Diplomatie und Gelehrtenrepublik: Die Kontakte des französischen Gesandten Jaques Bongars (1554-1612) 9783484366374, 9783484970892

In the late 16th century France rose to be a great power after decades of religious civil war. For this, King Henri IV d

239 34 3MB

German Pages 324 [326] Year 2009

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Frontmatter
Inhalt
Einleitung
1. Biographischer Hintergrund
2. Diplomatie als Beruf – das Bild des Gesandten im späten 16. Jahrhundert
3. Handlungsmöglichkeiten und Wirkungsgrenzen – Bongars’ diplomatische Tätigkeit im Reich
4. Zur Praxis der Gelehrsamkeit – Sammeln, Tauschen, Edieren von Büchern und das Verfassen eigener Schriften
5. Empfänger der politischen Berichterstattung: Der französische Hof und die Pariser Parlamentsjuristen
6. Informierte Gelehrte – gelehrte Informanten. Die Reichsstädte: Knotenpunkte des Kommunikationssystems der Diplomaten
7. Die gelehrten Räte an den protestantischen Höfen im Reich
8. Exkurs. Wissenschaftsinteresse und Wissenschaftsförderung – Kontakte zu Ärzten, Alchemisten, Astronomen und Astrologen
9. Die Zusammenarbeit mit niederländischen und englischen Gesandten und Informanten
10. Die Ostachse der Beziehungen – Kontakte nach Böhmen, Mähren und Schlesien
Schluss. Einige Thesen zur frühneuzeitlichen Diplomatie
Backmatter
Recommend Papers

Diplomatie und Gelehrtenrepublik: Die Kontakte des französischen Gesandten Jaques Bongars (1554-1612)
 9783484366374, 9783484970892

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Frhe Neuzeit Band 137 Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europischen Kontext Herausgegeben von Achim Aurnhammer, Wilhelm Khlmann, Jan-Dirk Mller, Martin Mulsow und Friedrich Vollhardt

Ruth Kohlndorfer-Fries

Diplomatie und Gelehrtenrepublik Die Kontakte des franzçsischen Gesandten Jacques Bongars (1554–1612)

Max Niemeyer Verlag Tbingen 2009

n

Meinen Eltern

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-36637-4

ISSN 0934-5531

@ Max Niemeyer Verlag, Tbingen 2009 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, Gbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbestndigem Papier. Druck und Einband: Hubert & Co., Gçttingen

V

Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangslage und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Der späthumanistische Brief als Quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Ungedruckte Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Edierte Briefsammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Methodik und methodische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teil I Jacques Bongars (1554–1612) – Humanist und Diplomat. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Biographischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Herkunft und Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Schule und Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Das Entree in die Gelehrtenrepublik: Die erste Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Gelehrtenkontakte im Rahmen der »Grand Tour« . . . . . . . . . . 1.5 Im Gefolge einer Gesandtschaft: Die Reise nach Konstantinopel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diplomatie als Beruf – das Bild des Gesandten im späten 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zur Definition von »ambassadeur«, »résident« und »agent« . . . 2.2 Zur Theorie des Gesandten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Gesandtschaftstraktate im 16. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Hermann Kirchner: Legatus (1604) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Jean Hotman: De l’Ambassadeur (1603) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Zur Wahrnehmung des Gesandtenberufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Handlungsmöglichkeiten und Wirkungsgrenzen – Bongars’ diplomatische Tätigkeit im Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Werbungen für Subsidien und ein protestantisches Bündnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Bongars’ Verhandlungstätigkeit in Straßburg . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Der Straßburger Kapitelstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der Kartausenstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 8 8 9 11 13

17 19 19 21 26 27 30 33 34 34 37 37 39 41 43 46 48 48 57 58 66

VI 3.3

4.

Frankreichs Einflussnahme auf die Gründung der protestantischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Die Krise um den Herzog von Bouillon . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Der Erbfolgestreit um Jülich-Kleve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Rückzug aus dem diplomatischen Dienst . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Praxis der Gelehrsamkeit – Sammeln, Tauschen, Edieren von Büchern und das Verfassen eigener Schriften . . . . . . . . . 4.1 Die Bibliothek – Wissensspeicher und Werkstätte . . . . . . . . . 4.1.1 Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Verbleib der Bestände nach Bongars’ Tod . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Bongars’ eigene Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Die historischen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1.1 Rerum Hungaricarum Scriptores Varii (1600/06) . . . . . . . . . 4.2.1.2 Gesta Dei per Francos (1611) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Anonym erschienene Polemiken gegen die Jesuiten . . . . . . . . 4.2.2.1 Quaestio parricidi (1595) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.2 L’Anticoton (1611) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3 L’Antibellarmin (1612) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Teil II Das Beziehungsgeflecht Bongars’ – Struktur, Inhalt und Funktionen. . . . . 5. Empfänger der politischen Berichterstattung: Der französische Hof und die Pariser Parlamentsjuristen . . . . . . . . . . 5.1 Die Affinität Heinrichs IV. zu Personenkreisen der respublica litteraria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Religion und Politik: Philippe Duplessis-Mornay . . . . . . . . . . 5.1.2 Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik am französischen Hof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Der »Außenminister« Villeroy und seine Gesandten . . . . . . . 5.3 Der Kreis der Parlamentsjuristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Jacques-Auguste de Thou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Weitere gelehrte Juristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Informierte Gelehrte – gelehrte Informanten. Die Reichsstädte: Knotenpunkte des Kommunikationssystems der Diplomaten. . . . . . . . 6.1 Frankfurt am Main: Messeplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Bongars’ Kontakte zum Wechel-Verlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Der Kaufmann und französische Agent Nikolaus Malapert . . 6.2 Nürnberg: Kontakte nach Böhmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Wissenschaft und Politik: Joachim Camerarius d. J. . . . . . . . .

68 70 75 80 84 86 87 87 88 91 94 94 96 97 99 101 102 103 105

107 109 109 111 114 116 118 119 124 127 129 131 132 137 139 140

VII

7.

8.

9.

6.2.1.1 Biographisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1.2 Informantentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1.3 Informationen von professionellen Berichterstattern . . . . . . . 6.2.1.4 Camerarius’ Dienstleistungen für Bongars . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Wirtschaft und Politik: Der Unternehmer Caesar Calandrini 6.2.3 Kontakte zur Akademie in Altdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Straßburg: Lutherische Reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Augsburg: Interkonfessionelle Gelehrtenkontakte . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die gelehrten Räte an den protestantischen Höfen im Reich . . . . . . . . 7.1 Späthumanismus und Politik: Die Kontakte Bongars’ am Kurpfälzer Hof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Die Heidelberger Oberräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Georg Michael Lingelsheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.1 Biographisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.2 Der Kreis der »amici« in Heidelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2.3 Verbindungen des Heidelberger Kreises nach Paris . . . . . . . . 7.1.2.4 Gefälligkeitsdienste für Bongars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Wichtige Räte und Sekretäre für die Außenpolitik . . . . . . . . . 7.2 Kontakte am hessischen Hof in Kassel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Heinrich IV. und Moritz von Hessen-Kassel . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Wichtige Personen für die Außenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2.1 Die geheimen Räte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2.2 Das hessische Informantenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Der Kasseler Hof und seine wissenschaftlichen Kontakte nach Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs. Wissenschaftsinteresse und Wissenschaftsförderung – Kontakte zu Ärzten, Alchemisten, Astronomen und Astrologen . . . . . 8.1 »Fabelspulver« und Goldmacherei – Medizin und Alchemie . . 8.1.1 Medizin um 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Bongars’ Krankheiten und Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Kontroversen: Der Pariser Paracelsistenstreit . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Die Diplomaten als Förderer der Alchemisten. . . . . . . . . . . . . 8.2 Kometendebatten und Sterndeutung – Astronomie und Astrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Astronomie und Astrologie um 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Kontroversen: Die Thesen von Helisäus Röslin . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zusammenarbeit mit niederländischen und englischen Gesandten und Informanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Kontakte in die Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Zusammenarbeit mit niederländischen Gesandten. . . . . . . . . .

140 144 148 152 155 159 161 166 168 170 171 173 177 177 178 183 186 189 190 191 193 193 196 197 198 200 200 201 204 208 213 221 221 223 226 228 229 229

VIII 9.1.2

Kooperation mit dem niederländischen Kaufmann Daniel van der Meulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Gelehrtenkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Kontakte nach England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Zusammenarbeit mit den diplomatischen Vertretern Englands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Gelehrtenkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Die Ostachse der Beziehungen – Kontakte nach Böhmen, Mähren und Schlesien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Der französische Gesandte in Prag: Guillaume d’Ancel . . . . . 10.1.1 Biographisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.2 Ancels politische Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Der mährische Magnat Karl von Žerotín d.Ä. . . . . . . . . . . . . 10.3 Der Gelehrtenzirkel in Breslau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schluss: Einige Thesen zur frühneuzeitlichen Diplomatie . . . . . . . . . . . . . .

243 243 244 246 249 252 258 261

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abkürzungen und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Ungedruckte Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gedruckte Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Orts- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

271 273 275 275 276 303

231 235 236 236 240 241

IX

Porträt Jacques Bongars’, Kupferstich, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 231591

1

Einleitung 1.

Ausgangslage und Fragestellung »A quo candorem poterat sibi sumere Candor, Fidem Fides, modestiam Modestia. Quoque minus fuerat Pietas pia, Gratia grata: Quo Comitas minus comis, minus Lepos. Quaelibet à quo gaudebat Doctrina doceri: Tali videndus ore: erat Bongarsius.« (Janus Gruter)

Dieses Epigramm von Janus Gruter, dem bekannten Späthumanisten und Bibliothekar der Palatina in Heidelberg, findet sich am Beginn der Edition der Briefe von Jacques Bongars und Georg Michael Lingelsheim.1 Gruter nennt in seinem Gedicht Bongars’ wesentliche Merkmale: ein tief verwurzelter Glaube (»Fides«), Aufrichtigkeit (»Modestia«), Frömmigkeit (»Pietas«) und Freundschaft (»Gratia«), die sich bei Bongars mit Gefälligkeit (»Comitas«) und Humor (»Lepos«) verbunden hätten; deshalb habe man sich auch gerne auf jedem denkbaren Gebiet (»quaelibet doctrina«)2 von ihm unterweisen lassen. Gruter spielt mit dieser Charakterisierung sowohl auf Bongars’ Fähigkeiten als Gelehrter wie auf seine Qualifikation als Diplomat an. Die Verbindung dieser Aspekte schien für Gruter kein Widerspruch, sie sollte vielmehr zwei Seiten der Person Jacques Bongars’ beschreiben: Politik und Gelehrtenkultur als habituelle Elemente ein und derselben Figur schlossen einander nicht aus. Die Interpretation dieses Gedichtes spiegelt in gewisser Weise auch die Entstehung vorliegender Untersuchung wider. Ursprünglich angelegt als rein politik- und diplomatiegeschichtliche Studie über Jacques Bongars (1554–1612), den französischen Gesandten bei den protestantischen Reichsständen, drängte sich im Rahmen meiner Forschungen immer stärker die Erkenntnis in den Vordergrund, dass auch Bongars’ Kontakte zu den europäischen Intellektuellenkreisen der respublica litteraria berücksichtigt werden müssten, wollte man die Arbeitsweise dieses frühneuzeitlichen Gesandten adäquat beschreiben. Da in

1 2

Jacobi Bongarsi et Georgi Michaelis Lingelshemi epistolae, Straßburg 1660 [künftig zit. Ling. ep.], o. S. Der Begriff des »Quodlibet« hier als zeitgenössische Chiffre für umfassende Gelehrsamkeit.

2 seiner Korrespondenz mit führenden Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik neben wissenschaftlichen auch politische Fragen erörtert werden, stellte sich die Frage, ob diese Gelehrtenkontakte auch für seine praktische Tätigkeit als Diplomat relevant waren. Diese Überlegungen führten zu einer erheblichen Ausweitung des Untersuchungsfeldes, um jenes komplexe Beziehungsgeflecht in den Blick zu bekommen, in dem sich Bongars international bewegt hat. Damit verlagerte sich der Schwerpunkt der gesamten Untersuchung: Aus der geplanten politischen Biographie Jacques Bongars’ wurde der Versuch einer Rekonstruktion von Bongars’ politischen und gelehrten Kontakten, um die Funktionsweise frühneuzeitlicher Diplomatie und zwischenstaatlicher Kommunikation im Spannungsfeld von »nationaler« Außenpolitik und internationaler Gelehrtenrepublik zu analysieren. Die Hypothese meiner Arbeit war dabei, dass Diplomatie um 1600 anders und vor allem besser funktionierte, als von der historischen Forschung bisher angenommen wurde. Jacques Bongars war von 1585 bis 1610 ständiger Gesandter Frankreichs bei den protestantischen Reichsständen.3 Die französische Außenpolitik folgte seit dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts dem Grundsatz des Paktierens mit habsburgfeindlichen Mächten, um die Stellung des Kaisers und Spanien-Burgunds zu schwächen. So kam es selbst zur Kooperation mit dem Osmanischen Reich;4 im römisch-deutschen Reich gab es für Frankreich Anknüpfungsmöglichkeiten an die deutsche ständische Opposition gegen Habsburg, seit sich um 1530 der Protestantismus politisch und militärisch organisierte.5 Allerdings stellte die Religionsfrage in den Beziehungen Frankreichs mit den deutschen Protestanten bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts immer wieder ein schweres Hemmnis dar. Erst mit dem Vertrag von Chambord 1552 gelang, was vorher nicht möglich schien: ein rein politisches Bündnis zwischen Partnern verschiedenen Glaubens, zwischen dem französischen »roi très chrétien« Heinrich II. von Frankreich und protestantischen Ständen im Reich mit dem gemeinsamen Ziel der Schwächung des Hauses Habsburg.6 Eine solche Interessengemeinschaft stellte sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts erneut ein, wenngleich aus der Sicht Habsburgs das Konzept der universalen Kaiseridee damals durch das »System« der Casa d’Austria abgelöst worden und ein Europa gleichberechtigter Machtstaaten

3 4

5

6

Als Auswahl der vielen biographischen Darstellungen Andrieux: Henri IV; Buisseret: Henry IV; Babélon: Henri IV; Garrison: Henri IV. Zu den französisch-osmanischen Beziehungen von Franz I. bis Heinrich IV. vgl. Jensen: Ottoman Turks und Niederkorn: Europäische Mächte, zu Frankreich ebda, 138–182. Unter Heinrich IV. kam es nicht mehr zu einer offenen Kooperation mit dem Sultan wie unter Franz I. Seidel: Frankreich, 8. Eine Kooperation Frankreichs mit Bayern oder anderen altgläubigen Reichsständen gelang im 16. Jahrhundert dagegen nicht. Siehe dazu Kohler: Antihabsburgische Politik. Pariset: Relations, 210. Für die spätere Zeit vgl. Hiltebrandt: Heinrich von Navarra; Lutz: Christianitas, bes. 62–81.

3 hervorgetreten war.7 Abermals trafen deutsche und europäische Partikularinteressen in Opposition zu Spaniens Vormacht in Europa zusammen. Eine breite Analyse der Beziehungen der Krone Frankreich unter Heinrich IV. zu den protestantischen Reichsständen bietet inzwischen Friedrich Beiderbeck. Diese Untersuchung klärt zunächst die innenpolitischen Voraussetzungen und Motivationen der Beteiligten in Frankreich und im Reich, ehe sie Ausmaß und Formen tatsächlicher Kooperation erforscht.8 Auf diese Weise wird die bislang einzige umfangreichere Darstellung von Léonce Anquez abgelöst, die die deutsch-französischen Beziehungen zur Zeit Heinrichs IV. allein auf der Basis der diplomatischen Korrespondenz von Jacques Bongars untersucht hat und somit heutigen Maßstäben nicht mehr genügt.9 Außenpolitik und Diplomatie sind Begriffe, die für den Zeitraum der Frühen Neuzeit einer genauen Definition bedürfen.10 Obwohl inzwischen auch die Mediävistik nach »Außenpolitik« in ihrem Zeitalter sucht,11 ist der Begriff in jedem Fall problematisch – für die protonationalen Staatswesen und erst recht für die Reichsstände in der Frühen Neuzeit.12 Aus diesem Grund wurden Kategorien entwickelt, die es erlauben, den Begriff der Außenpolitik auf ein Staatensystem anzuwenden, das sich gerade erst formierte. Entscheidend ist dabei das Verständnis von der europäischen Mächtekonstellation als einem »System«, als einer durch zahlreiche kulturelle, ökonomische und politische Verflechtungen verbundenen Vielheit von politischen Organismen.13 Diese Definition hat den Vorteil, dass nicht nur staatliches bzw. Regierungshandeln unter systematischen Gesichtspunkten untersucht wird, sondern dass auch andere, nichtstaatliche Akteure in die Analyse miteinbezogen werden können, ja sogar müssen.14

7 8

9

10 11 12 13

14

Kohler: Habsburgisches Gesamtsystem. Als Überblick vgl. inzwischen auch Babel: Deutschland und Frankreich. Beiderbeck: Religionskrieg. An bisheriger Literatur, die die deutsch-französischen Beziehungen noch nicht in der geschilderten Weise wahrgenommen hat, vgl. Duchhardt / Schmitt (Hrsg.): Deutschland und Frankreich; Malettke: Deutsch-französische Beziehungen; ders.: Frankreich. Anquez: Henri IV; ebenso die kurze Studie von Baudrillart: Politique. Vgl. auch den Beitrag von Vogler: Henri IV, der sich im wesentlichen auf die Ergebnisse von Léonce Anquez stützt. Zur Unterscheidung der Begriffe »Außenpolitik« und »Diplomatie« vgl. den Beitrag von Stourzh: Außenpolitik. Siehe etwa Wefers: Versuch; Berg: Deutschland; ders. / Kintzinger / Monnet (Hrsg.): Auswärtige Politik; Reitemeier: Außenpolitik; Kintzinger: Westbindungen; Lübke: Außenpolitik. Hochedlinger: Frühneuzeitforschung; Kleinschmidt: Systeme. Der Systembegriff geht auf Czempiel: Internationale Politik, zurück. Zur Geschichte der Außenpolitik und systemtheoretischen Ansätzen in der Erforschung der Frühen Neuzeit vgl. die Beiträge in Krüger (Hrsg.): Staatensystem; ders. (Hrsg.): Kontinuität und Wandel. Den dort erprobten systemtheoretischen Ansatz verwendet auch Strohmeyer: Theorie der Interaktion. So hat es Holger Thomas Gräf exemplarisch für die Außenpolitik Hessen-Kassels vorgeführt, indem er beispielsweise auch die Kasseler Hofschule mit einbezog. Vgl. Gräf: Konfession und internationales System.

4 Auch die wesentlichen Antriebe, die das Staatensystem der Frühen Neuzeit bewegten, sind von der historischen Forschung bereits entschlüsselt worden. So ist das Zusammenwirken von territorialstaatlicher Entwicklung und beginnender Außenpolitik hinlänglich untersucht worden. Heinz Schilling hebt die modernisierende Wirkung der konfessionellen Kräfte für die Formierung des frühmodernen Staates hervor, Kräfte, die ebenso die Außenbeziehungen der Staaten geprägt hätten.15 Konfessionalisierung16 und Formierung des neuzeitlichen Staatensystems verschränken sich in diesem Sinne innerhalb eines mehrstufigen Entfaltungsprozesses zwischen 1570/75 und 1625/30. Nach diesem Modell bleibt die Konfession neben den Faktoren Dynastie, Staatsinteresse und Tradition im genannten Zeitraum »stilbildende Leitkategorie« der Außenpolitik. Sie sollte erst im Laufe des Dreißigjährigen Krieges durch die Kategorie der Staatsräson verdrängt werden.17 Die Frage nach der Bedeutung der Konfession als Movens »zwischenstaatlicher« Kontakte wird auch bei der Betrachtung der Tätigkeit Bongars’ eine Rolle spielen und auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft werden müssen. So lief die Argumentation der Gesandten Heinrichs von Navarra bei den Reichsfürsten zunächst auf eine Unterstützung der französischen Glaubensbrüder hinaus. Nach der Konversion Heinrichs IV. zum Katholizismus gehörte es zu Bongars’ Aufgaben, den Protestanten zu versichern, dass der Religionsübertritt des Königs aus politischen Gründen erfolgt und keineswegs Ausdruck religiöser Überzeugung sei. Außenpolitik- und Diplomatiegeschichte waren nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit keine vordringlichen historischen Forschungsfelder gewesen. Neue Akzente in der Diplomatieforschung setzte in den fünfziger Jahren erst Garrett Mattingly mit seinem Werk zur »Renaissancediplomatie«, in dem er die Interdependenz zwischen der Entstehung ständiger Gesandtschaften und internen staatlichen Reifeprozessen aufzeigte.18 Den Titel seiner Darstellung verstand Mattingly nicht als zeitliche Eingrenzung, sondern bewusst als sachliche These: Moderne Diplomatie setze den säkularisierten und ausschließlich auf sein eigenes Machtinteresse bedachten Staat voraus, wie er in den Gemeinwesen Italiens im 14. und 15. Jahrhundert erstmals zu beobachten sei. Nach und nach wurde auch der Erforschung von Gesandtschaften Interesse geschenkt.19 Aber

15

16 17

18 19

Schilling: Konfessionalisierung im Reich; ders.: Formung und Gestalt; ders.: Konfessionalisierung und Formierung. Siehe inzwischen auch den Band des Autors in der Reihe »Handbuch der Internationalen Beziehungen« über die Zeit von 1559 bis 1660. Zum Begriff der Konfessionalisierung siehe nach wie vor Reinhard: Gegenreformation; ders.: Zwang; Schilling: Konfessionalisierung im Reich. Schilling: Konfessionalisierung und Formierung, 595. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit Schillings Konzept bieten die Beiträge des Sammelbandes von Beiderbeck / Horstkemper / Schulze (Hrsg.): Dimensionen der europäischen Außenpolitik. Mattingly: Renaissance Diplomacy. Vgl. die Forschungen zu den Gesandten Maximilians I. und Ferdinands I. von Höflechner: Entwicklung; Gollwitzer: Geschichte; Rill: Humanismus und Diplomatie.

5 erst diplomatiegeschichtliche Arbeiten wie diejenige von Martin Lunitz über die ständigen Gesandten Karls V. in Frankreich brachten in den achtziger Jahren neue Impulse.20 Durch systematische Untersuchungen der frühneuzeitlichen Gesandten nahm das bis dahin unscharfe Bild der Diplomaten Konturen an. Die Edition von Gesandtschaftsberichten vermittelte einen plastischen Eindruck der konkreten Arbeitsbedingungen der Gesandten.21 Das lange Zeit in der Forschung gepflegte Bild von der Unprofessionalität frühneuzeitlicher Gesandter wich einer differenzierteren Sicht.22 Neben Erkenntnissen über die Diplomaten, ihre Ausbildung und Tätigkeit, ließen sich daraus auch Einblicke in die Organisation des zwischenstaatlichen politischen Verkehrs gewinnen. Neuere Arbeiten zur Diplomatiegeschichte verstehen Diplomatie als Reflexionsinstrument zwischenstaatlicher Kommunikation.23 Sie betonen das Wie der Kontakte, fragen nach den Kriterien, nach denen man sich mit dem staatlichen Gegenüber auseinandersetzte und was für Kenntnisse und Informationen man zu gewinnen trachtete. Diplomatiegeschichte knüpft in diesem Sinne an Kommunikationsund Kulturgeschichte an.24 Neben Außenpolitik und Diplomatie soll der Bereich der Gelehrtenwelt im Späthumanismus die zweite Ebene der vorliegenden Untersuchung bilden. Allerdings gibt es bis heute kein konsensfähiges wissenschaftliches Konzept, das darlegt, wie der Späthumanismus als Epoche in ein größeres Zeitalter des Humanismus einzuordnen ist.25 Ansätze zu einer Konzeptualisierung dieses Epochenbegriffs hat es in den vergangenen Jahrzehnten freilich immer wieder gegeben.26 Die Ausgliederung einer späthumanistischen Epoche wurde sozial- bzw. kulturgeschichtlich begründet, indem man nachzuweisen versuchte, dass sich in den Jahrzehnten um 1600 eine spezifische Kultur des Gelehrtenstandes ausbildete, die sich durch eine Reihe von Merkmalen auszeichnete und die eine historisch einzigartige Erscheinung darstellte. Erich Trunz beschrieb erstmals diese Kultur in seinem bahnbrechenden Aufsatz über den »Späthumanismus als

20 21

22 23 24 25 26

Vgl. die beiden Beiträge gleichen Titels von Lunitz: Diplomatie und Diplomaten, von 1988 und 1996. Im Rahmen der Editionsreihe »Die Korrespondenz der Kaiser mit ihren Gesandten in Spanien«, hrsg. von Friedrich Edelmayer, ist bereits erschienen: Der Briefwechsel zwischen Ferdinand I., Maximilian II. und Adam von Dietrichstein 1563–1565, bearb. von Arno Strohmeyer. Siehe auch Edelmayer: Ehre. Bell: Elizabethan diplomatic compensation. Etwa Lutter: Begegnungsformen; dies.: Politische Kommunikation. Zu den Nachrichtenverbindungen zuletzt Pieper: Vermittlung, sowie Behringer: Köln; ders.: Zeichen des Merkur. Vgl. zuletzt Hammerstein / Walther (Hrsg.): Späthumanismus, darin insbes. die Einleitung, 9–18. Beispielsweise Muhlack / Walther: Res publica litteraria; Bots: Respublica litteraria.

6 Standeskultur«.27 Trunz sah die Gelehrten in der Welt der ständischen Gesellschaft als einen »Stand«, der seine festgesetzte Stellung innerhalb der übrigen Stände besaß, zumal in den lutherischen und calvinistischen Ländern.28 Nach Trunz waren die humanistischen Gelehrten das ganze 16. Jahrhundert über bemüht, eine gesellschaftlich geschlossene Gruppe zu bilden und als solche einen hohen sozialen Rang einzunehmen. Sie hätten eine gewisse Privilegierung gefordert, weil sie dem eigenen Verständnis nach als Vertreter der größten geistigen Macht, der Wissenschaft, den geistigen Adel der Nation stellten und sich als feste Gruppe in gesellschaftlicher Hinsicht eine respublica litteraria nannten.29 Als Charakteristikum der Angehörigen der Gelehrtenschicht galt zunächst, wie Trunz gezeigt hat, der Besuch der Lateinschule sowie der Artistenfakultät mit dem Abschluss der Magisterpromotion. Dann folgten einige Jahre als Schullehrer oder Hofmeister, gelehrte Reisen, gegebenenfalls die Fortsetzung des Studiums an einer höheren Fakultät und von dort der Übergang zum Beruf. Schließlich sollten gesellschaftlicher Aufstieg, Buchveröffentlichungen, weitere Reisen, literarische Freundschaften und gelehrter Briefwechsel stattfinden. Die Gelehrten führten »ihr Leben für sich innerhalb ihrer Schicht«.30 Hatte Trunz in seinem Aufsatz die wesentlichen Elemente des Späthumanismus beschrieben, so war doch die von ihm vertretene Sicht des Späthumanismus als abgekapselter Gelehrtenkultur zu korrigieren. Schon Gerhard Oestreich konnte in seiner Dissertation über Justus Lipsius in der »nobilitas litteraria« eine geistige Elite und im Späthumanismus mehr als eine Standeskultur erkennen.31 Er sah den Späthumanismus als eine der Realität zugewandte Wissenschaftsbewegung, deren konkretes Ziel es gewesen sei, die tiefe politische und religiöse Krise in der Zeit der Konfessionskämpfe zu überwinden. Die Häufung von Krisen in der Zeit um 1600 wird allgemein als eine Signatur des späten Humanismus gesehen.32 Es fragt sich, ob die Auslegung des Begriffes in dieser Hinsicht für die Geschichtswissenschaft taugt. Versteht man ihn aber allgemeinsprachlich als schwierige Zeit des Umbruchs, der wirtschaftlichen Not und der sozialen Ängste, so scheint er für die Jahrzehnte ab 1585 durchaus angemessen.33 Neuere Arbeiten der Germanistik betonen die politische Einbindung der Späthumanisten. Das gilt etwa für die Studien Manfred Fleischers und Robert Seidels zum Späthumanismus in Schlesien.34 Vor allem die für die historische Forschung wichtigen Arbeiten der Germanisten Klaus Garber und Wilhelm

27 28 29 30 31 32 33 34

Trunz: Späthumanismus; erstmals erschien der Beitrag 1931. Zur Bibliographie im Einzelnen siehe das Quellen- und Literaturverzeichnis. Trunz: Späthumanismus, 148. Ebda, 152. Ebda, 153. Oestreich: Antiker Geist. Koenigsberger: Krise. Vgl. Schilling: European Crisis; Schulze: Untertanenrevolten. Fleischer: Späthumanismus in Schlesien; Seidel: Späthumanismus.

7 Kühlmann unterstreichen diesen Aspekt und sehen die politischen Veränderungen um 1600 in engem Zusammenhang mit der Entwicklung von der neulateinischen Dichtung zur Nationaldichtung stehen. So vertritt Kühlmann die These, dass zu Beginn des 17. Jahrhunderts bewusstseinsprägende Veränderungen der kulturellen Situation in der Literatur zur Sprache kamen und in aufschlussreicher Weise verarbeitet wurden.35 Garber durchmisst in seinen Arbeiten unter anderem das geistige, politische und kulturelle Kräftefeld, in dem sich diese internationale Gelehrtengemeinschaft in den entscheidenden Dezennien zwischen 1560/70 und 1620/30 befand: »Diese in Prag, in Breslau, in den mitteldeutschen Fürstentümern, in Kassel, Heidelberg, Straßburg beheimatete nobilitas litteraria blickte nach Westen, zumal nach Frankreich, in die Niederlande, nach England und wenn – wie seit jeher – nach Italien, so bevorzugt zum Reformkatholizismus vornehmlich nach Venedig. D.h., die wie auch immer latente Orientierung am Calvinismus bzw. antitridentinischen Katholizismus brachte es mit sich, dass dieser Gelehrtenund Diplomatenschicht der grenzüberschreitende europäische Kontakt selbstverständlich war.«36 Zwei gegenläufigen Strömungen ist diese Gelehrtengemeinschaft Ende des 16. Jahrhunderts ausgesetzt. Zum einen pflegte sie den für den Humanismus typischen Universalismus, durch den die Gelehrtengemeinschaft nach Gesamtsystemen lebensweltlicher Ordnung suchte, wie es Anthony Grafton am Modell des »Polyhistors« für das 17. Jahrhundert nachgewiesen hat.37 Diesem Universalismus wirkte die Nationalisierung jener Zeit entgegen. Sie bewirkte z.B., dass die großen Universitäten die studentische Mobilität einschränkten. War es im 16. Jahrhundert noch üblich gewesen, im Ausland zu studieren, so besuchten die Studenten im 17. Jahrhundert weit überwiegend die jeweilige Landesuniversität. Auch in die staatlichen Dienste nahm man jetzt vorzugsweise Kräfte aus dem eigenen Territorium auf. Die Nationalsprachen, in denen immer mehr Bücher verlegt wurden, fingen an, die Internationalität des Lateinischen zu verdrängen. Das Spannungsverhältnis zwischen der Internationalität der Gelehrten, die europaweit in ihrer gemeinsamen lateinischen Sprache kommunizieren konnten, und den sich herausbildenden europäischen Mächten, die immer mehr in Konkurrenz traten und sich gegeneinander abgrenzten, bildet den Rahmen der folgenden Untersuchung. Jacques Bongars repräsentiert diese beiden Ebenen gleichermaßen in seiner Person: Zum einen wünschte er die geistige Einheit der europäischen Intellektuellen, der respublica litteraria, die unabhängig von konfessionellen wie politischen Gräben auf der Basis der christlichen Glaubensinhalte gesehen wurde. Zum anderen arbeitete Bongars als Gesandter Hein-

35 36 37

Kühlmann: Gelehrtenrepublik, 10. Garber: Sonderweg, 170 f. Grafton: World of the Polyhistors.

8 richs IV., und seine politische Agitation trug durchaus zur politischen Spaltung Europas in den Jahrzehnten vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges bei. Wie ist in diesem Sinne das Verhältnis der von Bongars zugleich repräsentierten »nationalen« Außenpolitik und der internationalen Gelehrtenrepublik zu beschreiben? Zur Klärung dieser Frage sollen die Personenkreise rekonstruiert werden, mit denen Bongars korrespondierte. Dieser weitgefächerte Korrespondentenkreis Bongars’ umfasste Könige und Fürsten, Gesandte, Räte und Sekretäre, aber auch Kaufleute, Bankiers, Philologen, Historiker und Altertumsforscher, Ärzte und Alchemisten, Astronomen und Astrologen. Welche Aufgaben hatte Bongars als ständiger Gesandter im Reich, und waren seine so unterschiedlichen Kontakte dafür von Nutzen? Welche Informationen bezog Bongars von welchen Korrespondenzpartnern? Welche Bedeutung hatte der enge Kontakt Bongars’ zu international operierenden Unternehmerfamilien für seine diplomatische Arbeit? Welche Diskurse bestimmten die gelehrten Korrespondenzen und welche politische Zielsetzung verband oder trennte die Korrespondenten? Inwieweit war es für die Entwicklung deutsch-französischer Beziehungen relevant, wenn Bongars paracelsische Ärzte aus Frankreich an deutsche Höfe vermittelte oder wenn er die Drucklegung von in Frankreich verbotenen Büchern im Reich mit Hilfe Kurpfälzer Räte organisierte? Dies ist ein Ausschnitt der Fragen, die untersucht werden sollen.

2.

Quellen und Literatur

2.1

Der späthumanistische Brief als Quelle

Jacques Bongars hinterließ einen höchst umfangreichen Briefwechsel, der sowohl politische als auch gelehrte Korrespondenzen umfasst, aber auch Briefe, die beide Bereiche miteinander vereinen. Diese politisch-gelehrten Korrespondenzen bilden die Grundlage der folgenden Untersuchung, da in ihnen die Verbindung von Gelehrtengemeinschaft und Politik am auffälligsten ist. An dieser Stelle muss jedoch auf die Andersartigkeit des humanistischen Briefes im Vergleich zu den rein politischen Korrespondenzen hingewiesen werden. Für die Humanisten war der Brief spezifischer und integraler Bestandteil ihres intellektuell-gelehrten Habitus. Im brieflichen Austausch konstituierten sich die Humanisten über alle räumlichen Grenzen hinweg und ohne, dass man sich unmittelbar begegnete, als Gemeinschaft, als »respublica«.38 Erich Trunz beschrieb dieses Phänomen wie folgt: »Im Späthumanismus hat sich eine Form intensiver Zusammenarbeit der Gelehrten herausgebildet [...] Es gab einen gelehrten Briefwechsel, der ganz Europa wie ein Netz überspannte. Man teilte einander wissenschaftliche Neu-

38

Worstbrock (Hrsg.): Brief im Zeitalter der Renaissance, 6.

9 igkeiten mit und empfahl einander junge Männer, die ihre »peregrinatio academica« vornahmen. Doch diese »amicitia litteraria« führte auch dazu, dass man einander kritiklos lobte, dass man unbedenklich zu jeder Veröffentlichung eines Kollegen Gedichte beisteuerte, dass man andere nannte, um selbst genannt zu werden, dass man Briefe schrieb mit der Absicht, dadurch im Kreise der Vielgenannten zu sein, und in der stillen Hoffnung, dass diese Briefe abgeschrieben und weitergereicht würden.«39 Die lateinisch schreibende Gelehrtenschicht war insofern an das weiträumige, internationale Kommunikationssystem angeschlossen. Selbst wenn man nicht persönlich mit Hugo Grotius, Daniel Heinsius oder Johannes Meursius korrespondierte, hatte man über »Relaisstationen« Zugang zu Nachrichten aus der internationalen Gelehrtenwelt.40 Die Briefe der Humanisten untereinander waren in diesem Sinne nicht oder selten »privat«, selbst wenn sie an einen vertrauten Freund gerichtet waren. Der Brief war in vielen Fällen von Anfang an als literarische Komposition gedacht und als solche zur Vervielfältigung und zum Lesen durch Dritte konzipiert.41 Der Humanistenbrief war damit in erster Linie eine literarische Ausdrucksform. Sofern bedeutende Gelehrte nicht selbst ihren Briefwechsel herausgaben, wurde dieser bald nach ihrem Tode ediert.42 Darüber hinaus hatten die Humanistenbriefe noch eine andere Funktion zu erfüllen. Sie dienten zugleich als Zeitung, zu einer Zeit, als es noch keine gedruckte Presse gab und sich regelmäßige Kommunikation langsam und unsicher vollzog. Die bedeutenden Zeitungsschreiber waren Humanisten und Reformatoren gewesen, die einander in ihren Briefen Nachrichten mitteilten.43 Zugleich erforderte der steigende Informationsbedarf zuverlässige Kommunikationswege.44 Nicht zufällig fiel die Entwicklung zur periodischen Zeitung in das Jahrzehnt zwischen 1595 und 1606.45 Dieser Aspekt des humanistischen Briefes als Nachrichtenmedium soll im Rahmen der Untersuchung von Bongars’ Korrespondenz besonders beachtet werden. 2.2

Ungedruckte Briefe

Die verschiedenen biographischen Darstellungen ließen bislang das »Doppelleben« Bongars’ als Diplomat und Gelehrter außer Acht, weil sie jeweils nur einen

39 40 41 42 43

44 45

Trunz: Johann Matthäus Meyfarth, 339. Vgl. dazu Fumaroli: Genèse; Lohmeier: Briefwechsel, 58. Kristeller: Renaissance thought, 8. Trunz: Späthumanismus, 169. Beispielsweise belieferte Philipp Melanchthon jahrelang Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, desgleichen die Herzöge von Mecklenburg und Preußen, den Fürsten von Anhalt und König Christian von Dänemark mit »Zeitungen«. Vgl. dazu Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 99. Insbesondere die Türkenkriege weckten den Informationsbedarf im lateinischen Europa. Vgl. Schulze: Reich und Türkengefahr, 22. Vgl. dazu Lang: Neue Zeitung, 683.

10 Aspekt beleuchteten. So ist die Darstellung von Anquez dem Diplomaten Bongars und seiner Rolle innerhalb der deutsch-französischen Beziehungen unter Heinrich IV. gewidmet; sie ist ausschließlich aus dem Quellenbestand in Paris erarbeitet. Seine diplomatische Korrespondenz und ein Teil seiner privaten Briefe gingen nach Bongars’ Tod an die französische Regierung zurück. Der Bestand befindet sich heute in der Pariser Bibliothèque Nationale.46 Andere Schriftstücke befinden sich im Institut de France und im Archiv der Bibliothèque de la Société de l’Histoire du Protestantisme Français in Paris. Weitere diplomatische Korrespondenzen befanden sich mit Bongars’ Bibliothek und Teilen seines gelehrten Briefwechsels bei seinem Tod in Straßburg und sind von dort über Basel nach Bern gekommen.47 Den Studien des Berner Philologen Hermann Hagen ist es zu verdanken, dass Bongars’ wissenschaftliche Arbeit auf der Basis des Berner Quellenmaterials bereits einmal beleuchtet wurde.48 Der umfangreichste Codex B 149 enthält ca. 500 Briefe von und an Bongars. Dieser Codex bildete bereits die Basis für eine Dissertation zu Anfang des 20. Jahrhunderts.49 Allerdings wurden in dieser Arbeit nur die diplomatischen Korrespondenzen des französischen Gesandten ausgewertet. Eine große Anzahl von Bongars’ Briefen verblieb allerdings in Straßburg. Auf sie stieß der Bibliophile Zacharias Conrad von Uffenbach im Jahre 1698, als er Buchläden und Bibliotheken durchforstete. Bongars musste demnach am Ende des 17. Jahrhunderts in Intellektuellenkreisen noch ein Begriff gewesen sein. Über Uffenbachs Fund der Briefe Bongars’ heißt es: »Da er noch in Straßburg studierte, kaufte er denselben mit anderen Handschriften von dem dasigen Buchhändler Leers, als Maculatur. Viele von diesen Briefen, sonderlich welche der gelehrte Bongars geschrieben hatte, waren so naß, und durch das lange Leben und Alter so übel zugerichtet, daß ihm einige Stücke davon in der Hand kleben blieben, als er sie anrührte. Er hatte hieben einige Monate so viele Beschwerlichkeit, daß er beynahe darüber erkrankte. Welch eine Begierde, die ehrwürdigen Überbleibsel so verdienter Männer zu erhalten.«50 Über den Hamburger Professor Johann Christoph Wolf (1683–1739) wanderten die Briefe nach Hamburg, wo sie sich heute im Rahmen der Uffenbach-Wolfschen Briefsammlung in der Staats- und Universitätsbibliothek befinden. Auf diesen wichtigen Bestand hat Carl Schultess bereits 1905 hingewiesen.51 Es handelt sich um 24 Briefe von und

46 47 48 49 50 51

B. N., FR 7125–7132, Mémoires de Bongars. Es handelt sich um die Manuskripte und Korrespondenzen, die nach seinem Tod an den französischen Monarchen zurückgelangten. Zur Bibliothek und den Umständen, wie sie nach Bern gelangte, vgl. unten, Kap. 4. Hagen: Jacobus Bongarsius. Zur Berner Sammlung vgl. auch Juker: Jacob Bongars; Müller: Jacques Bongars. Breuer: Berner Codex. Hermann: Zacharias Conrad von Uffenbach, LXXXIVf. Schultess: Briefwechsel.

11 1151 Schreiben an Bongars, letztere von über 189 verschiedenen Absendern.52 Diese Briefe sind für die Erforschung des Korrespondentenkreises von größter Bedeutung, da durch sie erst die Internationalität von Bongars’ Kontakten richtig erfasst werden kann. 2.3

Edierte Briefsammlungen

Drei verschiedene Briefsammlungen von Jacques Bongars sind postum herausgegeben worden. Eine Sammlung enthält ausschließlich Briefe Bongars’ an seinen Freund, den Nürnberger Arzt und Naturwissenschaftler Joachim Camerarius d. J.53 Die Briefe, die Bongars im Zeitraum zwischen dem 20. Mai 1588 und dem 12. September 1598 an Joachim Camerarius d. J. geschrieben hatte, schickte dessen Sohn Ludwig Camerarius an Friedrich Spanheim, der sie 1647 unter dem Titel Viri illustris Jacobi Bongarsii ad Joachimum Camerarium, Medicum ac Philosophum Celeberrimum scriptae, et historicis ac politicis documentis instructae herausgab. Spanheim schrieb in einem der Ausgabe vorangestellten Brief an Ludwig Camerarius vom 15. Mai 1647 über Bongars, den Gesandten Heinrichs IV.: »Ce Prince le députa aux Princes d’Allemagne plusieurs fois comme Envoyé, et une fois comme Ambassadeur, pour des affaires très difficiles, dont il s’aquitta avec fidelité, faisant voir dans toute sa conduite une grande sincerité et une parfaite integrité [...] qualitez qu’on trouve rarement unies ensemble dans nôtre siècle [...] Monsieur de Bongars avoit joint à la piété et à la vertu l’amour des belles Lettres des savans. La Cour, les affaires, et tous les voyages qu’il fit, n’empêchèrent pas qu’il ne travaillât à leur avancement, et qu’il ne donnât des marques publiques d’un rare savoir, d’autant plus estimable, qu’il étoit joint avec une extreme modestie.«54 Von den Erben der Camerarii kaufte der Pfälzer Kurfürst Karl Theodor deren Manuskriptensammlung, wodurch sie nach Heidelberg und später nach München gelangten.55 Die Korrespondenzen zwischen Bongars und dem Kurpfälzer Rat Georg Michael Lingelsheim bilden das Kernstück der zweiten Briefsammlung.56 Diese Briefe waren von Franz Veyraz, der zwölf Jahre lang Bongars’ Sekretär war,

52

53

54 55 56

Hinzu kommen Briefe mit unleserlicher Unterschrift. Der Hamburger Bestand ist durch das hervorragende Register von Nilüfer Krüger (Hrsg.): Supellex Epistolica, erschlossen. Epistolae ad Joachimum Camerarium, Leiden 1647. Die Originale dieser Briefe an Camerarius befinden sich in der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sign. Clm 10364, fol. 183–365. Epistolae ad Joachimum Camerarium, o. S. Zur Geschichte der Sammlung vgl. Halm: Sammlung der Camerarii. Ling. ep. In der Vorrede heißt es: »Leges hic Bongarsii et Lingelshemii Epistolas, multas eruditione, et variis prudentiae documentis plenas, beneficio Nobilissimi Amplissimae dignitatis viri, qui Inclytae Reipl. ad Helevetios Legatus a Clarissimo viro Dn. Francisco Veyrazio eas, ut lucem viderent, accepit. Has venerandus hic senex, qui in contubernio Illustris Bongarsii, duodecim annos, eidem ab epistolis, vixerat, descripsit integras; Nos

12 abgeschrieben und einem Straßburger Gesandten in der Schweiz zur Herausgabe überlassen worden. Sie erschienen 1660 unter dem Titel Jacobi Bongarsi et Georgii Michaelis Lingelshemi epistolae. Diese Briefsammlung enthält 138 Briefe von Lingelsheim an Bongars und daneben noch eine Reihe von Briefen, die Bongars an Fürsten, fürstliche Räte und Gelehrte geschrieben hat. Die Stellen, an denen Bongars gegen die Jesuiten polemisierte, wurden in der Ausgabe durch Punkte ersetzt. Einige Briefe aus der genannten Edition sowie die bereits erwähnten, an Camerarius gerichteten Schreiben enthält auch das 1668 erstmals aufgelegte Sammelwerk Lettres latines de Monsieur de Bongars resident et ambassadeur sous le Roy Henri IV en diverses negotiations importantes. Es handelt sich um eine französische Übersetzung der Briefe Bongars’, die 1681 in Den Haag und 1686 in Paris erneut aufgelegt wurde. 1694 erschien ein Abdruck der Ausgabe in Berlin. Ihre Entstehung verdankt sie dem Umstand, dass sich nach der Aufhebung des Edikts von Nantes viele französische Reformierte in Berlin niederließen.57 Der dritte und wegen seiner weitaus zuverlässigsten Übersetzung ins Französische auch wichtigste Band mit Korrespondenzen sind die Lettres de Jacques Bongars resident et ambassadeur du roi Henri IV vers les Electeurs, Princes et Etats Protestants d’Allemagne, 1695 in Den Haag erschienen.58 Er umfasst die Briefe der vorherigen Ausgabe, weitere 30 französische Briefe und eine Instruktion an Bongars. Die Ausgabe ist zweisprachig, lateinisch und französisch. Gewidmet ist sie dem französischen Kronprinzen zu Zwecken seiner diplomatischen Ausbildung. Weitere Korrespondenzen von Bongars sind auszugsweise in zahlreichen Briefeditionen zu finden: Schriftwechsel politischen Inhalts vor allem in den Werken von Christian von Rommel, Friedrich von Bezold und Moriz Ritter;59 ferner findet man Korrespondenzen mit Gelehrten in Briefsammlungen wie z.B. von Isaac Casaubon, Justus Lipsius, von Tycho Brahe und vielen anderen.60

57 58

59 60

autem rationibus quibusdam adducti, quaedam punctis signata omittere maluimus, Quod quo consilio factum prudentiores facile agnoscent.« Ebda, 2. Lettres latines de Monsieur de Bongars, resident et ambassadeur sous le Roy Henry IV en diverses négotiations importantes, Paris 1668. Zit. als Ed. 1668. Zit. als Ed. 1695. In dieser Ausgabe sind die »Fehler« der Pariser Vorläuferausgaben wie z. B. das Weglassen kritischer Äußerungen Bongars’ gegenüber den Jesuiten korrigiert und die lateinischen Briefe möglichst genau übersetzt worden. Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite; Bezold (Bearb.): Briefe; Briefe und Acten I– III. Dies ist nur eine Auswahl aus der großen Anzahl gelehrter Briefsammlungen, in denen Briefe von Bongars zu finden sind: Casaubon: Epistolae; Burman: Sylloges epistolarum; Dreher: Tychonis Brahe Dani opera omnia. Vgl. auch die großen Sammlungen wie Reifferscheid: Briefe.

13

3.

Methodik und methodische Probleme

Als Methode für die folgende Untersuchung wird für den ersten Teil eine Kombination aus biographischer und struktureller Betrachtungsweise gewählt. Das Verhältnis der historischen Forschung gegenüber Biographien war in den letzten Jahrzehnten abwechselnd geprägt von Anziehung und Ablehnung. Vor allem in den 1970er Jahren war die Beschäftigung mit der Personengeschichte geradezu verpönt, da sie als Widerspruch zur vorherrschenden Struktur- und Sozialgeschichte gesehen wurde.61 Mittlerweile hat die Biographie ihren Platz als eine von mehreren möglichen Methoden auch im Rahmen einer strukturgeschichtlichen Betrachtungsweise eingenommen. Blickt man sich in der Forschungsliteratur um, so ist sogar wieder ein Trend zur Beschäftigung mit der Personengeschichte, eine »Wiederentdeckung des Biographischen«, zu verzeichnen.62 Die Beschäftigung mit Einzel- oder Gruppenbiographien findet in der europäischen Frühen Neuzeit ein denkbar ergiebiges und aussagekräftiges Forschungsfeld, da in diesem Zeitalter Personenbeziehungen in der politischen Wirklichkeit eine besonders große Rolle spielten. Zum einen bestanden die traditionellen Lehensbindungen, zum anderen waren Patronats- und Klientelbeziehungen ein äußerst wirksames Mittel der Politik. Staatliche Institutionen hingegen, die das Leben in der Gesellschaft regelten, wurden gerade erst ausgebildet und überlagerten nur allmählich die tradierten Strukturen des Personenverbandsstaates,63 um sie dann durch den Ausbau moderner Staatlichkeit zu verdrängen. Zur Analyse der Struktur, des Inhalts und der Funktionen von Bongars’ Kontakten wird der Begriff des Netzwerkes eingeführt, da das analytische Instrumentarium der Netzwerkanalyse eine Differenzierung der verschiedenen Verbindungen erlaubt, die innerhalb eines Personenkreises bestehen können, wie z.B. Verwandtschaft, Freundschaft, Informationsaustausch, Arbeitsleistungen usw.64 Anliegen der Netzwerkanalyse ist zudem die empirische Beschreibung von Netzwerken wie z.B. die Frage, ob das Netzwerk locker oder dicht geknüpft ist, die Frage, ob man örtliche Verdichtungen von Beziehungen im Gesamtnetz feststellen kann, ob sich bestimmte Akteure an Schaltstellen des Netzwerkes befinden.65 Obwohl dieses soziologische Instrumentarium nicht speziell als historisches Verfahren entwickelt wurde, scheint es doch gerade mit ihm möglich, der Vielschichtigkeit von Zusammenhängen Ausdruck zu verleihen, den Gegebenheiten der Frühen Neuzeit durch sein offenes Konzept entgegenzukommen.

61 62 63 64 65

Schulze: Biographie, 513. Bugnard: Retrouvailles, 238. Der Begriff nach Mayer: Ausbildung, 194. Schenk: Soziale Netzwerke; Schweizer (Hrsg.): Netzwerkanalyse, darin bes. die Einführung des Herausgebers: Netzwerkanalyse als moderne Strukturanalyse, 1–25. Ebda, 4.

14 Allerdings sagt der Begriff des Netzwerkes per se nichts über die Stabilität von Verbindungen aus, die im politischen Kontext von grundlegender Bedeutung sind. Inwieweit man daher für das so komplexe Beziehungsgeflecht von Jacques Bongars von einem Netzwerk sprechen kann, muss in der Untersuchung geprüft werden. Meine Untersuchung versteht sich als ein Beitrag zu verschiedenen Typologien. So werden im Rahmen von Bongars’ Korrespondentenkreis Figuren und Karrieren aus der »zweiten« bzw. »dritten Reihe« untersucht. Im deutschsprachigen Bereich, auf dem Feld der politischen Geschichte, rücken gelehrte Räte als ausgewiesene Entscheidungsträger oder Meinungsbildner immer deutlicher ins Blickfeld.66 Die historische Forschung macht hier Anstalten, den Staatsbildungsprozess gleich welcher Ebene und welchen Typus’ (Herrschaft, Territorialstaat, Nationalstaat, internationales Staatensystem) in enge Beziehung zur Entwicklung frühmoderner Gelehrsamkeit zu setzen: ein modernes Berufsbeamtentum, das im innerstaatlichen Behördenapparat wie in der Sphäre zwischenstaatlicher Beziehungen und Mächte gewirkt haben soll.67 Auch soziale Netzwerke müssen in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden.68 Für einzelne Personen ist diese Art von »vernetzter Biographie« für die Frühe Neuzeit schon mehrfach unternommen worden.69 So legte Béatrice Nicollier-de Weck mit ihrer Studie über Hubert Languet ein Beispiel für eine ins Biographische integrierte Netzwerkanalyse vor.70 Auch Maximilian Lanzinner lieferte in seinem Aufsatz über die gelehrten, politischen und konfessionellen Kontakte von Johann Georg von Herwarth, dem Berater der bayerischen Herzöge, ein Beispiel für die Darstellung eines komplexen Beziehungsgeflechts.71 Neueste Arbeiten, die sich mit Biographien frühneuzeitlicher politischer Per-

66

67

68 69

70 71

Immer noch maßgeblich: Press: Calvinismus; Lanzinner: Fürst, Räte und Landstände. Neuerdings Noflatscher: Räte und Herrscher, ebenso Marcus: Politics of Power. Siehe auch als vergleichende Studie über Funktionseliten im beginnenden Territorialstaat Hesse: Amtsträger. Hammerstein: Universitäten. Als Beispiel einer gelungenen Verbindung von politischer Struktur- und Kommunikationsgeschichte vgl. etwa die Studien von Edel: Kaiser und Kurpfalz, sowie ders.: Johann Baptist Weber; Pflüger: Kommissare und neuerdings Zwierlein: Discorso. Siehe zudem die prosopographischen Untersuchungen zu habsburgischen Räten im 15. und 16. Jahrhundert wie etwa Edelmayer: Söldner und Pensionäre. Vgl. Reinhard: Augsburger Eliten. Schwinges: Karrieremuster. Darin wird die Notwendigkeit »vernetzter Biographien« unterstrichen, »da man den einen Gelehrten erst dann wirklich kennt, wenn man sie alle kennt: in ihrer sozialen und kulturellen Umwelt und in ihren Wirkungsfeldern als gelehrte Hofleute, Hof- und Stadtjuristen, Leib- und Stadtärzte, Pfarrer und Prediger, Schulmagister und Professoren, poetae laureati, gelehrte Artisten und artistennahe Praktiker wie Schreiber und Notare, Apotheker, Bader und Chirurgen, ›Halbgelehrte und Private‹, wo auch immer sie ihr Wissen bezogen, ob aus dem Reich, Italien oder Frankreich.« Ebda, 22. Nicollier-de Weck: Hubert Languet. Lanzinner: Herwarth.

15 sonen beschäftigen, fragen ebenfalls nach dem kulturellen und sozialen Kontext.72 Dennoch gibt es bisher kaum Untersuchungen, die die Gelehrtenwelt in Verbindung mit der politischen Personengeschichte bringen.73 Definiert man den Gelehrten als einen »Menschen, dessen Berufs- oder bevorzugte Hauptbeschäftigung während einer längerfristigen biographischen Konstellation das Denken und das ›Mitteilen‹ von Gedachtem ist«, so wird er auch und vor allem für den Historiker zu einem wichtigen und lohnenden Forschungsgegenstand, da er Teil der politischen Wirklichkeit der Frühen Neuzeit war.74 Von hier ist der Schritt zur Kulturgeschichte nicht mehr groß, da der erweiterte Kulturbegriff Kultur als eine symbolische Ordnung auffasst und damit alles einbezieht, was in der Gesellschaft gelehrt und gelernt werden kann.75 Zur Anlage dieser Arbeit. In einem ersten Teil soll Bongars’ Prägung durch Herkunft, Ausbildung und Karriere nachgezeichnet werden. Zu diesem Zweck werden Familie, Erziehung und Sozialisation vorgestellt (Kap. 1). Ein Kapitel über die Theorie des Gesandten analysiert in diesem Zusammenhang die zeitgenössischen Aufgaben eines ständigen Gesandten und bietet Orientierung bei der Bewertung von Bongars’ diplomatischer Tätigkeit im Rahmen der damaligen französischen Außenpolitik (Kap. 2). Anschließend folgt eben jener Überblick über die diplomatischen Aktivitäten des Protagonisten (Kap. 3). Auf Grundlage der Traktate über den Beruf des Gesandten ist schließlich zu erörtern, welchen Stellenwert das Sammeln und Weiterleiten von Nachrichten durch die ständigen Gesandten besaß (Kap. 4). Der zweite Teil mit den Kapiteln 5 bis 10 widmet sich der Beschreibung von Bongars’ netzwerkartigem Beziehungsgeflecht. Dazu ist es notwendig, Bongars’ Korrespondenzpartner prosopographisch zu erfassen und einzuordnen. Den Auftakt bildet ein Kapitel über Bongars’ Kontakte in Paris, dem Hauptadressaten seiner Informationen (Kap. 5). Anhand inhaltlicher Schwerpunkte, entlang von Diskursen, soll das Ineinandergreifen der verschiedenen Kommunikationskreise sichtbar werden, an denen Bongars teilhatte. Dafür wurden geographische Zentren ausgewählt, die auf eine besondere Dichte der Kontakte hindeuten, namentlich die oberdeutschen Reichsstädte (Kap. 6) sowie die protestantischen Höfe in der Kurpfalz und den hessischen Landgrafschaften (Kap. 7). Ein Exkurs über Wissenschaftsinteresse und Wissenschafts-

72 73 74

75

So z. B. die Habilitationsschrift von Winkelbauer: Fürst und Fürstendiener; vgl. auch die Studie von Nicklas: Tagebuch, sowie Meußer: Kaiser und Reich. Ein hervorragendes Beispiel für die Kombination von Politik- und Kulturgeschichte bietet die Untersuchung von Walther: Adel und Antike. Definition nach Keck / Wiersing / Wittstadt (Hrsg.): Literaten, Vorwort, 5f. Die Zielsetzung dieses Sammelbandes ist es, den Typus des Gebildeten der Vormoderne in exemplarischen Ausprägungen vorzustellen und so Bausteine zu einer »Geschichte der Gebildeten« zusammenzutragen. Zusammenfassend Reisenleitner: Umgang. Zum Stellenwert des Symbolischen für die Weltdeutung vergangener Zeiten Chartier: Text; ders.: Kulturgeschichte. Als exemplarische Untersuchungen siehe etwa die Beiträge in Grafton / Blair (Hrsg.): Transmission of Culture.

16 förderung hebt einen weiteren großen Personenkreis hervor, der zu Bongars’ politisch-gelehrtem Beziehungsgeflecht zu rechnen ist (Kap. 8). Ebenfalls werden Verbindungen zu den protestantischen Mächten England und den Generalstaaten beleuchtet (Kap. 9). Um keine rein »westeuropäische« Orientierung zu suggerieren, sollen in gleicher Weise Bongars’ Kontakte nach Böhmen, Mähren und Schlesien untersucht werden (Kap. 10). Das Problem, das sich bei dieser Untersuchungsmethode ergibt, liegt auf der Hand: Es ist nahezu unmöglich, im Rahmen einer einzigen Studie sämtliche Kontakte Bongars’ zu recherchieren und zu rekonstruieren. Daher musste eine Auswahl getroffen werden. Auch konnte nur ein Bruchteil der Briefe eingesehen werden; wo es weiteres Material zu erforschen gibt, wurde dies in Fußnoten vermerkt. Dennoch vermittelt das herangezogene Quellenmaterial ein relativ klares Bild über das Beziehungsgeflecht von Jacques Bongars und dessen Rolle für das Funktionieren frühneuzeitlicher europäischer Diplomatie.

17

Teil I Jacques Bongars (1554–1612) – Humanist und Diplomat

18

19

1.

Biographischer Hintergrund

1.1

Herkunft und Familie

Die Familiengeschichte von Jacques Bongars ist exemplarisch für das Schicksal vieler französischer Reformierter im 16. Jahrhundert. Waren Anfang des Jahrhunderts zahlreiche nobilitierte Familien im königlichen Dienst tätig, änderte sich die Situation für viele von ihnen mit ihrer Konversion zum Reformiertentum: es drohten nun persönliche Verfolgung und Ausgrenzung. Um den Ausschreitungen während der Religionskriege zu entkommen, bot sich die Chance, die Ausbildung der Kinder auf calvinistische Schulen außerhalb Frankreichs zu verlegen. Eine Karriere in königlichen Diensten war daraufhin jedoch kaum noch möglich. Erst unter Heinrich von Navarra, der als Heinrich IV. von Frankreich 1589 den Thron bestieg, wurden die Weichen für einen dauerhaften Frieden gestellt. Der Friede gewährte den französischen Reformierten wieder ein Betätigungsfeld in Diensten der Krone. Dank Bongars’ umfangreicher genealogischer Studien lassen sich der soziale Aufstieg und die beruflichen Traditionen seiner Familie gut nachvollziehen.1 Die detaillierten Studien zu seiner Familiengeschichte erhellen die soziale Stellung der Bongars und ihre Bindung an die französische Monarchie. Demnach war bereits Bongars’ Ururgroßvater, Guillaume Bongars, unter Karl VIII. (1483–1498) königlicher Rat und Hauptmann der Bogenschützen (»capitain des archers«) von Nivernais, Gien und Orléans. Unter Ludwig XII. (1498–1515) hatte Guillaumes Sohn Lambert die einflussreiche Stelle eines königlichen Rates und Generalstaatsanwalts im Grand Conseil inne. Die ausgeprägte Loyalität zum Königtum spiegelt sich auch im Wappen der Familie wider: Es stellt einen Pelikan dar, der seine Jungen im Nest beschützt – ein Symbol der Fürsorglichkeit und der

1

Unter den genealogischen Arbeiten, die Bongars verfasste, befindet sich auch ein Stammbaum seiner eigenen Familie; vgl. BERN, cod. 143, Nr. 26. Der gesamte Codex 143 enthält genealogische Studien Bongars’ zu fürstlichen Familien, aber auch zur Familie seiner zukünftigen Frau. In der Bibliothèque Nationale stößt man in der Collection Chérin 31 (FR 31593), Nr. 629, fol. 2–7 auf genealogische Ausführungen der Familie Bongars, in den Dossiers bleus 109 (FR 29654), Nr. 2795, fol. 1ff. auf Stammbäume sowie ebda, fol. 21f. auf genealogische Ausführungen von Bongars selbst. In den Carrés d’Hozier Nr. 108 (FR 30337) finden sich auf fol. 69 f. verschiedene Urkunden der Familie Bongars über Ämter-, Titel- und Grundstückserwerbungen.

20 Aufopferung.2 Dieses Motiv lässt sich auch als sprechendes Wappen verstehen, das den Familiennamen Bongars von »bonne garde« ableitete. Lamberts Enkel, Girard Bongars, der als Besitzer der beiden Güter La Chesnaye und Bauldry den Titel des Seigneur de la Chesnaye et de Bauldry führte, war der Vater von Jacques Bongars. Mit seiner Ehefrau Marie Lesqueux hatte Girard Bongars drei Kinder: Jacques, Isaac und Esther. Girard trug den Titel eines »écuyers«, was ursprünglich auf den Status eines Schildknappen oder Schildträgers hinwies, mittlerweile aber ganz allgemein für einen Adeligen oder Edelmann stand und auch nicht mehr als Adelsnachweis galt. Im 16. Jahrhundert gab es noch keine strikte Trennung zwischen bürgerlichen und adeligen Familien. Eine Änderung trat erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein, als die Krone eine allgemeine Adelsrevision verfügte.3 Wann die Familie zum reformierten Glauben übertrat, ist nicht festgehalten, Girard Bongars jedenfalls konnte oder wollte aufgrund seiner Konfession nicht in den königlichen Dienst eintreten. Als Jacques Bongars 1554 in Orléans geboren wurde, bekam er damit zwei Traditionen seiner Familie in die Wiege gelegt: Die Loyalität zum Königtum einerseits, die konfessionelle Bindung an den Calvinismus andererseits. Diese beiden Konstanten sollten den Handlungsspielraum von Bongars’ beruflichem Werdegang bestimmen. Auch Bongars’ Geschwister lebten und arbeiteten im Umkreis des Königs. So war Bongars’ jüngerer Bruder Isaac in den ersten Jahren der Regentschaft Heinrichs IV. als königlicher Finanzbeamter tätig.4 Später kaufte er Jacques Bongars das Weingut La Chesnaye bei Orléans ab und bewirtschaftete es.5 Bongars’ Schwester Esther war mit einem Sekretär der königlichen Kammer verheiratet.6 In dem Briefwechsel zwischen Bongars und seinen Geschwistern

2

3

4 5

6

Das Wappen der Familie Bongars befindet sich auf dem ersten Katalog seiner Bibliothek von Samuel Hortin, dem Clavis Bibliothecae Bongarsianae, BERN, cod. A 5; vgl. zur Symbolik des Pelikans das zeitgenössische Werk »Physiologus« in der Ausgabe von Otto Seel, 10 f., 104. Der Nachweis der Adelszugehörigkeit spielte im Frankreich des 16. Jahrhunderts noch nicht jene Rolle wie in den beiden folgenden Jahrhunderten. Vgl. Goubert: Ancien régime, Bd. 1, 146 f. Zum »mécanisme de l’anoblissement« vgl. Böse: Amt und sozialer Aufstieg, 55: »Nun sagt diese Bezeichnung noble im 16. Jahrhundert nichts mehr über die Zugehörigkeit zum Adel aus, sondern zeigt, ebenso wie der Titel noble homme, den bloßen Anspruch auf nicht bewiesenen Adel an, obwohl im 17. und 18. Jahrhundert teilweise anderes behauptet wurde.« Anquez: Henri IV, XIV. Vgl. Isaac an Jacques Bongars, 3. August 1611, SUBH, sup. ep. 32, fol. 229. Schultess: Bongars, 106. In diversen Briefen berichtet Isaac seinem Bruder u. a. von der Weinernte. Vgl. Isaac an Jacques Bongars, 3. und 9. August 1611, SUBH, sup. ep. 32, fol. 229 und 235. Anquez: Henri IV, nennt sie Esther, jedoch unterschreibt sie nach ihrer Heirat die Briefe an ihren Bruder mit »C. Bongars«; vgl. Esther an Jacques Bongars, 9. September 1609, SUBH, sup. ep. 32, fol. 289.

21 werden neben privaten auch politische Nachrichten ausgetauscht.7 So berichtete Bongars’ Schwester ihm über die neuesten Entwicklungen am französischen Hof. Dieses verwandtschaftliche Beziehungsgeflecht war sehr wichtig. Denn vieles, was in den Karrieren geschah, war eine Frage der sozialen Vernetzung und der Patronage. Brüder, Söhne, Neffen, Freunde und Landsleute wurden in aller Selbstverständlichkeit anderen vorgezogen und auf verschiedenen Ebenen protegiert.8 Auch für Bongars war die Verbindung zu seinem Onkel Paul Pétau von Nutzen: Sie erleichterte ihm den Zugang zum Kreis der Pariser Parlamentsjuristen.9

1.2

Schule und Universität

Nach Bongars’ eigenen Angaben kam er im Alter von zehn Jahren erstmals nach Deutschland.10 Davor hatte Bongars sicherlich bereits einige Jahre die Lateinschule in Orléans besucht. Vermutlich schickten seine Eltern ihn wegen der religiösen Ausschreitungen ins Ausland, denn 1562 war der erste der insgesamt sieben Hugenottenkriege ausgebrochen. Für wohlhabende reformierte Familien war es zudem nicht ungewöhnlich, ihren Kindern eine Ausbildung an den reformierten Schulen des Reichs zu ermöglichen, und so wurde Bongars mit zwei Mitschülern und einem Erzieher nach Deutschland geschickt, wo er von 1564 bis 1571 die Schulen in Heidelberg, Marburg und Straßburg besuchte.11 Die Matrikel der Universität Heidelberg gibt Auskunft, dass sich am 20. Juni 1565 »Horatius Montaneus«, »Johannes Normannus«, »Jacobus Bongars« und »Christianus Martinius Gandavensis« immatrikulierten. Sie erhielten in der Matrikel den gemeinsamen Zusatz »Galli Aurelianenses, bonam fidem dedere«.12 In Heidelberg studierten zu dieser Zeit viele Ausländer, da die Universität unter Kurfürst Friedrich III. zu einem Zentrum des internationalen Reformiertentums geworden war.13 Bongars’ Erzieher, Christian Martin, ein Wiedertäufer aus Gand in Flandern, blieb mit seinen Schützlingen nur ein Jahr in Heidelberg, denn bereits 1566 ist ihre Ankunft in Marburg dem Catalogus studiosorum zu

7 8 9 10

11

12 13

Vgl. Isaac an Jacques Bongars, 3. August 1611, SUBH, sup. ep. 32, fol. 229; Esther (C.) an Jacques Bongars, 14. August 1611, ebda, fol. 240. Schwinges: Karrieremuster, 22. Zur Vita Paul Pétaus vgl. unten, Kap. 5. Bongars an Philipp Ludwig von Neuburg, o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 78: »Zehenjährig binn ich in Theutschlandt kommen, habe bis auff den heutigen tage viel mitt Theutschen Edelen unndt unedlen, conversiert [...]«. Diese drei Studienorte im Reich sind nachweisbar. Die Behauptung von Anquez: Henri IV, XVI, Bongars habe in Jena studiert, ist nicht haltbar, da er in der Matrikel nicht erwähnt wird. Vgl. Mentz (Bearb.): Matrikel der Universität Jena, Bd. 1. Zu entnehmen ist dies Toepke (Hrsg.): Matrikel der Universität Heidelberg, Teil II, 36 (Matrikel-Nr. 112’). Vgl. die Matrikellisten ebda, 37.

22 entnehmen.14 Gemäß den Lehrinhalten wurden auf der Lateinschule Grammatik, Rhetorik und Logik unterrichtet, dann erhielten die Schüler an der Artistenfakultät eine gründliche philologische Bildung, bevor sie zu einer höheren Fakultät überwechselten. Ziel der Ausbildung an der Artistenfakultät war es, die antike Literatur so zu beherrschen, dass man sie anwenden und zitieren konnte. Beide Fähigkeiten waren Voraussetzung einer gelehrten Bildung.15 Im Nachlass von Bongars befinden sich einige seiner Schulhefte, die von der Einübung der antiken Klassiker zeugen. So z.B. die 1569 von ihm verfasste Summa omnium eorum, quae in Aristotelis Oeconomicis continentur.16 1571 lebte Bongars mit seinen Mitschülern Jean le Normant (»Normannus«), Orasse de Mondoré und ihrem gemeinsamen Begleiter Christian Martin in Straßburg.17 Vielleicht hat er dort das berühmte Gymnasium von Johannes Sturm besucht, das im reformierten Ausland einen ausgezeichneten Ruf besaß und dessen Lehrkörper die Internationalität des reformierten Humanismus repräsentierte.18 Nach kurzem Aufenthalt in Straßburg kehrte Bongars im gleichen Jahr nach Orléans zurück, wie aus einem dort angefertigten Exzerpt zu schließen ist.19 Die politische Situation hatte sich in Frankreich zu diesem Zeitpunkt etwas entspannt, denn mit dem Frieden von St. Germain, dem sogenannten »Paix de la reine«, war 1570 der dritte Religionskrieg beendet worden.20 Die Hugenotten hatten in diesem Frieden das Zugeständnis erreicht, in ganz Frankreich, mit Ausnahme der Stadt Paris, ihre Gottesdienste abzuhalten. Außerdem wurden ihnen für zwei Jahre mehrere Festungen, darunter die wichtige Seefestung La Rochelle an der Atlantikküste, als Sicherheitsplätze eingeräumt. Diese Friedensphase sollte jedoch nicht lange dauern, denn 1572 kam es nach dem Massaker der Bartholomäusnacht erneut zu Kriegshandlungen. Bongars verbrachte diese Jahre zu Hause in Orléans und fuhr im Selbststudium fort, sich die Klassiker zu erarbeiten. Es existieren noch Ausgaben von Plutarch, Demosthenes, Hesiod,

14 15 16 17

18 19 20

Caesar (Bearb.): Catalogus studiosorum, 13. Vgl. zum Bildungsgang der Gelehrten Trunz: Späthumanismus, 15f. Diverse Schulbücher vgl. BERN, cod. 492–494. Calomiès: Bibliothèque choisie, 196: »Monsieur Pétau estoit cousin de Jaques Bongars, savant homme et grand Politique, qui mourut à Berne en Suisse l’an 1612, et qui estoit aussi d’Orleans, comme le justisie Jean Godefroy, Marchand de la même ville, dans son voiage Manuscrit, fait l’an 1571 sera pour memoire (dit-il), que je trouve à Strasbourg Jean le Normant, Orasse de Mondoré et Jaques Bongars, Enfant d’Orleans, avec Maistre Christian Martin leur Precepteur, de nation Flamand, lequel tenoit la Confession des Anabaptistes, homme très docte et paisible [...]«. Auch hier wird die Bekanntheit Bongars’ in der Gelehrtenrepublik erwähnt: »Messieurs Pétau et Bongars sont si connus dans la Republique des Lettres, que l’on feroit un juste volume des éloges qu’on leur a donnez.« Ebda, 197. Zum Straßburger Gymnasium vgl. Brady: Gott und Mammon. Jakob Sturm starb 1553, danach war Johannes Sturm für die Berufung des Lehrkörpers verantwortlich. BERN, cod. 492. Als Auswahl aus der umfangreichen Literatur zu den Religionskriegen vgl. Greengrass: France; Pernot: Guerres de religion; Livet: Guerres de religion; Holt: French wars of religion.

23 Quintilian und Sophokles, die er 1572 mit Randbemerkungen versah, sowie mehrere Ausgaben Ciceronischer Schriften, bei denen er Anmerkungen und Textverbesserungen anbrachte.21 Der 1573 geschlossene Friede von La Rochelle, mit dem der vierte Hugenottenkrieg beendet wurde, fiel für die Reformierten äußerst nachteilig aus, da er die freie Religionsausübung nur noch in den drei Städten La Rochelle, Nîmes und Montauban gestattete. Viele Hugenotten flohen daraufhin ins Ausland. Als Reaktion organisierte sich Ende 1573 eine politisch-militärische calvinistische Union etlicher »Assemblées politiques« in den Provinzen und einem Zentralrat mit Heinrich von Navarra an der Spitze, der zum Calvinismus übergetreten war. Unter seiner Führung formierten sich die Hugenotten politisch und militärisch innerhalb des Königreiches als »eigener Staat«. Nach dem Ende des fünften Religionskrieges, der 1576 mit dem Frieden von Beaulieu endete, erhielten die Reformierten die Freiheit des Gottesdienstes in ganz Frankreich mit Ausnahme der Stadt Paris und des königlichen Hofes. Die Stärkung der Position Heinrichs von Navarra schien für Bongars eine günstige Voraussetzung, um die politische Laufbahn einzuschlagen. So entschloss er sich im gleichen Jahr, 22-jährig, ein rechtswissenschaftliches Studium in Bourges aufzunehmen.22 Ein juristisches Studium war Voraussetzung für eine Karriere im königlichen Dienst, und Bongars’ philologische Studien bildeten dafür die ideale Ausgangsbasis, denn die meisten Juristen hatten eine fundierte humanistische Ausbildung absolviert, bevor sie das juristische Studium begannen. Die Universität Bourges galt in dieser Zeit als ein Zentrum der humanistischen Jurisprudenz.23 Ende der 1530er Jahre von André Alciat, dem Haupt der humanistisch gebildeten Rechtsdenker in Frankreich, sowie von dem Philologen Guillaume Budé begründet, erreichte die humanistische Schule von Bourges unter Jacques Cujas in den 1560er Jahren ihren größten Bekanntheitsgrad.24 Der

21 22

23

24

BERN, H 19; vgl. Hagen: Jacobus Bongarsius, 11. Ob er zuvor die Universität von Orléans besuchte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. 1577 jedenfalls studierte Bongars in Bourges, wie Notizen zu Vorlesungen belegen. Vgl. BERN, cod. 149, Nr. 3. Zur humanistischen Jurisprudenz und der Entwicklung des »mos gallicus« in Abgrenzung zum »mos italicus« vgl. Stevens: Contribution; Kisch: Humanismus und Jurisprudenz; Kelley: Rise of legal history; ders.: Civil science; Bouwsma: Lawyers. Zur Vita Cujas’ vgl. Stevens: French Jurists, 98. Cujas studierte Philologie und Rechtswissenschaft; 1554 scheiterte sein Versuch, eine Professur für römisches Recht in Toulouse zu erlangen, an Jean Bodin, der die studentische Partei anführte. 1555 folgte Cujas der Einladung Marguerite von Navarras nach Bourges und blieb dort bis 1557. Unter seinen Schülern während dieses ersten Aufenthaltes in Bourges befand sich u. a. auch Pierre Pithou (vgl. dazu unten, Kap. 5). Bei seiner zweiten Professur in Bourges (1560–1566) zählte der spätere Pariser Parlamentspräsident Pierre Jeannin zu seinen Schülern. Während Cujas’ Professur in Turin wurde er in Bourges von François Hotman vertreten. Von 1567 bis 1575 lehrte Cujas in Valence, wo Joseph Scaliger und Jacques-Auguste de Thou zu seinen Schülern gehörten. Anschließend kehrte er nach Bourges zurück, wo er 1584 starb. Cujas galt als »Polyhistor« – neben seiner juristischen Tätigkeit beschäftigte er sich

24 Themenschwerpunkt an dieser rechtswissenschaftlichen Schule war die philologisch-kritische Behandlung der juristischen Quellen. Die Prinzipien des dort praktizierten »mos gallicus docendi« waren: Rückkehr zur reinen Rechtsquelle anstelle bloßer Übernahme der Tradition, Erkenntnis der Rechtsidee statt Autoritätenkult sowie Systematisierung statt schlichter Exegese nach der geltenden Ordnung. Mit ihren Prinzipien und Methoden, insbesondere in der Betonung von Philologie und Geschichte, stand diese humanistische Richtung in scharfem Gegensatz zur älteren italienischen Rechtswissenschaft der Kommentatoren.25 Den Kanon jener historischen Schule bildete eine Verbindung von Grammatik und Rechtswissenschaft, und Juristen wie Alberico Gentili kritisierten, die »Cujacianer« seien im Grunde keine Rechtsgelehrten, sondern vielmehr Philologen und Historiker. In gewisser Weise traf dies auch zu, da Cujas’ beste Schüler wie Étienne Pasquier, Antoine Loisel und die Brüder Pierre und François Pithou zu Altertumsforschern und Historikern wurden. Durch die Methodik des rechtlichen Humanismus, wie man ihn etwa in Bourges lehrte, prägten dessen Werte und Verfahren das Studium der europäischen Vergangenheit: Professionalisierung der Rechtsgeschichte und eine allgemeine Erneuerung der historischen Gelehrsamkeit waren die Folgen.26 Bongars besuchte Vorlesungen bei Cujas und der Einfluss, den der Rechtsgelehrte auf den Studenten ausübte, wird aus dessen späteren Briefen und Widmungen für den ehemaligen Lehrer ersichtlich. Bongars stand mit Cujas bis zu dessen Lebensende 1590 in Verbindung und war für ihn als Korrektor tätig.27 Cujas’ Nachfolger wurde noch zu Bongars’ Studienzeit in Bourges François Hotman, dessen politische Lehre einen prägenden Einfluss auf Theorie und Handlungspraxis der französischen Reformierten haben sollte.28 Dem hugenottischen Widerstand gegen das Königtum, wie es sich spätestens seit der Bartholomäusnacht dargestellt hatte, suchte er durch die drei Bücher De iure regni Gallicae eine rechtliche Grundlage zu verschaffen. In ihnen untersuchte Hotman das französische Staatsrecht historisch und legte dar, wie der König staatsrechtlich an die Stände und das Volk gebunden sei. Seine Vita ist Bongars zugeeignet. In der Widmung heißt es, Hotman sei ihm in Bourges zu einem »amicus et doctor«,

25 26 27

28

mit Geschichte, Poesie, Grammatik, Philologie, Moralphilosophie und Naturgeschichte. Er hinterließ eine große Bibliothek, von der Bongars einige Werke erwerben konnte. Kisch: Humanismus und Jurisprudenz, 17f.; Stevens: Contribution, 94. Kelley: Rise of legal history, 191; Bouwsma: Lawyers, 326. Beaulxhostes an Bongars, 5. Oktober 1589, SUBH, sup. ep. 30, fol. 26: »Monsieur Cujas vous prie d’advertir si son Mercator pourra estre diligement et que s’appartiens imprimé à Paris lequel il vous envoyera aussi tost s’il vous plaist prendre cest peine de le pouvoir d’un bon correcteur. Je luy ay rendu vos offres. Mais je vous prie y bien penser et ne vous arrester faux en ces dangers en ne trahier Dieu pas trop. S’il y a moyen de recouvre des Pandectes de l’impression de Florence [...].« François Hotman (1524–1590) studierte in Orléans Rechtswissenschaft. Später konvertierte er zum Protestantismus; vgl. DBF 17, 1310.

25 einem Freund und Lehrer, geworden, wie zuvor schon Cujas.29 Außer dieser für Bongars zweifellos prägenden religiös-politischen Atmosphäre ist über Bongars’ Studienzeit in Bourges nicht viel bekannt. Allerdings dürfte die ständige Bedrohung der schwelenden Konfessionskonflikte auch auf das Universitätsleben in Bourges Einfluss gehabt haben. So erkundigte sich Bongars 1576 von Bourges aus bei einem Studienfreund, der sich zu dieser Zeit in Paris aufhielt, über die dortigen Zustände. Ende des Jahres war nach dem für die Hugenotten vorteilhaft ausgefallenen Frieden von Beaulieu die katholische Ligue unter der Führung von Henri de Guise gegründet worden. Dies berichtete Bongars auch sein reformierter Freund Christoffel de Sève, der in Paris Aufsehen vermied und wohl aus Sicherheitsgründen in seiner Korrespondenz das Deutsche verwendete: »Es dawert mich alleinn unser vatterlands ganz und gar zugrundt gehen werdt [...]. Es ist ein bund zwüschen denn oberstenn und reichsten Bürgern in den Stetten gemacht das sie all ihr hab und gutt darann setzen wollen eher sie leyden das zwo religionn in Frankreich sein sollen.« De Sève vermutete den Ausbruch eines neuen Krieges, der tatsächlich im März 1577 beginnen sollte, und versprach Bongars, weiter aus Paris über die politischen Entwicklungen zu informieren und »viel newe Zeitunge« zu schreiben.30 Der internationale Charakter der Studentenschaft ermöglichte es, dass Bongars viele Kontakte zu ausländischen Studenten knüpfen konnte. In Bourges studierten viele Nicht-Franzosen, die sowohl durch Namen wie Alciat, Duaren, Balduin, Hotman, Cujas und Donellus wie auch durch die eindeutige Orientierung der Universität am Protestantismus angezogen wurden.31 An die reformierte Universität kamen viele Studenten aus dem Reich, wie z.B. Marquard Freher, der spätere Professor an der Ruperto-Carolina in Heidelberg und kurpfälzische Gesandte, der sich zeitgleich mit Bongars in Bourges aufhielt. Im Laufe seiner diplomatischen Tätigkeit sollte Bongars mit Freher in engen Kontakt treten.32 Universitätskontakte wie diese lieferten die Strukturen für die intellektuellen und sozialen Netzwerke des kosmopolitischen Humanismus des 16. Jahrhunderts, die für Bongars’ spätere diplomatische Tätigkeit von so großer Bedeutung

29

30 31 32

Meelius: Insignum virorum epistolae selectae, Amsterdam 1701. Die Vorrede von Nevelet: Elogium Francisci Hotomanni, ist Bongars gewidmet: »Operae precium facturus videor, si hanc meam qualemcumque opellam nomini tuo inscripsero, qui Hotmanum viventem probatum tibi amicumque et doctorem officiis et amore prosecutus es et mortui famam liberosque constanter diligis.« Ebda, o. S. Christoffel de Sève an Bongars, 26. Dezember 1576, SUBH, sup. ep. 30, fol. 8. Vgl. Schultess: Bongars, 112. Burmeister: Studium, 69. Nach Bourges kamen besonders viele calvinistische Studenten. Vgl. Hodges: War, 40–55, hier 43. Dotzauer: Deutsche Studenten, 81. Ein wesentlicher Grund für die deutschen Studenten, im Ausland zu studieren, war das Erlernen einer Fremdsprache. Allerdings ging die Tendenz zum Auslandsstudium seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück, und die deutsche Nation an der Universität Bourges verlor erheblich an Gewicht; vgl. Burmeister: Studium, 68.

26 sein sollten.33 Nach seinem Studium in Bourges, das er ohne Promotion beendete, hielt sich Bongars öfter in Paris auf – »en la maison de M. Bazin en la rue aux Ours«.34 Bongars beschäftigte sich in dieser Zeit in Paris wohl schon mit den Vorarbeiten zu seinem ersten Werk.

1.3

Das Entree in die Gelehrtenrepublik: Die erste Veröffentlichung

Wie es für einen jungen Gelehrten üblich war, machte sich Bongars an erste eigene Veröffentlichungen. In seinem ersten Werk, einer Bearbeitung der Historiae Philippicae Justins, wandte er die kritische historische Methode an, die er in Bourges kennengelernt hatte. Die Historiae Philippicae, entstanden wohl in den letzten Jahrzehnten vor der Zeitenwende, waren das Hauptwerk des römischen Geschichtsschreibers Gnaeus Pompeius Trogus. Sie stellen eine umfassende, bis in die Gegenwart des Autors geführte Geschichte des Mittelmeerraumes in teils chronologischer, teils geographischer Anordnung dar. In der Folge sind die Historiae Philippicae vornehmlich indirekt überliefert worden, anhand des Auszugs, den Justin angefertigt hatte. Die Epitome Justins enthielten ca. ein Sechstel des Originals von Pompeius Trogus und bestanden anstatt aus einer gleichmäßig zusammenfassenden Paraphrase aus weitgehend unveränderten Exzerpten, die durch Resümees miteinander verbunden waren. Jenes Kompendium, das bis zum Ende der Antike seine Vorlage ganz verdrängt hatte, wurde im Mittelalter zu einem beliebten Schulbuch. Auch Bongars kannte die Historiae Philippicae Justins noch aus seiner Schulzeit in Deutschland. Die Ausgabe Majors von 1526, an der Melanchthon mitgearbeitet hatte, findet sich heute noch unter Bongars’ Büchern in Bern.35 Bongars selbst überarbeitete die Historiae quellenkritisch und lieh sich dafür von verschiedenen Gelehrten Handschriften aus.36 Er fügte zum ersten Mal die bisher ungedruckten Prologe hinzu sowie eine Sammlung der Fragmente des Trogus. 1581 wurde die Textausgabe gedruckt. Sie erscheint rückblickend als Bongars’ bedeutendste wissenschaftliche Leistung. Das Werk verhalf Bongars zu seiner Entree in die Gelehrtenrepublik. Exemplare seiner Historiae Philippicae wurden an verschiedene Mitglieder der respublica litteraria verschickt und machten ihn in den europäischen Intellektuellenkreisen bekannt.37

33 34 35 36 37

Vgl. Julia / Revel: Étudiants, 54. Etwa Clemence an Bongars, 1580, SUBH, sup. ep. 30, fol. 12. BERN, cod. 455. Hagen: Jacobus Bongarsius, 13. Beaulxhostes an Bongars, 25. Mai 1580, SUBH, sup. ep. 30, fol. 10: »J’eusse retenu votre livre et obey a votre volonté pour exercer mon jugement sur vos collections«. Noch bevor Bongars die Arbeit an den »Historiae Philippicae« abgeschlossen hatte, trug er sich mit dem Gedanken, auch die Texte des Curtius Rufus herauszugeben. Curtius Rufus, ein Zeitgenosse des römischen Principats, ist der Verfasser der einzigen erhaltenen lateini-

27

1.4

Gelehrtenkontakte im Rahmen der »Grand Tour«

Zur frühneuzeitlichen »Karriereplanung« gehörte auch die »peregrinatio academica« bzw. Kavalierstour.38 Obwohl sich die Territorien im Interesse innerer staatlicher und konfessioneller Konsolidierung zunehmend abschlossen, war es für die führende Schicht der Juristen, Mediziner, Theologen und Artisten nach wie vor wichtig, eine solche »peregrinatio« unternommen zu haben.39 Aufgrund der hohen Kosten war dies allerdings nur wenigen Studenten möglich.40 Die Vielfalt der Reisearten zeigt aber, dass diese mit einer einfachen Gegenüberstellung von »peregrinatio academica« und Kavalierstour kaum zu fassen sind, denn die jungen Leute, gleich, ob bürgerlicher oder adeliger Herkunft, besuchten auf ihren Bildungsreisen Höfe ebenso wie Universitäten.41 Sinnvoller ist daher die Annahme einer höfischen Bildungsreise neben einer studentischen Universitätsreise. Es konnten auch beide Reiseformen kombiniert werden, etwa die Kavalierstour eines Aristokraten mit der Gelehrtenreise eines Pädagogus, wenn Letzterer eine entsprechende Stellung als Reisebegleiter einnahm, um auswärtige Gelehrte kennen zu lernen und Bibliotheken aufzusuchen. Die Reise, wie sie etwa der Mediziner Thomas Platter Ende des 16. Jahrhunderts vollzog, glich mehr einer gut organisierten Bildungsreise.42 In der Forschung wird daher vorgeschlagen, die verschiedenen Reisearten unter dem Begriff der »Grand Tour« zu subsumieren.43 Bongars’ Reise, die er im Frühjahr 1581 antrat, wies alle Elemente einer gelehrten Rundfahrt auf, nämlich »Forschung, Fortbildung und Kontaktaufnahme«.44 Zwar war die Kontaktaufnahme mit Gelehrten jedweder Fachrichtung ein gemeinsamer, grundlegender Zug allen gelehrten Reisens, doch gab es auch spezielle, nahezu ausschließlich zu diesem Zweck angetretene Fahrten. Beim

38

39 40 41 42

43

44

schen Alexandermonographie. Von den Handschriften, die diese Darstellung überlieferten, befand sich ein Exemplar aus dem 15. Jahrhundert seit 1576 in Bongars’ Besitz (BERN, cod. 282). Die Edition kam jedoch nie zustande. Zur Unterscheidung und Problematik dieser Begriffe vgl. Berns: Peregrinatio. Demnach sind »peregrinatio academica« und Kavalierstour empirisch nicht auseinanderzuhalten, ebda, 155. Gegenteiliger Meinung ist Kühnel: Adelige Kavalierstour. Er stellt fest, dass sich die adelige Bildungsreise durch Europa grundlegend von den Studienaufenthalten im Ausland unterschieden habe, ebda, 377. Vgl. auch Mączak: Travels; Stannek: Peregrinemur; zuletzt Asche: Peregrinatio. Hammerstein: Universitätsgeschichte, 121. Julia / Revel: Étudiants, 54. Berns: Peregrinatio, 163. Vgl. Keiser (Hrsg.): Thomas Platter, Teil I, Vorwort, XXII. Keiser wies dies anhand der von Platter zur Reisevorbereitung benutzten Literatur nach. Zu Reiserouten, Unterkünften, Kosten, Reisegemeinschaften usw. ebda, Anm. 40. So Ridder-Symoens: Kavalierstour. Der Autorin zufolge lässt sich der Begriff der »Grand Tour« sowohl auf die Bildungs- oder Kavaliersreise wie auf die Gelehrtenreise, den reinen Tourismus, die Geschäftsreise usf. anwenden. Siebers: Lehrfahrten, 52 f.

28 Aufsuchen berühmter Gelehrter ging es darum, ihre Lehrmeinungen einzuholen und akademische Erfahrungen auszutauschen. Bongars unternahm zu diesem Zweck eine Reise nach Rom zu Fulvio Orsini, dem Bibliothekar der Farnese, der zugleich Konservator der griechischen Handschriften der Bibliothek war.45 Bongars sammelte selbst Handschriften und war deshalb besonders an deren Sammlung interessiert.46 Er wurde von Orsini durch die Bibliothek geführt und konnte ihre Bestände benutzen.47 Der römische Bibliothekar war eine der Schlüsselgestalten der respublica litteraria seiner Zeit. Er korrespondierte mit Gelehrten wie Justus Lipsius und hielt trotz der voranschreitenden Gegenreformation Kontakt zu reformierten Gelehrten wie im Falle des Janus Gruter, Bibliothekars der Palatina, mit dem Orsini sogar wissenschaftlich zusammenarbeitete. Auch nach Frankreich reichten Orsinis wissenschaftliche Kontakte, wie seine Verbindungen zu Claude Dupuy belegen und wie es vor allem der enge Kontakt zu Jacques-Auguste de Thou zeigt, der sich selbst 1574 für einige Zeit in Rom aufhielt. Das Verleihen und Ausleihen von Handschriften und Büchern war unter diesen Gelehrten üblich, die innerhalb ihrer Gemeinschaft konfessionelle oder politische Schranken kaum kannten.48 Bongars blieb nicht sehr lange in Rom, denn im Juli 1581 befand er sich bereits wieder in Orléans.49 Aus dem Brief eines Freundes, der in Rom geblieben war, ist zu ersehen, dass Bongars von seiner Mutter nach Frankreich zurückgerufen worden war, um die finanziellen Verhältnisse der Familie zu ordnen.50 Der Vater war vermutlich schon Jahre zuvor gestorben, denn er wird von Bongars an keiner Stelle erwähnt. Bongars setzte seine »Grand Tour« drei Jahre später fort, als er Justus Lipsius in Leiden besuchte. Zum Zeitpunkt dieses Besuchs hatte er bereits eine gewisse Reputation in der Gelehrtenwelt erworben. Denn Lipsius hatte schon 1581 an Bongars geschrieben, dass er dessen Justin-Ausgabe ungeduldig erwarte, da ansonsten aus Frankreich nur dummes Zeug (»nugae«) komme.51 Im selben Brief bat Lipsius Bongars, die

45 46

47 48

49 50 51

Vgl. dazu Nolhac: Bibliothèque. Die Bestände der »Bibliotheca Bongarsiana« legen davon Zeugnis ab. Vgl. zu den von Bongars gesammelten Handschriften den Beitrag Thormann: Handschriften der Bongarsiana. Vgl. Müller: Bongars, 81. 1584 setzte sich ein Freund Bongars’, Pierre Daniel, mit Orsini in Verbindung. Er bereitete eine Ausgabe von Vergil und Servius vor und vermutete, Orsini besitze einen Teil der Handschrift von Servius in seiner Bibliothek. Verschiedene Gelehrte, darunter auch Bongars, wandten sich an Orsini mit der Bitte, Daniel diese Handschrift zur Verfügung zu stellen. Vgl. Nolhac: Bibliothèque, 69; Bongars an Orsini, o. D. [1584], BERN, cod. B 149, Nr. 226. Leider gibt das einzige erhaltene Stammbuch von Bongars (BERN, cod. 692) nur Auskunft über die Jahre 1585 bis 1587. Vgl. Marcatel an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 30, fol. 13. Lipsius an Bongars, 21. Januar 1581. In: Burman: Sylloges epistolarum, Bd. I, ep. 47, 50: »Justinum tuum eo animo exspecto, quo omnia, quae e limatissima prodeunt Gallia vestra: nam caetera profecto nugae.«

29 Gelehrten Dupuy, Pithou und Daniel zu grüßen, die Bongars wohl aus seiner Studienzeit und aus Orléans kannte. Vielleicht hatte Cujas für Bongars den Kontakt nach Leiden hergestellt – Cujas stand mit Lipsius in wissenschaftlichem Austausch über Fragen der historisch-philologischen Methodik. Lipsius berichtete nämlich Cujas sofort von Bongars’ Besuch.52 Bongars’ Verbindung zu Justus Lipsius sollte bis zu dessen Lebensende bestehen.53 Der Besuch in Leiden wirft ein Licht auf die Strömungen, die Bongars’ geistige, aber auch politische Haltung prägten. Lipsius war seit 1574 in der europäischen Gelehrtenwelt durch seine Tacitus-Ausgabe bekannt. Die Schriften des Tacitus entwickelten bekanntermaßen im Absolutismus eine breite Wirkung, waren sie doch die Hauptpfeiler des sogenannten Tacitismus, einer die Lehren Machiavellis variierenden Theorie der Staatsräson. Die humanistischphilologische Bewegung war daher eng mit der politischen Theorie verknüpft. Auch durch die von Lipsius Anfang der 1580er Jahre wiederbelebte Philosophie der Stoa und durch die Popularisierung der Schriften ihres berühmtesten antiken Vertreters Seneca wurde die humanistisch-philologische Bewegung an die moralphilosophische Theorie angebunden. Der Neostoizismus wurde zum einflussreichsten politischen Deutungsmodell des Späthumanismus, der Absolutismus fand darin eine geeignete philosophische Grundlage.54 Bongars besucht Justus Lipsius in Leiden in dem Jahr, in dem dessen Hauptwerk De Constantia erschien.55 Der Eckpfeiler von Lipsius’ stoischer Ethik in dieser Abhandlung war zugleich die damals aktuellste moralische Frage, nämlich, wie der Mensch seine innere Unabhängigkeit und seine moralische Kraft gegenüber dem beklemmenden Druck der Außenwelt und inmitten der unberechenbaren Änderungen der »fortuna« bewahren könne. Der Begriff der Standhaftigkeit (»constantia«) bedeutete also die moralisch fundierte Lebensenergie, die den Menschen befähigen kann, seine Integrität und seine Würde zu bewahren. Lipsius lehrte den Menschen in De Constantia, innerlich standhaft zu sein, in der Gesellschaft Gehorsam zu üben und die gegebene Situation zu akzeptieren. De Constantia war eine Reaktion auf die politischen Zustände in den Niederlanden. Dies machte auch seinen enormen Erfolg aus, denn das Werk traf genau den Nerv der Zeit und war für die von jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen und konfessionellen Unruhen zermürbten Menschen philoso-

52 53

54 55

Lipsius an Cujas, 1. Juni 1584, ebda, ep. 211, 213: »Jac. Bongarsius apud nos fuit V. C. nec quicquam te etiam audisse significavit de Liviis ad me missis.« Vgl. Bongars an Lipsius, 21. April 1587, ebda, ep. 48, 50 f.; Bongars an Lipsius, 12. Oktober 1594, ebda, ep. 49, 51f., hier 51: »L’Amour et le respect, que je vous porte, [...] j’eus jetté l’oeil sur vostre premier ouvrage: ut vidi, ut perii. Il y a vint et quatre ans«. Klaniczay: Politische Philosophie, 30–32. Lipsius: Constantia. Aus der umfangreichen Sekundärliteratur etwa Gerlo (Hrsg.): Juste Lipse.

30 phisches Trostbuch und Erbauungsliteratur, das breite Leserkreise ansprach.56 Auch im Frankreich Heinrichs IV. sollte Lipsius’ De Constantia zu Berühmtheit gelangen, insbesondere bei den Anhängern des Absolutismus, denn Lipsius hielt gerade den monarchischen Staat für geeignet, eine befriedete »vita civilis« zu garantieren. Bongars sollte Jahre später auf Geheiß Heinrichs versuchen, Lipsius an den Pariser Hof zu holen.57 Für Bongars erfüllte die Philosophie des Neostoizismus die Funktion, die Erfahrungen der jahrzehntelangen Hugenottenkriege besser zu verarbeiten, was er häufig in seinen Briefen ansprach: »Wir müssen alle diese Dinge ertragen, nicht nur mit einer gleichmütigen Einstellung, sondern sogar mit Freude, wie es die Stoiker gefordert haben, wenn wir genügend Kraft haben, der Natur derart Gewalt anzutun.«58 In einer weiteren Briefstelle forderte er dazu auf, alles über die Stoa zusammenzustellen, denn »nihil his moribus praestare potest utilius Reipublicae: nihil, uti pero, gratis bonis«.59

1.5

Im Gefolge einer Gesandtschaft: Die Reise nach Konstantinopel

Bongars selbst datierte seinen Eintritt in den diplomatischen Dienst auf das Jahr 1585.60 Ob er allerdings, als er die Reise nach Konstantinopel im Frühjahr 1585 antrat, schon in Diensten Heinrichs von Navarra stand bzw. bereits einen diplomatischen Auftrag versah, ist auf der Grundlage des vorhandenen Quellenmaterials nicht eindeutig zu klären.61 Bongars reiste durch Ungarn und Siebenbürgen nach Konstantinopel und führte über diese Reise ein Tagebuch, das noch erhalten ist, jedoch nichts über mögliche politische Aufträge aussagt. Er selbst nennt sich darin einen »peregrinator«.62 Allerdings ist ein mit der Reise verbundener politischer Auftrag denkbar, da Heinrich von Navarra bereits mit

56 57 58

59 60 61

62

Nachwort von Florian Neumann zu Lipsius: Constantia, 421–446, hier 441. Vgl. unten, Kap. 5. Bongars an Camerarius, 3. Dezember 1595. In: Ed. 1695, 430: »Car sur quoi pouvonsnous asseoir le fondement de cette espérance parmi cette effroyable corruption, qui regne présentement dans les mœurs et la vie des hommes? Nous devrions néanmoins supporter toutes ces choses, non seulement acec un esprit égal, mais même avec joye, comme ont voulu les Stoiciens, si nous avions assez de force pour faire une si grande violence à la nature. Mais apropos des Stoiciens, il est vrai que tout le monde n’est nostre Patrie dans lequel si nous ne sommes pas bien en un endroit, nous puissions espérer d’estre mieux dans un nostre.« Bongars an Hoeschel, 24. Juni 1602, BERN, cod. B 149, Nr. 382. Bongars an Villeroy, 8. Februar 1602, B. N., FR 15577, fol. 91: »un service de dixsept ans«. Schultess: Bongars, 114 und Hagen: Jacobus Bongarsius, 14. Anquez: Henri IV, XXI, vertritt die Ansicht, es habe sich bei der Reise nach Konstantinopel um eine weitere Bildungsreise gehandelt. Das Tagebuch befindet sich im Original in BERN, cod. 468, und ist veröffentlicht bei Hagen: Jacobus Bongarsius, Beilage I, 62–72.

31 dem Sultan in Kontakt stand, einem traditionellen französischen Bündnispartner.63 Aus dem Tagebuch geht nur hervor, dass Bongars über eine Reihe von Empfehlungsschreiben verfügte, die möglicherweise auf eine politische Mission schließen lassen. Einem Brief an Bongars von Anfang 1585 ist zu entnehmen, dass er bereits enge Kontakte zu dem ständigen Gesandten Frankreichs in Prag besaß und über die ausländischen Diplomaten am kaiserlichen Hof informiert war.64 Auf dem Weg nach Konstantinopel verfolgte Bongars auf jeden Fall auch wissenschaftliche Ziele, denn er schrieb, wie er in seinem Tagebuch ausführlich mitteilt, eine Reihe von mittelalterlichen Inschriften ab. Bongars schloss sich für diese Reise einer Gesandtschaft an, die von Wien aus aufbrach. Zu der Reisegesellschaft gehörten neben anderen Guillaume Le Normant Trougny, der Bruder seines Schulfreundes Jean le Normant, und Felix von Herberstein, dessen Empfehlungsschreiben den Reisenden trotz der Unruhen Zugang in die Walachei ermöglichten. Am 12. April 1585 brachen sie von Wien aus auf, am 4. Juni schrieb Bongars eine Grabinschrift in der Nähe der Kirche von Thorda ab, und zeichnete am 5. und 6. Juni zwei Inschriften in NagyEnyed, dem alten Brucla, auf; am 7. Juni traf er in Karlsburg (Alba Julia) ein. Er hatte Empfehlungen an die einflussreichsten Leute des Ortes, besonders an den Kanzler Wolfgang Kowachoczi, und benutzte seinen achttägigen Aufenthalt, um 30 Inschriften abzuschreiben, davon sieben im Hause Kowachoczis, acht vor der Kirche, eine beim Hause des Gouverneurs Getzy und 14 im Palast des 13-jährigen Fürsten Sigismund Báthory. 34 der gesammelten Inschriften veröffentlichte Bongars selbst 1600 als Anhang zu seinem Werk über die Scriptores Hungaricarum. Daneben stellte er Janus Gruter das gesamte Quellenmaterial für dessen 1603 abgeschlossene Inscriptiones antiquae totius orbis Romani zur Verfügung. In der Widmung der Scriptores Hungaricarum, die sich an den Mitreisenden Jean le Normant richtete, geht Bongars nochmals auf die Umstände der Reise näher ein und beschreibt die Gefahren, die eine solche Reise mit sich brachte: »Pauca haec collecta mihi per Hungaricam et Transsylvaniam, velut e naufragio tabellam, apprendo nomini tuo, Guillelmo frater. Visa eadem et lecta tibi, cum una iter Constantinopolim faceremus. Socii longinquae et periculosae peregrinationis. Nam reliqua et plura et potiora, aut mersa aut disiecta fluctibus ventisque, plusquam civilium bellorum: quibus aetatem afitata patria, nondum certo conquiescit«.65 Auch mit naturphilosophischen bzw. alchemistischen Fra-

63 64 65

Zu den französisch-osmanischen Beziehungen in dieser Zeit vgl. Hochedlinger: Französisch-osmanische Freundschaft. Dudith an Bongars, 14. Januar 1585, UB Wrocław, Akc. 1949/594, Nr. 70 (Kopie), fol. 93–94’. Vgl. dazu unten, Kap. 10. Vgl. Bonfinus: Rerum Hungaricarum, hrsg. von Jacques Bongars, Hanau 1606. Darin der »Appendix ad res Hungaricas, in qua Transsylvanicae inscriptiones veteres nonnullae et annales exscripti de templis Leutschoviensis et Coronensis«, 1606, 619–628. Er enthält

32 gen schienen die jungen Reisenden sich damals beschäftigt zu haben: 66 Der Mitreisende Jean le Normant wird später zu den alchemistischen Zirkeln in Prag gehören, mit welchen Bongars in Verbindung stand. In Ungarn konnte Bongars die ausgedehnten Befestigungen sehen, die der Kaiser zur Abwehr der Türken hatte anlegen lassen, denn trotz des Waffenstillstandes von 1567 kam es an der ungarisch-türkischen Grenze fortwährend zu Übergriffen. Am 18. Juni gelangte er nach Hermannstadt (rumänisch: Sibu), dem alten »Cibinium«, und fand dort zwei antike Inschriften, dann reiste die Gesellschaft weiter durch Siebenbürgen bis Kronstadt (Brassovie). Von dem Arzt Kertz wurden sie über das Land informiert, z.B. dass Transsylvanien nur 14 000 Taler Tribut an den Sultan zu zahlen hatte, sonst aber frei war. Bongars nahm die Urkunden in Augenschein, durch die man den Deutschen Wohnsitze zuwies, die Privilegien, die ihnen von Fürst Geysa II. verliehen worden waren. Dann überschritten sie das Gebirge und kamen am 24. Juni in die Walachei. Am 27. Juni trafen sie in Bukarest ein und kamen genau drei Monate, nachdem sie von Wien abgereist waren, am 13. Juli 1585 in Konstantinopel an. Damit schließt das Tagebuch, vermutlich, weil der größte Teil der Aufzeichnungen aus Konstantinopel an Heinrich von Navarra geschickt oder als amtliches Material nach Bongars’ Tod von der Regierung eingefordert worden ist. Daher ist nicht bekannt, was Bongars in Konstantinopel sah und erlebte. Jedoch berichtet er in einem Brief von der unvergleichlichen Lage der Stadt, die beinahe doppelt so viele Einwohner zählte wie Paris und in der er als Calvinist unter Muslimen und Juden ruhiger lebte als in Rom unter Katholiken.67 Wahrscheinlich waren es die Nachrichten von den in Frankreich ausgebrochenen Unruhen, die Bongars zur Heimkehr veranlassten. Auf König Heinrich III., selbst kinderlos, sollte dessen Bruder, der Herzog von Anjou, folgen. Nach dessen Tod 1584 kam als nächster »prince du sang« der Bourbone Heinrich von Navarra an die Reihe. Mit ihm als legitimem Thronfolger, zugleich als Haupt der französischen Calvinisten, drohte der Konflikt mit den Katholiken erneut aufzubrechen. Hinzu kam der dynastisch-politische Gegensatz zum Hause Guise und zu deren Ligue. Die Ligue suchte die nach dem Erbrecht gebotene Thronfolge Heinrichs von Navarra unter allen Umständen zu verhindern. Heinrich von Navarra hatte im Gegenzug bereits seit Anfang der 1580er Jahre um Verbündete im protestantischen Ausland geworben. So sollten die Gesandten des Bourbonen insbesondere die protestantischen Reichsfürsten von der Notwendigkeit einer Mitfinanzierung des Krieges gegen die Ligue überzeugen.

66

67

den Widmungsbrief Bongars’ an seinen Mitreisenden Guillaume le Normant vom 1. März 1597, 619–621. Vgl. ebda: »Ista tu Guillelmi frater, non ignoras esse a spiritibus illius metallicis et mineralibus, quibus Ferra parens ita gravida est, ut etiam Aureos cincinnos, virides inter cespites, et inter torrentium fluviorum arenulas, aureas glebas proiiciat.« Müller: Bongars, 84.

33 Noch Anfang August 1585 war Bongars in Konstantinopel gewesen. Sofort nach seiner Heimkehr scheint er in den diplomatischen Dienst Heinrichs von Bourbon getreten zu sein, denn von April 1586 an ist Bongars’ Anwesenheit in Frankfurt am Main als »secrétaire interprète« des Gesandten Heinrichs von Navarra bezeugt.

Zusammenfassung Jacques Bongars war kein unbeschriebenes Blatt, als er in den diplomatischen Dienst eintrat – dies wird aus der Rekonstruktion seines familiären Umfeldes und seines Ausbildungsweges deutlich. Obschon seine Interessen und seine Studien in Bourges vor dem Berufseintritt weit eher auf eine Karriere als Philologe oder Historiker hindeuteten, können Faktoren wie die familiäre Tradition, seine Eignung als Diplomat durch Sprachkenntnisse und Ausbildung und seine besondere Sozialisierung in den politisch-hugenottischen Kreisen in seiner Studentenzeit ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass Bongars die diplomatische Laufbahn beschritt. Sicherlich wirkte neben all diesen Gründen die Erfahrung der französischen Religionskriege, die für Bongars wie für viele andere seiner Generation Anlass gab, sich politisch zu betätigen. Aus seiner Zeit als Student in Bourges gibt es kaum Belege, jedoch scheint Bongars gerade dort wichtige Kontakte geknüpft zu haben. Das universitäre Netzwerk mochte seinen Zugang zu den Führungskreisen der französischen Hugenotten ermöglicht und später den Kontakt zu in- und ausländischen Politikern und Gelehrten erleichtert haben. Die persönliche Bekanntschaft mit Justus Lipsius in den Niederlanden kennzeichnet die Position, die Bongars schon als junger Mann in der Gelehrtenrepublik erreicht hatte. Der Eintritt in den Dienst Heinrichs von Navarra bedeutete in Bongars’ Biographie Bruch und Kontinuität zugleich. Einerseits waren alle Weichen für ein Leben in der respublica litteraria gestellt, andererseits mussten sich auch die Gelehrten den drängendsten Fragen der Zeit stellen: einer Lösung der konfessionellen Frage und der Sicherung des Friedens auf nationaler Ebene. Genau dafür trat Bongars ein, als er Heinrich von Navarra zu dienen begann und seine Fähigkeiten und Kontakte der französischen Diplomatie zur Verfügung stellte.

34

2.

Diplomatie als Beruf – das Bild des Gesandten im späten 16. Jahrhundert

Als Jacques Bongars 1585 die diplomatische Laufbahn einschlug, war das Berufsfeld der Diplomatie noch sehr jung und die verschiedenen Gesandtschaftsformen waren erst in ihrer Entstehung begriffen. Die Verdichtung der europäischen Staatenwelt einerseits und die Monopolisierung der »Außenpolitik« durch die entstehenden territorialen Flächenstaaten andererseits waren die Elemente, die den Prozess der Ausbildung von Formen und Regeln des zwischenstaatlichen Verkehrs bestimmten. Obwohl sich dieser Vorgang in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beschleunigte, kam er erst mit den diplomatischen Großveranstaltungen von Münster und Osnabrück zu einem gewissen Abschluss. Erst ab diesem Zeitpunkt, so die gängige Meinung, kann man von »modern diplomacy« sprechen.1 Wenn aber »moderne« Diplomatie – und damit ist ein funktionierender neuzeitlicher Gesandtschaftsapparat gemeint – erst nach dem Dreißigjährigen Krieg voll entwickelt war, wie sah dann das Bild der Gesandten aus, als Jacques Bongars in den diplomatischen Dienst trat? Welche Gesandtschaftsformen gab es, welche Anforderungen wurden an einen Gesandten gestellt, und welche Qualifikationen musste er vorweisen? Hierzu sollen die institutionelle Entwicklung des Gesandtschaftswesens, die Diskurse nach den zeitgenössischen theoretischen Traktaten und die Wahrnehmung des Gesandtenberufs durch die Diplomaten um 1600 untersucht werden.

2.1

Zur Definition von »ambassadeur«, »résident« und »agent«

Denis II. Godefroy schrieb 1640 in der Einführung zu einer Sammlung diplomatischer Korrespondenzen Bongars’: »Sieur de Bongars Bodri, nommé en diverses adresses tantot Ambassadeur, tantot Agent, tantot Resident pour les affaires de la Majesté en Allemaigne vers les princes du St. Empire à Strasbourg et autres Villes« – und war sich damit offenkundig nicht ganz sicher, welche diplomatische Bezeichnung nun auf den Genannten zutraf.2 Beim Ordnen der

1 2

So Mattingly: Renaissance Diplomacy, 207: »After the treaties of Westphalia and the Pyrennees the period of modern diplomacy really begins.« Es handelt sich dabei um die von Godefroy verfassten »Extraits des négotiations de Jacques

35 Korrespondenz fand Godefroy Bongars abwechselnd tituliert als »ordinarius legatus«, »ambassadeur« bzw. »Ambassador«, als »agent pour la Majesté Royale de France«, »résident pour le Roy«, oder es fand sich die Bezeichnung »maistre d’hostel et conseiller du roy«.3 An anderer Stelle ist zu lesen, Bongars »a eut plusieurs fois la qualité d’Envoyé, une fois celle d’Ambassadeur«.4 Zur Klärung der Frage, welche Bezeichnung auf die Gesandtschaftstätigkeit Bongars’ zutraf und inwieweit es damals überhaupt schon feste Termini für die verschiedenen diplomatischen Funktionen gab, muss ein Blick auf die Entwicklung des Gesandtschaftswesens geworfen werden. Die ständige Diplomatie wird als ein besonderes Charakteristikum der neuzeitlichen europäischen Geschichte angesehen.5 Bekanntermaßen entstand die Institution ständiger Gesandtschaften in Italien in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.6 Weil nach dem Frieden von Lodi 1454 keine der italienischen Mächte die anderen zu unterwerfen vermochte, wurden zur besseren Information, aber auch zur gegenseitigen Kontrolle ständige Gesandtschaften eingerichtet. Mit der Liga von Venedig wurde 1498, als Reaktion auf den Eroberungszug Karls VIII. von Frankreich, ein erstmals über Italien hinausgehendes, zugleich europäisches Verteidigungsbündnis geschlossen, in dessen Folge sich die diplomatischen Beziehungen zwischen den Beteiligten intensivierten. In den nächsten Jahrzehnten entwickelte sich, ähnlich wie 50 Jahre zuvor innerhalb Italiens, nun auf europäischer Ebene ein System ständigen Informationsaustausches mittels diplomatischer Vertretungen. Das Sammeln und Weiterleiten von Nachrichten gehörte zu den ursprünglichen Aufgaben der nun installierten ständigen Gesandten. Mit politischen Verhandlungen oder der Repräsentanz bei zeremoniellen Anlässen wurden diese frühen ständigen Gesandten dagegen noch selten betraut. Zu diesem Zweck wurden Sondergesandte abgefertigt. Sie bezeichnete man zuerst als Botschafter. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts übernahmen die ständigen Gesandten mehr und mehr politische Aufgaben und waren nicht mehr nur reine Informanten.7 Auch ihre Bezeichnung wandelte sich. So

3

4 5 6

7

Bongars«, eine Art Bestandsaufnahme der Tätigkeitsbereiche Bongars’ und Sammlung seiner diplomatischen Korrespondenzen; I. F., Coll. Godefroy 286, fol. 353. So z. B. Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz an Bongars, 13. Februar 1603 st.v., I. F., Coll. Godefroy 330, fol. 25; Mémoire de Monsieur de Bongars, o. D., ebda, 488, fol. 50; Théodore de Godefroy an Bongars, o. D., ebda, 394, fol. 4. B. N. (Nouveau d’Hozier), FR 26887, fol. 75. Engel: Völkerrecht, 377. Maulde-La-Clavière: Diplomatie; Krauske: Entwicklung; Schaube: Entstehungsgeschichte; Reumont: Entwicklung; Bernays: Diplomatie um 1500; Andreas: Staatskunst; ders.: Italien. Im Wesentlichen ist an diesen Ergebnissen der älteren Forschung nicht mehr gerüttelt worden. »Jetzt wurden die festbesoldeten Agenten und ständigen Residenten an den in- und ausländischen Höfen mehr und mehr durch Gesandte ersetzt, die wieder, wie in der frühesten Zeit, nur über einzelne Zeitereignisse – Verhandlungen und Staatsaktionen, an denen sie beteiligt waren – berichteten.« Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 19.

36 nannte man nun auch die Residenten immer öfter Botschafter bzw. »Ambassadors«, wobei die Form des Sondergesandten weiterbestand. Um 1600 hatte sich diese Dichotomie eines ständigen Gesandten mit informationspolitischen Aufgaben und eines Sondergesandten mit Verhandlungskompetenzen bereits so weit etabliert, dass sie auch in den Theorien über den Gesandtenberuf auftauchte. Der Traktat De la charge et dignité de l’Ambassadeur von Jean Hotman, auf den später noch genauer einzugehen ist, unterschied folgende Gesandtschaftsformen: »Les uns qui n’y sont que pour peu de temps et pour une affaire seule comme pour renouveller une alliance, jurer et ratifier un traité. C’est pourquoy on les peut nommer Ambassadeurs Extraordinaires. Les autres sont ordinaires et residens, n’ayans toutefois aucun temps limité que par la volonté des Princes qui les envoyent: et cette sorte est celle qui maintenant est le plus en usage et que l’antiquité ne cognoissent point ou peu, pour la crainte qu’on avoit que le long sejour d’un Ambassadeur ne fist descouvrir les secrets de l’Etat«.8 Damit traf Hotman die Unterscheidung zwischen einem Sondergesandten und einem ständigen Gesandten. Dass diese beiden Gesandtschaftsformen auch in ihrem Ansehen und Rang sehr unterschiedlich waren, brachte der in Oxford Lehrende Alberico Gentili auf den Punkt: »A special ambassador can be an honorable Christian gentleman, seeking peace, and behaving with dignity and probity, but a resident is at best a kind of licenced spy, and is lucky when he does not have to play the conspirator as well. [...] No resident can be a perfect ambassador.«9 Parallel dazu existierte die Form des Agenten, eine Art politischer Informant, der zum Teil auch die Aufgaben eines Geschäftsträgers übernehmen konnte: »Quand aux agents, ausquels on donne aussi parfois titre de Residents: ils sont pareillement personnes publiques; et estans une fois recues et admis ils jouissent du droit des gens: mais n’ont ni seance telle ni bien souvent pouvoir si ample que les Ambassadeurs. On les tient volontiers pres les Princes que l’on doute ne vouloir donner le rang que pretendent ceux par qui ils sont envoyez: comme ceux qui ont esté pres l’Empereur depuis quelques annees pour le roy, et ceux que l’on envoye vers les Archiducs, bien que sur le lieu on leur donne souvent pour leur merite et dignité titre d’Ambassadeur. Quelque fois neanmois la qualité d’Agent se donne à la condition de la personne qui negocie, et non pour la consideration du Prince ou de l’Estat où il est employé: comme sont les secretaires et autre de pareille [...] qui servent la charge en l’absence en attendant la venue d’un Ambassadeur. Le nom Agent se donne aussi parfois pour sauver la despence, ou pour faire le service avec moins de bruit et d’esclat [...].«10

8 9 10

Hotman: Ambassadeur, A2. Gentili: De legationibus, 175. Die Übersetzung bei Mattingly: Renaissance Diplomacy, 221. Hotman: Ambassadeur, A3.

37 Auf europäischer Ebene hatte man sich jedoch noch längst nicht auf eine verbindliche Nomenklatur der verschiedenen Gesandtschaftsformen verständigt. Das Problem unterschiedlicher Titulierungen im internationalen Verkehr war auch Hotman bekannt. So führte er das Beispiel an, wonach man im Deutschen im Gegensatz zum Französischen mit dem Wort »Agent« einen Boten bezeichnete.11 Die Begriffsverwirrung erfuhr durch den zusätzlichen Gebrauch älterer lateinischer Termini wie »orator«, »procurator«, »nuncio« oder »legatio« eine weitere Steigerung.12 Immerhin gab es jene verbindliche Unterscheidung, die man um 1600 nach wie vor zwischen dem ständigen Gesandten und dem ranghöheren Sondergesandten traf. Bongars kokettierte daher ein wenig, wenn er für sich selbst den Titel eines »ambassadeur« für nicht zutreffend hielt: »Ambassadori titulum, quem mihi tribuis, non agnosco: legatorum nos habemus varios gradus et suis nominibus notamus«.13 In der Tat wurde Bongars nur wenige Male während seiner Laufbahn als Gesandter mit wichtigen Sonderaufträgen betraut. Sein Aufgabenspektrum im Reich definierte sich zum einen durch die dauerhafte Vertretung der Interessen Frankreichs bei den deutschen Protestanten, zum anderen durch die Sammlung und Weiterleitung von Informationen nach Frankreich.

2.2

Zur Theorie des Gesandten

2.2.1 Gesandtschaftstraktate im 16. Jahrhundert Eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Gesandtschaftswesen setzte in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts ein, als sich die Einrichtung ständiger Gesandtschaften in Europa langsam durchzusetzen begann. Die Traktate des französischen Diplomaten Étienne Dolet und des deutschen Gelehrten Conrad Braun reflektierten erstmals über diese zwischenstaatliche Kommunikationsform.14 Zwanzig Jahre später erschien die Abhandlung des Venezianers Ottaviano Maggi De legato libri duo.15 Maggi war ein Humanist mit juristischer Ausbildung und verfügte über die praktische Erfahrung eines Diplomaten. In seinem Traktat wechseln sich humanistische Anspielungen und zeitgenössische Beispiele ab. Diese Schrift über den Gesandten wurde im Laufe des 16. Jahr-

11

12 13 14 15

Ebda: »L’abus que quelquefois en Allemagne au nom de Gesandter, qui est à dire Envoyé: car n’interpretans ce mot que par celuy d’Ambassadeur, que quelque qualité qu’il soit, et le nom d’Agent ne se donnant audit pairs ordinairement qu’a des Facteurs.« Zu den Schwierigkeiten einer zuverlässigen Terminologie für die frühneuzeitlichen Gesandten vgl. Bell: Handlist, 7f. Bongars an Stucki, 1. Oktober 1600. In: Ling. ep., 30. Dolet: De officio legati. Eine Übersetzung von Dolets Traktat mit einer Einführung bietet Reeves: Étienne Dolet. Braun: De legationibus. Zusammenfassend Behrens: Treatises. Maggi: Legatus. Mir stand nur eine spätere Ausgabe (Paris 1579) zur Verfügung.

38 hunderts immer wieder aufgelegt und von anderen Autoren plagiiert.16 Später erschienen Abhandlungen über den Beruf des Diplomaten von den französischen Juristen Ayrault und La Mothe le Vayer und von zwei namhaften Italienern, dem Dichter Torquato Tasso und dem im englischen Exil lebenden Alberico Gentili.17 Letztgenannter prägte insbesondere das Bild des »gelehrten Gesandten«. Bei seiner Darstellung hatte Gentili wohl den englischen Humanisten und Diplomaten Philip Sidney vor Augen, dem diese Abhandlung auch gewidmet ist.18 Hiernach musste der ideale – gelehrte – Gesandte alte und moderne Sprachen beherrschen sowie über umfassende Kenntnisse auf den Gebieten der Geschichte, Philosophie, Literatur und der Rechtswissenschaften verfügen. Für den Humanisten Gentili stand zudem fest, dass die Institution der ständigen Gesandtschaften antiken Ursprungs war, und nicht erst eine Erfindung der politischen Entwicklungen der jüngsten Zeit.19 Gegen Ende des 16. Jahrhunderts ist ein steigendes Interesse an Literatur festzustellen, die sich mit dem Beruf des Gesandten auseinandersetzt. Alle wichtigen Werke, ausgenommen diejenigen von Dolet und Braun, wurden in den 1590er Jahren wieder aufgelegt.20 Zudem entstanden neue Abhandlungen, wie die des italienischen Juristen Carlo Pasquale, der in Frankreich lebte, und des Polen Krysztof Warsewicki, der die westeuropäischen Theorien erstmals für Osteuropa zusammenfasste.21 Eine regelrechte Flut von Traktaten, die sich mit dem Beruf des »Legatus« beschäftigten, ist in den darauf folgenden Jahren zu beobachten.22 Diese Konjunktur war Reaktion auf die politischen Entwicklungen in Europa Ende des 16. Jahrhunderts. Denn mit dem Frieden von Vervins 1598 begann eine Phase relativer politischer Stabilität, in der diplomatische Beziehungen vertieft werden konnten. Daneben erforderten neue politische Konstellationen der europäischen Mächte eine verstärkte gegenseitige Kontrolle. Diese beiden Entwicklungen führten zu der von Pasquale formulierten Erkenntnis: »Legatio est inventum necessitatis«.23

16 17

18 19 20 21 22

23

Mattingly: Renaissance Diplomacy, 212. Tasso: Messagiero; La Mothe le Vayer: Legatus. Auch dieses Buch ist Philippe Hurault gewidmet. Nach Mattingly: Renaissance Diplomacy, 213, haben praktisch alle voneinander abgeschrieben. Gentili: De legationibus, 175–179. Zu Gentili vgl. Reibstein: Völkerrecht, Bd. 1, 261–264; Nussbaum: Geschichte des Völkerrechts, 104–113. Gentili: De legationibus, 179. 1596 wurden in Hanau bei Wilhelm Antonius die Werke von Gentili, Maggi (Magius) und Le Vayer nachgedruckt. Pasquale: Legatus. Zwischen 1498 und 1598 erschienen 16 verschiedene Abhandlungen, die sich mit dem Beruf des Gesandten befassten. In den zwei folgenden Jahrzehnten erschienen 21 neue Traktate. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts wuchs mit dem steigenden Bedarf an Diplomaten auch die entsprechende Literatur. Pasquale: Legatus, 171.

39 Obwohl auch die späteren Autoren, die sich zum Thema des Gesandten äußerten, voneinander abschrieben, obwohl die Abhandlungen über den »idealen Gesandten« oft nur Stereotypen aneinanderreihten, lieferten sie doch die methodischen und sachlichen Voraussetzungen dafür, die internationale Diplomatie und das Gesandtschaftswesen zu einem Betätigungsfeld sui generis zu entwickeln. Drei zu Beginn des 17. Jahrhunderts erschienene Abhandlungen erreichten europaweites Ansehen: die des erwähnten französischen Diplomaten Jean Hotman, des Marburger Professors Hermann Kirchner und des Niederländers Frederick van Marselaer.24 Im folgenden sollen die beiden Traktate von Hotman und Kirchner einander gegenübergestellt werden. 2.2.2 Hermann Kirchner: Legatus (1604) Der Marburger Professor für Poetik und Geschichte Hermann Kirchner (1562– 1620) veröffentlichte 1604 eine Abhandlung über den Beruf des Gesandten.25 In diesem systematisch angelegten Kompendium der Rechte und der Tätigkeit, der Terminologie und der unterschiedlichen Typen von Gesandten, sind das Recht der Gesandtenentsendung, die erforderlichen persönlichen Vorzüge und Eigenschaften, Vorbildung, äußere Erscheinung, Herkunft, Gefahren und Mühen der Tätigkeit, Größe von Gesandtschaften, Beglaubigungsverfahren, Kleidung, Grußvorschriften, Sitzordnung, Bindung an Instruktionen und Mandate sowie verbleibender Handlungsspielraum, Verhalten an fremden Höfen, Probleme der persönlichen Sicherheit, Ausrüstung, Gepäck usw. Themen von jeweils geschlossenen Abhandlungen. Vieles übernahm Kirchner von seinen Vorläufern. Er verband den italienischen politisch-diplomatischen Erfahrungsschatz eines Ottaviano Maggi, die Theorien französischer Provenienz, die englisch-westeuropäischen Beobachtungen von Gentili und die polnisch-ostmitteleuropäischen von Warsewicki zu einem Kompendium. Kirchner setzte sich mit den Qualitäten auseinander, die bei einem Gesandten vorauszusetzen waren. Er stellte hier unter dem Motto »non perfectis sed ex optimis« dem Uomo universale in der Sicht Maggis den gewachsenen Praktiker gegenüber, der sogar »illiteratus«

24

25

Der Traktat von Marselaer weist im Prinzip dieselben Elemente auf wie die Abhandlungen von Hotman und Kirchner. Auch Marselaer trifft bereits die Unterscheidung zwischen »extraordinari« und »ordinari legati«. Vgl. die hier benutzte Ausgabe Amsterdam 1644: »Extraordinariis legatis plerumque hospitia cibique praebentur, Caesaris sumptu: ordinarius non sic. Domi autem imprimis magnificus et genialis fit legatus.« Marselaer: Legatus, 171. Kirchner: Legatus. Zur Vita Kirchners vgl. Klein: Conservatio Reipublicae. Kirchner studierte in Rostock bei Nathan Chytraeus und in Marburg bei Aegidius Hunnius. Als Professor für Rhetorik, Geschichte und Poetik lehrte er zwei Jahrzehnte lang an der Philippina, veröffentlichte aber auch Arbeiten aus dem juristischen Bereich. Der »Legatus« ist sein wichtigstes Werk aus den Arbeiten zur Politikwissenschaft und zum öffentlichen Recht. Es erschien 1604 erstmals im hessischen Lich, dann in weiteren Auflagen 1610 und 1614 in Marburg.

40 sein könne.26 Kirchner stand zwar angesichts seiner Lehrtätigkeit fernab vom politischen Tagesgeschehen, erst recht vom ehrgeizigen außenpolitischen Kurs des Hessen-Kasseler Landesherrn. Dennoch bildet die zeitgenössische Kasseler Politik für seine Ausführungen den Hintergrund. Kirchner war über seinen Gewährsmann Eberhard von Weyhe, einem der führenden Politikwissenschaftler um 1600, durchaus über die besonderen außenpolitischen Beziehungen Hessens, etwa zu Frankreich, informiert.27 Dies wird deutlich bei der Behandlung einiger speziell die auswärtigen Beziehungen der Protestanten betreffender Probleme, die in diesem ersten diplomatischen Traktat aus protestantischer Sicht angesprochen werden. Ein Problem, das die außerdeutschen Verfasser diplomatischer Traktate nicht betraf und das dementsprechend gar nicht oder nur am Rande behandelt wurde, war die Frage, ob Reichsstände auch Gesandte abfertigen durften. Für die Reichsstände und Städte war es nach dem Herkommen nicht klar geregelt, inwieweit sie mit dem Ausland eigenständige Kontakte pflegen durften, vor allem das Recht auf auswärtige Bündnisse war streng genommen unzulässig.28 In der Praxis umging man dies durch ad hoc-Gesandtschaften, also mittels konkret beauftragter Gesandter und durch Agenten, deren informelle Aufgabenbereiche das Spektrum von ständigen diplomatischen Vertretern bis zu reinen Informanten umfassen konnten. In der Frage, wem das Recht zustehe, Gesandte zu unterhalten, sprach sich Kirchner klar dafür aus, dass innerhalb des Reichsverbandes auch die Landesherren neben dem Kaiser das aktive Gesandtenrecht in Anspruch nehmen könnten; denn die deutschen Landesherren, weltliche wie geistliche, aber auch die Städte seien in ihrem Machtbereich Inhaber einer kaiserähnlichen Stellung.29 Was Kirchner mit diesem Passus juristisch billigte, war von den deutschen Protestanten zu diesem Zeitpunkt schon lange praktisch umgesetzt worden. Die Beziehungen von Kirchners Landesherrn Moritz von Hessen-Kassel zu Heinrich IV. erfuhren damit eine nachträgliche Legitimation.30 Auch die Frage der konfessionellen Zugehörigkeit des Gesandten und ihre Bedeutung für die Berufsausübung wurde erörtert. Für Kirchner war die Frage der Religion eines Gesandten zweitrangig. Er war der Ansicht, die Konfession

26

27

28 29 30

Kirchner: Legatus, 138. Damit schlug Kirchner den Bogen zu jener »nobilitas politica«, der er sein akademisches Wirken verschrieb. Dementsprechend war die Widmungsadresse seines Traktats auch an die hessische Ritterschaft gerichtet. Eberhard von Weyhe (1553–1637) war kursächsischer Hofgerichtsassessor und Hofrat unter Christian I. 1592 wechselte er in die Dienste Hessen-Kassels, 1605 trat er in Bükkeburg das Amt des Kanzlers der Grafschaft Schaumburg an; zuletzt war er Kanzler in Braunschweig-Wolfenbüttel. Vgl. dazu Strieder: Grundlage, Bd. 17, 15–22; zu seinen staatstheoretischen Publikationen vgl. Stolleis: Geschichte, Bd. 1, 188–191; vgl. ebenfalls Klein: Kampf, 120–122. Zu dieser Problematik nach wie vor Bezold: Bündnisrecht. Kirchner: Legatus, 38–40. Moritz von Hessen-Kassel stand selbst in engem Briefkontakt mit Heinrich IV. Vgl. Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite.

