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German Pages 394 Year 2017
Katharina Kindermann Die Welt als Klassenzimmer
Pädagogik
Katharina Kindermann, geb. 1985, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Grundschulpädagogik sowie am Seminar für Katholische Theologie/Religionspädagogik der Universität Siegen.
Katharina Kindermann
Die Welt als Klassenzimmer Subjektive Theorien von Lehrkräften über außerschulisches Lernen
Dissertation Universität Siegen
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Inhalt Vorwort | 7 Einleitung | 9 1.1 Zur Wahl des exemplarischen Lernortes sowie des konzeptuellen Rahmens | 10 1.2 Aufbau der Untersuchung | 13 1.3 Beitrag der Arbeit für die Erziehungswissenschaft | 15 1.
2.
Außerschulisches Lernen | 19
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Konzeptuelle Grundlagen des Lernens an außerschulischen Lernorten | 20 Das Verhältnis von außerschulischem und schulischem Lernen | 33 Der Kirchenraum als Beispiel für einen außerschulischen Lernort | 45 Aktueller Forschungsstand und -desiderate | 59 Fazit und vorläufige Fragestellung der Arbeit | 61
3. Subjektive Theorien von Lehrpersonen | 65 3.1 Vorstellungen von Lehrpersonen als Subjektive Theorien | 66 3.2 Methodische Rahmung des Forschungsprogramms Subjektive Theorien | 74 3.3 Subjektive Theorien in der schulischen Bildungsforschung | 80 3.4 Fazit, Fragestellung der Arbeit und methodische Grundentscheidungen | 89 4.
Forschungsdesign und Methoden | 91
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8
Der forschungsmethodische Ablauf im Überblick | 92 Vorstudie | 94 Leitfadeninterview | 97 Analyse und Aufbereitung der Interviews | 106 Die „Siegener Variante“ der Struktur-Lege-Sitzung | 115 Die „Siegener Variante“ der Analyse Subjektiver Theorien | 125 Realisierung eines empirisch-qualitativen Forschungsparadigmas | 133 Sample | 136
5. Ergebnisse | 139 5.1 Die individuellen Subjektiven Theorien der Lehrpersonen – Darstellung am Beispiel der Lehrerin Hannah | 141 5.2 Die individuellen Subjektiven Theorien der Lehrpersonen in der Kurzdarstellung | 181 5.3 Gesamtanalytische Darstellung – Ordnungsprinzipien | 212 5.4 Gesamtanalytische Darstellung – Inhaltlich-strukturelle Dimensionierung | 223 5.5 Gesamtanalytische Darstellung – Unterrichtliche Strukturlogik | 270 6. Diskussion | 303 6.1 Diskussion der Befunde | 304 6.2 Diskussion der „Siegener Variante“ | 343 6.3 Limitationen der Studie | 350
Anhang | 353 Abkürzungsverzeichnis | 363 Literaturverzeichnis | 365
Vorwort
Welche Vorstellungen haben Lehrkräfte über Lernen außerhalb des Klassenzimmers? Diese zentrale Fragestellung meiner Arbeit entspringt nicht alleine einer Forschungslücke, sondern auch und vor allem meinem persönlichen Forschungsinteresse. Durch die Mitarbeit in dem von der DFG geförderten Projekt „Der Kirchenraum als außerschulischer Lernort“ konnte ich Lernen außerhalb des Klassenzimmers bereits aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler untersuchen. Mein Promotionsprojekt bot mir die Möglichkeit, nun auch die Sichtweisen der Lehrerinnen und Lehrer auf dieses pädagogische Konzept zu erforschen. Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis dieses Forschungsprozesses und wurde im Jahr 2017 vom Department Erziehungswissenschaft und Psychologie der Universität Siegen als Dissertation angenommen. Allen voran danke ich meiner Betreuerin Prof. Dr. Jutta Wiesemann und meinem Betreuer Prof. Dr. Ulrich Riegel, die mein Promotionsprojekt von Anfang an begleitet haben. Eure beiden jeweils fachspezifischen Sichtweisen auf meine Arbeit haben es mir immer wieder ermöglicht, mein Datenmaterial neu und aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dir, lieber Ulrich, gilt mein besonderer Dank, hast du mir doch nach meinem Studium und Referendariat den Weg in die Wissenschaft geöffnet und meine Begeisterung für die empirische Bildungsforschung geweckt. Viele Impulse und konstruktive Denkanstöße für dieses Projekt kamen aus Forschungsgruppen an der Universität Siegen sowie der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle vor allem an meine beiden Kolleginnen Eva-Maria Leven und Annika Gruhn sowie an meinen Kollegen Jochen Lange. Ohne die Bereitschaft und Offenheit der teilnehmenden Lehrkräfte hätte diese Arbeit niemals realisiert werden können. Ihr habt mir für mein Forschungsprojekt eure wertvolle Zeit zur Verfügung gestellt, euch mit viel Energie und Engagement auf die Zusammenarbeit eingelassen und mir tiefe Einblicke in euer Denken über außerschulisches Lernen gewährt. Euch allen ein Vergelt’s Gott.
Dem transcript Verlag möchte ich für die Publikationsmöglichkeit danken, meiner Projektmanagerin Carolin Bierschenk für die gute Zusammenarbeit und Betreuung im Rahmen der Veröffentlichung. Meinen Eltern danke ich von Herzen für die uneingeschränkte Unterstützung in allen Lebenslagen. Mein Vater Alois Förster hat das Manuskript gewissenhaft Korrektur gelesen, mein Bruder Achim Förster stand mir mit guten strategischen Ratschlägen zur Seite. Nicht zuletzt gilt mein Dank den beiden wichtigsten Menschen in meinem Leben. Du, lieber Fabian, hast mich in meinen akademischen Ambitionen immer unterstützt. Und du, liebe Johanna Margarete, hast durch die Ankündigung deiner Geburt maßgeblich zur zügigen Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen. Bonn, im Juli 2017
Katharina Kindermann
1. Einleitung Typisch Der Lehrer nimmt den Bach durch. Er zeigt ein Bild. Er zeichnet an die Wandtafel. Er beschreibt. Er schildert. Er erzählt. Er schreibt auf. Er diktiert ins Heft. Er gibt eine Hausaufgabe. Er macht eine Prüfung. Hinter dem Schulhaus fließt munter ein Bach vorbei. Vorbei. SCHULMANN 1973: 29
Das Klassenzimmer ist seit dem Mittelalter, spätestens aber seit der flächendeckenden Einführung der allgemeinen Schulpflicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts der angestammte Ort des Unterrichts (vgl. Göhlich 1993: 304 ff.; Luley 2000: 117 ff.). 70 bis 80 Prozent ihrer Zeit in der Schule verbringen LehrerInnen und SchülerInnen1 innerhalb des Klassenraumes (vgl. Fardel, Glaubitt & Huihsen 2014: 31), die Aufenthaltszeit auf dem Schulgelände liegt sicherlich noch höher. Die Welt außerhalb der Schulmauern wird – wie das einführende Zitat zeigt – für den Unterricht didaktisch reduziert, aufbereitet und durch entsprechende Materialien ins Klassen-
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Die Autorin ist um eine geschlechtergerechte Sprache bemüht. Diese wird dann aufgegeben, wenn die simultane Verwendung der männlichen und weiblichen Form zu grammatikalischen Schwierigkeiten führt. Wird nur die männliche Form verwendet, so sind damit auch Frauen angesprochen.
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zimmer geholt. Schon seit COMENIUS und seiner DIDACTICA MAGNA (1657) wird aber auch dafür plädiert, den SchülerInnen die authentische Welt jenseits der Schulmauern zu zeigen, das Klassenzimmer als angestammten Lernort zumindest zeitweise zu verlassen und Unterrichtsgänge an außerschulische Lernorte durchzuführen. Die vorliegende Studie möchte einen Beitrag dazu leisten, die Sichtweisen von Lehrkräften auf diese nicht alltägliche Art des Unterrichts zu erforschen. Es liegt in der Hand der Lehrenden, ob überhaupt und wie außerschulisches Lernen in der Praxis umgesetzt wird. Sie sind ExpertInnen für unterrichtliches Handeln und LehrLern-Prozesse. Im Klassenzimmer ist dieses Unterrichtsgeschehen hochgradig standardisiert und routiniert, ereignet es sich doch in einem wohldefinierten Kontext. Beim Verlassen des Klassenraumes wird dieser routinierte Rahmen aufgebrochen und die Lehrenden stehen vor der Herausforderung, Unterricht an einem unvertrauten und nicht alltäglichen Lernort durchzuführen. Auf dem Gebiet des außerschulischen Lernens lässt sich seit ungefähr zwei Jahrzehnten eine rege Forschungstätigkeit beobachten. Nehmen empirische Studien die Lehrkräfte in den Blick, so interessieren sie sich fast ausschließlich für das Lehrpersonal an Sekundarschulen, obwohl Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie und die staatlichen Lehrpläne gerade für den Bereich der Grundschule Erfahrungen an außerschulischen Lernorten nahelegen. Das führt zur zentralen Fragestellung der Studie: Welche Vorstellungen haben Grundschullehrkräfte über Unterrichtsgänge? Die Einleitung skizziert zunächst den konkreten Untersuchungsgegenstand sowie den methodischen Rahmen der Studie und konkretisiert daran die oben aufgeworfene Forschungsfrage (Kap. 1.1). Es folgen ein Überblick zu Inhalt und Erkenntnisgewinn der einzelnen Kapitel (Kap. 1.2) sowie eine Darstellung der konkreten Ziele der vorliegenden Arbeit, die neben einem Beitrag zum erziehungswissenschaftlichen Diskurs um außerschulisches Lernen auch methodisch innovative Impulse im Bereich der schulischen Bildungsforschung geben möchte (Kap. 1.3).
1.1 Z UR W AHL DES
EXEMPLARISCHEN DES KONZEPTUELLEN R AHMENS
L ERNORTES
SOWIE
Dieses Kapitel markiert die Eckpfeiler, zwischen denen sich die vorliegende Arbeit bewegt. Es klärt zunächst den Untersuchungsgegenstand. Die Forschungsfrage wird anhand eines konkreten Lernortes – in der vorliegenden Arbeit am Beispiel des Kirchenraumes – bearbeitet. Zudem wird dargestellt, wie die Vorstellungen der Lehrkräfte mit Rückgriff auf das kognitionspsychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien eine methodologische und methodische Rahmung erhalten.
1. E INLEITUNG
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Jeder Lernort folgt einem eigenen Duktus, wenn es um die dort repräsentierten Inhalte, seine Vorab-Strukturierung für Lerngelegenheiten oder aber den methodisch-didaktischen Zugriff geht. Ein Unterrichtsgang in den Wald unterliegt anderen Charakteristika als ein Museumsbesuch. Das Kunstmuseum wiederum unterscheidet sich vom Science-Center als außerschulischen Lernort usw. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich deshalb auf einen konkreten Lernort, anhand dessen die Vorstellungen von Grundschullehrkräften über außerschulisches Lernen rekonstruiert werden. Für die Wahl des Kirchenraumes als exemplarisches Beispiel waren vier Aspekte ausschlaggebend. Erstens konzentriert sich bisherige empirische Forschung vor allem auf außerschulisches Lernen in den naturwissenschaftlichen Fächern und hier auf Lernstandorte wie Lernlabore, Museen oder Science Center, die bereits vorab strukturierte Lernwelten darstellen. Mit dem Kirchenraum rückt ein Lernort in den Fokus, der von diesem Mainstream abweicht und empirisch bislang kaum beachtet wurde. Zweitens handelt es sich bei ihm nicht um einen didaktisch bereits zugerichteten Lernort, sondern um den Versammlungsort für die Feier des Gottesdienstes der christlichen Gemeinde, einen Ort gelebter Religiosität und damit um einen Lernort mit vergleichsweise hoher Authentizität. Erst durch den Unterrichtsgang und die methodisch-didaktische Inszenierungsarbeit der Lehrkraft wird der Kirchenraum zum Lernort. Im Gegensatz zu einem Museum werden religiöse Artefakte hier nicht isoliert und losgelöst von ihrem eigentlichen Kontext zur Schau gestellt, sondern sind in ihrem originalen Verwendungszusammenhang erfahrbar. Auch der Raum selbst und seine Atmosphäre sind Teil des Erlebens vor Ort. Das bietet besondere Lernchancen, stellt aber die Lehrkräfte gleichzeitig vor enorme Herausforderungen. So können sie hier beispielsweise nicht auf pädagogisch ausgebildetes Personal zurückgreifen, sondern müssen das Lerngeschehen vor Ort selbst anleiten. Die im erziehungswissenschaftlichen Diskurs verhandelten Chancen und Problemfelder außerschulischen Lernens spitzen sich an einem solchen Ort, der eine hohe Authentizität und einen großen Kontrast zum Klassenzimmer aufweist, zu. Drittens repräsentiert das Kirchengebäude einen vergleichsweise niederschwellig zugänglichen Lernort, der an fast jedem Schulort existiert. Meist liegt die Kirche in Laufweite zur Schule, ist tagsüber geöffnet und der Besuch mit der Schulklasse ist auch ohne Begleitpersonal der Kirchengemeinde möglich. All diese Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit seiner Nutzung als außerschulischen Lernort und machen ihn für die Unterrichtspraxis so wertvoll. Ziel der Arbeit ist es, möglichst praxisgesättigte Sichtweisen von Lehrkräften zu rekonstruieren und Vorstellungen nicht ausschließlich im hypothetischen Raum entwickeln zu lassen. Dieses Ziel erscheint am Beispiel des Kirchenraumes realisierbar. Viertens bietet der Kirchenraum trotz seiner jeweils individuellen Gestaltung ein gewissermaßen universal verfügbares thematisches Programm. Anhand dieses Programms lassen sich zentrale Themengebiete christlicher Kultur erarbeiten. Die Kirche stellt dabei einen ideologisch hochgradig sensiblen Raum dar, der aber nicht nur für den Religionsunter-
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richt, sondern auch für andere Unterrichtsfächer von thematischer Relevanz ist. Er erweist sich damit als ein hinreichend konkretes Beispiel im breiten Spektrum außerschulischer Lernorte. Gleichzeitig haben die Lehrkräfte bei der inhaltlichen Schwerpunktsetzung einen größtmöglichen Spielraum, was bei einem Besuch dort zum Lerngegenstand gemacht wird. Der Kirchenraum eignet sich somit als hervorragendes Beispiel, die Sichtweisen von Lehrpersonen auf Lernen außerhalb des Klassenzimmers empirisch zu untersuchen. Bisherige empirische Arbeiten rekonstruieren die Sichtweisen von Lehrpersonen meist entlang eines quantitativen Forschungsparadigmas. Nur selten wird den LehrerInnen als AkteurInnen, die außerschulisches Lernen vor Ort anleiten und in Szene setzen, die Gelegenheit zur freien Äußerung und zur Erläuterung ihrer individuellen Perspektiven gegeben. Die vorliegende Arbeit setzt hier an und wählt deshalb einen qualitativen Zugang. Dabei soll den Befragten größtmögliche Freiheit eingeräumt werden, ihre Vorstellungen zu Unterrichtsgängen zu verbalisieren und so der Forscherin Einblicke in ihr Denken zu gewähren. Um diese Vorstellungen der Lehrpersonen theoretisch zu rahmen, wird auf das psychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien zurückgegriffen, das von GROEBEN, WAHL, SCHLEE und SCHEELE (1988) im Forschungsprogramm Subjektive Theorien grundgelegt wurde. Subjektive Theorien repräsentieren die Sicht auf sich selbst und die einen umgebende Welt. Sie erlauben es dem Individuum, Phänomene zu beschreiben, zu erklären und vorherzusagen und damit zu strukturierten und handlungsleitenden Einsichten zu kommen. Gleichzeitig sind mit dem Forschungsprogramm Subjektive Theorien eine bestimmte Forschungsmethodologie sowie ein bestimmtes forschungsmethodisches Vorgehen verbunden. Ziel ist es, der Selbst- und Weltsicht der Befragten möglichst nahe zu kommen und die Subjektive Theorie in einem ständigen Aushandlungsprozess zwischen den InterviewpartnerInnen und den Forschenden zu rekonstruieren. Das dafür leitende Prinzip ist der sogenannte Dialog-Konsens, der den Befragten einen hohen Stellenwert und einen möglichst aktiven Part bei der Rekonstruktion ihrer Subjektiven Theorie einräumt. Dafür sind zwei Erhebungsphasen vorgesehen, wobei in einem Interview zunächst die Inhalte erfragt werden, die dann in einer Struktur-Lege-Sitzung in einen argumentativen Zusammenhang gebracht werden. Das Ergebnis ist das Struktur-Lege-Bild als optisches Abbild der Subjektiven Theorie. Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien ist ein in der schulischen Bildungsforschung etabliertes Konzept, so dass sich die vorliegende Arbeit in eine mittlerweile mehrere Jahrzehnte währende Forschungstradition einreiht. Unter Berücksichtigung des Kirchenraumes als Lernort sowie der Subjektiven Theorien als konzeptuellen Rahmen lautet die übergeordnete Forschungsfrage für die vorliegende Arbeit wie folgt: Welche Subjektiven Theorien haben Religionslehrkräfte in der Grundschule über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum?
1. E INLEITUNG
1.2 AUFBAU
DER
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U NTERSUCHUNG
Kapitel 2 Außerschulisches Lernen markiert die drei theoretischen Referenzpunkte der vorliegenden Arbeit. Der erste Teil des Kapitels gibt einen allgemeinen Einblick in außerschulisches Lernen. In einem historischen Rückblick wird gezeigt, wie sich die Begründungszusammenhänge für das Lernen außerhalb des Klassenzimmers je nach dem Bildungsverständnis der Institution Schule gewandelt haben. Anschließend werden entscheidenden Diskurslinien der Lernortpädagogik aufgezeigt. Hier wird offensichtlich, dass sich außerschulisches Lernen zunächst einmal über seine Andersartigkeit und seine Abgrenzung zum Lernen im Klassenzimmer definiert. Der zweite Schwerpunkt des Kapitels fragt deshalb nach dem Verhältnis zwischen außerschulischem Lernen und einer schulischen Unterrichtslogik. Es kann gezeigt werden, dass außerschulisches Lernen trotz seiner postulierten Andersartigkeit aus einem schulischen Kontext heraus entwickelt und in verschiedenen Aspekten mit einem klassischen schulischen Duktus gedacht wird. Diese sogenannte „Klassenzimmer-Logik“ lässt sich durch zwei Ebenen abbilden. Da sind zunächst die Lehrkräfte, die ExpertInnen für das unterrichtliche Geschehen innerhalb des Klassenzimmers sind. Ihr alltäglicher Unterricht ist wiederum durch didaktische Modelle geprägt, die das tägliche Lehrerhandeln theoretisch rahmen und Bestandteile der Ausbildung in Universität und Studienseminaren sind. Den dritten Schwerpunkt des Kapitels bildet der Kirchenraum als exemplarisch gewählter Lernort. Mit der Kirchenraumpädagogik gibt es ein mittlerweile in der Religionspädagogik etabliertes Fachgebiet, das sich dem Umgang mit diesem Raum widmet und die Diskurslinien der Lernortpädagogik auf ihn zuspitzt. Innerhalb des Kapitels 2 wird immer wieder auf die aktuelle empirische Forschung um außerschulisches Lernen verwiesen und Leerstellen identifiziert, die es ermöglichen, am Ende des Kapitels eine vorläufige Forschungsfrage zu präsentieren. Kapitel 3 Subjektive Theorien von Lehrpersonen widmet sich dem Forschungsprogramm Subjektive Theorien als konzeptuellem Rahmen der Untersuchung. Hier wird zunächst der Zugriff über das Forschungsprogramm Subjektive Theorien begründet, bevor dessen methodologische und methodische Grundlagen erläutert werden. Dabei wird das vierschrittige Erhebungsverfahren, wie es das klassische Vorgehen im Forschungsprogramm Subjektive Theorien vorsieht, dargestellt: Erheben der Inhalte, Aufbereitung der Inhalte für die Struktur-Lege-Sitzung, Struktur-LegeTechnik sowie Analyse der Subjektiven Theorien. Auf die Struktur-Lege-Technik als Besonderheit des Forschungsprogramms wird dabei noch einmal ausführlich eingegangen. Schließlich wird aufgezeigt, dass zahlreiche Studien der jüngeren schulischen Bildungsforschung mit dem Konstrukt der Subjektiven Theorien arbeiten. Es wird deutlich, dass das oben beschriebene idealtypische Vorgehen des Forschungsprogramms in der Forschungspraxis nicht selten Probleme aufwirft, die
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AutorInnen hier aber auch kreative Variationen und Modifikationen entwickeln. Von diesen profitiert auch die vorliegende Arbeit. Am Ende des Kapitels wird die Forschungsfrage auf das kognitionspsychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien hin zugespitzt. Kapitel 4 stellt das Forschungsdesign und Methoden der Untersuchung vor. Die Forscherin orientiert sich am idealtypischen vierschrittigen Vorgehen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien, entwickelt aber auch methodische Modifikationen. Den ersten Schritt bildet ein problemzentriertes Leitfadeninterview. Es folgt ein analytischer Zwischenschritt, bei dem die Forscherin das Interview mittels zusammenfassender Inhaltsanalyse auswertet und die Inhaltskarten für die StrukturLege-Sitzung erstellt. Den dritten Schritt bildet die Struktur-Lege-Sitzung, deren Ergebnis das Struktur-Lege-Bild ist. In einem vierten Schritt wird schließlich die Subjektive Theorie rekonstruiert. Die in der vorliegenden Arbeit entwickelten methodischen Neuerungen werden als „Siegener Variante“ bezeichnet. Sie umfassen unter anderem die Lockerung des starren Regelwerks, wie es das Forschungsprogramm für die Struktur-Lege-Sitzung vorsieht, sowie eine Dokumentation der Struktur-Lege-Sitzung mittels Handkamera. Damit steht für die Analyse nicht nur das Struktur-Lege-Bild als Produkt der Struktur-Lege-Sitzung zur Verfügung, sondern auch das Legevideo, das den gesamten Legeprozess in Ton und Bild festhält. Am Ende des Kapitels wird das Sample der Untersuchung vorgestellt. Die Forscherin befragte acht Grundschullehrkräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung im Fach Katholische Religionslehre. Voraussetzung für die Teilnahme war es, dass bereits mindestens ein Unterrichtsgang in die Kirche durchgeführt wurde, so dass die Subjektive Theorie entlang eigener Praxiserfahrungen rekonstruiert werden konnte. In Kapitel 5 werden die zentralen Ergebnisse der Untersuchung präsentiert. Zunächst wird an einer Lehrperson die Analyse der Subjektiven Theorie auf individueller Ebene beispielhaft aufgezeigt, wobei die LeserInnen einen ausführlichen Einblick in das Auswertungsverfahren der „Siegener Variante“ erhalten. Die individuellen Subjektiven Theorien der anderen sieben UntersuchungspartnerInnen werden in Kurzform wiedergegeben. Für jede Lehrkraft wird dabei auch die differenzierte Clusterkarte vorgestellt, die die zentralen Inhalte und strukturellen Verbindungen des Struktur-Lege-Bildes in einer Art Abstract zusammenfasst und optisch wiedergibt. Mit der gesamtanalytischen Ergebnisdarstellung wird die individuelle Ebene verlassen und die Subjektiven Theorien der Befragten werden miteinander verglichen. Dabei arbeitet die Forscherin zunächst Ordnungsprinzipien heraus, nach denen die LehrerInnen die Inhalte ihres Struktur-Lege-Bildes systematisieren. Danach werden Themen identifiziert, die sich als konstitutiv für die Subjektiven Theorien der Lehrkräfte erweisen und anhand derer sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Subjektiven Theorien herausarbeiten lassen. Dieser Analyseschritt wird als inhaltlich-strukturelle Dimensionierung bezeichnet. Im abschließenden Teil des Kapitels werden die Subjektiven Theorien entlang einer unterrichtli-
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chen Strukturlogik betrachtet. So kann aufgezeigt werden, inwieweit die Lehrpersonen sich hier an typischen Modellen der Unterrichtsplanung und -gestaltung orientieren, aber auch wann sie eben diese für außerschulisches Lernen bewusst in Frage stellen. Die gewonnen Ergebnisse werden in der Diskussion in Kapitel 6 zusammengefasst und reflektiert. Die Diskussion konzentriert sich dabei auf die vergleichenden Analyseergebnisse und nimmt die Ordnungsprinzipien, die inhaltlich-strukturelle Dimensionierung sowie die unterrichtliche Strukturlogik in den Blick. Diese Ergebnisse werden mit dem am Beginn der Arbeit entwickelten Theorierahmen zu außerschulischem Lernen in Beziehung gesetzt und damit einem letzten abstrahierenden Arbeitsschritt unterzogen. Die am Beispiel des Kirchenraumes herausgearbeiteten Ergebnisse werden in den erziehungswissenschaftlichen Diskurs um außerschulisches Lernen zurückgespielt. So wird beispielsweise diskutiert, inwieweit sich bereits innerhalb der Ordnungsprinzipien didaktische Denkmuster zeigen oder wo die Lehrkräfte durch die innerhalb der inhaltlich-strukturellen Dimensionierung identifizierten Themen Schwerpunkte für Unterrichtsgänge setzen und welche Konsequenzen sich daraus für die Fort- und Weiterbildung im Bereich des außerschulischen Lernens ableiten lassen. Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung ist, dass die Lehrpersonen außerschulisches Lernen in verschiedenen Momenten stark innerhalb einer schulischen Denklogik entwerfen und so sein Potential nicht immer voll entfalten können. Gleichzeitig gibt ihnen eben jene Unterrichtslogik Orientierung für dieses nicht alltägliche Lerngeschehen. Die Diskussion geht dabei auch auf die Möglichkeiten und Grenzen der im Rahmen der Arbeit entworfenen „Siegener Variante“ zur Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien ein und wirft zum Abschluss einen Blick auf Limitationen der Studie, wobei unter anderem weiterer Forschungsbedarf im Bereich des außerschulischen Lernens aufgezeigt wird.
1.3 B EITRAG DER ARBEIT FÜR DIE E RZIEHUNGSWISSENSCHAFT Die Arbeit sieht sich einem doppelten Ziel verpflichtet. Zum einen möchte sie eine Forschungslücke innerhalb des Diskurses um außerschulisches Lernen schließen, indem sie sich den Sichtweisen von Grundschullehrkräften widmet. Zum anderen greift sie mit dem Forschungsprogramm Subjektive Theorien auf ein in der schulischen Bildungsforschung etabliertes Konstrukt zurück, dessen methodische Umsetzung an verschiedenen Stellen des Forschungsprozesses allerdings Probleme aufwirft. Diese Probleme sollen konkret benannt und innovative Lösungsansätze entwickelt werden.
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Die Forschungsergebnisse der vorliegenden Arbeit geben einen vertieften Einblick in die Vorstellungen von Lehrpersonen über außerschulisches Lernen. Dabei werden nicht nur die individuellen Subjektiven Theorien der Grundschullehrkräfte dargestellt, sondern auch überindividuelle Inhalts-Struktur-Kombinationen herausgearbeitet und so Unterschiede und Gemeinsamkeiten sichtbar gemacht. Am Ende der Arbeit werden die Forschungsergebnisse in die drei für die Arbeit zentralen theoretischen Referenzdiskurse eingearbeitet. Das ist zunächst die Lernortpädagogik, in der außerschulisches Lernen als pädagogisches Konzept entworfen und die andere und eigene Lernkultur von Unterrichtsgängen bearbeitet wird. Gleichzeitig erweist sich die Lernortpädagogik in verschiedenen Merkmalen als schulisch determiniert und rückgebunden. Den zweiten Referenzrahmen bildet damit die Logik des Unterrichts, wie sie sich in didaktischen Modellen niederschlägt. Im konkreten Fall wird das Strukturmodell des Unterrichts nach JANK und MEYER (2002) als Repräsentant der Klassenzimmer-Logik gewählt. Der dritte Referenzrahmen wird durch den exemplarisch gewählten außerschulischen Lernort bestimmt. Mit der Kirchenraumpädagogik steht ein etabliertes Fachgebiet zur Verfügung, das sich mit der Kirche als Lernort auseinandersetzt und so die Grundlagen der Lernortpädagogik auf den Kirchenraum konkretisiert. Allerdings liegen die Wurzeln dieses Fachgebietes nicht primär im schulischen Kontext, sondern innerhalb der Gemeindearbeit, so dass durch diesen Diskurs noch einmal ein neuer Blickwinkel auf außerschulisches Lernen eingetragen wird. Die Forschungsergebnisse werden nicht nur an die verschiedenen theoretischen Diskurse angebunden, sondern werden auch mit bisherigen empirischen Arbeiten auf diesem Gebiet kontrastiert und zeigen Ansätze für die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften im Bereich des außerschulischen Lernens auf. Das zweite große Anliegen der Arbeit ist forschungsmethodischer Natur. Innerhalb der schulischen Bildungsforschung ist das Forschungsprogramm Subjektive Theorien ein mittlerweile vielfach angewendetes und etabliertes Konstrukt. Mit dem Forschungsprogramm ist eine Forschungsmethode verbunden. Die Analyse, wie die methodischen Vorgaben des Programms in der Forschungspraxis realisiert werden, zeigt aber, dass hier erhebliche Schwierigkeiten auftreten, die Forschungsmethode häufig nur in Teilen angewendet und damit auch das im Forschungsprogramm entworfene methodologische Grundverständnis der Subjektiven Theorien unterlaufen wird. Die vorliegende Arbeit entwickelt deshalb mit der „Siegener Variante“ ein neues Verfahren zur Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien, die vor allem innovative Ansätze für die Struktur-Lege-Technik sowie die Datenanalyse bietet. Die entscheidenden Neuerungen innerhalb der Struktur-Lege-Sitzung sind eine inhaltliche Validierung der Inhaltskarten während der gesamten Struktur-LegeSitzung, die Öffnung des Regelwerks, die Erweiterung des Legematerials sowie die Dokumentation der Struktur-Lege-Sitzung mittels Handkamera. Für die Auswertungsmethode werden die Gliederung des Struktur-Lege-Bildes in Cluster, entlang
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derer sich die Analysearbeit vollzieht, die Teilkarten, die differenzierte Clusterkarte als Dokumentationsmethode sowie das Legevideo entwickelt. Die Innovationen werden im Rahmen der Arbeit ausführlich beschrieben und ihr forschungspraktischer Einsatz kritisch reflektiert, so dass die vorliegende Untersuchung auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Forschungsprogramms innerhalb der schulischen Bildungsforschung leistet.
2. Außerschulisches Lernen
Der Besuch eines außerschulischen Lernortes ist ein nicht-alltägliches Geschehen, das sich in einem enormen Spannungsfeld bewegt. Auf der einen Seite steht die Schule mit ihren auf Gewohnheit aufbauenden und teilweise starren institutionellen Anforderungen und Rahmenbedingungen sowie dem Klassenzimmer, das seit Jahrhunderten den angestammten Ort des Unterrichts bildet. Unterrichtliches Geschehen ereignet sich dort nach eingeschliffenen Mustern und der tägliche Ablauf ist allen Beteiligten – Lehrenden wie Lernenden – gut vertraut, ist das Verhalten doch über Jahre hinweg miteinander eingeübt. Diese Vertrautheit reicht vom konkreten Ablauf einer Unterrichtsstunde über den Gebrauch der Lernmaterialien bis hin zum sozialen Miteinander. Auf der anderen Seite steht das Verlassen der räumlichen Grenzen der Schule und damit eben jener didaktisierten und künstlichen Welt. Lehrende und Lernende betreten Orte, die das geordnete und gewohnte System des Klassenzimmers vermissen lassen. Hier gilt es, Unterricht ohne Klassenzimmer, Schule ohne Schulgebäude zu machen. Doch wie verhält es sich nun mit dem Ablauf einer Unterrichtsstunde, dem Medieneinsatz oder der sozialen Interaktion? Handelt es sich um ein Replizieren des unterrichtlichen Geschehens im Klassenzimmer und ein Übertragen bzw. Mitnehmen der Rahmenbedingungen der Institution Schule? Oder ist Lernen an außerschulischen Lernorten etwas völlig Neues, was nichts mit dem alltäglichen Unterricht innerhalb der Schulmauern zu tun hat? Dieses Spannungsfeld wird noch einmal verschärft, wenn es sich beim außerschulischen Lernort um eine Welt handelt, die nicht per se für Lernprozesse aufbereitet ist, also nicht die Charakteristika eines sog. „Lernstandortes“ trägt. Fest steht, dass mit Unterrichtsgängen vielfältige Hoffnungen und Erwartungen verbunden sind. Außerhalb der Schule zu arbeiten bedeutet nicht nur ein physisches Verlassen des Schulgebäudes, sondern – nimmt man das didaktische Konzept außerschulischen Lernens ernst – auch ein Verlassen der institutionellen Zwänge und eingeschliffenen Muster in der Schule. Kinder können vor Ort auf eine Art und Weise lernen und die Welt für sich entdecken, die ihnen das Klassenzimmer nicht zu bieten vermag.
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Im folgenden Kapitel wird eben jenes Spannungsfeld entfaltet. Dafür werden zunächst die konzeptuellen Grundlagen außerschulischen Lernens und sein damit einhergehender Anspruch auf Besonderheit und Abgrenzung zum Lernen innerhalb des Klassenzimmers und zum alltäglichen schulischen Unterricht dargestellt (Kap. 2.1). Die in der Schulpädagogik gängige Verwendung des Begriffs „außerschulisch“ intendiert also nicht nur eine geographische, sondern gleichzeitig auch eine konzeptuelle Abgrenzung. Kapitel 2.2 zeigt anschließend, dass außerschulisches Lernen nicht völlig frei von einem schulischen Bezug gedacht wird. Das Begriffspaar „schulisch“ vs. „außerschulisch“ suggeriert zunächst einen Gegensatz, der sich allerdings unter dem Dach ein und derselben Institution ereignet. Das Kapitel führt aus, an welchen Stellen zwischen den beiden Begriffen Bezugspunkte bestehen. Kapitel 2.3 widmet sich schließlich dem Kirchenraum, der im Forschungsfeld um außerschulisches Lernen empirisch bislang kaum beachtet wurde, sich als beispielhaft für Lernen außerhalb des Klassenzimmers erweist und folglich einen idealen Untersuchungsgegenstand für die vorliegende Arbeit darstellt. Das Kapitel mündet in eine vorläufige Fragestellung (Kap. 2.4). Hier wird sich zeigen, dass sich das empirische Vorgehen auf die Lehrpersonen und damit diejenigen konzentriert, die außerschulisches Lernen in der Unterrichtspraxis umsetzen. Die vorliegende Studie fragt nach ihren Vorstellungen über Unterrichtsgänge und danach, welche Merkmale schulischen und außerschulischen Lernens sie dabei zur Sprache bringen und wie sie dies tun.
2.1 K ONZEPTUELLE G RUNDLAGEN DES L ERNENS AN AUßERSCHULISCHEN L ERNORTEN Das Kapitel gibt einen Überblick zu didaktischen Konzepten zum Lernen außerhalb des Schulgeländes, ohne dieses auf eine bestimmte Fachrichtung oder einen konkreten Lernort zu spezifizieren. In einem ersten Schritt werden zunächst die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Begrifflichkeiten (außerschulischer Lernort, Lernstandort, Unterrichtsgang) erläutert (Kap. 2.1.1). Kapitel 2.1.2 gibt einen Einblick in die historische Entwicklung außerschulischen Lernens und zeigt, wie sich die Begründung für Unterricht außerhalb des Klassenzimmers je nach Bildungsverständnis der Institution Schule verändert hat und welcher Stellenwert außerschulischem Lernen heute zukommt. Daran anschließend werden die gegenwärtig diskutierten Formate außerschulischen Lernens, wie sie in der Lernortpädagogik grundgelegt sind, vorgestellt (Kap. 2.1.3). Diese umfassen die durch die veränderte Lernumgebung bedingten Besonderheiten außerschulischen Lernens und damit verbundene Hoffnungen, warum das Lernen außerhalb des Klassenzimmers einen Mehrwert gegenüber dem herkömmlichen Unterricht im Klassenraum darstellt. Im Rah-
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men der Lernortpädagogik werden auch Problemfelder diskutiert, wie sie mit eben jenem Verlassen der vertrauten Lernumgebung einhergehen und so hinderlich auf das Lernen vor Ort wirken können. Kapitel 2.1.4 zeigt schließlich, dass es im Kontext der Lernortpädagogik mittlerweile eine verstärkte empirische Forschungstätigkeit gibt, die sich eben jenen Chancen und Problemfeldern widmet. Eine Zusammenschau dieser Studien ergibt, dass außerschulisches Lernen bislang vor allem im naturwissenschaftlichen Kontext der Sekundarstufe untersucht wurde. 2.1.1 Begriffsbestimmung: Orte schulischen Lernens Im Diskurs um die Frage, wo im schulischen Kontext gelernt werden kann, findet sich häufig eine Unterscheidung zwischen primären und sekundären Lernorten (vgl. Schaub & Zenke 2007: 397; Baum, Roth & Oechsler 2013: 4; Keck & Thomas 2014: 428). Diese Klassifikation geht auf die Lernorttheorie nach MÜNCH (1985) zurück. Für MÜNCH sind primäre Lernorte all jene Orte, die „eigens und zumeist ausschließlich zum Lernen eingerichtet sind, deren primäre Aufgabe es also ist, Lernen zu ermöglichen und zu fördern“ (1985: 25). Unter diese Definition fallen etwa Schulen, betriebliche Lehrwerkstätten oder Universitäten. Sekundäre Lernorte sind Örtlichkeiten und Einrichtungen, in denen zwar auch gezielt gelernt wird, die allerdings primär andere Funktionen erfüllen. Als Beispiele führt MÜNCH den Arbeitsplatz, das Jugendwohnheim oder das Sportzentrum an (Münch 1985: 23). Der Begriff sekundärer Lernort bezeichnet damit in seiner ursprünglichen Verwendung zunächst einmal institutionell organisierte Örtlichkeiten und Einrichtungen (Keck & Thomas 2014: 427). Diese Einteilung nach MÜNCH macht eine Lücke sichtbar: Seine Definition deckt diejenigen Orte, „die zum Zwecke des Lernens – etwa im Rahmen von Exkursionen, Erkundungsgängen, Unterrichtsgängen – nur vorübergehend aufgesucht werden, und deren Funktion und Struktur weder primär noch sekundär von Lernzwecken her bestimmt wird“ (Salzmann 2009: 161) nicht ab. Klassische Beispiele für diese Leerstellen sind die Wiese, der Markt oder das Rathaus. In der Literatur lässt sich feststellen, dass Lernorte außerhalb des geographischen Raumes des Schulgeländes häufig pauschal als sekundäre Lernorte bezeichnet werden (vgl. Dühlmeier 2008; Bänninger, Gysin & Isler-Wirth 2015: 2). Da dies nicht der ursprünglichen Begriffsverwendung nach MÜNCH (1985) entspricht, wird in der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an JÜRGENS (1993) und SALZMANN (2009) von außerschulischen Lernorten gesprochen. Dieser Begriff hat sich mittlerweile auch in der Literatur um Lernen außerhalb des Klassenzimmers etabliert (vgl. Somrei 1997; Schreiber 2004; Gaedtcke-Eckart 2007; Bönsch 2010a; Brovelli u.a. 2012; Sauerborn & Brühne 2012; Karpa, Lübbecke & Adam 2015). „‚Orte‘ außerhalb der Schule“ (Jürgens 2008: 102) werden dann zu einem außerschulischen
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Lernort, wenn sie „zum Zwecke des Lernens“ (Salzmann 2009: 161) mit der Klasse aufgesucht werden und einen „absichtsvollen Einbezug in den Unterricht“ (Feige 2006: 379; Keck & Thomas 2014: 428) erfahren. Dies gilt zunächst einmal unabhängig von der institutionellen Anbindung des Ortes oder einer bereits vorhandenen methodisch-didaktischen und pädagogischen Aufbereitung. Einzige Voraussetzung, die einen Ort außerhalb des Schulgebäudes zu einem außerschulischen Lernort werden lässt, ist nach obiger Definition eine unterrichtliche Nutzung desselben. Um eine besondere Gruppe innerhalb der außerschulischen Lernorte herauszuheben und abzugrenzen, führt SALZMANN den Begriff des Lernstandortes (1989a) ein. Ein außerschulischer Lernort wird dann zu einem Lernstandort, wenn er „durch gezielte pädagogisch-didaktische und methodische Bemühungen adressatengerecht für aktive Erkundungs- und Lernprozesse aufbereitet wird und auf Dauer zur Verfügung steht“ (Salzmann 2009: 161). In den 80er Jahren fasst SALZMANN unter diese Lernstandorte vor allem solche außerschulischen Lernumgebungen zusammen, die sich regional-historischen Themen sowie dem Natur- und Umweltschutz widmen (vgl. Salzmann 1989a; 1989b). Heute fallen darunter vor allem Museen mit museumspädagogischen Diensten, an Science Center oder Universitäten angeschlossene Schülerlabore sowie Zoos und Botanische Gärten mit einem pädagogischen Angebot (vgl. Keck & Feige 2005: 456 f.; Dühlmeier 2008: 17; Baum, Roth & Oechsler 2013: 4; Keck & Thomas 2014: 427). BÖNSCH spricht in diesem Zusammenhang von „zubereitete[n] Welten“ (2010b: 43), da hier – anders als bei der Wiese, dem Markt oder dem Rathaus – von vorneherein Lerngelegenheiten geschaffen und Lernprozesse gezielt angeregt und angeleitet werden. Dies kann durch pädagogisch geschultes Personal erfolgen, aber auch in Form von Begleitmaterialien – etwa durch speziell für den Lernstandort entwickelte Erkundungsbögen, besonders gestaltete Informationstafeln oder Experimentierstationen (vgl. FrantzPittner, Grabner & Bachmann 2011; Wagner 2013) – geschehen. Bereits die Heraushebung der Lernstandorte innerhalb der außerschulischen Lernorte lässt die große Bandbreite außerschulischer Lerngelegenheiten erahnen. Für das Aufsuchen außerschulischer Lernorte und die Arbeit dort gibt es verschiedene Begrifflichkeiten. Ohne konkreten Fachbezug ist die Bezeichnung Unterrichtsgang. Der Begriff findet sowohl für außerschulisches Lernen im naturwissenschaftlichen (vgl. Dziewas 2007: 26; Guderian 2007: 80; Kreft 2007: 170) als auch im geisteswissenschaftlichen Bereich (vgl. Hilger 2008: 380; Witt 2013) Verwendung. EINSIEDLER bezeichnet damit allgemein eine „Arbeitsform, bei der der Unterrichtsgegenstand an Ort und Stelle, in seiner Umgebung aufgesucht wird“ (1975: 55). Begriffe wie Erkundung oder Besuch werden häufig synonym dazu verwendet (vgl. Schulte 2013: 28; Keck & Thomas 2014: 428). In der Geographiedidaktik wird gerne mit dem Begriff der Exkursion operiert (vgl. Sauerborn & Brühne 2012: 27). Die dazu analoge Disziplin in der Geographiedidaktik wird als Exkursionsdidaktik bezeichnet (vgl. ISB 1995; Lößner 2011; Neeb 2012). Der Begriff Exkursion
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wird auch dann eingesetzt, wenn es um den Besuch von Betrieben geht (vgl. Bönsch 2003: 6). Im Folgenden wird die allgemeine Bezeichnung Unterrichtsgang verwendet, da sie keinen Fachbezug aufweist. Bei dem Begriff selbst handelt es sich um ein Kompositum. Das Determinatum Gang bezeichnet zunächst ein aktives Geschehen, nämlich das Verlassen des Klassenzimmers. Der Begriff scheint damit nicht nur den Aufenthalt vor Ort, sondern auch den Weg zu diesem bzw. von diesem zurück einzuschließen. Das Detertimans Unterricht deutet bereits an, wozu der Aufenthalt außerhalb der Schule dient. Ein Unterrichtsgang ist kein Wandertag und auch keine Freizeitveranstaltung, sondern ein Geschehen, das sich trotz des Raumwechsels einem schulisch rückgebundenen Lernen verpflichtet sieht und Unterricht ist. 2.1.2 Historische Entwicklung und aktueller Stand Legitimation und Stellenwert außerschulischen Lernens sind untrennbar mit dem Verständnis von Schule verbunden und der Frage, welche Aufgabe ihr zukommt (vgl. Burk & Schönknecht 2008: 22 ff.). Die Weitergabe des kulturellen Erbes innerhalb der Institution Schule vollzog sich von Anfang an meist über das Medium der Sprache – in mündlicher Form durch den Vortrag der Lehrperson und in schriftlicher Form durch Bücher. Außerhalb des Klassenzimmers zu lernen und den Unterrichtsinhalten in ihrer originalen Form zu begegnen, stellt also zunächst einmal eine Abweichung vom üblichen Duktus der Wissensüberlieferung dar. So wird im Laufe der Geschichte von Schule die Rolle außerschulischen Lernens immer wieder diskutiert. Das vorliegende Kapitel blickt auf die Anfänge außerschulischen Lernens, das vor allem in der Reformpädagogik seine Hochphase fand. Im aktuellen Diskurs um Lernen außerhalb des Klassenzimmers ist dieses reformpädagogische Erbe zwar immer noch präsent, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts kamen allerdings weitere Begründungsaspekte hinzu, etwa der Diskurs um die veränderte Kindheit. Die Bedeutung außerschulischen Lernens für die aktuelle Unterrichtspraxis zeigt sich sowohl im Angebot einschlägiger fachdidaktischer Materialien für Lernen außerhalb des Klassenzimmers als auch in seiner Legitimation durch die staatlichen Lehrpläne. Die ersten Impulse, dass Lernen nicht ausschließlich durch mediale Vermittlung erfolgen, sondern auch auf Primärerfahrungen beruhen solle, gehen auf JOHANN AMOS COMENIUS zurück. In seiner DIDACTICA MAGNA aus dem Jahr 1657 hält er fest: „Die Menschen müssen so viel wie möglich ihre Weisheit nicht aus Büchern schöpfen, sondern aus Himmel und Erde, aus Eichen und Bäumen, d.h. sie müssen die Dinge selbst kennen und erforschen und nicht nur fremde Beobachtungen und Zeugnisse darüber. Und das heißt
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COMENIUS legte im 17. Jahrhundert ein Lernen in authentischen Umgebungen und dabei vor allem im Naturraum („Eichen und Bäume“) nahe. Die Forderung nach dem Verlassen des Klassenzimmers fand erstmals in der Aufklärung (18. Jh.) eine breite Basis. Die eingegrenzte Welt der Schule sollte verlassen und jenseits von Büchern und Heften ein Zugang zur Welt gefunden werden. Was COMENIUS mit einem Streben nach der „Kenntnis der Dinge“ begründete, hatte in der Aufklärung zunächst einmal vor allem pragmatischen Charakter. Das Verlassen des Klassenzimmers wurde weniger im Kontext eines Bildungsprozesses interpretiert, vielmehr ging es um das Kennenlernen von Arbeitsstätten oder aber um Abhärtung und Gesunderhaltung (vgl. Thomas 2009: 283). Erst in der Reformpädagogik (ca. 1890-1930) wurde außerschulisches Lernen in der Lesart nach COMENIUS aufgegriffen und umgesetzt. Die Forderung nach einer „Abkehr von der Sitz-, Buch- und Paukschule“ (Thomas 2009: 283) sowie nach einem Unterricht, der auf „Anschauung und Erfahrung“ (Burk & Schönknecht 2008: 23) beruht, führte dazu, dass außerschulisches Lernen zu einem „reformpädagogische[n] Evergreen“ (Feige 2006: 3) avancierte. Mit Erfahrungen außerhalb der Schulmauern waren vor allem eine „Einheit von Leben und Lernen“ sowie „ein Kennen- und Liebenlernen der Heimat“ (Thomas 2009: 283) intendiert. In der Reformpädagogik lässt sich ein verstärktes Aufbrechen des institutionell bislang relativ abgeschlossenen Bereiches Schule erkennen, da außerschulisches Lernen hier erstmalig in seiner Geschichte gezielt in schulisches Arbeiten integriert wurde. Einige Reformpädagogen nehmen das Lernen außerhalb der Schulmauern sogar explizit in ihr Schulkonzept auf (vgl. Salzmann 2007: 434). So etwa war für JOHN DEWEY das Lernen vor Ort essentieller Bestandteil von Projekten, konnte sich dadurch doch ein aktives und demokratisch-gesellschaftliches Engagement umsetzen lassen. Für CÉLESTIN FREINET waren Beobachtungen und Erfahrungen im Nahraum der Schule fester Bestandteil des Unterrichts, um im Klassenraum gewonnene Erfahrungen und Eindrücke zu vertiefen. ADOLF REICHWEIN suchte bewusst Kooperationen mit dem schulischen Umfeld. Auch Museumsbesuche wurden in den Schulalltag integriert und REICHWEIN entwickelte dabei erste grundlegende Gedanken einer Museumspädagogik. Nach 1945 lässt sich in Westdeutschland die Tendenz erkennen, an eben jene reformpädagogischen Ideen außerschulischen Lernens anzuknüpfen. Allerdings standen Motive wie etwa die „Wiedergewinnung von Heimat“ (Thomas 2009: 283) im Vordergrund und der Einbezug außerschulischer Lernorte in den Unterricht wurde häufig derart verkürzt, dass sie sich nur noch in Wandertagen niederschlugen. In der ehemaligen DDR wurde außerschulisches Lernen deutlich stärker praktiziert, vor allem im Rahmen der polytechnischen Erziehung. Die Arbeit in Patenbe-
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trieben war fester Bestandteil des Curriculums (vgl. Feige 2006: 3). Sowohl die Entwicklung in West-, als auch in Ostdeutschland macht deutlich, dass die Errungenschaften der Reformpädagogik und das COMENIUSʼsche Erbe nur in Ansätzen erhalten blieben. Heute wird Lernen außerhalb der Schulmauern wieder verstärkt über Argumentationsmuster begründet, die in der Reformpädagogik wurzeln. Die SchülerInnen sollen vor Ort originale und authentische Eindrücke und Erfahrungen sammeln, die medial im Klassenzimmer nicht vermittelbar sind und durch Unterrichtsgänge einen unmittelbaren Zugang zur Welt außerhalb der Schulmauern erhalten. Damit treten deutlich reformpädagogische Gedanken zu Tage. Seit den 1980er-Jahren ist zudem der Einfluss der Debatte um die sog. „veränderte Kindheit“ spürbar, in dessen Rahmen die Lernvoraussetzungen der SchülerInnen neu bestimmt werden (vgl. Feige 2006: 3 f.; Gaedtke-Eckardt 2007: 45; Thomas 2009: 283). So stellt BÖNSCH fest: „Primärerfahrungen in Natur, Familie, Arbeitswelt und Nachbarschaft sind seltener geworden.“ (2003: 5) Aus dem konstatierten Verlust von Erfahrungswelten im privaten Umfeld und den veränderten Lernvoraussetzungen der SchülerInnen werden neue Anforderungen an die Schule abgeleitet (vgl. Fölling-Albers 2001). Lernen außerhalb des Klassenzimmers wird im aktuellen Diskurs nicht nur als Gegenmodell zu einer Sitz-, Buch- und Paukschule gesehen, sondern zunehmend auch als Möglichkeit, die im Rahmen der Debatte um die veränderte Kindheit diagnostizierten Sozialisationsdefizite auszugleichen und den Lernenden einen Gegenentwurf zu einer immer stärker mediatisierten Welt und dem Verlust von Primärerfahrungen zu bieten (vgl. Burk & Claussen 1980: 20). Durch die Heterogenität der Schülerschaft kann das Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes – gerade zu Beginn einer Unterrichtssequenz – auch dazu dienen, überhaupt erst einmal vergleichbare Lernvoraussetzungen zu schaffen (vgl. Feige 2006: 7). Dass eben jene Diskussionen einen unmittelbaren unterrichtspraktischen Niederschlag finden, zeigt das umfangreiche Angebot an Materialien für die Arbeit außerhalb des Klassenzimmers (vgl. Reyher 1998a; Dühlmeier 2008; Sauerborn & Brühne 2012; Schulte 2013; Brovelli u.a. 2012) sowie seine Erwähnung in den staatlichen Lehrplänen (vgl. z.B. Hessisches Kultusministerium 1995; Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000; Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NordrheinWestfalen 2008; Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus 2014). 2.1.3 Außerschulisches Lernen als pädagogisches Konzept Findet Schule außerhalb des Schulgeländes statt, so ist dies zunächst einmal keine reine Replikation des Unterrichts im Klassenzimmer, sondern geht mit bestimmten Prinzipien und Vorstellungen einher, die bestimmen, wie sich Unterricht dort ereignen kann und idealerweise sollte. Als solche Bestimmungsmerkmale des außerschu-
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lischen Lernens als pädagogisches Konzept erweisen sich die authentische Begegnung vor Ort, das Lernen in Situationszusammenhängen, ein sinnliches und ganzheitliches Lernerleben, ein hoher Grad an Aktivität und Selbststeuerung, der verstärkte Einsatz kooperativer Lernformen, der Umgang mit der zur Verfügung stehenden Zeit sowie der Einbezug von ExpertInnen. Werden diese Prinzipien realisiert, so wird dem Lernen vor Ort ein hohes Wirkpotential zugesprochen, was affektive, kognitive aber auch soziale Bereiche angeht. Gleichzeitig ist Lernen außerhalb des Klassenzimmers mit bestimmten Problemfeldern verbunden, die eben jenen Mehrwert unterlaufen können. All diese Formate außerschulischen Lernens sind in der sogenannten Lernortpädagogik (vgl. Feige 2005: 3; Jürgens 2008: 103) grundgelegt, deren einzelnen Aspekte im Folgenden entfaltet werden. Unterricht im Klassenraum baut auf einer methodisch-didaktisch aufbereiteten und damit reduzierten Wirklichkeit auf. Diese Wirklichkeit wird in der Regel medial vermittelt und somit durch entsprechende von der Lehrperson gewählte Hilfsmittel in das Klassenzimmer geholt – sei es durch Sprache, Bilder, Modelle oder auch ausgewähltes originales Anschauungsmaterial (vgl. Tulodziecki 2014: 419). Zentraler Ausgangspunkt für die Lernortpädagogik ist die Überlegung, „den Schülerinnen und Schülern vor Ort Erfahrungen zu vermitteln, die in der Schule selbst nicht möglich sind“ (Feige 2005: 4). Mit dem Lernen vor Ort können SchülerInnen Lerninhalten im Original und in ihrer originalen Umgebung begegnen, so dass ein „authentisches“ (Keck & Thomas 2014: 427) und unmittelbares Lernerleben ermöglicht wird, das im Klassenzimmer so nicht repliziert werden kann. Das Klassenzimmer zu verlassen bedeutet also zunächst einmal, Lernende mit einer Wirklichkeit zu konfrontieren, die eine deutlich komplexere Lernumgebung darstellt als es der alltägliche Lernort Klassenraum tut, und sich mit den SchülerInnen in „nicht didaktisch reduzierte oder nach Fächern vorstrukturierte[n] Situationen“ (Kohler 2007: 482) zu begeben. MICHIE bezeichnet diesen Zugang zum Lerngegenstand als „firsthand experience“ (1998: 43). Der Grad der Authentizität des Lernerlebens und die Komplexität variieren dabei von Lernort zu Lernort. So etwa sind SchülerInnen an einem Lernstandort wie dem Science Center einer methodisch-didaktisch bereits vorstrukturierten und deutlich stärker auf Lernprozesse gestalteten Lernumgebung ausgesetzt, die ebenfalls mit medialen Hilfsmitteln wie Bildern oder Modellen arbeitet, als dies auf einer Wiese oder einem Marktplatz der Fall ist. Folglich sind einer authentischen Begegnung mit dem Original und einer „Herstellung unmittelbarer Lebensweltbezüge“ (Feige 2006: 4) auch Grenzen gesetzt. Ein Unterrichtsgang in den Zoo bietet nicht die Gelegenheit, Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten und auch ein deutscher Wald ist letztendlich mehr ein kulturell hervorgebrachter Zustand als ein unberührter Naturraum (vgl. Scholz & Rauterberg 2008: 52 f.). Argumentativer Ausgangspunkt für die Lernortpädagogik ist eine unterstellte Andersartigkeit des Erlebens vor Ort, die eine mediale Repräsentation im Klassen-
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zimmer so nicht zu leisten vermag: „Field trips take students to locations that are unique and cannot be dublicated in the classroom.“ (Behrendt & Franklin 2014: 236) Unabhängig vom Grad der Authentizität, der Vorstrukturierung oder Komplexität ist es dabei das Ziel, die Lernenden in die Situation mit hineinzunehmen. Dieser situative Aspekt des Lernens kommt vor allem dann zum Tragen, wenn nicht nur einzelne Objekte die Lerninhalte ausmachen, sondern es um Abläufe und Handlungszusammenhänge etwa im Bereich der Natur (vgl. Hampl 2000) oder der Arbeitswelt (vgl. Bönsch 2010b) geht. Durch situatives Lernen in authentischen Umgebungen kann nach JÜRGENS die „Widersprüchlichkeit“ (2008: 108) des schulisch-institutionalisierten Lernens gemildert werden, indem Theorie und Praxis, Abstraktion und Konkretion unmittelbar aufeinander bezogen werden und in lebensnahen Situationen miteinander verflochten sind. Das Verlassen des Klassenzimmers ermöglicht es den SchülerInnen, Gegenständen, Phänomenen, Abläufen und Handlungszusammenhängen in einem natürlichen Kontext zu begegnen. Mit Blick auf den konkreten Lernprozess können dabei laut Lernortpädagogik möglichst viele Sinne einbezogen und ein ganzheitliches Lernerleben realisiert werden (vgl. Dühlmeier 2008: 32; Hellberg-Rode 2012: 146; Keck & Thomas 2014: 427), sind die Lernenden doch auch körperlich der Lernumgebung ausgesetzt. Zu diesem ganzheitlichen Lernerleben trägt zunächst einmal die Atmosphäre des jeweiligen Lernortes bei. Beim Lernen vor Ort sind die SchülerInnen permanent von authentischen Gerüchen und Geräuschen umgeben. Auch anderen Menschen, die diesen Ort nutzen, können die SchülerInnen begegnen. Zusätzlich sollten die Lernobjekte vor Ort wenn möglich nicht nur aus der Nähe betrachtet, sondern auch mit den Händen begriffen und in Gebrauch genommen bzw. ausprobiert werden. Lernen vor Ort sollte daher idealerweise einen handelnden Umgang mit den Dingen und Phänomenen ermöglichen (vgl. Möller 2007). Die Lernortpädagogik setzt durch das Konzept „handlungsorientiertes, entdeckendforschendes Lernen“ (Dühlmeier 2008: 32; vgl. Bönsch 2010a: 36) an einem hohen Aktivitätsgrad der SchülerInnen an und greift dabei unmittelbar auf einen konzeptuellen Gedanken aus der DIDACTICA MAGNA zurück. Hier beschreibt COMENIUS einen aktiv Lernenden, der seine Umwelt nicht etwa nur betrachten, sondern „erforschen“ soll (1982: 133). Dieser hohe Aktivitätsgrad ist häufig gekoppelt mit einer Forderung nach einem möglichst selbstbestimmten Lernprozess, den die Lernenden je nach Neigung und Interesse individuell bestimmen können und der selbstständige Erkenntnisse und Einsichten ermöglicht. Diese Selbstbestimmung kann sich beispielsweise auf die Auswahl der vor Ort thematisierten Inhalte (vgl. Beck & Reyher 1998: 10), Überlegungen zur konkreten Vorgehensweise bei der Bearbeitung gestellter Aufgaben (vgl. Reyher 1998b: 82 f.) oder aber auf den gewählten Erfahrungsweg (vgl. Heyl 2008: 127) beziehen. Gerade durch einen solchen geöffneten Zugang kann die individuelle persönliche Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes optimal gefördert werden (vgl. Behrendt & Franklin 2014: 236). Der hohe Grad an
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Aktivität und Selbststeuerung wird dabei meist in Kombination mit einer Forderung nach sozialen Lernarrangements und kooperativen Lerngelegenheiten genannt (vgl. Claussen 2004: 5; Dühlmeier 2008: 2). Ein solches Lernarrangement führt fast unweigerlich zu einer Zeitgestaltung, die mit einem 45-Minutne-Rhythmus nur schwer vereinbar ist. Häufig wird für das Arbeiten vor Ort nicht nur eine einzelne Unterrichtsstunde vorgesehen, sondern längere Arbeitsphasen oder ganze Projektvormittage (vgl. Lankes 1998). Als Besonderheit für Unterricht außerhalb des Klassenzimmers sieht die Lernortpädagogik den Einbezug von ExpertInnen vor (vgl. Hellberg-Rode 2012: 147). Bei solchen ExpertInnen kann es sich um pädagogisch besonders geschultes Personal handeln, das Führungen anbietet oder die Schulklasse vor Ort begleitet und anleitet. Solches ständig verfügbare und meist pädagogisch ausgebildete Personal ist allerdings häufig nur an Lernstandorten zu finden. Die Expertenrolle können aber auch Personen einnehmen, die am jeweiligen Lernort ihren Beruf ausüben, was etwa bei Unterrichtsgängen in betriebliche Einrichtungen der Fall ist. Gerade solche Begegnungen ermöglichen laut KOHLER ein Lernen in „echten, authentischen Kontexten“ (2007: 483). Die ExpertInnen verfügen dann zum einen meist über ein jahrelang erworbenes Erfahrungswissen, zum anderen kann manchmal nur über sie der Zugang zum Lernort selbst oder bestimmten Bereichen des Lernortes erfolgen. Sie bringen dabei auch die nötige und erforderliche fachliche Kompetenz mit, die für Lehrpersonen eine Hürde für das Verlassen des Klassenzimmers darstellen kann (vgl. Dühlmeier 2008: 26). Gleichzeitig birgt der Einbezug eben jener ExpertInnen das Risiko, dass sie keine pädagogische Ausbildung haben und SchülerInnen daher mit ihren Ausführungen auch überfordern können (Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 5). Die Bestimmungsmerkmale außerschulischen Lernens zeigen zunächst einmal, dass Unterricht außerhalb des Klassenzimmers nicht einfach so passiert, sondern – analog zum Unterricht im Klassenzimmer – in irgendeiner Weise methodisch gerahmt, begleitet und angeleitet werden muss. Lediglich die Art und Weise, wie dies geschieht, ist beim Lernen vor Ort mit bestimmten Vorstellungen gekoppelt. Zudem offenbaren sie, dass Lernen außerhalb des Klassenzimmers nicht aus sich heraus als Mehrwert interpretiert wird, sondern nur dann, wann es entsprechend umgesetzt wird. Ist das der Fall, sind damit vielfältige Hoffnungen und Erwartungen verbunden, was den Lernprozess vor Ort, aber auch dessen Ergebnis angeht. Mit dem Raumwechsel erwartet man, dass die SchülerInnen besonders motiviert sind und sich mit großem Interesse dem Lerngegenstand widmen (vgl. Michie 1998: 43; Schönknecht 2008: 105). Das verstärkte Interesse soll dabei idealerweise nicht nur für den Zeitraum des Kontaktes vor Ort gelten, sondern langfristig einen Anstieg des Fach- und Sachinteresses bei den Lernenden bewirken (vgl. Klaes 2007: 264; Wilhelm, Messmer & Rempfler 2011: 12 f.). Auf affektiver Ebene wird originaler Begegnung das Potential zugesprochen, Werte und Einstellungen der Lernenden
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positiv zu beeinflussen (vgl. Greene, Kisida & Bowen 2014). Aber auch der Wissenszuwachs und die Art des erworbenen Wissens werden in den Blick genommen. Was in authentischen und lebensnahen Zusammenhängen gelernt wurde, soll länger behalten werden, gleichzeitig aber auch der „Entstehung trägen Wissens“ (Kohler 2007: 484) entgegenwirken. Lernen in authentischen und lebensnahen Zusammenhängen soll die Fähigkeit der SchülerInnen fördern, das erworbenen Wissen auch in alltäglichen Situationen und losgelöst von schulischen Aufgabenstrukturen anzuwenden (vgl. Dühlmeier 2008: 21). Nicht zuletzt soll es soziale Lernprozesse fördern, etwa die Kooperationsbereitschaft der Lernenden (vgl. Michie 1998: 43; Dühlmeier 2008: 25). Die mit außerschulischem Lernen verbundenen Erwartungen betreffen also affektive, kognitive und soziale Aspekte. Die Lernortpädagogik befasst sich nicht nur mit den Chancen außerschulischen Lernens, sondern reflektiert auch dessen Problembereiche. Zunächst wird der erhöhte Vorbereitungs- und Organisationsaufwand – wie etwa die Absprache mit ExpertInnen, die Entfernung zum Lernort oder aber der methodische Aufwand – als Problem oder sogar Hinderungsgrund für originale Begegnung vor Ort verhandelt (vgl. Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 4). Daneben kann auch der Lernort selbst zu komplex sein und über eine zu geringe „Durchschaubarkeit“ verfügen (Dühlmeier 2008: 26; vgl. Schönknecht 2008: 105) oder aber zu wenig konkrete Handlungsmöglichkeiten für die SchülerInnen bieten. Das kann dazu führen, dass wenig Impulse für Lernen gegeben oder aber die Lernenden mit zu vielen simultanen Eindrücken konfrontiert sind. Als problematischer Faktor für außerschulisches Lernen gilt ebenso das mögliche Verhalten der SchülerInnen vor Ort. Als Grund für ein unangemessenes und nicht-regelkonformes Verhalten werden dabei – wie auch immer geartete – fehlende feste Strukturen und die neu „erschaffenen Freiräume“ (Sauerborn & Brühne 2012: 82) genannt. Das soziale Arrangement innerhalb der Lerngruppe muss durch den Ortswechsel immer wieder neu ausgehandelt werden (Rauterberg & Scholz 2008: 86). Wo es im Klassenzimmer feste und allen bekannte Muster gibt (Neben wem sitze ich? Mit wem arbeite ich zusammen? Wie melde ich einen Redebeitrag an? Was mache ich, wenn ich einen Arbeitsauftrag beendet habe?), fehlt es außerhalb des Schulgebäudes an Routine. In außerschulischen Lernsettings scheint die „Plan- und Kalkulierbarkeit für Lernabläufe“ zunächst einmal weniger vorhersehbar zu sein als im Klassenzimmer (Claussen 2004: 4). Sich mit den SchülerInnen außerhalb des vertrauten und angestammten Lernraumes zu bewegen birgt ein „hohes Potential an Unerwartetem“ (Heyl 2008: 127), was aber in der Lernortpädagogik nicht zwingend als Problem interpretiert, sondern auch als besondere Lernchance verstanden wird (vgl. Rauterberg & Scholz 2008: 96).
