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German Pages 194 Year 2021
Beiträge zum Wirtschaftsstrafrecht Band 3
Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens im Rahmen des § 299 StGB Eine Untersuchung von quick savings und ähnlichen Geschäftsgepflogenheiten sowie Kopplungsgeschäften
Von
Theresa Friedrich
Duncker & Humblot · Berlin
THERESA FRIEDRICH
Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens im Rahmen des § 299 StGB
Beiträge zum Wirtschaftsstrafrecht Herausgegeben von Nikolaus Bosch und Nina Nestler
Band 3
Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens im Rahmen des § 299 StGB Eine Untersuchung von quick savings und ähnlichen Geschäftsgepflogenheiten sowie Kopplungsgeschäften
Von
Theresa Friedrich
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.
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ISSN 2700-189X (Print) / 2700-1903 (Online) ISBN 978-3-428-18404-0 (Print) ISBN 978-3-428-58404-8 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnte Literatur und Rechtsprechung bis Februar 2021 berücksichtigt werden. Zunächst möchte ich mich bei meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Volker Erb, für die sehr gute Betreuung meiner Arbeit bedanken. Der regelmäßige fachliche Austausch und die hilfreichen Anmerkungen und Anregungen haben den Arbeitsprozess wesentlich erleichtert und gefördert. Weiterhin danke ich Herrn Professor Dr. Jan Zopfs für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich von Herzen meinen Eltern Sylvia und Dieter Friedrich. Ohne eure jederzeitige und bedingungslose Unterstützung und euren Rückhalt in allen Lebenslagen wäre diese Arbeit sowie mein bisheriger Lebensweg nicht möglich gewesen. Frankfurt am Main, Juli 2021
Theresa Friedrich
Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung und Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
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A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Momentaner Regelungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Folge der ungeklärten Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 D. Praxisrelevante Konstellationen, in denen das Unternehmen Dritter im Sinne des § 299 StGB ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Sogenannte quick savings und ähnliche Geschäftsgepflogenheiten . . . . . . . . . . . 21 II. Sogenannte Kopplungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 E. Bedeutung der Frage vor dem Hintergrund der Korruptionsprävention . . . . . . . . . . . . 23 F. Ziel der Arbeit und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Kapitel 2 Hintergrund zu § 299 StGB
27
A. § 299 StGB – Der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Überblick über die Wettbewerbsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Überblick über die Geschäftsherrenvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Vorgängernorm des § 12 UWG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Regelungsgehalt und Entstehungsgeschichte des § 12 UWG a. F. . . . . . . . . . . 32 2. Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 12 UWG a. F. . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Der Tatbestand des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. § 299 StGB in seiner alten Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Einfügung der Vorschrift in das Strafgesetzbuch und Regelungsgehalt der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB a. F. . . . . . . . . . . . 35
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Inhaltsverzeichnis 2. § 299 StGB in seiner aktuellen Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Die Schaffung der Geschäftsherrenvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB in seiner aktuellen Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Das strafrechtliche Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Das Rechtsgut des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Das Rechtsgut des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 aa) Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 bb) Definition des Rechtsguts Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 cc) Fazit zum Rechtsgut Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Das Rechtsgut der Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 bb) Definition des Rechtsguts Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (1) Schutz der Chancengleichheit als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Schutz der Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (3) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 cc) Fazit zum Rechtsgut der Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 c) Das Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 aa) Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Definition des Rechtsguts der Interessen des Geschäftsherrn . . . . . . . . 58 (1) Schutz vor Vernachlässigung der Interessen des Geschäftsherrn zugunsten des Vorteilsgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (2) Schutz der Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (3) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Fazit zum Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . 61 d) Das Rechtsgut der Kunden/Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 e) Weitere Ansätze zur Definition des Rechtsguts der Wettbewerbsvariante in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Schutz der Übertragbarkeit von Aufgaben, Entscheidungsbefugnissen und Interessenwahrnehmung im wirtschaftlichen Bereich . . . . . . . . . . 66 cc) Die Pflichten- und Loyalitätsbeziehung zwischen Täter und Prinzipal im vermögensrechtlichen Bereich und die Chancengleichheit der Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 dd) Schutz des lauteren Wettbewerbs in Ausprägung der Wahrung der abgeleiteten Vertragsfreiheit des Prinzipals/Schutz der wirtschaftlichen Handlungs- beziehungsweise Wettbewerbsfreiheit des Geschäftsherrn 70
Inhaltsverzeichnis
11
ee) Fazit zu weiteren Ansätzen zur Definition des Rechtsguts der Wettbewerbsvariante in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 f) Zusammenfassung zum Rechtsgut der Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austauschs von Waren und Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 73 aa) Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 bb) Definition des Rechtsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Fazit zum Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austauschs von Waren und Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Rechtsgut der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . 77 aa) Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Fazit zum Rechtsgut der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn . . . 79 c) Rechtsgut des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 d) Rechtsgut des Schutzes des Wettbewerbs vor abstrakten Gefahren aufgrund von Pflichtverletzungen von Angestellten gegenüber Unternehmen . . . . . . 84 e) Zusammenfassung zum Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Zusammenfassung zum Rechtsgut des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Kapitel 3 Meinungsstand zur Ausgangsfrage und bisher vorgeschlagene Lösungsansätze im Schrifttum
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A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Uneingeschränkte Erfassung des Unternehmens als Dritten und Strafbarkeit des Angestellten in diesen Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Zur Entstehungsgeschichte des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Zum Wortlaut des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Zur Beeinträchtigung des Rechtsguts des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Verletzung des Rechtsguts des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (1) Verletzung des Leistungsprinzips durch wettbewerbs- oder kartellrechtswidrige Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
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Inhaltsverzeichnis (2) Verletzung des Leistungsprinzips bei (mittelbaren) Vorteilen an den Angestellten selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) Verletzung des Rechtsguts der Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt . . . . . . . . . . . . . . . 98 cc) Verletzung des Rechtsguts des Schutzes des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers . . . . . . . 98 dd) Verletzung des Rechtsguts des Schutzes des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden, für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten oder Beauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 ee) Fazit zur Verletzung des Rechtsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 d) Zum Vergleich mit den §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Regelungsgehalt und Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . 101 bb) Die Anstellungskörperschaft als Dritter im Sinne der §§ 331 ff. StGB 101 cc) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (1) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf die Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf die Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 dd) Fazit zum Vergleich mit den §§ 331 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 e) Zum Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Der Betriebsinhaber als tauglicher Täter des § 299 Abs. 1 StGB . . . . . 106 bb) Folge für die Frage der Drittvorteile zugunsten des Unternehmens . . . 107 cc) Auflösung des Wertungswiderspruchs durch Einbeziehung des Betriebsinhabers in den Täterkreis de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 dd) Ergebnis zur Strafbarkeit des Betriebsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 f) Zum Widerspruch zu arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Angestellten 115 g) Fazit zur Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Fazit zur uneingeschränkten Erfassung des Unternehmens als Dritten und Strafbarkeit des Angestellten in diesen Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Erfassung des Unternehmens als Dritten unter Heranziehung verschiedener Restriktionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Zivilrechtsakzessorische Sicht: Anknüpfung an die Vertretungsmacht des Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht: Anknüpfung an die Wettbewerbswidrigkeit der Zuwendung an das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. Fazit zur Erfassung des Unternehmens als Dritten unter Heranziehung verschiedener Restriktionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 III. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Ablehnung eines Vorteils . . . . . . . 127
Inhaltsverzeichnis
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IV. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Ablehnung der Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 V. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Verneinung der Unlauterkeit der Bevorzugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Generelle Verneinung der Unlauterkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Verneinung der Unlauterkeit unter Heranziehung des sogenannten „steuerrechtlichen Fremdvergleichs“ als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 VI. Fazit zum Unternehmen als Drittem im Sinne des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . 135 B. Das Unternehmen kann nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein: Teleologische Reduktion des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Zur Gefahr für das Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Zur Pflichtenkollision des Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Zur Gleichstellung des Handelns des Angestellten mit dem Handeln des Betriebsinhabers sowie dem Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers 139 4. Zur übermäßigen Kriminalisierung der Wirtschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 140 5. § 7 HWG als weiteres Argument gegen das Unternehmen als „Dritten“ . . . . . 140 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 C. Übertragbarkeit der gefundenen Lösung auf Kopplungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I. Der „gekoppelte“ Vertrag als Vorteil im Sinne des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . 142 II. Das Anstellungsunternehmen des Angestellten als (Dritt-)Begünstigter des Kopplungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 D. Abschließende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Kapitel 4 Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften am Beispiel von Kopplungsgeschäften
147
A. Derzeitiger Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Das Anstellungsunternehmen als „Dritter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Das den Vertrag abschließende Unternehmen als „Dritter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
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Inhaltsverzeichnis
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen zugunsten anderer Konzerngesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Bestimmung des Anstellungsunternehmens im Konzern anhand gesellschaftsrechtlicher Grundsätze und der konkreten arbeitsvertraglichen Regelungen im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftliche Betrachtung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Straflosigkeit auch von Drittvorteilen zugunsten anderer Konzerngesellschaften? 156 1. Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Verletzung der Rechtsgüter des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 IV. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 V. Mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 VI. Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Voraussetzungen für das Vorliegen der Unrechtsvereinbarung nach Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Kapitel 5 Möglichkeiten zur Entscheidung des Problems in der Praxis
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A. Gesetzesinterpretation in Form einer teleologischen Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B. Klärung der Frage durch obergerichtliche/höchstrichterliche Rechtsprechung . . . . . . 173 C. Gesetzesänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 I. Bisheriger Vorschlag zur Neufassung des § 299 StGB in der Literatur . . . . . . . . 175 II. Grundsätzlich in Betracht kommende gesetzliche Regelungsarten . . . . . . . . . . . . 176 1. „Tatbestandliche Einschränkung“ des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Tatbestandsausschlussklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 IV. Eigener Vorschlag zur Neufassung des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Kapitel 1
Einleitung und Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem A. Einleitung Der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB1 ist aufgrund seiner Weite mit einer Vielzahl von Unsicherheiten und streitigen Problemkreisen behaftet.2 Eines dieser kontrovers diskutierten3 Themen ist die Frage, inwieweit Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens eines Angestellten oder Beauftragten als sogenannte Drittvorteile strafrechtlich relevant sind. Um dieses Problem näher vorzustellen, sollen an dieser Stelle einige Beispielsfälle gebildet werden. Zunächst zwei Beispiele für „klassische“ Fälle der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB: Beispiel 1: A ist Angestellter der X-GmbH. Er verhandelt mit B, einem Angestellten der Y-GmbH, und C, einem Angestellten der Z-GmbH, jeweils über die Vergabe eines Auftrags zur Lieferung von Bleistiften für die X-GmbH. Das Angebot der Z-GmbH ist günstiger. A äußert gegenüber B, die (teurere) Y-GmbH erhalte den Auftrag zur Lieferung der Bleistifte, wenn die Y-GmbH dem A einen Betrag von 2000 Euro zahle. A erhält von der Y-GmbH die 2000 Euro. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag. Beispiel 2: A ist Angestellter der X-GmbH. Er verhandelt mit B, einem Angestellten der Y-GmbH, und C, einem Angestellten der Z-GmbH, jeweils über die Vergabe eines Auftrags zur Lieferung von Bleistiften für die X-GmbH. Das Angebot der Z-GmbH ist günstiger. A äußert gegenüber B, die (teurere) Y-GmbH erhalte den Auftrag zur Lieferung der Bleistifte, wenn die Y-GmbH dem Tennisverein, dessen Vorstandsvorsitzender der A ist, einen neuen Bodenbelag für die Tennishalle spende. Der Tennisverein erhält den neuen Bodenbelag. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag.
Im Beispiel 1 nimmt A einen Vorteil für sich als Gegenleistung dafür an, dass er die Y-GmbH im Wettbewerb beim Bezug von Waren bevorzugt. Im Beispiel 2 nimmt A diesen Vorteil für einen Dritten (den Tennisverein) an. 1 2 3
Siehe zum Wortlaut der Norm nachfolgend Kapitel 2, Abschnitt A. Vgl. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156. Hierzu im Einzelnen unten Kapitel 3.
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Kap. 1: Einleitung u. Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
Es sind jedoch auch Konstellationen denkbar, in denen der Vorteil (in den Beispielen 1 und 2 der Betrag von 2000 Euro beziehungsweise der neue Bodenbelag) nicht dem Angestellten selbst und auch keiner dem Angestellten im privaten Bereich nahestehenden natürlichen oder juristischen Person zukommt, sondern dem Unternehmen, für das der Angestellte handelt. Das ergibt sich daraus, dass im Wirtschaftsalltag vor allem größere Unternehmen als Vertragsparteien bei den Verhandlungen sowie dem Abschluss von Verträgen in aller Regel von Angestellten oder Beauftragten vertreten werden.4 Denkbar wäre etwa folgendes Beispiel 3: A ist Angestellter der X-GmbH. Er verhandelt mit B, einem Angestellten der Y-GmbH, und C, einem Angestellten der Z-GmbH, jeweils über die Vergabe eines Auftrags zur Lieferung von Bleistiften für die X-GmbH. A äußert gegenüber B, die Y-GmbH erhalte den Auftrag zur Lieferung der Bleistifte, wenn die Y-GmbH der X-GmbH einmalig einen Betrag von 2000 Euro zahle. Die X-GmbH erhält von der Y-GmbH die 2000 Euro. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag.
Ähnlich aussehen könnte ein Beispiel 4: A ist Angestellter der X-GmbH. Er verhandelt mit B, einem Angestellten der Y-GmbH, und C, einem Angestellten der Z-GmbH, jeweils über die Vergabe eines Auftrags zur Lieferung von Bleistiften für die X-GmbH. A äußert gegenüber B, die Y-GmbH erhalte den Auftrag zur Lieferung der Bleistifte, wenn die Y-GmbH der X-GmbH einen Rabatt in Höhe von 20 % gewähre. Die Y-GmbH gewährt den Rabatt. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag.
Wie in den ersten beiden Beispielen nimmt A als Angestellter eines Unternehmens auch in den Beispielen 3 und 4 einen Vorteil als Gegenleistung dafür an, dass er die Y-GmbH beim Bezug von Waren im Wettbewerb bevorzugt. Empfänger des Vorteils ist in den beiden letzten Beispielen jeweils die X-GmbH als Anstellungsunternehmen des A. In den ersten beiden Beispielen dürfte der Unrechtsgehalt des Handelns des Angestellten ohne Weiteres auf der Hand liegen. Die persönlichen und sachfremden Motive, die der Angestellte seiner Entscheidung zu Grunde legt, lösen bereits wenn man die Sachverhalte zum ersten Mal liest ein Störgefühl aus.5 In den letzten beiden Beispielen dagegen würde man – ohne den hier vorgegebenen Kontext – unter Umständen an Korruption nicht einmal denken, weil es sich um vermeintlich üblich erscheinende Vertragsverhandlungen handelt. Vor dem Hintergrund des § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB zeigt sich jedoch, dass in den Beispielen 2, 3 und 4 jeweils die gleiche Situation gegeben ist: Ein Angestellter fordert von einem Wettbewerbsteilnehmer einen Vorteil für einen Dritten als Gegenleistung dafür, dass der Angestellte den Wettbewerbsteilnehmer im Wettbewerb bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen bevorzugt. 4 5
Heermann, WRP 2014, 897, 904. Vgl. hierzu auch Ausführungen bei Hampen, S. 86.
B. Momentaner Regelungsstand
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Es stellt sich somit die Frage, wie die aufgezeigte Konstellation, in der der Vorteil ausschließlich dem Anstellungsunternehmen zufließt, strafrechtlich zu bewerten ist. Entscheidend ist dabei, ob das Anstellungsunternehmen unter das Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ im Sinne des § 299 StGB subsumiert werden kann. Die Problematik betrifft (aufgrund deren gleichlautenden Wortlauts) grundsätzlich sowohl die Wettbewerbs- als auch die Geschäftsherrenvariante.6 In der Praxis dürften allerdings Fälle, in denen der Angestellte zugunsten des Unternehmens Vorteile im Gegenzug dafür annimmt, dass er seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletzt, eher selten vorkommen. Es sind nur wenige Konstellationen denkbar, in denen der Angestellte im Interesse und für das Unternehmen handelt, und dabei gleichzeitig seine Pflichten diesem gegenüber verletzt.
B. Momentaner Regelungsstand Die Frage, inwieweit das Unternehmen Dritter im Sinne des § 299 StGB sein kann, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Der Wortlaut des § 299 StGB („für sich oder einen Dritten“ beziehungsweise „für diesen oder einen Dritten“) sieht keine Einschränkung dahingehend vor, wer Dritter sein oder nicht sein kann. Auf den ersten Blick lässt er es deswegen zu, das Unternehmen unter dieses Tatbestandsmerkmal zu subsumieren.7 In der Literatur herrscht insoweit Uneinigkeit.8 Die wohl immer noch herrschende Meinung geht uneingeschränkt davon aus, dass das Anstellungsunternehmen Dritter im Sinne der Norm sein könne (siehe hierzu Kapitel 3, Abschnitt A. I.). Danach unterfielen Konstellationen, in denen ein Angestellter für das Unternehmen Vorteile aushandelt, dem Straftatbestand des § 299 StGB mit der Folge, dass der Angestellte sich wegen Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machte. Eine momentan im Vordringen befindliche Gegenansicht lehnt eine Strafbarkeit des Angestellten in solchen Fällen dagegen ab (siehe hierzu Kapitel 3, Abschnitt B.). Im Schrifttum wurden außerdem einige differenzierende Vorschläge zur Lösung des Problems (siehe hierzu Kapitel 3, Abschnitt A. II.) entwickelt, die eine Abgrenzung von strafbaren zu straffreien Konstellationen ermöglichen sollen. Insgesamt herrscht in der korruptionsstrafrechtlichen Literatur ein uneinheitliches Meinungsbild. Obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung ist – soweit zum jetzigen Zeitpunkt ersichtlich – zu dieser Frage bisher nicht ergangen. Das verwundert auf den ersten Blick, wenn man beachtet, wie häufig derartige Konstellationen im 6
Zur Erläuterung der beiden Begriffe siehe Kapitel 2, Abschnitt A. Vgl. hierzu aber unten Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. b). 8 Siehe zum Meinungsstand mit den entsprechenden Nachweisen ausführlich unten Kapitel 3. 7
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Kap. 1: Einleitung u. Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
deutschen Wirtschaftsalltag auftreten. Beachtet man die Fallgestaltungen, in denen die Frage regelmäßig relevant wird, zeigt sich jedoch schnell, woran es liegen dürfte, dass einschlägige Rechtsprechung fehlt: Bei nahezu allen Verfahren, denen der Vorwurf der Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zugrunde liegt, ist neben den beschuldigten natürlichen Personen auch das Anstellungsunternehmen der handelnden (beschuldigten) Mitarbeiter beteiligt und zwar entweder als Neben- oder Einziehungsbeteiligte nach den §§ 422, 444 StGB oder im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach § 30 OWiG. Gerade wenn Unternehmen am Geschehen beteiligt sind, werden Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren jedoch häufig bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Entscheidung, das heißt insbesondere im Laufe des Ermittlungs- oder Zwischenverfahrens, durch die Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht eingestellt. Eine solche Beendigung von Verfahren zu einem frühen Verfahrenszeitpunkt führt dazu, dass eine gerichtliche Entscheidung zu der streitigen Frage überhaupt nicht ergeht.9
C. Folge der ungeklärten Rechtslage Die Meinungsverschiedenheit in der Literatur sowie das Fehlen einschlägiger gerichtlicher Entscheidungen der Frage führen dazu, dass es – zumindest zur Zeit – nicht möglich ist, die Strafbarkeit eines Angestellten, der Vorteile zugunsten seines Unternehmens aushandelt, abschließend strafrechtlich zu beurteilen. Es besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit.10 Das führt zu nicht hinnehmbaren11 Folgen im Wirtschaftsleben: Der betroffene Angestellte weiß nicht, ob sein – in der Regel marktübliches – Verhalten einem Straftatbestand unterfällt oder nicht.12 Die unklare Rechtslage bringt ihn in eine Zwickmühle:13 Nimmt er im Rahmen von Vertragsverhandlungen einen Vorteil zugunsten seines Geschäftsherrn an, riskiert er, sich strafbar zu machen und setzt sich damit der Gefahr einer nicht unbeachtlichen Bestrafung (§ 299 StGB sieht als Rechtsfolge Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor) aus.14 Nimmt er 9 Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1175 weisen für den geschilderten Beispielsfall darauf hin, dass ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Stuttgart oder einer höheren Instanz nicht ergangen ist. 10 Vgl. Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1175; Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110; Walther, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption (BT-Drs. 18/4350), S. 8; Dann, wistra 2015, 54, 56; zur Rechtsunsicherheit hinsichtlich Sponsoring Heermann, WRP 2014, 897, 904 sowie ders., WRP 2014, 125. 11 Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104. 12 Vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104. 13 Rönnau, StV 2009, 302, 305 spricht insofern von einer schwer erträglichen Pflichtenkollision des Angestellten. 14 Vgl. Menn, S. 225.
C. Folge der ungeklärten Rechtslage
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den Vorteil dagegen nicht an, dürfte er sich regelmäßig arbeitsvertragswidrig verhalten. Denn dem Angestellten obliegt es – insbesondere im Rahmen von Vertragsverhandlungen – gerade, zugunsten seines Arbeitgebers zu handeln.15 Auch für das Unternehmen selbst bestehen Unsicherheiten.16 Will es sichergehen, dass interne Arbeitsanweisungen und Handlungsabläufe nicht gegen Strafnormen verstoßen, was insbesondere vor dem Hintergrund von (Criminal) Compliance-Maßnahmen und -Pflichten in der heutigen Wirtschaftspraxis überwiegend der Fall sein dürfte, braucht das Unternehmen eine verlässliche Richtlinie, welches Verhalten dem Tatbestand des § 299 StGB unterfällt und welches nicht.17 Nur auf diese Weise ist es dem Unternehmen möglich, intern regelkonforme Abläufe zu schaffen.18 Aus Vorsicht ein nur potentiell strafbares, am Markt aber gängiges und weit verbreitetes Verhalten abzustellen,19 kann vom Unternehmen nur schwer verlangt werden. Stellte sich später heraus, dass eine Strafbarkeit tatsächlich nicht gegeben ist beziehungsweise von der Rechtsprechung nicht angenommen wird, verbliebe dem Unternehmen ein immenser Schaden, der aus der geschwächten Verhandlungsposition gegenüber den Mitbewerbern folgt, die das in Rede stehende Verhalten ihrer Angestellten zugelassen haben. Lässt das Unternehmen jedoch entsprechende Geschäftspraktiken ihrer Angestellten zu oder verlangt sie von ihren Mitarbeitern gar, besteht – je nach Fallkonstellation – das Risiko, dass das Unternehmen selbst über § 30 OWiG sanktioniert wird.20 Eine mögliche Geldbuße kann gemäß § 30 Abs. 2 OWiG im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu 10 Millionen Euro und im Falle fahrlässigen Handelns bis zu 5 Millionen Euro betragen. Zudem ist eine Gewinnabschöpfung beim Unternehmen in Form der Einziehung nach § 29 Abs. 2 OWiG oder den §§ 73 ff. StGB möglich. Die Folge der momentanen Rechtsunsicherheit sowie das darin liegende Risiko für den Angestellten und das Unternehmen liegen auf der Hand: Eine mit dem Sachverhalt befasste Staatsanwaltschaft leitet ein Ermittlungsverfahren ein und erhebt Anklage.21 Das muss nicht, kann aber passieren. 15
Vgl. zur geschilderten Situation des Angestellten auch Rönnau, StV 2009, 302, 305. Vgl. hierzu hinsichtlich der Korruption in der Baubranche Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534. 17 Vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110. 18 Vgl. zu den insoweit für das Unternehmen relevanten Fragen Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156. 19 Vgl. hierzu Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110 f., mit der Folge, dass der Betriebsinhaber persönlich die Verhandlungen führen und über den Abschluss einer Vereinbarung entscheiden müsste. 20 Vgl. Menn, S. 73; hierzu hinsichtlich der Korruption in der Baubranche Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534. 21 Vgl. Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1178; Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132 weisen darauf hin, dass Staatsanwaltschaften in diesen Fällen zunehmend Ermittlungsverfahren einleiten; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110; Heermann, WRP 2014, 125, 134; a. A. Menn, S. 226. 16
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Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens allein bedeutet in der Regel bereits einen enormen Schaden für das Unternehmen.22 Indem öffentlich bekannt wird, dass die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem Unternehmen ermittelt und mediale Berichterstattungen (insbesondere hinsichtlich erfolgter Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchungen) folgen, kommt es zu einer Rufschädigung.23 Verliert das Unternehmen hierdurch Geschäftspartner oder gehen Aufträge zurück, kann sich dieser Reputationsschaden unmittelbar wirtschaftlich und finanziell auswirken. Ob das Verfahren letztlich – wie im dargestellten Fall – eingestellt oder die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens tatsächlich festgestellt wird, dürfte für das Unternehmen hinsichtlich der erlittenen Rufschädigung keinen Unterschied mehr machen. Das Risiko einer Strafbarkeit ist aufgrund der aufgezeigten empfindlichen (Rechts-)Folgen weder für das Unternehmen noch für den betroffenen Angestellten hinnehmbar. Andererseits kann die Wirtschaftspraxis nicht lahmgelegt werden, indem ein weit verbreitetes Marktverhalten aus Vorsicht unterlassen wird. Das Unternehmen, das sich rechtstreu verhalten möchte, hätte insofern immense Nachteile am Markt hinzunehmen. Weder dem handelnden Angestellten noch dem betroffenen Unternehmen ist es möglich, diesem Dilemma zu entgehen. Selbst wenn sich die Betroffenen rechtskonform verhalten wollen und sich demgemäß entscheiden, kundigen Rechtsrat einzuholen, wird ihnen dieser keine klare Handlungsempfehlung geben können.24 Die bestehende Rechtsunsicherheit führt nicht nur zu einer für die Wirtschaftspraxis nicht hinnehmbaren Konfliktlage, sondern ist auch vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß Artikel 103 Abs. 2 GG und dessen hoher Bedeutung im Strafrecht problematisch.25 Der Einzelne muss von vornherein wissen können, welches Verhalten strafrechtlich verboten ist, um in der Lage zu sein, sein eigenes Verhalten danach auszurichten.26 Diesen verfassungsrechtlich garantierten Vorgaben wird § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der aufgeworfenen Frage nicht gerecht.
22 Vgl. zu Reputationsschäden für Unternehmen aufgrund von aufgedeckten Wirtschaftsstraftaten Bussmann/Salvenmoser, CCZ 2008, 192, 193. 23 Vgl. Menn, S. 73. 24 Vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110. 25 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156 konstatieren insoweit, dass verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen des § 299 StGB den Straftatbestand auf dem schmalen Grad des „gerade noch“ Bestimmten wandeln ließen. 26 Vgl. zum Bestimmtheitsgebot BVerfG NJW 2010, 3209, 3210.
D. Praxisrelevante Konstellationen, in denen das Unternehmen Dritter ist
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D. Praxisrelevante Konstellationen, in denen das Unternehmen Dritter im Sinne des § 299 StGB ist Die soeben geschilderte Rechtsunsicherheit in Bezug auf die strafrechtliche Relevanz von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens wiegt besonders schwer, weil die Problematik in der heutigen Wirtschaftspraxis in vielfältigen Konstellationen branchenübergreifend große Bedeutung erlangt und in unterschiedlichen Gestaltungen nahezu alltäglich auftritt.27
I. Sogenannte quick savings und ähnliche Geschäftsgepflogenheiten In der Automobilindustrie etwa verlangen Automobilhersteller28 bei der Vergabe von Aufträgen an Zulieferer regelmäßig als sogenannte quick savings bezeichnete (Einmal-)Zahlungen.29 Bei diesen Zahlungen handelt es sich um eine Art Eintrittsgeld für das Auftragsvergabeverfahren: Nur wenn der Zulieferer die entsprechende Zahlung leistet, kann er überhaupt am Auftragsvergabeverfahren teilnehmen und schließlich den Auftrag erhalten. Zahlt der Zulieferer hingegen nicht, wird sein Angebot im Rahmen der Auftragsvergabe in der Regel nicht berücksichtigt. Die Automobilhersteller wälzen auf diese Weise (zumindest teilweise) die Kosten des Auftragsvergabeverfahrens auf die Zulieferer ab. Entsprechende Zahlungen werden unter anderem auch pay-to-play-Zahlungen genannt.30 Eine weitere in diesem Zusammenhang relevante Konstellation sind sogenannte savings on current account. Hierbei handelt es sich um Zahlungen während der Laufzeit eines bereits vergebenen Auftrags in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Auftragsvolumens. Die Zahlungen sind die Voraussetzung dafür, dass der Zulieferer an weiteren Auftragsvergabeverfahren teilnehmen kann und damit die Möglichkeit erhält, Folgeaufträge erteilt zu bekommen. In anderen Fällen fordert das den Auftrag vergebende Unternehmen von den Zulieferern keine quick savings oder savings on current account entsprechenden Zahlungen, sondern verlangt als Bedingung dafür, dass es dem Wettbewerber einen Aufrag erteilt, Preisnachlässe in Form von Einmal- oder Folgerabatten. Nur wenn der Zulieferer die entsprechenden Rabatte gewährt, erhält er den jeweiligen Auftrag, andernfalls wird er im Auftragsvergabeverfahren nicht berücksichtigt. 27
Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133: „offensichtlich zunehmende Praxisrelevanz“. Dort „Original Equipment Manufacturers“, kurz: OEM, genannt, vgl. Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174. 29 Vgl. Veröffentlichungen von Deloitte, Roedl & Partner sowie PricewaterhouseCoopers. 30 Für weitere in der Praxis geläufige Bezeichnungen dieser Geschäftspraktik wie etwa Vergabe-savings, upfront-payments u. a., vgl. Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174. 28
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Kap. 1: Einleitung u. Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
Auch wenn die beschriebenen Geschäftspraktiken bisher in der Presse hauptsächlich in Zusammenhang mit der Automobilindustrie erwähnt wurden, dürften entsprechende Gepflogenheiten auch in anderen Branchen an der Tagesordnung sein. Das gilt insbesondere für Geschäftszweige, innerhalb derer ein hoher Wettbewerb zwischen zuliefernden Unternehmen besteht, sodass von Seiten der Nachfrager einer Leistung ein hoher Preisdruck auf die Wettbewerber ausgeübt werden kann. In allen der vorgenannten Konstellationen handelt ein Angestellter des Unternehmens und fordert im Rahmen von Vertragsverhandlungen von dem Vertragspartner die Zahlung oder den Preisnachlass. Zugute kommt die Zahlung oder der Preisnachlass jedoch nicht dem handelnden Angestellten selbst,31 sondern dem Unternehmen, für das er tätig ist, mithin einem Dritten.
II. Sogenannte Kopplungsgeschäfte Unabhängig von den gerade geschilderten Geschäftspraktiken in Form von quick savings und ähnlichen Gepflogenheiten spielt die Frage der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens weiterhin bei sogenannten Kopplungsgeschäften oder -verträgen32 eine Rolle. In diesen Fallkonstellationen macht eine an einem Vertragsschluss beteiligte Partei die Vergabe eines Auftrags oder den Abschluss eines Vertrags davon abhängig, dass ein weiterer Vertrag abgeschlossen wird.33 Das kann ein weiteres, dem ersten Vertrag ähnliches Geschäft sein. Häufig ist der zusätzliche Vertrag ein Dienstleistungs- oder Beratungsvertrag.34 Oft handelt es sich auch um Sponsoringverträge.35 Vertragspartner dieses weiteren, mit dem ursprünglichen Vertrag „gekoppelten“ Vertrags ist entweder das bereits den ersten Vertrag schließende Unternehmen selbst oder – in den sehr praxisrelevanten Konzernkonstellationen – eine andere konzernabhängige Gesellschaft, das heißt beispielsweise ein Mutter- oder Tochterunternehmen des den ursprünglichen Vertrag schließenden Unternehmens.36 Auch in dieser Konstellation handelt der Angestellte. Der Vorteil (hier nicht in Form einer Geldzahlung oder eines Rabatts, sondern in Form des zusätzlichen Vertragsschlusses) tritt beim Unternehmen ein.
31 Jedenfalls nicht unmittelbar. Zu mittelbaren Vorteilen des Angestellten siehe unten Kapitel 3, Abschnitt A. II. 2. c) aa) (2). 32 Vgl. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155. 33 AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1860. 34 Vgl. hierzu für praxisrelevante Fallkonstellationen in der Medienbranche A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 27 und Ballo/Skoupil, NJW 2016, 1174, 1178. 35 Siehe hierzu Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1860; Heermann, WRP 2014, 897, 903. 36 Vgl. Heermann, WRP 2014, 897, 903.
E. Bedeutung der Frage vor dem Hintergrund der Korruptionsprävention
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Ein medienbekanntes Beispiel für ein solches Kopplungsgeschäft in Form eines Sponsoringvertrags stellt das Verfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Zusammenhang mit T-Systems und Volkswagen aus dem Jahr 2010 dar:37 Die T-Systems International GmbH („T-Systems“), eine Tochtergesellschaft der Deutsche Telekom AG („Deutsche Telekom“), stand in Vertragsverhandlungen mit der Volkswagen AG („Volkswagen“). Auf Seiten von Volkswagen machten Angestellte die Vergabe des Auftrags zugunsten von T-Systems davon abhängig, dass die Deutsche Telekom einen auslaufenden Sponsoringvertrag mit dem VfL Wolfsburg, einer zu 100 % von Volkswagen gehaltenen Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH), verlängert. Vor Abschluss der Verträge fiel der Vorgang bei T-Systems intern auf und T-Systems meldete den Sachverhalt den Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart leitete in der Folge ein Ermittlungsverfahren ein, durchsuchte mehrere Büroräume und erhob Anklage gegen fünf Beschuldigte wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Das Landgericht Stuttgart stellte das Verfahren gegen die Beschuldigten im Zwischenverfahren gegen Zahlung einer Geldauflage nach § 153a StPO vorläufig ein. Volkswagen zahlte eine Geldbuße in Höhe von 2 Millionen Euro.
E. Bedeutung der Frage vor dem Hintergrund der Korruptionsprävention Auch im Hinblick auf die Korruptionsprävention spielt die dieser Arbeit zugrunde liegende Rechtsfrage eine entscheidende Rolle. Im Jahr 201938 lag die Zahl der polizeilich bekannt gewordenen Korruptionsverdachtsfälle gemäß § 299 StGB wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr bei 729. Auch wenn diese Fallzahl im Vergleich zu den im Vorjahr verzeichneten 535 Verdachtsfällen angestiegen ist, liegt sie weiter deutlich unter dem durchschnittlichen Fallaufkommen der vergangenen Jahre.39 Das zeigt das Bundeslagebild Korruption 2019 des Bundeskriminalamts. Diese jährliche Auswertung der Zentralstelle der deutschen Polizei40 gibt die aktuellen Erkenntnisse zur Lage und Entwicklung im Bereich der Korruption wieder. Datenbasis des Bundes-
37 Siehe hierzu: Berichterstattung im Handelsblatt online vom 6. 6. 2014 und Welt online vom 15. 2. 2011; siehe hierzu außerdem Ausführungen bei Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155; Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1175; Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1861; Heermann, WRP 2014, 125. 38 Das Bundeslagebild Korruption für das Jahr 2020 ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch nicht erschienen. 39 Bundeslagebild Korruption 2019, S. 7. 40 Siehe Übersicht des BMI über seine Behörden.
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Kap. 1: Einleitung u. Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
lagebilds sind Informationen der einzelnen Landeskriminalämter, des Bundeskriminalamts, der Bundespolizei sowie des Zollkriminalamts.41 Auch wenn weiterhin ein großes Dunkelfeld an Korruptionsstraftaten vermutet wird und sich Feststellungen hinsichtlich des tatsächlichen Ausmaßes und der Entwicklung von Wirtschaftskorruption daher nur bedingt treffen lassen,42 zeichnet sich ab, dass jedenfalls die polizeilich bekannt gewordenen Verdachtsfälle von Straftaten nach § 299 StGB zurückgehen.
Quelle: Basierend auf den Bundeslagebildern Korruption 2008 – 2019
Abbildung 1: Entwicklung Straftaten nach § 299 StGB 2008 bis 2019
Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangt auch die (neunte) Studie „Wirtschaftskriminalität 2018“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Diese stellt eine signifikante Zurückdrängung43 der Korruption in Deutschland fest44 und konstatiert, dass eine sinkende Korruptionsbelastung der deutschen Wirtschaft zu verzeichnen sei:45 Die Zahl der von Korruption betroffenen Unternehmen stagniere danach seit dem Jahr 2013 auf einem niedrigen Niveau von 6 %, werde aber von einem deutlichen Ru¨ ckgang anderer Kennwerte begleitet. So hätten gegenu¨ ber dem Jahr 2015 die Verdachtsfa¨ lle von 19 % auf 11 % abgenommen. Auch der Anteil der Unternehmen, denen Gescha¨ fte vermutlich infolge von Korruption eines Wettbewerbers entgangen seien, sinke von 21 % auf 9 %. Ebenfalls ru¨ ckla¨ ufig sei der 41
Bundeslagebild Korruption 2019, Bundeskriminalamt, S. 1. Bundeslagebild Korruption 2018, Bundeskriminalamt, S. 25; Bundeslagebild Korruption 2019, S. 28. 43 Studie Wirtschaftskriminalität 2018, S. 40. 44 Die Studie beruht auf folgendem Vorgehen: Von Anfang Juli bis Ende September 2017 wurden in Deutschland mithilfe eines standardisierten Fragebogens Verantwortliche aus 500 Unternehmen telefonisch interviewt, die sich in ihrem Unternehmen fu¨ r den Themenbereich Kriminalita¨ tspra¨ vention und -aufkla¨ rung zusta¨ ndig erkla¨ rt hatten. Des Weiteren wurden mit 32 Unternehmen erga¨ nzende vertiefte Interviews zu ausgewa¨ hlten Fragen durchgefu¨ hrt, um detailreichere Berichte und Einscha¨ tzungen zu erhalten. Siehe zum Vorgehen Studie Wirtschaftskriminalität 2018, S. 12. 45 Studie Wirtschaftskriminalität 2018, S. 40. 42
E. Bedeutung der Frage vor dem Hintergrund der Korruptionsprävention
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Anteil der Unternehmen, die angegeben hätten, sich mindestens einmal in einer Korruptionssituation befunden zu haben (8 %). Das Bundeskriminalamt sieht wie bereits im Vorjahr46 als wichtige Maßnahme zur Bekämpfung des Phänomens (Wirtschafts-)Korruption die Schaffung von Compliance-Strukturen in vielen Unternehmen an.47 Solche zielgerichteten Präventionsmaßnahmen seien neben einer konsequenten Strafverfolgung zur nachhaltigen Bekämpfung von Korruption von großer Bedeutung.48 Das Bundeslagebild Korruption 2019 hebt in diesem Zusammenhang insbesondere hervor, dass die Anzahl der nicht tatbereiten Nehmer im Jahr 2019 erneut spürbar angestiegen sei.49 Auch die Studie „Wirtschaftskriminalität 2018“ sieht den Grund dafür, dass weniger Korruptionstaten zu verzeichnen sind, – neben der Einführung der Geschäftsherrenvariante durch den Gesetzgeber – in regulatorischen Maßnahmen innerhalb von Unternehmen.50 Die positive Entwicklung sei darauf zurückzuführen, dass korruptionsrechtliche Compliance-Programme optimiert sowie in immer mehr Unternehmen implementiert worden seien und dass hierdurch ein wachsendes Problembewusstsein bestehe.51 Die Umsetzung einer solchen Criminal Compliance, das heißt die unternehmensinterne Implementierung effektiver Systeme und Maßnahmen, um sicherzustellen, dass innerhalb eines Unternehmens und aus diesem heraus keine Straftatbestände verwirklicht werden,52 setzt jedoch voraus, dass rechtssicher feststeht, welches Verhalten strafrechtlich relevant sein kann. Denn nur wenn klar ist, welches Verhalten verhindert werden muss, kann in einem zweiten Schritt entwickelt werden, auf welche Weise das geschehen kann und soll. Gerade im Bereich des § 299 StGB gestaltet sich eine solche rechtssichere Abgrenzung von strafbarem zu straflosem Verhalten aber häufig schwierig, weil hinsichtlich der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Norm und ihrer Problemkreise vieles umstritten ist und infolgedessen eine erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich des Anwendungsbereichs des Straftatbestands besteht.53 Vor diesem Hintergrund existiert im Rahmen des § 299 StGB ein besonderer Bedarf, bisher ungeklärte und umstrittene Rechts- und Auslegungsfragen hinsichtlich des Tatbestands rechtssicher zu klären, sodass Unternehmen ermöglicht wird, 46
Bundeslagebild Korruption 2018, S. 25. Bundeslagebild 2019, S. 28; siehe zur Korruptionsprävention durch Implementierung von Compliance-Programmen in Unternehmen auch Schmittmann/Schürmann, in: Momsen/ Grützner, Kapitel 9, § 29 Rn. 3 ff. 48 Bundeslagebild Korruption 2019, S. 28. 49 Bundeslagebild Korruption, S. 28. Ein Anstieg der nicht tatbereiten Nehmer wurde bereits im Vorjahr festgestellt, vgl. Bundeslagebild Korruption 2018, S. 25. 50 Studie Wirtschaftskriminalität 2018, S. 40. 51 Studie Wirtschaftskriminalität 2018, S. 40. 52 Siehe Definition Criminal Compliance bei Bock, HRRS 2010, 316. 53 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155; Grützner/Behr, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 30 Rn. 4; Park, wistra 2010, 321; vgl. auch Heermann, WRP 2014, 897, 905. 47
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Kap. 1: Einleitung u. Einführung in das der Arbeit zugrunde liegende Problem
intern wirksame Criminal Compliance-Maßnahmen einzuführen und umzusetzen. Auf diese Weise ist es möglich, einen Beitrag zur Korruptionsprävention zu leisten und zukünftige Straftaten zu verhindern.
F. Ziel der Arbeit und Gang der Darstellung Ziel dieser Arbeit ist es, einen Lösungsansatz zu entwickeln, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Dadurch soll Unternehmen in der Praxis ermöglicht werden, eine Richtschnur für strafrechtskonformes Verhalten ihrer Angestellten zu schaffen sowie eine verlässliche anwaltliche Beratungspraxis möglich gemacht werden. Um einen Hintergrund für die spätere Diskussion des Problems zu geben, wird der Tatbestand des § 299 StGB zunächst überblicksartig vorgestellt, seine Entstehungsgeschichte erläutert und untersucht, welches Rechtsgut die Norm schützt (Kapitel 2). Anschließend wird der aktuelle Meinungsstand in der Literatur dargestellt, die vorgeschlagenen Lösungsansätze im Rahmen einer Stellungnahme diskutiert sowie untersucht, inwieweit sich die gefundene Lösung auf sogenannte Kopplungsgeschäfte übertragen lässt (Kapitel 3). In einem weiteren Schritt (Kapitel 4) wird – erneut anhand des Beispiels von Kopplungsgeschäften – geprüft, wie Konstellationen zu behandeln sind, in denen der Angestellte für eine konzernabhängige Gesellschaft handelt und der Vorteil einer anderen konzernangehörigen Gesellschaft zugutekommt. Im letzten Schritt (Kapitel 5) wird auf Grundlage des in Kapitel 3 entwickelten Ergebnisses ein eigener Vorschlag gemacht, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen, bevor die Arbeit mit einer Zusammenfassung sowie einem Ausblick endet.
Kapitel 2
Hintergrund zu § 299 StGB Um ein eingehenderes Verständnis des Tatbestands der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu vermitteln und der nachfolgend in Kapitel 3 dargestellten Diskussion, insbesondere der Auslegung des § 299 StGB, eine Grundlage zu geben sowie Argumente zu liefern, wird zunächst ein kurzer Überblick über den Tatbestand des § 299 StGB gegeben und die Entstehungsgeschichte der Norm sowie die von ihr geschützten Rechtsgüter betrachtet.
A. § 299 StGB – Der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr § 299 StGB regelt den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Die Norm lautet in ihrer aktuellen Fassung: „(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens 1. einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens 1. einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.“
Absatz 1 der Norm enthält den Tatbestand der Bestechlichkeit, die passive Bestechung, während Absatz 2 die aktive Bestechung regelt.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Innerhalb seiner beiden Absätze enthält § 299 StGB wiederum zwei verschiedene Tatbestände. Die jeweilige Nummer 1 der Absätze enthält die sogenannte Wettbewerbsvariante. Diese regelt die unlautere Bevorzugung im Wettbewerb. In der jeweiligen Nummer 2 der Absätze ist die sogenannte Geschäftsherrenvariante geregelt, die die korruptive Beeinflussung eines Verhaltens unter Strafe stellt, durch das der Angestellte oder Beauftragte gleichzeitig eine Pflicht gegenüber seinem Geschäftsherrn verletzt.1
I. Überblick über die Wettbewerbsvariante Die Wettbewerbsvariante setzt voraus, dass ein Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen in unlauterer Weise bevorzugt.2 Täter des Delikts nach Absatz 1 Nummer 1 sowie die bestochene Person im Falle des Absatzes 2 Nummer 1 müssen ein Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens sein.3 Angestellter ist, „wer in einem mindestens faktischen Dienstverhältnis zum Geschäftsherrn steht und dessen Weisungen unterworfen ist“.4 Beauftragter ist, wer ohne Angestellter zu sein, befugt für den Geschäftsherrn tätig wird und aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen, die den Warenund Leistungsaustausch des Unternehmens betreffen, Einfluss zu nehmen.5 Das Unternehmen, für das der Angestellte oder Beauftragte handelt, zeichnet sich durch jede auf eine gewisse Dauer betriebene, also nicht nur gelegentlich vorgenommene Tätigkeit im Wirtschaftsleben durch den Austausch von Leistungen aus.6 Der Kontext der Handlung des Angestellten oder Beauftragten muss der geschäftliche Verkehr sein. Insoweit genügt – das Merkmal wird weit ausgelegt7 – jedes auf einen beliebigen Geschäftszweck gerichtete Handeln mit Bezug zum und im
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Fischer, § 299 Rn. 4. Auf die Darstellung des spiegelbildlichen Falls der Bestechung nach § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB wird hier aus Gründen der Vereinfachung verzichtet. Die Tatbestandsmerkmale sind insofern (abgesehen von der Handlung des Anbietens, Versprechens und Gewährens) identisch. 3 Wenn in der Folge der sprachlichen Vereinfachung halber häufig von dem „Angestellten“ gesprochen wird, beziehen sich diese Ausführungen jedoch – falls nicht gesondert kenntlich gemacht – auch auf den „Beauftragten“. 4 Fischer, § 299 Rn. 14. 5 Fischer, § 299 Rn. 15. 6 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 19. 7 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 21; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 17. 2
A. Tatbestand der Bestechlichkeit u. Bestechung im geschäftlichen Verkehr
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Zusammenhang mit dem Unternehmen.8 Zudem muss die Bevorzugung bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen erfolgen. Während der Angestellte oder Beauftragte als Tathandlung des Absatzes 1 Nummer 1 von dem anderen, den er im Wettbewerb bevorzugt, einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, liegt die Tathandlung des Absatzes 2 Nummer 1 darin, dass der Täter dem Angestellten oder Beauftragten einen solchen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.9 Der Vorteil kann in jeder wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Besserstellung des Empfängers liegen, auf die dieser keinen Anspruch hat.10 Das Tatbestandsmerkmal erfasst sowohl Besserstellungen materieller als auch immaterieller Art.11 Der Vorteil muss nicht zwingend direkt vom Vorteilsgeber oder unmittelbar aus dessen Mitteln stammen.12 Es reicht vielmehr, dass das Verhalten des Vorteilsgebers oder seine Leistung dazu führt, dass der Vorteilsempfänger durch einen Dritten bessergestellt wird.13 Empfänger des Vorteils kann nach dem Wortlaut des § 299 StGB sowohl der Angestellte oder Beauftragte selbst als auch ein Dritter sein. Schließlich bedarf es im Rahmen der Wettbewerbsvariante der sogenannten „Unrechtsvereinbarung“14 zwischen dem Angestellten oder Beauftragten und dem Vorteilsgeber. Diese erfordert ein „Gegenseitigkeitsverhältnis“15 dergestalt, dass der Vorteil die Gegenleistung für die zukünftige unlautere Bevorzugung des Vorteilsgebers (oder im Rahmen des Absatzes 2 Nummer 1 des Vorteilsgebers oder eines Dritten) im Wettbewerb bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ist. Eine solche Bevorzugung setzt voraus, dass der Angestellte oder Beauftragte bei einer Entscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern dem Vorteilsgeber (oder im Rahmen des Absatzes 2 Nummer 1 einem Dritten) den Vorzug gewährt, wodurch er einen anderen Mitbewerber benachteiligt.16 Wann eine Bevorzugung unlauter im Sinne des § 299 StGB ist, ist umstritten.17 Die herrschende Ansicht18 stellt darauf ab, ob die Bevorzugung geeignet sei, den 8
Fischer, § 299 Rn. 20; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 21. Im Folgenden werden im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Arbeit nicht immer alle Tathandlungen explizit aufgeführt. Die Ausführungen beziehen sich jedoch, falls nicht ausdrücklich anders kenntlich gemacht, immer auf alle Modalitäten der Tathandlung. 10 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 25. 11 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 25 ff. 12 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 13 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 14 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 29. 15 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 38. 16 BGH NStZ 2004, 677, 678. 17 Vgl. zum Meinungsstand die Darstellung bei LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 39 ff. und bei Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 43 ff. 18 Fischer, § 299 Rn. 27; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 80. 9
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Wettbewerb zu beeinträchtigen und Mitbewerber zu schädigen. Das Merkmal solle sachgerechte von sachfremden/sachwidrigen Motiven abgrenzen.19 Da es insoweit zu Überschneidungen mit dem Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung kommt, wird überwiegend angenommen, dass dem Merkmal Unlauterkeit neben dem Erfordernis der Unrechtsvereinbarung keine eigenständige Bedeutung mehr zukomme.20
II. Überblick über die Geschäftsherrenvariante Nach der jeweiligen Nummer 2 der beiden Absätze des § 299 StGB, der sogenannten „pflichtverletzenden Korruption“21, macht sich strafbar, wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornimmt oder unterlässt und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletzt.22 In dieser Konstellation muss die Unrechtsvereinbarung auf eine Handlung oder Unterlassung des Angestellten oder Beauftragten gerichtet sein, durch die der Angestellte eine ihm gerade gegenüber seinem Geschäftsherrn obliegende Pflicht verletzt.23 Diese Pflicht kann aus Gesetz, Vertrag, innerbetrieblichen Regelungen oder dem arbeitsrechtlichen Direktionsrecht des Geschäftsherrn folgen.24 Sie muss im Zusammenhang zu dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen, sodass rein innerbetriebliche Störungen nicht ausreichen.25 Daraus folgt, dass es insbesondere nicht genügt, wenn der Angestellte lediglich einen Vorteil annimmt oder gegenüber dem Geschäftsherrn nur verschweigt, dass er eine Zuwendung erhalten hat, auch wenn der Angestellte hierdurch gegen interne Compliance-Vorschriften des Unternehmens verstößt.26 Es muss ein darüber hinausgehendes Handeln oder Unterlassen des Angestellten oder Beauftragten als Gegenleistung für den Vorteil vorliegen,27 wobei jegliche Art eines Verhaltens gemeint ist, das heißt das Verhalten kann rechtsgeschäftlicher, geschäftsähnlicher oder faktischer Art sein.28 19
Fischer, § 299 Rn. 29; S/S/Eisele, § 299 Rn. 33; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 80. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 80; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 299 Rn. 83; Fischer, § 299 Rn. 29 m. w. N.; a. A. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 72. 21 Fischer, § 299 Rn. 33. 22 Auf die Darstellung des spiegelbildlichen Falls der Bestechung nach § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB wird hier aus Gründen der Vereinfachung verzichtet. Die Tatbestandsmerkmale sind insofern (abgesehen von der Handlung des Anbietens, Versprechens und Gewährens) identisch. 23 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 79. 24 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 93; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 83. 25 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53a; kritisch SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 83. 26 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53d; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 81. 27 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53d. 20
B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB
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Die Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm („ohne Einwilligung des Unternehmens“) ausgeschlossen, wenn der Geschäftsherr des Angestellten oder Beauftragten eingewilligt hat.29 Anders als die vom Gesetzgeber bei der Formulierung des Tatbestands gewählte Terminologie auf den ersten Blick vermuten lässt, wirkt die Einwilligung des Unternehmens im Rahmen der Geschäftsherrenvariante nicht rechtfertigend. Sie schließt vielmehr bereits den Tatbestand aus,30 sodass es sich dogmatisch nicht um eine Einwilligung, sondern um ein tatbestandsausschließendes Einverständnis handelt.31 Das Einverständnis muss sich auf die Annahme beziehungsweise das Gewähren des Vorteils sowie die entsprechende Verknüpfung mit dem Handeln oder Unterlassen des Angestellten oder Beauftragten beziehen.32 Hinsichtlich der übrigen, sich mit der Wettbewerbsvariante deckenden Tatbestandsmerkmale kann auf die bisherigen Ausführungen verwiesen werden.
B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB Anhand der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte einer Norm und eines Gesetzes kann herausgefunden werden, welches Ziel der Gesetzgeber mit der jeweiligen Regelung verfolgte.33 Von besonderer Wichtigkeit sind in diesem Zusammenhang die Gesetzesmaterialien, denn diese lassen Rückschlüsse auf die Intention des Gesetzgebers zu.34 Die in diesem Abschnitt gefundenen Ergebnisse können und sollen daher im Rahmen der in Kapitel 3 folgenden Stellungnahme zur historischen Auslegung des § 299 StGB herangezogen werden.
I. Vorgängernorm des § 12 UWG a. F. Die Wirtschaftskorruption35 war ursprünglich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Dort enthielt § 12 UWG a. F. den Tatbestand des
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SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 81. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 86. 30 Herrschende Meinung: SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 85; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53 f.; Fischer, § 299 Rn. 42; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 55; MüKo-StGB/ Krick, § 299 Rn. 86; a. A. Wolfram/Peukert, NZWiSt 2017, 208, 211. 31 S/S/Eisele, § 299 Rn. 40; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 46. 32 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53e. 33 MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 91. 34 MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 91. 35 A/R/R/Rönnau, 3. Teil, 2. Kapitel. 29
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
„Schmierens“36. Die Vorschrift existierte bereits seit dem Jahr 1909 und war durch Art. 139 Nr. 6 EGStGB vom 2. März 197437 neugefasst worden.38 1. Regelungsgehalt und Entstehungsgeschichte des § 12 UWG a. F. Der Wortlaut des § 12 UWG a. F.39 lautete: „(1) Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs einen Vorteil als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen Dritten bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs bestraft, der im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge.“
Mit § 12 UWG a. F. sollte das „Schmiergeldunwesen in jeder Form“ bekämpft werden.40 Hervorzuheben ist hierbei, dass die Reichstagskommission im Laufe des der Norm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens41 zunächst folgenden Wortlaut für den Tatbestand des „Schmierens“ diskutierte: „(…) um durch pflichtwidriges Verhalten des Angestellten oder Beauftragten gegen seinen Geschäftsherrn bei dem Bezuge von Waren oder gewerblichen Leistungen eine Bevorzugung zu erhalten.“
Dieser Vorschlag wurde allerdings verworfen. Stattdessen orientierte man sich am Wortlaut („corruptly“) des als Vorbild für die deutschen Gesetzesänderungen dienenden englischen Prevention of Corruption Act aus dem Jahr 190642 und stellte lediglich auf ein unlauteres Verhalten ab, ohne dass in diesem gleichzeitig eine Pflichtwidrigkeit gegenüber dem Geschäftsherrn liegen musste.43 Aus dem Kommissionsbericht geht hervor, dass mit dem gewählten Wortlaut nicht gemeint gewesen sei, dass eine Bestrafung nur dann eintreten sollte, wenn die Gewährung oder Annahme von Geschenken oder Vorteilen eine Handlung des Angestellten betreffe, die an sich oder im Verhältnis des Angestellten zum Geschäftsherrn pflichtwidrig sei. 36
Siehe bei Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12. BGBl. I S. 469, 574. 38 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 1. 39 Siehe bei Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12. 40 Vgl. RGSt 48, 291, 294; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 2; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 1; von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 2. 41 Siehe hierzu ausführliche Darstellung bei Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 9 ff. 42 Siehe auch NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 1. 43 Vgl. hierzu auch Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 392. 37
B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB
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Ein unlauteres Verhalten brauche nicht in allen Fällen gegenüber dem Geschäftsherrn vorzuliegen, es wäre auch dann gegeben, wenn die Handlungsweise des Angestellten gegenüber einem Mitbewerber den Stempel der Unlauterkeit oder Unredlichkeit trage.44 2. Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 12 UWG a. F. Der Wortlaut des § 12 UWG a. F. erfasste nur Vorteile zugunsten des Angestellten selbst. Drittvorteile waren in § 12 UWG a. F. nicht geregelt. Die überwiegende Ansicht in der Literatur sowie die Rechtsprechung45 ging dennoch davon aus, dass § 12 UWG a. F. auch Vorteile zugunsten Dritter erfasste. Als Voraussetzung hierfür wurde teilweise gefordert, dass der Angestellte von der Zuwendung des Vorteils wusste,46 da andernfalls nicht davon gesprochen werden könne, dass der Vorteil dem Angestellten gewährt werde (was der Wortlaut jedoch voraussetzte).47 Außerdem müssten die Vorteile dem Angestellten jedenfalls mittelbar in irgendeiner Weise persönlich zugutekommen.48 Die Literatur49 sprach deshalb von einer sogenannten „mittelbaren Bestechung“. Für eine solche mittelbare Bestechung sollten bereits immaterielle Vorteile des Angestellten ausreichen.50 Als Empfänger des Vorteils, das heißt als Dritte im Sinne des § 12 UWG a. F., wurden in der Literatur Familienangehörige, Freunde oder sonstige nahestehende Personen (etwa eine Geliebte) des Angestellten genannt.51 Ob auch das Unternehmen Dritter sein konnte, diskutierte die Literatur – soweit ersichtlich – im Rahmen des § 12 UWG a. F. nicht.
II. Der Tatbestand des § 299 StGB Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 199752 fügte der Gesetzgeber § 12 UWG a. F. als neuen § 299 StGB (a. F.) in den mit dem Gesetz 44 Vgl. zu den vorstehenden Ausführungen die sogenannte Korkengeldentscheidung des Reichsgerichts, RGSt 48, 291, 294, 295. 45 von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 12; Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 8; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 10; vgl. auch BGH NJW 2006, 925, 927. 46 Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 8. 47 Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6. 48 Zu § 332 StGB siehe BGH NJW 1988, 2547, 2548; BGH NJW 1960, 971, 973. 49 Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6. 50 Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 8. 51 von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 12; Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, § 12 Rn. 6; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 8; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 10. 52 BGBl. I S. 2038, in Kraft getreten am 26. 11. 2015.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
ebenfalls neu geschaffenen 26. Abschnitt des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen den Wettbewerb ein.53 Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20. November 201554 änderte der Gesetzgeber § 299 StGB (a. F.) schließlich erneut und die Norm erhielt ihre bis heute geltende Fassung.55 1. § 299 StGB in seiner alten Fassung Die Vorschrift des § 299 StGB a. F.56 hatte folgenden Wortlaut: „(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.“
a) Einfügung der Vorschrift in das Strafgesetzbuch und Regelungsgehalt der Norm Indem der Gesetzgeber den Straftatbestand vom Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in das Strafgesetzbuch verlagert hat, wollte er verdeutlichen, dass „der freie Wettbewerb ein im Kerngesetz des Strafrechts zu schützendes Rechtsgut ist“.57 Eine inhaltliche Änderung der Vorschrift des § 12 UWG a. F. bezweckte der Gesetzgeber damit, die Norm in das Strafgesetzbuch zu verlagern, ausweislich der Gesetzesmaterialien allerdings nicht.58 Für die Auslegung des § 299 StGB im Rahmen der Rechtsanwendung sollte deswegen nach dem Willen des Gesetzgebers der Zusammenhang mit den Regelungen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb weiterhin zu beachten sein.59 Südbeck60 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Kontinuität des Unrechtstyps“ zwischen § 12 UWG a. F. und § 299 StGB a. F. 53 54 55 56 57 58 59 60
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 1. BGBl. I S. 2025. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 3. Fassung gültig vom 1. 1. 2000 bis zum 29. 8. 2002. BT-Drs. 13/5584, S. 9. BT-Drs. 13/5584, S. 15. BT-Drs. 13/5584, S. 15. Südbeck, wistra 2001, 156.
