Die Zukunft des deutschen Mittelstands: RKW-Kuratorium [1 ed.] 9783896445674, 9783896735676

Wie können kleine und mittlere Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig und produktiv sein? Gehören sie zu den Treibern

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Die Zukunft des deutschen Mittelstands: RKW-Kuratorium [1 ed.]
 9783896445674, 9783896735676

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RKW-Kuratorium

RKW Edition

Otmar Franz (Hrsg.)

Die Zukunft des deutschen Mittelstands RKW-Kuratorium

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Zukunft des deutschen Mittelstands

RKW-Edition

Otmar Franz (Hrsg.)

Die Zukunft des deutschen Mittelstands

RKW-Kuratorium

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-567-6 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2011 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 930093 Fax +49 7045 930094 [email protected] www.verlagwp.de

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

RKW-Kuratorium, Dr. Otmar Franz (Hrsg.)

Die Zukunft des deutschen Mittelstands

Inhaltsverzeichnis Vorwort 1. Dr. Otmar Franz ◼◼

Vorsitzender des Kuratoriums des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V.



Die Zukunft des deutschen Mittelstands.............................................................................................. 10

I. Die Zukunft des deutschen Mittelstands aus der Sicht der Wissenschaft 2. Dr. Eberhard Heinke ◼◼

Vorsitzender des Verwaltungsrats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung



Die Philosophie der Mittelstandspolitik im 21. Jahrhundert......................................................... 16

3. Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger ◼◼

Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. und Dr. Eva Kirner und Oliver Som



Gemeinsam zum Innovationserfolg........................................................................................................29

4. Prof. Dr. Ing. Günter Spur ◼◼

Technische Universität Berlin



Aufbruch zur Innovationswirtschaft........................................................................................................41

5. Prof. Dr. Bernd Kriegesmann ◼◼

Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen und Leiter des Instituts für angewandte Innovationsforschung (IA) in Bochum und Marcus Kottmann



Woher kommen die Innovatoren für morgen?...................................................................................50

6. RA Peter M. Schmidhuber ◼◼

Mitglied der EU-Kommission a.D.



Nichts erwarten, auf alles gefasst sein..................................................................................................58



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Die Zukunft des deutschen Mittelstands



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II. Die Zukunft des deutschen Mittelstands aus Sicht der Wirtschaft 7. Anton F. Börner ◼◼

Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA)



Verlässliche Mittelstandspolitik für den deutschen Groß- und Außenhandel......................63

8. Joachim Dirschka ◼◼

Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig



Deutschlands Zukunft ist der Mittelstand .......................................................................................... 73

9. Dr. Alexander Tesche ◼◼

Mitglied des Vorstands der Ed. Züblin AG



Mit Kreativität und Dynamik in eine erfolgreiche Zukunft............................................................ 75

10. Harald Schartau ◼◼

Minister für Wirtschaft und Arbeit von NRW a.D., Mitglied der Geschäftsleitung der Georgsmarienhütte GmbH



Kreativität - Grundlage für erfolgreiche Innovationen....................................................................79

11. Senator e.h. Bruno W. Köbele ◼◼

Präsident des Internationalen Bundes e.V.



Innovationsmanagement jenseits von Trends und Moden – Herausforderungen des Mittelstands....................................................................................................85

12. Roland Issen ◼◼

Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft a.D.



Innovationskooperationen für den deutschen Mittelstand......................................................... 94

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Die Zukunft des deutschen Mittelstands

III. Die Zukunft des deutschen Mittelstands aus der Sicht der Politik 13. Matthias Platzeck ◼◼

Ministerpräsident des Landes Brandenburg



Umdenken und Umlenken – Fachkräftesicherung im Brandenburger Mittelstand.......... 99

14. Petra Roth ◼◼

Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main



Die Zukunft des deutschen Mittelstands aus kommunaler Sicht........................................... 106

15. Prof. Dr. Andreas Pinkwart MdL ◼◼

Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.



Freiheit ermöglichen, Kräfte entfesseln, neue Kraft für den Wachstumsmotor Mittelstand .......................................................................................................................................................111

16. Edelgard Bulmahn MdB ◼◼

Bundesministerin für Bildung und Forschung a.D., Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie



Chancengleichheit muss mehr sein als Zukunftsvision................................................................120

17. Christine Scheel MdB ◼◼

Mittelstandsbeauftragte und stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen



Der deutsche Mittelstand als Stabilitätsgarant in der Krise .......................................................127

18. Friedhelm Ost ◼◼

Staatssekretär a.D.



Mittelstand mit großer Zukunft.............................................................................................................. 138



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Die Zukunft des deutschen Mittelstands



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19. Dr. Angelika Niebler MdEP ◼◼

Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Europa-Gruppe



Die EU 2020-Strategie und der deutsche Mittelstand..................................................................148

20. Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP ◼◼

Vizepräsidentin des Europaparlaments



Die Small Business Act der Europäischen Union.............................................................................. 156

Anhang Veröffentlichungen des RKW-Kuratoriums................................................................................................164 Mitglieder des RKW-Kuratoriums................................................................................................................... 167

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Die Zukunft des deutschen Mittelstands

Vorwort



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Die Zukunft des deutschen Mittelstands



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Dr. Otmar Franz Die Zukunft des deutschen Mittelstands Auf Einladung unseres Kuratoriumsmitglieds, des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg Matthias Platzeck, haben sich die Wissenschaftler, Politiker, Unternehmer und Gewerkschaftler des RKW-Kuratoriums in ihrer Sitzung im November 2009 mit Zukunftsfragen des deutschen Mittelstands auseinandergesetzt. Ihre Beiträge werden in diesem 18. Jahresband des Kuratoriums vorgelegt. Einleitend stellt Dr. Eberhard Heinke, der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Rheinisch Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, die Frage, ob der Mittelstand angesichts der großen wirtschaftspolitischen und sozialökonomischen Herausforderungen im 21. Jahrhundert eine ähnlich herausragende Rolle spielen kann wie im zurückliegenden Jahrhundert. Heinke untersucht, wie sich die Globalisierung der Märkte auf den Mittelstand auswirken wird. Sein Fazit ist, dass der Mittelstand mit der von ihm skizzierten „Philosophie“ der Mittelstandspolitik im 21. Jahrhundert seine volkswirtschaftliche Position verteidigen und wie bisher einen wesentlichen Beitrag zu Innovationen, Wachstum und Beschäftigung leisten wird. Der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, Dr. Eva Kirner und Oliver Som untersuchen in ihrem Beitrag, wie nicht forschungsintensive KMU durch Innovationskooperationen auch in Zukunft erfolgreich sein können. Produkt-, Service-, organisatorische und technische Prozessinnovationen sind wichtige Stellhebel für den langfristigen Unternehmenserfolg, wobei die Entwicklung neuer Produkte durch erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung gefördert werden muss. Innovationskooperationen sind – wie die Autoren abschließend feststellen – eine wirkungsvolle Alternative, auch mit begrenzten eigenen Mitteln weiterhin Produktneuheiten zu realisieren. Prof. Dr. Günter Spur von der Technischen Universität Berlin geht in seinem Beitrag zum Aufbruch zur Innovationswirtschaft davon aus, dass der technologische Fortschritt eine weitere stürmische Marktentfaltung bewirken wird, die zu einer Verschärfung des Wettbewerbs führen wird. Auch in Zukunft wird ein wesentlicher Beitrag zum ökosozialen Fort-

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Die Zukunft des deutschen Mittelstands

schritt – wie Prof. Spur ausführt – durch produktive Umsetzung von Schlüsseltechnologien in netzwerkfähige Produkte von mittelständischen Betrieben geleistet. Angesichts der hohen Komplexität des wissenschaftlichen Fortschritts hat kooperative Forschung einen zunehmenden Stellenwert erhalten. Anknüpfend an die Beiträge von Hans-Jörg Bullinger und Günter Spur beantwortet Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Leiter des Instituts für angewandte Innovationsforschung in Bochum und Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen, die Frage, woher die Innovatoren von morgen kommen. Vorausschauende Unternehmer engagieren sich in dualen Studiengängen, die das bewährte System der gewerblich-technischen Ausbildung mit der akademischen Hochschulbildung verzahnen. In Zusammenarbeit mit Hochschulen erhalten Studierende gleichzeitig einen Ausbildungsvertrag eines Betriebes. Auch wenn der Ausbau dualer Studiengänge natürlich nicht die Engpässe allein überwindet, kann doch in einer Allianz von Wirtschaft und Wissenschaft in der Ausbildung ein Beitrag zur Sicherung personeller Potenziale für morgen geleistet werden. Peter Schmidhuber, ehemaliger Staatsminister, EU-Kommissar und Mitglied des Bundesbankdirektoriums, stellt seinen Beitrag zur Zukunft des Mittelstands unter den Wahlspruch der Samurai: „Nichts erwarten, auf alles gefasst sein“. Fortschritte in der Informationstechnologie und der Telekommunikation haben strukturelle Nachteile der KMU reduziert. Nanotechnologie und Mikrobiologie versprechen weitere Innovationsschübe, aber sie werden die Phantasie und Anpassungsbereitschaft des Mittelstands herausfordern. Dabei gilt es, in europäischen Zusammenhängen zu denken und zu handeln, um neue Chancen rechtzeitig wahrzunehmen. Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V., fordert eine verlässliche und klare Politik für den deutschen Mittelstand. Neben grundsätzlichen Reformen für die Modernisierung Deutschlands sind für Börner fünf Themen für den deutschen Groß- und Außenhandel besonders wichtig: Geldwertstabilität erhalten, Unternehmensfinanzierung sichern, Außenhandel attraktiv flankieren, binnenwirtschaftliche Rahmenbedingungen stärken und die Finanzen zu konsolidieren. Die Finanz-, Wirtschafts- und Währungskrise fordert – wie Börner ausführt – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.



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Laut Joachim Dirschka, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, ist Deutschlands Zukunft der Mittelstand. Die Herausforderungen, auf die der deutsche Mittelstand und vor allem das Handwerk reagieren müssen, sind gewaltig. Joachim Dirschka konzentriert sich in seinem Beitrag auf drei Punkte: Bessere Bildungspolitik für bedarfsgerechte Fachkräfteentwicklung, Innovation als Schlüssel für die Zukunft und Energieeffizienz und Klimaschutz. Die kleine Mitarbeiterzahl ist ein Garant für die Fähigkeit flexibel zu reagieren. Die größte Herausforderung ist der demographische Wandel. Das Bildungssystem ist zu reformieren. Dr. Alexander Tesche, Mitglied des Vorstands der Züblin AG, setzt auf die Kreativität und Dynamik des deutschen Mittelstands. Die Herausforderungen der Zukunft können nur durch die große Innovationsfähigkeit des Mittelstands gemeistert werden. Hinsichtlich Produkteigenschaft, Erfindungsreichtum und Forschung – so Alexander Tesche – ist der deutsche Mittelstand Weltspitze. Auch bei betriebs- und personalwirtschaftlichen Abläufen sollte die Weltspitze möglich sein. So können bei vielen mittelständischen Betrieben die innerbetrieblichen Abläufe modernisiert und die Personalentwicklungsprogramme attraktiver gestaltet werden. Aber der Mittelstand verfügt über genügend Dynamik und Kreativität, um unter klaren Rahmenbedingungen die Zukunft erfolgreich zu gestalten. Der frühere Arbeitsminister von Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau, Arbeitsdirektor und Geschäftsführer Personal der Georgsmarienhütte GmbH, sieht die wirtschaftliche Kernstärke Deutschlands im erfolgreichen Zusammenspiel aus produzierendem Gewerbe und produktionsnahen Dienstleistungen, die mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung Deutschlands erbringen. In der Produktionstechnik nimmt der Mittelstand eine Schlüsselrolle ein. Dabei ist die enge Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ein wichtiger Innovationsmotor. Wettbewerbsvorteile entstehen durch kontinuierliche Prozess- und Produktinnovationen, die sich auf Fähigkeiten und Kreativität aller Beschäftigten stützen. Bruno W. Köbele, der langjährige Vorsitzende der IG Bau und jetzige Präsident des internationalen Bundes e.V. konzentriert sich in seinem Beitrag über Herausforderungen des Mittelstands, vor allem auf die Anstrengungen des Mittelstands für Aus- und Weiterbildung. Auszubildende im Betrieb wachsen zu jungen Fachkräften heran, die meist eine hohe Identifikation mit dem Ausbildungsbetrieb aufweisen. Die Loyalität der Mitarbeiter spielt für den Unternehmenserfolg eine zunehmend wichtige Rolle. Aktive Personalpolitik im Mittelstand und deren strukturelle Umsetzung sind – wie Bruno Köbele ausführt – nicht nur reiner

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Betriebsaufwand, sondern eine, wenn nicht die gesellschaftspolitisch bedeutsame Investition in die Zukunft der gesamten Volkswirtschaft. Roland Issen, Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft a.D., plädiert für verstärkte Innovationskooperationen für den deutschen Mittelstand. Auch wenn Mittelständler einen respektablen Anteil am Innovationsgeschehen haben, können sie – wie Roland Issen ausführt – systematisch, längerfristig angelegte Forschung und Entwicklung anders als Großunternehmen häufig nicht allein bezahlen. Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollte daher verstärkt werden. Derartige Innovationskooperationen können in regionalen Netzwerken stattfinden, die sich in der Initiative „Kompetenznetzwerke Deutschland“ zusammengeschlossen haben. Nach den Beiträgen von Wissenschaftlern, Unternehmern und Gewerkschaftlern sind die Stellungnahmen von Politikern aus den Kommunen, Landtagen, dem Bundestag und dem Europaparlament der verschiedenen Parteien aufschlussreich. Petra Roth, die Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main, beschäftigt sich mit der Zukunft des deutschen Mittelstands aus kommunaler Sicht, wobei sie naheliegenderweise als Beispiel für ihre Ausführungen die Stadt Frankfurt wählt. Sie betont die Bedeutung der Finanzausstattung für die unternehmerische Tätigkeit im Mittelstand. Daher hat die Stadt Frankfurt zur Förderung von Unternehmensgründungen und zur Hilfe bei der Verwirklichung der Selbständigkeit den Frankfurter Gründerfonds eingerichtet. Petra Roth zeigt auf, warum Kommunen und Mittelständler auch in Zukunft zum Wohlergehen in Deutschland beitragen werden. Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg Matthias Platzeck legt in seinem Beitrag „Umdenken und Umlenken“ den Schwerpunkt auf die Fachkräftesicherung im Brandenburger Mittelstand. Frühzeitige Fachkräftesicherung ist eine wesentliche Bedingung für Wachstum und Beschäftigung. Auch wenn ein unmittelbarer Handlungsdruck noch nicht für alle Akteure spürbar ist, müssen wir doch – wie Matthias Platzeck betont – heute handeln, um uns auf die Herausforderungen von morgen einzustellen. Dazu gehören die Verbesserung der Berufsorientierung, der quantitative Ausbau der Erstausbildung, die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen und die Förderung der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft. Aber auch die verstärkte Werbung für den Standort Brandenburg, zu der eine intelligente Gestaltung der Rahmenbedingungen unerlässlich ist, sei notwendig.



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Prof. Dr. Andreas Pinkwart, der langjährige Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, fordert Freiheit ermöglichen, Kräfte entfesseln und neue Kraft für den Wachstumsmotor Mittelstand. In seinen vier Abschnitten werden seine wichtigsten Forderungen behandelt: Weniger Bürokratie, mehr Freiraum zum Wirtschaften, faire Finanzbeziehungen zwischen Mittelstand und Staat, Nachwuchsförderung und schließlich als Königsweg mehr Kooperation. Vor allem die Rolle des Mittelstands als Transmissionsriemen, der grundlegende Innovationen in breite Anwendung übersetzt und zum Verbraucher übermittelt, muss – so Andreas Pinkwart – deutlich gestärkt werden. Dafür wurde u.a. die Science–to Business–Strategie entwickelt. Die ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, die jetzt Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie ist, weist deutlich darauf hin, dass Chancengleichheit mehr sein muss als Zukunftsvision. Die Titelstory des Time Magazine „The New Sheriffs of Wall Street“ über Sheila Blair, Mary Shapiro und Elizabeth Warren ließ – wie Edelgard Bulmahn schreibt – ihr Herz höher schlagen. Gesetzliche Regelungen sind für sie notwendige Voraussetzungen, aber nicht ausreichend, um auch im Wirtschaftssektor eine Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen. Entscheider in Führungspositionen müssen die Gleichstellung von Frauen nicht nur kognitiv, sondern auch emotional wollen und als Chance für ihr Unternehmen begreifen. Für Christine Scheel, der Mittelstandsbeauftragten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, war und ist der deutsche Mittelstand der Stabilitätsgarant in der Finanz- und Wirtschaftskrise und der Euro-Krise. Nur ein starker Mittelstand kann – wie Christine Scheel ausführt – zur Bewältigung der Krisen beitragen. Daher sind Forschungsförderung, Reformierung des Insolvenzrechts und Behebung der Liquiditätsprobleme für den Mittelstand vordringlich. Die Krisen sind Herausforderungen, denen nicht zuletzt mit einer guten Mittelstandpolitik erfolgreich begegnet werden kann. „Mittelstand mit großer Zukunft“ ist das Resümee der Ausführungen des langjährigen Staatssekretärs Friedhelm Ost. Die Zukunft des deutschen Mittelstands basiert auf Informationen. Damit liegt die wichtigste Wertschöpfungsquelle in der Bildung. Wissenschaft und Mittelstand müssen enger verzahnt werden. Friedhelm Ost rechnet damit, dass in zehn Jahren viel stärker als heute arbeitsteilig in wechselnden unternehmerischen Kooperationen „am Projekt“ gearbeitet wird. Die „Projektwirtschaft“ bietet mittelständischen Unterneh-

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men, die sich untereinander effizient organisieren, gute Möglichkeiten. Wie bei allen Jahressitzungen des RKW-Kuratoriums spielte auch im letzten Jahr der europäische Aspekt eine besondere Rolle, lässt sich doch auch die Zukunft des deutschen Mittelstands nur unter Einbeziehung der europäischen Zusammenarbeit beurteilen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den deutschen Mittelstand werden zunehmend auf europäischer Ebene gestaltet. So sollen am Schluss dieses Bandes die Beiträge von zwei profilierten Europaabgeordneten stehen. Dr. Angelika Niebler, die frühere Vorsitzende des Ausschusses Industrie, Forschung und Energie des Europaparlaments, weist einleitend auf das von der Europäischen Kommission veröffentlichte European Innovation Scoreboard 2009 mit seiner günstigen Beurteilung des deutschen Mittelstands und auf die 2020 Strategie der Europäischen Union hin. Zu deren fünf Kernzielen gehört, dass drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU in Forschung und Entwicklung investiert werden. Angelika Niebler weist abschließend darauf hin, dass nur mit Hilfe leistungstarker KMU die europäische Wettbewerbsfähigkeit langfristig gesichert werden kann. Dr. Silvana Koch-Mehrin, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, betont die große Bedeutung der Small Business Act der Europäischen Union aus dem Jahre 2008 für die Zukunft des deutschen Mittelstands. Der Small Business Act ist ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket, das die Belange des Mittelstands in den Mittelpunkt der Entscheidungsprozesse stellt. Schon im Jahr 2009 wurden zufrieden stellende Fortschritte bei der Umsetzung konstatiert. Die gemeinsame Festlegung auf zehn Grundsätze für die Planung und Durchführung politischer Maßnahmen mit der Forderung „Vorfahrt für KMU“ ist – wie Silvana Koch-Mehrin ausführt – politisch wichtig und richtig. Den Kuratoriumsmitgliedern des RKW aus Politik, Wissenschaft, Unternehmen und Gewerkschaften danke ich für ihre Beiträge zur Zukunft des deutschen Mittelstands. Die Ergebnisse und die konkreten Anregungen fließen in die Arbeit des Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft für den Mittelstand ein. Frau Dr. Dorothea Hartmann und Frau Daniela Wieseler danke ich für die Unterstützung bei der Herausgabe dieses Bandes. Die Zukunft bietet gute Chancen für den deutschen Mittelstand. Alle sind aufgerufen, dazu beizutragen.



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Dr. Eberhard Heinke Die Philosophie der Mittelstandspolitik im 21. Jahrhundert Der rasche wirtschaftliche Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vor allem deswegen möglich, weil es nach der Währungsreform von 1948 gelang, die unternehmerische Initiative in der Sozialen Marktwirtschaft auf breiter Front zu entfalten. Millionen kleiner und mittlerer Unternehmen spielten hierbei eine tragende Rolle. In den folgenden Jahrzehnten ist der Mittelstand zum Markenzeichen des Erfolgs zunächst der westdeutschen und nach 1990 der Wirtschaft des vereinigten Deutschlands geworden. Nicht von ungefähr gehört der Begriff „Mittelstand“ zu den wenigen deutschen technischen Ausdrücken aus dem Bereich der Ökonomie, die in ihrer originalsprachlichen Form Eingang in die englischsprachige Fachliteratur gefunden haben. Heute stellt sich allerdings die Frage, ob der Mittelstand angesichts der großen wirtschaftspolitischen und sozioökonomischen Herausforderungen im 21. Jahrhundert eine ähnliche Rolle spielen kann wie im zurückliegenden Jahrhundert. Wie werden sich die Globalisierung der Märkte und die mit ihr verbundenen Wandlungen der Weltwirtschaft, die europäische Integration, der technologische Wandel in der wissensbasierten Ökonomie und der demografische Wandel auf den Mittelstand auswirken? Der vorliegende Beitrag versucht Antworten auf diese Fragen zu finden. Bevor auf die wahrscheinlichen künftigen Entwicklungen eingegangen wird, ist es sinnvoll, zunächst die heutige volkswirtschaftliche Position des Mittelstands zu umreißen. Zu diesem Zweck sind die für das Verständnis der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Mittelstands zentralen Fragen nach seiner Abgrenzung sowie nach seiner Rolle in den industriellen Wertschöpfungsketten anzusprechen. Dabei wird deutlich, dass die mittelständische Wirtschaft durch eine Reihe von Merkmalen geprägt ist, die in allen hoch entwickelten Marktwirtschaften anzutreffen sind und sicher auch die Zukunft des Mittelstands in Deutschland stark beeinflussen werden. Anschließend wird erörtert, wie sich die Globalisierung, die technologische Entwicklung und der demografische Wandel in Zukunft voraussichtlich auf den Mittelstand auswirken werden. Die Darstellung schließt mit einem Fazit und mittelstandspolitischen Ausblick.

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Abgrenzung des Mittelstandes Unter dem „Mittelstand“ sei – der in der Wirtschaftspolitik üblichen Begriffsauffassung entsprechend – die Gesamtheit aller kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verstanden. Es handelt sich, so man die in der Umsatzsteuerstatistik erfassten Einheiten zugrunde legt, derzeit um ca. 3,6 Millionen Unternehmen. Dabei ist wie in allen anderen marktwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften die ganz überwiegende Mehrheit aller Unternehmen (mehr als 99 Prozent) den KMU zuzurechnen. Dieser im öffentlichen Mittelstandsdiskurs maßgebende Begriff des Mittelstands deckt ein denkbar breites Spektrum von Unternehmen ab, welches von Kleinstunternehmen¹ ohne Beschäftigte und mit sehr begrenzter wirtschaftlicher Überlebensperspektive bis zu wohl etablierten, seit Generationen bestehenden Familienunternehmen mit ansehnlichen Beschäftigtenzahlen und Umsätzen reicht. Die in Deutschland gebräuchliche statistische Abgrenzung des Mittelstands von den Großunternehmen ist allerdings wie die andernorts üblichen, von der deutschen Definition abweichenden quantitativen Abgrenzungen wesentlich ein Produkt sozialer Konvention. Sie drückt also nur begrenzt substanzielle Unterschiede zwischen mittelständischen und großen Unternehmen aus. Zwischen KMU und Großunternehmen besteht nämlich in der Praxis ein breiter Übergangsbereich, in welchem sich mittlere und größere Unternehmen nach der Position des haftenden Eigentümers im Unternehmen, der betrieblichen Organisation und den praktizierten Unternehmensstrategien kaum voneinander unterscheiden. Jedenfalls ist bei der hier anzutreffenden betrieblichen Vielfalt Größe nicht das bestimmende Unterscheidungskriterium. Größere mittelständische Unternehmen unterscheiden sich in ihren organisatorischen Merkmalen in der Regel kaum von inhabergeführten Großunternehmen, weshalb sich trefflich darüber streiten lässt, wo Mittelstand aufhört und Großindustrie beginnt. Im Zuge der

¹ In der Umsatzsteuerstatistik werden allerdings nur Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Praxen der Freien Berufe erfasst, die mehr als 17 500 Euro steuerpflichtigen Jahresumsatz bzw. mindestens einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigen aufweisen.



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Reorganisation der Großunternehmen stellen sich überdies ehemals festgefügte Grenzen zwischen den Unternehmen zunehmend als fließend dar. Es überrascht daher nicht, dass Mittelstand recht unterschiedlich abgegrenzt wurde und wird. Die Inhaber großer Familienunternehmen mit mehreren Tausend Beschäftigten können – wie dies in der Praxis häufig geschieht – ihr Unternehmen selbst durchaus mit gewissem Recht als „mittelständisch“ klassifizieren, obwohl dies mit der amtlichen Definition natürlich nicht vereinbar ist. Im Sprachgebrauch der Wirtschaft wird das Attribut „mittelständisch“ nicht von ungefähr häufig allen gut auf dem Markt etablierten, unternehmerisch orientierten und in Familienhand befindlichen Unternehmen zugesprochen, unabhängig von ihrer Beschäftigtenzahl. Die in der Unternehmenspopulation numerisch stets weit überwiegenden kleinen und kleinsten Unternehmen, deren wirtschaftliches Handeln sich weniger an unternehmerischen Zielen als vielmehr an der Sicherung eines auskömmlichen Einkommens für den Inhaber² orientiert, wären nach dieser Logik dem Mittelstand nicht zuzurechnen. Das Problem der Abgrenzung der KMU von den großen Unternehmen stellt sich nach der offiziellen europäischen KMU-Definition³ , die deutlich restriktiver als die deutsche KMUDefinition ausfällt, noch prononcierter. Danach sind alle eigenständigen Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro den KMU zuzurechnen. Diese europäische Definition trägt primär den wirtschaftsstrukturellen Gegebenheiten der kleineren europäischen Volkswirtschaften Rechnung, welche die Mehrheit der Mitgliedsländer der EU repräsentieren, aber nur bedingt der Situation in den wenigen größeren Volkswirtschaften der EU wie der deutschen. Größere Märkte eröffnen den Unternehmen die Möglichkeit, Skalen- und Verbundeffekte voll auszuschöpfen. Je größer die nationalen Märkte daher sind, umso größer sind erfahrungsgemäß die Unternehmen im Durchschnitt, welche sich auf diesen Märkten betätigen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht,

² Im angelsächsischen Schrifttum hat sich hierfür die treffende, aber nicht ohne Weiteres ins Deutsche übertragbare Unterscheidung zwischen „self-employment“ und „entrepreneurship“ eingebürgert. ³ Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2006): Die neue KMU-Definition. Benutzerhandbuch und Mustererklärung. Luxembourg, 5ff.

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dass die Unternehmensgrößenstrukturen in den Vereinigten Staaten den in der deutschen Wirtschaft vorzufindenden ähnlicher sind als diejenigen z.B. Dänemarks oder Ungarns. In der deutschen Politik verdrängt die europäische KMU-Definition, die am 1. Januar 2005 in Kraft trat, derzeit zunehmend die herkömmliche deutsche Mittelstandsdefinition. Es ist wohl damit zu rechnen, dass in nicht allzu ferner Zukunft die europäische Definition auch hierzulande das Feld ganz beherrschen wird. Implikationen unterschiedlicher Mittelstandsdefinitionen Die Abgrenzung des Mittelstands ist nicht nur für die mittelstandspolitische Praxis von Belang, z.B. bei der Frage, wer von Förderprogrammen für KMU profitieren darf und wer nicht. Sie hat auch für empirische Aussagen über die volkswirtschaftliche Rolle des Mittelstands Bedeutung. Dies lässt sich z.B. an der häufig anzutreffenden Feststellung demonstrieren, der Mittelstand sei „volkswirtschaftlicher Motor der Beschäftigung“. Diese Formulierung impliziert, dass zusätzliche Arbeitsplätze vor allem in KMU entstehen, während die Beschäftigung in den Großunternehmen entweder rückläufig ist oder stagniert. Der empirische Gehalt dieser Aussage ist nun entscheidend davon abhängig, welche Unternehmen per definitionem einerseits den KMU sowie andererseits den Großunternehmen zugerechnet werden. In diesem Zusammenhang ist ein Phänomen zu erwähnen, das zwar in der Wirtschaftspraxis seit langem bekannt, im öffentlichen Mittelstandsdiskurs aber bislang weitgehend unbeachtet geblieben ist: die Zunahme konzernartiger Abhängigkeitsbeziehungen in der Wirtschaft – darunter besonders im Verarbeitenden Gewerbe – in den zurückliegenden Jahrzehnten. Obgleich auch in Deutschland eigentlich immer Konsens darüber bestand, dass konzernabhängige Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten, dem Mittelstand nicht zuzurechnen sind, werden sie faktisch in der Mittelstandsdiskussion regelmäßig den „KMU“ zugeschlagen. Dies liegt wesentlich daran, dass sich die amtliche Statistik bislang kaum für die Eigentumsverhältnisse der von ihr erfassten Unternehmen interessierte und hierzu keine relevanten Daten zu liefern vermag. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies mit der Nutzung der Informationen des Unternehmensregisters der Statistischen Ämter für die Publikationen der amtlichen Statistik ändern wird. Die statistischen Auswirkungen der faktischen Zuordnung der abhängigen Unterneh-



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men zu den KMU hat deutliche Auswirkungen auf Berechnungen des Beschäftigungsbeitrags des Mittelstands, wie jüngst eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) nachwies.⁴ Es zeigte sich, dass der Beschäftigungsbeitrag der KMU je nachdem geringer bzw. höher ausfällt, ob die zwischen den Unternehmen bestehenden Abhängigkeitsbeziehungen berücksichtigt werden oder nicht. Die Beiträge der KMU zur Beschäftigungsdynamik stellen sich im Übrigen sektoral sehr unterschiedlich dar. Kein Zweifel besteht daran, dass die KMU einen maßgeblichen Beitrag zur volkswirtschaftlich notwendigen und wünschenswerten Reallokation der Beschäftigung leisten. Eine 2004 veröffentlichte Studie des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg kam zu ähnlichen Ergebnissen wie die zitierte Arbeit des RWI. Danach waren bei Anlegen des härtesten Kriteriums für die Konzernunabhängigkeit von KMU in Baden-Württemberg 2001 gerade einmal 23 Prozent der Beschäftigten und 14 Prozent der Umsätze des Verarbeitenden Gewerbes dieses stets zu Recht für seinen starken industriellen Mittelstand gerühmten Bundeslands den KMU zuzurechnen.⁵ Derartige Ergebnisse sollten angesichts der Relativität von Mittelstandsdefinitionen nicht überbewertet werden. Sie zeigen jedoch, wie wichtig eine präzise, genau differenzierende Betrachtung für die sachadäquate Würdigung der volkswirtschaftlichen Rolle des Mittelstandes ist. KMU in industriellen Wertschöpfungsketten Besteht an der grundsätzlichen Bedeutung des Mittelstands für die stetige Regeneration des Unternehmensbestands, die Aufrechterhaltung eines regen Wettbewerbsgeschehens auf den Märkten, die Generierung technischer Neuerungen, die berufliche Bildung junger Menschen und die flächendeckende Versorgung der Menschen mit Waren und Dienstleistungen kein Zweifel, so sind doch einige Präzisierungen zur Stellung der mittel-

⁴ Vgl. RWI (2007): Der Beitrag des Mittelstands zur Entwicklung der Beschäftigung in Deutschland. Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Endbericht. RWI Projektberichte. Essen, sowie Bauer, T.K., A. Schmucker und M. Vortell (2008): KMU und Arbeitsplatzdynamik: Eine Analyse auf Basis der Beschäftigten-Historik-Datei. Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung 41 (3): 199–222. ⁵ Vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (2004): Unternehmen und Unternehmensgruppen – eine Studie der regionalen Strukturen und Beziehungen. Statistische Analysen 10/2004. Stuttgart, 79.

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ständischen KMU im Prozess der volkswirtschaftlichen Leistungserstellung angebracht, um Missverständnissen vorzubeugen. In einer hoch organisierten arbeitsteiligen Volkswirtschaft arbeiten kleine, mittlere und große Unternehmen in den Wertschöpfungsketten von Industrie und Dienstleistungswirtschaft zumeist in engen Symbiosen zwischen Zulieferern und Abnehmern zusammen. KMU sind in allen Wirtschaftssektoren vertreten und befinden sich vorwiegend in klarer numerischer Überzahl, obgleich in einem von Sektor zu Sektor sehr unterschiedlichem Ausmaß. In solchen Wirtschaftszweigen, in denen Größen- und Verbundeffekte eine wesentliche Rolle spielen, leisten große Unternehmen überdurchschnittliche Beiträge zu Wertschöpfung und Beschäftigung. In den Zweigen, in denen dies nicht der Fall ist, entfällt ein größerer Teil der sektoralen Wirtschaftsleistung und Beschäftigung auf KMU. Für alle Wertschöpfungsketten des Verarbeitenden Gewerbes und der Dienstleistungswirtschaft gilt, dass kleinere und größere Unternehmen in symbiotischer Beziehung zueinander agieren: als Auftraggeber und Zulieferer. Freilich wäre es falsch, das Marktgeschehen einzig unter dem Blickwinkel der vielerorts bestehenden relativ stabilen Kooperationen zu betrachten. Dominierend ist vielmehr der Wettbewerb, und der durch ihn bestimmte Ausleseprozess unter den Marktakteuren führt natürlich auch gelegentlich zur Verdrängung von KMU. Allerdings konkurrieren Großunternehmen in der Regel mit anderen Großunternehmen und KMU ihrerseits mit anderen KMU, weil beide Unternehmensgruppen sich auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungsketten bewegen. Festzuhalten ist also, dass die deutsche Wirtschaft gleichermaßen über einen leistungsfähigen Mittelstand verfügt und ebenso leistungsfähige, global operierende Großunternehmen. Das Verhältnis von großen, mittleren und kleinen Unternehmen stellt sich in der wirtschaftlichen Praxis ganz überwiegend als Miteinander dar und nicht als Gegeneinander. KMU und Großunternehmen sind substanziell aufeinander angewiesen. Vor diesem Hintergrund haben sich vor allem in der Literatur der angelsächsischen Länder in den 1980er Jahren vorgetragene Mutmaßungen, es käme im Zuge des technologischen Wandels zu einer „KMU-Renaissance“, als ebenso unbegründet erwiesen wie die vor allem im deutschen Schrifttum des ausgehenden 19. Jahrhunderts häufig anzutreffende Vermutung, der Mittelstand würde bei fortschreitender Industrialisierung der deutschen Wirtschaft von der Bildfläche verschwinden.



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Globalisierung der Märkte und Europäischer Binnenmarkt Die Globalisierung der Märkte und die Schaffung des Europäischen Binnenmarkts eröffnen den KMU vielfältige Chancen, bringen gleichzeitig aber auch Risiken mit sich. Einerseits eröffnen sich den deutschen Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten auf auswärtigen Märkten. Andererseits werden die heimischen Unternehmen auf ihren angestammten heimischen Märkten verstärkt durch ausländische Wettbewerber herausgefordert. Hinzu kommen indirekte Wirkungen der Globalisierung, z.B. Effekte auf die Faktorpreisstrukturen im Inland. Die jüngst erfolgte Ablösung der deutschen Volkswirtschaft von der Position des „Exportweltmeisters“ durch China ist ein Indiz für den weltwirtschaftlichen Strukturwandel, wie er im 21. Jahrhundert die wirtschaftlichen Strukturen der alten wie neuen Industrieländer stark prägen dürfte. Wirtschaftszweige, in denen die neuen Industrieländer komparative Kostenvorteile aufweisen, werden in Deutschland und Europa wohl schrumpfen. Auch in den technologieintensiven Sektoren z.B. im Maschinenbau, in denen die Position der deutschen Industrie bislang besonders stark war, werden die heimischen Produzenten sich in wachsendem Maße der Konkurrenz technologisch immer leistungsfähigerer Anbieter aus den neuen Industrieländern stellen müssen. Derartige Wandlungen sind keineswegs neu, sondern vollzogen sich bereits in den vergangenen Jahrzehnten. Erinnert sei hier z.B. an die „Abwanderung“ großer Teile der Textilund Bekleidungsindustrie, der Stahlindustrie und der Chemischen Industrie in die neuen Industrie- bzw. früheren Schwellenländer. Von ihnen sind mittelständische Unternehmen ebenso betroffen wie große. Die anstehenden Schrumpfungen waren und sind schmerzlich für die Betroffenen, aus volkswirtschaftlicher Sicht jedoch keineswegs als „Verlustgeschäft“ zu betrachten. Der Wettbewerb auf den globalisierten Märkten zwingt die Volkswirtschaften der alten Industrieländer dazu, sich verstärkt auf wissensintensive Hochtechnologie-Produkte zu konzentrieren. Die Globalisierung führt per saldo zu Wohlfahrtsgewinnen sowohl für die neuen wie auch die alten Industrieländer. Die Globalisierung eröffnet wachstumsorientierten innovativen mittelständischen Unternehmen eine Fülle von Marktchancen. Viele deutsche Mittelständler haben diese Chancen in bemerkenswertem Umfang genutzt, wie das Beispiel der „Hidden Champions“,der

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stillen Weltmarktführer im Verarbeitenden Gewerbe zeigt.⁶ Allerdings eignet sich der durch die „Hidden Champions“ beschrittene Weg nur in engen Grenzen für die Mehrheit der mittelständischen Unternehmen. Weltweite Präsenz eines Unternehmens setzt globale Vertriebsnetze und in den meisten Fällen auch produzierende Filialen in Übersee voraus. Mittelständische Unternehmen, denen solche Markterfolge beschieden sind, wachsen zwangsläufig rasch über die von den oben besprochenen amtlichen KMU-Definitionen gesetzten Dimensionen hinaus. Faktisch engagiert sich nur ein recht kleiner Teil aller Unternehmen im Exportgeschäft. Die exportierenden Unternehmen konzentrieren sich zudem stark auf das Verarbeitende Gewerbe. Nach einer im Auftrag der Europäischen Union durchgeführten Erhebung haben im Jahre 2005 gerade einmal neun Prozent aller deutschen Unternehmen Umsätze aus Exporten erzielt.⁷ Diese Zahl dürfte angesichts des bei dieser Erhebung angewandten Stichprobenverfahrens noch deutlich zu hoch gegriffen sein. Die Statistik des Produzierenden Gewerbes zeigt einen engen positiven Zusammenhang zwischen den Exportquoten der Betriebe und der Betriebsgröße. Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz der deutschen Betriebe lag 2004 bei den Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten bei knapp 50 Prozent, in den unteren Betriebsgrößenklassen dagegen deutlich niedriger, mit abnehmender Tendenz bei geringerer Größe.⁸ Ein ähnliches Muster findet sich im Exportgeschäft aller größeren hoch entwickelten Volkswirtschaften. Der Ausweitung der Exporte der mittelständischen Unternehmen sind somit auch unter den Bedingungen der Globalisierung objektive Grenzen gesetzt.

⁶ Vgl. H. Simon (2007): Hidden Champions des 21. Jahrhunderts. Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Frankfurt a.M. Campus. ⁷ Vgl. European Commission (ed.) (2007): Observatory of Europeam SMEs. Summary. Fieldwork of the survey: November 2006 – January 2007. Flash Eurobaromter. Brussels, 15 ⁸ Vgl. IfM Bonn (2007): Die Bedeutung der außenwirtschaftlichen Aktivitäten für den deutschen Mittelstand. Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Bonn, 28.



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In einem weiteren Sinn profitiert die mittelständische Wirtschaft vom sektoralen Strukturwandel in Deutschland und Europa, der durch die Globalisierung angetrieben wird. Das Verarbeitende Gewerbe, in dem technisch bedingte Skaleneffekte eine erhebliche Rolle spielen, verliert gegenüber der Dienstleistungswirtschaft zusehends an Boden. Die meisten Dienstleistungssektoren sind „kleinteiliger“ strukturiert als die Industrie. Das volkswirtschaftliche Gewicht der KMU nimmt daher zwangsläufig im Zuge des sektoralen Strukturwandels zu. Mittelstand und Europäische Integration Exportierende deutsche KMU orientieren sich naheliegender Weise stark auf die europäischen Länder, auf die Eurozone, aber auch auf die Volkswirtschaften, die den Euro bislang nicht eingeführt haben. Für sie ist der Europäische Binnenmarkt von stärkerem Interesse als in Übersee gelegene Teile globalisierter Märkte. Umgekehrt betätigen sich KMU der europäischen Länder erheblich auf den deutschen Markt. Diese wechselseitigen Exportaktivitäten erhöhen die Intensität des Wettbewerbs auf den europäischen Märkten und wirken sich günstig auf die Innovationstätigkeit und die Versorgung der Konsumenten mit hochwertigen Industrieprodukten aus. Befürchtungen, die sich in Deutschland vielfach an vermeintliche negative Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf den Mittelstand knüpften, haben sich im Nachhinein als unbegründet erwiesen. Generell sind die gerade für den Mittelstand mit dem Europäischen Binnenmarkt verbundenen Chancen noch längst nicht ausgeschöpft. Wie der im Vergleich zu den größten Volkswirtschaften der Welt nach wie vor geringe Grad der Marktintegration auf dem Europäischen Binnenmarkt zeigt, stellt sich dieser noch weithin als unfertiges Projekt in statu nascendi dar.⁹ Die erheblichen Schwierigkeiten und die eher unbefriedigenden Kompromisslösungen bei den Verhandlungen zur Herstellung der Dienstleistungsfreiheit zeigen, dass heute noch erhebliche regulatorische Barrieren der Herstellung der Markteinheit im Wege stehen.

⁹ Zu dieser Einschätzung vgl. Europäische Kommission (2010): Mitteilung der Kommission: Europa 2020. Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. KOM(2010)2020 endgültig. Brüssel, 24.

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Technologischer Wandel in der wissensbasierten Ökonomie Der technologische Wandel in der wissensbasierten Ökonomie wirkt sich in zweierlei Hinsicht auf den Mittelstand aus: Einerseits gehören KMU zu den Treibern des technischen Fortschritts. Anderseits beeinflusst der technologische Wandel die Strukturbildung auf den Märkten, mithin auch die Unternehmensgrößenstrukturen. Das Innovationsgeschehen in den hoch entwickelten Marktwirtschaften basiert nach den neueren Erkenntnissen der Innovationsökonomie wesentlich auf dem engen Zusammenspiel von Unternehmen, unabhängigen Forschungseinrichtungen und staatlich finanzierter Grundlagenforschung. Neues Wissen wird in erheblichem Maße in Innovationsnetzwerken produziert. Pauschale Zuschreibungen der Verdienste um den technischen Fortschritt an einzelne Akteursgruppen – Großunternehmen, KMU, universitäre Forschung – sind vor diesem Hintergrund eher problematisch. Innovative Unternehmen des Mittelstands spielen allerdings vielerorts eine wesentliche Rolle bei der Generierung neuer technischer Lösungen. Technologieorientierte Unternehmensgründungen erweisen sich insbesondere im Zusammenhang mit den Spitzentechnologien des 21. Jahrhunderts als unverzichtbar. Auf diesem Feld weisen die europäischen Volkswirtschaften deutliche Defizite im Vergleich zur US-amerikanischen Wirtschaft auf. Während die Unternehmen des innovativen Mittelstands in Industrie und Dienstleistungswirtschaft eine herausragende Rolle bei der Entwicklung technologischer Innovationen spielen, trägt die Masse der KMU eher zur Diffusion technischer Neuheiten bei. Die rasche Verbreitung der Nutzung des Internet wäre z.B. ohne das starke und noch wachsende Engagement mittelständischer Unternehmen nicht möglich gewesen. Hinsichtlich der Auswirkungen des technischen Wandels auf die Strukturbildung auf den Märkten bestehen unter Experten in Industrie- und Innovationsökonomik sehr unterschiedliche Auffassungen. Die noch in den 1980er Jahren häufig artikulierte Vorstellung,¹⁰ dass der technologische Wandel zur Auflösung der Großunternehmen in einer KMU-dominierten Netzwerkstruktur führen würde, hat sich als einseitig erwiesen. Zwar haben sich

¹⁰ Vgl. z.B. M.J. Piore und F.C. Sabel (1985): Das Ende der Massenproduktion. Studie über die Requalifizierung der Arbeit und die Rückkehr der Ökonomie in die Gesellschaft. Berlin: Wagenbach.



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die Binnenstrukturen der großen Unternehmen in den zurückliegenden Jahrzehnten stark in Richtung netzwerkartiger Organisationsformen gewandelt. Zugleich treten zunehmend weltweit operierende Großunternehmen auf den Plan, die über eine gewaltige Marktmacht verfügen. Per saldo dürften sich positive und negative Impulse des technischen Wandels auf die Unternehmensgrößenstrukturen die Waage halten. Mittelstand und demografischer Wandel Der demografische Wandel – Zunahme des Anteils der älteren Menschen an der Bevölkerung und Bevölkerungsrückgang – dürfte sich insbesondere in dreierlei Beziehungen auf die Unternehmensgrößenstruktur auswirken: (i) Verringerung der Zahl der potenziellen Unternehmensgründer, (ii) Mangel an qualifizierten Fachkräften sowie (iii) veränderte Strukturen der Nachfrage nach Konsumgütern und Dienstleistungen. Insbesondere die Auswirkungen des demografischen Wandels auf das künftige Gründungsgeschehen wurden in der Literatur ausgiebig untersucht, z.B. in einer Studie des RWI für das Bundeswirtschaftsministerium.¹¹ Die Befunde fallen sehr differenziert aus. Zum einen besteht Einvernehmen darüber, dass das Gründerpotenzial mit abnehmender Zahl junger Menschen sinkt und die entstehenden Verluste nur in engen Grenzen durch ein stärkeres Gründungsengagement älterer Erwerbstätiger kompensiert werden können. Zum anderen ist aber auch davon auszugehen, dass mit sinkender Bevölkerung das Marktvolumen schrumpft und – unter der Voraussetzung gleichbleibender Unternehmensgrößenstrukturen – künftig weniger Unternehmen als heute benötigt werden. Abnehmende Gründerzahlen können daher einer notwendigen Marktbereinigung den Weg bereiten. Es wäre vor diesem Hintergrund verfehlt, im demografischen Wandel eine existenzielle Bedrohung des Mittelstands erkennen zu wollen. Kritischer dürfte sich für den Mittelstand die Versorgung mit hoch qualifizierten Fachkräften darstellen. KMU und große Unternehmen konkurrieren seit Jahrzehnten insbesondere im konjunkturellen Aufschwung um Fachkräfte. Die Großunternehmen waren dabei angesichts des nachweisbaren größenabhängigen Lohngefälles stets im deutlichen Vorteil.