41 dürfe die Stellung und Behandlung von Gesandten nicht beeinträchtigen.31 Hier liegt ein wesentliches Spezifikum des Werkes im Vergleich zu den vorausgehenden theoretischen Abhandlungen. Erstmals trug eine Abhandlung zur Theorie des Gesandten der Existenz des Protestantismus Rechnung. Die Lehrsätze in Kirchners Werk dienten den deutschen Protestanten als Anhalt. Das Pendant zu Kirchners Abhandlung auf französischer Seite stammte gleichfalls von einem Reformierten. Es handelte sich um den Ambassadeur von Jean Hotman, einem Weggefährten Jacques Bongars’. 2.2.3 Jean Hotman: De l’Ambassadeur (1603) Fast zeitgleich erschien in Paris der Traktat De l’Ambassadeur des französischen Gesandten Jean Hotman (1552–1635).32 Hotman war der Sohn des berühmten Rechtsgelehrten und Lehrers Bongars’, François Hotman. Er wuchs im Exil in der Schweiz und in Deutschland auf, wohin seine Eltern während der Religionskriege geflohen waren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften fand er eine Anstellung als Erzieher der Söhne des französischen Botschafters in England. Er war einer der Diplomaten Heinrichs von Navarra in England, später übernahm er diplomatische Aufträge im Reich, und nach Bongars’ Rückzug aus dem diplomatischen Dienst 1610 teilweise sogar dessen Aufgaben bei den protestantischen Fürsten. Während der Krise um Jülich-Kleve 1609/10 war er ständiger Gesandter in Düsseldorf. Hier erschien auch die dritte Auflage seines Ambassadeur, worin er in einer Verbindung von antik-humanistischer Klugheitslehre und persönlichem Erfahrungsbericht die notwendigen Qualitäten eines Gesandten und die Prinzipien seiner Auswahl darstellte. Im Gegensatz zu Kirchners juristisch-akademischer Abhandlung lässt Hotman jedoch weitaus mehr Beispiele aus der Antike einfließen und betont stärker als Kirchner den Wert der humanistischen Bildung für den Gesandten. Das erstaunt nicht, denn Hotman stand schon in England mit führenden Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik wie William Camden und Henri Savile in Kontakt und hatte sich durch eine Reihe von Veröffentlichungen in der respublica litteraria bereits einen Namen gemacht.33 Hotman wird später im politisch-gelehrten Netzwerk von Bongars immer wieder eine Rolle spielen.

31

32

33

Kirchner: Legatus, 64: »Misso enim, quae iure gentium fit, spectat et condoserat homines ex gentium iure, qua homines tantum nobiscum sunt, non ex iure et more ullo religionis aut religionis. Pacis iura religionis diversitate non tolluntur; multo minus legationis mutuae commercia fidei contrarietate abolentur.« Hotman: Ambassadeur. Die erste Ausgabe erschien 1603. Hier wurde die dritte Auflage, Düsseldorf 1613, benutzt. Zur Biographie Hotmans vgl. Schickler: Hotman de Villiers; Smith: Jean de Villiers Hotman. Für die Jahre in England siehe Posthumus Meyjes: Jean Hotman’s English Connection; ders.: Jean Hotman. Hotman beschäftigte sich im Rahmen seiner Studien vor allem mit theologischen Fragen. Er verfasste beispielsweise eine Abhandlung über Liturgie. Seine Studien machten ihn jedoch nicht bekannt. Zeit seines Lebens stand er im Schatten seines berühmten Vaters,

42 Der Ambassadeur ist Hotmans bedeutendstes und bekanntestes Werk. Wie bei Kirchner sind wesentliche Teile seiner Ausführungen aus älteren Traktaten kompiliert, so z.B. aus dem Werk von Pasquale, und damit auch Passagen, die Pasquale selbst aus anderen Werken übernommen hatte.34 Wie schon die Autoren vor ihm äußerte sich Hotman zur Ausbildung des Gesandten. Hotman stellte dabei die Forderung auf, dass als Gesandte nur »personnes qualifiées« zulässig seien.35 Im Rahmen einer »instruction solide« müssten ein breites Allgemeinwissen, Auslandserfahrung sowie Fremdsprachenkenntnisse erworben werden.36 Eine darüber hinausgehende humanistische Bildung mit genauen Kenntnissen in Geschichte, Philosophie und Politik hielt Hotman für besonders vorteilhaft: »les hommes lettrez en sont encore plus capables, sçavent mieux parler et respondre à chacun«.37 Hotman nannte seinen Kollegen Bongars als Beispiel für den von ihm propagierten Typus des »gelehrten Gesandten« – »M. Bongars, homme pareillement rare en doctrine, heureux en ses negotiations, et diligent en ses recherches«.38 Bongars verfüge aufgrund seiner Ausbildung, Fremdsprachenkenntnisse, Auslandserfahrung und wissenschaftlichen Unternehmungen zweifelsohne über die notwendigen Voraussetzungen eines Diplomaten. Auch zu der Frage, wem das Gesandtschaftsrecht zustehe, äußerte sich Hotman. Für ihn war es eindeutig, dass souveräne Fürsten und Republiken Gesandte empfangen und entsenden durften. Natürlich war der reformierte Gesandte Hotman mit dieser verfassungsrechtlich strittigen Situation der Reichsstände vertraut. Hotman schloss sich Kirchners Argumentation an, wonach jeder Fürst in seinem Territorium Souverän sei und deshalb das Gesandtschaftsrecht besitze.39 In der Frage der Religion riet Hotman, dass jeder Fürst nur solche Gesandte ins Ausland schicken solle, die dort nach konfessionellen Maßstäben »personae gratae« seien. Damit sprach er ein politisches Prinzip an, das unter Heinrich IV. mit einiger Konsequenz befolgt wurde. Sowohl Hotman als auch Bongars waren reformierter Herkunft und wurden deshalb bevorzugt in das reformierte Ausland gesandt.40

34

35 36 37 38 39

40

dessen Werke er posthum edierte. Vgl. Schickler: Hotman de Villiers, 401. Zu den theologischen Arbeiten vgl. den Aufsatz von Posthumus Meyes: Jean Hotman’s English Connection, der zumal die irenischen Schriften Hotmans untersucht hat. Dass Hotman Pasquale kopierte, war allgemein bekannt. So gibt auch Calomiès, Bibliothèque choisie, 161f. an: »Hotman est aussi l’Autheur d’un livret intitulé l’Ambassadeur qui est pres que meme tout tiré du Traité de Charles Pascal [...]«. Hotman: Ambassadeur, 6. Ebda, 28, 31. Ebda, 23f. Ebda, 133. Ebda, 138: »[...] j’avoue quand aux Electeurs, qu’ils ont une grande dignité en l’Empire voire plusieurs marques de souverainité chacun chez soy. C’est pourquoy Kirchner et quelques autres afferment que les Electeurs ont le droit de legation, et que ceux qu’ils envoyent hors de l’Empire meritent le nom d’Ambassadeur.« Ernst Hinrichs sieht vor dem Hintergrund dieser Traktate in der Stellenbesetzungspraxis

43

2.3

Zur Wahrnehmung des Gesandtenberufs

Die intensive Auseinandersetzung mit dem Beruf des Gesandten in den zeitgenössischen Traktaten war eine Reaktion auf die europaweite Etablierung ständiger Gesandtschaften. Die Einrichtung von ständigen Gesandtschaften vollzog sich bei den verschiedenen europäischen Mächten jedoch zeitversetzt. Um 1600 ist auf europäischer Ebene noch eine merkwürdige Asymmetrie der ständigen diplomatischen Vertretungen zu beobachten. Waren am Kaiserhof zu Prag fast alle europäischen Mächte wie Spanien, Frankreich, England, Venedig, Genua, die Generalstaaten, Polen-Litauen und der Hl. Stuhl diplomatisch vertreten, so besaß der Kaiser umgekehrt nur in Spanien, in Rom und an der Pforte einen ständigen Gesandten. Besonders eklatant wird dieses Ungleichgewicht, stellt man die diplomatischen Vertretungen des Kaisers denjenigen Frankreichs gegenüber. Der ständige Vertreter des Kaisers in Paris, der berühmte Humanist Ogier Ghislain de Busbecq, hatte 1586 seinen Schlussbericht nach Prag abgeschickt.41 Nach Busbecqs Tod 1591 gab es für mehr als 30 Jahre keine ständige diplomatische Vertretung des Kaisers in Frankreich. Erst unter Ferdinand II. wurde wieder eine Residentur in Paris eingerichtet. Frankreich hingegen war durch einen ständigen Gesandten an der Pforte42, in Venedig43, an der Kurie44, am Hof in London45, in den Generalstaaten46 und in Spanien vertreten. Im Reich besaß Frankreich zwei ständige Gesandte: Guillaume d’Ancel, den französischen Vertreter in Prag, und Jacques Bongars, den ständigen Gesandten bei den protestantischen Reichsständen. Das Hinterherhinken des Reichs und die dadurch lange vernachlässigte Berichterstattung erschwerten es, die diplomatischen Strategien der anderen Beteiligten zuver-

41

42

43 44

45 46

Heinrichs IV. ein bestimmtes Bewusstsein für ein methodisches Vorgehen. Vgl. ders.: Fürstenlehre, 281. Zu Busbecq siehe Martels: His Majesty’s service; Le Bourdellès: Busbecq. Busbecq bemühte sich um die intellektuelle Einheit Europas, ebda, 209. Er amtierte offiziell im Auftrag der Kaiserinwitwe Maria. Es existiert keine systematische Darstellung über die Gesandten Frankreichs unter Heinrich IV. Deshalb muss auf ältere Monographien oder Briefeditionen zurückgegriffen werden. Hurault de Maisse war der wichtigste Ratgeber Heinrichs IV. in türkischen Angelegenheiten, vgl. Lesure: Relations franco-ottomanes, 53. François Savary de Brèves war ein Anhänger Heinrichs von Navarra und löste 1592 den bisherigen französischen Botschafter ab; vgl. Niederkorn: Europäische Mächte, 143. Halphen: Lettres inédites. Arnaud d’Ossat war Unterhändler in Rom, vgl. Lettres du Cardinal d’Ossat. Als nächster Gesandter in Rom trat Ludovico Gonzaga, Herzog von Nevers, in Erscheinung. Zu seinem Verhältnis zu Heinrich IV. vgl. Wolfe: Piety. Darauf folgte als Gesandter Heinrichs in Rom Maximilien de Béthune; vgl. Lajeunie: Correspondance. Der ständige diplomatische Vertreter Heinrichs IV. in London wurde nach 1604 Maximilien de Béthune. Vgl. Vreede: Lettres et négotiations.

44 lässig zu erkennen. Im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges sollte sich dies als erheblicher Nachteil erweisen. Derweil war in Frankreich bereits 1588 unter Heinrich III. eine Art »Außenministerium« eingerichtet worden, das der wachsenden Bedeutung entsprach, die das Königtum den auswärtigen Angelegenheiten beimaß.47 Diese institutionelle Entwicklung ist insofern beachtenswert, da es noch Mitte des 16. Jahrhunderts in den europäischen Administrationen kaum eine Aufgabenteilung zwischen äußeren und inneren Angelegenheiten gab. Es wurde nicht zwischen Innen- und Außenpolitik unterschieden, vielmehr nach sachlichen Aufgaben.48 Nach der in Frankreich seit 1547 bestehenden Arbeitsteilung besorgten die vier Staatssekretäre neben ihren Aufgaben in den Provinzen auch deren »auswärtige« Verhältnisse. Eine Veränderung der Gewichtung der Außenpolitik ist in den folgenden Jahrzehnten zu beobachten. Heinrich III. hob die bestehenden Ressortgrenzen zwischen den vier Staatssekretären auf und schuf neben den Abteilungen für Finanz- und Heereswesen ein eigenes Staatssekretariat für auswärtige Angelegenheiten.49 Louis Revol bekleidete das Amt des »secrétaire d’État pour les affaires étrangères« von 1589 bis 1593. Anschließend ernannte Heinrich IV. Nicolas de Neufville, Seigneur de Villeroy, zu dessen Nachfolger. Villeroy sollte von 1593 bis 1610 maßgeblich den außenpolitischen Kurs Frankreichs bestimmen. Der Grad an staatlicher Organisation war für das Funktionieren des außenpolitischen Apparates ausschlaggebend. Untersucht man die Korrespondenzen der frühneuzeitlichen Gesandten über die Wahrnehmung ihres Berufes, so sind Klagen über mangelhafte Finanzierung am häufigsten anzutreffen. Bei der Finanzierung handelte es sich offensichtlich um ein Problem, das auch im 17. Jahrhundert aktuell blieb, denn noch Juan Antonio de Vera stellte in seinem Parfait Ambassadeur, dem wohl verbreitetsten diplomatischen Handbuch seiner Zeit, fest, dass eine »mediocre richesse« für einen Diplomaten notwendig wäre.50 Im 16. Jahrhundert sah die finanzielle Situation der Diplomaten noch schlechter aus. Für die Diplomaten Kaiser Karls V. hat man nachgewiesen, dass es sich bei ihnen in der Regel um den Typ des adeligen Selbstversorgers han-

47 48 49

50

Zur Entwicklung der außenpolitischen Institutionen vgl. Doucet: Institutions de la France, Bd. 1, und Baillou (Hrsg.): Affaires étrangères, Bd. 1. Nach der idealtypischen Form frühmoderner Staatlichkeit sind äußere Beziehungen nicht von inneren Angelegenheiten zu trennen. Vgl. Weber: Soziologie der Herrschaft. Nach Baillou (Hrsg.): Affaires étrangères, 56f. löste Heinrich III. die bestehende Trennung der Staatssekretariate auf, da er die Sekretäre verdächtigte, sie sympathisierten mit der Liga. Durch den personellen Wechsel hoffte der König, die Entscheidungen über militärische Fragen und auswärtige Angelegenheiten selbst in der Hand zu behalten. De Vera: Parfait Ambassadeur, 353. Don Juan Antonio de Vera, Gelehrter, Soldat, Höfling und Dichter, war bereits in Flandern als Diplomat tätig und vertrat die Krone Spanien in Savoyen und Venedig. Sein Buch wurde erst bekannt, als 1642 in Paris eine Übersetzung erschien.

45 delte.51 Die Kosten für repräsentativen Lebensstil, Geschenke, Reisen, Boten und Informanten waren enorm, und die Bezahlung der Gesandten erfolgte nur in unregelmäßigen Abständen. Dass es sich hier um ein Problem handelt, mit dem alle europäischen Gesandten in ähnlicher Weise konfrontiert waren, zeigen etwa auch die Tagebücher des kaiserlichen Gesandten in Madrid, Khevenhüller, die voll von Klagen über eine unzureichende finanzielle Entschädigung sind, ebenso die Korrespondenzen französischer und englischer Gesandter.52 Gary Bells Untersuchung über die englischen Diplomaten um 1600 kommt allerdings zu dem Schluss, dass man den Klagen der Gesandten mit einer gewissen Skepsis zu begegnen hat. Demnach musste der Gesandtenberuf keineswegs in den finanziellen Ruin führen, im Gegenteil: Bell stellt fest, dass die elisabethanischen Diplomaten zu den bestbezahlten Männern im Dienste der Krone gehörten.53 Auch dem ständigen Gesandten Kaiser Maximilians II. in Madrid, Adam von Dietrichstein, gelang es, sein Vermögen zu verdreifachen. Aber selbst Dietrichstein trug andauernd Beschwerden vor seinen Geldgeber und Dienstherrn, den Kaiser.54 Untersucht man hingegen die Korrespondenzen Bongars’, so fällt es schwer, den Klagen über seine desaströse finanzielle Situation keinen Glauben zu schenken: »[...] que je n’en puys estre payé de quelque mois. Je ne puys aussy rien toucher du Courrant, que nous ne soyons bien avant dans l’année. Mes moyens Monsieur ne portent pas de faire des avares de fruict ou deux mille escus. Ce que j’en ay fait esté souls le credit de M. Gravisset. Je suis arriere de plus de mille escus depuys trois ans [...] Si je continue je me trouve a l’hospital au bout d’un service de dixsept ans.«55 In diesem Brief an Villeroy sprach Bongars klar aus, wie er wegen unregelmäßiger und unzureichender Besoldung nach 17 Berufsjahren hoch verschuldet sei und fürchte, im Armenhaus zu enden. Nur Dank des Kredits seines Freundes, des Straßburger Juweliers und Bankiers Gravisset, könne er noch weiter arbeiten. In der Tat verkaufte Bongars 1594 die geerbten Wälder von Bauldry und 1597 das Gut La Chesnaye an seinen Bruder, jeweils weit unter dem angemessenen Wert, um wenigstens einen Teil seiner Schulden, die er im Reich hatte, tilgen zu können.56 Dies schrieb er auch dem Gesandten de Fresnes: »Je ne me veux comparer a vous. Mais la premiere

51 52 53 54 55

56

Lunitz: Diplomatie (1988), 178f. Vgl. Korrespondenz der Kaiser mit ihren Gesandten in Spanien, Bd. 1, passim. Bell: Elizabethan diplomatic compensation, 2. Edelmayer: Ehre, 125. Bongars an Villeroy, 8. Februar 1602, B. N., FR 15577, fol. 91. In gleicher Weise äußerte sich Bongars auch in seinen Briefen an enge Freunde, denen er Geld schuldete. Vgl. Bongars an Camerarius, o. D., B. N., FR 7128, Nr. 175: »Excessi et ego e Germania alieno aere oneratus, sed nomen mihi agnomen erat infra dimidium iusti pretii vendidi inquissimo tempore, ne cum suo incommodo cogeretur viri boni meum exspectare commodum, qui me egentem facultatibus suis adiuverant.« Vertrag über den Verkauf der Güter »Le boys Bauldry, vendus l’an 1594«; »La Chesnaye, vendue l’an 1597«. BERN, cod. 468, Nr. 5.

46 chose, que j’ay fait, a este de vendre a non prix, voire au dessoubs de moitie, pour payer ce que vous devez. Si je eusse attendu, que le Roy m’en eust donné les moyens, je eusse trop attendu.«57 De Fresnes versuchte Bongars damit zu beschwichtigen, der König habe andere Verpflichtungen, die vorrangig wären; im übrigen müsse für die Diener der Krone gelten: »ses serviteurs ayont patience jusques à ce qu’il ait plu à Dieu luy donner la paix.«58 Bongars musste wegen der ausbleibenden Zahlung seinen Freund Gravisset immer wieder hinhalten: »Je suys resolu de n’en rien faire, si on ne m’envoye de l’argent extraordinairement. J’ay trouvé icy tant de petites debtes, desquelles je n’estois point averti, que j’ay de reste que pour vivre ce moys et le suyvant. Et sans cela, perte de vaisselle et de serviettes.«59 Nicht zuletzt scheint die Erbschaft von Bongars’ wertvoller Bibliothek als Tilgung der Kredite gedacht gewesen zu sein, die Gravisset dem französischen Gesandten wieder und wieder gewährt hatte. Die Ausgaben, die Bongars als ständiger Gesandter hatte, waren erheblich. So musste er seinen Sekretär François Veyraz bezahlen und auch für die Finanzierung der eingesetzten Boten aufkommen.60 Der Bote David, der die Briefe zwischen Bongars und dem französischen Hof transportierte, wurde beispielsweise von Bongars vorfinanziert und war für den Gesandten ein hoher Ausgabenposten.61 Dennoch müssen die Klagen Bongars’ relativiert werden. Wie unten, in Kap. 4 dargestellt, hatte Bongars eine kostspielige Leidenschaft. Er war ein Bibliophile, der hohe Summen für den Kauf alter Handschriften und Bücher aufwendete. So ist nicht mehr nachzuvollziehen, inwieweit Bongars’ Verschuldung auch durch seine Sammelleidenschaft bedingt war.

Zusammenfassung Diplomatie um 1600 war nach ihrer theoretischen Reflexion sowie zufolge ihrer Praxis weit fortgeschrittener, als es in der Literatur lange Zeit angenommen wurde. Die konkurrierenden Begriffe des »résident«, »ambassadeur« oder »agent« vermochten in ihrer Übersetzung für Verwirrung sorgen, in der je-

57 58

59 60

61

Bongars an de Fresnes, o. D. [1594], BERN, cod. B 149, Nr. 10. De Fresnes an Bongars, 12. April 1594, BERN, cod. 141, Nr. 258: »Car il est contraint de donner aux gouvernes et autres ou parti contraire, qui conviendront à son obeissance, emportent non seulement le plus beau et le plus clair de son finances, mais aussi d’une bonne partie de son domaine et faut que ses serviteurs ayont patience jusques à ce qu’il ait plu à Dieu luy donner la paix. Dont graces à Dieu nous sommes en tres bonne esperance. Je vous supplie donc de faire entendre toutes ces difficultés à Mess. de Nurenberg.« Bongars an René Gravisset, 14. Oktober 1602, SUBH, sup. ep. 13, fol. 76. François Veyraz war zwölf Jahre lang der Sekretär von Bongars. Vgl. das Vorwort der Ausgabe Ling. ep. Zur Rolle der Boten im frühneuzeitlichen Gesandtschaftssystem vgl. Allen: Post and courrier service; ders.: Courriers diplomatiques, bes. 231. Bongars an Villeroy, 11. Januar 1603, B. N., FR 15578, fol. 7; Bongars an Villeroy, 8. Februar 1603, ebda, fol. 17.

47 weiligen Landessprache schien man sich über die unterschiedliche Bedeutung im Klaren. Bereits mit den theoretischen Traktaten Mitte des 16. Jahrhunderts erfuhr die Unterscheidung zwischen einem ständigen Gesandten und einem Sondergesandten ihre begriffliche Festschreibung. Dabei wurde zwischen den Aufgabengebieten der beiden Gesandtschaftsformen strikt getrennt. Dem ständigen Gesandten (»résident«) – und das ist im Hinblick auf die Tätigkeit Bongars’ entscheidend – kam die Funktion der Vertretung der Absendermacht zu und vor allem die Sammlung und Weitergabe von Nachrichten. Diese informationspolitische Funktion der ständigen Gesandtschaften ist entscheidend, will man Bongars’ Tätigkeit und Arbeitsweise richtig beurteilen. Komplementär zum Typus des ständigen Gesandten gab es den Sondergesandten, den »ambassadeur«, der mit politischen Missionen betraut und zu Verhandlungen entsandt wurde. Häufig hatte ein Sondergesandter deshalb eher messbare Ergebnisse vorzuweisen als ein ständiger Gesandter, der vor allem für den Nachrichtenfluss aus dem Ausland zuständig war. Jacques Bongars selbst war der Ansicht, der Titel eines »ambassadeur« treffe für ihn nicht zu – womit sein diplomatisches Tätigkeitsfeld bereits erste Konturen gewinnt. Über die Voraussetzungen, die ein Gesandter mitbringen musste, waren sich alle Verfasser von Traktaten über den »idealen Gesandten« mehr oder weniger einig: neben einer fundierten Ausbildung waren Sprachkenntnisse und Auslandserfahrung zentrale Kriterien. Das stark humanistisch geprägte Bild der Diplomaten in den Traktaten um 1600 idealisierte den Typus des »gelehrten Gesandten«, den man im zwischenstaatlichen Verkehr für besonders fähig hielt. Jacques Bongars verfügte demnach, als er sich für die diplomatische Laufbahn entschied, über alle Qualitäten, die man in der zeitgenössischen Theorie vom »idealen Gesandten« forderte. Dass die Organisation des diplomatischen Dienstes weit weniger ausgereift war, als es die theoretischen Abhandlungen glauben lassen, zeigt vor allem die Finanzierung der Gesandten. Die Klagen über ausbleibende finanzielle Mittel sind geradezu zu einem Topos der frühneuzeitlichen Diplomatie geworden – ein schillernder Mosaikstein in der Wahrnehmung des diplomatischen Berufs seit dem 16. Jahrhundert.

48

3.

Handlungsmöglichkeiten und Wirkungsgrenzen – Bongars’ diplomatische Tätigkeit im Reich

Im folgenden Kapitel soll ein Überblick über die wichtigsten Stationen von Bongars’ Karriere als ständigem Gesandten bei den protestantischen Ständen im Reich gegeben werden. Es ist nicht beabsichtigt, die diplomatischen Aktivitäten vollständig darzustellen. Vielmehr dienen die Ausführungen dazu, Orientierung über Bongars’ Anteil an den verwickelten Aktivitäten der französischen Diplomatie zu bieten und diese in den Zusammenhang der französischen Außenpolitik einzuordnen. Erst dadurch werden Handlungsmöglichkeiten des französischen Diplomaten nachweisbar, werden seine Wirkungsgrenzen erkennbar und lässt sich sein politisches Profil, wie es in Konfliktsituationen hervortrat, rekonstruieren.

3.1

Werbungen für Subsidien und ein protestantisches Bündnis

Als Jacques Bongars 1585 in den Dienst Heinrichs von Navarra trat, war dieser bereits dabei, sich durch seine Gesandten Verbündete im protestantischen Ausland zu sichern. Zur militärischen Durchsetzung seiner Ansprüche auf den französischen Thron war er auf die finanzielle und strategische Hilfe seiner ausländischen Verbündeten angewiesen. Auch nachdem er als Heinrich IV. den französischen Thron bestiegen hatte, sollten die Bemühungen um finanzielle und militärische Hilfe bei den deutschen Protestanten bis zum Frieden mit Spanien 1598 zu den Konstanten seiner Außenpolitik gehören. Eine weitere Konstante war die Unterstützung eines Zusammenschlusses der protestantischen Reichsstände, um diese gemeinsam einem europäischen Bündnis mit Frankreich, England und den Generalstaaten zuzuführen. An der Durchsetzung dieses Ziels arbeiteten die französischen Diplomaten – erfolgreich – bis zum Frühjahr 1610, als mit dem Vertrag von Schwäbisch Hall die Weichen für ein internationales protestantisches Defensivbündnis gestellt wurden. Es waren im Wesentlichen diese zwei Aufgabenfelder, an denen Bongars teilhatte, als er von 1585 bis 1593 den französischen Gesandten im Reich, Ségur-Pardaillan, Sancy, Turenne und de Fresnes-Canaye als Unterbevollmächtigter zugeordnet war. Bongars fing auf der diplomatischen Karriereleiter ganz unten an. Zunächst arbeitete er für den navarrischen Gesandten Jacques de Ségur-Pardaillan als »secrétaire interprète« in Frankfurt, wo die Diplomaten Heinrichs von Navarra

49 ihr Quartier besaßen.1 Der deutschen Sprache kundig dank seiner Studienaufenthalte im Reich, fiel Bongars die Übersetzung von deutschen diplomatischen Korrespondenzen sicherlich leicht. Die Arbeit der navarrischen Gesandten im Reich wurde umso wichtiger, als die Konfrontation zwischen Heinrich von Navarra und dem durch ligistische Truppen unterstützten französischen König Heinrich III. eskalierte. So begann 1587 als achter Religionskrieg der »Krieg der drei Heinriche«, nämlich zwischen Heinrich von Navarra, Henri de Guise und König Heinrich III. Als die Gesandten des Bourbonen im selben Jahr für die Aufstellung eines deutsch-schweizerischen Heeres warben, das auf der Seite Heinrichs von Navarra kämpfen sollte, trat Bongars erstmals in seiner Funktion als Gesandter in den Vordergrund.2 Ausschlaggebend für eine militärische Kooperation zwischen französischen und deutsch-schweizerischen Truppen war der Beschluss von Fridelsheim (11. Januar 1587), demzufolge Pfalzgraf Johann Casimir ein Heer aufstellen sollte. Die Finanzierung sollte gemeinsam von den protestantischen Reichsständen, England, Dänemark und von Heinrich von Navarra übernommen werden. Unter der Führung Fabians von Dohna sollten die deutschen und schweizerischen Truppen zu dem Heer Heinrichs von Navarra stoßen und an dessen Seite gegen die ligistischen Truppen kämpfen. Zur Vorbereitung des Unternehmens besuchte Bongars im Februar 1587 in Vertretung von Ségur eine Reihe protestantischer Fürstenhöfe, um Sendschreiben Heinrichs von Navarra zu überbringen und die Resolutionen entgegenzunehmen. Ende Mai war Bongars in Kassel bei Landgraf Wilhelm IV., dem er eine Reihe von Briefen von Ségur überbrachte.3 Bereits im Spätsommer, als sich das Scheitern des militärischen Unternehmens abzuzeichnen begann, sandte Ségur wieder seine Gesandten nach England und zu den deutschen Fürsten, um weitere finanzielle Mittel für Hilfstruppen auszuhandeln.4 Bongars selbst reiste im September und Oktober nach Halle zum Administrator des Erzstifts Magdeburg, nach Dresden zum sächsischen Kurfürsten und nach Kassel zum hessischen Landgrafen. Zum Abschluss seiner Gesandtschaftsreise kam er in Kopenhagen bei König Friedrich II. ein. Im November wurde Bongars mit einer Instruktion zu Pfalzgraf Johann Casimir nach Heidelberg abgefertigt.5 Wahrscheinlich beriet sich dieser mit Bongars über die Konsequenzen des militärischen Fiaskos unter der Führung Dohnas, denn er hielt für den 30. November in seinem Notizbuch fest: »Segurio diener Boncars auch bei mir gewest, mit

1 2 3 4 5

Anquez: Henri IV, XXVI. Vgl. dazu Ritter: Deutsche Geschichte, Bd. 2, 5f. Bongars an Landgraf Wilhelm IV., 26. Mai 1587, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 711. Instruktion Ségurs für den nach England abgefertigten d’Averly, 26. August 1587. In: Bezold (Bearb.): Briefe, Bd. 3, 66–68. Instruktion Ségurs für den an Johann Casimir abgefertigten Bongars, 27. November 1587, ebda, 88f.

50 ime discourirt«.6 Dohna, der mit den deutschen Truppen im Juli in Richtung Champagne aufgebrochen war, wurde im November bei Chartres von Henri de Guise vernichtend geschlagen, woraufhin er kapitulierte. Die deutschen Söldner flüchteten bei Einbruch des Winters. Bald nach Bekanntwerden des Misserfolges des deutsch-schweizerisch-französischen Feldzuges begann eine Kampagne gegenseitiger Schuldzuweisungen zwischen den Vertretern Heinrichs von Navarra und den Pfälzern bzw. den Fürsprechern Fabians von Dohna.7 Dohna schob die Niederlage auf die Truppenführung durch die Franzosen. In einer Flugschrift, die er Ende März 1588 in Umlauf brachte, klagte er die abwartende Haltung Heinrichs von Navarra, die Unfähigkeit des Herzogs von Bouillon und die Unvorsichtigkeit der französischen Heerführer an, die zu jenem vernichtenden Ausgang geführt hätten.8 Die Anschuldigungen Dohnas waren weder von Heinrich noch seinen Befehlshabern einfach hinzunehmen. Ségur lancierte deshalb eine Responsio ad scriptum baronis Fabiani a Donaw, verfasst von Bongars.9 Die Erwiderung erschien gerade rechtzeitig zur Frühjahrsmesse in Frankfurt, was eine schnelle Verbreitung der Flugschrift garantierte. In ihr prangerte Bongars die Inkompetenz Dohnas an und mutmaßte über ein geheimes Abkommen der Pfälzer mit Heinrich III. gegen den König von Navarra. Dohna wiederum ließ den Angriff Bongars’ auf seine militärische Führungsqualität nicht unbeantwortet. Seine Responsio, ein lateinisch, französisch und deutsch abgefasstes Schreiben, wies die Schuld an der Niederlage abermals dem französischen Kommando zu. Bongars erwiderte diese zweite Schrift Dohnas mit einer beißenden Satire.10 Diese zweite Flugschrift gegen Dohna war im Stil der humanistischen Dunkelmännerbriefe verfasst; sie ist ein Beispiel für Bongars’ rhetorische Gewandheit.11

6 7

8

9

10

11

Ebda, 89. Auf Pfälzer Seite arbeitete La Huguerye eine Streitschrift gegen die Franzosen aus. Als Reaktion erschienen daraufhin einige Anklageschriften gegen La Huguerye, die wiederum Beschwerdeschriften von pfälzischer Seite hervorriefen. Hierauf erst äußerte sich Dohna selbst zu den Vorwürfen. »Kurzer und warhafftiger Bericht von dem nächsten Navarrischen Zuge in Frankreich, daraus ein jeder verständiger und Unpartheyischer hohes und nidern Standes sehen unnd gründlich mercken wirdt, wie es in allen Sachen zugegangen, wider alle bis anhero von gemelten Zuge, etliche und engerünte aussgangene Schriften, Discours und Zeittungen: und zu warhafftiger Entschuldigung derer, die in solchem getrucktem und ungetruckten Zeittungen falschlich taxiert und beschuldigt werden«. In: Badweyler: Caluinisch Badstübl, o. S. Ein Druckexemplar befindet sich in der Dillinger Bibliothek, Sign. XVI 2028, 8: Responsio ad scriptum baronis Fabiani a Donaw, quod de sua in Galliam expeditione auxilio Serenissimi Regis Navarrae et ecclesia cum Gallicarum suscepta, o.O., 1588. Bongars’ Anwortschrift befindet sich in den Berner Beständen: Epistula irrisoria Bongarsii ad Fabianum da Donaw burgicomitem, obscurum virorum genere scripta, BERN, cod. 141, Nr. 324. Abdruck bei Hagen: Jacobus Bongarsius, Beilage II, 73–76. Der Humanist und französische Gesandte Jean Hotman griff ebenfalls auf Seiten Bongars’ in den Streit ein. Dazu Hagen: Jacobus Bongarsius, 21.

51 Auch Jacques-Auguste de Thou, der in seiner Historia sui temporis auf diese Episode der französisch-pfälzischen Beziehungen zu sprechen kam, betonte die herausragende Bildung des jungen Gesandten, der mit den Waffen der Rhetorik den Ruf der französischen Kriegskunst verteidigte: »Jacobus Bongarsius invenis ingenio et eruditione praestans et Gallici decoris perquam studiosus, qui Navarri res istic procurabat [...].«12 Die katholischen Reichsstände spotteten über die gegenseitigen Schuldzuweisungen der Pfälzer und der Vertreter Navarras. In dem von dem Salzburger Hofrat Johann Baptist Fickler unter dem Pseudonym Badweyler herausgegebenen Druck Caluinisch Badstübl wurden die Drucke von Dohna und Bongars einander gegenübergestellt. Mit dem im Vorwort erwähnten »Navarrischen Patron« ist zweifelsohne Bongars gemeint: »Im dritten Eckh stehet an eine Badewanne, in welcher ein Navarrischer Patron sitzt, der gleichwol mit Namen nit nennen wollen, diser seubert und wascht an den Navarrischen Franzosen, und was er abwascht / das geist der dem Herren Fabian samt seinen Schweizern und Casimirischen Teutschen ins angesicht. waschen und kratzen / scheren und zwangen also die arme Calvinisten eine anderen zu beiden teylen so schon unnd sauber das sie gleissen / als wie das edl schweindl wans aus der khotlachen kombt.«13 Währenddessen verlor Heinrich III. innenpolitisch immer mehr an Autorität. Im Mai 1588 musste er nach dem »Tag der Barrikaden«, einer von Henri de Guise angestifteten und ausgenutzten Revolte, aus Paris fliehen. Henri de Guise trat als Generalstatthalter des Königreichs an die Stelle des entmachteten Königs. Heinrich III. suchte nun den Schutz Heinrichs von Navarra. Als sich Heinrich III. im April 1589 von der Ligue abwandte und ihre führenden Köpfe ermorden ließ, wurde Heinrich von Navarra zum begünstigten Thronnachfolger. Die Übernahme der Ziele Heinrichs von Navarra durch Heinrich III., d.h. die Bekämpfung der ligistischen Partei in Frankreich, bedeutete für die deutschen Protestanten einen großen juristischen Fortschritt: Von jetzt an unterstützten sie den französischen König als legitimen Herrscher gegen die Ligue. Im Frühjahr 1589 wurde Bongars von Heinrich von Navarra in Vertretung des erkrankten Ségur nach Deutschland abgesandt.14 Bongars sollte den protestantischen Ständen versichern, dass trotz der Verbindung Heinrichs von Navarra mit Heinrich III., dem vormals erklärten Feind »la disposition de son esprit est toujours la même«.15 Denn die deutschen Protestanten befürchteten, dass sich Heinrich von Navarra durch die Verbindung mit dem französischen

12 13 14

15

De Thou: Historiarum sui temporis, Bd. V, 151f. De Thou schildert den Hergang der französisch-pfälzischen Schuldzuweisungen. Badweyler: Caluinisch Badstübl, Vorwort, o. S. Heinrich von Navarra an den Baron von Liechtenstein, 12. Februar 1589. In: Lettres missives II, 430 f.: »envoyant le sr. Bongars, l’un de mes serviteurs, vers les princes protestants.« Bongars an einen Rat Kurfürst Johann Georgs von Brandenburg, 29. April 1589. In: Ed. 1695, 5.

52 König nicht mehr für die Interessen der französischen Glaubensbrüder einsetzen würde. Vorrangiges Ziel der Gesandtschaft Bongars’ im Reich war jedoch ein erneutes Werben um finanzielle Unterstützung der Kriegführung in Frankreich. Parallel dazu sandte Heinrich III. seinen Gesandten Baradat ins Reich, um über Anleihen von 300 000 fl. bei den Protestanten zu verhandeln. Bongars traf mit Baradat in Halle zusammen. Der Magdeburger Administrator wandte sich an Bongars mit der Frage, was Heinrich von Navarra von Baradats Anliegen halte. Bongars gab zurück, »sans doute, Messieurs les Princes avoient à cette heure un beau et assuré moyen en main de faire un grand bien à la France, et de lui rendre, ce qu’autre fois elle leur avoir presté«. Es gelang ihm schließlich, die Bedenken der protestantischen Reichsstände gegen den ehemaligen Feind der französischen Reformierten zu zerstreuen, wie er seinem Vorgesetzten Ségur berichtete.16 Unter Vermittlung Christians von Anhalt sprachen sich der Magdeburger Administrator, Pfalzgraf Johann von Zweibrücken, Pfalzgraf Johann Casimir und Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel entschieden dafür aus, die französischen Glaubensverwandten weiterhin zu unterstützen. Auch Kurfürst Christian von Sachsen beteiligte sich mit einem Darlehen von 100 000 fl.17 Nach der Ermordung Heinrichs III. im Sommer 1589 durch den Mönch Jacques Clément und dem Übergang des Königtums auf das Haus Bourbon und den Reformierten Heinrich von Navarra sollte dessen Gesandter Sancy die von Baradat begonnenen Unterhandlungen fortsetzen. Sancy erhielt Weisung, die Geldhilfen zu beschaffen, um damit Truppen im Reich zu werben. Bongars sollte im Auftrag Sancys vor allem den Norden des Reichs, etliche Reichsstädte sowie Dänemark bereisen. Der neue König Heinrich IV. benötigte dringend Truppen aus dem Ausland, da der Krieg im Innern unvermindert weiterging und die Kämpfe sich nun um Paris konzentrierten. In dem argumentativen Konzept seiner Gesandtschaft, der Proposition faites aux princes et aux villes, warb Bongars um die aktive Unterstützung der Ziele Heinrichs IV.18 Darin betonte Bongars die Gefahr, die von einer spanischen Übermacht in Frankreich auch auf das Reich ausgehen würde. Er erinnerte an die Territorien im Nordwesten des Reichs, die von spanischen Truppen in den Niederlanden in Mitleidenschaft gezogen worden waren, und wies auf die Möglichkeit eines spanischen Übergriffs auf diese Territorien hin. Bongars bediente damit die antihabsburgischen Stimmungen im Reich, die durch wiederholte Einfälle spanischer Truppen in den niederrheinisch-westfälischen Reichskreis Nahrung erhielten.

16 17

18

Bongars an Ségur, 3. Mai 1589. In: Ed. 1695, 645f. Briefe und Acten I, Einleitung, 9–13. Johann Casimir beteiligte sich für die Pfalz und Baden-Durlach mit 80 000 fl., der Administrator des Erzstifts Magdeburg mit 30 000 fl. und Kurfürst Johann Georg von Brandenburg mit 34 000 fl. Proposition faites aux princes et aux villes, 1589, B. N., FR 7125, fol. 24, 29.

53 Während jedoch Sancy in Hessen, Kursachsen und in der Kurpfalz Anleihen für 4000 Reiter und 9000 Landsknechte sichern konnte, stieß Bongars’ Mission auf Ablehnung. So vertröstete man Bongars in Dänemark darauf, dass erst eine im Sommer stattfindende Versammlung der Reichsräte über die geforderten Subsidien entscheiden könnte.19 In gleicher Weise erfolglos war sein Ansinnen in Lüneburg, Holstein, Mecklenburg, Pommern und den protestantischen Hansestädten Hamburg und Lübeck, ebenso im vorwiegend reformierten Bremen. In den Reichsstädten glaubte er sogar eine spanienfreundliche Stimmung auszumachen. Enttäuscht fasste er seine Mission zusammen: »Voila ce que i’ay avancé en mon voyage. C’est peu ou rien: Car les espérances sont petites et assez froides. Si nos ennemys se mettoient aussy laschement en besogne comme nos amys, nous n’aurions pas grande occasion de nous plaindre.«20 Bongars hatte in Bremen aber auch einer Reihe informeller Treffen mit Reformierten, die ein internationales reformiertes Nachrichtennetz knüpfen wollten. Inzwischen waren die von Sancy im Elsaß aufgestellten Truppen durch den Herzog von Lothringen zerstreut worden, und Heinrich IV. hatte seine Gesandten Sancy und Schomberg zu erneuten Verhandlungen ins Reich geschickt. Auf Anregung der französischen Gesandten versammelten sich im April 1590 in Kassel Landgraf Wilhelm von Hessen, Kurfürst Christian I. von Sachsen, Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz und Johann Casimir, um ein gemeinsames Vorgehen und eine militärische Unterstützung für den französischen König zu beschließen. Doch eine Entscheidung kam aufgrund ihrer Uneinigkeit nicht zustande. Die strategische Situation Heinrichs IV. machte unterdessen eine ausländische Intervention immer dringlicher. Durch den Anmarsch des Herzogs von Parma geriet die Belagerung von Paris für Heinrich IV. zu einem strategischen Patt.21 Heinrich IV. schickte seine Gesandten im Juli 1590 erneut ins Reich mit der Instruktion, die deutschen Fürsten nachdrücklich auf die Bedrohung durch die Ligue hinzuweisen sowie daran zu erinnern, dass Spanien trotz fürstlicher Verbote im Reich Truppen werbe und die Kontrolle des Herzogtums Jülich-Kleve anstrebe.22 Aus den Briefen Bongars’ an die fürstlichen Räte ist die Argumentation der französischen Diplomaten zu rekonstruieren. Demnach müssten die spanischen Truppen zuerst in Frankreich bekämpft werden, um Übergriffe auf das übrige Europa zu verhindern.23 Heinrich IV. verstand es daher, innerfranzösische mit europäischen Problemen zu verknüpfen. Für den

19

20 21 22 23

An den dänischen Reichsrat Niels Kaas schrieb Bongars von der Rückreise, »[...] de lui faire connoitre par des preuves effectives, que ce n’a pas été en vain que sa Majesté m’a envoyé a cette Couronne.« Bongars an Kaas, 31. Dezember 1589. In: Ed. 1695, 7, dass. BERN, cod. B 149, Nr. 104. Bongars an Palavicino, 13. Januar 1590. In: Bezold (Bearb.): Briefe, Bd. 3, 268f. Bongars an Camerarius, 28. Oktober 1590. In: Ed. 1695, 122 f. Instruktion Heinrichs IV. für seine Gesandten in Deutschland, 28. Juli 1590. In: Bezold (Bearb.): Briefe, Bd. 3, 352 f. Bongars wird in dieser Instruktion nicht erwähnt. Etwa Bongars an den Kanzler der Kurpfalz, 29. September 1590. In: Ed. 1695, 19.

54 Westen des Reichs war die Schilderung der spanische Bedrohung wesentlich greifbarer als die damalige Türkengefahr. Wenn es 1590 zu Verwüstungs- und Eroberungszügen durch spanische Truppen kam, schien damit die französische Diplomatie bestätigt, was ihre Mutmaßungen über Spaniens Ziele betraf. Im Herbst 1590 schickte Heinrich IV. den Diplomaten Turenne nach Deutschland, um zusammen mit dem englischen Gesandten Palavicino in Verhandlungen mit den deutschen Fürsten zu treten. Sie erreichten bei Christian von Sachsen – der für Heinrich IV. zum politisch wichtigsten Ansprechpartner avanciert war – die Zusage einer gemeinsamen militärischen Hilfeleistung der deutschen Protestanten. Unter dem Vorsitz des Pfälzer Kuradministrators Johann Casimir versammelten sich Gesandte der protestantischen Fürsten im Februar 1591 in Torgau, um Einzelheiten des für Frankreich aufzustellenden Heeres zu besprechen. Es wurde der Beschluss gefasst, dass sich die wichtigsten protestantischen Fürsten und einige Reichsstädte an der Aufstellung und Ausrüstung sowie an einem ersten Monatssold der Armee beteiligen sollten. Der französische König würde die weitere Finanzierung des Heeres übernehmen. Die Führung des deutschen Hilfsheeres sollte Christian von Anhalt übernehmen. In einer gemeinsamen diplomatischen Aktion suchte der französische Gesandte Turenne mit seinem englischen Kollegen Palavicino die Fürsten auf, um Details der Truppenbewilligungen auszuhandeln. Bongars berichtete Camerarius wiederholt: »Ils sont tous deux pleins de bonnes espérances, autant que j’en puis juger. Et tout est en seureté, si on doit adjouster foy aux paroles«.24 Mit dem gleichen Ziel schickte Turenne Bongars nach Norddeutschland zu diversen Reichsstädten und nach Dänemark zu König Christian IV.25 Anschließend warb Bongars um finanzielle Beteiligung bei den Reichsstädten Nürnberg, Speyer und Worms.26 Er klagte darüber, dass diese Städte einem Bündnis fernblieben und sich finanziell nicht beteiligen wollten – »Ils prennent pour prétexte que leur republique est épuisée«; auch sie ihr Interesse für die Belange Frankreichs merklich abgekühlt.27 Neben den finanziellen Fragen sollte Bongars auch Durchzugsrechte sichern.28 Bereits im Juli 1591 berichtete er Camerarius von Söldnern, die sich in Frankfurt zur Musterung einfanden.29 Trotz der Unterstützung durch ausländische Söldner konnte der französische König keinen dauerhaften militärischen Erfolg erringen. Die Truppen aus Deutschland meuterten schließlich, als Heinrich IV. den

24 25 26 27 28 29

Bongars an Camerarius, 30. Februar 1591, ebda, 130. Instruktion an Bongars, o. D., ebda, 685. Anquez: Henri IV, 37. Bongars an Camerarius, 22. Juni 1591. In: Ed. 1695, 137. Bongars an Christian von Anhalt, Frankfurt am Main, 28. Juni 1591. In: Bezold (Bearb.): Briefe, Bd. 3, 542. Bongars an Camerarius, 11. Juli 1591. In: Ed. 1695, 138.

55 Sold schuldig blieb.30 Ende Juli 1592 sah Bongars viele Truppen nach Frankfurt zurückkehren.31 In einem Schreiben an den Landgrafen Wilhelm IV. Anfang November 1591 hielt Bongars fest, wie schwierig es sei, die vielen Einzelinteressen der deutschen Fürsten auf einen Nenner zu bringen. Er wies darauf hin, wie wichtig die militärische Beteiligung der Reichsstände in Frankreich sei.32 Die Niederlage Heinrichs IV. bei der Belagerung von Rouen, an der auch der reformierte mährische Magnat Karl von Žerotín teilgenommen hatte, verschlechterte nicht nur die strategische Position des Königs, sondern trug ihm auch einen erheblichen Prestigeverlust unter den Verbündeten ein. Ungünstig für Heinrich war zudem der Herrscherwechsel bei drei führenden Reichsständen in den Jahren 1591/92. Innerhalb weniger Monate starben die den französischen Belangen aufgeschlossenen Christian von Sachsen, Johann Casimir von der Pfalz und Wilhelm von Hessen. Für Kursachsen bedeutete dies das Ende einer Hinwendung zum Reformiertentum, in Heidelberg übernahm Friedrich IV. die Regierung, und auch die Nachricht vom Tode Wilhelms von Hessen war für Bongars Anlass zu den schlimmsten Befürchtungen: »Je crains pour vôtre Allemagne«.33 Im Herbst 1593 brach Bongars nach Frankreich auf, um von Heinrich seine erste Instruktion als akkreditierter Gesandter entgegenzunehmen. Von diesem Zeitpunkt an bis 1610 war Bongars der einzige ständige Gesandte Frankreichs bei den protestantischen Ständen im Reich. Anfang des Jahres 1596 waren die finanziellen Ressourcen Heinrichs IV. zur Kriegführung erschöpft, ein Friedensschluss mit Spanien schien nicht zu vermeiden. Heinrich IV. hatte unterdessen Verhandlungen mit England und den Generalstaaten wegen eines Bündnisses aufgenommen und beabsichtigte auch die protestantischen deutschen Fürsten in diese Allianz einzubinden. Für diese schwierigen Verhandlungen im Reich empfahl Bongars, man möge Guillaume d’Ancel, den ständigen französischen Gesandten am Kaiserhof, hinzuziehen. Er selbst beabsichtigte zu heiraten und sich für einige Zeit vom diplomatischen Dienst beurlauben lassen. Bongars sollte aber noch Ancels Gesandtschaft bei den Fürsten und Reichsstädten ankündigen und vorbereiten. In seinen Schreiben an die Fürsten und Städte riet er, dieser englisch-französisch-holländischen Tripelallianz beizutreten, die er für das »seul remede à nos maux« hielt.34 In sei-

30 31 32 33 34

»Les Allemands demanderont de l’argent, et nous n’en avons point.« Bongars an Camerarius, 7. Juli 1592, ebda, 198. Bongars an Camerarius, 28. Juli 1592, ebda, 210. Bongars an Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, 1. November 1591, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1058, fol. 2–4. Bongars an Camerarius, 6. September 1593. In: Ed. 1695, 217. Bongars an Hochfelder, 26. Februar 1596, ebda, 653. Vgl. Bongars an den Rat eines Kurfürsten, 21. Februar 1596, ebda, 43: »Sa Majesté me demande par plusieurs de ses lettres, de renouveller encore les memes demandes que j’ai faites à son Altesse Electorale, et à Messieurs les autres Princes, de leur representer ce qu’elle derire, avec encore de liberté

56 nem Werben für das zwischen Frankreich und England abgeschlossene Offensiv- und Defensivbündnis gegen Spanien (Vertrag von Greenwich, 24./26. Mai 1596), dem auch die Generalstaaten (31. Oktober) beigetreten waren, differenzierte Bongars jeweils nach der Interessenlage der angesprochenen Fürsten oder Reichsstädte. So betonte Bongars gegenüber Straßburg, der Beitritt der Reichsstadt wäre wichtig »[...] pour leur conservation que pour la liberté et seureté de leurs sujets«.35 Bongars spielte damit auf die Ängste Straßburgs an, durch die Entwicklungen im Kapitelstreit ganz unter habsburgischen Einfluss zu geraten (siehe dazu unten). Vor den Kurpfälzer Räten schlug Bongars hingegen eine calvinistisch-internationalistische Tonlage mit offen antihabsburgischer Tendenz an: »[...] pour travailler tous ensemble à retablir la liberté commune et à détourner ce joug si honteux, que menace toute l’Europe«.36 Es zählte zu Bongars’ Stärken, dass er die höchst unterschiedlichen Positionen der protestantischen Reichsstände kannte und die Argumente der französischen Diplomatie darauf abzustimmen wusste. Die deutschen Reichsstände weigerten sich jedoch ausnahmslos, der von Heinrich 1596 auf den Weg gebrachten französisch-englisch-holländischen Kriegsallianz beizutreten, aus der berechtigten Furcht, die benachbarten Konflikte in das Reichsgebiet zu ziehen. Bongars verhielt sich seinen Instruktionen gemäß. Was seine Korrespondenzen mit den Fürsten, Magistraten oder Räten betrifft, kann man von ihnen kaum auf eine eigene politische Konzeption des Diplomaten schließen. Viel eher lässt Bongars’ Reaktion auf die Konversion Heinrichs IV. in Saint-Denis 1593 eine persönliche, vom Verhalten des Königs abweichende Haltung erkennen.37 Bongars war sich bewusst, dass der Übertritt Heinrichs IV. zum Katholizismus einen wichtigen politischen Schritt zur Einigung Frankreichs darstellte. In einem Schreiben an den ansbachischen Rat Christoph von Waldenfels äußerte er, die Konversion Heinrichs sei für das »bien de nostre Estat« notwendig gewesen und es gebe für die protestantischen Reichsstände keinen Anlass zur Sorge. Bongars selbst würde diesen Schritt allerdings nicht tun – »quand tout le monde voudra aller a la Messe«.38 An Camerarius schrieb er erklärend: »Puis que le Roi fait profession d’estre Catholique, il doit parler et écrire Catholique«.39

35 36 37

38 39

et de force«. Vgl. auch Bongars an Herzog Friedrich von Württemberg, 27. Februar 1596. In: Ed. 1695, 654–656. Bongars an den Rat der Stadt Straßburg, 6. Juli 1596. In: Kentzinger: Documents historiques, 187f. Bongars an Kurfürst Friedrich IV., 29. Oktober 1596. In: Ed. 1695, 64. Als Auswahl aus der reichhaltigen Literatur vgl. Greengrass: Public Context; Wolfe: Conversion of Henri IV; Love: Symbiosis; ders.: Blood and Religion. Für Heinrich war es bereits der fünfte Bekenntniswechsel. Einen Vergleich europäischer Fürstenkonversionen im Konfessionellen Zeitalter unternimmt Eric-Oliver Mader: siehe vorerst ders.: Staatsräson und ders.: Fürstenkonversionen. Bongars an Waldenfels, 23. Dezember 1593. In: Ed. 1695, 649. Bongars an Camerarius, o. D. [1593]. In: Ed. 1695, 644.

57 Christian von Anhalt gab er später ganz allgemein zu verstehen, Fürsten, »qui font profession de la Religion«, täten dies aus politischer Notwendigkeit.40 Die Konversion Heinrichs IV. als Akt politischer Vernunft und nicht als Ausdruck religiöser Überzeugung, diese Ansicht musste Bongars noch öfter geäußert haben. Denn nur so ist die Bemerkung des französischen Gesandten in Rom, Kardinal d’Ossat, zu verstehen, der Ende des Jahres 1600 an Villeroy schrieb: »On fait dire ici, que le roi tient un Gentilhomme en Allemagne près les princes Protestants appellé Bongars, lequel dit aus dits Princes Protestants et à ceux de leur secte, que le roi pour sa conversion n’a point changé d’opinion en son cœur, mais que pour jouir paisiblement de son roiaume, il a façonné son extérieur s’accommodant au temps et à la bonne foi, dont le roi doit être recommandé, non seulement envers les catholiques, mais aussi envers les protestants mesmes [...] Mais je tiens que c’est une invention Savoyarde et Espagnolle.«41

3.2

Bongars’ Verhandlungstätigkeit in Straßburg

Hatte Bongars bei wichtigen Verhandlungen bisher nicht im Vordergrund gestanden, so konnte er sich im Rahmen der beiden Straßburger Konflikte, dem Kapitelstreit und dem Kartausenstreit, erstmals politisch profilieren.42 Ein äußeres Zeichen für die große Bedeutung, die Frankreich den Vorgängen am Oberrhein beimaß, war die Beorderung des ständigen Gesandten 1593 von Frankfurt nach Straßburg. Die Reichsstadt wie auch das Hochstift waren in der außenpolitischen Konzeption Frankreichs als ein Bereich gedacht, der sich gegenüber der habsburgischen Präsenz im Elsaß möglichst eigenständig ausnehmen sollte – ein antihabsburgischer Pfeiler an der Westflanke des Reichs.43 Von Anfang an gewährte die Reichsstadt Heinrich IV. erhebliche Kredite zur Finanzierung seiner Kriege. Auch diente Straßburg für den französischen König als Brückenkopf, über den die deutschen Hilfstruppen ungehindert nach Frankreich ziehen konnten. So musste unbedingt verhindert werden, dass das Hoheitsgebiet der Stadt oder des Stifts in die Hände einer spanienfreundlichen Macht fiel. Diese Gefahr aber bestand angesichts der politischen Konstellation, die sich im Laufe des Straßburger Kapitelstreits ergab.

40 41 42

43

Bongars an Christian von Anhalt, 24. November 1599, B. N., FR 7128, fol. 159. D’Ossat an Villeroy, 2. Dezember 1600. In: Couzard: Ambassade à Rome, Nr. 241. Vgl. Degert: Cardinal d’Ossat. Mit dem Straßburger Kapitelstreit befasst sich der komplette Konzeptband in B. N., FR 7129. Der für das Folgende einschlägige Aufsatz von Pélissier: Henri IV, ist aus Straßburger Archivmaterial erarbeitet. Er stellt die Bedeutung Bongars’ in den Straßburger Konflikten heraus. Pariset: Relations, 69.

58 3.2.1 Der Straßburger Kapitelstreit Mit der Intervention im Straßburger Kapitelstreit ließ sich Heinrich IV. in einen typischen Säkularisationsstreit ein, der als Kampf um den Geistlichen Vorbehalt an der Friedensordnung des Reichs rüttelte, wie sie seit 1555 bestand. Zugleich mischte sich der französische König in einen internen Konflikt des Reichs ein, in erster Linie, um das Gewicht der Casa d’Austria in dieser Region zu schwächen. Die Auseinandersetzungen um das Stift und Bistum Straßburg reichen in die Jahre 1583/84 zurück, als sich im Anschluss an den sogenannten Kölner Bischofskrieg die Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken in das Straßburger Domkapitel verlagerten, dem mehrere konfessionsverwandte Kölner Domherren angehörten.44 Als man ihnen unter Berufung auf den Geistlichen Vorbehalt den Zugang zu Kapitel und Pfründen verweigerte, besetzten die bereits in Köln gebannten Kapitulare mit Duldung des protestantischen Stadtrates den Bruderhof, also den Wirtschaftshof des Straßburger Kapitels. Die feindlichen Parteien bildeten fortan zwei unabhängige Domkapitel und suchten im Reich und bei auswärtigen Mächten nach Protektion: die Protestanten im Wesentlichen bei Kurbrandenburg und Württemberg, die Katholiken bei Lothringen und Bayern. Indem man mächtige Reichsstände und im Falle Lothringens ein vom Reich losgelöstes Herzogtum hinzuzog, das wiederum tief in die französischen Religionskriege verwickelt war, geriet der Straßburger Kapitelstreit zu einem weit ausgreifenden Stellvertreterkonflikt. In ihm trafen deutsche und westeuropäische Krisenmomente zusammen.45 Als der Straßburger Bischof Johann von Manderscheid 1592 starb, kam es zu einer Doppelwahl. Die katholischen Domherren wählten Kardinal Karl von Lothringen; die Protestanten, die die Mehrheit im Domkapitel besaßen und sich der Unterstützung der Stadt sicher waren, kürten Markgraf Johann Georg von Brandenburg. Heinrich IV., dessen Lage in Frankreich noch immer die Unterstützung der protestantischen Reichsstände erforderte, sagte Johann Georg seinen Beistand zu. Wenn es gelang, das oberdeutsche Stift vor einer Übernahme durch Spanien oder das mit ihm verbündete Lothringen zu bewahren, dann konnte der König im Gegenzug auf die finanzielle oder sogar militärische Hilfe des Administrators Johann Georg, seines Kapitels und der deutschen Protestanten hoffen. Der Herzog von Lothringen operierte dagegen vereint mit den Kräften der Ligue im Nordosten Frankreichs. Seine Truppen bedrohten auch das angrenzende Elsaß und die Position der Straßburger Unierten. Durch die Unterstützung, die der Herzog seinem Sohn für den Gewinn des Straßburger Hochstifts gewährte, weitete sich das Ringen 1592/93 zu einem bewaffneten Konflikt aus. 44

45

Zur Vorgeschichte des Straßburger Kapitelstreites vgl. Meister: Straßburger Kapitelstreit; Ziegler: Politik. Eine neuere Darstellung dieses wichtigen Kapitels der Reichsgeschichte ist Desiderat. So Beiderbeck: Frankreich und die protestantischen Reichsstände (II), 2.

59 Als die Reichsstadt Mitte 1592 immer stärker unter den Druck Lothringens geriet, wandte sie sich an Heinrich IV. um Hilfe. Dieser beauftragte den Herzog von Bouillon, die Straßburger von den anstürmenden Söldnerhaufen zu befreien. Es entwickelte sich hierauf eine Kooperation zwischen Bouillon und Christian von Anhalt. Letzterer hatte bis zum Frühjahr 1592 ein großes Heer befehligt, das Heinrich IV. bei der Belagerung von Rouen assistierte, ehe dieses Unternehmen misslang. Anhalt war danach mit verbliebenen Einheiten in die Dienste der Stadt Straßburg getreten. Bouillon, der durch sein jüngst erworbenes Fürstentum Sedan selbst Interesse am Verlauf der Dinge hegte, übernahm es, die Abwendung der lothringischen Bedrohung zu organisieren. Die Stadt wurde in dem Maße von den Zuwendungen der Partei Navarras abhängig, wie Hilfsleistungen der Reichsstände ausblieben. Durch kaiserliche Vermittlung kam es im Februar 1593 zu einem Waffenstillstand. Bis zur endgültigen Klärung sollten Stift und Bistum nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Besitzverhältnissen zwischen dem Administrator Johann Georg und Kardinal Karl von Lothringen geteilt werden. Der kaiserliche Beschluss bot nur eine vorübergehende Lösung. Straßburg blieb angesichts verschiedenster Interessen ein permanenter Krisenherd.46 Während man aber Kaiser Rudolf immer weniger als Schiedsinstanz anerkannte, wuchs die Bereitschaft, auf die Vermittlung Heinrichs IV. zurückzugreifen. Inzwischen aber hatte sich an den äußeren Bedingungen des Konfliktes einiges geändert. Heinrich IV. dachte an einen Waffenstillstand mit Lothringen, um das Herzogtum aus dem spanisch-ligistischen Lager herauszulösen. Als sich zwischen Heinrich IV. und Karl, dem Vetter Kardinal Karls von Lothringen, Friedensbereitschaft abzeichnete, sahen die protestantischen Reichsstände das Gleichgewicht der Parteien gefährdet. Sie ersuchten Heinrich, er möge den Lothringer zur Abtretung des Stifts an den Administrator Johann Georg bewegen. Im Gegenzug wollten Kurbrandenburg und weitere protestantische Fürsten dem König auf etliche Jahre Truppen zur Verfügung stellen. Der Ansbacher geheime Rat von Waldenfels überbrachte Heinrich IV. diesen Vorschlag.47 Bongars sollte den protestantischen Fürsten die Antwort Heinrichs IV. gemäß seiner ersten großen Instruktion mitteilen.48 Heinrich IV. legte in dieser Instruktion die Bedingungen für sein Engagement im Straßburger Kapitelstreit fest. Kämen die Fürsten ihrer Verpflichtung der Aufstellung von 6000 Fußknechten und 1200 Reitern mit einem Monatsun-

46

47

48

Schaab: Geschichte der Kurpfalz, 75. Für die Kurpfalz eröffnete die Krise um Straßburg die Möglichkeit, die protestantischen Reichsstände zu einigen und sich selbst an ihre Spitze zu stellen. Briefe und Acten I, Einleitung, 71. Der Vorschlag ging auf Markgraf Friedrich von Ansbach zurück, damals sicherlich die treibende Kraft innerhalb des Hauses Brandenburg. Die Pläne Friedrichs stießen indes bei den anderen Fürsten nur auf verhaltene Zustimmung. Vgl. Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (II), 6. Instruktion Heinrichs IV. an Bongars, 3. Dezember 1593, B. N., FR 15870, fol. 156 ff.

60 terhalt von 10 000 Talern nach, würde er so lange keinen Frieden mit Lothringen schließen, bis Brandenburg seine Rechte in Straßburg durchgesetzt hätte. Auch bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Jülich-Kleve wollte sich Heinrich auf die Seite der protestantischen Fürsten stellen.49 Im März 1594 berieten die protestantischen Stände die Straßburger Angelegenheit in Heilbronn. Bongars war zugegen, um die Antwort der Fürsten auf seine Werbung entgegenzunehmen. Zentrale Verhandlungspunkte waren die Durchsetzung der Ansprüche Johann Georgs und die Gründung eines protestantischen Schutzbündnisses. Die anwesenden süddeutschen Fürsten scheuten sich, den Straßburger Konflikt, den viele als ein internes Problem des Hauses Brandenburg ansahen, mit den gesamtprotestantischen Interessen zu vermengen. Letztendlich wollte man eine direkte Konfrontation mit Habsburg umgehen und lieber zu einem friedlichen Ausgleich in Form einer Abfindung an Lothringen kommen. Deshalb bot man in Heilbronn nur finanzielle Hilfen für Heinrich IV. an. Bongars antwortete auf diesen Beschluss, weder würden die in Aussicht gestellten Subsidien ausreichen, noch ließe sich eine kriegerische Konfrontation mit Lothringen umgehen: »Sed altera illa via belli armorum que facilis ne fit«.50 Bongars kehrte nach Frankreich zurück, um mit Heinrich IV. über das weitere Vorgehen zu beraten. Für den König waren die Heilbronner Beschlüsse unannehmbar. Denn wo die protestantischen Reichsstände keine Truppen entsenden wollten und zu keinem Bündnis untereinander bereit waren, schien Heinrich eine militärische Auseinandersetzung mit Lothringen zu riskant. Mit neuen Instruktionen für das Vorgehen sowohl im Kapitelstreit wie im Kartausenstreit ausgestattet, kehrte Bongars nach Straßburg zurück.51 Die Unfähigkeit zum Kompromiss und das Fehlen einer das protestantische Lager umfassenden Konfliktstrategie ließen das Interesse Heinrichs IV. schwinden. Bongars sollte deshalb den Fürsten mitteilen, Heinrich wolle sich zwar weiterhin als Vermittler betätigen, aber nur noch mit friedlichen Mitteln. In der folgenden Instruktion für Bongars vom 1. Februar 1595 konkretisierte Heinrich IV. nochmals die Bedingungen für sein Eintreten in der Straßburger Angelegenheit: die Aufstellung eines Heeres von 4000 Fußknechten und 800 Reitern und den Beitritt zu einem protestantischen Bündnis. Heinrich erklärte sich in dieser Instruktion auch nochmals bereit, den Sondergesandten Sancy nach Metz zu schicken, um im Namen der Protestanten mit dem Kardinal von Lothringen zu verhandeln.52

49 50

51 52

Ebda, fol. 158. Litterae Bongarsi ad Principes Imperii Heilbronnae coadunatos, quibus suadet non argento, sed vi et armis contra Lotharingam pugnandum esse, 9. März 1594. In: Sattler: Geschichte, 93–97. Instruktion Heinrichs IV. für Bongars, 5. August 1594, B. N., FR 15870, fol. 160 ff. Instruktion Heinrichs IV. für Bongars, 1. Februar 1595, ebda, fol. 165f., »Monsieur de Bongars allant en Allemagne de la part du Roy 1595 a Strasbourg pour les affaires dud. Evesché et pour traitter avec les Princes qui s’y doivent trouver de secours mutuel et alli-

61 Bongars besuchte die protestantischen Höfe, um für die Gespräche mit Sancy zu werben.53 Aus Ansbach schrieb er erschöpft an Camerarius, dass er in dieser Angelegenheit vielmehr die Funktion eines »Maitre des Postes« hätte, »car j’y suis venu de Strasbourg en quatre jours«.54 Sancy handelte schließlich mit den an Straßburg interessierten Konfliktparteien einen Kompromiss aus, der für die französische Außenpolitik einen markanten Verhandlungserfolg bedeutete. Im Frieden von Saarburg (22. Dezember 1595) wurden die bestehenden Besitzverhältnisse zwischen den zwei Prätendenten garantiert. Heinrich IV. übernahm dabei die Überwachung der Friedenseinhaltung und im Falle eines Vertragsbruches die Disziplinierung des Aggressors. Damit nahm der französische König die Rolle des Schiedsrichters ein, eine Position, die in einer Reichsangelegenheit eigentlich dem Kaiser hätte zufallen müssen. Diese reichsrechtlich bedenkliche Vereinbarung machte die eigentliche Bedeutung des Friedens von Saarburg aus. Als Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit des französischen Königs sollte Sancy von den Fürsten ein Regiment von 3000 Fußknechten und 500 Reitern samt den Kosten zur Unterhaltung sowie eine Anleihe aufbringen. Obwohl die deutschen Truppen ausschließlich für elsässische Zwecke geworben waren, wollte Heinrich IV. sie für seine Kriegführung gegen die spanischen Truppen in Frankreich einsetzen. Auf Anweisung Sancys reiste Bongars durch Deutschland, um die zugesagte Unterstützung einzufordern.55 Sancy sollte damit Truppen im Reich ausheben und Durchzugsrechte sichern.56 Die Eintreibung der von den Fürsten zugesagten Beiträge gestaltete sich jedoch für Bongars sehr mühevoll. Die protestantischen Stände wiesen auf die hohen Schulden hin, die Heinrich IV. mittlerweile bei ihnen hatte. Unter den Papieren Bongars’ befinden sich Schuldenaufstellungen, die zeigen, dass der französische Gesandte die Verschuldung des Bourbonenkönigs im Reich genau kannte.57 Dennoch beschwerte Bongars sich an verschiedener Stelle über die Sparsamkeit der Fürsten. Seine wiederholten Schreiben an die Fürsten und an deren Räte mit der Bitte um Erfüllung ihrer Zusagen verdeutlichen, dass diese

53

54 55 56

57

ance avant que de déclarer la guerre au Roy d’Espagne«. Allerdings hatte Heinrich bereits am 17. Januar Philipp II. den Krieg erklärt. Vgl. die Werbungsschreiben Bongars’ an Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach vom 15. Juni, 10. Juli und 20. Juli 1595, GLA Karlsruhe 46/4809, Stücke 10, 16, 18 (Korrespondenz Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach, »Bündnisse«). Bongars an Camerarius, 24. August 1595. In: Ed. 1695, 398. Sancys Auftrag für Bongars, 20. August 1595, B. N., FR 7126, fol. 36. Heinrich IV. an den »Statmeister und Rat der Stadt Straßburg«, 31. Mai 1595. In: Lettres missives IV, 359. Der französische König bittet darin um die Sicherung der Durchzugsrechte der in Deutschland ausgehobenen Landsknechte. Heinrich an Friedrich IV., 23. November 1595, ebda, 460 ff. Vgl. z. B. Bongars’ Schuldenaufstellung für die Kurpfalz von 1576 bis 1592, B. N., FR 7128, fol. 55.

62 Art der Truppenwerbungen viel zu aufwändig und vor allem zu langsam für eine militärische Operation ad hoc war.58 In der Folge interessierte sich Heinrich IV. immer weniger für den Kapitelstreit und die Interessen der Reichsstände. Durch ihre Unfähigkeit, eine überzeugend handelnde Interessengemeinschaft zu bilden, waren sie für die internationalen Ambitionen Frankreichs ohne Nutzen. Gleichzeitig kam es aber immer wieder zu Verletzungen des Vertrages von Saarburg durch Lothringen. Kardinal Karl von Lothringen erklärte schließlich 1598 die Teilungsvereinbarung des Vertrages von Saarburg für ungültig und ersuchte den Kaiser, ihn mit dem gesamten Hochstift zu belehnen. Als Gegenleistung forderte Rudolf II., dass sein Neffe Erzherzog Leopold Koadjutor des Kardinals von Lothringen und damit designierter Nachfolger des Bistums würde. Am 13. März 1599 wurde Karl von Lothringen mit dem Straßburger Stift belehnt.59 Für Brandenburg und die protestantischen deutschen Fürsten – nicht zuletzt für die Reichsstadt Straßburg – bedeutete dies den Bruch des Vertrages von Saarburg und damit die Fälligkeit der von Heinrich IV. zugesagten Verpflichtung, die Bestimmungen von 1595 exekutieren zu lassen. Sofort nahm Bongars mit den Fürsten Kontakt auf.60 Am Problemfall »Straßburg« schien in diesem Moment, als sich der Kaiser in die Vorgänge einschaltete, wieder ein Exempel in Sachen des Geistlichen Vorbehaltes sinnfällig zu werden. Für Heinrich IV. hatte sich allerdings nach dem Frieden von Vervins, dem Friedensschluss mit Spanien, die außenpolitische Konzeption verschoben. Er war nicht mehr bereit, sich für die deutschen Protestanten in einen Reichskonflikt mit hineinziehen zu lassen. Andererseits konnte der französische König die drohende Gefahr der Festsetzung habsburgischen Machtpotentials durch Leopold an der Westflanke des Reichs im Falle des Todes von Karl von Lothringen nicht unerwidert hinnehmen. Aus diesem Grunde bestätigte Heinrich IV. den deutschen Fürsten den Bruch des Vertrages von Saarburg, als dessen Garant er sich verpflichtet hatte.61 Wieder sollte Bongars den protestantischen Fürsten die Vorstellungen Heinrichs IV. darlegen. Der französische König vertrat die Ansicht, dass die Koadjutorie Leopolds ohne Gewalt nur schwer rückgängig zu machen wäre und er ihnen deshalb zu einer militärischen Lösung des Straßburger Konfliktes rate. Bongars betonte bei seiner Werbung vor dem Kurpfälzer Rat die Verbundenheit Heinrichs IV. mit den deutschen Protestanten, die durch sein katholisches

58 59 60

61

Bongars an Camerarius, 1. Januar 1596. In: Ed. 1695, 441. Ritter: Deutsche Geschichte, Bd. 2, 155f. Bongars an Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg, 27. März 1599, GStAPK, I. HA, Rep. 39, Nr. 760, fol. 17. Memorandum Bongars’ an die Fürsten über den Friedensschluss mit Spanien, die Streitigkeiten im Rahmen des Straßburger Kapitelstreits, ebda, fol. 19–22. Werbung Bongars’, 14. Januar 1600. In: Lettres missives V, 201.

63 Bekenntnis nicht vermindert worden sei.62 Gemäß seiner Instruktion sollte Bongars sie auf die Einflussnahme des Kaisers in Straßburg hinweisen und sie dazu auffordern, gegen diese Bestrebungen des Kaisers Widerstand zu leisten.63 Aber zu aktivem Widerstand – also einer militärischen Intervention – waren letztendlich weder Heinrich IV. noch die protestantischen Fürsten bereit. Der französische König versuchte vielmehr, Schadensbegrenzung zu üben, indem er sich bei dem Kaiser dafür einsetzte, dass wenigstens der Verbleib der evangelischen Kapitulare und besonders die traditionelle Unabhängigkeit der Reichsstadt gesichert blieb. Zu diesem Zweck wurde der Marschall Boisdauphin nach Prag entsandt. Heinrich IV. rechtfertigte sein Engagement mit dem Argument, dass durch die engen Verbindungen zu den Häusern Lothringen und Brandenburg die französische Krone ein vitales Interesse an einem friedfertigen Kompromiss habe. Boisdauphin lockte den Kaiser mit dem Hinweis, dass bei einer entsprechenden Lösung des Straßburger Konfliktes eine Beteiligung Heinrichs gegen die Türken möglich wäre.64 Bongars stand in dieser Angelegenheit weiterhin mit dem Straßburger Rat in engem Kontakt und informierte diesen über den Verlauf der Dinge in Prag.65 Dabei erhielt er von dem ständigen Gesandten Ancel wichtige Informationen über den Stand der Beratungen am Kaiserhof, die ihm eine genaue Einschätzung der politischen Situation ermöglichte. Die kaiserlichen Berater hatten sich bereits mehrere Male versammelt, um den Wert der Gebiete in Schlesien zu schätzen, die als Entschädigung des Administrators an Brandenburg abgetreten werden sollten. In dieser Zeit wurde Bongars ein wichtiges Bindeglied zwischen den protestantischen Fürsten und Heinrich IV. Und die Bitte der Fürsten an Bongars, an den vom Kaiser vorgeschlagenen Verhandlungen mit dem Administrator teilzunehmen, zeugt von dem tiefen Vertrauen, das zu dem französischen Gesandten bestand. Doch es gelang Bongars nicht, sie zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu mobilisieren.66 Für den französischen König stand damit fest, dass eine entschiedene Vorgehensweise der Fürsten noch nicht abzusehen sei, und dass es deshalb für Frankreich ratsamer sei, sich langsam aus dem Straßburger Streit zurückzuziehen.67 Bongars sollte deshalb die protestantischen Fürsten aufsuchen, um ihnen die Position Heinrichs IV. darzulegen.68 Kurfürst Fried-

62 63 64 65 66 67 68

Werbung Bongars’ vor dem Kurpfälzer Rat, 4. Februar 1600. In: Briefe und Acten I, 220 f. Heinrich IV. an Bongars, 29. April 1600, B. N., FR 7129, fol. 37. Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (Teil II), 9. Vgl. die Instruktion an Boisdauphin, Mai 1600, B. N., FR 3348, fol. 180. Zusammen 27 Briefe Bongars an Joseph Junta, Rat und Kanzler der Stadt Straßburg, befinden sich in Ayrmann: Sylloge anecdotorvm. Die Gesandten der in Speyer versammelten korrespondierenden Stände teilten dies an Bongars am 7. November 1600 mit, vgl. Briefe und Acten I, 251, Anm. 1. Heinrich IV. an Bongars, 2. Januar 1601, B. N., FR 7129, fol. 90. Heinrich IV. an Bongars, 26. September 1602, ebda, fol. 208.

64 rich IV. zeigte sich in Heidelberg Bongars gegenüber unentschlossen. Heinrich hoffte indes, dass der hessische Landgraf die Rolle des Motors der protestantischen Partei übernehmen würde, »[...] pour l’échauffer et faire resoudre avec les autres [...].«69 In den Verhandlungen mit Kardinal Karl von Lothringen erreichte der französische König schließlich einen Waffenstillstand.70 Heinrich IV. drängte darauf, von den Korrespondierenden eine Antwort auf das jüngste Verhandlungsergebnis zu erhalten. Bongars sollte auch der Stadt und dem Administrator empfehlen, den Waffenstillstand anzunehmen.71 Bereits im Dezember 1602 konnte Bongars den Straßburger Rat über die bevorstehende Fürstenversammlung informieren, bei der auch die Straßburger Frage besprochen werden sollte.72 Diese Fürstenversammlung fand im Februar 1603 in Heidelberg statt. Auch Bongars hatte sich in Heidelberg eingefunden.73 Hier wurde vor allem über die Gründung einer Union beraten, aber auch Bongars die Antwort mitgeteilt, dass die Fürsten dem Vermittlungsgesuch des Königs in der Straßburger Angelegenheit zustimmten. Bongars brach von Heidelberg aus sofort nach Paris auf, um dem König diese Nachricht zu überbringen.74 Der von Heinrich IV. vermittelte Waffenstillstand unterbrach den Krieg zwischen den Parteien jedoch nur kurz, so dass sich Bongars von den Fürsten den Vorwurf gefallen lassen musste, sich in dieser Angelegenheit nicht genügend eingesetzt zu haben.75 Bongars sah jedoch die Schuld bei den protestantischen Fürsten selbst, die nicht die Zeit genutzt hätten, sich zu einem gemeinsamen offensiven Vorgehen zu entschließen.76 In einem privaten Brief analysierte Bongars die Situation folgendermaßen: Rudolf II. sei als Kaiser weder besonders schlecht noch von herausragender Initiative. Er stehe an der Spitze eines Reiches, um das es schlecht bestellt sei (»un grand corps mal lié«). Fremde Ratgeber (Rom und Spanien) beeinträchtigten sein Urteil, ihren Einfluss gewännen sie dabei mehr wegen der Trägheit des Kaisers, nicht jedoch, weil er ihnen besonders zugetan sei. Somit werde die Freiheit der Stände (»liberté«) zusehends untergraben. In Böhmen und den österreichischen Erblanden gehe der Kaiser gegen die Religionsfreiheiten vor, die seine Vorgänger gewährt hätten, gleichzeitig drücke er die Untertanen mit ungeheueren finanziellen Lasten. Er greife ebenso in die Rechte der Reichsfürsten ein, ziehe die Justizsachen, wie sie allein dem

69 70 71 72 73 74

75 76

Heinrich IV. an Bongars, 23. November 1602. In: Briefe und Acten I, 345, Anm. 1. Heinrich IV. an Bongars, 1. Januar 1603, B. N., FR 7129, fol. 232. Heinrich IV. an Bongars, Fontainebleau, 7. Dezember 1602. In: Briefe und Acten I, 344f. Bongars an Junta, 16. Dezember 1602. In: Ayrmann: Sylloge anecdotorvm, 470. Bongars’ Anbringen bei Kurfürst Friedrich von der Pfalz, 30. Januar 1603, GStAPK, I. HA, Rep. 11, Nr. 82, Fasz. 8, fol. 13. Protokoll des Heidelberger Konvents, 6.–22. Februar 1603. In: Briefe und Acten I, 361–373, hier 370, Eintrag unterm 18. Februar. Hierauf nahmen sich die Korrespondierenden der Straßburger Sache nicht länger an. Bongars an einen Rat des Kurfürsten von Brandenburg, 6. Juli 1603. In: Ed. 1695, 96. Bongars an den Magdeburger Administrator, 20. Dezember 1603, ebda, 671f.

65 Reichstag (»Etats generaux«) oder dem Kammergericht (»chambre Imperiale«) oblägen, mit Hilfe des Reichshofrates (»son Conseil«) an sich. Wie in einer Tyrannis verschaffe sich sein Regiment Anerkennung durch Furcht (»se rend par ce moyen redoutable«), wachse seine Herrschaft zu einer absoluten Stellung aus (»souveraineté«). die meisten sähen diese Missstände, aber niemand suche nach Abhilfe, man sehe nur auf den Nachbarn und erwarte, dieser möge den ersten Schritt tun. Auf diese Weise gingen Religion und Gemeinwesen zugrunde (»la Religion se perd, l’Estat se ruine«). Aber nicht ein einziger begehrte dagegen auf. Niemand begreife den Ernst der Lage, die Notwendigkeit, sich zu erheben; wenn man vermeiden wolle, dass ein jeder gegen jeden Krieg führt (»si tout le monde n’y porte la main«). So sei auch die Straßburger Angelegenheit gescheitert. Ihr Fiasko bedeute zugleich den Verfall des Reichs, genauer: der guten politischen Kräfte in Deutschland (»le bon party en Allemagne«).77 Der Vertrag von Hagenau am 22. November 1604 kam dann nicht mehr unter französischer Mitwirkung zustande und Heinrich IV. übernahm für ihn auch keinerlei Garantien. Darin wurden Karl von Lothringen und sein Kapitel als die rechtmäßigen Inhaber des Bistums anerkannt, dem Württemberger Herzog der Pfandbesitz seines Straßburger Amtes zugesprochen und dem Administrator eine Geldentschädigung zugesprochen und mit den acht noch übrigen protestantischen Kapitularen ein 15-jähriger Waffenstillstand vereinbart. Der Ausgang des Straßburger Kapitelstreites war für die protestantischen Fürsten, aber auch für Heinrich IV. eine schwere Niederlage. Wie schon zuvor in

77

Bongars an Fontaine (Fragment), 1603, ebda, 669 f.: »Je vous representeray par celuy cy en trois mots l’Estat d’Allemagne, vous vous en servirez comme vous verrez estre à propos. Je ne tiens le chef pour fort mauvais, n’y pour fort entreprennant. Mais le beau jeu, le fait hardy. Il a à faire à des Esprits disposés à tout endurer, à un grand corps mal lié: et d’ailleurs il est emporté par les Conseils de Rome et d’Espagne, plus pour ne se troubler par la peine qu’il y aurait à les surmonter, que pour le bien qu’il leur veuille. Il va donc [...] la liberté des autres peu à peu, tastant leur patience et advancant son credit. Il entreprend en Boheme, en Autriche sur la liberté de la Religion, accordée aux Sujects par ses predecesseurs, et par quelques uns desdits subjects achetée de grandes sommes d’argent. Il entreprend sur les droits des Princes de l’Empire, revoquant les causes, la cognoissance desquelles n’appartient qu’aux Estats generaux, où à la chambre Imperiale, par devant son Conseil: On y laisse aller les uns pour complaire audit Chef les autres par foiblaisse, et ce coup luy donne un grand avantage par le crainte qu’on a d’effenser celuy qui peut grandement nuire par les Arrets de son Conseil. Il se rend par ce moyen redoutable, et achemine sa grandeur à une souveraineté. La plus part voyent le mal, personne ne court aux remedes, chacun regardant son compagnon, et attendant qu’un autre commence, s’exclusans les uns sur leur inferiorité, les autres, sur leur foiblesse, les autres sur les desiances de leur voisins. Ainsi la Religion se perd, l’Estat se ruine: pas un ne pese ses forces, pas un ne pese l’importance des affaires, pas un ne veut lever, ce qu’il pouvoit seul, ou peu ayder, si tout le monde n’y porte la main. Voila par ce moyen l’affaire de Strasbourg ruinée. Je ne parle que de celle cy, pour ce que je tiens que sa ruine est la ruine de l’Allemagne c’est à dire du bon party en Allemagne, ils ont eu quelque temps l’œil sur nous; nous les avons mal mesnagés, comme toutes autres choses. Je ne doubte point qu’ils ne jettent à cette heure l’œil sur vous.«

66 Köln, war nun auch das Straßburger Bistum endgültig für die Protestanten verloren. Straßburg hingegen konnte seine Position als freie Reichsstadt behaupten. Der französische König, der in dieser Zeit militärisch in Savoyen engagiert war, demonstrierte in Straßburg eine rein defensive Politik. Für ihn galt die Sicherung des Status quo.78 Heinrich IV. zog, so Friedrich Beiderbeck, aus den Straßburger Erfahrungen vor allem eine Konsequenz: Er verlangte von den Reichsfürsten, wenn sie in Zukunft mit Frankreich kooperieren wollten, dass sie sich zuvor untereinander einigten und zusammenschlossen, um eine Zersplitterung der Interessen und der Energien, wie sie der protestantischen Reichsopposition im Straßburger Kapitelstreit widerfahren war, zu vermeiden.79 3.2.2 Der Kartausenstreit Der zweite Konflikt, in welchem es zu einer Interessenkollision von Straßburger, kaiserlichen und französischen Interessen kam, war der Streit um die Straßburger Kartause.80 Der Konflikt um die Kartause vor den Toren Straßburgs entstand 1585, als der Orden aufgrund dauernder Übergriffe Straßburgs auf die Kartause und ihre Besitzungen beschloss, diese an den elsässischen Grafen von Schomberg für eine jährliche Rente zu verkaufen. Schomberg starb jedoch, bevor der Vertrag durch den Papst sanktioniert worden war. Die Reichsstadt Straßburg sah jetzt die Möglichkeit, sich selbst um den Erwerb der Kartause zu bemühen und bot dem französischen König, der die Rechtsprechung über den Orden innehatte, eine Ablöse für seine Rechte an der Kartause. Am 3. Juli 1591 kam man mit dem französischen Gesandten Turenne überein, neben der Ablöse die französischen Schulden bei Straßburg (42000 fl.) zu tilgen und auf Wiedergutmachung der Schäden zu verzichten, die die deutschen Hilfstruppen 1587 in der Umgebung von Straßburg angerichtet hatten. Wenige Tage nach dem Übereinkommen mit Turenne ließ der Straßburger Rat die wenigen noch ansässigen Mönche vertreiben und das Kloster niederreißen.81 Die Ordensleitung in Grenoble, deren Zustimmung der Vertrag mit Heinrich IV. noch bedurft hätte, erklärte sich entschieden gegen die Inbesitznahme der Kartause durch Straßburg. Der Großprior bestritt das Recht des französischen Königs, Klostergut zu veräußern, und forderte von den Straßburgern Schadensersatz. Auch wandte er sich an die geistlichen Kurfürsten, um bei Straßburg die Restitution der Kartause zu erwirken. 1594 griff zudem Rudolf II. in den Streit ein, indem er das Handeln Straßburgs verurteilte und die Restitution des Klosters forderte.

78 79 80

81

Vgl. Zeller: Réunion de Metz, Bd. 2, 303. Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (II), 10. Literatur zum Straßburger Kartäuserstreit bei Clausing: Streit, 27f.; Pélissier, Henri IV. Der Aufsatz von Cuissard: Bongars, stützt seine Ausführungen auf einige Schriftstücke aus dem Nachlass Bongars’ in Orléans und auf zwei Briefe aus den Berner Beständen. Die neueste Darstellung zum Kartäuserstreit bieten Meyer / Schmitt: Bâtiments. Vgl. Pélissier: Henri IV, 14.

67 Der Kaiser kritisierte zudem die Beziehungen Straßburgs zum französischen König. Der Hintergrund war natürlich eine generelle Missbilligung der Einmischung Frankreichs in Reichsangelegenheiten, wie sie sich auch im Kapitelstreit zeigte.82 Inzwischen hatte Heinrich IV. durch Vermittlung von Bongars mit dem Straßburger Rat vereinbart, die Kartäuser auf gerichtlichem Wege zur Anerkennung des Schombergschen Vertrages zu zwingen. Auch bei diesen Verhandlungen zwischen Vertretern der Kartause und königlichen Anwälten in Paris war Bongars maßgeblich beteiligt. Im August 1598 kam man mit Vertretern des Ordens überein, dass die Kartäusermönche von Molsheim eine jährliche Rente vom französischen König erhalten würden, als Entschädigung für die Gebiete, die Straßburg sich einverleibt hatte.83 Der Prior der Großkartause wandte sich an Rudolf II., um die Bestätigung dieser Übereinkunft zu erbitten. Aber der Kaiser ließ ihn wissen, dass er das Recht des französischen Königs nicht anerkennen könnte, die Güter eines Reichsklosters zu veräußern. Als Heinrich IV. Bongars Mitte Oktober 1598 aus Straßburg abberief, fiel dies mit der Verleihung des Lehensindults an Karl von Lothringen durch Rudolf II. und der Ernennung Leopolds zum Koadjutor im Straßburger Bistum zusammen. Angesichts dieser Stärkung des habsburgischen Elementes in der Reichsstadt bat der Straßburger Rat Heinrich IV., Bongars wieder zurückzusenden, da die Anwesenheit des Diplomaten sehr notwendig wäre, um die königliche Autorität in Straßburg geltend zu machen.84 Die Reichsstadt vertraute damit auf Bongars’ Verhandlungsgeschick sowie sein Engagement für die Belange der Reichsstadt, um diese auch gegenüber dem französischen König zu vertreten.85 1600 wurde schließlich die Konvention zwischen Straßburg, dem Orden und dem französischen König unterzeichnet. Nach dem Frieden von Vervins dachte Heinrich IV. nicht mehr daran, die Zahlungen für Straßburg vorzunehmen. Letztendlich sah er jedoch ein, dass er aus politischen Gründen Straßburg nachkommen musste. In dem im Dezember 1601 zwischen Vertretern der Stadt und Bongars abgeschlossenen Vertrag, garantierte der französische König, für die fortlaufende Zahlung der Rente zu bürgen. Daneben trat er alle Nutzungsrechte und Besitzungen, welche er durch

82 83

84 85

Ebda, 35. Die Mönche, die die Kartause verlassen hatten, waren zu ihren Ordensbrüdern nach Molsheim gezogen. 1598 wurde vom Generalorden die Errichtung einer neuen Kartause in Molsheim beschlossen, wofür der Orden Geld benötigte, Meyer / Schmitt: Bâtiments, Bd. 1, 13. Pélissier: Henri IV, 48; Clausing: Streit, 27f. Bongars an Sancy, 2. Mai 1598. In: Ed. 1695, 665: »Monsieur, je vous en diray pas d’avantage. Vous scavez le merite de Messieurs de Strasbourg, qui se plaignent, que vous ne faites response à pas une de leurs lettres. Je ne vous dy rien de moy, Monsieur, je desirois bien que le Roy m’eust payé, pour n’ouïr parler, ny de Chartrousse, ny de la Cour, ny de Courtisans, et me retirer.«

68 den Vertrag vom April 1600 hinsichtlich der früheren Kartause erhalten hatte, an die Stadt ab, wogegen diese in den Erlass der Kriegsschulden des Königs einwilligte.86 Im Rahmen des antihabsburgischen Kurses Frankreichs konnten die Verhandlungen im Kartäuserstreit als außenpolitischer Erfolg verbucht werden. Zweifelsohne hatte Bongars daran großen Anteil, und so stellt dieser diplomatische Kompromiss einen Höhepunkt in Bongars’ Karriere dar.87

3.3

Frankreichs Einflussnahme auf die Gründung der protestantischen Union

Nach dem Friedensschluss Frankreichs mit Spanien (1598) kehrte Bongars mit der Instruktion in das Reichsgebiet zurück »pour assurer les Princes alliez de sa Majesté de la continuation de sa bonne volonté et que ladite paix n’en retardera en rien les effects.«88 Inzwischen hatte der Krieg in den Niederlanden, der den Einfall der spanischen Armee unter Mendoza in den Westfälischen Reichskreis nach sich zog, zu einem Stimmungsumschwung innerhalb der protestantischen Partei geführt. Die protestantischen Fürsten bauten auf französische Unterstützung, da sich seitens des Kaisers keine effektiven Maßnahmen zum Schutz des Westfälischen Reichskreises erkennen ließen. Bongars sah bei den Beratungen der Fürsten zur Selbsthilfe die Möglichkeit, dass die Fürsten sich militärisch gegen Spanien engagierten.89 Heinrich IV. dachte natürlich nicht daran, sich in einen militärischen Konflikt hineinziehen zu lassen, allerdings wollte er die protestantischen Fürsten aber auch nicht vor den Kopf stoßen. Bongars’ Aufgabe war es nun, in Einzelverhandlungen den Fürsten einerseits die Gründe für den Frieden von Vervins zu erläutern und andererseits das Angebot Heinrichs IV. als Beschützer der deutschen Protestanten zu bekräftigen.90 Er sandte gleichlautende Werbungsschreiben an die Kurpfalz, Hessen, Braunschweig-Wolfenbüttel und Zweibrücken und schürte in den Unterredungen weiterhin die Angst vor der Bedrohung durch spanische Übergriffe.91 Gemäß seiner Instruktion verdeutlichte er den Fürsten, dass Heinrich IV. sich nicht in ihren Angelegenheiten engagieren würde, bevor sie sich nicht in einem Zusammenschluss auf einen

86 87 88 89 90 91

Vertrag Heinrichs IV. mit Straßburg betreffend die Abtretung des Kartäuserklosters an die Stadt, 1601, SUBH, sup. ep. 13, fol. 67 (Konzept). Ebenso Clausing: Streit, 68. Instruktion an Bongars, 2. Februar 1599, B. N., FR 17828, fol. 168–174. Vgl. dazu Dickermann: Bellièvre and Villeroy, 110 f. Instruktion an Bongars, 2. Februar 1599, B. N., FR 17828, fol. 237. Bongars an Moritz von Hessen, o. D. In: Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite, 50: »Je recognois, Monseigneur, le zèle que Votre Altesse a au bien public. Aussi ne veux-je point entrer à luy déduire que la patience des princes provoquera l’insolence espagnolle à retourner avec plus grand dessin.«

69 gemeinsamen politischen Kurs geeinigt hätten.92 Die Verhandlungen erforderten viel diplomatisches Fingerspitzengefühl, waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt, da sich die protestantischen Fürsten über einen Unionsbeschluss im Herbst 1599 immer mehr zu zerstreiten schienen. Zuletzt wurde sogar Bongars beschuldigt, sie gegeneinander aufzubringen.93 Trotz dieser Anschuldigungen versuchte dieser auch nach dem Scheitern des Unionsversuches in Frankfurt (1599), den protestantischen Fürsten die Notwendigkeit eines innerprotestantischen Zusammenschlusses vor Augen zu halten.94 Bongars hielt die partikularistische Sonderpolitik für das eigentliche Problem, das einen Konsens über ein gemeinsames politisches Vorgehen immer wieder blockierte, wie er in einem Brief an Caspar Peucer, den Schwiegersohn Melanchthons und Leibarzt Christians von Anhalt, schrieb.95 Er sah die Ursache ihrer zögernden Haltung allein in den politischkonfessionellen Parteiungen des deutschen Protestantismus. Der französische Gesandte nahm auch am Heidelberger Konvent (1603) teil, wo er den schleppenden Fortgang der Unionsverhandlungen beklagte: »[...] le peu d’accord qui est entre ces princes procédant de la diversité des intensions et des jalousies nommément entre l’electeur Palatin et le landgrave de Hesse«.96 Bongars war dabei merkwürdig blind für die politisch-verfassungsrechtlichen Bedenken, welche die protestantischen Fürsten der Gründung der Union entgegenzusetzen hatten. Er sah in Heinrich IV. jedoch eine Integrationsfigur, die eine Einigung der protestantischen Reichsstände durch offensives Vorgehen beschleunigen konnte. Die französische Diplomatie setzte offensichtlich auf die Wirkung permanenter Einflussnahme, denn 1606 sollte Bongars in Heidelberg wieder Verhandlungen mit dem Pfalzgrafen führen.97 Wie immer betonte er: »nous avons besoin

92 93

94 95

96

97

Heinrich IV. an Bongars, 12. Juni 1599, B. N., FR 7126, fol. 257. Villeroy an Bongars, o. D., B. N., FR 7126, fol. 330. Dies geht aus einem Brief Villeroys hervor, der Bongars beruhigte, man würde diesen Gerüchten in Paris keinen Glauben schenken. Villeroy schrieb, die Fürsten hätten »un peu de naturel des femmes, qui fuient ceux qui les recherchent plus que les autres.« Protokoll der Werbung Bongars’ vor Kurpfalz und dessen Kanzler, 3. Dezember 1599. In: Briefe und Acten I, 213f. Bongars an Peucer, 5. Januar 1601, B. N., FR 7130, Nr. 195: »Fuit tempus, cum putarem etiam privato mihi et tutiorem et dulciorem in Germania vitam futuram, quam alibi usquam. Et tum nonulli esse videbantur, quibus erat Reip. cura nonulla. Hodie postquam video sua quemque consectari et sibi vivere et turpiter quidem atque foede vivere, publicae rei eos, qui toti esse in ea debebant, ne minimam quidem cogitationem suscipere: alia omnia agere potius, quam ea, ad quae sunt a Deo vocati atque hominibus, tum ego abiecta de mediocri et tolerando Germaniae statu spe omni liberatum me hoc munere quam primum cupio, ne spectator esse cogar servitutis extremae, in quam sibi ipsis hi homines compedes et manicas adaptant, conflant, excudunt, fabri ipsi fortunae suae.« Bongars an Villeroy, 18. Februar 1603. In: Briefe und Acten I, 365 [Anm.]; Protokoll des Heidelberger Konvents, 6.–22. Februar 1603, ebda, 361–373, hier 370, Kurpfälzer Resolution vom 17. Februar (Regest): »Dem Bongars wäre zu erwidern, man bitte den König die gütliche Handlung mit Lothringen vorzunehmen. Für die übrigen Andeutungen hinsichtlich des Bündnisses, der Unterhandlung mit Württemberg ist es noch keine Zeit.« Bongars an Villeroy, o. D, B. N., FR 15920, fol. 3 und FR 15921, fol. 11.

70 d’un lien commun qui nous unisse et nous affermisse tous contre les entreprises qu’on fait pour nous perdre. C’est qui s’offre à nous dans cette alliance.«98 Angesichts der offenen Nachfolge in Jülich-Kleve ergab sich für Heinrich IV. ein neuer Ansatzpunkt, die protestantischen Reichsfürsten auf einen gemeinsamen politischen Kurs festzulegen. In einer geheimen Unterredung in Paris 1606 beriet Heinrich IV. mit Christian von Anhalt den Plan einer Union deutscher Fürsten als Schutz gegen die Vorherrschaft der Casa d’Austria.99 Nach seiner Rückkehr trat Christian von Anhalt eine Rundreise zu den verschiedenen Fürstenhöfen an, um sie zum Beitritt zu überreden. Auch Moritz von Hessen versicherte Heinrich IV. im September 1606: »je vois que en ces troubles de nostre patrie le seul remède est la bonne intelligence et Union des princes et qu’ils s’accordent et s’entendent avec ceulx qui aiment le bien public.«100 Da Heinrich IV. nach wie vor einen protestantischen Zusammenschluss auf Reichsebene als Bedingung für eine engere Kooperation stellte, unternahm Bongars im April/Mai 1608 eine Gesandtschaftsreise nach England, um Jakob I. zu überzeugen, dass, wenn er sich an die Spitze der protestantischen Bewegung setzen würde, die deutschen protestantischen Stände ihre Uneinigkeiten beilegten. Der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Villeroy, schien jedoch mit dem Vorhaben Bongars’ nicht einverstanden gewesen zu sein, wie er dem französischen Gesandten in London schrieb.101 Dieser Alleingang Bongars’ ist im Rahmen seiner Gelehrtenkontakte zu England noch näher zu beleuchten und zu interpretieren. Kann man aber der Bemerkung Villeroys Glauben schenken, so offenbart sich in dieser Aktion Bongars’ eine stark konfessionell geprägte Wahrnehmung der Motive der protestantischen Stände. Während Bongars in London nichts erreichte, kam unterdessen die Union am 4. Mai 1608 in Ahausen zustande.

3.4

Die Krise um den Herzog von Bouillon

Die Krise um den Herzog von Bouillon ist ein treffendes Beispiel für die Kräfte, die Konfessionen im internationalen Rahmen ausüben konnten. Das Verhalten des Herzogs stellte nicht nur eine harte Belastungsprobe für das Verhältnis Heinrichs IV. zu den protestantischen Fürsten dar, sondern führte auch zu einer erheblichen innenpolitischen Belastung der Regierung des französischen Königs.

98 99

100 101

Bongars an Hutten, 27. Februar 1606. In: Ed. 1695, 100. Ritter: Geschichte der Union, Bd. II, 147f. Aufzeichnungen über die Verhandlungen Christians von Anhalt in Frankreich, 3.–25. August 1606. In: Briefe und Acten I, 505–514. Vgl. dazu auch Krebs: Christian von Anhalt, 34–36; Beiderbeck: Religionskrieg, 343–345. Moritz von Hessen an Heinrich IV., 1. September 1606. In: Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite, 326. Villeroy an la Boderie, 28. Juni 1608. In: Le Fèvre de la Boderie: Ambassades, Bd. III, 335.

71 Am Ende dieser Zerreißprobe für die Beziehungen Frankreichs zu den protestantischen Fürsten trat die Staatsräson als verbindendes Element klar hervor und schuf den Weg für eine neue Kooperationsebene.102 Die Position, die Bongars im Rahmen dieser Krise bezog, wirft ein besonderes Licht auf seine eigene außenpolitische Konzeption. Henri de la Tour, Herzog von Bouillon, war nach 1593 eine der Führungsfiguren des politisch-militärischen Flügels der französischen Reformierten geworden und verband in sich mit dem reformierten Bekenntnis Standesbewusstsein und Adelsopposition, wie es während der Bürgerkriege für die Selbstbehauptung des protestantischen Lagers charakteristisch war.103 Durch seine Verwandtschaft – Bouillon war in zweiter Ehe mit Elisabeth von Nassau, der Tochter Wilhelms von Oranien verheiratet und damit mit Friedrich IV. von der Pfalz verschwägert – wie auch durch seine Funktion als Vertrauensträger Heinrichs IV., die ihn in den 1590er Jahren zum französischen Verhandlungsführer bei den deutschen und europäischen protestantischen Mächten gemacht hatte, spielte Bouillon eine international beachtete Rolle im habsburgfeindlichen Lager. In seiner Position als Führungsfigur der französischen Reformierten setzte er den König nach dessen Konversion 1593 unter dauerhaften Druck, um seinen Glaubensgenossen einen günstigen Toleranzfrieden zu verschaffen. Bouillons politische Tätigkeit für den französischen Protestantismus blieb letztendlich charakterisiert vom Bewusstsein eines Hochadeligen, dessen Aktivität immer den Interessen seines Standes verpflichtet war und der nicht zögerte, das Konfessionsargument als ständisches Kampfinstrument gegen die königliche Autorität zu gebrauchen, wie er es nach 1602 in seiner persönlichen Auseinandersetzung mit Heinrich IV. auch tat.104 Die Affäre entzündete sich an dem Verdacht, dass Bouillon in die Verschwörung von Biron verwickelt gewesen sei.105 Als Heinrich IV. ihn deswegen zu sich zitierte, flüchtete Bouillon. In der Voraussicht, dass Bouillon sich zu seinem Verwandten Friedrich IV. an den Pfälzer Hof begeben und den Fall damit zu einer internationalen Affäre machen würde, beauftragte der französische König Bongars, den Pfälzer Kurfürsten über den Hochverrat Bouillons und über Heinrichs Befehl an Bouillon nach Paris zurückzukehren, in Kenntnis zu setzen. Heinrich IV. drohte währenddessen Bouillon die Besetzung seines Fürstentums Sedan an. Der französische König versuchte den protestantischen Fürsten durch die Gesandtschaft Bongars’ klar zu machen, dass die Sache Bouillons als eine Angelegenheit des Staates, in keiner Weise aber als konfessionelles Problem zu

102 103 104 105

Babélon: Henri IV, 909. Zu Bouillon vgl. Delteil: Henri de la Tour. Zuber: Noblesse protestante; Jouanna: Devoir de révolte, 206–208. Zur Verschwörung von Biron vgl. Babélon: Henri IV, 887–890. Zahlreiche Korrespondenzen Bongars’ betreffen die Verschwörung um Biron, die er den deutschen Fürsten darlegte; vgl. z. B. Bongars an Moritz von Hessen, 19. August 1602, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1180.

72 betrachten sei. Er bekräftigte in seiner Botschaft an die Fürsten, dass die Toleranzpolitik gegenüber den Reformierten, wie sie im Edikt von Nantes verankert sei, in keiner Weise vom Verfahren gegen Bouillon beeinträchtigt werden würde. Die deutschen Fürsten und auch Bongars sahen in der Verfolgung Bouillons jedoch einzig einen Angriff auf seine Religion und blendeten seine Beteiligung an dem Umsturz aus.106 Die Fürsten erkannten offensichtlich nicht die Bedeutung, die dem Fall Bouillon für die Wahrung der inneren Sicherheit und den Aufbau der königlichen Souveränität zukam und waren auch nicht bereit, den offenkundigen Hochverratsverdacht als eine Sache des französischen Staates zu betrachten und von der konfessionellen Dimension zu trennen.107 Vor allem Friedrich IV. legte offen seinen Verdacht dar, dass er die Religion Bouillons für die eigentliche Ursache seiner Verfolgung hielt und eine Neuauflage ligistisch-spanischer Agitationen am Werk sehe.108 Bongars bat Villeroy, für die Haltung der Kurpfalz und von Bouillon Verständnis zu zeigen.109 Villeroy fragte Bongars, was denn der König seiner Meinung nach unternehmen, ob er etwa Bouillon ohne Untersuchung für unschuldig erklären solle. Bongars antwortete, dass es zwar notwendig wäre, dass sich Bouillon einer Untersuchung stellte, doch hielt er diese Art der Disziplinierung für unangemessen. Auch wüsste er, Bongars, dass sich Bouillon nicht ohne Erlaubnis des Königs von Frankreich hätte entfernen dürfen.110 Zwar war die Antwort Bongars’ diplomatisch gehalten, doch ließ er darin durchblicken, dass er das Vorgehen Heinrichs IV. für falsch hielt und die Position der Kurpfälzer bezog. Sowohl Friedrich IV. als auch Kurfürstin Luise sprachen Bongars in mehreren Briefen ihren Dank für seine Parteinahme und sein Engagement in der Bouillon-Affäre aus.111 Bouillon hatte inzwischen mit Friedrich IV. Verhandlungen begonnen, um sein Fürstentum Sedan abzusichern. Allerdings ließ sich der Pfälzer Kur-

106

107 108

109

110 111

So auch Moritz von Hessen an Heinrich IV., 22. November 1602. In: Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite, 80–82. Der Briefwechsel zwischen Landgraf Moritz und König Heinrich dokumentiert minutiös die Entwicklung der Affäre. Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (II), 12. Instruktion für Solms und Plessen zur Gesandtschaft nach Frankreich, 12. April 1603. In: Briefe und Acten I, 403f.; Werbung beider bei Heinrich IV., Fontainebleau, 8. Mai 1603, ebda, 404f. Bongars an Villeroy, 21. Mai 1603, B. N., FR 15578, fol. 84: »Je vous supplie, monsieur, de vouloir porter le roi d’aller au-devant. L’électeur palatin prie Sa Majesté; n’attendons point le revers, qui pourrait se montrer tel que nous serions contraints de prier ceux qui nous prient. On a vu des coups plus étranges [...]«. Friedrichs IV. Vorstoß gipfelte darin, dass er im Herbst 1603 eine Solidaritätsbotschaft an die Nationalsynode der französischen Reformierten in Gap schickte, was für Heinrich IV. eine besondere Provokation darstellte. Bongars an Villeroy, 26. Mai 1603, B. N., FR 15578, fol. 87. Z. B. Luise Juliane von der Pfalz an Bongars, 19. April 1603. In: Ling. ep., 324: »[...] pour vous en remercier d’une bonne volonté [...]«; Friedrich IV. an Bongars, 10. November 1603, ebda, 322 f.: »[...] et pour prier de continuer, et comme vous scavez plus que nul autre, l’equité et iustice de mes demandes.«

73 fürst auf Anraten seiner Räte nicht darauf ein, denn er wollte vermeiden, durch eine Komplizenschaft mit Bouillon die Beziehungen zu Frankreich ernsthaft zu gefährden.112 Vor dem Hintergrund des »kalten Krieges«, den Heinrich IV. nach dem Frieden von Vervins gegen Spanien fortsetzte, fürchtete der französische König dennoch einen Zusammenschluss der französischen Reformierten mit den deutschen Protestanten.113 Heinrich IV. sandte deshalb Sully in das Reich, um in Verhandlungen mit Gesandten der Pfalz und Württembergs zu treten und ihnen mitzuteilen, dass Heinrich IV. ihnen so weit wie möglich entgegenkommen wollte.114 Im Januar 1604 zog sich Bouillon auf seine Herrschaft Sedan zurück. Selbst zu diesem Zeitpunkt hielt Bongars noch an Bouillon fest und beteuerte in einem Schreiben an den Herzog, dass er ihn niemals der ihm angelasteten Vergehen für schuldig befunden hätte. Gleichzeitig entschuldigte er sich, dass er nicht mehr offen Partei für ihn ergreifen könne. Bongars befand sich offensichtlich in einem Zwiespalt zwischen der Loyalität gegenüber seinem König und dem reformierten Hochadeligen. Letztendlich riet Bongars Bouillon jedoch, sich dem Pariser Parlament zu stellen. Immer mehr protestantische Fürsten ergriffen unterdessen die Partei von Bouillon. Eine im April von Kurbrandenburg, Ansbach, Kulmbach, Baden, der Kurpfalz und den Herzögen von Braunschweig und Sachsen-Coburg abgeschickte Delegation beteuerte erneut Bouillons Unschuld. Im Herbst 1605 spitzte sich die Krise zu, als entdeckt wurde, dass der Fürst von Sedan aus im Süden Frankreichs Aufruhr gegen den französischen König zu schüren versuchte und dazu deutsche Militärhilfe in Aussicht nahm. Heinrich IV. beschloss zunächst, jegliche Rückzahlung ausstehender Schulden an die Reichsfürsten einzustellen, um sicherzugehen, dass diese Gelder nicht den Unternehmungen Bouillons zugute kommen konnten. Der König entschied sich für ein hartes Vorgehen. Nach einer im September 1605 von ihm selbst geleiteten Strafexpedition in die Verschwörungszentren im Limousin erfuhr Landgraf Moritz von Hessen in einem vertraulichen Schreiben von Heinrich IV. Einzelheiten über die aufgedeckten Machenschaften des Herzogs, die keinen Zweifel an der Tragweite des Verrats lassen konnten. Bouillon hatte versucht, Städte und Adel von Poitiers bis Limôges zum bewaffneten Aufstand gegen die köngliche Autorität zu bringen, und versprochen, dazu mit einer deutsch-schweizerischen Streitmacht zu erscheinen. Nach diesen Informationen ließen Hessen und Kurpfalz von ihrer Loyalität für Bouillon ab, und Moritz von Hessen empfahl, der Staatsräson vor der Religion den Vorzug zu geben: »Je feray entendre à monsieur l’electeur et

112 113

114

Bedenken der Kurpfälzer Räte, 2. September 1603. In: Briefe und Acten I, 412 f.; Gutachten Christians von Anhalt und der Kurpfälzer Räte, o. D. [1603], ebda, 414f. Babélon, Henri IV, 899 f. Der sogenannte »kalte Krieg« war die Fortsetzung des Konfliktes nach dem Frieden von Vervins, z. B. seit 1603 durch die Unterstützung des niederländischen Handelskrieges gegen Spanien. Heinrich IV. an Sully, 18. Februar 1604. In: Lettres missives VI, 198.

74 tous aultres princes, que besoing sera la résolution que vostre Majesté a de préférer à jamais la cause publique à toutes aultres considérations particulières et apprendray de luy comment, par quelle forme, en quel lieu et temps, le dit sieur électeur entend faire la communication dont est question.«115 Die Entscheidung Heinrichs, den Rebellen in seiner Festung Sedan gewaltsam zu unterwerfen, war in Anbetracht der Unabhängigkeit des Fürstentums brisant und musste bei den benachbarten Reichsständen für Argwohn sorgen. Heinrich IV. versuchte nun, den Reichsfürsten, d.h. in erster Linie Kurpfalz, die Notwendigkeit dieser Unternehmung zu vermitteln und sie von einer aktiven Unterstützung abzuhalten. Bongars sollte zunächst Straßburg davon in Kenntnis setzten und Heinrichs Gründe für diesen Schritt darlegen. Der Sondergesandte Montglat wurde nach Heidelberg geschickt, um dem Kurfürsten zu empfehlen, seinen Sohn, der sich zur Ausbildung in Sedan aufhielt, von dort zurückzuholen. Der König zollte den deutschen Fürsten zwar Respekt für die Aufrichtigkeit ihrer Motive, ließ ihnen jedoch unzweideutig ausrichten, jeden, der Bouillon noch weiterhin unterstütze, als einen persönlichen Feind und Gegner der Krone anzusehen. Bongars war über die Einschaltung Montglats in der Bouillon-Krise verärgert und berichtete an Villeroy: »M. de Montglat n’a apporté que des paroles nues, sans preuves«.116 Angesichts der schon bereit stehenden Armee zur gewaltsamen Einnahme Sedans ließen die Fürsten von ihrer Parteinahme für Bouillon ab. Bongars warf Heinrich IV. vor, dass es der größte Fehler sei, sich durch diese Unternehmung die Fürsten zu Feinden zu machen.117 Er warnte Villeroy vor der Entfremdung des pfälzischen Kurfürsten von Frankreich. Außerdem empfahl Bongars, den Fürsten aufzuzeigen, dass die Bewahrung der reformierten Religion weder von Bouillon abhänge noch von seinen Glaubensbrüdern: »Il faut que je souspire icy et confesse que les nostres vont le chemin des autres, et veulent comme les autres gouverner la religion par raisons d’estat.«118 Aber Heinrich IV. übte offen Kritik an Bongars, den französischen Interessen nicht entsprechend nachgekommen zu sein und die Notwendigkeit einer Bestrafung Bouillons nicht rechtzeitig erkannt zu haben.119 Am 30. März 1606 nahm Heinrich IV. Sedan gewaltlos ein. Keiner der protestantischen Fürsten unterstützte Bouillon, keiner wagte letztendlich eine offene Konfrontation mit Frankreich. Bouillon kehrte freiwillig nach Paris zurück. Noch vor Bouillons Rückkehr nach Frankreich, leistete Bongars für seine falsche Vorgehensweise, seine »escapade«, Abbitte bei Heinrich IV.120

115 116 117 118 119 120

Moritz von Hessen an Heinrich IV., 23. Dezember 1605. In: Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite, 281f. Bongars an Villeroy, 23. März 1606, B. N., FR 15920, fol. 57. Bongars an Heinrich IV., 20. März 1606, ebda, fol. 55. Bongars an Villeroy, Metz, 23. März 1606. In: Briefe und Acten I, 481–485, hier 483. Heinrich IV. an Bongars, 25. März 1606, B. N., FR 7131, fol. 40. Bongars an Heinrich IV., 22. April und 17. Juni 1606. In: Briefe und Acten I, 485, Anm. 1.

75 Die Bouillon-Affäre läßt einen unterschiedlichen Grad in der Wahrnehmung bestimmter Problemfelder erkennen. Einigen Reichsständen gelang es offenbar nur schwer, die konfessionellen Denkmuster ausreichend von säkular-herrschaftlichen Notwendigkeiten zu trennen, um die für die Konsolidierung des Königtums Heinrichs IV. unumgängliche Disziplinierung Bouillons problemlos akzeptieren zu können. Auch Bongars trennte in diesem Punkt nicht die konfessionellen von den entscheidenden innenpolitischen Gründen Heinrichs IV.; er hatte sich die Argumentation der Kurpfalz zu eigen gemacht und mit seiner Kritik an der Vorgehensweise Heinrichs IV. die erforderliche diplomatische Loyalität außer Acht gelassen.

3.5

Der Erbfolgestreit um Jülich-Kleve

Die von Bongars ständig angeprangerte Uneinigkeit der protestantischen Fürsten, die einem Schulterschluss mit Frankreich im Wege stand, sollte im Rahmen des Jülich-Klevischen Erbfolgestreites überwunden werden. Die ungeklärte Nachfolgefrage von Jülich, Kleve und Berg im Falle des Todes von Herzog Johann Wilhelm beschäftigte die europäischen Mächte seit Anfang der neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts. Zahlreiche Fürstenhäuser meldeten ihre Erbansprüche auf diese Gebiete an, wobei die Ansprüche von Kurprinz Johann Sigismund von Brandenburg und Wolfgang Wilhelm, Pfalzgraf von Neuburg, als protestantische Prätendenten die Unterstützung des französischen Königs fanden.121 Sollte Habsburg die Herzogtümer im Nordwesten des Reichs unter seine Dominanz bringen können, bedeutete dies eine punktuelle Schlüsselstellung zwischen den Generalstaaten und dem niedersächsischen Reichskreis im Norden sowie dem westfälischen und südniederländischen Raum. Diese Gebiete boten inzwischen eine offene Flanke für spanische Einfälle, aber sie waren vor allem »kaiserferne« Regionen – und darin lag das Unerhörte eines drohenden Ausgreifens des Kaiserhofes auf ein erledigtes Reichslehen unter den Augen der internationalen Mächtegemeinschaft. Im Rahmen seiner gegen Habsburg gerichteten Außenpolitik suchte Heinrich IV. einer derartigen Entwicklung schon früh entgegenzuwirken.122 Durch das mit Nachdruck an Brandenburg gerichtete Angebot, bei der Durchsetzung der Ansprüche auf JülichKleve notfalls französische Kräfte beizusteuern, spekulierte Heinrich IV. darauf, die deutschen Fürsten sowohl für seinen eigenen als auch für den Krieg der

121

122

Vgl. dazu Kossol: Reichspolitik, 212–226. Die prokaiserliche Partei war ihrerseits gespalten – sollte der Kaiserhof Jülich durch Leopold besetzen lassen oder sollte Kursachsen, das noch kurz vor dem Dortmunder Rezess mit allen Herrschaften belehnt wurde, in direkten Verhandlungen mit der Union das neuralgische Gebiet beanspruchen? Heinrich IV. unterstützte zumindest pro forma zeitweise diesen »dritten Weg« Kursachsens. Dickermann: Henri IV.

76 Holländer gegen Spanien, dessen Ausgang für die niederrheinische Machtfrage mitentscheidend sein mochte, zu gewinnen. Diesbezüglich erteilte er Weisungen an Bongars.123 Heinrich IV. musste bald erkennen, dass ähnlich wie im Straßburger Konflikt auch in der Jülich-Kleveschen Erbfrage von einer geschlossenen protestantischen Linie nicht gesprochen werden konnte, weil das Bewusstsein für eine gemeinsam zu verantwortende Politik noch nicht tragfähig genug war. Bongars warb in seinen Berichten an Heinrich IV. für die Situation der Stände im Reich und in ihrer Stellung zum Kaiser um Verständnis: »Le pape seul ne fait pas l’Eglise, aussi l’Empereur seul ne fait pas l’Empire. Les autres membres y tiennent tels ranges, ont tel part et leurs soucis ont en l’estat, continants touts selon tel devoir a la conservation et a la dignité de tel corps [...]. Le corps est mal quand la teste est bouffe [...].«124 Dennoch ließ der französische König durch Bongars die Ängste der protestantischen Fürsten vor spanischen Übergriffen schüren. Immer wieder hielt Heinrich IV. den protestantischen Fürsten die Gefahr vor Augen, die ihnen im Falle einer katholischen Nachfolge in den Gebieten von Jülich-Kleve drohen würde. Zwar bot er ihnen seinen Beistand an, forderte sie aber auf, sich über die Nachfolge zu einigen, bevor der Erbfall virulent würde, denn beide beanspruchten die gesamte Erbschaft.125 Bongars empfahl nachhaltig Johann Sigismund, dass er die ihm zustehenden Rechte, wenn es sein musste, auch militärisch gegen den Kaiser durchsetzen solle, und riet, dies durch ein Bündnis mit dem Ausland abzusichern: »Empegier succession dun homme vivant est impie, attendre la mort est dangereux a ceux, qui en son eslonges, qui sont desarmes. Entretenir surpieds une armée suffisante pour lexecution en attendant le temps est se minuer, sans fruit. Il faut donc employer ceux qui sont et armes et voisins.«126 Die Bemühungen von Bongars waren allerdings vergeblich. Als Johann Wilhelm am 25. März 1609 starb, hatten Brandenburg und Neuburg noch keine Entscheidung über die Nachfolge getroffen. Heinrich sah durch die Uneinigkeit der protestantischen Stände die Gefahr eines Machtvakuums kommen. Heinrich IV. hatte Bongars bereits mit einer umfassenden Instruktion zu den protestantischen Ständen geschickt, die ihn zu den Höfen von Heidelberg bis Cölln an der Spree führen sollte.127 Wieder bot sich der französische König als Vermittler zwischen den Possedierenden an und riet Kurbrandenburg zu einer mit Neuburg gemeinsam durchgeführten Besetzung der Herzogtümer. Auf Betreiben Bongars’ und unter Vermittlung des hessischen Landgrafen Moritz kam am 10. Juni 1609 zwischen Ernst von Brandenburg und Wolfgang Wilhelm

123 124 125 126 127

Heinrich IV. an Bongars, 3. Dezember 1593 und 20. August 1595, B. N., FR 7126, fol. 6 u. 35. Bongars an Heinrich IV., o. D. [1609], B. N., FR 7132, fol. 3. Heinrich IV. an Moritz von Hessen, 3. November 1604. In: Rommel (Hrsg.): Correspondance inédite, 205. Bongars an Johann Sigismund, 1609, SUBH, sup. ep. 13, fol. 63. Instruktion an Bongars, 30. Mai 1609, B. N., FR 17828, fol. 113f.

77 von Neuburg der Vertrag von Dortmund zustande. Darin wurde festgehalten, dass sich die Prätendenten bis zur Klärung des strittigen Erbrechtes auf eine gemeinsame Regierung von Jülich-Kleve einigten. Nichtsdestoweniger verfolgten die »possedierenden« Fürsten neben ihrer gemeinsamen Verwaltung auch die eigenen Interessen ihrer Dynastien und sahen sich nach möglichst mächtigen Bundesgenossen um. Der französischen Diplomatie kam es nun aber darauf an, eine Zersplitterung des protestantischen Lagers, wie sie im Straßburger Kapitelstreit zur Niederlage beigetragen hatte, abzuwenden. Es war das Verdienst Heinrichs IV., einen wichtigen Beitrag zur Einigkeit der protestantischen Kandidaten geleistet zu haben, da er ihre Einigung untereinander zur Bedingung seiner Unterstützung machte.128 Während sich Bongars in Berlin bei Johann Sigismund aufhielt, erklärte Rudolf II. die Besitzergreifung Jülich-Kleves durch Kurbrandenburg und Neuburg für unzulässig, bestimmte den Dortmunder Vertrag für nichtig und entsandte denselben Erzherzog Leopold, der als Koadjutor des Bistums Straßburg bereits an die Niederlage der Protestanten im Kapitelstreit erinnerte, als kaiserlichen Administrator an den Niederrhein, um die Länder bis zur endgültigen Neuvergabe zu verwalten. Die Besetzung der Festung Jülich durch Leopold (23. Juli 1609) hob den gesamten Konflikt auf eine neue Stufe der Konfrontation.129 In einer Krisensitzung des engeren königlichen Rates in Paris wurde Ende Juli beschlossen, durch abschreckende militärische Maßnahmen Frankreichs Kampfbereitschaft zu unterstreichen und damit Erzherzog Albrecht und die in den spanischen Niederlanden verbliebene Streitmacht Spinolas von einer Einmischung in Jülich abzuhalten. In einer Depesche an Bongars suchte Heinrich IV. den veränderten Verhältnissen Rechnung zu tragen. Bongars sollte den brandenburgischen Räten jetzt darlegen, dass der französische König bereit wäre, die militärische Führung eines Angriffes zu übernehmen, wenn vorher geklärt sei, »ce qu’ils y contribueront, par ou ils commenceront, ce qu’ils pretendent faire.«130 Bongars traf Mitte August den Kurfürsten in Berlin, bemühte sich, dessen Bedenken gegen ein militärisches Eingreifen gegen den Kaiser zu zerstreuen, und forderte ihn auf, sich auf die Seite der Possedierenden zu stellen. Obwohl Johann Sigismund auf eine Entscheidung des Reichskammergerichts wartete, ratifizierte er den Vertrag von Dortmund und bewilligte 100 000 fl.131 Erschöpft reiste Bongars im September nach Paris, um dem französischen König Bericht zu erstatten. Er war 36 Tage in Berlin gewesen und hatte ununterbrochen Verhandlungen geführt. Bongars berichtete von der Unentschlossenheit der Fürsten angesichts der Besetzung Jülichs durch Leopold und von

128 129 130 131

Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (II), 16. Ritter: Deutsche Geschichte, Bd. 2, 284–289. Heinrich IV. an Bongars, 31. Juli 1609, B. N., FR 7131, fol. 127. Bongars an Heinrich IV., o. D., B. N., FR 7132, fol. 131.

78 ihrer Zurückhaltung gegenüber einer militärischen Auseinandersetzung, denn sie seien »nés et nourris à la théorique, à discourir, écrire, envoyer, parler«.132 Nun war Heinrich IV. aber seinerseits nicht bereit, den deutschen Fürsten als Reserveverwalter für Subsidien und möglicherweise auch Söldner zur Verfügung zu halten, sondern gedachte selbst, die gestaltende Rolle in dem niederrheinischen Konflikt zu übernehmen. Deshalb lehnte er die Bitten der Possedierenden ab, die von ihm verlangten, er möge ihnen für den Bedarfsfall die nötigen Mittel zur Behauptung ihres Besitzstandes bereithalten. Ähnlich verlief zunächst die Verständigung zwischen Frankreich und der Protestantischen Union. Ende Oktober mahnte Jean Hotman, den Heinrich IV. als Geschäftsträger in Düsseldorf installiert hatte, eine definitive Entscheidung der Union an, welchen Kurs sie in der Jülicher Angelegenheit angesichts der drohenden Gewaltlösung einschlagen wolle. Die Unionsmitglieder schlossen sich vorerst der Position Herzog Johann Friedrichs von Württemberg an, der ein kritisches Gutachten zur Frage einer engeren Kooperation mit dem Ausland vorlegte. Die skeptischen Überlegungen brachten besonders die Befürchtung zum Ausdruck, Heinrich könne als übermächtiger Partner die Union zum Werkzeug seiner Ambitionen machen, ohne dass die protestantischen Stände in ihrer reichsinternen Politik irgendeinen Vorteil davon hätten. Erst als deutlich wurde, dass eine militärische Austragung der Jülicher Krise unumgänglich sein würde, entstand bei den führenden Unionsständen die Bereitschaft, gegenüber Heinrich IV. von der bis dahin eingehaltenen distanzierten Politik zu einem bindenden offensiven Zusammenwirken überzugehen. Das Misstrauen gegen eine französische Intervention, das besonders auf der Furcht vor einem Einsatz französischer Truppen auf Reichsboden beruhte, wich jetzt der Einsicht, dass man Leopold mit seinem flandrisch-spanischen Rückhalt etwas Vergleichbares entgegensetzen musste. Der Verlauf der Jülicher Krise und die zunehmende Kooperationsbereitschaft der Reichsfürsten mit Frankreich deuteten auf das konfrontative Stadium, in das die Reichskrise eingetreten war. Die unierten Fürsten sahen in der kaiserlichen Jülichpolitik nicht mehr nur eine Behinderung ihrer konfessionellen Selbstständigkeit. Das Übergehen der Erbansprüche Kurbrandenburgs und Neuburgs durch Rudolf II. und die Bekämpfung ihrer Präsenz am Niederrhein legitimierte Abwehrmaßnahmen, die bis dahin aus Rücksicht auf die Reichsverfassung eher gemieden worden waren. Damit erschien die aktive Parteinahme für die Sache der Possedierenden in den Augen der Unierten als legitime Verteidigung gerechtfertigt und eine gewaltsame Lösung des Konfliktes unausweichlich. Im November 1609 schickte Heinrich IV. Bongars mit neuen Instruktionen erneut ins Reich.133 Bongars sollte bei den protestantischen Höfen sondieren, zu welchem Vorgehen die Reichsstände bereit wären. Bei diesen Unterredungen

132 133

Bongars an Villeroy, 6. September 1609, ebda, FR 7132, fol. 186. Instruktion an Bongars, 10. November 1609, ebda, FR 17828, fol. 175–186 und FR 7131, fol. 141.

79 riet Bongars Ernst und Wolfgang Wilhelm in Düsseldorf, die ihnen von Leopold angebotenen Verhandlungen über die Bildung einer provisorischen Regierung einstweilen anzunehmen. In Berlin zeigte Bongars gemäß seiner Instruktion Johann Sigismund auf, dass eine Versammlung der Fürsten mit Beschlussfassung hinausgeschoben werden sollte. Diese diplomatische Strategie der Sondierung und Absicherung entsprach aber nicht den Vorstellungen Bongars’. Der französische Gesandte kritisierte den französischen König, dass er den Entschluss zu einem Waffengang zu lange hinauszögerte.134 Heinrich IV. wollte jedoch nach wie vor zuerst wissen, wie sich die Union im Falle eines Krieges verhalten würde, und, ob sie sich bei einem Angriff Spaniens auf Frankreich an der Verteidigung beteiligte. Villeroy war über Bongars’ Kritik verärgert. Solche »Aufmunterungen« Bongars’ würden das Gegenteil beim französischen König bewirken, er solle lieber die Mängel anderer vortragen, denn das Vorgehen des französischen Königs könnte nur denen als falsch erscheinen, die wollten, dass dieser mehr für das Wohl anderer als seiner selbst Sorge trage, schrieb Villeroy mahnend an Bongars.135 Am selben Tag schrieb auch Heinrich IV. an Bongars, es habe nach Bongars’ letztem Schreiben vom 9. Dezember den Anschein, dass die Situation in Düsseldorf ihn die Gründe habe vergessen lassen, welche das eigene Vorgehen des Königs in dieser Angelegenheit bestimmten. Aus der Antwort, die er, Heinrich, Christian von Anhalt gegeben habe, könne Bongars ersehen, dass der französische König keines anderen Antriebs bedürfe als einer Beschlussfassung der Fürsten.136 Nach Beiderbeck war die Entscheidung für einen Waffengang, dessen Konsequenzen schwer abzusehen waren, nicht zuletzt im engsten Beraterkreis Heinrichs IV. umstritten. Die Protestanten, allen voran Sully, sprachen sich dafür aus, während besonders die ehemaligen Ligisten wie Villeroy eher für eine Beschränkung auf maßvolle und diplomatische Druckmittel in der Jülicher Angelegenheit eintraten. Nach Roland Mousnier missbilligte nicht zuletzt die große Mehrheit der Franzosen die Gunst des Königs für die deutschen Protestanten, die ihn offenbar so weit trieb, Frankreich in einen Krieg gegen andere katholische Mächte zu hetzen.137 Bongars selbst bezog dabei die Position von Sully. Dieser sich abzeichnende Konflikt zwischen dem vorsichtigen außenpolitischen Kurs Villeroys und den Erwartungen Bongars’ eines offensiven Vorgehens Frankreichs in dem Erbfolgestreit ließen am französischen Hof Heinrich IV. oder seinen Beraterstab im Conseil des Affaires zu der Erkenntnis kommen, dass die Verhandlungen mit den Reichsfürsten nicht mehr Bongars führen sollte, sondern der Diplomat Jean-Robert de Thumery, Seigneur de Boissise. Bongars wurde nur noch zur Unterstützung Boissises nach Schwäbisch Hall abgeordnet. Boissise hatte die klare Anweisung, die deutschen Fürsten für ein

134 135 136 137

Bongars an Villeroy, 9. Dezember 1609, ebda, FR 15912, fol. 316. Villeroy an Bongars, 22. Dezember 1609, ebda, FR 7131, fol. 158. Heinrich IV. an Bongars, 22. Dezember 1609, ebda, fol. 159. Mousnier: Assassinat, 121f.

80 gemeinsames Handeln gegen die Casa d’Austria zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, dass eine Stabilisierung der protestantischen Erbanwärter am Niederrhein nicht möglich sein würde, ohne das spanische Militär aus der Region zu entfernen. Für den französischen König bot der Kampf um Jülich-Kleve den geeigneten Anlass für einen militärischen Schlag, um bei dieser Gelegenheit die spanische Präsenz in Flandern durch die französische zu ersetzen. Im Vertrag von Schwäbisch Hall (12. Februar 1610) verständigten sich die Union und die Possedierenden einerseits, der königliche Bevollmächtigte Boissise andererseits auf die gemeinsam zu tragenden Kriegsanstrengungen. Zu den herausragenden Bestimmungen dieses Offensivbündnisses gehörte das von den deutschen Fürsten gegebene Versprechen, ungeachtet der kaiserlichen Autorität fest zu den Abmachungen mit Heinrich IV. zu stehen und die eingegangenen Verpflichtungen konsequent umzusetzen. Folgenreicher aber war indes ihre weiter gegebene Zusage, nach dem Fall der Festung Jülich ihrem französischen Verbündeten im Kampf gegen Spanien zur Seite zu springen. Hier gingen die Unierten ein hohes Risiko ein, da über die militärischen Operationen in den Niederlanden keine vertraglich fixierten Vereinbarungen getroffen worden waren.138 Bongars schrieb an Heinrich IV., dass jetzt die Zeit gekommen sei, da er »tien en sa main le salut et la ruine de ces princes, qui tiennent tel rang en la chrestienté, que tout le corps se sentira du bien ou du mal qui leur arrivera, et particulierement la France«. Für den ständigen Gesandten stand fest, dass sich das Haus Habsburg in einer schweren Krise befand und dass Heinrich IV. bereits das Ende des Habsburger Machtgefüges erleben werde.139 Zugleich mit diesem Schreiben reichte Bongars seinen Rücktritt ein. Das Rücktrittsgesuch Bongars’, welches er noch in Schwäbisch Hall verfasste, erhellt schlaglichtartig seinen politischen Standort in der Außenpolitik Heinrichs IV. In diesem Schreiben werden noch einmal Horizont, Handlungsmöglichkeiten und nicht zuletzt Wirkungsgrenzen Bongars’ erkennbar.

