüchtigen Komponente:

+ N*

Ν* xF — N% χd + N* x$

Daraus ergeben sich: *

N

x =

f — xS

x d

N*



Xd — XF

=

N

*

(6.3.26)

n

*

(6.3.27)

XS

X D

Xs

Um die Verstärkungsgerade festzulegen, müssen wir erst ein Rücklaufverhältnis ν annehmen. Dann können wir entweder vom Nullpunkt aus auf der Ordinatenachse die Strecke XdI(v + 1) abtragen und ihren Endpunkt mit D verbinden oder durch D die Gerade mit der Neigung tga = 2V* vI^g, v = W(1 + v) legen. Die Abtriebsgerade muß durch den Punkt S gehen. Ihre Neigung, die durch tgß — Nl A jN* G i A gegeben ist, wird durch die Temperatur Τ F des Zulaufs beeinflußt. Fließt dieser mit Siedetemperatur T s F dem obersten Boden der Abtriebskolonne zu, so wird: K

a

=

K

A

=

K

V

und

Also ist

t g ß =

Ν %

α

Ι Ν *

=

> α

(N*LiV

K

+

v

N

+

*F

N * ) I N t , v

Tritt er mit tieferer Temperatur in die Säule ein ( T F < Τ S F ), so muß er auf dem Einlaufboden erst auf Siedetemperatur erwärmt werden. Dazu wird eine gewisse Wärmemenge benötigt, die durch Kondensieren einer entsprechenden Dampfmenge Δ N * geliefert wird. Diese vereinigt sich dann mit dem Rücklauf und geht in die Abtriebskolonne: t Ä

K

Ä

=

K

V

n

+

f

+

(6.3.28)

ΔΝ%>Α

Da die freiwerdende Kondensationswärme gleich der notwendigen Aufheizwärme ist, können wir setzen: A N *

> a

A N t

> A

. r

=

=

N * C '

N *

F

P i F

( H '

S i F

( T

S

t

- H '

F

P

- T

F

)

=

N%

(H'

S t F



H

F

)

) l r

r

= molare Verdampfungsenthalpie nach Gleichung (6.2.5) [J/kmol]

C'p>F

=

H's p, H'f

Molwärme des Feed [J/(kmol K)] = Molenthalpien des Feed bei Siede- und bei Eintrittstemperatur [J/kmol].

6.3 Die Bodenkolonne

103

Damit läßt sich Gleichung (28) in ΚΛ = Κν+μΝί· mit μ = 1 + (H's, F —

(6.3.29)

umformen.

Nun können wir auch die Abtriebsgerade einzeichnen; sie läuft mit der Neigung tg/3 = K a I K a = ( Κ r + μ Ν $ ) Ι Ν ΐ Α durch den P u n k t S. Mit Hilfe der Stufenkonstruktion erhält man dann die theoretische Bodenzahl beider Kolonnen. Um die Frage nach dem Mindestrücklaufverhältnis zu beantworten, müssen wir etwas ausholen. Abtriebs- und Verstärkungsgerade schneiden sich in einem Punkt, für den gilt: zv = xA — x und Vv = y a = V (6.3.30) Wir legen um den Einlaufboden eine Bilanzfläche und schreiben die Gesamtbilanz sowie die Bilanz für den leichtersiedenden Stoff a n : ΝΪ + N*v N*xf

+ N*,Ä = K,A

+ NI

v

x

v

+ K r

+ N*>a yA = Nl

(6.3.31) A

xA + N*iVyv

(6.3.32)

Setzen wir Gleichung (29) in (31) ein, so erhalten wir: Κ λ -

K v = 0 » - 1) N*f

(6.3.33)

Unter Beachtung der Gleichungen (30) und (31) geht Gleichung (32) über in N* xF + (Nt,

ν

— Ν*Α)χ

+ (Nl

A

— N*GtV)y = 0

(6.3.32a)

Durch Einsetzen der Gleichungen (33) und (29) in Gleichung (32 a) folgt nach Kürzen durch Npi μ μ— 1

xf μ — 1

(6.3.34)

Da μ und xF Konstanten sind, stellt Gleichung (34) im McCABE-TmELE-Diagramm eine Gerade dar, die wir nach K I R S C H B A U M ,,Schnittpunktsgerade" nennen wollen; denn auf ihr schneiden sich die Verstärkungs- und die Abtriebsgerade (Abb. 13 b). Setzen wir y = 0, so wird χ = χρ\μ. Dies ist der Punkt, in dem die Schnittpunktsgerade die Abszissenachse schneidet, und χ — y = xF ist ihr Schnittpunkt mit der Diagonalen. Wenn wir jetzt durch ihren Schnittpunkt Ε mit der Gleichgewichtslinie und den P u n k t D eine Gerade legen, so stellt diese die Verstärkungsgerade f ü r das Mindestrücklaufverhältnis dar; denn für sie wird die Bodenzahl unendlich, weil man — wie sich der Leser an Hand der Abbildung 13 b leicht überzeugt — mit der Stufenkonstruktion nicht über den P u n k t Ε hinauskommt. Vergrößert man aber das Rücklauf Verhältnis, so wird die Bodenzahl wieder endlich.

Kapitel 6 : Rektifikation

104

Fließt der Zulauf mit Siedetemperatur in die Kolonne ein, so ist μ — 1; die Schnittpunktsgerade steht senkrecht und die Verstärkungs- und die Abtriebsgerade schneiden sich über xF. Strömt er dampfförmig zu, so wird μ = 0; Gleichung (34) lautet dann y = xF> d. h. die Schnittpunktsgerade verläuft horizontal durch den Punkt χ = y — xF. Für den Fall, daß die zulaufende Flüssigkeit Siedetemperatur hat und eine ideale Lösung ist, lassen sich auch analytische Ausdrücke für das Mindestrücklaufverhältnis vmin und die minimale Bodenzahl (für ν = oo) angeben (Siehe oben u. Abb. 13b): *>min =

Vf.

•XF)

{XD — yF,e)j{yF,e

(6.3.35)

= Gleichgewichtskonzentration zu XF .

Diese Gleichung läßt sich noch etwas umformen. Mit Hilfe des DALTONschen und des K/AOULTschen Gesetzes [Gleichungen (4.2.5) und (4.5.1)] erhält man: y = ye =

xP1

xP1 + (1 — x)P2

(6.3.36)

Dies ergibt nach Einführen der relativen Flüchtigkeit eines idealen Gemisches α = ye =

OLX CLX —r. τ = V •—: rrα,χ + (1 — %) 1+ (α—l)x

(6.3.37)

Mit dieser Beziehung schreibt sich Gleichung (35): 1

Xjy

1 — xD

Xp

1 — Xf

(6.3.38)

Andererseits ergibt sich für die minimale theoretische Bodenzahl (v = oo): log nth,

min + 1 —

XD \—X D

1

Xi Xs

log α (6.3.39)

Die beiden Gleichungen (38) und (39) sind a l s FENSKE-ÜNDERWOOD-Gleichungen b e -

kannt

(FENSKE

[6.17]).

(Auch

12.1.)

G I L L I L A N D [ 6 . 1 8 ] gelang es, noch einen Schritt weiter zu gehen. Er hat nämlich o,m o,oe Ofi 0,6 0M / e i n e empirische Beziehung zwischen der theoretischen Bodenzahl nth und dem u+7 Rücklauf Verhältnis ν gefunden, die er im Abb. 6.3.14: Diagramm von GILLILAND Hfa = theoretische Bodenzahl nebenstehenden Diagramm, das auch für nih,min = Mindestbodenzahl (für ν = oo) nichtideale Lösungen gilt, darstellte ν = Rücklaufverhältnis (Abb. 14). Man braucht nur das MindestMindestrücklaufverhältnis

6.3 Die Bodenkolonne

ΙΟδ

rücklaufverhältnis vm-m und die Mindestbodenzahl (für ν = oo) zu ermitteln (im McCABE-THiELE-Diagramm oder für ideale Gemische auch analytisch nach F E N S K E UNDERWOOD), um dann zu jedem Rücklaufverhältnis ν sofort die zugehörige Anzahl theoretischer Böden ablesen zu können. Dabei ist es von Vorteil, daß der wirtschaftlichste Arbeitsbereich aller Kolonnen zwischen (ν—vmin)/(v-{- 1) = 0,1 -f- 0,33 liegt. 6.3.7 B e r e c h n u n g i m h, w - D i a g r a m m 5 Eine Rektifizierkolonne kann im allgemeinen mit Hilfe des McCABE-THiELE-Diagramms genügend genau ausgelegt werden. Wie wir uns erinnern, haben wir die molaren Verdampfungsenthalpien der zu trennenden Stoffe als gleich und ihre Mischungswärmen als vernachlässigbar klein vorausgesetzt. Dies bedeutet keine grobe Vereinfachung, da die Mischungswärmen zweier Flüssigkeiten gegen die Verdampfungsenthalpien tatsächlich meistens vernachlässigt werden dürfen. Kann man jedoch diese Vereinfachung nicht verantworten und möchte man die Zustände der Phasen längs der Kolonne genauer kennen, so greift man für die Auslegung des Prozesses zum h, w-Diagramm (4.6). Da wir jetzt die Voraussetzung gleicher molarer Verdampfungswärmen fallen lassen, die Molströme von Dampf und Flüssigkeit also der Kolonne entlang variieren dürfen, hegt kein Grund mehr vor, wie früher mit Molen zu rechnen. Als Mengeneinheit kann also das Kilogramm dienen, und dementsprechend muß dann die Zusammensetzung in Massenanteilen eingesetzt werden: w = Massenanteil (eventuell Gewichtsprozente) der leichterflüchtigen Komponente. Überdies gibt das h, w-Diagramm die Energieverhältnisse (zu- und abzuführende Wärmemengen, Enthalpien und Temperaturen von Dampf und Flüssigkeit) sehr übersichtlich und maßstabsgerecht wieder. Sein Nachteil gegenüber dem M C C A B E TmELE-Diagramm liegt darin, daß es im Gebrauch und im Entwurf umständlicher ist und ausreichende Daten nur für wenige Stoffpaare vorliegen. Wir setzen wieder eine stationäre, adiabate Kolonne voraus. Abweichend von Abbildung 6.1.4 gelangt der Dampf in Abbildung 15 aus der Kolonne in einen Kondensator, in welchem nur der Rücklauf niedergeschlagen wird (man nennt ihn deshalb Rücklaufkondensator); das Destillat verläßt ihn dampfförmig und wird ^Rücklaufkondensafor_ (Dephtegmahr)^ Γ"

LJ

Abb. 6.3.15: Zur Ableitung der Querschnittsgeraden und des Polpunktes der Verstärkungssäule Qr = Wärmestrom [W],derimDephlegmator zur Erzeugung des Rücklaufes abzuführen ist Qd — Wärmestrom [W], der zur Kondensation des Destillates abzuführen ist. Übrige Bezeichnungen im Text 5

-tA** T." Μ ,w' ,h D

D

D

Kondensatkühler

MΌn .το. •'71λ'tinD ' D>

L

1

M(?y ,τυ'γ,Κ'γ M^y ,m'v,h'y

Diese Berechnungsart ist auch als die Methode von

PONCHON-SAVARIT

bekannt.

Kapitel 6: Rektifikation

106

erst in einem nachgeschalteten Kondensator, dem sogenannten Kondensatkühler, verflüssigt und eventuell unterkühlt. Dies hat folgenden Vorteil: Aus einem Dampf, den man teilweise kondensiert, fällt vorwiegend die schwerersiedende Komponente aus (denn dies ist nichts anderes als die Umkehrung einer Destillation). Dampf kann also auch durch Teilkondensation angereichert werden. Dies bedeutet, daß der Dampf, der den Rücklaufkondensator verläßt, reiner als der in ihn eintretende ist. Der Rücklaufkondensator, den man auch Dephlegmator nennt (weil er das „Phlegma" aus dem Dampf entfernt), bewältigt somit zwei Aufgaben: Er erzeugt den Rücklauf und erhöht die Trennwirkung der Kolonne. (Um das noch gasförmige Destillat nach dem Rücklaufkondensator vom austretenden verflüssigten Destillat nach dem Kondensatorkühler unterscheiden zu können, wollen wir die Symbole D und Mt mit zwei Strichen bzw. einem Strich versehen: D", M*" und D', Die in Abbildung 15 um den oberen Teil einer Verstärkungssäule gelegte Kontrollfläche gestattet uns, die drei üblichen Bilanzgleichungen aufzustellen: Gesamtmenge:

M%t[v = M t " +

(6.3.40)

Leichtersiedendes:

M*t v w'y = M%" w"D + M*y v w'y

(6.3.41)

Energie:

M*t vhy = Mf

h't +

v

h'v + Q*R

(6.3.42)

M*n, und M* r sind nun längs der Verstärkungssäule nicht mehr konstant. Ihre Differenz Μ*>γ •— Μ* der die steilere Hauptgerade ergibt, bestimmt das Mindestrücklaufverhältnis der gesamten Kolonne. Dann wird nämlich die Bodenzahl unendlich (nach Abb. 25 die Abtriebsbodenzahl), während sie durch eine beliebig kleine Vergrößerung von v miü endüch wird.

Abb. 6.3.25: Bestimmung des Mindestrücklaufverhältnisses der zusammengesetzten Verstärkungs- und Abtriebsäule im h, w-Diagramm

6.3.8 Der D r u c k a b f a l l e i n e s B o d e n s Der Druckabfall des Dampfes beim Durchströmen einer Rektifizierkolonne setzt sich aus zwei Hauptanteilen zusammen, nämlich aus dem Druckabfall in der freien Kolonne zwischen den einzelnen Böden und demjenigen in den Böden selbst. Der erste Anteil ist so gering, daß man ihn gegen den zweiten ohne weiteres vernachlässigen darf. Auch heute ist es noch nicht möglich, den Druckabfall eines Bodens numerisch vorauszuberechnen. Der Grund liegt darin, daß zu viele Größen (Geometrie des Bodens, Stoffdaten von Dampf und Flüssigkeit usw.) in das Problem eingehen, als daß man sie in einer einzigen, allgemeingültigen Beziehung für den Druckabfall zusammenfassen könnte. Unsere Betrachtungen sind deshalb vorwiegend qualitativ. Unter dem Druckverlust eines Bodens wollen wir die Druckdifferenz zwischen den Dampfräumen unterhalb und oberhalb des Bodens verstehen. Diese Druckdifferenz setzt sich im wesentlichen aus drei Anteilen8 zusammen, nämlich: 1. Der Druckabfall,

den der Dampf beim Durchströmen

eines trockenen Bodens erleidet: Er

läßt sich mit hinreichender Genauigkeit durch den folgenden Ausdruck darstellen: ΔΡί = ζ(Ββ)(ρ"Ι2) (u")|2 (6.3.55) ζ (Re) = Widerstandsbeiwert des Bodens [—] (abhängig von Re). ρ" = Dichte des Dampfes [kg/m3] u" = Dampfgeschwindigkeit, bezogen auf den Querschnitt der leeren Kolonne [m/s] 8

Eine noch weitergehende Unterteilung findet man in: COULSON/RICHARDSON [ A . 3 ] , II, S . 359ff; [6.4], S . 259; P E R R Y [A.9], S . 18—8; SAWISTOWSKI/SMITH [6.8], S . 61; T R E Y B A L [6.10], S. 132ff.

HENGSTEBECK

8

Grassmann, Verfahrenstechnik

114

Kapitel 6: Rektifikation

2. Der Druckabfall bei der Blasenbildung, verursacht durch die Oberflächenspannung der Flüssigkeit: Für langsames Blasenwachstum an einer kreisförmigen Öffnung beträgt er (Herleitung GRASSMANN [ A . 5 ] , § 5.9): (6.3.56)

Apa = 4afd σ d

= Oberflächenspannung [N/m] (Für Wasser von 20 °C ist σ = 73 · 10" 3 N/m). = Durchmesser der Löcher in der Siebplatte [m].

Dieser Druckabfall ist aber so unbedeutend, daß er im allgemeinen vernachlässigt werden kann. 3. Der statische Druckabfall Apst: Er wird durch die auf dem Boden liegende Sprudelschicht der Höhe h verursacht. Man kann also setzen: (6.3.57)

Apst = QSgh Qs = Dichte des Dampf-Flüssigkeitsgemisches der Sprudelschicht [kg/m 3 ].

Den totalen Druckabfall eines Bodens erhält man durch Überlagerung der drei Anteile: APl = Δρζ + Apa + Apst

(6.3.58)

Es liegt heute eine große Zahl experimenteller Ergebnisse für Apr vor. Sie werden vorzugsweise derart dargestellt, daß der Druckabfall Δ ρί als Funktion der Dampf gesch windigkeit u" aufgetragen wird. Als Parameter dienen die Geometrie der Böden sowie die Dampfdurchdringtiefe e (Abb. 1 a) und der Absolutdruck, der im Mittel in der Kolonne herrscht. Zusammenfassend läßt sich sagen: Der Druckabfall Ap1 (pro Boden) nimmt zu mit: wachsender Dampfgeschwindigkeit u" (lineare bis quadratische Zunahme) steigender Dampfdurchdringtiefe e (Abb. 6.3.1a) höherem Absolutdruck in der Kolonne kleinerem Lochdurchmesser bei Siebböden größerem Glockendurchmesser bei Glockenböden. Für einen Glockenboden mag ein mittlerer Druckabfall von 40 mm WS bei einer Dampfgeschwindigkeit u" von 1 m/s und 70 mmWS bei u" = 1,5 m/s für die Rektifikation unter Atmosphärendruck als Anhaltswert dienen. Der Druckabfall muß selbstverständlich immer kleiner als der maximale statische Druck der Flüssigkeitssäule im Ablaufstutzen sein, weil die Flüssigkeit sonst vom Dampf durch den Flüssigkeitsablaufstutzen hinaufgedrückt wird.

6.3 Die Bodenkolonne

115

6.3.9 K o l o n n e n q u e r s c h n i t t und B o d e n a b s t a n d Eine der Hauptaufgaben bei der Auslegung einer Rektifiziersäule ist — neben der Ermittlung der theoretischen Bodenzahl — die Bestimmung des Kolonnenquerschnittes f und der Höhe der Kolonne, d. h. des Bodenabstandes H. Wie wir sehen werden, sind / und II eng miteinander verknüpft. Der G l o c k e n b o d e n : Beim Austritt aus der Flüssigkeit schleudert der Dampf lamellenförmige Flüssigkeitsteilchen in den Dampfraum hoch. Ist der Bodenabstand zu klein, so werden diese Spritzer auf den nächsthöheren Boden mitgerissen. Dadurch wird das Verstärkungsverhältnis auch bei idealem Stoffaustausch herabgedrückt. Dies sehen wir sofort ein, wenn wir die Anreicherung auf einem Boden mit und ohne Mitreißen von Flüssigkeit im McCABB-TmELE-Diagramm betrachten. Das Rücklaufverhältnis sei unendlich, so daß die Bilanzgerade mit der Diagonalen zusammenfällt. Auf dem n-ten Boden (Abb. 26) habe die Flüssigkeit eine Konzentration x„. Der aufsteigende Dampf sei ein Gemisch aus Sattdampf der Gleichgewichtskonzentration yn + i,e (der Index e deutet wie früher auf das Gleichgewicht hin) und mitgerissener Flüssigkeit der Konzentration x„. (Man beachte, daß vollkommener Stoffaustausch

zwischen Dampf und Flüssigkeit angenommen ist; Flüssigkeitsspritzer und Dampf stehen im Gleichgewicht!) Bezeichnen wir mit Y den Dampfteil im aufsteigenden Dampf-Flüssigkeitsgemisch Gn + 1 (im η + 1-sten Querschnitt), so errechnet sich dort die mittlere Konzentration yn + \ zu: yn+l= Da xn < yn+1,e,

Y-yn+1,e

+ ( 1 - Y)Xn

(6-3.59)

ist yn + 1 < Vn + l,e·

Das Verstärkungsverhältnis ist somit tatsächlich kleiner als 1, nämlich s = bj(a + b) (Abb. 26). Nach der Mischungsregel folgt auch sofort Υ = δ/(α + b) und damit 8·

116

Kapitel 6: Rektifikation

s = Y. Ist das Rücklauf Verhältnis nicht wie hier angenommen unendlich, so ergibt sich eine etwas kompliziertere Formel. Der Bodenabstand ist demnach so groß zu wählen, daß die Menge der zum nächsthöheren Boden mitgerissenen Flüssigkeit vernachlässigt werden darf. Die Steighöhe der Spritzer hängt weitgehend von der Dampfgeschwindigkeit u " ab. (Daneben natürlich auch von der Geometrie des Bodens und von den Eigenschaften der Flüssigkeit; ob sie etwa stark schäumt oder nicht.) Erhöht man demnach bei festem Bodenabstand die Dampfgeschwindigkeit immer mehr, so macht sich das beginnende Auftreffen der oberen Grenze der Schaumschicht auf den darüberliegenden Boden durch ein plötzliches Absinken des Verstärkungsverhältnisses bemerkbar. Damit ist die höchstzulässige Dampfgeschwindigkeit u"max erreicht. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, u m a x als Funktion des Bodenabstandes, des Glockendurchmessers, der Dichte von Dampf und Flüssigkeit und sogar der Oberflächenspannung der Flüssigkeit zu berechnen. und S O U D E R S [6.19] geben eine später auch von Beziehung an: BROWN

ßp oder He näherungsweise

i

< 1, so erhalten wir aus Gleichung (10) (7.5.14)

Das treibende Gefalle für den Stoffaustausch beschränkt sich in diesem Fall auf die Partialdruckdifferenz p{ — pit g, die praktisch gleich p{ — pit e ist. In Abbildung 2 wird der Zustand an der Grenzfläche unter diesen Verhältnissen durch Punkt G beschrieben. Normalerweise muß aber sowohl der Widerstand der gasseitigen wie derjenige der flüssigkeitsseitigen Unterschicht berücksichtigt werden. In Abbildung 2 entspricht dann ein Punkt B, der zwischen den beiden Extremlagen F und G liegt, dem Zustand des Phasengleichgewichts an der Grenzfläche. Wenn man Gleichung (3) durch (2) dividiert, erhält man das Verhältnis ß'dß'p der beiden maßgebenden Stoffübergangskoeffizienten, welches bis auf einen Maßstabfaktor gleich der Steigung der Strecke AB in Abbildung 2 ist. Ist ß'c < ßp, so nähert sich die Strecke AB der Geraden AF (Gleichung 13) und umgekehrt für ß'c > ßp der Geraden AG (Gleichung 14). E r m i t t l u n g des S t o f f ü b e r g a n g s k o e f f i z i e n t e n nach der Zweifilmtheorie Nach der Zweifilmtheorie [7.10] wird der Diffusionswiderstand durch die Dicke der Grenzschicht bestimmt, die sich mit wachsender Strömungsgeschwindigkeit verkleinert. Nach dem 1. YiCKschen Gesetz kann für β gesetzt werden: (7.5.15) D = Diffusionskoeffizient der auszutauschenden Komponente in der betreffenden Phase [m2/s] δ = fiktive Grenzschichtdicke [m]

Eine rechnerische Erfassung der fiktiven Grenzschichtdicke ist schwierig und darum Gl. (15) nur beschränkt anwendbar. Mit der Analogie zwischen Wärme-, Stoff- und Impulsaustausch ist es hingegen möglich, unter gewissen Voraussetzungen Stoffübergangskoeffizienten abzuschätzen. Vernachlässigt man gemäß der Zweifilmtheorie die hydrodynamischen Unterschiede zwischen einer fluiden und einer starren Grenzfläche und setzt gleichzeitig für alle Ausgleichs Vorgänge gleiche kinematische Verhältnisse voraus, so kann für Gasströmungen nach dem Modell des vollkommenen turbulenten Austausches die folgende Beziehung zwischen Wärme- und Stoffübergangskoeffizienten abgeleitet werden: (£ew£s'sche Beziehung, [A.5], §7.9)

t

= 0 gleich der Konzentration

ci 0 im Gleichgewicht zur anderen Phase.) ergibt sich folgende Lösung für den Verlauf der Konzentration ct in Funktion der Zeit t und des Abstandes ζ von der Grenzfläche: Ci = ci>0

+

cii0)

(eitg —

erfc ^ g ^

j

(7.5.21)

Der zeitabhängige übergehende Stoffstrom n* pro Flächeneinheit errechnet sich nach dem 1. Fiele'sehen Oesetz für die Stelle ζ = 0 : ί 3cA

1 /

D (7 5 22

" * " » = ( - » ) . _ . = y

· · '

nimmt in der von ihm vorgeschlagenen Eindringtheorie (Penetrationstheorie) an, daß die Kontaktzeit aller Elemente an der Grenzfläche gleich groß ist. Für den über die Kontaktzeit t gemittelten Stoff ström n* erhält man unter dieser Annahme: HIGBIE

n*

[7.11]

= ~ f n * (t)dt = | 0

(cit9 -

cit0)

J

j L L -

=

{cLg



ci>0)

2

(7.5.23)

0

Zusammen mit der Definitionsgleichung (3) des Stoffübergangskoeffizienten führt die Eindringtheorie zu der folgenden Beziehung für den Stoffübergangskoeffizienten ßc:

([7.12], [7.29], S. 97ff.) verallgemeinert die Eindringtheorie, indem er anstelle der konstanten Kontaktzeit der Elemente an der Grenzfläche eine konDANCKWERTS

1

u r erfc (w) = —=r I e—1'1 dv Γπ J

2

10'

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

148

tinuierliche Erneuerung der Fläche gemäß einer Flächenalterverteilungsfunktion φ (t) voraussetzt. (Der Flächenanteil der Elemente mit einer Kontaktzeit zwischen t und t + dt ist gleich

NTUoe

Γ

=

J

Ζω

dy

NTUol

y — ye

=

VO>

Γ J

A

X

dx

Xe —

X

(7.8.18)

Der Index Ο gibt an, daß zur Berechnung der Zahl NTU0 der Gesamtwiderstand beider Diffusionsschichten berücksichtigt wird. Diesen NTU-Werten nach Gleichung (18) kommt für die Füllkörperkolonne eine ähnliche Bedeutung zu wie der Zahl nth der theoretischen Böden für eine Bodenkolonne. Nur bei geraden und zueinander parallelen Bilanz- und Gleichgewichtskurven stimmen NTUol mifc NTU Ο Β und diese beiden Größen mit der aus dem Beladungsdiagramm ermittelten theoretischen Bodenzahl nth überein. Die vor den Integralzeichen in den Gleichungen (9) und (10) stehenden Faktoren entsprechen der Höhe Η TU einer Übergangseinheit (HTU = Height of one Transfer Unit): ua HTUOA = τ τ Λ = .„ T M (7.8.19) kp α ρ

H T U

ol =

kpaR

Τ

ki.>„f,M c α QmjMm

(7·8·20)

Die gesamte Schichthöhe Η wird damit: Η = NTUOG

HTU0G

=

NTU0L

HTU0L

(7.8.21)

Durch die Definition der Übergangseinheiten wird die Berechnung der Füllkörperschichthöhe auf die Ermittlung der Höhe einer Übergangseinheit und damit speziell des Stoffdurchgangskoeffizienten k bzw. des Produktes k a (a — Austauschfläche pro Raumeinheit) zurückgeführt. Analog wie sich der Stoffdurchgangskoeffizient k nach 7.5 aus den Einzelfilmkoeffizienten ß zusammensetzt, kann die Höhe der Übergangseinheit aus den Teilhöhen HTU0 und HTUL berechnet werden, die auf die Einzelfilmkoeffizienten ß bezogen sind: HTU

Β

= -Jß—

HTU

ßpCip

L

=

*

N L

ßca QmjMm

(7.8.22)

Durch Substitution von (22) in (7.5.10) ergibt sich dann beispielsweise für die gasseitige Übergangseinheit HTU0G unter Berücksichtigung der Steigung M der Gleichgewichtskurve: *

HTU

OG =

HTU

G

+ M^

nL

HTUL

(7.8.23)

Beziehungen zur Ermittlung der Höhe von Übergangseinheiten findet man bei: P E K R Y [ A . 9 ] , S . 1 8 — 3 7 ; MORRIS/JACKSON [7.1], S . 6 0 ; RAMM [7.2], S . 2 2 7 ; SAWISTOWSKI/ SMITH [7.3], S . 2 7 ; NORMAN [7.15], S . 170.

7.9 Wahl des Durchmessers von Absorptionskolonnen

157

7.9 Wahl des Durchmessers von Absorptionskolonnen 7.9.1 F ü l l k ö r p e r k o l o n n e n Die in einer Kolonne von gegebener Höhe und gleichbleibender Füllkörperpackung erreichbare Zahl von Trennstufen hängt stark von der Gasgeschwindigkeit ab. Man beobachtet nach Abbildung 1 zuerst mit zunehmender Geschwindigkeit uG eine Abnahme der Trennstufenzahl, dann einen leichten Anstieg, dem ein starker Abfall folgt. Diese Erniedrigung der Trennwirkung wird durch das sogenannte Fluten verursacht, bei welchem die Waschflüssigkeit aufgestaut wird und nur noch teilweise abläuft. Die höchstmögliche Geschwindigkeit uG ist damit durch die Flutgrenze « ^ f e s t gelegt (6.4.3). Im allgemeinen ist man aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert, den Turmquerschnitt möglichst gut auszunützen; man wird darum nahe der Flutgrenze arbeiten (nach [7.3] ue 0,6 uFl). Bei schwierigen Trennproblemen mit vielen erforderlichen Trennstufen unterliegt dagegen die Turmhöhe gewissen Beschränkungen. Man wird dann vorteilhaft bei niederen Gasgeschwindigkeiten arbeiten, um die Höhe der theoretischen Abb. 7.9.1: Theoretische Bodenzahl Trennstufe{HETSbzw. HTU) zu verkleinern. nth P r o m · Schichthöhe verschiedener (Nach Gleichung (7.8.19) wäre für lc'v — konst. FülUtörperpackungen(RASCHIQ-Ringe) HTUOO proportional der auf die Querschnittsin Abhängigkeit von der Gasgeschwindigkeit uG (nach [7.16], Abb. 291, gefläche bezogenen Gasgeschwindigkeit uG.) Im messen bei der Rektifikation von Äthagleichen Sinne wirken kleinere Füllkörper nol-Wasser) (Abbildung 1). Durch ihre größere Austauschfläche a pro Raumeinheit und die höheren Stoffdurchgangskoeffizienten k wird die Höhe der Trennstufe erniedrigt (nach Gleichung [7.8.19] sind Α und k umgekehrt proportional zu HTU0G)> allerdings nicht so stark, wie man erwarten würde. Dagegen ist in diesem Falle mit einem bedeutend höheren Druckabfall, niedrigerer Flutgrenze und höheren Beschaffungskosten zu rechnen. Weiter ist die Abhängigkeit der Trennstufenhöhe vom Kolonnendurchmesser zu beachten. Hauptsächlich infolge der Randgängigkeit nimmt die erreichbare Stufenzahl pro m Schichthöhe trotz einer gewissen Quervermischung mit zunehmendem Kolonnendurchmesser stark ab ([7.22] [7.23]). Die Ermittlung des Druckabfalles von Füllkörperkolonnen und die daraus folgende Berechnung der Flutgrenze ist in 6.4 (Belastungsdiagramm nach L E V A [6.26]) dargelegt. Weiter sei auf P E R R Y [Α.9], S. 18—23; MORRIS/JACKSON [7.1], S. 22; RAMM [7.2], S. 220 und SAWISTOWSKI/SMITH [7.3], S. 45 verwiesen.

