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German Pages 182 [200] Year 1970
Aus dem M e t e o r o l o g i s c h e n Institut der Universität Hamburg (Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. K . Brooks)
Hamburger Geophysikalische Einzelschriften Herausgegeben von den Geophysikalischen Instituten (Fachgebiete: Meteorologie, Ozeanographie, Physik des Erdkörpers) der Universität Hamburg
Heft 13
Dynamische Modell-Meteorologie Dynamics of Atmospheric Models
von
P. Raethjen
Hamburg 1970
Walter de Gruyter u. Co 1000 Berlin 30
Preis: DM 18,—
Dem Andenken an C . G . R o s s b y
gewidmet
Vorwort
Seit G a l i l e i gilt der "freie Fall" im luftleeren Raum als typisches M o d e l l der Fallbewegung, obwohl in praxi kein luftleerer Raum vorkommt: Der Stein fällt schneller als die Feder. Ähnlich verhält sich die "Modell-Meteorologie". Sie gilt zunächst nur für vereinfachte Modelle der Atmosphäre und befindet sich in einer ständigen Nachprüfung: Erstens, ob und wie das Modell "funktioniert", d.h. mit den Gesetzen der Physik übereinstimmt; zweitens, ob und wie, wann und wo es der Atmosphäre "ähnlich" ist. Dadurch unterscheidet sich die Modell-Meteorologie eigentlich nicht von anderen Wissenschaften. Jede wissenschaftliche Erkenntnis ordnet ihren Stoff in typischen Modell-Fällen: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" (Faust II). Aber die Meteorologie als Physik der Atmosphäre hat es mit p h y s i k a l i s c h e n (experimentierten oder gerechneten) Modellen zu tun. Deshalb liegt es nahe, die Lehrmethode der Experimentalphysik anzuwenden: Zuerst wird das Modell und seine physikalische Funktion beschrieben, dann mit der Atmosphäre verglichen. Physikalische Experimente stellen "reine" Effekte dar, gereinigt von den sogenannten "Dreck-Effekten". So soll auch das meteorologische Modell den atmosphärischen Vorgang o h n e Nebeneffekte praktizieren. Wie das im einzelnen geschieht, wird dieses Buch erweisen. Wesentlich ist in allen Fällen, daß die Erfüllung der physikalischen Gesetze in e i n f a c h e r Weise erkennbar wird. Die "Einheit der Forschung und Lehre" wird nicht in der Hochflut der Studentenzahl ertrinken, wenn es möglich ist, den Zusammenhang einfacher Grundbegriffe mit komplizierten Erscheinungen d u r c h s i c h t i g zu erhalten. Hamburg, im März 197o
Paul Raethjen
INHALT
(CONTENTS) Seite
A. Hydrodynamische Grundlagen I. Druck und Reibung
(Hydrodynamics)
(Pressure and
II. Kraft und Beschleunigung III. Reibungsgleichgewicht
1 friction)
1
(Force and acceleration)
8
(Balance of friction)
B. Thermodynamische Grundlagen (Thermodynamics) IV. Gasmechanik (Gas-mechanics) V. Wasserdampf und Wolken (Water vapor and clouds) VI. Wärmestrahlung
(Heat radiation)
C. Planetarischer Haushalt VII.
18 25 25 35 42
(Planetary budget)
55
Wärmegleichgewicht
(Balance of heat)
55
VIII. Arbeitsgleichgewicht
(Balance of work)
67
(Planetary circulation)
76
D. Planetarische Zirkulation IX. Barotrope Modelle X. Barokline Modelle
(Barotropic models) (Barocline models)
XI. Da« atmosphärische System E. Planetarische Störungen XII.
Jet stream
76 9o
(Atmospheric system)
(Planetary disturbances)
(Jet stream)
XIII. Polarfront-Zyklonen
loo lo6 lo6
(Cyclones)
122
F. Diskontinuitäts-Flächen (Discontinuities) XIV. Bodenfront-Modelle (Surface-front models) XV. Abgleitflächen (Down gliding levels)
146 146 156
G. Terrestrische Effekte (Terrestrical effects)
168
XVI.
Boden-Reibung
(Surface
XVII. Außertropischer Monsun
Literatur
(References)
Formelzeichen Register
(Index)
(Symbols)
friction) (Extratropical monsoon)
168 171
175 176 179
A. Hydrodynamische Grundlagen Vorbemerkung;
Schon dieses grundlegende Kapitel ist (ungeachtet
der Modelldaistellung) auf die Atmosphäre ausgerichtet, vor allem auf ihre h o r i z o n t a l e W e i t r ä u m i g k e i t . Die hier interessierenden Stromfelder erstrecken sich h o r i z o n t a l
looo km und mehr, v e r t i k a l
aber nur
5 bis 2o km. Horizontale und vertikale Komponenten werden daher getrennt behandelt, nicht in Raumvektoren vereinigt. Da Reibung und Corioliskraft nur in weiträumigen Feldern zur Wirkung kommen, wird ihre Vertikalkomponente durchweg vernachlässigt.
I. DRUCK UND REIBUNG 1,1. M o d e l l e a u s
Festkörpern
N o r m a l d r u c k ; Wir legen eine Schaumgummi-Matte auf den Fußboden und darauf ein Brett B (Abb. 1 a). Wenn wir das letztere mit Gewichten (KJJ) belasten, drückt es den Schaumgummi vertikal zusammen (Abb. lb). Dessen "Volum-Elastizität" (Modulyu) übt dann den "Normaldruck" p [dyn/cm 2 ] auf das Brett B aus:
(1) Dabei bedeuten K n = g • M [dyn] die "Normalkraft" (senkrecht zum Brett gerichtet), M die Masse [gr] des Bretts und seiner Belastung, g = 981 [cm/ sec 2 ] die Schwerebeschleunigung ("Erdbeschleunigung"), F die Auflage fläche des Bretts [ c m 2 ] , p die Dichte, Ap/p die relative "Volumkompression" der Schaumgummi-Matte, p ist der durch Belastung bewirkte "Normaldruck". Der N o r m a l d r u c k
p,
kurz
"Druck" genannt,
ist
der N o r m a l k r a f t K n d i v i d i e r t durch d i e F l ä c h e F, der sie
gleich auf
lastet.
T a n g e n t i a l d r u c k (Abb. l c ) : Wenn wir die Matte S am Fußboden und das Brett B an der Matte festkleben und statt der vertikalen Belastung K n eine horizontal - tangentiale Kraft K t (Pfeil in Abb. l c ) auf das Brett aus1
B 1 M I M I 11 1 11 1 11111 1 1 II 1 11 1 1 1
a
KN J L U J _ L L C
d
n n *t-Uf K
Abb. 1: N o r m a l d r u c k
B
S
B
v
und T a n g e n t i a l d r u c k . B Brett. S Schaum-
gummi-Matte. K Kraft. As Verschiebung, v Geschwindigkeit, a. Versuchsanordnung, b. Normalbelastung, c . Tangential Verschiebung. d. Tangentialgeschwindigkeit. üben, verschiebt sich dieses tangential zum Fußboden um die kurze Horizontalstrecke As (Abb. l c ) . Die Form-Elastizität des Schaumgummi (Modul X.) übt dabei einen horizontalen T a n g e n t i a l d r u c k T auf das Brett B aus entgegen unserer Kraft K t . In diesem Kräftegleichgewicht ist
wobei b die (vertikale) Dicke der Schaumgummi-Matte bedeutet. Den Tangentialdruck X n e n n t man allgemein "Schubspannung". D e r T a n g e n t i a l d r u c k "C , k u r z nannt,
ist g l e i c h
Scherfläche
der S c h e r k r a f t
"Schubspannung" Kt dividiert
ge-
durch
die
F.
G l e i t m o d e l l (Abb. l d ) : Legen wir das Brett B (ohne Schaumgummi)
2
auf den glatten Fußboden und üben dieselbe Horizontalkraft K{ aus (Abb. ld), so gleitet das Brett mit einer Horizontalgeschwindigkeit v über den Fußboden. Diese erfüllt im Gleichgewicht zwischen Kraft und Reibung ungefähr die Gleichung (3)
x
3
- K - i r
[ ¿ a ? ] .
Dabei ist f [ g r • c m " 2 • sec" 1 ] ein Reibungsfaktor, der von der Rauhigkeit des Fußbodens und Bretts abhängt. Dieses Gleitmodell ist "dynamisch" im Gegensatz zum "statischen" Elastizitätsmodell Abb. l c . Daher ist die Gl (3) zur hydrodynamischen Anwendung auf Flüssigkeiten geeignet. 1,2.
Hydrostatische
Modelle
Flüssigkeiten und Gase besitzen nur eine Volum-Elastizität aber keine Form-Elastizität. In ihnen gilt daher die Gl. (1), aber nicht die Gl. (2). K o m p r e s s i o n s z y l i n d e r (Abb. 2 a ) : Wir füllen eine Flüssigkeit in ein aufrecht stehendes zylindrisches Gefäß und verschließen dieses mit einem vertikal beweglichen (dicht schließenden) Kolben, den wir mit der vertikalen Kraft K n belasten. Dabei gilt die Gl. (1) mit folgender Symbolbedeutung: p ist der Überdruck (über den Luftdruck) der eingeschlossenen Flüssigkeit, p deren Dichte, Ap ihre Verdichtung unter dem Einfluß der Belastung K n , 1/yU ihre "Kompressibilität", F die Kolbenfläche. Q u e c k s i l b e r b a r o m e t e r (Abb. 2 b ) : Ersetzt man das Zylindergefäß der Abb. 2 a durch das Glasrohr der Abb. 2b, den Kolben und seine Belastung durch die vertikale Quecksilbersäule zwischen u und o, so bestimmt deren Höhe h den Quecksilberdruck im Niveau u. Nach Gl. (1) ist;
(4)
^
h
wobei g • PQ das spezifische Gewicht des Quecksilbers bedeutet. Da das Glasrohr oberhalb o leer (luftleer und gasleer) ist, bedeutet der Druckunterschied p zwischen o und u in diesem Fall den vollen Quecksilberdruck bzw. Luftdruck. Die Abb. 2 b macht diesen Sachverhalt anschaulich durch die Andeutung der atmosphärischen Luftsäule, die über dem linken Schenkel des Barometers liegtM und sich bis zur Obergrenze o der Atmosphäre ero streckt. Diese Luftsaule (zwischen u und o') wiegt pro cm Querschnitt ebensoviel wie die Quecksilbersäule zwischen u und o. 3
Kn
Abb. 2 : H y d r o s t a t i s c h e r D r u c k , a. Kompressionszylinder, b. Quecksilber-Barometer. P n e u m a t i k ; Das Gewicht K n = g • M eines Kraftwagens verteilt sich auf seine 4 Luftreifen. Wenn diese den Überdruck p ("atü") besitzen und mit der Gesamtfläche F auf der Straße liegen (Auflagefläche), so kann man nach Gl. (1) die Fläche F ausrechnen. Das ist derselbe Fall wie in Abb. 2 a, wenn dort Luft statt Flüssigkeit unter dem Kolben eingeschlossen ist. 1,3.
Reibungsmodelle
Wenn W a s s e r und Ol , übereinander geschichtet, verschieden schnell horizontal strömen, so herrscht zwischen ihnen (in der Grenzfläche) die Schubspannung T nach Gl. (3). Dabei bedeutet v ihre Geschwindigkeitsdifferenz, V ihren gegenseitigen Reibungskoeffizient. Wenn sich eine Flüssigkeit oder ein Gas mit der Geschwindigkeit v über eine f e s t e P l a t t e bewegt, so gibt die Gl. (3) den TangentialdruckX , den die Flüssigkeit (oder das Gas) auf die Platte ausübt mit dem gegenseitigen Reibungskoeffizient V . 4
Wenn der Wind mit der Geschwindigkeit v über den Erdboden geht (oder über das Meer), isfC nach Gl. (3) die Schubspannung in der Erdoberflache. Dabei ist zu beachten, daß dieser Reibungskoeffizient V mit der Luftdichte p und mit der Turbulenz proportional ist, die letztere ungefähr mit v . Die Gl. (3) nimmt also (nach G.J. T a y l o r ) für den bodennahen Wind v die Form _
(5)
2
an. Dabei istif eine (dimensionslose) R a u h i g k e i t s k o n s t a n t e der Erdoberflache, wahrend V in Gl. (3) die b e i d e r s e i t i g e (Luftturbulenz und Bodenrauhigkeit) bedeutet.
Rauhigkeit
hängt also auf Land wesent-
lich vom Bewuchs, auf See von der Wellenhöhe ab. Erfahrungsgemäß ist im Mittel ungefähr (6)
7)
2£
-q
~
*
3
10~3
8 -10
-3
a u f
See,
a u f
Land.
Von der Atmosphäre aus gesehen, gibt die Gl. (5) die "äußere" Reibung am Erdboden an. Eine " i n n e r e " Reibung ergibt sich in der Atmosphäre dadurch, daß verschieden hohe Schichten verschiedenen Wind haben und sich daher a n e i n a n d e r reiben. Deshalb betrachten wir folgendes S c h i c h t e n - M o d e l l ; Wenn zahlreiche dünne Bretter, übereinander liegend, mit v e r s c h i e d e n e r
Geschwindigkeit v bewegt sind, gibt es
zwischen je zwei benachbarten Brettern eine "innere" Reibung nach Gl. (3), wobei aber statt v die Geschwindigkeitsdifferenz Av einzusetzen ist: (7)
- c S
- K - A V .
Da v in diesem Modell als Funktion der Höhe z gelten darf, kann die Gl. (7) mit der Brettdicke Az folgendermaßen geschrieben werden; (8) Dabei bedeutet A z zunächst nur eine abgekürzte Schreibweise für V • Az und gewinnt erst bei dem Obergang vom Brettmodell zur Atmosphäre die Bedeutung des "Austauscbkoeffizienten". Die Gl. (8) darf auf b e i d e horizontale Geschwindigkeitskomponenten v x bzw. Vy (oder auch auf den 5
V e k t o r ) angewandt werden, aber auf den absoluten B e t r a g v nur dann, wenn die Bewegungsrichtung mit der Höhe u n v e r ä n d e r l i c h 1,4,
ist.