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2.1.4 Aktuelle Forschungsschwerpunkte und -desiderate Die Besonderheiten des Lernens außerhalb des Klassenzimmers werden mittlerweile verstärkt beforscht. Im Folgenden werden einschlägige Veröffentlichungen des aktuellen Jahrtausends aus dem deutschsprachigen Raum berücksichtigt, die Lernen an außerschulischen Lernorten empirisch untersuchen.1 Diese werden zunächst nach der Art des Lernortes klassifiziert, so dass Fachbezüge und Untersuchungsgegenstände der Studien deutlich werden. Außerdem wird dargestellt, auf welche Schulstufen sich die jeweiligen Studien beziehen. Hier wird sich zeigen, dass außerschulisches Lernen vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich der Sekundarstufe erforscht wird. Beim Blick auf die jeweiligen UntersuchungspartnerInnen wird deutlich, dass nicht nur die Lernenden, sondern auch die Lehrkräfte als diejenigen, die außerschulisches Lernen in der Unterrichtspraxis umsetzen, beforscht werden. Der methodische Zugang ist hier vor allem quantitativ, so dass die Lehrpersonen zu vorab definierten Konzepten Stellung beziehen, aber nur selten Einsichten in deren individuelle Deutungszusammenhänge und Argumentationslogik möglich sind. Außerschulisches Lernen wird vor allem in naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern empirisch untersucht. Einen Schwerpunkt der aktuellen Forschungstätigkeit bildet die Untersuchung von Lernstandorten und damit außerschulischen Lernumgebungen, die bereits von vorneherein als Lernorte konzipiert sind und ein methodisch-didaktisches Programm – sei es in Form von Führungspersonal oder Material – bereitstellen. Es gibt mittlerweile mehrere Studien, die empirische Einblicke in die Arbeit in Lernlaboren (vgl. Engeln 2004; Brandt 2005; Pawek 2009; Zehren 2009) oder dem Lernen in naturwissenschaftlichen Museen und Science Centern (vgl. Wilde & Bätz 2006; Geyer 2008; Waltner 2008; Krombaß 2007) geben. Auch die Rolle von Umweltzentren (vgl. Dziewas 2007) oder zoologischen Gärten (vgl. Bätz, Wittler & Wilde 2010) als außerschulische Lernorte wurde bereits erforscht. Eine Erklärung für die verstärkte Forschungsarbeit in diesem Bereich könnte die Tatsache sein, dass sich gerade die Lernstandorte mit naturwissenschaftlichen Schwerpunkten in den letzten Jahren verstärkt entwickeln und dabei gezielt für den Besuch von Schulklassen werben. Mittlerweile gibt es an vielen Universitäten, die eine Lehramtsausbildung anbieten, an naturwissenschaftliche Didaktik-Lehrstühle angegliederte Lernlabore, Science-Foren oder Ausstellungen, die gezielt für die Arbeit mit SchülerInnen entwickelt wurden.2 Empirische Studien zu 1
Ausgespart bleiben an dieser Stelle empirische Untersuchungen zum Lernen im Kirchenraum. Diese werden in einem eigenen Kapitel (Kap. 2.3.5) ausführlich dargestellt. Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um eigene Veröffentlichungen der Autorin.
2
Vgl. z.B. Science Forum der Universität Siegen: http://science-forum.de/; Mind-Center der Universität Würzburg: http://www.mind.uni-wuerzburg.de/; Lernforschungslabor der Universität Regensburg: http://www.uni-regensburg.de/physik/didaktik-physik/schule/
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außerschulischem Lernen in geisteswissenschaftlichen Fächern sind dagegen selten. Ausnahmen bilden hier beispielsweise MESETH (2008), der historisches Lernen an Gedenkstätten untersucht oder PAETSCH (2014), die den Museumspark Kalkriese für außerschulisches Lernen im Geschichts- und Lateinunterricht empirisch beforscht. GÄRTNER und BETTIN (2015) widmen sich in ihrer Studie dem interreligiösen Lernen in einer Synagoge bzw. einem Haus jüdischer Kultur. Bei den bisher aufgeführten Arbeiten lässt sich zudem feststellen, dass sie sich fast ausschließlich auf den Bereich der Sekundarstufe I und II beschränken. Außerschulisches Lernen in der Grundschule wird vergleichsweise selten empirisch erforscht. Die wenigen Studien bleiben auch hier im mathematischen (vgl. Sitter 2015) und naturwissenschaftlichen Bereich (vgl. Fröhlich 2012). Im Fokus des Forschungsinteresses stehen meist die SchülerInnen und die bei ihnen hervorgerufenen Effekte außerschulischen Lernens. Die Studien geben Aufschluss darüber, wie sich das Wissen der SchülerInnen zu einem bestimmten Lerngegenstand verändert (vgl. Dziewas 2007; Krombaß 2007; Sitter 2015; Gärtner & Bettin 2015), ermitteln aber auch die Veränderung affektiver Variablen wie etwa des Fach- und Sachinteresses (vgl. Scharfenberg 2005; Guderian 2007). Daneben gibt es Untersuchungen, die Einblicke in den Unterrichtsprozess und das Lernerleben der SchülerInnen geben, indem etwa die Gefühlslage während des Unterrichts außerhalb des Klassenzimmers, die intrinsische Motivation, das Kompetenzerleben oder das situationale Interesse während des Unterrichtsgeschehens erfragt werden (vgl. Brandt 2005; Pawek 2009; Zehren 2009; Neubauer, Geyer & Lewalter 2014) oder aber das Geschehen am außerschulischen Lernort selbst verfolgt wird (vgl. Gärtner & Bettin 2015). Daneben gibt es Studien, die die Lehrpersonen und damit diejenigen, die den Unterrichtsgang im Schulalltag organisieren und praktisch umsetzen, beforschen (vgl. Traub 2003; Geyer 2008; Pohl 2008; Klaes 2008; Schockemöhle 2009; Asmussen 2010; Lößner 2011; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011; Paetsch 2014). Hier interessieren sich die ForscherInnen vor allem für die Sichtweisen von Lehrpersonen auf außerschulisches Lernen an Lernstandorten. So etwa befragt GEYER (2008) LehrerInnen zu Besuchen von Museen und Science Centern. ASMUSSEN (2010) und KLAES (2008) richten ihren Forschungsfokus noch expliziter aus und engen ihre Befragung auf einen bestimmten Lernstandort, konkret die Phänomenta Flensburg bzw. die ExploHeidelberg, ein. Die Beispiele zeigen, dass es wiederum die Fächer Physik, Chemie und Biologie sind, in denen außerschulische Lernorte zum Gegenstand empirischer Forschung werden. Ausnahmen sind hier PAETSCH (2014), die außerschulische Lerngelegenheiten für den Geschichts- und Lateinunterricht erforscht, sowie SCHOCKEMÖHLE (2009), die regionales Lernen in landwirtschaftlilernlabor/index.html; Lehr-Lernlabor der Universität Stuttgart: http://www.uni-stuttgart. de/bpt/Lehr-Lernlabore/Fachdidaktik_NwT/.
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chen Arbeitsfeldern im Rahmen der Geographiedidaktik untersucht. Bei der Befragung von Lehrpersonen setzt sich der bereits oben angedeutet Trend fort, hier vor allem die Sekundarstufe I und II sowie Lernen in naturwissenschaftlichen Kontexten zu beforschen. Für den Bereich der Grundschule findet sich keine aktuelle Studie, die sich mit der Lehrerperspektive beschäftigt.3 Unabhängig vom Fachbezug erheben fast alle ForscherInnen die Sichtweisen der Lehrkräfte mittels Fragebögen, in denen die LehrerInnen überwiegend geschlossene Itemformate beantworten. Durch dieses quantitative Vorgehen liegt belastbares Datenmaterial vor, das beispielsweise Einblicke in die Häufigkeit des Einsatzes außerschulischen Lernens und die Art der besuchten Lernorte gibt (vgl. Traub 2003: 106; Geyer 2008: 121 ff.), aber auch organisatorische Aspekte wie etwa die Transportfrage oder den Einsatz zusätzlicher Betreuungspersonen (vgl. Pohl 2008: 138 ff.) beleuchtet. So können Ranglisten zu Hinderungsgründen und Problemfeldern außerschulischen Lernens (vgl. Lößner 2011: 107 ff.), aber auch zu den Bildungsabsichten und Zielvorstellungen der Lehrkräfte erstellt werden (vgl. Asmussen 2010: 7; Lößner 2011: 105 ff.; Paetsch 2014: 69 f.). Immer wieder geht es dabei auch um die Frage der Zugänglichkeit von Lernstandorten und der adressatengerechten Betreuung der Klassen durch ExpertInnen vor Ort (vgl. Schockemöhle 2009: 131; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011: 365). Die Ergebnisse gewähren auch Einblicke in die unterrichtspraktischen Vorlieben der befragten Lehrpersonen bei bestimmten Konzepten und Methoden (vgl. Geyer 2008: 131 ff.; Asmussen 2010: 7; Lößner 2011: 102 ff.) oder in die Einbindung außerschulischen Lernens in das Unterrichtsgeschehen im Klassenzimmer (z.B. Asmussen 2010 8; Lößner 2011: 99 ff.). In einigen Studien wird zusätzlich untersucht, ob diese Ergebnisse durch Hintergrundvariablen wie etwa der unterrichteten Schulart, dem Geschlecht oder dem Altar der Lehrkräfte erklärt werden können (vgl. Pohl 2008; Lößner 2011). Grundsätzlich ermöglicht dieses quantitative Datenmaterial statistisch fundierte Einsichten in einzelne relevante Themenfelder außerschulischen Lernens. Allerdings hat ein solches fragebogen-basiertes Datenmaterial seine Grenzen. Zum einen bleibt es stark an die aus der Theorie abgeleiteten Konzepte rückgebunden und lässt daher kaum Spielraum für neue, eigene und individuelle Deutungen der Lehrpersonen, wie sie sich beispielsweise in autobiographisch rückgebundenen Erzählungsmomenten finden ließen. Zudem ermöglicht es keine tiefergehenden Einblicke in Argumentations- und Begründungsstrukturen, die Lehrkräfte im Kontext des außerschulischen Lernens anwenden. Diese können letztlich nur über freie Äußerung und damit auf qualitativer Ebene eingeholt werden.
3
Es gibt lediglich eine Untersuchung von BURK und CLAUSSEN aus den 80er-Jahren, die mittels Fragebogen Grundschullehrkräfte zum Einsatz außerschulischen Lernens befragt haben (1981: 164 ff.).
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Lediglich KLAES (2008), SCHMIDT et al. (2011) sowie TRAUB (2003) lassen die Lehrpersonen auch in Interviews zu Wort kommen. So befragt KLAES in einem ca. 15-minütigen Interview Lehrkräfte beim Besuch der ExploHeidelberg. SCHMIDT et al. führen Interviews zum außerschulischen Lernen in Schülerlaboren. Beide Studien legen den Befragungsschwerpunkt auf die Erwartungen der Lehrpersonen an außerschulisches Lernen an Lernstandorten sowie die Vor- und Nachbereitung im Klassenzimmer (Klaes 2008: 237; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011: 364). TRAUB fragt die Lehrkräfte danach, inwieweit sie Museen überhaupt als außerschulische Lernorte wahrnehmen und wie diese mit dem unterrichtlichen Geschehen im Klassenzimmer in Verbindung stehen (2003: 104 ff.). Die ForscherInnen geben den Lehrpersonen so die Möglichkeit, sich auch außerhalb vorab definierter Konzepte über Eindrücke und Erlebnisse zu Unterricht außerhalb des Klassenzimmers zu äußern. Allerdings flankieren in allen drei genannten Studien die Interviews mit den Lehrpersonen lediglich die Datenerhebung mittels Fragebogen und werden entweder im Anschluss an eine Inhaltsanalyse wiederum statistisch ausgewertet (Klaes 2008; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011) oder aber zur Veranschaulichung des quantitativen Datenmaterials herangezogen (Traub 2003). Damit bleibt auch bei diesen Daten der Zugriff auf themen- und konzeptübergreifende Argumentationsmuster weitgehend verwehrt. Hinzu kommt, dass im Falle der Befragung von Lehrpersonen diese häufig nicht die alleinigen UntersuchungspartnerInnen darstellen, sondern ergänzend zu SchülerInnen (vgl. Geyer 2008; Paetsch 2014), SchulleiterInnen (vgl. Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011) oder dem Führungspersonal an außerschulischen Lernorten (vgl. Traub 2003; Schockemöhle 2009) befragt werden. Es liegt auf der Hand, dass der Umfang des Datenmaterials daher in der Regel eher gering ausfällt.
2.2 D AS V ERHÄLTNIS
VON AUßERSCHULISCHEM UND SCHULISCHEM L ERNEN
Außerschulisches Lernen definiert sich zunächst über den geographischen Ort des Unterrichts und damit über einen Kontrast und eine Abgrenzung zum Lernen innerhalb des Schulgebäudes. Der Diskurs innerhalb der Lernortpädagogik zeigt, dass eben jener Unterricht außerhalb des Schulgebäudes mit bestimmten Formaten verbunden ist, etwa der Öffnung der Arbeitsformen, wie es sich im entdeckenden und forschenden Lernen manifestiert, oder einem interessegeleiteten Lernen, das die Lernenden als subjektiv bedeutsam erleben (vgl. Kap. 2.1.3). Damit versteht sich außerschulisches Lernen als ein Entwurf „gegen den Alltagstrott in der Schule“ (Keck 1993: 151) oder, wie SCHREIBER es ausdrückt, als „Gegenpol“ (2004: 6) zum Lernen innerhalb der Schulmauern. Während das vorangegangene Kapitel die Besonderheiten des Lernens außerhalb des Klassenzimmers entfaltet hat, wird in die-
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sem Kapitel das Verhältnis von außerschulischem und schulischem Lernen näher charakterisiert. Der Begriff des schulischen Lernens bezieht sich in den folgenden Ausführungen weniger auf das Lernen innerhalb der Institution Schule, als vielmehr auf das Lernen am alltäglichen Lernort Klassenzimmer, so dass es in einer primär geographischen Begriffsbestimmung Verwendung findet. Es wird zuerst herausgearbeitet, dass außerschulisches Lernen trotz seiner Andersartigkeit und Besonderheit in verschiedenen Bestimmungsmomenten aus einem schulischen Kontext heraus entwickelt und so mit einem klassischen schulischen Duktus gedacht wird. Im Kontext der Fachdebatte um das Lernen außerhalb des Klassenzimmers lassen sich räumliche, inhaltliche sowie methodisch-strukturelle Bezugspunkte zu dem, was sich alltäglich innerhalb des Klassenraumes ereignet, identifizieren (Kap. 2.2.1). Diese sog. „Klassenzimmer-Logik“ lässt sich auf zwei Ebenen abbilden. Die erste Ebene repräsentieren die Lehrkräfte, die als professionell Handelnde das Unterrichtsgeschehen gestalten. Für Unterricht, der sich alltäglich im Klassenraum ereignet, sind sie ExpertInnen. Sie verfügen über ein in Ausbildung und Berufspraxis erworbenes professionelles Wissen darüber, wie der schulische Alltag gemeinsam mit den SchülerInnen gestaltet werden kann. Dieses professionelle Handlungswissen umfasst verschiedene Komponenten. Es bezieht nicht nur fachliches, methodisch-didaktisches und pädagogisches Wissen ein, sondern besteht auch aus Haltungen und Überzeugen der Lehrkräfte (Kap. 2.2.2). Elementarer Bestandteil und Kern dieser Komponente ist das Wissen um die Planung und Gestaltung des Unterrichts. Dieses Wissen bildet die zweite Ebene der „Klassenzimmer-Logik“. Im schulpädagogischen Diskurs lässt es sich anhand Didaktischer Modelle abbilden, fassen diese doch unterrichtliches Planen und Handeln und bringen es in eine Struktur. An exemplarisch ausgewählten Aspekten eines Didaktischen Modells wird aufgezeigt, welche Problemfelder entstehen können, wenn eine schulische Logik ohne entsprechende Adaption auf Lernen außerhalb des Klassenzimmers übertragen wird (Kap. 2.2.3). 2.2.1 Wie außerschulisches Lernen schulisch gedacht wird Dass außerschulisches Lernen einem schulischen Duktus verpflichtet ist, zeigt sich bereits in seiner Definition. Orten außerhalb des Klassenzimmers wird nur dann die Funktion eines Lernortes zugesprochen, wenn sie „zum Zwecke des Lernens“ (Salzmann 2009: 161) aufgesucht werden und dabei einen „absichtsvollen Einbezug in den Unterricht“ (Feige 2006: 379; Keck & Thomas 2014: 428) erfahren. Der Ort außerhalb des Klassenzimmers ist damit entweder im Sinne eines Lernstandortes bereits per se für Lernprozesse aufbereitet oder aber die Lehrkraft gestaltet vor Ort eine „didaktisierte Lernumgebung“ (Pech 2008: 71), um hier Lernprozesse anleiten zu können und aus dem Besuch des außerschulischen Lernortes eine „zielgerichtete,
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schulische Unterrichtsveranstaltung“ (Bönsch 2003: 7) zu machen. Die Gestaltung außerschulischer Lerngelegenheiten muss also – zumindest in Teilen – einer schulischen Logik folgen, um ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Im Folgenden werden innerhalb des Diskurses um außerschulisches Lernen Aspekte identifiziert, in denen eine solche Rückbindung an das Klassenzimmer offen kommuniziert wird. Diese lassen sich in räumliche, inhaltliche sowie methodisch-strukturelle Aspekte unterteilen. Sie zeigen, dass auch Lernen an außerschulischen Lernorten – zumindest bis zu einem gewissen Grad – dem „Charakteristikum schulischen Lernens“ (Keck & Thomas 2014: 426) folgen und gerecht werden muss. Verlassen Lehrkräfte gemeinsam mit ihren SchülerInnen das Klassenzimmer, so schlagen die schulpädagogische sowie die fachdidaktische Literatur vor, dieses in einem Dreischritt zu arrangieren (vgl. Burk & Claussen 1981: 26ff; Schönknecht 2008: 104 ff.; Bönsch 2010: 43; Lindner & Hilger 2014: 425 f.). Außerschulisches Lernen vollzieht sich demnach in den Schritten Vorbereitung – Durchführung – Nachbereitung. Während die Durchführung die Ausgestaltung des Lernprozesses vor Ort meint, bezieht sich die Vorbereitung und die Nachbereitung auf den Unterricht im Klassenzimmer. Alle drei Schritte rekurrieren also auf eine Arbeit gemeinsam mit den SchülerInnen und nicht etwa auf die häusliche Vor- und Nachbereitung der Lehrkraft. Die Vorphase, in der die SchülerInnen auf die außerschulische Lernumgebung und das Lernen vor Ort vorbereitet werden, umfasst dabei nicht nur organisatorische und logistische, sondern idealerweise auch inhaltliche Aspekte (vgl. Einsiedler 1975: 55; Gaedtke-Eckardt 2007: 7). In der Nachbereitung geht es schließlich um die Auswertung, Reflexion und Festigung der Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen, so dass Inhalte wiederholt, aber auch weitergeführt und vertieft werden können (vgl. Dühlmeier 2008: 31 f.). Damit wird ein außerschulisches Lernerleben mit Blick auf den zeitlichen Ablauf vom Unterrichtsgeschehen innerhalb der Schule gerahmt und steht mit ihm räumlich in Verbindung. Diese Rahmung, in der Literatur auch als „Planungsdreischritt“ (Sauerborn & Brühne 2012: 91) bezeichnet, wird als idealtypisches Ablaufmodell außerschulischen Lernens angesehen (vgl. Schulte 2013: 28 ff.) und in der Lernortpädagogik als Qualitätsmerkmal für das Gelingen oder Misslingen von Unterrichtsgängen interpretiert (vgl. Rauterberg & Scholz 2008; Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 2). So stellen KECK und THOMAS fest: „Außerschulisches Lernen und schulisches Lernen sind untrennbar aufeinander bezogen. Die Planung durch die Lehrerin oder durch den Lehrer, die Vorbereitung mit den Kindern und die Nachbereitung bleiben innerschulisch verankert.“ (2014: 428) Ein weiteres Beispiel für die Rückbindung an den Unterricht im Klassenraum ist die Debatte um den „didaktische[n] Ort“ (Burk & Claussen 1981: 23) des Unterrichtsganges, worin sich letztlich seine inhaltliche Rückbindung an den Lehrplan manifestiert. Der didaktische Ort meint „die Platzierung einer didaktischmethodischen Maßnahme innerhalb eines pädagogisch-unterrichtlichen Sinnab-
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schnitts“ (Feige 2006: 6), in diesem Fall die Stellung des Unterrichtsganges innerhalb einer aus mehreren Unterrichtsstunden bestehenden Sequenz. Diese Stellung ist mit seiner Funktion gekoppelt. Als naheliegende Platzierung des Unterrichtsganges wird hier meist die Mitte oder das letzte Drittel einer Unterrichtssequenz angeführt (vgl. Feige 2006: 7). Dabei bauen die Erfahrungen der SchülerInnen außerhalb des Klassenzimmers auf bereits Gelerntem auf. Im Klassenzimmer gewonnene Erkenntnisse zum Lerngegenstand sollen das Interesse steigern und die Beobachtungen vor Ort steuern (vgl. Burk & Claussen 1981: 24). Wird der Unterrichtsgang am Beginn einer Sequenz platziert, so dient er einem ersten Kennenlernen des Themenbereiches. Es kann eine Fragehaltung entwickelt oder aber Anschauungsmaterial für das Lernen im Klassenzimmer gesammelt werden. Hier wird in der Regel ein zweiter Unterrichtsgang vorgeschlagen, der dann stärker der inhaltlichen Erarbeitung dient (vgl. Feige 2006: 7; Thomas 2009: 286). Durch die Diskussion um den didaktischen Ort wird Lernen außerhalb des Klassenzimmers automatisch mit einem curricularen Bezug gedacht. Betont wird, dass es nicht darum geht, „neben dem ‚eigentlichen‘ Unterricht im Klassenraum gewissermaßen ‚uneigentlichen‘ Unterricht vor Ort zu organisieren“ (Dühlmeier 2008: 28), sondern das behandelte Thema an den inhaltlichen Kanon des schulischen Unterrichtsgeschehens rückzubinden. JÜRGENS trifft dazu folgende Feststellung: „Das Hinausgehen in die Lebenspraxis ist vor diesem Hintergrund nicht das Lernen, das sich wohltuend von der bisherigen Gestaltung des Unterrichts abhebt, sondern es entwickelt sich aus diesem und fließt auch wieder in diesen ein.“ (1993: 5) Und PLEITNER konstatiert, dass sich außerschulisches Lernen „genauso dem Curriculum“ wie jede Unterrichtsstunde im Klassenraum auch zu unterwerfen habe (2012: 290). Mit der oben erwähnten „bisherigen Gestaltung“ deutet JÜRGENS (1993: 5) an, dass sich das Lernen vor Ort neben der räumlichen und inhaltlichen Rückbindung auch in seinen methodisch-strukturellen Elementen dem Lernen innerhalb des Klassenzimmers ähnelt. Ein prägnantes Beispiel für diese Rückbindung ist die von SAUERBORN und BRÜHNE entwickelte „Standort- und Routenplanung“ (2012: 94). Dieses von der Lehrkraft im Vorfeld eines Unterrichtsganges zu entwickelnde Planungselement entstammt der Exkursionsdidaktik. Es wird davon ausgegangen, dass sich das Lernen vor Ort an vorab von der Lehrkraft ausgewählten Standorten vollzieht. Durch den Planer wird die Informationsfülle, wie sie sich am außerschulischen Lernort darstellt, zeitlich und inhaltlich vorstrukturiert, indem für jeden Standort in einem Raster festgelegte Elemente, wie etwa der ausgewählte Lerninhalt, fixiert, Feinziele formuliert oder aber Sozialform und Aktivitäten bestimmt werden. Beide AutorInnen betonen, dass dieses von ihnen entworfene Planungsraster auf „bekannten Elementen aus der Unterrichtsplanung“ (Sauerborn & Brühne 2012: 93) basiert. Ein zweites Beispiel für eine methodisch-strukturelle Verknüpfung ist die Diskussion um den Methodeneinsatz außerhalb des Klassenzimmers. Bei der Frage, wie Lehr-Lern-Prozesse vor Ort gestaltet und angeleitet werden,
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sieht die Lernortpädagogik eine große Bandbreite vor, innerhalb der ihre Prinzipien realisiert werden können. Zwar wird betont, dass die durch außerschulisches Lernen praktizierte Öffnung von Schule zur Lebensumwelt auch eine Öffnung des Unterrichts mit sich bringt (Keck 1993: 146; Heyl 2008: 129; Lin-Klitzing 2011: 24), grundsätzlich ist aber eine breites Spektrum denkbar, wie die jeweilige „Kontaktform“ (Wittkowske 2006: 7) am außerschulischen Lernort arrangiert und gestaltet werden kann. So finden sich Vorschläge für ein „loses Herumstreifen“ (Bönsch 2003: 7) und ein „freies bzw. offenes Lernen“ (Sauerborn & Brühne 2012: 32). Die Kontaktformen können aber auch „in einem wesentlich höheren Maße gebunden“ erfolgen (Keck & Feige 2005: 458) und damit auch ein deutlich stärker „definiertes, strukturiertes Lernen“ arrangieren (Sauerborn & Brühne 2012: 32). Der Grad an Offenheit der Kontaktform wird meist rückgebunden an den „didaktische[n] Ort“ (Burk & Claussen 1981: 23) des Unterrichtsganges und damit an die Frage, wo dieser zeitlich in einer Unterrichtsreihe platziert wird. Steht er am Anfang eines neuen Themas und eröffnet eine Unterrichtssequenz, so scheinen offene Lernformen naheliegender. In der laufenden Sequenz oder gegen deren Ende werden stärker lehrerund materialgelenkte Formen in Betracht gezogen (Feige 2006: 380; Dühlmeier 2008: 30; Keck & Thomas 2014: 428). So wird die Frage nach dem methodischen Arrangement des Lernens vor Ort in den Dienst der Sequenz bzw. des Unterrichts im Klassenzimmer gestellt. PECH zieht zum außerschulischen Lernen folgendes Fazit: „Nichtsdestotrotz bleibt es Schule, denn es ist schulisch intendiertes Lernen und der Ort wird nicht aufgesucht, weil er außerschulisch ist, sondern weil er als schulisch relevant bestimmt wurde.“ (2008: 71) Die obigen Beispiele zeigen, dass außerschulisches Lernen im Horizont schulischen Lernens entfaltet wird, das letztendlich als Blaupause für Unterrichtsgänge dient. Damit bewegen sich Unterrichtsgänge in einem zwiespältigen Verhältnis. Auf der einen Seite stehen Eigenarten und Besonderheiten des nicht-alltäglichen außerschulischen Lernsettings, auf der anderen Seite die reguläre Kultur des schulischen Unterrichts. SCHREIBER (2004) drückt diese Ambivalenz ähnlich aus, indem sie für ihren Aufsatz „Lernen an außerschulischen Lernorten“ den Untertitel „Dem Ort und dem Unterrichtsziel gerecht werden“ wählt. Zwar soll die Lehrkraft durchaus der Andersartigkeit und Besonderheit des Lernens vor Ort Rechnung tragen, trotzdem stehen fachspezifische Überlegungen und die gezielte Auswahl einzelner inhaltlicher Aspekte im Vordergrund (vgl. Dühlmeier 2008: 28). Im Theoriediskurs um außerschulisches Lernen wird diese Ambivalenz zwar grundsätzlich zur Sprache gebracht, allerdings wird kaum darauf eingegangen, wie diese Spannung im Unterrichtsalltag gelöst werden kann und wie sich die beiden Pole „schulisch“ und „außerschulisch“ mit ihrer jeweiligen Denklogik zueinander verhalten und auch durchaus divergent verlaufen können. Auch empirische Arbeiten zu den Perspektiven der Lehrkräfte auf Unterricht außerhalb des Klassenzimmers haben diese Fragestellung bislang ausgeklammert (vgl. Kap. 2.1.4).
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2.2.2 Die personelle Ebene schulischer Logik: Lehrkräfte als ExpertInnen Ob und wie außerschulisches Lernen umgesetzt wird, liegt in der Hand der Lehrpersonen. Sie sind es, die außerschulische Lernorte auswählen, den Besuch planen, ihn gemeinsam mit den SchülerInnen durchführen und vor Ort Lernprozesse anleiten. Für die Gestaltung von Unterrichtsgeschehen und die Anleitung von Lernprozessen sind Lehrkräfte ExpertInnen. Im Folgenden wird eben jener Expertenstatus der Lehrkräfte diskutiert. Dabei wird zunächst das Expertenparadigma, wie es BROMME (1992) für den deutschsprachigen Raum vertritt, vorgestellt. Dieses greift auf die Vorstellung zurück, dass Lehrkräfte über ein Expertenwissen verfügen, dessen verschiedene Bereiche und Facetten von SHULMAN (1986) grundgelegt und schließlich von BAUMERT und KUNTER (2006) erweitert und ausformuliert wurden. Dieser Expertenstatus der Lehrkräfte besitzt zunächst einmal für die Arbeit im Klassenzimmer Geltungsanspruch. Empirische Daten untermauern die These, dass Unterrichtsgänge im Schulalltag eine Ausnahmesituation darstellen. Für die Planung, Gestaltung und Reflexion von Unterricht spricht BROMME (1992) Lehrkräften die Rolle von ExpertInnen zu. Personen werden dann als ExpertInnen bezeichnet, wenn sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit und die Gestaltung ihres Arbeitsalltages eine lange theoretische und praktische Ausbildung sowie praktische Erfahrung benötigen (vgl. Bromme 1992: 7 f.). Diese erwerben sie zum einen in der ersten und zweiten Phase der Lehramtsausbildung, die durch theoretische und praktische Komponenten gekennzeichnet ist und den Status einer wissenschaftsbasierten Qualifikationsphase hat. Aber auch der Phase der Berufstätigkeit nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung und damit der Berufserfahrung wird ein großer Anteil an diesem Wissen und Können beigemessen (vgl. Bromme 2008: 159). Im Zuge von Ausbildung und Berufserfahrung entwickelt sich ein professionelles Wissen bzw. eine „Lehrerexpertise“ (Bromme 2008: 159). BROMME steht im deutschsprachigen Raum für die Forschungstradition des Expertenparadigmas, das SHULMAN (1986) im angloamerikanischen Raum grundlegte. Dieses Expertenwissen von Lehrkräften bezieht sich auf verschiedene Bereiche, die sowohl fachinhaltliche als auch schülerbezogene Aspekte einschließen. SHULMAN (1986: 9 f.) entwirft vier zentrale Bereiche des Expertenwissens: general pedagogical knowledge (pädagogisches Wissen), subject-matter content knowledge (Fachwissen), pedagogical content knowledge (fachdidaktisches Wissen) und curricular knowledge (curriculares Wissen). General pedagogical knowledge stellt einen fächerübergreifenden Wissensbereich dar. Er umfasst etwa Wissen über Klassenmanagement, allgemeine Erziehungsmethoden oder die Aufmerksamkeit für individuelle Unterschiede der SchülerInnen. Subject-matter content knowledge bezeichnet Inhalt und Organisation des Fachwissens. Dieser Wissensbe-
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reich geht über ein reines Faktenwissen hinaus. Er meint ein tiefes Verständnis für die Struktur des Faches sowie die Theorien, die die einzelnen Gegenstände des Faches zueinander in Beziehung setzen und die erkenntnistheoretischen Grundannahmen des Faches bestimmen. Das pedagogical content knowledge definiert SHULMAN als ein Wissen „which goes beyond knowledge of subject matter per se to the dimension of subject matter knowledge for teaching“(Shulman 1986: 9). Es stellt eine Sonderform des subject-matter content knowledge dar. Hier geht es laut SHULMAN darum, das Fachwissen so zu präsentieren und zu formulieren, dass es für das Gegenüber verständlich wird. Dieser Wissensbereich bezieht sich dabei auch konkret auf die SchülerInnen. Er beinhaltet das Wissen über Vorerfahrungen, Vorwissen, aber auch Fehlvorstellungen von Lernenden zu bestimmten Themenbereichen. Nur so ist es der Lehrperson möglich, die passende Vorgehensweise im Unterricht auszuwählen, da Lernende nicht wie „blank slates“ (Shulman 1986: 10) vor ihm sitzen. Der vierte Wissensbereich ist schließlich das curricular knowledge. Hier subsumiert SHULMAN das Wissen über den Lehrplan, lehrplanbezogene Programme und die Fülle an verschiedenen Materialien und Medien, die für die Unterrichtsgestaltung zur Verfügung stehen. BROMME lehnt sich an eben jene Gliederung an und modifiziert sie. Er unterscheidet beim professionellen Wissen von Lehrpersonen zwischen fachlichem Wissen, curricularem Wissen, Wissen über die Philosophie des Schulfaches, allgemeinem pädagogischem Wissen, fachspezifischem pädagogischem Wissen und diagnostischer Kompetenz (vgl. Bromme 2008: 163 f.). Als neu im Vergleich zu SHULMAN (1986) taucht hier die Philosophie des Schulfaches als eigenständiger Bereich auf, der die Überzeugungen zur Entstehung und Veränderbarkeit von Wissen in einem bestimmten Schulfach fasst. Auch der Bereich der Diagnostik und damit ein Wissen um die Beurteilung von SchülerInnen, der beispielsweise auch das Erkennen und den Umgang mit Fehlvorstellungen beinhaltet, ist bei BROMMEs Kategorisierung innovativ. Aktuelle Modelle aus dem Bereich der Kompetenz nehmen diese Wissensebenen auf und erweitern sie, wie es beispielsweise BAUMERT und KUNTER (2006; 2011) tun. Zum Expertenstatus von Lehrpersonen zählen für sie zunächst einmal die drei Bereiche Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisches Wissen, wie sie bei SHULMAN (1986) grundgelegt sind. Diese ergänzen sie in Anlehnung an WEINERT (2001) um die Bereiche der Überzeugungen/Werthaltungen/Ziele, der motivationalen Orientierungen sowie der Selbstregulation. Überzeugungen/Werthaltungen/Ziele repräsentieren subjektiv für wahr gehaltene Konzeptionen, aber auch Normen und Konventionen von Gruppen und Institutionen. Zu diesen zählen epistemologische Überzeugungen, die sich auf die Struktur, Genese und Validierung von Wissensbeständen beziehen, auf Zielsysteme des Unterrichts oder aber das Lehren und Lernen in einem schulischen Gegenstandsbereich. Dieser Bereich ist vergleichbar mit BROMMEs „Philosophie des Schulfaches“ (2008: 164).
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Das emotionale Erleben während des Ausübens der Lehrertätigkeit wird in der motivationalen Orientierung gefasst. Selbstregulative Fähigkeiten beinhalten beispielsweise den Umgang mit den eigenen persönlichen Ressourcen und das Resilienzerleben. Gerade diese drei Aspekte erweisen sich gegenüber SHULMANs Professionsmodell als innovativ, wird hier doch der Expertenstatus der Lehrkräfte als mehr als nur eine Ansammlung von objektivierbarem Tatsachenwissen interpretiert, sondern auch emotionale und volitionale Komponenten aufgenommen. Sie zeigen außerdem, dass das professionelle Wissen der Lehrkräfte weit mehr umfasst als die Wissensbestände ihrer formalen Ausbildung. Das „Kerngeschäft“ (Baumert & Kunter 2006: 473; Kraler 2008: 768) der Lehrkraft bleibt dabei das Unterrichtsgeschehen sowie die Anleitung von Lernprozessen bzw. die „Gestaltung der Lernsituation“ (Bromme 1992: 8). So hält die Kultusministerkonferenz in ihren Standards für die Lehrerbildung fest: „Ihre Kernaufgabe ist die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltete Planung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen.“ (KMK 2004: 3) Für das Klassenzimmer wird der Expertenstatus der Lehrkräfte nicht angezweifelt. Die schulische Logik repliziert sich im Expertenmodell nach BAUMERT und KUNTER (2006) vor allem im Bereich des fachdidaktischen Wissens, manifestiert sich doch gerade hier, wie Unterricht konkret ausgestaltet wird und Lernprozesse in der Schule angeleitet werden. Allerdings zeigen empirische Studien, dass außerschulisches Lernen in der Regel ein außerordentliches Ereignis im Schulalltag darstellt. So befragt LÖßNER (2011) 1237 SchülerInnen an Gymnasien, wie häufig sie seit der 5. Klasse an Exkursionen teilgenommen haben. Die befragten SchülerInnen befinden sich in der letzten Jahrgangsstufe, in denen Erdkundeunterricht an ihrer Schule verpflichtend erteilt wird, so dass die Befragung die gesamte schulische Erdkundelaufbahn abdeckt. 50% der SchülerInnen geben an, in diesem Fach mit ihrer Klasse noch nie eine Exkursion unternommen zu haben (vgl. Lößner 2011: 71). Der Autor befragt auch die Lehrkräfte nach der Häufigkeit des Einsatzes von Exkursionen im vergangenen Schuljahr. Hier ermittelt er bei 49 befragten ErdkundelehrerInnen, dass 63,2% mindestens eine Exkursion unternommen haben, wobei die Lehrpersonen laut Selbstauskunft im Durchschnitt 1,33 Mal im letzten Schuljahr einen außerschulischen Lernort besuchten. Eine etwas häufigere Besuchsfrequenz ermittelt GEYER (2008) bei der Befragung von 227 Lehrkräften mit den Unterrichtsfächern Biologie, Chemie oder Physik. Hier geben die Lehrpersonen an, im vergangenen Schuljahr durchschnittlich 2,3 Unterrichtsgänge in ein Museum oder Science Center unternommen zu haben, wobei keine Lehrkraft „nie“ rückmeldet (Geyer 2008: 128). POHL (2008) fragt Biologielehrkräfte (N = 561) nicht nur nach dem Einsatz außerschulischen Lernens im vergangenen Schuljahr, sondern nach dem Aufsuchen außerschulischer Lernorte im Schulalltag. Hier geben 13,5 % der befragten Lehrpersonen an, nie an außerschulischen Lernorten zu unterrichten (Pohl 2008: 128).