¹¹ Vgl. D. Engel, T.K. Bauer u.a. (2007): Unternehmensdynamik und alternde Bevölkerung. RWI: Schriften 80. Berlin: Duncker & Humblot.

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Angesichts der fortschreitenden Alterung der Bevölkerung erscheint ungewiss, wie künftig der Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften gedeckt werden kann. Die mittelständischen Unternehmen sehen sich daher vor die Herausforderung gestellt, sich verstärkt um eine attraktive Ausgestaltung ihrer Arbeitsplätze zu bemühen und ganz besonders auch um gute Arbeitsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer. Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf Konsumniveau und -struktur sind vielfältiger Natur. Größere Nachfrageausfälle durch den Bevölkerungsrückgang sind erst auf lange Sicht zu erwarten. Gleichzeitig bieten die besonderen Konsumstrukturen älterer Menschen für KMU zahlreiche Möglichkeiten eines innovativen Marktengagements. Per saldo stellt sich der demografische Wandel für den Mittelstand daher zumindest mittelfristig eher als Chance denn als Risiko dar. Fazit und mittelstandspolitischer Ausblick Alles spricht dafür, dass der Mittelstand im 21. Jahrhundert seine volkswirtschaftliche Position verteidigen und wie bisher einen wesentlichen Beitrag zu Innovationen, Wachstum und Beschäftigung leisten wird. Im Zuge des sektoralen Strukturwandels werden mit den Dienstleistungssektoren solche Wirtschaftszweige an Gewicht gewinnen, in denen economies of scale and scope eine geringere Rolle spielen als im Produzierenden Gewerbe. Dies erschließt neue Betätigungsräume für KMU. Zugleich begünstigt die Globalisierung der Märkte Konzentrationsprozesse im Verarbeitenden Gewerbe. Die absehbaren Veränderungen begünstigen in einigen Sektoren eher die KMU, in anderen eher die großen Unternehmen. Auf alle Wirtschaftszweige trifft aber zu, dass KMU und große Unternehmen wohl auch künftig in engen, sektoral unterschiedlich beschaffenen Symbiosen agieren werden. Die heute in Deutschland praktizierte Mittelstandspolitik wurde in den 1950er Jahren als wesentlicher Bestandteil des Ordnungskonzepts der Sozialen Marktwirtschaft insbesondere von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack begründet. Wesentliche geistige Impulse lieferten die „Ordoliberalen“ der Freiburger Schule. Mittelstandspolitik im Sinne dieser geistigen Tradition ist in erster Linie Ordnungspolitik. Die vornehmliche Aufgabe der Mittelstandspolitik besteht demnach darin, stabile Rahmensetzungen für das Wirtschaften der Einzelnen zu schaffen, unter denen sich die unternehmerische Initiative frei entfalten kann. Dies schließt vor allem auch eine Wettbewerbspolitik ein, welche den sich im frei entfaltenden Wettbewerbsge-



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schehen angelegten Vermachtungstendenzen der Märkte entgegenwirkt. Der hier skizzierten „Philosophie“ der Mittelstandspolitik folgt auch die KMU-Politik der Europäischen Union. ¹² Mehr denn je wird es in Zukunft darauf ankommen, günstige Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Selbständigkeit und unternehmerische Betätigung zu schaffen. In Ländervergleichen der für die Gründung eines Unternehmens erforderlichen Zeiten und Kosten rangiert Deutschland trotz der Bemühungen vieler Bundesregierungen um „Bürokratieabbau“ unter den hoch entwickelten Industrieländern immer noch nur im hinteren Mittelfeld. Hier ließe sich wohl einiges bewegen. Die aktive Mittelstandsförderung ist im Vergleich zur ordnungspolitischen Grundorientierung der Mittelstandspolitik von zweitrangiger Bedeutung, obwohl sie in der Öffentlichkeit weitaus mehr Aufmerksamkeit findet. Auch künftig werden bestimmte Förderprogramme im Politikportfolio des Bundes und der Länder ihren Platz haben. Die vor allem von der KfW getragenen Förderprogramme für Unternehmensgründungen und den Mittelstand mit einer niedrigen Zinssubventionskomponente haben sich grundsätzlich bewährt und sollten fortgeschrieben werden. Fördermaßnahmen für sog. „notleidende“ Branchen hingegen behindern den Strukturwandel und sind daher abzulehnen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in Zukunft Maßnahmen zur Förderung von Wagniskapitalfinanzierungen, weil hier nach wie vor eine Schwäche des deutschen Finanzierungssystems besteht. Zunehmende Bedeutung werden wahrscheinlich solche Förderprogramme erlangen, welche die Innovationsaktivitäten der mitteständischen Wirtschaft stimulieren sollen, sowie Programme, die – neben der Mittelstandsadressierung – zugleich ökologische Ziele verfolgen oder auf die Bewältigung der Probleme der Alterung der Bevölkerung abzielen.

¹² Vgl. das Grundsatzdokument zur Strategie Europa 2020 in Europäische Kommission (Hrsg.) (2010): ebenda; ferner: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.) (2005): Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft. Eine zeitgemäße KMU-Politik für Wachstum und Beschäftigung. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. KOM(2005) 551 endgültig. Brüssel sowie die Initiative der Kommission zur Einführung eines Mittelstandsgesetzes: Commission of the European Communities (ed.) (2008): „Think Small First“. A „Small Business Act“ for Europe. Communication from the Commission to t he Council, the European Parliament, the European Economic and Social Committee and the Committees of the Regions. COM(2008) 394 final. Brussels.

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Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, Dr. Eva Kirner, Oliver Som Gemeinsam zum Innovationserfolg Als eine der zentralen Aufgaben der Unternehmensführung ist Innovation nicht nur für große Unternehmen, sondern auch für KMU ein wichtiges Thema (Tidd et al. 2005). Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ermöglichen Innovationen Unternehmen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen und durch marktreife Neuentwicklungen frühzeitig vom Wiederaufschwung zu profitieren. Produkt-, Service-, organisatorische oder technische Prozessinnovationen sind wichtige Stellhebel für den langfristigen Unternehmenserfolg. Die Entwicklung neuer Produkte kann durch erhöhte Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) gefördert werden. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland weisen jedoch keine oder nur geringe FuE-Aktivitäten auf und können daher von dieser innovationsstrategischen Option oft aufgrund mangelnder Ressourcen nicht in gleichem Maße Gebrauch machen wie größere Unternehmen, die deutlich mehr in FuE investieren können. Die Teilnahme an FuE- oder Innovationskooperationen stellt daher insbesondere für nicht forschungsintensive kleinere Unternehmen eine Möglichkeit dar, fehlende FuE-Kompetenzen zu kompensieren und Innovationsprojekte zu realisieren, die aus eigener Kraft nicht gestemmt werden könnten (Picot et al. 2003, Pisano 1988). Wie frühere Analysen gezeigt haben, sind mehr als die Hälfte der nicht forschungsintensiven Industrieunternehmen in der deutschen Industrie KMU (Kirner et al. 2009a). Ein großer Teil der nicht forschungsintensiven Unternehmen sind zwar in nicht forschungsintensiven Branchen (OECD 1994, Legler/Frietsch 2007) beheimatet, allerdings findet man diese Unternehmen auch in allen anderen Industriesektoren zu relevanten Anteilen (Kirner et al. 2009b). Aufgrund des bereits vielfach bestätigten positiven Zusammenhangs zwischen Forschung und Entwicklung und Produktinnovation (bspw. Freeman 1994) ist anzunehmen, dass die Mehrheit der industriellen KMU einen strukturellen Wettbewerbsnachteil bei Produktinnovationen aufweist, da sie keine oder nur geringe FuE-Ausgaben haben. Forschung und Entwicklung gelten allgemein als wichtige Ressource und Voraussetzung für – insbesondere technologische – Innovationen. Nicht forschungsintensiven Betrieben mangelt es



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definitionsgemäß an dieser Ressource, so dass sich die Frage stellt, wie sie dennoch ihre Fähigkeit, neue Produkte auf den Markt zu bringen, erhalten und ausbauen können. Insbesondere ist von Interesse, inwieweit dabei Innovationskooperationen mit externen Partnern unterstützend wirken können. Vor diesem Hintergrund sollen auf Basis der ISI-Erhebung Modernisierung der Produktion 2006 (Jäger et al. 2007) im Einzelnen folgende Fragen beantwortet werden:Inwieweit sind nicht forschungsintensive Betriebe in der Lage, neue Produkte und Marktneuheiten zu entwickeln und sich damit erfolgreich im Innovationswettbewerb zu behaupten?In welchem Umfang kooperieren nicht forschungsintensive Betriebe mit externen Partnern in FuE? Welchen Effekt haben FuE-Kooperationen auf den Innovationserfolg nicht forschungsintensiver Betriebe? Produktinnovation in nicht forschungsintensiven Betrieben Wie die Analysen zeigen, ist ein Großteil der nicht forschungsintensiven Betriebe trotz ihrer geringen FuE-Intensität durchaus in der Lage, erfolgreich Produkt- oder Marktneuheiten zu entwickeln. Über die Hälfte der untersuchten nicht forschungsintensiven KMU haben in den vergangenen drei Jahren neue Produkte auf den Markt gebracht (vgl. Abb.1). Die Quote der Produktinnovatoren ist bei den größeren nicht forschungsintensiven Betrieben mit 78 Prozent sogar nur knapp unter dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (84 Prozent). In der Gruppe der kleineren und mittleren nicht forschungsintensiven Betriebe hat knapp die Hälfte der Produktinnovatoren ihr neues Produkt sogar als erster Anbieter im Markt eingeführt (Marktneuheiten sind Teil von Produktneuheiten). Generell fällt es größeren Unternehmen leichter, neue Produkte zu entwickeln und in den Markt einzuführen. Kleinere Betriebe sind bekanntlich deutlich seltener Produkt- oder Marktinnovatoren als größere. Dies gilt sowohl für Industriebetriebe allgemein, als auch für die Gruppe der nicht forschungsintensiven Betriebe. Die Ergebnisse zeigen, dass die Höhe der FuE-Intensität nicht alleine ausschlaggebend für erfolgreiche Produktentwicklung ist. Offenbar schafft es rund die Hälfte der nicht forschungsintensiven KMU auch ganz ohne oder nur mit sehr geringen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Über ein Viertel dieser Betriebe ist sogar in der Lage, Marktneuheiten hervorzubringen – also neue Produkte, die

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Nicht forschungsintensive Betriebe

Verarbeitendes Gewerbe

100 84 78

Anteil der Betriebe (%)

80

70 65 57

60

54

50 40

36

34 25

33

27

20

0 bis 49 Beschäftigte

50-249 Beschäftigte

mehr als 250 Beschäftigte

Anteil der Betriebe mit Produktneuheiten innerhalb der letzten drei Jahre

bis 49 Beschäftigte

50-249 Beschäftigte

mehr als 250 Beschäftigte

Anteil der Betriebe mit Marktneuheiten innerhalb der letzten drei Jahre

Abbildung 1: Anteil von Betrieben mit Produkt- bzw. Marktinnovationen

nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für den Markt neu sind. Dennoch zeigt sich deutlich, dass eine geringere durchschnittliche FuE-Intensität tendenziell auch mit geringeren Produktinnovationserfolgen einhergeht. Eine erfolgversprechende Möglichkeit, diesen Rückstand aufzuholen und fehlende eigene Ressourcen zu kompensieren, bieten Kooperationen mit externen FuE-Partnern. Solche Innovationskooperationen könnten gerade für nicht forschungsintensive KMU eine interessante Alternative darstellen, auch ohne hohe eigene Aufwendungen für Forschung und Entwicklung mehr innovative, neue Produkte zu entwickeln. Die tatsächliche Verbreitung und vor allem auch die Potenziale solcher Forschungs- und Entwicklungskooperationen werden im nächsten Abschnitt genauer untersucht.



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Teilnahme nicht forschungsintensiver Betriebe an FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen Allgemein werden unter FuE-Kooperationen Formen der freiwilligen Zusammenarbeit zwischen mindestens zwei wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Partnern im Bereich der Produktforschung und -entwicklung verstanden (Picot et al. 2003). Die Teilnahme an FuE-Kooperationen stellt für die teilnehmenden Partner eine Chance dar, ihre begrenzten Innovationsressourcen wirkungsvoller und gezielter einzusetzen und erfolgreicher zu Innovationen zu gelangen als es ihnen alleine möglich wäre. Über den konkreten Nutzen in einzelnen Innovationsprojekten hinaus, sind auch Effekte des Wissenstransfers und -austausches, zum Beispiel für die Entwicklung der betrieblichen Technologiekompetenz, nicht zu unterschätzen. Für nicht forschungsintensive Betriebe und insbesondere KMU besteht das Hauptmotiv für die Aufnahme von FuE-Kooperationen vorwiegend darin, fehlende eigene FuE-Kompetenzen zeitlich begrenzt oder auch dauerhaft auszugleichen. Die Kooperationspartner nicht forschungsintensiver Betriebe profitieren im Gegenzug von dem individuellen Erfahrungs- und Anwenderwissen dieser Betriebe, die häufig erfahrene Nutzer von innovativen Technologien sind. Die Analyse zeigt, dass die nicht forschungsintensiven Betriebe unserer Stichprobe die Möglichkeit zur Ausschöpfung der FuE-Exzellenz externer Partnern über alle Größenklassen hinweg seltener nutzen als der jeweilige Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Zwar unterhalten viele nicht forschungsintensive Betriebe aller Größenklassen bereits FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen oder anderen Unternehmen, dieser Anteil liegt aber dennoch deutlich unter dem allgemeinen Industriedurchschnitt. Wenn nicht forschungsintensive Betriebe bei Forschung und Entwicklung mit externen Partnern kooperieren, dann tun sie dies häufiger mit Forschungseinrichtungen als mit anderen Unternehmen. Dies entspricht auch dem allgemeinen Trend im verarbeitenden Gewerbe. Während allerdings – betriebsgrößenabhängig – 30 bis 77 Prozent der Betriebe des verarbeitenden Gewerbes FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen eingehen, sind dies bei nicht forschungsintensiven Betrieben nur 17 bis 67 Prozent (vgl. Abb. 2). Bei FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen ist generell eine größere Zurückhaltung festzustellen. Abhängig von der Betriebsgröße kooperieren nur 30 bis 48 Prozent aller befragten Betriebe mit anderen Unternehmen im Rahmen von FuE-Projekten. Bei nicht forschungsintensiven Betrieben liegen diese Anteile jeweils rund 10 Prozentpunkte darunter (20 bis 38 Prozent).

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Nicht forschungsintensive Betriebe

Verarbeitendes Gewerbe

100 77

Anteil der Betriebe (%)

80 67 60

48

48 41 40

20

38 32

30

30 2ß

17

22

0 bis 49 Beschäftigte

50-249 Beschäftigte

FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen

mehr als 250 Beschäftigte

bis 49 Beschäftigte

50-249 Beschäftigte

mehr als 250 Beschäftigte

Anteil der Betriebe mit Marktneuheiten innerhalb der letzten drei Jahre

Abbildung 2: Teilnahme an FuE-Kooperationen

Während wissenschaftliche Einrichtungen und industrielle Forschung meist unterschiedliche Verwertungsinteressen an den gemeinsamen Projektergebnissen haben, besteht bei zwischenbetrieblichen Forschungskooperationen meist für beide Firmen ein Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung der Ergebnisse. Aufgrund dieser möglichen Konkurrenzsituation können FuE-Kooperationen zwischen Unternehmen konfliktträchtiger sein als entsprechende Innovationskooperationen mit Forschungseinrichtungen. Mit entsprechend größerer Zurückhaltung werden demnach FuE-Kooperationen zwischen Unternehmen eingegangen. Dies könnte ein Grund sein, warum Betriebe in Innovationsprojekten häufiger mit Forschungseinrichtungen als mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten. Generell kooperieren KMU im Bereich Forschung und Entwicklung seltener mit externen Innovationspartnern als größere Unternehmen. Bei KMU ist eine höhere Zurückhaltung in der Öffnung nach außen festzustellen. Dies könnte an einem Mangel an verfügbaren Kooperationskontakten, einer stärker traditionell ausgerichteten Unternehmenskultur, aber auch an mangelnden zeitlichen oder personellen Ressourcen für die Anbahnung und Aufrechterhaltung solcher Innovationskooperationen liegen.



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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass je nach Betriebsgröße rund 20 bis 40 Prozent der nicht forschungsintensiven KMU bereits FuE-Kooperationen, insbesondere Kooperationen mit Forschungseinrichtungen nutzen, um fehlende eigene FuE-Kompetenzen durch den Rückgriff auf externes FuE-Wissen zu kompensieren. Jedoch zeigen die im Vergleich zum Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes geringen Anteile von kooperierenden nicht forschungsintensiven Betrieben, dass dies nicht in der Häufigkeit geschieht, wie dies aus Gründen eines verstärkten Kompetenzausgleichs zu vermuten wäre. Das Umfrageergebnis, dass gerade nicht forschungsintensive Betriebe ihre fehlenden eigenen FuE-Ressourcen durch externe Kooperation kompensieren, wirft die Frage auf, ob die festgestellte unterdurchschnittliche Kooperationsaktivität auf fehlende oder sich nicht einstellende Effekte der Kooperationen zurückführen ist, oder ob trotz positiver Effekte von FuE-Kooperation nach wie vor nur ein geringerer Teil der nicht forschungsintensiven Betriebe Gebrauch davon macht und somit von erheblichen ungenutzten Potenzialen ausgegangen werden muss. Inwieweit FuE-Kooperationen tatsächlich zu einem höheren Innovationserfolg in nicht forschungsintensiven Betrieben beitragen können, sollen daher folgende Analysen klären. Effekte der Teilnahme an FuE-Kooperationen Die Effekte von FuE-Kooperationen wurden mit Hilfe der sogenannten Matched-PairMethode untersucht. Hierbei wird jedem kooperierendem nicht forschungsintensivem Betrieb ein strukturell ähnlicher nicht forschungsintensiver Betrieb, ein sogenannter „bester Zwilling“, zugeordnet, welcher jedoch nicht im Bereich FuE kooperiert. Nachdem die Zwillingspaare anhand verschiedener Strukturmerkmale wie Betriebsgröße, Komplexität der hergestellten Produkte, strategische Ausrichtung des Betriebes, Qualifikationsniveau der Beschäftigten etc. identifiziert wurden, kann das Produktinnovationsergebnis der kooperierenden Hälfte mit den Ergebnissen der nicht kooperierenden Hälfte der Betriebe verglichen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass diejenigen nicht forschungsintensiven Betriebe, die im Bereich Forschung und Entwicklung mit externen Partnern kooperieren, tatsächlich signifikant häufiger neue Produkte auf den Markt bringen als ihre nicht kooperierenden Zwillinge (vgl. Abb. 3). Dies gilt sowohl für Produktneuheiten als auch für Marktneuheiten – also für

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Produkte, die nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für den Markt neu sind. Diese Ergebnisse gelten sowohl für FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen, als auch für FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen. In beiden Fällen erhöht sich durch FuE-Kooperation der Innovatorenanteil unter den nicht forschungsintensiven Betrieben von knapp 50 auf über 70 Prozent. Somit zeigt sich ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen Innovationskooperationen dieser Art und der Fähigkeit, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Nicht forschungsintensive Betriebe profitieren eindeutig sowohl von FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen, als auch von Kooperationen mit Forschungsinstituten. Lediglich der positive Effekt zwischenbetrieblicher FuE-Kooperation auf die Entwicklung von Marktneuheiten ist weniger stark ausgeprägt und statistisch nicht abgesichert. Zwischenbetriebliche FuE-Kooperation steigert nicht wesentlich den Anteil marktinnovativer Betriebe, wenngleich eine leichte positive Tendenz zu beobachten ist.

Anteil der nicht forschungsintensiven Betriebe (%)

kooperierende Betriebe

nicht-kooperierende Betriebe

100

80

60

71

72

50

49 37

40

34 28 20

20

0 Betriebe mit Produktneuheiten

Betriebe mit Marktneuheiten

FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen (N=339)

Betriebe mit Produktneuheiten

Betriebe mit Marktneuheiten

FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen (N=213)

Abbildung 3: Effekte von FuE-Kooperationen auf die Innovationsfähigkeit von nicht forschungsintensiven Betrieben

Die Gründe hierfür können in den bereits angesprochenen Interessenskonflikten zwischenbetrieblicher FuE-Kooperationen bei der Entwicklung von Marktneuheiten liegen, da Produkte beschrieben werden, die von einem Unternehmen als erster Anbieter in den



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Markt eingeführt werden. Gerade bei Fragen des geistigen Eigentums, Lizenz- oder Verwertungsrechten treten hierbei sowohl in der Anbahnungs- als auch der Ergebnisphase von Kooperationen häufig Konflikte zwischen den Kooperationspartnern auf. Die Aushandlung entsprechender vertraglicher Regelungen ist darüber hinaus oft äußerst zeitaufwändig. Es ist daher zu vermuten, dass aufgrund dieser Hürden Marktinnovationen von Unternehmen lieber im Alleingang oder in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen entwickelt werden, nicht aber bevorzugt in Kooperation mit anderen Unternehmen. Diese Ergebnisse zeigen, dass nicht forschungsintensive Betriebe mit Hilfe von Innovationskooperationen bedeutend häufiger neue Produkte auf den Markt bringen können. FuE-Kooperationen helfen ihnen sowohl Produktinnovationen als auch Marktinnovationen zu entwickeln. Bezüglich der mit Produktneuheiten erzielten Umsatzanteile ist der Unterschied zwischen kooperierenden und nicht kooperierenden Zwillingspaaren ebenfalls deutlich. Die mit Forschungseinrichtungen kooperierenden nicht forschungsintensiven Betriebe erzielen im Durchschnitt rund 10 Prozent ihres Umsatzes mit Produktneuheiten, während dieser Anteil bei den nicht kooperierenden Zwillings-Betrieben nur die Hälfte beträgt. Betrachtet man nur die Gruppe der Produktinnovatoren (Betriebe, die in den vergangenen drei Jahren bereits neue Produkte eingeführt haben), so sind mit Forschungseinrichtungen kooperierende Betriebe im Vergleich zu ihren nicht kooperierenden Zwillingen auch erfolgreicher — allerdings ist dieser Unterschied statistisch nicht signifikant (vgl. Abb. 4). Gleiche Befunde zeigen sich auch bei FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen. Auch hier weisen kooperierende Betriebe höhere Umsätze mit neuen Produkten auf als ihre nicht kooperierenden Zwillingspaare, wenn auch diese Unterschiede statistisch nicht signifikant sind. Etwas anders sieht es bei Marktinnovationen aus. Der Anteil von Marktinnovatoren liegt naturgemäß immer unter dem Anteil der Produktinnovatoren, da Marktinnovationen eine Untermenge von Produktinnovationen darstellen. Die Analysen belegen, dass eine FuEKooperationstätigkeit hier nicht im gleichen Maße einen Einfluss hat, wie dies bei Produktinnovationen der Fall ist. Umsatzanteile mit Marktinnovationen stehen in keinem deutlichen Zusammenhang zum FuE-Kooperationsverhalten. Innovationskooperationen von nicht forschungsintensiven Betrieben zielen somit im Wesentlichen auf die Hervorbringung neuer Produkte.

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FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen Keine FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen

Anteil am Umsatz (%)

20 15 15 10

10

10 6 5

5

5 2

1

0 Umsatzanteil mit Produktneuheiten (nur Produktinnovatoren)

Umsatzanteil mit Produktneuheiten (alle Betriebe)

Umsatzanteil mit Marktneuheiten (nur Marktinnovatoren)

Umsatzanteil mit Marktneuheiten (alle Betriebe)

Abbildung 4: Effekte von FuE-Kooperationen mit Forschungseinrichtungen auf die Umsatzanteile mit Produkt- und Marktneuheiten von nicht forschungsintensiven Betrieben

FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen Keine FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen

20

Anteil der Betriebe (%)

18

15

13

12

10

8 7

8

5 3

2

0 Umsatzanteil mit Produktneuheiten (nur Produktinnovatoren)

Umsatzanteil mit Produktneuheiten (alle Betriebe)

Umsatzanteil mit Marktneuheiten (nur Marktinnovatoren)

Umsatzanteil mit Marktneuheiten (alle Betriebe)

Abbildung 5: Effekte von FuE-Kooperationen mit anderen Unternehmen auf die Umsatzanteile mit Produkt- und Marktneuheiten von nicht forschungsintensiven Betrieben



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Sie helfen Betrieben, überhaupt neue Produkte auf den Markt zu bringen, was sie ohne FuE-Kooperation nicht getan hätten. Wenn nicht forschungsintensive Betriebe aber bereits innovative Produkte im Produktprogramm haben, steigert FuE-Kooperation zwar tendenziell die damit erzielten Umsatzanteile, dieser Effekt ist jedoch statistisch nicht belastbar. Nicht forschungsintensive Betriebe, die aus eigener Kraft neue Produkte entwickeln können, sind somit auch in der Lage, ähnlich hohe Umsätze mit diesen Produkten zu erzielen. FuE-Kooperation hilft daher hauptsächlich dabei, überhaupt erst innovative Produkte hervorbringen, aber nicht unbedingt mehr Umsatz mit diesen neuen Produkten erzielen zu können. Zusammenfassend haben unsere Analysen einen deutlichen positiven Effekt von FuE-Kooperationen auf die Produktinnovationsfähigkeit von nicht forschungsintensiven Betrieben belegen können. Vor dem Hintergrund dieser nachgewiesenen Vorteile kann angesichts der unterdurchschnittlichen Kooperationshäufigkeit von nicht forschungsintensiven Betrieben von bisher unausgeschöpften Potenzialen gesprochen werden, die von weniger forschungsintensiven Betrieben besser erschlossen und genutzt werden könnten. Für die Betriebe, die zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen ihrer Innovationsstrategie auch auf Produktinnovationen setzen, bieten Innovationskooperationen folglich einen gangbaren Weg, auch mit geringen eigenen FuE-Aufwendungen diese Innovationserfolge realisieren und erfolgreich umsetzen zu können. Fazit Nicht forschungsintensive KMU sind ein wesentlicher Teil der deutschen Industriestruktur. Da sie keine oder nur sehr geringe Aufwendungen für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten aufweisen, könnte dies – insbesondere angesichts der Bedeutung von Innovationen – ihren langfristigen Erfolg gefährden. Zwar sind nicht forschungsintensive Unternehmen oft Prozessspezialisten und setzen innovative Technologien in ihren Produktionsprozessen ein (Heidenreich 2009, Arundel et al. 2008), aber sie bringen seltener neue Produkte auf den Markt als andere Unternehmen. Unsere Analysen zeigen, dass nicht forschungsintensive Betriebe beim Produktinnovationserfolgs deutlich unter dem Industriedurchschnitt liegen. Eine Möglichkeit, fehlende eigene Forschungs- und Entwicklungsressourcen zu kompensieren, besteht in Kooperationen mit externen Partnern. Innovationskooperationen mit Forschungseinrichtungen oder mit anderen Unternehmen bieten für KMU eine Chance, Zugriff auf externe FuE-Kompetenz zu erhalten, ohne dass diese Kompetenz aufwändig im Betrieb

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aufgebaut werden muss. Solche Forschungs- und Entwicklungskooperationen werden zwar bereits von vielen nicht forschungsintensiven KMU genutzt, allerdings immer noch deutlich seltener als von Industriebetrieben allgemein. Somit sind hier große ungenutzte Kooperationspotenziale zu vermuten, die noch besser ausgeschöpft werden könnten. Die Befunde einer Matched-Pair-Analyse haben gezeigt, dass nicht forschungsintensive Betriebe mit Innovationskooperationen tatsächlich signifikant häufiger Produkt- und Marktinnovationen hervorbringen als ihre nicht kooperierenden Zwillingsbetriebe. Der Anteil von Betrieben, die neue Produkte auf den Markt bringen, liegt unter den kooperierenden Betrieben deutlich über der von strukturell weitgehend vergleichbaren, aber im FuE-Bereich nicht kooperierenden Betrieben. FuE-Kooperation mit Forschungseinrichtungen oder mit anderen Unternehmen kann also in nicht forschungsintensiven KMU dazu beitragen, Innovationshürden zu überwinden, mehr neue Produkte zu entwickeln und dadurch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu steigern. Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten, wenn Unternehmen generell dazu neigen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung zurückzufahren, stellen Innovationskooperationen eine wirkungsarme Alternative dar, auch mit begrenzten eigenen Mitteln weiterhin Produktneuheiten zu realisieren. Literatur Arundel, A., Bordoy, C., Kanerva, M. (2008): Neglected innovators: How do innovative firms that do not perform R&D innovate? Results of an analysis of the Innobarometer 2007 survey No. 215. INNO-Metrics Thematic Paper. Freeman, C. (1994): The Economic of Technical Change. In: Cambridge Journal of Economics, Vol. 18 (5), S. 463-514. Heidenreich, M. (2009): Innovation pattern and location of European low- and mediumtechnology industries. In: Research Policy , volume 38, p. 483 - 494. Jäger, A., Lay, G., Maloca, S. (2007): Dokumentation der Umfrage Modernisierung der Produktion 2006. Fraunhofer ISI Arbeitspapier, Karlsruhe.



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Kirner, E., Som, O., Jäger, A. (2009a): Vernetzungsmuster und Innovationsverhalten von nicht forschungsintensiven Betrieben. Empirische Ergebnisse aus der deutschen Industrie. Fraunhofer-Verlag, Stuttgart. Kirner, E., Kinkel, S., Jäger, A. (2009b): Innovation paths and the innovation performance of low-technology firms – An empirical analysis of German industry. In: Research Policy, volume 38 (3), p. 447 - 458. Legler, H., Frietsch, R. (2007): Neuabgrenzung der Wissenswirtschaft. Forschungsintensive Industrien und wissensintensive Dienstleistungen (NIW/ISI Listen 2006). Studien zum deutschen Innovationssystem. Nr. 22, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). OECD (Organisation for Economic Co-Operation and Development), Statistical Office of the European Communities (1994): Science and Technology Policy: Review and Outlook. OECD, Paris. Picot, A., Reichwald, R., Wigand, R. (2003): Die grenzenlose Unternehmung. Information, Organisation und Management. 5., aktualisierte Auflage, Wiesbaden. Pisano, G. P., Shan, W., Teece, D. J. (1988): Joint Ventures and Collaboration in the Biotechnology Industry. In: Mowery, D. (Hrsg.): International Collaborative Ventures in US Manufacturing. Cambridge, MA, Ballinger Publishing Co. Tidd, J., Bessant, J., Pavitt, K. (2005): Managing Innovation: Integrating technological, market and organizational change. 3. Aufl. Chichester.

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Prof. Dr. Ing. Günter Spur Aufbruch zur Innovationswirtschaft Innovationskulturen im globalen Wettbewerb Der technologische Fortschritt wird eine weitere stürmische Marktentfaltung bewirken. Die Folge ist eine weitere Verschärfung des Wettbewerbs. Für die einzelnen Unternehmen wird es darauf ankommen, rechtzeitig das notwendige Innovationspotenzial aufzubereiten. Die wirtschaftliche Entwicklung ist abhängig vom Innovationserfolg des technischwissenschaftlichen Fortschritts, getrieben vom Erfindungsreichtum im praktischen Gestalten und zunehmend verknüpft mit marktorientierter Forschung. Die Innovationskulturen der Weltgemeinschaft entwickeln sich eigendynamisch. Als Gesamtheit vermitteln sie das Leistungsbild einer wettbewerbsorientierten Innovationswirtschaft. Die tiefgreifende Wirkung globaler Innovationskulturen wirft auch kritische Fragen auf. Können mittelständische Firmen den technologischen Entwicklungsprozess in seiner steigenden Komplexität noch beherrschen, verändert sich das geltende gesellschaftliche Wertesystem gegen die Interessen des Mittelstands? Die Innovationskulturen der Welt stehen auch im politischen Wettbewerb. Sie haben sich in verschiedenen regionalen Innovationsräumen entwickelt, zeigen unterschiedliche Ausprägungen und Gewichtungen, verlaufen zwar in gleichem Tempo, weisen aber strukturelle Verschiedenheiten ihrer gesellschaftlichen Integration auf. Die Innovationswirtschaft des 21. Jahrhunderts wird von einer weltweiten Forschungsoffensive zur Entfaltung getrieben. Diese entwickelt sich in einem komplexen Netzwerk des informationstechnischen Fortschritts, gesteuert vom ökonomischen Imperativ eines permanenten Optimierungsprozesses. Sie verknüpft die Wissenspotenziale der Welt und öffnet die Möglichkeit zur kreativen Entfaltung technologischer Innovationskulturen in einer Weise, die das bisher Vorstellbare übertrifft. Das Innovationspotenzial der Welt ist offen und damit



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auch der Weg zu einem Wandel der Welt. Die Zukunft gehört all denen, die über Schlüsselinformationen verfügen, um im Wettbewerb der leistungsstarken Wirtschaftssysteme zu bestehen. Angesichts des Wachstums der Weltbevölkerung erhalten Innovationen zur Aufbereitung der Lebensgrundlagen eine zentrale Schlüsselfunktion für die zukünftige Entwicklung der Menschheit. Die Konsequenz ist eine gezielte Stärkung aller Forschungspotenziale unserer Gesellschaft, was auf unterschiedlichen Lösungswegen mit vernetzender Wirkung erreicht werden kann. Die technologische Rationalisierung erzeugt einen gezielten Leistungsdruck, der die Mobilisierung aller verfügbaren Innovationspotenziale erzwingt. Dies gilt insbesondere für das betriebliche Wirkpotenzial des Mittelstands in einer vernetzten Produktionswirtschaft. Rational entwickelte Innovationskulturen werden von der Gesellschaft emotional erlebt. In ihrer globalen Wirkung stellen sie einen psycho-dynamischen Potenzialgradienten dar, der die Märkte beeinflusst. Mit zunehmender Intensität entwickelt sich ein Weltgefühl von technologischer Macht, aber auch von Angst vor Missbrauch. Es geht um die Beherrschung einer komplexen Wachstumsmatrix, um eine verantwortungsbewusste Führung unserer Innovationswirtschaft. Wir dürfen uns dabei von der Vordergründigkeit spontaner Markterfolge nicht blenden lassen, es kommt auch auf ihre Nachhaltigkeit an. Aus der Geschichte von Innovationen kann man lernen. Sie war immer eine Geschichte der Bewältigung von Risiken und Problemen. Fragen an die Wirtschaftspolitik Der schnelle Wandel der Weltwirtschaft fordert die Regierungen heraus. Ihre Innovationspolitik sichert die Zukunft demokratischer Staatsformen. Politische Macht beruht zunehmend auf den Innovationsressourcen der real wirksamen Wirtschaftskräfte. Es lässt sich erkennen, dass die Erneuerung der Produktionswirtschaft auch eine Erneuerung der politischen Zielsetzungen einleitet. Die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft bedarf einer Kritik ihrer ethischen und sozialen Handlungsmaxime. Mehr Lebensqualität heißt auch: we-

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niger Verschwendung. Der Fortschritt ist nur mit höherer Effizienz aller Leistungssysteme der Gesellschaft erreichbar. Jede Verbesserung eines Lebensstandards muss erwirtschaftet werden. Die globalisierte Produktionswirtschaft bietet umfassende Reformmöglichkeiten für die Weiterentwicklung der Industriegesellschaft. Der innovative Fortschritt der Produktionstechnik führt zur Steigerung der Produktivität, aber auch zu einer nachhaltig wirkenden Verringerung des menschlichen Arbeitsbedarfs in der produzierenden Industrie. Wegen der steigenden Reproduktionsrate des eingesetzten Kapitals bei sinkendem Bedarf an menschlicher Arbeitsleistung werden Produkte wesentlich billiger hergestellt und schneller angeboten. In den letzten Jahrzehnten ist somit eine Sättigung des Arbeitsmarktes eingetreten. Eine als Krisis der industriellen Produktionswirtschaft bezeichnete Verlangsamung des Wachstumsprozesses trat ein. Sie wird sich nur auflösen, wenn Produktmärkte verfügbar sind, die auch von der Aktivität einer mittelständischen Innovationswirtschaft gespeist werden. Wachstum ist eine politische Handlungszielsetzung, die durch Innovationen realisiert wird. Eine Schrumpfung der Innovationsressourcen hat tief greifende wirtschaftliche Folgen. Wachstum ist ein unverzichtbarer Qualitätsprozess, der in seiner gesellschaftlichen Bedeutung über den ökonomischen Wirkbereich hinausgeht. Qualitatives Wachstum zielt auf Verminderung von Mühe und Last in der Lebenswelt des Menschen bei gleichzeitiger Belebung des Arbeitsmarktes mit dem Ziel der Mehrung von Wohlstand. Die Innovationsressourcen technologischer Reformen dienen dem Fortschritt der Gesellschaft. Benötigt wird eine Innovationswirtschaft der technologischen Vernunft, die mit nachhaltiger Rationalität regulierend die Reformen einer qualitätsorientierten technischen Hilfswelt begleitet. Für die Technikwissenschaften stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Beherrschung des Risikos von Innovationsprozessen und damit auch die Frage nach Methoden zur Beherrschung der Risikopotenziale. Technologische Innovationen basieren auf den Lebensgesetzen der Natur. Offen bleibt die Frage, an welchem Gesellschaftsbild sich eine technologische Innovationskultur orientieren soll. Dabei entsteht die Frage, ob die globalisierten Märkte mit unterschiedlichen Industriekulturen auf die Dauer mit unterschiedlichen Innovationstechnologien bedient werden können. Das Innovationsmanagement einer Wirtschaftseinheit umfasst die Gesamtheit aller innovationsbezogenen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen sowie Füh-



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rungsformen und Motivationen, die einen nachhaltig wirksamen Einfluss auf die Leistungsträger in Innovationsnetzwerken ausüben. Die technologische Forschung bildet ein unerschöpfliches Reformpotenzial der Produktionstechnik. Jedoch ist der technologische Fortschritt kein Selbstläufer. Er bedarf der Einbindung in die Innovationskultur des gesellschaftlichen Wandels. Der technologische Innovationsdruck erzeugt eine neue Dimension gesellschaftlicher Verantwortung. Dies gilt nicht nur für diejenigen, die Technik gestalten, sondern auch für diejenigen, die ihren Nutzen in Anspruch nehmen. Diese Entwicklung setzt vorbereitete gesellschaftliche Strukturen und eine Reife voraus, den zunehmenden psychotechnischen Innovationsdruck zu verkraften und zu verarbeiten. Sehr wohl hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass neue Technologien die Sicherung unserer sozialen und wirtschaftlichen Existenz befördern. Eine Welt ohne Technik wird es nicht geben. Andererseits führt die soziale Tiefenwirkung der Technik zu kritischen Fragestellungen. Angesichts der rasanten Beschleunigung und nicht mehr für alle transparenten Wirkungskette technologischer Innovationen entsteht besonders dann Unbehagen, wenn das psychologische Problem der Angst vor dem Neuen nicht bewältigt ist. Das allgemeine Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit wird zunehmend sensibilisiert und hat damit auch einen wichtigen politischen Stellenwert erhalten. Vom Siegeszug der Technik ist nicht mehr die Rede, die Begeisterung früherer Zeiten hat sich zur kritischen Nachdenklichkeit gewandelt. Die technologische Globalisierung unserer Gesellschaft bewirkt weiterhin tiefgreifende Veränderungen im politischen Weltsystem. Es handelt sich um einen Entwicklungsprozess, dessen Dynamik zu selbsterregten Phasensprüngen fähig ist. Es handelt sich um ein Potenzial hoher Mächtigkeit, das durch Zwänge des soziopolitischen Umfelds gesellschaftliche Krisen auslösen kann. Innovation als soziotechnischer Wandlungsprozess Die Gestaltungsfreiheit für das Neue ist mit Verantwortung verbunden. Erwünscht sind Innovationen, welche die Hoffnungen der Gesellschaft erfüllen (Bild 1). Die damit verbundenen Aufgaben machen es erforderlich, dass alle soziotechnischen Innovationspotenziale mobilisiert werden. Die Werkzeuge hierfür bilden sich durch Innovationsforschung in enger Wechselbeziehung mit Technik und Wirtschaft.

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Bildung

Wissenschaft

Ökosoziale Wirkfaktoren

Innovationsbedarf

Ökotechnischer Innovationsansatz

Innovationsprozess

Gesetze

Wirtschaft

Ökotechnische Wirkfaktoren

Gesellschaftlicher Fortschritt

Bild 1: Innovation als soziotechnischer Wandlungsprozess Bild 1: Innovation als soziotechnischer Wandlungsprozess

Mit Hilfe der Informationstechnik greift der schöpferische Geist des Menschen über die materielle Natur hinaus, indem er sich seine eigene Natur, also seine geistigen Kräfte aneignet und über deren Grenzen hinaus zu einer virtuellen Welt erweitert. Die technologischen Voraussetzungen zur Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Informationswirtschaft sind bereits heute vorhanden. Die optimale Vernetzung der einzelnen Systeme erfordert allerdings noch weitere Verbesserungen und Entwicklungsarbeiten. Wirtschaft und Wissenschaft bilden als Hilfswelt zur Natur wesentliche Elemente des Innovationspotenzials der Gesellschaft. Innovation beginnt mit dem Finden und Fördern von Begabungen. Die Zukunftssicherung der Gesellschaft erfordert eine nachhaltige Strategie zur Entwicklung und Nutzung aller nachwachsenden geistigen Ressourcen zur Entwicklung von Kreativität. In kritischen Wirtschaftsphasen wird die Mangelhaftigkeit von Vorsorgemaßnahmen schnell deutlich. Angesichts der demografischen Entwicklung unserer Bevölkerung ist keine Zeit zu verlieren. Deshalb muss die Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses höchste Priorität erhalten. Hieraus entwickelt sich das Innovationspotenzial der Zukunft. Langwellige Innovationen werden von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen begleitet. Störungspotenziale sind stets vorhanden und müssen deshalb als variable Randbedingungen berücksichtigt werden.



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Die technoökonomischen Innovationsprozesse verändern nicht nur die Lebensformen unserer Gesellschaft, sondern vermitteln auch wirtschaftspolitische Machtpotenziale, die durch Überwindung des Wettbewerbs zu monopolistischen Herrschaftsstrukturen führen können. Dabei ist die Gefahr der Verschwendung verfügbarer Innovationspotenziale nicht zu übersehen, insbesondere unter dem Aspekt des Zeitdrucks. Andererseits verfügte der Mensch noch nie über so viel wissenschaftliches und technologisches Wissen wie heute, damit aber auch noch nie über so viele Chancen zu einem ökosozialen Fortschritt der Gesellschaft. Ein wesentlicher Beitrag hierfür wird durch produktive Umsetzung von Schlüsseltechnologien in netzwerkfähige Produkte von mittelständischen Betrieben geleistet. Die mittelständische Wirtschaft ist mehr denn je auf eine Selbstaktivierung ihrer Forschungspotenziale angewiesen. Die Erneuerung ihrer Innovationskultur ist kein Luxus, sie ist bittere Notwendigkeit für die Sicherung von Wachstum. Wissenschaft und Wirtschaft müssen sich in ihrer besonderen Eigenverantwortung zum Produktionsstandort bekennen. Ihre Innovationsressourcen dienen der Lösung gesellschaftlicher Probleme der realen Welt, konzentrieren sich also vordringlich auf das Wachstum des Wirtschaftspotenzials. Es gilt, den mittelständischen Innovationsbedarf zu erkennen und darauf angepasste Innovationsstrategien zu entwickeln (Bild 2). Technologische Innovationen entstehen nicht durch Zufall, sie entstehen durch einen gezielten Kreativitätsprozess. Die Lösung innovativer Aufgaben erfordert sowohl methodisches Können als auch praktische Fertigkeit. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die das kreative Leistungspotenzial unserer Produktionswirtschaft zur optimalen Entfaltung bringen. Wichtig ist eine zielgerichtete und intensive Begleitung der Innovationsprozesse durch die Politik, wobei auf einen Interessenausgleich aller Beteiligten zu achten ist. Technologische Innovationen bewirken einen gesellschaftlichen Fortschritt, wenn sie auch ethisch-sozialen Ansprüchen genügen. Dabei wird das Ziel einer Aktivierung des Arbeitsmarkts vordringlich an Bedeutung gewinnen. Wachstumsstarke Wirtschaftsstrukturen setzen eine kreative Entfaltung sozialer Leistungsfähigkeiten voraus. Damit ist auch die Schlüsselfunktion des Bildungspotenzials unserer Gesellschaft angesprochen.