158

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

7.9.2 Bodenkolonnen Die für Rektifikationskolonnen gebräuchlichen Beziehungen zur Berechnung der optimalen Dampfgeschwindigkeit und damit des Durchmessers von Bodenkolonnen dürfen auch auf Absorptionskolonnen übertragen werden. Für nähere Angaben sei darum auf 6.3.9 verwiesen. 7.10 Absorbertypen Literatur:

BRÖTZ

[7.18];

COULSON/RICHARDSON [A.3],

II, S. 4 3 1 ; RAMM

[7.2],

S. 1 9 0 ; SHERWOOD/PIGFORD [7.4], S. 2 1 7 , VALENTIN [7.24].

Aus den Stoffaustauschbeziehungen (7.5) ist ersichtlich, daß die absorbierte Stoffmenge Ni proportional der Berührungs- oder Austauschfläche der beiden Phasen ist. Eine Absorptionsanlage muß darum vor allem eine große Austauschfläche zwischen dem Gas und dem Waschmittel erzeugen, die zudem dauernd erneuert werden soll, um höhere Stoffdurchgangskoeffizienten zu erreichen. Die Berührung zwischen Gas und Lösungsmittel kann technisch durch die folgenden Anordnungen verwirklicht werden: a) Das Gas strömt über eine Flüssigkeitsoberfläche (Oberflächenabsorber) b) Das Gas strömt im Gegenstrom durch eine mit Flüssigkeit berieselte Füllkörperkolonne c) Das Gas perlt in Form von Blasen durch die Flüssigkeit (Bodenkolonnen) d) Die Flüssigkeit wird in einem Gasraum fein zerstäubt 7.10.1

Oberflächen- und D ü n n s c h i c h t a b s o r b e r

In Oberflächenabsorbern wird das Gasgemisch über die Oberfläche eines ruhenden oder nur langsam strömenden Lösungsmittels geleitet. Die Oberfläche bezogen auf das Lösungsmittelvolumen und damit die Austauschfläche ist bei dieser Anordnung verhältnismäßig klein, so daß häufig mehrere solche Absorber hintereinander geschaltet werden müssen. Diese einfache Bauart (Abb. 1) genügt für die Absorption von Gasen, die schnell und begierig vom Waschmittel gelöst werden (z.B. Absorption von Chlor-

7.10 Absorbertypen

159

Wasserstoff durch Wasser). Bei diesen Oberflächenabsorbern kann die Absorptionswärme unmittelbar durch Kühlschlangen abgeführt werden, die sich im Lösungsmittel befinden. Dünnschicht- oder Rieselabsorber sind wesentlich wirkungsvoller als Oberflächenabsorber. In ihnen fließt das Lösungsmittel in dünnen Rieselfilmen unter dem Einfluß der Schwerkraft senkrechten Wänden oder Rohren entlang (wetted tubes). Das Gasgemisch strömt im Gegenstrom dazu von unten nach oben und tritt in Berührung mit dem herabfließenden Lösungsmittel. Die Absorptionswärme wird durch Kühlwasser, das sich im abgetrennten Raum befindet, abgeführt. Diese Rieselabsorber werden häufig zur Absorption von Ammoniak in Absorptionskälteanlagen verwendet ([7.19], S. 390). 7.10.2 F ü l l k ö r p e r k o l o n n e n Infolge ihrer Einfachheit und der zufriedenstellenden Betriebseigenschaften sind die Füllkörperkolonnen die meistverbreitete Bauart von Absorptionsapparaten (Abb. 6.4.2). Sie bestehen im wesentlichen aus einem Turm, der mit Füllkörpern gefüllt ist, über die das Waschmittel im Gegenstrom zum aufsteigenden Gas nach unten fließt. Von den Füllungen wird eine große Oberfläche, verbunden mit großem freiem Querschnitt gefordert. Vorzugsweise verwendet man dabei Ringe aus Steingut, eventuell auch aus Stahl oder Aluminium (RASCHIG-, PALLringe, Ringe mit Rippen) und BERL-Sattelkörper (Abb. 6.4.3). Daneben gelangen aber auch unzählige andere Formen zur Anwendung, wie aus Draht hergestellte Spiralen oder Ringe aus Drahtgeweben. Alle Füllkörper dieser Art lagern sich meist regellos übereinander. Bei Körperformen von größeren Abmessungen findet man dagegen vielfach eine regelmäßige Anordnung, wie beispielsweise bei Hordeneinbauten oder Drahtgewebeflächen (Spraypaks). Trotz der weiten Verbreitung der Füllkörperkolonnen sind verschiedene Nachteile nicht zu übersehen: a) Infolge der Randgängigkeit der Flüssigkeit tritt in den tieferliegenden Füllkörperschichten keine gleichmäßige Flüssigkeitsverteilung mehr auf. Die Flüssigkeit muß daher durch besondere Vorrichtungen (Verteilböden) alle 2 bis 4 m Schichthöhe frisch verteilt werden. b) Bei geringen Berieselungsdichten ( = m 3 Lösungsmittel/[Kolonnenquerschnitt · Zeit]) tropft die Flüssigkeit von einer Berührungsstelle zwischen den Füllkörpern zur andern, so daß sich keine ausreichende Benetzung der Füllung ergibt. Auch ist es schwierig, eine kleine Lösungsmittelmenge gleichmäßig über einen großen Querschnitt zu verteilen. Bei sehr kleinen Flüssigkeitsmengen sind daher Böden den Füllkörpern vorzuziehen. Durch wiederholtes Umpumpen der gleichen Waschmittelmenge, (was aber nur bei chemisch wirkenden Lösungsmitteln mit sehr kleinem Gleichgewichtspartialdruck über der Lösung angewandt werden kann) lassen sich allerdings größere Berieselungsdichten erreichen. c) Verunreinigte Gase oder Flüssigkeiten können die Füllkörper verstopfen. d) Infolge der großen Höhe der Ubergangseinheiten werden Füllkörperkolonnen oft sehr hoch und das Umpumpen des Waschmittels erfordert dann viel Energie. e) Die Ableitung der Absorptionswärme bereitet oft Schwierigkeiten. Ist eine Kühlung des Waschmittels notwendig, so muß es in einem außerhalb der Kolonne liegenden Wärmeaustauscher gekühlt und wieder in die Kolonne zurückgepumpt werden. Technisch kann dies durch hintereinandergeschaltete Füllkörperkolonnen mit Zwischenkühlung des Waschmittels erreicht werden.

160

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

7.10.3 G a s b l a s e n w ä s c h e r ( B o d e n k o l o n n e n ) In Gasblasenwäschern berühren sich Gasgemisch und Lösungsmittel an der Oberfläche von Gasblasen, die durch das ruhende oder langsam bewegte Lösungsmittel aufsteigen. Bei starker Zerteilung des Gasvolumens in feine Bläschen kann eine hohe spezifische Austauschfläche erreicht werden. Gasblasenwäscher werden heute vorwiegend als Kolonnen mit Glocken- oder Siebböden ausgebildet (6.3.1). Die gute Berührung zwischen den Phasen, der Betrieb mit sowohl geringen als auch mit hohen Lösungsmittelmengen (Berieselungsdichte), die kleineren Abmessungen und das niedrigere Gewicht gegenüber Füllkörperkolonnen sind als Vorteil zu werten. Ebenso ist die Reinigung der Böden einfacher und zudem eine Kühlung des Waschmittels zwischen den Böden möglich. Nachteilig wirken sich dagegen die relativ schwierige Herstellung, die Auswahl eines geeigneten Werkstoffes, der gegenüber agressiven Medien beständig ist, und der im Vergleich zu Füllkörperkolonnen meist höhere Druckverlust aus. Zu erwähnen sind zudem die vielfach höheren Anschaffungskosten von Bodenkolonnen.

7.10.4 A b s o r p t i o n s a p p a r a t e m i t F l ü s s i g k e i t s z e r s t ä u b u n g In Absorptionsapparaten mit Flüssigkeitszerstäubung wird das Lösungsmittel im Innern von füllkörperfreien Kolonnen meistens an mehreren Stellen zu Tropfen zerstäubt. Das Gasgemisch strömt dabei im Gegenstrom zu den fallenden Tropfen von unten nach oben. Durch diese Anordnung kann der gasseitige Stoffübergangskoeffizient ßp beeinflußt werden. Je höher die Relativgeschwindigkeit u zwischen Tropfen und umgebendem Gas ist, desto größer wird β ρ (βρ "»» u112, GRASSMANN [Α.5], Gleichung 9.16.10, S. 651). Dagegen ist entsprechend der fehlenden Bewegung (Zirkulation) in kleinen Tropfen der flüssigkeitsseitige Stoffübergangskoeffizient ß'c gering und erhöht sich erst bei größeren Tropfen, in welchen innere Flüssigkeitszirkulation auftreten kann. Absorptionsapparate mit Flüssigkeitszerstäubung eignen sich darum für die Absorption von leicht löslichen Gasen, bei denen der flüssigkeitsseitige Stoffaustauschwiderstand infolge der guten Löslichkeit vernachlässigt werden darf. Bei schwer löslichen Gasen dagegen wird mit Vorteil das Gasgemisch als disperse Phase gewählt, wie das in den Gasblasenwäschern der Fall ist. Absorber mit Flüssigkeitszerstäubung übertreffen bezüglich Wirksamkeit alle anderen Absorbertypen. Allerdings erfordern sie einen großen Aufwand an Energie und verursachen dadurch hohe Betriebskosten. Diese Art von Absorbern findet vor allem Anwendung bei der Absorption von Ammoniak durch Wasser und in den sogenannten Kurzzeitwäschen, in denen infolge der kurzen Berührungszeit Stoffe mit verschiedenen Reaktionszeiten selektiv ausgewaschen werden können. Zum Zersprühen der Flüssigkeit werden an Stelle der zum Verstopfen neigenden Düsen oft schnell rotierende Scheiben angewandt, die auf einer gemeinsamen Welle sitzen. Bei der waagerechten Anordnung der Welle tauchen die Scheiben teilweise in das zu zersprühende Lösungsmittel ein (Abb. 2).

7.11 Regeneration des Waschmittels

161

Abb. 7.10.2: Absorptionsapparat mit Flüssigkeitszerstäubung (STRÖDERWäscher) S = rotierende Scheiben; G = Gas; L = Lösungsmittel

7.11 Regeneration des Waschmittels Bevor das Waschmittel erneut dem Absorber zugeführt werden kann, muß es regeneriert werden. Diese Regeneration, auch Desorption oder Austreiben genannt, bezweckt die Entfernung der gelösten Stoffe aus dem Waschmittel, um einerseits die absorbierten Gase in reiner Form zu gewinnen, andererseits das Waschmittel vor seiner Wiederverwendung davon zu befreien. Da die Desorption ein der Absorption entgegengesetzter Vorgang ist, wirken sich bei der Desorption alle diejenigen Faktoren günstig aus, die das Gleichgewichtsverhalten bei der Absorption benachteiligen. Die Absorption verläuft besser bei hohem Druck und niedriger Temperatur, die Regeneration dagegen bei hoher Temperatur und niedrigem Druck, der bis in den Vakuumbereich reichen kann. Folgende Regenerationsmöglichkeiten werden entweder allein oder kombiniert angewandt : a) Austreiben im inerten Gasstrom (Strippen) b) Austreiben durch Entspannen des Waschmittels bei Absorptionstemperatur c) Austreiben durch Auskochen des Waschmittels bei erhöhter Temperatur, wobei die Siedetemperatur des Waschmittels als oberste Grenze zu gelten hat Die Wirtschaftlichkeit eines Absorptionsverfahrens wird maßgebend durch die Regeneration des Waschmittels beeinflußt, da diese einen großen Teil der insgesamt aufzuwendenden Energie verschlingt. Deshalb sind besonders jene Verfahren vorteilhaft, bei denen der gelöste Stoff zusammen mit dem Waschmittel unmittelbar das gewünschte Produkt bildet, und eine Regeneration somit entfällt (Absorption von Chlorwasserstoff oder Ammoniak durch Wasser). 7.11.1 R e g e n e r a t i o n d u r c h A u s t r e i b e n im i n e r t e n G a s s t r o m Dieses Verfahren ist als die eigentliche Desorption zu bezeichnen. Findet bei der Absorption die Entfernung der löslichen Gaskomponente dadurch statt, daß der 11

Grassmann, Verfahrenstechnik

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

162

Partialdruck dieser Komponente im Gasgemisch höher ist als der entsprechende Dampfdruck über der Lösung, so ist bei der Desorption der Dampfdruck über der Lösung höher als der Partialdruck der löslichen Komponente im Gasgemisch. Die gelöste Komponente wird darum aus der Flüssigkeit durch die Grenzfläche in das Gas diffundieren (umgekehrte Austauschrichtung zu derjenigen beim Absorptionsvorgang). Durch dauernde Zufuhr von neuem Inertgas wird der Partialdruck der auszutauschenden Komponente im Gas ständig auf niedrigem Wert gehalten. Die Gleichungen für den Stoffaustausch (7.5) behalten für die Desorption ihre Gültigkeit bei, jedoch muß durch geänderte Vorzeichen der umgekehrten Austauschrichtung Rechnung getragen werden. Das Austreiben im inerten Gasstrom erfolgt gewöhnlich in Füllkörper- oder Bodenkolonnen, denen oben das beladene Waschmittel und unten das inerte Gas zugeführt wird (Abb. 1). Die Berechnung der Desorption entspricht derjenigen der Absorption. Allerdings liegt bei der graphischen Bestimmung der theoretischen Bodenzahl einer Desorptionskolonne infolge der umgekehrten Austauschrichtung gegenüber der Absorption die Arbeitsgerade im üblichen Beladungsdiagramm (Abb. 2) stets unterhalb der Gleichgewichtslinie (auch Abb. 7.7.2, Beladungsdiagramm bei einem Absorptions Vorgang). Die bei der Desorption aus dem Waschmittel ausgetriebene Menge ΔΝ* an absorbiertem Stoff i kann leicht durch eine Stoffbilanz errechnet werden: ANf = N*L (Χβ — Χα) = Ν* (Υω — Ya)

(7.11.1)

fax«

Jt

faXfO faXa,

Abb. 7.11.1: Mengenströme und deren Beladungen in einer Desorptionskolonne

Abb. 7.11.2: Ermittlung der für einen Desorptionsvorgang nötigen Zahl theoretischer Trennstufen im Beladungsdiagramm

Die Beladung Ya des eintretenden Inertgases darf dabei häufig vernachlässigt werden. Als Steigung der Arbeitsgeraden ergibt sich analog Gleichung (7.2.7): tg * = NtlN* e

(7.11.2)

7.11 Regeneration des Waschmittels

163

Mit der beschriebenen Regeneration im inerten Gasstrom ist es nicht möglich, die gelöste Komponente in reinem Zustand zu gewinnen. Dieses Verfahren kommt darum nur dann in Betracht, wenn eine weitere Verwertung der entfernten Komponente trotz der geringen anfallenden Konzentration möglich oder der ausgetriebene Stoff wertlos ist (z.B. eine schädliche Beimengung darstellt, welche durch Absorption entfernt werden muß). Dabei ist allerdings auch die Reinhaltung der Luft zu bedenken. 7.11.2 R e g e n e r a t i o n d e s W a s c h m i t t e l s d u r c h E n t s p a n n e n Die Löslichkeit von physikalisch wirkenden Lösungsmitteln verringert sich stark mit abnehmendem Druck. Wenn darum im Absorber die zu lösenden Gase bei hohen Partialdrücken (5—10 bar) durch das Waschmittel aufgenommen werden, ist eine genügende Regeneration durch Entspannung immer möglich. Regeneriert man beispielsweise das Waschmittel durch Entspannen auf Atmosphärendruck, so kann bei der Absorption der Partialdruck der zu entfernenden Komponente im gewaschenen Gas bis auf einen Wert von etwa 1,2 bar erniedrigt werden. Dieser Restpartialdruck läßt sich weiter vermindern, wenn das Lösungsmittel durch Entspannung unter Vakuum oder durch Zuführen von Inertgasen (Kombination von Entspannungsentgasung und Desorption) regeneriert wird. Dieses Regenerationsverfahren wird bei der sogenannten Druckwasserwäsche, der Auswaschung von Kohlendioxid mit Wasser, angewandt. Bei hohem Druck wird C0 2 durch Wasser im Absorber absorbiert, um dann bei gleicher Temperatur in der folgenden Entspannungsstufe in reiner Form gewonnen zu werden (Abb. 3). Durch zusätzliches Strippen mit Luft lassen sich geringe Partialdrücke und damit eine gute Regeneration des Wassers erreichen. Bei größeren Anlagen gelangt an Stelle der Drosselentspannung meistens eine Entspannungsturbine zur Anwendung, die mit der Lösungsmittelpumpe zu einem Pumpen-Turbinenaggregat gekoppelt ist. Luft + CO,

Abb. 7.11.3: Regeneration des Lösungsmittels durch Entspannen und Strippen am Beispiel der Auswaschung von C0 2 mittels Druckwasserwäsche. 1 = Absorptionskolonne (p = 10 bis 30 bar) 2 = Desorptionskolonne (p « 1 bar) 3 = Entspannungsventil 4 = Lösungsmittelpumpe

/7nc + rn«

Δ

Entsprechend der Erwärmung bei der Absorption kühlt sich das Waschmittel bei der Desorption und der Entspannungsentgasung ab. Meistens sind aber bei physikalisch lösenden Waschmitteln nur geringe Temperaturänderungen zu erwarten. 11»

164

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

7.11.3 R e g e n e r a t i o n d u r c h A u s k o c h e n Durch Erwärmen des Waschmittels kann dessen Löslichkeit fast immer verringert und die gelöste Gaskomponente ausgetrieben werden. Um die Verluste an Lösungsmittel klein zu halten, wird oft eine Rektifikation angeschlossen. Da der große Energiebedarf des Auskochens die Wirtschaftlichkeit eines Absorptionsverfahrens beeinträchtigt, werden häufig vor der Erwärmung des Waschmittels eine oder mehrere Entspannungsstufen angeordnet. Vielfach setzt nämlich eine Senkung des Druckes mehr Gas aus dem Waschmittel frei als eine Temperaturerhöhung, da die Gleichgewichtskonstanten der in Frage kommenden Stoffsysteme sich in dem anwendbaren Bereich meistens nur wenig mit der Temperatur ändern. Das Prinzip einer Absorptionsanlage mit Regeneration des Lösungsmittels durch Auskochen zeigt Abbildung 4. Das am untern Ende des Absorbers 1 austretende beladene Waschmittel wird in einem Wärmeaustauscher 2 durch das von derDegereinigtes Gas

desorbiertes Gas

JL

i.

ι

ι

V.

ι

μ

ι

sorptionskolonne 3 kommende heiße, regenerierte Waschmittel vorgewärmt und strömt dann oben in die Desorptionskolonne 3. In dieser eventuell mit einem Rektifikationsaufsatz ausgerüsteten Kolonne wird durch Auskochen die aufgenommene Gaskomponente abgetrennt. Das regenerierte Waschmittel fließt anschließend über Wärmeaustauscher 2 und Kühler 4 in die Absorptionskolonne zurück. Abb. 7.11.4:

Gas

2

-fvvvvj-

Regeneration des Lösungsmittels durch Auskochen

1 = Absorber 2 = Wärmeaustauseher 3 = Desorptionskolonne

4 = Kühler 5 = Heizung

7.11.4 B e i s p i e l e i n e s R e g e n e r a t i o n s p r o z e s s e s Am Beispiel der Benzol- und Benzingewinnung durch Druckölwäsche soll kurz die Durchführung der Regeneration des Waschmittels beschrieben werden [7.20]. Das Schema der ganzen Absorptionsanlage zeigt Abbildung 5. Diese niedrigsiedenden Kohlenwasserstoffe werden unter Druck aus dem Rohgasstrom (Raffineriegas, Erdgas) mit einem ö l , das höher als die zu gewinnenden Stoffe siedet, im Absorber 1 ausgewaschen. Das beladene Waschmittel wird anschließend vor einer ersten Regenerationskolonne 2 entspannt. Zur Vermeidung von Benzol- und Benzinverlusten werden die bei der Entspannung frei werdenden Gase in einem sogenannten Reabsorber 3 mit regeneriertem ö l nachgewaschen. Über den Wärmeaustauscher 4 und den Erhitzer 5 gelangt dann das Waschmittel in die eigentliche Regenerationssäule 6 (Rektifikationskolonne). Darin werden die leichter siedenden Kohlenwasserstoffe durch zusätzliche direkte Wasserdampfheizung ausgetrieben, im Kühler 7 kondensiert und im Abscheider 8 vom Wasser getrennt. Das gewonnene Benzin-Benzol-Gemisch gelangt anschließend teilweise wieder als Rücklauf in die Rektifizierkolonne 6. Das

7.12 Bemerkungen zur Betriebsweise von Absorptionsanlagen

165

aus dieser unten abfließende, regenerierte öl wird über den Wärmeaustauscher 4, die Pumpe 9 und den Kühler 10 zu einem Teil dem Reabsorber 3, zum andern Teil der Absorptionskolonne 1 zugeführt. Mit diesem Verfahren ist es wirtschaftlich möglich, Benzin-und Benzol-Kohlenwasserstoffe bis zu 95% aus dem Rohgas zu entfernen. Entspannungs-

freies Gas

Abb. 7.11.5: Benzol- und Benzingewinnung aus einem Rohgas mittels Druckölwäsche 1 = Absorber 6 = Regenerationssäule (Rektifikation) 2 = Desorptionskolonne 7 = Kühler 3 = Reabsorber 8 = Abscheider 4 = Wärmeaustauscher 9 = Pumpe 5 = Erhitzer 10 = Kühler

7.12 Bemerkungen zur Betriebsweise von Absorptionsanlagen Einfluß des Druckes:

Da proportional zum Gesamtdruck auch der Partialdruck der zu absorbierenden Komponente wächst, läßt sich bei einer bestehenden Anlage durch Druckerhöhung die absorbierte Menge pro kg Lösungsmittel steigern (Druckwasserwäsche zur Entfernung des CO2 aus Kokereigasen bei Drücken von 15 bis 25 bar). Die für die Waschflüssigkeit dann oft recht beträchtliche Pumparbeit kann zum Teil bei der Entspannung durch ein Pumpen-Turbinenaggregat wieder zurückgewonnen werden. Eine Druckwäsche ist allgemein aber nur dann zu empfehlen, wenn das Gas unter hohem Druck anfällt oder bei hohem Druck weiter verarbeitet werden muß. Leider erhöht sich mit steigendem Gesamtdruck ebenfalls die Löslichkeit des Trägergases in der Waschflüssigkeit, was unerwünschte Gasverluste zur Folge hat. Bei der Absorption unter höherem Druck kann infolge der kleineren Gasvolumina der Kolonnenquerschnitt verkleinert werden. Dies führt zu Materialeinsparungen, solange die für den höheren Druck erforderlichen Wandstärken noch nicht beträchtlich sind.

166

Kapitel 7: Absorption und Gaswaschung

Einfluß der Temperatur: Fast immer nimmt die Löslichkeit im Waschmittel mit fallender Temperatur zu. Meistens rechtfertigt dies aber die kostspieligere Durchführung der Gaswäsche bei Temperaturen unterhalb der Umgebungstemperatur nur dann, wenn diese tiefen Temperaturen ohnehin beim Prozeß benötigt werden. Auch ist zu bedenken, daß mit abnehmender Temperatur der flüssigkeitsseitige Stoffaustauschwiderstand wegen der Abnahme des Diffusionskoeffizienten größer wird. Waschmittelführung: Gaswäschen werden auf der Gasseite fast immer kontinuierlich betrieben. Für die Führung des Waschmittels bestehen dagegen neben der kontinuierlichen Betriebsweise mit Regeneration des gesamten beladenen Lösungsmittels noch folgende Möglichkeiten: a) Betrieb mit kontinuierlicher Regeneration nur eines Teilstromes des beladenden Waschmittels, wie dies Abbildung 1 zeigt. Das aus dem Absorber 1 abfließende, beladene Waschmittel wird mit einer Pumpe 2 zu einem Teil über den Kühler 3 erneut der Kolonne, zum anderen Teil der Regenerationsanlage zugeführt, um als frisches Waschmittel nachher wieder in den Absorber zu gelangen. Die Wirkung der Absorptionsanlage wird durch die teilweise Umwälzung allerdings beeinträchtigt, da das Waschmittel nun schon mit einer gewissen Beladung Xa in den Absorber gelangt. Dagegen kann durch diese Betriebsweise eine höhere Berieselungsdichte und damit eine vollkommenere Benetzung der Füllkörper erreicht werden. Zudem wendet man diesen Kreislauf zur besseren Abführung der Absorptionswärme an. Bei einem Mengenverhältnis μ = Ν^/Νχ Gas zwischen dem den Absorber verlassenden X Lösungsmittelstrom Ν*L und den frisch zuCL geführten Teilstrom Nr (Beladung X 0 ) läßt regeneriertes | Lösungsmittel sich die folgende Bilanzgleichung ansetzen (Abb. 1):

%

l

Ν*(Υα-Υω)

= Νΐ(Χω-Χ0) = μΝ*κ(Χω-Χα)

(7.12.1)

Rohgos\ NrA*

€J

ton

Abb. 7.12.1: Absorption mit nur teilweiser Regeneration des Lösungsmittels (Umwälzung) 1 = Absorber 2 = Pumpe 3 = Kühler

Daraus ergibt sich für die Beladung Xa des in den Absorber eintretenden Waschmittels :

μ

Aufgaben zu Kapitel 7

167

Abbildung 2 zeigt in einem Beladungsdiagramm die Lage der Arbeitsgeraden bei Betrieb ohne Umwälzung (μ = 1, AB) und bei Betrieb mit Umwälzung (AG). Mit zunehmender Umwälzung nähert sie sich der Gleichgewichtslinie, womit die Trennwirkung der Kolonne beträchtlich vermindert wird.

Abb. 7.12.2: Bilanzgerade AB (μ = 1) bei Absorption ohne Umwälzung (vollständige Regeneration) und AG (μ > 1) bei Umwälzung (teilweiser Regeneration) des Lösungsmittels. μ = ( a + b)/a

b) Chargen weiser flüssigkeitsseitiger Betrieb mit oder ohne Umwälzung wird nur bei kleinen Anlagen und bei Lösungsmitteln gewählt, deren Sättigungszustand bei der Absorption sehr langsam erreicht wird.

Aufgaben zu Kapitel 7: 7.1 Einer Anlage zur Absorption von Benzol aus Luft mittels eines Waschöls (Gemisch verschiedener Kohlenwasserstoffe) werden pro Stunde 250 kmol Luft mit einer Molbeladung von 5 % Benzol zugeführt. Vom benzolfreien Waschmittel stehen 11300 kg/h zur Verfügung. (Molmasse des Waschmittels = 205 kg/kmol). Das Luftgemisch wie das ö l weisen am Eintritt eine Temperatur von 15° C auf. a) Ermittle die Molbeladung Υω der Luft und des Waschmittels Χω am Absorberaustritt, wenn die Ausbeute der Absorption an Benzol 95% beträgt. b) Die Kondensationsenthalpie des Benzols betrage 30,8 · 103 kJ/kmol und die spezifische Wärme des Waschmittels sei 255 kJ/(kmol K). Welche Austrittstemperatur Τω weist das Waschmittel bei adiabater Durchführung der Absorption auf ? (Erwärmung der Gasphase ist zu vernachlässigen). c) Die Waschmittel-Benzol-Lösung verhalte sich wie eine ideale Lösung und das Waschmittel selbst sei als nicht-flüchtig zu betrachten. Wie groß ist die Henry-Konstante H i und die Steigung m der Gleichgewichtslinie in einem Beladungsdiagramm für die mittlere Waschmitteltemperatur, wenn Benzol

Kapitel 7: Aufgaben

168

den folgenden Dampfdruck Ρ β aufweist (Betriebsdruck: 720 mm Hg) ? T(° C)

:15

20

28

36

44

Ρ β (Pa)

:8,0

10,1

16

21,2

29,2 · ΙΟ3

d) Bestimme die Gleichung der Bilanzgraden und deren Steigung a. e) Wie groß ist die Anzahl n th der theoretischen Trennstufen für diesen Absorptionsvorgang (Hinweis: Verwende Gl. (7.7.1), da sowohl Gleichgewichtswie Bilanzlinien Geraden sind.) f) Wie groß ist der Einfluß auf die Trennstufenzahl, wenn durch eine Kühlvorrichtung des Waschmittels eine isotherme Durchführung des Trennvorganges bei Τ = 15°C ermöglicht wird? 7.2 Die in Aufgabe 1 beschriebene Absorption wird in einem Rieselabsorber durchgeführt, in welchem das Waschmittel entlang der Innenfläche von senkrechten, gekühlten Rohren (Durchmesser 30 mm, Länge 3 m) rieselt. Die mittlere Geschwindigkeit des Rieselfilmes betrage 0,5 m/s, diejenige des Gasstromes 5 m/s. Bestimme den Stoffdurchgangskoeffizienten k'c, sofern für den gasseitigen Übergang Gleichung (7.5.19) in Analogie zum Wärmeaustausch und für den flüssigkeitsseitigen Übergang die Turbulenztheorie nach H I G B I E verwendet werden darf. (Annahme: Kontaktzeit sei in diesem Fall gleich der Verweilzeit der Flüssigkeit im Rohr). Stoffdaten:

Gasphase:/' D"

= 1,5 · 10 - 5 m 2 /s e 2 = 25,0 · 10- m /s

Flüssigkeit: D' = 1,0 · 10-» m 2 /s Hc

=

Ht

ß'p' = ß'c'

— 4,1 · 103

Nm kmol

o"

"

Umrechnung:

· M.m\qm

= ^

= 1,75 · 10-' ß'c' kmol/(Ns).

Kapitel 8: Extraktion Literatur: TREYBAL

ALDERS

[8.4];

[8.1];

ULLMANN

SAWISTOWSKI/SMITH

[A.10], Bd. 2;

[8.2]; SHERWOOD/PIGFORD [8.3]; [8.32].

HANSON

8.1 Definitionen und Anwendungen Unter Extraktion versteht man die Trennung eines Stoffes von einem anderen mit Hilfe einer Flüssigkeit, die durch ihr Lösungsvermögen für den zu extrahierenden Stoff zum Extraktionsmittel wird. Je nach der Art der beteiligten Phasen unterscheidet man: a) F e s t - F l ü s s i g - E x t r a k t i o n Durch das Lösungsmittel (Extraktionsmittel) werden bestimmte Bestandteile aus einem festen Stoff, dem Extraktionsgut, herausgelöst. Das Extraktionsgut erfährt dabei eine mehrmalige Extraktion mit frischem oder teilweise beladenem Extraktionsmittel. Während dieses Vorganges diffundiert der zu extrahierende Stoff in das Lösungsmittel und kann anschließend durch Destillation oder Rektifikation daraus gewonnen werden. (Lit.: ULLMANN [A.10], Bd. 2, S. 722; V A U C K / M Ü L L E R [A. 11], § 10.5.) Die Fest-Flüssig-Extraktion dient vor allem zur Gewinnung von ölen aus Saaten und Früchten (Gewinnung von ö l aus Ölfrüchten durch Extraktion mit Benzin). Wenn Wasser als Lösungsmittel dient, wird die FestFlüssig-Extraktion häufig als Auslaugen bezeichnet (Auslaugen von Zuckerrübenschnitzeln). b) F l ü s s i g - F l ü s s i g - E x t r a k t i o n Aus einer Flüssigkeit (Rohprodukt, Feed) wird durch Stoffaustausch mit einer in dieser nicht löslichen anderen Flüssigkeit, dem Extraktionsmittel, der in beiden lösliche Stoff C extrahiert. Die den zu extrahierenden Stoff C aufnehmende Flüssigkeit Α (Extraktionsmittel) wird dabei als Aufnehmer, die anfängliche Trägerflüssigkeit Β als Abgeber bezeichnet. Zusammen mit dem gelösten Stoff G bildet der Aufnehmer die Aufnehmer- oder Extraktphase Ε und der Abgeber die Abgeber oder Raffinatphase R. Weiter werden häufig die Bezeichnungen Extrakt für die beladene Aufnehmerphase und Raffinat für die verarmte Abgeberphase verwendet. Anschließend an die Extraktion kann der extrahierte Stoff C durch Destillation oder Rektifikation aus dem beladenen Aufnehmer (Extrakt) gewonnen werden. Beispiele: Gewinnung von Essigsäure aus einem Essigsäure-Wassergemisch durch Extraktion mit Äthylacetat. Caprolactamgewinnung durch Flüssig-FlüssigExtraktion von ammonsulfathaltigen wässerigen Rohlactamlösungen mit Hilfe von organischen Lösungsmitteln, wie ζ. B. Benzol, siehe 8.11). c) G a s f ö r m i g - F l ü s s i g - E x t r a k t i o n Sie wird als Absorption bzw. Desorption bezeichnet und ist in Kapitel 7 behandelt worden.