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Die empirischen Befunde weisen darauf hin, dass Lernen an außerschulischen Lernorten – unabhängig vom Unterrichtsfach – im Unterrichtsalltag eher die Ausnahme darstellt. Dabei fällt auch auf, dass es – zumindest im Bereich der Sekundarstufe – einen gewissen Prozentsatz an Lehrkräften gibt, die diese Form des Unterrichtens überhaupt nicht praktizieren. Aktuelle Daten aus dem Bereich der Grundschule liegen zwar nicht vor, es wird aber ein ähnliches Bild vermutet. Auf Basis der empirischen Datenlage lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass Lernen außerhalb des Klassenzimmers nicht zum gewohnten Unterrichtsgeschehen gehört und daher eine Ausnahmesituation im schulischen Alltag darstellt. Folglich liegt die Vermutung nahe, dass Lernen außerhalb des Klassenzimmers bei den Lehrpersonen keine eigenständigen methodisch-didaktischen Muster und damit keine eigenständige Expertise hervorbringt. Vielmehr wird angenommen, dass die Lehrkräfte ihre schulischen Denk- und Handlungslogik auf das Lernen außerhalb des Klassenzimmers übertragen. 2.2.3 Die methodisch-didaktische Ebene schulischer Logik: Didaktische Modelle Lehrpersonen sind ExpertInnen darin, Unterricht zu gestalten und „mit der Klasse mit didaktischen Methoden Inhalte“ (Kraler 2008: 768) zu erarbeiten – wobei dies primär für das Klassenzimmer als angestammten Lernort Geltungsanspruch besitzt. Innerhalb des Expertenstatus ist es vor allem das fachdidaktische Wissen, in dem sich die Art der Unterrichtsgestaltung und des Anleitens von Lernprozessen manifestiert (vgl. Baumert & Kunter 2006). Bestandteile des Expertenwissens lassen sich mittels didaktischer Modelle fassen und abbilden. Didaktische Modelle bilden nicht nur ein Planungs- und Analysekorsett für einzelne Unterrichtsstunden, sondern sind auch geeignet, größere methodisch-didaktische Zusammenhänge und Entscheidungen darzustellen. Anhand des sog. „Strukturmodells“ des Unterrichts nach JANK und MEYER (2002) wird zunächst aufgezeigt, aus welchen Komponenten sich unterrichtliches Geschehen zusammensetzt. Anschließend wird diskutiert, inwieweit diese Strukturmerkmale eine schulische „didaktische[n] Logik“ (Jank & Meyer 2002: 63) repräsentieren und wo es zu Schwierigkeiten und Brüchen kommen kann, wenn Lehrkräfte eben jene „Klassenzimmer-Logik“ unverändert auf außerschulische Settings übertragen. Didaktische Modelle repräsentieren „Strukturierungsmöglichkeiten und Wechselwirkungen innerhalb von Unterricht“ (Gonschorek & Schneider 2010: 160). Unterricht ist ein Vermittlungsprozess und „Vermittlung wird geplant“ (Gruschka 2002: 89). Auf abstrakter Ebene formuliert und mit allgemeinen Begriffen operierend ermöglichen sie es PädagogInnen, beliebige Lehr-Lern-Situationen zu strukturieren:
42 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER „Ein didaktisches Modell ist ein erziehungswissenschaftliches Theoriegebäude zur Analyse und Modellierung didaktischen Handelns in schulischen und nichtschulischen Handlungszusammenhängen. Ein didaktisches Modell stellt den Anspruch, theoretisch umfassend und praktisch folgenreich die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen des Lehrens und Lernens aufzuklären.“ (Jank & Meyer 1991: 92)
Didaktischen Modellen geht es um ein Verständnis von Lehr-Lern-Prozessen. Nach obiger Definition kann ihnen ein doppeltes Moment zugesprochen werden. Zum einen helfen sie, Unterricht zu modellieren und zu planen und sind damit in die Zukunft gerichtet. Gleichzeitig sind sie auch eine Reflexionshilfe und ermöglichen es Lehrpersonen, bereits stattgefunden Unterricht zu problematisieren und ex-post unterrichtliche Phänomene zu erklären und zu deuten. Die von JANK und MEYER (1991: 92) angeführte Definition nimmt dabei LehrLern-Prozesse in den Blick, ohne diese aber zwingend an eine Institution oder einen Lernort rückzubinden. So lassen sich grundsätzlich auch Lehr-Lern-Situationen in nicht-schulischen Handlungszusammenhängen mit Hilfe didaktischer Modelle strukturieren. Für schulisches Unterrichtsgeschehen wurden verstärkt seit den 1960er-Jahren verschiedene Modelle entwickelt, die sich spezifisch auf Lehr-LernSituationen im Kontext Schule beziehen (vgl. Gonschorek & Schneider 2010: 160201; von Marzial 1995: 139-260). Beispielhaft verwiesen sei hier auf didaktische Modelle von Unterricht wie etwa die Bildungstheoretische Didaktik (Klafki 1963), die vorrangig auf der Forderung nach einer Klärung der gesellschaftlich gültigen Bildungsinhalte und -gehalte gründet, dafür aber unterrichtsmethodische Umsetzungsmöglichkeiten kaum berücksichtigt, oder aber die Lerntheoretische Didaktik (Heimann, Otto & Schulz 1965), die eine möglichst umfassende wissenschaftliche Analyse der Unterrichtswirklichkeit auf Grundlage abgesicherter Analysemethoden und Theorien intendiert. Bildungstheoretische und Lerntheoretische Didaktik zeigen exemplarisch, dass sich didaktische Modelle lange Zeit vor allem als konkurrierende Richtungen verstanden, wie unterrichtliches Handeln im Schulalltag zu durchdenken und auszugestalten sei. Mittlerweile lassen sich modellhafte Vorstellungen von Unterricht finden, die sich weniger als eigenständige Denkschulen betrachten bzw. einer konkreten wissenschaftlichen Position oder gesellschaftspolitischen Strömung verpflichtet sehen. Vielmehr versuchen sie, die unterrichtliche Erklärungslogik bisheriger didaktischer Modelle stimmig zu vereinen und verschiedene wissenschaftliche Diskurse einzubeziehen, so dass sie möglichst universal anwendbar sind. Ein solches Modell didaktischen Denkens stellt das sogenannte „Strukturmodell des Unterrichts“ von WERNER JANK und HILBERT MEYER (2002: 61-97) dar. Die Gesamtstruktur unterrichtlichen Geschehens wird in diesem Modell durch fünf Strukturmomente veranschaulicht: Zielstruktur, Inhaltsstruktur, Sozialstruktur, Handlungsstruktur und Prozessstruktur. Die Zielstruktur berücksichtigt die Tatsa-
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che, dass unterrichtliches Handeln nicht ins Leere laufen soll, sondern mit Absichtserklärungen verbunden ist. Ziele bilden die Bezugspunkte für die konkrete inhaltliche Arbeit. Die Umsetzung dieser Ziele verwirklicht sich dann unter anderem in der Inhaltsstruktur, die den zu erarbeitenden Lehr- und Lernstoff und die Frage nach der Erschließbarkeit durch die Lerngruppe festlegt. Die Sozialstruktur bestimmt schließlich die Interaktionsformen am gemeinsamen Unterricht und reicht von der Arbeit in verschiedenen Sozialformen bis hin zur Gestaltung der Arbeitsatmosphäre. Die konkrete Unterrichtsgestaltung wird dann in der Handlungsstruktur sichtbar, werden hier doch die Ziel- und Inhaltsentscheidungen dramaturgisch umgesetzt, vor allem durch die Wahl geeigneter Methoden. Die Prozessstruktur führt schließlich die vier bislang genannten Strukturmomente in der Art zusammen, dass sie diese in Unterrichtsphasen und -schritte zeitlich arrangiert und aufeinander aufbaut. Durch diese fünf Strukturmomente sehen die Autoren die zentralen didaktischen Entscheidungs- und Handlungsfelder des Unterrichtens abgedeckt. Alle fünf Strukturmomente werden dabei von den Autoren explizit im Kontext des Klassenzimmers als angestammten Ort für unterrichtliches Handeln entfaltet. An verschiedenen Stellen wird dabei deutlich, dass diese „Klassenzimmer-Logik“ mit den Charakteristika außerschulischen Lernens (vgl. Kap. 2.1.3) nur bedingt vereinbar ist und hier potentielle Problemfelder liegen, werden sie eins zu eins auf Unterrichtsgänge übertragen. Ein solches Konfliktpotential liegt zunächst einmal in der Ziel- und Inhaltsstruktur. Folgt man dem Strukturmodell, so unterliegt Unterricht den Maximen eines zielbezogenen Planungshandelns seitens der Lehrkraft und einer darauf abgestimmten Auswahl des Lehr- und Lernstoffes. Die Besonderheit außerschulischen Lernens liegt allerdings in der Komplexität und Unstrukturiertheit der Wirklichkeit, mit der sich die SchülerInnen auseinandersetzen (vgl. Kohler 2007: 482). Lernen außerhalb der Schulmauern lebt von einem gewissen Grad an Unplanbarkeit (vgl. Claussen 2004: 4; Heyl 2008: 127), sollen doch die Erfahrungsmöglichkeiten vor Ort voll entfaltet werden. Gerade ungeplante Momente und Ereignisse können wertvolle Lerngelegenheiten darstellen (vgl. Kindermann & Riegel 2015b: 9f.). So halten RAUTERBERG und SCHOLZ fest, dass außerschulisches Lernen nicht nur darauf abzielen sollte, „Bestimmtes zu lehren“, sondern „durch den Besuch für die SchülerInnen eigene Lern- und Erkenntnismöglichkeiten zu eröffnen“ (2008: 87). Als abschließendes Fazit des Mehrwertes außerschulischen Lernens halten sie fest, dass „der pädagogisch didaktische Mehrwert des Besuchs von Orten außerhalb der Schule gerade auch in dem gesehen werden [kann; Anm. KK], was nicht in der Lehrplanung gesteuert werden kann, dort nicht einmal bedacht wurde“ (Rauterberg & Scholz 2008: 97). Eine weitere Dilemma-Situation, die sich im Rahmen der Ziel- und Inhaltsstruktur entwickeln kann, stellt der Umgang mit dem „Lernforschritt“ und schließlich die Notengebung dar (Jank & Meyer 2002: 75). Die Messung, Beurteilung und Bewertung von Leistungen ist ein wesentliches Merkmal der Institution Schule. Für
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außerschulisches Lernen wird konstatiert, dass sich diese Lernform nicht mit herkömmlichen Mitteln der Leistungsbewertung vereinbaren lässt und sich der durch außerschulisches Lernen hervorgerufene Lernzuwachs einer Messung anhand geläufiger Kriterien entzieht (vgl. Sauerborn & Brühne 2012: 74; Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 5). Diese Ansicht ist im Konsens mit der konstatierten Andersartigkeit des Lernens vor Ort, der nicht nur das Potential zugesprochen wird, eine andere Art von Wissen hervorzubringen, sondern vor allem auch affektive und soziale Komponenten seitens der Lernenden anzusprechen. Auch bei der Handlungs- und Prozessstruktur kann die schulische Logik an ihre Grenzen stoßen, wird sie eins zu eins außerhalb des Klassenzimmers repliziert. Laut JANK und MEYER lässt sich der Unterrichtsverlauf folgendermaßen fassen: „Er [der Lehrer; Anm. KK] muss also einen Handlungsplan machen, der einen klaren Bezug zur definierten Aufgabe der Stunde hat. In der Handlungsplanung müssen die Lehrtätigkeiten des Lehrers und die Lernaktivitäten der Schüler durchdacht werden.“ (2002: 82) Unterricht vollzieht sich in seinen einzelnen „Lehr-Lern-Akten“ und „Lehr-Lern-Formen“ laut Aussage der Autoren wie ein „Drehbuch“, das das Handeln aller beteiligten AkteurInnen im Klassenzimmer bestimmt (Jank & Meyer 2002: 82). Dieses Drehbuch beinhaltet vorab festgelegte Komponenten wie etwa den Methodeneinsatz oder aber die Zeitplanung, die seine Umsetzung rahmen. Für Materialien in der Schule gilt, dass diese durch professionell Handelnde bereits so durchdacht und aufbereitet sind, dass sie in der Regel nur bestimmte Deutungen zulassen. Außerschulisches Lernen dagegen lebt von einer Deutungsvielfalt der SchülerInnen, wie sie durch die originale Begegnung angeregt wird (vgl. Rauterberg & Scholz 2008: 90 f). Ein durchstrukturierter Methodeneinsatz kann die Komplexität von Erfahrungen vor Ort zu stark reduzieren und den Mehrwert von Erfahrungen aus erster Hand zunichtemachen. Auch bei der Zeitplanung können Schwierigkeiten auftreten. Unterricht im Klassenzimmer ist dem schulischen Zeitrhythmus und einem „45-Minuten-Takt“ (Jank & Meyer 2002: 87) unterworfen. Unterrichtsgänge leben von der Vorstellung, dass dieses zeitliche Korsett aufgehoben wird und die jeweiligen Charakteristika des Lernortes die zeitliche Planung bestimmen sollten (vgl. Lankes 1998; Karpa 2015: 9). Mit den Strukturmomenten des didaktischen Modells eröffnen JANK und MEYER „die ‚Logiken‘ des Unterrichts“ (2002: 62) und damit „die Eigengesetzlichkeiten, nach denen sich Unterricht entfaltet“ (2002: 63). Wenn Lehrpersonen als ExpertInnen für Unterricht innerhalb der Schulmauern diese Eigengesetzlichkeiten spiegelbildlich auf außerschulisches Lernen übertragen, können die Eigenheiten und Besonderheiten des Lernens vor Ort – zumindest teilweise – konterkariert werden. Das birgt die Gefahr, dass der außerschulische Lernort zu einem „verlängerten Klassenzimmer mit seinen routiniert eingeschliffenen didaktischen Mustern“ werden kann (Heyl 2008: 128), bei dem die Chancen der originalen Begegnung nicht
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oder nur unzureichend genutzt werden und das Potential außerschulischen Lernens nicht ausgeschöpft wird.
2.3 D ER K IRCHENRAUM
ALS B EISPIEL FÜR EINEN AUßERSCHULISCHEN L ERNORT
Jeder außerschulische Lernort hat ein eigenes Format, das wiederum den unterrichtspraktischen Zugriff auf ihn determiniert. So legt ein Lernstandort wie ein Schülerlabor ein anderes Vorgehen nahe als ein methodisch-didaktisch nicht aufbereiteter Lernort wie das Rathaus oder die Wiese. Ein Unterrichtsgang ins Rathaus unterliegt wiederum anderen Anforderungen, als wenn die Schulklasse eine Wiese als außerschulischen Lernort nutzt. Für die vorliegende Arbeit wird der Kirchenraum als Beispiel gewählt, anhand dessen die Vorstellungen der Lehrkräfte zum Verlassen des Klassenzimmers empirisch untersucht werden. Im folgenden Kapitel wird zunächst die Wahl des Kirchenraumes als Untersuchungsgegenstand begründet (Kap. 2.3.1). Anhand der vier Dimensionen des Kirchenraumes (liturgisch, spirituell, auratisch und kulturell) wird schließlich sein inhaltliches Potential für Unterrichtsgänge entfaltet (Kap. 2.3.2). Mit der Kirchenraumpädagogik hat sich innerhalb der Religionspädagogik ein Fachgebiet entwickelt, das sich den Möglichkeiten des Kirchenraumes als Lernort widmet (Kap. 2.3.3). Die Kirchenraumpädagogik legt Leitlinien vor, wie dieser multidimensionale Raum als Lernraum gestaltet werden kann und wie ein solches Vorgehen gleichzeitig die Anliegen eines „performativen Religionsunterrichts“ (vgl. Dressler 2002; Klie & Leonhard 2008; Mendl 2008) und damit die Anforderungen an Religionsunterricht in einer modernen pluralen Gesellschaft realisiert. Dabei zeigt sich auch, wie die Kirchenraumpädagogik für die in Kapitel 2.1.3 dargestellten Charakteristika außerschulischen Lernens noch einmal spezifische Akzente setzt. Kapitel 2.3.4 fragt schließlich nach dem aktuellen Forschungsstand zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum und kommt zu dem Fazit, dass sich die Bedeutung des Kirchenraumes als außerschulischer Lernort bislang nur vereinzelt in einer empirischen Forschungstätigkeit niederschlägt und hier eine Forschungslücke identifiziert werden kann. 2.3.1 Die Wahl des Kirchenraumes als Beispiel für außerschulisches Lernen Für die vorliegende Arbeit wird der Kirchenraum als Beispiel gewählt, anhand dessen die Vorstellungen von Lehrkräften über außerschulisches Lernen empirisch untersucht werden. Im Folgenden werden die vier zentralen Beweggründe der Forscherin für diese Entscheidung dargestellt: die identifizierte Lücke innerhalb der
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bisherigen empirischen Forschung um Unterrichtsgänge, die Authentizität des Lernortes und die damit einhergehende Zuspitzung von Chancen und Herausforderungen außerschulischen Lernens, die Zugänglichkeit des Kirchenraumes für Unterrichtsgänge sowie das in ihm materialisierte universale Inhaltsrepertoire, das trotz Vergleichbarkeit individuelle Schwerpunktsetzungen erlaubt. Der Kirchenraum erweist sich damit als hinreichend konkretes Beispiel, um einen Einblick in die Sichtweisen von Lehrkräften auf Unterrichtsgänge zu erhalten. Gleichzeitig ist er als Beispiel – im Vergleich zu Museen oder Science Centern – allgemein genug, um auch Lehrkräfte aus verschiedenen Regionen dazu befragen zu können. Der in Kapitel 2.1.4 dargestellte Überblick zu den bisherigen Forschungsgebieten im Bereich des außerschulischen Lernens hat deutliche inhaltliche Forschungsschwerpunkte herausgestellt. Wird außerschulisches Lernen empirisch in den Blick genommen, so geschieht dies in der Regel in naturwissenschaftlichen Fächern. Dabei stehen besonders methodisch und didaktisch bereits für den Besuch von Lerngruppen vorstrukturierte Orte – sog. „Lernstandorte“ – im Fokus. Es existieren bereits zahlreiche Arbeiten, die sich Museen, Lernlaboren oder Science Centern widmen. Betrachtet man das mögliche Spektrum außerschulischer Lernorte nach dem Grad der Authentizität und didaktischen Aufbereitung, so reicht dieses von „realen Welten“ über „zubereitete Welten“ bis hin zu „simulierte[n] Wirklichkeiten“ (Bönsch 2010: 44), wobei entlang der drei Welten die Authentizität abnimmt und die didaktische Vorstrukturierung des Ortes für Lernprozesse ansteigt. Je näher man sich innerhalb dieses Spektrums an „realen Welten“ bewegt, desto eher entspricht das den konzeptuellen Grundlagen außerschulischen Lernens, das ja gerade eine Abkehr von einer verschulten Lernumgebung und eine Hinwendung zur originalen Begegnung mit der tatsächlichen Lebenswelt proklamiert. Es lässt sich kritisch anfragen, inwieweit ein Schülerlabor nicht einfach ein ausgelagertes Klassenzimmers darstellt, das den Begriff des außerschulischen Lernortes zwar in geographischer, nicht aber in konzeptueller Hinsicht verdient. Gerade diese konzeptuelle Grundlegung ist es aber, anhand der sich die Chancen und Probleme außerschulischen Lernens entfalten lassen. Konkreter Untersuchungsgegenstand für die vorliegende Arbeit soll deshalb ein Lernort sein, der der Eigenschaft „außerschulisch“ auch in konzeptueller Hinsicht möglichst nahe kommt. Beim Kirchenraum ist das der Fall. Seine primäre Funktion ist nicht die eines Lernraumes, vielmehr dient die Gestaltung von Kirchen vor allem liturgischen und spirituellen Zwecken (vgl. Beyer 2007). Er ist eine „reale Welt[en]“ (Bönsch 2010: 44) und befindet sich damit am Extrem der von BÖNSCH aufgemachten Authentizitäts-Skala. Das qualifiziert ihn als besonders geeignetes Beispiel, außerschulisches Lernen zu erforschen, erfüllt er doch die Anforderungen einer authentischen Begegnung mit der Lebenswelt par excellence. An einem solchen Lernort spitzen sich die Chancen, gleichzeitig aber auch die möglichen Hindernisse und Problemfelder außerschulischen Lernens zu. Er bietet den SchülerInnen ein ganzheitliches Eintre-
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ten und Eintauchen in einen nicht vorab strukturierten Ausschnitt der Lebenswirklichkeit und konfrontiert sie mit einem authentischen Ort religiösen Lebens. Besonders deutlich wird das an den einzelnen Ausstattungsstücken des Kirchenraumes. Prinzipalstücke wie Altar und Tabernakel, aber auch Kunstwerke wie Bilder und Plastiken werden hier – im Vergleich zu einem Museum – nicht losgelöst von ihrem ursprünglichen Verwendungskontext gezeigt. Eben jene Authentizität bringt aber auch Hindernisse mit sich. Wandgemälde und Figuren erinnern die BesucherInnen an Geschichten aus der Bibel oder an Beispiele der exemplarischen Nachfolge Jesu. Allerdings bedarf es zum Entschlüsseln und Verstehen dieser Darstellungen einer religiösen Lesekompetenz, da sie meist mit Symbolen und einer spezifischen Bildsprache arbeiten. Sogenannte „advance organizers“ (Falk & Storsdiek 2005: 746), wie etwa analog oder digital gestaltete Informationstafeln, die den BesucherInnen Orientierung im Raum und für einzelne Objekte geben, fehlen in Kirchen normalerweise. Manchmal bieten Kirchengemeinden Broschüren an, die zur geschichtlichen Entwicklung oder ausgewählten Kunstwerken informieren. Touristisch stark frequentierte Kirchen verfügen zudem meist über eine Besuchertheke, an denen fachkundiges Personal Auskunft erteilt, oder es werden Führungen angeboten. An kleineren Ortskirchen ist dies in der Regel nicht der Fall. Bei einem Lernort mit hoher Authentizität wie dem Kirchenraum sind die Lehrkräfte also in der Regel selbst gefragt, diesen didaktisch und methodisch für ihre Lerngruppe aufzubereiten. Pädagogisch geschultes Personal vor Ort oder bereits ausgearbeitetes und auf die jeweilige Altersgruppe abgestimmtes Begleit- und Unterrichtsmaterial fehlen hier. Dass der Kirchenraum nicht als Ort für Lerngruppen konzipiert ist, spiegelt sich auch in den physikalischen Rahmenbedingungen wieder. So müssen Schulklassen hier unter Umständen mit einem eher düster gehaltenen Innenraum rechnen oder den gerade in den Wintermonaten nicht immer angenehmen Raumtemperaturen. Auch der Geruch im Kirchenraum kann von SchülerInnen durchaus als unangenehm empfunden werden. Diese sensorischen Eindrücke, die die besondere Atmosphäre des Kirchenraumes ausmachen, sind während des Lernprozesses immer präsent und lassen sich von der Lehrkraft auch nur bedingt beeinflussen. Ein authentischer Lernort birgt so die Gefahr, „überkomplex“ (Bönsch 2010: 44) zu werden. Gleichzeitig erhält im Kirchenraum die Frage von Verhalten und Disziplin bei der Arbeit außerhalb des Klassenzimmers eine entscheidende Akzentuierung. Die Kirche ist ein religiös hochgradig konnotierter Raum. Das Verhalten einer dort arbeitenden Schulklasse kann nicht nur die religiösen Gefühle der Lehrkraft, sondern auch anderer anwesender BesucherInnen verletzen. Dies gilt umso mehr, als die in einer modernen pluralen Gesellschaft aufwachsenden SchülerInnen mit einem angemessenen Verhalten vor Ort häufig nicht vertraut sind. Je weniger der mit der Schulklasse aufgesuchte Ort also für Lernprozesse vorstrukturiert ist, desto größer ist sein Kontrast zum Klassenzimmer und desto höher ist sein Anforderungsniveau an die besuchende Lehrkraft und ihre Lerngruppe.
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Die Ortskirche erweist sich nicht nur als besonders authentischer, sondern auch als vergleichsweise niederschwellig zugänglicher Lernort. In fast jedem Dorf bzw. Stadtteil gibt es ein katholisches Kirchengebäude. Dieses liegt aus historischen Gründen meist im Ortskern und damit in Laufweite zur Schule. Ein Unterrichtsgang in den Kirchenraum kann also häufig zu Fuß erfolgen und ist ohne den Einsatz von Transportmitteln möglich. Ist die Ortschaft oder der Stadtteil überwiegend evangelisch geprägt und ein katholischer Kirchenraum nicht vorhanden, so befindet sich dieser meist in der benachbarten Ortschaft. Damit ist ein Unterrichtsgang in den Kirchenraum ohne größeren organisatorischen Aufwand möglich. Die Kirche selbst ist – zumindest funktional betrachtet – ein öffentliches Gebäude (vgl. DBK 2002: 18). Sie ist für alle BesucherInnen frei zugänglich, so lange sich diese entsprechend der Würde des Raumes verhalten. Dieser freie Zugang gilt sowohl für den Gottesdienst als auch außerhalb liturgischer Zeiten. Lehrkräfte können daher mit einer Lerngruppe diesen Raum – anders als etwa eine Moschee oder eine Synagoge – in der Regel ohne weiteres Begleitpersonal betreten und hier auch eigenständig Lerngelegenheiten schaffen, solange andere BesucherInnen dadurch nicht gestört werden. Mittlerweile gibt es zwar die Tendenz, dass katholische Kirchenräume aufgrund von Vandalismus tagsüber nicht mehr frei zugänglich sind (vgl. DBK 2003: 9). Ist dies der Fall, dann lässt sich allerdings meist über die Kontaktaufnahme zur Kirchengemeinde problemlos ein Zutritt ermöglichen. Verschlossene Kirchentüren sind dabei immer noch eher die Ausnahme als die Regel und der Kirchenraum als geöffneter Raum stellt „ein nach wie vor gültiges Ideal“ dar (DBK 2003: 8). Damit erweist sich die Kirche – zumindest aus organisatorischer Perspektive – als relativ niederschwellig zugänglicher Lernort. Das verleiht dem Kirchenraum im Spektrum außerschulischer Lernorte eine besondere Stellung. Während Lernorte wie etwa Museen, Science Center oder auch Betriebe in der Regel von einer regionalen Verfügbarkeit abhängen, ist das Kirchengebäude vor Ort und frei zugänglich. Die Gefahr, dass eine empirische Untersuchung dieses Lernortes an einer Verfügbarkeit scheitert, ist damit gering. Dieser Punkt ist ausschlaggebend, sollen die Vorstellungen von Lehrkräften über Unterrichtsgänge an einen konkreten außerschulischen Lernort rekonstruiert werden. Dies erscheint nur dann als sinnvoll, wenn die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit des Lernortes überall gewährt ist. Gleiches gilt für das dort verfügbare thematische Programm. Gerade Lernorte wie Museen oder Science Center sind regional individuell gestaltet, decken spezifische Inhalte ab und sind deshalb oft kaum miteinander vergleichbar. So etwa erfordert ein Naturkundemuseum einen anderen unterrichtlichen Zugriff als ein Kunstmuseum, eine Ausstellung zu modernen Werken andere Vorgehensweisen als die zur Kunst der Renaissance usw. Kirchenräume dagegen bieten ein gewissermaßen universal verfügbares thematisches Programm. Trotz unterschiedlicher Innen- und Außengestaltung, die je nach Entstehungszeit, Region und der am Bau beteiligten Personen variiert, findet sich in jeder Kirche ein festes Repertoire und räumliches
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Arrangement bestimmter Gegenstände. Sowohl die kleine Dorfkirche, als auch die touristisch bedeutsame Kathedralkirche verfügt über einen Altar, einen Ambo oder einen Tabernakel, die nach bestimmten Vorgaben gestaltet und an einem bestimmten Ort innerhalb des Kirchenraumes platziert sind. Inneres und äußeres Erscheinungsbild des Kirchenraumes sind in den Handreichungen der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel „Richtlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen“ (DBK 2002) festgehalten. Damit erfolgt eine Begegnung mit dem Kirchenraum zwar stets in einem individuell und nach epochenspezifischen und regionalen Besonderheiten gestalteten Raum, der allerdings immer ein exemplarisches Beispiel eines katholischen Sakralraumes darstellt. Werden die Vorstellungen von Lehrkräften zu außerschulischem Lernen empirisch untersucht, so bietet sich mit dem Kirchenraum die Möglichkeit, dies anhand eines Lernortes zu tun, der an verschiedenen Schulorten in vergleichbarer Form vorliegt. Trotz der Vergleichbarkeit und Exemplarität erlaubt der Kirchenraum in seiner thematischen Fülle aber immer individuelle Schwerpunktsetzungen. Für die Gemeinde der Christinnen und Christen stellt der Kirchenraum das zentrale Gebäude dar, in dem sie sich für den Gottesdienst versammelt und „die Begegnung miteinander und mit Gott“ (DBK 2002: 6) feiert. Er ist nicht nur der Ort für die wöchentliche Sonntagsliturgie, sondern auch für Gottesdienste, in denen die Feste des Kirchenjahres gefeiert werden, und Kasualgottesdienste wie die Taufe, Erstkommunion oder Firmung stattfinden. Der Kirchenraum ist ein Ort gelebter Religiosität, wie sie durch die Institution Kirche getragen wird. Gleichzeitig gewinnen in Architektur, Bildprogramm und Ausstattungsstücken zentrale Elemente der christlichen Glaubensgeschichte materielle Gestalt. Er ist damit ein Paradebeispiel „räumlicher Verdichtung von Religion“ (Mertin 2003: 51), die sich in seiner Ausstattung und Ausgestaltung jenseits liturgischer Gegenstände zeigt. So etwa erzählt der Kreuzweg die Geschichte von Leid, Tod und Auferstehung Jesu Christi in Bildern. Das Kirchenjahr wird in wechselnden Einrichtungsgegenständen wie etwa der Krippe oder dem Erntedankaltar sichtbar. Und die jeweilige Gemeinde vor Ort zeigt die lebendige Ausgestaltung religiösen Lebens durch Fotos der Täuflinge, Erstkommunionkinder oder verstorbener Gemeindemitglieder. Damit kann der Kirchenraum als „zur Form gewordene Kommunikation von biblisch-christlicher Tradition“ (Degen & Hansen 2002: 76) angesehen werden. Er stellt zahlreiche Ansatzpunkte bereit, elementare Themenfelder des Religionsunterrichts zur Sprache zu bringen und zu veranschaulichen. Dabei ist jeder Kirchenraum trotz der Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz unverwechselbar gestaltet und setzt das in ihm materialisierte theologische Programm individuell um. In keinem anderen Fach gibt es einen einzelnen Lernort, der so viele fachspezifische, gleichzeitig aber auch überfachliche Bezüge realisiert, denn auch Querverbindungen zu anderen Unterrichtsfächern sind denkbar. Der Kirchenraum liefert inhaltliche Bezugspunkte zur Orts- und Stadtgeschichte und wird damit für den Sach-
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unterricht bedeutsam; in Architektur, Gemälden und Plastiken ermöglicht er interessante Ansatzpunkte für die Arbeit in Kunst; zudem bietet er eine beeindruckende Akustik und mit der Orgel ein extra für den Sakralraum entwickeltes Instrument, das inhaltliche Bezüge zum Musikunterricht nahelegt. Auch wenn der Sachunterricht für Lernen an außerschulischen Lernorten zunächst einmal als das prädestinierte Fach angesehen wird (vgl. Feige 2006: 4), mag dies für das Spektrum möglicher Lernorte – sei es im Natur-, Kultur- oder Arbeitsbereich (vgl. Jürgens 2008: 110) – vielleicht gelten. Allerdings erweist sich in keinem anderen Unterrichtsfach ein einzelner Lernort als so vielgestaltig im Einsatz, wie es der Kirchenraum für den Religionsunterricht tut. Es ist daher naheliegend, dass es in religionspädagogischen Grundlagenwerken meist der Kirchenraum ist, der als veranschaulichendes Beispiel für außerschulisches Lernen, dessen didaktische Begründung und methodische Umsetzung herangezogen wird (vgl. Hilger 2008; Prokopf & Ziebertz 2013). So etwa konstatieren LINDNER und HILGER: „Für den Religionsunterricht kommen viele Lernorte in Frage. Besondere Lernchancen bietet der Kirchenraum als Ort der Begegnung mit gestaltgewordenen Glaubens- und Gotteserfahrungen von Menschen verschiedenster Zeiten.“ (2014: 426) Auch die Bildungsstandards für den Katholischen Religionsunterricht an Grundschulen (vgl. DBK 2006) sowie in der Sekundarstufe I (vgl. DBK 2004) verweisen explizit auf den Kirchenraum. Einer von sechs Gegenstandsbereichen widmet sich dem Thema „Kirche und Gemeinde“ (DBK 2006: 35 ff.; vgl. DBK 2004: 26 ff.). Innerhalb der verschiedenen Kompetenzfelder, die die jeweiligen Gegenstandsbereiche inhaltlich ausdifferenzieren, sehen die Bildungsstandards unter anderem vor, dass die SchülerInnen „die Kirche als Ort der Versammlung und der Feier der christlichen Gemeinde“ (DBK 2006: 35) kennen, zentrale Elemente der Inneneinrichtung und ihre liturgische Funktion beschreiben und sich „angemessen im Kirchenraum und bei Gottesdiensten“ (DBK 2006: 36) verhalten können. Die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer setzen diese Bildungsstandards entsprechend um und räumen dem Kirchenraum dementsprechend einen prominenten Platz innerhalb der staatlichen Lehrpläne ein. 2.3.2 Der Kirchenraum als Lernort Das folgende Kapitel widmet sich dem Kirchenraumes als Lernort außerhalb des Klassenzimmers. Dabei wird sein inhaltliches Potential dargestellt, das sich anhand der vier verschiedenen Dimensionen des Raumes entfalten lässt (vgl. Kindermann & Riegel 2013: 72): die liturgische, die spirituelle, die auratische sowie die kulturelle Dimension. Diese vier Raumdimensionen machen den Unterschied von Kirchenräumen zu profanen Gebäuden deutlich und spannen den Rahmen auf, in dem sich ein Unterrichtsgang in die Kirche inhaltlich bewegen kann.
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Die originäre und primäre Funktion des Kirchengebäudes ist die Zusammenkunft der Gemeinde in der gemeinsamen Feier des Gottesdienstes, wie sie in der Liturgie konkrete Gestalt annimmt. Die erste Dimension wird deshalb als liturgische Dimension des Raumes bezeichnet (vgl. Beyer 2007: 11 ff.). Die Prinzipalstücke des Kirchenraumes wie der Altar, der Ambo oder der Tabernakel zeugen von dieser gottesdienstlichen Nutzung. Auch außerhalb liturgischer Zeiten ist damit für BesucherInnen seine Funktion als Gottesdienstraum deutlich sichtbar. Dabei ist der Kirchenraum nicht nur eine „Raumhülle“ (Beyer 2007: 14) für die Feier des Gottesdienstes, sondern in ihm selbst wird ein theologisches Programm umgesetzt, das vom Portal im Westen bis zur Apsis im Osten angelegt ist (vgl. Goecke-Seischab & Ohlemacher 2010: 36 ff.). Dieses Programm zeigt sich in Gemälden an Decken und Wänden, Figuren oder Plastiken. Im hinteren und in der Regel westwärts ausgerichteten Teil des Kirchenraumes finden sich Darstellungen aus dem Alten Testament wie Schöpfung, Propheten oder Könige. In Richtung des Altars, der sich meist im Osten befindet, werden diese Szenen abgelöst von Figuren aus dem Neuen Testament, Darstellungen aus dem Leben Jesu, Szenen aus dem Marienleben oder Heiligenfiguren. Hinter dem Altar wird schließlich die Offenbarung und damit ein hoffnungsvoll gestalteter Blick in die Zukunft des Menschen mit Gott zum Bildprogramm des Raumes gemacht. Der Kirchenraum symbolisiert eine Wegstrecke, die der Gläubige äußerlich wie innerlich zurücklegen muss, bis er sich mit Christus am Altar verbindet. Sowohl in Prinzipalstücken als auch dem Bildprogramm ist der Kirchenraum „Gestalt gewordene Theologie oder ‚Doxologie in Stein‘“ (DBK 2002: 11). Die spirituelle Dimension kennzeichnet den Kirchenraum als heiligen Raum (vgl. Meyer zu Schlochtern 2007: 41 ff.). Diese Heiligkeit des Raumes bestimmt sich im katholischen Verständnis nicht nur durch die Zusammenkunft der Gemeinde und die gemeinsame Feier des Gottesdienstes, sondern auch durch die Realpräsenz Jesu Christi in der konsekrierten Hostie. Das Ewige Licht in der Nähe des Tabernakels symbolisiert diese Präsenz. Der Kirchenraum wird als Haus Gottes verstanden und als Ort, an dem BesucherInnen eine göttliche Gegenwart wahrnehmen können (vgl. Stroik 2012). Folglich nutzen viele Menschen den Kirchenraum, um sich hier außerhalb von Gottesdienstzeiten im Gebet an Gott zu wenden, oder um verstorbener Angehöriger und Freunde zu gedenken. Häufig gibt es besonders gestaltete Orte, die eben jener Andacht dienen. So finden sich in vielen Kirchenräumen Nischen mit Mariendarstellungen, an denen Kerzen entzündet werden können. Diese spirituelle Dimension ist allerdings nicht auf die Nutzung im Sinne einer religiösen Praxis eingeschränkt. Sie meint auch, dass Menschen in Kirchenräumen dem Trubel des Alltags entfliehen und innere Ruhe und Entspannung finden können. Der Kirchenraum selbst zeichnet sich durch eine besondere Atmosphäre aus. Diese wird zunächst durch die Raumhöhe und -breite erzeugt. Kirchen überragen meist die sie umgebenden Gebäude und vor allem die Ausdehnung des Mittelschif-
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fes wirkt imposant. Diese Raumwirkung wird durch spezielle Lichtverhältnisse noch unterstützt. So ist der Innenraum der meisten Kirchen dunkel gehalten und vor allem im westlichen Bereich, in dem sich die BesucherInnen unmittelbar nach dem Eintritt durch das Hauptportal befinden, lassen die Fenster nur wenig Sonnenlicht durch. Erst Altarbereich und Apsis sind heller erleuchtet (vgl. Goecke-Seischab & Ohlemacher 2010: 22 ff.). Aber auch die Geruchs- und Klangverhältnisse unterscheiden sich von denen anderer Räume. Kerzen und das regelmäßige Benutzen von Weihrauch führen zu einem besonderen olfaktorischen Eindruck. Die Verwendung von Stein als Material für die Hülle und Inneneinrichtung, aber auch die Höhe und Weite des Raumes erzeugen einen langen Nachhall von Geräuschen. Schließlich sind Kirchengebäude selbst „Räume der Stille“, die einen Kontrapunkt zu einer „laut gewordenen Welt“ mit ihrem „allgegenwärtigen Geräuschpegel“ sein möchten (DBK 2003: 7). Diese besonderen Ausmaße, die Geruchs-, Licht- und Klangverhältnisse und letztlich auch die Stille sind es, die die besondere Raumwirkung ausmachen und beim Betreten häufig als erstes wahrgenommen werden (vgl. FischerLichte 2006: 20). Sie definieren die auratische Dimension des Kirchenraums. Schließlich spiegelt sich im Kirchenraum eine kulturelle Dimension wieder. Kirchenräume präsentieren das christliche Kulturerbe der westlichen Hemisphäre (vgl. Koch 2014). In ihrer Architektur und Innenausstattung zeigen sich die Vorlieben und charakteristischen Gestaltungsmerkmale verschiedener Epochen, das Glaubens- und Weltverständnis der jeweiligen Zeit und wie der Kirchenraum in ihr theologisch ausgedeutet wird. So symbolisiert der Kirchenbau der Romanik ein frühmittelalterliches Weltverständnis, in dem Gott und seine himmlischen Heerscharen als Bezwinger des Bösen und Dämonischen verstanden wurden, während der Kirchenbau der Gotik in seinem Drang nach Höhe und architektonischer Leichtigkeit die völlige Hingabe an Gott räumlich Gestalt werden lässt. Der Kirchenraum im Barock wiederum ist in seiner Gestaltungspracht ein Stein gewordenes Statement der katholischen Kirche gegen die Reformation und barocke Kirchenräume wollen dem Menschen das Gefühl vermitteln, „schon auf Erden und zu Lebzeiten in himmlische Sphären entrückt“ zu sein (Goecke-Seischab & Ohlemacher 2010: 60). Kirchengebäude geben ein steinernes Zeugnis der verschiedenen religiösen Lebenswelten der christlichen Tradition (vgl. Boehme 2007: 230). Viele Kirchen beherbergen zudem künstlerisch hochwertige Gegenstände, die christliches Bildprogramm aufgreifen, aber auch häufig mit der regionalen Geschichte der jeweiligen Kirche und des Ortes in Verbindung stehen. Gerade diese kulturelle Dimension ist es, die Kirchenräume auch in säkularisierten Zeiten für BesucherInnen interessant macht (vgl. Williams u.a. 2007; Gutic, Caie & Clegg 2010). Grundsätzlich lassen sich diese vier Dimensionen des Kirchenraumes auch durch mediale Repräsentation im Klassenzimmer darstellen und veranschaulichen. Das gilt nicht nur für die liturgische und kulturelle Dimension, die etwa durch Fotos und Folien ohne großen methodischen Aufwand in der Schule repliziert werden
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kann. Auch die auratische und spirituelle Dimension lassen sich durch entsprechenden Methodeneinsatz (z.B. Tonaufnahmen, Verbrennen von Weihrauch, Entzünden von Kerzen) im Klassenzimmer für die Lernenden zumindest in Ausschnitten erlebbar machen. Die vier Dimensionen zeigen aber auch, welches Potential dem Kirchenraum als außerschulischen Lernort innewohnt, werden sie methodischdidaktisch für Lernprozesse genutzt. 2.3.3 Religionspädagogische Perspektiven auf das Lernen im Kirchenraum – Die Kirchenraumpädagogik Der aktuelle religionspädagogische Diskurs nimmt die Voraussetzungen der Lernenden in einer modernen pluralistischen Gesellschaft ernst und entwickelt entsprechende Konzepte, wie Religionsunterricht damit umgehen kann. Eines dieser Konzepte ist der sogenannte performative Religionsunterricht, der eine aktive Teilhabe an religiösen Ausdrucksformen vorsieht. Die Disziplin der Kirchenraumpädagogik setzt dieses Anliegen mit Blick auf den Kirchenraum als Lernort um. Im vorliegenden Kapitel werden kurz die aktuellen Bedingungen des Aufwachsens von Kindern in einer modernen pluralistischen Gesellschaft skizziert, bevor dann das Konzept des performativen Religionsunterrichts als möglicher Umgang damit aufgezeigt wird. Darauf aufbauend wird die historische Entwicklung der Kirchenraumpädagogik dargestellt und ihre Zielvorstellungen sowie ihre methodisch-didaktischen Prinzipien charakterisiert. Bei einem Unterrichtsgang in die Kirche gilt es, einen eigentlich nicht für Lernzwecke konzipierten Raum gemeinsam mit den SchülerInnen zu erschließen. Diese bringen häufig nur wenige oder kaum Vorerfahrungen mit dem Kirchenraum mit (vgl. Burrichter 2001: 112; Gärtner 2005: 19) und es wird eine fehlende Kompetenz im Umgang mit dem Raum diagnostiziert (vgl. Hinderer 2009: 191). Fragt man nach den Bedingungen des Aufwachsens und der religiösen Sozialisation heutiger SchülerInnen in ihren Familien, so ereignet sich dies unter den Vorzeichen einer säkularisierten, globalisierten und damit modernen pluralistischen Gesellschaft (vgl. Klein 2006). Vor allem drei Prozesse beeinflussen dabei das religiöse Aufwachsen heutiger Kinder in ihren Familien (vgl. Ziebertz 2013: 81 ff.). Erstens haben Institutionen wie die Kirche ihren universalen Einfluss auf die Lebensgestaltung der Menschen verloren (Deinstitutionalisierung). Gelebter Glaube kann im Rahmen der Institution Kirche stattfinden, muss es aber nicht, da die soziale Verbindlichkeit institutionell getragener Glaubensüberzeugungen nachlässt. Vor allem eine Bindung an die lokale Kirchengemeinde beruht auf individuellen Entscheidungen innerhalb der Familie und ist nicht mehr durch kirchliche oder soziale Normen determiniert. Damit lässt sich bei der Anzahl der regelmäßigen KirchgängerInnen ein langfristiger Abwärtstrend identifizieren (vgl. Pollack 2009). Kommen Kinder im privaten Be-
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reich mit Kirchenräumen in Kontakt, geschieht dies häufig nur noch zu besonderen Festen des Kirchenjahres wie Weihnachten oder Ostern. Der Gottesdienstbesuch ist nur noch selten fester Bestandteil des Familienalltags. Damit setzt zweitens eine Detraditionalisierung ein. Religiöse und kulturelle Traditionen und Praktiken verlieren für die individuelle Lebensgestaltung an Bedeutung und Prägekraft. Das betrifft gerade den liturgischen Ablauf des Gottesdienstes mit seinen festgeschriebenen Körperhaltungen, Gesängen und Sprechchören, aber auch ein angemessenes Verhalten im Kirchenraum während und außerhalb der Gottesdienstzeiten. Auch das gemeinsame Gebet oder das Lesen biblischer Geschichten wird nur noch in wenigen Familien praktiziert. Durch die Detraditionalisierung sind die Kinder mit diesem kulturellen christlichen Erbe nicht mehr vertraut. Religiöse Praktiken werden in Frage gestellt und bereits Heranwachsende kommen in Kontakt mit anderen und fremden religiösen Traditionen, die nicht dem christlichen Kulturkreis entspringen. Das wiederum definiert den dritten Prozess, die Pluralisierung. Der Pluralisierungsprozess kann in zwei Richtungen wirken. Zum einen erhöht er die Chancen individueller Verwirklichung, kann doch aus einem Pool an Glaubensangeboten ausgewählt werden. Gleichzeitig fehlen gültige Orientierungspunkte für die eigene religiöse Entwicklung. Deinstitutionalisierung, Detraditionalisierung und Pluralisierung sind es, unter deren Vorzeichen für Kinder im Grundschulalter die religiöse Erziehung im Elternhaus stattfindet. Regelmäßige religiöse Praktiken wie etwa die Teilnahme der Familie am sonntäglichen Gottesdienst, das gemeinsame Gebet vor dem Mittagessen oder Einschlafen oder auch das Vorlesen aus der Bibel sind kein selbstverständlicher Bestandteil des Familienalltages mehr. Damit steht auch ein konfessionell gebundener Religionsunterricht einer weitgehend heterogenen Schülerschaft gegenüber, bei der nicht automatisch von einer religiösen Sozialisation im Elternhaus und einer Einbindung in eine Kirchengemeinde ausgegangen werden kann. Begegnungen mit Kirchenräumen können für die SchülerInnen also durchaus den Charakter von „Erstbegegnungen“ (Burrichter 2001: 12) haben. Der in Kapitel 2.1.2 erwähnte Diskurs um die veränderte Kindheit und die damit verbundenen diagnostizierten Sozialisationsdefizite der Kinder und fehlenden Primärerfahrungen mit der Welt, spitzen sich im Diskurs um außerschulisches Lernen im Kirchenraum zu. Das wirft die Frage eines angemessenen methodisch-didaktischen Umgangs mit dem Kirchenraum im Religionsunterricht auf. Anliegen eines konfessionell gebundenen Religionsunterrichts ist es nicht nur, Informationen über Religion zu vermitteln und damit Religionskunde zu sein, sondern „es muss auch ein Unterricht ‚in‘ Religion erfolgen“ (Mendl 2006: 9), der Kinder dazu ermutigt, „die Frage nach Gott zu stellen und zu bedenken“ (DBK 2006: 11). Der performative Religionsunterricht4 (vgl. Dressler 2002; Klie & Leon4
Zur Darstellung der in verschiedenen religionspädagogischen Diskursen verwendeten Begrifflichkeiten „performativer Religionsunterricht“, „performative Religionspädago-
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hard 2008; Mendl 2008) versucht dabei eine Brücke zu schlagen zwischen dem Gegenstandsbereich Religion und den Lernenden. Er erkennt auf der einen Seite an, dass Religion ein Bereich ist, der auf individuellen Erfahrungen mit religiöser Praxis und Lebensgestaltung beruht: „Die christliche Religion wird nur als erzählte, gestaltete, gefeierte Religion begreifbar.“ (Dressler 2015) Religiöse Traditionen und Praktiken speisen sich dabei vor allem aus dem Gebrauch von Symbolen und Zeichen. Performativer Religionsunterricht schließt an der Idee an, dass eben jene Symbole und Zeichen nicht kontextfrei, sondern nur in ihren durch die Gemeinschaft hervorgebrachten Gebrauchskontexten zu bestimmen sind. Auf der anderen Seite ist er sich dem Fehlen eben jener Erfahrungen auf Seiten der SchülerInnen angesichts der durch Deinstitutionalisierung, Detraditionalisierung und Pluralisierung geprägten Sozialisationsbedingungen bewusst. Um diese Kluft zu überbrücken sieht er vor, dass Kinder sich auf die Innenperspektive gelebter Religion einlassen und Religion erleben, geht es doch um ein „handlungsorientiertes Verstehen von Religion als einer Praxis“ (Dressler 2002: 16). So etwa sollte ein experimenteller Gebrauch von religiösen Zeichen und Symbolen einer kritischen Reflexion derselben vorausgehen. Performativer Religionsunterricht bedeutet dabei nicht, religiöse Vollzugsformen verpflichtend vorzugeben, sondern Teilhabe-Optionen zu ermöglichen, denn: „Ob religiöse Erfahrungen bei einzelnen lernenden Subjekten tatsächlich entstehen, entzieht sich der Planung und dem Zugriff von außen.“ (Mendl 2008: 79) Der Unterrichtsgang in den Kirchenraum vor Ort ist ein Paradebeispiel dafür, eben jene Erfahrungen mit gelebter Religion und auch das Erproben religiöser Ausdrucksformen für die SchülerInnen zu ermöglichen (Mendl 2006: 15). DRESSLER spricht in diesem Zusammenhang von einer Begegnung mit Räumen, „in denen Religion Resonanz gewinnt“ und die „gelebte und gestaltete“ religiöse Praxis zeigen (2003: 77). Dabei wird gerade eine von kirchenraumpädagogischen Methoden inspirierte Begegnung mit dem Raum als idealtypische Realisierungsform angesehen (Mendl 2013: 95 ff.; Dressler 2003: 77). Wie die Arbeit am Lernort Kirche gestaltet werden kann, ist daher untrennbar mit der Kirchenraumpädagogik5 verwoben (vgl. Rupp 2008; Neumann & Rösener 2009a; Dörnemann 2011; Sendler-Koschel 2016). Historisch lassen sich für die Kirchenraumpädagogik zwei Entwicklungslinien ausmachen, die in Ost- und Westgik“, „performative Religionsdidaktik“ sowie „performanzorientierte Religonsdidaktik“ vgl. Dressler 2015. 5
Im religionspädagogischen Diskurs findet sich neben dem Begriff der „Kirchenraumpädagogik“ häufig die Bezeichnung „Kirchenpädagogik“, vereinzelt auch „Kirchenraumdidaktik“ oder „Pädagogik des Kirchenraums“. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff „Kirchenraumpädagogik“ verwendet. Zur genauen Abgrenzung der verschiedenen Begrifflichkeiten vgl. Kindermann & Riegel 2013: 68.
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deutschland getrennt voneinander verliefen (vgl. Dörnemann 2011: 22-71; Neumann & Rösener 2009b). In der ehemaligen DDR der 70er-Jahre wurden touristisch bedeutsame Kirchen für Führungen geöffnet. In diesen Kirchenführungen standen kirchliche MitarbeiterInnen vor der Aufgabe, den räumlichen Mittelpunkt des Gemeindelebens einem säkularisierten Publikum näher zu bringen. Etwa zeitgleich entstanden in Westdeutschland an vereinzelten Kirchen Initiativen, die den Kirchenraum besonders für SchülerInnen mit Prinzipien der Museumspädagogik als Lernort erfahrbar machen wollten. Beide Wurzeln der Kirchenraumpädagogik liegen damit in der unmittelbaren Praxisarbeit. Mittlerweile hat sich die Kirchenraumpädagogik als religionspädagogische Teildisziplin etabliert (vgl. Fischer 2001) und wurde entsprechend für den schulischen Religionsunterricht adaptiert (vgl. Landgraf 2009; Biewald & Husmann 2012). Auch wenn sich kirchenraumpädagogisches Arbeiten aus verschiedenen historischen Wurzeln speist, möchte eine entsprechend ausgelegte Begegnung mit dem Kirchenraum mindestens eines der folgenden drei Ziele realisieren: „Alphabetisierung“, „Er-Innerung“ und „Beheimatung“ (Rupp 2008: 18). Mit der Alphabetisierung setzt die Kirchenraumpädagogik an den bereits oben beschriebenen Sozialisationsbedingungen in einer modernen pluralistischen Gesellschaft an. Die Sprache des Kirchenraumes ist für viele BesucherInnen eine Fremdsprache. Eine nach kirchenraumpädagogischen Methoden gestaltete Begegnung soll helfen, diese Raumsprache, wie sie sich in Architektur, Bildprogramm und Ausstattungsstücken niederschlägt, lesbar zu machen. Zudem erschöpft sich Kirchenraumpädagogik nicht in der Erfahrung religiös geprägter Räume, sondern hat gleichzeitig die religiöse Erfahrung im Blick. Symbole und Zeichen im Kirchenraum verweisen auf seine Funktion als Raum der Beziehung zu Gott. Damit ist die Zielvorstellung der Er-Innerung eröffnet. Durch Er-Innerung können persönliche (Glaubens-)Erfahrungen in der Begegnung mit dem Kirchenraum vorgebracht und gemacht werden und die SchülerInnen können diesen als Raum für spirituelle und religiöse Erfahrungen erleben. Kirchenräume werden dabei nicht nur als „geronnene Spielräume des Glaubens“ (Degen 1997: 153) zugänglich, in denen sich in Formen, Farben und Symbolen konkretisierte christliche Glaubensgeschichte zeigt, vielmehr setzt sich die Glaubenstradition dieser Räume mit dem Kirchenbesuch selbst fort. Der Kirchenraum steht schließlich allen BesucherInnen offen und lädt sie zur Begegnung mit Gott ein. Die Beheimatung führt diesen Gedankengang bruchlos fort. Ziel kirchenraumpädagogischer Arbeit ist es, mit dem Kirchenraum als Gottesdienstraum und damit als „Lebensraum der jeweiligen Gemeinde“ (Grethlein 2003: 32) vertraut zu werden und ihn in seiner ursprünglichen Funktion wahrzunehmen. Der „Gemeindeaufbau“ (Rupp 2008: 18), die Bekräftigung im „Gemeinde-Sein“ (Klie 2002: 13) und das aktive Mitgestalten des Gemeindelebens stellen dabei wohl die anspruchsvollsten Zielkategorien kirchenraumpädagogischer Arbeit dar.