3.6

Rückzug aus dem diplomatischen Dienst

Lingelsheim kommentierte in einem Brief an Goldast Bongars’ Rückzug aus dem diplomatischen Dienst: »Bongarsius noster Lutetiam repetiit ibi excussurus onus, de quo iam questus, ut se reddat otio litterario, ex quo magnos fructus in publicum mihi spondeo«.140 Die Bemerkung des Kurpfälzer Rates, dass Bongars

138

139 140

Beiderbeck: Heinrich IV. und die protestantischen Reichsstände (II), 24. Der Offensivvertrag von 1610, wäre er realisiert worden, hätte zur Folge gehabt, dass Frankreich als Kriegspartei unweigerlich in die Reichsangelegenheiten gezogen worden wäre. Der JülichKlevesche Erbfolgestreit wäre zu einem internationalen Konflikt eskaliert. Bongars an Heinrich IV., 12. Februar 1610, B. N., FR 15922, fol. 54. Lingelsheim an Goldast, 23. Februar 1610. In: Goldasti ep., Nr. 335, 397.

81 sich nun dem »otium litterarium« widmen wollte, war sicherlich auch einer der Kündigungsgründe des französischen Gesandten. Bongars hatte davor bereits mehrmals versucht, sich aus dem diplomatischen Tagesgeschäft zurückzuziehen. So z.B. 1596, als er heiraten wollte und seinen Freunden schrieb, dass er sich von nun an ganz seiner wissenschaftlichen Tätigkeit widmen wolle.141 1600 machte er einen erneuten Versuch: »Pour conclusion, Sire, je diray à V. M. que je ne perd point de courage a son service, mais que j’y suys inutile et que l’arrivee de Mons. Ancel a Prague seroit fort a propos pour me retirer sans bruict.«142 Der König musste Bongars’ Rücktrittsgesuch im Prinzip bewilligt haben, denn später erinnerte Bongars Heinrich IV. daran.143 So beispielsweise 1602, als er sich im Straßburger Kapitelstreit vom Brandenburger Administrator vorwerfen lassen musste, sich nicht genügend für die Seite der Protestanten einzusetzen. Bongars musste dieser Vorwurf besonders hart getroffen haben, denn, wie oben beschrieben, war er unermüdlich an den diffizilen Beratungen und Verhandlungen zwischen den im Konflikt befindlichen Parteien beteiligt. Wenn er in diesem Augenblick seinem Freund, dem Straßburger Financier René Gravisset, schrieb, er wolle sich lieber seinen Freunden als den protestantischen Fürsten widmen, so wird daraus klar, dass Bongars immer wieder über Alternativen zu dem anstrengenden diplomatischen Berufsleben nachdachte.144 Zwei Jahre später erwog Bongars erneut, seinen Abschied zu nehmen. Diesmal war der Anlass Bongars’ Verhalten in der Bouillon-Affäre, das ihm von Heinrich IV. schwer angekreidet worden war. Die Kritik Bongars’ am französischen König ist in einem Brief aus dieser Zeit unverholen formuliert: »[...] que je dirai adieu pour jamais aux affaires publiques, qui sont gouvernées pitoyablement par ceux qui en sont maîtres [...], et que dans ma solitude après Dieu je seray moy-mesme mon Roy et mon souverain«.145 Bongars’ Rücktrittsgesuchen wurde nicht stattgegeben. Zu

141

142 143 144

145

Bongars an Peucer, 11. Dezember 1596, BERN, cod. B 149, Nr. 356: »Alias iam totus in nuptiis sum: de quibus nihil ad te scripsi antea, nisi postremis meis (invitatus penultimis tuis), quia incerta diu res fuit et dilata, dum ego missionem a Rege meo postulo et exspecto, illa autem modo negatur, modo differtur. Reddere me certe otio et diu derelictis libris cogito fractus tot circumcuritationibus et pertaesus publicae inertiae. Itaque si quid a Rege impetro, abdo me in latebras cum sociae reliquae vitae.« In gleicher Weise Bongars an Ancel, 12. Juli 1596. In: Ed. 1695, 660: »Je suis engagé avec ma Maitresse, j’y desire mettre fin, et ne scaurois avoir plus belle occasion de m’absenter, que tandis que vous ferez par deca. Je desire employer ce temps: ledit messager me doibt venir trouver en ceste ville [...]«. Bongars an Heinrich IV., 27. Mai 1600, I. F., Coll. Godefroy 263, fol. 17. Bongars an Heinrich IV., 1603, ebda, fol. 168: »[...] la permission qu’elle m’a donnée de me retirer. Si elle me recommande de demeurer, elle me commande de l’impossible.« Bongars an René Gravisset, 14. Oktober 1602, SUBH, sup. ep. 13, fol. 76: »Je suys averty que l’Administrateur s’est fort plaint de moy a Paris. S’il eust eu autant de soing de ses affaires, que j’en ay eu, elles seraient en meilleur estat. Je voudrois, quil en eust tant dict, que je fusse de ses affaires et de tous les Princes, pour vivre le reste de mes jours a Dieu et a mes amis.« Bongars an [Gravisset], 26. Juli 1606. In: Ed. 1695, 104.

82 wichtig waren die Fähigkeiten des exzellenten Reichskenners für die französische Außenpolitik geworden. Durch seine Erfahrung mit den Fürsten und ihren Räten, den spezifischen politischen Strukturen der einzelnen protestantischen Territorien wurde er im Vorfeld der Jülich-Kleveschen Erbfolgekrise zu einem unverzichtbaren Instrument der französischen Diplomatie. Unverzichtbar war auch die politische Berichterstattung geworden, die Bongars durch seine vielfältigen Kontakte garantierte und Heinrich IV. und seinem Beraterstab bei der außenpolitischen Entscheidungsfindung entscheidende Vorteile brachte. Bongars schrieb am 19. Januar an Lingelsheim: »Pleut à Dieu que je fusse libre et eu repos pour n’avoir plus que cette unique occupation, je n’envierois point alors n’y les richesses de Mr. de Rosny n’y les montagnes d’or des Perses.«146 Bereits Ende Juni 1609 machte Bongars wieder Andeutungen, dass er sich aus dem diplomatischen Dienst zurückziehen wolle. An Heinrich IV. schrieb er mitten aus den Verhandlungen mit den Possedierenden heraus: »Je suys vieux et cassé et rendu tel au service de V. M.«147 Auch in dem Brief an Villeroy vom gleichen Tag schlägt Bongars einen resignierten Ton an: »Monsieur je suys François, Je ne m’apercoy de mes faultes qu’apres les avoir faites. [...] la retraite qu’il fault que je face apres ce voyage, doresnavant du tout inutile au Roy en ces negations peult être utile pour le moins-honerable de la France en mon repos.«148 Vorausgegangen waren die Briefe, in welchen Bongars das seiner Meinung nach zu unentschlossene Vorgehen Heinrichs IV. kritisiert hatte. Die konfessionalistische Argumentation, die Bongars dabei benutzte, war von Villeroy in scharfem Ton zurückgewiesen worden und man hatte ihn daran erinnert, die Interessen Frankreichs und nicht der Kurpfalz zu vertreten. In seinem Entlassungsgesuch Anfang des Jahres 1610 legte Bongars schließlich ausführlich die Gründe für seinen Rücktritt dar. In diesem Schreiben rekapituliert er nochmals seine diplomatische Karriere: Durch die Bürgerkriege wäre er zum diplomatischen Dienst gekommen und geblieben, obwohl er mehrmals um Entlassung nachgesucht habe. Er wollte seine Aufträge immer im Sinne des Königs erledigen und wählte dafür den ihm richtig erscheinenden Weg. Dies hätten ihm der König und Villeroy, abgesehen von der Affäre um Bouillon, wo Bongars allerdings zu weit gegangen wäre, auch niemals übelgenommen. Da aber seine Schreiben vom November 1609 aus Düsseldorf bei Villeroy und Heinrich IV. auf Verärgerung gestoßen wären, so bitte er um Nachsicht für seine Fehler: »Puisque je suis si sauvage que je ne peux m’accommoder à ceux desquels je dois attendre du bien ou pour moi ou pour les miens, il faut que je m’enferme comme un etre farouche. La santé, le défaut de toutes choses nécessaires à la continuation de ce service, le peu de gré que j’en ai de tous cotés, meme de ces gens-ci, me forcent aussi à cette résolution. Il est plus que temps

146 147 148

Bongars an Lingelsheim, 19. Januar 1609, ebda, 97; dass. BERN, cod. B 149, Nr. 200. Bongars an Heinrich IV., 26. Juni 1609, B. N., FR 15921, fol. 421. Bongars an Villeroy, 26. Juni 1609, ebda, fol. 426 f.

83 que je quitte et que je face place aux autres. Je le ferai de bon-cœur, monsieur, et de tout cœur.« Weiter führte Bongars aus, dass seine angegriffene Gesundheit, die ausstehenden, ihm aber gebührenden Gehaltszahlungen durch den König, der wenige Dank, der ihm von allen Seiten entgegengebracht worden war, ihn zudem zu dieser Entscheidung bewogen hätten. Er wäre auf Befehl des Königs, Villeroys und Boissises von Heidelberg zur Versammlung nach Schwäbisch Hall gereist, obwohl Christian von Anhalt ihn nicht gerne dort sah. Er traf dort Boissise ohne Dolmetscher an. Aber alle Fürsten würden Französisch oder Latein sprechen und Boissise hätte mit seinem Scharfblick sofort ihre Stimmung und Absichten erkannt. Die Anwesenheit Bongars’ wäre deshalb für Boissise nicht von Nutzen gewesen.149 Dem Entlassungsgesuch Bongars’ wurde entsprochen. Bongars blieb allerdings für Villeroy auch nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst wegen seiner guten Kontakte politischer Informant und Ansprechpartner in außenpolitischen Fragen und wurde sogar gelegentlich mit diplomatischen Aufträgen im Reich betraut.150 Er hielt weiter Kontakt zu den Geheimen Räten im Reich und bot ihnen sogar explizit seine Dienste an.151 Vor allem nach der Ermordung König Heinrichs zogen die Reichsstände Bongars immer wieder als Ansprechpartner und Verbindungsmann zur neuen politischen Führung in Paris heran. Im April 1612 reiste Bongars nach Paris. Er starb dort nach kurzer Krankheit am 29. Juli.152 Er wurde auf dem Friedhof Saint-Germain in dem durch das Edikt von Nantes für die Hugenotten zugewiesenen Teil beigesetzt.

149

150

151 152

Bongars an Villeroy, 12. Februar 1610, B. N., FR 15922 (Microfilm 5697), fol. 56: »Je me suys toujours cognu fort mal propre au service des grands Princes. Aussi Monsieur ne m’y suyvie jamais ingère. Je n’y suys point de propos delibere. Les vents et les vagues en une fascheuse mer. J’ay de sire et tasché plusieurs fois de m’en retirer, et je l’ay sollicité mesmes apres la fureur de nos tempestes passées, voyant plusieurs personnes mieux faites a ce metier que moy. Je ne scay quel malheur m’y a arresté si longtemps, et m’y a reporté nagueres quasi insensiblement. Mais n’ayant jamais cherche en servant le Roy que le service du Roy. Le Roy, ny vous Monsieur, ne l’avez jamais trouvé mauvais, hors mis l’affaire de Sedan, auquel je confesse avoir trop excedé. Je n’ay point vue que Sa Majesté ou vous Monsieur vous dessiez offencer de ce que j’ay escrit de Dusseldorf. Puys que j’en ay fait la faulte, J’en demande pardon, et puys que mon meschant naturel ne me donne point faut de pouvoir sur moy, que j’en puisses esperer de l’amendement je suis inutile au Roy et aux miens [...]. Je vous supplie tres humblement et tres affectueusement Monsieur, que je puisse faire ma retraite [...].« So sollte Bongars den Reichsständen versichern, dass Frankreich seine alten Allianzen beibehalten werde. Bongars informierte die Reichsstände über Nachrichten aus Frankreich; vgl. Moritz von Hessen an Bongars, 26. Oktober 1610. In: Ling. ep., 331: »Si vous avez quelque chose de plus [...] ou autres particularités de France, il vous plaira de me les communiquer.« Zur Kontinuität der Regierung unter Heinrich IV. und Ludwig XIII. vgl. Hayden: Continuity. Bongars an Zobel, 25. April 1609, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1213. Hagen ist mit diesem Datum nicht einverstanden, vgl. ders.: Bongarsius, 27, da Casaubon in einem Brief aus London vom 1. August bereits an Heinsius darüber Bericht erstattete;

84

Zusammenfassung Die diplomatische Karriere von Jacques Bongars begann 1585, als er als »secrétaire interprète« für den navarrischen Gesandten Ségur-Pardaillan in Frankfurt zu arbeiten anfing, und endete 1610 mit seinem Rücktrittsgesuch, das er während der Unionsberatungen in Schwäbisch Hall formulierte. Dazwischen lagen 25 Jahre diplomatischer Tätigkeit im Reich. In diesem Vierteljahrhundert veränderten sich die Beziehungen zwischen Heinrich IV. und den protestantischen Reichsständen grundlegend. War Bongars durch die Bürgerkriege, wie er in seinem Entlassungsgesuch schrieb, in den Dienst des Hugenottenführers Heinrich von Navarra gelangt, so standen die ersten Jahre seiner diplomatischen Tätigkeit im Reich im Zeichen der Bemühungen des Bourbonen, sich finanzielle, militärische und strategische Unterstützung bei den deutschen Glaubensbrüdern zu sichern. An diesen Zielen der französischen Gesandten änderte sich auch nichts, als Heinrich von Navarra den französischen Thron bestieg und ausländische Hilfstruppen zur Beendigung des Krieges mit der Liga der Guisen benötigte. Heinrich IV. erkannte, dass die Eingliederung der protestantischen Reichsstände ohne eine gemeinsame politische Führung in ein antihabsburgisches Bündnis, wie es 1596 zwischen England, Holland und Frankreich zustande kam, nicht möglich war. Die Bemühungen der französischen Diplomatie, durch antihabsburgische Propaganda und Verhandlungen, die deutschen Protestanten von einem Bündnis zu überzeugen, bildeten eine Konstante der französischen Einflussnahme im Reich. Dabei bot sich der französische König immer als Beschützer der Interessen der deutschen Protestanten an. Das Fehlen einer Konfliktstrategie, wie es sich im Straßburger Kapitelstreit äußerte, ließen die Interessen Heinrichs IV. für die Belange der protestantischen Reichsstände jedoch zunehmend erkalten. Mit den Ereignissen von Donauwörth, der Präsenz der spanischen Truppen im Niederrheinischen Reichskreis und der Krise um Jülich-Kleve fand in den Beziehungen zwischen Heinrich IV. und den deutschen Protestanten ein Wechsel der Vorzeichen statt. Jetzt suchten die protestantischen Reichsstände eine offene Annäherung an Frankreich und erkannten den Führungsanspruch Heinrichs IV. in der Vertretung ihrer Interessen an. Bongars wirkte, das wurde bei der Übersicht seiner Missionen deutlich, nur bei wenigen Verhandlungen im Reich federführend. Seine Tätigkeit war in vielen Fällen mehr oder weniger vorbereitend und begleitend für die Sondergesandtschaften der Diplomaten wie Montglat, Sancy und Boissise. Allerdings war ihm wie die zeitgenössischen Traktate über den Beruf des Gesandten zeigten, als ständigem Gesandten überhaupt ein anderes Aufgabenfeld vorbehalten. Berichterstattung und Information gehörten zu den eigensten Aufgaben der ständigen Gesandten. Bongars’ feines Gespür für die

vgl. Casauboni ep., Nr. 695: »Amisimus nuper vel praemisimus potius Bongarsium virum omni laudatione maiorem. Beatum illum, qui non vidit mala patriae, quae parant duo genera hominum, Jesuitae [...].«

85 unterschiedlichen Nuancen des deutschen Protestantismus war seine eigentliche Stärke, die sich beispielsweise in den Verhandlungen in den Straßburger Konflikten auszahlte. Durch die genauen Kenntnisse konnte Bongars seine politische Argumentation jeweils auf die unterschiedliche Interessenlagen der Reichsstände abstimmen. Im ersten Dezennium des 17. Jahrhunderts ist in der Argumentationslinie Bongars’ jedoch eine Veränderung festzustellen. Bongars machte sich in diesen Jahren immer mehr die konfessionalistische Argumentation der Kurpfalz zu Eigen und verlor dabei sowohl in der Krise um den Herzog von Bouillon als auch im Jülich-Kleveschen Erbfolgestreit die machtpolitischen Motive Heinrichs IV. aus den Augen. Der Bruch mit dem König und Villeroy schien deshalb unvermeidbar.

86

4.

Zur Praxis der Gelehrsamkeit – Sammeln, Tauschen, Edieren von Büchern und das Verfassen eigener Schriften

Bongars sehnte sich am Ende seiner diplomatischen Laufbahn nach Ruhe und der Muße, seinen Interessen nachzugehen. Er war des Hoflebens und des politischen Geschäftes überdrüssig geworden und wollte sich endgültig seinem letzten großen Editionsvorhaben widmen. Genau zwei Jahre sollten ihm dafür nach dem Rückzug aus dem diplomatischen Dienst bis zu seinem Tod im Jahre 1612 bleiben. Der Eindruck täuschte aber, nähme man an, dass Bongars sich erst in diesen Jahren intensiv seinen gelehrten Interessen widmen konnte. Während seiner ganzen diplomatischen Laufbahn war Bongars ein aktives Mitglied der internationalen Gelehrtengemeinschaft. Das heißt: neben der Vorbereitung eigener, kümmerte er sich um die Werke anderer, indem er Handschriften und die für eine Edition notwendige Literatur beschaffte, an einer kritischen Bearbeitung der Quellen mitarbeitete, die Drucklegung organisierte und mit Buchhändlern verhandelte. An über zwei Dutzend Werken befreundeter Gelehrter arbeitete Bongars so mit, wie den Widmungen und Grußadressen dieser Werke zu entnehmen ist. Bongars’ eigene drei Werke sind ebenfalls quellenkritische Editionen von antiken und mittelalterlichen Autoren aus dem Bereich der Philologie und der Geschichte. Seine vereinzelt publizierten politisch-religiösen Schriften waren hingegen beißende Polemiken und erschienen anonym. Selbst seinen gelehrten Freunden war Bongars’ Autorenschaft bei dieser oder jener Schrift unbekannt. Dies entspricht dem Selbstbildnis des Humanisten, der der gelehrten Welt die Schriften anderer präsentiert, mit eigenen Äußerungen aber im Hintergrund bleibt. Arbeitsmittel für eigene Forschungen sowie Wissenspool für die Arbeiten anderer war Bongars’ in Gelehrtenkreisen berühmte Bibliothek, deren Bestand in wesentlichen Teilen heute noch erhalten ist. Sie spiegelt die ganze Fülle späthumanistischer Gelehrsamkeit und den weiten geistigen Horizont des französischen Diplomaten wider.

87

4.1

Die Bibliothek – Wissensspeicher und Werkstätte

4.1.1 Entstehung Das Sammeln von Handschriften und Büchern gehörte zu Bongars’ passioniertesten Beschäftigungen. »Du wirst bestimmt lachen müssen bei dem Gedanken«, schrieb Bongars an den Kurpfälzer Rat Georg Michael Lingelsheim, »dass gerade jetzt, da alle zum König laufen, um Geld von ihm zu verlangen, ich, ein keineswegs begüterter Mann des Hofes, diesen fliehe, um an entlegenen Orten mein Geld für alte wurmstichige Bücher herzugeben, denn dies ist meine wahre Habsucht.«1 Bongars distanzierte sich mit dieser Beschreibung seiner gelehrten Interessen vom höfischen Leben, das er als »erstickend« empfand und setzte damit die Gelehrtenrepublik bewusst in Gegensatz zur Welt des französischen Hofes und seiner Politik.2 Bongars hatte schon früh mit dem Sammeln von Büchern und Handschriften begonnen. Die bedeutendsten Erwerbungen erfolgten jedoch ab 1596, als er den Erben Friedrich Sylburgs verschiedene Bücher und Handschriften aus dessen Bibliothek abkaufen konnte.3 Auch nutzte er die beiden Konflikte in Straßburg, um seine Bibliothek zu erweitern. So konnte er sich, als das Kartäuserkloster bei Straßburg abgerissen und dessen Handschriftenschätze geplündert wurden, einiges für seine Bibliothek aussuchen.4 Ebenso ließ er sich seine Vermittlung im Straßburger Bistumsstreit durch Bücher aus der Bibliothek des Kapitels vergüten. So verfügte ein kurpfälzisches Schreiben, dass dem »Monsieur Bongarsen, anstatt einer recompens seiner in berührter Stifftssachen vielfältig gehabter Bemühungen etliche Bücher aus der Capituls Bibliothek bewilligt worden [...], diese Bücher auszufolgen seien, die, dieweil sonst ein niemandt sich deren gebraucht, bey Ihme aber als einen eyffrigen gelerthen Mann, der den gemeinen wesen viell nutz damit schaffen kan, ganz wohl angelegt sind.«5 Unter diesen »Geschenken« Friedrichs IV. an Bongars, die aus den Beständen der Bibliothek des Straßburger Münsters stammten, befand sich auch eine Prachthandschrift aus dem zehnten Jahrhundert, die wahrscheinlich dem weiteren Kreis der

1

2

3 4 5

Vgl. Bongars an Lingelsheim, 19. Januar 1604. In: Ling. ep., 62, ebenso BERN, cod. B 149, Nr. 200: »Sed istic (Biturigibus) praecipua cura fuit conquirere reliquias Cuiacianae bibliothecae. Ridebis tu suaviter hoc tempore, quo accurrunt certatim huc omnes tamquam ad nundinas pecuniae a rege extorquéndae, me aulicum hominem nec pecuniosum terga vertere et loca ultima petere pecuniae in libros maculatos et semesos profundendae. Haec vero avaritia mea est. Nec me laboris nec sumptuum poenitet. Utinam frui istis detur libero et quieto!« In dieser Zeit bemühte sich Bongars, Teile der Bibliothek seines Lehrers Jacques Cujas zu erwerben. Bongars an Lingelsheim, 6. Februar 1604, B. N., FR 7128, Nr. 224: »Tu has delicias nostras merito ridebis, sed ita me Deus, ita tu ames, ut me sordidus hic pulvis delectat supra fumos aulicos omnes, quorum suavitas abit tandem in foetidissimum nec ferendum halitum.« Vgl. Bongars an Lingelsheim, 17. März 1596. In: Ling. ep., 34. Vgl. dazu Sinner: Catalogus manuscriptus Bernensis, Bd. 1, Einleitung, VII. Juker: Jacob Bongars, 44.

88 St. Galler Schule zuzuordnen ist.6 Den bedeutendsten Zuwachs erhielt Bongars’ Büchersammlung, als er sich im Jahre 1603 mit seinem Vetter Paul Pétau die Bibliothek des Juristen und Philologen Pierre Daniel aus Orléans teilte, deren handschriftliche Schätze vor allem aus der Abtei St. Benoît-sur-Loire (Fleury) bei Orléans stammten.7 Daniel war Amtmann des Klosters gewesen, als es im Rahmen des ersten Hugenottenkrieges 1562 nach der Eroberung von Orléans zu Plünderungen des benachbarten Klosters Fleury kam. Daniel gelang es damals, einen großen Teil der Handschriften der Klosterbibliothek an sich zu bringen. Diese Bücher kauften Bongars und Pétau nach Daniels Tod im Jahre 1603 den Erben um 1500 livres ab.8 Ein Jahr später gelang es Bongars, in Bourges die Reste der berühmten Bibliothek seines ehemaligen Lehrers Jacques Cujas zu erwerben. Als Bongars starb, bestand seine Bibliothek aus etwa 500 Handschriften und 3000 gedruckten Bänden, darunter zahlreiche Sammelbände, so dass die Zahl der gedruckten Werke weit mehr als 6000 betrug.9 4.1.2 Bestand Wie für den typischen gelehrten Büchersammler des Späthumanismus üblich, strebte Bongars danach, alle Wissensgebiete in seiner Bibliothek zu vereinen.10 Deshalb ist es schwierig, unmittelbar von der Zusammensetzung der Bibliothek auf die Interessen Bongars’ zu schließen. Bücher und Handschriften wurden zudem nicht immer erworben, sondern oftmals auch als Geschenke überreicht. Auch gelangte durch die Übernahme von ganzen Teilen anderer Bibliotheksbestände eine große Anzahl von Handschriften und Büchern in Bongars’ Besitz, ohne von ihm genauer ausgewählt worden zu sein. Dennoch vermag die Zusammensetzung der Bibliothek einen Eindruck von den verschiedenen Wissensgebieten vermitteln, mit welchen sich Bongars schwerpunktmäßig beschäftigte.11

6 7

8 9

10 11

Bloesch: Miniaturen der Bongarsiana, 129. Zu Daniel vgl. Hagen: Peter Daniel; Bongars an Lingelsheim, 23. Juni 1603, BERN, cod. B 149, Nr. 197: »Interim Aurelianum me conferam ad reliquias visendas rei familiaris, sed trahit me maxime P. Danielis bibliotheca.« Müller: Bongars, 89. Zur Vita des Verwandten Bongars’ und Parlamentsjuristen Pétau vgl. Kap. 5. Die »Bongarsiana« befindet sich heute in wesentlichen Teilen in Bern in der Burgerbibliothek. Die Bibliothek Jacques Bongars’ ist mit ihren 6195 Titeln eine der größten noch erhaltenen Humanistenbibliotheken. Vgl. Strahm: Berner Bibliotheken, 41, Anm. 38. Vgl. dazu Grafton: World of the Polyhistors, 31–47. Auf den Inhalt der Bibliothek kann an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden. Vgl. weiter die einschlägige Literatur der Burgerbibliothek, wie die verschiedenen Aufsätze in: Bloesch (Hrsg.): Stadt- und Hochschulbibliothek Bern, Bern 1932. Viele in dem Katalog von 1634 verzeichneten Handschriften und Bücher wurden während der Jahrhunderte entwendet. Zum Katalog vgl. Strahm: Jakob Bongars Büchersammlung, 111. Ich stütze mich hier vor allem auf diesen Beitrag, der die exakte Zahl der Bücher der Bibliothek angibt und eine tabellarische Übersicht der Bestände der Bongarsiana bietet. Ebda, 116 f.

89 In seiner Handschriftensammlung befanden sich wertvolle Manuskripte wie z.B. lateinische Bibelübersetzungen, Abschriften von Texten antiker Autoren wie Platon und Aristoteles sowie rechtswissenschaftliche Abhandlungen.12 Bongars besaß Handschriften mittelalterlicher Geschichtsschreiber wie z.B. eine Geschichte der Franken von Gregor von Tours ebenso wie aus dem Bereich der Naturwissenschaften wie z.B. den Physiologus, ein Buch über die Eigenschaften der Tiere; von ihm gab es in Bongars’ Bibliothek drei Handschriften aus dem neunten Jahrhundert. Auf dem Gebiet der Medizin sammelte Bongars Kommentare zu Galen und Hippokrates aus dem elften Jahrhundert sowie diverse Traktate über Arzneikunst und Heilmittelrezepte in lateinischer und französischer Sprache. In Bongars’ Büchersammlung waren die Sammelgebiete Theologie, Geschichte und »artes liberales« besonders stark vertreten. Unter den 1301 theologischen Werken befanden sich viele Streit- und Propagandaschriften der konfessionellen »Gegenseite«. Der Bereich der Medizin ist mit 179 Titeln repräsentiert. Unter den Medizinern waren vor allem Ausgaben von Hippokrates, Dioskorides, Galen und Paracelsus vertreten. 193 Titel kommen aus dem Gebiet der Rechtswissenschaft. Bongars sammelte römische und germanische Rechtsquellen wie z.B. das »Corpus Juris« Justinians, die »Leges Alamannorum, Burgundiorum, Langobardiorum« und »Saxonum«. Ebenso befanden sich rechtswissenschaftliche Bücher von Bongars’ Lehrern Hotman und Cujas in der Bibliothek. Unter den Sammelbegriff der »artes liberales« fielen 1836 Drucke. In dieser Abteilung nahmen die Philosophen den größten Raum ein. Unter ihnen stand Aristoteles mit 87 Ausgaben an der Spitze, wogegen Platon nur mit 29 Werken repräsentiert war. Mit 92 Schriften war Cicero der insgesamt am häufigsten vertretene Autor in Bongars’ Sammlung, er ist allerdings auch der meistgelesene klassische Schriftsteller im 16. Jahrhundert. Daneben fanden sich zahlreiche Ausgaben von Plutarch, Plinius d.Ä., Homer und Tacitus. Die Sammlung von 111 Grammatiken und 57 Wörterbüchern in den klassischen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Lateinisch, Syrisch, Aramäisch, Chaldäisch und Arabisch gehörte zum Werkzeug des Gelehrten. Zu den Arbeitsmitteln des Diplomaten waren die 29 Grammatiken und Wörterbücher der lebenden Sprachen wie Deutsch, Spanisch, Italienisch, Polnisch und Ungarisch zu rechnen. Aber auch ein »French Scoolmaster« und ein deutsch-französisches Gesprächsbüchlein, mit deutsch-französisch-lateinischem Vokabular und den alltäglichsten Gesprächsstoffen befand sich unter den Beständen seiner Bibliothek. Im Bereich der Wissenschaften sind Mathematik und Arithmetik durch Euclid, Boëthius, Ramus und Raymundus Lullus vertreten, die Astronomie durch Tycho Brahe und Mohammed Alfraganus, die Geographie durch Ptolemäus, Strabo und Ortelius sowie verschiedene levantinische Kosmographen. Auf dem Gebiet der

12

Vgl. dazu Thormann: Handschriften der Bongarsiana.

90 Architektur sammelte Bongars Abhandlungen z.B. von Vitruv und Procop sowie Albrecht Dürers theoretische Schriften und dessen Buch über die Befestigungen der Burgen und Städte. Die Abteilung der politischen Schriften umfasste 283 Schriften, darunter viele Flugschriften sowie Schriften zur politischen Theorie von Thomas von Aquin bis zu Machiavelli. Klassische Literatur sammelte Bongars schwerpunktmäßig. Neben 14 verschiedenen Vergilausgaben besaß er Werke von Horaz, Ovid, Persius, Lucrez, Juvenal, Martial und Catull. Die griechischen Tragiker und Komödiendichter sind in seiner Bibliothek in mehreren Ausgaben vorhanden, ebenso wie die italienische Renaissancedichtung mit Dante, Petrarca, Tasso, Ariost und Boccaccio vertreten ist. Die Geschichte war in Bongars’ Bibliothek mit 2009 Titeln repräsentiert. Neben Werken zur Methodik der Geschichte, zu Chronologie und Genealogie waren umfangreiche Bestände zur jüdischen und christlichen Geschichtsschreibung und zur altrömischen, altgriechischen und altorientalischen Geschichte vorhanden. Bongars besaß ausführliche Darstellungen der Geschichte des Heiligen Römischen Reichs, Frankreichs, Englands, Spaniens und der italienischen Stadtstaaten. Diese große und wertvolle Sammlung von Handschriften und Büchern stellte zu Bongars’ Lebzeiten einen bedeutenden Wissenspool für befreundete Philologen und Historiker dar, die sich für ihre Editionen und Kommentare Handschriften und Bücher aus seiner Bibliothek ausliehen. Bongars bot großzügig die Bücher seiner Bibliothek an, sobald er hörte, dass jemand an einem Thema arbeitete, zudem er die entsprechende Literatur besaß. Im Besitzvermerk seiner Bücher steht »Bongarsii et amicorum« – das Buch gehört mir und meinen Freunden. Die vielen Widmungsadressen an ihn in den Werken befreundeter Gelehrter geben Auskunft, von seiner großzügigen Gewohnheit, Handschriften und Literatur aus seiner Bibliothek auszuleihen. Josias Mercier widmete Bongars beispielsweise seine Ausgabe des Aristaenet (1595)13, Scipio Gentili sein Exemplar der Apologie des Apuleius (1607)14, Christoph Coler seine Bemerkungen zu Tacitus’ Germania (1602)15. Kaspar Schoppe widmete dem französischen Diplomaten die fünf Bücher Suspectarum Lectionum (1597)16 und Andreas Libavius die Commentarii Alchymiae (1606)17. Aber auch ohne explizite Widmungen ist aus den Briefen seine Mitarbeit an zahlreichen philologischen Arbeiten zu rekonstruieren.18 David Hoeschel erhielt von ihm die Prokopvariationen, Joseph Scaliger Material für seine Eusebius-Ausgabe, und Janus Gruter Exemplare von Curtius, Sallust, Seneca und

13 14 15 16 17 18

Mercier: Aristaenetas epistolae graecae cum versione latine, o.O. 1595. Gentili: Apuleii Philos. et Aadvocati Rom. Apologiam, Hanau 1607. Coler: De situ, moribus et populis Germaniae libellus, Hanau 1602. Schoppe: Suspectarum lectionum libri quinque, Nürnberg 1597. Libavius: Commentarii Alchymiae, Frankfurt am Main 1606. Vgl. dazu Hagen: Jacobus Bongarsius, 38–42.

91 Caesar sowie für sein Corpus inscriptionum, eine Reihe von Inschriften, welche Bongars teilweise selbst gesammelt hatte. Jungermann erhielt von ihm Beiträge von Cäsarhandschriften sowie durch seine Vermittlung von Paul Pétau eine jüngere griechische Übersetzung des De Bello Gallico, endlich Casaubon Werke des Persius, Suetons und Anderer. Bongars unterstützte Christoph Coler in seiner Ausgabe des Valerius Maximus, indem er den Druck besorgte und die Pierre Daniel gewidmete Vorrede schrieb. Auch an Reiner Reineccius’ Syntagma hat er mitgearbeitet.19 Dies waren typische Freundschaftsdienste der Humanisten untereinander. Nach seinem Tod wurde die Bibliothek wegen ihres großen Wertes zum Zankapfel zwischen seinen beiden engsten Freunden, seinem Patensohn Jakob Gravisset und dem Kurpfälzer Rat Georg Michael Lingelsheim. 4.1.3 Verbleib der Bestände nach Bongars’ Tod Die Geschichte von Bongars’ Bibliothek ist eng mit der tragischen Geschichte seiner nicht zustande gekommenen Eheschließung verknüpft. 1596 bat Bongars Heinrich IV., ihn für einige Zeit vom diplomatischen Dienst freizustellen. Er wollte nach Frankreich reisen, um Odette Spifame de Chalonge zu heiraten, mit der er bereits seit sechs Jahren verlobt war. Odette Spifame stammte aus einer bekannten Familie aus dem französischen Verwaltungsadel, mit dem Bongars durch die Hochzeit noch enger verbunden sein würde.20 Immer wieder war während der Verlobungszeit ein Hochzeitstermin anberaumt und dann wieder verschoben worden. Auch war bereits am 31. Mai 1596 zwischen 10 und 11 Uhr vormittags ein Ehevertrag im Hause des Straßburger Bankiers René Gravisset unterzeichnet worden. Als Zeugen waren die Straßburger Räte Johann Lobbetius und Joseph Junta anwesend. Der Ehevertrag war so detailliert, dass auch für den Fall einer Trennung bereits Regelungen getroffen waren.21 Die Hochzeit sollte 1596 in Frankreich stattfinden, einer Zeit, in der Bongars wiederholt überlegte, sich ganz aus dem diplomatischen Dienst zurückzuziehen.22 Heinrich IV. hielt jedoch seine Teilnahme an der Gesandtschaftsreise Ancels für unerläßlich. Die beiden Diplomaten sollten 1596 die protestantischen Reichsfürsten überzeugen, der französisch-englisch-holländischen Tripelallianz beizutreten. Danach verzögerten Verhandlungen im Bistums- und Kartäuserstreit Bongars’ Abreise nach Frankreich immer wieder. Schließlich wollte man sich zur Hochzeit Anfang 1597 in Basel treffen, wohin Odette und ihr Vater von Genf aus aufgebrochen waren.23 Stets aber musste Bongars wegen beruflicher

19 20 21 22 23

Bongars an Peucer, 20. November 1595. In: Ling. ep., 68. Bongars hatte über die Familie seiner zukünftigen Frau umfangreiche genealogische Studien betrieben. Vgl. Familia Spifamorum, BERN, cod. 143, Nr. 29. Jacobi Bongarsii contractus matrimonialis cum Odetta Spifamia, ebda, Nr. 28. Bongars an Peucer, 11. Dezember 1596, ebda, cod. B 149, Nr. 356. Casaubon an Bongars, 14. Juli 1596. In: Casauboni ep., Nr. 63: »Quid vis tibi? quando legi naturae parebis [...] Quo nomine simul utrique toto pectoris affectu gratulor et ut ea

92 Verpflichtungen seine Abreise aus Straßburg verschieben, so dass Odette ihm schließlich nach Straßburg nachreiste. Die Eheschließung kam allerdings nicht zustande, da die Braut während der Hochzeitsvorbereitungen erkrankte und am 1. Februar 1597, dem anberaumten Hochzeitstermin, starb. Seinem Freund Wilhelm Stucki schilderte Bongars den unerwarteten Tod Odettes.24 In einer Elegie an Odette stellte er Umstände und Verlauf von Odettes plötzlichem Tod dar. Diese Elegie ist ganz im Geiste des Späthumanismus verfasst, da selbst in dieser existenziellen Lebenskrise Bongars seine Worte fein komponierte: »Sie gab nach sechs Jahren der Liebe, am Tage unserer Hochzeit, in den Armen und unter den Küssen des trostlos Liebenden und völlig Verwirrten, die Gnade Gottes um unseres Herrn Christi willen erflehend, ihre reine und schöne Seele, eine Selige, dem Himmel zurück, dem Leblosen den leblosen Körper zurücklassend, um einen erst mit meinem eigenen Ende endenden Schmerz.«25 Bongars bekannte in vielen Briefen seine Trauer über den Verlust von Odette, erhielt aber auch von Freunden, Verwandten und den protestantischen Höfen große Anteilnahme an seinem Schicksal.26 Einige Jahre später schien sich Bongars noch einmal nach einer Ehefrau umzusehen, allerdings ohne Erfolg. Er blieb unverheiratet und

24

25

26

res tibi tuaeque non iam speratae, sed pactae et sponsae bene eveniat, supplex D.O.M. oro quaesoque.« Casaubon kannte offensichtlich Bongars’ Schwiegervater, der bereits reisefertig war, um von Genf aus mit seiner Tochter nach Straßburg aufzubrechen. Dies teilte er Bongars in demselben Brief mit. Bongars an Stucki, 8. Februar 1597. In: Ling. ep., 7: »Non teneo me, quin gravissimi doloris mei partem effundam in amicum sinum tuum. Erepta est ipso die, qui nuptiisdictus erat, amata mea Odetta Spifama Chalongia. Mutuus nos amor devinxerat fere sexennium. Nuptias vero utrinque optatas peregrinationes meae et regia negotia hactenus impedierunt. Et postquam missionem a rege non impetro, impetro ab ea, ut duce parente iniquissima tempestate molestissimis et cum periculo itineribus in Germaniam ad me se referret. Locus dictus conventui nuptiisque Basilea; sed illa superatis molestiis omnibus ut Monbelgardum venit et me detineri Argentinae neque ipsi obvium ante octiduum posse cognovit, eodem spiritu efficere, quod restabat itineris Argentinam usque voluit. Excepta summo gaudio et a me et ab amicis, et quia abesse mihi tum temporis Argentina non licebat, nuptias facere ibidem placuit. Dum comparantur omnia, ingerit manum Deus et octavo postquam advenerat die febri correpta quarto demum post beatam animam coelo reddidit, cum duabus aut tribus ante horis primum pestilentem esse morbum cognovissemus.« »Ipsa pie casteque educta artes omnes, quae virginem nobilem decent, vere dico, excellenter docta e sinu viduae Domini de la Nove, feminae preastantissimae et sedulissimae, ad nos emissa, cum excedere Germania Regis mei me et negotia et imperium vetarent, post amorem sexennium ipso nuptiarum die rapta mihi periit. [...] ipsa, inquam, hausto pestilenti spiritu in complexibus atque oculis misere amantis et iam amentis Dei invocans per Christum dominum misericordiam puram pulchramque animam coelo beata reddidit, mihi corpus reliquit exsangui et non nisi fine meo finiendum dolorem.« Bongarsii adnotatio de sponsa sua Odetta a Spifama Chalongia, BERN, cod. B 149, Nr. 326 und De Odetta a Spifama Chalongia et eius morte, ebda, cod. 143, Nr. 30. Bongars an Camerarius, 9. Februar 1597. In: Ed. 1695, 546: »Je me vois sans force et sans vie, enfin je me cherche dans-moi sans me trouver«; Bongars an Pétau, 24. März 1597, ebda, 661f.

93 kinderlos. Dies war wohl auch der Grund, warum er seine wertvolle Bibliothek dem Sohn seines Freundes René Gravisset vermachte. Bongars wohnte, immer wenn er von Dienst wegen in Straßburg zu tun hatte, im Hause des Bankiers und Juweliers René Gravisset. Der 1560 geborene Gravisset hatte sich in Straßburg als Goldschmied niedergelassen, war aber auch im Kreditgeschäft tätig.27 Er gehörte der reformierten Minderheit in Straßburg an. In dieser Funktion vermittelte er Heinrich IV. mehrmals Kredite und half auch Bongars bei finanziellen Engpässen. Die beiden Männer verband mit der Zeit ein enges Freundschaftsverhältnis. Bongars war womöglich der Taufpate von Gravissets Sohn Jakob (1598–1658), da dieser den gleichen Vornamen wie der französische Gesandte trug und später von Bongars als Erbe seiner Bibliothek bedacht wurde. Bongars kümmerte sich darum, dass Jakob eine gute Ausbildung erhielt und schickte ihn zusammen mit einem gleichaltrigen Jungen als Vorbereitung auf das Universitätsstudium nach Heidelberg auf eine Lateinschule. In Heidelberg wohnte Jakob Gravisset bei Bongars’ Freund Georg Michael Lingelsheim, der die beiden Schüler betreute.28 In verschiedenen Briefen berichtete Lingelsheim Bongars von den schulischen Erfolgen seiner Schützlinge. Bongars hatte demnach bei der Erziehung von Jakob Gravisset eine wichtige Funktion inne. So wandte sich Ramsay, der Erzieher der beiden jungen Männer, an Bongars mit der Beschwerde über seine unzureichende Vergütung.29 1609 zog Jakob Gravisset nach Basel, um bei dem Arzt Jakob Zwinger Vorlesungen zu besuchen, wofür ihn Bongars mit Empfehlungsschreiben ausstattete. Aufgrund der schleppenden bzw. teilweise wohl gar nicht erfolgten Rückzahlung der Kredite durch Heinrich IV. waren die Geschäftskontakte mit dem französischen Königshaus für Gravissets Vater zu einem Verlustgeschäft geworden. Dieser Umstand trug dazu bei, dass Bongars sich verpflichtet fühlte, sei es als Patengeschenk oder als Wiedergutmachung, seine wertvolle Bibliothek dem Sohn seines Freundes zu vermachen. Jacques Bongars tat dies unter der Bedingung, dass Jakob Gravisset weiter studiere, um Mitglied der Gelehrten-

27 28

29

Zur Vita Gravissets vgl. Schmid: Jakob Graviseth, 53. Lingelsheim an Bongars, 5. März 1609, BERN, cod. 141, Nr. 60. In einem Zusatz am Briefende: »Gravissetus et Delphinus superioribus diebus in caena athlitas se egregios in Grammaticis apud me praestiterunt. Bene valent et officium faciunt.« Ramsay an Bongars, 31. Dezember 1610, ebda, Nr. 279: »Je suis bien aise de estre persuadé par si grand personages, que vous, Monsieur, Monsieur Lingelsheim et Monsieur Godefroi et Monsieur de Avanges, a me remestre a la discretion et bonne volunté de Monsieur Gravisset. Jay toutefois insere une apologie de ma demande aux meilleurs termes quil mestoit possible pour prouver, que je nay rien accordé si non pour la tierse de mes paines [...]. Faut il, Monsieur, pardonné a Monsieur Gravisset quelque chose qui est si riche, puisque j’ay eu de plus pauvres en ceste ville, qui mont paye 400 lib. francois pour quatre mois [...] Jay eu a Basle cent florins pour quatre mois une heure le jour et souvant 4 ducats le mois [...] Il ne sagist point dun mois, mais de dix neuf, non de une heure, mais de plusieurs les jours, non point de quatre jours le septmaine selon la coustume de ceux, qui lisent, mais toute la septmaine, non point en chose profitable a ma vocation, mais a la poussiere grammatique.«

94 gemeinschaft zu werden. Lingelsheim sollte nach einer Verfügung Bongars’ die Bibliothek bis zur Volljährigkeit Gravissets in Heidelberg aufbewahren. Da Bongars bereits 1612 starb, trat diese Verfügung ein. Diese Tatsache schien in der Gelehrtenwelt immerhin so bedeutsam zu sein, dass Lingelsheim davon dem Pariser Historiker und Parlamentspräsidenten de Thou berichtete.30 1622 übergab Lingelsheim die Bibliothek an Jakob Gravisset. Lingelsheim hatte zuvor noch versucht, Bongars’ Testament anzufechten und die Ansprüche seiner vier Söhne als Erben der Bibliothek durchzusetzen. Die Ansprüche des Kurpfälzer Oberrates wurden jedoch von Jakob Gravisset erfolgreich zurückgewiesen.31 Gravisset ließ die Bibliothek zunächst im Hause seines Vaters in Basel aufstellen, wohin René Gravisset 1612 gezogen war. 1624 heiratete er die Bernerin Salome von Erlach, die Tochter des Schultheißen Franz Ludwig von Erlach, in Bern. Nach dem Heiratsvertrag sollte Gravisset das Berner Bürgerrecht erwerben und in Bern ein Haus kaufen. Im Gegenzug für die Erteilung des Bürgerrechtes versprach Jakob seinem künftigen Schwiegervater, die wertvolle Bibliothek von Jacques Bongars der Stadt zum Geschenk anzubieten. 1632 kam die Bibliothek nach Bern, wo sie sich in wesentlichen Teilen auch heute noch befindet und den Bestand der sogenannten Bongarsiana der Burgerbibliothek bildet.

4.2

Bongars’ eigene Werke

4.2.1 Die historischen Arbeiten Jacques Bongars gab insgesamt drei größere Werke heraus. Auf Bongars’ erstes Werk, eine philologisch-kritische Überarbeitung der Epitome von Justin, erschienen 1581, wurde bereits oben eingegangen.32 Es war Stilübung par excellence eines jungen Philologen und damit sein Eintrittsbillett in die Gelehrtengemeinschaft. Seine später entstandenen Werke, an denen Bongars zusammen über zwei Jahrzehnte arbeitete, stammen aus dem Bereich der Geschichte. Obwohl er auch in diesen Arbeiten mittelalterliches Quellenmaterial philologisch-kritisch bearbeitete und edierte, war dies doch mehr als philologische Fleißarbeit. Für Bongars war die Beschäftigung mit Geschichte mit Fragen und Antworten auf die politischen Veränderungen seiner Zeit verknüpft, wie es auch explizit im Vorwort seines Werkes Gesta Dei per Francos hieß, das Bongars an Ludwig, den Sohn Heinrichs IV., richtete. Danach müssten sich alle adeligen Naturen zum Studium der Geschichte hingezogen fühlen, besonders aber die, die Gott

30

31 32

Lingelsheim an de Thou, 25. Mai 1614, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 242: »Neque dum licint Bongarsii summi et viri amici Bibliothecam inspicere, nedum tu catalogus fieri potuerit. Faxo habeo manuscriptorum, nam intra mensem spreo Argentoratum proficisci, ubi libri a Gravisseto, cum ii legati asservantur.« Schmid: Jacob Graviseth, 64. Dazu auch Hagen: Jacobus Bongarsius, 32.

95 über den Staat gesetzt habe: denn die Geschichte sei die treueste Wächterin der Wahrheit und die aufrichtigste Ratgeberin.33 Die Geschichte in ihrer Relevanz für die politische Gegenwart – diese Sichtweise entsprach dem allgemeinen Bedeutungsaufschwung, den die Geschichtswissenschaft im 16. Jahrhundert erfuhr. In den Berichten der antiken Historiker suchte man weniger die Kunde einer idealisierten Vergangenheit als vielmehr übertragbare Verhaltensmuster und Präzedenzfälle für die epochale Neuordnung des öffentlichen Lebens. Damit ist Bongars Vertreter einer ersten Gelehrtengeneration nach Bodin, der für die Historiographie des 16. Jahrhunderts mit seinem Methodus (1566) Maßstäbe setzte.34 Für Bongars hatte die kritische Überprüfung des historischen Materials für eine möglichst authentische Darstellung oberste Priorität, wie er an verschiedenen Stellen betont.35 In der Einleitung zu einer genealogischen Arbeit schreibt Bongars, dass von allen Wissenschaften, die den Menschen von Gott geschenkt worden seien, keine für das Leben nützlicher oder notwendiger sei, als die Kenntnis der Geschichte. Allerdings müsse deren Darstellung richtig und unverfälscht sein und frei von Hass, Neid und sonstigen Leidenschaften, zumal frei von jeder Parteilichkeit.36 Obwohl Bongars selbst genealogisch arbeitete, distanzierte er sich von einigen zeitgenössischen Blüten dieser Disziplin. Dies betraf insbesondere den Rekurs auf den Trojaner-Mythos. Christian von Anhalt schrieb er in diesem Zusammenhang, er könne sich nicht genug wundern über den dummen und durchaus lächerlichen Hochmut der Menschen, die mittels schöner Stammbäume ihre Abstammung so weit zurück zu rekonstruieren suchten, in der Meinung, ihrer Person dadurch einen höheren Wert zu verleihen, wie z.B. in Frankreich die »Unart« geherrscht habe, den Ursprung gewisser Geschlechter bis auf Troja zurückzuführen.37

33

34

35 36 37

Vorrede zum zweiten Band der »Gesta«: »Historiarum quidem studium eius modi est, ut cum omnibus ingenuis hominibus conveniat; tum eorum, quos Reip. Deus admovit, proprium sit. Itaque ad libros te voco: veritatis illos incorruptos et custodes et indices: non eum ad modum, quem pravum Principes nonnulli secuti sunt, doctrinae et eruditionis plebeiae captantes famam vel fumum.« Der handschriftliche Entwurf befindet sich in BERN, cod. 148, Nr. 16 ff. Der »Methodus« findet sich in lateinischer Fassung und französischer Übersetzung in: Œuvres philosophiques de Jean Bodin, Bd. 1, Paris 1951. Zum Stellenwert der Geschichte und zum Stand der Geschichtsschreibung vgl. Huppert: Idea; Kelley: Foundations; Landfester: Historia. Vgl. Bongars an de Thou, 19. Juli 1604, B. N., FR 7128, Nr. 281. Entwurf zur Einleitung einer genealogischen Arbeit, BERN, cod. 141, Nr. 271. Vgl. BERN, cod. 143, darin verschiedene genealogische Arbeiten Bongars’ über die Bourbonen, aber auch zur Nachfolge in Jülich-Kleve. Bongars an Christian von Anhalt, BERN, cod. 143, Nr. 14: »sed illa (ambitio mortalium) ridicula imprimis, quae circa principum gentiumque origines scrutatur curiosis [...] Alia nostros olim homines dementia tenuit, dum se Troianis ortos praedicarunt et nullam nisi Troiano sanguine nobilitate, ducunt.« Zum Trojaner-Mythos vgl. Melville: Troja; speziell zur Rezeption in Frankreich vgl. Mais-

96 Gerade die von Bongars erinnerte Praxis der Trojaner-Genealogien zeigt aber, wie noch zwei, drei Generationen zuvor, zumal in Frankreich, wesentlich »unpolitische« Herkunftsforschung betrieben wurde. Die Trojaner-Darstellungen sind noch viel näher an biblische Vorbilder angelehnt, und sie verfolgen keinen explizit politisch-kompetitiven Zweck. Bongars weiß um die überholte, rückständige Genealogie, damit im Umkehrschluss um die Bedeutung ernsthafter, zuverlässiger historischer Forschung. Zwischen ihm und den Trojaner-Laudatoren liegen nur wenige Jahrzehnte – dazwischen aber liegt die Abkehr von mittelalterlichen universalen Ideen, eine mögliche Rollenumkehr im Verhältnis zwischen Gelehrtenwelt und Politik. Der Späthumanismus wird somit ein Versuch, über die gelehrt-philosophische Ordnung des Daseins die politischreligiöse Unordnung zu beheben, die »magistra vitae« hier als in einer nicht mehr nur dienenden Funktion gesehen: Genealogien entscheiden über politische Ansprüche, nicht – wie bei den »Trojanern«. Dazwischen liegt zumal Bodin mit seinem Manifest zu einer streng praxisorientierten, kritikfähigen Geschichte als allgemeingültiger Wissenschaft. Bongars ist sich damit der Instrumentalisierung von Geschichte als politisches Argument durchaus bewusst. Mehr noch, gerade als Diplomat setzt er sie bewusst ein. So schrieb er für den jungen Prinzen Friedrich, den späteren Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz, verschiedene kleinere Abhandlungen über die französische Geschichte. In der Widmung an den Pfalzgrafen schrieb er, dass er hoffe, Friedrich finde dadurch Geschmack an der französischen Geschichte – durch die Genealogie der Bourbonen wollte Bongars zugleich aber die Ansprüche Heinrichs von Navarra auf den französischen Thron unterstreichen.38 Historische Kenntnisse waren in diesem Sinne für die Arbeit der Diplomaten in der Frühen Neuzeit grundlegend, denn sie stellten ein Repertoire an gewichtigen Argumenten bereit, die für den Erhalt oder die Durchsetzung der Erbansprüche von Dynastien bei den internationalen Verhandlungen von Bedeutung waren. 4.2.1.1 Rerum Hungaricarum Scriptores Varii (1600/06) Die erste der beiden historischen Arbeiten Bongars’, Rerum Hungaricarum Scriptores, erschien im Jahre 1600 im Verlag der Wechel-Erben in Frankfurt.39 1606 wurde sie nochmals publiziert. Es ist eine Sammlung größerer und kleine-

38

39

sen: Legende, bes. 327–350. Für die Hinweise zum Trojaner-Mythos danke ich Thomas Ott, München. Bongars an Friedrich IV., o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 35 d: »Triennium abiit, Friderice Princeps Illustrissime, ex quo Illustrissimo nomini tuo descriptionem Regiae Borbonium familiae inscripsi. Nec poenitet nec mutatum animum meum iudica de mutata epistola. Idem in te est eritque, quandiu tu idem. Cupiebam tum pueritiam tuam ex tabella nostra Gallicae historiae gustum capere. Hodie maius, quod peto. Adolescentiam tuam velim de lectione ad agendum exsurgere. Sat, ut haec sunt tempora, libris abs te datum. Principibus viris philosophandum, sed paucis.« Ebenso BERN, cod. 143, Nr. 15. Bongars, Jacques: Rerum Hungaricarum Scriptores Varii, Frankfurt am Main 1600.

97 rer, teils bis dahin ungedruckter, teils schon veröffentlichter Schriften, die alle mit der Geschichte und der Geographie Ungarns in Zusammenhang stehen. Die erste Anregung dazu gab Bongars’ im Jahre 1585 unternommene Reise nach Konstantinopel, auf der er mehrere Monate durch Ungarn und Siebenbürgen reiste und dort römische Inschriften entdeckt und abgeschrieben hatte. Diese Inschriften veröffentlichte Bongars im Anhang zu den Rerum Hungaricarum Scriptores. Den Widmungsbrief dieses Anhangs richtet Bongars an Guillaume Le Normant, seinen Begleiter auf der langen Reise, der ihm auch bei der Suche nach den Inschriften behilflich war.40 Alleiniger Zweck dieser Ausgabe war es, wie er im Vorwort ausführt, andere Leute und besonders die Ungarn auf die reichen Schätze von alten Denkmälern in diesen Ländern aufmerksam zu machen und sie für Erhaltung und zweckmäßige Sammlung derselben zu begeistern.41 4.2.1.2 Gesta Dei per Francos (1611) Weitaus arbeitsintensiver als die Rerum Hungaricarum Scriptores war Bongars’ zweites Werk, die Gesta Dei per Francos sive Orientalium expeditionum Regni Francorum Hierosolimitani Historia, erschienen 1611 in zwei Bänden im Verlag der Wechel-Erben in Hanau.42 Dieser Sammelband vereint aus vielen Handschriften und Büchern zusammengetragenes philologisches Material, das, quellenkritisch bearbeitet, alle mittelalterlichen Geschichtsschreiber der Kreuzzüge umfasst. Den Titel, der die Überzeugung ausdrückt, dass Gott selbst die Kreuzfahrer zur Eroberung des Heiligen Landes angeführt habe, entlehnte Bongars der von Abt Guibert von Nogent verfassten Geschichte des ersten Kreuzzuges, die zusammen mit der Geschichte der Kreuzzüge des Erzbischofes Wilhelm von Tyrus und verschiedenen anderen ähnlichen Schriften im ersten Band der Sammlung abgedruckt ist. Der zweite Band enthält die Anfang des 14. Jahrhunderts von dem Venezianer Marino Sanudo verfasste Propagandaschrift zu einem neuen Kreuzzug, der Liber Secretorum Fidelium Crucis. Im Anhang druckte

40

41

42

Widmung Bongars’ an Le Normant, 1. März 1597, 619–621. Appendix ad res Hungaricas, in qua Transsylvanicae inscriptiones veteres nonnullae et annales exscripti de templis Leutschoviensis et Coronensis, 1606, 619–628: »[...] Pauca haec collecta mihi per Hungaricam et Transsylvaniam, velut e naufragio tabellam, apprendo nomini tuo, Guillelmo frater. Visa eadem et lecta tibi, cum una iter Constantinopolim faceremus. Socii longinquae et periculosae peregrinationis. Nam reliqua et plura potiora, aut mersa aut disiecta flutibus certo conquiescit.« Vgl. die Vorrede ebda: »Neque enim alio haec a me fine publicantur, quae tanti non aestimen, ut aut typographi prelum aut lectoris eruditi oculos tenere debeant. Sed forte spero, ut, postquam haec viderint pauca de innumeris antiquitatis litteratae fragmenta ab homine alieno edita, consurgant, qui sparsas et turpiter iacentes inscriptiones veteres religiose colligant.« Bongars, Jacques: Gesta Dei per Francos, sive orientalium expeditionum, et regni Francorum Hierosolymitani historia a variis, sed illius aevi scriptoribus, litteris commendata, Bd. 1, Hanau 1611; Liber secretorum fidelium crucis super terrae sanctae cuius auctor Marinus Sanutus dictus Torsellus, Bd. 1–2, Hanau 1611.

98 Bongars zum erstenmal Pierre Dubois’ De recuperatione et reformatione et conservatione Terrae Sanctae.43 Die Handschrift ist französischer Provenienz und stammte aus dem Besitz des Verwandten Bongars’ und Pariser Parlamentsadvokaten Paul Pétau, der sie seinem Freund nebst anderen Handschriften zur Kreuzzugsgeschichte zur Verfügung stellte.44 Aus Bongars’ Vorrede zu den Gesta Dei per Francos ist zu schließen, welche Zusammenarbeit der internationalen Gelehrten notwendig war, um die in den beiden Bänden vereinigten zwanzig Quellenschriften zur Geschichte der Kreuzzüge zu sammeln. Alle Quellen waren entweder zum ersten Mal oder erstmals in quellenkritischer Bearbeitung herausgegeben worden. Bongars standen dafür neben seiner eigenen Handschriftensammlung unter anderem die Bibliotheken der beiden Pariser Parlamentsjuristen François Pithou und Paul Pétau zur Verfügung.45 Schon im Jahre 1598 hatte Laurentius Bochellus von Bongars’ Editionsvorhaben durch François Pithou erfahren und Bongars eine Handschrift geliehen.46 Viele Freunde beschafften Bongars in den folgenden Jahren Handschriften oder Literatur. Auch Janus Gruter, der Bibliothekar der Palatina in Heidelberg, versorgte Bongars mit dem gewünschten Quellenmaterial. Ebenfalls nutzte Bongars die angeblich in einer diplomatischen Mission angetretene Reise nach England zum Quellenstudium für seine Gesta in Cambridge. 1610 hielt er sich längere Zeit in Hanau bei den Verlegern de Marne und d’Aubry auf, um letzte Hand an die Druckvorlage zu legen.47 In einem dritten Band der Gesta wollte Bongars unter anderem die Reisewerke des Marco Polo und des Johann von Mandeville veröffentlichen, von denen er jeweils Handschriften besaß. Dieser dritte Band ist jedoch nicht mehr zustande gekommen, da Bongars 1612 starb, ein Jahr nach Erscheinen der ersten beiden Bände der Gesta. Die beiden genannten Werke Bongars’ sind sowohl Zeugnis wissenschaftlicher Fähigkeiten als auch historisch-moralisch instruierender Leitfaden und damit typische Produkte späthumanistischer Gelehrsamkeit. Das Beispiel der Gesta führt die große wissenschaftliche Kooperation zahlreicher Gelehrter vor,

43 44

45 46

47

Ebda, Bd. 2, 316–361. Dazu auch Oexle: Utopisches Denken, 321, Anm. 119. Pétau hatte diese Handschrift von den Erben Pierre Daniels erworben, denen er mit Bongars zusammen Teile der Bibliothek Daniels abgekauft hatte. Vgl. Hagen: Peter Daniel, 3f. Nach Pétaus Tod verkaufte sein Sohn 1650 die Handschriften an Königin Christina von Schweden, die sie ihrerseits dem Heiligen Stuhl schenkte, weshalb sie sich heute noch in der Vatikanischen Bibliothek befinden. Vgl. Hagen: Jacobus Bongarsius, 45, mit den entsprechenden Quellenangaben. Vgl. Bochellus an Bongars, 22. Mai 1598. In: Ling. ep., 347: »Ergo tuum hac de re consilium ut primum per Fr. Pithoeum innotuit, Roberti cuiusdam Rhemensis, qui octo libris Hierosolymorum historiam descripserat et quam e direpta nequiter bibliotheca nostra fatalis rabies reliquam fecerat, in mentem venit eamque tibi preferendam lubens dedi.« Bongars an Curion, 18. Oktober 1610, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1210: »Il y a sept jours que je suys en ce lieu, et ne suys logé que d’avant hier tous mes livres encores parterre et l’Imprimeur n’ayant que d’aujourd’huy, de la besonge pour peu de jours, a la correction de laquelle ma presence est necessaire [...]«.

99 die das Zustandekommen eines solchen Werkes ermöglichten und die zugleich durch ihre Zusammenarbeit die Idee einer internationalen Gelehrtenrepublik jenseits konfessioneller und politischer Schranken immer wieder neu konstituierten. Diese Art wissenschaftlicher Gemeinschaftsprojekte im Geiste der humanitas verhält sich diametral zu den anderen Schriften, die Bongars verfasste: den anonym erschienenen Polemiken gegen die Jesuiten. Hier zeigt sich, wie Bongars nicht länger »Späthumanist« ist, sondern den konfessionellen Streit sucht und die zeitgenössischen Lager bedient. 4.2.2 Anonym erschienene Polemiken gegen die Jesuiten Seine rhetorischen Fähigkeiten beim Verfassen von Flugschriften hatte Bongars gleich zu Anfang seiner Karriere 1588 mit Beiträgen über die missglückte französisch-deutsche militärische Kooperation unter Beweis gestellt. Diese Flugblätter erschienen zwar anonym, Zeitgenossen konnten aber Bongars leicht als Autor identifizieren. Ganz anders seine späteren Beiträge. Sie erschienen bis auf eine Ausnahme ebenfalls anonym, aber Bongars ging dabei so behutsam vor, dass bis heute seine Autorenschaft nicht eindeutig geklärt ist. Bongars’ Schriften ordnen sich in die zu den Ende des 16. Jahrhunderts immer aggressiver werdenden antijesuitischen Polemiken der calvinistisch dominierten Gelehrtenrepublik ein. Bongars berichtet selbst, dass er sich schon in seiner Jugend, während des Studienaufenthaltes in Rom, von Jesuiten verfolgt gefühlt habe.48 Seinem Hass auf die Jesuiten und den Papst verleiht er in vielen seiner Briefe Ausdruck.49 Diese Briefstellen wurden jedoch nach seinem Tod korrigiert oder gestrichen und sind in den posthum erschienenen Briefeditionen nicht mehr zu finden. Die Jesuitenphobie teilte Bongars mit vielen Reformierten. Sie war die Reaktion auf den wachsenden Einfluss der Jesuiten in der Zeit der Gegenreformation.50 So war die Zahl der Jesuiten Ende des 16. Jahrhunderts rasant angewachsen. In Frankreich gab es 1571 14 voll ausgebaute Kollegien, um 1600 bereits 20, 1608 schon 39.51 Neben der Gründung von Bildungsinstitutionen trieben sie eine Rekatholisierung der Bevölkerung mit den ihnen eigenen Mitteln zur Wiedererweckung der Volksfrömmigkeit wie religiösem Theater und Wallfahrten voran. In Frankreich wollten sie den reformierten Heinrich IV. als legitimen Herrscher selbst nach seiner Konversion zum Katholizismus 1593 nicht aner-

48 49

50 51

Bongars an Schoppe, o. D. In: Ling. ep., 56: »Vixit certe Constantinopoli, quam Romae, securior«. Bongars an Peucer, 29. September 1599, ebda, 35: »Jam quid tu, cum intelliges, reditum etiam Jesuitas tentare et liberum legatis eorum additum Pontificios a rege impetrare? Scientes volentes in perniciem ruimus!« Polgár: Bibliographie. Hartmann: Jesuiten, 38.

100 kennen.52 Diese Ansicht teilten viele »bons Français« mit den Jesuiten, deren Misstrauen gegen Heinrich IV. wegen des von ihm vertretenen Gallikanismus und der außenpolitischen Kooperation mit den europäischen Protestanten verstärkt wurde.53 Dies änderte sich erst mit der Absolution Heinrichs durch den Papst im Jahre 1595, wenngleich die Bevölkerung bis zum Tode des Bourbonen skeptisch gegenüber seiner Politik blieb und diese ablehnende Grundhaltung den Hintergrund für die etwa 20 Attentatsversuche gegen ihn darstellte.54 Wenn Bongars selbst über die Jesuiten schrieb, so kannte er sich mit dem Orden, seiner Organisation und seiner Entwicklung bestens aus. In seinem Nachlass tauchen nicht weniger als 138 Schriften des Jesuitenordens auf. Neben apologetischen Schriften sammelte er Missionsberichte aus Japan, China, Indien, Peru, Brasilien usw., die er für seine Memoranden über die Situation der Jesuiten im Reich oder in Frankreich benötigte.55 Überdies befinden sich in seinem Nachlass diverse antijesuitische Flugblätter die dem Tenor der antijesuitischen Feindbild-Ideologie der Reformierten entsprachen.56 Diese Polemiken wurden sowohl auf deutscher wie auch auf französischer Seite mit scharfen Attacken versehen und selbst Gelehrte wie Melchior Goldast publizierten Flugblätter, in denen verbreitet wurde, dass Jesuiten z.B. zum Morden abgerichtet würden. Für Bongars dürfte es deshalb nicht erstrebenswert gewesen sein, mit seinem Namen in so agressive Polemik hineingezogen zu werden. Aus diesem Grunde erschienen seine Beiträge anonym. Inwieweit seine Freunde und Kollegen in seine Aktivitäten eingeweiht waren, ist nicht eindeutig zu klären. Jacques-Auguste de Thou, der Pariser Parlamentspräsident und gelehrte Freund Bongars’, besaß etwa keine Kenntnis davon, in welcher Weise sich der französische Gesandte im Reich an den Polemiken gegen die Jesuiten beteiligte.57 Dies verwundert, denn gerade die Pariser Parlamentsjuristen sahen in der ablehnenden Haltung der Jesuiten gegenüber Heinrich IV. eine große Gefahr für die nationale Einigung des französischen Staates und in

52 53 54 55

56

57

Droin: Expulsion des jésuites; Couzard: Rétablissement; Calendini: Henri IV et les jésuites; Blet: Jésuites et libertés gallicanes. Dies hat Mousnier: Assassinat, 197–212 trefflich ausgeführt. Dazu O’Neill: Politics. Von Bongars verfasste Beobachtungen u. a. über die Stellung der Jesuiten in Bayern, BERN, cod. 145, fol. 252 f. u. 254; eine Antwort des französischen Königs an die Jesuiten, ebda, fol. 256; eine Schrift, in der Heinrich IV. die Restitution der Jesuiten bestätigt, ebda, fol. 257–259; Nachrichten über die Jesuiten, z. B. in Fribourg, ebda, fol. 290. Ein 1602 verfasster Bericht über die Aktivitäten der Jesuiten gegen die königliche Familie in Frankreich sowie die Calvinisten befindet sich ebda, fol. 291. Darunter etwa die »Wollmeinende warnung ahn alle Teutschen Churf., Fürsten undt andere Stände wieder des Bapsts unndt seiner Jesuiten hochgefährliche lehren undt practicken«, o. D., ebda, fol. 296–318. Bongars an Camerarius (Entwurf), Oktober 1598 (die Datierung 1599 in der B. N. ist falsch), B. N., FR 7128, fol. 142: »Thouani nescio quod in Jesuitas mitto [...].« Daraus ist zu schließen, dass sich Bongars weit über die von mir identifizierten Flugschriften hinaus an den Polemiken beteiligte.

101 ihren Ansichten über die Legitimität des Tyrannenmordes die geistige Munition für die zahlreichen Attentatsversuche auf den französischen König. 4.2.2.1 Quaestio parricidi (1595) Das Attentat, das Jean Chastel am 27. Dezember 1594 auf Heinrich IV. verübte, war Anlass für die vermutlich erste Schrift Bongars’, die Quaestio parricidi, die Suche nach dem Mörder, in der die Jesuiten scharf angegriffen wurden.58 Bongars war von Villeroy sofort nach dem Attentat über die Ereignisse in Paris unterrichtet worden.59 Obwohl der 20-jährige Student Chastel ein Einzeltäter war und seine Tat aus religiösem Fanatismus verübt hatte, wurde bei der folgenden Untersuchung aus seiner Erziehung auf einem Jesuitenkolleg eine jesuitische Verschwörung abgeleitet und weitere Angehörige des Ordens verhört. Diese stritten eine Teilnahme an dem Attentat von Chastel ab. Bongars lässt bei seinen Ausführungen in der Quaestio parricidi keinen Zweifel aufkommen, dass es sich um eine Tat im Auftrag der Jesuiten handelte. Er sieht diese Tat als unmittelbare Anwendung des Gebots zum legitimen Tyrannenmord auf einen der protestantischen Herrscher. Wenn ein Herrscher qua seiner protestantischen Konfession oder Loyalität ein Tyrann sei, so Bongars, seien ebenso »unsere deutschen Fürsten, die Herrscher von England, Schottland und Dänemark« vor den Jesuiten in Gefahr.60 Wie er selbst in Deutschland und Italien erfahren habe, nütze ein zu nachsichtiges Vorgehen gegen die Jesuiten nichts.61 Bongars nutzte in seiner Argumentation die beim Verfassen seiner Schrift noch nicht geklärte Schuldigkeit Chastels, um die Angst vor einer allgemeinen Bedrohung des

58 59 60

61

Quaestio paricidii a Iohanne Chastel, Iesuitarum discipulo, attentati in Henricum IV Christianissimum Regem Francorum et Navarrae, Paris 1595, 6 f. Lettre de M. de Villeroy a M. de Bongars sur l’attentat commis par Chastel sur la personne du Roy Henry IV, o. D. [1594], B. N., Coll. Dupuy 88, fol. 255. Aus der Vorrede der »Quaestio Parricidi«: »Sed hic adhibenda nihilominus cautio, et latrociniorum proditionumque officina investiganda, retegenda, evertenda est. Eam si queris, Lector, proferam. Domus est et familia Iesuitatum. Argumenta non longe perierim: unum volo. Docent illi publice privatim que, et venerum perdendis Principus, teneris animis instillant. Tollendose e medio Tyrannes: sed Tyrannos esse, quos Tyrannos ipsi pronunciaverint: inter eos Henricum Regem, cuius caede pateat ad vitam illam beatam aeternamque aditus. Et hunc Tyrannum pronuntiant eo argumento, quo paene omnes huius nostriae Germaniae Principes, quo Angliae, Daniae, Scotiae Reges Tyranni sint: quo tu ipse, Lector, scribonus, si pius es, improbus sis et sacer.« Ebda, 4. Ebda, 6: »Audio enim nonnullos patriae suae oblitos, ut rumorem bonum colligant apud Italos et Germanos, hosce parricidii suasores defendere immo (quod inhumanius et immanius est) ispius parricidae supplicio misericordia, iracundius, et iniquius deiudicibus conqueri. Graves sane homines et egregii cives, qui ut primum ad eos sanguinaria voces a Iesuitis contra vonos missae sunt, crimis loco putant Quod Rex vivat. Tu senatusconsultum vidisti quod ut bonum factum laudanum censes. Et certe tum ipsum se luculentum, tum exteris gentibus argumento est, recte esse in Galliis. Minus enim audere viderentur si aliter esset. Id per te Germani intelligant velim, ne falsis Iesuitarum virtutibus decipiantur. Sed eos Carpocrates haeretici et eius, sectatorum discipulos agnoscant. Quod erit facillimum.«

102 Staates zu schüren und gegen die Jesuiten Stimmung zu machen. Das entsprach auch dem Vorgehen der Justiz in Paris: Das Attentat Chastels auf Heinrich IV. hatte die geeigneten Vorwände geliefert, um politische Maßnahmen gegen die Jesuiten zu ergreifen. Sie mussten ihre Kollegien in den Städten verlassen und wurden vertrieben. Chastels Haus wurde zerstört und an seiner Stelle ein steinernes Mahnmal mit Inschriften errichtet. 4.2.2.2 L’Anticoton (1611) Eine Ausgrenzung der Jesuiten aus dem öffentlichen Leben in Frankreich konnte der französische König nicht lange aufrechterhalten. Heinrich IV. strebte bereits nach 1600 eine Versöhnung mit den Jesuiten an und ging sogar so weit, dass er den Jesuiten Père Coton (1564–1626) am 29. Mai 1603 zum Beichtvater berief, dem, wie vielen Beichtvätern der katholischen Fürsten und Höfe, eine einflussreiche Position zugeschrieben wurde.62 Zudem erteilte der König den Jesuiten durch die Patentbriefe von Rouen vom 1. September 1603 die Erlaubnis, wieder in ihre Kollegien zurückzukehren und weitere Kollegien zu eröffnen, so z.B. in La Flèche. 1605 ließ der König das Denkmal, das an das Attentat von Chastel erinnerte, durch einen Brunnen ersetzen. Der König versuchte damit demonstrativ, mit den Jesuiten Frieden zu schließen und sie zu integrieren. Wie misstrauisch viele gesellschaftliche Kreise diesen Aktivitäten des französischen Königs gegenüberstanden, zeigen die Korrespondenzen Bongars’, in denen z.B. von den Neugründungen der Kollegien detailliert berichtet wurde.63 Die Ermordung Heinrichs IV. 1610 schien die Befürchtungen dieser Kreise zu bestätigen. Findet man in Bongars’ Briefwechsel erstaunlich wenig offizielle Äußerungen zu der Ermordung des Bourbonenkönigs, so zeigt sein Nachlass, dass Bongars alle möglichen Reaktionen auf das Attentat Heinrichs IV. und die Schritte des Parlaments in Paris gegen den Attentäter zusammengetragen hatte.64 So auch eine Kurtze antwort uff des parisischen Jesuittenpatris Cottonis erklerung, so er newerlichen an die Königin in franckreich geschrieben und trucken lassen, in der es um den Königsmord an Heinrich IV. geht.65 Der Jesuit und Beichtvater Père Coton rückte nun ins Zentrum, da er in seinem im gleichen Jahr erschienenen Werk Institutio catholica, in qua fidei veritas comprobatur adversus haereses et superstitiones huius aevi den Tyrannenmord legitimiert hatte.66 Sofort wurden seitens der »bons et vrais Français« Gegendarstellungen, die sogenannten Anticotons publiziert.67 Auf diese folgten

62 63 64 65 66 67

Bireley: Hofbeichtväter. Die Jesuiten sind etwa in BERN, cod. B 149, Nr. 445 behandelt, überschrieben mit »de la Fleche«. »Extraict des registres de parlement«, 8. Juni 1610, ebda, cod. 145, fol. 292–294. Ebda, fol. 236–249. Coton: Institutio catholica. Vgl. Pannier: Église réformée de Paris, bes. 27–30, 57–72, 89–98.

103 wiederum Repliken der Jesuiten und Coton schaltete sich selbst mit einem Lettre déclaratoire in die Diskussion ein.68 Auch Bongars beteiligte sich an der Auseinandersetzung um Père Coton. Nach Hagen war Bongars »Mitherausgeber« einer 1611 erschienenen Sammlung verschiedener kleiner gegen Coton gerichteter Schriften.69 Es handelt sich dabei möglicherweise um eine Mitarbeit an der Replicatio Melchior Goldasts.70 Bongars hat vielleicht Goldast mit einigen antijesuitischen Flugschriften, die darin abgedruckt sind und wohl ursprünglich französischer Provenienz waren, ausgeholfen. Darauf könnte sich auch ein Brief Bongars’ an den Grafen von Hanau beziehen, in dem er ihn um die Erlaubnis bittet, sich an dessen Hof aufzuhalten, da er beim Drucker Lavater gerade ein Sammelwerk fertigen lasse.71 Welches Werk, geht aus der Briefstelle nicht hervor. Aber das zeitgleich in Hanau publizierte Werk Bongars’, die Gesta Dei per Francos, erschien im Verlag der Wechel-Erben und nicht bei Lavater, so dass eine zweite Publikation Bongars’ in Hanau durchaus möglich ist. 4.2.2.3 L’Antibellarmin (1612) Ein weiteres Thema, das von den Jesuiten immer wieder aufgegriffen wurde, erhitzte die Gemüter in Frankreich, Venedig wie auch den protestantischen Mächten in Europa: das Machtverhältnis von Herrscher und Papst.72 Für Frankreich hatte die Frage der Rechte der gallikanischen Kirche eine zentrale Bedeutung. 1594 hatte der Parlamentsanwalt Pierre Pithou dazu seinen Traktat Libertés de l’Église gallicane publiziert.73 Diese Heinrich IV. gewidmete Schrift dokumentierte die Unabhängigkeit der gallikanischen Kirche vom Heiligen Stuhl. Sie hatte einen enormen Erfolg in Frankreich und wurde sowohl vom Parlament, der Sorbonne und der Geistlichkeit begrüßt.74 Damit waren die wichtigen, seit

68 69

70

71

72 73 74

Coton: Lettre déclaratoire. So Hagen: Jacobus Bongarsius, 49. Hagen bezieht sich dabei auf Bayle: Dictionaire, Bd. 1, 607: »Ce fut lui, qui fit imprimer les Questions que le Jésuite Coton avoit dressées pour être faites au Diable«, der Benedikt Turrettin mit dessen Sammelwerk »Recheute du Jesuite plagaire, ou examen des dialogues que P. Coton a opposés pour replique à la fidelité des traductions de la S. Bible faites à Genève«, Genf 1620, 61 anführt: »celui, qui fit imprimer avec la préface, estoit officier du roi en charge fort honorable, assavoi feu Mr. Bongars, auquel P. Coton s’estant plaint de l’edition de l’Anticoton, il lui respondot, qu’il en estoit point l’Auteur, mais qu’il avoit bien fait imprimer ses Questions au Diable.« Vgl. Johann Rudolf Lavater an Melchior Goldast, 4. März 1611. In: Goldasti ep., 451: »Titulum in Cottoniana summo cum desiderio exspectamus. Mitto manuscriptum exemplar, videbis in illo multa et omissa et commissa, quae corrector emendare ausus non fuit [...]. Aliud scriptum Germanicum Cottonianis subnectendum Bongarsius Argentina accepit, quod iam editur.« Vgl. Goldast: Replicatio Pro Sac. Caesarea. Bongars an den Grafen von Hanau, 1610. In: Ed. 1695, 677: »[...] un ramas d’historiens que j’ai recueillis et pretends donner au public.« Zur gleichen Zeit begann Bongars mit der Herausgabe seines Geschichtswerkes »Gesta Dei per Francos«. Miethke: De potestate papae. Pithou: Libertés de l’Église gallicane. Dazu auch Mousnier: Assassinat, 147f.

104 dem Mittelalter sich herausbildenden Vorrechte des französischen Königs über die Kirche und die Unabhängigkeit der französischen Monarchie vom Papst dokumentiert. Der Jesuitenkardinal Robert Bellarmin (1542–1612) wollte nun in seinem Buch Tractatus de potestate summi pontificis in temporalibus die Rechte des Papstes gegen Jakob I., die Gallikaner und die Venetianer verteidigen. Für die Mächte mit vom Papst unabhängigen Kirchen wie England und Frankreich wirkte dies wie ein Angriff seitens der Katholiken.75 Bellarmins Theorie von der »potestas indirecta« geht zunächst von der Trennung von weltlicher und geistlicher Macht aus. Da der Staat Angelegenheit der weltlichen Macht ist, hat der Papst keine direkte Macht über den Staat und seinen Herrscher. Umgekehrt hat der Staatslenker, in diesem Fall der König, keine Macht über das Geistliche, da die kirchliche Macht ganz geistlich und spirituell, die politische Macht hingegen ganz menschlich und irdisch ist. Der Kaiser, die Könige, die Republik von Venedig, die Herzöge und die Grafen sind daher in ihren politischen Angelegenheiten souverän und in diesem Sinne nicht vom Papst abhängig. Die Souveränität ist das Wesen des Staates, ganz im Bodinschen Sinne. Der Chef des Staates verkörpert diese Souveränität. Er ist absolut. Was die geistlichen Angelegenheiten hingegen betrifft, hat der Papst alle Superiorität über den Kaiser und auch über die Konzile. Als Kirchenoberhaupt, indem er die Macht von Gott erhalten hat, übt er die Rechtsprechung über alle Gläubigen aus. Wenn das Wohl der Seelen in Gefahr ist, hat der Papst das Recht und sogar die Aufgabe, in die weltlichen Angelegenheiten des Staates einzugreifen und eine indirekte Gewalt auf die Fürsten ausüben, wodurch er die politische Macht leiten und lenken und wenn nötig auch den König exkommunizieren oder zum Häretiker erklären lassen kann. Sofern er ein Tyrann ist, hat auch jeder Untertan das Recht, ihn zu töten. Bellarmins Schrift löste eine ganze Reihe von Veröffentlichungen in Frankreich und im protestantischen Ausland aus, die sich mit der Theorie der »potestas indirecta« auseinandersetzten. Doch nicht nur in diesem Lager war der Kardinal heftigsten Anfeindungen ausgesetzt, sondern auch der Kurie, deren Rechte er ja verteidigen wollte, schien seine Theorie nicht weit genug zu gehen und zensierte sein Buch. Das Parlament von Paris verbot am 26. Oktober 1610 seinen Druck, Verkauf und Vertrieb sowie die Verbreitung seiner Lehren. Auch Bongars hatte sich mit Bellarmins Schrift und den darauf folgenden Reaktionen auseinandergesetzt. Im Dezember 1610 schrieb er dem hessischen Rat Curion, dass er von dem neuen Buch Bellarmins erfahren hätte und es ihm schicken wolle, wenn er einen sicheren Weg gefunden habe.76 Bongars verfasste kurz darauf offensichtlich selbst eine Darstellung zu den Thesen Bellarmins,

75 76

Bellarmin: Tractatus de potestate. Vgl. dazu Dietrich: Theologie; Arnold: Staatslehre; Mousnier: Assassinat, 240–243. Bongars an Curion, 19. Dezember 1610, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1210: »Nous avons ici

105 wieder anonym. Selbst in den Kreisen, zu denen Bongars engen Kontakt pflegte, wusste man nicht, von welcher Schrift Bongars der Autor sei. So fragte Isaac Casaubon bei Lingelsheim nach, ob die Schrift Adversus Bellarmini scelestissimam pro Romani papae imperio disputationem Bongars zuzuordnen sei.77 Erst nach Bongars’ Tod schrieb Lingelsheim an den französischen Gesandten Hotman, er habe Bongars’ Antibellarmin deshalb anonym veröffentlicht, da Bongars nicht gewollt habe, dass sein Name in diesem Zusammenhang erwähnt würde.78 Sehr wahrscheinlich stammt daher die anonyme Antwort Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum de potestate papae commentatio aus Bongars’ Feder.79 Sie erschien 1612 in Heidelberg, wo Lingelsheim am Kurpfälzer Hof tätig war. Auch veröffentlichten andere Gelehrte aus dem Kreis um Lingelsheim Schriften zu diesem Thema, z.B. Melchior Goldast80 oder David Paraeus81, was zeigt, dass sich in Heidelberg der Kreis um Lingelsheim ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzte. Die antijesuitische Propaganda war Teil des Themenkanons der calvinistisch dominierten Gelehrtenrepublik und lieferte Material für einen internationalen Diskurs mit katholischen gelehrten Kreisen. Die Polemiken der Reformierten, das haben die angeführten Beispiele gezeigt, zielen jedoch immer über die Kritik an den Jesuiten hinaus auf politische Fragen, in denen die protestantischen Mächte ihre Position gefährdet sahen. In diesem Sinne boten sie auch den Gelehrten eine Plattform, sich – wenngleich anonym – am politischen Diskurs zu beteiligen ohne ihre Integrität und ihr Ansehen in der Gelehrtenrepublik zu verlieren.

Zusammenfassung Der Überblick über Bongars’ Leben als Gelehrter vermochte exemplarisch zentrale Aspekte seiner Tätigkeit in der respublica litteraria aufzuzeigen. Das Sammeln, der Austausch und das Verschicken von Handschriften und Büchern waren fundamentale Bestandteile späthumanistischer Kommunikation. Seine

77 78

79 80 81

un Cousin, qui sonne fort hault contre le nouveau livre de Bellarmin. Je vous l’envoyerois, si j’avois recognue que l’ordre de l’adresse des lettres fust plus assuré que devant.« Casaubon an Lingelsheim, 27. April 1612. In: Casauboni ep., Nr. 675. Lingelsheim an Hotman, 5. Februar 1613, BSHPF, Ms 10 V, fol. 13: »J’ay esté bien aise d’entendre le iugement de Padre Paolo, de l’Antibellarmin de feu mons. de Bongars, que j’ay fait imprimer sans y mettre son nom. Car il ne voulait que personne le sceut, depuis son deces j’ay trouvé raisonable, qu’on sceut l’auteur. Je vous envoye un exemplaire que j’ay vu d’un de mes amis.« [Anonym.] Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum de Temporali Potestate Papae Commentatio, Heidelberg 1612. Für diesen Hinweis danke ich Dr. Martin Mulsow, München. Goldast: Monarchia S. Romanae Imperii. Paraeus: Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum de temporali potestate papae commentatio.

106 große Bibliothek war Absender und Empfänger für Manuskripte und Bücher und stellte in ihrer Funktion als »Pool« gelehrten Wissens einen wichtigen Faktor in dem Beziehungsgeflecht zwischen Bongars und der übrigen Gelehrtenwelt dar. Die projektbezogene Zusammenarbeit der Mitglieder der respublica litteraria über konfessionelle, politische und soziale Schranken hinweg entwirft am eindringlichsten das Bild einer internationalen Gelehrtengemeinschaft, eine Tatsache, die bei Bongars erst im Rahmen der Aufschlüsselung seiner Kontakte deutlich erkennbar werden wird. Bongars war ein Polyhistor, dies wird auch durch die Zusammensetzung der Bücher in seiner Bibliothek deutlich. Sie spiegelt Bongars’ lebenslanges Bemühen um umfassende Welterkenntnis, um ein universales Modell der Wirklichkeit in ihrer menschlichen, natürlichen und göttlichen Dimension. Seine historischen Studien fanden ihre Ergänzung durch eine Beschäftigung mit der Naturwissenschaft und die Suche nach den Prinzipien einer universalen Religion. Das intensive Studium der Geschichte spielte innerhalb des Kanons späthumanistischer Gelehrsamkeit eine besondere Rolle. Die Geschichte wurde in ihrer Relevanz für die Gegenwart begriffen, und Bongars selbst bezeichnete sie im Vorwort seiner Gesta als Ratgeberin. Bongars’ eigene Arbeiten sind, abgesehen von der in der Philologie beachteten Ausgabe der Epitome Justins, keine per se bedeutenden historische Werke. Interessant sind allerdings die Umstände ihrer Entstehung, denn sie sind Beispiele für die Zusammenarbeit innerhalb der internationalen Gelehrtengemeinschaft und dokumentieren das Funktionieren dieser Gelehrtenkontakte zu ihrer Zeit. Die anonymen Schriften Bongars’ zeigen den französischen Diplomaten in einem ganz anderen Licht. Hier nutzte er seine rhetorischen Fähigkeiten für beißende antijesuitische Polemiken. Bongars sah in den Jesuiten zwar auch die Vormacht des Katholizismus symbolisiert, viel mehr scheint er jedoch in ihrem Wirken und in ihrem Erfolg eine Schwächung des französischen Nationalstaates in seiner gallikanischen Ausprägung befürchtet zu haben. Seine Polemiken sind deshalb die Reaktionen eines international denkenden Reformierten, eines »bon Français« und eines loyalen Diplomaten Heinrichs IV.

107

Teil II Das Beziehungsgeflecht Bongars’ – Struktur, Inhalt und Funktionen

108

109

5.

Empfänger der politischen Berichterstattung: Der französische Hof und die Pariser Parlamentsjuristen

Die diplomatische Tätigkeit Bongars’ spiegelt die Bandbreite französischer Einflussnahme auf die politische Entwicklung im Reich wider. Die Anweisungen in Bongars’ Instruktionen reichten von propagandistischer Stimmungsmache bis zu konkreter Agitation in Krisenherden des Reichs. Diese flexibel auf die politischen Gegebenheiten des Reichs reagierende französische Außenpolitik war jedoch nur möglich durch genaue Kenntnisse der politischen Verhältnisse im Reich. Diese Informationen, denen sich das französische »Außenministerium« bedienen konnte, wurden von einem funktionierenden System der Informationsbeschaffung garantiert, deren Hauptträger die ständigen Gesandten waren. Im folgenden Kapitel sollen nun die Kontakte zwischen Bongars und dem französischen Hof bzw. dem Kreis der Pariser Parlamentsjuristen näher untersucht werden. Mit welchen Personen korrespondierte Bongars in Paris, an wen schickte er Nachrichten aus dem Reich, welche Themen bestimmten darüber hinaus die Korrespondenzen? Welche Berührungspunkte gab es zwischen der internationalen Gelehrtenwelt und dem französischen Hof bzw. dem Pariser Parlament und welche Rolle spielte das für die französische Außenpolitik?

5.1

Die Affinität Heinrichs IV. zu Personenkreisen der respublica litteraria

Nach den Forschungen von Ernst Hinrichs hatte die späthumanistische Fürstenlehre direkten Einfluss auf die Handlungspraxis Heinrichs IV., als es galt, die innenpolitische Ordnung Frankreichs nach Jahrzehnten religiöser Bürgerkriege wiederherzustellen.1 Heinrich IV. orientierte sich in diesem Sinne an den von gelehrten Autoren seiner Zeit aus alten Quellen geschöpften und für die Gegenwart aufbereiteten Vorstellungen über das politische Handeln und bediente sich bei der Durchsetzung seiner politischen Vorstellungen ihres Stils.2 Eine solche Interpretation sieht in Heinrich IV. mehr den gelehrten Monarchen, der die Nähe zu späthumanistischen Kreisen suchte, als den kalkulierenden Machtpolitiker,

1 2

Hinrichs: Fürstenlehre, 329. Ebda, 331.

110 wie er sich in seinem Vorgehen in der Krise um Jülich-Kleve gezeigt hatte. Angesichts dieses ambivalenten Bildes Heinrichs IV. stellt sich wieder die Frage nach der Gegensätzlichkeit oder der Komplementarität von Späthumanismus und Politik. Welche Funktion hatten Bongars’ Kontakte zur Gelehrtenwelt für seine Arbeit als Gesandter Heinrichs IV.? Bongars schickte Heinrich IV. in erster Linie Berichte und Einschätzungen der politischen Lage im Reich, weniger dagegen politische Nachrichten, die er vorwiegend an den Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Villeroy, adressierte. Vereinzelt sandte Bongars militärische Informationen, wie z.B. Aufstellungen verschiedener Truppenzusammensetzungen in Ungarn, direkt an Heinrich IV.3 Auch wurden Übersetzungen Bongars’ von Verträgen oder Sitzungsprotokolle der Geheimen Räte im Reich an den Bourbonen adressiert.4 Dem französischen König zeigt sich Bongars in seinen Berichten als profunder Reichskenner und Analytiker der politischen Entwicklung, wie es auch in folgendem Memorandum zum Ausdruck kommt.5 Bongars erläutert darin Heinrich IV. den Unterschied zwischen »bons Imperalistes et Autrichois« und »bons Allemands et bons patriotes«: »Il y a deux sortes de serviteurs: [...] celuy d’Allemagne, comme il est a present m’a portée en ceste consideration, auquel il y en a qui veulent tout ce que l’Empereur veult, pour ce qu’il est l’Empereur, et pour ce qu’il est de la Maison d’Autriche, et sont ceux cy bons Imperialistes et Autrichois. Les autres bons Allemands et bons patriotes presentent les volontez de l’Empereur a la balance du bien de l’Empire et de ses membres, a la conservation desquels ils ont beaucoup plus d’interest et obligation qu’a la personne de l’Empereur. Car les Princes sont mortels, les Etats immortels.«6 Bongars unterschied auf Reichsebene also zwischen den Kaisertreuen, den »Österreichern«, die den politischen Kurs des Kaisers übernommen hatten, und den wahren Deutschen, den »bons patriotes«, die sich mehr dem Wohle des Reichs verpflichtet fühlen als der Person des Kaisers, denn die Fürsten seien sterblich, die Staaten aber unsterblich, so Bongars. Diese Interpretation der verfassungsrechtlichen Struktur des Reichs trägt die Handschrift Bodins.7 In den Six Livres de la Répu-

3 4

5 6 7

»Etat des gens de guerre en Hongrie«, handschriftlich von Bongars, BERN, cod. 140, Nr. 24. Mitschriften, Skripten und Übersetzungen Bongars’ von Ratssitzungen und Verträgen aus den Jahren 1589 und 1599, so z. B. eine Übersetzung des Vertrages von Erfurt 1589 zwischen Ansbach, Braunschweig und Hessen, ebda, cod. 139, Nr. 38b, fol. 3, Nr. 43, fol. 4, Nr. 60, fol. 1–4. Zwei Konzepte Bongars’, ebda, cod. 140, Nr. 22a und 46. Bongars an Heinrich IV., o. D., B. N., FR 7132, fol. 170; in ähnlicher Weise ders. an dens., o. D., ebda, fol. 69. Zum »Unsterblichkeitsaxiom« Bodins und dessen Quellen vgl. Kantorowicz: Zwei Körper des Königs, 405–415. Ob Bongars in seiner Argumentation gegenüber Heinrich IV. schon vom »König« zum »Staat« abstrahiert, ist fraglich. Sein »Etat« scheint vielmehr eine weniger stichhaltige Abwandlung des Diktums von Bodin: »le roi ne meurt jamais« – nämlich einen Plural von souveränen Herrschaften in ganz Europa – vorauszusetzen.

111 blique hatte Bodin 1581 die Staatsform des Reichs als Aristokratie klassifiziert und festgestellt: »Tatsächlich liegt die Souveränität bei den sieben Kurfürsten, den rund 300 Fürsten und den Repräsentanten der Freien Reichsstädte«.8 Bodin sah also den Kaiser nur mehr im Besitz der äußeren Insignien und nicht mehr der Souveränität, wie er sie noch im Mittelalter besessen hatte. Auch Bongars sieht die Stellung des Kaisers demontiert, und seine Instrumentalisierung durch die Casa d’Austria offensichtlich. Die Machtposition des Kaisers hält er nur für legitim, wenn sie an diejenigen Stände gebunden ist »qui presentent les volontez de l’Empereur a la balance du bien de l’Empire et de ses membres«. Bongars’ Analyse der verfassungsrechtliche Situation im Reich ist damit zugleich eine Interpretation deren machtpolitischer Mechanismen. Neben diesen Beobachtungen der politischen Gesamtsituation sandte Bongars die Ergebnisse seiner Verhandlungen im Reich direkt an Heinrich IV. In seinen Berichten an den König lässt Bongars an manchen Stellen seine vielfältigen Kontakte im Reich durchblicken. Demnach ist zu mutmaßen, dass Heinrich IV. über den persönlichen Umgang Bongars’ mit den kurpfälzischen Räten in Kenntnis gesetzt war, wenn Bongars ihm z.B. über die »conferences familiales« mit den Geheimen Räten in Heidelberg berichtete.9 Direkt sprach sich Bongars jedoch an keiner Stelle in seiner Korrespondenz mit dem Bourbonen über die Quellen seiner politischen Informationen aus. Auch fanden Bongars’ Aktivitäten in der Gelehrtenrepublik keine Erwähnung in seinen Briefen mit dem König, wenngleich Heinrich IV. Bongars’ Ansehen in Gelehrtenkreisen wohl bekannt war. Dennoch spielte das Gedankengut der Späthumanisten gerade für die Außenpolitik des Bourbonen eine wesentliche Rolle. 5.1.1 Religion und Politik: Philippe Duplessis-Mornay In der außenpolitischen Konzeption Heinrichs IV. lassen sich die Vorstellungen späthumanistischer politischer Theoretiker wiederfinden. So war die Idee eines europäischen Gleichgewichts im Umfeld Heinrichs IV. durch politische Denker wie Philippe Duplessis-Mornay (1549–1623) entwickelt worden.10 Der

8

9 10

Bodin: Staat, 60. Weiter heißt es ebda, Buch II, Kap. 6: »Unter Aristokratie verstehen wir die Staatsform, wo der kleinere Teil der Bürger über den größeren Teil insgesamt und über jeden einzelnen Bürger herrscht. Ist es so, dass die Reichsstände, die aus 300 bis 400 Mitgliedern bestehen, unter Ausschluss des Kaisers und aller Fürsten und Städte die souveräne Gewalt haben, allen Untertanen des Reiches Gesetze aufzuerlegen, über Krieg und Frieden zu entscheiden, Steuern und Zölle zu erheben und Richter einzusetzen, die über Güter, Ehre und Leben des Kaisers, der Fürsten und der Reichsstädte zu Gericht sitzen? Dies nämlich sind die wahren Merkmale der Souveränität. Wenn dies so ist – und es ist zweifellos so –, wer könnte dann leugnen, dass Deutschland tatsächlich eine Aristokratie ist.« Bongars an Heinrich IV., 3. Juli 1609, B. N., FR 15921, fol. 439. Eine Biographie Mornays und eine neue Beurteilung seiner Schriften sind Desiderat. Die einzige Arbeit darüber stammt von Patry: Philippe Du Plessis-Mornay. Zu Duplessis-

112 französische protestantische Adelige war seit 1576 einer der wichtigsten Berater Heinrichs von Navarra gewesen. Seit spätestens 1582 zeichnete er verantwortlich für alle wichtigen Denkschriften, Instruktionen und weite Teile der diplomatischen Korrespondenz. Mornay hatte alte Sprachen studiert und war vier Jahre lang durch Europa (1568–1572) gereist. Dabei hatte er unter anderem längere Zeit die Universitäten in Heidelberg und Padua besucht. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich schloss er sich der antispanischen Politik von Coligny an und entzog sich den Ausschreitungen, die auf die Bartolomäusnacht folgten, durch die Flucht nach England. Nach dem für die Hugenotten günstigen Edikt von La Rochelle (1573) kehrte Duplessis-Mornay nach Frankreich zurück und beteiligte sich am politischmilitärischen Kampf gegen die Ligue. 1577 wurde er mit einer Gesandtschaft zu Elisabeth I. betraut, um ihre Unterstützung im konfessionellen Bürgerkrieg zu erreichen. Auf der Rückreise nahm Duplessis-Mornay in Flandern Kontakt mit den politischen Führern der Reformierten auf und setzte die Politik Colignys fort. Duplessis-Mornay verkörperte in besonderer Weise den Typus des protestantischen Adeligen, der sein religiöses Engagement mit einer bewussten Hinwendung zum antik-humanistischen Geist verbinden konnte. Mit der protestantischen Partei hatte Mornay den Schritt vom Antiroyalismus zur Zeit Katharina von Medicis und ihrer Söhne hin zur unbedingten Anhängerschaft Heinrichs von Navarra vollzogen und stilisierte ihn zum französischen Symbol in einem Kampf, der nicht mehr ein konfessioneller, sondern ein nationaler sein sollte. Royalisten wie Duplessis-Mornay sahen die wichtigen Aufgaben eines souveränen Königtums darin, den Bestand des Staates und die Funktion seiner politischen Institutionen gegen innere und äußere Bedrohung zu gewährleisten. Die Konfessionsfrage wurde für sie dagegen zu einem zweitrangigen Problem. Duplessis-Mornay sah in Heinrich IV. eine Persönlichkeit, die als einzige noch in der Lage sein konnte, eine religiöse Einheit der Franzosen zu schaffen. Das politische Konzept von Duplessis-Mornay sah ein irenisches, auf nationale Versöhnung abzielendes Programm des Monarchen im Inneren und die Bekämpfung der nationalen Feinde auf außenpolitischer Ebene vor. Diese von Mornay geprägten politischen und religiösen Vorstellungen waren auch für Bongars paradigmatisch. Ebenso wie Mornay hatte Bongars eine umfassende humanistische Bildung genossen, bevor er in den diplomatischen Dienst eintrat. Ebenso wie Mornay befürwortete Bongars die Befriedung Frankreichs als innenpolitisches und zugleich die Bekämpfung der nationalen Feinde als außenpolitisches Ziel. Die Korrespondenz Bongars’ mit Mornay spiegelt aller-

Mornays theologischen Schriften vgl. Laplanche: Évidence du Dieu Chrétien, hier bes. 16 f.; Lagrée: Raison ardente, über Duplessis-Mornay und seinen »Traité de la vérité de la religion chrétienne« (1581), der Heinrich von Navarra gewidmet war, ebda, 26–29.

113 dings vor allem die gemeinsamen gelehrten Interessen wider.11 Sie stammen nicht aus den 1590er Jahren, als die Konversion Heinrichs IV. zum Katholizismus in gewisser Weise den Bruch Duplessis-Mornays mit dem französischen König einleitete, sondern aus den Jahren danach, als sich Mornay mehr und mehr aus dem politischen Leben zurückgezogen hatte. Bongars’ Briefwechsel mit Duplessis-Mornay verdeutlicht allerdings erneut, welche wichtige Funktion der französische Gesandte für die Informationsbeschaffung aus dem Reich und den angrenzenden Mächten besaß. In diesen Briefen versorgte Bongars den protestantischen Adeligen mit Nachrichten und politischen Memoranden, die neben seinen Beobachtungen aus den protestantischen Territorien auch die kaiserliche Politik in Prag zum Inhalt hatten.12 Auch Bongars’ Trennung der »maison d’Autriche« und den »Allemands« findet sich hier wieder.13 Daneben schien Bongars für Duplessis-Mornay ein wichtiger Verbindungsmann zu den Gelehrtenkreisen des Reichs gewesen zu sein. In dieser Funktion berichtete er über Mitglieder der respublica litteraria und deren Projekte, wie z.B. über Hermann Grynäus oder stellte den Kontakt für Duplessis-Mornay zu dem mährischen Gelehrtenkreis in Breslau her.14 Mornay verkörpert den Typus des protestantischen Adeligen, der zwar in seinen gelehrten Interessen aufging, sich aber durch die Umstände der Zeit dazu berufen fühlte, sich für das Gemeinwesen zu engagieren. Letztendlich desillusioniert zog er sich aber aus dem aktiven politischen Leben zurück. In gewisser Weise ist dies auch für die Vita Bongars’ zutreffend.

11

12

13

14

In der SUBH befinden sich 20 Briefe aus der Korrespondenz zwischen Bongars und Mornay. Die Briefe wurden um die Jahrhundertwende und im ersten Dezennium des 17. Jahrhunderts geschrieben, datieren also aus einer Zeit, als sich Duplessis-Mornay bereits von der Politik zurückgezogen hatte. In französischen Archiven gibt es dazu sicherlich noch weiteres Quellenmaterial, das über den Kontakt zwischen Duplessis-Mornay und Bongars Aufschluss liefern könnte. Duplessis-Mornay bedankt sich bei Bongars für die Informationen aus Prag. Vgl. Duplessis-Mornay an Bongars, 14. Januar 1601, SUBH, sup. ep. 31, fol. 8 und ders. an dens., 19. Januar 1601, ebda, fol. 12. Duplessis-Mornay an Bongars, 30. Mai 1611, ebda, sup. ep. 29, fol. 63: »Depuis vous avoit ecrit du 13e de ce mois Mr de la Tuillerie m’a envoyé une lettre de l’Ambassadeur d’Espagne a Leopold et dautres advis ecrits de votre main dont je subdelegue de sa part a l’assemblée des Ecclesiastiques a Wurtzbourg et que a Mullhausen l’on doit tenir ce mois qui vient un Churtag. A quoy la maison d’Autriche reduit unsensiblement ces Allemans, sans qu’ils puissent se depescher de cette servitude ou pour le moins la colorer honestement. Nous aussi de memes costé dormons ce qui est de dehors avec telle profondité de nonchallance de nous meritons bien de poster quelque chose les pierres de notre mepris. Le cour est retournée a Fontainebleau, pour iouir du plaisir plus librement et avec moins d’importunité.« Mornay an Bongars, 17. Mai 1602, ebda, sup. ep. 31, fol. 151 und ders. an dens., o. D., ebda, sup. ep. 30, fol. 242. Bongars vermittelte Duplessis-Mornay den Kontakt zu Monau und Rhediger. Vgl. dazu ausführlich Kap. 10.

114 5.1.2 Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik am französischen Hof Die Affinität Heinrichs IV. zur Gelehrtenrepublik wird auch durch sein Bemühen deutlich, berühmte Vertreter an den französischen Hof zu ziehen. Dabei nutzte er Bongars’ Kontakte, etwa bei seinem Bemühen, Justus Lipsius für eine Professur nach Paris zu werben.15 Der niederländische Gelehrte war durch sein Werk De Constantia zu einer der Berühmtheiten der internationalen Gelehrtengemeinschaft geworden. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Universität in Löwen verkehrte Lipsius mit führenden niederländischen Politikern und enthielt sich auch nicht politischer Meinungsäußerungen. 1594 ließ Heinrich IV. über Bongars bei Lipsius anfragen, ob der niederländische Gelehrte nicht eine Professur in Paris übernehmen wollte. Bongars formulierte in seinem Schreiben an Lipsius ein konkretes Gehaltsangebot und schilderte die glühende Verehrung Heinrichs IV. für Lipsius. Schließlich bat er Lipsius, das Angebot anzunehmen, um sowohl Frankreich als auch der Gelehrtenrepublik einen Gefallen zu tun: »Faites de bien à nostre France et aux lettres«.16 Der niederländische Gelehrte lehnte das Angebot zwar ab, doch gab es in späteren Jahren immer wieder Berührungspunkte mit dem König. Der königliche Leibarzt und Paracelsist, Jean Ribit de la Rivière, behandelte auch Justus Lipsius.17 Das Ansehen, das Lipsius bei Heinrich IV. weiterhin genoss, nutzten ihrerseits die Generalstaaten: Als sie sich ab 1599 in Paris gesandtschaftlich vertreten ließen, wählten sie mit François van Aerssen einen Freund von Lipsius. Van Aerssen wurde in seiner Funktion als Gesandter zu einem engen Vertrauten Heinrichs IV.18 Zu den Intellektuellen, die Heinrich IV. nach Paris holte, gehörte der reformierte Isaac Casaubon (1559–1614), eine der zentralen Figuren der internationalen Gelehrtenrepublik.19 Heinrich IV. berief ihn im Jahre 1600 an seinen Hof

15 16

17 18 19

Vgl. Kap. 1 zu den Verbindungen, die Bongars bereits seit seiner Jugend mit Lipsius pflegte. Bongars an Lipsius, 12. Oktober 1594. In: Burman: Sylloges epistolarum, Bd. I, ep. 49, 51f., hier 52: »Sa Majesté m’a recommandé de vous en escrire, et d’aprendre de vous mesmes vostre volonté. Il vous offre telle profession à Paris, que bon vous semblera: et six cents escus de gages, avec moyens de faire le voyage. [...] J’ay ouy le Roy parler et discourir de vous, avec tel feu, qu’il estoit aysé à juger, qu’il brusloit au dedans d’un desir, de vous voir et honorer. Monsieur donnez ce contentement à ce Prince: Faites ce bien à nostre France, et aux lettres, et m’obligez particulierement de cest honneur«. Hinrichs: Fürstenlehre, 331. Zur Vita de la Rivières und seinen Kontakten zu Bongars vgl. unten, Kap. 8. Vgl. Nouillac (Hrsg.): Envoyé hollandais, insbes. die Einleitung. Zu Casaubon vgl. die ausführliche Darstellung von Pattison: Isaac Casaubon, und Grafton: Protestant versus Prophet. Casaubon wurde in Genf geboren, wohin seine Familie wegen ihres reformierten Glaubens geflüchtet war. Er studierte Jura, Theologie und orientalische Sprachen und nahm 1582 eine Professur für Griechisch und Literatur in Genf an. Von 1596 bis 1599 lehrte er an der Universität in Montpellier. Seine mit der reformierten Kirche nicht immer übereinstimmenden Ansichten machten ihn im eigenen Lager verdächtig. Schließlich konvertierte Casaubon. Nach dem Tode Heinrichs IV. übersiedelte er nach

115 und ernannte ihn zum königlichen Bibliothekar.20 Auch bei dieser Berufung scheint Bongars, zumindest indirekt, mitgewirkt zu haben. Er hatte Casaubon, zusammen mit seinem ehemaligen Vorgesetzten de Fresnes und dem Parlamentspräsidenten und Historiker de Thou, schon früher in Genf persönlich kennengelernt, und die Berufung Casaubons nach Paris schien besonders auf ihre Initiative zurückgegangen zu sein.21 Die erhaltenen Briefe Casaubons an Bongars sind ausschließlich unpolitischen Inhalts und handeln von eigenen oder den Editionsprojekten anderer. Casaubon und Bongars verband seit dieser Zeit ein enger fachlicher Austausch. Der Genfer Gelehrte schätze Bongars wegen seiner philologischen Kenntnisse und bat ihn um Gefälligkeitsdienste, wie z.B. einer Korrekturdurchsicht seiner Ausgabe Suetons.22 Bongars vermittelte Casaubon dafür ebenfalls eine Reihe von Handschriften und Ausgaben antiker Schriftsteller.23 Casaubon hob Bongars’ Zuverlässigkeit bei der Beschaffung der gewünschten Materialien in verschiedenen Briefen lobend hervor.24 Die »amicitia« als verbindendes Element der internationalen respublica litteraria wurde von Casaubon auch in seinen Briefen an Bongars immer wieder beschworen.25 Hier zeigen sich auch ansatzweise die Züge eines regelrecht europaumspannenden Netzwerkes Bongars’. Casaubon korrespondierte mit zahlreichen Gelehrten im Reich, die auch zum Korrespondentenkreis Bongars’ gehörten.26 Zu ihnen zählten Marquard Freher, Scipio Gentili, Melchior Goldast, Janus Gruter, Johannes Kirchmann, Georg Michael Lingelsheim, Conrad Rittershausen, Joseph Scaliger, Tobias Scultetus und Wilhelm Stucki. Die Synergieeffekte dieser »verzahnten« Kommunikation ermöglichten eine reibungslose Zusammenarbeit bei Editionsprojekten und Informationen aus den Gelehrtenkreisen auch über weite räumliche Distanzen hinweg.

20 21 22

23 24 25

26

England, wo er von dem englischen Gesandten Wotton finanziell unterstützt wurde. Zu Wotton vgl. Kap. 10. Nisard: Triumvirat littéraire. Pattison: Casaubon, Bd. 2, 59–63. Causaubon an Bongars, 29. August 1595. In: Casauboni ep., 32: »[...] si amicum vere te mihi, quod fuisti semper, vis praestare, culpas meas in hic opere qualicunque mihi deteges, apud alios excusabis.« Casaubon an Bongars, o. D., ebda, 39. Casaubon an Bongars, 15. Dezember 1594, ebda, 21: »Tuum est, quod sepe expertus scio, postquam aliquid promisisti, id quasi debiti loco ducere et statim fidem solvere.« Casaubon an Bongars, 8. April 1597, ebda, 149: »[...] ut animum meum atque amicitiam tibi probem. Est enim verae amicitia«. Einer dieser Freundschaftsdienste Bongars’ für Casaubon war die Übermittlung von Informationen aus dem Frankfurter Wechel-Verlag. Casaubon an Bongars, August 1596; ebda, 85: »Grata mihi quae de Polybiana editione a Vechelis suscepta narras«. Casauboni epistolae, erstmals erschienen in Den Haag 1638.

116

5.2

Der »Außenminister« Villeroy und seine Gesandten

Vorgesetzter Bongars’ und Ansprechpartner in allen diplomatischen Fragen war der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Nicolas de Neufville, Seigneur de Villeroy (1542–1617).27 An ihn schickte Bongars seine ausführlichen Berichte aus dem Reich. Die Ernennung des ehemaligen Ligisten Villeroy zu seinem wichtigsten Außenpolitiker demonstriert den pragmatischen Besetzungsstil Heinrichs IV., der beruflichen Kompetenzen den Vorrang vor konfessioneller Zugehörigkeit gab. Villeroy hatte durch die Heirat mit einer Tochter Claude de l’Aubespines bereits früh die wichtigen sozialen Voraussetzungen für eine Karriere im Dienste des Hauses Valois geschaffen. Als Mitglied des geheimen Rates war er bei vielen Entscheidungen während der Religionskriege beteiligt gewesen und hatte schon 1576, nach Verhandlungen mit der Ligue und dem Hause Guise, dem französischen König zum Beitritt zur Ligue geraten. Heinrich von Navarra hatte die Verhandlungsfähigkeit Villeroys bereits 1589 kennengelernt, als Villeroy noch Parteigänger des Herzogs von Mayenne war. Anfang 1594 söhnte sich Heinrich IV. mit Villeroy aus und holte den Katholiken gegen den Willen der Reformierten in seinen Rat als Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten. Es war vor allem Villeroy, der mit Erfolg die Absolution Heinrichs IV. bei Clemens VIII. durchsetzte und den Friedensschluss von Vervins verhandelte. Er verfolgte dabei das Ziel, die Beziehungen Frankreichs zu Spanien zu normalisieren. Im Gegensatz zu Reformierten wie Bongars wollte er die französischen Verbündeten im Ausland nicht zu unrealistischen Hoffnungen ob der französischen Unterstützung ermutigen. Wie Bongars’ Verärgerung über die abwartende Haltung Villeroys im Vorfeld der Jülich-Kleveschen Erbfolgekrise zeigte (Kap. 3), war der Gesandte mit dem politischen Vorgehen des Katholiken Villeroy nicht immer einverstanden. Dennoch erkannte Bongars die Kompetenzen des erfahrenen Außenpolitikers an und konnte in seinen Analysen an Villeroy durchaus konfessionelle von politischen Motiven unterscheiden.28 Von Villeroy erhielt Bongars das Gros seiner diplomatischen Anweisungen. Mit ihm besprach der französische Gesandte auch die logistischen Fragen des diplomatischen Dienstes, wie Bezahlung seiner Tätigkeit, Schwierigkeiten bei Verhandlungen usw.29 Villeroy war der Hauptadressat von Bongars’ politischer Berichterstattung. Detaillierte Nachrichten aus dem Reich, dem Vorgehen der Reichsstände, aber auch die Bewegungen der Spanier im Westfälischen Reichskreis wurden so nach

27

28 29

Zur Biographie vgl. NBG 46, 210–212; zur politischen Tätigkeit vgl. Dickermann: Bellièvre and Villeroy. Bongars hatte innerhalb des Conseil d’État noch zu anderen Mitgliedern Kontakt, wie z. B. zu dem Politiker und Staatsrat Méric de Vic; zur Vita vgl. Zedler, Bd. 48, 805. Bongars an Villeroy, 27. September 1611, B. N., FR 15580, fol. 171. Bongars an Villeroy, 17. Juni 1602, ebda, FR 15577, fol. 181.

117 Paris übermittelt.30 Durch sein Netzwerk hatte Bongars Zugriff auf Nachrichten aus ganz Europa, wobei er besonders ausführlich aus dem Norden und Osten des Reichs sowie über die an die Ostgrenze des Reichs angrenzenden Mächte berichtete.31 Nachrichten wie z.B. Bewegungen an der ungarisch-osmanischen Front, die Garnisonen oder Verwüstungen durch die Türken waren ein Dauerthema der Berichterstattung des französischen Diplomaten.32 Ständig Thema wurde auch über ausländische Gesandte in Deutschland berichet.33 Die Informationen Bongars’ kamen über Nachrichtenknotenpunkte, so z.B. wurden Informationen aus Polen über die Hansestadt Danzig geleitet, andere Informationen kamen aus Straßburg oder Dresden, was gelegentlicht in den Briefen erwähnt wird. Die Nachrichten aus Prag wurden von dem ständigen Gesandten Frankreichs in Prag, Guillaume d’Ancel, nicht über Bongars, sondern direkt an Villeroy gesandt.34 Über die Herkunft seiner Informationen verrät Bongars in seinen Briefen nichts, außer, dass er Nachrichten »par les lettres de mes amys« erfahren habe.35 Villeroy muss darüber hinaus Zugang zu weiteren Informationsquellen aus dem Reichsgebiet gehabt haben, denn er konfrontierte Bongars mit diesen Nachrichten oder holte seine Meinung dazu ein. Auch nachdem Bongars sich offiziell in den Ruhestand zurückgezogen hatte, blieb er für Villeroy Informant und Kontaktperson im Reich – »obligé de vous dire ce que j’apprends de mes lettres d’Allemagne«.36 Aus einem Bericht über die europäischen Ereignisse, den Bongars im Juli 1611 an Villeroy schrieb, geht hervor, dass Bongars auch nach seinem Rückzug aus dem diplomatischen Dienst mit den französischen Gesandten im Reich, Ancel und Baugy, in Verbindung stand und seine Informationensquellen weiterhin der außenpolitischen Schaltstelle in Paris zugänglich machte.37 Bongars stand mit dem Villeroy unterstehenden außenpolitischen Apparat, den ständigen Gesandten, in einem permanenten Austausch. So z.B. mit François de Savary (1566?–1642), Sieur de Brèves, dem ständigen Gesandten an der Pforte bis 1605 und von 1609 bis 1611 in Rom.38 Er war einer der begabtesten und erfolgreichsten Gesandten der französischen Diplomatie und besaß Ansehen in der Gelehrtenwelt. Als er von seinem Gesandtschaftsposten in Konstantino-

30 31 32 33 34 35 36 37

38

Bongars an Villeroy (Entwurf), Anfang 1599, ebda, FR 7128, fol. 20. Bongars an Villeroy, 29. Juli 1611, ebda, FR 15578, fol. 144. Diverse Schreiben Bongars’ an Villeroy aus dem Jahre 1605, ebda, FR 7128, fol. 234– 248. Bongars an Villeroy (Entwurf), 24. Januar 1599, ebda, fol. 21. Bongars an Villeroy, 15. Juli 1609, ebda, FR 15579, fol. 104: »Monsieur vous estes informé de ce qui se passe a Prague beaucoup mieux que nous.« Bongars an Villeroy, 8. Februar 1602, ebda, FR 15577, fol. 91. Bongars an Villeroy, 4. Juni 1611, ebda, FR 15580, fol. 130. Bongars an Villeroy, 4. Juni 1611, ebda, fol. 131: »Monsieur, escrivant cecy je recois des lettres plus recentes, escrites à Francfort sur le Main et à Francfort sur l’Oder, a Hanau et a Strasbourg«. BU 5, 525.

118 pel 1605 nach Frankreich zurückkehrte, brachte er eine ganze Bibliothek mit Türkischen und Persischen Büchern und Handschriften mit.39 Zudem war de Brèves mit einer Nichte von de Thou verheiratet. Während seiner diplomatischen Tätigkeit in Rom setzte er sich für die Freigabe der Historia sui temporis de Thous ein, als diese auf den Index gesetzt war.40 Bongars korrespondierte weiter mit Guillaume d’Ancel, den französischen Gesandten in Prag41, und in England, Antoine de la Boderie (1555–1615) 42, sowie den Gesandten Antoine de Lomenie (1560–1638) 43 und Melchior Insula (1580–1644) 44. Auch mit dem französischen Gesandten im Haag, Paul Choart, Seigneur de Buzanval (1550–1607) pflegte Bongars einen regelmäßigen Briefwechsel.45 Buzanval gehörte auch der Fraktion der »gelehrten Diplomaten« Heinrichs IV. Er korresponierte u.a. mit Duplessis-Mornay, Casaubon und Scaliger. Die Korrespondenzen Bongars’ allein mit seinem König und Villeroy ließen nicht darauf schließen, welche herausragende Position Bongars in den Kreisen der internationalen Gelehrtenrepublik innehatte und welche Funktion diesen Kontakte für seine Arbeit als Gesandter und politischer Berichterstatter zukam. Die typischen Inhalte von humanistischen Briefen, wie der Austausch von Manuskripten und Büchern, Editionsprojekte und gelehrte Diskurse, sind in dem Briefwechsel zwischen Bongars und Heinrich IV. sowie Villeroy nicht zu finden. An verschiedenen Stellen betonte Bongars auch die Gegensätzlichkeit zwischen der Gemeinschaft der Gelehrten und den Hofkreisen. In einem Brief schrieb er an Lingelsheim, dass er das Leben bei Hofe verabscheue und sich nur seinen Büchern und seinen gelehrten Interessen widmen wolle.46 Gerade diese Themen aber sind vorherrschend in Bongars’ Korrespondenzen mit den Personen aus dem Kreis der Pariser Parlamentsjuristen.

5.3

Der Kreis der Parlamentsjuristen

Ein enges Zusammenspiel von Gelehrtenwelt und Politik bestand in dem Kreis der Pariser Parlamentsjuristen. Bekanntermaßen wurde der moderne Staat, wie er erstmals in Frankreich entstanden ist, vor allem aus den Erfahrungen des

39 40 41 42 43 44 45 46

Jensen: Ottoman Turks, 468. Vgl. dazu Soman: De Thou and the Index, 19. Vgl. dazu ausfühlich Kap. 10. Vgl. zu Boderie BU 23, 592. Vgl. auch die Briefe in der fünfbändigen Sammlung Le Fèvre de la Boderie: Ambassades. Vgl. BU 25, 56. Vgl. Matr. Basel 2, 414. Vgl. dazu ausfühlich Kap. 9. Bongars an Lingelsheim, 19. Januar 1604. In: Ling. ep., 62 sowie Ed. 1695, 99 (BERN, cod. B 149, Nr. 200): »Pleut a Dieu que je fusse libre et en repos pour n’avoir plus que cette unique occupation, je n’envierois point alors n’y les richesses de Mr. de Rosny, n’y les montagnes d’or des Perses.«

119 Bürgerkrieges heraus gedacht. Das gewichtigste Element in der treibenden Kraft der sogenannten »politiques« bildeten dabei die Juristen.47 Ihre Gemeinsamkeit bestand darin, dass sie mit wenigen Ausnahmen Katholiken waren und die Fortsetzung der bewaffneten Auseinandersetzungen für untragbar hielten. Sie verlangten Freiheit für die neue Religion, weil sie erkannt hatten, dass die Ausrottung der »hérétiques« zugleich den Ruin Frankreichs bedeuten würde. Gegenüber einem konfessionellen Rigorismus kam es ihnen zuallererst auf die Erhaltung der staatlichen Einheit an. Diese Juristen waren vor allem Mitglieder des Pariser Parlaments sowie Pariser Advokaten.48 Vorherrschend waren in dieser Juristenschicht bereits arrivierte Mitglieder der »noblesse de robe« und Beamte, die hohe Ämter in der Magistrature bekleideten. Sie waren fast alle miteinander befreundet, oft verwandt und verschwägert. Der Lebensstil dieser Angehörigen der Magistrature unterschied sich sehr deutlich von dem prunkvollen höfischen Leben ihrer Zeit. Viele Juristen gaben große Summen für Bücher und wertvolle alte Manuskripte aus.49 Dieses in engem Bezug zum Königtum stehende Beamtentum spielte sowohl für das gelehrte Leben Frankreichs und Paris am Ende des 16. Jahrhunderts als auch für die politische Entwicklung des Landes eine große Rolle.50 Der Einfluss dieser Juristenkreise auf außenpolitische Entscheidungen zur Zeit Heinrichs IV. ist jedoch nicht leicht zu beurteilen, da die Entscheidungsfindung im Conseil des Affaires nur noch schwer nachvollziehbar ist. Der autokratische Führungsstil Heinrichs IV. lässt jedoch vermuten, dass der Einfluss dieser Gelehrtenkreise auf die politischen Entscheidungen des französischen Königs als sehr begrenzt einzustufen ist. Bongars’ Verbindung zu diesen Kreisen bildet gleichsam die Basis seines gelehrten Netzwerkes. Mit den wichtigsten Personen wurde er wahrscheinlich schon während seines Studiums in Bourges bekannt. Alle seine später im Reich geknüpften philologischen, historischen oder naturwissenschaftlich oder geheimwissenschaftlichen Kontakte bauen im Grunde auf diesem Pariser Intellektuellenkreis auf oder rekurrieren auf ihn. 5.3.1 Jacques-Auguste de Thou Der späthumanistische Zirkel um Jacques-Auguste de Thou (1553–1617) wird als der bedeutendste und einflussreichste im Europa Heinrichs IV. gesehen.51

47

48 49 50 51

Schnur: Französische Juristen, 15. Schnur geht der Frage nach, welche Position die französischen Juristen im Bürgerkrieg einnahmen und welche politischen Entwicklungen sich daraus ergaben. Zum Pariser Parlament vgl. Zeller: Institutions de la monarchie; Shennan: Parliament of Paris, sowie Mousnier: Institutions de la France. Schnur: Französische Juristen, 27. Bouwsma: Lawyers, 308. Garber: Paris, 71. De Thou und sein Werk bilden den Kristallisationspunkt für die Aktivitäten und Ziele des erst eine Generation später unter Richelieu sich formierenden Gelehr-

120 Schon dem Vater von Jacques-Auguste de Thou, Christofle de Thou, gelang der Aufstieg zum ersten Präsidenten des Pariser Parlaments. Zugleich pflegte er den Kontakt zu Humanisten, wie zu den Dichtern der Pléiade, den Dichterjuristen im Kreis um Jean Morel. Sein Sohn Jacques-Auguste durchlief in den ersten Jahrzehnten seines Lebens den für seine Zeit typischen Bildungsgang. Er studierte bei Cujas in Valence und kam dadurch in Kontakt zu Juristen und Verfechtern der religiösen Toleranz. Auf seiner Bildungsreise lernte er in Rom den Bibliothekar Flavio Orsini und den Humanisten Muret kennen. Erfahrungen mit dem militanten Katholizismus trugen dazu bei, dass de Thou ein Verfechter der französischen Monarchie, des eigenständigen Wertes des französischen Katholizismus und der Idee der Toleranz gegenüber den divergierenden Konfessionen in dem einen Staat wurde. Nach seiner Rückkehr nach Paris 1575 begründete er seinen berühmten Freundeskreis, dem Juristen und Humanisten des Pariser Parlaments angehörten. De Thou gehörte wie seine Freunde, die Brüder Pithou und Claude Dupuy, 1581 zu der berühmten Chambre de Guyenne, der die Aufgabe oblag, das handlungsunfähige Parlament von Paris zu ersetzen und zwischen Katholiken und Hugenotten zu vermitteln. 1588 wurde de Thou schließlich »conseiller d’état«. Die Annäherung Heinrichs III. kurz vor dessen Tod an Heinrich von Navarra ging wesentlich auf den Einfluss de Thous und seines Kreises zurück. So wie er hier der antihugenottischen Propaganda entgegenwirkte, so befürwortete er umgekehrt vorbehaltslos den Konfessionswechsel Heinrichs IV., wenn damit nur der Sache des Staates und der französischen Nation gedient war.52 Unter der Regierung Heinrichs IV. trat de Thou jedoch nicht durch federführende politische Aktivitäten hervor, wie stattdessen Duplessis-Mornay und Sully. Mehr seinen gelehrten humanistischen Arbeiten und seiner beruflichen Tätigkeit als Parlamentspräsident zugeneigt, zögerte er mehrfach, die ihm übertragenen politischen Sonderaufträge zu übernehmen. Die wichtigsten dieser Missionen, die de Thou seit 1595 für den französischen Königs übernahm, führten ihn zu Verhandlungen mit dem Herzog von Mercœur und 1596 mit den Protestanten. Obwohl der Name de Thous an entscheidenden Punkten der Politik Heinrichs IV. erscheint, war er vielmehr Repräsentant einer geistig-politischen Atmosphäre, in der die Politik Heinrichs IV. ihr theoretisches Fundament erhielt.53 De Thou wurde nicht als Politiker, sondern als Historiker und Verfasser der Historia sui temporis bekannt.54 Die Entstehung dieses Geschichtswerkes, in dem de Thou einen Zeitraum von Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Jahre

52 53 54

ten- und Politikerkreises, das »Cabinet Dupuy«. Eine Biographie über de Thou ist noch immer ein Forschungsdesiderat. Zu den biographischen Eckdaten vgl. BU 41, 436–442. Die ältere Literatur bei Schnur: Französische Juristen, 29, Anm. 14. Garber: Paris, 74. Hinrichs: Fürstenlehre, 150. De Thou: Historia.

121 1607 darstellte, war ein späthumanistisches Gemeinschaftsprojekt, das aus der Zusammenarbeit der europäischen Gelehrten hervorging. De Thou korrespondierte deswegen mit Gelehrten aus ganz Europa, um Informationen für sein historisches Werk einzuholen.55 Er stand in engem Kontakt mit den Bibliothekaren auswärtiger Höfe, wie z.B. mit Janus Gruter, dem Biblothekar der Palatina, und dem Wiener Hofbibliothekar Sebastian Tengnagel.56 In der Einleitung der Historia beschreibt de Thou die politische Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Sein einziges Interesse galt dabei den gelungenen und misslungenen Versuchen, die religiöse Frage zu lösen sowie der geistigen Haltung, die nach seiner Ansicht zu dieser Lösung notwendig war und in der Politik Heinrichs IV. schließlich wirksam wurde: der Trennung der religiösen von der politischen Sphäre.57 Besonders interessant ist bei der Historia die Historiographie ihrer diversen Publikationen, da sie die Reaktionen der Gelehrtenwelt auf die sich ändernden politischen Umstände widerspiegelt.58 An der Edition und der Verbreitung der Historia war auch Bongars beteiligt. Der erste Teil von de Thous Geschichtswerk wurde im Dezember 1603 in Paris publiziert, eine verbesserte Ausgabe der Historia erschien 1604.59 Bongars hatte dem kurpfälzischen Rat Georg Michael Lingelsheim sofort nach Erscheinen der Historia in Paris eine Ausgabe nach Heidelberg mitgebracht.60 Er selbst war begeistert von diesem Werk und schrieb de Thou, dass er sich über Geschichtswerke wie dieses freue, da es ohne Rücksicht auf weltliche und geistliche Mächte der geschichtlichen Wahrheit auf den Grund zu kommen suche.61 Offensichtlich wollte de Thou auch Lingelsheims Meinung über sein Werk einholen, denn zwei Monate später berichtete Lingelsheim Bongars über das Werk.62 Im Auftrag de Thous schickte Bongars auch einige Exemplare des Geschichtswerkes an verschiedene Personen und Händler in Augsburg und Venedig. 1605 autorisierte de Thou Lingelsheim, den noch ungedruckten Teil zu kopieren. Da die Historia laufend verbessert wurde – 1606 sollte in Paris eine erweiterte und verbesserte Ausgabe erscheinen – bemühte sich Bongars auf der

55 56 57 58 59 60

61 62

Dies ist zu erkennen am Bestand der B. N., Coll. Dupuy 706: »Iac. Aug. Thuani Epistolae. Lettres françoises de Monsieur de Thou«. Tengnagel an de Thou, o. D., B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 268. Hinrichs: Fürstenlehre, 152. Vgl. dazu ausführlich Kinser: Works. Bongars an de Thou, 25. September 1604, B. N., Coll. Dupuy 830, fol. 115. Lingelsheim an de Thou, Heidelberg, 5. Oktober 1604, B. N., Coll. Dupuy 632, fol. 66: »Accepi munus tuum, Illustris et amplissime Domine, procurante amplissimo Domino Bongarsio, munus ipsum per se gratum et optabile.« De Thou an Lingelsheim, o. D., ebda, fol. 71: »Munus nostrum tibi gratum fuisse cum per literas tuas a D. Bongarsio mihi redditas cognovi.« Bongars an de Thou, 19. Juli 1604, B. N., FR 7128, Nr. 281. Lingelsheim an Bongars, 11. Dezember 1604, BERN, cod. 141, Nr. 76: »Thuani historia editionem alteram cum prima contuli, reperio redo iudicio sublata quaedam, et maxime memoranda quaedam et digna scira inferta.«

122 Frankfurter Messe, die von de Thou gewünschte Literatur, eine Geschichte des Reichs, beizubringen. Vielleicht ergab sich auf der Frankfurter Buchmesse die Frage eines Händlers, ob de Thou einer Übersetzung der Historia ins Deutsche zustimmen würde, denn Bongars leitete diese Frage nach Paris weiter.63 Mit Lingelsheim, dem Verbindungsmann Bongars’ am kurpfälzischen Hof, wurde der Druck einer Ausgabe der Historia im Reich angedacht. Die Ausgabe sollte 1608 in Frankfurt erscheinen.64 Melchior Goldast wollte diese Ausgabe seinerseits zusammen mit Quirinus Reuter in Heidelberg herausgeben. Goldast hatte vom Pfälzer Kurfürsten Friedrich IV. das Privileg dafür erhalten, de Thous Historia in jeder beliebigen Stadt der Pfalz zu veröffentlichen. Lingelsheim fehlte jedoch bei der Hofratssitzung, als dieses Privileg erteilt wurde. Als Lingelsheim von Goldasts Plänen erfuhr, ließ er mitteilen, dass de Thou nur mit einer Ausgabe einverstanden wäre, die er, Lingelsheim, mitbetreue.65 Auch die von Reuter verfassten Anmerkungen akzeptiere de Thou nicht.66 Lingelsheim erreichte so, dass er bei der Goldast-Ausgabe mitarbeitete und selbst auch auf die Textfassung der Historia Einfluss nehmen konnte.67 Dennoch kam es wohl zu Streitigkeiten zwischen Goldast und Lingelsheim, denn der kurpfälzische Oberrat versuchte die Goldast-Ausgabe in letzter Minute zurückzuziehen, doch war dies aus verlagstechnischen Gründen nicht mehr möglich, wie er an Bongars schrieb.68 Die Ausgabe von Goldast erschien 1608, bereits am 9. November 1609 wurde das Buch von der päpstlichen Behörde auf den Index gesetzt.69 Nach dem Tod Bongars’ bestand der Kontakt de Thous zu Lingelsheim weiter, der ihn auch über den Verbleib von Bongars’ Bibliothek informierte. So wusste de Thou, dass Lingelsheim die hinterlassene Bibliothek bis zur Volljährigkeit von Jakob Gravisset verwahrte.70 Ein aktives Eingreifen Lingelsheims zur Ver-

63 64 65

66 67 68

69 70

Bongars an de Thou, 3. Oktober 1604, B. N., Coll. Dupuy 830, fol. 115. De Thou, Historia. Lingelsheim an de Thou, 16. August 1609, B. N., Coll. Dupuy 838, fol. 236: »nam supra innumera tua benefacta etiam nuper exactissimi operis tui ultimam editionem liberaliter in me contulisti, quam ego inter libros meos [...] quoddam, et sacrimum habeo, et praeterea accessionis etiam maximam partem nondum publicatam per Bongarsium, summum meum habere me voluisti, ut me inter primos beates [...] Iam occasionem hanc accipui qua ab Electore meo serenissimo ad vos mittitur Hippolitus a Collibus, Consiliarius et Praeses apud nos, vir dignus notitia tua, et tuarum virtutum admirator.« Kinser: Works, 46. Goldast veränderte die Anmerkungen, so dass de Thou in den Verdacht der Ketzerei hätte fallen können. Lingelsheim an de Thou, 4. Juli 1608, B. N., Coll. Dupuy 838, fol. 235. Lingelsheim an Bongars, 18. Dezember 1608, BERN, cod. 141, Nr. 59: »Goldastus mihi respondet, non posse retractari Thuania historia editionem: marginalia se addidisse precio conductum a typographis, egestare eo adactum.« Soman: De Thou and the Index, 20. Lingelsheim an de Thou, 25. Mai 1614, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 242: »Neque dum licint Bongarsii summi et viri et amici Bibliothecam inspicere, nedum tu catalogus fieri potuerit. Faxo habeo manuscriptorum, nam intra mensem spero Argentoratum proficisci, ubi libri a Gravisseto, cum ii legati asservantur.«

123 öffentlichung der gesamten Historia de Thous fand erst Jahre später statt, als Lingelsheim sich um eine neue Auflage der Historia bemühte, die aufgrund ihrer kritischen antikaiserlichen und antipäpstlichen Passagen unter Maria von Medici in Frankreich nicht mehr so leicht zu veröffentlichen war. Pierre Dupuy und Nicolas Rigault versuchten daher, eine Ausgabe über Lingelsheim im Reich zu veröffentlichen. Letztendlich wählte Lingelsheim jedoch das calvinistische Genf als Erscheinungsort.71 Besonders protestantische Reichsstädte wie Nürnberg waren an der Historia interessiert. So korrespondierte de Thou darüber mit Gelehrten der Reichsstädte wie dem Stadtadvokaten von Nürnberg, Georg Rehm. Dieser bat de Thou, im Namen der Mitglieder des Senates und anderer gelehrter Männer, die Bände 66–90 der Historia drucken zu lassen.72 Die Korrespondenzen Bongars’ mit de Thou beinhalten die üblichen Dienstleistungen der späthumanistischen Kreise wie Organisation von Büchern auf den Messen oder Berichte über Neuerscheinungen.73 Dennoch wäre es falsch, den Kontakt Bongars’ zu de Thou auf eine rein späthumanistisch-gelehrte Ebene zu reduzieren. De Thou war immer an den neusten Informationen aus dem Reich, den habsburgischen Erbländern und den politischen Entwicklungen an der Grenze zum osmanischen Reich interessiert. Neben Bongars besaß de Thou im Reich einen großen Korrespondentenkreis, der ihn mit politischen Informationen sowie Nachrichten aus der Gelehrtenrepublik versorgte. Zu seinen Korrespondenzpartnern im Reich gehörten neben den bereits genannten Pfälzern Janus Gruter und Georg Michael Lingelsheim, Heinrich Scultetus, der Altdorfer Professor Conrad Rittershausen, der Hamburger Jurist und Philologe Friedrich Lindenbrog und der Augsburger Bürgermeister und Gelehrte Marcus Welser.74 Bongars übernahm für diese Personen gelegentlich den Transport der Post nach Paris, indem er ihre Briefe mit seiner diplomatischen Korrespondenz nach Paris schickte. Auch leitete er an ihn selbst gerichtete Briefe, wenn sie wichtige Informationen enthielten, weiter an de Thou, um ihn auf dem neuesten Stand der politischen Entwicklungen zu halten, wie z.B. über den für 1606 angekündigten

71

72 73 74

Lingelsheim hatte de Thou wiederholt dazu gedrängt, die vollständige »Historia« zu veröffentlichen. Wahrscheinlich stammte die Entscheidung von Dupuy und Rigault, de Thous Manuskripte Lingelsheim anzuvertrauen, von de Thou selbst, der 1606 dazu geraten hatte. In diesem Jahr hatte de Thou Lingelsheim gefragt, ob er nicht einen Agenten nach Paris schicken möge, um die noch ungedruckten Bücher der »Historia« zu kopieren und sie nach Deutschland zu bringen – nicht, um sie zu veröffentlichen, sondern damit seine Freunde sie lesen könnten. Es gibt keinen Beleg, dass Lingelsheim diesem Vorschlag nachkam. Doch ist es sehr unwahrscheinlich, dass er vor 1618 eine Kopie der gesamten »Historia« erhielt, wiewohl er dies in der Einleitung behauptete. Vgl. Kinser: Works, 27–30. Georg Rehm an de Thou, 28. März 1611, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 273. Bongars an de Thou, 9. September 1607, ebda, Coll. Dupuy 830, fol. 119. Zu Marcus Welser vgl. unten, Kap. 6.