Austauschmodell
Auch in der A t m o s p h ä r e gilt die Gl. (8) für die "innere" Schubspannung T . Denn die Geschwindigkeit (v x bzw. Vy) ändert sich mit der Höhe z (Abb. 3). Die T u r b u l e n z ist maßgeblich für die Schichtdicke Az der aneinander reibenden Teilschichten und für den gegenseitigen Reibungskoeffizienten y . Fortwährend erleiden kleine Turbulenzteilchen Stösse auf- oder abwärts. Dadurch gehen sie in ein anderes Niveau über (Abb. 3) und mischen sich dann mit ihrer neuen Umgebung. Je mehr Turbulenzmassen m pro Zeiteinheit durch die horizontale Flächeneinheit aufwärts und abwärts gehen, um so stärker sind die beiden übereinander liegenden Schichten miteinander verzahnt. Der Reibungskoeffizient y ist also direkt proportional der Summe I m aller pro Zeiteinheit vertikal versetzten Turbulenzmassen m. Je w e i t e r diese Massen m z w i s c h e n z w e i V e r m i s c h u n gen aufwärts oder abwärts steigen, um so dicker ist die Teilschicht Az, welche im Brettmodell eine Brettdicke bedeutet (Abb. 3). Wenn wir also die Gl. (8) auf die Atmosphäre anwenden wollen, müssen wir darin
A z = r - A z £ e - E - H A l
k^fe]
einsetzen, wobei cC£ o,5 eine Proportionalitätskonstante und T die Summierung über alle Turbulenzmassen m bedeutet, welche pro Zeiteinheit
!
z
^
A
Abb. 3 : V e r t i k a l a u s t a u s c h - M o d e l l , z Vertikalkoordinate. v x Horizontalgeschwindigkeit. m 0 , m u Austauschquanten. Az Teilschichtdicke. 6
durch eine horizontale Flächeneinheit auf- und abwärts gehen, jede von diesen multipliziert mit ihrem "freien" Vertikalweg |Rn,=-fr-ff=H-&(Az-na| im, wobei für v entweder v x oder Vy eingesetzt werden darf, aber n i c h t
der
absolute Betrag. Nicht
die horizontale
Vertikalgradient Reibungskraft. 8
S c h u b s p a n n u n g "C s o n d e r n
i s t d i e an d e n L u f t m a s s e n
ihr
angreifende
D r u c k g r a d i e n t : Entsprechendes gilt für den Normaldruck p : Der flüssige Einheitswürfel mit den Kanten Ax = Ay = Az = 1 und der Masse p (Abb. 4b) hat auf allen 6 Würfelflächen d e n s e l b e n Druck p, wenn der Druckgradient verschwindet, d.h. wenn dp/dx = dp/öy = dp/öz = O ist. Andernfalls betragt der Druckunterschied zwischen zwei unten (u) und oben (o) gegenüberliegenden Würfelflächen p u - p 0 = - dp/dz, zwischen zwei rechts (r) und links (1) gegenüberliegenden pj - p r = - dp/dx, in der y-Achse - dp/dy (Abb. 4b). Dies sind die drei Komponenten der Druckfeld-Kraft auf den Einheitswürfel. Auf die M a s s e n e i n h e i t wirkt also die Kraft K mit den Komponenten
K^-^-ff, K^-Hf,
Nicht der Luftdruck sondern sein Gradient b e e i n flußt die L u f t m a s s e n b e w e g u n g , Gl. (12). A n m e r k u n g : Der Druckgradient mit den Komponenten dp/dx, dp/dy, dp/öz steht definitionsgemäß senkrecht auf der "Isobarfläche"
A b b . 4 : V o l u m k r ä f t e a u f d e n E i n h e i t s w ü r f e l . p 0 , p u Normaldruck von oben und unten, p^, p r Normaldruck von links und rechts. X 0 , T U Schubspannung oben und unten.
9
n,2.
Statik
Wir betrachten eine mit der Erde rotierende aber relativ zu dieser in Ruhe befindliche L u f t m a s s e n e i n h e i t , von ebenfalls ruhenden Luftmassen umgeben. Sie b e h ä l t diesen Ruhezustand, wenn alle angreifenden Kräfte miteinander im Gleichgewicht sind, d. h. r e s u l t i e r e n d verschwinden:
Bei diesem k o n s t a n t e n Ruhezustand gibt es in den Horizontalkomponenten keine Kraft. In der Vertikalen hat die Kraft des Druckgradienten ein G l e i c h g e w i c h t mit der Schwerkraft. Die letztere (g) resultiert aus der Massenanziehung der Erde und der Zentrifugalkraft der Erdrotation: Die Gin. (13) charakterisieren den Zustand des "statischen" Gleichgewichts. V e r t i k a l s t a t i s c h e s M o d e l l ; In der Atmosphäre ist die v e r t i k a l e Komponente der Gl. (13) stets mit sehr guter Näherung erfüllt, wenn darin p und p M i t t e l w e r t e eines großen Horizontalgebiets von etwa 2o km mal 2o km Größe bedeuten, im Verlauf einer halben Stunde gemittelt. Auch die Horizontalgleichungen (13) sind (mit weiträumigen Mittelwerten) insofern erfüllt, als öp/9x und öp/dy immer s e h r k l e i n bleiben, verglichen mit der Vertikalkomponente 9p/0z. Deshalb rechnet man fast immer mit einem "vertikalstatischen" Modell der Atmosphäre; Man geht aus von dem am Erdboden gemessenen Druck pQ und berechnet durch Integration der dritten Gl. (13) den Druck p für jede Höhe z (wobei die gemessene Zuordnung von p und p verwendet wird). Auf diese Art wird aus dem Druckfeld am Boden das Druckfeld oberer Schichten ermittelt. Dies ist selbstverständlich nur ein Näherungsverfahren, welches ausreicht, um einen m o m e n t a n e n Zustand der Atmosphäre zu analysieren, nicht aber für eine Vorausberechnung von zeitlichen Feldänderungen [9, lo]. Die a t m o s p h ä r i s c h e n V e r t i k a l k r ä f t e haben ein n a h e zu s t a t i s c h e s G l e i c h g e w i c h t . D e n n o c h s i n d d i e ( k l e i nen) V e r t i k a l b e s c h l e u n i g u n g e n f ü r d i e W e t t e r e n t w i c k l u n g bedeutsam.
lo
n,3.
Ruhbeschleunigung
W i n d s t i l l e ; Wenn sich die betrachtete Luftmasseneinheit nur v o r ü b e r g e h e n d in Ruhe befindet, sind die statischen Gin. (13) nicht erfüllt, wohl aber die folgenden:
M
"*•!?=#,
.
T h e r m i k - M o de 11; An einem schonen Sommermorgen verschwinden zunächst alle drei Beschleunigungskomponenten, also auch das h o r i z o n t a l e Druckgefälle öp/3x und öp/dy. Dann geht die Sonne auf und vermindert die Luftdichte p durch E r w ä r m u n g . Wenn und wo die Dichte örtlich schnell verändert wird, bleibt das Druckfeld zunächst noch unverändert. In den H o r i z o n t a l g l e i c h u n g e n (14) bleibt also die linke Seite zunächst gleich Null, daher auch die h o r i z o n t a l e Beschleunigung. Aber die linke Seite der V e r t i k a l g l e i c h u n g
wird mit der Dichte p verändert, zu-
nächst vielleicht um l xxf»
Diffus e i n f a l l e n d e als senkrecht ne"
Streuung
vervielfacht
>ax 5 kX'dm « 1 Strahlung
parallel
wird d i e A b s o r p t i o n
absorbiert
aber durch "dünner"
"inter-
Schichten
(Abb.17).
Obere Atmosphärenschichten: wird n i c h t
wird s t ä r k e r
einfallende,
Der "interne" Streuungseffekt
spürbar in solchen Schichten, welche auch o h n e diese Streu-
ung "dick" sind. Denn der Absorptionsfaktor kann ohnehin nicht größer als 1 werden. Deshalb ist es in den u n t e r e n Atmosphärenschichten (vor allem in den stark absorbierten Wellen) nebensächlich, den "internen" Streuungs-
53
effekt zu beachten. Aber in den o b e r e n
dünnen Atmosphärenschichten
macht die interne Streuung durch Aerosol einen s t a r k e n
Schicht-Ab-
sorptionseffekt, vor allem in den schwach absorbierten Wellen zwischen 8,5yU und 12,5^u Wellenlänge, Das ist bisher nicht hinreichend beachtet worden. Spektrale
Streuungs-Unterschiede:
Elektromagnetische W e l -
len werden enorm stark gestreut, wenn sich viele A n t e n n e n ,
auf halbe
Wellenlänge abgelängt, im Strahlungsraum befinden. Dieses Verfahren wurde erfolgreich zur Abwehr radioelektrischer Flakschießverfahren angewandt. Dementsprechend wird eine lo^u-Strahlung besonders stark durch Eisstäbchen der Länge 5 j x gestreut oder durch andere Partikelchen entsprechender Dicke. Die Schichtabsorption o b e r e r
Atmosphärenschichten ist
also sehr abhängig von der Form und Größe dieser T e i l c h e n . Mit den bislang üblichen Strahlungsrechnungen wird die Absorption und Emission oberer
Schichten nicht zuverlässig berechnet.
log X
»
Abb. 18: W a s s e r d a m p f - A b s o r p t i o n s - S p e k t r u m .
Abszisse W e l -
lenlängenskala. Ordinate Absorptionskoeffizient k ^ [ c m ^ / g r ] .
54
Wasserdampf-Absorptions-Spektrum;
Von den atmosphä-
rischen Gasen besitzen nur Wasserdampf und Kohlensäure einen erheblichen Absorptionskoeffizient k ^ : Die letztere nur in dem sehr schmalen Bereich 14^u < X < 15yu, der erstere im langwelligen Bereich, wie Abb. 18 zeigt. Alle langen Wellen mit Ausnahme des "Fensters" zwischen 8,5yU und 1 2 , 5 ^ werden im Wasserdampf stark absorbiert. Doch wird dieses "Fenster" oft durch W o l k e n d e c k e n
verschlossen und meistens durch A e r o s o l
ge-
trübt, wie soeben erörtert. Der a t m o s p h ä r i s c h e Emission
Wasserdampf
des E r d b o d e n s
vollständig
l ä n g e n X > 1 2 , 5 yu und X < 8 , 5 / u . Kirchhoffs
absorbiert in a l l e n
die
Wellen-
In diesen Wellen ist nach
Gesetz die Gegenstrahlung der Atmosphäre fast ebenso
stark wie die Emission des Bodens, auch bei "heiterem" Himmel (Abb. 15, VI,4).
C . Planetarisdher Haushalt Vorbemerkung:
Hier sehen wir die Erde als P l a n e t . Unbeach-
tet bleiben dabei die vielen Komplikationen, denen die Atmosphäre durch die O b e r f l ä c h e n - S t r u k t u r
der Erde (Land und Meer, Gebirge und
Niederung) ausgesetzt ist. Weder die Unterschiede zwischen Nord- und Sudhalbkugel noch monsunhafte Effekte kommen hier zur Sprache, nur m i t t lere
Zustände, wie sie über e i n h e i t l i c h e r
Erdoberfläche unter dem
Einfluß der Sonnenbestrahlung und Erddrehung auftreten würden.
VII. Vorbemerkung:
WÄRMEGLEICHGEWICHT
Hier handelt es sich um den H e i z k e s s e l und
K ü h l e r der atmosphärischen Wärmekraftmaschine.
55
VII.l. G e s a m t - S t r a h l u n g s g l e i c h g e w i c h t Als G a n z e s betrachtet, b e k o m m t die Erde und Atmosphäre von der Sonne ebensoviel Wärmezufuhr, wie sie selbst langwellig in den Weltraum e m i t t i e r t . Denn die Erde ist ein e r k a l t e t e r Stern. Das vertikale Temperaturgefälle der Erdkruste zeigt, daß die Erdoberfläche keine mit der Sonnenstrahlung vergleichbare Wärmezufuhr aus dem Erdinneren bekommt: Die g a n z e Erde e i n s c h l i e ß l i c h A t m o s p h ä r e b e s i t z t i m M i t t e l S t r a h l u n g s g l e i c h g e w i c h t . Wäre das nicht der Fall, so müßte man schon in einem Jahrzehnt erhebliche Änderungen der Temperatur-Mittelwerte beobachten. Die W ä r m e Q, welche im Jahresmittel von der g a n z e n Erde aus S o n n e n s t r a h l u n g absorbiert wird, bestimmt sich folgendermaßen: Die "Solarkonstante " So = 1,94 [cal- c m ' 2 - Min"1] (vgl. Gl. (54), VI,4) ist durch gründliche Untersuchungen von A b b o t [18] und F o w l e [26] bekannt und neuerdings durch Satelliten-Messungen bestätigt oder jedenfalls nicht widerlegt. Da dieser Wert So sich auf das s e n k r e c h t z u m S o n n e n s t r a h l orientierte cm 2 bezieht, wird er mit dem E r d q u e r o „ s c h n i t t rjr ir multipliziert, um den Gesamtbetrag für die ganze Erde zu erhalten. Diesen dividieren wir durch die E r d o b e r f l ä c h e 4r£ 2 ir. Somit bezieht sich der Betrag So/4 auf das h o r i z o n t a l e cm 2 der Erdoberfläche. Da aber die Erde 35l
d. Den a u f s t e i g e n d e n Ast der P a s s a t z i r k u l a t i o n erkennt man in den Tropen an der mächtigen C u m u l o n i m b u s - B e w ö l k u n g und dem ergiebigen T r o p e n r e g e n . Diese Erscheinungen sind einem s t ä n d i g e n W e c h s e l unterworfen. Daß sie dem Ort stärkster Sonnenbestrahlung zugeordnet sind, erkennt man am jahreszeitlichen Gang der "tropischen Regenzeit". e. Der in den R o ß b r e i t e n (bei 3o° Breite) h e r a b s i n k e n d e Ast der Passatzirkulation verrät sich durch die A u f l ö s u n g d e r W o l k e n dortselbst, die ebenfalls einem wetterhaften Wechsel unterliegt, aber im Roßbreitenklima (auch in mehreren Wüsten) seinen deutlichen Ausdruck findet. f. Der ü b e r d e r T r o p o p a u s e p o l w ä r t s a b g l e i t e n d e Ast wurde unter dem Namen "Tropopausenzirkulation" [14 S. 9o] bekannt. Seine Existenz ist bereits durch die I n v e r s i o n belegt. Denn a l l e kräftigen Temperaturinversionen sind erfahrungsgemäß Ab g l e i t f l ä c h e n (XV). Aber e i n d e u t i g b e w i e s e n ist die Tropopausenzirkulation durch das W e s t w i n d m a x i m u m , welches man in der Tropopause findet. Unsere Zirkulationsmodelle (Abbn. 26 und 31) zeigen, daß die Z o n a l z i r k u l a t i o n durch eine geringe P o l w ä r t s s t r ö m u n g entsteht und erhalten bleibt. Umgekehrt darf man aus der Existenz der starken W e s t w i n d e im Tropopausenniveau auf eine dort vorhandene Meridionalströmung schließen, deren p o l w ä r t s gerichtete Windkomponente zwar nur gering ist, aber doch wirksam genug, um das Westwindmaximum dort zu erhalten. g. Besonders w e t t e r h a f t ist die R ü c k k e h r der Tropopausenzirkulation in die Troposphäre höherer Breiten. Neuerdings ist es bekannt geworden, daß dieser Luftübertritt von der Stratosphäre zur Troposphäre mit der Entstehung des Jet stream (XII) und Z y k l o n e n (XIII) zusammenhängt. h. Wetterhafte G l e i t z i r k u l a t i o n e n ereignen sich an der "Polarfront". Sie sind in Abb. 32 bei 6o° Breite gezeichnet, obwohl sie allenthalben zwischen 4o° und 8o° Breite vorkommen. Der aufgleitende Ast ist hier ü b e r dem abgleitenden dargestellt, liegt aber vor allem n e b e n diesem, nämlich auf der "Vorderseite" (Ostseite) einer Zyklone [6 S. 2o5]; Der z u g e h ö r i g e Abgleit-Ast befindet sich auf der "Rückseite" (West-
lo2
seite) einer ostwärts v o r a u s l a u f e n d e n
Zyklone(XIII).