170

Kapitel 8: Extraktion

8.1.1 A n w e n d u n g der F l ü s s i g - F l ü s s i g - E x t r a k t i o n Die Flüssig-Flüssig-Extraktion wird häufig dann verwendet, wenn eine Destillation oder eine Rektifikation nicht möglich oder unwirtschaftlich ist: Bei Flüssigkeitsgemischen von Komponenten, deren Siedepunktsdifferenz gering ist, wodurch im McCABE-THiELE-Diagramm die Gleichgewichtskurve sehr nahe der Diagonalen liegt (5.2). Eine vollständige Trennung mittels Rektifikation wäre dann nur mit einer unwirtschaftlich großen Bodenzahl möglich. Bei azeotropen Gemischen. Wenn bei Erwärmung des Gemisches eine Zersetzung eintreten kann. Wenn gleichzeitig mehrere Komponenten entfernt werden sollen, die sich hinsichtlich ihres Siedepunktes stark voneinander unterscheiden. Ein Beispiel für die zuletzt genannte Anwendungsmöglichkeit stellt das E d e l e a n u Verfahren dar: Aus dem Erdöl werden ungesättigte und aromatische Kohlenwasserstoffe, stickstoff-, sauerstoff- und der Hauptteil der schwefelhaltigen Verbindungen durch Extraktion mittels flüssigen Schwefeldioxids als Aufnehmer entfernt, in welchem sich alle aufgeführten Stoffe recht gut lösen. Wegen des niedrigen Siedepunktes von —10 °C läßt sich Schwefeldioxid von den betreffenden Stoffen, die fast ausnahmslos schwerer flüchtig sind, anschließend leicht abtrennen. Im folgenden befassen wir uns lediglich mit der Flüssig-Flüssig-Extraktion. Sie kann ähnlich wie die Absorption behandelt werden. 8.2 Gleichgewichte von Flüssig-Flüssig-Systemen Um den Extrahieraufwand (Zahl der Trennstufen, Extraktionsmittelmenge usw.) berechnen zu können, muß man das Gleichgewichtsverhalten der betreffenden Flüssig-Flüssig-Systeme kennen. Der Vorgang der Extraktion ist am leichtesten erfaßbar, wenn man sich zwei ineinander unlösliche flüssige Phasen vorstellt, zwischen denen eine dritte Komponente C (gelöstes Salz oder Flüssigkeit) ausgetauscht wird. Jede der Phasen besteht dabei aus dem Lösungsmittel (Α, Β) für den auszutauschenden Stoff und dem auszutauschenden Stoff C selbst. Liegt der Idealfall vor, daß die Lösungsmittel Α und Β der beiden Phasen auch bei höheren Konzentrationen an auszutauschendem Stoff C nicht ineinander löslich sind, können die Gleichgewichtsverhältnisse analog denen bei der Absorption (7.4) beschrieben werden. Bei Flüssig-Flüssig-Systemen tritt dabei an Stelle des HENRYScAe» Gesetzes derNERNSTScAe Verteilungssatz, der besagt: Eine Molekülart, die sich in zwei unvermischbaren Flüssigkeiten unter Beibehaltung ihrer Molekülgröße nach den Gesetzen von H e n r y (Gl. 7.4.5) und D a l t o n löst, verteilt sich in ihnen derart, daß das Verhältnis der Konzentrationen ceIcr in den beiden Phasen Ε und R unverändert bleibt, unabhängig von der Gesamtmenge jedes der drei anwesenden Stoffe. Als Gleichung geschrieben: cE = konst. = Κ (8.2.1) Cft Cß = Molkonzentration des Stoffes C in der -reichen Aufnehm erphase i? (Extraktphase)[kmol/m3] cR = Molkonzentration des Stoffes C in der ,Β-reichen Abgeberphase R (Raffinatphase) [kmol/m3] Κ — NERNSTscher Verteilungskoeffizient [—]

171

8.2 Gleichgewichte von Flüssig-Flüssig-Systemen

Auch bei der Berechnung von Extraktionsvorgängen ist es vielfach zweckmäßiger, statt mit den Molkonzentrationen cE, cR bzw. den Molanteilen xE, xR mit den Molbeladungen XE und XR des Aufnehmers Ε und Abgebers R zu rechnen: (8·2·2»

Nctß = Menge des gelösten Stoffes C in der Aufnehmerphase Ε (Extraktphase) [kmol]

Nc> r = Menge des gelösten Stoffes 0 in der Abgeberphase R (Raffinatphase) [kmol] Na = Menge des reinen Aufnehmers Α in der Aufnehmerphase Ε (Extraktphase) [kmol] Ν β = Menge des reinen Abgebers Β in der Abgeberphase R (Raffinatphase) [kmol]

Bei kleinen Beladungen gilt:

Qr, QΕ M-r, Μ ε

xE

xe

XR

XJI

QR Mr

mE

cE

6e

Cr

QrMe K = Κ' QeMR

(8.2.3)

= mittlere Dichte der Raffinat- bzw. Extraktphase [kg/m 3 ] — mittlere Molmasse der Raffinat- bzw. Extraktphase [kg/kmol]

Diese Darstellung des NERNSTschen Verteilungssatzes mit Molbeladungen unterscheidet sich von derjenigen mit Molkonzentrationen (Gleichung 1) somit nur um den Faktor QRMEj{QEMR), um den man den Verteilungskoeffizienten Κ korrigieren muß. Bei höheren Beladungen treten hingegen wegen der nun merklichen Unterschiede zwischen Beladungen und Molanteilen Abweichungen auf; allerdings ist dann der NERNSTsche Verteilungssatz nur noch bedingt gültig, da auch er, wie das ÜENRYsche Gesetz, nur ein Grenzgesetz für verdünnte Lösungen darstellt. Bei Gültigkeit des NERNSTschen Verteilungssatzes (Gleichung 1) liegen die Gleichgewichtszustände der beiden Phasen in einem Zustandsdiagramm mit den Achsen cE, cR oder näherungsweise auch xE, xr auf einer Geraden (Gleichgewichtskurve). Trägt man an Stelle der Molanteile die Molbeladungen auf, so bleibt bei kleinen Beladungen die Gleichgewichtskurve in erster Näherung geradlinig (Gerade α in Abb. 1). Der Verteilungskoeffizient Κ ist jedoch für die meisten Flüssig-Flüssig-Systeme von der Konzentration abhängig, so daß schon bei niedrigen Anteilen von C die Gleichgewichtskurven häufig die Formen b annehmen.

Abb. 8.2.1: Darstellung des Gleichgewichtsverhaltens von Flüssig-FlüssigSystemen im Beladungsdiagramm. (Κ' = NERNSTscher Verteilungskoeffizient)

Kapitel 8: Extraktion

172

Bei dieser Darstellung des Gleichgewichts im Zweistoffdiagramm werden nur die beiden Phasen betrachtet, zwischen denen die dritte Komponente ausgetauscht wird. Wenn diese jedoch die gegenseitige Löslichkeit der beiden Phasen beeinflußt, so muß die Änderung des Löslichkeitsverhaltens aller drei Komponenten verfolgt werden können. Dazu reicht das rechtwinklige Diagramm nach Abbildung 1 nicht mehr aus, sondern es müssen Dreiecksdiagramme zu Hilfe genommen werden. I n einem Dreiecksdiagramm, dessen Ecken den Zuständen der reinen Stoffe Α, Β und G entsprechen, wird deren gegenseitige Löslichkeit durch die Grenzkurven dargestellt, welche die einphasigen homogenen Gebiete von den zweiphasigen heterogenen Zonen trennen. Bei dem in Abbildung 2 dargestellten Dreistoff system sind im reinen Zustand die Stoffe Α und Β vollkommen ineinander unlöslich. Mit zunehmendem Anteil an auszutauschendem Stoff C lösen sie sich dagegen, so daß die einzelnen Phasen dann jeweils alle drei Stoffe Α, Β und G enthalten. Die Komponente C ist sowohl im Stoff Α wie im Stoff Β in jedem Verhältnis löslich; darum sind die Dreiecksseiten AC und BG nicht durch Mischungslücken unterbrochen. Abbildung 3 a zeigt das Zustandsdiagramm des Systems Methanol {A) — Isooktan (Β) — Nitrobenzol (G), das bei einer Temperatur von 20 °C zwei Mischungslücken auf weist. Da im allgemeinen die Löslichkeit von der Temperatur abhängt, beeinflußt eine Temperaturänderung die Größe des Zweiphasengebietes. Bei einer tieferen Temperatur (10 °C) vereinigen sich nach Abbildung 3 b die beiden Zweiphasengebiete zu einem einzigen. Tiefere Temperaturen verkleinern nämlich meistens die Löslichkeit und damit die Mischungslücke.

Lg

Abb. 8.2.2: Die Löslichkeitsgrenzkurve unterteilt das Zustandsfeld der einphasigen (homogenen) Lösungen von dem der zweiphasigen (heterogenen) Lösungen

Nitrobenzol

Methanol

a

Nitrobenzol

Isooktan

Methanol

b

Isooktan

Abb. 8.2.3: Zustandsdiagramm des SystemsJMethanol—Isooktan—Nitrobenzol nach [8.6]. a) bei 0 = 20°Cj b) bei & = 10°C

173

8.2 Gleichgewichte von Flüssig-Flüssig-Systemen

Dem „idealen" System mit vollkommener Unlöslichkeit der beiden Komponenten Α und Β entspricht im Dreiecksdiagramm nach Abbildung 2 eine Grenzkurve, welche mit der Dreiecksseite AC und BC zusammenfällt. Alle Lösungen mit Zusammensetzungen, denen Zustandspunkte innerhalb der Mischungslücke entsprechen (ζ. B. Punkt Μ, Abbildung 4), sind zweiphasig. Die Zustandspunkte Ei, R{ der beiden homogenen Phasen müssen entweder im Einphasengebiet oder (im abgesättigten Zustand) auf der Löslichkeitsgrenzkurve AKPB hegen. Die gegenseitige Lage von i?j, Ei und Μ ist nach Abschnitt 4.6.1 durch die Mischungsregel festgelegt. (Das Mengenverhältnis der Phasen R{ zu Et ist gleich dem Verhältnis der Strecken EiM zu RiM.) Wenn sich die beiden Phasen Ri und Ei im Gleichgewicht befinden, wird die Verbindungsgerade der entsprechenden Zustandspunkte als Konnode bezeichnet (Abb. 4). Abb. 8.2.5: Konstruktion der Konnode Ε (Bf mit Hilfe des Punktes H,· auf der Hilfskurve Η

C

Abb. 8.2.4: Zusammensetzung des zweiphasigen Gemisches Μ aus den Phasen Ei und Rj, die im Gleichgewichtszustand auf der Konnode durch Μ liegen. K p = kritischer Punkt (Plait Point)

Mit steigendem Gehalt an C werden die Konnoden zusehends kürzer und damit die Konzentrationsunterschiede zwischen den beiden Gleichgewichtsphasen kleiner. Im kritischen Punkt KP (Plait point) selbst wird die Konnode zur Tangente an die Löslichkeitsgrenzkurve und die Zusammensetzung der beiden Phasen ist gleich. Nach den Betrachtungen zu Beginn dieses Paragraphen, entspricht diese Lage einem Verteilungskoeffizienten Κ = 1. Durch den kritischen Punkt KP wird die Löslichkeitsgrenzkurve in zwei Äste unterteilt: Zustandspunkte auf dem linken Ast entsprechen der Α -reichen Aufnehmer-(Extrakt-)phase E \ solche rechts der ^-reichen Abgeber-(Raffinat-)-phase R. Zur Konstruktion der Konnoden bedient man sich häufig einer Hilfskurve Η (Abb. 5). Will man beispielsweise die Zusammensetzung Ei der Phase finden, die mit Ri im

174

Kapitel 8 : Extraktion

Gleichgewicht steht, so kann man mittels zweier Parallelen zu den Diagrammseiten AC und BC über den Hilfskurvenpunkt Hi zum gesuchten Zustandspunkt Ei auf dem anderen Ast der Löslichkeitsgrenzkurve gelangen. Ohne große Schwierigkeiten lassen sich die Zusammensetzungen der Phasen Ri, Ei, deren Zustandspunkte auf einer Konnode liegen, in ein rechtwinkliges Diagramm nach Abbildung 1 übertragen. Führen wir diese Transformation für mehrere Punktepaare der Löslichkeitsgrenzkurve durch, so finden wir die Gleichgewichtskurve. Diese muß bei gleichen Achsenmaßstäben im kritischen Punkt KP auf der 45°-Geraden durch den Ursprung des Diagrammes enden. Daten über Flüssig-Flüssig-Gleichgewichte sind zusammengestellt vor allem bei F r a n c i s [ 8 . 7 ] ; dann auch bei L a n d o l t - B ö r n s t e i n [A.8], B d . I I / 2 C , S. 5 0 1 ; P e r r y [A.9],

S . 15— 1 7;

[8.8];

[8.9], B d . 2 , S . 2 0 8 , B d . 3, S . 3 3 7 u n d 4 7 3 , B d . 4 , S . 4 7 1 ,

Bd. 5 , S. 5 4 9 , Bd. 6, S. 4 7 2 , Bd. 7, S. 6 6 9 , Bd. 8, S. 5 8 6 . 8.3 Durchführung der Extraktion Die Trennung der Komponenten einer Lösung durch Extraktion mit einem E x traktionsmittel kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden: a) absatzweises, diskontinuierliches Verfahren b) kontinuierliche Durchführung, eventuell mit ruhendem Abgeber oder Aufnehmer. (Verfahren mit ruhendem Abgeber sind hauptsächlich auf die Fest-Flüssig-Extraktion beschränkt, während die kontinuierliche Prozeßführung im Gegenstrom bei der Flüssig-Flüssig-Extraktion wie auch bei der Absorption üblich ist.) 8.3.1 A b s a t z w e i s e E x t r a k t i o n Eine absatzweise arbeitende Extraktionsapparatur setzt sich aus sogenannten Stufen zusammen. Als Stufe wird dabei eine mechanische Vorrichtung bezeichnet, welche den ihr zugeführten beladenen Abgeber (Feed F) mit dem Aufnehmer (Extraktionsmittel S) innig vermischt und anschließend die beiden unlöslichen Phasen (Raffinat R, Extrakt E) mittels eines Abscheiders wieder voneinander trennt. Das Fließbild einer Stufe zeigt Abbildung 1 und in Abbildung 2 ist schematisch die technische Ausführung dargestellt: Raffinat R

Feed Γ

verarmter Abgeber

Abb. 8.3.1: Fließbild einer Extraktionsstufe

Aufnehmer S Extraktionsmittel

beiodener Aufnehmer

AufnehmerS Abscheider

Feed F

1 Raffinat R Μ

Mischer

Phasen grenzftäche Extrakt Ε

Abb. 8.3.2: Technische Verwirklichung einer absatzweise arbeitenden- E x traktionsstufe mit Mischer undTAbscheider

8.3 Durchführung der Extraktion

175

Stehen die Raffinatphase R und die Extraktphase Ε nach dem beschriebenen Vorgang im Gleichgewicht, so wird die Stufe als theoretisch oder ideal bezeichnet. Die Arbeitsweise einer solchen theoretischen Stufe läßt sich gut in einem Zustandsdiagramm nach Abbildung 3 verfolgen. Obwohl der beladene Abgeber F oft nur aus einem Gemisch der Stoffe Β und C besteht, wurde in diesem Beispiel der allgemeine Fall angenommen, daß sowohl im Feed F wie auch im Extraktionsmittel S alle drei Komponenten enthalten sind. Die Zustandspunkte F und S Hegen darum nicht auf den Dreiecksseiten BC und AC. Auf der Verbindungsgeraden FS liegt der Mischpunkt M, der dem Zustand des heterogenen Gemisches in der Mischapparatur entspricht. Seine Lage ist nach 4.6 durch das Verhältnis der Feedmenge NF zur Extraktionsmittelmenge NS bestimmt: NF

N,

MS

(8.3.1)

FM

Abb. 8.3.3: Änderung der Zusammensetzung des Feed F und des Aufnehmers S in einer Extraktionsstufe. Μ = Mischpunkt

Durch den Stoffaustausch zwischen den beiden Phasen F und S ändern sich deren Zusammensetzungen; ihre Zustandspunkte in Abbildung 3 nähern sich der Löslich keitsgrenzkurve, um schließlich die Gleichgewichtszustände R und Ε zu erreichen, die auf derselben Konnode liegen. Das Verhältnis der die theoretisch arbeitende Stufe verlassenden Mengen Ν R und ΝE an Raffinat R und Extrakt Ε kann aus der Lage von Μ ermittelt werden. Es gilt wiederum: NK

ME

HE

(8.3.2)

RM

Eine Mengenbilanz für die ganze Stufe führt zur Beziehung: NM

= NF

+ NS

= NE

+

NR

(8.3.3)

Damit die Extraktion möglich ist, muß der Zustandspunkt Μ des Gemisches innerhalb des Zweiphasengebietes liegen, d. h. zwischen den Punkten Ρ und Q. Die zuzugebende Extraktionsmittelmenge NS unterliegt damit gewissen Einschränkungen. Ihr kleinstmöglicher Wert NS> min wird durch den auf der Löslichkeitsgrenzkurve liegenden Mischpunkt Ρ charakterisiert. Für diesen Fall ergibt sich aus einer Stoffbilanz für die Komponente C: Nf X

f

+ NS
an reinem Aufnehmer bzw. Abgeber gleichgesetzt werden. Dementsprechend ist es zweckmäßig, wieder mit Beladungen zu rechnen, da dann die Bilanzkurven zu Geraden werden. Nach Abbildung 1 führt eine Stoffbilanz für den zu extrahierenden a, Stoff C zwischen dem unteren Kolonnenende und einem Querschnitt α in behebiger Lage zu der Beziehung: Κ Ε, + N Z r = Κ " i r ^ b u

+ Nl β

(8.5.1)

η,Ε=ΓεΤΓαΓMrrom*essi?f,fesCin

^ K E ^ l

Abb. 8.5.1: Massen- und Stoffbilanz einer Gegenstromextraktionskolonne

Rw

der Aufnehmerphase Ε [kmol/s] n

*,r

= N*r — N% = Molstrom des Stoffes C in der Abgeberphase R [kmol/s]

Mit Einführung der Beladungen, die im folgenden unter Weglassung des Index C sich immer auf den zu extrahierenden Stoff G beziehen

kann Gleichung (1) umgeformt werden: XEaN* + XrN*

= ΧΒω N*b +

N*

(8.5.3)

Nach Division durch Ν* folgt: XE = X

R

^ +

(8.5.4)

8.5 Berechnung der Gegenstromextraktion unter vereinfachenden Annahmen

181

In einem rechtwinkligen Diagramm mit der Beladung XR als Abszissen- und XE als Ordinatenachse (Abb. 2) wird die Bilanz-Gleichung (4) durch eine Gerade wiedergegeben. Ihre Steigung ist analog zu Gleichung (7.2.7) durch das Verhältnis der Mengenströme des reinen Abgebers und Aufnehmers bestimmt: tg α = Ν*IN*

(8.5.5)

Abb. 8.5.2: Ermittlung der Zahl theoretischer Trennstufen im Beladungsdiagramm mittels einer Stufenkonstruktion zwischen Bilanzgerade und Gleichgewichtslinie

Die Zusammensetzungen XE, XR der beiden Phasen in einem behebigen Querschnitt der Kolonne sind durch Zustandspunkte gegeben, die auf dieser Bilanzgeraden liegen. Da der Aufnehmer Α den zu extrahierenden Stoff C aufnehmen soll, muß seine durch die Bilanzgerade gegebene Beladung stets kleiner als die Gleichgewichtsbeladung sein. Mit anderen Worten: Wird — wie meist üblich — die Beladung des Abgebers XR = NCt RjNB als Abszisse, diejenige des Aufnehmers XE = N C > E IN A als Ordinate nach oben abgetragen, so muß die Bilanzlinie stets rechts unterhalb der durch den Nullpunkt gehenden Gleichgewichtskurve verlaufen. Zur Berechnung läßt sich die kontinuierliche Gegenstromextraktion in theoretisch arbeitende Stufen unterteilen (Abschnitt 3.8.1). Das Fließbild des vereinfachten Prozesses zeigt Abbildung 3. In diesen theoretischen Stufen I, II, I I I . . . η wird ein vollkommener Stoffaustausch vorausgesetzt, so daß die die Stufe verlassende Ab-

Abb. 8.5.3: Fließbild der stufenweisen Gegenstromextraktion

geber- und Aufnehmerphase R bzw. Ε sich im Phasengleichgewicht befinden. Der Zustandspunkt I der beispielsweise die Stufe I verlassenden Abgeberphase i? 1 und Aufnehmerphase E2 muß demnach in Abbildung 2 auf der Gleichgewichtskurve hegen. Andererseits sind die Zusammensetzungen der Phasen zwischen den einzelnen Stufen, ζ. B. im Querschnitt 2, durch Zustandspunkte auf der Bilanzgeraden gegeben (Punkt 2). Die für einen Extraktionsvorgang erforderliche Zahl der theo-

Kapitel 8: Extraktion

182

retischen Trennstufen nth kann damit graphisch durch eine Stufenkonstruktion im Beladungsdiagramm ermittelt werden. J e ein gebrochener Linienzug 1 — I — 2 oder 2 — I I — 3 entspricht dabei einer theoretischen Stufe. Die gleiche Berechnungsmethode findet sowohl bei der Rektifikation (McCABE-TmELE-Diagramm, 6.2) wie auch bei der Absorption (7.7) Anwendung. Dieses Berechnungsverfahren ist vorzugsweise auf Extraktionsvorgänge anwendbar, bei denen der Trennprozeß stufenweise abläuft; eine Arbeitsweise, die teilweise in Rühr- und Bodenkolonnen verwirklicht ist (8.9). Allerdings erreichen die in Betracht kommenden Siebböden meist nur einen Bruchteil der Trennwirkung einer theoretischen Stufe. Genau entspricht das Berechnungsverfahren einer aus mehreren Mischer-Abscheiderpaaren zusammengesetzten Extraktionsbatterie, die im Gegenstrom betrieben wird. Nach Gleichung (5) ist die Steigung der Bilanzgeraden in einem Beladungsdiagramm mit gleichen Achsenmaßstäben gleich dem Verhältnis der Mengenströme des reinen Abgebers Ν β und Aufnehmers N*. Verkleinern wir N * bei gleichbleibendem so verläuft die Bilanzgerade steiler. Setzen wir zudem voraus, daß sich dadurch die Beladungen Xfa und XRü) der Raffinatphase nicht ändern sollen, so wird die Bilanzgerade je nach Form der Gleichgewichtslinie diese schließlich tangieren oder schneiden (Abb. 4).

Abb. 8.5.4: Bestimmung des Mindestlösemittelverhältnisses aus der Steigung tg oikrü der Bilanzgeraden in ihrer Grenzlage bei verschiedener Form der Gleichgewichtslinie X

Rcc

X

R

Dann ist der Extraktionsmittelstrom minimal (N* t mIn ) und die theoretische Trennstufenzahl muß unendlich sein, um die Trennaufgabe bewältigen zu können. Beziehen wir des reinen Abgebers, so erhalten wir das m i n auf den Molstrom Mindestlösemittelverhältnis vmin: ^min = l\tg *Mt =

Ν Α

min

^Γ"

(8.5.6)

I n technischen Ausführungen arbeitet man meistens mit wesentlich größeren Extraktionsmittelmengen N * > N* t m i n , um die Trennstufenzahl klein zu halten. 8.6 Verfeinerte Berechnung der Gegenstromextraktion unter der gegenseitigen Löslichkcit von Abgeber und Aufnehmer

Berücksichtigung

Ist die Änderung der gegenseitigen Löslichkeit von Abgeber und Aufnehmer in Abhängigkeit der Beladung an auszutauschendem Stoff C nicht zu vernachlässigen, so muß der Extraktionsvorgang im Dreiecksdiagramm verfolgt werden. Ähnlich

8.6 Verfeinerte Berechnung der Gegenstromextraktion

183

wie die thermodynamisch exakte Berechnung der Rektifikation auf das i, w-Diagramm führt, muß bei der Extraktion unter diesen Bedingungen das Diagramm verwendet werden, in dem drei Erhaltungssätze für die drei Stoffe zum Ausdruck kommen. Abgeber

Aufnehmer

n;

r~

n

L

+n

AMncmnF

Abb. 8.6.1: Betrachtung der kontinuierlichen Gegenstromextraktion unter Berücksichtigung der gegenseitigen Löslichkeit von Aufnehmer und Abgeber

Für das durch das obere Kolonnenende und einen beliebigen Schnitt durch die Kolonne bestimmte Bilanzgebiet nach Abbildung 1 folgen bei stationärem Betrieb die drei Bilanzgleichungen für jeden am Prozeß beteiligten Stoff: für A: N* Aa für B: N% für C: N*. R +

+ + Ελ

= Nl

R(U

Na,

Rai

N*B,E

+ N*c> E

(8.6.1)

(8.6.2)

(8.6.3)

Dabei ist B a bzw. E der — meist kleine — Molstrom des reinen Abgebers B, welcher in der Α-reichen Aufnehmerphase Ε gelöst ist. Umgekehrt entspricht N* r bzw. N*t lt(U dem Anteil des reinen Aufnehmers A, welchen die .B-reiche Abgeberphase R enthält. Durch die drei Bilanzgleichungen (1), (2), (3) sind die vier Ströme, die in das Bilanzgebiet ein- bzw. austreten, miteinander gekoppelt. Jeder Strom wird seiner Zusammensetzung nach durch einen Punkt im Diagramm nach Abbildung 2 dargestellt. Außer bei den beiden der Kolonne oben und unten zugeführten Strömen darf angenommen werden, daß Extrakt- und Raffinatphase sich bis zur Sättigung ineinander gelöst haben, so daß die betreffenden Zustandspunkte auf dem linken und rechten Ast der Grenzkurve (Abb. 8.3.3) liegen. Dagegen wird der Feed F und in manchen Fällen auch der eintretende regenerierte Aufnehmer S nicht mit der Gegenkomponente gesättigt sein {NA< Ra = 0, N B Ea — 0), ihre Zustandspunkte liegen dann auf einer der Dreiecksseiten BC bzw. AC.

Kapitel 8: Extraktion

184

Weiter muß vorausgesetzt werden, daß in keinem Abschnitt der Kolonne die beiden Phasen hinsichtlich ihres Gehaltes an auszutauschendem Stoff C im Gleichgewicht zueinander stehen. Träfe diese Voraussetzung nicht zu, so würde der Zweck des Verfahrens, die Übertragung der Komponente C vom Abgeber an den Aufnehmer, dahinfallen. Die zum gleichen Kolonnenquerschnitt gehörenden Zustandspunkte liegen damit nicht auf derselben Konnode.

PotP

Abb. 8.6.2: Konstruktion der Querschnittsgeraden mit Hilfe des Poles Ρ und Ermittlung der Zahl theoretischer Trennstufen nach der Methode von H U N T E R und N A S H

Stufen Abb. 8.6.3: Schema der stufenweisen Gegenstromextraktion

ρ ί—

Die drei Bilanzgleichungen lassen sich nun so ordnen, daß jeweils rechts und links eine Differenz von zwei Mengenströmen steht, die durch denselben Querschnitt der Kolonne fließen. Es ist nämlich K n — K -Ν*ιΕ

=N*tRa>-N*a = Ν*ω -N*B>Ea

(8.6.4) (8.6.5)

Κ

= Ν*,

(8.6.6)

R-N*tE

R(a

-

N*

Rx

Die rechten Seiten dieser Gleichungen sind durch die Ströme am oberen Kolonnenende gegeben, die sich nicht ändern, wenn auch die Lage des Schnittes durch die Kolonne beliebig verschoben wird. Nach 4.6 gilt: Werden zwei Teilmengen addiert, wobei gleichzeitig drei Erhaltungssätze gelten, so hegt der Mischpunkt auf der Verbindungsgeraden der Zustandspunkte, und zwar zwischen den beiden Ausgangspunkten. Dementsprechend hegt bei einer Entmischung, d. h. bei Wegnahme einer Teilmenge Ε von einem Ausgangsgemisch R, das verbleibende Restgemisch Ρ zwar auch auf der Verbindungsgeraden der Zustandspunkte von Ε und R, aber außerhalb der Strecke Ε Κ

8.6 Verfeinerte Berechnung der Gegenstromextraktion

185

Die obigen Bilanzgleichungen (4), (5), (6) entsprechen einer Entmischung. Von einer Menge R {NA R; NB; Nc> R) wird eine Teilmenge Ε (NA, NB E, NC E) entfernt, wobei das verbleibende Restgemisch Ρ eine konstante Größe aufweist (rechte Seite der Gleichungen (4) bis (6). Der Punkt Ρ muß darum auf der Verbindungsgeraden ER liegen, sich aber außerhalb der Strecke ER befinden. Die Gleichungen sagen damit aus, daß die beiden Zustandspunkte Ε und R, die den Zusammensetzungen auf dem gleichen Kolonnenquerschnitt entsprechen, für jede beliebige Lage des Schnittes auf einer Geraden (Querschnittsgeraden) liegen, welche durch den von der Schnittlage unabhängigen Pol Ρ führt (Abb. 2). Bei dieser genaueren Berechnung wird die früher gefundene Bilanzgerade (8.5) durch ein Geradenbüschel mit dem Pol Ρ ersetzt. Mit Hilfe dieser geometrischen Analogie kann durch eine Stufenkonstruktion, die immer einmal der Querschnittsgeraden durch P, dann der Konnode folgt, die theoretische Trennstufenzahl ermittelt werden (Methode nach H U N T E R und NASH [8.10]). Dieses graphische Berechnungsverfahren setzt also wieder die Unterteilung der in Abbildung 1 schematisch dargestellten Extraktionskolonne in einzelne ideal wirkende Stufen voraus (Abb. 3). Damit läßt sich die Änderung der Zusammensetzung der beiden Phasen im Zustandsdiagramm (Abb. 2) anschaulich verfolgen. Die Zustandspunkte Rü) und S der beiden Phasen am oberen Kolonnenende liegen auf einer Querschnittsgeraden 1 durch den Pol P . Andererseits stehen die die Stufe I verlassende Raffinatphase Rm und Extraktphase E2 im Gleichgewicht; ihre Zustandspunkte R m und Ε 2 liegen darum auf der Konnode I. Die Verhältnisse im Querschnitt 2 werden durch die Gerade 2, welche von Ρ zum Schnittpunkt zwischen Konnode I und linkem Ast der Grenzkurve (E 2 ) führt, dargestellt. Anschließend folgt man der Konnode II (R2E3), um danach die nächste Querschnittsgerade 3 ziehen zu können (PE Z ). Jeder durch eine Querschnittsgerade und Konnode dargestellte Linienzug entspricht einer theoretischen Trennstufe. Diese Ableitung zeigt gleichzeitig, wie man einfach die Lage des Poles Ρ findet. Da die Zustände an den beiden Kolonnenenden 1 und i durch Bilanzgleichungen errechnet werden können, lassen sich die beiden Querschnittsgeraden 1 und i ziehen, deren Schnitt-

Abb. 8.6.4: Ermittlung des Mindestlösemitte]Verhältnisses, um eine Raffinatphase der Zusammensetzung entsprechend Zustandspunkt R a zu gewinnen

186

Kapitel 8: Extraktion

Nach Abbildung 4 ist durch die Lage des Mischpunktes Μ (Schnittpunkt der Strecken Rl0Ea) und FS) der für den Trennvorgang erforderliche Extraktionsmittelstrom N * durch das Hebelgesetz gegeben. Meistens bezieht man N* auf den Feedstrom N* und bezeichnet diesen Quotienten als Lösungsmittelverhältnis ν: υ

N%

MF

™F

SM

(8 6 7)

=

· ·

Aus Abbildung 4 kann auch das Mindestlösemittelverhältnis v mln gefunden werden, das erforderlich ist, um eine Raffinatphase des Zustandes Β ω zu gewinnen. Eine Verringerung von N* bewirkt eine Verschiebung des Punktes Μ auf der Verbindungslinie FS in Richtung F. Damit erhöht sich die Konzentration der Extraktphase Ε ω (Ε ω wandert auf dem linken Ast der Grenzkurve in Richtung auf Punkt JL). In Abbildung 4 ist weiter die Konnode EM RM eingezeichnet, deren Verlängerung durch den Zustandspunkt F des Feeds führt. EM entspricht damit der maximal erreichbaren Endkonzentration des Extraktes, unabhängig von der Endkonzentration der Raffinatphase R01. Durch die Lage des Punktes ΜM ist damit das Mindestlösemittelverhältnis v mln nach Gleichung (7) bestimmt. Da die Unterschiede der Steigungen von Konnode und Querschnittsgerade bei kleinerem Extraktionsmittelstrom Ng ebenfalls kleiner werden, nimmt entsprechend die für einen bestimmten Trenn Vorgang benötigte Stufenzahl zu. I m Fall des Mindestlösemittelverhältnisses wmln fällt die Querschnittsgerade α mit der Konnode EM RM zusammen und die Stufenzahl wird unendlich. Die in diesem Abschnitt behandelte Stufenkonstruktion kann ebenfalls in das rechtwinklige Beladungsdiagramm nach 8.5 übertragen werden. Allerdings muß, um gleiche Ergebnisse zu gewinnen, die Bilanzgerade durch einen Kurvenzug ersetzt werden, da die Voraussetzung des konstanten LöslichkeitsVerhältnisses zwischen Aufnehmer- und Abgeberphase hier fallen gelassen wurde. Die Bilanzkurve im Rechtecksdiagramm kann durch Übertragen der Zustandspunkte Ri, Ei (Abb. 5: Rt, Et — Schnittpunkte der Querschnittsgeraden at mit den Ästen der Löslichkeitsgrenzkurve) unter entsprechender Umrechnung auf Beladungen gefunden werden.