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Wissenschaft

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Innovationskultur

Produktinnovationen

Wirtschaft

Prozessinnovationen

Innovationsstrategie

Technische Erneuerung

Soziale Erneuerung

Bild 2: Wirkrichtungen der Innovationskultur

Bild 2: Wirkrichtungen der Innovationskultur

Um das Neue zur Nutzung zu führen, muss der schöpferisch tätige Ingenieur unternehmerisch denken. Dazu muss er den Markt kennen, wobei auch der Zeitpunkt für einen Innovationserfolg richtig gewählt sein will. Nicht immer ist der Erste auch der Erfolgreichste. Der Sinn von Innovationen liegt in ihrem Nutzen. Dabei kann sich dieser sprunghaft oder allmählich entwickeln. Das Neue allein bewirkt noch keinen wirtschaftlichen Fortschritt, dieser ist erst mit der Durchdringung des Markts erreicht. Innovationen sind dann radikal, wenn der Erfolg von Dauer ist.



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Herausforderung zum Innovationsdruck Innovationen verbinden sich mit Lust zum Neuen. Je intensiver die Anregung, desto stärker sprudeln die Ideen, die dem Werden des Neuen vorausgehen. Bevor das Neue real existiert, muss es gedacht werden. Ideen setzen bewusstes „Seinserleben“ voraus, sie basieren auf kreativem Denken, Fühlen und Wollen. Ideen sind ein Produkt des Geistes. Sie erscheinen uns als manifestierter Wille, Neues vernünftig zu gestalten. Ideen bedürfen eines Sinns, sie müssen Sinn geben, sie müssen sinnvoll sein. Ideen bedürfen eines Anlasses, eines Anstoßes oder eines Bedürfnisses. Ideen haben ein Motiv, das auf eine Hinwendung zum Verändern, zum Schaffen des Neuen zielt. Dient diese innovative Veränderung einer Verbesserung unseres Seins, steht zumindest nichts dagegen, so empfinden wir Ideen vernünftig, also aus innovativer Vernunft geboren. Stehen Ideen der Qualität des existierenden Seins entgegen, nennen wir sie unvernünftig. Die innovative Vernunft wirkt als Richtfeld technologischer Ideenpotenziale zur Schaffung des Neuen. Von der Idee zum Handeln getrieben, wird das Neue durch strategische Planung aufbereitet. Die Technik des Menschen ist ein Produkt seiner Innovationsfähigkeit, die der sinnlichen Kreativität seines Geistes entspringt und sich durch das Machbare beweist. Ihre fortschreitende Entwicklung ist von Rationalität bestimmt und beruht auf Erfindungsfähigkeit im praktischen Gestalten und auf adaptiver Regulierung des Handlungsvermögens. Die Bewertungskriterien technologischer Innovationen liegen zunächst einmal im Grad der Erfüllung extremer Erwartungen: Das Eine ist die überraschende Beeindruckung des Neuen, das Andere die Schaffung von Arbeit und die Erfüllung ethischer Ansprüche. Was immer gilt, ist der Zwang zum wirtschaftlichen Erfolg. Hier liegt das eigentliche Problem der Planung und Führung von Innovationsprozessen: Der Aufwand muss zurückfließen. Zur Absicherung des Risikos technologischer Innovationen müssen die Risikopotenziale abgefangen werden. Präzision und Zuverlässigkeit sind gefragte Stellgrößen, aber dennoch verlangt jedes Risiko einen Ausweg. Der Fortschritt der Technik ist mehrläufig. Es kommt auf die Reserve im Potenzial verfügbarer Kreativität an.

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Das Neue entsteht in vielfältiger Weise in der gesamten Breite von Wissenschaft und Technik. Die Erneuerungsprozesse verlaufen in wissenschaftlichen Kanälen hoher fachlicher Spezialisierung, aber auch in interdisziplinärer Integration. Es kommt auf das Zusammenspiel der Wirkfaktoren zur Steigerung der Innovationskultur an. Forschung und Erfindungsvermögen im praktischen Gestalten bewirken einen permanenten Innovationsdruck in der technischen Entwicklung. Innovationen der Zukunft sind überwiegend forschungsintensiv. Sie entstehen durch ideenreiches Denken, systematisches Planen und ökonomisches Umsetzen. Das Neue muss gebaut werden und den angestrebten Zweck erfüllen. Erst die nachhaltige Wirksamkeit gibt einer Innovation ihre Sinnerfüllung. Das Erfinden ist eine Kunstfertigkeit zur Schaffung des Neuen, gekennzeichnet durch innovative Kreativität, die Wissen und Können, Handlungsfähigkeit und Inspiration vereinigt und sich der innovativen Vernunft als Regulativ bedient. Dabei ist das Ergebnis meistens ein Gemeinschaftsprodukt, wirksam als Netzwerk individueller Leistungen. Benötigt wird spezialisiertes Wissen, das sich im gemeinsamen Können offenbart. Ideenreichtum als Treiber kreativer Innovationskulturen hat immer wieder außergewöhnliche Erfolge erzielt. Angesichts der hohen Komplexität des wissenschaftlichen Fortschritts hat kooperative Forschung einen zunehmenden Stellenwert erhalten, wobei das natürliche Bedürfnis nach Anerkennung der individuellen Leistung nicht zu übersehen ist.



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Prof. Dr. Bernd Kriegesmann und Marcus Kottmann Woher kommen die Innovatoren für morgen? Dem Mittelstand wird nicht erst seit der Wirtschafts- und Finanzkrise – zumindest programmatisch – besondere Beachtung geschenkt. Die stabilisierende und dynamisierende Funktion dieses Wirtschaftssektors ist unbestritten. Nicht nur die Arbeitsplatzwirksamkeit und Ausbildungsleistung, sondern vor allem die Rolle im Innovationsgeschehen belegen dabei die vielbeschworene Bedeutung. Voraussetzung, dass der Mittelstand diese Funktion weiter erfüllen kann, ist die Verfügbarkeit kompetenter Fach- und Führungskräfte. Das ist keine neue Einsicht und wird immer wieder zyklisch unter dem Label des Fachkräfte- resp. Ingenieurmangels betont.¹ Mit dem Einsetzen konjunktureller Abschwächungen verstummen entsprechende Diskussionen aber auch relativ schnell wieder. Allerdings sind die Zyklen dieser Debatten kürzer geworden und es zeichnet sich angesichts der sich zuspitzenden demographischen Entwicklung ab, dass eine weitere Beschleunigung oder gar ein Dauerdiskurs zu erwarten sind. Schlichte quantitative Zielgrößen nach dem Muster OECD-kompatibler Akademikerquoten suggerieren, das Problem erkannt und bildungspolitisch angegangen zu haben. Eine Steigerung der Zahl junger Menschen, die ein Studium aufnehmen, soll die drohende Fachkräftelücke schließen. Zuwächse erhofft man sich dabei gerade in den für eine innovierende Wirtschaft besonders wichtigen MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Blendet man aus, dass dieses Zählen von Formalqualifikationen ab dem akademischen Niveau nicht nur große Teile der Bevölkerung ohne akademischen Abschluss, (die übrigens aus dem Ausland aufgrund ihrer Kompetenzen umworben werden), diskreditiert und nur begrenzte

¹ Vgl. Staudt, E./Kottmann, M.: Deutschland gehen die Innovatoren aus. Zukunftsbranchen ohne Zukunft?, Frankfurt a. M. 2001; Staudt, E./Kottmann, M.: Zuwanderung kann Versäumnisse der Wirtschaft bei der Aus- und Weiterbildung nicht kompensieren! in: Franz, O. (Hrsg.): Zuwanderung, Arbeitsmarkt und der deutsche Mittelstand, RKW-Nr. 1445, Eschborn 2002, S. 28-39; Kottmann, M./Kriegesmann, B./Striewe, F.: Fachkräftemangel in Deutschland: Handlungsfelder für eine Neuausrichtung der beruflichen Bildung, in: LIST FORUM für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 34, Heft 1/2008, S. 56-70.

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Hinweise auf die verfügbaren Kompetenzen mit Wertschöpfungspotenzial gibt, bleibt die Frage offen, woher diese Ingenieure und Naturwissenschaftler, die die Entwicklung des Mittelstands personifizieren könnten, kommen sollen. Lässt man die Zuwanderungsdebatte außer acht, sind die Kinder, die in den nächsten Jahren die Träger von Innovation und Wertschöpfung seien können, alle bereits geboren. Das Potenzialreservoir ist also bekannt. Fokussiert man den akademischen Bereich, müssen sich Ingenieure und Naturwissenschaftler aus diesem Bereich rekrutieren. Dabei sind drei Entwicklungslinien zentral zu berücksichtigen: ◼◼

Zahlreiche Studien betonen den steigenden Bedarf an Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Selbst bei einer stark sinkenden Erwerbstätigkeit in Deutschland wird ein jährlicher Mangel an mehreren Tausend Ingenieuren und Naturwissenschaftlern prognostiziert.² Bei einem konstanten Erwerbstätigkeitsniveau werden bis zum Jahr 2014 fast 60.000 fehlende Ingenieure berechnet. Im Mai 2010 wird nach der Wirtschafts- und Finanzkrise bereits wieder eine Ingenieurlücke von knapp 35.000 Personen diagnostiziert.³

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Gleichzeitig wird schon jetzt ein struktureller Mangel an hochqualifizierten Ingenieuren beklagt. Deutschland ist derzeit nicht in der Lage, Ingenieure, die in den kommenden Jahren in Rente gehen, durch junge Absolventen zu ersetzen. So kamen 2004 in Deutschland auf 100 Ingenieure in der Altersgruppe 55-64 Jahre nur 90 Graduierte in der Altersgruppe 25-34 Jahre. In den 19 OECD-Ländern, für die Daten vorliegen, kommen im Schnitt auf 100 ältere Ingenieure 190 Berufseinsteiger.⁴ Der Anteil der Ingenieure, die derzeit aus dem Berufsleben ausscheiden, ist vergleichbar hoch wie der Anteil der Jungingenieure, die auf den Arbeitsmarkt drängen.⁵ Hier wäre eine Passungsfähigkeit zwischen Angebot und Nachfrage nach Ingenieuren von 100 Prozent notwendig, um nur Ersatzbedarfe personifizieren zu können.

² Vgl. beispielhaft Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) e. V. (Hrsg.): Arbeitslandschaft 2030. Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise, in: vbw Information, Ausgabe 1/2009, Stand: 09.12.2009, München (Studie der Prognos AG, Basel) sowie Verein Deutscher Ingenieure (VDI) e.V./Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.): Ingenieurarbeitsmarkt 2009/2010. Berufs- und Branchenflexibilität, demografischer Ersatzbedarf und Fachkräftelücke, Köln, Studie vom 19.04.2010. ³ Vgl. VDI (Hrsg): Ingenieurmonitor: Der Arbeitsmarkt für Ingenieure im Mai 2010, Düsseldorf 6/2010. ⁴ Vgl. OECD Centre Berlin (Hrsg.): OECD-Studie Bildung auf einen Blick 2007: Deutschlands Rückstand in der Hochschulausbildung führt zu strukturellem Mangel an Hochqualifizierten. Pressemitteilung vom 18. September 2007, Berlin. ⁵ Vgl. VDI/IW Köln (Hrsg.): European Engineering Report, Düsseldorf/Köln 2010.



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Entspannung ist für die Zukunft nicht zu erwarten. Die Zahl der zur Verfügung stehenden jungen Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung ist spätestens ab 2015 rückläufig.⁶ Die strukturelle Lücke wird verschärft. In Summe leitet sich aus diesen Befunden die Aufgabe ab, mehr MINT-Absolventen aus

einem schrumpfenden Reservoir junger Menschen zu schöpfen. Eine politisch gerne ins Feld geführte Lösung zur Überwindung dieser Problematik liegt in der Steigerung der Übergangsquote aus der Schule in die Hochschule. Doch wie sehen die Steuerungsmechanismen aus, die dieses Anliegen verfolgen sollen? Bei differenzierter Betrachtung zeigt sich hier Überraschendes: So hat sich bei höheren sozialen Schichten die Ausschöpfung der Potenziale für Übergänge an die Hochschulen längst dem Grenznutzen angenähert. Von 100 AkademikerKindern erreichen in Deutschland heute 81 die Sekundarstufe II, 71 nehmen nach der Schule ein Studium auf.⁷ Sind die Eltern Akademiker und verbeamtet oder selbständig, studieren sogar weit über 80 Prozent der Kinder. Zusätzliche Investitionen in dieses Segment können also nur sehr bescheidene Effekte für „mehr kompetente MINT-Absolventen“ erzielen. Dieses Potenzialreservoir ist bereits weitgehend ausgeschöpft. Demgegenüber werden bei Zielgruppen aus sozial schwachen Familien in massiver Form Potenziale verschwendet, ohne dass dies bislang zur Auflegung breit angelegter Interventionsprogramme geführt hätte. Von 100 Kindern aus Nicht-Akademiker-Familien erreichen lediglich 45 die Sekundarstufe II, nur 24 nehmen ein Studium auf. Von 100 Kindern aus Arbeiterfamilien nehmen sogar nur 17 ein Studium auf – oder eben: 83 nehmen kein Studium auf.⁸ Allein dieser Umstand ist für die betroffenen Individuen, aber auch aus der Perspektive einer innovierenden Wirtschaft ein Desaster. Gerade bei eskalierendem Ringen um gute Köpfe werden sich diese Fehlsteuerungen insbesondere für den Mittelstand, der in der Gunst der Absolventen oft hin-

⁶ Vgl. z.B. KMK (Hrsg.): Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2020, KMK-Dokumentation 176, Bonn 2005. ⁷ Vgl. BMBF (Hrsg.): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009; 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, Bonn/Berlin 2010. ⁸ Vgl. BMBF (Hrsg.): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, Bonn/Berlin 2010.

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ter den attraktiven Angeboten der Großunternehmen zurückfällt, bemerkbar machen. Wenn in Deutschland mehr junge Menschen ein (MINT-)Studium aufnehmen sollen, dann müsste endlich die sich hartnäckig haltende soziale Selektivität von Bildungschancen überwunden werden. Da der Anteil von Jugendlichen aus sozial schwachen Familien in Deutschland zukünftig eher wieder wachsen wird, können Strategien zur Förderung des (MINT-)Nachwuchses, die dieses Thema ausblenden, langfristig kaum zum Erfolg führen. Wenn man hier ansetzen will, ist ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Es gibt nicht nur gravierende soziale Unterschiede bei der Erschließung von Talenten, sondern auch erhebliche regionale Diskrepanzen. So variiert beispielsweise der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Vollabitur im Ruhrgebiet und im Münsterland erheblich: in Bottrop sind es 26,2 Prozent, in Gelsenkirchen 28,3 Prozent, in Mülheim schon 39,4 Prozent und in Münster sogar stolze 44,6 Prozent eines Jahrganges. In bildungsbürgerlich geprägten Regionen sehen daher nicht nur die Wege in die Hochschule anders aus als in strukturschwachen Regionen, sondern auch die Wege im Studium. Die Zusammensetzung der Schülerschaft und das Auftreten sprachlicher oder mathematischer Kompetenzmängel sind wirksame Differenzierungskriterien, die eine vergleichbare Entwicklung der Leistungsniveaus in sozio-ökonomisch unterschiedlichen Regionen bei gleichem Aufwand nahezu ausschließen. Die Vorstellung, mit an „Normstudierenden“ ausgerichteten Studienangeboten eine zunehmend heterogen ausgebildete Jugend zu akademischen Weihen zu führen, die mit dem European Credit Point System (ECTS) internationalen Standards unterliegen, geht nicht nur an der Realität vorbei. Die unterschiedlichen Schul- oder auch sonstigen Abschlüsse geben längst keinen Hinweis mehr auf die Studierfähigkeit bzw. sind mit an „Normstudierenden“ ausgerichteten Lehrangeboten kaum aufzugreifen. Das wird unmittelbar sichtbar, wenn in der „Thermodynamik“ Studierende mit Mathematik-Leistungskurs aus der gymnasialen Oberstufe neben ihren Kommilitonen aus dem Berufskolleg mit einem gelenkten Praktikum oder Facharbeitern mit dreijähriger Berufspraxis sitzen. Diese verbreitete Fehleinschätzung birgt nicht nur die Gefahr, selbst begabte junge Menschen im Hochschulsystem zu verlieren, sondern sie führt auch zu abstrusen Ressourcenallokationen im Hochschulbereich. So werden über den Hochschulpakt II Bundes- und Landesmittel pro Kopf auf Hochschulen verteilt, völlig unabhängig davon, welche Maßnahmen notwendig sind, um diese



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– tatsächlich völlig unterschiedlichen – Köpfe in das System zu bekommen und dann über mehrere Jahre hinweg auf ein international vergleichbares Kompetenzniveau zu entwickeln. Mehr noch: Mit „Leistungsorientierten Mittelverteilungen“ werden in großem Umfang Ressourcen zwischen den Hochschulen auf der Basis von Output-Indikatoren umverteilt. In nordrhein-westfälischen Fachhochschulen mit einer Gewichtung des Leistungsindikators „Anzahl Absolventen“ von 85 Prozent inklusive einer doppelten Zählung von Absolventen in Regelstudienzeit führt dies zu einer Umverteilung von Ressourcen von Hochschulen mit sozial schwachen Umfeldern hin zu Hochschulen mit besseren sozial-ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Zielsetzung der Leistungsorientierung, die Stärken zu stärken, wird hier also durch Systemfehler zum „die Starken stärken“ verkehrt.⁹ Unter Beibehaltung dieses Status quo würden zusätzliche Investments auf Regionen mit gehobenen sozial-ökonomischen Umfeldern konzentriert, obwohl dort – wie oben gezeigt – die zur Steigerung der Anzahl von MINT-Absolventen vergleichbar geringsten Effekte zu erwarten sind. Hier wird deutlich: Deutschland braucht nicht nur eine Debatte über mehr Geld für Bildung, es wäre auch dringend geboten, über eine qualitative Agenda zu streiten, für wessen Bildung in welchen Regionen sinnvollerweise investiert werden sollte, um die gewünschten Effekte zu realisieren. Gerade die MINT-Studiengänge entsprechen in hohem Maße dem Bedürfnis von Jugendlichen aus sozial schwachen Familien, über die eigene Ausbildung eine finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Es erscheint daher durchaus Erfolg versprechend, hier deutlich mehr Talenten soziale Aufstiegskarrieren über Bildung zu eröffnen. Dabei geht es um Modelle und um Lösungen, in denen die akademische Ausbildung auch für Jugendliche ohne das Privileg der Geburt in eine höhere soziale Herkunftsgruppe nicht Ausnahmezustand, sondern natürlicher Bestandteil des Alltags ist. Ein solcher Impuls würde aber nicht nur die Leistungsfähigkeit von jungen Menschen in Deutschland befördern, sondern auch ein nachhaltig verbreitertes Kompetenzreservoir in den MINT-Fächern ermöglichen, welches die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auch in den nächsten Generationen zu sichern hilft. Der MINT-Nachwuchs muss zukünftig in deutlich stärkerem Umfang aus sozial schwächeren Schichten kommen. Eine quantitativ geprägte Bildungspolitik, die diese Zusammenhänge ignoriert, wird kaum dazu beitragen können, den für den Mittelstand dringend erforderlichen MINT-Nachwuchs zu erschließen.

⁹ Vgl. Kottmann, M./Kriegesmann, B.: Talente stärken – nicht die sozial Starken, in: VDI-Nachrichten, 2. Juli 2010, Nr. 26/27, S. 4.

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Doch Ansätze zur Überwindung des Fachkräftemangels dürfen sich nicht allein auf quantitative Größen ausrichten, sondern müssen auch die qualitativen Verwerfungen einbeziehen. Es geht bei dem diskutierten Fachkräfteproblem eben nicht allein um eine schlichte Potenzialverbreiterung, sondern in zunehmendem Maße um qualitative Aspekte. Gerade hier aber werden zunehmende Praxisferne der Hochschulausbildung und zu lange Anlernzeiten im Betrieb bemängelt.¹⁰ Die Kompetenzen der am Arbeitsmarkt verfügbaren Naturwissenschaftler und Ingenieure werden häufig als unzureichend klassifiziert. Eine Einsicht, die schon bei der letzten Fachkräftemangelperiode nicht neu war,¹¹ an der sich nach Angaben von Unternehmen aber auch nichts geändert hat. Rund 73 Prozent der Unternehmen führen als Ursache von Rekrutierungsproblemen bei Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studienfächer fehlende Qualifikationen an.¹² Die Hochschulausbildung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften fokussiert traditionell stark auf eine fundierte theoretische Ausbildung für Berufsbilder in Forschung, Entwicklung und Konstruktion. Dies führt auf der einen Seite zu einer hohen formalen Qualifikation der Absolventen. Auf der anderen Seite sind jedoch viele Absolventen nicht ohne weiteres in der Lage, ihr erworbenes Wissen in die unterschiedlichen beruflichen Einsatzfelder jenseits von Forschung und Entwicklung einzubringen. Als zentraler Mangel wird in diesen zum Teil stark wachsenden Nachfragebereichen wie Vertrieb, Marketing, Wartung, Entstörung, Service und Beratung etc. immer wieder die fehlende praktische Erfahrung und eine unzureichende Passfähigkeit mit den betrieblichen Anforderungen ausgemacht. Über Jahrzehnte lösen diese qualitativen Diskrepanzen einen immer gleichen Reflex aus – wohlmeinend engagieren sich Politiker aller Parteien für eine stärkere Praxisnähe der Hoch-

¹⁰ Vgl. Kriegesmann, B./Kottmann, M.: Das Märchen von Fachkräftemangel. Plädoyer für eine strategische Neuorientierung betrieblicher Ausbildungsportfolios zur Überwindung personell bedingter Innovations- und Wachstumsbarrieren, in: Berichte aus der angewandten Innovationsforschung No 224, Bochum 2007. ¹¹ Vgl. Staudt, E./Kottmann, M./Merker, R.: Chemiker: Hochqualifiziert aber inkompetent?, in: Innovation: Forschung und Management, Band 8, 2. Aufl., Bochum 1997; Staudt, E./Kottmann, M./Merker, R.: Kompetenzdefizite von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren behindern den Strukturwandel und verhindern Innovationen, in: Zeitschrift für Personalforschung (ZfP), 13. Jg., 1/1999, S. 5-28. ¹² Vgl. Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.): Ingenieurmangel in Deutschland – Ausmaß und gesamtwirtschaftliche Konsequenzen, 11. April 2007, S. 23.



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schulen und rufen die Wirtschaft auf, ihre Anforderungen mitzuteilen, auf dass endlich passfähige Ausbildungsgänge gestaltet werden (können).¹³ Sicher würde mancher Hochschule eine intensivere Auseinandersetzung mit den Anforderungen und realen Umsetzungsproblemen von Betrieben und öffentlichen Organisationen gut bekommen. Aber selbst wenn man unterstellt, dass sich Studieninteressierte davon lenken ließen, mag man sich nicht das Chaos vorstellen, das losbrechen würde, wenn hunderte kleine, mittlere und große Unternehmen – wie es gelegentlich angeregt wird – ihre spezifischen Anforderungen einer Maschinenbau-Fakultät mitteilen und damit entsprechende Erwartungen an „ihren Ingenieur von morgen“ verbinden würden. Die Aufforderung zu praxisnäherer Ausbildung ohne Spezifizierung dahingehend, welche der unendlich vielen Praxisfälle einer innovierenden Wirtschaft denn nun maßgeblich sein sollen, hat – ehrlich analysiert – eine realistische Erfolgswahrscheinlichkeit vergleichbar mit der Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“. Es ist mit Blick auf einzelbetriebliche Anforderungen an Fach- und Führungskräfte keineswegs zu vernachlässigen, um welche Branche und Betriebsgröße es sich handelt, welches technologische Umfeld besteht, wie konjunktursensitiv sich das Marktumfeld gestaltet, ob es sich um nationale oder internationale Einsatzfelder handelt etc. Ebenso wenig ist es egal, ob die betreffenden Hochschulabsolventen aus dem In- oder Ausland kommen, welcher fachlichen Profession sie angehören, was sie vor und während ihres Studiums an praktischer Handlungsfähigkeit erworben haben, welche Mobilität sie mit ihrer Lebensplanung vereinbaren wollen usw. Letztlich ist kaum zu erwarten, dass man mit Vertretern der Wirtschaft Anforderungskataloge abstimmen wird, zu denen diese noch in zehn Jahren stehen können. So lange dauert es aber ungefähr, bis die so entwickelten neuen Studienangebote curricularisiert, akkreditiert und von den ersten Studenten erfolgreich absolviert sind.

¹³ „Solange die Wirtschaft der Wissenschaft nicht ihre Bedürfnisse mitteilt, werden die Studenten am Arbeitsmarkt vorbei ausgebildet“ hieß es beispielsweise in der letzten eskalierenden Mangelphase in einer doppelseitigen Anzeige des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Vgl. o.V.: Fachkräfte in Deutschland, Anzeigensonderveröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, in: Welt am Sonntag, Nr. 27, 8. Juli 2007.

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Schon aus diesen Gründen sind andere Wege zu erschließen, der Praxisnähe von Studierenden beizukommen. Zu erwarten ist dabei, dass ganz unterschiedliche Optionen angesteuert werden müssen. Während Großunternehmen noch die quantitativen und qualitativen Engpässe als „attraktive Arbeitgeber“ beherrschen, indem sie mit lukrativen Angeboten um die knapper werdende Elite buhlen, laufen die vorwiegend regional rekrutierenden kleinen und mittleren Unternehmen leer. Vorausschauende Unternehmen engagieren sich daher schon seit über einem Jahrzehnt in dualen Studiengängen, die das bewährte System der gewerblich-technischen Ausbildung mit der akademischen Hochschulbildung verzahnen.¹⁴ So sichern sich diese Unternehmen nicht nur ihren eigenen MINT-Nachwuchs, sondern auch die eingeforderte Praxisnähe. In Zusammenarbeit mit Hochschulen werden Studierende gleichzeitig mit einem Ausbildungsvertrag des Betriebes ausgestattet und verzahnen so die praktische Überlegenheit einer Ausbildung im dualen System mit dem Theorieprimat der Hochschulen. Als Absolventen sind diese jungen Menschen nach vier Jahren Facharbeiter und Ingenieur – und am Arbeitsmarkt sehr begehrt. Aber nicht nur die qualitative Dimension des Fachkräftemangels lässt sich so angehen, sondern auch für die Erschließung bislang wenig genutzter Kompetenzpotenziale in sozial schwächeren Familien bieten sich neue Optionen. Sowohl die Finanzierbarkeit des Studiums als auch die Nähe zu den Erfahrungen einer gewerblichen Ausbildung innerhalb der Familie senken Eintrittsbarrieren in die Hochschule deutlich. Natürlich wird der lange geforderte Ausbau dualer Studiengänge die qualitativen und quantitativen Engpässe nicht allein überwinden. Dieser Ansatz weist aber den Weg, wie in einer Allianz von Wirtschaft und Wissenschaft ein Beitrag geleistet werden kann, die personellen Potenziale für morgen zu sichern. Hier bieten sich bislang unzureichend genutzte Möglichkeiten, unerschlossene Talente zu adressieren und eine praxisnahe Ausbildung auf akademischem Niveau zu gewährleisten. So aufgestellt kann der Mittelstand die Innovatoren zur Erschließung der eigenen Zukunft auch ein stückweit selbst entwickeln.

¹⁴ Vgl. Kriegesmann, B./Köhler, R./Kottmann, M./Striewe, F.: Betriebliche Strategien gegen den Ingenieurmangel – Chancen der Kooperativen Ingenieurausbildung im „War for Talents“ nutzen, in: Zeitschrift Führung + Organisation (zfo), 77. Jg., 2/2008, S. 80-87 sowie Kottmann, M./Köhler, R./Kriegesmann, B./Striewe, F.: Kooperative Ingenieurausbildung zur Nachwuchssicherung, in: 2010 Jahrbuch Personalentwicklung, hrsg. von Schwuchow, K./Gutmann, J., Köln 2010, S. 121-129.



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RA Peter M. Schmidhuber Nichts erwarten, auf alles gefasst sein Aussagen über die Zukunft, die mehr sein wollen und sollen als Befürchtungen und Hoffnungen sind problematisch. Ein Blick zurück in die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass neue Entwicklungen in Technik und Wirtschaft überraschende, ja unvorhergesehene, Ursachen hatten. In vielen Fällen ist die Tragweite von Entdeckungen und Erfindungen erst viel später erkannt worden. Die prognostischen Instrumente sind eher dürftig. Als wichtigstes Instrument gilt immer noch die Trendextrapolation, die aber nur einen Faktor einer mutmaßlichen Entwicklung beschreiben kann. Die Fortschritte, über die Zukunft etwas in Erfahrung zu bringen, haben sich seit der Antike, seit dem Orakel von Delphi nicht entscheidend verbessert. So hat die dem US-amerikanischen Dramatiker Tennessee Williams zugeschriebene sarkastische Definition „ein Prognostiker ist ein Mann, der in lichten Momenten düstere Ahnungen hat“ immer noch eine gewisse Bedeutung. Gleichwohl möchte ich den Versuch wagen, einige Faktoren zu nennen, die die Zukunft des Mittelstands, d.h. seine Chancen, seinen Erfolg, aber auch künftige Problemlagen beeinflussen werden. Da ist zunächst einmal der Begriff des Mittelstands. Er zerfällt in den selbständigen und den unselbständigen Mittelstand. Beide sind für die moderne wirtschaftliche Entwicklung von zentraler Bedeutung. Mit dem Aufbau der Industrie im 19. Jahrhundert ist der Typ des Angestellten – oder wie man ihn damals nannte: des commis – entstanden. Er war für den Aufbau großer und mittlerer Unternehmen als Fach- und Führungskraft im technischen und kaufmännischen Bereich unverzichtbar. Mit der weiteren Nutzung technisch-wissenschaftlicher Methoden in der Produktion und im Dienstleistungsbereich und der Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Unternehmensführung im 20. Jahrhundert gewinnen die Angestellten für die Funktionsfähigkeit und den Fortschritt der modernen Wirtschaft eine immer größere Bedeutung. Es ist – wenn auch etwas verspätet – von den verschiedenen Instanzen der Bildungspolitik erkannt worden, dass der Produktionsfaktor Bildung gestärkt werden muss,

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vor allem auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Das Ziel ist eine Wissensgesellschaft. Infolge der Verfeinerung und Komplizierung der technisch-wirtschaftlichen Bedingungen steigen die Anforderungen an die Qualifikation des Führungspersonals – ob selbständig oder angestellt – ständig. Dies bedeutet auch, dass die Unternehmen der Personalwirtschaft und insbesondere der Weiterbildung der Arbeitnehmer eine höhere Aufmerksamkeit zuwenden müssen. Schließlich rekrutieren sich aus dieser Mittelschicht des sogenannten unselbständigen Mittelstands die Spitzenkräfte der unternehmerischen Führung, wie die Vorstandsmitglieder der Großunternehmen auf Aktienbasis. Sie sind nicht an diesen Unternehmen nennenswert beteiligt. Ihre unternehmerische Entscheidungsmacht ist nicht mit dem Eigentum an den Produktionsmitteln verbunden. Der selbständige Mittelstand, das am Eigentümer orientierte Unternehmen ist nach wie vor das Rückgrat auch einer reifen Marktwirtschaft. Er sorgt für eine stabile Wirtschaftsstruktur in der Fläche, sichert – zusammen mit den Großvertriebsformen des Einzelhandels – die Versorgung der Bevölkerung mit Waren und sorgt für ein breit gefächertes Dienstleistungsangebot an die Endverbraucher. Daran dürfte sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Daneben hat er wichtige Aufgaben im Zusammenwirken mit den Großunternehmen der verarbeitenden Industrie, insbesondere mit den sogenannten Komplexfertigern (z. B. Automobilindustrie). Die von ihnen betriebene Reduzierung der Produktionstiefe bietet den KMU eine Fülle neuer Chancen, nicht nur als verlängerte Werkbank, als Zulieferer, sondern auch als Entwickler und Nischenproduzenten. Der Managementstil der Konzentration auf Kerngeschäftsbereiche führt zu umfangreichen Outsourcing-Projekten wie Gebäudemanagement, Reinigung, Bewachungs- und Sicherheitsbereich mit vielen neuen Geschäftschancen für KMU. Sie können ihre betriebsgrößenspezifischen Vorteile, kurze Entscheidungswege, persönlicher Kontakt zu den Mitarbeitern, rasche Anpassung an sich ändernde Marktgegebenheiten, eine einfachere Entscheidungssituation, Erfindergeist des Chefs, Nähe zur Produktion wirkungsvoll einsetzen.



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Es ist das Charakteristikum einer dynamischen Wirtschaft, dass sie in einem ständigen Wandel begriffen ist. Dies gilt für die Produktionsbedingungen ebenso wie für die Nachfragestruktur. Die KMU sind also einem ständigen Zwang zur Anpassung und Veränderung ausgesetzt. Reagieren sie auf diese Signale nicht oder nicht rechtzeitig, so droht Abstieg oder gar wirtschaftlicher Ruin. Der Markt kann auch eine Änderung der Betriebsgröße erzwingen, etwa aus Kostengründen (economies of scale). Beispiele hierfür gibt es im Bereich der Warenhandwerke (Fleischer, Bäcker), die aus produktionstechnischen Gründen mehrere Verkaufsstellen benötigen, wenn sie nicht ein Ausscheiden aus dem Markt riskieren wollen. Ganze Erwerbszweige verschwinden oder werden stark reduziert, wie z.B. der Hufschmied oder die Drogerie alten Stils. Andererseits entsteht eine Fülle von neuen Geschäftsfeldern und Geschäftsideen in einer Wirtschaft, deren Dienstleistungssektor immer stärker expandiert. Das wichtigste Beispiel ist der Gesundheits- und Pflegebereich, der Chancen für viele selbständige Erwerbsmöglichkeiten bietet. Auf diesem Gebiet zeichnen sich schon heute Versorgungsengpässe ab. Die rasche Veränderung von Märkten und Produktionsbedingungen sowie das Anschwellen der zu beachtenden Vorschriften auf vielen einschlägigen Rechtsgebieten haben zu einer Komplizierung der Entscheidungsvorgänge im Unternehmen geführt, die einen hohen externen Beratungsbedarf ausgelöst haben. Sie haben vielfältige Möglichkeiten für selbständige Tätigkeit (Freie Berufe) eröffnet. Als Beispiele seien nur die rechtsberatenden Berufe, Versicherungsmakler oder IT-Spezialisten genannt. Die großen Fortschritte in der Informationstechnologie und in der Telekommunikation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Produktionsbedingungen in der Wirtschaft tiefgreifend verändert und gewisse strukturelle Nachteile der KMU beseitigt bzw. reduziert. Davon ist praktisch jedes Unternehmen betroffen. Daraus haben sich große Produktivitätsvorteile ergeben, die allerdings meist nur durch erhebliche Anpassungsanstrengungen zu realisieren waren. Weitere interessante Forschungsfelder sind Nanotechnologie und Mikrobiologie. Diese Technologien versprechen auch in der Zukunft weitere Innovationsschübe, ohne dass man diese Aussicht heute schon konkretisieren kann. Nur eines ist sicher: sie werden die Phantasie und Anpassungsbereitschaft des Mittelstands herausfordern.

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Die Globalisierung fordert weitere große Anpassungsanstrengungen wegen der Billigimporte aus Niedriglohnländern, was z.B. zu einer dramatischen Schrumpfung der heimischen Textilindustrie sowie der Erzeugung von Unterhaltungselektronik oder von Gebrauchsporzellan geführt hat, da in diesen Bereichen aus technischen Gründen der Anteil einfacher Handarbeit relativ hoch ist. Die Tendenz in den fortgeschrittenen Industrieländern geht eindeutig zu technisch anspruchsvollen Produkten, bei denen das Lohnkostendifferential durch technische Vorsprünge noch ausgeglichen werden kann. Aber auch auf diesem Gebiet sind dem „alten Europa“ die Schwellenländer auf den Fersen. Der schon seit Jahrzehnten währende Prozess der europäischen Integration hat die Produktionsbedingungen und die Absatzmöglichkeiten durch die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes wesentlich verbessert. Der Export der KMU in die EU, insbesondere in die Eurozone, ist wesentlich erleichtert worden. Die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen (z.B. Wegfall des großen Befähigungsnachweises für EU-Ausländer bei vergleichbarer Qualifikation im Herkunftsland) hat in manchen Branchen zu einer Intensivierung des Wettbewerbs geführt. Als Maxime gilt: in europäischen Zusammenhängen Denken und Handeln. Welche Faktoren werden die Zukunft des Mittelstands bestimmen? ◼◼

Breit gefächerte Bildungsanstrengungen, eine solide und umfassende Ausbildung, stärkere Förderung der naturwissenschaftlichen Lehre und Forschung an den Universitäten und Fachhochschulen sowie stärkere Impulse in der angewandten Forschung und schließlich lebenslanges Lernen.

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Die Herausforderung des Wandels annehmen, flexibel auf Gefahren und Chancen reagieren. Das Festhalten am „Bewährten“ ist oft gefährlich. Eine zukunftsorientierte Einstellung, Neugier auf das Neue ist erforderlich. Neue technische und wirtschaftliche Trends müssen rechtzeitig wahrgenommen und Konsequenzen für das eigene Unternehmen gezogen werden. Die soziale Kompetenz des mittelständischen Unternehmers muss gestärkt werden.

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Bereitschaft zum kalkulierten Risiko. Entscheidungen unter Risiko werden wichtiger. Neue Chancen sind rechtzeitig wahrzunehmen.



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Eine funktionierende Wettbewerbsordnung, die einer „Vermachtung der Wirtschaft“ erfolgreich entgegenwirkt, insbesondere eine wirksame Kontrolle marktbeherrschender Unternehmen durch die Kartellbehörden ist eine schwierige Daueraufgabe. Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen. Abbau von Marktzutrittsschranken.

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Eine Wirtschaftspolitik, die Innovationen fördert und den freien Welthandel sichert.

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Beratungseinrichtungen der Wirtschaft (Kammern, Verbände, RKW), die den KMU den Weg zur Selbsthilfe weisen.

Manchmal ist es auch nützlich an einen Wahlspruch der Samurai zu denken: „Nichts erwarten, auf alles gefasst sein.“

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Anton F. Börner Verlässliche Mittelstandspolitik für den deutschen Groß- und Außenhandel An den Finanzmärkten erleben wir derzeit die schwerste Krise seit dem zweiten Weltkrieg. Die Finanzmarktkrise, die mittlerweile bald zwei Jahre andauert, hat über die Auswirkungen auf die Realwirtschaft auch den deutschen Mittelstand getroffen und tiefe Spuren hinterlassen. Die Unternehmen mussten wegen des weltweiten Konjunkturabsturzes schmerzhafte Umsatzverluste und Ertragseinbrüche verkraften, um ihre Finanzierung ringen und zugleich Fachkräfte halten. Die Folge für Deutschland war der mit fünf Prozent stärkste Wachstumseinbruch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Im Sommer 2009 hat die deutsche Wirtschaft die Talsohle wieder durchschritten. Die Konjunktur in Deutschland erholt sich stabil und wächst nun bereits das vierte Quartal in Folge. Die Konjunktur fasst wieder Tritt. Dank der Stabilität des privaten Konsums und der klaren Aufwärtssignale aus dem Außenhandel, der Effekte der Konjunkturpakete und einem statistischen Nachholeffekt erwartet der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) e.V. ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von bis zu drei Prozent für das Jahr 2010. Doch gibt es weiterhin Unwägbarkeiten, die diesen Aufschwung überschatten. Wirtschaftspolitische Weichenstellungen für den Mittelstand Der deutsche Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Rund 4,5 Millionen Unternehmen des Mittelstands repräsentieren fast die Hälfte aller Bruttoinvestitionen und Bruttowertschöpfungen in Deutschland. Die wirtschaftspolitischen Herausforderungen aus der Finanz-, Wirtschafts- und Währungskrise haben daher unmittelbar Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft. Mit Blick auf diese Herausforderungen sind für den deutschen Groß- und Außenhandel fünf Themen neben der Erfordernis an grundsätzlichen Reformen für die Modernisierung Deutschlands besonders bedeutend:



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Geldwertstabilität erhalten Die Geldwertstabilität ist für den deutschen Mittelstand und insbesondere den deutschen Außenhandel von entscheidender Bedeutung. Durch die Finanzkrise in Griechenland machen wir uns hier jedoch große Sorgen. Eine Verwässerung der Euro-Stabilität würde nicht nur die Wirtschaft treffen, sondern jeden Bürger. Drastisch steigende Zinsen und währungsbedingt steigende Preise würden umgekehrt die Attraktivität des Wirtschafts- und Handelsstandorts Europa drastisch verschlechtern. Angesicht der kostspieligen Rettung Griechenlands spricht vieles für die Schaffung der Möglichkeit einer geordneten Insolvenz von Euro-Staaten. Es hat sich gezeigt, dass die heute bereits existenten Möglichkeiten wie zum Beispiel Bußgelder bei Verstößen von Euro-Ländern zu verhängen, nicht ausreichen. Es bedarf daher schärferer Sanktionen bei Verstößen gegen die Stabilitätskriterien. Nicht nur Griechenland, sondern auch die sog. PIIGS-Staaten haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Dies darf nicht auf dem Rücken der anderen Euro-Länder ausgetragen werden. Unternehmensfinanzierung sichern Als Vizeexportweltmeister hat Deutschland in der derzeitigen Finanzmarktkrise seine Wettbewerbsstärke unter Beweis gestellt. Die Unternehmen haben die Krise als Chance verstanden und genutzt, um Optimierungen im Unternehmen vorzunehmen. Wesentliches Fundament der Unternehmensfinanzierung ist für den deutschen Mittelstand die Kreditfinanzierung. Problematisch sind hierbei jedoch die steigenden Finanzierungsanforderungen an die Unternehmen. Zwar ist eine gesamtwirtschaftliche Kreditklemme bislang ausgeblieben, die Unternehmen stellen jedoch Veränderungen fest, die Finanzierungsengpässe weiterhin nicht gänzlich ausschließen lassen. Die Eigenkapitalquote der Unternehmen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das so aufgebaute Eigenkapitalpolster hat das Durchhalten in der Krise erleichtert. Durch die Krise ist es jedoch wieder abgeschmolzen. Gerade in einer Zeit, in der die

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Unternehmen auf Kapital angewiesen sind, müssen sie vielfach ungünstige, rezessionsgeprägte Jahresabschlüsse für 2009 vorlegen. Ein deshalb schlechteres Rating würde ihre Kreditfinanzierungsmöglichkeiten weiter einengen. Die Zinsen der Europäischen Zentralbank sind auf ein Prozent gesenkt worden. Es ist feststellbar, dass die Banken diese Leitzinssenkung an die Unternehmen – das heißt ihre Kunden – zum Teil weitergegeben haben. Die langfristigen Zinsen sind hierbei stärker gesunken als die kurzfristigen. Es fragt sich, wie dauerhaft diese Entwicklung bleiben wird. Die Unternehmen sind daher frühzeitig gefordert, sich eine günstige Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln heute schon zu sichern. Auch sind die Unternehmen gefordert, Anschlussfinanzierungen für die in ein bis zwei Jahren zur Ablösung stehenden Mezzanine-Finanzierungen zu finden. Um das Eigenkapital der Unternehmen zu stärken, unterstützt der BGA die Einrichtung sogenannter Mittelstandsfonds. Weiterhin setzen wir uns für eine Wiederbelebung der Verbriefung von Forderungen ein. Hierdurch versprechen wir uns eine Verbesserung der Kreditversorgung für den Mittelstand. Entscheidend ist hierbei, dass die Verbriefungsprodukte strengen Qualitätskriterien unterliegen. Außenhandel attraktiv flankieren Die Exportkreditversicherung schützt die Unternehmen vor dem Risiko des Forderungsausfalls bei Ausfuhrgeschäften und stärkt damit die deutschen Exporteure im internationalen Wettbewerb. In der Finanzkrise ist dabei den Exportkreditgarantien des Bundes eine entscheidende Bedeutung zugekommen. Durch die subsidiäre Funktion des Staates konnten hier auch in der Krise noch wesentliche Risiken gedeckt werden, für die es auf dem privaten Versicherungsmarkt keine Deckungen mehr gab. Allein im Jahr 2009 sicherte die Bundesregierung Exportgeschäfte mit einem Volumen von über 22 Milliarden Euro mit ihren Exportgarantien ab.