i. H o r i z o n t a l z i r k u l a t i o n e n um Hoch- oder Tiefdruckgebiete sind untrennbar mit der troposphärischen Gleitzirkulation verbunden, können aber in der Zeichenebene der Abb. 32 n i c h t dargestellt werden. k. Wetterhafte K l e i n z i r k u l a t i o n e n aller Art sind in Abb. 32 nicht gezeigt: Gewitter und Böenfronten, Hurrikans und Tornados, See- und Bergwinde, Fronten, Monsune etc. enthalten sozusagen ein k o n v e k t i v e s Feuerwerk, welches die überreichlich vorhandene Energie verpuffen läßt, aber keinen wesentlichen Einfluß auf das weiträumige Zirkulationssystem besitzt. Das p e r m a n e n t - p l a n e t a r i s c h e Z i r k u l a t i o n s s y s t e m d e r E r d a t m o s p h ä r e z e i g t s i c h in d e n o b e r e n W e s t w i n d e n , i m P a s s a t und in d e r T r o p o p a u s e n z i r k u l a t i o n , d e r e n R ü c k k e h r - A s t a b e r von d e n w e t t e r h a f t e n G l e i t z i r k u l a t i o n e n höherer Breiten verdeckt bzw. aufgesogen wird. XI,2. Z i r k u l a t i o n s p o l ,
Polarfront,
Hadleyzelle
Die Abb. 32 ist unter der nur selten zutreffenden Voraussetzung gezeichnet, daß der "Zirkulationspol" mit dem g e o g r a p h i s c h e n Pol zusammenfällt. Aber mit "P" ist in Abb. 32 ein Zirkulationspol gemeint, den man i r g e n d w o im Polargebiet (zwischen 7o° und 9o° Breite) annehmen darf. Deshalb liegt auch die "Polarfront" n i c h t fest, sondern verändert sich mit der G r o ß w e t t e r l a g e . Dafür gibt es mehrere Gründe: a) K i n e m a t i s c h : Die Ordinatenlinie "P" der Abb. 32 meint einen P u n k t der Erdoberfläche, aber alle anderen Ordinaten einen Breitenkreis. Der Pol P ist also ein Ort innerhalb des Zirkulationsfeldes und darf nicht als Zirkulationsgrenze verstanden werden. Das kommt in den Abbn. 25 und 26 (IX) besser zur Geltung. b) Die "Erd v o r t i c i t y " f B 2 6>siny> hat im Polargebiet ein b r e i t e s Maximum. Von 7o° bis 9o° Breite ändert sich der sinjp nur wenig. In diesem Gebiet hat also j e d e r Punkt praktisch die g l e i c h e Rotation um die Vertikalachse. Hier ist die Corioliskraft u n a b h ä n g i g davon, welchen Punkt man als Rotationspol annimmt. lo3
c) Die d y n a m i s c h e n Gleichungen(17), (18) und(2o) erlauben eine b e l i e b i g e Orientierung des horizontalen x/y-Koordinaten-Systems. D . h . : Es gibt k e i n e
d y n a m i s c h e Unterscheidung zwischen Meridian und
Breitenkreis. Nur der isobare T e m p e r a t u r - G r a d i e n t
zeigt die Rich-
tung zum Zirkulationspol. Durch diesen gehen die Großkreise, welche die Meridiane vertreten. Ihre Orthogonal-Trajektorien übernehmen die Rolle der Breitenkreise. d) Im M i t t e l
ist aber das horizontale W ä r m e g e f ä l l e (nicht zu ver-
wechseln mit Temperaturgefälle!) im Polargebiet gering (besonders im Winter), wie es in Abb. 2 2 c (VII,4) erkennbar wird. Ein wetterhafter "Kältepol" kann hier überall seinen Ort finden. Nur, wenn man dieses berücksichtigt, vermeidet man die Mißdeutung der Abb. 32. Der
"Pol"
phisch fest,
des Z i r k u l a t i o n s s y s t e m s sondern
selnd zwischen liegt
findet
noch unbeständiger
und d e m
seinen
7 o ° und 9 o ° B r e i t e . zwischen
liegt
Platz Die dem
nicht
geogra-
wetterhaft
wech-
"Polarfront" "Zirkulationspol"
Roßbreitenhoch.
Die sogenannte " H a d l e y - Z i r k u l a t i o n " beschränkt sich in der Troposphäre Prandtls
auf subtropische und tropische Breiten. Dieses zeigt auch
Modell (Abb. 25, IX, 1). Das "Roßbreiten-Hoch" setzt in der Tro-
posphäre die polseitige Grenze der "Passatzirkulation". Daß die T r o p o pausenzirkulation
in der Substratosphäre weit polwärts übergreift, ist
ebenfalls in P r a n d t l s
Modell zu sehen, obwohl dieser von der Tropepause
keine Notiz nahm. P r a n d t l s
Modell hat das W e s t w i n d m a x i m u m in
der Flüssigkeitsoberfläche, unser Wassermodell (Abb. 26, I X , 3 ) in der Wanne. Dieses hat auch e n e r g e t i s c h e
Ähnlichkeit mit der a t m o s p h ä r i s c h e n
Hadley-Zirkulation, wie in Kap. IX, 5 gezeigt wurde. Aber in Abb. 32 erscheint der a u f s t e i g e n d e mezufuhrgebiet
Ast der Tropen viel s c h m a l e r
als das W ä r -
der Unterschicht in Abb. 22 a (VII, 4). Dieser Unter-
schied ist dadurch bedingt, daß die Wärmezufuhr vom Erdboden überwiegend aus W a s s e r d a m p f besteht, daher einen Auftrieb erst im s t e i g e n d e n Zirkulationsast liefert. Übrigens ist dieser Effekt (schmales Aufstiegs-, breites Sinkgebiet) auch in kleineren Zirkulationen bekannt ( X I V , 4 ) . Als " F e r r e l - Z i r k u l a t i o n " bezeichnen amerikanische Autoren den lo4
p e r m a n e n t angenommenen Meridionalumlauf der T r o p o s p h ä r e zwischen 4o° und 7o° Breite, auf der warmen Seite herabsinkend, auf der kalten aufsteigend. Diese Arbeit v e r b r a u c h e n d e und sehr schwache Meridionalzirkulation beschränkt sich auf u n t e r e Schichten (Abb. 25, IX, 1). Sie ist in Abb. 32 nicht eingezeichnet, weil in denselben Breiten die nichtpermanente Gleitzirkulation der "Polarfrontzyklonen" sehr e r g i e b i g e n Meridionaltransport der Warme (polwärts-aufwärts) und s t a r k e n Energieumsatz enthält. Wenn man allerdings diese starken aber nichtpermanenten Strome k i n e m a t i s c h mittelt, bleibt von ihnen nichts übrig, so daß man sie im Meridianschnitt i g n o r i e r e n kann. Dann verbleibt nur die energieschwache "Ferrel-Zirkulation". Wenn man aber den W ä r m e t r a n s p o r t und E n e r g i e u m s a t z der Polarfrontzyklonen mittelt, kann man diese nicht
vernachlässigen.
Billigt man also den P o l a r f r o n t z y k l o n e n
zu, daß sie energetisch
wichtige G l i e d e r der allgemeinen Zirkulation sind, so dürfen ihre Gleitströme im Schema der Abb. 32 nicht fehlen. Ihre Notwendigkeit zeigte sich schon im Haushaltmodell Abb. 22c (VII,4), welches in hohen Breiten den p o l w ä r t s aufgleitenden Wärmetransport fordert. Diese Gleitströme können nicht permanent sein, sondern müssen w e t t e r h a f t wechseln-, sie können, n e b e n e i n a n d e r auf-und abgleitend, k e i n e planetarische Vorzugslage haben. Für die E n t s t e h u n g und E r h a l t u n g der allgemeinen Zirkulation hat ihre E n e r g e t i k ausschlaggebende Bedeutung(IX,4). Deshalb sehen wir den augenfälligen und wesentlichen Unterschied niederer und höherer Breiten nicht in der unbedeutenden "Ferrelzelle" sondern in den energie-gewaltigen P o l a r f r o n t z y k l o n e n .
Io5
E.
Planetarische „Störungen"
V o r b e m e r k u n g ; Der Begriff "Störung" ist uns überkommen. Er setzt eigentlich voraus, daß ein ungestörter Zustand m ö g l i c h ist und nur durch z u s ä t z l i c h e Effekte gestört wird, wie die Meeresoberfläche durch den Sturm. Aber die Zyklonen sind nicht in d i e s e m Sinne "Störungen der Polarfront", und eine ungestörte Polarfront ist überhaupt k e i n e Polarfront angesichts der beobachteten Tatsachen. Wenn wir also hier das W o r t "Störung" übernehmen (das ist des allgemeinen Gebrauchs wegen unvermeidlich), so wollen wir doch damit keine b e g r i f f l i c h e n Vorurteile verbinden: Gemeint sind die nichtpermanenten W e t t e r v o r gä n g e höherer Breiten, die einen wesentlichen B e s t a n d t e i l , nicht eine Beeinträchtigung der planetarischen Zirkulation bedeuten. XII. JET STREAM V o r b e m e r k u n g : Nach dem Vorgang von C . G. Rossby bezeichnet man als "Jet stream" einen w e t t e r h a f t auftretenden horizontalen Strahlstrom (vorwiegend westlicher Winde) von looo bis 2ooo km Breitenund 15 bis 2o km Höhenmächtigkeit, der seinen "Kern" im TropopausenNiveau findet und dort Spitzengeschwindigkeiten von 4o bis 80 [m/sec] erreicht. Man erkennt seine Spuren auch in Abb. 32(XI,1), Hier könnte man im Winter den Westwind > 2 5 [m/sec] und im Sommer >15 [m/sec] als Jet-Mittel bezeichnen. XII, 1. D r e h i m p u l s ,
T u r b u l e n z und
Vorticity
Der W e s t w i n d des Jet stream und vor allem sein Maximum in der Tropopause verraten, daß er seinen Ursprung im g e s a m t p l a n e t a r i s c h e n Zirkulationssystem findet. Wir kommen daher zurück auf die Abb. 26 (IX,3) und das Wassermodell der planetarischen Zirkulation: Aus Gl. (94) durften wir schließen, daß solche Wassermassen, welche o h n e Reibung und Turbulenz den Spiralenweg vom Wannenrand (Äquator) bis zum halben Radius (6o° Breite) zurücklegen, dort zehn mal s t ä r k e r e Zonalgeschwindigkeit (Westwind) haben müßten, als diese wirklich auftritt. Demnach haben diese Massen 9/lo ihres Westwindes durch turbulente Drehimpulsabgabe eingebüßt. Dies funktioniert ziemlich gleichmäßig I06
in unserer Wanne, weil der turbulente Ausgleich unbehindert ist. Aber stellen wir uns stattdessen eine loo mal größere Rotationswanne vor mit derselben Wassertiefe von 5o cm, aber mit ungleich verteilter Bodenrauhigkeit. Diese Wanne hätte ungefähr dasselbe Raumverhältnis wie die Atmosphäre. Wir wurden uns nicht wundern, daß an w e i t g e t r e n n t e n Stellen dieser flachen Wasserschicht verschieden starke Turbulenz v e r s c h i e d e n e Drehimpulsverluste bewirkt. Derartige Unregelmäßigkeiten würden offenbar in hohen Breiten (nahe der Achse) deutlicher erscheinen als in niederen. A n m e r k u n g : "Turbulenz" bedeutet in diesem Zusammenhang einen nach allen Richtungen gleich starken Horizontal-Austausch. Dieser bewirkt den Ausgleich der Relativ-Geschwindigkeiten [14, S. 26o] und verhindert dadurch die Erhaltung des absoluten Dreh-Impulses. In der Wanne entsteht dieser Austausch durch Reibung, in der Atmosphäre uberwiegend durch Konvektion. Erd v o r t i c i t y : In der Atmosphäre hat nur ihre (absolute) Rotation um die V e r t i k a l - A c h s e weiträumige Bedeutung, also auch die "Erd Vorticity" f = 2&Jsinjp, deren Wert am Äquator verschwindet und im Polargebiet ihren maximalen Betrag erreicht. Das muß in der Modellwanne grob-annähernd simuliert werden durch einen zentral angeordneten "Rührflügel" F, wie er in Abb. 33 dargestellt ist. Wenn dieser schneller als die Wanne rotiert, simuliert er im Wannen-Zentrum eine größere Wannen-Vorticity. E x p e r i m e n t : Zunächst läßt man die Wasserwanne mit s t e h e n d e m Rührflügel F(Abb. 33) rotieren(1,6 sec"1), bis das Wasser q u a s i s t a r r mitgeht. Dann wird dieser Rührflügel durch den Motor M in Rotation gebracht, so daß er sich r e l a t i v zur Wanne (vorauslaufend) etwa halb so schnell dreht wie die Wanne absolut. Dadurch ergibt sich die .veränderte aber noch s t a t i o n ä r e Anfangs-Situation mit polwärts zunehmender Vorticity. Schließlich wird die P u m p e A (Abb. 33) eingeschaltet, so daß eine meridionale und zonale Z i r k u l a t i o n entsteht. Aber d i e s e wird jetzt n i c h t stationär wie im Modell Abb. 26 (IX,3), sondern man sieht auf der Wasseroberfläche Berg und Tal, in der Strömung Vorstöße nach innen zum Ruhrflügel und Rückzüge nach außen, beides s c h n e l l w e c h s e l n d , örtlich und zeitlich. Daß dennoch eine m i t t l e r e Zirkulation existiert, folgt aus der Arbeit der Pumpe A, die fortwährend die g l e i c h e Wasserlol
menge fördert. Dieses Experiment zeigt: Das G e f ä l l e labilisiert
der a b s o l u t e n
Vorticity
das Z i r k u l a t i o n s f e l d
Für die A t m o s p h ä r e a) A l l g e m e i n
(äquatorwärts)
höherer
Breiten.
gilt dementsprechend folgendes:
zu erwarten sind Gebiete mit besserer oder schlechterer
Erfüllung des Drehimpulssatzes. Erstere erkennt man am stärkeren, letztere am geringeren Westwind. b) Wo die P o l w ä r t s b e w e g u n g
der Meridionalzirkulation ihr Maximum
hat, d.h. in der T r o p o p a u s e , finden auch die Westwinde ihr Maximum. c) Wetterhafte S o n d e r e r s c h e i n u n g e n
der Do popausenz iikulation er -
geben sich dort, wo diese in die Troposphäre übertritt, dabei gleichzeitig äquatorwärts umkehrt (Abb. 32, XI, 1). d) Dieser U m k e h r p u n k t
eines Tropopausenzirkulationsstroms ist dessen
potentiell k ä 1 1 e s t e Stelle und besitzt den s t ä r k s t e n e) Dabei sind die A r b e i t
leistenden
Westwind.
Meridionalströme, wie allge-
mein im planetarischen System, so l a n g s a m , daß sie sich der direkten Beobachtung entziehen. Daß hier die Begriffe "Westwind", "meridional" etc. nicht geographischen sondern d y n a m i s c h e n
Sinn haben, sich also am "Zirkulationspol"
(XI, 2) ausrichten, ¿raucht wohl nicht besonders betont zu werden. Der
"Jet
stream"
mittierenden
Westwindmassen dieser
entsteht
in d e r w e t t e r h a f t
Tropopausenzirkulation
wo
in d i e T r o p o s p h ä r e ü b e r t r e t e n ,
äquatorwärts
Subtropen-Jet;
dort,
interderen um
in
zurückzukehren.