Abb. 8.6.5: Um die Bilanzkurve zu finden, überträgt man die Schnittpunkte Ei und ü f von Strahlen a i durch den Pol Ρ mit den beiden Ästen der Löslichkeitsgrenzkurve in das Beladungsdiagramm

8.7 Bestimmung der Höhe von Füllkörperkolonnen

187

8.7 Bestimmung der Höhe von Füllkörperkolonnen In Füllkörper- wie in Sprühkolonnen (8.9.1) geht der Trennvorgang nicht wie bei Bodenkolonnen stufenweise vor sich, sondern kontinuierlich. Die beiden Phasen stehen also längs der ganzen Kolonne stets miteinander in Kontakt. Dennoch wird häufig, wie bei der Rektifikation und Absorption, die für Bodenkolonnen zutreffende Berechnung der theoretischen Trennstufenzahl auch auf FüUkörperkolonnen übertragen. Dazu führt man eine Füllkörperschicht ein, deren Trennwirkung derjenigen einer ideal wirkenden Stufe entspricht ( = HETS = Height Equivalent to one Theoretical Stage). Die erforderliche Schichthöhe Η wird dann: Η = ηιΑ·

(8.7.1)

HETS

Zum errechneten Wert von Η muß ein beträchtlicher Sicherheitszuschlag hinzugefügt werden, da genaue Angaben über die HETS nur schwer zu ermitteln sind. Wie schon bei der Absorption erwähnt, ist es aber unzweckmäßig, einen Vorgang mit kontinuierlicher Änderung der Konzentration durch ein Stufenverfahren zu erfassen. Es überrascht auch nicht, daß die HETS-Werte stark vom Stoffsystem, vom Durchsatz und den Konzentrationen abhängig sind, und darum nur unter speziellen Bedingungen für genaue Berechnungen übernommen werden dürfen. Die folgende Berechnung der Höhe von Füllkörperkolonnen mit Hilfe der Ubergangseinheiten erweist sich darum häufig als vorteilhafter (siehe auch 7.8). Um den Berechnungsgang mit Stoffübergangseinheiten zu vereinfachen, rechnet man mit Molstromdichten n*, die auf den Kolonnenquerschnitt / und nicht auf die von vielen Parametern abhängige Austauschfläche bezogen sind [n* = kmol/(s · m 2 Kolonnenquerschnitt)]. In Abbildung 1 tritt die Abgeberphase R (Molstromdichte r?F = ηβα, Molanteil xRa) oben in die Kolonne ein und verläßt diese mit der Molstromdichte η*ω und einer Zusammensetzung xRm. Im Gegenstrom zu ihr strömt die Aufnehmerphase (Eintritt: Η* = N,ßX, ΧΕΛ\ Austritt: N%UI, xEca)· Die Austauschfläche pro Raumeinheit sei a [m2/m3]. Für Sprüh-, Füllkörper- und Rührkolonnen läßt sich α aus dem Holdup-Volumen (Volumen der dispersen Phase in der Kolonne) und dem mittleren Tropfendurchmesser dm berechnen: 6 VH a = (8.7.2) VKdT

dm

= Σζ^Σζ^

|

=

SAUTER-Durchmesser,

GRASSMANN

1

VK

\a.5], § 5.5; [8.11]. (z = Tropfenzahl, d = Tropfendurchmesser) = fH — Kolonnenvolumen [m3] Abb. 8.7.1: Kontinuierliche Gegenstromextraktion. Bilanz für einen Kolonnenabschnitt dh

Aufnehmer?)

AbgeberR

188

Kapitel 8 : Extraktion

Gemäß Abbildung 1 gehen in einem Kolonnenabschnitt der Höhe dh pro Zeiteinheit und m2 Kolonnenquerschnitt dn*c Mole der Komponente C vom Abgeber an den Aufnehmer über. Für den Stoff C in der Abgeberphase läßt sich dann folgende Bilanz aufstellen (vgl. auch Gleichung (7.8.5)): *

#

dnG = d(nR xR) = kRa

(xR - xR e) dh

(8.7.3)

k R = Stoffdurchgangskoeffizient, auf Abgeber-(Baffinat-)phase R bezogen [m/s] Μ n = mittlere Molmasse der Abgeberphase [kg/kmol] R,e —

x

Qr

Zusammensetzung xE der Aufnehmer-(Extrakt-)phase gehörende Gleichgewichtszusammensetzung der Abgeberphase [—] = mittlere Dichte der Abgeberphase [kg/m 3 ] z u r

Da sieh die Molstromdichte nR der Abgeberphase längs der Kolonne ändert, führt man mit Vorteil die Berechnung von dn* mit Hilfe des annähernd konstant bleibenden Stromes an reinem Abgeber n*B und dessen Beladung XR in der Abgeberphase durch: dn* = d(n*t = d{n% XR) « nR dXR (8.7.4) Vernachlässigt man die sich ändernde Löslichkeit der Komponente Α (reines Extraktionsmittel) im Raffinat R, so gilt nR(l—xR) (8.7.5) und

xR

\

dxR

(1 —

Damit wird: dn

Ν

WN d/XR?

ο = η

R)2

71 j? dxr>

χ, =

(1—

x

χ

n

XRY

(1 —

(8.7.6)

(8·7·7) u· (8·7·8)

XR)

Durch Einsetzen von (8) in (3) und Integration findet man für die Schichthöhe Η : R«

X

/

.Mr nt %

A

QR

(1 —

dxR

« — XR)—(XR

XRJ

Rwn X = ——— —

29 P — PWD

Pwn = 0,622 — — — Ρ

ΡIVD

= 18 kg kmol - 1 und

(10.3.4)

Die Höchstmenge an Wasserdampf, die Luft bei einer bestimmten Temperatur aufzunehmen vermag, ist durch den Sättigungsdruck PWD gegeben, der zu dieser Temperatur gehört. Die Sättigungslinie gibt den absoluten Dampfgehalt der gesättigten Luft in Funktion der Temperatur Τ (in K) an. Für sie gilt also: XS(T)

= 0,622

PWD

Ρ

( Τ )

ρ ' ±WD )

(10.3.5)

wobei der Index S den Sättigungszustand bezeichnet. Neben der Kenntnis des absoluten Feuchtegehaltes ist es noch wichtig zu wissen, wie stark die Luft gesättigt ist, d. h. ob sie noch Feuchtigkeit aufzunehmen vermag. Diese Aussage liefert der absolute Feuchtegehalt X erst nach Vergleich mit der

224

Sättigungsfeuchte Xs. folgt zu definieren:

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Es ist deshalb zweckmäßig, eine relative Feuchtigkeit φ wie PWD Φ = — =

fWD

-Σ Λ-s

Ρ — PWD Ρ —

ρ

"WD

TI Η ο ß\ (10.3.6)

Die Zustandsänderungen feuchter Luft lassen sich anschaulich im h, X-Diagramm von MOLLIEB, verfolgen (Abb. 1). I n diesem ist auf der Abszisse der absolute Wasserdampfgehalt X , d. h. die Feuchtigkeitsbeladung der Luft und auf der Ordinate die Enthalpie aufgetragen, beides bezogen auf 1 kg trockne Luft. Die Menge der feuchten Luft beträgt pro kg trockener Luft (1 + X) kg, ihre Enthalpie ist dann gegeben durch h1 + x = l-hL

+ XhWD

(10.3.7)

hL = Enthalpie der trockenen Luft [kJ k g - 1 ] h ψ ο = Enthalpie des Wasserdampfes [kJ k g - 1 ]

Die Enthalpie der trockenen Luft von 0 °C und die des flüssigen Wassers von 0 °C wird gleich Null gesetzt. Für irgendeine Temperatur $ (in °C) ist dann h + x = C p , L # + X ( r + c PtW1) &)

(10.3.8)

cp = spezifische Wärme [kJ k g - 1 K - 1 ] r — Verdampfungsenthalpie des Wassers bei 0 °C [kJ k g - 1 ]

und nach Einsetzen der Stoffwerte findet man für $ < 50 °C in guter Näherung h1 + x = 1,006$ + X (2500 + 1,86$)

(10.3.9)

Stellt man den Zusammenhang h — h (X, $) in einem Diagramm mit rechtwinkligen Koordinaten dar, so wird der wichtige Bereich der ungesättigten, feuchten Luft in einen schmalen Keil zusammengedrängt. MOLLIEB, wählte deshalb ein schiefwinkliges Koordinatensystem, in welchem die X-Achse so geneigt ist, daß die Isotherme der feuchten, ungesättigten Luft für $ = 0 °C horizontal wird. Es soll nun das in Abbildung 1 dargestellte MOLLIER-Ä, X-Diagramm diskutiert werden. Als Parameter sind in ihm die Temperatur $ und die relative Luftfeuchtigkeit φ eingetragen. Die Linie φ = 1, die Sättigungslinie, bezeichnet den Zustand der mit Wasserdampf gesättigten Luft. Daneben enthält das MOLLIER-Ä, X-Diagramm noch Linien konstanter Kühlgrenztemperatur •&% und einen Randmaßstab Ah1 + Auf diese zwei Größen soll später eingegangen werden. Das Diagramm gilt nur für einen bestimmten Gesamtdruck p. Für die Umrechnung auf andere Drücke muß auf die Literatur verwiesen werden (BAEHR [10.3], S. 19). Neben dem MoLLiER-A,X-Diagramm sind vor allem in den angelsächsischen Ländern auch noch andere Diagramme zur Beschreibung der Zustandsänderungen feuchter Luft gebräuchlich (Ζ. B . PERRY [A.9], S. 1 2 — 1 / 1 2 ; HÄUSSLER [10.12]). 10.3.2 Z u r A n w e n d u n g d e s h, X - D i a g r a m m e s n a c h M O L L I E R

Es ist in diesem Rahmen unmöglich, die Anwendung des h, X-Diagrammes für feuchte Luft auf Trocknungsprobleme in allen Einzelheiten zu behandeln. Es werden deshalb nur einige besonders instruktive Beispiele gebracht. Weitere Angaben können der Literatur entnommen werden (z.B. KNEUXE [10.1], K . 1 1 1 ; KRISCHER/ KRÖLL [10.2], Band I , S. 12/46).

10.3 Das feuchte Gas

15

Grassmann, Verfahrenstechnik

225

226

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

a) Die Abkühlung feuchter Luft Bei der Abkühlung feuchter Luft bleibt bis zum Erreichen der Sättigungslinie der absolute Dampfgehalt konstant, aber die relative Feuchtigkeit nimmt zu. Sobald die Sättigungslinie im Punkt S der Abbildung 2 überschritten wird, beobachtet man Nebelbildung. Die zum Punkt S gehörende Temperatur wird als Taupunkt bezeichnet. Dieser ist somit die Temperatur, auf die ein zunächst ungesättigtes DampfLuft-Gemisch abgekühlt werden muß, um den Sättigungszustand zu erreichen.

\

\ Λ*

Abb. 10.3.2: Die Abkühlung feuchter Luft im Mollier-A, X-Diagramm

X [kg/kg] • b) Das Mischen zweier feuchter Luftströme In einem adiabaten Raum werden zwei Luftströme, die durch die Indizes 1 und 2 gekennzeichnet seien, miteinander gemischt (Abb. 3). Dem Mischzustand sei

£

Mischraum

Abb. 10.3.3: Das Mischen zweier feuchter Luftströme in einem adiabaten System

der Index m zugeordnet. Die Luftmengen sind als Trockenluftmengen M* angegeben, so daß die Mengen an feuchter Luft jeweils Μ * (1 + X) betragen. Wir können dann die folgenden Stoffbilanzen aufstellen: Luft:

Mt

+ Mt

Wasser:

Mt ι

l

2

=M* L > m

+ Μt a

= Mt

(10.3.10) m

Xm

(10.3.11)

Diese liefern uns sofort den absoluten Dampfgehalt der Mischluft: Xm —·

Mt,1Xl + M t i X

t

(10.3.12)

Mt, ι + M*, 2

Bei der Aufstellung der Enthalpiebilanz ist zu beachten, daß im Mollier-A, XDiagramm auch die Enthalpie auf die Masseneinheit der trockenen Luft bezogen ist. Unter der Bedingung, daß der Mischprozeß adiabat erfolgt und keine mechanische

10.3 Das feuchte Gas

227

Arbeit von außen zugeführt oder nach außen abgegeben wird, lautet die Enthalpiebilanz : M*Li ι h + Mt 2 h2 = (Mt ι + Mt 2)hm (10.3.13) Sie liefert: MtL ι A,1 + Mt 2 Κ hm = '\ I „t (10.3.14) Mt ι + Mt 2 Sowohl der absolute Dampfgehalt als auch die Enthalpie der Mischluft ergibt sich also allein aus Erhaltungssätzen. Damit liegt nach Abschnitt 4.6.1 der Mischpunkt auf der Mischgeraden, welche die Zustandspunkte 1 und 2 verbindet. Seine Lage ist durch das Hebelgesetz Mt ι l M t 2 = «2/«! gegeben. Man ersieht aus Abbildung 4, daß die relative Feuchtigkeit der Mischluft größer sein kann als jene der L beiden Luftströme vor der Mischung. Sj-Qß^J — Liegen die Punkte 1 und 2 so, daß ihre IM / < L Verbindungsgerade die Sättigungslinie 1 schneidet, so tritt bei passenden Mengenverhältnissen der beiden Luftrb/s' K, I ströme Nebelbildung auf. Es wird 1 1 X hr | immer Nebelbildung beobachtet, wenn 1 X X zwei Ströme gesättigter Luft von verΛ?| Al m\ schiedener Temperatur gemischt werX N/kg]· den. (Auch in diesem Falle behalten die Abb. 10.3.4: Das adiabate Mischen zweier feuchter obigen Überlegungen ihre Gültigkeit). Luftströme im MOLLIER-A, X-Diagramm

\

!

c) Mischung feuchter Luft mit reinem Wasser oder Wasserdampf Zustandspunkte, die reinem Wasser oder Wasserdampf entsprechen, liegen im MOLLIER-A, X-Diagramm im Unendlichen. Man kann sie also nicht in das Diagramm eintragen, sondern muß sich auf die Bestimmung der Richtung der Mischgeraden beschränken. Wir gewinnen diese aus Stoff- und Enthalpiebilanzen. I n einen Strom feuchter Luft (-M* 1; Xi'> werde Wasser (M*v; hw) eingespritzt. Für die Bestimmung des Mischzustands, der wieder durch den Index m gekennzeichnet sei, können wir folgende Bilanzgleichungen ansetzen: Wasserbilanz: Enthalpiebilanz:

Jf* 1

+

M

*v =

M

ti

X



M% = M*Lt 1 (Xm — Xx)

(10.3.15)

Μ*Λ -f M*v hw = Μ*Λ hm Mfy hyy = M*^ ßm ~ Äj)

(10.3.16)

Dividiert man Gleichung (16) durch (15), so erhält man bis auf einen Maßstabsfaktor die Neigung der Bilanzgeraden: -w 15*

hm — hx Xm

Ahx

+ x

AX

(10.3.17)

228

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Diese können wir aber nicht direkt in das M O L L I E B - A , X-Diagramm übernehmen, da es schiefwinklige Koordinaten aufweist. Wir müssen deshalb den in das Diagramm eingetragenen Bandmaßstab benützen, um die Neigung der Mischgeraden zu finden. Dazu haben wir den Pol in Abbildung 1 mit dem berechneten Wert Ah1+xjAX zu verbinden. Die Mischgerade ist dann die durch den Zustandspunkt 1 ( Μ x ; ; hj) gehende Parallele zu dieser Verbindungsgeraden Pol-Randmaßstab. Die Lage des Mischpunktes folgt nun sofort aus Gleichung (15) durch Auflösen nach Xm. d) Zustandsänderungen gleicher Kühlgrenze Läßt man über ein feuchtes Gut, dessen Oberfläche überall wasserbenetzt ist, Luft streichen, so stellt sich bei reiner Konvektionstrocknung die Oberflächentemperatur des Gutes auf einen bestimmten Wert, die KüMgrenztemperatur ϋ~ χ ein, die nur vom Eintrittszustand der Luft in den Trockner abhängt (Abb. 5). Linien gleicher Kühlgrenztemperatur sind in Abbildung 1 Heißluft feuchtes Gut ,i eingetragen. Man sieht, daß sie die Fortsetzung der Nebelisothermen in das Gebiet der ungesättigten Luft sind. Für ihre Berechnung sei auf die Literatur verwiesen (Ζ. B . K N E U L E [10.1], Kap. 111; K R I S C H E R / K R Ö L L [10.2], Band I, S. 28/29).

A b b . 10.3.5: D e r Temperaturverlauf v o n

Gut und Luft bei reiner Konvektionstrocknung. Nach einer kurzen Anlaufstrecke nimmt die Oberfläche des Gutes die Kühlgrenztemperatur ϋ·χ an. Nach KBISCHER/RRÖLL [10.2], B a n d I

Trocknungsweg[m\ · e) Zur Ermittlung des Wärmebedarfs der Trocknung Da man dem M O L L I E R - Ä , Z-Diagramm für jedes Wertepaar §; φ bzw. X unmittelbar die dazugehörigen Enthalpiewerte entnehmen kann, leistet das Diagramm auch für die Aufstellung der Wärmebilanzen von Trocknern wertvolle Dienste. Näheres ζ. B. bei K N E T J L E [10.1], Kap. 20; K R I S C H E R / K R Ö L L [10.2], Bandl, S. 7/12; Band II, S. 28/40. 10.4 Die Wärmeübertragung an das feuchte Gut Für die Wärmezufuhr an das Gut kennt man verschiedene Möglichkeiten. Zu erwähnen sind hier insbesondere die freie und erzwungene Konvektion, die Wärmeleitung, die Wärmestrahlung sowie Kombinationen dieser Phänomena. Daneben wird auch im Gut gespeicherte Wärme (adiabate Vakuumtrocknung) oder im Gutsinneren erzeugte Wärme (dielektrisches Trocknen) herangezogen. 10.4.1 K o n v e k t i o n s t r o c k n u n g Die Konvektionstrocknung ist am weitesten verbreitet. Bei ihr überträgt ein heißes Gas (Luft oder die Rauchgase einer Feuerung, gelegentlich auch überhitzter Wasser-

10.4 Die Wärmeübertragung an das feuchte Gut

229

dampf) die Wärme an das zu trocknende Gut. Es nimmt dabei zugleich die aus ihm entweichende Feuchtigkeit auf und führt sie aus dem Trockner fort. Bei der Konvektionstrocknung wird die Wärmeübertragung mit Hilfe von Wärmeübergangskoeffizienten α berechnet, welche analog zu Gleichung (2.3.1) durch den Ansatz definiert sind: Q* = olF{TL—T0) (10.4.1) Q* α F Τι To

= = = = =

übertragener Wärmestrom [W] Wärmeübergangskoeffizient [W m - 2 K - 1 ] Gutsoberfläche [m 2 ] mittlere Temperatur der Trocknungsluft [K] mittlere Temperatur der Gutsoberfläche [K]

Sie müssen durch Versuche bestimmt werden, deren Ergebnisse man am besten in dimensionsloser Form darstellt. Für erzwungene Konvektion hat sich die Beziehung Nu = Nu (Re, Pr)

(10.4.2)

als zweckmäßig erwiesen. Bei der freien Konvektion ist die Gasströmung lediglich durch lokale Dichteunterschiede bedingt, welche von Unterschieden in der Temperatur oder der Zusammensetzung des Gases herrühren (GRASSMANN [A. 5], § 9.17). Hier bewährt sich der Ansatz: Nu = Nu {Gr, Pr) (10.4.3) Die in Gleichung (2) und (3) auftretenden dimensionslosen Kennzahlen sind in 2.4 definiert worden. Die Gesetze der Wärmeübertragung vom Gas an das zu trocknende Gut durch Konvektion sind denen für den Wärmeübergang von einem fluiden Medium an eine feste Wand völlig analog (hierzu 2.5). Für viele in der Trocknungstechnik wichtige Fälle sind die notwendigen Messungen durchgeführt worden (ζ. Β. KKISCHER/KRÖLL [ 1 0 . 2 ] , Band I , S . 1 2 3 / 1 6 6 ) . 10.4.2 K o n t a k t t r o c k n u n g Bei der Kontakttrocknung ruht das Gut auf beheizten Flächen, von denen es durch Leitung Wärme aufnimmt. Diese Wärmeleitung wird durch die FOURIER-Gleichung beschrieben: Q* = —XF dTjds (10.4.4) λ

dTjds

= Wärmeleitfähigkeit des Gutes [W m - 1 K - 1 ] = Temperaturgefälle im Gut [ K m - 1 ]

Die Integration dieser Gleichung wird dadurch erschwert, daß die Wärmeleitfähigkeit des Gutes in vielen Fällen nicht konstant ist, sondern stark von seiner Feuchtigkeit und Porosität abhängt. Neben der molekularen Wärmeleitung beobachtet man bei feuchten Gütern noch Wärmeleitung durch Diffusion·, an wärmeren Stellen verdunstetes Wasser diffundiert in die kälteren Zonen des Gutes, wo es wieder kondensiert und dabei Wärme abgibt. Die Wärmeleitung durch Diffusion ist nur in Poren mit feuchten Wänden möglich, und damit hängt die Wärmeleitfähigkeit des feuchten Gutes auch noch davon ab, ob die Porenwände feucht oder trocken sind. Genauere Angaben über dieses Problem findet man bei KRISCHER/KRÖLL [ 1 0 . 2 ] , Band I, S. 2 6 8 / 2 7 9 .

230

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

10.4.3 S t r a h l u n g s t r o c k n u n g Der Wärmeaustausch durch Strahlung zwischen einem Heizkörper und dem Gut sei unter der Voraussetzung behandelt, daß beide strahlungsundurchlässig sind und das zwischen ihnen befindliche Medium (d. h. die Luft, welche die verdunstete Flüssigkeit fortführt) völlig strahlungsdurchlässig ist. Dann gilt in dem für die Praxis wichtigen Fall, daß der Strahler mit einem nicht absorbierenden Reflektor versehen ist (Abb. 1), Reflektor

Strahler (F,

\

!

!

·,Τ7)

Trockengut

\

(^"»'V

Abb. 10.4.1: Der Strahlengang bei einem Strahler mit parabolischem Reflektor

unter der Annahme, daß die Gutsschicht F2 unendlich ausgedehnt sei (hierzu auch GRÖBER/ERK/GRIGULL [ 1 0 . 4 ] , S . 3 6 0 / 3 9 2 ; KRISCHER/KRÖLL [ 1 0 . 2 ] , Band I , S . 6 8 / 9 0 ) :

h

Q* = F1 C, Q* F1 C12 T1 Τg

= = = = =

100

(10.4.5)

ausgetauschter Wärmestrom [W] Oberfläche des Strahlers [m2] Strahlungskonstante [W m" 2 (100 K)" 4 ] Temperatur des Strahlers [K] Temperatur der Gutsoberfläche [K]

Die Strahlungskonstante C12 ist gegeben durch: 1

(10.4.6)

C1 = Strahlungskonstante des Strahlers [W m" 2 (100 K)~4] C2 = Strahlungskonstante der Gutsoberfläche [W m - 2 (100 K) - 4 ] Gj = Strahlungskonstante des schwarzen Strahlers = 5,67 W m - 2 (100 K)"

Sie reduziert sich in unserem Fall (mit F2 — oo) auf C12



(10.4.7)

10.4 Die Wärmeübertragung an das feuchte Gut

Diese Gesetze gelten nur für den grauen Strahler, dessen Emissionsverhältnis Absorptionszahl genannt, Β = CjCs

231 ε, auch (10.4.8)

für alle Wellenlängen und Temperaturen konstant ist. ε ist stets < 1, die Strahlungsleistung des grauen Körpers ist also der des schwarzen Körpers gleicher Temperatur proportional. Viele technisch wichtige Stoffe kann man in guter Näherung zu diesen grauen Strahlern zählen. Häufig vermag jedoch ein Körper nur in engen Wellenlängenbereichen Strahlung auszusenden oder zu absorbieren. Dies wird etwa bei Gläsern und bei dünnen Wasserschichten beobachtet. In solchen Fällen ist stets abzuklären, ob der Strahler seine Energie innerhalb von Wellenlängenbereichen abgibt, in denen das Gut die Strahlungsenergie absorbieren kann. 10.4.4 T r o c k n u n g d u r c h i m G u t g e s p e i c h e r t e W ä r m e ( a d i a b a t e V a k u u m trocknung) Evakuiert man den Raum, in dem sich das erwärmte, feuchte Gut befindet, so gibt dieses Feuchtigkeit ab, solange der Dampfdruck der Gutsfeuchte über dem Partialdruck des Wasserdampfs im evakuierten Raum liegt. Wird dem Gut von außen keine Wärme zugeführt, so ermöglicht lediglich die in ihm gespeicherte Wärme die Verdampfung der Gutsfeuchte. Es kühlt sich also bei der Trocknung ab. Wegen der hohen Verdampfungswärme des Wassers kann auf diese Weise nur wenig Wasser ausgetrieben werden, wenn man das Gut vor der Trocknung nicht übermäßig erhitzen will. Meistens wird es deshalb notwendig sein, den Vorgang mehrmals zu wiederholen. Die adiabate Vakuumtrocknung bewirkt eine sehr gleichmäßige Feuchtigkeitsverteilung im Trockengut und ist damit ein geeignetes Verfahren zur schonenden Trocknung mancher empfindlicher Substanzen. Vorteilhaft sind auch die niedrigen Arbeitstemperaturen bei diesem Verfahren. Voraussetzung ist allerdings, daß während des Trocknens dem Gut von außen keine Wärme — etwa durch Strahlung — zugeführt wird und daß das Aufheizen in einer so feuchten Atmosphäre erfolgt, daß die Gutsoberfläche nicht austrocknen kann. 10.4.5 D i e l e k t r i s c h e T r o c k n u n g Bei der dielektrischen Trocknung (hierzu auch Abschnitt 2.8.3) ist das Gut als Dielektrikum in einem Kondensator der Wirkung eines hochfrequenten Wechselfeldes ausgesetzt. Die molekularen Dipole des elektrisch nichtleitenden Gutes suchen sich im Wechselfeld in Feldrichtung einzustellen. Dies gelingt ihnen aber nicht vollständig, da sie sich gegenseitig behindern. Die dadurch bedingten Verluste an elektrischer Energie treten als Wärme in Erscheinung, so daß sich das Gut aufheizt. Infolge der hohen Dielektrizitätskonstanten des Wassers wird die elektrische Energie zum überwiegenden Teil gerade an den Stellen in Wärme umgewandelt, an denen das Gut noch feucht ist. Dieses Verfahren ermöglicht die rasche und gleichmäßige Trocknung schlecht wärmeleitender Stoffe. Es wird mit Frequenzen von 2 bis 100 MHz gearbeitet. Die Trocknungskosten liegen trotz der höheren Kosten elektrischer Hochfrequenzenergie überraschend günstig [10.13].

232

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

10.5 Der Verlauf der Trocknung Bei der Trocknung sind Wärme- und Stoffaustausch auf recht verwickelte Art miteinander verknüpft. Wir wollen uns hier auf die reine Konvektionstrocknung von kapillarporösem Gut beschränken. Um eindeutige Zusammenhänge zu finden, ist es zweckmäßig, Temperatur, Feuchtigkeit und Geschwindigkeit der über die Gutsprobe strömenden Luft konstant zu halten und ihre Menge im Verhältnis zur Gutsmenge so groß zu wählen, daß der Luftzustand durch den Wärme- und Stoffaustausch mit dem Gut praktisch nicht

Abb. 10.5.1: Der Trocknungsverlauf bei konstanten Bedingungen. Die ausgezogenen Linien beschreiben die Trocknung eines hygroskopischen Gutes, die gestrichelten diejenige eines nichthygroskopischen

beeinflußt wird. Den unter diesen Bedingungen gemessenen Trocknungsverlauf kann man gemäß Abbildung 1 auf drei Arten auftragen: a) den Feuchtegehalt des Gutes in Funktion der Zeit (Abb. l a ) ; b) die zeitliche Änderung der Gutsfeuchte, also die Trocknungsgeschwindigkeit, in Funktion der Zeit (Abb. l b ) ; c) die Trocknungsgeschwindigkeit in Funktion der Gutsfeuchte (Abb. l c )

Vernachlässigt man den kurzen Anlaufvorgang, während dessen sich die Gutstemperatur ungefähr auf die Kühlgrenztemperatur einstellt, so kann man, wie Abbildung lc deutlich zeigt, drei Trocknungsabschnitte unterscheiden. 10.5.1 Der e r s t e T r o c k n u n g s a b s c h n i t t Im ersten Trocknungsabschnitt AB ist die Trocknungsgeschwindigkeit praktisch konstant. Die Gutsoberfläche wird vollständig von Flüssigkeit benetzt; die Trocknungsgeschwindigkeit ist allein durch den Stoffübergang von der Gutsoberfläche an

10.5 Der Verlauf der Trocknung

283

die Trocknungsluft bestimmt. Die Wasserhaut auf ihr wird durch Kapillarsog ständig erneuert, d. h. die Kapillaren des porösen Gutes fördern dauernd neue Flüssigkeit zur Verdunstungsfläche. Gegen Ende des ersten Trocknungsabschnittes beginnen die größten Poren auszutrocknen, so daß die flüssigkeitsbenetzte Oberfläche allmählich abnimmt. Diese Abnahme ist jedoch so schwach, daß ihr Einfluß auf die Trocknungsgeschwindigkeit meist kaum wahrgenommen werden kann. Im ersten Trocknungsabschnitt gehorcht also der Stoffübergang ganz ähnlichen Gesetzen wie bei der Verdunstung über einer freien Wasserfläche. Die Menge der pro Zeiteinheit verdunstenden Feuchtigkeit folgt aus der Gleichung: Mwd==

β

FMW1) R Τ

J>.o-PWD,L)

(Pw

(10-5.1)

β = Stoffübergangskoeffizient für die einseitig durchlässige Grenzschicht [m s _ 1 ] Pwd.O — Sättigungsdruck des Wasserdampfes an der Gutsoberfläche [N m - 2 ] PWD, L = Partialdruck des Wasserdampfes in der Trocknungsluft [N m - 2 ]

Die Temperatur der Gutsoberfläche ist ungefähr gleich der Kühlgrenztemperatur. Damit ist auf der rechten Seite der Gleichung nur noch der Stoffübergangskoeffizient β unbekannt. Infolge der weitgehenden Analogie zwischen Wärme- und Stoffaustausch kann dieser aus dem Wärmeübergangskoeffizienten α bestimmt werden. Bei erzwungener Konvektion kann man nämlich in erster Näherung in den dimensionslosen Gleichungen für den Wärmeaustausch lediglich die NussELT-Zahl Nu durch die Sherwood-Zahl Sh und die PßANDTL-Zahl Pr durch die ScHMiDT-Zahl Sc ersetzen, um zu den analogen Beziehungen für den Stoffaustausch zu gelangen (vgl. auch 7.5.1, Seite 146):

α Lc λ β D ο ν

= = = = = = =

Nu = aLeß->

Sh = ßLJD

(10.5.2)

Pr = ν ja

Sc = vjD

(10.5.3)

Wärme übergangskoeffizient [W/(m2 K)] charakteristische Länge [m] Wärmeleitfähigkeit [W/(m K)] Stoffübergangskoeffizient [m/s] Diffusionskoeffizient [m2/s] Temperaturleitfähigkeit [m2/s] kinematische Viskosität [m2/s]

(Nähere Einzelheiten bei Grassmann [A.5], § 9 . 1 8 ; K n e u l e [10.1], Kap. 111; K r i s c h e r / K r ö l l [10.2], K a p . I I I C).

10.5.2 D e r K n i c k p u n k t Der Übergang vom ersten zum zweiten Trocknungsabschnitt ist durch einen Knick in der Trocknungskurve (Abb.lc) gekennzeichnet. Da der Trocknung im zweiten Abschnitt andere Gesetze als im ersten zugrunde liegen, ist die Kenntnis der Lage dieses Knickpunkts für eine genaue Beschreibung des Trocknungsverlaufs recht wichtig.

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

234

Durch theoretische Überlegungen fand K R I S C H E R ([10.2], Band I, S. 289/293; 307/309), daß die Knickpunkte im wesentlichen der Gleichung gehorchen: ( 4 j ) S)ku = / ( Χ β , κ η Ι Χ β x a , e i T) mwD = s = Χο,Κη ~ Χο,α = Τ =

(10.5.4)

Massenstromdichte des Dampfes an der Gutsoberfläche [kg m~2s_1] Dicke der Gutsschicht [m] mittlere Gutsfeuchte am Knickpunkt [kg/kg] Anfangsfeuchte des Gutes [kg/kg] Gutstemperatur [K]

XG/xG,CC\T\

Abb. 10.5.2: Der Trocknungsverlauf bei gleichbleibenden Diffusionsbedingungen in Abhängigkeit von der Dicke s der Gutsschicht (s3 < s 2 < Sj). Nach KRISCHER/KRÖLL [10.2], Band I.

Für eine gegebene Temperatur und Anfangsfeuchte des Gutes liegen also die Knickpunkte auf einer Kurve, der Knickpunktskurve. Ihr genauer Verlauf muß für jedes Gut durch Messung bestimmt werden. Für ein nichthygroskopisches Gut ergeben sich damit in Funktion der Dicke der Gutsschicht schematisch die in Abbildung 2 dargestellten Trocknungsverläufe. 10.5.3 D e r z w e i t e T r o c k n u n g s a b s c h n i t t I m folgenden muß zwischen hygroskopischen und nichthygroskopischen Trockengütern unterschieden werden. Während die hygroskopischen Güter insgesamt drei Trocknungsabschnitte durchlaufen, sind es bei nichthygroskopischen nur zwei. Im zweiten Trocknungsabschnitt (BC bzw. BE in Abb. 1) findet keine Oberflächenverdunstung mehr statt. Die Verdunstungsstellen, deren Gesamtheit den sogenannten Trocknungsspiegel darstellt, ziehen sich mehr und mehr in das Gutsinnere zurück. Die verdunstete Flüssigkeit muß also erst durch die gasgefüllten Poren hindurchdiffundieren, bevor sie von dem über die Gutsoberfläche strömenden Medium abgeführt wird. Da der Diffusionsweg des Dampfes mit fortschreitender Trocknung länger wird, nimmt die Trocknungsgeschwindigkeit immer mehr ab.