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Für den deutschen Exporthandel ist die Absicherung der Exportfinanzierung vielfach mit einer Exportkreditversicherung von existentieller Bedeutung. Die Möglichkeit der Deckung von Risiken im Auslandsgeschäft ist gerade in besonderem Maße ein Kernanliegen von kleinen und mittleren Unternehmen, um ihre Liquidität zu sichern. Vor diesem Hintergrund ist die Anpassung des Instrumentariums an die sich ändernden Anforderungen wichtig. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass gerade im Zusammenwirken der privaten und der staatlichen Exportkreditversicherung Verbesserungen notwendig sind. Dieses subsidiäre System muss dauerhaft dadurch gestärkt werden, damit die staatliche Exportkreditversicherung schneller dann einspringen kann, wenn sich bei der privaten Exportkreditversicherung gravierende Erschwernisse für die Unternehmen ergeben. Wir plädieren für eine Verlängerung der erweiterten Deckungsmöglichkeiten in den EUund Kern-OECD-Staaten um ein weiteres Jahr und eine dauerhafte Senkung des Selbstbehalts bei der kurzfristigen Lieferantenkreditdeckung auf fünf Prozent. Dies ist wichtig, um die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise so schnell wie möglich zu überwinden und langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben. Binnenwirtschaftliche Rahmenbedingungen stärken Ein zentraler Schlüssel zum Erfolg bei der Bewältigung der Herausforderungen, vor denen der deutsche Mittelstand steht, liegt in der Belebung des Außenhandels. Die Finanzund Wirtschaftskrise hat jedoch eindrücklich gezeigt, dass für Stetigkeit und Stabilität die Binnenwirtschaft ein entscheidender Dreh- und Angelpunkt ist, dem mehr politische Aufmerksamkeit beigemessen werden muss. Die Beschäftigungsentwicklung ist hierfür ein besonderer Indikator. In der Krise hat sich der deutsche Arbeitsmarkt als erstaunlich robust erwiesen. Dies ist insbesondere auf das vorausschauende Handeln im Mittelstand zurückzuführen, Fachkräfte für die wieder anspringende Konjunktur zu halten. Dazu beigetragen hat die Flexibilität des Instrumentariums von Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten und Zeitarbeit. Um in konjunkturellen Schwankungen die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig zu stärken und wettbewerbsfähig zu halten, muss die Binnenkonjunktur gestärkt werden. Hier-

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zu müssen insbesondere strukturelle Reformen im Steuerrecht, den sozialen Sicherungssystemen und der Bürokratie sowie die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes vorangebracht werden. Dies sind Schlüsselaufgaben des Gesetzgebers, um neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu fördern. Auch durch eine Stimulierung des deutschen Bausektors können vernachlässigte Potentiale für Wachstum und Beschäftigung geweckt werden. Hier können in Deutschland bis zu eine Million neue Arbeitsplätze entstehen. Wirksame Impulse würden eine beschleunigte Abschreibung und verbesserte Fördermöglichkeiten für energetische Modernisierungen und Sanierungen setzen können. So belegt die Anfang Juni 2010 vom Pestel-Institut vorgelegte Studie „Wohnungsbauinvestitionen und Staatliche Haushalte“, dass verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten beim Wohnungsbau die öffentlichen Einnahmen erhöhen. Diese Impulse würden somit nicht nur dem Mittelstand, sondern auch dem Staat zugute kommen. Finanzen konsolidieren, Steuern modernisieren Mit dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP wurden grundsätzlich richtige finanzund steuerpolitische Ziele gesetzt, die auch und gerade in der Finanz- und Wirtschaftskrise weiterhin richtig bleiben. Deutschland muss nicht seine Einnahmen weiter steigern, sondern seine Ausgaben in den Griff bekommen. Die Steuereinnahmen liegen selbst in der aktuellen Krise mit 50 Milliarden Euro weit über den Einnahmen im Durchschnitt der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts. Anstelle zu konsolidieren und zu sparen, wurden und werden immer neue Ausgaben beschlossen. Die Finanz und Wirtschaftskrise hat dieses Ungleichgewicht noch befördert. Deswegen ist es richtig, umzusteuern und wieder konsequent zu sparen, damit Handlungs- und Gestaltungsspielräume zurückgewonnen werden können. Unabhängig von den erforderlichen Stabilisierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen sind jedoch grundlegende steuerliche Strukturreformen erforderlich. So muss bei der Ein-



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kommenssteuer der Mittelstandsbauch beseitigt und nachhaltige Vorkehrungen gegen die kalte Progression getroffen werden. Auch müssen die Weichen dafür gestellt werden, durch eine Integration der Gewerbesteuer in das übrige Steuersystem unter Wegfall ertragsabhängiger Besteuerungselemente die Gemeindefinanzen zu stabilisieren. Eine wichtige Handlungsanforderung aus Sicht der mittelständischen Unternehmen ist eine Vereinfachung des Steuerrechts, die nicht als Einladung zu versteckten Steuererhöhungen missverstanden werden darf. Es geht um Steuerverfahrensvereinfachungen und -beschleunigungen. Dazu zählt beispielsweise eine zeitnahe Betriebsprüfung. Dazu zählen aber auch umsatzsteuerliche Vereinfachungen bei den zu hohen Anforderungen bei Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen sowie der elektronischen Rechnungslegung. Für verlässliche und klare Mittelstandspolitik Die Finanz-, Wirtschafts- und Währungskrise fordert Deutschland, fordert Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Unternehmen haben mit ihrem vorausschauenden Handeln vorbildlich gezeigt, dass sie die Krise erfolgreich meistern können. Sie haben flexibel auf die Herausforderungen reagiert und unter enormen Anstrengungen Beschäftigung gesichert. Die Politik hat dies mit Stabilisierungsmaßnahmen für Finanzmärkte und Realwirtschaft begleitet. Erste zaghafte Erfolge sind sichtbar. Es geht wieder aufwärts. Die Konjunktur nimmt Fahrt auf. Und die Beschäftigung bleibt weiter robust. Noch sind aber nicht alle Risiken, insbesondere an den Finanzmärkten, überwunden. Eine Kreditklemme gerade bei anziehender Konjunktur ist noch nicht abgewendet und die Währungskrise noch nicht überwunden. Es muss daher weiterhin umsichtig und nicht übereilt gehandelt werden. Vermieden werden müssen Maßnahmen, die wirtschaftlich nichts bringen, aber Märkte und Unternehmen verunsichern. Wenn dies gelingt, werden wir die Stabilität und das Vertrauen in die Märkte wiederherstellen können.

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Joachim Dirschka Deutschlands Zukunft ist der Mittelstand Der Mittelstand hat in Europa, nicht nur in Deutschland, eine tragende Rolle. Laut EUDefinition gehören zum Mittelstand 99 Prozent aller Unternehmen in Europa. In diesen Unternehmen arbeiten zirka 65 Millionen Menschen. Die gängige Definition des Mittelstandes meint die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die definierte Grenzen hinsichtlich Beschäftigtenzahl, Umsatzerlös oder Bilanzsumme nicht überschreiten. Für Deutschland reden wir hier über 99,7 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen, in denen zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt sind. Mehr als ein Drittel aller Umsätze werden in diesen Unternehmen erwirtschaftet und mehr als 80 Prozent aller Auszubildenden absolvieren hier ihre Lehrzeit. Aus Sicht des Handwerks ist diese Abgrenzung allerdings nicht unbedingt hilfreich, denn sie schließt den Einzelunternehmer ohne Angestellten ebenso ein wie den mittelständischen Maschinenbauer mit 200 Beschäftigten. Wer Äpfel nicht mit Birnen vergleichen will, sollte zudem auch eine Trennung von juristischen Personen und Einzel- und Personenunternehmen vornehmen. Im sächsischen Handwerk sind mehr als 300.000 Beschäftigte in fast 60.000 Unternehmen tätig. Mehr als drei Viertel dieser Betriebe sind inhabergeführt. Das ist eine deutlich höhere Quote als in anderen Bereichen der deutschen Unternehmenslandschaft. Von den drei Millionen Unternehmen in Deutschland werden zwei Millionen von den Eigentümern direkt geführt. Im europäischen Wirtschaftsraum insgesamt dominieren die Unternehmen in einer Rechtsform der juristischen Person. Hinsichtlich der Besteuerung, aber vor allem in Bezug auf die Haftung, gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kapitalgesellschaften einerseits und den Einzel- und Personenunternehmen andererseits. Diese Differenzen führen zu anderen Verhaltensweisen, die es lohnt, genauer zu betrachten. Mittelstand trotzt der Krise Nachdem die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor allem durch den Megatrend Globalisierung geprägt waren, findet in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts eine Rückbesinnung auf kleinere, effizientere Strukturen statt. Auch große Konzerne haben sich in den letzten Jahren stärker ihrem Kernmarkt zugewandt. Fusionen und Erschließung völlig neuer



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Geschäftsfelder werden nicht mehr als Selbstzweck gesehen. Die zu beobachtende Rückbesinnung der deutschen Banken auf ihre Kunden im Inland, Kleinanleger und Unternehmen, mag als Beispiel für diese These herhalten. Spätestens seit September 2008 dürfte die Stellung und Wertigkeit des Mittelstandes in Deutschland unbestritten sein. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten hatten das Potenzial, ganze Volkswirtschaften zu vernichten. Dass dies nicht geschehen ist, verdanken wir dem beherzten und schnellen Eingreifen der Staaten, die Hilfsprogramme gestartet haben und die Bankenlandschaft vor dem Totalzusammenbruch gerettet haben. Aber, und das muss an dieser Stelle betont werden: auch den zahlreichen mittelständischen Unternehmen, welche in der Krise ihr Personal nicht nach Hause geschickt haben. Das betraf nicht lediglich Personenunternehmen, auch kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften sind durch eine typisch deutsche Unternehmenskultur geprägt. Die Verbundenheit von Management und Mitarbeitern, das ist das große Plus des deutschen Mittelstandes gegenüber den Global Players. Persönliche Haftung des Unternehmers schafft Identifikation Im sächsischen Handwerk sind zirka 45.000 Menschen Einzelunternehmer. Sie haben sich bewusst entschlossen, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben und mit ihrem gesamten Privatvermögen für die wirtschaftlichen Folgen dieses Agierens gerade zu stehen. Dass sich diese Unternehmer mit dem eigenen Unternehmen anders identifizieren als angestellte Manager liegt auf der Hand. Der Maurermeister, der seine Gesellen und Lehrlinge mit Namen kennt, der sich im Gemeinderat engagiert, der Mitglied der freiwilligen Feuerwehr ist, der kündigt nicht mal eben so zehn Mitarbeitern, um den Gewinn zu steigern. Im Gegenteil: Dieser Maurermeister, der stellvertretend für viele sächsische Handwerker steht, kämpft jeden Tag um die Arbeitsplätze seiner Leute und unterstützt den örtlichen Kindergarten. Nun mag dieses fiktive Beispiel profan wirken. Allerdings steckt in dem einfachen Konstrukt doch das Entscheidende. Regionale Verbundenheit und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, aber auch im besonderen Maße gegenüber den eigenen Mitarbeitern, sind ganz entscheidende Merkmale, die den Mittelstand prägen und die wir unbedingt erhalten müssen. Ob wir das Kind dann christliche Soziallehre oder soziale Marktwirtschaft nennen, ist mir egal. Es ist daher wichtig, dass wir diesen Unternehmern keine Steine in den Weg legen und ihnen das „Unternehmen“ so einfach wie möglich machen. Wir benötigen in Deutschland genau diese Menschen, um unsere Zukunft zu meistern.

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Drei wesentliche Herausforderungen für mittelständische Unternehmen Wie kann es gelingen, diesen Unternehmern entsprechende Freiheitsgrade für deren wirtschaftliches Agieren zu gewähren und sie gegebenenfalls bei Schwierigkeiten zu unterstützen? Die Herausforderungen, auf die der deutsche Mittelstand reagieren muss, sind gewaltig und noch dazu vielfältig. Konzentrieren möchte ich mich im Folgenden auf drei Punkte: Nachwuchssicherung, Innovation sowie Energie und Umwelt. 1. Bessere Bildungspolitik für bedarfsgerechte Fachkräfteentwicklung Bei der Sicherung des Fachkräftenachwuchses haben wir bereits jetzt erhebliche Probleme im sächsischen Mittelstand. War es in den Nachwendejahren so, dass einem Teil der Schüler kein Ausbildungsplatz angeboten werden konnte, sind die Schulabsolventen zunehmend in der Lage, sich den Ausbildungsplatz unter vielen Angeboten wählen zu können. Im Jahr 1996 verließen mehr als 60.000 Absolventen die allgemeinbildenden Schulen in Sachsen, im letzten Jahr waren es noch 30.000. Auch die Prognosen der Absolventenzahlen der berufsbildenden Schulen in Sachsen bestätigen diesen Trend. Die Anzahl von mehr als 50.000 jungen Menschen, die 2009 eine der berufsbildenden Schulen im Freistaat verlassen haben, wird sich in zehn Jahren auf nur noch 35.000 Absolventen vermindern. Woher bekommen unsere Handwerksbetriebe also ihre künftigen Fachkräfte? Und woher sollen die Unternehmer kommen, welche die Handwerksbetriebe weiterführen? Nach Schätzungen des Sächsischen Handwerkstages benötigt in den nächsten zehn Jahren jeder fünfte Handwerksbetrieb einen potenziellen Nachfolger. Hier ist der Staat gefordert. Zwar wird die Bundesregierung nicht in der Lage sein, die Geburtenrate in Deutschland kurzfristig zu erhöhen, jedoch dürfte unbestritten sein, dass wir es uns nicht mehr leisten können, dass jeder zehnte Schulabgänger die Schule ohne Abschluss, also nicht ausbildungsreif verlässt. Die demografische Entwicklung stellt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaft in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen. Angefangen von der frühkindlichen Bildung als Grundstein für eine erfolgreiche Bildungskarriere über eine differenzierte Förderung der persönlichen Ressourcen jedes einzelnen Kindes, ist nicht zuletzt auch für den Bereich der leistungsschwächeren und sozial benachteiligten Jugendlichen ein bundeseinheitliches Herangehen für die Entwicklung ihrer Berufsfähigkeit und ihren erfolgreichen Übergang in den Arbeitsmarkt erforderlich. Wir als Handwerkskammern und die Verbände des Handwerks fordern nicht lediglich, sondern steuern den Prozess aktiv. Durch Berufsorientierungs-



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maßnahmen helfen wir den Schülern dabei, ihre Potenziale zu erkennen und sich der Karrierechancen in einem der mehr als 100 Handwerksberufe bewusst zu werden. 2. Innovation als Schlüssel für die Zukunft Bildung und Qualifizierung zu verbessern heißt auch, die Innovationskraft der Betriebe zu stärken. Wichtige Impulse setzen gerade die innovativen Kräfte des Mittelstands frei. Diese Kräfte müssen mobilisiert und gestärkt werden. Beispiele für innovative Handwerksbetriebe gibt es genug. Jedoch können wir die Augen auch nicht davor verschließen, dass in vielen Betrieben, vor allem mit wenigen Mitarbeitern, der Forschung & Entwicklung zu wenig Augenmerk geschenkt wird. Neuerungen werden in diesen Betrieben eher ungeplant generiert. Die Betriebsgröße im Handwerk schränkt die Möglichkeit einer gesondert ausgewiesenen Abteilung Forschung und Entwicklung ein. Innovationen im Handwerk – das heißt oftmals, dass aufgrund der starken Marktnähe des Betriebes marktreife Prozesse und Leistungen generiert werden. Entwicklung, dies bedeutet im Handwerk nicht Grundlagenforschung, sondern konkrete anwendungsbezogene und kundenorientierte Ideenfindungsprozesse. Wünschenswert und notwendig ist es jedoch, dass sich die Betriebe ganz gezielt mit dem Thema Innovation auseinandersetzen. Der Bund, aber auch das Land Sachsen, sollten hier mehr Anreize, auch in finanzieller Form, schaffen. Wir benötigen eine verlässliche Innovations- und Forschungsförderung. Dabei muss die Balance zwischen grundlagen- und anwendungsbezogener Forschungs- und Entwicklungsförderung hergestellt werden. In diesem Zusammenhang muss darauf geachtet werden, dass Forschungsinstitute und Hochschulen mehr als bisher mit Handwerksunternehmen kooperieren. Ein durchlässiges Bildungssystem, welches wir seit kurzem in Sachsen haben, ermöglicht es auch dem Handwerksmeister sich weiteres Wissen in akademischer Form anzueignen. Gerade die kurzen Bachelor-Studiengänge sind für praktisch tätige Handwerker interessant. Wenn diese jungen Menschen dann in unsere Betriebe zurückkehren, sind sie „geborene“ Innovatoren mit ihrem sowohl akademischen als auch handwerklich-praktischen Hintergrund. Direkte Förderung von Innovationen im Handwerk ist freilich genauso notwendig wie ein durchlässiges Bildungssystem. Ausdrücklich begrüßen wir das neue Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, den Innovationsgutschein. Damit werden Produkt- und technische Verfahrensinnovationen in kleinen Unternehmen mit technologischem Potenzial durch externe Beratungsleistungen unterstützt. Auch wir als Handwerkskammern sensibilisieren unsere Betriebe für die Thematik. Um entsprechende Anreize zu schaffen und die Innovationstä-

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tigkeit der Handwerksbetriebe zu unterstützen, gibt es vielfältige Aktivitäten. Ein solches Beispiel ist der Innovationspreis Handwerk, den die Handwerkskammern Halle (Saale) und zu Leipzig alle zwei Jahre vergeben. Wenn es uns gelingt, die Innovationsfähigkeit in den Betrieben zu erhöhen, dann wird das Handwerk seinen Beitrag auch in Zukunft leisten. 3. Energieeffizienz und Klimaschutz – Handwerk wird „grüner“ Nicht nur weil Deutschland seine Klimaziele erreichen will, müssen wir immer weiter daran arbeiten unsere Energieeffizienz zu erhöhen. Energie, gleich in welcher Form, wird in den nächsten Jahren deutlich teurer werden. China verbraucht bereits heute mehr Energie als die USA, ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. Wir werden also weltweit eine steigende Nachfrage nach Ressourcen haben, die kaum über erneuerbare Energien abgedeckt werden kann. Allerdings können die regenerativen Energien dabei helfen, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Außerdem kommt es darauf an, den Energieverbrauch zu verringern. Mögliche Ansatzpunkte sind hier die Gebäudesanierung oder die Umrüstung von Fahrzeugen und Heizungsanlagen. Der Mittelstand, und hier vor allem die Handwerksbetriebe, setzt die ökologische Modernisierung in die Praxis um und erschließt sich mit modernen Angeboten im Bereich ökologischer und energieeffizienter Produkte einen enormen Wachstumsmarkt. Auch beim Ausbau der erneuerbareren Energien spielt das Handwerk eine tragende Rolle. Es sind Handwerksunternehmen, die PhotovoltaikAnlagen auf den Dächern installieren und solarthermische Kollektoren zur Wärmegewinnung anschließen. Dabei helfen staatliche Förderprogramme wie das Marktanreizprogramm Erneuerbare Energien. Hier sollte die Bundesregierung vielleicht noch einmal nachdenken, ob die Absenkung der Mittel für dieses Programm sinnvoll ist. Laut einer Studie des Münchener ifo-Institutes generiert jeder Förder-Euro aus diesem Programm das Siebenfache an privaten Investitionen. Das Programm bringt laut Gutachten dem Staat über Steuern und Abgaben mehr ein als es kostet. Vor allem aber hilft es dabei, die Klimaschutzziele zu erreichen, die Nutzung klassischer Energieerzeuger zu verringern sowie im Handwerk qualifizierte Beschäftigung zu sichern.



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Fazit Der Mittelstand ist in Deutschland die tragende Säule für Ausbildung und Beschäftigung, aber auch für Innovation. Die im europäischen Vergleich einmalige Häufung von inhabergeführten Betrieben hat diesem Land in den letzten Jahrzehnten nicht geschadet und wird auch in Zukunft für ein enges Miteinander von Unternehmer und Angestellten führen. Dass unsere Betriebe des Mittelstandes oftmals nicht sehr groß sind, hat Vor- und Nachteile. Fehlende Möglichkeiten in der Forschung & Entwicklung müssen staatlicherseits ausgeglichen werden. Die kleine Mitarbeiterzahl ist andererseits ein Garant für die Fähigkeit der Betriebe, flexibel zu reagieren, wie die wirtschaftlichen Verwerfungen der letzten Jahre deutlich gemacht haben. Die größte Herausforderung für den Mittelstand ist der demografische Wandel verbunden mit dem fehlenden Potenzial, aus dem Fachkräfte geformt werden können. Hier müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, die unser Bildungssystem reformieren. Wenn es uns gelingt, diese Aufgaben zu meistern, ist mir nicht bange vor der Zukunft, Deutschlands Zukunft ist der Mittelstand.

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Dr. Alexander Tesche Mit Kreativität und Dynamik in eine erfolgreiche Zukunft Der deutsche Mittelstand hat sich seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland vor über 60 Jahren seinen festen Platz in der Wirtschaftslandschaft Deutschlands gesichert. Nahezu die Hälfte aller Umsätze in Deutschland werden von kleinen und mittleren Unternehmen – so die europäische Definition von Mittelstand – erwirtschaftet. Zwei Drittel aller Beschäftigten in Deutschland sind in diesen Unternehmen angestellt und über 80 % der Auszubildenden absolvieren ihre Lehre im Mittelstand. Aus dem politischen Leben in Deutschland ist der Mittelstand deshalb nicht wegzudenken. Immer wieder wird eine „mittelstandsfreundliche oder -fördernde Politik“ betont, unabhängig von der Couleur einer Bundesregierung. Kaum ein Gesetz wird verabschiedet, das nicht in seiner Begründung auf die Mittelstandskomponente hinweist. Aufgabe und Ziel einer jeden Bundesregierung war es bisher, den Mittelstandsgedanken nach Europa zu tragen, ihn in Europäische Gesetzesvorhaben einfließen zu lassen. In jüngster Zeit ziehen dunkle Wolken an dem sonst so strahlenden Mittelstandshorizont auf. Zum einen wurden große Unternehmen im Zuge der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 zu „systemrelevanten“ Unternehmen erklärt, die ohne Zweifel vom Staat zu erhalten seien, egal wie fragwürdig ihre Geschäftspolitik und damit ihr Erfolg in der Vergangenheit waren. Zum anderen wirft die wachsende Globalisierung die Frage auf, ob sich der Mittelstand in dieser neuen ökonomischen Weltordnung behaupten kann, ob er überhaupt noch einen Platz in ihr hat. Auch eine als Folge der Finanzkrise zumindest vorübergehend sehr restriktive Kreditpolitik der Banken bedroht die Zukunft des deutschen Mittelstands, der traditionell als Familienunternehmen geführt, nur über eine mittlere Eigenkapitalquote von 15% der Bilanzsumme verfügt. Großunternehmen sind im Schnitt doppelt so gut mit Eigenkapital ausgestattet und damit einer Krise gegenüber widerstandsfähiger.



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Wie kann und sollte der deutsche Mittelstand auf diese Bedrohung oder besser Herausforderung reagieren? Gibt es überhaupt eine Zukunft und wie sieht sie aus? Ist der Staat gefordert oder kann der Mittelstand aus eigener Kraft seine Position behaupten? Oder verlangt die Globalisierung nach anderen Wirtschaftsstrukturen? Diese Fragen sollen im Folgenden untersucht werden. Der Deutsche Mittelstand war über viele Jahrzehnte ein Lieblingskind der deutschen Banken. Eine Kreditvergabe an den Mittelstand galt als unproblematisch, da die starke Innovationskraft des Mittelstandes eine risikolose Rückzahlung der Kredite garantierte. Speziell ausgebildete und mit den Besonderheiten des Mittelstandes vertraute Firmenkundenbetreuer haben die Kreditgewährung begleitet. Geringe Eigenkapitalquoten waren kein Problem, auch weil der zuständige Bankmitarbeiter wusste, dass so manche Betriebsausgabe eigentlich keine war und das tatsächliche Unternehmensergebnis damit höher hätte ausgewiesen werden können, wenn nicht steuerliche Erwägungen dagegen gesprochen hätten. Für eine Bonitätsbeurteilung ist es wichtig, die jeweiligen persönlichen Verhältnisse sehr genau zu kennen. Als Folge der Finanzkrise vom September 2008 haben viele Kreditinstitute ihre Organisationen gestrafft und Stäbe abgebaut. Viele dezentral eingesetzte Firmenkundenbetreuer wurden ersatzlos gestrichen, die Bonitätsbeurteilung zentralen Einheiten übergeben. Eine damit einhergehende Standardisierung bei der Kreditentscheidung, die wesentlich auf Kennzahlen, u.a. der Eigenkapitalquote, beruht, hat viele mittelständische Unternehmen unerwartet hart getroffen. Das 15 Mrd. Euro Programm der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau speziell für den Mittelstand und die Berufung von Hans-Joachim Metternich zum Kreditmediator können dies nur teilweise ausgleichen. Viele mittelständische Betriebe müssen ihre innerbetrieblichen Abläufe modernisieren, um gestärkt in die Zukunft blicken zu können. Je früher der deutsche Mittelstand dieser Herausforderung gegenübertritt, desto erfolgreicher wird er sein. Zunächst muss das Bewusstsein vieler Eigentümer geschärft werden, dass Veränderungen notwendig sind. Naturgemäß fällt dies in Unternehmen schwer, deren Personal – vor allem im Bereich der Führungskräfte – sich nur langsam erneuert. Die Stärke des Mittelstands, die Konstanz des Personals kann hier zum Nachteil werden. Neben der kontinuierlichen Weiterbildung im Rahmen von Personalentwicklungsprogrammen gilt es, den Mittelstand für Universitätsabsolventen und

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international ausgebildete Fachkräfte attraktiver zu gestalten. Junge, mit den aktuellen Instrumenten wie Social Media Networks vertraute Absolventen erwarten von ihrem künftigen Arbeitgeber Modernität und Offenheit. Die technische Innovationsfähigkeit des deutschen Mittelstands ist groß. Hinsichtlich Produkteigenschaft, Erfindungsreichtum und Forschung ist der deutsche Mittelstand Weltspitze. Auch bei betriebs- und personalwirtschaftlichen Abläufen sollte die Weltspitze möglich sein. Aktive Teilnahme an der Globalisierung bedeutet auch, über qualifiziertes, international ausgerichtetes Personal zu verfügen. Mit der Abschaffung der traditionellen deutschen Studienabschlüsse hat es der Gesetzgeber dem Mittelstand nicht leichter gemacht, die richtigen Absolventen für die Zukunft zu finden. Bachelor oder Master, Fachhochschule oder Universität – welche Qualifikation die richtige ist, muss mühselig herausgefunden werden. Hier ergibt sich ein weites Betätigungsfeld für mittelständische Interessenverbände. Parallel dazu ist die Bereitschaft zu fördern, Personal einzustellen, das über eine breite internationale Erfahrung verfügt und mühelos mit fremden Kulturen kommunizieren kann. Aber nicht nur für Berufseinsteiger muss der Mittelstand attraktiv sein, um eine Zukunft zu haben. Für Quereinsteiger ist der Mittelstand interessant, wenn er ihnen die unternehmerischen Freiheiten bietet, die sie aus anderen Unternehmen gewohnt sind, vergrößert um die kurzen Entscheidungswege, die den Mittelstand gewöhnlich auszeichnen. Die Politik sollte die Übertragung von Unternehmen von einer Generation auf die nächste fördern, denn oft ist der Juniorchef in einer anderen Umwelt groß geworden und versteht die Führungskräfte und ihren Anspruch besser. Fiskalische Bedenken haben hier gegenüber der langfristigen Sicherung der Zukunft des Mittelstands, die mit Sicherheit in Summe zu höheren Steuereinnahmen führt, zurückzustehen. Mit ausreichend qualifiziertem Personal und effizienten innerbetrieblichen technischen und kaufmännischen Abläufen kann der deutsche Mittelstand auch in einer globalisierten Welt bestehen. Sein Gewicht im Wirtschaftsgefüge Deutschlands ist mehr als beachtlich. Ziel einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik sollte der gleichzeitige Erhalt großer, mittlerer und kleiner Betriebe sein. Bezogen auf den Mittelstand sind nicht nur die technischen Innovationskräfte zu fördern, sondern auch die innerbetrieblichen Strukturen zu modernisieren. Dazu bedarf es einer berechenbaren Steuer-, Rechts- und Bildungspolitik.



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Der Mittelstand verfügt über genügend Dynamik, um unter klaren Rahmenbedingungen seine Zukunft erfolgreich zu gestalten. Der deutsche Mittelstand ist kreativ genug, um in einem sich schnell ändernden Umfeld seinen Platz zu behaupten. Wenn sich der deutsche Mittelstand den Herausforderungen stellt, wird er auch in Zukunft der stärkste Wirtschaftszweig bleiben.

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Harald Schartau Kreativität - Grundlage für erfolgreiche Innovationen War die Krise schon gestern oder sind wir wieder mittendrin? In die Phase, als der freie Fall der Realwirtschaft beendet schien und sich die Anzeichen der wirtschaftlichen Erholung mehrten, platzte das nächste Desaster: Im Mai dieses Jahres erschütterten die Wetten auf die Pleite mehrerer europäischer Länder erneut die Märkte. Die Langfristfolgen für die Eurozone sind noch gar nicht absehbar. Die Lage bleibt fragil und störungsanfällig, auch für den deutschen Mittelstand. Dabei hatten kleine und mittlere Unternehmen die Wirtschaftskrise einer Studie mehrerer Institute zufolge besser überstanden als Großkonzerne. Das hängt vor allem mit der geringeren Abhängigkeit vom globalen Markt zusammen, aber natürlich auch mit klassischen Tugenden: solide Finanzierung, stabile innerbetriebliche Sozialbeziehungen, Mitarbeiterbindung, Nachhaltigkeit statt Zocker-Mentalität. Eine der Lehren der Krise ist: unkontrollierte Finanzmärkte gefährden stabile Volkswirtschaften. Eine von der Warenproduktion weitgehend entkoppelte Finanzwirtschaft hatte die Welt mit ihren toxischen Finanzprodukten an den Abgrund geführt. Deutschland ist auch deshalb mit einem blauen Auge davon gekommen, weil die Wertschöpfung nicht in virtuellen Räumen stattfindet, sondern überwiegend auf klassischer industrieller Basis. Die ist unverzichtbar für die deutsche Volkswirtschaft, für Innovationen, für die Sicherung des Wohlstands und für den Erhalt zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Dabei spielen gerade kleine und mittlere Unternehmen eine zentrale Rolle: Die rund 6.000 Unternehmen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus gehören überwiegend dem Mittelstand an. Sie schaffen Werte zum Anfassen und sie sind die Stütze des deutschen Arbeitsmarktes. Ein Großteil des deutschen Jobwunders hat seine Ursachen darin, dass große wie kleine Betriebe alle gesetzlichen und tariflichen Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung genutzt haben, um die Kernbelegschaften trotz Unterauslastung an Bord zu halten. Eingespielte Teams blieben zusammen; die Mitarbeiterstruktur im Betrieb blieb erhalten und das Know-how der Belegschaften im eigenen Hause. Rund 79 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind unter Einschluss der Kleinbetriebe bei einem mittelständischen Unternehmen beschäftigt; bei den Auszubildenden liegt ihr Anteil sogar jenseits der 80 Prozent.



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Die wirtschaftliche Kernstärke Deutschlands liegt im erfolgreichen Zusammenspiel aus produzierendem Gewerbe und produktionsnahen Dienstleistungen. Gemeinsam erbringen Industrie und industrienahe Dienstleistungen mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung in Deutschland. Deutscher Forscher- und Ingenieurgeist trägt maßgeblich dazu bei, dass komplexe industrielle Güter entwickelt und hergestellt werden, insbesondere Investitionsgüter und Produktionstechnologien. Produktionstechnologien sind Querschnitts- und Schlüsseltechnologien. Weder Windparks, Elektroautos oder Kartoffelchips werden ohne Verfügbarkeit entsprechender Produktionstechnologien weltweit produziert. Dank Kundennähe und Branchenfokussierung erkennen Mittelständler neue Anforderungen des Marktes früh und können kurzfristig spezialisierte Produkte und Lösungen bereitstellen. In der Produktionstechnik nimmt der Mittelstand eine Schlüsselrolle ein. Angesichts der überragenden Bedeutung der Produktionstechnologien gehören sie auch in den Fokus der deutschen Innovationspolitik. Deutschland nimmt als globaler Fabrikausrüster eine Spitzenstellung am Weltmarkt ein. Das ist aber kein Selbstläufer. Nur wenn es der deutschen Industrie gelingt, ihre Produktionstechnologien mit neuen Dienstleistungen und spezialisierten Systemlösungen zu verbinden, wird sie alte Märkte stabilisieren und neue erschließen. Um die Herstellung von Gütern gruppieren sich zunehmend zahllose produktionsnahe Dienstleistungen: Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung, Beratung, Design, Logistik, Marketing, Personaldienstleistungen, IT-Dienstleistungen, EnergiesparDienstleistungen, Sicherheitsdienste und vieles mehr lassen neue Arbeitsplätze entstehen. Ein wichtiger Innovationsmotor im Bereich der produzierenden Industrien ist die enge Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Diese Zusammenarbeit zu stärken, muss ein zentrales Ziel von Förderungsprogrammen für den Mittelstand sein. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die in der Regel kein eigenes Forschungspersonal haben, sind auf den wissenschaftlichen Input von außen angewiesen. Die steuerliche Förderung von F & E-Aktivitäten in den Unternehmen ist in anderen OECD-Ländern gang und gäbe. Warum nicht bei uns?

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Darüber hinaus kann die gezielte, zeitlich befristete Förderung und Unterstützung von privaten Investitionen in kleineren und mittelständischen Unternehmen Investitionsstaus lösen. Unternehmen, die in der Krise investieren, müssen durch staatliche Hilfen ermutigt werden. Das ist erfolgversprechender als mit Steuergeschenken auf Pump die Sparquoten zu erhöhen. Der „Deutschlandfonds“ wurde aufgelegt, um krisengebeutelte Unternehmen zu unterstützen. Der Fonds hat ein Volumen von 115 Milliarden Euro – davon 40 Milliarden Euro für Kredite. Ein viel zu großer Anteil der Kreditermächtigungen blieb ungenutzt. Das Instrumentarium des Fonds sollte erweitert und zu einem „Zukunftsfonds Deutschland“ ausgebaut werden. Wo liegen die Geschäftsfelder der Zukunft? Neue Märkte entstehen zum Beispiel im Gesundheitswesen, weil die Gesellschaft altert. Es bedarf neuer Produkte und Produktionsprozesse, um die Lebensqualität einer alternden Gesellschaft zu verbessern. Diese Entwicklung, die viele Länder weltweit betrifft, birgt großes wirtschaftliches Potenzial. Die Medizintechnik wird neue Impulse bekommen, die auch Exportchancen eröffnen. Rund 1.250 Unternehmen sind in der Wachstumsbranche Medizintechnik in Deutschland aktiv, meist Mittelständler und Familienunternehmen. Zusammen beschäftigen sie fast 100.000 Mitarbeiter. Das ist, verglichen mit der Automobilindustrie, nicht viel. Aber die Zahl der Jobs in der Medizintechnik ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen steigt (Gesundheit, Pflege, Kinder- und Familienbetreuung). Der weltweite Energiebedarf wächst, die Reserven an herkömmlichen Ressourcen gehen zur Neige, die Preise für fossile Rohstoffe steigen. Klima- und Bewusstseinswandel in der Bevölkerung zwingen zum Umsteuern: Internationale Rahmenabkommen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes bedingen höhere Investitionen in eine weitere Optimierung konventioneller Energieerzeugungstechnik bei parallelem Ausbau alternativer Energien. Der Wechsel von nicht erneuerbaren, fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien, setzt unterschiedlichste Herausforderungen auf die Tagesordnung. Zunächst ist ein technisches Paket gepackt: Erzeugung, Verteilung und Verbrauch bieten im konventionellen wie im erneuerbaren Bereich eine Vielzahl an Optimierungsansätzen. Die Geschwindigkeit der Umsetzung determiniert die Machbarkeit des Wechsels, die Zeitspanne und die Wettbewerbsfähigkeit.



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Zeitgleich ist die Politik als Rahmengeber und Kommunikator gefragt. Benötigt wird ein nationaler und internationaler Rahmen, der technische Machbarkeiten berücksichtigt ohne Wettbewerbsfragen außer Acht zu lassen. Die politische Kommunikation zu der Frage, was für die Gegenwart und die Zukunft eines Industriestandortes u. a. an Infrastruktur erforderlich ist, bedarf größerer Klarheit. Unterschiedliche Interessenlagen zu erkennen, Information frühzeitig bereitzustellen und Konflikten auch dann nicht auszuweichen, wenn sie unpopulär sind, ist die angemessene Begleitung eines langfristigen Umstellungsprozesses. Auf dem Gebiet des Umweltschutzes zeichnen sich fundamentale Veränderungen ab. Eine ressourcenschonende energieeffiziente, CO2-arme Produktion ist in den Fokus vieler Unternehmen und Staaten gerückt. Hier bestehen gute Chancen, Deutschland als weltweiten Kompetenzführer sowohl bei Produkten als auch Produktionsverfahren zu etablieren. Das Spektrum reicht von der Fertigung hocheffizienter Wärmepumpen bis zum Bau ganzer Kraftwerke und Windparks. 40 Prozent der Energie werden in Gebäuden verbraucht. Für modernisierte Wärmedämmung, Heizungs- und Lichtanlagen gibt es längst Lösungen, die keinen Verzicht bedeuten. Studien sagen voraus, dass der Umweltmarkt im Jahr 2020 weltweit 3.000 Milliarden Euro groß sein wird. Die Ökotechnik wird die Leitindustrie des 21. Jahrhunderts. Deutschland kann Pionier und Weltmarktführer in diesem Bereich werden. Deutschland gehört schon jetzt zu den Vorreitern auf dem Gebiet der Ressourceneffizienz. Die Nachfrage nach entsprechenden Produkten steigt weltweit. Jüngste Untersuchungen bescheinigen Unternehmen, die in ressourcenschonende Technologien investieren, sehr gute Wachstumsaussichten. Bis 2016 könnten in Deutschland rund 20 Prozent weniger Rohstoffe in der Produktion verbraucht werden. Allein in der Bundesrepublik würden die Materialkosten für kleine und mittlere Betriebe zwischen 6,4 und 13 Milliarden Euro pro Jahr sinken. Das Kostensenkungspotenzial für ganz Deutschland liegt bei 27 Milliarden Euro pro Jahr. Treiber und Träger von Effizienztechnologien sind oft kleine und mittlere Unternehmen. In vielen Bereichen, wie etwa Beschichtungen oder Biokunststoffe, besitzen deutsche Unternehmen und hier insbesondere KMU einen Vorsprung vor der weltweiten Konkurrenz. Wer in diesen Wachstumsmärkten führend unterwegs sein will, muss sich allerdings bei einer Frage klar positionieren: Auf keinem anderen Gebiet wird sich Deutschland so stark dem Wettbewerb stellen müssen wie in der Bildung. Diagnose nach wie vor: allen-

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falls Mittelmaß. Unsere Position im internationalen Wettbewerb halten wir nur, wenn wir um soviel besser und innovativer sind – wie wir teurer sind. Und dafür brauchen wir hoch qualifizierte Arbeitnehmer. Nur Dummheit gibt´s gratis. Keine persönliche Ressource ist unter wissensgesellschaftlichen Bedingungen so wertvoll wie ein hinreichender Zugriff auf Bildung. Die individuelle Verfügung über Bildung ist zudem eine notwendige Voraussetzung für die Ausbildung von wichtigen Kompetenzen zur Bewältigung von Unsicherheiten. ◼◼

Lebensbegleitende Weiterbildung oder selbstgesteuertes Lernen wird zur Überlebensfrage für Unternehmen und Beschäftigte. Qualifikationen erhalten und erweitern, das ist die vordringliche Hausaufgabe.

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Der Anteil der Hochschulabsolventen in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturund Ingenieurwissenschaften (MINT) ist im internationalen Vergleich zu niedrig. Dieses Handikap belastet die Innovationsdynamik in Deutschland. Wir müssen bereits im Kindergarten spielerisch die Begeisterung für Technik wecken. Es muss also deutlich mehr Geld in Bildung investiert werden, und zwar nicht nur von

der öffentlichen Hand, sondern vor allem von der Wirtschaft. Wer hier am falschen Ende spart, auch und gerade bei den älteren Beschäftigten, schadet sich selbst. Strukturell wird es zunehmend wichtig, eine höhere Durchlässigkeit im System zu erreichen. Bildungseinrichtungen müssen sich gegenüber der Wirtschaft stärker öffnen. Als Beispiel seien Studienmöglichkeiten für Meister an der Uni genannt. Wir alle wissen, dass künftig Produkt- und Organisationsinnovationen, aber auch Technologie- und Rationalisierungsschübe mit insgesamt älteren Belegschaften bewältigt werden müssen. Eine zwingende Konsequenz ist, dass Schluss sein muss mit jugendzentrierten Zuweisungen von Weiterbildungschancen. In diesem Zusammenhang wird auch das informelle Lernen am Arbeitsplatz zunehmend an Bedeutung für die betriebliche Wissensaneignung gewinnen. Die Trennung zwischen Arbeit und Lernen ist ohnehin anachronistisch. Die Arbeit selbst ist der Lernprozess. Wettbewerbsvorteile entstehen durch kontinuierliche Prozess- und Produktinnovationen. Sie stützen sich auf die Fähigkeiten und Kreativität aller Beschäftigten. Menschen handeln kreativ, wenn sie es können, wollen und dürfen. Wo Verantwortung und Freiraum für die Gestaltung der Arbeitsabläufe zugelassen wird, da wird sie auch wahrgenommen. Das



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entfaltet erst recht Dynamik, wenn sie auf Mitarbeiter trifft, die für verschiedene Arbeitsplätze im Team qualifiziert sind. Die Kreativität der Mitarbeiter ist Grundlage für neue Ideen und erfolgreiche Innovationen. Kreativität ist keine Frage des Zufalls. Sie lässt sich fördern, trainieren und sogar managen. Die richtig guten Ideen entstehen erst, wenn verschiedene Erfahrungs- und Wissenswelten aufeinandertreffen. Ten ideas a day keep the competitors away. Für die Innovations- und Lernfähigkeit von Unternehmen sind vor allem auch vertrauensvolle innerbetriebliche Sozialbeziehungen wichtig, weil Vertrauen das Engagement und die Kooperationsbereitschaft von Arbeitnehmern stärkt. Innovative Menschen brauchen Spielräume und müssen sich irren dürfen. Unternehmen, die ein wertschätzendes Klima pflegen, haben die besseren Chancen im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte. Kleine und mittlere Betriebe müssen ihr Profil als Arbeitgeber schärfer betonen – also herausstellen, was sie von Großunternehmen unterscheidet. Dazu gehören flache Hierarchien und das Angebot an Nachwuchskräfte, früh Verantwortung übernehmen zu können. Mittelständische Unternehmen sind oft die attraktiveren Arbeitgeber: Sie kümmern sich um familienfreundliche Arbeitsbedingungen, bieten mehr Aufstiegsmöglichkeiten und sichere Arbeitsplätze. Die Vorzüge des deutschen Geschäftsmodells wie die langfristige Ausrichtung des Geschäfts, die partnerschaftliche Beziehung zwischen Belegschaft und Arbeitgeber und funktionierende soziale Sicherungssysteme haben sich in der Krise bewährt. Kurzarbeit, Qualifizierung während der Kurzarbeit, beschäftigungssichernde Tarifabschlüsse, Bündnisse für Arbeit in den Betrieben haben erheblich dazu beigetragen, schnell wieder Durchstarten zu können. Dem deutschen Mittelstand ist es immer gelungen, sich neu zu erfinden, sei es in traditionellen Geschäftsfeldern oder auf neuen Märkten. Jetzt kommt es darauf an, sich stärker zu internationalisieren und mehr in die Qualifizierung der Belegschaften zu investieren.

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Bruno W. Köbele Herausforderungen des Mittelstands Der Deutsche Mittelstand steht sowohl vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten seiner Produkte und Dienstleistungen als auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland vor massiven Herausforderungen: Nur wenn es gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit auch in der Zukunft sicherzustellen, kann der Mittelstand seiner tragenden Rolle in der deutschen Volkswirtschaft auch weiterhin gerecht werden. Da viele Großunternehmen in den vergangenen Jahren ihre Wertschöpfungskette auf Dienstleister und Lieferanten im Mittelstand übertragen und damit ausgelagert haben, ist die deutsche Großindustrie in verstärktem Maß auf die Leistungsfähigkeit des Mittelstandes angewiesen. Hierbei kommt es darauf an, die hohe Güte der Leistungserstellung in der Wertschöpfungskette durch hervorragend ausgebildetes Personal weiterhin zu gewährleisten. Nicht zuletzt deswegen stellt der deutsche Mittelstand so das Tor für junge Menschen an der Schwelle zum Einstieg in ein Beschäftigungsverhältnis auf hohem Niveau dar. Allerdings zeichnet sich durch den demografischen Wandel bedingt eine Trendwende hinsichtlich der Rekrutierung von Bewerberinnen und Bewerbern ab. Diese Trendwende kann sich in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen, wenn nicht rechtzeitig Formen der Akquisition von Nachwuchskräften beziehungsweise der beruflichen Weiterbildung von Beschäftigten in die Personalpolitik mittelständischer Unternehmen implementiert werden, die dieser Herausforderung gerecht werden. Der weiterhin hohen Anzahl von so genannten unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern, der Qualifizierung von angelernten Beschäftigten im Arbeitsprozess, neuen Arbeitsformen im Kontext der Lebenssituation von Beruf und Familie sowie der Erschließung zusätzlicher Beschäftigungspotenziale gerade bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Hierbei ergeben sich verstärkt sinnvolle Ansätze für strategische Partnerschaften mit anderen Unternehmen im Verbund sowie mit ausgewiesen professionalisierten Partnern im Aus- und Weiterbildungsbereich im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems, das der jeweiligen Wertschöpfungskette gerecht wird.



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Dadurch lassen sich verstärkt Synergieeffekte zwischen den Marktpartnern auf der Angebots- und Nachfrageseite des Aus- und Weiterbildungs- sowie des Arbeitsmarktes sinnvoll nutzen. Die jeweiligen Kompetenzen hinsichtlich der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in und außerhalb des „Lernortes“ Betrieb können adäquat miteinander vernetzt werden, um den zukünftigen Beschäftigungsbedarfen in den mittelständischen Unternehmen gerecht zu werden. Überbetrieblich organisierte Ausbildungssequenzen und betriebliche Lerntransfereinsätze schaffen hierbei zusätzliche Aus- und Weiterbildungsressourcen im Sinne der Erschließung von weiteren Beschäftigungspotenzialen. Der deutsche Mittelstand bildet das Rückgrat für das duale Ausbildungssystem. Hier sind Chancen und Risiken vorhanden: Einerseits gibt es, auch demografisch bedingt, zukünftig immer bessere Chancen für den Einstieg junger Menschen in das Beschäftigungssystem. Andererseits bestehen allerdings Risiken für den deutschen Mittelstand wegen zunehmend fehlender Bewerberinnen und Bewerber vor dem Hintergrund abnehmender Schulabgängerzahlen auf entsprechendem Leistungsniveau. Denn die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft hängt in hohem Maße von gut ausgebildeten Fachkräften ab. Nur hervorragend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die gegenwärtigen deutschen Spitzenpositionen bei Technologie, Innovation und Produktivität sichern, auch dies ist im Hinblick auf die zu erwartende demografische Entwicklung in Deutschland zu sehen. Damit wird die Sicherung des Fachkräftebedarfs neben der Entwicklung von Innovationen zu der entscheidenden unternehmerischen Herausforderung. Schon in den vergangenen Jahren wurde es in weiten Teilen Deutschlands für Unternehmen zunehmend schwieriger, geeignetes Personal zu rekrutieren und mit jedem zukünftigen wirtschaftlichen Aufschwung werden sich die Rekrutierungsmöglichkeiten der Unternehmen drastisch verschlechtern. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird aufgrund der demografischen Entwicklung deutlich abnehmen, das bedingt einen Rückgang des Fachkräftenachwuchses bei gleichzeitiger Zunahme einer alternden Belegschaft in den Betrieben: In den nächsten Jahren wird die Gruppe der Erwerbsfähigen zwischen 20 und 64 Jahren um 9,5 % schrumpfen, die Gruppe der unter 20jährigen dagegen um 16,4 % (so der parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium Rachel auf einer Veranstaltung des Zentralverbands des deutschen Handwerks im April 2010 in Berlin).