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Die ersten beiden Zielvorstellungen der Alphabetisierung und Er-Innerung lassen sich bruchlos in die aktuellen Anforderungen des Religionsunterrichts integrieren und gerade das Erproben und Ermöglichen persönlicher Glaubenserfahrungen zeigt die Anschlussfähigkeit an die Grundideen eines performativen Religionsunterrichts. Deutlich ambivalenter zu sehen ist allerdings, ob die Begegnung mit dem Kirchenraum dem Gemeindeaufbau dienen kann und sollte. Im Kontext der Katechese innerhalb der Kirchengemeinde – wie sie beispielsweise in der Vorbereitung auf die Erste Heilige Kommunion stattfindet – mag dieser Anspruch seine Berechtigung besitzen. Schulischer Religionsunterricht in seiner diakonischen und reflexiven Ausrichtung (vgl. Mendl 2006: 8f.) zielt allerdings nicht primär auf eine Einbindung in das Gemeindeleben. Gerade in dieser letzten Zielvorstellung zeigt sich, dass Kirchenraumpädagogik keine genuin schulische Disziplin ist, sondern sich vor allem im Kontext von Gemeindearbeit und Kirchenführungsdiensten entwickelt hat. In methodisch-didaktischer Hinsicht orientiert sich kirchenraumpädagogische Arbeit vor allem an drei Prinzipien: der Verlangsamung, der Berücksichtigung von Leiblichkeit und individualisierten Zugangsweisen sowie der Arbeit mit der Multidimensionalität des Kirchenraumes (vgl. Kindermann & Riegel 2013: 70 ff.). Unter dem Stichwort Verlangsamung (vgl. Degen 1997: 156) diskutiert die Kirchenraumpädagogik den Umgang mit der Zeit am Lernort Kirche und meint sowohl die zur Verfügung stehende Zeit als auch das subjektive Zeiterleben der BesucherInnen im Raum. Gerade bei der Arbeit mit Schulklassen betonen VertreterInnen der Kirchenraumpädagogik, dass der schulische 45-Minuten-Takt einer gründlichen Erschließung des Kirchenraums widerspricht: „Kirchenerschließung braucht Zeit, insbesondere deswegen, weil Aneignungsprozesse mehr Zeit erfordern als monologische Darstellungen.“ (Rupp 2008: 233) Diese Ausweitung der bei einer Erschließung zur Verfügung stehenden Zeit soll vor allem ein individuelles Erleben ermöglichen. Die Kirchenraumpädagogik intendiert einen bewussten Umgang mit der zur Verfügung stehenden Zeit, bei dem statt inhaltlicher Fülle die inhaltliche Tiefe maßgebend sein soll. So etwa erschöpft sich die Begegnung mit einem Kunstwerk nicht in einer faktengehäuften Beschreibung, sondern soll zu einer intensiven Auseinandersetzung führen, in die etwa auch biographische Bezüge einfließen können. Das Zeitverständnis zeigt die Sensibilität dieser Disziplin im Umgang mit der Eigenart ihres Lernortes, denn Kirchen sind von jeher Räume, die sich alltagsweltlichen Zeitrhythmen entgegensetzen, indem sie einen Rückzugsort für Ruhe und Einkehr bereitstellen (vgl. Rösener 2009: 67 f.). Die methodischen Ansätze der Leiblichkeit und Individualität fassen das Erleben des Kirchenraumes durch verschiedene Aktivitäten und das gezielte Ansprechen verschiedener Sinne. Lernen vor Ort steht unter den Vorzeichen von „Ganzheitlichkeit“ (Goecke-Seischab & Ohlemacher 2010: 121), einem Lernen „mit allen Sinnen“ (Bundesverband Kirchenpädagogik e.V. 2002: 24), „Erfahrungsorientierung“ (Dörnemann 2011: 173) oder „Erlebnisorientierung“ (Dörnemann 2011: 111). Auch die reformpädagogisch geprägte Formulie-
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rung „mit Kopf, Herz und Hand“ (Rupp 2008: 17) sowie die Beschreibung kirchenraumpädagogisch inszenierter Raumbegegnungen mit dem Adjektiv „spielerisch“ (Klie 2003: 102) lässt sich in der Literatur finden. Der Einbezug des Leibes in den Lernprozess im Kirchenraum findet in einem umfangreichen methodischen Repertoire seine Umsetzung. Dieses reicht von Singen, Musizieren und Tanzen, einem aktiven Gebrauch der Ausstattungsstücke und dem Vollzug liturgischer Handlungen bis hin zur Gestaltung eigener künstlerischer Produkte wie dem Malen oder Prägen. Besonders die Bewegung im Kirchenraum wird dabei immer wieder angeregt (vgl. Beyer 2006: 221 f.), obwohl der Raum durch die frontal ausgerichteten Bankreihen eher zum Stillsitzen einlädt. Bei all diesen Vorgangsweisen wird der Körper zum Medium des Lernprozesses. Eine Konzentration auf leibliche Handlungsweisen bedeutet dabei kein Ausblenden dialogischer Formen. Das Einbringen biographischer Erfahrungen oder der Austausch über Eindrücke im Raum gehören genauso zum kirchenraumpädagogischen Repertoire. In dieser leiblichen Aktivierung geht es stets um eine möglichst individuell gestaltete Aneignung des Raumes. Es geht um subjektive Deutungsweisen und Lernwege, bei denen im Sinne eines konstruktivistischen Lernprozesses die AkteurInnen einen eigenständigen Zugang zum Kirchenraum finden, eigene Erinnerungen und Lebensgeschichten einbringen und nicht vorher festgelegte Deutungsweisen aufoktroyiert bekommen. Besonderen Wert legt die Kirchenraumpädagogik auf die Multidimensionalität des Raumes. Kirchenraumpädagogik weiß um die verschiedenen Dimensionen des Kirchenraumes (Kap. 2.3.3), nutzt diese bewusst und leitet darauf aufbauend die Begegnung mit der Kirche an. Gleichzeitig legt sie Wert darauf, dass die Lernprozesse sich in einer räumlichen Umgebung ereignen, die nicht nur eine Hülle für das gemeinsame Lernen darstellt, sondern gleichzeitig integraler Bestandteil desselben ist. Hier grenzt sich die Kirchenraumpädagogik deutlich von der Museumspädagogik ab. Geht es der Museumspädagogik vor allem um die Erschließung von Objekten, die isoliert für sich stehen und in der Regel aus ihrem ursprünglichen Funktionszusammenhang herausgerissen sind, betont Kirchenraumpädagogik die kontextuellen Raumbezüge der einzelnen Objekte vor Ort, wie sie sich aus deren liturgischer und spiritueller Funktion ableiten. Mit der Trias aus Verlangsamung, Leiblichkeit und Individualität sowie der Multidimensionalität des Raumes zeigt sich die Kirchenraumpädagogik in ihrem methodisch-didaktischen Profil anschlussfähig an einen zeitgemäßen religionspädagogischen Diskurs. Gleichzeitig realisiert sie damit die in Kapitel 2.1.3 aufgezeigten Anforderungen an die methodische Umsetzung des Unterrichts an außerschulischen Lernorten.
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2.4 AKTUELLER F ORSCHUNGSSTAND UND - DESIDERATE Trotz der regen Beachtung außerschulischen Lernens im Kirchenraum innerhalb der Religionspädagogik, der Etablierung der Kirchenraumpädagogik als eigenständiger Disziplin sowie der Fülle an kirchenraumpädagogischer Literatur für die Praxis wurde dieses Feld bislang kaum empirisch untersucht. Bisherige Studien zum Lernen im Kirchenraum nehmen vor allem in den Blick, wie Kinder und Jugendliche den Kirchenraum als Gottesdienstraum wahrnehmen und welche Erfahrungen sie mit diesem gemacht haben. STEINHÄUSER (2002) befragte 10- bis 16-Jährige (N=697) über ihre Vorerfahrungen mit sowie ihre Gefühle im Kirchenraum. Die Befragten störten sich mehrheitlich an der Kühle und am Geruch in der Kirche, schätzten aber deren ruhige Atmosphäre. Dabei wussten die meisten Befragten zwar, wo sich die Kirche an ihrem Wohnort befindet, nur wenige gaben allerdings an, diese regelmäßig zu besuchen. DE ROOS (2005) interviewte 66 holländische 4bis 6-Jährige, wie es ihnen im Kirchenraum gefällt. Nahezu alle Kinder bewerteten die Kirche als einen für sie angenehmen Ort. Am meisten gefielen den Kindern Aktivitäten wie das Singen. Als negativ werden dagegen die Passivität während des Gottesdienstes wie das Stillsitzen und Stillsein bewertet. Unmittelbar am Lernprozess im Kirchenraum setzt die Untersuchung von RUPP und RUOFF (2005) an. Zentral ist für sie die Frage, welche Details Kinder im Vor- und Grundschulalter (N=16) bei einer Kirchenerkundung wahrnehmen. Während die Jungen sich eher auf sachlich-technische Aspekte wie Feuerlöscher oder Heizung konzentrierten, brachten die Mädchen vor allem schmückende Details zu Papier. Diese Untersuchung nimmt zwar als einzige den Kirchenraum als Lernraum in den Blick, tut dies allerdings nicht in einem schulischen Kontext. Die hier dokumentierten Kirchenraumbesuche fanden im Rahmen einer Ausbildung für KirchenführerInnen statt. Die Feststellung, dass die empirische Untersuchung von Unterrichtsgängen in die Kirche bislang ein Forschungsdesiderat darstellt, ist stimmig mit der in Kapitel 2.1.4 gemachten Beobachtung, dass die Forschungstätigkeit um außerschulisches Lernen vor allem in naturwissenschaftlichen Fachbereichen stattfindet. Lernen im Kirchenraum im schulischen Kontext wird erstmals im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes „Der Kirchenraum als außerschulischer Lernort“ (RI 2005/7-1) untersucht. 67 Religionsklassen einer dritten Jahrgangsstufe durchliefen im Rahmen des Forschungsprojektes eine Unterrichtssequenz zum Kirchenraum, die insgesamt sieben Unterrichtseinheiten umfasste. Während einige Klassen ausschließlich im Klassenzimmer arbeiteten, unternahmen andere Unterrichtsgänge in die Ortskirche, die mittels kirchenraumpädagogischer Methoden erschlossen wurde. Dabei gibt die Studie Einblicke, wie sich das Wissen der SchülerInnen zum Kirchenraum durch diese Unterrichtssequenz verändert. Die Daten zeigen, dass der Wissenszuwachs für diejenigen SchülerInnen,
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die Unterrichtsgänge in die Ortskirche unternommen und die Kirche dabei mit kirchenraumpädagogischen Methoden erschlossen haben, größer ist als für diejenigen, die ausschließlich im Klassenzimmer gearbeitet haben (vgl. Riegel & Kindermann 2016). Die SchülerInnen, die vor Ort arbeiteten, nahmen den Unterricht zudem als signifikant interessanter war als diejenigen, die sich mit einem analogen Unterrichtsinhalt im Klassenzimmer beschäftigten (vgl. Kindermann & Riegel 2015a). Die Auswertung der Erfahrungsberichte der SchülerInnen, die die Kirche im Religionsunterricht vor Ort besuchten, zeigt zudem, dass die Mehrheit den Aufenthalt im Kirchenraum als positiv erlebt und es auch Kinder gibt, die hier von spirituellen und religiösen Erfahrungen berichten (Kindermann & Riegel 2016). Im Zentrum der DFG-Studie stehen damit die SchülerInnen als AdressatInnen des Lernens im Kirchenraum. Aus dem Projekt ist auch eine Publikation hervorgegangen, die sich der Wahrnehmung des Unterrichtsganges durch die Lehrpersonen widmet (vgl. Kindermann & Riegel 2015b). Die teilnehmenden Religionslehrkräfte (N = 53) hielten im Anschluss an den Kirchenraumbesuch ihre Eindrücke anhand von sechs Impulsfragen schriftlich fest. Die inhaltsanalytische Auswertung der Ergebnisse zeigt beispielsweise, dass auf Seiten der Lehrpersonen die Möglichkeit, beim Unterrichtsgang die Kirche vor Ort als religiösen bzw. spirituellen Raum erleben zu können, als besondere Stärke kirchenraumpädagogischer Elemente erachtet wird. Die befragten Religionslehrkräfte schätzen somit den Kirchenraum als performativen Lernort, der performative Unterrichtselemente erlaubt. Als problematisch erweist sich für die Lehrpersonen die fehlende religiöse Sozialisation vieler SchülerInnen, welche nicht nur eine gesteigerte Arbeit an Verhaltensregeln vor und während des Kirchenraumbesuchs bedeutet, sondern in vielen Fällen auch die Erfahrung der spirituellen Dimension des Kirchenraumes verhindert. Die Ergebnisse dieses Teilprojektes geben zwar erste Einblicke, wie Lehrkräfte außerschulisches Lernen am Lernort Kirche erleben und wahrnehmen, lassen allerdings nur bedingt Rückschlüsse darauf zu, wie sie sich außerschulisches Lernen an diesem Ort grundsätzlich vorstellen. Die Impulsfragen sind so formuliert, dass sie sich spezifisch auf die innerhalb der Projektstudie durchgeführten Unterrichtsgänge beziehen. Die Aussagekraft der Ergebnisse unterliegt somit Einschränkungen. Erstens schildern die Lehrkräfte hier ihre Erlebnisse bei einem Unterrichtsgang in die Kirche, dessen unterrichtspraktische Umsetzung durch das Design der Studie sehr genau vorgegeben war. Die am Projekt teilnehmenden Lehrpersonen setzten identische Unterrichtsmaterialien ein und hatten nur einen eingeschränkten Spielraum, den Unterrichtsgang individuell auszugestalten. Zweitens zielen die Impulsfragen auf das unmittelbare Erleben in der konkreten Unterrichtssituation und den Bericht von Einzelfällen. Die Lehrpersonen berichten also vor allem von Best Practice sowie Critical Incidents. Die Impulsfragen regen aber nicht dazu an, allgemeingültige Aussagen zu treffen, generelle Konzepte zum Lernen im Kirchenraum auszuführen
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oder Hypothesen zu entwickeln. Drittens wurde zwar eine beachtliche Anzahl an Lehrpersonen (N = 53) befragt, allerdings gab jede/r der TeilnehmerInnen nur auf insgesamt sechs Fragen eine schriftliche Rückmeldung. Anschlussfragen wie in einer Interviewsituation waren damit nicht möglich und die Antworten selbst fallen teilweise sehr kurz aus (manchmal lediglich ein bis zwei Sätze). Die Ergebnisse dieser Teilstudie zeigen, dass hier ein Forschungsfeld mit viel Potential liegt, das aber dringend noch weiterer empirischer Untersuchung bedarf.
2.5 F AZIT
UND VORLÄUFIGE
F RAGESTELLUNG DER ARBEIT
Lernen außerhalb des Klassenzimmers ist mehr als nur eine methodische Spielart oder Variation des Unterrichtens, sondern der Versuch, das „Problem ‚Schule – Leben‘“ (Keck 1993: 146) zu relativieren. Die aktuellen Veröffentlichungen innerhalb der Lernortpädagogik zeigen, dass Lernen an außerschulischen Lernorten mit bestimmten Formaten der unterrichtspraktischen Umsetzung verbunden ist, um der Andersartigkeit des Lernens vor Ort und der Lösung eben jener Spannung „Schule – Leben“ gerecht zu werden. Gleichzeitig birgt eben diese Andersartigkeit auch Hindernisse und erschwerende Aspekte, eben weil sich der Unterricht hier nicht in alltäglichen und gewohnten Mustern abspielt. Um die Besonderheit außerschulischen Lernens lässt sich mittlerweile eine verstärkte empirische Forschungstätigkeit beobachten. Die Zusammenschau der Studien macht deutlich, dass dieses nicht in seiner vollen Bandbreite erforscht wird, sondern die Ergebnisse schwerpunktmäßig Einblicke in außerschulisches Lernen in der Sekundarstufe, das sich im naturwissenschaftlichen Kontext an Lernstandorten ereignet, geben. Mit Blick auf die Lernenden erlauben die Studien Rückschlüsse auf Prozesse und Effekte des Unterrichts außerhalb des Klassenzimmers. Auch die Perspektiven der Lehrkräfte, die das Lernen vor Ort planen und umsetzen, sind bereits in mehreren Studien empirisch untersucht. Gerade hier liegt jedoch eine entscheidende Leerstelle. Werden die Vorstellungen und Sichtweisen der Lehrkräfte erhoben, erfolgt dies fast immer mit Methoden der quantitativen Sozialforschung. So erlauben die Forschungsergebnisse etwa einen Einblick in das konkrete Nutzungsverhalten (z.B. Anzahl von jährlich durchgeführten Unterrichtsgängen, eingesetzte Methoden, Kooperation mit ExpertInnen vor Ort), ermöglichen aber keinen Zugriff auf individuelle Deutungsmuster und Argumentationszusammenhänge, die die Lehrpersonen auch jenseits einzelner im Vorfeld definierter Konzepte hervorbringen. Gerade hier liegt aber entscheidender Forschungsbedarf, sind es doch die LehrerInnen, die darüber entscheiden, wie und ob sie überhaupt mit ihren SchülerInnen Unterrichtsgänge realisieren. Es lässt sich ein Forschungsdesiderat mit besonderer Brisanz identifizieren, dem sich die vorliegende Arbeit widmet.
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Die Lernortpädagogik grenzt außerschulisches Lernen gezielt vom Unterrichtsalltag innerhalb der Schulmauern ab, zum anderen sieht sie sich gerade den Anforderungen desselben verpflichtet und verortet sich in einem institutionellen schulischen Rahmen. Im Ergebnis wird außerschulisches Lernen im Horizont einer schulischen Denklogik entworfen. Diese schulische Logik wird zunächst einmal durch die Lehrpersonen repräsentiert, die für Unterricht im Klassenzimmer ausgebildet wurden und hier professionell Agierende sind. Außerschulisches Lernen stellt im Unterrichtsalltag die Ausnahme dar, so dass vermutet werden kann, dass hier keine eingeschliffenen methodisch-didaktischen Muster vorliegen, sondern Lehrpersonen vielmehr Elemente der sog. „Klassenzimmer-Logik“ auf Unterrichtsgänge übertragen. Als Repräsentanten dieser Klassenzimmer-Logik werden didaktische Modelle angesehen. Sie sind es, die das unterrichtliche Handeln der Lehrkräfte im Klassenzimmer in seinen verschiedenen Dimensionen auf theoretischer Ebene strukturieren und abbilden und deren Bestandteile die Ausbildung der LehrerInnen bereits in der universitären, vor allem aber in der praktischen Phase während des Referendariats begleiten. Mithilfe didaktischer Modelle lässt sich festmachen, inwieweit die Lehrkräfte bei Unterrichtsgängen eine schulische Logik anwenden, aber auch, in welchen Momenten der Klassenzimmer-Logik es zu Bruchstellen kommen kann. Als beispielhafte Referenzfolie findet das didaktische Modell der Unterrichtsplanung und -gestaltung von JANK und MEYER (2002) Verwendung, das Unterricht in fünf Strukturmomenten abbildet. Die vorliegende Arbeit geht daher auch der Frage nach, inwieweit die Lehrpersonen ihre Vorstellungen über außerschulisches Lernen an eben jene schulische Logik rückbinden und dabei die Besonderheiten schulischen und außerschulischen Lernens miteinander und gegeneinander verhandeln bzw. schulische Momente ihnen Orientierung für die Gestaltung außerschulischer Lernprozesse geben. An die Rekonstruktion der Vorstellungen von Lehrkräften zu außerschulischem Lernen werden seitens der Forscherin zwei Anforderungen gestellt: Diese soll anhand eines konkret ausgewählten Ortes und nicht etwa verallgemeinernd geschehen, da jeder außerschulische Lernort durch eigene Charakteristika gekennzeichnet ist, sich etwa Lernen in einem Kunstmuseum kaum mit Unterrichtsgängen in den Gemeindewald vergleichen lässt. Gleichzeitig soll der für die Studie ausgewählte Lernort nicht regionalspezifisch, sondern an jedem Schulort verfügbar und zugänglich sein. Der Kirchenraum erfüllt beide Anforderungen. Er deckt zudem eine Lücke innerhalb der bisherigen empirischen Forschung um außerschulisches Lernen ab, die sich vor allem in naturwissenschaftlichen Fachbereichen abspielt und hier mit Lernstandorten diejenigen Lernorte in den Blick nimmt, die bereits für den Besuch mit Schulklassen aufbereitet sind. Der Kirchenraum dagegen stellt einen religiös konnotierten Ort mit hoher Authentizität dar, der nicht per se für Lerngruppen vorstrukturiert ist. Das macht eine originale Begegnung mit ihm einerseits besonders wertvoll, birgt aber andererseits sowohl für die Lehrpersonen als auch für die
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SchülerInnen enorme Herausforderungen, so dass es naheliegende Gründe gibt, alternative Lernszenarien im Klassenzimmer zu entwerfen. Der Kirchenraum selbst ist verhältnismäßig niederschwellig und ohne größeren organisatorischen Aufwand zugänglich. Das legt den Schluss nahe, dass zumindest einige Religionslehrkräfte diesen in ihrer Unterrichtspraxis in Gebrauch nehmen. Das ist deshalb erforderlich, da die Vorstellungen der Lehrkräfte möglichst realitätsnah und damit anhand praxisgesättigter Erfahrungen und nicht in einem hypothetischen Feld rekonstruiert werden sollen. Jeder Kirchenraum bietet dabei in Architektur und Innenausstattung ein universal verfügbares thematisches Programm, das gleichzeitig genug Spielraum für individuelle Schwerpunktsetzungen lässt und neben dem Religionsunterricht auch in anderen Unterrichtsfächern fruchtbar gemacht werden kann. Mit der Kirchenraumpädagogik liegt ein innerhalb der Religionspädagogik mittlerweile hinreichend ausdifferenziertes Fachgebiet vor, das theoretische und praktische Anhaltspunkte dafür gibt, wie Besuche im Kirchenraum umgesetzt werden können. Folglich können die durch die Arbeit gewonnen Ergebnisse in einen lebendigen Fachdiskurs zurückgespielt werden, ohne sich aber auf die Religionspädagogik einengen zu wollen. Vielmehr soll der Blick auf den in 2.1 entfalteten schulpädagogischen Diskurs um außerschulisches Lernen gerichtet bleiben. Die Arbeit fragt nach den Vorstellungen von Grundschullehrkräften über Unterrichtsgänge. Als konkreter Lernorte wird der Kirchenraum gewählt. Mit der Rekonstruktion der Vorstellungen zielt die Arbeit darauf ab, jenseits vorab definierter Konzepte die individuelle Begründungslogik der Lehrkräfte zu außerschulischem Lernen zu untersuchen. Sie interessiert sich dafür, wie die Lehrkräfte ihre unterrichtspraktische Arbeit und Phänomene des Lernens außerhalb des Klassenzimmers darstellen und erklären. Die Arbeit geht davon aus, dass die Lehrkräfte dabei auf verschiedene Aspekte ihres professionellen Wissens zurückgreifen. Am Beispiel des Kirchenraumes sollen auch exemplarisch Aushandlungsprozesse der Lehrkräfte zwischen den konzeptuellen Grundlagen außerschulischen Lernens und einer schulischen Unterrichtslogik abgebildet werden. Damit lassen sich für die Arbeit die beiden folgenden vorläufigen Fragestellungen formulieren: Welche Vorstellungen haben Religionslehrkräfte in der Grundschule über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum? Wie rekonstruieren die Lehrkräfte diese Vorstellungen im Spannungsfeld der Charakteristika außerschulischen Lernens und einer schulischen Unterrichtslogik? Die Fragestellungen widmen sich den Sichtweisen der Lehrpersonen, die mit Hilfe von Interviews zugänglich gemacht werden. Empirischer Kern der Arbeit sind die Interpretationen und Deutungen außerschulischen Lernens, wie sie die Lehrpersonen selbst vornehmen. Die Daten zeigen, wie die Befragten außerschulisches Ler-
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nen konstruieren und verhandeln. Sie geben einen Einblick in ihre Sichtweisen auf die unterrichtspraktische Arbeit außerhalb des Klassenzimmers und machen deutlich, wo sie inhaltliche und methodisch-didaktische Schwerpunkte setzen, wie sie ihr unterrichtliches Handeln begründen und herleiten, wo sie argumentative Beziehungen herstellen, aber auch, welche Aspekte außerschulischen Lernens für sie keine Rolle spielen. Es lässt sich erkennen, inwieweit die Lehrkräfte auf Besonderheiten des außerschulischen Lernens zurückgreifen und dieses als Kontrast zu einem Lernen im Klassenzimmer konstruieren, aber auch, an welchen Stellen sie eine Klassenzimmer-Logik anwenden.
3. Subjektive Theorien von Lehrpersonen
Wurden im vorangegangenen Kapitel die vorläufigen Forschungsfragen formuliert, möchte das vorliegende Kapitel diese Fragestellung weiter spezifizieren. Dafür bedarf es eines psychologischen Konstruktes, das geeignet ist, als theoretisches Rahmenmodell zu fungieren und entlang dessen sich die Forschungsfragen konkretisieren lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt spricht die Arbeit bei der zu rekonstruierenden Innenperspektive der Lehrkräfte von „Vorstellungen“ über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum (vgl. Kap. 2.4). Damit findet ein offener und gleichzeitig unscharfer Begriff Verwendung, da Vorstellungen jede Art der mentalen Repräsentation umfassen. Lediglich mögliche Inhalte dieser Vorstellungen sowie der Zugang über qualitative Forschungsmethoden wurden bislang angedeutet. Dieser offene Arbeitsrahmen soll nun genauer spezifiziert werden, was in Kapitel 3 durch die Festlegung auf das Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST) geschieht. Kapitel 3.1 begründet den Zugriff über das FST. Es zeigt sich, dass seine methodologischen Grundideen und seine Nähe zum qualitativen Forschungsparadigma hervorragend zum Forschungsanliegen der vorliegenden Arbeit passen. Mit dem FST ist aber nicht nur eine Forschungsmethodologie, sondern gleichzeitig auch ein bestimmtes forschungsmethodisches Vorgehen verbunden. Dieses wird in Kapitel 3.2 genauer erläutert. Kapitel 3.3 zeigt, inwieweit sich die vorliegende Arbeit mit dem gewählten psychologischen Konstrukt als anschlussfähig an die schulische Bildungsforschung erweist und welche gewinnbringenden Innovationen und Modifikationen das methodische Vorgehen des FST hier bereits erfahren hat. Gleichzeitig macht dieses Kapitel offensichtlich, wo im Forschungsprozess Problemstellen auftreten können, wenn die Rekonstruktion Subjektiver Theorien wie im FST vorgesehen erfolgt. Hier zeigen sich Schwierigkeiten, mit denen die Forscherin bei der Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien rechnen muss und für die es unter Berücksichtigung der konkreten Fragestellung der Studie Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln gilt. Durch die Wahl der Subjektiven Theorien als konzeptuelle Rahmung für die vorliegende Arbeit kann die Forscherin in Kapitel 3.4 schließlich die
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Forschungsfragen konkretisieren und erste methodische Grundlagen für den Forschungsablauf formulieren.
3.1 V ORSTELLUNGEN VON L EHRPERSONEN ALS S UBJEKTIVE T HEORIEN Grundsätzlich sind für die Rekonstruktion von Innenansichten verschiedene psychologische Konstrukte als theoretische Bezugspunkte denkbar. Kapitel 3.1 fasst zunächst den Anforderungsrahmen, den das gewählte psychologische Konstrukt für die vorliegende Arbeit erfüllen muss, zusammen und prüft ausgewählte kognitionspsychologische Konstrukte auf ihre Passung (Kap. 3.1.1). Diese Überprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass sich Schemata, (Unterrichts-)Skripts, Überzeugungen und Einstellungen als nicht passgenau für diese Anforderungen erweisen. Die Ausführungen in Kapitel 3.1.2 zeigen schließlich, dass sich über das im Rahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien (FST) entwickelte Konstrukt der Subjektiven Theorien ein geeigneter Zugriff herstellen lässt, um die Vorstellungen von Lehrpersonen über Unterrichtsgänge adäquat zu fassen und abzubilden. Ihre Definition erweist sich sowohl mit Blick auf die theoretischen Vorannahmen als auch auf die methodische Verortung in einem qualitativen Forschungsparadigma als geeignet. Das FST entwickelt für die Subjektiven Theorien eine zweiphasige Forschungsstruktur. Nach der Phase der Rekonstruktion der Subjektiven Theorie (kommunikative Validierung) sieht das Programm eine Überprüfung ihrer handlungsleitenden und -steuernden Funktion vor (explanative Validierung). Mit Blick auf die bisher formulierte Fragestellung konzentriert sich die Arbeit ausschließlich auf die erste Forschungsphase und damit die kommunikative Validierung. 3.1.1 Prüfung verschiedener psychologischer Konstrukte auf ihre Passung Um den bislang bewusst offen gehaltenen Begriff der „Vorstellungen“ und damit die vorläufige Fragestellung der Arbeit (vgl. Kap. 2.4) zu konkretisieren, ist ein passendes psychologisches Konstrukt erforderlich. Dabei wird in einem ersten Schritt ausgeführt, welchen Anforderungen ein solches Konstrukt gerecht werden muss. Das beinhaltet zum einen die Annahmen darüber, aus welchen Komponenten sich die Vorstellungen der Lehrpersonen zum Lernen am außerschulischen Lernort Kirchenraum zusammenzusetzen, aber auch, welchen methodischen Zugriff die Forscherin für die Arbeit favorisiert. In einem zweiten Schritt werden mit Schemata, (Unterrichts-)Skripts, Überzeugungen und Einstellungen ausgewählte Konstrukte der Kognitionspsychologie auf ihre Passung für die Forschungsfragen hin über-
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prüft. Diese Überprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die Konstrukte entweder aufgrund ihrer theoretischen Modellierung oder aber ihres prädestinierten methodischen Zugriffs nicht geeignet sind, als theoretisches Rahmenmodell für die Arbeit zu fungieren. Untersuchungsgegenstand der Arbeit sind die Vorstellungen von Lehrpersonen über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum. Dabei wird angenommen, dass diese ein Zusammenspiel aus Fachwissen über den Lernort Kirchenraum, aus didaktischem Wissen über dessen Elementarisierung und den Umgang damit im Rahmen von Unterrichtsgängen, aus pädagogischem Wissen, aber auch Überzeugungen und Werthaltungen, motivationalen Orientierungen, Einstellungen und Emotionen sind (vgl. Baumert & Kunter 2006). In ihrem Zusammenwirken formen und bestimmen diese kognitiven, emotionalen, attitutionalen, motivationalen und behavioralen Bestandteile das Denken der Lehrpersonen über den Untersuchungsgegenstand. Folglich bedarf es eines kognitionspsychologischen Konstruktes, das hinreichend offen gestaltet ist, um diese verschiedenen Formen der mentalen Repräsentation zu fassen. Die Rekonstruktion von Sichtweisen und Innenperspektiven ist grundsätzlich sowohl über qualitative als auch über quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung möglich. Qualitative Verfahren eignen sich vor allem für die Erforschung der Eigenschaften und Dimensionen bislang kaum untersuchter Phänomene. Quantitative Verfahren ermöglichen es, auf Grundlage meist hypothesengerichteter Forschungsfragen mittels statistischer Verfahren quantifizierbare Aussagen über einzelne im Vorfeld theoretisch entwickelte Aspekte sowie deren Zusammenhänge mit Persönlichkeitsmerkmalen der Befragten zu treffen (vgl. Reinders & Ditton 2011: 49 ff.). Die vorliegende Arbeit sieht sich dem empirisch-qualitativen Forschungsparadigma verpflichtet. Die Forschungsfragen zielen darauf ab, die Realität von Unterrichtsgängen, wie sie sich in der subjektiven Konstruktion der Lehrpersonen zeigt, zu untersuchen. Die Arbeit interessiert sich für die Interpretation und Deutung der Handlungen und Phänomene in der Unterrichtswirklichkeit, wie die Befragten selbst sie vornehmen. Ein solcher Zugriff ermöglicht „mikroskopische Nahaufnahmen“ (Porzelt 2000: 65), die in den bisherigen Studien zu den Perspektiven von Lehrpersonen auf außerschulisches Lernen bislang vernachlässig wurden (vgl. Kap. 2.1.4; 2.3.4). Als möglicher theoretischer Zugriff auf die Vorstellungen der Lehrpersonen kommen Schemata in Betracht. Schemata sind ein Netzwerk von Begriffen, das den Denkprozess leitet und eine Person zu sinnvollen und bedeutungshaltigen Schlussfolgerungen und Handlungen befähigt. Schemata können konkrete Objekte und Gegenstände und deren Merkmalsausprägungen abbilden, aber auch abstrakte Zusammenhänge (vgl. Kopp & Mandl 2005: 3 f.). Dabei wird zwischen Wissensschemata bzw. kognitiven Schemata und emotionalen Schemata unterschieden. Während kognitive Schemata das abstrakte Wissen einer Person repräsentieren (vgl.
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Kopp & Mandl 2005: 3), beinhalten emotionale Schemata das Spektrum möglicher Gefühlsreaktionen (vgl. Ulich 2003: 84). Die Schemata-Theorie geht von einer hierarchischen Inhaltsorganisation aus. In jedem Schema existiert ein Slot, der das Schema an eine übergeordnete Kategorie anbindet. So kommt es zu Über- und Unterordnungsverhältnissen, wobei die Schemata innerhalb der Hierarchie von oben nach unten immer spezifischer werden (vgl. Mandl, Friedrich & Hron 1988: 125). Schemata erfüllen zwei zentrale Funktionen (vgl. Kopp & Mandl 2005: 5 f.; Mandl, Friedrich & Hron 1988: 130 ff.). Erstens lenken sie die Aufmerksamkeit bei der Wahrnehmung. Aktivierte Schemata helfen, die aus der Umwelt wahrgenommenen Reize zu strukturieren, um so Informationen gezielt auswählen und verarbeiten zu können. Schema-relevante Informationen erfahren dabei mehr Aufmerksamkeit als nicht-schemarelevante Informationen. Zweitens unterstützen Schemata die Integration und Erinnerung neuer Inhalte. So etwa werden Informationen besser verstanden und besser behalten, wenn sie in die Leerstellen eines bereits bestehenden Schemas integriert werden können. Schemata als konzeptueller Rahmen für die Vorstellungen von Lehrpersonen über Unterrichtsgänge erweisen sich sowohl aus theoretischer als auch aus methodischer Perspektive als problematisch. Schemata sind von vorneherein auf eine bestimmte Repräsentationsform – in der Regel Wissen oder Emotionen – festgelegt und bergen somit die Gefahr, den Fokus der Untersuchung und damit den im qualitativen Forschungsparadigma geforderten offenen Blick (vgl. Hoffmann-Riem 1980: 343 ff.) vorschnell einzuengen. Zudem erweisen sich die angenommenen Inhalte der Vorstellungen als zu diffus und komplex, so dass letztlich verschiedene ineinander eingebettete Schemata rekonstruiert werden müssten. Da Schemata von einer hierarchischen Organisation der dort repräsentieren Inhalte ausgehen, legt die Erhebung einer solchen Organisationsstruktur außerdem einen quantitativen Zugang nahe. Innerhalb der Schemata-Theorie stellen Skripts eine Variation und Weiterentwicklung dar. Als Ereignis-Schemata repräsentieren sie Handlungsabläufe. Ein Skript beinhaltet eine häufig erfahrene Folge von Ereignissen, die mit einem festgelegten Ziel versehen ist. Solche Ereignisfolgen können auf bestimmte Situationen, Personen oder Wege zur Zielerreichung bezogen sein. Ein einmal aktiviertes Skript erleichtert die Informationsverarbeitung sowie die Steuerung einer Handlungssequenz (vgl. Schank & Abelson 1977: 36 ff.). Gerade Skripts erfahren aufgrund ihrer stark handlungsleitenden Funktion in der Professionsforschung zum Alltagshandeln von Lehrkräften eine breite Rezeption, so dass sich hier der Begriff Unterrichtsskripts etabliert hat (vgl. Blömeke 2009: 122). Da Skripts Handlungsabläufe repräsentieren und für situativ gebundene Fragestellungen bestimmt sind, sind sie etwa geeignet, konkrete Handlungssequenzen in außerschulischen Lernsituationen abzubilden, allerdings weniger, Vorstellungen darüber in ihrer gesamten Breite zu erfassen. Zudem hätte die Wahl von Unterrichtsskripts Folgen für die Samplebildung. Skripts repräsentieren stereotype Handlungsabläufe, die sich aus einer häufig erfah-
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renen Abfolge von Handlungen herausbilden und verfestigen. Als UntersuchungspartnerInnen wären in der Konsequenz ausschließlich Lehrkräfte geeignet, die regelmäßig Unterrichtsgänge zum außerschulischen Lernort Kirche unternehmen. Der Kreis der Befragten würde sich damit von Beginn an auf bestimmte Lehrpersonen einschränken und diejenigen ausschließlich, die Unterrichtsgänge nie oder nur sehr selten umsetzen. Ein solches Vorgehen würde der empirisch hinreichend belegten Tatsache widersprechen, dass Unterrichtsgänge im Schulalltag eine Ausnahmesituation darstellen (vgl. Kap. 2.2.2). Wie die Skripts, so sind auch Überzeugungen mittlerweile fester Bestandteil der Professionsforschung um Lehrpersonen. Allerdings liegt für Überzeugungen ein deutlich diffuseres Feld vor, wenn es um eine eindeutige Begriffsbestimmung geht. Eine der momentan einschlägigsten Definitionen im Bereich der Bildungsforschung ist die von VOSS, KLEICKMANN, KUNTER und HACHFELD, welche im Rahmen der COACTIV-Studie entwickelt wurde. Die AutorInnen sehen Überzeugungen als „überdauernde existenzielle Annahmen über Phänomene oder Objekte der Welt, die subjektiv für wahr gehalten werden, sowohl implizite als auch explizite Anteile besitzen und die Art der Begegnung mit der Welt beeinflussen“ (2011: 235). Sie lehnen sich dabei vor allem an die Definition von RICHARDSON an, die Überzeugungen als „psychologically held understandings, premises or propositions about the world that are felt to be true“ (1996: 103) definiert. Entscheidend für Überzeugungen ist somit – im Gegensatz zum Wissen – nicht der objektive, sondern der subjektive Wahrheitsgehalt derselben und damit der Richtigkeitsglaube („felt to be true“). Hinsichtlich einer eindeutigen Abgrenzung zwischen Wissen und Überzeugungen ergeben sich allerdings Probleme und die Grenzziehung erweist sich dabei als so schwierig, dass ihre Unterscheidung in der Unterrichtsforschung häufig bewusst aufgegeben wird (vgl. Baumert & Kunter 2006: 496). Für die vorliegende Arbeit erweist es sich als irrelevant, welche Bestandteile in den Vorstellungen der Lehrkräfte auf tatsächlichem und objektiv nachprüfbarem Faktenwissen basieren und welche eher „felt to be true“ sind und einer solchen Überprüfung nicht standhalten würden. Daher liegt der Schluss nahe, dass Überzeugungen Bestandteile der Vorstellungen von Lehrpersonen sind, diese aber nicht umfassend abbilden können. Gleiches wird für das psychologische Konstrukt der Einstellungen angenommen. Gedanklicher Ausgangspunkt ist, dass der Mensch kein neutraler Beobachter der ihn umgebenden Welt ist, sondern permanent bewertet. Einstellungen umfassen demnach „die Gesamtbewertung eines Objekts“ (Haddock & Maio 2014: 199). „Attitude objects comprise anything a person may hold in mind.“ (Bohner & Dickel 2011: 392) Einstellungsobjekte können sowohl materielle Dinge und Gegenstände, als auch Menschen oder abstrakte Ideen sein. Einstellungen repräsentieren weniger Fakten und Tatsachen, sondern vielmehr Gefühle, Handlungstendenzen oder auch subjektiv für wahr gehaltene Sachverhalte (vgl. Aronson, Wilson & Akert 2014: 230). Gerade in diesem letzten Aspekt zeigen sie eine große Nähe zu den Überzeu-
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gungen, drückt sich in Einstellungen doch das grundlegende Orientierungs- und Wertesystem eines Menschen aus. Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit wird – wie auch bei den Überzeugungen – angenommen, dass Einstellungen Bestandteile der Vorstellungen von Lehrkräften sind, für eine umfassende Repräsentation derselben aber zu kurz greifen. Die Durchsicht der psychologischen Konstrukte und die Prüfung ihrer Passung ergeben, dass diese die Frage nach den Vorstellungen der Lehrpersonen ungewollt stark einengen und die Gefahr bergen, den Forschungsfokus bereits zu Beginn der Untersuchung und so den offenen Blick für die Innenansichten der Lehrkräfte zu begrenzen. Zudem bietet keines der Konstrukte die explizite Möglichkeit, auch Zusammenhänge und Deutungsmuster innerhalb der Denklogik der Lehrkräfte abzubilden. Zwar zeigt die Schemata-Theorie durch ihren Netzwerk-Gedanken hier bereits passende Ansätze, durch die hierarchische Strukturierung und den quantitativen Zugang erweist sich diese allerdings als nicht passgenau. 3.1.2 Zugriff über das Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST) Als theoretischer Rahmen für die Vorstellungen der Lehrpersonen über Unterrichtsgänge wird ein kognitionspsychologisches Konstrukt gesucht, das hinreichend offen gestaltet ist, um verschiedene Formen der mentalen Repräsentation zu fassen. Gleichzeitig sollte es hinreichend genau definiert sein und idealerweise Leitlinien für die methodische Ausrichtung bereitstellen. Passend dafür erweist sich das psychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien1, das im Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST) grundgelegt ist. Im Folgenden wird kurz dessen Entstehungskontext skizziert und die Definition der Subjektiven Theorien, wie sie auf die VertreterInnen des FST zurückgeht, aufgeführt. Die einzelnen Elemente dieser Definition werden nach ihrer Passung für die Fragestellung der Arbeit reflektiert. NORBERT GROEBEN, DIETHELM WAHL, JÖRG SCHLEE und BRIGITTE SCHEELE entwickeln das Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST) im Kontrast zu einem „behavioralen Subjektmodell“ (1988: 13). Im Behaviorismus wird der Mensch als von außen gesteuert verstanden. Sein Verhalten ist eine Aktivität, die ohne Reflexion erfolgen kann und damit primär reaktiv ist. Diesem Verständnis setzt die Forschungsgruppe ein „epistemologisches Subjektmodell“ (Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 13) gegenüber, das seinen Ursprung in der „Psychologie des reflexiven Subjekts“ (Groeben & Scheele 1977) hat. Der Mensch wird hier als reflexives und damit selbstbestimmt handelndes Subjekt gesehen. Er stellt Fragen, begründet Entscheidungen, Unterlassungen und Handlungen, generiert und 1
Die Arbeit folgt in der Großschreibung des Begriffs „Subjektive Theorien“ der Schreibweise, wie sie im FST grundgelegt ist (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988).
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überprüft Hypothesen und hat die Fähigkeit zur (Selbst-)Erkenntnis, die seine Orientierungsgrundlage bildet (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 15 f.). Mit dem Konstrukt der Subjektiven Theorien versucht das FST, diesem anthropologischen Grundverständnis gerecht zu werden. Die Forschungsgruppe definiert Subjektive Theorien als „Kognitionen der Selbst- und Weltsicht, die im Dialog-Konsens aktualisier- und rekonstruierbar sind, als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur, das auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt, deren Akzeptierbarkeit als ‚objektive‘ Erkenntnis zu prüfen ist.“ (Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 22)
Die VertreterInnen des FST schreiben somit jeder Person die Fähigkeit zu, sich mit sich selbst und der eigenen Umwelt auseinanderzusetzen und in der Reflexion dieses Beziehungsgefüges zu strukturierten und handlungsleitenden Einsichten zu kommen (vgl. Groeben & Scheele 2010: 151). Das FST definiert Subjektive Theorien zuallererst als „Kognitionen der Selbstund Weltsicht“. Subjektive Theorien fassen damit eine sowohl nach innen auf die eigene Person als auch nach außen auf die sie umgebende Umwelt bezogene Sichtweise. Sie sind hinreichend offen definiert, dass sie geeignet sind, die in Kapitel 2.4 aufgeworfenen Inhalte, die in den Vorstellungen der Lehrpersonen zu Unterrichtsgängen in die Kirche angenommen werden, abzubilden. Subjektive Theorien umfassen also nicht nur das Wissen zu einem bestimmten Themenbereich, sondern lassen grundsätzlich auch emotionale, attitutionale, motivationale oder behaviorale Komponenten zu, sofern diese kognitiv repräsentiert sind. Inhalt und Umfang der in den Subjektiven Theorien abgebildeten Themen werden im FST nach der sogenannten Reichweite definiert (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 148 ff.; Wahl 2013: 32). Subjektive Theorien geringer Reichweite beziehen sich auf Vorstellungen zu konkreten Handlungssequenzen, wie etwa die Reaktionen von Lehrkräften auf und ihren Umgang mit Unterrichtsstörungen (vgl. Scheele & Groeben 2010: 514). Bezugspunkt ist hier eine Handlungssituation und die Subjektive Theorie umfasst die prototypischen Prozesse und Strukturen, die dafür handlungserklärend, -steuernd und -leitend sind. Subjektive Theorien kurzer Reichweite zeigen große Nähe zu den in Kapitel 3.1.1 dargestellten Unterrichtsskripts und erweisen sich für die vorliegende Fragestellung aus den oben aufgeführten Gründen als wenig passend. Subjektive Theorien mittlerer Reichweite verlassen diese konkrete Handlungsebene und setzen an abstrakten Themen an, etwa den Vorstellungen von Lehrkräften über Unterrichtsstörungen (vgl. Scheele & Groeben 2010: 515). Sie zeichnen sich durch theoretische Konzepte, Hypothesen und eine Argumentationsstruktur aus. Für Subjektive Theorien großer Reichweite trifft das ebenfalls zu. Von denen mittlerer Reichweite unterscheiden sie sich letztlich durch die Erhöhung des
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Abstraktionsniveaus und eine Grenzziehung ist kaum möglich. Subjektive Theorien über Unterrichtsgänge können dabei durchaus konkrete Handlungssequenzen in unterrichtlichen Situationen enthalten, die Fragestellung der Arbeit zielt aber nicht primär auf Handlungsabfolgen, so dass hier von Subjektiven Theorien mittlerer Reichweite gesprochen werden kann. Das FST sieht vor, dass Subjektive Theorien im „Dialog-Konsens aktualisierund rekonstruierbar sind“. Der Dialog-Konsens ist leitendes Prinzip des gesamten forschungsmethodischen Ablaufs (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 24 ff.; Scheele & Groeben 2010). Er bezeichnet die Art der Kommunikation zwischen Forschendem und Befragtem. Ziel ist es, dass der Forschende der Welt- und Selbstperspektive der UntersuchungspartnerInnen möglichst nahekommt. Das kann gelingen, indem er seine Interpretation derselben durch Rückversicherung im Dialog mit den Befragten intensiv abgleicht. Die Zustimmung der UntersuchpartnerInnen gilt im FST als „das oberste Validitätskriterium für die Erfassung der Innenansicht“ (Scheele & Groeben 2010: 507) und sichert die sogenannte Rekonstruktionsadäquanz (Scheele & Groeben 2010: 512). Der Dialog-Konsens hat unmittelbare forschungsmethodische Konsequenzen. Prinzipiell erkennt das FST alle Instrumente der empirischen Sozialforschung an, so lange die UntersuchungspartnerInnen die Möglichkeit zur „Selbstauskunft“ (Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 126) haben. Konsequent umgesetzt schließt der Dialog-Konsens allerdings rein quantitative Erhebungsverfahren aus, da hier kein spontaner und freier Austausch zwischen Forschenden und Befragten – etwa durch Nachfragen, Klärungsversuche und Rückversicherungen – möglich ist. Folglich plädieren die VertreterInnen des FST für Verfahren, die die Gelegenheit für eine „offene, freie, spontane Verbalisierung“ (Groeben 1992: 57) bieten. Diese Vorgabe lässt sich forschungspraktisch letztlich nur mittels qualitativer Erhebungsinstrumente einlösen. Die Wahl des psychologischen Konstruktes Subjektive Theorien erlaubt es also, die in Kapitel 2.4 dargestellten methodischen Grundentscheidungen für eine Befragung mit Methoden der qualitativen Sozialforschung zu realisieren. Ebenfalls stimmig für diese methodischen Grundentscheidungen erweist sich, dass Subjektive Theorien laut Definition eine „Argumentationsstruktur“ aufweisen und daher die Funktion von „Erklärung, Prognose, Technologie“ besitzen. Durch die Argumentationsstruktur sind Subjektive Theorien nicht nur in der Lage, einen Zugriff auf ihre einzelnen Inhalte zu gewähren, sondern simultan auch auf deren strukturelle Beziehungen und ihren Aufbau. Sie ermöglichen damit Einblicke in individuelle Erklärungslogik und Denkmuster. Die drei Funktionen der Erklärung, Prognose und Technologie erläutert DANN zu Beginn der 80er-Jahre in einer ersten Zwischenbilanz zum FST (vgl. 1983: 82 ff.) folgendermaßen: Subjektive Theorien helfen, bereits stattgefundene Ereignisse nachträglich zu erklären. Die Ereignisse werden dabei nicht isoliert, sondern in ihrem Entstehungszusammenhang gesehen, wobei der Mensch versucht, Begründungen und Ursachen für ihr Entstehen zu fin-
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den. Im Zuge dieser Erklärung kommt es häufig zu einer Art Rechtfertigung bzw. intersubjektiver Aushandlung, da „eigenes und fremdes Handeln, Ereignisse und Zustände entschuldigt, verteidigt oder bewahrt werden“ (Dann 1983: 82). Subjektive Theorien beziehen aber auch zukünftige Ereignisse ein. Sie erlauben es, für diese Ereignisse eine Prognose bzw. Vorhersage zu treffen. Diese Prognose zeigt, welche Erwartungen die Person bzgl. eines zukünftigen Ereignisses hat. Die Funktion der Technologie wird von DANN mit „Handlungsempfehlung“ (1983: 83) übersetzt. Der Mensch nutzt seine subjektiv-theoretischen Überzeugungen, um Eingriffsmöglichkeiten zur Herbeiführung oder Vermeidung von Ereignissen zu entwerfen. „Häufig haben solche Handlungsempfehlungen den Charakter von idealisierten Handlungsprinzipien, d.h. von Aussagen darüber, was man eigentlich tun sollte oder was man hypothetisch tun wird.“ (Dann 1983: 83) Subjektive Theorien bleiben damit nicht ausschließlich auf die Rekonstruktion von in der Vergangenheit liegenden Handlungen beschränkt, sondern ermöglichen es beispielsweise auch, dass Lehrpersonen Szenarien für zukünftige Unterrichtsgänge durchdenken und entwerfen. Als problematisch für den Untersuchungsgegenstand erweist sich die Überprüfung, ob und inwieweit die Subjektiven Theorien eine „‘objektive‘ Erkenntnis“ darstellen. Dieser Passus der Definition eröffnet die zweiphasige Forschungsstruktur des FST (vgl. Scheele & Groeben 1988: 18 ff.; Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 180 ff.). Die erste Forschungsphase beinhaltet die kommunikative Validierung, bei der die Subjektiven Theorien und damit die Innenansichten der UntersuchungspartnerInnen rekonstruiert werden. Leitendes Prinzip dieser Phase ist die Rekonstruktionsadäquanz. In der zweiten Forschungsphase, der explanativen Validierung, soll anschließend geprüft werden, inwieweit sich die rekonstruierten Subjektiven Theorien auch im tatsächlichen Handeln zeigen sowie handlungssteuernd und -leitend wirken. Dies ist nur aus der Beobachterperspektive möglich. Durch kontrollierte Beobachtung wird die Realitätsadäquanz geprüft. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die erste Forschungsphase des FST. Dies hat vor allem drei Gründe. Erstens fokussieren die Forschungsfragen die Innenansicht der Lehrkräfte zu außerschulischem Lernen und hier die Argumentations- und Denkmuster, nicht aber die tatsächliche unterrichtspraktische Umsetzung wie sie in der explanativen Validierung vorgesehen ist. Die zweite Phase des FST würde für die vorliegende Arbeit damit eine Erweiterung der Fragestellung mit sich bringen, die auch aus forschungsökonomischer Perspektive nicht zu leisten ist. Zweitens fokussiert die Studie mit den Vorstellungen von Grundschullehrkräften über außerschulisches Lernen im Kirchenraum Subjektive Theorien von mindestens mittlerer Reichweite. Im Gegensatz zu Subjektiven Theorien geringer Reichweite, die von konkreten Handlungssituationen ausgehen und die Rekonstruktion von Handlungssequenzen intendieren, ist bei Subjektiven Theorien mittlerer und großer Reichweite eine explanative Validierung nicht unbedingt vorgesehen. WAHL begründet diesen Sachverhalt unter anderem damit, dass durch den stark reflexiven und verallgemeinern-
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den Charakter Subjektiver Theorien mittlerer und größerer Reichweite, die nicht mehr nur einzelne Situationen, sondern Situationsklassen abbilden, handlungssteuernde Strukturen und Prozesse außer Kraft gesetzt werden können (vgl. 2013: 32). Drittens folgt die vorliegende Arbeit mit der Konzentration auf die erste Forschungsphase dem aktuellen state oft the art, wenn es um die Untersuchung Subjektiver Theorien im Kontext schulischer Bildungsforschung geht. Nur wenige Arbeiten, die Subjektive Theorien mittlerer Reichweite rekonstruieren, schließen hier die explanative Validierung an (vgl. Straub & Weidemann 2015: 89).2
3.2 M ETHODISCHE R AHMUNG DES F ORSCHUNGSPROGRAMMS S UBJEKTIVE T HEORIEN Mit der theoretischen Modellierung der Subjektiven Theorien ist gleichzeitig eine Forschungsmethode verknüpft. Welche forschungsmethodische Ausgestaltung das FST für die Phase der kommunikativen Validierung vorsieht, wird in Kapitel 3.2.1 erläutert. Dabei wird das idealtypische Ablaufmodell vorgestellt, wie es die VertreterInnen des FST für Subjektive Theorien mittlerer Reichweite entwickelt haben. In einem vierschritten Verfahren wird die Erhebung und Auswertung der Inhalte Subjektiver Theorien sowie ihrer strukturellen Beziehungen realisiert: Erheben der Inhalte, Aufbereitung der Inhalte für die Struktur-Lege-Sitzung3, Struktur-LegeTechnik, Analyse der Subjektiven Theorie. Eine methodische Neuerung auf dem Gebiet der empirischen Sozialforschung birgt das Forschungsprogramm dabei vor allem im dritten Schritt dieses idealtypischen Ablaufs, der die Rekonstruktion der Theoriestruktur mittels Struktur-Lege-Technik vorsieht, dessen Ergebnis das sog. „Strukturbild“4 ist. Kapitel 3.2.2 skizziert den Entstehungskontext der Struktur-
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Ausnahmen sind hier z.B. Fischler, Schröder, Tonhäuser & Zedler 2002; Schröder & Fischler 2002; Fischer 2008; Patry & Roither 2015. Ausführlich zum Einsatz des FST in der schulischen Bildungsforschung siehe Kapitel 3.3.