B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB
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Im Vergleich zu seiner Vorgängervorschrift im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sah der Tatbestand des § 299 StGB a. F. schwerere Rechtsfolgen vor. Als wesentliche Änderung im Vergleich zu § 12 UWG a. F. regelte der Gesetzgeber nun außerdem ausdrücklich die Thematik der Drittvorteile, indem er die Passagen „für sich oder einen Dritten“ in Absatz 1 und „für diesen oder einen Dritten“ in Absatz 2 der Norm einfügte. Hierdurch wollte der Gesetzgeber der Gesetzesbegründung nach klarstellen, dass es im Rahmen des § 299 StGB a. F. nicht darauf ankomme, „ob der jeweilige Vorteil dem Angestellten oder Beauftragten selbst oder einer anderen Person zugutekommen soll“.61 b) Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB a. F. Angesichts des bisherigen Verständnisses von Drittvorteilen im Rahmen des § 12 UWG a. F.62 und der in der Begründung des Gesetzesentwurfs63 gewählten Formulierung „(…) wird klargestellt, daß es auch bei der (…) Bestechung im geschäftlichen Verkehr nicht darauf ankommt, ob der jeweilige Vorteil dem Angestellten (…) selbst oder einer anderen Person zugutekommen soll.“,
könnte man davon ausgehen, dass auch § 299 StGB a. F. Vorteile an Dritte nur erfasste, wenn sie mittelbar auch dem Angestellten selbst zugutekamen.64 Hiervon scheint auch der Bundesgerichtshof auszugehen. In der sogenannten Kölner Müllskandal-Entscheidung65 führte das Gericht hierzu aus: „Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a. F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 8. 1997 (…) von § 12 UWG a. F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (…). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (…). Mit Einfügung der Worte ,für sich oder einen Dritten‘ in § 299 I StGB bzw. ,für diesen oder einen Dritten‘ in § 299 II StGB (sowie entspr. in §§ 331 ff. StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands.“
Diese Ansicht ist jedoch aufgrund des klaren Wortlauts der Norm problematisch66 und daher abzulehnen. Der Wortlaut sieht keine Einschränkungen dahingehend vor, 61 62 63 64 65 66
S. 95.
BT-Drs. 13/5584, S. 15. Siehe Kapitel 2, Abschnitt B. I. 2. BT-Drs. 13/5584, S. 15. Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23. BGH NJW 2006, 925, 927. So auch Fischer, § 299 Rn. 17; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; Walther,
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
dass der Vorteil zugunsten des Dritten gleichzeitig einen mittelbaren Vorteil für den Angestellten darstellen muss. § 299 StGB stellt einen Vorteil zugunsten des Angestellten selbst vielmehr eindeutig einem Vorteil zugunsten eines Dritten gleich („für sich oder einen Dritten“). Hätte der Gesetzgeber Drittvorteile nur bei gleichzeitiger – jedenfalls mittelbarer – Besserstellung des Angestellten erfassen wollen, hätte er das durch eine entsprechende Formulierung ausdrücken können und wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes nach Artikel 103 Abs. 2 GG auch ausdrücken müssen. Soweit die Rechtsprechung davon ausgeht, dass der Gesetzgeber durch die Änderung des Wortlauts des § 299 StGB a. F. den bisherigen Rechtszustand nicht habe ändern wollen, ist dem zwar insoweit zuzustimmen, als die Gesetzesbegründung ausführt, der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, die Vorschrift des § 12 UWG a. F. inhaltlich zu ändern, als er sie in das Strafgesetzbuch verlagerte. Diese Begründung kann man jedoch nicht als Argument dafür heranziehen, dass die Rechtslage zu § 12 UWG a. F. uneingeschränkt fortgelten sollte. Denn der Gesetzgeber nimmt in der Gesetzesbegründung die „im Anschluss darzustellenden Änderungen“ – das meint die in den folgenden Absätzen der Gesetzesbegründung aufgeführten Neuerungen, unter anderem die Frage der Drittvorteile, – hiervon ausdrücklich aus.67 Die überwiegende Ansicht in der Literatur68 ging daher davon aus, dass § 299 StGB a. F. Drittvorteile uneingeschränkt erfasse und die noch im Rahmen des § 12 UWG a. F. erforderliche mittelbare Besserstellung des Angestellten bei § 299 StGB a. F. nicht mehr vorzuliegen brauche. Für diese Betrachtungsweise spricht auch, dass die Begründung des Gesetzesentwurfs an der entscheidenden Stelle69 auf die Begründung zu § 331 StGB verweist. Dort70 nimmt der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich auf die bisher von der Rechtsprechung geforderte mittelbare Besserstellung des Angestellten bei Vorteilen an Dritte Bezug. Die Gesetzesbegründung führt aus, dass das Rechtsgut der Norm nicht nur bei Vorteilen an Dritte, die dem Angestellten mittelbar zugutekommen, berührt werde, sondern dass es auch dann verletzt sei, wenn der Angestellte Vorteile für Dritte annehme. Insofern ist die Klarstellung dahingehend zu verstehen, dass Drittvorteile statt wie bisher nur bei mittelbarer Besserstellung des Angestellten nunmehr uneingeschränkt dem Tatbestand des § 299 StGB a. F. unterfallen sollten. In diesem Sinne begründet auch der Gesetzesentwurf des Bundesrats71 die Einfügung des Wortlauts „oder einen Dritten“ ausdrücklich mit einer Klarstellung da67 BT-Drs. 13/5584, S. 15: „Eine inhaltliche Änderung der Vorschrift ist mit der Verlagerung in das Strafgesetzbuch, abgesehen von den im Anschluss darzustellenden Änderungen, nicht beabsichtigt.“ 68 Fischer, § 299 Rn. 17; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 79; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61; L/K/Heger, § 299 Rn. 4; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60; S/S/Eisele, § 299 Rn. 16. 69 BT-Drs. 13/5584, S. 15. 70 BT-Drs. 13/5584, S. 16. 71 BT-Drs. 13/3353, S. 11.
B. Entstehungsgeschichte des § 299 StGB
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hingehend, dass nunmehr keine mittelbare Besserstellung des Angestellten mehr nachgewiesen werden müsse. 2. § 299 StGB in seiner aktuellen Fassung § 299 StGB in seiner aktuellen Fassung geht auf das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20. November 201572 zurück. Dieses diente maßgeblich dazu, internationale und europarechtliche Vorgaben zur Verhinderung und Bekämpfung von grenzüberschreitender und internationaler Korruption umzusetzen.73 a) Die Schaffung der Geschäftsherrenvariante Die dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20. November 2015 zugrunde liegenden europarechtlichen Vorgaben sahen vor, dass eine Strafbarkeit wegen Korruption auch in Fällen anzunehmen sein sollte, in denen der Vorteilsnehmer als Gegenleistung für den zugewendeten Vorteil eine Handlung unter Verletzung seiner Pflichten gegenüber dem Inhaber des Betriebs vornehmen oder unterlassen sollte.74 Der Gesetzgeber setzte diese Vorgaben um, indem er die Geschäftsherrenvariante als jeweilige Nummer 2 der Absätze 1 und 2 in § 299 StGB a. F. einfügte. Durch diese Gesetzesänderung wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung den „Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“ – der bereits bisher durch § 299 StGB a. F. intendiert gewesen sei – erweitern.75 b) Diskussion um Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB in seiner aktuellen Fassung Dass § 299 StGB um die Geschäftsherrenvariante erweitert wurde, wirkte sich auf die Frage der Drittvorteile nicht aus, weil der Wortlaut der Geschäftsherrenvariante („für sich oder einen Dritten“ beziehungsweise „für diesen oder einen Dritten“) identisch mit dem Wortlaut der Wettbewerbsvariante ist. Insoweit gilt das oben76 zu § 299 StGB a. F. bereits Dargestellte.
72 73 74 75 76
BGBl. I S. 2025. BT-Drs. 18/4350. Vgl. BT-Drs. 18/4350, S. 20, 21. Vgl. BT-Drs. 18/4350, S. 20, 21. Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. b).
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut Im zweiten Teil der einleitenden Ausführungen zu § 299 StGB soll nun das Rechtsgut des § 299 StGB näher beleuchtet werden.
I. Das strafrechtliche Rechtsgut Die Aufgabe des Strafrechts ist der Schutz von Rechtsgütern vor Gefährdung und Verletzung.77 Der Begriff des strafrechtlichen Rechtsguts ist hierbei jedoch umstritten.78 Das gilt einerseits hinsichtlich einer genauen Definition, andererseits aber insbesondere auch für seine Funktion und Leistungsfähigkeit innerhalb des Strafrechts.79 Im Rahmen der „klassischen Rechtsgutslehre“80 stehen sich im Wesentlichen zwei Ansätze gegenüber:81 Ein systemimmanentes82 Rechtsgutskonzept (auch methodischer Rechtsgutsbegriff) versteht unter dem strafrechtlichen Rechtsgut das, „was der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten gesetzgeberischen Ermessens als schützenswert erachtet hat“.83 Es handelt sich mithin um die ratio legis der Strafvorschrift.84 Diese diene als Anknüpfungspunkt für die Auslegung einer Norm sowie die Prüfung der Verhältnismäßigkeit.85 Der systemimmanente Ansatz kann den Gesetzgeber jedoch nicht bei der Schaffung von Straftatbeständen anleiten, weil er keine strafwürdigen Güter- und Interessenverletzungen zu benennen vermag.86 Das systemtranszendente87 Rechtsgutskonzept (auch systemkritischer Rechtsgutsbegriff) setzt dieser Stelle vorgelagert88 an. Ihm liegt die (zunächst von konkreten 77
NK-StGB/Hassemer/Neumann, Vorbemerkungen zu § 1 Rn. 109; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 9; Rönnau, JuS 2009, 210. 78 Vgl. Rönnau, JuS 2009, 210, 211; BVerfG NJW 2008, 1137, 1138; vgl. auch MüKo-StGB/Joecks/Erb, Einleitung Rn. 34, 38; zum Ursprung des Rechtsgutsbegriffs und seiner Entwicklung sowie zu vertretenen Ansätzen siehe ausführlich Swoboda, ZStrW 2010, 24; zu verschiedenen Definitionsansätzen vgl. Engländer, ZStrW 2015, 616. 79 Koepsel, S. 62; Rönnau, JuS 2009, 210, 211. 80 Swoboda, ZStrW 2010, 24, 37. 81 Wollschläger, S. 6; zu alternativen Ansätzen (etwa zum sog. Harm Principle und sog. Offence Principle) vgl. S/S/Eisele, Vorbemerkungen zu den §§ 13 ff. Rn. 10b und ausführlicher Swoboda, ZStrW 2010, 24, 37 ff. 82 Vgl. zur Terminologie Wollschläger, S. 6. 83 Swoboda, ZStrW 2010, 24. 84 BVerfG NJW 2008, 1137, 1138; Swoboda, ZStrW 2010, 24. 85 Swoboda, ZStrW 2010, 24. 86 BVerfG NJW 2008, 1137, 1138; Swoboda, ZStrW 2010, 24. 87 Vgl. zur Terminologie Engländer, ZStrW 2015, 616. 88 Wollschläger, S. 6.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Straftatbeständen losgelöste) Frage zugrunde, welche Güter unter welchen Voraussetzungen strafrechtlich schutzwürdig sind.89 Danach habe sich das Strafrecht auf in besonderem Maße sozialschädliches Verhalten zu beschränken, sodass nur elementare Lebensinteressen des Einzelnen oder der Gesellschaft in den Rang strafrechtlich geschützter Rechtsgüter erhoben werden dürften.90 Maßgeblich seien dabei die verfassungsrechtlichen Grenzen, die eine Anerkennung strafrechtlich zu schützender Rechtsgüter ge- oder verböten.91 Dem Gesetzgeber solle es untersagt sein, Verhaltensweisen zu inkriminieren, die keine Rechtsgüter gefährden oder verletzen.92 Das Ziel und der Vorteil des systemtranszendenten Rechtsgutskonzepts gegenüber dem systemimmanenten Rechtsgutskonzept besteht darin, dass mit Hilfe dieses Ansatzes die Grenzen zulässiger Strafgesetzgebung bestimmt und damit dem Gesetzgeber Vorgaben bei der Schaffung von Strafnormen gemacht werden können.93 Das Bundesverfassungsgericht hat sich insoweit in seiner sogenannten Inzest-Entscheidung94 allerdings kritisch geäußert und eingewandt, „dass es nach der grundgesetzlichen Ordnung Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist, ebenso wie die Strafzwecke auch die mit den Mitteln des Strafrechts zu schützenden Güter festzulegen und die Strafnormen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen“.
Diese Befugnis könne nicht unter Berufung auf angeblich vorfindliche oder durch Instanzen jenseits des Gesetzgebers „anerkannte“ Rechtsgüter eingeengt werden. Des Weiteren eignet sich das systemtranszendente Rechtsgutskonzept nur begrenzt als „Hilfsmittel“95 zur Auslegung einer Strafnorm, da es von der Strafnorm losgelöst formuliert wird.96 Die Frage nach dem Begriff und der Funktion des Rechtsguts innerhalb des Strafrechts kann im Rahmen dieser Arbeit nicht vollumfänglich dargestellt und entschieden werden, ohne deren Rahmen zu sprengen und über die dieser Arbeit zugrunde liegenden Problematik hinauszugehen. Da das Rechtsgut im Rahmen dieser Arbeit maßgeblich hinsichtlich seiner Funktion zur Auslegung des § 299 StGB herangezogen werden soll, wird der weiteren Untersuchung das systemimmanente Rechtsgutskonzept zugrunde gelegt. 89
S/S/Eisele, Vormerkungen zu den §§ 13 ff. Rn. 6. S/S/Eisele, Vormerkungen zu den §§ 13 ff. Rn. 6. 91 MüKo-StGB/Joecks/Erb, Einleitung Rn. 35; kritisch hierzu S/S/Eisele, Vormerkungen zu den §§ 13 ff. Rn. 10a. 92 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 12. 93 Vgl. Engländer, ZStrW 2015, 616; Otto, Jura 2016, 361, 365. 94 BVerfG NJW 2008, 1137, 1138; zustimmend, dass der Gesetzgeber nicht durch vorpositive Wertungen gebunden sein kann, S/S/Eisele, Vormerkungen zu den §§ 13 ff. Rn. 10a. 95 Otto, Jura 2016, 361, 365. 96 Wollschläger, S. 6. 90
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
II. Das Rechtsgut des § 299 StGB Hinsichtlich der Frage, welches Rechtsgut § 299 StGB schützt, muss man zwischen den beiden Tatbeständen der Norm, der Wettbewerbs- und der Geschäftsherrenvariante, unterscheiden. Hinsichtlich beider Tatbestandsvarianten sei an dieser Stelle jedoch bereits einleitend darauf hingewiesen, dass die Stellung des § 299 StGB im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen den Wettbewerb nicht zwingend ausschließt, dass § 299 StGB neben dem in der Überschrift genannten Rechtsgut des Wettbewerbs auch weitere Rechtsgüter schützt.97 Die Überschrift eines Abschnitts im Strafgesetzbuch bedeutet nicht, dass die in dem jeweiligen Abschnitt befindlichen Straftaten ausschließlich das in der Überschrift genannte Rechtsgut schützen.98 Das zeigt sich, wenn man die übrigen Abschnitte des Strafgesetzbuchs und die darin geregelten Straftatbestände sowie die von diesen jeweils geschützten Rechtsgüter einmal näher in den Blick nimmt. Ein Beispiel bietet etwa der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB.99 Dieser ist im 7. Abschnitt des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen die öffentliche Ordnung geregelt. Nach herrschender Meinung100 schützt § 123 StGB jedoch (auch) das Hausrecht als Individualrechtsgut. Gleiches gilt für § 142 StGB, den Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort.101 Insofern zeigt sich, dass die Überschrift eines Abschnitts im Strafgesetzbuch keine zwingenden Rückschlüsse darauf erlaubt, welche Rechtsgüter die in dem Abschnitt befindlichen Straftatbestände schützen.102 1. Das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB Das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante ist umstritten.103 Vorgeschlagen werden der Wettbewerb als Rechtsgut der Allgemeinheit sowie verschiedene Individualrechtsgüter, etwa der Schutz der Mitbewerber (hinsichtlich ihrer Vermögensinteressen und/oder ihrer Chancengleichheit am Markt), des Geschäftsherrn (in Bezug auf seine Geschäfts- und/oder Vermögensinteressen bei pflichtwidrigem Verhalten des Angestellten) sowie das Interesse der Kunden und Verbraucher an einem Schutz vor Verteuerung, vor dem Erhalt schlechter Ware sowie vor unrichtiger Beratung. Ver97
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; so aber bezüglich des Geschäftsherrn Koepsel, S. 67. Vgl. MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 89; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15. 99 Vgl. MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 83. 100 Vgl. MüKo-StGB/Schäfer, § 123 Rn. 1; NK-StGB/Ostendorf, § 123 Rn. 11; L/K/Heger, § 123 Rn. 1; OLG Köln NJW 1982, 2740; OLG Hamm NJW 1982, 2676, 2677. 101 Vgl. MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 83. 102 Vgl. Hoven, NStZ 2015, 553, 559 mit dem Beispiel des § 221 StGB. 103 Siehe zu den in diesem Absatz skizzierten Meinungen mit jeweiligen Nachweisen ausführlich den folgenden Abschnitt in Kapitel 2, Abschnitt C. II. 98
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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einzelt werden außerdem von den genannten Rechtsgütern losgelöste, weitaus komplexere Rechtsgutsdefinitionen genannt. Die angesprochenen Rechtsgüter sollen teilweise einzeln oder in verschiedenen Kombinationen das Rechtsgut der Norm bilden. Uneinigkeit herrscht in Fällen, in denen eine Kombination der Rechtsgüter angenommen wird, außerdem hinsichtlich des Verhältnisses der einzelnen Rechtsgüter zueinander: Teile der Literatur nehmen einen vor- oder nachrangigen, einen unmittelbaren, nur mittelbaren oder einen reflexartigen Schutz oder ein gleichrangiges Nebeneinander der Schutzgüter an. Diese auf den ersten Blick unübersichtliche und teils ausufernd wirkende Diskussionslage erfährt vielerorts Kritik.104 Vormbaum105 etwa bezeichnet die Frage nach dem Rechtsgut des § 299 StGB als Kaleidoskop dessen, was an kriminalpolitischen Überlegungen und Kriminalisierungswünschen aus dem Tatbestand der Norm heraus- beziehungsweise in ihn hineingelesen werden könne. a) Das Rechtsgut des Wettbewerbs Nach ganz herrschender Ansicht in der Literatur106 schützt die Wettbewerbsvariante den Wettbewerb.107 Der geschützte Wettbewerb wird in diesem Zusammenhang unter anderem als „frei“, „lauter“, „redlich“ oder „fair“ bezeichnet.108 Die Rechtsprechung geht ebenfalls davon aus, dass § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB den freien Wettbewerb schützt.109 Vereinzelte Gegenstimmen in der Literatur110 sehen den Begriff des Wettbewerbs als zu ungenau, zu unpräzise, zu abstrakt oder zu offen an und lehnen den Wettbewerb als Rechtsgut der Wettbewerbsvariante daher ab.
104 Pragal, ZIS 2006, 63; Krack, Festschrift Samson, 2006, S. 377, 380; Walther, Jura 2010, 511, 513; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 12; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 71; Koepsel, S. 65; Menn, S. 63. 105 Vormbaum, Festschrift Schröder, 2006, S. 649, 651; zustimmend Walther, S. 63. 106 Fischer, § 299 Rn. 2; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 5; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 12; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 4; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 5; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 9; Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 786; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 8; Wollschläger, S. 26; Borutta, S. 92. 107 A. A. Pragal, ZIS 2006, 63, 71; Teixeira, S. 212. 108 Vgl. beispielsweise BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 5; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 9. 109 BGH NJW 2017, 2565, 2567; BGH NJW 2004, 3129, 3133; BGH wistra 2011, 375, 382; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215. 110 Szebrowski, S. 163; Koepsel, S. 93; Pragal, S. 134, wonach der Wettbewerb nicht das Rechtsgut der Norm bilde, sondern lediglich den Lebensbereich beschreibe, innerhalb dessen die tatbestandliche Handlung des § 299 StGB vorgenommen werde; Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 908.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
aa) Argumentation Das Rechtsgut des Wettbewerbs lässt sich in systematischer Hinsicht bereits aus der Überschrift des 26. Abschnitts, in dem sich § 299 StGB befindet, ableiten.111 Sie lautet „Straftaten gegen den Wettbewerb“. Für einen Wettbewerbsschutz spricht auch die Herkunft und Entstehungsgeschichte der Norm.112 Der Tatbestand der aktiven und passiven Bestechung war wie bereits113 angesprochen ursprünglich in dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt und stammt somit aus dem Wettbewerbsrecht. Zwar existierte zu Zeiten des § 12 UWG a. F. noch keine § 1 UWG114 entsprechende Norm, die den Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ausdrücklich formulierte. Allerdings macht bereits der Titel des UWG als „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ dessen Schutzrichtung und damit auch die Schutzrichtung der darin geregelten Normen, einschließlich des § 12 UWG a. F., hinreichend deutlich. In diesem Sinne ging auch die Literatur zu § 12 UWG a. F. davon aus, dass die Norm den redlichen Wettbewerb vor Verfälschung schützt.115 Der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber diesen Schutzzweck des § 12 UWG a. F. ändern wollte, als er ihn in das Strafgesetzbuch überführte. Im Gegenteil betont die Gesetzesbegründung ausdrücklich, dass der Tatbestand aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stammt und dessen Herkunft bei der Auslegung des § 299 StGB a. F. zu berücksichtigen ist.116 Aus der Gesetzesbegründung117 ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Schutz des freien Wettbewerbs durch die Regelung der Bestechung und Bestechlichkeit im Strafgesetzbuch beibehalten und als (Kern-)Strafrecht verstärken wollte: „Zur Verdeutlichung, daß der freie Wettbewerb ein im Kerngesetze des Strafrechts zu schützendes Rechtsgut ist, schlägt der Entwurf vor, einen neuen Abschnitt ,Straftaten gegen den Wettbewerb‘ in das Strafgesetzbuch einzufügen. (…) Durch die Einfügung des neuen Abschnitts in das Strafgesetzbuch und den damit verbundenen Änderungen des bisher 111
Wollschläger, S. 14; Mölders, S. 109. Menn, S. 47. 113 Siehe bereits oben Kapitel 2, Abschnitt B.; vgl. BT-Drs. 13/5584 S. 9. 114 § 1 UWG lautet: „Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.“ 115 von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 2; Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, Vor § 12 Rn. 3; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 2; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 2. 116 Vgl. BT-Drs. 13/5584 S. 15: „Eine inhaltliche Änderung der Vorschrift ist mit der Verlagerung in das Strafgesetzbuch (…) nicht beabsichtigt. Für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des neuen § 299 StGB wird daher weiterhin von Bedeutung sein, daß es sich bei dieser Vorschrift um einen Straftatbestand aus dem Bereich des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb handelt.“ 117 Vgl. BT-Drs. 13/5584, S. 9, 12. 112
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geltenden Rechts wird deutlich gemacht, daß der Schutz des Wettbewerbs eine wichtige Aufgabe des Staates ist, zu dessen Durchsetzung nicht zuletzt auch ein verstärkter strafrechtlicher Schutz geboten ist. Mit der Aufnahme des neuen Abschnitts in das Strafgesetzbuch wird der Tatsache Rechnung getragen, daß sich heutzutage das Strafrecht nicht mehr auf den Schutz traditioneller Rechtsgüter wie Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen beschränken darf, sondern auch den von überindividuellen Interessen einzubeziehen hat.“
Ferner spricht der Wortlaut des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB dafür, dass die Wettbewerbsvariante den Wettbewerb schützt.118 Die Norm bezieht sich ausdrücklich auf den „inländischen oder ausländischen Wettbewerb“, im Rahmen dessen der Angestellte oder Beauftragte einen Marktteilnehmer bevorzugen muss. Schließlich bestätigt die Regelung zum Strafantragsrecht in § 301 Abs. 2 StGB das Rechtsgut des Wettbewerbs.119 Dort ist speziell für die Wettbewerbsvariante ein Antragsrecht für die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 UWG genannten Verbände und Kammern vorgesehen. Das sind zum einen rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen (Nr. 2) sowie zum anderen Industrie- und Handels- und Handwerkskammern (Nr. 4). Diese Verbände und Kammern dienen vor allem dem Schutz des Wettbewerbs.120 Bei Antragsdelikten ist, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, gemäß § 77 Abs. 1 StGB grundsätzlich der Verletzte der Straftat antragsberechtigt. Verletzter einer Straftat ist der „Träger des durch die Tat unmittelbar geschützten Rechtsguts“, also derjenige, in dessen Rechtskreis durch die Verwirklichung des Straftatbestands eingegriffen worden ist.121 Wenn den eben genannten Verbänden und Kammern ein Antragsrecht gewährt wird, bedeutet das, dass der Täter, der die Wettbewerbsvariante verwirklicht, in deren Rechtskreis eingreift. Andernfalls bestünde kein Bedürfnis für ein Strafantragsrecht. Hiergegen spricht auch nicht, dass es in § 301 Abs. 2 StGB heißt: „Das Recht (…) haben (…) neben dem Verletzten (…)“.
Zwar wird durch diese Formulierung deutlich, dass die genannten Verbände und Kammern gerade nicht die Verletzten und damit auch nicht Rechtsgutsträger sind. Das wiederum spricht aber nicht zwingend gegen das Rechtsgut Wettbewerb, weil der Wettbewerb nicht (ausschließlich) mit den genannten Verbänden und Kammern gleichzusetzen ist. Soweit gegen das Rechtsgut Wettbewerb eingewendet wird, es sei zu unpräzise oder zu unbestimmt,122 muss beachtet werden, dass sich das Bestimmtheitsgebot gemäß Artikel 20 Abs. 3 GG nur auf den Tatbestand, nicht aber auf das Rechtsgut 118
Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; Vormbaum, Festschrift Schröder, 2006, S. 649, 652; Menn, S. 47; Hampen, S. 17 f.; Mölders, S. 108. 119 Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16. 120 „Die IHKs verstehen sich als Anwalt eines fairen Wettbewerbes.“, vgl. IHK – Drei Säulen einer Idee. 121 Fischer, § 77 Rn. 2. 122 Vgl. etwa Szebrowski, S. 163.
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einer Strafnorm bezieht.123 Der Täter muss zwar anhand der Norm zweifelsfrei erkennen können, welche Handlungsweise strafrechtlich verboten, nicht aber, welches Rechtsgut vom Tatbestand geschützt ist.124 Aufgrund der dargestellten Argumente wird nach hier vertretener Auffassung der Wettbewerb als Rechtsgut der Wettbewerbsvariante angesehen. bb) Definition des Rechtsguts Wettbewerb Fraglich ist nun aber, was sich hinter dem Begriff des Wettbewerbs verbirgt und wie sich dieses Rechtsgut definieren oder „präzisieren“125 lässt.126 Eine Legaldefinition des Begriffs „Wettbewerb“ findet sich weder im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb noch im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Beide Gesetze setzen den Begriff des Wettbewerbs schlicht voraus.127 Auch § 299 StGB oder sonstige Normen des Strafgesetzbuchs, insbesondere § 11 StGB, der für das Strafgesetzbuch relevante Personen- und Sachbegriffe definiert, enthalten keine gesetzliche Definition des Wettbewerbs.128 Die überwiegende Ansicht129 im Schrifttum definiert das Tatbestandsmerkmal Wettbewerb im Rahmen des § 299 StGB als wirtschaftliches Konkurrenzverhältnis zwischen dem Vorteilsgeber und den Mitbewerbern. Vormbaum130 versteht unter dem Begriff des Wettbewerbs einen Vorgang zwischen den Kunden des fraglichen Geschäftsbetriebs. Ähnlich argumentiert Walter131, der den Wettbewerb (im Sinne einer Institution) als Spiel von Angebot und Nachfrage definiert. Angebot und Nachfrage seien dabei der Anbietende und der Nachfragende und damit letztlich der Geschäftsherr und die Konkurrenten. Diese Definitionen des Tatbestandsmerkmals Wettbewerb helfen für die Definition des Rechtsguts Wettbewerb allerdings nicht weiter. Denn die Konkurrenz mehrerer Wettbewerbsteilnehmer, die nach den oben genannten Definitionen den 123
NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 9; ebenso Menn, S. 49; Hampen, S. 21; Gorius, S. 103. Menn, S. 49. 125 Walther, S. 62. 126 Vgl. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 157; vgl. zu Definitionsversuchen auch Gercke/ Wollschläger, wistra 2008, 5, 6; a. A. Gorius, S. 113, wonach das Rechtsgut keiner Konkretisierung bedürfe. 127 MHdB GesR I/Mattfeld, § 52 Rn. 11; MüKo-Lauterkeitsrecht/Sosnitza, Teil I Grundlagen des Lauterkeitsrechts Rn. 1. 128 Gorius, S. 93. 129 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 46; S/S/Eisele, § 299 Rn. 28; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 76; L/K/Heger, § 299 Rn. 5; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 32; Sahan, in: Graf/Jäger/ Wittig, § 299 Rn. 32; ähnlich Koepsel, S. 81. 130 Vormbaum, Festschrift Schröder, 2006, S. 649, 650. 131 Walter, wistra 2001, 321, 323. 124
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Wettbewerb ausmacht, wird durch korruptives Verhalten nicht beseitigt oder gestört. Sie ist vielmehr schon die Ursache und der Ausgangspunkt sowie gleichzeitig die Voraussetzung dessen. Für die Frage nach dem Rechtsgut Wettbewerb kommt es deshalb nicht auf das „Ob“ der Konkurrenz, also darauf, ob eine solche besteht, an. Maßgeblich, um den Begriff des Wettbewerbs zu konkretisieren, ist vielmehr das „Wie“ der Konkurrenz.132 Es muss untersucht werden, nach welchen Vorgaben oder Regeln die Konkurrenz zu erfolgen hat, um herauszufinden, welche die prägenden Eigenschaften des von der Wettbewerbsvariante geschützten Wettbewerbs sind.133 Die überwiegenden Stimmen in der Literatur134 verstehen unter dem Rechtsgut des Wettbewerbs das Interesse der Allgemeinheit an fairen und unverfälschten Wettbewerbsbedingungen. Der Wettbewerb „als Institution der Marktordnung in seiner sozialen und rechtlichen Bedeutung für die Gesellschaft als Ganzes“135 soll vor Einflussnahmen geschützt werden, die geeignet sind, sachwidrige Marktentscheidungen zu begünstigen.136 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs führte hierzu aus, es handle sich bei dem Rechtsgut des § 299 StGB a. F. um die strafwürdige Störung des Wettbewerbs und die abstrakte Gefahr sachwidriger Entscheidungen.137 Gemeinsam ist den geschilderten Ansätzen von Literatur und Rechtsprechung, dass sie den Unrechtsgehalt des korruptiven Verhaltens darin sehen, dass es sachfremd und sachwidrig sowie geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen. Der Anknüpfungspunkt des Rechtsguts ist damit der Entscheidungsmaßstab beziehungsweise das Entscheidungskriterium, das wirtschaftlichen Entscheidungen zugrunde liegt. Diese Entscheidungen sollen anhand sachgerechter und unverfälschter Motive getroffen werden. Zu untersuchen ist deshalb, anhand welcher Kriterien oder Motive wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen sind, um sachgerecht und unverfälscht zu sein. Koepsel138 schlägt als Entscheidungsmaßstab insofern das Leistungsprinzip vor. Hierbei soll es darauf ankommen, wer die beste Leistung erbringe.139 Ähnlich sprechen Wollschläger140 und Szebrowski141, die den Begriff „Leistungswettbe132
Vgl. Mölders, S. 129 f. Vgl. hierzu auch Walther, S. 62, wonach es um den Maßstab für die Regelgerechtigkeit der finalen Bezugsentscheidung gehe; auch Mölders, S. 129 f. 134 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; S/S/Eisele, § 299 Rn. 3 m. w. N. 135 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15. 136 S/S/Eisele, § 299 Rn. 3 m. w. N. 137 BGH NJW 2006, 3290, 3298; BGH NStZ-RR 2015, 278, 279. 138 Koepsel, S. 100; zustimmend Rönnau, StV 2009, 302, 304; Peinemann, S. 107; Walther, Jura 2010, 511, 513; ders., S. 62; Borutta, S. 92; Hampen, S. 18; Francuski, BLJ 2009, 3, 4; Saliger, Festschrift Kargl, S. 493, 500; a. A. Teixeira, S. 201 ff.; Kahmann, S. 180 f. und Altenburg, S. 74 f. 139 Koepsel, S. 100; auch Hampen, S. 18. 140 Wollschläger, S. 14. 133
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
werb“142 verwenden, in diesem Zusammenhang von der besten Preis-Leistungs-Relation sowie der Preiswertigkeit des jeweiligen Produkts, anhand derer Entscheidungen in der Wirtschaft zu treffen seien. Parameter, um die beste Leistung zu bestimmen und zu konkretisieren, seien etwa das jeweilige Produkt und dessen Eigenschaften (zum Beispiel Qualität, Preis, Aussehen, Verpackung) sowie die Umstände der Leistung (zum Beispiel Service, Lage des Geschäftsbetriebs, Lieferzeiten, Zahlungsmodalitäten, Maßnahmen des Herstellers zur Sicherung von Arbeitsplätzen oder zum Umweltschutz).143 Dem ist – jedenfalls was die Grundzüge der Argumentation angeht – zuzustimmen. Indem man auf das Leistungsprinzip144 abstellt, stellt man sicher, dass der Entscheidungsprozess im Geschäftsverkehr ausschließlich an Kriterien orientiert ist, die in der Leistung selbst begründet sind oder einen unmittelbaren oder jedenfalls mittelbaren Bezug zu der Leistung haben.145 Das Bedürfnis nach einer sachgerechten und unverfälschten Entscheidung, wie es die Rechtsprechung und Literatur überwiegend fordern, kann auf diese Weise gestillt werden. Anders als teilweise146 gegen das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab eingewandt, handelt es sich bei den oben genannten Faktoren, die das Leistungsprinzip kennzeichnen, durchaus um objektive Regeln, anhand derer festgestellt werden kann, ob eine Entscheidung sachgerecht getroffen worden ist oder nicht. Zwar mag es für den Bereich der Privatwirtschaft keine gesetzlich normierten Auswahlkriterien für wettbewerbliche Entscheidungen geben. Das Kriterium eines unmittelbaren Bezugs zur oder eines direkten Zusammenhangs mit der Leistung ermöglicht es aber, ausreichend klar abzugrenzen, welche Entscheidungsparameter sachgerecht oder sachfremd sind. Soweit Koepsel das Leistungsprinzip in diesem Zusammenhang als subjektiviert versteht und als Entscheidungsfaktoren etwa zulässt, dass der Anbieter ein guter Freund147 sei, ist das abzulehnen. Faktisch mögen derartige subjektive Kriterien den Angestellten durchaus in seinem Handeln leiten. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um Faktoren, die „Teil der Leistung“148 sind und diese ausmachen. Die Tatsache, dass ein persönliches Näheverhältnis zum Anbieter besteht, liegt anders als etwa die
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Szebrowski, S. 160. Ebenso Kubiciel, ZIS 2014, 667, 671, der den Leistungswettbewerb als Institution beziehungsweise Ordnungsverfahren der Marktwirtschaft versteht; Jaques, S. 97. 143 Koepsel, S. 101; kritisch hierzu Gorius, S. 138. 144 Auch das Bundesverfassungsgericht geht in BVerfG GRUR 2008, 81, 82 davon aus, dass ein sogenannter Leistungswettbewerb herrsche und der Wettbewerb damit „an der Leistung orientiert“ sei. 145 Vgl. Lampe, Festschrift Stree/Wessels, S. 449, 462; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59. 146 Gorius, S. 138. 147 Koepsel, S. 103. 148 Francuski, BLJ 2009, 3, 4. 142
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Nachhaltigkeit eines Produktionsverfahrens außerhalb der Leistung und kann daher kein Faktor im Rahmen des Leistungsprinzips sein. Nicht zuzustimmen ist Koepsel149 weiter dahingehend, dass das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab für Bevorzugungen im Wettbewerb losgelöst vom Wettbewerb selbst an sich das alleinige Rechtsgut der Wettbewerbsvariante darstelle. Dass der Wettbewerb das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante darstellt, ergibt sich, wie oben150 bereits ausführlich geschildert, eindeutig aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte sowie der Systematik der Norm. Soweit Koepsel das Rechtsgut des Wettbewerbs mit der Begründung ablehnt, dieses sei nicht ausreichend präzise und zu abstrakt,151 ist es sinnvoller, den Begriff zu konkretisieren und zu definieren, statt ihn entgegen Wortlaut, Historie und Systematik der Norm abzulehnen und ein gänzlich neues Rechtsgut zu schaffen. Im Rahmen der strafrechtlichen Rechtsgutsdiskussion muss hierbei auch keine allgemein gültige, insbesondere keine rechtsgebietsübergreifende Definition des Begriffs „Wettbewerb“ gefunden werden, die etwa auch im Zivilrecht, vor allem im Lauterkeitsrecht, Gültigkeit beansprucht und die dort herrschenden, mit dem Begriff des Wettbewerbs verbundenen Fragen und Unsicherheiten aufzulösen vermag.152 Es reicht zur präzisen Definition Rechtsguts vielmehr zu ermitteln, welche Form des Wettbewerbs der Gesetzgeber als strafrechtlich schützenswert angesehen hat. Das ist ein Wettbewerb, der frei von persönlichen und sachfremden Motiven ist. Frei von persönlichen und sachfremden Motiven ist der Wettbewerb wiederum nur dann, wenn er ausschließlich an der Leistung orientiert ist. Zudem ermöglicht das Leistungsprinzip einen Schutz der Mitbewerber,153 da es eine Chancengleichheit hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen bei der Entscheidung gewährleistet, indem allein die Leistungsfähigkeit der Marktteilnehmer in Bezug auf die konkrete Leistung ausschlaggebend ist und für alle Mitbewerber dementsprechend die gleichen Wettbewerbsbedingungen gelten.154 Den von der Wettbewerbsvariante geschützten Wettbewerb charakterisiert mithin das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab,155 sodass hierin das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante zu sehen ist.
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Koepsel, S. 108, 111. Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) aa). 151 Koepsel, S. 93. 152 In diese Richtung aber wohl Koepsel, S. 93, 94. 153 Koepsel, S. 108; siehe zum Schutz der Mitbewerber auch nachfolgend unter Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. 154 Vgl. Koepsel, S. 88 ff.; vgl. Wollschläger, S. 14. 155 Ähnlich Wollschläger, S. 14; auch Peinemann, S. 107, der das Leistungsprinzip als Ausprägung des Leistungswettbewerbs versteht. 150
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
cc) Fazit zum Rechtsgut Wettbewerb Die Wettbewerbsvariante schützt nach der hier zugrunde gelegten Auffassung den Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab als Rechtsgut der Allgemeinheit. b) Das Rechtsgut der Mitbewerber Fraglich ist, ob die Wettbewerbsvariante neben dem Wettbewerb als Rechtsgut der Allgemeinheit noch weitere Individualrechtsgüter schützt. Nach überwiegender Ansicht156 schützt die Wettbewerbsvariante neben dem Wettbewerb auch die Mitbewerber. Die Gegenansicht157 sieht ausschließlich den Wettbewerb als Rechtsgut an und geht davon aus, die Mitbewerber seien nur „mittelbar“158 oder nur als „Reflex“159 geschützt. aa) Argumentation Für einen Schutz der Mitbewerber lässt sich anführen, dass die Mitbewerber integraler Bestandteil des Wettbewerbs als solchem sind. Nach allen oben160 genannten Definitionen des Wettbewerbs161 setzt dieser voraus, dass ein Konkurrenzverhältnis zwischen Mitbewerbern bestehe. Denke man die Mitbewerber hinweg, fehlte es bereits an einem Konkurrenzverhältnis und es läge im Ergebnis kein Wettbewerb vor. Insoweit sind die Mitbewerber unabdingbare Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Wettbewerb vorliegt.162 Wenn nun aber die Mitbewerber Teil des Wettbewerbs sind und § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB den Wettbewerb 156 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 5; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 1; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 11; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 12; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215; Krack, NStZ 2001, 505, 507; Bach, wistra 2008, 47, 49; Lesch, AnwBl. 2003, 264; S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; OLG Karlsruhe NJWE-WettbR 2000, 227, 228; L/K/Heger, § 299 Rn. 1. 157 Vormbaum, Festschrift Schröder, 2006, S. 649, 652; Menn, S. 60; Walther, S. 62; Mölders, S. 161; Fischer, § 299 Rn. 2; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 4; A/R/R/ Rönnau, § 299 Rn. 13; Lüderssen, Festschrift Tiedemann, 2008, S. 889, 892; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 2; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 71; Koepsel, S. 91. 158 So Fischer, § 299 Rn. 2; Wollschläger StV 2010, 385, 386; Grützner/Behr, in: Momsen/ Grützner, Kapitel 9, § 30 Rn. 44 m. w. N. 159 So Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 4; ebenfalls A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 13; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 2; Vormbaum, Festschrift Schröder, 2006, S. 649, 650; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 71; Wollschläger, S. 26. 160 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb). 161 Siehe dazu oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb). 162 So auch Koepsel, S. 81.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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schützt, folgt hieraus, dass die Mitbewerber automatisch mitgeschützt sein müssen.163 In diesem Zusammenhang lässt sich eine Parallele zur Rechtsgutsdiskussion im Rahmen der Verkehrsdelikte der §§ 315b und 315c StGB ziehen.164 Sowohl die herrschende Lehre165 als auch der Bundesgerichtshof166 sehen als Rechtsgut der Normen jeweils die Sicherheit des Straßenverkehrs sowie die Individualrechtsgüter Leib und Leben von Personen und fremde Sachen an, soweit diese jeweils „den spezifischen Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt sind“.167 Ähnlich wie der Wettbewerb aus den Mitbewerbern besteht, setzt sich der öffentliche Straßenverkehr definitionsgemäß maßgeblich aus dessen Teilnehmern zusammen, deren Individualrechtsgüter geschützt werden: Unter dem öffentlichen Straßenverkehr versteht man den „der Fortbewegung dienenden Verkehr von Fahrzeugen und Fußgängern auf allen Wegen und Plätzen, die jedermann oder wenigstens allgemein bestimmten Gruppen von Benutzern, wenn auch nur vorübergehend oder gegen Gebühr, zur Verfügung stehen“.168 Hieraus lässt sich erkennen, dass die gefährdeten Individualrechtsgüter Leib und Leben sowie fremde Sachen Teil des Straßenverkehrs sind. Der Gedanke, dass integrale Bestandteile eines Rechtsguts (hier: Leib und Leben oder fremde Sachen der Verkehrsteilnehmer als integrale Bestandteile des Straßenverkehrs) ebenfalls von der Norm geschützt werden müssen, findet sich somit auch im Rahmen der Verkehrsdelikte wieder. Ferner setzt die Wettbewerbsvariante voraus, dass jemand im Wettbewerb unlauter bevorzugt wird.169 Eine solche Bevorzugung eines Wettbewerbers setzt bereits sprachlich gleichzeitig voraus, dass andere Wettbewerbsteilnehmer benachteiligt werden.170 Somit zeigt auch der Wortlaut der Wettbewerbsvariante, dass diese die übrigen Wettbewerbsteilnehmer schützt.
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Ähnlich NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 12 mit dem Hinweis, dass die Wettbewerbsvariante einen Wettbewerb und damit Konkurrenten voraussetze, sodass sich jeder Verstoß gegen § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB zugleich gegen das Interesse der Konkurrenten richte. 164 Vgl. Menn, S. 62. 165 Zu § 315b StGB siehe Fischer, § 315b Rn. 2; MüKo-StGB/Pegel, § 315b StGB Rn. 1; NK-StGB/Zieschang, § 315b Rn. 7; BeckOK-StGB/Kudlich, § 315b Rn. 1; S/S/Hecker, § 315b Rn. 1; zu § 315c StGB siehe Fischer, § 315c Rn. 2; MüKo-StGB/Pegel, § 315c StGB Rn. 1; BeckOK-StGB/Kudlich, § 315c Rn. 1; NK-StGB/Zieschang, § 315b Rn. 6. 166 Zu § 315b StGB siehe BGH NStZ 2006, 127; BGH NJW 2003, 836, 838; zu § 315c StGB siehe BGHSt 23, 261, 264; siehe allerdings auch BGH NJW 2016, 3462, 3463, wonach § 315c StGB den Schutz des Lebens, der Gesundheit und bedeutender Sachwerte bezwecke. 167 Fischer, § 315b Rn. 2; a. A. aber wohl Menn, S. 62, wonach der Schutz der einzelnen Verkehrsteilnehmer lediglich ein Reflex sei. 168 Fischer, § 315b Rn. 3. 169 Vgl. Menn, S. 56; Gorius, S. 107. 170 Walter, wistra 2001, 321, 323.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Des Weiteren ging der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung171 zu § 12 UWG a. F. davon aus, dass die Interessen der Mitbewerber das Rechtsgut der Norm bildeten. Auch die Literatur sah die Mitbewerber, vor denen sich der den Vorteil gewährende Wettbewerbsteilnehmer einen Vorsprung verschaffen will, als Rechtsgut des § 12 UWG a. F. an.172 Wenn der Gesetzgeber, indem er den Straftatbestand in das Strafgesetzbuch einfügte, nicht bezweckte, die Rechtslage zu ändern, ist davon auszugehen, dass auch das bisherige Verständnis des Rechtsguts des Tatbestands des § 12 UWG weiterhin gelten solle. Schließlich spricht hierfür die Tatsache, dass der Gesetzgeber § 299 StGB gemäß § 301 Abs. 1 StGB als relatives Antragsdelikt ausgestaltet hat.173 Diese Entscheidung des Gesetzgebers zeigt, dass die Norm individualschützenden Charakter haben muss und das Rechtsgut nicht lediglich den Wettbewerb als Kollektivinteresse schützen kann.174 Gemäß § 77 Abs. 1 StGB ist bei Antragsdelikten, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verletze einer Straftat antragsberechtigt. Verletzter einer Straftat ist „der Träger des durch die Tat unmittelbar geschützten Rechtsguts“, also derjenige, in dessen Rechtskreis durch die Verwirklichung des Tatbestands eingegriffen worden ist.175 In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Mitbewerber im Rahmen des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB „mit dem Verletzten identisch“ sind und daher ein Antragsrecht nach § 301 Abs. 1 StGB haben.176 Da sich die Verletzteneigenschaft aus dem Rechtsgut der Norm ableitet,177 folgt hieraus, dass § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB Mitbewerber unmittelbar – und nicht nur mittelbar – schützt.178
171 BGH NJW 1983, 1919, 1920; BGH BeckRS 1952, 30394133; OLG Karlsruhe NJWE-WettbR 2000, 227, 228; ebenso die zivilrechtliche Rechtsprechung: BGH GRUR 1968, 587, 589. 172 Wolters, JuS 1998, 1100, 1103; Hefermehl, in: Baumbach/Hefermehl, Vor § 12 Rn. 2; von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 2; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 2; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 2. 173 Hampen, S. 22; kritisch Menn, S. 57; a. A. Gorius, S. 109. 174 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 12; Möhrenschläger, in: Dölling, 8. Kapitel Rn. 89. 175 Fischer, § 77 Rn. 2. 176 Vgl. BT-Drs. 18/4350, S. 22: „§ 301 Absatz 2 StGB verweist bisher auch auf § 8 Absatz 3 Nummer 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Seit der Neufassung des UWG ist damit zusätzlich über diese Verweisung auch der Mitbewerber antragsberechtigt. Dieser Personenkreis ist jedoch in den Fällen des § 299 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Nummer 1 StGB mit dem des Verletzten identisch, da der Mitbewerberbegriff ein konkretes Wettbewerbsverhältnis voraussetzt (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 UWG).“ 177 A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 13. 178 A. A. Menn, S. 60; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 13, wonach – ohne nähere Begründung außer dem gewünschten Ergebnis hinsichtlich des Rechtsguts – hier eine Ausnahme von der Regel des § 77 Abs. 1 StGB zu machen sei.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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bb) Definition des Rechtsguts Mitbewerber Teilweise werden die Mitbewerber hinsichtlich ihrer Chancengleichheit am Markt179 als geschützt angesehen. Andere Stimmen180 verstehen auch die Vermögensinteressen der Mitbewerber als Rechtsgut.181 (1) Schutz der Chancengleichheit als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen182 Die Wettbewerbsvariante schützt die Mitbewerber nach hier vertretener Ansicht hinsichtlich ihrer Chancengleichheit am Markt und zwar in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen.183 Eine Chancengleichheit der Mitbewerber resultiert zunächst nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Abs. 1 GG.184 Privatpersonen unterliegen grundsätzlich keiner unmittelbaren Grundrechtsbindung.185 Grundrechte können allenfalls über die sogenannte „mittelbare Drittwirkung“ eine Ausstrahlungswirkung in das Privatrecht entfalten,186 wobei der Private auch in diesem Fall nicht zum Grundrechtsverpflichteten wird.187 Voraussetzung für eine „mittelbare Drittwirkung“ von Artikel 3 Abs. 1 GG ist, dass zwischen den betroffenen Privaten ein dem Verhältnis zwischen Staat und Bürger ähnliches Machtgefälle, wie es beispielsweise in Arbeits- oder Mietverhältnissen oder bei monopolartigen Strukturen gegeben sein kann, vorliegt.188 Die Anforderungen an eine solche „staatsgleiche Pflichtenstellung“ des Privaten sind indessen restriktiv zu bestimmen.189 Insbesondere vor dem Hintergrund von Vertragsbeziehungen zwischen
179 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 5; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 1; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 11; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 12; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215. 180 Krack, NStZ 2001, 505, 507; Bach, wistra 2008, 47, 49; Lesch, AnwBl. 2003, 264; S/S/ Eisele, § 299 Rn. 3; BeckOK-STG/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 5; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 1; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 12; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215. 181 OLG Karlsruhe NJWE-WettbR 2000, 227, 228 und L/K/Heger, § 299 Rn. 1 bezeichnen die Mitbewerber als geschützt, ohne zwischen Chancengleichheit oder Vermögensinteressen zu differenzieren. 182 Begriff übernommen von Koepsel, S. 88. 183 A. A. Koepsel, S. 90; Menn, S. 64; Mölders, S. 160; Gorius, S. 114; Teixeira, S. 215, der statt Chancengleichheit den Begriff Fairness verwendet, inhaltlich dabei aber das hier als Chancengleichheit Bezeichnete meint, und davon ausgeht, die Fairness sei nicht durch das Strafrecht, sondern durch Zivil- und Wettbewerbsrecht zu schützen. 184 Vgl. Koepsel, S. 84 ff.; Menn, S. 64. 185 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3 Rn. 113; BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 GG Rn. 92. 186 BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 GG Rn. 93. 187 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3 Rn. 113. 188 BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 GG Rn. 93. 189 BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 GG Rn. 93a.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Privaten, hat das Bundesverfassungsgericht190 kürzlich ausgeführt, dass solche nicht gleichheitsgerecht ausgestaltet werden müssten: „Allerdings enthält Art. 3 I GG kein objektives Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Dahingehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von ihrem Eigentum Gebrauch machen will. Diese Freiheit wird durch die Rechtsordnung und insbesondere durch das Zivilrecht näher ausgestaltet und vielfach begrenzt; dabei kann dieses auch von Verfassungs wegen spezifischen Anforderungen unterliegen. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach private Vertragsbeziehungen jeweils den Rechtfertigungsanforderungen des Gleichbehandlungsgebots unterlägen, folgt demgegenüber aus Art. 3 I GG auch im Wege der mittelbaren Drittwirkung nicht.“
Im Wirtschaftsverkehr gebietet Artikel 3 Abs. 1 GG es dem Geschäftsherrn daher grundsätzlich nicht, bei der Auswahl seines Vertragspartners die Wettbewerber gleich zu behandeln.191 Eine Chancengleichheit der Mitbewerber im Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen ergibt sich jedoch aus einer anderen Überlegung: Nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis des Wettbewerbs ist die Grundlage von Entscheidungen bei dem Bezug von Waren und Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr und das Motiv, anhand dessen Angestellte eine solche Entscheidungen zu treffen haben, ausschließlich das Leistungsprinzip. Dieses garantiert den Marktteilnehmern, dass der Entscheidung ein einheitlicher Entscheidungsmaßstab zugrunde liegt192 und die Angebote aller Mitbewerber nach den gleichen Kriterien beurteilt werden. Für alle Mitbewerber gelten damit grundsätzlich die gleichen Bedingungen, das heißt die „gleiche Ausgangsposition“193, in Bezug auf den Wettbewerb.194 Die Wettbewerber gehen deswegen davon aus, dass der den Zuschlag erhaltende Mitbewerber derjenige Konkurrent sein werde, der unter Leistungsgesichtspunkten das beste Angebot abgebe,195 und nicht etwa derjenige Wettbewerber, der den zu Entscheidung befugten Angestellten „am besten ,schmiert‘“196, weil solche Zugaben gerade nicht vom Leistungsprinzip gedeckt sind.
190 191 192 193 194 195 196
BVerfG NJW 2018, 1667, 1669. So auch Menn, S. 64. Vgl. Wollschläger, S. 14. Menn, S. 64. Vgl. zur Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen Koepsel, S. 88 ff. Teixeira, S. 215; Wollschläger, S. 14. Wollschläger, S. 14 f.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Vor diesem Hintergrund lässt sich das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante als Schutz der Chancengleichheit in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen der Mitbewerber definieren.197 (2) Schutz der Vermögensinteressen Die Wettbewerbsvariante schützt hingegen nach hier vertretener Auffassung nicht auch die Vermögensinteressen der Mitbewerber.198 Die Wettbewerbsvariante stellt mangels Erfordernisses eines Vermögensschadens kein Vermögensdelikt (im engeren Sinne) dar.199 Gegen einen mitbezweckten Vermögensschutz kann allerdings nicht, wie teilweise200 vertreten, schon die Regelung des Tatbestands im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuchs statt bei den Vermögensdelikten (im engeren Sinne) angeführt werden. Der Gesetzgeber hat auch weitere Vermögensdelikte an anderer Stelle als bei den Vermögensdelikten im Strafgesetzbuch geregelt: Beispielsweise stellt der Tatbestand der Kreditgefährdung gemäß § 187 Var. 2 StGB nach herrschender Ansicht201 ein Vermögensgefährdungsdelikt dar und ist im 14. Abschnitt bei den Beleidigungsdelikten geregelt.202 Zu beachten ist indessen, dass der Vermögensschutz des § 187 Var. 2 StGB im Wortlaut der Norm Niederschlag findet, indem dort der „Kredit“ genannt ist. Der Wortlaut der Wettbewerbsvariante liefert im Gegensatz dazu keinen solchen Anhaltspunkt für einen Vermögensschutz.203 Zudem erwähnen die Gesetzesmaterialien einen Vermögensschutz zugunsten der Mitbewerber ebenfalls nicht. Die Vermögensinteressen der Mitbewerber werden weder als Rechtsgut noch in einem anderen Zusammenhang im Rahmen der Begründung angesprochen. Durch die korruptiv beeinflusste Vergabe eines Auftrags tritt bei den benachteiligten Mitbewerbern auch kein Schaden am Vermögensbestand ein.204 Letztlich wird nur die Möglichkeit der Mitbewerber, ihr Vermögen durch die Erlangung eines Auftrags oder den Abschluss eines Vertrags zu vermehren, vereitelt.205 Solche sogenannten Exspektanzen werden selbst im Rahmen des Betruges nach § 263 StGB, der ein Vermögensdelikt im engeren Sinne darstellt, nur als Bestandteil des Vermögens qualifiziert, wenn die Erwerbsaussicht bereits derart konkretisiert ist, dass 197
Kritisch hierzu Koepsel, S. 88 ff. Ebenso Menn, S. 66. 199 S/S/Eisele, § 299 Rn. 4; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 21. 200 So Wollschläger, S. 25; Krack, ZIS 2016, 83, 87. 201 Fischer, § 187 Rn. 1. 202 Beispiel übernommen von Krack, ZIS 2016, 83, 87 und Hoven, NStZ 2015, 553, 559. 203 Zur Geschäftsherrenvariante Jansen, NZWiSt 2019, 41, 42. 204 Siehe hierzu Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466; Wollschläger, S. 16 f. 205 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 11; Koepsel, S. 82, 83; Pragal, S. 114; Teixeira, S. 213; Wollschläger, S. 17. 198
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
der Geschäftsverkehr ihr bereits jetzt einen wirtschaftlichen Wert beimisst.206 Es ist kein Grund ersichtlich, im Rahmen des § 299 StGB, der wie bereits aufgezeigt kein Vermögensdelikt im engeren Sinne darstellt, einen weitergehenden Schutz von Exspektanzen zu gewähren, als im Rahmen der Vermögensdelikte im engeren Sinne.207 Die Teilnahme am Wettbewerb und selbst die Teilnahme an einer konkreten Auftragsvergabe oder Ausschreibung dürften die insoweit geltenden engen Voraussetzungen regelmäßig nicht erfüllen. Im privatwirtschaftlichen Bereich existieren – anders als in öffentlichen Vergabeverfahren – nämlich keine verbindlichen Vergaberichtlinien, sodass es nicht ein Angebot gibt, das zwingend hätte angenommen werden müssen.208 Die Aussicht der Mitbewerber auf den Zuschlag ist daher noch nicht hinreichend konkret, um bereits als Teil des Vermögens qualifiziert werden zu können, sodass unter diesem Gesichtspunkt kein Vermögensschaden begründet wird. Nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen der nicht bevorzugten Marktteilnehmer sind letztlich nur mittelbare Folgen der fehlenden Chancengleichheit für die Mitbewerber bei der Entscheidung des Angestellten.209 (3) Zwischenfazit Nach der hier vertretenen Auffassung schützt die Wettbewerbsvariante die Mitbewerber hinsichtlich ihrer Chancengleichheit in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt, nicht hingegen hinsichtlich ihrer Vermögensinteressen. cc) Fazit zum Rechtsgut der Mitbewerber Die Wettbewerbsvariante schützt die Mitbewerber als integralen Bestandteil des Wettbewerbs nach hier vertretener Ansicht hinsichtlich ihrer Chancengleichheit in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt. c) Das Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn Umstritten ist schließlich, inwieweit die Wettbewerbsvariante auch die Interessen des Geschäftsherrn schützt. Manche Stimmen210 im Schrifttum lehnen das – wie hinsichtlich der Mitbewerber – gänzlich ab und nehmen nur einen „mittelbaren“211 oder reflexartigen212 Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an. 206
S/S/Perron, § 263 Rn. 87; vgl. hierzu Darstellung bei MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 414 ff. 207 In diese Richtung auch Koepsel, S. 82, 83. 208 Koepsel, S. 82; Wollschläger, S. 17; Menn, S. 65. 209 Ähnlich Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466. 210 Koepsel, S. 78; Wollschläger, S. 18; Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 638; Kahmann, S. 192; Mölders, S. 154.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Die Gegenauffassung erkennt den Schutz des Geschäftsherrn als Rechtsgut der Wettbewerbsvariante an,213 wobei innerhalb dieser Auffassung unterschiedlich beurteilt wird, welche konkreten Interessen des Geschäftsherrn die Wettbewerbsvariante schützt. Einige Stimmen im Schrifttum214 sind der Meinung, § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB schützen die Interessen des Geschäftsherrn vor einer Benachteiligung bei intern pflichtwidrigem Handeln des Angestellten. Wieder andere Stimmen in Literatur und Rechtsprechung bejahen auch einen Vermögensschutz.215 Im Rahmen des § 12 UWG a. F. sah die Literatur den Geschäftsherrn des jeweils handelnden Angestellten ebenfalls als geschützt an.216 Das Reichsgericht vertrat zwar ursprünglich die Auffassung, § 12 UWG a. F. bezwecke nicht den Schutz des Geschäftsherrn, sondern lediglich den der Mitbewerber.217 Wenig später sah es den Geschäftsherrn allerdings doch als geschützt an.218 In RGSt 76, 335, 336 merkte das Reichsgericht schließlich unter Hinweis auf RGSt 58, 429 an, die Rechtsprechung habe schon immer anerkannt, dass der Geschäftsherr bei einem Verstoß gegen § 12 UWG a. F. als verletzt anzusehen sei, und betonte das Strafantragsrecht des Geschäftsherrn. Auch der Bundesgerichtshof war zunächst der Auffassung, § 12 UWG a. F. schütze nur die Mitbewerber und nicht den Geschäftsherrn.219 In der Folge änderte das Gericht jedoch ebenfalls seine Rechtsprechung und ging davon aus, § 12 UWG a. F. schütze auch den Geschäftsherrn.220 Welche spezifischen Interessen des Geschäftsherrn die Wettbewerbsvariante im Einzelnen schützen sollte – ob seine Vermögens- oder Geschäftsinteressen oder sonstige Interessen –, konkretisierte die Rechtsprechung dabei jeweils nicht weiter.