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Die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot wird sich somit weiter vergrößern und insbesondere mittelständische Unternehmen werden gegenüber Großunternehmen Schwierigkeiten haben, entsprechendes Personal zu rekrutieren. Großunternehmen haben in materieller und reputativer Hinsicht immer noch deutliche Wettbewerbsvorteile in der Gewinnung geeigneten Personals, weswegen bei diesen Unternehmen die Trendwende auf dem Ausbildungsstellen- sowie Arbeitsmarkt wesentlich später zu spüren sein wird als bei mittelständischen Unternehmen. Deshalb muss der deutsche Mittelstand dringend zusätzliche Instrumente und Methoden zur gezielten Nachwuchsgewinnung beziehungsweise -förderung in seine unternehmerischen Personalpolitiken integrieren, um gegenüber Großunternehmen bei einem enger werdenden Arbeitsmarkt auf der Angebotsseite wettbewerbsfähig zu bleiben. Bis zum Jahr 2030 wird sich, auf Grund der fortschreitenden Globalisierung und des damit verbundenen strukturellen Wandels, die Nachfrage nach Arbeitskräften in Deutschland zum Teil dramatisch verändern. Für wissensintensive Tätigkeiten werden händeringend gut qualifizierte Mitarbeiter gesucht, die Nachfrage nach einigen Qualifikationen erhöht sich um bis zu 40 %. Generell besteht langfristig der größte Mangel im Bereich der Hochqualifizierten, aber neben Akademikern und Fachkräften besteht auch ein Bedarf an Erwerbstätigen ohne formal abgeschlossene Berufsausbildung. Bis zum Jahr 2030 verschärft sich das Problem und betrifft dann mehr als die Hälfte aller Fachrichtungen, auch Nichtakademiker. Trotz der zurzeit rückläufigen Arbeitskräftenachfrage im verarbeitenden Gewerbe werden 2030 auch hier 500.000 Erwerbstätige fehlen. Die größten Probleme entstehen bis 2030 im Maschinenbau, im Fahrzeugbau, in der Elektrotechnik sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung. Insgesamt baut sich laut Untersuchungen der Prognos AG in Basel (Prognos-Trendletter 1/2009) bis 2030 eine Arbeitskräftelücke von 5,5 Mio. Personen auf. Tritt der Personal- und Fachkräftemangel im berechneten Ausmaß ein, wird dadurch das Wirtschaftswachstum erheblich gebremst. Bei einer aggregierten Durchschnittsbetrachtung halbiert sich, laut Prognos AG, die Wachstumsrate des BIP in Deutschland bis 2030, was mit einem Wohlstandsverlust für die gesamte Bevölkerung verbunden wäre.



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Wie kann nun der Mittelstand rechtzeitig diesem drohenden Personal- und Fachkräftemangel gegensteuern? Da viele Unternehmen in Deutschland bei der Steigerung ihrer Innovationsfähigkeit und Arbeitsproduktivität bisher vor allem auf die Rekrutierung junger Fachkräfte setzten, die künftig nicht mehr in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen werden, bedeutet dies eine zunehmende Alterung der Belegschaft. Ein wesentlicher Faktor für die Zukunftssicherung des Mittelstandes wird deshalb die kontinuierliche und konsequente Qualifizierung der gegenwärtig Beschäftigten sein mit dem Ziel, vorhandene Qualifikationen dieser Beschäftigten zu erhalten, zu stärken und zu erhöhen. Die aktuelle Diskussion um Qualifizierung in der Kurzarbeit und die Erfahrung von Bildungsträgern wie dem Internationalen Bund zeigen allerdings, dass die Hürden für die Teilnahme an solchen (geförderten) Weiterbildungsangeboten insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen immer noch zu hoch sind. Weit verbreitet sind Hemmnisse und Vorbehalte, Zeit und/oder Geld in die eigene Weiterbildung bzw. die Entwicklung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu investieren. Schwierigkeiten der Vereinbarkeit mit der Auftragslage, den Alltagsaufgaben des Berufes, personelle Engpässe, Zweifel am Nutzen und der Verwertbarkeit von Inhalten oder auch Ängste, Weiterbildung aufgrund von Defiziten verordnet zu bekommen, sind Beispiele für vielfältige Begründungen sowohl von Betrieben als auch von einzelnen Beschäftigten, nicht an Weiterbildung zu partizipieren. Hinzu kommen vielfach bei Unternehmen und Beschäftigten divergierende Anforderungen und Interessen an Weiterbildung. Es bedarf deshalb neben einer besseren Verzahnung von Weiterbildungs- und Arbeitsphasen insbesondere der Etablierung einer grundlegenden Weiterbildungskultur in kleineren und mittleren Unternehmen, bei der die Weiterbildung als integraler Bestandteil des (Arbeits-)Lebens begriffen wird und Beschäftigte ermutigt und unterstützt werden, ihre Kompetenzen aktiv (weiter) zu entwickeln. Damit wächst die Bedeutung flexibler und passgenauer Weiterbildungsmöglichkeiten. Notwendig ist hierbei, dass auf Basis der individuell bereits vorhandenen Kompetenzen der Beschäftigten die Weiterbildungsplanung zielgerichtet und an Lernergebnissen orientiert erfolgt.

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Für die Umsetzung von niedrigschwelligen, arbeitsplatznahen und lernerorientierten Weiterbildungsmöglichkeiten bietet sich für KMUs das Eingehen von langfristig angelegten strategischen Partnerschaften mit Bildungsträgern aus der jeweiligen Region an. Diese können gemeinsam mit den Unternehmen bedarfsorientierte Angebote für deren Beschäftigte entwickeln. Darüber hinaus können Bildungsträger sowohl die Unternehmen als auch die Beschäftigten individuell bei der Nutzung der öffentlichen Förderung von Programmen wie WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) oder Bildungsschecks beraten und unterstützen. Um eine stärkere Ausschöpfung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials zu erreichen, ist das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ von zentraler Bedeutung. Wenn mittelständische Unternehmen attraktive Arbeitsbedingungen für Beschäftigte mit Familienpflichten bieten, erhöhen sie ihre Chancen im Wettbewerb um Fachkräfte. Deshalb setzen immer mehr Unternehmen in Deutschland konjunkturunabhängig auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Fast 80 Prozent schätzen mittlerweile Familienfreundlichkeit als wichtig ein. Das sind deutlich mehr als noch 2006 (72 Prozent) oder gar 2003 (46 Prozent). Dabei spielt neben der Unterstützung junger Eltern die Organisation der Pflege von Familienangehörigen zunehmend eine Rolle. Eine zunehmende Anzahl insbesondere von Großbetrieben baut eigene Serviceabteilungen auf, die den Beschäftigten eine Vielzahl von Unterstützungsleistungen bieten. Dies reicht vom Betriebskindergarten bis hin zur Vermittlung von Pflegediensten für pflegebedürftige Familienmitglieder. So gewinnen sie qualifiziertes Personal und binden es gleichzeitig an das Unternehmen. Dies übersteigt in der Regel die Möglichkeiten von KMUs. Hier bietet sich die Zusammenarbeit mit freien Trägern der Jugend- und Sozialarbeit an, die z.B. für mehrere KMUs in einer Art Umternehmensverbund gemeinsam an einem Standort einen Betriebskindergarten mit flexiblen Öffnungszeiten betreiben. Auch die Beratung von und konkrete Unterstützungsangebote für Beschäftigte, die gesundheitliche Probleme haben oder (unerwartet) für pflegebedürftige Familienmitglieder Betreuung und Pflege organisieren müssen, lassen sich in Zusammenarbeit mit freien Trägern der Jugend- und Sozialarbeit flexibel umsetzen.



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„Familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind eine zentrale Voraussetzung für eine zukunftsfähige, innovative Wirtschaft“, sagte die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Kristina Schröder anlässlich der Vorstellung des „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2010 des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln“ am 21. April 2010 in Berlin. „Zeit für Verantwortung in der Familie und Zeit für qualifizierte Arbeit dürfen sich in unserer Gesellschaft nicht ausschließen. Der Unternehmensmonitor zeigt ganz klar: Die Arbeitgeber haben erkannt, wie wichtig eine familienbewusste Personalpolitik für den langfristigen Erfolg des eigenen Unternehmens ist. Deswegen unterstützen sie ihre Beschäftigten auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so Bundesministerin Schröder. Denn die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenpflege wird in den kommenden Jahren zu einer zentralen Herausforderung für alle Unternehmen. Bedingt durch die demografische Entwicklung wird in den kommenden 15 Jahren eine massive Zunahme der Zahl pflegebedürftiger Menschen von derzeit 2,1 auf 2,9 Mio. erfolgen. Gegenwärtig werden über zwei Drittel der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege betreut. Zwei Drittel der Pflegepersonen sind heute im erwerbsfähigen Alter, ein Viertel der Hauptpflegepersonen gleichzeitig berufstätig. Die steigende Zahl Pflegebedürftiger, die steigende Frauenerwerbsquote und auch die steigende Beteiligung von Männern an Pflegeaufgaben machen es deshalb notwendig, praktikable betriebliche Ansätze, Unterstützungsstrukturen und Rahmenbedingungen zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege zu schaffen. Insgesamt gilt es festzuhalten, dass Lösungen für eine familienorientierte Arbeitszeitgestaltung notwendigerweise in einem Kernbereich des Unternehmens ansetzen müssen: bei der Arbeitsorganisation und der Gestaltung von Arbeitsabläufen. Dies erfordert sicherlich eine deutlich intensivere Arbeitsplanung, aber auch eine hohe Flexibilität auf Mitarbeiterseite, zum Beispiel bei dringendem Abstimmungsbedarf auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein. Die Entwicklung von Lösungen zur qualifizierten Teilzeitarbeit erfordert ein individuelles, kontinuierliches und systematisches Überdenken und Anpassen der Arbeitsprozesse. Patentrezepte oder der „große Wurf“ sind hier nicht zu erwarten. Für langfristig tragfähige Arrangements zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind sie aber essenziell.

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Nur wenn es gelingt, besser als bisher berufliche Nachteile durch die eingeschränkte zeitliche Verfügbarkeit zu vermeiden, kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur für Mütter, sondern auch für Väter und pflegende Angehörige verwirklicht werden. Neben der Qualifizierung und Bindung der bereits Beschäftigten an ihr Unternehmen durch gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen sowie durch intelligente Arbeitsformen gewinnt die Ausbildung des eigenen Nachwuchses zukünftig eine noch größere Bedeutung. Denn Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft und kein lästiger Personalaufwand. Daher müssen mittelständische Unternehmen im eigenen Interesse in Ausbildungsaktivitäten investieren. Umso mehr, da nach dem Ausbildungsplatzmangel der vergangenen Jahre nun die umgekehrte Situation des Bewerbermangels folgt: Die demografische Entwicklung führte bereits ab 2008 zu einem Rückgang der Schulabgängerzahlen und wird sich bis 2020 noch erheblich verschärfen. Das bedeutet, dass der Wettbewerb um qualifizierten Fachkräftenachwuchs härter wird. Maßnahmen zur effizienten Personalrekrutierung und erfolgreichen Fachkräftesicherung sind daher oberstes Gebot. So lassen sich bereits im Vorfeld der eigentlichen Ausbildung durch Praktika und staatlich geförderte betriebliche Einstiegsqualifizierungen, die auf die Ausbildungszeit angerechnet werden können, erste Weichen für die spätere Nachwuchssicherung stellen. Arbeitgeber und potenzielle Auszubildende erhalten so Gelegenheit, sich unverbindlich im Arbeitsalltag kennenzulernen. Interesse an einer betrieblichen Ausbildung lässt sich aber auch schon viel früher wecken. Ein guter Einstieg sind beispielsweise Bildungspartnerschaften mit Kinderbetreuungseinrichtungen und Grundschulen vor Ort beziehungsweise in der jeweiligen Region. Auf „spielerischem“ Niveau können so Vorschul- und Grundschulkinder vertraut gemacht werden mit betrieblichen Abläufen und den damit verbundenen inhaltlichen Anforderungen. Die natürliche Faszination von Kindern für alles „Technische“ kann genutzt werden, um gerade für die MINT-Berufe zu werben. Diese frühen positiven Erfahrungen sollten dann spätestens ab Klasse 7 vertieft werden durch die Zusammenarbeit der Betriebe mit weiterführenden Schulen in Form von längerfristig angelegten berufsorientierenden Maßnahmen. Die obligatorischen Schülerpraktika reichen dazu sicherlich nicht aus. Bewährt haben sich hier Modelle, bei denen Jugendliche unter Einbeziehung von Bildungsträgern ganzheitlich auf den Übergang von der Schule in den Beruf vorbereitet werden. Dazu gehören neben der fächerübergreifenden Berufsorientierung in der Schule kontinuierliche Praxistage, die in der siebten Klasse mit Schnupperpraktika und Betriebserkundungen starten. In den Klassen 8



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- 10 absolvieren die Schüler dann einen Arbeitstag pro Woche im Betrieb. Eine zusätzliche intensive Beratung, wie sie z.B. Berufseinstiegsbegleiter anbieten, gibt den Jugendlichen Sicherheit bei der Berufswahl und hilft, spätere Ausbildungsabbrüche zu verhindern. Mit einem solchen langfristig angelegten, abgestimmten Vorgehen würden sich auch die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf eine Ausbildung zum Facharbeiter signifikant erhöhen lassen. Der Berufsbildungsbericht 2010 weist aus, dass diese jungen Menschen wesentlich seltener an einer Ausbildung beteiligt sind als gleichaltrige Deutsche. So liegt der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund an einer Berufsausbildung bei 32,2 Prozent. Bei den deutschen Jugendlichen sind es 68,2 Prozent. Nur halb so viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sind damit an einer Ausbildung beteiligt wie gleichaltrige Deutsche. Gerade KMUs werden es sich mittel- und langfristig nicht leisten können, dieses bisher nur unzureichend genutzte Arbeitskräftereservoir zu ignorieren, wenn sie verhindern wollen, Opfer der eingangs erwähnten Arbeitskräftelücke von 5,5 Mio. Personen bis 2030 zu werden. Eine Voraussetzung für eine koordinierte Heranführung von jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund an das spätere Berufsleben ist sicherlich der Wissenstransfer von den Betriebspraktikern zu dem jeweiligen Bildungspersonal und umgekehrt. Dies könnte beispielsweise mittels wechselseitiger Praktika oder Hospitationen in den Betrieben bzw. Bildungseinrichtungen immer mit Blick auf die zukünftigen Anforderungen des Arbeitslebens gelingen. Dass Ausbildung eine lohnende Investition in die betriebliche Zukunft ist, belegt eindrucksvoll die 2009 veröffentlichte Kosten-Nutzen-Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB-Report 8/09) : Vom Nutzen des Imagegewinns und der Erhöhung der Attraktivität des Betriebes ganz abgesehen, können beispielsweise bei einer Ausbildungsdauer von drei Jahren rund 13.000 Euro Erträge erzielt werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Auszubildende im Betrieb zu jungen Fachkräften heranwachsen, die meist eine hohe Identifikation mit dem Ausbildungsbetrieb aufweisen. Vor dem Hintergrund der schnelllebigen Berufswelt mit ihren hohen Fluktuationsraten spielt deshalb die Loyalität der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg eine zunehmend wichtige Rolle.

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Darüber hinaus haben Ausbildungsabsolventen kaum Schwierigkeiten beim Übergang in den Beruf. Da sie die Anforderungen ihres Berufes und ihres Ausbildungsbetriebes kennen, sind sie sofort und flexibel einsetzbar. Die Arbeitgeber wiederum kennen das Profil ihrer jungen Mitarbeiter und können deren Einsatz im Unternehmen längerfristig planen. Insgesamt gilt festzuhalten, dass die Ausbildung der eigenen Mitarbeiter dazu beiträgt, die qualitativ hochwertige Leistung des Unternehmens zu sichern und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Ordnungspolitisch kann es darüber hinaus durchaus sinnvoll sein, diejenigen Unternehmen zu begünstigen, die über Bedarf ausbilden, weil sie über die dazu notwendigen Voraussetzungen verfügen beziehungsweise besonderen Zielgruppen des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes eine Möglichkeit geben, in betriebliche Arbeitsprozesse integriert zu werden. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von betrieblich organisiertem Aus- und Weiterbildungsaufwand könnte ein Instrument der Fiskalpolitik sein, mit dem die notwendige Bereitschaft der Unternehmen hinsichtlich der Rekrutierung und der Qualifizierung der eigenen Nachwuchskräfte sowie des benötigten Fachkräftebedarfs besonders bei mittelständischen Unternehmen steuerlich gefördert würde. Aus- und Weiterbildungsaufwand in die eigene Belegschaft oder in diejenige im Rahmen eines Firmenverbundes muss sich (noch stärker) steuerlich begünstigend auf die betriebliche Veranlagung bei der Unternehmensbesteuerung auswirken. Schließlich ist aktive Personalpolitik im Mittelstand und deren strukturelle Umsetzung nicht nur reiner Betriebsaufwand, sondern eine, wenn nicht DIE gesellschaftspolitisch bedeutsame Investition in die Zukunft der gesamten Volkswirtschaft.



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Roland Issen Innovationskooperationen für den deutschen Mittelstand Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 hat auch im Mittelstand Spuren hinterlassen. Schrumpfende Massenkaufkraft, die zunehmende Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und ein allgemeiner Pessimismus in der Öffentlichkeit hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung haben sich auch in den Auftragsbüchern mittelständischer Unternehmen negativ ausgewirkt. Hinzu kam die Sorge über eine größer werdende Staatsverschuldung. Mittelständische Unternehmen wurden darüber hinaus auch zunehmend Opfer einer restriktiven Kreditvergabe durch die Banken. Inzwischen hat sich zwar die wirtschaftliche Lage in Deutschland wieder entspannt, wenngleich die Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/2009 noch nicht gänzlich überwunden sein dürfte. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Konjunkturerholungsprozess nach dem Auslaufen der staatlichen Konjunkturförderungsmaßnahmen als hinreichend stabil erweisen wird. Trotz dieser Ungewissheit kann aber festgestellt werden, dass sich der Mittelstand in Deutschland auch in den Krisenjahren 2008/2009 einmal mehr als wichtiger Stabilisator der Wirtschaft bewährt hat. Das gilt sowohl für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch für den unverzichtbaren Beitrag im Bereich der beruflichen Erstausbildung. Wenn in den vergangenen Wochen von namhaften Unternehmen über den Mangel an Fachkräften gejammert wurde, ist dies auf eine nicht ausreichende Ausbildungsbereitschaft großer Teile der nicht mittelständischen Wirtschaft zurückzuführen. Es sind insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, die für die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit unserer Marktwirtschaft stehen. Von der freiberuflichen Arztpraxis oder Anwaltskanzlei über Dienstleistungs- und Handelsunternehmen, Handwerksbetriebe bis hin zum Maschinenbauer und Hightech-Schmieden: Sie beteiligen sich am Wettbewerb um die besten Ideen, Angebote und Leistungen.

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Zu den Stärken von kleinen und mittleren Unternehmen zählen die schnelle Umsetzung von Ideen in marktfähige Produkte, ihr hoher Spezialisierungsgrad und die Fähigkeit, sogar kleinste Marktnischen zu besetzen. Sie sind der „Motor“, der unsere Wirtschaft antreibt und für Wachstum und Fortschritt und damit für Wohlstand und Sicherheit sorgt. Ob in Innenstädten oder Gewerbebetrieben: Die allermeisten kleinen und mittleren Unternehmen wirtschaften eher regional orientiert, nicht selten weit abseits der Ballungszentren. Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen haben in den vergangenen Jahren auch den Blick über den lokalen oder regionalen Tellerrand gewagt. Die Zahl derer, die exportieren, ist – von 1996 bis 2006 – um etwa 21 Prozent gestiegen. Rund 345.000 mittelstädtische Unternehmen sind auf Auslandsmärkten unterwegs. Das heißt: Etwa jeder zehnte Mittelständler verdient sein Geld auch durch den Export. Tendenz: steigend. Und bezogen auf den Gesamtumsatz der kleinen und mittleren Unternehmen wird jeder zehnte Umsatz-Euro bereits im Ausland verdient. Viele Mittelständler, vor allem im industriellen Mittelstand, können sogar Exportquoten von über 50 Prozent vorweisen (BDIMittelstandpennel). Das gilt vor allem für die kleinen und mittleren „Unternehmen-Stars“, der „Hidden-Champions“, die in ihren Branchen nicht selten sogar Weltmarktführer sind. In den Jahren 2006 und 2007 wurden in Deutschland allein rund eine Million neuer Stellen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte geschaffen. Etwa 732.000 Arbeitsplätze (72 Prozent) gehen davon auf das Konto der kleinen und mittleren Unternehmen. Der Mittelstand hat sich damit erneut als Jobmotor erwiesen, auch für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die angesichts der demografischen Entwicklung und Verknappung von Fachkräften hier zunehmend eine Anstellung fanden. Kleine und mittlere Unternehmen stellen aber nicht nur die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein: In der Vergangenheit zeigte sich auch, dass sie an diesen – beharrlicher als Großunternehmen – auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten solange wie möglich festhalten: Der Mittelstand ist also auch ein Konjunkturpuffer für den Arbeitsmarkt. Über den eigenen unternehmerischen Erfolg hinaus tragen die kleinen und mittleren Unternehmen mit ihren neuen Ideen entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und zum gesellschaftlichen Wohlstand bei. Deutschland ist ein eher rohstoffarmes Land. Unternehmen punkten daher vor allem durch Erfindungsreichtum und unternehmerisches Geschick. Das gilt in erster Linie für hochwertige Güter und Dienstleistungen, wie



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beispielsweise im Maschinenbau oder in der Energietechnik. Gerade der weltweite Absatz innovativer Produkte und Leistungen, bei denen viele mittelständische Unternehmen auf den hart umkämpften Weltmärkten erfolgreich sind, trägt mit zum Exporterfolg der deutschen Wirtschaft bei. Innovationen spielen aber auch für Kleinunternehmen, die nur den heimischen Markt bedienen, eine große Rolle. Mit neuen Geschäftsideen, Produkten oder Verfahren behaupten sie sich gegen ausländische Konkurrenten. Innovationen fallen nicht vom Himmel. Ein großer Vorteil der innovationsfreudigen kleinen und mittleren Unternehmen gegenüber den „Großen“ ist ihre besondere Markt- und Kundennähe. Damit schaffen sie es, neue Marktchancen wahrzunehmen und maßgeschneiderte Lösungen für neue Kundenwünsche zu entwickeln. Flache Hierarchien und kurze Kommunikations- und Entscheidungswege sorgen zusätzlich für ihre besondere Schnelligkeit und Flexibilität im Innovationsprozess: Ganz besonders wichtig für Märkte und Forschungsfelder, in denen Geschwindigkeit und ein rascher Marktauftritt über Wohl und Wehe entscheiden, wie beispielsweise in den Bio- und Nanotechnologien. Auch wenn kleine und mittleren Unternehmen einen respektablen Anteil am Innovationsgeschehen haben: Systematisch längerfristig angelegte Forschung und Entwicklung (FuE) können sie – anders als Großunternehmen – meist nicht aus eigenen Taschen bezahlen. Allerdings nutzen viele kleine und mittlere Unternehmen für ihre FuE-Engagements eine findige Alternative: Sie arbeiten mit anderen Unternehmen oder Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammen. Auch jeder dritte Mittelständler forscht gemeinsam mit Partnerbetrieben oder Institutionen. Derartige Innovationskooperationen finden häufig in regionalen Netzwerken statt, die sich in der Initiative „Kompetenznetzwerke Deutschland“ zusammengeschlossen haben. Die mittelständische Wirtschaft ist durch eine dynamische Entwicklung charakterisiert: Unternehmensgründungen sorgen dafür, dass auf diejenigen Unternehmen, die schließen, neue folgen. Dieser marktwirtschaftliche Ebbe- und Flutrhythmus trägt dazu bei, dass die Zahl der Unternehmen in etwa gleich hoch bleibt. Die hohe Zahl und Vielfalt sind wichtig für den Wettbewerb, dem zentralen Element unserer Wirtschaftsordnung, das ohne Existenzgründungen an Kraft und Dynamik verlieren würde. Dazu kommt: Je mehr gesunde Unternehmen eine Volkswirtschaft aufweist, desto stabiler ist auch ihr Gemeinwesen. Gründerinnen und Gründer sorgen schließlich auch dafür, dass bestehende Unternehmen erhalten

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bleiben: durch Unternehmensnachfolgen. Denn auch jede Übernahme eines bestehenden Betriebes ist für diejenigen, die das Ruder übernehmen, der Schritt in die Selbständigkeit. Einen zunehmenden Anteil an der Zahl der Existenzgründungen haben ältere Gründerinnen und Gründer (Einundfünfzig Jahre und älter). Ein Grund dafür liegt im demografischen Wandel: Die geburtenstarken Jahrgänge (die Baby-Boomer) kommen in die „Fünfziger“ und sie sind fit für das Abenteuer „Selbständigkeit“. Viele der älteren Gründerinnen und Gründer sehen nicht nur um viele Jahre jünger aus als ihre Altersgenossen noch vor wenigen Jahrzehnten. Sie sind auch um ein Vielfaches gesünder und leistungsfähiger. Dabei nutzen die älteren Gründerinnen und Gründer ihre besonderen Startchancen: Ihre private Lebenserfahrung, vielfältige berufliche Fertigkeiten sowie eine gestandene soziale Kompetenz. Derart ausgestattet, gehen Ältere bei einer Gründung ganz offensichtlich eher besonnen und zielgerichtet zu Werke. Dazu gehört auch, dass sie Risiken realistischer einschätzen als jüngere „Heißsporne“ und sie gewohnt sind, Verantwortung zu tragen. Keine Frage: Selbständigkeit ist für viele Gründerinnen und Gründer die Alternative zur Arbeitslosigkeit. Rund ein Fünftel aller Gründerinnen und Gründer sind arbeitslos oder befürchten, es zu werden (KfW-Gründungsmonitor 2007). Die meisten starten mit Hilfe des Gründungszuschusses der Bundesagentur für Arbeit. Die geförderten Gründerinnen und Gründer sind nach aller Erfahrung überaus erfolgreich: Rund zweieinhalb Jahre nach der Gründung waren bis zu vier von fünf Geförderten (bis 2006) durch Überbrückungsgelder und Existenzgründerzuschuss – Ich-AG – noch immer selbständig tätig, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Gesamtzahl der Selbständigen in Deutschland ist seit Anfang der 90er Jahre um rund ein Drittel gestiegen. An diesem Zuwachs sind zu einem großen Teil drei Gruppen beteiligt: Soloselbständige, Frauen – und vor allem – Migranten. Die Zahl der Selbständigen mit Migrantionshintergrund hat sich in diesem Zeitpunkt verdoppelt und beträgt laut Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim mittlerweile 364.000 (2006). Tendenz: steigend. Allein im Jahre 2007 wurde rund ein Fünftel aller Unternehmen von Migrantinnen und Migranten eröffnet. Von Migranten geführte Betriebe schaffen etwa 3 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland. Dabei sind sie nicht mehr nur im Einzelhandel oder Gastgewerbe tätig, sondern mittlerweile auch in den freien Berufen, im Dienstleistungsbereich, im Handwerk und im Verarbeitenden Gewerbe.



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Der selbständige Mittelstand ist für eine funktionierende Marktwirtschaft unverzichtbar, sowohl als Dienstleister, Produzent, Arbeitgeber als auch ein wichtiger Faktor für Innovationen. Angesichts der vielfältigen Veränderungen von Rahmenbedingungen in der Wirtschaft werden die kleinen und mittleren Unternehmen dank ihrer Anpassungsfähigkeit an veränderte Konditionen für ein erfolgreiches Wirtschaften auf den Märkten weiter ein Garant sein. Faire Wettbewerbsbedingungen für diese Unternehmen zu schaffen, bleibt ein vorrangiges Ziel der Politik. Die Bewältigung von Finanz- und Wirtschafts- bzw. Konjunkturrisiken seitens der Politik darf nicht nur oder vorrangig auf Großunternehmen ausgerichtet werden. Wenn das gewährleistet wird, kann und wird die mittelständische Wirtschaft auch in Zukunft ihren Beitrag zur Wohlstandsmehrung leisten.

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Matthias Platzeck Umdenken und Umlenken – Fachkräftesicherung im Brandenburger Mittelstand Die Zukunft des Mittelstandes? …ist ein „weites Feld“, würde unser Heimatdichter Fontane sagen, wenn er im Frühling 2010 in der Mark unterwegs wäre. Und das nicht nur, weil über 95 Prozent der Brandenburger Unternehmenslandschaft zum Mittelstand gehören. Auch das diesjährige Thema des RKW lässt viel Raum. Herausforderungen, die wir in dieser Buchreihe schon aufgegriffen haben, sind sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft des Mittelstandes relevant, etwa die Innovationskraft unserer Betriebe oder die Wirtschaftsbeziehungen nach Osteuropa. Andere Beiträge wurden inzwischen von der Wirklichkeit eingeholt und bedürfen der Aktualisierung. Dazu gehört für mich die „Bedeutung von Aus- und Weiterbildung im deutschen Mittelstand“, die 2003 Hauptthema des RKW-Bandes war. Damals widmete ich eine von acht Manuskriptseiten dem demografischen Wandel in Brandenburg und konstatierte: „Frühzeitige Fachkräftesicherung ist eine wesentliche Bedingung für Wachstum und Beschäftigung. […]. Auch wenn ein unmittelbarer Handlungsdruck noch nicht für alle Akteure spürbar ist, müssen wir heute handeln, um uns auf die Herausforderungen von morgen einzustellen.“ Das Morgen von gestern ist heute unsere Gegenwart. Und obwohl wir in Brandenburg den demografischen Wandel seit Jahren als festen Bestandteil in jeder Analyse und jeder Festtagsrede haben, sind viele Menschen in der Region jetzt doch überrascht. Nach fast zwei Jahrzehnten, in denen Brandenburger Jugendliche auf der Suche nach Ausbildungsplätzen zu Tausenden ihre Heimat verließen, blieben 2009 erstmals Plätze frei. Die Zahl unserer Schulabgänger ist von rund 30.000 im Jahr 1995 auf derzeit 21.000 gerutscht. 2020 wird sie wohl deutlich unter der 20.000-Marke liegen. Politik und Verbände, allen voran die Handwerks-, Industrie- und Handelskammern, sehen ihre Prognosen bestätigt und werden tätig. Die breite Öffentlichkeit jedoch beginnt erst langsam – einhergehend mit den Alltagserfahrungen – diesen Wandel als neue Realität auch am Arbeitsmarkt zu erkennen.



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„Fachkräfte gesucht!“ – solche Schilder kann sich die Bevölkerung in wachsenden Städten wie Potsdam als künftige Selbstverständlichkeit vielleicht noch vorstellen. In Prenzlau dagegen sieht es anders aus: Regionen wie die Uckermark, die auch jetzt noch große Anstrengungen zur Bewältigung ihrer strukturellen Arbeitslosigkeit unternehmen, werden bald erhöhten Kommunikationsbedarf haben, um den Menschen das zu erklären, was Arbeitsmarktexperten als „Mismatch“ bezeichnen: Warum gibt es einerseits immer noch zu viele Arbeitslose, anderseits aber freie Stellen, für die zu wenig qualifizierte Menschen zur Verfügung stehen? Die aktuelle gemeinsame Fachkräftestudie Berlin-Brandenburg hat diese Herausforderung in vielen Facetten dargestellt und hat beschrieben, warum Angebot und Nachfrage am regionalen Arbeitsmarkt auseinanderfallen. Die Gründe dafür liegen bei der räumlichen Verteilung (Stichwort: Metropolregion versus ländliche Gebiete), aber auch bei Qualifikationsund Stellenprofilen, Arbeitsbedingungen und Vergütungsniveaus in den Branchen. Unter der Annahme, dass Politik und Wirtschaft hier nicht steuernd eingreifen, prognostizieren die Analysten für Berlin und Brandenburg einen Bedarf von bis zu 460.000 zusätzlichen Fachkräften bis 2030. Diese Prognose schließt nahtlos an frühere Studien an, geht aber zeitlich darüber hinaus. Zudem liegt uns erstmals eine Untersuchung für die gesamte Hauptstadtregion vor. Das ist wichtig, weil gerade auf dem Arbeitsmarkt die Verflechtungen zwischen Berlin und Brandenburg immer weiter zunehmen. Der künftige Fachkräftebedarf wird besonders bei den pädagogischen Berufen, bei den Naturwissenschaften, bei den Heil- und Pflegeberufen, aber auch zum Beispiel im Friseurgewerbe deutlich werden. Unvorbereitet trifft uns diese Einschätzung nicht. Schon die letzte Landesregierung hat einen „Maßnahmenplan Fachkräftesicherung“ beschlossen und eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehören beispielsweise die Verbesserung der Berufsorientierung, der quantitative und qualitative Ausbau der Erstausbildung, die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen – gerade in KMU – und die Förderung der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft.

Hrsg. vom Land Brandenburg (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) u. der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Erarbeitet durch LASA Brandenburg GmbH u. Prognos AG. Erschienen im Februar 2010.

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Vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse werden wir diesen Katalog systematisch weiterentwickeln und noch stärker auf die gesamte Arbeitsmarktregion ausrichten. Die aktuelle Prognose ist sicher alarmierend, verschafft uns aber auch den nötigen Rückenwind, um weitere Aktivitäten zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Berlin-Brandenburg zu entwickeln und gemeinsam mit den Menschen vor Ort umzusetzen. Handeln setzt bekanntlich Bewusstsein voraus, nicht zuletzt dafür war die Fachkräftestudie hilfreich. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich im Folgenden auf einige Maßnahmen eingehen, die das Land Brandenburg und mich persönlich in der begonnenen Legislaturperiode, also seit September 2009, besonders beschäftigen. Chancengleichheit für die Jüngsten: Gute Bildung heute für gute Fachkräfte von morgen Wenn der Brandenburger Mittelstand auch künftig – trotz rückläufiger demografischer Entwicklung – seinen Fachkräftebedarf weitgehend mit Bewerberinnen und Bewerbern aus der Region decken will, wird eine viel zitierte Forderung zum Dreh- und Angelpunkt: Gleiche Bildungschancen von kleinauf – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern! Das ist längst nicht mehr nur ein sozialpolitisches Anliegen, sondern mehr denn je ein volkswirtschaftliches. In Zeiten, als die Schulabgängerzahlen den betrieblichen Bedarf an Auszubildenden deutlich überstiegen, hatten die Unternehmen die Wahl – und entschieden sich für die jeweils Besten eines Jahrgangs. Die Schülerinnen und Schüler sind heute im Schnitt nicht weniger qualifiziert als in den 90er Jahren, nun kommen jedoch aufgrund des lichteren Bewerberfeldes auch jene zum Zug, die mittlere oder mangelhafte Schulzeugnisse vorlegen. Personalverantwortliche können sich auch heute entscheiden, manchmal allerdings nur zwischen einem „Dreier“- oder „Vierer“-Kandidaten und der Nichtbesetzung des Ausbildungsplatzes. Vor diesem Hintergrund sollte die allgemeine Klage über die mangelnde Ausbildungsfähigkeit der Jugend durchaus ernst genommen, aber nicht überschätzt werden. Selten standen die Zeichen günstiger, aus der Not eine Tugend zu machen. Wenn der demografische Wandel uns „zwingt“, alles zu tun, um die Leistungen unserer Schulabgänger zu verbessern, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Schulterschluss von Politik und Wirtschaft. Der Dialog mit den Verbänden und Kammern zu diesem Thema läuft. Gleichzeitig sind natürlich auch unsere Schülerinnen und Schüler aufgefordert, sich ihre Möglichkeiten



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bewusst zu machen und die sich auf dem Arbeitsmarkt bietenden Chancen tatsächlich zu ergreifen. Seitens der Landesregierung sind zwei Kernvorhaben des Koalitionsvertrages vom Herbst 2009 zur „Chancengleichheit von kleinauf“ bereits auf den Weg gebracht worden. Das betrifft zum einen die Förderung frühkindlicher Bildung durch die Verbesserung des Kita-Betreuungsschlüssels in den rund 1.500 Brandenburger Kindertagesstätten. Um dies zu ermöglichen, werden wir in Brandenburg – trotz der wie in allen Bundesländern angespannten Haushaltslage – zusätzlich 36 Millionen Euro aufwenden. Zum anderen schaffen wir mit dem neuen Brandenburgischen Ausbildungsförderungsgesetz (BbgAföG) zusätzliche Anreize für Bildungsanstrengungen. Kinder aus einkommensschwachen Familien sollen leichter das Abitur oder die Fachhochschulreife erreichen können und so Aufstiegschancen durch Bildung erhalten. Dafür bekommen sie ab dem Schuljahr 2010/2011 während des Besuchs der gymnasialen Oberstufe eine finanzielle Unterstützung vom Land. MINT und Mädchen: Talente fördern, marktorientiert beraten Seitdem Fachkräfte in IT- und Ingenieurberufen in Deutschland zum Teil händeringend gesucht werden, bezweifelt kaum noch jemand, dass die technischen und naturwissenschaftlichen Fächer in Schule, Ausbildung und Studium besonders förderwürdig sind. Eine Vielfalt an Programmen von Bund, Land und Kommunen zeugt davon. Allerdings decken die bisherigen Quotenentwicklungen (zum Beispiel die steigende Zahl der Studentinnen in MINT-Fächern) weder den heute von der Wirtschaft benannten Bedarf noch den bis 2030 prognostizierten. Das Land Brandenburg setzt deshalb auf einen Qualitätssprung in der Berufsorientierung durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Schulen und Unternehmen. Dafür muss allerdings auch unser Mittelstand noch aktiver werden. Gerade kleine Betriebe, die selten Kapazitäten finanzieller oder personeller Art für bundesweite Anwerbekampagnen frei haben, sind gut beraten, wenn sie stärker auf kurze Wege und die regionale Ansprache potentieller Azubis und Fachkräfte setzen. Ganztagsschulkonzepte mit Praxislernklassen, Betriebspraktika und -partnerschaften, Tage der offenen Tür oder der landesweite „Zukunftstag für Jungen und Mädchen“ sind Mosaiksteine in einem Bild, das in Brandenburg sehr bunt und nahezu flächendeckend ausgefüllt ist. Diese Bausteine müssen wir künftig noch konzentrierter und systematischer einsetzen, um den Fachkräftebedarf zu sichern.

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Hinzu kommt: Der nun spürbare Druck des demografischen Wandels verschärft die Konkurrenz großer und kleiner Unternehmen um die „klügsten Köpfe“ der Region, so dass insbesondere der Mittelstand umdenken und umlenken muss. Vorausschauende Personalplanung heißt die Devise. Während vor einigen Jahren die Bewerbungsmappen noch unaufgefordert selbst bei sehr kleinen Betrieben eintrafen, wird die Eigenwerbung der Unternehmen nun zum Wettbewerbsfaktor. Und nicht selten müssen Einstiegshürden wie Schichtarbeit oder Startgehälter angepasst werden, um den Erwartungen der Bewerberinnen und Bewerber gerecht zu werden. Wir sollten der Realität ins Auge sehen: Wenn gut qualifizierte Fachkräfte knapp werden, wird es auf dem Arbeitsmarkt einen Wettbewerb mit bisher – zumindest in Ostdeutschland – nicht gekannten Vorzeichen geben. Dieser Wettbewerb wird natürlich von vielen Randbedingungen geprägt, unter anderem von „weichen“ Standortfaktoren. Allerdings wird dieser Wettbewerb mit Sicherheit auch über die Löhne entschieden, die die Unternehmen zu zahlen bereit sind. Gute Arbeit, gute Perspektiven: Fachkräfte fair entlohnen Der Wirtschaftsstandort Brandenburg wird als Billiglohnland keine Perspektive haben. Wir modernisieren unsere traditionellen Industriezweige (etwa Papier, Stahl, Chemie) und setzen auf Wachstumsbranchen wie die Energiewirtschaft, um den Anteil hochqualifizierter und gut bezahlter Arbeit zu erhöhen. Das betrifft auch Teile des Mittelstandes, die ihre Produkte, Methoden und Geschäftsmodelle optimieren. Das untere Ende der Lohnskala ist ebenfalls in Bewegung. Bei der Gestaltung einer „Fallgrenze“ für den deutschen Arbeitsmarkt müssten – wo vorhanden – die Tarifpartner bzw. die Bundesebene aktiv werden. Das geschieht in vielen Fällen auch. Dennoch halte ich – gerade in Kenntnis einiger Tarifabschlüsse in Ostdeutschland – das Einziehen eines unteren Haltepunktes durch einen branchenübergreifenden Mindestlohn für sinnvoll. Unter den gegebenen politischen Mehrheitsverhältnissen beim Bund werden wir dabei in den kommenden Jahren aber wohl nicht vorankommen.



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Die Brandenburger Landesregierung steht zu ihrem Ziel der fairen Löhne. Wo sich dafür landespolitische Gestaltungsspielräume ergeben, nutzen wir sie. Jüngstes Beispiel sind die im Februar formulierten Eckpunkte für ein Brandenburger Vergabegesetz, das für Aufträge der öffentlichen Hand einen Mindestlohn von 7,50 Euro vorsieht. Die Ausgestaltung im Detail wird derzeit in Konsultation mit den Kammern und Verbänden vorangetrieben. Lückenschluss statt Gründungsrisiko: Betriebsnachfolgen strategisch planen Während der demografische Wandel für die Arbeitgeberseite vor allem zusätzliche Anstrengungen zur Folge hat, ist der Brandenburger Fachkräftenachwuchs in einer so günstigen Situation wie lange nicht mehr. In den nächsten Jahren werden durch eine Welle von Pensionierungen viele attraktive Führungspositionen in Betrieben frei. Die „Wende-Generation“ übergibt den Staffelstab, allerdings sind zahlreiche Unternehmensnachfolgen, vor allem im Handwerk, noch ungeklärt. Hier setzen unsere Vermittlungsprojekte an: Junge Menschen, die gern Verantwortung übernehmen wollen, aber beispielsweise für eine Neugründung nicht das nötige Risikokapital haben, können durch Betriebsübernahmen in Brandenburg Fuß fassen. Auch dies ist eine Tatsache, die im öffentlichen Bewusstsein erst allmählich ankommt, aber einen Platz auf dem imaginären „Chancenatlas“ künftiger Fachkräfte verdient. Standort und Lebensort: „Weiche“ Faktoren bei der Anwerbung nutzen Wer Fachkräfte in Brandenburg halten und von außerhalb gewinnen will, muss verstärkt für den Standort werben. Weil die Ressourcen dafür gerade im Mittelstand eher knapp bemessen sind, wendet sich das Land an die Kammern, Unternehmensverbände, Bildungsträger und viele weitere Akteure, die parallel zur demografischen Entwicklung einen Wandel im Bewusstsein und im Kommunikationsverhalten fördern können. Dieser Prozess ist bereits angestoßen, braucht aber mit Blick auf den prognostizierten Fachkräftebedarf noch mehr Kraft und Tempo, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen.

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Die Landesregierung wird deshalb alles daran setzen, den Standort und vor allem den Lebensort Brandenburg zu bewerben – sei es im Zuge der geplanten Imagekampagne oder im Rahmen einzelner Politikfelder. Bildung, Infrastrukturen, Kultur und Natur – all das wird zunehmend eine Rolle spielen, wenn sich die Fachkräfte von morgen entscheiden, wo sie arbeiten und leben wollen. Der Brandenburger Mittelstand wird seine Stärken umso besser weiterentwickeln können, je intelligenter wir diese Rahmenbedingungen gestalten. Das ist – zugegeben – ein „weites Feld“, aber eines, das wir in einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung und mit klaren Zielvorgaben erfolgreich bestellen können.



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Petra Roth Die Zukunft des deutschen Mittelstands aus kommunaler Sicht Das Spektrum mittelständischer Unternehmen reicht vom Handwerk bis zu den Kreativen. In Frankfurt am Main zeigt sich deren Bedeutung in vielerlei Belangen. Deshalb fällt in unserer politischen Arbeit insbesondere dem Frankfurter Mittelstand und Handwerk auch weiterhin eine Schlüsselrolle zu. Mittelständler zeigen ausgeprägt Tugenden wie Kreativität, Selbstbewusstsein und Schaffensdrang. Betrachtet man die gegenwärtige Lage in Deutschland, so ist kein Anlass zu Selbstzweifeln gegeben. Denn Exportorientierung und Internationalisierung sind für viele mittelständische Unternehmen selbstverständlich. Auch seit Generationen verwurzelte Familienbetriebe haben sich erfolgreich im globalen Markt positioniert. Und es gibt vielfältige Neuerungen des aktiven Mittelstands, so das Velotaxi Frankfurt. Velotaxi ist ein Umweltbotschafter der Stadt Frankfurt: Seit 2004 befördern die CityCruiser umweltfreundlich per Fahrrad die Passagiere durch die Stadt. Dafür wurde das Unternehmen sogar mit einem Preis ausgezeichnet. Einerseits ist das Handwerk in der Stadtgesellschaft stark verankert, andererseits bedingen die wirtschaftlichen Probleme der jüngsten Zeit, ein gesondertes Augenmerk auf seine Lage zu werfen. Das Handwerk bildet mit etwa 7.300 Betrieben in Frankfurt und 30.000 Betrieben im Kammerbezirk einen enormen Wirtschaftsfaktor. Dafür sprechen auch die über 140.000 Beschäftigten des Handwerks im Kammergebiet Rhein-Main ebenfalls eine deutliche Sprache. Dies gilt umso mehr, wenn man die außerordentliche Ausbildungsleistung des Handwerks einbezieht: Etwa 11.000 junge Menschen erlernen im Kammerbezirk Rhein-Main einen „ehrbaren Handwerksberuf“. Zugleich kämpft das Handwerk in Zeiten der anhaltenden Wirtschaftskrise um die Sicherung von Aufträgen, um Finanzierungen und einige um die Sicherung der betrieblichen Existenz. Eine gerade für das Handwerk spürbare Entlastung bringt das Konjunkturpaket II der Bundesregierung. Insgesamt etwa 169 Millionen Euro stehen in Frankfurt zusätzlich an investiven Mitteln zur Verfügung. Das ist eine deutliche Verstärkung der für die Jahre 2010 und 2011 ohnehin geplanten städtischen Investitionen von jeweils rund 450 Millionen Euro.