124 Reichstag.75 Die politischen Äußerungen in den Korrespondenzen mit de Thou bleiben allerdings immer auf dem Niveau der Nachrichtenübermittlung. 5.3.2 Weitere gelehrte Juristen Neben Jacques-Auguste de Thou stand Bongars mit einer ganzen Reihe von Personen aus dem Kreis der Pariser Parlamentsjuristen in brieflichem Kontakt. So z.B. mit den Brüdern Pierre und François Pithou, die beide ebenfalls – damals noch reformierten Glaubens – bei Cujas studiert hatten.76 François Pithou (1539–1621) hatte sich nach Studium und Bildungsreise in Basel niedergelassen und eine Übersetzung Justinians herausgegeben. Später konvertierte er zum Katholizismus und wurde 1580 Parlamentsanwalt in Paris. Er nahm an den Konferenzen von Fontainebleau teil und wurde zum Generalstaatsanwalt ernannt. Als Gelehrter beschäftigte er sich mit antiken Autoren wie Petron, Ovid, Catull und Martial. Sein Bruder Pierre (1539–1596) war nach dem Studium bei Cujas auch für einige Zeit in Basel gewesen, wo er ein Werk über das Leben Friedrich Barbarossas und Otto von Freisings herausgab. 1570 kehrte er wieder nach Frankreich zurück und konvertierte unter dem Eindruck der Bartholomäusnacht zum Katholizismus. Trotzdem stand er weiterhin in engem Kontakt zu Beza, Casaubon und Scaliger. 1579 wurde Pithou von dem Generalstaatsanwalt zu einem seiner Vertreter ernannt und übte später unter Heinrich IV. das Amt des Oberstaatsanwaltes des Parlaments aus. Er verfasste zahlreiche Werke zu Zivilrecht, kanonischem Recht, Geschichte und Literatur. Die Korrespondenzen zwischen Bongars und den Brüdern Pithou sind, wie auch schon bei de Thou, thematisch zweigeteilt. Zum einen wurden Editionsprojekte besprochen, oder Literatur und Quellentexte organisiert, wie z.B. Bongars’ Aufträge zum Kauf von Büchern auf der Frankfurter Messe für seine Pariser Freunde. Dies war nicht immer möglich, wie Bongars 1594 verärgert feststellte, als er wegen der Verhandlungen mit den protestantischen Fürsten zu spät in Frankfurt eintraf und die Buchbestellungen seiner Freunde nicht mehr ausführen konnte.77 Im Frankfurter Wechel-Verlag waren im selben Jahr von Pierre Pithou die Annalium et historiae Francorum scriptores coaetanei erschienen, ein Editionsprojekt, das möglicherweise Bongars vermittelt hatte, da er die engsten Kontakte zu der französischstämmigen Verlegerfamilie pflegte.78 In einem Brief an Pierre Pithou rühmt Bongars den Wert einer historischen Arbeit, der Darstellung einer Geschichte der französischen Könige, nicht allein in philologischer Hinsicht, sondern auch und vor

75

76 77 78

Bongars an de Thou, 30. April 1606, B. N., Coll. Dupuy 830, fol. 118: »La fin de cest esté nous donnera une Diete Imperiale. Je ne scay si ce remede sera assez puissant pour les maux que agitent ce grand corps.« Zu den Biographien von Pierre und François Pithou vgl. BU 33, 420–424. Bongars an Pierre Pithou, 4. Dezember 1594, B. N., Coll. Dupuy 712, fol. 29. Vgl. das Werkverzeichnis bei Evans: Wechel Presses, 64. Pithou: Annalium et historiae Francorum scriptores.

125 allem »à servir vostre patrie et a honorer les belles lettres, principalement en ce temps où tant de personnes semblent avoir conspiré de les destruire par leur violence, et où tant d’autres se rendent complices de leurs desseins, ou demeurent comme de lâches spectateurs de ces desordres.«79 Auch hier leitet Bongars wieder einen direkten Nutzen der gelehrten Arbeiten für die politische Situation ab. Diese Korrespondenzpartner Bongars’ waren eben durchaus nicht von den aktuellen politischen Entwicklungen abgeschirmt, sondern sehr wohl an den Entwicklungen auch im Ausland interessiert. Dies zeigt sich auch daran, dass neben diesen Themen aus der Praxis der Gelehrten auch immer Nachrichten den Briefen beigefügt wurden. Pierre Pithou versorgte Bongars mit den neuesten politischen Informationen,80 im Gegenzug leitete Bongars seine Kenntnisse über die Entwicklungen im Reich nach Paris weiter.81 Zum Kreis um de Thou und die Brüder Pithou gehörte auch Théodore Godefroy (1580–1649), der Sohn von Denis Godefroy, mit dem Bongars ebenfalls korrespondierte.82 Seine Eltern waren während der französischen Bürgerkriege nach Genf geflohen, wo Théodore 1580 geboren wurde. Sein Taufpate wurde

79

80

81

82

Bongars an Pierre Pithou, 20. September 1597. In: Ed. 1695, 76: »Quand je considere tant de rares et d’excellens Auteurs que vous donnez tous les jours au public, il me semble que je puis dire avec vérité, que vostre Bibliotheque est comme une source de science et de lumiere où l’on puise toujours et qui n’épuise jamais. Il estoit bien juste, Monsieur, que ce tresor des belles lettres fût entre vos mains, puis que vous le rendez public, et que vous en faites par à tous les sçavans. C’est delà, Monsieur, que vous nous avez donné depuis peu les anciens Auteurs qui ont écrit l’Histoire de France sous le regne de Charlemagne, et sous celuy des Rois de France sortis de sa race. Nous reconnoissons encore que nous vous sommes redevables des Auteurs qui ont écrit l’Histoire de la troisième race de nos Rois, qui a gouverné autrefois tresheureusement cette Monarchie, et qui la soûtient aujourd’huy avec une magnanimité digne de ces anciens Heros. Cette troisième race possede la Couronne avec tout le droit qui se peut trouver dans l’acquisition des royaumes, et elle le possede depuis plus de six cens ans. Ce qui ne se trouvera peut-estre dans aucune race des autres Rois. Elle a acquis sa Couronne par sa vertu, et elle l’a conservée par sa douceur. C’est encore par cette douceur qui luy est si naturelle, que nostre grand Prince rétablit aujourd’huy cette Monarchie, lors qu’elle estoit si proche de sa ruine. Ce que je vous dis, Monsieur, non par un esprit de complaisance, mais par un témoignage sincere que mon zele rend à sa vertu. Continez donc, Monsieur, comme vous avez fait jusqu’à cette heure à servir vostre patrie et à honorer les belles lettres, principalement en ce temps où tant de personnes semblent avoir conspiré de les détruire par leur violence, et où tant d’autres se rendent complices de leurs desseins, ou demeurent comme de lâches spectateurs de ces desordres.« Pierre Pithou an Bongars, 20. Juli 1595, SUBH, sup. ep. 30, fol. 172 f.: »On tient que le Roy continue son voyage de Lyon. [...] Nous avons encore ouy aucunes nouvelles du voyage de ces Messieurs que vous avez vu en passant pour Rome, ny de la guerre de vostre costé [...] Quant aux particuliers, j’ai recue lettres de Monsieur Aubry avecq un memoire de ce qu’il ma envoyé.« Bongars an Pierre Pithou, 22. April 1600, B. N., Coll. Dupuy 348, fol. 23: »Monsieur. J’oublié dernierement a vous envoyer la response du memoire que j’ay recu de vous il y a un moys. Les brouillieries de la foire me le firent oublier.« Zur Vita von Théodore Godefroy vgl. Malettke: Deutschland, 198–201. Denis II. Godefroy hat nach Originalvorlagen die »Extraits des negotiations de Jacques Bongars« angefertigt

126 Theodor Beza. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Bourges wandte sich Godefroy den »studia humanitati« zu und konvertierte nach 1602 in Paris zum Katholizismus. Seit 1603 war Godefroy als Anwalt am Pariser Parlament tätig und übte diese Tätigkeit auch später am Grand Conseil aus. Durch den Kontakt mit de Thou wurde Godefroy in den Kreis der Pariser Gelehrten eingeführt und erlangte durch die Ehe mit der Tochter eines »conseiller secrétaire du roi« weiteren Zugang zur Pariser Magistratur. Mit seiner 1610 veröffentlichten wissenschaftlichen Abhandlung fand Godefroy Eingang in die Gelehrtenrepublik.83 In einem Ende 1610 verfassten Brief Godefroys an Bongars werden Themen der Gelehrtenwelt sowie politische Entwicklungen thematisiert. Godefroy versorgte Bongars mit Interna des Hoflebens und bedankte sich bei Bongars über dessen Angebot, ihn bei der Drucklegung seines Werkes in Deutschland zu unterstützen. Bongars befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade in Hanau bei den mit ihm befreundeten Erben des Wechel-Verlages und organisierte die Drucklegung seiner eigenen Werke.84 Zu den Korrespondenzpartnern Bongars’ gehörte auch sein Verwandter, der Jurist und Parlamentsrat Paul Pétau (1568–1614). Er war ein Cousin Bongars’ aus Orléans. Bekannt wurde Pétau in Gelehrtenkreisen wegen seiner Sammeltätigkeit von antiken Objekten und Medaillen, sowie seiner wertvollen Bibliothek und Handschriftensammlung.85 Paul Pétau hatte Bongars für sein historisches Werk der Gesta wichtige Handschriften aus seiner Sammlung geliehen oder über andere beschaffen lassen. Dieser wichtige Aspekt der projektbezogenen Zusammenarbeit kommt in der Korrespondenz Bongars’ mit den Pariser Parlamentsjuristen deutlich zum Ausdruck. Die Ebene der wissenschaftlichen Kooperation ist jedoch immer in der Korrespondenz mit einer politisch-informativen Ebene verbunden. Aus dem Kreis der Korrespondenzpartner Bongars’ am Pariser Parlament seien noch die Parlamentsadvokaten Thomas Papillion (1514–1596) 86, Pierre Moreau (1552–1626) 87 und Laurentius Bochellus88 genannt. Letzterer lieh

83

84 85 86 87 88

und sie seinem Vater Théodore gewidmet (Widmung vom 31. Oktober 1640); I. F., Coll. Godefroy 286, fol. 353. Zu Denis (I.) Godefroy vgl. Kap. 6. Dies war »De l’origine des Roys de Portugal yssus en ligne masculine de la Maison de France«, Paris 1610. Godefroy wurde 1613 zum »secrétaire interprète du roi« und im selben Jahr zum Hofhistoriographen ernannt. Malettke führt diese Berufung nicht allein auf sein Ansehen, sondern weit eher auf seine vielfältigen Verbindungen zu einflussreichen Familien der hohen Pariser Magistrature zurück. So wurde Godefroy 1615 zusammen mit Pierre Dupuy auf Empfehlung des damaligen Generalprokurators am Pariser Parlament mit der Verwaltung und Inventarisierung des Kronarchivs betraut. Malettke: Deutschland, 200 f. Théodore Godefroy an Bongars, 8. Dezember 1610, SUBH, sup. ep. 29, fol. 49. So Hagen: Jacobus Bongarsius, 11. Vgl. Calomiès: Bibliothèque, 189. Biographisches über Paul Pétau in BU 32, 571 und NBG 5, 689. Vgl. Haag / Haag: France protestante, Bd. 8, 104; NBG 39, 189. Vgl. Jöcher (Hrsg.): Gelehrtenlexicon, Bd. 3, 659. Vgl. ebda, Bd. 1, 1151.

127 Bongars ebenfalls eine Handschrift für die Edition der Gesta. Auch mit dem Juristen Étienne Pasquier (1529–1615) 89 und den Parlamentspräsidenten Pierre Jeannin (1540–1622) 90 und Achille de Harlay (1536–1616) 91 stand Bongars in brieflichem Kontakt. Alle diese Korrespondenzpartner am Pariser Parlament erhielten von Bongars sowohl politische Informationen als auch Nachrichten aus der Gelehrtenwelt.92 Umgekehrt versorgten sie Bongars mit den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen, die Bongars an seine Vertrauten im Reich weiterleiten konnte, mit dem Hinweis auf die Herkunft seiner Informationen: »Un bon ami escrit de Paris [...]«.93

Zusammenfassung Die Darstellung von Bongars’ gelehrtem und politischem Netzwerk muss mit einer Untersuchung seiner Kontakte am französischen Hof beginnen. Von dort erhielt Bongars von Heinrich IV. oder dessen führendem Außenpolitiker Villeroy seine Instruktionen und dorthin sandte er seine Gesandtschaftsberichte und Memoranden. Die Korrespondenz zwischen Bongars und Villeroy zeigt die wichtige Funktion des ständigen Gesandten bei den protestantischen Fürsten als Informant. Von möglichst umfangreichen und genauen Nachrichten der Diplomaten hing die richtige Einschätzung und Beurteilung der politischen Situation im Conseil des Affaires ab und die Entscheidung, welche außenpolitischen Maßnahmen zu treffen waren. Die Berichte, die Bongars an Villeroy sandte, lassen erkennen, dass er seine politischen Informationen über ein weitreichendes Netzwerk bezog, auf das in den folgenden Kapitel näher eingegangen werden soll. Bongars selbst spricht sich über die Herkunft seiner Nachrichten nicht weiter aus, sondern nennt sie seine »amis«. Bongars’ Verbindungen zur Welt der Gelehrten spielen explizit in der Korrespondenz mit seinem König keine Rolle. Gleichwohl musste Heinrich IV. dessen intellektuelles Profil geschätzt haben und sich deshalb der Kontakte Bongars’ bei verschiedenen Anlässen bedient haben, so z.B. wenn er Persönlichkeiten der respublica litteraria nach Paris holen wollte. Neben dem Hof gehörte die Gruppe der Parlamentsjuristen, hier besonders der Kreis um Jacques-Auguste de Thou, zu den Empfängern von Bongars’ politischen Nachrichten. Die detaillierten Informationen, die Bongars den Parlamentsjuristen über die politischen Entwicklungen im Reich schickte, lassen den hohen Informationsstand dieses Kreises in Paris erkennbar werden. Bongars war

89 90 91 92 93

Vgl. BU 32, 219. Zu Jeannin vgl. BU 21, 24. NBG 23, 397f.; BU 18, 470 ff. Harlay an Bongars, 31. Mai 1598, BERN, cod. 141, Nr. 175. Bongars an [Anonym.], o. D., ebda, cod. 139, Nr. 38b.

128 mit einer Reihe dieser Juristen wohl schon während seines Studiums in Bourges bekannt geworden. Charakteristisch war für diese Juristen die Verbindung von Humanismus und Jurisprudenz. Aus den Korrespondenzen Bongars’ mit diesen Mitgliedern des Pariser Parlaments sind zwei Bereiche herauszufiltern: Die Informationen, mit welchen Bongars sie versorgte und die gelehrten Interessen, die in den Briefen sehr viel Raum einnahmen. Beide Kommunikationsebenen standen dabei durchaus miteinander in Beziehung. Besonders der Geschichte bediente man sich als Mittel, die Politik Heinrichs IV. zu legitimieren, wie z.B. das Vorwort der Historia sui temporis von Jacques-Auguste de Thou ein Panegyrikus auf den Boubonenkönig war. Bongars bemühte bei der Veröffentlichung der Historia im Reich seine Kontakte und kümmerte sich um Organisation und Vertrieb dieses rasch bekannt gewordenen Geschichtswerkes. Die Kontakte des französischen Gesandten in der Gelehrtenrepublik und seine diplomatische Arbeit scheinen daher für seine Korrespondenzpartner in Paris sowohl auf einer politischen, als auch auf einer wissenschaftlichen Ebene von Bedeutung gewesen zu sein. Die Aufschlüsselung dieser Kontakte Bongars’ im Reich soll Ziel der nächsten Kapitel sein.

129

6.

Informierte Gelehrte – gelehrte Informanten. Die Reichsstädte: Knotenpunkte des Kommunikationssystems der Diplomaten

Für Heinrich IV. waren die Reichsstädte als politische Partner im Reich eine wichtige Größe, denn sie pflegten eigenständig »auswärtige« Kontakte zu dem Bourbonenkönig, was am Beispiel Straßburgs deutlich wird, aber auch in unterschiedlicher Intensität für Frankfurt, Nürnberg und Ulm zutrifft. In ihrer antihabsburgischen Ausrichtung wurden sie für den französischen König zu einem Ansprechpartner, als es darum ging, Kredite zu gewähren und sich an einem protestantischen Bündnis zu beteiligen. Als Gegenleistung gewährte ihnen Heinrich IV. vielfältige Handelsprivilegien in Frankreich.1 Durch die hohen Summen, die die Reichsstädte Heinrich IV. liehen, waren Straßburg und Nürnberg am Ende des 16. Jahrhunderts erheblich verschuldet. Bongars fungierte in diesem Zusammenhang oft als Mittelsmann, um seitens der Reichsstädte eine Rückzahlung der Gelder durch den französischen König zu erwirken und gleichzeitig namens Heinrichs IV. die Städte weiterhin auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten. Für die französischen Diplomaten waren die Reichsstädte aus einem weiteren Grund interessant. Durch ihre Botensysteme, die eine hohe Fluktuation von Nachrichten gewährleisteten, wurden Reichsstädte wie Frankfurt und Straßburg von den Diplomaten als Standorte bevorzugt.2 Die Wirkung der reichsstädtischen Botensysteme folgte den Bedürfnissen einer sich differenzierenden Verwaltung und formierenden Gesellschaft und entwickelte sich jeweils in Relation zum Handlungs- und Informationsbedarf der Stadtführung bzw. seiner Bürger.3 Die Städte organisierten Botenkurse über weite Strecken auch gemeinsam. So wurde die von Italien kommende Post um die Mitte des 16. Jahrhunderts von Augsburger Boten nach Frankfurt gebracht. Die Strecke zwischen Frankfurt und Köln wurde von reitenden Boten beider Strecken betrieben, und Kölner Boten brachten dann die Post weiter nach Antwerpen. Von Frankfurt aus verzweigten

1 2

3

Handelsprivilegien Heinrichs IV. an die Räte der Reichsstädte Augsburg, Nürnberg, Ulm, Straßburg und andere, 6. Februar 1602, ebda, cod. 144, Nr. 9, fol. 221–232. Neben älteren Standardwerken wie Sporhan-Krempel: Nürnberg, vgl. die neueren kommunikationsgeschichtlichen Arbeiten von Gerteis: Reisen; Heimann: Brievedregher, sowie Zwierlein: Discorso. Heimann: Brievedregher, 267.

130 sich auch die Linien nach Leipzig und Hamburg. Im übrigen suchte man von Frankfurt aus den Anschluss an die Taxissche Route Wien–Brüssel und sandte Boten nach Rheinhausen bei Speyer.4 Trotz des Aufkommens und der Ansprüche der Thurn- und Taxisschen Reichspost bestanden die städtischen Botenwerke auch im 16. Jahrhundert fort, obwohl sie sich immer mehr zu rein wirtschaftlichen und Privatinteressen dienenden Botenanstalten entwickelten. So erlaubte der Nürnberger Rat 1570 den Kaufleuten, eine eigene Botenanstalt zu errichten und vertrat diese Einrichtung gegenüber den Ansprüchen der kaiserlichen Post auch vor dem Kaiser. Es entspricht der wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Städte, dass diese Botenwerke der großen deutschen Handelsmetropolen um 1600 ihren ausgesprochenen Höhepunkt erlebten.5 Nürnberg verzeichnete in einer »Botenordnung« von 1610 wöchentliche Verbindungen nach Antwerpen, Köln, Frankfurt, Hamburg, Breslau, Prag, Wien, Venedig, Augsburg, St. Gallen usw. und verfügte um 1610 über etwa 200 Boten.6 Die Reichsstädte waren daher nicht nur ein idealer Standort für ausländische Diplomaten, sondern auch bevorzugter Standort von Kaufleuten und Gelehrten. Die hohe Dichte an bekannten Humanisten sowie Vertretern des internationalen Unternehmertums bewirkte, dass sich in den Reichsstädten zudem die Zentren verschiedener gelehrter oder wirtschaftlicher Netzwerke überlagerten. Auch die reformierten Exulantengemeinden bildeten in diesem Sinne ein eigenes Netzwerk, das durch Verbindungen zu Reformierten in den Niederlanden und Frankreich eine große Reichweite aufwies. Diese Zentren oder Knotenpunkte der einzelnen wirtschaftlichen oder kulturellen Netzwerke waren für die französischen Gesandten von besonderer Bedeutung, denn sie lieferten das Surrogat für die noch fehlenden Strukturen der frühneuzeitlichen Diplomatie, alsda keine etablierten Kommunikationswege und -mittel wie Brief- und Nachrichtentransport vorhanden waren. Zu zwei Personen in Frankfurt besaß Bongars besonders engen Kontakt. Zu dem Drucker, Verleger und Teilhaber des Wechel-Verlages, Claude de Marne, und zu dem Frankfurter Kaufmann Nikolaus Malapert, der als politischer Informant für Frankreich kontinuierlich Nachrichten zusammenstellte. Beide waren Glaubensfüchtlinge, de Marne aus Paris, Malapert aus Amsterdam, die der reichen reformierten Gemeinde Frankfurts angehörten. De Marne verlegte unter anderem Werke französischer Gelehrter, Malapert war durch verwandtschaftliche und geschäftliche Beziehungen mit Kaufleuten in den Niederlanden verbun-

4 5

6

Zu den Postwegen der Taxis vgl. Behringer: Thurn und Taxis; ders.: Zeichen des Merkur. Die Monopolisierung der Post wurde jedoch 1597 durch das erbliche Reichspostgeneralat besiegelt, das Kaiser Rudolf II. den Taxis verlieh. Damit gewannen sie die rechtlichen Grundlagen zum Betrieb verschiedenster Postlinien als »Reichspost«. Behringer: Thurn und Taxis, 75–80. Gerteis: Reisen, 28.

131 den. Sowohl de Marne als auch Malapert stellten das Nachrichtensystem ihrer wirtschaftlichen Unternehmen der französischen Diplomatie zur Verfügung.

6.1

Frankfurt am Main: Messeplatz

Als Bongars 1585 in den Dienst Heinrichs von Navarra eintrat, hatten die französischen Diplomaten als Standort im Reich Frankfurt am Main gewählt.7 Obwohl Frankfurt nicht zu den Reichsstädten gehörte, die dem Bourbonenkönig Geld liehen, waren die zentrale Lage im Reich als Ausgangsbasis für die Gesandten, aber auch die günstigen Verhältnisse für die Beschaffung und Weiterleitung von Informationen für diese Wahl ausschlaggebend. Die Reichsstadt stand durch städtische Boten ständig in Verbindung mit anderen Reichsstädten und war durch die Niederlassung der Taxisschen Post an deren europaweites Beförderungssystem angebunden. Frankfurt besaß seine besondere reichs- und internationalpolitische Bedeutung als Stadt von Reichsversammlungen, Wahlen und Krönungen und vor allem als Stadt der zweimal im Jahr stattfindenden Reichsmessen, die Frankfurt zu einem deutschen, aber auch zu einem europäischen Zentrum des Warenverkehrs, des Nachrichtenaustauschs und Geldverkehrs werden ließen.8 Die Reichsmessen erlebten in den Jahrzehnten zwischen 1555 und 1630 einen großen Aufschwung, und die Zahl ausländischer Messebesucher erreichte um 1600 ihren Höchststand. Durch die der Messe angegliederte Buchmesse, aber auch durch die Niederlassung zahlreicher Verlage und Druckereien nahm Frankfurt in der Gelehrtenwelt eine zentrale Stellung ein, so dass die Reichsstadt in der Blütezeit des Späthumanismus als ein europäisches Zentrum für Kommunikation, Wissensvermittlung und geistigen Austausch bezeichnet werden kann.9 Bongars hielt sich, bis er seinen Wohnsitz 1593 nach Straßburg verlegte, vorwiegend in Frankfurt auf. Auch danach kam er regelmäßig in die Reichsstadt, um die Buchmessen, seinen Verleger oder Freunde zu besuchen. Auf der Messe erhielt Bongars politische Informationen, die er entweder nach Westen an den französischen Hof oder zu seinem Kollegen Ancel nach Prag weiterleitete. So beschwerte sich Bongars’ Kollege Ancel in Prag, wenn Bongars ihm von der Messe keine neuen Informationen liefern konnte.10 Am Beispiel der Nachrichten, die Bongars von Frankfurt aus an Ancel und andere Korrespondenzpartner schickte, ist zu erkennen, dass es sich dabei sowohl um politische Informationen,

7 8 9 10

Zu Frankfurt vgl. Schindling: Wachstum und Wandel; ders.: Humanismus; zuletzt Behringer: Köln. Vgl. Schindling: Wachstum und Wandel, 212–215. Schindling: Humanismus, 212. Ancel an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 30, fol. 73: »Et pour un homme qui avez esté a une foire de Francfort vous me payez de maigres nouvelles.«

132 als auch um Nachrichten aus der Gelehrtenwelt handelte. Für beide war die Messe ein Umschlagplatz. So waren de Thou und sein Kreis eher an der der Warenmesse angegliederten Buchmesse interessiert, wie aus ihrem Briefwechsel mit Bongars hervorgeht. Ihre Aufträge an Bongars, bestimmte Bücher auf der Messe zu besorgen oder Drucklegungen auszuhandeln, sprechen für die europäische Bedeutung der Frankfurter Messe in der Gelehrtenwelt. Die Buchmesse bot einen idealen Überblick über das gesamte Angebot auf dem Buchmarkt und informierte über geplante Unternehmungen. Auf der Buchmesse erfuhr man, ob neue Handschriften entdeckt worden waren, deren Herausgabe man übernehmen konnte.11 In diesem Sinne wurde die Buchmesse zu einem Forum für Fachkommunikation. Hier bot sich der Ort für den persönlichen Austausch mit internationalen Gelehrten.12 Man traf Buchdrucker, wissenschaftlich tätige Humanisten wie Universitätsprofessoren, Bibliothekare, Dichter, Archivare, Geistliche sowie gelehrte Räte, Sekretäre und Diplomaten, die die Messen nutzten, um sich auszutauschen.13 Innerhalb dieser Gruppe gab es keine Schranken zwischen den einzelnen Chargen, Amtsgruppen und Ständen. Die Buchmessen wurden somit am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges Veranstaltungen einer deutschen wie europäischen Bildungswelt und Lesekultur, eine schreibende, druckende und lesende humanistische »Internationale«, die im Spannungsfeld der sich aufladenden konfessionellen Gegensätze tätig war.14 Im Frankfurter Buchgewerbe waren Glaubensflüchtlinge aus Westeuropa tätig, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus den Niederlanden und Frankreich in die Stadt strömten. Zu ihnen zählte die Verleger- und Druckerfamilie Wechel, die eine zentrale Stellung in der Gelehrtenwelt innehatte.15 6.1.1 Bongars’ Kontakte zum Wechel-Verlag Seit 1553 leitete Andreas Wechel das Druckereiunternehmen seines Vaters, Christian Wechel, in Paris.16 In seinem Hause verkehrten Deutsche, die geschäftlich oder im Rahmen ihrer Ausbildung nach Frankreich kamen, wie z.B. der junge Lucas Geizkofler.17 Zu den Freunden der Familie Wechel in Paris gehörten der calvinistische Philosoph Pierre de la Ramée und Hubert Languet, der auch nach dem Umzug der Wechels nach Frankfurt mit der Familie in engem

11 12 13 14 15 16

17

Toeller: Buchmesse, 130 f. Vgl. Eisenstein: Printing Press, 138. Toeller: Buchmesse, 145. Schindling: Wachstum und Wandel, 249. 1597 wurde eine ständige kaiserliche Bücherkommission eingerichtet. Vgl. dazu Eisenhardt: Kaiserliche Aufsicht. Vgl. zur allgemeinen Funktion der Buchdrucker als Multiplikatoren der Gelehrtenwelt Giesecke: Buchdruck in der frühen Neuzeit. Zum Wechel-Verlag und seiner Geschichte vgl. Elie: Chrétien Wechel; Evans: Wechel Presses; Labarre: Éditions et privilèges; Lübbecke: Fünfhundert Jahre Buch und Druck, 68f.; Benzing: Buchdrucker, 127. Vgl. Schweizer: Lucas Geizkofler, 33.

133 Kontakt blieb, sowie Philippe Duplessis-Mornay und der englische Diplomat Philip Sidney. Kurz vor der Bartholomäusnacht verließ Wechel wegen seines calvinistischen Bekenntnisses Paris und ließ sich in Frankfurt als Drucker mit Verlag und Buchhandlung nieder. Zusammen mit seinen Schwiegersöhnen Claude de Marne und Jean Aubry etablierte Wechel das Unternehmen in Frankfurt. 1581 starb Andreas Wechel an der Pest. Claude de Marne und Jean Aubry übernahmen den Hauptzweig des Unternehmens und bauten es zu einem der wichtigsten Verlagshäuser mit Druckerei in Frankfurt vor 1600 aus.18 Im lutherischen Frankfurt herrschten jedoch Ressentiments gegen die überwiegend reformierten Niederländer und Franzosen, die die treibende Kraft des ökonomischen und sozialen Wandels waren. Als Graf Philipp Ludwig von Hanau 1595/96 in seiner Grafschaft das reformierte Bekenntnis einführte, zog deshalb etwa die Hälfte der niederländischen und französischen Exulanten nach Hanau zur Gründung der Hanauer Neustadt.19 Auch Jean Aubry siedelte von dem streng lutherischen Frankfurt in das reformierte Hanau über und errichtete eine große Druckerei, die auch nach seinem Tode im Jahre 1600 weitergeführt wurde. Sein Schwager de Marne hingegen führte in Frankfurt das Geschäft weiter, denn die Glaubensfreiheit in Neu-Hanau konnte auf Dauer nicht die überlegene wirtschaftliche Attraktivität und Marktkonzentration des Messeplatzes Frankfurt aufwiegen. Eine solche Aufteilung des Aufenthaltsortes zwischen Verwandten und Gesellschaftern war üblich, denn so konnten die billigen Produktionsbedingungen in Hanau und der Messestandort Frankfurt gleichzeitig genutzt werden. 1610 starb de Marne in Frankfurt und obwohl der Betrieb in Frankfurt weiterlief, wurde die Druckerei in Hanau nun unter der Leitung von Aubrys Nachkommen Daniel und David der erfolgreichere Zweig des Unternehmens.20 Nach seinem Umzug nach Straßburg wohnte Bongars, immer wenn er in Frankfurt war, bei de Marne und ließ sich auch dorthin seine Post schicken.21 Claude de Marne hatte 1596 den Frankfurter Rat um die Erlaubnis gebeten, den »ambassadeur« des Königs in Frankreich, »Bongart«, beherbergen zu dürfen. 1599 wurde der Aufenthalt bei de Marne weiter gestattet.22

18

19 20

21

22

Neben dem von de Marne und Aubry geführten Verlagshaus gab es den Verlag von Johann Wechel, wahrscheinlich ein Neffe von Andreas Wechel. Nach dessen Tod 1593 heiratete seine Witwe Zacharias Palthenius, der die Nachfolge von Johann Wechel antrat. Evans: Wechel Presses, 4. Vgl. Bott: Gründung und Anfänge; Müller-Ludolph: Philipp Ludwig II. Nachdem Anna de Marne 1613 verstorben war, übernahm ihr Schwiegersohn Clemens Schleich den Frankfurter Betrieb und vereinigte ihn 1617 mit dem Unternehmen in Hanau; Evans: Wechel Presses, 5. Lingelsheim an Bongars, 11. September 1605, BERN, cod. 141, Nr. 84: »Monsieur de Bongars, Conseiller du Roy de France, Chez Mons. de Marne à Francfort«. Bongars an Camerarius, 21. Mai 1595. In: Ed. 1695, 357: »Si vous desirez quelque chose de moy, je vous conjure [...] d’envoyer [...] à Francfort chez Malpert ou Westel (Westelianos).« Stadtarchiv Frankfurt, Ratsprotokoll bzw. Bürgermeisterbuch 1596 und 1599.

134 De Marne besorgte überdies für die französischen Gesandten die Beförderung der Post.23 So übernahm er den Brieftransport zwischen Bongars und Ancel, dem ständigen französischen Gesandten in Prag, wo der Wechel-Verlag um 1600 eine Niederlassung unterhielt. Guillaume d’Ancel erwähnt in den Briefen an Bongars regelmäßig seinen Freund »Claude« (de Marne).24 Bongars empfahl auch Tycho Brahe, dass er seine Briefe an ihn ruhig einem Mitarbeiter des Wechel-Verlages in Prag anvertrauen könnte.25 Das Programm des Wechel-Verlages spiegelte die Bandbreite späthumanistischer Beschäftigung wider.26 Das Verzeichnis der Autoren, die ihre Werke bei Aubry, de Marne und Johann Wechel verlegen ließen, liest sich wie ein Who is who der Gelehrtenrepublik. Neben Schwerpunkten wie Rechtswissenschaften und Geschichte wurden medizinische Werke von Hippokrates und Galen, aber auch Paracelsus verlegt. Obwohl de Marne in seinem Verlagsprogramm der alchemistischen Literatur zurückhaltend gegenüberstand, gab er 1609 die Basilica Chymica von Oswald Croll heraus. Unter den naturwissenschaftlichen Abhandlungen finden sich u.a. Arbeiten von Johannes Kepler zur Optik. Vor dem Hintergrund der Türkengefahr war die Nachfrage nach Literatur, die sich mit dem Vorderen Orient beschäftigte, besonders groß. Der Wechel-Verlag kam diesem Interesse nach. Die Reisebeschreibungen des Orients von Johannes Löwenklau wurden erstmals 1588 veröffentlicht. Auch die Briefe von Ogier Ghislain de Busbecq erschienen hier sowohl in Latein als auch in Deutsch. Durch die guten Kontakte nach Frankreich traten die Wechels auch als Verleger französischer Gelehrter auf. So wurden die historischen Sammlungen von Pierre Pithou während der 1590er Jahre herausgegeben. Bongars vermittelte ebenfalls Werke oder Druckvorlagen wie z.B. die Fabeln von Aesop, die er 1596 aus Paris besorgte und die 1603 in Frankfurt verlegt wurden.27 Bei Wechels Erben erschien 1600 Bongars’ Werk über die ungarische Geschichte, die Rerum Hungaricarum scriptores varii historici und 1611 sein umfangreiches Werk über die orientalische Geschichte, die Gesta Dei per Francos, sive orientalium expeditionum.28 Im Verzeichnis der im Verlag erschienen Werke ist auch 1613 Bongars posthum erschienene Préface de l’histoire orientale verzeichnet.29

23 24 25 26 27

28 29

Evans: Wechel Presses, 34. Ancel an Bongars, 29. August 1592, SUBH, sup. ep. 32, fol. 335. Bongars an Brahe, März 1597. In: Ling. ep., 38 (BERN, cod. B 149, Nr. 323): »[…] qui Claudeii Marnii Wecheliani officinae praeest Pragae«. Vgl. das Publikationsverzeichnis bei Evans: Wechel Presses, 58–74. Bongars an Camerarius, 29. Oktober 1596. In: Ed. 1695, 121: »Je recus hier de Paris un petit livre nouveau, qui a pour le titre les Fables d’Esope, mises en vers par Phédre Affranchi d’Auguste [...].« Vgl. zudem das Verlagsverzeichnis bei Evans: Wechel Presses, 67. Vgl. dazu Kap. 4 Evans: Wechel Presses, 71.

135 Da Druckereien und Buchhandlungen Kommunikationszentren waren und den Gelehrten als Treffpunkte dienten, musste auch Bongars seine Aufenthalte in Frankfurt bei de Marne zur Kontaktaufnahme mit den dort verkehrenden Gelehrten genutzt haben.30 Bongars stellte aber auch den Kontakt zwischen Gelehrten und dem Wechel-Verlag her und empfahl seinen Freunden, ihre Werke dort verlegen zu lassen.31 Zu den Autoren, die bei den Wechel-Erben ihre Bücher drucken und verlegen ließen und zugleich zu den Korrespondenzpartnern Bongars’ gehörten, zählten u.a. Marquard Freher, Caspar Peucer, Henri Estienne, Pierre Pithou, Pierre Nevelet, Helisäus Röslin, Joachim Camerarius d. J., Carolus Clusius, Andreas Libavius, Justus Lipsius, William Camden und Johannes Löwenklau. Bongars kümmerte sich offensichtlich überhaupt um die Belange der französisch-wallonischen Gemeinde in Frankfurt und stand mit ihren Theologen in engem Kontakt.32 In seinem Engagement für den Wechel-Verlag ging er aber weit über seine Kompetenzen als französischer Geschäftsträger hinaus, als dieser aufgrund seiner reformierten französischen Inhaber im lutherischen Frankfurt weiterhin Anfeindungen ausgesetzt war.33 Der Frankfurter Rat war wegen des teilweisen Abzuges der wirtschaftlich erfolgreich tätigen Niederländer alarmiert und gestattete deswegen 1601 den reformierten Gottesdienst wieder, allerdings nur außerhalb der Stadtmauern. Am Schluss des Berichts, den Caspar Simon Masan, Kammersekretär und geheimer Rat des Grafen Philipp Ludwig von Hanau,34 am 6. März 1600 über seine Verhandlungen mit den »Welschen« in Frankfurt erstattete, hieß es: »Es hat mir auch Herr Bongars gesagt, daß er wohl wisse, die Frankfurter [d.h. der Rat] stehen gänzlich danach, wie sie die Welschen in Frankfurt behalten mögen. Dies Mittel schlagen sie vor: Sie, die Welschen sollen sich in Häusern versammeln, [...] bis sie eine Gelegenheit haben mögen, die Predigt wiederum zu haben, dazu sie ihnen Vertröstung geben.«35 Bongars stand sowohl mit den Fremden als

30 31 32 33

34

35

Vgl. Hoftijzer: Mercury and Minerva; Fumaroli: Conversation savante. Evans: Wechel Presses, 42. Bongars bestärkte z. B. Joachim Camerarius d. J., die Briefe seines Vaters bei Wechel herausgeben zu lassen. So z. B. die Prediger Thomas Potérat und Clément Duboys; vgl. Bott: Gründung und Anfänge, Bd. 1, 244 bzw. Bd. 2, 504. Heinrich Bott erhellt in einem posthum erschienenen Aufsatz Bongars’ Rolle in der Auseinandersetzung zwischen der reformierten Minderheit und dem lutherischen Rat der Stadt Frankfurt; vgl. ders.: Bongars. Philipp Ludwig von Hanau hatte ein gutes Verhältnis zu Heinrich IV. bis zur Krise um Bouillon, mit dem Philipp Ludwig verwandt war. Zu den Beziehungen Philipp Ludwigs zu Frankreich vgl. Müller-Ludolph: Philipp Ludwig II., 316–322. Caspar Simon de Masan, dessen Herkunft unbekannt ist, wurde nach der Rückkehr des Grafen aus Frankreich dessen (persönlicher) Sekretär, Kammersekretär und später gräflicher Rat. Er wurde mehrfach von Philipp Ludwig als Gesandter eingesetzt. Masan starb 1641. Vgl. Bott: Gründung und Anfänge, Bd. 1, 88, Anm. 36. Die Erwähnung Bongars’ in den Hanauischen Akten beschränkt sich auf die gelegentliche Nennung seines Namens. Bott: Bongars, 117.

136 auch mit dem Rat in Frankfurt in Verbindung, wenngleich er hier mehr die Partei der Reformierten ergriff, die entgegen den ursprünglichen Beschlüssen der beiden Fremdengemeinden längst entschlossen waren, nicht nach Hanau zu übersiedeln. Er vertrat somit die Position von Claude de Marne, der sich zwar am 1. Februar 1597 verpflichtet hatte, in der Neustadt ein Haus zu bauen oder 500 fl. Strafe zu zahlen, aber, wie bereits beschrieben, dann sein Geschäft in Frankfurt weiterführte. Philipp Ludwig schrieb Bongars nur eingeschränkt die Schuld für seine Parteinahme zu, denn er sah Bongars von Malapert oder de Marne »als einen der großen Hansen« beeinflusst.36 In einem Schreiben an Masan entschuldigte sich Bongars offiziell für seine Parteinahme.37 Dennoch trat er vehement für die einflussreiche Gruppe der Abtrünnigen in Frankfurt ein, die inzwischen vom Frankfurter Rat die Erlaubnis zum Bau einer kleinen Holzkirche für ihre Predigten und ihre Feier des Abendmahls nach reformiertem Ritus mit der Einschränkung erhalten hatten, dass sie ihre Ehenschließungen von lutherischen Stadtpredigern vornehmen und ihre Kinder von ihnen taufen lassen mussten.38 In einem Brief an Philipp Ludwig ergriff Bongars die Partei der in Frankfurt zurückgebliebenen Fremden. Er sah die Ursache für alle Spannungen nur bei den unter großen Opfern nach Hanau Übergesiedelten und bei dem Grafen. In bemerkenswert energischer Sprache richtete sich der Vertreter des französischen Königs an den deutschen Reichsgrafen und ging in seinem Schreiben weniger auf die theologischen Streitpunkte, sondern hauptsächlich auf die von ihm befürchteten politischen Folgen ein. So argumentierte Bongars, dass durch die Anschuldigungen, die Philipp Ludwig II. in einer in Hanau gedruckten Streitschrift gegen die Frankfurter Reformierten hervorbringe, vor allem die vom französischen König erstrebte Union zwischen reformierten und lutherischen Fürsten erschwert werde, weil darin die Aussage der Reformierten, sie stünden auf dem Boden der Augsburger Konfession, als Vorwand bezeichnet wird und sie damit aus dem Augsburger Religionsfrieden ausgeschlossen und, wie Bongars sich ausdrückte, »ans Messer« geliefert würden.39 Philipp Ludwig II. wurde von den Vorwürfen Bongars’ schwer getroffen. In den Entwürfen für ein Antwortschreiben zeigte sich der Graf über die Parteinahme Bongars

36 37

38 39

Ebda, 116, Anm. 7. Bongars an Masan, 25. Oktober 1598. In: Ed. 1695, 641f.: »Monsieur, je ne puis me tenir, que je n’escrive à Monsieur le Conte, ce qui me semble de l’escrit, qu’on a imprimé à Hanaw, touchant le Baptesme. Mondit Seigneur le Conte, n’y aura point d’honneur: C’est ce qui me pousse à lui en escrire librement, comme son serviteur. Nous avons assez d’ennemis de tous costés, sans qe nous nous eslevions les uns contre les autres. C’est à faire au Magistrat à arrester les langues et les mains des Theologiens, l’ambition desquels est sans fond, et sans bord. Si les vostres sont plus sages, j’en seray fort ayse, et seray content, qu’on dit que j’ay trop legerement entrepris d’escrire à Monsieur le Conte, pourvu qu’on sache ce qui est. C’est que le respect de son honneur et reputation m’a poussé à cette legerté.« Bongars an Philip Ludwig II., Anfang Dezember 1602, StAM, 81 A 96, Nr. 38, »Lettres de l’Eglise françoise de Hanau à celle de Francfort et autres (1599–1611)«, fol. 73–75. So Bott: Bongars, 119.

137 für die Frankfurter sehr enttäuscht. Er, der Graf, hätte dies niemals glauben wollen, da er Bongars’ Erfahrenheit, seinen hohen Verstand, seine »affection« gegen ihn, den Grafen, wohl kenne. Er mußte aber nun sehen, dass »das gemein geschrey« und die Warnungen gutherziger Leute doch gar nicht zu verachten seien.40 Diese Bemerkung spielt wohl auf die fremdenfeindlichen Angriffe an, denen sich Bongars in Frankfurt zeitweise ausgesetzt fühlte und von denen er auch Camerarius berichtet hatte.41 Bongars’ Einsatz für die reformierte Exulantengemeinde macht deutlich, dass er in seiner Argumentation bei Philipp Ludwig die politischen den konfessionellen Motiven vorzog. Zugleich verschwieg Bongars in seinem Schreiben an den Reichsfürsten die wirtschaftlichen Gründe, die für de Marne und viele andere Reformierte für den Verbleib in Frankfurt ausschlaggebend waren. Einige Jahre später, als Bongars in Hanau bei den Wechel-Erben seine eigenen Schriften und Werke verlegte, schien der Streit zwischen Bongars und Philipp Ludwig II. längst beigelegt und vergessen zu sein. Der französische Gesandte, nun bereits im Ruhestand, bat den Grafen um Erlaubnis, sich in Hanau aufzuhalten, bis der Druckvorgang abgeschlossen sei, was ihm seitens des Grafen gestattet wurde.42 6.1.2 Der Kaufmann und französische Agent Nikolaus Malapert Bongars’ Kontakt zu international operierenden Unternehmerfamilien ist in Frankfurt durch seine Verbindung zu dem Kaufmann Nikolaus Malapert (ca. 1542–1625) belegt.43 Die Familie Malapert gehörte zu der international verzweigten, ursprünglich niederländischen Unternehmerfamilie van der Meulen.

40

41

42

43

Entwürfe in StAM 81/a 96, Nr. 38, »Lettres de l’Eglise françoise de Hanau à celle de Francfort et autres (1599–1611)«; Notizzettel des Grafen und erster Entwurf ebda, fol. 76–79; eigenhändiger Entwurf des Grafen fol. 80–87, Übersetzung Masans fol. 89–98 und die kurze Antwort fol. 103. Vgl. Bott: Bongars, 119, Anm. 12. Bongars an Camerarius, 11. Juli 1592. In: Ed. 1695, 141: »Je vous donne avis de tous, selon que réussiront nos affaires. Je ne puis m’empecher de répandre dans votre sein combien je suis pressé par ceux dont s’est plaint autrefois devant vous le protecteur de ce bon Viellard que votre Republique a recu avec tant de bonté. Leur dessein est de m’obliger à sortir de ce Pays. J’ai résolu de le délivrer de cette peine: et s’ils ne cessent bien-tot, j’irai demeurer ailleurs.« Bongars an den Grafen von Hanau, 1610, ebda, 677. »Monsieur je me rend aux livres et à l’estude, suject propre pour une viellesse abbatue, et doresnavant inutile aux affaires. J’ai traité avec Sieur Lavater, pour l’impression d’un ramas d’historiens, que j’ay recueillis, et pretends donner au public: L’oeuvre requiert ma presence: mais je ne doibs, et ne veux entreprendre de me retirer en vostre ville de Hanau sans vostre permission. Ce mot est donc pour prier V. Excellence de me faire l’honneur, de trouver bon, que je demeure en sa ville soubs sa protection, pendant que les presses traivailleront à l’edition de ce recueil.« Stammbaum der Familie Malapert in Jongbloet-van Houtte: Brieven, CXXVIII. Zur Biographie Malaperts vgl. Bott: Gründung und Anfänge, Bd. 1, 113, Anm. 10; Velden: Generationen. Zur wirtschaftlichen Stellung vgl. Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 3, 318.

138 Nikolaus Malaperts Verwandter, der niederländische Kaufmann Daniel van der Meulen, zählte zu Bongars’ wichtigsten Korrespondenzpartnern.44 Malapert, über den leider wenig bekannt ist, stammte aus Mons in Belgien und emigrierte von Antwerpen nach Frankfurt. 1583 ließ er sich dort als Kaufmann nieder. Seine Briefe an Bongars, die sich im Bestand der Staats- und Universitätsbibliothek in Hamburg befinden, belegen seine Tätigkeit als politischer Informant im Dienste Heinrichs IV.45 Malapert sandte Bongars Nachrichten, die er über die Kanäle seines Unternehmens bezog. Diese handschriftlichen Zeitungen, die sogenannten »avisi«, »novi« oder »nouvelles« bestanden aus ein bis zwei Bögen, die als eigenständiger Brief an Abonnenten versandt wurden und Informationen über aktuelle Ereignisse von politischer, wirtschaftlicher oder militärischer Bedeutung enthielten.46 Im Verlauf des 16. Jahrhunderts hatten sich die handschriftlichen Neuen Zeitungen zu einem regelmäßigen Nachrichtenmedium entwickelt, das vierzehntäglich oder wöchentlich von berufsmäßigen Zeitungsschreibern, den sogenannten Novellanten, abgefasst wurde. Höfe, Gesandte, Gelehrte und Kaufleute gehörten zu den Abonnentenkreisen der Neuen Zeitungen. Malapert leitete dann die Informationen, die er durch seine »avisi« erhielt, an Bongars weiter. Bongars korrespondierte auch mit Malaperts Frau, der aus Paris stammenden Marie de Courcelles.47 Malapert gehörte zunächst zu den Verfechtern einer Umsiedlung nach Hanau und später zu den Sprechern und Unterhändlern der Frankfurter Fremdengemeinden, die mit Philipp Ludwig II. verhandelt hatten und die der Graf als bevollmächtigte Vertreter der Gemeinden zur Unterschrift unter die Urkunde vorgesehen hatte.48 Später war auch er einer Übersiedlung nach Hanau wenig zugetan. Noch eine weitere Kaufmannsfamilie gehörte in Frankfurt zu Bongars’ Korrespondentenkreis. Die du Fays waren ebenfalls infolge der Religionswirren aus den südlichen Niederlanden um 1560 nach Frankfurt übergesiedelt. Sie zählten zu den angesehensten und wohlhabendsten Unternehmerfamilien der dortigen reformierten wallonisch-französischen Niederlassung. Sie waren mit der Familie der Malaperts verschwägert, da Maria du Fay einen Sohn von Nikolaus Malapert, Abraham Malapert, geheiratet hatte.49 Mit Jacob du Fay, wahrscheinlich

44 45 46 47

48 49

Vgl. Kap. 9. In der SUBH befinden sich 70 Briefe Malaperts an Bongars. Vgl. dazu Werner / Henning: Nachrichtenwesen; Pieper: Informationszentren, bes. 48; dies.: Berichterstattung, 671. Fünf Briefe Marie de Courcelles’ an Bongars befinden sich in der SUBH. Marie de Courcelles war in erster Ehe mit Thierry Badouêre verheiratet. Malapert hatte Marie de Courcelles wahrscheinlich über den damaligen Gesandten der Generalstaaten in Paris, Lieven Calvart, kennengelernt, einem engen Freund von Daniel van der Meulen. Vgl. Jongbloetvan Houtte: Brieven, LXIV. Bott: Gründung und Anfänge, Bd. 1, 149. Velden: Generationen, 67.

139 einem Onkel der obengenannten Maria du Fay stand Bongars in brieflichem Kontakt.50 Ebenso wie sein Kollege Ancel in Prag, der von einer Veröffentlichung du Fays über dessen Verfolgungen in Frankreich zu berichten wusste.51 Jacob du Fay war zunächst als Kaufmann in Frankfurt tätig und an der Gründung der Neustadt Hanau beteiligt, kehrte aber bald wieder nach Frankfurt zurück und starb vor 1616.

6.2

Nürnberg: Kontakte nach Böhmen

Bongars’ Kontakte in Nürnberg unterschieden sich in Inhalt und Struktur sehr von seinen Verbindungen in Frankfurt, da die fränkische Reichsstadt selbst wegen ihrer Kredite Beziehungen zu Heinrich IV. unterhielt: Die französischen Könige waren seit vielen Jahrzehnten durch finanzielle Transaktionen mit Nürnberg verbunden. Nürnberger Kaufleute hatten sich schon Mitte des 16. Jahrhunderts am Finanzgeschäft mit der französischen Krone beteiligt. Die über Lyon getätigten Anleihen brachten jedoch nach dem Tod Heinrichs II. beträchtliche Verluste, an denen auch eine Gesandtschaft der Nürnberger Kaufleute an den französischen Staatsrat nichts ändern konnte. Statt der Rückzahlung erfolgten neue Darlehensaufnahmen, so dass in den siebziger Jahren die Nürnberger Gläubiger über 349000 fl. zu fordern hatten. Auch die Reichsstadt selbst gewährte Kredite. Im Gegensatz zu Frankfurt gab sie Heinrich von Navarra, bevor er König wurde, ein Darlehen von 36 000 fl.52 Während seiner Regierungszeit war Heinrich IV. daher bei verschiedenen Reichsstädten, insbesondere aber bei Nürnberg hoch verschuldet. Über Bongars versuchte die Reichsstadt später die Rückzahlung der Kredite zu erwirken. Jedoch musste Bongars die Nürnberger Ratsherren immer wieder vertrösten und sich für den französischen König entschuldigen. Die französischen Kassen seien leer, wurde dem Diplomaten aus Frankeich immer wieder gemeldet.53 Bongars war über die Vertröstungen der Krone gegenüber den Reichsstädten verärgert, was er deutlich zum Ausdruck brachte, als er dem Nürnberger Rat schrieb, dass er »rougir de honte, comparant la promptitude de laquelle vous nous avez assisté, avec la lenteur, que nous apportons à vous satisfaire.«54 Besonders bedeutsam war Nürnberg für die

50 51 52 53

54

Ebda, 68. Ancel an Bongars, 25. April 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 75: »Moniseur du Fay a voulu publier ces miseres de France«. Kellenbenz: Wirtschaftsleben, 299. So erstattete de Fresnes Bongars über die finanzielle Situation der Krone Bericht. De Fresnes an Bongars, 23. April 1594, BERN, cod. 141, Nr. 259: »Il ayant trouvé nos affaires en plus grande ruine que je m’imageroy.« Bongars schrieb dies an die Nürnberger Ratsherren von Paris aus am 3. April 1602. In: Ed. 1695, 666 f.

140 französische Diplomatie jedoch wegen seiner Funktion als Umschlagsplatz für Nachrichten aus Böhmen und Osteuropa. Die Entwicklung Nürnbergs zu einem Nachrichtenzentrum hing mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Reichsstadt zusammen.55 Nürnberg hatte sich im Spätmittelalter, begünstigt durch seine geographische Lage, zu einem Knotenpunkt der Handelsbeziehungen Oberdeutschlands zu Böhmen und zu ganz Osteuropa entwickelt. Der Informationsbedarf Nürnbergs stand in dieser Weise mit den handelspolitischen Interessen in engem Zusammenhang. »Neue Zeitungen« aus den Niederlanden und Frankreich erhielt der Nürnberger Rat aus Straßburg. Im Gegenzug schickte der Nürnberger Rat an Straßburg Neuigkeiten aus Ungarn, Polen, den nordischen Ländern, vor allem aus Österreich und Böhmen. Diese Herkunftsländer der Nachrichten entsprachen fast genau den Gebieten, in welche die Nürnberger Botenkurse verliefen, und es waren die Länder, in die der Nürnberger Handel ging oder durch welche die Nürnberger Handelswege führten. Der Nürnberger Rat unterhielt auch an den wichtigsten Plätzen Vertrauensleute, die nicht nur die Nürnberger Interessen dort vertraten, sondern auch alles Wissenswerte berichteten.56 Ebenso intensiv waren die kulturellen Beziehungen Nürnbergs zu Böhmen. Im 16. Jahrhundert ließen sich Nürnberger Drucker in Böhmen nieder. Aber auch die reichsstädtischen Druckereien bekamen zahlreiche Aufträge aus Böhmen, hauptsächlich von Anhängern der Brüderunität, denen der eigene Druck untersagt war. Zudem kamen um 1600 viele junge Reformierte aus Böhmen zum Studium an die Akademie nach Altdorf.57 Die Humanistenpersönlichkeiten verfügten in Nürnberg über hohes Ansehen und waren zudem in die Politik der Reichsstadt eingebunden, indem sie als Ratskonsulenten tätig waren.58 Dieses Klima regte auch die Ratsherren und Kaufleute dazu an, ihren Söhnen eine international ausgerichtete Ausbildung zu ermöglichen und man schickte sie deshalb im Rahmen ihrer »peregrinatio academica« bevorzugt nach Frankreich.59 6.2.1 Wissenschaft und Politik: Joachim Camerarius d.J. 6.2.1.1 Biographisches Einer der wichtigsten Korrespondenzpartner Bongars’ war Joachim Camerarius d. J. (1534–1598). In der Ausgabe der Briefe Bongars’ an Joachim Camera-

55 56 57 58 59

Zur Rolle Nürnbergs als Nachrichtenzentrum im Spätmittelalter Polívak: Nürnberg, hier 165. Sporhan-Krempel: Nürnberg, 25. Vgl. Kunstmann: Universität Altdorf. Zuletzt Mährle: Academia Norica. Vgl. Hamm: Reichsstädtischer Humanismus; Zorn: Soziale Stellung. Vgl. Ernstberger: Nürnberger Patrizier- und Geschlechtersöhne, hier 343.

141 rius d. J. werden im Vorwort die Verdienste des Nürnbergers für Frankreich und die französische Diplomatie, insbesondere seine Zusammenarbeit mit Jacques Bongars hervorgehoben, »qu’il le servoit tres utilement dans les affaires qu’il traitoit alors«.60 Diese Randbemerkung wirft Licht auf die politische Tätigkeit des bisher im Schatten seines berühmten Vaters Joachim d.Ä. und Sohnes Ludwig, stehenden Nürnberger Arztes Joachim Camerarius d. J. Obwohl der Briefwechsel mit Joachim Camerarius d. J. eine gewichtige Rolle innerhalb der gesamten Korrespondenz von Bongars einnimmt und nach dessen Tod fast vollständig veröffentlicht wurde, blieben die Person Joachim Camerarius und seine vielfältigen Verbindungen bisher weitgehend im Dunkeln.61 Der Vater, Joachim Camerarius d.Ä. (1500–1574), war Professor für Philologie.62 Auf Empfehlung Melanchthons wurde ihm 1526 Leitung und Ausbau des Nürnberger Gymnasiums übertragen. Ab 1535 lehrte er an der Universität Tübingen, bevor er 1541 eine Professur an der Universität Leipzig übernahm. Neben seinen historiographischen Arbeiten, die von einem starken zeitgeschichtlichen Interesse getragen waren, war Camerarius auch selbst in die theologischen Auseinandersetzungen involviert. 1530 fungierte er auf dem Augsburger Reichstag als einer der Vertreter Nürnbergs. Auf den Reichsversammlungen von 1555 und 1556/57 stand er Melanchthon, mit welchem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft verband, als Helfer und Ratgeber zur Seite, und nahm 1568 in Wien an den von Maximilian II. angestrengten Verhandlungen teil, die zu einer konfessionellen Einigung führen sollten. Von seinen Söhnen waren am bedeutendsten Joachim und Philipp Camerarius. Deshalb war es für die französische Diplomatie wichtig, dass er in der Reichsstadt eine Autorität darstellte – »il estoit si puissant dans la Republique de Nuremberg« – und auf die Entscheidungen des Nürnberger Rates Einfluss nehmen konnte.63 Der Bruder von Joachim Camerarius war zudem Ratskonsulent in Nürnberg. Die Unterstützung, welche die Reichsstadt Heinrich IV. gewährte und auf die Bongars hinarbeitete, muss auch vor diesem Hintergrund gesehen werden. Camerarius war in den 1590er Jahren mit Hieronymus Baum-

60 61

62 63

Vorrede in Ed. 1695, 5. Die Biographie Joachim d. J. Camerarius’ ist im Gegensatz zu der seines Vaters, des berühmten Polyhistors Joachim Camerarius (Kammermeister) d. Ä., nur in den Grundzügen bekannt, ihre Untersuchung stellt ein Desiderat dar. Zur Geschichte der Camerarii vgl. Schubert: Ludwig Camerarius, 9–12; Halm: Sammlung der Camerarii. In der Bayerischen Staatsbibliothek München befinden sich im Nachlass der Camerarii die Originale der 183 Briefe Bongars’ an Camerarius (Clm 10364, fol. 183–365), die der gedruckten Ausgabe »Epistolae ad Joachimum Camerarium«, Leiden 1647 zur Vorlage dienten. Zu seiner Bedeutung als Arzt vgl. Wickert: Joachim Camerarius, und Gröschel: Entwurf, zu seiner Bedeutung als Herausgeber der »Symbola et Emblemata«, Nürnberg 1590–1604, vgl. die Edition Camerarius: Symbola et Emblemata, Teil 2, Centuria IV (1604), insbes. 4f. Vgl. Stählin: Humanismus und Reformation. Bongars an Camerarius 20. Juli 1592. In: Ed. 1695, 206: »Je ne suis moins ennuyé que vous de toutes les affaires publiques«.

142 gartner befreundet, dem wohl bedeutendsten Mann im damaligen Nürnberger Stadtrat.64 Der Nürnberger Magistrat war auch mit den französischen Diplomaten gut bekannt, denn Bongars ließ Baumgartner über Camerarius von seinen Vorgesetzten regelmäßig Grüße bestellen.65 Auch Joachim Nützel, der in den Diensten der Reichsstadt stand, wird in den Briefen Bongars’ an Camerarius regelmäßig erwähnt.66 Aus seinen Beschwerden gegenüber Bongars lässt sich folgern, dass auch er sich für die Rückzahlung der Heinrich IV. gewährten Kredite an die Reichsstadt einsetzte.67 Politische Nachrichten wurden natürlich ebenfalls mit den Mitgliedern des Stadtrates ausgetauscht, ebenso wie mit Informanten wie dem Nürnberger Heugel, mit dem Bongars korrespondierte.68 Auch Philipp Camerarius (1537–1624) siedelte sich in Nürnberg an. Als »doctor juris utriusque« wurde er Nürnbergischer Ratskonsulent und wirkte gleichzeitig als erster Prokanzler der Universität Altdorf. Über einen Sohn Philipps waren die Camerarii mit dem in Heidelberg und Straßburg lehrenden Rechtswissenschaftler Dionys (Denis) Godefroy verwandt. An den Briefenden an Camerarius werden fast immer Baumgartner, Nützel und Philipp Camerarius erwähnt und gegrüßt. Dies weist auf die enge Verzahnung zwischen reichsstädtischer Politik, den Humanistenkreisen und der französischen Diplomatie hin. Hieronymus Baumgartner (1538–1602) hat nicht nur die Nürnberger Kirchenund Schulpolitik, sondern die gesamte reichsstädtische Politik in den letzten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts maßgeblich geprägt. Er war einer der Exponenten der philippistischen Kirchenpolitik Nürnbergs im ausgehenden 16. Jahrhundert und wurde deshalb nach der Durchsetzung der lutherischen Orthodoxie aus seinem Amt entlassen.69 Einer der Schwiegersöhne von Joachim Camerarius d.Ä. war Esrom Rüdiger, der 1574 aus Sachsen geflohen war und zwei Jahre später im Auftrag der Brüderunität die Leitung ihrer Schule in Eibenschitz übernommen hatte. Über ihn bestanden später die Beziehungen der Camerarii zur böhmischen Brüderunität. Joachim Camerarius d.J., der Korrespondenzpartner Bongars’, war konfessionell geprägt von der engen Verbindung seines Vaters zu Melanchthon. Er wohnte während seines Studiums bei dem Wittenberger Theologen und studierte anschließend in Leipzig und Breslau Medizin. In Breslau lernte er Crato von Crafftheim kennen und bereiste mit ihm zusammen Böhmen, Polen und Ungarn.

64 65 66 67 68 69

Kunstmann: Universität Altdorf, 54. Bongars an Camerarius, 8. März 1592. In: Ed. 1695, 178. Bongars an die Reichsstadt Nürnberg, o. D., B. N., FR 7128, fol. 126; darin werden die Dienste Nützels mehrfach erwähnt. Zu Nützel vgl. Sporhan-Krempel: Nürnberg, 48. Bongars an Camerarius, 27. August 1596. In: Ed. 1695, 502. Bongars an Heugel, 16. Januar 1590, BERN, cod. B 149, fol. 70. Nach Mährle: Academia Norica, 125, wurde er aus diesem Grund von den Historiographen des 17. und 18. Jahrhunderts bewusst totgeschwiegen. Ebda auch weiterführende Literaturangaben.

143 1562 wurde er in Bologna promoviert und ließ sich 1564 in seiner Heimatstadt Nürnberg als Arzt nieder. Er war zuerst Stadtphysikus, dann ab 1592 Dekan und Leiter des Collegium medicorum, einer Art von ärztlichem Berufschutzverband. Camerarius’ medizinisches Können musste an den fürstlichen Höfen großes Ansehen genossen haben, denn er erhielt Bestallungen als Leibmedicus bei dem sächsischen Kurfürsten August, dem hessischen Landgrafen Wilhelm IV. und dem Bischof von Bamberg, Ernst von Mengersdorf.70 Während des Oberpfälzer Aufenthalts von Friedrich IV. (1596/98) wurde Joachim Camerarius wiederholt in seiner Eigenschaft als Arzt zu dem Pfälzer Kurfürsten gerufen. Joachim Camerarius nutzte diese Gelegenheit, Friedrich IV. seinen Sohn Ludwig vorzustellen, der später als kurpfälzischer Rat und für seine diplomatische Aktivität im Dreißigjährigen Krieg bekannt wurde.71 Auch als Botaniker machte sich Camerarius einen Namen. 1569 legte er den ersten wissenschaftlich geordneten Garten in Nürnberg an. Dort wurden Pflanzen gezüchtet, deren Samen er sich von seinen ausländischen Korrespondenzpartnern zusenden ließ. In einer Publikation beschrieb er diese Pflanzen und ihren medizinischen Nutzen.72 Für den hessischen Landgrafen Wilhelm IV. legte er einen botanischen Garten in Kassel an. Eine entsprechende Aufgabe übernahm er für Konrad von Gemmingen, den Fürstbischof von Eichstätt.73 Er unterrichtete Botanik und gab u.a. eine deutsche und lateinische Ausgabe des Kräuterbuches von Pier Mattioli heraus.74 Zu Camerarius’ naturwissenschaftlichen Korrespondenzpartnern gehörte auch Melchior Sebizius (Sebitz, Sebisch) d.Ä. (1539–1625), der in Straßburg zuerst als Arzt, dann an der Akademie wirkte. Er besorgte eine neue Ausgabe des »Kräuterbuchs« von Hieronymus Bock.75 Das heute noch bekannteste Werk von Camerarius sind die Symbola et Emblemata. Camerarius wandte hier so konsequent wie kein anderer der europäischen Emblembuchautoren seiner Zeit das geläufige »ordo«-Denken als Prinzip der Gliederung seines Werkes an: Der Naturwissenschaftler Camerarius sucht in vier Bereichen der Natur einen Zugang zu den »visibilia« (Phänotyp) und den »invisibilia« (pharmakologische Wirkung und Zeichenwert) und der Schöpfung Gottes, also zu dem biologisch Beschreib- und Darstellbaren und zu dem, was

70 71 72

73 74 75

Klein: Kampf, 52 f., Anm. 91 ärztliche Gutachten, unterschrieben von Camerarius (Landesbibliothek Dresden, K 350; Pestgutachten ebda, B 141). Press: Calvinismus, 468, Anm. 146. Camerarius: Hortus medicus et philosophicus. In diesem Werk verband er die Beschreibung der Pflanzen mit »philologischen« Erörterungen: die naturkundlichen Bezeichnungen wurden ihren rhetorischen Variationen, wie etwa in Versen und Bibelzitaten, gegenübergestellt. Daraus entstand der berühmte »Eichstätter Garten«; vgl. Besler / Jungermann: Hortus Eystettensis. Mattioli: Kreuterbuch [...] gemehret und verfertiget durch [...] Ioachimum Camerarium, Frankfurt am Main 1586. Vgl. Wickert: Joachim Camerarius, 139. Vgl. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 207. Hier weiterführende Literatur zu Sebizius.

144 vom Schöpfer als Wirkung und erschließbarer Botschaft in seine Geschöpfe, die »Sachen« (»res«) der Natur, verschlüsselt hineingeschrieben worden ist. Es sind also in jeder Sache, die in diesen Emblemen dargestellt und gedeutet wird, mehrfache Bedeutungsinhalte zu erwarten, nicht etwa die simple Gleichsetzung von einer einzelnen Sache und jeweils einem einzigen, willkürlich festgelegten Bedeutungsinhalt.76 Für Camerarius gingen damit Medizin und Kultur eine Verbindung ein, die eine Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften noch nicht kannte, deren Sinnzentrum allerdings von der Theologie bestimmt wurde. Trotz seiner Tätigkeit als Arzt und Botaniker war Camerarius, was bisher nur am Rande dargestellt wurde, in die Entwicklung der politischen Verhältnisse Ende des 16. Jahrhunderts involviert und hat diese durch seine internationalen Kontakte auch mitbefördert. 6.2.1.2 Informantentätigkeit Was aber die besondere Bedeutung von Camerarius für die französische Diplomatie ausmachte, war sein europaweites Netzwerk: in fast jedem seiner Briefe an Camerarius bedankte sich Bongars bei dem Nürnberger Arzt für die Informationen und Nachrichten von dessen namentlich ungenannten Freunden. Bei Camerarius in Nürnberg liefen offenbar die Fäden eines Nachrichtensystems zusammen, denn er schickte die bei ihm eingetroffenen Informationen an Freunde weiter oder verkaufte sie an die fürstlichen Höfe. Nach Johannes Kleinpaul soll Camerarius alle protestantischen deutschen Fürsten mit Nachrichten beliefert haben und durch sein Gehalt als kursächsischer »Medicus von Haus aus soll auch diese Tätigkeit der Informationsbeschaffung vergütet worden sein.77 Aufgrund seiner Stellung als medizinischer Berater von Fürsten wurde er gelegentlich darüber hinaus auch zu diplomatischen Missionen herangezogen.78 Camerarius konnte dabei auf Kontakte bauen, die bereits sein Vater geknüpft hatte. So bestand seit Joachim Camerarius d.Ä. der Kontakt zu Hubert Languet (1518–1581).79 Nach dem Tode Melanchthons war das Haus der Camerarii in Leipzig eine zweite Heimat für Languet geworden und mit Joachim Camerarius d. J. stand er bis zu seinem Lebensende in Verbindung. Languet empfahl Camerarius, junge Franzosen in seinem Haus in Frankfurt aufzunehmen. So wohnten bei Camerarius z.B. die späteren Diplomaten Heinrichs IV., Philippe de Canaye und Charles de Harlay, als sie auf ihrer »peregrinatio academica« durch Nürnberg kamen.80 Das Haus von Camerarius in Nürnberg war überhaupt

76 77 78 79 80

Harms / Kuechen (Hrsg.): Camerarius, Einleitung, 2–7. Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 13. Schubert: Ludwig Camerarius, 420. Zu den Beziehungen der Camerarii zu Hubert Languet vgl. Nicollier-de Weck: Hubert Languet, 34–36. Nicollier-de Weck: Hubert Languet, 199. Languet war mit französischen Diplomaten wie François de Montmorin, Pomponne de Bellièvre, Pibrac und Jean de La Burthe bekannt.

145 eine Anlaufstelle für reformierte Studenten aus dem Westen Europas. Denn nur so ist sein Kontakt zu dem jungen französischen Adeligen Jacques Esprinchard (1573–1604), Sieur du Plomb, zu erklären, der während seiner Bildungsreise auf dem Weg nach Böhmen und Polen auch in Nürnberg bei Camerarius halt machte. Bongars hatte möglicherweise den Kontakt zwischen dem reformierten französischen Adeligen und Camerarius hergestellt.81 Esprinchard (1573–1604) stammte aus einer einflussreichen Familie in La Rochelle. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Oxford und Leiden trat er 1579 eine Bildungsreise an, die ihn von den Niederlanden durch Deutschland, Polen, Böhmen, Österreich, die Schweiz und Südfrankreich führte. Neben seiner politischen Tätigkeit in La Rochelle betätigte sich Esprinchard auch schriftstellerisch und wirkte z.B. an einer französischen Ausgabe der Historischen Meditationen von Camerarius’ Bruder Philipp mit. 1604 starb er an der Pest. Aus dem Tagebuch seiner Bildungsreise geht hervor, dass Esprinchard auch mit »politischen« Persönlichkeiten zusammentraf. So wohnte er 1596 in Nürnberg sechs Tage bei Camerarius, der zu dieser Zeit auch den französischen Gesandten Ancel beherbergte.82 Das Haus Camerarius’ in Nürnberg schien daher eine für französische Reformierte sowie in Diplomatenkreisen bekannte Anlaufstelle gewesen zu sein. Der bedeutendste französische Politiker, mit dem Camerarius korrespondierte, war Philipp Duplessis-Mornay. Im Reich hatte Camerarius an nahezu allen protestantischen Höfen Informanten sitzen, so war er beispielsweise über die 1576 in Heidelberg eintretenden politischen Veränderungen gut informiert. Wolfgang Zündelin (1539–1614) gehörte zu seinen ständigen Berichterstattern und versorgte Camerarius von 1573 bis 1589 mit Nachrichten vor allem aus Sachsen.83 Über Ereignisse am Kaiserhof wurde Camerarius vor allem von Crato von Crafftheim auf dem Laufenden gehalten, dem philippistischen Leibarzt Maximilians II., der sich 1576 nach Breslau zurückgezogen hatte, dann aber nach Prag zu Rudolf II. gerufen wurde.84 Auch noch aus der Zeit seines Vaters bestanden enge Verbindungen der Familie Camerarius zu reformierten Kreisen in Böhmen, Mähren und Schlesien, die allerdings nur noch schwer nachvollziehbar sind.85 1586 ist der Kontakt

81 82

83 84 85

Ebda, 333. Ludwig Camerarius gab später die Briefe Languets an seinen Großvater heraus. Vgl. Languet: Epistolae ad Joachimum Camerarium, Leiden 1685. Zu Esprinchard vgl. Kellenbenz: Reisebericht; Chartenay: Vie de Jacques Esprinchard Rochelais. Vgl. auch Kap. 10. Kellenbenz: Reisebericht, 232. Ancel war nach Nürnberg zu den Bündnisberatungen der protestantischen Reichsfürsten gekommen. Die angestrebte Aufnahme der deutschen Protestanten in die französisch-englisch-holländische Tripelallianz kam nicht zustande. Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 111. Schubert: Ludwig Camerarius, 24. Kunstmann: Universität Altdorf, 57: »Nur noch schwer zu durchschauen sind die Kontakte, die zwischen den Nürnbergern, namentlich der Familie Camerarius und den mährischen Adeligen dereinst bestanden.« So besorgte Camerarius z. B. 1596 den Nachdruck des 1547 erschienenen Buches »De piscinis« des Olmützer Bischofs Johann Dubravius, mit einer

146 Camerarius’ zu Karl d.Ä. von Žerotín zu belegen.86 Mit dem Reisegefährten Žerotíns, dem schlesischen Alchemisten und Arzt Wenceslaus Lavinius, war Camerarius bereits seit 1588 persönlich bekannt. Die beiden Männer verbanden gemeinsame naturwissenschaftliche Interessen, so schickte Lavinius aus Prag Pflanzen für den berühmten Garten des Nürnberger Arztes.87 Lavinius wickelte über Camerarius den Weitertransport seiner Post nach Basel und Genf ab.88 Die bis West- oder Mitteleuropa reichenden Kontakte Camerarius waren eindeutig politisch-konfessionell geprägt: Sie dienten dem Aufbau und der Pflege eines internationalen protestantischen, aber zugleich antikaiserlichen Netzwerkes und der Stärkung der dieses System vertretenden Potentaten. Innerhalb dieses Kommunikationsraumes gab es verschiedene enger geknüpfte Nachrichtenringe. Ein solcher kann für den Beginn der 1590er Jahre mit Teilnehmern wie Camerarius, Bongars und weiteren Reformierten wie Christoph Pezel89 und vor allem Caspar Peucer festgestellt werden.90 Bongars schickte Briefe mit Nachrichten beispielsweise zuerst an Camerarius, der diese dann innerhalb dieses Kreises weiterleitete.91 Umgekehrt versorgte Camerarius Bongars ebenfalls mit Nachrichten aus dem Korrespondentenkreis.92 Durch diese zentrale Funktion wurde Camerarius zu einem wichtigen Mittelsmann.93

86 87 88 89

90

91

92

93

Übersetzung der Fischnamen, Interpretationen und Erklärungen der Fischereigeräte und Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln. Die Anregung zur Neubearbeitung des Buches ging von mährischen Adeligen aus, die der Brüderunität nahestanden. Ebda, 57. Zu Žerotín vgl. Kap. 10. Lavinius an Camerarius, 8. November 1597, BSB, Clm 10364, Nr. 190. Vgl. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 194. Bongars an Peucer, 29. September 1599. In: Ed. 1695, 84f.: »Je vous écriray, Monsieur, plus au long par l’adresse que vous me donnerez à Leipzic. Ce billet n’a esté que pour ne laisser pas aller Mr. Petzel, sans q’il vous portast des marques de mon souvenir.« Zur Einrichtung dieses Nachrichtenringes vgl. Kap. 9. Bongars an Camerarius, 22. November 1591, ebda, 158: »J’ai apporté à la cour du Prince d’Anhalt une Lettre de Monsieur votre fils, qui est dans le paquet de notre ami Mr. Peucer. Il aura sans doute eu soin de vous la faire tenir. [...] On dit que Mr. de Pezel est avec vous [...].« Bongars an Camerarius, 25. Juni 1595, ebda, 373: »Mais notre siecle est peu favorable à la candeur de ces grands esprits. Vous m’obligerez infinement d’envoyer, dans l’occasion, à Mr. Peucer, une copie de cette lettre, et de la relation que j’y jointe.« Bongars an Peucer, 20. November 1595, ebda, 425f.: »Lors que j’avois déjà fait mon paquet, j’ai reçu votre lettre du 25 d’octobre avec celle du Mr. Peucer [...] Aussi-tôt que je saurai quelque chose de certain de nos affaires, je vous l’écrirai. Je ne puis souffrir que vous fassiez de la dépense pour me faire savoir des nouvelles. Si vous voulez m’obliger, envoyez-moi les couriers, et j’aurai soin de les satisfaire.« Bongars an Camerarius, 3. Februar 1591, ebda, 126: »J’ai reçu à Dresde deux de vos lettres avec une de Mr. Peucere qui étoient vieilles.« Ders. an dens., 3. Oktober 1590, ebda, 121: »Je vous prie d’avoir soin des lettres que j’ai mises avec les vôtres pour faire tenir à Monsieur Peucer.« Ders. an dens., 28. Oktober 1590, ebda, 122: »[...] je vous demande pardon de ce que je vous écris si rarement et de ce que toutes les fois que je le fais, je vous charge du soin de rendre mes lettres à Monsieur Peucer.«

147 Camerarius war wohl bereits über seinen Vater mit Caspar Peucer (1525– 1602), dem Schwiegersohn Melanchthons, bekannt geworden.94 Peucer hatte ab 1540 in Wittenberg Medizin und Theologie studiert und wurde Professor für Mathematik und Medizin. Als Rektor der Universität Wittenberg gewann er das Vertrauen des Kurfürsten August von Sachsen, der ihn mit der Oberaufsicht über die sächsischen Gelehrtenschulen betraute und ihn 1570 zum Leibarzt bestellte. Als überzeugter Anhänger Melanchthons erstrebte er die Union der lutherischen und calvinistischen Glaubensanhänger; er galt als Haupt der sächsischen Kryptocalvinisten. 1571 gab er den von den Lutheranern abgelehnten Wittenberger Katechismus mit heraus. 1574 wurde er nach dem Umschwenken des Kurfürsten zu einer antiphilippistischen streng lutherischen, repressiven Religionspolitik verhaftet und bis 1586 in verschiedenen Gefängnissen festgehalten, ohne seine Theologie zu widerrufen. Nach seiner Entlassung wurde er Leibarzt des Fürsten von Anhalt, den er – wie später auch den Kurfürsten Christian I. von Sachsen – in kirchlichen und weltlichen Fragen beriet. Peucer edierte Briefe Melanchthons und schrieb zahlreiche Abhandlungen aus den Gebieten der Medizin, Mathematik, Philosophie, Theologie und Geschichte. Auch Abhandlungen der Astrologie zählten dazu, an denen sich Bongars besonders interessiert zeigte.95 Zwischen Bongars und Peucer bestand ein ständiger Nachrichtenaustausch seit Anfang der 1590er Jahre.96 Die Korrespondenzen scheinen zum Großteil über Camerarius zugestellt worden zu sein.97 Bongars forderte aber auch Camerarius auf, seine Korrespondenzen an Peucer zuerst zu lesen, bevor er sie weiterleitete: »Um währenddessen nicht zu versäumen, was Sie von mir erwarten und um nicht gezwungen zu sein, mich zu wiederholen, schicke ich Ihnen den Brief, den ich an M. Peucer geschrieben habe. Bitte lesen Sie ihn und reichen ihn auch an unsere Freunde weiter. Bitte schicken Sie ihn danach an Peucer weiter, nachdem Sie ihn gefaltet und versiegelt haben.«98 Dies war die Zeit, in der Peucer Berater Christian von Anhalts war.99 Christian von Anhalt, der bereits ein deutsches Hilfskorps in dem französisch-spanischen Krieg geführt hatte und durch persönliche Besuche mit Heinrich IV. bekannt war, gehörte in

94 95

96 97 98

99

Zur Vita vgl. ADB 25, 552–556. Bongars an Camerarius, 28. Februar 1591. In: Ed. 1695, 130: »Je fus hier avec Mr. Peucer, qui vous fait ses amitiez, comme aussi Mr. Brouner. Mr. Peucer fait imprimer son Traité des diverses sortes de Divinations, revu et augmenté.« Bongars an Peucer, 17. Oktober 1595. In: Ling. ep., 27; Bongars an Peucer, 29. September 1599. In: Ling. ep., 35; Bongars an Peucer, 15. September 1609. In: Ling. ep., 92. Bongars an Peucer, 20. Juli 1596. In: Ed. 1695, 486: »J’ai recus hier vos deux lettres du 4. et du 6. juillet avec celle de Mr. Peucer.« Bongars an Peucer, 9. November 1593. In: Ed. 1695, 313: »Cependant pour ne manquer pas à ce que vous désirez de moi, et pour n’estre pas obligé de repeter la mesme chose, je vous envoye ouverte la lettre que j’écris à Mr. Peucer. Vous la lirez a.v.p. et vous ferez part à nos amis. Vous la lui envoyerez ensuite, après l’avoir pliée et cachtée.« Bongars an Peucer, 10. Juli 1593. In: Ed. 1695, 293: »Nous verrons ici Mr. Peucer et le Prince d’Anhalt qui viennent ici.«

148 dieser Zeit zu den Befürwortern und treibenden Kräften einer protestantischen Allianz der europäischen Mächte. Bongars korrespondierte diesbezüglich auch mit dem Anhaltiner.100 Politische Nachrichten tauschte er jedoch mit Peucer aus.101 Bei diesen Korrespondenzen mit Peucer spricht Bongars auch immer wieder von »nos affaires« und meint damit nicht die politischen Entwicklungen in Frankreich, sondern den Stand der sich verdichtenden Allianz der antihabsburgischen Kräfte.102 Bongars bedankt sich bei Peucer, dass er von ihm »des nouvelles assurées« erhielte, im Gegensatz zu den »bruits qui courent«, den umlaufenden Gerüchten. Er betont dadurch den Wert von belegbaren Nachrichten. Dass es ein Problem darstellte, an authentische Informationen heranzukommen, wird auch daraus ersichtlich, dass Bongars sich immer wieder gegenüber seinem Vorgesetzten beklagte, dass bei ihm nur »Märchen« ankämen und er über keine zuverlässigen Angaben verfügte.103 Auch hätte er das Problem der »nouvelles qui son vieilles«, was ihm die Einschätzung der politischen Situation erschwerte.104 6.2.1.3 Informationen von professionellen Berichterstattern Zuverlässige Nachrichten erhoffte man indes von professionellen Berichterstattern käuflich zu erwerben. Es gibt eine Reihe von Zeitungsschreibern, bei denen Bongars Nachrichten abonniert hatte.105 So z.B. in Leipzig von einem gewissen Branthe, der politische Nachrichten in französischer Sprache verschickte.106 Auch Camerarius bezog politische Informationen von politischen Berichterstattern wie z.B. Wolfgang Zündelin und Johannes Löwenklau. Auch diese beiden

100 101

102

103 104

105 106

Briefe Bongars’ an Christian von Anhalt vgl. z. B. BERN, cod. B 149, Nr. 46, 57, 115. Bongars an Peucer, 10. Mai 1595. In: Ed. 1695, 23f.: »Mais vous ne me sonnez pas souvent cette satisfaction, en m’écrivant si rarement. [...] Ces lettres intercéptees, que vous desirez de voir, sont devenuës si communes, que je ne doute point que vous ne sçachiez maintenant tout ce qu’elles contenoinent. Il y a eu deux paquets de surpris. Le premier contenoit les lettres des Ambassadeurs S. Clement et Aurée, par lesquelles ils representent ce qui a esté conclu et arresté la Diéte de Ratisbone l’adresse avec laquelle ils ont gagné les esprits des Princes et des Ministres: l’importance qu’il y a de penser à un successeur pour l’Empire [...]«. Bongars an Peucer, 20. September 1595. In: Ed. 1695, 28f.: »J’attendois à vous écrire que j’eusse recue des nouvelles de France, pour vous marquer plus certainement l’estat où sont toutes nos affaires. De quelque part que je me tourne, je ne voy que de la division parmy les Princes qui devroient estre les plus unis [...] J’attends non plus chaque jour, mais d’heure en heure des lettre de France. Je ne puis sans cela vous écrire de nouvelles assurées; car vous avez assez d’autres gens qui vous mandent les bruits qui courent.« Briefentwurf Bongars’ an Villeroy, 4. Dezember 1598, B. N., FR 7128, fol. 25: »A me nihil arrivisse qua fabula.« Bongars an Camerarius, 29. April 1592. In: Ed. 1695, 610: »Un courrier est devenu depuis peu d’Espagne [...] je ressens la fatigue des longues voyages [...]. Si je voulois maintenant vous écrire des nouvelles de nos affaires, je n’en pourrois dire qui ne fussent vielles.« Zeitungen vom 20. und 26. Juli 1602, BERN, cod. 140, Nr. 70. Branthe an Bongars, 3. Juli, 21. August und 25. September 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 87, 92, 98.

149 waren Teil des Nachrichtenringes, zu dem Camerarius, Peucer, Bongars und andere gehörten. Wolfgang Zündelin (1538–1614) wurde in Konstanz geboren und unterrichtete den jungen Pfalzgrafen Christoph.107 Anschließend ging er nach Venedig als besoldeter Agent im Auftrag Pfalzgraf Friedrichs des Frommen. Friedrichs lutherischer Nachfolger Kurfürst Ludwig überließ die weitere finanzielle Versorgung Zündelins seinem calvinistischen Bruder Johann Casimir und dem Landgrafen Wilhelm von Hessen. Darüber hinaus wurde Zündelin finanziell von Freunden wie Joachim Camerarius d. J. unterstützt, den er von 1573 bis zu dessen Tod 1598 mit politischen Nachrichten belieferte. In der Staatsbibliothek München befinden sich 570 Briefe mit Nachrichten, die Zündelin an Camerarius schickte.108 Ende 1589 verließ Zündelin Venedig und ging nach Dresden an den kursächsischen Hof, der zu den treibenden Kräften eines protestantischen Zusammenschlusses gehörte. Zündelin begleitete den Kurfürsten im Februar 1590 nach Plauen, wo die protestantischen Fürsten über die Gründung einer Union berieten.109 Ein Jahr später nahm Zündelin engeren Kontakt mit Bongars auf. Die Berichterstattung Zündelins war stark reformiert gefärbt. Er wies ständig auf die Gefahr durch die »spanische Pest« hin, wie dies in den erhaltenen Schreiben an Camerarius, Hubert Languet, den kurpfälzischen Rat Georg Michael Lingelsheim und auch Bongars zum Ausdruck kommt. Bei seiner Gesandtschaftsreise an den kursächsischen Hof in Dresden im Frühjahr 1591 ergibt sich für Bongars auch die Gelegenheit zu persönlichen Unterredungen mit Zündelin.110 Zumindest ließ sich Bongars seine Post an die Adresse von Zündelin nachschicken. Die Ereignisse in Dresden überstürzten sich jedoch für Zündelin, der nach der Verhaftung des Kanzlers Nikolaus Krell Sachsen verlassen musste und sich Anfang 1592 nach Frankfurt begab.111 Wie aus einem Brief Bongars’ hervorgeht, traf er dort mit Zündelin zusammen, bevor dieser seine Reise nach Straßburg fortsetzte.112 Bis Mai 1600 hatte Zündelin eine Bestallung als kur-

107

108 109 110

111 112

Vgl. Bezold: Zündelin. In der Bayerischen Staatsbibliothek München befindet sich die Korrespondenz Zündelins mit Camerarius, BSB, cod. lat. 10371 und 10372; Babinger: Zündelin (1948); ders.: Zündelin (1949). Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 111. Bezold: Zündelin, 157. Bongars an Camerarius, 3. Februar 1591. In: Ed. 1695, 129: »Dans ma retraite, j’ai des conversations très agreables vec Mr. Zündelin. C’est un des hommes du monde qui a le mieux joint, ce me semble, l’éloquence avec la sagesse, et la civilité avec l’éloquence [...] Si arrive que quelques-unes des Lettres qu’on m’écrit vous tombent entre les mains, je vous prie, Monsieur, d’avoir la bonté de les envoyer à Monsieur Zündelin.« Ancel an Bongars, 7. März 1592, SUBH, sup ep. 30, fol. 67: »Je vous prie saluer monsieur Zundelin de ma part s’il est encore a Francfort [...]«. Bongars an Camerarius, 29. Februar 1592, ebda, 177: »J’ay su que Mr. Zündelin est à Strasbourg, et qu’il y demeurera«.

150 pfälzischer Rat inne und hielt sich dabei auch zeitweise in Heidelberg auf.113 Anschließend ging er in die Schweiz, wo er 1614 in Winterthur starb.114 Zeitgleich hielt mit Bongars und Zündelin hielt sich auch der Humanist und politische Berichterstatter Johannes Löwenklau (1541–1594) 1592 in der Mainmetropole auf.115 Der Kryptocalvinist Löwenklau war Dekan der Artistenfakultät in Heidelberg gewesen, bevor er 1565 im Auftrag Lazarus’ von Schwendi als politischer Berichterstatter an den savoyischen Hof nach Turin ging. 1566/67 befand er sich in Basel und bearbeitete und edierte Schwendis Kriegsdiskurs. Schwendi musste Löwenklau weiter unterstützt haben, denn dieser widmete ihm mehrere Bücher.116 In den 1580er Jahren unternahm Löwenklau als Begleiter von Diplomaten größere Reisen. So reiste er z.B. im Gefolge des sächsischen Gesandten Andreas Paull an den Hof von Ferrara, wo auf dem Weg dorthin seinem Freund Zündelin in Venedig begegnete.117 Löwenklaus Rolle in der Gesandtschaft war wohl eher eine dekorative, denn durch seine Sprachkenntnisse und sein Ansehen als Gelehrter, seine Kenntnis des italienischen Hoflebens und auch seine religiöse Haltung sollte den Diplomaten der Zugang zu den gebildeten Hofkreisen erleichtert werden. 1584 begleitete er den mährischen Edelmann Heinrich von Liechtenstein auf der von Rudolf II. befohlenen Gesandtschaftsreise nach Konstantinopel an den Hof des türkischen Sultans Murad III. Löwenklau nutzte diese Reise zu wissenschaftlichen Studien und knüpfte Kontakte zu griechischen Gelehrten. In der zweiten Aprilhälfte 1585 verließ Löwenklau Konstantinopel, also kurz bevor Bongars dort eintraf.118 Seine später veröffentlichten Werke Neuwe Chronica (1590) und Neuwe Musulmanische Historici (1590/91) gehen auf diese Reise zurück. Sie erschienen beide im Verlag der Wechel-Erben. Löwenklau arbeitete in dieser Zeit bereits als Informant und politischer Berichterstatter für seine calvinistischen und kryptocalvinistischen Glaubensbrüder. Seit etwa 1587 gehörte er zu dem Kreis von Karl von Žerotín, auf dessen Schloß in Namiest er die Stellung eines Art Haushofmeisters und Hauslehrers der Kinder Žerotíns bekleidete. Im Mai 1588 begleitete er Žerotín auf dessen mehrmonatiger Reise durch Deutschland, wo sie mit Calvinisten und sympathisierenden Protestanten wie Caspar Peucer, Christoph Pezel, Andreas Paull, David Chytraeus und

113

114 115 116 117

118

Bongars an Camerarius, 6. September 1592, ebda, 217: »[...] j’ai laissé en passant par Heidelberg votre lettre à Monsieur Leunclavius, et le lui ai fait vos amitiez: car Monsieur Zündelin étoit absent avec Monsieur l’Electeur.« Bezold: Zündelin, 166. Zur Vita Löwenklaus vgl. NDB 15, 95f.; Babinger: Herkunft und Jugend; ders.: Nachtrag; ders.: Lebensende; Metzler: Löwenklau. Metzler: Löwenklau, 27. Der Hof von Ferrara war wegen seiner zeitweiligen Toleranz gegenüber Protestanten und seiner territorialen Konflikte mit dem Kirchenstaat seit vielen Jahrzehnten ein Ziel kursächsischer Diplomatie. Babinger: Lebensende, 8.

151 Joachim Camerarius d. J. zusammentrafen.119 Sie alle hatten die gemeinsame Zielsetzung, eine politische Zusammenarbeit zwischen den deutschen protestantischen Fürsten sowie England und Heinrich von Navarra zu erreichen.120 Bei diesen Zusammentreffen lernte Bongars Löwenklau und Žerotín kennen. 1591 war Löwenklau in dem von den Protestanten aufgebauten Nachrichtenring als Korrespondent in Köln für den kursächsischen Kanzler Krell, aber auch für Joachim Camerarius tätig. Nach dem Tod des Kurfürsten Christian und der Verhaftung Krells musste Löwenklau den kursächsischen Dienst und damit seine Funktion als Berichterstatter in Köln verlassen.121 Im folgenden Jahr reiste er nach Frankfurt zu seinem Verleger Jean Aubry aus dem Wechel-Verlag, um letzte Korrekturen an den Druck seiner Cassius Dio-Ausgabe anzubringen. Hier traf er auf der Frühjahrsmesse auch Bongars.122 Bongars profitierte zum einen von den Informationen, die Camerarius von Löwenklau bezog und an ihn weiterleitete. Dabei ging es unter anderem auch um die sichere Weiterleitung von Nachrichten.123 Zum anderen verband ihn mit Löwenklau das gemeinsame philologisch-historische Interesse.124 Löwenklau fand in Frankfurt jedoch keine Auftraggeber und zog deshalb über Heidelberg nach Wien weiter, bevor er erneut in das Gefolge von Žerotín eintrat. Die Zosimus-Übersetzung von Löwenklau zeigt, dass die wissenschaftliche Beschäftigung der Späthumanisten mit antiken Autoren durchaus eine gegenwartsreflektierende Funktion haben konnte. Zosimus war ein um die Wende vom fünften zum sechsten Jahrhundert lebender hoher kaiserlicher Beamter und einer der letzten paganen Historiker der römischen Antike. Löwenklaus Leistung war es, das hochgradig ideologische christliche Geschichtsdenken seiner Epoche mit diesem Heiden konfrontiert zu haben und der Übersetzung noch die

119

120

121 122 123

124

David Chytraeus (1530–1600) studierte in Tübingen und Rostock. 1568 arbeitete er in Krems an der Agende der niederösterreichischen Stände und später an der mecklenburgischen Konsistorialordnung mit. 1573 begann er mit seiner Arbeit an der Schulordnung für die Grazer Landschaftsschule und für eine Kirchenordnung für die Stände der Steiermark, danach kehrte er nach Rostock zurück. Er war an den Beratungen zum Konkordienbuch beteiligt. Er wurde zum fünften Rektor der Universität Rostock gewählt. Vgl. Glaser / Lietz / Rhein (Hrsg.): Chytraeus. Metzler: Löwenklau, 41. Die Rolle Löwenklaus sollte dabei nicht überschätzt werden. Quellenmäßig ist seine Tätigkeit durch seine Briefe nur als diejenige eines politischen Berichterstatters zu fassen. Ebda. Bongars an Camerarius, 29. Februar 1592. In: Ed. 1695, 177: »J’ay envoyé une lettre à Mr. Leunclavius. Il sera icy la semaine qui vient [...].« Bongars an Camerarius, 3. Mai 1592, ebda, 197: »J’ai eu soin de votre lettre pour Mr. Leunclavius, et pour celle de Mr. Fischer, j’ai ordonné qu’on la lui rendit en main propres.« Bongars an Camerarius, 28. Juli 1592; ebda, 210 f.: »J’ai donné à Monsieur Clusius celle que vous lui écrivez, et j’ai recu en meme temps celle de Monsieur Leunclavio, que je vous envoye dans ce paquet.« Bongars an Camerarius, 8. April 1597, ebda, 566: »Les gens de Wechel ont receu avec joye vostre Histoire des Turcs, et ils l’imprimeront d’une telle sorte, qu’on la pourra joindre avec Leunclave.«

152 Verteidigungsschrift, die Apologia pro Zosimo beigefügt zu haben. Diese Schrift war die Ursache dafür, dass alle seine Werke auf den päpstlichen Index der verbotenen Bücher gesetzt wurden.125 Die Veröffentlichung und Verteidigung des Zosimus bedeutete eine Herausforderung für das christliche Selbstbewußtsein, ging es doch um die historische Bedeutung Konstantins, des ersten getauften Kaisers. Zosimus weist ihm und Theodosius die Hauptschuld am Niedergang Roms zu und zwar nicht allein, weil sie die heidnischen Traditionen aufgaben, sondern eher noch mehr, weil sie durch ihre überhöhten Steuerforderungen und ihre ungezügelte Ausgabenpolitik Rom zugrunde richteten. Sein positives Gegenbild ist daher Julian, den die Christen den Abtrünnigen nennen und der auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet den seit Konstantin verstärkten Zentralismus aufzuhalten versuchte. Die Wiederentdeckung Julian Apostatas in der Renaissance bedeutete also folgerichtig eine Stärkung derjenigen, die für Toleranz plädierten. In Frankreich waren es seit 1561 hugenottische Autoren, die für eine unvoreingenommene Beurteilung dieses Kaisers eintraten. Löwenklau seinerseits empfahl, die Frage der Religion auszuklammern, die antiken Kaiser nach ihren Handlungen zu beurteilen, um daraus unter anderem auch den Schluß zu ziehen, dass die gegenwärtigen und künftigen Monarchen, welche das Christentum schützen möchten, aus der Alten Geschichte lernen sollten.126 Dieses Werk Löwenklaus ist wieder ein Beispiel dafür, dass die späthumanistische Beschäftigung mit Geschichtswissenschaft und Philologie auf der Basis der humanistischen Textlektüre und Textexegese die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Probleme der eigenen Gegenwart ganz bewusst in den Mittelpunkt stellte. 6.2.1.4 Camerarius’ Dienstleistungen für Bongars Joachim Camerarius d. J. unterhielt ein eigenes Nachrichtensystem und verkaufte Nachrichten weiter. Zu seinen Adressaten gehörte der französische König, der über Bongars die politischen Berichte des Nürnberger Gelehrten erhielt. Camerarius stand bereits mit französischen Diplomaten in Kontakt, bevor Bongars Gesandter in Deutschland wurde, so z.B. mit Sancy, Ségur, Turenne und de Fresnes und hielt diesen Kontakt auch später aufrecht.127 Während Bongars’ Gesandtentätigkeit stand er ebenfalls mit dem französischen Gesandten Hotman in Verbindung.128

125 126 127 128

Metzler: Löwenklau, 33. Ebda, 36. Löwenklaus Zosimus-Übersetzung ist auch von hugenottischen Historikern wie Duplessis-Mornay rezipiert worden. Bongars an Camerarius, 20. Mai 1588 u. 9. August 1591. In: Ed. 1695, 117 u. 145. Bongars läßt Camerarius immer wieder von diesen grüßen. Bongars an Camerarius, 7. Juni 1598, ebda, 521.

153 Camerarius sandte an Bongars Nachrichten aus Böhmen, Mähren und Schlesien sowie aus Ungarn, das außerhalb der Reichsgrenzen lag.129 Über seine Informanten konnte er Berichte aus den Königreichen Polen, Schweden und aus Moskau an den französischen Gesandten weiterleiten.130 Aber auch Nachrichten aus dem Reich, den Donaufürstentümern und vom Heiligen Stuhl waren für die französische Diplomatie von Interesse.131 Des weiteren sandte Camerarius Nachrichten aus Siebenbürgen sowie Berichte über katholische Geistliche wie den apostolischen Nuntius und den Bamberger Bischof. Bongars bedankte sich bei Camerarius für dessen Informationen, die ihm die politische Sachlage im Reich viel klarer erscheinen liessen als die Informationsdienste der anderen.132 Es gibt allerdings keinen Hinweis, dass Camerarius die Nachrichten, die er Bongars schickte, finanziell entlohnt wurden. Bongars sandte ihm lediglich eine Medaille als Anerkennung seiner Verdienste für den französischen König zu.133 Vielmehr scheint es so, dass Camerarius seine Informationstätigkeit als Beitrag zur Stärkung der antihabsburgischen Kräfte verstand. Auch Bongars fühlte sich gleichsam verpflichtet, Camerarius alle Nachrichten mitzuteilen, die sich irgend im Umlauf befanden.134 Da ihre eigenen Bedürfnisse Teil des allgemeinen Interesses wären, müssten sie für ihre Ziele eintreten, so argumentierte Bongars.135 Bongars zeigte sich aber für Camerarius’ Dienstleistungen auch noch in anderer Hinsicht erkenntlich. So vermittelte er den Kontakt zwischen Camerarius und de la Rivière, den Leibarzt Heinrichs IV., mit dem Camerarius später korrespondierte und sich in medizinischen Dingen austauschte.136 Oder aber er versorgte ihn mit seinen neuesten Nachrichten gelehrten Inhalts. Von politischen Themen wird in den Korrespondenzen zwischen Bongars und Camerarius

129 130 131

132 133

134 135

136

Bongars an Camerarius, 9. Februar 1597, ebda, 546: »Je vous prie de continuer à me faire part de toutes les nouvelles que vous recevrez de l’Assemblée des affaires de Hongrie«. Bongars an Camerarius, 6. Juli 1598, ebda, 629: »J’attends de vous de grandes de toutes les affaires de Pologne, de Moscovie, de Suede, de Hongrie et de tout le reste.« Bongars an Camerarius, 18. Februar 1596, ebda, 442: »Mais je vous envoyerai un courrier dans trois jours, qui vous portera des lettres pleines de nouvelles [...] J’ai recu ici votre lettre du troisième de janvier, et une plus nouvelle du vingt-deuxième, avec celles de Mr. Peucer, de Mr. Lobbetius, et les relations de Pologne. J’attends de vous de nouvelles que vous aurez du Nonce Apostolique, de l’Eveque de Bamberg et du Prince du Transsilvanie, si cela ne vous incommode point.« Bongars an Camerarius, 2. Juli 1595, ebda, 366: »Vos lettres me font voir plus clair dans vos affaires, que celles des autres.« Bongars an Camerarius, 24. August 1595, ebda, 401: »Je vous envoye une medaille de notre Roi. Elle vous fera souvenir d’un si bon Prince, après tant de preuves que vous avez données de votre affection à son service. Je vous envoye aussi une lettre de Mr. de Sancy, qui a pour vous toute l’amitié que vos bons offices ont si justement meritiée.« Bongars an Camerarius, 3. Oktober 1596, ebda, 517: »C’est une obligation que je vous ai, outre tant d’autres, de pouvoir savoir ainsi toutes les nouvelles qui courent.« Bongars an Camerarius, 20. Juli 1592, ebda, 206: »Comme notre interet particulier se trouve compris dans celui du Public, il est juste que nous y prenions part, par le soin que nous devons avoir de nous-memes.« Bongars an Camerarius, 2. Juli 1595, ebda, 374. Zu de la Rivière vgl. Kap. 8.

154 nämlich übergangslos zu philologischen gewechselt: »Mais laissons ces discours d’Etat, et revenons à nos Muses«. Und natürlich nahmen die gemeinsamen philologischen Interessen in den Korrespondenzen der beiden Gelehrten viel Raum ein, wie etwa das Besorgen und Zusenden von Büchern und Handschriften, die Camerarius entsprechend weiterleitete.137 Bongars organisierte für Camerarius medizinische Werke, wie z.B. eine Ausgabe des Hippokrates aus dem Programm des Wechel-Verlages.138 Aus Frankreich ließ Bongars Camerarius eine Ausgabe der Fabeln der Phaedra oder die Caractères von Theophrast zukommen sowie ein Buch von Palmerius. Auch eine Sprichwörtersammlung von Scaliger legte Bongars seinen Briefen an Camerarius bei. Historische Literatur, so z.B. ein kleines Buch über Schottland, ein Geschichtsbuch von Serres sowie die Chroniken des Jean de Tuvrocka befinden sich ebenfalls bei den Büchersendungen nach Nürnberg.139 Aber auch politische Schriften, wie z.B. von Jean Bodin wurden entweder von Camerarius selbst bestellt, auf jeden Fall von Bongars besorgt. Camerarius versuchte seinerseits, Bongars die gewünschten Bücher zu beschaffen. So suchte Bongars eine Darstellung über Deutschland, seine Provinzen, die Rechte des Kaisers und der Kurfürsten, der Fürsten, Bischöfe, Grafen, der freien Reichsstädte, der Barone und des Adels, ihrer Dienstbarkeiten unter Berücksichtigung der gegenseitigen Abhängigkeiten.140 Für sein eigenes Werk Rerum Hungaricarum erhielt Bongars von Camerarius eine Chronologie des Königreiches Ungarn erhalten.141 Bongars übernahm für die Drucklegung von Camerarius’ Werken die Funktion eines Vermittlers zum Wechel-Verlag.142 Auch für die Schriften von Came-

137

138 139

140

141

142

Bongars an Camerarius, 1. März 1594, ebda, 325; ders. an dens., 1. Juni 1598, ebda, 620: »J’ai vu Mr. Hotmann en partant de Basle. Il vous fait ses complimens. L’écrit touchant la messe, que vous aviez envoyé pour lui, a été trouvé par Mr. Othomare, qui l’avoit négligé en quelque fois, après l’avoir recu de Mr. de Gernusius.« Ders. an dens., 16. April 1593, ebda, 266. Bongars an Camerarius, 3. Dezember 1595, ebda, 434: »Les gens de Wechel m’ont fait dire, qu’ils vous avoient envoyé un Hippocrate [...].« Bongars an Camerarius, 29. Oktober 1596, ebda, 531: »Je me suis informé de l’Histoire de Serres. Son livre est un abregé de l’Histoire de France, depuis le commencement de la Monarchie. Il a ecrit en Francois, et assez exactement [...].« Bongars an Camerarius, 30. Mai 1593, ebda, 277: »[...] il y a longtemps que je cherche un auteur qui ait fait une description de votre Allemagne, en la distinguant, selon toutes ses Provinces, et qui ait marqué les droits de l’Empereur, des Electeurs, des Princes, des Eveques, des Contes, des Villes libres et imperiales, des Barons et de la Noblesse, avec les servitudes et les dépendances de chacun d’eux.« Bongars an Camerarius, 31. Oktober 1596, ebda, 533: »Monsieur notre hôte se prepare à faire imprimer une seconde partie des guerres de Hongrie, dans laquelle il fait entrer beaucoup d’Historiens et de geographes. Comme je ne doute point que l’on ne peut encore enrichir cette edition, par ce qui se pourroi trouver dans une aussi grande bibliothèque qu’est la vostre.« Bongars an Camerarius, 18. Januar 1597, ebda, 545: »Un medecin nommé Sarazin, prepare une nouvelle Edition de Dioscoride, comme Mr. Aubry vient de me dire presentement. Il m’a fait souvenir en mesme temps de l’histoire des Turcs de Monsieur vostre pere, et du

155 rarius d.Ä. setzte sich Bongars in dem Frankfurter Verlagshaus ein. Bongars brachte in seinen Briefen immer wieder die Bewunderung zum Ausdruck, die er für Joachim Camerarius d.Ä. hegte und drängte Camerarius zur Herausgabe der Türkenschriften seines Vaters. Er beriet sich auch mit Lingelsheim über dieses Unternehmen.143 Bongars verhandelte später mit Erfolg mit dem Wechel-Verlag über die Drucklegung des Werkes, das gemeinsam mit den Türkenschriften Löwenklaus verlegt werden sollte.144 Immer wieder deutet Bongars aber auch an, dass er über den Wechel-Verlag auch politische Informationen erhielt, nicht zuletzt auch seine Post.145 6.2.2 Wirtschaft und Politik: Der Unternehmer Caesar Calandrini Obwohl es auch in Nürnberg eine reformierte Gemeinde von Niederländern gab und diese einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor darstellten, waren für die französische Diplomatie die Italiener, die in den siebziger Jahren nach Nürnberg kamen, von größerer Bedeutung, und hier speziell die Unternehmensgruppe der Calandrini.146 Die Calandrini gehörten zu den bedeutendsten und weitverzweigtesten Bankiers- und Händlerfamilien der damaligen Zeit. Sie entstammten dem Luccheser Hochpatriziat und mussten ebenso wie die mit ihnen verwandten Perez als Reformierte im Zuge der Gegenreformation Lucca verlassen. Caesar Calandrini musste mit Ludwig Perez in den 1570er Jahren über Basel nach Nürnberg gelangt sein, denn etwa um die gleiche Zeit taucht in den Nürnberger Quellen erstmals der Name Calandrini auf: Der Rat erlaubte Lienhart Tanner

143

144

145

146

volume des Affaires de Hongrie, auquel vous aviez resolue, ce me semble de contribuer quelque chose [...]«. Lingelsheim an Bongars, o. D., B. N., FR 7130, Nr. 63: »Memini me audire de Joach. Camerario, cuius mihi nomen est sanctum, habere se in bibliotheca sua nescio quem, qui de bello Stephani regis in Moschos scripserit contra Heidensteinium. De eo, quaeso, inquire apud eius filium. Wecheliani volumen Moscoviticarum rerum parant, cui hunc plerisque novum auctorem velim accedere.« Die einzelnen Quellen und Gewährsleute, auf die sich das besagte Kompilat über den Moskauer Staat stützt, wären lohnend für eine eigene Untersuchung. Bongars an Camerarius, 8. April 1597. In: Ed. 1695, 566: »Les gens de Wechel ont recue avec joye vostre Histoire des Turcs, et ils l’imprimeront d’une telle sorte, qu’on la pourra joindre avec Leunclave.« Bongars an Camerarius, 19. Mai 1597, ebda, 573: »J’ai ordonné à un homme de Vechel de vous envoyer l’écrit que vous demandez, et je vous prie de vouloir prendre vous meme le soin de la lettre que j’écrit à Mr. Peucer. Les gens de Wechel attendent l’histoire de Turcs.« Kellenbenz: Wirtschaftsleben, 299. Zur Familie Calandrini und Bongars’ Korrespondenzpartner Caesar Calandrini vgl. die umfassende Darstellung von Peters: Handel Nürnbergs, 545f. u.ö.; zu biographischen Einzelheiten vgl. Matr. Altdorf., Bd. 2, 86; Kunstmann: Universität Altdorf, 55 u.ö.; Gräf: Konfession und internationales System, 256 f. Croll nannte Calandrini einen Freund, vgl. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 167.

156 und Caesar Calandrini, den Hof von Navarra mit Waren zu beliefern.147 Caesar Calandrini kooperierte bereits früh mit den französischen Reformierten. Im Transportgewerbe scheinen sich die großen Kapitalien der Familie akkumuliert zu haben, denn die Calandrini unterhielten Firmensitze in Norddeutschland, Stade, Amsterdam, Frankfurt, mit Verbindungen nach Frankreich und London. Gute Beziehungen der Calandrini zum französischen Königshaus zeigten sich darin, dass sie einen Gesandten der Krone, der hier 1612 ein Schreiben zu übergeben hatte, dem Nürnberger Rat avisierten, und als der 13-jährige Markgraf Joachim Ernst von Ansbach auf dem Wege nach Frankreich war, wollte er vorher bei Calandrini in Nürnberg Station machen.148 Auch von dem elisabethanischen Gesandten Horatio Palavicino ist bekannt, dass er im Rahmen der diplomatischen Verhandlungen mit den protestantischen Reichsfürsten mit dem Unternehmen Perez und Co. über Wechsel und Gegenfinanzierung verhandelte.149 Palavicino betätigte sich selbst im Geldwechselgeschäft und war deshalb wohl schon mit den Faktoreien des Perez-Calandrini-Unternehmens vertraut. Die Firma war damit am Finanzierungsgeschäft der Söldnerheere der Protestanten beteiligt. Aber auch Lazarus Henckel, der Bankier des Hauses Habsburg, arbeitete mit der Firmengruppe der Calandrini zusammen, ebenso wie Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler, der bei Caesar Calandrini ein Darlehen in Höhe von 5000 fl. aufnahm. Mit 20 000 fl. war 1610 die Stadt Amberg bei Caesar Calandrini verschuldet. Vier Jahre später bürgte er für einen Kredit der Stadt Nürnberg an Christian von Anhalt in Höhe von 10 000 fl. Auch der hessische Landgraf hatte einen Kredit bei Calandrini aufgenommen.150 Diese Beispiele zeigen, wie eng diese Firmengruppe mit den politischen Entscheidungsträgern verflochten war. Auch für diplomatische Missionen wurden die Verbindungen der Calandrini genutzt. Über Caesar Calandrini in Nürnberg wurden die äußerst sensiblen Verhandlungen abgewickelt, die 1597 zwischen Landgraf Moritz von Hessen und dem französischen Gesandten Ancel im Zusammenhang mit dem Plan eines Bündnisses zwischen Frankreich, England, den Niederlanden und den deutschen Protestanten geführt wurden.151 Offensichtlich hatte Calandrini auch schon seit den achtziger Jahren private Vermittlungs- und Finanzierungsgeschäfte für böhmische Reisende betrieben. Im November 1590 besuchte der Humanist Polanus, der sich auf der Rückreise mit der Reisegesellschaft Karl von Žerotíns nach Osten befand, Caesar Calandrini in Nürnberg.152 1591 war Polanus wieder in Nürnberg, diesmal als Begleiter des mährischen Adeligen Ladislav Velen von Žerotín, eines Verwand-

147 148 149 150 151 152

Peters: Handel Nürnbergs, 548. Ebda, 552 f. Stone: Elizabethan Diplomat, 141 u. 154. Peters: Handel Nürnbergs, 555. Gräf: Konfession und internationales System, 257. Vgl. Staehelin: Amandus Polanus, 21f.

157 ten Karl von Žerotíns. Nach Studienaufenthalten in Straßburg, Basel und Heidelberg war Polanus dann mit seinem Schutzbefohlenen im Frühjahr 1594 in Regensburg. Von dort schrieb Amandus nach Nürnberg an Joachim d. J. Camerarius wegen eines Darlehens von Calandrini.153 Daraus lässt sich schließen, dass Camerarius und Calandrini bei den Vermittlungsdiensten zwischen der böhmischen Brüderunität und den calvinistischen Zentren im Westen und Südwesten zusammenarbeiteten.154 Der Name des Nürnberger Unternehmers Caesar Calandrini taucht in den Korrespondenzen Bongars’ mit Camerarius immer wieder auf. Calandrini übernahm gelegentlich auch private Finanzierungen für Bongars.155 So streckte Calandrini z.B. das Geld für die von Camerarius geschickte Medizin an Bongars vor.156 Aber auch in der Gelehrtenwelt besaß der Nürnberger Bankier reichliche Kontakte, so z.B. zu Alchemomedizinern wie Oswald Croll.157 Sein Haus in Nürnberg war ebenso der Ort, wo gelehrte Manuskripte oder Bücher verwahrt und ausgetauscht werden konnten, was sowohl von Bongars wie Kaspar Schoppe und Caspar Peucer gerne genutzt wurde.158 Calandrini kümmerte sich daneben um den sicheren Transport von Büchern.159 Durch seinen Schwiegervater Scipio Gentili war er zudem mit der Altdorfer Universität verbunden.160 Auch Bongars war mit dem Altdorfer Professor eng bekannt.161 Diese Verbindungen Calandrinis nutzte Bongars, wenn er seine gelehrten Freunde dem Nürnberger Bankier empfahl und diesen um Vermittlung

153 154

155

156 157 158

159 160

161

Kunstmann: Universität Altdorf, 55. Bongars an Camerarius, 9. Juli 1597. In: Ed. 1695, 589: »Je vous ai écrit par Monsieur votre neveu, auquel j’ai donné cent vingt-deux écus d’or pour son voyage, et pour autres affaires qu’il avoit ici. Je serai bien aise, quand on les voudra rendre, que ce soit à Monsieur Calandrin.« Bongars an Camerarius, 9. Juli 1597, ebda, 589: »Je vous ai écrit par Monsieur votre neveu, auquel j’ai donné cent vingt-deux écus d’or pour son voyage, et pour d’autres affaires qu’il avoit ici. Je serai bien aise, quand on les voudra rendre, que ce soit à Monsieur Calandrin.« Bongars an Camerarius, 18. August 1591, ebda, 146. In der SUBH befinden sich 23 Briefe Calandrinis an Bongars. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 167. Bongars an Camerarius, 26. Dezember 1597. In: Ed. 1695, 605: »Mr. Calandrin vous doit faire voir un écrit de nouveau de Philosophie, qui a été fait par un jeune homme [...] deux lettres que j’écris à Schoppius et à Mr. Peucer.« Bongars an Camerarius, 15. Oktober 1596, ebda, 526: »Je crois qu’on vous aura donné les autres livres que j’avois envoyé pour vous à Mr. Calandrin.« Scipio Gentili (1563–1619), Protestant aus der Mark Ancona, wuchs in Österreich auf. Sein Bruder Alberico wurde Professor für öffentliches Recht in Oxford. Gentili studierte in Tübingen, Wittenberg, Heidelberg und Basel, wo er 1589 zum Dr. jur. promoviert wurde. Seit 1590 war er als Professor an der Universität Altdorf tätig. 1612 heiratete er die Tochter des Nürnberger Bankiers Caesar Calandrini, vgl. ADB 8, 576 f. Bongars an Camerarius, 28. März 1592. In: Ed. 1695, 185: »Je vous supplie de prendre la peine de faire tenir à notre Monsieur Gentil à Altdorf ma lettre et le paquet que j’ai mis entre les mains de Monsieur votre fils.«

158 von Stellen an der Universität bat.162 Für die diplomatische Tätigkeit Bongars’ war Calandrini als zuverlässiger Zusteller der diplomatischen Post bedeutsam.163 Calandrini gewährleistete über sein weitverzweigtes Unternehmen einen sicheren Austausch der Korrespondenzen.164 Auch seine Briefe an Camerarius adressierte Bongars an Calandrini.165 Ebenso wichtig war für den französischen Gesandten der Nürnberger Bankier in seiner Funktion als Nachrichtenlieferant.166 Auch Camerarius empfahl Bongars, sich an Calandrini wegen neuester Nachrichten zu wenden.167 Dabei kam es offensichtlich zu einem gegenseitigen Austausch von politischen Informationen, denn auch Bongars versorgte Calandrini mit Nachrichten, die dieser dann für sein eigenes Unternehmen auswertete, an andere weiterleitete oder verkaufte.168 Aus den Quellen ist zu lesen, welche intimen Kenntnisse Bongars Calandrini aus der außenpolitischen Zentrale in Paris zukommen ließ.169 Selbst bei politischen Angelegenheiten, fragte Bongars Calandrini nach seiner Meinung.170

162

163

164 165 166 167 168

169

170

Bongars an Camerarius, 24. April 1592, ebda, 189: »Il se presente une occasion de vous écrire, et je n’ai pas voulu la perdre. Emile Porte, fils de François, qui étant Grec de l’Isle de Candie enseigna autrefois le Grec à Geneve avec une si grande réputation, part d’ici pour aller en vos quartiers. Il fait aussi tres-bien le Grec et le Latin, et il y a joint encore une parfaite connoissance de notre langue Francoise et de l’Italienne. Il cherche de l’emploi chez vous.« Zu Émile Porte (Aemilius Portus) vgl. auch Kap. 8. Bongars an Camerarius, 6. Juli 1598, ebda, 629: »J’envoye à Mr. Calandrin quelques lettres pour Messieurs vos Princes. Je vous supplie de conférer avec lui de la manière la plus sure pour les leur faire tenir.« Bongars an Camerarius, 4. Dezember 1591, ebda, 161: »Je vous prie de le faire savoir à Mr. Calandrin, afin qu’il puisse envoyer à un lieu certain des lettres dont je l’ai chargé.« Bongars an Camerarius, 10. September 1596, ebda, 505: »J’ai recu votre dernière lettre par Monsieur Calandrin.« Bongars an Camerarius, 20. September 1591, ebda, 154: »Monsieur Calandrin vous dira les nouvelles qui courent ici. Il est incertain si elles sont vrayes.« Bongars an Camerarius, 26. September 1596, ebda, 510: »Mr. Calandrin vous en dira davantage sur toutes sortes de nouvelles.« Bongars an Camerarius, 22. November 1592, ebda, 226 f.: »[...] j’ai mandé à la hate à Mr. Calandrin ce que je savois de nouvelles. J’ai reu votre lettre et j’ai rendu à Mr. Clusius celle qui s’adressoit à lui [...]. J’ajoute ce que j’ai ecrit à Mr. Calandrin que les Etats de Hollande ont promis au Roi 30 mille florins par ans [...].« Ders. an dens., 22. April 1595, ebda, 350: »J’ai écrit à Mr. Calandrin toutes mes nouvelles.« Ders. an dens., 3. Juni 1595, ebda, 361: »Mais j’ai mis dans mon paquet une relation des nouvelles dur reste de la France, que vous verrez avec Mr. Calandrin.« Ders. an dens., 1. Januar 1596, ebda, 442: »Mr. Calandrin vous fera voir les extraits de diverses lettres.« Ders. an dens., 7. April 1596, ebda, 453: »Mr. Calandrin m’a rendu ici votre lettre du 17. Mars.« Ders. an dens., 19. April 1596, ebda, 458: »[...] je vous écrirai plus au long par Mr. Calandrin.« Ders. an dens., 13. August 1596, ebda, 494: »Vous en pouvez lire, s.v.p. toutes particularitez dans la relation que j’en envoye à Mr. Calandrin [...].« Bongars an Camerarius, 10. Juli 1593, ebda, 293: »J’envoye a Monsieur Calandrin la relation françoise de l’avis de la Noblesse, du Parlement et des Ligueurs, touchant l’election d’un roi.« Bongars an Camerarius, 27. August 1596, ebda, 502: »J’ai envoyé à Mr. Calandrin les exemplaires de l’écrit que j’ai fait imprimer ici pres. Je vous prie d’en prendre un pour vous. C’est un écrit fort et qui merite d’etre lu.«

159 6.2.3 Kontakte zur Akademie in Altdorf Zentrum der institutionalisierten Gelehrsamkeit war die Akademie in Altdorf, die 1575 in unmittelbarer Nähe von Nürnberg gegründet worden war.171 Nach Altdorf kamen viele Studenten aus Böhmen, vor allem an die Juristische Fakultät. Hier wirkten seit den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts u.a. die Juristen Conrad Rittershausen (1560–1613) und Georg Rehm. Mit Conrad Rittershausen stand Bongars in engem Kontakt.172 Er unterstützte ihn bei der Herausgabe des Phädrus.173 Rittershausen gehörte zu den Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik, deren Briefwechsel ganz Europa umspannte. In Paris korrespondierte Rittershausen, der fließend Französisch sprach, u.a. mit de Thou über dessen Geschichtswerk, besprach mit ihm aber auch Organisatorisches wie z.B. den Erwerb von Druckprivilegien bei Heinrich IV.174 Das Sammeln und Edieren von alten Handschriften und antiken Klassikern waren die Themen, die in den Korrespondenzen mit Bongars vorherrschend waren.175 Dabei gab es gemeinsame Projekte wie wie z.B. eine Servius-Edition, für die Bongars Kommentare sammelte und das Exemplar von Rittershausen anforderte.176 Rein juristisch-philologisch waren die Interessen Rittershausens keineswegs gelagert. Der Professor, der auch als Rechtsberater für Nürnberg tätig war, nutzte seine Kontakte in Böhmen, um an politische Informationen zu kommen. So frischte er 1596 bei einem Aufenthalt in Prag – er war hier Camerarius bei der Herausgabe des Mattiolischen Kräuterbuches behilflich – den Kontakt zu Hieronymus Arconatus wieder auf, der als militärischer Fachmann und Berater des Kaisers fungierte.177 Arconatus war neben seiner Tätigkeit am Hofkriegsrat

171 172

173 174

175 176

177

Vgl. Mährle: Academia Norica. Conrad Rittershausen studierte in Helmstedt und Altdorf Rechtswissenschaft. Auf seiner zweijährigen »peregrinatio academica« reiste er quer durch ganz Europa. 1598 erhielt er in Altdorf die »Professio Pandectorum« und in Nürnberg die Stelle eines Jurisconsultus. Neben juristischen Arbeiten wie dem Jus Justinianum verfasste Rittershausen philologische Arbeiten. Er edierte Boëthius, Phaedrus, Photius Isidorum u. a. Zur Vita Rittershausens vgl. Kunstmann: Universität Altdorf, 26–28. Bongars an Rittershausen, 4. April 1597, BERN, cod. B 149, Nr. 325. Vgl. die Briefe Rittershausens an de Thou in B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 245, 246, 248, 250, 251 und die Briefe de Thous an Rittershausen, ebda, 706, fol. 97, 99. In dem Brief vom 4. September 1611 (Coll. Dupuy 836, fol. 250) geht es um die Druckprivilegien. Bongars an Rittershausen, 16. April o. J., BERN, cod. B 149, Nr. 377. Bongars an Camerarius, 12. September 1598. In: Ed. 1695, 633: »[...] ce qui m’a porté encore à vous ecrire dans une aussi grande foiblesse que celle où je suis, est la lettre de Mr. Schoppius que je recues hier, datée de Ferrare, par laquelle il m’écrit que ce qu’il a de Notes sur Servius, est chez Rittershusius d’où il souhaite que je les retire. Je lui écris dont pour cet effet, et vous envoye la lettre vous suppliant d’y joindre la votre, afin qu’il ne fasse point de difficulté de m’accorder ce que je demande, P. Daniel presse fort pour les notes [...] Je vous prie donc de faire agréer à Mr. Rittershusius que le Servius soit envoyé à Francfort chez Calandrin.« Kunstmann: Universität Altdorf, 49–52. Rittershausen war 1596 für kurze Zeit in Prag und bot Camerarius seine Dienste an, mit dem Prager Drucker zu verhandeln, der das Buch von Camerarius für den Druck vorbereitet hatte. Das Pflanzenverzeichnis von

160 in den Gelehrtenkreisen wegen seiner dichterischen Werke bekannt.178 Über die Vorgänge in Siebenbürgen und um Sigismund Báthori brachte Rittershausen einen von Arconatus verfassten Bericht mit nach Altdorf, den er an Joachim Camerarius in Nürnberg weiterleitete. Diese Informationen von Rittershausen bildeten die Nachrichtenquelle für die Berichte, die Camerarius an Bongars weiterleitete. Die Nachrichtenschiene über Arconatus–Rittershausen–Camerarius und letztendlich Bongars schien sich zu bewähren, denn Rittershausen bat Arconatus um weitere Informationen. Häufiger als bisher trat nun in Rittershausens Briefen an Camerarius der Name seines Prager Korrespondenten auf.179 Rittershausen war in Altdorf der Lehrer von Kaspar Schoppe, der zunächst noch zum engeren Kreis von Bongars gehörte.180 Schoppe, zu diesem Zeitpunkt noch Protestant, widmete sein erstes Werk Jacques Bongars, der ihn mit Autoritäten der Gelehrtenrepublik wie Janus Gruter, Joachim Camerarius u.a. zusammengebracht hatte.181 Marcus Welser, der aus adliger und reicher Augburger Familie stammte, führte Schoppe auch in kaiserliche und päpstliche Kreise ein. Zuerst reiste Schoppe mit einem Empfehlungsschreiben von Jacques Bongars nach Padua, wo er die reiche Bibliothek des Bibliophilen und Mediziners Gianvincenzo Pinelle (1535–1601) konsultieren konnte.182 Danach richtete er den Blick auf den Kaiserhof in Prag. Dort kam er in Kontakt mit Johannes Matthäus Wacker von Wackenfels (1550–1619), einem Mitglied des Reichshofrats. Wacker, der auf seiner Studienreise von 1576 bis 1580 mit Nikolaus Rhediger durch Frankreich, Süddeutschland und Italien gereist war und sich später als Hauptberater des Bischofs Andreas Jerin in Breslau in dem Humanistenkreis um Jacques Monau und Andreas Dudith aufgehalten hatte, war 1592 zum Katho-

178

179 180

181 182

Pierandrea Mattioli war 1562 bereits in einer tschechischen Übersetzung von Thaddäus Hájek erschienen. Danach erschien in mehreren Auflagen eine deutsche Fassung, die Georg Handschuh in Böhmen besorgt hatte. Camerarius überarbeitete den Text und ergänzte das Herbarium. Nach dieser Fassung wurde es in tschechischer Sprache 1596 in Prag herausgegeben. Camerarius hatte Rittershausen deshalb gebeten, bei dem Prager Drucker diesbezüglich nachzusehen. Der Drucker war ein Anhänger der böhmischen Brüderunität. Hieronymus Arconatus (um 1553–1599) studierte in Jena und Wittenberg und trat nach mehrjährigen Reisen durch Europa und Asien in kaiserliche Dienste ein. Er wurde bekannt durch seine Darstellung der Rückeroberung Raabs von den Türken (»Carminum [...] farrago«, Wien 1592) und zahlreicher Gedichte (»Poematum recentiorum volumen«, Wien 1591); vgl. Evans: Rudolf II, 149. Kunstmann: Universität Altdorf, 69. Bongars an Camerarius, 25. Mai 1597. In: Ed. 1695, 578: »que j’ai recu votre derniere du 7. mai avec celle de Mr. Schoppius.« Vgl. hierzu die Beiträge in Jaumann (Hrsg.): Kaspar Schoppe, mit weiterführenden bio-bibliographischen Angaben. Gasperis Schoppi Fr. Suspectarum lectionum libri quinque, Nürnberg 1597, Widmung datiert Nürnberg, 1. Mai 1597, fol. a3–a6’. Vgl. Papy: Manus manum lavat, hier 281. Bongars an Camerarius, 25. Mai 1597. In: Ed. 1695, 578: »Je repons à Mr. Schopius, et je lui envoye une lettre de recommandation pour Mr. de Harlay, pour M. de Dollé et Mr. Pinelle. Je le connois que par ses écrits, qui assurément sont savans, et par les lettres qu’il m’a écrites.«

161 lizismus konvertiert. Durch Wacker wurde Schoppe angeblich zum Katholizismus hingeführt. Anfang Mai 1598 reiste er mit Wacker nach Italien in einer diplomatischen Mission und kam Ende Dezember in Rom an. Im September 1599 schrieb er seinem protestantischen Lehrer Rittershausen zwei kurze Briefe über verschiedene katholische Dogmen und theologische Streitfragen. Scharfsinnige theologische Beweisführungen zur Verteidigung des Katholizismus sind in Schoppes Korrespondenz aus dem Jahre 1599 auch mit Bongars zu finden.183 Bongars gab trotz theologischer Differenzen seine Zusammenarbeit mit Schoppe auf wissenschaftlicher Ebene nicht auf, wenngleich die Kommunikation zum Teil über Dritte wie Rittershausen geführt wurde.184 Daraus lässt sich vielleicht die Verärgerung Lingelsheims erklären, der kurz nach Bongars’ Tod dem Diplomaten und Gelehrten Hotman schrieb, dass sich der »Taugenichts« Schoppe als ein Freund Bongars’ ausgegeben hätte.185 Der andere Altdorfer Rechtsgelehrte, der in demselben Maße wie Rittershausen die Beziehungen zu Böhmen pflegte, war Georg Rehm (1561–1625), auch er Rechtskonsulent der Reichsstadt.186 Obwohl mir keine Briefe, die zwischen Bongars und Rehm ausgetauscht wurden, zugänglich waren, wird Rehm in Bongars’ Briefen an Camerarius öfters erwähnt. Rehm repräsentierte in besonderer Weise die politische Linie dieser Gelehrten um Camerarius. Er war ein Befürworter protestantischer Unionsversuche, die die Evangelischen der benachbarten böhmischen Länder und die Anhänger des Calvinismus im Westen auch in politischer Weise zusammenführen sollte. Die Academia Altdorfina sah er in dieser Hinsicht als Bindeglied zwischen Ost und West und hielt zu Gleichgesinnten wie Duplessis-Mornay in Frankreich und den mährischen Adelskreisen, darunter besonders Karl von Žerotín, enge Beziehungen.187

6.3

Straßburg: Lutherische Reaktion

Die große Bedeutung, die Straßburg in der außenpolitischen Konzeption Heinrichs IV. zukam, wurde in Kap. 3 dargestellt. Strategischer Brückenkopf, politische Pufferzone und Kreditgeber, diese Schlagworte umkreisen die Ziele, die

183 184

185

186 187

Bongars an Schoppe, 30. Juli 1599; Antwort Schoppes an Bongars 30. Oktober 1599, BERN, cod. B 149, Nr. 359 und 360, ebenso Ling. ep., 46. Rittershausen an Schoppe, 20. Oktober 1600, BERN, cod. 141, Nr. 116: »Apologia Ante Galliaca a me vuorsam quando nec Claud. Marnique nec Ant. Guilielm. Hanauianque audit imprimersi per velim illic e vicina mature mitti ad Melissum, qui meo regatu procurabit editione vel Heidelbergae vel alibi. Tu quaeso meis verbis id roga D. Bongarsium eut a se obsignatum librium tam Gallicis que Latinium committat.« Lingelsheim an Hotman, 24. Oktober 1612, BSHPF, Ms 10 V, fol. 3: »Je vous envoye une epistre de Mons. Casaubon, adressée à moy, touchant ce garnement de Scioppius vous en avez icy aussi pour vos amis.« Zur Vita Rehms vgl. Kunstmann: Universität Altdorf, 29–33. Ebda, 89.