211
Fischer, § 299 Rn. 2; Wollschläger, StV 2010, 385, 386. Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 4; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 13; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 71. 213 So auch BGH NJW 2017, 2565, 2567; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 13, der allerdings von einem „nachrangigen“ Schutz spricht; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 6, der ebenfalls von „nachrangigem“ sowie „sekundärem“ Schutz spricht; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; L/K/Heger, § 299 Rn. 1; S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 12; Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 786; Walter, wistra 2001, 321, 323; a. A. Pragal, ZIS 2006, 63, 68. 214 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; L/K/Heger, § 299 Rn. 1. 215 S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; Krack, NStZ 2001, 505, 507; Lesch, AnwBl. 2003, 264; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215. 216 Wolters, JuS 1998, 1100, 1103; Harte-Bavendamm, in: Gloy, § 44 Rn. 2; Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 2. 217 RGSt 47, 183,185; RGSt 48, 291, 295. 218 RGSt 50, 118. 219 BGH NJW 1977, 1242. 220 BGH NJW 1983, 1919, 1020. 212
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
aa) Argumentation Der Wortlaut der Gesetzesbegründung spricht eindeutig dafür, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Wettbewerbsvariante auch die Interessen des Geschäftsherrn schütze. Die Bundesregierung führte in ihrem Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption221 aus dem Jahr 2015 hierzu aus, dass „§ 299 StGB (…) bereits bisher nicht nur dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbes, sondern auch dem Schutz der Interessen des Geschäftsherrn [diente].“222
Der Wortlaut der Geschäftsherrenvariante „(…) und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze“,
könnte allerdings dagegensprechen, dass die Interessen des Geschäftsherrn Rechtsgut der Wettbewerbsvariante sind. Denn während die Geschäftsherrenvariante ausdrücklich die Pflichten des Angestellten gegenüber seinem Geschäftsherrn und damit letztlich dessen Interessen benennt, fehlt eine entsprechende Inbezugnahme in Rahmen der Wettbewerbsvariante. Die Geschäftsherrenvariante wurde allerdings erst nachträglich – durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20. November 2015 – in § 299 StGB eingefügt. Die Wettbewerbsvariante hingegen hat der Gesetzgeber bereits achtzehn Jahre zuvor durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 in das Strafgesetzbuch eingefügt. Den Wortlaut beider Varianten des § 299 StGB kann man jedenfalls vor dem Hintergrund der Wettbewerbsvariante nicht vergleichen, da er nicht zeitgleich und bewusst unterschiedlich gewählt wurde. Weiterhin steht der Einbeziehung des Geschäftsherrn und seiner Interessen in das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante auch nicht das § 299 StGB zugrunde liegende Gesetzgebungsverfahren entgegen, in dessen Verlauf die Reichstagskommission sich dagegen entschied, das Erfordernis eines pflichtwidrigen Handels gegenüber dem Geschäftsherrn als Tatbestandsmerkmal in die Norm aufzunehmen.223 Denn wie bereits gezeigt, hat die Reichstagskommission gleichzeitig betont, dass das gerade nicht bedeute, dass § 12 UWG a. F. nicht auch den Geschäftsherrn schütze.224 Wie oben225 bereits für die Mitbewerber erläutert, spricht für einen Schutz des Geschäftsherrn, dass dieser nach herrschender Auffassung226 ein Antragsrecht gemäß 221
BT-Drs. 18/4350, S. 21. Gorius, S. 119. 223 Gorius, S. 117; so auch Menn, S. 69 f.; vgl. Ausführungen bei Kahmann, S. 184 f.; siehe außerdem hierzu oben Kapitel 2, Abschnitt B. 224 Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt B. 225 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. a). 226 NK-StGB/Dannecker, § 301 Rn. 23; MüKo-StGB/Krick, § 301 Rn. 5; L/K/Heger, § 301 Rn. 2; S/S/Eisele, § 301 Rn. 3; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 301 Rn. 3; Möhrenschläger, in: Dölling, 8. Kapitel Rn. 89; Fischer, § 301 Rn. 4; zu § 12 UWG a. F. siehe RGSt 76, 335, 336 und BGH NJW 1983, 1919, 1920. 222
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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§ 301 StGB habe.227 Wenn der Geschäftsherr als Verletzter des § 299 StGB verstanden wird, bedeutet das, dass er Träger des Rechtsguts ist, denn sonst würde nicht in seinen Rechtskreis eingegriffen werden. Das wiederum ist aber die Voraussetzung dafür, dass die Verletzteneigenschaft vorliegt.228 Weiterhin ist zu beachten, dass eine Strafbarkeit nach § 299 StGB der Konzeption des Tatbestands nach grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn dem Sachverhalt ein „Drei-Personen-Verhältnis“229 (oder „Dreiecksverhältnis“230) zugrunde liegt. Das besteht aus dem Geschäftsherrn (dem Unternehmen), dessen Angestellten oder Beauftragten und dem Bestechenden und zeichnet sich durch eine „besondere fremdnützige Pflichtenstellung“231 des Angestellten aus.232 Diese resultiert daraus, dass der Angestellte aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung gegenüber seinem Arbeitgeber bei seinem Handeln im Wettbewerb die Interessen seines Unternehmens wahrnehmen muss.233 Der Tatbestand setzt somit zwingend eine sogenannte „Prinzipal-Agent-Beziehung“ voraus.234 Im Rahmen dieses Dreiecksverhältnisses vermittelt der Angestellte oder Beauftragte (in korruptiven Konstellationen motiviert durch den zugewendeten Vorteil) die Vertragsbeziehung zwischen seinem Geschäftsherrn und dem Lieferanten oder dem Bezieher von Waren oder Dienstleistungen.235 Diese Ausgestaltung des Tatbestands spricht dafür, dass die Norm des § 299 StGB auch den Schutz des Verhältnisses zwischen Angestelltem oder Beauftragtem und Geschäftsherrn bezweckt.236 Typisch für die Bestechung und Bestechlichkeit ist dabei, dass der Empfänger des Vorteils (der Angestellte oder ein Dritter) und der zur Leistung Verpflichtete (der Geschäftsherr) auseinanderfallen.237 Der Unrechtsgehalt liegt folglich darin, dass der Angestellte oder Beauftragte für den Geschäftsherrn entscheidet und diesen verpflichtet, wobei er allerdings nicht nach dessen Interessen,238 sondern beeinflusst durch den zugewendeten Vorteil handelt,239 227
Hampen, S. 22; a. A. Bürger, wistra 2003, 130, 134; Menn, S. 71; Gorius, S. 120 f. Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) aa). 229 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Peinemann, S. 139; Rotsch, in: Strafrecht und Korruption, S. 164; ähnlich Jaques, S. 215; Saliger, Festschrift Kargl, S. 493, 497. 230 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463. 231 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463; Jaques, S. 93, 112. 232 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 233 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463; Rotsch, in: Strafrecht und Korruption, S. 164. 234 Saliger, Festschrift Kargl, S. 493, 497; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463; auch Szebrowski, S. 155; eingehend zur Prinzipal-Agent-Beziehung Teixeira, S. 85 ff. 235 Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. 236 Vgl. Szebrowski, S. 155; kritisch hierzu allerdings Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 638, wonach die Gefahr bestehe, dass die gesetzgeberische Grundentscheidung, einfache Vertragsverletzungen nicht mit den Instrumenten des Strafrechts zu pönalisieren, aufgeweicht werde. 237 Peinemann, S. 121, 139; Szebrowski, S. 155. 238 Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 387. 228
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
sodass ein „Interessenwiderspruch“240 beziehungsweise eine „Interessenverschiebung“241 zugunsten des Vorteilsgebers vorliegt. Hierin zeigt sich auch, dass – anders als teilweise242 eingewandt – nicht lediglich das Innenverhältnis zwischen Angestelltem und Geschäftsherrn betroffen, sondern auch die Strafbarkeit des Vorteilsgebers gerechtfertigt ist.243 Denn es kommt gerade darauf an, dass die Entscheidung des Angestellten mit dem durch den Vorteilsgeber zugewendeten Vorteil verknüpft ist und hierdurch die innerbetriebliche Willensbildung des Unternehmens wettbewerbswidrig beeinflusst wird.244 Teixeira245 bezeichnet in diesem Zusammenhang „die vorteilsbedingte Störung des Prinzipal-Agenten-Verhältnis zugunsten eines Dritten“ als das „Spezifische an der Korruption“.246 Schließlich spricht für das Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn, dass sich auf diese Weise erklärt, weshalb der Betriebsinhaber selbst nicht tauglicher Täter des § 299 StGB sein kann.247 Denn der Betriebsinhaber kann seine eigenen Interessen grundsätzlich nicht verletzen, sodass jedenfalls dieses Rechtsgut durch sein Handeln nicht berührt werden kann.248 Wenn das Handeln des Betriebsinhabers allerdings eines der Rechtsgüter des § 299 StGB nicht verletzt, liegt kein strafbedürftiges Verhalten vor.249 bb) Definition des Rechtsguts der Interessen des Geschäftsherrn Aus dem Vorhergehenden resultiert nun die Frage, welche spezifischen Interessen des Geschäftsherrn das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante bilden.
239
Ähnlich sieht MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20 den Unrechtsgehalt in der wettbewerbswidrigen Beeinflussung der innerbetrieblichen Willensbildung eines Marktteilnehmers insoweit, dass entscheidungsbefugten beziehungsweise -beeinflussenden Mitarbeitern oder Beauftragten Vorteile versprochen beziehungsweise gewährt würden. 240 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 464; Borutta, S. 107. 241 Jaques, S. 96. 242 Menn, S. 72. 243 A. A. Koepsel, S. 77 und Wollschläger, S. 146 f., die jeweils lediglich von einer Strafbarkeit des Geschäftsherrn wegen Anstiftung ausgehen. 244 LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215, 216; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Teixeira, S. 102. 245 Teixeira, S. 103. 246 A. A. wohl Menn, S. 77, wonach es keinesfalls die Intention des Bestechenden sei, die Beziehung zwischen Geschäftsherrn und Angestelltem zu stören. 247 Zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers ausführlich unten Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e). 248 Zimmermann, S. 137. 249 Vergleiche hierzu ausführlich unten Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e).
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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(1) Schutz vor Vernachlässigung der Interessen des Geschäftsherrn zugunsten des Vorteilsgebers Der Definition Kricks250, wonach das Rechtsgut der Schutz des Geschäftsherrn vor intern pflichtwidrigem Handeln darstelle,251 lässt sich entgegenhalten, dass hierdurch „bloße zivilrechtliche Vertragsverletzungen“252 strafrechtlich sanktioniert würden. Das ist aber grundsätzlich nicht gewollt, denn der Gesetzgeber hat Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber ausschließlich als Untreue nach § 266 StGB unter Strafe gestellt, wenn eine Vermögensbetreuungspflicht sowie ein Vermögensschaden des Geschäftsherrn vorliegen.253 Diese Voraussetzungen des § 266 StGB würden unterlaufen, wenn § 299 StGB die reine Vertragsverletzung des Angestellten gegenüber seinem Arbeitgeber kriminalisieren würde.254 Reine Vertragspflichtverletzungen gegenüber dem Arbeitgeber strafrechtlich zu sanktionieren, würde außerdem dem ultima ratio-Charakter des Strafrechts widersprechen.255 In Fällen, in denen der Angestellte von einem bestimmten Wettbewerber einen Vorteil erhält, besteht die Gefahr, dass der Angestellte die Entscheidung nicht mehr zum Wohl seines Geschäftsherrn trifft, sondern dass er sich dem Vorteilsgeber verpflichtet fühlt.256 Es ist eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Geschäftsherrn des Angestellten dergestalt zu befürchten, dass der Angestellte die Interessen seines Betriebs denen des zuwendenden Wettbewerbers unterordnet.257 Der Bundesgerichtshof führte in seiner sogenannten Sub-Post-Ingenieur-Entscheidung258 hierzu aus, es sei in solchen Fällen nicht mehr gewährleistet, dass der Angestellte seinen Geschäftsherrn nach sachlichen Gesichtspunkten berate, sondern vielmehr anzunehmen, dass das Handeln des Angestellten unter dem Einfluss des empfangenen oder erwarteten Vorteils stehe. Durch die Zuwendung des Vorteils beeinflusst der Vorteilsgeber die Entscheidung des Angestellten in der Weise, dass dieser nunmehr auf Seiten des Vorteilsgebers statt auf Seiten seines Geschäftsherrn steht. Das Motiv der Entscheidung des Angestellten, beispielsweise im Rahmen einer Auftragsvergabe, ist nicht länger sachlich am Wohl des Geschäftsherrn orientiert (zum Beispiel indem das wirtschaftlich 250
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16. Ablehnend zum pflichtwidrigen Verhalten des Angestellten Kahmann, S. 181 ff. 252 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 253 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Kahmann, S. 191; Wollschläger, S. 18. 254 Vgl. Wollschläger, S. 18. 255 Wollschläger, S. 146; Pragal, S. 122; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194. 256 RGSt 66, 16, 17. 257 Vgl. Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 387; so MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 13, mit dem Verweis auf RGSt 66, 16, 17: „(…) Denn durch die Annahme der Zuwendung soll und wird [der Angestellte] sich dem Geber verpflichtet fühlen und sich innerlich gedrängt sehen, dessen bei der Zuwendung gehegte Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ 258 BGH 13. 5. 1952 – 1 StR 670/51, BGSt 2, 396, 402. 251
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
günstigste Angebot gewählt wird), sondern an den persönlichen Motiven des Angestellten in Form der Zuwendung (indem er das Angebot des Vorteilsgebers wählt, obwohl es unter Umständen wirtschaftlich günstigere Angebote gibt259). Der Geschäftsherr muss vor solchen persönlichen und sachwidrigen Motiven im eigenen Lager geschützt werden. Denn der Geschäftsherr bezahlt seine Angestellten und Beauftragten gerade dafür, ihr Handeln nach seinen Interessen auszurichten.260 Ferner sind die Angestellten arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, im Interesse des Geschäftsherrn zu handeln.261 Hinzu kommt, dass der Angestellte häufig faktisch die Möglichkeit haben, auf die internen Betriebsabläufe und -entscheidungen sowie die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb einzuwirken, indem sie das Unternehmen gegenüber Dritten vertraglich verpflichten können.262 Aus diesem Grund stellt die Vernachlässigung der Interessen des Geschäftsherrn zugunsten des Vorteilsgebers auch nicht lediglich einen einfachen Verstoß gegen dem Angestellten obliegende arbeitsvertragliche Pflichten dar. Stattdessen verletzt der Angestellte in besonders grundlegender Weise seine besondere Pflichtenstellung und die ihm von seinem Arbeitgeber übertragenene Verantwortung in Bezug auf das Unternehmensinteresse. Als Rechtsgut lässt sich daher der Schutz des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers formulieren.263 (2) Schutz der Vermögensinteressen Die Wettbewerbsvariante schützt hingegen nach hier vertretener Ansicht nicht auch die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn.264 Hinsichtlich der Argumente gegen einen Vermögensschutz der Wettbewerbsvariante kann auf die oben265 dargestellten Ausführungen zum Vermögensschutz der Mitbewerber verwiesen werden. Weiter spricht gegen einen Vermögensschutz des Geschäftsherrn, dass Konstellationen denkbar sind, in denen der Angestellte oder Beauftragte eine (durch einen Vorteil beeinflusste) Entscheidung trifft, die für den Geschäftsherrn keinen Vermögensschaden bedeutet.266 Das ist etwa der Fall, wenn der Angestellte zwischen mehreren gleich teueren Angeboten entscheiden muss und dem Angebot des 259 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Rechtsgutsdefinition von Teixeira, unten Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. e) dd). 260 Jaques, S. 96. 261 Jaques, S. 112; vgl. hierzu zur Geschäftsherrenvariante Borutta, S. 104. 262 Vgl. hierzu zur Geschäftsherrenvariante Borutta, S. 104. 263 Ablehnend Gorius, S. 125, 156, 161. 264 So aber S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; Krack, NStZ 2001, 505, 507; Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3531. 265 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. b) bb) (2). 266 So auch Wollschläger, S. 17; in diese Richtung auch Menn, S. 73.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Wettbewerbers den Vorzug gibt, der ihn zum Dank zu einem Skiausflug in seinem privaten Wochenendhaus in der Schweiz einlädt. Die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn werden in diesem Fallbeispiel nicht berührt, obwohl der Tatbestand des § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt ist. Kommt es tatsächlich zu Vermögenseinbußen des Geschäftsherrn, handelt es sich hierbei lediglich um eine mittelbare Folge des korruptiven Verhaltens. Das Rechtsgut der Norm bilden die Vermögensinteressen dagegen nicht.267 (3) Zwischenfazit Die Wettbewerbsvariante schützt den Geschäftsherrn vor einer Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers. Die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn werden dagegen nicht geschützt. cc) Fazit zum Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn Das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante ist – neben den bereits festgestellten Rechtsgütern – der Schutz des Geschäftsherrn vor einer Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers. d) Das Rechtsgut der Kunden/Verbraucher Manche Stimmen in der Literatur268 nehmen an, die Wettbewerbsvariante schütze außerdem die Allgemeinheit beziehungsweise die Kunden des Unternehmens sowie/ oder die Verbraucher vor Verteuerung von Waren, vor schlechten Waren oder vor unrichtiger Beratung. In der sogenannten Bierexport-Entscheidung269 des Bundesgerichtshofs zu § 12 UWG a. F. führte das Gericht ebenfalls in diese Richtung aus, die Vorschrift diene mittelbar auch dem allgemeinen Interesse daran, dass nicht durch Schmiergelder die schlechtere Ware den Vorzug vor der besseren erhalte und der Preis für die Ware verteuert werde. Die genannten Interessen bilden jedoch nach hier vertretener Auffassung nicht das Rechtsgut des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB.270 Hinsichtlich dieser Interessen handelt es sich lediglich um einen mittelbaren Schutz.271 267
Ebenso Menn, S. 73. Ulbricht, S. 37 f.; zu § 12 UWG a. F. Köhler, in: Köhler/Piper, § 12 Rn. 2. 269 BGH NJW 1968, 1572, 1574. 270 A. A. L/K/Heger, § 299 Rn. 1. 271 Menn, S. 80; BGH NJW 1968, 1572, 1574; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 13; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 6; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 14; Ulbricht, S. 37 f.; ebenso schon zu § 12 UWG a. F. von Gamm, Wettbewerbsrecht, § 47 Rn. 2; Höltkemeier, S. 165. 268
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Zunächst lässt sich anhand des Wortlauts der Norm kein Anhaltspunkt finden, dass § 299 StGB auch die Verbraucher oder Kunden schützen soll.272 Weiterhin ist zu beachten, dass das Strafrecht aufgrund seines ultima ratio-Charakters nicht jede Beeinträchtigung eines Rechtsguts bestrafen kann.273 Nicht alle (mittelbaren) Gesetzeszwecke sind auch strafrechtlich zu schützende Rechtsgüter.274 Stattdessen ist der Rechtsgüterschutz des Strafrechts grundsätzlich „subsidiär im Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten“275, insbesondere gegenüber zivil- und verwaltungsrechtlichen Mitteln276 und „soll nur eingesetzt werden, wenn andere rechtliche Möglichkeiten ausscheiden“277. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei den Auswirkungen auf das „allgemeine Qualitäts- und Preisniveau der Waren und Leistungen“278 nicht um unmittelbar und zwangsläufig mit der Bestechung verknüpfte Folgen handelt. Während die Mitbewerber und der Geschäftsherr aufgrund der sachfremden Motivation des handelnden Angestellten zwangsläufig betroffen werden, ist das bei den genannten Rechtsgütern nicht der Fall.279 Es sind Konstellationen denkbar, in denen die Auswahl eines Vertragspartners aufgrund des dem entscheidenden Angestellten gewährten Vorteils nicht dazu führt, dass der Kunde schlechte Ware erhält oder unrichtig beraten wird, da die Leistung beziehungsweise Qualität der Wettbewerber gleich war, nur einer der Mitbewerber sich, indem er dem Angestellten den Vorteil gewährte, den nötigen Vorsprung verschafft und den Zuschlag erhalten hat. Negative Folgen einer Handlung, die auftreten können – mag das auch in den überwiegenden Konstellationen der Fall sein – aber nicht müssen, zu einem durch einen Straftatbestand geschützten Rechtsgut zu erheben, greift zu weit. Zudem ist hier zu sehen, dass es sich bei den genannten Phänomenen der Verteuerung von Ware oder des In-Umlaufgeratens von schlechter Ware letztlich um Folgen davon handelt, dass der Angestellte nicht anhand des Leistungsprinzips entscheidet, sodass der Schutz des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab im Wettbewerb ausreicht, um damit zusammenhängende weitergehende Folgen zu unterbinden.280
272
Gorius, S. 114. Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 1 Rn. 48; Wollschläger, S. 22, 146; vgl. zum ultima ratio-Grundsatz auch Teixeira, S. 132 ff. 274 Vgl. hierzu Teixeira, S. 133. 275 Lüderssen, StV 1997, 318. 276 Wollschläger, S. 146; Lampe, Festschrift Stree/Wessels, S. 449, 465. 277 Lüderssen, StV 1997, 318. 278 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15. 279 Hampen, S. 26. 280 Mölders, S. 161; Gorius, S. 116; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 14; ähnlich auch MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 15, wonach diese generellen Interessenlagen bereits von dem Allgemeininteresse an einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft erfasst seien; Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 908. 273
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass sonstigen Marktteilnehmern, Kunden oder Verbraucherschutzorganisationen kein Antragsrecht nach § 301 Abs. 2 StGB zusteht. Das zeigt, dass der Gesetzgeber diese Gruppen insoweit nicht als Verletzte oder in ihren Rechtsgütern betroffen ansieht, denn wie gezeigt, steht das Strafantragsrecht grundsätzlich dem Träger des Rechtsguts zu.281 e) Weitere Ansätze zur Definition des Rechtsguts der Wettbewerbsvariante in der Literatur In der Literatur wurden schließlich weitere Vorschläge unterbreitet, um das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante zu bestimmen und näher zu konkretisieren. aa) Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen Pragal282 sieht als Rechtsgut der Wettbewerbsvariante die „Nichtkäuflichkeit übertragener oder sonst besonders fremdverantwortlicher Entscheidungen sowie das diesbezügliche Vertrauen der Allgemeinheit“. Grundgedanke dieser Rechtsgutsbestimmung sei das Wesen der Korruption als regelwidriger Tausch einer Entscheidung gegen die Gewährung eines Vorteils.283 In ähnlicher Weise definiert Roxin284 das Rechtsgut als „Nichtkäuflichkeit von Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs im Wettbewerb, soweit dieser sich auf den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen bezieht“. Gegen den ersten Teil der Rechtsgutsdefinition Pragals sowie die Definition von Roxin ist einzuwenden, dass die Nichtkäuflichkeit von übertragenen Entscheidungen beziehungsweise Angestellten und Beauftragten lediglich die Tathandlung in negativer Form beschreibt.285 Denn dass der Angestellte einen anderen im Wettbewerb als Gegenleistung für den zugewendeten Vorteil bevorzugt, ist letztlich nichts anderes als eine gekaufte Entscheidung. Die Rechtsgutsdefinitionen von Pragal und Roxin geben deshalb lediglich den Unrechtsgehalt des Tatbestands der Wettbewerbsvariante wieder und beschreiben, was der Tatbestand des § 299 StGB zu verhindern sucht.286 Während der Annahme, dass der geschäftliche Verkehr von gekauften Entscheidungen freigehalten werden müsse, zwar inhaltlich zuzustimmen ist, vermag sie die Frage nach dem „Warum“ dagegen nicht zu klären.287 Diese Frage nach der ratio legis der Wettbewerbsvariante ist aber nach dem hier zugrunde ge281 282 283 284 285 286 287
SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 14. Pragal, S. 146. Pragal, S. 146. Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 909. Menn, S. 78; vgl. hierzu auch Koepsel, S. 100. Vgl. hierzu Koepsel, S. 100. Zimmermann, S. 145.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
legten288 systemimmanenten289 Rechtsgutskonzept gerade die Aufgabe des Rechtsguts. Dem Vorgehen Pragals und Roxins vergleichbar wäre es daher etwa, das Rechtsgut des § 316 StGB als Vermeidung fahrunsicherer Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr zu verstehen. Auch hier würde letztlich das vom Tatbestand des § 316 StGB bestrafte Geschehen in negativer Form zum Rechtsgut erhoben. Dieses Vorgehen zur Bestimmung des Rechtsguts kann beliebig auf andere Tatbestände übertragen werden. Es zeigt sich hierbei aber, dass dieses Vorgehen zwar geeignet ist, das vom Gesetzgeber unerwünschte Phänomen beziehungsweise den unerwünschten Lebenssachverhalt (Käuflichkeit von Entscheidungen beziehungsweise fahrunsichere Teilnehmer im Straßenverkehr) zu beschreiben. Die Frage nach dem Grund der Strafbarkeit – und damit dem Rechtsgut – kann diese Methode dagegen nicht beantworten.290 Weiter führte die Annahme, das Rechtsgut des § 299 StGB sei die Nichtkäuflichkeit übertragener Entscheidungen beziehungsweise von Angestellten und Beauftragten, jedenfalls hinsichtlich der Tatbestandsvarianten des Annehmens oder Gewährens zu einem Widerspruch zu der Deliktsnatur des § 299 StGB. Der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit stellt dogmatisch ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar.291 Bei abstrakten Gefährdungsdelikten handelt es sich um Delikte, bei denen ein Verhalten bestraft wird, das für das Rechtsgut generell gefährlich ist.292 Die Gefährdung muss nicht auch tatsächlich eintreten.293 Die Annahme eines Vorteils als Gegenleistung für die Bevorzugung im Wettbewerb bedeutet wie bereits erörtert nichts anderes als die Käuflichkeit der Entscheidung des Angestellten. Damit wird durch die Verwirklichung des Tatbestands das Rechtsgut der Norm – geht man davon aus, es sei die Nichtkäuflichkeit übertragener Entscheidungen – nicht nur abstrakt gefährdet, sondern verletzt. Da § 299 StGB keine Versuchsstrafbarkeit vorsieht, ist auch keine strafbare Fallkonstellation denkbar, in der die Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen durch die erkaufte Entscheidung nicht verletzt, sondern nur gefährdet wird. Die Wettbewerbsvariante würde daher, jedenfalls hinsichtlich der beiden genannten Tathandlungen, zu einem Erfolgsdelikt. Zudem überzeugt es nicht, das Rechtsgut des § 299 StGB völlig losgelöst vom Wettbewerb, den Pragal lediglich als Lebensbereich, in dem die Handlung vorgenommen werde, versteht,294 in allgemeiner Form zu bestimmen.295 Das Rechtsgut der Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen könnte in dieser allgemeinen Form nämlich
288 289 290 291 292 293 294 295
Vgl. oben Kapitel 2, Abschnitt C. I. Der Ansicht Pragals liegt das systemtranszendente Rechtsgutverständnis zugrunde. Beziehungsweise das wäre zu einfach, vgl. Koepsel, S. 100. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 17. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 44. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 44. Pragal, S. 134, 149. Ähnlich Koepsel, S. 111; vgl. auch Walther, Jura 2010, 511, 512.
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gleichermaßen den §§ 331 ff. oder § 299a StGB zugrunde liegen.296 Wenn der Lebensbereich, innerhalb dessen das korruptive Geschehen vorkommt, aber für den Strafgrund der Korruption gänzlich ohne Bedeutung wäre, hätte der Gesetzgeber einen einheitlichen Korruptionstatbestand schaffen können, anstatt für die einzelnen Bereiche der Wahlen (§ 108b StGB), des Gesundheitswesens (§§ 299a ff. StGB), des öffentlichen Dienstes (§§ 331 ff. StGB) sowie des geschäftlichen Verkehrs (§ 299 StGB) jeweils differenzierende Regelungen zu treffen.297 Das hat der Gesetzgeber jedoch nicht getan, sodass die Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen allein nicht das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante bilden kann.298 Diese Kritik kann Roxin aufgrund des deutlichen Bezugs seines Rechtsgutskonzepts zum Wettbewerb allerdings nicht entgegengehalten werden. Gegen den zweiten Teil der Rechtsgutsdefinition Pragals – das Vertrauen der Allgemeinheit in die Nichtkäuflichkeit übertragener Entscheidungen – spricht, dass bereits zu bezweifeln ist, dass ein solches besonderes Vertrauen der Allgemeinheit in das Verhalten von Angestellten im geschäftlichen Verkehr überhaupt existiert.299 Im Bereich der Straftaten im Amt nach den §§ 331 ff. StGB existiert ein entsprechendes Vertrauen in die Lauterkeit von Entscheidungen,300 da für den öffentlichen Dienst das Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 Abs. 3 GG und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gelten.301 Die öffentliche Verwaltung ist in ihren Entscheidungen nicht frei. In der privaten Wirtschaft dagegen finden diese Grundsätze keine Anwendung und die Wettbewerber sind durch sie nicht unmittelbar gebunden.302 Es ist deshalb nicht klar, woran Pragal dieses Vertrauen der Allgemeinheit in nichtkäufliches Verhalten von Angestellten anknüpft. Eine allgemeine Erwartungshaltung dahingehend, dass keine Straftatbestände verwirklicht werden (bezogen auf § 299 StGB also Entscheidungen oder sonstiges Verhalten nicht durch Schmiergelder motiviert sind), mag vielleicht durchaus bestehen.303 Ein solches Vertrauen existiert jedoch hinsichtlich aller Rechtsnormen und Tatbestände gleichermaßen.304 Es ist nicht ersichtlich, wieso die Allgemeinheit gerade bei § 299 StGB ein besonderes, über dieses allgemeine Vertrauen in die Einhaltung von Rechtsnormen hinausge-
296
Siehe hierzu Pragal, S. 159. Menn, S. 78; vgl. Koepsel, S. 100; gegen einen allgemeinen Tatbestand eines Korruptionsdelikts Kindhäuser, ZIS 2011, 461; Wollschläger, S. 154 ff.; Peinemann, S. 115. 298 Vgl. Koepsel, S. 100. 299 Vgl. Wollschläger, S. 155; Kahmann, S. 222; Mölders, S. 116; Altenburg, S. 89. 300 Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379; Wollschläger, S. 155. 301 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468, wonach die staatliche Verwaltung an gesetzliche Vorgaben gebunden sei und sich keine Vorteile verschaffen dürfe, die keine gesetzliche Grundlage hätten. 302 Vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 113. 303 Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379. 304 Vgl. Kahmann, S. 179. 297
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hendes Vertrauen haben soll, das zum Rechtsgut zu erheben ist.305 Insofern sind auch die Ausführungen Pragals zu den möglichen Folgen eines Vertrauensverlusts (weitere Bestechungsdelikte durch die übrigen Marktteilnehmer, verstärkte Kontrollmaßnahmen des Geschäftsherrn, Konsumverweigerung durch die Kunden)306 nicht geeignet, das zu erklären, weil letztlich bei jedem Tatbestand solche unerwünschten Folgen eines möglichen Vertrauensverlusts der Allgemeinheit denkbar sind. Im Falle des eben bereits bemühten Beispiels des § 316 StGB könnten diese Folgen etwa darin bestehen, dass übrige Teilnehmer ebenfalls fahrunsicher Auto fahren, dass die Polizei verstärkt Verkehrskontrollen durchführt und dass andere Verkehrsteilnehmer aus Angst vor Unfällen gar nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen. Konsequenterweise müsste man mit dieser Begründung daher das Vertrauen in die Einhaltung der Rechtsnorm als Rechtsgut jedes Tatbestands innerhalb des Strafgesetzbuchs qualifizieren. Das dürfte Pragal jedoch nicht vorschlagen wollen. Beide vorgeschlagenen Rechtsgüter der Nichtkäuflichkeit von Entscheidungen beziehungsweise Angestellten und Beauftragten sind daher abzulehnen. bb) Schutz der Übertragbarkeit von Aufgaben, Entscheidungsbefugnissen und Interessenwahrnehmung im wirtschaftlichen Bereich Jaques307 sieht das Rechtsgut der Bestechung308 in dem Schutz der Rechtsinstitute zur Übertragung von Aufgaben im wirtschaftlichen Bereich. Weil es dem Geschäftsherrn in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, insbesondere aufgrund internationaler Wirtschaftsbeziehungen, unmöglich sei, jede Entscheidung selbst zu treffen, müsse der Schutz der wirtschaftlichen Betätigung auch die Möglichkeit erfassen, Aufgaben zu delegieren. Diese Aufgabendelegation erfolge in der Regel aufgrund eines Schuldverhältnisses, durch das der Angestellte oder Beauftragte verpflichtet werde, die Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen. Es bestehe insoweit eine dienstrechtliche Treuepflicht des Angestellten. Der Beauftragte sei darüber hinaus zur Loyalität verpflichtet. Bei der Bestechung ginge es daher darum, zu unterbinden, dass der Beauftragte oder Angestellte Entscheidungsbefugnisse, die ihm aufgrund eines Rechtsverhältnisses übertragen worden seien, überschreite oder missbrauche. Denn die Kenntnis von der Verletzung dieser schuldrechtlichen Pflichten führe sowohl beim Geschäftsherrn als auch bei außenstehenden Dritten dazu, dass das Vertrauen in die Übertragbarkeit von Aufgaben verloren ginge. Dieses Vertrauen sei aber die Grundlage einer arbeitsteiligen Gesellschaft und dürfe daher nicht zerstört werden, da die Übertragbarkeit von Aufgaben durch Rechtsinstitute 305 Ebenso Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379; kritisch zum Vertrauensschutz generell auch Walther, Jura 2010, 511, 513. 306 Vgl. Pragal, S. 154. 307 Jaques, S. 110 ff. 308 Der Ansatz Jaques bezieht sich noch auf § 12 UWG a. F.
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wie Angestellte oder Beauftragte für die Organisation unserer Wirtschaftsordnung von grundlegender Bedeutung sei und ein allgemeines Interesse daran bestehe, diese Organisationsstrukturen zu schützen. § 12 UWG begründe im Vergleich zur Untreue unabhängig von einem Vermögensschaden eine Strafbarkeit des Angestellten. Die Annahme Jaques, der Tatbestand der Korruption sei ein reines Pflichtverletzungsdelikt, überzeugt nicht. Wie schon an früherer Stelle309 erläutert, ist der Schutz des Wettbewerbs durch die Wettbewerbsvariante nicht von der Hand zu weisen. Der Wettbewerb findet sich allerdings in der Rechtsgutsbestimmung von Jaques nicht wieder,310 sodass letztlich auch Pflichtverletzungen außerhalb von Wettbewerbslagen erfasst würden.311 Die Wettbewerbsvariante setzt allerdings ein Wettbewerbsverhältnis („im Wettbewerb“) ausdrücklich voraus.312 Die Rechtsgutsdefinition Jaques ignoriert deshalb die ausdrückliche gesetzgeberische Intention, den Wettbewerb zu schützen, obwohl sich umgekehrt den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkte entnehmen lassen, wonach der Gesetzgeber über § 299 StGB eine reine Pflichtverletzung des Angestellten hätte pönalisieren wollen. Ferner existiert mit dem Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB bereits ein Straftatbestand, der eine Pflichtverletzung gegenüber dem Geschäftsherrn unter Strafe stellt.313 Die engen Voraussetzungen des § 266 StGB, insbesondere das Erfordernis der Vermögensbetreuungspflicht,314 würden unterlaufen, wenn das korruptive Verhalten über § 299 StGB als spezifische Treuepflichtverletzung strafbar wäre.315 Hinzu kommt die Wertung des Gesetzgebers, eine Pflichtverletzung des Angestellten gegenüber seinem Geschäftsherrn nur unter Strafe zu stellen, wenn diese auch zu einem Vermögensschaden des Geschäftsherrn führt,316 und in § 266 StGB keine Versuchsstrafbarkeit zu normieren.317 Insofern bedeutete die Einordnung des § 299 StGB als reines Pflichtverletzungsdelikt eine Vorverlagerung der Strafbarkeit,318 weil § 299 StGB ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellt und gerade keinen Schaden des Geschäftsherrn fordert. Es ist aber kein Grund ersichtlich, die Strafbarkeit derart weit vorzuverlagern.
309
Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) aa). In diese Richtung auch Koepsel, S. 75. 311 Menn, S. 75 f. 312 Menn, S. 76. 313 Menn, S. 76; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466; vgl. zum Verhältnis von § 266 StGB zu § 299 StGB auch Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 638; Koepsel, S. 72 f.; kritisch zur Pflichtverletzung als Merkmal der Korruption Saliger, Festschrift Kargl, S. 493, 496 f. 314 Vgl. Pragal, S. 122; Menn, S. 76. 315 Vgl. Wollschläger, S. 18. 316 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Wollschläger, S. 18. 317 Vgl. hierzu zur Geschäftsherrenvariante Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 382. 318 Vgl. hierzu zur Geschäftsherrenvariante Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 382. 310
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Zudem dürfte es gegen den ultima ratio-Charakter des Strafrechts verstoßen, reine Vertragspflichtverstöße strafrechtlich zu sanktionieren, da insofern vorrangig auf zivilrechtliche (das heißt vor allem arbeitsrechtliche319) Sanktionierungsmittel zurückzugreifen ist.320 Dagegen, § 299 StGB als reines Pflichtverletzungsdelikt einzuordnen, spricht außerdem, dass der Geschäftsherr es andernfalls in der Hand hätte, die Grenzen der Strafbarkeit seiner Angestellten und Beauftragten selbst festzulegen, indem er deren Pflichtenstellung definierte.321 Er erhielte hierdurch die Rolle eines „faktischen Gesetzgebers“322. Das überzeugt auch insofern nicht, als auf diese Weise für ein gleiches Verhalten zweier Angestellter in unterschiedlichen Betrieben unter Umständen eine divergierende strafrechtliche Bewertung anzustellen wäre, je nachdem, welche Vorgaben der jeweilige Arbeitgeber hinsichtlich der Pflichten innerhalb des jeweiligen Unternehmens gemacht hat.323 Dies würde letztlich zu zufälligen Ergebnissen bei der Abgrenzung von strafbarem zu straflosem Verhalten führen. Letztlich spricht gegen die Rechtsgutsdefinition Jaques, dass Treuepflichten gegenüber dem Unternehmen grundsätzlich nur Personen innerhalb des Unternehmens treffen, nicht dagegen Personen, die außerhalb des Unternehmens stehen.324 Dennoch ist auch für Personen außerhalb des Unternehmens in Absatz 2 Nummer 1 eine Strafbarkeit wegen Bestechung vorgesehen.325 Somit muss das Rechtsgut über die Übertragbarkeit von Aufgaben, Entscheidungsbefugnissen und Interessenwahrnehmung im wirtschaftlichen Bereich hinausgehen, da andernfalls kein Strafgrund für die Bestechung gegeben wäre. cc) Die Pflichten- und Loyalitätsbeziehung zwischen Täter und Prinzipal im vermögensrechtlichen Bereich und die Chancengleichheit der Mitbewerber Szebrowski geht davon aus, die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit schützten jeweils unterschiedliche Rechtsgüter.326 Das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante in Form der Bestechlichkeit sei die „Pflichten- und Loyalitätsbeziehung zwischen Täter und Prinzipal im vermögensrechtlichen Bereich“. Die Be319
Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 304 (dort allerdings im Zusammenhang mit der Geschäftsherrenvariante). 320 Vgl. Wollschläger, S. 146; Pragal, S. 122; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; in diese Richtung auch Koepsel, S. 75. 321 Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 304 (dort allerdings im Zusammenhang mit der Geschäftsherrenvariante). 322 Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 304 (dort allerdings im Zusammenhang mit der Geschäftsherrenvariante). 323 Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 304 f. (dort allerdings im Zusammenhang mit der Geschäftsherrenvariante). 324 Vgl. Menn, S. 76; Gorius, S. 126 f. 325 Vgl. Menn, S. 76. 326 Szebrowski, S. 179.
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stechlichkeit sei damit ein Pflichtverletzungsdelikt.327 Das Rechtsgut der Bestechung dagegen sei die Chancengleichheit der Mitbewerber. Zunächst überzeugt der Ansatz, die Rechtsgüter hinsichtlich der Bestechung und Bestechlichkeit unterschiedlich zu bestimmen, nicht.328 Die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit sind spiegelbildlich zueinander ausgestaltet.329 Zwar nimmt die Tathandlung im ersten Fall ein Dritter und im zweiten Fall der Angestellte vor, sodass der Anstoß zu dem korruptiven Verhalten bei den beiden Tatbeständen jeweils von unterschiedlichen Personen und damit Richtungen ausgeht. Letztlich sind der Unrechtsgehalt und die faktische Folge des Geschehens aber die gleichen: Ein Vorteil wird als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb zugewendet. Sowohl der Geschäftsherr als auch die Mitbewerber werden von diesem korruptiven Geschehen gleichermaßen betroffen, unabhängig davon, ob letztlich der Angestellte den Vorteil fordert oder der Täter diesem den Vorteil anbietet. Allein wer das Geschehen anstößt, rechtfertigt eine unterschiedliche Schutzrichtung der Tatbestände daher nicht. Die Rechtsgutsbetrachtung Szebrowskis anhand der unterschiedlichen Perspektiven des bestechenden Marktteilnehmers und des bestechlichen Angestellten orientiert sich damit zu stark an den Handlungsmotiven des jeweiligen Täters. Zwar mag die Verletzung der Interessen des Geschäftsherrn für den bestechenden Marktteilnehmer nur ein Zwischenziel sein, während die Beeinträchtigung der Mitbewerber sein Hauptziel darstellt,330 das ändert aber nichts daran, dass faktisch beide Rechtsgüter gleichermaßen von dem korruptiven Geschehen betroffen sind. Bezüglich der Einordnung des § 299 StGB als reines Pflichtverletzungsdelikt sowie des Rechtsguts des Wettbewerbs, kann auf die an der Ansicht Jaques geäußerte Kritik verwiesen werden.331 Szebrowski ist jedoch hinsichtlich der von ihm vertretenen grundsätzlichen Schutzrichtung sowie des seiner Rechtsgutsdefinition zugrunde liegenden Gedankens zuzustimmen. Das gilt zum einen bezüglich des Ausgangspunkts der Überlegungen Szebrowskis, dass der dem Angestellten zugewendete Vorteil für diesen einen sachwidrigen Einfluss darstellt, der seine Pflichtenbeziehung zum Geschäftsherrn berührt.332 Denn der Angestellte lässt sich bei seiner Entscheidung nunmehr durch den Vorteil anstelle der Interessen des Geschäftsherrn leiten. Gerade aus diesem Grund schützt die Wettbewerbsvariante nach der hier zugrunde gelegten Auffassung unter anderem den Geschäftsherrn vor intern pflichtwidrigem Handeln seiner Angestellten oder Beauftragten und einer daraus resultierenden Benachteiligung.333 Das 327 328 329 330 331 332 333
Szebrowski, S. 170. Ebenso Koepsel, S. 77; Peinemann, S. 112. Koepsel, S. 77. So Szebrowski, S. 175. Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. e) bb). Szebrowski, S. 168. Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. c) bb) (1).
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gilt aber eben nicht ausschließlich, sondern nur unter anderem neben dem Schutz des Wettbewerbs. Zum anderen ist Szebrowski hinsichtlich des Schutzes der Chancengleichheit der Mitbewerber zuzustimmen, die nach Ansicht Szebrowskis aus dem der freien Marktwirtschaft zugrunde liegenden Leistungswettbewerb folge.334 Auch dieser Ansatz stimmt grundsätzlich mit der hier vertretenen Auffassung überein, wonach die Chancengleichheit der Mitbewerber unter anderem um das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante bilden.335 dd) Schutz des lauteren Wettbewerbs in Ausprägung der Wahrung der abgeleiteten Vertragsfreiheit des Prinzipals/Schutz der wirtschaftlichen Handlungs- beziehungsweise Wettbewerbsfreiheit des Geschäftsherrn Gorius336 sieht das Rechtsgut als den „lauteren Wettbewerb in Ausprägung der Wahrung der abgeleiteten Vertragsfreiheit des Prinzipals“. Rechtsgutsträger sei die Allgemeinheit, wobei die Individualinteressen des Geschäftsherrn nachgeordnet mitgeschützt seien.337 § 299 StGB schütze somit die Wettbewerbsentscheidungsgewalt des Geschäftsherrn. Dieser genieße grundsätzlich in Zwei-Personen-Verhältnissen, das heißt in Konstellationen in denen der Geschäftsherr selbst entscheide, seine grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit. Sobald der Angestellte als neuer Entscheidungsträger hinzutrete, treffe dieser die auf ihn delegierte Wettbewerbsentscheidung des Geschäftsherrn. Dabei komme dem Angestellten keine eigene, originäre Vertragsfreiheit zu, sondern er nehme nur die von seinem Geschäftsherrn abgeleitete Vertragsfreiheit wahr. Der Angestellte habe sich daher bei seiner Entscheidung daran zu orientieren, was der Geschäftsherr hypothetischerweise aushandeln würde. Von dieser hypothetischen Entscheidung des Geschäftsherrn dürfe der Angestellte nicht abweichen. Tue er das, sei der Wettbewerb in Ausprägung der Wahrung der abgeleiteten Vertragsfreiheit des Prinzipals verletzt. Die Lauterkeit des Wettbewerbs sieht Gorius damit letztlich als Wahrung der Vertragsfreiheit der einzelnen Unternehmer am Markt,338 weil die Allgemeinheit ein Interesse an einer Form des Wettbewerbs habe, die auf der verfassungsrechtlich garantierten Vertragsfreiheit fuße. Ähnlich geht Teixeira339 davon aus, dass das Rechtsgut des § 299 StGB340 die wirtschaftliche Freiheit beziehungsweise die Wettbewerbsfreiheit des Geschäfts334
Szebrowski, S. 179. Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. b) bb) (1). 336 Gorius, S. 140 ff. 337 Gorius, S. 161. 338 Gorius, S. 142. 339 Teixeira, S. 221 ff. 340 Teixeira geht vom Rechtsgut der „privaten Bestechung“ aus, sodass sich die Ausführungen wohl auf beide Varianten des § 299 StGB beziehen. Um Wiederholungen zu vermeiden, 335
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herrn sei.341 Das ergebe sich daraus, dass der Angestellte oder Beauftragte eine ihm vom Geschäftsherrn verliehene Machtposition missbrauche und hierdurch seine Pflichten gegenüber dem Geschäftsherrn verletze. Die Pflichtverletzung sei jedoch nicht hinreichend, um ein strafrechtliches Verbot zu legitimieren, da sie nur zivilbeziehungsweise arbeitsrechtliches Unrecht konstituiere. Das Vermögen des Geschäftsherrn scheide als Rechtsgut ebenfalls aus, da insoweit die Untreue nach § 266 StGB vorrangig sei und ein Vermögensschaden nicht bei allen Fällen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gegeben sei. Für die Rechtsgutsbetrachtung sei daher auf die Wettbewerbspolitik sowie das Wettbewerbsrecht zurückzugreifen. Deshalb sieht Teixeira die wirtschaftliche Freiheit beziehungsweise die Wettbewerbsfreiheit des Geschäftsherrn als Rechtsgut.342 Diese umfasse insbesondere die Freiheit, von der von einem funktionierenden Wettbewerb ermöglichten Angebotsvielfalt zu profitieren und die beste Leistung erwerben zu können. Indem der Angestellte die auf ihn delegierte Entscheidung aufgrund persönlicher Motive treffe, versperre er dem Geschäftsherrn den Zugang zu anderen, besseren Wettbewerbern und verletze die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Geschäftsherrn. Mit Blick auf den Vorteilsgeber liege das Unrecht darin, dass er über die Entscheidungssphäre des Vertragspartners von innen auf die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Geschäftsherrn als Marktteilnehmer einwirke. Deshalb handle es sich bei der Bestechung quasi um eine verselbstständigte Anstiftung zur Untreue, wobei es aber nicht nur um einen Vermögensschutz, sondern um den Schutz der wirtschaftlichen Freiheit gehe. Zunächst spricht gegen die Rechtsgutsbestimmung von Gorius, dass die Vertragsfreiheit des Geschäftsherrn letztlich dessen Gut und nicht ein solches der Allgemeinheit ist. Denn Träger der Vertragsfreiheit aus Artikel 2 Abs. 1 GG ist jeweils der einzelne Wettbewerbsteilnehmer, nicht aber die Allgemeinheit. Insofern ist die Definition Teixeiras, die ein Rechtsgut des Geschäftsherrn beschreibt, jedenfalls vor diesem Hintergrund vorzuziehen. Zu beachten ist ferner, dass die hypothetische Geschäftsentscheidung des Geschäftsherrn auch aus anderen Gründen, etwa durch sonstiges Fehlverhalten des Angestellten, verletzt werden kann.343 In einem solchen Fall würde der Wettbewerb an sich aber nicht berührt, sondern es wäre lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Angestellten betroffen. Andernfalls müsste auch eine Untreuehandlung nach § 266 StGB als wettbewerbsschädigend qualifiziert werden.344 Insoweit kann auf die bereits an den Ansichten Jaques und Szebrowskis geäußerte Kritik verwiesen345 werden. wird im Folgenden Abschnitt über das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante die Ansicht Teixeiras nicht noch einmal dargestellt. 341 In diese Richtung wohl auch LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215, 216. 342 Teixeira, S. 221. 343 Vgl. hierzu Gorius, S. 125, wobei es dort allerdings um die Ablehnung des Schutzes des Geschäftsherrn vor der abstrakten Gefahr sachwidriger Entscheidungen geht. 344 Siehe hierzu ausführlich Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. d). 345 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. e) bb) und cc).