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In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Struktur-Lege-Sitzung“ sowie „Legesit-
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Im FST wird das Ergebnis der Struktur-Lege-Technik als „Strukturbild“ (Scheele &
zung“ synonym verwendet. Groeben 2010: 508) bezeichnet. In neueren Arbeiten aus der Forschungspraxis findet sich auch der Terminus „Struktur-Lege-Bild“ (z.B. Rieß 2010: 280; Frohn 2013: 8;). In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Strukturbild“, „Struktur-Lege-Bild“ und „Legebild“ synonym verwendet, wobei für die im Rahmen der „Siegener Variante“ entwickelten Methoden vor allem die Bezeichnung „Legebild“ Anwendung findet, da hier von grundlegenden strukturellen Gliederungsprinzipien, wie sie das FST vorsieht, Abstand
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Lege-Verfahren und stellt schließlich mit der Heidelberger Struktur-Lege-Technik und dem alltagssprachliche Struktur-Lege-Spiel die beiden bedeutendsten Legeverfahren innerhalb des FST vor. Abschließend wird der idealtypische Ablauf einer Struktur-Lege-Sitzung dargestellt. 3.2.1 Das vierschrittige Verfahren der Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien Die Forschungsphase der kommunikativen Validierung und damit die Rekonstruktion der Subjektiven Theorien wird im FST in zwei methodischen Grundschritten angelegt. Der erste Schritt fokussiert die kognitiv repräsentierten Inhalte der Subjektiven Theorie, der zweite Schritt deren strukturelle Beziehungen. Beide Schritte lassen sich nochmals in die Teilschritte der Erhebung und der Analyse gliedern, sodass sich der folgende idealtypische Forschungsablauf für die Phase der kommunikativen Validierung ergibt: 1) Erheben der Inhalte der Subjektiven Theorie, 2) Aufbereiten der Inhalte für die Struktur-Lege-Sitzung, 3) Erheben der Struktur in der Struktur-Lege-Sitzung, 4) Analyse der Subjektiven Theorie. Die folgende Übersicht stellt den Idealtyp des im FST entwickelten Forschungsablaufs der kommunikativen Validierung für Subjektive Theorien mittlerer Reichweite dar. Dabei wird auch auf in der Forschungspraxis bereits etablierte Weiterentwicklungen der Forschungsmethode verwiesen, insofern sie das Idealmodell des FST ausformen.5 1) Erheben der Inhalte: Zur Erfassung der Inhalte der Subjektiven Theorie plädieren die VertreterInnen des FST für Verfahren, die die Möglichkeit für eine „offene, freie, spontane Verbalisierung“ (Groeben 1992: 57) bieten. Diese Vorgabe lässt sich forschungspraktisch letztlich nur in qualitativen Erhebungsverfahren einlösen und schließt quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung aus, da hier kein Austausch im Dialog-Konsens zwischen Forschendem und Befragtem möglich ist. Mit einer Variante des halbstandardisierten Interviews entwickelt GROEBEN für diesen methodischen Schritt eine eigene Interviewform. Hypothesenungerichtete und -gerichtete Fragen sowie Störfragen sollen den Interviewpartner zur Auskunft anregen und die Inhalte der Subjektiven Theorie für den Forschenden explizieren (vgl. Scheele & Groeben 1988: 35 ff.). Hypothesenungerichtete Fragen sind völlig offen gestellt, wohingegen hypothesengerichtete Fragen den Untersugenommen wird. Durch diese Begriffsverwendung möchte die Forscherin den innovativen Charakter der „Siegener Variante“ unterstreichen. 5
Der idealtypische Ablauf des Forschungsprozesses, wie ihn das FST vorsieht, sowie dessen Modifikationen sind ausführlich beschrieben in: Kindermann, Katharina / Riegel, Ulrich (2016). Subjektive Theorien von Lehrpersonen. Variationen und methodische Modifikationen eines Forschungsprogramms [51 Absätze]. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17/2, Art. 1.
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chungspartner zu einer eindeutigen Positionierung und Stellungnahme auffordern. Störfragen konfrontieren den Interviewten schließlich mit Aussagen, die im Gegensatz zu seiner Subjektiven Theorie stehen, und sollen eine Explikation des Gesagten bewirken. Besonders hervorgehoben wird dabei die Arbeit mit Beispielen. Der Interviewte soll immer wieder dazu angeregt werden, das Gesagte mit Beispielen zu veranschaulichen. Umgekehrt kann auch der Forschende vorbereitete Beispiele anbringen, um die Inhalte der Subjektiven Theorie konkretisieren zu lassen. Die VertreterInnen des FST setzen das halbstandardisierte Interview selbst in verschiedenen Studien ein (z.B. Christmann & Groeben 1993; Kapp & Scheele 1996). 2) Aufbereiten der Inhalte für die Struktur-Lege-Sitzung: Wird Schritt 1) bereits in den Anfängen des FST methodisch sehr ausführlich entfaltet und für die Forschungspraxis konkretisiert, so wird der analytische Schritt zwischen dem Interview und der Struktur-Lege-Sitzung eher knapp beschrieben. Die VertreterInnen des FST äußern sich dazu folgendermaßen: „Nach dem Interview extrahiert der Forscher daraus die seiner Meinung nach wichtigsten Konzepte [...].“ (Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 154) In den folgenden Jahren führte die Leerstelle in diesem analytischen Zwischenschritt immer wieder zur Kritik am FST (vgl. Buchholz 1991: 143). Auf diese Stimmen reagiert die Forschungsgruppe und verweist auf Ausdifferenzierungen und Erweiterungen der Methode (vgl. Groeben 1992: 61 ff.). Sie plädiert dafür, „die Extraktion der Konzeptkarten durch den/die Versuchsleiter/in durch den Einsatz reduktiver Strategien der Textverarbeitung […] oder inhaltsanalytische Verfahren […] methodisch stärker zu kontrollieren und intersubjektiv nachvollziehbar zu machen“ (Christmann, Groeben & Schreier 1999: 146). So hat sich mittlerweile eine Vielzahl von Publikationen aus der Forschungspraxis diesem Hinweis angeschlossen und zur Weiterentwicklung dieses analytischen Schritts beitragen. Dabei finden vor allem Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse Anwendung (z.B. Schneider 2003; Schwarz-Govaers 2005; Rosen 2010). 3) Struktur-Lege-Technik: Bei den im Rahmen des FST entwickelten StrukturLege-Techniken handelt es sich um „graphische Verfahren, mit deren Hilfe Schaubilder der Subjektiven Theorien erstellt werden“ (Dann 1992: 3). Die extrahierten und auf Konzeptkarten festgehaltenen Inhalte aus Schritt 2) werden durch strukturelle Verbindungen zueinander in Beziehung gesetzt, woraus ein optisches Ergebnis, das sog. „Strukturbild“, entsteht. Das älteste Verfahren zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite ist die Heidelberger-Struktur-Lege-Technik (vgl. Scheele & Groeben 1984). Ein Set an formalen Beziehungen (z.B. ist gleich, ist ein Oberbegriff von, ist eine Voraussetzung von) und ursächlichen Bezügen (z.B. positive Verursachung, Wechselwirkungen) ist dabei auf Karten notiert, mit denen die auf den Konzeptkarten schriftlich fixierten Inhalte verbunden werden. Vorgabe ist, dass jede Konzeptkarte strukturell mit einem anderen Konzept verbunden wird. So entsteht das Strukturbild. Es folgen weitere Verfahren (vgl. Dann 1992), wobei auch die Heidelberger-Struktur-Lege-Technik variiert wird. So entwi-
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ckeln SCHEELE, GROEBEN und CHRISTMANN (1992) das alltagssprachliche StrukturLege-Spiel, in dem die Anwendung der strukturellen Verbindungen vereinfacht ist. Wohl auch deshalb lässt sich in der Forschungspraxis ein reger Einsatz dieses Legeverfahrens beobachten (z.B. Kapp 2001; Geise 2006). Die Struktur-Lege-Technik stellt eine methodische Besonderheit des FST dar, auf die in Kap. 3.2.2 noch einmal ausführlich eingegangen wird. 4) Analyse der Subjektiven Theorie: Datengrundlage für diesen Schritt ist laut FST das in Schritt 3) erzeugte Strukturbild. Dafür schlägt das FST einen idiographischen sowie einen nomothetischen Auswertungsansatz vor (vgl. Scheele & Groeben 1988: 79 ff.). Bei einer idiographischen Vorgehensweise wird jede Subjektive Theorie für sich betrachtet und beschrieben. Hier können die einzelnen StrukturLege-Bilder auf Vollständigkeit, Inkonsistenzen oder Sackgassen hin geprüft werden. Dieser einzelfallspezifischen Auswertung steht ein nomothetisches Vorgehen gegenüber, bei dem einzelne Strukturbilder miteinander verglichen und schließlich im Sinne einer überindividuellen Theoriestruktur interpretiert werden. Hier liegt die Herausforderung darin, in den individuellen Rekonstruktionen der einzelnen UntersuchungspartnerInnen personenübergreifende Konzepte und Verbindungen zu erkennen. In den Anfängen des FST ist diese personenübergreifende Analyse vor allem inhaltsanalytisch ausgeprägt (vgl. Scheele & Groeben 1988: 80). Eine solche Fokussierung stieß allerdings auf Kritik, da der Strukturaspekt und damit ein wesentliches Definitionskriterium der Subjektiven Theorien hier ausgeklammert bleibt (Christmann, Groeben & Schreier 1999: 146). So haben sich mittlerweile verschiedene Verfahren zur Entwicklung überindividueller Strukturbilder (sog. Modalstrukturen) herausgebildet (z.B. Stössel & Scheele 1992; Wagner 2003; Oehme 2007). 3.2.2 Struktur-Lege-Techniken als methodische Besonderheit Eine besondere methodische Innovation innerhalb des FST stellt die Struktur-LegeTechnik dar. Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Rückblick auf deren Entstehungskontext gegeben. Mit der Heidelberger Struktur-Lege-Technik (vgl. Scheele & Groeben 1984) sowie dem alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiel (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992) werden dann die beiden bedeutendsten aus dem FST hervorgegangenen Struktur-Lege-Verfahren, die sich für die Rekonstruktion Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite eignen, vorgestellt. Aus diesen beiden Verfahren speisen sich auch die grundlegenden methodischen Vorgehensweisen, wie sie in dieser Studie zur Anwendung kommen. Abschließend wird der idealtypische Ablauf einer Struktur-Lege-Sitzung dargestellt. Ausgangspunkt der Struktur-Lege-Technik ist die Netzwerktechnik. Durch die Netzwerktechnik kann deklaratives Wissen in Inhalt und Aufbau optisch veranschaulicht werden, indem zentrale Begriffe eines Themenbereichs semantisch mit-
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einander verbunden werden (vgl. Tergan 1986: 36). Die Netzwerke selbst sind Graphen, in denen mittels mathematischer Verfahren Konzepte durch Knoten und Relationen zwischen den Konzepten durch sog. „Kanten“ dargestellt werden. FELDMANN (1979) greift die Grundidee der Netzwerktechnik auf und führt sie substanziell weiter. Seine sog. „Methode zur Erfassung von Alltagstheorien von Professionellen“ (MEAP) ist ein Verfahren, mit dem nicht nur deklaratives Wissen, sondern auch Erklärungszuschreibungen zwischen einzelnen Wissensbeständen erfasst werden können. Auf der Grundlage der graphischen Darstellungsform von Pfadanalysen entwickelt er ein bildliches Verfahren, in dem der Befragte seine Erklärungsversuche für Situationen, Ereignisse oder Verhaltensweisen selbst veranschaulichen kann (vgl. Feldmann 1979: 108). FELDMANNs entwickelt dieses Verfahren im Kontext der Bildungsforschung, konkret geht es um die Erfassung lehrerseitiger Kausalattribuierungen von Unterrichtsproblemen. Im Vorfeld des Strukturlegens findet kein Interview statt. Stattdessen wird dem Befragten ein Basisvokabular zur Verfügung gestellt, das im Rahmen einer Voruntersuchung mit mehreren UntersuchungspartnerInnen gewonnen wurde. Dieses Vokabular ist auf Karten notiert. Die Lehrkraft kann entscheiden, welche Inhalte ihrer Theorie entsprechen, welche sie lieber aussortieren und welche sie noch hinzufügen möchte. Danach werden die Karten durch Pfeile miteinander in Verbindung gebracht. Es wird zwischen einseitigen und zweiseitigen Wirkrichtungen unterschieden. Die Stärke der Wechselwirkung wird durch die Pfeilstärke oder durch hinzugefügte Zahlen ausgedrückt (vgl. Feldmann 1979; Dann 1992: 10-13). FELDMANN stellt seine Methode nicht explizit in den Kontext der DialogHermeneutik. Trotzdem lassen sich hier bereits entscheidende Berührungspunkte zum und Einflüsse auf das FST ausmachen, da die Rekonstruktion der Innenansicht in einer Dialogsituation und einem Konsens zwischen Forschendem und Befragtem stattfindet (vgl. Dann 1992: 10). So kann FELDMANNS MEAP als entscheidender Impuls für die Heidelberger-Struktur-Lege-Technik (vgl. Scheele & Groeben 1984) angesehen werden, die innerhalb des FST das älteste Legeverfahren darstellt. SCHEELE und GROEBEN greifen zentrale Elemente der MEAP auf und erweitern sie in zwei Punkten. Die erste Innovation betrifft den auf den Karten fixierten Inhalt. Dieser soll sich laut SCHEELE und GROEBEN stärker an den individuellen Konzepten des Befragten orientieren, was ein vorgeschaltetes Interview erforderlich macht. Die zweite Erweiterung betrifft die strukturellen Beziehungen zwischen den Konzepten. Durch eine Ausweitung des Regelwerks können Strukturen differenzierter dargestellt werden. Die Intensitätsgrade der Beziehungen werden dafür vernachlässigt. SCHEELE und GROEBEN entwickeln schließlich einen Katalog mit 20 Formalrelationen, die zwei Gruppen bilden. Acht Formalrelationen beschreiben formale Beziehungen (z.B. ist gleich, ist ein Oberbegriff von, ist eine Voraussetzung von), zwölf Formalrelationen drücken ursächliche Bezüge aus (z.B. positive Verursachung, Wechselwirkungen) (vgl. Scheele & Groeben 1984: 23 ff.). Die Relationen
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werden durch verschiedene Symbole dargestellt. Vorgabe – analog zur MEAP – ist, dass jede Konzeptkarte strukturell mit einem anderen Konzept verbunden wird. Schließlich können die Befragten noch die Gewichtung einzelner Konzepte optisch sichtbar machen. Vertikal nimmt die Bedeutung eines Konzeptes von oben nach unten ab, horizontal wird sie von links nach rechts geringer. Eine grundlegende Weiterentwicklung der Heidelberger Struktur-Lege-Technik innerhalb des FST ist das von SCHEELE, GROEBEN und CHRISTMANN (1992) entwickelte alltagssprachliche Struktur-Lege-Spiel. Grundlegender Gedanke bei dieser Innovation ist, dass das Strukturlegen optimal an die Fragestellung und die Befragten anzupassen sei. Das alltagssprachliche Struktur-Lege-Spiel ist somit ein Verfahren, das „den jeweiligen Untersuchungsleitern/innen eine auf den konkreten Erhebungsfall ausgerichtete Adaption und damit Flexibilität ermöglicht“ (Scheele, Groeben & Christmann 1992: 153). Bei der Entwicklung des Regelwerks greifen die AutorInnen auf Strukturbeziehungen zurück, wie sie etwa in der Heidelberger Struktur-Lege-Technik (vgl. Scheele & Groeben 1984), der FlussdiagrammDarstellung (vgl. Scheele & Groeben 1988: 122 ff.) oder der Ziel-MittelArgumentation (vgl. Scheele & Groeben 1988: 83 ff.) als Legeverfahren bereits entwickelt wurden. Innerhalb dieser Verfahren lassen sich vier Arten von Formalrelationen ausmachen: Handlungsbeschreibung (Flussidagramm-Darstellung), präskriptiv-deskriptiv gemischte Satzsysteme (Ziel-Mittel-Argumentation) sowie Definitionen und Erklärungen (Heidelberger Struktur-Lege-Technik). Alle Formalrelationen werden von SCHEELE, CHRISTMANN und GROEBEN auf ihre alltagssprachliche Adaptionsfähigkeit hin überprüft. Nur wenn sich die Relation ohne übermäßigen Präzisionsverlust alltagssprachlich fassen lässt, findet sie Eingang in den Regelkatalog des alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels. Dabei differenzieren die AutorInnen noch einmal zwischen einem Kernpool und einem Ergänzungspool. Den Kernpool bilden die Relationen, die sich sehr einfach alltagssprachlich fassen lassen. Die Relationen, die nur durch kompliziertere alltagssprachliche Formulierungen abgebildet werden können, bilden einen Ergänzungspool. Bei Bedarf können sie dem Befragten zusätzlich angeboten werden. Das Ergebnis der Überprüfung der Formalrelationen auf Adaptionsfähigkeit führt zu insgesamt 18 Kern- und 16 Ergänzungsrelationen, die nicht mehr wie in der Heidelberger Struktur-LegeTechnik mittels Symbolen, sondern sprachlich auf Karten notiert sind (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992: 172 ff.). Die Darstellung von Gewichtungen erfolgt analog zur Heidelberger Struktur-Lege-Technik. Die Grundidee der optimalen Anpassung an die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes sowie die Reflexions-, Sprach- und Kommunikationsfähigkeit der UntersuchungspartnerInnen sieht vor, dass der Forschende aus den alltagssprachlich adaptierten Formalrelationen je nach Fragestellung gezielt auswählt. Wie die Struktur-Lege-Sitzung abläuft, dazu äußern sich SCHEELE und GROEBEN am Beispiel der Heidelberger Struktur-Lege-Technik (vgl. Scheele & Groeben
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1988: 63 ff.). Am Ende des ersten Treffens, an dem das Interview stattgefunden hat, wird dem Befragten ein Informationsschreiben ausgehändigt, das er als Vorbereitung für die Struktur-Lege-Sitzung durcharbeiten soll. Darauf sind die einzelnen strukturellen Beziehungen aufgeführt, die für die Erstellung des Strukturbildes zur Verfügung stehen. Jede Struktur wird anhand eines alltäglichen Beispiels mittels einer möglichen Inhalts-Struktur-Kombination erläutert. Außerdem erfolgt der Hinweis, dass der Forschende selbst für die kommende Sitzung ein solches Struktur-Lege-Bild vorbereiten wird. Die Legesitzung gliedert sich dann in drei Phasen. Zunächst werden dem Untersuchungspartner die Konzeptkarten vorgelegt, die er in einem ersten Schritt auf ihre inhaltliche Angemessenheit und Vollständigkeit überprüft. Ist er mit deren Gestaltung nicht einverstanden, können einzelne Karten aussortiert oder aber vom Forschenden neu beschriftet werden. Für diesen „Konsens über die Konzepte“ (Scheele & Groeben 1988: 63) ist es möglich, ein eigenes Treffen anzusetzen. In der zweiten Phase erzeugt der Befragte anhand des Regelwerks sein Strukturbild. Dieses wird in der dritten Phase mit dem Strukturbild des Forschenden abgeglichen. Der Interviewpartner entscheidet, an welcher Stelle er an seinem eigenen Legeversuch festhält und wo er den Rekonstruktionsversuchen des Forschenden folgt. Dabei kann auch eine neue Version entstehen, die beide Versuche integriert. Für die Heidelberger Struktur-Lege-Technik sowie das alltagssprachliche Struktur-Lege-Spiel lässt sich – auch wenn ihre Entwicklung bereits mehrere Jahrzehnte zurückliegt – auch in der aktuellen Forschungspraxis um Subjektive Theorien ein reger Einsatz beobachten (z.B. Schneider 2003; Deneke 2006; Rank 2008; Beil 2012; Frohn 2013). Dabei finden die Legetechniken nicht immer in ihrer idealtypischen Form Anwendung, vielmehr variieren und modifizieren die ForscherInnen diese häufig mit Blick auf die Fragestellung der Arbeit sowie die UntersuchungspartnerInnen. Variationen und Weiterentwicklungen der Legetechniken, wie sie sich im Bereich der Forschung um Subjektive Theorien von Lehrpersonen finden lassen, werden in Kapitel 3.3.2 ausführlich dargestellt.
3.3 S UBJEKTIVE T HEORIEN IN DER SCHULISCHEN B ILDUNGSFORSCHUNG Die Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen bildet seit Beginn des FST einen Forschungsschwerpunkt innerhalb des Programms.6 Kapitel 3.3.1 gibt 6
Der Einsatz des FST in der schulischen Bildungsforschung ist ausführlich beschrieben in: Kindermann, Katharina / Riegel, Ulrich (2016). Subjektive Theorien von Lehrpersonen. Variationen und methodische Modifikationen eines Forschungsprogramms [51 Absätze]. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17/2, Art. 1.
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zunächst einen Überblick über die aktuellen Forschungsfelder um Subjektive Theorien von Lehrkräften, wie sie sich im deutschsprachigen Raum im aktuellen Jahrhundert ausmachen lassen. Dabei lassen sich drei Themenfelder identifizieren: Studien zur Identität und Rolle der Lehrperson, erziehungswissenschaftliche bzw. didaktische-methodische Vorstellungen und Handlungsrepertoires sowie Subjektive Theorien über Fragestellungen mit konkretem Bezug auf einzelne Unterrichtsfächer. Die Zusammenschau macht deutlich, dass sich der Fokus des Forschungsinteresses um die Subjektiven Theorien von Lehrpersonen verschoben hat. Waren es anfangs vor allem Subjektive Theorien kurzer Reichweite, werden nun verstärkt Subjektive Theorien mittlerer Reichweite erforscht, bei denen das Verständnis von Lehrkräften als professionell Handelnde über schul- und unterrichtsrelevante Themenfelder hinterfragt und empirisch überprüft wird. Kapitel 3.3.2 zeigt schließlich, inwieweit diese Studien das idealtypische Ablaufmodell, wie es das FST grundlegt, variieren. Dabei lassen sich in allen vier Schritten des klassischen Ablaufs (Erheben der Inhalte, Analyse der Inhalte, Struktur-Lege-Technik, Analyse der Subjektiven Theorien) methodische Neuerungen ausmachen. 3.3.1 Forschungsfelder des FST und seine Relevanz für die schulische Bildungsforschung Die Orientierung an pädagogisch-psychologischen Fragestellungen hat die Entwicklung des FST von Anfang an geprägt. So zieht MUTZECK (1988) Ende der 80er-Jahre in einer Zusammenschau empirischer Studien, die mit dem Forschungsprogramm arbeiten, das Fazit, dass der Bereich Schule und hier vor allem die Konzentration auf Subjektive Theorien von Lehrpersonen den Anwendungsschwerpunkt des Programms ausmachen. Im Zentrum des Forschungsinteresses standen dabei zu Beginn vor allem Subjektive Theorien kurzer Reichweite sowie die Überprüfung ihrer handlungsleitenden Funktion im Unterrichtsalltag (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 275 ff.; Dann 2000: 97 ff.). Bis heute gilt die pädagogisch-psychologische Unterrichtsforschung als einer der entscheidenden Einsatzschwerpunkte des FST (vgl. Groeben & Scheele 2010: 157). Dabei konzentriert sich die aktuelle schulische Bildungsforschung vor allem auf die Rekonstruktion Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite. Im Folgenden wird ein Überblick über die Studien gegeben, die im aktuellen Jahrhundert im deutschsprachigen Raum erschienen sind und sich auf Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite von Lehrpersonen beziehen. Der Überblick bezieht nur diejenigen Arbeiten ein, die explizit auf das FST verweisen, d.h. nicht nur mit dem Begriff
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Subjektive Theorie arbeiten, sondern sich auch auf dessen Forschungsprogrammatik beziehen.7 Hier lassen sich drei Forschungsschwerpunkte ausmachen. Ein erster Schwerpunkt liegt auf Subjektiven Theorien zur Identität und Rolle der Lehrpersonen. Einschlägige Studien erheben beispielsweise die Berufsidentität (angehender) Lehrkräfte (z.B. Caspari 2003; Grzanna 2012), das Miteinander im Schulkollegium (z.B. Fussangel 2008) oder den Umgang mit der Umstrukturierung der Lehramtsstudiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses (z.B. Warneke 2007; Oechsle u.a. 2011). Die Ergebnisse gewähren Einblicke in das berufliche Selbstverständnis der Lehrkräfte, ohne konkrete Unterrichtsfächer oder Unterrichtssituationen zu fokussieren. Einen zweiten Schwerpunkt bilden erziehungswissenschaftliche und didaktisch-methodische Vorstellungen und Handlungsrepertoires von Lehrpersonen. Hier geht es beispielsweise um Subjektive Theorien zum Übergang von der Grundschule an weiterführende Schulen (z.B. Pohlmann 2009), zur Kommunikation im Klassenzimmer (z.B. Günther-Boemke 2010) oder zur Schulentwicklung (z.B. Söll 2002). Wie auch der erste Forschungsschwerpunkt sind die hier gewählten Untersuchungsgegenstände nicht an konkrete Unterrichtsfächer gebunden. Der dritte Schwerpunkt hingegen widmet sich fachspezifischen Themen des Unterrichtens. Darunter fallen Studien zu den Subjektiven Theorien über Lehr-Lern-Prozesse in einzelnen Unterrichtsfächern (z.B. Schröder & Fischler 2002; Bruder, Lengnink & Prediger 2003; Müller 2004), individuelle Curricula in bestimmten Teilbereichen eines Faches (z.B. Wieser 2008; Girnat 2012; Mesaros & Diethelm 2012; Bräunling & Eichler 2013; Erens 2013) oder fachdidaktische Fragestellungen wie etwa den Einsatz neuer Medien in Physik (z.B. Fischer 2008). Als dominierendes Forschungsgebiet erweisen sich hier der mathematisch-naturwissenschaftliche Bereiche sowie die (Fremd-)Sprachen-Didaktik. Auch im Bereich der Religionspädagogik gibt es mittlerweile Studien, die mit dem FST arbeiten (z.B. Gramzow 2004; Lehner-Hartmann 2014). Die Erforschung Subjektiver Theorien leistet einen entscheidenden Beitrag zur Lehrerkognitionsforschung und zur Professionalisierungsdebatte. Sie versteht Lehrkräfte als autonom und verantwortlich handelnde AkteurInnen im Feld Schule, die bei der Erfüllung ihrer beruflichen Aufgaben zielgerichtet vorgehen und so „ihren Handlungsraum aktiv-kognitiv strukturieren“ (Dann 2000: 80). Die Rekonstruktion Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite erlaubt es dabei, unterrichtliche Hand7
Daneben gibt es Studien, die zwar den Begriff Subjektive Theorien verwenden, sich aber weder explizit auf das FST beziehen, noch methodische Elemente davon aufgreifen. Der Begriff Subjektive Theorie wird hier als Synonym zu verwandten psychologischen Konstrukten wie „subjektive Vorstellung“ (Boedecker & Fritz 2002: 136), „individuelle Vorstellung[en]“ (Rebmann u.a. 2013: 3) oder „implizite[r] Theorie[n]“ (Langfeld & Nieder 2004: 166) verwendet. Diese Studien bleiben in den folgenden Ausführungen unberücksichtigt.
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lungen und Entscheidungen aus der Sicht der Lehrkräfte abzubilden und dabei – sofern eine programmkonforme Anwendung erfolgt – auch deren strukturelle Arrangements zu identifizieren. So kann das Zu- und Miteinander verschiedener Entscheidungs- und Begründungskomponenten, wie sie sich in den Vorstellungen der Lehrpersonen zeigen, rekonstruiert werden. Hier lässt sich eine Verschiebung des anfänglichen Forschungsinteresses des FST bei Subjektiven Theorien mittlerer Reichweite ausmachen. Zu Beginn standen hier vor allem Subjektive Theorien von Laien zu Themen wie Ironie (vgl. Scheele 1980) oder Argumentieren (vgl. Christmann & Groeben 1990) im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Die Befragten wurden dabei als „Alltagstheoretiker“ und „Alltagspsychologen“ (Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 21) für diese semi-wissenschaftlichen Themenfelder verstanden. Bei der Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen rücken allerding UntersuchungspartnerInnen in den Fokus des Forschungsinteresses, die für das gewählte Themengebiet keine Laien, sondern professionell Handelnde sind. STRAUB und WEIDEMANN führen die Beliebtheit des FST bei der Erforschung der Innenansicht von Lehrpersonen vor allem auf die Professionalisierungsdebatte zurück. Je stärker Lehrkräfte als professionell Agierende wahrgenommen würden, desto stärker bestehe das Bedürfnis, ihre Vorstellungen über unterrichtspraktisches Handeln zu hinterfragen (vgl 2015: 82). 3.3.2 Methodische Variationen und Weiterentwicklungen des FST in der schulischen Bildungsforschung Für die Erhebung und Analyse der Subjektiven Theorien wurde im Rahmen des FST der in Kapitel 3.2.1 dargestellte vierschrittige Forschungsablauf entwickelt: Erheben der Inhalte, Aufbereiten der Inhalte für die Struktur-Lege-Sitzung, Struktur-Lege-Technik, Analyse der Subjektiven Theorie. Im Folgenden wird die forschungspraktische Anwendung des Modells innerhalb der Forschung um Lehrpersonen – getrennt nach den vier Schritten – dargestellt, insofern sich hier Variationen und Weiterentwicklungen des idealtypischen Vorgehens, wie es im FST grundgelegt ist, finden. 1) Erheben der Inhalte: Im ersten Schritt zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen setzen die Arbeiten überwiegend Interviews ein. Hier finden sich verschiedene Variationen halboffener Verfahren, etwa die von GROEBEN entwickelte Form des halbstandardisierten Interviews (z.B. Gramzow 2004; Harrer 2015), das problemzentrierte Interview (z.B. Caspari 2003; Wieser 2008; Zimlich 2010), das Experteninterview (z.B. Pohlmann 2009) oder das episodische Interview (z.B. Hollick 2013). Auch wenn es sich hier um unterschiedliche Interviewverfahren handelt, so geben doch alle den Interviewten einen großen Erzählspielraum. Die Forschungspraxis um Lehrpersonen erweist sich im Konsens mit dem FST, das für
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die Inhaltserhebung die Selbstauskunft der UntersuchungspartnerInnen und hier vor allem das Interview als aktive Kommunikationssituation vorsieht. Dabei lassen sich auch Weiterentwicklungen feststellen. Um möglichst konkrete und realitätsnahe Stellungnahmen der Lehrpersonen zu erhalten, werden die Interviews mit Fallbeispielen aus dem Unterricht angereichert, beispielsweise in Form von videostimulated-recalls (z.B. Schröder & Fischler 2002; Zedler, Fischler, & Kirchner 2004; Marsch 2008) oder durch die Erhebung unmittelbar im Anschluss an eigenen Unterricht (z.B. Gastager 2003). In bildungswissenschaftlichen Studien kommen aber auch schriftliche Erhebungsverfahren zum Einsatz. So etwa äußern sich die angehenden Lehrkräfte bei MARTINEZ (2008) vor dem Interview schriftlich zu offen gestellten Fragen, die durch standardisierte Fragebögen ergänzt werden. Durch diesen Zugang soll „eine Beeinflussung durch die Forscherin möglichst gering gehalten werden“ (Martinez 2008: 143) und im Interview ein zielgerichtetes Frageverhalten möglich sein. Das Beispiel von MARTINEZ zeigt, dass quantitative Verfahren zwar zum Einsatz kommen, diese allerdings in der Regel qualitative Erhebungsverfahren ergänzen und diesen vorgeschaltet sind (z.B. Gramzow 2004; Heran-Dörr 2006; Fischer 2008). Rein quantitative Erhebungsverfahren stellen eher die Ausnahme dar. Sie werden aufgrund eines Mangels in der „benötigten Tiefe“ (Schröder & Fischler 2002: 108) und dem fehlenden „Gesamteindruck“ (Gramzow 2004: 314) von den individuellen Vorstellungen der Lehrkräfte in der Regel nicht in Betracht gezogen. Eine Ausnahme findet sich bei GASTAGER (2010), die den ersten Schritt in der Erhebung der Subjektiven Theorien ausschließlich mittels Fragebogen durchführt. Hier lässt sie einzelne Aussagen zur Heterogenität in der Schulklasse auf einer fünfstufigen Likert-Skala raten. Kritisch lässt sich bei GASTAGER jedoch hinterfragen, inwieweit die von ihr erhobenen Inhalte tatsächlich eine Subjektive Theorie repräsentieren, ist bei ihr in letzter Konsequenz doch die Einsicht in die „individuelle Selbst- und Weltsicht“ (Groeben & Scheele 2000: § 4) der UntersuchungspartnerInnen stark relativiert. In der Summe stellt der Einsatz quantitativer Verfahren im ersten Forschungsschritt eine substantielle methodische Weiterentwicklung des FST dar. Um der Erkenntnislogik dieses Programms jedoch gerecht zu werden, bleiben quantitative Verfahren notwendig an qualitative Erhebungsformen rückgebunden und können Letztere nur ergänzen. 2) Analyse der Inhalte: Fragt man nach dem Umgang mit dem in Schritt 1) erhobenen Datenmaterial, lassen sich in aktuellen bildungswissenschaftlichen Studien zwei Umgangsformen identifizieren. Hier gibt es zunächst Studien, die bereits in diesem Schritt die Subjektive Theorie analysieren, eine Struktur-Lege-Sitzung wird ausgespart (z.B. Guder 2002; Caspari 2003; Viebrock 2007; Wieser 2008; Fussangel 2008; Mesaros & Dithelm 2012; Scharlau & Wiescholek 2013). Da diese Studien sich zwar auf das FST in seinem theoretischen Modell beziehen, allerdings hinter den damit verbundenen methodischen Grundannahmen zurückbleiben, wird
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auf sie nicht weiter eingegangen. Daneben gibt es auch Studien, die gemäß der Programmatik des FST die Inhalte mit Blick auf die Struktur-Lege-Sitzung in Schritt 3) analysieren und aufbereiten. Hier stehen die Forschenden vor der Herausforderung, die tragenden Konzepte8 und Begriffe aus den Interviews zu extrahieren und auf Konzeptkarten festzuhalten, ohne ihre eigene Subjektive Theorie zum Untersuchungsgegenstand in die Analyse einzutragen. Dabei lässt sich verstärkt der Einsatz der qualitativen Inhaltsanalyse nach MAYRING (2015) beobachten (z.B. Merz-Atalik 2001; Guder 2002; Warneke 2007; Förster 2008). Daneben finden auch sequenzanalytische Verfahren Anwendung (z.B. Caspari 2003 in Anlehnung an Südmersen 1983; Eichler 2007 in Anlehnung an Danner 1998). Zur Erhöhung der Reliabilität greifen einige Studien bei der Extraktion der Inhalte auf einen zweiten Rater zurück (z.B. Wiedemair 2010; Harrer 2015). Alle diese Studien bewältigen den zweiten Schritt des FST mit einer ihrem Datenmaterial angemessenen qualitativen Analysemethode. Allerdings scheint auch in diesen methodisch transparent geführten Studien das Problem, die eigene Subjektive Theorie zum Untersuchungsgegenstand in die Analyse einzutragen, für einige ForscherInnen noch nicht endgültig gelöst. Diese gehen deshalb einen alternativen Weg. So lässt GRZANNA (2012) die tragenden Konzepte von den Lehrpersonen während des Interviews selbst schriftlich festhalten. GRAMZOW (2004) und GASTAGER (2010) entwickeln keine individuellen Konzeptkarten, sondern leiten aus im Vorfeld durchgeführten Fragebogenuntersuchungen ein für alle befragten UntersuchungspartnerInnen verbindliches Set an Konzeptkarten ab. Auch wenn in beiden Studien die Lehrpersonen im Legeprozess einzelne Karten ausschließen konnten, stellt sich die Frage nach der Programmkonformität mit dem FST, denn bei den für alle verbindlichen Konzeptkarten handelt es sich nur noch sehr eingeschränkt um individuell gültige Konzepte. Beim Extrahieren der Inhalte variiert auch die sprachliche Gestaltung der Konzeptkarten. In der Forschungspraxis reicht das Spektrum von Schlagworten (z.B. Merz-Atalik 2001; Guder 2002; Gramzow 2004; Förster 2008; Majer 2008; Wiedemair 2010), über Halbsätze inklusive Bespiele (z.B. Lehmann-Grube 2000; Eichler 2007; Lehner-Hartmann 2014) bis hin zu syntaktisch vollständigen Sätzen (z.B. Warneke 2007; Harrer 2015), die auch als „Statements“ (Caspari 2003: 106) bezeichnet werden. Vor allem bei den sprachlich stark verkürzten Konzeptkarten bleibt häufig unkommentiert, ob überhaupt und wie stark sich diese an den Originalton des Interviews anlehnen bzw. inwieweit hier bereits Kategorien von außen an das Material herangetragen werden. Auch die Anzahl extrahierter Konzeptkarten schwankt stark, von 25 (vgl. Gastager 2010) bis hin zu 150 (vgl. Merz-Atalik 2001). 8
Bei den hier rezipierten Studien ist nicht immer eindeutig, ob sich die Karten auf Konzepte im engen Sinne beziehen oder eher einzelne Inhalte des Interviews wiedergegeben werden.
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3) Struktur-Lege-Technik: Die Struktur-Lege-Technik bildet den methodischen Kern des FST. Entscheiden sich die ForscherInnen dazu, ein Struktur-Lege-Bild zu erstellen, überlassen sie dies meist den UntersuchungspartnerInnen selbst. Daneben gibt es auch Studien, bei denen die ForscherInnen das Strukturbild entwickeln und dieses durch die UntersuchungspartnerInnen validieren lassen. Werden die Strukturbilder von den InterviewpartnerInnen selbst erstellt, greifen die meisten Studien auf die Heidelberger-Struktur-Lege-Technik zurück (z.B. Inckemann 2000; Merz-Atalik 2001; Gramzow 2004; Gastager 2010; Wiedemair 2010). Dabei wird diese Technik häufig variiert, wobei sich in den analysierten Studien zwei Lösungsstrategien finden lassen, um die Komplexität des Verfahrens zu reduzieren. Erstens wird nur eine Auswahl der strukturellen Beziehungen verwendet. So verweist GRAMZOW darauf, dass sie „zugunsten einer überschaubaren Anzahl auf die dortige Fülle verzichtet“ (2004: 326). Zweitens wird die Anzahl der Konzeptkarten im Dialog-Konsens stark reduziert (z.B. Merz-Atalik 2001), um das Verfahren für die UntersuchungspartnerInnen leichter handhabbar zu machen. Einige Studien entwickeln das traditionelle Struktur-Lege-Verfahren substantiell weiter. FISCHLER et al. (2002) verwenden in ihrem Berlin-ErfurterStrukturlegeverfahren nicht nur einzelne Situationen (z.B. ein bestimmter Schüler aus der Klasse 8d stört den Unterricht), sondern Situationsklassen (z.B. Unterrichtsstörungen in der Sekundarstufe I) und darauf bezogene situationsübergreifende Handlungsregeln. Damit gelingt ihnen eine Reduktion der Konzeptkarten, ohne Gefahr zu laufen, das Potential einzelner Situationen, die wegen der notwendigen Reduktion von Komplexität aus dem Verfahren genommen werden müssen, für die Subjektive Theorie zu verlieren. Das Besondere des Einzelfalls ist im Allgemeinen der Situationsklasse stets mit präsent. GASTAGER (2010), WIEDEMAIR (2010) und HARRER (2015) lassen die extrahierten Konzeptkarten auf einer mehrstufigen Skala von den Lehrpersonen zunächst nach „hemmenden“ und „fördernden“ Einflussfaktoren für den Unterricht raten, bevor das Strukturbild erstellt wird. So erhalten sie zusätzlich quantifizierbares Datenmaterial. GRAMZOW (2004) und WIEDEMAIR (2010) fordern die UntersuchungspartnerInnen nach vollendetem Strukturbild auf, das gesamte Bild oder ausgewählte Teile daraus zu kommentieren. Durch die aufgezeichneten Kommentare erhalten sie einen Einblick in die subjektive Logik, welche die UntersuchungspartnerInnen ihrem Strukturbild zuschreiben. Einige ForscherInnen gehen zwar den Schritt des Strukturlegens, nehmen diesen allerdings selbst vor und lassen das erzeugte Struktur-Lege-Bild von den Lehrpersonen validieren. Die UntersuchungspartnerInnen haben dabei die Möglichkeit, das Strukturbild zu überarbeiten. So soll sichergestellt werden, dass die Subjektive Theorie sowohl hinsichtlich der extrahierten Inhalte, als auch mit Blick auf die Struktur adäquat dargestellt wird (z.B. Eichler 2007; Majer 2008; Lehner-Hartmann 2014). Gründe dafür liegen vor allem im sich als „ziemlich zeitaufwändig und anspruchsvoll“ (Lehner-Hartmann 2014: 185) erweisenden Verfahren der Legesit-
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zung. Damit repräsentiert das Strukturbild allerdings keine von den UntersuchungspartnerInnen eigenständig entwickelte Struktur-Inhalts-Abbildung, sondern „die von der Forscherin rekonstruierte Innenansicht“ (Warneke 2007: 171) der UntersuchungspartnerInnen. 4) Analyse der Subjektiven Theorie: Wie die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen schließlich analysiert werden, lässt sich entlang zweier Schritte beschreiben. Zunächst wird skizziert, auf welches Datenmaterial die Forschenden für die Analyse zurückgreifen. Im zweiten Schritt werden Verfahren dargestellt, anhand derer das Datenmaterial zur Beschreibung der Subjektiven Theorien verdichtet wird. Folgt man dem FST, stellt das Strukturbild die alleinige Datengrundlage für die Analyse der Subjektiven Theorien dar. Es enthält die konzeptuellen Begriffe und die Relationen zwischen diesen Begriffen, so dass es gemäß dem FST als Repräsentation der Subjektiven Theorie der Befragten interpretiert werden kann. Dieses Verfahren findet in der aktuellen Bildungsforschung nach wie vor Anwendung (z.B. Majer 2008; Gastager 2010). In der Mehrzahl der aktuellen Studien wird das Strukturbild als Datenquelle zur Darstellung der Subjektiven Theorien um weiteres Datenmaterial ergänzt. GRAMZOW (2004) und WIEDEMAIR (2010) etwa berücksichtigen in ihrer Analyse neben den Strukturbildern auch die Kommentare der UntersuchungspartnerInnen zu eben diesem. Auch der Rückgriff auf Datenmaterial aus dem Interview – das in den Konzeptkarten eigentlich bereits in analytisch reduzierter Form vorliegt – lässt sich in verschiedenen Varianten finden. So erfolgt der Einbezug des Interviewmaterials in einigen Fällen eher implizit, etwa durch in die Darstellung der Strukturbilder integrierte Fußnoten-Verweise auf Interviewabschnitte (z.B. Merz-Atalik 2001), oder aber die Eingrenzung dieses Rückgriffs auf bestimmte Forschungsfragen (z.B. Harrer 2015). In anderen Fällen werden Strukturbild und Interview explizit als sich ergänzende Datenquellen behandelt (z.B. Eichler 2007; Hollick 2013) und teilweise um die Kommentierungen aus der Legesitzung als dritte Datenquelle angereichert. Ein solches Vorgehen findet sich bei LEHNERHARTMANN, die den Validierungsprozess des Strukturbildes auf Tonband aufzeichnet. Für die Darstellung der Subjektiven Theorien nutzt sie neben dem Strukturbild und dem Interview die „markanten, in transkribierter Form vorliegenden Diskurspassagen aus der Sitzung“ (2014: 191), in denen etwa Irritationen auftauchen oder das von der Forscherin erstellte Strukturbild durch die UntersuchungspartnerInnen verändert wird. Der wohl vielschichtigste Datenpool findet sich bei Warneke (2007), die schriftliche Selbstevaluationen, Interviews, Strukturbilder und Praktikumsberichte für die Analyse heranzieht. In diesem Fall stellt das Strukturbild also nur noch eine Datenquelle unter vielen dar. Auch die Auswertungsverfahren weisen ein breites Spektrum auf, wobei qualitative Analyseverfahren dominieren. Die meisten Studien gehen bei der Analyse der Subjektiven Theorien interpretativ-beschreibend vor. Solche Analyseverfahren finden sich zunächst auf idiographischer Ebene, indem die individuellen Subjektiven
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Theorien durch qualitativ-inhaltsanalytische Verfahren anhand verschiedener Datenquellen rekonstruiert werden (z.B. Warneke 2007; Lehner-Hartmann 2014). Einige Studien verlassen diese individuelle Sichtweise und bieten Analysen auf nomothetischer Ebene an, etwa indem sie in vergleichenden Analysen Kontraste zwischen den Strukturbildern der einzelnen Lehrkräfte herausarbeiten (z.B. MerzAtalik 2001; Gramzow 2004). Die qualitative Entwicklung von Modalstrukturen stellt dagegen eher die Ausnahme dar. Lediglich MAJER (2008) wendet das aus dem FST hervorgegangenen Analyseverfahren zu einer „nomothetikorientierten Zusammenfassung Subjektiver Theorien zu Modalstrukturen“ (Stössel & Scheele 1989) an und entwickelt aus Strukturbildern von erfahrenen und angehenden Lehrkräften modale Teilstrukturen, um Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sichtbar zu machen. Mittlerweile lassen sich auch verstärkt quantitative Auswertungsverfahren für die Strukturbilder finden, wobei hier die von GASTAGER und PATRY (2005) entwickelte Strukturbild-Matrizen-Analyse das etablierte Verfahren darstellt (z.B. Gastager 2010; Wiedemair 2010; Hollick 2013; Harrer 2015; Patry & Roither 2015). Eine geringe und fest definierte Anzahl struktureller Beziehungen und die damit verbundenen und vereinheitlichten Konzeptkarten werden in eine Matrix übertragen und statistisch ausgewertet. Durch dieses Vorgehen lassen sich überindividuelle Inhalts- und Strukturkombinationen abbilden und einzelne Hypothesen statistisch überprüfen. Bei der Frage nach der Rolle des Strukturbildes in der Analyse Subjektiver Theorien von Lehrpersonen zeigen die beiden obigen Analyseschritte eine große Varianz und offenbaren, dass die Auswahl des in die Analyse einbezogenen Datenmaterials sowie des Analyseverfahrens sich gegenseitig bedingen. Auf der einen Seite stehen Studien, die die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen ausschließlich anhand des Strukturbildes analysieren. Ist dies der Fall, so erfolgt der methodische Zugriff fast immer mittels quantitativer Auswertungsverfahren. Kommen dagegen qualitative Analyseverfahren zum Einsatz, so wird das Strukturbild in der Rekonstruktionsphase meist um weiteres Datenmaterial ergänzt. Das verweist auf eine methodische Problematik des FST. Offensichtlich ist die Qualität der Daten, die das Strukturbild den Forschenden liefert, nicht differenziert genug, um die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen mit den Mitteln qualitativer Verfahren zufriedenstellend zu beschreiben. Dieses Dilemma lösen die Forschenden durch die Anreicherung des Strukturbildes um weiteres Datenmaterial. Bei der Frage, wie diese Anreicherung realisiert werden kann, sei als methodische Innovation vor allem auf die Ausweitung der Legesitzung verwiesen (z.B. Gramzow 2004; Wiedemair 2010; Lehner-Hartmann 2014). Hier wird das Strukturbild als optische Repräsentation durch mündliche Ausführungen der UntersuchungspartnerInnen noch einmal inhaltlich und strukturell konkretisiert.