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Damit können Schulen, Sportstätten und vieles mehr saniert, erweitert oder neu gebaut werden. Die Verwaltung arbeitet gerade mit Hochdruck an der Realisierung all dieser Projekte. Der Mittelstand ist auch dabei ein verlässlicher Partner der Stadt Frankfurt am Main. Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Handwerks kann nicht oft genug hervorgehoben werden. Die Stadt Frankfurt am Main tut das Ihrige, um das örtliche Handwerk zu stützen: Wir können Spielräume, die das geltende Recht lässt, so gestalten, dass die Wirtschaft, vor allem der Mittelstand, damit gut leben kann. Dies wird die Stadt auch in Zukunft tun, um die Sache des Mittelstandes tatkräftig zu fördern. Das Handwerk ist der bedeutendste Ausbilder in Deutschland. Schließlich ist das Handwerk mit 120 Ausbildungsberufen in Deutschlands vielfältig aufgestellt. Aber das Handwerk ist derzeit teilweise in seiner Existenz bedroht. Dazu gehören Billiganbieter aus dem übrigen Europa, die mit niedrigeren Qualitätsstandards auftreten und durch Dumping-Löhne Preise unterbieten können. Diese Anbieter sind nicht mit den hohen deutschen Lohnnebenkosten belastet. Auch hat die Abschaffung des Meisterzwangs in einer Reihe von Handwerkszweigen in Deutschland bereits zu Verwerfungen geführt. Das Handwerk ist wohnungsnah und verbrauchernah. Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Handwerks ist zu würdigen. Dies ist langfristig bei der Gesetzgebung zu beachten. Wir wollen auch in Zukunft unsere kommunalen Spielräume nutzen, um durch die Infrastruktur, durch aufsuchende Wirtschaftsförderung und durch ein wirtschaftsfreundliches Gesamtklima in unserer Stadt die Sache des Mittelstandes tatkräftig zu fördern. Notwendig für die unternehmerische Tätigkeit im Mittelstand ist jeweils eine entsprechende Finanzausstattung. Für eine Unternehmensgründung muss dies nicht einmal ein großer Betrag sein. Es ist eine ungünstige Situation, dass gerade Kleinkredite für viele Existenzgründer und junge Unternehmer ein besonderes Problem darstellen. Ein Grund dafür ist, dass an solchen relativ geringen Kreditsummen die Banken nur wenig verdienen, da der Zinsertrag gering und der Zeitaufwand für die Beratung sowie die Begutachtung der Konzepte hoch sind. Bekanntermaßen gehen deshalb viele Banken bei Kreditsummen unter 50.000 Euro zögerlich vor. Die Stadt Frankfurt am Main hat deshalb zur Förderung von Unternehmensgründungen und zur Hilfe bei der Verwirklichung der Selbständigkeit den Frankfurter Gründerfonds eingerichtet, für den die Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt



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zuständig ist. Dieses Konzept wurde in Zusammenarbeit mit der Frankfurt School of Finance & Management entwickelt. Die Grundlage dafür waren Ergebnisse aus einer von der Frankfurt School vorgelegten „Mikrofinanzstudie für Frankfurt“. Demnach sind die ersten drei Jahre besonders kritisch aufgrund der Finanzierungsfrage. Der Frankfurter Gründerfonds bietet deshalb Bürgschaften sowie Beratungen an. Bei einem erfolgversprechenden Konzept erhält der Antragsteller eine Bürgschaftsempfehlung für die Bürgschaftsbank Hessen. Nach deren Prüfung wird eine Bürgschaftszusage über 80 Prozent der Kreditsumme erteilt. Der Jungunternehmer kann anschließend bei einer der Partnerbanken einen Vertrag schließen. Die Partnerbanken stehen dem mit großem Interesse gegenüber, weil sie auf diese Weise weniger Beratungs- und Prüfaufwand haben und sie außerdem vielversprechende Kundenkontakte aufbauen können. Bei der Finanzierung vor Ort haben die Sparkassen traditionell eine besondere Bedeutung. Viele Städte sind als Träger der Sparkassen aktiv. Ziel der Sparkassen bleibt die flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen vor allem für den Mittelstand und für die wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise. Sparkassen und Volksbanken waren in Deutschland ein Hort der Stabilität bei der Finanzkrise; zu ihrer Vorgehensweise hatte sicherlich auch beigetragen, dass sie regional verwurzelt sind. Und noch immer stehen wir vor der Aufgabe, die Stabilität unseres Bankensystems zu gewährleisten. Es kann also kein Gedanke sein, dass wir uns nicht mehr um die wirtschaftlichen wie auch die humanen Folgen der Krise kümmern müssten. Diese Ausgangslage führt mancherorts zu einer bedrückten Grundstimmung. Zu viele Menschen sehen die Zukunft zu sehr als Bedrohung, statt in ihr die Chancen auf Verbesserung zu empfinden. Auch blicken zu viele Eltern der Zukunft ihrer Kinder mit Angst entgegen. Wir brauchen wieder finanzpolitisch festen Boden unter den Füßen, damit ein solches Unbehagen keine neue Nahrung erhält. Zur Zukunftssicherung gehören Investitionen. Übereilte Ausgabenbeschränkung entzieht schwierigen Detailfragen eine Lösung. Bekanntermaßen hat eine solche Politik viel zu oft dazu geführt, dass zukunftsweisende Projekte nicht realisiert wurden und stattdessen konsumtive Ausgaben weiterliefen.

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Städte können die notwendigen Investitionen nur leisten, wenn ihre finanzielle Basis auf Dauer gesichert ist. Das vom Bundesfinanzministerium in die Gemeindefinanzkommission eingebrachte Modell, das eine Alternative zur Gewerbesteuer sein soll, wird nicht das vorgegebene Ziel erreichen, die Steuerbasis der Kommunen zu festigen. Der Vorschlag entspricht, wie vom Ministerium selbst angegeben, im Wesentlichen dem Modell der Industrie, das schon in den Jahren 2002 und 2003 im Rahmen der damaligen Gemeindefinanzkommission geprüft und mehrheitlich verworfen wurde. Nach diesem Modell, das inzwischen die Handschrift der FDP trägt, würde die Gewerbesteuer abgeschafft und durch Zuschläge der Städte und Gemeinden auf die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer sowie durch einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer ersetzt. Große Schwächen sind hier unübersehbar: Es werden Steuerlasten von Unternehmen zu Einwohnern verschoben. Die Städte müssten von ihren Bürgern höhere Steuersätze verlangen, um die lokale Infrastruktur für sie und die Bevölkerung aus dem Umland zu finanzieren. Äußerst zweifelhaft ist darüber hinaus der Sinn eines Zuschlages auf die Körperschaftsteuer, da diese in der Krise noch viel stärker eingebrochen ist als die Gewerbesteuer. Und das Band zwischen Wirtschaft und Kommunen würde fast vollständig gekappt: Wenn die Mühen für die Ansiedlung insbesondere von Industrieunternehmen nicht mehr in Beziehung zu höheren Steuereinnahmen stehen, wird langfristig darunter der Industriestandort Deutschland signifikanten Schaden nehmen. Dies würde auf lange Sicht den Wohlstand in Deutschland gefährden. Negative Tendenzen solcher Art sind in anderen Ländern zu beobachten. Von daher sind solche Pläne letztlich kontraproduktiv, vor allem für die mittelständische Wirtschaft. Die Gemeindefinanzkommission muss sich auf der Einnahmenseite darauf konzentrieren, die Gewerbesteuer zu modernisieren, statt sie abzuschaffen. Nachdem die Große Koalition die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer verbreitert hatte, ist nun die Einbeziehung der Selbständigen in die Gewerbesteuer zu prüfen, so wie es bei Handwerkern oder dem Mittelstand schon lange der Fall ist. Die Freiberufler hätten dabei ebenfalls die Möglichkeit, Gewerbesteuerzahlungen auf die Einkommensteuer anrechnen zu lassen.



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Das heutige Gemeindesteuersystem hat sich trotz einzelner Schwächen grundsätzlich bewährt. Es ist gekennzeichnet durch ein etwa gleichgewichtiges Nebeneinander von wirtschaftsbezogenen und einwohnerbezogenen Elementen, ergänzt durch die Grundsteuer. Die Städte brauchen eine eigene Steuer mit Bezug zur örtlichen Wirtschaft. Dies wird ihnen durch das Grundgesetz garantiert. Eine Reform kann nicht gegen den Willen der Städte beschlossen werden. Das wissen auch maßgebliche Kräfte in der Bundesregierung. Ich bin und bleibe optimistisch, dass Kommunen und Mittelständler – wie in der Vergangenheit – maßgeblich zum Wohlergehen und Wohlstand in Deutschland beitragen werden.

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Prof. Dr. Andreas Pinkwart Freiheit ermöglichen, Kräfte entfesseln, neue Kraft für den Wachstumsmotor Mittelstand Hausbacken, provinziell und altmodisch: Solche Attribute prägten noch vor wenigen Jahren das Image des Mittelstands, zumindest in Teilen der deutschen Öffentlichkeit. Erfolg und Dynamik assoziierte der deutsche Mainstream mit den Business-Metropolen der Welt, selten nur mit dem „Hidden Champion“, zumal, wenn der seinen Hauptsitz in eher unglamourösen kleineren Städten hatte. Eine Finanzkrise später hat sich das Bild erstaunlich gewandelt. Allenthalben beschwören selbst Kapitalismus-Kritiker den Geist des ehrbaren Kaufmanns und den Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft. In der Tat haben gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sich im Krisenjahr 2009 gut geschlagen: Während die großen Konzerne der Einbruch der Weltwirtschaft mit voller Wucht traf, bewährte sich das Gros der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) laut MittelstandsMonitor des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung dank weitsichtiger Planung und profitierte von der relativ stabilen Binnennachfrage. Das Geschäftsklima für Mittelständler glich, so die Bonner Forscher, den wirtschaftlich schwachen Jahren wie etwa 1993, 1996 oder 2003 – trübte sich aber keineswegs so ein wie im Alptraumjahr 2002. Trotz Krise wurden 2009 mit über 400.000 Betrieben sogar mehr mittelständische Unternehmen gegründet als aufgegeben. Mittelständler leisteten, wie etwa der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) zu Recht betont, in den Krisenjahren einen beachtlichen Beitrag zur Stabilisierung des Beschäftigungsniveaus. Inzwischen, so das Frühjahrsgutachten der sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, stehen die Zeichen trotz Griechenland-Krise eindeutig auf Erholung: Mit den Auftragseingängen gerade bei technologisch spezialisierten, innovationsstarken Mittelständlern wächst der Optimismus, Konjunkturpakete und Kurzarbeit scheinen sich als kurzfristige Helfer in der Not bewährt zu haben. Höchste Zeit also, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft mithilfe klug gesetzter Rahmenbedingungen weiter zu stärken – zum Wohl der gesamten Gesellschaft.



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Weniger Bürokratie, mehr Freiraum zum Wirtschaften Allein Nordrhein-Westfalen zählt heute 763.000 kleine und mittlere Unternehmen. Sie beschäftigen 70 Prozent der Mitarbeiter und bilden 80 Prozent der Azubis im Land aus. Die von FDP und CDU getragene Landesregierung hat in der abgelaufenen Legislaturperiode eine Menge getan, um Mittelständlern beim Ausbau ihrer Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit Rückenwind zu geben. Nicht nur, dass sie insgesamt 20.000 Unternehmen im Land finanziell dabei unterstützt hat, den Weg durch die Rezession zu meistern und wirtschaftsfeindliche Abgaben wie etwa den Wassercent auf die Streichliste gesetzt hat. Sie hat vor allem überbordende Bürokratie abgebaut, indem sie etwa 140 selbstständige Behörden und Einrichtungen des Landes abgeschafft und die Erledigung vieler öffentlicher Aufgaben effizienter organisiert hat. Zwei Bürokratieabbaugesetze gehören ebenso zur Bilanz wie die Abschaffung des überaus bürokratischen Tariftreuegesetzes sowie die landesweite Einrichtung von Startercentern als zentrale Anlaufstelle für Existenzgründer. Das Dickicht überflüssiger Vorschriften wurde erheblich gelichtet, die Selbstverwaltung der Wirtschaft gestärkt und der Zugang zu finanziellen Ressourcen für Mittelständler deutlich erleichtert: Landesbürgschaften, Landesgarantien und die vielfältigen Instrumente der NRW.Bank haben hier wertvolle Dienste geleistet. Statt wie die Vorgängerregierung EU-Regelungen vor Ort sogar noch zu verschärfen, hat die schwarz-gelbe Koalition ihren Kurs der 1:1-Umsetzung konsequent durchgehalten und die Kommunen mit Initiativen wie dem Gütezeichen „mittelstandsfreundliche Verwaltung“ darin unterstützt, sich serviceorientiert weiterzuentwickeln. Im Ernst & Young Mittelstandsbarometer 2010 schnitt Nordrhein-Westfalen entsprechend gut ab: In keinem Bundesland war die Zufriedenheit der Mittelständler mit der Infrastruktur so groß wie hier, fast 90 Prozent der Befragten gaben ihr gute Noten. Im Länderranking zu den Rahmenbedingungen für KMU verbesserte Nordrhein-Westfalen sich damit binnen nur einen Jahres vom neunten auf den fünften Platz. Ob und wie die neue Landesregierung diesen Erfolgskurs fortsetzen kann, steht derzeit noch in den Sternen. Klar ist indes, dass der Bürokratieabbau auf europäischer ebenso wie auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene niemals nötiger war als heute. Neues Wachstum wird nur entstehen können, wenn der Staat sich auf seine Rolle des Ermöglichers besinnt, der zwar die Spielregeln bestimmt, unternehmerische Dynamik aber nicht durch Überregulierung erstickt. In welch fatale Sackgassen eine andersgerichtete Politik letztendlich führen kann, zeigt das Debakel Griechenlands in besonders einprägsamer Weise.

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Griechenland hat sich, alimentiert und geduldet von den europäischen Partnern, über die Jahre in einen ausufernden Regulierungsstaat verwandelt. Eigeninitiative noch im kleinsten Rahmen wurde unter einer Lähmschicht ausufernder Vorschriften begraben. Mit dem Ergebnis, dass heute etwa ein LKW-Transport von Athen ins nordgriechische Thessaloniki für den Kunden teurer ist als eine Fahrt von Düsseldorf dorthin. Branchen wie das Transportwesen könnten auf Wachstumsschübe von bis zu 16 Prozent hoffen, erklären Experten wie der bekannteste unabhängige Ökonom Griechenlands, Yannis Stournaras, wenn der griechische Gesetzgeber nur endlich die Deregulierung anpacke. Selbst wenn Deutschland glücklicherweise weit entfernt ist von griechischen Verhältnissen – treffsichere statt überbordende staatliche Regulierung kann und muss auch hierzulande neue Kräfte mobilisieren. Um nicht missverstanden zu werden: An einer konsequenteren staatlichen Regelsetzung vor allem für die Finanzmärkte führt kein Weg vorbei, wenn wir unsere gemeinsame Währung schützen und künftigen Krisen vorbeugen wollen. Und natürlich dürfen wir nicht zulassen, dass Gewinne Privatsache sind, Verluste dagegen der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Das allerdings ist kein Abrücken von der Sozialen Marktwirtschaft, sondern ein Rückbesinnen auf ihre Kernwerte. Zu ihnen gehört ein klarer Ordnungsrahmen, der Wettbewerb erst möglich macht und etwa die Bildung von Machtkartellen verhindert. Ebenso gehört dazu der Gedanke der Leistungsgerechtigkeit, der persönlichen Verantwortung und Haftung, das Gebot der Fairness – und der Vorrang von Subsidiarität und Dezentralität. Der Staat muss also die Rahmenbedingungen und die Spielregeln für die Märkte definieren, aber er darf die Marktteilnehmer nicht entmündigen. Oder wie Otto Graf Lambsdorff es einmal formuliert hat: Wer ein Schwimmbad betritt, der kann erwarten, dass er ein Becken vorfindet, warmes Wasser und einen Bademeister, sinnvollerweise sollte es auch eine Schwimmer- und eine Nichtschwimmerzone geben. Aber schwimmen muss Jeder selbst. Die meisten Badegäste können und wollen das auch. Faire Finanzbeziehungen zwischen Mittelstand und Staat Privat vor Staat – dieser Grundsatz ist im Verlauf der Finanzkrise in der öffentlichen Wahrnehmung zeitweise in Misskredit geraten. Staatliche Rettungsaktionen für schlingernde Banken und vom Untergang bedrohte Flaggschiffe der Industrie haben den trügerischen Eindruck entstehen lassen, als könnte allein ein möglichst umfassender Einsatz der öffentlichen Hand garantieren, dass die Wirtschaft nicht aus dem Ruder läuft. Mittlerweile



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mehren sich die Stimmen, die vor zu starkem staatlichen Engagement warnen, den Grundsatz beherzigend, dass nur ein Gemeinwesen, das sich auf seine Kernaufgaben konzentriert anstatt sich zu verzetteln, ein starker Partner für die Bürger sein kann. Ein solcher Staat, wie ich ihn mir gerade als Liberaler wünsche, ist essenziell auf Steuerehrlichkeit und entsprechend auskömmliche Steuereinnahmen angewiesen. Umso wichtiger ist der Einstieg in ein einfacheres und gerechteres Steuersystem mit einer zumindest mittelfristigen Entlastungsperspektive – inklusive einer sinnvollen Ausgestaltung der Unternehmenssteuern. Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das Anfang 2010 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung wichtige Weichen dafür bereits gestellt: Krisenverschärfende Elemente der letzten Unternehmenssteuerreform wie die Zinsschranke wurden abgemildert, Firmen können Verluste nun wieder deutlich einfacher von ihrer Steuerschuld abziehen. Wer ein Unternehmen erbt, hat mehr Gestaltungsfreiheit bei Veränderungen zurückerhalten, um langfristig Arbeitsplätze zu sichern. Übergreifendes Ziel bei all dem ist, gerade Mittelständler in ihrem Bemühen um eine starke Eigenkapitalbasis zu unterstützen – und ihnen so ausreichend Unabhängigkeit für innovatives Handeln zu geben. Eine ganz entscheidende steuerliche Neuregelung dabei steht noch aus: die Einführung eines Steuerbonus für Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren und damit ihre Innovationskraft unter Beweis stellen. Ohnehin gehört Deutschland international zu den Nachzüglern mit Anreizen dieser Art, weltweit haben 21 Staaten längst positive Erfahrungen damit gemacht. Innerhalb der G8 verzichten nur Italien und Russland noch auf die steuerliche Förderung von forschenden Unternehmen. Sie ist umso dringlicher, als Innovationen in rohstoffarmen Gesellschaften wie der bundesdeutschen die maßgebliche Basis für Wachstum und damit Wohlstand darstellen. Je nach Firmengröße können demnächst – so die Pläne der Bundesregierung – zwischen 5 und 15 Prozent der Personalausgaben, die für die Einstellung von Forschern anfallen, von der Steuerschuld abgezogen werden. Die Entlastung dadurch wird sich insgesamt auf jährlich etwa 1,5 Milliarden Euro summieren. Im Gegensatz zu den nur punktuell wirksamen Konjunkturpaketen stellen solche Anreize eine nachhaltige, langfristig wirkende Investition in die Zukunft des Landes dar. Sie bieten eine Verlässlichkeit und Planbarkeit, auf die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen existenziell angewiesen sind. Dabei engen sie im Unterschied zu zielgenau konzipierten Förderprogrammen die Betriebe nicht ein und wirken damit weitaus stärker als erstere in die Breite. Vor allem aber ist der bürokratische Aufwand sowohl auf Seiten der Verwaltung als

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auch in den Unternehmen deutlich geringer. In einer infas-Studie aus dem Jahr 2009 attestieren die befragten Firmen der Programmförderung folgerichtig auch gravierende Mängel: Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass die bestehenden Programme nicht zu ihren Bedürfnissen passen, ein Drittel erklärte, es sei schlicht zu kompliziert, die Förderanträge zu stellen – gerade bei den sich immer stärker beschleunigenden Innovationszyklen ein immenser Nachteil. Im Ergebnis erreichte die staatliche Förderung 2009 in den meisten Bundesländern gerade einmal 15 Prozent der innovativen Unternehmen. Ideal, um die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft langfristig zu stärken, wäre vor diesem Hintergrund eine Kombination an gezielter staatlicher Projektförderung und Steuergutschriften. Jeder Euro staatlicher FuE-Finanzierung mobilisiert im Schnitt 1,60 Euro aus der Wirtschaft – eine kluge Verknüpfung beider Instrumente muss daher die Devise sein. Kooperation als Königsweg Deutschlands Mittelstand ist trotz der Benachteiligung in der herkömmlichen Forschungsförderung anerkanntermaßen hoch innovativ. Gerade die Erfolge der „Hidden Champions“ sind meist auf Innovationen zurückzuführen. Ein Patent erreichen sie, so das Institut für Mittelstandsforschung, häufig mit nur etwa einem Fünftel des Aufwands, den Großunternehmen benötigen. Statt auf bahnbrechende Erfindungen konzentriert man sich im Mittelstand vielfach auf stetige kleinere Verbesserungen und profitiert dabei oft von einer beispielhaften Sensibilität für die Bedürfnisse der Kunden. Wobei Schlagkraft und Mut zu großen Projekten durchaus vorhanden wären: Was indes nicht selten fehlt, ist der Draht zum zweiten Schlüsselakteur im Innovationsprozess, der Wissenschaft. Nicht immer gelingt es in Deutschland deshalb, brillante Konzepte aus der Forschung in marktfähige Produkte umzumünzen – und damit das Geld, das in Bildung und Wissen investiert wird, am Ende wieder in bare Münze zurückzuverwandeln. Die Rolle des Mittelstands als Transmissionsriemen, der grundlegende Innovationen in breite Anwendung übersetzt und zum Verbraucher übermittelt, kann und muss also deutlich gestärkt werden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hat sich deshalb in den vergangenen Jahren massiv dafür eingesetzt, KMU noch stärker am Innovationsprozess zu beteiligen. Unter dem Dach einer Science-to-Business-Strategie, deren Leitsatz es ist, möglichst keine Idee verloren gehen zu lassen, haben wir etwa gezielte Programme wie „Mittelstand.innovativ“ ins Leben gerufen. Drei Instrumente umfasst dieses Programm: Zum einen das Innovationsdarlehen,



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das KMU ermöglicht, im Hausbankverfahren einen zinsverbilligten Kredit zur Finanzierung ihrer Forschungsvorhaben zu bekommen. Zweites Instrument ist der Innovationsgutschein im Wert zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Wer ihn in Anspruch nimmt, erhält damit Zugang zur Infrastruktur und zum Know-how führender europäischer Hochschulen und Forschungsinstitute. Vorbild dafür waren ähnliche, sehr erfolgreiche Modelle aus den Niederlanden. Die Einstellung hoch qualifizierter Nachwuchskräfte aus Ingenieurwesen, Betriebswirtschaft und Naturwissenschaften, um damit frischen Wind in die eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen bringen, erleichtert schließlich das Instrument des finanziell geförderten Innovationsassistenten. Zwar werden alle drei Instrumente von Mittelstand.innovativ inzwischen relativ rege genutzt. Dennoch wäre es verfehlt, allein in derart fokussierten Einzelprogrammen die Lösung für mehr Kooperationen zwischen Wissenschaft und mittelständischer Wirtschaft zu sehen. Vielmehr muss eine innovationsförderliche Politik für den Mittelstand als Querschnittsaufgabe begriffen werden, die verstärkt die Rolle der Hochschulen mit in den Blick nimmt. So gesehen kann auch die weitgehende Hochschulfreiheit, die in Nordrhein-Westfalen seit 2007 gilt, als Fortschritt gerade für den Mittelstand begriffen werden. Anders als früher haben die Hochschulen inzwischen weitaus vielfältigere Möglichkeiten, eigene Spin-offs auf den Weg zu bringen und mit Unternehmen zu kooperieren. Wie intensiv sie diese Freiheit nutzen, zeigt die rege Beteiligung auch kleinerer Firmen bei vielen der 24 neuen Forschungsinstitute, die in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen entstanden sind. Zusätzlich unterstützt wird der Brückenschlag durch Patentverbünde der Hochschulen, die kluge Ideen aus der Forschung professionell vermarkten, PatentScouts, die sie bei der wirtschaftlichen Verwertung beraten – und das Konzept vieler Landeswettbewerbe um Fördermittel: Eine Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist hier häufig Voraussetzung, um überhaupt eine Bewerbung einreichen zu können. Vielfach sind solche Kooperationen angesichts immer schnellerer Innovationszyklen weltweit schon Realität. Flexiblen Organisationsformen, in denen Wissenschaftler, Unternehmen und öffentlich finanzierte Projektträger sich zu Bündnissen auf Zeit zusammenfinden, wird die Zukunft gehören. Moderne Innovationspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass sie dieser Entwicklung Rechnung trägt – und die Vernetzung gerade des Mittelstands mit den anderen Akteuren ordnungspolitisch unterstützt.

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Überlebensfrage Nachwuchsförderung Wie gelingt es angesichts des demografischen Wandels, genügend Fachkräfte an Deutschland zu binden? Tragfähige Antworten auf diese Frage zu finden ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, für die Politik ebenso wie für die Wirtschaft und gerade den Mittelstand. Vor allem der Mangel an Ingenieuren ist längst nicht mehr wegzudiskutieren. Spätestens ab dem Jahr 2014 droht der deutschen Wirtschaft den Experten zufolge akute Personalnot. Schon jetzt wären jährlich 50.000 bis 60.000 MINT-Absolventen nötig, um zumindest die Lücken durch die Verrentung zu füllen – und schon jetzt gehen der deutschen Wirtschaft laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln jährlich Umsätze in Milliardenhöhe verloren, weil es an Fachkräften fehlt. Flexible Arbeitszeitmodelle, die die Bedürfnisse von Eltern kleiner Kinder ebenso wie die älterer Arbeitnehmer berücksichtigen, werden schon allein deshalb eine große Rolle für den Mittelstand der Zukunft spielen. Wer hier frühzeitig aktiv wird, anstatt sich auf überholte Rekrutierungs- und Rollenmuster zu verlassen, kann nur gewinnen. Das allein reicht jedoch nicht aus. Um nachhaltig gegenzusteuern, müssen junge Menschen noch viel früher als heute für technische Berufe begeistert werden. Wie das im Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und Bildungsträgern vor Ort gelingen kann, hat etwa die Gemeinschaftsoffensive „Zukunft durch Innovation“ in Nordrhein-Westfalen gezeigt: Bis Mai 2010 sind 25 so genannte zdi-Zentren und zahlreiche Schülerlabore im Land entstanden, in denen Schülerinnen und Schüler spielerisch den Reiz der Technik kennenlernen und experimentieren können. Über 100.000 Kinder und Jugendliche im Jahr nutzen diese Angebote mit ihren Lehrern und kommen dabei auch in Kontakt mit den zahlreichen engagierten Mittelständlern, die so frühzeitig Zugang zu potenziellen Nachwuchskräften finden. Dass die Zahl der Studienanfänger in den MINT-Fächern in Nordrhein-Westfalen in jüngster Zeit um gut ein Drittel gestiegen ist, ist sicherlich mit ein Verdienst dieser Gemeinschaftsoffensive. Immer häufiger entscheiden die jungen Menschen sich dabei für Duale Studiengänge, die ihnen neben der akademischen Ausbildung fundierte Praxiserfahrung bieten. Die Absolventinnen und Absolventen erwerben innerhalb kurzer Zeit zwei Abschlüsse, werden in kleinen Gruppen intensiv betreut und haben durch ihre Doppelqualifikation exzellente Berufsaussichten. Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter, was derart kombinierte Studien- und Ausbildungsmodelle anbelangt: 125 Studiengänge stehen derzeit landesweit zur Wahl, die



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Zahl der Studienanfänger in diesen Modellen hat sich binnen nur einen Jahres verdoppelt. Nachhaltig planende Mittelständler haben entscheidend zu dieser positiven Entwicklung beigetragen – und werden mit Sicherheit von den Früchten ihres Engagements profitieren. Gleiches gilt für den erleichterten Hochschulzugang für Meister und qualifizierte Berufstätige, der im Frühjahr 2010 rechtsgültig wurde. Meister können nun gänzlich ohne Aufnahmeprüfung ein Fach ihrer Wahl an einer Hochschule ihrer Wahl studieren. Wer einen qualifizierten Berufsabschluss und mindestens drei Jahre Erfahrung in diesem Beruf hat, dem steht ohne Prüfung das Studium eines verwandten Fachs offen. Beides ist ein Signal dafür, dass Gesellschaft und Wirtschaft berufliche und akademische Bildung gleichermaßen anerkennen. Und es sind entscheidende Schritte zur besseren Vernetzung beider Sphären, der gerade den Beschäftigten im Mittelstand neue Perspektiven eröffnet. Mehr Gewicht für praxisnahe Ausbildung: Das ist auch das Ziel beim Ausbau der Fachhochschullandschaft, in den Nordrhein-Westfalen derzeit 1,3 Milliarden Euro zusätzlich investiert. Langfristig soll der Anteil der Fachhochschulen an den Studienplätzen im Land von 25 auf 40 Prozent steigen. Vier neue Fachhochschulen wurden gegründet, acht bestehende ausgebaut. Vielerorts haben tatkräftige Unternehmer massiv dazu beigetragen, dass die Bewerbung um einen der FH-Standorte Erfolg hatte. Insgesamt entstehen nun binnen weniger Jahre 11.000 neue Studienplätze. Und schon jetzt zeigt sich, wie nutzbringend diese Investition gerade für KMU vor Ort ist: Aufbruchstimmung kennzeichnet die Atmosphäre an den insgesamt 14 neuen Standorten, die bereits den Betrieb aufgenommen haben. Studierende, Unternehmen und Städte profitieren von neuer Schubkraft für innovative Geister vor Ort. Zusätzlichen Schub verleiht vielerorts das Stipendienprogramm, das Nordrhein-Westfalen zum Wintersemester 2009/2010 aufgelegt hat. Jeweils hälftig finanziert vom Staat und von Privaten nimmt es auch und gerade die Fachhochschulen in den Blick, die von den herkömmlichen Begabtenförderungswerken bislang sträflich vernachlässigt wurden. Anders als von Skeptikern prognostiziert, ist die Bereitschaft zur Beteiligung gerade im Mittelstand groß, weshalb die Zahl der Stipendien bereits zum Start von 1200 auf 1400 erhöht werden konnte. Als Erfolgrezept beweist sich hier einmal mehr das Prinzip der Dezentralität: Statt in einen anonymen Topf einzuzahlen, können die Unternehmen sich an einer Hochschule ihrer Wahl für Fächer ihrer Wahl engagieren – und so frühzeitig in Kontakt mit viel versprechenden Nachwuchskräften kommen. Zwar ist die Zukunft des nationalen Stipendienprogramms derzeit noch ungewiss. Nordrhein-Westfalens Mittelständler allerdings können stolz darauf sein, mit wie viel Weitblick sie die entstehende Stipendienkultur vor Ort unterstützen und damit in ihre eigene Zukunft investieren.

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Der Mittelstand, das vermeintliche Stiefkind – ein Vorbild für zukünftiges Handeln in Politik und Wirtschaft? Ich meine ja: Eine globalisierte Welt braucht Unternehmer, die vor Ort verantwortlich handeln, die in kleinen, flexiblen Vernetzungen und Verbünden Herausforderungen annehmen – bei der Ausbildung des Nachwuchses ebenso wie beim Schaffen von Arbeitsplätzen und der Entwicklung innovativer Produkte. „Manche halten den Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse; andere meinen, er sei eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne; nur wenige sehen in ihm ein Pferd, das den Karren zieht.“ Was Winston Churchill einst so drastisch formulierte, kann auch heute noch als Mahnung an die Politik gelten. Der Mittelstand sorgt dafür, dass der Karren nicht steckenbleibt. Und die Politik muss ihn dabei unterstützen – zum Wohl der gesamten Gesellschaft.



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Edelgard Bulmahn, MdB Chancengleichheit muss mehr sein als Zukunftsvision Anfang Juni titelte das Time Magazine mit drei Frauengesichtern und der Überschrift: „The New Sheriffs of Wall Street!“ Der Leitartikel zur Finanzkrise ließ mein Herz höher schlagen. Hier wurde die Finanzkrise einmal aus einer unkonventionellen Perspektive betrachtet: „It is rarely noted that the financial wreckage littering our world is the creation, almost exclusively, of men, not women. And no wonder: to this day, each of the large banks, from Citigroup to Goldman Sachs, employs fewer than a handful of women in senior positions, and only 3% of Fortune 500 companies have a woman as CEO. Embarrassing tales of a testosterone-filled trading culture tumbled out of the what-went-wrong probes as the Great Recession took hold.“ Soweit das Time Magazine, aber die Geschichte geht weiter. In den USA fand etwas statt, was bei uns nur schwer vorstellbar erscheint: Das US Finanzministerium erlebte in seinen von Männern dominierten heiligen Hallen eine kleine Revolution. Die Rednerpulte in der Marmorhalle des Ministeriums wurden weggeräumt, damit drei Frauen Platz nehmen konnten. Eine von ihnen war Sheila Blair, die Vorsitzende der Deposit Insurance Corporation (FDIC) und eine der ersten, die öffentlich vor der schweren Krise und einem möglichen Zusammenbruch der Finanzmärkte gewarnt hatte. Neben ihr saß die Vorsitzende der Securities and Exchange Commission (SEC) Mary Shapiro, die erste Frau in diesem Amt und die entscheidende Stimme für die von der Kommission eingereichte Klage gegen Goldman Sachs. Und als Dritte im Bunde trat Elizabeth Warren auf, verantwortlich für die Aufsicht über das Banken-Bailout im Rahmen des Troubled Asset Relief Program (TARP) und die bedeutendste Befürworterin neuer Regulierung beim Konsumentenschutz. Auf einmal wurde etwas klar: diese Frauen lenken vielleicht nicht die Wall Street, aber in dieser neuen Ära werden sie der Wall Street vorschreiben, wie sie aufzuräumen hat.

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Was erzählt uns diese Geschichte? Blicken wir in Deutschland in die Top-Etagen unserer Wirtschaft, herrschen unverändert patriarchalische Verhältnisse. Lediglich eine einzige Frau hat es geschafft, in den Vorstand eines der dreißig DAX-Unternehmen aufzurücken. Alle übrigen Spitzenmanager Deutschlands sind Männer, berufen und kontrolliert von fast ausnahmslos männlichen Aufsichtsräten. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten liegt bei knapp 10%. Und sie werden zum größten Teil von der Arbeitnehmerseite entsandt. Und nicht nur das, noch immer verdienen Frauen in Deutschland bei vergleichbarer Arbeit im Durchschnitt 23% weniger als Männer. Kurz gefasst, auch bei differenzierter Betrachtung ist die Position von Frauen im Wirtschaftssektor alles andere als zufriedenstellend. Auch die Führungsetagen der großen deutschen Finanzinstitute wie auch der Aufsichtsbehörden sind frauenfreie Zonen. Nur bei der BaFin findet sich eine Frau in der Leitungsstruktur und bei der Hypo Real Estate ist derzeit eine Frau sogar Interims-Vorstandsvorsitzende. Fazit: Da wo es richtig brennt, dürfen auch Frauen wichtige Positionen übernehmen. Darin unterscheidet sich Deutschland nicht von den USA. Deutsche Wirtschaft, das heißt vor allem auch deutscher Mittelstand. Der Mittelstand in unserem Land ist der Motor für Wachstum und Beschäftigung. Und er ist oft Vorreiter bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Hierauf, auf seine Innovationskraft und seine Qualität und Zuverlässigkeit gründet sich seine Stärke. Aber bezüglich seiner Frauenquote lässt sich leider eine ähnlich negative Bilanz ziehen. Der Frauenanteil in den Chefetagen des deutschen Mittelstandes lag 2004 noch bei 16%. Neben 11 Millionen beschäftigten Mitarbeiterinnen in kleinen und mittleren Unternehmen arbeitet auch eine zunehmende Anzahl von mittelständischen Unternehmerinnen in Deutschland. Doch obwohl die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den letzen Jahrzehnten deutlich gestiegen ist und Frauen heute fast die Hälfte der Erwerbstätigen stellen, ist der Anteil der Selbstständigen bei den erwerbstätigen Frauen mit rund 7 Prozent nur etwa halb so hoch wie bei den Männern. Noch immer wird das Existenzgründungspotenzial von Frauen in Deutschland unterschätzt.



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Und dabei weisen weibliche Selbständige gegenüber männlichen Selbständigen vielfach eine höhere schulische Bildung auf und verfügen zu einem höheren Anteil über eine abgeschlossene Berufsausbildung, einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Ich möchte noch einige weitere Fakten ins Gedächtnis rufen. Eine qualifizierte Ausbildung und Berufstätigkeit sind für Frauen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Und der Anteil der erwerbstätigen Frauen ist in den letzten Jahren auf nunmehr rund zwei Drittel gestiegen ist. Schaut man allerdings genauer hin, fällt auf, dass in Deutschland nur 37% der erwerbstätigen Frauen einen Vollzeitjob haben. Insgesamt hatten im vergangenen Jahr zirka 8,2 Millionen Frauen einen Vollzeitjob – 640.000 weniger als noch vor zehn Jahren. Im gleichen Zeitraum stieg demgegenüber die Zahl der Frauen, die eine Teilzeitarbeit aufnahmen, um 1,1 Millionen. Und vor allem bei den Minijobs findet man überwiegend Frauen. Parallel dazu stieg die Zahl geringfügig entlohnter Frauen um insgesamt 930.000 auf rund 4,1 Millionen. Der dramatische Anstieg prekärer Arbeitsverhältnisse führt dazu, dass zunehmend mehr Frauen ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken müssen. Ein durch nichts zu rechtfertigender Missstand. Auch im Jahre 2010 muss man feststellen, dass kaum ein Bereich – besonders in unserem Land aber auch weltweit – so viel Beharrungsvermögen gegenüber allen Gleichstellungsbemühungen bewiesen hat, wie der Wirtschaftssektor. Der faktische Ausschluss von Frauen aus Führungspositionen, ihre geringere Bezahlung und ihre Überrepräsentanz in ungesicherten und prekären Beschäftigungsverhältnissen verstoßen nicht nur gegen das Gleichstellungsgebot unserer Verfassung. Es ist auch volkswirtschaftlich töricht. Nach wissenschaftlichen Kriterien kann die Frage, ob Frauen per se besser wirtschaften als Männer, nicht beantwortet werden, aber eines ist sicher: Frauen bringen eine Erweiterung der Sichtweisen mit sich und eröffnen neue Perspektiven. Und gemischte Teams aus Frauen und Männern, dies haben viele wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, sind produktiver. Eine Gesellschaft schöpft mithin ihr Potential nur dann aus, wenn sie Männer und Frauen an der Gestaltung des Wirtschaftslebens gleichberechtigt beteiligt. Zu Recht formulierte bereits vor 200 Jahren der französische Gesellschaftskritiker Charles Fourier: „Der Entwick-

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lungsstand einer Gesellschaft ist an ihrer Einstellung gegenüber Frauen ablesbar.“ Auch in Anbetracht der demographischen Entwicklung kann unser Land es sich nicht leisten, auf die Begabungen und Talente von Frauen zu verzichten. Im Mittelstand sind es gerade die dienstleistungsorientierten Existenzgründungen von Frauen, die zukunftsträchtige Unternehmensmodelle in unserer Gesellschaft verkörpern und Wachstumsmärkte im Bereich der Senioren- und Gesundheitswirtschaft eröffnen. Das gleiche gilt auch für Sektoren wie der Marketing- und Medienbranche, Finanzdienstleistung und Beratung. Wenn wir uns im internationalen Wettbewerb behaupten wollen, kommen wir also gar nicht umhin, Gleichstellung auch im Wirtschaftsleben zu gewährleisten. Und dies nicht nur in Sonntagsreden oder programmatischen Erklärungen, wir müssen endlich in der Sache vorankommen. Die Frauen in der SPD und bei den Grünen haben sich seinerzeit in der rot-grünen Koalition mit ihrer Forderung nach verbindlichen, überprüfbaren Gleichstellungsregelungen und entsprechenden Quoten in der Wirtschaft nicht durchsetzen können. Stattdessen wurden umfängliche freiwillige Selbstverpflichtungen und Absichtserklärungen mit der Wirtschaft vereinbart. Was ist das Fazit acht Jahre später? Es gibt keine nennenswerten Fortschritte. Frauen benötigen keine weiteren Absichtserklärungen sondern endlich Taten. Wir brauchen auch für die Privatwirtschaft ein Gleichstellungsgesetz mit verbindlichen Quoten. Was im öffentlichen Dienst möglich war und dort zu beträchtlichen Fortschritten geführt hat, muss auch in der Wirtschaft selbstverständlich sein. Der bemerkenswerte Vorstoß der Telekom zeigt, auch in der Wirtschaft selbst ist ein Nachdenken hinsichtlich der Einführung verbindlicher Quoten in Gang gekommen. Frauen sollten darüber hinaus nicht nur in mittleren und höheren Führungsposition der Wirtschaft eine Selbstverständlichkeit sein. Sie gehören genau so in die Aufsichtsräte der großen Unternehmen. Es ist eine umfassende Modernisierung der Unternehmensführung und -kontrolle erforderlich. Denn die bisherige Gewohnheit des Wechsels der männlichen Vorstandsvorsitzenden auf die Posten des Aufsichtsratschefs behindert Transparenz, Innovation und die Gleichstellung von Frauen in den Unternehmen. Beide Geschlechter sollten mit mindestens 40 Prozent auch bei der Vertretung der Kapitalseite im Aufsichtsrat vertre-



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ten sein. Auch hier kommen wir nach meiner festen Überzeugung mit Reden nicht weiter, sondern sollten eine Frauenquote von 40% gesetzlich verankern. Das Beispiel Norwegens zeigt, dass eine derartige Regelung nicht zum Untergang der Volkswirtschaft oder des Unternehmens führt. Frauen und Männer müssen für gleiche oder gleichwertige Arbeit gleichen Lohn bekommen. Das ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Tatsächlich aber verdienen Frauen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Ursachen sind vielfältig. Ausschlaggebend sind die schlechtere Bewertung von „typischen“ Frauenberufen und Kompetenzen von Frauen, unzureichenden Möglichkeiten bei der Kinderbetreuung, u.v.m. Mit Maßen wie der Quote in Aufsichtsgremien, gesetzlichen Regelungen für die Privatwirtschaft, einem flächendeckenden Mindestlohn, der Weiterentwicklung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes und dem Ausbau der Kinderbetreuung sowie der Förderung von Partnerschaftlichkeit kommen wir dem Ziel der Lohngleichheit ein ganzes Stück näher. Dennoch reicht das meines Erachtens nicht aus, denn der Schlüssel für Gleichbehandlung liegt in der Arbeitsbewertung. Deshalb benötigen wir einen rechtlich verbindlichen Diskriminierungs-Check in Tarifverträgen, wie ihn die Gewerkschaften bereits fordern. Gesetzliche Regelungen sind notwendige Voraussetzungen, aber nicht ausreichend, um auch im Wirtschaftssektor eine Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen. Wir müssen Frauen bestärken, ja ermutigen, ihre Qualifikationen in Karrieren umzusetzen und ihr berufliches Fortkommen aktiv einzufordern. Frauen brauchen Vorbilder, Mentoringprogramme und Angebote, die sie ansprechen und ermutigen. Frauen sollten sich gegenseitig unterstützen, eigene Netzwerke schaffen und nutzen, gemeinsam – und nicht als Einzelkämpferinnen – handeln. Neue Ideen und kreative Ansätze entstehen nicht allein auf dem Reißbrett, sie entstehen im täglichen Leben, in Hochschulen, in Unternehmen, im Dialog zwischen allen Beteiligten. Von positiven Beispielen lernen, sich über Erfolge und Misserfolge auszutauschen und gegenseitig zu bestärken, sind wichtige Elemente erfolgreicher Gleichstellungspolitik. Besonders in der mittelständischen Wirtschaft zeigt sich immer wieder, dass Frauen durch familienbedingte Unterbrechungszeiten oftmals nicht nur über deutlich weniger oder kein Eigenkapital verfügen, sondern es ihnen vor allem an Kontakten der Einbindung in berufliche Netzwerke mangelt.