In Abb. 34 sieht man eine von C . G . R o s s b y
[43] diskutierte Wetterlage; Zwischen 3o° und 4o° Breite liegt ein subtropischer Jet. Dieser ist schwach a n t i z y k l o n a l
gekrümmt und kehrt
anscheinend äquatorwärts zurück. Man hat ihn meistens [52] als polseitigen R a n d e f f e k t
der "Hadleyzelle" verstanden(IX,2).
Einen P o l a r f r o n t - J e t
sieht man in h ö h e r e n Breiten der Abb. 34
mit zwei "Trögen", die seinen Zusammenhang mit Zyklonen andeuten. Dieser Jet ist also enger mit t r o p o s p h ä r i s c h e n
k>8
Stromfeldern verknüpft
Abb. 33: R o t i e r e n d e W a s s e r w a n n e wie in Abb. 26 (EX,3): Zusätzlich eingebaut der "Rührflügel" F und die "Konvektionspümpe" K. Im Grundriß; S Saugsieb (Zyklone als Pfeilkreis) D Drucksieb (Abfluß Kreispfeile). Im Aufriß; M Motor zum Antrieb des Rührflügels F. A "Außenpumpe" für die "allgemeine" Zirkulation. R Rohre W Wasser. O Oberfläche, h Wassertiefe.
lo9
als der Subtropenjet; eine Duplizität, die offenbar auf dem Z u s a m m e n w i r k e n mehrerer Atmosphärenschichten beruht: Die obere Westwindschicht (X,4) ist a k t i v bei der Entstehung eines Jet stream, aber a l l e Schichten der Atmosphäre sind durch "Kompensation und Adaptation" [14, S.24o] miteinander gekoppelt und reagieren g e m e i n s a m auf die obere Störung.
120
100
60
Abb. 34: J e t s t r e a m am 25. lo. 5o. o3 MGZ über Nordamerika nach C . G . R o s s b y [43], Ausgezogen Windisotachen. Schraffiert. 75 bis loo Knoten. Schwarz mehr als loo Knoten. Gestrichelt Isohypsen der 3oo-mb-Fläche.
XII,2.
Tropopausenbruch
Ein E n t s t e h u n g s m o d e l l des Jet stream zeigt die Abb. 35 im Meridianschnitt: Dünn gestrichelt sind die Isentropen, fett ausgezogen die Tropopause. Die Nullenkreise 1 und 2 stellen je einen Massenpunkt dar, llo
Abb. 35: D e f o r m a t i o n d e r T r o p o p a u s e nach E. F. D a n i e l s e n [55] im Meridianschnitt. Gestrichelt Isentropen. Fett Tropopause. 1 und 2 Massenpunkte. F Jet-Front, a ungestört, b Jet stream. c. Jet-Front. der die durch fette Pfeile dargestellte ageostrophische Verlagerung erleidet. Abb. 35a ist der u n g e s t ö r t e Anfangszustand, gekennzeichnet durch geringes isobares Temperaturgefälle ä q u a t o r w ä r t s in der Stratosphäre, starkes p o l w ä r t s in der Troposphäre (Gegenläufigkeitsgesetz X,4) und 111
g e o s t r o p h i s c h e n Westwind etwa 3o [m/sec] im Tropopausen-Niveau (Abb. 32, XI, 1). Wenn die T r o p o p a u s e n z i r k u l a t i o n zwischen den Punkten 1 und 2 der Abb. 35 a in die Troposphäre einmündet, erfordert dies eine meridionale H o r i z o n t a l k o n v e r g e n z im Tropopausen-Niveau mit a b w ä r t s gerichteter Vertikälbewegung, wie die beiden fetten Pfeile der Abb. 35 b es darstellen. Das führt einerseits zu einer D e f o r m a t i o n des Isentropenfeldes, die nach Abb. 35b einen "Bruch" der Tropopause bedeutet, andererseits zu einer Westwind-Stärkung der Masse 2 und - S c h w ä c h u n g der Masse 1. Wenn diese Deformation (wie anzunehmen) a g e o s t r o p h i s c h ohne Änderung des Drehimpulses vor sich geht, und die beiden fetten Pfeile der Abb. 35 b eine Verschiebungsstrecke von je 3oo km bedeuten, erleidet die Masse 2 eine W e s t w i n d s t ä r k u n g um 3o [m/sec], die Masse 1 eine W e s t w i n d s c h w ä c h u n g um den gleichen Betrag. In Abb. 35b befindet sich dann die Masse 2 mit 6o [m/sec] Westwind i m K e r n eines Jet stream, die Masse 1 mit Windstille an dessen p o l s e i t i g e m R a n d . Wenn diese Deformation (mit Änderung des Drehimpulses) noch weiter geht im Sinne der Abb. 35c, so entsteht dadurch die obere "Jet-Front", die erstmalig von R . J . R e e d [54], später von J . K ü t t n e r u n d E . F . D a n i e l s e n [55] beobachtet wurde. Die B r u c h s t e l l e der Tropopause ist also ein wesentliches K e n n z e i c h e n des Jet stream. Hier laufen die Isentropen, vertikal divergierend, aus der Stratosphäre in die Troposphäre. J e d e r Vertikalschnitt durch einen Jet stream läßt diesen Tropopausen-Bruch erkennen: Abb. 36 zeigt zwei von E. P a l m e n [7, S.6ol] mitgeteilte Vertikalschnitte, von denen der obere (a) aus a l l e n nordamerikanischen Radiosonden dieses Tages gemittelt ist, der untere (b) eine einzige (europäische) Schnittfläche darstellt. Eine w e s e n t l i c h e E i g e n s c h a f t des "Jet s t r e a m " ist sein Tropopausenbruch. Starkwinde ohne diesen sollten nicht Jet stream genannt werden. Starke B ö i g k e i t wird in dieser Bruchstelle gelegentlich von Fliegern beobachtet ("clear air turbulence"). Ein D r u c k f e l d - T r o g verbindet sich oft mit dem Polarfront-Jet,
112
-I 65°
1 60°
1— —1 55° 50°
i 1000-
-km
1 45°
0
r
1 40°
km •
1 35°
1 30°
r~
25°N
• 1000
Abb. 36: V e r t i k a l e Q u e r s c h n i t t e d u r c h J e t s t r e a m - F e l d e r nach E. P a l m e n [7, S.6ol]. Fett Tropopause. Ausgezogen Isotachen [m/sec]. Gestrichelt Isentropen (Dekagrad K). a) Westwind in Nordamerika 3o. 11.46 (E Ostwind), b) Nordwest wind in Europa 29.11.42.
113
wie es die Abb. 37 darstelle: a ist die 3oo-mb-Karte von Nordamerika am lo. 12.52. 15 Uhr MGZ [39]. Der rechte Jet ist nur in oberen Schichten die Fortsetzung des linken. In der unteren Troposphäre sind sie durch die "Troglinie" getrennt. Das sieht man deutlich im Vertikalschnitt b : Die schraffierte Flache bezeichnet hier das Gebiet, wo die Windgeschwindigkeit schneller ist als die Fortbewegung der Troglinie (beide ostwärts). Nur diese schraffierten Massen überschreiten den Trog von der Rückseite zur Vorderseite. Der Trog ist also für die meisten Massen eine G r e n z e . Aber auch hier zeigen a l l e Vertikalschnitte den typischen Tropopausen-Bruch. XII,3.
Frontalzone
Die V e r t i k a l s c h n i t t e Abb. 36 und 37 zeigen nach rechts abfallende I s e n t r o p e n im (troposphärischen) Gebiet aufwärts zunehmender Windstärke. Diese Isentropen-Neigung bedeutet isobares T e m p e r a t u r g e f ä l l e nach links (polwärts), und man erkennt darin ein allgemeines G e s e t z des Gradientwindgleichgewichts: W e n n m a n a u f der N o r d h a l b k u g e l m i t a u f w ä r t s nehmendem (bzw. blickt,
gegen aufwärts abnehmendem)
so h a t m a n d i e ( i s o b a r
verglichen)
zuWind
höhere
T e m p e r a t u r zur R e c h t e n ,
n i e d e r e zur L i n k e n ( a u f der
Südhalbkugel umgekehrt)
[lo,S.172J.
Dieses a l l g e m e i n e
G e s e t z beruht auf dem annähernd g e o s t r o -
p h i s c h e n Gleichgewicht a l l e r Winde, wie man am Beispiel des Westwindes einsehen kann: In diesem fallen die I s o b a r f l ä c h e n polwärts ab, am steilsten im Tropopausen-Niveau, wo der Wind am stärksten ist. Ihr gegenseitiger V e r t i k a 1 a b s t a n d ist auf der Pol-Seite kleiner als Abb 3 7 : T r o g s i t u a t i o n in Nordamerika lo. 12.52 - 15 MGZ [39]. a) Wind im 3oo-mb-Niveau; Ausgezogen Isotachen (Knoten). Schraffiert über 9o Kn. Gestrichelt 3oo-mb-Isohypsen. b) bis e) Vertikalschnitte, Ordinate db Dezibar. Fett Tropopause. Ausgezogen Isotachen (Knoten). Gestrichelt Isentropen (Dekagrad K). Trogschnitt b. Vorderseitenschnitt d. Rückseitenschnitt e. Stromlinienschnitt c . Schnittspuren in a) dünn ausgezogen.
114
1000km 0
1000km Abb. 37
1000km
0
1000 km
auf der Aquatorseite. Denn die Lu ftd i c h t e ist dort größer als hier (isobar verglichen). Das W i n d f e l d des Jet stream verbindet sich also notwendig mit einem T e m p e r a t u r f e l d , welches T . B e r g e r o n [19] "Frontalzone" genannt hat; In der Troposphäre rechts hohe, links niedere Temperatur (isobar verglichen), in der Stratosphäre umgekehrt (auf der Nordhalbkugel mit dem Wind gesehen). P o l a r f r o n t : Der Westwind-Jet v e r s t ä r k t dadurch das p l a n e t a r i s c h e Temperaturgefälle und wird zur Luft m a s s e n g r e n z e zwischen "Polarluft" und "Tropikluft". D. h. er verbindet sich mit der "Polarfront". Es wäre aber ein Irrtum, wenn man die "Frontalzone" als U r s a c h e des Jet ansehen würde oder diesen als Ursache der Frontalzone (IX, 4). Polarfront,
J e t s t r e a m und F r o n t a l z o n e sind
das g e o s t r o p h i s c h e G l e i c h g e w i c h t
miteinander
durch gekop-
pelt. XII,4.
Scherungsrander
D y n a m i s c h interessant ist der U n t e r s c h i e d zwischen dem a n t i z y k l o n a l scherenden (warmen) und dem z y k l o n a l scherenden (kalten) "Rand" des Jet stream. Sein "Kern" ist meist nur schmal zwischen diesen breiten Rändern. Wenn ein troposphärisches Luftteilchen am rechten (antizyklonalen) Rande einen Stoß nach rechts bekommt, gleitet es a u f der Isentropenfläche
herab und unterliegt dabei der Corioliskraft, die
s e i n e Westwindgeschwindigkeit m i n d e r t . Da es dabei einem Schwachwindgebiet zustrebt, stört es den Jet nur wenig oder gar nicht. Wenn aber am linken (zyklonalen) Rande ein Teilchen nach links gestoßen wird, g e w i n n t es auf seinem Wege ins Schwachwindgebiet v e r m e h r t e Westwindgeschwindigkeit (durch die Corioliskraft) und stört so das Randfeld erheblich. (Beides auf der Nordhalbkugel betrachtet). Experiment:
M. Dunst [22] untersuchte die Scherungsrander fol-
gendermaßen; In der Wasserwanne nach Abb. 33 (XII.l) wird der "Ruhrflügel" F mit einem vertikalen Blechzylinder Z (Abb. 38) umkleidet, welch letzterer somit eine innere, konzentrisch rotierende Wand darstellt. Läßt man den Rührflügel v o r w ä r t s (relativ zur Wanne im gleichen Rich116
Abb. 3 8 : S c h e r u n g s m o d e l l
von M. Dunst [22] im Grundriß.
F Rührflügel. Z Blechzylinder, b Reibungsring-Breite. Rot Rotationsrichtung der Wanne. tungssinn) rotieren, so bildet sich ein a n t i z y k l o n a l scherender "Reibungsring" am Zylinder Z(schraffiert in Abb. 38). Rotiert er r ü c k w ä r t s (relativ gegen die Wannenrotation), so bildet sich ein z y k l o n a l scherender Reibungsring. Durch etwas Farbstoff, am Zylinder Z einsickernd, erkennt man den Reibungsring mit deutlicher Abgrenzung gegen das n i e ht von der Reibung betroffene Wasser. Aus der g e m e s s e n e n Breite b (Abb. 38) des Reibungsringes und der Relativgeschwindigkeit v* des Zylinders Z (relativ zur Wanne) ergibt sich die Scherung dv/dr des Stromfeldes im Reibungsring. Die Experimente liefern: (lo5)
Antizyklonal: 117
wobei 0 < £ 4 3 ist. (106)
Zyklonalj
g
Der a n t i z y k l o n a l e
Reibungsring ist also b r e i t e r
als der z y k l o -
n a l e . Dieser besitzt eine starke E n e r g i e d i s s i p a t i o n , die man aus einer Analyse der Turbulenz-Bewegungen [22] schließen konnte. Dagegen findet im a n t i z y k l o n a l e n
Reibungsring fast gar keine Dissipation statt,
aber eine intensive V e r m i s c h u n g . Im a t m o s p h ä r i s c h e n
Jet stream findet man das Entsprechende,
nämlich im a n t i z y k l o n a l e n
Scherungsrand, wo auch eine weiträumi-
ge Eingliederung anderer troposphärischer Massen nachgewiesen [39] wurde:
-|p=f(l-*>
(107)
Dabei bedeutet x* die w i n d s e n k r e c h t - i s e n t r o p e Koordinate und £ ist positiv«!. Die z y k l o n a l e
Scherung ist auch in der Atmosphäre meist schärfer
als die a n t i z y k l o n a l e , ebenso wie in D u n s t s
Modell. In Abb. 37 d und
e ist das zu erkennen. Auch dieser Befund deutet darauf hin, daß der zyklonale Rand eine M a s s e n g r e n z e
ist.
Der z y k l o n a l e ( p o l s e i t i g e ) eine nicht
Zirkulationsgrenze
mit
aber der a n t i z y k l o n a l e XII,5.
Experiment;
Rand des J e t erheblicher
stream
ist
Dissipation,
(äquatorseitige)
Rand.
R. H i d e s Mä a n d e r - M o d e l l
Abb. 39 zeigt ein von R. H i d e [31] experimentier-
tes Modell: Auf einer r o t i e r e n d e n
Plattform P ( 6 ) = 3 , 5 sec"*) b « f i n -
det sich ein kreisring-formiges Wasserbecken ("Annulus") mit s e n k r e c h t e n Wänden. Die Außenwand H wird g e h e i z t , die Innenwand K wird g e k ü h l t . Das rotierende Wasser (innen 1,9 c m , außen 4 , 9 cm Radius) hat die Höhe lo cm zwischen dem Boden B und der Oberfläche W. Bei geeigneter Wahl der Rotation, Heizung, Kühlung und Wasserhöhe ergibt sich ein relativ zur Wasser-Rotation (nahezu) s t a t i o n ä r e s
Oberflächen-Strom-
feld, wie es im Grundriß der Abb. 39 mit Pfeilen eingezeichnet ist: Ein mäandrierender 118
Strom läuft von der geheizten Wand H zur gekühlten
H
W
W K
K
H B p
H
H B p
Abb. 3 9 : A n n u l u s m o d e l l von R. Hide [31]: Oben Aufriß, unten Grundriß. P rotierende Planform. Rot Rotationsrichtung. H Heizwand. K Kühlwand. W Wasseroberflache. B Wasserboden. Pfeile Relativstromung in der Wasseroberfläche.