162 der Bourbonenkönig gegenüber der Reichsstadt verfolgte. Nicht zuletzt verweist die Plazierung eines ständigen Gesandten in der Reichsstadt das Gewicht, das der französische König Straßburg beimaß. Die politische Bedeutung Straßburgs stand jedoch im Gegensatz zu ihrer Bedeutung in der respublica litteraria.188 Denn in Straßburg lebten Ende des 16. Jahrhunderts nur noch wenige bedeutende Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik. Durch die lutherische Reaktion waren viele Reformierte ausgewandert, die Anteil am kulturellen Leben Straßburgs gehabt hatten. Das orthodoxe Klima der Reichsstadt verhinderte die Ansiedlung von gemischtkonfessionellen Intellektuellenkreisen, wie sie sich in Frankfurt und Nürnberg etabliert hatten. Bongars stand gerade mit Personen, die zur reformierten Minderheit der Reichsstadt gehörten, in engerem Kontakt. So z.B. mit dem reformierten Straßburger Stadtschreiber Paul Hochfelder, einem Freund Lingelsheims.189 Hochfelder hatte in Padua studiert und seiner Heimatstadt seit 1569 erst als Syndikus, dann als Stadtschreiber gedient. Durch häufige Gesandtschaftsreisen für die Reichsstadt Straßburg hatte er sich große Erfahrungen in den Pfaden der Reichspolitik angeeignet. Allein die Tatsache, dass die nun streng lutherische Reichsstadt diesen Reformierten in ihr wichtigstes Amt berief, spricht für seine staatsmännischen Qualitäten.190 Hochfelder besaß neben seinem Einkommen aus seiner Tätigkeit in Straßburger Diensten auch eine kurpfälzische Bestallung von Haus aus. Für die Heidelberger Regierung verfasste er Gutachten über die Reichspolitik. Zu der reformierten Minderheit zählte auch der Unternehmer René Gravisset (1560–1639).191 Bongars wohnte, immer wenn er beruflich in Straßburg zu tun hatte, im Hause des Bankiers und Juweliers, mit dem ihn ein enges Freundschaftsverhältnis verband. Der 1560 geborene Gravisset entstammte aus einer angesehenen lothringischen Beamtenfamilie, welche vermutlich aus Religionsgründen in die Pfalz und ins Elsaß gezogen war.192 Sein Großvater Nikolaus Gravisset war Gouverneur von Epinal in Lothringen gewesen. Nach der Eintragung im Bürgerregister der Stadt Straßburg hatte René Gravisset am 25. April 1588 dort das Bürgerrecht erworben und sich zugleich verpflichtet, bei der Zunft der Goldschmiede »zur Stelzen« zu dienen. Aber auch im Kreditgeschäft engagierte sich Gravisset. Er führte den Titel eines »churfürstlichpfalzgräflichen Cammerrates«, der ihm vielleicht als Anerkennung für in seiner Eigenschaft als Bankier geleistete Dienste für die Kurpfalz zuerkannt worden war.193 Auch Jacques Bongars profitierte von dem finanzkräftigen Freund. So

188 189 190 191 192 193

Dazu immer noch maßgeblich Schindling: Humanistische Hochschule, hier bes. 392–396. Bongars an Hochfelder, 17. März 1596, BERN, cod. B 149, Nr. 281. Press: Calvinismus, 381. Haag / Haag: France protestante, Bd. 2, 367; Bloesch: Stadt- und Hochschulbibliothek Bern, 53–57. Vgl. Schmid: Jakob Graviseth, 53. Ebda, 59.

163 konnte er bei Bedarf auf dessen Kutsche zurückgreifen, oder aber selbst Kredite in Anspruch nehmen.194 Zum Dank vermachte er Gravissets Sohn Jakob seine wertvolle Bibliothek.195 In seiner Funktion als Bankier war Gravisset auch für Heinrich IV. tätig. Bereits 1589 lieh Straßburg Heinrich IV. über 12000 fl., inwiefern Gravisset daran beteiligt war, ist nicht bekannt. Bei der zweiten Werbung der Gesandten Heinrichs von Navarra 1591 erwähnt der französische Gesandte einen Kredit von Gravisset.196 Ebenso wie bei den anderen protestantischen Reichsständen kam Heinrich IV. seiner Rückzahlungsverpflichtung auch bei Gravisset nur schleppend nach. Das Kreditgeschäft mit Frankreich wurde damit für Gravisset zum Verlustgeschäft, da er, um diese Kredite auszugeben, selbst Geld zu einem Zinssatz von 16 und 18 Prozent aufgenommen hatte.197 Gravisset verfügte dabei über keine Sicherheiten und Bongars mahnte bei Heinrich IV. seine Verpflichtungen gegenüber dem Straßburger Bankier oftmals an.198 Zu den Korrespondenzpartnern Bongars’ in Straßburg gehörte auch Johannes Lobbetius (1524–1601).199 Der promovierte Jurist stammte aus dem flandrischen Valence, hatte in Löwen, Padua und Ferrara studiert und flüchtete 1572 aus Paris

194

195 196 197

198

199

Bongars an Lobbetius, 1597. In: Ed. 1695, 664: »Je prie Monsieur de Gravisset, de m’envoyer son coche, s’il faut retourner, je n’envoye point le bidet, pour ce que j’ay ce messager à propos, et que j’estime que Monsieur Gravisset sera icy demain.« Vgl. Kap. 4. Schmid: Jacob Graviseth, 56. Bongars an Heinrich IV., o. D. In: Ed. 1695, 677f. (BERN, cod. B 149, Nr. 2): »[...] supplier V. Majesté très humblement de vouloir faire donner à Monsieur Gravisset present porteur, le contentement que ses services meritent, qui l’ont mis en une necessité de laquelle il en peut sortir, si V. Majesté ordonne, qu’il soit payé nettement, de ce qui lui est deu, de si longtemps et si legitimement. Les voyages et la depense qu’il a fait à la poursuite de son payement, emportent et mangent ce qu’il luy dispute, sont interest qu’il a payé et paye tous les jours. [...] M. Majesté m’en déchargera quand il luy plaira, ou en la rendra legere, par quelque bienfait. [...] On luy (Gravisset) debat les interests, lesquels je sçay, qu’il a payé à seize et paye encores à huit et dix pour cent.« In gleicher Weise auch in BERN, cod. B 149, Nr. 5: »Obnixe itaque eam (sc. Tuam Reverentiam) rogarem, ut iustas eius querelas audire benigne et laboranti auxilium ferre velit et liberare eumvelit tandem tot peregrinationibus, ad quas velut ad saxum Sisyphus videtur esse damnatus« und ebda, Nr. 6, ders. an dens., o. D.: »et speramus, si anno praeterito fructum aliquem cepit profectionis suae, hoc ipso plane ei satisfactum iri fide regia secundum litterarum et chirographorum, quae exhibet, sententiam.« Vgl. auch die Briefe ebda, Nr. 7 an Sancy, Nr. 8 an Bouillon, Nr. 9 an Villeroy. Um die zurückzuzahlenden Summen an Gravisset geht es auch in BERN, cod. 141, Nr. 17, Bouillon an Bongars, o. D.: »Comme je partois de Paris, on me dit, que le sire Gravisset y devroit arriver: il laura fait a ung temps tres mal propre, auquel les estats sont faits et ou les aureilles au matiere dargent sont le plus fermees aux choses pour justes quelles soyent.« Bongars an Villeroy, 26. Juni 1609, B. N., FR 15921, fol. 426 f.: »J’ay pris les lettres de charge pour plusieurs lieux de M. Gravisset, lequel de longtemps a couvert et secouru les necessites des serviteurs du Roy, sans autre assurence que de la bonne fortune de Sa Majesté.« Hagen: Jacobus Bongarsius, 9; Bouteiller / Hepp: Correspondance politique, 4. Im Stadtarchiv Straßburg (AA 834) befindet sich der Bestand Politische Nachrichten von J. Lobbetius

164 wegen seines reformierten Glaubens. In Paris hatte Lobbetius wahrscheinlich Philip Sidney kennengelernt. Mit Sidney, dem Dichter und Diplomaten aus dem Umkreis Elisabeth I., stand er in den Jahren 1574 bis 1581 in reger Korrespondenz.200 Lobbetius ließ sich nach seiner Flucht aus Paris in Straßburg nieder, wo er als politischer Agent und juristischer Ratgeber der Reichsstadt wirkte, aber auch für Nürnberg, Augsburg und Ulm tätig war. Mit dem Heidelberger Kreis der »gelehrten Räte« wie z.B. Georg Michael Lingelsheim aber auch Caspar Peucer stand er in enger Verbindung und wird immer wieder in den Briefen der Räte an Bongars genannt. Als politischer Korrespondent arbeitete er für den englischen und französischen Hof und stand deswegen auch mit Bongars in Verbindung.201 Im Gegenzug versorgte Bongars Lobbetius mit Informationen aus Frankreich.202 Er schickte ihm abschriftlich diplomatische Korrespondenzen, genaue Informationen aus dem inneren Kreis des französischen Königs und seine Einschätzungen über die nächsten Schritte der deutschen Fürsten mit der Bitte um Lobbetius’ Stellungnahme.203 Die Bedeutung Lobbetius’ ist noch lange nicht richtig ausgelotet worden. Seine genaue Rolle im Geflecht der verschiedenen Parteien muss erst noch beleuchtet werden. Einer der wenigen internationalen Gelehrten, der um 1600 zumindest zeitweise in Straßburg lebte, war der Rechtswissenschaftler Denis (I.) Godefroy (1549–1622).204 Godefroy hatte in Löwen, Köln, Heidelberg, Orléans und Paris Rechtswissenschaften studiert und durch seine weitverzweigten Familienverbindungen in Paris wäre ihm eine erfolgreiche Karriere in der Pariser Magistratur möglich gewesen. Seine Konversion zum Calvinismus und seine Übersiedlung nach Genf verhinderten jedoch diesen beruflichen Werdegang. Godefroys Ansehen als Jurist und Gelehrter sowie seine weiter bestehenden Verbindungen zur Pariser Gelehrtenkreisen trugen dazu bei, dass Heinrich IV. ihn schon 1589 an den französischen Hof holen wollte. Der Gelehrte entschied sich jedoch, eine Professur in Straßburg anzunehmen, die er von 1591 und bis 1600 ausübte. Für den Administrator des Straßburger Bistums übernahm Godefroy gelegentlich diplomatische Missionen zu Heinrich IV. Dieser verlieh ihm im November 1599 das Amt eines »conseiller au Parlement de Paris«, wozu ihn Godefroys Vetters

200 201 202 203 204

an den Sekretär Paul Hochfelder aus den Jahren 1595 bis 1597; Reifferscheid: Briefe, 687. Brief Bongars’ an Lobbetius, o. D. In: Ed. 1695, 664. Vgl. dazu Osborn: Young Philip Sidney, 53. Sidneys Bruder begleitete Lingelsheim auf dessen »peregrinatio academica« vgl. Hay: Life of Robert Sidney. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 195. Bongars an Ernst von Mansfeld, 10. Juni 1596. In: Ed. 1668, 134: »J’écris selon ma coûtume, toutes les nouvelles que je sçay, à Monsieur Lobbet.« Bongars an Lobbetius, 1597. In: Ed. 1695, 664: »Ce sont des thèmes que je vous donne ad discurrendum.« Zur Vita Denis (Dionysius) Godefroys vgl. Godefroy-Ménilglaise: Savants Godefroy, 21– 63; Malettke: Deutschland, 192–198; BU 17, 15.

165 Jacques Auguste de Thou wohl angeregt hatte. Godefroy übte dieses Amt jedoch niemals aus. In dieser Zeit erhielt er einen Ruf von Friedrich IV. von der Pfalz an die Universität Heidelberg. Im April 1600 trat Godefroy die Stelle an, verließ Heidelberg schon nach eineinhalb Jahren und kehrte 1601 nach Straßburg zurück. 1604 kehrte er erneut an die Universität Heidelberg zurück, wo er mehr als eineinhalb Jahrzehnte bleiben sollte. Er entfaltete hier eine rege wissenschaftliche, aber auch politische Tätigkeit. Offensichtlich wurde er wegen seiner vielseitigen Fähigkeiten vom kurpfälzischen Landesherrn sehr geschätzt, denn dieser berief ihn in seinen Rat.205 Aus Godefroys Briefen an Bongars, die sowohl aus seiner Zeit in Straßburg, wie auch aus seiner Heidelberger Zeit stammen, geht hervor, dass der Gelehrte für Bongars als politischer Informant arbeitete.206 In seinen Straßburger Jahren bediente Godefroy Bongars mit Informationen, die er sowohl aus Frankreich und der Schweiz, als auch aus Straßburg selbst bezog. Er nutzte dabei verschiedene Informationskanäle, wie sie sich z.B. durch seinen Kontakt zu Verwandten wie de Thou207, aber auch zu Casaubon208, Pétau und Pithou209 ergaben, so dass er Bongars regelmäßig mit »nouvelles de France« versorgen konnte.210 Aber auch Gerüchte, die in Lothringen kursierten, fand er wert, weiterzuleiten.211 In Straßburg stand er sowohl mit Gravisset als auch mit dem Straßburger Rat in enger Verbindung.212 Durch seine Gelehrtenkontakte nach Böhmen, Schlesien und Mähren war Godefroy auch über die Vorgänge in Ungarn und Südosteuropa auf dem Laufenden, so dass er auch darüber Bongars berichten konnte.213 Godefroys politisch-religiöse Haltung wird besonders durch seine Kommentare illustriert, in welchen er die Bedrohung der französischen Protestanten bespielsweise durch »eine Intrige des Papstes« zu erkennen meinte und damit

205

206 207 208 209 210 211 212 213

1618 wurde Godefroy mit einer diplomatischen Mission an den Hof Ludwigs XIII. nach Frankreich geschickt. Erneute Rufe an die Universitäten Franeker, Angers und Valence auf eine juristische Professur lehnte er ab. Es waren schließlich die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, die Godefroy zwangen, die Kurpfalz zu verlassen. Als Heidelberg von kaiserlichen Truppen im Jahre 1621 erobert wurde, befand sich der renommierte Gelehrte, Herausgeber und Bearbeiter des Corpus iuris civilis nicht mehr in der Stadt. Er starb in Straßburg 1622. Der Rektor der Straßburger Akademie, Matthias Bernegger, hielt die Leichenrede. Die 44 Briefe in der SUBH stammen aus den Jahren 1596 bis einschließlich 1606, wobei der Großteil in den Jahren 1600 bis 1603 verfasst wurde. Godefroy an de Thou, 4. Dezember 1603, B. N., Coll. Dupuy 675, fol. 168. Es musste ein überaus enger Kontakt mit Casaubon bestanden haben; dazu SUBH, sup. ep. 31, fol. 10, fol. 69, fol. 266. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 266. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 94. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 218: »Ils font courir une bruit en Lorrain [...].« Jeweils Godefroy an Bongars, o. D., ebda, fol. 133 und 187. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 51 und 336.

166 die typischen Polemiken der Calvinisten wiedergab.214 Neben den Ultrakatholiken als konfessionelles Feindbild war das weltliche Feindbild durch die Präsenz der spanischen Truppen und die für die Protestanten negativen Entwicklungen im Kapitelstreit für den in Straßburg sitzenden Godefroy natürlich besonders greifbar. Aber auch bei Godefroy standen politische Informationen in den Korrespondenzen neben Nachrichten aus der Gelehrtenwelt. So bat Godefroy Bongars immer wieder, ihm dieses oder jenes Buch auf der Frankfurter Messe zu besorgen, wie z.B. den Anti-Tribonium oder diverse Geschichtswerke.215 Aber auch Godefroy betätigte sich für Bongars in Sachen Literaturbeschaffung, wenn Bongars ihn diesbezüglich beauftragte.216

6.4

Augsburg: Interkonfessionelle Gelehrtenkontakte

Augsburg spielte in den außenpolitischen Überlegungen Heinrichs IV. eine untergeordnete Rolle. Die bikonfessionelle Reichsstadt wie auch das Hochstift lagen in direkter Nachbarschaft zum gegenreformatorischen Bayern. Beide versuchten, einen Rest politischer Selbständigkeit gegenüber dem Herzogtum zu bewahren. Dennoch stand Bongars mit zwei Augsburgern in engem Kontakt: dem Katholiken Marcus Welser (1558–1614) und dem Lutheraner David Hoeschel (1556–1617). Marcus Welser war einer der wichtigsten Späthumanisten des schwäbischen Raumes.217 Nach Studium und Bildungsreisen hatte der Patrizier in rascher Folge alle Stufen der reichsstädtischen Verwaltung durchlaufen und wurde 1594 zu einem der Bürgermeister Augsburgs bestellt. 1598 gelang ihm der Aufstieg in das innerste Führungsgremium der Reichsstadt, nämlich in den sieben Patrizier umfassenden, damals vorwiegend katholischen Geheimen Rat. 1600 wählte man ihn zum Stadtpfleger, ein Amt, das er bis zu seinem Tode bekleidete. Marcus Welser war der Bruder von Matthäus Welser, der von 1604 bis 1609 Reichspfenningmeister Kaiser Rudolfs war. Seine Bekanntheit in den späthumanistischen Kreisen erlangte Welser durch seine Arbeiten als Wissenschaftler und Verleger. In seinen Hauptwerken, Werken zur Augsburger und bayerischen Geschichte, wandte er ein quellenkritisches Instrumentarium an. Neben seiner Tätigkeit als Historiker war er vor allem als Herausgeber und Anreger von Editionen und als Mäzen bedeutend. Auf Anregung des Stadtbibliothekars Hoeschel gründete Welser einen eigenen Verlag.

214 215 216 217

Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 94. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 268: »J’ay recu l’Anti-Tribonium.« Ders. an dens., o. D., ebda, fol. 209. Bongars an Camerarius, o. D., ebda, fol. 51. Zur Biographie Welsers vgl. Welser: Die Welser; Joachimsen: Marx Welser; Lenk: Augsburger Bürgertum; Roeck: Geschichte, Finsternis und Unkultur.

167 1594 wurde sein Verlag »ad insigne pinus« durch Rudolf II. privilegiert. Druckprivilegien durch Heinrich IV. verdankte Welser dem Einsatz von Casaubon und de Thou in Paris. Welser unterhielt einen europaumspannenden Briefwechsel. Zu seinen Korrespondenzpartnern gehörten neben Casaubon und de Thou Janus Gruter, Justus Lipsius, Nikolaus Peiresc, Conrad Rittershausen, Joseph Scaliger, Joachim Camerarius d. J. und Melchior Goldast. Aber auch Jesuiten wie Matthäus Rader und Kaspar Schoppe standen mit ihm in wissenschaftlichem Austausch. Von der wissenschaftlichen Zusammenarbeit dieser Gelehrten profitierten die Veröffentlichungen des Verlages. Klöster, Privatsammlungen, die römische Bibliothek liehen Welser ihre Schätze aus. Der Briefwechsel zwischen Bongars und Welser dokumentiert die Gelehrtenfreundschaft der beiden Männer. Im Gegensatz zu Korrespondenzpartnern wie Godefroy werden in den Briefen an und von Welser keine politischen Entwicklungen thematisiert oder Nachrichten ausgetauscht.218 Diese überkonfessionelle humanistische Freundschaft zwischen Bongars und Welser war jedoch keine Ausnahme. Zu den Freunden Welsers gehörten auch die Augsburger Marquard Freher und Georg Rehm, die den protestantischen Zusammenschluss in der Ahausener Union befürworteten. Während Welser für die finanzielle Seite des Verlages verantwortlich war, so stellte der Lutheraner David Hoeschel den spritus rector des Unternehmens dar.219 Hoeschel organisierte die Zusammenarbeit mit europäischen Gelehrten für die Buchprojekte. Er korrespondierte darüber mit Casaubon, Scaliger, Philipp und Joachim Camerarius, Freher, Gruter und den Niederländern Daniel Heinsius und Justus Lipsius. Hoeschel war von toleranter Geisteshaltung und ein Vertreter jenes irenischen christlichen Humanismus, der für Augsburg um 1600 in mancher Hinsicht kennzeichned war. Auch in dem Briefwechsel zwischen Bongars und Hoeschel werden ausschließlich Fragen aus der Welt des Späthumanismus thematisiert.220 Die Bedeutung, die man der Beschäftigung mit Geschichte und Philosophie als Paradigmen für die Gegenwart beimaß, wird immer wieder in den Briefen deutlich. So hatte Bongars von Hoeschels geplanter Epiktet-Ausgabe gehört. Bongars schrieb Hoeschel deshalb, er möge sich doch ernstlich mit dieser Arbeit beschäftigen und ein solides Corpus dieser Philosophie erstellen. Dann dürfe er aber nicht bei Epiktet allein stehen bleiben, sondern müsse alles zusammenstellen, was sich über die Stoa auftreiben lasse, also Arrian, Simplikios, Marc Aurel und die Fragmenta Stoicorum bei Stobaeus. Nicht nur um der Wissenschaft, sondern auch um des

218 219 220

Bongars an Welser, 25. September 1602, BERN, cod. B 149, Nr. 387. Zu Hoeschel vgl. Lenk: Augsburger Bürgertum, 178; NDB 9, 368f. Bongars lieh Hoeschel seine Prokopvariationen zum Druck. Vgl. Bongars an Hoeschel, 30. Dezember 1602, BERN, cod. B 149, Nr. 398: »Argentina, quo ire intendo, Procopium Italicum, ad cuius oram sunt excerpta ex Graeco codice, mittam.« Vgl. weitere Briefe von Bongars an Hoeschel, ebda, Nr. 238, 368, 372, 380, 388, 412.

168 Lebens willen solle er diese Arbeit unternehmen: denn gerade diese Philosophie könne der modernen Zeitströmung der moralische Verflachung gegensteuern.221 Auch hier wird wieder deutlich, dass die Späthumanisten dieser Zeit sich nicht als von der Gegenwart abgekoppelt sahen, sondern dass ihre Arbeit den aktuellen Verwertungsbedürfnissen einer sich differenzierenden Gesellschaft dienen musste. Dennoch waren Welser und Hoeschel nicht in Bongars’ politisches Nachrichtennetzwerk eingebunden, sondern gehörten zu seinen Korrespondenzpartnern, mit denen er über gelehrte Inhalte kommunizierte, wenngleich dieser Austausch in einen politisch-religiösen Kontext eingebunden sein konnte.

Zusammenfassung Der Vergleich von Bongars’ Kontakten in den Reichsstädten Frankfurt, Nürnberg, Straßburg und Augsburg deckt verschiedene Beziehungsnetze auf, mit denen die französischen Diplomaten im Reich in Verbindung standen und derer sie sich zur Informationsbeschaffung bedienten. Die Bedeutung von Bongars’ Kontakt zu Joachim Camerarius ist in diesem Zusammenhang nicht hoch genug zu veranschlagen. Camerarius repräsentierte in besonderer Weise eine Humanistenpersönlichkeit, deren »politische« Tätigkeit nur auf den zweiten Blick erkennbar ist. Kam der Nürnberger wohl schon über seinen Vater mit dem politischen Protestantismus in Kontakt, so bemühte er sich bis zu seinem Tode, die Kommunikation zwischen den protestantischen Mächten und Territorien zu befördern. Die Pläne einer politischen Zusammenarbeit der protestantischen Stände mit England, Frankreich und den Niederlanden, wie sie 1588 von kryptocalvinistischen und reformierten Gelehrten wie Joachim Camerarius, Christoph Pezel und unter anderem dem jungen Karl von Žerotín auf verschiedenen Treffen angedacht wurden, ist als eine der wenigen wirklich konkreten politischen Aktionen Camerarius’ zu werten, seine kontinuierliche Berichterstattung an Bongars ist als seine, wenngleich wenig sichtbare, aber erfolgreichste politische Leistung anzusehen. Die Kontakte von Camerarius, in den Korrespondenzen Bongars’ meist sibyllinisch als »amici« bezeichnet, reichten bis nach Böhmen, Mähren und Schlesien. Der Briefwechsel zwischen Camerarius und Bongars zeigt damit exemplarisch, welche Schaltstellenfunktion ein Gelehrter im Rahmen der zwischenstaatlichen Kommunikation einnehmen konnte.

221

Bongars an Hoeschel, o. D., ebda, cod. B 149, Nr. 382: »Gratissimum mihi fuit cognoscere de Epicteti editione te cogitare. Incumbe, quaeso, in illam curam serio et corpus nobis effinge solidum solidae illius philosophiae ex Epicteto, Arriano, Simplicio, Antonio, fragmentis Stoicorum apud Stobaeum. Nihil his moribus praestare potes utilius Reipublicae: nihil, uti spero, gratius bonis. Me certe tibi artissime devinxeris, quod ardeo iamdudum cupiditate vivendi absolutum illud opus, cuius aggrediendi auctor olim fueram Casaubono nostro.«

169 Obwohl das Gros der politischen Korrespondenzpartner Bongars’ zu den reformierten Kreisen gehörte, bestanden innerhalb der Gelehrtenkontakte durchaus auch überkonfessionelle Verbindungen, wie zu dem Augsburger Marcus Welser. Auch am Beispiel von Bongars’ Engagement für die Frankfurter Calvinisten zeigt sich, dass politischen Motiven der Vorrang vor konfessionellen eingeräumt wurde. Das Ziel der Stärkung der antihabsburgischen Kräfte im Reich und ihre Zusammenführung mit den protestantischen Mächten Europas stand über den protestantischen Grabenkämpfen, die Bongars nur als eine Zersplitterung der antikaiserlichen Opposition im Reich wahrnehmen konnte. Eine besondere Stellung in Bongars’ Netzwerk hatten Kaufleute und Bankiers. Durch das Verleihen von privaten Krediten an die Gesandten und die Übernahme des diplomatischen Postverkehrs durch Mitarbeiter der Unternehmen überbrückten diese Kaufleute und Bankiers die strukturellen Schwachstellen frühneuzeitlicher Diplomatie. Diese reformierten Unternehmer waren durch ihre europaweiten Zweigstellen sehr gut informiert und durch die Weiterleitung ihrer »avisi« an das Nachrichtensystem der französischen Diplomaten angeschlossen. Unternehmerpersönlichkeiten wie Caesar Calandrini waren damit wichtige Stabilisatoren des frühneuzeitlichen Gesandtschaftswesens. Am Beispiel Caesar Calandrinis ist nachzuvollziehen, wie diese eingangs erwähnten Beziehungsnetze miteinander in Verbindung standen: Durch seine Verwandtschaft mit dem Altdorfer Gelehrten Scipio Gentili war Calandrini ein Knotenpunkt wirtschaftlicher, politischer und gelehrter Netzwerke.

170

7.

Die gelehrten Räte an den protestantischen Höfen im Reich

Jacques Bongars klagte in seinen Briefen oftmals über die physischen Strapazen, die sein Beruf mit sich brachte. Als »résident et ambassadeur vers les Electeurs, Princes et Etats Protestants d’Allemagne« war er für eine Vielzahl kleinerer und größerer politischer Einheiten zuständig und reiste dafür oft wochenlang kreuz und quer durch das Reichsgebiet. Die politischen Schattierungen der protestantischen Stände, auf die Bongars dabei traf, reichten von einem aktionistischen Kurs, wie ihn die reformierte Kurpfalz eingeschlagen hatte, bis zu einer betont kaisertreuen und deshalb einer Kooperation mit ausländischen Mächten eher ablehnend gegenüberstehenden Position, wie sie z.B. das lutherische Sachsen um 1600 eingenommen hatte. Bongars konzentrierte sich natürlich insbesondere auf protestantische Höfe, die für die Argumente der französischen Diplomatie empfänglich waren und als potente politische Partner Heinrichs IV. im Reich in Frage kamen. Dies waren neben Pfalz-Neuburg, Kurbrandenburg und Kursachsen vor allem die Kurpfalz und Hessen-Kassel.1 Wichtige Entscheidungsträger und politische Ansprechpartner Bongars’ an den protestantischen Höfen waren die sogenannten »gelehrten Räte«, die im 16. Jahrhundert die fürstlichen Verwaltungen dominierten.2 Aufgrund des wachsenden Bedarfs an gut ausgebildeten Juristen, die aus dem Adel in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch nicht rekrutiert werden konnten, waren die Beamtenstellen mit bürgerlichen »gelehrten Räten« besetzt worden.3 Um 1600 hatte sich, auch als Folge von Berufsvererbung und Heiratspolitik, ein mehrere

1

2 3

Vgl. dazu die Korrespondenzen Bongars’ mit Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg in BayHStA, Pfalz-Neuburger Akten 817. Zu den übrigen protestantischen Territorien unterhielt Heinrich IV. ebenfalls diplomatische Beziehungen, jedoch in keinem Fall derart intensiv wie zur Kurpfalz und zu Hessen-Kassel. Vgl. beispielsweise für Württemberg die Darstellung von Gotthard, Konfession und Staatsräson; ebda, 19 f. die Kontakte Bongars’ zu dem sich mit der auswärtigen Politik befassenden Hofrat Benjamin Bouwinghausen von Wallmerode. Einen chronologischen Überblick der Laufbahn von Juristen im frühneuzeitlichen Reich bietet Jahns: Juristenkarrieren, hier 123. Der Adel hatte erst am Ende des Jahrhunderts wieder Chancen bei der Besetzung von Beamtenstellen. Vgl. Endres: Adel, sowie Kohler: Bildung und Konfession. Die Gründungen vieler Ritterakademien zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind auf dieses vom Adel erkannte Bildungsdefizit zurückzuführen, so z. B. das Collegium Illustre in Tübingen. Dazu Conrads: Ritterakademien.

171 Generationen starker und verzweigter Juristenstand etablieren können.4 Diesem Juristenstand, der in verschiedenster Weise für die »auswärtigen« Beziehungen verantwortlich zeichnete, entstammten die wichtigen Ansprechpartner Bongars’ an den protestantischen Höfen im Reich. Auf verschiedenen Ebenen sollen die Kontakte Bongars’ in Heidelberg und Kurpfalz untersucht werden: Erstens auf der Ebene der außenpolitischen Entscheidungsträger, die im Fall der Kurpfalz aufgrund der Schwäche Friedrichs IV. vom Oberrat besetzt wurde, während in Kassel Moritz von Hessen die Fäden in der Hand behielt. Zweitens soll auf der Ebene der reichsständischen Verwaltung nach den Personen gefragt werden, die für die Umsetzung der Außenbeziehungen zu Frankreich zuständig waren wie Räte, Sekretäre und Agenten. Drittens sollen die informellen Kontakte Bongars’ an diese Höfen untersucht werden, wie beispielsweise zum Kreis der Späthumanisten in Heidelberg oder zu den an den Kasseler Hof geholten Wissenschaftler. Dass diese Ebenen im Einzelfall nicht immer zu trennen sind, zeigt sich am Beispiel der Person des kurpfälzischen Rates Georg Michael Lingelsheim, der sowohl dem Oberrat angehörte, als auch einer der Repräsentanten der späthumanistischen respublica litteraria war und damit zu den »amici« Bongars’ gehörte. Auch angesichts des Austausches von paracelsischen Ärzten zwischen Paris und Kassel stellt sich die Frage nach der Bedeutung dieser wissenschaftlichen Netzwerke für die politische Kommunikation zwischen den protestantischen Reichsständen und Frankreich.

7.1

Späthumanismus und Politik: Die Kontakte Bongars’ am Kurpfälzer Hof

Die Rolle der Kurpfalz als Anführer der aktionistischen reformierten Partei im Reich ist seit der Arbeit von Press bekannt.5 Initiativen und Konzepte für diesen politischen Kurs wurden am Heidelberger Hof innerhalb der Gruppe der gelehrten Räte entwickelt. Diese waren durch die offenkundig werdende Schwäche Friedrichs IV. im ersten Jahrzehnt seiner Regierungszeit immer wichtiger geworden und erledigten den wesentlichen Teil der Regierungsgeschäfte.6 Wichtigstes Gremium, in welchem auch außenpolitische Fragen beraten und entschieden wurden, war der Oberrat. Dieser war unter der Kuradministration Johann Casimirs (1583–1592) durch die Bestallung der in außenpolitische Fragen versierten reformierten Politiker Nikolaus Dobbinus und Adam Hans Herrn

4 5

6

Hammerstein: Universitäten, 727. Seit dem Werk von Press: Calvinismus, ist für die kurpfälzische Geschichte in diesem Zeitraum nichts Vergleichbares mehr erschienen. Auch die entsprechenden Kapitel in den Darstellungen von Schaab: Geschichte der Kurpfalz, und Moersch: Geschichte der Pfalz, liefern kaum neue Erkenntnisse. Press: Calvinismus, 458.

172 zu Putlitz wesentlich neu besetzt worden.7 Unter Friedrich IV. bildeten dann die gelehrten Räte Volrad von Plessen, Georg Michael Lingelsheim und Michael Loefenius im Oberrat eine geschlossene Fraktion. Ihnen war gemeinsam, dass sie nicht aus der Pfalz oder ihrer näheren Umgebung stammten, an der reformierten Universität Basel studiert hatten und unbedingte Calvinisten waren. Ihre politische Konzeption war antihabsburgisch und auf eine Kooperation mit auswärtigen Calvinisten angelegt. Dieser politischen Linie von Plessen, Loefenius und Lingelsheim stand Hippolyt von Colli nahe, der zu einem der einflussreichsten Männer am Heidelberger Hof avancierte. Es wäre jedoch verfehlt zu sagen, dass diese Kurpfälzer Räte ausschließlich im Sinne einer reformierten antihabsburgischen Politik handelten. Die abwartende Haltung der Kurpfalz 1596 gegenüber den Werbungen Heinrichs IV., einem Defensivbündnis mit England und den Niederlanden beizutreten, zeigte die differenzierte Haltung der Mitglieder des Oberrates bezüglich einer Allianz mit auswärtigen Mächten. Politischer Motor der protestantischen Partei wurde seit Mitte der 1590er Jahre Christian von Anhalt, der 1595 im Auftrag Friedrichs IV. die Verwaltung der Oberpfalz in Amberg übernommen hatte. Der persönliche Kontakt zu Heinrich IV. bestand seit 1591, als er dem damaligen Heinrich von Navarra ein im Reich geworbenes Heer zum Kampf gegen die oppositionelle Ligue zugeführt hatte. Nach mäßigen militärischen Erfolgen an der Seite des französischen Königs war Christian von Anhalt 1592 zum Calvinismus übergetreten und hatte auf dem Rückweg die protestantischen Truppen im Straßburger Kapitelstreit kommandiert. 1603 übernahm er nach Erbteilung mit seinen Brüdern zusätzlich zu seinem pfälzischen Amt das Fürstentum Anhalt-Bernburg, wo er sofort den Calvinismus einführte. Seit 1606 bemühte er sich verstärkte um das Zustandekommen einer protestantischen Union. Christian von Anhalts Politik war insofern als calvinistisch zu bezeichnen, als er in europäischen Zusammenhängen dachte und eine Beschränkung der Politik auf die Belange und die territorialen Grenzen des Reichs ablehnte. Am Heidelberger Hof herrschte ein besonderes intellektuelles Klima, das von den Dichterzirkeln um Melissus Schede und Gelehrtenpersönlichkeiten wie Janus Gruter repräsentiert wurde. Das Besondere war, dass diese Gelehrtenzirkel eng mit den politischen Führungsgremien der gelehrten Räte verwoben waren. Diese Verflechtung von Späthumanismus und Politik wurde durch Analysen

7

Während sich der frühere Neustädter Rat und Professor Dobbinus aufgrund seiner fast 20-jährigen juristischen Erfahrung vor allem mit Rechtsfragen beschäftigte, gingen die Ambitionen des reformierten Adeligen Putlitz mehr in Richtung Außenpolitik. Press: Calvinismus, 344. Putlitz verkörperte den Typus des gelehrten reformierten Adeligen. Er war zunächst in kurbrandenburgischen Diensten, kam jedoch schon zur Zeit des Kölner Krieges mit Johann Casimir in Verbindung. Im Juli 1583 bezeichnete ihn dieser als seinen Rat. Putlitz dürfte in dieser Zeit jedoch noch als Hofrat in den Diensten seines Landesherrn gestanden haben. Johann Casimir zog ihn häufig zu Gesandtschaften heran, die ihn bis nach Dänemark führten.

173 und Rekonstruktion bürgerlicher und adeliger Elitekreise für verschiedene Dichterzirkel untersucht.8 Die politischen Intentionen der Heidelberger Dichter, wie sie dann eine Generation später durch Zincgref hervortrat, beinhaltete demnach schon in nuce ein Sachprogramm, das sich aus dem politischen Kampf der Pfalz und der »Teutschen Musa« zusammensetzte. Beide Elemente bildeten insofern eine Einheit, als die Sache der Kurfalz gleichbedeutend mit der Sache des Calvinismus und des calvinistisch zu führenden Deutschlands überhaupt war, d.h. der Befreiung Deutschlands vom spanischen Einfluss.9 Klaus Garber betont in verschiedenen Aufsätzen die Symbiose von antikatholischer Konfessionspolitik unter der Vorhut der Reformierten und programmatischem Einsatz für eine gereinigte und normierte deutsche Sprache und Literatur im Zeichen der europäischen Renaissance.10 Die Geburtsstunde der neueren Dichtung ordnete er einem historischen konfessionspolitischen Kräftefeld zu, dessen Gravitationszentrum in Heidelberg lag.11 Die Dichtung verfolgt demzufolge insofern einen politischen Auftrag, als dass sie neben dem politischen auch den kulturellen Führungsanspruch der Fürstentümer bekräftigte.12 Diese Interpretation, die in der Heidelberger Dichtung Anfang des 17. Jahrhunderts einen Ausdruck des kulturpolitischen Führungsanspruches der protestantischen Reichsstände sah, kann auf die Bedeutung der neulateinischen Dichtung, wie sie um 1600 noch in Heidelberg vorherrschend war, nicht problemlos übertragen werden. Sie bietet allerdings eine Interpretation des Wirkungszusammenhanges von kulturellen und politischen Faktoren an, wie er auch für die sogenannten Gelehrten Räte am Heidelberger Hof interessant erscheint. 7.1.1 Die Heidelberger Oberräte Bongars stand in engstem Kontakt zum kurpfälzischen Oberrat, dem wichtigsten Gremium für außenpolitische Fragen. Seine Korrespondenzen mit den Mitgliedern des Oberrats zeigen, dass Bongars neben der politischen Kommunikationsebene auch durch gelehrte Diskurse mit den Räten verbunden war, jeweils aber mit unterschiedlicher Intensität: »Vostre integrité de laquelle il reste si peu au Cours des grands Roys, et de laquelle vous nous avez rendu tant de prenneurs le zele dont vous embrasses ce qui concerne le bien public, l’affection qui por-

8

9 10 11 12

So Mertens: Heidelberger Dichter. Mit dem Instrumentarium einer Verflechtungsanalyse hat Mertens gezeigt, wie eine prosopographische Einordnung des Heidelberger Dichterkreises um 1600 aussehen könnte und wer die Produzenten und Rezipienten(-gruppen) dieser Literatur waren. Ebda, 231. Garber: Zentraleuropäischer Calvinismus. Vgl. dazu auch Schilling: Nation und Konfession, hier 106 f. Garber: Sonderweg, 167. Die Dichtung war in diesem Sinne dazu bestimmt, ein einigendes Band zwischen den protestantischen Territorien zu knüpfen und eine kulturpolitische Identität gegenüber dem universalen Anspruch des nachtridentinischen Katholizismus zu bekräftigen.

174 tez à vostre seconde patrie qui est l’Allemaigne, et vostre bienveuillance envers moy, dont m’avez faict paroistre les effects en diverses maniers, et en plusiers lieux.«13 Mit diesen Worten zollte Volrad von Plessen der diplomatischen Tätigkeit Bongars’ im Reich, Bongars’ »zweiter Heimat«, seine Hochachtung. Der Mecklenburger Plessen war wenige Monate vor dem Tod Johann Casimirs Hofgerichtsrat und Kammerjunker des jungen Friedrichs IV. geworden. Der Adelige hatte in Rostock, Heidelberg und Basel studiert und war wahrscheinlich bereits auf der Universität mit Lingelsheim bekannt geworden. Auf seiner »peregrinatio academica« besuchte er französische und italienische Universitäten und konvertierte schließlich zum Calvinismus. Am 1. Februar 1592 wurde er zusammen mit Georg Michael Lingelsheim aus dem Erzieherkreis Friedrichs IV. in den Oberrat geholt. Plessen stand wie Lingelsheim dem Kreis der Heidelberger Späthumanisten nahe und gab selbst eine Anthologie neulateinischer Dichter heraus.14 Am 16. März 1592 wurde Dr. Michael Loefenius (um 1550–1620) zum Rat bestallt. Im Gegensatz zu Plessen und Lingelsheim, seinem Schwiegersohn, stand er nie dem späthumanistischen Dichterkreis in Heidelberg nahe. In seiner politischen Einstellung war Loefenius weit radikaler als der irenische Lingelsheim.15 Der Aufstieg zum wichtigsten Reichs- und Außenpolitiker der Heidelberger Regierung hing mit der Oberpfalzreise Kurfürst Friedrichs IV. 1596– 98 zusammen, als Loefenius enge Kontakte zum Amberger Statthalter Fürst Christian von Anhalt knüpfte, dessen Vertrauensmann er in Heidelberg wurde. Wegen seines Gegensatzes zu den Exponenten einer vorsichtigeren Heidelberger Reichspolitik kam es immer wieder zu Konflikten, aber mit der Sicherung des reformierten Bekenntnisses in der Kurpfalz nach 1602 war seine Stellung unangefochten. Loefenius erwies sich als entschiedener Verfechter der reichsfürstlichen Libertät. Er war geprägt durch eine kompromisslose antikaiserliche Haltung, aber auch von der Furcht vor einem katholischen Angriff. Dadurch wurde er zum Exponenten einer weit ausgereiften evangelischen Koalitionspolitik, ja sogar evangelischer Kaiserprojekte. Loefenius plädierte für das Richteramt des Pfalzgrafen über den Kaiser und für die rückhaltlose Ausnutzung des Reichsvikariats. Seine publizistischen Auseinandersetzungen mit den Jesuiten machten ihn bekannt. In der Jülicher Krise 1610 trat Loefenius für eine Ausnutzung der vermeintlich günstigen europäischen Konstellation zu einer kriegerischen Auseinandersetzung ein. Seit 1612 zog er sich aus dem Heidelberger Rat zurück und beschränkte sich auf eine Gutachtertätigkeit für den Oberrat und für Fürst Christian von Anhalt. Der Kontakt von Bongars zu Loefenius ist aufgrund des vorhandenen Korrespondenzmaterials als in keiner Weise so umfangreich zu bezeichnen, wie der zu Lingelsheim, Plessen oder Colli. Bongars verband mit diesem wichtigen kurpfälzischen Politiker auch keine gelehrte Kommunikati-

13 14 15

Plessen an Bongars, 28. Juli 1604, SUBH, sup. ep. 31, fol. 295. Press: Calvinismus, 372. Ebda, 380 f.; NDB 15, 27f.

175 onsebene. Allerdings kommt Bongars in seinen Briefen an Lingelsheim immer wieder auf dessen Schwiegervater Loefenius zu sprechen und war über Lingelsheim über dessen politische Aktivität informiert. Der reformierten Fraktion von Plessen, Loefenius und Lingelsheim stand auch Hippolyt von Colli (1561–1612) nahe, der zu einem der einflussreichsten Männer am Heidelberger Hof wurde.16 Mit Georg Michael von Lingelsheim verband ihn eine enge Freundschaft. Auch Colli hatte an der Universität in Basel studiert, wo er mit 23 Jahren eine Professur der Institutionen bekleidete. Von der universitären Laufbahn wechselte er in den fürstlichen Dienst. 1591 wurde er von Christian I. von Anhalt zum Rat und Kanzler ernannt und begleitete diesen auf seinem Hilfszug für Heinrich von Navarra nach Frankreich. 1593 berief ihn Friedrich IV. zu seinem Rat und Hofgerichtspräsidenten. 1603 wurde Colli als Leiter des neueingerichteten Nebenrats auch nichtständiges Mitglied des Oberrats. Colli, der sehr vom Schweizer Protestantismus geprägt war, galt als einer der führenden Juristen seiner Zeit. Er wurde zu diplomatischen Missionen herangezogen wie etwa 1599 in die Schweiz oder 1601 nach Polen, wo er die Erbschaftsansprüche des brandenburgischen Kurfürsten in Preußen vertrat. Ende 1607 wurde er für fast ein Jahr nach Den Haag zu den spanisch-niederländischen Waffenstillstandsverhandlugen geschickt. Publizistisch wurde das einflussreichste Werk von Colli der Consiliarius von 1596, der bis 1670 sechzehn Auflagen erlebte. Colli beschäftigte sich darin mit der gesellschaftlichen Gegebenheit des Ratsberufs im allgemeinen, mit den erforderlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnissen des Minister, mit seinen Pflichten, seiner Wahl und Behandlung durch den Fürsten, aber auch mit der administrativen Zuständigkeit von Ratskollegien und den möglichen Konflikten zwischen Amts- und Privatinteresse und zwischen Gewissen und politischem Verhalten. Fallbezogene Verhaltensregeln zielen auf die Idee eines christlichen Rats, welcher in seinem Glauben ruht und doch das Staatswohl durch rationales politisches Handeln und seine eigene Stellung in der höfischen Gesellschaft durch kluges Verhalten fördern kann. Diese Reflexionen über den Beruf des Rates erinnern sehr stark an die theoretischen Auseinandersetzungen mit dem Beruf des Gesandten zu dieser Zeit, wie sie von Kirchner, Hotman und anderen publiziert wurden. Die Korrespondenzen zwischen Bongars und Colli beinhalten zum einen den Austausch und die Diskussion der politischen Entwicklungen in Europa und erfüllen damit die Funktion der Informations- und Nachrichtenübermittlung. So berichtete Colli Bongars von den spanisch-niederländischen Waffenstillstandsverhandlungen, an welchen er 1608 in Den Haag teilnahm.17

16 17

Press: Calvinismus, 464; Conermann: Hippolytus a Collibus, Bd. 3, 693–700. Colli an Bongars, 9. Februar 1609, SUBH, sup. ep. 32, fol. 158: »Monsieur. Je vous remercie bien humblement de la faveur singuliere la quelle continuez en mon endroit de la quelle je fais plus d’estat que de celle des grands Roys. Croyez Mons. que je prie toujours

176 Colli gehörte zum Kreis der Späthumanisten um Georg Michael Lingelsheim, und auch mit Bongars verband ihn das gemeinsame Interesse an philologischen Fragen. Colli bot sich Bongars mehrmals für die Beschaffung von Handschriften an.18 Das Ansehen, das Bongars ob seiner Stellung in der Gelehrtenrepublik in den Heidelberger Kreisen genoss, wird von Colli an verschiedenen Stellen gewürdigt: »wan der Herr Gesandt hedünt ziehen würdt und mit merm armen gesellen für lieb nehmen.«19 Das Nebeneinander von späthumanistischen und politischen Inhalten ist deshalb ein Charakteristikum der Korrespondenzen, die zwischen Colli und Bongars ausgetauscht wurden. Der Übergang von der Schilderung der höchsten Bedrohung der Generalstaaten durch die Spanier – »Im Ganzen gesehen befand sich dieses Land meiner Meinung nach noch nie in einer solchen Gefahr wie jetzt« – in Informationen aus der Gelehrtenrepublik – »Aber lassen wir das und sprechen wir davon, dass ich in Leiden war und zu meiner größten Zufriedenheit Mr. Scaliger und die anderen Herren gesehen habe.« – dokumentiert die informelle Verständigungsebene zwischen dem Pfälzer Oberrat und Bongars.20 Ein direkter Kontakt Bongars’ zu dem Kurpfälzer Oberrat und späteren Kanzler Johann Christoph von der Grün (1555–1622) ist nicht nachweisbar, er wird aber von Bongars im Rahmen der in den Briefen genannten »amici« Lingelsheims genannt.21 Grüns Stellungnahme zur Reichspolitik war zwar

18

19 20

21

Dieu de bon coeur, pour vostre santé et prosperité. Mes derniers lettres du pays bas, portent que la response des Archiducs, que les Ambassadeurs seront les tres bien benus vers le 3eme de Febvrier d’Anvers pour entamer le pourparler sur la proposition faite, non obstant qu’on aye apris de bonne part que l’Archiduc n’aye recue aulcun pourvoir du Roy d’Espagne a cest effect la, mais bien qu’il attend par son confesseur sur le retour du quel on traitera? pourtant de tuer le accorde des articles touts, comme ils sont couché de [...] la proposition. Les Estats ont orie les dits ambassadeurs de s’informer devant tout si d’Archiduc a led. pourvoir. En tel cas les Estats ennuyeront leur deputés au lieu accordé entre lesquels il y aura le Conte Guillaume de Nassau. En sommes ce sont des trompeurs auxquelles France avec un mot pourront rompre le filet. Dieu nous veuille regarder d’un oeil de pitie et conserver son eglise a la protection duquel je vous recommande.« Colli an Bongars, 9. Januar 1602, SUBH, sup. ep. 31, fol. 106 f.: »J’ay vous ay voulu advertir qu’il y a un manuscript des oeuvres de Cyrillus en la bibliotheque de ceste ville, le quel Monsieur Grynäus me faira voir a mon retour qui sera Dieu aidant en 16 iours. On me parle aussi d’un manuscript du mesme autheur, qui a este vendu ces iours.« Colli an Bongars, 21. Januar 1597, SUBH, sup. ep. 30, fol. 286. Colli an Bongars, 17. Januar 1608, ebda, sup. ep. 32, fol. 248: »Quand a des nouvelles Spinola avec ses Compagnons seront icy apres demain [...]. Si la sagesse d’Espagne surpassera pour ceste fois leur ambition, la paix est faite [...]. Principalement depuis l’accord fait avec la France, sur ces 2 points, pour maintenir la paix, si elle le fait, et farder les Espagnols de rupture. En somme cest esta n’a jamais este selon mon avis en si grand danger, qu’il est maintenant, J’ay peur d’une tresve, plus dangereuse que la paix. Laison cela et disons que j’ay este a Leiden et vue avec mon grande contentement Mr. Scaliger et ces autres Messieurs.« Zur Vita vgl. NDB 7, 186. Grün, der in Siena, Leipzig und Ingolstadt studiert hatte, trat 1583 als Hofgerichtsrat in den Dienst seines Landesherrn, des Pfalzgrafen Johann Casimir. 1588 wechselte er, vom Oberrheinischen Kreis präsentiert, als adeliger Assessor ans

177 betont protestantisch, aber weniger radikal als die seiner Kollegen Loefenius und Christian von Anhalt. Insofern ist zwischen der Fraktion um Christian von Anhalt und Loefenius auf der einen Seite sowie der Fraktion von Plessen, Colli, Grün und Lingelsheim auf der anderen Seite zu unterscheiden. Letztere waren zudem durch ihre gelehrten Interessen miteinander verbunden. Mit diesem Kreis um Lingelsheim stand Bongars in engem Kontakt. 7.1.2 Georg Michael Lingelsheim Wichtigste Person am Heidelberger Hof war für Bongars der kurpfälzische Rat Georg Michael Lingelsheim (1558–1636).22 Mit Lingelsheim verband Bongars ein ähnlich enger Kontakt wie mit Camerarius. Die etwa 600 Briefe zwischen Lingelsheim und Bongars in europäischen Archiven dokumentieren einen über zwei Jahrzehnte währenden Briefwechsel.23 Fast wöchentlich wurden Briefe zwischen Bongars und Lingelsheim ausgetauscht.24 7.1.2.1

Biographisches

Lingelsheim stammte aus der reformierten Minderheit in Straßburg. Möglicherweise besuchte er dort das von Johannes Sturm gegründete Gymnasium, belegt ist erst, dass er sich 1579 an der Universität Heidelberg einschrieb. Aufgrund des Erstarkens der lutherischen Kräfte nach Einführung der Konkordienformel und dem Zurückdrängen der Reformierten, blieb Lingelsheim wohl nicht einmal ein Jahr an der Universität. 1580 begab er sich in den Dienst von Robert Sidney, dem Bruder Philip Sidneys, um ihn auf seiner »peregrinatio academica« durch England und Frankreich zu begleiten. Diese erste Anstellung Lingelsheims hatte vielleicht der Straßburger Jurist Johann Lobbetius vermittelt, der in ständigem Kontakt mit Philip Sidney stand und ein jahrzehntelanger Freund und Förderer

22

23

24

Reichskammergericht nach Speyer. In kurpfälzische Dienste zurückgekehrt, wurde er 1605 Mitglied des Oberrats und bekleidete von 1606 bis zu seinem Tod das Amt des Kanzlers. Grün war der organisatorische Motor der Heidelberger Regierung. Obgleich er nach außen kaum hervortrat, ist Grün doch eine der bestimmenden Figuren der Kurpfälzer Regierung gewesen. Zur Vita Lingelsheims vgl. NDB 14, 621f.; zuletzt der Beitrag von Walter: Lingelsheim. Vgl. auch den Lexikonartikel von Walter über Lingelsheim in: Nouveau Dictionnaire de Biographie Alsacienne 24, 1994, 2387. Zur politischen Rolle Lingelsheims in Heidelberg vgl. Press: Calvinimus, 371. 1619 trat Lingelsheim gegen die Annahme der böhmischen Königskrone durch Friedrich V. auf und blieb in Heidelberg zurück, von wo er 1621 vor den Kriegsereignissen nach Straßburg flüchtete. 1633 kehrte er nach der kurzfristigen Restitution Friedrichs V. nach Heidelberg zurück, ein Jahr später starb er in Frankenthal. Walter: Späthumanismus, hat alle Briefe Lingelsheims inventarisiert. Das Gros seiner Korrespondenz mit Bongars befindet sich in den für meine Arbeit besuchten Archiven und Bibliotheken in Paris, Bern und Hamburg. Die 44 Briefe in der SUBH stammen bis auf einige Ausnahmen aus dem Zeitraum von September 1611 bis 1612. Bongars hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Paris auf.

178 Lingelsheim wurde. 1582 nahm Lingelsheim wieder sein juristisches Studium auf. Da sich das orthodoxe Luthertum in der Folge in Straßburg immer mehr durchsetzte, wechselte Lingelsheim an die Universität Basel, wo er 1583 zum »Doctor iuris« promoviert wurde. Als Johann Casimir die Erzieher Friedrichs IV. durch strikte Calvinisten ersetzte, wählte er Georg Michael Lingelsheim und Otto von Grünrade dafür aus. Lingelsheim war nicht nur für die allgemeine Erziehung und für den Unterricht in Latein und Französisch verantwortlich, sondern auch für die vom Vormund Johann Casimir angestrebte Hinwendung des Prinzen zum reformierten Bekenntnis. 1587 wurde Lingelsheim zum »conseiller et serviteur« ernannt. Er gehörte zu der Gruppe von Räten, die nach dem Tode Johann Casimirs 1592 durch einen Appell an die Wetterauischen Grafen die reformierte Konfession gegen eine drohende lutherische Vorherrschaft retteten. 1592 rückte Lingelsheim in den Oberrat auf. Friedrich IV. verlieh ihm die Administration eines Stiftes, wodurch Lingelsheim auch Oberpfälzer Landstand wurde. Lingelsheim gehörte nicht zu den federführenden Politikern des Pfälzer Hofes. Doch hatte er in seiner Position als Ratsmitglied und Verfasser von Gutachten entscheidend Anteil an dem politischen Kurs, den die Kurpfalz Anfang des 17. Jahrhunderts einschlug. Neben seiner Rolle in der kurpfälzischen Politik hatte Lingelsheim prägenden Einfluss auf das gelehrte Leben in Heidelberg. In Lingelsheims Haus traf sich der Kreis der Heidelberger Späthumanisten, und durch seine Korrespondenzen war der kurpfälzische Rat mit fast allen wichtigen Persönlichkeiten der respublica litteraria verbunden.25 7.1.2.2 Der Kreis der »amici« in Heidelberg Immer wieder werden am Ende der Briefe von Bongars an Lingelsheim oder umgekehrt die »amici« in Heidelberg erwähnt.26 Lingelsheim, der selber dichterisch nicht hervortrat, war sozialgeschichtlich eine zentrale Gestalt der Heidelberger Dichtung. Auch Bongars stand in Kontakt mit diesen Dichtern und Gelehrten um Lingelsheim. Es ist daher anzunehmen, dass sowohl die gelehrten Oberräte als auch die genannten Dichter unter den in den Briefen bezeichneten »amici« zu verstehen sind. Die Oberräte Volrad von Plessen und Hippolyt von Colli gehörten wie auch Petrus Denaisius, Marquard Freher, Janus Gruter und Paul Schede-Melissus dem Kreis um Lingelsheim an. Dies zeigen ihre immer wiederkehrenden Namen in den Grußformeln an Bongars.27 Die Mitglieder dieses Kreises gehörten fast alle der höchsten bürgerlichen Beamtenschicht der Pfalz

25

26 27

Eine umfassende Darstellung der Korrespondenzpartner Lingelsheims bietet inzwischen Walter: Späthumanismus. Hier soll allein ein Überblick derjenigen Kontakte des kurpfälzischen Rates gegeben werden, die für seine Beziehungen zu Bongars eine Rolle spielten. Z. B. in: Ling. ep., 117, 118, 127, 132. Z. B. Lingelsheim an Bongars, 31. Mai 1601, BERN, cod. 141, Nr. 62.

179 an und wiesen eine bemerkenswerte soziale Geschlossenheit auf.28 Sie pflegten einen sehr persönlichen Umgang, und so teilte man sich in den Korrespondenzen auch private Nachrichten mit, wie z.B. die Geburt von Plessens Sohn.29 Lingelsheim hatte für Bongars eine zentrale Stellung innerhalb diese Kreises in Heidelberg inne. Er war es, der die Briefe von Bongars an die Freunde verteilte.30 Die Personen aus dem Kreis um Lingelsheim sollen in ihrer Beziehung zu Bongars kurz vorgestellt werden. Petrus Denaisius, ein Studienfreund Lingelsheims aus Straßburg, war durch dessen Vermittlung in die Pfalz gekommen und hatte 1589 die Tochter des Oberratsmitgliedes und Vizekanzlers Culmann geheiratet.31 Bis 1590 war Denaisius am Hofgericht in Heidelberg tätig, dann wechselte er als Beisitzer an das Reichskammergericht nach Speyer, blieb aber bis zu seinem Tod in enger Verbindung mit Lingelsheim und Zincgref.32 Die schriftstellerische Tätigkeit von Denaisius fiel in seine Speyrer Jahre. Neben juristischen Werken verfasste er deutsche Gedichte und gehörte damit dem Kreis der Heidelberger Barockdichter an, der aus dem Pfälzer Späthumanismus entstanden war. Denaisius korrespondierte mit de Thou in Paris und stand, wie aus dem Inhalt seiner Briefe an den französischen Historiker hervorgeht, auch mit Bongars in Kontakt.33 Bongars übernahm wohl gelegentlich den Transport der Briefe Denaisius’ an de Thou in Paris.34 Auch der Name Melissus taucht in den Grußadressen der Korrespondenzen Bongars’ an Lingelsheim immer wieder auf. Der neulateinische Dichter Paul Schede, genannt Melissus (nach seinem Heimatort Mellrichstadt), trug eine Ratsbestallung bei Johann Casimir und Friedrich IV., wurde allerdings weder zum Hofgericht, noch zu politischen Aufgaben herangezogen. Er stand in engem Kontakt mit den französischen Dichterjuristen der Pléiade und war mit Philip Sidney bekannt.35 In Wien gehörte er zum Kreis von Sambucus, Crato von Crafftheim und Blotius und kannte sehr wahrscheinlich Lazarus von Schwendi. Seit 1586 hatte er die Leitung der kurfürstlichen Bibliothek in Heidelberg inne. Melissus wurde später zum Mittelpunkt des Heidelberger literarischen Lebens.

28 29

30 31 32 33 34 35

Mertens: Heidelberger Dichter, 228f. Lingelsheim an Bongars, Juni 1601, BERN, cod. 141, Nr. 62: »Plessenius noster filio auctus est, salua matre, quod valde gaudemus [...] Melissus polliticus est, se diligenter inquisitarum, num interpretes et commentatores Platonis Graeci in Bibliotheca Palatina extent, nec illi visus aut auditus umquam Rudolphus Flaviacensis de Johanna Papisia.« Lingelsheim an Bongars, 10. Juni 1605, BERN, cod. 141, Nr. 87: »Litteras tuas amicis distribui.« Press: Calvinismus, 361. Zu Zincgref vgl. den Beitrag von Verweyen: Zwischenbericht. De Thou an Denaisius, 1607, B. N., Coll. Dupuy 706, fol. 20 ff. De Thou an Denaisius, 9. März 1605, B. N., Coll. Dupuy 706, fol. 22: »Litterae tuae, quae a D. Bongarsio mihi redditae sunt [...].« Zu Schede vgl. Nolhac: Poète rhénan.

180 Zu dem Kreis der Heidelberger Dichter um Lingelsheim gehörten auch noch seine Verwandten Marquard Freher und Janus Gruter.36 Der aus Augsburg stammende Marquard Freher (1565–1614) war nach dem Studium in Altdorf, Basel und Bourges, wo er von Cujas zum Lizentiaten der Rechte promoviert wurde, in kurpfälzischen Dienst eingetreten.37 Er wurde 1596 zum »professor codicis« in Heidelberg ernannt. Zwei Jahre später wechselte er wieder in den unmittelbaren Fürstendienst, in dem er es zum Geheimen Rat und Vizepräsidenten des Hofgerichts brachte. Freher wurde als Diplomat eingesetzt und trat publizistisch für eine calvinistisch-ständische Reichs- und Europapolitik ein. Daneben betätigte er sich als Philologe, Historiker und Germanist.38 In den französisch formulierten Korrespondenzen Frehers an Bongars, die hier eingesehen werden konnten, werden in ungleich größerem Maße Fragen der respublica litteraria thematisiert, als dass politische Fragen erörtert oder Nachrichten ausgetauscht würden. Freher besprach mit Bongars immer wieder den Austausch oder das Zusenden von Büchern.39 Er bedankte sich für Handschriften, die ihm Bongars besorgt hatte und die er in Frankfurt anlässlich der Messe einsehen wollte. Bongars war damit Freher bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten behilflich, und Freher honorierte diese humanistische Dienstleistung mit einer Dedikation an Bongars in seiner Ausgabe der Straßburger Eide.40 Auch für sein Werk der Scriptores rerum Germanicarum erhielt Freher wichtiges Material von Bongars.41 Freher korrespondierte mit de Thou in Paris, wobei es um Publikationen wie das Corpus Iuris Graeco-Romano ging oder um Informationen, die Freher de Thou aus der Heidelberger Bibliothek lieferte.42 Auch schickte Freher Briefe, die er von anderen Gelehrten wie Marcus Welser erhalten hatte, nach Paris an de Thou weiter.43 Ein Freund und Kollege Marquard Frehers, der zum Heidelberger Kreis um Lingelsheim und Bongars gezählt werden muss, war Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578–1635).44 Er war ein Verwandter von Wilhelm Stucki, dem reformierten Zürcher Theologen und Korrespondenzpartner Bongars’, der sich

36

37 38

39 40 41 42 43 44

Gedichte von Marquard Freher befinden sich im dritten Band von Janus Gruters großer Sammlung »Delitiae poetarum germanorum huius superiorisque aevi illustrium collectore«, Frankfurt am Main 1612. Zur Vita Frehers vgl. NDB 5, 392 f.; Schwan: Juristisches Schaffen, 5–8; Kornexl: Freher. Zusammen mit anderen, wie z. B. Goldast, hat Freher entscheidend zur Erschließung der deutschen Literatur des Mittelalters beigetragen. Es ist unmöglich, die zahlreichen Veröffentlichungen Frehers hier aufzulisten. Freher an Bongars, 17. September 1601, SUBH, sup. ep. 31, fol. 74; ders. an dens., 8. März 1602, ebda, fol. 123. Kornexl: Freher, 96. Freher: Foederis [...] formulae. Bongars an Lingelsheim, o. D., B. N., FR 7128, Nr. 191. Freher an de Thou, 19. März 1600, B. N., Coll. Dupuy 699, fol. 161; ders. an dens., 9. April 1612, ebda, fol. 262. Marcus Welser an Freher, 23. November 1611, B. N., Coll. Dupuy 583, fol. 80. Zur Vita Goldasts vgl. zuletzt Baade: Goldast, sowie Caspary: Späthumanismus, 20–58.

181 1591 ebenfalls in Heidelberg aufhielt.45 Die Sammlung der Briefe Goldasts dokumentiert ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit.46 Goldast, der zwischen 1595 und 1597 in Altdorf Jura studiert hatte, fand 1599 eine Anstellung in Genf bei den Söhnen von Vassan. Aus einem Brief an Jean de Vassan in Paris ist zu entnehmen, dass Goldast sich für seine Forschungen der internationalen Gelehrtenkontakte bediente und sowohl die Bibliotheken von Pithou als auch Bongars bemühte.47 1603 erhielt Goldast eine Anstellung als Sekretär des Herzogs von Bouillon, den er an den pfälzischen und hessischen Hof begleiten sollte. Sein wachsendes Ansehen als Rechtsgelehrter und Publizist brachten ihm eine Bestallung am pfälzischen Hof ein. Ab 1606 lebte er als freier Schriftsteller und Rechtsberater in Frankfurt, wo er sich in nächster Nähe der großen Druckereien von Hanau und der Frankfurter Buchmesse befand. 1608 geriet Goldast wegen seiner unauthorisierten Ausgabe der Historia in eine Kontroverse mit de Thou. Dies scheint das Verhältnis zu dem Pariser Gelehrtenkreis nur kurzfristig getrübt zu haben, denn Bongars wohnte in der Folge gelegentlich bei Goldast in Frankfurt und arbeitete mit ihm wissenschaftlich zusammen.48 1608 vermittelte Bongars Goldast zu seiner Petron-Ausgabe sowie zu dessen Ausgabe der Schriften des Cornelius Nepos wertvolles handschriftliches Material.49 Zu dem Kreis von Lingelsheim gehörte auch der Kirchenratspräsident Otto von Grünrade (1545–1613).50 Auch er taucht in den Grußformeln Bongars

45

46 47

48 49

50

Wilhelm Stucki stammte aus einer angesehenen Zürcher Patrizierfamilie, studierte u.a. in Lausanne, Straßburg, Tübingen, Paris und Padua. In Zürich wurde er zunächst zum Professor für Rhetorik und Logik, im Jahre 1571 zum Professor für Theologie des Alten Testaments ernannt. Stucki war in den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts an der Überlieferungsgeschichte des Codex Manesse (Große Heidelberger Liederhandschrift) beteiligt. Er hielt sich 1591 in Heidelberg auf und stand in Kontakt zu Friedrich IV., Christian von Anhalt, Marquard Freher und dem Kreis der Heidelberger Späthumanisten. Bongars nannte ihn oft in seinen Briefen und korrespondierte selbst mit ihm, vgl. BERN, cod. B 149, Nr. 308, 376, 392, 397. Zur Biographie Stuckis vgl. Jöcher (Hrsg.): Gelehrtenlexicon, Bd. 4, 904; ADB 36, 717–720. Virorum clarissimorum et doctorum ad Goldastum epistolae. Die Originale befinden sich in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Sign. Ms Fk Mh Goldast. Melchior Goldast von Haiminsfeld an Jean de Vassan, 5. Mai 1602, B. N., Coll. Dupuy 699, fol. 324: »Oper et sub coelo Roverii una paruter cum aliis Glossariis et Pithoei et Bongarsii bibliothecis.« Ein Hauptprojekt Goldasts in seiner Zeit in Heidelberg war die »Consulatio de officio electoris Bohemiae«, die er 1612 Kaiser Matthias in Prag präsentierte. Goldast war nach dem Tode Rudolfs II. als Vertreter des Hofes von Sachsen-Weimar in Prag. Ein Brief an Bongars ist mit Goldasts Adresse in Frankfurt versehen; vgl. B. N., FR 7125, fol. 347. Frankfurt am Main 1610. Hier heißt es in der Vorrede: »Membraneus codex MS. optimae quidem notae, sed iam Pithoeis quoque visus et collatus. Ex bibliotheca amplissimi et nobilissimi Jacobi Bongarsii legati Regii-, chartaceus cos. ms. ex membraneo illo expressus. Ex eiusdem bibliotheca-, editio Parisiensis prima Reginaldi Calderii a 1520 procurata. Ex bibl. Bongarsiana.« Außerdem hatte Bongars dazu noch eine Reihe von Kommentaren verfasst; Goldasti ep., 36–98. Vgl. NDB 7, 203. Grünrade hatte in Leipzig und Wittenberg studiert, wo ihn Caspar Peucer, der führende Kopf des sächsischen Kryptocalvinismus, an Graf Johann d. Ä. von

182 immer wieder auf und repräsentiert die konfessionelle Position dieses Kreises. Der Philippist Grünrade war einer der führenden reformierten Kirchenpolitiker seiner Zeit. Ein bekannter Gelehrter in Heidelberg und Freund von Lingelsheim war der Historiker, Dichter und Bibliothekar der Palatina, Janus Gruter (1560–1627).51 Gruter zollte Bongars als Diplomaten und Gelehrten in seinem Werk Chronicum chronicorum Bewunderung.52 Bongars’ Kontakt zu Janus Gruter ist qua ihrer Korrespondenz auf einer rein wissenschaftlichen Ebene einzustufen. Gruter, der zu dem Kreis der gelehrten Freunde um Lingelsheim gehörte, ist wohl am besten durch die Bezeichnung des Polyhistors zu charakterisieren.53 Er war eine typische Figur der späthumanistischen Welt und durch ihre europaweiten Kontakte auch einer ihrer Knotenpunkte. Gruter stammte aus einer reformierten Familie, studierte Rechtswissenschaften in Leiden und wurde durch die Bekanntschaft mit Justus Lipsius endgültig für die Altertumswissenschaften gewonnen. Nach dem Studium reiste er durch Frankreich, wo er mit dem Verfasserkreis der Satyre Ménippée in Kontakt kam, durch die Schweiz, Italien, sowie den Norden und Osten des Reichs. 1590 trat er eine Professur für Geschichte an der Universität Wittenberg an, musste Sachsen jedoch nach dem Tod Christians I. verlassen, da er sich weigerte die Konkordienformel zu unterschreiben. Gruter erhielt dar-

51

52

53

Nassau empfahl. Mit dessen Söhnen, dem jungen Moritz von Oranien und einigen anderen adeligen Studenten bezog er als »praefectus« 1576 die Universität Heidelberg, verließ sie aber im selben Jahr anlässlich der lutherischen Reaktion nach dem Tod Friedrichs III. Er übte Einfluss aus bei der Einführung des Calvinismus in Holnstein, Schauenburg und Solms-Braunfels. Auch an den Vorbereitungen für die Gründung der Hohen Schule in Herborn war Grünrade maßgeblich beteiligt. 1584 wurde er von Johann Casimir als Hofmeister des jungen Friedrich IV. nach Heidelberg geholt, und wirkte bei dessen Konversion zum Calvinismus mit. Er verschaffte sich damit Einfluss auf seinen Zögling, der ihn in der Krise von 1592 eine geradezu entscheidende Rolle spielen ließ: er veranlasste die Rückberufung Georg Ludwig von Huttens und des Großhofmeisters Ludwig Graf zu Sayn-Wittgenstein nach Heidelberg und sicherte so, zusammen mit Johann von Nassau, die Kontinuität der pfälzischen Politik im Sinne Friedrichs III. und Johann Casimirs. Friedrich IV. ernannte ihn im gleichen Jahr zum Präsidenten des Kirchenrats, als welcher er bis zu seinem Rücktritt 1612 viel Geschick und Organisationstalent bewies und für die Ausbreitung und Befestigung des Calvinismus auch in anderen Territorien wirkte. Er nahm Einfluss auf die Einführung des reformierten Bekenntnisses im Herzogtum PfalzZweibrücken nach 1588 und sorgte 1595 zusammen mit Melchior Anger für die Durchsetzung des Reformiertentums in der Grafschaft Hanau-Münzenberg. Zur Biographie Gruters vgl. NDB 7, 239; Smend: Janus Gruter; Forster: Gruter’s English Years. Gruters Familie stammte aus Antwerpen und wurde bei Ausbruch des niederländischen Aufstandes vertrieben. Deshalb erfolgte die Schulausbildung Gruters in England, bevor er nach der Genter Pazifikation 1576 zurückkehren konnte. Gruter: Chronicum Chronicorum II, 1110: »Litteris et legationibus obitis clarus in Gallia, clarior in Germania probitate ac doctrina, clarissimus in animis proborum ac doctorum ob haec omnia«. Grafton: World of the Polyhistors, 42. Nach Graftons Definition waren die Polyhistoren weniger die Bürger eines irdischen Reiches, als einer gedachten Republik, und zwar der Gelehrtenrepublik.

183 aufhin eine Geschichtsprofessur an der Heidelberger Universität. Kontakte zum Hof ergaben sich für Gruter unter anderem durch die Verwandtschaft mit Lingelsheim. 1602 erfolgte die Ernennung Gruters zum Bibliothekar der Palatina als Nachfolger von Paul Schede-Melissus. Neben der Bibliothekstätigkeit gab Gruter viele philologische, poetische und historische Sammelwerke heraus.54 Zur Materialbeschaffung wandte sich Gruter an Mitglieder der Gelehrtenrepublik wie Marcus Welser und auch Bongars, der ihm verschiedene Werke von Curtius, Sallust, Seneca, Caesar sowie für die 1602 erschienenen Inscriptiones antiquae eine Reihe von Inschriften zur Verfügung stellte.55 7.1.2.3 Verbindungen des Heidelberger Kreises nach Paris Der Kontakt Bongars’ zu Gruter läßt sich am besten über die Korrespondenzen de Thous mit Gruter rekonstruieren, denn Bongars und seine Tätigkeiten werden in fast jedem ihrer Briefe thematisiert.56 So bekundete Gruter seine Bewunderung für die Veröffentlichungen Bongars’, dessen Ruhm im Gedächtnis der Nachfahren bewahrt werden würde.57 De Thou seinerseits pries Bongars in einem Brief an Gruter mit »qualis vir!«58 Zentrales Thema der Korrespondenzen von de Thou und Gruter waren ihre Editionen, Materialbeschaffung, Verhandlungen mit Druckern und Verlegern sowie gegenseitige Korrekturen.59 Auch die komplizierten Wege der Veröffentlichung, wie sie die Historia de Thous im Reich nahm, wurden ausführlich besprochen.60 Durch diesen Kontakt zwischen de Thou und Gruter entstand eine enge wissenschaftliche Kooperation zwischen Paris und Heidelberg.61 Bongars übernahm dabei oftmals die Position

54

55 56

57 58 59 60

61

Zu den bekanntesten Werken Gruters gehören die »Delitiae poetarum Italorum«, Frankfurt am Main 1608, die »Delitiae poetarum Gallorum« von 1609 und die sechsbändigen »Delitiae poetarum Germanorum« von 1612. Vgl. dazu Tarnai: Deutschland als Zentrum, 164. Hagen: Jacobus Bongarsius, 38. Dort die entsprechenden Quellennachweise. Die SUBH verfügt über drei Briefe Gruters an Bongars, die allerdings unleserlich sind. SUBH, sup. ep. 29, fol. 54, 60, 61. Ebda kopierte Briefe in 4°, sup. ep. 50, fol. 29, 29’, 30. Gruter an de Thou, 14. April 1604, B. N., Coll. Dupuy 632, fol. 89. De Thou an Gruter, 11. Oktober o. J., ebda, Coll. Dupuy 706, fol. 35. De Thou an Gruter, 1604, ebda, fol. 60: »Cum hic bina exemplaria historiam nostram secunda cura recensitarum accipies, videbur et censebis.« Vgl. z. B. de Thou an Gruter, 5. Juli 1608, ebda, fol. 40; de Thou an Gruter, 10. Juli 1609, ebda, fol. 36: »Hic nundinis, V. Doctores, appendicem editionem novam nostrarum historiarum, quam a libraris vestras inconsiderata sive Jehanone sive inigna incelli interpolaram non possum non magnopere dolere. Nam me vivo ac vidente heredatem meam cerni qui patienter ferrem?« Ebda, Coll. Dupuy 836, fol. 161–186; ebda, Coll. Dupuy 706, fol. 23, 34, 35, 36, 37, 40, 44, 60, 95, 109; ebda, Coll. Dupuy 632, fol. 89; ebda, Coll. Dupuy 348, fol. 105; ebda, Coll. Dupuy 490, fol. 72.

184 des Vermittlers, wenn er z.B. Gruter Exemplare des Geschichtswerkes von de Thou überbrachte.62 Gruter diskutierte mit de Thou auch die politisch-moralischen Entwicklungen in Deutschland und Frankreich, die sie als beängstigend empfanden.63 Die beiden Historiker waren sich einig, dass eine Zeit des Niedergangs gekommen sei.64 Ganz Europa sei davon betroffen.65 Dieser Austausch zwischen dem Calvinisten Gruter und dem Katholiken de Thou stand damit über konfessionellen Schranken. Verbindendes Element war die gemeinsame Zugehörigkeit zur Gelehrtenrepublik und das Ziel eines an deren Werten ausgerichteten Europas. De Thou grüßte in seinen Schreiben an Gruter immer Denaisius, Lingelsheim, Peucer, Godefroy, Freher und Gentili. Das bedeutet, dass Gruter die Nachrichten von de Thou am Pfälzischen Hof zirkulieren ließ, oder auch an Gelehrte in anderen Städten, wie Scipio Gentili in Altdorf, weiterleitete.66 Die Kontakte der Gelehrten des französischen Hofes zu den gelehrten Räten in der Pfalz wurden demnach auch unabhängig von Bongars gepflegt. Lingelsheim berichtete de Thou detailliert von den Vorgängen ab 1608 im Reich und schilderte den Stimmungsumschwung der protestantischen Reichsstände, die in die Unterstützung seitens des Kaisers keine großen Hoffnungen mehr setzten. In seinen politischen Berichten an de Thou schenkte er große Aufmerksamkeit den Entwicklungen in Böhmen, Mähren und Ungarn.67 Was die gelehrte Korrespondenz zwischen Lingelsheim und de Thou betrifft, so wurde vor allem die Historia de Thous thematisiert, deren Edition in Deutschland Lingelsheim betreute.68 Natürlich spielten die typischen Dienstleistungen unter Gelehrten in den Korrespondenzen mit de Thou auch hier eine Rolle.69 Dabei übernahm Lingelsheim offenbar die Funktion eines Vermittlers für den

62 63

64

65

66 67 68 69

Gruter an de Thou, 16. September 1604, ebda, Coll. Dupuy 836, fol. 162. Abschrift eines Briefes Gruters an de Thou, o. D., ebda, fol. 184f.: »Et aut fallar, aut simul voluisti ostendere, quam charites Gallicae velociores sint Germanicis: et quam non possit deinceps desiderare Bongarsium qui iam ab initio citra ullam petendi molestiam indeptus est, quod nondum optabat.« De Thou an Gruter, o.O., 11. Oktober, ebda, Coll. Dupuy 706, fol. 35: »[...] certe Francia nostra paucos olim superiores, hodie parem habet neminem, tantu abest, ut me diogem existiem«. Gruter an de Thou, 14. April 1604, ebda, Coll. Dupuy 632, fol. 89: »Narro tibi, mi Domine, hactenus Europa te (hic) indigebat, qui viam nobis ut facerit simul et munitas ad Liberam veritate ad cundidam molestiam.« De Thou an Gruter, 1607, ebda, Coll. Dupuy 836, fol. 23; Abschrift eines Briefes Gruters an de Thou, o. D., ebda, fol. 184–185. Lingelsheim an de Thou, 16. Mai 1608, ebda, fol. 234. Vgl. dazu ausführlich die entsprechenden Abschnitte in Kap. 5. Lingelsheim an de Thou, 23. November 1614, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 244: »Neque dum licuit Bongarsii summi et viri et amici Bibliothecam inspicerem nedum ut catalogus fieri potuerit: faxo habeas manuscriptum nam intra mensem spero Argentoratum proficisci, ubi libri a Gravisseto, cui ii legati asserventur. De benevolentia filio meo Friderico exhibita, gratia habeo maximas, et porro ut inter clientes tuos habens, vehementer rogo.«

185 Heidelberger Kreis, wenn es um verschiedene Anliegen der einzelnen Mitglieder gegenüber de Thou ging.70 Die Verbundenheit zwischen dem Kreis um Lingelsheim und de Thou ging soweit, dass die Heidelberger Freunde Anteil nahmen, wenn de Thou krank war.71 Zum Kreis der Korrespondenzpartner Lingelsheims in Paris gehörte auch der Parlamentsadvokat Pierre Dupuy. Obwohl der Briefwechsel zwischen Lingelsheim und Dupuy erst aus der Zeit nach Bongars’ Tod datiert, wird der französische Diplomat oftmals darin erwähnt. So beschäftigte es offensichtlich die Gelehrtengemeinschaft in Heidelberg und Paris, dass Bongars seine Bibliothek dem Sohn von René Gravisset vermacht hatte.72 Mit Dupuy verband Lingelsheim auf der einen Seite eine Gelehrtenfreundschaft.73 In den Briefen zwischen dem Heidelberger Oberrat und dem Pariser Parlamentsadvokaten ging es daher um wissenschaftliche Kooperation und Dienstleistungen.74 So Lingelsheim sandte Dupuy Gedichte von Denaisius und eine Ausgabe von Melchior Adam.75 Auf der anderen Seite ist die Korrespondenz zwischen Lingelsheim und Dupuy keineswegs als unpolitisch zu bezeichnen. Im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges wurde die politische Lage Europas und die Gefahr, die den Reformierten durch das Haus Habsburg drohte, thematisiert.76 Nach Kriegsausbruch wurde in den Gelehrtenkorrespondenzen, die zwischen Heidelberg und Paris ausgetauscht wurden, heftig über die Pfälzer Ansprüche diskutiert.77 Nach Bongars’ Tod nahm Lingelsheim auch Kontakt zu Jean Villiers de Hotman auf, dem französischen Gesandten in Düsseldorf, um ihm seine Zusammenarbeit anzubieten, wie er es Bongars versprochen hatte.78 Die Informationen, die Lingelsheim in dieser Zeit von Ancel aus Prag erhielt, leitete er in der Folge

70 71 72 73

74 75

76 77

78

Lingelsheim an Bongars, 22. August 1605, BERN, cod. 141, Nr. 66. Lingelsheim an Bongars, 23. Dezember 1605, ebda, Nr. 67: »Thuanum in morbo iacuisse ignorabam, vota ad Deum facio.« Lingelsheim an Dupuy, 27. Dezember 1616, B. N., Coll. Dupuy 699: »scripsi ad Gravissetum cuius filio optimus Bongarius legavit Bibliothecam suam.« So wollte z. B. Dupuy einen Brief von Canisius auf der Frankfurter Messe erwerben, den ihm Lingelsheim besorgen sollte. Durch die verspätet eintreffenden Briefe konnte Lingelsheim diesen Wünschen nicht nachkommen. Vgl. Lingelsheim an Dupuy, 1615, ebda, fol. 257. Lingelsheim an Dupuy, 10. November 1618, ebda, Coll. Dupuy 712, fol. 70. Lingelsheim an Dupuy, 27. Dezember 1616, ebda, Coll. Dupuy 699, fol. 255: »Melchioris Adami, virorum in Germaniam per literas clarorum superioris aseculi, quod non dubito, ad vos delatum, si nondum habetis mittam monitus [...]«. Lingelsheim an Dupuy, 27. Dezember 1616, ebda, fol. 255. Etwa Lingelsheim an Dupuy, 25. Oktober 1619, ebda, fol. 253: »Princeps Elector noster tandem persuadori sibi passent est, ut delatum Regnum Behemicum accipiat, eo quod si ipsi recuseret porro! ad extrema redacti Bohemi peraducu possent ad consiliari rei Christina exitosa atque eo devetura res essent, ut limitem Turicum habituri essemus, in ipsi ditione nostra superiores Palatinatus Bohemici regni delegati Electorem convenerunt in limite regni [...].« Lingelsheim an Hotman, 19. Oktober 1612, BSHPF, Ms 10 V, fol. 2: »[...] je luy ay promis de vous communiquer aussi ce que j’aurois memorable.«

186 an Hotman nach Düsseldorf weiter.79 Hotman, der wie oben ausgeführt, selbst zur internationalen Gelehrtenrepublik gehörte, nutzte den Kontakt zu Lingelsheim auch im Sinne der humanistischen Gefälligkeitsdienste. So fragte Lingelsheim in seinem Auftrag bei Freher nach bestimmten Handschriften.80 7.1.2.4 Gefälligkeitsdienste für Bongars Wie in Kapitel vier dargestellt, war der Kontakt zwischen Lingelsheim und Bongars so eng, dass Bongars ihm seinen Schützling und Patensohn Jakob Gravisset zur Erziehung anvertraute.81 Lingelsheim berichtete Bongars regelmäßig über die schulischen Fortschritte des jungen Gravissets, der zusammen mit einem Freund in Heidelberg unterrichtet wurde.82 Eine Reihe der zwischen Bongars und Lingelsheim in den Jahren 1604 und 1605 ausgetauschten Briefe beschäftigt sich mit dem Thema der erwarteten Grammatikausgabe Grammatici Latini von Putsch, deren Erscheinen in der Gelehrtenrepublik ungeduldig erwartet wurde.83 Bongars unterstützte diese Ausgabe nicht nur durch Quellen, wie die Handschrift von Cledonius aus der Bibliothek Pithous, sondern auch durch Ratschläge zur Aufteilung und Edition des Werkes.84 Auch Bongars eigene Publikationen und die Reaktionen in der internationalen Gelehrtenwelt wurden in den Briefen thematisiert.85 Der berufliche Nutzen des Kontaktes zu Lingelsheim lag für Bongars in dessen Informantentätigkeit. Wie auch in den Korrespondenzen mit Camerarius wechselte Lingelsheim übergangslos von Mitteilungen aus seinem Heidelberger Gelehrtenkreis und dessen Themen zu politischen Nachrichten.86 Lingelsheim

79 80 81

82

83

84 85

86

Lingelsheim an Hotman, 28. November 1612, ebda, Ms. 10 V, fol. 7. Lingelsheim an Freher, o. D., ebda, Ms. 10V, fol. 13. Bongars an Lingelsheim, 12. August 1601, B. N., FR 7130, Nr. 293: »Lobbetii nostri morbo graviter afficior. Dysenteria laborare scribit Gravissetus, morbo illa aetate periculosissimo, quo me hoc ipso mense laborasse et vix ereptum Dei misericordia studio Gravisseti memini«. Auch nennt ihn Lingesheim »assecula«, Parteigänger. Lingelsheim an Bongars, 18. September 1601. In: Ling. ep., 152. Lingelsheim an Bongars, 6. März 1609, BERN, cod. 141, Nr. 60: »Gravissetus et Delfinus superioribus diebus in coena athletas se egregios in Grammaticis apud me praestiterunt. Bene valent et officium faciunt.« Hagen: Jacobus Bongarsius, 40. Vgl. Brief Bongars’ an Colbe, 5. Januar 1604, B. N., FR 7128, Nr. 211: »demnach sei nichts so förderlich, als das Sprachstudium, die Beschäftigung mit der Grammatik, welche freilich von den Feinden des Lichts, den Jesuiten, als verachtungswürdig auf die Seite geschoben werde. Und dieses Sprachstudium werde durch die Herausgabe der alten Grammatiken mächtig gefördert.« Putsch war mit Bongars schon seit seiner Sallust-Ausgabe (1602) bekannt, wie aus dem Vorwort hervorgeht. Lingelsheim an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 14, fol. 97: »Scriptum tuum, quod mihi ostendisti, [...] publice commo dabit egregie, neque in laudes tuas ingera. Quincumque opus tuum orientalium res viderunt, praefationes laudibus evelunt«. Lingelsheim an Bongars, 19. März 1608, ebda, fol. 94: »Hispani omnio specie pacis fallere constituerunt, itaque etiam navigationes Indicas permittunt per inducias IX annos, sed mora illa per mollesta Praesidi nostro. Scaliger ad me scribit, inversionem neque

187 besaß gute Kontakte in das protestantische Ausland sowie zu den ausländischen Gesandten im Reich.87 So war der niederländische Gesandte – »noster Brederodius« – der Gewährsmann für die Enwicklungen an der Nordostflanke des Reichs.88 Brederode muss auch zu dem engeren Kreis um Lingelsheim gerechnet werden, denn er taucht in den Grußformeln neben Grünrade, Paul, Loefenius, Freher, Godefroy und Gruter immer wieder auf.89 Die Informationen, die er z.B. von den englischen Gesandten Lesieur und Wotton erhielt, leitete er an Bongars weiter.90 Sie schienen für Bongars so wichtig zu sein, dass Lingelsheim ihn auch in Kenntnis setzte, wenn er keine neuen Nachrichten erhalten hatte.91 Im Gegenzug informierte Bongars Lingelsheim über den Stand der Verhandlungen der französischen Gesandten mit den Reichsfürsten bezüglich eines gegen Habsburg gerichteten Zusammenschlusses.92 Bongars’ Nachrichtenbriefe wurden von Lingelsheim an weitere Mitglieder des Oberrates weitergeleitet.93

87 88

89 90

91

92 93

imminere cum periculo non illius anguli tantum sed universa Europa praedicat autom Satiricon lepidissimum et facetissimum virtutum Schoppianus quod sub praebo. Praeses titulum fore ait, Hercules tuam fidem! Quo tamen vix est, ut his nundimis habituri simus, ex quib. nihil boni spero, nisi forte Camdeni Britanniam, auctam et ornatam. A duo Casaubono quoque litteras accepi per humanas, in quibus gueritur de gravibus iniuris et damnis [...] Etiam magnus Thuanus in suis ad Gruterum nobis salutem adscripsit cum singulari benevolentia significatione. Deplorat obitum M. et tamen in instituto Historico opere pergit. [...] In comitiis Ratisbonis certamen hactenus fecisse suis, quod Evangelici, Religionis pacem confirmari vellent, et qua contra eam facta, revocari: Pontificii urgerent, ut Ecclesiastica vona post anno 1555 a Protestantib. occupata restitueruntur. Caesari ut salutim contributiones obtineant, nihil non monent et desidea inter Evangelicus excitare satagunt offerunt confirmationem pacis, sed qualis facta, anno 1566, quum Calviniste expressi exclusi ea, unde sperant Saxones, Neupurgicos aliosque, haec accepturos, nos studiose contra mittimur.« Lingelsheim an Bongars, 23. Dezember 1605, BERN, cod. 141, Nr. 67: »Ex Anglia praeter ea qua exscripta tibi misi superiorib. dieb. nihil interea accepi.« Lingelsheim an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 14, fol. 98: »Brederodius [...], ut saxones luctum solitur principes Mauricii nomine Praga nihil accepimus, neque aliud memorandi habemus.« Lingelsheim an Bongars, o. D., ebda, fol. 104ff. Lingelsheim an Bongars, 28. August 1605, BERN, cod. 141, Nr. 72: »Lesierius Londino scripsit, ac salutem tibi dicere me iussit [...]. Lesierius scribit se a Bullionio litteras accepisse, quib. iubeatur cognoscere de suis reb. a nobis Heidelbergensibus«. Vgl. auch Lingelsheim an Bongars, 11. Juni 1605, ebda, Nr. 88. Zu Wotton vgl. Lingelsheim an Bongars, 2. Dezember 1605, ebda, Nr. 74: »Placet Wottonus, qui ardorem in pietate ostendit, qui ubique fere restinctus, animabo virum, qua potero.« Lingelsheim an Bongars, 26. Februar 1609, SUBH, sup. ep. 50, fol. 56 f.: »Ex Anglia nihil accepio, quod mittor autriaca quoq. in suspenso scribunt Matthiam Papadesasse in praesem se domadis suis, itque cogi permittere religione«. Lingelsheim an Bongars, 30. Juli 1605, BERN, cod. 141, Nr. 91: »Gratias tibi habeo maximas de hac communicatione.« Lingelsheim an Bongars, 4. Juli 1610, SUBH, sup. ep. 50, fol. 49: »In maximo desiderio eram litteraturum tuarum, quam hodie ab te mihi reddita 18/28 jun. dato, cum reliquiis. Adiunctas distribui, tam quae Francofurtum tenedunt.«

188 Lingelsheim war damit in nuce Bongars’ Kontaktperson am kurpfälzischen Hof und sein Hauptinformant.94 Die zahlreichen Korrespondenzen sind angefüllt mit politischen Nachrichten aus dem Reich und den angrenzenden Ländern.95 Alle wichtigen Ereignisse in den zwei Jahrzehnten um 1600 finden ihre Erwähnung in Lingelsheims Korrespondenz mit Bongars.96 Über Lingelsheim erhielt Bongars Informationen, wie weit protestantische Stände wie z.B. Sachsen einem panprotestantischen Zusammenschluss geneigt waren. In Sachsen war Andreas Paul der Ansprechpartner für Lingelsheim. Ab 1608 berichtete Lingelsheim zunehmend über die sich abzeichnende Reichskrise. Immer wieder sprach Lingelsheim deutlich aus, dass die protestantischen Stände von dem Kaiser »für ihre Angelegenheiten« keine Hilfe mehr erwarteten. Wie Bongars so sah auch Lingelsheim dabei die Religion als Vorwand für politische Entscheidungen.97 Lingelsheim stand in engem Kontakt zu Claude de Marne, einem der Inhaber des Wechel-Verlages.98 Mit ihm zusammen organisierte Lingelsheim die Drucklegung der Werke seiner Pfälzer Kollegen, wie z.B. von Volrad von Plessen.99 Zusammen mit Bongars schien Lingelsheim auch de Marne bei der Zusammenstellung seines Verlagsprogramms beraten zu haben.100 Die Briefe an de Marne schickte Lingelsheim über den Botendienst des Kaufmannes Malapert nach Frankfurt.101 Zudem bezog er über Malapert, der auch Bongars mit Nachrichten belieferte, politische Nachrichten.102 Die wichtige Stellung des Frankfurter Kaufmannes als politischer Informant innerhalb des protestantischen Nachrichtensystems um 1600 wird aus den Briefen Lingelsheims an Bongars deutlich.103 Über ihn hatten die kurpfälzischen Räte zudem Anbindung an das

94 95 96

97

98

99 100 101 102 103

Dathènes an Bongars, 13. Oktober 1605, ebda, sup. ep. 31, fol. 387: »Vous verez par la poste de M. Lingelsheim les nouvelles de ces quartiers.« Lingelsheim an Bongars, 1. Oktober 1605, BERN, cod. 141, Nr. 70. Lingelsheim an Bongars, 17. Oktober 1605, ebda, Nr. 79. Lingelsheim berichtete beispielsweise über die Entwicklungen im Vorfeld der Krise um Jülich-Kleve und befand: »Iuliacenses status miserabilis est«. Lingelsheim an Bongars, 22. August 1605, ebda, Nr. 66. Lingelsheim an Bongars, 18. Dezember 1608, BERN, cod. 141, Nr. 59: »Memorandi nihi quidquam habeo, ita ignarissimus iam sum, quid geratur. Saxo a Matthia rogatus, ut Austria praetextu religionis obsequium sibi negantes, ad officium adhortaretur, respondit, rectius ipsum facturum, si libertatem a maiorib. suis concessam, et magno auro redemptam iis permittat«. Lingelsheim an Bongars, 19. August 1605, ebda, Nr. 57: »Marnius aiebat se quoq. frontispicium sibi parasse, et quia Hanoia liber excursus, hoc e Gallia se usurum tantum in quibus dam exemplaribus monebo Marnium, me ne impressionem tituli praeciptet«. Lingelsheim an Bongars, 28. August 1605, ebda, Nr. 72: »Marnius huc misit titulos Plessei operis [...]«. Lingelsheim an Bongars, 11. November 1605, ebda, Nr. 80. Lingelsheim an Bongars, 27. Dezember 1604, ebda, Nr. 78: »Litteras ad Marnium, Malapertum mittam recte. Malapertus sua manu recte scribere rursus potest.« Lingelsheim an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 14, fol. 108f. Lingelsheim an Bongars, 5. März 1609, BERN, cod. 141, Nr. 60. »Malapertus nobis adfuit per biduum, ubi et tui memoriam columus: id agebat, ut Francofurto migrantib. pateret bonis conditionibus.«

189 Nachrichtensystem der niederländischen Kaufmannssippe van der Meulen, zu der die Familie Malapert gehörte.104 Natürlich wurden auch Informationen aus der Gelehrtenwelt, über Malapert ausgetauscht.105 Malapert betätigte sich für Lingelsheim ebenso in der Beschaffung von Büchern.106 7.1.3 Wichtige Räte und Sekretäre für die Außenpolitik Sehr wichtig für die außenpolitische Korrespondenz der Kurpfalz war der pfälzische Rat und Staatssekretär Pierre Dathènes (Petrus Dathenus, 1531–1588), der Sohn des gleichnamigen Theologen, der als Hofprediger unter Friedrich III. eine wichtige Rolle gespielt hatte.107 Als 1602 Graf Otto von Solms nach Paris gesandt wurde, um wegen der französischen Schulden bei der Kurpfalz nachzufragen, gab man ihm mit Dathènes einen sprachkundigen Pfälzer Lokalbeamten mit, der auch die einschlägigen Akten ein halbes Jahr lang bearbeitet hatte. Dathènes war bisher Schultheiß von Frankenthal gewesen, dessen niederländischer Exulantengemeinde er angehörte. Da in der Folgezeit die Korrespondenzen mit Westeuropa mehr und mehr zunahmen, erschien Dathènes in Heidelberg immer unentbehrlicher, zumal er neben dem Französischen auch das Flämische beherrschte. So wurde er 1603 oder 1604 zum Sekretär bestallt und mit den westeuropäischen Schreiben betraut, die er ins Französische zu übersetzten hatte. Zusammen mit Christian von Anhalt und Volrad von Plessen wurde Dathènes zum maßgeblichen Mann für die Verbindungen nach Paris, Den Haag und London. Die Korrespondenz Bongars’ mit Dathènes ist aufgrund von dessen wichtiger politischer Position besonders interessant. Einige Passagen der Briefe Dathènes mit Bongars erhellen, welchen großen Einfluss Sekretäre und Gesandte auf die außenpolitische Konzeption nehmen konnten, wenn z.B. Dathènes Bongars mitteilte, dass es an der Zeit wäre, dass der französische König dem pfälzischen Kurfürsten wieder »un mot de compliment« entgegenbringen würde.108 Auch ist die Offenheit und Kritik überraschend, mit der der kurpfälzische Sekretär mit Bongars über die kurpfälzischen-französischen Beziehungen sprach. Als Dathènes nach Paris an den Hof Heinrichs IV. gesandt wurde, um den König und Sully zu treffen, beklagte er sich z.B. bei Bongars, dass der französische König zuerst die Unterredung lange aufgeschoben und ihn dann zur Erteilung einer Antwort nochmals hingehalten hätte.109

104 105 106 107 108 109

Lingelsheim an Bongars, 18. Dezember 1608, BERN, cod. 141, Nr. 59: »Utinam, exscripta ea misi Brederodio et Malaperto.« Freher an Bongars, 3. März 1602, SUBH, sup. ep. 31, fol. 121. Lingelsheim an Bongars, o. D., ebda, sup. ep. 14. fol. 101f.: »Malapertus scribit se tria Exemplaria ad Dubravius scepisse, quam mihi missurus est commoda occasione.« Zu Dathènes (Dathenus) vgl. NDB 3, 521; Press: Calvinismus, 462. Dathènes an Bongars, 5. September 1603, SUBH, sup. ep. 31, fol. 264. Dathènes an Bongars, o. D., ebda, sup. ep. 32, fol. 283; ders. an dens., o. D., ebda, fol. 303, 305, 307, 343.

190 Dathènes versorgte in seinen Briefen Bongars mit Nachrichten, die er zum Teil von der Frankfurter Messe bezog. Er berichtete daneben über Interna des pfälzischen Hofs oder sich abzeichnende politische Entwicklungen im Reich.110 Es sieht so aus, als ob Dathènes die postalische Organisation der Heidelberger Briefe für Bongars regelte.111 Die Briefe sind teils aber auch sehr privat und zeigen, dass Dathènes dem engeren Freundeskreis Bongars’ in Heidelberg angehörte. So machte sich Dathènes im Namen der Heidelberger Freunde um Gesundheit Sorgen und empfahl ihm, sich zu verheiraten.112 Die Kurpfälzer Räte erhielten aus Frankreich regelmäßig Nachrichten von Gueretin, dem Sekretär des Prinzen von Condé.113 Dathènes berichtete Bongars immer von diesen Nachrichten: »wissend, dass Ihnen Monsieur Gueretine gesondert seine Nachrichten zukommen lässt.«114 In der Tat bezog Bongars auch Informationen von Gueretin, wie zahlreiche Briefe belegen.115

7.2

Kontakte am hessischen Hof in Kassel

Die außenpolitischen Kontakte Hessen-Kassels zu Frankreich unterscheiden sich strukturell von den oben dargestellten pfälzisch-französischen Beziehungen in zweierlei Hinsicht.116 Erstens gab es mit Moritz von Hessen eine Persönlichkeit, die im Gegensatz zu Friedrich IV. selbst aktiv Außenpolitik gestaltete und deshalb die Handlungsspielräume der Räte einschränkte. Zweitens entsprach der politische Kurs, den der hessische Landgraf dabei gegenüber Frankreich einschlugen, einer vermittelnden Stellung zwischen der aktionistischen Partei um die Kurpfalz und den an den Kaiser angelehnten lutherischen Stände. Damit wurde der Kasseler Hof zu einem Anlaufpunkt für die französischen Diplomaten, wenn es zu Konfklikten zwischen Heinrich IV. und der Kurpfalz

110 111

112 113 114 115

116

Dathènes an Bongars, 13. Oktober 1605, ebda, sup. ep. 31, fol. 387. Dathènes an Bongars, 26. März 1605, ebda, fol. 359; Dathènes an Bongars, 18. Februar 1605, ebda, fol. 349: »Je ne vous ay escripte par les deux ordres pour la haste des messagers, Je n’ay laisse pour tout de vous faire un paquet des livres que Mons. Lingelsheim m’a donné par un messager de Frankhensel qui passe par Paris pour aller a Rennes [...]. Je vous ay envoyé par mes ord. trois lettres de M. Lingelsheim deux autres pacquets et une lettre de M. Gruter le tout sous la coperte de M. Guertin.« Dathènes an Bongars, o. D., ebda, sup. ep. 32, fol. 260. Lingelsheim an Bongars, 19. August 1605, BERN, cod. 141, Nr. 57: »De rebus Gallicis accepimus heri a Gueritino«. Dathènes an Bongars, 13. Januar o. J., SUBH, sup. ep. 32, fol. 343. 64 Briefe im Bestand der SUBH, z. B. Gueretin an Bongars, 30. Oktober 1604, ebda, sup. ep. 31, fol. 331. Die Rolle Gueretins im Nachrichtennetzwerk Bongars’ wäre noch näher zu untersuchen. Zu den außenpolitischen Ambitionen Hessen-Kassels vgl. die Untersuchung von Gräf: Konfession und internationales System. Als entsprechende Passagen zur Frankreichpolitik vgl. 86–94, 145–160, 258–272. Zum Klima an den hessischen Höfen vgl. auch Vehse: Höfe.

191 kam. Vergleichbar mit dem späthumanistischen Kreis in Heidelberg und seinen internationalen Verbindungen, verfügte der hessische Hof über ein Personengeflecht, das auf informeller Ebene zwischenstaatliche Kontakte ermöglichte. Der alchemistisch-paracelsische Kreis, mit welchem sich Landgraf Moritz am Kasseler Hof umgab, war offen für den wissenschaftlichen Austausch mit Frankreich und dokumentiert die Überschneidung wissenschaftlicher und politischer Kontakte.117 Bongars kommunizierte in seiner Funktion als ständiger Gesandter sowohl mit dem hessischen Landgrafen als auch mit den für die Außenpolitik wichtigen Räten und Sekretären in Kassel und war Vermittler eben jener wissenschaftlichen Kontakte zwischen Frankreich und dem Reich. 7.2.1 Heinrich IV. und Moritz von Hessen-Kassel Der Kontakt zu Heinrich von Navarra ist für Landgraf Wilhelm seit 1583 zu belegen. Seit 1584 führte er eine beständige Korrespondenz mit Ségur-Pardaillan, dem Unterhändler Navarras im Reich.118 Nach dem militärischen Desaster der pfälzisch-französischen Kooperation, nahm die hessische Frankreichpolitik 1588/89 eine die nächsten Jahre bestimmende Wende. Während Johann Casimir aus dem gescheiterten militärischen Abenteuer deutlich geschwächt hervorging, machte sich die besonnene Haltung Landgraf Wilhelms bezahlt. Kassel wurde in den folgenden Jahren zu einem Anlaufpunkt der französischen Diplomatie im protestantischen Reich. Nach der Aussöhnung zwischen Navarra und Heinrich III. wirkte Wilhelm wieder auf den sächsischen Kurfürsten Christian ein, eine gemeinsame Hilfsaktion zugunsten der Hugenotten zu organisieren.119 Das Treffen der protestantischen Fürsten in Kassel im April 1590 wurde auf Initiative Landgraf Wilhelms veranstaltet. Infolgedessen entwickelte sich Kassel für etwa zwei Jahre zur Drehscheibe des diplomatischen Verkehrs.120 Hier trafen französische, englische und verschiedene andere Gesandtschaften ein. Auch begaben sich ausländische Diplomaten zunächst an den Kasseler Hof, um sich Ratschläge für ihren weiteren Weg im Reich zu holen. Die Situation änderte sich für die aktionistische Gruppe der Protestanten jedoch durch den plötzlichen Tod des sächsischen Kurfürsten und die Regierungswechsel in Kurpfalz und Hessen-Kassel. Der sich vertiefende Bruch zwischen den deutschen Protestanten bewirkte eine politische Spaltung. Die lutherischen, an den Kaiser angelehnten Fürsten, versammelten sich wieder um Kursachsen. Daneben formierte sich eine calvinistische Aktionspartei um die Kurpfalz, die vor allem kleinere westdeut-

117

118 119 120

Dieser Aspekt wurde von Moran umfassend untersucht, vgl. ders.: Alchemistisch-Paracelsischer Kreis; ders.: Science at the Court; ders.: German Prince-Practitioners; ders.: Alchemical World. Gräf: Konfession und internationales System, 152. Ebda, 156. Ebda, 157.

192 sche Reichsstände umfasste. Zwischen diesen beiden Blöcken musste der neue Landgraf Moritz von Hessen-Kassel seinen Weg finden. Die Beziehungen Moritz’ zu Frankreich waren gut, nicht zuletzt durch die französischen Pensionen, die der Landgraf erhielt. Der Briefwechsel zwischen Moritz und Heinrich IV. nach dem Frieden von Vervins 1598 zeigt, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Hessen-Kassel und Paris bestand, das nur durch die alten Schuldforderungen an Heinrich IV. getrübt wurde, die zumeist noch auf Unterstützungen zurückgingen, welche Landgraf Wilhelm König Heinrich III. gewährt hatte.121 Einen Höhepunkt erreichten die Beziehungen Hessens zu Frankreich, als der Landgraf den französischen König 1602 in Paris besuchte.122 Im Gegensatz zur Kurpfalz, wo die wichtigsten außenpolitischen Entscheidungen von den Oberräten vorbereitet und getroffen wurden, trug der außenpolitische Kurs die Handschrift von Moritz von Hessen-Kassel. Die zahlreichen Korrespondenzen zwischen dem hessischen Landgrafen und Bongars legen Zeugnis davon ab, dass Moritz von Hessen für Bongars der wichtigste politische Ansprechpartner in Kassel war. Bongars versorgte Landgraf Moritz mit detaillierten Berichten über die politischen Schritte des französischen Königs. Nach dem Frieden von Vervins bemühte sich Bongars, Moritz die Beweggründe eines Friedensschlusses Frankreichs mit Spanien darzulegen und die Vorbehalte des hessischen Landgrafen dagegen zu zerstreuen. Er schilderte deshalb detailliert die einzelnen Schritte bei den Friedensverhandlungen und ließ sein Misstrauen gegenüber der spanischen Verhandlungsführung durchblicken.123 Zu diesem vertraulichen Tonfall Bongars’, den der Diplomat gegenüber Moritz anschlug, gehörten auch Informationen über politische Schwierigkeiten, die der französischen König bei der Befriedung Frankreichs z.B. mit dem Herzog von Savoyen hatte.124 Oder die innenpolitische Krise, die durch die Verschwörung von Biron offenkundig wurde.125 Diese Berichte heben sich in ihrer Vertraulichkeit deutlich von denjenigen ab, die Bongars bereits Ende der 1580er Jahre für Landgraf Wilhelm verfasst hatte.126 Neben diesem persönlichen Umgang mit dem Landgrafen, besaß Bongars jedoch vielfältige Verbindungen zu den Räten

121

122 123

124 125 126

Z. B. Heinrich IV. an Moritz von Hessen-Kassel, 10. Juli 1596, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1161 (Film 7514). Die Korrespondenz zwischen Heinrich IV. und Moritz von Hessen Kassel befindet sich vor allem in StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1178, 1198–1209. Gräf: Konfession und internationales System, 259. Bongars an Moritz von Hessen-Kassel, 24. Juni 1599, B. N., FR 7128, fol. 46: »[...] provocasse etiam graviter Hispanico Legato Johann Baptista Taxi quod porta Hispannia miles amicorum suarum Imperii Principi«. Don Juan Bautista de Tassis war Staatssekretär und spanischer Botschafter in Frankreich seit 1581. Nach 1599 wurde er spanischer Botschafter in England. Vgl. Lajeunie: Correspondance, 248. Bongars an Moritz von Hessen-Kassel, 14. Dezember 1600, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1175. Bongars an Moritz von Hessen-Kassel, 1. Juli 1602, ebda, Nr. 1180. Bongars an Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, 26. Mai 1587, ebda, Nr. 711, fol. 146: »Ex Italia litteris certis nunciatur«.

193 und Sekretären in Kassel, deren Bedeutung für die Kasseler Außenpolitik nicht unterschätzt werden darf. 7.2.2 Wichtige Personen für die Außenpolitik 7.2.2.1 Die geheimen Räte Die Zusammenarbeit zwischen Bongars und den hessischen Räten garantierte ein hohes Maß an Nachrichtenfluktuation zwischen Paris und Kassel. So wurden Bongars abschriftlich politische Korrespondenzen des Landgrafen durch die Räte zugeleitet. Diese Informationen mussten für Bongars von besonderem Wert sein, denn er bat immer wieder darum, ihn laufend mit Nachrichten zu versorgen. In gleichem Maß bat Bongars immer wieder ihn mit den neuesten Enwicklungen der hessischen Politik zu versorgen.127 Der französische Diplomat konnte sich so ein Bild über die politischen Pläne des Landgrafen machen und erfuhr Interna wie z.B. die Aufnahme seiner Werbungen am Hof in Kassel.128 Zweifelsohne waren dies perspektivisch andere Aspekte, als sie aus den doch offiziellen Schreiben des Landgrafen an ihn zu erwarten waren. Zu den Korrespondenzpartnern Bongars’ am Kasseler Hof gehörte der geheime hessische Rat Johann Zobel (1578–1631), einer der fähigsten Diplomaten in Moritz’ Diensten.129 Sein Vater Heinrich Zobel war Kaufmann, Ratsherr und ab 1597 Bürgermeister von Bremen gewesen. Er gehörte zu den wichtigsten Geschäftspartnern der englischen Tuchhändler in Norddeutschland und stand deshalb zu den Merchant Adventurers in enger Verbindung.130 Die Familie verfügte über weitverweigte verwandtschaftliche Beziehungen, wie z.B. zum

127

128 129

130

Bongars an einen Rat des Landgrafen, wahrscheinlich Heugel, 29. Juni 1590. In: Ed. 1695, 16: »Je reconnois comme je dois l’obligation que je vous ay de m’avoir procuré par vos soins la lettre de son Altesse au Senat de cette Ville [...] Quand vous sçaurez Monsieur, quelques nouvelles dont il me fera important d’estre informé, comme je ne doute pas que vous n’en sçachiez quelqu’une, je vous prie de prendre la peine de me l’écrire à Francfort.« Schreiben an einen Unbekannten betreffend Bongars’ Werbung, 29. Juli 1600, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1174. Zur Vita Zobels vgl. Gräf: Konfession und internationales System, 406 f.; ADB 45, 383– 385. 1617 lehnte Zobel das Angebot seiner Vaterstadt ab, in Bremer Dienste zu treten. Stattdessen führte Zobel 1622 den jungen Landgrafen Philipp am französischen und englischen Hof ein. Bremen versuchte seine Berufung zum Syndikus der Hansestädte durchzusetzen. Als er 1625 in den Bremer Rat gewählt wurde, verließ er schließlich die unsicher gewordenen Dienste des Landgrafen und wurde noch im gleichen Jahr zum Bremer Bürgermeister gewählt. Während dieser ganzen Zeit hielt Zobel weiterhin Kontakt zu Moritz. Wahrscheinlich blieb er bis zuletzt hessischer Agent. Pilz: Nürnberg und die Niederlande, zit. 60 f. Die weitverzweigte Familie stammte aus Feldkirch. 1562 war Johanns Vater, Heinrich Zobel, der aus Bremen stammte, als Teilhaber in das Unternehmen des Nürnbergers Heinrich Pilgram und Gerd Kochs aus Unna eingestiegen und hatte die Niederlassung in Antwerpen übernommen. Davor war er in Österreich, Italien, Augsburg und Nürnberg tätig gewesen.

194 Kaufmann Martin Zobel in Augsburg, der sich zusammen mit Marcus Welser am Seehandel beteiligte.131 Johann Zobel hatte in Altdorf, Rostock, Franeker und Marburg Rechtswissenschaften studiert und war anschließend in die Dienste von Moritz von Hessen-Kassel eingetreten, u.a. als einer der Aufseher der Hofschule. 1602 begleitete er den Landgrafen auf dessen Reise nach Paris zu Heinrich IV. Zwischen 1605 und 1606 blieb er als hessischer Gesandter in Paris. Ab 1608 gehörte Zobel dem Geheimen Rat an und beeinflusste maßgeblich die hessische Außen- und Unionspolitik dieser Jahre. Mehrfach trat er als Gesandter im Rahmen des hessischen Engagements im Jülich-Kleveschen Erbfolgestreit in Erscheinung. So reiste er in dieser Position nach Frankreich, England, den Niederlanden und den Hansestädten. 1610 heiratete er die Tochter des Kammermeisters Heugel. Es war vor allem Zobel, der Bongars Berichte von den Ratssitzungen schickte und ihn über die »nouvelles« am Kasseler Hof informierte.132 Nachrichten erhielt Zobel über die wirtschaftlichen Verbindungen seiner Verwandten. Bongars bedankte sich dafür, indem er ihm ebenfalls Nachrichtenbriefe über die politischen Entwicklungen in Frankreich zukommen ließ. Bongars korrespondierte ebenfalls mit Zobels Schwiegervater Johann Heugel (vor 1555–1601).133 Heugel hatte in Marburg studiert und war seit 1577 als Kammersekretär und später als Kammerrat in hessischen Diensten. Er setzte sich besonders bei den verschiedenen Verhandlungen für eine Geld- oder Truppenhilfe für Heinrich von Navarra ein. Darüber korrespondierte auch Bongars mit ihm.134 Von Landgraf Moritz wurde er ab 1594 zu seinem Kammermeister bestellt. In dieser Stellung blieb Heugel bis 1600 und übte hier maßgeblichen Einfluss auf die frühen Jahre der mauritianischen Außenpolitik aus. Auch der Kammermeister Heinrich Ludwig Scheffer gehörte zu Bongars’ Korrespondenzpartner in Kassel.135 Ebenso der Geheime Rat Caspar von Widemarker (ca. 1566–1621), der sich am Nachrichtenaustausch mit Bongars beteiligte.136 Widemarker hatte nach seinem Studium in Paris zunächst unter dem französischen Marschall von Schomberg auf hugenottischer Seite gedient. Im sogenannten Krieg der drei Heinriche führte er noch 1589 im Auftrag Hein-

131 132

133 134 135 136

Beutin: Deutscher Seehandel, 14. Zobel an Bongars, 6. März 1605, SUBH, sup. ep. 31, fol. 352: »Monsieur je n’ay autre chose a vous escrire de vous remercier tres humblement de l’honneur que me faites en me mandant de notres nouvelles.« Zur Vita Heugels vgl. Gräf: Konfession und internationales System, 398. Bongars an Heugel, 16. Januar 1590, BERN, cod. B 149, fol. 70. Zur Biographie vgl. Strieder: Grundlage, Bd. 12, 269. In der SUBH befinden sich neun Briefe Scheffers an Bongars. Zur Vita vgl. Gräf: Konfession und internationales System, 406; Hagen: Geschichte der Philologie, 179 f. 1610 kämpfte Widemarker im Elsaß. Widemarker sollte auch im Dreißigjährigen Krieg eine wichtige Rolle spielen. 1616 führte er ein französisches Regiment gegen Mailand. 1618 beriefen ihn die böhmischen Stände zum Kriegsrat und 1619 warb ihn die Union als Obristen an.

195 richs III. eine Gesandtschaft nach England durch, um von Elisabeth I. weitere Unterstützung gegen die Ligue zu erhalten. 1594 beteiligte er sich unter Heinrich IV. an der Eroberung von Paris und wurde dort zwei Jahre später von demselben geadelt. Im darauffolgenden Jahr trat er in die Dienste des Kasseler Landgrafen. Er führte regelmäßig mehrmonatige Gesandtschaftsreisen nach Paris, London, Dänemark und in die Pfalz durch.137 1609 setzte ihn der Landgraf als Amtmann in Vacha ein. Diverse Schreiben Bongars’ an den hessischen Rat Curion dokumentieren das Spektrum der Nachrichten, die der französische Gesandte wert fand, Curion zu berichten. So z.B. seine Zusammenkünfte in Marburg mit Landgraf Moritz, die Werbung des spanischen Gesandten Pedro de Toledo in Paris wegen der französisch-spanischen Doppelheirat, seine Eindrücke bei einer Reise durch das Flandern nach Hanau, die Ermordung Heinrichs IV., die Entdeckung weiterer Verschwörungen, die Untätigkeit der savoyischen Armee und die Beendigung des Krieges Savoyens gegen Bern und Genf, Befestigung der Stadt Genf, die Pläne Kaiser Rudolfs, Regungen des Katholizismus in der Westschweiz, Klagen der Hugenotten über Verletzung des Ediktes von Nantes, eine Epidemie in Basel. Als Quelle seiner Nachrichten aus dem Reich nannte Bongars Curion seinen Zeitungslieferanten, einen gewissen Winter aus Leipzig, dessen Name wohl für die Zuverlässigkeit der Nachrichten bürgte.138 Bongars’ sprach Curion immer wieder die Frage nach der freien Religionsausübung an, die er überall gefährdet sah und verstand diese unmittelbar verbunden mit der Freiheit der Staaten und selbst der Fürsten.139 Dies spielt natürlich auf die von Bongars favorisierte Verbindung der deutschen Protestanten mit dem französischen König an. Die Berichterstattung an Curion riss auch nach dem Ausscheiden Bongars’ aus dem diplomatischen Dienst nicht ab. Immer wieder versicherte ihm Bongars: »Ich teile Ihnen alles mit, was ich weiß.«140 Immer mehr berichtet Bongars aber seit seiner Pensionierung über seine wissenschaftlichen Ambitionen. Er erzählte von den Fortschritten seiner Edition in Hanau oder von Neuerscheinungen Goldasts, den er als notleidend beschrieb.141 Curion musste mit Bongars’ Editionsprojekt vertraut sein, denn der ehemalige Gesandte beklagte sich bei ihm über den Konflikt, in den er gekommen wäre, da der Landgraf ihn während seiner Korrekturen an der Druckvorlag der Gesta in Hanau an den Hof nach Kassel

137

138 139 140 141

Widemarker an Bongars, 24. Dezember 1602, SUBH, sup. ep. 31, fol. 115; ders. an dens., 5. April 1605, ebda, fol. 364; ders. an dens., 3. September 1606, ebda, sup. ep. 32, fol. 67; ders. an dens. o. D., ebda, fol. 251. Diverse Schreiben Bongars an Curion, mit jeweils zwei Schreiben an Widemarker und Zobel aus dem Zeitraum August 1608–1611, StAM, 4 f Frankreich, Nr. 1210. Bongars an Curion, 14. Juni 1610 (?), StAM 4 f Frankreich, Nr. 1210. Bongars an Curion, 19. Juni 1610 (?), ebda: »Je vous ay dit [...] tout ce que ce scavois [...].« Bongars an Curion, 14. Juni 1610 (?), ebda: »Cest homme a de bon scavoir et cependant est necessiteux.«

196 gerufen habe:142 Curion hatte für die Interessen Bongars nicht nur Verständnis, nein er teilte sie. So fragte ihn Bongars auch, ob er ihm das »neue« Buch gegen Bellarmin schicken soll.143 Bei diesem »Antibellarmin« handelte es sich noch nicht um das von Bongars herausgegebene Werk, das 1610 erschien. 7.2.2.2 Das hessische Informantenwesen Holger Thomas Gräf hat die Bedeutung der Kasseler Hofschule als Ausbildungsstätte für hessische Diplomaten hervorgehoben.144 Die auf die Anforderungen der auswärtigen Politik zugeschnittene Ausbildung war im Vergleich zu anderen Territorien weit fortgeschritten und führte dazu, dass Absolventen der Hofschule sich im Mitarbeiterstab des außenpolitischen Verwaltungsapparates Hessen-Kassels wiederfinden. Auch die hessischen Korrespondenten und Agenten wurden aus der Hofschule rekrutiert. Die Dienste dieser Agenten wurden zudem von verschiedenen anderen Höfen in Anspruch genommen, und auch Bongars bezog über sie seine Informationen. So z.B. von dem hessischen Agenten Peter van Heile, der bereits für die Kurpfalz und Braunschweig arbeitete und auch gelegentlich aus den Niederlanden berichtete. Hessen-Kassel verfügte über einen planmäßigen Nachrichtendienst aus den Städten Frankfurt, Köln und London, in den auch ausländische Gesandte miteingebunden waren. So wurden Bongars’ politische Berichte aus den Jahren 1596 bis 1607 gesammelt.145 Aus Zürich schickte Johannes Wilhelm Stucki (1542–1607) Nachrichten. Aus Basel versorgte Nikolaus Wasserhuhn (1554– 1613) Moritz von Hessen-Kassel bis 1613 mit politischen Neuigkeiten.146 Zu den Kunden des professionellen Berichterstatters Wasserhuhn gehörte auch Jacques Bongars. Fremdsprachige »Zeitungen«, wie sie Wolfgang Zündelin aus Italien schickte oder die französischen Berichte von Bongars, wurden dem hessischen Sekretär Jacques Thysius (1582–1599) zur Übersetzung zugeleitet.147 Aus Frankreich bezog Moritz überdies direkt Informationen von Philibert du Bois.148

142

143 144 145 146 147

148

Bongars an Curion, 18. Oktober 1610, ebda: »Il y a sept jours que je suys en ce lieu, et ne suys logé que d’avant hier tous mes livres encores parterre et l’Imprimeur n’ayant que d’aujourd’huy, de la besonge pour peu de jours, a la correction de laquelle ma presence est necessaire: et encore ay je commencé aujourd’huy une diete, qui doibt estre de dix jours. De l’autre costé son Altesse me fait l’honneur de m’appeller a elle. Voila un combat de beaucoup d’Incommoditez d’un costé; et de mon devoir et obligation, de l’autre.« Bongars an Curion, 19. Dezember 1610, ebda. Gräf: Konfession und internationales System, 254. Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 78. Matr. Basel 2, 190. Kleinpaul: Nachrichtenwesen, 130. Thysius war »conciliarius et secretarius variarum linguarum«. Vgl. dazu Thysius an Landgraf Moritz, o. D., StAM, f 4 Frankreich, Nr. 1170. Er berichtet darin, dass er die Briefe von Bongars erhalten habe. Philibert du Bois an Moritz von Hessen-Kassel, 21. Mai 1610, ebda, Nr. 1224.

197 Neben diesen weitgehend professionalisierten Agenten nutzte der Kasseler Hof auch die internationalen Kommunikationskanäle der Fernkaufleute für die Informationsbeschaffung. Besonders die Merchant Adventurers scheinen dabei eine zentrale Stellung gespielt zu haben. Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Geheimen Rates Zobel nach Bremen dürften der Hintergrund dafür gewesen sein. Moritz von Hessen-Kassel stand auch mit dem Nürnberger Kaufmann und Bankier Caesar Calandrini in Verbindung, über welchen die Verhandlungen abgewickelt wurden, die 1597 zwischen Landgraf Moritz und dem französischen Gesandten Ancel im Zusammenhang mit dem Plan eines Bündnisses zwischen Frankreich, England, den Niederlanden und den deutschen Protestanten geführt wurden. Auch die Gelehrtenkontakte spielten für das Informationssystem HessenKassels eine wichtige Rolle. Schon Landgraf Wilhelm IV. pflegte einen regen Briefwechsel mit Gelehrten, wie z.B. dem französischen Monarchomachen François Hotman, und wusste diese Kontakte auch politisch zu nutzen.149 Hotman sendete gegen Entlohnung umfangreiche Berichte an Wilhelm IV. und stellte damit für die hessische Außenpolitik eine wichtige Nachrichtenquelle zur Beurteilung der französischen Verhältnisse dar. Der französische Gelehrte berichtete nach Kassel über die Bedingungen, denen die Hugenotten in Frankreich unterworfen waren, ihre militärischen Siege ebenso wie die Maßnahmen, die von der Zentralgewalt zur Verminderung ihres Einflusses und ihrer Macht unternommen wurden.150 Menk sieht in Hotman, zu einem Zeitpunkt, als die Diplomatie noch nicht festgefügten Rahmenbedingungen unterworfen war, einen »außerordentlichen ›Außenposten‹ staatlicher Verwaltung«.151 Auch Wilhelms Sohn, Moritz von Hessen-Kassel, verfügte über eine Reihe von Gelehrtenkontakten, vor allem zu alchemistisch-medizinischen Kreisen. 7.2.3 Der Kasseler Hof und seine wissenschaftlichen Kontakte nach Paris Am hessischen Hof in Kassel spielten diese paracelsisch-alchemistischen Kreise eine besondere Rolle.152 Einer der wichtigsten Ärzte am Hofe Moritz’ von Hessen-Kassel war Jacob Mosanus (1564–1616). 1599 tauchte er zum ersten Mal in Kassel auf und interagierte in der Folge als Leibarzt und Abgesandter

149 150 151

152

Menk: Landgraf Wilhelm. Ebda, 76. Ebda, 74f. Wilhelm von Hessen-Kassel lernte Hotman bereits 1562 kennen. Ab Herbst 1572 setzte ein reger Briefverkehr zwischen Hotman und Wilhelm ein, der bis zum Tode des französischen Gelehrten 1590 anhielt. Menk hat darauf hingewiesen, dass die im Jahre 1700 gedruckten Briefe des Landgrafen hiervon nur einen undeutlichen Eindruck geben, weil die im Staatsarchiv Marburg befindlichen Hotmanschen Schreiben an den Landgrafen etwa den doppelten Umfang einnehmen. Ebda, 73. Vgl. dazu die Arbeiten von Trevor-Roper: Court Physician, und Moran: Alchemical World.

198 von Moritz mit einigen der wichtigsten Vertreter der Paralcesischen Medizin und Alchemie des frühen 17. Jahrhunderts. 1604 wurde Mosanus von Moritz mit einem diplomatischen Auftrag an den französischen Königshof geschickt. Bei dieser Gelegenheit knüpfte er Kontakt zu dem königlichen Leibarzt und Calvinisten Joseph Duchesne (ca. 1544–1609), dem Protagonisten und wohl produktivsten Repräsentanten des französischen Paracelsismus.153 Duchesne folgte der Einladung Mosanus nach Kassel, um vor dem Landgrafen und den Kasseler Ärzten die Zubereitung von spagirischen Heilmitteln persönlich zu demonstrieren. 1605/06 konnte Duchesne in Kassel in einem eigenen Laboratorium arbeiten. Über diese beiden paracelsischen Ärzte Mosanus und Duchesne sollen Heinrich IV. und Moritz von Hessen-Kassel auch geheime Verhandlungen abgewickelt haben.154 Bongars besaß großes Interesse an den in Kassel stattfinden Versuchen und er pflegte Verbindungen sowohl zu französischen als auch zu deutschen Paracelsisten, worauf in Kapitel 8 noch einzugehen sein wird.

Zusammenfassung Bongars stand mit einer ganzen Reihe von Personen an den protestantischen Höfen in Heidelberg und Kassel in engerem Kontakt. Er passte sich dabei den Gegebenheiten der jeweiligen Höfe an: war er in der Kurpfalz durch seine Verbindung zu den »gelehrten Räten« zugleich in den Kreis der Heidelberger Späthumanisten eingebunden, fand er in Hessen-Kassel einen informellen Kontakt zu dem hessischen Landgrafen über das gemeinsame Interesse an alchemistischen Experimenten und paracelsischer Medizin. Beide Verständigungsebenen, sowohl in der Kurpfalz als auch in Hessen-Kassel, sind nicht von Bongars’ Aufgaben als Gesandter Heinrichs IV. im Reich zu trennen. Seine Korrespondenz mit den Heidelberger Räten zeigt erneut, wie eng der Transport von politischen Nachrichten mit der Gelehrtenwelt verbunden, bzw. auf diese angewiesen war. Arbeitete Bongars mit dem Kreis der »amici« Georg Michael Lingelsheims und diesem selbst natürlich auch an verschiedenen Projekten der respublica litteraria

153

154

Zu Vita und Werk DBF 11, 1239 f.; Gautier: Activité politique; Moran: Alchemical World, 71 und 115–122 sowie ders.: Alchemistisch-Paracelsischer Kreis, 133. Moran stützt seine Ausführungen auf die Auswertung der Archivbestände der SUBH, wo sich einige Briefe von Mosanus an Duchesne befinden. Vgl. ebda, 133, Anm. 12. Einzelheiten der Vita Duchesnes, die Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte seiner Werke und erst recht sein verstreuter Briefwechsel (u. a. in Kassel, Hamburg, Basel), sind nur in Ansätzen erforscht. Der aus der Gascogne stammende Duchesne (lat. Querecetanus) hatte in Montpellier studiert und wurde 1573 in Basel in Medizin promoviert. Anschließend lebte er einige Zeit in Lyon, wo er ein Anwesen erwarb, das ihm den Titel Sieur de la Violette einbrachte. Wegen seines calvinistischen Glaubens wandte er sich nach Genf, wurde dort Mitglied des Rates der Hundert und zu diplomatischen Missionen herangezogen. In Paris hielt sich Duchesne spätestens seit dem Edikt von Nantes (1598) auf. Trevor-Roper: Court Physician, 28.