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Um langfristig und erfolgreich Frauen und Mädchen für Führungsaufgaben in der Wirtschaft zu motivieren, brauchen wir neue Konzepte – zum Beispiel Teamorientierung und flache Hierarchien, die die Arbeits-, Betriebs- und Unternehmenskulturen in den Blick nehmen und zu einer geschlechtergerechten Gestaltung der Berufswelt führen. Alle Bemühungen um mehr Chancengleichheit laufen ins Leere, wenn nicht gleichzeitig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessert wird. In den alten Bundesländern ist nur jede vierte Frau mit Kind in Vollzeit erwerbstätig. Fast 40% arbeiten gar nicht. Es ist eine ökonomische Verschwendung, erst in ihre Qualifizierung zu investieren, ihnen dann aber keine geeigneten Rahmenbedingungen für beides – Erwerbs- und Familienarbeit – zu schaffen. Frauen, dürfen nicht länger vor die Alternative gestellt werden, Kinder oder Job. Frauen, die arbeiten, sind genauso wenig Rabenmütter, wie arbeitende Väter Rabenväter sind. Beide, Frauen und Männer, haben einen Anspruch darauf, selbst entscheiden zu können, wie sie ihr Leben gestalten wollten. Doch Untersuchungen in kleinen und mittleren Unternehmen zeigen, dass Familienarbeit und Elternzeit gerade hier immer noch häufig als Frauenthemen behandelt werden. Und das obwohl in diesen kleinen und mittleren Unternehmen nicht weniger als 70 Prozent der Arbeitnehmerinnen in Deutschland arbeiten. Eine der wichtigen Weichenstellungen für größere Karriere- und Arbeitsmarktchancen von Frauen ist deshalb die Gewährleistung einer verlässlichen Kinderbetreuung mit dem Ausbau von Kindergärten und -krippen und der Schaffung von Ganztagsschulen als Regel. Wir benötigen einen qualitativen und quantitativen Ausbau der Betreuungsangebote und einen Rechtsanspruch auf gute Ganztagskindergärten und Ganztagsschulen. Inzwischen ist zwar dank des Ganztagsschulprogramms, das ich 2003 durchsetzte, jede dritte Schule eine Ganztagsschule. Aber der Ausbau stagniert und zu oft heißt ganztags leider nur Hausaufgabenbetreuung oder gar nur bloße Aufsicht, während die pädagogische Betreuung der Schülerinnen und Schüler unzureichend bleibt. Geradezu unverfroren ist in diesem Zusammenhang die durch den hessischen Ministerpräsidenten angestoßene Diskussion, ob wir uns den gesetzlich verankerten Ausbau der Kinderbetreuung und eine Steigerung der Bildungsausgaben denn überhaupt noch leisten könnten. Wer so argumentiert, stellt nicht nur die Gleichstellung von Männern und Frauen in Frage, sondern die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.



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Neben einem bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung brauchen wir zudem frauen- und familienfreundlichere Unternehmenskulturen. Denn die Gleichstellung von Frauen im Wirtschaftsleben ist bisher keine Erfolgsgeschichte. Gerade am Beispiel des Wirtschaftssektors zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, auch weiterhin den Fokus auf die Frauenförderung zu legen und die Gleichstellungspolitik zu forcieren. Einen wichtigen Hinweis, warum die Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft immer noch keine Selbstverständlichkeit ist, gibt Tacitus bereits in seiner Germania, obwohl er damals wahrscheinlich nicht über diesen Aspekt nachgedacht hat. Er führt aus, dass Entscheidungen aus zwei Situationen heraus getroffen werden sollten: zum einen nüchtern und zum anderen beschwingt. Oder moderner formuliert: einerseits rational und andererseits emotional. Die neue Gehirnforschung unterstreicht diesen Ansatz, denn in unseren Gehirnen ist alles miteinander verzahnt und Entscheidungen sind ohne emotionale Beteiligung gar nicht möglich. Wenn ‚Verstand und Emotion‘ zum selben Ergebnis kommen, dann ist eine gute Grundlage dafür gegeben, eine Entscheidung auch in die Tat umzusetzen. Der Verstand lässt sich durch Sachargumente beeinflussen, Emotionen aber werden durch Erfahrungen verändert und geprägt, nicht durch Sonntagsreden und auch kaum durch Sachargumente. Daher muss die Wirklichkeit so verändert werden, dass Entscheider in Führungspositionen die Gleichstellung von Frauen nicht nur kognitiv sondern auch emotional wollen und sie nicht als lästiges Übel betrachten sondern als Chance für ihr Unternehmen begreifen. Schon Max Weber hat erkannt, ohne Augenmaß, Leidenschaft und Verantwortungsbewusstsein, ohne den Willen zur Macht, die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und die Leidenschaft für die Sache, ist eine gute Politik nicht möglich – das gilt auch für Unternehmen!

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Christine Scheel Der deutsche Mittelstand als Stabilitätsgarant in der Krise Von der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Euro-Krise Im Herbst 2008 mussten wir alle den Atem anhalten, als die dann schon über ein Jahr alte Finanzkrise nach dem Lehman-Crash ihren ersten Höhepunkt erreicht hatte. Monate zuvor versuchten die Notenbanken bereits mit beispielslosen Aktionen den Markt mit Liquidität zu fluten, aber die weltweite Finanzkrise kam mit voller Wucht und begleitet uns als Krise des Euro bis heute. Die Finanzkrise wurde von Fehlinvestitionen insbesondere im Immobiliensektor und extensiven Eigengeschäften der Banken und Finanzinstitute ausgelöst. Schnell verwandelte sich die Finanzkrise in einen weltweiten Konjunktureinbruch im Jahr 2009. Besonders große Unternehmen des exportorientierten verarbeitenden Gewerbes und der Automobilindustrie bekamen erhebliche wirtschaftliche Probleme. Der deutsche Mittelstand, von den heimischen Großbanken über Jahre sträflich vernachlässigt, hat die Ursachen der Krise nicht zu verantworten. Die hiesigen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wurden in der Zeit nach dem Herbst 2008 kräftig in den konjunkturellen Einbruch hinein gezogen. Sie haben bis heute unter der Konsumzurückhaltung, dem Einbruch der Exporte und den besonders heftigen Problemen bei der Unternehmensfinanzierung aufgrund der Bankenkrise zu leiden. Als viele die Krise schon für beendet erklärten, lösten die vor allem in Folge der Finanzund Wirtschaftskrise und einer extensiven staatlichen Ausgabepolitik stark anwachsenden Staatsschulden der sogenannten „PIGS“-Staaten Portugal, Italien, Griechenland und Spanien eine große Krise in der europäischen Währungsunion aus. Doch egal ob in der Finanzkrise, der folgenden Wirtschaftskrise oder der jetzt aktuellen Euro-Krise: Der deutsche Mittelstand wird sich trotz einiger Fehlentscheidungen von Seiten der Banken und auch von Seiten der Politik als Stabilitätsgarant erweisen. Aus der Krise kommen wir nur mit einem starken Mittelstand. Deshalb müssen die kleinen und mittleren Unternehmen heute und in den kommenden Jahren gezielt politisch unterstützt werden.



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Die Hilfen in der Krise: Zahlreiche Fehler im Krisenmanagement Im Oktober 2008 wurde in Deutschland mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz ein großes Rettungspaket beschlossen. Der Adressat war der Finanzmarkt, die Wirtschaft blieb außen vor. Man dachte, die Krise beschränke sich auf die aufgeblähten Banken und Finanzinstitute. Erst mehr als anderthalb Jahre nach Anfang der Krise im Frühsommer 2007 begann man dann auch an deutsche Unternehmen und ihre Probleme zu denken. Viel zu spät, viel zu zögerlich, und mit viel zu großem Fokus auf Großunternehmen und medienwirksame Verhandlungen mit einzelnen Konzernen, versuchte die Bundesregierung die Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu begrenzen. Ein Konjunktureinbruch mit noch nie seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland erlebtem fünfprozentigen Negativwachstum in 2009 – höher als in allen anderen großen Industriestaaten – war die Folge. Auch die schwarz-gelbe Regierung hat hier keine Besserung gebracht. Anstatt Hilfen wirksam am Mittelstand anzusetzen, wie es noch vollmundig im Bundestagswahlkampf 2009 versprochen wurde, machte sich die Koalition schnell daran, ein milliardenschweres Entlastungspaket für das Hotelgewerbe zu schnüren. Diese unangebrachte Subvention verstetigt sich als Rekorddefizit im Bundeshaushalt. Die mit jedem Tag ökonomisch weniger angebrachte, vor allem von der FDP geführte Diskussion über eine Einkommenssteuerentlastung von rund 16 Milliarden Euro wurde erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen von der Bundeskanzlerin beerdigt. Für Mittelstandspolitik scheint bei Schwarz-Gelb kein Platz auf der Agenda zu sein. Das Bankenrettungspaket aus dem Herbst 2008 war an keinerlei Bedingungen wie die Sicherstellung der Kreditversorgung geknüpft. Auch entschied sich die Bundesregierung im Gegensatz zu anderen Ländern wie die USA dagegen, Einfluss auf die Geschäftspolitik der Banken durch den Tausch von Hilfen gegen Anteile ausüben zu können. Andere Staaten haben hier nicht nur bessere Weichenstellungen beschlossen, sie haben teilweise auch vorgemacht, wie Konjunkturhilfen sinnvoller und effektiver den Mittelstand erreichen können. Insbesondere unter der Berücksichtigung der Wirtschaftskraft der mittelständischen Unternehmen gingen die Hilfen aus den deutschen Konjunkturpakten teils deutlich am

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Bedarf vorbei. Für Großunternehmen wurden im Wirtschaftsfonds Deutschland 25 Milliarden Euro eingeplant, während für den Mittelstand nur 15 Milliarden Euro verwendet werden sollten. Die bisher bewilligten Kredite zeigen jedoch, dass Großunternehmen und Mittelstand hier ungefähr gleichauf liegen. An den kleinen Betrieben gingen diese Hilfen in der Breite vorbei, denn der Wirtschaftsfonds Deutschland ist deutlich auf Großunternehmen und den großen Mittelstand zugeschnitten. Es ist davon auszugehen, dass der Anteil der kleinen Unternehmen, die auf ihn zurückgreifen, sehr klein ist. Die Möglichkeit, auf einen Massekredit zuzugreifen, wurde erst recht spät eingeräumt. Gerade weil die Beantragung von Mitteln aus einem zentralen Fonds für kleine Unternehmen mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden ist, haben viele andere europäische Länder versucht, durch (temporäre) Steuererleichterungen für Unternehmen einer Diskriminierung vorzubeugen. In Deutschland gab es hier neben einer Absenkung des Krankenkassenbeitrags und der auf zunächst zwei Jahre befristeten degressiven Abschreibung für Wirtschaftsgüter keine Versuche, die Unternehmen in der Breite zu entlasten. Keine Anreize, keine Modernisierung, keine Vision Manche europäische Länder haben eine Reihe von branchenspezifischen Programmen aufgelegt, auf die entweder nur der Mittelstand zurückgreifen konnte, oder von denen der Mittelstand über die Zulieferindustrie profitierte. Von der großen Koalition wurde als branchenspezifisches Programm die Abwrackprämie aufgelegt, von denen kleine Unternehmen indirekt, beispielsweise als Zulieferer profitieren konnten. Im Gegensatz zur deutschen Abwrackprämie wurden jedoch viele branchenspezifische Programme in anderen Ländern speziell auf den Mittelstand zugeschnitten und mit Anreizen oder Bedingungen zur Modernisierung verbunden. Die einzig sinnvolle sowohl ökologische als auch ökonomische Komponente der Konjunkturprogramme war die Ausweitung der Programme zur Gebäudesanierung. Das überaus erfolgreiche Programm plant die neue Bundesregierung jedoch deutlich zurückzuführen statt auszubauen.



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Besonders in Spanien wurde eine Reihe von Programmen aufgelegt, die das Ziel der wirtschaftlichen Dynamik mit einer Ausrichtung auf Zukunftstechnologien und einer ökologischen Modernisierung verbinden sollte. Die große Mehrzahl der Programme war speziell auf kleine und mittlere Unternehmen zugeschnitten. Sogar in Großbritannien verband man ein Beschaffungsprogramm für Dienstwagen mit einer deutlichen ökologischen Komponente. Man versuchte die betrieblichen Hilfsprogramme auf der Insel deutlich stärker an der Innovationskraft und an Anreizen für betriebliche Investitionen auszurichten. Die Bundesregierung war auch diesbezüglich leider weitestgehend ideenlos. Ein in jeder Hinsicht vorbildliches Konjunkturprogramm hat Südkorea vorgelegt. Etwa 70 Prozent der Mittel seiner Konjunkturprogramme gingen in die ökologische Modernisierung der Wirtschaft. Mit klar ausgerichteten Programmen hat das ostasiatische Land deutlich gemacht, dass Konjunkturprogramme ökonomisch erfolgreich sein können, wenn sie mit einer ökologischen Modernisierung der heimischen Wirtschaft verbunden sind. Und das in einer Volkswirtschaft, die ähnlich exportabhängig wie die deutsche ist. Ein Konjunkturpaket dieser Art wäre auch für Deutschland die bessere Alternative gewesen. Deshalb wurde von den Grünen der „Green New Deal“ vorgelegt. Er war mehr als ein reines Konjunkturprogramm, vielmehr sollte er den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft vorantreiben und damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen für die Zukunft rüsten. Der Mittelstand als Stabilisator Trotz der Vernachlässigung der Banken und der Fehler in Krisenmanagement und Konjunkturpolitik der deutschen Bundesregierung bewies sich der Mittelstand in der Krise einmal mehr als Stabilitätsgarant der wirtschaftlichen Entwicklung. Während die Zeit nach dem Herbst 2008 für Finanzinstitute und Großunternehmen eine katastrophale Entwicklung brachte, kam der Mittelstand in seiner Gesamtheit mit einem blauen Auge davon. Eine Analyse des Mittelstandsmonitors 2010 stellt fest, dass das Jahr 2009 für die KMUs zwar ein schlechtes Jahr, jedoch kein bedeutend schlechteres Jahr als ein „normales“ Jahr im Abschwung war.

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Besser lässt sich die stabilisierende Wirkung des Mittelstands jedoch an der relativen Entwicklung der KMUs zu den Großunternehmen und an den Beschäftigtenzahlen ablesen. Der KfW-ifo-Mittelstandsindikator zeigt für das Jahr 2009 eine drastische relative Verbesserung des Geschäftsklimas im Mittelstand im Verhältnis zu den Großunternehmen. Damit wurde nicht nur eine jahrelange Entwicklung zugunsten der großen Unternehmen umgekehrt, vielmehr konnte das vergleichsweise gute Klima im Mittelstand in einem sehr negativen ökonomischen Umfeld einen wirtschaftlich besseren Konjunkturverlauf der KMU untermauern. Im Bereich der Beschäftigung muss festgestellt werden, dass es gerade die kleinen Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern waren, die den Arbeitsmarkt stabilisiert haben. Von Juli 2008 bis Juli 2009 haben diese Unternehmen teils deutliche Beschäftigungszuwächse gehabt, und das trotz teilweise erheblicher Liquiditätsengpässe zu dieser Zeit. Negative Nachrichten kamen im gleichen Zeitraum jedoch aus dem größeren Mittelstand. Hier waren, genauso wie in Großunternehmen, deutliche Beschäftigungsrückgänge zu verzeichnen. Raus aus der Krise: Nur der Mittelstand kann es Der deutsche Mittelstand ist für die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise nicht verantwortlich. Es waren nicht die kleinen und mittleren Unternehmen, die die Weltwirtschaft mit kreditfinanzierten Massenspekulationen und undurchsichtigen Finanzprodukten aus der Balance brachten. Aber der Mittelstand ist mit dem ganz großen Teil der Beschäftigten und Auszubildenden der Jobmotor in Deutschland. Über 99 Prozent der Unternehmen sind kleine oder mittlere Unternehmen. Der Mittelstand steht hinter fast 50 Prozent der Nettowertschöpfung aller Unternehmen. Er wird daher zentral für die Bewältigung der Krise sein. An die 80 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen haben die Rechtsform einer Personengesellschaft, verbunden mit allen Haftungsrisiken des privaten Kapitals. Nur ein starker Mittelstand kann zur Bewältigung der Krise beitragen. Durch diese Position tragen die kleinen und mittleren Unternehmen eine große Verantwortung, dazu beizutragen, dass die Krise vorübergeht und ihre Auswirkungen bekämpft werden. Hierbei darf ihnen die Politik nicht im Wege stehen.



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Der Mittelstand hat deshalb zu Recht den Anspruch, eine Sonderrolle in der Agenda der Politik zurückzubekommen, die ihm in Zeiten der Krise verwehrt wurde. Die Finanzierung ist die zentrale Herausforderung, die Bundesregierung ist hier jedoch nach wie vor ratlos. Einen Kreditmediator einzusetzen, ist das einzige, was bisher von der Bundesregierung unternommen wurde. Ein Posten ohne Macht und Verantwortung – jedoch mit höherem Gehalt als die Kanzlerin selbst – ist das Einzige, was Schwarz-Gelb dem Mittelstand zu bieten hat. Immerhin ist es erfreulich, dass sich mittlerweile immer mehr Banken, sogar private Großbanken mit Mezzanine- und Eigenkapitalfonds auf die Finanzierung des Mittelstands rückbesinnen. Aber in den Finanzinstituten gibt es nach wie vor einen nicht unerheblichen Wertberichtigungsbedarf, zusätzlich werden Euro-Krise und höhere Eigenkapitalvorschriften die finanziellen Möglichkeiten der Banken noch einige Zeit binden, so dass sie als Zugpferde während des erhofften Konjunkturaufschwungs zur Finanzierung des Mittelstands nur in begrenzter Weise beitragen können. Also ist die Politik in der Verantwortung, einige Reformen einzuleiten, die speziell auf den Mittelstand zugeschnitten sind. Der Mittelstand muss in seinem Innovationswillen gestärkt werden, Liquiditätsprobleme müssen behoben werden und nicht zuletzt muss sichergestellt werden, dass die Sanierung von Unternehmen gelingt. Forschungsförderung für den Mittelstand Kleine und mittlere Unternehmen brauchen einen stärkeren Anreiz, neue Produkte und Verfahren zu entwickeln und Zukunftsbereiche zu erschließen. Deshalb ist es notwendig, eine gezielte und unbürokratische Förderung für diese Unternehmen einzuführen. Wir Grünen fordern eine Steuergutschrift von 15 Prozent auf alle Forschungs- und Entwicklungsausgaben für Unternehmen bis 250 Mitarbeiter. Die Steuergutschrift soll zusätzlich zur bestehenden Projektförderung einführt werden. Von vollmundigen Versprechen in den Wahlprogrammen von Union und FDP ist im Koalitionsvertrag nur eine Ankündigung geblieben. Die Klientelgeschenke im Wachstumsbeschleunigungsgesetz schienen der Koalition dringender als die Forschungsförderung für den Mittelstand. Mit fatalen Folgen für die Innovationskraft unserer Volkswirtschaft, denn Unternehmen sparen in der Krise zuerst bei Forschung und Entwicklung. Um kurzfristig zu

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überleben, opfern gerade kleine und mittlere Unternehmen gezwungenermaßen Kapazitäten, die sie für den ökologischen Strukturwandel dringend brauchen. Die bisherige Innovationsförderung in Deutschland erreicht kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nur unzureichend und benachteiligt sie im Vergleich zu großen Unternehmen. Auch die Konzentration der Projektförderung auf bestimmte Technologiefelder schließt viele KMU von vorneherein von einer Förderung aus. Der hohe bürokratische Aufwand wirkt abschreckend, Informationen und Beratung kommen nicht an. Nur 14 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Wirtschaft in Deutschland entfallen auf KMU. Hier liegt ein enormes Innovationspotenzial brach. Der von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Bundestag zur Abstimmung gestellte Antrag sieht die folgenden Kernpunkte vor: ◼◼

Die Steuergutschrift beträgt 15 Prozent aller nachgewiesenen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen für Personal-, Sach- und Investitionskosten.

◼◼

Gefördert werden alle Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern, die nicht von einem oder mehreren zusammenwirkenden Großunternehmen beherrscht werden. Auftragsforschung wird beim Auftraggeber berücksichtigt.

◼◼

Übersteigt die Steuergutschrift die Steuerschuld, wird der entsprechende Betrag an das Unternehmen ausgezahlt. Damit werden auch Unternehmen gefördert, die trotz Verlusten weiter in die Zukunft investieren.

Insolvenzrecht reformieren Eine Reform des Insolvenzverfahrens für Unternehmen ist längst überfällig. Dabei muss angestrebt werden, dass das Insolvenzplanverfahren gestärkt wird. Dadurch können Sanierungen von Unternehmen früher gelingen und Arbeitsplätze gerettet werden. Für dieses Jahr wird eine weitere Zunahme der Insolvenzen erwartet, obwohl bereits 2009 deren Anzahl um 11,6 Prozent zugenommen hat. Traurige Realität ist, dass es in großer Zahl mittelständische Unternehmen trifft. Die hohe Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat 2009 zu volkswirtschaftlichen Schäden durch Forderungsausfälle von 85 Milliarden Euro geführt. Mehr als eine halbe Million Beschäftigte waren von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen.



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Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie muss für die Wirtschaft transparentere Bedingungen und Erleichterungen bei der Sanierung krisengeschädigter Unternehmen herbeiführen. Bessere Rahmenbedingungen sind aber nötig, um mehr Unternehmen sanieren und fortführen zu können. Die frühzeitige Rettung und Restrukturierung von Unternehmen muss angestrebt werden, damit sie erst gar nicht insolvent werden. Außergerichtliche Unternehmenssanierungen müssen daher früher beginnen. Das Zeitfenster, das die derzeitigen Regelungen über die Insolvenzantragspflicht für Sanierungsversuche offenlassen, ist zu klein. Es verhindert, dass grundsätzlich lebensfähige Unternehmen noch rechtzeitig vor der Stigmatisierung eines Insolvenzverfahrens saniert werden können. Bisher wird das Insolvenzplanverfahren zur Sanierung und Rettung von Firmen nur in etwa zwei Prozent der Fälle angewandt. Die Liquidation von Unternehmen ist für die meisten kleinen und mittleren Unternehmen die Regel. Experten schätzen jedoch, dass das Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung für 20 bis 30 Prozent der Fälle in Frage käme, wenn die Rahmenbedingungen für seine Anwendung zielgerichtet reformiert würden. Es gibt viele positive Beispiele für die Anwendung des Sanierungsverfahrens. Herlitz, SinnLeffers und Märklin gehören dazu. Mit diesem Verfahren könnten knapp die Hälfte der erhaltungsfähigen Unternehmen fortgeführt und fast 60 Prozent der Arbeitsplätze gerettet werden. Ungesicherte Gläubiger kommen bei einer erfolgreichen Sanierung meist zu einer höheren Quote für ihre Forderungen als im Regelverfahren. Liquiditätsprobleme des Mittelstands beheben Die Wirtschaftskrise hat an der Eigenkapitalausstattung und an der Liquiditätsversorgung des Mittelstands gezehrt. Damit KMU erst gar nicht in die Situation kommen, in der sie über eine Insolvenz nachdenken müssen, muss dem Mittelstand über seine Liquiditätsprobleme hinweggeholfen werden. Denn diese Hilfen sind in den allermeisten Fällen nicht hausgemacht, sondern sie sind auf das dramatische ökonomische Umfeld seit Herbst 2008 zurückzuführen.

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Vielen Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals. Sie brauchen zeitnah unkomplizierte Hilfen. Union und FDP haben im Koalitionsvertrag schnell verfügbare und unbürokratische Liquiditätshilfen zugesagt. Leider ist seither viel Zeit vergangen, ohne dass sich die Regierung um ein Liquiditätsprogramm gekümmert hätte. Damit dem Mittelstand schon jetzt aus der Finanzklemme geholfen wird, haben wir Grünen einen innovativen Vorschlag vorgelegt, mit dem kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten auf Antrag ein formloser Kredit in Höhe der 1,2-fachen monatlichen sozialversicherungspflichtigen Brutto-Gehaltssumme gewährt werden soll. Dieses Liquiditätsprogramm könnte bis zu 1,5 Millionen Unternehmen des Mittelstands über die Liquiditätsklemme hinweg helfen. Mit der Vorfinanzierung gibt der Staat seine günstigen Refinanzierungsbedingungen an die kleinen und mittleren Unternehmen weiter. Mit der Beantragung verpflichtet sich der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zur Einhaltung von Rückzahlungsbedingungen und der Verzinsung. Selbstverständlich müssen auch die Ausfallrisiken mit eingepreist werden. Zur Umsetzung sollen bestehende Strukturen genutzt werden. Die Vorfinanzierung könnte deshalb über eine Clearingstelle unter der Leitung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unbürokratisch abgewickelt werden. Die Vergabe der Hilfen muss schnell und unbürokratisch erfolgen. Unbedenklich sind solche Unternehmen, die keine Steuer- und Sozialversicherungsschulden haben. Anderenfalls muss natürlich eine schnelle Prüfung erfolgen, ob die Schwierigkeiten tatsächlich durch die Krise ausgelöst wurden. Schnelligkeit und Einfachheit der Kreditvergabe sind von großer Bedeutung zur Vermeidung von Insolvenzen. Ausblick: Der Mittelstand in der Euro-Krise Die mangelnde Bereitschaft der schwarz-gelben Regierung, sich um die drängendsten Probleme des Mittelstands mit höchster Priorität zu kümmern wird uns noch eine Weile begleiten. Insolvenzrechtreform, Forschungs- und Entwicklungsförderung und kurzfristige Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen sind die zentralen Herausforderungen, die umgehend auf den Weg gebracht werden müssen. Aber damit erschöpfen sich die Baustellen noch nicht.



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Es wird eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre sein, eine intelligente Finanzmarktregulierung zu beschließen und umzusetzen. Denn eines sollte diese Krise gezeigt haben: Ein selbstreferentieller Finanzmarkt ist nicht von Vorteil für die Realwirtschaft. Das Gegenteil ist wahr, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen bedeutet ein entkoppelter und entfesselter Finanzmarkt einen großen Nachteil. Es ist dringend erforderlich, dass sich die Finanzwirtschaft wieder an die Realwirtschaft annähert. Das Finanz-Casino muss geschlossen werden und die ursächliche Aufgabe der Finanzinstitute, nämlich die nötige Finanzausstattung von Unternehmen, muss wieder in den Mittelpunkt der Geschäfts- und Produktpolitik der großen Banken rücken. Der Anlegerschutz muss verbessert werden und die Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen als klassische Refinanzierungsinstitute für den Mittelstand erhalten und gestärkt werden. Es bleibt festzuhalten, dass aufgrund des im internationalen Vergleich großen Anteils von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland von diesen große ökonomische Stabilisierungswirkungen in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise ausgingen. Leider wurden mit den halbherzigen und anreizarmen Konjunkturprogrammen der großen Koalition fundamentale Chancen zur Modernisierung der Wirtschaft vergeben. Der Fokus der Hilfen wurde nicht auf den Mittelstand gerichtet. Ein Negativwachstum in Rekordhöhe in 2009 war die Folge. Mit der Euro-Krise stellen sich neue Herausforderungen. Es ist zu erwarten, dass ökonomische Unsicherheiten besonderen Druck auf die jeweilige Binnenkonjunktur ausüben. Die mittelfristige Abwertung des Euro wird jedoch Chancen im außereuropäischen Export eröffnen. Damit hätten voraussichtlich kleine Unternehmen besonders unter der Euro-Krise zu leiden, während die aktuelle Entwicklung für den hoch spezialisierten und exportierenden Mittelstand von Vorteil sein kann.

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Wir Grünen werden auch weiter Ideen und Konzepte für einen innovativen, ressourceneffizienten und damit erfolgreichen deutschen Mittelstand einbringen. Die KMU müssen für die Zukunft gerüstet sein und die Politik ist dabei mit in der Verantwortung, die richtigen zukunftsorientierten Rahmenbedingungen zu setzen. Leider wurden von Seiten der Bundesregierung zu Zeiten der Krise viele Chancen vergeben. Denn Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, und sogar die Klimakrise sind alles Herausforderungen, denen nicht zuletzt mit einer guten Mittelstandspolitik erfolgreich begegnet werden kann.



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Friedhelm Ost Mittelstand mit großer Zukunft Noch ist sie nicht überwunden. Die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg lockert zwar allmählich den Griff, in dem sie die Weltwirtschaft seit dem Winterhalbjahr 2008/2009 hält – jedoch bedroht sie nach wie vor Banken, Unternehmen und die wirtschaftliche Grundlage ganzer Staaten. Auch wenn die Zeichen auf Stabilisierung stehen, einige Zeitungen gar vom „neuen Wirtschaftswunder“ schreiben – die Lage bleibt fragil und die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und der Welt mehr als ungewiss. Die Risiken und Belastungsfaktoren für die wirtschaftliche Erholung sind erheblich, trotz der kontinuierlichen Verbesserung des Geschäftsklimas in den vergangenen Monaten. Ein selbsttragender und nachhaltiger Aufschwung ist bisher nicht erkennbar. Nach dem tiefen Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Leistung um rund 5 Prozent im Jahre 2009 erwarten nahezu alle Experten aus Politik und Wissenschaft für 2010 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um etwa 1,5 bis 2 Prozent sowie für 2011 mit einem etwas schwächeren Anstieg um 1,2 bis 1,4 Prozent. Alles deutet darauf hin, dass die krisenbedingten Wohlstandsverluste somit frühestens 2013/ 2014 ausgeglichen sein werden. Mittelstand: Stabilisator in der Krise In der stark exportorientierten deutschen Volkswirtschaft hat die Krise aufgrund des starken Rückgangs des weltweiten Handels tiefe Spuren hinterlassen. Hiervon war vor allem auch der Mittelstand erheblich betroffen – allerdings weniger hart als die meisten deutschen Großunternehmen. Das kfW-ifo-Mittelstandsbarometer wies 2008 und 2009 einen historischen aufeinanderfolgenden Rückgang um 17,6 bzw. 14,5 Punkten aus – ein Indiz für den deutlichen Einbruch im Mittelstand. Jedoch bewerteten mittelständische Unternehmen ihr Geschäftsklima damit noch um 12,5 Punkte weniger negativ als die deutschen Großunternehmen, womit die mittelständische Wirtschaft in Zeiten einer tiefen Rezession ihre Stärke als volkswirtschaftlicher Stabilisator bewiesen hat. Alles in allem war das Geschäftsklima im Mittelstand zwar schlecht, aber nicht schlechter als in wirtschaftlich schwachen Jahren der Vergangenheit. Hingegen war der Einbruch bei der Geschäftsentwicklung der Großunternehmen im Jahre 2009 nur als dramatisch zu bezeichnen.

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Zuletzt gab es einen solchen Abstand zu Gunsten des Mittelstandes im Rezessionsjahr 1993. Darin ist die Stabilisatorwirkung des Mittelstandes als „Rückgrat“ der Volkswirtschaft deutlich erkennbar. Neben dem Finanzsektor war der Außenhandel der „Treiber“ des Abschwungs der letzten Jahre. Die sehr stark von der Entwicklung auf dem Weltmarkt abhängigen Großunternehmen waren deshalb erheblich stärker von der Krise betroffen als kleine und mittlere Unternehmen, die in ihrer Breite von der relativ stabilen Binnennachfrage profitieren konnten. Die Investitionsbereitschaft der deutschen Mittelständler ist indessen infolge der negativen Ertragslageeinschätzung ebenfalls zurückgegangen. 42,4 Prozent der Unternehmen planten Ende 2009 Investitionen für das 1. Halbjahr 2010 – trotz aller Erwartungen an die wirtschaftliche Erholung und damit einhergehender besserer Umsatz- und Ertragserwartungen für das laufende Jahr. Dennoch hielt sich der Rückgang der Investitionsbereitschaft mit einem Minus von nicht einmal zwei Prozentpunkten gegenüber Ende 2008 in Grenzen. Auch hier erweist sich der Mittelstand als ökonomischer Stabilisator im Abschwung. Die Unternehmensleitungen wollten nicht Produktionsanlagen wegen der Nachfrageschwäche veralten lassen und haben zumindest Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen vorgenommen. Auch die Beschäftigungsentwicklung spiegelt deutlich wider, dass trotz aller Krisenbelastungen viele Mittelständler bestrebt waren, ihr Fachpersonal an sich zu binden. So wurde das Instrument der Kurzarbeit auch in mittleren und kleinen Betrieben genutzt. Fachkräfte: Das wichtigste Kapital Der aufgrund der demografischen Entwicklung absehbare Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird dem stark von qualifiziertem Fachpersonal abhängigen Mittelstand in Zukunft erhebliche Probleme bringen. Schon heute sind trotz der Wirtschaftskrise teilweise gravierende Engpässe bei Fach- und Führungskräften zu beobachten. Im Herbst 2009 förderte eine Unternehmensbefragung das Ergebnis zutage, dass Mittelständler trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten Personal suchten (ca. 50 Prozent) und dass etwa ein Drittel dieser Unternehmen Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung hatten. Ab 2015, spätestens ab 2020, werden sich diese Probleme noch erheblich verschärfen. Dann nämlich erreichen die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter. Eine der zentralen volks- und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft wird es sein, diese qualifizierten Arbeitskräfte zu ersetzen.



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Wenn man die Gründe dafür analysiert, warum heutzutage Stellen für Fach- und Führungspersonal in mittelständischen Unternehmen teilweise nicht besetzt werden können, so ist dafür jedoch nicht nur der Mangel an hochqualifizierten Bewerbern ursächlich. Vieles deutet auch darauf hin, dass die von den Unternehmen gebotenen Anreize oft nicht als ausreichend empfunden werden. Da weiterhin davon auszugehen ist, dass es auch in Zukunft die Großunternehmen sein werden, die ihrem Führungspersonal attraktivere finanzielle Rahmenbedingungen bieten können, kommt es für mittelständische Unternehmen immer mehr darauf an, Spitzenpersonal mit stärkeren immateriellen Anreizen an sich zu binden. Hierzu gehören vor allem die persönlichen Aufstiegs- und Entfaltungsmöglichkeiten im Unternehmen und ein positives Betriebsklima. In diesen Bereichen bieten kleine und mittlere Unternehmen eindeutig Vorteile gegenüber Großunternehmen. Zum Beispiel haben Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten bei der Bewertung durch Arbeitnehmer insgesamt wesentlich besser abgeschnitten als Großunternehmen. Diese Arbeitgeberattraktivität muss weiterentwickelt, ausgebaut und deutlich stärker kommuniziert werden, wenn der Mittelstand den Wettbewerb um das Spitzenpersonal der Zukunft nicht verlieren will. Zu einer nachhaltigen Personalpolitik zählen beispielsweise die frühzeitige Ansprache geeigneter Führungskräfte, die Vergabe von Betriebspraktika mit interessanten und praxistauglichen Aufgaben und innovative, gezielte Personalmarketing-Maßnahmen sowie die Eröffnung von Wegen der Fortbildung und Weiterqualifizierung. Der Innovationsträger Mittelstand als Innovator Innovation und Fortschritt sind die wichtigste Grundlage wirtschaftlichen Wachstums. Es kann nur der überleben, der sich den Herausforderungen des technischen Fortschritts stellt. Mittelständler gelten zu recht als höchst innovativ. Eine aktuelle Umfrage des DIHK zeigt den Stellenwert von Innovationen für den Mittelstand, gerade in schwierigen Zeiten. Von den 1.100 befragten kleinen und mittleren Unternehmen reagierten 30 Prozent auf die Wirtschaftskrise mit verstärkten Innovationsaktivitäten, nur 5 Prozent reduzierten ihr Innovationsengagement. Bei den großen Unternehmen sieht das Bild nicht so günstig aus. Nur 17 Prozent der Großunternehmen (mit mehr als 1000 Mitarbeitern) steigerten ihre Innovationsaktivitäten, während 18 Prozent ihre Innovationsprojekte infolge von Finanzierungsproblemen verschieben. Diese Zahlen machen die Bedeutung des Mittelstands als wichtiger Innovationsträger der Volkswirtschaft deutlich.

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Innovationen werden vom Mittelstand übrigens anders als Investitionen zumeist aus internen Quellen finanziert, lediglich für 12 Prozent der Innovationsaufwendungen werden Bankkredite in Anspruch genommen. Kreditgeber wie Banken oder andere Institute stehen der Finanzierung von Forschung und Entwicklung nach wie vor sehr zurückhaltend gegenüber, deshalb können Unternehmen mit einer hohen FuE-Intensität nur in geringem Maße auf eine Fremdfinanzierung zurückgreifen. Selbst Beteiligungskapital, eigentlich eine für Innovationen besonders geeignete Finanzierungsquelle, steht als Alternative nur in einem geringen Umfang zur Verfügung. Lediglich 2 Prozent der Innovationsaufwendungen mittelständischer Unternehmen werden darüber finanziert. Zumeist konzentrieren sich Beteiligungskapitalfinanzierungen auf junge, hochinnovative Unternehmen, die die Gewinnschwelle selten überschritten haben. Staatliche Zulagen und Zuschüsse sind deshalb eine wichtige Finanzierungshilfe für Innovationsaufwendungen; ihre Bedeutung steigt mit zunehmender Technologieorientierung des Unternehmens. Innovative Unternehmen aus den neuen Bundesländern nehmen Zuschüsse und Zulagen dabei deutlich stärker in Anspruch als Firmen aus den alten Bundesländern. Die starke Inanspruchnahme des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) der Bundesregierung beweist, dass staatliche Förderungen zu wichtigen Impulsgebern für eine höhere Innovationsbereitschaft des Mittelstandes gehören. ZIM ist nach Ansicht vieler befragter Unternehmen ein „best practice“ bei Förderprogrammen, da es themen- und technologieoffen konzipiert ist und unbürokratische Antrags- und Genehmigungsverfahren aufweist. Dies ist ein seltener Fall unter den zahlreichen Förderprogrammen, deren Zahl sich auf mehrere hundert beläuft und die sich vor allem durch Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit auszeichnen. Es kommt einer politischen Herkulesaufgabe gleich, dieses Dickicht zu lichten und dafür zu sorgen, dass staatliche Zulagen und Zuschüsse vor allem solchen Unternehmen zu Gute kommen, die auf Innovationen setzen und somit auf Zukunftssicherung. Neben solchen verbesserten, gezielten Programmen gilt es jedoch vor allem, die Finanzierungsprobleme des Mittelstands zu lösen und Wege zu ermöglichen, die die starke Abhängigkeit der Innovationstätigkeit von der eigenen Finanzierungskraft der Unternehmen reduzieren. Denn nur so werden noch viel mehr langfristige Innovationsvorhaben möglich. Mit der Realisierung der Innovationen steigen die Chancen für neue Produkte und Dienstleistungen, für mehr Wachstum und Beschäftigung.



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Mittelstandsfinanzierung: Ein großes Problem Zu den Risiken für einen dauerhaften Aufschwung und mehr Wachstum gehört die nach wie vor zurückhaltende Kreditvergabe der Banken, unter der insbesondere mittelständische Unternehmen leiden. Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen in Deutschland beruht traditionell auf zwei Säulen: der Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen einerseits und der Fremdfinanzierung durch Bankkredite andererseits. Auch wenn die unmittelbaren ‚realwirtschaftlichen‘ Auswirkungen der Krise den Mittelstand weniger hart getroffen haben als andere Wirtschaftsbereiche, hat er unter ihren Folgen für den Finanzund Kreditmarkt ungleich stärker zu leiden als große Unternehmen. Durch zurückgehende Umsätze bei annähernd konstanten Betriebskosten hat sich die ohnehin im internationalen Vergleich schwache Eigenkapitalbasis der Unternehmen weiter verschlechtert. Gleichzeitig steigen in logischer Konsequenz des Versagens der Finanzmärkte die Auflagen für Banken, ihre Risiken, insbesondere Kreditrisiken, durch eine höhere Eigenkapitalvorhaltung abzusichern. Einerseits verschlechtert sich also aufgrund der Ertragslage tendenziell die Bonität kleiner und mittlerer Unternehmen, andererseits erhöht sich die Risikosensibilität der Banken – teils aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen, teils durch verschärfte Kreditvergabebedingungen. Beides führt zu einer Verschlechterung der Konditionen neuer Kredite und zu entsprechenden Finanzierungsschwierigkeiten vieler mittelständischer Betriebe. Aktuelle Analysen der Europäischen Zentralbank belegen diesen Trend. Sie zeigen eine zunehmende Beschränkung des Kreditangebots, die dazu führen könnte, dass der konjunkturelle Aufschwung zum Teil gebremst wird. Es wird nun unter anderem darauf ankommen, bei der Überarbeitung der Kreditvergaberegelungen im Rahmen von „Basel III“ einen Weg zu finden, einerseits ein sorgfältiges Risikomanagement der Banken zu garantieren, andererseits aber gerade in Krisenzeiten den Handlungsspielraum bei der Vergabe von Unternehmenskrediten zu erhalten, möglicherweise sogar auszudehnen. Diese scheinbare Quadratur des Kreises muss gelingen, wenn die Sicherung eines funktionierenden und stabilen Finanzsystems nicht vor allem zu Lasten der mittelständischen Wirtschaft gehen soll.

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Ein Weg zur Steigerung der Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen könnte auch die von verschiedenen Banken wie der KfW und Commerzbank, der Deutschen Bank sowie den Sparkassen aufgelegten Mittelstandsfonds sein. Deren langfristige Darlehen zielen auf eine Stärkung der Eigenkapitalquote und Sicherung der Liquidität kleiner und mittlerer Unternehmen ab und verhelfen dem Mittelstand so zu einer besseren Bewertung seiner Finanzstärke und insgesamt besseren Kreditkonditionen. Diese Fonds sollten in Zukunft weiterentwickelt und verstetigt werden, um der sich mittelfristig abzeichnenden massiven Eigenkapitalproblematik in mittleren und kleinen Firmen wirksam vorzubeugen. Der Bundesverband öffentlicher Banken hat in jüngster Zeit das Instrument der Mittelstandsanleihe vorgeschlagen, um den Liquiditätsbedarf der mittelständischen Wirtschaft zu annehmbaren Konditionen sicherstellen zu können. Größere Unternehmen nutzen diese Finanzierungsform bereits in immer größerem Umfang und mit Erfolg. Würde es gelingen, durch eine teilweise Verbürgung des Kreditrisikos durch die Banken oder den Staat eine attraktive Anleiheform für kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln, könnten die entsprechenden Wertpapiere für Anleger hochattraktiv sein und sich als eine wirksame Hilfe für die Eigenkapitalausstattung des Mittelstands erweisen. Ungeachtet des steten Geredes über die „Heuschrecken“ als biblische Plagen des Finanzmarkts bieten strategische Beteiligungen, also Private Equity, ebenfalls große Chancen für die Mittelstandsfinanzierung der Zukunft. Auch wenn Beteiligungskapital heute noch eine eher untergeordnete Rolle in der Finanzierungsstruktur kleiner und mittlerer Unternehmen spielt und vor allem bei Unternehmensgründungen zum Einsatz kommt, zeigen Studien, dass seine Akzeptanz immer weiter steigt und sich die Aufnahme von Beteiligungskapital zu einer der bedeutendsten Säulen der Mittelstandsfinanzierung entwickeln könnte. Es ist damit zu rechnen, dass strategische Investoren ihren Fokus in Zukunft stärker auf wachstumsstarke und innovative mittlere Unternehmen ausrichten werden. Insgesamt muss und wird also die Bedeutung des Bankkredits für die Unternehmensfinanzierung stetig abnehmen. Der Mittelstand wird neue Finanzierungskonzepte nutzen müssen. Mittelständler, die bereits heute ihre Gewohnheiten in Richtung moderner Finanzierungsformen anpassen, sind für die Zukunft auf jeden Fall besser gerüstet.