119
K und zurück in drei(oder auch vier oder fünf) Perioden, verbunden mit zonaler
Strömung in Richtung der Rotation. Das fast stationäre Mäan-
der-Feld rotiert ein wenig schneller als die Plattform. Dieses E r g e b n i s
ist nicht selbstverständlich, und es bedeutet eine
experimentelle Leistung, die Bedingungen herauszufinden, unter denen diese Stromfelder stationär werden. Setzt man das aber voraus, so ist das Ergebnis einleuchtend: Ein fast stationärer Strom leistet, als Kaltstrom nach außen, als Warmstrom nach innen mäandrierend, den notwendigen Wärmetransport
von der Heizwand zur Kühlwand. Dies ist eine nahe-
zu "geostrophische" Strömung (11,5). In ihr konzentriert sich die Temperaturdifferenz der Heiz- und Kühlwand wie in einer Frontalzone. Verständlich ist in diesem Modell auch das (ungewohnte) Mißverhältnis zwischen der W a s s e r t i e f e
und dem R o t a t i o n s r a d i u s .
Denn unsere Ungl.
(98) (IX, 5) muß in etwa erfüllt bleiben. Andererseits bewirkt die nahe Nachbarschaft der beiden Wände H und K einen Spiegelungseffekt eine h o r i z o n t a l e
Helmholtzschen
[29] der vertikalen Wirbelfäden, welcher nur
Zirkulation in der Wasseroberfläche gestattet (an-
dernfalls ungeordnete Turbulenz), Die A t m o s p h ä r e besitzt nicht selten Mäanderstrome, welche H i d e s Modell ähnlich sehen. Man braucht sich in Abb. 4o nur eine auf dem 4o°-Breitenkreis s e n k r e c h t
stehende Heizwand zu denken, die
zwar die Wärme aber nicht die Luftmassen aus der "Hadleyzelle" in die "Ferrelzelle" hinüber läßt; dann erscheint die Ähnlichkeit vollkommen. Vielleicht kommt es in der Atmosphäre vorübergehend vor, daß Meridionalströmungen über den 4oten Breitenkreis (IX, 2) keine Rolle spielen. Das ist allerdings durch die äußerliche Ähnlichkeit der horizontalen Stromfelder nicht bewiesen (XIII, 9). B e g r i f f l i c h ist aber der e r d u m r u n d e n d e ganz anderes
als ein w e t t e r h a f t e r
dell macht es deutlich, daß der g a n z e
Mäanderstrom etwas
"Jet stream". R. H i d e s
Mo-
Breitenkreis in eine gerade Zahl
von Mäandern geteilt ist (Abbn. 39/4o). Dagegen liegt der Jet stream (mit 3ooo bis 7ooo km Länge) i r g e n d w o
zwischen seinem "Einzuggebiet"
(Abb. 48) und "Delta" (XIII, 7) oder zwischen einem "Trog" und "Rücken". R. H i d e s
Mäander-Modell gehört sozusagen zum E s t a b l i s h m e n t
Gesamtatmosphäre. Der Jet stream ist eine E i n z e l a k t i o n 12o
der
des Wetters.
Abb. 4o; Z i r k u l a t i o n s f e l d im 5oo-mb-Niveau 12.lo.45. 4MGZ nach C . G. Rossby [42], Ausgezogen 5oo-mb-Isohypsen. Dünn gestrichelt Isothermen. H Hoch. T Tief. A n m e r k u n g : Mehr Beachtung schenken R. H i d e (und andere) dem e x p e r i m e n t e l l e n Problem, wann, wie und warum sich die Mäander in i r r e g u l ä r e Turbulenz auflosen. Diesen Zustand nennt man "HadleyRegime", das stationäre Mäanderfeld "Rossby-Regime". Dazwischen liegen Obergangszustande("vacillation" etc.). Die Regime-Abhängigkeit von der "Taylor-Number" (einer spezialisierten Rey no ld s - Zahl) weist darauf hin. 121
daß es sich um T u r b u l e n z - E f f e k t e handelt, welche stationäre Mäander zulassen, wenn diese mit einer g a n z e n Periodenzahl (3, 4 oder 5) in den Annulus hineinpassen und ein geostrophisches G l e i c h g e w i c h t _ besitzen ("thermal wind"). Beide Bedingungen sind auch in der A t m o s p h ä r e gegeben, beweisen aber nicht, daß deren Zirkulationsfelder Turbulenzeffekte sind (IX,4). Xm. POLARFRONT-ZYKLONEN V o r b e m e r k u n g : Die "Polarfront" ist hier nicht als scharfe Grenze gemeint sondern als S c h a u p l a t z der wetterhaften Zyklonen-Wirbel, die zwischen den Polarluft- und Tropikluft-Massen entstehen. Denn die Dynamik und Energetik haben es mit Massen zu tun, nicht direkt mit Diskontinuitäten. Diese werden erst im Hauptabschnitt F behandelt. XIII, 1.
Modell-Ähnlichkeit
Die E n e r g i e q u e l l e n der Zyklonen sind mit dem planetarischen Zirkulationssystem engstens verbunden (XI,2). Mit diesem ernähren sie sich aus der Arbeitsleistung der Wärmetransporte (VII). Zyklonenmodelle haben also nur dann e n e r g e t i s c h e Ähnlichkeit mit der Atmosphäre, wenn sie den Zusammenhang mit der planetarischen Zirkulation, insbesondere mit der Arbeit leistenden M e r i d i o n a l z i r k ü l a t i o n (XI, 1) erkennen lassen. D y n a m i s c h gesehen, sind die Zyklonen W i r b e l mit einem Drehsinn relativ zur Erde wie die Erdrotation absolut. Deshalb haben unsere Zyklonenmodelle nur dann d y n a m i s c h e Ähnlichkeit mit der Atmosphäre, wenn sie zeigen, wie die Zyklone ihren Relativ-Wirbel vom Absolut-Wirbel der ganzen Erde empfängt. Die V o r t i c i t y - G l e i c h u n g (Xm,2) liefert dafür die Grundlage. Ein b a r o t r o p e s Wassermodell(XIII,3) erläutert diesen dynamischen Effekt und seine Verknüpfung mit dem Polarluft-Einbruch, ein b a r o k l i nes Drei-Flüssigkeiten-Modell (XIII,5) den Zusammenhang mit der Tropopausen-Zirkulation. Damit verbindet sich eine T r o p o p a u s e n w e l l e (XIII, 7) des Jet 122
stream. Diese darf als e r s t e P h a s e der Zyklogenesis verstanden werden. Atmosphärische Beobachtungen zeigen, daß die "barotrope" Vertiefungsphase (tropospharischer Effekt) als z w e i t e P h a s e unmittelbar nachfolgt (XIII, 8). Als d r i t t e P h a s e darf man die Entstehung einer großen Z e n t r a l z y k l o n e bezeichnen, sofern die Zyklone nicht vorher abstirbt (XIII, 9). Das ist der kurz gefaßte Z u s a m m e n h a n g , der die nachstehend erörterten Modelle und Erscheinungen miteinander verbindet. Aber selbstverständlich ist die Atmosphäre viel bunter und komplizierter, als unsere Modelle es darstellen können. Insbesondere treten die drei Phasen nicht immer als zeitliche Folge auf sondern oft gleichzeitig miteinander verknüpft, gelegentlich auch einzeln ohne erkennbaren Zusammenhang mit der anderen Phase. Aber auch dann kann die Unterscheidung der "Phasen" zur Klarung des d y n a m i s c h e n Sachverhalts beitragen. XIII, 2.
Vorticity-Glelchung
" W i r b e l f a d e n " heißen in der Hydrodynamik die rotierenden Zentren, welche die sie umgebende Flüssigkeit in eine konzentrische Zirkulation bringen. Sie können sich deformieren und ihre Querschnittgröße indem durch Dehnung bzw. Schrumpfung. Aber das P r o d u k t ihrer Querschnittfläche mit ihrer Rotation (Winkelgeschwindigkeit) bleibt ohne Reibung k o n s t a n t (Satz von T h o m s o n ) . Diese "Wirbelfaden" sind sozusagen die E l e m e n t a r w i r b e l des Stromfeldes. " W i r b e l - D i s k e n " : Auch in den weiträumigen atmosphärischen H o r i z o n t a l f e l d e r n gibt es derartige Elementar-Wirbel, die als rotierende Zentren das Horizontal-Zirkulationsfeld bestimmen. Das ist eine kinematische Eigenschaft a l l e r Wirbelfelder. Aber der Name "Wirbelfaden" wäre hier unpassend. Stattdessen sind die Elementarwirbel der w e t t e r h a f t e n Felder h o r i z o n t a l e , diskusartige L u f t s c h e i b e n
mit
etwa loo km Horizontal-Durchmesser und 2 bis 5 km vertikaler Dicke. Dieses Diskus-Modell ist jedenfalls n ü t z l i c h für das Verständnis und die Anwendung des grundlegenden Wirbelsatzes von W. T h o m s o n [8, S. 55], der in der Meteorologie unter dem Namen "Vorticity-Gleichung" bekannt ist.
123
Drehimpulssatz:
Wenn ein rotierender Luftdiskus auf kleineren
Durchmesser schrumpft, vermindern alle seine Flüssigkeitsteilchen m ihren Rotationsradius r (Abb. 41). Dabei bleibt ihr a b s o l u t e r Drehimpuls m • ocf • ft erhalten (IX, 3), wenn keine Drehkraft (auch keine Reibung) angreift. Dasselbe ergibt sich bei einer Horizontal-Dehnung auf größeren Durchmesser. Demnach gilt die Gleichung (i°8)
m-u^-rtl s
m-Q^'-i5*
für a l l e Masseteilchen m des Diskus, welche auf einen anderen Radius schrumpfen oder gedehnt werden. Bezeichnen wir die Diskusfläche mit F', so bleibt also
F* u n v e r ä n d e r t . Dasselbe gilt daher auch für größere
"flüssige Flachen" F, die zahlreiche Disken nebeneinander enthalten: S a t z von T h o m s o n : O h n e R e i b u n g b l e i b t in e i n e r " f l ü s s i g e n F l a c h e " das P r o d u k t der F l ä c h e n g r ö ß e F m i t ihrer absoluten Vorticity erhalten: (lo9)
£ , - r g
konstant
Dabei bedeutet ^ den doppelten Mittelwert aller CS?in der "flüssigen Fläche" F. In der Atmosphäre ist also (Uo) gemittelt
über die Fläche F. Diesen Wert ^ nennt man "absolute Vor-
ticity". V o r t i c i t y - G l e i c h u n g : Wenn man die logarithmierte Gl. (lo9) i n d i v i d u e l l nach der Zeit differenziert, ergibt sich (111) wobei (112)
e U i V P s f g ^ l i *
"Horizontaldivergenz" genannt wird. Sie kann durch die r e l a t i v e V e r t i k a l d e h n u n g und Dichteänderung ausgedrückt werden folgendermaßen: (113) 124
m Abb. 41: S c h r u m p f u n g rotierenden
des Diskus,
m Luftteilchen.
m Dabei bedeutet h die vertikale Dicke der in der Fläche F enthaltenen Elementar-Disken und p die Dichte : Für die A n w e n d u n g der Vorticitygleichung seien drei B e i s p i e l e genannt : a) Eine "flüssige" Fläche der Atmosphäre b e h ä l t
ihre Größe F, bewegt
sich aber von niederen nach höheren Breiten; Dann bleibt ^
unver-
ä n d e r t . Das ist nach Gl. (llo) mit anwachsendem y nur möglich, indem die "relative" Vorticity dvy /dx - dv x /dy n e g a t i v wird. Beispiel; Vorstoß des "Azorenhochs" nach Norden. b) O h n e Breitenänderung entsteht ein z y k l o n a l e r zontale S c h r u m p f u n g .
Wirbel durch hori-
Beschränkt sich diese auf eine einzige Ko-
ordinate (x in Abb. 42), so entsteht ein zyklonales S c h r e r u n g s f e l d der anderen Strömungskomponente (Vy in Abb. 42). Schrumpfen beide Koordinaten gleich stark, so entsteht ein zyklonaler K r e i s w i r b e l . c) Im "Delta" (D in Abb. 48 a, XIII, 7) eines Jet stream erleidet dessen zyklonaler Scherungsrand horizontale D e h n u n g senkrecht zur JetRichtung und S c h r u m p f u n g
in derselben. Dadurch verwandelt sich
die zyklonale Scherung in einen zyklonalen Kreiswirbel [14, S. 141 und 188]. Ohne Reibung vermehrt sich die absolute durch h o r i z o n t a l e Schrumpfung bzw.
Vorticity
vertikale
Dehnung
125
und v e r m i n d e r t s i c h d u r c h h o r i z o n t a l e D e h n u n g vertikale Schrumpfung.
bzw.