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Gegen die Ansicht Teixeiras ist einzuwenden, dass der Geschäftsherr sich seiner Entscheidungs- und damit seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit selbst begibt, indem er diese auf den Angestellten oder Beauftragten delegiert. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit verliert der Geschäftsherr damit nicht erst durch die (durch den Vorteil beeinflusste) Entscheidung des Angestellten oder Beauftragten, sondern schon durch seine eigene Entscheidung, diese Entscheidungsfreiheit auf seinen Angestellten oder Beauftragten zu übertragen. Durch diese Übertragung an sich hat der Geschäftsherr allerdings noch keine Schädigung zu befürchten. Die Schädigung des Geschäftsherrn folgt nämlich erst, wenn der Angestellte, der die Handlungsfreiheit des Geschäftsherrn ausübt, bei der Ausübung der wirtschaftlichen Freiheit des Geschäftsherrn für diesen, die Interessen des Geschäftsherrn den Interessen des Vorteilsgebers unterordnet. Erst hieraus ergibt sich eine Gefahr für den Geschäftsherrn und seine Interessen. Richtig ist zwar, dass der Angestellte den Geschäftsherrn daran hindert, das beste Angebot abzuschließen. Das liegt aber in erster Linie daran, dass der Angestellte aufgrund des Vorteils die Interessen des Vorteilsgebers wahrnimmt und nicht im Interesse des Geschäftsherrn handelt. ee) Fazit zu weiteren Ansätzen zur Definition des Rechtsguts der Wettbewerbsvariante in der Literatur Die genannten Ansätze können aus den aufgezeigten Gründen nicht überzeugen, sodass an den oben346 bereits gefundenen Erkenntnissen festzuhalten ist. f) Zusammenfassung zum Rechtsgut der Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB Nach der hier vertretenen Auffassung sind die Rechtsgüter der Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab, die Chancengleichheit der Mitbewerber in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt und der Schutz des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers. Um das Rechtsgut eindeutig und klar zu bestimmen, ist davon auszugehen, dass diese Schutzgüter gleichrangig nebeneinanderstehen und damit in gleichem Maße geschützt werden.347
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Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) – d). So auch SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 15; a. A. Wollschläger, S. 25, der hierdurch eine Entwertung des Rechtsguts und eine Verdunklung des Schutzbereichs befürchtet; Gorius, S. 130. 347
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2. Das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB Auch hinsichtlich des Rechtsguts der Geschäftsherrenvariante herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Die Möglichkeit der Einwilligung des Geschäftsherrn im Tatbestand der Geschäftsherrenvariante („ohne Einwilligung des Unternehmens“) spricht zunächst dafür, dass der Geschäftsherr Rechtsgutsträger ist,348 denn die Dispositionsbefugnis über ein Rechtsgut steht grundsätzlich nur dessen Träger zu.349 Fraglich ist gleichwohl, welche der Interessen des Geschäftsherrn das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante bilden und ob die Norm neben den Individualrechtsgütern des Geschäftsherrn außerdem – parallel zur Wettbewerbsvariante – auch den Wettbewerb als Rechtsgut der Allgemeinheit schützt.350 a) Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austauschs von Waren und Dienstleistungen Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs351 schützt die Geschäftsherrenvariante die „Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“.352
In der Diskussion um das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante reduziert die Literatur diese vom Gesetzgeber intendierte Schutzrichtung größtenteils auf das Merkmal der Loyalität („loyale Pflichterfüllung“, „loyale Geschäftswahrnehmung“353) und kritisiert dieses vielfach (als „diffus“354).355 Zahlreiche Stimmen356 wenden ein, die Loyalität des Angestellten könne kein Selbstzweck sein, sondern es 348
Krack, ZIS 2016, 83, 87; Jansen, NZWiSt 2019, 41, 42; a. A. Borutta, S. 78. S/S/Sternberg-Lieben, Vorbemerkungen zu den § 32 ff. Rn. 36. 350 Zur grundsätzlichen Möglichkeit mehrerer Rechtsgüter unabhängig von der Überschrift des 26. Abschnitts vgl. oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. 351 Vgl. BT-Drs. 18/4350, S. 20, 21; BT-Drs. 18/6389, S. 14, 15. 352 Ebenso MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16; kritisch BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 7. 353 L/K/Heger, § 299 Rn. 1; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 Rn. 13; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 16. 354 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Borutta, S. 109. 355 Siehe etwa Borutta, S. 105 ff. 356 Zimmermann, S. 139; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 Rn. 13; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 15; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 19; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 16. 349
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müsse stets klar werden, in Bezug worauf und zu welchem Zweck Loyalität geschuldet werde. aa) Argumentation Dieser Einwand der Literatur gegenüber der Rechtsgutsdefinition des Gesetzgebers trifft nicht zu. Sowohl worauf die Loyalität bezogen sein muss als auch deren Zweck, ergeben sich bereits aus der Rechtsgutsdefinition des Gesetzgebers in Verbindung mit dem Wortlaut der Geschäftsherrenvariante. Die Loyalität des Angestellten bezieht sich auf die Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Geschäftsherrn bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr. Das (in der Diskussion soweit ersichtlich gänzlich außer Acht gelassene) Merkmal der unbeeinflussten Erfüllung von Pflichten verdeutlicht hierbei den Zweck der Loyalität, nämlich sicherzustellen, dass der Angestellte unbeeinflusst und ausschließlich im Interesse des Geschäftsherrn handelt. Dennoch überzeugt die Formulierung („loyale Erfüllung von Pflichten“) in der Gesetzesbegründung und damit das Abstellen auf die Loyalität des Angestellten nicht. Unter Loyalität versteht man in der Regel die innere Haltung einer Person in Form von Verbundenheit oder Treue. Eine Person bezeichnet man als loyal, wenn sie zu etwas oder jemandem steht und diese verteidigt.357 Ob man diese Art von innerer Beziehung des Angestellten zu seinem Geschäftsherrn von dem Angestellten fordern kann oder muss, ist fraglich.358 Der Angestellte darf seine ihm gegenüber seinem Geschäftsherrn – arbeitsvertraglich – obliegenden Pflichten nicht vorsätzlich (und im Tausch für einen Vorteil) verletzen. Diese Situation mit Loyalität zu beschreiben, ist nicht ganz passend. Während der Begriff Loyalität eine frei getroffene innere Entscheidung impliziert, trifft der Angestellte diese nämlich gerade nicht. Er handelt letztlich nur in Wahrnehmung seiner vertraglichen Pflichten. Insofern passt der Begriff der Loyalität mit seinen Konnotationen auf die der Geschäftsherrenvariante zugrunde liegende Konstellation nicht richtig. Gegen den Schutz der Loyalität spricht ferner, dass zu einer solchen Loyalität – wie bereits oben359 zur Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen erläutert – grundsätzlich nur Personen innerhalb des Unternehmens verpflichtet sind, nicht dagegen Personen, die außerhalb des Unternehmens stehen.360 Dennoch ist auch für Personen außerhalb 357 Vgl. zum Beispiel die Definition von Loyalität bei wikipedia: „Loyalität bezeichnet die auf gemeinsamen moralischen Maximen basierende oder von einem Vernunftinteresse geleitete innere Verbundenheit und deren Ausdruck im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft. Loyalität bedeutet, im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles, die Werte (und Ideologie) des Anderen zu teilen und zu vertreten beziehungsweise diese auch dann zu vertreten, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt, solange dies der Bewahrung des gemeinsam vertretenen höheren Zieles dient.“ 358 Ablehnend Borutta, S. 105. 359 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. e) bb). 360 Vgl. Borutta, S. 80.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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des Unternehmens in Absatz 2 Nummer 2 eine Strafbarkeit vorgesehen.361 Diese ließe sich nicht erklären, wollte man das Schutzgut lediglich in der Loyalität gegenüber dem Unternehmen sehen. bb) Definition des Rechtsguts Rogall362 bestimmt das Rechtsgut als „Schutz des Geschäftsherrn vor unlauteren Geschäftspraktiken“, „die seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit“ beeinträchtigen. Das ist aber zu wenig konkret, weil § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB den Geschäftsherrn nicht generell vor jeder Art von unlauterer Geschäftspraktik schützt, sondern lediglich eine konkrete Art von unlauterer Geschäftspraktik, nämlich den Tausch eines Vorteils gegen eine Pflichtverletzung zu Lasten des Geschäftsherrn, erfasst. Durch den Bezug zu unlauteren Geschäftspraktiken wird die Geschäftsherrenvariante außerdem zu stark an das Wettbewerbsrecht angelehnt.363 Das überzeugt insofern nicht, als sich die Tatsituation der Geschäftsherrenvariante nach der Gesetzesbegründung außerhalb von Wettbewerbslagen abspielt. Das Wettbewerbsrecht dagegen setzt stets voraus, dass ein Wettbewerb gegeben ist.364 Dannecker365 sieht als Rechtsgut die „loyale Geschäftswahrnehmung für Unternehmen, die am Wirtschaftsverkehr teilnehmen“. Als Begründung führt er an, das Tatbestandsmerkmal „bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen“ weise einen Bezug zum Wirtschaftsverkehr auf. Das trifft zwar zu, zumal der Angestellte nach § 299 StGB ausdrücklich „im geschäftlichen Verkehr“ handeln muss. Insofern muss zwangsläufig ein Unternehmen betroffen sein, das am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Hierbei handelt es sich letztlich aber nur um eine klarstellende Formulierung und damit um kein anderes Rechtsgut als das vom Gesetzgeber formulierte. Es geht im Rahmen der Geschäftsherrenvariante letztlich darum sicherzustellen, dass der Geschäftsherr sich darauf verlassen kann, dass seine Angestellten sich, wenn sie für den Geschäftsherrn handeln, nicht von außen von Dritten beeinflussen lassen und nicht aufgrund sachfremder Motive (in Form des zugewendeten Vorteils) handeln. Gleichzeitig soll der Geschäftsherr im Hinblick auf den Vorteilsgeber davor geschützt werden, dass außenstehende Dritte zu seinem Nachteil auf sein Verhältnis zu seinen Angestellten einwirken.366 Denn das birgt die Gefahr – die § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 StGB ebenso wie die Wettbewerbsvariante der Nummern 1 zu verhindern sucht –, dass der Angestellte nicht mehr die Interessen des Geschäftsherrn wahrnimmt und verfolgt, sondern sich stattdessen von dem zuwendenden Dritten und 361
Vgl. Borutta, S. 80. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 21. 363 A. A. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 19, wonach auch das Geschäftsherrenmodell vom Lauterkeitsrecht her betrachtet werden müsse. 364 Vgl. MüKo-Lauterkeitsrecht/Sosnitza, A. Grundlagen, Teil 1 Rn. 1. 365 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 16. 366 Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Borutta, S. 108. 362
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
dessen Interessen leiten lässt.367 Das Augenmerk ist im Rahmen der Diskussion um das Rechtsgut daher stärker auf das Merkmal der unbeeinflussten und von sachfremden Motiven freien Erfüllung von Pflichten zu legen. Entgegen einiger Stimmen in der Literatur368 wird bei einem Schutz des Geschäftsherrn vor unbeeinflusster Erfüllung seiner Pflichten durch die Angestellten nicht lediglich das Binnenverhältnis369 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschützt und es werden nicht schon einfache Vertragspflichtverletzungen370 strafrechtlich sanktioniert. Denn in den Konstellationen der Geschäftsherrenvariante tritt ein Dritter – der Vorteilsgeber – in das Geschehen und wirkt von außen auf das Binnenverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Angestelltem ein.371 Die Strafbarkeit folgt nicht schon daraus, dass der Angestellte eine ihm gegenüber seinem Geschäftsherrn obliegende Pflicht verletzt (wie etwa bei der Untreue nach § 266 StGB), sondern daraus, dass diese Pflichtverletzung des Angestellten mit dem durch den Dritten zugewendeten Vorteil verknüpft ist.372 Diese Verknüpfung führt dazu, dass der Angestellte aufgrund des zugewendeten Vorteils die Interessen seines Geschäftsherrn den Interessen des Dritten unterordnet. Insofern spielen sich Fälle der Geschäftsherrenvariante nicht ausschließlich im Verhältnis des Arbeitgebers zu seinem Arbeitnehmer, sondern vielmehr (ebenso wie die Wettbewerbsvariante) in einem „Dreiecksverhältnis“373 zwischen Drittem, Angestellten und Geschäftsherrn ab. Das Unrecht der entsprechenden Konstellationen liegt nicht bloß darin, dass der Angestellte eine – arbeitsvertraglich normierte – Pflicht gegenüber seinem Geschäftsherrn verletzt, sondern darin, dass ein Dritter von außen auf dieses Verhältnis zwischen Angestelltem und Geschäftsherrn einwirkt und den Angestellten zu einer sachfremden Entscheidung zum Nachteil des Geschäftsherrn verleitet beziehungsweise der Angestellte sich hierzu verleiten lässt.374 Vor diesem Hintergrund kann auch das Argument der Gegenansicht375, die Strafbarkeit des Vorteilsgebers nach § 299 Abs. 2 StGB ließe sich – wollte man das Rechtsgut im Schutz des Verhältnisses zwischen Angestelltem und Geschäftsherrn 367
Vgl. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. In diese Richtung kritisch aber Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 Rn. 13; Jansen, NZWiSt 2019, 41, 43; Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 304; kritisch hierzu auch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Gaede, NZWiSt 2014, 281, 287. 369 Jansen, NZWiSt 2019, 41, 43. 370 So aber Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645. 371 Vgl. hierzu MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20, wonach § 299 StGB den Unwert korruptiven Handelns als wettbewerbswidrige Beeinflussung der innerbetrieblichen Willensbildung eines Marktteilnehmers insoweit beschreibe, dass entscheidungsbefugten beziehungsweise -beeinflussenden Mitarbeitern oder Beauftragten Vorteile versprochen beziehungsweise gewährt würden; ebenso Borutta, S. 108; in diese Richtung auch Jaques, S. 110. 372 Vgl. hierzu MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 373 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463. 374 Vgl. SK-StGB/Rogall, 299 Rn. 53; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 375 U. a. Wollschläger, S. 146 f. 368
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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sehen – nicht erklären, sondern weise stattdessen lediglich den Charakter einer Teilnahmestrafbarkeit auf, nicht überzeugen. Denn die Strafbarkeit des Vorteilsgebers resultiert daraus, dass er von außen auf das Innenverhältnis einwirkt und dieser Einwirkung im Gesamtgeschehen der Korruption ein eigenständiges Unrecht zukommt. Ebenso wie hinsichtlich der Wettbewerbsvariante376 kann als Argument für diese Betrachtungsweise angeführt werden, dass sie im Einklang mit der Straflosigkeit des Geschäftsherrn steht, denn der Geschäftsherr nimmt nur seine eigenen, nicht aber fremde Interessen wahr, sodass seine Handlung das Rechtsgut bereits nicht verletzen kann.377 cc) Fazit zum Rechtsgut der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austauschs von Waren und Dienstleistungen Danach ist das vom Gesetzesentwurf vorgeschlagene Rechtsgut – unter Verzicht auf das Merkmal der Loyalität – dahingehend zu konkretisieren, dass es den Schutz des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden, für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten oder Beauftragten zum Gegenstand hat. b) Rechtsgut der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn Einige Stimmen378 nehmen an, die Geschäftsherrenvariante bezwecke außerdem den Schutz der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn. Die Gegenansicht379 lehnt einen Schutz von Vermögensinteressen ab. aa) Argumentation Gegen den Schutz der Vermögensinteressen lässt sich nicht schon einwenden, dass der Gesetzgeber den Straftatbestand – wäre er von einem Vermögensschutz ausgegangen – bei den Vermögensdelikten und nicht im Abschnitt über Straftaten 376
Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. c) aa). Zimmermann, S. 137. 378 Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 380; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16; Fischer, § 299 Rn. 2; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 4; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 7; S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; in diese Richtung auch SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 19, der von wirtschaftlichen Interessen spricht, hiermit aber wohl vorrangig Gewinnerwartungen meint; ebenfalls für einen Schutz wirtschaftlicher Interessen A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 16. 379 Ebenso L/K/Heger, § 299 Rn. 1; Jansen, NZWiSt 2019, 41, 42; Borutta, S. 96. 377
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gegen den Wettbewerb geregelt hätte.380 Die Geschäftsherrenvariante stellt wie die Wettbewerbsvariante381 mangels Erfordernisses eines Vermögensschadens gerade kein Vermögensdelikt (im engeren Sinne)382 dar.383 Somit gehört die Norm auch nicht zwangsläufig in den Abschnitt über Vermögensdelikte,384 zumal aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm und den mit ihr verbundenen Bemühungen des Gesetzgebers zur Bekämpfung grenzüberschreitender Korruption eine Sachnähe zu den §§ 299 ff. StGB gegeben ist, die die dortige Regelung rechtfertigt.385 Überdies ist es dem Gesetzgeber unbenommen, Vermögensdelikte an anderer Stelle als bei den Vermögensdelikten im Strafgesetzbuch zu regeln. Der bereits erwähnte386 Tatbestand der Kreditgefährdung nach § 187 Var. 2 StGB stellt nach herrschender Ansicht ein Vermögensgefährdungsdelikt dar387 und ist trotzdem im 14. Abschnitt des Strafgesetzbuchs bei den Beleidigungsdelikten geregelt.388 Zwingend gegen einen Schutz der Vermögensinteressen spricht auch nicht, dass die Geschäftsherrenvariante keinen Vermögensschaden oder -nachteil als Tatbestandsmerkmal voraussetzt. Zur Begründung kann auf die oben389 zu § 187 Var. 2 StGB gemachten Ausführungen verwiesen werden. Der fehlende Vermögensbezug des § 299 StGB zeigt sich jedoch, wenn man hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der „Pflichtverletzung“ einen Vergleich mit § 266 StGB, der ebenfalls eine Pflichtverletzung fordert, anstellt. Dort hat der Gesetzgeber den Bezug zum Vermögen über die Vermögensbetreuungspflicht und den insoweit klaren Wortlaut deutlich gemacht. § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB stellen dagegen lediglich auf (irgendeine) Pflicht gegenüber dem Unternehmen ab. Tatbestandsmäßig sind daher im Rahmen der Geschäftsherrenvariante auch solche Pflichtverletzungen, die sich nicht auf das Vermögen des Unternehmens beziehen und damit Konstellationen, in denen das Vermögen des Unternehmens nicht unmittelbar gefährdet ist. Eine solche Pflicht könnte der Angestellte beispielsweise verletzen, wenn er entgegen den Vorgaben des Geschäftsherrn konventionelle Produkte statt Fairtrade-Produkte einkauft, wobei die gekauften Produkte wirtschaftlich betrachtet (hinsichtlich Qualität und Preis) ein besseres Angebot darstellen.390 Das Handeln des Angestellten berührt die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn 380
So aber Jansen, NZWiSt 2019, 41, 42; Borutta, S. 97. Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. b) bb) (2). 382 Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Strafrecht Besonderer Teil 2, Einleitung Rn. 1. 383 SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 19. 384 A. A. Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645, wonach der Standort der Geschäftsherrenvariante nicht überzeuge, weil sie Untreueunrecht vertype. 385 Siehe hierzu noch einmal vertieft unten Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. c). 386 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. b) bb). 387 Fischer, § 187 Rn. 1. 388 Beispiel übernommen von Krack, ZIS 2016, 83, 87 und Hoven, NStZ 2015, 553, 559. 389 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 2. b) bb). 390 Beispiel übernommen von Jansen, NZWiSt 2019, 41, 42. 381
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nicht, obwohl er eine ihm obliegende Pflicht verletzt und der Tatbestand der Geschäftsherrenvariante erfüllt ist. Das spricht gegen einen Vermögensschutz. Die Gesetzesmaterialien erwähnen einen Vermögensschutz zugunsten des Geschäftsherrn ebenfalls nicht. Sie sprechen lediglich vom Schutz der „Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“.391 Die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn werden weder als Rechtsgut noch in einem anderen Zusammenhang im Rahmen der Begründung angesprochen. Es wird nicht verkannt, dass die an den Interessen des Geschäftsherrn orientierte Geschäftswahrnehmung durch die Angestellten dem Geschäftsherrn letztlich überhaupt erst ermöglicht, seine Vermögensinteressen wahrzunehmen. Nur wenn die Angestellten sich gegenüber ihrem Geschäftsherrn pflichtgemäß verhalten, kann der Geschäftsherr den Unternehmenszweck und damit letztlich seine wirtschaftlichen Interessen verfolgen.392 Insofern entfaltet die Geschäftsherrenvariante zwar Einfluss auf das Vermögen des Geschäftsherrn. Das geschieht allerdings nur als Folge („bloßer Reflex“393) des pflichtgemäßen Verhaltens des Angestellten. bb) Fazit zum Rechtsgut der Vermögensinteressen des Geschäftsherrn Die Geschäftsherrenvariante schützt damit nicht auch die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn. c) Rechtsgut des Wettbewerbs Gegenstand heftiger Diskussion ist schließlich die Frage, ob die Geschäftsherrenvariante ausschließlich individualschützenden Charakter hat oder ob sie – parallel zur Wettbewerbsvariante – auch den Wettbewerb als Rechtsgut der Allgemeinheit schützt. Ein Teil der Literatur394 geht davon aus, dass der Wettbewerb als Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante zu qualifizieren sei.395 Andere Stimmen sehen in dem
391
Vgl. BT-Drs. 18/4350, S. 20, 21. BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 7, dort allerdings umgekehrt als Begründung für einen Vermögensschutz. 393 L/K/Heger, § 299 Rn. 1. 394 Bejahend S/S/W/Rosenau, § 299 Rn. 5; Kubiciel, ZIS 2014, 667, 671; Dannecker/ Schröder, ZRP 2015, 48, 50; Rübenstahl/Teubner, in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, § 299 Rn. 2; wohl auch S/S/Eisele, § 299 Rn. 3; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 21 geht jedenfalls von einem mittelbaren Schutz aus; ebenso A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 16; Borutta, S. 101. 395 A. A. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 7; Krack, ZIS 2016, 83, 88; Jansen, NZWiSt 2019, 41, 45; Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645. 392
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Wettbewerb zumindest einen „Teilaspekt des Rechtsguts“396 oder gehen von einem Wettbewerbsbezug397 des Rechtsguts aus und bestimmen das Rechtsgut als „loyale Geschäftswahrnehmung zugunsten wettbewerbstragender Unternehmen“398 oder nehmen an, geschützt seien nur Pflichten, die wettbewerbsbezogen399 seien, oder deren Verletzung geeignet sei, den Leistungswettbewerb zu beeinträchtigen400. Wieder andere Stimmen401 fordern eine Handlung, die zumindest abstrakt geeignet sei, den Wettbewerb zu gefährden. Für den Schutz des Wettbewerbs sprechen zunächst die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Bekämpfung der Korruption. Der Gesetzgeber wollte hiernach den bisherigen Schutz des § 299 StGB (auch zugunsten des Wettbewerbs) nicht verkürzen,402 sondern vielmehr erweitern. Die Geschäftsherrenvariante sollte die strafbedürftigen Konstellationen auffangen, die die Wettbewerbsvariante mangels Wettbewerbslage nicht erfasste. Die Gesetzesmaterialien sprechen insofern von einer „Erweiterung des § 299 StGB“403, an keiner Stelle hingegen davon, dass die Geschäftsherrenvariante einen neuen Schutzzweck verfolgen will.404 Ferner nimmt die Gesetzesbegründung ausdrücklich das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante – den Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs und der Interessen des Geschäftsherrn – in Bezug und spricht auch in diesem Zusammenhang von einer Erweiterung durch die Geschäftsherrenvariante.405 Hiergegen lässt sich jedoch einwenden, dass eine solche Erweiterung des bisherigen Schutzes des § 299 StGB auch gegeben ist, wenn die beiden Varianten der Norm unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen und die Geschäftsherrenvariante nur dem Schutz des Geschäftsherrn dient. Auch im Falle 396
Jansen, NZWiSt 2019, 41, 45. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49; Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 303. 398 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 Rn. 13; zustimmend L/K/Heger, § 299 Rn. 1. 399 Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 305 erweitern in diesem Sinne das in der Gesetzesbegründung genannte Rechtsgut, sodass die Geschäftsherrenvariante das „Interesse des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der [wettbewerbsbezogenen] Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“ schütze. 400 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49. 401 S/S/W/Rosenau, § 299 Rn. 5. 402 Vgl. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49. 403 ¨ brigen auch sachBT-Drs. 18/4350, S. 21: „Die Erweiterung des § 299 StGB ist im U gerecht, da die derzeit geltende Fassung durch die Beschra¨ nkung auf Bevorzugungen im Wettbewerb die strafbedu¨ rftigen Fa¨ lle der mit Schmiergeldzahlungen erkauften Verletzung von Pflichten durch Angestellte und Beauftragte von Unternehmen außerhalb von Wettbewerbslagen nicht erfasst. § 299 StGB diente bereits bisher nicht nur dem Schutz der Funktionsfa¨ higkeit des Wettbewerbs, sondern auch dem Schutz der Interessen des Gescha¨ ftsherrn. Durch ¨ nderung wird der Schutz der Interessen des Gescha¨ ftsherrn an der loyalen und unbedie A einflussten Erfu¨ llung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen erweitert.“ 404 Hoven, NStZ 2015, 553, 559. 405 BT-Drs. 18/4350, S. 21. 397
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einer sogenannten „doppelten Schutzrichtung“406 des Tatbestands könnte man noch von einer Erweiterung des § 299 StGB sprechen. Weiter spricht für den Schutz des Wettbewerbs der Hintergrund, vor dem der Gesetzgeber die Geschäftsherrenvariante in § 299 StGB eingeführt hat. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption diente in erster Linie dazu, grenzüberschreitende Korruption zu bekämpfen.407 In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es, dass die effektive Bekämpfung grenzüberschreitender Korruption erforderlich sei, um einen freien und fairen internationalen Wettbewerb zu erhalten.408 Für diese Ansicht spricht (auf den ersten Blick) auch die Stellung des Tatbestands im Abschnitt über Straftaten gegen den Wettbewerb.409 Als der Gesetzgeber die Geschäftsherrenvariante in Umsetzung internationaler und europarechtlicher Vorgaben in das Strafgesetzbuch einfügte, entschied er sich, den Tatbestand in § 299 StGB zu integrieren. Der Gesetzgeber verortete die Geschäftsherrenvariante damit bewusst in einem Straftatbestand, der dem Wettbewerbsschutz dient.410 Das deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber davon ausging, auch die Geschäftsherrenvariante schütze den Wettbewerb. Hiergegen lässt sich jedoch einwenden, dass der Gesetzgeber durch internationale Vorgaben gezwungen war, den Tatbestand der Geschäftsherrenvariante zu schaffen. Er musste den Tatbestand daher an (irgend) einer Stelle des Strafgesetzbuchs verorten. Auch wenn aufgrund der geforderten Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen eine gewisse Ähnlichkeit der Geschäftsherrenvariante zur Untreue („untreueähnlicher Tatbestand“411) besteht, wäre es systemwidrig gewesen, den Tatbestand im Rahmen der Vermögensdelikte zu verorten.412 Denn die Geschäftsherrenvariante stellt mangels Erfordernisses eines Vermögensschadens gerade kein Vermögensdelikt (im engeren Sinne) dar.413 Es ist fraglich, in welchem Abschnitt des Strafgesetzbuchs der Gesetzgeber die Geschäftsherrenvariante sonst hätte regeln sollen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Geschäftsherrenvariante im Rahmen des § 299 StGB zu regeln, ist vielmehr mit Blick auf die Entstehung des Straftatbestands im Zusammenhang mit internationalen und europarechtlichen Bemühungen zur Bekämpfung von Korruption sowie aufgrund der sachlichen Nähe der Geschäftsherrenvariante zu Korruptionsdelikten nachvollziehbar. Dass der Gesetzgeber dabei einen systematischen Bruch dahingehend erzeugt hat, dass der Tatbestand in einem Abschnitt über Straftaten gegen den Wettbewerb steht, ohne den Wettbewerb 406
Vgl. hierzu Krack, ZIS 2016, 83, 87. BT-Drs. 18/4350, S. 1. 408 BT-Drs. 18/4350, S. 11. 409 Borutta, S. 88 ff.; siehe auch Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 305. 410 Vgl. Borutta, S. 88. 411 Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 305. 412 Vgl. zur Systemwidrigkeit der Geschäftsherrenvariante Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 380. 413 SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 19. 407
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zu schützen, ist insofern hinnehmbar, zumal lediglich eine Variante des § 299 StGB systemwidrig nicht auch das Rechtsgut der Überschrift des Abschnitts schützt. Auch in diesem Zusammenhang kann man auf das Beispiel des § 187 Var. 2 StGB zurückgreifen.414 Dort schützt eine Variante des Straftatbestands die Ehre des Opfers und passt insoweit zur Überschrift des 14. Abschnitts „Beleidigung“.415 In der zweiten Variante dagegen bezweckt § 187 StGB einen Schutz des Kredits des Opfers und stellt ein Vermögensgefährdungsdelikt dar, was nicht mit der Überschrift des Abschnitts übereinstimmt. Das Strafgesetzbuch kennt mithin bereits Tatbestände, die ganz verschiedenartige Rechtsgüter schützen und dennoch innerhalb einer gemeinsamen Norm geregelt sind.416 Schließlich weist Rönnau417 auf die Tatbestandsmerkmale des geschäftlichen Verkehrs und des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen hin und merkt an, dass es diese jeweils in einer modernen Marktwirtschaft nicht geben könne, ohne dass im Hintergrund ein Wettbewerb stattfinde.418 Gegen den Schutz auch des Wettbewerbs durch die Geschäftsherrenvariante spricht demgegenüber der Wortlaut des § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB.419 Im Gegensatz zur Wettbewerbsvariante enthält die Geschäftsherrenvariante nicht den Zusatz „im (…) Wettbewerb“.420 Die Wettbewerbsvariante existierte allerdings bereits vor der Geschäftsherrenvariante, sodass es naheliegt, dass der Gesetzgeber – hätte er gleichfalls einen Schutz des Wettbewerbs intendiert – den Wortlaut der Wettbewerbsvariante übernommen hätte, zumal er das mit dem übrigen Wortlaut („einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen“) ebenfalls getan hat. Das wäre mit dem Wortlaut und der Fassung der Geschäftsherrenvariante im Übrigen ohne Weiteres vereinbar gewesen (und hätte etwa lauten können: „(…) bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung im Wettbewerb vornehme oder unterlasse (…)“). Dass der Gesetzgeber dahingegen auf den Zusatz „im Wettbewerb“ verzichtet hat, ist als Indiz zu werten, dass die Geschäftsherrenvariante diesen gerade nicht schützen soll. Ferner sprechen das Tatbestandsmerkmal „ohne Einwilligung des Unternehmens“ und damit die Möglichkeit der Einwilligung des Geschäftsherrn gegen den Schutz des Wettbewerbs.421 Der Einzelne ist nur hinsichtlich seiner Individualrechtsgüter, nicht aber bezüglich Rechtsgüter der Allgemeinheit dispositionsbefugt. Hier kann erneut eine Parallele zu den Straßenverkehrsdelikten gezogen werden. Die 414 415 416 417 418 419 420 421
Hoven, NStZ 2015, 553, 559. Vgl. zum Rechtsgut des § 187 StGB Fischer, § 187 Rn. 1. Hoven, NStZ 2015, 553, 559. A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 14. Ebenso Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 303; Borutta, S. 81. So auch MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16. Grützner/Helms/Momsen, ZIS 2018, 299, 302. Vgl. Krack, ZIS 2016, 83, 87; Jansen, NZWiSt 2019, 41, 44; a. A. Borutta, S. 78.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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§§ 315b und 315c StGB schützen nach herrschender Ansicht vorrangig die Verkehrssicherheit als Rechtsgut der Allgemeinheit sowie ergänzend Individualrechtsgüter (Leib, Leben und Eigentum).422 Eine rechtfertigende Einwilligung des Einzelnen ist nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Straßenverkehrsdelikte mangels Dispositionsbefugnis des Einzelnen über die Sicherheit des Straßenverkehrs als Rechtsgut der Allgemeinheit nicht möglich.423 Wenn die Strafbarkeit im Rahmen der Geschäftsherrenvariante aber von der fehlenden Einwilligung des Geschäftsherrn abhängt, spricht das dafür, dass der Tatbestand ausschließlich Individualrechtsgüter schützt. Die Gesetzesmaterialien sprechen – zumindest in Teilen – ebenfalls gegen einen Schutz des Wettbewerbs.424 Dort heißt es ausdrücklich, dass die Erweiterung des § 299 StGB um die Geschäftsherrenvariante sachgerecht sei, da die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung von § 299 StGB solche Fälle nicht erfasse, in denen „außerhalb von Wettbewerbslagen“ mit Schmiergeldzahlungen Verletzungen von Pflichten durch Angestellte und Beauftragte von Unternehmen erkauft würden.425 Die Geschäftsherrenvariante erfasst damit Handlungen, die gerade nicht im Wettbewerb erfolgen. Bei Handlungen außerhalb von Wettbewerbslagen wird der Wettbewerb indessen gar nicht berührt.426 Eine Gefährdung des Wettbewerbs durch Handlungen, die der Geschäftsherrenvariante unterfallen, ist mithin nicht möglich. Wenn der Wettbewerb in der Konstellation der Geschäftsherrenvariante aber nicht einmal gefährdet wird, kann er auch nicht das Rechtsgut des Tatbestands darstellen.427 Letztlich ist die Regelung des § 301 Abs. 2 StGB zum Strafantragsrecht bei § 299 StGB zu beachten.428 Im Gegensatz zur Wettbewerbsvariante steht den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 UWG genannten Verbänden und Kammern bei der Geschäftsherrenvariante kein Antragsrecht zu.429 In den Gesetzesmaterialien430 wird hierzu ausgeführt, in den Fällen des § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB seien „ausschließlich Belange des Unternehmens verletzt“. Hätte der Gesetzgeber einen Schutz des Wettbewerbs beabsichtigt, hätte er den Verbänden und Kammern nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 UWG ein Antragsrecht eingeräumt.431 Die besseren Argumente sprechen hier dagegen, den Wettbewerb als einschlägiges Rechtsgut zu klassifizieren. 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431
Fischer, § 315b Rn. 2 und § 315c Rn. 2. Vgl. BGH NStZ 2009, 148. So auch MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 16. BT-Drs. 18/4350, S. 21. Jansen, NZWiSt 2019, 41, 45. Jansen, NZWiSt 2019, 41, 45. Vgl. Krack, ZIS 2016, 83, 87. Vgl. § 301 Abs. 2 StGB. BT-Drs. 18/4350, S. 22. Krack, ZIS 2016, 83, 87.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
Nach der hier vertretenen Auffassung wird der Wettbewerb aufgrund der oben geschilderten Argumente nicht als Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante angesehen. d) Rechtsgut des Schutzes des Wettbewerbs vor abstrakten Gefahren aufgrund von Pflichtverletzungen von Angestellten gegenüber Unternehmen Nach Ansicht Boruttas432 soll das Rechtsgut des § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB der Schutz des Wettbewerbs vor abstrakten Gefahren sein, die entstehen, wenn Angestellte und Beauftragte ihre Pflichtenstellung im Unternehmen interessenwidrig missbrauchten, um persönliche Vorteile zu erhalten. Diese Gefahren würden geschaffen, indem ein Mitbewerber oder sonstiger Dritter in unlauterer, verwerflicher Weise in den Pflichtenkreis eines fremden Unternehmens eindringe, um auf dessen Kosten einen Vorteil zu erhalten. Der Unwert der Handlung erwachse dabei aus der abstrakten Gefährdung des Wettbewerbs, da dessen Funktionsfähigkeit von der Konkurrenzfähigkeit mehrerer Anbieter abhänge. Unternehmen seien jedoch nur konkurrenzfähig, wenn sie Aufgaben und Verantwortung delegierten. Werde im Rahmen dieser Delegation die übertragene Macht aufgrund persönlicher Vorteile missbraucht, werde das Unternehmen unlauter in seiner wettbewerbsrechtlichen Stellung benachteiligt und hierdurch die gesamte Marktwirtschaft in ihrer Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Deshalb sei letztlich die vorteilsveranlasste Pflichtverletzung eines Angestellten oder Beauftragten geeignet, die Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und die Lauterkeit des Wettbewerbs zu gefährden. Dazu ist Folgendes zu bemerken: Zunächst kann der Annahme, das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante sei der Wettbewerb, aus den bereits an früherer Stelle dieser Arbeit dargestellten Gründen433 nicht gefolgt werden. Weiterhin kann bereits die Formulierung, „(…) um persönliche Vorteile zu erhalten“434 nicht überzeugen, weil der Wortlaut eindeutig auch Drittvorteile und damit solche, die nicht dem Angestellten oder Beauftragten persönlich zugutekommen, erfasst. Außerdem wird die Rechtsgutsdefinition dem Erfordernis der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen in der Geschäftsherrenvariante nicht gerecht, wenn sie einzig auf den interessenwidrigen Missbrauch der Pflichtenstellung durch den Angestellten abstellt. Ein solcher interessenwidriger Missbrauch der Pflichtenstellung ist ohne Weiteres auch bei der Wettbewerbsvariante gegeben, sodass beiden Vari432 433 434
Borutta, S. 109. Siehe Kapitel 2, Abschnitt C. II. 3. Borutta, S. 109 f.
C. Das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut
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anten letztlich dasselbe Schutzgut zugrunde läge. Borutta435 geht insofern davon aus, dass der Pflichtverletzungstatbestand ebenso wie die Wettbewerbsvariante die sachwidrige Verknüpfung übertragener Entscheidungsbefugnisse mit einem persönlichen Vorteil sanktioniere. Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der beiden Tatbestandsvarianten schon ihrem Wortlaut nach ist es aber nicht sachgerecht, von einem einheitlichen Schutzgut auszugehen. Entscheidend gegen die Rechtsgutsbestimmung Boruttas spricht, dass die Schädigung des Unternehmens hier mit der Schädigung des Wettbewerbs gleichgesetzt wird, indem angenommen wird, die Pflichtverletzung des Angestellten beeinflusse die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens und diese wiederum beeinflusse den Wettbewerb. Wollte man diese Argumentation zugrunde legen, müsste letztlich der Schutz des Wettbewerbs auch das Rechtsgut des Untreuetatbestands sein. Denn auch im Rahmen der Untreue wird letztlich die durch Delegation innerhalb des Unternehmens auf einen Angestellten übertragene Macht missbraucht. Auch hier könnte man argumentieren, diese Pflichtverletzung wirke sich auf die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens aus, weil das Unternehmen durch die Pflichtverletzung unter Umständen wirtschaftlich nachhaltig geschädigt werde, und das wiederum beeinträchtige die Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Einziger Unterschied der beiden Konstellationen wäre, dass der Missbrauch der Macht im Rahmen der Untreue nicht zwangsläufig durch einen Vorteil des Angestellten motiviert ist, was allerdings letztlich auf die Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens keine Auswirkungen haben dürfte. e) Zusammenfassung zum Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB Das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante ist nach hier vertretener Ansicht der Schutz des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten. Weitere Rechtsgüter wie das Vermögen des Geschäftsherrn oder der Wettbewerb sind abzulehnen.
III. Zusammenfassung zum Rechtsgut des § 299 StGB Hinsichtlich der von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter muss zwischen der Wettbewerbs- und der Geschäftsherrenvariante unterschieden werden. Die Rechtsgüter der Wettbewerbsvariante sind nach hier vertretener Auffassung der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab und die gerade aus diesem Leistungsprinzip resultierende Chancengleichheit der Mitbewerber in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt. Außerdem 435
Borutta, S. 110.
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Kap. 2: Hintergrund zu § 299 StGB
schützt die Wettbewerbsvariante den Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers. Das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante ist der Schutz des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten.
Kapitel 3
Meinungsstand zur Ausgangsfrage und bisher vorgeschlagene Lösungsansätze im Schrifttum Die eingangs aufgeworfene Frage, inwieweit das Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten Dritter im Sinne des § 299 StGB sein kann, ist in der Literatur heftig umstritten. Im Folgenden sollen die unterschiedlichen vertretenen Meinungen und Lösungsansätze im Schrifttum aufgezeigt sowie im Rahmen einer Stellungnahme diskutiert werden, bevor abschließend geprüft wird, ob die gefundene Lösung auch auf die besonders praxisrelevante Fallgestaltung der sogenannten Kopplungsgeschäfte übertragen werden kann.
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB Der wohl überwiegende Teil der Stimmen im Schrifttum geht davon aus, dass das Unternehmen Dritter im Sinne des § 299 StGB sein könne.1 Innerhalb dieser Ansicht wird das teilweise uneingeschränkt vertreten und in der Folge eine Strafbarkeit des Angestellten oder Beauftragten, der zugunsten seines Anstellungsunternehmens Vorteile annimmt, bejaht (siehe hierzu unter I.). Teilweise werden verschiedene Restriktionsansätze vorgeschlagen, um Fallkonstellationen zu unterscheiden, in denen das Unternehmen Dritter sein oder nicht sein kann (siehe hierzu unter II.). Von anderen wird das Unternehmen als Dritter verstanden, eine Strafbarkeit des Angestellten oder Beauftragten im Ergebnis aber mangels Vorteils (siehe hierzu unter III.), der Unlauterkeit der Bevorzugung (siehe hierzu unter IV.) oder einer Unrechtsvereinbarung (siehe hierzu unter V.) abgelehnt.
1
Nachweise jeweils im Folgenden.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
I. Uneingeschränkte Erfassung des Unternehmens als Dritten und Strafbarkeit des Angestellten in diesen Konstellationen Ein Großteil der Stimmen2 nimmt uneingeschränkt an, der Betriebsinhaber oder das Unternehmen, dem der Angestellte angehört, könne Drittbegünstigter im Sinne des § 299 StGB sein. Auf Grundlage dieser Ansicht macht sich der Angestellte, der zugunsten seines Anstellungsunternehmens Vorteile annimmt, gemäß § 299 StGB strafbar. 1. Begründung Eine teleologisch oder wertungssystematisch bedingte Einschränkung des Tatbestandsmerkmals „Dritter“ kommt nach dieser Ansicht aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm sowie ihrer weitergehenden Schutzzwecke nicht in Betracht.3 Der Gesetzgeber habe bei der Neufassung des § 299 StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 21. November 2015 davon abgesehen, das Merkmal des Dritten zugunsten des Anstellungsunternehmens einzuschränken. Stattdessen habe der Gesetzgeber diesen Teil der Vorschrift unverändert in die jetzige Gesetzesfassung übernommen. Weiter wird auf den Gesetzeswortlaut verwiesen, der eine Einschränkung dahingehend, wer Dritter sein oder nicht sein könne, nicht vorsehe.4 Teilweise wird zudem argumentiert, vor dem Hintergrund des Schutzguts des lauteren Wettbewerbs mache es keinen Unterschied, ob der Dritte der Anstellungsbetrieb des Angestellten oder der Angestellte selbst sei, weil ein unsachlich motiviertes fremdnütziges Handeln des Angestellten den Wettbewerb ebenso verletze wie ein unsachlich motiviertes eigennütziges Handeln.5 Schließlich wird zur Begründung auf die §§ 331 ff. StGB verwiesen, da für diese überwiegend angenommen wird, dass Dritter auch die Anstellungskörperschaft des handelnden Amtsträgers sein könne.6
2 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60; auch LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 26; Möhrenschläger, in: Dölling, 8. Kapitel Rn. 95; Lesch, AnwBl 2003, 261, 264; Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3532; Ulbricht, S. 74; Pelz, LMuR 2009, 50, 52; Bürger, wistra 2003, 130, 131; Greeve, in: Hauschka/Lösler, § 25 Rn. 42; wohl auch Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 643 und Satzger, ZStrW 2003, 469, 488; Vasilikou, S. 135. 3 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60. 4 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60; ebenso Park, wistra 2010, 321, 326; Grützner/Momsen/ Behr, NZWiSt 2013, 83, 92; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 39; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468. 5 Ulbricht, S. 74; Vasilikou, S. 136. 6 Odenthal, wistra 2005, 170, 171; siehe hierzu auch SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 51; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468.
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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2. Stellungnahme a) Zur Entstehungsgeschichte des § 299 StGB Die in Kapitel 27 dieser Arbeit vorgenommene Untersuchung der Entstehungsund Entwicklungsgeschichte des Straftatbestands hat ergeben, dass sich den Gesetzesmaterialien zu § 299 StGB keinerlei Anhaltspunkte entnehmen lassen, wonach der Gesetzgeber das Problem der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens vor Augen hatte und sich bewusst dagegen entschieden hat, das Merkmal des Dritten einzuschränken.8 Die Problematik wird an keiner Stelle der Gesetzesmaterialien erwähnt. Dem Gesetzgeber kann deswegen nicht unterstellt werden, er habe von der Regelung der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens bewusst abgesehen. Eine historische Auslegung unter Heranziehung der in Kapitel 29 dargestellten Entwicklungsgeschichte des Tatbestands liefert daher kein eindeutiges Ergebnis. b) Zum Wortlaut des § 299 StGB Nicht zu überzeugen vermag außerdem der Hinweis auf den Wortlaut des § 299 StGB.10 Das ergibt eine grammatische Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Dritten. Der Wortlaut der Norm ist grundsätzlich der Ausgangspunkt ihrer Auslegung.11 Er bildet gleichzeitig die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation.12 Bei der grammatischen Auslegung ist zunächst nach einer gesetzlichen Definition, einer sogenannten Legaldefinition, zu fragen.13 Fehlt eine solche, ist der allgemeine und – falls vorhanden – der besondere juristische Sprachgebrauch auf seine Bedeutung hin zu untersuchen.14 Eine Legaldefinition des Begriffs des Dritten findet sich weder in § 299 StGB noch in dessen Umfeld oder an anderer Stelle innerhalb des Strafgesetzbuchs. Betrachtet man den Wortlaut „Dritter“, zeigt sich in der Tat zunächst dessen Weite: „Dritter“ kann sowohl nach dem allgemeinen als auch nach dem juristischen 7
Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. a). Vgl. Gesetzesbegründung zu § 299 StGB, BT-Drs. 18/4350, S. 20 – 22; ebenso A/R/R/ Rönnau, § 299 Rn. 39. 9 Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. a). 10 A. A. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60, wonach eine Einschränkung des Personenkreises der Dritten nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen sei; zustimmend Rheinländer, WiJ 2014, 143, 144. 11 Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 2 Rn. 41. 12 Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 2 Rn. 41 m. w. N. 13 MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 87. 14 S/S/Hecker § 1 Rn. 37; MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 87. 8
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Sprachgebrauch grundsätzlich jedes Rechtssubjekt sein, das heißt jede natürliche oder juristische Person.15 Nicht „Dritter“ sein können nach dem Zusammenhang und Sinne des Wortlauts des § 299 StGB lediglich der Angestellte und der Vorteilsgeber.16 Diese Weite des Wortlauts des Tatbestandsmerkmals lässt es deswegen auf den ersten Blick durchaus zu, das Unternehmen unter das Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ zu subsumieren. Untersucht man jedoch in einem nächsten Schritt den Wortlaut und die Formulierung der gesamten Norm, lässt sich ein Indiz gegen diese These finden. Das folgt daraus, dass § 299 StGB das Unternehmen explizit als „Unternehmen“ bezeichnet.17 Die Norm des § 299 StGB nennt damit alle Beteiligten des korruptiven Geschehens: den „Angestellten oder Beauftragten“ („sich“), das „Unternehmen“, den möglichen „Dritten“ (als Vorteilsempfänger) und den „anderen“ (der im Wettbewerb bevorzugt wird) sowie – im Falle des Absatzes 2 – den Täter (den Vorteilsgeber; „wer“). Die Beteiligten werden eindeutig sprachlich unterschieden und zugeordnet. Es liegt nahe, dass der Gesetzgeber – hätte er Drittvorteile zugunsten des Unternehmens erfassen wollen – weiterhin den Begriff des Unternehmens verwendet hätte. Der Gesetzgeber hätte den Tatbestand etwa wie folgt formulieren können: „(…) einen Vorteil für sich, einen Dritten oder das Unternehmen als Gegenleistung (…)“. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber den Angestellten oder Beauftragten in der Formulierung „für sich“ ebenfalls ausdrücklich aufgeführt hat. Der „Dritte“ und das „Unternehmen“ im Sinne des § 299 StGB sind daher sprachlich betrachtet unterschiedliche Beteiligte des Geschehens.18 Die grammatische Auslegung ist an dieser Stelle um systematische Überlegungen zu ergänzen, denn für die Auslegung eines Tatbestandsmerkmals kann insbesondere relevant sein, welche Bedeutung gleich lautende Formulierungen in anderen Vorschriften haben und wie sie dort interpretiert werden.19 Eine gleichlautende Formulierung findet sich in dem Tatbestand der Hehlerei nach § 259 StGB.20 Dieser lautet wie folgt: „Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten ver-
15
BGH wistra 2011, 391, 394; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60. BGH wistra 2011, 391, 394. 17 In diese Richtung auch Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1177; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 51. 18 Vgl. auch Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 100, wonach die Bezeichnung des von den betreffenden Vorgängen unmittelbar betroffenen Betriebsinhabers als „Dritten“ schon rein sprachlich betrachtet alles andere als naheläge. 19 S/S/Hecker, § 1 Rn. 39 m. w. N. 20 SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 51; gegen eine Vergleichbarkeit mit § 259 StGB aber Menn, S. 121. 16
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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schafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur21 geht davon aus, dass der „Dritte“ im Sinne des § 259 StGB nicht zugleich der „andere“ (der Vortäter) sein könne.22 Auch im Rahmen des § 259 StGB argumentieren die Vertreter dieser Ansicht mit dem Wortlaut der Norm und stützen ihre Auffassung darauf, dass der Gesetzgeber die Beteiligten eindeutig unterschiedlich bezeichnet habe.23 Während der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs24 in einer Entscheidung aus dem Jahr 1979 noch davon ausging, der Vortäter könne Dritter sein, hat sich der 4. Strafsenat25 später ausdrücklich der herrschenden Meinung im Schrifttum und ihrer Argumentation hinsichtlich des Wortlauts angeschlossen. Das Gericht führte insoweit aus: „Für [diese Ansicht] spricht schon der Wortlaut des § 259 StGB: Die Vorschrift bezeichnet im objektiven Tatbestand den Vortäter als ,anderen‘ und unterscheidet ihn von dem ,Dritten‘, dem die Sache verschafft werden kann. Diese unterschiedliche Bezeichnung der Beteiligten legt es zumindest nahe, daß der ,Dritte‘ im Sinne des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Absicht mit dem ,anderen‘ (dem Vortäter) nicht identisch sein kann.“
Der Vergleich mit § 259 StGB untermauert folglich die hier vertretene Auffassung zum Verständnis des Wortlauts des § 299 StGB. Somit spricht die grammatische Auslegung dagegen, dass Unternehmen unter das Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ zu subsumieren. c) Zur Beeinträchtigung des Rechtsguts des § 299 StGB Soweit argumentiert wird, ein unsachlich motiviertes fremdnütziges Handeln des Angestellten sei in seinen Auswirkungen auf das Rechtsgut des § 299 StGB einem unsachlich motivierten eigennützigen Handeln gleichzustellen, ist dieser Annahme grundsätzlich zuzustimmen. So macht es beispielsweise keinen Unterschied, ob der Angestellte selbst oder seine Ehefrau als Gegenleistung für eine Bevorzugung im Wettbewerb zu einem Heimspiel des Lieblingssportvereines eingeladen wird. Für die spezielle Situation des fremdnützigen Handelns, das dem Anstellungsunternehmen zugutekommt, gilt dagegen etwas anderes, weil der Angestellte gerade nicht unsachlich, sondern aufgrund sachlicher Erwägungen handelt.26 Sein einziges Motiv ist nämlich, eine wirtschaftlich vorteilhafte Entscheidung zugunsten seines 21 NK-StGB/Altenhain, § 259 Rn. 70; L/K/Kühl, § 259 Rn. 17; MüKo-StGB/Maier, § 259 Rn. 155; SK-StGB/Hoyer, § 259 Rn. 45 m. w. N. 22 A. A. S/S/Hecker, § 259 Rn. 44; LK-StGB/Walter, § 259 Rn. 82. 23 L/K/Kühl, § 259 Rn. 17; MüKo-StGB/Maier, § 259 Rn. 155. 24 BGH NJW 1979, 2621, 2622. 25 BGH NStZ 1995, 595. 26 Vgl. Rönnau, StV 2009, 302, 304; Winkelbauer, Festschrift Samson, 2004, S. 385, 393.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Unternehmens zu treffen. Er ist bestrebt, das beste Angebot zu wählen. Hierbei kommt es für ihn nur auf wirtschaftliche Faktoren an, während sachfremde und persönliche Motive keine Rolle spielen.27 Diese Sachnähe der Entscheidung des Angestellten zeigt sich auch darin, dass der gewährte Vorteil einen unmittelbaren Bezug zur Leistung selbst hat.28 Im Falle sonstiger Drittvorteile – etwa im vorausgehend bereits bemühten Beispiel, in dem die Ehefrau des Angestellten zu einem Heimspiel ihres Lieblingssportvereins eingeladen wird – kommt der Vorteil einer außerhalb der Vertrags- und Leistungsbeziehung stehenden natürlichen (oder juristischen) Person zugute.29 Kommen die Vorteile dem Unternehmen zugute, verlässt der erstrebte Vorteil das Verhältnis zwischen den Vertragspartnern (das heißt dem Wettbewerber und dem Geschäftsherrn) dagegen nicht. Die bereits30 dargestellte, von Ulbricht31 aufgestellte Gleichung geht insofern, wenn man sie genauer betrachtet, also nicht auf, weil unsachlich motiviertes eigennütziges Verhalten bei Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens nicht ebenfalls unsachlich, sondern vielmehr gerade sachlich motiviertem fremdnützigem Verhalten gegenüberstünde. Ob dieses sachlich motivierte fremdnützige Verhalten des Angestellten tatsächlich § 299 StGB unterfällt, ist im Rahmen einer teleologischen Auslegung näher zu prüfen. Die teleologische Auslegung beschäftigt sich mit dem Sinn und Zweck eines Gesetzes, also der ratio legis32, sowie der besonderen Schutzfunktion einer Regelung.33 Dabei kommt es entscheidend auf das von der jeweiligen Norm geschützte Rechtsgut an.34 Dieses bestimmt maßgeblich die Schutzrichtung und den Regelungsbereich eines Tatbestands.35 aa) Verletzung des Rechtsguts des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips Nach hier vertretener Auffassung handelt es sich bei dem Rechtsgut des § 299 StGB nicht – wie der oben36 zitierten Annahme Ulbrichts zugrunde gelegt – um den lauteren Wettbewerb, sondern um den Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als 27
Winkelbauer, Festschrift Samson, 2004, S. 385, 393. Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59. 29 Vgl. zum Verhältnis von Unrechtsvereinbarung und Bezugsvereinbarung hinsichtlich der Vertragspartner Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 12. 30 Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 1. 31 Ulbricht, S. 74. 32 NK-StGB/Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 109. 33 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 84. 34 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 84. 35 NK-StGB/Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 109. 36 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 1. 28
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Entscheidungsmaßstab.37 Das Leistungsprinzip wird aber grundsätzlich nicht verletzt, wenn der Angestellte zugunsten seines Geschäftsherrn handelt.38 Stattdessen orientiert sich der Angestellte gerade am Leistungsprinzip, da er das vom Preis-Leistungs-Verhältnis her gesehen beste Angebot wählt.39 (1) Verletzung des Leistungsprinzips durch wettbewerbs- oder kartellrechtswidrige Vorteile Fraglich ist, ob etwas anderes gilt, wenn es um wettbewerbs- oder kartellrechtswidrige Vorteile zugunsten des Unternehmens geht. Nepomuck/Groß40 nehmen das mit der Begründung an, dass Zuwendungen an das Unternehmen, die gegen gesetzliche Normen, insbesondere aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, verstoßen, den Wettbewerb durchaus beeinträchtigten. Dem ist auf den ersten Blick zuzustimmen, da das Wettbewerbsrecht (das heißt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB))41 letztlich die Regeln des Wettbewerbs statuiert.42 Wird gegen diese Regeln verstoßen, wird der Wettbewerb verletzt. Allerdings muss hier die Wertung des Gesetzgebers beachtet werden, dass Verstöße gegen wettbewerbs- oder kartellrechtliche Vorschriften alleine keine Strafbarkeit begründen können,43 sondern allenfalls Ordnungswidrigkeiten44 darstellen oder zivilrechtliche Rechtsfolgen45 auslösen.46 Die reine Verletzung des Wettbewerbs 37 So wohl auch NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61, wonach entscheidend für eine Strafbarkeit nämlich sei, ob die Zuwendung an das Unternehmen den Leistungswettbewerb beeinträchtige (im Rahmen der Ausführungen zum Rechtsgut der Wettbewerbsvariante wird dort auf das Leistungsprinzip allerdings nicht vertieft eingegangen, vgl. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 9); befürwortend Hampen, S. 104; in diese Richtung auch Francuski, BLJ 2009, 3, 4. 38 Ebenso Rönnau, StV 2009, 302, 305; Kubiciel, ZIS 2014, 667, 671, 672. 39 Vgl. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61, wonach eine Verletzung des Leistungsprinzips nur vorliege, wenn die Entscheidung über den Bezug der Ware oder Dienstleistung auf sachwidrigen Erwägungen gründe und sich nicht am im Leistungswettbewerb maßgeblichen PreisLeistungs-Verhältnis orientiere. 40 Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 134. 41 Siehe hierzu Überblick bei Kahmann, S. 170. 42 Vgl. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 158. 43 Zur Rechtsdurchsetzung des UWG durch zivilrechtliche Ansprüche Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Vorbemerkungen zu §§ 8 ff. Rn. 1; zur Entscheidung des Gesetzgebers gegen ein Kartellstrafrecht siehe Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, Vorbemerkung vor § 81 Rn. 1 sowie Klusmann, in: Wiedemann, § 56 Rn. 1. 44 Vgl. § 81 GWB. 45 Vgl. §§ 8 ff. UWG und §§ 33 ff. GWB. Auf europäischer Ebene ist für Verstöße gegen das Kartellverbot ebenfalls keine Strafbarkeit vorgesehen. Drohende Rechtsfolgen nach der Kartellverfahrensordnung Nr. 1/2003 sind stattdessen insbesondere Verbotsentscheidungen, Zwangs- beziehungsweise Bußgelder, aber auch die zivilrechtliche Inanspruchnahme auf Schadensersatz oder Unterlassen, siehe Beckmann, in: Dauses/Ludwigs, E. VI. Versicherungsrecht Rn. 344. 46 Wollschläger, S. 22.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
durch wettbewerbswidriges Verhalten ist damit nicht strafrechtlich sanktioniert.47 Der Gesetzgeber hat keinen „genuinen Deliktstatbestand der Wettbewerbsverzerrung“48 geschaffen. Wenn aber in Konstellationen, in denen der Angestellte wettbewerbswidrige Vorteile zugunsten des Unternehmens fordert oder annimmt, der Unrechtsgehalt einzig darin liegt, dass die Vorteile den Wettbewerb verletzen, würde diese Wertung umgangen und einzig die Wettbewerbsverletzung durch den wettbewerbswidrigen Vorteil bestraft. Denn das Unrecht der Korruption, dass der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips durch eine durch unsachliche Motive des Angestellten beeinflusste Entscheidung verzerrt wird, liegt nicht vor.49 Stattdessen wird der Wettbewerb nur dadurch beeinträchtigt, dass der Vorteil rechtswidrig ist. Diese Beeinträchtigung erfolgt jedoch aufgrund der eindeutigen Wertung des Gesetzgebers, dass bloße Wettbewerbsverzerrungen straflos sind, nicht in strafwürdiger Weise und lässt sich deshalb nicht als Korruption erfassen.50 Grundsätzlich schützen Strafgesetze Güter und Interessen nämlich nicht allumfassend vor jeglichen Gefahren, sondern nur vor den Angriffen, die tatbestandlich normiert sind.51 Denn nicht jede Beeinträchtigung eines Rechtsguts ist schon strafwürdig.52 Grützner/Momsen53 bilden in diesem Zusammenhang überzeugend ein Beispiel mit § 316 StGB. Auch dort kann das Rechtsgut der Sicherheit des Straßenverkehrs durch die verschiedensten Verhaltensweisen beeinträchtigt werden.54 Eine Strafbarkeit nach § 316 StGB ist allerdings nur für den Fall vorgesehen, dass der Straßenverkehr gerade dadurch gefährdet wird, dass der Fahrzeugführer aufgrund des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Übertragen auf § 299 StGB heißt das, dass § 299 StGB nicht jede wie auch immer geartete Verletzung des Wettbewerbs inkriminiert, sondern nur solche Verletzungen des Wettbewerbs unter Strafe stellt, die daraus resultieren, dass die Entscheidung des Angestellten oder Beauftragten nicht am Leistungsprinzip, sondern aufgrund des zugewendeten Vorteils an den Interessen des Vorteilsgebers orientiert ist. Das Rechtsgut des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips wird folglich bei wettbewerbs- oder kartellrechtswidrigem Verhalten des Angestellten nicht berührt. 47
Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467 und Francuski, BLJ 2009, 3, 5. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; vgl. auch Nepomuck/Groß, wistra 2011, 131, 136. 49 In diese Richtung auch Francuski, BLJ 2009, 3, 5; a. A. wohl Menn, S. 122; beachte auch Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 158, wonach die Wettbewerbswidrigkeit eines Verhaltens indizielle Wirkung auch für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 299 StGB habe. 50 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; auch Teixeira, S. 58. 51 Borutta, S. 107. 52 Wollschläger, S. 22; Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 1 Rn. 48. 53 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 159. 54 Das zeigen auch die §§ 315b und c StGB. 48
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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(2) Verletzung des Leistungsprinzips bei (mittelbaren) Vorteilen an den Angestellten selbst Teilweise55 wird im Schriftum angenommen, der Leistungswettbewerb werde in all den Fällen beeinträchtigt, in denen der Vorteil zumindest teilweise auch dem Angestellten selbst (mittelbar) zugutekomme. In diesen Fällen sei eine Strafbarkeit nach § 299 StGB zu bejahen. Zur Argumentation wird hierbei Bezug auf die an früherer Stelle56 bereits geschilderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genommen, wonach der Drittvorteil für den Angestellten zumindest mittelbar selbst von Vorteil sein müsse. Eine Strafbarkeit des Angestellten anzunehmen, wenn der Vorteil diesem zumindest teilweise (mittelbar) selbst zugutekommt, ist jedoch abzulehnen.57 Für Vorteile, die dem Angestellten unmittelbar durch den Vorteilsgeber zugutekommen (zum Beispiel Geldzahlungen oder Einladungen zu Werksbesuchen58), ist eine Strafbarkeit nach § 299 StGB zwar zutreffend.59 Denn auch ohne den das Anstellungsunternehmen begünstigenden Vorteil läge in dieser Situation bereits eine Strafbarkeit des Angestellten vor.60 Der zusätzliche Vorteil auch für das Anstellungsunternehmen kann den Angestellten nicht von dieser Strafbarkeit befreien. Anders zu beurteilen sind aber mittelbare Vorteile des Angestellten, und zwar insbesondere solche, die der Angestellte nicht direkt vom Vorteilsgeber, sondern infolge der Zuwendung des Vorteilsgebers an den Geschäftsherrn des Angestellten von diesem erhält.61 § 299 StGB erfasst – wie in Kapitel 262 bereits angesprochen – sowohl materielle als auch immaterielle Vorteile.63 Der Vorteil muss nicht zwingend aus den Mitteln des Vorteilsgebers stammen,64 sodass es grundsätzlich ausreichend ist, dass der Ange-
55
93. 56
Ebenso LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 26; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88,
Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. b). Ablehnend ebenfalls AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; S/S/Eisele, § 299 Rn. 19; Park, wistra 2010, 321, 327; Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 135; im Zusammenhang mit Sponsoring ebenso Ignor, Festschrift Schiller, S. 329, 335; kritisch zu derartigen mittelbaren Vorteilen der Ansehensmehrung oder Karriereförderung in Bezug auf ihre objektive Messbarkeit sowie ihre Darstellbarkeit BGH NJW 2002, 2801, 2804 („Drittmittel“) sowie BGH NJW 2003, 763, 767. 58 Siehe hierzu Grützner/Behr, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 30 Rn. 226. 59 In diese Richtung auch S/S/Eisele, § 299 Rn. 19; Hampen, S. 91. 60 Ähnlich A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 40. 61 Ablehnend ebenfalls Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 136; S/S/Eisele, § 299 Rn. 19; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 109; Hampen, S. 94. 62 Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt A. I. m. w. N. 63 LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 25 ff. 64 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 57
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
stellte den Vorteil veranlasst durch das Verhalten oder die Leistung des Vorteilsgebers vom Geschäftsherrn erhält.65 Das führt dazu, dass es faktisch nahezu keine Fallkonstellationen gibt, in denen es sich für den Angestellten nicht mittelbar vorteilhaft auswirkt, einen Vorteil zugunsten des eigenen Geschäftsherrn anzunehmen.66 Denn in der Praxis unterliegen Angestellte – jedenfalls in großen Wirtschaftsunternehmen – einer konstanten Leistungsüberwachung und -bewertung. Die für den jeweiligen Angestellten vereinbarten und vorgesehenen Leistungszielvorgaben werden kontinuierlich mit den tatsächlich erbrachten Leistungen des Angestellten abgeglichen. Insbesondere in den für Korruption besonders anfälligen Unternehmensbereichen Einkauf oder Vertrieb besteht in der Praxis überwiegend ein stark an der Leistung des jeweiligen Mitarbeiters orientiertes engmaschiges Bewertungssystem, sodass vorteilhafte Geschäftsabschlüsse des Mitarbeiters zugunsten seines Geschäftsherrn von diesem nicht unbemerkt bleiben. Jeder Vorteil, den der Angestellte für seinen Geschäftsherrn annimmt, wird grundsätzlich vom Unternehmen erfasst und steigert somit die Leistung des Angestellten. Eine solche Leistungssteigerung eines Angestellten wird in der Praxis stets durch den Vorgesetzten honoriert.67 Selbst in Fällen, in denen sich die Leistung des Angestellten nicht durch an seinen Leistungszielen orientierten Gehaltsvariablen (oder Provisionszahlungen und Umsatzbeteiligungen) als Vorteil auswirkt, wird der leistungsstarke Arbeitnehmer stets Vorzüge gegenüber weniger leistungsstarken Mitarbeitern genießen. So wird er beispielsweise bessere Aufstiegsoder Beförderungschancen im Unternehmen haben, mehr Freiheiten durch seinen Vorgesetzten genießen oder sein Urlaubsantrag wird vor denen seiner Kollegen berücksichtigt. Bereits die Gunst des Vorgesetzten beziehungsweise des Arbeitgebers stellt sich für den Angestellten aus vielerlei Gründen als immaterieller Vorteil dar.68 Zudem ist zu beachten, dass der Angestellte seinem Arbeitgeber in der Regel nicht völlig selbstlos dient, sondern seine Arbeitsleistung gerade um seines eigenen Vorteils willens in Form eines Arbeitsplatzes oder Gehalts erbringt.69 Beachtet man das, sind nur wenige Fälle denkbar, in denen der Angestellte, der Vorteile für den Geschäftsherrn annimmt, straflos bleibt. Stattdessen würde sich der Angestellte in der weit überwiegenden Zahl der Fälle strafbar machen,70 sodass man wieder am Ausgangspunkt der (generellen) Strafbarkeit des Angestellten in Fällen 65
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. Ähnlich Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 135, wonach Zuwendungen an Dritte bei lebensnaher Betrachtung (nahezu) nie rein altruistisch, sondern zumindest durch persönliche Eitelkeiten/Bedürfnisse, die durch die Zuwendung an einen Dritten befriedigt werden, motiviert sein dürften. 67 Vgl. auch Hampen, S. 90. 68 Ebenfalls in diese Richtung Hampen, S. 93 f. 69 Ähnlich Ignor, Festschrift Schiller, S. 329, 335. 70 Vgl. hierzu auch Koepsel, S. 169. 66
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der Drittbegünstigung zugunsten des Anstellungsunternehmens angekommen wäre, obwohl man diese gerade zu verhindern suchte. Zudem ist zu beachten, dass das letztlich zur Konsequenz hätte, dass es Angestellten verboten wäre, gute Leistungen zu erbringen, um ihre Karriere- und Aufstiegschancen im Unternehmen oder generell am Markt zu steigern.71 Denn immer dann, wenn ein Angestellter für seinen Arbeitgeber besonders günstige Geschäfte abschließen würde, stünde eine Strafbarkeit nach § 299 StGB im Raum.72 Hinzu kommt, dass diese Betrachtung zu zufälligen Ergebnissen führen könnte.73 In großen Unternehmen, in denen die Leistung der Mitarbeiter wie vorstehend beschrieben verfolgt wird, müsste man aufgrund des mittelbaren immateriellen Vorteils des Angestellten eine Strafbarkeit des Angestellten bejahen. Handelt dagegen ein Angestellter eines kleinen Familienunternehmens mit nur wenigen Angestellten und insgesamt einem weniger an der Leistung orientiertem Geschäftsalltag, kann es in der Tat vorkommen, dass auch ein für das Unternehmen vorteilhafter Geschäftsabschluss durch einen Angestellten vom Unternehmensinhaber unbemerkt bleibt und zu keinem mittelbaren immateriellen Vorteil führt – mag das auch unwahrscheinlich sein. In diesem Fall machte sich der Angestellte des Familienunternehmens nicht strafbar. Vergleicht man diese beiden beispielhaft gebildeten Konstellationen, zeigt sich, dass die Strafbarkeit des Angestellten letztlich nur davon abhinge, wie ein Arbeitgeber unternehmensintern mit der Leistung der Mitarbeiter umgeht. Auch der Wortlaut des § 299 StGB („für sich oder einen Dritten“), nach dem es ohne Einschränkung ausreicht, dass der Vorteil dem Täter oder einem Dritten zugutekommt, spricht dagegen, dass noch ein mittelbarer Vorteil des Angestellten gegeben sein muss.74 Schließlich ist zu beachten, dass es auch nach dem Willen des Gesetzgebers – wie bereits in Kapitel 275 aufgezeigt – nicht mehr auf eine mittelbare Besserstellung des Angestellten ankommt.76 Richtigerweise kann es daher für die Frage nach einer Strafbarkeit des Angestellten keinen Unterschied machen, ob der Angestellte gleichzeitig mittelbare immaterielle Vorteile durch seinen Arbeitgeber aufgrund des Vorteils an diesen erhält.