10.5 Der Verlauf der Trocknung

235

Bei nichthygroskopischen Gütern kann die Endtrocknungsgeschwindigkeit End berechnet werden, wenn man den Diffusionsweg kennt, den der zuletzt entstandene Dampf im Gut zurückzulegen hat (hierzu K r i s c h e r / K r ö l l [10.2], Band I, S. 361/ 369). Dieser Diffusionsweg und damit auch die Endtrocknungsgeschwindigkeit ist von endlicher Größe. Nichthygroskopische Güter trocknen somit vollständig aus, wenn die relative Feuchtigkeit der Trocknungsluft < 1 ist. Mit der Kenntnis der Endtrocknungsgeschwindigkeit kann der Trocknungsverlauf im zweiten Trocknungsabschnitt wenigstens näherungsweise angegeben werden.

10.5.4 D e r d r i t t e T r o c k n u n g s a b s c h n i t t Der Trocknungsverlauf eines hygroskopischen Gutes ist in Abbildung 3 gezeigt. Man sieht, daß sich an einen zweiten Knickpunkt Kn' ein dritter Trocknungsab-

Abb. 10.5.3: Der Trocknungsverlauf bei hygroskopischen Gütern

schnitt (Linie CD in Abb. 1) anschließt. Er beginnt, sobald an allen Stellen des Gutes der höchstmögliche hygroskopische Feuchtegehalt XG hygTi max, d. h. die minimale Gutsfeuchte im Falle des Gleichgewichts mit gesättigter Luft (φ = 1), erreicht bzw. unterschritten ist. I m dritten Trocknungsabschnitt fällt die Trocknungsgeschwindigkeit meistens linear auf den Wert Null ab, der bei der Gleichgewichtsfeuchte des Gutes X G, Gi erreicht wird, die zu dem jeweiligen Zustand der Trocknungsluft gehört. Hygroskopische Güter können also mittels feuchter Luft niemals vollständig getrocknet werden. Der zweite Knickpunkt wird näherungsweise durch die Gleichung beschrieben: Χο,Κη



( X g , hygr, max +

Χ β ,

Gl)ß

(10.5.5)

236

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Unter der Annahme, das Gut verhalte sich nichthygroskopisch, können wir für hygroskopische Substanzen eine fiktive Endtrocknungsgeschwindigkeit (m%D> End)fikt berechnen, und kennen damit näherungsweise den zweiten Trocknungsabschnitt. Da der dritte Abschnitt durch die obigen Angaben ausreichend bestimmt ist, gelingt es uns auch für hygroskopische Güter, den Trocknungsverlauf angenähert vorauszusagen. 10.5.5 Der T r o c k n u n g s v e r l a u f u n t e r t e c h n i s c h e n B e d i n g u n g e n Die idealen Bedingungen, unter denen wir bisher die Trocknung betrachtet haben, sind im technischen Konvektionstrockner nicht gegeben. In ihm nimmt der Feuchtegehalt der Luft merklich zu, während gleichzeitig ihre Temperatur sinkt. Gut, das mit der warmen, trockenen Frischluft in Kontakt steht, wird wesentlich rascher trocknen als jenes, das von der auf ihrem Weg durch den Trockner erkalteten und befeuchteten Luft bespült wird. Dies muß bei der exakten Berechnung von Trocknern berücksichtigt werden (hierzu K N E U L E [10.1], Kap. 13; K R I S C H E R / K R Ö L L [10.2], Band I, S. 424/453). 10.6 Die technischen Trockner Für die Konstruktion von Trocknern stehen viele Möglichkeiten offen. Eine Klassifizierung der verschiedenen Bauarten ist damit unumgänglich. Nach einem Vorschlag von K R Ö L L [10.5] gewinnt man eine vollständige Übersicht über alle bestehenden und in Zukunft noch zu entwickelnden Trocknerbauarten, wenn man sie mit Hilfe der folgenden Ordnungsstufen einteilt: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Druck- und Temperaturbereich. Art der Energiezufuhr zum Gut (oder der Energieumwandlung im Gut). Art der Gutsförderung im Trockner. Art der mechanischen Hilfen zum Verstärken der Trocknungswirkung. Art der Bewegung des entstehenden Dampfes und der Begleitluft. Beschaffenheit der Gutsträger. Art der Vorbereitung und Einführung des Gutes. Art des Heiz mittels.

Betrachtet man nur die ersten drei Ordnungsstufen, so findet man nach K R Ö L L [10.5] bereits 96 verschiedene Bauarten, die gegenwärtig ausgeführt werden. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß es gelegentlich sogar sinnvoll sein kann, in einem Trockner mehrere Arten der Energiezufuhr an das Gut anzuwenden. Dies ist ζ. B . bei dem von MAHLER und STOCKBURGER [10.14] beschriebenen Walzen-Schachttrockner der Fall, bei dem die Wärme im ersten Trocknungsabschnitt durch Kontakt, in den weiteren aber durch Konvektion zugeführt wird. Dadurch lassen sich bei manchen Gütern die Trocknungszeiten stark verringern. Wir beschränken uns angesichts dieser Fülle von Möglichkeiten auf die Besprechung einiger Konstruktionsbeispiele aus zwei besonders verbreiteten Klassen von Trocknern: die Normaldruck-Konvektionsund die Normaldruck-Kontakttrockner. Eine

10.6 Die technischen Trockner

237

vollständige Übersicht über die Trocknerbauarten und weitere Ausführungsbeispiele findet man bei K N E U L E [10.1], Kap. 2 sowie insbesondere in der sehr umfassenden Darstellung von K R Ö L L ( K R I S C H E R / K R Ö L L [10.2], Band II). 10.6.1 K o n v e k t i o n s t r o c k n e r Beim Konvektionstrockner ist das Trocknungsmittel (in den meisten Fällen Luft), das über das Gut streicht, der einzige Wärmeträger von Bedeutung. Um die Trocknung zu beschleunigen, wird das Trocknungsmittel, das im folgenden mit L u f t bezeichnet werden soll, meist künstlich erwärmt und bewegt. Sowohl die Heizkörper als auch die Ventilatoren, welche die Luft durch den Trockner fördern, sind im allgemeinen Bestandteile der Trocknungsanlage. Die Luft strömt entweder der Gutsoberfläche entlang oder durch das Gut hindurch, sie kann aber auch das Gut aufwirbeln (Wirbelschichttrockner) oder mit sich fortreißen (Stromtrockner). Ebenso kann das Gut im Luftstrom nach unten sinken, wie dies für viele Ausführungsformen von Zerstäubungstrocknern zutrifft. a) Out liegt auf fester Unterlage Als Beispiel für diese Kategorie von Trocknern sei der Umluftschrank angeführt. Bei der in Abbildung 1 dargestellten Bauart Hegt das Gut in Horden, deren Böden d

Abb. 10.6.1: Umlufttrockenschrank (Bauart B Ü T T N E R - S C H I L D E - H A A S ) . a, b, c d e / Nach

= = = =

Luftleitflächen; Abluftkanal; Ventilator; Heizkörper.

ULLMANN [ A . 10],

Band

2

meist aus Drahtgeflechten oder gelochten Blechen bestehen. Die vom Ventilator e geförderte Luft wird im Heizkörper / erwärmt und strömt dann den Oberflächen der einzelnen Horden entlang. Man beachte, daß die Trockenkammer zur gleichmäßigen Verteilung der L u f t auf die einzelnen Horden und zur Verminderung der Druckverluste mit Luftleitflächen a, b und c bestückt ist. Die feuchte Abluft wird nur zum Teil durch den verstellbaren Abluftkanal d ins Freie gelassen, der Rest strömt, vermischt mit Frischluft, in den Trockner zurück. Durch diese Art der Luftführung, das Umluftverfahren, ist ein ρ genaue Regulierang des Luftzustandes im Trockner möglich.

238

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Bei anderen Bauarten des Kammertrockners strömt die Luft von unten nach oben durch das Gut. Bei Gegenständen mit tiefen Hohlräumen erreicht man mittels der Düsenbelüftung nach Abbildung 2 eine wirksame Bespülung auch der Innenoberfläche. Durch einen Leitkragen wird der aus dem Hohlkörper austretende Luftstrom so umgelenkt, daß auch die äußere Oberfläche rasch und gleichmäßig trocknet.

Abb. 10.6.2: Von innen und außen belüftete Kaffeekanne. Nach KRÖLL [10.2], Band II

KRISCHER/

b) Out liegt auf bewegter Unterlage Bei großen Gutsmengen ist die kontinuierliche Trocknung dem Chargenbetrieb vorzuziehen. Beim Kanal- oder Tunneltrockner ordnet man die mit Gut gefüllten Horden auf Hordenwagen an, die schrittweise oder kontinuierlich durch den Trockner bewegt werden. Häufig läßt man das Gut aber auch auf einem Förderband durch den Trockner wandern (Bandtrockner). Man unterscheidet Einband- und Mehrbandtrockner. Beim Mehrbandtrockner durchläuft das Gut den Trockner mehrmals (Abb. 3). Am Ende jedes Bandes fällt das Gut auf das nächsttiefere. Dadurch wird es umgelagert und es gelangen neue, noch weniger weit getrocknete Schichten mit dem Trocknungsmittel in Kontakt, wodurch der Stoffübergang verbessert und die Trocknung beschleunigt wird. Beim abgebildeten Trockner strömt die Luft von unten nach oben durch das Gut. Man beachte, daß nur die halbe Bandlänge für die Trocknung ausgenützt ist.

10.6 Die technischen Trockner

239

Abb. 1 0 . 6 . 3 : Vierbandtrockner (Bauart KRAUSS-MATFEI-IMPERIAL GMBH, München). a = Gutsaufgabe; b = Fördereinrichtung; c = Förderband; d = Gutsaustrag; e = Führungswände für die Warmluft; / = Dunstabzug. Nach K N E U L E [10.1]

F ü r die Trocknung von Textügeweben verwendet man oft Hängetrockner, in denen die Gewebebahn in großen Schlaufen geführt wird (Abb. 4). Die L u f t strömt von oben nach unten durch den Trockner. Sind die infolge ihres Eigengewichts in der Gewebebahn entstehenden Spannungen zu groß, so muß die Schlaufenlänge entsprechend verkürzt werden. Damit gelangt man zum Kurzschleif entrockner.

Abb. 1 0 . 6 . 4 : Hängetrockner, a = eintretendes Gewebe; b = Einziehwalzen; c = Ventilator für den zur Faltenbildung herangezogenen Luftstrom; d — entstehende Falte; e = rotierende Tragstäbe; / = endlose Kette; g = Auszieh walzen; h = Pendelableger; i = Gewebebahn; k = Axialventilator; l = Ventilatormotor; m = Heizkörper; η = Luft Verteiler; ο = Abluftstutzen. Nach KRISCHER/RRÖLL [ 1 0 . 2 ] , Band I I

c) Gut schwebt oder bewegt sich im

Luftstrom

Bei dieser Art der Gutsführung sind Wärme- und Stoffaustausch sehr lebhaft und es ist eine sehr rasche Trocknung möglich. Die wichtigsten Bauformen sind der Wirbelschicht-, der Strom- und der Zerstäubungslrockner. Wirbelschicht trockner Die Wirbelschicht, auch Fließbett genannt, ist eine Schicht körnigen Gutes, durch welche Luft mit solcher Geschwindigkeit nach oben strömt, daß die Teilchen leicht

240

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

angehoben und aufgelockert, aber nicht weggetragen werden ( K R I S C H E R / K R Ö L L [10.2], Band II, S. 275). In der Wirbelschicht, die das Aussehen einer siedenden Flüssigkeit hat, sind Wärme- und Stoffaustausch außerordentlich begünstigt 1 . Sie eignet sich deshalb gut zur raschen Trocknung rieselfähigen, feinkörnigen Gutes.

»

Abb. 10.6.5: Wirbelschicht-Horizontaltrockner, a = Aufgabevorrichtung; b = Trocknungszone; c = Sichtzone; d = Kühlzone; e = Rost; / = Wände zum Einstellen des Durchflusses; g = Gutsaustrag; h = Schichthöheneinstellung: i = Ventilator; 1c = Zufluß der Trocknungsluft; l = Zufluß der Verbrennungsluft; m = Brennstoffzufuhr; η = Abgas ventilator; ο = Leitung zum Zyklon. Nach KRISCHER/KRÖLL [10.2], Band I I

Abbildung 5 zeigt einen WirbelschicM-HorizontaUrochner. Das Gut fließt unter den verstellbaren Wänden / hinweg und durchläuft mehrere Behandlungszonen, in welche von unten her mit Luft vermischte heiße Verbrennungsgase eintreten, die das Gut aufwirbeln. Die Gastemperatur und die Höhe der Wirbelschicht kann für jede Behandlungszone getrennt eingestellt und den optimalen Verhältnissen weitgehend angepaßt werden. In der Sichtzone c herrscht eine so hohe Gasgeschwindigkeit, daß die kleineren Gutsteilchen mitgerissen werden und in einen Staubabscheider gelangen. In der Kühlzone d wird das erhitzte Gut abgekühlt und gelangt über den Gutsaustrag g ins Freie. Stromtrockner Als Stromtrockner wird ein Trockner bezeichnet, bei dem das Trockengut feinverteilt einem warmen Gasstrom zugegeben wird, welcher das Gut durch Rohrleitungen fördert und zugleich trocknet. Abbildung 6 zeigt einen einfachen Apparat dieser Bauart. Das Gut wird im Steigrohr b nach oben getragen. Da die größeren Teilchen vom Luftstrom infolge ihrer höheren Relativgeschwindigkeit weniger rasch Der Wärme- und Stoffaustausch zwischen den Gutspartikeln und der Trocknungsluft wurde von KRISCHEB und MOSBERGER [ 1 0 . 1 5 ] untersucht. Es zeigte sich dabei, daß die Wirbelschicht weitgehend dasselbe Verhalten wie ein ruhendes Haufwerk desselben Auflockerungsgrades aufweist.

10.6 Die technischen Trockner

241

gefördert werden als die kleineren, sind sie der Einwirkung des Trocknungsmediums längere Zeit ausgesetzt. So erzielt man eine gleichmäßige Trocknung. Der Zyklon c scheidet das trockene Gut aus dem Luftstrom ab. (Zur Berechnung von Stromtrocknern siehe ζ. B . P E H R S O N [ 1 0 . 2 0 ] . )

Abb .10.6.7: Gleichstrom-Zerstäubungstrockner mit Zerstäubungsdüsen, α = Pumpe; b = Zerstäubungsdüsen; c = Trocknungsraum; d = Luitverteilgitter; e = Auffangkonus für das Gut; / = Austragsvorrichtung; g = Lufterhitzer; h = Heißluftventilator; t = Staubabscheider; k = Abluftventilator; l = Abluftrohr. Nach KRISCHER/RRÖLL [10.2], Band II Abb. 10.6.6: Durchlauf-Stromtrockner. a = Lufterhitzer; b = Steigrohr; c = Zyklon; d = Ventilator; e = Abluftrohr; / = Aufgabevorrichtung; g = Gutsaustrag. Nach KRISCHER/KRÖLL [10.2], Band II Zerstäubungstrockner

Bei der Zerstäubungstrocknung wird das zunächst flüssige Gut zerstäubt und anschließend der Wirkung der Heißluft ausgesetzt, wobei es infolge seiner großen spezifischen Oberfläche rasch trocknet. Das fertig getrocknete Gut fällt häufig in Form leicht löslicher Hohlkugeln an, was bei vielen Produkten (Milch- und Kaffeepulver, Waschmitteln) erwünscht ist, nicht zuletzt des hübschen Aussehens wegen. Abbildung 7 zeigt einen Gleichstrom-Zerstäubungstrockner, bei dem die Heißluft in derselben Richtung strömt wie das Gut. Häufig wird auch die Luft im Gegenstrom zum Gut geführt. Bei der Dimensionierung von Zerstäubungstrocknern ist darauf zu achten, daß nur das fertiggetrocknete Gut mit den Behälterwänden in Berührung kommen darf. Hierbei ist auf die maximale und nicht auf die mittlere Tröpfchengröße abzustellen. 16

Grassmann, Verfahrenstechnik

242

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Die Theorie der Zerstäubungstrocknung wurde von SCHLÜNDER [10.16] bearbeitet. Er zeigte, daß für den größten Teil des Trocknungsvorganges mit Verdunstung an der Tropfenoberfläche gerechnet werden kann; erst gegen Ende wandert der Trocknungsspiegel in das Gutsinnere hinein. Während der Phase der Oberflächenverdunstung gilt (z.B. GRASSMANN [A.5], § 9 . 1 6 ) bei kugelförmigen Tröpfchen für den Wärmeübergangskoeffizienten: Nu

= 2 + 0 , 6 Re1'2

PR 1 ' 3

(10.6.1)

Für sehr kleine Tröpfchen (Re < 1) vereinfacht sich Gl. (1) zu Nu = 2

(10.6.2)

Infolge der Analogie zwischen Wärme- und Stoffaustausch (Abschnitt 10.5.1) gilt somit für den Stoffübergang zwischen der Tröpfenüberfläche und dem umgebenden Gas: Sh = 2 + 0,6 Re1'2 Sc1'3

(10.6.3)

beziehungsweise bei sehr kleinen Tröpfchen: Sh = 2 10.6.2

(10.6.4)

Kontakttrockner

Bei der Kontakttrocknung steht das Gut mit beheizten Flächen in Kontakt. Die Wärme wird durch Wärmeleitung übertragen. a) Gut liegt auf bewegter Unterlage Eine sehr verbreitete Trocknerbauart ist der Walzentrockner. Eine einfache Variante ist in Abbildung 8 dargestellt. Das zu Trockenwake trocknende Gut, welches in flüssiger Form im Trog gespeichert ist, bleibt als dünner Film an der von innen meist durch kondensierenden Wasserdampf beheizten Trockenwalze hängen und trocknet sehr rasch. Das getrocknete Gut wird durch ein Schabemesser von der Walze abgeschält.

Abb. 10.6.8: Einfacher Walzentrockner

Meist wird bei so hoher Temperatur getrocknet, daß die Flüssigkeit verdampft. Wird mit Verdunstung gearbeitet, so muß die entweichende Feuchtigkeit mit Hilfe von Luft abgeführt werden. Diese Luft dient meist lediglich zur Aufnahme der Gutsfeuchtigkeit und nicht zur Wärmezufuhr.

10.6 Die technischen Trockner b) Ständige

Umschichtung

des Gutes durch

243

Ruhrwerkzeuge

Trockner, bei denen das Gut ständig durch Rührwerkzeuge gewendet wird, können als Konvektions- oder als Kontakttrockner ausgebildet sein. Beim Τellertrockner, der hier stellvertretend für die anderen möglichen Bauarten besprochen

Abb.

1 0 . 6 . 9 : Mehrstufiger Heiztellertrockner mit ständiger Umlagerung des BÜTTNER-SCHILDE-HAAS). Durch die Ventile auf der linken Seite des Apparates

Gutes (Bauart tritt der Heizdampf ein, während das Kondensat durch die rechts angeordneten Ventile abgezogen wird.

a = kleiner Teller; b = großer Teller; c = Rührarme mit Schaufeln; d = Gutsaufgabe; e = Gutsaustrag; / = Antrieb; g = Warmlufteintritt; h = Abluftventilator; Weg des Gutes. Nach KRISCHER/KRÖLL [ 1 0 . 2 ] , Band I I

werden soll, bewegt sich das Gut über ebene, beheizte Teller. Bei der in Abbildung 9 dargestellten Bauart wird das Gut dauernd durch pflugartige Schaufeln gewendet und langsam an den äußeren bzw. inneren Rand des Tellers gefördert, von wo es auf den nächsttieferen Teller fällt. Die Brüden werden durch Warmluft abgeführt. Solche Trockner eignen sich besonders für schaufelbare, nichtklebende Schüttgüter, bei denen eine Erhaltung der ursprünglichen Form nicht notwendig ist. Durch verschieden starke Beheizung der einzelnen Teller ist eine weitgehende Anpassung an die Gutseigenschaften möglich. 16*

244

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

Als weitere Bauart eines Kontakttrockners mit ständiger Umschichtung des Gutes durch Rührwerkzeuge sei der Dünnschichttrockner erwähnt, der zur Gewinnung fester Stoffe aus Feststoff-Flüssigkeits-Suspensionen herangezogen wird [10.21], In der Funktionsweise entspricht er dem Dünnschicht verdampfer (Abschnitt 3.2 sowie Abb. 3.2.5).

10.7 Die Gefriertrocknung Literatur:

NEUMANN [ 1 0 . 6 ] ; R E Y [10.7 bis 10.9, 10.18]; FISHER [10.10]; ANON [10.19].

Unter Gefrier- oder Sublimationstrocknung versteht man den Wasserentzug aus gefrorenem Material durch Sublimation im Vakuum. Dieses Trocknungsverfahren kommt wegen seiner hohen Kosten nur für besonders wertvolle, temperaturempfindliche organische Substanzen in Frage, bei denen andere Konservierungsmethoden nicht dieselbe gute Qualität des Produktes gewährleisten. Insbesondere wird die Gefriertrocknung für medizinische Zwecke eingesetzt, so etwa zur Konservierung von Blutplasma, Antibiotika, Bakterien- und Viruskulturen, lebender Zellen und Arzneimitteln. Daneben dient sie immer mehr zur Trocknung hochwertiger Nahrungsmittel. Beispielsweise hat sich gefriergetrockneter Kaffee-Extrakt auf dem Markt durchgesetzt. Die Gefriertrocknung steht nicht nur mit der herkömmlichen Trocknungstechnik in Konkurrenz, sondern insbesondere auch mit der Tiefkühltechnik. Gegenüber tiefgekühlten Konserven haben gefriergetrocknete Produkte den Vorteil, daß sie meist bei Raumtemperatur gelagert werden können. Dieser Vorteil kann oft die höheren Kosten des Verfahrens aufwiegen, denn es wird dadurch ζ. B. möglich, die für einen Katastrophenfall notwendigen Blutplasmakonserven bei Raumtemperatur zu lagern und vom Funktionieren einer geschlossenen Kühlkette unabhängig zu werden. Ein weiterer Vorteil der gefriergetrockneten Konserve gegenüber der tiefgekühlten ist das geringere Gewicht. Da sich während der Trocknung das Gut in festem Aggregatzustand befindet, bleiben die ursprünglich vom Wasser erfüllten Hohlräume erhalten. Deshalb zeigen die meisten gefriergetrockneten Güter eine poröse, schwammige Struktur mit großer Oberfläche. Sie sind meist sehr stark hygroskopisch, nehmen deshalb Wasser sehr begierig auf und lassen sich rasch in den Gebrauchszustand überführen. Der Erfolg der Gefriertrocknung hängt sehr stark von der Art des Einfrierens ab. Im allgemeinen wird man das Gut durch Kältezufuhr von außen zum Gefrieren bringen. Es ist prinzipiell zwar auch möglich, es in der Vakuumkammer durch teilweise Verdampfung bei Druckabsenkung zum Erstarren zu bringen, doch neigt das Gut hierbei oft zum Schäumen und bildet Krusten, die später die Sublimation des Wassers hemmen. Um vollständige Erstarrung sicherzustellen und ein Schäumen während der Gefriertrocknung zu vermeiden, muß das Gut beim Einfrieren unter seine tiefste eutektische Temperatur abgekühlt werden (zur Definition des eutektischen Punktes:

10.8 Kriterien zur Auswahl des optimalen Trocknungsverfahrens

245

Abb. 11.9.2). Im allgemeinen ist es vorteilhaft, das Gut rasch einzufrieren, so daß viele kleine Eiskristalle entstehen und die Zellwände pflanzlicher oder tierischer Produkte nicht zerstört werden. Allerdings wird dann die Trocknungsgeschwindigkeit geringer als bei langsam abgekühlten Gütern, bei denen die entstehenden großen Eiskristalle die Zellwände sprengen und die Sublimation dadurch erleichtern. Die Trocknungsgeschwindigkeiten sind sehr klein und es empfiehlt sich, die Schichtdicke des Gutes so gering wie möglich und seine Oberfläche groß zu halten. Da bei der festen Eisphase kein Kapillarsog möglich ist, gibt es bei der Gefriertrocknung keinen ersten Trocknungsabschnitt. Der zweite und der dritte Trocknungsabschnitt gehorcht denselben Grundgesetzen wie bei der normalen Trocknung. Im zweiten Trocknungsabschnitt werden die kompakten Eiskristalle durch Sublimation entfernt. Ausgehend von der Gutsoberfläche wandert der Trocknungsspiegel immer tiefer in das Gut hinein. Infolge der ständig zunehmenden Diffusionswege sinkt dabei die Trocknungsgeschwindigkeit dauernd. Im dritten Trocknungsabschnitt, den man wieder nur bei hygroskopischen Gütern beobachtet, werden die an den äußeren und inneren Oberflächen des Gutes adsorbierten Wasserhäute abgebaut. In vielen Fällen ist es zulässig, diese Phase der Trocknung durch Anwendung erhöhter Temperaturen zu beschleunigen. Nur bei sehr kleinen Anlagen ist es wirtschaftlich, die entstehenden Dämpfe durch die Vakuumpumpe aus dem Trockner abzusaugen. Man friert sie besser an Kondensatorflächen aus, die durch verdampfendes Kältemittel gekühlt werden. Da die Wärmeleitfähigkeit des Eises viel niedriger ist als die des Wandmaterials der Kondensatoren, muß das Eis periodisch oder kontinuierlich abgeschabt werden. Größere Gefriertrocknungsanlagen sind meist als Vakuum-Kammertrockner ausgebildet. Sie benötigen ausreichend dimensionierte Vakuumpumpen sowie eine Kälteanlage, welche die erforderlichen tiefen Temperaturen (bis etwa —70 °C) erzeugen kann und sind damit recht kostspielig. Ferner müssen sie mit einer Heizung für das Gut ausgestattet sein, welche ihm die für die Sublimation benötigten Wärmemengen zuführt. Die Auslegung dieser Heizung ist oft recht problematisch, weil das schlecht wärmeleitende Gut nicht so stark erhitzt werden darf, daß das in ihm enthaltene Eis zu schmelzen beginnt. Ständige Überwachung der Gutstemperatur während der Gefriertrocknung ist unerläßlich. 10.8 Kriterien zur Auswahl des optimalen TrocknungsVerfahrens Bei der Wahl des für eine bestimmte Aufgabe optimalen Trocknungsverfahrens ist vor allem eine genaue Kenntnis des Trockengutes nötig. Neben Angaben über seine Menge, seine Abmessungen, seinen Feuchtegehalt und Aggregatzustand vor der Trocknung benötigt man Unterlagen über die während der Trocknung zu erwartenden Form- und Zustandsänderungen: ob es zusammenklumpt oder zerfällt, ob es bei zu starker Erhitzung flüssig wird, ob es zur Staubbildung neigt und anderes mehr. Kenntnisse der Art der Feuchtigkeitsbindung sind ebenfalls ausschlaggebend. Für ein Gut etwa, bei dem die Feuchtigkeit nur langsam zur Oberfläche wandert,

246

Kapitel 10: Trocknung fester Stoffe

muß man Trockner verwenden, in denen es eine lange Verweilzeit hat; ist Kristallwasser auszutreiben, so muß es genügend hoch erhitzt werden. Güter, die während der Trocknung schrumpfen, sind besonders schonend zu behandeln und langsam zu trocknen. In diesem Fall wird man meistens dem Konvektionstrockner den Vorzug geben, bei dem sich der Luftzustand und damit der Trocknungsverlauf sehr gut regulieren läßt, oder Sonderverfahren wie etwa die dielektrische Trocknung einsetzen. Temperaturempfindliche Güter dürfen nicht überhitzt werden. Häufig sind hohe Temperaturen erst bei langem Einwirken schädlich. In solchen Fällen ist oft der Zerstäubungstrockner mit seiner kurzen Verweilzeit besonders geeignet. Manchmal wird es allerdings unvermeidlich sein, zur Vakuum- oder Gefriertrocknung zu greifen. Die Gleichstromtrocknung ist schonender als die Gegenstromtrocknung, bei der das fertig getrocknete Gut mit der heißesten Luft in Kontakt steht und leicht überhitzt werden kann. Güter, aus denen ein wertvolles Lösungsmittel zu entfernen ist (ζ. B. Lacküberzüge), trocknet man vorzugsweise in Apparaten, die gestatten, das Lösungsmittel möglichst einfach zurückzugewinnen. Hier, und vor allem auch bei giftigen Gütern, ist darauf zu achten, daß die Umwelt durch die enstehenden Dämpfe weder gefährdet noch belästigt wird, und man muß auf jeden Fall geschlossene Bauarten wählen. Manche Güter, insbesondere Fertigprodukte, sind gegen mechanische Beanspruchungen sehr empfindlich und müssen vor Abrieb oder Zerbrechen geschützt werden. Nach der Menge des Trockenguts richtet es sich, ob man die zu erstellende Anlage chargenweise oder kontinuierlich betreibt. Bei stark staubenden Gütern wird es meist nötig sein, den Trockner entweder mit Staubabscheidern zu versehen oder ein Trocknungsverfahren zu wählen, bei dem kein oder nur wenig Staub entsteht. Häufig ist es wichtig, daß der Trockner leicht zu reinigen ist, oder die Platzverhältnisse sind so beschränkt, daß der Einsatz mancher Bauarten von vornherein ausscheidet. Eine große Rolle spielen ferner die Anschaffungs- und Betriebskosten, bei denen neben den Ausgaben für Arbeitslöhne die Energiekosten stark ins Gewicht fallen. Besonders bei billigen Gütern ist sehr darauf zu achten, daß die Trocknungskosten niedrig bleiben. Bei wertvollen Stoffen sind hingegen oft höhere Trocknungskosten vertretbar. Schon die Berücksichtigung solcher Überlegungen läßt im allgemeinen die Zahl der für eine bestimmte Aufgabe geeigneten Trocknerbauarten stark schrumpfen. Bei der endgültigen Wahl des Trockners und für seine Dimensionierung wird man meistens die Ergebnisse von Versuchen heranziehen müssen. Hierbei sollte man die im zu erstellenden Trockner auftretenden Verhältnisse möglichst genau nachahmen. Mit Hilfe dieser Unterlagen können dann exakte Kostenberechnungen durchgeführt werden, welche die Entscheidung über die optimale Trocknerbauart gestatten. Hierbei sind alle notwendigen Zubehöreinrichtungen wie Fördereinrichtungen, Staubabscheider usw. zu berücksichtigen.