S « e S c S v:
Äbb. 4 2 : F r o n t h a f t e S c h e r u n g infolge eindimensionaler Schrumpfung. XIII,3. B a r o t r o p e s
Zyklogenesis-Modell
E x p e r i m e n t : In Abb. 26 (IX,3) ist die Entstehung der großen "Zirkumpolarzyklone" beschrieben. Durch die H o r i z o n t a l k o n v e r g e n z zum Pol (Drehachse) entsteht in der rotierenden Wanne ein die ganze Wanne füllender z y k l o n a l e r Wirbel, den wir als "Zonalzirkulation"(IX,3) bezeichnet haben. Wenn wir den Modell-Versuch so ablndern, daß die Pumpe P das Wasser nicht im Rotationszentrum sondern irgendwo z w i s c h e n 126
dem Zentrum und Rand aus der Wanne herauszieht, entsteht ebenfalls der große wannenfüllende Wirbel. Aber das Wirbelzentrum liegt dann a b s e i t s vom Wannenzentrum. A n m e r k u n g : Dieses Experiment erinnert an den Wirbel, der sich über dem Auslauf einer Badewanne bildet, ist aber diesem insofern u n ä h n l i c h , als die Modellwanne schon vor dem Einschalten der Pumpe P eine r o t i e r e n d e Wassermasse enthalt. Deren absolute "Vorticity" wird zwar e r h ö h t durch die von der Pumpe erzeugte Horizontalkonvergenz, aber nur etwa auf das Doppelte. Dagegen wächst im Auslauf der Badewanne die anfänglich v e r s c h w i n d e n d kleine Vorticity auf das Hundertfache (oder mehr). D i e s e r Vorgang findet in der Atmosphäre ein ähnliches Abbild nur mit sehr k l e i n e n Dimensionen (z.B. Tornado), nicht in den Zyklonen. Nur mit Verletzung der dynamischen Ähnlichkeit konnte man die Zyklogfenesis als "Badewannen-Effekt" banalisieren. K o n v e k t i o n s e f f e k t ; Ein Modell der Polarfront-Zyklogenesis darf auch nicht an der Tatsache vorübergehen, daß unmittelbar n e b e n der s i n k e n d e n Bewegung (auf der "Rückseite") auch eine S t e i g b e w e gung (auf der "Vorderseite") stattfindet. Im Modell der Abb. 33 (XII, 1) sind daher z w e i Siebe nebeneinander angebracht: Die "Konvektionspumpe" K saugt das Wasser aus der Wanne durch das "Saugsieb" S, welches sich im Wannenboden a b s e i t s des Wannen-Zentrums befindet. Unmittelbar d a n e b e n liegt das "Drucksieb" D, durch welches dieselbe Pumpe K das Wasser sofort wieder in die Wanne hinein bringt. Diese Pumpe K (Abb. 33) macht also in der Wanne einen " K o n v e k t i o n s - E f f e k t " : Auf- und absteigende Massen unmittelbar nebeneinander. Dabei liegt der aufsteigende Konvektionsast vor dem absteigenden (in der Rotationsrichtung), ebenso wie in den Polarfront-Zyklonen (Abb. 33, Xn,l). Z y k l o g e n e s i s t Wenn das Wasser mit der Wanne q u a s i s t a r r rotiert (4 m Durchmesser, Rotation 1,6 sec"*), wird die Außenpumpe A (Abb. 33) auf l a n g s a m e Rotation geschaltet (erheblich langsamer als im Kap. IX, 3 beschrieben). Gleichzeitig läuft der Rührflügel F langsam der Wanne voraus. Schließlich wird die Konvektionspumpe K kräftig betitigt mit einer Leistung von etwa 8 [L/sec], Ein gewaltiger Z y k l o n e n w i r b e l (Abb. 43) entsteht dann über dem Saugsieb und bleibt dort stationär, solange die Konvektionspumpe arbeitet. 127
Abel o h n e den R u h r f l ü g e l F (Abb. 33, XII.l) funktioniert diese kraftige Zyklogenesis n i c h t . Zwar kann man auf seine Rotation verzieh" ten, wenn er mit einem Zylinder Z umkleidet ist, wie in Abb. 38 (XII,4) dargestellt. Dann ist aber der zyklogenetische Effekt sehr schwach und nur mit einer speziellen "Relativdrift" v o r ü b e r g e h e n d zu erreichen. Mit ganz ausgebautem Ruhrflügel ist nicht einmal eine flüchtige Andeutung von Zyklogenesis zu sehen. Das Wasser, welches durch das Drucksieb D in die Wanne eintritt, fließt dann in kurzer Linkswendung d i r e k t zum Saugsieb
Abb. 4 3 : Z y k l o n e in der 128
Wasserwanne.
S zurück (Abb. 33, Xü.l). Dabei gibt es k e i n e K o n v e r g e n z , daher auch keine Zyklogenesis. Diese Erkenntnis ergab sich durch grundliche Untersuchungen von K . K n o l l e [32] über a l l e in unserer Wanne möglichen Zyklogenesiseffekte. Da der Verfasser früher [53] die "Relativdrift" als hinreichende Voraussetzung bezeichnet hat, muß er das jetzt berichtigen. Ein V o r t i c i t y g e f a l l e vom Zentrum zum Außengebiet der Wanne ist also die n o t w e n d i g e Voraussetzung dafür, daß der soeben beschriebene "Konvektionseffekt" eine kräftige Zyklogenesis bewirkt (ohne den Zylinder Z). Die aus dem D r u c k s i e b D kommenden, antizyklonal verwirbelten Massen müssen dann nach v o r n e (in Richtung der Wannenrotation) abströmen, wie es durch die Pfeile der Abb. 33 (Xn,l) angezeigt ist. So wird die zyklogenetische Horizontalkonvergenz über dem Saugsieb unvermeidlich. In der A t m o s p h ä r e ist derselbe Effekt dadurch gegeben, daß die P o l a r l u f t in der Frontalzone s t ä r k e r e V o r t i c i t y hat als die T r o p i k l u f t , unabhängig davon, ob die Polarfront in hohen oder geringen Breiten liegt, ob sie west-östlich oder nord-südlich oder sonstwie orientiert ist. Dagegen geschieht die A r b e i t s l e i s t u n g der "Konvektionspumpe" in der A t m o s p h ä r e dadurch, daß die herabgleitende Polarluft k ä l t e r ist (isobar verglichen) als die aufgleitende Tropikluft. Ober der ersteren ergibt sich die zyklogenetische Horizontalkonvergenz. Das W a s s e r m o d e l l d e . m o n s t r i e r t d i e B e d i n g u n g e n troposphärischer Zyklogenesis folgendermaßen: a) Enge N a c h b a r s c h a f t von Massen g e r i n g e r ( W a r m l u f t ) und g r o ß e r V o r t i c i t y ( K a l t l u f t ) . b) A u f t r i e b der e r s t e r e n und A b t r i e b der l e t z t e r e n . Die Polarfront-Zyklonen entnehmen also ihre E n t s t e h u n g s e n e r g i e zum erheblichen Teil aus den v e r t i k a l e n Wärmeübergängen, die in Abb. 22 b als "konvektiv" (mit vertikalen Pfeilen) gekennzeichnet sind.
129
XIII,4.
Scfaerung und
Kreiswirbel
Die E x p e r i m e n t e in der Rotationswanne zeigten auf verschiedene Art, daß zyklonale K r e i s w i r b e i aus Scherungen entstehen: M. Dunst [22] erzeugte zunächst stationär s c h e r e n d e
"Reibungsringe", wie in
Abb. 38 (XII, 4) beschrieben. Dann brachte er den Rotations-Zylinder Z (Abb. 38) plötzlich zum Stehen, so daß dieser nur noch mit der Wanne rotierte. Infolgedessen entstanden z y k l o n a l e Kreiswirbel durch Ablösung des scherenden Reibungsrings. K . K n o l l e [32] verglich die Zyklogenesis über l a n g g e s t r e c k t e m und k r e i s f ö r m i g e m Saugsieb. In beiden Fällen entstand die Zyklone als K r e i s w i r b e l , obwohl sie eigentlich die Form des Saugsiebes haben sollte. Obrigens kann man in allen Flüssen beobachten, daß Scherungs-Diskontinuitäten sich in Kreiswirbel auflösen. Theoretisch
erklärt sich die Bevorzugung der Kreiswirbei durch das
von H e l m h o l t z [28] aufgestellte Prinzip vom M i n i m u m der
inne-
ren R e i b u n g s a r b e i t : Soweit mit den Randbedingungen vereinbar, stellt sich ein stationäres Stromfeld auf das Dissipations-Minimum ein. Anschaulich gesagt: Die Elementar-Wirbel(Disken, XIII,2) reiben sich u n t e r e i n a n d e r möglichst wenig. Dadurch ist die Kreis-Rotation gegenüber der Scherung bevorzugt. In der W a s s e r - W a n n e gilt das aber nur für z y k l o n a l e Diese zeigen hartnäckige Existenz, a n t i z y k l o n a l e
Wirbel.
zerfallen leicht in
Kleinturbulenz, was offenbar damit zusammenhängt, daß der antizyklonale Relativ-Wirbel nur geringe Absolutrotation besitzt. Auch in der A t m o s p h ä r e erscheint die Kreisform bei kräftigen Z y k l o n e n deutlicher bevorzugt als in Antizyklonen. Das M i n i m a l p r i n z i p der Dissipation fordert also folgende R e g e l für die zyklogenetische Anwendung der Vorticity-Gleichung: S o w e i t d i e R a n d b e d i n g u n g e n es z u l a s s e n , V o r t i c i t y - G l e i c h u n g k e i n e Scherung sondern
meint
die
Rotation.
Das bedeutet: Bei Anwendung der Gl. (llo) auf Gl. (lo9) ist zu beachten, daß mit b e l i e b i g e r Koordinatenwahl
13o
wiid, wenn die Randbedingungen es zulassen. Xin.5. Experiment:
Barokiines
Zyklogenesis-Modell
Die in Abb. 31 (X,4) beschriebene Rotationswanne
wird z u s ä t z l i c h mit einer z w e i t e n Pumpe Pg ausgerastet (Abb. 44), welche das Wasser abseits vom Rotationspol aus der Wanne h e r a u s z i e h t und am Wannenrand wieder zuführt. Diese Wanne enthält, wie schon in Abb. 31 (X,4) beschrieben, u n t e n Tetrachloraethylen mit der dreifachen Menge Schweröl gemischt (Dichte 1,1), d a r ü b e r
Wasser (Dichte l,o),
g a n z o b e n Paraffinöl (Dichte o, 9). Anfänglich rotiert sie mit ihren drei Flüssigkeiten "quasistarr" (CO = 1,6 sec - 1 ). Die Flüssigkeitsgrenzen
POL Abb. 4 4 : B a r o k i i n e s Z y k l o g e n e s i s - M o d e l l im Vertikalschnitt: Rotätionswanne 4 m Durchmesser, 1,6 sec" 1 . Pj Pumpe für "allgemeine" Zirkulation. P g Pumpe für Zyklogenesis. R Rohre. G Wannengrundfläche. Drei Flüssigkeiten: Unten Tetrachloräthylen mit Schweröl gemischt (Dichte 1,1), darüber Wasser (Dichte l,o), oben Paraffinöl (Dichte o,9). Flüssigkeitsgrenzen: Gestrichelt im "quasistarr" rotierenden Anfangszustand. Ausgezogen, wenn beide Pumpen arbeiten. Pfeile zeigen Meridionalzirkulation und zyklogenetiscbe Konvergenz. 131
und die Paraffin-Oberfläche sind dann einander parallele, in Abb. 44 (rechts) gestrichelte P a r a b o l o i d f l ä c h e n . Dann wird die Pumpe Pj (rechts) eingeschaltet. Sie bewirkt eine "allgemeine" Meridionalzirkulation des Wassers (Pfeile rechts), dadurch auch die z o n a l e Wasserzirkulation und den Obergang der Flüssigkeits-Grenz flachen aus der (rechts) gestrichelten in die (rechts) ausgezogene Lage. Beides in Abb. 44 ebenso wie in Abb. 31 (X,4). Schließlich wird z u s a t z l i c h die Pumpe P^ eingeschaltet, die auf der l i n k e n Seite der Abb. 44 das Wasser aus der Wanne herauszieht. Hier entsteht also im Wasser H o r i z o n t a l k o n v e r g e n z , dargestellt mit zwei gegeneinander gerichteten Pfeilen über der Absaug-Öffnung, und mit dieser Konvergenz ein Z y k l o n a l e r W a s s e r w i r b e l (wie in Abb. 43, Xm,3), der allerdings unter dem Paraffinol nicht direkt zu sehen ist, sondern nur mit einem Unterwasser-Fernsehgerät beobachtet wird. Diese Zyklone bewirkt über sich eine weitere Senkung der Paraffinöl-Grenzfläche und unter sich eine weitere Hebung der Tetra -Grenzfläche. Beides ist auf der linken Seite der Abb. 44 dargestellt. A n m e r k u n g : Auch in diesem Fall (wie in Abb. 31, X,4) wird das Experiment durch T u r b u l e n z gestört, die im Lauf der Zeit mehr und mehr Rotations-Impulse aus dem Wasser in die angrenzenden Flüssigkeiten befordert. (Nur in sehr viel größeren Versuchs-Dimensionen würde dieser Störeffekt zurücktreten.) Das soeben beschriebene Feld bleibt also nicht lange erhalten. Auch in der A t m o s p h ä r e ist dieses Feld (Abb. 44) gelegentlich zu beobachten: Wo plötzlich eine Z y k l o n e entsteht, senkt sich die T r o p o p a u s e und hebt sich die P o l a r f r o n t f l ä c h e . Das "tertium comparationis" ist aber auch hier (wie in Abb. 31, X,4) nicht die Diskontinuität, sondern die statische S t a b i l i t ä t der Schichtung: D y n a m i s c h gesehen, ist die Senkung der substratosphärischen und Hebung der troposphärischen I s e n t r o p e n - F l ä c h e n
ähnlich mit der Grenzflächen-Än-
derung in Abb. 44. In diesem Experiment repräsentiert das Wasser die o b e r e T r o p o s p h ä r e und Substrato Sphäre (wie in Abb. 31, X,4). Die Wasserzirkulation entspricht der "Tropopausen-Zirkulation" (XI, 1). Die A r b e i t s l e i s t u n g geschieht in der A t m o s p h ä r e durch 132
W ä r m e - A u s s t r a h l u n g aus der oberen Troposphäre oder Substratosphäre, wie die Abb. 45 es erkennen läßt in einer nordamerikanischen Zyklogenesis vom 18.11.48: Dort zeigen die s c h w a r z e n Pfeile die Sinkbewegung der d u r c h S t r a h l u n g g e k ü h l t e n Massen, die weissen darüber die horizontale Schrumpfung in der Substratosphare ("Tropopausentrichter"); in der Troposphäre die Hebung der Isentropen ( "cold dorne"). Man sieht; Die U r s a c h e der Zyklogenesis liegt, wie H. v . F i c k e r [25] es schon vor 5o Jahren sah, in der S u b s t r a t o s p h a r e . Das gilt jedenfalls für die e r s t e Anfangsphase entstehender PolarfrontZyklonen. J u n g e Z y k l o n e n sind g e k e n n z e i c h n e t popausentrichter
d u r c h den
und den t r o p o s p h ä r i s c h e n
Tro-
Kältedom. 40 mb 70 100 150
200 10
3305—
300 400 500
18.11.48 15V. 300'
310» = 3001 Oa
V~E
Og
L
Abb.45: Z y k l o g e n e t i s c h e
BiW S Deformation
im
700 1000
B Vertikalschnitt
über Nordamerika am 18.11.48. 15 Uhr MGZ nach E. P a l m e n [7, S.614]. Oben Tropopausen-Senkung, unten Massenhebung im "cold dorne". Gestrichelt Isentropen. Fett ausgezogen Tropopause. Pfeile: Schwarz mit diabatischer Abkühlung, weiß nahezu adiabatisch, Deformation während der letzten 36 Stunden. Beobachtung in: Oa Oakland, V Las Vegas, Og Ogden, L Landers, A Albuquerque, Bi Bis Spring, W Fort Worth, S San Antonio, B Brownsville. Linke Hälfte der Abb. von Südsüdost, rechte von Südwesten gesehen. 133
XID.6. Rossby - W e l l e Das s t a t i o n ä r e S t r o m f e l d der Abb. 46 kennzeichnet ungefähr den als "high index" oder "Westdrift" bezeichneten G r o ß w e t t e r t y p : * Westwinde mit zahmen Wellen; im äquatorseitigen Wellenbauch eine Antizyklone A, im polseitigen eine Zyklone Z. Relativ zur Erde wandert dieses stationäre Feld langsam von West nach Ost, wie die Mäander in H i d e s Annulus, XII.5). D y n a m i s c h bedeutsam ist aber nur die R e l a t i v g e s c h w i n d i g k e i t v*, mit der die L u f t m a s s e n durch dieses stationäre Feld (von West nach Ost) fließen, v* ist also nicht der Westwind relativ zur Erde, sondern der Westwind relativ zu d i e s e m (rotierenden) Strom-und Druckfeld. Wir betrachten eine f l u s s i g e F l ä c h e F (Abb. 46), die auf der Wellenstromlinie von links nach rechts durch das Feld läuft, wie ein Eisenbahn-Waggon auf dem Schienengleis. Daß diese flüssige Fläche F die von dem "Gleis" vorgeschriebene Drehung um ihre eigene Achse ausfuhrt, folgt aus der Gl. (114). Die S i n u s w e l l e (115)
X-=A*'Sin(2K£)
(mit der Wellenlänge L und der Amplitude a) i d e a l i s i e r t den Weg der flüssigen Fläche F. Mit v* bezeichnen wir ihre (konstant angenommene) West-Ost-Bewegung r e l a t i v zu dem (selbst westöstlich bewegten) Wellenfeld. Aus Gl. (115) folgt ihre nord-südliche Geschwindigkeit v x : (116)
V^s
=
Nach Gl. (114) ist ihre r e l a t i v e Vorticity ungefähr d o p p e l t so groß wie -dv x /dy. Wir bestimmen sie also, indem wir die Gl. (116) nach y differenzieren und das Resultat verdoppeln: (117)
£ - 2
^
^ V W n C ^
« ; = 3grZV*-xr.