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3.4 F AZIT , F RAGESTELLUNG DER ARBEIT UND METHODISCHE G RUNDENTSCHEIDUNGEN Um die Vorstellungen von Lehrpersonen über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum zu fassen, bildet das FST einen geeigneten theoretischen Rahmen. Es spricht dem Menschen die Fähigkeit zu, sein alltägliches Handeln zu reflektieren und die für ihn handlungsleitenden Einsichten gegenüber Dritten zu kommunizieren und im gemeinsamen Austausch die Subjektive Theorie zu rekonstruieren. Für Lehrkräfte lässt sich diese Feststellung noch einmal in der Art spezifizieren, dass hier keine AlltagstheoretikerInnen befragt werden, sondern Personen, die mit Blick auf schulspezifische Themenfelder als professionell Handelnde gelten. In der schulischen Bildungsforschung lässt sich aktuell ein verstärkter Einsatz der Erforschung Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite feststellen, so dass die Arbeit an einen etablierten Forschungsstrang anschließt. Dabei erweist sich das kognitionspsychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien hinreichend offen definiert, um verschiedene Komponenten kognitiver Repräsentation wie Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, Überzeugungen, Einstellungen oder Emotionen zu fassen. Die in Kapitel 2.4 aufgeworfenen Forschungsfragen der Arbeit lassen sich deshalb wie folgt spezifizieren: Welche Subjektiven Theorien haben Religionslehrkräfte in der Grundschule über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum? ▪ Welche individuellen Subjektiven Theorien haben die Religionslehrkräfte? ▪ Welche überindividuellen Inhalts-Struktur-Kombinationen lassen sich identifizieren? Wie rekonstruieren die Lehrkräfte diese Subjektiven Theorien im Spannungsfeld der Charakteristika außerschulischen Lernens und einer schulischen Unterrichtslogik? Die erste Forschungsfrage wird noch einmal in zwei Subfragen untergliedert. Das FST sieht für die Rekonstruktion Subjektiver Theorien zwei mögliche Auswertungsansätze vor. Stehen bei der idiographischen Auswertung die individuellen Subjektiven Theorien der einzelnen Befragten im Zentrum des Forschungsinteresses, so wird auf nomothetischer Ebene der Einzelfall verlassen und die Subjektiven Theorien werden überindividuell analysiert. Die vorliegende Arbeit setzt zunächst an den individuellen Subjektiven Theorien der Lehrkräfte an. So soll die Innenansicht jedes Befragten für sich betrachtet werden und damit für jede Lehrperson die individuelle Erklärungslogik für das Lernen außerhalb des Klassenzimmers Beachtung finden und analysiert werden. Dieser Schritt auf idiographischer Ebene wird zudem als methodisch erforderlich erachtet, um seriös Inhalts-Struktur-Kombi-
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nationen überindividuell vergleichen und identifizieren zu können. Das ermöglicht es schließlich, Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in den verschiedenen Subjektiven Theorien herauszuarbeiten. Mit dem FST ist gleichzeitig eine Forschungsmethode verknüpft. Um nicht nur die Inhalte der Subjektiven Theorien zu rekonstruieren, sondern auch, wie die Befragten diese miteinander in Verbindung bringen und wie diese Inhalte in ihrem Miteinander schließlich die Subjektive Theorie formen, sieht das Programm ein vierschrittiges Verfahren für die Erhebung und Analyse vor. Zunächst werden die (1) Inhalte mittels Interview erhoben, das die Forscherin dann (2) analysiert und daraus Konzeptkarten für die Struktur-Lege-Sitzung extrahiert. Mittels (3) StrukturLege-Technik werden diese Konzeptkarten in eine strukturelle Anordnung gebracht, deren Ergebnis ein Strukturbild ist. Es bildet die Grundlage für (4) die Darstellung der Subjektiven Theorie. Grundsätzlich orientiert sich die Arbeit an diesem vierschrittigen Ablauf und orientiert sich an der durch das FST grundgelegten Forschungsprogrammatik. Der aktuelle Einsatz des FST in der schulischen Bildungsforschung zeigt aber auch, dass diese Programmatik jeweils sinnvoll auf Untersuchungsgegenstand und Forschungsfrage angepasst werden sollte. Die Arbeit folgt dieser Tradition des flexiblen und innovativen Umgangs mit dem Methodenrepertoire des FST. Da Subjektive Theorien aus Erfahrungen mit der Wirklichkeit und deren Reflexion gespeist werden, wird bereits zu diesem Zeitpunkt der Arbeit eine Entscheidung zur befragten Grundgesamtheit getroffen. In das Sample werden nur Lehrpersonen aufgenommen, die zumindest über vereinzelte unterrichtspraktische Erfahrungen mit dem Kirchenraum als Lernort verfügen und damit die Anforderung erfüllen, mindestens einen Unterrichtsgang in die Kirche unternommen zu haben. Wie lange dieser zurückliegt spielt dabei keine Rolle.
4. Forschungsdesign und Methoden
Die vorliegende Arbeit basiert in ihrer konzeptuellen Rahmung auf dem Forschungsprogramm Subjektive Theorien, das mit seinen methodologischen Grundannahmen gleichzeitig ein bestimmtes methodisches Vorgehen und hier vor allem die Besonderheit der Struktur-Lege-Technik vorsieht. Die Ausführungen in Kapitel 3 haben gezeigt, dass eben jener Forschungsablauf in der konkreten Praxis mit grundlegenden methodischen Problemen einhergeht, wenn Subjektive Theorien im Feld der schulischen Bildungsforschung rekonstruiert werden. So verzichten einige ForscherInnen auf die Struktur-Lege-Sitzung oder führen diese ohne Beteiligung der InterviewpartnerInnen durch. Wird ein Strukturbild erstellt, so ergeben sich bei der Analysearbeit an verschiedenen Stellen Schwierigkeiten. Die vorliegende Arbeit möchte die methodischen Elemente des FST anwenden, um so den methodologischen Ideen des Programms, und hier vor allem der möglichst intensiven Beteiligung der UntersuchungspartnerInnen bei der Rekonstruktion ihrer Subjektiven Theorien, gerecht zu werden. Dafür wurden für die identifizierten Problemstellen Lösungsmöglichkeiten entwickelt, die das vorliegende Kapitel präsentiert. Die Erfahrungen der Vorstudie haben für die Forscherin bestätigt, dass vor allem das feste Regelwerk der Legetechnik, wie es das FST vorschlägt, die Erstellung des Strukturbildes für die befragten Lehrkräfte erheblich erschwert (Kap. 4.2). Diese Problemstellen wurden gemeinsam mit der ersten an der Vorstudie teilnehmenden Lehrerin überdacht und entsprechende Lösungsideen, die das starre Regelwerk lockern, entwickelt sowie deren Praxistauglichkeit erprobt. Für die Arbeit wird das methodische Vorgehen des FST folglich auf den konkreten Untersuchungsgegenstand hin adaptiert und in wesentlichen Teilen modifiziert. Kapitel 4.1 gibt einen Überblick über den forschungsmethodischen Ablauf der Studie, dessen einzelne Schritte in der Datenerhebung und -auswertung in den Kapiteln 4.3 bis 4.6 ausführlich dargestellt, begründet und reflektiert werden. Kapitel 4.7 zeigt schließlich, inwieweit sich der gesamte Forschungsablauf an den Grundsätzen eines qualitativempirischen Forschungsparadigmas orientiert. In Kapitel 4.8 wird das Sample der Studie beschrieben.
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4.1 D ER FORSCHUNGSMETHODISCHE ABLAUF IM Ü BERBLICK Kapitel 4.1 gibt einen forschungsmethodischen Überblick über die Rekonstruktion der Subjektiven Theorien von Lehrpersonen, wie sie die Forscherin in der vorliegenden Arbeit anwendet. Dabei werden die einzelnen Schritte der Datenerhebung, aufbereitung und -analyse skizziert. Eine ausführliche Darstellung des methodischen Vorgehens findet sich in den folgenden Kapiteln. Abbildung 1 gibt das gesamte Forschungsdesign, wie es auf die Erfahrungen der Vorstudie aufbauend entwickelt wurde, auf einen Blick wieder. In der ersten Phase der Datenerhebung findet mit jeder Lehrkraft ein Leitfadeninterview statt. Um bereits im Vorfeld Informationen über den beruflichen Kontext sowie den Einsatz von Unterrichtsgängen im Religionsunterricht zu erhalten, füllen die Lehrkräfte vor dem ersten Treffen einen Kurzfragebogen aus. Ein Aufnahmegerät zeichnet das Interview auf, das anschließend transkribiert wird. Es folgt ein analytischer Zwischenschritt, bei dem das Datenmaterial des Interviews durch zusammenfassende Inhaltsanalyse bis zur Bildung immanenter Kategorien reduziert wird. Der nächste Schritt des Forschungsprozesses umfasst die Gestaltung der Inhaltskarten1, die notwendiger Bestandteil für die zweite Phase der Datenerhebung sind. Bei einem zweiten Treffen mit der Lehrkraft ordnet diese die Inhaltskarten räumlich an und drückt durch Strukturkarten und weitere Legematerialien ihre innere Logik von Unterrichtsgängen in den Kirchenraum bildlich aus. Das Ergebnis der Legesitzung ist das Struktur-Lege-Bild, das die Subjektive Theorie der Lehrkraft optisch repräsentiert. Das Struktur-Lege-Bild wird fotografiert und in ein digitales Abbild überführt. Die gesamte Legesitzung wird außerdem mittels Handkamera videografiert, so dass der Entstehungsprozess des Struktur-Lege-Bildes in Ton und Bild dokumentiert ist. Ausgewählte Szenen des Legevideos werden anschließend transkribiert. An diesem Punkt setzt die Analyse der Subjektiven Theorien ein. Hier wird zunächst die individuelle Subjektive Theorie jeder Religionslehrkraft analysiert (idiographische Ebene). Die Datengrundlage dafür ist die Legesitzung, deren Produkt im Struktur-Lege-Bild und deren Prozess im Legevideo dokumentiert sind. Anschließend werden die verschiedenen Subjektiven Theorien miteinander verglichen und überindividuelle Inhalts-Struktur-Kombina–tionen herausgearbeitet. Diese gesamtanalytische Darstellung arbeitet drei Analyseschwerpunkte ab. Zunächst werden Ordnungsprinzipien innerhalb der Struktur-Lege-Bilder identifiziert, anschließend überindividuelle Themenfelder sowie deren unterschiedliche Ausprägungen in den Subjektiven Theorien der Lehrkräfte analysiert und schließlich das Zueinander von Charakteristika der Lernortpädagogik und unterrichtlicher Strukturlogik herausgearbeitet. Neben dem Struktur-Lege-Bild und dem Videoprotokoll der 1
Zur Begründung der Begriffsverwendung „Inhaltskarte“ siehe Kap. 4.4.2.
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Legesitzung wird in den beiden letzten Schwerpunkten zur tiefergehenden Veranschaulichung von Zusammenhängen auch auf das Interview als Datenquelle zurückgegriffen. Abbildung 1: Forschungsdesign Datenerhebung
Datenaufbereitung
Datenanalyse
Kurzfragebogen
1. Treffen Leitfadeninterview Transkription des Interviews Analyse des Interviews Gestaltung der Inhaltskarten für die Struktur-Lege-Sitzung 2. Treffen Struktur-Lege-Sitzung Digitalisierung des Struktur-Lege-Bildes Transkritpion ausgewählter Szenen des Legevideos Analyse der Subjektiven Theorien auf individueller Ebene (idiographische Analyse) Datenquellen: Struktur-Lege-Bild, Legevideo Analyse der Subjektiven Theorien auf überindividueller Ebene (nomothetische Analyse) Datenquellen: Struktur-Lege-Bild, Legevideo, (Interview)
Die Erhebungs- und Aufbereitungsverfahren wurden auf der Grundlage einer Vorstudie entwickelt, die die Forscherin von Oktober bis Dezember 2012 mit zwei Lehrkräften durchführte. Die Hauptstudie fand zwischen Oktober 2013 und Mai 2014 statt, wobei acht Religionslehrkräfte in die Datenerhebung einbezogen wurden. Abbildung 1 gibt zwar die grobe Abfolge der einzelnen Forschungsschritte chronologisch wieder, allerdings waren die Schritte der Datenerhebung, -auf-
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bereitung und -analyse in der Forschungspraxis ineinander verschoben. Dieses Vorgehen entspricht dem rekursiven Prozess qualitativer Forschung, in der sich Phasen der Erhebung und Analyse abwechseln, um im Wechsel von Sammlung und Interpretation des Datenmaterials sukzessive einen Zugang zum Welt- und Selbstverständnis der befragten Lehrkräfte zu erlangen.
4.2 V ORSTUDIE Zur Erprobung und Optimierung der Erhebungsinstrumente fand im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2012 eine Vorstudie mit zwei Religionslehrkräften statt. Zu beiden Lehrpersonen bestand bereits ein mehrjähriger Kontakt durch die Zusammenarbeit in der Schulpraxis und ein gutes Vertrauensverhältnis. So war gesichert, dass die Forscherin in der Situation der Datenerhebung auch spontan Alternativen ausprobieren konnte und ein kritisch-konstruktives Feedback auf die eingesetzten Methoden erhielt. Mit beiden Lehrkräften führte die Forscherin sowohl das Interview als auch die Struktur-Lege-Sitzung durch. Im Interview kam ein vorläufig entwickelter Leitfaden zum Einsatz. Dieser erwies sich als tauglich für das Forschungsanliegen der Arbeit. Es wurden lediglich einige Fragen im Wortlaut verändert, außerdem gaben die beiden Interviews Anregungen für die Aufnahme weiterer Fragen in den Leitfaden. Da die Forscherin im Vorfeld keine Erfahrung mit der Datenerhebung mittels Interviews sammeln konnte, dienten die beiden Interviews der Vorstudie auch dazu, den Umgang mit dem Leitfaden zu üben sowie die Dokumentationstechniken (Aufnahmegerät und Gesprächsprotokoll) zu erproben. Beide Interviews wurden transkribiert und anhand des Interviews der ersten Lehrkraft das Auswertungs- und Analyseverfahren entwickelt, das zu den Inhaltskarten führte. Die zusammenfassende Inhaltsanalyse führte hier zu 87 immanenten Kategorien und damit zu 87 Inhaltskarten. Laut FST ist eine deutlich geringere Anzahl an Karten für die Legesitzung vorgesehen (vgl. Christmann & Groeben 1993), um den Untersuchungspartner bei der Erstellung des Strukturbildes nicht zu überfordern. Trotzdem wurde diese hohe Anzahl an fast 90 Karten beibehalten, da nach Ansicht der Forscherin durch eine weitere Datenreduktion tragende Inhalte der Subjektive Theorie verloren gegangen waren oder bis zur Unverständlichkeit hätten gekürzt werden müssen. An dieser Stelle traf die Forscherin eine Entscheidung gegen die Empfehlung des FST mit dem Bewusstsein, durch die Erhöhung der Kartenanzahl sowohl die Komplexität der Legesitzung als auch des Struktur-Lege-Bildes zu erhöhen. Die erste Struktur-Lege-Sitzung fand folglich mit 87 Inhaltskarten statt. Es wurden acht strukturelle Verbindungen zur Verfügung gestellt, die auf Strukturkarten sowohl als Wort, als auch mittels Symbol veranschaulicht waren: „das ist / das
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heißt“, „und“, „oder“, „Oberkategorie / Unterkategorie“, „zum Beispiel“, „führt zu“, „damit / um zu“, „Voraussetzung für“. Die Lehrkraft erhielt zudem zu Beginn der Legesitzung einen Leitfaden mit Beispielen zur regelgerechten Anwendung der strukturellen Verbindungen. Ziel war es, alle Inhaltskarten mittels Strukturkarten miteinander in Verbindung zu bringen, so dass kein Inhalt unverbunden im Strukturbild verbleibt. Auf dem Leitfaden war auch vermerkt, dass bei nebeneinanderliegenden Inhaltskarten die Bedeutung von links nach rechts, bei untereinander liegenden Inhaltskarten die Bedeutung von oben nach unten abnimmt, so dass durch die räumliche Anordnung die Gewichtung der Karten ausgedrückt werden kann. Bei der Erstellung des Strukturbildes und auch im sich unmittelbar anschließenden Feedback-Gespräch wurden verschiedene Schwierigkeiten und Schwächen des Vorgehens sichtbar und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten diskutiert, die teilweise noch unmittelbar erprobt wurden. Erstens hatte die Lehrkraft bei einigen Inhaltskarten Schwierigkeiten, sich an den konkreten Interviewkontext zu erinnern, der hinter der Inhaltskarte steht. Zwischen dem Interview und der Struktur-Lege-Sitzung waren mehrere Wochen vergangen, da die Forscherin zwischenzeitlich die Auswertungsmethode weiterentwickelte und verfeinerte. So konnte sich die Lehrkraft an viele Interviewpassagen nicht mehr erinnern, so dass diese von der Forscherin widergegeben werden mussten. Zweitens erwies es sich für die Lehrkraft als sehr mühsam, alle Inhaltskarten mit Strukturkarten zu verbinden und dabei gleichzeitig noch die Gewichtungen „von oben nach unten“ sowie von „links nach rechts“ im Blick zu behalten. Im Feedback-Gespräch kam deutlich zum Ausdruck, dass die Lehrerin diese komplexen Anforderungen als großen Stressfaktor empfand und ihr der Sinn dieses Verfahrens nicht klar war. Bereits während der Legesitzung begann sie damit, Inhaltskarten ohne strukturelle Verbindung räumlich anzuordnen (z.B. durch Gruppenbildung oder Übereinanderschieben) und die Beziehungsgefüge zwischen den Inhalten dafür sehr ausführlich mündlich zu erläutern. Dabei wurden auch viele zusätzliche inhaltliche Aspekte (z.B. Episoden aus der Schulpraxis) von ihr zur Sprache gebracht, die sie im Interview nicht erwähnt hatte, die ihr aber offensichtlich durch das Strukturlegen ins plötzlich einfielen. Es wurde auch deutlich, dass sich einige strukturelle Verbindungen als untauglich erwiesen. So setzte die Lehrkraft die Strukturkarten „und“ sowie „oder“ zwar zu Beginn der Erstellung des Strukturbildes ein, verwendete sie dann allerdings mit Verweis auf deren Umständlichkeit und geringen Aussagewert nicht mehr. Auf der anderen Seite stellte sie fest, dass bestimmte von ihr benötigte strukturelle Verbindungen im bereitgestellten Set an Strukturkarten nicht enthalten waren. Diese wurden spontan von der Lehrkraft selbst entworfen, etwa eine Strukturkarte, auf die sie einen Blitz malte und das Wort „Problem“ darunterschrieb, um einen Widerspruch auszudrücken. Gegen Ende der Sitzung äußerte sie außerdem den Wunsch, durch Farben einzelne Themenbereiche des Strukturbildes optisch hervorzuheben und voneinander abzugrenzen. Gerne hätte sie dazu farbiges Papier verwendet und unter die entsprechenden Berei-
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che gelegt. Das erwies sich allerdings als wenig praxistauglich, da so ganze Teile des auf dem Tisch entwickelten Struktur-Lege-Bildes hätten angehoben werden müssen. Als Ausweichlösung wurde auf farbige Wollfäden zurückgegriffen, mit denen zusammengehörige Bereiche umrandet wurden. Außerdem wurden diese Fäden von der Lehrkraft dazu benutzt, durch eine Kombination aus Wollfaden und Strukturkarte auch weit voneinander entfernte Inhaltskarten strukturell miteinander in Verbindung zu bringen. Die Erfahrungen aus dieser ersten Legesitzung und das gemeinsame Reflexionsgespräch mit der Lehrkraft führten zu folgenden fünf Modifikationen: Erstens wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Inhaltskarten für die Lehrkräfte unmittelbar verständlich sind und sie die Verbindung zu ihrem Interview sehen. Die Inhaltskarten werden deshalb so gestaltet, dass sie sich möglichst nahe an den O-Ton der Lehrkraft anlehnen und ihr Inhalt durch von der Lehrkraft im Interview gegebene Beispiele veranschaulicht wird. Es wird darauf geachtet, zwischen dem ersten und zweiten Treffen möglichst wenig Zeit – idealerweise nur einige Tage – verstreichen zu lassen, so dass der Lehrperson das Interview noch unmittelbar präsent ist. Zweitens wurden die Strukturkarten verändert. Die strukturelle Verbindung „damit / um zu“ wird nicht mehr angeboten, da für die Lehrkraft eine eindeutige Abgrenzung zu der Karte „führt zu“ nicht ersichtlich war und sie diese deshalb auch nicht nutzte. Die strukturellen Verbindungen „und“ sowie „oder“ werden ebenfalls aus dem Karten-Set entfernt. Die Strukturkarte „aber“ wird neu hinzugefügt, so dass auch Widersprüche deutlich gemacht werden können. Außerdem werden Blanko-Strukturkarten zur Verfügung gestellt, so dass von den Befragten alle strukturellen Verbindungen, die sie selbst für die bildliche Darstellung ihrer Subjektiven Theorie als erforderlich erachten, selbst gestaltet werden können. Die Gewichtung durch das Prinzip „von oben nach unten“ wurde beibehalten, die Gewichtung durch „von links nach rechts“ aufgegeben, da sie von der Lehrkraft als stark einengend empfunden wurde. Drittens wurde das Legematerial der Struktur-Lege-Sitzung in der Art ergänzt, dass die Forscherin zusätzlich farbiges Tonpapier und farbige Wollfäden zur Verfügung stellt, damit die Lehrkräfte ihr Strukturbild für sie stimmig optisch gliedern und strukturieren können. Viertens öffnete die Forscherin das Regelwerk der Legesitzung in der Art, dass darauf verzichtet wird, alle Inhaltskarten mittels Strukturkarten miteinander zu verbinden. Vielmehr ist es auch möglich, die Inhaltskarten im Strukturbild in Gruppen anzuordnen und strukturelle Verbindungen durch räumliche Arrangements auszudrücken. Diese Entscheidung führt zunächst zu einem Präzisionsverlust im Struktur-Lege-Bild. Die Erfahrungen aus der Legesitzung haben aber auch deutlich gemacht, dass die Lehrerin diesen optischen Präzisionsverlust durch verbale Erläuterungen mehr als ausglich. Deshalb wurde als fünfte Modifikation entschieden, die gesamte Legesitzung mittels Kamera zu dokumentieren, so dass eben jene nicht bildlich veranschaulichten strukturellen Argumentationszusammenhänge dokumentiert sind. Außerdem eröffnet die
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Kamera die Möglichkeit, im Interview nicht zur Sprache gebrachte Äußerungen festzuhalten, sowie den gesamten Entstehungsprozess des Struktur-Lege-Bildes in Ton und Bild zu dokumentieren. Diese Modifikationen (Gestaltung der Inhaltskarten, neues Repertoire an Stukturkarten, Ergänzung der Legematerialien durch farbiges Papier und Fäden, Verzicht auf strukturelle Verbindung aller Inhaltskarten, Aufzeichnung mittels Handkamera) wurden in der Struktur-Lege-Sitzung mit der zweiten Lehrkraft der Vorstudie erprobt. Hier stellte sich heraus, dass die Öffnung des Regelwerkes zu einer deutlich angenehmeren und entspannteren Arbeitsatmosphäre führte. War bei der ersten Legesitzung eine große Anspannung der Lehrerin spürbar, die sich durch das starre Regelwerk der Struktur-Lege-Technik sowie die hohe Anzahl an Inhaltskarten offensichtlich sehr unter Druck gesetzt fühlte, war diese zweite Sitzung vor allem durch ein experimentelles Ausprobieren der Legematerialien geprägt. Als besondere Herausforderung für die Forscherin erwies sich nun, die Sitzung nicht nur zu moderieren, sondern gleichzeitig mittels Kamera zu dokumentieren. Um die Aufschrift aller Inhalts- und Strukturkarten in angemessener Auflösung aufzuzeichnen und die Legebewegungen der Lehrkraft möglichst akkurat zu dokumentieren, wurde die Aufzeichnung mittels Handkamera gewählt. Parallel zur Herausforderung, mit der Kamera der Zone-of-Interaction zu folgen, galt es für die Forscherin nun, die Lehrkraft immer wieder dazu anzuregen, den Entstehungsprozess des Struktur-Lege-Bildes möglichst umfassend zu kommentieren.
4.3 L EITFADENINTERVIEW Das folgende Kapitel widmet sich der Darstellung der ersten Erhebungsphase. Da Aspekte des Verhaltens und Erlebens jeder einzelnen Lehrkraft das Forschungsinteresse bestimmen, findet das Gespräch als Einzelinterview statt. Die Wahl des Interviewortes – ob im häuslichen oder beruflichen Umfeld der Lehrkraft oder aber bei der Forscherin – wird den InterviewparterInnen freigestellt. Die Forscherin weist lediglich darauf hin, dass die Befragung in einer ruhigen Umgebung, möglichst ohne Störungen und Zeitdruck stattfinden sollte. Vor dem ersten Treffen findet eine Kontaktaufnahme per Telefon statt, in der die Bereitschaft zur Teilnahme geklärt und das Forschungsinteresse kurz erläutert wird sowie ein Ausblick auf den Ablauf der Zusammenarbeit erfolgt. Als Interviewort wählten fünf der acht Lehrkräfte ihre Privatwohnung. Bei den übrigen drei Lehrkräften fand das Interview in der Schule statt, wobei für zwei Treffen das Lehrerzimmer, für eines das Dienstzimmer der Konrektorin genutzt wurde. Die Interviews dauerten zwischen 60 und 90 Minuten. Als Interviewform wurde das problemzentrierte Interview nach WITZEL (2000) gewählt, das eine Form des halb-strukturierten Interviews darstellt. Die Entschei-
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dung für ein Leitfadeninterview gewährleistet die Vergleichbarkeit der individuellen Interviews. Kapitel 4.3.1 skizziert die Grundanliegen des problemzentrierten Interviews sowie die in seinem Kontext entwickelten Leitlinien für den Gesprächsablauf, die auch seine Passung für die Erhebung Subjektiver Theorien deutlich machen. Kapitel 4.3.2 zeigt schließlich die konkrete Umsetzung in der Forschungspraxis, also den entwickelten Leitfaden sowie den Ablauf des Interviews. Maxime für das Gespräch sind eine möglichst offene Kommunikationssituation und ein flexibler Umgang mit dem Leitfaden. Nach dem Interview verfasst die Forscherin ein Gesprächsprotokoll mit den wichtigsten Rahmendaten und Eindrücken der Interviewsituation. Das Interview selbst wird mittels eines digitalen Aufnahmegeräts aufgezeichnet und anschließend in Anlehnung an gängige Transkriptionsregeln verschriftlich (Kap. 4.3.3). 4.3.1 Das problemzentrierte Interview In diesem Kapitel werden zunächst verschiedene Interviewformen innerhalb der qualitativen Sozialforschung anhand ihrer Strukturierung klassifiziert und die Entscheidung für eine halb-strukturierte Interviewform begründet. Innerhalb der halbstrukturierten Interviewformen entscheidet sich die Forscherin für das problemzentrierte Interview als Erhebungsmethode. Das problemzentrierte Interview wird kurz vorgestellt, indem sein Grundanliegen, seine Bestimmungsmerkmale sowie Kommunikationsstrategien im Gesprächsverlauf ausgeführt werden. Abschießend wird die Passung dieser Komponenten für die Erhebung Subjektiver Theorien diskutiert. In der qualitativen Forschungstradition gibt es eine Vielzahl an Interviewformen. Das wohl gängigste Kriterium zu deren Klassifikation ist der Grad der Strukturierung der Interviewsituation (vgl. Gläser & Laudel 2010: 38 ff.; Döring & Bortz 2016: 358 f.). Hier kann unterschieden werden zwischen nicht-strukturierten und halbstrukturierten Interviews.2 Das nicht-strukturierte Interview basiert auf keinem im Vorfeld entwickelten Interviewinstrument bzw. Frageraster, vielmehr äußern sich die Befragten nach einem Intervieweinstieg völlig frei (z.B. narratives Interview) oder es werden spontan offene Fragen gestellt, die sich aus der Situation im Feld ergeben (z.B. ethnographisches Feldinterview). Das hat zur Folge, dass nichtstrukturierte Interviews zum selben Forschungsthema sehr unterschiedlich verlaufen. Die Befragten haben dafür größtmögliche Freiheit bei der selbstständigen Strukturierung des Gesprächs, treffen sie doch die Auswahl, welche Punkte angesprochen oder aber ausgespart werden. Das halbstrukturierte Interview basiert auf einem Interviewleitfaden, der einen Katalog offener Fragen enthält, zu denen sich die Befragten in eigenen Worten äußern. Dazu zählen Interviewformen wie das fo2
Vollstrukturierte Interviews werden den quantitativen Befragungsmethoden zugerechnet (vgl. Döring & Bortz 2016: 358) und deshalb nicht weiter ausgeführt.
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kussierte Interview, das Experteninterview oder das problementrierte Interview. Im Leitfaden selbst sind die Interviewfragen ausformuliert und ihre Reihenfolge ist festgelegt. Allerdings kann der Interviewer diese je nach Interviewsituation variieren, so dass die Leitfragen unter Berücksichtigung des individuellen Interviewlaufs thematisch passend angeordnet, nach Bedarf vertieft oder übersprungen werden können. Für die vorliegende Arbeit wird eine halbstrukturierte Interviewform gewählt. Zum einen liegen bereits konkrete Annahmen über die Bestandteile der Subjektiven Theorien der Lehrpersonen zum Lernen im Kirchenraum vor (vgl. Kap. 2.2.2), so dass die Erstellung eines Leitfadens schlüssig erscheint. Zum anderen legt die Fragestellung der vorliegenden Arbeit (vgl. Kap. 3.4) ein solches Vorgehen nahe. Ziel ist es, nicht nur die individuellen Subjektiven Theorien der Lehrkräfte zu rekonstruieren, sondern auch personenübergreifende Inhalts-Struktur-Kombinationen zu identifizieren. Dies ist nur dann realisierbar, wenn in den Interviews vergleichbare Themenfelder angesprochen werden. Als konkrete Interviewform wird das problemzentrierte Interview nach WITZEL (2000) gewählt. Es zielt primär darauf ab, Problembereiche der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu erforschen. WITZEL selbst definiert das problemzentrierte Interview als „möglichst unvoreingenommene Erfassung individueller Handlungen sowie subjektiver Wahrnehmungen und Verarbeitungsweisen gesellschaftlicher Realität“ (2000: 1). Diese Subjektorientierung wird durch ein deduktiv-induktives Wechselverhältnis zu realisieren versucht. Weder werden die Daten durch eine „hypothetico-deduktive Vorgehensweise“ nach vorher festgelegten Operationalisierungsschritten erfasst und ausgewertet und damit die Sinngebungsleistungen des Interviewpartners übergangen. Noch bezieht der Interviewer eine auschließlich „naivinduktivistische Position“, indem er theoretisches Vorwissen bewusst ausklammert, um sich völlig auf die Sichtweise und Interpretationsleistung des Interviewpartners einzulassen (Witzel 2000: § 3 f.; vgl. Witzel 1985: 227 f.). Bei der Datenerhebung plädiert WITZEL für eine „elastische Vorgehensweise“ (2000: § 3). Das beim Forschenden vorhandene Theoriewissen dient der Bildung offener Konzepte und der Herleitung konkreter Fragestellungen. In der Phase der Datenerhebung bildet dies den „heuristisch-analytischer Rahmen“ (Witzel 2000: § 3) für das Gespräch. Trotzdem ermöglicht das Interview dem Befragten freie narrative Phasen, wodurch individuelle Schwerpunktsetzungen möglich sind. Diese Kombination aus hypotheticodeduktiver und naiv-induktivistischer Vorgehensweisen ist auch für die Auswertungsphase vorgesehen. Bestimmungsmerkmale des problemzentrierten Interviews sind nach WITZEL die Problemzentrierung, die Gegenstandsorientierung sowie die Prozessorientierung (vgl. 2000: §4; 1989: 230 ff.). Der Begriff der Problemzentrierung kennzeichnet den Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens, nämlich eine konkrete Problemstellung. Diese Problemstellung ist vom Forschenden zunächst in der Hinsicht zu be-
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arbeiten, als er sich einen Wissenshintergrund aneignet, der auf einschlägigen Theorien, empirischen Erkenntnissen und dem Kontakt mit dem Forschungsfeld beruht. Auf dieser Grundlage kann er dem Interviewpartner problemzentrierte Fragen stellen. Der Forschende steht hier vor der Anforderung, den Spagat zwischen seiner theoretischen Wissensbasis und der Offenheit gegenüber dem Interviewpartner zu realisieren. Das zweite Kriterium ist das der Gegenstandsorientierung. Die Wahl der Methode sollte sich nach dem untersuchten Gegenstand richten. Dabei werden Methodenkombinationen – wie etwa die Koppelung eines problemzentrierten Interviews mit standardisierten Fragebögen – als legitim erachtet, wenn der Untersuchungsgegenstand dies nahelegt. Das letzte Kriterium ist die Prozessorientierung. Sie durchzieht den gesamten Forschungsablauf, betrifft aber vor allem die konkrete Kommunikationssituation. Der Kommunikationsprozess soll „akzeptierend auf die Rekonstruktion von Orientierungen und Handlungen zentriert“ sein und beim Interviewpartner „Vertrauen und damit Offenheit“ wecken (Witzel 2000: 3). So wird dem Interviewten Raum gegeben, eigene Aussagen zu konkretisieren oder beim Entdecken von Widersprüchlichkeiten auch zu korrigieren. Für die Gestaltung des problemzentrierten Interviews lassen sich erzählungsgenerierende und verständnisgenerierende Kommunikationsstrategien unterscheiden (vgl. Witzel 2000: §13 ff.). Zu den erzählungsgenerierenden Kommunikationsstrategien zählt eine vorformulierte Einstiegsfrage, die allgemeine Sondierung sowie Ad-hoc-Fragen. Mit der vorformulierten Einleitungsfrage wird das Gespräch auf den Untersuchungsgegenstand zentriert. Diese Frage sollte möglichst offen formuliert sein, so dass der Gesprächspartner die Möglichkeit zur eigenen Schwerpunktsetzung hat. Ziel ist die Generierung einer Erzählsequenz. Im weiteren Kommunikationsverlauf dienen die allgemeinen Sondierungen einer sukzessiven Offenlegung der subjektiven Problemsicht des Befragten. Sie schließen an die durch die Einleitungsfrage generierte Erzählsequenz an und spinnen den roten Faden weiter, den der Untersuchungspartner begonnen an. Ad-hoc-Fragen werden dann notwendig, wenn der Befragte im Leitfaden festgelegte Themenbereiche ausklammert, die aber für die Vergleichbarkeit der Interviews notwendig sind. Verständnisgenerierende Kommunikationsstrategien zeigen sich schließlich bei den spezifischen Sondierungen. Dafür nutzt der Forscherende Zurückspiegelungen, Verständnisfragen und Konfrontationsfragen. Bei einer Zurückspiegelung bietet der Interviewer dem Interviewpartner mit seinen eigenen Worten ein Interpretationsangebot der gemachten Äußerung an. So hat der Befragte die Möglichkeit, die Deutung des Interviewers zu modifizieren. Verständnisfragen dienen dazu, widersprüchliche Aussagen zu thematisieren, um den Untersuchungspartner zu Präzisierungen anzuregen. Die Konfrontation verschärft dieses Vorgehen in der Hinsicht, dass der Interviewer Widersprüche in den Äußerungen des Interviewten aufdeckt und diesen um eine klärende Stellungnahme bittet.
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Zu Beginn des Interviews kann dem Befragten ein Kurzfragebogen vorgelegt werden (vgl. Witzel 2000: § 6). Hier wird die Idee eines halb-strukturierten Interviews kurzzeitig durchbrochen, weshalb diese Phase im Interviewverlauf auch als „Phase 0“ (Lamnek 2010: 334) bezeichnet wird. Ziel des Kurzfragebogens ist die Ermittlung von Sozialdaten (z.B. Alter, Beruf) sowie eine Entlastung des Leitfadens von denjenigen Fragen, die in einem strukturierten Frage-Antwort-Schema aufgebaut sind. Außerdem kann sich der Befragte bereits vor dem Interview selbst mit den darin angesprochenen Problembereichen auseinandersetzen und relevante Gedächtnisinhalte aktivieren. Der Interviewer kann die Ergebnisse des Kurzfragebogens als Einstieg in das Interview nutzen. Die Bestimmungsmerkmale des problemzentrierten Interviews (Problemorientierung, Gegenstandsorientierung und Prozessorientierung) sowie die Gestaltung des Gesprächs zeigen seine optimale Passung als Erhebungsmethode für Subjektive Theorien. Die Interviewform berücksichtigt die Kommunikationsfähigkeit der UntersuchungspartnerInnen und entwickelt ein an ihren individuellen Sichtweises orientiertes Vorgehen. Vom Interviewer selbst fordert sie, die Äußerungen und darin enthaltenen Sinnzuschreibungen der GesprächspartnerInnen ernst zu nehmen und ihnen nicht seine eigene Subjektive Theorie aufzuoktroyieren. Dies gelingt nur, wenn er situationsadäquat auf die Befragten eingeht. Das Interview selbst soll vor allem auf Erzählsequenzen beruhen, trotzdem ist der Interviewer angehalten, vorab festgelegte Themenfelder anzusprechen. Damit realisiert das problemzentrierte Interview die Grundanliegen des Dialog-Konsenses und gewährleistet, dass die Lehrkräfte die Möglichkeit haben, im Gespräch tatsächlich ihre eigene Subjektive Theorie zu entfalten. Diese forschungsmethodische Entscheidung knüpft an Studien in der schulischen Bildungsforschung an, die in ihrem Forschungsdesign um die Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen ebenfalls mit dem problemzentrierten Interview arbeiten (z.B. Caspari 2003; Wieser 2008; Zimlich 2010). 4.3.2 Kurzfragebogen und Interviewleitfaden Im Folgenden werden der Kurzfragebogen sowie der Leitfaden des problemzentrierten Interviews erläutert. Der Kurzfragebogen wird dem eigentlichen Interview zeitlich vorgeschaltet und dient vor allem der Generierung der Einleitungsfrage, die nach einer kurzen Begrüßung das eigentliche Interview eröffnet. Der Hauptteil des Leitfadens umfasst fünf Themenbereiche (I. Bestimmungsmerkmale Unterrichtsgang, II. Lernvoraussetzungen und Zielvorstellungen, III. Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung, IV. Chancen und Probleme, V. Motivationale Orientierungen), die aus den Charakteristika der Lernortpädagogik und der Kirchenraumpädagogik abgeleitet wurden. Der Leitfaden wird durch Fallbeispiele aus der Unterrichtspraxis angereichert (siehe Anhang A).
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Nach der telefonischen Kontaktaufnahme sendet die Forscherin jeder Lehrkraft per E-Mail einen Kurzfragebogen zu mit der Bitte, diesen vor dem ersten Treffen digital auszufüllen und per E-Mail zurückzuschicken. Neben dem Alter werden hier Fragen zu zwei Themenfeldern gestellt, die die Lehrkräfte in Stichpunkten beantworten. Das erste Themenfeld umfasst allgemeine Angaben zur beruflichen Situation. Hier gibt die Lehrperson Auskunft über die studierte Fächerkombination, ihre aktive Zeit im Schuldienst, ihren aktuellen Einsatzort, ihre dienstliche Stellung (z.B. (Kon-)RektorIn, Beratungslehrkraft) sowie zusätzliche Qualifikationen (z.B. Zusatzstudium, Ausbildung als GestalttherapeutIn). Durch diese Angaben erhält die Forscherin einen ersten Eindruck vom beruflichen Hintergrund und dem aktuellen Aufgabenbereich der befragten Lehrkräfte. Das zweite Themenfeld nimmt den Katholischen Religionsunterricht und Unterrichtsgänge in den Blick. Die Lehrkraft gibt Auskunft darüber, welche Jahrgangsstufen sie bereits in Katholischer Religionslehre unterrichtet hat. In manchen Schulen kann es der Fall sein, dass der Katholische Religionsunterricht – gerade in der 3. Jahrgangsstufe, in der auch die Kommunionvorbereitung stattfindet – von GemeindereferentInnen, PastoralreferentInnen oder dem Pfarrer der Ortsgemeinde erteilt wird, so dass die Lehrkraft nur eingeschränkte Möglichkeiten hat, das Fach Katholische Religionslehre überhaupt zu unterrichten. Abschließend wird gefragt, in welchen Jahrgangsstufen im Rahmen des Katholischen Religionsunterrichts bereits ein Unterrichtsgang in die Kirche unternommen wurde. So bekommt die Forscherin einen ersten Eindruck davon, welche unterrichtspraktischen Erfahrungen mit außerschulischem Lernen im Kirchenraum vorliegen. Ziel des Kurzfragebogens ist also nicht, quantifizierbares Datenmaterial zu genieren. Vielmehr helfen die Angaben der Forscherin, bereits vor dem Treffen einen ersten Eindruck vom Interviewpartner zu bekommen. Es wird bewusst darauf verzichtet, konkrete Informationen zur Durchführung der Unterrichtsgänge einzuholen, da dies ausschließlich im vom Prinzip des Dialog-Konsenses geleiteten Interview erfolgen soll. Die Angaben, in welcher Jahrgangsstufe bereits Unterrichtsgänge in den Kirchenraum durchgeführt wurden, dienen für die Forscherin als Anhaltspunkt, wie sie beim Interview den ersten Erzählimpuls setzt und die Phase der allgemeinen Sondierung einleitet. Das Interview selbst beginnt nach der Begrüßung mit der Einleitung. Hier berichtet die Forscherin zunächst kurz über ihren eigenen biographischen Hintergrund: Studium des Grundschullehramtes an der Universität Würzburg, Referendariat im Studienseminar Würzburg sowie die aktuelle Forschungstätigkeit an der Universität Siegen. Sie informiert die Lehrkraft über ihr Forschungsinteresse und stellt heraus, dass sie an ihren Innenansichten als ExpertIn interessiert ist, es aber nicht darum geht, ihre Äußerungen zu bewerten oder über das Gelingen ihrer unterrichtspraktischen Arbeit zu urteilen. Wie ausführlich diese Informationen gestaltet werden, hängt vor allem davon ab, inwieweit diese bereits beim Telefonat zur Kon-
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taktaufnahme angesprochen wurden. Die Forscherin skizziert für die Lehrkraft kurz den Ablauf des Interviews und stellt heraus, dass sich dieses nicht in einem FrageAntwort-Spiel, sondern als offenes Gespräch entwickeln soll, dessen inhaltliche Schwerpunktsetzung vom Interviewten bestimmt wird. Sie verweist aber auch auf den Leitfaden und dass sie sich vorbehält, an entsprechender Stelle in den Gesprächsfluss einzuhaken. In dieser Phase der Einleitung besteht für die Religionslehrkraft auch die Gelegenheit, für sie noch offene Fragen über den Ablauf des Interviews zu stellen. Da bis zu diesem ersten Treffen der Kontakt nur per Telefon erfolgt, dient diese Phase auch einem ersten Kennenlernen und Vertraut-Werden miteinander. Das eigentliche Interview beginnt mit der vorformulierten Einleitungsfrage. Hier bezieht sich die Forscherin auf den Kurzfragebogen und in welcher Jahrgangsstufe bzw. welchen Jahrgangsstufen von der Lehrkraft bereits Unterrichtsgänge realisiert wurden. Es folgt die Bitte, einen der Unterrichtsgänge, der gedanklich noch präsent ist, ausführlich darzustellen. Die Frage ist so formuliert, dass die Lehrkraft die Schwerpunkte in der sich nun anschließenden Erzählung frei wählen kann. Der Hauptteil des Interviews gliedert sich in fünf Themenbereiche: I. Bestimmungsmerkmale Unterrichtsgang, II. Lernvoraussetzungen und Zielvorstellungen, III. Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung, IV. Chancen und Probleme, V. Motivationale Orientierungen. Grundlage für die Formulierung der Leitfragen sind die in Kapitel 2 dargestellten Charakteristika der Lernortpädagogik und Kirchenraumpädagogik sowie die getroffenen theoretischen Vorannahmen über die Bestandteile des Expertenwissens der Lehrpersonen zum außerschulischen Lernen. Unter I. Bestimmungsmerkmale Unterrichtsgang fallen Gesprächsimpulse, die die Beziehung zwischen schulischem und außerschulischem Lernen thematisieren und die Frage, ab wann Kirchenraumbesuche von den Lehrpersonen als Unterrichtsgang angesehen werden. Bei den II. Lernvoraussetzungen und Zielvorstellungen werden die Lehrkräfte danach befragt, wie sie die Voraussetzungen der Grundschulkinder für das Lernen im Kirchenraum einschätzen, den Lernprozess vor Ort erleben und welche Zielvorstellungen sie mit einem Unterrichtsgang verbinden. Hier interessiert sich die Forscherin auch für die allgemeinen Zielvorstellungen der Lehrpersonen in ihrem Religionsunterricht. Den größten Fragenkomplex bildet III. Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung. Dieser Bereich fokussiert den Kern des Lehrerhandelns und fragt, was genau bei einem Unterrichtsgang in den Kirchenraum von den Lehrpersonen zum Thema gemacht wird und wie sie diesen methodisch ausgestalten. Dabei werden auch Spezifika der Lernortpädagogik angesprochen, etwa der Einbezug von ExpertInnen. Wie beim vorherigen Fragenkomplex wird auch hier der Fokus geöffnet und nach umgesetzten Methoden und Prinzipien der Gestaltung des eigenen Katholischen Religionsunterrichts gefragt. Der Themenbereich IV. Chancen und Probleme thematisiert Möglichkeiten, aber auch Grenzen und Problemfelder von Unterrichtsgängen in den Kirchenraum. Der Themenbereich V. Mo-
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tivationale Orientierungen fragt nach den Gefühlen und Stimmungen, die die Lehrkräfte mit einem Unterrichtsgang verbinden sowie der Einschätzung ihrer eigenen pädagogischen und fachlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet des außerschulischen Lernens. Zum Abschluss wird die Lehrkraft gebeten, noch fehlende Aspekte oder für sie offene Themenfelder anzusprechen. Insgesamt besteht der Hauptteil aus 33 Leitfragen, wobei der Komplex III. Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung mit insgesamt 16 Fragen die meisten auf sich vereint. Die einzelnen Fragen im Leitfaden werden vollständig ausformuliert. Die Mehrzahl der Fragen wird noch einmal durch mehrere Sub-Fragen spezifiziert. Ziel ist es nicht, die einzelnen Fragen wortgenau zu stellen, sondern durch die Ausformulierung und Ausdifferenzierung von vorneherein einen belastbaren thematischen Rahmen für das Interview bereitzustellen. Im Interview selbst handhabt die Forscherin diesen Leitfaden flexibel. Die fünf Themenbereiche geben also nicht die chronologische Anordnung der einzelnen Fragen im Interviewverlauf wieder, vielmehr orientiert sich ihre Abfolge an Ablauf und Strukturierung des Interviews, wie sie durch die Lehrkraft selbst vorgenommen wird. Außerdem behält sich die Forscherin vor, spontan vertiefende Fragen zu entwickeln, falls es die Ausführungen der InterviewpartnerInnen nahelegen. So dienen die Sub-Fragen vor allem der Orientierung, wo solche tiefergehenden Nachfragen möglich sind. Der Übergang von erzählungsgenerierenden zu verständnisgenerierenden Kommunikationsstrategien wird bei jedem Interview individuell und spontan festgelegt. Um möglichst realitätsnahe und unterrichtspraktische Stellungnahmen zu erhalten, wird der Leitfaden durch Fallbeispiele aus der Unterrichtspraxis ergänzt. Diese sind alle im Themenbereich III. Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung verortet. Die Fallbeispiele werden der Lehrkraft in gedruckter Form präsentiert und diese liest sie selbstständig durch, wobei jeweils drei Fallbeispiele thematisch ähnlich ausgerichtet sind und deshalb gleichzeitig besprochen werden. In den ersten drei Fallbeispielen (A1 – A3) ist jeweils die inhaltliche Ausrichtung eines Unterrichtsganges aus der Perspektive einer Religionslehrkraft beschrieben. Das erste Fallbeispiel bezieht sich auf einen kunsthistorisch ausgerichteten Kirchenraumbesuch (A1 – Kunsthistorisch), das zweite Fallbeispiel beschreibt die Begegnung mit der Kirche als Gottesdienstraum (A2 – Liturgisch), das dritte die Erschließung der besonderen Raumatmosphäre mit den SchülerInnen (A3 – Spirituell-auratisch). Die Lehrperson wird gebeten, diese drei inhaltlichen Ausrichtungen eines Kirchenraumbesuchs zu kommentieren und mit ihren eigenen unterrichtspraktischen Vorstellungen für außerschulisches Lernen abzugleichen. Drei weitere Fallbeispiele schildern das Verhalten eines oder mehrerer Kinder während eines Unterrichtsganges in die Kirche (B1 – B3). Das erste Fallbeispiel beschreibt eine Situation, bei der SchülerInnen im Rahmen eines Erkundungsauftrages alleine den Altarraum betreten (B1 – Im Altarraum). Das zweite Fallbeispiel handelt von einem Kind, das sich – um ein Deckengemälde abmalen zu können – auf die Kirchenbank legt (B2 – Auf der Bank).
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Das letzte Beispiel erzählt von einem Schüler, der beim Aufenthalt im Altarraum gerne die Sakristeiglocke läuten würde (B3 – Sakristeiglocke). Die Lehrperson wird darum gebeten, ihre Reaktion in diesen drei Situationen zu erläutern. Die Fallbeispiele zum Verhalten im Kirchenraum sind so formuliert, dass es – sowohl aus pädagogischer als auch aus theologischer Perspektive – keine eindeutige Antwort gibt. Vielmehr sind diese Beispiele dazu geeignet, die Vorstellungen der Lehrkräfte, welches Verhalten am außerschulischen Lernort zugelassen werden darf und wie tolerant sie der unterrichtlichen Nutzung eines heiligen Raumes gegenüberstehen, näher zu beleuchten. Analog zu den Leitfragen werden die Fallbeispiele flexibel und je nach individuellem Gesprächsverlauf an einer beliebigen Stelle im Interview eingesetzt. Mit der Einbeziehung von Fallbeispielen in den Leitfaden folgt das forschungsmethodische Vorgehen einer Anregung des FST (vgl. Scheele & Groeben 1988: 35; Christmann & Groeben 1990: 5), sollen die Subjektiven Theorien doch möglichst realitätsnah rekonstruiert werden. Dieses Vorgehen findet auch bei der Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen bereits Anwendung (z.B. Scharlau & Wiescholek 2013). 4.3.3 Aufzeichnung und Transkription der Interviews Unmittelbar nach dem Interview füllt die Forscherin ein Gesprächsprotokoll aus, in dem sie neben Rahmendaten (befragte Person, Datum und Uhrzeit, Ort, aktive Interviewzeit) den Eindruck zur Gesprächsatmosphäre (z.B. persönlicher Austausch neben dem Interview, Eindruck vom Vertrauensverhältnis), den Umgang der Lehrkraft mit den Fragen (z.B. Generierung von Erzählsequenzen, Auskunftsfreude, Umgang mit Verständnis- und Konfrontationsfragen) sowie Auffälligkeiten bzw. Zwischenfälle (z.B. Störungen, Unterbrechungen) festhält. Die Angaben dienen zum einen dazu, sich bei der Transkription die konkrete Interviewsituation noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, aber auch, um beim zweiten Treffen zur Erstellung des Struktur-Lege-Bildes unmittelbar eine Einschätzung für die Gesprächsfähigkeit der Lehrkraft parat zu haben. Die Aufzeichnung des Interviews erfolgt mit einem digitalen Aufnahmegerät, damit sich die Forscherin voll auf das Gespräch konzentrieren kann und keine schriftlichen Aufzeichnungen während des Interviews erforderlich sind. Zur Sicherheit läuft ein zweites Aufnahmegerät mit. Die Aufzeichnung beginnt nach der informellen Begrüßung und endet nach der Beantwortung der Abschlussfrage. Die Lehrperson wird im Vorfeld über die Aufzeichnung des Gesprächs und die Anonymisierung der Daten informiert, die beiden Aufnahmegeräte sichtbar auf einem Tisch in der Nähe der Gesprächssituation platziert.
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Das Interview selbst wird möglichst zeitnah nach dem Treffen – in der Regel an einem der darauffolgenden Tage – transkribiert. Grundlage dafür sind die Transkriptionsregeln nach DRESING und PEHL (vgl. 2012: 20 ff.). Es wird wörtlich transkribiert, nicht lautsprachlich oder zusammenfassend. Umgangssprache (z.B. Wortverschleifungen) werden an das Schriftdeutsch angeglichen. Dialektal geprägte Ausdrücke werden beibehalten. Wort- und Satzbrüche werden ebenfalls beibehalten und im Transkript mit einem Querstrich gekennzeichnet. Auch Wortdoppelungen werden in das Transkript aufgenommen. Die Interpunktion wird zugunsten der Lesbarkeit geglättet, bei kurzem Senken der Stimme oder eineindeutiger Betonung wird eher ein Punkt als ein Komma gesetzt. Pausen werden durch Auslassungspunkte in Klammern markiert, wobei zwischen kurzen Pausen unter drei Sekunden (ein Punkt in Klammern) und Pausen, die länger als drei Sekunden andauern (drei Punkte in Klammern), differenziert wird. Verständnissignale der Forscherin („hm“, „ja“), die im Redefluss des Befragten geäußert werden, werden nicht transkribiert. Besonders betonte Wörter werden durch Großschreibung gekennzeichnet. Zitieren die UntersuchungspartnerInnen andere Personen (z.B. SchülerInnen, KollegInnen) oder sich selbst (z.B. beim Stellen eines Arbeitsauftrages während des Unterrichts) und deuten dies durch eine Veränderung ihrer Stimme an, wird das entsprechende Zitat in Anführungszeichen gesetzt. Jeder Sprecherbeitrag erhält einen eigenen Absatz, wobei Redebeiträge der Forscherin mit „I“, die Beiträge der UntersuchungspartnerInnen mit den Initialen aus Vor- und Nachnamen gekennzeichnet werden. Emotionale Äußerungen (z.B. Lachen, Seufzen, Luft einziehen) werden in Klammern notiert. Soweit aus der Erinnerung rekonstruierbar, werden für das Gespräch als bedeutsam erachtete Gesten (z.B. Zeigebewegungen) und Mimiken (z.B. Stirnrunzeln) der Lehrperson im Transkript festgehalten. Das Transkript selbst wird als Word-Dokument gespeichert und mit einer durchgehenden Zeilenzählung versehen.