Aufgaben zu Kapitel 10

247

Aufgaben zu Kapitel 10: 10.1 Für eine Trocknungsanlage muß eine stündliche Luftmenge von 400 kg/h (Luftzustand: 30 °C; φ — 0,5) auf 80 °C erwärmt werden. Der Lufterhitzer werde bei Umgebungsdruck betrieben. a) Wie groß ist die absolute Feuchte der Luft vor dem Lufterhitzer? b) Wie groß ist die absolute und relative Feuchte der Luft hinter dem Lufterhitzer ? c) Welche Wärmemenge muß der Luft im Lufterhitzer stündlich zugeführt werden ? 10.2 Ein plattenförmiges Trockengut, dessen Oberfläche feucht sei, werde durch einen turbulenten Luftstrom mit # = 1 0 0 ° C ; φ = 0,05 in Längsrichtung angeblasen; die Strömungsgeschwindigkeit der Trockenluft sei 5 m/s. Der Wärmeübergang an das Gut werde durch die Beziehung NUL = 0,037 RE0/ Pr beschrieben. (Der Index L deutet darauf hin, daß in den dimensionslosen Kennzahlen Nu und Re die Plattenlänge L als charakteristische Länge einzusetzen ist). Die Plattenlänge sei 1 m. a) Welche Temperatur nimmt die Gutsoberfläche an ? b) Wie groß ist der Wärmeübergangskoeffizeint Um vom Treppenzug des Histogramms zu einer stetigen Verteilung zu gelangen, müssen wir nur das Zeitintervall Atr immer kleiner werden lassen. I m Grenzfall können wir dann schließlich die Differenz durch ein Differential ersetzen, womit unsere normierte Verteilungsfunktion lautet: 1 dN

7 υ 7 Λ Γ = > (, '>

(KU 2

' >

280

Kapitel 13: Verweilzeit und Verweilzeitspektrum

Im allgemeinen wird man nicht die Zahl der Indikatorteilchen in Funktion der Zeit messen, sondern den Verlauf des Massenanteils w (tr) des Indikators am Gesamtmassenstrom M*, der den Behälter, oder allgemeiner ausgedrückt das Bilanzgebiet, verläßt (im englischen Schrifttum wird w (tr) meist C (tr) genannt). Für die dN Indikatormoleküle, die im Zeitintervall dtr aus dem Bilanzgebiet austreten, gilt aber: dN = w (tr) M*

dtr

(13.1.3)

NL = Avogadro-Konstante = 6,06 · 1026/kmol Μ = Molmasse des Indikators [kg kmol -1 ]

Die Gesamtzahl N0 der zur Zeit t = 0 injizierten Indikatormoleküle ist gegeben durch N0 = M0NLIM

(13.1.4)

M 0 = Gesamtmasse der injizierten Indikatormoleküle [kg]

Dividiert man Gleichung (3) durch dtr und N0, so folgt unter Berücksichtigung von Gleichung (4) die wichtige Beziehung: 1

dN

M* NL

M*

Das Verweilzeitspektrum Ε (tr) zeigt die Verteilung des aus dem Bilanzgebiet austretenden Indikator-Stoffstromes auf die verschiedenen Verweilzeiten tr. Damit können wir es analog zu Gleichung (2) als die folgende, normierte Verteilungsfunktion definieren: 1 dN* 1 dV* 1 dM* N* = aus dem Bilanzgebiet austretender Molekülstrom [s - 1 ] F* = aus dem Bilanzgebiet austretender Volumenstrom [m3 s - 1 ] M* = aus dem Bilanzgebiet austretender Massenstrom [kg s - 1 ]

Es bleibt noch zu zeigen, daß die durch Gleichung (2) gegebene Verteilungsfunktion' welche das Ergebnis unseres Experiments mit dem Indikator beschreibt, dem Verweilzeitspektrum nach Gleichung (6) gleichwertig ist. Wir haben aber vorausgesetzt, daß sich der Indikator strömungsmäßig im Bilanzgebiet genau gleich verhält wie das normalerweise den Apparat durchlaufende Medium. Unter dieser Bedingung müssen sich beide Substanzen genau gleich auf die verschiedenen Verweilzeiten verteilen, und wir können setzen: 1 1

dN

1

dN*

=

M* E{tr)=1^-w{tr)

(13.1.8)

Mit Gleichung (5) folgt also:

281

13.1 Verweilzeitspektrum und mittlere Verweilzeit

Die mittlere geben durch:

Verweilzeit

tr

ist gemäß der üblichen Definition für Mittelwerte ge-

J

tr

=

0 liefert dann eine Indikatorbilanz f ü r den aus dem ersten Behälter (Index 1) austretenden Indikatorstrom (eintretender Indikatorstrom = austretender Indikatorstrom -f Speicherung im Bilanzgebiet): DM1

0 -

WL(TR)

M* +

(13.1.12)

M1 = Indikatormasse im ersten Rührkessel [kg]

Mit M1 DMR DTR

- W^TR)

D = -^-[MBWL(TR)] DTR

MB DWJTR) =

MB

DTIR

erhalten wir, wenn wir noch die beiden Terme auf der rechten Seite von Gleichung (12) vertauschen: DWMR) DTR

M*

+

0

ML

(13.1.13)

Hieraus folgt durch Integration, wenn man berücksichtigt, daß zur Zeit T = 0 der Massenanteil des Indikators im 1. Rührkessel gleich w0 ist:

/

WL(TR)

= W0EXP I —

Μ*

\ TR I

(13.1.14)

Mit w0 = M 0 I M n und mit Gleichung (10) erhalten wir: M0

(

M*

\

M0

( TR \ *°P [ - T r )

[TR) =

(13

-L15)

Durch Einsetzen in Gleichung (8) gewinnen wir hieraus unmittelbar das Verweilzeitspektrum des 1. Rührkessels: Μ*

J , · C. Die Reaktionsenthalpie ist die Differenz der Enthalpie der Produkte Ηω und der Enthalpie der Ausgangsstoffe Ha. Aus Abbildung 1 ersehen wir nun, daß der Übergang vom EnerΗ aktivierter oder Übergangszustand gieniveau α zum Niveau ω nicht direkt begangen werden kann, sondern daß den Molekülen zuerst £

Hcc Edukt

die Energie E , welche Aktivierungsenergie genannt wird, zugeführt werden muß. I m aktivierten Zustand (Übergangszustand) reagieren die Moleküle miteinander, und dabei wird pro

T* ΔΙ

__L

Ha, Produkt

Kilomol Produkt die Energie Ε freigesetzt.

Wird beispielsweise in irgend einer Reaktion atomares Chlor gebraucht, so wird ein Teil der Abb. 15.4.1: Die Aktivierungsenergie Aktivierungsenergie zur Spaltung oder auch nur zur Lockerung der Bindung im Chlormolekül Cl2 verwendet. Bei der schon erwähnten Reaktion H 2 J 2 2 Η J werden mit der Aktivierungsenergie vor allem die Jodmoleküle durch teilweise Aufspaltung der Molekülbindungen in den reaktionsfähigen Zustand versetzt. Bei adiabat durchgeführten, exothermen Reaktionen genügt eine einmalige Aktivierung der Ausgangsstoffe; nachher unterhält sich die Reaktion ohne weitere Energiezufuhr von selbst, d. h. mit der frei werdenden Reaktionswärme werden stets neue Ausgangsmoleküle aktiviert. Für einfache Gasreaktionen läßt sich die AuRHENius-Gleichung mit Hilfe der kinetischen Gastheorie herleiten. Wir betrachten dazu die bimolekulare Reaktion A + A —>• A 2 , d. h. beim Zusammenstoßen vereinigen sich jeweils zwei gleiche Ausgangsmoleküle Α zu einem neuen Molekül A2. Zur Durchführung der Rechnung ist es notwendig, einerseits die gesamte Anzahl Zusammenstöße zweier Α zu kennen, und andererseits zu wissen, wieviele dieser Zusammenstöße erfolgreich sind, d. h. zu einem Molekül A2 führen.

15.4 Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten

309

Nach E G G E R T / H O C K / S C H W A B [15.2], S. 750, ist die Anzahl Zusammenstöße von Α-Molekülen pro Sekunde und Kubikmeter: Α = π Ϋ 2 d? w Ν2 d w Ν iV/,

(15.4.5)

= Durchmesser der Moleküle A [m] = mittlere Geschwindigkeit der Moleküle A [m s - 1 ] - N^ CA = Anzahl Moleküle A pro Kubikmeter [m -3 ] 26 1 = LOSCHMIDT- oder AvoGADEOzahl = 6,024 · 10 kmol-

Die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases ist durch die folgende Beziehung gegeben (auch GRASSMANN [A.5], S. 209): w = γ8ΚΤΙ(πΜ)

= 1,596 ]/R T/M

(15.4.6)

Durch Einsetzen dieses Ausdruckes in Gleichung (5) erhält man: ZA

A

= 7,089 γ R TjM d2 Nl czA

(15.4.7)

Nach den obigen Darlegungen führen nur diejenigen Zusammenstöße zu einer neuen Verbindung, bei denen die beteiligten Moleküle die Aktivierungsenergie Ε besitzen. Der Bruchteil aller Moleküle, welche pro Kilomol bei der Temperatur Τ mindestens diese Aktivierungsenergie haben, ist durch den BoLTZMANN-Faktor exp (— EjR T) (hierzu GRASSMANN [A. 5], § 3. 10) gegeben. Mit steigender Temperatur nimmt also die Anzahl reaktionsfähiger Moleküle exponentiell zu. Durch Multiplikation von ΖAt A mit dem Boi/rzMANN-Faktor erhält man jetzt die Anzahl Ζ der zur Reaktion führenden Stöße: - >

Ζ = Ζ a, a

-

2

(— EjR Τ) = 7,089 [/ R TjM d N

2

2

L

c

A



exp (— EjR T) =

= a T112 C2a exp (— EjR T)

(15.4.8)

α faßt sämtliche für eine bestimmte Molekülart konstanten Faktoren zusammen. Die von uns gewählte, bimolekulare Reaktion verläuft nach dem Reaktionsgesetz zweiter Ordnung; aus diesem Gesetz erhält man für die Anzahl erfolgreicher Zusammenstöße (pro Kubikmeter und Sekunde): Ζ = — (1/2) (dc A jdt) Nl = (1/2) k c*A Nl

(15.4.9)

Der Faktor (1/2) berücksichtigt, daß für einen Zusammenstoß jeweils zwei Moleküle Α nötig sind. Mit Gleichung (8) und (9) ergibt sich für die Geschwindigkeitskonstante: k == (2 ajN£) T1'2 exp (— EjR T) = b T 1/2 exp (— EjR T)

(15.4.10)

mit 6 = 2 a}NL Diese molekularkinetische Berechnung der Geschwindigkeitskonstanten lieferte also im wesentlichen die ARRHENius-Gleichung (2). Die einzige Abweichung besteht darin, daß die Konstante k0 durch den temperaturabhängigen Ausdruck b T11'1 ersetzt wurde. Daß der Unterschied allerdings nicht groß ist, sieht man durch

Kapitel 15: Reaktionskinetik

310

Vergleich der Gleichung (1) mit der logarithmierten und dann nach Τ abgeleiteten Gleichung (10): d(lnk)

( 1 / 2 ) R T + J5

dT

R T2

(15.4.11)

Für den Großteil der Reaktionen ist (1/2)R !Γ H 2 -f J 2 sicherlich am günstigsten, wenn die beiden Moleküle so zusammenstoßen, daß sich sowohl die zwei Wasserstoffatome als auch die zwei Jodatome direkt berühren. Ist die molekularkinetisch berechnete Geschwindigkeit einer Reaktion viel kleiner als die gemessene, so deutet dies, wie wir später noch sehen werden, auf einen kata-

lytischm Einfluß hin. Für graphische Darstellungen eignet sich am besten die logarithmische Form der Akrhenius - Gleichung: In k — In k0 — [EJ{R Ϊ7)]

(15.4.12)

Wie in der Abbildung 2 gezeigt ist, trägt man auf der Abszisse (1 /T) und auf der Ordinate (In k) auf. Die Steigung der entstehenden Geraden gibt dann

£ grQß ^

—v

klein

den Wert (—• EJR) an, während man aus dem Schnittpunkt mit der (In &)-Achse k0 erhält.

Abb. 15.4.2: Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten

Die Aktivierungsenergie Ε wird aus zwei experimentell für die Temperaturen T1 und Tf ermittelten Werten von k mit der folgenden Formel berechnet: kl 1

1 kcal = 4,187 · 103 J

£

T,

jPft

15.5 Zusammengesetzte Reaktionen

311

15.5 Zusammengesetzte Reaktionen Bis jetzt haben wir hauptsächlich einfache, einseitig verlaufende Reaktionen betrachtet. I m Gegensatz dazu spricht man von zusammengesetzten Reaktionen, wenn im selben Raumgebiet gleichzeitig mehrere Prozesse, die sich gegenseitig in verschiedenster Weise beeinflussen können, ablaufen. Damit gehören auch die in mehreren Schritten sich abspielenden Reaktionen, die wir schon in 15.2 kennengelernt haben, zu den zusammengesetzten Reaktionen. Die gegenseitige Beeinflussung der Reaktionen kann ganz unterschiedliche Ursachen haben: Ist beispielsweise eine Reaktion stark exotherm, so kann die Reaktortemperatur steigen, und nach der Arrhenius-Gleichung führt dies zu einer Erhöhung der Geschwindigkeitskonstanten aller sich abspielenden Reaktionen. Ebenfalls ist es möglich, daß einer der beteiligten Stoffe katalytisch auf eine andere Reaktion einwirkt. Ist einer oder sind mehrere der Ausgangsstoffe für alle Reaktionen gemeinsam, so wird auch der zeitliche Konzentrationsverlauf der Ausgangsstoffe von sämtlichen Reaktionen beeinflußt. Dies ergibt dann meist wesentlich kompliziertere Geschwindigkeitsgesetze als diejenigen, welche in 15.3 hergeleitet wurden. I m folgenden werden wir nur zwischen entgegengesetzten, 'parallelen, Stufen- und Kettenreaktionen unterscheiden, und diese vier Typen einzeln besprechen. Entgegengesetzte

Reaktionen

Eine entgegengesetzte Reaktion benutzten wir schon zur Herleitung des Massenwirkungsgesetzes in 14.2. Jetzt nehmen wir als Beispiel die unvollständige, umkehrbar verlaufende Reaktion Α

+

Β:

-AB

Sobald sich aus Α und Β durch die Reaktion mit der Geschwindigkeitskonstanten kx ein wenig AB gebildet hat, setzt die entgegengesetzte Reaktion mit der Konstanten k2 ein und ein Teil von AB zerfällt wieder in Α und B. Für die bimolekulare Bildung von AB nach der obenstehenden Reaktionsgleichung gilt: (deAß/dt) =

CA cB =

(cA> a — cÄB) (cBt

Λ

— ciB)

(15.5.1)

Der monomolekulare Zerfall von AB erfolgt nach der Gleichung: (dcABjdt) = — k2cAB

(15.5.2)

Durch Überlagern beider Reaktionen erhält man die effektive Bildungsgeschwindigkeit von AB: (dcÄBldt)e{{. =

(cAi a — cAB) (cBi β — cAB) — k2 cAB

(15.5.3)

I m Gleichgewichtszustand ist ( d c A B j d t ) e f i Null. In diesem Fall liefert Gleichung (3) das Massenwirkungsgesetz (14.2).

Kapitel 15: Reaktionskinetik

312

Dieses Schema zur Herleitung der Bildungsgleichung kann für beliebige entgegengesetzte Reaktionen verwendet werden. So erhält man für die Bildung von Jodwasserstoff nach h Ha + J 2 .

~t 2 HJ

die Gleichung (dcM3ldt) = kj_ c Ht c3t — k2

=

(cHti β — (1/2) c H J ) (cj,, β — (1/2) c H J ) — k2chj

Parallele Reaktionen Hauptsächlich in der organischen Chemie verlaufen viele Reaktionen nicht eindeutig, sondern aus denselben Ausgangsstoffen entstehen mehrere Produkte gleichzeitig nebeneinander. Die prozentuale Verteilung der Reaktionsprodukte hängt von der Bildungsgeschwindigkeit der einzelnen Stoffe ab, und diese wiederum kann durch Temperaturänderungen oder durch die Anwendung von Katalysatoren beeinflußt werden. Die meisten dieser Reaktionen laufen vollständig, also praktisch bis zum totalen Verbrauch der Ausgangsstoffe ab. Die Pyrolyse (thermische Zersetzung unter Luftabschluß) von Isobutan bei etwa 430° C liefert beispielsweise gleichzeitig Isobuten und Propylen (FIESER/FIESER [15.3]): CH3N^

c· CH 3\

/ /C H — C H

CH 3 ' Isobuten

3

CH 3

= CH 2 + H 2

\ ^ C H 3 - C H = C H 2 + CH4

Isobutan

Propylen

Μ ethan

Wir betrachten nun die allgemeine Reaktion Κ

- A

k2a

-

A

Ist sie von erster Ordnung, so erhält man für das Verhältnis der Bildungsgeschwindigkeiten von Ώλ und D2: dcDJdt

kxcA

dcDJdt

k2 cA

exp (— EJR k2

T)

k2 R—CH2—CH | C1

R—CH2—CH—CH2—CH | | C1 C1

• + CH„=CH " j C1 ·•

+ ch2=ch | C1

K e t t e n a b b r u c h : Zwei ungesättigte Ketten, oder ein Radikal und eine ungesättigte Kette, verbinden sich miteinander. Manchmal kann ohne Initiator gearbeitet werden. Bei der Polymerisation von Styrol genügt schon leichtes Erwärmen oder Belichten des Ausgangsproduktes, um die Reaktion einzuleiten. Die Reaktion kann hier durch den Zusammenschluß von Anfang und Ende der Molekülkette, also durch Ringbildung, abbrechen. Eine andere Möglichkeit ist die Reaktion der Radikalgruppen mit stets vorhandenen Verunreinigungen. Ist eine Polymerisation durch Kettenabbruchreaktionen einmal zum Stillstand gekommen, so läßt sie sich nicht ohne weiteres wieder in Gang setzen; alle reaktionsfähigen Gruppen sind nämlich jetzt abgesättigt. Da Polymerisationen in vielen Fällen unter Volumenabnahme stattfinden, bewirken Druckerhöhungen eine Steigerung der Ausbeute. Durch Temperaturerhöhung wird die Kettenlänge der Polymerisate reduziert; einerseits entstehen vermehrt Radikale, die als Kettenausgangspunkte dienen, und andererseits werden durch die intensivere thermische Bewegung lange Ketten wieder aufgespalten. Durch die Beherrschung der drei Stufen Aktivierung (Startreaktion), Kettenwachstum und Kettenabbruch können heute die Eigenschaften von Polymeren in großen Bereichen variiert werden. So ist etwa Polyäthylen ebenso als Schmieröl mit einer Molmasse von 4 · 102 kg/kmol wie auch als Festkörper mit einer Molmasse bis 106 kg/kmol erhältlich. 15.7 Explosionen Bei exothermen Reaktionen ist eine Steigerung der Geschwindigkeit bis zum explosionsartigen Verlauf möglich. Als Grundlage zur Erklärung dieser Verhaltensweise können die beiden Grenzfälle Wärmeexplosion und Kettenexplosion dienen, wobei die praktisch wichtigsten Fälle dann meist eine Kombination dieser beiden darstellen. Die W ä r m e e x p l o s i o n . Hier ist die zeitliche Wärmeerzeugung der Reaktion größer als der abgeführte Wärmestrom. Damit erhöht sich die Temperatur im Reaktionsgefäß, und nach der AKBHENitrs-Gleichung (15.4.1) kann dies die Reaktionsgeschwindigkeit bis zur Explosion steigern.

318

Kapitel 15: Reaktionskinetik

Das Zustandekommen einer solchen Explosion ist also nicht nur durch die Art des Reaktionsgemisches bedingt, sondern ebenso wichtig sind die Wärmeaustauschverhältnisse im Reaktorinnern. So kann etwa bei Gasgemischen die Explosionsgefahr herabgesetzt werden durch Zugabe von nicht reagierendem Kohlendioxid, das die Wärmekapazität des Systems vergrößert; die Beimischung von Heliumgas erhöht die Wärmeleitfähigkeit des Systems und wirkt dadurch explosionshemmend. In der Abbildung 1 wurde der Verlauf der ExplosionsΓη grenze bei der Wärmeexplosion eines Gasgemisches als Funktion des Druckes schematisch aufgetragen. Mit Explosionsgebiet steigendem Druck nimmt die pro Raumeinheit erzeugte Wärme zu, und damit sinkt die zur Explosion erforderliche Temperatur (Zündpunkt).

Abb. 15.7.1: Explosionsgrenze bei einer Wärmeexplosion

T)ifi nKpiifiiip.Ynlnainn XSLV c i u c i i c A p i u a i u i i . Im Gegensatz zu Wärmeexplosionen braucht sich bei Kettenexplosionen das Reaktionsgemisch während der Explosion nicht unbedingt zu erwärmen. Kennzeichnend für diese Art Explosion sind jedoch die während der Reaktion sich bildenden freien Radikale. Als Beispiel für eine Kettenexplosion wollen wir die Knallgasreaktion betrachten, welche nach der stöchiometrischen Gleichung 2 H 2 + 0 2 —• 2 H 2 0 abläuft. Durch experimentelle Untersuchungen wurden für diese Reaktion unter anderem die folgenden Einzelschritte gefunden:

—Η · + Η·

1. H2

2. Η · + 0 2

-- * Ο Η · + 0 ·

3. 0 · + H2

-—>· ΟΗ · + Η ·

4. 0 Η · + Η 2

-— Η 2 0 + Η ·

5. Η ·

+ · Η + ( Μ ) -— Η 2

+(Μ)

Damit die Reaktion überhaupt beginnen kann, sind in der ersten Stufe durch Erhitzen oder durch Einwirkung von Licht Radikale (hier Wasserstoffatome) zu bilden. Jedes dieser Wasserstoffatome erzeugt in der zweiten Stufe zwei Radikale, deren eines (0 ·) in der Stufe 3 seinerseits zwei Reaktionsträger hervorbringt. Wir haben es also mit einer Kettenverzweigung, d. h. einer gewaltigen Vermehrung der Reaktionsträger zu tun, und dies führt schließlich zur Explosion. In der Stufe 4 bleibt die Anzahl der Reaktionsträger konstant (für jedes verbrauchte OH· entsteht genau ein H·), während dann Stufe 5 eine Kettenabbruchreaktion darstellt. (M) ist ein sogenannter Dreierstoßpartner·, stoßen nämlich zwei Wasserstoffatome zusammen, so wird dabei gerade soviel Energie frei, als auch zum Zerfall des entstehenden Wasserstoffmoleküls benötigt wird. Um ein eben gebildetes Molekül zu stabilisieren, muß also ein Teil der Energie an einen dritten Körper, beispielsweise an die Gefäßwand, abgegeben werden. Dies erklärt auch, warum das

15.7 Explosionen

319

Entstehen von Kettenexplosionen sowohl von den Gefäßdimensionen als auch von der Beschaffenheit der Gefäßwände abhängt. Mit wachsenden Gefäßabmessungen gelangt nämlich bei konstantem Druck ein immer kleinerer Bruchteil der Kettenträger an die Wand, wodurch ihre kettenabbrechende Wirkung abnimmt und sich die Explosionsgrenze zu niedrigeren Temperaturen verschiebt. Andererseits fördert beispielsweise ein Kaliumbelag auf einer Gefäßwand den Kettenabbruch und erhöht so die Explosionstemperatur. Durch geschicktes Ausnützen dieser Tatsachen wird es möglich, Kettenexplosionen innerhalb gewisser Grenzen zu beherrschen. So ist etwa der Kunstgriff, allzu große Explosionsgeschwindigkeiten im Verbrennungsmotor durch Zugabe eines Dreierstoßpartners in den Brennstoff herabzusetzen, schon lange bekannt: Man mischt dem Benzin Bleitetraäthyl zu; dieses zerfällt bei den herrschenden Temperaturen in metallisches, fein verteiltes Blei, das den Kettenabbruch begünstigt. Abbildung 2 zeigt schematisch die in vielen Fällen beobachtete Abhängigkeit der Explosionstemperatur vom Druck. Bei den kleinsten Drücken ist die freie Weglänge der Moleküle und Radikale groß, es treten öfters Dreierstöße mit der Wand

auf, und damit ergibt sich eine hohe Explosionstemperatur. In diesem Bereich ist auch der Einfluß der Wandbeschaffenheit auf die Reaktion sehr groß. Mit wachsendem Druck behindern sich aber die Teilchen auf ihrem Weg zur Wand immer mehr, der Wandeinfluß wird kleiner und die Explosionstemperatur sinkt. Bei weiterer Druckzunahme kommt man in ein Gebiet mit steigender Explosionstemperatur: Hier nehmen die Kettenabbrüche durch Zusammenstöße von drei Molekülen im Vergleich zur Neubildung von Radikalen durch Kettenverzweigungen wieder zu. Als Dreierstoßpartner wirken die Gasmoleküle; deshalb können auch bei Kettenexplosionen Fremdgaszusätze von großer Bedeutung für den Reaktionsverlauf sein. Die Gefäßwand hat in diesem Gebiet keinen Einfluß mehr auf die Explosionsgrenze. Bei noch höheren Drücken wird der Wärmeaufstau im Reaktionsgemisch wesentlich, und die Kurve geht in diejenige für Wärmeexplosionen über (gestrichelt eingezeichnet). Erhöht man also in einem Reaktionsgemisch bei festgehaltener Temperatur (7\) den Druck allmählich, so durchschreitet man im allgemeinsten Fall die drei Ex-

320

Kapitel 15: Reaktionskinetik

plosionsgrenzen I, I I und I I I . Bei einem stöchiometrischen Knallgasgemisch liegt für & = 500 °C die erste Explosionsgrenze (I) etwa bei ρ = 3,6 Torr und die zweite (II), für dieselbe Temperatur, ungefähr bei 40 Torr. Das hier über die Druckabhängigkeit der Explosionstemperatur Gesagte galt für stöchiometrisch zusammengesetzte Gemische. Explosionen können aber auch in nichtstöchiometrischen Gemischen auftreten. Enthält beispielsweise Luft einen Äthyläthergehalt von 1 bis 50 Volumenprozent (diese Anhaltswerte sind natürlich stark abhängig von den Umgebungsbedingungen), so kann das Gemisch bei Zündung explodieren. Den kleineren Wert nennt man untere, den größeren obere Zündgrenze (oft auch untere und obere Explosionsgrenze). Außerhalb dieser Zündgrenzen explodiert das Gemisch nicht mehr. Die Angabe solcher Zündgrenzen findet man hauptsächlich in der Literatur über Unfallverhütung in den Betrieben (Ζ. B. FREYTAG [15.12], S . 129ff., KLOST [15.5], S . 532), und sie gelten im allgemeinen für Gemische bei Umgebungstemperatur («s 20 °C) und Umgebungsdruck (sa 760 Torr) bei örtlichem Überschreiten des Zündpunktes. (Beim Äthyläther-Luft-Gemisch «a 200 °C.) 15.8 Heterogene Keaktionen Bei der Herleitung aller bis jetzt besprochenen kinetischen Gesetze, den Gesetzen für homogene Systeme, nahmen wir an, daß eine ideale Durchmischung der Reaktionspartner vorlag, d. h. daß die Wahrscheinlichkeit für eine Reaktion an allen Stellen des Systems gleich groß war. Wesentlich anders verhalten sich heterogene Systeme. Hier sind die Reaktionspartner in mehreren Phasen vorhanden und die Umsetzungen können nur an den Phasengrenzflächen stattfinden, an denen die verschiedenen Stoffe zusammenstoßen. Aus diesem Grunde sind für die hier auftretenden Reaktionsgeschwindigkeiten nicht mehr nur die chemischen Eigenschaften der Reaktionsteilnehmer und eventuell noch die Art des Lösungsmittels maßgebend, sondern die Geschwindigkeit des Stofftransportes zum Reaktionsort gewinnt entscheidenden Einfluß auf den Gesamtvorgang. Bei der Behandlung heterogener Reaktionen ist also das Zusammenwirken der folgenden drei Stufen zu betrachten: 1. Antransport der Ausgangsstoffe in die Reaktionszone 2. Umsetzung 3. Wegtransport der Produkte aus der Reaktionszone Im Grenzfall, in dem die Antransportgeschwindigkeit der Ausgangsstoffe viel größer ist als die chemische Reaktionsgeschwindigkeit, erhält man wieder die Gesetze der homogenen Kinetik. Im entgegengesetzten Grenzfall (Transportgeschwindigkeit -C chemische Reaktionsgeschwindigkeit) ist nur noch der Stofftransport für das herrschende kinetische Gesetz verantwortlich. Im folgenden wollen wir uns die Zusammenhänge zwischen Stofftransport und chemischer Reaktion an Hand dreier charakteristischer Beispiele klar machen. Da eine auch nur annähernd vollständige Behandlung aller hier vorkommenden Möglichkeiten zu viel Platz beanspruchen würde, sei besonders auf die Darstellungen der heterogenen Reaktionskinetik bei BRÖTZ [ 1 5 . 1 ] und FISCHBECK [ 1 5 . 4 ] hingewiesen.

15.8 Heterogene Reaktionen

321

Als erstes untersuchen wir den Verlauf der Reaktion bei der Auflösung einer kompakten Platte aus einem Metalloxid (Mo) in einer Säure (8), wobei ein Metallsalz (Ms) und Wasser entstehen. Ist die Reaktion umkehrbar, so lautet die Reaktionsgleichung : lcx Mo + 8 Ms + H20 k2 (Beispiel: MgO + 2 HCl

• MgCl2 + H 2 0) .

Im ersten Schritt muß Säure aus dem Lösungsinneren an die Metalloxidplatte herangeführt werden; dieser Transportvorgang läßt sich mit dem Diffusionsgesetz von FICK berechnen (hierzu GRASSMANN [A.5], S. 2 3 2 / 2 3 3 Wir bezeichnen die Säurekonzentration im Inneren der stark umgerührten Lösung mit ca s, diejenige an der Metalloxidplatte mit Cj s und den Säurestrom mit iY* [kmol s - 1 ]. Im stationären Zustand ist der zeitliche Verbrauch der Säure durch die Reaktion gerade gleich dem ankommenden Säurestrom, d. h. cs_ s, c{> s und N* bleiben zeitlich konstant. Wie schon in 7.5 dargelegt wurde, kann man jetzt eine fiktive Diffusionsschicht der Dicke δ [m] einführen (Abb. 1) und erhält dann durch Anwendung des FiCKschen Gesetzes für den Säurestrom: N*s = DA(catS-citS)lö

(15.8.1)

D — Diffusionskoeffizient [m 2 /s] A = Oberfläche der Metalloxidplatte [m 2 ] Abb. 15.8.1: Die Diffusionsschicht

Verläuft die Reaktion der Säure mit dem Metalloxid, das in der Lösung an der Plattenoberfläche die konstante Sättigungskonzentration ct Mo aufweist, nach einem Gesetz erster Ordnung, so ergibt sich unter Berücksichtigung der Rückreaktion für den zeitlichen Verbrauch der Säure an der ganzen Oberfläche A: N*s =

A cit s — hA

cit

(15.8.2)

Ma

Die Dimension der Geschwindigkeitskonstanten ist hier nicht [s -1 ], wie in 15.3, sondern [m s - 1 ]. Durch Gleichsetzen der rechten Seiten von Gleichung (1) und (2) ergibt sich: D A

(ca> g —

cit

s

)jd = &

c

i,

21

Grassmann, Verfahrenstechnik

S

Ar, A

c

a, S + D

+

ci>s

h δ

°

— C

i,

&2 A Ms

cit

(15.8.3)

Kapitel 15: Reaktionskinetik

322

Setzen wir cit s in die Gleichung (2) ein, so erhalten wir f ü r die pro Zeiteinheit an der Oberfläche Α umgesetzte Anzahl Kilomol Säure die Beziehung: C

{k2jk1) s

1 l(A h)

i, Ms

+ ÖI(A

(15.8.4)

D)

Durch Anwendung des Massenwirkungsgesetzes (14.2) auf unsere Reaktion ergibt sich (c i>MS /c- i5 ) = Kc = Icjkz, cl CH2 = CH2 + H 2 0 Brutto-Umsatzgleichung

Bei der heterogenen Katalyse bilden das Reaktionsgemisch und der Katalysator mindestens zwei Phasen: Für die Ammoniaksynthese aus Wasserstoff und Stickstoff wird etwa Eisen als Katalysator verwendet. Bei der Oxydation von Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid setzt man Katalysatoren aus Vanadiumoxid ein. Bei der heterogenen Katalyse spielen auch die Stofftransportvorgänge am Katalysator eine sehr große Rolle. Da im allgemeinen bei festen Katalysatoren die Reaktion nur an den aktiven Stellen vor sich gehen kann, ist oft die Belegungsdichte des Festkörpers mit den reaktionsfähigen Molekülen für das Geschwindigkeitsgesetz maßgebend. Sind bei einem gewissen Gasdruck sämtliche dieser Stellen besetzt, so wird auch eine Drucksteigerung keine Reaktionsbeschleunigung bringen: Es herrscht ein Gesetz nullter Ordnung. Dagegen ist die Geschwindigkeit der Reduktion von Kohlendioxid mit Wasserstoff nach der Gleichung C0 2 + H 2 > CO + H 2 0 (1000° C)

Kapitel 15: Aufgaben

326

an einem Platin-Kontakt bei niedrigen Drücken sowohl der Konzentration von C0 2 , wie auch derjenigen von H 2 proportional. Bei einer Drucksteigerung jedoch wird am Platin vorwiegend C0 2 absorbiert, so daß zur Aktivierung von H 2 nicht mehr genügend freie Plätze vorhanden sind und dementsprechend die Reaktionsgeschwindigkeit sinkt. Katalysatorgifte sind Stoffe, die die aktiven Stellen eines Katalyten belegen und ihn dadurch für die eigentliche Reaktion unbrauchbar machen. Sie können in unreinen Ausgangsstoffen mitgeführt werden, oft entstehen sie aber erst bei der Reaktion. In diesem Sinne kann auch das C0 2 im oben erwähnten Beispiel als Katalysatorgift betrachtet werden. Allgemein bekannte Katalysatorgifte sind Cyanwasserstoff (HCN), Schwefelwasserstoff (H2S) und Kohlenmonoxid (CO). Aufgaben zu Kapitel 15: 15.1 Stelle die Reaktionsstufen der in 15.5 (vgl. S. 314) erwähnten Umsetzung von Chlor mit Wasserstoff dar. 15.2 Für den Phosgenzerfall (vgl. S. 315) wurden folgende Geschwindigkeitskonstanten ermittelt: Τ [Κ]

Κ [m1·® kmol- 0 · 5 s" 1 ]

650 675 Bestimme die Aktivierungsenergie.

4,12 1,87

10~5 10- 4

Kapitel 16: Reaktoren BROETZ

[16.1];

KRAMERS/WESTERTERP

TURNER

[16.7];

ULLMANN

[A.10], B d .

[16.3];

LEVENSPIEL

[16.4];

DENBIGH/

3.