71 Koepsel, S. 169; ähnlich Ignor, Festschrift Schiller, S. 329, 336; kritisch dazu, einem Angestellten anzulasten, seine Aufgaben möglichst gut zu erfüllen versucht auch BGH NJW 2002, 2801, 2804 („Drittmittel“) sowie BGH NJW 2003, 763, 767. 72 Koepsel, S. 169; ähnlich Ignor, Festschrift Schiller, S. 329, 336. 73 Vgl. in diese Richtung auch Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 136. 74 Park, wistra 2010, 321, 327. 75 Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. a). 76 Park, wistra 2010, 321, 327.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
(3) Fazit Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens des handelnden Angestellten oder Beauftragten verletzen das Rechtsgut des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips nicht. Das gilt auch, wenn es sich bei den Vorteilen um wettbewerbsoder kartellrechtswidrige Vorteile handelt und/oder dem handelnden Angestellten oder Beauftragten gleichzeitig selbst mittelbare Vorteile zufließen. bb) Verletzung des Rechtsguts der Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt Durch die in Rede stehende Konstellation wird auch die Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt nicht verletzt. Jeder Marktteilnehmer hat – grundsätzlich – die Chance, das wirtschaftlich für den Vertragspartner beste Angebot zu unterbreiten. Eingeschränkt und reguliert wird diese Ausgangslage einzig durch die Leistungsfähigkeit der einzelnen Wettbewerbsteilnehmer. Das führt zwar dazu, dass faktisch keine Chancengleichheit bestehen mag, weil einzelne Wettbewerber es sich aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit leisten können, Rabatte oder Einmal- oder fortlaufende Zahlungen zu gewähren, während andere Marktteilnehmer das nicht können. Hierbei handelt es sich aber um ein typisches Phänomen im Leistungswettbewerb. Die einzelnen Marktteilnehmer haben keinen Anspruch darauf, dass andere Wettbewerber kein wirtschaftlich besseres Angebot in Vertragsverhandlungen abgeben. Das mag zwar den Nebeneffekt haben, dass in gewissen Branchen – etwa der eingangs77 erwähnten Automobilbranche – ein sehr starker Leistungs- und Preisdruck auf die Wettbewerber besteht und teilweise marktbeherrschende Stellungen ausgenutzt werden, um Vorteile zu erhalten.78 Das zu regulieren ist jedoch nicht Aufgabe des Strafrechts. Auch hinsichtlich der Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt gilt das an früherer Stelle79 zu wettbewerbswidrigen Vorteilen Gesagte. cc) Verletzung des Rechtsguts des Schutzes des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers Schließlich wird auch das Rechtsgut des Schutzes des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers nicht berührt. Es ist nicht zu befürchten, dass die Interessen des Geschäftsherrn in den Hintergrund geraten und stattdessen die Interessen des Vorteilsgebers Ausschlag für die Entscheidung des Handelnden geben. Ganz im Gegenteil sind die Interessen des Ge77 78 79
Kapitel 1, Abschnitt D. I. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 103. Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1).
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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schäftsherrn der vordergründige Antrieb des Angestellten.80 Er handelt ausschließlich im Interesse des Geschäftsherrn.81 Das Handeln des Angestellten wird zwar ohne Zweifel durch den zugewendeten Vorteil (an den Geschäftsherrn) bedingt, weil er seine Entscheidung zugunsten des Wettbewerbers trifft, der den Vorteil gewährt. Jedoch ist das in dem Fall unschädlich, da diese Beeinflussung nicht sachwidrig, sondern rein wirtschaftlich und damit sachgerecht ist. dd) Verletzung des Rechtsguts des Schutzes des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden, für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten oder Beauftragten Der Angestellte, der für sein Anstellungsunternehmen Vorteile annimmt, verletzt auch nicht das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante. Zwar wird man zugeben müssen, dass die Handlung oder das Unterlassen des Angestellten nicht von Dritten unbeeinflusst ist. Denn letztlich liegt das Motiv des Angestellten oder Beauftragten bei der Entscheidung gerade in dem durch den Dritten zugewendeten Vorteil. Der Dritte beeinflusst den Angestellten in seinem Handeln oder Unterlassen damit kausal. Es ist allerdings in diesen Konstellationen nicht zu befürchten, dass diese Beeinflussung sachfremd ist und der Angestellte durch sein Handeln oder Unterlassen die Interessen des Geschäftsherrn in einer für diesen nachteiligen Weise den Interessen des Vorteilsgebers unterordnet. Der Angestellte oder Beauftragte handelt vielmehr gerade im Interesse des Unternehmens, weil er bestrebt ist, für dieses einen Vorteil zu erlangen.82 Wie bereits oben83 erläutert, dürften Konstellationen, in denen der Angestellte zugunsten des Unternehmens handelt und gleichzeitig eine ihm gegenüber dem Unternehmen obliegende Pflicht verletzt, in der Praxis selten vorkommen. ee) Fazit zur Verletzung des Rechtsguts Bei genauer Betrachtung der einzelnen Rechtsgüter des § 299 StGB zeigt sich, dass diese nicht verletzt werden, wenn der Angestellte Vorteile zugunsten seines Anstellungsunternehmens annimmt. Die teleologische Auslegung spricht somit dagegen, dass das Unternehmen Dritter im Sinne des § 299 StGB sein kann.
80 81 82 83
Vgl. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. Kapitel 1, Abschnitt A.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
d) Zum Vergleich mit den §§ 331 ff. StGB Fraglich ist, ob hinsichtlich der Problematik, inwieweit § 299 StGB Vorteile an das Anstellungsunternehmen erfasst, tatsächlich ein Vergleich mit den „Straftaten im Amt“ des 30. Abschnitts, der Korruption im öffentlichen Bereich – Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung sowie Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 331 ff. StGB – angestellt werden kann. Grundsätzlich kann im Rahmen der systematischen Auslegung einer Norm beachtet werden, wie gleichlautende Tatbestandsmerkmale in anderen Vorschriften ausgelegt und interpretiert werden.84 § 331 Abs. 1 StGB85 lautet: „Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Es zeigt sich damit, dass der Wortlaut der §§ 331 ff. StGB hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „einen Vorteil für sich oder einen Dritten“ mit dem Wortlaut des § 299 StGB identisch ist. Zwar handelt der Amtsträger im Rahmen der §§ 331 ff. StGB nicht wie der Angestellte bei § 299 StGB für ein Unternehmen, sodass sich die Frage, inwieweit das Unternehmen Dritter sein kann, im Rahmen der §§ 331 ff. StGB nicht stellt. Der Amtsträger kann bei der Dienstausübung aber für seine Anstellungskörperschaft handeln. Es sind Fälle denkbar, in denen der Vorteil, den der Amtsträger für die Dienstausübung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, nicht dem Amtsträger oder einer ihm nahestehenden Person, sondern der Anstellungskörperschaft des Amtsträgers als Drittem zugutekommt. Diese Konstellation ist mit der hier untersuchten Konstellation der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens vergleichbar. In beiden Fällen handelt der Täter des Bestechungsdelikts für die juristische Person, bei der er angestellt ist. In beiden Fällen kommt der im Gegenzug für die Handlung des Bestochenen erlangte Vorteil dieser juristischen Person zugute. Der Unterschied zwischen beiden Konstellationen liegt (zunächst) lediglich im Kontext des Geschehens.86 Im Rahmen des § 299 StGB ist dieser Kontext der geschäftliche Verkehr, mithin die freie Wirtschaft, während die Tat im Rahmen der §§ 331 ff. StGB im Bereich des öffentlichen Diensts erfolgt. 84
S/S/Hecker, § 1 Rn. 39. Auf eine Darstellung des spiegelbildlich ausgestalteten Tatbestands der Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB sowie des jeweiligen Abs. 2 der §§ 331, 333 StGB und der §§ 332, 334 StGB wird hier aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vereinfachung verzichtet. Aufgrund des gleichen Wortlauts „oder einen Dritten“ gilt insofern das zu § 331 Abs. 1 StGB Dargestellte. 86 Ähnlich Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466, 468; vgl. auch Walther, Jura 2010, 511, 512. 85
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Es stellt sich somit die Frage, inwiefern man die im Rahmen der §§ 331 ff. StGB geführte Diskussion, ob das Anstellungsunternehmen des handelnden Amtsträgers Dritter im Sinne der Normen sein kann, sowie in der Folge deren Ergebnis auf § 299 StGB übertragen kann. aa) Regelungsgehalt und Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB Die §§ 331 ff. StGB regeln mit den Tatbeständen der Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung sowie der Bestechlichkeit und Bestechung die sogenannte Korruption im öffentlichen Dienst. Danach ist es einem Amtsträger87 verboten, für seine Dienstausübung beziehungsweise eine Diensthandlung, durch die er seine Dienstpflichten verletzten würde, einen Vorteil zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Spiegelbildlich hierzu ist es jedermann verboten, einem Amtsträger für dessen Dienstausübung beziehungsweise eine Diensthandlung, durch die er seine Dienstpflichten verletzen würde, einen Vorteil anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren. Ebenso wie hinsichtlich der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr diskutiert die Literatur auch im Rahmen der §§ 331 ff. StGB über das Rechtsgut der Normen.88 Die überwiegende Ansicht89 geht davon aus, dass die §§ 331 ff. StGB die Lauterkeit des öffentlichen Diensts und das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Lauterkeit, also in die Sachbezogenheit und Unparteilichkeit der öffentlichen Verwaltung, schützt. bb) Die Anstellungskörperschaft als Dritter im Sinne der §§ 331 ff. StGB Im Rahmen der §§ 331 ff. StGB geht die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur90 sowie die obergerichtliche Rechtsprechung91 davon aus, dass Dritter im
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Oder eines Europäischen Amtsträgers oder eines für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr. 88 Siehe hierzu Darstellung bei MüKo-StGB/Korte, § 331 Rn. 2 ff. 89 BGH wistra 2011, 391, 393; BGH MedR 2003, 41, 46; Fischer, § 331 Rn. 2; MüKo-StGB/Korte, § 331 Rn. 8; BeckOK-StGB/von Heintschel-Heinegg, § 331 Rn. 4; NK-StGB/ Kuhlen, § 331 Rn. 12; SK-StGB/Stein/Deiters, § 331 Rn. 17; Lesch, AnwBl. 2003, 262; Menn, S. 88; Deiters, ZJS 2008, 465, 468; BT-Drs. 13/5584, S. 16; kritisch zum Rechtsgut des Schutzes des Vertrauens Ransiek, StV 1996, 446, 450; Walther, Jura 2010, 511, 513; ablehnend Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 465; Jaques, S. 82; Wentzell, S. 83 ff. 90 Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 895; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 462; Pelz, LMuR 2009, 50, 52; Lesch, AnwBl. 2003, 261; Wentzell, S. 112; Cordes/Sartorius, NZWiSt 2013, 401, 402; BeckOK-StGB/von Heintschel-Heinegg, § 331 Rn. 21; MüKo-StGB/Korte, § 331 Rn. 102; NK-StGB/Kuhlen, § 331 Rn. 50; S/S/Heine/Eisele, § 331 Rn. 21; von Häfen, in: Graf/Jäger/Wittig, § 331 Rn. 42 f.; Grützner/Behr, in: Grützner/Momsen, Kapitel 9, Rn. 126; Dauster, NStZ 1999, 63, 66; Heinrich, NStZ 2005, 256, 258; S/S/W/Rosenau, § 331, Rn. 20; SK-StGB/Stein/Deiters, § 331 Rn. 47; Satzger, ZStW 2003, 469, 477; Teixeira, S. 47.
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Sinne der Norm – unabhängig davon, ob der Amtsträger selbst mittelbar Vorteile erhalte – auch die Anstellungskörperschaft des handelnden Amtsträgers sein könne.92 Zur Begründung verweisen die Vertreter dieser Ansicht zunächst auf den Wortlaut der Norm, der keine Einschränkung vorsehe und die Anstellungskörperschaft ohne Weiteres erfasse.93 Weiterhin ziehen sie die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Bekämpfung der Korruption94 heran. Darin heißt es (zunächst allgemein auf Drittvorteile bezogen): „Auch bei einer Vorteilsnahme durch den Amtsträger für Dritte wird jedoch das durch die §§ 311 ff. StGB geschützte Rechtsgut der Lauterkeit des öffentlichen Dienstes verletzt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nachhaltig erschüttert.“
Dahinter stehe der Gedanke, dass auch der altruistisch handelnde Amtsträger gegen den Grundsatz von Sachlichkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoße und damit das Vertrauen in die Sachlichkeit der staatlichen Entscheidungen erschüttert werden könne.95 Von diesem Schutzzweck der Norm her gesehen mache es keinen Unterschied, ob Dritter im Sinne der §§ 331 ff. StGB eine privatautonom agierende Personenvereinigung oder aber die Anstellungskörperschaft des Amtsträgers selbst sei.96 cc) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf § 299 StGB Fraglich ist, ob man hinsichtlich der Problemstellung, inwieweit § 299 StGB Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens erfasse, eine Parallele zu den §§ 331 ff. StGB ziehen und die dort herrschende, eben dargestellte Ansicht, dass die Normen auch Drittvorteile zugunsten der Anstellungskörperschaft erfassten, auf
91
BGH wistra 2011, 391, 394; OLG Celle NJW 2008, 164; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2. 11. 2005 – 3 Ss 217/05; OLG Köln NStZ 2002, 35, 36; zu § 331 a. F. (und daher mit dem Erfordernis einer jedenfalls auch mittelbaren Besserstellung des Amtsträgers selbst) OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908. 92 A. A. LG Bonn, Beschluss vom 8. 2. 2007 – 27 B 13/00, PharmR 2001, 91, 94 (vgl. aber Berufungsurteil des OLG Köln NStZ 2002, 35, 36); ohne nähere Begründung Ostendorf, NJW 1999, 615, 617; Vasilikou, S. 135; Volk, Gedächtnisschrift Zipf, 1999, S. 421, 423, der hierbei jedoch wohl ein anderes Rechtsgut des § 331 StGB zugrunde legt und deshalb davon ausgeht, der Staat könne nicht gleichzeitig Opfer und kriminell Begünstigter der Tat sein. 93 NK-StGB/Kuhlen, § 331 Rn. 50; LG Bonn, Beschluss vom 8. 2. 2007 – 27 B 13/00, PharmR 2001, 91, 93; BGH wistra 2011, 391, 394; OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908. 94 BT-Drs. 13/5584, S. 16. 95 Wolters, JuS 1998, 1100, 1105; S/S/Heine/Eisele, § 331 Rn. 20. 96 Dauster, NStZ 1999, 63, 66; OLG Karlsruhe NJW 2001, 907, 908; a. A. LG Bonn, Beschluss vom 8. 2. 2007 – 27 B 13/00, PharmR 2001, 91, 93 (vgl. aber Berufungsurteil des OLG Köln NStZ 2002, 35, 36); BGH wistra 2011, 391, 394.
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§ 299 StGB übertragen kann. Hierbei muss erneut zwischen den beiden Tatbestandsvarianten des § 299 StGB differenziert werden. (1) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf die Wettbewerbsvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB Dafür, die Rechtslage zu den §§ 331 ff. StGB auf die Wettbewerbsvariante zu übertragen, spricht zunächst, dass der Gesetzgeber die Vorschriften des § 299 StGB a. F. und der §§ 331 ff. StGB gleichzeitig durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 8. 199797 geändert und hierbei den identischen Wortlaut „für sich oder einen Dritten“ gewählt hat. Die Gesetzesbegründung98 bezeichnet die Normen insoweit als „parallele Regelungen“. Weiterhin verweist die Gesetzesbegründung hinsichtlich der Einfügung der Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB a. F. auf die Begründung zu den §§ 331 ff. StGB. Das könnte darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Problematik der Drittvorteile einen Gleichlauf der Regelungen angestrebt hat. Andererseits sind die unterschiedlichen Schutzzwecke der Strafnormen zu beachten.99 Der Strafgrund der §§ 331 ff. StGB liegt einerseits in der Lauterkeit des öffentlichen Diensts, andererseits aber bereits im Vertrauen der Allgemeinheit in diese Lauterkeit des öffentlichen Diensts. Hintergrund dessen ist, dass sich die Verwaltung an das Rechtsstaatsprinzip gemäß Artikel 20 Abs. 3 GG zu halten hat.100 Hieraus leitet sich unter anderem der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ab, wonach die Exekutive als vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist.101 Dieses Vertrauen der Allgemeinheit in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung kann schon bei dem bloßen Anschein der Käuflichkeit beeinträchtigt werden.102 Die §§ 331 ff. StGB müssen daher auch solche Handlungen erfassen, die die Lauterkeit des öffentlichen Diensts zwar noch nicht berühren, die aber geeignet sind, zumindest einen „bösen Schein“ zu erzeugen.103 Fälle, in denen der Anstellungskörperschaft ein Vorteil für eine Dienstausübung eines Amtsträgers zufließt, beeinträchtigen dieses Vertrauen bereits. Es besteht zumindest der Eindruck oder die Vermutung, dass der Entscheidungsträger nicht mehr anhand sachlicher Kriterien, sondern beeinflusst durch den geflossenen Vorteil entschieden habe. Vorteile, die an die Anstellungskörperschaft fließen, beeinträchtigen somit das Rechtsgut der
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BGBl. I S. 2038. BT-Drs. 13/5584, S. 15. 99 Vgl. Kahmann, S. 222 f. 100 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468, wonach die staatliche Verwaltung an gesetzliche Vorgaben gebunden sei und sich keine Vorteile verschaffen dürfe, die keine gesetzliche Grundlage hätten. 101 Sommermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 20 Rn. 270. 102 Lesch, AnwBl. 2003, 261; MüKo-StGB/Korte, § 331 Rn. 8. 103 Lesch, AnwBl. 2003, 261; MüKo-StGB/Korte, § 331 Rn. 8. 98
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§§ 331 ff. StGB. Das rechtfertigt es im Rahmen der §§ 331 ff. StGB auch, diese Konstellationen unter den Tatbestand der Normen zu fassen. Der Schutzzweck der Wettbewerbsvariante umfasst lediglich den Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab. Im Wirtschaftsleben existiert kein entsprechendes Vertrauen der Allgemeinheit in diesen Wettbewerb104 oder das Verhalten seiner Teilnehmer105, da das für die Exekutive geltende Rechtsstaatsgebot gemäß Artikel 20 Abs. 3 GG und der daraus abgeleitete Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in der privaten Wirtschaft keine Anwendung findet und die Wettbewerber nicht unmittelbar bindet.106 Volk107 statuiert insofern treffend: „In die Sachlichkeit unternehmerischer Entscheidungen vertraut man nicht, und man sollte es auch nicht tun, weil die Sache, um die es in der Wirtschaft geht, der eigene Vorteil ist.“
Vor diesem Hintergrund ist der Schutzzweck der Wettbewerbsvariante enger als der der §§ 331 ff. StGB, weil er nicht schon das Vertrauen der Allgemeinheit umfasst.108 Die unterschiedliche Behandlung109 der (auf den ersten Blick) ähnlichen Konstellationen von Drittvorteilen zugunsten der Anstellungskörperschaft beziehungsweise des Anstellungsunternehmens rechtfertigt sich aus dem unterschiedlichen Kontext,110 in dem die entsprechenden Handlungen stattfinden und den damit zusammenhängenden unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben, anhand derer die jeweilige Konstellation zu messen ist: Die Wettbewerbsvariante bezieht sich auf Handlungen in der freien Wirtschaft, während die §§ 331 ff. StGB Handlungen im öffentlichen Dienst erfassen.111 Während im öffentlichen Dienst ein Strafbedürfnis besteht, gibt es ein solches im Bereich der freien Wirtschaft hingegen nicht.112 Für diese Betrachtung spricht auch, dass die Gesetzesbegründung113 die Herkunft des Straftatbestands aus dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb und generell den Schutz des lauteren Wettbewerbs besonders hervorhebt. Auch das zeigt, dass 104 Vgl. Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 91; Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379; Altenburg, S. 89; a. A. Pragal, S. 146. 105 Kahmann, S. 222; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 91; Altenburg, S. 89. 106 Vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3 GG Rn. 113. 107 Volk, Gedächtnisschrift Zipf, 1999, S. 421, 426, 427. 108 Vgl. Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 10; Lesch, AnwBl. 2003, 261, 266; Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379; Warntjen/Schelling, PharmR 2010, 509, 513; Hampen, S. 82. 109 Vgl. hierzu auch Menn, S. 88; Walther, Jura 2010, 511, 512. 110 Vgl. hierzu auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466, wonach die staatliche Verwaltung am Gemeinwohl, die Privatwirtschaft dagegen an Gewinnmaximierung orientiert sei; Kahmann, S. 222; Wollschläger, S. 155. 111 Ähnlich Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466, 468; vgl. auch Walther, Jura 2010, 511, 512. 112 Vgl. hierzu auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468. 113 BT-Drs. 13/5584, S. 15.
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man die Straftatbestände der Wettbewerbsvariante und der §§ 331 ff. StGB vor unterschiedlichen Hintergründen betrachten muss. (2) Übertragbarkeit der Rechtslage hinsichtlich der §§ 331 ff. StGB auf die Geschäftsherrenvariante nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB Auch hinsichtlich der Geschäftsherrenvariante kann man die Rechtslage zu den §§ 331 ff. StGB aufgrund der unterschiedlichen Schutzzwecke der Normen nicht übernehmen. Wie vorstehend hinsichtlich der Wettbewerbsvariante aufgezeigt, rechtfertigt das Rechtsgut des Vertrauens der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Diensts es, bereits alle Handlungen einzubeziehen, die einen „bösen Anschein“ wecken. Die Geschäftsherrenvariante des § 299 StGB betrifft nur den Schutz des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten. Ein darüber hinausgehendes Vertrauen in die Angestellten dergestalt, dass sie nicht pflichtwidrig zum Nachteil des Geschäftsherrn handeln, besteht nicht.114 Auch in dieser Konstellation kommt der unterschiedliche Kontext der jeweiligen Straftatbestände zum Tragen. Während im öffentlichen Dienst Artikel 20 Abs. 3 GG ein besonderes Vertrauen in die Lauterkeit des öffentlichen Diensts rechtfertigt, gibt es in der freien Wirtschaft keine Regularien oder gesetzlichen Vorgaben, die ein entsprechendes Vertrauen in Angestellte von Unternehmen rechtfertigen würden. dd) Fazit zum Vergleich mit den §§ 331 ff. StGB Die im Rahmen der §§ 331 ff. StGB geltenden Grundsätze zu Drittvorteilen und der Frage, ob das Anstellungsunternehmen Empfänger dieser Drittvorteile sein kann, kann man nicht auf § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB übertragen.115 Denn wegen der unterschiedlichen Schutzrichtungen und Strafzwecke der Normen sind die Normen nicht vergleichbar, was aber die Voraussetzung wäre, um die Rechtslage zu übertragen.116 Dass die §§ 331 ff. StGB Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens erfassen, kann man daher nicht als Argument für eine Strafbarkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens heranziehen.
114 Ebenso Krack, Festschrift Samson, 2010, S. 377, 379; a. A. Pragal, siehe oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. e) aa). 115 Im Ergebnis ebenso SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 51; Rönnau, StV 2009, 302, 305; vgl. zur unterschiedlichen Beurteilung der § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB auch Warntjen/Schelling, PharmR 2010, 509, 51, 513. 116 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468; zum Unterschied des jeweiligen Umfelds der Korruptionshandlung auch Wollschläger, S. 155.
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e) Zum Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers Gegen eine uneingeschränkte Erfassung des Anstellungsunternehmens als Dritten wird an vielen Stellen117 eingewandt, dass die daraus folgende Strafbarkeit des Angestellten zu Abgrenzungsproblemen beziehungsweise einem Wertungswiderspruch hinsichtlich der Straflosigkeit des Betriebsinhabers im Rahmen des § 299 StGB führe. aa) Der Betriebsinhaber als tauglicher Täter des § 299 Abs. 1 StGB Fraglich ist somit zunächst, ob der Betriebsinhaber tauglicher Täter des § 299 Abs. 1 StGB sein kann. Betriebsinhaber ist, „wer Eigentümer des Unternehmens118 ist, dieses betreibt und betriebliche Entscheidungen im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 StGB in eigener Verantwortung frei treffen kann.“119 Der Wortlaut des § 299 Abs. 1 StGB lautet: „wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens (…)“. Täter des Delikts kann somit nur sein, wer diese Eigenschaften erfüllt. § 299 Abs. 1 StGB stellt folglich ein Sonderdelikt120 für Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens dar. Angestellter ist, „wer in einem mindestens faktischen Dienstverhältnis zum Geschäftsherrn steht und dessen Weisungen unterworfen ist“.121 Beauftragter ist, wer ohne Angestellter zu sein, befugt für den Geschäftsherrn tätig wird und aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen, die den Warenund Leistungsaustausch des Unternehmens betreffen, Einfluss zu nehmen.122 Der Geschäftsinhaber ist nach diesen Definitionen weder Angestellter noch Beauftragter des Unternehmens. Bereits nach dem „eindeutigen Wortlaut“123 der Norm scheidet er daher als Täter des § 299 StGB aus.124 Eine gegenteilige Sub117
NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; Schoop/Ballo, in: MAH WirtschaftsStR, § 20 Rn. 288. 118 Der Frage, wer hinsichtlich welcher Gesellschaftsform konkret als Inhaber des Unternehmens zu qualifizieren ist, soll im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen werden, vgl. insoweit Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88 ff.; Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3531; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 32 ff.; Kahmann, S. 201 ff. 119 LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215; vgl. außerdem Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88 ff. 120 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 19; BGH NStZ 2014, 42, 44. 121 Fischer, § 299 Rn. 14. 122 Fischer, § 299 Rn. 15. 123 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; auch Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 11. 124 Herrschende Meinung: BGH NJW 2012, 2530, 2533; BGH NStZ 2014, 42, 43; LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215; L/K/Heger, § 299 Rn. 2; Odenthal, wistra 2005, 170, 171; Rönnau, StV 2009, 302, 304; Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 13; NK-StGB/Dannecker, § 299
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sumtion würde gegen das Analogieverbot gemäß Artikel 103 Abs. 2 GG verstoßen.125 Der Gesetzgeber hat sich auch ausdrücklich dagegen entschieden, den Betriebsinhaber in den Täterkreis aufzunehmen.126 So sah ein Alternativ-Entwurf zum Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1977 für § 12 UWG a. F. eine Strafbarkeit des Geschäftsinhabers vor, wurde jedoch letztlich nicht angenommen.127 bb) Folge für die Frage der Drittvorteile zugunsten des Unternehmens De lege lata ist der Betriebsinhaber also kein tauglicher Täter des § 299 StGB. Geht man davon aus, dass Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens grundsätzlich vom Tatbestand des § 299 StGB erfasst sind, entstünde damit die anhand der folgenden Beispiele dargestellte Situation: Beispiel 5: A ist Angestellter der X-OHG, die drei Gesellschafter (R, S und T) hat. A verhandelt nun mit B, einem Angestellten der Y-GmbH, und C, einem Angestellten der Z-GmbH, jeweils über die Vergabe eines Auftrages zur Lieferung von Bleistiften für die X-OHG. A äußert gegenüber B, die Y-GmbH erhalte den Auftrag zur Lieferung der Bleistifte, wenn die Y-GmbH der X-OHG einen Rabatt in Höhe von 20 % gewähre. Die Y-GmbH gewährt den Rabatt. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag. A hat sich gemäß § 299 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB strafbar gemacht. Beispiel 6: (Konstellation wie zuvor im Beispiel 5) R, S und T bestimmen einstimmig, dass die Y-GmbH den Auftrag erhält, wenn sie der X-OHG einen Rabatt von 20 % gewährt. R, S und T tragen diesen Vorschlag an den B heran, woraufhin B zustimmt. Die Y-GmbH gewährt den Rabatt. Im Gegenzug erhält die Y-GmbH den Auftrag. R, S und T haben sich nicht gemäß § 299 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB strafbar gemacht.
Die gleiche Handlung (nämlich das Fordern eines Vorteils zugunsten des Unternehmens) und das gleiche faktische Ergebnis (die Gewährung eines Rabatts als Gegenleistung dafür, dass ein Auftrag erteilt wird) werden hier im Hinblick auf die Strafbarkeit unterschiedlich behandelt, je nachdem, wer handelt: Handelt der Angestellte, macht er sich wegen Bestechlichkeit strafbar. Handelt hingegen der Betriebsinhaber, ist er straflos.128 Nun lässt sich – auf den ersten Blick zu Recht – einwenden, dass das gerade den Charakter eines Sonderdelikts ausmache. Eine bestimmte Eigenschaft des Täters begründet oder verschärft die Strafbarkeit, weil mit ihr eine Unrechtssteigerung Rn. 44; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; S/S/Eisele, § 299 Rn. 11; Fischer, § 299 Rn. 12; LK-StGB/Tiedemann, § 299 Rn. 10; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 11; Park, wistra 2010, 321, 326; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92. 125 Ulbricht, S. 56. 126 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 127 Vgl. hierzu MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 128 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; vgl. Walther, S. 94.
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verbunden ist, die die Strafbarkeit oder einen (im Verhältnis zum Grunddelikt) erhöhten Strafrahmen rechtfertigt.129 Fraglich ist in der in Rede stehenden Konstellation deswegen, woraus sich diese Unrechtssteigerung, die eine Strafbarkeit des Angestellten im Gegensatz zu einer Strafbarkeit des Betriebsinhabers rechtfertigen könnte, ergibt oder ob eine solche nicht gänzlich fehlt. Hierzu ist erneut auf die dem § 299 StGB zugrunde liegende Drei-PersonenSituation130 sowie darauf abzustellen, dass Verpflichteter und Vorteilsempfänger auseinanderfallen.131 Das Unrecht liegt hier darin, dass der Angestellte oder Beauftragte für den Geschäftsherrn entscheidet und diesen verpflichtet, wobei er jedoch nicht nach dessen Interessen, sondern beeinflusst durch den zugewendeten Vorteil handelt.132 Kommt der Vorteil hingegen letztlich dem Unternehmen zugute, fallen Verpflichteter und Vorteilsempfänger gerade nicht auseinander. Vielmehr treffen der Vorteil und die Verpflichtung beim Unternehmen zusammen. Somit liegt der soeben beschriebene Unrechtsgehalt, der die Strafbarkeit oder die erhöhte Rechtsfolge für den Angestellten als Sonderdeliktstäter begründet, gerade nicht vor. Rechtfertigt sich eine Strafbarkeit des Angestellten jedoch nicht gerade aus seiner Eigenschaft als solcher, entsteht ein Wertungswiderspruch133 : Der Angestellte, der für sein Unternehmen Vorteile als Gegenleistung dafür fordert, dass er einen Wettbewerber bevorzugt, macht sich wegen Bestechlichkeit strafbar, während der Geschäftsinhaber, der für sein Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die gleiche Bevorzugung fordert, straflos bleibt.134 Dieses Ergebnis kann nicht überzeugen. Zu noch weniger überzeugenderen Ergebnissen führt es, wenn man eine Strafbarkeit des Angestellten annimmt und eine Teilnahmestrafbarkeit des Geschäftsherrn wegen Anstiftung zur Tat des Angestellten nach § 26 StGB prüft.135 Das liegt deshalb nahe, weil der Geschäftsherr seine Angestellten in der Praxis regelmäßig (explizit) dazu anweisen dürfte, ihre vertraglich geschuldeten Arbeitspflichten zum Vorteil des Arbeitgebers zu erfüllen, wenn sie für diesen handeln. Nicht selten wird
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Vgl. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 55. Vgl. Saliger, Festschrift Kargl, 2015, S. 493, 497; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Peinemann, S. 139. 131 Peinemann, S. 121, 138; Szebrowski, S. 155. 132 Zu diesem Interessenwiderspruch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 133 Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 229; Park, wistra 2010, 321, 326; vgl. auch Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 387; diesen Wertungswiderspruch ablehnend Menn, S. 107. 134 Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 336. 135 Vgl. Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 390; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468; Gorius, S. 144 f.; a. A. Menn, S. 107 f. 130
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das ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt.136 Eine solche Weisung des Arbeitgebers dürfte beim Arbeitnehmer in der jeweiligen Verhandlungssituation den Ausschlag dafür geben, den Vorteil für den Geschäftsherrn anzunehmen, sodass hierdurch der Tatentschluss des Angestellten hervorgerufen wird und damit ein „Bestimmen“ im Sinne des § 26 StGB vorliegt. Da § 299 Abs. 1 StGB ein Sonderdelikt ist, stellt die Eigenschaft als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 14 StGB dar. Dieses begründet im Falle des § 299 StGB die Strafbarkeit, sodass § 28 Abs. 1 StGB Anwendung findet und die Strafe zwar nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert würde, eine Teilnahmestrafbarkeit des Geschäftsinhabers aber dennoch zu bejahen wäre.137 Ebenfalls denkbar wäre eine Strafbarkeit des Geschäftsherrn wegen Beihilfe zu der Tat des Angestellten durch Unterlassen gemäß § 27 StGB, wenn der Betriebsinhaber in Form einer Garantenpflicht verpflichtet wäre, Straftaten seiner Mitarbeiter zu verhindern.138 Das kann im Einzelfall bei betriebsbezogenen Straftaten von Angestellten der Fall sein.139 Schlussendlich käme man also zu einer Teilnahmestrafbarkeit des Geschäftsherrn für ein Verhalten, dass er selbst straflos vornehmen könnte.140 Die gesetzliche Wertung der Straflosigkeit des Betriebsinhabers würde hierdurch unterlaufen.141 cc) Auflösung des Wertungswiderspruchs durch Einbeziehung des Betriebsinhabers in den Täterkreis de lege ferenda? Im Schrifttum142 wird teilweise dafür plädiert, den Betriebsinhaber de lege ferenda in den Täterkreis des § 299 StGB einzubeziehen. Hierdurch würde der soeben skizzierte Wertungswiderspruch zur Strafbarkeit des Angestellten aufgelöst.143 Das ist mit Blick auf die ermittelten Rechtsgüter der Norm aber nur teilweise plausibel: Lässt der Geschäftsinhaber sich selbst bestechen oder wird er bestochen, bleibt das Rechtsgut der Interessen des Geschäftsinhabers – sowohl im Rahmen der Wettbewerbs- als auch der Geschäftsherrenvariante – hiervon unberührt. Der Geschäftsinhaber handelt nämlich, indem er selbst einen Vorteil annimmt, gerade in seinem eigenen Interesse. Mit Blick auf dieses Rechtsgut kann man eine Straflo136 In der Praxis übliche Formulierungen lauten etwa: „Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, alle Dienstleistungen ordnungsgemäß und unter steter Bedachtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers auszuführen.“; vgl. hierzu auch Menn, S. 143. 137 Vgl. Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92. 138 Vgl. Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 390; Wollschläger, S. 96; a. A. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 44. 139 Vgl. zur Garantenstellung des Betriebsinhabers BGH CCZ 2012, 157. 140 Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92. 141 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468; Gorius, S. 144. 142 Bürger, wistra 2003, 130, 135; Ulbricht, S. 56; Höltkemeier, S. 171; Kahmann, S. 224; Menn, S. 229; Klug, S. 290. 143 Menn, S. 234; vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 95, 106 ff.
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sigkeit des Betriebsinhabers problemlos annehmen. Hinsichtlich des Rechtsguts des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab sowie der Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt, ist die Straflosigkeit des Betriebsinhabers zumindest kritisch zu sehen.144 Der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab ist immer beeinträchtigt, wenn aufgrund von Vorteilsgewährungen Entscheidungen über den Bezug von Waren oder Dienstleistungen getroffen werden, die nicht am Leistungsprinzip orientiert sind.145 Für die getroffene unternehmerische Entscheidung im Wettbewerb ist in diesen Fällen nicht mehr die wirtschaftlich zu messende Leistungsfähigkeit der Wettbewerber, also „das beste Angebot im Wettbewerb“146, maßgeblich. Die Entscheidung erfolgt stattdessen einzig anhand sachfremder Aspekte, die mit dem konkreten Geschäftsverhältnis in keinem Zusammenhang stehen. Ob diese unsachgemäße Entscheidung ein Angestellter oder der Geschäftsinhaber selbst trifft, macht für ihre Wirkung auf den Wettbewerb keinen Unterschied.147 Zu beachten ist allerdings, dass der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab und die Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt nur verletzt werden, wenn es um sachfremde Vorteile geht. Man erwartet von einem Betriebsinhaber nämlich nur, dass er nicht anhand von sachfremden Motiven, nicht aber, dass er ohne geschäftliche Eigeninteressen entscheidet.148 Gewährt ein Marktteilnehmer beispielsweise einen Preisnachlass, verletzt das weder den Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab noch die Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt, weil hier nur die Leistungsfähigkeit der Marktteilnehmer betroffen ist. Das für den Geschäftsherrn gesehen wirtschaftlich beste Angebot erhält den Vorzug.149 Dieses Prinzip ist „dem Leistungswettbewerb gerade immanent“150, sodass nicht zu befürchten ist, dass der Wettbewerb unlauter verzerrt oder verfälscht wird.151 Soweit es sich bei dem Verhalten des Geschäftsherrn um eine wettbewerbswidrige Vorteilsnahme handelt,152 kann diese zwar gegen die
144 So auch Satzger, ZStrW 2003, 469, 488; Fischer, § 299 Rn. 12; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 101. 145 Ähnlich Bürger, wistra 2003, 130, 135, wonach das Rechtsgut des freien Wettbewerbs durch unsachgemäße Entscheidungen verletzt werde; vgl. Rönnau, StV 2009, 302, 304. 146 Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 53 Rn. 101. 147 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391; Bürger, wistra 2003, 130, 135; in diese Richtung auch Pragal, S. 117, 140; Höltkemeier, S. 170; Peinemann, S. 137; Satzger, ZStrW 2003, 469, 488. 148 Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; Ulbricht, S. 56; Peinemann, S. 137; a. A. Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 236; Gorius, S. 140. 149 Vgl. A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42. 150 A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42. 151 Vgl. A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42. 152 Siehe hierzu bereits oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1).
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entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Vorschriften verstoßen, eine Strafbarkeit nach § 299 StGB kommt jedoch nicht in Betracht.153 Hinsichtlich der Strafbarkeit des Betriebsinhabers müsste man daher, wollte man eine solche de lege ferenda annehmen, jedenfalls zunächst danach differenzieren, um welche Art von zugewendeten Vorteilen es sich handelt. Sachliche und wirtschaftliche Vorteile zugunsten des Unternehmens, die „im direkten Verhältnis zur Gegenleistung stehen“154, berühren den Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab und die Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt nicht. Gemeint sind hier Fälle, in denen es um das Verhältnis der Ware oder Dienstleistung zum Preis geht,155 zum Beispiel Preisnachlässe, Mengenrabatte, Einmalzahlungen oder fortlaufende Zahlungen zugunsten des Unternehmens. Handelt es sich dagegen um „sonstige Vorteile“156, die mit dem Unternehmen an sich und/oder dem Geschäft, aus Anlass dessen der Vorteil zugewendet wird, nichts zu tun haben157 und die das Unternehmen an sich auch nicht wirtschaftlich besserstellen („inkonnexe Sonderleistungen“158), sondern unter Umständen sogar in das Privatvermögen des Betriebsinhabers fließen,159 wird das Leistungsprinzip verletzt und die Mitbewerber werden in ihrer Chancengleichheit betroffen.160 Beispiele für solche Vorteile können sein, dass der Betriebsinhaber zu einer Wellness-Reise oder einem Sportevent eingeladen wird. De lege ferenda müsste man die Frage, ob der Betriebsinhaber sich gemäß § 299 StGB strafbar machen kann, daher differenzierend betrachten.161 Maßgeblich müsste sein, ob der zugewendete Vorteil sachfremd ist.162 Nur in diesem Fall verletzt die Handlung des Geschäftsinhabers überhaupt das Rechtsgut des § 299 StGB, was eine Strafbarkeit rechtfertige. Als sachfremd könnte man solche Vorteile qualifizieren, die nicht dem Unternehmen selbst, sondern dem Betriebsinhaber persönlich zugute-
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Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 462. 155 Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465. 156 Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 462. 157 Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59. 158 Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465. 159 Vgl. Wollschläger, S. 47. 160 A. A. Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 236. 161 In diese Richtung wohl auch Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; a. A. Szebrowski, S. 184 f., wonach eine Abgrenzung aufgrund der fließenden Grenzen nicht möglich sei und wettbewerbswidrige Sonderleistungen an den Betriebsinhaber ausschließlich über das Zivilrecht abzufangen seien, weil eine Strafbarkeit des Betriebsinhabers unverhältnismäßig sei; Wollschläger, S. 45. 162 In diese Richtung wohl auch Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; a. A. Koepsel, S. 188 ff., wonach der Geschäftsinhaber jenseits von Täuschung, Drohung oder Zwang per se sach- und wettbewerbsgerechte Entscheidungen treffe. Das folge aus der Subjektivierung des Leistungsprinzips; vgl. hierzu Bürger, wistra 2002, 130, 135. 154
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kommen.163 Ferner könnte man einen inneren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem zugewendeten Vorteil und der in Rede stehenden Hauptleistung, aus deren Anlass der Vorteil gewährt wurde, fordern.164 Dieser Zusammenhang wäre bei Rabatten, bei Einmalzahlungen oder bei fortlaufenden Zahlungen zugunsten des Unternehmens gegeben, nicht hingegen bei der Zahlung eines Geldbetrags in das Privatvermögen des Betriebsinhabers.165 Ein weiteres Kriterium zur Abgrenzung zwischen sachfremden und sachgerechten Vorteilen könnte man mit Pragal darin sehen, ob der Betriebsinhaber den Vorteil als Betriebseinnahme verbucht und versteuert.166 Denn sachfremde und persönliche Vorteile dürfte der Betriebsinhaber in aller Regel nicht verbuchen und versteuern. Mit der Gegenansicht167 ist eine generelle Strafbarkeit des Betriebsinhabers de lege ferenda allerdings abzulehnen. Gegen eine Strafbarkeit des Betriebsinhabers spricht zunächst, dass der Geschäftsherr nach der hier vertretenen Auffassung zum von § 299 StGB geschützten Personenkreis zählt. Er kann denklogisch nicht gleichzeitig Täter und Verletzter des Straftatbestands sein.168 Gegen eine Strafbarkeit des Betriebsinhabers spricht ferner, dass § 299 StGB wie oben169 bereits erläutert nach seiner Konzeption ein „Drei-Personen-Verhältnis“170 voraussetzt.171 Dieses besteht aus dem Angestellten oder Beauftragten, seinem Geschäftsherrn und dem zuwendenden Dritten. Dabei vermittelt der Angestellte oder Beauftragte motiviert durch den Vorteil des Vorteilsgebers die Vertragsbeziehung zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten.172 Charakteristisch ist hierbei, dass der Empfänger des Vorteils (Angestellter oder ein Dritter) und der zur Leistung Verpflichtete (das Unternehmen, mithin der Geschäftsherr) auseinander fallen.173 163
A. A. aber Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 641; Wollschläger, S. 47. Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59; in diese Richtung wohl auch Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465. 165 A. A. Wollschläger, S. 47. 166 Pragal, S. 142; vgl. hierzu auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466; a. A. Wollschläger, S. 45. 167 Rönnau, StV 2009, 302, 304; Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 236; Altenburg, S. 56; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 26; Peinemann, S. 139; Szebrowski, S. 184; Pragal, ZIS 2006, 63, 80; Wollschläger, S. 128, 130; Teixeira, S. 237; Gorius, S. 140. 168 Vgl. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 51; Teixeira, S. 237; vgl. auch LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215, 216. 169 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. c) aa). 170 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20. 171 Gorius, S. 140; ähnlich Teixeira, S. 237, wonach es an der erforderlichen Prinzipal-Agenten-Beziehung fehle. 172 Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. 173 Peinemann, S. 121, 138; Szebrowski, S. 155. 164
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Der Unrechtsgehalt liegt darin, dass der Angestellte oder Beauftragte für den Geschäftsherrn entscheidet und diesen verpflichtet, wobei er jedoch nicht nach dessen Interessen, sondern beeinflusst durch den zugewendeten Vorteil handelt.174 In Fällen, in denen der Betriebsinhaber sich selbst bestechen lässt oder bestochen wird, liegt diese „bestechungstypische“175 Drei-Personen-Konstellation nicht vor, denn der Geschäftsherr ist in diesen Fällen sowohl der Empfänger des Vorteils als auch der sich selbst Verpflichtende, sodass nicht zu befürchten steht, dass die Interessen des Geschäftsherrn denen des Vorteilsgebers untergeordnet werden.176 Es fehlt daher gerade an dem für die Korruption typischen Merkmal, dass der Angestellte sich zum „Diener zweier Herren“177 macht und das zu einem „Interessenwiderspruch“178 führt. Auch hinsichtlich seiner Stellung im Unternehmen unterscheidet sich der Betriebsinhaber von den Angestellten und Beauftragten. Letztere zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie gegenüber dem Unternehmen weisungsgebunden sind.179 Der Betriebsinhaber dagegen ist nicht weisungsgebunden, sondern steht umgekehrt auf der weisungsgebenden Seite. Mit Blick auf diese eben dargestellte Drei-Personen-Konstellation ist es plausibel, mit einigen im Schrifttum erhobenen Stimmen180 eine Strafbarkeit des Betriebsinhabers allenfalls in Fällen zu fordern, in denen es um Beratungsleistungen durch den Geschäftsinhaber geht.181 In diesen Fällen liegt die für § 299 StGB typische Drei-Personen-Konstellation vor.182 Das ergibt sich daraus, dass derjenige, der die Beratungsleistung nachfragt, erwartet, dass der Beauftragte ihn unabhängig und unvoreingenommen berät und gerade für diese sachliche und objektive Einstellung des Beratenden bezahlt.183 Beratungsdienste würden letztlich überflüssig, wenn Ratsuchende davon ausgehen müssten, dass der Berater sie einseitig berät.184 174 So auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; ähnlich sieht MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 20 den Unrechtsgehalt in der wettbewerbswidrigen Beeinflussung der innerbetrieblichen Willensbildung eines Marktteilnehmers insoweit, dass entscheidungsbefugten beziehungsweise -beeinflussenden Mitarbeitern oder Beauftragten Vorteile versprochen beziehungweise gewährt werden. 175 Vgl. Szebrowski, S. 155; vgl. Peinemann, S. 139. 176 Ebenso Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 177 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Saliger, Festschrift Kargl, 2015, S. 493, 497. 178 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Rotsch, in: Korruption und Strafrecht, S. 165. 179 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 11. 180 Volk, Gedächtnisschrift Zipf, 1999, S. 421, 427; Bürger, wistra 2003, 130, 135; Koepsel, S. 190; Ulbricht, S. 56; Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 900; a. A. Teixeira, S. 138 f., der die Kunden in diesen Fällen über die §§ 263, 266 StGB sowie über zivilrechtliche Ansprüche als ausreichend geschützt erachtet und das ultima ratio-Prinzip des Strafrechts anführt; Wollschläger, S. 128. 181 Vgl. hierzu ausführlich Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 106 ff. 182 Koepsel, S. 190. 183 Volk, Gedächtnisschrift Zipf, 1999, S. 421, 427; Bürger, wistra 2003, 130, 135. 184 Bürger, wistra 2003, 130, 135.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Schließlich ist zu beachten, dass der Geschäftsinhaber in seinen unternehmerischen Entscheidungen frei ist.185 Er genießt insoweit die durch Artikel 2 Abs. 1 GG grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit.186 Diese gestattet es dem Geschäftsinhaber, „Verträge nach Belieben“187 und zu selbst festgelegten Konditionen188 zu schließen. Der Betriebsinhaber unterliegt keinen inhaltlichen Vorgaben hinsichtlich der Preisbildung oder der Vertragsgestaltung.189 Dem Geschäftsherrn steht es frei, Wettbewerber anderen Mitbewerbern gegenüber zu bevorzugen.190 Grenzen bilden lediglich die wettbewerbsrechtlichen Verbotsnormen, insbesondere das Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen des § 3 UWG.191 Vor dem Hintergrund des ultima ratio-Gedankens reichen diese zivil- und verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten des Wettbewerbsschutzes aus, um unlautere Geschäftspraktiken zu bekämpfen.192 Die besseren Argumente sprechen dagegen, den Geschäftsinhaber de lege ferenda in den Täterkreis des § 299 StGB einzubeziehen. dd) Ergebnis zur Strafbarkeit des Betriebsinhabers Der Betriebsinhaber kann nicht tauglicher Täter des § 299 StGB sein. Es ist deswegen widersinnig, den Angestellten oder Beauftragten für ein Verhalten zu bestrafen, das der Betriebsinhaber mit den gleichen faktischen Folgen selbst straflos vornehmen kann.193 Dieser Wertungswiderspruch kann nicht dadurch aufgelöst werden, dass der Geschäftsinhaber in den Täterkreis des § 299 StGB einbezogen wird. Den Einwänden gegen eine Strafbarkeit des Angestellten wegen der Straflosigkeit des Betriebsinhabers ist mithin zuzustimmen.194
185
427.
S/S/Eisele, § 299 Rn. 11; Peinemann, S. 137; Volk, Gedächtnisschrift Zipf, 1999, S. 421,
186 Rönnau, StV 2009, 302, 304; zu Artikel 2 GG siehe Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Abs. 1 Rn. 101. 187 LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215, 216. 188 Rönnau, StV 2009, 302, 304. 189 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Abs. 1 Rn. 101. 190 LG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 215, 216. 191 Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 640; Rönnau, StV 2009, 302, 304. 192 Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; in diese Richtung auch Szebrowski, S. 184; a. A. Menn, S. 229. 193 Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1177. 194 A. A. Menn, S. 124, wonach die unterschiedliche Behandlung von Betriebsinhaber und Angestelltem zwar möglicherweise kritikwürdig erscheine, jedoch nicht als taugliche Ausgangsbasis für eine einschränkende Auslegung dienen könne.
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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f) Zum Widerspruch zu arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Angestellten Ein weiterer Einwand, der in der Literatur dagegen vorgebracht wird, das Anstellungsunternehmen uneingeschränkt als Dritten im Sinne des § 299 StGB zu qualifizieren, liegt darin, dass ein Widerspruch zu den grundsätzlich bestehenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Angestellten gegenüber seinem Arbeitgeber bestehe.195 Der Angestellte sei arbeits- oder gesellschaftsrechtlich dazu verpflichtet, den eigenen Geschäftsherrn zu bevorzugen.196 Ein Angestellter, der für die Bevorzugung eines Lieferanten Gegenleistungen für seinen Geschäftsherrn fordere und dabei nur seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfülle, könne sich deshalb nicht nach § 299 StGB strafbar machen.197 Dem ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung zunächst zuzustimmen.198 Es ist widersprüchlich, wenn strafrechtlich verboten sein soll, was arbeitsrechtlich geboten oder gar geschuldet ist.199 Zu beachten ist allerdings, dass der Angestellte Verhaltensweisen, die gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen, arbeitsrechtlich nicht schuldet.200 Erzielt der Angestellte wettbewerbsrechtlich beziehungsweise kartellrechtlich unzulässige Vorteile für das Unternehmen, hilft das Argument des arbeitsrechtskonformen Verhaltens des Angestellten deswegen nicht weiter und der Angestellte würde sich strafbar machen. Der Geschäftsherr dagegen wäre auch nicht nach § 299 StGB strafbar, wenn er wettbewerbswidrige Vorteile annimmt,201 sodass der vorstehend202 skizzierte Wertungswiderspruch bestehen bliebe. Schließlich ist zu beachten, dass der Geschäftsherr weder sein tatbestandsausschließendes Einverständnis erklären noch rechtfertigend in die Tat des Angestellten einwilligen kann, weil er hinsichtlich der – neben seinen eigenen Interessen – von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter nicht dispositionsbefugt ist.203 Jedenfalls das zwischen dem Angestellten und seinem Geschäftsherrn arbeitsvertraglich Vereinbarte kann daher auf eine Strafbarkeit nach § 299 StGB keinen Einfluss haben.
195 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61; siehe hierzu außerdem Rönnau, StV 2009, 302, 305; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 100; Hampen, S. 70; Walther, S. 94; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391. 196 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61. 197 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 61. 198 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 131, 133; a. A. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 60, wonach es nicht darauf ankommen soll, ob die Vorteilsannahmen arbeits- oder gesellschaftsrechtlich statthaft seien. 199 Nepomuck/Groß, wistra 2012, 131, 133; Borutta, S. 105. 200 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 131, 133. 201 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 202 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e) aa). 203 Nepomuck/Groß, wistra 2011, 132, 133; MüKo-StGB/Krick, § 299 StGB Rn. 67.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
g) Fazit zur Stellungnahme Die nähere Auseinandersetzung mit den von den Vertretern der noch herrschenden Meinung angeführten Argumenten hat gezeigt, dass diese allesamt nicht tragfähig sind. Stattdessen sprechen zwei gewichtige Argumente überzeugend gegen die dargestellte Ansicht: Das ist einerseits die Tatsache, dass Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht berühren und andererseits die sonst nicht zu rechtfertigenden Wertungswidersprüche zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers. 3. Fazit zur uneingeschränkten Erfassung des Unternehmens als Dritten und Strafbarkeit des Angestellten in diesen Konstellationen Die uneingeschränkte Erfassung des Anstellungsbetriebs des Angestellten als Dritten im Sinne des § 299 StGB ist aus den gezeigten Gründen abzulehnen.
II. Erfassung des Unternehmens als Dritten unter Heranziehung verschiedener Restriktionsansätze Andere Stimmen204 nehmen an, dass das Unternehmen zwar grundsätzlich als Dritter in Betracht komme, dass eine Strafbarkeit des Angestellten hingegen nur unter bestimmten, restriktiven Voraussetzungen angenommen werden könne. Im Wesentlichen werden hier zwei Betrachtungsweisen vorgeschlagen, wobei der Bezugspunkt einerseits zivilrechtliche Grundsätze über die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht und andererseits wettbewerbsrechtliche Maßstäbe sein sollen. 1. Zivilrechtsakzessorische Sicht: Anknüpfung an die Vertretungsmacht des Angestellten Rönnau205 diskutiert, inwieweit eine zivilrechtsakzessorische Sicht die Frage nach Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens lösen kann. Zivilrechtlich betrachtet werde, wenn der Angestellte in Vertretung der Gesellschaft handle, nur diese berechtigt und verpflichtet. Da der Geschäftsinhaber Vorteile straflos aushandeln kann, läge auch das Handeln des Angestellten – sofern er das Unternehmen rechtsgeschäftlich vertritt – außerhalb des Regelungsbereichs des § 299 StGB. Damit erfasse § 299 StGB nur noch Fälle, in denen der Angestellte nicht in Vertretung des Unternehmens handle, das heißt Fälle, in denen der Angestellte die ihm erteilte Vertretungsmacht missbrauche, indem er kollusiv mit dem Vorteilsgeber 204
Nachweise jeweils im Folgenden. A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 40, unter Anknüpfung an den Gedanken Odenthals, siehe dazu unten Kapitel 3, Abschnitt A. IV. 205
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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zusammenwirke. Diese Fälle seien typischerweise aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Vorteil nicht nur dem Unternehmen zufließe, sondern zumindest mittelbar auch der Angestellte einen persönlichen Vorteil (sogenannte kick backZahlungen) erhalte. Letzteres wiederum führe dazu, dass diese Fallkonstellationen bereits aus diesem Grund tatbestandsmäßig seien. Die dargestellte Betrachtung spreche dafür, dem geschäftlichen Betrieb als Drittbegünstigtem gewährte Vorteile aus dem Tatbestand des § 299 StGB herauszunehmen.206 Zunächst ist diesem Ansatz zuzustimmen, sofern er ein Handeln des Angestellten mit Vertretungsmacht einem Handeln des Betriebsinhabers gleichstellt.207 Nach den allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Vertretungsmacht in den §§ 164 ff. BGB wird der Betriebsinhaber durch die Erklärung des Angestellten gebunden.208 Da der Betriebsinhaber aber nicht zum Täterkreis des § 299 StGB gehört, unterfällt diese Konstellation nicht dem Tatbestand des § 299 StGB. Nicht berücksichtigt werden, legt man diesen Ansatz zugrunde, dagegen Fälle, in denen der Angestellte ohne Vertretungsmacht handelt und nicht lediglich die bestehende Vertretungsmacht dadurch missbraucht, dass er mit dem Vorteilsgeber kollusiv zusammenwirkt.209 Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der Angestellte wettbewerbswidrige Vorteile zugunsten des Geschäftsherrn annimmt und der abgeschlossene Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist, weil er gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstößt.210 Der Geschäftsherr dürfte dem Angestellten in der Regel keine Vertretungsmacht dahingehend erteilen, dass er solche nichtigen Rechtsgeschäfte abschließt,211 sodass der Angestellte als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelte.212 Diese Konstellationen unterfallen – anders als der von Rönnau geschilderte Fall des kollusiven Zusammenwirkens bei sogenannten kick back-Zahlungen – nicht bereits wegen der unmittelbaren Vorteile an den Angestellten selbst dem Anwendungsbereich des § 299 StGB. Beurteilte man die Strafbarkeit von Vorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens ausschließlich anhand der zivilrechtlichen Vertretungsmacht des Angestellten, unterfielen wettbewerbswidrige Vorteile dem Tatbestand mit der Folge, dass sich der Angestellte strafbar machen würde. Das führte jedoch erneut zu dem oben213 206
Rönnau nimmt hier streng genommen wohl keine einschränkende Auslegung vor, sondern formuliert aufbauend auf der einschränkenden Auslegung Odenthals eher die Begründung, weshalb Drittvorteile zugunsten des Unternehmens nicht tatbestandsmäßig seien. 207 Ebenfalls Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23. 208 § 164 Abs. 1 BGB: „Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.“ 209 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 210 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 211 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 212 Ebenfalls kritisch zum Erfordernis der Vertretungsmacht sowie zu Fällen des Handelns ohne Vertretungsmacht Koepsel, S. 171; vgl. Hampen, S. 100 f. 213 Kapitel 3, Abschnitt A. II. 1. b) aa) (2).