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Familienunternehmen vor dem Aussterben ? Der deutsche Mittelstand hat ein strukturelles Nachfolgeproblem. Nicht einmal mehr jedes zweite Unternehmen, bei dem eine Übergabe bevorsteht, kann innerfamiliär weitergegeben werden. Die historisch erfolgreiche Familienkultur mittelständischer Unternehmen in Deutschland steht damit auf der Kippe. Zwar werden sich für attraktive Unternehmen immer neue Eigentümer finden, die diese mit großem Engagement weiterführen werden. Jedoch ist die „Philosophie“ von Familienunternehmen einfach anders: Sie sind mit großem Vertrauenskapital ausgestattet, zeigen in erheblichem Maße Verantwortung für unser Gemeinwohl und haben sich in der Vergangenheit regelmäßig als hochgradig flexibel und reaktionsschnell erwiesen, wenn es darum ging, sich Veränderungen im nationalen und internationalen Umfeld anzupassen. So sind beispielsweise mittelständische Familienunternehmen oftmals Vorreiter und Gewinner der Globalisierung – sie produzieren im Ausland, haben sich Nischen mit teilweise beeindruckenden Weltmarktanteilen gesichert und produzieren arbeitsteilig mit Partnern rund um den Globus. Mittelstand und Familienunternehmen sind nach heutigem Verständnis fast identisch. Im Mittelpunkt steht die Einheit von Eigentum und Unternehmensführung. Ihre Werteorientierung, Standortverbundenheit, Kundennähe, flachen Hierarchien, schnellen Entscheidungsabläufe und langfristige Ausrichtung haben das „typisch deutsche“ Familienunternehmen zum internationalen Erfolgsmodell gemacht. Vergleicht man die Performance von familiengeführten Unternehmen mit dem deutschen Leitindex DAX, so schneiden sie im Durchschnitt der vergangenen fünfzehn Jahre deutlich besser ab. Die öffentliche Debatte um das Thema Unternehmensnachfolge gewinnt deshalb zunehmend an Dynamik. In vielen Fällen fehlt es an Söhnen, Töchtern und anderen Verwandten, die Unternehmen übernehmen könnten. Bei dieser Nachfolgeproblematik geht es nicht nur um die Unternehmen als solche; vielmehr stehen wegen ungelöster Nachfolgeprobleme jährlich zig Arbeitsplätze auf dem Spiel. Es handelt sich hier also um ein wirtschaftliches, soziales und gesellschaftliches Problem. Fast in jeder Stunde schließt in Deutschland ein Familienunternehmen nach Ausscheiden des Eigentümers! Die Zahl der Unternehmen, die einen Nachfolger suchen, wird demographisch bedingt in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Aktuell beschäftigt sich fast ein Drittel der

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Familienunternehmen mit der anstehenden Unternehmensübergabe. Mehr als 20.000 Unternehmen müssen allein in den kommenden fünf Jahren übergeben werden. Auf der anderen Seite ist die Nachfolgethematik für viele Unternehmer ein Tabu. Etwa die Hälfte aller 50- bis 59-jährigen Unternehmer hat noch keine Entscheidung über die Nachfolge getroffen. Und das, obwohl gerade kurzfristige Unternehmensübergaben sehr problematisch sind. Mittelständische Familienunternehmen sind in der Tat vom Aussterben bedroht, obwohl die jüngste Erbschaftsteuer-Reform einige Probleme der Übergabe an Nachfolger aus der Familie gelöst hat. Dies hat insbesondere gesellschaftspolitische Folgen, denn mit dem Verlust von Familienunternehmen drohen auch typische Erfolgs- und Alleinstellungsmerkmale mittelständischer Unternehmen verloren zu gehen. Gleichzeitig muss man sich aber wohl keine Sorge um die Unternehmenslandschaft insgesamt machen: Zum einen werden sich für aussichtsreiche und rentable Unternehmen immer interessierte Käufer und außerfamiliäre Nachfolger finden, zum anderen rücken auch weiterhin Existenzgründer nach. Dennoch wird der Strukturwandel spürbar und in mancher Hinsicht auch schmerzhaft sein. Nicht zuletzt wird es von den politischen Rahmenbedingungen abhängen, ob sich Familienunternehmen in Deutschland auch in Zukunft behaupten und positiv für alle entwickeln können. Angesichts des hohen Tempos struktureller ökonomischer Veränderungen in der globalisierten Welt gilt es insbesondere das größte Defizit in Deutschland nachhaltig zu verringern: Die Zahl der Neugründungen von Unternehmen ist seit Jahrzehnten zu gering. Deutschland braucht mehr dynamische Unternehmer, die mit dem Mut zum Risiko, mit Innovationen und hoher Verantwortung ihre Chancen auf den Märkten suchen, die etwas zu unternehmen wagen. Gerade die mittelständischen Firmen sind der Motor und Garant unserer Sozialen Marktwirtschaft. Ihre volle Kraft werden selbständige und eigenverantwortliche Unternehmer indessen nur dann entfalten, wenn ihre Leistungen anerkannt werden und lohnen, wenn sie nicht mit immer höheren Steuern und Abgaben belastet werden und wenn sie nicht durch hohe Bürokratiehürden gebremst oder gar abgeschreckt werden. Mittelstand mit großer Zukunft Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise steht Deutschland vor neuen historischen Entscheidungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands – und damit auch des deutschen Mittelstands – basiert auf Informationen. Die wohl wichtigste Wertschöpfungsquelle liegt damit in der Bildung. Der Mittelstand braucht kluge



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Köpfe, die mit neuen Ideen vorhandene Betriebe und das Gründungsgeschehen insgesamt beleben. Die CDU/ CSU/ FDP-Koalition will trotz notwendiger Sparpolitik für Bildung und Forschung in Zukunft mehr aufwenden; dies ist der richtige Weg zur Zukunftsgestaltung. Denn gerade der Mittelstand ist in Zukunft noch stärker auf ein attraktives und wettbewerbsfähiges Ausbildungsumfeld angewiesen, wenn er sich im internationalen Wettbewerb des Wissens behaupten soll. Wirtschaft und Wissenschaft müssen außerdem deutlich enger verzahnt werden, um den zeitlichen Abstand zwischen Forschungsergebnissen und wirtschaftlicher Umsetzungsreife zu reduzieren. Es darf nicht weiterhin so geschehen, dass die guten Ideen zwar aus Deutschland kommen ihre Verwertung in Produktinnovationen hingegen im Ausland stattfindet. Forschung und Entwicklung müssen als die wichtigsten Wertschöpfungsquellen der Zukunft begriffen und zielstrebig genutzt werden. Das Gründungsklima muss sich in den nächsten Jahren nachhaltig verbessern, um das strukturelle „Gründerproblem“, das nicht nur demografische Gründe hat, zu bewältigen. Es besteht Grund zu der Hoffnung, dass die Ausbildung in den Schulen künftig stärker als heute darauf ausgerichtet ist, Gründergeist zu wecken und zu einer Kultur der Selbständigkeit beizutragen. Die Politik muss außerdem mit einfachen und zügigen Genehmigungsverfahren bei der Existenzgründung und einer Stärkung des Risikokapitalmarktes dazu beitragen, zu mehr Unternehmertum in Deutschland zu ermutigen. Der deutsche Mittelstand hat trotz des sich weiter verschärfenden internationalen Wettbewerbs, der insbesondere aus den Schwellenländern erwachsen wird, und trotz aller Probleme eine positive Zukunft. Die Wirtschaft erfordert eine immer stärkere Spezialisierung und Flexibilisierung auf den Märkten, worauf mittelständische Unternehmen in der Regel besser eingestellt sind als Großunternehmen. Vieles deutet darauf hin, dass in zehn Jahren viel stärker als heute arbeitsteilig in wechselnden unternehmerischen Kooperationen „am Projekt“ gearbeitet wird. Studien zufolge lautet das Stichwort zur Beschreibung der wirtschaftlichen Zukunft deshalb „Projektwirtschaft“. Für diese Form des kooperativen Wirtschaftens sind kleine und mittlere Unternehmen, die sich frühzeitig auf die beschriebenen Herausforderungen einstellen und sich untereinander effizient organisieren, bestens vorbereitet.

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Wirtschaft, Gesellschaft und Politik müssen deshalb alle Chancen nutzen, wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. Die Ausgangslage ist besser als häufig geschildert: Es kommt allerdings mehr denn je darauf an, die richtigen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Mittelstands zu schaffen. Mit der Bewältigung der Finanzkrise hat die Politik trotz aller Unwägbarkeiten Entschlossenheit und Weitsicht bewiesen. Es gilt nun der Wirtschaft neue Impulse zu verleihen und Zukunftsorientierung zu geben: Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sollte zu einer deutlichen Verringerung der Neuverschuldung und zu einem Abbau des gesamten Schuldenberges, der inzwischen mehr als 1.700 Milliarden Euro hoch ist, führen. Die Sozialsysteme müssen dauerhaft saniert werden, um weitere Beitragserhöhungen, die den Faktor Arbeit im personalintensiven Mittelstand verteuern, zu vermeiden. Ein langfristiges Energiekonzept sollte auf eine sichere, umweltfreundliche und kostengünstige Energieversorgung setzen, zumal in vielen mittelständischen Betrieben die Kosten für Energie kräftig zu Buche schlagen. Ebenso sollte der sog. „Mittelstandsbauch“ im Einkommensteuertarif begradigt werden, damit nicht Handwerker, Dienstleister, Selbständige usw. in ihrem Leistungsstreben mit der Progression bestraft und abgeschreckt werden. „Last but not least“ gilt: Die beste Mittelstandspolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik, die auf Ordnungspolitik setzt und nicht auf immer neue Eingriffe mit Subventionen für große in Not geratene Konzerne. Der deutsche Mittelstand wird auch in Zukunft der Motor unserer Wirtschaft und Gesellschaft sein, wenn er auf Verlässlichkeit, Vertrauen und Konsistenz der Politik setzen kann.



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Dr. Angelika Niebler, MdEP Die EU 2020-Strategie und der deutsche Mittelstand Bei Technologie und Innovation zählt Deutschland zur europäischen Spitze. Das von der Europäischen Kommission veröffentlichte „European Innovation Scoreboard 2009 – Comparative Analysis of Innovation Performance“¹ ermittelte für Deutschland im europäischen Vergleich den dritten Rang dicht hinter Finnland und Schweden. Der Mittelstand spielt für die Innovationskraft eine entscheidende Rolle. 99,7 Prozent der deutschen Unternehmen sind kleine oder mittelgroße Betriebe.² Innovative Firmen vermarkten ihre Produkte längst nicht mehr nur am heimischen Markt, sondern international. Unter den 100 innovativsten Unternehmen in Deutschland sind 17 in ihrem Bereich Weltmarktführer.³ Der Mittelstand ist zunehmend auch zur Stütze Deutschlands als einer der weltweit führenden Exporteure geworden. Hauptausfuhrregion der mittelständischen Betriebe bilden die EU-Staaten, allen voran die Länder der Eurozone. Der europäische Binnenmarkt und sein rechtlicher Rahmen sind in zunehmendem Maße von Bedeutung für die Unternehmen und deren Innovationskraft. Mit der so genannten EU 2020-Strategie entwickelt die Europäische Union (EU) eine neue europäische Wirtschaftsstrategie. Die Strategie Europa 2020, wie die Kommission sie vorschlägt, legt die Vision einer sozialen Marktwirtschaft für das 21. Jahrhundert in Europa dar. Sie zeigt, wie die Europäische Union gestärkt aus dieser Wirtschafts- und Finanzkrise hervorgehen und sich in eine intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaft verwandeln kann, die sich durch ein hohes Beschäftigungs- und Produktivitätsniveau sowie einen ausgeprägten sozialen Zusammenhalt auszeichnet.

¹ http://www.proinno-europe.eu/page/european-innovation-scoreboard-2009. ² Unternehmensstand 2008 (Institut für Mittelstandsförderung, Bonn) http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=99. ³ http://www.innovations-report.de/html/berichte/preise_foerderungen/bericht-113774.html.

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Der Erfolg der EU 2020-Strategie soll an fünf Kernzielen gemessen werden. Eines der formulierten Kernziele ist dabei, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren. Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine InnovationsUnion ausgerufen werden. Mit ihr soll eine Neuausrichtung der FuE- und Innovationspolitik einhergehen, damit Erfindungen schneller in marktfähige Produkte weiterentwickelt und in den Markt eingeführt werden können. Wichtig hierfür wäre insbesondere, in der Europäischen Union ein Gemeinschaftspatent einzuführen. Hierdurch könnten jedes Jahr 289 Millionen Euro durch die Unternehmen eingespart werden.⁴ Kleine und mittlere Unternehmen – eine Erfolgsgeschichte Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind dementsprechend ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen und sozialen Erfolg unserer Gesellschaft geworden. Unter kleinen und mittleren Unternehmen versteht die EU nach der offiziellen Definition Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitern, die von größeren Unternehmen unabhängig sind. Ihr Jahresumsatz darf außerdem nicht mehr als 50 Millionen Euro und ihre Jahresbilanzsumme nicht mehr als 43 Millionen Euro betragen. Diese Definition ist entscheidend, um festzustellen, welche Unternehmen berechtigt sind, sich an EU-Programmen für KMU zu beteiligen. Sie können ihrer Größe nach in drei Gruppen unterteilt werden: Kleinstbetriebe haben weniger als zehn Mitarbeiter, Kleinbetriebe zwischen 10 und 49 und mittelgroße Unternehmen zwischen 50 und 249 Mitarbeiter. ⁵ In den vergangenen Jahren konnten die KMU ihre Rolle als Motoren für wirtschaftliches Wachstum und wichtigste Quelle neuer Arbeitsplätze erfolgreich unter Beweis stellen. Sie sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft: Von den 20 Millionen Unternehmen, welche nicht dem Finanzsektor angehören, waren 99,8 Prozent kleine und mittlere Unternehmen. Davon beschäftigen 91,8 Prozent weniger als zehn Mitarbeiter. Nahezu 60 Prozent der europäischen Wertschöpfung werden durch KMU erbracht.⁶

⁴ http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/225&format=HTM L&aged=0&language=DE. ⁵ http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/facts-figures-analysis/sme-definition/index_en.htm. ⁶ Eurostat (2009): European Business, Facts and Figures, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KSBW-09-001/EN/KS-BW-09-001-EN.PDF



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In Bereichen wie der Biotechnologie liefert eine relativ kleine Zahl neuer, technologiebasierter Firmen überdies den größten Teil neuer Technologien. Deutschland ist mit Hilfe staatlicher Förderung zum führenden Biotechnologiestandort in Europa geworden.⁷ Ihre Fähigkeit, diese zu nutzen und auf Veränderungen der Marktbedürfnisse rasch zu reagieren, verleiht den KMU eine Schlüsselfunktion für den Erfolg der europäischen Wirtschaft. Mittelstand im Fokus Europas – Europa im Fokus des Mittelstands? Der Mittelstand ist der Schlüssel für das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Während große Konzerne noch immer Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, entstehen in mittelständischen Betrieben neue Arbeitsplätze. Etwa vier von fünf neuen Jobs in Deutschland wurden von Klein- und Mittelbetrieben geschaffen. Viele dieser Beschäftigungsverhältnisse entstanden in innovativen Unternehmen in Branchen wie Bio- und Nanotechnologie, erneuerbare Energien oder Informationstechnik. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Mittelstand werden nicht nur auf nationaler, sondern zunehmend auf europäischer Ebene gestaltet. Europa hat den Mittelstand längst in den politischen Fokus gerückt. Um die richtigen Weichenstellungen im Sinne des Mittelstands – sei es beim Bürokratieabbau, dem Schutz des geistigen Eigentums oder der Innovationsförderung – zu treffen, muss Europa auch im Fokus der Betriebe und ihrer Beschäftigten stehen. „Think Small First“ – Zuerst an die KMU-Dimension denken Der im Jahr 2008 eingeführte Small Business Act (SBA) erkennt die Rolle des Mittelstands für die europäische Wirtschaft an und schreibt einen abgestimmten Rahmen für die EU und ihre Mitgliedsstaaten fest. Kernaspekt ist das so genannte „Think Small First“-Prinzip: Gesetze sind so zu gestalten, dass sie vor allem von kleinen Betrieben umgesetzt werden können.

⁷ Bundesministerium für Bildung und Forschung (2007): 500 Firmen mit einem Jahresumsatz von ca. zwei Milliarden Euro (ein Plus von 14 Prozent gegenüber 2006) und insgesamt rund 30.000 Beschäftigte (Steigerung von 2005 - 2007 um 24 Prozent).

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Auf Vorschlag der sog. „High Level Group of Independent Stakeholders on Administrative Burdens“ unter Leitung des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, Dr. Edmund Stoiber, hat die Kommission im Februar 2009 vorgeschlagen, den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einzuräumen, Kleinstunternehmen von den Rechnungslegungsregeln auszunehmen. Das Europäische Parlament hat diesen Vorschlag ebenfalls unterstützt und, leicht modifiziert, mit Mehrheit angenommen. Die Mitgliedsstaaten könnten somit selbst Rechnungslegungssysteme gestalten, die optimal auf Kleinstunternehmen zugeschnitten sind. EU-weit würde dies zu Einsparungen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro führen.⁸ Geistiges Eigentum schützen Viele mittelständische Unternehmen meiden Kooperationen aus Sorge um den angemessenen Schutz ihres geistigen Eigentums – insbesondere bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung fand heraus, dass sich lediglich jedes fünfte neu gegründete High-Tech-Unternehmen um eine Patentierung der eigenen Innovation bemüht.⁹ Begründet wird dies sowohl mit der rasanten Technologieentwicklung, als auch mit den hohen Kosten einer Patentanmeldung. Ein europäisches Patent, dessen Schutzrechte in sechs Ländern gelten, kostete bislang durchschnittlich 32.000 Euro.¹⁰ Ein Großteil dieser Kosten entsteht durch die erforderlichen Übersetzungen des Patents. Viele Klein- und Mittelstandsbetriebe verzichten aus diesem Grund auf einen Patentschutz. Seit Mai 2008 gilt das Londoner Protokoll zum Europäischen Patentübereinkommen.¹¹ Durch dieses werden Patentanmeldungen nun einfacher, weil sie nicht mehr in jede Landessprache übersetzt werden müssen. In den 15 Staaten, die das Londoner Abkommen ratifiziert haben, genügt es in Zukunft, wenn die Patentschrift in einer der offiziellen Amtssprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) vorliegt. Für innovative Firmen bedeutet dies eine enorme Kostenentlastung.

⁸ http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/small-business-act/implementation/files/sba_imp_de.pdf ⁹ http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=339. ¹⁰ http://www.zvm.tu-dresden.de/forschung/epc/dateien/Roeder_Patent.pdf. ¹¹ http://www.epo.org/patents/law/legal-texts/london-agreement_de.html



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Schon im August 2000 legte die Kommission einen Verordnungsvorschlag über ein Gemeinschaftspatent, jetzt EU-Patent vor. Der Rat hat sich deshalb im Dezember 2009 einstimmig auf die Festlegung für ein verbessertes Patentsystem geeinigt. Das vereinbarte Paket umfasst wesentliche Elemente zur Schaffung eines einheitlichen EU-Patents und zur Errichtung eines neuen Patentgerichts in der EU, klammerte jedoch die Übersetzungsregelungen aus. Beides zusammen führt dazu, dass Unternehmen innovative Technologien zu geringeren Kosten schützen können und Rechtsstreitigkeiten einfacher und kalkulierbarer werden. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass ein EU-Patentgericht für Unternehmen Einsparungen von bis zu 289 Millionen Euro im Jahr bedeutet, da keine kostenintensiven Parallelverfahren in verschiedenen Ländern geführt werden müssen.¹² Im Streit über das Patentgericht, das künftig letzte Instanz auf europäischer Ebene sein soll, konnte Ende 2009 ein Kompromiss zwischen den Staaten erzielt werden. Dieser wird momentan vom Europäischen Gerichtshof auf Vereinbarkeit mit dem EU-Recht geprüft. Das Gutachten wird Ende des Jahres 2010 erwartet. Die Kommission hat nun kürzlich am 1. Juli 2010 einen Vorschlag für eine Ratsverordnung zur Regelung der Übersetzung des Patents der Europäischen Union veröffentlicht. Dadurch würden die Bearbeitungskosten für ein EU-Patent, das in allen 27 Mitgliedsstaaten Wirkung hat, auf unter 2600 EUR gesenkt, wobei hier nur etwa zehn Prozent auf Übersetzungskosten entfielen. Der Vorschlag der Kommission stützt sich hierbei auf die sogenannte EPA-Sprachenregelung: Das EU-Patent wird in einer der Amtssprachen des EPA – Englisch, Französisch oder Deutsch – geprüft und erteilt.¹³ Das hoffentlich baldige Verabschieden des Gesamtpaketes zum EU-Patent dürfte KMU in großem Umfang entlasten.

¹² http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/09/1880&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLa nguage=fr ¹³ http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/870&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLan guage=en

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7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung Um Europa einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern, stellt die EU Finanzmittel für FuEProjekte zur Verfügung. Dabei erkennt die Europäische Union die Bedeutung von KMU als Innovationsmotor voll an und stellt erhebliche FuE-Fördermittel für KMU zur Verfügung. Das für den Zeitraum 2007 bis 2013 verabschiedete 7. Forschungsrahmenprogramm (FP7) hat ein Budget von 54 Milliarden Euro von dem 15 Prozent für KMUs aufgewendet werden. Tatsächlich entfielen im Jahr 2007 bereits 19 Prozent des Budgets auf KMU. Wenn sich dieser positive Trend fortsetzt, ist es absehbar dass über den gesamten Programmzyklus mehr als 1 Milliarde Euro jährlich für die Forschungsförderung an KMU fließen.¹⁴ Darüber hinaus wurde der EU-Förderanteil an den Gesamtprojektkosten für KMU angehoben und umfasst nun 50 bis 75 Prozent der Projektkosten.¹⁵ Weitere 1,3 Milliarden Euro sind für KMU-spezifische Maßnahmen aus dem Programm „Kapazitäten“ vorgesehen, um KMU ohne eigene Forschungseinrichtungen bei der Vergabe von Aufträgen an externe Forschungseinrichtungen zu unterstützen, deren Netzwerke zu erweitern eine bessere Nutzung der Forschungsergebnisse zu erzielen und bei der Aneignung von technologischen Know-how zu unterstützen.¹⁶ Das bisherige Antragsverfahren für eine Forschungsförderung war umständlich und zeitintensiv. Die Kommission hat die Verfahren für den Zugang zu Fördermitteln bereits vereinfacht, indem sie z.B. weniger komplizierte Bewertungs- und Auswahlverfahren eingeführt hat. Dennoch ist eine weitere Vereinfachung der Antragsstellung erforderlich, um leichter am Forschungsrahmenprogramm teilnehmen zu können. Die Kommission bereitet zum FP7 eine Halbzeitbewertung bis November 2010 vor, um aus den bisherigen Erfahrungen zu lernen und für die weitere Laufzeit des Programms weitere Vereinfachungen bei der Abwicklung vorzusehen.

¹⁴ http://ec.europa.eu/enterprise/newsroom/cf/document.cfm?action=display&doc_id=3427&userservice_id=1&request.id=0 ¹⁵ siehe Fn. 12. ¹⁶ http://cordis.europa.eu/fp7/capacities/research-sme_en.html.



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Innovative Finanzierungsformen fördern Ohne Zugang zu passenden Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere zu einer Anfangsausstattung mit Eigenkapital und ohne dessen kontinuierliche Zuführung können KMU ihr Wachstums- und Innovationspotenzial nicht nutzen. Viele KMU in der Europäischen Union verfügen jedoch nicht über genügend Eigenkapital. Im Frühjahr 2008 verfügte weniger als ein Drittel der deutschen Mittelständler über weniger als zehn Prozent haftendes Eigenkapital.¹⁷ Ist die Anfangsausstattung erst einmal aufgebraucht, müssen Unternehmer auf Fremdkapital zurückgreifen, um ihr Projekt weiterentwickeln zu können. Die Finanzierung von KMU wird angesichts niedriger Renditen insbesondere in der Anfangsphase häufig als zu risikoreich betrachtet. Außerdem gibt es bei weitem nicht genug Business Angels und Risikokapitalfonds, die bereit wären, in junge innovative KMU zu investieren. Der Mangel an Investitionen in Startkapital bedeutet, dass viele KMU nicht groß genug werden können, um für Expansionsfinanzierungen attraktiv zu sein, wodurch natürlich ihr Wachstum gehemmt wird. Eines der wichtigsten EU-Instrumente zur Förderung von unternehmerischer Initiative und Innovation und zur Verbesserung des Zugangs der KMU zu Finanzmitteln ist das laufende Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (Competitiveness and Innovation Framework Programme – CIP). Das Programm läuft von 2007 bis 2013 und verfügt über einen Gesamthaushalt von 3,621 Milliarden Euro und richtet sich hauptsächlich an kleine und mittlere Unternehmen. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen fördern. Dabei sorgt es für einen besseren Zugang zu Finanzmitteln und bietet zahlreiche Dienstleistungen zur Unterstützung von Unternehmen. Beispielsweise sollen mithilfe des Unterprogramms „Intelligente Energie Europa“ (IEE) die Energieeffizienz verbessert und verfügbare Energiequellen rationaler genutzt werden.

¹⁷ http://www.lifepr.de/pressemeldungen/verband-der-vereine-creditreform-ev/boxid-36738.html ¹⁸ http://ec.europa.eu/cip/index_de.htm

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Ausblick Kleine und mittlere Unternehmen haben ein enormes volkswirtschaftliches Potenzial, das es gilt, auch in Zukunft zu nutzen. Es muss deshalb vor allem in Zeiten der Krise ein Kernanliegen sein, die Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen weiter zu unterstützen und so das Rückgrat der europäischen Wirtschaft zu stärken. Der Mittelstand muss auch zukünftig eine Schlüsselrolle in Sachen Innovationsbereitschaft spielen. Nur mit Hilfe leistungsstarker KMU kann die europäische Wettbewerbsfähigkeit langfristig gesichert werden.



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Dr. Silvana Koch-Mehrin Die Small Business Act der Europäischen Union Wer sich Gedanken über die Zukunft des deutschen Mittelstandes macht, kann sich gar nicht oft genug vor Augen halten, wovon tatsächlich die Rede ist: Der deutsche Mittelstand ist das Herz der deutschen Wirtschaft und der Motor für Wachstum und Beschäftigung. Quantitativ sprechen wir von über vier Millionen Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern in Industrie, Handwerk, Handel, Tourismus und den Freien Berufen. Qualitativ sprechen wir von den klassischen Familienunternehmen, die in ganz langer Tradition seit Jahrzehnten mit großen Namen für Kreativität und Innovation stehen. Die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland machen nicht nur über 99 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen aus, geben nicht nur knapp 70 Prozent aller versicherungspflichtig Beschäftigten ihre Arbeit – der deutsche Mittelstand steht für die Schaffung von Werten und sorgt für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Der deutsche Mittelstand steht für Pioniergeist und Patriotismus, für Mut und Verantwortung, für Eigentum, verantwortungsvolle Führung, Haftung und Risiko. Der deutsche Mittelstand lebt die Akzeptanz und den Erhalt der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft tagtäglich vor. Mit Mut und Verantwortungsgefühl hat der Mittelstand unser Land einst wieder aufgebaut und das deutsche Wirtschaftswunder möglich gemacht. Und der Mittelstand ist eine Geisteshaltung. Er ist Sinnbild für ein freies Unternehmertum und notwendiger Baustein einer freiheitlichen Gesellschaft. Der mittelständische Unternehmer bzw. die mittelständische Unternehmerin schafft ohne staatliches Zutun Arbeits- und Ausbildungsplätze. Natürlich haben die Finanzmarktkrise und die daraus resultierende globale Rezession auch im deutschen Mittelstand tiefe Spuren hinterlassen. Das war ein schwerer Rückschlag. Denn noch in den Jahren 2006 bis 2008 konnten die mittelständischen Unternehmen maßgeblich zur positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt beitragen. So entfielen nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn allein rund drei Viertel der in den Jahren 2006 und 2007 zusätzlich geschaffenen über eine Million sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze – einschließlich Selbständige – auf Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten.

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Doch dann, 2009, erlebte Deutschland die stärkste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Trotz des Bemühens vieler Unternehmen, ihre gut ausgebildeten Fachkräfte zu halten – auch dies eine vorbildliche und typisch mittelständische Geisteshaltung – blieb die Rezession nicht ohne Folgen für den Mittelstand. Dennoch hat er sich in der großen Krise wieder einmal als Stabilisierungsfaktor der deutschen Wirtschaft erwiesen und unterproportional Arbeitsplätze abgebaut. Erst zum Jahreswechsel 2009/2010 haben sich die Beschäftigungserwartungen wieder verbessert – erstmals seit September 2008 waren die kleinen und mittleren Unternehmen wieder bereit, mehr neue Arbeitsplätze zu schaffen als im langjährigen Durchschnitt. Das gibt Hoffnung, auch wenn die Maschinen und Anlagen vieler verarbeitenden Unternehmen nach wie vor nicht ausgelastet sind, denn ein beginnender wirtschaftlicher Wiederaufschwung wird wieder vom Mittelstand ausgehen. Für das Jahr 2010 erwartet die Bundesregierung ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent. Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft des deutschen Mittelstandes ist ein stabiles wirtschafts- und finanzpolitisches Umfeld. Deshalb war – und bleibt – die Euro-Krise auch für den Mittelstand eine große Herausforderung. Mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus haben die EU-Länder eine Notbremse gezogen und das Europäische Währungssystem stabilisiert. Jetzt geht es darum, die strukturellen Fehlentwicklungen in den EU-Mitgliedsstaaten stärker in den Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Diskussion zu stellen. Alle Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, sind gefordert, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Die Bundesregierung war klug beraten, bei der Beratung der von ihr im Juni vorgestellten Sparvorschläge immer wieder auf die Stimme der wirtschaftlichen Vernunft zu hören. Steuererhöhungen sind untauglich zur Haushaltskonsolidierung, und für den Mittelstand ganz wichtig war das Signal: Die Ausgaben für Bildung, Forschung und Entwicklung sollen nicht gekürzt werden. Hier wird weiter in die Arbeitsplätze von morgen und in die Zukunft investiert.



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Im Zentrum der Wirtschaftspolitik stehen die mittelständischen Unternehmen. Wie ernst dies der Bundeswirtschaftsminister nimmt, zeigt die Ablehnung staatlicher Hilfen für Opel. Nur weil es sich um einen Großbetrieb handelt, gab es keinen Grund, eine Ausnahme festgelegter Kriterien zu machen: Jedes mittelständische Unternehmen wird geprüft, wenn es einen Kredit oder eine Bürgschaft aus dem Wirtschaftsfonds Deutschland will. Denn es geht ja um das Geld der Steuerzahler. Was für einen Mittelständler richtig ist, wird ja nicht falsch, wenn ein Großunternehmen einen Antrag stellt. Wie breit in der Mittelstandspolitik angesetzt wird, zeigt das Programm des Bundeswirtschaftsministers „Neun Punkte für den Mittelstand“. Daraus sind als besondere Schwerpunkte das Anstoßen einer neuen Gründerdynamik, die Verbesserung des Zugangs zur Unternehmensfinanzierung und – ganz wichtig – die Unterstützung der mittelständischen Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Innovationsfähigkeit herauszustellen. Gründerinnen und Gründer sind für die Dynamik unserer Volkswirtschaft unverzichtbar. Deutschland hat gute Startbedingungen für eine neue Kultur der Selbständigkeit. Darauf muss aufgebaut werden. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass es da noch ein großes Potenzial gibt: Nur 3,8 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland hat in jüngster Zeit ein Unternehmen gegründet. Damit liegen wir im internationalen Vergleich unter den Industrieländern auf dem vorletzten Platz – vor Belgien. Daher gilt es jetzt, in ganz Deutschland den Gründergeist aus der Flasche zu lassen und eine neue Aufbruchstimmung zu erzeugen! Im Januar 2010 hat deshalb das Bundeswirtschaftsministerium die Initiative „Gründerland Deutschland“ gestartet – im engen Schulterschluss mit den Spitzenverbänden der Kammern. Diese Initiative umfasst ein ganzes Bündel von Maßnahmen, darunter die Intensivierung einer gründungsbezogenen Ausbildung an Schulen und Hochschulen. Selbständigkeit soll frühzeitig als eine sinnvolle und auch erstrebenswerte berufliche Option erlebt werden. Ob man nun als Gründer gerade durchstartet oder bereits ein gestandener Unternehmer ist, es gilt: Auch die Konjunkturlokomotive Mittelstand braucht ausreichend Treibstoff. Der Treibstoff für die Wirtschaft ist das Geld, das die Unternehmen in die Produktion, Forschung und Entwicklung investieren. Um gerade wenn die Konjunktur beginnt wieder anzuziehen, brauchen Unternehmen neue Mittel. Zwar ist es bisher gelungen, eine flächen-

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deckende Kreditklemme in Deutschland abzuwehren. Es ist aber weiterhin Vorsicht geboten. Ein Engpass bei den Krediten könnte das Wachstum empfindlich dämpfen. Der Wirtschaftsfonds Deutschland – das Kredit- und Bürgschaftsprogramm der Bundesregierung – hat in den Zeiten der Krise einen wichtigen Beitrag geleistet. Bis Jahresmitte konnte fast 14.000 Unternehmen mit insgesamt rund 12,5 Milliarden Euro direkt geholfen werden. Zusätzlich hat die Bundesregierung einen „Kreditmediator“ ernannt, der den Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite steht. Ohne ausreichende Liquidität hat ein Unternehmen keine Zukunft. Aber zukunftsentscheidend ist auch die Fähigkeit eines mittelständischen Unternehmens, Innovationen hervorzubringen. Innovationen sind Investitionen in die Zukunft, erhalten und schaffen Arbeitsplätze, garantieren unseren Spitzenplatz im weltweiten Wettbewerb. Deshalb ist es wichtig, die Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Innovationsfähigkeit zu unterstützen.

Der Mittelstand mischt hier bereits kräftig mit: Rund 110.000 kleine und mittlere Unternehmen gehen dank ihrer Kreativität und Marktnähe jährlich mit neuen Produkten und Prozessen an den Markt. Deutschland ist also durchaus ein Land der Innovationen und der Mittelstand eine treibende Kraft. Innovationen und technischer Fortschritt sind wichtige Impulsgeber für ein langfristiges Wirtschaftswachstum. Aber innovativ sein ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, in dem Stillstand Rückschritt bedeutet. Die Erhaltung und Stärkung der Innovationsfähigkeit ist der Schlüssel für die Zukunft des deutschen Mittelstandes. Wissenschaft und Wirtschaft müssen stärker Hand in Hand zusammenarbeiten. Aus Patenten müssen schnell Produkte, Produktion und damit Arbeitsplätze werden. Die Bundesregierung hat angekündigt, hierzu ihre Hightech-Strategie zu überarbeiten und in Kürze ein neues Konzept vorzulegen, in dem die kleineren und mittleren Unternehmen noch stärker in den Mittelpunkt rücken werden.



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Und das starke Interesse am Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) zeigt, dass hier der richtige Weg beschritten wird: Über eine Milliarde Euro an Fördermitteln ist bereits geflossen und es wurden schon 8000 Förderzusagen erteilt. Das ist viel Geld, aber es ist gut angelegtes Geld. Zusätzliche Anreize schaffen die neuen Innovationsgutscheine, die als vollwertiges Zahlungsmittel für Innovationsberatungen fungieren. Durch qualifizierte, externe Beratung kann mittelständischen Unternehmen schnell und einfach aufgezeigt werden, wie sie Innovationen erfolgreich bei sich verankern können. Gerade bei kleineren Unternehmen liegt ein erhebliches Innovationspotenzial verborgen. Unser Nachbar Niederlande hat hier bereits viel versprechende Erfahrungen mit einem solchen Gutscheinmodell gemacht. Unternehmerinnen und Unternehmer zahlen nur noch ihren Eigenanteil in Höhe von 50 Prozent der Beratungskosten. Aber es ist ja nicht die Bundesregierung allein, die den Mittelstand nach Kräften fördert und fördert. Auch die Europäische Union hat sich der Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen angenommen und diese in ihrer Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung verankert. Schon 2008 stellte die Kommission fest: „Dynamische Unternehmer sind dafür prädestiniert, die mit der Globalisierung und der Beschleunigung des technologischen Wandels verbundenen Chancen zu ergreifen. Der Wohlstand der EU wird daher in Zukunft entscheidend davon abhängen, ob wir imstande sind, das Wachstums- und Innovationspotential kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) zu nutzen. In einem Umfeld, das weltweit im Wandel begriffen ist und im Zeichen von ständigen strukturellen Veränderungen und verschärftem Wettbewerbsdruck steht, spielen die KMU in unserer Gesellschaft eine noch wichtigere Rolle für die Schaffung von Arbeitsplätzen und tragen entscheidend zum Wohlergehen von lokalen und regionalen Gemeinschaften bei. Durch gesunde KMU wird Europa in unserer globalisierten, von Unsicherheit geprägten Welt besser bestehen können“. Die EU hat deshalb 2008 einen „Small Business Act“ vorgelegt und im vergangenen Jahr zufrieden stellende Fortschritte bei der Umsetzung konstatiert. Die gemeinsame Festlegung auf zehn Grundsätze für die Planung und Durchführung politischer Maßnahmen auf EU-Ebene und in den Mitgliedsstaaten kann durchaus als Beleg dafür gewertet werden, dass man auch in Brüssel entgegen anderen Behauptungen durchaus weiß, wo in der EU der Schuh drückt. Allein die gemeinsame Festlegung auf die Formel „Vorfahrt für KMU“ ist politisch wichtig und richtig.

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Der Small Business Act der EU ist ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket, das darauf abzielt, die Belange des Mittelstandes in den Mittelpunkt der Entscheidungsprozesse zu stellen. In das erste Jahr der Umsetzung fiel der Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise, weshalb sich die Schwerpunkte auf folgende Hauptthemen konzentrierten: Verringerung der Verwaltungslast für die KMU: Alle neuen EU-Rechtsvorschriften sowie die Rechtsvorschriften in einigen Mitgliedsländern (z.B. Belgien, Dänemark, Finnland, Deutschland) werden einem „KMU-Test“ im Hinblick auf ihre Unternehmensfreundlichkeit unterzogen. Überflüssiger Verwaltungsaufwand im Gegenwert von Milliarden Euro konnte abgebaut werden. Der durchschnittliche Zeit- und Kostenaufwand bei der Gründung einer GmbH in der EU wurde auf acht Tage und 417 Euro reduziert – und in 18 Ländern der EU wurden zentrale Anlaufstellen für Unternehmensgründungen eingerichtet. Zugang zur Finanzierung: Vereinfachte EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen (mit Hilfe der globalen Gruppenfreistellungsverordnung und des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen) ermöglichten eine bessere Unterstützung der KMU durch die Mitgliedstaaten der EU. Kreditvergabe und Gesamtfinanzierung durch die Europäische Investitionsbank und den Europäischen Investitionsfonds sind im Jahr 2009 auf 11,5 Milliarden Euro gestiegen. Es wurden Lösungsvorschläge für das Problem von verspäteten Bezahlungen von Rechnungen vorgelegt. Einige Regierungen haben sich dazu verpflichtet, Rechnungen innerhalb einer Frist von höchstens 30 Tagen zu begleichen. Darüber hinaus wurden Gespräche über neue Regelungen geführt, nach denen die Mitgliedsstaaten Kleinstunternehmen von der Rechnungslegung freistellen könnten, womit potenziell ein Betrag von weiteren 6,7 Milliarden Euro eingespart werden könnte. Zugang zu Märkten: Die KMU profitieren von einer vierzigprozentigen Reduktion der Gebühren für EU-Markenrechte sowie von vereinfachten Registrierungsverfahren. Nach der Einführung eines entsprechenden Europäischen Verhaltenskodex profitieren die KMU in mehreren Ländern von einem erleichterten und offeneren Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in allen Mitgliedsstaaten werden die Gründung von Unternehmen und eine grenzübergreifende Erbringung von Dienstleistungen erleichtert. Mit der Annahme des Legislativvorschlags zum Statut der Europäischen Privatgesellschaft werden gemeinsame Regelungen für die Gründung und den Betrieb eines Unternehmens in allen Ländern Europas eingeführt.



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Förderung des Unternehmertums: Der Stellenwert der Ausbildung in unternehmerischer Betätigung in den Bildungssystemen der Mitgliedsstaaten ist stetig gewachsen. Die Initiative der EU-Kommission „Erasmus Junge Unternehmer“ ist erfolgreich gestartet worden. Die EU sieht darin „ermutigende Fortschritte“ und wird die Umsetzung des Small Business Act auf einzelstaatlicher Ebene weiter verfolgen. Zusammenfassend ist festzuhalten: Auf nationaler wie europäischer politischer Ebene wird der Unterstützung des Mittelstandes – zu Recht – oberste Priorität eingeräumt. Und es ist nicht erkennbar, dass die Unterstützung nachlässt. Entscheidend für die Zukunft des Mittelstandes wird aber sein, dass sich die kleinen und mittleren Unternehmer wie schon in der Vergangenheit immer wieder auf das besinnen, was sie sei jeher auszeichnet: Unternehmergeist, Verantwortungsbewusstsein, Risiko- und Innovationsfreudigkeit, Solidität, Mut und Energie. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, und alle sind bemüht sie stets zu verbessern, wird der Mittelstand auch in Zukunft der wichtigste Motor für Wirtschaft und Gesellschaft bleiben.

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Anhang



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Veröffentlichungen des RKW-Kuratoriums In bisher 17 Bänden sind die Beiträge der Mitglieder des RKW-Kuratoriums aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft zu den Jahressitzungen des Kuratoriums veröffentlicht worden. Der Aufbau der neuen Bundesländer Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1993 Die neuen Bundesländer und ihre Partner im Osten Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1994 Die neuen Bundesländer und Japan Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1995 Privatisierung öffentlicher Aufgaben Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1996 Innovationen in Deutschland Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1997 Maßnahmen zur Verminderung der Arbeitslosigkeit Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1998 Globalisierung – Herausforderung und Chance für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 1999 Aus-und Weiterbildung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2000

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Der Generationenvertrag – Seine Bedeutung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2001 Zuwanderung, Arbeitsmarkt und der deutsche Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2002 Chancen und Risiken der EU-Osterweiterung für den deutschen Mittelstand Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2003 Finanzierung des deutschen Mittelstands im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Clemens Börsig, Wolfgang Clement, Joachim Dirschka, Friedrich Homann, Wolfgang Maßberg, Angela Merkel, Matthias Platzeck, Michael Sommer, Helga Steeg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2004 Qualifizierung im deutschen Mittelstand im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Ann-Kristin Achleitner, Edelgard Bulmahn, Bernhard Dorn, Eckhard Franz, Eberhard Heinke, Bruno Köbele, Friedrich Merz, Friedhelm Ost, Matthias Platzeck, Petra Roth, Harald Schartau, Hubertus Schmoldt, Michael Sommer, Helga Steeg, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2005 Rationalisierung und Beschäftigung im deutschen Mittelstand im Zeitalter der Globalisierung Beiträge von: Ann-Kristin Achleitner, Joachim Dirschka, Reinhard Dombre, Bernhard Dorn, Eckhard Franz, Jürgen Großmann, Friedhelm Ost, Günter Rinsche, Petra Roth, Harald Schartau, Peter M. Schmidhuber, Helga Steeg, Christa Thoben, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2006



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Herausforderung der demographischen Entwicklung für den deutschen Mittelstand Beiträge von: Anton Börner, Hans-Jörg Bullinger, Joachim Dirschka, Bernhard Dorn, Michael Glos, Jürgen Großmann, Eberhard Heinke, Hans-Joachim Metternich, Angelika Niebler, Friedhelm Ost, Harald Schartau, Annette Schavan, Hubertus Schmoldt, Christa Thoben, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Eschborn 2007 Mittelstand – Schlüsselfaktor im deutschen Innovationssystem Beiträge von: Dieter Althaus, Ludwig Baumgarten, Clemens Börsig, Hans-Jörg Bullinger, Edelgard Buhlmahn, Joachim Dirschka, Eberhard Heinke, Roland Issen, Silvana Koch-Mehring, Wolfgang Maßberg, Werner Meißner, Angelika Niebler, Hans-Christoph Noack, Friedhelm Ost, Andreas Pinkwart, Matthias Platzek, Günter Rinsche, Petra Roth, Harald Schartau, Annette Schavan, Christine Scheel, Michael Sommer, Helga Steeg, Günter Spur, Alexander Tesche, Ingrid Voigt, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Sternenfels 2008 Mittelstand und Osteuropa Beiträge von: Dieter Althaus, Ludwig Baumgarten, Anton F. Börner, Edelgard Buhlmahn, Hans-Jörg Bullinger, Joachim Dirschka, Roland Issen, Silvana Koch-Mehrin, Bernd Kriegesmann, Klaus Murmann, Friedhelm Ost, Matthias Platzeck, Thorsten Posselt, Günter Rinsche, Petra Roth, Anette Schavan, Hubertus Schmoldt, Günter Spur, Helga Steeg, Ludolf von Wartenberg Herausgegeben von Dr. Otmar Franz, Sternenfels 2009

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Mitglieder des RKW-Kuratoriums Vorsitzender Dr. Otmar Franz Vorsitzender des Vorstands des RKW e.V.

Mitglieder der Politik Rainer Brüderle MdB Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Edelgard Buhlmahn MdB Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des deutschen Bundestages Michael Glos MdB Bundesminister a. D. Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg MdB Bundesminister für Verteidigung Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Christiane Krajewski Ministerin und Senatorin a. D. Friedrich Merz Vorsitzender der Atlantik-Brücke e.V.



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Bernd Neumann MdB Staatsminister für Kultur und Medien Dr. Angelika Niebler Mitglied des Europäischen Parlaments Friedhelm Ost Staatssekretär a. D. Prof. Dr. Andreas Pinkwart MdL Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen a. D. Matthias Platzeck MdL Ministerpräsident des Landes Brandenburg Petra Roth Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main RA Peter M. Schmidhuber Mitglied der EU-Kommission a. D. Prof. Dr. Annette Schavan MdB Bundesministerin für Bildung und Forschung Christine Scheel MdB Mittelstandbeauftragte der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Christa Thoben Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen a. D.

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Mitglieder der Wirtschaft und der Gewerkschaften Dr. Ludwig Baumgarten Mitglied des Vorstands des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. a.D. Anton F. Börner Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. Prof. Dr. Clemens Börsig Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Bank AG Prof. Dr. Werner Breitschwerdt Daimler AG Joachim Dirschka Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig Dr. Jürgen Großmann Vorstandsvorsitzender der RWE AG Roland Issen Vorsitzender der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft a.D. Senator e.h. Bruno Köbele Vizepräsident des Internationalen Bundes Dr. Heinz Kriwet Mitglied des Aufsichtsrats der Thyssen Krupp AG Hans-Joachim Metternich Kreditmediator des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Dr. Werner Müller Vorsitzender des Aufsichtsrats der DB AG



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Dr. Klaus Murmann Gründer der Sauer-Danfoss Inc. Hans-Christoph Noack Director Corporate Communications Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG Dr. Gunnar Rogwalder Chairman of the Board Hansa Luftbild Arabia EC Dr. Peter M. Rudhart Honorary Vice President of the European Management Association Harald Schartau Arbeitsdirektor und Geschäftsführer Personal der Georgsmarienhütte GmbH Hubertus Schmoldt ehemaliger Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Peter von Siemens Siemens AG Michael Sommer Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Prof. Dr. Joachim Starbatty Vorsitzender des Vorstands der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e.V. Dr. Helga Steeg ehemalige Exekutivdirektorin der Internationalen Energie-Agentur IEA Dr. Alexander Tesche Mitglied des Vorstands Ed. Züblin AG

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Michael Vassiliadis Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie Dr. Ludolf von Wartenberg Mitglied des Präsidiums des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V.



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Mitglieder der Wissenschaft Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger Präsident der Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. Prof. Dr. Gerhard Fels Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft a.D. Prof. Dr. Jürgen Gramke Vorstandsvorsitzender des Institute for European Affairs Dr. Eberhard Heinke Vorsitzender des Verwaltungsrats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung Prof. Dr. Bernd Kriegesmann Präsident der Fachhochschule Gelsenkirchen Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Maßberg Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. Werner Meißner Präsident der accadis Hochschule Bad Homburg Prof. Dr. Günter Rinsche Mitglied des Vorstands der Konrad-Adenauer-Stiftung Prof. Dr.-Ing. Günter Spur Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb Technische Universität Berlin

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