16.1 Einleitung Mit diesem letzten Kapitel sind wir beim zentralen Problem der chemischen Technik angelangt, der Dimensionierung der Reaktionsapparate. Hier wird es nun nötig, unsere bis jetzt erworbenen Kenntnisse über Wärmeaustausch, Stoffaustausch, Trennverfahren, Verweilzeitspektren und Reaktionskinetik in geschickter Weise zu verknüpfen. Darüber hinaus erfordert eine erfolgreiche Planung von Reaktoren, wie übrigens auch von ganzen chemischen Anlagen, ein intuitives Verständnis für das Zusammenwirken der einzelnen Vorgänge. Dies zeigen viele Beispiele aus der Praxis. Das Interesse an den Methoden zur Vorausberechnung von Reaktionsapparaten ist in neuerer Zeit stark angestiegen. Heute lösen sich auf vielen Gebieten (ζ. B, in der Arzneimittelindustrie) Produkte wie Produktionsverfahren derartig rasch ab, daß neue Anlagen so schnell wie möglich abgeschrieben werden müssen. So steht meist nicht mehr genügend Zeit zur Verfügung, um eine Produktionsanlage in langwieriger Kleinarbeit aus der Laborapparatur über die Pilot-Anlage zu entwickeln. Nach Angabe eines großen chemischen Werkes entfielen im Jahre 1961 45°/ 0 des Gesamtumsatzes auf Produkte, welche zehn Jahre vorher noch nicht hergestellt wurden. Dazu kommt noch, daß bei den modernen, oft sehr groß dimensionierten Anlagen nachträgliche Änderungen, die wegen ungenügender Planung notwendig werden, recht kostspielig sind. Es ist deshalb anzustreben, Betriebsverhalten und Wirtschaftlichkeit neuer Anlagen unmittelbar aus Laboratoriumsexperimenten vorherzusagen. 16.2 Einteilung der Reaktoren Die Reaktionsapparate können nach den verschiedensten Gesichtspunkten eingeteilt werden. Zuerst ist zwischen Reaktoren für den chargenweisen (absatzweisen) und den kontinuierlichen Betrieb zu unterscheiden. Die Vor- und Nachteile dieser beiden Betriebsarten werden wir in 16.3 erläutern. Eine feinere Unterteilung erhält man, wenn noch der Aggregatzustand der beteiligten Reaktionspartner in Betracht gezogen wird. Mit den drei Aggregatzuständen g = gasförmig, l = flüssig und s = fest ergeben sich bei Verwendung von je zwei davon die folgenden Möglichkeiten: Aggregatzustände

Beispiel

g— g

Reaktor für die Ammoniaksynthese: N 2 + 3 H 2 —> 2 N H 3

g— l

Reaktor für die Herstellung von Hexachlorcyclohexan durch Einleiten von Chlor in Benzol: C 6 H 6 + 3Cl 2 -> C e H e Cl e

Kapitel 16: Reaktoren

328 Aggregatzustände

Beispiel

g—s

Reaktor für die Wassergasherstellung: C + H 2 0 — CO + H 2

l —l

Apparat zur Neutralisation von saurem Industrieabwasser mit Kalkmilch: Ca(OH)2 + 2 HCl — CaCl2 + 2H20

l —$

Apparate zur Textilveredlung

s —· s

Sinterapparate für die Zementherstellung (Drehrohröfen)

Auf Grund der verschiedenartigen Eührung der Stoffströme kann auch zwischen Gleichstrom-, Querstrom- und Gegenstromverfakren unterschieden werden. Gegen-

stromverfahren sind allerdings erst dann von Vorteil, wenn sich in der Strömungsrichtung ein Konzentrationsgefälle aufbauen kann; dies ist aber nur bei nicht zu starker Längsdurchmischung der beiden Phasen möglich. Der Einfachheit halber werden wir in unseren weiteren Ausführungen nur zwischen Reaktionsapparaten für den chargenweisen und den kontinuierlichen Betrieb unterscheiden, und bei den letzteren den einzelnen Rührkessel, die Rührkesselkaskade

und den Rohrreaktor betrachten. Durch Symbole ist dieses Aufteilungsprinzip in der Abbildung 1 dargestellt: c3

C

ο ο

ο ο Ο

Ο

(C

ο

5)

Abb. 16.2.1: Grobes Einteilungsschema für Reaktoren a) Einzelner, absatzweise betriebener Rührkessel mit idealer Durchmischung des Reaktionsgutes. Die Zusammensetzung des Reaktionsgutes ist also zum selben Zeitpunkt an allen Stellen des Rührkessels gleich, ändert sich aber zeitlich; deshalb wird er auch homogener, instationärer Rührkessel genannt. Arbeitsweise: Einmalige Füllung — Reaktion — Entleerung. b) Idealmischer mit kontinuierlichem Zu- und Abfluß, d. h. homogener, stationärer Rührkessel. Die Zusammensetzung des Reaktorinhalts ist gleich derjenigen des weggehenden Stoffstromes. c) Kontinuierlich arbeitende Serie von Idealmischern, welche Rührkesselkaskade genannt wird. Jeder einzelne Rührkessel arbeitet wie der Idealmischer b), von Kessel zu Kessel ändert sich die Konzentration aber sprunghaft.

16.3 Chargenweiser und kontinuierlicher Betrieb (Satzbetrieb und Fließbetrieb)

329

d) Reaktionsrohr als Beispiel eines inhomogenen, stationär arbeitenden Reaktors. Die Zusammensetzung des Reaktionsgutes ändert sich, während es das Rohr durchströmt, bleibt aber an jedem Ort zeitlich konstant. Im folgenden werden wir stets eine ideale Kolbenströmung voraussetzen, d. h. wir nehmen an, daß die Strömungsgeschwindigkeit an allen Stellen eines Rohrquerschnitts gleich ist und daß wir die Längsdurchmischung vernachlässigen können.

Mit solchen idealisierten Typen von Reaktoren hat man es in der Praxis zwar nur in den wenigsten Fällen zu tun. Man kann jedoch die auftretenden Probleme so vereinfachen, daß sie mit den an den Idealtypen entwickelten Rechenmethoden behandelt werden können. Die für das einfache Modell berechneten Lösungen werden dann zwar das wirkliche Geschehen im Reaktor nur näherungsweise quantitativ beschreiben. Sie sind uns aber trotzdem wertvoll, da sie uns ζ. B. über die Richtung der Ausbeuteänderung bei einer Änderung von Druck, Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit usw. Aufschluß geben. 16.3 Chargenweiser und kontinuierlicher Betrieb (Satzbetrieb und Fließbetrieb) Vor der Berechnung eines Reaktionsapparates ist grundsätzlich zu entscheiden, ob das gewünschte Produkt chargenweise oder kontinuierlich hergestellt werden soll. Wenn auch heute im allgemeinen der Fließbetrieb vorgezogen wird, so erfordert der Entscheid doch ein gegenseitiges Abwägen aller Vor- und Nachteile beider Betriebsarten. Dazu mögen die folgenden Ausführungen dienen. Beim absatzweisen Betrieb bleibt die Reaktionsmasse während der gesamten Reaktionszeit den gewählten Druck- und Temperaturbedingungen ausgesetzt. Das bei Reaktionsbeginn entstandene Produkt verweilt also während längerer Zeit unter möglicherweise ungünstigen Verhältnissen im Reaktor, wodurch seine Qualität leidet. Im Gegensatz dazu kann man beim kontinuierlichen Betrieb durch Wahl von Reaktortypen mit passendem Verweilzeitverhalten dafür sorgen, daß die Endstoffe sofort aus der Reaktionszone entfernt werden, so daß man sie gleich weiterverarbeiten kann. Dies ermöglicht dann etwa, ein instabiles Reaktionsprodukt durch rasches Abschrecken auf Temperaturen abzukühlen, bei denen es beständig ist. So ist die Herstellung von Azetylen durch Kracken von Kohlenwasserstoffen ein stark endothermer Prozeß, welcher hohe Temperaturen erfordert; diese erhält man durch teil weises Verbrennen der Ausgangsstoffe. Um optimale Ausbeuten an Azetylen zu erreichen, müssen Folgereaktionen möglichst vermieden werden. Deshalb werden die Reaktionsprodukte sofort nach ihrer Entstehung, d. h. in Bruchteilen von Sekunden, in einem Sprühturm oder auch in einem ölsumpf von etwa 1500 °C auf Temperaturen unter 250 °C abgeschreckt, bei welchen sie dann beständig sind. Für Gleichgewichtsreaktionen ergeben sich beim Fließbetrieb insofern noch günstigere Verhältnisse, als durch das ständige Entfernen der Produkte aus der Reaktionszone das Gleichgewicht fortwährend neu gestört wird. Durch stetes Abdestillieren eines niedrig siedenden Produktes ist dies allerdings oft auch beim chargenweisen Arbeiten möglich. Da im Gegensatz zu kontinuierlich arbeitenden Anlagen die Bedienung einer Anlage für Satzbetrieb höhere Anforderungen an das Betriebspersonal stellt, ergeben sich größere Lohnkosten. Auch die Automatisierung erfordert hier mehr Aufwand, denn es muß nach einem Zeitprogramm gearbeitet werden, während beim Fließbetrieb auf Zeitkonstanz geregelt wird.

330

Kapitel 16: Reaktoren

Dieses Arbeiten nach Zeitprogramm bringt entweder eine sehr ungleichmäßige Beanspruchung der Hilfseinrichtungen, wie der Energieversorgung, der Einfüllund Entnahmevorrichtungen oder der Aufbereitungsanlagen (Destillationskolonnen, Kristallisatioren, usw.) und damit eine unwirtschaftliche Ausnützung mit sich, oder es sind dem Reaktor vor- und nachgeschaltete Zwischengefäße notwendig, um einen kontinuierlichen Betrieb der Hilfseinrichtungen zu gestatten. Zudem werden durch das wechselweise Aufheizen und Abkühlen die Apparaturen mechanisch stärker beansprucht als bei den kontinuierlichen Verfahren, bei denen örtlich stets dieselben Temperaturen herrschen. Beim Fließbetrieb läßt sich auch der Wärmeaustausch mit der Umgebung besser überblicken. Da bei gleicher Produktionsmenge das Apparatevolumen beim Fließbetrieb viel kleiner als beim Satzbetrieb wird, ist der Fließbetrieb für große Durchsätze, wie sie etwa bei der Kunstoffher Stellung vorkommen, besser geeignet. Zusätzlich werden damit auch die Sicherheitsrisiken (Explosionsgefahr) kleiner, weil sich jeweils weniger Produkt im gefährdeten Reaktor befindet. Wegen der kleineren Amortisationskosten wird aber der Chargenbetrieb noch oft beibehalten, so besonders bei kleinen Produktionsmengen, wie ζ. B. in der pharmazeutischen Industrie. Eine diskontinuierlich arbeitende Anlage läßt sich auch universeller verwenden als eine kontinuierlich arbeitende, d. h. sie kann viel rascher auf neue Bedürfnisse umgestellt werden. So wird in der Farbstoffindustrie oft ein großes Sortiment an Farbstoffen abwechslungsweise in denselben Rührgefäßen hergestellt. Manchmal ist es noch nicht möglich, das Chargenverfahren durch ein betriebssicheres kontinuierliches zu ersetzen. Dies ist ζ. B. beim THOMAS-Konverter zur Stahlerzeugung der Fall. Ebenfalls lohnt sich die Einführung von kontinuierlichen Stufen in Produktionsketten oft nicht, die aus betriebstechnischen Gründen noch absatzweise arbeitende Glieder, wie etwa Sedimentierbehälter, enthalten. Die Berechnung von absatzweise arbeitenden Apparaten ist meist insofern komplizierter, als alle Variablen wie Temperatur, Druck und Konzentration von der Zeit abhängen. Treten dann noch Abhängigkeiten von den Raumkoordinaten hinzu, so f ü h r t dies auf partielle Differentialgleichungen. Beim Fließbetrieb braucht man dagegen meist nur die Abhängigkeit von einer Raumkoordinate zu berücksichtigen und gelangt so oft zu gewöhnlichen Differentialgleichungen. 16.k Die drei Stufen der Reaktionskinetik Der in einem Reaktor ablaufende Prozeß läßt sich in die folgenden drei Stufen aufteilen: a) Die turbulente Durchmischung der Ausgangsstoffe, b) der zusätzliche Konzentrationsausgleich durch Diffusion und c) die eigentliche chemische Reaktion.

Um eine Reaktion in einem gewünschten Sinne zu beeinflussen, ist zuerst abzuklären, welche dieser Teilvorgänge geschwindigkeitsbestimmend sind. Erst dann läßt sich entscheiden, ob etwa der Zusatz eines Katalysators, eine Temperaturänderung oder eine Änderung der Durchmischung eine Verbesserung bewirken. Wesentliches über das Zusammenwirken von Stoffaustausch und chemischer Reaktion wurde schon in 15.8 erwähnt.

16.5 Dimensionierung von Reaktoren

331

Der erste Schritt, die turbulente Durchmischung, ist bei erzwungener Konvektion von der REYNOLDSzaAZ und dem Turbulenzgrad des strömenden Reaktionsgutes abhängig. Treten größere Temperatur- oder Dichteunterschiede auf, so setzt ein weiterer Ausgleich durch freie Konvektion ein, für welche die GRASHOFza/tZ (2.4) maßgebend ist. Sowohl durch Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit wie durch Wirbeleinbauten, Rührwerke, Homogenisiervorriehtungen usw. läßt sich die Durchmischung verbessern. Die Schnelligkeit der Diffusion ist durch den Diffusionskoeffizienten bestimmt und läßt sich deshalb nur in vorgegebenen Grenzen beeinflussen. Bei Flüssigkeiten ist der Diffusionskoeffizient der Viskosität näherungsweise umgekehrt proportional. Er steigt deshalb mit wachsender Temperatur rasch an (GRASSMANN [A.5], § 3.10). So beträgt er beispielsweise für Natriumchlorid in Wasser bei 5 °C 0,89 · 10 - 9 und bei 30 °C 1,84 · 10 - 9 m 2 /s. Die molekulare Mischung der Stoffe ineinander ist sowohl vom Diffusionskoeffizienten als auch von der Zeit abhängig, die für den Ausgleich zur Verfügung steht. Der vollkommene Ausgleich aller Konzentrationsdifferenzen wird asymptotisch erst nach unendlich langer Zeit erreicht. Der dritte Schritt, die eigentliche chemische Reaktion, läßt sich nur in Ausnahmefällen nach den in Kapitel 15 dargelegten Methoden vorausberechnen. Meist muß der Reaktionsablauf in Laboratoriumsversuchen geklärt werden. Bei der Übertragung der Resultate auf den Industriemaßstab ist zu berücksichtigen, daß bei Laborversuchen wegen der kleineren Gefäßdimensionen Wandreaktionen eine größere Bedeutung haben können. 16.5 Dimensionierung von Reaktoren Bei der Berechnung eines chemischen Reaktors beginnen wir meist mit den in 1.2 abgeleiteten Bilanzgleichungen, die wir als Bilanz der Ausgangsstoffe und Energiebilanz etwa in folgender Form ansetzen: Eintretender Molstrom der Ausgangsstoffe und I n das Bilanzgebiet eintretender „Wärmestrom"

Austretender In der ZeiteinZeitliche Zu= Molstrom der -f heit reagierende + nähme der nicht umgesetzten Mole der AusgangsAusgangsstoffe Ausgangsstoffe stoffe im Bilanzgebiet Das Bilanzgebiet — verlassender „Wärmestrom"

In der Zeiteinheit + verbrauchte Reaktionswärme

Zeitliche Zu+ nähme der Enthalpie des Bilanzgebietes Unter „Wärmestrom" verstehen wir hier die Summe folgender Ströme:

1. Die durch Leitung in das Bilanzgebiet eingeführten bzw. aus ihm entnommenen Wärmeströme; 2. die zusammen mit den Massenströmen ein- und austretenden Enthalpieströme (Dabei sind —• beispielsweise durch Rührwerke — zugeführte mechanische Leistungen, sowie kinetische und potentielle Energien der Mengenströme vernachlässigt).

332

Kapitel 16: Reaktoren

Bei den Enthalpieströmen ist darauf zu achten, daß die Nullpunkte der Enthalpieskalen auf dieselbe Temperatur zu beziehen sind wie die Reaktionsenthalpien. Bevor wir mit Hilfe dieser zwei Bilanzgleichungen die Berechnung des für eine bestimmte Produktionsmenge erforderlichen Reaktionsvolumens in Angriff nehmen können, ist es zweckmäßig, noch die beiden Begriffe Umsatz und Volumenfaktor einzuführen. Der Umsatz U A einer Komponente Α im Reaktionsgemisch ist definiert durch: UÄ

=

(ηΛ,

Λ

— ηΛ)ΙηΛι

a

(16.5.1)

n A< a = Anzahl Kilomol Α bei Reaktionsbeginn [kmol] nd = zum Zeitpunkt t noch vorhandene Anzahl Kilomol A [kmol]

Ist Α vollständig aufgebraucht (nA = 0), so wird UA = 1, oder, wie es vielfach auch ausgedrückt wird, UA = 100°/0. Fließt einem kontinuierlich arbeitenden Reaktor, dessen Gehalt an Α konstant bleibt, ein Molstrom N*t a [kmol/s] zu, und verläßt ihn der nicht umgesetzte Molstrom N*t ω, so beträgt der Umsatz: UA = { N * A , a - N \ , 0 ) I N l t a

(16.5.2)

Vielfach ist es notwendig, die während einer Reaktion auftretende Änderung des Volumens der Reaktionsmasse zu berücksichtigen. (Im Gegensatz dazu wurde in Kapitel 15 stets V = konstant vorausgesetzt.) Unter der Annahme, daß das Volumen linear mit dem Umsatz anwächst, ergibt sich bei konstantem Druck und konstanter Temperatur: ν=να(1+εΑυΑ) (16.5.3) V Va εΑ

= Volumen des Reaktionsgemisches beim Umsatz UA [m 3 ] = Anfangsvolumen des Reaktionsgemisches [m 3 ] = auf den Umsatz von Α bezogener Volumenfaktor [—]

Der Volumenfaktor εΑ läßt sich leicht aus der VolumenVeränderung bei 100-prozentigem Umsatz (UA — 1) berechnen: =

(16.5.4)

ν ω — Endvolumen des Reaktionsgemisches [m 3 ]

Bei Volumenabnahme wird ε negativ. So erhält man etwa bei der Reaktion N2 + 3 H2 2 NH3, wenn die Ausgangsstoffe in stöchiometrischen Mengen gemischt werden und bei Reaktionsbeginn noch kein Ammoniak vorliegt, für den Volumenfaktor den Wert (— 1/2). Enthalten die reagierenden Stoffe noch ein inertes Trägergas, so besitzt ε einen anderen Wert als im reinen Reaktionsgemisch. Gemäß der Gleichung (15.1.1) für die Reaktionsgeschwindigkeit, rÄ = (1/F) ( d n A j d t ) , verstehen wir in den folgenden Abschnitten unter V stets das Volumen des Reaktionsgemisches, und nicht dasjenige des Reaktors. V ist demnach das für den Reaktor erforderliche Minimalvolumen. Wir werden zuerst nur die Stoffbilanzgleichung auf unser Problem anwenden und annehmen, das Geschwindigkeitsgesetz der homogenen Reaktion sei als Funktion

16.5 Dimensionierung von Reaktoren

333

der Temperatur bekannt. Das thermische Verhalten der Reaktoren, welches sich mittels der Energiebilanz vorhersagen läßt, werden wir in 16.6 qualitativ betrachten. Im Hinblick auf den verfügbaren Raum ist es hier nicht möglich, die Beeinflussung der Reaktionsgeschwindigkeit durch Veränderung der Stofftransportverhältnisse in Reaktoren für homogene und heterogene Reaktionen zu besprechen. Wir können auch nicht näher auf die Probleme der Konstruktion, des Betriebes und der Wirtschaftlichkeit eingehen, welche bei jeder optimalen Reaktorgestaltung gelöst werden müssen. 16.5.1 D e r h o m o g e n e , i n s t a t i o n ä r e R ü h r k e s s e l Wie in 16.3 gezeigt wurde, besitzen diese absatzweise arbeitenden Reaktionsgefäße noch heute große Bedeutung. Hier ergibt sich praktisch von selbst eine einheitliche Verweilzeit, denn im Vergleich zur gesamten Aufenthaltsdauer des Reaktionsgutes sind die Zeiten für das Füllen und Entleeren fast immer zu vernachlässigen. Der Rührkessel sei ideal durchmischt; als Bilanzgebiet darf also das gesamte, vom Ausgangsstoff Α erfüllte Volumen genommen werden. Während der Reaktion strömt dem Reaktor weder Α zu noch strömt Α weg. Deshalb kann die Stoffbilanz folgendermaßen geschrieben werden: In der Zeiteinheit reagierende Mole Α

Zeitliche Abnahme von Α im Bilanzgebiet

Zeitliche Zunahme von Α im Bilanzgebiet

Durch Einführung der durch Gleichung (15.1.1) definierten Reaktionsgeschwindigkeit rA [kmol/(m 3 s)] erhält man daraus: rAV

= dnAjdt

Schreiben wir Gleichung (1) in der Form nA = nAa(\— wir diesen Ausdruck nach der Zeit t, so ergibt sich: dnjdl

= d[nAt

β

(1 — üA)]jdt

= —nA,a

(16.5.5) UA) und differenzieren {düAjdt)

(16.5.6)

Durch Gleichsetzen von (5) und (6) folgt: ^

V =

—ηA,a(dUAldt)

Durch Integration gewinnt man daraus die für einen bestimmten Umsatz U A erforderliche Reaktionszeit: U

A

t = nA>aJ

Γ

—dUA

——-

(16.5.7)

ο Sowohl rA wie V bleiben unter dem Integrationszeichen, denn beide werden sich im allgemeinen in Funktion von UA ändern. Gleichung (7) kann sowohl auf isotherm wie auf nichtisotherm geführte Prozesse angewandt werden. Bleibt das Volumen des Reaktionsgutes konstant, so ergibt sich aus Gleichung (7):

334

Kapitel 16: Reaktoren

Aus Gleichung (6) erhält man dUA — — dnAjnA> a, und mit V = konstant folgt: dUA — — dcAjcA< Λ. Durch Einsetzen dieses Ausdrucks in Gleichung (7) findet man:

-IΆ, et

dcA

(16.5.9)

rA

Ist das Volumen F nach Gleichung (3) eine lineare Funktion des Umsatzes, so erhält man durch Einsetzen in (7): /

dU

— düt rA (1 +

TA Va (1 + εΑ UA)

UA)

(16.5.10)

16.5.2 D e r h o m o g e n e , s t a t i o n ä r e R ü h r k e s s e l Dem homogenen, stationären Rührkessel fließen die Ausgangsstoffe kontinuierlich zu, und die Produkte werden ständig abgezogen. Wegen der idealen Durchmischung ist die Reaktionsgeschwindigkeit überall gleich, und als Bilanzgebiet kann auch hier wieder das vom Reaktionsgut erfüllte Rührkesselvolumen betrachtet werden.

Abb. 16.5.1: Der homogene, stationäre Rührkessel

Dem Rührkessel fließe der Volumenstrom F* mit der Konzentration c* Λ der Komponente Α zu, während ihn V* mit cA> ω verlasse (Abb. 1). Der zu-, bzw. wegfließende Molstrom von Α ist also N*t a = V*cA>a und N*t m — V* cAt ω. Wegen der idealen Durchmischung ist die Konzentration von Α im Gefäßinneren gleich cAi ω. Bei stationärem Betrieb bleibt die Anzahl Mole Α im Rührkessel konstant, und man erhält als Stoffbilanz für die Komponente A: Zulaufender Molstrom A

Austretender Molström A

+

In der Zeiteinheit reagierende Mole A

Oder in mathematischen Symbolen: Κ*

= Κ » - Ά

Durch Einsetzen von Gleichung (2) folgt Ν*ιΛϋΔ der Umsatz zu: UA = (~rA V)jNAi a = (~rA

ν — — rA V. Daraus berechnet sich Fj/iF^.J

(16.5.11)

Diese für die Reaktorberechnung grundlegende Gleichung zeigt, daß sich der homogene, stationäre Rührkessel sehr gut zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit rA in Funktion der Konzentration cA > ω eignet. Durch Variation von NA> a läßt sich

16.5 Dimensionierung von Reaktoren

335

die Konzentration von Α im Rührgefäß beliebig verändern. Aus cA a und cA ω wird dann UA ermittelt, so daß rA berechnet werden kann. Bezeichnen wir den Quotienten F / F * mit τΓ, so kann man Gleichung (11) folgenderweise schreiben: Tr = F / F * = (cAi Λ UA)j( rA) (16.5.12) Bei konstanter Dichte ρ des Stoffstromes (d. h. für ε = 0; F* = F*) ist r r identisch mit der in 13.1 definierten mittleren Verweilzeit tT. 16.5.3 D i e R ü h r k e s s e l k a s k a d e In der Rührkesselkaskade, welche aus einer Serie hintereinandergeschalteter, homogener, stationärer Rührkessel besteht, ändert sich die Konzentration der Reaktionsteilnehmer sprunghaft von einem Gefäß zum nächsten. Ein Vorteil dieser Anordnung ist, daß die Reaktionsbedingungen von Ort zu Ort der Umsetzung optimal angepaßt werden können. Das Ziel der folgenden Rechnung ist, den Gesamtumsatz in einer Rührkesselkaskade in Funktion der Reaktionsgeschwindigkeit r, der Kesselzahl η und der mittleren Verweilzeit zu bestimmen. Dazu nehmen wir an, die Reaktionsmasse sei volumenbeständig (ε = 0; r r = tT), und die η Gefäße seien alle volumengleich (t r = mittlere Verweilzeit eines Kessels = konstant).

* 9t

Abb. 16.5.2: Die Rührkesselkaskade

Wir wenden nun Gleichung (12) auf den n-ten Reaktor an. Wie auch aus Abbildung 2 hervorgeht, ist dann cA,a durch cA,n_1 zu ersetzen, und man erhält: Tr=

tr = (cA,H.1UAiH)l(—rA>H)

(16.5.13)

U A t „ = Umsatz im n-ten Rührkessel [—]

Der Umsatz im τι-ten Rührkessel beträgt nach Gleichung (2): Dividieren wir Zähler und Nenner der rechten Seite dieser Gleichung durch den Volumenstrom F*, der gemäß Voraussetzung über die ganze Kaskade konstant ist, so ergibt sich: UA,n=

(C,l,n-1

—n)icA,n-l

(16.5.14)

336

Kapitel 16: Reaktoren

Durch Einsetzen von (14) in (13) folgt: (16.5.15)

= (cAt „.χ — cAy n)/(— rAt n) Für eine Reaktion erster Ordnung mit Gleichung (15): ~*r =

(cAi

n_x

=

rA



cA>

(dcAjdt) =

n)j(k

cA>



erhält man aus

Je cA

n)

(16.5.16) Wir wollen nun die für einen Kessel der Kaskade gewonnenen Gesetze auf die gesamte, τι-stufige Rührkesselkaskade anwenden. Voraussetzungsgemäß ist die mittlere Verweilzeit tr in allen Rührgefäßen gleich groß. Das Verhältnis von Anfangs- zu Endkonzentration ist demnach: Α,η-ΦΑ,

o d e r

°A,a CA,

Der

Oesamtumsatz

°Α,λ η

UA>n

UA,n

CA,

1

CA,

2

in allen N *

=

1

CA,

< a

1 +

CA,

n-1

CA,

η

k tr

=

(1

+

h

(16.5.17)

tr)*

Rührkesseln ist bestimmt durch die Gleichung:

η

- N *Α, η

Nt •*•* A ,

η =

CA,

a

cA,n

CA,

a

a

=

1

cA,n CA,

a

(16.5.18)

Einsetzen von Gleichung (17) in (18) liefert: UA.n n-20

=

1 10

(1 + 8 7

e

k S

tr)n

(16.5.19)

4-

Abb. 16.5.3: Diagramm zur Ermittlung des Umsatzes in einer Kaskade aus η gleich großen, ideal durchmischten Rührgefäßen bei einer Reaktion erster Ordnung (Nach SCHÖNEMANN [13.5])

Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 3 graphisch dargestellt, und es läßt sich folgendes erkennen: Für einen einzelnen Rührkessel (n = 1) beträgt bei k tr = 2 der Umsatz 0,66. Wird für dieselbe Reaktion (k = konstant) die Rührkesselgröße verdoppelt, so verdoppelt sich auch tT, und k tr wird 4; der Umsatz beträgt dann 0,80. Das Volumen kann aber auch durch Hintereinanderschalten zweier gleich großer Rührkessel verdoppelt werden (n = 2), wobei k tr konstant bleibt; der Umsatz ist aber jetzt 0,89.

16.5 Dimensionierung von Reaktoren

337

Sieht man vom apparativen Mehraufwand und von einer eventuell ungünstigeren Wärmeökonomie ab, so wirkt sich also bei gleichem Durchsatz die Vergrößerung einer Apparatur durch Hintereinanderschalten mehrerer Gefäße auf den Umsatz günstiger aus als die entsprechende Volumenerhöhung eines Einzelkessels. Im Zusammenhang mit 13.1 (besonders Abb. 13.1.3) kann dies auch wie folgt ausgedrückt werden: Je enger das Verweilzeitspektrum, um so größer der Umsatz. Es läßt sich zeigen (BRÖTZ [16.1], S. 307), daß in einer Reaktorkaskade mit gegebenem Gesamtvolumen bei einer Reaktion erster Ordnung der Gesamtumsatz dann am größten ist, wenn alle Gefäße gleiche Volumina besitzen. Für eine Reaktion zweiter Ordnung liegen die günstigsten Bedingungen bei einem Verhältnis von 1:2 vor, d. h. der nachgeschaltete Reaktor muß immer das doppelte Volumen des vorhergehenden haben. Für Reaktionen dritter Ordnung sollte das Verhältnis 1:3 sein, usw. Ein elegantes Verfahren zur Bestimmung der für einen gewünschten Umsatz erforderlichen Anzahl ideal durchmischter Rührkessel stellt die graphische Methode von JONES und WEBER dar (dazu KRAMERS/WESTERTERP [16.3], S. 3 3 und VAN KREVELEN [16.6]). Ihre Anwendung setzt voraus, daß durch einen Versuch mit einem absatzweise arbeitenden Behälter die Funktion cA = f (t) experimentell ermittelt wurde. Ferner sei cA Λ gegeben, während cA ω vorgeschrieben wird, d . h . es soll ein bestimmter Umsatz erreicht werden. Nach Abbildung 2 lautet die Bilanz des ersten Rührkessels (Index 1): Verändert sich das Volumen des Reaktionsgutes während der Reaktion (ε = 0), so läßt sich diese Gleichung auch folgendermaßen schreiben:

C

A,

, a. «

C

A,

— rAt ι

1X

_ —

r 1 t TT* —= *r F*

nicht

(16.5.20)

Dies ist offenbar die auf den Rührkessel 1 angewandte Gleichung (12). Die graphische Lösungsmethode ist in Abbildung 4 wiedergegeben: Kurve 1 stellt die im Laborversuch gefundene Beziehung cA = f (t) dar. Daraus wurde Kurve 2 konstruiert, welche den negativen Wert der Reaktionsgeschwindigkeit (—dc A /dt) oder abgekürzt (— rA) in Funktion der Zeit darstellt. Kurve 3 gibt schließlich (— rA) als Funktion der Konzentration cA im Reaktorinneren an; sie wird aus 1 und 2 mittels den eingezeichneten Hilfslinien erhalten. Abb. 16.5.4: Die graphische Bestimmung der Anzahl ideal durchmischter Rührkessel in einer Kaskade nach JONES und WEBEK (Erläuterung im Text) 22

Grassmann, Verfallrenstechnik

t

338

Kapitel 16: Reaktoren

Gehen wir von cAt a aus und schneiden die Kurve 3 mit einer Geraden, deren Neigung (arctg a) bis auf einen Maßstabsfaktor durch (cAa— cA< x)/(— rA1) = tr gegeben ist, so gibt uns der Schnittpunkt gemäß Gleichung (20) die Konzentration cA l in der ersten Stufe der Rührkesselkaskade an. Diese Konzentration übertragen wir durch eine Horizontale auf die c^-Achse, und von dem hier entstehenden Schnittpunkt können wir wieder eine Gerade mit der Neigung (arctg α) legen. Damit erhalten wir die Konzentration im zweiten Rührkessel. So fortfahrend kann leicht die zur Erreichung von cA< ω benötigte Anzahl Reaktoren von gleichem Volumen ( t r = konstant) bestimmt werden. Die Volumina der einzelnen Reaktoren dürfen aber auch beliebig gewählt werden; je nach der resultierenden mittleren Verweilzeit besitzen dann die den einzelnen Gefäßen entsprechenden Geraden in Abbildung 4 verschiedene Neigungen. Mit dieser Methode läßt sich also der Zusammenhang zwischen Verweilzeit, Reaktorvolumen, Anzahl Rührkessel sowie Konzentrationen in den Kaskadenstufen festlegen. Ein Vorteil liegt in der Möglichkeit, durch passende Wahl der Rührkesselvolumina auf leichte Art unerwünschte Konzentrationsbereiche, die sich vielleicht durch eine ungewöhnliche Viskosität auszeichnen (beispielsweise Strukturviskosität in Kolloiden bei bestimmten Konzentrationen), überspringen zu können. Damit kann ein optimales Betriebsverhalten der Kaskade erreicht werden. Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn neben der Umsetzung der betrachteten Komponente A zum erwünschten Produkt noch Parallel- oder Folgereaktionen ablaufen. Eine praktische Anwendung wird ζ. B. von SIMMBOCK [ 1 6 . 8 ] , S. 574, im Zusammenhang mit der Optimierung einer Glyzerin-Synthese erläutert. 16.5.4 D a s R e a k t i o n s r o h r Beim Reaktionsrohr reagiert der Ausgangsstoff, während er ein Rohr durchströmt. Die Konzentration der Ausgangsstoffe nimmt also mit zunehmendem Abstand vom Eintritt kontinuierlich ab, diejenige der Produkte zu. Dieses Verfahren wird häufig bei Gasreaktionen, wie etwa bei der Ammoniaksynthese oder der Polyäthylenherstellung, angewandt. Bei letzterer tritt das monomere Äthylen, mit etwa 0,01 Volumenprozent als Katalysator wirkendem Sauerstoff vermischt, in den Reaktor ein und reagiert bei einem Druck von etwa 2000 bar und einer Temperatur von 200 °C; das entstehende Polymerisat wird am Reaktorausgang abgetrennt. Die Hochdruckpolymerisation von Äthylen zeigt auch, daß für eine Reaktion verschiedene Reaktoren geeignet sein können. Sie wird in der Industrie nicht nur in Reaktionsrohren, welche von einem Kühlmantel umgeben sind, durchgeführt, sondern oft auch nach dem Rührkesselprinzip in Hochdruckautoklaven, die durch eine in das Reaktionsgut eingespritzte Wärmeträgerflüssigkeit gekühlt werden. Vor- und Nachteile besitzen beide Methoden: I m Autoklaven etwa ist die Temperaturverteilung viel einheitlicher als im Rohr, bei dem die Temperatur in der Hauptreaktionszone maximal ist und nach beiden Seiten abfällt. Dafür weist der Autoklav ein ungünstig breites Verweilzeitspektrum auf, während im Rohrreaktor die Verweilzeit aller Teilchen ungefähr gleich ist. Für die Berechnung des Reaktionsrohres setzen wir einen konstanten Rohrquerschnitt sowie eine ideale Kolbenströmung voraus. Geschwindigkeit und Konzen-

16.5 Dimensionierung von Reaktoren

339

tration des strömenden Mediums sind also an allen Stellen eines Querschnitts gleich und von der Längsdurchmischung wird abgesehen.