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
bereits aufgezeigten Wertungswiderspruch gegenüber der Straflosigkeit des Betriebsinhabers.214 Die Anknüpfung an die zivilrechtliche Vertretungsmacht des Angestellten kann deshalb keine überzeugenden Ergebnisse liefern, um das Problem zu lösen.215 Hinzu kommt, dass Rönnau wohl eine Strafbarkeit bei mittelbaren Vorteilen des Angestellten bejaht.216 Das ist – sofern es sich um mittelbare Vorteile durch den Arbeitgeber des Angestellten und nicht den Vorteilsgeber handelt – jedoch mit der vorausgehend217 ausführlich dargestellten Begründung abzulehnen. Für unmittelbare Vorteile (wie die beispielhaft genannten sogenannten kick back-Zahlungen) ist eine Strafbarkeit nach § 299 StGB mit Rönnau allerdings zu bejahen. 2. Wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht: Anknüpfung an die Wettbewerbswidrigkeit der Zuwendung an das Unternehmen Teilweise218 wird vorgeschlagen, die Streitfrage derart zu lösen, dass entsprechende Fallkonstellation ausschließlich anhand des Wettbewerbsrechts beurteilt werden. Dabei schlagen einige Vertreter dieser Ansicht219 vor, das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit wettbewerbsrechtsakzessorisch und damit gleichlaufend mit dem lauterkeitsrechtlichen Begriff der Unlauterkeit auszulegen. Anderen Stimmen220 zufolge solle die wettbewerbsrechtsakzessorische Betrachtung zu einer teleologischen Reduktion des Tatbestands des § 299 StGB führen. Menn221 sieht als einziges Rechtsgut der Wettbewerbsvariante222 den Wettbewerb an und schlägt deshalb vor, den Tatbestand des § 299 StGB in solchen Fällen teleologisch zu reduzieren, in denen die Annahme oder Gewährung des Vorteils nicht gegen Regeln des Wettbewerbsrechts verstoße.223 Hintergrund der wettbewerbs214
Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. Ebenso Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 216 An dieser Stelle sind die Ausführungen Rönnaus jedoch missverständlich, weil er sogenannte kick back-Zahlungen als mittelbaren Vorteil bezeichnet. Bei diesen Zahlungen ist die Annahme einer Strafbarkeit des Angestellten nach § 299 StGB in der Tat unproblematisch. Problematisch gesehen werden nach hier vertretener Auffassung jedoch mittelbare Vorteile durch den Arbeitgeber. Ob Rönnau diese ebenfalls als strafbar ansieht, ist fraglich. 217 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (2). 218 Menn, S. 224; Rheinländer, WiJ 2014, 143, 145, 147; Altenburg, S. 141. 219 Altenburg, S. 142; Rheinländer, WiJ 2014, 143, 150. 220 Menn, S. 159. 221 Menn, S. 224. 222 Die Geschäftsherrenvariante existierte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Arbeit noch nicht. 223 Menn, S. 159; auch Rheinländer, WiJ 2014, 143, 150: „Geht es im konkreten Fall ausschließlich um Vorteile zugunsten des Anstellungsbetriebes, ist es in diesen Fällen nicht (länger) zulässig, die für § 299 StGB erforderliche (intendierte) unlautere Bevorzugung allein mit der Verknüpfung von Vorteil und Bevorzugung zu begründen. Die Unlauterkeit der Be215
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rechtsakzessorischen Sicht Menns ist die Annahme, dass ein Verhalten, das wettbewerbsrechtlich erlaubt sei, keine Strafbarkeit nach § 299 StGB begründen könne.224 Die Wettbewerbswidrigkeit des in Rede stehenden Verhaltens sei daher sowohl notwendige als auch hinreichende Bedingung für die Strafbarkeit nach § 299 StGB.225 Ob ein Verhalten wettbewerbswidrig sei, beurteile sich nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.226 Maßgeblich komme es dabei auf die Generalklausel des § 3 UWG a. F.227 (das „Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen“) und das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit an.228 § 3 Abs. 1 UWG a. F. lautete: „Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.“
In einem ersten Schritt sei daher zu fragen, ob die Vorteilsgewährung an das Unternehmen die Interessen eines geschützten Marktteilnehmers oder das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb in negativer Weise beeinträchtige.229 Sollte das der Fall sein, müsse in einem zweiten Schritt die negative Auswirkung auf den Wettbewerb oder einzelne Marktteilnehmer mit den Interessen der beteiligten Unternehmen (Vorteilsgeber und -nehmer) abgewogen werden.230 Menn gelangt mit dieser Betrachtung zu dem Ergebnis, dass in Fällen, in denen ein gewerblicher Kunde zugleich Endabnehmer eines Produkts oder einer Dienstleistung sei, Zuwendungen an das Anstellungsunternehmen nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstießen, weil die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer nicht in unzulässiger Weise verletzt würden.231 Anders könne das dagegen im Falle von Dreiecksverhältnissen (insbesondere beim sogenannten Stufenwettbewerb) sein, wenn Unternehmen Produkte oder vorzugung ist vielmehr im Einzelfall unter Rückgriff auf die Vorschriften des UWG festzustellen.“; zu der sog. Asymmetrischen Akzessorietät vgl. auch Wollschläger, S. 28 f. 224 Menn, S. 213; ebenso Rheinländer, WiJ 2014, 143, 145, 147, 150; Wollschläger, S. 28; zustimmend wohl auch Altenburg, S. 45, wonach es sich um einen frappierenden Wertungswiderspruch zwischen strafrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Bewertung handle. 225 Menn, S. 218; Altenburg, S. 142; im Ergebnis wohl ebenso Rheinländer, WiJ 2014, 143, 147. 226 Menn, S. 212; ebenso Rheinländer, WiJ 2014, 143, 145. 227 Der Arbeit Menns lag § 3 UWG a. F. zugrunde. Dieser wurde jedoch durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 02. 12. 2015, in Kraft getreten am 10. 12. 2015, geändert. § 3 UWG lautet in seiner aktuellen Fassung: „Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.“ 228 Menn, S. 189; Rheinländer, WiJ 2014, 143, 145; a. A. Bach, wistra 2008, 47, 49. 229 Menn, S. 190. 230 Menn, S. 190. 231 Menn, S. 211.
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Dienstleistungen nicht für sich selbst, sondern für einen Dritten beziehen, da in diesen Konstellationen unter Umständen Interessen Dritter und damit auch der Wettbewerb berührt würden.232 Das könne insbesondere bei einer stark ausgeprägten Erwartungshaltung Dritter hinsichtlich einer objektiven Beratung (vor allem bei berufsrechtlichen oder vertraglichen Neutralitätspflichten des Vorteilsempfängers) der Fall sein, wenn diese Erwartungshaltung tatsächlich enttäuscht und diese Enttäuschung durch den Vorteilsempfänger sowie den Wert und die Art des Vorteils beeinflusst werde.233 Wie Menn schlägt auch Altenburg234 eine wettbewerbsrechtsakzessorische Bewertung vor, wobei er diese an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit anknüpft. Indem man § 299 StGB anhand des Wettbewerbsrechts auslege, sei sichergestellt, dass dem Tatbestand nur solche Bevorzugungen unterfielen, die auch geeignet seien, den Wettbewerb zu verzerren.235 Eine solche Wettbewerbsverzerrung drohe nur in Fällen, in denen die Bevorzugung gegen Normen des Wettbewerbsrechts verstoße, weshalb im Rahmen der Unlauterkeit in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, ob ein Verstoß gegen eine unlauterkeitsbegründende Norm vorliege. Anders als Menn will Altenburg dabei im Rahmen seiner wettbewerbsrechtsakzessorischen Betrachtung die Unlauterkeit des Verhaltens nicht lediglich an § 3 UWG (a. F.) messen. Dem stehe (jedenfalls hinsichtlich Absatz 1 der Norm) das Bestimmtheitsgebot nach Artikel 103 Abs. 2 GG entgegen, weil die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG (a. F.)236 noch nicht hinreichend durch die Rechtsprechung konkretisiert worden sei.237 Stattdessen müsse man die Unlauterkeit anhand aller Vorschriften des Wettbewerbsrechts im weiten Sinne bestimmen. Das seien alle Normen, die es gerade für unlauter oder unzulässig erklärten, eine bevorzugende Wettbewerbsentscheidung dadurch zu beeinflussen, dass ein Vorteil gewährt werde. Entsprechende Normen existierten einerseits im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 3 Abs. 2 und Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sowie § 4 Nr. 1 und Nr. 3 UWG (a. F.)238),239 andererseits aber auch in bestimmten berufsrechtlichen Regelungen240, etwa dem Apo232
Menn, S. 212. Menn, S. 212. 234 Altenburg, S. 142. 235 Altenburg, S. 161. 236 Der Arbeit Altenburgs liegt (wie der Arbeit Menns) § 3 UWG a. F. zugrunde. 237 Altenburg, S. 151. 238 § 4 UWG a. F.: „Unlauter handelt insbesondere, wer 1. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen; (…); 3. den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert; (…).“ 239 Altenburg, S. 146 ff. 240 Altenburg, S. 158 ff. 233
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thekengesetz, der Steuerberaterberufsordnung oder speziellen landesrechtlichen Gesetzen (Altenburg nennt beispielhaft das Hamburger Architekten- sowie Pressegesetz). Charakteristisch für diese Normen sei stets ihr Zweck, wettbewerbsrechtlich relevante Entscheidungen von Beeinflussungen aufgrund von Vorteilsgewährungen frei zu halten. Ähnlich wie Menn gelangt auch Altenburg zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit des Angestellten, der zugunsten seines Anstellungsbetriebs Vorteile annimmt, lediglich in Fällen einer besonderen, gesetzlich verankerten Drittverantwortlichkeit in Betracht kommt.241 Dies könne etwa der Fall sein, wenn ein Angestellter einer Privatklinik als Gegenleistung dafür, dass er die im Rahmen des Klinikbetriebs notwendigen Arzneimittel einkaufe, von dem entsprechenden Pharmaunternehmen kostenlose Wasserspender für den Klinikgebrauch annehme. Hier werde das Vertrauen der Patienten dahingehend, dass Medikamente ausschließlich aus medizinischen Gründen verschrieben würden, und nicht etwa, weil der Hersteller kostenlose Wasserspender liefere, durch die §§ 4 Nr. 1 Var. 3, Nr. 3 UWG (a. F.) sowie § 7 Abs. 1 HWG geschützt. Aus dem Verstoß gegen diese Normen ergebe sich daher, dass die Bevorzugung unlauter sei, sodass eine Strafbarkeit – wenn die übrigen Voraussetzungen des § 299 StGB vorlägen – zu bejahen sei.242 Eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung ist auf den ersten Blick vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte und Herkunft des § 299 StGB naheliegend, weil der Straftatbestand ursprünglich Teil des Wettbewerbsrechts war und diesem entstammt.243 Der Gesetzgeber betonte außerdem bei der Schaffung des § 299 StGB ausdrücklich, dass § 12 UWG a. F. inhaltlich nicht geändert werden solle und der Zusammenhang mit den Regelungen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb weiter zu beachten sei.244 Auch der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung streitet zunächst für eine wettbewerbsrechtsakzessorische Betrachtung, denn wie bereits hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen des Angestellten245 erklärt, vermeidet eine gleichlaufende Auslegung beziehungsweise Beurteilung eines Tatbestandsmerkmals widersprüchliche Ergebnisse zwischen verschiedenen Rechtsgebieten.246 Für die wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht spricht letzlich auch der Wortlaut des § 299 StGB. Danach muss die Bevorzugung nicht etwa unsachlich oder sachfremd, sondern gerade „unlauter“ sein. Damit hat die Norm des § 299 StGB ein in seinem Wortlaut mit dem wettbewerbsrechtlichen Begriff der Unlauterkeit identisches Tatbestandsmerkmal.
241 242 243 244 245 246
Altenburg, S. 195. Siehe hierzu Altenburg, S. 194 f. Vgl. Teixeira, S. 57. Siehe oben Kapitel 2, Abschnitt B. II. 1. a); vgl. hierzu außerdem Wollschläger, S. 27. Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. f). Teixeira, S. 57, 77.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Allerdings geht jedenfalls247 Menn von der These aus, § 299 StGB schütze lediglich den Wettbewerb, nicht aber die Mitbewerber beziehungsweise den Geschäftsherrn. Angesichts der in Kapitel 2248 gefundenen Ergebnisse zum Rechtsgut der Norm kann dem nicht zugestimmt werden. Eine rein am Wettbewerbsrecht orientierte Auslegung kann jedoch nur herangezogen werden, wenn § 299 StGB einzig den Wettbewerb schützt.249 Geht man dagegen – wie hier vertreten – davon aus, dass § 299 StGB auch weitere Rechtsgüter schützt, kann eine allein am Wettbewerbsrecht orientierte Betrachtung nicht überzeugen, weil sie den übrigen Rechtsgütern der Norm nicht gerecht wird. Gerade die Interessen des Geschäftsherrn im Rahmen der Prinzipal-Agent-Beziehung und deren Verletzung durch den Angestellten sowie den auf diese Beziehung einwirkenden Dritten, bilden aber nach hier vertretener Auffassung250 zu einem wesentlichen Teil das Unrecht der Korruption. Diesem Unrecht der Korruption wird die wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht nicht gerecht.251 Die wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht überzeugt noch aus einem weiteren, im Zusammenhang mit dem Rechtsgut des § 299 StGB stehenden Grund nicht.252 Wie bereits in Kapitel 2253 erörtert, schützt § 299 StGB nicht auch die Interessen der Verbraucher. Ausweislich der Schutzzwecktrias in § 1 UWG254 dient das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (und damit auch die darin befindlichen Normen) aber ausdrücklich dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Stellte man hinsichtlich einer Strafbarkeit nach § 299 StGB auf eine wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht ab, führte dies letztlich dazu, dass eine Strafbarkeit auch dadurch begründet werden könnte, dass Verbraucherinteressen verletzt werden, obwohl hierdurch die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht berührt werden. Damit würde § 299 StGB zu einem „Instrument des Verbraucherschutzes“255 gemacht, obwohl die Norm keine solche Schutzrichtung aufweist. Außerdem ist es wenig konsequent, einen Rechtsgüterschutz hinsichtlich der Mitbewerber einerseits abzulehnen, letztlich aber anzunehmen, eine Strafbarkeit hänge davon ab, ob die Interessen der Mitbewerber berührt würden. Denn wenn man die Strafwürdigkeit des Verhaltens des Angestellten daran messen würde, ob die 247
Altenburg, S. 26, geht davon aus, in erster Linie sei der Wettbewerb geschützt, „daneben“ aber ebenfalls die Mitbewerber, der Geschäftsherr sowie die Verbraucher. 248 Vgl. Kapitel 2, Abschnitt C. III. 249 Hierzu ebenfalls kritisch Teixeira, S. 77 f. 250 Vgl. oben Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. c) und II. 2. a). 251 Gorius, S. 137, 140; im Ergebnis ebenso Teixeira, S. 80. 252 Siehe hierzu Teixeira, S. 78. 253 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. d). 254 § 1 UWG: „Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.“ 255 Teixeira, S. 80.
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Interessen der Mitbewerber verletzt werden, würden diese faktisch doch zum Rechtsgut erhoben.256 Fraglich ist weiter, ob die wettbewerbsrechtliche Sicht nicht zu Problemen mit dem Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Artikel 103 Abs. 2 GG führt. Diese Frage stellt sich hinsichtlich zweier Aspekte. Einerseits ist bereits zu bezweifeln, dass der mögliche Täter aus dem Wort „unlauter“ ableiten kann, dass hierunter ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu verstehen ist.257 Anderseits dürfte – selbst wenn der Täter erkennt, dass „unlauter“ wettbewerbsrechtlich unzulässig meint – eine wettbewerbsrechtliche Bewertung von Vorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens in der Regel vom Täter nicht zu leisten sein.258 Das ist insbesondere bei dem Ansatz Altenburgs problematisch, wenn nicht lediglich auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, sondern auch auf andere, berufsrechtliche Gesetze zurückgegriffen wird. Für den Adressaten einer Strafnorm dürfte nicht ersichtlich sein, dass ein Verstoß etwa gegen das Apothekengesetz zu einer Strafbarkeit wegen § 299 StGB führen kann. Zudem könnten sich Probleme im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und die Rechtssicherheit daraus ergeben, dass das Wettbewerbsrecht gegenüber Veränderungen in der Praxis durch die Rechtsprechung schnell angepasst werden kann.259 Die Frage, ob ein Verhalten strafbar ist, sollte einem solchen Wandel nicht unterliegen. Ebenfalls problematisch erscheint der Ansatz Altenburgs dahingehend, dass wohl auch ein Verstoß gegen landesrechtliche Gesetze eine Strafbarkeit begründen können solle. Beispielhaft werden das Hamburger Pressegesetz sowie das Hamburger Architektengesetz genannt.260 Der Rückgriff auf landesrechtliche Normen, um Straftatbestände des Strafgesetzbuchs auszufüllen, hätte allerdings zur Folge, dass das Strafgesetzbuch regional unterschiedlich angewendet würde, wenn etwa in einem Bundesland landesrechtliche Vorschriften keine entsprechende Regelung vorsähen. Um solche zufälligen Ergebnisse zu vermeiden, müsste daher in jedem Fall sichergestellt sein, dass entsprechende Regelungen deutschlandweit in allen landesrechtlichen Gesetzen inhaltsgleich zu finden sind. Zudem würde § 299 StGB, wenn ausschließlich die wettbewerbsrechtliche Bewertung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 299 StGB entscheidend wäre, letztlich faktisch (zumindest teilweise) zu einem Blanketttatbestand261 gemacht.262 Bei 256
Ähnlich hinsichtlich der Verbraucher Teixeira, S. 78. Bach, wistra 2008, 47, 49. 258 In diese Richtung auch Francuski, BLJ 2009, 3, 5. 259 Vgl. Teixeira, S. 58 f., 84. 260 Altenburg, S. 159 f. 261 Vgl. zu Blanketttatbeständen und dem Bestimmtheitsgebot Hoven, NStZ 2016, 377. 262 Vgl. auch Gorius, S. 136; a. A. aber Altenburg, S. 162 ff., 209, wonach es sich um ein Vollstrafgesetz handle und der Tatbestand lediglich ausfüllungsbedürftig sei und über ein unbestimmtes Tatbestandsmerkmal verfüge. 257
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Blanketttatbeständen handelt es sich um Strafnormen, deren Inhalte sich nicht abschließend aus dem Gesetz selbst, sondern erst im Zusammenspiel mit weiteren Regelungen ergeben.263 Dem hält Altenburg264 zwar entgegen, das eigentliche Verbeziehungsweise Gebot, nämlich Vorteilsgewährungen zur Beeinflussung des Marktgeschehens zu unterlassen, sei bereits in § 299 StGB hinreichend beschrieben. Der Unrechtssinn des § 299 StGB, dass der Wettbewerb nicht durch wettbewerbswidrige Vorteilsgewährungen und -annahmen beeinflusst werden solle, ergebe sich bereits aus dem Tatbestand. Das ist aber zu bezweifeln, weil nach der wettbewerbsakzessorischen Sicht eben nicht jede Vorteilsgewährung zur Beeinflussung des Marktgeschehens nach § 299 StGB strafbar wäre, sondern nur solche, die gegen bestimmte wettbewerbsrechtliche Normen verstoßen. Das ergibt sich aber gerade nicht aus § 299 StGB. Es ist nämlich einzig nach dem Wortlaut „unlauter“ nicht klar, welche Vorteilsgewährungen zu unterlassen sind, und welche erlaubt bleiben. Insofern beschreibt § 299 StGB das strafbare Verhalten nicht abschließend, sondern die jeweilige wettbewerbsrechtliche Norm muss herangezogen werden, um das strafrechtliche Verbot des § 299 StGB auszufüllen. Damit handelt es sich aber doch um einen Blanketttatbestand. Für eine solche Absicht des Gesetzgebers, dass § 299 StGB einen Blanketttatbestand darstellen soll, lassen sich in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte finden. Andererseits hat der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien, wie eingangs dieses Abschnitts bereits erwähnt, eindeutig festgelegt, dass für die Auslegung des § 299 StGB „der Zusammenhang mit den Regelungen des UWG zu berücksichtigen“265 sei. Vor diesem Hintergrund liegt es durchaus nahe, das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit nach Grundsätzen auszulegen, die auch die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit begründe. Nach alldem spricht die Tatsache, dass eine wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht § 299 StGB zu einem Blanketttatbestand machen würde, trotz Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht entschieden gegen eine wettbewerbsrechtliche Sicht. Gegen den Ansatz Altenburgs ist allerdings einzuwenden, dass er die Streitfrage, indem er an das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit anknüpft, in ein Tatbestandsmerkmal verlagert, das selbst umstritten ist und dem ein Großteil der Literatur sogar eine eigenständige Bedeutung gänzlich abspricht.266 Insofern darf bezweifelt werden, dass es zur Klärung der Streitfrage um Drittvorteile zugunsten des Unternehmens beitragen kann, diese im Rahmen eines selbst wenig geklärten Tatbestandsmerkmals zu diskutieren.267 263
Hoven, NStZ 2016, 377. Altenburg, S. 163. 265 BT-Drs. 13/5584, S. 15. 266 Rönnau, StV 2009, 302, 304; vgl. hierzu auch Menn, S. 135 ff.; vgl. insoweit auch oben Kapitel 2, Abschnitt A. I. 267 In diese Richtung auch Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92, wonach das Verhalten des Angestellten nicht zunächst „als strafbar angesehen und nur über das unkonturierte Merkmal der Lauterkeit von dem Strafbarkeitsverdikt befreit werden“ könne. 264
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Entscheidend gegen die wettbewerbsrechtliche Sicht spricht aber, dass bei dieser Betrachtung Verstöße gegen § 3 UWG letztlich strafrechtlich sanktioniert würden, obwohl das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb für Verstöße gegen § 3 UWG lediglich die zivilrechtlichen Rechtsfolgen der § 8 ff. UWG (Beseitigung und Unterlassung, Schadensersatz, Gewinnabschöpfung) vorsieht.268 Wie schon an früherer Stelle269 angesprochen hat der Gesetzgeber bisher eben gerade keinen „genuinen Deliktstatbestand der Wettbewerbsverzerrung“270 geschaffen.271 Die bereits oben272 aufgezeigte dahinterstehende gesetzgeberische Wertung, dass ein Wettbewerbsrechtsverstoß alleine das Strafunrecht des § 299 StGB nicht zu begründen vermag,273 würde unterlaufen, wenn Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb über § 299 StGB inkriminiert würden. Insofern würde eine Bestrafung des Angestellten gegen den ultima ratio-Grundsatz verstoßen, weil reine Wettbewerbsrechtsverstöße in ausreichendem Maße über die angesprochenen, im Wettbewerbsrecht existierenden zivilrechtlichen Rechtsfolgen sanktioniert werden können.274 Ferner würde die wettbewerbsrechtliche Betrachtung in diesem Zusammenhang dazu führen, dass Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht in Gestalt einer Vorteilsnahme als Gegenleistung für eine Bevorzugung strafrechtlich sanktioniert würden, wohingegen sonstige Verstöße gegen § 3 UWG beziehungsweise andere wettbewerbsrechtliche Normen weiterhin ausschließlich zivilrechtlich oder als Ordnungswidrigkeit sanktioniert blieben. Wenn aber ausschließlich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit eines Verhaltens entscheidend für eine Strafbarkeit sein solle, müssten konsequenterweise sämtliche Tatbestände des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die einen Verstoß gegen § 3 UWG sanktionieren (insbesondere die §§ 8 ff. UWG), sowie sonstige Ordnungswidrigkeitentatbestände des Wettbewerbsrechts im weiteren Sinne zu Straftatbeständen erhoben werden.275 Jedenfalls müsste von Vertretern dieser Ansicht aber begründet werden, weshalb gerade die unter § 299 StGB fallende Konstellation eines Verstoßes gegen § 3 UWG ein strafrechtliches Unrecht begründen können solle, während die übrigen Fälle der Unlauterkeit nach § 3 UWG nur zivilrechtlich sanktioniert blieben. Diese Begründung würde letztlich aber aufzeigen, dass eine rein wettbewerbsrechtliche Betrachtung das strafrechtliche Unrecht des § 299 StGB in Gänze eben nicht recht-
268 269 270 271 272 273 274 275
Francuski, BLJ 2009, 3, 5. Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa). Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. Gorius, S. 137, 140. Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). Teixeira, S. 58. Francuski, BLJ 2009, 3, 5. Gorius, S. 137.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
fertigt,276 sondern zur Unlauterkeit maßgeblich die vorteilsbedingte Vernachlässigung der Interessen des Geschäftsherrn auf Kosten des Vorteilsgebers hinzutritt. Zu beachten ist außerdem, dass eine wettbewerbsrechtliche Sicht nicht geeignet ist, den Widerspruch zur Straflosigkeit des Geschäftsherrn aufzulösen, sodass dieser in den (wenn auch wenigen) Fällen eines wettbewerbswidrigen – und damit nach § 299 StGB tatbestandsmäßigen Verhaltens – bestehen bliebe. Dieser Wertungswiderspruch tritt bei der wettbewerbsrechtsakzessorischen Sicht sogar noch stärker zu Tage, weil der Geschäftsherr in den Anwendungsbereich der §§ 8 ff. UWG fällt, sodass er für ein Verhalten, das gegen § 3 UWG verstößt, sanktioniert werden kann.277 Nach dieser Ansicht müsste daher konsequenterweise auch der Geschäftsherr Täter des § 299 StGB sein.278 Dem steht aber einerseits die derzeitige eindeutige gesetzliche Regelung des § 299 StGB sowie andererseits die bereits vorgetragene279 Argumentation gegen eine Änderung derselben entgegen. Schließlich passt die wettbewerbsrechtsakzessorische Sicht nicht auf die Geschäftsherrenvariante,280 weil diese gerade keine Wettbewerbslage voraussetzt und nach hier vertretener Auffassung der Geschäftsherrenvariante auch das Rechtsgut des Wettbewerbs nicht zugrunde liegt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht sinnvoll, hinsichtlich der Geschäftsherrenvariante auf einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht abzustellen. Aufgrund des gleichlautenden Wortlauts der beiden Tatbestandsvarianten des § 299 StGB besteht im Sinne der Rechtssicherheit jedoch das Bedürfnis nach einer im Rahmen des § 299 StGB allgemeingültigen Regelung hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens. Die wettbewerbsrechtliche Sicht überzeugt aufgrund der dargestellten Einwände nicht. 3. Fazit zur Erfassung des Unternehmens als Dritten unter Heranziehung verschiedener Restriktionsansätze Die dargestellten Restriktionsansätze liefern keine tragfähigen Kriterien, anhand derer die Strafbarkeit des Angestellten beurteilt werden könnte, ohne dass es zu Wertungswidersprüchen mit der Straflosigkeit des Betriebsinhabers kommt.
276
Vgl. Gorius, S. 137. Gorius, S. 137. 278 Gorius, S. 137. 279 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e) cc). 280 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Arbeiten Altenburgs und Menns existierte die Geschäftsherrenvariante noch nicht. 277
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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III. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Ablehnung eines Vorteils Schünemann281 geht zwar ebenfalls davon aus, das Anstellungsunternehmen könne grundsätzlich Dritter sein, die Vereinbarung eines geringeren Entgelts könne jedoch nicht als Vorteil im Sinne des § 299 StGB qualifiziert werden. Es gehöre zum guten Recht des Auftraggebers, von einem Auftragnehmer eine möglichst günstige Preisgestaltung zu verlangen. Dazu ist Folgendes zu bemerken: Zunächst überzeugt das Vorgehen Schünemanns, das Problem der Drittvorteile zugunsten des Unternehmens vom Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ zu lösen und in das Tatbestandsmerkmal des Vorteils zu verschieben, nicht.282 Es ist kein Grund ersichtlich, die Problematik in ein anderes Tatbestandsmerkmal zu verlagern. Außerdem ist die Frage, inwieweit ein Verhalten Strafbarkeitsgrenzen einhält oder überschreitet im Rahmen einer Strafnorm grundsätzlich jeweils an der Stelle zu untersuchen ist, an der sie im Tatbestand auftritt.283 Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, inwieweit Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens dem Tatbestand des § 299 StGB unterfallen, beim Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ als Vorteilsempfänger.284 Zudem wird der Begriff des Vorteils nach überwiegender Ansicht weit verstanden und soll gerade Vorteile aller Art erfassen.285 Ausnahmen gelten nur für sogenannte „sozialadäquate Vorteilszuwendungen“286. Zuwendungen sind jedoch nur dann als sozialadäquat zu qualifizieren, „wenn der Zuwendung nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich dem betroffenen Geschäftsbereich, der Stellung und der Lebensumstände der Beteiligten sowie dem Wert der Zuwendung objektiv die Eignung fehlt, geschäftliche Entscheidungen sachwidrig und in einer den fairen Wettbewerb gefährdenden Weise zu beeinflussen“.287 Dass Vorteile zugunsten des Unternehmens Vorteile sind, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Es bliebe daher lediglich der Versuch, der durch Schünemanns Formulierung „es gehöre zum guten Recht“ wohl auch ausgedrückt wird, entsprechende Vorteile als sozialadäquat zu qualifizieren.288 Das ist auf den ersten Blick einleuchtend, soweit es sich zum Beispiel um Rabatte handelt. Im Falle der eingangs289 vorgestellten sogenannten quick savings etwa dürfte aber äußerst fraglich 281 282 283 284 285 286 287 288 289
Schünemann, NStZ 2006, 196, 202. Vgl. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. Vgl. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 55. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 59. So auch Walther, Jura 2010, 511, 518. Kapitel 1, Abschnitt D. I.
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
sein, ob Einmalzahlungen zwecks Teilnahme an einem Auftragsvergabeverfahren tatsächlich als sozialadäquat zu bewerten sind. Gleiches dürfte für extrem hohe Rabatte gelten.290 Sicher nicht sozialadäquat sind außerdem wettbewerbswidrige Vorteile, sodass diese auch nach dem Ansatz Schünemanns zu einer Strafbarkeit des Angestellten und damit dem Widerspruch zur Straflosigkeit des Geschäftsherrn führen würden. Letztlich führt daher auch dieser Lösungsvorschlag nicht zu befriedigenden Ergebnissen.
IV. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Ablehnung der Unrechtsvereinbarung Nach Auffassung Odenthals291, aber auch weiterer Stimmen in der Literatur292 soll das Anstellungsunternehmen des Angestellten grundsätzlich Dritter im Sinne des § 299 StGB sein können. In Fällen, in denen der Angestellte zugunsten seines Geschäftsherrn Vorteile annimmt, soll es jedoch am Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung fehlen.293 Das gelte nach Ansicht Odenthals jedenfalls in Fällen, in denen der Angestellte im Rahmen seiner Zuständigkeiten und vom Arbeitgeber eingeräumten Kompetenzen für den Betrieb handle.294 Denn in diesen Fällen komme die Vereinbarung nicht mit dem Angestellten selbst, sondern mit der Gesellschaft, für die er handle, zustande, sodass die Konstellation des straflosen Aushandelns von Vorteilen durch den Betriebsinhaber selbst gegeben sei. In ähnlicher Weise geht auch Pfaffendorf295 davon aus, dass es an einer Unrechtsvereinbarung fehle und lediglich der Geschäftsherr selbst als Anspruchsinhaber anzusehen sei, wenn ein Angestellter von seinem Geschäftsherrn angewiesen wurde, einen Vorteil anzunehmen, wenn der Angestellte seine (arbeits-)vertraglichen Pflichten gegenüber dem Geschäftsherrn erfülle oder wenn er stellvertretend für seinen Arbeitgeber handle. 290
Vgl. hierzu mit Beispielen Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 102. Odenthal, wistra 2005, 170, 171; ausdrücklich ablehnend Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23. 292 Auch Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 794, verneint die Unrechtsvereinbarung, weil es sich bei Vorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens um marktwirtschaftliche Gepflogenheiten handle. Walther, Jura 2010, 511, 518 verneint die Unrechtsvereinbarung, weil es an der erforderlichen Regelwidrigkeit fehle (denn Vorteile an das Unternehmen seien sozialadäquat) und das Leistungsprinzip nicht verletzt werde; ebenfalls unter Ablehnung einer Unrechtsvereinbarung Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 13. 293 Vgl. in diese Richtung auch A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 40 und Rönnau, StV 2009, 302, 305, wonach es „befremdlich“ sei, von einer Unrechtsvereinbarung auszugehen. 294 Odenthal, wistra 2005, 170, 172. 295 Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 12. 291
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Maßgeblich sei nach Odenthal weiter, dass der Angestellte oder Beauftragte vom Abschluss der Vereinbarung keinen persönlichen Vorteil habe und das Unternehmen unabhängig von den für es handelnden Personen berechtigt und verpflichtet würde. Letzteres könne nur angenommen werden, wenn die Vereinbarung innerhalb des Unternehmens transparent gemacht werde. Nur unter diesen Voraussetzungen sei sichergestellt, dass die Vereinbarung unabhängig von den sie aushandelnden Personen (sprich dem Angestellten) das Unternehmen binde. Auch dem Ansatz Odenthals ist entgegenzuhalten, dass das Problem der Drittvorteile zugunsten des Unternehmens vom Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ in ein anderes Tatbestandsmerkmal, nämlich die Unrechtsvereinbarung, verschoben wird.296 Dieses Vorgehen überzeugt wie gezeigt nicht.297 Indem Odenthal und Pfaffendorf an die Zuständigkeit und Kompetenz des Angestellten anknüpfen, nehmen sie letztlich wie schon Rönnau eine an der zivilrechtlichen Vertretungsmacht des Angestellten orientierte Betrachtung vor. Eine solche hilft allerdings, wie vorstehend298 gezeigt, mit Blick auf Fälle, in denen der Angestellte als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt, nicht weiter.299 Auch das Erfordernis der Transparenz kann letztlich nicht als Abgrenzungskriterium herangezogen werden. Man wird zwar zugeben müssen, dass ein Angestellter ein (wissentlich) strafbares Verhalten in aller Regel innerhalb des Unternehmens nicht transparent machen wird.300 Insofern mag der Transparenz ein „Indizwert“301 für rechtswidriges oder strafbares Verhalten zukommen. Umgekehrt bleibt ein strafloses Verhalten aber straflos, selbst wenn es nicht offengelegt wird.302 Zudem ist mit Koepsel303 gegen das Kriterium der Transparenz einzuwenden, dass die Frage der Strafbarkeit nicht von einem Verhalten abhängen kann, das eintritt, nachdem die Tat bereits vollendet ist:304 In den Varianten des Versprechens/Versprechen Lassens sowie des Anbietens/Forderns ist die Tat bereits mit dem Versprechen/Versprechen Lassen oder dem Anbieten/Fordern vollendet, ohne dass hierzu noch ein nachfolgender Erfolg eintreten müsste. Der Angestellte dürfte sein Verhalten unternehmensintern in aller Regel aber erst nach den Vertragsverhandlungen und damit auch nach der mit dem Vertragspartner getroffenen Vereinbarung über den Vorteil offenlegen. Die Strafbarkeit des Angestellten würde damit – wollte 296
SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. Siehe oben unter Kapitel 3, Abschnitt A. III. 298 Kapitel 3, Abschnitt A. II. 1. b). 299 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133; ebenso Koepsel, S. 171. 300 Vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466. 301 Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133; vgl. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466, wonach Korruption ein heimliches Geschäft sei; Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161. 302 Vgl. Rönnau, StV 2009, 302, 305. 303 Koepsel, S. 171. 304 Vgl. hierzu auch Menn, S. 112, wonach schon der Abschluss des Vertrags nach dem Vollendungszeitpunkt liege. 297
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man an das Kriterium der Transparenz anknüpfen – streng genommen nachträglich wieder entfallen oder man müsste zunächst eine Art schwebende Strafbarkeit unter der Bedingung annehmen, dass der Angestellte sein Handeln nicht nachträglich offenlegt. Während es derartige Konstellationen im Zivilrecht305 gibt, ist das im Strafrecht dagegen nicht möglich. Hiergegen spricht schon, dass der Täter nach der Vollendung einer Tat von dieser auch nicht mehr strafbefreiend zurücktreten kann,306 sodass Handlungen des Täters, die nach dem Vollendungszeitpunkt liegen auf dessen Strafbarkeit grundsätzlich keinen Einfluss entfalten können. Etwas anderes gilt ausnahmsweise in Fällen der sogenannten „tätigen Reue“, in denen ein bestimmtes „verdienstliches“307 Handeln des Täters zugunsten des Opfers zu einer Strafmilderung oder -freiheit führt, obwohl das Delikt bereits vollendet ist.308 Unabhängig davon, dass die innerbetriebliche Offenlegung durch den Angestellten schon nicht als solches „verdienstliches“ Handeln qualifiziert werden kann, kommt eine „tätige Reue“ grundsätzlich nur in den Fällen in Betracht, in denen der Gesetzgeber sie ausdrücklich gesetzlich normiert hat.309 Eine analoge Anwendung auf andere Straftatbestände ist – entgegen einiger Vorschläge in der Literatur310 – abzulehnen.311 Schließlich kann auch das Kriterium des persönlichen Vorteils des Angestellten nicht überzeugen.312 Insoweit kann auf die bereits313 gemachten Ausführungen verwiesen werden.
V. Erfassung des Unternehmens als Dritten, aber Verneinung der Unlauterkeit der Bevorzugung Teilweise wird vorgeschlagen, die Frage, inwieweit Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens als strafbare Fallkonstellation § 299 StGB unterfallen, im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit der Bevorzugung zu verorten.
305 Man denke etwa an die schwebende Unwirksamkeit nach § 108 Abs. 1 BGB oder die Wirkung der Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB. 306 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 107. 307 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1098. 308 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1098. 309 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1098. 310 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1098 m. w. N. 311 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 1098. 312 Ebenso Koepsel, S. 169. 313 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (2).
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1. Generelle Verneinung der Unlauterkeit Fischer314 geht davon aus, auch der geschäftliche Betrieb könne Dritter im Sinne des § 299 StGB sein. Das führe jedoch zu Abgrenzungsproblemen, weil bevorzugende Handlungen zugunsten des Geschäftsherrn regelmäßig im Rahmen dessen lägen, was von dem Angestellten oder Beauftragten erwartet würde. Die Gewährung von Preisnachlässen für den geschäftlichen Betrieb sei zwar durchaus ein Drittvorteil im Sinne des § 299 StGB. Allerdings sei evident, dass nicht jede Verhandlung mit dem Inhalt, die Bevorzugung (= Auftragserteilung) für den Fall eines Vorteils (= Rabatt) in Aussicht zu stellen, nach § 299 StGB strafbar sein könne. In diesen Konstellationen fehle es vielmehr an dem Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit. Anders gestalte sich das allerdings, wenn der Vorteil gesetzlich verboten sei. In solchen Fällen bestehe kein Bedürfnis, den Fall vom Tatbestand auszunehmen. Auch Winkelbauer315 verneint die Unlauterkeit, weil der Angestellte durch sein Handeln lediglich seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfülle und der Angestellte keine sachfremden, eigennützigen Interessen verfolge. Dennoch sei der Geschäftsherr im Wege einer restriktiven Tatbestandsauslegung bereits aus dem Kreis derjenigen, die Dritter im Sinne des § 299 StGB sein könnten, herauszunehmen.316 2. Verneinung der Unlauterkeit unter Heranziehung des sogenannten „steuerrechtlichen Fremdvergleichs“ als Beurteilungsmaßstab Auch Park317 diskutiert die Frage der Drittvorteile zugunsten des Geschäftsinhabers im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit der Bevorzugung. Danach soll zur Beurteilung, ob eine unlautere Bevorzugung vorliegt, der sogenannte „steuerrechtliche Fremdvergleichsgrundsatz“ herangezogen werden. Das Kriterium des Fremdvergleichs werde im Steuerrecht herangezogen, um zu beurteilen, ob bestimmte Sachverhaltskonstellationen angemessen seien, zum Beispiel verdeckte Gewinnausschüttungen. Vergleichsmaßstab sei dabei ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter in Kenntnis aller wesentlichen Umstände. Aus dessen Sicht sei zu prüfen, ob ein Sachverhalt (etwa im Beispiel der verdeckten Gewinnausschüttungen die Vermögensminderung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist) hinnehmbar sei. Halte der Sachverhalt diesem Fremdvergleich aus Sicht eines gedachten ordentlichen Geschäftsleiters stand, sei er als angemessen zu bewerten.
314
Fischer, § 299 Rn. 18. Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391, 393; zustimmend Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 895. 316 Siehe hierzu unten Kapitel 3, Abschnitt B. 317 Park, wistra 2010, 321, 327. 315
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Im Rahmen der Unlauterkeit soll es daher ebenfalls auf einen solchen Fremdvergleich ankommen. Um den Ansatz Parks zu verdeutlichen, sei hier vereinfacht dessen Anschauungsbeispiel318 wiedergegeben: Das Autohaus X plant einen Neubau. Um dessen Durchführung bewerben sich mehrere Unternehmen, unter ihnen Unternehmen Y. Im Rahmen der Verhandlungen stellt sich heraus, dass das Unternehmen Y demnächst für seinen Geschäftsführer einen Neuwagen erwerben möchte. Der für das Unternehmen X verhandelnde Angestellte fordert, dass im Falle einer Beauftragung des Unternehmens Y das Fahrzeug beim Unternehmen X gekauft werden sollte. Unternehmen Y stimmt zu und erhält den Auftrag.
Hier komme es darauf an, ob ein redlicher Wettbewerber des Unternehmens Y an der Vorteilszuwendung (dem Kauf des Fahrzeugs beim Unternehmen X) Anstoß nehmen würde. Das sei angesichts der Begleitumstände nicht der Fall. Weil aber möglicherweise die Bevorzugung des Autohauses X gegenüber anderen Autohäusern auch die Konkurrenten des Autohauses X betreffen könnte, sei ein „doppelter Fremdvergleich“ anzustellen und ebenfalls die Sicht eines redlichen Wettbewerbers des Autohauses X zu prüfen. Dieser ergebe, dass die Unlauterkeit zu verneinen sei, denn ein redlicher Wettbewerber habe keine Einwände dagegen, dass ein Angestellter oder Beauftragter eines Konkurrenten für seinen Geschäftsbetrieb Sondervorteile fordere oder annehme, solange sich diese im üblichen Rahmen bewegten. Dieser Lösungsansatz sei vorzugswürdig, da er unmittelbar an einem Tatbestandsmerkmal, nämlich der Unlauterkeit, ansetze und ohne eine teleologische Reduktion oder sonstige Tatbestandsbeschränkungen auskomme. 3. Stellungnahme Gegen die grundsätzliche Diskussion der Problematik der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unlauterkeit spricht zunächst, dass das Problem auf diese Weise von dem Tatbestandsmerkmal, bei dem es eigentlich relevant wird (dem „Dritten“ als Vorteilsempfänger), losgelöst und in ein anderes Tatbestandsmerkmal, nämlich die Unlauterkeit, verlagert wird.319 Eine solche Verschiebung des Problems wird nach bereits erläuterter hier vertretener Ansicht abgelehnt.320 Hinzu kommt, dass das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit wie bereits dargestellt321 heftig umstritten ist.322 Teilweise323 wird dem Merkmal eine eigenständige 318
Park, wistra 2010, 321, 326. SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53. 320 Vgl. auch oben unter Kapitel 3, Abschnitt A. III. 321 Kapitel 2, Abschnitt A. I. 322 Park, wistra 2010, 322; vgl. zum. Meinungsbild NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 76 ff.; vgl. auch oben Kapitel 2, Abschnitt A. I. 323 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 80; Ludwig, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 299 Rn. 83; Fischer, § 299 Rn. 29 m. w. N. 319
A. Das Unternehmen als Dritter im Sinne des § 299 StGB
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Bedeutung völlig abgesprochen. Es ist deshalb überaus fraglich, ob eine rechtssichere Abgrenzung von straflosem zu strafbarem Verhalten über ein Tatbestandsmerkmal erfolgen kann, über dessen Bedeutung und Auslegung324 eine derart große Uneinigkeit herrscht. Unabhängig von der Frage, innerhalb welches Tatbestandsmerkmals die Thematik problematisiert wird, überzeugen beide Ansichten auch aus anderen Gründen nicht. Zum Ansatz Fischers ist Folgendes zu bemerken: Nach hier vertretener Ansicht kann allein die Tatsache, dass die von dem Angestellten ausgehandelten Rabatte gesetzlich verbotene Rabatte sind, keine Strafbarkeit begründen.325 Der einzige Unterschied zwischen straflosen und strafbaren Konstellationen wäre bei dieser Betrachtungsweise nämlich, dass der Rabatt, das heißt der Vorteil an sich, rechtswidrig ist. Diese Rechtswidrigkeit des Vorteils wäre deshalb – legt man die Annahme Fischers zugrunde – letztlich der Grund der Strafbarkeit des Angestellten nach § 299 StGB. Hierdurch würde aber die an früherer Stelle dieser Arbeit326 bereits aufgezeigte Wertung des Gesetzgebers327, dass Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht nur zu den Rechtsfolgen der §§ 8 ff. UWG, nicht aber zu einer Strafbarkeit führen, unterlaufen.328 Gleiches gilt für die von Fischer beispielhaft aufgeführten kartellrechtswidrigen Vorteile unter Verstoß gegen § 1 GWB329.330 Auch insoweit hat der Gesetzgeber von einer Strafbarkeit abgesehen und stattdessen die Rechtsfolgen der § 33 ff. GWB und die Bußgeldtatbestände des § 81 GWB331 geschaffen.332 Hinter dieser Entscheidung des Gesetzgebers steht letztlich der ultima ratio-Gedanke des Strafrechts.333 Gerade das Wirtschaftsleben ist durch 324
Park, wistra 2010, 322. Vgl. oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). Siehe zur Frage, ob wettbewerbswidrige Vorteile das Rechtsgut des § 299 StGB berühren, bereits oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). 326 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). 327 Zur Rechtsdurchsetzung des UWG durch zivilrechtliche Ansprüche Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Vorbemerkungen zu §§ 8 ff. Rn. 1. 328 Vgl. Wollschläger, S. 22; dazu bereits oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). 329 Beziehungsweise auf europäischer Ebene Artikel 101 AEUV. 330 Vgl. Meßmer, in: Martinek/Semler/Flohr, § 42 Rn. 15. 331 Auf europäischer Ebene ist für Verstöße gegen das Kartellverbot ebenfalls keine Strafbarkeit vorgesehen. Drohende Rechtsfolgen nach der Kartellverfahrensordnung Nr. 1/ 2003 sind stattdessen insbesondere Verbotsentscheidungen, Zwangs- beziehungsweise Bußgelder, aber auch die zivilrechtliche Inanspruchnahme auf Schadensersatz oder Unterlassen, siehe Beckmann, in: Dauses/Ludwigs, E. VI. Versicherungsrecht Rn. 344. 332 Zur Entscheidung des Gesetzgebers gegen ein Kartellstrafrecht siehe Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, Vorbemerkung vor § 81 Rn. 1 sowie Klusmann, in: Wiedemann, § 56 Rn. 1. 333 Vgl. Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465; zum ultima ratio-Grundsatz ausführlich Teixeira, S. 132 ff. 325
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
das Strafrecht nur so sparsam wie möglich zu regulieren und stattdessen auf ziviloder verwaltungsrechtliche Reglungsinstrumente zurückzugreifen.334 Auch der Vorschlag Parks, das Merkmal der Unlauterkeit mithilfe des steuerrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatzes zu konkretisieren und anhand diesem zu beurteilen, ob Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens strafbar sind, überzeugt nicht, weil dieser Ansatz kein ausreichend klares Kriterium bietet, um straflose von strafbaren Fallkonstellationen zu unterscheiden. Im Rahmen des steuerrechtlichen Fremdvergleichs soll es maßgeblich darauf ankommen, ob die Vorteile sich im Rahmen des „Üblichen“ bewegen, weil ein redlicher Wettbewerber keine Einwände gegen solche Vorteile habe.335 Unter welchen Voraussetzungen sich Vorteile in diesem üblichen Rahmen bewegen, bleibt allerdings offen und wird nicht näher konkretisiert. Beispielhaft werden lediglich gestaffelte Mengenrabatte336 genannt. Weil die Branchenüblichkeit eines Verhaltens nach Auffassung Parks ausdrücklich nicht geeignet sei, einen Fremdvergleichsmaßstab zu bilden,337 stellt sich die Frage, wonach sich stattdessen bestimmt, ob ein Marktverhalten üblich ist. Das vorgeschlagene Kriterium bleibt damit völlig vage, was insbesondere mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nach Artikel 103 Abs. 2 GG problematisch ist. In einfach gelagerten Fällen, wie den genannten Mengenrabatten, mag sich mit dem Begriff der Üblichkeit argumentieren und ein schlüssiges Ergebnis finden lassen. Gerade mit Blick auf die einleitend338 vorgestellten Fallkonstellationen von (hohen) Einmal- oder Folgezahlungen als Gegenleistung für die Teilnahme an Auftragsvergabeverfahren oder die Kopplung von Dienstleistungs- mit Sponsoringverträgen braucht es aber konkrete Anhaltspunkte, anhand derer die Üblichkeit festgemacht werden kann.339 Anders als Park annimmt,340 kann es außerdem keine Rolle spielen, dass ein Unternehmen von seinen Beschäftigten erwartet, wirtschaftlich zu dessen Vorteil zu handeln. Wie an früherer Stelle341 bereits erläutert kann das zwischen dem Angestellten und dem Unternehmen (arbeitsvertraglich) Vereinbarte auf eine Strafbarkeit nach § 299 StGB keinen Einfluss haben, weil die Interessen des Geschäftsherrn nicht das alleinige Rechtsgut des § 299 StGB bilden. Mangels Dispositionsbefugnis über die übrigen geschützten Rechtsgüter, kann der Geschäftsherr weder sein (tatbestandsausschließendes) Einverständnis erklären noch in die Tat einwilligen.342
334 335 336 337 338 339 340 341 342
Lampe, Festschrift Stree/Wessels, 1993, S. 449, 465. Park, wistra 2010, 321, 327. Park, wistra 2010, 321, 327. Park, wistra 2010, 321, 325. Kapitel 1, Abschnitt D. I. und II. Vgl. zur Sozialadäquanz derartiger Vorteile oben Kapitel 3, Abschnitt A. III. Park, wistra 2010, 321, 327. Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. f). Nepomuck/Groß, wistra 2011, 132, 133; MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 67.
B. Das Unternehmen kann nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein
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Abzulehnen ist dieser Ansatz zudem mit Blick auf wettbewerbswidrige Vorteile. Diese dürften von einem ordentlichen und gewissenhaften Wettbewerber, der sich selbst redlich verhält, nicht mehr als üblich angesehen werden, sodass für derartige Vorteile nach dem steuerrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatz eine Strafbarkeit nach § 299 StGB zu bejahen wäre. Wie an früheren Stellen343 dieser Arbeit bereits erläutert, kann aber allein die Tatsache, dass ein Vorteil gegen das Wettbewerbsrecht verstößt, eine Strafbarkeit nach § 299 StGB nicht rechtfertigen. Ferner spricht gegen diese Auffassung, dass der Angestellte sich in Fällen, in denen er Vorteile annimmt, die sich aus anderen Gründen (etwa der besonderen Höhe eines Rabatts) nicht mehr im üblichen Rahmen bewegen, strafbar machen würde. Somit ist auch dieser Ansatz nicht geeignet, den Widerspruch zur generellen Straflosigkeit des Betriebsinhabers aufzulösen, weil dieser auch solche Vorteile straflos fordern oder annehmen darf, die unüblich sind. Schließlich widerspricht er der hier344 vertretenen Auffassung, dass Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens generell – und damit auch wenn sie den Rahmen des Üblichen überschreiten – die Schutzgüter des § 299 StGB nicht berühren. Die vorgeschlagenen Lösunsansätze, Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens im Rahmen der Unlauterkeit zu behandeln, sind daher abzulehnen.
VI. Fazit zum Unternehmen als Drittem im Sinne des § 299 StGB Die Ansicht, wonach Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens dem Tatbestand des § 299 StGB uneingeschränkt unterfallen, ist abzulehnen. Die bisher in der Literatur vorgeschlagenen Restriktionsansätze überzeugen aus den gezeigten Gründen nicht. Ebenso scheitern Versuche, das Problem anhand anderer Tatbestandsmerkmale des § 299 StGB zu lösen.
B. Das Unternehmen kann nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein: Teleologische Reduktion des § 299 StGB Eine im Vordringen befindliche Meinung345 geht davon aus, dass das Unternehmen nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein könne. Der Tatbestand sei insofern 343
Vgl. weiter oben in diesem Abschnitt sowie Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c). 345 Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 394; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 98; Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1177; Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 135; Walther, S. 94; Ignor, Festschrift Schiller, S. 329, 335; S/S/Eisele, § 299 Rn. 19; Rönnau, StV 344
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
teleologisch zu reduzieren346, sodass Drittvorteile für den geschäftlichen Betrieb nicht tatbestandsmäßig und damit nicht strafbar seien.347 Auch innerhalb dieser Ansicht wird teilweise348 angenommen, der Angestellte könne sich jedenfalls in den Fällen strafbar machen, in denen der Vorteil nicht ausschließlich dem Unternehmen zugutekomme, sondern der Angestellte oder Beauftragte selbst einen (mittelbaren) Vorteil erhalte. Nach Grützner/Momsen/Behr349 sei der Begriff des mittelbaren Vorteils weit zu verstehen. Entscheidend müssten die persönlichen Interessen des Mitarbeiters sein, sodass der Vorteil insbesondere in einer Provisionszahlung für Umsätze, in einer Beförderung oder der Ersparnis eigener Aufwendungen liegen könne.
I. Begründung Zur Begründung der teleologischen Reduktion wird aufgeführt, derartige Fallkonstellationen begründeten keine Gefahr für das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut, das hierbei überwiegend als der faire Wettbewerb oder der Leistungswettbewerb bezeichnet wird.350 Der Angestellte entscheide nicht aufgrund von sachwidrigen Erwägungen, sondern richte sich maßgeblich nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis und damit nach dem Leistungsprinzip.351 Das begründe kein wettbewerbswidriges Verhalten.352 Weiter wird argumentiert, die Gegenansicht führe den Angestellten in eine nur „schwer erträgliche Pflichtenkollisionslage“353. Der Arbeitgeber erwarte von seinen Mitarbeitern, dass sie Vorteile für das Unternehmen erstrebten, denn das sei letztlich die „ureigenste Aufgabe“354 eines Angestellten.355 Der Angestellte sei hierzu ei2009, 302, 305; Wollschläger, S. 120; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 40 ff.; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468; Teixeira, S. 242; Koepsel, S. 173; Schoop/Ballo, in: MAH WirtschaftsStR, § 20 Rn. 288; wohl auch Hauck, wistra 2010, 255, 257; Gorius, S. 143. 346 Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 895; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53 m. w. N.; die einschränkende Auslegung ablehnend aber Menn, S. 119 ff.; zur teleologischen Reduktion und ihren Voraussetzungen allgemein vgl. Menn, S. 146 ff. 347 AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16. 348 Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 93; wohl auch A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 40, 41; a. A. AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16. 349 Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 93 unter Verweis auf BGH wistra 2006, 96, 99; dem zustimmend Heermann, WRP 2014, 125, 134. 350 AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; Rönnau, StV 2009, 302, 304; Hampen, S. 71. 351 Vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 101, 102; Walther, S. 94. 352 Rönnau, StV 2009, 302, 304; Walther, S. 94. 353 Rönnau, StV 2009, 302, 305. 354 Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92.
B. Das Unternehmen kann nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein
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nerseits vertraglich356, anderseits aber auch arbeits- und/oder gesellschaftsrechtlich verpflichtet.357 Hinzu komme, dass der Angestellte gleichzeitig eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB zu befürchten habe, wenn er eine vertragliche Vermögensbetreuungspflicht innehabe.358 Diese gebiete es ihm unter Umständen gerade, die für den Geschäftsherrn bestmöglichen Konditionen auszuhandeln, sodass er sich, sollte er das unterlassen, gemäß § 266 StGB strafbar machen könne.359 Weiter wird argumentiert, in der Wirtschaft sei es üblich, unternehmensintern Aufgaben zu verteilen und zu delegieren. Der Angestellte erfülle, indem er für sein Anstellungsunternehmen Vorteile annehme, deshalb gerade die Funktion, die ihm das Unternehmen als eigentlicher Marktteilnehmer im Wettbewerb durch Delegation der Auswahlentscheidung übertragen habe und die im Wettbewerb daher von ihm erwartet werde.360 Weil der Betriebsinhaber die Auswahlentscheidung auf den Angestellten delegiert habe, sei dessen Handlung wertungsmäßig nicht von Handlungen des Betriebsinhabers selbst zu unterscheiden.361 Denn der Angestellte trete stellvertretend für seinen Prinzipal auf und schließe für diesen Verträge, sodass er lediglich die Vertragsfreiheit des Prinzipals ausübe.362 Wenn aber die Handlungen letztlich wertungsmäßig nicht zu unterscheiden seien und der Betriebsinhaber die Handlung selbst straflos vornehmen könne, müsse auch der Angestellte straffrei bleiben.363 Andernfalls ergäben sich nicht zu erklärende Wertungswidersprüche, da der Betriebsinhaber sich selbst nicht nach § 299 StGB strafbar machen könne, an ihn gerichtete Drittvorteile aber tatbestandsmäßig wären.364 Grützner/Momsen/Behr365 weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, der zugewendete Vorteil fließe niemandem zu, der ihn nicht auch behalten dürfe.
355
Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 100; Hampen, S. 70. Walther, S. 94; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391. 357 Rönnau, StV 2009, 302, 305; Hampen, S. 71; vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 98. 358 Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104; Walther, S. 94; Altenburg, S. 46. 359 Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104; Rönnau, StV 2009, 302, 305; Winkelbauer, Festschrift Weber, 2003, S. 385, 393. 360 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23. 361 Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 237 f.; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; so auch A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42, wonach es sich „in der Sache“ um Geschäftsinhaberbestechung handle. 362 Samson, Festschrift Sootak, 2008, S. 225, 237 f.; Rönnau, StV 2009, 302, 305; Gorius, S. 144. 363 Vgl. Walther, S. 94; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23. 364 Vgl. AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; Schoop/Ballo, in: MAH WirtschaftsStR, § 20 Rn. 288. 365 Grützner/Momsen/Behr, NZWiSt 2013, 88, 92. 356
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Schließlich wird argumentiert, die Gegenansicht führe dazu, dass jedes Rabattverlangen in der Wirtschaftspraxis als Korruptionshandlung strafbar wäre.366 Dem Angestellten müsse es aber möglich sein, im geschäftlichen Verkehr solche Vorteile für sein Anstellungsunternehmen auszuhandeln.367
II. Stellungnahme Die soeben skizzierten Argumente sind nur teilweise geeignet, zu begründen und zu rechtfertigen, dass das Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten aus dem Kreis der tauglichen Dritten im Sinne des § 299 StGB ausscheidet. 1. Zur Gefahr für das Rechtsgut Sofern die Vertreter dieser Ansicht davon ausgehen, dass Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht berühren, ist dem zuzustimmen. Diese These deckt sich mit der zu Beginn dieses Kapitels368 vorgenommenen teleologischen Auslegung unter Berücksichtigung der in Kapitel 2369 festgestellten Rechtsgüter der Norm. 2. Zur Pflichtenkollision des Angestellten Das Argument, der Angestellte würde bei einer Strafbarkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens in eine Pflichtenkollision mit seinen arbeits- oder gesellschaftsrechtlichen beziehungsweise seinen vertraglichen Aufgaben gebracht, überzeugt nur teilweise. Denn der Angestellte schuldet es weder arbeitsnoch gesellschaftsrechtlich, wettbewerbswidrige Vorteile auszuhandeln. Auch arbeitsvertraglich schuldet der Angestellte es nicht, wettbewerbswidrige Vorteile zu fordern oder anzunehmen,370 weil ein Arbeitsvertrag, der einen Angestellten zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten verpflichten würde, gemäß § 134 BGB in Verbindung mit der jeweiligen wettbewerbsrechtlichen Vorschrift nichtig wäre.371 Hinsichtlich wettbewerbswidriger Verhaltensweisen des Angestellten wäre deswegen keine Pflichtenkollision des Angestellten gegeben, die noch gegen eine Strafbarkeit sprechen würde. Das Argument liefe insofern bei wettbewerbswidrigen Vorteilen zugunsten des Unternehmens leer. 366 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; Hampen, S. 70; Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 101. 367 A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 39. 368 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c). 369 Kapitel 2, Abschnitt C. 370 Vgl. Nepomuck/Groß, wistra 2011, 132, 133. 371 MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 69.