199 zusammen, so war dies immer verknüpft mit dem Austausch von politischen Informationen oder der Diskussion der europäischen Situation. Da in der Kurpfalz die wesentlichen Regierungsgeschäfte nicht von Friedrich IV. wahrgenommen wurden, sondern von eben diesen »gelehrten Räten«, hatte Bongars dadurch auch immer Einblick in die politischen Veränderungen innerhalb des Oberrates. In Hessen-Kassel war diese Situation anders. Indem Landgraf Moritz selbst die außenpolitischen Entscheidungen in die Hand nahm und auch persönlich mit Heinrich IV. korrespondierte, war er für Bongars der erste Ansprechpartner am Kasseler Hof. Trotzdem unterhielt Bongars enge Verbindungen zu Räten und Sekretären, mit denen es in gleicher Weise zum Nachrichtenaustausch kam, wie mit den Kurpfälzer Regierungsmitgliedern. Moritz von Hessen-Kassel und sein Beraterstab waren durch das gut organisierte hessische Agentenwesen über die europäischen politischen Ereignisse auf dem Laufenden und auch Bongars konnte an den Nachrichten der hessischen Informanten partizipieren. An beiden Höfen ist auf der Ebene der Räte ein engmaschiges verwandtschaftliches Beziehungsgeflecht festzustellen. So waren in Heidelberg Lingelsheim, Loefenius und Gruter, in Kassel Zobel und Heugel miteinander verwandt. Dieses Netzwerk der Familienbeziehungen und Patronage darf auch bei einer Betrachtung, die sich der Interdependenz von politischen und gelehrten Kontakten verschrieben hat, nicht aus den Augen verloren werden. Bongars’ Kontakte zu Alchemomedizinern waren sicherlich für das gute Einvernehmen mit Moritz von Hessen-Kassel förderlich. Dennoch sollte nochmals die Frage nach der Bedeutung dieser intensiven Beschäftigung des französischen Gesandten mit Medizin und Alchemie gestellt werden. Bongars’ Suche nach Erklärungen für die vielen sich widersprechenden geistigen, politischen und religiösen Veränderungen in seiner Zeit setzt sich, wie es schon in seinen geschichtstheoretischen Ansichten zum Anklang kam, hier scheinbar auf der Ebene der Naturwissenschaften fort. Und die Wahrheit lag um 1600 eben nicht nur im Bereich der empirischen Wissenschaften, sondern auch im Bereich der Magie.

200

8.

Exkurs. Wissenschaftsinteresse und Wissenschaftsförderung – Kontakte zu Ärzten, Alchemisten, Astronomen und Astrologen

8.1

»Fabelspulver« und Goldmacherei – Medizin und Alchemie

Im Februar 1592 schrieb Bongars an seinen Freund und Arzt Joachim Camerarius nach Nürnberg: »Ich werde Ihnen an dieser Stelle etwas über meine körperliche Verfassung berichten und Ihnen die äußerlichen Anzeichen beschreiben, von denen Sie auf die inneren Ursachen meiner Krankheiten schließen können. Ich werde dicker und gähne viel. Es passiert oft, dass ich stöhne oder tief aus dem Herzen seufze, ohne dass ich traurig bin und gelegentlich kommt eine Art von Röcheln aus meiner Kehle. Am Morgen fühle ich gewöhnlich immer, wie ganze Ströme an Flüssigkeit, die vom Gehirn aus in den ganzen Körper stürzen und ihn schwer machen, sich auf die Schultern ergießen, auf die Schenkel und auf die Fuss- und Handgelenke. Die ganze rechte Körperhälfte ist davon betroffen, gleichwohl dies alles ohne stechende Schmerzen passiert. Daher kommt eine Mattigkeit, die den ganzen Körper erfasst und manchmal auch gewisse Schwindelanfälle. Nach der Nahrungsaufnahme, was auch immer sehr in Maßen ist, habe ich ein Völlegefühl im Magen und eine Drücken in den Nieren. Ich schlafe leicht und ohne viel Unruhe. Am Morgen habe ich gelegentlich Wutausbrüche, ohne dass es einen Grund dafür gibt. Das Blut und was sonst im Körper ist, hat die gewöhnliche Temperatur und ist in Bewegung. Dem Kopf geht es gut, da er sich um die anderen Körperteile kümmert.«1 Bongars’ Gesundheitszustand verschlechterte sich offenbar in den darauffolgenden zwei Wochen, denn

1

Bongars an Camerarius, 2. Februar 1592. In: Ed. 1695, 166: »J’ajouterai ici un mot de l’état où je me trouve, et je vous en dirai quelques signes extérieurs; d’où vous pourrez juger du dedans. Je m’étends et je baille souvent. Il me vient souvent des rapports et des soûpirs du fond de l’estomac, sans que je sois triste; et quelquefois une espèce de râlement dans la gorge. Je sens d’ordinaire le matin, comme un torrent de fluxions qui tombent du cerveau sur tout le corps, et le rend pesant, et qui se décharge sur les épaules, sur les cuisses, et sur les jointures des pieds et des mains. Tout le côté droit du corps en est principalement attaqué, et tout cela néanmoins se passe sans aucune douleur piquante. De là me naît une lassitude par tout le corps, et quelquefois un certain étourdissement. Après avoir pris de la nouriture, quoi que trés-peu, je me sens gonflé dans l’estomac, et une pesanteur dans les reins. Je dors aisément, et sans beaucoup d’inquiétude. Le martin sur le point du jour, il me vient quelquefois des fureurs sans aucune cause. Le sang, et ce qui est au dedans du

201 er diagnostizierte selbst: »Ich werde von Tag zu Tag schwächer und wenn ich mich nicht täusche, befällt die Krankheit jetzt das ganze Blut.«2 Nein, Jacques Bongars starb nicht wenige Tage nach Absenden dieses Briefes, sondern erst zwei Jahrzehnte später. Was hier vielleicht als übertrieben ängstliche Schilderung seines Gesundheitszustandes erscheint, ist eine von vielen Äußerungen Bongars’ zu seinen Krankheiten und Therapien sowie Reflexionen zur zeitgenössischen Medizin allgemein.3 Aber es blieb bei Bongars nicht allein beim Interesse für neue Strömungen der Medizin und für Ärzte, die diese praktizierten: Den Alchemomedizinern. Jacques Bongars gehörte ebenso wie sein »Kollege« in Prag, Guillaume d’Ancel, zu ihren Mäzenen in der Zeit um 1600. 8.1.1 Medizin um 1600 Zeichnet man einen Entwurf der Wissenschaftslandschaft um 1600, so würde Alchemie, paracelsische und galenische Medizin, Astronomie und Astrologie einträchtig nebeneinander stehen.4 Neuplatonische Vorstellungen und moderner Empirismus gingen damit eine Verbindung ein, die uns aus unserer heutigen Perspektive unvereinbar erscheint, in ihrer Komplementarität jedoch geradezu symptomatisch für die Welt des Späthumanismus ist und in ihrer Gegensätzlichkeit wichtige Reibungsenergie freisetzte.5 Verschiedene Wissenschaftsdebatten waren Katalysator in diesem Prozess, aus dem die modernen Naturwissenschaften hervorgingen. Das 16. Jahrhundert hatte zahlreiche neue Erkenntnisse und Entdeckungen in den verschiedenen medizinischen Disziplinen hervorgebracht. So wurden durch die Sektionen menschlicher Leichen in der Anatomie eine Neuorientie-

2 3 4

5

corps, est d’ordinaire échauffé et agité. La tête est assez bien, parce qu’elle se décharge sur les autres parties du corps.« Bongars an Camerarius, 16. Februar 1592, ebda, 170. Zum Kontext der Beschäftigung mit Krankheiten in der Frühen Neuzeit vgl. Kühlmann: Selbstverständigung, 2. Zum Stand der Naturwissenschaften im 16. Jahrhundert in ihren verschiedenen Erscheinungsformen vgl. Multhauf: Origins of chemistry; Thorndike: History of Magic; Frick: Einführung; Meinel: Alchemie. Zu den Entwicklungen in der Medizin vgl. Koelbing: Therapie, hier bes. 77–80; Pagel: Paracelsus; ders.: Religion and Neoplatonism; ders.: Weltbild; Telle (Hrsg.): Analecta Paracelsica, darin die Bibliographie, 556–564; Dilg / Rudolph (Hrsg.): Resultate; Dopsch / Goldammer / Kramml (Hrsg.): Paracelsus; Benzenhöfer: Paracelsus; Jütte: Ärzte; Schipperges: Paracelsus. Die Gewichtung dieser beiden Komponenten wurde in der historischen Forschung lange kontrovers diskutiert. Vgl. dazu die Einführung in: Vickers (Hrsg.): Mentalities, 1–55. Zunächst sah man keinen Zusammenhang zwischen Natur- und Geheimwissenschaft. Dann folgerte Frances A. Yates aus ihren Forschungen, dass die modernen Naturwissenschaften sehr wohl auf den okkulten Wissenschaften aufbauten. Dieser »Yates-These« widersprach Vickers insofern, als er in jenen beiden Richtungen zwei unvereinbare Traditionen sah, deren Nebeneinander freilich für die Renaissance keinen Widerspruch dargestellt habe.

202 rung durch Andreas Vesalius erreicht und die Irrtümer der galenischen Tradition aufgedeckt. Bei der Physiologie hingegen war man nicht viel weitergekommen, der Blutkreislauf wurde von William Harvey erst 1628 entdeckt. Vorerst war die Lehre von den Lebensvorgängen noch weitgehend auf Spekulation gegründet. Aber überall schossen unterschiedliche Theorien aus dem Boden, und quer durch alle Schulen und Strömungen der Zeit gingen die Auseinandersetzungen unter den Ärzten über das Viersäftemodell, die Elementelehre, die Kompetenz der »chymici« und die verschiedenen Arten der Therapie. Im europäischen Raum begann man in der griechischen Naturphilosophie ab dem sechsten Jahrhundert v.Chr. damit, die Entstehung der Welt zu ergründen, wobei auch chemische Probleme erörtert wurden. Von großer Nachwirkung war vor allem die Vier-Elemente-Lehre des Aristoteles, die bis in die Neuzeit Gültigkeit besaß. Erst Paracelsus entwickelte mit seiner Drei-Prinzipien-Lehre eine neue Theorie, die sich gegen die aristotelischen Vorstellungen richtete. Er setzte als Grundbestandteile aller Stoffe die hypothetischen Substanzen Schwefel, Quecksilber und Salz. Paracelsus gewann damit ein chemisches Verständnis vom Organismus. Der Archaeus, das dynamische Prinzip im Körper, regelte nach seiner Auffassung die normalen und krankhaften Lebensvorgänge auf chemischem Wege. Seine Behandlungserfolge beruhten zum Teil darauf, dass er die chemischen Substanzen, meist metallische Verbindungen, im Sinne einer spezifischen Therapie anstelle von Aderlassen verwendete. In seinen Veröffentlichungen bekämpfte Paracelsus die Schulmedizin und strebte eine grundlegende Reform an. Seine medizinischen Werke galten vor allem der Syphilis und der Pest, der Chirurgie und Wundbehandlung, den Heilquellen sowie einer allgemeinen Lehre von den Krankheitsursachen. Paracelsus sah den Menschen als Mikrokosmos und Abbild des Makrokosmos. Eine Sicht, die den philosophischen Vorstellungen der Renaissance entsprach. Zu den vier Säulen der Medizin zählte für Paracelsus neben der Philosophia, der Astronomia und der virtus (Tugend, Ethos) des Arztes auch die Alchemia. Die Alchemie verband naturwissenschaftliche praktische Erfahrungen und Experimente mit spirituellen Elementen. Sie war schon in hellenistischer Zeit in Ägypten entstanden und hatte vor allem die Umwandlung der Metalle (Transmutation) zum Ziel, mit der zugleich die Läuterung der Seele verbunden sein sollte. In der arabischen Epoche der Alchemie wurde die Lehre vom Stein der Weisen hinzugefügt und, als Sonderfall für die Metalle, die Schwefel-Quecksilber-Theorie entworfen. Jacques Bongars nahm intensiv an diesen Wissenschaftsdebatten teil, wie auch viele Gelehrte der respublica litteraria, die den Beruf des Gesandten ausübten. Welche Gründe gab es für die auffällige Nähe vieler Diplomaten zu den Protagonisten der frühneuzeilichen Wissenschaften, insbesondere zu Ärzten und Alchemisten? Zum einen hatten die frühneuzeitlichen Gesandten in der Regel gelehrte Studien absolviert und besaßen daher das nötige Bildungsniveau für eine Beschäf-

203 tigung mit medizinischen Innovationen und neuen Wissenschaftszweigen. Das Interesse für alchemistische Versuche war darüber hinaus bei einem humanistisch gebildeten Diplomaten wie Bongars verbunden mit einer transzendenten Erhöhung des Zweckes der Experimente, deren Erfolg zur Huldigung der politischen Ziele zum Beispiel des Calvinismus im Allgemeinen oder eines Herrschers wie Heinrich IV. dienen sollten.6 Daneben erhoffte man sich von den Experimenten der Alchemisten, die sich mit der Suche nach der Herstellung von Gold beschäftigten, aus ganz praktischen staatswirtschaftlichen Erwägungen Vorteile. Der Paracelsismus war von Anfang an eng mit dem Protestantismus verbunden.7 Um den Verfolgungen zu entgehen, waren viele französische Alchemisten während der Religionskriege in die Schweiz, nach Böhmen oder an protestantische deutsche Höfe geflüchtet. In konfessionell toleranten Milieus suchten sie ihre Mäzene, an Höfen oder in den Städten, um ihre Experimente durchzuführen. Oftmals zogen sie von Hof zu Hof quer durch ganz Europa, so dass die Empfehlungsschreiben der Diplomaten für sie von großem Wert waren. So vermittelte Bongars französische Alchemomediziner an seine Freunde, wie Joachim Camerarius in Nürnberg, weiter. Und auch das Haus seines Kollegen Ancel in Prag diente als Anlaufstelle für Wissenschaftler, die aus Westeuropa nach Böhmen kamen. So empfahl Bongars z.B. den französischen Glaubensflüchtling Penot, den er aus seiner Heimatstadt Orléans kannte, an verschiedene deutsche Mäzene und Ancel führte ihn in die Prager Alchemistenzirkel ein. Schließlich führten Diplomaten auch selbst alchemistische Experimente durch und Alchemisten wurden mit diplomatischen Aufträgen betraut. In einer Zeit der noch nicht institutionalisierten außenpolitischen Strukturen wurden Ärzte und Alchemisten, Astronomen und Astrologen als offizielle Gesandte oder geheime Agenten eingesetzt.8 Durch diese diplomatischen Funktionen kamen sie mit den wichtigsten politischen Entscheidungsträgern zusammen. Der Alchemist und der paracelsische Arzt mussten dabei notwendigerweise die gleichen Eigenschaften wie ein Diplomat besitzen, da auch sie gezwungen waren, ihre Projekte gegenüber den Fürsten zu vertreten und durchzusetzen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Oswald Croll, der Leibarzt von Christian I. von

6

7

8

Vgl. dazu die Ausführungen über Moritz von Hessen-Kassel von Bruce Moran. Für Moran passt die Idee der Auserwähltheit, die hinter den alchemistischen Versuchen stand, zu Moritz calvinistischen Vorstellungen. So konnten Erfolge bei der Bereitung chemischer Medikamente als äußerlich sichtbare Zeichen der Erwähltheit sowohl in der Form moralischer Rechtschaffenheit als auch im religiös-intellektuellen Prozess der Auffindung des Steines der Weisen gedeutet werden. Moran: Alchemistisch-Paracelsischer Kreis, 134. Auch wenn es hier Ausnahmen gab. So finanzierte der Kölner Kurfürst Ernst von Bayern, ein rigoroser Verfechter der Gegenreformation, die erste Veröffentlichung der kompletten Arbeiten von Paracelsus zwischen 1590 und 1605. Einige Jahre später kamen Paracelsus’ Arbeiten auf den Index der römischen Kirche. Vgl. Trevor-Roper: Court Physician.

204 Anhalt-Bernburg, der diesem von 1600 bis zu seinem Tod 1608 als Leibarzt und diplomatischer Agent diente.9 8.1.2 Bongars’ Krankheiten und Therapien Bongars zeigt in seinen Briefen ein lebhaftes Interesse an medizinischen Themen und war stets um seinen Gesundheitszustand besorgt.10 Da aus heutiger Sicht harmlose Krankheiten in der Frühen Neuzeit lebensbedrohlich sein konnten, sind die zahlreichen medizinischen Fragen, die Bongars dem Nürnberger Arzt Joachim Camerarius stellte, auch nicht als Ausdruck eines Hypochonders abzuurteilen: »Einer meiner Freunde hat mir geschrieben, dass eine Dosis von drei Drachmen [1 Drachme = ⅛ Unze] von Andorn (Mariennessel) zusammen mit eingelegtem Huflattich ein gutes Heilmittel für Asthmatiker wäre. Ich habe Anlass zu befürchten, dass ich an dieser Krankheit leide. Denn schon seit einiger Zeit habe ich große Schwierigkeiten zu atmen, ohne zu husten. Wenn Sie meinen, dass dieses Heilmittel helfen würde und wenn Ihre Apotheker dieses zubereitet haben, lassen sie mir bitte einige Dragees durch Herrn Calandrini zukommen. Ich werde ihm das Geld dafür geben.«11 Die Bestellung kam bei Camerarius an und dieser leitete sie an einen Apotheker in Nürnberg weiter, der jedoch einen Saft nach Frankfurt schickte anstelle der von Bongars gewünschten Dragees. Bongars fragte bezüglich der Medikation des Saftes nochmals bei Camerarius nach. »Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet bezüglich der Dosis des Andornsaftes, den der Apotheker in flüssiger und nicht in fester Form geliefert hat, des weiteren, ob es gut ist, den Saft mit dem eingelegten Huflattich zu mischen.«12 Immer wieder bat Bongars Camerarius um medi-

9

10

11

12

Vgl. dazu die Einleitung in: Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 1–20; Der Briefwechsel zeigt die Fülle an Kontakten. Croll wirkte hauptsächlich in Prag, gelegentlich aber auch in Amberg/Oberpfalz oder in Wittingau am Hof Peter Woks von Rosenberg, um diesen für die politischen Interessen Christians von Anhalt zu gewinnen. Evans: Wechel Presses, 14. Im Verlag der Wechel-Erben wurde 1609 die »Basilica Chymica« von Croll veröffentlicht. 1593 hatte der Verlag selbst ein Werk über die Transmutation in Auftrag gegeben. Bongars an Lingelsheim, 6. März 1600. In: Ling. ep., 103f.: »Sollicitum me habet invaletudo tua, nec sat praesidii in medicis, utinam usus tabacci tibi tam salubris esset quam mihi, ex quo quo enim, quando me eo pellit necessitas uti eo caepi, vix catarrhus ullus, triduum me tenuit, omnibus superfluis ac noxiis fumo illo extractis, aut siccatis. Socer meus publico obstinere adhuc necesse habet, remittunt quandoque dolores brachii, sed intenduntur post rursus.« Bongars an Camerarius, 18. August 1591. In: Ed. 1695, 146: »Un de mes amis m’a écrit qu’une prise de 3. dragmes de marrube avec de la conserve de pas d’ane est un bon remède pour les Asthimatiques. J’ai sujet de craindre cette maladie. Car il y a déja quelque tems que je sens une assez grande difficulté de respirer sans avoir de toux. Si vous jugez que ce remède me soit bon, et si vos Apoticaires en ont de pret, envoyez m’en quelques dragmes par Mr. Calandrin, et mandez-moi en meme tems, je vous prie, votre sentiment, j’en rendrai l’argent à Mr. Calandrin.« Bongars an Camerarius, 19. Oktober 1591. In: Ed. 1695, 157: »Mais vous ne m’avez pas répondu à ce je vous demandé touchant la dose du suc de marrube, que l’Apoticaire a

205 zinische Ratschläge und Medikamente: »Der Bote überbrachte mir ihren abführenden Saft, für den ich Ihnen tausendfachen Dank schulde. Ich habe ihn noch nicht genommen, weil ich am Tag bevor ich ihn erhalten habe, andere Pillen eingenommen habe.«13 In späteren Jahren litt Bongars an Gichtanfällen: »Durch mein Unwohlsein bin ich heute hier festgehalten und ich werde mich länger zurückziehen [...]. Ich spüre im Zeh des rechten Fußes ein stechendes und unangenehmes Jucken. Wenn ich den Ärzten glauben schenkte, würde ich sagen, es ist die Gicht: allein schon dieser Name lässt einen Mann erzittern, der im Begriff ist, sich zu verheiraten.«14 Auch Nierensteine machten ihm immer wieder zu schaffen, ließen ihn sogar Todesängste ausstehen: »Ihr Schweigen beunruhigt mich immer und verstärkt meine Besorgnis über ihre Gesundheit. Ich habe seit über sechs Wochen andauernde Harnbeschwerden, begleitet von zahlreichen Schmerzen. Auf nichts vergleichbares habe ich jemals so reagiert. Die Ärzte, die mich behandeln, Herr Gebet und Herr Havent, versichern mir, dass kaum Gefahr bestehe. Aber mein Schicksal liegt in Gottes Hand, dessen Hilfe ich mehr als einmal in einem so großen Leid erfahren habe.«15 Gegen diese Beschwerden wurden ihm von verschiedenen Ärzten Kuren in heilenden Quellen empfohlen.16 Bongars reiste dafür mehrmals nach Petten in den Niederlanden.17 Er war vom Heilungserfolg dieser Wasserkuren überzeugt und schrieb begeistert an Camerarius: »Durch diese Unterbrechung der Wasserkur, die ich gerade angefangen hatte, stellte sich bei mir nicht der erhoffte Erfolg ein. Ich habe aber beschlossen, sie fortzusetzen. Währenddessen trinke

13

14

15

16 17

envoyé liquide et non solide, pour savoir s’il est bon de le meler avec la conserve de pasd’ane. Je vous envoyerai par un de mes amis une copie de la Remonstrance présentée au Prince d’Anhalt.« Bongars an Camerarius, 1. Januar 1596. In: Ed. 1695, 441: »Le messager m’a rendu ici votre lettre avec un suc purgativ, dont je vous rens mille graces. Je ne m’en suis pas encore servi; parce que j’avois pris des pillules, le jour de devant que je les recues.« Bongars an Camerarius, 4. Dezember 1596. In: Ed. 1695, 538: »Mon indisposition m’arrete ici aujourd’hui et elle me retiendroit plus long-temps, si la consideration de Mr. Aurelio ne me faisoit passer par dessus. Je sens au poulce du pie droit une demageaison piquante et facheuse. Si je croyois les Medecins, je dirois que c’est la goutte: et ce nom seul est capable de faire trembler un homme qui pense a se marier [...]«. Bongars an Camerarius, 12. September 1598. In: Ed. 1695, 633: »Vostre silence m’est toujours suspect, et il me renouvelle mon inquiétude touchant l’état de votre santé. Le mien ne vient pas de négligence mais d’une dyssenterie de six semaines, accompagnée de tant de douleurs que jamais rien ne m’a été si sensible. Mr. Gebet et Mr. Havent, qui sont les Médecins dont je me sers, m’assurent qu’il n’y a point de peril. Mais mes avantures sont dans la main de Dieu dont j’ai éprouvé le secours présént plus d’une fois dans une si grand mal. Je le supplie de tout mon coeur qu’il vous conserve long-tems dans une santé ferme pour le bien du public, et pour celui de vos amis, au nombre desquels vous voulez bien que je me mette.« Bongars an Camerarius, 9. Juli 1595. In: Ed. 1695, 378: »Je parts dans un peu de jours pour aller aux eaux, par le conseil des medecins.« Bongars an Camerarius, 25. Juni 1598. In: Ed. 1695, 622: »Je vous écris des eaux de Petten, aux bains ou vous estes.«

206 ich noch jeden Tag nüchtern ein oder zwei Gläser, bis mein Magen sich daran gewöhnt hat.«18 Bongars war ein Anhänger der Paracelsischen Medizin, äußerte sich zunächst aber noch zurückhaltend, wenn er Camerarius über die neusten Behandlungsmethoden der »chymici« berichtete: »Sie antworten, wenn Sie wollen auf das, was ich Sie bezüglich der Alchemisten gefragt habe. Ich gestehe Ihnen, dass ich allein ihre Bücher zum Vergnügen lese und ihre Kunst mir gefällt. Mit ihrer Anwendung bin ich nicht einverstanden, nicht weil ich denke, dass es dafür keine geben könnte, sondern weil sie noch wenig bekannt ist, was auch daran liegen mag, dass Heilmittel kaum bekannt werden können, wenn sie nicht angewendet werden.«19 Bongars nimmt damit Bezug auf die z.B. an der Academia Norica in Altdorf gepflegte, nur ansatzweise praxisorientierte medizinische Ausbildung. Alle Altdorfer Mediziner waren Vertreter einer philosophischen Medizin. Der Unterricht bestand in erster Linie in der Interpretation der antiken Quellentexte. Betont wurde die Bedeutung der naturphilosophischen Schriften des Aristoteles für den medizinischen Unterricht.20 An verschiedenen Stellen in seiner Korrespondenz mit Camerarius wird jedoch deutlich, dass Bongars auch selbst die Medikamente der Alchemomediziner anwendete. So probierte er das von Paracelsus eingeführte Schmerzmittel Laudanum aus und konnte damit, wie er 1598 in dem letzten erhaltenen Brief an Camerarius schrieb, gute Erfolge vermelden: »Von den zahllosen verschiedenen Heilmitteln, die mich durchströmten, half mir keines so wie das Laudanum von Paracelsus [...] Es versagte nie. Es linderte meine Schmerzen binnen sechs oder sieben Stunden und ließ mich zwei oder drei Stunden Ruhe finden.«21 Auch auf

18

19

20 21

Bongars an Camerarius, 8. August 1595. In: Ed. 1695, 390: »Cette interruption des Eaux que j’avois commencé de prendre, fait que je n’en resses pas encore l’utilité que j’en esperois. J’ai resolu de les reprendre. Cependant j’en bois encore tous les jours à jeun un verre ou deux, afin que mon estomac ne s’en désaccoutume pas.« Bongars an Camerarius, 6. Juni 1593. In: Ed. 1695, 281: »Je me trouve attaqué d’un nouveau mal, dont j’ai senti les commencemens des l’année passée. Il me vient sur le matin de grandes fureurs; et si je les empeche, je sens tout le jour un appésantissement dans tout le corps, et principalement dans les jointures. Si je ne les arrête pas, je m’en trouve mieux. Mais la faiblaisse où je tombe ensuite, me fait voir que tous mes esprits sont épuisés. Si vous avez quelque remède pour ce mal, comme vous en savez dans doute, je vous prie de m’aider de votre conseil. Vous répondrez à votre commodité à ce que je vous demande touchant les Chymistes. Je vous avoue que j’aime uniquement lire leurs livres et leur art me plaist. Je n’en approuve pas l’usage, non que je ne croye qu’il n’y en puisse avoir quelqu’un, mais parce qu’il est peu connu, quoy qu’il soit vray, que l’usage des remèdes ne puisse guerre se connoistre que par usage mesmes.« Zur medizinischen Fakultät vgl. Mährle: Academia Norica, 397–415. Bongars an Camerarius, 29. September 1598. In: Ed. 1695, 637: »Parmi les remedes sans nombre qu’on m’a fait prendre, je n’ay reçû aucun soulagement que de ce Laudanum de Paracelse; et encore mes Medecins ont bien de la peine à se resoudre à m’en laisser prendre; mais jamais ce remede n’a manquè d’avoir son effet. Il a adoucy mes douleurs durant six ou sept heures et m’a fait dormir en repos deux ou trois. Enfin il a rendu la vie pendant quelques intervalles, à un homme mort et ensevely dans ses douleurs.«

207 theoretischer Ebene setzte er sich mit den Behandlungsmethoden der Alchemomediziner auseinander. So berichtet er Camerarius von Büchern, die er bei einem Buchhändler, »der genügend über die Alchemie« wisse, sah: »Er zeigte mir vor einiger Zeit ein deutsches Buch über die Quintessenz, handschriftlich geschrieben und sagte mir, dass er noch ein anderes bei sich über Paracelsus hätte, mit dem Titel ›Die Apocalypse‹. Er erlaubte mir, es zu übersetzten, wenn er noch länger in dieser Stadt bleiben würde. Ich wünschte sehr, dass Sie es sich anschauen würden, um zu beurteilen, ob es leicht ist, seine Bücher zu übersetzten. Ich würde den Kopisten gerne bezahlen«.22 Auch versorgte Bongars Camerarius mit medizinischer Literatur, beispielsweise mit einer HippokratesAusgabe des Wechel-Verlages.23 Medizinische Neuerscheinungen oder Neuigkeiten aus dem Büchermarkt wurden von Bongars sogleich an Camerarius weitergemeldet, so berichtete er über eine Edition der Schriften des Dioskorides.24 Dieser war Militärarzt unter den römischen Kaisern Claudius und Nero und galt als der berühmteste Pharmakologe des Altertums.25 In dem im Mittelalter und der Renaissance überlieferten Hauptwerk behandelt er pflanzliche und tierische Genuss-, Nahrungs- und Arzneimittel sowie Getränke und Mineralien nach medizinischen Gesichtspunkten vermischt mit magischen Elementen.

22

23

24

25

Bongars an Camerarius, 23. Mai 1593. In: Camden. ep., 63. In der Edition von Spanheim steht in diesem Brief noch: »De Chymicis fiat commodo tuo. Ego istorum lectione et disputationibus et artificiis unice delector. Usum non improbo, quod nullus sit, sed quod is parum notus, nec notescet facile, nisi per ipsum usum [...]«. »Il m’a fait voir depuis peu de temps un livre Allemand de la Quintessence écrit à la main, et il me disoit qu’il en avoit en autre chez luy de Paracelse, intitulé l’Apocalypse. Il me promettoit de me permettre de le faire transcrire, s’il demeuroit plus long-temps dans cette ville. Je souhaiterois fort que vous prisez la peine, sans vous incommoder, de considerer s’il seroit aisé de transcrire ses livres. Je payeray le copiste de bon coeur.« Um welches Buch es sich dabei handelte, ist nicht mehr genau zu rekonstruieren. Die »Quintessenz« bedeutete in der alchemistischen Terminologie die Einheit, bzw. die Vereinigung der Gegensätze. Sie wird gewonnen als gleichsam fünftes Element aus den vier Elementen Wasser, Feuer, Luft und Erde, um mit Hilfe der Prinzipien des Schwefels, des Quecksilbers und des Salzes den ganzen Prozess zu krönen. Das Ergebnis ist der Stein der Weisen, der am Ende aber kein Stein, sondern vielmehr ein Pulver oder eine Tinktur ist. Dieses Mittel dient zur Herstellung des künstlichen Goldes. Es ist nicht die Grundsubstanz, sondern der Katalysator, der die Transmutation bewirkt, also den Versuch, vorzugsweise aus Blei, das dem Saturn bzw. dem griechischen Chronos – dem Bild der vergänglichen Zeit – entspricht, das unvergängliche Gold herzustellen. Bongars an Camerarius, o. D. In: Ed. 1695, 414: »Vous recevrez l’Hippocrate des gens memes de Wechel, qui se sont chargez de vous l’envoyer.« Bongars hakte nach, da Camerarius die Ausgabe offensichtlich noch nicht erhalten hatte, ebda, 425: »J’ai eu soin qu’on vous envoyat un Hippocrate, mais peut-etre que les gens de Wechel n’en ont pas eu la commodité.« Offensichtlich musste dieser Ausgabe noch etwas hinzugefügt werden, ebda, 469: »Je vous envoye la feuille qui doit estre ajoutée a votre Hippocrate, et qu’on m’a envoyée de Paris.« Bongars an Camerarius, 18. Januar 1597. In: Ed. 1695, 545: »Un medecin de Geneve nommé Sarazin, prépare une nouvelle édition de Dioscoride; comme Mr. Aubry vient de me dire presentement.« Der Kleine Pauly 2, 91.

208 Auch Bongars’ Bibliothek legt Zeugnis ab, von seiner intensiven Beschäftigung mit allen Bereichen der Medizin. Er besaß die Werke der Klassiker Hippokrates, Dioskorides, Galen und Paracelsus sogar in mehreren handschriftlichen Exemplaren.26 Daneben befanden sich in seiner Sammlung mittelalterliche Autoren wie der Pseudo-Geber, der Pseudo-Lull oder Johannes de Rupescissa sowie zeitgenössische Traktate.27 Bongars war möglicherweise sogar selbst Autor eines medizinischen und kosmologisch-paracelsischen Manuskriptes, zumindest existieren Notizen, die er selbst zusammengestellt und systematisiert hat.28 8.1.3 Kontroversen: Der Pariser Paracelsistenstreit Wie europaumspannend die wissenschaftlichen Debatten über medizinische Methoden geführt wurden, lässt sich an dem um 1600 an der Pariser Sorbonne entbrannten Paracelsistenstreit rekonstruieren.29 Bongars nahm an seinem Verlauf Anteil und schaltetete sich durch Förderung bestimmter Alchemomediziner selbst ein. In Frankreich war die Frage, welcher medizinischen Richtung die königlichen Leibärzte anhingen, Galen oder Paracelsus, politisch aufgeladen. Die königlichen Ärzte der Valois in den letzten 30 Jahren ihrer Herrschaft waren Halb-Paracelsier und stellten in ihren medizinischen wie religiösen Ansichten eine Provokation für die medizinische Fakultät der Sorbonne als Repräsentantin des religiösen Establishments dar. Auch Heinrich von Navarra hatte schon an seinem Hof in Nérac hugenottische Ärzte beschäftigt, die, ausgebildet in Deutschland oder der Schweiz, den Lehren Paracelsus’ anhingen oder von der reformierten Universität Montpellier kamen. Als Heinrich König von Frankreich wurde, gerieten seine Leibärzte Jean Ribit de la Rivière, Joseph Duchesne und Théodore de Mayerne in das Kreuzfeuer der medizinischen Fakultät, die sich nach wie vor den Lehren von Paracelsus widersetzte.30 Jean Ribit, Sieur de la Rivière (um 1546–1605) war bereits zwischen 1578 und 1580 in eine Auseinandersetzung mit der Sorbonne geraten.31 Er wurde von dem Herzog von Mercœur protegiert und hatte in dieser Auseinandersetzung

26 27 28 29 30

31

BERN, cod. 149 (Collectanea Bongarsii iuridica, medica, alchymica etc.), Nr. 17–23. BERN, cod. 492, Nr. 5 u. 19. Thorndike: History of Magic, Bd. 7, 157f. Zu den Vorgängen dieser Auseinandersetzung Kahn: Faculté de médecine, zur Chronologie der Ereignisse ebda, 203–221. Vgl. auch Trevor-Roper: Paracelsian movement, 173. Heinrich IV. hatte die Stelle eines »médecin ordinaire« eingerichtet, um die Position der Leibärzte zu stärken. Der »premier médecin« war führend unter den königlichen Ärzten. Er war nicht nur eine wichtige Figur am Hof, sondern übte auch eine große Schirmherrschaft auf dem Lande aus. Heinrich IV. erweiterte die Zahl der tätigen Ärzte auf 25. Die Zahl der Ärzte am Hof war damit vergleichbar mit dem Personal der Ärzte an der Pariser medizinischen Fakultät. Vgl. zur Biographie BU 36, 85. Trevor-Roper: Sieur de la Rivière.

209 viele Parlamentsmitglieder hinter sich, wie z.B. Étienne Pasquier und Christofle de Thou, denn der Paracelsismus hatte in der Magistratur großen Rückhalt.32 1580 musste de la Rivière Paris verlassen. In den 1580er Jahren befand er sich am Hofe Heinrichs von Navarra in Nérac und wurde Leibarzt des Hugenottenführers Henri de la Tour d’Auvergne, des späteren Herzogs von Bouillon. Bongars korrespondierte selbst mit de la Rivière und stellte für ihn den Kontakt zu Camerarius her, der zu einem wissenschaftlichen Austausch zwischen den beiden Ärzten führte. So schrieb Bongars an Camerarius: »Ich schicke Ihnen den Brief von Herrn de la Rivière, dem königlichen Leibarzt. Wenn Sie etwas seltenes und besonderes an Schutz- und Heilmittel gegen die Giftstoffe wissen, hoffe ich, dass Sie die Güte haben, ihn darüber zu informieren. Er möchte auch wissen, was das von Ihnen genannte ostrutium oder cruciator minor ist; und ob man etwas von dem sächsischen Pulver, dass man Fabelspulver nennt, erhalten könnte. Er hat sich ganz darauf verlegt, entweder Gegenmittel gegen Gift zu finden oder Arzneien, um davon geheilt zu werden, wenn man es schon genommen hat.«33 Immer ist Bongars dabei kommunikatives Gelenk, um den Austausch der beiden Ärzte aufrechtzuerhalten: »Mr. de la Rivière ist Ihnen freundschaftlich verbunden und lässt Sie grüßen. Er erwartet Ihre Briefe.«34 Der Austausch zwischen Paris und Nürnberg hielt mehrere Jahre an, wobei Bongars wohl noch gelegentlich die Übermittlung von Nachrichten übernahm: »Mr. de la Rivière schreibt mir, dass er Ihren Brief erhalten habe, für den er sich unendlich erkenntlich zeigen wird. Er wird sich aber noch selbst bei Ihnen bedanken.«35 Ein weiterer Leibarzt Heinrichs IV. war Joseph Duchesne (Querecetanus).36 Duchesne, der aus Armagnac stammte, hatte in der Schweiz studiert und war in Basel mit den Lehren von Paracelsus in Kontakt gekommen. In Genf wurde er Mitglied im Rat der Zweihundert, kehrte aber 1593 nach Paris zurück und wurde einer der Leibärzte Heinrichs IV. Durch sein 1603 veröffentlichtes Buch De materia verae medicinae philosophorum priscorum ging er auf Konfrontationskurs mit den anderen Ärzten, da er darin die Gültigkeit der drei Prinzipien Salz, Schwefel und Quecksilber betonte und damit seinen Gegnern zufolge die

32 33

34 35

36

Zu Pasquier vgl. Bouteiller: Recherches; Thickett: Pasquier. Bongars an Camerarius, 11. März 1595. In: Ed. 1695: »Je vous envoye la lettre de Monsieur de la Riviere, premier Medecin. Si vous sçavez quelque chose de rare et de particulier touchant les preservatifs et les remedes contre les venins; il souhaite que vous ayez la bonté de luy en faire part. Il desire aussi de sçavoir ce que vous appelez ostrutium et cruciata minor; et si on pourroit avoir un peu de cette poudre de Saxe qu’on appelle d’ordinaire Fabelspulver. Il s’applique aujourd’huy tout entier, pour chercher ou des preservatifs contre le poison, ou des remedes pour en guerir, lorsque l’on en a déja pris.« Bongars an Camerarius, 22. Juni 1591. In: Ed. 1695, 137: »Mr. de la Rivière est fort votre ami, il vous fait mille amitiez. Il attend vos lettres et souhaite de vous embrasser.« Bongars an Camerarius, 2. Juli 1595. In: Ed. 1695, 374: »Mr. de la Rivière m’ecrit qu’il a recu votre lettre, de laquelle il se tient infiniment obligé. Il vous en remercira lui-meme.« Zu Vita und Werk DBF 11, 1239 f.; Gautier: Activité politique.

210 grundlegenden Doktrinen der hippokratischen Medizin bekämpfte. Sein Buch wurde, sowie es erschienen war, von der Pariser Fakultät verboten. Trotz seiner Verurteilung schrieb Duchesne ein weiteres Buch, in dem er die These vertrat, dass nicht nur Salz, Schwefel und Quecksilber in allen minderen Elementen vorhanden wären, sondern auch im Himmel. Wieder verurteilte die Fakultät das Buch. Ein weiterer Leibarzt kam Duchesne zu Hilfe und attackierte die medizinische Fakultät: Théodore de Mayerne. Seine Karriere verlief in ähnlichen Bahnen wie diejenige von Duchesne. Er war der Sohn eines protestantischen Historikers, der 1572 nach den Massakern in der Bartholomäusnacht nach Genf floh, dort die Schule besuchte und Medizin in Heidelberg und Montpellier studierte. In Paris unterrichtete er seit 1602 vor allem junge Apotheker. Die Fakultät verurteilte seine Vorlesungen und entließ ihn. Einige Jahre später verließ er Frankreich, um nach England zu gehen und ab 1611 als Leibarzt Jakobs I. zu wirken. Unterstützung kam für Duchesne auch von zwei alchemomedizinischen Ärzten aus Orléans. Guillaume Baucinet und Israel Harvet.37 Mit beiden Ärzten war Bongars gut bekannt. Baucinet hatte in den 1580er Jahren zusammen mit dem Paracelsisten Thomas Moffet zum engeren Kreis der Schüler Theodor Zwingers in Basel gehört. Ab 1588 wohnte er in Prag bei Lavinius und stellte Forschungen im Sinne einer Aurum-potabile-Alchemie an. Bereits aus einem Brief aus dem Jahre 1595 geht hervor, dass Bongars seit längerer Zeit einen Briefwechsel mit Baucinet unterhielt. Baucinet, der mit Trougny, Bongars’ ehemaligem Reisegefährten aus Studienzeiten, in Orléans alchemistisch experimentierte, berichtete Bongars von diversen alchemistischen Mitteln. Er gab Bongars medizinische Ratschläge, so z.B. die Badekuren fortzusetzen.38 Baucinet fragte Bongars aber auch nach medizinischen Neuigkeiten in Deutschland, wie z.B. nach dem »Panaces Annalein«. Daneben übermittelte er dem französischen Diplomten politische Nachrichten aus Paris und vom französischen Hof. Der Kontakt zwischen Baucinet und Bongars bestand über die Jahre hinweg, denn noch zwölf Jahre später dokumentieren Briefe den Austausch politischer wie wissenschaftlicher Nachrichten zwischen den beiden.39 Aus einem Brief Baucinets vom 5. Juni 1610 aus Orléans an Bongars ist zu erfahren, dass Bongars den beiden Alchemomedizinern Trougny und Baucinet bereits von der Ermordung Heinrichs IV. am 14. Mai 1610 in Paris berichtet hatte. Baucinet analysiert in seinem Brief die

37 38 39

Zu den biographischen Angaben Baucinets vgl. BU 4, 758; Jöcher (Hrsg.): Gelehrtenlexicon, Bd. 1, 856; Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 161. Baucinet an Bongars, 10. Oktober (?) 1595, SUBH, sup. ep. 30, fol. 194: »Si je juge bien il est Ramiste. L’Allemagne est fertile en certes de toutes facons.« Baucinet an Bongars, 8. Dezember 1607, SUBH, sup. ep. 32, fol. 91: »Monsieur, vostre mot de lettre mevient l’estre rendu à present de la part de Mons. de Lisle, lequel m’a aussi envoyé celle que luy escrivez pleine de nouvelles le tout en suiss finanel pour la gloire de Dieu et le salut des siens aux fusions de ses ennemis.«

211 dadurch veränderte politische Situation.40 In den Briefen Baucinets wird auch immer Andreas Libavius genannt. Der deutsche Alchemomediziner gehörte zu den weiteren Ärzten, die von Bongars gefördert wurden. Er hatte sich von Deutschland aus auf der Seite Duchesne in den Pariser Paracelsistenstreit eingeschaltet. Andreas Libavius (ca. 1558–1616), seit 1591 als Stadtarzt in Rothenburg ob der Tauber, war dabei weder im eigentlichen Sinne Paracelsist noch Paracelsusgegner.41 Die Orthodoxen der Sorbonne hofften, ihn auf ihre Seite zu ziehen, da er den radikalen Paracelsismus verabscheute. In seinem 1607 erschienenden 900 Seiten umfassenden Konvolut ging er in einem eigenen Kapitel auf die Vorgeschichte des Konfliktes ein.42 Letztendlich blieb Libavius jedoch auf der Seite der Häretiker und bezog gegen die. »scholam parisiensem Medicorum«, also die Sorbonne, Position, wofür sich Bongars bei ihm bedankte.43 In dem darauffolgenden Brief wurde die Veröffentlichung seiner Thesen besprochen.44 Bongars förderte die Arbeit von Libavius bereits seit den 1590er Jahren. Der Arzt widmete ihm sein 1597 erstmals in Frankfurt erschienenes Werk über die Alchemie, die Alchymia.45 In einem Brief an Libavius bedankte sich Bongars für das ihm zugeeignete Buch im Namen der respublica litteraria, da Libavius die Geheimnisse der Natur erschlossen und die Wahrheit gegen den Schulzwang, nämlich den der Sorbonne, verteidigt habe.46 Die Alchymia nimmt einen herausragenden Platz unter allen Büchern von Libavius sowie den

40

41

42

43

44 45 46

Baucinet an Bongars, 5. Juni 1610, SUBH, sup. ep. 32, fol. 183: »Et disoit aussi Socrates, si ie ne me trompe Anytus et Melitus me peuvent tuer, si telle est la volonté des Dieuy non pas me cesser. Et nostre maistre non admonesse et exhorte a ne craindre pas ceux qui peuvent tuer le corps quand il plaist à Dieu, mais celuy qui peut tuer le corps et lame et un mot prions Dieu qu’il nous face la grace de posseder nos ames en nostre patience.« Zu Libavius (Libau) vgl. NDB 14, 441f.; Schnurrer: Libavius; zur alchemistischen Einordnung Thorndike: History of magic, Bd. 7, 238–253; Meitzner: Gerätschaft; Hannaway: Laboratory Design; Wollgast: Philosophie, 340–343. Andreas Libavius: Alchymia triumphans de iniusta in se collegii galenici spurii in academia parisiensi censura; et Ioannis Riolani maniographia, falsi convicta, et funditus eversa. Opus hermeticum, vere didacticum solida explicans Chymiatriae Hippocraticae fundamenta: De quinta essetia, magno perfectoque lapidis magisterio, principiis, extractis, oleis, aquis, salibus, elixyribus, diligenter elaboratum, Frankfurt am Main 1607, 5–8 Vorrede an den Leser. Bongars an Libavius, o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 415. »Mitto hic libellos semper editos a schola et contra schola parisiense Medicorum.« Vgl. zur Situation der französischen Leibärzte Debus: French Paracelsians; Trevor-Roper: Court Physician, 86. Am Ende dieses Streites beschäftigte Heinrich IV. weiterhin paracelsische Ärzte, obwohl sie nach 1608 Katholiken sein mussten. Bongars an Libavius, 31. Oktober o. J., BERN, cod. B 149, Nr. 416. Libavius: Alchymia, Frankfurt am Main 1597. Hier wurde die Ausgabe von 1607 benutzt. Das Buch erschien in weiteren Auflagen 1606, 1607 und 1615. Bongars an Libavius, 1. Mai 1606, BERN, cod. B 149, Nr. 187: »Opus tuum de Alchymia vidi et in eo de me amicam mentionem. Debet tibi Respublica, quod et naturae reseras occulta et veritatem id assertum contra scholae tyrannides [...].«

212 Werken anderer Verfasser ein, da sie als eine umfangreiche Sammlung bislang nur verstreut veröffentlichter Informationen über chemische Verfahren die Möglichkeit zu einem Überblick über die gesamte, im Entstehen befindliche chemische Wissenschaft gab.47 Libavius verstand nämlich die »Chymie« nicht als eine Geheimwissenschaft, sondern als eine lehrbare Wissenschaft. Aufgrund der genauen Beschreibung der grundlegenden Verfahren und der Dichte der dargestellten Themen gilt dieses Werk von Libavius als eines der erstes Lehrbücher der Chemie. Libavius diskutierte seine Thesen in seinem Briefwechsel z.B. mit Zwinger und Camerarius d. J. und veröffentlichte zahlreiche Werke, um seine Thesen darzulegen.48 Er bekämpfte den Paracelsismus insofern, dass er die Schwächen in seiner Theorie aufzeigte, die Phantastereien und Sophismen und den Einsatz von »geheimen Mitteln«. Dies bedeutete nicht, dass er gegen die Alchemie oder die Iatrochemie war. Im Gegenteil, Libavius hielt an der Doktrin der Quintessenz fest. In engem brieflichem Kontakt stand Bongars auch mit dem französischen Arzt und späteren Leibarzt Ludwigs XIII., Jacques Fontaine (gest. 1621).49 Er verfasste eine Reihe verschiedener Werke zur Medizin.50 Fontaine schrieb Bongars regelmäßig über medizinische Versuche z.B. von Trougny oder von Experimenten, die in Prag durchgeführt wurden. In einem Brief an Bongars sagte er über sich selbst »je suis vray Alkemiste«.51 Auch er ging in seinen Werken auf den Pariser Paracelsistenstreit ein, indem er ausführlich die Position Andreas Libavius’ darlegte. Gleichwohl dachte er, dass Libavius gelegentlich der Alchemie zu gewogen war.52

47 48

49

50

51 52

Meitzner: Gerätschaft, XII f. Andreas Libavius: Alchymistische Practic: Das ist von künstlicher Zubereytung der vornembsten chymischen Medizinen: In zweyen Tractätlein klärlich entdecket: Deren das Erste von destillirten Wassern / Öhlen / Salzen / Ertracten / quintis essentii, aquis vitae [...]. Das ander vom Lapide Philosophorum: Wie derselbe künstlich soll gemacht werden: ohn sfigürliche und Parabolische reden eigentlich unnd deutlich also gelehret dass dergleichen zuvor wissentlich niemals im Truck gesehen worden, Frankfurt am Main 1603. NBG 17, 83. Jacques Fontaine (gest. 1621) wurde in Aix-en-Provence geboren und war medizinischer Berater von Ludwig XIII. sowie »premier régent« der medizinischen Fakultät in Aix. Jacques Fontaine: Methodus generalis cognoscendi praedicendi et curandi morbos eorumque symptomata. Ad veterum, maximeque Hippocratis et Galeni normam exacta, Avignon 1601. Fontaine an Bongars, 24. März 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 78. Jacques Fontaine, Opera omnia medica, Köln 1613, 750–761, hier 750: »Ars spagyrica nova non est, ut probavit Libavius in examine sententie Parisiensis in alchymia latae: neque ob eam artem debent distingui Spagyrici novi à veteribus Pharmacopoeis, Medicorum rationalium oeconomis. Separandi namque artificio multiplici iamdiu utuntur.« Vgl. dazu auch Thorndike: History of magic, Bd. 7, 253.

213 8.1.4 Die Diplomaten als Förderer der Alchemisten Eine erste Berührung mit alchemistischen Fragestellungen erfolgte bei Bongars möglicherweise über Guillaume le Normant (Guilielmus Normantius, Guillaume Trougny), den Bruder seines Schulfreundes Jean le Normant, der Bongars 1585 auf seiner Reise nach Konstantinopel begleitet hatte. Wie dem an Guillaume Trougny gerichteten Widmungsschreiben in Bongars’ Geschichtswerk Rerum Hungaricarum zu entnehmen ist, führte Trougny bereits auf dieser Reise metallurgische Untersuchungen durch.53 Guillaume de Trougny wurde später Arzt, führte alchemistische Experimente durch, deren Ergebnisse er in seinem Tractatus de mineralibus darlegte.54 Sein Ruf als Alchemist schien weit über Orléans hinauszureichen, was sich auch in dem Rat des dänischen Arztes Ole Worm widerspiegelt, der 1617 an einen seiner Freunde schrieb: »Wenn Du nach Orléans kommst, zögere nicht, einen bemerkenswerten Mann zu treffen: M. de Trogny.«55 In dem heute vorhandenen Korrespondenzcorpus Bongars’ finden sich keine Briefe zwischen dem Diplomaten und dem Alchemomediziner aus Orléans. Dennoch wird Trougny in vielen von Bongars’ Briefen immer wieder erwähnt, wie z.B. in der Korrespondenz mit Nicolas Barnaud.56 Es ist daher davon auszugehen, dass Bongars auch selbst mit Trougny korrespondierte. Ancel sprach in seinen Briefen an Bongars oft über den französischen Alchemisten und hermeneutischen Schriftsteller Nicolas Barnaud (1538/39–vor 1607).57 Der aus Crest stammende Barnaud hatte in Montpellier Medizin studiert und kam auf seiner Reise durch Zentraleuropa Anfang der neunziger Jahre nach Prag. 1591–1592 lebte und arbeitete er zeitweise am Hof des für seine religiöse Toleranz bekannten Wilhelms von Rosenberg.58 1592 berichtete Ancel Bongars wiederholt über die alchemistischen Aktivitäten Barnauds in Prag, so

53

54

55 56

57 58

Vgl. Vorrede der »Rerum Hungaricarum«: »Ista tu Guillelmi frater, non ignoras esse a spiritibus illius metallicis et mineralibus, quibus Ferra parens ita gravida est, ut etiam Aureos cincinnos, virides inter cespites, et inter torrentium fluviorum arenulas, aureas glebas proiiciat.« Pierre Borel: Bibliotheca chimica seu catalogus librorum philosophicorum hermeticorum, Heidelberg 1656, 234: »Guil. le Normand du Trogny, tractatus de mineralibus, M S. Idem, De auro potabili, et terra foliata. Extant apud D. d’Estampes, eruditissimum Med. Domini d’Orleans.« Zit. bei Secret: Documents oubliés, 210. Barnaud nennt Trougny in der Widmung seines Hauptwerkes, »Quadriga aurifera«, 68f.: »Unde, interea dum alia (praesidia) aggredior, (neque enim deest animus) quod tuis literis intellexerim, egregium philosophum Guiliulmum Normantium, quem honoris et observantiae causa me nominare juvat, Aureliae non procul a te esse, statui tibi, viro vere Regio, dicare tertiam Quadrigae Auriferae Rotam, de Mercurio et lapide philosophorum, id est de auro vero potabili agentem. Hanc rogo suscipe fronte illa vere Gallica-laeta, qqua soles. Hanc fac ut videat doctissimus Normantius, cui salutatem ex animo imoertior plurimam, si quando meliore fato rem aggressurus sit.« Zur Vita Barnauds vgl. NBG 3, 536; DBF 5, 498. Nach Evans: Rudolf II, 208, wird die Bedeutung Barnauds bislang unterschätzt. Evans: Rudolf II, 212 f.; Schieche: Rosenbergsche Bibliothek.

214 z.B. dass dieser die Gastfreundschaft des kaiserlichen Arztes Thaddäus Hájek erlangt hätte und von diesem oft begleitet würde. Barnaud war den französischen Diplomaten nicht nur wegen seiner alchemistischen Versuche bekannt. Bereits in den 1580er Jahren hatte er sich politisch im Rahmen der hugenottischen Propaganda gegen das Haus Guise beteiligt.59 Auch die für die Gruppe der »politiques« typischen Fragen tauchten in Barnauds politischen Schriften auf.60 So sah er den Weg zu einer Friedenslösung für das zerrüttete Frankreich in einem Konzil von Katholiken und Reformierten, für das er immer wieder warb und über das er auch mit Politikern wie Jean Hotman diskutierte.61 In seiner Prager Zeit stand Barnaud in engem Kontakt mit Guillaume d’Ancel, dem er den dritten Teil seines alchemistischen Werkes Quadriga aurifera, widmete, einer Neuauflage des Liber de mercurio et lapide von George Ripley, einem pseudo-lullischen Alchemisten des 15. Jahrhunderts, der die Alchemisten Ende des 16. Jahrhunderts faszinierte. In der Vorrede seines 1599 in Leiden erschienenen Werkes huldigte er den Verdienst Ancels als Diplomat und Förderer der Wissenschaften: »Hätten wir doch eine große Zahl von Ancels!« und fügte hinzu: »Aber ich lege die Feder nieder vor Angst, dass man nur denken könnte, dass ich Dir zu schmeicheln suche, was mir vollkommen fremd ist. In der Erinnerung unserer häufigen, ernsthaften Anstrengungen über die Notwendigkeit, die Gesundheit des Königs zu schützen, habe ich lange an nichts anderes gedacht, [...] habe ich nicht nur an Frankreich, sondern selbst an ganz Europa gedacht, um die Gesundheit eines so großen Königs dauerhaft zu erhalten, deshalb habe ich mit meinen eigenen Mittel experimentiert und auch Selbstversuche durchgeführt, die bisher mir nicht wert erschienen, dass sie von einem so großen König angewendet würden.«62 Barnaud begnügte sich nicht damit, selbst die Wundermittel auszuprobieren, er ermuntert auch seine Alchemistenkollegen dazu, alles ihnen mögliche für Heinrich IV. zu tun, mit dessen Regierungsantritt die reformierten Gelehrten große Hoffnungen verbanden. Ancel war bei den diversen Experimenten Barnauds in Prag offenbar anwesend, denn er berichtete Bongars ausführlich davon, wie z.B. von der Herstellung eines »Projektionspulvers«.63 Mit der diplomatischen Post sandte Ancel

59 60 61 62

63

Barnaud: Miroir des François. Vgl. Barnaud: Wacht früh auff. Schickler: Hotman de Villiers, 468. Zur Korrespondenz mit Barnaud vgl. ebda, 472. Barnaud: Quadriga aurifera, 68f.: »Utinam mulit nobis essent Ancelii. Sed manum de calamo, ne quis putet, quod prorsus a me alienum est, adulari me velle. Nunc, quod meminerim te mecum serio de Regis tutanda valetudine multoties ex animo locutum: ego vero ab eo tempore nihil aliud cogitaverim, nihil apud me antiquius fuerit unquam quam id ipsum, quod non solum Galliis, sed et toti Europae summopere proficuum arbitratus sum, perennem scilicet tanti Regis valetudinum tueri, varia et non temnenda meo Marte tentavi, et in memetipso expertus sum praesidia: quae tamen ad hunc usque diem tanto Rege digna, ut par est, mihi visa non sunt.« Ancel an Bongars, 15. August 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 91: »Vous aviez icy une lettre

215 Bongars auch Korrespondenzen Barnauds von Prag nach Frankfurt.64 Nach dem Tod Wilhelms von Rosenberg (1592) musste Barnaud dessen Hof verlassen, wie Ancel Bongars berichtete.65 Barnaud zog daher weiter und traf 1595 in Polen Fausto Sozzini. Zwischen 1597 und 1599 hielt er sich in Leiden auf, bevor er 1602 nach Frankreich zurückkehrte und 1604 in Crest starb. Ancel erwähnt in seinen Briefen an Bongars auch verschiedentlich den Namen des bekannten Botanikers Carolus Clusius (1526–1609), der sich seit 1593 in Frankfurt aufhielt und eine Bestallung von Wilhelm IV. von HessenKassel erhalten hatte.66 Clusius, der von 1573 bis 1587 durch Vermittlung des kaiserlichen Leibarztes Crato von Crafftheim als Botaniker am Wiener Hof tätig gewesen war, hatte Niederösterreich, die Alpen, Ungarn und Kroatien naturkundlich bereist.67 Aus dem Briefwechsel zwischen Camerarius d. J. und Clusius geht hervor, dass Clusius offensichtlich schon während eines früheren Aufenthaltes in Paris Sancy, den Gesandten Heinrichs III. kennengelernt und seit dieser Zeit Zugang zu den diplomatischen Kreisen hatte. Clusius übernahm für Camerarius auch den Weitertransport der Post in Frankfurt, die für den Stadtarzt Dr. Rivius und den Verleger Petrus Fischer bestimmt war, aber auch die Briefe, die an Bongars adressiert waren. So schrieb Clusius am 29. Dezember 1590 an Camerarius, dass er den Brief für Bongars Frankfurter Kaufleuten mitgegeben habe, die auf dem Weg nach Leipzig waren. Bongars sei vor wenigen Tagen aus Frankfurt abgereist, um Caspar Peucer zu besuchen.68 Aber auch Bongars überbrachte Clusius Briefe von Camerarius.69

64

65

66 67

68

69

de Mr. Barnaud avec la poudre de proiection. Si elle nest meilleure que lexanimation de D quil ne [v]ous a desia envoyée. Je ne vous en estimeroy guerre plus riche.« Ancel an Bongars, 8. August 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 90: »Je vous envoye une petite lettre de M. Barnaud. Jenay recue de Monsieur de lEcluse auquel ie nay loisir de respondre. Je vous prie mexcuser envers luy lasseurant neantmoins que ce quil desire sera fait [...].« Ancel an Bongars, 8. September 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 95: »Le Sr. de Rosenberg Burggraff des Khonigreichs Bohmen est allé en lautre monde. Les souffleurs y perdent beaucoup. Et entre autre Monsieur Barnaud qui avoit desia fait venir sa femme pardeca s’y habitué sous sa protection et avec bon entretenement«. Bongars an Camerarius, 13. Oktober 1591. In: Ed. 1695, 157: »J’ai recu vostre lettre avec celle que vous y joignez pour M. Lipse. J’aurai soin de la faire tenir par Mr. Clusius.« Zu Carolus Clusius (Charles de l’Écluse) vgl. ADB 4, 349 f. Clusius, geboren am 19. Februar 1526 in Arras, studierte in Löwen, Marburg und Wittenberg, wo er Melanchthon kennenlernte. In Montpellier studierte er Medizin und Botanik, wurde Licentiat der Medizin und ging 1563 nach Augsburg. Auf seinen Reisen durch Spanien und Portugal beschrieb und zeichnete er Pflanzen. 1573 berief ihn Maximilian II. an den kaiserlichen Hof nach Wien, wo er bis 1587 als Botaniker blieb. Bis 1593 hielt er sich in Frankfurt auf. Vgl. dazu die 195 Briefe Carolus Clusius’ an Joachim Camerarius d. J. in der Trewschen Briefsammlung in Erlangen, erschlossen durch Hunger: Charles de l’Escluse. Hier Briefe Clusius’ an Camerarius vom 25. Mai sowie vom 29. Dezember 1590, ebda, 167. Zu Petrus Fischer, der mehrmals auch in Briefen von Bongars erwähnt wird, vgl. Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 3, 80–82. Clusius an Camerarius, 17. Juli 1593. In: Hunger: Charles de l’Escluse, 188.

216 Zahlreiche französische Wissenschaftler, die auf ihrem Weg in das tolerante Böhmen waren, wurden von Bongars für ihre Reise mit Empfehlungsschreiben ausgestattet, so z.B. der Arzt Bernard Georges Penot (ca. 1520–ca. 1617). Er war ein paracelsischer Alchemomediziner aus Port-Saint-Marie (Guyenne) und hugenottischer Glaubensflüchtling.70 Durch seine Versuche, Gold herzustellen, hatte er sich in bittere Armut gestürzt. Seit den 1570er Jahren war er in Basel in Diensten des französischen Diplomaten Jean de Ferrières gestanden, bevor er in Medizin promoviert wurde. Wahrscheinlich hatte Bongars Penot über seinen Freund Trougny bereits in Orléans kennengelernt. Bongars wollte ein persönliches Kennenlernen von Penot und Camerarius arrangieren, indem er Penot einen Brief von ihm an den Nürnberger Arzt überbringen ließ: »Herr Bernard Duport, der Ihnen diesen Brief überbringen wird, ist ein ehrbarer und frommer Mann, der die Medizin nicht missachtet und der sehr gelehrt in der Alchemie ist. Er wird Sie davon unterrichten, wenn Ihre täglichen Beschäftigungen Ihnen dafür Zeit lassen. Ich lege Ihnen ihn ans Herz, da er gut und gottesgläubig ist.«71 Penot befand sich zu dieser Zeit gerade auf seinem Weg nach Prag, wo er den alchemistischen Experimenten am Hof Rudolfs II. beiwohnen wollte und von dort aus auch eine neue Anstellung suchte. Im März 1592 hielt sich Penot in Prag auf und versprach Bongars von den »plus rares secretes« zu berichten.72 Penot traf dort auf Ancel und Barnaud, mit denen er alchemistische Versuche unternahm.73 Diese fanden auch im Hause des kaiserlichen Leibarztes Thaddäus Hájek statt und wurden von Ancel Bongars genauesten beschrieben.74 Die Untersuchungen, die Penot mit Barnaud 1592 durchführte, dauerten mehrere Monate.75 Neben den Ergebnissen ihrer alchemistischen Forschungen, die sich immer wieder um die Auffindung des sogenannten Steines der Weisen – »ie vous ay escrit je suis vray Alkemiste« – drehten, berichtete Penot Bongars in seinen

70 71

72 73

74

75

Zur Vita Penots vgl. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 202 f.; Secret: Littérature et alchimie; Goldmann: Bernard Georges Penot (1995); ders.: Bernard Georges Penot (1996). Bongars an Camerarius, 2. Februar 1592. In: Ed. 1695, 162: »Monsieur Bernard du Port, qui vous rendra cette lettre, est un homme de bien et de pieté, qui n’ignore pas la Médicine, et qui est tres-savant dans la Chimie. Il vous en entretiendra, si vos occupations continuelles vous laissent pour cela assez de temps. Je le recommande à votre bonté, étant comme il est bon et craignat Dieu«. Penot an Bongars, 6. März 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 66. Penot an Bongars, 19. März 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 68–68’: »Mr. Barnaud et moy ferons quelque chose chaqu’un pour soy et raporterons nos operations si Dieu veut nous honorons quelque chose au demeurant.« Ancel an Bongars, 25. April 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 75: »de la cause de M. Duport n’a pas trouvé la maison du Baron de Kaunitz propre pour la philosophie. Il s’est venu icy renfermer chez led. Thadd. avec Mr. Barnaud pour quelque chose de beau. Certes ils ne font rien ensemble de bruslery mes livres.« Ancel nennt Penot in seinen Briefen Duport. Penot an Bongars, 6. Juni 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 83: »nous avons advisé [...] de terminer la chose secrète insignes que nous ayont les privilèges d’Angleterre [...] Mr. Bauvoir lequel ie m’assure qu’il attiendra de la Royne et [...] les envoyera plutot que cent escus et pour en vous supplier faire diligence d’envoyer mes dittes lettres sur en Angleterre«.

217 Briefen auch über politische Nachrichten vom kaiserlichen Hof und den angrenzenden Ländern wie Polen. Aus diesen Korrespondenzen geht hervor, dass der französische Alchemist sowohl Kontakte zur Frankfurter Bankiersfamilie Malapert ebenso wie zu Bongars’ unmittelbarem Umfeld, so z.B. zu seiner Verlobten, Mademoiselle de Chalonge, pflegte.76 In einem anderen Brief berichtet Penot über Experimente, an denen neben Barnaud auch noch Lavinius teilnahm.77 Penot zog schließlich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1592 mit dem Alchemiker Dr. Winzig von Prag nach Olmütz. Es ist anzunehmen, dass es sich bei Winzig um den Breslauer Arzt P. Wincius handelt, der alchemistische wie metalltransmutatorischer Ziele verfolgte und aufgrund diverser Schriften bereits in das Kreuzfeuer der protestantischen Orthodoxie geraten war.78 Ancel berichtete Bongars über die Abreise Penots, den er Duport nennt, mit Wincius: »Besagter Winzig ist eine bedeutende Persönlichkeit, ein ausgezeichneter Alchemist und Kabbalist. Ich denke, dass Herr Duport seine Zeit nicht bei ihm vergeuden wird.«79 Nach seinem Aufenthalt in Böhmen kehrte Penot nach Heidelberg zurück und bewarb sich im Oktober 1593 um eine Stelle als Stadtarzt in Frankenthal. In seinem linksrheinischen Territorium hatte Pfalzgraf Johann Casimir den Hugenotten, Wallonen und Niederländern Schutz und Zuflucht gewährt. Noch in Frankenthal verfasste Penot das Theophrastische Vademecum, eine Fibel seiner alchemomedizinischen Erkenntnisse.80 Hier traf er auch auf den Italiener Aemilius Portus, einen Professor für alte Sprachen, der auch zu Bongars’ Korrespondenzpartnern zählte.81 1594 unterbreitete Penot Bongars und Trougny

76 77 78

79

80

81

Penot an Bongars, 24. März 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 78. Ebda, fol. 70. Diese Angaben bei Kühlmann / Telle (Hrsg.): Collius, 203f. In Prag hatte Winzig in den 1590er Jahren im Auftrag Rudolfs II. mit dem inhaftierten Kelley alchemistische Gespräche, wohl Verhöre, geführt. Ancel an Bongars, 1. August 1592, SUBH, sup. ep. 32, fol. 382 (Orig.): »Ledit Winzig est grand personnage Philosophe excellent et cabbaliste. Je pense que Monsieur Duport ne perd son temps de pres de luy. Ces disputes m’ont quasi fait oublier de vous dire que les Ambassadeurs de Lorraine sont arrives«. Penot: Theophrastisch Vade Mecum. Das Buch ist der Markgräfin von Brandenburg gewidmet. In der Vorrede heißt es: »Ohne allen Zweiffel hat gott Arzneien geschaffen welche das Podagram, den Schlag, die Wassersucht. das viertätige Fieber hinweg nehmen. immd doch von den gemeinen Medicis vor unheilbar ausgeruffen werden. Das aber solche Arzneien den Medicis unbekannt, ursachet erstlich ihr Unglaube und Gottloses Leben: Dann sie bekümmern sich wenig umb Gott, viel weniger umb ihren Nehesten, zum allermeisten aber umb das leydige Geldt: Darnach ihre eusserste Faulheit, in Erforschung Göttlicher unnd der Natur Geheimnis«. Aemilius Portus oder Émile Porte, geb. 1550 in Ferrara, ging nach längerer Tätigkeit als Professor für alte Sprachen in Genf und Lausanne 1592 wegen »unerwarteter Mißgunst und Anfeindung« für einige Monate nach Basel, wo Penot zur selben Zeit Medizin studierte. Portus begab sich noch im selben Jahr mit seiner Frau und seinen sechs kleinen Kindern nach Frankenthal. Dort müssen sich die Wege von Portus und Penot im Herbst 1593 erneut gekreuzt haben, ehe Portus über Mainz nach Heidelberg weiterzog, wo er seit

218 sein Werk An magia sit licita, das in seinem Tractatus varii82 veröffentlicht ist, und 1600 widmete Penot Bongars, der ihn in Frankfurt beherbergte, seine Apologia Penoti.83 1595 musste Penot Frankenthal verlassen und zog weiter in die Schweiz, wo er sich spätestens seit 1600 in Yverdon aufhielt. Aus der Zeit in Yverdon sind zwei Briefe an Bongars erhalten. Penot hatte offensichtlich erhofft, dass Bongars sich bei dem Landgrafen in Kassel für ihn verwenden würde. Bongars hatte dies wohl auch versucht, aber Moritz, der als großer Förderer der Alchemomediziner galt, hatte abgelehnt, ihn an seinem Hof zu beschäftigen. Der Landgraf hatte Penot selbst nicht geantwortet und Penot wollte nun wissen, wie er dies einzuschätzen habe. Penot hielt es für einfacher, seine Versuche in Frankfurt als in Frankreich durchzuführen, denn im Reich hätte er bessere Beziehungen.84 Bongars konnte aber nichts für ihn tun. Einen Monat später reiste Penot nach Genf weiter, da er gehört hatte, dass auch Barnaud sich inzwischen in Lyon aufhalten würde. Von Bongars wollte Penot wissen, ob Ancel noch am kaiserlichen Hof in Prag akkreditiert sei und ihm weiterhelfen könnte.85 1617 verstarb Penot mit 98 Jahren völlig verarmt in Yverdon. Penot gehörte zu den Protegés von Bongars, aber auch Christian von Anhalt, Karl von Žerotín, Wenceslaus Lavinius und Felix Platter unterstützten den französischen Alchemomediziner, denn ihre Namen sind in den Widmungsadressen seiner Schriften zu finden.86 Durch die Korrespondenz zwischen Ancel und Bongars wissen wir, dass Ancel in Prag mit zahlreichen weiteren Alchemisten in Kontakt stand und diese förderte. Da er Bongars detailliert davon berichtete, kannte dieser diese Wissenschaftler möglicherweise auch persönlich, zumindest hatte er großes Interesse an ihren Experimenten. So förderte Ancel z.B. den Florentiner Francesco Pucci (1543–1597).87 Der Italiener, der eigentlich Priester war, musste 1583 wegen seiner häretischen Anschaungen Italien verlassen und bereiste England und Frankreich. In Paris traf er wohl öfters mit Heinrich IV. zusammen.88 Auf

82 83 84 85 86 87 88

1596 lehrte. Zwölf Jahre blieb er dort als Professor für Griechische Literatur, wurde zweimal Dekan der philosophischen Fakultät. 1608 folgte auf einen Streit mit einem Studenten ein Injurienprozess, in dem er unterlag und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Portus verließ Heidelberg und wandte sich an den Landgrafen Moritz, der ihn 1609 ans Collegium Mauritianum nach Kassel berief. Zu seinen Fürsprechern zählte damals auch Herzog Adolf von Schleswig. Zuletzt lehrte er ab 1612 als Professor für Griechisch, Latein, Französisch und Italienisch an dem von Graf Ernst von Holnstein und Schaumburg gegründeten Gymnasium in Stadthagen. Dort starb er 1615. Vgl. Jöcher (Hrsg.): Gelehrtenlexicon, Bd. 3, 1717 u. Fortsetzungsbd. 7, 692 f., mit einem Werkverzeichnis ebda, 693–695. Penot: Tractatus varii. Der Traktat ist Karl von Žerotín gewidmet, vgl. ebda, 161. Penot: Apologia. Penot an Bongars, 27. März 1603, SUBH, sup. ep. 31, fol. 246. Penot an Bongars, 25. Februar 1603, ebda, fol. 235. Penot: Tractatus varii. Evans: Rudolf II, 102–104; Friedrich: Pucci; Barnavi / Eliav-Feldon: Périple de Francesco Pucci, hier 205. Die Schrift in Firpo: Scritti, 32. Friedrich: Pucci, 127.

219 seiner Weiterreise kam er in die Niederlande und lernte Lipsius kennen. In Krakau führte er zusammen mit John Dee und Edward Kelley Versuche durch und folgte ihnen nach Prag. Ancel stattete Pucci dort mit Empfehlungsschreiben für den französischen und toskanischen Hof aus.89 Pucci beschäftigte sich mit der mystischen Suche nach den Grundlagen des gerechten Glaubens. Er war der Überzeugung, dass der Mensch von Natur aus dazu befähigt sei, diese zu verstehen. 1591 ließ er sich in den Niederlanden nieder. Dennoch schien er mit Ancel in Prag weiterhin in Kontakt zu stehen, denn Ancel berichtete 1592 an Bongars: »Der arme Pucci ist in Dieppe und langeweilt sich dort zu Tode«.90 Auf dem Rückweg nach Italien wurde Pucci in Salzburg verhaftet und der Inquisition übergeben. 1597 wurde er in Rom verbrannt. Ancel wohnte offensichtlich auch den Versuchen des englischen Gesandten Edward Dyer (1543–1607) bei, einem Freund Philip Sidneys, den Ancel auch »un de mes amis« nannte.91 Dyer, der sich bereits in England mit alchemistischen Experimenten befasst hatte, reiste nach Prag, um an den Versuchen Kelleys am rudolfinischen Hof teilzunehmen. Denn es hatte sich herumgesprochen, dass es Kelley endlich gelungen sei, ein Verfahren für die Goldherstellung zu entwickeln und Dyer sollte Kelley dazu bewegen, an den englischen Hof zurückzukehren.92 Über das Thema der Transmutation, also der Goldherstellung, wurde in den Korrespondenzen der alchemieinteressierten Gelehrten heftig diskutiert. So wurde z.B. von einem gewissen August Schwertzer berichtet, der am kursächsischen Hof aus Quecksilber mittels eines roten Pulvers Gold oder mittels eines weißen Pulvers Silber herstellen wollte.93 Es handelte sich hier um Sebald Schwärtzer (Schwertzer), einen Nürnberger Bürger, der seit 1584 Faktor am Dresdner Hof war, wo er den sächsischen Kurfürsten August I. und Christian I. als Alchemiker diente und sich auch als Bergbauverständiger betätigte. Das Bergbau- und Hüttenwesen wurde zu Beginn der Neuzeit intensiv erforscht, da in ganz Europa Metalle für zumeist militärische Zwecke vermehrt benötigt wurden. Man war aber auch genötigt, die Edelmetalle zur Münzprägung nach Erschöpfen der bekannten Gruben des Mittelalters durch verbesserte Verhüttungsprozesse zu gewinnen. Anfang der neunziger Jahre ließ Kurfürst Johann Georg von Brandenburg Schwärtzer alchemistische Experimente durchführen,

89 90 91

92 93

Firpo: Scritti, 153. Ancel an Bongars, 29. Februar 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 64: »Le pauvre Pucej est a Dieppe et s’y morfond.« Zu Dyers Aufenthalten in Böhmen vgl. Sargent: Court of Queen Elizabeth, 97–122. Dyer wurde nur zu zwei diplomatischen Missionen herangezogen, nach Dänemark (Oktober 1589–März 1590) und in die Niederlande; vgl. Bell: Handlist, 30. Dyer geriet 1590 in Prag in den Verdacht, ein Spion zu sein, und wurde verhaftet. Sargent: Court of Queen Elizabeth, 103. Es handelt sich nicht um August, sondern um Sebald Schwärtzer (Schwertzer). Zu Vita und Werk vgl. ADB 33, 439 und zuletzt Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 206.

220 sah sich aber bald, da diese ohne erkennbare Ergebnisse blieben, von Schwärtzer betrogen. Obwohl der Kurfürst den Kaiser warnte, wurde Schwärtzer trotzdem von seinem Gönner Rudolf II. 1592 zum Berghauptmann von Joachimstal ernannt.94 Über Barnaud hatte Ancel auch erfahren, dass der Franzose Caillat ein Mittel zur Verwandlung aller Metalle in Quecksilber innerhalb einer halben Stunde erfunden habe. Ancel bat Bongars, ob er Näheres über dieses Verfahren wisse.95 Bongars musste mit Caillat engeren Kontakt gepflegt haben, denn er hatte dem dänischen Kanzler Niels Kaas, den er auf seiner Gesandtschaftsreise nach Dänemark 1589 kennengelernt hatte, Caillat empfohlen.96 Caillat hatte damals ein Verfahren zur Herstellung von Kochsalz aus Seewasser entwickelt und wollte diese Erfindung einem Hof, der auf der Seite Heinrichs IV. stand, anbieten, wie Bongars an Kaas schrieb. Bongars riet Kaas, Caillats Erfindung anzunehmen, da Dänemark dadurch von dem Salzhandel mit Spanien unabhängig würde.97 Mehr denn je, so Bongars, musste Dänemark auch in dieser gefahrvollen Zeit daran gelegen sein, dass sowohl hier (in der Wissenschaft) als auch sonst das einigende Band mit den deutschen Fürsten nicht gelockert würde.98 Bongars brachte damit wissenschaftliche Forschung und Politik in einen Interessenszusammenhang. Die als Gegengewicht zu Habsburg zusammengeschlossenen Mächte sollten auch auf dem Gebiet der Wissenschaften zusammenarbeiten und die wirtschaftlichen Vorteile, die die Anwendung der Alchemie bringen konnte, für ihre Zwecke nutzen.

94 95

96

97 98

Ancel an Bongars, 29. August 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 335. Ancel an Bongars, 29. August 1592, ebda, fol. 335: »Monsieur du Caillat a escrit pardeca a Monsieur Barnaud quil a le secret pour convertir tous les metaus en mercure en une demye heure. Je vous prie me mander si vous en avez quelque experience. Rillé le fait non en une demye heure. Mais en moins de temps que le metal mesme ne se pourroit fondre en la fournaise et sur un rechaud simplement. Je vous prie que ledit Sr. Caillat ne sache point que jay esté adverti de cela.« Thoren: Lord of Uranienborg, 43. Kaas, seit den 1560er Jahren der aufsteigende Stern am dänischen Hof, besaß maßgeblichen Einfluss auf die dänische Regierung in den Jahren 1588 bis 1596, als Christian III. noch minderjährig war. Der Däne war in den Humanistenkreisen bekannt, sein besonderes Interesse galt den Naturwissenschaften. Er zählte zu den wichtigsten Förderern Tycho Brahes. Bongars an Niels Kaas, o. D., SUBH, sup. ep. 29, fol. 42. Bongars an einen Rat, o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 30: »Profiscitur ad vos Dominos Fr. Calliatius: Vir mente pia, ingenio, modestia et varia multarum rerum experientia praeditus. Artem ad vos defert salis ex marina aqua coquendi compendiosam et admirandam [...] Sal vestris hominibus petitur Hispania, magno labore, variis periculis«. Meiner Meinung nach stammt dieser Brief nicht aus dem Jahr 1590, wie Breuer: Berner Codex, 38, Anm. 88 angibt, sondern aus dem Jahr 1592.

221

8.2

Kometendebatten und Sterndeutung – Astronomie und Astrologie

8.2.1 Astronomie und Astrologie um 1600 Astronomische Experimente wurden um 1600 an vielen europäischen Fürstenhöfen durchgeführt.99 Auch die Gelehrtenwelt nahm an den Theorien der Astronomen und Astrologen Anteil und integrierte deren Interpretationen in ihren Diskursen. So waren Bongars und seine Korrespondenzpartner an Fragestellungen interessiert, ob z.B. Kometen Erscheinungen der Erdatmosphäre seien und ob sie das menschliche Leben beeinflussen könnten. Die Grundlage für die Kometenschriften des 16. und 17. Jahrhunderts waren eigene Beobachtungen, mehr oder weniger entwickelte astronomische Ausführungen und eine teils biblisch fundierte, teils naturkundlich-astrologisch verstandene Ausdeutung der unterstellten Zeichenbedeutung der Kometen. Die astronomischen Aspekte wurden in erster Linie in Auseinandersetzung mit den aristotelischen Vorstellungen von den Kometen kontrovers diskutiert.100 Es sind dabei wesentlich drei Aussagen, welche die aristotelische Auffassung charakterisieren: Erstens entwickeln sich nach Aristoteles durch die Bewegung der oberen, aus einer trockenen irdischen Dunst bestehenden Luftschicht, gegen die darunterliegende, kleine Brände (Sternschnuppen). Wenn das entzündliche Gemisch genügend Masse aufweist, entsteht ein Komet. Die nötige brennende »Materie« stammt dabei aus Erddämpfen, die in die »Feuersphäre« aufsteigen. Ein Streitpunkt der zeitgenössischen Kometendebatte war, ob es sich bei dem »Brennstoff« um Materie irdischer oder himmlischer Herkunft handle.101 Zweitens werden die Kometen von Aristoteles in solche eingeteilt, die in der obersten »sublunaren« Schicht bleiben und dort verbrennen, und solche, die weiter entfernt sind als der Mond und sich an einen Planeten hängen. Drittens entstehen die den Kometen zugeschriebenen negativen Folgen nach der Meinung von Aristoteles dadurch, dass das brennende Gemisch der Luft in hohem Maße Feuchtigkeit entzieht und so Stürme und Trockenheit bewirkt. Die Stärke der Kometenwirkung ist dabei abhängig von der Qualität und Quantität der Kometenerscheinung. Dass die Entfernung zwischen Kometen und Erde größer sei als die zwischen Mond und Erde, die Kometen also nicht in einer sublunaren Sphäre schweben, bewies der dänische Astronom Tycho Brahe durch die bekannten Winkelmessungen, die er auf der Insel Hven parallel mit dem Tschechen Taddaeus Hájek in Prag über eine Distanz von etwa 600 km durchführte.

99 100 101

Zu den besonderen Förderern gehörte der protestantische Herzog Heinrich Julius von Braunschweig und Lüneburg. Vgl. Lietzmann: Herzog Heinrich Julius, bes. 10–28. Gundel: Kometen, 1164f. Zimmermann: Cometen, 323–325.

222 Häufig jedoch führte die Diskussion nicht zu einer vollständigen Ablehnung der aristotelischen Auffassung, sondern zu Modifizierungen. Eine entsprechend von Aristoteles abweichende Theorie fand sich etwa in der Auffassung, dass die Kometen aus Dämpfen entstehen, die durch die Kraft der Sonne in die oberen Luftschichten steigen. Ebenso hitzig wie widersprüchlich wurde in den Gelehrtenkreisen über den Einfluss der Himmelskörper diskutiert.102 An diesen Debatten beteiligten sich auch viele paracelsische Ärzte wie z.B. Jacques Fontaine, der bereits aus dem Kontext des Pariser Paracelsistenstreites bekannt ist.103 Neben seinen alchemomedizinischen Traktaten schrieb er zwei Werke gegen die Astrologie, das erste wurde 1581 in Paris gedruckt.104 Jedoch bekräftigten seine Werke eher den Einfluss der Kometen, als dass sie ihn negierten. Er selbst kam zu der ganz scholastischen Schlussfolgerung, dass die Sterne nicht die alleinige Ursache von Katastrophen und die Natur und nicht der Mond, die Hauptursache von Krisen und kritischen Tagen bei Krankheiten sei. Dennoch ging auch er letztendlich vom Einfluss der Sterne aus. Kometen, so glaubte auch er immer noch, seien Zeichen Gottes für die Menschheit, und Urteilssprüche und Anzeichen für zukünftige Ereignisse. Paracelsus selbst wandte sich gegen die augurierende Astrologie. Zwar könnten Himmelserscheinungen wie Kometen oder Regenbogen als Vorzeichen für sich im Erdlauf ergebende Änderungen gedeutet werden, ihre astrologische Interpretation verbiete sich aber, da sie nicht selbstständig handeln, sondern Gottes Willen ausdrücken.105 Auch Bongars beteiligte sich an diesen »cosmologischen Debatten«. Er korrespondierte mit Tycho Brahe, an dessen Messungen er sehr interessiert war.106 Vielleicht wurde der Kontakt über Joachim Camerarius d. J. hergestellt, den Brahe bei einem Besuch in Nürnberg näher kennengelernt hatte.107 Der Anlass der Briefe war jedoch die wissenschaftliche Abhandlung des elsässischen Arztes, Astronomen und Astrologen Helisaeus Röslin (1545–1616).

102

103 104 105 106

107

Zum Zusammenwirken von Astrologie und Astronomie vgl. Boas: Renaissance der Naturwissenschaften, bes. 182–215; ebda auch Ausführungen über die enge Verbindung zwischen Astrologie und Alchemie in jener Zeit. Thorndike: History of magic, Bd. 7, 188–190. Fontaine: Discours de la puissance du ciel. Müller-Jahncke: Paracelsischer Weg, 117. Bongars an Brahe, 1. Mai 1599, BERN, cod. B 149, Nr. 407, gedr. in: Ling. ep., 38: »Tres iam septimanae abierunt ex quo redditae mihi sunt illae, quas ad me dedisti 9. Martii. Sed neque eas accepi, quas memoras datas sub finem superioris anni, neque Franciscum Tengnalium vidi, quem à te tanto viro commendatum, omnibus fuissem officiis profecutus. Non gravaberis itaque repetere, et quae illis litteris erant explicata, et quae huius fidei commiseras. Me certé, magno tuo merito, habebis ad omnia semper paratissimm. Nec addo plura mandata tua expecto cupide. Tuas vero tute poteris committre bibliopolae, qui Claudii Marnii Wecheliani officinae praeest Pragae.« Thoren: Lord of Uranienborg, 99.

223 8.2.2 Kontroversen: Die Thesen von Helisäus Röslin Helisäus Röslin (1545–1616) stammte aus Plieningen in Württemberg.108 Er hatte in Tübingen Medizin studiert, war dort erstmals in Kontakt mit Alchemie, Astronomie und Astrologie gekommen und hatte sich der Bewegung der Schwenckfeldianer angeschlossen. 1569 gründete Röslin in Pforzheim eine eigene medizinische Praxis, drei Jahre später berief ihn Pfalzgraf Georg Johann I. von Pfalz-Veldenz-Lützelstein, der Schwager des badischen Markgrafen, zu seinem Leibarzt. Anschließend war Röslin über 20 Jahre in Hagenau als Amtsarzt tätig. Seine letzte Wirkungsstätte wurde Buchsweiler, wo er seit 1608 Leibarzt des Hanau-Lichtenbergischen Grafen Johann Reinhard geworden war. Neben seiner Tätigkeit als Arzt beschäftigte sich Röslin mit astrologischen Fragen. Die Entdeckung des Sternes erster Größe 1572 und des Kometen 1577 hatten bei ihm wie bei zahlreichen Zeitgenossen die Begeisterung für die Astronomie neu belebt. Röslin stellte über den kosmischen Ort und die Herkunft des Wundersternes, aber auch über die Kometen und ihre Bahnen weitläufige Untersuchungen an. Aber sein eigentliches Interesse ging dahin, was diese Erscheinungen am Himmel für die Menschheit und vor allem für das Reich bedeuteten. Im Rahmen dieser Fragestellung betrieb Röslin umfassende historische und chronologische Studien, die ihm für die Sterndeutung unerlässlich erschienen. Röslin diskutierte diese wissenschaftlichen und politische Fragen mit Pfalzgraf Georg Johann, der ihn 1581 zu einer Audienz bei Heinrich III. nach Paris mitnahm. In den Jahren zwischen 1578 und 1592 verfasste er zahlreiche Gutachten, sowohl politische für seinen fürstlichen Gönner als auch astrologische. So fertigte er z.B. ein Horoskop für den jungen Kepler an, aber auch eines über den gebannten Kurfürsten von Köln, Gebhard Truchseß von Waldburg, sowie für den Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg, für Christian von Anhalt und Karl von Lothringen. Röslin war mit Reformierten wie dem Grafen von Hanau-Münzenberg und dem niederländischen Gesandten Brederode bekannt. In seinen Schriften nahm er eine entschieden protestantische Wertung der Zeitereignisse vor.109 Der Elsässer bemühte sich um die genaue Wiedergabe astronomischer Beobachtungen und ihre Einordnung in ein vollständiges kosmologisches Weltbild. Er kämpfte gegen die aristotelische Theorie über die Entstehung der Kometen aus irdischen Dünsten, hatte andererseits aber eine festverankerte astrologische Überzeugung. Kennzeichnend für Röslins religiöse Anschauungen ist immer wieder die von ihm geforderte Toleranz für alle christlichen Kirchen und »Parteyen«. Der Streit, in welchen Bongars involviert war, resultierte aus den Thesen, die Röslin 1594/95 verfasst hatte, und die das von ihm gefundene Weltsystem darstellten. Röslin hatte in diesem Werk in Thesenform einen Wissenszweig an

108 109

Zu Röslin vgl. Diesner: Helisaeus Röslin; ders.: Leben und Streben; List: Röslin. Diesner: Leben und Streben, 131.

224 den anderen gereiht. In der Medizin und in der Chemie sind die Thesen sehr stark an die Lehren von Paracelsus angelehnt, ansonsten war das dargestellte Weltsystem eng verwandt mit dem von Tycho Brahe, einer Mischung aus ptolemäischen und kopernikanischen Elementen.110 Röslin sandte seine Thesen sowohl seinem ehemaligen Lehrer, dem Astronomen Mästlin, als auch an Bongars. Mästlin schickte Röslin Brahes Buch über den Kometen von 1577, und Röslin musste feststellen, dass das von Brahe in dieser Schrift dargelegte Weltsystem in etwa das gleiche war wie das seinige. Bongars hatte unterdessen die Thesen Röslins unter dem Titel De opere Dei creationis in Frankfurt im Verlag der Wechel-Erben bereits in Druck gegeben.111 Bongars verschickte, nachdem das Buch erschienen war, sofort Exemplare an befreundete Gelehrte, z.B. an den dänischen Paracelsisten und königlichen Leibarzt Petrus Severinus (1542–1602) nach Kopenhagen, mit dem er in engem Kontakt stand.112 Röslins Werk wurde von Kepler wie auch von Joseph Duchesne, einem der Leibärzte des französischen Königs, gut besprochen. Von Brahe allerdings, dem Bongars sofort nach Erscheinen das Buch mit einem Begleitbrief geschickt hatte, kam herbe Kritik.113 Tycho Brahe bezichtigte Röslin des Plagiats und hielt ihm

110

111 112

113

Röslin stellte sich die Erde ptolemäisch als Mittelpunkt der sichtbaren Welt vor. Um die Erde würden sich nicht nur der Mond, sondern auch die Sonne mit ihren Planeten bewegen. Dieses Sonnensystem war dann im Ganzen kopernikanisch gedacht, mit der Sonne als Zentrum der Planetenbahnen. Röslin: De opere Dei creationis; vgl. Granada: Debate cosmológico, 126 f.; Evans: Wechel Presses, 65. Bongars an Severinus, 30. März 1597, BERN, cod. B 149, Nr. 324, gedr. in: Ling. ep., 36 f.: »Scelus sit, si hanc abire occasionem siverim te insalutato: cum maxime se theses haec offerant, quas ad te omnino mittendas iudicavi, sunt enim ut mihi quidem videtur, eiusmodi, ut ad genium illum tuum accedant: profectae à viro sane bono, et studiis naturae sine ambitione dedito. Hoc solum volui, nec licet plura per multiplices occupationes: nisi quod salutem addo.« Zu den biographischen Angaben von Severinus (Sörens od. Bodenstein) vgl. Jöcher (Hrsg.): Gelehrtenlexicon, Bd. 4, 540. Severinus war nach dem Studium in Kopenhagen 1562 als Magister nach Frankreich gekommen, 1565 jedoch nach Dänemark zurückgekehrt. Seit 1570 war er Leibarzt des dänischen Königs Friedrich II. Im darauffolgenden Jahr erschienen seine an den Paracelsischen Auffassungen orientierten Thesen im Druck: »Idea medicinae philosophicae fundamenta continens totius doctrinae Paracelsicae, Hippocraticae et Galenicae«, Basel 1571. Bongars an Brahe, 30. März 1597. In: Tychonis Brahe Dani opera omnia, Bd. 7, 383. Das Original befindet sich in BERN, cod. B 149, Nr. 323, und gedr. Ling. ep., 36: »Nobilissime et clarissime domine. Vix inter varias occupationes hoc momentum surripio, quod liceat tribus verbis tibi salutem dicere, et has theses in fasciculum coniicere, quas spero fore ad gustum tuum. Ego certe et auctori auctor fui edendi et typographo excudendi. Epistolarum tuarum volumen primum percurri, et ad hunc Elysaeum exemplum statium misi; Is te et colit et admiratur. Sed tu Praestantissime Domine Vale, et si ego tibi memoria excidi, velle ipse tibi aurem et succurrent anno 1584 hospites tibi Guilelmus Curcellius, et ego, qui tui studiosissimus.«

225 zudem astronomische Missverständnisse vor.114 In einem Brief an Röslin nahm Bongars zu den Vorwürfen Brahes Stellung.115 Bongars beglückwünschte zunächst Röslin zu seinen Thesen über die Kometen. Er selbst hielte es ebenfalls mit Seneca – »Mihi illud placet Senecae« – und meinte damit Senecas Äußerungen in dessen Schrift De Cometis, in der Seneca schrieb, dass man sich dereinst darüber wundern werde, wie vor Zeiten so einfache Erscheinungen wie Kometen nicht erklärt werden konnten.116 Bongars schrieb Röslin weiter von den hohen Aufgaben der Philosophie und dem Wert der Metaphysik. Röslin sollte sich durch etwaige Opposition nicht abschrecken lassen. Freilich, wer in den gewöhnlichen Künsten und Gewerben etwas Neues entdecke, werde geehrt und laut gepriesen, wer jedoch in der Kenntnis der Natur und des Göttlichen über die alltäglichen Anschauungen hinausgehe, der werde

114

115

116

Diesner: Leben und Streben, 125. Tycho Brahe wurde auf Empfehlung des Landgrafen von Hessen-Kassel an den dänischen Hof berufen, wo er die Sternwarte Uranienborg aufbaute. 1599 kam er nach Prag und schuf mit seinen Beobachtungen der Planetenorte die Voraussetzungen für Keplers Arbeiten über die Bahnen der Planeten. In dem von ihm entwickelten System sah er die Erde als ruhenden Mittelpunkt der Welt. Brahe vertrat die Aristoteles widersprechende Theorie, dass die Kometen keine Erscheinungen in der Erdatmosphäre seinen. Bongars an Röslin, BERN, cod. B 149, Nr. 420: »Andream Dudithium, vir Clarissime, memini, cum de Tychonis Brahe, Thaddaei Haggerii aliorumque doctrina et usu excellentium virorum scriptis cognovisset, non illam solum, quae anno 1572 omnium in se mortalium ora convertit, sed et aliquot postea, et ex retro observationibus aliquot etiam antea stellas atque cometas, in sublimi illo coelo ortum motumque habuisse: et ex eo vim quandam aetheri esse in se generantem et producentem, de Aristotelicorum dogmatum veritate plurimum dubitare. [...] imponit nobis vetustas et consuetudo atque affixos retinet pravis falsisque more tyranno. Mihi illud placet Senecae: via uti veteri, sed potiorem planioremque si invenerimus, eam munire. Patet omnibus veritas: nondum occupata est. In vilibus et spectantibus humum artibus plurima invenit humana sagacitas: nec id vitio cuiquam aut periculo; imo vix abeat inventor sine laude publica, sive praemio. Sed in his, a quibus et salus vitaque mortalium et vita illa cognitione divinorum beata pendet, si quis altius se caeteris erigere et despectare publicos errores coeperit, scelus est. Non licet per philosophos, non per medicos, non per theologos, eos qui cathedras insident, abire a falsis: et tenebris se in lucem, e servitute in libertatem proripere. At ego, ut aerem hunc tot millia hominum, to armorum millibus inexhaustum hauriunt cottidie haurirentque, Ita publicam esse veritatem perennemque iudicio. Et fuerunt aetate nostra patrumque, divina ingenia, quae faculam nobis inter tantas tenebras ostentarunt. In quibus spem nobis praecipuam fecerat. D. Severinus, habituros opera sua veritatis studiosos elementa, quibus ad abstrusiorem illam et reconditam sapientiam informarentur. Sed longa illa nimis spes avidis nobis et nimium sitientibus. Posset ille quidem, quae in se recepit, praestare facile, nisi forte aulica abreptus vita Principis sui valitudini omne tempus impendere, cuius dare particulam Reip. et magnae huic patriae merito deberet. Tu vero, age Elysee, quae concepisti super vulgum, in vulgum emitte [...] Melius operam posuero, si tibi, quas debeo, gratias dixero, qui me participem volueris esse excellentium et plane [...] studiorum tuorum. Beneficii tui est gratia, quod legere illa et tractare mihi contigit, ingenii mei culpa, quod assequi omnia non potui [...] Quae minus intellexero, ea tu eadem qua communicasti humanitate explicabis.« Seneca: Naturalium quaestionum libri octum, VII (»De Cometis«), 25, 5: »Veniet tempus, quod posteri nostri tam aperta nos nescisse mirentur.«

226 verflucht. Dies sei eben der Grundfehler der menschlichen Natur, dass das Alter und die Natur den Menschen an falsche und verkehrte Vorstellungen hefte und davon nicht loskommen lasse. In einem Nachsatz entschuldigte sich Bongars für sein voreiliges Vorgehen, durch das Röslin jetzt des Plagiats bezichtigt werde. Diese durchaus typische Episode aus dem frühneuzeitlichen Wissenschaftsbetrieb erhellt Bongars’ Verhältnis zu den Forschern, die sich mit astronomischen Fragen beschäftigten. Bongars war begeistert von den neuen Entdeckungen der Wissenschaftler, deren Erklärungen der aristotelischen Lehrmeinung, wie sie die katholische Sorbonne vertrat, widersprachen. Alle von Bongars protegierten Wissenschaftler waren reformiert. Er nutzte seine Kontakte zu großen reformierten Verlagshäusern wie dem Wechel-Verlag, um eine schnelle Drucklegung und Verbreitung ihrer Werke zu befördern. In diesem Sinne ist sein Engagement für die voreilige Veröffentlichung der Thesen von Helisäus Röslin mehr dem Enthusiasmus eines den neuen Wissenschaftsrichtungen aufgeschlossenen Laien zuzuschreiben, als dem eines mit politischem Kalkül rechnenden Diplomaten.

Zusammenfassung Bongars förderte Vertreter der neuen Wissenschaftsrichtungen aus den Bereichen von Medizin und Astronomie. Er interessierte sich für die Entdeckungen der Alchemomediziner und wandte ihre Medikamente an sich selbst an. Ancel, der französische Gesandte in Prag, informierte Bongars über die alchemistischen Experimente im Umkreis des rudolfinischen Hofes und tauschte mit ihm Nachrichten über die durch Europa reisenden Wissenschaftler aus. Über Bongars hatten französische Ärzte die Möglichkeit, Kontakte zu Kollegen in Deutschland zu knüpfen oder Zugang zu den fürstlichen Höfen und ihren Mäzenen zu erhalten. Ärzte wie Astronomen konnten Bongars’ guten Beziehungen zu Verlagshäusern wie dem Wechel-Verlag nutzen, um ihre Werke zu publizieren. Bongars war als Förderer dieser Wissenschaftsrichtungen kein Einzelfall. Im Gegenteil – um 1600 standen zahlreiche Diplomaten eng mit medizinisch-alchemistischen und astronomischen Kreisen in Verbindung. Waren diese Kontakte politisch motiviert und den Diplomaten von Vorteil für ihre Arbeit? Für Bongars’ und seinen Kollegen Ancel, das lässt sich anhand der zahlreichen Äußerungen in ihren Briefen eindeutig feststellen, stand an erster Stelle ein persönliches Interesse an den sich verändernden Naturwissenschaften. Wissenschaftliche Neugier verbunden mit der den Zeitgeist beherrschenden Suche nach neuen Entdeckungen waren ausschlaggebend für das zunächst – private – Mäzenatentum der Diplomaten. Daneben trat, das wird sowohl aus den Korrespondenzen der Diplomaten mit Alchemomedizinern wie auch mit Astronomen deutlich, ein metaphysisches Ziel. Für die Reformierten wurde die erfolgreiche Suche nach wissenschaftlichen Entdeckungen zum Gradmesser ihrer Position innerhalb des europäischen Machtgefüges und damit zum Motor zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele.

227 In diesem Sinne war der gegenseitige Austausch von Ärzten und Alchemisten zwischen Frankreich und dem Reich mehr als nur die Folge des engen Kontaktes zwischen Heinrich IV. und den protestantischen deutschen Reichsfürsten. Die Forschungen der Alchemisten wurden sogar nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen gemessen und als Möglichkeit gesehen, militärische Mittel gegen die Überlegenheit der Habsburger zu entwickeln. Die europaweite Zusammenarbeit der reformierten Wissenschaftler und ihre Förderung durch politische Funktionseliten sind in dieser Hinsicht ein eindrucksvolles Beispiel für das Zusammenwirken von Wissenschaft und Politik.

228

9.

Die Zusammenarbeit mit niederländischen und englischen Gesandten und Informanten

Lange vor Abschluss der Defensivallianz zwischen Frankreich, England und den Niederlanden 1610 kam es immer wieder zu punktuellen Kooperationen zwischen ihren diplomatischen Vertretern. Diese waren nicht immer so konzertiert wie in den Jahren 1586 und 1589, als die Abgesandten gemeinsam um Kontributionen für die Truppen Heinrichs von Navarra im Reich warben. So wussten die Gesandten manchmal nur wenig über die Aufträge und Fortschritte der Kollegen wie beispielsweise aus Bongars’ Frage zu ersehen ist, der im Sommer 1590 Moritz von Hessen bat, »d’estre éclaircy« über den Stand der Verhandlungen, die der englische Gesandte Palavicino mit dem sächsischen Kurfürsten bezüglich neuer Kontributionen führte.1 Basis der gemeinsamen Bemühungen für ein paneuropäisches Bündnis der protestantischen Kräfte mit Frankreich war ein ständiger Nachrichtenfluss zwischen ihren außenpolitischen Repräsentanten, um sich gegenseitig über mögliche Pläne und Aktionen der Habsburger oder der mit ihnen verbundenen politischen Potentanten zu informieren. Der Nachrichtenaustausch erfolgte, wie in Kapitel 7 dargestellt, oftmals über Dritte. So bekam Bongars die Informationen des englischen Diplomaten Lesieur über seinen Heidelberger Freund Lingelsheim mitgeteilt. Direkten und sehr engen Kontakt pflegte Bongars hingegen zu dem niederländischen Gesandten Brederode, der die Generalstaaten zwei Jahrzehnte lang diplomatisch bei den protestantischen Fürsten im Reich vertrat. Vielleicht war dieses enge Verhältnis zwischen Brederode und Bongars auf die gelehrten Ambitionen Brederodes zurückzuführen, der ein typischer Repräsentant eines »gelehrten Gesandten« war. Die Niederlande spielten in Jacques Bongars’ System der Nachrichtenrekrutierung eine wichtige Rolle, insbesondere sein Kontakt zum Leidener Kaufmann Daniel van der Meulen. Wie bei den Unternehmerfamilien in Frankfurt und Nürnberg, die wichtigte Nachrichtenlieferanten für Bongars waren, vermittelt erst die Rekonstruktion der Verbindungen dieser international tätigen Kaufmannssippe einen Eindruck von der Bedeutung dieses niederländischen Unternehmens für den Informationsstand der französischen Diplomatie.

1

Bongars an den Landgrafen von Hessen, 29. Juni 1590. In: Ed. 1668, 23.

229

9.1

Kontakte in die Niederlande

9.1.1 Zusammenarbeit mit niederländischen Gesandten Ein diplomatisches Pendant zu Jacques Bongars war Pieter Cornelisz. Brederode (1558[?]–1637), der erste ständige Gesandte der Niederlande bei den protestantischen Reichsfürsten.2 Der niederländische Diplomat, der von 1602 bis 1622 im Reich tätig war, hatte eine vergleichbare Ausbildung wie Bongars absolviert und pflegte während seiner diplomatischen Tätigkeit enge Kontakte zu Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik. Brederode hatte in Leiden und Orléans Rechtswissenschaften studiert und war in Genf wissenschaftlicher Mitarbeiter Denis Godefroys geworden. 1586 wurde er in Orléans zum Lizentiaten der Rechte promoviert. Während des Studiums hatte er Karl von Žerotín kennengelernt und von 1589 bis 1593 eine Dozententätigkeit in Basel ausgeübt. Zwischen 1591 und 1592 hielt er sich zumindest zeitweise in Frankfurt auf und wurde 1595 zum »Conseiller-maître des requêtes« bei Cathérine de Bourbon, der protestantisch gebliebenen Schwester Heinrichs IV. und zeitweiligen Verlobten Moritz von Oraniens, ernannt. Zwischen 1596 und 1602 hielt er sich vorwiegend in Paris auf, wo er u.a. Straßburg im Streit um die Kartause gegenüber dem französischen Hof vertrat und offenbar auch als Advokat am Parlament von Paris wirkte. In dieser ersten Lebensphase hatte er sich in der reformierten akademischen Welt bereits einen Namen gemacht und stand mit zahlreichen Gelehrten in brieflichem Kontakt, so z.B. mit Justus Lipsius, Theodor Beza und Johannes Althusius. Als die Generalstaaten 1602 einen diplomatischen Vertreter für die deutschen protestantischen Stände suchten, fiel die Wahl auf den politisch erfahrenen und bereits mit protestantischen Kreisen korrespondierenden Brederode. Mit politischen Kreditiven ausgestattet, ließ sich Brederode in Hanau nieder.3 Seine Aufgabengebiete umfassten die Werbung für ein Bündnis gegen Spanien mit den Niederlanden, Frankreich, England und anderen evangelischen Ständen sowie Bemühungen um eine finanzielle Unterstützung der Vereinigten Provinzen. Darüber hinaus sollte er auf eine »goede correspondtie« unter den Kanzlern und Räten der evangelischen Reichsstände hinarbeiten. Die Tätigkeitsbereiche des niederländischen Gesandten waren demnach sehr ähnlich wie diejenigen von Bongars. Eine Zusammenarbeit der beiden »gelehrten Gesandten« ist auf der Grundlage des eingesehenen Quellenmaterials

2

3

Eine neuere Biographie über Brederode steht derzeit noch aus. Inzwischen hat sich Uwe Sibeth dieses Themas angenommen; siehe vorerst ders.: Gesandter. Die bisher maßgebliche Studie über Brederode von Feenstra: Pieter Cornelisz. van Brederode. Brederode hatte zunächst versucht, seinen Wohnsitz nach Frankfurt zu verlegen, wie ihm in seiner Instruktion geheißen war. Allerdings lehnte der Rat der Stadt Frankfurt sein Gesuch auf Zuzug mit der Begründung ab, dass die Generalstaaten mit dem Bruder des Kaisers Krieg führten. Der reformierte Philipp Ludwig von Hanau-Münzenberg nahm hingegen den niederländischen Gesandten gerne auf.

230 jedoch nur punktuell zu rekonstruieren.4 Zu dieser Zusammenarbeit gehörte die gegenseitige Information, so stellte Brederode Bongars Informationen, die er als Kenner der Straßburger Verhältnisse über die Entwicklungen im Kapitelstreit hatte, zur Verfügung.5 Obwohl Bongars selbst in Öhringen den Beratungen der korrespondierenden Fürsten beiwohnte, wo über den von Heinrich IV. ausgehandelten und von Lothringen angebotenen Waffenstillstand im Kapitelstreit verhandelt wurde, verfügte Brederode offensichtlich über zusätzliche Informationen, an denen die französische Diplomatie interessiert war. Ausbildungsweg und Berufstätigkeit von Brederode und Bongars weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Auch Brederode war bereits in die Kreise der internationalen Gelehrtengemeinschaft integriert, bevor er die diplomatische Laufbahn einschlug. Daneben pflegte er Verbindungen zu den Exulantengemeinden, Universitäts- und Verwandtschaftskontakte, die sich für die Durchführung seiner Aufgaben als Gesandter als außerordentlich wichtig erwiesen. Dabei ergaben sich angesichts der doch noch sehr überschaubaren Gelehrten- und Exulantenkreise vielfältige personelle Überschneidungen mit Bongars’ Korrespondenzpartnern. So kannte Brederode auch den elsässischen Astrologen Helisaeus Röslin, der ein Protegé Bongars’ und zugleich des Grafen von Hanau-Münzenberg war. Auch arbeitete Brederode bei Finanzierungsgeschäften mit dem Nürnberger Bankier Caesar Calandrini zusammen, der auch zu Bongars’ Nürnberger Korrespondentenkreis gehörte.6 Neben Brederode stand Bongars mit weiteren Diplomaten der Niederlande in engem Kontakt, so z.B. mit einem ihrer Vertreter in Paris, François van Aerssen (1572–1641).7 Van Aerssen, der an der Leidener Universiät Rechtswissenschaften studiert und dort Lipsius kennengelernt hatte, war 1594 in den Dienst von Duplessis-Mornay eingetreten und hatte durch diesen Zutritt zu den gelehrten Kreisen in Frankreich gefunden, bevor er 1598 als Gesandter der Generalstaaten in Paris akkreditiert wurde.8 Bongars wurde von van Aerssen über die Verhandlungsschritte der niederländischen Gesandten mit Heinrich IV. informiert, die ihm 1610 auch offen ihre Verärgerung über die Zurückhaltung Heinrichs IV. in

4

5

6 7 8

Nach Auskunft von Dr. Uwe Sibeth befinden sich unter den Korrespondenzen Brederodes zahlreiche Briefe von und an Bongars. In dieser Untersuchung konnten sie nicht berücksichtigt werden. Bongars an Heinrich IV., 1603, I. F., Coll. Godefroy 263, fol. 168: »Depuis M. de Brederode m’est venu trouver aud. Francfort, pour me communiquer ce qu’il a appris de ce que c’est traité a Heringen.« Damit ist natürlich der Konvent von Öhringen gemeint, an welchem auch Bongars teilnahm – »lequel pour ceste communication [...] se monstre serviteur de V. M.« Vgl. das unveröffentlichte Manuskript von Sibeth: Brederode, 17. 1605 und 1617 wickelte Brederode größere finanzielle Transaktionen über Calandrini ab. Vgl. Barendrecht: François van Aerssen. Van Aerssen war von 1598 bis 1609 »chargé de France« der Generalstaaten in Paris und damit Nachfolger von Lieven Calvart. Ebda, 7. Den Kontakt zu Duplessis-Mornay hatte wohl der französische Gesandte in Den Haag, Buzanval, hergestellt.

231 der Krise um Jülich-Kleve mitteilten.9 Diese Sicht der Politik Heinrichs IV. teilte auch Bongars, der die Vorgehensweise des französischen Königs bereits zuvor als zu unentschlossen kritisiert hatte und nicht zuletzt deshalb seine Demission einreichen musste. Über die Verhandlungserfolge der französischen Gesandten in Holland wurde Bongars von Paul Choart, Seigneur de Buzanval (1550–1607), informiert, der ab 1592 für 15 Jahre Frankreich in Den Haag vertrat.10 Buzanval gehörte ebenfalls der Fraktion der »gelehrten Gesandten« Heinrichs IV. an und pflegte auch noch als Diplomat brieflichen Kontakt mit führenden Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik, so mit Duplessis-Mornay, Scaliger und Casaubon. Seine Berichte über die politischen Zustände im Reich fußten auf Informationen, die Buzanval zum großen Teil von Bongars erhielt. 9.1.2 Kooperation mit dem niederländischen Kaufmann Daniel van der Meulen Neben seinen Kontakten zu Kollegen aus dem diplomatischen Dienst verfügte Bongars über ein effizientes System der Nachrichtenrekrutierung aus den Niederlanden. Der kurpfälzische Sekretär Dathènes, der Bongars ebenfalls mit Nachrichten versorgte, merkte deshalb oftmals an, dass Bongars die gleichen aktuellen Nachrichten aus den Niederlanden hätte wie die kurpfälzischen Räte.11 Wichtigste Quelle von Bongars’ Nachrichten aus den Niederlanden war der reformierte Kaufmann Daniel van der Meulen (1554–1600).12 Dabei bediente sich Bongars nicht nur der Informationen, die der international operierende niederländische Geschäftsmann über die Kanäle seines Unternehmens bezog, sondern versorgte diesen im Gegenzug mit Nachrichten aus Mittel- und Osteuropa. Daniel van der Meulen war in Köln aufgewachsen, wohin seine Familie 1574 aufgrund von religiösen Verfolgungen in den Niederlanden geflüchtet war. Van der Meulen studierte vermutlich in Genf und begann ab etwa 1576 im Familienunternehmen zu arbeiten. Nach Ausrufung des Religionsfriedens kehrte er 1579 nach Antwerpen zurück und wurde 1584 Abgeordneter von Brabant bei den Generalstaaten von Holland. Bereits in dieser Zeit korrespondierte er mit dem sächsischen Diplomaten Hubert Languet, mit dem er bis zu dessen Tod in

9 10 11 12

Zit. ebda, 251. Dieser Brief van Aerssens an Bongars befindet sich im Haager Legatiearchief Frankrijk, 7, Nr. 613–619. Vgl. zu Buzanvals typisch humanistischer Ausbildung und seinem diplomatischen Werdegang Vreede: Lettres et négotiations. Dathènes an Bongars, 28. November 1608, SUBH, sup. ep. 32, fol. 113: »Vous avez des paysbas aussi fraiches nouvelles que nous.« Zur Vita van der Meulens und der international operierenden Kaufmannsfamilie vgl. Jongbloet-van Houtte: Brieven, XV–XXXI. Im Gemeente-archief von Leiden (G.A.L.) befinden sich nach Angaben von Jongbloet-van Houtte, ebda, LXII, über 300 Briefe Bongars’ an van der Meulen (Sign. Coll. Daniel van der Meulen, Inv.-Nr. 660), jedoch ohne die entsprechenden Antwortschreiben des Niederländers.

232 engem Kontakt stand.13 Nach dem Fall von Antwerpen flüchtete van der Meulen nach Bremen, wo er das Unternehmen mit seinen Brüdern und Schwägern weiter ausbaute. 1591 kehrte er von Bremen nach Leiden zurück, während sein Bruder Andries van der Meulen mit einem Teil des Unternehmen bis 1607 in Bremen blieb, das eine calvinistische Enklave im vorwiegend lutherischen Norddeutschland war.14 Über Andries war Daniel van der Meulen mit der Kaufmannssippe der Malaperts in Frankfurt – sie zählte ebenfalls zu den Nachrichtenlieferanten Bongars’ – verwandtschaftlich und seit 1594 auch geschäftlich verbunden. Durch ihre familiären Verbindungen vergrößerte sich die Reichweite des Familienunternehmens zunehmens. Daniel und Andries van der Meulen vertrieben ihre Waren im Reich auf der Herbst- und Frühjahrsmesse in Frankfurt und auf der an Weihnachten und im Juni stattfindenden Messe in Straßburg sowie durch Agenten in Nürnberg und Augsburg. Zunehmend engagierten sich die van der Meulens im internationalen Handelsgeschäft. Sie betrieben Geschäfte mit dem Seehandel auf Nordsee, Ostsee und Atlantik und hatten Handelskontakte nach England und Italien. Neben oder vielleicht gerade wegen seiner kaufmännischen Tätigkeit bekleidete Daniel van der Meulen auch politische Ämter für die Republik und wurde von ihr unter anderem mit wichtigen diplomatischen Missionen nach Frankreich gesandt. Trotz seiner Verpflichtungen fand van der Meulen Zeit, sich für die Inhalte humanistischer Gelehrsamkeit zu interessieren und baute eine Bibliothek auf, die über die Niederlande hinaus in der Gelehrtenwelt berühmt war. Er pflegte Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten der respublica litteraria, von welchen er selbst als »doctissimus prudentissimusque vir« tituliert wurde.15 Auch hielt van der Meulen die Verbindung zu reformierten Kreisen im Ausland, wie zu Duplessis-Mornay in Frankreich, aufrecht, ebenso wie er im Reich den Kontakt zu den calvinistischen Minderheiten im Reich, den reformierten Gemeinden in Straßburg und Frankfurt, nie abreißen ließ. Kontakte zu französischen diplomatischen Vertretern im Reich besaß van der Meulen bereits über Théophile de Banos, einem der Vorgänger Bongars’ und den französischen Gesandten in Prag, Guillaume d’Ancel.16 Ein erstes Zusammen-

13

14 15 16

Nicollier-de Weck: Hubert Languet, 420. Languet fand 1579, kurz vor seinem Tod, Aufnahme bei Louis Malapert, einem Verwandten Daniel van der Meulens in Antwerpen, wo er auch starb. Vgl. dazu umfassend Moltmann: Pezel. Zu seinen Kontakten zu den Gelehrtenkreisen vgl. Jongbloet-van Houtte: Brieven, LXXI ff. Théophile de Banos war französischer Gesandter im Reich, bevor Bongars in den diplomatischen Dienst trat. Über die Aktivitäten Ancels in den Jahren 1596 und 1597 finden sich Informationen in den Korrespondenzen Andries van der Meulen (G.A.L., Coll. Daniel van der Meulen, Inv.-Nr. 593c und 593d), Nicolas de Malapert (Inv.-Nr. 587) und Paul Choart, Herr van Buzanval (Inv.-Nr. 664).

233 treffen mit Bongars könnte auf einer Reichsmesse in Frankfurt stattgefunden haben. Möglicherweise wurden dort bereits mit van der Meulen weitere Schritte für die Einrichtung eines calvinistischen Nachrichtenringes verabredet als Reaktion auf den Lüneburger Fürstentag 1588. Dort hatten sich König Friedrich von Dänemark, Kurfürst Johann Georg von Brandenburg, Christian von Sachsen, Johann Casimir von der Pfalz, Wilhelm von Hessen, Julius von Braunschweig und die Gesandten Heinrichs von Navarra, darunter auch Bongars, und Elisabeths I. von England getroffen. Zwar verliefen die englischen und französischen Bemühungen um einen engeren Zusammenschluss der protestantischen Stände und Mächte wieder ergebnislos, doch wurden Kontakte geknüpft. Was blieb, war der Versuch, wenigstens die reformierten Länder und Städte zusammen zu schließen. Bongars stand diesbezüglich in Kontakt mit dem Bremer Theologen Christoph Pezel, einem engen Freund van der Meulens.17 Pezel verfolgte den Plan, einen »reformierten Konvent« im Zusammenhang mit den Beratungen zur Union einzurichten. Mit Bongars und dessen Vorgesetztem Ségur führte Pezel darüber eine ausführliche Korrespondenz, in der politische Nachrichten ausgetauscht und Unionspläne beraten wurden. Aus Frankfurt schickten Bongars und Ségur laufend Nachrichten nach Bremen über den Stand der Unternehmungen Heinrichs von Navarra, über spanische Truppenansammlungen und englische Kapersiege unter Francis Drake in Amerika. Zu diesem Nachrichtenring gehörten, wie aus den Briefen zu schließen ist, gehörten auch die Unternehmer Andries van der Meulen in Bremen und Daniel van der Meulen in Amsterdam.18 Daniel van der Meulen hatte deshalb eine so wichtige Position in diesem reformierten Kreis, da sich in seinem Haus in Leiden ein Nachrichtenzentrum befand. Über sein Handelsnetz ließ sich Daniel van der Meulen Nachrichten aus den politischen Knotenpunkten Wien, Prag, London, Paris und Venedig schicken, die er neben der eigenen Verwertung für seine Unternehmen auch zum Kauf anbot.19 Daniels Bruder Andries kam in Bremen wahrscheinlich die Funktion eines Nachrichtenverteilers zu. Im calvinistischen Bremen, dem »hospitium ecclesiae« der Calvinisten, wurden Informationen aus England, Westeuropa und den skandinavischen Ländern gesammelt und weitergeleitet.20 Von Bremen aus konnte Andries van der Meulen mit seinen Waren Informationen in die nördlichen Niederlande zu Daniel van der Meulen, nach Norddeutschland, Spanien und Italien

17 18 19 20

Moltmann: Pezel, 115. Die Korrespondenz zwischen Bongars und Pezel vgl. z. B. BERN, cod. B 149, Nr. 362. Moltmann: Pezel, 115. Jongbloet-van Houtte: Brieven, LXX. Jessen: Vorläufer des Journalismus, 151. Für Melanchthon waren die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck die wichtigste Quelle für die Vorgänge im Niedersächsischen Kreis und in den Niederlanden. Später wurde Hamburg der wichtigste Nachrichtenort für das Luthertum, wohingegen Bremen bis zum Dreißigjährigen Krieg eine »Philippinische Nachrichtenpolitik« betrieb. Ebda, 142.

234 weiterleiten. Dies entsprach dem Motto Daniel van der Meulens: »Envoyer sans information, ce seroit une pure folie«.21 Auch Bongars schickte zeitweise fast wöchentlich Berichte an Daniel van der Meulen. Diese Nachrichten waren mit politischen Insiderinformationen und Einschätzungen versehen.22 Die detaillierten Nachrichtenbriefe lassen erkennen, wie genau die europäischen Reformierten die politischen Veränderungen verfolgten.23 In gleichem Maße ließ sich Bongars von van der Meulen regelmäßig mit Nachrichten versorgen. Weil über das lutherische Frankfurt keine zuverlässigen Informationen aus Frankreich in das Reich hereinkämen – so behauptete Bongars – sei er von den Berichten des niederländischen Kaufmannes abhängig.24 In zahlreichen Briefen wird deutlich, wie wichtig die Nachrichten und Einschätzungen des niederländischen Kaufmannes über die politischen Entwicklungen in Frankreich für die französischen Diplomaten im Reich waren. Ihre eigenen Informationsmöglichkeiten waren offensichtlich nicht gleichwertig.25

21 22

23

24

25

Zit nach Jongbloet-van Houtte: Brieven, LVI. Daniel van der Meulen an Antoine de Lempereur in Bremen, 27. März 1592 (G.A.L., Coll. Daniel van der Meulen, Inv.-Nr. 579). Bongars an van der Meulen, 19. März 1600, B. N., FR 7132, fol. 12: »Je n’ose vous escrire ce que je pense sur l’advis qu’on vous a donné de Prague. Bien vous puis je dire que ceux des quels on vous a escrit voudriont bien que le Roy se recharcheait de leurs affaires, sans qu’ils y portassint soulement la coeur de c’est Arena sine tale. [...] Je ne puis croire qu’il change de Religion. Il a trop de bonnes abbayes. La condition de l’Administrateur de Saxe et autrement, et les inter [...] La pluralité des croires l’emporte en telles assemblées. Vous avez des amiys assez mal informés de froit [...] Il sera besoin que vous envoyez quelque’un soubs main, sans apparat, qui instrue vos amis, ou bien que vous envoyez les [...] ou la response donné aux Ambassadeurs.« Bongars an van der Meulen, o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 448: »La difficulté que vous me contez des villes de Frise est d’une dangereuse suyte: Et si ces Esprits la donnent une fois entrée aux corruptions, Voyla la porte ouverte à Votre ruine. Cest un coup que, Je crains et apprehende que pour vous et pour le public à la seurete duquel vous avez desja longtemps servy le Ligue. Nous passons icy le temps en assemblées; l’Administrateur de Magdebourg et Marquis d’Anspach se rendent à Heidelberg le 2ème de Juin, st.v. Cest Administrateur et deux Ponts, et Durlach, et peut-estre, Wirtemberg s’y trouveront, si Monsieur de Sancy survient, comme nous lattendons tous les jours. L’affaire de cest Evesche s’y resoudra. […] Nous attendons, l’effevt de la prise de Dijon, le Marechal de Biron, y est entré, le Chasteau tien encores pour le Duc de Mayenne, On sait que le Conestable de Castille est allé au secours. Il semble que ceste alliance du Transilvain Moldave et Valaque contre le Turc se veuille rompre, Le Moldave estant soubsonné de pratiquer sa paix si cela est je plains le pauvre Transsylvain qui pour une femme d’Austriche aura file sa ruine. Le Roy arriva à Troye le dernier de may à cinq heures du soir en patist le lendemain à cinq heures du matin pour Dijon. Le Comte de Soissons y arrive incontinent apres, avec de belles forces. On tient le Chateau de Dijon rendu. L’Evesque dEvreux le Perron va à Rome.« Zit. bei Jongbloet-van Houtte: Brieven, LXIV, Bongars an van der Meulen, 29. Oktober 1591 (G.A.L., Coll. Daniel van der Meulen, Inv.-Nr. 660): »Nous n’avons rien du tout de France et doresnavant les nouvelles se jetteront de vostre costé«. Zit. ebda, Bongars an van der Meulen, 27. Februar 1592 (G.A.L., Coll. Daniel van der Meulen, Inv.-Nr. 660): »Monsieur, j’ay reçeu ce matin deux de vostres, l’une du 21me febr., l’autre du premier de mars. Je vous remercie des particuliarités que vous m’escrivez. La cognoissance que vous avez de la conséquence du fait se débat en France nous rend

235 Van der Meulen übernahm auch den Weitertransport der diplomatischen Post. Zusammen mit seinen Nachrichtenbriefen schickte Bongars die ganze Post, die für die Republik bestimmt war, zu Daniel van der Meulen nach Leiden. Auf diese Weise bekam van der Meulen die gesamte diplomatische Post des französischen Gesandten in die Hände.26 Auch die Briefe an seine gelehrten Freunde in den Niederlanden adressierte Bongars an van der Meulen, der diese dann weiterleitete.27 Bongars und van der Meulen verbanden zudem gemeinsame gelehrte Interessen. Der niederländische Kaufmann ließ sich von Bongars immer wieder Bücher auf der Messe in Frankfurt besorgen, die ihm über seine Handelsroute in die Republik zugestellt wurden. 9.1.3 Gelehrtenkontakte Bongars hatte bereits in seiner Jugend Kontakt zu Justus Lipsius aufgenommen und auch später versuchte Heinrich IV., die Beziehungen seines Gesandten zu dem niederländischen Gelehrten zu nutzen. Später profitierte Bongars von den engen Beziehungen des Kreises der Pariser Parlamentsjuristen zur niederländischen Gelehrtenwelt, die ihm die Kontaktaufnahme zu weiteren Philologen ermöglichten. So bestand ein enger Kontakt zwischen dem Kreis um de Thou in Paris und Joseph Justus Scaliger.28 Scaliger, der zwei Jahre in Valence bei Cujas studiert hatte, kannte de Thou seit dieser Zeit. Neben de Thou unterhielt er freundschaftliche Kontakte zu Claude Dupuy, der ihn mit Büchern versorgte und Mittelsmann zu den italienischen Gelehrten war, sowie Pierre Pithou, der ihm bei den Korrekturen seiner Editionen behilflich war.29 Über diese Verbindungsschiene hatte Bongars auch zahlreiche Kontakte in die Gelehrtenrepublik der Niederlande.30 Dabei fungierte er gelegentlich als

26 27 28

29 30

si perplex et nous met en peine. Vous pouvez penser comment nous en sommes par deça, que n’avons lumière en ces affaires là, que par ce qui nous vient de vos quartiers.« Jongbloet-van Houtte: Brieven, LXIII. Bongars an Meursius, 31. Dezember 1599, SUBH, sup. ep. 94, fol. 34: »Par la courtoisie de Mons. van der Meulen.« Zu Scaliger vgl. Grafton: Scaliger. Hier ist nicht der Ort, um die Verbindungen zwischen dem Kreis um de Thou und den niederländischen Gelehrten zu erörtern, wenngleich die Niederlande als dritte Komponente neben den deutsch-französischen Beziehungen von großer Bedeutung sind. Ebda, 123. Briefe Bongars’ an Meursius, vgl. BERN, cod. B 149, Nr. 365, Nr. 389; Bongars an Meursius, 31. Dezember 1599, SUBH, sup. ep. 94, fol. 34; ders. an dens., 6. Oktober 1604; SUBH, sup. ep. 40, fol. 13f. (Kopie), abgedruckt in Burman: Sylloges epistolarum, Bd. I, ep. 147: »Quae de funere misisti, ea grata, quod a te, quem facio, uti debeo, sane plurimi, quod a tuo in me affectu, quod ex iis futurus ego doctior. Sed de glossario, quo spem facis certam, me certe beas. Nam in recentoribus istis Graecis sunt, quae me torqueant: sunt et in Constantinopolitanis rebus, quae non assequor, qui plurima. Fac igitur, quod facis: perge luce ingenii tui dispellere has tenebras et de bonis litteris bene mereri. Me adhuc

236 Vermittler zwischen de Thou und den niederländischen Gelehrten.31 So wurde von Scaliger der Weg über Bongars gewählt, als de Thou ihm einen späthumanistischen Gefälligkeitsdienst ausschlug.32 Daraus entwickelte sich eine Zusammenarbeit zwischen Bongars und dem niederländischen Gelehrten, die zur Folge hatte, dass Bongars Scaliger seine Eusebius-Ausgabe lieh, die Scaliger ihm via Casaubon zurücksandte.33 Die enge Kooperation der wissenschaftlichen Communitiy kommt durch Hilfestellungen wie diese zum Ausdruck. Daneben sind es immer wieder die gleichen Namen die in den Briefen erwähnt werden, deren wissenschaftliche Projekte angekündigt und besprochen werden. Die umfangreiche Gelehrtenkorrespondenz Scaligers zeigt, dass dieser im Reich mit Gelehrten wie Conrad Rittershausen, Friedrich Lindenbrog, Georg Michael Lingelsheim, Janus Gruter, Marcus Welser und Melchior Goldast korrespondierte, die ebenfalls zum Korrespondentenkreis Bongars’ gehörten.34

9.2

Kontakte nach England

9.2.1 Zusammenarbeit mit den diplomatischen Vertretern Englands Eine Kooperation entwickelte sich auch zwischen den französischen und den englischen Gesandten, allerdings nur punktuell, da England um 1600, im Gegensatz zu den Niederlanden, keinen ständigen Gesandten bei den protestantischen Reichsfürsten akkreditiert hatte.35 Das Bild der englischen Diplomatie Ende des 16. Jahrhundert war von einem Diplomaten geprägt, der in den 1570er Jahren verschiedene Gesandtschaften auf dem Kontintent geführt hatte: Sir Philip Sidney.36 Sidney verkörperte par excellence die Verbindung von internationalem Gelehrtentum und Diplomatie. Während seiner dreijährigen Bildungsreise auf dem Kontinent hatte Sidney wichtige Kontakte wie z.B. zu Lazarus von Schwendi, Johannes Sturm, Crato

31 32

33

34 35 36

errans haec vita tenet, cui cum anno hoc, si Deus faverit, finem faciam, te vero amabo et colam aeternum.« So z. B. Johannes Meursius an de Thou, 1597 und 7. Januar 1605, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 62 und 68. Scaliger an Bongars, 16. Juli 1601, SUBH, sup. ep. 29, fol. 57: »Mons. de Thou president en la court, et grand maistre de la librairie n’a voulu rien faire pour moi. Parce ie vous supplie de chercher des echantillions, que vous en avez recueilli de la Vaticane vous nous ferez beaucoup d’honneur et de profit au public.« Scaliger an Bongars, 19. November 1607, ebda, fol. 58: »Monsieur je vous renvoie vostre Eursebe, en vous remerciant infiniment. Vous le recevres par les mains de Mons. Casaubon. Vous avez toute puissance sur moi.« Vgl. den Index der Briefempfänger in der Briefsammlung Scaliger: Epistolae omnes. Zu den außenpolitischen Beziehungen Englands zum Reich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts siehe Sepp: Reich und England. Zu Sidney vgl. Osborn: Young Philip Sidney; Howell: Sidney; ders.: Sidney Circle; Dorsten: Poets.