Abb. 16.5.5: Der Umsatz in einem Reaktionsrohr

Da die Konzentration im Rohr eine Ortsfunktion ist, müssen wir die Bilanz nach Abbildung 5 über ein Volumenelement dV erstrecken. Wie beim homogenen, stationären Reaktor lautet hier die Stoffbilanz: Zulaufender Molstrom A = Weggehender Molstrom A + In der Zeiteinheit reagierende Mole A oder in mathematischen Symbolen geschrieben:

N* =

(N*+dN*)-rAdV

Daraus erhält man: — dN* = — rAdV

(16.5.21)

Wendet man Gleichung (2) auf das Volumenelement dV an, so erhält man dUA — (dN*IN^ i a ). Durch Einsetzen in (21) ergibt sich:

Nl«dUA=-rAdV

=

(16.5.22)

Bei der Integration dieser Gleichung über das gesamte Reaktorvolumen ist zu beachten, daß rA eine Funktion des Umsatzes ist, während N*t a konstant bleibt: U

V

A ,

m

dUA

— (16.5.23) / - Γ - Γ - η . / 0 0 Diese Formel gibt das für einen bestimmten Reaktor erforderliche Minimalvolumen an, wenn der eintretende Molstrom N*t a vorgegeben ist und ein bestimmter Umsatz UA< ω erreicht werden soll. Mit N*t a — V* cAi„ erhält man für r r (definiert durch Gleichung (12)): u

Tr _ -

22*

JL_- C K

A

. . J

A , < o

f

du

_

*

f A

(16.5.24)

Kapitel 16: Reaktoren

840

Um Gleichung (23) auf eine Reaktion mit variablem Volumen anzuwenden, betrachten wir eine einfache Reaktion n-ter Ordnung. Bei ihr ist — rA — kcnA. Eingesetzt in (23) ergibt dies: V Ü Ü A, ω A, ω A, m dUA V*cA ω = (Ilk) Nl a UÄt ω (16.5.27) Selbst wenn sich das Volumen des Reaktionsgemisches mit dem Umsatz ändert, beeinflußt ε das Reaktorvolumen nicht. Der Grund dafür hegt darin, daß der Umsatz pro Zeiteinheit in jedem Volumenteil des Reaktors gleich ist. Für eine nicht umkehrbare Reaktion erster Ordnung (n = 1) erfordert der Umsatz UA> ω das Reaktorvolumen: V =

(1 + εΑ) In

1 u 1 — uΑ, a> — Sa A , ,

(16.5.28)

und im Falle ε = 0: V =

F* In k

U Α, ω

(16.5.29)

Will man den in einem Reaktionsrohr vom Volumen V erreichbaren Umsatz berechnen, so erhält man aus dieser Gleichung: UAiia = 1 — exp (— V k/Vt) = 1 — exp (— lr k)

(16.5.30)

Gehorcht die Reaktionsgeschwindigkeit r A keinem einfachen Gesetz, so muß zur Auswertung der Gleichung (23) der Ausdruck (dU A l— rA) graphisch integriert werden. Der Wert dieses Integrals entspricht der schraffierten Fläche in Abbildung 6. Abb. 16.5.6: Graphische Integration des Ausdruckes (dUAj—rA)

341

16.6 Wärmeumsatz und Stabilität von Reaktoren

Als Abszisse und Ordinate sind die Resultate von Versuchen, welche etwa in einem homogenen, stationären Rührkessel durchgeführt wurden, aufgetragen. Für die Auswahl und Dimensionierung eines für eine bestimmte Umsetzung geeigneten Reaktors genügen die auf Grund der Stoffbilanzgleichung hergeleiteten Formeln noch nicht. Bisher haben wir nämlich nur das erforderliche Minimalvolumen der Reaktoren berechnet, über die einzelnen Abmessungen aber nie etwas ausgesagt. Das wird erst möglich, wenn unter anderem auch die Wärmebilanzgleichung berücksichtigt wird, welche wir im nächsten Paragraphen qualitativ betrachten. 16.6 Wärmeumsatz und Stabilität von Reaktoren Die in den Reaktoren verbrauchte oder erzeugte Wärme muß zu- oder abgeführt werden. Dafür stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. 1. Heizung bzw. Kühlung des Reaktors; 2. Entnahme der Reaktionsprodukte bei erniedrigter bzw. erhöhter Temperatur. Ändern im Laufe der Reaktion einzelne Komponenten ihren Aggregatzustand, so ist auch die dazu verbrauchte latente Wärme einzubeziehen. Bei adiabater Führung der Reaktion verbleibt im exothermen Fall die entstehende Wärme im Stoffstrom und bewirkt eine Temperaturerhöhung. Dadurch ändern sich nicht nur die physikalischen Konstanten des Gemisches im Reaktionsraum, sondern es tritt auch ein Wechselspiel zwischen der Temperaturerhöhung und der dadurch bedingten Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit nach der ArrheniusGleichung ein (dazu 15.4 und 15.7). Bei isothermer Betriebsweise bleibt die Temperatur im Reaktionsraum konstant; die Wärme wird hier nicht allein mit dem weg3 gehenden Stoffstrom, sondern auch durch ein^ gebaute Wärmeaustauscher entfernt. jS,

Abb. 16.6.1: Wärmeerzeugung und Wärmeabfuhr in Funktion der Reaktionstemperatur bei adiabater Reaktionsführung

f

CC

τ

j γ

Für die folgende Betrachtung gehen wir von einem adiabaten, stationär betriebenen und ideal durchmischten Rührgefäß aus, in dem eine exotherme Reaktion abläuft. Die Temperatur des eintretenden StoffStromes bezeichnen wir mit Ta, diejenige des weggehenden Stoffstromes mit Τω; Τω ist größer als Ta. In Abbildung 1 wird die pro Zeiteinheit vom Reaktionsgut im Gefäßinnern erzeugte Wärmemenge in Funktion der Temperatur qualitativ durch die Kurve α dargestellt. Bei niedrigen Temperaturen ist die Reaktionsgeschwindigkeit, und damit auch die Reaktionswärme, noch zu vernachlässigen. Wird die Temperatur in der Reaktionszone erhöht, so steigen nach der ARRHENius-Gleichung (Gleichung (15.4.1)) die Umsatzgeschwindigkeit und die Wärmeerzeugung exponentiell an. Da aber höchstens alle durch den zufließenden Volumenstrom pro Zeiteinheit herangebrachten Mole des Ausgangs-

342

Kapitel 16: Reaktoren

stoffes reagieren können, strebt die Kurve später einem Grenzwert zu. Dieser Grenzwert ist erreicht, wenn der durch den Reaktor strömende Ausgangsstoff vollständig umgesetzt wird, bzw. das der jeweiligen Temperatur entsprechende Gleichgewicht erreicht ist. (Die Berechnung solcher Kurven ist beiBRÖTZ [16.1], S. 345 angegeben.) Den durch den austretenden Massenstrom abgeführten Wärmestrom Q* kann man mit der folgenden Gleichung berechnen: Q* = M* cv (T,0 — Ta) Ist die spezifische Wärme cp der austretenden Reaktionsmasse von der Temperatur unabhängig, so wird diese Gleichung durch eine Gerade — die Gerade b in Abbildung 1 — dargestellt. Um im Gefäß eine chemische Umsetzung durchzuführen, muß der ankommende Stoffstrom zuerst mit einer Hilfsheizung, welche mit steigender Temperatur mehr und mehr durch die frei werdende Reaktionswärme unterstützt wird, auf die Temperatur des Punktes Ζ gebracht werden. Hier sind die Reaktionswärme und die abgeführte Wärme gleich groß. Wird jetzt die Hilfsheizung ausgeschaltet, so bewirkt eine kleine Erniedrigung der Temperatur ein Auslöschen der Reaktion; Ζ wird deshalb Zündjmnkt genannt. Eine kleine Erhöhung der Temperatur bei Ζ läßt die Wärmeerzeugung größer als die Abfuhr werden, und Τ steigt bis zum nächsten Gleichgewicht bei S. Im Gegensatz zum labilen Betriebspunkt Ζ ist S aber stabil, denn nach jeder zufälligen Temperaturschwankung stellt sich von selbst wieder die Temperatur T s ein. Verallgemeinert kann man sagen, daß ein Betriebspunkt dann stabil ist, wenn die Neigung der Wärmeabfuhrkurve größer ist als diejenige der Wärmeerzeugungskurve. Bei einem labilen Betriebspunkt verhält es sich umgekehrt. Da in S die Wärmebilanz in stabilem Gleichgewicht ist, spielt sich die Reaktion hier autotherm ab, d. h. die erforderliche Reaktionstemperatur wird, wie etwa bei Verbrennungsreaktionen, mit Hilfe der erzeugten Reaktionswärme aufrechterhalten. Variieren wir die Durchflußgeschwindigkeit des Reaktionsgutes, so verändert sich einerseits — da jetzt im Reaktionsgefäß ein anderer Umsatz erreicht wird — der Verlauf der Kurve α, und andererseits dreht sich wegen der veränderten Wärmeabfuhr die Gerade b um Ta. (Mit wachsender Durchflußgeschwindigkeit dreht sich b entgegen dem Uhrzeigersinn.) Es kann sich dabei die in Abbildung 2 gezeigte Lage ergeben: Die beiden Kurven haben keinen ^ ^ gemeinsamen Punkt mehr; beim Ausschalten " " ~ der Hilfsheizung wird die Reaktion zum Stillstand kommen. Für autotherme Reaktionen ft können also die Betriebsbedingungen nicht beI i·£ •S liebig gewählt werden. St Abb. 16.6.2: Wärmeerzeugung und Wärmeabfuhr in einem Reaktor ohne stabilen Betriebspunkt

16.6 Wärmeumsatz und Stabilität von Reaktoren

343

Wird bei der in dieser Abbildung gezeigten Situation das zuströmende Reaktionsgemisch durch Ausnützung eines Teils der Reaktionswärme vorgewärmt, so läßt sich Τ a soweit nach rechts verschieben, bis sich wieder Schnittpunkte von b mit α ergeben. In Abbildung 3 ist als Beispiel die Durchführung eines solchen inneren Wärmeaustausches bei der Ammoniaksynthese gezeigt. Das Gemisch aus Stickstoff und Katalysaforschicht /Wärmeaustauschrohre

Temperatur

V

*

Φ

*

- -







Gas austritt





- —

Μ



, u

l· GasA eintritt

I ankom- weggehendes mendes Gas Gas

Abb. 16.6.3: Schnitt durch einen Reaktor für die Ammoniak-Synthese mit innerem Wärmeaustausch und schematischer Temperaturverlauf in diesem Reaktor (nach van Krevelen [ 1 6 . 6 ] )

Wasserstoff tritt unten in den Reaktor ein und strömt durch die in den heißen Katalysator eingebetteten Wärmeaustauschrohre nach oben; die vorgewärmten Gase reagieren nachher in der Katalysatorschicht, und das Ammoniak wird unten abgeführt. Neben dem Reaktor ist noch schematisch die Temperatur der beiden Gasströme als Funktion des Ortes aufgetragen. Stark exotherme Reaktionen können oft nicht mehr adiabat durchgeführt werden. Dann muß man eine Kühlung in den Reaktor einbauen. In erster Näherung wird der mit der Kühlung abgeführte Wärmestrom durch eine Gerade dargestellt (Abbildung 4, Gerade c). Maßgebend für die Wärmeabfuhr ist jetzt die durch Summierung von b und c entstehende Gerade d, die in dem hier dargestellten Fall die Kurve α in den drei Schnittpunkten 8V S2 und S3 schneidet; von diesen sind ^ und S3 stabil. Unter Umständen ist aber die zu Sa gehörende Temperatur bereits so hoch, daß der Katalysator oder das Reaktionsgefäß beschädigt würde; d a n n e n t s pr r i c h t SΛ3 k e i n e m b r a u c h b a r e n B e Λ

Λ

t r i e b s z u s t a n d mehr.

Abb. 1 6 . 6 . 4 : Wärmeerzeugung und Wärf e a b f u l f in Funktion der Reaktionstemperatur bei nicht-adiabater Reaktionsführung

Kapitel 16: Reaktoren

344

Die Lage von d läßt sich beliebig wählen: Veränderung der Kühlwassertemperatur ergibt eine Parallelverschiebung, Erhöhung oder Erniedrigung der Kühlwassergeschwindigkeit verändert den Wärmedurchgangskoeffizienten und bewirkt damit eine Drehung von d um den Schnittpunkt mit der Abszisse. Bei einer genaueren Betrachtung des Wärmeaustausches in einem Reaktor muß man sowohl die Veränderung der Stoffwerte und der Wärmedurchgangskoeffizienten mit der Temperatur als auch die Wärmeleitung durch die Reaktorwand sowie die Wärmestrahlung berücksichtigen. Obwohl c und d dann nicht mehr linear verlaufen, ändert sich prinzipiell an den bis jetzt erwähnten Tatsachen nichts. Abb. 16.6.5: Wärmeerzeugung und Wärmeabfuhr in Funktion der Reaktionstemperatur bei einer exothermen Gleichgewichtsreaktion

Wie in Abbildung 5 gezeigt, verläüftrbei umkehrbaren Reaktionen (dazu 14.2) die Wärmeerzeugungskurve glockenförmig. Wird nämlich von Tmax ausgehend die Temperatur weiter gesteigert, so erlangt die Rückreaktion mehr und mehr Bedeutung, und dio Wärmeerzeugung wird bei Tol, der Gleichgewichtstemperatur des zufließenden Reaktionsgemisches, Null. Von den beiden eingezeichneten Schnittpunkten S1 und S2 ist nur der zweite stabil. — Einen möglichst großen zeitlichen Umsatz erhält man, wenn die Gerade b so verschoben wird, daß S2 in die Nähe von Tmax zu liegen kommt. Bei endothermen Reaktionen ergibt die für die Umsetzung verbrauchte Wärme in Funktion der Temperatur wieder eine S-förmige Kurve (Kurve α in der Abbildung 6). Bei konstanter Temperatur des Heizmediums nimmt, wie die Gerade b zeigt, mit steigender Temperatur im Reaktorinnern die pro Zeiteinheit übertragene Wärmemenge ab. Die Kurve α und die Gerade b besitzen einen einzigen Schnittpunkt: Dieser gibt den sich von selbst einstellenden stabilen Betriebszustand an. JäLa f VenfH

Η I δ II •Κ i t

β

Pumpe Rückführleitung

Τ Abb. 16.6.6: Wärmeverbrauch und Wärmezufuhr in Funktion der Reaktionstemperatur bei einer endothermen Reaktion

Abb. 16.7.1: Schematische Darstellung eines Rückführungskreislaufes

16.7 Rückführungen Unter einer Rückführung versteht man das vollständige oder teilweise Zurückbringen eines Produktstromes in den Strom der Ausgangsstoffe. In Abbildung 1 ist

16.8 Der Einfluß des Druckabfalls und des Verweilzeitspektrums

345

schematisch eine solche Rückführung dargestellt. Ein Teil des den Reaktor verlassenden Produktes wird mit Hilfe der Pumpe, welche in der Rückführleitung angebracht ist, zum Reaktoreingang zurückgefördert; der rückfließende Volumenstrom kann entweder durch Änderung der Pumpenleistung oder durch Verstellen des Ventils verändert werden. Mit einer derartigen Rückführung ist es möglich, den Ablauf des chemischen Prozesses wie folgt zu beeinflussen: a) Durch die Beimischung von Produkt zum Ausgangsstoff werden die Konzentrationen der reagierenden Stoffe im Reaktor verkleinert. Dies setzt die Reaktionsgeschwindigkeit herab und vermindert damit die pro Zeiteinheit anfallende Reaktionswärme. b) Aus konstruktiven Gründen ist es oft günstiger, einen notwendigen Kühler statt im Reaktor in der Rückführleitung anzubringen. Durch Veränderung der Rückführmenge läßt sich die Temperatur im Reaktionsgefäß leicht auf einen gewünschten Wert einstellen. Wird der zurückgeführte Strom an mehreren Stellen des Reaktors wieder eingespritzt, so kann man dadurch eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Reaktionsgut erzielen. c) Durch Rückführung wird es möglich, bei kleinen Produktionsmengen die Strömungsgeschwindigkeit im Reaktor zu erhöhen. Dies verbessert den Stoff- und Wärmeaustausch und damit auch die Qualität der Produkte. Die Pumpe ersetzt in diesem Fall einen im Reaktor angebrachten Rührer.

Vielfach kommen Rückführungen ohne unser besonderes Zutun zustande. Bei Verbrennungsvorgängen etwa wird einerseits Wärme durch Leitung von der Flammenfront an das zuströmende Gas übertragen, und andererseits diffundieren bei der Reaktion entstehende Radikale zurück und erhöhen die Reaktionsfähigkeit des Gemisches. Bei homogenen, stationären Rührkesseln bewirkt das Rührwerk eine Rückführung, indem es die Produkte ständig in innige Berührung mit den Ausgangsstoffen bringt. 16.8 Der Einfluß des Druckabfalls und des Verweilzeitspektrums Durchströmt das Reaktionsgut eine Katalysatorschicht oder auch nur ein leeres Reaktionsrohr, so erfährt es einen Druckabfall. Dieser Druckabfall muß in zweifacher Hinsicht berücksichtigt werden: a) Bei Reaktionen, die unter Volumenveränderung vor sich gehen, verschiebt sich dadurch das chemische Gleichgewicht. b) Die durch den Druckabfall bedingte Volumenvergrößerung eines gasförmigen Reaktionsgemisches ist bei der Berechnung des Reaktorinhalts zu berücksichtigen.

Schließlich sei noch betont, daß auch die Form des Verweilzeitspektrums einen großen Einfluß auf das für eine bestimmte Umsetzung benötigte Reaktorvolumen hat. Dies sieht man leicht durch Vergleich eines Rohrreaktors mit einem idealen Rührkessel gleichen Volumens. Auch wenn bei beiden die mittlere Verweilzeit denselben Wert hat, so sind ihre Verweilzeitspektren doch ganz verschieden, und im Reaktionsrohr wird ein größerer Umsatz als im Rührkessel erreicht. In letzterem herrscht nämlich stets die Konzentration des weggehenden Stoffstromes, wodurch die Reaktionsgeschwindigkeit beeinträchtigt wird. (Für eine Reaktion erster Ordnung etwa kann dies durch Vergleich der nach den Gleichungen (16.5.11) und (16.5.30) berechneten Umsätze gezeigt werden.) Je höher die Reaktionsordnung ist, desto ausgesprochener unterscheiden sich die Umsätze.

Kapitel 16: Aufgaben

346

Wie in 13.1 dargelegt wurde, kann durch Vermehrung der Rührgefäße in einer Kaskade die Streuung um die mittlere Verweilzeit verkleinert werden, bis das Verweilzeitspektrum bei unendlicher Kesselzahl gleich ist wie im idealen Reaktionsrohr. Da allerdings der Aufwand an Hilfseinrichtungen mit steigender Anzahl Gefäße sehr groß wird, werden die Kaskaden trotzdem meist nur mit wenigen Reaktoren gebaut. In der Praxis wird man Reaktoren mit idealer Durchmischung oder mit idealer Kolbenströmung kaum begegnen. So wird etwa ein Festbettkatalysator in einem Rohrreaktor eine Verbreiterung des Verweilzeitspektrums bewirken. Auch können sich in Rührkesseln mit eingebauten Wärmeaustauschern Toträume bilden, die ebenfalls Abweichungen vom idealen Verweilzeitspektrum verursachen. Sind aber diese Abweichungen nicht zu groß, so dürfen die bis jetzt hergeleiteten Formeln verwendet werden. Bei stärkeren Abweichungen muß man auf Grund eines experimentell gefundenen Verweilzeitspektrums den Reaktorinhalt in Anteile mit verschiedener Aufenthaltsdauer aufteilen und deren Einzelumsätze mit dem reaktionskinetischen Gesetz bestimmen. Der Gesamtumsatz ist dann die Summe dieser Einzelumsätze. Aufgaben zu Kapitel 16: 16.1 a) Berechne den Gesamtumsatz einer Kaskade aus η Rührkesseln gleichen Volumens für Reaktionen nullter Ordnung, b) Vergleiche für denselben Durchsatz den Umsatz in der Kaskade mit dem eines einzelnen Rührkessels gleichen Volumens. 16.2 Eine volumenkonstante, irreversible Reaktion erster Ordnung werde isotherm in verschiedenen Reaktoren durchgeführt. Die Geschwindigkeitskonstante k sei 2 · 10~3 s _ 1 , die mittlere Verweilzeit 500 s. Berechne den Umsatz im a) idealen Reaktionsrohr; b) homogenen, instationären Rührkessel; c) homogenen, stationären Rührkessel; d) realen Reaktor mit dem in Abb. 16.8.1 skizzierten Verweilzeitsprektrum.

Lösungen zu den Aufgaben der einzelnen Kapitel Lösungen zu Kapitel 1: 1.1 Da die auftretenden Gase als ideal betrachtet werden dürfen und gleiche Molzahlen idealer Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gleiche Volumina einnehmen, folgt in diesem Fall aus der Erhaltung der Molzahlen auch ein Erhaltungssatz für die Volumenströme. Bezeichnet V* bzw. F * den Volumenstrom der Luft- bzw. der N2-Fraktion in m 3 /h, so ergeben sich also die beiden Bilanzgleichungen: V* = V* + 120 (Erhaltung der Gesamt-Molzahl) V* · 0,21 = Fjt (1 — 0,96) + 120 · 0,995 (Erhaltung der 02-Molzahl) Durch Elimination von F * folgt: 0 , 9 9 5 — ( 1 — 0,96) 0,955 VfL = 1 2 0 — — - = 120 — = 674 m 31/h 0,21 — ( 1 — 0 , 9 6 ) 0,17 1.2 Da der Behälter mit dem Volumen VB als dicht vorausgesetzt werden darf, ist M* = 0. Damit folgt aus Gl. (1.2.1) M* = — dM/dt. Nach der Gasgleichung ρ vB = ΜRT folgt Μ = p Vsl(RT) und Μ* = V* · ρ = V* · p/(RT). Damit ergibt Gl. (1.2.1): Vtv

dfpVB\

-RT=-Tt\~RT

VB )

°

d e r

d t

=

dp

~ V * T

und daraus durch Integration t = — (VBIV*)\n(plp0)

oder

p = p0 exp ( - V* t\VB)

Mit V* = 0,04 m 3 s - 1 und VIt = 0,8 m 3 also die Zahlenwertgleichung p = p0 exp (— tj20) mit t in s. 1.3 w Μ χ X

= = = =

204/(204 + 100) = 0,671; 12 · 12,011 + 11 · 18,015 = 342,3 kg/kmol. (204/342,3)/(204/342,3 + 100/18,015) = 0,596/(0,596 + 5,555) = 0,0969. 204/100 - 2,04.

1.4 Die kohärente Einheit des SI ist W m" 1 K" 1 . BTU ft BTU 1,055 · 103 °> 3 4 3 τhsqft — ϊ γ ^°F = 0,343 -r-^—^ = 0,343 ' hft°F ' 3600-0,3048-5/9 = 0,594 W m- 1 K - 1 = 0,860 · 0,594 = 0,511 kcal/(h m K). (Der derzeit verlässigste Wert nach Properties of Water and Steam, in SI Springer Verlag Berlin 1969, ist 0,569 W m- 1 K _ 1 .)

Units,

348

Kapitel 2: Lösungen

Lösungen zu Kapitel 2:

2.1 Gl. (2.2.2):



h A e w — h Aeoi

** = Ci-C:

—116 — 286

Λ m

= - ^ = 4 3 3 -

·14200=13200

**

2.2 a) Gl. (2.3.12):

Λφ

ZJjtm'log

ΔΤα Ζ— ΔΤω ~~ In (Δ ΤajΔ Τω)

25 — 10

15

/ 25 \

0,915

-

1 ß 4. 0 η '

ΊΟ

b) ΔΤ^οπι

= 1/25 · 10 = 15,8°C

= \/ΔΤχ·ΔΤω

16,4 — 15,8 ' , ' · 100 = 3,7% 16,4

/gcom =

Ο) ^«.arith = 0 , 5 ( Δ Τ α + ΔΤω)= 16,4 — 17,5 YÖ4

/arith =

0,5 (25 + 10) = 17,5°C

100 = - 6 , 7 %

Wie man bemerkt, sind die Fehler für die Praxis vernachlässigbar klein. 2.3 Der zu übertragende Wärmestrom Q*> weist folgenden Wert auf: Q*z = Μ £ · r =

10'000

~36)

63'300kg/h)

Die mittlere Temperaturdifferenz wird nach Gl. (2.3.12): (118 — 2 5 ) ' —(118 —50) 93 — 68 x Λ ψM _ Z»[(118 — 25)/(118 — 50)]'_ _ In (93/68)

gQ°rj

Als nächstes gilt es, den Wärmeaustauscher mittels des überschlägigen Wärmedurchgangskoeffizienten k — 800 W/(m2 K ) grob auszulegen. Auf Grund dieser Vordimensionierung kann dann die genauere Berechnung durchgeführt und der konstruktive Vorentwurf entsprechend verbessert werden. Ein nochmaliges Durchrechnen des Wärmeaustauschers ist bei einiger Übung kaum nötig. Es ergibt sich somit eine ungefähre Austauschfläche nach GL (2.3.11): F = l'840'000/(800 • 80) = 28,8 m2 Um nach Gl. (2.5.5) den kühlwasserseitigen Wärmeübergangskoeffizienten « j berechnen zu können, ist es nötig, nähere Angaben über die Ausbildung der

Lösungen zu Kapitel 3

349

Austauschfläche (Rohrdurchmesser, Rohrlänge) zu kennen. Aus der festgelegten Strömungsgeschwindigkeit w = 1 m/s für das Kühlwasser läßt sich vorerst der gesamte Strömungsquerschnitt F i bestimmen: M%w 17,6 Fi = — — = j - f i - = 0,0177 m 2 w ·ρ 1 · 993 Das Zweiwegbündel mit den Rohrabmessungen da χ s = 20 χ 2 mm zählt somit η Rohre: w

Fi 0,0177 _ ο ———— = 2 — 176 (π/4) d? (π/4) (0,016)»

Die Länge L der Rohre beläuft sich danach mit dm = 18 mm auf : F ητι dm

L =

28,8 =

176 π 0,018

=

2 9 m

'

Es soll hier nicht weiter auf konstruktive Einzelheiten wie Normlängen der Rohre, Manteldurchmesser, Rohrteilung usw. eingegangen werden. Der interessierte Leser findet sie in der angeführten Literatur. Es soll nun vielmehr das eigentliche Ziel der Aufgabe in Angriff genommen werden, nämlich die Berechnung des kühlwasserseitigen Wärmeübergängskoeffizienten nach Gl. (2.5.5). Aus den Rohrabmessungen und den Stoffgrößen ergeben sich folgende Werte für die Kennzahlen Re und Pr: Re =

wdi-p 1 · 0,016 · 993 — = - - - - - - --— = 23'200 η 0,68 · 10- 3

Pr =

η · Cp λ

0,68 · 10- 3 · 4187 = — — = 4,55 0,625

und nach Gl. (2.5.5): Nu =

0 054 „„ n e n / 0,016 \ · = 0,032 · (23'200)°·8 · (4,55)0-30 ί - y ^ - ) =118

*idi

0,625 «i = US ·

= 4600 W/(m» K)

Fortsetzung siehe Aufgabe 3.2. Lösungen zu Kapitel 3: 3.1 Wir führen folgende Abkürzungen ein: A = 1,86, Β = ί* 0 · 7 2 , C = p 0,24 Man hat nun lediglich dafür zu sorgen, daß die Zahlenwerte von Β und C unverändert bleiben, wenn man die Wärmestromdichte q* und den Druck ρ anstatt in technischen in $/-Einheiten einsetzt; man braucht dann nur 8 • Sc

Lösung zu Kapitel 12: 12.1 1 m 3 Wasser hat eine Masse von näherungsweise 1000 kg, es enthält 35 kg = 35/58,5 = 0,598 kmol Kochsalz. Da jedes Kochsalzmolekül zu 2 Ionen dissoziiert ist, enthält unsere Wassermenge 2 · 0,598 kmol Ionen/m®. Damit erhalten wir: P0sm

= 2 · 0,598 · 8,314 · 103 · 293 = 29,1 · 10 5 N/m 2

P0sm

= 29,1 bar

Lösungen zu Kapitel 13: 13.1 a) Mittlere Verweilzeit: tr =

VRohrIV*

ü= J

r=0

= L\ü

u(r) 2π r dr/nR*

=

f u0[ 1 — (r/R)2] 2π rdrjnR2 r=0

=

u0j2

(1)

tr = 2 L/u0 u = mittlere Strömungsgeschwindigkeit [m/s]

b) Verweilzeitspektrum: Nach Gl. (13.1.6) ist das Verweilzeitspektrum gegeben durch 1 *

ä

dV*

> - f = - - s t

g p - V w T *

Durch Einsetzen von Gl. (3), (4), (5) und (6) in Gl. (2) finden wir E(tr) =

2L*/ul

ξ

und mit Gl. (1) folgt schließlich E(tr) =

(7)

" ξ β ξ

Bei der Ermittlung des Verweilzeitspektrums ist zu beachten, daß in unserem Fall für tr < L/u0 = ir/2 die normierte Verteilungsfunktion Ε (tr) = 0 ist und Gl. (7) darum nur für tr Lju0 gilt. Um das Ergebnis zu überprüfen, benützen wir Gl. (13.1.9), nach welcher folgende Beziehungen erfüllt sein müssen: OO 00 E{tr) dtr = 1 und E ( t r ) tr dtr = tr tr = 0 tr=0

f

J

In unserem Falle ist: OO j

Ε ( i r ) dtr

OO

=

f

HCl + C1 · 4. C1 · + C1 · -> Cl2 Σ

H 2 + Cl2

HCl

Andere mögliche Abbruchreaktionen sind Η · + · H-> H 2 sowie Η · + C1 15.2 Aus (15.4.13) folgt: JE

L· = In ~ · R

ΤΎ Tz

Tx

1

2

T2

mit dem angegebenen Wertepaar: 4,12 • 10- 5 E

=

l n

650 · 675

W ^ C M ·8'315 ·

-

2 2 1

·10°kJ/kmo1

Lösungen zu Kapitel 16: 16.1 a) Gleichung (16.5.15): tr = {cA,n_l — cAjn)/(—rAtn) Reaktionsgesetz nullter Ordnung: rA = — k c°A — — k Einsetzen: cA Β_χ —cA

n

= ktr

HCl.

366

Kapitel 16: Lösungen Für die Kaskade ist cA,