4.4 ANALYSE
UND
AUFBEREITUNG
DER I NTERVIEWS
Das Interview ist die erste Phase der Datenerhebung, um Zugang zu den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen zu erhalten. Die Analyse des Interviews stellt – konform zum idealtypischen Vorgehen des FST – einen analytischen Zwischenschritt dar, um die Inhalte zu gewinnen, die in der Legesitzung schließlich von den Lehrkräften in einem Struktur-Lege-Bild angeordnet werden (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 154). Dieser analytische Zwischenschritt wird in der vorliegenden Studie in zwei Teilschritten angelegt. Zunächst wird das Datenmaterial der Interviews in Anlehnung an die zusammenfassende Inhaltsanalyse nach MAYRING (2000; 2015) komprimiert (Kap. 4.4.1). Dabei wird jedes Interview als eigenständige Auswertungseinheit betrachtet, an dem vier Analyseschritte vollzogen
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werden. Das Resultat der Analyse ist die Bildung immanenter Kategorien. Die Gestaltung der Inhaltskarten steht außerhalb der zusammenfassenden Inhaltsanalyse und stellt einen eigenständigen Bearbeitungsschritt dar (Kap. 4.4.2). Grundlage dafür sind die aus dem jeweiligen Interview gewonnen Kategorien. Jede Kategorie wird in eine Inhaltskarte überführt, wobei für die Beschriftung der Karten der Originalton der Lehrperson aus dem Interview das maßgebende Orientierungsprinzip ist. Das Ergebnis dieser beiden Arbeitsschritte sind ca. 100 Inhaltskarten pro Interview. 4.4.1 Zusammenfassende Inhaltsanalyse Als Auswertungsverfahren für das Interview entscheidet sich die Forscherin für die qualitative Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 2000; Mayring 2015), die sich bereits in vorherigen Studien zu Subjektiven Theorien von Lehrpersonen bewährt hat (z.B. Merz-Atalik 2001; Guder 2002; Warneke 2007; Förster 2008). Für die vorliegende Arbeit findet das Verfahren der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach MAYRING Anwendung, in der das Textmaterial auf Kategorien reduziert wird (vgl. 2015: 69 ff.). Dabei orientiert sich die Arbeit an den grundlegenden Schritten der zusammenfassenden Inhaltsanalyse: 1) Bestimmen der Kodiereinheit, 2) Paraphrasierung, 3) Generalisierung, 4) Kategorienbildung. Das Vorgehen der einzelnen Analyseschritte wird im Folgenden erläutert und anhand konkreten Datenmaterials aus der Vorstudie mit der Lehrkraft KR veranschaulicht. Im Rahmen dieser Ausführungen wird auch deutlich, wann der zunächst induktive Umgang mit dem Datenmaterial von einem deduktiven Vorgehen abgelöst wird. Bei der Analyse wird jedes Interview für sich betrachtet und stellt eine eigenständige Auswertungseinheit dar. Das Bestimmen der Kodiereinheit, die Generalisierung sowie die Paraphrasierung erfolgen innerhalb der Word-Datei, in der das Interviewtranskript angelegt ist. Für den Schritt der Kategorienbildung wird in das Programm MaxQDA gewechselt. So ist es technisch möglich, die jeweils einer Kategorie zugeordneten Kodiereinheiten inklusive ihrer Paraphrasen und Generalisierungen simultan anzuzeigen und während des gesamten Prozesses der Kategorienbildung immer wieder deren Stimmigkeit zu überprüfen. 1) Bestimmen der Kodiereinheit: Eine Kodiereinheit stellt einen eigenständigen Sachverhalt dar, der von der Lehrperson selbst geäußert wurde. Ein Sachverhalt gilt dann als eigenständig, wenn er eine in sich geschlossene Sinneinheit bildet, die nicht weiter differenziert werden kann. Die Sinneinheit ist eigenständiger Träger eines Sachverhaltes der Subjektiven Theorie der Lehrkraft. In der Regel ist die Kodiereinheit ein vollständiger Satz: Beispiele für Kodiereinheiten Ja gut, die Schule war halt direkt neben dem Kirchenzentrum. (KR, Z. 17)
108 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Und von daher war ich nicht oft, aber doch immer wieder mal in der Kirche gewesen. (KR, Z. 18)
Eine Kodiereinheit kann auch aus mehreren Sätzen bestehen, wenn diese nur eine Sinneinheit darstellen. Das gilt insbesondere für Beispiele, wenn sie vom Interviewpartner als Veranschaulichung eines bereits von ihm selbst thematisierten Sachverhaltes herangezogen werden. Auch Bewertungen, die die Lehrperson im Interview äußert, werden mit dem vorausgegangenen Sachverhalt als eine Sinneinheit verstanden, sofern die Bewertung den Sachverhalt lediglich qualifiziert, also keinen zweiten Sachverhalt zufügt. Schließlich werden auch Reaktionen der Lehrkraft auf klärende Nachfragen der Forscherin zusammen mit dem Sachverhalt, auf den sich die klärende Nachfrage bezieht, als eine Kodiereinheit begriffen, wenn die Nachfrage zur Präzisierung des Sachverhalts beiträgt, ohne diesen Sachverhalt inhaltlich weiterzuentwickeln. Beispiele für Kodiereinheiten, die aus mehreren Sätzen bestehen Also da halt dann ganz bewusst auch immer, immer so eine religiöse Gebetseinheit drin. Ohne das gar nicht. (KR, ZZ. 96-97) Ja, also einmal das, was in allen Kirchen gleich ist. Was ich auch wiedererkenne, auch wenn ich in eine Kirche gehe im Ausland, die mir völlig fremd ist, sehe ich doch, aber das ist alles da, das Zentrum, der Altarraum zum Beispiel, der Altar, Tabernakel, des Kreuz, das Ewige Licht, ja, was da im Zentrum ist. (KR, ZZ. 209-213) Langfristig ist für mich das wichtigste, dass die Kinder Vertrauen lernen. Dass sie in ihrem Leben, EGAL was ist, nicht alleine sind, (KR, ZZ. 189-190) aber immer mit Vorsicht. Also dass den Kindern der Unterschied zwischen einem Klassenraum und einem Kirchenraum klar bleibt. I: Also dass denen auch klar ist, das ist jetzt nicht der normale Religionsunterricht. KR: Ja genau. (KR, ZZ. 86-89)
Eine Kodiereinheit muss kein syntaktisch vollständiger Satz sein, sondern kann auch ein Nebensatz sein oder nur aus wenigen Worten bestehen. Das ist immer dann der Fall, wenn ein syntaktisch vollständiger Satz mehrere Sinneinheiten enthält. So etwa wird der folgende Satz in vier Kodiereinheiten unterteilt. Beispiel für mehrere Kodiereinheiten innerhalb eines Satzes Also einmal, nicht nur, um jetzt wirklich da Unterricht zu machen (KR, ZZ. 1819) sondern ganz viel, einfach um da auch Stille zu erfahren (KR, ZZ. 19-20) oder zu singen, (KR, Z. 20) zu beten. (KR, Z. 20)
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2) Paraphrasierung: Eine Paraphrase bezieht sich auf eine Kodiereinheit und gibt den thematischen Kern dieser Einheit wieder. Ihr Ziel ist es, die zentrale Aussageabsicht der von der Religionslehrkraft geäußerten Sinneinheit klar herauszuarbeiten. Eine Paraphrase wird als eigenständiger Satz oder Teilsatz formuliert, wobei er sich sprachlich weitgehend an der Formulierung und damit dem O-Ton der Lehrkraft orientiert. Zentrale Begriffe werden beibehalten, ausschmückende Textbestandteile um der Klarheit der Kernaussage willen weggelassen. Beispiele werden verallgemeinernd dargestellt und umgangssprachliche Wendungen auf allgemein verständliche Begriffe gebracht. Die Paraphrase stellt damit einen ersten Schritt der Abstraktion vom Originalton des Interviews dar. Beispiele für Paraphrasen Kodiereinheit Vielleicht kann ich da in der Kirche sehen, wie zeigt sich denn da die Pfarrgemeinde. Vielleicht gibt es ja auch eine besondere Gestaltung durch irgendwelche Gruppen, die ich mir angucken kann. (KR, ZZ. 366-368). Aber halt dann, einfach auf diesem Weg in die Kirche schon ja einfach Zick-Zack gelaufen sind (KR, ZZ. 4748)
Paraphrase in der Gestaltung des Kirchenraumes zeigt sich den Kindern die Pfarrgemeinde
schon auf dem Weg in die Kirche können sich die Kinder nicht an Regeln halten
Ja, also ich habe das grundsätzlich Unterrichtsgang nur bei entsprechennur mit Klassen gemacht, die halt von der Disziplin realisiert der Disziplin her einigermaßen o.k. waren. Dass das funktioniert hat. (KR, ZZ. 24-25)
Die Regel, dass eine Paraphrase als eigenständiger Teilsatz formuliert wird, gilt auch dann, wenn die Kodiereinheit lediglich aus wenigen Worten besteht. In diesem Fall wird die Paraphrase aus dem entsprechenden Kontext, in dem die Kodiereinheit vom Befragten verwendet wird, so weit rekonstruiert, dass der volle Aussagesinn der Kodiereinheit in der Paraphrase nachvollzogen werden kann. Beispiel für die Bildung einer Paraphrase aus einer kurzen Kodiereinheit Kodiereinheit Paraphrase zu beten. (KR, Z. 20) in den Kirchenraum gehen, um dort zu beten
3. Generalisierung: Im nächsten Analyseschritt werden die Paraphrasen in Generalisierungen überführt. Ziel dieses Schritts ist die Umwandlung der Paraphrase in schlagwortartige Begriffe, die den zentralen Gehalt der ursprünglichen Aussage re-
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präsentieren. Anhand dieser Generalisierungen können dann in einem folgenden Schritt gegenstandsähnliche Aussagen der interviewten Person erkannt und zusammengefasst werden. Dazu wird für die Generalisierung festgelegt, dass sie aus möglichst allgemeinen Aussagen zur Thematik des außerschulischen Lernens im Kirchenraum besteht. Eine Generalisierung zeichnet sich demnach in zweifacher Weise aus. Zum einen kann aus ihr nicht mehr die konkrete Situation erschlossen werden, in der sie von der Lehrkraft geäußert wurde, zum anderen verweist sie bereits auf Begrifflichkeiten aus dem schulpädagogischen und religionspädagogischen Diskurs. Erstmals in der Analyse wird hier das rein induktive Vorgehen verlassen und es werden in einem deduktiven Vorgehen aus (Grund-)Schulpädagogik und Religionsdidaktik abgeleitete Fachbegriffe zur Spezifizierung der Kategorie genutzt, auch wenn diese nicht von der Lehrkraft selbst im Interview verwendet wurden. Betont sei an dieser Stelle, dass die Subjektive Theorie zwar die grundlegende Perspektive für die Formulierung der Generalisierung bildet, jedoch noch nicht deren konstitutives Orientierungsmoment. Inhaltlich wird die Generalisierung analog zur Paraphrase so gestaltet, dass sichtbar bleibt, in welchem Zusammenhang der Sachverhalt von der Lehrkraft im Interview gebraucht wurde. Syntaktisch wird die Generalisierung nicht als eigenständiger Satz oder Teilsatz formuliert, sondern besteht nur noch aus wenigen Begriffen. Beispiele für Generalisierungen Kodiereinheit Paraphrase und dann halt auch in der Kinder rennen in der Kirche rumgerannt sind (KR, Kirche herum Z. 48) zu beten. (KR, Z. 20) in den Kirchenraum gehen, um dort zu beten Ein Ort der Stille, besonders die alten Kirchen, die ja dann auch wirklich in einer turbulenten Stadt einen Raum der Stille bieten. (KR, ZZ. 133134)
der Kirchenraum ist ein Ort der Stille, besonders in turbulenter Umgebung
Generalisierung Disziplinprobleme in der Kirche: rennen praktische Umsetzung: beten Kirchenraum als Raum der Stille
Auf der Analyseebene der Generalisierung werden die Sinneinheiten bereits mit Blick auf die Kategorienbildung interpretiert. Hier ist es möglich, dass sich innerhalb eines Sachverhaltes verschiedene Gegenstände des theoretischen Diskurses zum außerschulischen Lernen finden. Besonders häufig ereignet sich dies bei Sachverhalten, die Äußerungen zur methodischen Umsetzung fassen. Hier wird vermutet, dass hinter dem methodisch-didaktischen Wissen ein Fachwissen steht. Ist das der Fall, so wird die entsprechende Kodiereinheit durch zwei Generalisierungen
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wiedergegeben. Mit dieser Doppelung wird das Ablaufmodell der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach MAYRING verlassen. In diesem Analyseschritt finden sich Grundgedanken einer objektiv-hermeneutischen Zugangsweise. Auf der Basis des Akteurswissens lassen sich latente Sinnstrukturen finden. Dieses implizite Wissen ist dem Interviewpartner reflexiv nicht ohne weiteres zugänglich (vgl. Oevermann 2002: 1; Bohnsack, Nentwik-Gesemann & Nohl: 2007: 11), wird aber durch die Doppelung in der Generalisierung versucht aufzudecken. Beispiel für die Bildung von zwei Generalisierungen aus einer Kodiereinheit Kodiereinheit Paraphrase Generalisierung Dass hier schon ganz viele Kinder sollen erken- Ziel: Raum der BezieMenschen waren, die mit nen, dass Menschen hung zu Gott (gemäß ihrem Leid, ihrem Kummer, sich seit jeher im Tradition) ihrer Freude das hier einfach Kirchenraum mit Funktion: Kirchenraum Gott gesagt haben. (KR, ZZ. ihren Gefühlen an als Raum der Bezie163-165) Gott wenden hung zu Gott (gemäß Tradition)
4. Reduktion der Generalisierungen durch Kategorienbildung: Im nächsten Schritt werden Generalisierungen mit gleichem oder ähnlichem Inhalt zusammengefasst und so in eine neu konstruierte Kategorie überführt. Mit diesem Schritt wird das Datenmaterial systematisch reduziert. Da das Interview als Ganzes eine Auswertungseinheit bildet, können sich solche Generalisierungen über das gesamte Interview verstreut finden. Die Kategorienbildung findet ausschließlich innerhalb der Auswertungseinheit statt, so dass die erzeugten Kategorien als „immanente Kategorien“ bezeichnet werden. Die Generalisierungen werden an den (grund)schulpädagogischen und religionsdidaktischen Diskurs um außerschulisches Lernen rückgebunden und entsprechend der sich dort vorfindlichen thematischen Schwerpunkte zusammengefasst. Am Ende gilt es zu prüfen, ob alle ursprünglichen Kodiereinheiten im Kategoriensystem inhaltlich angemessen repräsentiert werden. Dies ist dann der Fall, wenn mit Rückgriff auf den theoretischen Diskurs die Kodiereinheit die Kategorie selbst oder aber eine Konkretisierung der Kategorie darstellt. Durch die Kategorienbildung wird das Datenmaterial weiter reduziert. Sie schließt die zusammenfassende Inhaltsanalyse ab.
112 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Beispiel für immanente Kategorie Kodiereinheit
Paraphrase
Generalisierung
Also beim Unterrichtsgang, da mache ich halt eine Vorbereitung (KR, Z. 27) Also zum Beispiel hatten wir so vorher in der Schule erarbeitet, welche Gegenstände gibt es denn da, also welche Objekte einfach (KR, ZZ. 34-35) Und ich mache das auch so, dass ich Gegenstände dann erst vorher bespreche. „Was gibt es denn so?“ Wenn ich da irgendwie ein Bild von einer Kirche habe. (KR, ZZ. 414-416) sowas dann anzuschauen, was ich durchgenommen habe, und dann wiederzuerkennen dort, wie ist es da gestaltet. (KR, ZZ. 374-375)
ich mache Integration in die eine Vorberei- U-Sequenz: Vortung bereitung
Gegenstände werden vorher im Unterricht erarbeitet
Integration in die U-Sequenz: Vorbereitung im Klassenzimmer
Gegenstände werden erst im Unterricht besprochen
Integration in die U-Sequenz: Vorbereitung im Klassenzimmer
Themen, die im RU besprochen wurden, können die Kinder in der Kirche erkennen
Integration in den RU: Wiederaufnahme von Themen
immanente Kategorie
Vorbereitung des Unterrichtsganges im Religionsunterricht
4.4.2 Gestaltung der Inhaltskarten Nach der Kategorienbildung innerhalb des einzelnen Interviews liegt ein umfassender und strukturierter Überblick über die in der Subjektiven Theorie der Lehrkraft enthaltenen Sachverhalte vor. Damit ist die Ausgangskonstellation für die Formulierung der Inhaltskarten gegeben, anhand welcher die Lehrkraft ihre Subjektive Theorie in der Struktur-Lege-Sitzung optisch sichtbar macht. An die extrahierten Inhalte für die Karten stellt sich eine doppelte Anforderung: Erstens müssen diese für die Lehrkraft verständlich formuliert werden. Zweitens müssen sie die für die Subjektive Theorie entscheidenden Inhalte wiedergeben. Die Übernahme der immanenten Kategorien auf die Inhaltskarten erscheint deshalb aus
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zwei Gründen als wenig geeignet. Zum einen sind die Kategorien sprachlich bereits so abstrakt formuliert, dass für die Lehrkraft der Verwendungskontext nicht mehr unmittelbar ersichtlich sein könnte. Zum anderen stellen sie die Inhalte der Subjektiven Theorie bereits sehr stark reduziert dar. Einzelne für die Lehrkraft relevante Sachverhalte könnten in der Kategorie aufgegangen sein und wären so für die Rekonstruktion der Theoriestruktur nicht mehr zugänglich. Deshalb hat die Forscherin entschieden, die entsprechenden Sachverhalte nicht durch schlagwortartige Begriffe, sondern in Sätzen oder Teilsätzen wiederzugeben. Die Formulierung dieser Sätze orientiert sich weitgehend am Original der Lehrkraft, wie er von ihr im Interview verwendet wurde. Sie wird – in Abgleich mit dem Interview – aus der IchPerspektive formuliert. In der vorliegenden Studie werden die für die StrukturLege-Sitzung generierten Karten auch nicht – wie im FST eigentlich üblich – als „Konzeptkarten“ (vgl. Scheele & Groeben 1988: 64), sondern als „Inhaltskarten“ bezeichnet. Durch die Art der sprachlichen Formulierung und die Veranschaulichung durch Beispiele wird die Ebene eines Konzepts verlassen. Auf einer Inhaltskarte wird jeweils eine Kategorie wiedergegeben. Zur Veranschaulichung für die Lehrkraft wird die jeweilige Kategorie durch die von ihr selbst im Interview angeführten Beispiele illustriert. Abkürzungen sind möglich, so lange diese gängig und nicht erklärungsbedürftig sind (z.B. „RU“ für „Religionsunterricht“). In der Regel finden sich auf den Inhaltskarten keine strukturellen Verbindungen.
114 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Beispiel für das Extrahieren einer Inhaltskarte GeneralisieKodiereinheit Paraphrase rung Also beim Unterich mache Integration in richtsgang, da ma- eine Vorbedie Uche ich halt eine reitung Sequenz: Vorbereitung (KR, Vorbereitung Z. 27) Gegenstände Integration in Also zum Beispiel werden vor- die Uhatten wir so vorher im Unter- Sequenz: her in der Schule erarbeitet, welche richt erarbei- Vorbereitung tet im KlassenGegenstände gibt zimmer es denn da, also welche Objekte einfach (KR, ZZ. 3435) Und ich mache das Gegenstände Integration in werden erst die Uauch so, dass ich Gegenstände dann im Unterricht Sequenz: Vorbereitung erst vorher bespre- besprochen im Klassenche. „Was gibt es zimmer denn so?“ Wenn ich da irgendwie ein Bild von einer Kirche habe. (KR, ZZ. 414-416) sowas dann anzu- Themen, die Integration in den RU: im RU beschauen, was ich Wiederaufsprochen durchgenommen wurden, kön- nahme von habe, und dann wiederzuerkennen nen die Kin- Themen der in der dort, wie ist es da gestaltet. (KR, ZZ. Kirche erkennen 374-375)
immanente InhaltsKategorie karte
Vorbereitung des Unterrichtsganges im Religionsunterricht
ich bereite den U-Gang im RU vor (z.B. Gegenstände besprechen)
Auf einigen Inhaltskarten ist eine strukturelle Verbindung angelegt. Dies ist dann der Fall, wenn zwei Inhalte untrennbar miteinander verbunden sind. Zwei Inhalte sind dann untrennbar miteinander verbunden, wenn sich ihr Sinn für den Leser durch das Darbieten eines einzelnen Inhalts nicht erschließen lässt. Die strukturelle Verbindung muss bereits im O-Ton von der Lehrkraft selbst angelegt worden sein. Sprachlich wird die strukturelle Verbindung in der Art gestaltet, dass keine Relationen verwendet werden, die sich im Wortlaut so auch auf den Strukturkarten finden. Eine semantische Ähnlichkeit ist aber möglich.
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Beispiel für eine strukturelle Verbindung auf einer Inhaltskarte Generalisie- immanente InhaltsKodiereinheit Paraphrase rung Kategorie karte Also wenn so etwas schönes Ge- gutes Gefühl dann bleibt bei fühl, wenn bei nachhaltiich freue Kindern, finde ich Kinder sich gem Lernen mich über das total klasdas merken positive den Lernse.(KR, ZZ. 489Gefühle prozess der 490) beim UnterKinder (z.B. Oder wenn sie dann schönes Ge- gutes Gefühl richtsgang Entdecken durch bebei Wiederfühl, wenn irgendwas entdevon biblicken, ein Bild. „Oh Kinder The- erkennen von obachtete schen GeLernproja, die kennen wir men aus dem Themen schichten zesse doch, die biblische RU wiederaus dem Geschichte.“ Oder erkennen RU) so. (KR, ZZ. 491492)
Die immanenten Kategorien werden in MaxQDA angelegt. Für die Gestaltung der aus einer Kategorie hervorgegangenen Inhaltskarte werden die dazugehörigen Kodiereinheiten inklusiver ihrer Paraphrase und Generalisierung herangezogen. So sind die hinter der Kategorie stehenden O-Töne für die Forscherin jederzeit zugänglich. Die Inhaltskarten selbst werden in einer Word-Datei erstellt und hier gleich in dem Format angelegt, in dem sie auch in der Legesitzung zum Einsatz kommen. Jede Inhaltskarte ist dabei – unabhängig vom Umfang ihrer Beschriftung – 7,5 cm x 3 cm groß. Die Inhaltskarten werden gedruckt, als Schriftart und -größe wird Arial 13 fett gewählt, so dass die Karte auch aus einiger Entfernung noch gut lesbar ist. Pro Interview werden ca. 100 Inhaltskarten extrahiert.
4.5 D IE „S IEGENER V ARIANTE “ DER S TRUKTUR -L EGE -S ITZUNG Nachdem die Inhalte des Interviews extrahiert und auf Inhaltskarten fixiert sind, findet mit der Lehrkraft ein zweites Treffen statt. Hier ordnen die UntersuchungspartnerInnen die Inhaltskarten für sich stimmig an, entwickeln strukturelle Verbindungen und erstellen mit dem Struktur-Lege-Bild das optische Abbild ihrer Subjektiven Theorie. Für die Struktur-Lege-Sitzung wählten alle Lehrkräfte den identischen Erhebungsort wie beim ersten Treffen. So fand mit fünf Lehrkräften die Legesitzung in ihrer privaten Wohnung, mit drei Lehrpersonen im Lehrerzimmer bzw. Dienstzimmer der Schule statt. Das Legebild wurde auf einem ausreichend großen Tisch erstellt. Seine Erstellung dauerte zwischen 85 und 125 Minuten. In einigen Sitzungen wurde auf Wunsch der Lehrkräfte spontan eine Kaffeepause gemacht.
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Da sich das im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelte Verfahren in entscheidenden methodischen Aspekten von bisherigen Verfahren innerhalb des FST sowie von deren Modifikationen innerhalb der schulischen Bildungsforschung unterscheidet, hat sich die Forscherin dazu entschlossen, diesem einen eigenen Namen zu geben. Im Folgenden wird es als „Siegener Variante“ bezeichnet.3 In Kapitel 4.5.1 werden zunächst die Legematerialien dargestellt, mit deren Hilfe die Lehrpersonen Struktur in ihre Inhaltskarten eintragen können. Neben den üblichen in Anlehnung an das FST vorgegebenen Strukturkarten stehen den Lehrkräften hier weitere Legematerialien (z.B. Blanko-Strukturkarten, farbiges Tonpapier, Wollfäden) zur Verfügung. Außerdem wird die Regel, dass jede Inhaltskarte durch eine Strukturkarte mit einer anderen Inhaltskarte in Verbindung steht, fallengelassen. Das Ergebnis ist eine Öffnung und Flexibilisierung des sowohl im FST als auch in bisherigen Studien zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen eher starr gehandhabten Reglements der Legesitzung. Kapitel 4.5.2 beschreibt, wie die Legesitzung in der „Siegener Variante“ konkret gestaltet wird. Die Forscherin moderiert diese in drei Phasen: Lesen und erste Gruppierung der Inhaltskarten, Erstellen des Legebildes durch die Lehrkraft, Kommentierung des Legebildes. In allen drei Phasen werden die Lehrpersonen dazu angeregt, durch lautes Denken ihre Legeversuche und -ergebnisse zu verbalisieren, so dass die Forscherin Einblicke in ihren Rekonstruktionsprozess erhält. Um bereits vorab einen Eindruck vom Ablauf der Legesitzung zu bekommen, erhalten die UntersuchungspartnerInnen am Ende des ersten Treffens ein kurzes Informationsschreiben über Ablauf und Ziel der Sitzung sowie einen Lege-Leitfaden, der in die Anwendung der Strukturkarten einführt. Informationsschreiben und Lege-Leitfaden befinden sich in Anhang B. Das Legebild selbst wird am Ende der Legesitzung in mehreren Schritten abfotografiert und schließlich mit Hilfe eines Grafikprogramms digitalisiert (Kap. 4.5.3). Eine weitere Innovation der „Siegener Variante“ ist das Festhalten der gesamten Legesitzung mittels Handkamera, so dass der Legeprozess in Ton und Bild im Legevideo dokumentiert ist (Kap. 4.5.4). In der „Siegener Variante“ stehen bei der Analyse der Subjektiven Theorien zwei Datenquellen zur Verfügung: Das Struktur-Lege-Bild, welches das Produkt der Struktur-Lege-Sitzung abbildet, und das Legevideo, welches den Konstruktionsprozess und damit die Genese der Subjektiven Theorie über alle drei Phasen der Legesitzung vollständig dokumentiert. Im Folgenden lässt die Forscherin auch bereits Praxiserfahrungen aus der Anwendung einfließen, insofern sie die Ausfüh3
Die „Siegener Variante“ der Erhebung und Rekonstruktion Subjektiver Theorien wird ausführlich beschrieben in: Kindermann, Katharina / Riegel, Ulrich (2016). Subjektive Theorien von Lehrpersonen. Variationen und methodische Modifikationen eines Forschungsprogramms [51 Absätze]. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17/2, Art. 1.
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rungen veranschaulichen und verständlich machen, ohne dass hier bereits eine ausführliche Methodenkritik der „Siegener Variante“ stattfindet. Diese erfolgt in Kapitel 6.2. 4.5.1 Legematerial Für die Struktur-Lege-Sitzung stehen den Lehrkräften neben den Inhaltskarten verschiedene Arten von Legematerialien zur Verfügung, mit deren Hilfe strukturelle Ordnung in die Inhalte eingetragen werden kann. Im Folgenden werden zunächst die vorgefertigten Strukturkarten vorgestellt, die jeder Lehrkraft in der Legesitzung zur Verfügung stehen. Blanko-Karten ermöglichen es den UntersuchungspartnerInnen außerdem, eigenständig strukturelle Verbindungen zu entwerfen. Farbiges Tonpapier und Wollfäden erweitern den Materialpool. Die Lehrkräfte erhalten ein Set aus sechs Strukturkarten, die aus dem alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiel (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992) entlehnt sind: „das ist / das heißt“, „Oberkategorie / Unterkategorie“, „zum Beispiel“, „führt zu“, „Voraussetzung für“ sowie „aber“. Die Anzahl wurde bewusst gering gehalten, um die UntersuchungspartnerInnen nicht mit einer Vielfalt an Optionen zu überfordern. Gleichzeitig schließt diese Reduktion der vorgegebenen strukturellen Verbindungen an eine gängig Praxis in der Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen an (z.B. Eichler 2007; Majer 2008). Die Strukturkarten werden in der „Siegener Variante“ in der Art gestaltet, dass sie im oberen Bereich der Karte ein Symbol zeigen (z.B. Pfeil, Gleichheitszeichen), im unteren Bereich die Versprachlichung der strukturellen Beziehung (z.B. „führt zu“, „das ist / das heißt“). Die strukturellen Verbindungen werden in ausreichender Menge als Kärtchen angefertigt und in einem Karteikasten aufbewahrt, so dass die Lehrkraft während der Erstellung des Legebildes jederzeit bequem darauf Zugriff hat. Je nach Art der abgebildeten Struktur haben die Karten ein Ausmaß von ca. 5 cm x 2,5 cm. Die Strukturkarten werden auf dezent farbiges Papier gedruckt, um sie innerhalb des Legebildes optisch von den Inhaltskarten abzuheben. Alle Strukturkarten werden in einheitlicher Farbe gestaltet. Zusätzlich zu den bereits beschrifteten Strukturkarten werden den Lehrkräften Blanko-Strukturkarten zur Verfügung gestellt. Die Eingrenzung auf nur sechs vorgegebene strukturelle Verbindungen bedeutet eine Einschränkung an Verknüpfungsmöglichkeiten, die so relativiert wird. Stellt die Lehrkraft fest, dass die angebotenen Strukturkarten ihrer aktuellen Legeidee nicht gerecht werden, hat sie die Möglichkeit, je nach individuellem Bedarf zu ergänzen. Dabei kann die Strukturkarte mit einem Wort, einem Symbol, oder einer Wort-Bild-Kombination versehen werden. Die „Siegener Variante“ schließt hier an eine bereits von HARRER (2015) entwickelte Praxis an, die ihren UntersuchungspartnerInnen ebenfalls Blanko-
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Strukturkarten zur Verfügung stellt. Ihre Erfahrung, dass diese Erweiterungsoption „von keiner einzigen Akteurin wahrgenommen“ (2015: 200) wurde, kann beim Einsatz der „Siegener Variante“ nicht bestätigt werden, lassen sich doch in nahezu jedem Legebild solch individuell gestaltete Strukturkarten finden. Neben den vorgefertigten Strukturkarten sowie den Blanko-Strukturkarten erhalten die Lehrkräfte weitere Materialien wie farbige Karten und Wollfäden, um Strukturen im Legebild optisch hervorheben zu können. Hier handelt es sich um eine methodische Innovation im Rahmen des FST, die so bislang noch nicht praktiziert wurde. Dieses zusätzliche Material eröffnet den UntersuchungspartnerInnen weitere Möglichkeiten, ihre subjektive Logik im Legeprozess auszudrücken. Neben den logischen Operatoren der Strukturkarten und dem Raum, in den hinein sie das Struktur-Lege-Bild entfalten, haben sie nun weitere optische Strukturierungshilfen zur Verfügung. So nutzen viele Lehrpersonen die farbigen Karten, um gelegte Strukturen mit einer Überschrift zu bündeln, und die Wollfäden, um aus mehreren Karten bestehende Bereiche im Legebild zu definieren oder unterschiedliche Bereiche miteinander in Beziehung zu setzen. Obwohl es sich hierbei um ein fakultatives Angebot handelt, haben alle Lehrkräfte dieses in Anspruch genommen. Es gibt kein Legebild, das diese optischen Strukturierungshilfen nicht aufweist. Nach den Erfahrungen der Vorstudie wird außerdem darauf verzichtet, alle Inhaltskarten mittels Strukturkarten miteinander in Verbindung zu setzen. So ist es möglich, auch eine hohe Anzahl an Inhaltskarten – in der vorliegenden Studie wurden pro Interview ca. 100 Karten generiert – in das Legebild zu integrieren. Die mögliche Alternative, die Anzahl der extrahierten Inhaltskarten zugunsten einer größeren Betonung der Struktur selbst zu reduzieren (vgl. Eichler 2007) bzw. durch die Lehrkräfte im Dialog-Konsens reduzieren zu lassen (vgl. Merz-Atalik 2001), wird verworfen, da sie zu einem Informationsverlust des Legebildes führt. Die hohe Anzahl an Inhaltskarten, die nicht mehr alle strukturell verbunden werden müssen, führt zu einem Anlegen in Gruppen. Diese Anordnung von inhaltlich nahe beieinander liegenden Inhaltskarten in größere Gruppen ermöglicht wiederum einen Einblick in die subjektive Organisationslogik der Lehrkräfte. 4.5.2 Ablauf der Legesitzung Die Legesitzung selbst wird durch die Forscherin so moderiert, dass die UntersuchungspartnerInnen drei Phasen durchlaufen. In Variation zum idealtypischen Vorgehen des FST, das zunächst eine inhaltliche Validierung der Inhaltskarten und anschließend die Rekonstruktion der Theoriestruktur vorsieht (vgl. Scheele & Groeben 1988: 63 ff.), mischen sich in der „Siegener Variante“ in jeder der drei Legephasen inhaltliche und strukturelle Rekonstruktionsmomente. Während aller drei Phasen werden die Lehrkräfte dazu angehalten, ihre Gedanken zu den Legeversu-
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chen und -ergebnissen zu verbalisieren und so den Legeprozess sowie das fertige Legebild für die Forscherin bestmöglich verständlich zu machen. Leitendes Kommunikationsprinzip ist der Dialog-Konsens (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992: 152 ff.). So fragt die Forscherin nach, wenn die optisch repräsentierten Beziehungsgefüge für sie nicht eindeutig klar sind, weist auf Widersprüchlichkeiten hin oder bietet – etwa beim missverständlichen Einsatz von Strukturierungshilfen – Alternativen an. Oberste Maxime dabei ist, ein Struktur-Lege-Bild zu erzeugen, das für die Lehrkraft am Ende der Sitzung ihre Subjektive Theorie so gut es geht und für sie zufriedenstellend optisch repräsentiert. Jede Lehrkraft erhält die individuell aus ihrem Interview extrahierten Inhaltskarten, lediglich eine im Vergleich zu den anderen Karten deutlich größer gestaltete sog. „Fixkarte“ mit der Aufschrift „Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht“ ist für alle Lehrkräfte vorgegeben. Diese Fixkarte ist während der gesamten Legesitzung auf dem Tisch optisch präsent und soll die Lehrpersonen daran erinnern, die Inhaltskarten mit Blick auf ihre Passung zur Fragestellung zu prüfen. In der ersten Phase der Legesitzung erhalten die UntersuchungspartnerInnen die Gelegenheit, die Inhaltskarten zum außerschulischen Lernen im Kirchenraum durchzulesen. So können sie sich ihr Interview und die darin enthaltenen Überlegungen noch einmal vergegenwärtigen. Diese Phase ist notwendig, weil sich aus den einzelnen Interviews bis zu 100 Inhaltskarten ableiten lassen. Diese Menge an Information muss erst einmal zur Kenntnis genommen werden, um in eine Struktur integriert werden zu können. Mit der Gestaltung des ersten Abschnittes der Legesitzung schließt die „Siegener Variante“ an eine bereits bewährte Praxis innerhalb der schulischen Bildungsforschung an (vgl. Gastager 2003; Gramzow 2004), erweitern diese aber um ein Moment erster struktureller Rekonstruktionsversuche. Konkret sortieren in der ersten Phase viele UntersuchungspartnerInnen die Inhaltskarten bereits in thematisch für sie zusammengehörige Gruppen und beginnen in groben Zügen mit der räumlichen Anordnung der Inhalte auf dem Tisch, auf dem im Laufe der Sitzung das Struktur-Lege-Bild entsteht. Letzteres verweist darauf, dass diese Phase nicht nur der Vergegenwärtigung dient, sondern bereits (re-)konstruktive Bestandteile hat. Dabei ist in dieser ersten, aber auch in der zweiten und dritten Phase jederzeit ein Aussortieren, Ergänzen oder Verändern der Inhalte möglich. Die LehrerInnen können sich jederzeit dazu entscheiden, einzelne Inhaltskarten nicht in ihr Legebild zu integrieren. Mit einem Stift können die Lehrkräfte die auf den Inhaltskarten gedruckten Aussagen nach Wunsch auch handschriftlich verändern. Zusätzlich stehen ihnen Blanko-Inhaltskarten zur Verfügung, so dass bei Bedarf auch neue Karten beschriftet werden können. Die Blanko-Inhaltskarten werden verwendet, um dem dynamischen Prozess des Strukturlegens gerecht zu werden. Eine Subjektive Theorie ist immer auch ein situatives Produkt, welches die Plausibilitätsanforderungen der jeweiligen kommunikativen Situation erfüllen muss. Mit den Blanko-Inhaltskarten
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können die UntersuchungspartnerInnen diesen Aspekt des Strukturlegens einlösen und diejenigen inhaltlichen Ergänzungen optisch im Legebild umsetzen, die ihrer momentan impliziten Gliederungs- und Argumentationslogik am nächsten kommen. Mit der Ergänzung der Inhaltskarten in der Struktur-Lege-Sitzung folgt die „Siegener Variante“ dem Vorgehen des FST (vgl. Scheele & Groeben 1988: 63), erweitert dies aber in der Art, dass es während des gesamten Legeprozesses möglich ist. In der zweiten Phase wird das eigentliche Stuktur-Lege-Bild erstellt. Dazu können die Lehrpersonen auf die in Kapitel 4.5.1 beschriebenen Legematerialien zurückgreifen, um in ihre Inhalte Struktur einzutragen. Außerdem können sie die oben beschriebene Option in Anspruch nehmen, statt einer Verbindung zweier Inhaltskarten mittels Strukturkarte diese auch unverbunden nebeneinander stehen zu lassen. In der Folge wurden inhaltsanaloge Inhaltskarten zu Gruppen gelegt und als Block mit anderen Elementen des Legebildes verbunden. Der Erkenntnisgewinn der Blockbildung liegt darin, welche Inhaltskarten von den UntersuchungspartnerInnen als inhaltsanalog verstanden werden. Dieses Vorgehen ist allerdings mit einem Verlust an Eindeutigkeit der gelegten Struktur verbunden, denn es ist nicht immer ersichtlich, ob die so gelegten Inhaltskarten im Sinn einer Beiordnung oder Unterordnung zu verstehen sind. Diese Frage tritt z.B. dann auf, wenn vier Inhaltskarten im Rechteck angeordnet werden. Handelt es sich bei den Karten der unteren Reihe um eine Unterordnung gegenüber denen aus der oberen Reihe? Oder aber sind alle vier Karten als gleichwertig zu verstehen? In der zweiten Phase der Legesitzung steht so zunächst der strukturelle Rekonstruktionsaspekt im Vordergrund. In der dritten und letzten Phase der Struktur-Lege-Sitzung werden die UntersuchungspartnerInnen gebeten, ihr Legebild zu kommentieren. Hier schließt die „Siegener Variante“ an die Idee von WIEDMAIR (2010) an, die am Ende der Sitzung das fertige Produkt von ihren UntersuchungspartnerInnen reflektieren lässt. Dieses Vorgehen wird in der Art modifiziert, dass die Lehrpersonen dabei nicht nur einzelne für sie als besonders relevant erscheinende Aspekte des Struktur-Lege-Bildes kommentieren, sondern sie dazu angeregt werden, das Produkt der Legesitzung in seiner Gesamtheit zu erläutern und dabei möglichst auf alle Bereiche des Legebildes einzugehen. Im Abschlusskommentar können die verschiedenen Facetten des Legebildes nochmals zueinander in Beziehung gesetzt und damit auch logische Zuordnungen einzelner Bereiche herausgearbeitet werden. Außerdem erhalten die UntersuchungspartnerInnen in dieser Phase noch eine letzte Gelegenheit zur kommunikativen Validierung des Struktur-Lege-Bildes, indem sie die optische Repräsentation mit ihrer individuellen Erklärungslogik abgleichen. In dieser Phase können letzte Umordnungen oder Schwerpunktsetzungen im Legebild vorgenommen werden. Tatsächlich wird diese Möglichkeit in einigen Fällen wahrgenommen. Der Forscherin erbringt dieser letzte Abschnitt der Legesitzung eine knappe, prägnante Lesart des Struktur-Lege-Bildes, welche dessen Schwerpunkte gemäß der subjektiven Logik der UntersuchungspartnerInnen hervorhebt.
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Um die Lehrpersonen bereits vor dem zweiten Treffen mit dem Ablauf der Legesitzung vertraut zu machen, erhalten sie am Ende des ersten Treffens ein Informationsschreiben sowie einen Lege-Leitfaden. Das Informationsschreiben erläutert kurz den Sinn und Zweck des zweiten Treffens sowie die Notwendigkeit, dass für die Erstellung des Legebildes ein möglichst großer Tisch zur Verfügung steht (siehe Anhang B). Der Lege-Leitfaden (siehe Anhang B) informiert zunächst über die Inhalts- und Strukturkarten als die beiden grundlegenden Arten des Legematerials. Anhand eines Beispiels zum Thema Unterrichtsgänge wird eine Verbindung zweier Inhaltskarten mittels Strukturarte exemplarisch vorgestellt. Danach wird der Ablauf der Legesitzung erläutert, außerdem die Dokumentation des Legebildes mittels Digitalkamera sowie die Aufzeichnung der Legesitzung via Handkamera. Es wird darauf hingewiesen, dass auf der Bildaufnahme vor allem der Tisch, die Legematerialien sowie die Hände der Lehrkraft – nicht aber das Gesicht – zu sehen sind und das Datenmaterial anonymisiert wird. Es folgt die Erklärung der sechs vorgefertigten Strukturkarten. Dabei wird jede Strukturkarte noch einmal kurz erläutert (z.B. „führt zu: Steht für eine Verbindung von Ursache und Wirkung. Oder für ein Ziel, dass man erreichen möchte.“) und durch ein Beispiel (Inhaltskarte – Strukturkarte – Inhaltskarte) veranschaulicht. Die Beispiele stammen aus dem Themenbereich Zähneputzen und sind dem Leitfaden des alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992: 172 ff.) entnommen. Durch das fachfremde Beispiel soll vermieden werden, den UntersuchungspartnerInnen bereits bestimmte strukturelle Verbindungsmuster implizit nahezulegen. Auch das optische Veranschaulichen der Gewichtungen von Inhaltskarten, wobei die von der Lehrperson eingestufte Wichtigkeit von oben nach unten abnimmt, wird kurz vorgestellt. Der Leitfaden schließt mit dem Hinweis, dass in der Legesitzung selbst weitere Materialien zur Verfügung stehen und es keine Musterlösung gibt. Entscheidend ist, dass die Lehrkraft selbst am Ende des Treffens mit dem Produkt einverstanden und zufrieden ist. 4.5.3 Dokumentation und Digitalisierung des Legebildes Die Struktur-Lege-Bilder werden als Datenquellen für die Analyse der Subjektiven Theorien gesichert. Dazu werden die fertigen Legebilder am Ende der Legesitzung mittels Digitalkamera fotografiert. Es wird zunächst eine Panaromaaufnahme des gesamten Legebildes erstellt, bevor einzelne Ausschnitte (ca. 5-10 Karten) noch einmal einzeln auf Fotos festgehalten werden. Die Panoramaaufnahme liefert ein realitätsgetreues Abbild des gesamten Ergebnisses der Legesitzung und des räumlichen Zueinanders aller Inhaltskarten und strukturellen Legematerialien. Allerdings reicht die Schärfe dieses Panoramabildes nicht aus, um die Beschriftung aller Inhalts- und Strukturkarten einwandfrei identifizieren zu können. Deshalb ist eine zu-
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sätzliche Aufnahme einzelner Ausschnitte des Legebildes notwendig. Eine mögliche Alternative, das gelegte Bild auf einer vorab daruntergelegten Fläche zu fixieren (z.B. Gastager 2003; Wiedemair 2010), scheidet aufgrund der hohen Anzahl der Karten aus. Anhand der Fotos ist eine weitere Analyse nur schwer möglich, so dass das Legebild für die nächsten Analyseschritte mittels eines Grafikprogramms (CorelDRAW) digitalisiert und in eine jpg-Datei umgewandelt wird. Diese Transkription vom Struktur-Lege-Bild ins digitale Abbild wird zwar in verschiedenen Arbeiten der empirischen Bildungsforschung durchgeführt (z.B. Merz-Atalik 2001; Gramzow 2004), allerdings bislang kaum diskutiert. Da es sich hier jedoch um einen ersten interpretativen und analytischen Schritt durch die Forscherin handelt, werden die Leitlinien dieser Digitalisierung im Folgenden skizziert. Ziel der Transkription ist es, alle inhaltlichen sowie strukturellen Merkmale des Legebildes im digitalen Abbild zu erhalten. In diesem Sinn wird bei der Transkription darauf geachtet, dass die relative Lage der einzelnen Inhalts- und Strukturkarten im Legebild, alle räumlichen Beziehungen zueinander und auch die selbst erstellten Strukturierungen – wie etwa von den Lehrkräften entwickelte Strukturkarten, selbst gestaltete Überschriften oder auch Zeichnungen – im digitalen Abbild wiedergegeben werden. Außerdem werden Gestaltungselemente aus den Legebildern in ihrer archetypischen Form im digitalen Abbild reproduziert. Wenn etwa eine Lehrperson eine Überschrift in ein von ihr geschnittenes Herz aus Papier schreibt, wird auch im Abbild die Überschrift in eine herzförmige Grafik eingepasst. Farben werden übernommen, wobei es nicht auf den exakten Farbton ankommt, sondern auf die Reproduktion farblicher Bezüge im Legebild. Werden beispielsweise zwei Überschriften im Struktur-Lege-Bild auf Papier der gleichen Farbe geschrieben, werden diese Überschriften im digitalen Abbild ebenfalls identisch eingefärbt. Abweichungen vom originalen Legebild sind dann erlaubt, wenn sie für die Interpretation desselben ohne Bedeutung sind. Sind im Struktur-Lege-Bild etwa zwei eindeutig markierte Blöcke durch eine Strukturkarte zueinander in Beziehung gesetzt, kann der Raum zwischen diesen Blöcken im digitalen Abbild frei bestimmt werden, sofern das Abbild die beiden Blöcke und ihre Verbindung durch die Strukturkarte korrekt darstellt. Auf diese Weise entstehen digitale Abbilder, die dem Original sehr ähnlich sind und dessen elementare Struktur reproduzieren. Zusätzlich eröffnet die Transkription des Struktur-Lege-Bildes die Möglichkeit, Änderungen der UntersuchungspartnerInnen auf den ihnen vorgelegten Inhaltskarten sichtbar zu machen. Diese Änderungen sind im digitalen Abbild in der Art dokumentiert, dass sowohl der originale Wortlaut der Karte, als auch die handschriftliche Ergänzung sichtbar ist. Damit zeigt das digitale Abbild auch etwas vom Entstehungsprozess des Legebildes.
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4.5.4 Dokumentation und Transkription des Legeprozesses: das Legevideo Die zweite Dokumentationsebene liefert das Legevideo. Durch das Legevideo ist der gesamte Entstehungsprozess des Struktur-Lege-Bildes dokumentiert, denn neben den ausgesprochenen Gedanken werden im Legevideo auch Legeversuche, Prozesse des Umlegens und Korrigierens sowie Aushandlungsprozesse zwischen Lehrkraft und Forscherin sichtbar. Dieses Vorgehen greift die von LEHNERHARTMANN (2014) entwickelte Idee der prozessorientierten Dokumentation der Legesitzung auf und erweitert diese in zwei wesentlichen Punkten. Erstens wird in der vorliegenden Arbeit nicht der Validierungsprozess von bereits erstellten Legebildern, sondern der eigenständige und mit Blick auf die strukturellen Beziehungen und räumlichen Anordnungen mit größtmöglicher Freiheit arrangierte Legeprozess der UntersuchungspartnerInnen dokumentiert. Zweitens wird die sprachliche durch die visuelle Dokumentationsebene erweitert. Im Folgenden wir das genaue Vorgehen in der Forschungspraxis erläutert. Die gesamte Legesitzung wird in der „Siegener Variante“ per Handkamera aufgezeichnet, um den Legeprozess selbst in Ton und Bild zu dokumentieren. Die Aufzeichnung wird gestartet, sobald die Lehrkraft die Inhaltskarten in die Hand nimmt und durch das Lesen und Sortieren der Inhalte erste Strukturierungsversuche unternimmt. In dieser ersten Phase der Legesitzung sind die Lehrpersonen in der Regel so konzentriert und mit dem Erfassen der Inhalte beschäftigt, dass sie ihr Vorgehen kaum versprachlichen. Allerdings können bereits erste Gruppierungsund Anordnungsversuche der Lehrkräfte im Bildmaterial dokumentiert werden. Auch äußern die LehrerInnen in dieser ersten Phase bereits häufig Ideen zum grundsätzlichen Ordnungsprinzip des Legebildes und zu ersten Überschriften für einzelne Gruppen von Inhaltskarten. Verstärkte körperliche und verbale Aktivität ist dann in der zweiten Phase der Legesitzung zu beobachten, in der das eigentliche Struktur-Lege-Bild erstellt wird. Die Aufzeichnung endet nach der dritten und letzten Phase, in der das Legebild vollständig kommentiert wurde und letzte Änderungen möglich waren. In der Legesitzung hat sich gezeigt, dass der Impuls zum Beenden der Aufzeichnung meist von den Lehrkräften selbst ausgeht und sie einen Punkt markieren, an dem sie ihr Legebild als „fertig“ betrachten. Damit werden sämtliche Legeaktivitäten der UntersuchungspartnerInnen von der Forscherin mit der Handkamera videografiert. Zusätzlich werden die Lehrpersonen im Laufe der Legesitzung immer wieder dazu aufgefordert, ihre Gedanken auszusprechen, d.h. laut zu denken. Die Aufzeichnung erfolgt mittels Handkamera, da durch eine Standkamera die Aufschrift der Inhalts- und Strukturkarten sowie die Legebewegungen der Lehrkraft nicht mehr in einwandfreier Auflösung aufgezeichnet werden können. Die Handkamera wird von der Forscherin selbst bedient. Sie
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folgt der Zone-of-Interaction und damit den Händen der Lehrkraft. In der Regel beziehen sich die Kommentare der Lehrkraft auf diejenigen Inhalts- und Strukturkarten, die sie gerade anordnet oder aber deren Anordnung sie gerade beendet hat. So gibt die Kombination aus Ton und Bild einen umfassenden Eindruck der Legesituation wieder. Es kommt aber auch immer wieder vor, dass die Lehrkräfte in ihren verbalen Ausführungen Beziehungen zu Teilen des Legebildes aufmachen, die sich räumlich außerhalb des Bereiches befinden, an dem gerade gearbeitet wird. Solche Zwischenbezüge machen sie dabei in der Regel durch Zeigebewegungen mit der Hand oder aber durch Kopfbewegungen sichtbar. Ist das der Fall, dann folgt die Kamera den Blick- bzw. Zeigebewegungen der Lehrperson und filmt den von ihnen fokussierten Bereich des Struktur-Lege-Bildes, um die Situation adäquat zu dokumentieren. Für die Analyse der Subjektiven Theorien auf individueller und überindividueller Ebene wird einschlägiges Ton- und Bildmaterial des Legevideos transkribiert. Konkret werden die aufgezeichneten Gespräche zwischen UntersuchungspartnerIn und Forscherin sowie das laute Denken der Lehrkraft schriftlich protokolliert und im Video sichtbare Legeprozesse im Sinn einer Vorgangsbeschreibung nacherzählt. So werden die Kommentierungen der UntersuchungspartnerInnen zu ihren Legeprozessen und Legeergebnissen, Abwägungs- und Aushandlungsprozesse sowie die Beweggründe für inhaltliche Veränderungen und Ergänzungen der Inhaltskarten für die Analyse zugänglich. Eine Transkription des Videomaterials erfolgt immer dann, wenn die Aufzeichnungen der Handkamera das im Legebild optisch repräsentierte strukturelle Zueinander einzelner Inhalte noch einmal präzisieren und die Darstellung der Subjektiven Theorie schärfen kann; oder aber, wenn in der letzten Phase der Legesitzung der Gesamtaufbau des Legebildes zusammenfassend erläutert wird. Außerdem werden durch die Kommentare und Legeprozesse Tiefendimensionen in der Konstruktion des Struktur-Lege-Bildes sichtbar, welche allein auf der Produktebene des fertigen Legebildes nicht mehr rekonstruierbar sind. Eine tiefschürfende Analyse der Subjektiven Theorie, die auch Sackgassen im Denken und deren Korrekturen durch die UntersuchungspartnerInnen sowie deren Motive berücksichtigt, ist damit möglich. Zusätzlich erlaubt es das Legevideo, die analytische Beschreibung sowohl einzelner Teile des Struktur-Lege-Bildes als auch der gesamten Subjektiven Theorie am zeitlichen Entstehungsprozess der Legesitzung zu orientieren. Die Ergänzung des Datenmaterials um das Videoprotokoll ermöglicht es somit, die Rekonstruktion der Subjektiven Theorie der UntersuchungspartnerInnen weitgehend entlang der Eigenlogik derselben zu erstellen. Die Transkription des Tons folgt im Wesentlichen den Transkriptionsregeln für das Interview (vgl. Kap. 4.3.3) und auch nonverbale Äußerungen (z.B. lachen) werden im Transkript festgehalten. Parallel dazu werden die Tätigkeiten der Lehrkraft transkribiert, beispielsweise wie die gerade von ihr thematisierten Inhaltskarten an-
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geordnet und während des Anordnungsprozesses noch einmal verschoben werden oder aber, wenn Inhalts- und Strukturkarten neu gestaltet werden.