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Gleiches gilt hinsichtlich der zur Begründung angeführten, drohenden Strafbarkeit des Angestellten wegen Untreue nach § 266 StGB. Richtig ist zwar, dass dem Angestellten eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB drohen kann, wenn er im Rahmen von Vertragsverhandlungen zulässige Vorteile nicht fordert und deshalb für sein Anstellungsunternehmen wirtschaftlich nachteilige Verträge372 abschließt.373 Auch dieses Argument läuft aber leer, sofern es sich um wettbewerbswidrige Vorteile handelt, da der Angestellte solche Vorteile auch vor dem Hintergrund des § 266 StGB nicht fordern oder annehmen muss.374 3. Zur Gleichstellung des Handelns des Angestellten mit dem Handeln des Betriebsinhabers sowie dem Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers Ebenfalls nicht überzeugend ist das Argument der in der Wirtschaft üblichen Aufgabendelegation innerhalb von Unternehmen und die darauf basierende Annahme, der Angestellte trete letztlich stellvertretend für seinen Geschäftsherrn im Wirtschaftsverkehr auf und verpflichte daher mit seinem Handeln diesen selbst. Ihm Rahmen der oben375 vorgenommenen Auseinandersetzung mit der von einigen Stimmen in der Literatur vorgeschlagenen zivilrechtsakzessorischen Sicht hat sich bereits gezeigt, dass es nicht überzeugt, an die zivilrechtliche Vertretungsmacht des Angestellten anzuknüpfen, weil diese in Fällen, in denen der Angestellte ohne Vertretungsmacht handelt, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Tatbestand des § 299 StGB erfüllt wäre. Damit kann diese Ansicht den oben376 festgestellten Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers allerdings gerade nicht auflösen. In diesem Wertungswiderspruch ist aber – mit vielen Stimmen in der Literatur377 – letztlich gerade das Hauptargument für die Straflosigkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens zu sehen.378 Es überzeugt nicht, dass der Angestellte für ein Handeln, das der Betriebsinhaber straflos vornehmen kann, bestraft wird, obwohl das in Rede stehende Handeln dem Betriebsinhaber zugutekommt und aufgrund der Aufgabendelegation im Unternehmen wertungsmäßig in der Tat einem Handeln des Betriebsinhabers selbst gleichzusetzen ist, da dieser
372
In der sog. Nürburgring-Entscheidung (BGH NJW 2016, 2585, 2592) hat der BGH ausgeführt, dass bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen könne. 373 Vgl. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104. 374 Vgl. hierzu NK-StGB/Kindhäuser, § 266 Rn. 42 m. w. N. 375 Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. II. 1. 376 Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e) aa). 377 Walther, S. 94; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 23; AnwaltKommentar-StGB/ Wollschläger, § 299 Rn. 16; SK-StGB/Rogall, § 299 Rn. 53; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 42. 378 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e) dd).
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Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
gerade in größeren Unternehmen379 nun einmal praktisch unmöglich alle Vertragsschlüsse selbst verhandeln kann.380 4. Zur übermäßigen Kriminalisierung der Wirtschaftspraxis Zuzustimmen ist auch dem rechtspolitischen Argument, dass die Gegenansicht381 jedes Rabattverlangen als Korruptionshandlung bestrafen würde. Das würde zu einer „Überkriminalisierung“382 und letztlich dazu führen, dass die Wirtschaftspraxis in weiten Teilen lahmgelegt würde, da nahezu über jeder Vertragsverhandlung das „Damoklesschwert“383 einer Strafbarkeit nach § 299 StGB schwebte. Letzteres ist im Hinblick auf die über Artikel 12 GG im Rahmen der Berufsfreiheit grundgesetzlich geschützte Wettbewerbsfreiheit384 der Unternehmer jedoch kritisch zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht385 führte zu dieser Wettbewerbsfreiheit aus: „Die bestehende Wirtschaftsverfassung enthält den grundsätzlich freien Wettbewerb der als Anbieter und Nachfrager auf dem Markt auftretenden Unternehmer als eines ihrer Grundprinzipien. Das Verhalten der Unternehmer in diesem Wettbewerb ist Bestandteil ihrer Berufsausübung, die, soweit sie sich in erlaubten Formen bewegt, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist.“
Dieses Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb und damit ihr Recht aus Artikel 12 Abs. 1 GG würden letztlich wesentlich eingeschränkt, wenn jedes Rabattverlangen strafrechtlich sanktioniert würde. Eine solche Einschränkung der Wettbewerbsfreiheit ist nicht gerechtfertigt, wenn nicht zu befürchten ist, dass das Rechtsgut des § 299 StGB verletzt wird. 5. § 7 HWG als weiteres Argument gegen das Unternehmen als „Dritten“ Ein weiteres, systematisches Argument dagegen, dass § 299 StGB Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens erfasst, bildet § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG).386 Dieser regelt in Absatz Satz 1 Nummer 2 ausdrücklich, dass es zulässig ist, Mengen- und Preisrabatte im Gegenzug dafür zu gewähren, dass eine Hauptsache gekauft wird:387 379 380 381 382 383 384 385 386 387
Vgl. bezüglich Kapitalgesellschaften Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 104 ff. Jaques, S. 111. Kapitel 3, Abschnitt A. I. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 109. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 101. Siehe hierzu Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 12 GG Rn. 86. BVerfG, Beschluss vom 8. 3. 1972 – 1 BvR 170/71 (BeckRS 9998, 161056). Rheinländer, WiJ 2014, 143, 144. Rheinländer, WiJ 2014, 143, 144; vgl. Erbs/Kohlhaas/Pfohl, § 7 HWG Rn. 15.
B. Das Unternehmen kann nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein
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„Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass die Zuwendungen oder Werbegaben in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden.“
Bei dieser Art von Werbegaben handelt es sich in aller Regel um Maßnahmen, die der Verkaufsförderung dienen.388 Es leuchtet wenig ein, dass auf den Arzneimittel- und Medizinproduktemärkten und damit in der Gesundheitsbranche, die als besonders anfällig für korruptives Verhalten gilt,389 ein Verhalten ausdrücklich gesetzlich gestattet wird, das in anderen Sektoren § 299 StGB unterfallen sollte.390 Wollte man Rabatte als Drittvorteile an das Anstellungsunternehmen über den Tatbestand des § 299 StGB bestrafen, müsste das auch (und wahrscheinlich sogar erst recht) für die Pharmabranche gelten. Das gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Zudem besteht der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung (ebenso wie letztlich der des § 299 StGB) vor allem darin, zu verhindern, dass der Werbeadressat bei seiner Nachfrageentscheidung unsachlich beeinflusst und durch sachfremde Kaufanreize391 zu einer Entscheidung bewogen wird.392 Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Zugaben oder Rabatte, die nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG ausnahmsweise zulässig sind, vom Gesetzgeber als nicht geeignet angesehen werden, eine Nachfrageentscheidung unsachlich zu beeinflussen. 6. Fazit Für die Ansicht, dass das Unternehmen nicht zu dem Kreis der „Dritten“ im Sinne des § 299 StGB zählt, sprechen letztlich ausschlaggebend zwei Argumente: Zum einen werden durch Vorteile an das Anstellungsunternehmen die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht berührt und zum anderen besteht, wenn der Angestellte sich wegen Bestechlichkeit strafbar machte, ein nicht zu lösender Wertungswiderspruch zur Strafbarkeit des Betriebsinhabers.
388
Fritzsche, in: Medizinrecht, § 7 HWG Rn. 16. Vgl. hierzu Sartorius, S. 17 ff. m. w. N. Siehe aber auch Gaßner/Klars, PharmR 2002, 309, 310, wonach es hierfür keine objektiven Beweise gäbe und lediglich ein geschärftes Bewusstsein der Allgemeinheit aufgrund medialer Berichterstattung diesen Eindruck verleihe. 390 Rheinländer, WiJ 2014, 143, 144. 391 Erbs/Kohlhaas/Pfohl, Strafrechtliche Nebengesetze, § 7 HWG Rn. 1. 392 Fritzsche, in: Medizinrecht, § 7 HWG Rn. 1; Reinhart, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, Lebensmittel-, Kosmetik- und Heilmittelwerbung Rn. 510; vgl. auch BGH PharmR 2017, 293, 296. 389
142
Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
III. Ergebnis Diese beiden Argumente können von der Gegenansicht393 sowie unter Zugrundelegung der bisher vorgeschlagenen Restriktions-394 oder Lösungsansätze395 nicht entkräftet werden. Daher ist die Ansicht, wonach das Anstellungsunternehmen nicht Dritter im Sinne des § 299 StGB sein kann, nach hier vertretener Ansicht vorzugswürdig. Abzulehnen ist schließlich die Auffassung, eine Strafbarkeit des Angestellten sei dennoch anzunehmen, wenn diesem selbst neben dem Unternehmen mittelbare (immaterielle) Vorteile zukämen. Wie an früherer Stelle396 bereits erläutert, würde diese Ansicht dazu führen, dass in der ganz überwiegenden Anzahl von Fällen eine Strafbarkeit bejaht werden müsste, weil in der Praxis kaum denkbar ist, dass die Handlung des Angestellten sich nicht positiv auf seine Arbeitsleistung und damit darauf, wie sein Vorgesetzter ihn wahrnimmt, auswirkt. Der mittelbare Eigenvorteil des Angestellten ist daher kein Kriterium, anhand dessen strafbare und straflose Konstellationen voneinander abgegrenzt werden können, da es zu einer (annähernd) generellen Strafbarkeit führen würde.
C. Übertragbarkeit der gefundenen Lösung auf Kopplungsgeschäfte Fraglich ist, ob man das gefundene Ergebnis auch auf die eingangs397 bereits vorgestellten sogenannten Kopplungsgeschäfte übertragen kann. Das setzt zweierlei voraus: Der abgeschlossene („gekoppelte“) Vertrag müsste einen Vorteil im Sinne des § 299 StGB darstellen.398 Zudem müsste es sich bei diesem Vorteil um einen solchen zugunsten des Anstellungsunternehmens handeln.
I. Der „gekoppelte“ Vertrag als Vorteil im Sinne des § 299 StGB Im Rahmen der einleitenden Ausführungen in Kapitel 2399 wurde bereits angedeutet, dass der Begriff des Vorteils im Sinne des § 299 StGB weit verstanden wird. Ein Vorteil ist jede Zuwendung, die den Täter oder einen Dritten materiell oder 393 394 395 396 397 398 399
Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. II. Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt A. III. ff. Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (2). Kapitel 1, Abschnitt D. II. Vgl. Heermann, WRP 2014, 897, 904. Kapitel 2, Abschnitt A.
C. Übertragbarkeit der gefundenen Lösung auf Kopplungsgeschäfte
143
immateriell in wirtschaftlicher, rechtlicher oder auch nur persönlicher Hinsicht objektiv besserstellt und auf die der Täter keinen rechtlich begründeten Anspruch hat.400 Unter diese Definition fällt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs401 grundsätzlich der Abschluss eines Vertrags402, auf den der Empfänger keinen Anspruch hat. Das gilt auch, wenn das Schuldverhältnis auf dem Austausch von Leistung und Gegenleistung beruht403 und die in dem Vertrag vereinbarte Leistung nur das angemessene Entgelt für die vom Vertragspartner selbst aufgrund des Vertrags geschuldete Leistung ist.404 Denn bei der Frage, ob ein Vorteil im Sinne des § 299 StGB vorliegt, spielt es keine Rolle, inwieweit Leistung und Gegenleistung angemessen oder unangemessen sind.405 Stattdessen kommt es darauf an, ob bereits der Abschluss des Vertrags und die dadurch begründete Forderung an sich einen Vorteil darstellen.406 Denn der Vorteilsempfänger kann auch durch eine adäquate, jedoch auf andere Weise für ihn nicht oder nur erschwert zu erlangende Gegenleistung veranlasst werden, im Sinne des Vorteilsgebers zu entscheiden.407 Das gilt auch für Vertragsgestaltungen, bei denen der Abschluss eines Vertrags mit dem Zustandekommen eines weiteren Vertrags verknüpft wird,408 das heißt insbesondere für Kopplungsgeschäfte. Die Tatsache, dass eine bestimmte Vertragsart (wie etwa das Sponsoring) als solche grundsätzlich rechtlich zulässig und (branchen-)409 üblich ist, ändert hieran nichts.410 Gerade im Zusammenhang mit Sponsoringverträgen hat der Bundesgerichtshof411 ausdrücklich klargestellt, dass „die Strafbestimmung der Vorteilsgewährung nicht schon dadurch unanwendbar wird, dass eine (angestrebte) Unrechtsvereinbarung in sozialadäquate Handlungen – wie die Durchführung eines für sich gesehen in strafrechtlicher Hinsicht gänzlich unverdächtigen Sponsoringkonzepts – eingebunden wird.“
400
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 55. BGH NZWiSt 2016, 64, 70; BGH NJW 1983, 2509, 2512; BGH NStZ 2008, 216, 217; BGH NStZ-RR 2015, 278, 279. 402 Auch S/S/Eisele, § 299 Rn. 18; Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1861. 403 A. A. wohl Momsen/Cherkeh, Sciamus – Sport und Management 2011, 32, 34, 35. 404 Vgl. zum Vorteilsbegriff der §§ 331, 332 StGB BGH NJW 1983, 2509, 2512. 405 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 406 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 407 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 408 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 409 Vgl. BGH NJW 2003, 763, 765. 410 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1861; so aber wohl Momsen/Cherkeh, Sciamus – Sport und Management 2011, 32, 34, 35. 411 BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 401
144
Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Der Abschluss eines „gekoppelten“ Vertrags ist damit als Vorteil im Sinne des § 299 StGB zu qualifizieren.412
II. Das Anstellungsunternehmen des Angestellten als (Dritt-)Begünstigter des Kopplungsvertrags Der „gekoppelte“ Vertrag müsste außerdem gerade dem Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten zugutekommen.413 Das ist jedenfalls in Zwei-Parteien-Konstellationen414 unproblematisch zu bejahen, in denen der Angestellte außerhalb von Konzernkonstellationen für sein Anstellungsunternehmen statt eines Rabatts oder einer Einmalzahlung einen zusätzlichen Vertrag aushandelt. Die Parteien des ursprünglichen Vertrags sind in diesen Fallkonstellationen mit denen des „gekoppelten“ Vertrags identisch.415 Als Beispiel kann insoweit auf den bereits oben416 angesprochenen, von Park417 gebildeten Fall zurückgegriffen werden: Beispiel 7: Das Autohaus X plant einen Neubau. Um dessen Durchführung bewerben sich mehrere Unternehmen, unter ihnen das Unternehmen Y. Im Rahmen der Verhandlungen stellt sich heraus, dass das Unternehmen Y demnächst für seinen Geschäftsführer einen Neuwagen erwerben möchte. Der für das Unternehmen X verhandelnde Angestellte fordert, dass im Falle einer Beauftragung des Unternehmens Y das Fahrzeug bei dem Unternehmen X gekauft werden soll. Das Unternehmen Y stimmt zu und erhält den Auftrag.
Der von dem Angestellten des Unternehmens X geforderte Vorteil besteht hier in dem Abschluss des zusätzlichen Kaufvertrags über das Fahrzeug für den Geschäftsführer des Unternehmens Y. Dieser Vertrag kommt unmittelbar dem Unternehmen X als Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten zugute. Auf derartige 2-Parteien-Konstellationen kann das hier gefundene Ergebnis418 angewendet werden, da es keinen Unterschied machen kann, ob der Vorteil für das Anstellungsunternehmen in einer Geldzahlung, einem Preisnachlass oder aber einem „gekoppelten“ Vertrag besteht, weil dieser letztlich, wie insbesondere in Beispiel 7 deutlich wird, nichts anderes als eine Geldzahlung in Höhe der Marge darstellt. 412 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1861; Pelz, LMuR 2009, 50, 52; vgl. zur Voraussetzung der Wirksamkeit des Kopplungsgeschäfts Heermann, WRP 2104, 897, 904. 413 Zur Strafbarkeit von Kopplungsgeschäften unter Zugrundelegung der Auffassung, dass das Anstellungsunternehmen „Dritter“ im Sinne des § 299 StGB sein kann, vgl. Pelz, LMuR 2009, 50, 52 f. 414 Vgl. Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862: „Zweipersonenverhältnis“. 415 Vgl. hierzu auch Heermann, WRP 2104, 897, 905, der in der Identität der beteiligten Parteien ein Indiz dafür sieht, dass das Kopplungsgeschäft nicht gegen § 299 StGB verstößt. 416 Kapitel 3, Abschnitt A. V. 2. 417 Park, wistra 2010, 321, 326. 418 Kapitel 3, Abschnitt C.
D. Abschließende Zusammenfassung
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D. Abschließende Zusammenfassung Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den verschiedenen in der Literatur vertretenen Meinungen und Lösungsansätzen hat sich gezeigt, dass eine Auslegung des Tatbestands des § 299 StGB nach allen Methoden ergibt, dass das Anstellungsunternehmen des Angestellten nicht als Dritter qualifiziert werden kann. Die grammatische Auslegung419 hat ergeben, dass der „Dritte“ und das „Unternehmen“ bereits sprachlich betrachtet unterschiedliche Beteiligte des Geschehens sind. Die historische Auslegung420 liefert kein eindeutiges Ergebnis hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten des Unternehmens. Sie spricht allerdings auch keinesfalls zwingend dafür, das Anstellungsunternehmen in den Kreis der Dritten aufzunehmen. Hiergegen spricht auch die systematische Auslegung421 der Norm. Diese hat zunächst ergeben, dass die Rechtslage zu den §§ 331 ff. StGB, die nach überwiegender Ansicht auch Drittvorteile zugunsten der Anstellungskörperschaft erfassen, nicht auf § 299 StGB übertragen werden kann. Außerdem hat die systematische Auslegung gezeigt, dass im Falle einer Strafbarkeit des Angestellten ein nicht aufzulösender Wertungswiderspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers entstehen würde. Diesen können die im Schrifttum zur Zeit vorgeschlagenen Restriktions- und Lösungsansätze nicht beseitigen. Eine am Telos der Norm orientierte Auslegung422 des § 299 StGB nach dessen Schutzzweck und den geschützten Rechtsgütern hat schließlich ergeben, dass Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens die von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter nicht berühren. Das gilt uneingeschränkt für alle Arten von Vorteilen, auch für wettbewerbs- oder kartellrechtswidrige Vorteile. Wenn die Rechtsgüter einer Norm durch die Verhaltensweise des Angestellten nicht berührt werden, besteht kein Grund, das Verhalten des Angestellten zum Gegenstand eines strafrechtlichen Tatbestands zu machen.423 Insofern liegt kein strafwürdiges Verhalten vor und es fehlt am Strafbedürfnis.424 Die dennoch inkriminierte Verhaltensweise muss daher aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausgenommen werden.425 Nach hier vertretener Ansicht unterfallen Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens nicht dem Tatbestand des § 299 StGB. 419
Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. b). Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. a). 421 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. d) und Kapitel 3, Abschnitt A. II. 1. b) aa). 422 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c). 423 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 12. 424 MüKo-StGB/Dierlamm, § 266 Rn. 4; Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, § 1 Rn. 48 ff. 425 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 159. 420
146
Kap. 3: Meinungsstand und Lösungsansätze im Schrifttum
Das gilt ebenfalls für Kopplungsgeschäfte in 2-Parteien-Konstellationen, das heißt in Fällen, in denen der Angestellte außerhalb von Konzernkonstellationen für sein Anstellungsunternehmen einen zusätzlichen, mit dem ursprünglichen Geschäft „gekoppelten“ Vertrag aushandelt, weil es für die Strafbarkeit nach § 299 StGB keine Relevanz hat, welcher Art der Vorteil ist, solange er dem Anstellungsunternehmen zugutekommt.
Kapitel 4
Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften am Beispiel von Kopplungsgeschäften Eine besondere Situation ergibt sich, wenn der Angestellte für eine konzernangehörige Gesellschaft handelt und den Vorteil, der hier praktisch durchweg im Abschluss eines „gekoppelten“ Vertrags bestehen wird, für eine andere, dem gleichen Konzern angehörige Gesellschaft, beispielweise ein Tochterunternehmen, aushandelt. Hier muss genauer betrachtet werden, wem der Vorteil in dieser Situation tatsächlich zukommt. Denn in diesen Fallgestaltungen sind die Parteien des ursprünglichen Vertrags nicht mehr mit denen des „gekoppelten“ Vertrags identisch. Stattdessen kommt das Kopplungsgeschäft mit einer dritten Partei zustande. Anders als in der vorstehend1 geschilderten Situation kann hier deshalb von einer Drei-Parteien-Konstellation gesprochen werden. Um die Fallgestaltung zu verdeutlichen, sei hier noch einmal verkürzt das in Kapitel 12 bereits ausführlich erläuterte Beispiel von T-Systems und Volkswagen dargestellt: Beispiel 8: Die T-GmbH steht in Vertragsverhandlungen mit der V-AG. Der zuständige Angestellte der V-AG fordert von der T-GmbH im Gegenzug für die Verlängerung des Vertrags mit der T-GmbH den Abschluss eines Sponsoringvertrags zwischen dem Mutterunternehmen der T-GmbH und der W-GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der V-AG.
Gerichtliche Entscheidungen zu dieser Problematik existieren zur Zeit nicht.3 Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart hätte insofern den Charakter eines Pilotverfahrens4 gehabt. Da es aufgrund der Einstellung des Verfahrens jedoch nicht zu einer abschließenden rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch das Landgericht Stuttgart gekommen ist, bleiben die aufgeworfenen Rechtsfragen nach wie vor offen.5
1
Kapitel 3, Abschnitt D. II. Kapitel 1, Abschnitt D. II. 3 Heermann, WRP 2014, 897, 905; Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862; Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 37. 4 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862; Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 37. 5 Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 37. 2
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
A. Derzeitiger Meinungsstand im Schrifttum Im Schrifttum wird die Frage, ob Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften als Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens zu qualifizieren sind, nur sehr selten diskutiert.6 Soweit hierzu Stellung genommen wird, erfolgt das ausschließlich im Zusammenhang mit Kopplungsgeschäften, genauer gesagt im Zusammenhang mit der in Beispiel 8 geschilderten Konstellation, dass der „gekoppelte“ Vertrag für ein Tochterunternehmen des Anstellungsunternehmens gefordert wird.7 Weil Kopplungsgeschäfte in der Praxis den Hauptwendungsfall von Drittvorteilen in Konzernkonstellationen bilden und dementsprechend auch die Literatur beschäftigen, soll die nachfolgende Untersuchung anhand dieser Fallgruppe als Beispiel erfolgen. Die wenigen zur strafrechtlichen Relevanz von Kopplungsgeschäften geäußerten Stimmen beurteilen unterschiedlich, ob ein Vorteil zugunsten des Anstellungsunternehmens des Angestellten oder ein sonstiger Drittvorteil vorliegt.
I. Das Anstellungsunternehmen als „Dritter“ Die wohl überwiegende Ansicht8 behandelt die geschilderte Konstellation ohne weiter zu differenzieren als einen Fall des Anstellungsunternehmens als Drittbegünstigtem.9 Zur Begründung wird aufgeführt, das wirtschaftliche Interesse der Konzernmutter und das des Tochterunternehmens seien durch die Konzernierung zu einem einheitlichen Konzerninteresse verwoben.10 Vorteile, die der Angestellte eines Mutterunternehmens für deren Tochterunternehmen aushandle, seien deshalb als Vorteile für das Mutterunternehmen zu werten.11
6 Eingehende Ausführungen hierzu lediglich bei A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 43; NK-StGB/ Dannecker, § 299 Rn. 62; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; Teixeira, S. 242. 7 Vgl. etwa A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 43 sowie NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62. 8 Teixeira, S. 242; NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62; A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 43; AnwaltKommentar-StGB/Wollschläger, § 299 Rn. 16; Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1177 f.; wohl auch Heermann, WRP 2014, 897, 905; siehe auch MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 61, der diese Fälle aber mit der oben in Kapitel 3, Abschnitt A. I. skizzierten herrschenden Meinung generell für strafbar hält. 9 Vgl. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62: „Handelt ein Angestellter oder ein Beauftragter einer konzernabhängigen Gesellschaft, so stellt sich die Frage, ob dieser den Abschluss eines Vertrages davon abhängig machen darf, dass mit einer anderen Konzerngesellschaft ein Geschäft abgeschlossen wird.“ 10 A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 43. 11 A/R/R/Rönnau, § 299 Rn. 43.
A. Derzeitiger Meinungsstand im Schrifttum
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Zudem wird mit der in Konzernen typischerweise vorgenommenen Aufgabenverteilung argumentiert. Dass der Vorteil letztlich dem Konzern zugutekomme, folge daraus, dass eine der Konzerngesellschaften gebündelt für alle anderen Gesellschaften spezifische Aufgaben übernehme.12 Eine gegenteilige Auffassung missachte außerdem die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden Unternehmensstrukturierung und führe zu einer mit Artikel 3 GG nicht zu vereinbarenden Schlechterstellung von Unternehmen mit Konzernstruktur gegenüber nicht konzernierten Unternehmen.13 Schließlich sei andernfalls außerdem ein Wertungswiderspruch zum Kartellrecht zu befürchten, weil das Kartellrecht Absprachen von Unternehmen innerhalb eines Konzerns nicht erfasse.14
II. Das den Vertrag abschließende Unternehmen als „Dritter“ Grützner/Momsen15 dagegen gehen wohl davon aus, dass das jeweilige den „gekoppelten“ Vertrag schließende Unternehmen, in Beispiel 8 also das Tochterunternehmen, und nicht das Anstellungsunternehmen „Dritter“ sei.
III. Stellungnahme Zunächst ist das Argument, der Vorteil komme aufgrund der im Konzern herrschenden Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen konzernabhängigen Unternehmen dem Konzern zugute, nicht überzeugend. Zutreffen mag das zwar für Konzerne, bei denen einzelne Abteilungen eines ursprünglichen (Kern-)Unternehmens aufgrund dessen wachsender Größe zu eigenständigen Gesellschaften innerhalb eines Konzerns geworden sind. Anders ist das jedoch bei großen und komplexen Konzernen, zu denen nicht nur Unternehmen gehören, die verselbstständigte Abteilungen oder Fachbereiche eines ursprünglichen Kerngeschäfts beziehungsweise -unternehmens sind, sondern die aus einem Konglomerat verschiedener Gesellschaften aus unterschiedlichen Geschäftsfeldern und -branchen bestehen. Als Beispiel kann hier erneut auf Volkswagen zurückgegriffen werden. Zum Volkswagen Konzern gehören nicht nur 12 verschiedene Fahrzeugmarken, sondern unter anderem auch ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungsanbietern wie etwa Bank- und Versicherungsgesellschaften, Finanzierungs- und Leasingunternehmen sowie der 12
NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62. 14 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 62. 15 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160; so wohl auch Momsen/Cherkeh, Sciamus – Sport und Management 2011, 32, 33; a. A. aber wohl Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 38. 13
150
Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
bereits16 erwähnte Fussballverein VfL Wolfsburg.17 Zwar können die einzelnen, durch verschiedene Unternehmen innerhalb des Konzerns abgedeckten Geschäftsfelder durchaus miteinander in Zusammenhang stehen, etwa weil dem Kunden auf diese Weise „alles aus einer Hand“ geboten wird. Der Kunde kann beispielsweise ein bei Volkswagen gekauftes Fahrzeug direkt über die hauseigene Bank finanzieren oder über eine konzernangehörige Leasinggesellschaft leasen. Von einer Arbeitsteilung im klassischen Sinne dergestalt, dass ein Unternehmen spezifische Aufgaben für andere Unternehmen innerhalb des Konzerns vornimmt, kann in solchen Fällen indessen nicht mehr gesprochen werden. Auch die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Konzernierung als Form der Unternehmensstrukturierung begründet kein durchgreifendes Argument, da eine Strafbarkeit nach § 299 StGB nicht die Konzernierung als solche sanktioniert, sondern ein von dieser völlig unabhängiges Verhalten, das in keinem Zusammenhang mit der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung eines Unternehmens steht. Die Zulässigkeit der Konzernierung gemäß den §§ 15 ff. AktG wird von § 299 StGB nicht berührt. Zudem wird über § 299 StGB das Verhalten eines Angestellten oder Beauftragten sanktioniert, nicht dagegen die juristische Person beziehungsweise die für diese verantwortlich handelnden natürlichen Personen, die für die Konzernierung zuständig sind. Damit ist der Adressat des Straftatbestands des § 299 StGB nicht mit der für die Konzernierung zuständigen oder verantwortlich handelnden Person identisch. Es ist zudem nicht zu befürchten, dass konzernierte gegenüber nicht konzernierten Gesellschaften in einer gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 3 GG18 verstoßenden Weise schlechtergestellt werden. Ein solcher Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz würde zunächst voraussetzen, dass gleiche Sachverhalte ungleich oder ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden.19 Selbst wenn man Drittvorteile zugunsten konzernangehöriger Gesellschaften als sonstige Drittvorteile behandelte und eine Strafbarkeit nach § 299 StGB bejahte, stellte man damit konzernierte und nicht konzernierte Gesellschaften letzten Endes gleich, weil in beiden Konstellationen bei Vorteilen an andere Gesellschaften als die Anstellungsgesellschaft das Tatbestandsmerkmal des Drittvorteils zu bejahen wäre. Damit fehlt es an einer den Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 3 GG begründenden Ungleichbehandlung. Auch der Verweis auf Widersprüche zum Kartellrecht und die dortige Behandlung von Konzernen überzeugt nicht. Nach dem sogenannten Konzernprivileg kommt das
16
Kapitel 1, Abschnitt D. II. Siehe hierzu Übersicht „Konzern“ der Volkswagen AG. 18 Nach BVerG BeckRS 1954, 64 Rn. 37 können auch juristische Personen über Art. 19 Abs. 3 GG nach Art. 3 Abs. 1 GG grundrechtsberechtigt sein. 19 BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 GG. 17
A. Derzeitiger Meinungsstand im Schrifttum
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Kartellverbot des § 1 GWB20 nicht zur Anwendung, wenn Unternehmen im Sinne von § 36 Abs. 2 GWB miteinander verbunden sind und deshalb ein einheitliches Unternehmen im Sinne des Kartellrechts bilden.21 Hintergrund dessen ist, dass das in § 1 GWB verankerte Kartellverbot den Wettbewerb zwischen Unternehmen, aber nicht den Wettbewerb innerhalb ein und desselben Unternehmens schützen soll.22 Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 GWB. Dieser lautet: „Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.“
Als für die Anwendung des Kartellverbots erforderliches Tatbestandsmerkmal fordert die Norm damit bereits ihrem ausdrücklichen Wortlaut („Unternehmen“) nach „zwei oder mehr Unternehmen im Kartellrechtssinne“23, an denen es im Fall einheitlicher Unternehmen nach § 36 Abs. 2 GWB jedoch fehlt, weil nur ein Unternehmen vorliegt.24 Anders als bei § 1 GWB lassen sich anhand des Wortlauts des § 299 StGB keine solchen Anhaltspunkte finden, nach denen Dritter nicht auch ein verbundenes Unternehmen sein könnte. Zudem gilt das sogenannte Konzernprivileg nicht rechtsgebietsübergreifend. Im Bereich des Datenschutzrechts etwa gilt ebenfalls kein Konzernprivileg,25 sondern für die Datenverarbeitung innerhalb eines Konzerns gelten die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Datenübermittlung,26 das heißt es macht keinen Unterschied, ob Daten an eine andere konzernangehörige oder eine sonstige außenstehende Gesellschaft übermittelt werden. Nur weil das Konzernprivileg im Kartellrecht gilt, heißt das damit nicht, dass es auch in allen übrigen Rechtsgebieten, insbesondere im Strafrecht, ebenfalls angewendet werden muss. Anders ist das lediglich im Bereich des Kartellstrafrechts, das heißt in Fällen, in denen die §§ 298, 263 StGB Anwendung finden. Insbesondere § 298 StGB ist kartellrechtsakzessorisch,27 weil die Norm als Tatbestandsmerkmal eine rechtswidrige Absprache voraussetzt und die Rechtswidrigkeit dabei aus einem Verstoß gegen Normen des Kartellrechts, das heißt unter anderem des GWB, und damit vor allem das Kar20
Gleiches gilt auf europarechtlicher Ebene für das Verbot des Art. 101 AEUV. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, § 36 Rn. 693. 22 Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, § 36 Rn. 693. 23 Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, § 36 Rn. 889. 24 Gleiches gilt für Art. 101 AEUV. Dieser lautet: „Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere (…).“ 25 Schmidl, in: Momsen/Grützner, Kapitel 2, § 9 Rn. 39. 26 Schmidl, in: Momsen/Grützner, Kapitel 2, § 9 Rn. 39. 27 MüKo-StGB/Hohmann, § 298 Rn. 12, 70; S/S/Heine/Eisele, § 298 Rn. 1. 21
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
tellverbot des § 1 GWB28, resultiert.29 § 298 StGB erfasst deshalb nicht solche Handlungen, die nach dem Kartellrecht zulässig sind.30 Diese Kartellrechtsakzessorietät des strafrechtlichen Tatbestands gebietet es, kartellrechtliche Grundsätze wie das Konzernprivileg auch bei der Auslegung kartellstrafrechtlicher Tatbestände zu berücksichtigen. § 299 StGB ist zwar ebenfalls im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen den Wettbewerb geregelt. Das Wettbewerbsstrafrecht31 besteht jedoch – parallel zum Wettbewerbsrecht32 – einerseits aus dem Kartell- und andererseits aus dem Lauterkeitsstrafrecht.33 Während § 298 StGB ersterem zuzurechnen ist, entstammt § 299 StGB dem Lauterkeitsrecht und ist daher (streng genommen) dem Lauterkeitsstrafrecht zuzurechnen.34 Aus diesem Grund ist § 299 StGB auch nicht kartellrechtsakzessorisch, sodass eine Anwendung des Konzernprivilegs im Bereich des § 299 StGB nicht zwingend ist. Auch der Schutzzweck des Kartellrechts auf der einen Seite und der des § 299 StGB auf der anderen Seite, gebieten es nicht zwingend, die Rechtslage im Kartellrecht auf § 299 StGB zu übertragen, weil diese Schutzzwecke nicht vollständig deckungsgleich sind. Das Kartellrecht schützt die Freiheit des Wettbewerbs gegen Beschränkungen durch Unternehmen und sichert auf diese Weise wettbewerbliche Marktstrukturen.35 Indem es Absprachen zwischen Unternehmen, das heißt Kartelle, verhindert und die Bildung von marktmächtigen Stellungen kontrolliert,36 soll es den Wettbewerb als Institution37 beziehungsweise als zentrales Strukturelement der Wirtschaftsordnung38 erhalten. Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass das Kartellrecht letztlich das „Ob“ des Wettbewerbs schützt. § 299 StGB hingegen bezieht sich, vereinfacht dargestellt, auf das „Wie“ des Wettbewerbs, indem er gewährleistet, dass einzelne Wettbewerbshandlungen dem Leistungsprinzip entsprechen.39 Wie das Lauterkeitsrecht verbietet § 299 StGB bestimmte geschäftliche Handlungen und damit unlautere Methoden der einzelnen Wettbewerbsteilnehmer.40 Während das Kartellrecht und § 299 StGB auf den ersten Blick also beide dem 28
Beziehungsweise Art. 101 AEUV. MüKo-StGB/Hohmann, § 298 Rn. 12, 70; S/S/Heine/Eisele, § 298 Rn. 19. 30 L/K/Heger, § 298 Rn. 3. 31 Dann, wistra 2015, 54. 32 Vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einleitung Rn. 6.11. 33 Müller-Guggenberger, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 57 Rn. 13. 34 Müller-Guggenberger, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 57 Rn. 13. 35 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einleitung Rn. 6.11, 6.12; Wrede/Theurer, in: Momsen/Grützner, Kapitel 7, § 24 Rn. 5. 36 Müller-Guggenberger, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 57 Rn. 1. 37 MüKo-Lauterkeitsrecht/Sosnitzy, Teil I Grundlagen des Lauterkeitsrechts Rn. 27. 38 Cassardt, in: Creifelds, Kartellrecht. 39 Zu dieser Schutzrichtung des Lauterkeitsrechts Cassardt, in: Creifelds, Kartellrecht. 40 Zur Schutzrichtung des Lauterkeitsrechts im Gegensatz zum Kartellrecht Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einleitung Rn. 6.11, 6.12. 29
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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Schutz des Wettbewerbs dienen, zeigt sich, dass in der genauen Schutzrichtung Unterschiede bestehen.41 Hinzu kommt, dass bei Absprachen zwischen konzernabhängigen Gesellschaften tatsächlich nur das Innenverhältnis des Konzerns betroffen ist. Der Vorgang hat keinerlei Bezüge zu außerhalb des Konzerns stehenden Parteien und kann somit schon keinen unmittelbaren Einfluss auf den Wettbewerb entfalten. In Konstellationen des § 299 StGB ist jedoch stets eine außenstehende Partei, nämlich der Vorteilsgeber, am Geschehen beteiligt, sodass der relevante Vorgang den rein unternehmensinternen Bereich verlässt. Dieser Unterschied kann eine differenzierende Betrachtung im Kartell- und Strafrecht gebieten. Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass die Argumente, die für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angeführt werden, jedenfalls nicht vollständig überzeugen und eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie die überwiegende Ansicht annimmt, zumindest nicht zwingend ist. Es ist deshalb fraglich, ob nicht anstelle einer generellen wirtschaftlichen Betrachtung ein anderer Weg zur Lösung der Frage gefunden werden kann.
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen zugunsten anderer Konzerngesellschaften I. Bestimmung des Anstellungsunternehmens im Konzern anhand gesellschaftsrechtlicher Grundsätze und der konkreten arbeitsvertraglichen Regelungen im Einzelfall Bevor ermittelt werden kann, ob ein Vorteil (bei Kopplungsgeschäften der Vertragsschluss) dem Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten zugutekommt, ist zunächst zu bestimmen, welches Unternehmen innerhalb des Konzernverbunds tatsächlich als das Anstellungsunternehmen des Angestellten zu qualifizieren ist. Unter Beachtung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze des Konzernrechts sowie damit zusammenhängender arbeitsvertraglicher Regelungen im konkreten Einzellfall ergibt sich dabei Folgendes: Ein Konzern wird definiert als „jede Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen (sogenannte Konzernunternehmen) unter einheitlicher Leitung“.42 Der Konzern selbst stellt kein Rechtssubjekt dar.43 Rechte und Pflichten treffen deshalb die einzelnen Konzerngesellschaften und nicht den gesamten Konzern.44 41 42 43 44
Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einleitung Rn. 6.13. MüKo-AktG/Bayer, § 18 Rn. 1. Schall, in: Spindler/Stilz, Vorbemerkung zu den §§ 15 ff. AktG Rn. 7. Schall, in: Spindler/Stilz, Vorbemerkung zu den §§ 15 ff. AktG Rn. 7.
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
Nach dem sogenannten gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzip45 ist jede Gesellschaft innerhalb eines Konzernverbunds rechtlich selbstständig.46 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der §§ 15 AktG, der jeweils ausdrücklich von rechtlich selbstständigen Unternehmen spricht.47 Die einzelnen Gesellschaften haften deshalb grundsätzlich selbst für ihre Verbindlichkeiten.48 Auch das Vermögen der einzelnen Gesellschaften ist grundsätzlich strikt voneinander zu trennen.49 Aus der mangelnden Rechtssubjektqualität des Konzerns folgt ferner, dass der handelnde Angestellte keinen Arbeitsvertrag mit dem Konzern haben kann.50 Stattdessen besteht der Arbeitsvertrag des handelnden Angestellten mit einer konkreten Gesellschaft innerhalb des Konzerns.51 Diese konkrete Gesellschaft ist deshalb grundsätzlich als Anstellungsunternehmen des Angestellten zu qualifizieren. Eine solche Betrachtungsweise wird auch in der Rechtsprechung vorgenommen. So legte etwa das Oberlandesgericht Frankfurt52 in einer Entscheidung zur Untreue nach § 266 StGB die konkrete gesellschafts- und arbeitsrechtliche Rechtslage zugrunde und orientierte sich streng daran, zu welcher konkreten Gesellschaft innerhalb des relevanten Konzerns das Anstellungsverhältnis des Handelnden jeweils tatsächlich bestand: „In dem anhängigen Fall besteht hingegen kein Anstellungsverhältnis zwischen der Muttergesellschaft (…) und dem Beschuldigten. Sein Arbeitsvertrag (…) ist (…) mit der [Tochtergesellschaft] zustande gekommen (…).“
Kommt der „gekoppelte“ Vertrag mit einem anderen Unternehmen innerhalb des Konzerns zustande als dem, mit dem der Arbeitsvertrag des handelnden Angestellten besteht, handelt es sich bei dem „gekoppelten“ Vertrag deshalb nicht um einen unmittelbaren Vorteil des Anstellungsunternehmens des handelnden Angestellten, sondern um einen Vorteil an einen sonstigen Dritten. Übertragen auf das Beispiel 8 ergibt sich danach Folgendes: Der Vorteil in Form des Sponsoringvertrags kommt der W-GmbH unmittelbar zugute. Der handelnde Angestellte ist bei der V-AG beschäftigt, sodass es sich bei der W-GmbH nicht um 45
Weck, NZG 2016, 1374, 1375. Siehe hierzu auch OLG Frankfurt NJW 1989, 675, 676 zum Erfolgsort bei der Untreue bei internationaler konzernmäßiger Verflechtung, wonach die rechtliche Selbstständigkeit einer Gesellschaft nicht aufgrund der Beteiligungsverhältnisse verloren ginge. Vgl. zu dieser Entscheidung auch Ausführungen bei Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 611. 47 § 15 AktG: „Verbundene Unternehmen sind rechtlich selbstständige Unternehmen, die (…)“; § 16 Abs. 1 AktG: „Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbstständigen Unternehmens (…)“. 48 Weck, NZG 2016, 1374, 1375. 49 Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 611. 50 Rid, NZA 2011, 1121; OLG Frankfurt NJW 1989, 675, 676. 51 Vgl. zu Arbeitsverhältnissen im Konzern Rid, NZA 2011, 1121. 52 OLG Frankfurt NJW 1989, 675, 676. Siehe zu dieser Entscheidung auch bei Lesch/ Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 611. 46
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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das Anstellungsunternehmen des Angestellten handelt. Die W-GmbH ist stattdessen hinsichtlich des Vertragsschlusses als unmittelbarem Vorteil als sonstige Dritte zu qualifizieren.53
II. Gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftliche Betrachtung? Für diese an gesellschaftsrechtlichen und arbeitsvertraglichen Grundsätzen orientierte Betrachtungsweise spricht vor allem der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Die tatsächlich gegebenen rechtlichen Verhältnisse hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses des Angestellten zu seinem Anstellungsunternehmen werden nur auf diese Weise korrekt berücksichtigt. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung, wonach wegen eines einheitlichen Wirtschaftsinteresses des Konzerns immer von Vorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens ausgegangen wird, missachtet das dargestellte gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip54 und verkennt, dass der Konzern an sich mangels Rechtssubjektqualität nicht das Anstellungsunternehmen sein kann. Als Anstellungsunternehmen würde stattdessen – entgegen der tatsächlichen arbeitsvertraglichen Regelungen – immer das Mutterunternehmen angesehen. Hierin läge letztlich eine in ihrer Herleitung unsaubere Lösung, um Kopplungsgeschäfte innerhalb von Konzernen von einer Strafbarkeit nach § 299 StGB freizustellen. „Vom Ergebnis her gedacht“ ist dieser Ansatz zwar nachvollziehbar, weil in der Wirtschaftspraxis das Bedürfnis besteht, in Verträgen verschiedene Leistungen miteinander zu verbinden.55 Andererseits schafft er gerade mit Blick auf große und komplexe Konzernstrukturen sehr weite Bereiche, die einer Strafbarkeit nach § 299 StGB entzogen wären. Insbesondere, wenn zum Konzern Gesellschaften gehören, die nicht dem Kerngeschäft des Unternehmens zuzurechnen sind (wie beispielsweise im beschriebenen56 Fall von Volkswagen), stellt sich aber durchaus die Frage, ob eine Kopplung nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehender Leistungen nicht doch zu einer strafrechtlich relevanten Interessenbeeinträchtigung führen kann.57 Aufgrund dessen wird hier eine an der tatsächlichen arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Rechtslage orientierte Betrachtung vorgeschlagen. Legt man eine solche zugrunde, ist in Drei-Personen-Konstellationen grundsätzlich kein unmittelbarer Vorteil zugunsten des Anstellungsunternehmens des Angestellten gegeben. Stattdessen liegt ein unmittelbarer Vorteil für einen sonstigen Dritten vor.
53 54 55 56 57
Siehe hierzu Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160. Vgl. zur Untreue Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 614. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156. Kapitel 4, Abschnitt A. III. Vgl. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156.
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
III. Straflosigkeit auch von Drittvorteilen zugunsten anderer Konzerngesellschaften? Zu untersuchen ist in einem nächsten Schritt jedoch, ob hinsichtlich dieser Fallkonstellation nicht ebenso wie hinsichtlich der Konstellation der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens ein Strafbedürfnis generell zu verneinen ist, sodass Vorteile, die ein Angestellter zugunsten anderer Konzerngesellschaften aushandelt, ebenfalls nicht tatbestandsmäßig wären. Das würde voraussetzen, dass die beiden oben58 festgestellten Hauptargumente gegen eine Strafbarkeit von Vorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens auch hinsichtlich Vorteilen zugunsten konzernabhängiger Gesellschaften greifen. 1. Widerspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers Das erste Argument, das gegen eine Strafbarkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens spricht und das es deshalb auch hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten sonstiger konzernabhängiger Gesellschaften zu überprüfen gilt, ist die Straflosigkeit des Betriebsinhabers. Der Betriebsinhaber kann grundsätzlich im Rahmen von Vertragsverhandlungen von seinem Verhandlungspartner auch den Abschluss zusätzlicher Verträge als (Dritt-)Vorteile zugunsten anderer (Konzern-)Gesellschaften fordern, ohne sich hierdurch gemäß § 299 StGB strafbar zu machen.59 Es macht aber keinen Unterschied, ob der Betriebsinhaber selbst oder einer seiner Angestellten für den Betriebsinhaber im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen ein „gekoppeltes“ Geschäft vom Vertragspartner fordert, solange dieses Kopplungsgeschäft für den Betriebsinhaber vorteilhaft ist.60 Insofern bestünde der an früherer Stelle dieser Arbeit61 bereits skizzierte Wertungswiderspruch zwischen einer Strafbarkeit des Angestellten auf der einen und der Straflosigkeit des Betriebsinhabers auf der anderen Seite auch in der Konstellation von Drittvorteilen zugunsten sonstiger Konzerngesellschaften. 2. Verletzung der Rechtsgüter des § 299 StGB Das zweite Argument gegen eine Tatbestandsmäßigkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens ist, dass diese die von § 299 StGB geschützten
58 59 60
488. 61
Kapitel 3, Abschnitt B. III. Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 330, 333. Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 330, 334; so auch Satzger, ZStR 2003, 469, Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. e) aa).
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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Rechtsgüter nicht berühren.62 Fraglich ist daher, inwieweit Vorteile zugunsten sonstiger Konzerngesellschaften die Rechtsgüter des § 299 StGB berühren. Hinsichtlich des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab ist zunächst zu beachten, dass der „gekoppelte“ Vertrag nicht Bestandteil der Hauptleistung ist und deren eigentlichen Wert nicht bestimmt.63 Stattdessen handelt es sich bei dem Kopplungsgeschäft letztlich um einen Umstand, der außerhalb der Leistung als solcher liegt und in der Regel in keinem Zusammenhang zu dieser steht. Das zeigt sich auch darin, dass der „gekoppelte“ Vertrag das Verhältnis der am ursprünglichen Vertrag beteiligten Parteien verlässt. Hier wird der Unterschied zu den oben64 bereits angesprochenen Zwei-Personen-Konstellationen deutlich, bei denen der „gekoppelte“ Vertrag ausschließlich die Parteien des ursprünglichen Vertrags bindet. Teilweise65 wird in diesem Zusammenhang eingewandt, dass der Bewertungsmaßstab bei einer Bezugsentscheidung nicht ausschließlich der Warenwert sein müsse, sondern ein für die Entscheidung ausschlaggebender Parameter unter anderem auch das Engagement des Anbieters der Leistung für Kultur oder Sport sein könne. Weil Sponsoring gesellschaftlich erwünscht und notwendig sei, sei es legitim, wenn der Nachfrager einer Leistung seine Bezugsentscheidung anhand des (Sponsoring-)Engagements des Anbieters treffe.66 Dieser Einwand greift allerdings nur auf den ersten Blick. Zwar ist es auch nach hier vertretener Auffassung grundsätzlich mit dem Leistungsprinzip vereinbar, wenn der Nachfrager einer Leistung die Bezugsentscheidung nicht ausschließlich anhand des reinen Warenwerts trifft, sondern bei seiner Entscheidung auch weitere Eigenschaften der Leistung ausschlaggebend sind. Die gesellschaftliche Ausrichtung einer Marke sowie ein damit verbundenes bestimmtes Image oder ein damit verbundener bestimmter „Lifestyle“ etwa können solche die Leistung charakterisierenden Eigenschaften sein. An früherer Stelle67 wurden in diesem Zusammenhang als Beispiel bereits die Nachhaltigkeit von Produktionsverfahren sowie Maßnahmen eines Unternehmens zur Sicherung von Arbeitsplätzen oder dem Umweltschutz genannt. In diese Kategorie fallen grundsätzlich auch gesellschaftliches, kulturelles, soziales oder sportliches Engagement eines Unternehmens in Form von Sponsoring. Zu beachten ist jedoch, dass es vorliegend nicht um Fälle geht, in denen der Nachfrager einer Leistung sich für den konkreten Anbieter entscheidet, weil er sich in Form des Sponsorings gesellschaftlich engagiert. Vielmehr entscheidet sich der Nachfrager für den Anbieter,
62 63 64 65 66 67
Vgl. oben Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c). Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 330, 334. Kapitel 3, Abschnitt D. II. Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 330, 334. Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 330, 334. Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb).
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
wenn er sich auf diese Weise verhält.68 Somit konstituiert das Sponsoring gerade nicht die Leistung, sondern wird unabhängig von dieser nur als Voraussetzung für deren Abnahme gefordert. Damit handelt es sich aber nicht um eine als Entscheidungsparameter zulässige Eigenschaft der Leistung, sondern um eine Zugabe zu dieser. Diese entspricht jedoch grundsätzlich nicht dem Leistungsprinzip, wie es hier69 verstanden wird. An dieser Stelle drängt sich gleichwohl die Frage auf, ob dem Nachfrager einer Leistung tatsächlich verwehrt werden kann und muss, dem Anbieter einen Anstoß dahingehend zu geben, dass das Gesamtbild des Angebots (etwa aufgrund eines sozialen Engagements oder eines Sponsorings) für ihn stimmt. Das muss grundsätzlich bejaht werden, weil es andernfalls zu einer Aushöhlung des Leistungsprinzips käme: Soll Sponsoring nach hier vertretener Auffassung als Parameter einer geschäftlichen Entscheidung zulässig sein, müsste es sich – um dem Leistungsprinzip zu genügen – bei dem Sponsoring um einen Teil der Leistung handeln. Das ist gerade (noch) nicht der Fall, wenn der Nachfrager das Sponsoring erst fordern muss. Es wird folglich durch die Forderung erst zu einem Teil der Leistung gemacht. Das hätte allerdings zur Folge, dass der Nachfrager auf diese Art und Weise letztlich alles, was er als Zugabe zur ursprünglichen Leistung fordert, zur Leistung machen könnte. Das würde zwar grundsätzlich einem subjektiviert verstandenen Leistungsprinzip70 entsprechen, bei dem als Teil der Leistung alles verstanden wird, was die Leistung für den Nachfrager charakterisiert. Bereits an früherer Stelle71 dieser Arbeit wurde ein solches Verständnis des Leistungsprinzips jedoch abgelehnt. Stattdessen ist das Leistungsprinzip objektiviert zu verstehen.72 Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass das Leistungsprinzip leerläuft, was die Folge wäre, wenn es dem Nachfrager einer Leistung freistünde, Zugaben zur Leistung zu fordern, die dann als Teil der Leistung im Sinne des Leistungsprinzips gelten. Einschränkungen dieser Grundsätze können – dem Einwand, folgend, der Nachfrager müsse berechtigt sein, dem Anbieter einen „Anstoß“ zu geben – zwar angezeigt sein, wenn es dem Nachfrager der Leistung tatsächlich darum geht, die Leistung selbst als „Gesamtpaket“ für ihn passend zu machen. Das wäre etwa in Fällen denkbar, in denen das Unternehmen über interne Richtlinien, eine bestimmte Policy oder eine selbst auferlegte Verpflichtung zu sozialem oder gesellschaftlichem Engagement (oder Nachhaltigkeit, Umweltschutz und so weiter) verfügt und die Forderung des Unternehmens bezüglich der ursprünglichen Leistung tatsächlich daraus resultiert. In Betracht käme das etwa in 68 Nach Momsen/Cherkeh, Sciamus – Sport und Management 2011, 32, 35 biete es keinen Ansatzpunkt für eine Strafbarkeit, dass ein Auftraggeber grundsätzlich mit demjenigen Wettbewerber einen Vertrag schließen wolle, der sich bereit erkläre, einen Sponsoringvertrag abzuschließen. 69 Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb). 70 Siehe hierzu im Zusammenhang mit der Rechtsgutsdefinition Koepsels oben Kapitel 2, C. II. 1. a) bb). 71 Siehe oben Kapitel 2, C. II. 1. a) bb). 72 Siehe oben Kapitel 2, C. II. 1. a) bb).
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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Beispiel 9: Unternehmen X vertreibt deutschlandweit Kokosjoghurt. Aufgrund der selbst auferlegten und medial öffentlich bekanntgemachten Verpflichtung des Unternehmens, nur plastikfrei und umweltschonend verpackte Produkte zu vertreiben, fordert ein Mitarbeiter des Unternehmens X von dem potentiellen neuen Vertragspartner und Kokosjoghurt-Hersteller Z die plastikfreie und umweltschonende Verpackung der bisher konventionell verpackten Joghurts als Voraussetzung für einen Vertragsschluss.
In Abgrenzung hierzu muss an den oben skizzierten Grundsätzen zum Leistungsprinzip aber jedenfalls festgehalten werden, sofern die Zugabe (wie ein Sponsoringvertrag) mit einer dritten, am ursprünglichen Vertragsverhältnis unbeteiligten Partei zustande kommt, inhaltlich in keinerlei Zusammenhang zur ursprünglichen Leistung steht und einziger Beweggrund dafür, die Zugabe in Form des Sponsorings zu fordern, die Ersparnis eigener finanzieller Aufwendungen ist. So erscheint es in dem in Kapitel 173 geschilderten Fall von Volkswagen fernliegend, dass die Bezugsentscheidung der Volkswagen-Mitarbeiter dadurch bedingt war, dass die Telekom sich in Form von Sponsoring gesellschaftlich engagiert und dass Volkswagen hiermit ein bestimmtes „Image“ pflegen oder eine bestimmte Konzernpolicy verfolgen wollte, kurz: dass es überhaupt auf das Sponsoring als Sponsoring an sich ankam. Stattdessen drängt sich die Annahme auf, dass es Volkswagen bei dem Sponsoringvertrag einzig darum ging, aufgrund der Geldzahlung der Telekom an den VfL Wolfsburg eigene Aufwendungen bezüglich des Vereins zu ersparen. Hinzu kommt, dass diese Argumentation lediglich bei Kopplungsverträgen in Form von Sponsoringverträgen, nicht aber bei sonstigen zusätzlichen „gekoppelten“ Verträgen (Liefer-, Beratungs- oder Dienstleistungsverträgen) herangezogen werden kann. Derartige Verträge stehen mit der ursprünglichen Hauptleistung unter Umständen in keinem Zusammenhang und sind in dem Fall deshalb ebenfalls kein im Rahmen des Leistungsprinzips zu berücksichtigender Entscheidungsfaktor. Damit sind ohne Weiteres Fälle denkbar, in denen das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab im Wettbewerb verletzt wird. Gleiches gilt für das Rechtsgut der Chancengleichheit der Mitbewerber als Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt. Denn wenn die Zugabe zur eigentlichen Leistung die Bezugsentscheidung bedingt, ist gerade nicht mehr die beste Leistung ausschlaggebend und es herrscht keine Gleichheit hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen. Teilweise74 wird im Schrifttum vorgebracht, jedenfalls, wenn allen Mitbewerbern die Möglichkeit eingeräumt würde, ein Angebot auf den Abschluss des Kopplungsgeschäfts abzuschließen, sei schwer nachvollziehbar, wieso die Bevorzugung unlauter sein solle. Dem ist zunächst mit Blick auf eine generelle Chancengleichheit zuzustimmen, weil in dieser Konstellation allen Mit73
Kapitel 1, Abschnitt D. II. Voigtel, in: Momsen/Grützner, B. Korruption, Kapitel 9, § 32 Rn. 38; in diese Richtung auch Momsen/Cherkeh, Sciamus – Sport und Management 2011, 32, 35; siehe hierzu auch Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 162. 74
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
bewerbern die gleichen Chancen eingeräumt würden, sodass für alle Mitbewerber die gleiche Ausgangsposition am Markt herrscht. Zu beachten ist andererseits allerdings, dass das Rechtsgut der Chancengleichheit in Form der Wettbewerbsbedingungen am Markt untrennbar mit dem Leistungsprinzip verbunden ist, weil es dieses voraussetzt beziehungsweise sich aus diesem ableitet. Deshalb muss die Chancengleichheit auch gerade in Bezug auf das Leistungsprinzip bestehen. Das ist aber bei Vorteilen, die außerhalb der Leistung selbst liegen und das Leistungsprinzip verletzen, nicht der Fall. Besonders deutlich tritt das zutage, wenn man folgende Abwandlung von Beispiel 8 bildet: Abwandlung zu Beispiel 8: Die S-GmbH und die T-GmbH stehen in Vertragsverhandlungen mit der V-AG. Die S-GmbH bietet das beste am Markt erhältliche Produkt zum besten Preis an. Die T-GmbH bietet zum gleichen Preis ein zwar gutes, aber im Vergleich zur S-GmbH qualitativ minderwertiges Produkt. Der zuständige Angestellte der V-AG fordert im Gegenzug für die Vergabe des Vertrags den Abschluss eines Sponsoringvertrags zwischen dem Mutterunternehmen der T-GmbH und der W-GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der V-AG. Die S-GmbH verfügt nicht über ein ausreichendes Budget, um die W-GmbH zu sponsoren, sodass die T-GmbH den Zuschlag erhält.
Im Beispiel mag zwar in gewisser Hinsicht eine Chancengleichheit bestehen, weil beide Mitbewerber letztlich die Möglichkeit haben, den geforderten Kopplungsvertrag abzuschließen. Es besteht dagegen keine Chancengleichheit dahingehend, dass ausschließlich das Leistungsprinzip Grundlage der Entscheidungsfindung ist. Gerade diese spezifische Form der Chancengleichheit ist jedoch nach hier vertretener Ansicht (unter anderem) das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante. Diese Beeinträchtigung der aus dem Leistungsprinzip abgeleiteten Chancengleichheit der Mitbewerber ist im Zwei-Parteien-Verhältnis75 dagegen, das heißt in Fällen, in denen der Vorteil unmittelbar dem Anstellungsunternehmen (in der Abwandlung zu Beispiel 8 wäre das die V-AG) zugutekommt, nicht zu befürchten. Denn im Zwei-Parteien-Verhältnis verlässt der „gekoppelte“ Vertrag als Vorteil das Verhältnis der am ursprünglichen Vertrag beteiligten Personen nicht, und ist daher nicht als Zugabe, sondern als Teil der Leistung zu qualifizieren, indem die ursprüngliche Leistung lediglich um den Inhalt des „gekoppelten“ Geschäfts erhöht wird.76 Weil in diesen Fällen das Leistungsprinzip gewahrt wird, wird auch die daraus abgeleitete Chancengleichheit der Mitbewerber, dahingehend, dass für die Bezugsentscheidung ausschließlich die Leistung maßgeblich ist, nicht verletzt. Die Rechtsgüter des Schutzes des Geschäftsherrn vor Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers hinsichtlich der Wettbewerbsvariante sowie des Schutzes des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten hinsichtlich der Geschäftsherrenvariante dagegen dürften in der hier zu prüfenden Konstellation regelmäßig nicht verletzt werden. Denn im Rahmen von 75 76
Siehe zur Zwei-Parteien-Konstellation oben Kapitel 2, Abschnitt D. II. Kapitel 4, Abschnitt D. II.