A n m e r k u n g ; Hier erscheint der Faktor 8ir2 an der Stelle, wo alle bisherigen Lehrbücher (einschließlich derjenigen des Verfassers) 4ir2 haben. Der Grund liegt in Gl. (114). Bisher wurde bei dieser Welle dvy/dx = O angenommen. Aber die Erfahrungen mit der rotierenden Modellwanne 134
Z Zyklone. nötigen
zur Annahme der Gl. (114) im zyklonalen Wellenbauch.
Die a b s o l u t e
Vorticity
der flüssigen Fliehe F beträgt also dort
nach Gl. (117) (118)
2o
Dabei bedeutet CO nur n ä h e r u n g s w e i s e die Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation, genauer die Rotation des W e l l e n f e l d e s
um die Erd-
achse. Die Koordinate x ist von der Breite (f abhängig folgendermaßen (Erdradius rg): (119)
.
Dies setzen wir in Gl. (118) ein und erhalten: (120)
£ S
2) liefert die 137
Gl. (125) für die Kern-Stromlinie des Jet stream Wellenlängen L, die ungefähr h a l b so l a n g sind wie die Rossbywelle [13, S.2o6]. Deshalb sieht man in den Hohenwetterkarten gelegentlich ein "blocking-action"-.. Stromfeld (Abb. 48 a>, welches den Eindruck macht, als ob der Jet stream durch einen Hindernis-6lock gezwungen wird, sich zu teilen. In Abb. 48b sieht man, daß hier nicht ein Block sondern die E i n s c h u b w e l l e (2) eines Jet von den Rossby-Halbwellen (1 und 3) umströmt wird. D e l t a - Z y k l o g e n e s i s ; In Gl. (124) wird aber i- 0 CiO, wenn man eine Stromlinie des a n t i z y k l o n a l scherenden Jet-Randes als y-Achse der Abb. 46 wählt. Diese Stromlinie gewinnt durch den Einschub dieselbe Wellenlänge wie die Rossbywelle. Im Modell der Abb. 48 b fließt also der a n t i z y k l o n a l scherende Jet-Rand in der Strombahn 3, der z y k l o n a l scherende in der Strombahn 2; beides selbstverständlich nur dann, wenn der Jet einen äquatorwärts gerichteten I m p u l s erleidet, wie es durch die T r o p o p a u s e n z i r k u l a t i o n zu erwarten ist (XI, 1; XIII, 1). Daher fliessen in das "Delta" D(Abb. 48a) nur Luftmassen mit z y k l o n a l e r S c h e r u n g . Sie gewinnen dort einen zyklonalen K r e i s w i r b e l durch seitliche Dehnung und Längs-Schrumpfung, wie in Kap. XIII, 2c beschrieben. R. S c h e r h a g [6] hat diesen Delta-Effekt oft beobachtet. Wo d i e T r o p o p a u s e n z i r k u l a t i o n in d i e T r o p o s p h ä r e h i n e i n f l i e ß t und i h r e n R ü c k w e g ä q u a t o r w ä r t s a n t r i t t , entsteht eine z y k l o g e n e t i s c h e Einschubwelle, die dem J e t s t r e a m ein Ende ( D e l t a ) b e r e i t e t . Mit dem b a r o k l i n e n Z y k l o g e n e s i s m o d e l l ist die Einschubwelle folgendermaßen verknüpft: Die Wasserzyklone kann in der Wanne nach Abb. 44 (XIII, 5) nur dann entstehen, wenn ihr effektiver Durchmesser (L/2) h i n r e i c h e n d e n P l a t z zwischen dem Wannenrand und Wannenzentrum findet: L / 2 ^ r w /2. In Gl. (125) ist also r w und y^Ofir/2 einzusetzen, wobei r w den Wannenradius bedeutet. So ergibt sich Abb. 48: E i n s c h u b w e l l e und R o s s b y w e l l e . a) Hohenwetterkarte; Isohypsen der 5oo-mb-Fläche. D Delta. E Einzuggebiet. L Länge der Rossbywelle. b) Schema: 2 Einschub welle, 1 und 3 RossbyHalbwellen. 138
Abb. 48
139
(126)
jftc'
1
?-
Hier ist nach Abb. 44 (127) einzusetzen, wobei 2y den Winkel bedeutet, den die beiden Flüssigkeitsgrenzen m i t e i n a n d e r einschließen. Jede von diesen besitzt die Gleichgewichtsneigung y nach Gl. (lo4) (X, 2):
d28)
r = tg-isAv
z f£r
v
*
Denn 2Av ist ungefähr die Relativbewegung des Wassers gegen die Wanne und v» C£ 2Av die Bedingung dafür, daß die entstehende Zyklone nicht von der Säugöffnung der Pumpe P2(Abb. 46) abwandert. Setzt man nun Gl. (128) in (127) ein und diese in (126), so ergibt sich (129)
»i
mithin (130)
AS
so ist (134)
&
=
Setzt man dies in Gl. (133) ein, so erhält man unter der Voraussetzung, daß ö2 Vy/öz^ verschwindet, (135)
- q« H c ' Ä *
£
•
Oft vorkommende Zahlenwerte sind: (136)
AK
*
50 y
i
y
^ ggf
OL 0,005 t f a j .
Damit ergibt sich in mittleren Breiten: (137) Das bedeutet in einer Abgleitschicht von Az = 25o m Mächtigkeit eine Gleitgeschwindigkeit v x ~ - 1 [ m / s e c ] . Diese ist (im stationären Gleichgewicht) auf der Nordhalbkugel n a c h l i n k s gerichtet, wenn man in die Windrichtung blickt. In der T r o p o p a u s e befindet sich normalerweise ein W i n d m a x i mum
(138)
dVy/dz 0£O. Dagegen ist dort im Mittel
_
d A (dlAj/dz) ~
A z
0,01 sec' 1 A z
.
Dabei bedeutet Az — 4 km die Schichtdicke des Windmaximums, zwischen dem nach Gl. (136) aufwärts zunehmenden Wind der Troposphäre und dem aufwärts abnehmenden der Stratosphäre gelegen. Auch hier ist der Austauschkoeffizient k o n v e k t i v bestimmt, ungefähr proportional der effektiven Ausstrahlung, daher etwa doppelt so groß, wie in Stratocumuluswolken. Setzt man das und Gl. (138) in Gl. (133) ein, so ergibt sich für die Tropo162
pausenschicht Az: (139)
-q.ifr^jwiojjg-Jj^j.
Dieser Abgleitbetrag bedeutet, mit Gl. (91) (VIII, 7) verglichen, etwa die Hälfte des p l a n e t a r i s c h e n Massenflusses der "allgemeinen " Z i r kulation. Die Abb. 32 (XI, 1) bestätigt dieses Ergebnis. Stationare A b g l e i t f l ä c h e n , auch die ungestörte T r o p o p a u s e , haben R e i b u n g s g l e i c h g e w i c h t . Dieses b e d i n g t A b g l e i t e n n a c h l i n k s a u f der N o r d - , n a c h r e c h t s a u f der S ü d h a l b k u g e l , wenn m a n in d i e W i n d richtung b l i c k t . Das gilt aber n i c h t für w e t t e r h a f t gestörte Situationen im.Zusammenhang mit Polarlufteinbrüchen. XV,6. W e t t e r h a f t e A b g l e i t f l ä c h e Die kräftige A b g l e i t f l ä c h e H einer südostwärts vorrückenden europäischen "Kaltfront" vom 25.1.1935 ist in Abb. 57 im V e r t i k a l s c h n i t t dargestellt. Die eingetragenen Pfeile zeigen die Abgleitströmung relativ und senkrecht zur Front. Deutliche T e m p e r a t u r i n V e r s i o n e n sind mit Doppelstrich, B e w ö l k u n g mit schräger Schraffur oder als Quellungen dargestellt, N i e d e r s c h l a g mit senkrechter Schraffur. Die dünn ausgezogenen I s o t h e r m e n von lb° zu lo° kennzeichnen das Temperaturfeld: Rechts ist die Troposphäre wärmer, links kälter. Dazu gehört das Windfeld eines j e t - s t r e a m , vom Betrachter in die Bildebene hineinfließend: Die fett gestrichelten Linien sind I s o t a c h e n , Die Zahlen bedeuten [m/sec], K ist die Kaltfront der Bodenwetterkarte (XIV,3). Sie bat, wie man sieht, k e i n e n direkten Zusammenhang mit der "Hauptgrenzfläche" H, sondern besitzt ihre eigene, und steile aber weder scharfe noch deutliche Grenzfläche. Der Niederschlag fällt überwiegend vor dieser Front K, die dadurch als "labilisiert" erkennbar ist (XIV, 5). Eine weitere Kaltfront mit Quellbewölkung und Niederschlag tritt loo km, eine dritte 3oo km hinter der "Hauptfront" K auf. B e o b a c h t e t wurden diese Erscheinungen teils mit R e g i s t r i e r b a l l o n e n der Stationen U c c l e (bei Brüssel) und S e a l a n d (ander 163
164
Irischen See), teils mit Flugzeugaufstiegen der Wetterflugstellen Dux f o r d (bei London), K ö l n , D a r m s t a d t und M ü n c h e n . Abb. 58 zeigt die Lage dieser Aufstiegsorte und der Front K zu drei Terminen. Der beobachtete Schnitt durch die Kaltfront läuft also schräg, ist aber in Abb. 57 auf die x-Achse der Abb. 58 projiziert. Die Aufstiege sind nicht gleichzeitig durchgeführt, aber ihre Ergebnisse in Abb. 58 dem jeweiligen A b s t a n d x von der Boden-Kaltfront K zugeordnet. Da sich das Feld der Abb. 57 mit der Kaltfront relativ zur Erde b e w e g t (von links nach rechts), ohne sich dabei schnell zu verändern, kann diese Abbildung (cum grano salis) als m o m e n t a n e r Querschnitt am 25.1.35. 14 Uhr gelten. Die a e r o l o g i s c h e A n a l y s e dieses Vertikalschnitts verdanken wir J . v a n M i e g h e m [35], der hierfür eine Aufstiegsserie in U c c l e durchgeführt, aber auch alle anderen Aufstiege berücksichtigt hat, vor allem die Meldungen der europäischen W e t t e r f l u g s t e l l e n über Wolken- und Dunstschichtung. Hohenwindmessungen waren allerdings nur spärlich vorhanden. Die gestrichelten I s o t a c h e n sind vom Verfasser hineinskizziert aufgrund einiger Beobachtungen mit dem Wolkenspiegel, Abdriften der Re-
Abb. 58: L a g e p l a n d e r B o d e n - K a l t f r o n t K am 25.1.35 mit angeschriebener Tageszeit h. Aerologische Stationen: S Sealand, Du Duxford, U Uccle, K Köln, Da Darmstadt, M München. 165
gistrierballone und geostropM&ch berechnetem Wind. Aber das Temperatur* Wolken- und Feuchtefeld ist hier mit Flugzeugen und Registrierballonen g e n a u e r beobachtet, als dies neuerdings mit synoptischen Radiosonden geschieht. Diese "aerologische Analyse" von 1935 ist daher noch heute eine Fundgrube meteorologischer Erkenntnis, besonders betreffs des Bewölkungsfeldes, der Temperaturin Versionen und der vertikalen Luftbewegung. T y p i s c h auch für ähnliche Fälle sind folgende Kennzeichen dieses Vertikalschnitts (Abb. 57): a) Eine kräftige T e m p e r a t u r i n v e r s i o n
gibt es nicht unter einer Wol-
kendecke. Diese verhindert nämlich die effektive Ausstrahlung. b) Die K a l t f r o n t b e w ö l k u n g
liegt nicht über sondern unter der "Haupt-
grenzfläche" H. Andernfalls könnte diese keine Temperaturinversion sein. c) Der N i e d e r s c h l a g
fallt zum erheblichen Teil "praefrontal" (XIV,5),
weil u n t e r der Abgleitflache feuchtlabile Umlagerungen und schwaches Aufgleiten stattfinden. d) Die S t a f f e l u n g der Bodenfronten beweist, daß diese als LabilitätsF r o n t e n (XIV ,4) zu verstehen sind. Das wird auch durch Quellwolken und Regenschauer deutlich. XV,7.