237 von Crafftheim oder Hubert Languet geknüpft. Er las die Texte von DuplessisMornay, wurde von ihnen in seinen außenpolitischen Vorstellungen beeinflusst und damit zu einem vehementen Befürworter einer gesamtprotestantischen Allianz.37 Sidney hoffte, dass Frankreich sich an dieser Allianz beteiligen würde und auf diese Art ein Gegengewicht zu den katholischen Mächten entstehen würde.38 Bei seiner Mission ins Reich wurde Sidney von dem englischen Diplomaten Daniel Rogers begleitet, der, bevor er in den diplomatischen Dienst eingetreten war, in Frankreich in humanistischen Kreisen wie der Pariser Pléiade verkehrt hatte.39 Sidney, der Giordano Bruno kannte und hermetischen philosophischen Strömungen gegenüber aufgeschlossen war, und sein Kreis prägten in besonderer Weise das Bild der frühneuzeitlichen Diplomaten. Doch sie waren weit mehr als Humanisten ohne diplomatische Verve. Neuere Forschungen haben ergeben, dass die elisabethanische Außenpolitik bereits einen hohen Grad an Professionalisierung aufwies.40 Wenngleich es noch kein explizit bezeichnetes Außenministerium wie in Frankreich gab, so wurden doch alle Aufgaben eines »foreign office« erfüllt. England war nach der Gründung der Ligue 1584 und dem Widerruf aller Toleranzedikte durch Heinrich III. auf eine offen antispanische Politik eingeschwenkt und hatte Kontakt mit Heinrich von Navarra aufgenommen. So wurden die Truppenwerbungen 1586 im Reich teilweise in Kooperation der Gesandten Elisabeths und Heinrichs von Navarra durchgeführt. Als Bongars Anfang der 1590er Jahre den Norden des Reichs und Dänemark bereiste, um die bereits Heinrich III. zugewilligten Kontributionszahlungen einzutreiben, sprach er sich mit dem englischen Gesandten Palavicino (?–1600) ab, der mit dem gleichen Ziel die protestantischen Fürsten im Reich besuchte.41 Doch der englische Gesandte zeigte sich einer Zusammenarbeit mit Bongars wenig geneigt.42

37 38 39

40 41

42

Howell: Sidney Circle, 36. Ebda, 39. Dorsten: Poets, 17. Dorsten rekonstruiert das Netzwerk der Kontakte Rogers’ und Sidneys, in das auch der Wechel-Verlag mit eingebunden war. So fand z. B. mit den Niederlanden ein »Interchange of scholars, poets, printers, and ambassadors« statt, ebenfalls bestanden Kontakte von Sidney und Walsingham zu Duplessis-Mornay und Hotman, ebda, 57, 90. Dorsten sieht die elf Jahre zwischen der Gründung der Leidener Universität und dem Tod von Sidney 1586 als »a period remarkable for its experiments towards a ›national‹ poetry in an international system of service to the state and literary performance.« Ebda, 169. Vgl. auch die kurze biographische Beschreibung in Slavin: Daniel Rogers, 249. Vgl. dazu Platt: Elizabethan »Foreign Office«; Wernham: Making of foreign policy. Zu Palavicino vgl. Stone: Elizabethan Diplomat. Bongars und andere nennen ihn Palavicini, und nicht Palavicino. Auch Bell: Handlist, 137f. Palavicino war als Diplomat für Elisabeth nur in den Jahren zwischen 1586 und 1592 tätig, vgl. Stone: Elizabethan Diplomat, 98–181. Zu den Finanzierungsgeschäften Palavicinos für die europäischen Mächte sowie seiner Rolle als Spekulant und geheimer Agent ebda, 182–266. Bongars an Palavicino, BERN, cod. B 149, Nr. 435: »Voila ce que i’ay avancé en mon voyage. C’est peu ou rien: Car les espérances sont petites et assez foides. Si nos ennemys

238 Wiederholt versuchte Bongars das gemeinsame Vorgehen näher abzusprechen und berichtete ihm von Erfolg oder Misserfolg seiner Werbungen.43 Schließlich erforderte die Dringlichkeit weiterer Truppenaufstellungen im Herbst und Winter 1590/91 eine enge Zusammenarbeit zwischen den französischen und den englischen Gesandten im Reich und damit kam es zeitweise zu einem Abgleichen der Vorgehensweise zwischen den diplomatischen Vertretern Englands und Heinrichs von Navarra. Ungleich konstanter war der Nachrichtenaustausch Bongars’ mit zwei weiteren englischen Gesandten: Stephen Lesieur und Henry Wotton. Während Bongars und Leiseur weitgehend über den Kurpfälzer Rat Georg Michael Lingelsheim kommunizierten und die Inhalte ihrer Korrespondenz auf rein sachlicher Ebene Einzelheiten der diplomatischen Verhandlungsführung umfassten, wurden in den Briefen zwischen Bongars und dem englischen Gesandten Wotton neben politischen Nachrichten auch Neuigkeiten aus der Gelehrtenwelt thematisiert. Der in Genf gebürtige Stephen Lesieur (gest. 1627) kam um 1575 nach England und trat in den Dienst Philip Sidneys ein.44 Dieser betraute ihn zunächst mit kleineren diplomatischen Missionen nach Deutschland und in die Niederlande. Seinen ersten wichtigen Auftrag erhielt Lesieur 1597, als ihn Robert Cecil nach Hamburg schickte, um sich für die Merchant Adventurers einzusetzen, die durch ein kaiserliches Dekret aus dem Reich verbannt worden waren. Zwei Jahre später wurde er von Elisabeth I. als Gesandter zu den protestantischen Fürsten im Reich abgefertigt. Nach dem Tode Elisabeths ernannte Jakob I. Lesieur im Juni 1603 zu seinem ständigen Gesandten in Prag.45 Lesieur blieb nur einige Jahre in Prag, kehrte nach England zurück und wurde 1612 auf den Kontinent entsandt, um in Düsseldorf in der Jülich-Kleveschen Krise mit einem erneuten Vermittlungsversuch der englischen Regierung zu intervenieren. Aktiver Diplomat und politischer Berichterstatter war der englische Gesandte Henry Wotton (1568–1639), auch er ein Repräsentant der Fraktion der »gelehrten Gesandten«.46 Wotton hatte in Oxford studiert und dort Alberico Gentili, den Bruder Scipio Gentilis, kennengelernt. 1588 verließ er England und bereiste den Kontinent. Nach Aufenthalten an den Universitäten Altdorf und Ingolstadt, am Linzer Landhaus sowie in Wien, Rom, Neapel, Venedig, Genua und Florenz traf er in Genf mit Casaubon zusammen und verbrachte anschließend längere

43 44 45 46

se mettoient aussy laschement en besogne comme nos amys, nous n’aurions pas grande occasion de nous plaindre.« Bongars an Palavicino, 13. Januar 1590. In: Bezold (Bearb.): Briefe, Bd. 3, 268: »Mon voyage a este long, fascheux et non sans danger, mais sans fruict.« Vgl. Beller: Negotiations; Reifferscheid: Briefe, 708. Über die Ausbildung Lesieurs ist nichts bekannt. Bell: Handlist, 136–141, verzeichnet sieben Gesandtschaften Lesieurs an die Reichsfürsten, die Hanse und den Kaiser in den Jahren zwischen 1581 und 1614. Zu Wotton vgl. DNB 63, 51–57; als zeitgenössische Darstellungen Walton: Lives; Smith (Hrsg.): Life and Letters.

239 Zeit in Frankreich.47 1595 trat er in den diplomatischen Dienst des Earl of Essex ein. Das Ziel Essex’ war es, mit ausländischen Intellektuellen in Kontakt zu treten, und Wotton sollte zu diesem Zweck Deutschland, Italien, Polen und Siebenbürgen bereisen. Wotton nutzte diese Reisen als Gelegenheit, um Mitglieder der Gelehrtengemeinschaft zu treffen.48 Unter Jakob I. erhielt Wotton 1604 eine Stelle als ständiger Gesandter in Venedig, wo er mit Unterbrechungen fast 20 Jahre blieb.49 Er stand er in Verbindung mit Paolo Sarpi und beteiligte sich an den intellektuellen Auseinandersetzungen der respublica litteraria. So ergriff er die Partei von Kasper Schoppe, einem Kommilitonen aus seiner Studienzeit in Altdorf, der 1607 in Venedig eine Widerlegung der Theologie Jakobs I. vorgelegt hatte.50 Insofern ist auch Wotton ein »englisches Pendant« zu Bongars und seinen Interessen. Ihrem Briefwechsel ist zu entnehmen, dass beide in Kontakt zu Hoeschel, dem Mitarbeiter Marcus Welsers in Augsburg, standen und die Verbindungen zu den Kurpfälzer Räten in Heidelberg sowohl wissenschaftlich als auch zum Nachrichtenaustausch nutzten.51 Als späthumanistischer Gelehrtenkontakt ist ebenfalls Bongars’ Verbindung zu dem englischen Diplomaten und Gelehrten Baron Edward Zouche of Harringworth (ca. 1556–1625) zu werten.52 Während seiner Bildungsreise auf dem Kontinent zwischen 1587 und 1593 kam er nach Hamburg, Heidelberg, Frankfurt und Basel und traf 1590 in Altdorf auch mit Henry Wotton zusammen. Etwa um die selbe Zeit lernte er Bongars kennen, der ihn ein Stück auf seiner Bildungsreise begleitete.53 Bongars machte ihn wahrscheinlich auch mit Joachim Camerarius bekannt, da Zouche ein begeisterter Botaniker war und sich von Camerarius Ratschläge für die Anlage eines Heilkräutergartens

47 48

49

50

51 52 53

Zu Wottons Kontakten während seiner Bildungsreise auf dem Kontinent vgl. Mączak: Travels, 189. Wotton war wohl nicht in die Verschwörung von Essex verwickelt, konnte aber den Verdacht der Mittäterschaft zu Elisabeths Lebzeiten nicht abschütteln und kehrte erst nach Elisabeths Tod wieder nach England zurück. Nach Bell: Handlist, 142 f., trat Wotton als Diplomat nach seiner Rückkehr aus Venedig in Aktion. Er diente zeitweilig als Agent der unierten protestantischen Fürsten. Wotton war in Venedig zwischen 1603 und 1611 als »resident ambassador«, dann zwischen 1615 und 1619 als »ambassador ordinary« und schließlich zwischen 1620 und 1623 als »resident ambassador« tätig. Vgl. Bell: Handlist, 289–291. Wotton versuchte Schoppe vor Jakob I. in Schutz zu nehmen und verfasste zwei Verteidigungsschriften. Eine richtete sich an den König, eine andere an Marcus Welser, Schoppes Gönner, der ebenfalls zu den Korrespondenzpartnern Bongars’ zählte. Zu Schoppe und Bongars vgl. Kap. 6 und BERN, cod. B 149, Nr. 359; Bongars an Schoppe, Juli 1599. In: Ling. ep., 46; ebenso die Antwort Schoppes an Bongars, 30. Oktober 1599, ebda, Nr. 360. Bongars an Wotton, o. D., BERN, cod. B 149, Nr. 391. DNB 63, 415–417. Zouche wurde von dem englischen Außenminister William Cecil erzogen. Zu William Cecil vgl. Dawson: William Cecil. Zouche an Bongars, 4. Februar 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 62.

240 auf seinem Sitz in Hackney holte. 1591 befand sich Zouche für einige Zeit in Wien, anschließend reiste er nach Venedig und Padua und kehrte 1593 wieder nach England zurück. Im Auftrag Elisabeths führte er Gesandtschaften nach Schottland zu Jakob VI. und nach Dänemark durch, bevor er politische Ämter in England übernahm. 1602 wurde Zouche zum Präsidenten von Wales ernannt. Obwohl Zouche über keine große politische Machtbasis verfügte, nutzte er seine Einflussmöglichkeiten, um den Kurs einer antispanischen Politik am englischen Hof zu verstärken. 9.2.2 Gelehrtenkontakte Die Gelehrtenkontakte Bongars’ nach England waren ungleich geringer als in die Niederlande. Berühmtester Korrespondenzpartner Bongars’ in England war der Altertumsforscher und Historiker William Camden (1551–1623)54. Camden war 1582 durch die Veröffentlichung seiner Britannia schlagartig in der gelehrten Welt berühmt geworden. Das landeskundliche Monumentalwerk wurde auch von deutschen Studenten, die sich auf ihrer Bildungsreise nach England begaben, zur Reisevorbereitung benutzt.55 Seit 1606 stand Camden in ständigem brieflichen Kontakt mit Historikern wie de Thou in Paris und Gruter in Heidelberg.56 Bongars lernte Camden 1608 auf seiner Reise nach England persönlich kennen. Der Kontakt wurde von dem französischen Gesandten Jean Hotman vermittelt, der als Erzieher der Söhne des französischen Gesandten in England gute Kontakte zu der englischen Gelehrtenwelt besaß.57 Ob Bongars bei seinem Vorgesetzten Villeroy die politischen Aufgaben, die er in London erledigen wollte, nur vorschob, und in Wahrheit mit englischen Wissenschaftlern zusammentreffen wollte, ist nicht mehr zu entscheiden. Vorausgegangen waren die Ereignisse in Donauwörth im Dezember 1607 und der Verlauf des Reichstages in Regensburg im Frühjahr des darauffolgenden Jahres. Alle Bemühungen der französischen Diplomatie waren zu dieser Zeit darauf ausgerichtet, die Union der protestantischen Fürsten endlich auf den Weg zu bringen. Bongars schlug Villeroy vor, dass er persönlich auf Jakob einwirken wolle, sich durch entschiedenes Vorgehen an die Spitze der protestantischen Bewegung zu setzen, damit die deutschen protestantischen Stände ihre zögerliche Haltung gegenüber einem Defensivbündniss mit Frankreich ablegten. Villeroy stand jedoch Bongars’ Plänen sehr skeptisch

54 55 56 57

Vgl. DNB 8, 277–285. Robson-Scott: German Travellers. Etwa Camden an de Thou, 22. November 1607, B. N., Coll. Dupuy 836, fol. 145. Hotman an Camden, 14. April 1608. In: Camden. ep., 99: »Je ne dis rien de Messieurs de Thou et de Boissise, lesquels vous escriront, comme je m’asseure. Et d’autant, Monsieur, que le porteur de la oresente est Monsieur Bongars, l’un de plus rares hommes en scavoir, experience, et pieté, que nous ayons aujourd’huy en nôtre France, et qui’il a deliberé de vous voir et communiquer avec vous, n’allant par dela que pour le sujet de bonnes lettres.«

241 gegenüber, da er keine Hoffnung hatte, dass die Protestanten ihre innerreligiösen Grabenkämpfe alsbald beilegen würden.58 Plausibler als Bongars’ eigene Begründung erscheint eine zeitgenössische Vermutung über Bongars’ wirkliche Absichten der Englandreise. In einem Empfehlungsschreiben, das Bongars für William Camden mitgegeben wurde, heißt es: »He maked a Platonical Voyage, where of the chief occasion is to see the Universities, and search Libraries.«59 Mit dem Begriff der »Platonischen Reise«, einer Wortfindung der Renaissance, ist eine »Reise zu den Ideen Platons« gemeint, also eine gelehrte Reise.60 Bongars nutzte bekanntermaßen den selbst initiierten diplomatischen Aufenthalt in England, um für seine geplante Ausgabe der Gesta Dei per Francos in Bibliotheken und Archiven zu forschen. Auch Hotman hatte Camden den Besuch Bongars’ in England als »que pour le sujet de bonnes lettres« angekündigt und so erscheint Bongars’ Begründung vor Villeroy in einem anderen Licht. Bongars blieb auch nach seiner Rückkehr aus England mit William Camden in brieflichem Kontakt.61

Zusammenfassung Der Vergleich von Bongars’ Kontakten nach England und in die Niederlande lässt verschiedene Schlussfolgerungen zu. Bongars hatte weit engere Verbindungen in die Niederlande als nach England, sowohl was seine diplomatische und informationspolitische als auch die gelehrte Korrespondenz betraf. Die Gründe hierfür sind offensichtlich: Die politischen Beziehungen zu den Niederlanden waren für Frankreich ungleich wichtiger als zu England. Zudem waren in

58

59

60 61

Villeroy an la Boderie, 28. Juni 1608. In: Le Fèvre de la Boderie: Ambassades, Bd. III, 335: »Le bon M. de Bongars [...] a un dessin que je n’approuve pas, qui est de réunir tous les princes et Etats protestants, principalement de la Germanie, sous la bannière du roi de la Grande-Bretagne, pour vider leur différends et controverses en leur religion. Ce n’est pas une oeuvre d’un jour, et néanmoins il nest que bien à propos d’y avoir l’œil.« Bongars erwähnt seine Englandreise nur in einem Brief an Lingelsheim, ohne jedoch den Zweck der Reise zu erläutern; Bongars an Lingelsheim, 27. Mai 1608. In: Ling. ep., 250. Wilhelm Becher an Camden, 13. April 1608. In: Camden. ep., 98: »I have given Mons. Bongars this letter to serve only for an address to find out your lodging: for since you are acquainted as I understand by him, I know there needs no other commendation than his own worth, to dispose you to do him any kindness that you may: yet if you please to let him understand, that the kind offices, he had done me, have in part obliged you, you shall do me much credit and favour. He maked a Platonical Voyage, where of the chief occasion is to see the Universities, and search Libraries. I have sent you here with a book made by Monsieur Casaubon.« Über die Person Wilhelm Bechers geben die Nachschlagewerke keine Auskunft. Für diesen Hinweis danke ich Dr. Manfred Flieger vom Thesaurus Linguae Latinae, Bayerische Akademie der Wissenschaften, München. Bongars an Camden, April 1608, BERN, cod. B 149, Nr. 375. Bongars wurde auch noch nach seinem Tode in den Briefen Gruters an Camden erwähnt. Vgl. Gruter an Camden, 20. September 1612. In: Camden. ep., 138.

242 den Niederlanden international tätige Kaufmannsfamilien ansässig, die für die Nachrichtenbeschaffung eine große Rolle spielten. Politische, wirtschaftliche und gelehrte Interessen konnten sich auch in einer Person verdichten, wie es bei Daniel van der Meulen zu beobachten ist. Am Beispiel dieses reformierten Kaufmannes, der die Zusammenarbeit mit internationalen Reformierten sowohl aus seiner politischen Überzeugung, die antispanischen Kräfte in Europa zu unterstützen, als auch aus wirtschaftlichen Gründen ableitete, zeigt sich die Reichweite »reformierter Korrespondenz«. Dieser Begriff lässt sich auf ein Nachrichtensystem, wie es am Lüneburger Fürstentag zwischen führenden norddeutschen, niederländischen und französischen Reformierten verabredet wurde und kurzzeitig bestand, anwenden. Die besondere Bedeutung des niederländischen Unternehmers für die Informationsbeschaffung Bongars’ liegt allerdings in seiner Funktion als Stabilisator innerhalb des Nachrichtennetzwerkes. Waren die Kontakte zu den Gelehrten mehr oder weniger punktuell und auf einzelne späthumanistische Projekte bezogen, so garantierten die Unternehmensstrukturen van der Meulens Stabilität und Kontinuität in der Nachrichtenbeschaffung. Durch die Verbindung des niederländischen Unternehmens mit der Niederlassung seines Verwandten Nikolaus Malapert in Frankfurt weitete sich das Netzwerk zunehmend aus. Indem van der Meulen sein Nachrichtenzentrum in Leiden den französischen Diplomaten zur Verfügung stellte und von diesen im Gegenzug laufend Berichte erhielt, wird sichtbar, welche wichtige Funktion das internationale Unternehmertum für die frühneuzeitliche Diplomatie hatte, bzw. welche dem Gesandtschaftswesen noch fehlende Strukturen es bereitstellte. Im Vergleich zu den Niederlanden gab es für Bongars in England kein vergleichbares Nachrichtenzentrum wie das Haus van der Meulens in Leiden, wenngleich die Rolle der Merchant Adventurers noch zu untersuchen bleibt. Wie auch am Beispiel der Niederlande ersichtlich ist, hielt Bongars zu den reformierten Gesandten Kontakt. Bei Brederode ergab sich das fast zwangsläufig, denn dieser hatte sein Hauptquartier in Hanau aufgeschlagen, wo sich Bongars aufgrund seiner Nähe zum Wechel-Verlag oft aufhielt. Schwieriger war es mit den englischen Gesandten, die nicht an den protestantischen Höfen residierten. Dennoch und vielleicht gerade deswegen ist der briefliche Kontakt zwischen Bongars und Lesieur besonders hervorzuheben, da er nochmals die »Feinabstimmung« europäischer Diplomatie mit antispanischem Vorzeichen vor Augen führt. Die Gelehrtenkontakte nach England erinnern wieder daran, dass Bongars’ Aktivitäten nicht immer politisch zu interpretieren sind. Seine Fahrt nach England 1608, die er unter dem Vorwand einer diplomatischen Mission antrat, war wahrscheinlich mehr eine Archiv- und Bibliotheksreise. Diese »platonische Reise« erinnert an die Grenzen der politischen Interpretation gelehrter Korrespondenz.

243

10.

Die Ostachse der Beziehungen – Kontakte nach Böhmen, Mähren und Schlesien

In den voraufgegangenen Kapiteln wurden Bongars’ Kontakte am französischen Hof, in den protestantischen Reichsstädten und an den beiden reformierten Höfen von Kurpfalz und Hessen-Kassel rekonstruiert. Um einen Blick auf die westlichsten »Außenposten« in Bongars’ Netzwerk zu erhalten, wurden England und die Niederlande in die Untersuchung mit einbezogen. In diesen Korrespondenzen Bongars’ mit westeuropäischen Politikern, Kaufleuten oder Gelehrten nahm die Berichterstattung von den politischen Ereignissen an der Ostgrenze des Reichs jedoch immer eine herausragende Stellung ein. Einen Teil der Informationen über die Vorgänge am Kaiserhof, die habsburgischen Erblande oder die an das Reich angrenzenden Mächte bezog Bongars, wie in Kapitel 6 dargestellt, von Camerarius, der enge Verbindungen nach Böhmen, Mähren und Schlesien besaß. Bongars bezog Nachrichten aber auch direkt aus den Erblanden. Sein wichtigster Korrespondenzpartner war dabei der ständige französische Gesandte in Prag, Guillaume d’Ancel, der nicht nur ein exzellenter Reichskenner und fähiger Verhandlungsführer war, sondern auch über ein weitreichendes politisch-gelehrtes Netzwerk verfügte. Gerade das bekanntermaßen besondere intellektuelle Klima, das in Prag unter Rudolf II. herrschte, begünstigte die Verbindung von Politik und Wissenschaft.1 Ancels Kontakte zu alchemistischen Kreisen in Prag wurden bereits in Kapitel 8 dargestellt. Bongars besaß daneben in Mähren und Schlesien weitere Korrespondenzpartner, die jedoch nach dem vorhandenen Quellenmaterial nur noch sehr vage zu rekonstruieren sind.

10.1 Der französische Gesandte in Prag: Guillaume d’Ancel Ständiger Gesandter Frankreichs am Kaiserhof und Bongars’ Verbindungsmann nach Prag war Guillaume d’Ancel (gest. 1615).2 Über seine Ausbildung, seinen

1 2

Dazu Evans: Rudolf II; Trunz: Wissenschaft; Vocelka: Rudolf II.; Rudolf II and Prague; Harder / Rothe (Hrsg.): Studien; dies. (Hrsg.): Später Humanismus; Mout: Wiener Hof. Zu Ancel vgl. DBF 2, 783–785; Labouchère: Ancel; Babeau: Ambassade; De Thou: Histoire universelle, Bd. VIII, 773–774 und Bd. IX, 58–72; Lettres missives VIII, 219–234. Auf Ancels diplomatische Tätigkeit in Prag bezieht sich auch Stloukal: Diplomatických Styku.

244 diplomatischen Werdegang und seine Kontakte ist im Vergleich mit Bongars weit weniger bekannt, obwohl dieser französische Diplomat eine ungewöhnlich lange Karriere erlebte – er war fast vier Jahrzehnte als diplomatischer Vertreter Frankreichs im Reich tätig – und wichtige Verhandlungen führte. Ancels politisches Verhandlungsgeschick und seine Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten der böhmischen Kronländer sind bisher noch nicht näher untersucht worden. Vereinzelte Briefe in Gelehrtensammlungen weisen auf die Verbindungen Ancels zu Persönlichkeiten der respublica litteraria hin. Vor allem aber die zahlreichen Korrespondenzen mit seinem Kollegen und Freund Bongars illustrieren die intellektuellen Kreise, in die der französische Diplomat in Prag eingebunden war.3 10.1.1 Biographisches Ancel stammte wie Bongars aus einer adeligen hugenottischen Familie aus Orléans. Über seine Ausbildung, Universitätsbesuche und Bildungsreisen, ist nichts bekannt. Er musste in seiner Jugend aber die für den diplomatischen Beruf fundamentalen Kenntnisse wie Fremdsprachen, Auslandserfahrung und Universitätsbildung erworben haben, denn aus seinen späteren Briefen ist zu schließen, dass Ancel mehrere Sprachen beherrschte und in den späthumanistischen Kreisen großes Ansehen genoss. So schien er bereits im Alter von 25 Jahren den Humanisten und Gesandten Hubert Languet gekannt zu haben.4 1573 trat er als Sekretär in den Dienst Karls IX. und wurde als Gesandter des französischen Königs nach Wien geschickt. Seit 1583 ist seine Anwesenheit in Prag am Hofe Rudolfs II. nachweisbar. Von Prag aus wurde er immer wieder mit wichtigen diplomatischen Sonderaufträgen im Reich betraut. So erhielt er 1587 sowohl von Heinrich III. als auch von Heinrich von Navarra den Auftrag, bei den Reichsfürsten um militärische oder finanzielle Unterstützung zu werben. Nach dem Tode Heinrichs III. wurde Ancel von Heinrich IV. als ständiger Gesandter in Prag übernommen. Villeroy zog in den folgenden Jahren Ancel Bongars vor, wenn es um wichtige Verhandlungen ging. So wurde Ancel 1596 aus Prag angefordert, um die letztendlich jedoch ergebnislosen Verhandlungen mit Kurpfalz und Ansbach zwecks Beitritt zur französisch-englisch-holländischen Tripelallianz zu führen. Auch bei der diplomatischen Intervention im Straßburger Kapitelstreit, bei Verhandlungen mit dem Kaiser und Lothringen, war Ancel zusammen mit dem französischen Sondergesandten Boisdauphin maßgeblich beteiligt. Nach dem Tode Heinrichs IV. war es Ancel, der von Maria von Medici beauftragt wurde, die protestantischen Fürsten, mit denen der Unionsvertrag

3 4

Die Korrespondenzen Ancels mit dem französischen Hof in B. N., FR 3348 und FR 18989. In der SUBH befinden sich 82 Briefe Ancels an Bongars aus den Jahren 1589 bis 1611. Ancel an Bongars, 6. Juni 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 84.

245 von Hall unterzeichnet worden war, zu besuchen. Ende 1612 schied er aus dem diplomatischen Dienst aus. Obwohl Ancel bei wichtigen Missionen Bongars vorgezogen wurde, verband die beiden Diplomaten eine enge Freundschaft, die sowohl auf ihren gemeinsamen Interessen als auch auf dem gemeinsamen Beruf basierte, bzw. die Probleme, die der diplomatische Dienst mit sich brachte. Dabei kämpfte Ancel ebenso wie Bongars mit enorm hohen Schulden, die durch die unregelmäßige und ungenügende Besoldung der Gesandten durch ihren König verursacht wurden.5 In seinen Briefen an Bongars klagte er deshalb über finanzielle Engpässe und mangelnde Informationen, die Heinrichs IV. und sein außenpolitischer Beraterstabs den Gesandten im Ausland zukommen ließen. Ancel gehörte zum Typus der »gelehrten Diplomaten«. Der Austausch und die Beschaffung von Büchern nahmen einen festen Bestandteil in den Korrespondenzen mit Bongars ein. Ancel bat Bongars oftmals, bestimmte Bücher auf der Frankfurter Messe zu besorgen. Die Selbstdefinition Ancels als Gelehrter im diplomatischen Dienst zeigt sich am sinnfälligsten anhand des Spruches, den er für sein Porträt wählte, das er 1600 bei Aegidius Sadeler in Auftrag gab.6 Es ist von dem Satz umrahmt »Tentabat maiora fere praesentibus aequus« – er strebte nach Höherem, fand sich aber mit dem Vorhandenen ab. Ancel wählte also als Sinnspruch einen leicht abgewandelten Vers aus Horaz, Ep. 17. Dort handelt es sich um den Gegensatz zwischen Kynikern, die sich als primitiv lebende Kulturkritiker vom Staatsleben zurückzogen, und Aristipp, der als philosophischer Denker dem Gemeinwohl dienen wollte und also am Staatsleben teilnahm, auch wenn dies Kompromisse kostete. Horaz entschied sich für Aristipp, und Ancel fand dieses Gleichnis offensichtlich auch für seine Lebenshaltung passend. Ganz ohne humanistisches Beiwerk präsentierte sich Ancel Bongars, wenn er sich bei ihm beklagte, wie schwer es für ihn sei, eine passende Frau in Prag zu finden. Bongars hatte ihm in vorausgehenden Briefen offensichtlich die Tochter eines Bekannten als Ehefrau präsentiert. Ancel antwortete ihm darauf, dass er lieber eine Französin als eine Flämin zur Frau nehme, er jedoch, falls sich keine finden ließe, auch eine Frau aus Böhmen heiraten würde.7 Ancel überlegte

5

6 7

Ancel an Bongars, 15. Juni 1587 u. 23. Februar 1588, SUBH, sup. ep. 30, fol. 218 u. fol. 289: »Je ne sais comment me comporter en l’extrême nécessité des dettes dans lesquelles je suis plongé par le retranchement des quartiers de mon entretènement, et assignations du reste sur des recettes sans fonds. [...] Si j’ai mérité la mort pour avoir employé mon âge en cette charge, je vous supplie tenir la main à ce qu’elle soit moins cruelle que celle de la faim à laquelle je me vois réduis si Dieu ne m’aide par le moyen de votre faveur.« Kupferstich von Aegidius Sadeler von 1600. In: Hollstein’s Dutch and Flemish Etchings, Bd. 21, 55. Ancel an Bongars, o. D., SUBH, sup. ep. 30, fol. 80: »Je desire savoir le nom de la fille duquel vous me parlez. [...] La fille de Mme d’Averly est trop jeune pour moy. Non obstant que ie vous dye derechef que [...] mieux une fille quune vefue, et une francoise quune

246 sogar, deswegen seine wohl katholische Konfession zu wechseln, hielt das aber aus politischen Gründen für untunlich. Dies ist eine der wenigen Bemerkungen des französischen Diplomaten darüber, welche Rolle die Konfession im diplomatischen Beruf spielte. Andererseits, so berichtete er Bongars, hätte er am rudolfinischen Hof bereits mehrere konfessionell gemischte Ehepaare gesehen, die dort geduldet seien. Sie heirateten zu Hause ohne kirchliche Trauung. Ancel wünschte sich ein solches tolerantes Klima auch in Frankreich, hielt es aber wegen der herrschenden starken calvinistischen und jesuitischen Parteiungen nicht für realistisch.8 Erst aus einem späteren Brief aus Orléans geht hervor, dass Ancel inzwischen geheiratet hatte und mit seiner Frau in Prag lebte. 10.1.2 Ancels politische Berichterstattung Der weitaus größte Teil der Korrespondenzen, die zwischen Bongars und Ancel fluktuierten, bestand aus Nachrichten. Zum einen hielt Ancel Bongars über seine Instruktionen vom französischen Hof auf dem Laufenden. Ebenso wie Bongars bezog er jedoch zusätzlich Informationen aus Kreisen außerhalb des französischen Hofes.9 Die Pariser Quellen Ancels mussten sehr zuverlässig gewesen sein, denn Bongars erkundigte sich bei ihm immer wieder nach Informationen aus Frankreich, ein weiterer Hinweis, wie sehr die Diplomatie um 1600 auf »außerstaatliche« Strukturen angewiesen war.10 Auch die Koordination ihrer Aktivitäten und das Vorgehen der französischen Außenpolitik war Inhalt der Korrespondenzen zwischen den beiden Gesandten. Der Transport der Briefe zwischen Ancel und Bongars wurde zeitweise von Claude de Marne, einem der Inhaber des Wechel-Verlages, übernommen.11 Der Verlag hatte eine Niederlassung in Prag und sowohl Ancel als auch Bongars konnten den verlagsinternen

8

9

10 11

flamande [...] car finalement par desespoir je prendrois iusques une Bohemiene comme plusieurs me sont offertes«. Ancel an Bongars, 6. Juni 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 84: »Monsieur, Gott gebe au bon feu Mr. Languet ain fröhliche Auferstehung Il m’exhortait a l’age de XXV ans de marier. Car (dit il) si vous attendiez que fussiez plus ses difficultez. Encor quand on y pense on y en trouve plus quil ny en a. Il ny a point de doute que si ie faisois quelque acte en declaration d’avoir changé de religion en ce temps cy ie perdrois beaucoup de credit pardeca. Aussi ie ne le voudrois faire temerairement. Jay vue en cest court plusieurs mariages entre personnes de diverses religions qui se sont au reste fort bien accordez [...]. Jamais nous n’aurons une paix generale en France que les particuliers ne se resoluent de commencer a vivre ainsi cedant lun a lautre comme il vient apropos. Je say bien qu’a Geneve nie au College des Jesuites cela ne passera pas.« Ancel an Bongars, 15. März 1589, SUBH, sup. ep. 30, fol. 23: »Vous aurez cy incluz copie de ce que le Roy mescrivit dernierement touchant le fait des Guisards. Le mesme m’a este confirmé de mes amys hors de la cour.« Ancel an Bongars, 16. Mai 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 79: »les nouvelles que me mandez de France«. Ancel an Bongars, 25. Juli 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 89: »Claude fut le porteur.«

247 Botendienst nutzen, um ihre Nachrichten zu verschicken.12 Bongars kümmerte sich dann um die Weiterleitung der Briefe Ancels an dessen Korrespondenzpartner im Westen Europas.13 Ancel hatte zudem seine Informanten im ganzen Reich verteilt, auch professionelle Berichterstatter wie Wolfgang Zündelin gehörten dazu.14 Natürlich berichtete Ancel Bongars ebenfalls über die Vorgänge am kaiserlichen Hof in Prag. Als ständiger Gesandter Frankreichs beobachtete und kommentierte er genau die Entscheidungen des Reichshofrates. Er berichtete von Gesandtschaften der Reichsstände und der europäischen Mächte am Kaiserhof.15 Dass Ancel im April 1588 bereits Bongars über die sich konkretisierenden Verhandlungen der protestantischen Fürsten unterrichten konnte, ermöglichte Bongars eine bessere Einschätzung bei den Verhandlungen, die er zu diesem Zeitpunkt mit anderen protestantischen Ständen führte.16 Auch bei der Verhandlungsführung im Straßburger Kapitelstreit waren Bongars die Informationen von Nutzen, die Ancel ihm über die kaiserlichen Absichten in dieser Krisensituation des Reichs zukommen ließ.17 Bongars war besonders interessiert an Nachrichten aus den angrenzenden Mächten wie Polen-Litauen, Ungarn, der Türkei und Siebenbürgen sowie Russland. Die politischen Entwicklungen am Ostrand des Reichs waren für die französische Außenpolitik von großer Bedeutung, so war es z.B. von einigem Interesse, wie sich der Zustand der Ostgrenze durch die Bedrohung der Osmanen entwickelte, einem traditionellen Bündnispartner Frankreichs. Die deutschen

12

13

14

15

16

17

Ancel an Bongars, 15. März 1589, SUBH, sup. ep. 30, fol. 23; Ancel an Bongars, 29. August 1592, SUBH, sup. ep. 32, 335: »On attend dun jour a lautre la nouvelle de la conclusion et peut estre que Monsieur Claude entendra quelle soit venu. Toutefois je pense quon ne fera pas de grands fets et joys«. Ancel an Bongars, 8. September 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 95 (Orig.): »Il y aura cy enclos une lettre qui va en Angleterre a Monsieur Dyer tres honneste gentilhomme et de mes amys. Je vous supplie faire quil le voie seurement encores que lentement.« Ancel an Bongars, 7. März 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 67: »[...] on me fait bonne esperance que les affaires du pauvre Krell et celles du general, en Saxe ne seront en si mauvaise termes comme on publioit. Je vous prie de saluer monsieur Zündelin de ma part sil est encor a Francfort.« Ancel an Bongars, 22. September 1602, ebda, sup. ep. 31, fol. 188: »Aussi ne say ie en quoy consiste la part de l’assemblée de Fridberg qu’ai donné l’electeur de Wirtemberg aux commissaires Imperiaux et sur ce que vous parlez de la nonchalance des Princes aux affaires publiques. Je vous diray avoir sceu de fort bonheur a la court de l’Empereur que quand leurs Ambassadeurs y furent traitter la derniere fois de Hofrat etre chaqun apart y porta des instructions et pretensions particuliers moyennant lesquelles ils affrochent se departit de la cause commune.« Zit. bei Labouchère: Ancel, 173f. (18. April 1588): »J’ai appris certainement, qu’il se brasse une contre-ligue entre les princes protestants. Je n’entends point qu’elle soit autre que défensive; néanmoins, elle sera assez affensive pour la France, si le roi de Navarre en tire un nouveau secours [...] Le Duc Casimir qui en est le principal promoteur«. Ancel an Bongars, 27. Juni 1592, SUBH, sup. ep. 30, fol. 89; ders. an dens., 25. Juli 1592, ebda, fol. 192.

248 Fürsten hatten Heinrich IV. wiederholt zu einem Vermittlungsversuch an der Pforte gedrängt. Heinrich war allerdings ab 1595 eindeutig daran gelegen, dass der Konflikt des Kaisers mit dem Osmanischen Reich anhielt. Seine Haltung resultierte aus dem Grundprinzip seiner Außenpolitik, der Gegnerschaft zum Hause Österreich, wie er seinem Gesandten bei der Pforte, de Brèves, schrieb: »Ich nenne all die meine Feinde, die zum Hause Österreich gehören [...]«.18 Heinrich begrüßte nach wie vor den Türkenkrieg in Ungarn, denn dieser Krieg bringe Frankreich mehr Vorteile, als es der Frieden tun würde, schrieb er ebenfalls an de Brèves.19 Die Bemühungen des französischen Königs, die Türken zu einer maritimen Aktion gegen die spanischen Besitzungen zu veranlassen, setzten sich bis zum Frieden von Vervins (1598) fort, wobei er der Pforte im Lauf der Jahre die verschiedensten Pläne vorlegte.20 Danach verfolgte die französische Außenpolitik in der zweiten Hälfte des Jahres 1600 im Reich die Strategie, Heinrich IV. als einzigen Heerführer darzustellen, der über die nötige Tüchtigkeit, Reputation und die geeigneten Streitkräfte verfüge, um die Türken erfolgreich zu bekämpfen.21 Möglicherweise dachte Heinrich IV. wirklich daran, die Türken aus Europa zu vertreiben, allerdings erst nach Erfüllung seiner conditio sine qua non für die Neuordnung Europas, der Entmachtung des Hauses Österreich.22 Auch die Vorgänge in Polen-Litauen fanden reges Interesse in Frankreich, als sich nach dem Tod Stephan Báthorys (1586), der von der Partei des Großkanzlers Zamoyski lancierte schwedische Prinz Sigismund als Wahlkönig durchsetzte. Obwohl zunächst Kontrahent des habsburgischen Elekten Erzherzog Maximilian, suchte der neue König Zygmunt III. gute Beziehungen zum Kaiserhof, zur Kurie und auch zu Spanien. Im Erbfall lagen zudem geheime Absprachen mit den Habsburgern vor, die diese als Königsaspiranten vorsahen. Auch wurde dieses Verhältnis durch zwei Heiraten mit Erzherzoginnen gefestigt. Diese prohabsburgische Orientierung Zygmunts wurde von den französischen Beobachtern aufmerksam verfolgt. Ebenso wie die Vorgänge in Ungarn, wo der politisch-religiös motivierte Aufstand Stefan Bocskays das Interesse Frankreichs erregte.23 Frankreich suchte eine Ausdehnung des Habsburger Machtbereiches entgegenzuwirken wo immer sich die Gelegenheit bot. In diesem Sinne sind auch die Pläne des französischen Königs einzuordnen, sich um den Erwerb der Kaiser-

18

19 20 21 22 23

Heinrich IV. an de Brèves, 21. September 1595. In: Lettres missives IV, 406: »J’appelle mes ennemys tous ceux de la maison d’Autriche, lesquels prosperant de son costé, se fortifieront du mien et se rendront formidables et insupportables à chascun.« Heinrich IV. an de Brèves, 6. August 1603. In: Lettres missives VI, 673. Niederkorn: Europäische Mächte, 147. Baudrillart: Politique de Henri IV. So ist es dem »Grand Dessin« Heinrichs IV. zu entnehmen. Zum Inhalt des Grand Dessein vgl. Puharré: Projets. Zur Problematik dieser Quelle vgl. Babélon: Henri IV, 973. Molnár: Fürst Stefan Bocskay, zu den Ursachen des Aufstandes bes. 33–47.

249 krone zu bemühen.24 1600 versuchten die französischen Diplomaten im Reich die Erfolgschancen einer Kandidatur Heinrichs IV. für die römische Königswürde zu sondieren. Wie aus einem Schreiben des französischen Königs an Bongars hervorgeht, hatten ihn Nachrichten über Bestrebungen Philipps III. von Spanien, zum römischen König gewählt zu werden, an eine eigene Kanditatur zu denken veranlasst, um die Wahl Spaniens zu verhindern.25 Am ausführlichsten waren Ancels Nachrichten aus den Ländern der böhmischen Krone. Für die Ständeführer, Anhänger der Brüderunität, waren die Beziehungen zu den westeuropäischen Calvinisten naheliegend und Kontakte zu Heinrich IV., Elisabeth I. und den Niederlanden Konsequenz ihrer Selbstbehauptung gegenüber Habsburg. Das Ansehen, das Ancel bei den einzelnen Ständeführern genoss, war dabei von Vorteil, weil er dadurch auch Zugang zu ihren politischen Informationssystemen hatte. Zahlreiche Agenten belieferten die Ständeführer mit Informationen. Seit den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts war das Boten- und Nachrichtennetz zwischen den Anführern des Adels der Kronländer immer enger geknüpft worden.26 Einen besonders engen Kontakt unterhielt Ancel zu dem Hof der Rosenberg in Südböhmen.27 Hier trafen in den kürzesten Abständen regelmäßig Zeitungen aus Frankreich, Italien, den Niederlanden, dem Reich, Polen-Litauen, Ungarn, der Türkei, Siebenbürgen und Russland ein. Dieses Informationszentrums konnte sich Ancel bedienen, der durch sein Interesse an den Geheimwissenschaften, in enger Verbindung mit Wilhelm von Rosenberg stand.

10.2 Der mährische Magnat Karl von Žerotín d.Ä. Die Beziehungen Frankreichs zu Vertretern der Brüderunität sind von der historischen Forschung bisher nur am Rande wahrgenommen und untersucht worden. Die Korrespondenzen Ancels und Bongars’ belegen jedoch die enge Verbindung der französischen Diplomaten zu führenden Ständepolitikern, insbesondere zu dem mährischen Magnaten Karl von Žerotín (1564–1636).28 Žerotín war in Eibenschitz Schüler von Esrom Rüdiger (gest. 1591), dem Schwager Joachim Camerarius’ d. J., gewesen. Die Beziehungen zwischen den Wittenberger Philippisten und der Brüderunität bildeten den Hintergrund für die Berufung Rüdigers als Rektor der Brüderschule in Eibenschitz.29 Wie es für die

24 25 26 27 28 29

Vgl dazu Dotzauer: Heinrich IV. Heinrich IV. an Bongars, 16. Juli 1600. In: Briefe und Acten I, 235f., Anm. 1. Šimecek: Zeitungen. Vgl. Bahlcke: Regionalismus, 302–305. Die umfassendste Darstellung ist diejenige von Chlumecky: Zierotin; Korkisch: Žerotín, fügt dagegen kaum Neues hinzu. Dazu Odlozilík: Wittenberger Philippisten. Esrom Rüdiger hatte zunächst eine Professur in Wittenberg inne und war von der Unität beauftragt worden, deren Konfessionsschrift

250 Jugend der Unität üblich war, studierte Žerotín an calvinistischen Hochschulen im Westen des Reichs, denn die mährische Brüderunität hatte längst die Annäherung an die Calvinisten vollzogen. So besuchte Žerotín die Universitäten in Basel, wo er im Hause Johann Jakob Grynäus’ lebte, und Genf, wo bei Theodor Beza studierte. Bei seiner anschließenden Bildungsreise lernte er in Frankreich (1587) Duplessis-Mornay kennen, bereiste England und die Niederlande, wo er mit Brederode zusammentraf, und kehrte über Heidelberg nach Mähren zurück. Für eine Weile wurde er auf dieser »peregrinatio academica« von dem Arzt und Alchemiker Wenceslaus Lavinius begleitet.30 Nachdem Žerotín im Februar 1588 sein Erbe angetreten hatte, reiste er nach Deutschland, um sich mit Befürwortern einer panprotestantischen Allianz über eine Unterstützung Heinrichs von Navarra zu beraten. Darüber korrespondierte er bereits mit Ancel in Prag und hatte mit diesem wohl auch entprechende Treffen vorbereitet. Johannes Löwenklau begleitete Žerotín von Mai bis Oktober 1588 auf dessen Rundreise von Prag über Dresden, Dessau, Wolfenbüttel, Helmstedt, Quedlinburg, Magdeburg, Rostock, Hamburg, Bremen, Kassel, Worms, Mainz und über Frankfurt, Nürnberg, Regensburg zurück nach Böhmen.31 In Hamburg traf er mit Bongars zusammen, der zu dieser Zeit mit Kontributionseinwerbungen im Norden Deutschlands beschäftigt war. In Nürnberg fanden Unterredungen mit Camerarius statt. Heinrich von Navarra war sich bewusst, dass mit Žerotín ein nützlicher Außenposten in Mähren mit wichtigen Kontakten und ein potentieller Kreditgeber gewonnen worden war. 1589 fertigte er Bongars an ihn mit einem Empfehlungsschreiben ab.32 Vielleicht sprach Bongars mit Žerotín über die Gewährung eines Darlehens, denn der Mährer überließ dem französischen König kurz darauf 40 000 fl. als Kredit. Zudem beschloss er, selbst an der Seite des Bourbonen in Frankreich zu kämpfen. Mit Ancel und Bongars verständigte er sich über die beste Reiseroute und brach im Herbst 1591 nach Frankreich auf. Bongars hatte vermittelt, dass Žerotín in Stade in einer Niederlassung von Caesar Calandrini aufgenommen wurde, bevor er sich nach Frankreich einschiffte, und im Dezem-

30 31

32

ins Lateinische zu übersetzen. Während der Verfolgung der Kryptocalvinisten in Sachsen flüchtete Rüdiger zuerst nach Berlin, dann nach Schlesien, und übernahm 1576 im Auftrag der Brüderunität die Leitung der Brüderschule in Eibenschitz, die vor allem die Söhne des Adels im Glauben der Unität erziehen sollte. Zur Vita Lavinius’ vgl. Kühlmann / Telle (Hrsg.): Crollius, 194. Zur Reise und zum Zusammentreffen mit den französischen Diplomaten vgl. Chlumecky: Zierotin, Bd. I, 151f. Zur Begleitung Löwenklaus vgl. Babinger: Herkunft und Jugend, 126. Heinrich IV. an Žerotín, o. D., BERN, cod. 141, Nr. 4. Es handelt sich hier um denselben Brief, der in den Lettres missives II, 432, verzeichnet ist. Der Brief ist hier auf den 12. Februar 1589 datiert: »Mons. le baron, envoyerait le Sr. bongars lung de mes serviteurs vers les prynces protestants Je luy ay commande de vous voyer de ma part et vous faire entendre de mes nouvels et vous assurer de plus au plus de mon amytye et bone volonte et partyculyerement quele affecyon et resolutyon vous aves de vous amployer pour le byen de ce juste party que je myntyene et anquoy vous pouryes y ayder dont Je vous prye le croyre.«

251 ber 1591 im Lager Heinrichs IV. in Rouen eintraf.33 Žerotín musste in den folgenden Monaten von Heinrich IV. und seiner militärischen Führung schwer enttäuscht worden sein, bereits sein Empfang im Lager des französischen Königs fiel weit unter seinen Erwartungen aus, wie er Ancel schrieb.34 Seine Meinung über die unfähige Kriegsführung teilte Žerotín Ancel so freimütig mit, dass er Ancel bat, die Briefe zu verbrennen, nachdem er sie gelesen hatte.35 Auch den Mitgliedern der Brüderunität schrieb Žerotín, dass es mit der Glaubenssache schlecht stünde. Heinrich IV. könnte mehr dafür tun, wenn er ernstlich wollte, aber er kümmere sich wenig um die Religion. Der Adelige blieb bis zum Herbst 1592 im Lager des französischen Königs und kehrte dann enttäuscht nach Mähren zurück. 1594 und 1595 nahm er am Türkenkrieg in Ungarn teil. Inzwischen fand eine Annäherung Žerotíns an Wenzel von Budowa, Peter Wok von Rosenberg und Tschernembl statt, den entscheidenden Persönlichkeiten der politischen Führung des Adels in Böhmen, Österreich und Ungarn. Durch seine Zielsetzung, eine protestantische Union der habsburgischen Erblande mit einem ständischen Generallandtag zu bilden, manövrierte sich Žerotín in immer größeren Gegensatz zur Politik Melchior Khlesls, dem Exponenten der kaiserlichen Regierung unter Matthias. Žerotín war durch Ausbildungsweg und Interessen mit den westeuropäischen Späthumanistenkreisen verbunden und stand mit ihnen in brieflichem Kontakt. Dass es dabei ebenso um politischen Austausch ging, zeigt ein Brief aus der

33 34

35

Chlumecky: Zierotin, Bd. I, 161–168. Vgl. dazu die Briefe Žerotíns, die bei Chlumecky: Zierotin, Bd. II, im Anhang abgedruckt sind, etwa Nr. XI, XI–XV; Žerotín an Ancel, Dieppe, 2. Januar 1592: »Monsieur. Estant arrivé en ceste ville hier à soir en compagnie de Mr. du Plessis, despeché par le Roy en Angleterre, i’entendis qu’il y avoit une navire qui partoit pour Hollande, qui m’a donné occasion de vous escrire, ne l’ayant peu faire encores depuis mon arrivée en France, laquelle comme vous desia entendu, a este par la grace de Dieu fort heureuse et à propos. Je partis de Stade le dernier de Novembre, et vins en ce lieu – ici le sixiesme du mois passé [...] Venu que ie fus a la court, ie fis la reverence au Roy le lendemain, qui me monstra assez bon visage, et m’asseura d’avoir ma venue agreable [...] Mais le Roy ne s’en estonne point, et crie toujours Bataille, Bataille, et moyennant que le Duc veuille mordre, il luy donnera bien de quoy manger. Il faict estat de mettre ensemble de quattre a cincq mille chevaux Francois, et aultant des chevaux Allemans quinze mille arquiboussiers Francois et quelque cincq ou six mille Lanceknechts Suices et Anglois [...] Au demeurant Monsieur, ie n’ay pas mis en oubly de traitter ce que ie vous ay promis a mon departement d’avec vous, et si i’eusse aultant de credit en ceste-court, comme i’en pensoy avoir, i’en eusse parlé moy mesmes au Roy, mais ayant trouve le contraire de ce que ie m’avoy faict accroire, en ay parlé vivement a Monsieur du Plessis, qui m’a dict d’en avoir, desia touche quelque mot au Roy et de vouloir d’oresenavant espouse a bon escient vos affaires [...] vous scavez combien ie vous ay toujours estimé et aimé, ie vous prie de proceder avec la mesme confiance et familiarité avec moy, et vous asseurer qu’en tout ce que pourray, m’emploieray toujours tres voloniers pour vostre bien et service, et croyez cela fermement le ne veus pas aussi que vous ignoriez que Pucci est ici avec peu de moyens que ie croy, et moins de credit: Il n’a encore rien faict, et ne faira rien a ce que je voy. Il commence a s’ennuyer, de que ie ne m’estonne point, car il y en a bien d’aultres.« Žerotín an Ancel, 28. März 1592. In: Chlumecky: Zierotin, Bd. II, Nr. XIII, XIX f.

252 Korrespondenz Žerotíns mit de Thou in Paris.36 Auch mit Duplessis-Mornay wechselte er Briefe über politische Themen.37 Um über die politischen Umwälzungen informiert zu sein, besaß Žerotín Novellisten in Prag, Wien, Venedig und Konstantinopel.38 Im Reich korrespondierte er mit verschiedenen protestantischen Reichsfürsten, geheimen Räten und Gelehrten. Aber auch Kaufleute wie Calandrini und der niederländische Gesandte Brederode gehörten zu seinen Korrespondenzpartnern. Im westeuropäischen Ausland reichten die Kontakte Žerotíns bis nach England.39 Aus der Zeit seiner Bildungsreise stammten noch seine Kontake zu englischen Politikern wie William Cecil, Sir Francis Walsingham und Robert Sidney, dem Earl of Leicester. Später arbeitete Žerotín von Mähren aus für König Jakob I. als Mittelsmann und Informant. Er sandte Nachrichten nicht nur an den König, sondern auch an dessen Staatssekretär Robert Cecil. Als Jakob I. Stephen Lesieur an den kaiserlichen Hof nach Prag schickte, sollte dieser auch mit dem tschechischen Adel in Kontakt treten und die Beziehungen festigen. Der englische Gesandte stand in diesem Zusammenhang in ständigem Kontakt mit Žerotín.40

10.3 Der Gelehrtenzirkel in Breslau Bongars’ Kontakte nach Breslau waren hingegen Ende des 16. Jahrhunderts weniger politisch motiviert als Ausdruck typischer humanistischer Freundschaftspflege.41 Sie bauten wahrscheinlich wesentlich auf den Verbindungen auf, die seit Mitte des 16. Jahrhunderts über die Kurpfalz und die Familie Camerarius nach Schlesien bestanden. So waren Anhänger der kleinen calvinistischen Gemeinde in Schlesien in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in wachsender Zahl im pfälzischen Staats- und Kirchendienst anzutreffen, wo sie in geistiger und kultureller Hinsicht zu den führenden Köpfen zählten.42 Auch Zacharias Ursinus (1534–1583), der Hauptverfasser des Heidelberger Katechismus von 1563,

36

37 38 39 40 41

42

De Thou an Žerotín, o. D., B. N., Coll. Dupuy 706, fol. 111: »Accepi tuas literas V. Illustrissime humanissime et officiosissime scriptas, ad quas statim respondere licet inter gravissimas ocem (?) patrones officii mei esse duxi cum rogo ex Andreae Mei nobilis Poloni consilio superiore anno ad te scripsi subvertus suum, ne te aliene tempore interpellari; uni in mellioque ex tuis literis totus vicenerati quod steti cura oruntas in belli paleo cuius res apud nos gestas in fide me diligentia annolatas potius habere«. Vgl. auch den Brief Žerotíns an de Thou, o. D. In: Chlumecky: Zierotin, Bd. II, Nr. CXXXIV. Vgl. Hruby: Filip du Plessis Mornay. Chlumecky: Zierotin, Bd. I, 277. Dazu Odlozilík: Karel of Zerotín. Ebda, 421. Vgl. Petry: Breslau. Zu den geschichtlichen Grundlagen vgl. Bahlcke: Schlesien; als wichtigste und neueste Darstellung zu den humanistischen Verbindungen Seidel: Späthumanismus. Hecht: Schlesisch-kurpfälzische Beziehungen, 178–184.

253 stammte aus Breslau.43 Dieser Kreis in Heidelberg stand in engem Austausch mit der schlesischen Heimat, aus der immer mehr Studenten nachrückten. Als Bindeglied zwischen den böhmischen Kronländern, dem pfälzischen Kreis und den führenden Köpfen des politischen Denkens in Westeuropa wirkte der 1519 in Breslau geborene Johann Crato von Crafftheim, der es sich als Leibarzt von drei Habsburger Kaisern leisten konnte, seine Verbindungen zu der böhmischen Brüderunität offen zu bekunden.44 1553 hatte ihn Hubert Languet in Breslau aufgesucht. Auf den Rat Cratos begleitete Languet 1561 den Schlesier Thomas Rhediger auf einer Studienreise nach Frankreich und in die Niederlande; danach gestalteten sich auch die Verbindungen Schlesiens zum hugenottischen Calvinismus immer intensiver.45 Auch Joachim Camerarius d.Ä. war mit Hubert Languet bekannt gewesen, ein Kontakt, den Joachim Camerarius d. J. nach dem Tod des Vaters weiter pflegte. Ebenso wie die Verbindungen zu dem Breslauer Humanistenkreis, mit dem Camerarius in ständigem Austausch stand und diesen auch von Zeit zu Zeit besuchte. Zu dem Kreis in Breslau gehörte neben Crato von Crafftheim auch Jacques Monau. Bongars musste mit ihm korrespondiert haben, denn er stellte den Kontakt zwischen ihm und Duplessis-Mornay her.46 Auch Matthäus Wacker von

43

44

45

46

Sturm: Zacharias Ursin; Hutter: Ursinus. Zum dogmengeschichtlichen Problem des Übergangs vom Philippismus zum Calvinismus vgl. Petry: Kirchengeschichte Schlesiens, ebda, 42, zu Ursinus. Dazu Gillet: Crato von Crafftheim. Crato wurde 1519 in Breslau geboren und war Tischgenosse Luthers in Wittenberg, enger Freund Melanchthons und Joachim Camerarius’ d. Ä. gewesen. Er studierte in Italien und praktizierte in Breslau. Ferdinand holte ihn an den kaiserlichen Hof, wo er auch Maximilian II. und Rudolf II. als Leibarzt diente. Crato blieb stets Lutheraner. Er wurde kaiserlicher Berater, trat in den Adelsstand und pflegte Kontakte zu Gelehrten in ganz Europa. Besonders verbunden war er mit Pierre und Jacques Monau, Nikolaus Rhediger und Zacharias Ursinus. In Breslau wohnte Crato als Nachbar neben Dudith. Zu seinen Kontakten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vgl. ebda, Bd. 2, 1–96. Vgl. Wachler: Thomas Rhediger. Diese Biographie wurde aus den Rhediger-Korrespondenzen in der Universitätsbibliothek in Breslau erarbeitet. Nach Beilage E, 74–80, gab es keinen Briefwechsel mit Bongars, allerdings stand Rhediger mit vielen Gelehrten in Kontakt, mit denen auch Bongars korrespondierte, wie z. B. Joachim Camerarius d. J., Melchior Goldast und Andreas Libavius. Thomas Rhediger, geb. 1540, studierte in Wittenberg. Nach dem Tod Melanchthons schloss er sich Caspar Peucer an. Nach dessen Tod begab er sich nach Paris, um dort, empfohlen von Charles de l’Écluse, bei Cujas zu studieren. Bei Ausbruch des ersten Religionskrieges 1562 verließ er Frankreich und begab sich nach Löwen, danach nach Antwerpen und Bourges sowie nach England. Mitte des Jahres 1567 hielt sich Rhediger wieder in Paris auf, folgte dann seinem Lehrer Cujas nach Valence. Kontakte bestanden neben den schon Genannten u. a. zu Denis Godefroy, François Hotman, Justus Lipsius, Ogier Ghislain de Busbecq, David Chytraeus, Andreas Dudith, Kaspar Jungermann, Johannes Kirchmann, Johannes Löwenklau. Dies geht aus einem Brief Duplessis-Mornays hervor, der auf Empfehlung Bongars’ in Breslau in Kontakt zu Monau und Rhediger trat. Bongars an Duplessis-Mornay, o. D., SUBH, sup. ep. 30, fol. 242.

254 Wackenfels, obschon später Hofrat Kaiser Rudolfs II. und zum Katholizismus konvertiert, war Teil dieses sonst reformierten Breslauer Humanistenkreises. Er war Rat des Bischofs von Breslau und wurde mit verschiedenen diplomatischen Missionen betraut – in gleicher Weise wie Nikolaus und Thomas Rhediger. Es ist nicht bekannt, ob Bongars selbst je in Breslau war, er korrespondierte allerdings mit verschiedenen dort ansässigen Persönlichkeiten des späthumanistischen Kreises. Auch nutzte er seine Kontakte, um jungen Franzosen, die sich auf ihrer Bildungsreise befanden, Zutritt zu den Häusern dieser Gelehrten zu ermöglichen. In dieser Weise förderte er Jacques Esprinchard aus La Rochelle, der nach vierjährigem juristischen Studium in Oxford und Leiden über Köln und Frankfurt nach Nürnberg gereist war, wo er bei Camerarius in Nürnberg gewohnt hatte, und 1597 Breslau erreichte.47 Dort besuchte er u.a. die Gelehrtenbibliothek Jacques Monaus und den Botanischen Garten des Artzes Dr. Lorenz Scholz.48 Zentrum des Breslauer Gelehrtenkreises war das Haus des Astronomen und Diplomaten Andreas Dudith.49 Andreas Dudith von Horehoviza (1533–1589), von Geburt Ungar, entstammte einer alten kroatischen Adelsfamilie. Dudiths Ausbildung war von Anfang an auf die Ausübung eines höheren geistlichen Amtes ausgerichtet. Nach dem Besuch der Lateinschule in Breslau studierte er in Venedig und Paris klassische Philologie und lernte dort wichtige Persönlichkeiten der Gelehrtenrepublik wie Pierre de la Ramée und Adrien Thurnèbe kennen. Trotz seiner Sympathien für die Anschaungen italienischer »Ketzer« wie Matteo Gribaldi schlug Dudith die kirchliche Laufbahn als katholischer Geistlicher ein und erhielt seine erste Pfarrstelle in Ungarn. Seine Kontakte im protestantischen Milieu pflegte er weiterhin. Für eine Karriere im diplomatischen Dienst des Kaiserhofes war ein Studium der Rechtswissenschaft notwendig, zu dem er erneut nach Italien ging. Während seiner Studienzeit in Padua konnte sich Dudith bereits durch eine erste Veröffentlichung einen Namen unter den Gelehrten machen. Danach erlebte Dudith einen ungewöhnlich raschen Aufstieg in der geistlichen und diplomatischen Hierarchie. 1561 wurde er von Ferdinand I. zum Bischof von Tina in Dalmatien und zum Repräsentanten des ungarischen Klerus auf dem Tridentinum berufen. In Trient arbeitete er eng mit der kaiserlichen Delegation an Reformvorschlägen, die dem versöhnlichen Kurs der ferdinandeischen Politik gegenüber den Protes-

47 48 49

Chartenay: Vie de Jacques Esprinchard Rochelais. Zum Garten vgl. Fleischer: Späthumanismus, 130–163. Costil: André Dudith. Zur Rolle Dudiths in Breslau in den Jahren 1580 bis 1585 vgl. ebda, 195–209. Dieses Bild kann jetzt durch die Edition der Briefe Dudiths erweitert werden, die seit 1992 in einem Gemeinschaftsprojekt der ungarischen und der polnischen Akademie der Wissenschaften erscheint. Costil war nur etwa ein Drittel dieses Quellencorpus bekannt. Bereits erschienen sind Dudith: Epistulae, Tl. I: 1554–1567, Tl. II: 1568–1573, Tl. III: 1574, Tl. IV: 1575. Vgl. auch den Artikel von Lech Szczucki in: TRE 9, 204f. sowie Kohlndorfer: Häretiker.

255 tanten entsprachen. Unter Kaiser Maximilian II. wurde Dudith mit anspruchsvollen Funktionen in der ungarischen Kammer vertraut und zum Bischof von Pécs (Fünfkirchen) ernannt. Dudiths diplomatische Tätigkeit in Polen endete 1567 durch seine Heirat mit einer polnischen Adeligen und Hofdame und sowie durch seine offenen Sympathienbekundungen für die Anschauungen der Antitrinitarier. Es wurden ihm alle diplomatischen Ämter entzogen und er musste sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Dudith ließ sich in Krakau nieder. Über seine Frau hatte er Zugang zu den refomrierten politischen Gruppierungen in Polen und durch seine wissenschaftlichen Interessen enge Kontakte in das reformierte Ausland. Wegen seiner Sympathien für den Sozinianismus, einer Form des Antitrinitarismus, begann man ihn nicht nur von katholischer Seite, sondern auch im calvinistischen Milieu wie einen gefährlichen Häretiker zu behandeln. Von diesen theologischen Differenzen blieb sein wissenschaftlicher Austausch mit den Gelehrten in ganz Europa unberührt. Dudith beschäftigte sich besonders mit Logik, Astronomie und Astrologie und stand in wissenschaftlichem Dialog mit Humanisten wie Joachim Camerarius d. J. und dem Astronomen Johann Praetorius. Aber auch Guillaume d’Ancel und Wolfgang Zündelin gehörten zu seinen Korrespondenzpartnern, mit denen er die verschiedensten Nachrichten austauschte.50 Sein Haus in Krakau wurde zum internationalen und interkonfessionellen Treffpunkt unterschiedlichster Wissenschaftler. Nach dem Tod des polnischen Königs wurde Dudith von Maximilian II. wieder in seine diplomatischen Aufgaben eingesetzt, um die Nachfolgepläne für einen habsburgischen Kandidaten zu koordinieren. Die habsburgischen Hoffnungen auf den polnischen Thron waren allerdings vergebens, nach der Wahl Stephan Báthorys 1576 und der einsetzenden katholischen Reaktion musste Dudith Polen endgültig verlassen und zog nach Breslau. Zwar akzeptierte er formal das in Breslau vorherrschende Luthertum, näherte sich aber dem Calvinismus. Dies hinderte ihn nicht daran, weiterhin intensive Beziehungen zu Antitrinitariern und Sozinianern zu pflegen. Sowohl von katholischer als auch von lutherischer Seite wurde ihm seine konfessionell indifferente Haltung immer wieder angekreidet. Nachdem er aus dem diplomatischen Dienst ausgeschieden war, konnte sich Dudith wieder ganz seinen wissenschaftlichen Interessen widmen, besonders der Medizin und der Astronomie. Anlass dafür war der 1577 erschienene Komet, zu dem Dudith eine Abhandlung veröffentlicht

50

Dudith an Zündelin, September 1581. In: Dudith: Orationes in Concilio Tridentinum, 530: »Utinam Itali, Hispani, Galli, Angli, Philosophi et Medici, alique aliarum scientiarum ignari, tam essent, ut sic dicam, scribares, atque ad emittendum impigni, quam sunt nostri Germani. Satis est librorum veterum fateor. Sed novi quoque a doctis viris scripti multa docent explicatius, quae illi obscurius, multa adferunt saepe, quae illi non attigerunt.« Unter den Briefen in dieser Sammlung vgl. Dudith an Ancel, 22. Januar 1585: »Lutetiae – in qua urbe iucunde ante hos prope 30 annos vixi – veterem amicum et condiscipulum meum Harlaeum«.

256 hatte.51 Für Dudith gab es keinen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen der Kometen und den Katastrophen seiner Zeit. Zwar stimmte er der aristotelischen Auffassung zu, die Kometen seien atmosphärische Spiegelungen, maß ihnen jedoch keine astrologische Bedeutung bei. Lingelsheim, selbst vehementer Vertreter eines radikalen Reformiertentums, wollte mit einer Edition seiner Schriften das nach wie vor konfessionell indifferente Bild zurechtrücken, das von Dudith in den calvinistischen Kreisen gezeichnet wurde und ihn wieder in das reformierte Lager eingliedern.52 Ihm zufolge waren Dudiths Sympathien für den Antitrinitarismus nur eine kurze Episode gewesen, die nicht ins Gewicht fallen sollte angesichts seiner religiösen, politischen und wissenschaftlichen Aktivitäten insgesamt.53 Er beabsichtigte, zum Beweis eine beachtliche Zahl von Briefen Dudiths zu edieren und wandte sich dafür an zahlreiche Korrespondenzpartner des kaiserlichen Gesandten, wie z.B. an Praetorius. Obwohl dieser eine überaus große Sammlung von Briefen Dudiths besaß, deutet nichts darauf hin, dass er Lingelsheim diese zur Verfügung stellte.54 Der Inhalt der Briefe entsprach wohl nicht den Erwartungen Lingelsheims, da er nicht zur »Entlastung« Dudiths beitrug. Letztendlich kam die Edition von Lingelsheim nicht zustande. Einen erneuten Anlauf unternahm Quirinus Reuter, Professor für Theologie an der Heidelberger Universität und ehemaliger Hauslehrer von Dudiths Kindern in Breslau. Auch er suchte nach Briefen, die Dudiths konfessionelle Haltung als dezidiert reformiert belegen sollten, was offenbar nicht einfach war. So schrieb ihm Nikolaus Rhediger, bei dem Reuter wegen Dudith-Korrespondenzen angefragt hatte, er besitze zwar Briefe von Dudith, wenngleich diese aber, so Rhediger, »sicherlich keine Saat« hervorbringen könnten und damit nicht den Erwartungen des Herausgebers entsprechen würden.55 Die Briefe Rhedigers wurden deshalb – wie viele andere auch – nicht in die Edition von Reuter aufgenommen. Sicherlich waren Praetorius und Rhediger besser über die theologischen Überzeugungen Dudiths informiert als die Heidelberger Theologen und so wollten sie kein Material liefern, das wenn möglich das Gegenteil dessen bewies, was Lingelsheim und Reuter zeigen wollten. Aus diesem Grund bestehen die »Dudithiana« in der Ausgabe von Reuter nur aus zwei Reden, die Dudith

51 52 53

54 55

Dudith, De cometarum significatione. Dieser Kometentraktat ist Johann Crato von Crafftheim gewidmet. Vgl. dazu Dudith: Epistulae, Tl. I, 18f. In einem Brief an Melchior Goldast vom 24. November 1609 schrieb Lingelsheim unter anderem: »Virum illum [Dudithium] colui vivum et veneror mortuum [...] Scio labem eius famae adspersam ob commercium cum Arianis, sed mihi de eius recta fide in Christum et pia morte constat.« Virorum clarissimorum et doctorum ad Goldastum epistolae, 370. Dies geht aus zwei Briefen von Praetorius an Lingelsheim hervor, vom 16. August und 1. September 1607. In: Miegius: Monumenta, Tl. 2, 212–128. Rhediger an Lingelsheim, o. D. In: Klose: Litterarische Unterhaltungen, 649: »Apud me quidem nihil est pagellarum Dudithianarum manuscriptarum praeter litteras quasdam vel privatis de rebus, vel ita libere scriptas, ut edi satis tuto non possint.«

257 auf dem Konzil gehalten hatte, sowie aus wenigen Briefen und Dokumenten, die wohl Bongars und Lingelsheim zusammengetragen hatten, da ihnen Reuters Werk gewidmet ist.56 Bongars selbst besaß wohl selbst eine beachtliche Zahl von Briefen Dudiths.57 Der ungarische Dichter Albert Szenczi Molnár (1574–1634) sagt ausdrücklich in seinen Memoiren, dass er nicht weniger als 50 Briefe von Dudith für Bongars kopiert habe.58 Nur wenige waren jedoch dazu geeignet, in die Edition aufgenommen zu werden. Aus dem Jahre 1585 ist ein Brief Andreas Dudiths an Jacques Bongars erhalten, der – wegen seines dem Verfasser passenden Inhalts – passagenweise auch in die Edition Eingang gefunden hat.59 Gleich zu Beginn schreibt Dudith, dass er zur selben Zeit mit Scham Lutheraner sei, weil er verstehe, dass er weit von diesen Verdiensten entfernt wäre, die er, Bongars, anerkennt; und – weiß Gott! – er freue sich über das Exil, da er merke, dass er zu denen gehöre, die er, Bongars, mit umfassendem Wohlwollen aufgenommen habe.60 Dieses Bekenntnis des 51-jährigen verbannten kaiserlichen Diplomaten spielt zunächst auf seine religiöse Haltung an. Weiter richtet sich Dudith aber an den jungen Gesandten, der mit der bevorstehenden Reise nach Konstantinopel wohl an seiner ersten diplomatischen Mission teilnahm, mit seinem Erfahrungsschatz als Gelehrter im dipomatischen Dienst. Dudith verglich Bongars dabei mit sich selbst, da er über die gleichen Eigenschaften verfügte, nämlich »doctrina«, »pietas«, »prudentia«, »virtus«, »omni praestantium«. Bongars’ Ansehen in den Gelehrtenkreisen war dementsprechend bereits vor sei-

56

57

58 59 60

Dudithi Orationes. In der Widmung an Bongars und Lingelsheim, dat. 30. November 1609, schreibt Reuter: »En vobis, Amplissimis Domini Fauteres aliquas lucubrationes Illustris Andreae Dudithi, ex instructissimae ipsius Bibliothecae [...] tas, ac e tenebris diuturnis vex tandem in lucem et aspecti hominum, [...] vestra sane cohortatio meum animum ante vacillantem expugnavit, Tua, Praestantiss. D. Bongarsi mellitissima epistola, iam ante ad me humanissme scripta, me trepidantem confirmavit, qua petebas, ut ne quid Duditharum Chartarum sinerem perire, vel latere penitus abditum. Tua, clarissme D. Lingelheimi singularis cupiditas insignium monumentorum, ut ab egregiis quibusque; viris, sic et à Dudithio, qui doctrinam et ingenium tuum valde dilexerit (quod ex ipso audivi sepius, ac probe recordor) relictorum me quoque inflammavit, presertim cum intelligerem, illam a magnis pluribus viris inprimis a celebrerrimo nostri seculi historicorum principe incitatam, qui Dudithi ellogio misso regabit efficeres ut illius epistolae ac fragmenta e latebris eruta collegerntur.« Zu Reuter (1558–1613) vgl. ADB 28, 328f. Reuter wurde 1598 Nachfolger von David Paraeus als Theologe in Heidelberg. Vgl. unter Bongars’ Collectanea Theologica, BERN, cod. 142, Nr. 39, Fragment eines Briefes Dudiths an Kaiser Maximilian »Hypothesis uiua Concilii Tridentinii«, des weiteren Briefe Bezas an Dudith. »Jacobo Bongarsio [...] 50 epistolas Andreae Dudithii [...] descripsi«; Dézsi (Hrsg.): Scenczi Molnár, 34. Dudith an Bongars, 14. Januar 1585, UB Wrocław, Akc. 1949/594, Nr. 70 (Kopie), fol. 93–94, passagenweise gedr. in: Dudith: Orationes in Concilio Tridentinum, 523. UB Wrocław, Akc. 1949/594, Nr. 70 (Kopie), fol. 93: »Eodem tempore et pudore Lutherus sum, quod intelligerem me longe ab iis laudib. abesse, quas tu innuis, et mehercle gaudio exilui, quod me in eorum esse numero animadverterem quos tu benevolentia complectendum suscepisti.«

258 nem Amtseintritt bis nach Breslau zu Dudith vorgedrungen, vielleicht mit Hilfe Ancels, mit dem Dudith bekannt war und dessen Urteilskraft, Beredsamkeit und Klugheit er einzigartig fand.61 Dabei rühmte er dessen Gelehrsamkeit nicht nur in der Philologie, sondern auch in den Geheimwissenschaften. Ansonsten gebe es in Prag am kaiserlichen Hof zahlreiche ausländische Gesandten, aber nur wenige, die Lob und Bewunderung verdienten. Dudith nahm also an, dass Bongars einige Zeit am Hof verweilen würde. Wenn Bongars diesem aber für einige Zeit entfliehen wolle, so würde er ihn, Bongars, in sein Haus einladen, in dem ihn nichts von den Wissenschaften ablenken würde.62 Dudith wusste von Bongars’ Kontakten zu Justus Lipsius und erkundigte sich deshalb bei ihm nach zwei seiner Werke.63 Auch ging er davon aus, dass Bongars über den Aufenthaltsort des Engländers Henri Savile kannte, der sechs Monate in Dudiths Haus in Breslau verbracht hatte, und erkundigte sich nach Nachrichten über den englischen Alchemisten John Dee.64 Dieser Brief Dudiths an Bongars ist belegt zweierlei: Zum einen war Bongars bereits vor seinem offiziellen Eintritt in den diplomatischen Dienst ein bekanntes Mitglied der internationalen Gelehrtengemeinschaft mit weitreichenden Kontakten. Zum anderern ermöglichten gerade diese Kontakte ihm Zutritt zu bekannten Gelehrten, die sich als diplomatische Vertreter auf dem Parkett der internationalen Diplomatie bewegten und ihm den beruflichen Einstieg als Gesandter erleichterten. Die konfessionelle Zugehörigkeit erscheint vor diesem Hintergrund zwar als verbindendes Element, Persönlichkeiten wie Andreas Dudith belegen aber, dass sie keineswegs Ausschlusskriterium war, wenn gemeinsame Interessen im Vordergrund standen. Gleichwohl und zur Überraschung Reuters wurde diese Ausgabe der DudithSchriften einer harten Zensur der orthodox reformierten Theologen unterworfen, für die Dudith in seiner konfessionellen Indifferenz ein Häretiker blieb.

Zusammenfassung In den östlichen Gebieten des Reichs hatte Bongars keinen direkten Zugriff auf »Kommunikationszentren«, wie er sie in den oberdeutschen Reichsstädten oder

61 62

63 64

Ebda, fol. 93’: »[…] vel unus Ancelius, magni vir iudcii, eloquentiae, prudentiae singularis«. Ebda, fol. 94: »[…] defero tibi me, domumque meam, et frugalem hominis solitarii et aulae aulicorum consuetudinis desertoris mensam, in qua nihil audies, quod a bonarum litterarum studiis abhorreat.« Dudith bezieht sich dabei auf die Tacitus-Ausgabe und den Kommentar von Lipsius sowie auf dessen Traktat »De amphitheatris«. Der Engländer Henri Savile, ein Freund von Thomas Bodley, war Mathematiker, Astronom und Philologe und bereiste zwischen 1578 und 1584 den Kontinent. Während seines Aufenthalts bei Dudith kopierte er einige von dessen Handschriften und diente Dudith als Mittelsmann zu dessen italienischen Freunden.

259 an den protestantischen Höfen besaß. Allerdings wurde er von seinem Kollegen Ancel über Jahrzehnte hinweg über die wichtigsten Nachrichten aus Prag, den Kronländern sowie den angrenzenden Mächten informiert. Frankreichs Einflussnahme auf die politische Entwicklung beispielsweise in Polen oder die Pflege der französisch-osmanischen Beziehungen, um die Position des Kaisers zu schwächen, waren wichtige Komponenten der französischen Außenpolitik um 1600. Bongars, der für die protestantischen Fürstentümer im Westen des Reichs zuständig war, wusste um die Bedeutung dieser politischen Entwicklungen an der Ostflanke des Reichs. Die ausführliche Berichterstattung, die er von Ancel aus diesen Gebieten erhielt, dokumentiert, wie großräumig Diplomaten wie Bongars dachten und, dass sie keineswegs einer Westorientierung verhaftet blieben. Ein Beispiel für ein im besten Sinne europäisch ausgerichtetes Denken ist auch der mährische Adelige Karl von Žerotín. Das Netz seiner Kontakte und seiner Informationsbeschaffung spannte sich über ganz Europa, wobei zentrale Persönlichkeiten wie Politiker wie Duplessis-Mornay, Kaufleute wie Calandrini oder Gelehrte wie Peucer wichtige Stützpfeiler waren. Die starke Personenabhängigkeit dieser Beziehunggeflechte war bedingt durch die über weite Teile noch sehr perforierten Nachrichtensysteme in Europa. Andererseits garantierte gerade die Exklusivität dieser klar umrissenen Personenkreise einen engen Austausch, da man die eigenen Nachrichtenmöglichkeiten, den Freunden und Gleichgesinnten zur Verfügung stellte. Für Žerotín spielte die Konfession auch im politischen Kontext eine herausragende Rolle, deshalb wurden seine Erwartungen im Lager Heinrichs IV. auch schwer enttäuscht, als er erkannte, dass es für den französischen König um realpolitische und nicht um konfessionelle Motive ging. Insofern ist Žerotíns politisch-religiöse Haltung auch nicht mit dem kaiserlichen Gesandten und Gelehrten Andreas Dudith zu vergleichen. Gleichwohl zunächst katholischer Bischof, dann in Abfolgen Sozinianer, Lutheraner und Reformierter, fühlte sich Dudith vorallem der Gelehrtengemeinschaft zugehörig, die ihm seine konfessionellen Wechselfälle auch nicht ankreideten. Auch für Ancel und Bongars blieb Dudith der herausragende Gelehrte und Diplomat, dessen Verdienste gewürdigt werden sollten, jenseits von konfessionellen Schranken. Wie gegensätzlich dazu erscheint das Klima in Heidelberg und die Reaktion der reformierten Theologen, welche die Edition seiner Schriften wegen seiner konfessionellen Haltung verurteilten.

260

261

Schluss Einige Thesen zur frühneuzeitlichen Diplomatie Jacques Bongars gehörte gewiss nicht zu den französischen Gesandten der »ersten Reihe«: Er wurde weder zu schwierigen Verhandlungen herangezogen, noch machte er sich durch raffinierte diplomatische Winkelzüge einen Namen. Bongars ist heute auch nicht mehr, wie ehedem, aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeiten in einschlägigen Lexika zu finden. Obwohl er zu den anerkannten Mitgliedern der respublica litteraria um 1600 gehörte, sind Werk und Tätigkeit dieses Späthumanisten weitgehend in Vergessenheit geraten – ganz zu Unrecht, wie gezeigt wurde. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden Bongars’ Verdienste für die Politik Heinrichs IV. herausgestellt und sein Leben in der Gelehrtengemeinschaft beleuchtet. Hier ließ sich feststellen, dass Bongars’ Bekanntheit als Diplomat und Gelehrter sehr weite Kreise gezogen hat und dass der Ruf dieses Mannes – unter Kennern eine Berühmtheit – mindestens bis Ende des 17. Jahrhunderts nachhallte. Die Beschäftigung mit Jacques Bongars lässt aber auch ganz andere Beobachtungen zu: an ihm sind exemplarisch die Besonderheiten der frühneuzeitlichen Diplomatie zu erhellen, die zumindest mosaikartig zum Verständnis der europäischen Staatenwelt im 16. Jahrhundert beitragen. Dafür wurde die Untersuchungsmethodik einer »vernetzten Biographie« gewählt und damit der Personenkreis rekonstruiert, mit dem der Gesandte korrespondierte und verkehrte. Bongars’ humanistische Sammelleidenschaft kommt einem solchen Vorhaben entgegen, da durch das für die Frühe Neuzeit ungewöhnlich umfangreich erhaltene Corpus seiner Korrespondenz ein relativ vollständiger Nachweis seiner Kontakte möglich war. In Bezug auf die diplomatische Arbeit Bongars’ lassen sich die folgenden Thesen ableiten:

(1)

Vorsprung durch Professionalität: Die französische Außenpolitik um 1600

Frankreich war um 1600 im Vergleich zu den übrigen europäischen Mächten auf dem Weg zu einer Ordnung als Nationalstaat bereits weit vorangeschritten. Heinrich IV. schaffte es, die Bürgerkriege in seinem Land zu beenden und eine Einigung Frankreichs herbeizuführen, bei der die Frage der Konfession der Frage des einen – nationalen – Gemeinwesens untergeordnet wurde. Während man damit auf innenpolitischer Ebene einen nach nationaler Versöhnung strebenden,

262 die konfessionelle Frage ausklammernden Kurs betrieb, so wurden auf außenpolitischer Ebene die »nationalen« Feinde Frankreichs, d.h. die Casa d’Austria, bekämpft. Die Verwendung des Begriffs der »nationalen« Außenpolitik scheint daher für die Politik unter der Regierung Heinrichs IV. durchaus gerechtfertigt zu sein. Schon unter Heinrich III. war 1588/89 ein eigenes Staatssekretariat für auswärtige Angelegenheiten eingerichtet worden. Diese Abteilung wurde ab 1594 unter der Leitung des ehemaligen Ligisten Nicolas de Neufville, Sieur de Villeroy, zu einem gut organisierten »Außenministerium« mit ständig wachsendem diplomatischen Apparat ausgebaut. Im europäischen Vergleich war Frankreich damit in einer Vorreiterrolle. Man war etwa um ein vielfaches besser gestellt als der Kaiserhof unter Rudolf II., der im selben Zeitraum nur zwei ständige Gesandte unterhielt. Der Kaiser musste sich aus diesem Grund auf die Informationen der spanischen Gesandten stützen, die bei Mächten wie Frankreich, England und den Niederlanden akkreditiert waren, und übernahm deren Interpretation der europäischen Ereignisse, was sich negativ auf eine realistische Einschätzung der Politik im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges ausgewirkte. Im Gegensatz dazu verfügte der französische König über ein ganzes Netz an ständigen Gesandten, deren Informationsdienste dafür verantwortlich waren, dass Paris zu einer der am besten informierten politischen Schaltstellen Europas aufstieg. Das Erkennen der Wichtigkeit von umfassenden und genauen politischen Informationen für die zueinander in Konkurrenz tretenden europäischen Mächte am Beginn der Moderne ist eines der wesentlichen Kennzeichen der Außenpolitik unter Heinrich IV.

(2)

Von der Karriere des Diplomaten: Der ständige Gesandte als Informant

Die Institution der ständigen Gesandten entstand aus dem wachsenden Informationsbedürfnis der sich herausbildenden europäischen Staaten in der Frühen Neuzeit. Aus den zeitgenössischen Traktaten ist zu rekonstruieren, wie das Bild des ständigen Gesandten aussah. Geprägt von humanistischen Vorstellungen, wie sie die italienischen Diplomaten im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts repräsentiert hatten, sahen die Theorien über den idealen Gesandten auch am Ende des 16. Jahrhunderts eine Mischung aus humanistischem Gelehrten und versiertem Politiker vor. Tatsächlich erforderten die Qualitäten eines ständigen Gesandten eine umfassende (Aus)bildung. Juristische Kenntnisse, Fremdsprachen und Auslandserfahrung waren wichtige Einstellungskriterien, die insbesondere von Personen vorgewiesen werden konnten, die bereits den späthumanistischen Bildungskanon von Lateinschule, Artistenfakultät, juristischem Studium und »peregrinatio academica« durchlaufen hatten. Universelles, über fachspezifische Kenntnisse hinausreichendes Gelehrtentum galt nicht als müßiges Beiwerk, sondern als unmittelbarer Ausweis diplomatischer Kompetenz. Der Typus des

263 »gelehrten Gesandten« rekrutierte sich vor allem aus der schmalen Schicht des hochgebildeten Adels und Bürgertums, die über alle diese erforderlichen Einstellungskriterien verfügten. Zu den wichtigsten Aufgaben der ständigen Gesandten gehörte die Sammlung, gegebenenfalls die inhaltliche Einordnung und Weiterleitung von Informationen. Information galt in der Frühen Neuzeit als Ware, die man bei professionellen Agenten kaufen, mit Verbündeten wie z.B. anderen Gesandten austauschen, die man sich auch von den »amici« der internationalen Gelehrtengemeinschaft beschaffen lassen konnte. Für letzteren Weg waren die Kontakte der »gelehrten Diplomaten« innerhalb der respublica litteraria von besonderem Nutzen. Das heißt, es wurden für diplomatische Beziehungen »Verteiler« und Kommunikationswege genutzt, die ursprünglich für einen anderen Zweck installiert worden waren.

(3)

Gelehrtenkorrespondenz als Medium politischer Nachrichten

Verbindendes Element und ursprünglichster Ausdruck der gelehrten Freundschaft war der Brief, der durch die Verwendung der lateinischen Sprache als internationales Kommunikationsmittel fungieren konnte. Der Inhalt der gelehrten Korrespondenz drehte sich vor allem um das Versenden von Büchern und Handschriften. Auch die Zusammenarbeit an Editionsprojekten ist ein vielfach wiederkehrendes Thema, das sich ebenso in Bongars’ Briefwechsel mit Philologen und Historikern häufig findet. Die besondere Beschäftigung mit geschichtlichen Themen ist ein weiteres Merkmal der Gelehrtenkorrespondenz Bongars’. In dieser zeittypischen Hinwendung zur Geschichtswissenschaft wurden im Rahmen einer parallelisierenden Lektüre Antworten auf die sich widersprechenden Strömungen der eigenen Zeit in der Literatur und Geschichte gesucht. Die Beschäftigung mit Geschichte und historischer Literatur hatte demnach ein zeitgenössisches Motiv. Diese Gelehrtenwelt war nicht abgekapselt, sondern an Lösungen der drängenden Fragen der Zeit interessiert. Viele bekannte Späthumanisten saßen in wichtigen politischen Ämtern, wie die Parlamentsjuristen in Paris oder die gelehrten Räte an den fürstlichen Höfen im Reich. Bongars erhielt politische Nachrichten von durchweg allen Gelehrten, mit denen er korrespondierte. So empfing er z.B. von »gelehrten Räten« wie Georg Michael Lingelsheim Informationen über die Politik der protestantischen Höfe, von den Pariser Parlamentsjuristen Nachrichten aus Frankreich und von seinen Verwandten Informationen vom königlichen Hofleben. An Bongars schickten mehr oder weniger professionell als Informanten arbeitende Späthumanisten wie Joachim Camerarius d. J. Nachrichten oder etablierte Gelehrte wie der Professor für Rechtswissenschaften Denis Godefroy, der regelmäßig seine nouvelles de France an Bongars sandte. Das Charakteristische dieser Korrespondenzen ist das Nebeneinander von politischen und gelehrten Inhalten, die oftmals kommen-

264 tarlos ineinander übergingen, wie es eine häufige Floskel von Camerarius war, um von den politischen Nachrichten zu Fragen der Gelehrtenrepublik überzuleiten: »mais laissons les affaires d’Estat et revenons a nos Muses«. Wurde die Gelehrtenkorrespondenz als Transportmittel für politische Nachrichten verwendet, so ist ein unmittelbarer Einfluss dieser Intellektuellen auf politische Entscheidungsträger nur noch schwer nachzuverfolgen. Bei Heinrich IV. ist nicht zu beobachten, dass die Ideen der Späthumanisten seine politischen Entscheidungen beeinflusst hätten. Der späthumanistische Zirkel um den Parlamentspräsidenten und Historiker de Thou beispielsweise war zwar ausgezeichnet informiert, sein konkreter politischer Einfluss ist dennoch als begrenzt zu bewerten.

(4)

Reformierte Unternehmer als materielle Träger der Kommunikationsnetze

Bongars’ Nachrichtennetzwerk hätte ohne die Inanspruchnahme vorhandener Kanäle – genauer der Unternehmensstrukturen der Kaufmannssippen – nicht funktioniert. Eine besondere Rolle innerhalb der Nachrichtenbeschaffung der Gesandten nahmen daher die reformierten Unternehmer ein, die mit ihren Waren auch Informationen verschickten, gemäß dem Motto des niederländischen Kaufmannes Daniel van der Meulen: »Envoyer sans information, ce seroit la pure folie«. Fast wöchentlich erhielt Bongars von van der Meulen derartige »avisi« oder »nouvelles«, die sich der Kaufmann über die Zweigstellen seines Unternehmens zustellen ließ. Im Gegenzug schickte Bongars dem Unternehmer Nachrichten aus dem Reich und adressierte sogar seine diplomatische Korrespondenz für die Niederlande an van der Meulen nach Leiden, der die Weiterleitung per Post organisierte. Damit ist eine zentrale Aufgabe der Unternehmen angesprochen. Der Transport der diplomatischen Korrespondenz wurde zum großen Teil über diese international operierenden Kaufmannssippen abgewickelt. So ist es bei van der Meulen zu beobachten, aber auch bei seinem Verwandten, dem niederländischen Kaufmann Malapert, der ebenfalls den französischen Hof mit Nachrichten belieferte. Auch das Druckerei- und Verlagshaus der Wechel-Erben in Frankfurt stellte Bongars und seinem Kollegen Ancel in Prag die hauseigenen Kurierdienste zum Transport ihrer Briefe zur Verfügung. Der politische Einfluss, den diese Unternehmer ausgeübt haben mögen, liegt noch weitgehend im Dunkeln und wäre eine lohnende Forschungsaufgabe. Wirkten sie allein schon durch ihre Informantentätigkeit auf außenpolitische Konzeptionen ein, so engagierten sie sich auch direkt in politischen Vermittlungsgeschäften, wie am Beispiel van der Meulens erkennbar wurde und wie es insbesondere auf den Nürnberger Bankier Caesar Calandrini zutrifft. Unternehmerpersönlichkeiten wie Calandrini wirkten durch ihre Kreditvergabe unmittelbar auf die Gestaltung zwischenstaatlicher Beziehungen ein. So war Calandrini als Finanzier sowohl für Frankreich wie auch für verschiedene Reichsstände und

265 den Kaiser tätig. Daneben standen diese reformierten Unternehmer in engem Kontakt mit der Gelehrtenwelt, wie am Beispiel Calandrinis und van der Meulens zu sehen ist.

(5)

Unterschiedliche Netzwerke und ihre diplomatisch zweckmäßige Verknüpfung

Hauptaufgabe dieser gelehrten Netzwerke war der Nachrichtenaustausch. Die Prosopographie der Kontakte Bongars’ zeigt, dass nicht von »dem« Netzwerk schlechthin gesprochen werden kann. Es lassen sich vielmehr unterschiedliche Netzwerke herausfiltern, die lokal begrenzt, ebensogut aber auf internationaler Ebene funktionieren konnten. So ist etwa Bongars’ Kontakt zu dem Kreis der Heidelberger Räte ein Beispiel für ein engmaschiges, auf persönliche Kontakte angelegtes Netzwerk, wie auch die Verbindungen des französischen Gesandten zu den reformierten Exulantengemeinden in Frankfurt. Da letztere den Kontakt mit den Reformierten in den Niederlanden aufrecht hielten, weitete sich dieses Netzwerk überregional aus. Bongars passte sich bei der Wahl seiner Adressaten der politischen Binnenstruktur der protestantischen Höfe an. In Heidelberg pflegte er engen Kontakt zu den »gelehrten Räten«, da unter Kurfürst Friedrich IV. die politischen Entscheidungen mehr oder weniger vom Oberrat getroffen wurden. Im Gegensatz dazu korrespondierte Bongars in Kassel mit dem Landgrafen Moritz persönlich, da dieser die politischen Beziehungen zu Frankreich maßgeblich selbst bestimmte. Aber auch in Kassel ist ein enger Kontakt zwischen Bongars und den Räten festzustellen. Fester Bestandteil der Korrespondenz zwischen Bongars und den fürstlichen Räten ist der Nachrichtenaustausch, der auch kontinuierlich während Bongars’ diplomatischer Tätigkeit nachzuverfolgen ist. Insofern könnte man die Verbindung zwischen dem französischen Diplomaten und den Räten bereits als Versatzstücke eines Netzwerkes bezeichnen, wenn man für den Begriff Netzwerk eine gewisse Kontinuität und Stabilität voraussetzt. Die Grußadressen in der Korrespondenz mit den Heidelberger Räten (»amici«) geben Aufschluss über den späthumanistischen Kreis in Heidelberg, dem die Oberräte Lingelsheim, Plessen, Colli, aber auch Dichter wie Melissus, Gruter und Denaisius angehörten. Dieser Kreis erhielt politische Informationen u.a. von westeuropäischen Reformierten und gab die Nachrichten an Bongars weiter. Zu den »amici« Lingelsheims gehörte unter anderem auch der anhaltinische Rat Caspar Peucer, dessen politische Analysen für Bongars in ihrer prononciert calvinistischen Ausrichtung den konfessionalistischen und antihabsburgischen Kurs dieses Zirkels deutlich erkennbar machen. Unabhängig von Bongars stand dieser Heidelberger Kreis wiederum mit den Parlamentsjuristen in Paris in Kontakt und in ständigem Nachrichtenaustausch.

266 Von ganz anderer Struktur war das Netzwerk der »amici« von Camerarius, über die der Nürnberger Gelehrte seine Informationen bezog. Die guten Verbindungen von Camerarius nach Böhmen, Mähren und Schlesien bildeten die Quelle für die Nachrichten, die Bongars aus diesen Teilen des Reichs nach Paris schickte. Camerarius konnte dabei auf Verbindungen zurückgreifen, die bereits sein Vater zu den Vertretern der böhmischen Brüderunität geknüpft hatte und die sein Sohn weiterpflegte. Die politische Rolle von Camerarius ist noch lange nicht hinreichend ausgeleuchtet. Dank seiner komplexen Beziehungen zu internationalen Reformiertenkreisen wie Languet in Sachsen, Pezel in Bremen, Žerotín d.Ä. in Mähren, Duplessis-Mornay in Frankreich besaß er eine wichtige Funktion als »Schaltstelle« für die Nachrichtendistribution der Reformierten am Ende des 16. Jahrhunderts. Der Informationsfluss ist im einzelnen jedoch nur noch schwer nachzuzeichnen und bedürfte weit umfangreicherer Studien zur Person Camerarius’. An dieser Stelle stellt sich die Frage nach den Motivationen dieser Gelehrten, Diplomaten und Politiker, Nachrichten quer durch ganz Europa zu schicken. Im Sinne einer europäischen Gleichgewichtskonzeption suchten die protestantischen Stände die Nähe zu Mächten wie England und Frankreich, um der Ausbreitung des Habsburger Machtkomplexes Widerstand zu leisten. Insofern ist die organisierte Nachrichtenbelieferung innerhalb dieses antihabsburgischen Systems bereits vorbereitende Maßnahme zu einer konkreten Zusammenarbeit auf politischer Ebene. Explizit sprechen sich die Korrespondenzpartner Bongars’ über solche Pläne nicht aus. Nur in den 1580/90er Jahren entstand zumindest für kurze Zeit zu einer Art Nachrichtenring. Daran beteiligten sich französische und englische Diplomaten, reformierte Theologen wie Christoph Pezel und Johannes Stucki, niederländische Kaufleute wie Daniel van der Meulen in Leiden und sein Verwandter Malapert in Frankfurt, der mährische Magnat Karl von Žerotín d.Ä., der französische Staatsmann Philippe Duplessis-Mornay, die Ärzte und Philippisten Joachim Camerarius d. J. und Caspar Peucer. Obwohl alle Teilnehmer dieses Nachrichtenrings Philippisten oder Reformierte waren, ist die Konfession innerhalb dieses Nachrichtensystems von sekundärer Bedeutung: denn es ging vorrangig um politische, nicht konfessionelle Ziele, die man durch gemeinsames Vorgehen erreichen wollte.

(6)

Diplomatie und Naturwissenschaft – wissenschaftliche Kontakte als politischer Brückenschlag

Für Bongars und Ancel, den französischen Gesandten in Prag, konnten Kontakte zu alchemistisch-paracelsischen und astrologisch-astronomischen Kreisen nachgewiesen werden, oder aber ihre Patronage für Personen aus diesen Wissenschaftszweigen ist verbürgt. Die Frage, welche Bedeutung sich aus diesen Kontakten der Diplomaten zu natur- bzw. geheimwissenschaftlichen Kreisen

267 für die politische Kommunikation ergaben, ist auf der Grundlage des vorhandenen Quellenmaterials nur sehr vorsichtig zu beantworten. In der Renaissance standen Geheimwissenschaften und Naturwissenschaften als zwei gleichwertige Traditionen der Gelehrsamkeit nebeneinander und wurden in gewisser Weise als komplementäre Denksysteme gesehen. Dennoch ist die Nähe der Diplomaten gerade zu den alchemistisch-paracelsischen Kreisen auffallend. Sie erklärt sich sehr einfach in der konfessionellen Zuordnung des Paracelsismus zum Protestantismus. Die Alchemie als Wegbereiterin empirischer Forschung wurde vor allem im protestantischen oder konfessionell toleranten Herrschaftsbereich gefördert. Darauf bezieht sich auch Bongars in einem Brief an seinen Protegé, den Alchemisten Andreas Libavius, dem er in einem Brief dafür dankte, dass er die »Wahrheit gegen die herrschende Lehrmeinung (sc. der katholischen Sorbonne) verteidigt habe«. In gleicher Weise engagierte sich Bongars bei der Veröffentlichung des Werkes des Astrologen Helisäus Röslin, das eine Zusammenschau aller Wissensgebiete bot. Hinter dieser Begeisterung stand – kennzeichnend für die Zeit des Späthumanismus – die Suche nach umfassend gültigen Ordnungsmodellen. Die sich verkomplizierenden Erfahrungen angesichts der politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen am Ausgang des 16. Jahrhunderts förderten die Suche nach Erklärungsmodellen, wie sie im Prag Rudolfs II. am deutlichsten zu beobachten ist. Für Bongars mag das Interesse an diesen Wissenschaftszweigen die Verständigung zu Moritz von Hessen-Kassel erleichtert haben, sein Kollege Ancel in Prag kam durch seine alchemistischen Versuche in Kontakt mit dem Hof der Rosenbergs in Südböhmen und stand darüber mit den Gesandten anderer Mächte und internationalen Wissenschaftlern am Hof Rudolfs II. in Verbindung. In diesem Sinne vermochten Wissenschaftskontakte Brücken zu schlagen – über konfessionelle oder politische Gräben hinweg. Gerade in diesen vermittelnden Funktionen wirkten sie mit an einer genuinen Aufgabe der Diplomatie.

(7)

Zu den Grenzen gelehrter Kommunikation

Die frühneuzeitlichen Diplomaten verfügten über ein lose verschachteltes System aus verschiedenen Netzwerken, das unterschiedliche Personen aus gelehrten, religiösen, wirtschaftlichen und politischen Gruppen zu integrieren vermochte und das deshalb als Surrogat für die noch fehlende diplomatische Infrastruktur fungierte, die noch keine institutionalisierten Kommunikationskanäle besaß. Allerdings können auch eindeutig Grenzen der gelehrten Kommunikation gezogen werden. Die Kommunikation zwischen den Späthumanisten war zumeist projektbezogen und immer personengebunden. Man korrespondierte mit de Thou, Lingelsheim und anderen, nicht per se mit dem Pariser Parlament oder dem Pfälzer Oberrat. In diesem Sinne brachen Kontakte z.B. mit der Beendigung einzelner Editionsprojekte oder mit dem Tod einzelner Humanistenpersönlich-

268 keiten ab. Die Kontakte, wie sie um Bongars herum konstruiert werden können, waren deshalb oft nur von kurzer Dauer und instabil. Nirgends lässt sich wohl die Diskrepanz zwischen den Maßnahmen nationaler Außenpolitik und der Idee einer internationalen Gelehrtenrepublik deutlicher wahrnehmen, als bei der Gruppe der »gelehrten Diplomaten«, die in den Jahrzehnten um 1600 Europa durchkreuzten. Auch Bongars’ »platonische Reise« nach England illustriert diesen Gegensatz zwischen politischen und gelehrten Interessen. Offiziell dem französischen »Außenminister« Villeroy als Versuch angekündigt, den englischen König aufzufordern, sich an die Spitze einer gesamtprotestantischen Bewegung zu setzten, nutzte Bongars diese politisch weitgehend nutzlose Reise, um zur Vollendung eines Editionsprojektes ungestört in englischen Archiven und Bibliotheken forschen zu können und sich mit verschiedenen Wissenschaftlern zu treffen. In zahlreichen Briefen betonte Bongars immer wieder den Gegensatz zwischen seiner Berufung als Philologe und Historiker einerseits und seinem Beruf im »erstickenden Dunst« des Hoflebens andererseits. Der Nachdruck, mit dem solche Klagen vorgebracht wurden, läßt erkennen, dass es sich dabei nicht nur um einen Topos handelte. Auch seine eigene politische Auffassung empfand Bongars im zweiten Jahrzehnt seiner diplomatischen Tätigkeit kontrovers zu der außenpolitischen Linie Heinrichs IV. Es ist auffallend, dass sich Bongars gegen Ende seiner beruflichen Laufbahn immer mehr die konfessionalistische Argumentation der Kurpfalz zu eigen macht. Dieses Verhalten wurde ihm von Heinrich IV. in zwei Konflikten angekreidet. In der Affäre um den Herzog von Bouillon sowie in der Krise um Jülich-Kleve vermochte Bongars nicht zwischen konfessionellen und rein pragmatisch-politischen Argumenten zu unterscheiden, die den französischen König leiteten. Bongars überdehnte in beiden Situationen seinen Kompetenzbereich als Gesandter erheblich und wurde für Heinrich IV. damit unbrauchbar. Bongars nutzte dem französischen König in erster Linie durch seine guten Kontakte zu den protestantischen Höfen, durch seine exzellenten Kenntnisse der politischen Verhältnisse im Reich und durch seine fein ziselierten Wege der Nachrichtenbeschaffung. Mit seiner eigenen politischen Konzeption, die offensichtlich dem Konfessionellen zur Unzeit Gewicht beimaß, war Bongars der französischen Außenpolitik eher hinderlich. Ein halbes Jahrhundert später, in der Mitte des 17. Jahrhunderts, sind die nationalen Grenzen in Europa festgelegt, der zwischenstaatliche Verkehr durch Regeln und Vorschriften festgeschrieben, die Diplomatie durch die Staatsgewalt monopolisiert. Die unkonventionellen Pfade der Diplomaten um 1600 werden nach und nach von institutionalisierten, gleichsam bereinigten, vom Dickicht personalisierender Zuschreibungen befreiten Nachrichtenwege abgelöst. Das Medium des gelehrten Briefes wird durch gänzlich andersgeartete formalisierte Verfahren ersetzt. Aus »Musenfreunden« werden bürokratisch geschulte Staatsbeamte im »Auswärtigen Dienst«. Mit den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück beginnt zwar ein neuer Abschnitt der europäischen Geschichte,

269 nicht aber die moderne Diplomatie – diese hatte schon mehrere Generationen vorher Gestalt angenommen und sie hatte seitdem effizienter gearbeitet, als bisher angenommen.

270

271

Anhang

272

273

1.

Abkürzungen und Siglen

Abt. ADB AHR AHSI AJIL AKG Anm. ARG Bd. BlldtLG B. N. BSHPF BU CCH CEH cod. DBF Diss. med. Diss. phil. DNB ebda EHR ep. fl. fol. GWU HA HdEG HJb HZ JBS JModH JSKG Kap. MIÖG MÖStA MVGN NBG ND NDB N. F. o. D. o.O. o. S. Rep. RH

Abteilung Allgemeine Deutsche Biographie The American Historical Review Archivum Historicum Societatis Iesu The American Journal of International Law Archiv für Kulturgeschichte Anmerkung Archiv für Reformationsgeschichte Band Blätter für deutsche Landesgeschichte Bibliothèque Nationale de France Bulletin de la Société d’Histoire du Protestantisme Français Biographie Universelle Český časopis historický Central European History codex Dictionnaire de Biographie Française medizinische Dissertation philosophische Dissertation Dictionary of National Biography ebenda The English Historical Review epistola floreni: Gulden folio Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Hauptabteilung Handbuch der europäischen Geschichte Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft Historische Zeitschrift Journal of British Studies The Journal of Modern History Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte Kapitel Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg Nouvelle Biographie Générale Neudruck Neue Deutsche Biographie Neue Folge ohne Datumsangabe ohne Ortsangabe ohne Seitenangabe Repositur Revue historique

274 RHD RQH SCJ st.v. TRE VSWG Zedler

ZfO ZGO ZHF zit. Zs. ZVHG

Revue d’histoire diplomatique Revue des questions historiques The Sixteenth Century Journal stilo vetere Theologische Realenzyklopädie Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, 64 Bde., 4 Supplemente, Halle / Leipzig 1732–1754 [Nachdruck Graz 1961–1964] Zeitschrift für Ostforschung (seit 1995: Ostmitteleuropa-Forschung) Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift für Historische Forschung zitiert Zeitschrift Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte

275

2.

Quellen- und Literaturverzeichnis

2.1

Ungedruckte Quellen

Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK) – I. HA: Geheimer Rat, Rep. 11 (Auswärtige Beziehungen mit Frankreich), Nr. 82 – I. HA: Geheimer Rat, Rep. 39 (Ältere Kriegssachen des 16. Jahrhunderts), Nr. 760 Bern, Burgerbibliothek (Bern) Bongarsiana (Nachlass von Jacques Bongars) – H 19 – cod. A 5 (»Clavis Bibliothecae Bongarsianae«) – cod. 139, 140 (Geschichte) – cod. 141 (Autographen) – cod. 142 (Sammlung Theologie) – cod. 143 (Genealogien) – cod. 144 (Historische Sammlungen) – cod. 145 (Historische Sammlungen, französische Geschichte) – cod. 146 (Sammlung zu Philologie und Geschichte) – cod. 147 (Sammlung zur Geschichte Jülich-Kleves) – cod. 148 (Verschiedenes) – cod. 149 (Sammlung zu Rechtswissenschaft, Medizin, Alchemie) – cod. B 149 (Briefe Bongars’) – cod. 150 (Philosophische und theologische Schriften Bongars’) – cod. 282 – cod. 455 – cod. 468 – cod. 492–494 (Schulbücher) – cod. 692 (Stammbuch) Frankfurt am Main, Institut für Stadtgeschichte – Ratsprotokoll, Bürgermeisterbuch (1596, 1599) – Reichssachen III, Nr. 10110 Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek (SUBH) – supellex epistolica 13, 29, 46, 60, 94 (Briefe von Bongars) – supellex epistolica 30 (419 Briefe an Bongars, bis 1600) – supellex epistolica 31 (321 Briefe an Bongars, 1601–1605) – supellex epistolica 32 (352 Briefe an Bongars, 1606–1612) Karlsruhe, Geheimes Landesarchiv (GLA) – GLA 46/4809, Stücke 10, 16, 17 (Korrespondenz Markgraf Ernst Friedrich von BadenDurlach, »Bündnisse«) Marburg a.d. Lahn, Hessisches Staatsarchiv (StAM) – 4 f Frankreich, Nr. 711, 760, 1153, 1178, 1172, 1184, 1185, 1189, 1192, 1194, 1198–1210, 1213 – 81 A 96, Nr. 38 (Archiv der Grafschaft Hanau) – 86/10827 München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA) – Pfalz-Neuburger Akten 817 (Korrespondenz Bongars – Pfalzgraf Philipp-Ludwig, 1603)

276 – Kasten schwarz 16670 (Verhandlungen am Kurpfälzer Hof, 1596–1600) – Jülich-Berg h 179 (1610), h 185/1 (1609) München, Bayerische Staatsbibliothek (BSB) – Cod. lat. 10371–10372 – Collectio Camerariana (Clm) 10388 Paris, Bibliothèque Nationale de France – Manuscrits (B.N.) Fonds Français (FR) – 7125–7132 (Nachlass Jacques Bongars) – 15577–15580 (Regierung Heinrichs IV.) Collection Dupuy (Coll. Dupuy) – 88, 193, 268, 348, 480, 490, 583, 632, 638, 699, 706, 712, 797, 818, 820, 830, 836, 838, 927 Series généalogiques français – FR 31593 (Collection Chérin 31, Nr. 629) – FR 29654 (Dossiers bleus 109, Nr. 2795) – FR 30337 (Carrés d’Hozier, Nr. 108) – FR 31277 (Nouveau d’Hozier 52, Nr. 1016, 403; FR 26887, Nr. 9015) Paris, Bibliothèque de la Société de l’Histoire du Protestantisme Français (BSHPF) – Manuscrits 10 V, VI, VII (Autographen Lingelsheims u. a.) – Manuscrits 759/1–2 (Briefe von Bongars) Paris, Institut de France (I.F.) Collection Godefroy (Coll. Godefroy) – 263 (Briefe) – 286, 330, 394, 492 (Briefe an Bongars) – 488 (Memorandum zur Nachfolge in Jülich-Kleve) – 53, 262, 263, 548 (Verhandlungen in Deutschland) Wrocław, Biblioteka Uniwersytecka (UB Wrocław) – Akc. 1949/594, Nr. 70 – Akc. 1949/713, Nr. 2, 76

2.2

Gedruckte Quellen und Literatur

Aerssen, François de: Un envoyé hollandais à la cour de Henri IV. Lettres inédites de François d’Aerssen à Jacques Valcke, trésorier de Zélande 1599–1603 par Joseph Nouillac, Paris 1908. Allen, E. John B.: Les Courriers diplomatiques à la fin du XVIe siècle (1560–1600). In: RHD 86 (1972), 227–236. Ders.: Post and courier service in the diplomacy of Early Modern Europe, Den Haag 1972. Anderson, Matthew Smith: The Origins of the Modern European State System, 1494–1618, London / New York 1998. Ders.: The rise of modern diplomacy 1450–1919, London / New York 1993. Andreas, Willy: Italien und die Anfänge der neuzeitlichen Diplomatie. In: HZ 167 (1943), 259–284 und 476–496. Ders.: Staatskunst und Diplomatie der Venezianer im Spiegel ihrer Gesandtenberichte, Leipzig 1943. Andrieux, Maurice: Henri IV dans ses années pacifiques, Paris 1954. Anquez, Léonce: Henri IV et l’Allemagne d’après les mémoires de la correspondance de Jacques Bongars, Paris 1887. Arnold, Franz Xaver: Die Staatslehre des Kardinals Bellarmin. Ein Beitrag zur Rechts- und Staatsphilosophie des konfessionellen Zeitalters, München 1934. Asche, Matthias: »Peregrinatio academica« in Europa im Konfessionellen Zeitalter. Bestandsaufnahme eines unübersichtlichen Forschungsfeldes und Versuch einer Interpretation unter migrationsgeschichtlichen Aspekten. In: Jahrbuch für Europäische Geschichte 6 (2005), 3–33. Autrand, Françoise: Y a-t-il des »affaires étrangères« dans la France des XIVe et XVe siècles? In: Dieter Berg / Martin Kintzinger / Pierre Monnet (Hrsg.): Auswärtige Politik und inter-

277 nationale Beziehungen im Mittelalter (13. bis 16. Jahrhundert) (Europa in der Geschichte. Schriften zur Entwicklung des modernen Europa, Bd. 6), Bochum 2002, 23–29. Dies.: Jean de Berry, un diplomate de carrière. In: ebda, 259–269. Ayrmann, Christoph Friedrich: Sylloge anecdotorvm omnis aevi chronicorvm, diplomatvm, epistolarvm, commentationvm, historias exterasque, civiles et ecclesiasticas, illvstrantivm, Bd. 1, Frankfurt am Main 1746. Baade, Anne A.: Melchior Goldast von Haiminsfeld. Collector, commentator and editor, New York 1992. Babeau, Albert: Une ambassade en Allemagne sous Henri IV. In: RH 60 (1896), 28–49. Babel, Rainer: Deutschland und Frankreich im Zeichen der habsburgischen Universalmonarchie 1500–1648 (Deutsch-französische Geschichte, Bd. 3), Darmstadt 2005. Ders. (Hrsg.): Frankreich im europäischen Staatensystem der Frühen Neuzeit (Beihefte der Francia, Bd. 35), Sigmaringen 1995. Babélon, Jean-Pierre: Henri IV, Paris 1982. Babinger, Franz: Herkunft und Jugend Hans Lewenklaw’s. In: Westfälische Zeitschrift 98/99 (1949), 112–127. Ders.: Johannes Lewenklaws Lebensende. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 50 (1951), 5–26. Ders.: Nachtrag zur Abhandlung Herkunft und Jugend Hans Lewenklaw’s. In: Westfälische Zeitschrift 105 (1955), 97. Ders.: Wolfgang Zündelin (1538–1614). Ein politischer Humanist und Flüchtling zu Winterthur. In: Winterthurer Heimatblätter 15 (1948), 116–120. Ders.: Wolfgang Zündelin (1538–1614), ein protestantischer Humanist aus Konstanz. In: Oberländer Chronik. Heimatblätter des Südkuriers 2 (1949), o. S. Badweyler, Johann Baptist: Caluinisch Badstübl / Das ist: Ein kurtzer doch außfürlicher vnnd lustiger warhafftiger Bericht / was massen die Casimirische / Schweitzerische / vnd Nauarrische / Teutsche vnnd Frantzösische Caluinisten den grossen Schandfleck / welchen sie im Frantzösischen Krieg / Anno 87. daruon getragen / gern wolten abwaschen [...], München 1587. Bahlcke, Joachim: Das Herzogtum Schlesien im politischen System der Böhmischen Krone. In: ZfO 44 (1995), 27–55. Ders.: Regionalismus und Staatsintegration im Widerstreit. Die Länder der böhmischen Krone im ersten Jahrhundert der Habsburgerherrschaft (1526–1619) (Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte, Bd. 3), München 1994. Ders.: Schlesien und die Schlesier (Studienbuchreihe der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Bd. 7), München 1996. Baillou, Jean: Les affaires étrangères et le corps diplomatique français, Bd. 1: De l’ancien régime au second empire (Histoire de l’administration française), Paris 1984. Barendrecht, Sietske: François van Aerssen, Diplomat aan het Franse Hof (1598–1613), Leiden 1965. Barnaud, Nicolas: Le miroir des François, compris en trois livres contenant l’estat et le maniement des affaires de France tant de la justice que la police, Paris 1582. Ders.: Quadriga Aurifera, Leiden 1599. Ders.: Wacht früh auff. Das ist summarischer unnd warhaffter Bericht von den verschiedenen, auch gegenwärtigen beschwerlichen Händeln in Frankreich, den Franzosen und andern genachbarten nationen zu gutem, inn zween Dialogos oder Gespräch gestellet und verfasset, Edinburgh 1593. Barnavi, Elie / Miriam Eliav-Feldon: Le périple de Francesco Pucci. Utopie, hérésie et vérité religieuse dans la Renaissance tardive, Paris 1988. Baudrillart, Alfred: La politique de Henri IV en Allemagne. In: RQH 37 (1885), 406–484. Bayle, Pierre: Dictionaire historique et critique, 5ème éd., rev., corr., et augm., 4 Bde., Amsterdam 1740. Bayrou, François: Henri IV, Paris 1994. Behrens, Betty: Treatises on the Ambassador written in the fifteenth an early sixteenth centuries. In: EHR 51 (1936), 616–627.

278 Behringer, Wolfgang: Köln als Kommunikationszentrum um 1600. Die Anfänge des Kölner Post- und Zeitungswesens im Rahmen der frühneuzeitlichen Medienrevolution. In: Georg Mölich / Gerd Schwerhoff (Hrsg.): Köln als Kommunikationszentrum. Studien zur frühneuzeitlichen Stadtgeschichte (Der Riss im Himmel. Clemens August und seine Epoche, Bd. IV), Köln 2000, 183–210. Ders.: Thurn und Taxis. Geschichte ihrer Post und ihrer Unternehmen, München / Zürich 1989. Ders.: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 189), Göttingen 2003. Beiderbeck, Friedrich: Heinrich IV. von Frankreich und die protestantischen Reichsstände, 2 Tle. In: Francia 23/2 (1996), 1–32 und Francia 25/2 (1998), 1–25. Ders.: Deutsche kulturelle Referenzen in der französischen Außenpolitik im 16. Jahrhundert. In: Wolfgang Schmale (Hrsg.): Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert (Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 2), Innsbruck / Wien / München / Bozen 2003, 185–203. Ders.: Zwischen Religionskrieg, Reichskrise und europäischem Hegemoniekampf. Heinrich IV. von Frankreich und die protestantischen Reichsstände (Innovationen. Bibliothek zur Neueren und Neuesten Geschichte, Bd. 8), Berlin 2005. Ders. / Gregor Horstkemper / Winfried Schulze (Hrsg.): Dimensionen der europäischen Außenpolitik zur Zeit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert (Innovationen. Bibliothek zur Neueren und Neuesten Geschichte, Bd. 10), Berlin 2003. Bell, Gary M.: Elizabethan diplomatic compensation: its nature and variety. In: Journal of British Studies 20 (1981), vol. 2, 1–25. Ders.: A Handlist of British diplomatic representatives 1509–1688 (Royal Historical Society, Guides and Handbooks, No. 16), London 1990. Bellarmin, Robert: Tractatus de potestate summi pontificis in rebus temporalibus, Rom 1610. Beller, Elmer Adolph: The negotiations of Sir Stephen Le Sieur 1584–1613. In: EHR 40 (1925), 22–33. Bély, Lucien: La France moderne 1498–1789 (Collection premier cycle), 3. éd. revue et corr., Paris 1996. Ders.: Les relations internationales en Europe XVIIe –XVIIIe siècles, Paris 1992. Benzenhöfer, Udo: Paracelsus, Reinbek b. Hamburg 1997. Ders. (Hrsg.): Paracelsus, Darmstadt 1993. Benzing, Joseph: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen, Bd. 12), 2., verb. und erg. Aufl. Wiesbaden 1982. Berg, Dieter: Deutschland und seine Nachbarn 1200–1500 (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 40), München 1997. Ders. / Martin Kintzinger / Pierre Monnet (Hrsg.): Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter (13. bis 16. Jahrhundert) (Europa in der Geschichte. Schriften zur Entwicklung des modernen Europa, Bd. 6), Bochum 2002. Berger de Xivrey, Jules: Receuil des lettres missives de Henri IV, 9 Bde., Paris 1843–1876. Bernays, Isaak: Die Diplomatie um 1500. In: HZ 138 (1928), 1–23. Bernays, Jacob: Joseph Justus Scaliger, Berlin 1855. Berndorfer, Alfred: Die medizinischen Briefe des ungarischen Humanisten Andreas Dudith (1533–1589). In: Communicationes ex Bibliotheca historiae medicae Hungarica, Bd. 2, Budapest 1956, 46–71. Berns, Jörg Jochen: Peregrinatio academica und Kavalierstour. Bildungsreisen junger Deutscher in der Frühen Neuzeit. In: Conrad Wiedemann (Hrsg.): Rom – Paris – London. Erfahrungen und Selbsterfahrung deutscher Schriftsteller und Künstler in den fremden Metropolen, Stuttgart 1988, 155–181. Besler, Basilius / Ludwig Jungermann: Hortus Eystettensis, Eichstätt / Nürnberg 1613 [Teilnachdruck Grünwald 1964].

279 Beutin, Ludwig: Der Deutsche Seehandel im Mittelmeergebiet bis zu den Napoleonischen Kriegen (Abhandlungen zur Handels- und Seegeschichte, 1), Neumünster 1933. Bezold, Friedrich von: Das Bündnisrecht der deutschen Reichsfürsten bis zum westfälischen Frieden, Bonn 1904. Ders.: Wolfgang Zündelin als protestantischer Zeitungsschreiber und Diplomat in Italien, 1573–1590. In: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften zu München, Bd. 2, Heft 2, München 1882, 139–174. Ders. (Bearb.): Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir mit verwandten Schriftstücken, 3 Bde., München 1882–1903. Biographie universelle, ancienne et moderne, hrsg. von Louis Gabriel Michaud, Paris 1854– 1865. Bireley, Robert: Hofbeichtväter und Politik im 17. Jahrhundert. In: Michael Sievernich / Günter Switek (Hrsg.): Ignatianisch. Eigenart und Methode der Gesellschaft Jesu, Freiburg i. Br. / Basel / Berlin 1990, 386–403. Blet, Pierre SJ: Jésuites et libertés gallicanes en 1611. In: AHSI 24 (1955), 165–188. Bloesch, Hans: Die Miniaturen der Bongarsiana. In: Hans Bloesch (Hrsg.): Die Stadt- und Hochschulbibliothek Bern. Bibliotheca Bernensis Bongarsiana 1632–1932. Zur Erinnerung an ihr 400jähriges Bestehen und an die Schenkung der Bongarsiana im Jahr 1632, Bern 1932, 123–136. Boas, Marie: Die Renaissance der Naturwissenschaften 1430–1630. Das Zeitalter des Kopernikus, Gütersloh 1965 [ND Nördlingen 1988]. Bodin, Jean: Über den Staat. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Gottfried Niedhart, Stuttgart 1994. Böse, Kuno: Amt und sozialer Aufstieg: die Familie Guillaume de Chavaudon (16. bis 18. Jahrhundert). In: Klaus Malettke (Hrsg.): Ämterkäuflichkeit: Aspekte sozialer Mobilität im europäischen Vergleich (17. und 18. Jahrhundert). Unter Mitwirkung von Adolf M. Birke und Ilja Mieck (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 26), Berlin 1980, 53–68. Bongars, Jacques: Epistolae ad Joachimum Camerarium, Leiden 1646. Ders.: Excerptiones chronologicae ad Justini Historias accomodatae. In: Jacques Bongars, Justini historiae Philippicae [...], o.O. 1719 [Neuaufl. 1757]. Ders.: Gesta Dei per Francos, siue orientalivm expeditionvm, et regni Francorum Hierosolimitani Historia a Variis, sed illius aeui scriptoribus, litteris commendata, Bd. 1, Hanau 1611; Bd. 2: Liber secretorvm fidelivm crvcis super terrae sanctae recvperatione et conservatione. Quo et Terrae Sanctae Historia ab origine et eiusdem vicinarumque Prouinciarum Geographica descriptio continetur cuius auctor Marinus Sanutus dictus Torsellus Patricius Venetus, Hanau 1611 [Nachdruck 1619]. Ders.: Ivstinvs. Trogi Pompeii Historiarvm Philippicarvm epitoma: Nuper ex manuscriptis codicibus emendata, et Prologià Bongarsio aucta: Nunc vero secundo recognita et ad Mss. item librorum Fuldensium maxime fidem ex integro emaculata à Fr. Modio Brvg. [...], Frankfurt am Main 1616. Ders.: Justini Historiae Philippicae cvm integris commentariis Jac. Bongarsii, Franc. Modii, Matth. Bernecceri, M. Z. Boxhornii, Is. Vossii, J. Fr. Gronovii, J. G. Graevii, T. Fabri, J. Vorstii, J. Schefferi, et excerptis aliorum. Curante Abrahamo Gronovio, [zuerst 1669] Leiden 1719. Ders.: Libellus variarum lectionum coniectura, o.O. 1757. Ders.: Prologi Historiarum Philippicarum Pompeii Trogi. In: Jacques Bongars: Justini historiae Philippicae [...], 1719, 755–816. Ders.: Qvaestio parricidii a Iohanne Chastel, Iesvitarvm discipvlo, attentati in Henricum IV Christianissimum Regem Francorum et Navarrae; et senatvsconsvlta contra Parricidam ac Iesvitas facta, Paris 1595. Ders.: Rerum Hungaricarum scriptores varii, Frankfurt am Main 1600. Ders.: Responsio ad scriptvm Baronis Fabiani a Donaw, qvod de sva in Galliam expeditione avxilio Serenissimi Regis Navarrae et Ecclesiarum Gallicarum suscepta, Germanicè edidit, o.O. 1588.

280 Ders.: Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum de temporali potestate papae commentatio, Heidelberg 1612. Ders. / Georg Michael Lingelsheim: Epistolae, Straßburg 1660 [zit. Ling. ep.]. Borel, Pierre: Bibliotheca chimica seu catalogus librorum philosophicorum hermeticorum, Heidelberg 1656. Bots, Hans / Françoise Waquet (Hrsg.): Commercium Litterarium 1600–1750. La communication dans la République des Lettres, Amsterdam 1994. Bott, Heinrich: Gründung und Anfänge der Neustadt Hanau 1596–1620, 2 Bde. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck, 30), Marburg a.d. Lahn 1970–1971. Ders.: Jacques (Jacob) Bongars, Resident des Königs Heinrich IV. von Frankreich bei den Fürsten des Deutschen Reiches, und Philipp Ludwig II. Graf von Hanau (Hanauer Geschichtsblätter, 31), Hanau 1993, 113–122. Bourdellès, Hubert le: Busbecq: 1521–1591. Un humaniste et un homme d’action européen. In: Bulletin de l’Association Guillaume Budé 2 (1991), 204–209. Bouteiller, Ernest de / Eugène Hepp: Correspondance politique adressée au Magistrat de Strasbourg par ses agents à Metz (1594–1683), Paris 1882. Bouteiller, Paul: Recherches sur la vie et la carrière d’Etienne Pasquier, historien et humaniste du XVIe siècle, Paris 1985. Bouwsma, William J.: Lawyers and Early Modern Culture. In: AHR 78 (1973), 303–327. Brady, Thomas: Zwischen Gott und Mammon. Protestantische Politik und deutsche Reformation, Berlin 1996. Braun, Conrad: De legationibvs libri qvinqve: cvnctis in repvb. versantibus, avt qvolibet magistratv fungentibus perutiles, et lectu iucundi. In: Conrad Braun, Opera tria, Mainz 1548. Breuer, Raphael: Der Berner Codex 149b. Beiträge zur Biographie des Jacques Bongars und zur Geschichte seiner diplomatischen Tätigkeit (1589–1606), Diss. phil. Heidelberg 1905. Briefe und Acten zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, hrsg. durch die Historische Commission bei der königlichen Academie der Wissenschaften, Bd. 1: Die Gründung der Union 1598–1608, bearb. von Moriz Ritter, München 1870 [zit. Briefe und Acten I]. – Bd. 2: Die Union und Heinrich IV. 1607–1609, bearb. von Moriz Ritter, München 1874 [zit. Briefe und Acten II]. – Bd. 3: Der Jülicher Erbfolgekrieg, bearb. von Moriz Ritter, München 1877 [zit. Briefe und Acten III]. Briggs, Robin: Early Modern France 1560–1715, Oxford / New York 1977. Brosseder, Claudia: Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen, Berlin 2004. Buck, August: Montaigne und die Krise des Humanismus. In: August Buck / Tibor Klaniczay (Hrsg.): Das Ende der Renaissance: Europäische Kultur um 1600 (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 6), Wiesbaden 1987, 7–21. Bugnard, Pierre-Philippe: Les retrouvailles de la biographie et de la nouvelle histoire. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 45 (1995), 236–254. Buisseret, David: Henry IV, King of France, London 1984. Burke, Peter: The art of conversation, Cambridge, Mass. 1993. Burman, Pieter: M. Gudii epistolae, Leiden 1697. Ders.: Sylloges epistolarum a viris illustribus scriptarum, 5 Bde., Leiden 1727. Burmeister, Karl Heinz: Das Studium der Rechte im Zeitalter des Humanismus im deutschen Rechtsbereich, Wiesbaden 1974. Caesar, Carolus Iulius (Bearb.): Catalogus studiosorum scholae Marpurgensis, Bd. 1 (1527– 1636), Marburg a.d. Lahn 1877. Calendini, Paul: Henri IV et les jésuites de 1602 à 1604. In: Annales fléchoises 12 (1911) 69–92. Calomiès, Paul: Bibliothèque choisie, Amsterdam 1699. Camden, William: Vita Gulielmi Camdeni et Illustrium virorum ad Camdenum epistolae, ed. Thomas Smith, London 1691 [zit. Camden. ep.].

281 Camerarius, Joachim: Hortus medicus et philosophicus, in quo plurimarum stirpium breves descriptiones, novae icones non paucae, indicationes locorum natalium, observantiones de cultura earum peculiares, atque insuper nonnulla remedia eupholista, nec non philologica quaedam continentur, Frankfurt am Main 1588. Ders.: Symbola et emblemata. Mit Einführung und Registern hrsg. von Wolfgang Harms und Ulla-Britta Kuechen, 2 Tle., Graz 1988. Camerarius, Ludwig: Huberti Langueti ad Joachimum Camerarium epistolae, Leiden 1646. Casaubon, Isaak: Epistolae, Magdeburg / Helmstedt 1656. Caspary, Gundula: Späthumanismus und Reichspatriotismus. Melchior Goldast und seine Editionen zur Reichsverfassungsgeschichte (Formen der Erinnerung, Bd. 25), Göttingen 2005. Cazaux, Yves: Henri IV, les horizons du règne, Paris 1986. Chartenay, Leopold: Vie de Jacques Esprinchard Rochelais et Journal de ses voyages au XVIe siècle (Bibliothèque Générale de l’École Pratique des Hautes-Etudes, VIème section), Paris 1957. Chartier, Roger: Kulturgeschichte zwischen Repräsentationen und Praktiken. In: Roger Chartier: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung, Frankfurt am Main 1992, 70–87. Ders.: Text, Symbol und Frenchness: Der Historiker und die symbolische Anthropologie. In: ebda, 7–23. Chlumecky, Peter Ritter von: Carl von Zierotin und seine Zeit. 1564–1615, 2 Bde., Brünn 1862–1879. Clasen, Claus-Peter: The Palatinate in European History 1556–1618, 2. Aufl. Oxford 1966. Clausing, Joseph: Der Streit um die Kartause vor Straßburgs Toren 1587–1602. Ein Beitrag zur Geschichte der französisch-elsässischen Politik um die Wende des 16. Jahrhunderts (Straßburger Beiträge zur neueren Geschichte, 1), Straßburg 1906. Coler, Christoph: C. Cornelii Taciti de sitv, moribvs et popvlis Germaniae libellus: et in eum Christophori Coleri Commentatio. Eiusdem de stvdio politico ordinando Epistola, Hanau 1602. Conermann, Klaus: Hippolytus a Collibus. Zur Ars politica et aulica im Heidelberger Gelehrtenkreis. In: August Buck / Blake Lee Spahr / Conrad Wiedemann (Hrsg.): Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhundert, Bd. 3 (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, Bd. 10), Hamburg 1981, 693–700. Conrads, Norbert: Ritterakademien in der frühen Neuzeit. Bildung als Standesprivileg im 16. und 17. Jahrhundert (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 21), Göttingen 1982. Conrady, Karl Otto: Die Erforschung der neulateinischen Literatur. Probleme und Aufgaben. In: Euphorion 49 (1955), 413–445. Costil, Pierre: André Dudith, humaniste hongrois 1533–1589. Sa vie, son œuvre et ses manuscrits grecs, Paris 1935. Coton, Pierre: Institutio catholica, in qua expositur fidei veritas comprobatur adversus haereses et superstitiones, Mainz 1618. Ders.: Lettre declaratoire de la doctrine des Peres iesuites, o.O. 1610. Couzard, Rémy: Une ambassade à Rome (sept. 1601–juin 1605), d’après des documents inédits, Tonneins 1900. Ders.: Le rétablissement des jésuites par l’édit de Rouen (1 septembre 1603). In: Revue Henri IV 2 (1908), 94–110. Cuissard, Charles: Bongars et l’affaire de la chartreuse de Strasbourg (1591–1600). In: Revue Catholique de l’Alsace (1894), 917–936. Czempiel, Ernst-Otto: Internationale Politik, Paderborn / München 1981. Dawson, Jane E. A.: William Cecil and the British Dimension of early Elizabethan foreign policy. In: History 74 (1989), 196–216. Debus, Allen G.: The French Paracelsians. The chemical challenge to medical and scientific tradition in Early Modern France, Cambridge, Mass. 1991. Degert, Antoine: Le cardinal d’Ossat, évêque de Rennes et de Bayeux (1537–1604), Paris 1894.

282 Delteil, Frank: Henri de la Tour, Duc de Bouillon: recherche récente et compléments. In: BSHPF 132 (1986), 79–98. Dézsi, Lajos (Hrsg.): Scenczi Molnár Albert naplója, levelezése és irományai, Budapest 1898. Dickerman, Edmund H.: Bellièvre and Villeroy. Power in France under Henry III and Henry IV, Providence 1971. Ders.: Henry IV and the Juliers-Clèves Crisis: The Psychohistorical Aspects. In: French Historical Studies 8 (1974), 626–653. Diesner, Paul: Der elsässische Arzt Dr. Helisaeus Röslin als Forscher und Publizist am Vorabend des dreissigjährigen Krieges. In: Jahrbuch der Elsass-Lothringischen wissenschaftlichen Gesellschaft zu Straßburg 11 (1938), 193–215. Ders.: Leben und Streben des elsässischen Arztes Helisaeus Röslin. (1544–1616). In: ElsaßLothringisches Jahrbuch 14 (1935), 115–141. Dietrich, Thomas: Die Theologie der Kirche bei Robert Bellarmin (1542–1621): Systematische Voraussetzungen des Kontroverstheologen, Paderborn 1999. Dietz, Alexander: Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 3, Frankfurt am Main 1921 [ND Glashütten 1972]. Dilg, Peter / Hartmut Rudolph (Hrsg.): Resultate und Desiderate der Paracelsus-Forschung (Sudhoffs Archiv, Beihefte, 31), Stuttgart 1993. Dolet, Étienne: De officio legati, Lyon 1541. Dopsch, Heinz / Kurt Goldammer / Peter F. Kramml (Hrsg.): Paracelsus (1493–1541). »Keines andern Knecht …«, Salzburg 1993. Dorsten, Jan Adrianus van: Poets, patrons and professors. Sir Philip Sidney, Daniel Rogers, and the Leiden Humanists, Oxford 1962. Dotzauer, Winfried: Heinrich IV. von Frankreich und die Frage der römischen Königswahl in Deutschland. Untersuchungen zur kritischen Beurteilung einer Denkschrift des 17. Jahrhunderts. In: ZGO 114 (1966), 71–146. Ders.: Deutsche Studenten an der Universität Bourges. Album et liber amicorum, Meisenheim am Glan 1971. Doucet, Roger: Les institutions de la France au XVIe siècle, Bd. 1: Les cadres géographiques, les institutions centrales et locales, Paris 1948. Dreyer, John Louis Emil (Hrsg.): Tychonis Brahe dani opera omnia, Kopenhagen 1924. Droin, Alfred: L’expulsion des jésuites sous Henri IV et leur rappel. In: Revue d’histoire moderne et contemporaine 3 (1901/02), 5–28 und 593–609. Duchhardt, Heinz / Eberhard Schmitt (Hrsg.): Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit. Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag (Ancien Régime, Aufklärung und Revolution, Bd. 12), München 1987. Dudith, Andreas: Comentarum significatione commentariolus, Basel 1579. Ders.: Dionysii Halicarnassei de Thucydidis historia iudicium, Venedig 1560. Ders.: Epistulae, hrsg. von Lech Szczucki und Tibor Szepessy, 4 Tle. (Bibliotheca scriptorum medii recentisque aevorum, series nova, Bd. XIII/I–IV), Budapest 1992–2000. Ders.: Orationes duae in sacrosancto oecomenico consilio tridentino habitae, Brixen 1562. Ders.: Orationes in Concilio Tridentinum habitae, hrsg. von Quirinus Reuter, Offenbach 1610. Ders.: Vita Reginaldi Poli, britanni, S. R. E. cardinalis, et cantuariensis, Venedig 1563. Duplessis-Mornay, Philippe: De la vérité de la religion chrétienne, Paris 1581. Edel, Andreas: Johann Baptist Weber (1526–1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen und Spitzenbeamten im 16. Jahrhundert. In: MÖStA 45 (1997), 111–185. Ders.: Der Kaiser und Kurpfalz. Eine Studie zu den Grundelementen politischen Handelns bei Maximilian II. (1564–1576) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 58), Göttingen 1997. Edelmayer, Friedrich: Ehre, Geld, Karriere. Adam von Dietrichstein im Dienst Kaiser Maximilians II. In: Friedrich Edelmayer / Alfred Kohler (Hrsg.): Kaiser Maximilian II.: Kultur und Politik im 16. Jahrhundert (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 19), Wien bzw. München 1992, 109–142.