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Vertragsverhandlungen Kopplungsgeschäfte für sonstige konzernabhängige Gesellschaften auszuhandeln, wird in der Regel nicht die eigene Idee des handelnden Angestellten sein. Hierzu dürften ihm schon die notwendigen Kenntnisse hinsichtlich der konkreten Umstände und Geschäftsverhältnisse innerhalb anderer Gesellschaften des Konzerns fehlen. Stattdessen dürfte der Anstoß zum Verhalten des Angestellten gerade vom Geschäftsherrn selbst kommen, indem dieser seine Mitarbeiter anweist, entsprechende Vertragsverhandlungen zu führen, von denen andere Gesellschaften innerhalb des Konzerns profitieren. Es zeigt sich, dass anders als in der Konstellation der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens bei Drittvorteilen zugunsten sonstiger Konzerngesellschaften eine Verletzung der § 299 StGB zugrundeliegenden Rechtsgüter jedenfalls nicht per se verneint werden kann. 3. Ergebnis Zwar greift auch hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten sonstiger Konzerngesellschaften das Argument eines andernfalls bestehenden Wertungswiderspruchs zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers. Allerdings kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass es zu einer Verletzung der von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter, inbesondere des Wettbewerbs in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab sowie der Chancengleichheit der Mitbewerber in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt, kommt. Im Unterschied zur Konstellation der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens, die die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht verletzen, muss der Wertungswiderspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers hier allerdings als Entscheidung des Gesetzgebers hingenommen werden, weil das Strafbedürfnis hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten konzernabhängiger Gesellschaften mit Blick auf die Rechtsgutsverletzung nicht generell verneint werden kann. Während der Wertungswiderspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers als Argument für die Straflosigkeit von Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens überzeugt, greift es hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten sonstiger konzernabhängiger Gesellschaften deshalb nicht durch. Es besteht infolgedessen kein Bedürfnis, Vorteile zugunsten konzernangehöriger Gesellschaften generell aus dem Tatbestand des § 299 StGB herauszunehmen.
IV. Zwischenfazit Stattdessen muss der jeweiligen Fallgestaltung im Einzelfall Rechnung getragen werden.77 Deswegen sollte das Problem, wie im Rahmen dieser Arbeit bereits an 77 Generell zum Sponsoring (im Rahmen der §§ 331 ff. StGB) so auch Bannenberg, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, 13. Kapitel Korruption Rn. 68.
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früherer Stelle78 vertreten, beim relevanten Tatbestandsmerkmal gelöst werden. Das ist hier die Frage, ob in entsprechenden Fallkonstellationen tatsächlich eine Unrechtsvereinbarung anzunehmen ist.79 Im Rahmen des Tatbestandsmerkmals des „Dritten“ müsste sich dann auch hinsichtlich der Bestimmung des Anstellungsunternehmens nicht mit einer wirtschaftlichen Betrachtung entgegen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beholfen werden. Für die Frage nach der Strafbarkeit von Kopplungsgeschäften in Drei-Parteien-Konstellationen innerhalb eines Konzerns, ist daher das Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ zunächst zu bejahen und anschließend zu prüfen, ob tatsächlich eine Unrechtsvereinbarung vorliegt.80
V. Mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens Letztlich kann die Frage jedoch dahinstehen, wenn in Konstellationen, in denen einem anderen Konzernunternehmen der unmittelbare Vorteil in Form des Vertragsschlusses zukommt, jedenfalls ein mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens angenommen werden kann.81 Hier sind einerseits immaterielle Vorteile wie etwa die Pflege eines guten Images oder neue Geschäftskontakte denkbar.82 Möglich sind aber auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile. Solche können dem Anstellungsunternehmen des Angestellten über zwischengeschaltete Unternehmen zufließen.83 Das können beispielsweise Gewinne oder andere Einnahmen sein, die aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einer anderen Gesellschaft stammen oder dem Anstellungsunternehmen sonst aufgrund der Stellung als Gesellschafterin oder Aktionärin an anderen juristischen Personen zugutekommen.84 Hinsichtlich „gekoppelter“ Sponsoringverträge ist zu beachten, dass das im Rahmen von Vertragsverhandlungen vom Vertragspartner zusätzlich zur Hauptleistung geforderte Sponsoring zugunsten eines Dritten in aller Regel nicht uneigennützig und ausschließlich um seiner selbst Willen erfolgt.85 Stattdessen verspricht sich der Betriebsinhaber des handelnden Angestellten häufig eigene Vorteile von
78
Kapitel 3, Abschnitt A. III. 2. NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 63; Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 57; zum Sponsoring (im Rahmen der §§ 331 ff. StGB) Bannenberg, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, 13. Kapitel Korruption Rn. 68. 80 NK-StGB/Dannecker, § 299 Rn. 63; Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 57. 81 Vgl. Teixeira, S. 243, der das damit begründet, dass die durch das Sponsoring bedingte Bevorzugung sich noch mit der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Geschäftsinhabers decke, was nicht mehr der Fall sei, wenn das Sponsoring dem Unternehmen nichts nütze. 82 Teixeira, S. 243. 83 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 55 m. w. N. 84 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 55. 85 Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 334. 79
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dem Sponsoring.86 So kann es beispielsweise dazu dienen, ein bestimmtes Image des Unternehmens aufzubauen oder zu erhalten, neue Marktsegmente zu erschließen, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen oder die Produktivität und Motivation der eigenen Mitarbeiter zu fördern.87 Gerade, wenn es sich bei dem Sponsoringvertrag um einen solchen zugunsten eines vom Betriebsinhaber selbst gesponsorten Dritten oder eines seiner Werbeträger handelt, liegt das Sponsoring regelmäßig im Interesse des Betriebs.88 Das dürfte in der Praxis in den allermeisten Fällen auch der Hintergrund der Forderung des Angestellten sein, denn dieser wird ein entsprechendes Kopplungsgeschäft in aller Regel nur fordern, wenn sich dieses für seinen Geschäftsherrn positiv auswirkt. Anderfalls bestünde für den Angestellten (sofern er nicht aus persönlichen Motiven handelt89) keine Motivation, das Kopplungsgeschäft überhaupt zu fordern. Sowohl bezüglich Sponsoringverträgen als auch hinsichtlich sonstiger Kopplungsgeschäfte wie etwa zusätzlicher Dienstleistungs- oder Beraterverträge kann sich ein mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens des Weiteren vor allem aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den jeweiligen Beteiligungsund Beherrschungstrukturen innerhalb des Konzerns ergeben. Hierbei handelt es sich um wirtschaftliche Vorteile. Das Oberlandesgericht Koblenz90 etwa hat in einem Verfahren wegen Untreue nach § 266 StGB im Zusammenhang mit der Frage nach dem Vorliegen eines Vermögensschadens entschieden, dass sich Gewinne und Verluste eines hundertprozentigen Tochterunternehmens unmittelbar auf das Mutterunternehmen auswirken: „Mit der direkten Schädigung der (…) Tochterfirma durch Einbehalten der empfangenen Schecks und Bargelder ist auch eine Schädigung der (…) Mutterfirma verknüpft, weil der an diese abzuführende Gewinn durch die Handlungen des Angestellten geschmälert worden ist. [Das Tochterunternehmen] befindet sich im 100 %igen Eigentum [des Mutterunternehmens]. Gewinn und Verlust [des Tochterunternehmens] schlagen sich daher unmittelbar bei der [Muttergesellschaft] nieder (…).“
In Fall 8 ergäbe sich – wendete man diese Grundsätze umgekehrt an – ein Vorteil daraus, dass das Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten (die V-AG) 100 % der Anteile an dem Unternehmen, dem der „gekoppelte“ Vertrag als unmittelbarer Vorteil zugutekommt (die W-GmbH), hält und der Gewinn der W-GmbH aufgrunddessen auch für die V-AG vorteilhaft ist.
86
Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 334. Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 334. 88 Ignor, Festschrift Schiller, 2014, S. 329, 337. 89 Dann würde der Angestellte sich nach allgemeinen Grundsätzen nach § 299 StGB strafbar machen, vgl. Teixeira, S. 243. 90 OLG Koblenz, wistra 1984, 79, 80. Siehe hierzu auch bei Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 614. 87
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
Die Frage nach einem Vorteil des Anstellungsunternehmens ergibt sich allerdings nicht ausschließlich in der in Beispiel 8 geschilderten Konstellation, dass ein Angestellter des Mutterunternehmens einen „gekoppelten“ Vertrag zugunsten eines 100 %igen Tochterunternehmens schließt. Möglich ist nämlich auch, dass etwa ein Angestellter des Tochterunternehmens einen Vorteil zugunsten des Mutterunternehmens oder zugunsten anderer Tochterunternehmen desselben Konzerns fordert. Gerade im letzten Fall dürfte fraglich sein, ob sich der Vertragsschluss eines Tochterunternehmens tatsächlich vorteilhaft auf ein anderes Tochterunternehmen innerhalb des Konzernverbunds auswirkt. Zudem sind Konstellationen denkbar, in denen das Mutterunternehmen nur geringere als 100 % der Anteile an einer anderen Gesellschaft hält oder insgesamt komplexere Beteiligungsstrukturen innerhalb eines Konzerns vorliegen. Im Rahmen der Untreue nach § 266 StGB wird im Schrifttum teilweise91 hinsichtlich der umgekehrten Frage, ob ein Vermögensschaden des Mutterunternehmens vorliegt, vertreten, dass sich die Schädigung einer Tochtergesellschaft immer (das heißt ohne dass hier Einschränkungen hinsichtlich der konkreten Beteiligungsstrukturen gemacht werden) auch als Schaden zum Nachteil der Muttergesellschaft auswirke.92 Übertragen auf die hier relevante Problemlage könnte man daher davon ausgehen, dass sich ein Vorteil zugunsten des Tochterunternehmens stets als Vorteil auch zugunsten des Mutterunternehmens auswirkt. Diese pauschale Annahme würde aber dem oben93 bereits erläuterten gesellschaftlichen Trennungsprinzip widersprechen.94 Letztlich muss deshalb für jede Konstellation anhand der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen innerhalb des Konzerns geprüft werden, ob ein Vorteil auch für das konkrete Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten angenommen werden kann.95 Maßgeblich sind dabei die genauen Beteiligungs- und Beherrschungsverhältnisse innerhalb des Konzerns sowie die Möglichkeit etwaiger Entnahmen und Gewinnausschüttungen96 aufgrund von Gewinnabführungsverträgen zwischen den einzelnen Unternehmen.97 Obwohl der Vorteil also unmittelbar einer anderen juristischen Person zukommt, schließt in diesen Konstellationen der gleichzeitige (mittelbare) Nutzen auch für das Anstellungsunternehmen die Einstufung des Kopplungsgeschäfts als verbotenen Drittvorteil aus. Denn die Zuwendung liegt aufgrund des Nutzens für das Anstellungsunternehmen nicht mehr außerhalb der Leistungsbeziehung zwischen diesem 91 Schmid, in: Müller-Guggenberger/Bieneck, § 32 Rn. 187; a. A. Lesch/Hüttemann/ Reschke, NStZ 2015, 609, 614. 92 Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 614. 93 Kapitel 4, Abschnitt B. I. 94 Zur Untreue ebenso Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 614. 95 Zur Untreue Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 614. 96 MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 56. 97 Zur Untreue Lesch/Hüttemann/Reschke, NStZ 2015, 609, 617.
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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und dem Geschäftspartner. Die Frage, ob die Zuwendung innerhalb oder außerhalb der Leistungsbeziehung zwischen dem Anstellungsunternehmen und dem Geschäftspartner steht, ist nach hier98 vertretener Auffassung gerade maßgeblich zur Abgrenzung von strafbaren zu straflosen Konstellationen.
VI. Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung In Fällen, in denen tatsächlich einmal kein (wenigstens mittelbarer) Vorteil des Anstellungsunternehmens des Angestellten vorliegt, kommt es für die Strafbarkeit des Angestellten darauf an, ob zwischen ihm und dem Vorteilsgeber eine Unrechtsvereinbarung geschlossen wurde. Dieses Tatbestandsmerkmal wird von der Rechtsprechung99 regelmäßig als das Kernstück der Bestechungsdelikte bezeichnet. 1. Voraussetzungen für das Vorliegen der Unrechtsvereinbarung nach Rechtsprechung und Literatur Die Unrechtsvereinbarung zwischen dem Vorteilsgeber und dem Vorteilsempfänger setzt im Rahmen der Wettbewerbsvariante voraus, „dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen [beziehungsweise] gewährt wird“100. Das Tatbestandsmerkmal drückt damit das „Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der durch den Vorteilsnehmer zu gewährenden Bevorzugung und dem vom Vorteilsgeber zuzuwendenden Vorteil aus“101. Eine Bevorzugung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Angestellte bei der Auswahl zwischen mindestens zwei Bewerbern eine sachfremde Entscheidung trifft.102 Sie setzt damit einerseits einen Wettbewerb sowie andererseits die Benachteiligung mindestens eines Konkurrenten voraus.103 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs104 ist das Tatbestandsmerkmal der Bevorzugung im Wettbewerb subjektiviert, sodass „es genügt, wenn die zum Zwecke des Wettbewerbs vorgenommenen Handlungen nach der Vorstellung des Täters geeignet sind, eine Bevorzugung im Wettbewerb zu veranlassen“105. Damit ist ein auf eine Unrechtsvereinbarung gerichteter Wille des Täters erforderlich.106 98
Siehe schon oben, Kapitel 3, Abschnitt C. II. BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB); OLG Hamm NStZ 2002, 38, 39; vgl. auch Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160 „Herzstück“. 100 BGH BeckRS 2020, 1450 Rn. 18; BGH NStZ 2014, 42, 44. 101 BGH NStZ 2014, 42, 44. 102 BGH NStZ-RR 2015, 278, 279; BGH BeckRS 2020, 1450 Rn. 18. 103 BGH NStZ-RR 2015, 278, 279; BGH BeckRS 2020, 1450 Rn. 18. 104 BGH NStZ-RR 2015, 278, 279; BGH BeckRS 2020, 1450 Rn. 18. 105 BGH BeckRS 2020, 1450 Rn. 18. 106 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 160. 99
166
Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
Im Rahmen der Geschäftsherrenvariante kommt es für die Unrechtsvereinbarung darauf an, dass der Vorteilsgeber den Vorteil als Gegenleistung für die Pflichtverletzung des Angestellten oder Beauftragten gewährt.107 Der Vorteil und die interne Pflichtverletzung müssen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis dergestalt stehen, dass die Vorteilszuwendung gerade das Ziel verfolgt, das Verhalten des Angestellten oder Beauftragten zu beeinflussen.108 Ebenso wie im Rahmen der Wettbewerbsvariante ist das Merkmal subjektiviert,109 sodass es auf die Vorstellung und den Willen der Beteiligten ankommt.110 Wann ein solcher auf eine Unrechtsvereinbarung gerichteter Wille des Täters im Rahmen des § 299 StGB bei Kopplungsgeschäften anzunehmen ist, ist gerichtlich bisher noch nicht umfassend geklärt.111 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs112 müssen jedenfalls stets im Einzelfall „die Beweisanzeichen, die für und gegen die Annahme [einer Unrechtsvereinbarung] sprechen, in einer lückenlosen Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände abgewogen werden“.
Das Gericht hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015113 weiterhin festgestellt, dass ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung jedenfalls in einem manipulativen Vorgehen der Beteiligten im Wege einer gezielten Ausschaltung von potentiellen Mitbewerbern liegen könne, wobei das Gericht es als ausschlaggebend betrachtete, dass die Beteiligten das tatsächliche Geschehen bewusst verschleierten. Zur Unrechtsvereinbarung im Rahmen der Amtsträgerdelikte nach den §§ 331 ff. StGB hingegen sind bereits einige Entscheidungen114 ergangen. Ob eine Unrechtsvereinbarung vorliegt, sei danach Tatfrage115 und müsse jeweils im Einzelfall anhand einer wertenden Beurteilung geklärt werden, wobei pauschale Bewertungen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht angestellt werden könnten.116 Die Rechtsprechung nimmt deswegen eine „Gesamtschau aller Indizien“117 vor und betrachtet die fallbezogenen Umstände, wobei vor allem die gesamte Interessenlage der Beteiligten eine Rolle spiele.118 Als solche Indizien, die auf eine Unrechtsvereinbarung 107
MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 78. MüKo-StGB/Krick, § 299 Rn. 78. 109 BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 60, 53. 110 BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 53. 111 Heermann, WRP 2014, 897, 905; Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862; Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 37. 112 BGH NStZ 2014, 323. 113 BGH NStZ-RR 2015, 278, 279. 114 Vgl. BGH NJW 2008, 3580; BGH NStZ-RR 2007, 309. 115 BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 116 BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 117 BGH NStZ-RR 2007, 309, 311 (zu § 333 Abs. 1 StGB); BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 118 BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 108
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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zwischen den Beteiligten hinweisen können, hat der Bundesgerichtshof bisher unter anderem die Plausibilität einer anderen – behaupteten oder sonst in Betracht kommenden – Zielsetzung der Zuwendung, die Stellung des Vorteilsempfängers, die Beziehung des Vorteilsgebers zu den dienstlichen Aufgaben des Vorteilsempfängers, die Vorgehensweise der Beteiligten beim Anbieten oder Fordern des Vorteils sowie die Art, den Wert und die Anzahl der gewährten Vorteile angesehen.119 Ferner könnten die Art der Beziehung des Vorteilsgebers zum Geschäftsbetrieb des Vorteilsempfängers sowie etwaige dienstliche Berührungspunkte zwischen dem Vorteilsgeber und dem Vorteilsempfänger eine Rolle spielen.120 Schließlich betont die Rechtsprechung wiederholt, dass es als starkes Indiz für eine Unrechtsvereinbarung zu werten sei, inwieweit die Beteiligten heimlich vorgingen und den Vorteil und dessen Vereinbarung unternehmensintern verdeckten oder verschleierten,121 weil der Bestechlichkeit wie der Vorteilsannahme „ein gewisses Maß an Heimlichkeit und Verdeckung der Vorteilsvereinbarung und des Vorteils gegenüber der Anstellungskörperschaft eigen“122 sei. Keine Rolle spiele hingegen, ob das „gekoppelte“ Geschäft an sich grundsätzlich sozialadäquat, (branchen-)üblich oder rechtlich zulässig ist.123 In der Literatur124 wird versucht, diese von der Rechtsprechung im Rahmen der §§ 331 ff. StGB aufgestellten Kriterien mit Blick auf Kopplungsgeschäfte weiter zu konkretisieren. Als gewichtiges Indiz für die Frage, ob eine Unrechtsvereinbarung vorliegt, wird vor allem angesehen, ob die Beteiligten den „gekoppelten“ Vertragsschluss innerbetrieblich transparent behandelt und dokumentiert haben.125 Zudem wird darauf abgestellt, ob die Beteiligten etwaige (sowohl auf Seiten des Vorteilsgebers als auch auf Seiten des Angestellten) im Unternehmen bestehende Kontroll-, Genehmigungs- oder Entscheidungsprozesse und/oder sonstige interne Vorgaben umgangen haben.126 Ein weiteres Indiz soll darin liegen, ob das zu prüfende Verhalten gegen unternehmensinterne (Compliance-)Richtlinien und Regelungen verstößt.127 Ferner soll von Bedeutung sein, ob das Kopplungsgeschäft gegen ge119 BGH NJW 2008, 3580, 3583 (zu § 333 Abs. 1 StGB); siehe hierzu auch bei Grützner/ Momsen, CCZ 2017, 155, 161. 120 BGH NStZ-RR 2007, 309, 310 (zu § 333 Abs. 1 StGB). 121 Vgl. BGH NJW 2003, 763, 767 und BGH NStZ-RR 2007, 309, 311 (zu § 333 Abs. 1 StGB); so auch Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161. 122 BGH NJW 2003, 763, 767. 123 BGH NJW 2008, 3580, 3583 und BGH NJW 2003, 763, 765 (zu § 333 Abs. 1 StGB); Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1861. 124 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161; Heermann, WRP 2014, 897, 905; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 57. 125 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161, 162; Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 43; bezogen auf mit dem Kopplungsgeschäft zusammenhängende Geldströme Heermann, WRP 2014, 897, 905; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 57. 126 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161. 127 Heermann, WRP 2014, 897, 905.
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
setzliche Vorschriften,128 insbesondere gegen das Wettbewerbsrecht,129 verstößt. Auch die Frage, inwieweit ein sachlicher Bezug zwischen den „gekoppelten“ Verträgen und damit ein legitimes Kopplungsinteresse130 bestehe, oder ob das Kopplungsgeschäft transaktionsfremd131 sei und inhaltlich nichts mit dem Hauptvertrag zu tun habe132, könne eine Rolle spielen.133 Gegen eine Unrechtsvereinbarung könne es in diesem Zusammenhang sprechen, wenn Sponsoringvergabe und Auftragsaquise inhaltlich und persönlich klar getrennt würden.134 Als Indiz gegen eine Unrechtsvereinbarung wird schließlich teilweise135 angeführt, ob der Angestellte auf Weisung des Arbeitgebers handle. 2. Stellungnahme Wie bereits an früherer Stelle136 dieser Arbeit ausführlich erläutert, kann allein die Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise nicht zu einer Strafbarkeit nach § 299 StGB führen. Gleiches gilt für die Weisung des Arbeitgebers gegenüber dem Angestellten.137 Weil dem Arbeitgeber keine Dispositionsbefugnis über die von § 299 StGB geschützten Rechtsgüter zukommt, hat seine Weisung grundsätzlich nicht die Wirkung, den Angestellten von einer Strafbarkeit zu befreien.138 Im Rahmen der Unrechtsvereinbarung kann beiden Aspekten jedoch durchaus eine Indizwirkung zukommen, weil es darum geht festzustellen, ob der Angestellte über einen auf eine Unrechtsvereinbarung gerichteten Willen verfügte. Erkennt der Angestellte, dass die Vereinbarung des Kopplungsgeschäfts wettbewerbswidrig ist, liegt es nahe, dass er auch den Willen zu einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb hat. Auch wenn rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers denkbar sind, wird der Angestellte im Falle einer Weisung seines Arbeitgebers hingegen in aller Regel keinen auf eine unlautere Bevorzugung gerichteten Willen aufweisen, weil er davon ausgehen dürfte, dass er sich aufgrund der Weisung seines Arbeitgebers ordnungsgemäß verhält. Letztlich muss hinsichtlich beider Aspekte im Einzelfall genau betrachtet werden, 128
Heermann, WRP 2014, 897, 905. Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161; BeckOK-StGB/Momsen/Laudien, § 299 Rn. 57. 130 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862. 131 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862. 132 Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862. 133 Heermann, WRP 2014, 897, 905; nach Satzger, ZStW 2003, 469, 488 komme es darauf an, ob der Kopplungsvertrag sachwidrig mit dem Hauptvertrag verknüpft sei und insofern sponsoringfremde Hintergedanken im Zusammenhang mit der Bevorzugung beim Warenkauf oder -verkauf bestünden. 134 Voigtel, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, § 32 Rn. 39, 43. 135 Heermann, WRP 2004, 897, 905. 136 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. c) aa) (1). 137 Kapitel 3, Abschnitt A. I. 2. f). 138 Siehe hierzu bereits oben unter Kapitel 3, Abschnitt A. I. f. 129
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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wie sich die Wettbewerbswidrigkeit oder der Verstoß gegen sonstige Normen sowie eine Weisung des Arbeitgebers auf den Willen des Angestellten auswirken. Dem Kriterium, inwieweit die Beteiligten das Geschehen (sowohl auf Seiten des Vorteilsgebers als auch insbesondere auf Seiten des Angestellten) offenlegen und dokumentieren sowie im Einklang mit internen Regelungen und Richtlinien handeln, kommt ein starker Indizwert hinsichtlich der Unrechtsvereinbarung zu. Indem die Beteiligten ihr Handeln verheimlichen oder verschleiern zeigen sie, dass die getroffene Vereinbarung nach Ansicht der Beteiligten gerade nicht mehr den Charakter eines ordnungsgemäßen und unauffälligen Alltagsgeschäfts in der Wirtschaftspraxis aufweist, sondern dass vielmehr in der Tat etwas Unrechtes vereinbart wird. Andernfalls bestünde kein Anlass zu verhindern, dass das Geschäft aufgedeckt wird. Gleiches gilt für die Umgehung von internen Kontrollmechanismen und (Compliance-)Regularien. Das Bedürfnis entsprechende Vorgaben zu umgehen oder zu manipulieren, werden die Beteiligten in aller Regel nur sehen, wenn sie davon ausgehen, dass gegen die Durchführung der geplanten Geschäfte rechtliche Bedenken bestehen und sie deshalb unternehmensintern nicht freigegeben würden. Bei einem solchen Verhalten der Beteiligten liegt es deshalb nahe, dass ein auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gerichteter Wille vorliegt. Im Einklang mit den an früherer Stelle139 dieser Arbeit gemachten Ausführungen zum Leistungsprinzip als Rechtsgut des § 299 StGB kommt schließlich dem sachlichen Bezug und inhaltlichen Zusammenhang zwischen den „gekoppelten“ Verträgen eine maßgebliche Bedeutung zu. Das Leistungsprinzip lässt grundsätzlich nur solche Vorteile zu, die Teil der Leistung beziehungsweise in der Leistung selbst begründet sind oder einen unmittelbaren oder jedenfalls mittelbaren Bezug zu ihr haben.140 Wenn das Kopplungsgeschäft aber – wie es Bertoli/Vasilikou141 bezeichnen – „transaktionsfremd“ ist und in keinem inhaltlichen Zusammenhang zum ursprünglichen Hauptvertrag steht, handelt es sich um einen außerhalb der Leistung liegenden Umstand, der gegen das Leistungsprinzip verstößt. Weil hierdurch das Rechtsgut des § 299 StGB verletzt wird, liegt es in derartigen Fällen nahe, eine Unrechtsvereinbarung anzunehmen. Für die Frage nach dem sachlichen Bezug beziehungsweise dem inhaltlichen Zusammenhang zwischen den „gekoppelten“ Verträgen können vor allem die Art des „gekoppelten“ Vertrags sowie die beteiligten Parteien relevant werden. Entstammt der „gekoppelte“ Vertrag etwa einer völlig anderen Branche als der ursprügliche Vertrag und ist der Vertragspartner des „gekoppelten“ Vertrags eine im Hinblick auf den ursprünglichen Vertrag gänzlich außenstehende Partei, die in keinerlei Zusammenhang zum ursprünglichen Vertrag steht, dürfte in der Regel davon auszugehen sein, dass kein sachlicher Bezug zum ursprünglichen Geschäft gegeben ist und hierin ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung liegen. 139 140 141
Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb) und Kapitel 4, Abschnitt B. III. 2. Siehe hierzu Kapitel 2, Abschnitt C. II. 1. a) bb) mit entsprechenden Nachweisen. Bertoli/Vasilikou, DB 2016, 1859, 1862.
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Kap. 4: Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften
Werden die Vergabe von Sponsoringverträgen und die Akquise sonstiger Aufträge in persönlicher und inhaltlicher Hinsicht hingegen strikt voneinander getrennt, fehlt es bereits an der auf eine Strafbarkeit hin zu prüfenden „Kopplung“ der jeweiligen Geschäfte, sodass auch eine Unrechtsvereinbarung in aller Regel nicht vorliegen wird. 3. Fazit Ob im Einzelfall eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 299 StGB vorliegt, beurteilt sich nach einer Gesamtschau aller Indizien. Dabei ist insbesondere das Verhalten der Beteiligten maßgeblich. Wird der Abschluss der Kopplungsgeschäfte unternehmensintern offengelegt und dokumentiert, kann das ein gewichtiges Indiz gegen eine Unrechtsvereinbarung bilden. Verheimlichen oder verdecken die Beteiligten dagegen ihr Vorgehen und/oder werden unternehmensinterne Kontroll- und Genehmigungsmechanismen oder (Compliance-)Vorgaben umgangen, begründet das ein starkes Indiz dafür, dass eine Unrechtsvereinbarung geschlossen wurde. Ebenfalls von großer Bedeutung ist, ob der „gekoppelte“ Vertrag eine inhaltliche Beziehung zum Hauptgeschäft aufweist und eine sachliche Verknüpfung der beiden Geschäfte besteht. Hierbei sind unter anderem die Art des „gekoppelten“ Vertrags sowie die beteiligten Parteien zu berücksichtigen. Schließlich kann für die Frage, ob im Einzelfall eine Unrechtsvereinbarung geschlossen wurde, eine Rolle spielen, ob der Angestellte auf Weisung seines Arbeitgebers handelte und/oder ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften gegeben ist.
VII. Zusammenfassung Damit das in Kapitel 3 gefundene Ergebnis142 auch auf Drittvorteile zugunsten anderer Konzerngesellschaften, inbesondere Kopplungsgeschäfte in Drei-ParteienKonstellationen, übertragen werden kann, muss der „gekoppelte“ Vertrag dem Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten zugutekommen. Hier muss wegen des gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzips und der mangelnden Rechtssubjektqualität des Konzerns genau unterschieden werden, welche Gesellschaft konkret das Anstellungsunternehmen des Angestellten ist. Kommt der „gekoppelte“ Vertrag nicht diesem Anstellungsunternehmen, sondern einer anderen Konzerngesellschaft zugute, liegt jedenfalls kein unmittelbarer Vorteil zugunsten des Anstellungsunternehmens vor. Es kann indessen im Einzelfall ein mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens vorliegen, wenn eine an gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen orientierte Betrachtung ergibt, dass das Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten aufgrund der konkreten Beteiligungsverhältnisse von dem
142
Kapitel 3, Abschnitt C.
B. Eigener Vorschlag zur Beurteilung von Drittvorteilen
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Vertragsschluss in materieller oder sonst aufgrund der Umstände im Einzelfall in immaterieller Weise profitiert. Ist das nicht der Fall, liegt ein Vorteil zugunsten eines sonstigen Dritten vor. Ob der Angestellte oder Beauftragte sich hierdurch nach § 299 StGB strafbar macht, hängt davon ab, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale der Norm erfüllt sind, insbesondere, ob im Einzelfall zwischen den Beteiligten eine Unrechtsvereinbarung geschlossen wurde.143 Letzteres beurteilt sich nach einer am Einzelfall orientierten Gesamtbetrachtung aller Umstände. Diese Sichtweise bedeutet für die Praxis keine generelle Strafbarkeit von Drittvorteilen zugunsten konzernabhängiger Gesellschaften. Stattdessen bleibt es Unternehmen innerhalb eines Konzerns in der weit überwiegenden Zahl der Fälle möglich, Vertragsschlüsse miteinander zu verbinden. Eine zu weitgehende Kriminalisierung der Wirtschaftspraxis ist deshalb nicht zu befürchten. Gleichzeitig ist jedoch gewährleistet, dass Einzelfälle, in denen tatsächlich einmal faktisch kein wenigstens mittelbarer Vorteil des Anstellungsunternehmens des Angestellten gegeben ist, nicht aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausfallen. Letzteres wäre jedoch der Fall, wollte man im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung alle Vorteile innerhalb eines Konzerns als Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens behandeln und generell von einer Straflosigkeit ausgehen. Insofern bietet die hier vorgeschlagene Sichtweise eine sachgerechte Abgrenzung strafloser zu strafbaren Fallkonstellationen.
143
Vgl. hierzu Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 161; Heermann, WRP 2014, 897, 905.
Kapitel 5
Möglichkeiten zur Entscheidung des Problems in der Praxis Nachdem in Kapitel 31 als Ergebnis zur Frage der Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens befunden wurde, dass diese Fallkonstellation aus dem Tatbestand des § 299 StGB herausgenommen werden muss, stellt sich nun die Frage, wie dieses Ergebnis für die Praxis umgesetzt werden kann, damit es die in Kapitel 12 aufgezeigte, derzeit herrschende Rechtsunsicherheit beseitigt.
A. Gesetzesinterpretation in Form einer teleologischen Reduktion In der vorliegenden Arbeit wurde im Einklang mit einem Teil der Literatur vorgeschlagen, die Streitfrage mithilfe einer die vorausgehend3 dargestellten „Widersprüche auflösenden Gesetzesinterpretation“4 zu lösen. Hierbei wird vornehmlich eine teleologische Reduktion5 des Tatbestandsmerkmals des „Dritten“ dahingehend vorgeschlagen, dass Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens nicht vom Tatbestand erfasst seien. Dieser Ansatz vermag die bestehende Rechtsunsicherheit in der Praxis für sich genommen freilich nicht zu beseitigen.6 Denn es kann nicht sicher vorausgesagt werden, dass eine mit einer entsprechenden Fallkonstellation befasste Staatsanwaltschaft oder ein befasstes Gericht im Sinne einer (wenn auch mittlerweile stark vertretenen) Ansicht im Schrifttum entscheidet7 und die geforderte teleologische Reduktion tatsächlich vornimmt. Ballo/Skoupil8 weisen in diesem Zusammenhang treffend auf den unbefriedigenden Zustand hin, dass sich der betroffene Angestellte 1 2 3 4 5 6 7 8
Kapitel 3, Abschnitt C. Kapitel 1, Abschnitt C. Kapitel 3, Abschnitt A. II. 1. b) aa) (2). Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391. Vgl. hierzu oben Kapitel 3, Abschnitt B. Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110. A. A. Menn, S. 226. Ballo/Skoupil, NJW 2019, 1174, 1177.
B. Klärung durch obergerichtliche/höchstrichterliche Rechtsprechung
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im Falle eines Ermittlungsverfahrens auf die letztlich vagen Restriktionsbemühungen aus dem Schrifttum verlassen müsste. Das gilt umso mehr, als gewichtige Vertreter in der Literatur § 299 StGB weiterhin für anwendbar halten.9 Wie bereits in Kapitel 110 dargestellt, kann dieses Strafbarkeitsrisiko dem Angestellten angesichts des angedrohten Strafrahmens nicht zugemutet werden.
B. Klärung der Frage durch obergerichtliche/ höchstrichterliche Rechtsprechung Es ließe sich auch daran denken, dass Klarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Streitfrage dadurch eintreten könnte, dass die Thematik obergerichterlich oder höchstrichterlich entschieden und damit geklärt wird.11 Ob und wann es dazu kommen wird, dass eine entsprechende gerichtliche Entscheidung zu der Problematik ergeht, ist allerdings völlig offen. Letztlich verspräche zudem allenfalls eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs wirkliche Rechtssicherheit; schon gar nicht ist diese durch untergerichtliche Entscheidungen zu erlangen, weil diese für die übrigen Gerichte keine Bindungswirkung entfalten, sodass weiterhin Raum für abweichende Rechtsansichten bliebe. Eine Klärung der Frage durch den Bundesgerichtshof zu erzwingen, ist in zielgerichteter Weise ohnehin unmöglich. Ein schneller Weg zum Oberlandesgericht bestünde theoretisch in folgender Weise: Grundsätzlich kann der Verletzte einer Straftat bezüglich der Tat zwar Strafanzeige und Strafantrag nach § 158 StPO stellen. Die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren aber dennoch mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO einstellen. Gegen diese Einstellung des Verfahrens kann der Verletzte wiederum nach § 172 Abs. 1 StPO die sogenannte Einstellungsbeschwerde12 (auch Vorschaltbeschwerde genannt) mit dem Ziel einlegen, die Staatsanwaltschaft dazu zu bewegen, öffentliche Anklage zu erheben.13 Sollte dieser Einstellungsbeschwerde nicht abgeholfen werden, hat der Verletzte schließlich die Möglichkeit, das Klage-
9
Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 110; Menn, S. 225. Siehe oben, Kapitel 1, Abschnitt C. 11 Hinsichtlich des Bedürfnisses nach obergerichtlicher Rechtsprechung zur Auflösung der Rechtsunsicherheit bezüglich der Strafbarkeit „gekoppelter“ Sponsoringvertäge Dann, wistra 2015, 54, 56. 12 Siehe zur Einstellungsbeschwerde Gillmeister, in: Beck’sches Formularhandbuch für den Strafverteidiger, 1. Einstellungsbeschwerde Rn. 1 ff. 13 BeckOK-StPO/Gorf, § 172 Rn. 1. 10
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Kap. 5: Möglichkeiten zur Entscheidung des Problems in der Praxis
erzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO zu betreiben und eine Entscheidung des Strafsenats des zuständigen Oberlandesgerichts herbeizuführen.14 Da im Klageerzwingungsverfahren nur der Verletzte der Straftat antragsberechtigt ist,15 müsste sich für dieses Vorgehen allerdings erst einmal ein Verletzter, das heißt entweder ein Mitbewerber oder der Geschäftsherr, finden, der bereit ist, ein entsprechendes Verfahren zu betreiben. Das dürfte zunächst mit Blick auf den Geschäftsherrn äußerst unwahrscheinlich sein, da dieser im Sinne des Unternehmens daran interessiert sein dürfte, das Verfahren zügig und möglichst ohne großes Aufsehen zu beenden. Er wird daher naturgemäß nicht riskieren, das Verfahren in die Länge zu ziehen, indem er versucht, eine gerichtliche Entscheidung zu erzwingen. Aber auch von Seiten der Mitbewerber wird man ein entsprechendes Vorgehen nicht erwarten dürfen. Diese werden in aller Regel den damit verbundenen Aufwand und unter Umständen auch einen am Markt zu befürchtenden Reputationsverlust gegenüber potentiellen Vertragspartnern scheuen. Weiterhin ist zu beachten, dass dieses Vorgehen nur möglich ist, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat. In der Praxis dürfte die Staatsanwaltschaft entsprechende Verfahren allerdings häufiger aus Opportunitätsgründen nach den §§ 153, 153a StPO einstellen. Zu einer solchen Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO durch die Staatsanwaltschaft kam es auch in dem eingangs16 geschilderten Fall um Volkswagen und T-Systems. Bei der Einstellung aus Opportunitätsgründen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft, bei der dieser ein weiter Ermessenspielraum zukommt.17 Das Klageerzwingungsverfahren ist gemäß § 172 Abs. 2 S. 3 StPO ausdrücklich nicht statthaft, wenn die Staatsanwaltschaft nach den §§ 153, 153a StPO von der Verfolgung einer Straftat abgesehen hat. Dem Verletzten bleiben daher als Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft lediglich die formlosen Rechtsmittel18 der Gegenvorstellung und Dienstaufsichtsbeschwerde.19 Beide Rechtsbehelfe sind gesetzlich nicht geregelt, aber in der Praxis allgemein anerkannt.20 Auch wenn diese beiden Rechtsbehelfe bestehen, dürfte im Falle einer Einstellung aus Opportunitätsgründen ebenfalls äußerst unwahrscheinlich sein, dass dieser umständliche und zeitintensive Weg gewählt wird, um auf eine gerichtliche Entscheidung einer Rechtsfrage hinzuwirken. Selbst wenn das der Fall sein sollte, ist
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BeckOK-StPO/Gorf, § 172 Rn. 12. BeckOK-StPO/Gorf, § 172 Rn. 13. Kapitel 1, Abschnitt D. II. MüKo-StPO/Peters, § 153a Rn. 45. MüKo-StPO/Allgayer, § 296 Rn. 5. KK-StPO/Diemer, § 153 Rn. 24; MüKo-StPO/Peters, § 153a Rn. 48. Michalke/Hamm, in: Beck’sches Formularhandbuch für Strafverteidiger, § 2 Rn. 1.
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schließlich fraglich, ob die beiden Rechtsmittel am Ende auch tatsächlich den entsprechenden Erfolg haben.
C. Gesetzesänderung Es bedarf daher, um die Rechtsfrage endgültig rechtssicher zu klären und um den Angestellten und das Unternehmen von dem nicht hinzunehmenden Risiko einer Strafbarkeit beziehungsweise einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionierung zu befreien, einer gesetzlichen Neuregelung des § 299 StGB.21 Auch wenn Winkelbauer22 meint, die gebotenen legislatorischen Maßnahmen zur Klarstellung des Problems könnten realistischerweise nicht erwartet werden, stellen diese den einzigen Weg dar, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen.
I. Bisheriger Vorschlag zur Neufassung des § 299 StGB in der Literatur Eine gesetzliche Neufassung des § 299 StGB, um die Streitfrage zu lösen, wurde im Schrifttum bisher einzig von Erb23 diskutiert. Der vorgeschlagene Entwurf, um § 299 Abs. 1 StGB neu zu fassen, lautet dabei wie folgt: „(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines anderen oder als Angestellter oder Unterbeauftragter eines entsprechend Beauftragten im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis des anderen einen Vorteil für sich oder einen Dritten (mit Ausnahme des anderen) als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, daß er bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen jemanden im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Diese Formulierung soll einerseits auch Selbstständige einbeziehen, indem das Erfordernis des Handelns für einen geschäftlichen Betrieb aufgegeben wird,24 und andererseits klarstellen, dass Vorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens, das als „anderer“ bezeichnet wird, nicht vom Tatbestand erfasst sind.25
21
Ebenso Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 111; Walther, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption (BT-Drs. 18/4350), S. 8; a. A. Menn, S. 226; Gorius, S. 254. 22 Winkelbauer, Festschrift Weber, 2004, S. 385, 391. 23 Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 111; vgl. auch Roxin, Festschrift Rössner, 2015, S. 892, 895, wonach es angemessen gewesen wäre, den Geschäftsinhaber als Empfänger einer Drittzuwendung von der Strafbarkeit ausdrücklich auszunehmen. 24 Diese Frage ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, weshalb im Folgenden auf sie nicht weiter eingegangen wird. 25 Vgl. im Einzelnen Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 111.
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II. Grundsätzlich in Betracht kommende gesetzliche Regelungsarten Nach hier vertretener Ansicht26 unterfallen Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens nicht dem Tatbestand des § 299 StGB. Deswegen müssen diese durch die Neufassung der Norm ausdrücklich aus dem Tatbestand herausgenommen werden.27 Diesem Anliegen folgend kommen als dogmatisch taugliche Regelungs- beziehungsweise Formulierungsmöglichkeiten, um die Streitfrage gesetzlich zu lösen, eine „tatbestandliche Einschränkung“ der Norm sowie eine Tatbestandsausschlussklausel in Betracht. 1. „Tatbestandliche Einschränkung“ des § 299 StGB Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens könnten – ähnlich der bereits vorgestellten Formulierung Erbs – durch eine ausdrückliche Einschränkung des Tatbestands für nicht tatbestandsmäßig erklärt werden. Das Strafgesetzbuch kennt in seiner aktuellen Fassung bereits in § 344 StGB eine solche ausdrückliche Einschränkung des Tatbestands. Dieser lautet wie folgt: „Wer als Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Strafverfahren, abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), berufen ist, absichtlich oder wissentlich einen Unschuldigen oder jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf, strafrechtlich verfolgt oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Satz 1 gilt sinngemäß für einen Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Verfahren zur Anordnung einer behördlichen Verwahrung berufen ist.“
Ein neugefasster § 299 StGB mit einer „tatbestandlichen Einschränkung“ hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten des Anstellungsunternehmens könnte daher wie folgt formuliert werden: „(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens 1. einen Vorteil für sich oder einen Dritten, abgesehen von dem Unternehmen/mit Ausnahme des Unternehmens28, als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
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Siehe oben Kapitel 3, Abschnitt C. Aus diesem Grund scheidet die Formulierung eines Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgrunds sowie einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit oder eines Rechtfertigungsgrunds offensichtlich aus. 28 Unter Anlehnung an den Vorschlag von Erb, Festschrift Geppert, 2011, S. 97, 111. 27
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2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten, abgesehen von dem Unternehmen/mit Ausnahme des Unternehmens, als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens 1. einen Vorteil für diesen oder einen Dritten, abgesehen von dem Unternehmen/mit Ausnahme des Unternehmens, als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten, abgesehen von dem Unternehmen/mit Ausnahme des Unternehmens, als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.“
2. Tatbestandsausschlussklausel Als weitere Möglichkeit kommt eine sogenannte Tatbestandsausschlussklausel29 in Betracht. Hierbei beschränkt der Gesetzgeber den Anwendungsbereich eines Tatbestands durch eine besondere Klausel auf strafwürdige Fälle30 und schließt damit den Tatbestand für Fallkonstellationen aus, die nach dem Wortlaut der Strafnorm eigentlich in deren Anwendungsbereich fallen würden.31 Das Bedürfnis, den Tatbestand auf diese Weise ausdrücklich zu beschränken, folgt aus der durch den Wortlaut bedingten „Weite des Tatbestands“32, die es notwendig macht, den (zu) weiten Anwendungsbereich der Norm sachgerecht einzugrenzen,33 weil das tatbestandlich geschützte Rechtsgut nicht berührt wird34. Der Hintergrund von Tatbestandsausschlussklauseln ist in der Regel der Gedanke der Sozialadäquanz35 („Sozialadäquanzformel“36 oder „Sozialadäquanzklausel“37) oder der Verhältnismäßigkeit („Bagatellklausel“38). 29
BGH NJW 2000, 2217, 2218. Vgl. BT-Drs. 11/7414, S. 4. 31 Vgl. Fischer, § 129 Rn. 29. 32 Vgl. BGH NJW 2000, 2217, 2218. 33 Vgl. für § 201 StGB MüKo-StGB/Graf, § 201 Rn. 38; vgl. auch Winkelbauer, NStZ 1988, 201, 203. 34 Winkelbauer, NStZ 1988, 201, 203. 35 MüKo-StGB/Schäfer, § 130 Rn. 105. 36 NK-StGB/Ostendorf, § 130 Rn. 38. 37 S/S/Sternberg-Lieben, § 89b Rn. 3. 38 Vgl. für § 201 StGB MüKo-StGB/Graf, § 201 Rn. 38. 30
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Eine Tatbestandsausschlussklausel findet sich zum Beispiel in § 86 Abs. 3 StGB39.40 Dieser lautet: „Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“
Ein Beispiel für eine andere Formulierungsvariante eines Tatbestandsausschlusses findet man in § 129 Abs. 3 StGB41: „Absatz 1 ist nicht anzuwenden, 1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat, 2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder 3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.“
Eine Tatbestandsausschlussklausel als neuer Absatz 3 des § 299 StGB könnte lauten: „Die Absätze 1 und 2 gelten nicht/sind nicht anzuwenden, wenn das Unternehmen Empfänger des Vorteils ist.“
III. Stellungnahme Dafür, § 299 StGB durch die Formulierung einer unmittelbaren „tatbestandlichen Einschränkung“42 neuzufassen, spricht, dass hierdurch Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens beim relevanten Tatbestandsmerkmal des „Dritten“ geregelt würden. Auf diese Weise würde eine klare und eindeutige Regelung geschaffen. Allerdings würde der Tatbestand in den einzelnen Nummern des § 299 StGB, der in seiner jetzigen Fassung bereits relativ lang gefasst ist, länger, was die Regelung unübersichtlicher machen und dazu führen könnte, dass sie unnötig verkompliziert wird. Das gilt insbesondere mit Blick auf die im Umgang mit Gesetzestexten ungeübte Leserschaft. Zudem müsste der Tatbestandsausschluss letztlich vier Mal, nämlich jeweils für beide Nummern beider Absätze wiederholt werden. Das würde 39
Weitere Beispiele: §§ 91 Abs. 2, 131 Abs. 2, 180 Abs. 1 S. 2, 184 Abs. 2, 184b Abs. 5, 201 Abs. 2 S. 2 (str., vgl. MüKo-StGB/Graf, § 201 Rn. 38 m. w. N.), 201a Abs. 4, 202d Abs. 3 StGB. 40 Vgl. MüKo-StGB/Steinmetz, § 86 Rn. 36. 41 Vgl. NK-StGB/Ostendorf, § 129 Rn. 24. 42 Oben unter Kapitel 5, Abschnitt C. II. 1.
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nicht nur die einzelnen Tatbestände innerhalb der Norm, sondern die gesamte Vorschrift des § 299 StGB erheblich verlängern. Eine kürzere und sprachlich einfachere Variante stellt daher die Tatbestandsausschlussklausel dar, da durch sie knapp und prägnant eine Strafbarkeit für alle Fälle des § 299 StGB ausgeschlossen wird. Die Norm bleibt hierdurch gut lesbar und verständlich, ohne dass die – bereits in der jetzigen Fassung langen – jeweiligen Nummern des § 299 StGB weiter ausgedehnt werden. Um die Norm sprachlich zu vereinfachen und besser verständlich zu machen, wird hier deswegen vorgeschlagen, im Rahmen der Neufassung des § 299 StGB eine Tatbestandsausschlussklausel zu formulieren.
IV. Eigener Vorschlag zur Neufassung des § 299 StGB § 299 StGB sollte daher – erweitert um einen neuen Absatz 3 – wie folgt neugefasst werden: „(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens 1. einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens 1. einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. (3.) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn das Unternehmen Empfänger des Vorteils ist.“
Zusammenfassung und Ausblick Ursprünglich war das Verbot der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (§ 12 UWG a. F.) geregelt. Im Jahr 1997 überführte der Gesetzgeber diesen Straftatbestand des sogenannten Schmierens als § 299 StGB a. F. in das Strafgesetzbuch. Gleichzeitig änderte der Gesetzgeber den Wortlaut der Norm („für sich oder einen Dritten“ und „für diesen oder einen Dritten“) und normierte hierdurch ausdrücklich eine Strafbarkeit sogenannter Drittvorteile. § 299 StGB erhielt schließlich im Jahr 2015 seine aktuelle Fassung, indem der Gesetzgeber in Umsetzung internationaler und europarechtlicher Vorgaben die Geschäftsherrenvariante in den Tatbestand einfügte. Welches Rechtsgut § 299 StGB schützt, ist heftig umstritten. Zunächst ist hinsichtlich der beiden Varianten des Tatbestands zu unterscheiden. Unter Zugrundelegung eines systemimmanenten Rechtsgutsbegriffs bildet nach hier vertretener Auffassung das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante der Wettbewerb in Form des Leistungsprinzips als Entscheidungsmaßstab. Für das Rechtsgut des Wettbewerbs spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Norm und deren Herkunft aus dem Wettbewerbsrecht. Auch der Wortlaut der Norm („inländischen oder ausländischen Wettbewerb“) deutet auf einen Wettbewerbsschutz hin. Hinzu kommen systematische Erwägungen wie die Stellung der Norm im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuchs über Straftaten gegen den Wettbewerb sowie das in § 301 Abs. 2 StGB normierte Strafantragsrecht für die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 4 UWG genannten Verbände und Kammern. Das Rechtsgut des Wettbewerbs ist nach hier vertretener Ansicht dahingehend zu konkretisieren, dass diesem als Entscheidungsmaßstab das Leistungsprinzip zugrundeliegt, bei dem es maßgeblich darauf ankommt, wer die beste Leistung erbringt. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass wirtschaftliche Entscheidungen anhand sachgerechter Kriterien getroffen werden, die in der Leistung selbst begründet sind oder einen unmittelbaren Bezug zu ihr haben. Unsachliche und persönliche Motive sowie eine Verfälschung des Wettbewerbs aufgrund dieser sachfremden Einflüsse können hierdurch vermieden werden. Schließlich gewährleistet das Leistungsprinzip als Entscheidungsmaßstab den Mitbewerbern, dass die Voraussetzungen am Markt für alle Wettbewerber gleich sind. Diese aus dem Leistungsprinzip resultierende Chancengleichheit der Mitbewerber in Form der Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen am Markt bildet nach hier vertretener Auffassung ebenfalls das Rechtsgut der Wettbewerbsvariante. Schließlich ist auch der Schutz des Geschäftsherrn vor einer Vernachlässigung seiner Interessen zugunsten des Vorteilsgebers als Rechtsgut der Wettbewerbsvariante anzusehen. Das ergibt sich daraus, dass § 299 StGB als Drei-Personen-Konstellation konzipiert ist und damit zwangsläufig eine sogenannte Prinzipal-Agent-Beziehung
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voraussetzt. Dieses unternehmensinterne Verhältnis wird durch den Vorteilsgeber von außen gestört, weil der Angestellte aufgrund der Vorteilszuwendung die Interessen des Vorteilsgebers denen seines Geschäftsherrn unterordnet. Das Rechtsgut der Geschäftsherrenvariante bildet nach hier vertretener Auffassung der Schutz des Geschäftsherrn vor von Dritten beeinflussten und auf sachfremden Motiven beruhenden, für den Geschäftsherrn nachteiligen Handlungen des Angestellten oder Beauftragten. Auch das folgt aus der Konzeption der Geschäftsherrenvariante als Dreieckskonstellation, in der der Angestellte motiviert durch den Vorteilsgeber und die Zuwendung gegenüber dem Geschäftsherrn pflichtwidrig handelt und dessen Interessen vernachlässigt. Die wohl noch herrschende Meinung fasst Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens unter den Tatbestand des § 299 StGB und bejaht eine Strafbarkeit des Angestellten. Die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommene Auslegung des § 299 StGB nach allen klassischen Methoden hat allerdings gezeigt, dass diese Annahme und die zu ihrer Begründung angeführten Argumente nicht überzeugen. Maßgeblich gegen die herrschende Meinung sprechen im Wesentlichen zwei Argumente: Einerseits stünde eine Strafbarkeit des Angestellten in einem Wertungswiderspruch zu der de lege lata bestehenden Straflosigkeit des Betriebsinhabers, weil nicht ersichtlich ist, wieso der Angestellte für ein Verhalten bestraft werden sollte, welches der Geschäftsinhaber, dem das Verhalten des Angestellten letztlich zugutekommt, selbst straflos vornehmen könnte. Andererseits werden die Rechtsgüter des § 299 StGB nicht verletzt, wenn der Angestellte zum Vorteil seines Geschäftsherrn handelt. Die verschiedenen im Schrifttum entwickelten differenzierenden Lösungen und Restriktionsansätze scheitern größtenteils aufgrund des ersten Arguments, weil sie allesamt nicht geeignet sind, den Wertungswiderspruch zur Straflosigkeit des Betriebsinhabers aufzulösen und eine überzeugende Abgrenzung von strafbarem zu straflosem Verhalten zu bieten. Nach hier vertretener Auffassung werden mit einer im Vordringen befindlichen Meinung in der Literatur Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens deshalb als nicht tatbestandlich angesehen. Es besteht kein Bedürfnis, ein Verhalten strafrechtlich zu sanktionieren, das die von der Norm geschützten Rechtsgüter nicht berührt. Dieses Ergebnis kann grundsätzlich auf Kopplungsgeschäfte übertragen werden, wenn der „gekoppelte“ Vertrag der Anstellungskörperschaft des handelnden Angestellten zugutekommt. Ob das der Fall ist, muss vor allem in Konzernkonstellationen anhand von arbeitsvertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden. Eine generalisierende Betrachtung dahingehend, dass Kopplungsgeschäfte zugunsten anderer Konzerngesellschaften grundsätzlich als Drittvorteile zugunsten des Anstellungsunternehmens zu behandeln und damit straflos sind, ist abzulehnen. Ergibt die vorgeschlagene Betrachtung anhand arbeitsrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Grundsätze, dass der „gekoppelte“ Vertrag für das Anstellungsunternehmen des handelnden Angestellten weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Vorteil darstellt, liegt ein sonstiger Drittvorteil vor. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 299 StGB erfüllt
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Zusammenfassung und Ausblick
sind. Ausschlaggebend für die Frage, wie Kopplungsgeschäfte strafrechtlich zu beurteilen sind, ist regelmäßig, ob im Einzelfall eine Unrechtsvereinbarung geschlossen wurde. Diese Frage ist mit Rechtsprechung und Schrifttum anhand einer Gesamtschau aller Indizien der jeweiligen Tatumstände zu entscheiden. Eine Rolle spielen hierbei insbesondere die Vorgehensweise der Beteiligten in Bezug auf die unternehmensinterne Offenlegung und Dokumentation des Geschehens sowie etwaige Kontroll- oder Genehmigungsmechanismen. Ebenfalls maßgeblich ist, inwieweit ein sachlicher Bezug und ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den „gekoppelten“ Verträgen besteht. Zur Lösung der Streitfrage für die Praxis und um die zur Zeit bestehende erhebliche Rechtsunsicherheit zu beseitigen, ist eine Neufassung des § 299 StGB erforderlich. Andere Möglichkeiten, Rechtssicherheit zu schaffen, stehen nicht zur Verfügung: Eine höchstrichterliche Klärung der Problemtik kann nicht erzwungen werden. Auch eine im Schrifttum vielfach vorgeschlagene Gesetzesinterpretation in Form einer teleologischen Reduktion vermag die Rechtsunsicherheit nicht zu beseitigen, weil sie nicht verhindert, dass im Einzelfall eine mit der Thematik befasste Staatsanwaltschaft oder ein mit der Thematik befasstes Gericht eine abweichende Rechtsansicht vertreten. Zur Neufassung des Tatbestands des § 299 StGB wird hier vorgeschlagen, als neuen Absatz 3 der Norm eine sogenannte Tatbestandsausschlussklausel einzufügen, um die Norm sprachlich einfach und verständlich zu halten. Diese sollte wie folgt lauten: „Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn das Unternehmen Empfänger des Vorteils ist“.
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit ist nicht bekannt, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, § 299 StGB zu ändern, um die bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich Drittvorteilen zugunsten des Angestellungsunternehmens zu beseitigen. Die Entstehungsgeschichte der Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber durchaus Klarstellungsbedürfnisse hinsichtlich kontrovers diskutierter Problemkreise einer Norm erkennt und diese mit gesetzlichen Änderungen zu beseitigen versucht.1 Insofern bleibt an dieser Stelle abzuwarten, ob und wann das hier geforderte Tätigwerden des Gesetzgebers erfolgen wird.
1
Vgl. BT-Drs. 13/5584, S. 15.
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Stichwortverzeichnis Amtsträger 88, 100 ff. Auslegung – grammatische 89 ff., 145 – historische 89, 145 – systematische 100, 140, 145, 180 – teleologische 92, 99
Rechtsgutskonzept – systemimmanentes 38 – systemtranszendentes 39 Rechtsstaatsprinzip 103 Reduktion, teleologische 132, 135 ff., 172
Bestimmtheitsgrundsatz 20, 36, 123 f., 134 Betriebsinhaber 58, 106 ff., 117, 128, 137, 139, 156 ff.
Savings on current account 21 Sonderdelikt 106 ff. Sozialadäquanz 127 f., 167, 177
Einwilligung
Ultima ratio 59, 62, 68, 114, 125, 133 Unlauterkeit 30, 33, 118 ff., 130 ff. Unrechtsvereinbarung 29 f., 128 ff., 143, 162, 165 ff.
31, 73, 82 f.
Geschäftsherrenvariante 30, 37, 56, 73 ff., 105, 126, 160, 166, 181 Kopplungsgeschäfte 22, 142 ff., 147 ff., 182 Korruptionsprävention 23 ff. Leistungsprinzip 45 ff., 52, 93 f., 110 f., 136, 157 ff., 180 Pay-to-play-Zahlung Quick savings
21
21 f., 127
Rabatte 16, 21 f., 98, 107, 111 f., 127 f., 133 ff., 140 f.
Vorteil – Kartellrechtswidriger 93 ff., 98, 145, – Mittelbarer 33, 35 ff., 95 f., 102, 117 f., 136, 142, 162 ff., 170 f., 181 – Wettbewerbswidriger 94, 98, 110, 115, 117 f., 124 ff., 135 ff., 168 f. Wettbewerbsakzessorietät 118 ff. Wettbewerbsvariante 28 f., 40 ff., 85, 103 f., 165, 180 Zivilrechtsakzessorietät
116 ff., 139