Einschub
Die F r o n t K bewegt sich g e o s t r o p h i s c h mit einer Geschwindigkeit V ^ , welche die zweite Gl. (17) (11,5) erfüllt. Die L u f t m a s s e n über der Gleitfläche H strömen mit einer frontsenkrechten Komponente v£, die der zweiten Gl. (18) (11,6) genügt. Subtrahieren wir jene Gleichung von dieser, so erhalten wir die R e l a t i v g e s c h w i n d i g k e i t
des
"Einschubs" v x = v^ - v^ relativ zur Front: (Wo) Wir integrieren diese Gleichung über die Zeit At auf einer der in Abb. 57 dargestellten (isentropen) Pfeil-Strombahnen: Von der Isotache Vy = 6o [m/sec] bis zur Isotache Vy = 2o [m/sec] ergibt sich (141)
T
A x S S - 4 Ö j r ßi +00 km-
Obwohl der Isotachen-Abstand Ax in Abb. 57 nicht mit Höhenwindmessungen
166
belegt ist, kann es keinen Zweifel an der Realität dieses Jet stream geben. Denn der Polarluft-Einschub in mittelhohen Schichten (mit v x ~ 3 m/sec) ist in dieser Situation keine Seltenheit. Als V e r t i k a l b e w e g u n g ist dieser Einschub belegt durch die aerologische Messung der relativen F e u c h t e , insbesondere auch durch die Beobachtung der W o l k e n und des Dunstes vom Flugzeug aus [5o] : Relativ trockene Luftmassen befinden sich im Abstieg, wolkenerfüllte im Aufstieg. Dies ist ein sicheres Kennzeichen der troposphärischen Vertikalbewegungen und hat 1935 als solches Beachtung gefunden, weil die synoptischaerologische Forschung in den Händen erfahrener B e o b a c h t e r lag. Erst durch die zunehmende Arbeitsteilung ist das aus der Mode gekommen. Daß eine T e m p e r a t u r i n v e r s i o n auf der w a r m e n Seite des Jet stream zu finden ist, bestätigen auch viele n e u e r e Vertikalschnitte. Aber sie wird dann meistens als "Front" interpretiert und als A u f g l e i t f r o n t verstanden, zumal eine Front in der "Frontalzone" als selbstverständlich gilt. Aber G. S t ü v e [49] hatte schon 1925 aus Lindenberger Drachenaufstiegen die besondere Funktion der A b g l e i t f l ä c h e n erkannt und darauf hingewiesen, daß die schlichte Bezeichnung "Front" für Abgleitflächen irreführend ist. Der abgleitende "Einschub" ist hier das wesentliche. Z y k l o g e n e t i s c h wirksam ist dieser Einschub allerdings noch nicht im Stadium vom 25.1.35. 14 Uhr, welches in Abb. 57 dargestellt ist. Denn d i e s e Einschubmassen haben die absolute Vorticity ^ s O und erleiden daher k e i n e zyklonale Verwirbelung durch die horizontale Schrumpfung. Aber man sieht in Abb. 57, daß a n d e r e Massen in den Einschub nachfließen, die aus dem Jet-Kern oder dem zyklonalen Scherungsrand kommen und daher die absolute Vorticity £, » f mitbringen. Erst diese Massen werden nach Gl. (lo9) (Xm,2) im Einscbub v e r w i r b e 11 durch ihre horizontale Schrumpfung. Den Effekt sieht man in der (hier nicht wiedergegebenen)Boden"Wetterkarte vom 26.1.35. 8 Uhr [51]: Zwischen Wien und Genua ist plötzlich ein Tief (lo mb) entstanden. Daß dieses mit der dorthin verlagerten Kaltfront zusammenhängt, widerlegt nicht sondern bestätigt die Einschubdynamik. Denn die Kaltfront existiert bereits 36 Stunden vorher o h n e Zyklogenesis, aber der Einschub erreicht sein zyklogenetisches Stadium 167
erst in der Nacht vom 25. zum 26. Januar. Man sieht; Dieser Fall, den J . van M i e g h e m
"remarquable" nann-
te, enthält zwei heute noch bemerkenswerte Erfahrungen: a) den U n t e r s c h i e d zwischen "Abgleitfläche" und "Aufgleitfront", b) den z y k l o g e n e t i s c h wirksamen "Einschub". Auch dieser Fall bestätigt den G e s a m t b e f u n d des Hauptabschnitts F folgendermaßen: D i s k o n t i n u i t ä t s f l ä c h e n sächliche
V o r b e d i n g u n g e n sondern
N e b e n e f f e k t e der " S t ö r u n g e n " .
sind n i c h t
ur-
charakteristische
Auch die
e r z e u g t ihre " F r o n t e n " durch w e t t e r h a f t e
"Polarfront" Massenumla-
gerung.
G. Terrestrische Effekte V o r b e m e r k u n g : Wir betrachteten p l a n e t a r i s c h e
Modelle,
weil diese in der Atmosphäre am d e u t l i c h s t e n erscheinen und im Experiment p r a k t i z i e r t werden können. Aber das darf man so nicht abschließen , ohne einen kurzen Blick auf "terrestrische" Z u s a t z e f f e k t e zu werfen, die sich aus der Anordnung der K o n t i n e n t e und
Meere
ergeben. XVI. BODEN-REIBUNG Vorbemerkung:
Landoberflächen sind r a u h e r als Meeresoberflä-
chen, wie schon in Gl. (6) (1,3) festgestellt wurde. Dadurch entstehen bedeutende W i n d u n t e r s c h i e d e der Nord - und Südhalbkugel. E x p e r i m e n t : In Abb. 26 (IX,3) wurde bereits die Grundfläche G als Reibungsfläche gekennzeichnet. Bei gleicher Pumpleistung ergibt sich um so s t ä r k e r e Zonalzirkulation, je g l a t t e r die Grundfläche G ist. Denn dieses Experiment und die Atmosphäre unterscheiden sich sehr von dem r e i b u n g s l o s e n Idealfall, der nach Gl. (94) (IX,3) durch konstanten "Drehimpuls" charakterisiert ist. Deshalb bewirken verschieden rauhe G r u n d f l ä c h e n G im Experiment, verschieden rauhe E r d o b e r f l ä c h e 168
in der Atmosphäre erhebliche Ziikulations-Unterschiede. Davon sind besonders die b o d e n n a h e n Westwinde betroffen. Das b o d e n n a h e
D r u c k f e l d [13, S.175] spiegelt diesen Effekt
wieder: Abb. 59 zeigt mit ausgezogener Kurve p^ die b e o b a c h t e t e n Breiten-Mittelwerte des bodennahen Druckes im Januar, mit gestrichelter Kurve im Juli, beide über der geographischen Breite aufgetragen. Als "bodennah" gilt dabei das Niveau 25o m über Meer, welches ungefähr als repräsentativ für den R e i b u n g s e f f e k t
angenommen werden darf. Außer-
dem ist in Abb. 59 der D r u c k g r a d i e n t
öp^/ötp über der Breite aufge-
tragen. Dieser ist dem bodennahen W e s t w i n d bzw. Ostwind proportion a l e m , 3). Südhalbkugel
90°
60'
30'
Abb. 5 9 : B r e i t e n m i t t e l w e r t e
Nordhalbkugel
0'
30'
60°
90'
des bodennahen
Druckfeldes
(25o m Höhe), p^ beobachtet im Januar (ausgezogen) und Juli (gestrichelt), ffi Monsundruck, y Bodenrauhigkeit, ot Landbedeckung. 169
Die B o d e n r a u h i g k e i t (als Breiten-Mittelwert) sieht man in der ausgezogenen Kurve y (linke Skala). Definiert ist dieser Wert y als derjenige Zahlenfaktor, welcher mit dp^/dji multipliziert werden muß, um den "seeplanetarischen" Druckgradient 9p 0 /9jp zu berechnen, 4h. den Gradient, der auf einer a u s s c h l i e ß l i c h m e e r b e d e c k t e n
Erde auf-
treten würde. Allerdings offenbart diese Kalkulation, daß in den Werten Pjj noch ein kleiner, nicht durch Reibung erklärbarer Anteil m enthalten ist, der in Kap. XVII, 1 als Wärmeeffekt nachgewiesen wird. Der R a u h i g k e i t s f a k t o r y
erfüllt also die Gleichung
(142) und die Bedingung, daß er bei 6o° Südbreite, wo praktisch kein Festland vorhanden ist, nahezu gleich 1 ist, aber bei 6o° Nortfbreite seinen Maximalwert erreicht [13, S. 178]. Man sieht in Abb. 59, daß die "Landbedekkung"OC (unterste gestrichelte Kurve, rechte Skala) einen starken Einfluß auf das bodennahe Druckfeld besitzt: Die Südhalbkugel hat viel stärkere Winde als die Nordhalbkugel. Ihr A r b e i t s g l e i c h g e w i c h t (VIII) finden beide, Modell und Atmosphäre dadurch, daß die A r b e i t s l e i s t u n g gleich der D i s s i p a t i o n ist, welch letztere überwiegend am Boden stattfindet. Die erstere hängt im Modell von der Pumpe P, in der Atmosphäre vom Wärmeübergang W z ab, wie in Gl. (7o) (VIII,2) angegeben, also n i c h t von der BodenRauhigkeit. Im Arbeitsgleichgewicht werden daher die Westwinde der Südhalbkugel wesentlich s t ä r k e r als die der Nordhalbkugel, um auch über dem g l a t t e r e n Erdboden die erforderliche Dissipation zu erreichen. D i e W e s t w i n d e der S ü d h a l b k u g e l sind d e s w e g e n s t ä r k e r a l s d i e der N o r d h a l b k u g e l , w e i l d i e s e m e h r L a n d o b e r f l ä c h e b e s i t z t als j e n e . Auch das m e r i d i o n a l e
T e m p e r a t u r g e f ä l l e , auf der Südhalb-
kugel wesentlich stärker als auf der Nordhalbkugel, hängt damit zusammen; Die Corioliskraft der stärkeren Westwinde "stützt" den meridiönalen Druckgradient, der den stärkeren Temperatur-Unterschieden entspricht.
17o
XVÜ. AUSSERTROPISCHER MONSUN V o r b e m e r k u n g : Wettereffekte, die durch unterschiedliche E r w ä r m u n g der Festländer und Ozeane im Jahreslauf anfallen, werden Von den Wetterexperten als "Monsun" bezeichnet auch dann, wenn sie abseits von Indien erscheinen. XVII, 1. S t a t i s c h e
Effekte
Die W ä r m e z u f u h r zur Atmosphäre kommt, wie oben nachgewiesen, n i c h t direkt von der Sonne sondern überwiegend von der Erdoberfläche (VII,3). Wegen der W ä r m e s p e i c h e r u n g ist sie im Sommer auf Kontinenten größer als auf Meeren, im Winter umgekehrt. Andererseits sorgen Meeresströmungen
im ganzen Jahreslauf für einen ständigen Wärme -
transport von niederen nach höheren Breiten. In hohen Breiten schaffen sie monsunhafte W ä r m e q u e l l e n , in niederen K ä l t e q u e l l e n . Da sie auf den K o n t i n e n t e n
fehlen, erscheint dieser Fehlbetrag im Monsun-
haushalt als Negativum, nämlich als kontinentale W ä r m e q u e l l e
nie-
d e r e r und K ä l t e q u e l l e h o h e r Breiten. Die A t m o s p h ä r e bekommt also z u s ä t z l i c h zu ihrem p l a n e t a r i s c h e n Haushalt noch diese m o n s u n h a f t e Wärmezufuhr bzw. -Entziehung und erleidet dadurch entsprechende T e m p e r a t u r - E f f e k t e T: a.
Durch M e e r e s s t r ö m u n g e n jahrüber konstante, auf Nord-und Südhalbkugel g l e i c h a r t i g e
b.
Effekte:
Breite:
Kontinente;
Meere;
hohe:
T vermindert
T erhöht
niedere;
T erhöht
T vermindert
Durch W ä r m e s p e i c h e r u n g der Meere mit halbjährlichem Vörzeichenwechsel, auf Nord- und Südhalbkugel g e g e n l ä u f i g e Effekte: Jahreszeit:
Kontinente;
Meere;
Sommer:
T erhöht
T vermindert
Winter:
T vermindert
T erhöht
Diese Temperatureffekte sind durch Beobachtungen bekannt.
171
Im b o d e n n a h e n
D r u c k f e l d [13, S.181] bewirken sie einen s t a -
t i s c h e n Effekt derart, daß erhöhte Temperatur verminderten Druck, verminderte Temperatur erhöhten Druck liefert. Abb. 60 zeigt den bodennahen "Monsundruck". Diesen erhält man aus den ö r t l i c h
beobachteten
Januar- bzw. Juli-Mittelwerten p^, indem man die Breiten-Mittelwerte p^ davon abzieht und das Ergebnis z e r l e g t in einen Teil, der im Januar und Juli g l e i c h e n
B e t r a g und g l e i c h e s
Vorzeichen
hat("Jah-
resmonsun"), und einen anderen Teil, der im Januar und Juli v e r s c h i e denes
Vorzeichen
aber g l e i c h e n
B e t r a g besitzt ("Halbjahres-
Monsun"). Diese Zerlegung ist eindeutig. Im oberen Feld der Abb. 60 sieht man die j a h r ü b e r
konstanten
Druck-Unterschiede der Ozeane und
Kontinente. Das untere Feld zeigt den h a l b j ä h r l i c h
wechselnden
Monsundruck im Januar. Für den Juli gilt also hier das u m g e k e h r t e Vorzeichen. Die B r e i t e n - M i t t e l w e r t e
p^ der Abb. 59 enthalten insofern einen
kleinen Monsun-Anteil m, als die Nordhalbkugel überwiegend kontinental, die Südhalbkugel ozeanisch ist. Dabei kommt im wesentlichen der "JahresMonsun" zur Geltung (Abb. 59 oben). Er bedeutet auf der ozeanischen Südhalbkugel Druckvermehrung in niederen, Verminderung in hohen Breiten, auf der kontinentalen Nordhalbkugel das Gegenteil. Im Juli der Südhalbkugel sieht man allerdings auch den Unterschied zwischen dem kontinentalen Teil (niederer Breiten) und dem ozeanischen (hoher Breiten) als .HalbjahresMonsun. Speicherung machen leren
je
und W ä r m e t r a n s p o r t
einen
Druckfeld
statischen am
XVn,2.
in d e n
Monsun-Effekt
Meeren im
mitt-
Erdboden. Dynamische
Effekte
An den M e e r e s k ü s t e n konzentriert sich der monsunhafte Wärmeeffekt derart, daß ein erhebliches küstensenkrechtes Temperaturgefälle zustande kommt. Wenn dieses mit dem planetarischen g l e i c h ist, wird Z y k l o g e n e s i s
gerichtet
begünstigt, was bereits die Abb. 49 (XIII, 8) er-
kennen ließ. Wenn aber das monsunhafte Temperaturgefalle g e g e n
das
planetarische gerichtet ist, wird die Zyklogenesis b e h i n d e r t . Das ergibt sich z . B . im Hoch-und Spätwinter an der e u r o p ä i s c h e n
172
Küste. Dann
Jahresmonsun-Bruckfeld (Januar-Juh-Mihi) 160*
120*
flO*
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40*
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160*
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60*
Abb. 6o: B o d e n n a h e r M o n s u n d r u c k (25o m Höhe). Zahlen mb. H Hoch. T Tief.
173
ist gelegentlich das Festland sehr kalt, der benachbarte Ozeanrelativ warm. Dieses Temperaturgefälle ist g e g e n das planetarische gerichtet, wenn dessen Z i r k u l a t i o n s p o l
in Grönland liegt. Dann kann im "fennoskan-
dischen" Küstengebiet k e i n e kräftige Zyklone entstehen oder bestehen. Stattdessen zeigt sich dort eine hartnäckige, ständig erneuerte Antizyklone, in manchen Jahren bis Anfang Mai. Küsten- Antizyklonen
charakterisieren nach H. K r u h l
[13,
S. 223] den "Europäischen Monsun". Dieser ist gekennzeichnet durch mehrfache Wiederherstellung eines Hochs an der europäischen Atlantikküste. Aber diese "Monsunlagen" werden häufig unterbrochen durch zahlreiche und kräftige Z y k l o n e n , die vom Atlantik herandriften. Dagegen ist die n o r d a m e r i k a n i s c h e genetischer
Südostküste
als z y k l o -
Ort bekannt. Dieser auffallende Unterschied findet seine
energetische Ursache im Wärmehaushalt. Zykloeffekten
und A n t i z y k l o g e n e s i s der E r d o b e r f l ä c h e
sehr
s i n d von d e n
Wärme-
abhängig.
O b e r a l l besitzt der Erdboden größere W ä r m e k a p a z i t ä t Luft und wird dadurch zur W ä r m e q u e l l e zur K ä l t e q u e l l e
als die
in hereinbrechender Kaltluft,
in einfließender W a r m l u f t . Das erstere sahen wir
in Abb. 57 (XV, 6) mit starker Konvektion zwischen dem Erdboden und der Abgleitfläche H. K o n v e k t i o n s w o l k e n
gelten daher als Hauptkenn-
zeichen "frischer" Polarluft. Dagegen herrschen S c h i c h t w o l k e n
in
Tropikluft vor. Aber die Erscheinungsformen sind sehr verschieden im Bergland und Flachland, auf Land und auf See. Dies ausführlich zu erörtern, würde hier zu weit führen, obwohl solche Einzelheiten im Wetterdienst große Bedeutung haben.
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gleich mit Fehlern < 5o "¡o
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