283 Ders.: Söldner und Pensionäre. Das Netzwerk Philipps II. im Heiligen Römischen Reich (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder, Bd. 7), Wien bzw. München 2002. Eisenhardt, Ulrich: Die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1496–1806). Ein Beitrag zur Geschichte der Bücher- und Pressezensur (Studien und Quellen zur Geschichte des deutschen Verfassungsrechts, Reihe A: Studien, Bd. 3), Karlsruhe 1970. Eisenstein, Elizabeth L.: The Printing Presses an Agent of Change. Communication and Cultural Transformations in Early-modern Europe, 2 Bde., Cambridge, Mass. / London / New York / Melbourne 1979. Elie, Hubert: Chrétien Wechel, imprimeur à Paris. In: Gutenberg-Jahrbuch 29 (1954), 181– 197. Ellinger, Georg: Grundfragen und Aufgaben der neulateinischen Philologie. In: Germanistisch-Romanische Monatsschrift 21 (1933), 1–14. Endres, Rudolf: Adel in der frühen Neuzeit (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 18), München 1993. Engel, Josef: Das neue Völkerrecht und die Ausbildung des ständigen Gesandtschaftswesens. In: Josef Engel (Hrsg.): Die Entstehung des neuzeitlichen Europa (Handbuch der Europäischen Geschichte, Bd. 3), Stuttgart 1971, 359–384. Ernstberger, Anton: Nürnberger Patrizier- und Geschlechtersöhne auf ihrer Bildungsreise durch Frankreich 1608–1610. In: MVGN 43 (1952), 341–360. Evans, Robert John W.: Rudolf II. and his world. A study in intellectual history 1576–1612, Oxford 1973. Ders.: The Wechel Presses: humanism and calvinism in Central Europe 1572–1627 (Past and Present, Supplement, 2), Oxford 1975. Fattori, Marta: Le commerce épistolaire, institution de la République des Lettres. In: Marc Fumaroli (Hrsg.): Les premiers siècles de la République européenne des Lettres. Actes du Colloque international, Paris, décembre 2001, Paris 2005, 89–110. Feenstra, Robert: Pieter Cornelisz van Brederode (1558[?]–1637) als Rechtsgeleerd Schrijver. Een biobibliographische Bijdrage. In: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 27 (1959) 412–468. Firpo, Luigi: Gli scritti di Francesco Pucci, Turin 1957. Fleischer, Manfred P.: Späthumanismus in Schlesien. Ausgewählte Aufsätze, München 1984. Fontaine, Jacques: Discours de la puissance du ciel sur les corps inferieurs et principalement de l’influence contre les astrologues indiciaires [sic] avec une despute des elements conre les Paracelsistes, Paris 1581. Ders.: Methodus generalis cognoscendi praedicendi et curandi morbos eorumque symptomata. Ad veterum, maximeque Hippocratis et Galeni normam exacta, Avenione 1601. Ders.: Opera omnia medica, Köln 1613. Forster, Leonard: Janus Gruter’s English years. Studies in the continuity of Dutch literature in exile in Elizabethan England, Leiden 1967. Fragnito, Gigliola: Diplomazia pontifica e censura ecclesiastica durante il regno di Enrico IV. In: Marc Fumaroli (Hrsg.): Les premiers siècles de la République européenne des Lettres. Actes du Colloque international, Paris, décembre 2001, Paris 2005, 351–382. Freher, Marquard: Foederis Ludovici Germaniae, et Karoli Galliae regum […], apud Argentoratum anno 842 percussi, formulae, Frankfurt am Main 1611. Freher, Paul: Theatrum virorum eruditorum, Nürnberg 1688. Frick, Karl: Einführung in die alchemiegeschichtliche Literatur. In: Sudhoffs Archiv 45 (1961), 147–163. Friedrich, Johann: Ueber Francesco Pucci. In: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München, Jg. 1880, München 1880, Heft II, 111–143. Fučíková, Eliška / James M. Bradburne / Beket Bukovinská u. a. (Hrsg.): Rudolf II and Prague. The court and the city, Prag 1997.

284 Fumaroli, Marc: L’âge de l’éloquence. Rhétorique et »res literaria« au seuil de l’époque classique (Centre de la Recherche d’Histoire et de Philologie de la IVe Section de l’École pratique des Hautes Études, V; Hautes Études médiévales et modernes, 43), Genf 1980. Ders.: La conversation savante. In: Hans Bots / Françoise Waquet (Hrsg.): Commercium Litterarium 1600–1750, Amsterdam 1994, 67–80. Ders.: La diplomatie de l’esprit. De Montaigne à La Fontaine, Paris 1994. Ders.: Genèse de l’épistolographiqie classique: rhétorique humaniste de la lettre de Pétrarque à Juste Lipse. In: Revue d’Histoire Littéraire de la France 78 (1978), 886–900. Garber, Klaus: Zentraleuropäischer Calvinismus und deutsche »Barock«-Literatur. Zu den konfessionspolitischen Ursprüngen der deutschen Nationalliteratur. In: Heinz Schilling (Hrsg.): Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der »Zweiten Reformation« (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bd. 195), Gütersloh 1986, 317–348. Ders.: Paris, die Hauptstadt des europäischen Späthumanismus. Jacques Auguste de Thou und das Cabinet Dupuy. In: Sebastian Neumeister / Conrad Wiedemann (Hrsg.): Res Publica Litteraria. Die Institutionen der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit, Teil I (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, Bd. 14), Wiesbaden 1987, 71–92. Ders.: Der deutsche Sonderweg. Gedanken zu einer calvinistischen Alternative um 1600. In: Franz Norbert Mennemeier / Conrad Wiedemann (Hrsg.): Deutsche Literatur in der Weltliteratur – Kulturnation statt politischer Nation? Kontroversen, alte und neue. Akten des VII. Kongresses der Internationalen Vereinigung für germanische Sprach- und Literaturwissenschaft, Tübingen 1986, 165–172. Garrison, Jeanine: Henri IV, Paris 1984. Gautier, Léon: L’activité politique et diplomatique de J. Du Chesne, sieur de la Violette (1546– 1609). In: Bulletin de la société d’histoire et d’archéologie de Genève 3 (1906–1913), 290–311. Gebelein, Helmut: Alchemie. Die Magie des Stofflichen, München 1996. Gentili, Alberico: De legationibus libri tres, Hanau 1594. Gerlo, Aloïs (Hrsg.): Juste Lipse (1547–1606) (Travaux de l’Institut interuniversitaire pour l’étude de la Renaissance et de l’Humanisme, IX), Brüssel 1988. Gerteis, Klaus: Reisen, Boten, Korrespondenz in Mittelalter und früher Neuzeit. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft (VSWG, Beihefte, Nr. 87), Stuttgart 1989, 19–36. Giesecke, Michael: Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, Frankfurt am Main 1991. Gillet, Johann F. U.: Crato von Crafftheim und seine Freunde. 2 Bde., Frankfurt am Main 1860. Glaser, Karl Heinz / Hanno Lietz / Stefan Rhein (Hrsg.): David und Nathan Chytraeus. Humanismus im Konfessionellen Zeitalter, Ubstadt-Weiher 1993. Glesinger, Lavoslav: Der Humanist Andreas Dudith im Kreise der Antiparacelsisten, Salzburg 1967, 3–12. Godefroy-Ménilglaise, Denic-Charles de: Les savants Godefroy. Mémoires d’une famille pendant les XVIe, XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1873 [ND Genf 1971]. Goldast, Melchior: Monarchia S. Romani Imperii, siue Tractatvs de Ivrisdictione Imperiali sev Regia, et Pontificia seu Sacerdotali; deque potestate Imperatoris ac Papae, cum distinctione vtriusque Regiminis, Politici et Ecclesiastici [...], 3 Bde., o.O. 1611–1614. Ders.: Replicatio Pro Sac. Caesarea et Regia Francorum Maiestate, Illustrissimisque Imperii Ordinibus adversus Jacobi Gretseri Jesuitae E Societate Loyolitarum, crimina laesae Maiestatis, rebellionis et falsi, Hanau 1611. Goldmann, Paul: Bernard Georges Penot. Stadtarzt in Frankenthal von 1593 bis 1595 – biographische Fragmente. In: Edgar J. Hürkey (Hrsg.): Kunst, Kommerz, Glaubenskampf. Frankenthal um 1600. Unter Mitarbeit von Ingrid Bürgy-de Ruijter, Worms 1995, 80–85. Ders.: Bernard Georges Penot. In: Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 49 (1996), 394–397. Gollwitzer, Heinz: Zur Geschichte der Diplomatie im Zeitalter Maximilians I. In: HJb 74 (1955), 189–199.

285 Gotthard, Axel: Konfession und Staatsräson. Die Außenpolitk Württembergs unter Herzog Johann Friedrich (1608–1628) (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen 126), Stuttgart 1992. Goubert, Pierre: L’Ancien Régime, Bd. 1: La société, 2. éd., Paris 1969. Gräf, Holger Thomas: Konfession und internationales System. Die Außenpolitik Hessen-Kassels im konfessionellen Zeitalter (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, 94), Darmstadt / Marburg a.d. Lahn 1993. Grafton, Anthony: Humanism and Science in Rudolphine Prague: Kepler in Context. In: Anthony Grafton: Defenders of the text. The traditions of scholarship in an age of science, 1450–1800, Cambridge, Mass. / London 1991, 178–203, Anm. 304–307. Ders.: Joseph Scaliger. A study in the history of classical scholarship, Bd. 1, Textual criticism and exegesis (Oxford-Warburg studies), Oxford 1983. Ders.: Protestant versus Prophet: Isaac Casaubon on Hermes Trismegistus. In: ebda, 145–161, Anm. 289–297 [dt. Fassung in: Martin Mulsow (Hrsg.): Das Ende des Hermetismus. Historische Kritik und neue Naturphilosophie in der Spätrenaissance. Dokumentation und Analyse der Debatte um die Datierung der hermetischen Schriften von Genebrard bis Casaubon (1567–1614) (Religion und Aufklärung, Bd. 9), Tübingen 2002, 283–303]. Ders.: The World of the Polyhistors: Humanism and Encyclopedism. In: CEH 18 (1985), 31–47. Ders. / Ann Blair (Hrsg.): The transmission of culture in early modern Europe, Philadelphia 1990. Granada, Miguel A.: El debate cosmológico en 1588. Bruno, Brahe, Rothmann, Ursus, Röslin, Neapel 1996. Greengrass, Mark: The Public Context of the Abjuration of Henri IV. In: Keith Cameron (Hrsg.): From Valois to Bourbon. Dynasty, State, and Society in Early Modern France, Exeter 1989, 107–126. Ders.: France in the age of Henri IV. The struggle for stability, London / New York 1984. Gröschel, Karl: Des Camerarius Entwurf einer Nürnberger Medizinalordnung »Kurtzes und ordentliches Bedencken« 1571, Diss. med. München 1977. Gruter, Janus: Chronicum chronicorum, Frankfurt am Main 1611. Ders.: Delitiae poetarum germanorum, 6 Bde., Frankfurt am Main 1612. Gundel, Wilhelm: Kometen. In: Paulys Realencyklopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, Halbbd. 21, Stuttgart 1921, 1143–1193. Haag, Émile / Eugène Haag: La France Protestante, ou vies des Protestants français qui se sont fait un nom dans l’histoire, 9 Bde. sowie 1 Ergänzungsbd., Paris 1846–1859 [ND Genf 1966]. Hagen, Hermann: Zur Geschichte der Philologie und zur Römischen Literatur. Vier Abhandlungen, Berlin 1879. Ders.: Jacobus Bongarsius. Ein Beitrag zur Geschichte der gelehrten Studien des 16.–17. Jahrhunderts, Bern 1874. Ders.: Peter Daniel aus Orléans. Eine litterarhistorische Skizze, Bern 1875. Ders. (Hrsg.): Catalogus Codicum Bernensium, Bern 1875. Halm, Karl: Über die handschriftliche Sammlung der Camerarii. In: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften III, München 1873, 241–272. Halphen, Eugène: Lettres inédites du roi Henri IV à M. de Villiers, ambassadeur à Venise en 1599 et 1600, Paris 1885. Hamm, Berndt: Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg. In: Andreas Mehl / Wolfgang Christian Schneider (Hrsg.): Reformatio et Reformationes. Festschrift für Lothar Graf zu Dohna zum 65. Geburtstag, Darmstadt 1989, 131–193. Hammerstein, Notker: Res publica litteraria. Ausgewählte Aufsätze zur frühneuzeitlichen Bildungs-, Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, hrsg. von Ulrich Muhlack und Gerrit Walther (Historische Forschungen, Bd. 69), Berlin 2000. Ders.: Universitäten – Territorialstaaten – Gelehrte Räte. In: Roman Schnur (Hrsg.): Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates, Berlin 1986, 687–735.

286 Ders.: Universitätsgeschichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation am Ende der Renaissance. In: August Buck / Tibor Klaniczay (Hrsg.): Das Ende der Renaissance: Europäische Kultur um 1600 (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 6), Wiesbaden 1987, 109–123. Ders. / Gerrit Walther (Hrsg.): Späthumanismus. Studien über das Ende einer kulturhistorischen Epoche, Göttingen 2000. Handschuher, Nicole: Das Reich in Europa: Die Außenbeziehungen von Kaiser und Reichsständen 1565–1570, Diss. phil. Passau 2000. Hannaway, Owen: Laboratory Design and the Aim of Science. Andreas Libavius versus Tycho Brahe. In: Isis 77 (1986), 585–610. Harder, Hans-Bernd / Hans Rothe (Hrsg.): Später Humanismus in der Krone Böhmens 1570– 1620. Studien zum Humanismus in den böhmischen Ländern, Teil IV. Unter Mitwirkung von Jaroslav Kolár und Slavomír Wollman (Schriften zur Kultur der Slaven. Neue Folge der MAISK-Schriften, Bd. 3), Dresden 1998. Dies. (Hrsg.): Studien zum Humanismus in den böhmischen Ländern. Unter Mitwirkung von Jaroslav Kolár und Slavomír Wollman (Schriften des Komitees der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der Slawischen Studien, 11), Köln / Wien 1988. Harms, Wolfgang / Ulla-Britta Kuechen (Hrsg.): Joachim Camerarius: Symbola et Emblemata (Nürnberg 1590–1604), Teil 2 mit Einführung und Register, Graz 1988. Hartmann, Peter Claus: Die Jesuiten, München 2001. Hauser, Henri: Les sources de l’histoire de France au XVIe siècle, Paris 1906. Hay, Millicent V.: The Life of Robert Sidney, Earl of Leicester (1563–1626), Washington bzw. London / Toronto 1984. Hayden, J. Michael: Continuity in the France of Henry IV and Louis XIII: French foreign policy 1598–1615. In: JModH 45 (1973), 1–23. Hecht, Gustav: Schlesisch-kurpfälzische Beziehungen im 16. und 17. Jahrhundert. In: ZGO 42 (1928), 176–222. Heimann, Heinz-Dieter: Brievedregher. Kommunikations- und alltagsgeschichtliche Zugänge zur vormodernen Postgeschichte und Dienstleistungskultur. In: Kommunikation und Alltag in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte, Bd. 596; Veröffentlichungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Nr. 15), Wien 1992, 251–292. Hermann, Johann Georg: Leben Herrn Zacharias Conrad von Uffenbach, weyland hochverdienten Schöffens und Rathsherrn der Reichs-Stadt Frankfurt am Mayn, Ulm 1753. Hesse, Christian: Amtsträger der Fürsten im spätmittelalterlichen Reich. Die Funktionseliten der lokalen Verwaltung in Bayern-Landshut, Hessen, Sachsen und Württemberg (1350– 1515) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 70), Göttingen 2005. Hiltebrandt, Philipp: Heinrich von Navarra und Deutschland (1585–1586), Diss. phil. Berlin 1903. Hinrichs, Ernst: Fürstenlehre und politisches Handeln im Frankreich Heinrichs IV. Untersuchungen über die politischen Denk- und Handlungsformen im Späthumanismus (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 21), Göttingen 1969. Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, hrsg. unter der Leitung von Heinrich Türler, Marcel Godet und Victor Attinger, 7 Bde. sowie ein Supplementbd., Neuenburg 1921– 1934. Hochedlinger, Michael: Die französisch-osmanische »Freundschaft« 1525–1792. Element antihabsburgischer Politik, Gleichgewichtsinstrument, Prestigeunternehmung – Aufriß eines Problems. In: MIÖG 102 (1994), 108–164. Ders.: Die Frühneuzeitforschung und die »Geschichte der internationalen Beziehungen«. Oder: Was ist aus dem »Primat der Außenpolitik« geworden? In: MIÖG 106 (1998), 167–179. Hodges, Francis Roland: War, population, and the structure of wealth in sixteenth-century Bourges, 1557–1586, Knoxville 1983. Höflechner, Walter: Die Entwicklung österreichischer Diplomatie im Mittelalter und die Au-

287 ßenpolitik Maximilians I. In: Erich Zöllner (Hrsg.): Diplomatie und Außenpolitik Österreichs, Wien 1977, 28–44. Hoftijzer, Paul G.: Between Mercury and Minerva. Dutch printing offices and bookshops as intermediaries in seventeenth-century scholarly communication. In: Hans Bots / Françoise Waquet (Hrsg.): Commercium Litterarium 1600–1750. La communication dans la République des Lettres, Amsterdam 1994, 119–129. Hollstein’s Dutch and Flemish Etchings, Engravings and Woodcuts ca. 1450–1700, Bd. 21, Amsterdam 1980. Holt, Mack P.: The French Wars of Religion, 1562–1629, Cambridge, Mass. 1995. Holyband, Claudius: The French Littleton. A most easy, perfect and absolute way to learn the French tongue, London 1593. Hotman, Jean: De la charge et dignité de l’Ambassadeur, Düsseldorf 1613. Ders.: Epistolae Francisci et Joannis Hotomanorum patris ac filii et clarorum virorum ad eos epistolae, Amsterdam 1700. Howell, Roger: Elizabethan Foreign Policy. In: Renaissance and Modern Studies 19 (1975), 31–46. Ders.: The Sidney Circle and the Protestant Cause in Elizabethan Foreign Policy. In: Renaissance and Modern Studies 19 (1975), 31–46. Ders.: Sir Philip Sidney. The Sheperd Knight. London 1968. Hruby, Frantísek: Filip du Plessis Mornay a Karel Zerotin v letech 1611–1614. In: Od praveku k dnesku, Prag 1930. Hunger, Friedrich Wilhelm Tobias: Charles de l’Escluse (Carolus Clusius), Niederlandsch kruidkundige 1526–1609, 2 Bde., Den Haag 1927–1943. Huppert, George: The idea of perfect history. Historical erudition and historical philosophy in Renaissance France, Urbana / Chicago / London 1970. Hutter, Ulrich: Zacharias Ursinus (1534–1583). Eine biographische und theologische Studie. In: JSKG N. F. 62 (1983), 63–78. Jahns: Sigrid: Juristenkarrieren in der Frühen Neuzeit. In: BlldtLG 131 (1995), 113–134. Jaitner, Klaus (Bearb.): Die Hauptinstruktionen Clemens’ VIII. für die Nuntien und Legaten an den europäischen Fürstenhöfen 1592–1605, 2 Bde. (Instructiones Pontificum Romanorum), Tübingen 1984. Jaumann, Herbert: Respublica litteraria – Republic of letters. Concept and Perspectives of Research. In: Herbert Jaumann (Hrsg.): Die europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter des Konfessionalismus (Wolfenbütteler Forschungen, 96), Wiesbaden 2001, 11–19. Ders. (Hrsg.): Kaspar Schoppe (1576–1649). Philologe im Dienste der Gegenreformation. Beiträge zur Gelehrtenkultur des europäischen Späthumanismus (Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit, Bd. 2, Heft 3/4), Frankfurt am Main 1998. Jensen, De Lamar: The Ottoman Turks in the sixteenth century french diplomacy. In: SCJ 16 (1985), 451–470. Jessen, Hans: Vorläufer des Journalismus. In: Jahrbuch der Bremischen Wissenschaft 1 (1955), 139–154. Joachimsen, Paul: Marx Welser als bayerischer Geschichtsschreiber. In: Jahresbericht über das königliche Wilhelmsgymnasium in München 1904/05, München 1905, 3–38. Jöcher, Christian Gottlieb (Hrsg.): Allgemeines Gelehrtenlexicon, 4 Bde., Leipzig 1750–1751, fortgesetzt und ergänzt von Johann Christoph Adelung und Heinrich Wilhelm Rotermund, 7 Bde., Leipzig bzw. Delmenhorst bzw. Bremen 1784–1897 [ND 1960–1961]. Jongbloet-van Houtte, Gisela: Brieven en andere bescheiden betreffende Daniel van der Meulen (1584–1600), Bd. 1, ’s-Gravenhage 1986. Jouanna, Arlette: Le devoir de la révolte. La noblesse française et la gestation de l’État moderne (1559–1661), Paris 1989. Jütte, Robert: Ärzte, Heiler und Patienten. Medizinischer Alltag in der frühen Neuzeit, München / Zürich 1991. Juker, Werner: Jacob Bongars. In: Hans Bloesch (Hrsg.): Die Stadt- und Hochschulbibliothek Bern. Bibliotheca Bernensis Bongarsiana 1632–1932. Zur Erinnerung an ihr 400jähriges Bestehen und an die Schenkung der Bongarsiana im Jahr 1632, Bern 1932, 39–52.

288 Julia, Dominique / Jacques Revel: Les étudiants et leurs études dans la France moderne. In: Dominique Julia / Jacques Revel (Hrsg.): Les universités européennes du XVIe au XVIIIe siècle. Histoire sociale des populations étudiantes, Bd. 2: France, Paris 1989, 25–484. Kahn, Didier: La Faculté de médecine de Paris en échec face au paracelsisme: enjeux et dénouement réels du procès de Roch le Baillif. In: Heinz Schott / Ilana Zinguer (Hrsg.): Paracelsus und seine internationale Rezeption in der frühen Neuzeit (Brill’s studies in intellectual history, Bd. 86), Leiden 1998, 146–202. Kantorowicz, Ernst: Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters [zuerst 1957], München 1990. Karnehm, Christl: Das Korrespondenznetz Hans Fuggers (1531–1598). In: Johannes Burkhardt / Christine Werkstetter (Hrsg.): Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit (HZ, Beihefte N. F., Bd. 37), München 2003, 301–311. Keck, Rudolf W. / Erhard Wiersing / Klaus Wittstadt (Hrsg.): Literaten – Kleriker – Gelehrte. Zur Geschichte der Gebildeten im vormodernen Europa, Köln 1996. Keiser, Rut (Hrsg.): Thomas Platter d. J. Beschreibung der Reisen durch Frankreich, Spanien, England und die Niederlande 1595–1600, Teil 1–2, Basel 1968. Kellenbenz, Hermann: Ein französischer Reisebericht über Nürnberg und Franken vom ausgehenden 16. Jahrhundert. In: MVGN 49 (1959), 226–245. Ders.: Wirtschaftsleben zwischen dem Augsburger Religionsfrieden und dem Westfälischen Frieden. In: Gerhard Pfeiffer (Hrsg.): Nürnberg – Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971, 295–302. Keller, Katrin: Zwischen Wissenschaft und Kommerz. Das Spektrum kultureller Mittler im 16. Jahrhundert. In: Wolfgang Schmale (Hrsg.): Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert (Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 2), Innsbruck / Wien / München / Bozen 2003, 271–286. Kelley, Donald R.: Foundations of modern historical scholarship. Language, law, and history in the French Renaissance, New York / London 1970. Ders.: The rise of legal history in the Renaissance. In: History and Theory 9 (1970), 174–194. Ders.: Civil science in the Renaissance: Jurisprudence in the french manner. In: History of European Ideas 2, Oxford 1981, 261–276. Kentzinger, Antoine de: Documents historiques, relatifs à l’histoire de France, tirés des Archives de la ville de Strasbourg, Straßburg 1818. Kinser, Samuel: The works of Jacques-Auguste de Thou (Archives Internationales d’Histoire des Idées, 18), Den Haag 1966. Kintzinger, Martin: Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa. Auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds (Mittelalter-Forschungen, Bd. 2), Stuttgart 2000. Kirchner, Hermann: Legatus. Editione altera emendatus, et plurimùm auctus. Cunctis tum in Juris prudentiae, politicarumque artium studiis, tùm in Reip. administratione versantibus lectu scitus, et scitu necessarius, Marburg a.d. Lahn 1610. Kisch, Guido: Humanismus und Jurisprudenz. Der Kampf zwischen mos italicus und mos gallicus an der Universität Basel, Basel 1955. Klaniczay, Tibor: Die politische Philosophie des Manierismus: Paruta und Lipsius. In: Das Ende der Renaissance. Europäische Kultur um 1600 (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, 6), Wiesbaden 1987, 23–35. Klein, Thomas: Conservatio Reipublicae per bonam educationem. Leben und Werk Hermann Kirchners (1562–1620). In: Walter Heinemeyer / Thomas Klein / Helmut Seier (Hrsg.): Academia Marburgensis 1, Marburg a.d. Lahn 1977, 181–230. Ders.: Der Kampf um die zweite Reformation in Sachsen 1586–1591 (Mitteldeutsche Forschungen, 25), Köln / Graz 1962. Kleinpaul, Johannes: Das Nachrichtenwesen der deutschen Fürsten im 16. und 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Geschichte der Geschriebenen Zeitungen, Leipzig 1930. Kleinschmidt, Harald: Systeme und Ordnungen in der Geschichte der internationalen Beziehungen. In: AKG 82 (2000), 433–454. Klose, Samuel Benjamin: Neue Litterarische Unterhaltungen, Breslau 1774.

289 Koelbing, Huldrych M.: Die ärztliche Therapie. Grundzüge ihrer Geschichte, Darmstadt 1985. Koenigsberger, Helmut Georg: Die Krise des 17. Jahrhunderts. In: ZHF 9 (1982), 143–165. Kößling, Rainer / Günther Wartenberg (Hrsg.): Joachim Camerarius (Leipziger Studien zur Klassischen Philologie, I), Tübingen 2003. Kohler, Alfred: Bildung und Konfession. Zum Studium der Studenten aus den habsburgischen Ländern an Hochschulen im Reich (1560–1620). In: Grete Klingenstein / Heinrich Lutz / Gerald Stourzh (Hrsg.): Bildung, Politik und Gesellschaft. Studien zur Geschichte des europäischen Bildungswesens vom 16. bis zum 20. Jahrhundert (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 5), München 1978, 64–123. Ders.: Vom habsburgischen Gesamtsystem Karls V. zu den Teilsystemen Philipps II. und Maximilians II. In: Alfred Kohler / Friedrich Edelmayer (Hrsg.): Kaiser Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 19), Wien bzw. München 1992, 13–37. Ders.: Antihabsburgische Politik in der Epoche Karls V. Die reichsständische Opposition gegen die Wahl Ferdinands I. zum römischen König und gegen die Anerkennung seines Königtums (1524–1534) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 19), Göttingen 1982. Kohlndorfer, Ruth: Häretiker, Astronom und kaiserlicher Gesandter: Andreas Dudith (1533– 1589). Ein Beispiel für Lebenswelt und Arbeitsweise eines europäischen Diplomaten im 16. Jahrhundert. In: Arndt Brendecke / Wolfgang Burgdorf (Hrsg.): Wege in die Frühe Neuzeit. Werkstattberichte eine Linksammlung sowie Bildmaterialen zu München im Dreißigjährigen Krieg und zur Hexenverfolgung auf CD-ROM (Münchner Kontaktstudium Geschichte, Bd. 4), Neuried 2001, 133–154. Dies.: Jacques Bongars (1554–1612): Lebenswelt und Informationsnetzwerke eines frühneuzeitlichen Gesandten. In: Francia 28/2 (2001), 1–15. Dies.: Le réseau politico-savant du diplomate français Jacques Bongars (1554–1612). In: Marc Fumaroli (Hrsg.): Les premiers siècles de la République européenne des Lettres. Actes du Colloque international, Paris, décembre 2001, Paris 2005, 323–333. Korkisch, Gustav: Karl von Žerotín. In: Karl Bosl (Hrsg.): Lebensbilder zur Geschichte der böhmischen Länder, Bd. 1, München / Wien 1974, 63–95. Kornexl, Dietrich: Studien zu Marquard Freher (1565–1614). Leben, Werke und gelehrtengeschichtliche Bedeutung, Bamberg 1967. Die Korrespondenz der Kaiser mit ihren Gesandten in Spanien, hrsg. von Friedrich Edelmayer, Bd. 1: Der Briefwechsel zwischen Ferdinand I., Maximilian II. und Adam von Dietrichstein 1563–1565, bearb. von Arno Strohmeyer (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder, Bd. 3), Wien bzw. München 1997. Kossol, Erika: Die Reichspolitik des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Neuburg (1547–1614) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 14), Göttingen 1976. Krauske, Otto: Die Entwicklung der ständigen Diplomatie vom fünfzehnten Jahrhundert bis zu den Beschlüssen von 1815 und 1818 (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, V/3), Leipzig 1885. Krebs, Julius: Christian von Anhalt und die kurpfälzische Politik am Beginn des 30jährigen Krieges (23. Mai – 3. Oktober 1618), Leipzig 1872. Kristeller, Paul Oskar: Renaissance Thought and its Sources, New York 1979. Krüger, Nilüfer (Hrsg.): Supellex Epistolica Uffenbachii et Wolfiorum, Katalog der Uffenbach-Wolfschen Briefsammlung, 2 Teilbde. (Kataloge der Handschriften der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Bd. 8), Hamburg 1978. Krüger, Peter (Hrsg.): Kontinuität und Wandel in der Staatenordnung der Neuzeit. Beiträge zur Geschichte des internationalen Systems (Marburger Studien zur Neueren Geschichte, Bd. 1), Marburg a.d. Lahn 1991. Ders. (Hrsg.): Das europäische Staatensystem im Wandel. Strukturelle Bedingungen und bewegende Kräfte seit der Frühen Neuzeit. Unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien, 35), München 1996.

290 Kühlmann, Wilhelm: Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 3), Tübingen 1982. Ders.: Selbstverständigung im Leiden: Zur Bewältigung von Krankheitserfahrungen im gebundenen Schriftum der Frühen Neuzeit. In: Wilhelm Kühlmann / Udo Benzenhöfer (Hrsg.): Selbstverständigung im Leiden: Heilkunde und Krankheitserfahrungen in der Frühen Neuzeit, Tübingen 1992, 1–29. Ders. / Joachim Telle (Hrsg.): Oswaldus Crollius. Alchemomedizinische Briefe 1585–1597 (Heidelberger Studien zur Naturkunde der frühen Neuzeit, 6), Stuttgart 1998. Kühnel, Harry: Die adelige Kavalierstour im 17. Jahrhundert. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. Bd. 36,1 (1964), 364–384. Kugeler, Heidrun / Christian Sepp / Georg Wolf (Hrsg.): Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven (Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, Bd. 3), Hamburg 2006. Kunstmann, Heinrich: Die Nürnberger Universität Altdorf und Böhmen. Beiträge zur Erforschung der Ostbeziehungen deutscher Universitäten, Köln / Graz 1963. Labarre, Albert: Éditions et privilèges des héritiers d’André Wechel à Francfort et à Hanau 1582–1627. In: Gutenberg-Jahrbuch 45 (1970), 238–250. Labouchère, Guillaume: Guillaume Ancel, envoyé résident en Allemagne (1576–1613) d’après sa correspondance. In: RHD 37 (1923), 160–188 und RHD 38 (1924), 348–367. Lagrée, Jacqueline: La raison ardente. Religion naturelle et raison au XVIIe siècle, Paris 1991. Lajeunie, Jean-Etienne-Marie: Correspondance entre Henri IV et Béthune ambassadeur de France à Rome, 1602–1604 (Mémoires et documents publiés par la Société d’Histoire et d’Archéologie de Genève, 38), Genf 1952. La Mothe le Vayer, François: Legatus seu de legatione, Paris 1579. Landfester, Rüdiger: Historia magistra vitae. Untersuchungen zur humanistischen Geschichtstheorie des 14. bis 16. Jahrhunderts, Genf 1972. Lang, Helmut W.: Die Neue Zeitung des 15. bis 17. Jahrhunderts – Entwicklungsgeschichte und Typologie. Unter besonderer Berücksichtigung der österreichischen Neuen Zeitungen. In: Walter Zeman (Hrsg.): Die österreichische Literatur. Ihr Profil von den Anfängen im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert (1050–1750), Bd. 2, Graz 1986, 681–690. Languet, Hubert: Epistolae ad Joachimum Camerarium, Leiden 1685. Lanzinner, Maximilian: Fürst, Räte und Landstände. Die Entstehung der Zentralbehörden in Bayern 1511–1598 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 61), Göttingen 1980. Ders.: Johann Georg von Herwarth d. Ä. (1553–1622). Territorialpolitik, späthumanistische Gelehrsamkeit und sozialer Aufstieg. In: AKG 75 (1993), 301–334. Laplanche, François: L’Évidence du Dieu Chrétien. Religion, culture et société dans l’apologétique protestante de la France classique (1576–1670), Paris 1983. Le Fèvre de la Boderie, Antoine: Ambassades de Monsieur de LaBoderie en Angleterre sous le regne d’Henri IV et la minorité de Louis XIII, 5 Bde., Genf 1750. Lenk, Leonhard: Augsburger Bürgertum im Späthumanismus und Frühbarock (1580–1700) (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, Bd. 17), Augsburg 1968. Lesure, Michel: Les relations franco-ottomanes à l’épreuve des guerres de religion 1560–1594. In: Hamit Batu / Jean-Louis Bacqué-Grammont (Hrsg.): L’Empire Ottoman, la République de Turquie et la France, Istanbul 1986. Lettres du Cardinal d’Ossat, ed. Amelot de la Houssaie, Paris 1698. Lettres de Jaques de Bongars, résident et ambassadeur du Roi Henri IV vers les Electeurs, Princes et Etats Protestants d’Allemagne, Den Haag 1695 [zit. Ed. 1695]. Lettres latines de Monsieur de Bongars, resident et ambassadeur sous le Roy Henry IV en diverses négotiations importantes, Paris 1668 u.ö. [zit. Ed. 1668]. Libavius, Andreas: Alchymia triumphans de iniusta in se collegii galenici spurii in academia parisiensi censura; et Ioannis Riolani maniographia, falsi convicta, et funditus eversa. Opus hermeticum, vere didacticum solida explicans Chymiatriae Hippocraticae funda-

291 menta: De quinta essetia, magno perfectoque lapidis magisterio, principiis, extractis, oleis, aquis, salibus, elixyribus, diligenter elaboratum, Frankfurt am Main 1607. Ders.: Wolmeinendes Bedencken von der Fama und Confession der Brüderschafft des Rosencreuzes [...], Frankfurt am Main 1616. Ders.: Commentarii alchymicae, Frankfurt am Main 1606. Ders.: Alchymistische Practic: Das ist von künstlicher Zubereytung der vornembsten chymischen Medizinen: In zweyen Tractätlein klärlich entdecket: Deren das Erste von destillirten Wassern / Öhlen / Salzen / Extracten / quintis essentii, aquis vitae [...]. Das ander vom Lapide Philosophorum: Wie derselbe künstlich soll gemacht werden [...], Frankfurt am Main 1603. Lietzmann, Hilda: Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig und Lüneburg (1564–1613). Persönlichkeit und Wirken für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte, Bd. 30), Braunschweig 1993. Lipsius, Justus: De amphitheatris quae extra Romam libellus, Antwerpen 1584. Ders.: De Constantia – Von der Standhaftigkeit. Lateinisch–Deutsch, übersetzt, kommentiert und mit einem Nachwort von Florian Neumann (Excerpta classica, XVI), Mainz 1998. Ders.: Epistolae, hrsg. von Aloïs Gerlo, 7 Bde., Brüssel 1978–1997. Ders.: Tacitus, Publius Cornelius: C. Cornelii Tacitii historiarum et annalium libri qui exstant Iusti Lipsii studio emendati et illustrati, Antwerpen 1574. List, Martha: Helisäus Röslin. Arzt und Astrologe 1545–1616. In: Schwäbische Lebensbilder, Bd. 3, Stuttgart 1942, 468–480. Livet, Georges: Les guerres de religion (1559–1598) (»Que sais-je?« Le point des connaissances actuelles, No. 1016), 5e éd. mise à jour, Paris 1988. Lohmeier, Dieter: Briefwechsel des Späthumanismus. Ein Vorschlag zu ihrer Erschließung. In: Hans-Henrik Krummacher (Hrsg.): Briefe deutscher Barockautoren. Probleme ihrer Erfassung und Erschließung (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, 6), Hamburg 1978, 57–74. Love, Ronald S.: Blood and Religion. The Conscience of Henri IV, Montreal 2001. Ders.: The Symbiosis of Religion and Politics. Reassessing the Final Conversion of Henri IV. In: Historical Reflections 21 (1995), 27–56. Lübbecke, Fried: Fünfhundert Jahre Buch und Druck in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1948. Lübke, Christian: Außenpolitik im östlichen Mitteleuropa: Expansion und Hegemonie am Beispiel Polens und des Landes Halič-Volyn’ (bis 1387). In: Thomas Wünsch (Hrsg.): Das Reich und Polen. Parallelen, Interaktionen und Formen der Akkulturation im hohen und späten Mittelalter. Unter Mitwirkung von Alexander Patschovsky (Vorträge und Forschungen, Bd. 59), Ostfildern 2003, 21–58. Lunitz, Martin: Diplomatie und Diplomaten im 16. Jahrhundert. Studien zu den ständigen Gesandten Kaiser Karls V. in Frankreich (Konstanzer Dissertationen, Bd. 213), Konstanz 1988. Ders.: Diplomatie und Diplomaten im 16. Jahrhundert. Studien zu den ständigen Gesandten Karls V. in Frankreich – zum Strukturwandel des Gesandtschaftswesens im 16. Jahrhunderts. In: Horst Rabe (Hrsg.): Karl V. Politik und politisches System. Berichte und Studien aus der Arbeit an der Politischen Korrespondenz des Kaisers, Konstanz 1996, 117–135. Lutter, Christina: Institutionell geprägte Begegnungsformen. Das venezianische Kommunikationssystem in der Frühen Neuzeit. In: Michael Metzeltin (Hrsg.): Der Andere und der Fremde. Eine linguistisch-kognitive Untersuchung (Cinderella, 1), Wien 1996, 79–92. Dies.: Politische Kommunikation an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Venedig und Maximilian I. (1495–1508) (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 34), Wien / München 1998. Lutz, Heinrich: Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552–1556), Göttingen 1964. Mączak, Antoni: Travel in early modern Europe, Cambridge, Mass. 1995.

292 Ders. (Hrsg.): Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit. Unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien, 9), München 1989. Mader, Eric-Oliver: Fürstenkonversionen zum Katholizismus in Mitteleuropa im 17. Jahrhundert. Ein systematischer Ansatz in fallorientierter Perspektive. In: ZHF 34 (2007), 373–410. Ders.: Staatsräson und Konversion: Politische Theorie und praktische Politik als Entscheidungshintergründe für den Übertritt Wolfgang Wilhelms von Pfalz-Neuburg zum Katholizismus. In: Heidrun Kugeler / Christian Sepp / Georg Wolf (Hrsg.): Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven (Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, Bd. 3), Hamburg 2006, 120–150. Mährle, Wolfgang: Academia Norica. Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule in Altdorf (1575–1623) (Contubernium, 54), Stuttgart 2000. Maggi, Ottaviano: Legatus seu de legatione legatorum privilegiis officio ac munere libellus, Paris 1579. Maissen, Thomas: Von der Legende zum Modell. Das Interesse an Frankreichs Vergangenheit während der italienischen Renaissance (Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Bd. 166), Basel / Frankfurt am Main 1994. Malettke, Klaus: Deutsch-französische Beziehungen in der frühen Neuzeit: Stand der deutschen Forschung zu den Bereichen »Staat und Politik« (Ende 15.–Anfang 19. Jahrhundert) (Historische Kommission zu Berlin, Informationen, Beiheft 12), Berlin 1989. Ders.: Deutschland, Frankreich und Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Beiträge zum Einfluß französischer politischer Theorie, Verfassung und Außenpolitik in der Frühen Neuzeit, Marburg a.d. Lahn 1994. Marcus, Kenneth H.: The Politics of Power. Elites of an Early Modern State in Germany (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Abendländische Religionsgeschichte, Bd. 177), Mainz 2000. Marselaer, Frederick van: Legatus, Amsterdam 1644. Martels, Zweder von: On his Majesty’s service. Augerius Busbequius, courtier and diplomat of Maximilian II. In: Friedrich Edelmayer / Alfred Kohler (Hrsg.): Kaiser Maximilian II.: Kultur und Politik im 16. Jahrhundert (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 19), Wien bzw. München 1992, 169–181. Mattingly, Garrett: Renaissance diplomacy, London 1955. Mattioli, Pier Andrea: Kreuterbuch [...] gemehret und verfertiget durch [...] Joachimum Camerarium, Frankfurt am Main 1586. Maulde-La-Clavière, Marie-Alphonse-René de: La diplomatie au temps de Machiavel, 2 Bde., Paris 1892–1893. Mayer, Theodor: Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im hohen Mittelalter. In: HZ 159 (1939), 457–487. Meelius, Jan Wilhelm: Insignum virorum epistolae selectae, Amsterdam 1701. Meinel, Christoph: Die Alchemie in der europäischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, Wiesbaden 1986. Meister, Aloys: Der Straßburger Kapitelstreit (1583–1592), Straßburg 1899. Meitzner, Bettina: Die Gerätschaft der chymischen Kunst. Der Traktat »de Sceuastica Artis« des Andreas Libavius von 1606, Stuttgart 1995. Melville, Gert: Troja: Die integrative Wiege europäischer Mächte seit dem ausgehenden Mittelalter. In: Ferdinand Seibt / Winfried Eberhard (Hrsg.): Europa 1500. Integrationsprozesse im Widerstreit: Staaten, Regionen, Personenverbände, Christenheit, Stuttgart 1987, 415–432. Menk, Gerhard: Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, Franz Hotman und die hessischfranzösischen Beziehungen vor und nach der Bartholomäusnacht. In: ZVHG 88 (1980/81), 55–82. Mentz, Georg (Bearb.): Die Matrikel der Universität Jena, Bd. 1 (1548–1652), Jena 1944. Mercier, Josias: Aristaenetas epistolae graecae cum versione latine, o.O. 1595. Mertens, Dieter: Zu Heidelberger Dichtern von Schede bis Zincgref. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 103 (1974), 200–241.

293 Ders.: Hofkultur in Heidelberg und Stuttgart um 1600. In: Notker Hammerstein / Gerrit Walther (Hrsg.): Späthumanismus, Studien über das Ende einer kulturhistorischen Epoche, Göttingen 2000, 65–83. Metzler, Dieter: Johannes Löwenklau. In: Westfälische Lebensbilder 13, Münster 1985, 19– 44. Meußer, Anja: Für Kaiser und Reich. Politische Kommunikation in der frühen Neuzeit: Johann Ulrich Zasius (1521–1570) als Rat und Gesandter der Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. (Historische Studien, Bd. 477), Husum 2004. Meyer, Jean-Philippe / Auguste Schmitt: Les bâtiments de la Chartreuse de Molsheim aux XVIe –XVIIe siècles (Annuaire de la Société d’Histoire et d’Archéologie de Molsheim et environs), 2 Bde., Molsheim 1988–1989. Miegius, Ludwig C.: Monumenta pietatis et litteraria virorum in re publica et litteraria illustrium selecta, Teil 2, Frankfurt am Main 1701. Miethke, Jürgen: De potestate papae. Die päpstliche Amtskompetenz im Widerstreit der politischen Theorie von Thomas von Aquin bis Wilhelm von Ockham, Tübingen 2000. Moersch, Karl: Geschichte der Pfalz. Von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, Landau 1987. Molnár, Andrea: Fürst Stefan Bocskay als Staatsmann und Persönlichkeit im Spiegel seiner Briefe (Studia Hungarica. Schriften des ungarischen Instituts München, 23), München 1983. Moltmann, Jürgen: Christoph Pezel (1539–1604) und der Calvinismus in Bremen (Hospitium Ecclesiae. Forschungen zur Bremischen Kirchengeschichte, 2), Bremen 1958. Moran, Bruce T.: Der alchemistisch-Paracelsische Kreis um den Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel (1572–1632). Der fürstliche Forscher und die Methode experimenteller Wissenschaft. In: ZVHG 92 (1987), 131–146. Ders.: German Prince-Practitioners: Aspects in the development of courtly science, technology and procedures in the Renaissance. In: Technology and Culture 22 (1981), 253–274. Ders.: Science at the Court of Hesse-Kassel: Informal communication, collaboration and the role of the Prince-Practitioner in the sixteenth century, Ann Arbor 1978. Ders.: The alchemical world of the German court – occult philosophy and chemical medicine in the circle of Moritz of Hesse (1572–1632), Stuttgart 1991. Moraw, Peter: Über Rahmenbedingungen und Wandlungen auswärtiger Politik vorwiegend im deutschen Spätmittelalter. In: Dieter Berg / Martin Kintzinger / Pierre Monnet (Hrsg.): Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter (13. bis 16. Jahrhundert) (Europa in der Geschichte. Schriften zur Entwicklung des modernen Europa, Bd. 6), Bochum 2002, 31–45. Mousnier, Roland: L’assassinat d’Henri IV. 14 mai 1610, Paris 1964. Ders.: Les institutions de la France sous la monarchie absolue 1598–1789, 2 Bde., Paris 1974– 1980. Ders.: Les institutions de la France au XVIe siècle, Paris 1948. Mout, Nicolette: »Dieser einzige Wiener Hof von Dir hat mehr Gelehrte als ganze Reiche Anderer«. Späthumanismus am Kaiserhof in der Zeit Maximilians II. und Rudolfs II. (1564–1612). In: Notker Hammerstein / Gerrit Walther (Hrsg.): Späthumanismus, Studien über das Ende einer kulturhistorischen Epoche, Göttingen 2000, 46–64. Müller, Konrad: Jacques Bongars und seine Handschriftensammlung. In: Schätze der Burgerbibliothek Bern, Bern 1953, 79–106. Müller-Jahncke, Wolf-Dietrich: Der Paracelsische Weg zu Astrologie und Magie. In: Udo Benzenhöfer (Hrsg.): Paracelsus, Darmstadt 1993, 98–136. Müller-Ludolph, Ute: Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg (1576–1612). Eine politische Biographie (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 83), Darmstadt 1991. Multhauf, Robert P.: The Origins of Chemistry, London 1966. Nazelle, Louis-Jules: Isaac Casaubon. Sa vie et son temps (1559–1614), Paris 1897. Nevelet, Pierre: Elogium Francisci Hotomanni Jurisconsulti, Frankfurt am Main 1595. Nicklas, Thomas: Das Tagebuch eines Reichspolitikers. Persönlichkeit und Paradigma im 16. Jahrhundert. In: AKG 81 (1999), 59–79.

294 Nicollier-de Weck, Béatrice: Hubert Languet (1518–1581). Un réseau politique international de Melanchthon à Guillaume d’Orange (Travaux d’Humanisme et Renaissance, No. CCXCIII), Genf 1995. Niederkorn, Jan Paul: Die europäischen Mächte und der »Lange Türkenkrieg« Kaiser Rudolfs II. (1593–1606) (Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 135), Wien 1993. Nisard, Charles: Le triumvirat littéraire au XVIe siècle. Juste Lipse, Joseph Scaliger et Isaac Casaubon, Paris 1952 [ND Genf 1970]. Noflatscher, Heinz: Räte und Herrscher. Politische Eliten an den Habsburgerhöfen der österreichischen Länder 1480–1530 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, Bd. 161; Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, Nr. 14), Mainz 1999. Nolhac, Pierre de: La bibliothèque de Fulvio Orsini. Contribution à l’histoire des collections d’Italie et à l’étude de la Renaissance, Paris 1887 [ND Genf 1976]. Ders.: Un poète rhénan, ami de la Pléiade: Paul Melissus, Paris 1923. Nouaillac, Joseph: Villeroy, secrétaire d’Etat et ministre de Charles IX, Henri II et Henri IV (1543–1610), Paris 1909. Ders. (Hrsg.): Un envoyé hollandais à la cour de Henri IV. Lettres inédites de François d’Aerssen à Jacques Valcke trésorier de Zélande 1599–1603, Paris 1908. Nussbaum, Arthur: Geschichte des Völkerrechts in gedrängter Darstellung, München 1960. Odlozilík, Ottakar: Karel of Zerotin and the English Court (1564–1636). In: The Slavonic and East European Review 15 (1936/37), 413–425. Ders.: Die Wittenberger Philippisten und die Brüderunität. In: Wolfgang Steinitz / Pavel Naumovič Berkov / Bogdan Suchodolski / Julius Dolanský (Hrsg.): Ost und West in der Geschichte des Denkens und der kulturellen Beziehungen. Festschrift für Eduard Winter zum 70. Geburtstag (Quellen und Studien zur Geschichte Osteuropas, Bd. 15), Berlin 1966, 196–218. Oestreich, Gerhard: Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius (1547–1606). Der Neustoizismus als politische Bewegung, hrsg. und eingeleitet von Nicolette Mout (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 38), Göttingen 1989. Oexle, Otto Gerhard: Utopisches Denken im Mittelalter: Pierre Dubois. In: HZ 224 (1977), 293–339. O’Neill, Robert Keating: Politics and the new orders in France, 1584–1626: A study of Jesuit and Capuchin influence upon French foreign policy towards the Habsburgs, Diss. phil. Chicago 1975. Osborn, James M.: Young Philip Sidney 1572–1577, New Haven / London 1972. Pagel, Walter: Paracelsus. An introduction to philosophical medicine in the era of the Renaissance, rev. ed., Basel / München / New York 1982. Ders.: Religion and Neoplatonism in Renaissance Medicine, London 1985. Ders.: Das medizinische Weltbild des Paracelsus. Seine Zusammenhänge mit Neuplatonismus und Gnosis, Wiesbaden 1962. Pannier, Jacques: L’Église réformée de Paris sous Louis XIII (1610–1621), Straßburg 1922. Papy, Jan: Justus Lipsius über Frieden und Krieg: Humanismus und Neustoizismus zwischen Gelehrsamkeit und Engagement. In: Norbert Brieskorn / Markus Riedenauer (Hrsg.): Suche nach Frieden: Politische Ethik in der Frühen Neuzeit III (Theologie und Frieden, Bd. 26), Stuttgart 2003, 155–173. Ders.: Manus manum lavat. Die Briefkontakte zwischen Kaspar Schoppe und Justus Lipsius als Quelle für die Kenntnis der sozialen Verhältnisse in der Respublica litteraria. In: Herbert Jaumann (Hrsg.): Kaspar Schoppe (1576–1649). Philologe im Dienste der Gegenreformation. Beiträge zur Gelehrtenkultur des europäischen Späthumanismus (Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit, Bd. 2, Heft 3/4), Frankfurt am Main 1998, 276–297. Paraeus, David: Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum de temporali potestate papae commentatio, Heidelberg 1612. Pariset, Jean-Daniel: Les relations entre la France et l’Allemagne au milieu du XVIe siècle, Straßburg 1981.

295 Pasquale, Carlo: Legatus, Rouen 1559. Patry, Raoul: Philippe du Plessis-Mornay. Un hugenot homme d’Etat (1549–1623), Paris 1933. Pattison, Mark: Isaac Casaubon 1559–1614, 2 Bde., Oxford 1892. Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike, hrsg. und bearb. von Konrat Ziegler und Walther Sontheimer, München 1979. Pélissier, Léon: Henri IV, Bongars et Strasbourg. In: Revue Alsacienne 11 (1887/88), 61–68, 191–201, 290–296. Penot, Bernard Georges: Apologia [...] ad Josephi Micheli Lingelshemi scriptum, Frankfurt am Main 1600. Ders.: Philosophia chymica, Genf 1612. Ders.: Tractatus varii, de vera praeparatione et usu medicamentorum chymicorum, Frankfurt am Main 1594. Ders.: Theophrastisch Vade Mecum. Das ist etliche sehr nützliche Traktat / von der warhafftigen Berettung und rechtem gebrauch der chymischen Medicamenten [...], Magdeburg 1597. Pernot, Michel: Les guerres de religion en France, Paris 1987. Peters, Lambert F.: Der Handel Nürnbergs am Anfang des Dreissigjährigen Krieges (VSWG, Beihefte, 112), Stuttgart 1994. Petry, Ludwig: Breslau in der frühen Neuzeit – Metropole des Südostens. In: ZfO 33 (1984), 161–179. Ders.: Zur evangelischen Kirchengeschichte Schlesiens. In: Lothar Bossle / Gundolf Keil / Josef Joachim Menzel (Hrsg.): Schlesien als Aufgabe interdisziplinärer Forschung, Sigmaringen 1986, 35–52. Pflüger, Christine: Kommissare und Korrespondenzen. Politische Kommunikation im Alten Reich (1552–1558) (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit, Bd. 24), Köln / Weimar / Wien 2005. Der Physiologus. Tiere und ihre Symbolik. Übertragen und erläutert von Otto Seel, 7. Aufl. Zürich 1995. Pieper, Renate: Aktuelle Berichterstattung aus der Neuen Welt im ausgehenden 16. Jahrhundert. Der Überfall von Sir Francis Drake auf Santo Domingo und Cartagena (1586) in europäischen Zeitungen. In: Iberische Welten, Köln 1994, 667–684. Dies.: Informationszentren im Vergleich. Die Stellung Venedigs und Antwerpens im 16. Jahrhundert. In: Michael North (Hrsg.): Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts (Wirtschafts- und Sozialhistorische Studien 3), Köln 1995, 45–60. Dies.: Die Vermittlung einer neuen Welt. Amerika im Nachrichtennetz des Habsburgischen Imperiums 1493–1598 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, Bd. 163), Mainz 2000. Pilz, Kurt: Nürnberg und die Niederlande. In: MVGN 43 (1952), 1–153. Pithou, Pierre: Annalium et historiae Francorum scriptores coaetanei, Frankfurt am Main 1594. Ders.: Libertés de l’Église gallicane, Paris 1594. Platt, F. Jeffrey: The Elizabethan »Foreign Office«. In: The Historian 56 (1994), 725–740. Platzhoff, Walter: Frankreich und die deutschen Protestanten, München 1912. Polgár, László: Bibliographie sur l’histoire de la Compagnie de Jésus 1901–1980. Toute la Compagnie [Bd. 1], Rom 1981. Polívak, Miroslav: Nürnberg als Nachrichtenzentrum in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In: Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.): Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance, Paderborn 1998, 165–177. Posthumus Meyjes, Guillaume H. M.: Jean Hotman’s english connection. In: Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen, Mededelingen van de Afdeling Letterkunde 53, Nr. 5 (1990), 7–45. Press, Volker: Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559–1619 (Kieler Historische Studien, Bd. 7), Stuttgart 1970. Puharré, André: Les projets d’organisation européenne d’après le grand dessin de Henri IV et de Sully, Paris 1954.

296 Reeves, Jesse S.: Étienne Dolet on the functions of the Ambassador 1541. In: AJIL 27 (1933), 80–95. Reibstein, Ernst: Völkerrecht. Eine Geschichte, Bd. 1, Freiburg 1958. Reifferscheid, Alexander (Hrsg.): Briefe G. M. Lingelsheims, M. Berneggers und ihrer Freunde. Nach Handschriften (Quellen zur Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland während des siebzehnten Jahrhunderts, I), Heilbronn 1889. Reinhard, Wolfgang: Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500–1620, Berlin 1996. Ders.: Gegenreformation als Modernisierung? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters. In: ARG 68 (1977), 226–252. Ders.: Zwang zur Konfessionalisierung? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters. In: ZHF 10 (1983), 257–277. Reisenleitner, Markus: Der Umgang der modernen Kulturgeschichtsschreibung mit der Intertextualität in der Frühen Neuzeit. In: Wilhelm Kühlmann / Wolfgang Neuber (Hrsg.): Intertextualität in der Frühen Neuzeit. Studien zu ihren theoretischen und praktischen Perspektiven (Frühneuzeit-Studien, 2), Frankfurt am Main 1994, 1–30. Reitemeier, Arnd: Außenpolitik im Spätmittelalter. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Reich und England 1377–1422 (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, 45), Paderborn / München / Wien / Zürich 1999. Reumont, Alfred: Die Entwicklung der ständigen Diplomatie vom 15. Jahrhundert bis zu den Beschlüssen von 1815/18, Leipzig 1885. Ridder-Symoens, Hilde de: Die Kavalierstour im 16. und 17. Jahrhundert. In: Peter J. Brenner (Hrsg.): Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur, Frankfurt am Main 1989, 197–223. Rill, Gerhard: Humanismus und Diplomatie. In: MÖStA 25 (1972), 565–580. Ritter, Moriz: Geschichte der Deutschen Union, von den Vorbereitungen des Bundes bis zum Ende Kaiser Rudolphs II. (1598–1612), 2 Bde., Schaffhausen 1867–1873. Ders.: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreissigjährigen Krieges (1555–1648), Bd. 2: 1586–1618, Stuttgart 1895 [ND Darmstadt 1962]. Robson-Scott, William Douglas: German Travellers in England 1400–1800, Oxford 1953. Roeck, Bernd: Finsternis und Unkultur. Zu Leben und Werk des Marcus Welser (1558–1614). In: AKG 72 (1990), 115–141. Röslin, Helisaeus: De opere Dei creationis seu de mundo hypotheses, Frankfurt am Main 1597. Rommel, Christian von (Hrsg.): Correspondance inédite de Henri IV avec Maurice-Le-Savant, landgrave de Hesse, Paris 1840. Saavedra Fajardo, Diego de: Die Republik der Gelehrten, oder allegorische und kritische Beschreibung der Künste und Wissenschaften, Prag 1771. Sargent, Ralph M.: At the Court of Queen Elizabeth. The life and lyrics of Sir Edward Dyer, Oxford 1968. Sattler, Christian Friedrich: Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Graven, Bd. 5, Tübingen 1768. Scaliger, Joseph: Epistolae omnes quae reperiri potuerunt, nunc primum collectae ac editae, Frankfurt am Main 1628. Schaab, Meinrad: Geschichte der Kurpfalz, Bd. 2: Neuzeit, Stuttgart / Berlin / Köln 1992. Schaube, Adolf: Zur Entstehungsgeschichte der ständigen Gesandtschaften. In: MIÖG 10 (1889), 501–521. Schecker, Heinz: Melchior Goldast von Haiminsfeld, Bremen 1930. Schenk, Michael: Soziale Netzwerke und Kommunikation, Tübingen 1984. Schickler, Fernand: Hotman de Villiers et son temps. In: BSHPF 17 (1868), 98–111, 145–161, 401–413, 464–476, 513–533. Schieche, Emil: Die Rosenbergsche Bibliothek vor und nach Juli 1648. In: Stifter-Jahrbuch 5 (1895), 102–140. Schilling, Heinz: Formung und Gestalt des internationalen Systems in der werdenden Neuzeit – Phasen und bewegende Kräfte. In: Peter Krüger (Hrsg.): Kontinuität und Wandel in der

297 Staatenordnung der Neuzeit. Beiträge zur Geschichte des internationalen Systems (Marburger Studien zur Neueren Geschichte, Bd. 1), Marburg a.d. Lahn 1991, 19–46. Ders.: Konfessionalisierung und Formierung eines internationalen Systems während der frühen Neuzeit. In: Hans R. Guggisberg / Gottfried G. Krodel (Hrsg.): Die Reformation in Deutschland und Europa: Interpretationen und Debatten. Beiträge zur gemeinsamen Konferenz der Society for Reformation Research und des Vereins für Reformationsgeschichte, 25.–30. September 1990 im Deutschen Historischen Institut, Washington, D.C. (ARG, Sonderbd.), Gütersloh 1993, 591–613. Ders.: Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland zwischen 1555 und 1620. In: HZ 246 (1988), 1–45. Ders.: Konfessionalisierung und Staatsinteressen. Internationale Beziehungen 1559–1660 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, Bd. 2), Paderborn / München / Wien / Zürich 2007. Ders.: Nation und Konfession in der frühneuzeitlichen Geschichte Europas. Zu den konfessionsgeschichtlichen Voraussetzungen der frühmodernen Staatsbildung. In: Klaus Garber (Hrsg.): Nation und Literatur im Europa der Frühen Neuzeit. Akten des 1. Internationalen Osnabrücker Kongresses zur Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit, Tübingen 1989, 87–107. Ders. (Hrsg.): Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der »Zweiten Reformation« (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bd. 195), Gütersloh 1986. Schindling, Anton: Humanistische Hochschule und Freie Reichsstadt. Gymnasium und Akademie in Straßburg 1583–1621 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, Bd. 77), Wiesbaden 1977. Ders.: Humanismus und städtische Eliten in der Reichsstadt Frankfurt am Main. In: Klaus Malettke / Jürgen Voss (Hrsg.): Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 16. Jahrhundert, Bonn 1989, 211–222. Ders.: Wachstum und Wandel vom Konfessionellen Zeitalter bis zum Zeitalter Ludwigs XIV. Frankfurt am Main 1555–1685. In: Frankfurt am Main. Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen, hrsg. von der Frankfurter Historischen Kommission (Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission, 17), Sigmaringen 1991, 205–260. Schipperges, Heinrich: Paracelsus im Streit der Fakultäten. In: Wilhelm Kühlmann / WolfDieter Müller-Jahncke (Hrsg.): Iliaster. Literatur und Naturkunde in der Frühen Neuzeit. Festgabe für Joachim Telle zum 60. Geburtstag, Heidelberg 1999, 249–260. Schmid, Bernhard: Jakob Graviseth, der Donator der Bongarsiana. In: Hans Bloesch (Hrsg.): Die Stadt- und Hochschulbibliothek Bern. Bibliotheca Bernensis Bongarsiana 1632–1932. Zur Erinnerung an ihr 400jähriges Bestehen und an die Schenkung der Bongarsiana im Jahr 1632, Bern 1932, 53–74. Schnur, Roman: Die französischen Juristen im konfessionellen Bürgerkrieg des 16. Jahrhunderts, Berlin 1962. Schnurrer, Ludwig: Andreas Libavius (ca. 1558–1616). In: Fränkische Lebensbilder 15, Würzburg 1993, 85–106. Schoppe, Kaspar: Suspectarum lectionum libri quinque, Nürnberg 1597. Schubert, Anselm: Kommunikation und Konkurrenz. Gelehrtenrepublik und Konfession im 17. Jahrhundert. In: Thomas Kaufmann / Kaspar von Greyerz / Manfred JakubowskiTiessen / Hartmut Lehmann (Hrsg.): Interkonfessionalität – Transkonfessionalität – binnenkonfessionelle Pluralität. Neue Forschungen zur Konfessionalisierungsthese (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bd. 201), Gütersloh 2003, 105–131. Schubert, Friedrich Hermann: Ludwig Camerarius (1573–1651). Eine Biographie (Münchener historische Studien, Abt. neuere Geschichte, Bd. I), Kallmünz i.Opf. 1955. Schultess, Carl: Aus dem Briefwechsel des französischen Philologen und Diplomaten Jacques Bongars (1554–1612). In: Edmund Kelter / Carl Schultess / Erich Ziebarth (Hrsg.): Beiträge zur Gelehrtengeschichte des siebzehnten Jahrhunderts, Hamburg 1905, 103–194. Schulze, Hagen: Die Biographie in der »Krise der Geschichtswissenschaft«. In: GWU 29 (1978), 508–518.

298 Schulze, Winfried: Kaiserliches Amt, Reichsverfassung und protestantische Union. In: Heinz Duchhardt / Matthias Schnettger (Hrsg.): Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, Beiheft 48), Mainz 1999, 195–209. Ders.: Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung, München 1978. Ders.: Untertanenrevolten, Hexenverfolgungen und »kleine Eiszeit«. Eine Krisenzeit um 1600? In: Bernd Roeck / Klaus Bergdolt / Andrew John Martin (Hrsg.): Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und Wirtschaft, Sigmaringen 1993, 189–309. Schwan, Brigitte: Das juristische Schaffen Marquard Frehers (1565–1614), Darmstadt 1984. Schweizer, Alois: Lucas Geizkofler (1550–1620). Bildungsweg, Berufstätigkeit und soziale Umwelt eines Augsburger Späthumanisten, Tübingen 1976. Schweizer, Thomas (Hrsg.): Netzwerkanalyse. Ethnologische Perspektiven, Berlin 1988. Schwinges, Rainer Christoph: Karrieremuster: Zur sozialen Rolle der Gelehrten im Reich des 14. bis 16. Jahrhunderts. In: Rainer Christoph Schwinges (Hrsg.): Gelehrte im Reich: zur Sozial- und Wirkungsgeschichte akademischer Eliten des 14. bis 16. Jahrhunderts (ZHF, Beiheft 18), Berlin 1996, 11–22. Secret, François: Documents oubliés sur l’alchimie au début du XVIIe siècle: autour de la correspondance d’O. Worm. In: Chrysopoeia 3 (1989), 193–228. Ders.: Littérature et alchemie. In: Bibliothèque d’Humanisme et Renaissance 35 (1973), 499– 531. Seidel, Karl Joseph: Frankreich und die deutschen Protestanten, Münster 1970. Seidel, Robert: Späthumanismus in Schlesien. Caspar Dornau (1577–1613). Leben und Werk, Tübingen 1994. Seneca: Naturalium quaestionum libri octum, übers. und hrsg. von Otto und Eva Schönberger, Stuttgart 1998. Sepp, Christian: Das Heilige Römische Reich und England zwischen der Thronbesteigung Elisabeths I. von England (1558) und dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618). Eine Studie über Außenpolitik in der Frühen Neuzeit, unveröffentliche Magisterarbeit München 1997. Shennan, Joseph H.: The Parliament of Paris, Ithaca 1968. Sibeth, Uwe: Gesandter einer aufständischen Macht. Die ersten Jahre der Mission von Dr. Pieter Cornelisz. Brederode im Reich (1602–09). In: ZHF 30 (2003), 19–52. Siebers, Winfried: Ungleiche Lehrfahrten – Kavaliere und Gelehrte. In: Hermann Bausinger (Hrsg.): Reisekultur: von der Pilgerfahrt zum modernen Tourismus, München 1991, 47–57. Šimecek, Zdenek: Geschriebene Zeitungen in den böhmischen Ländern um 1600 und ihr Entstehungs- und Rezeptionszusammenhang mit den gedruckten Zeitungen. In: Presse und Geschichte, Bd. 2: Neue Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung (Deutsche Presseforschung, 26), München 1987, 71–82. Sinner, Jean Rodolphe: Catalogus Codicum Manuscriptus Bibliothecae Bernensis, Bern 1772. Sitzmann, Édouard: Dictionnaire de biographie des hommes célèbres d’Alsace, 2 Bde., Rixheim 1909–1910 [ND Paris 1973]. Slavin, Arthur: Daniel Rogers in Copenhagen, 1588: mission and memory. In: Malcolm R. Thorp / Arthur J. Slavin (Hrsg.): Politics, religion and diplomacy in early modern Europe, Kirksville 1994, 245–266. Smend, Gottfried: Janus Gruter. Sein Leben und Wirken. Ein Niederländer auf deutschen Hochschulen, Bonn 1939. Smith, David Baird: Jean de Villiers Hotman. In: The Scottish Historical Review 14 (1917), 147–166. Smith, Logan Pearsall (Hrsg.): The Life and Letters of Sir Henry Wotton, 2 Bde., Oxford 1907. Soman, Alfred: De Thou and the index. Letters from Christophe Dupuy (1603–1607) (Études de philologie et d’histoire, 26), Genf 1972.

299 Sporhan-Krempel, Lore: Nürnberg als Nachrichtenzentrum zwischen 1400 und 1700 (Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, Bd. 10), Nürnberg 1968. Staehelin, Ernst: Amandus Polanus von Polansdorf, Basel 1955. Stählin, Friedrich: Humanismus und Reformation im bürgerlichen Raum. Eine Untersuchung der biographischen Schriften des Joachim Camerarius, Leipzig 1936. Stannek, Antje: Peregrinemur non ut aranae sed ut apes. Auslandserfahrungen im Kontext adeliger Standeserziehung an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. In: Notker Hammerstein / Gerrit Walther (Hrsg.): Späthumanismus. Studien über das Ende einer kulturhistorischen Epoche, Göttingen 2000, 208–226. Stevens, Linton L.: The Contribution of French Jurists to the Humanism of the Renaissance. In: Studies in the Renaissance, Bd. 1, Austin 1954, 92–105. Stloukal, Karel: Z Diplomatických Styku Mezi Franchií a Chechy Pred Bilou Horou. In: CCH 32 (1926), 473–496. Stolleis, Michael: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600–1800, München 1988. Ders.: Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit. Studien zur Geschichte des öffentlichen Rechts, Frankfurt am Main 1990. Stone, Lawrence: An Elizabethan Diplomat: Sir Horatio Palavicino, Oxford 1956. Stourzh, Gerald: Außenpolitik, Diplomatie, Gesandtschaftswesen: zur Begriffsklärung und historischen Einführung. In: Erich Zöllner (Hrsg.): Diplomatie und Außenpolitik Österreichs, Wien 1977, 10–27. Strahm, Hans: Die Berner Bibliotheken von ihren ersten Anfängen bis zur großen Reorganisation von 1693. In: Bibliotheca Bernensis 1974. Festgabe zur Einweihung des umgebauten und erweiterten Gebäudes der Stadt- und Universitätsbibliothek und der Burgerbibliothek Bern, hrsg. von der Burgergemeinde Bern, Bern 1974, 13–44. Ders.: Jakob Bongars Büchersammlung. In: Hans Bloesch (Hrsg.): Die Stadt- und Hochschulbibliothek Bern. Bibliotheca Bernensis Bongarsiana 1632–1932. Zur Erinnerung an ihr 400jähriges Bestehen und an die Schenkung der Bongarsiana im Jahr 1632, Bern 1932, 107–122. Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten, 20 Bde., Marburg a.d. Lahn 1781–1863. Strohmeyer, Arno: Kulturtransfer durch Diplomatie: Die kaiserlichen Botschafter in Spanien im Zeitalter Philipps II. und das Werden der Habsburgermonarchie (1560–1598). In: Wolfgang Schmale (Hrsg.): Kulturtransfer. Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert (Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 2), Innsbruck / Wien / München / Bozen 2003, 205–230. Ders.: Theorie der Interaktion. Das europäische Gleichgewicht der Kräfte in der frühen Neuzeit, Wien / Köln / Weimar 1994. Stuber, Martin: Brief und Mobilität bei Albrecht von Haller. Zur Geographie einer europäischen Gelehrtenkorrespondenz. In: Johannes Burkhardt / Christine Werkstetter (Hrsg.): Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit (HZ, Beihefte N. F., Bd. 37), München 2003, 313–334. Sturm, Erdmann K.: Der junge Zacharias Ursin. Sein Weg vom Philippismus zum Calvinismus (1534–1562) (Beiträge zur Geschichte und Lehre der reformierten Kirche, 23), Neukirchen 1972. Tarnai, Andor: Deutschland als Zentrum der internationalen lateinischen Dichtung im Späthumanismus. In: August Buck / Tibor Klaniczay (Hrsg.): Das Ende der Renaissance: Europäische Kultur um 1600 (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 6), Wiesbaden 1987, 155–164. Tasso, Torquato: Il Messagiero, Venedig 1582. Teissier, Antoine: Les éloges des hommes savans. Tirez de l’histoire de Thou, 2 Bde. Genf 1683. Telle, Joachim (Hrsg.): Analecta Paracelsica. Studien zum Nachleben Theophrast von Hohenheims im deutschen Kulturgebiet (Heidelberger Studien zur Naturkunde der frühen Neuzeit 4), Stuttgart 1994.

300 Thickett, Dorothy: Estienne Pasquier, London 1979. Thoren, Victor E.: The Lord of Uranienborg. A biography of Tycho Brahe, Cambridge, Mass. 1990. Thormann, Franz: Die Handschriften der Bongarsiana. In: Hans Bloesch (Hrsg.): Die Stadtund Hochschulbibliothek Bern. Bibliotheca Bernensis Bongarsiana 1632–1932. Zur Erinnerung an ihr 400jähriges Bestehen und an die Schenkung der Bongarsiana im Jahr 1632, Bern 1932, 75–84. Thorndike, Lynn: A history of magic and experimental science, 8 Bde., New York 1923–1958 [ND 1958–1960]. Thou, Jacques-Auguste de: Historiarum sui temporis libri CXXXVIII, 7 Bde., London 1733. Ders.: Histoire universelle, Den Haag 1740. Toeller, Monika: Die Buchmesse in Frankfurt a. M. vor 1560. Ihre kommunikative Bedeutung in der Frühdruckzeit, München 1983. Toepke, Gustav (Bearb.): Die Matrikel der Universität Heidelberg, Teil 2 (1386–1662), Heidelberg 1886. Trevor-Roper, Hugh: The court physician and paracelsism. In: Vivian Nutton (Hrsg.): Medicine at the courts of Europe 1500–1837, London 1990, 79–94. Ders.: The Paracelsian movement. In: Hugh Trevor-Roper (Hrsg.): Renaissance Essays, Suffolk 1985, 149–199. Ders.: The Sieur de la Rivière, Paracelsian Physicians of Henri IV. In: Allen George Debus (Hrsg.): Science, medicine and society in the Renaissance, New York 1972, Bd. 2, 227–250. Trunz, Erich: Johann Matthäus Meyfarth. Theologe und Schriftsteller in der Zeit des Dreissigjährigen Krieges, München 1987. Ders.: Späthumanismus als Standeskultur. In: Erich Trunz, Deutsche Literatur zwischen Späthumanismus und Barock. Acht Studien, München 1995, 7–45 [erstmals in: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 21 (1931), 17–53; wieder in: Richard Alewyn (Hrsg.): Deutsche Barockforschung. Dokumentation einer Epoche (Neue Wissenschaftliche Bibliothek, Literaturwissenschaft, 7), Köln 1965, 147–181]. Ders.: Wissenschaft und Kunst im Kreise Rudolf II. 1576–1612, Neumünster 1992. Vehse, Carl Eduard: Die Höfe zu Hessen [zuerst 1853], bearb. und hrsg. von Wolfgang Schneider, Leipzig / Weimar 1991. Velden, Adolf von den: Die ersten Generationen der Familie du Fay in Frankfurt a. M. In: Frankfurter Blätter für Familiengeschichte. Süddeutsche genealogische Monatshefte 4 (1911), Heft 5, 65–69. De Vera, Don Juan Antonio: Le parfait ambassadeur, Paris 1642. Verweyen, Theodor: Zwischenbericht über die Ausgabe der »Gesammelten Schriften Zincgrefs«. In: Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Literatur und Kultur im deutschen Südwesten zwischen Renaissance und Aufklärung. Neue Studien, Walter E. Schäfer zum 65. Geburtstag gewidmet (Chloë. Beihefte zum Daphnis, Bd. 22), Amsterdam 1995, 185–218. Vickers, Brian (Hrsg.): Occult and scientific mentalities in the Renaissance, Cambridge, Mass. 1984. Virorum clarissimorum et doctorum ad Goldastum epistolae, hrsg. von Heinrich Günther von Thülemeyer, Frankfurt am Main / Speyer 1688. Vocelka, Karl: Rudolf II. und seine Zeit, Wien / Köln / Graz 1985. Vogler, Bernard: Henri IV et les princes allemands. In: Avenement d’Henri IV. Quatrième centenaire. Colloque III Pau-Nérac 1989, Pau 1990, 371–383. Vreede, George G.: Lettres et négotiations de Paul Choart, Seigneur de Buzanval, ambassadeur ordinaire de Henri IV en Hollande et de François d’Aerssen, agent des Provinces-Unies en France (1598, 1599) suivies de quelques pièces diplomatiques concernant les années 1593–1596, et 1602–1606, Leiden 1846. Wachler, Albrecht W.: Thomas Rhediger und seine Büchersammlung in Breslau. Ein biographisch-literarischer Versuch, Breslau 1928. Wackernagel, Hans Georg (Bearb.): Die Matrikel der Universität Basel, Bd. 2: 1532/33– 1600/01, Basel 1956.

301 Walser, Robert: Lasst uns ohne nachricht nit. Botenwesen und Informationsbeschaffung unter der Regierung des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg, Diss. phil. München 2004 [als digitale Ressource: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/2796/1/Walser_Robert.pdf, abgerufen am 10.02.2008]. Walter, Axel E.: Georg Michael Lingelsheim. Esquisse biographique d’un humaniste politique dans la région du Rhin supérieur (1558–1638). In: Revue d’Alsace 124 (1998), 35–54. Ders.: Späthumanismus und Konfessionspolitik. Die europäische Gelehrtenrepublik um 1600 im Spiegel der Korrespondenzen Georg Michael Lingelsheims (Frühe Neuzeit. Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext, Bd. 95), Tübingen 2004. Walther, Gerrit: Adel und Antike. Zur politischen Bedeutung gelehrter Kultur für die Führungselite der Frühen Neuzeit. In: HZ 266 (1998), 359–385. Ders.: Humanismus und Konfession. In: Notker Hammerstein / Gerrit Walther (Hrsg.): Späthumanismus. Studien über das Ende einer kulturhistorischen Epoche, Göttingen 2000, 113–127. Walton, Isaak: The Lives of Dr. John Donne, Sir Henry Wotton, Mr. Geerie, London 1670. Wattenbach, Wilhelm: Jacob Bongars Reise durch Siebenbürgen 1588. In: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde N.F. 12 (1874/75), 354–367. Weber, Ernestus: Virorum clarorum saeculi 16. et 17. epistolae selectae, Leipzig 1894. Weber, Max: Soziologie der Herrschaft. In: Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, hrsg. von Johannes Winckelmann, Bd. 2, Tübingen 1976, 541–579. Wefers, Sabine: Zur Theorie auswärtiger Politik des römisch-deutschen Reiches im Spätmittelalter. In: Dieter Berg / Martin Kintzinger / Pierre Monnet (Hrsg.): Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter (13. bis 16. Jahrhundert) (Europa in der Geschichte. Schriften zur Entwicklung des modernen Europa, Bd. 6), Bochum 2002, 359–370. Dies.: Versuch über die »Außenpolitik« des spätmittelalterlichen Reiches. In: ZHF 22 (1995), 291–316. Welser, Johann Michael von: Die Welser, 2 Bde., Nürnberg 1917. Werner, Theodor Gustav: Das kaufmännische Nachrichtenwesen im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit und sein Einfluß auf die Entstehung der handschriftlichen Zeitungen. In: Scripta Mercaturae 13/2 (1979), 3–51. Wernham, Richard Bruce: The making of Elizabethan foreign policy 1558–1603, Berkeley 1980. Wickert, Konrad: Joachim Camerarius und das Mattiol’sche Kräuterbuch (1586). In: MVGN 82 (1995), 139–154. Wieland, Christian: Fürsten, Freunde, Diplomaten. Die römisch-florentinischen Beziehungen unter Paul V. (1605–1621) (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit, Bd. 20), Köln / Weimar / Wien 2004. Will, Georg Andreas: Nürnbergisches Gelehrten-Lexikon, 4 Tle., Nürnberg 1755–1808 [ND Neustadt a.d. Aisch 1997–1998]. Winkelbauer, Thomas: Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters, Wien bzw. München 1999. Wolfe, Michael: The conversion of Henri IV. Politics, power and religious belief in early modern France, Cambridge, Mass. 1993. Ders.: Piety and political allegiance. The Duc de Nevers and the protestant Henri IV 1589–1593. In: French History 2 (1988), 1–21. Wolgast, Eike: Geistiges Profil und politische Ziele des Heidelberger Späthumanismus. In: Christoph Strohm / Joseph S. Freedman / Herman J. Selderhuis (Hrsg.): Späthumanismus und reformierte Konfession. Theologie, Jurisprudenz und Philosophie in Heidelberg an der Wende zum 17. Jahrhundert (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe, 31), Tübingen 2006, 1–26. Wollgast, Siegfried: Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung 1550– 1650, Berlin 1988. Worstbrock, Franz Josef (Hrsg.): Der Brief im Zeitalter der Renaissance (Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 9), Weinheim 1983.

302 Zeller, Gaston: Les institutions de la monarchie absolue au XVIe siècle, Paris 1948. Ders.: La réunion de Metz à la France, 2 Bde., Paris 1926. Ziegler, Oskar: Die Politik der Stadt Straßburg im bischöflichen Kriege 1592–1593, Straßburg 1906. Zimmermann, Christian von: Wie man Cometen [...] soll betrachten. Zwei Predigten des Jahres 1618 aus Riga und Magdeburg im Kontext der frühneuzeitlichen Kometenliteratur. In: Wilhelm Kühlmann / Wolf-Dieter Müller-Jahncke (Hrsg.): Iliaster. Literatur und Naturkunde in der Frühen Neuzeit. Festgabe für Joachim Telle, Hildesheim 1999, 321–344. Zorn, Wolfgang: Die soziale Stellung der Humanisten in Nürnberg und Augsburg. In: Otto Herding / Robert Stupperich (Hrsg.): Die Humanisten in ihrer politischen und sozialen Umgebung (Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 3), Boppard 1976, 35–49. Zuber, Henri: La noblesse protestante (1584–1598). Histoire politique des rapports entre Henri IV et les grandes réformes. In: Henri IV. Le roi et la reconstruction du royaume. Actes du Colloque Pau-Nérac, 14–17 septembre 1989, Pau 1989, 73–91. Zwierlein, Cornel: Discorso und Lex Dei. Die Entstehung neuer Denkrahmen im 16. Jahrhundert und die Wahrnehmung der französischen Religionskriege in Italien und Deutschland (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 74), Göttingen 2006. Ders.: Heidelberg und der »Westen« um 1600. In: Christoph Strohm / Joseph S. Freedman / Herman J. Selderhuis (Hrsg.): Späthumanismus und reformierte Konfession. Theologie, Jurisprudenz und Philosophie in Heidelberg an der Wende zum 17. Jahrhundert (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe, 31), Tübingen 2006, 27–92.

303

3.

Orts- und Personenregister

Kaiser, Päpste und Könige sind unter ihrem Namen eingeordnet, die übrigen Herrscher erscheinen unter ihren Territorien oder Dynastien (»Brandenburg«, »Lothringen-Guise« etc.). Die Stichworte »Deutschland«, »Europa«, »Frankreich« und »Reich« wurden nicht erfasst, ebensowenig »Jacques Bongars«. Bongars’ Angehörige gleichen Namens enthält das Register gleichwohl. Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf die Nennung des Stichworts in den Fußnoten.

Adam, Melchior 185 Ägypten 202 Aerssen, François van 114, 230 Aesop 134 Ahausen, Union (1608) 70, 167, 172, 194 Aix-en-Provence 212 Alciat, André 23, 25 Alemannen 89 Alexander der Große 26f. Alfraganus, Mohammed (Ahmad Ibn-Muhammad al-Farġānī) 89 Altdorf 123, 140, 142, 157, 159–161, 169, 180f., 194, 206, 238f. Althusius, Johannes 229 Amberg 156, 172, 174, 204 Amerika 233 Amsterdam 130, 156, 233 d’Ancel, Guillaume 43, 55, 63, 81, 91, 117f., 131, 134, 139, 145, 149, 156, 185, 197, 201, 203, 213–216, 218–220, 226, 232, 243, 245–247, 249–251, 255, 258f., 264, 266 Ancona, Mark 157 Anger, Melchior 182 Angers 165 Anhalt, Fürstentum 9 Anhalt-Bernburg, Fürstentum 172 – Christian I., Fürst von 52, 54, 57, 59, 69f., 73, 79, 83, 95, 146, 147f., 156, 172, 174f., 177, 181, 189, 203f., 205, 218, 223 Anjou, Herzog von 32 Anquez, Léonce 3, 10

Antonius, Wilhelm 38, 161 Antwerpen 129f., 138, 176, 182, 193, 231f., 253 Anytus 211 Arconatus, Hieronymus 159f. Ariost (Ludovico Ariosto) 90 Aristipp (Aristíppos von Kyrene) 245 Aristoteles 89, 202, 206, 221f., 225, 256 Armagnac 209 Arras 215 Arrian (Lucius Flavius Arrianus) 167, 168 Asien 160 l’Aubespines, Claude de 116 Aubry, Daniel 98, 125, 133 – David 133 – Jean 133f., 151, 154, 207 Augsburg 123, 129f., 160, 164, 166–169, 180, 193, 194, 215, 232, 239 – Bekenntnis (Confessio Augustana) 136 – Hochstift 166 – Reichstag (1530) 141 – Reichstag (1555) 141 – Reichstag (1566) 187 – Religionsfrieden (1555) 136, 187 Aurée 148 Aurelio 205, 213 d’Avanges 93 d’Averly 245 – George 49 Ayrault, Pierre 38 Baden-Durlach, Markgrafschaft 52, 73, 223

304 – Ernst Friedrich, Markgraf 61, 234 Badouêre, Thierry 138 Balduin 25 Bamberg, Ernst von Mengersdorf, Bischof 143 – Neidhardt von Thüngen, Bischof 153 Banos, Théophile de 232 Baradat, Guillaume de 52 Barnaud, Nicolas 213–218, 220 Basel 10, 92, 93f., 124, 146, 150, 154, 155, 157, 174f., 178, 180, 195, 198, 209f., 217, 229, 239, 250 Báthory, Sigismund (Zsigmond), Fürst von Siebenbürgen 31, 160 Baucinet, Guillaume 210f. Baugy, Nicolas de 117 Bauldry, Seigneurie 20, 45 Baumgartner, Hiernoymus 141f. Bayern, Herzogtum 2, 14, 58, 100, 166 Bazin 26 Beaulieu, Friede (1576) 23, 25 Beaulxhostes, François de 24, 26 Becher, Wilhelm 241 Beiderbeck, Friedrich 3, 66, 79 Belgien 138 Bell, Gary 45 Bellarmin, Robert, Kardinal 103–105, 195 Bellièvre, Pomponne de 144 Berlin 12, 77, 250 Bern 10, 22, 26, 94, 195 – Burgerbibliothek 50, 66, 177 Bernegger, Matthias 165 Beza, Theodor (Théodore de Bèze) 124, 126, 229, 250, 257 Bezold, Friedrich von 12 Béthune, Maximilien de, Duc de Sully, Marquis de Rosny 43, 73, 79, 82, 118, 120, 189 Biron siehe Gontaut Biturigen, Stamm 87 Blotius, Hugo 179 Boccaccio, Giovanni 90 Bochellus, Laurentius (Laurent Bouchel) 98, 126 Bock, Hieronymus 143 Bocskay, Stephan 248 Boderie siehe Le Febvre de la Boderie Bodin, Jean 23, 95f., 104, 110f., 154 Bodley, Thomas 258 Böhmen 16, 64, 65, 139f., 145, 153, 159, 160, 161, 165, 168, 177, 184, 185, 194, 203, 215, 216f., 219, 221, 243–245, 246, 249–251, 253, 266f. – Brüderunität 140, 142, 146, 157, 160, 249, 250, 253, 266

Boëthius, Anicius Manlius Severinus 89, 159 du Bois, Philibert 196 Boisdauphin, Urbain de Laval 63, 244 Boissise siehe Thumery Bologna 143 Bongars, Esther 20f. – Girard 20, 28 – Guillaume 19 – Isaac 20, 21 – Lambert 19f. Bott, Heinrich 135 Bouillon siehe La Tour d’Auvergne Bourbon 32, 52, 61, 95, 96 – Cathérine de 229 – François de, Prince de Condé 190 – Louis de, Prince de Condé, Comte de Soissons 12, 234 Bourges 23–26, 33, 88, 119, 126, 128, 180, 253 Bouwinghausen von Wallmerode, Benjamin 170 Brabant, Herzogtum 231 Brahe, Tycho 12, 89, 134, 220, 221f., 224f. Brandenburg 59, 60, 63, 217 – Kurfürstentum (Kurbrandenburg) 58– 60, 62, 73, 75f., 78, 170, 172 – Ernst, Markgraf 76, 79 – Joachim Friedrich, Kurfürst 175 – Joachim Friedrich, Administrator siehe Magdeburg, Erzstift – Johann Georg, Kurfürst 51f., 58, 64, 219f., 233 – Johann Sigismund, Kurfürst 75– 77, 79 Brandenburg-Ansbach, Markgrafschaft 56, 73, 110, 244 – Friedrich, Markgraf 59 – Georg Friedrich, Markgraf 223 – Joachim Ernst, Markgraf 156 – Johann Georg, Markgraf siehe Straßburg, Hochstift Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth, Markgrafschaft 73 Branthe 148 Brasilien 100 Braun, Conrad 37f. Braunschweig-Lüneburg, Herzogtum 53, 73, 110 – Heinrich Julius, Herzog 221 – Julius, Herzog 233 Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogtum 40, 68, 73, 110, 196 Brederode, Pieter Cornelisz. 187, 189, 223, 228–230, 242, 250

305 Bremen 53, 193, 197, 232f., 234, 250, 266 Breslau (Wrocław) 7, 113, 130, 142, 145, 160, 253–256, 258 – Andreas Jerin, Bischof 160, 254 Brouner 147 Brüssel 130 Bruno, Giordano 237 Buchsweiler 223 Budé, Guillaume 23 Budowa, Wenzel von 251 Bückeburg 40 Bukarest 32 Burgund, Herzogtum 2 Burgunder 89 Burthe, Jean de la 144 Busbecq, Ogier Ghislain de 43, 134, 253 Caesar, Gaius Iulius 91, 183 Caillat 220 Calandrini, Caesar 155f., 157, 158, 159, 169, 197, 204, 230, 250, 259, 264f. Calvart, Lieven 138, 230 Cambridge 98 Camden, William 41, 135, 187, 240f. Camerarius, Joachim d. Ä. 141f., 144f., 147, 154f., 168, 253 – Joachim d. J. 11, 30, 45, 53, 54, 55f., 61, 62, 92, 100, 133, 135, 137, 140– 149, 151–154, 157–161, 167f., 177, 186, 200, 203–207, 209, 212, 215f., 222, 239, 243, 249f., 253–255, 263f., 266 – Ludwig 11, 141, 143, 145 – Philipp 141f., 145, 167 Canisius, Petrus 185 Carpocrates von Alexandria 101 Casaubon, Isaac 12, 83, 91, 92, 105, 114f., 118, 124, 161, 165, 167, 168, 187, 231, 236, 238, 241 Cassius Dio, Lucius Claudius 151 Catull (Gaius Valerius Catullus) 90, 124 Cecil, Robert 238 – William, Lord Burghley 239 Chambord, Vertrag (1552) 2 Champagne 50 Chartres 50 Chastel, Jean 101f. Chaudière (Calderius), Regnault 181 La Chesnaye, Seigneurie 20, 45 China 100 Choart, Paul, Seigneur de Buzanval 118, 230, 231, 232 Christian III. von Dänemark, König 9, 220 Christian IV. von Dänemark, König 54 Christina von Schweden, Königin 98

Chytraeus, David 150, 151, 253 – Nathan 39 Cicero, Marcus Tullius 23 Claudius, römischer Kaiser 207 Cledonius 186 Clemence 26 Clemens VIII. (Ippolito Aldobrandini), Papst 116 Clément, Jacques 52 Clusius, Carolus (Charles de l’Écluse) 135, 151, 158, 215, 253 Cölln a.d. Spree 76 Colbe 186 Coler, Christoph 90f. Coligny, Gaspard de 112 Colli, Hippolyt von 122, 172, 174–178, 265 Condé siehe Bourbon Costil, Pierre 254 Coton, Père (Pierre Cotton) 102f. Courcelles, Guillaume de 224 – Marie de 138 Crato von Crafftheim, Johann 142, 145, 179, 215, 236f., 253, 256 Crest 213, 215 Croll, Oswald 134, 157, 203, 204 Cujas, Jacques 23–25, 29, 87, 88f., 120, 124, 180, 253 Culmann, Ludwig 179 Curion, Hieronymus 98, 104, 195f. Curtius Rufus, Quintus 26f., 90, 183 Dänemark 49, 52f., 101, 172, 195, 213, 219, 220, 224, 225, 237, 240 Dalmatien 254 Daniel, Pierre 28, 29, 88, 91, 98, 159 Dante Alighieri 90 Danzig 117 Dathènes, Pierre (Petrus Dathenus) 188, 189f., 231 – Pierre (Petrus), dessen Vater 189 Dee, John 219, 258 Demosthenes 22 Denaisius, Petrus 178f., 184f., 265 Dessau 250 Devereux, Robert, Earl of Essex 239 Dieppe 219, 251 Dietrichstein, Adam von 45 Dijon 234 Dillingen 50 Dioskorides (Pedanius) von Anarzaba 89, 154, 207f. Dobbinus, Nikolaus 171, 172 Dohna, Fabian von 49–51 Dolet, Étienne 37f.

306 Dollé 160 Donauwörth 84, 240 Donellus (Doneau), Hugo 25 Dortmund, Vertrag (1615) 75, 77 Drake, Francis 233 Dresden 49, 117, 149, 219, 250 Dschābir ibn Hayyān (Geber) 208 Duaren 25 Dubois, Pierre 98 Duboys, Clément 135 Duchesne (Querecetanus), Joseph, Seigneur de la Violette 198, 208–211, 224 Dudith, Andreas 31, 160, 225, 253, 254– 259 Dürer, Albrecht 90 Düsseldorf 41, 78f., 82, 83, 185f., 238 Duperron, Jacques-Davy, Kardinal, Bischof von Évreux 234 Duplessis-Mornay, Philippe 111–113, 118, 120, 133, 145, 152, 161, 230–232, 237, 250, 251, 253, 259, 266 Dupuy, Claude 28f., 120, 235 – Pierre 123, 126, 185 Dyer, Edward 219, 247 Eibenschitz 142, 249, 250 Eichstätt, Hochstift 143 – Konrad von Gemmingen, Bischof 143 Elisabeth I. von England, Königin 45, 112, 156, 164, 195, 233, 237f., 239, 240, 249f. Elsaß 53, 57f., 162, 194, 222f., 230 England 7, 16, 38, 41, 43, 48f., 54, 55f., 70, 84, 90f., 101, 104, 112, 114f., 118, 133, 145, 151, 156, 164, 168, 172, 177, 182, 187, 193–195, 197, 210, 216, 218f., 228, 232f., 236–238, 240–244, 247, 251, 253, 255, 258, 262, 266, 268 Epiktet 167, 168 Epinal 162 Erfurt, Vertrag (1589) 110 Erlach, Franz Ludwig von 94 – Salome von 94 Erlangen 215 Esprinchard, Jacques, Seigneur du Plomb 145, 254 d’Estampes, D. 213 Estienne, Henri 135 Euclid 89 Eusebius von Caesarea 90, 236 Farnese 28 – Alessandro, Herzog von Parma 53 du Faur, Guy, Comte de Pibrac 144

du Fay, Jacob 138f. – Marie 138f. Feldkirch 193 Ferdinand I., Kaiser 4, 253f. Ferdinand II., Kaiser 43 Ferrara 159, 163, 217 – Herzogtum 150 Ferrières, Jean de 216 Fickler, Johann Baptist (Pseud. Badweyler) 51 Fischer, Petrus 151, 215 Flandern, Grafschaft 21, 22, 44, 78, 80, 112, 163, 195, 245, 246 La Flèche 102 Fleischer, Manfred 6 Fleury (St. Benoît-sur-Loire), Abtei 88 Flieger, Manfred 241 Florenz 24, 218f., 238 Fontaine, Jacques 65, 212, 222 Fontainebleau 64, 72, 113, 124 Franeker 165, 194 Frangipani, Ottavio Mirto, Bischof von Cajazzo, Nuntius 153 Franken, Stamm 89 Frankenthal 177, 189, 217f. Frankfurt am Main 33, 48, 50, 54f., 69, 84, 96, 115, 117, 122, 129–138, 144, 149, 151, 155f., 159, 162, 168f., 181, 187, 193, 196, 215, 217f., 224, 228f., 232–234, 239, 242, 247, 250, 254, 264–266 – Messe 122, 124, 131–133, 166, 181, 185, 190, 232f., 235, 245 Frankfurt an der Oder 117 Frankhensel 190 Franz I. von Frankreich, König 2 Freher, Marquard d. J. 25, 115, 135, 167, 178, 180, 181, 184, 186f. Freiburg i. Breisgau 100 Fresnes-Canaye, Philippe de 45, 46, 48, 115, 139, 144, 152 Fridelsheim 49 Friedberg 247 Friedrich I. Barbarossa, Kaiser 124 Friedrich II. von Dänemark, König 49, 224, 233 Friesland, Grafschaft 234 Galen (Galenos von Pergamon) 89, 134, 201f., 208 Gand 21 Gap, Synode (1603) 72 Garber, Klaus 6f., 173 Gascogne 198 Gebet 205

307 Geizkofler, Lucas 132 – Zacharias 156 Generalstaaten siehe Niederlande Genf 91, 92, 103, 114, 115, 123, 125, 146, 158, 164, 181, 195, 207, 209f., 217, 218, 229, 231, 238, 246, 250 Gent, Pazifikation (1576) 182 Gentili, Alberico 24, 36, 38f., 157, 238 – Scipio 90, 115, 157, 169, 184, 238 Genua 43, 238 Gernusius 154 Getzy, Johannes 31 Geysa II. von Ungarn, König, Fürst von Siebenbürgen 32 Gien 19 Godefroy (Gothofredus), Denis I. (Dionys) de 34f., 125, 142, 164–167, 184, 187, 229, 253, 263 – Denis II., dessen Enkel 125f. – Jean de 22 – Théodore de 93, 125f. Goldast von Haiminsfeld, Melchior 80, 100, 103, 105, 115, 122, 167, 180f., 195, 236, 253, 256 Gontaut, Charles de, Duc de Biron 71, 192, 234 Gonzaga, Ludovico siehe Nevers Gräf, Holger Thomas 196 Grafton, Anthony 7 Gravisset, Jakob 45f., 91, 93f., 122, 162, 185f. – Nikolaus 162f. – René 46, 81, 91, 93f., 162, 184, 185 Graz 151 Greenwich, Vertrag (1596) 56 Gregor von Tours 89 Grenoble 66 Gribaldi, Matteo 254 Griechenland 202, 218, 235 Grotius, Hugo 9 Grün, Johann Christoph von der 176f. Grünrade, Otto von 178, 181f., 187 Gruter, Janus 1, 28, 31, 90, 98, 115, 121, 123, 160, 167, 172, 178, 180, 182–184, 187, 190, 199, 236, 240, 241, 265 Grynäus, Hermann 113, 176 – Johann Jakob 250 Gueretin 190 Guyenne 120, 216 Den Haag 12, 115, 118, 175, 189, 230, 231 Habsburg 14, 32, 52, 56f., 62, 68, 75, 84, 129, 148, 153, 169, 172, 226, 228, 243, 255, 265f.



Albrecht, Erzherzog, Statthalter der Niederlande 77, 176, 229 – Anna, Erzherzogin, Gemahlin König Zygmunts III. von Polen 248 – Haus (Casa d’Austria, Maison d’Autriche) 2, 58, 70, 80, 110f., 113, 156, 185, 187, 220, 234, 248f., 262 – Konstanze, Erzherzogin, Gemahlin König Zygmunts III. von Polen 248 – Leopold, Erzherzog 62, 67, 75, 77–79, 113, 176 – Maximilian, Erzherzog, Deutschmeister, gewählter polnischer König 248 Hackney 240 Hagen, Hermann 10, 83, 103 Hagenau, Vertrag (1604) 65 Hájek, Thaddäus 160, 214, 216, 221, 225 Halle 49, 52 Hamburg 10, 53, 123, 130, 198, 233, 238f., 250 – Staats- und Universitätsbibliothek 10, 11, 138, 177 Hanau 38, 97, 98, 103, 117, 126, 133, 136– 138, 161, 181, 188, 229, 242 – Neustadt (Neu-Hanau) 133, 136, 139 Hanau-Lichtenberg, Johann Reinhard, Graf 223 Hanau-Münzenberg, Grafschaft 133, 135, 182, 195 – Philipp Ludwig II., Graf 103, 133, 135–138, 223, 229, 230 Handschuh, Georg 160 Harlay, Achille de 127 – Charles de 144 Harvet, Israel 210 Harvey, William 202 Havent 205 Heidelberg 7, 11, 49, 55, 64, 69, 71, 74, 76, 83, 93f., 98, 105, 111, 121f., 145, 150f., 161, 164, 171–173, 175–183, 185f., 187, 189–191, 198, 217, 218, 228, 234, 239f., 250, 253, 265 – kurpfälzische Hofbibliothek (Palatina) 1, 28, 98, 121, 179f., 182f. – Katechismus (1563) 252 – Konvent (1603) 69 – Universität (Ruperto-Carolina) 21, 25, 112, 142, 157, 164f., 174, 177, 180, 182, 183, 210, 256, 257, 259 Heidenstein, Reinhold 155 Heilbronn, Konvent (1594) 60 Heile, Peter van 196 Heinrich II. von Frankreich, König 2, 139 Heinrich III. von Frankreich, König 32,

308 44, 49–52, 116, 120, 191, 194f., 215, 223, 237, 244, 262 Heinrich IV. von Frankreich, König 2, 3f., 7f., 10f., 19f., 30, 35, 40, 42f., 43, 44, 46, 48, 52–68, 69, 70–80, 82–85, 87, 91f., 99–103, 106, 109–111, 113–116, 118, 121, 124, 127–129, 135, 136, 138f., 141f., 144, 147, 153, 159, 161– 164, 166f., 170, 172, 189–192, 194f., 198f., 203, 208–210, 211, 214, 218, 220, 226, 229–231, 234, 235, 244f., 248–251, 259, 261f., 264, 268 siehe auch Navarra Heinsius, Daniel 9, 83, 167 Helmstedt 159, 250 Henckel, Lazarus 156 Herberstein, Felix Freiherr von 31 Herborn 182 Hermannstadt (Sibu, Cibinium) 32 Herwarth, Johann Georg von 14 Hesiod 22 Hessen, Landgrafschaft 15, 40, 53 – Philipp, Landgraf 9, 193 Hessen-Kassel, Landgrafschaft 40, 68f., 110, 170f., 181, 190–193, 195–197, 199, 215, 243 – Moritz, Landgraf 40, 68, 70, 71f., 73, 74, 76, 83, 156, 171, 187, 190–192, 193, 194, 196–199, 203, 218, 225, 228, 265, 267 – Philipp, Landgraf, dessen Sohn 193 – Wilhelm IV., Landgraf 49, 52f., 55, 64, 143, 149, 191f., 197, 215, 233 Heugel, Johann 142, 193, 194, 199 Hinrichs, Ernst 42 Hippokrates 89, 134, 154, 207f., 210 Hochfelder, Paul 55, 162, 164 Hoeschel, David 30, 90, 166–168, 239 Holland siehe Niederlande Holnstein, Grafschaft 182 – Ernst Graf von 218 Holstein, Herzogtum 53 Homer 89 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) 90, 245 Horehoviza 254 Hortin, Samuel 20 Hotman de Villiers, François 23, 24f., 41f., 89, 197, 253 – Jean 36f., 39, 41f., 50, 78, 105, 154, 161, 175, 185f., 214, 240f. La Huguerye, Michel de 50 Hunnius, Aegidius 39 Hurault de Maisse, Philippe 38, 43 Hutten, Georg Ludwig von 70, 182 Hven 221

Indien 100, 186 Ingolstadt 176, 238 Insula, Melchior 118 Isidor von Sevilla 159 Italien 4, 7, 14, 35, 90, 101, 155, 160f., 192f., 196, 217–219, 232f., 235, 239, 249, 253, 254, 255, 258, 262 Jakob I. von England (Jakob VI. von Schottland), König 70, 104, 210, 238– 240, 251, 268 Japan 100 Jeannin, Pierre 23, 127 Jena 21, 160 Jerusalem 98 Joachimstal 220 Jülich, Festung 77, 80 Jülich-Kleve(-Berg), Herzogtümer 41, 53, 60, 70, 75–80, 82, 84f., 95, 110, 116, 174, 188, 194, 231, 238, 268 – Johann Wilhelm, Herzog 76 Julian Apostata, römischer Kaiser 152 Jungermann, Kaspar 91, 253 Junta, Joseph 63f., 91 Justin (Marcus Iunianus Iustinus) 26, 28, 106 Justinian I., römischer Kaiser 89, 124 Juvenal (Decius Iunius Iuvenalis) 90 Kaas, Niels 53, 220 Karl der Große, Kaiser 125 Karl V., Kaiser 5, 44 Karl VIII. von Frankreich, König 19, 35 Karl IX. von Frankreich, König 244 Karlsburg (Alba Julia) 31 Kassel 7, 49, 53, 143, 190f., 193, 196–199, 218, 250, 265 Katharina de’ Medici, Königinmutter, Regentin von Frankreich 112 Kaunitz, Ulrich, Baron von 216 Kelley, Edward 217, 219 Kepler, Johannes 134, 223, 225 Kertz 32 Khevenhüller, Johann 45 Khlesl, Melchior, Kardinal 251 Kirchmann, Johannes 115, 253 Kirchner, Hermann 39–42, 175 Kleinpaul, Johannes 144 Koch, Gerd 193 Köln 58, 66, 129f., 151, 164, 196, 231, 254 – Bischofskrieg 58, 172 – Domkapitel 58 – Erzstift (Kurfürstentum) 66 – Ernst von Bayern, Erzbischof, Kurfürst 203

309 –

Gebhard Truchseß von Waldburg, Erzbischof, Kurfürst 223 Konstantin, römischer Kaiser 152 Konstantinopel 30–33, 97, 99, 117, 150, 213, 235, 257 Konstanz 149 Kopenhagen 49, 224, 225 Kowachoczi, Wolfgang 31 Krakau 219, 255 Krell, Nikolaus 149, 151, 247 Krems 151 Kreta (Candia) 158 Kroatien 215, 254 Kronstadt (Brassovie) 32 Kühlmann, Wilhelm 6f. Kyrill von Saloniki 176 Langobarden 89 Languet, Hubert 14, 132, 144, 149, 231, 232, 237, 244, 246, 253, 266 Lanzinner, Maximilian 14 Lausanne 181, 217 Lavater, Johann Rudolf 103, 137 Lavinius, Wenceslaus 146, 210, 217f., 250 Leers 10 Le Febvre de la Boderie, Antoine 70, 118, 241 Leiden 28f., 145, 176, 214f., 228–230, 231, 232f., 235, 237, 242, 254, 264, 266 Leipzig 130, 141, 144, 146, 148, 176, 181, 195, 215 Lempereur, Antoine de 234 Lesieur, Stephen 187, 228, 238, 242 Lesqueux, Marie 20, 28 Libavius (Libau), Andreas 90, 135, 211f., 253, 267 Lich 39 Liechtenstein, Heinrich Baron von 51, 150 Limôges 73 Limousin 73 Lindenbrog, Friedrich 123, 236 Lingelsheim, Friedrich 184 – Georg Michael 1, 11f., 80, 82, 87, 91, 93, 94, 105, 115, 118, 121–123, 133, 149, 155, 161f., 164, 171f., 174–189, 190, 198f., 204, 228, 236, 238, 241, 256f., 263, 265, 267 Linz 238 Lipsius, Justus 6, 12, 28–30, 33, 114, 135, 167, 215, 219, 229f., 235, 253, 258 Livius, Titus 29 Lobbetius, Johannes 91, 153, 163f., 177, 186 Lodi, Friede (1454) 35 Loefenius, Michael 172, 174f., 177f., 199

Löwen 114, 163f., 215, 253 Löwenklau (Leunclavius), Johannes 134f., 148, 150–152, 155, 250, 253 Loisel, Antoine 24 Lomenie, Antoine de 118 London 43, 70, 83, 156, 187, 189, 195f., 233 Lothringen, Herzogtum 162, 165, 217 Lothringen-Guise 32, 58–60, 62f., 116, 214, 230, 244, 246 – Henri, Herzog 25, 49–51, 53 – Karl, Kardinal siehe Straßburg, Hochstift – Karl II., Herzog, Duc de Mayenne 59, 116, 234 – Ligue 44, 49, 58, 72, 112, 116, 158, 172, 195, 237 – Philippe-Emmanuel, Duc de Mercœur 120, 208 Lucca 155 Lucrez (Titus Lucretius Carus) 90 Ludwig XII. von Frankreich, König 19 Ludwig XIII. von Frankreich, König 83, 94, 165, 212 Lübeck 53, 233 Lüneburg, Fürstentag (1588) 233, 242 Lullus, Raymundus (Ramon Lull) 89, 208, 214 Lunitz, Martin 5 Luther, Martin 253, 257, 259 Lyon 125, 139, 198, 218 Machiavelli, Niccolò 29, 90 Madrid 45 Mähren, Markgrafschaft 16, 145, 146, 150, 153, 156, 161, 165, 168, 184, 243, 249f., 259, 266 – Brüderunität 250f. Mästlin, Michael 224 Magdeburg 250 – Erzstift 52 – Joachim Friedrich von Brandenburg, Administrator 49, 52, 62, 63, 64, 234 Maggi (Magius), Ottaviano 37, 38, 39 Mailand, Herzogtum 194 Mainz 217, 250 – Erzstift (Kurfürstentum) 66 Major, Georg 26 Malapert 217, 232 – Abraham 138 – Louis 232 – Nikolaus 130f., 133, 136–138, 188f., 242, 264, 266 Malettke, Klaus 126

310 Mandeville, Johann von 98 Mansfeld, (Peter) Ernst, Graf von 164 Marburg a.d. Lahn 39, 194f., 215 – Hessisches Staatsarchiv 197 – Universität (Philippina) 21, 39 Marcatel 28 Marcus Aurelius Antonius, römischer Kaiser 167, 168 Marguerite de Navarre siehe Navarra Maria von Spanien, Kaiserin, Gemahlin Maximilians II. 43 Maria de’ Medici, französische Königin, Gemahlin Heinrichs IV. 43, 123, 244 Marne, Anna de 133 – Claude de 98, 130f., 133–137, 161, 188, 222, 246 Marselaer, Frederick van 39 Martial (Marcus Valerius Martialis) 90, 124 Martin, Christian (Christianus Martinius Gandavensis) 21f. Masan, Caspar Simon 135f. Matthias, Kaiser 181, 188, 238, 251 Mattingly, Garrett 4 Mattioli, Pier (Pierandrea) 143, 159f. Maximilian I., Kaiser 4 Maximilian II., Kaiser 45, 141, 145, 215, 253, 255, 257 Mayerne, Théodore de 208, 210 Mecklenburg, Herzogtum 9, 53, 151, 174 Melanchthon, Philipp 9, 26, 69, 141, 144, 147, 215, 233, 253 Melitus 211 Mellrichstadt 179 Mendoza, Francisco de 68 Menk, Gerhard 197 Mercier, Josias 90 Mercœur, Herzog von siehe LothringenGuise Mertens, Dieter 173 Metz 60, 74 Meulen, Andries van der 232f. – Daniel van der 137f., 189, 228, 231– 235, 242, 264–266 Meursius, Johannes 9, 235f. Mömpelgard (Montbéliard), Grafschaft 92 Moffet, Thomas 210 Moldau, Fürstentum 153, 234 Molnár, Albert Szenczi 257 Molsheim 67 Monau, Jacques 113, 160, 253f. – Pierre 253 Mondoré, Orasse de (Horatius Montaneus) 21f. Mons 138

Montauban 23 Montglat, Robert Harlay de 74, 84 Montmorin, François de 144 Montpellier 114, 198, 208, 210, 213, 215 Moran, Bruce T. 198, 203 Moreau, Pierre 126 Morel, Jacques-Auguste 120 – Jean 120 Mosanus, Jacob 197f. Moskau, Zartum (Russland) 153, 155, 247, 249 Mousnier, Roland 79 Mühlhausen 113 München 11, 96, 105, 241 – Bayerische Staatsbibliothek 11, 141, 149 Münster, Friede (1648) 34, 268 Mulsow, Martin 105 Murad III., Sultan 150 Muret, Marc-Antoine 120 Nagy-Enyed (Brucla) 31 Namiest 150 Nantes, Edikt (1598) 12, 72, 83, 195, 198 Nassau, Grafschaft siehe Oranien-Nassau Navarra, Königreich 156 – Heinrich 4, 19, 23, 30, 32f., 41, 43, 48–52, 84, 96, 112, 116, 120, 131, 139, 151, 163, 172, 175, 191, 194, 208f., 228, 233, 237f., 244, 247, 250 siehe auch Heinrich IV. – Marguerite, dessen Großmutter 23 Neapel 238 Nepos, Cornelius 181 Nérac 208f. Nero, römischer Kaiser 207 Neufville, Nicolas de, Seigneur de Villeroy 30, 44f., 57, 69, 70, 72, 74, 79, 82f., 85, 101, 110, 116–118, 127, 148, 163, 240f., 244, 262 Neu-Hanau siehe Hanau Neustadt a.d. Weinstraße 172 Nevelet, Pierre 25, 135 Nevers, Ludovico Gonzaga, Herzog von 43 Nicollier-de Weck, Béatrice 14 Niederlande (Generalstaaten) 7, 16, 29, 33, 39, 43, 48, 52, 55f., 68, 73, 75f., 84, 91, 114, 130, 132f., 135, 137f., 140, 145, 155f., 158, 167f., 172, 175f., 182, 187, 189, 194, 196f., 205, 217, 219, 223, 228–231, 233, 234–236, 237, 238, 240–244, 249f., 251, 253, 262, 264– 266 siehe auch Burgund – spanische 77 Niederösterreich, Erzherzogtum 151, 215

311 Niederrhein 76–78, 80 Niederrhein-Westfalen, Reichskreis 52, 68, 75, 84, 116 Niedersachsen, Reichskreis 75, 233 Nîmes 23 Nivernais 19 Nogent, Guibert von 97 Le Normant Trougny, Guillaume (Guilielmus Normantius) 31, 32, 97, 213 – Jean (Johannes Normannus) 21f., 31f., 210, 212f., 216–218 Nürnberg 11, 46, 54, 123, 129, 139–141, 143–145, 152, 154–160, 162, 164, 168, 193, 197, 200, 203f., 209, 216, 219, 222, 228, 230, 232, 250, 254, 264, 266 – Gymnasium 141 – Rat der Stadt 130, 139f., 142, 156 Nützel, Joachim 142 Oberpfalz 143, 172, 174, 178, 204 Oberrhein 57 – Reichskreis 176 Öhringen, Konvent (1603) 230 Österreich (Erblande) 64, 65, 123, 140, 145, 157, 188, 193, 243, 251 siehe auch Habsburg Oestreich, Gerhard 6 Olmütz (Olomouc) 217 – Johann Dubravius, Bischof 145, 189 Oranien-Nassau, Elisabeth, Gräfin 71 – Johann d. Ä., Graf 181f. – Moritz, Graf 182, 229 – Wilhelm, Graf 71, 176 Orléans 19–22, 23, 28, 29, 66, 88, 126, 164, 203, 210, 213, 216, 229, 246 Orsini, Flavio 120 – Fulvio 28 Ortelius, Abraham 89 Osmanisches Reich (Hohe Pforte, Türkei) 2, 9, 31, 32, 43, 54, 63, 117f., 123, 134, 150, 151, 154, 155, 160, 234, 247–249, 251, 259 Osnabrück, Friede (1648) 34, 268 d’Ossat, Arnaud, Kardinal 43, 57 Othomare 154 Ott, Thomas 96 Otto von Freising 124 Ovid (Publius Ovidius Naso) 90, 124 Oxford 36, 145, 157, 238, 254 Padre Paolo 105 Padua 112, 160, 162f., 181, 240, 254 Palavicino, Horatio 53, 54, 156, 228, 237, 238 Palmerius, Jodocus 154

Palthenius, Zacharias 133 Papadesasse, Matthias 187 Papillion, Thomas 126 Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim) 8, 89, 114, 134, 171, 191, 197f., 201f., 206–211, 216, 222, 224, 266f. Paraeus, David 105, 257 Paris 10, 12, 15, 19, 22f., 24, 25f., 30, 32, 41, 43, 44, 53, 64, 67, 69, 70f., 74, 77, 80, 81, 83, 101, 114, 117, 120–128, 130, 132–134, 138, 139, 158f., 163f., 167, 171, 177, 179–181, 183, 185, 189, 190, 192–195, 197, 198, 209, 211f., 215, 218, 222f., 229f., 233, 235, 237, 240, 253, 255, 262, 266 – Parlament 21, 23, 73, 94, 98, 100, 102–104, 109, 115, 118–120, 124, 126– 128, 158, 164, 185, 209, 229, 235, 236, 263–265, 267 – Universität (Sorbonne) 103, 114f., 164, 181, 208, 210f., 226, 267 Parma siehe Farnese Pasquale, Carlo (Pascal, Paschalius) 38, 42 Pasquier, Étienne 24, 127, 209 Paul (Paull), Andreas 150, 187f. Pécs (Fünfkirchen) 255 Penot, Bernard Georges (Bernard Duport) 203, 216–218 Perez (Peiresc) 156 – Ludwig 155 – Nikolaus 167 Persien 82, 118 Persius (Aulus Persius Flaccus) 90f. Peru 100 Pétau, Paul 21, 22, 88, 91, 92, 98, 126, 165 Petrarca, Francesco 90 Petron (Titus Petronius Arbiter) 124, 181 Petten 205 Peucer, Caspar 69, 81, 99, 135, 146–150, 153, 157, 164, 181, 184, 215, 253, 259, 265f. Pezel, Christoph 146, 150, 168, 233, 266 Pfalz, Kurfürstentum (Kurpfalz) 8, 15, 25, 50f., 52, 53, 56, 61, 62, 63, 68f., 72–75, 80, 82, 85, 87, 91, 94, 105, 111, 121– 123, 149f., 162, 165, 170–173, 177–181, 182, 184, 188–192, 195f., 198f., 231, 238f., 243f., 253, 268 – Friedrich III., der Fromme, Kurfürst 21, 149, 182, 189 – Friedrich IV., Kurfürst 35, 53, 55, 56, 63f., 71f., 74, 87, 96, 122, 143, 165, 171f., 174f., 178f., 181f., 189f., 199, 265

312 –

Friedrich V., Kurfürst, böhmischer König 177, 185 – Johann Casimir, Pfalzgraf, Kuradministrator 49, 51–55, 149, 171, 172, 174, 176, 178f., 182, 191, 217, 233, 247 – Karl Theodor, Kurfürst 11 – Ludwig VI., Kurfürst 149 – Luise Juliane, Kurfürstin, Gemahlin Friedrichs IV. 72 – Oberrat 94, 122, 171–176, 177, 178, 185, 187, 192, 199, 265, 267 – Reichsvikariat 174 Pfalz-Neuburg, Fürstentum 76, 78, 170, 187 – Philipp Ludwig, Pfalzgraf 21, 170 – Wolfgang Wilhelm, Pfalzgraf 75f., 79 Pfalz-Simmern-Sponheim, Christoph, Pfalzgraf 149 Pfalz-Veldenz-Lützelstein, Georg Johann I., Pfalzgraf 223 Pfalz-Zweibrücken, Fürstentum 68, 182 – Johann, Pfalzgraf 52, 234 Pforzheim 223 Phädra 154 Phaedrus, Augustus Libertus (Phèdre Affranchi d’Auguste) 134, 154, 159 Philipp II. von Spanien, König 60f. Philipp III. von Spanien, König 176, 249 Photios I., Patriarch von Konstantinopel 159 Pilgram, Heinrich 193 Pinelle, Gianvincenzo 160 Pithou, François 24, 98, 120, 124f. – Pierre 23, 24, 29, 103, 120, 124f., 134f., 165, 181, 186, 235 Platon 89, 179, 241f., 268 Platter, Felix 218 – Thomas 27 Plauen, Unionsvertrag (1590) 149 Pléiade (Dichterkreis) 120, 179, 237 Plessen, Volrad von 72, 172, 174f., 177– 179, 188f., 265 Plieningen 223 Plinius d. Ä. (Gaius Plinius Secundus Maior) 89 Plutarch 22, 89 Poitiers 73 Polanus von Polansdorf, Amandus 156f. Polen(-Litauen) 38, 43, 117, 140, 142, 145, 153, 175, 215, 217, 239, 247–249, 254, 255, 259 Polo, Marco 98 Polybios 115 Pommern, Herzogtümer 53 Pompeius Trogus, Gnaeus 26

Porte, Émile (Aemilius Portus) 158, 217 Port-Saint-Marie 216 Portugal 215 Potérat, Thomas 135 Praetorius, Johann 255f. Prag (Kaiserhof) 7, 31f., 43, 63, 81, 113, 117f., 130f., 134, 139, 145f., 159f., 181, 187, 201, 203, 204, 210, 212–219, 221, 222, 225, 226, 232f., 234, 238, 243– 247, 250, 258f., 264, 266f. Press, Volker 171 Preußen, Herzogtum 9, 175 Procop von Caesarea 90, 167 Ptolemäus, Claudius 89, 224 Pucci, Francesco 218f., 251 Putlitz, Adam Hans zu 171f. Putsch, Wilhelm 186 Pyrenäenfrieden (1659) 34 Quedlinburg 250 Quintilian (Marcus Fabius Quintilianus) 23 Raab (Győr) 160 Rader, Matthäus 167 Radulphus de Flaix (Rudolphus Flaviacensis) 179 Ramsay 93 Ramus, Petrus (Pierre de la Ramée) 89, 132, 210, 254 Regensburg 250 – Reichstag (1556/57) 141 – Reichstag (1594) 148, 157 – Reichstag (1608) 187, 240 Rehm, Georg 123, 159, 161, 167 Reineccius, Reiner 91 Rennes 190 Reuter, Quirinus 122, 256f. Revol, Louis 44 Rhediger, Nikolaus 113, 160, 253, 254, 256 – Thomas 253f. Rheinhausen 130 Ribit de la Rivière, Jean 114, 153, 208f. Richelieu, Armand-Jean Duplessis de, Kardinal 119f. Rigault, Nicolas 123 Ripley, George 214 Ritter, Moriz 12 Rittershausen, Conrad 115, 123, 159–161, 167, 236 Rivius 215 La Rochelle 22f., 145, 254 – Friede (1573) 23, 112 Röslin, Helisäus 135, 222–226, 230, 267

313 Rogers, Daniel 237 Rom 28, 99, 120, 125, 161, 219, 234, 238 – Hl. Stuhl (Kirchenstaat, Kurie) 43, 57, 64, 65, 98, 103f., 117, 150, 153, 203, 248 – Bibliotheca Vaticana 98, 236 – (römisches Reich) 152 Rommel, Christian von 12 Rosenberg 249, 267 – Peter Wok von 204, 251 – Wilhelm von 213, 215, 249 Rosny siehe Béthune Rostock 39, 151, 174, 194, 250 Rothenburg o.d. Tauber 211 Rouen 55, 59, 102, 251 Rudolf II., Kaiser 59, 62–64, 66f., 75, 76– 78, 80, 110, 130, 145, 150, 159, 166f., 181, 184, 195, 216, 217, 219f., 226, 238, 243f., 246, 253f., 262, 264f., 267 Rüdiger, Esrom 142, 249, 250 Rupescissa, Johannes de 208 Saarburg, Friede (1595) 61f. Sachsen 145, 181, 209 – Kurfürstentum (Kursachsen) 40, 53, 55, 75, 142, 144, 149–151, 170, 182, 187, 188, 219, 231, 247, 250, 266 – August, Kurfürst 143, 147, 219 – Christian I., Kurfürst 40, 49, 52–55, 147, 149, 151, 182, 191, 219, 228, 233 – Christian II., Kurfürst 188 – Friedrich Wilhelm, Herzog, Kuradministrator 234 – Johann Friedrich, Kurfürst 9 – Stamm 89 Sachsen-Coburg, Herzogtum 73 Sachsen-Weimar, Herzogtum 181 Sadeler, Aegidius 245 Sallust (Gaius Sallustius Crispus) 90, 183, 186 Salzburg 219 Sambucus, Johannes 179 Sancy, Nicolas Harlay de 48, 52f., 60f., 84, 152, 153, 160, 215, 234, 255 Sanudo, Marino 97 Sarpi, Paolo 239 Sarrazin, Jean-Antoine 154, 207 Savary de Brèves, François 43, 117f., 248 Savile, Henri 41, 258 Savoyen, Herzogtum 44, 57, 66, 150, 195 – Karl Emanuel I., Herzog 192 Sayn-Wittgenstein, Ludwig Graf zu 182 Scaliger, Joseph Justus 23, 90, 115, 118, 124, 154, 167, 176, 186, 231, 235f.

Schauenburg, Grafschaft 182 Schaumburg, Grafschaft 40 – Ernst Graf von siehe Holnstein Schede gen. Melissus, Paul 161, 172, 178f., 183, 265 Scheffer, Heinrich Ludwig 194 Schilling, Heinz 4 Schleich, Clemens 133 Schlesien, Herzogtum 6, 16, 63, 145f., 153, 165, 168, 243, 250, 253, 266 Schleswig, Herzog Adolf von 218 Schnur, Roman 119 Scholz, Lorenz 254 Schomberg, Dietrich Graf von 53, 66f., 194 Schoppe, Kaspar 90, 99, 157, 159, 160f., 167, 187, 239 Schottland 101, 154 Schultess, Carl 10 Schwaben 166 Schwäbisch Hall, Vertrag (1610) 48, 79f., 83f., 244f. Schwärtzer (Schwertzer) Sebald 219f. Schweden 153, 248 Schweiz (Eidgenossenschaft) 11, 12, 22, 41, 49–51, 73, 145, 150, 165, 175, 195, 203, 208f., 218, 251 Schwenckfeld, Caspar von 223 Schwendi, Lazarus von 150, 179, 236 Scultetus, Heinrich 123 – Tobias 115 Sebitz (Sebisch, Sebizius), Melchior 143 Sedan 74 – Fürstentum 59, 71–73, 83 Ségur-Pardaillan, Jacques de 48–52, 84, 152, 191, 233 Seidel, Robert 6 Seneca, Lucius Annaeus 29, 90, 183, 225 Serres, Olivier de 154 Servius (Maurus Servius Honoratius) 28, 159 Sève, Christoffel de 25 Severinus (Sörens, Bodenstein), Petrus 224, 225 Sibeth, Uwe 229f. Sidney, Philip 38, 133, 164, 177, 179, 219, 236–238 – Robert, Earl of Leicester 177 Siebenbürgen (Transsylvanien), Fürstentum 30–32, 97, 153, 160, 234, 239, 247, 249 Siena 176 Simplikios 167, 168 Sisyphos 163 Skandinavien 233

314 Sokrates 211 Solms-Braunfels, Grafschaft 182 Solms-Sonnenwalde, Otto Graf von 72, 189 Sophokles 23 Sozzini, Fausto 215, 255, 259 Spanheim, Friedrich 11 Spanien 2f., 43, 44, 48, 52–59, 62, 64, 65, 68, 72f., 76, 78–80, 84, 90, 113, 116, 147, 148, 149, 166, 173, 175f., 186, 192, 195, 215, 220, 229, 233, 237, 240, 248f., 255 Speyer 54, 130 – Reichskammergericht 65, 176f., 179 Spifame de Chalonge, Odette 91f., 217 Spinola Doria, Ambrosio 77, 176 St. Clément 148 St. Denis 56 St. Gallen 88, 130 St. Germain 83 – Friede (1570) 22 Stade 156, 250, 251 Stadthagen 218 Steiermark, Erzherzogtum 151 Stephan I. von Polen (Stephan Báthory), König 155, 248, 255 Stobaeus, Ioannes 167, 168 Strabo 89 Straßburg 7, 10, 22, 45, 56, 58f., 61, 74, 81, 91–93, 103, 117, 122, 131, 133, 140, 143, 149, 163, 164f., 167, 168, 177, 184, 229f., 232 – Hochstift 57–60, 63, 65–67, 68, 77, 87, 164 – Johann von Manderscheid, Bischof 58 – Johann Georg von Brandenburg, Administrator 59f., 64f., 81, 164 – Kapitelstreit 56–58, 60, 62, 63, 65, 67, 76f., 81, 84f., 87, 91, 166, 172, 230, 244, 247 – Karl von Lothringen, Kardinal 58–60, 62–65, 67, 69, 223 – Hohe Schule 9, 21f., 142, 157, 165, 178f., 181 – Kartause 57, 60, 66–68, 85, 87, 91, 229 – Münster 87 – Reichsstadt 12, 34, 59, 62–64, 67, 129, 161–163, 165 Stucki, Johannes Wilhelm 37, 92, 115, 180, 181, 196, 266 Sturm, Jakob 22 – Johannes 22, 177, 236 Sueton (Gaius Suetonius Tranquillus) 91, 115

Sully siehe Béthune Sylburg, Friedrich 87 Tacitus, Publius Cornelius 29, 89f., 258 Tanner, Lienhart 155 Tassis, Juan Bautista de 192 Tasso, Torquato 38, 90 Tengnagel, Franz Gansneb 222 – Sebastian 121 Theodosius, römischer Kaiser 152 Theophrast von Eresos 154 Thomas von Aquin 90 Thorda 31 Thou, Christofle de 120, 209 – Jacques-Auguste de 23, 28, 51, 94, 100, 115, 118–125, 127f., 132, 159, 165, 167, 179–181, 183–185, 187, 235f., 240, 264, 267 Thumery, Jean-Robert de, Seigneur de Boissise 79f., 83f., 240 Thurn und Taxis 130f. Thurnèbe, Adrien 254 Thysius, Jacques 196 Tina, Bistum 254 Toledo, Pedro de 195 Torgau 54 Toulouse 23 La Tour d’Auvergne, Henri de, Herzog von Bouillon, Vicomte de Turenne 48, 50, 54, 59, 66, 71–73, 75, 81f., 85, 135, 152, 181, 187, 209, 268 Transsylvanien siehe Siebenbürgen Trew, Christoph Jacob 215 Trient, Konzil (1545–1563) 173, 254, 256f. Trier, Erzstift (Kurfürstentum) 66 Trojaner 95f. Troyes 234 Trunz, Erich 5f., 8 Tschernembl, Erasmus von 251 Tübingen 141, 151, 157, 181, 223 – Collegium Illustre 170 de La Tuillerie 113 Turenne siehe La Tour d’Auvergne Turin 23, 150 Turrettin, Benedikt 103 Tuvrocka, Jean de 154 Uffenbach, Zacharias Conrad von 10 Ulm 129, 164 Ungarn 30–32, 97, 110, 117, 134, 140, 143, 153f., 155, 165, 184, 215, 247–249, 251, 254f., 257 Unna 193 Uranienborg, Schloss 225 Ursinus, Zacharias 253

315 Vacha 195 Valence 23, 120, 163, 165, 235, 253 Valerius Maximus 91 Valois 116, 208 Vassan, Jean de 181 Le Vayer, François la Mothe 38 Velasco y Tobar, Juan Fernández de, Connétable von Kastilien 234 Venedig 7, 37, 43, 44, 97, 103f., 130, 149f., 233, 238–240, 254 – Liga (1498) 35 Vera, Juan Antonio de 44 Vergil (Publius Vergilius Maro) 28 Vervins, Friede (1598) 38, 48, 62, 67f., 73, 116, 192, 248 Vesalius, Andreas 202 Veyraz, François (Franz) 11, 46 Vic, Méric de 116 Vickers, Brian 201 Villeroy siehe Neufville Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio) 90

Weyhe, Eberhard von 40 Widemarker, Caspar von 194, 195 Wien 31f., 121, 130, 141, 151, 179, 215, 233, 238, 240, 244 Wilhelm von Tyrus, Erzbischof 97 Wincius (Winzig) 217 Winterthur 150 Wittenberg 142, 147, 157, 160, 181, 182, 215, 249, 253 Wittingau 204 Wolf, Johann Christoph 10 Wolfenbüttel 250 Worm, Ole 213 Worms 54, 250 Wotton, Henry 115, 187, 238f. Württemberg, Herzogtum 58, 69, 73, 170, 223, 247 – Friedrich I., Herzog 56 – Johann Friedrich, Herzog 65, 78 – Ludwig, Herzog 234 Würzburg 113

Wacker von Wackenfels, Johannes Matthäus 160f., 253f. Walachei, Fürstentum 31f., 153, 234 Waldenfels, Christoph von 56 Wales 240 Wallonien 135, 138, 217 Walsingham, Francis 237 Warsewicki, Krysztof 38f. Wasserhuhn, Nikolaus 196 Wechel, Andreas 132f. – Christian 132 – Johann 133, 134 – Verlag 96f., 103, 115, 124, 126, 130, 132, 134f., 137, 150f., 154–156, 188, 204, 206, 222, 224f., 237, 242, 246, 264 Welser, Marcus 123, 160, 166–169, 180, 183, 194, 236, 239 – Matthäus 166 Westel 133 Westfalen siehe Niederrhein-Westfalen Wetterau, Grafenverein 178

Yates, Frances A. 201 Yverdon 218 Zamoyski, Jan 248 Žerotín, Karl d.Ä. von 55, 146, 150f., 156f., 161, 168, 218, 229, 249–251, 259, 266 – Ladislav Velen von 156 Zincgref, Julius Wilhelm 173, 179 Zobel, Heinrich 193 – Johann 193f., 195, 197, 199 – Martin 194 Zosimus 151f. Zouche of Harringworth, Edward, Baron 239f. Zündelin, Wolfgang 145, 148–150, 196, 247, 255 Zürich 180, 181, 196 Zuñiga y Fonseca, Baltasar de 113 Zwinger, Jakob 93 – Theodor 210, 212 Zygmunt III. von Polen (Sigismund Vasa), König 248