4.6 D IE „S IEGENER V ARIANTE “ DER ANALYSE S UBJEKTIVER T HEORIEN Der erste Schritt in der Analyse der Subjektiven Theorien geschieht auf individueller Ebene, was im FST der „idiographische[n] Auswertung“ (Scheele & Groeben 1988: 79) entspricht (Kap. 4.6.1). Abweichend vom eigentlichen Vorgehen im FST, das für diesen Analyseschritt das Struktur-Lege-Bild als alleinige Datenquelle ansieht, greift die „Siegener Variante“ bei der idiographischen Auswertungsebene zusätzlich zum Legebild auf das Ton- und Bildmaterial des Videoprotokolls zurück und rekonstruiert so auch den Entstehungsprozess desselben. Die Analyse selbst vollzieht sich in drei Schritten (Identifikation von Clustern, Analyse der einzelnen Cluster, Darstellung der Subjektiven Theorie), wobei in der „Siegener Variante“ für jeden Schritt ein eigenes optisches Verfahren entwickelt wurde, das die Analyseergebnisse optisch veranschaulicht (grobe Clusterkarte, Teilkarten, differenzierte Clusterkarte). Es folgt der „nomothetische Auswertungsprozess“ (Scheele & Groeben 1988: 79), der in der „Siegener Variante“ als gesamtanalytische Darstellung bezeichnet wird und in drei Analyseschwerpunkten angelegt ist (Kap. 4.6.2). Neben der Identifikation von Ordnungsprinzipien, nach denen die UntersuchungspartnerInnen ihr Legebild organisieren, werden personenübergreifende Themenfelder und deren unterschiedliche Ausprägungen dargestellt. Den letzten Analyseschritt bildet die Identifikation schulischer Bestimmungsmomente. Zusätzlich zum Legebild und dem Videoprotokoll der Legesitzung wird für die gesamtanalytische Darstellung auch auf Datenmaterial aus dem Interview zurückgegriffen. Wie auch im vorangegangenen Kapitel fließen hier bereits forschungspraktische Erfahrungen der Hauptstudie ein, insofern sie die Ausführungen veranschaulichen. 4.6.1 Die individuellen Subjektiven Theorien der Lehrpersonen (idiographische Ebene) Um die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum auf idiographischer Ebene zu analysieren, geht die Arbeit in drei aufeinander aufbauenden Analyseschritten vor: 1) Zunächst werden im Struktur-LegeBild Cluster identifiziert. Bei Clustern handelt es sich um größere thematische Einheiten, in die die Lehrkraft ihr Legebild gliedert. 2) In einem zweiten Schritt werden diese Cluster analysiert. Dabei werden Clustereinheiten identifiziert, die aus thematisch für die Lehrperson eng zusammengehörenden Inhaltskarten gebildet
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werden. Diese führen zu in vivo gewonnen Kategorien. 3) Im letzten Analyseschritt erfolgt eine zusammenfassende Beschreibung der Subjektiven Theorie der Lehrperson. Die primäre Datenquelle für die Analyse der Subjektiven Theorien auf individueller Ebene ist das Struktur-Lege-Bild als Produkt der Legesitzung, das um Bildund Tonmaterial aus dem Legevideo angereicht wird. Das Interview und damit die erste Phase der Datenerhebung bleibt in diesem Analyseschritt unberücksichtigt, da die Inhalte des Interviews im Legebild durch die Inhaltskarten präsent sind. In der „Siegener Variante“ wird für jeden Analyseschritt eine Übersichtskarte entwickelt, die das gesamte Struktur-Lege-Bild oder Ausschnitte (Cluster) daraus optisch wiedergibt, graphisch veranschaulicht und die dafür gewonnenen Analyseergebnisse zusammenfasst. Das Ergebnis des ersten Analyseschrittes ist eine „grobe Clusterkarte“, die die Namen der einzelnen Cluster sowie die zeitliche Reihenfolge ihrer Entstehung während der Legesitzung zeigt. Die einzelnen Cluster werden dann in den sogenannten „Teilkarten“ differenziert dargestellt, in denen die gewonnen Kategorien und deren strukturelle Verbindungen sichtbar gemacht werden. Das abschließende Ergebnis der Analyse ist eine sogenannte „differenzierte Clusterkarte“, die das gesamte Struktur-Lege-Bild optisch abstrahiert wiedergibt, indem alle Cluster inhaltlich in einer Art Abstract beschrieben sowie ihr strukturelles Zueinander dargestellt wird. 1) Identifikation von Clustern: Im ersten Analyseschritt werden im StrukturLege-Bild Cluster identifiziert. Cluster bestehen aus Inhaltskarten und strukturellen Verbindungen, die einen in sich abgeschlossenen Teil des Legebildes darstellen. Mehrere Inhalts- und Strukturkarten werden dann zu einem Cluster zusammengefasst, wenn sich durch ihre räumliche Anordnung erkennen lässt, dass hier ein für die Lehrkraft thematisch eng zusammengehöriger und in sich stimmiger Bereich der Subjektiven Theorie vorliegt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn mehrere Legekarten durch eine größere räumliche Distanz von umliegenden Karten abgegrenzt werden. Ein Cluster kann aber auch dadurch ausgezeichnet sein, dass Inhaltskarten unter eine auf farbigem Papier geschriebene Überschrift gelegt werden oder durch einen umlaufenden Wollfaden gegenüber dem Rest des Legebildes abgegrenzt werden. Das Identifikationskriterium für ein Cluster ist also in erster Linie optischer Natur. Solche Cluster enthalten mindestens eine, in der Regel aber fünf bis 15 Inhaltskarten. Ferner können sie Strukturkarten und selbst gestaltete Strukturierungshilfen beinhalten, was jedoch keine notwendige Voraussetzung für die Bildung eines Clusters darstellt. Schließlich können sie auch weiteres Legematerial enthalten, was häufig farblich abgesetzte Überschriften sind. In der Regel stehen Cluster durch eine Relationskarte mit der Fixkarte „Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht“ in Verbindung. Allerdings muss ein Cluster nicht zwingend eine Verbindung zur Fixkarte haben, sondern kann auch über ein anderes Cluster mit der Fixkarte indirekt in Beziehung stehen. Daneben ist es möglich, dass keines der Cluster mit der Fixkarte in Verbindung steht, da diese von der Lehrkraft als
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Überschrift oder Zentrum für das Legebild gewählt wurde. Die Cluster bilden die zentralen Analyseeinheiten für die weitere idiographische Analyse. Die Identifikation thematischer Einheiten wird bereits in einigen Arbeiten im Bereich der Bildungsforschung beschritten, ohne dass dieser Analyseschritt bislang ausführlich diskutiert wurde (z.B. Gramzow 2004). In der Praxis erweist sich die Identifikation von Clustern im Struktur-Lege-Bild als problemlos, denn die UntersuchungspartnerInnen grenzen unterschiedliche thematische Einheiten räumlich deutlich voneinander ab. Zweifel kommen nur dort auf, wo Inhaltskarten zwischen zwei Cluster gelegt werden, um anzuzeigen, dass diese Inhaltskarten beide Cluster betreffen oder aber eine inhaltliche Brücke zwischen beiden Clustern darstellen. In allen Fällen der Studie kann diese Zwischenposition anhand der Kommentare der UntersuchungspartnerInnen während des Legeprozesses als absichtliche Platzierung der jeweiligen Karte validiert werden. Liegt die Karte näher an einem der beiden Cluster, wird sie diesem Cluster zugeordnet, mit dem Vermerk, sie bei der Analyse der Beziehungen zwischen den Clustern eigens zu analysieren. Liegt eine Karte exakt in der Mitte zwischen zwei Clustern, wird sie beiden Clustern zugeordnet und in der Analyse der Beziehungen zwischen den Clustern nochmals eigens analysiert. Um die Cluster des Legebildes für die späteren Analyseschritte unverwechselbar zu kennzeichnen, wird eine grobe Clusterkarte erstellt. In der groben Clusterkarte sind die Cluster in ihrer ungefähren Ausdehnung und räumlichen Lage dargestellt. Dazu wird jedes Cluster durch ein Rechteck repräsentiert, wobei Größe und Lage des Rechtecks in der Clusterkarte der Größe und Lage des Clusters im Legebild entsprechen. Ferner erhält jedes Cluster eine Nummer. Das Cluster, an dem die Lehrkraft zuerst erkennbare Ordnungs- und Strukturierungsversuche unternommen hat, bekommt die Nummer 1, das zweite Cluster, an dem gearbeitet wurde, die Nummer 2, usw. Die übrigen Cluster werden fortlaufend nummeriert. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Legeversuch an dem Cluster vollständig beendet wurde oder nicht. So wird aus der groben Clusterkarte die Reihenfolge der Entstehung der einzelnen Cluster während der Legesitzung sichtbar. Jedes Cluster erhält einen Namen. Hat die Lehrkraft in der Legesitzung den einzelnen Clustern Überschriften gegebenen und/oder ist aus dem O-Ton der Legesitzung eine Überschrift rekonstruierbar, so wird das Cluster danach benannt. Andernfalls wird das Cluster von der Forscherin unter Berücksichtigung der dort angeordneten Inhalte betitelt. In der groben Clusterkarte ist außerdem die Lage der Fixkarte „Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht“ festgehalten. 2) Analyse der einzelnen Cluster: Im zweiten Schritt wird jedes Cluster einzeln analysiert. Dabei werden innerhalb eines Clusters Clustereinheiten identifiziert. Bei Clustereinheiten handelt es sich um Inhaltskarten, die durch die gelegte räumliche Anordnung von der Lehrkraft als thematisch eng zusammengehörig gekennzeichnet werden. Das ist zunächst dann der Fall, wenn die Inhaltskarten zwischen zwei
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Strukturkarten liegen und/oder durch eine von der Lehrkraft eingefügte Überschrift gekennzeichnet sind. Darüber hinaus ist es möglich, dass Gruppen von Inhaltskarten unter Überschriften und/oder zwischen Strukturkarten durch ihre räumliche Anordnung (z.B. Legen in zwei Spalten, große Abstände zwischen einzelnen Inhaltskarten) zwei oder mehrere eigenständige Clustereinheiten bilden. Ausschlaggebend für die Identifikation von Clustereinheiten ist also zunächst die räumliche Anordnung, ungeachtet der dort gelegten Inhalte. Bei der Darstellung der einzelnen Cluster erfolgt ein Überblick über die Inhaltskarten, die die Clustereinheiten bilden, sowie eine Darstellung der strukturellen Verbindungen zu angrenzenden Clustereinheiten. Jede Clustereinheit repräsentiert im Struktur-Lege-Bild eine eigene Kategorie, denn die Lehrkraft gruppiert in einer solchen Einheit thematisch für sie zusammengehörige Inhalte. Diese Kategorie wird mit Blick auf die gelegten Inhaltskarten in vivo benannt. Stellt sich heraus, dass die Inhaltskarten einer Clustereinheit sich nicht zu einer Kategorie zusammenfassen lassen, ohne einen erheblichen Inhaltsverlust zu erleiden, so können daraus auch mehrere Kategorien gebildet werden. Die Kategorienbildung erfolgt somit in vivo aus einem Wechselspiel zwischen der räumlichen Anordnung der Inhaltskarten und den darauf fixierten Inhalten. Als Datenquelle für die Kategorienbildung steht dabei nicht nur das Legebild selbst, sondern auch das Legevideo zur Verfügung. So können etwa Kommentierungen der Lehrkraft zu Legeprozessen und -ergebnissen die Kategorienbildung unterstützen. Jede Kategorie wird benannt, wobei sich der Name möglichst nah an den Vorstellungen der Lehrkraft bewegen soll. So etwa helfen von den UntersuchungspartnerInnen entwickelte Überschriften oder der O-Ton des Legevideos, die Kategorie zu benennen. Sind keine solchen Hinweise vorhanden, benennt die Forscherin die Kategorie mit Blick auf die dort gelegten Inhaltskarten. Jede Kategorie wird mit einem Namen versehen, der ihren Inhalt stichpunktartig wiedergibt, und zusätzlich mit einem Label. Dieses Label setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Anfangsbuchstabe des anonymisierten Namens der Lehrkraft; Nummer des Clusters, wie sie in der groben Clusterkarte angegeben ist; Nummer der Kategorie. So benennt beispielsweise das Label A_1_7 die Kategorie Nummer 7 aus dem 1. Cluster der Lehrkraft Angela. Die innere Logik zwischen den einzelnen Kategorien im Cluster wird entweder durch Strukturkarten offen gelegt oder durch Zwischenüberschriften von der Lehrkraft angezeigt. Wo sich keine dieser Markierungen findet, kann das Legevideo der Legesitzung weiterhelfen. Auf diese Weise entstehen dichte Beschreibungen des Clusterinhalts, welche neben den einzelnen Aspekten des Inhalts auch deren logische Verknüpfungen beinhalten. Die Analyse eines Clusters gilt dann als abgeschlossen, wenn die Beschreibung sämtliche Materialien des Clusters berücksichtigt und zu einer intersubjektiv nachvollziehbaren Darstellung seines Inhalts kommt. Das Cluster wird dabei nicht nur in seinem inhaltlichen und strukturellen Aufbau
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beschrieben, gleichzeitig wird in der Beschreibung auch der zeitliche Entstehungsprozess des Clusters abgebildet. Damit wird deutlich, wie die Lehrkraft in der jeweiligen Legesituation in die losen Inhaltskarten Struktur einträgt, wo Gedankengänge ihren Anfang nehmen, aber auch, wo Umlege- und Veränderungsprozesse getätigt werden. Oberste Maxime für die Beschreibung der Cluster ist es also nicht, dass der im einzelnen Cluster von der Lehrkraft angelegte Gedankengang logisch nachvollziehbar ist, sondern vor allem, wie sich dieser in der Legesitzung entwickelt hat. Ergebnis dieses zweiten Analyseschrittes ist eine Teilkarte, die das einzeln analysierte Cluster im Überblick darstellt. Wie bereits im ersten Analyseschritt wird das Cluster hier durch ein Rechteck repräsentiert. Innerhalb des Rechtecks werden die in der Analyse gewonnen Kategorien in Name und Label wiedergegeben. Die strukturellen Verbindungen werden verbalisiert und durch Pfeile in ihrer Wirkrichtung dargestellt. In der Teilkarte entspricht die Lage der Kategorien sowie deren Relationen ihrer ungefähren Anordnung im Struktur-Lege-Bild. Der zweite Analyseschritt schließt mit einer zusammenfassenden Beschreibung des Clusters. Hier wird dargestellt, wie die einzelnen Kategorien in ihrem Miteinander das Cluster inhaltlich und strukturell füllen. In dieser zusammenfassenden Darstellung wird teilweise vom zeitlichen Entstehungsprozess des Clusters abgewichen, um grundlegende Gedankengänge der Lehrkraft logisch nachvollziehbar zu beschreiben. 3) Darstellung der Subjektiven Theorie: Im letzten Analyseschritt wird die Subjektive Theorie der Lehrkraft zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum, wie sie in den vorherigen Schritten rekonstruiert wurde, in ihrer Gesamtheit dargestellt. Bis zu diesem Analyseschritt wurden die Cluster als Teilaspekte der Subjektiven Theorie in einer isolierten Perspektive analysiert. Im letzten Schritt wird nun analysiert, wie diese Teilaspekte in ihren Zusammenhängen die Subjektive Theorie zu Unterrichtsgängen formen. Es wird zunächst beschrieben, wie einzelne Cluster strukturell verbunden sind und welche strukturellen Verbindungen zur Fixkarte bestehen. In diesem Schritt wird außerdem dargestellt, wie von der Lehrperson zusätzlich eingesetzte Elemente im Legebild – z.B. Strukturierungshilfen, die sich auf ganze Cluster oder das gesamte Legebild beziehen – die Subjektive Theorie weiter konkretisieren. In diesem Analyseschritt wird die Lage der Cluster zueinander deutlich und wie die thematischen Bereiche in ihrem Miteinander die Subjektive Theorie formen Am Ende dieses Analyseschritts steht die Beschreibung der gesamten Subjektiven Theorie der Lehrkraft. Dafür werden die Inhalte der einzelnen Bereiche und ihre strukturellen Verbindungen zusammenfassend dargestellt, zusätzliche Strukturierungshilfen im Legebild berücksichtigt und so zentrale Gedankengänge und Argumentationsstränge rekonstruiert. Die abschließende Beschreibung orientiert sich nicht mehr an der zeitlichen Entstehung einzelner Cluster in der Legesitzung, sondern zeichnet die einzelnen Bereiche gemäß der inneren Logik der Befragten nach. Neben dem Legeprozess selbst steht hier auch der Schlusskommentar zum Struktur-
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Lege-Bild zur Verfügung, in welchem die Lehrkraft nochmals die übergreifende Logik ihrer Subjektiven Theorie ausformuliert. Das Ergebnis dieses Analyseschritts wird schließlich mit der differenzierten Clusterkarte für die weitere Analysearbeit zusammenfassend festgehalten. Die differenzierte Clusterkarte stellt ein verschriftlichtes Abbild des Struktur-Lege-Bildes dar. Dazu wird zunächst die ungefähre Größe und räumliche Anordnung der im Legebild identifizierten Cluster mittels Rechtecken repräsentiert. Diese Rechtecke werden mit den von den Lehrpersonen selbst gewählten Überschriften für diesen thematischen Bereich versehen. Schließlich werden der im Cluster dargestellte Inhalt und dessen strukturelle Anordnung, die anhand von Legebild und Videomaterial rekonstruieren wurden, in einigen Sätzen von der Forscherin beschrieben. Diese Beschreibung bewegt sich in der Wortwahl möglichst nahe an der Eigenlogik der jeweiligen Lehrkraft. Zusätzlich werden die strukturellen Verbindungen zwischen den einzelnen Clustern dargestellt, so dass die gesamte Subjektive Theorie in verkürzter Form optisch sichtbar wird. Die differenzierte Clusterkarte erlaubt einen schnellen Zugriff auf die Subjektiven Theorien auf idiographischer Ebene, um in der nomothetischen Analyse schließlich personenübergreifende Inhalts-StrukturKombinationen rekonstruieren zu können. 4.6.2 Gesamtanalytische Darstellung: Ordnungsprinzipien, inhaltlich-strukturelle Dimensionierung, unterrichtliche Strukturlogik (nomothetische Ebene) Das vorangehende Kapitel widmet sich der Analyse der Subjektiven Theorien der einzelnen UntersuchungspartnerInnen und damit ihrem individueller Zugriff auf das Thema außerschulisches Lernen. Daran schließt sich die Analyse übergreifender Inhalts-Struktur-Kombinationen an, die in der vorliegenden Arbeit als gesamtanalytische Darstellung bezeichnet wird. Diese gesamtanalytische Darstellung umfasst drei Analyseschwerpunkte, die voneinander unabhängig sind und verschiedene Arten eben jener überindividuellen Muster beleuchten. Der erste Analyseschwerpunkt fragt nach den grundlegenden Ordnungsprinzipien, die die Lehrkräfte anwenden, um aus den Inhaltskarten und Legematerialien ihr Struktur-Lege-Bild zu entwickeln. Dieser erste Analyseschwerpunkt greift auf die Legebilder sowie das Videoprotokoll der Legesitzung zurück. Den zweiten Analyseschwerpunkt bildet die inhaltlich-strukturelle Dimensionierung. Hier werden die einzelnen Subjektiven Theorien personenübergreifend verglichen, indem die Struktur-Lege-Bilder mit Blick auf die dort verorteten Inhalte und angelegten Themenfelder sowie deren strukturelle Verbindung zueinander untersucht werden. Innerhalb der Legebilder werden Themen identifiziert, die als konstitutiv und damit sinnbestimmend für die
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Subjektiven Theorien angesehen werden können. Entlang zwei oder mehrerer Dimensionen werden verschiedene Ausprägungen dieses Themas herausgearbeitet. Auch dieser Teil der Analyse greift auf die Legebilder und das Legevideo zurück, nutzt aber zusätzlich Ausschnitte aus dem Interview, insofern diese Interviewausschnitte die Ausprägungen noch einmal tiefergehend veranschaulichen können. Der dritte Analyseschwerpunkt widmet sich der unterrichtlichen Strukturlogik, die sich innerhalb der Subjektiven Theorien der UntersuchungspartnerInnen identifizieren lassen. Hier werden die einzelnen Subjektiven Theorien systematisch danach befragt, wo typische unterrichtliche Denk- und Argumentationsmuster identifiziert werden können. Wie auch beim zweiten Analyseschwerpunkt werden als Datenquellen das Legebild, das Legevideo sowie das Interview einbezogen. Die gesamtanalytische Darstellung ist von einem induktiven Vorgehen geprägt (vgl. Lamnek 2010: 222 ff.; Döring & Bortz 2016: 222 ff.). Vor allem die Ordnungsprinzipien sowie die Themen der inhaltlich-strukturelle Dimensionierung werden ohne theoretische Vorannahmen aus dem Datenmaterial gehoben. Bei der unterrichtlichen Strukturlogik dient ein didaktisches Modell als Orientierungsraster und folglich als Brille, durch die die Subjektiven Theorien betrachtet und dort identifizierte schulische Bestimmungsmomente geordnet werden. Auch in diesem letzten Schritt der gesamtanalytischen Darstellung wird wieder möglichst nahe am Datenmaterial gearbeitet, wobei hier stärker ein dialogisches Verhältnis zwischen empirischen Ergebnissen und schulpädagogischer Theorie gesucht wird. 1) Ordnungsprinzipien: In der Legesitzung gruppieren die Lehrpersonen bereits beim ersten Lesen ihre Inhaltskarten in größere thematische Bereiche. Diese größeren thematischen Bereiche können im Verlauf der gesamten Legesitzung immer wieder umstrukturiert werden, etwa durch Ergänzen, Auflösen oder Zusammenführen. Zusätzlich werden die Lehrkräfte dazu angeregt, ihre thematischen Bereiche mit Überschriften zu versehen. Auch diese können während der Sitzung jederzeit verändert werden. Diese größeren thematischen Einheiten bilden die sogenannten Cluster. Am Ende der Legesitzung werden die Lehrkräfte gebeten, die Cluster miteinander zu verbinden und dabei das gesamte Struktur-Lege-Bild zusammenfassend zu kommentieren. Die gesamtanalytische Darstellung geht zunächst der Frage nach, mit welcher Strategie die Lehrpersonen ihr Legebild organisieren. Diese Strategien werden als grundlegende Ordnungsprinzipien ihrer Subjektiven Theorie über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum gedeutet. Grundlage für die Analyse sind vor allem die differenzierten Clusterkarten, die für jedes Struktur-Lege-Bild erstellt werden und die Subjektive Theorie in einer Art Abstract auf einen Blick wiedergeben. Die differenzierte Clusterkarte zeigt die Titel der einzelnen Cluster, ihre räumliche Anordnung im Legebild und gibt eine kurze Zusammenfassung der hier von der Lehrkraft verorteten Inhalte. Außerdem werden Verbindungen der Cluster untereinander sichtbar, so dass sich Ordnungsprinzipien in einigen Fällen bereits auf optischer Ebene identifizieren lassen. Zusätzliche
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Datenquelle ist das Videoprotokoll der Legesitzung und hier vor allem die ersten Ordnungsversuche der Lehrkraft zu Beginn der Legesitzung sowie ihr abschließender Kommentar zum Legebild, bei dem die Lehrperson gebeten wird, das gesamte Produkt der Legesitzung zusammenfassend zu kommentieren und das Zu- und Miteinander der verschiedenen Cluster für die Forscherin zu erläutern. Verbalisieren die Lehrkräfte übergreifende Strukturierungsprinzipien, geschieht dies meist in diesen beiden Phasen. Die Identifikation der Ordnungsprinzipien folgt einem induktiven Vorgehen. Grundlage ist das generierte Datenmaterial, das ohne theoretische Konzepte und Vorannahmen nach darin aufscheinenden und vergleichbaren Prinzipien durchsucht wird. Dieses Vorgehen ist auch forschungspraktisch naheliegend, da die „Siegener Variante“ in dieser Arbeit erstmals eingesetzt wird und auf Basis anderer Studien um Subjektive Theorien von Lehrpersonen keine theoretischen Vorannahmen über mögliche ordnungsleitende Prinzipien getroffen werden können. 2) Inhaltlich-strukturelle Dimensionierung: Die Subjektiven Theorien über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum werden von Inhalten und deren strukturellen Verbindungen geformt. In diesem Analyseschwerpunkt gilt es, diese Inhalte und Strukturen personenübergreifend zu vergleichen und dabei Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Dieses Vorgehen wird als inhaltlich-strukturelle Dimensionierung bezeichnet. Ausgangspunkt für die Analysearbeit sind die Struktur-Lege-Bilder der UntersuchungspartnerInnen als optische Veranschaulichung ihrer Subjektiven Theorie. Dabei werden durch Vergleich der einzelnen Legebilder Themen identifiziert, die sich als zentral erweisen und damit als bedeutungstragend und sinnbestimmend für die Subjektiven Theorien angesehen werden können. Es werden die unterschiedlichen Zugriffsweisen der Lehrkräfte auf das Thema analysiert und schließlich anhand einer Dimensionierung verschiedene Ausprägungen der einzelnen identifizierten Themen herausgearbeitet. Die Ausprägungen eines Themas können sich etwa in der Art unterscheiden, dass Lehrkräfte hier vergleichbare Inhalte strukturell unterschiedlich anordnen. Eine Inhalts-Struktur-Kombination wird also nur dann zum Thema dieses Analyseschwerpunktes, wenn sie bei mindestens zwei Lehrpersonen vorgefunden wird und hier unterschiedliche Ausprägungen feststellbar sind. Primäre Datenquelle für die inhaltlich-strukturelle Dimensionierung ist das Legebild, da es nahelegt, welche Themen für die weitere Analyse ausgewählt werden. Auch in diesem Analyseschritt wird wieder auf das Legevideo zurückgegriffen, insofern es sich im Forschungsprozess als große Hilfe erwiesen hat, um die Ausprägungen eines einzelnen Themas noch einmal tiefergehend herauszuarbeiten und einzelne Ausprägungen voneinander abzugrenzen. In diesem Analyseschwerpunkt wird außerdem das Interview als dritte Datenquelle herangezogen. Während der Legesitzung hat sich gezeigt, dass die UntersuchungspartnerInnen bei der inhaltlichen und strukturellen Anordnung der einzelnen Bereiche ihres Legebildes häufig
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einzelnen Inhaltskarten eine tragende Bedeutung zuweisen, die Lehrkräfte selbst aber die darauf repräsentierten Inhalte nicht mehr explizit ausführen bzw. ausführen wollen, sondern auf ihre meist ausführlichen Erzählpassagen im Interview verweisen und/oder nur noch kurze Ergänzungen einspielen. In diesen Fällen werden auch O-Töne aus dem Interview herangezogen. 3) Unterrichtliche Strukturlogiken: Das gesamte Datenmaterial (Struktur-LegeBilder, Legevideos, Interviews) wird in diesem letzten Analyseschritt danach untersucht, inwieweit die Lehrpersonen hier Komponenten einer schulischen Unterrichtslogik realisieren. Den konkreten Theorierahmen dafür bilden die im Strukturmodell des Unterrichts von JANK und MEYER (2002: 61-97) entwickelten fünf Strukturmomente: Zielstruktur, Inhaltsstruktur, Sozialstruktur, Handlungsstruktur und Prozessstruktur. Das Datenmaterial wird danach befragt, inwieweit hier einzelne Strukturmomente von den Lehrkräften in einer für das Klassenzimmer typischen Logik präsentiert werden und wo es – wenn dies der Fall ist – zu Brüchen oder Widersprüchen mit den Charakteristika außerschulischen Lernens kommt. Dabei wird auch nachgezeichnet, ob die Lehrkräfte solche Widersprüche selbst zur Sprache bringen oder aber die außerschulische Lernsituation ohne Brüche in ein schulisches Denkmuster einpassen. Das didaktische Modell dient als Orientierungsraster zur Systematisierung der Befunde und zur Schärfung des Blicks für als schulisch klassifizierte Bestimmungsmomente. In diesem Analyseschritt ist es möglich, dass Themenfelder, die in der inhaltlich-strukturellen Dimensionierung bereits analysiert wurden, noch einmal zur Sprache gebracht werden. Allerdings werden diese Themenfelder hier durch die Brille der unterrichtlichen Strukturlogik betrachtet und analysiert.
4.7 R EALISIERUNG EINES EMPIRISCH - QUALITATIVEN F ORSCHUNGSPARADIGMAS Das für diese Studie entwickelte Forschungsdesign zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien von Lehrpersonen über außerschulisches Lernen sieht sich den Prinzipien empirisch-qualitativer Forschung verpflichtet (vgl. Hoffmann-Riem 1980: 343 ff.; Mayring 2002: 24 ff.; Lamnek 2010: 19 ff.). Durch Offenheit, der Auswahl gegenstandsbezogener Erhebungs- und Analyseinstrumente sowie der Methodenkontrolle derselben, Kommunikation und interpretative Qualität soll gewährleistet werden, sich möglichst nahe am Ideal interpretativer Forschung zu bewegen. Im Folgenden wird die Realisierung dieser Prinzipien eines empirisch-qualitativen Forschungsparadigmas in der vorliegenden Arbeit anhand der im vorherigen Kapitel entfalteten Elemente des Forschungsdesigns erläutert.
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Die Offenheit ist ein zentrales Prinzip qualitativer Forschung, das den gesamten Forschungsprozess betrifft. Sie realisiert sich zunächst in der Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit, die bewusst offen gefasst ist und auf die Formulierung von Hypothesen verzichtet. Eine offene und entdeckende Haltung der Forscherin ist dabei sowohl für die Erhebungs- als auch für die Auswertungsstrategie leitend. In der Erhebungsphase zeigt sich die Offenheit durch die Gestaltung der Interviewsituation und der Struktur-Lege-Sitzung. Der Anfangsimpuls des Leitfadeninterviews ist als erzählungsgenerierende Frage angelegt; der Schwerpunkt in der Beantwortung kann von den Befragten selbst gesteuert werden. Die sich daran anschließenden Leitfragen folgen keiner festen Reihenfolge, vielmehr wird der Gang des Interviews vor allem durch die Befragten bestimmt, die so ihre subjektiven Wahrnehmungen und Konstruktionen zur Geltung bringen. Gleiches gilt für die Gestaltung der Struktur-Lege-Sitzung. Das ursprünglich starre Reglement des alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels (vgl. Scheele, Groeben & Christmann 1992) wurde an verschiedenen Stellen gelockert. Die UntersuchungspartnerInnen haben die Möglichkeit, durch zusätzlich zur Verfügung stehendes Material (z.B. Blanko-Strukturkarten, farbiges Tonpapier, Wollfäden) das Legebild nach ihren eigenen Vorstellungen zu arrangieren und die Inhaltskarten dabei so anzuordnen, wie es für sie stimmig ist. Ziel ist ein Umgang mit den Legematerialien, der einen möglichst hohen Grad an Selbstbestimmung aufweist. Das Anregen zum lauten Denken ermöglicht es den Lehrkräften zusätzlich, jederzeit ihre im Legebild optisch repräsentierte Subjektive Theorie durch mündliche Aussagen zu ergänzen und zu vertiefen. Die Offenheit setzt sich in der Analysephase und damit im Umgang mit dem Datenmaterial fort. Bei der Gestaltung der Inhaltskarten werden keine (grund-)schulpädagogischen oder religionsdidaktischen Konzepte von außen an das Material herangetragen, sondern die Formulierung orientiert sich weitgehend am O-Ton der InterviewpartnerInnen. Auch bei der Analyse der individuellen Subjektiven Theorie (idiographische Ebene) wird stets versucht, diese möglichst eng entlang der subjektiven Wirklichkeiten der Befragten darzustellen. Bei der personenübergreifenden Analyse (nomothetische Ebene) werden inhärente Strukturen identifiziert und systematisch und wiederholt am Material geprüft. Bei der Identifikation von Ordnungsstrukturen sowie der inhaltlich-strukturellen Dimensionierung ist das Vorgehen ebenfalls vor allem induktiv angelegt. Durch diese Offenheit im Forschungsprozess soll gewährleistet werden, den Blick auf neue Aspekte des Untersuchungsgegenstandes nicht vorschnell zu versperren. Die theoretische Strukturierung des Forschungsgegenstandes wird bewusst zurückgestellt, bis die Strukturierung desselben, wie sie die Befragten vornehmen, für die Forscherin zufriedenstellend herausgearbeitet wurde. Ein weiteres Kennzeichen qualitativer Forschung ist die Auswahl gegenstandsbezogener Instrumente und die Kontrolle der durchgeführten Methoden. Um die subjektiven Sinndeutungen der Befragten zu erforschen, werden mit dem problemzentrierten Interview sowie der Struktur-Lege-Technik zwei in der Forschungspra-
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xis hinreichend erprobte Erhebungsinstrumente gewählt, die die Forscherin allerdings mit Blick auf die Fragestellung der Arbeit und das Sample modifiziert. Am einschlägigsten zeigt sich dies in der „Siegener Variante“ der Struktur-LegeTechnik, die im Rahmen der vorliegenden Studie entwickelt wurde. Ausschlaggebend dafür war die Erfahrung, dass aus dem FST hervorgegangene Struktur-LegeVerfahren sowie ihre Modifikationen in der schulischen Bildungsforschung sich als nicht passgenau für die Fragestellung erwiesen. Um eine deskriptive Erfassung des Untersuchungsgegenstandes zu gewährleisten, gilt es, die gewählten Methoden trotz der oben geforderten Offenheit einer ständigen Kontrolle zu unterziehen. Beide Erhebungsverfahren – Leitfadeninterview sowie die „Siegener Variante“ der StrukturLege-Technik – sind deshalb möglichst explizit in Aufbau und Ablauf dargestellt. Gleiches gilt für die Auswertungsverfahren, die in ihren einzelnen Schritten transparent gemacht werden. Diese Regelgeleitetheit soll mit einer objektiven Nachvollziehbarkeit des Analyseprozesses einhergehen. Das gilt für die inhaltsanalytische Auswertung der Interviews, die sich an der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach MAYRING (2000; 2015) orientiert und an einschlägigen Beispielen aus der Vorstudie den Weg vom Interview bis zur fertigen Inhaltskarte detailliert nachzeichnet. Auch die Digitalisierung und Analyse der Struktur-Lege-Bilder sind in ihren einzelnen Schritten transparent dargestellt. Gerade bei der Analysearbeit auf individueller Ebene ist dies notwendig, da auf kein etabliertes Verfahren zurückgegriffen werden kann, sondern das analytische Vorgehen im Rahmen der Arbeit entwickelt wurde. So soll gewährleistet werden, dass die Analyse jeder Subjektiven Theorie nach einem regelgeleiteten und systematischen Procedere abläuft. Qualitativ-empirische Forschung ist auf Kommunikation angelegt. Das betrifft zunächst die Beziehung des Forschenden zu seinen UntersuchungspartnerInnen und ein Verständnis für den situativen Entstehungsmoment der Daten. Die Forscherin ist sich der Tatsache bewusst, dass die Datenerhebung sowohl im Interview als auch in der Legesitzung in einem Interaktionsprozess mit ihr selbst entsteht. Durch den Dialog-Konsens zwischen Forscherin und UntersuchungspartnerIn, der das maßgebende Prinzip beider Treffen darstellt, wird versucht, diesen Interaktionsprozess vor allem für eine der subjektiven Deutungswirklichkeit des Befragten nahekommende Rekonstruktion der individuellen Sichtweise zu nutzen. Besonders deutlich zeigt sich dieses Bemühen in der Dokumentation der Legesitzung, in der nicht nur das Legebild als Produkt für die weitere Datenanalyse genutzt wird, sondern im Videoprotokoll auch der gesamte Entstehungsprozess und damit etwa die Kommentierungen der Lehrkraft sowie Aushandlungsprozesse zwischen UntersuchungspartnerIn und Forscherin festgehalten sind. Gleichzeitig ist auch die Legesitzung selbst nur eine Momentaufnahme, beeinflusst durch die jeweilige Tagesform und aktuelle Gefühlslage sowohl der Forscherin als auch der befragten Lehrperson. Die Kommunikation mit den Befragten wird auf der einen Seite erleichtert, da die Forscherin ebenfalls Grundschullehramt studiert und das Referendariat absolviert hat, so dass
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ein gemeinsamer Verständnishorizont und eine gemeinsame Sprachebene gegeben ist. Gleichzeitig wird dieser Sachverhalt durchaus kritisch gesehen, da durch die gemeinsamen berufspraktischen Erfahrungen die Gefahr besteht, dass Inhalte von den Befragten als selbstverständlich erachtet und deshalb gegenüber der Forscherin entweder überhaupt nicht expliziert oder aber nur angedeutet werden. Qualitativ-empirische Forschung ist schließlich ein interpretatives Verfahren, das sich der Forderung der interpretativen Qualität verpflichtet. Sprachliche Äußerungen sind nicht dinghaft gegeben, sondern interpretationsbedürftig. Das Verstehen kann deshalb immer nur eine Annäherung an die Erfahrungs- und Deutungszusammenhänge des Gegenübers sein. Grundsätzlich gilt hier zwar die Annahme der Reziprozität, was bedeutet, das InteraktionspartnerInnen in der Lage sind, sich gedanklich in die Position des jeweils anderen hineinzuversetzen und Handeln und Denken des Gegenübers nachvollziehen. Auch hier ist die oben aufgeführte Tatsache der gemeinsamen beruflichen Erfahrungswelt von Forscherin und UntersuchungspartnerIn ambivalent zu beurteilen. Auf der einen Seite kann der gemeinsame biographische Hintergrund ein interpretatives Nachvollziehen erleichtern, auf der anderen Seite die Gefahr von Fehlinterpretationen erhöhen, etwa weil die Befragten sich auf Andeutungen beschränken und ein Verstehen bei der Forscherin voraussetzen oder aber weil die Forscherin selbst Aussagen vorschnell interpretiert. Auch wenn es für dieses Prinzip keine endgültige Absicherung gibt, kann zumindest das Bewusstmachen der Gefahr möglichen Fehlinterpretationen entgegenwirken.
4.8 S AMPLE Das Kapitel zeigt zunächst die Grundlagen für die Auswahl der teilnehmenden Lehrkräfte und begründet die Anzahl der TeilnehmerInnen (Kap. 4.8.1). Hier wird auch erläutert, wie der Kontakt zu den UntersuchungspartnerInnen zu Stande kam und die erste Kontaktaufnahme verlief. Kapitel 4.8.2 gibt schließlich einen Überblick zu den Rahmendaten des Samples wie der Anzahl der Befragten, dem Alter der TeilnehmerInnen oder ihrer aktiven Zeit im Schuldienst. 4.8.1 Selektive Fallauswahl Die vorliegende Arbeit sieht sich dem qualitativen Forschungsparadigma verpflichtet. Um eine möglichst große Tiefenschärfe zu gewährleisten, werden daher wenige Einzelfälle in ihrer individuellen Komplexität möglichst differenziert und detailliert ergründet. Die Auswahl die TeilnehmerInnen ist somit keine repräsentative Zufalls-
4. F ORSCHUNGSDESIGN
UND
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stichprobe, vielmehr findet eine selektive Auswahl statt (vgl. Lamnek 2010: 236 f.; Döring & Bortz 2016: 302 f.). Das Forschungsanliegen gibt zunächst vor, Grundschullehrkräfte zu befragen, die das Fach Katholische Religionslehre unterrichten. Das schließt gleichzeitig Lehrpersonal an der Grundschule aus, das zwar Katholischen Religionsunterricht erteilt, allerdings kein 1. und 2. Staatsexamen für das Lehramt an Grundschulen besitzt, beispielsweise ReligionslehrerInnen im Kirchendienst oder Gemeinde- und PastoralreferentInnen. Dieses Lehrpersonal hat einen anderen Ausbildungsweg durchlaufen, so dass die in Kapitel 2.2.2 dargestellten Annahmen über die personellen Komponenten schulischer Unterrichtslogik für sie nur eingeschränkt Geltungsanspruch besitzen. Gleichzeitig sollten die befragten Grundschullehrkräfte idealerweise über eine mehrjährige Unterrichtserfahrung und damit ein routiniertes Alltagshandeln im Kontext Schule verfügen. Dabei wird auch vorausgesetzt, dass sie in ihrer bisherigen Unterrichtstätigkeit mindestens einmal mit einer Klasse einen Unterrichtsgang in den Kirchenraum unternommen haben. So wird gewährleistet, dass sie eigene Praxiserfahrungen reflektieren und ihre Subjektive Theorie entlang realistischer Szenarien zum Lernen außerhalb des Klassenzimmers und nicht in einem ausschließlich hypothetischen Raum darstellen. Ziel des Forschungsprozesses ist ein maximaler theoretischer Erkenntnisgewinn. Es finden deshalb so lange Datenerhebungen statt, bis die Forscherin den Eindruck hat, dass in der StrukturLege-Sitzung keine grundlegend neuen Aspekte mehr für die Theoriebildung zum Vorschein kommen. Maßgebendes Kriterium für die Beendigung der Datenerhebung ist somit die Sättigung der Befunde. Der Kontakt zu den Lehrkräften wird über das Netzwerk der Forscherin hergestellt. Es wird allerdings bewusst darauf verzichtet, in die Hauptstudie Lehrpersonen aufzunehmen, die die Forscherin selbst als Kollegin bzw. Kollegen näher kennt. So soll sichergestellt werden, dass die Forscherin möglichst wenig eigene Vorannahmen über die Untersuchungsperson in die Datenerhebung und -analyse einträgt und allen Befragten möglichst offen und unvoreingenommen gegenübertritt. Eine erste Kontaktaufnahme erfolgt in einem Telefonat, in dem zuerst die oben genannten Kriterien für die Teilnahme sichergestellt wurden und anschließend der Ablauf der beiden Treffen besprochen wird. 4.8.2 Überblick über die Zusammensetzung Das Sample setzt sich aus 8 Grundschullehrkräften zusammen, die alle Katholischen Religionsunterricht erteilen. 6 davon sind weiblich, 2 männlich. Alle TeilnehmerInnen wohnen und unterrichten in Bayern/Süddeutschland. Die Dienstorte liegen bis auf eine Ausnahme alle im ländlichen Raum. Eine Lehrkraft unterrichtet an einer städtischen Schule. Die jüngste Teilnehmerin ist zum Zeitpunkt der Daten-
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erhebung 37, die älteste 51 Jahre alt. Das Durchschnittsalter beträgt 46 Jahre. Alle Lehrkräfte verfügen über eine mindestens achtjährige Schulpraxis, die teilweise durch Elternzeiten unterbrochen wurde. Drei der teilnehmenden Lehrkräfte sind zusätzlich in der Schulleitung aktiv. Auf dem Kurzfragebogen haben alle TeilnehmerInnen angegebenen, mit mindestens einer Jahrgangsstufe bereits einen Unterrichtsgang in den Kirchenraum unternommen zu haben, meist wurden Kirchenraumbesuche aber bereits mit mehreren Jahrgangsstufen realisiert.
5. Ergebnisse
Kapitel 5 zeigt die zentralen Forschungsergebnisse auf, was in insgesamt fünf Unterkapiteln geschieht. Kapitel 5.1 stellt zunächst die ausführliche Analyse der Subjektiven Theorie einer Lehrkraft beispielhaft dar und gewährt damit unmittelbare Einblicke in den Forschungsprozess und den Weg vom Datenmaterial der Legesitzung bis zur Beschreibung der Subjektiven Theorie. Da die Analysen der individuellen Subjektiven Theorien sehr umfassend sind, wird nur das in Kapitel 5.1 dargestellte Beispiel in die vorliegende Arbeit aufgenommen und in Kapitel 5.2 für jede Lehrperson eine verkürzte Darstellung inklusive der differenzierten Clusterkarte wiedergegeben. Kapitel 5.3 verlässt die idiographische Ebene und es wird auf nomothetischer und damit vergleichender Ebene gearbeitet. Im Forschungsprozess hat es sich als gewinnbringend herausgestellt, die Struktur-Lege-Bilder als sehr komplexe optische Abbilder der Subjektiven Theorie nicht sofort in ihren Einzelheiten zu analysieren, sondern zunächst eine distanzierte Sicht einzunehmen und die Legebilder aus der Vogelperspektive zu betrachten. Dabei lassen sich verschiedene Ordnungsprinzipien identifizieren, nach denen die Lehrpersonen ihre StrukturLege-Bilder gliedern und organisieren und so Systematik in ihre Vorstellungen zu außerschulischem Lernen eintragen. In Kapitel 5.4 erfolgt mit der inhaltlichstrukturellen Dimensionierung ein Heranzoomen an die Legebilder. Es werden einzelne Themen herausgearbeitet, die sich für die Lehrkräfte als prägend und sinnbestimmend erweisen und anhand derer die Subjektiven Theorien der Befragten verglichen werden können. In Kapitel 5.5 werden schließlich schulische Bestimmungsmomente innerhalb der Subjektiven Theorien identifiziert und nach dem Ordnungsprinzip des didaktischen Modells nach Jank und Meyer (2002) systematisiert. Die Namen der Lehrkräfte sind im Folgenden anonymisiert. Die Darstellung der Subjektiven Theorien auf individueller Ebene (Kap. 5.2) orientiert sich in ihrer Abfolge an der zeitlichen Reihenfolge der Datenerhebung. So steht die Lehrperson, mit der zuerst ein Interview durchgeführt wurde, an erster Stelle, die danach befragte Lehrkraft an zweiter Stelle usw. Den Lehrkräften werden in alphabetischer Rei-
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henfolge zufällig ausgewählte Namen gegeben. Die zuerst befragte Lehrkraft erhält einen Namen mit dem Anfangsbuchstaben A, die zweite einen Vornamen mit dem Anfangsbuchstaben B usw.. Lehrerinnen erhalten weibliche Namen, die beiden teilnehmenden Lehrer männliche Namen. Zudem werden alle Ortsnamen, die sich im Interview, im Struktur-Lege-Bild oder dem Legevideo finden, anonymisiert. Gleiches gilt für alle sonstigen von den Lehrkräften erwähnten Namen, etwa von Personen aus dem Lehrerkollegium oder dem Ortspfarrern. Auch alle Hinweise, durch die Rückschlüsse auf den Wohn- oder Dienstort der Lehrpersonen gezogen werden können, sind unkenntlich gemacht. In der Darstellung der Analyseergebnisse im Fließtext werden sowohl die Inhaltskarten als auch die von den UntersuchungspartnerInnen selbst gestalteten Überschriften im Legebild in Kursivschrift wiedergegeben, Strukturkarten und selbst gestaltete Strukturierungshilfen werden in fetter Kursivschrift dargestellt. Die Namen von Clustern werden in Anführungszeichen gesetzt und zusätzlich kursiv geschrieben, um sie optisch von O-Tönen aus dem Legevideo bzw. dem Interview abzuheben. Bei Clustern handelt es sich um als eigenständig identifizierte Bereiche innerhalb des Stuktur-Lege-Bildes. Von den Lehrkräften im Legebild verwendete Abkürzungen werden im Abkürzungsverzeichnis der Arbeit erläutert. Aus dem Legevideo extrahiertes Ton- und Bildmaterial wird mit dem anonymisierten Namen der jeweiligen Lehrkraft und einer Zeitangabe gekennzeichnet. Kürzere O-Töne aus dem Videoprotokoll werden in Anführungszeichen in den Fließtext integriert, längere Auszüge durch Einrückungen im Text kenntlich gemacht. Äußerungen der Forscherin während der Legesitzung sind durch die Initialen „KK“ gekennzeichnet. Tätigkeitsbeschreibungen, die einzelne relevante Handlungen während der Legesitzung (z.B. Umgang mit dem Legematerial) wiedergegeben, werden fett und kursiv geschrieben. O-Töne aus dem Interview werden – analog zum Legevideo – mit dem Namen der Lehrperson und einer Zeilenangabe versehen. Auch hier sind Äußerungen der Forscherin durch „KK“ kenntlich gemacht. Um einen Eindruck vom Legebild als Ergebnis der Struktur-Lege-Sitzung zu erhalten, kann das digitalisierte Legebild der Lehrerin Angela im Internet abgerufen werden.1 Gleiches gilt für einen Ausschnitt aus dem Legevideo, das eine kurze Sequenz der Legesitzung mit der Lehrkraft Hannah zeigt.2
1
http://www.qualitative-forschung.de/fqs-supplement/fotos/zoom/16-2-1-d_Anhang-1.pdf.
2
https://zenodo.org/record/48325#.V4tWZKLNuSM.
5. E RGEBNISSE | 141
5.1 D IE
INDIVIDUELLEN S UBJEKTIVEN T HEORIEN DER L EHRPERSONEN – D ARSTELLUNG AM B EISPIEL DER L EHRERIN H ANNAH
Die Forscherin widmet sich in der Datenanalyse zunächst der individuellen Subjektiven Theorie jeder Lehrkraft (idiographische Ebene), bevor personenübergreifende Inhalts-Struktur-Kombinationen identifiziert werden (nomothetische Ebene). Dieses Kapitel fokussiert die idiographische Ebene. Da die Beschreibung der Subjektiven Theorie jeder Lehrkraft mindestens 20 Seiten (Fließtext inklusive Kartenmaterial) umfasst, wird im Folgenden das Ergebnis dieser Analyse am Beispiel der Lehrerin Hannah veranschaulicht. Mit insgesamt 103 aus dem Interview extrahierten Inhaltskarten und der Häufigkeit des Einsatzes von Strukturkarten liegt sie im Mittelfeld der acht befragten Lehrkräfte. An ihrem Beispiel kann außerdem gut veranschaulicht werden, wann fehlende strukturelle Verbindungen im Legebild durch entsprechende Kommentare aufgefangen werden können und an welchen Stellen die verbalen Ausführungen der Lehrkraft während der Legesitzung das Struktur-Lege-Bild noch einmal tiefergehend beschreiben können. Bei Hannah werden beispielhaft die bei allen Lehrpersonen durchgeführten Analyseschritte aufgezeigt. Die Darstellung jeder individuellen Subjektiven Theorie beginnt mit einem Kurzportrait der Lehrperson (Kap. 5.1.1), das vor allem die im Kurzfragebogen erhobenen Rahmendaten zum beruflichen Hintergrund enthält. In Kapitel 5.1.2 werden die im Struktur-LegeBild identifizierten Cluster genannt und in der groben Clusterkarte im Überblick dargestellt. Es folgt die Analyse der einzelnen Cluster (Kap. 5.1.3). Jede Clusterbeschreibung schließt mit der Darstellung der Teilkarte des Clusters, in der die identifizierten Kategorien und ihre strukturellen Verbindungen optisch veranschaulicht sind. In Kapitel 5.1.4 wird abschließend das Zueinander der einzelnen Cluster im Legebild beschrieben. Die Darstellung der Subjektiven Theorie von Hannah in Kurzform sowie die differenzierte Clusterkarte, die ihre Subjektive Theorie im Überblick wiedergibt, befindet sich in Kapitel 5.2.8. 5.1.1 Kurzportrait Die Lehrerin Hannah ist 49 Jahre alt und seit 26 Jahren im bayerischen Schuldienst als Grundschullehrerin tätig. Sie ist zusätzlich Beratungslehrerin und damit beruflich im schulpsychologischen Bereich aktiv. Außerdem hat sie eine Ausbildung zur Gestaltpädagogin absolviert. Hannah hat bereits alle Jahrgangsstufen in Katholischer Religionslehre unterrichtet, ist schwerpunktmäßig allerdings in der 1. und 2. Jahrgangsstufe eingesetzt. Vor einiger Zeit hat sie den Schulort gewechselt und an ihrem neuen Einsatzort vor kurzem einen Kirchenraumbesuch mit einer 1. Jahr-
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gangsstufe unternommen. An ihrem alten Schulort dagegen hat sie aufgrund der weiten Entfernung zwischen Schulhaus und katholischer Kirche nur einen Unterrichtsgang in die evangelische Kirche realisiert, und zwar mit einer 4. Jahrgangsstufe. 5.1.2 Identifikation von Clustern Hannah ordnet den Bereichen ihres Legebildes verschiedenfarbige Überschriften zu, so dass die einzelnen Cluster von der Forscherin optisch klar identifiziert und voneinander getrennt werden können. Einen Grenzfall bildet lediglich das Cluster 8. Über den Inhaltskarten platziert die Lehrerin hier die Überschrift Unterrichtsgang – Warum? / Wie? Mit dem Warum? und Wie? behandelt sie sowohl Argumente für einen Unterrichtsgang als auch methodisch-didaktische Umsetzungsvorschläge, wobei Hannah die dort platzierten Inhaltskarten getrennt nach Warum? und Wie? in zwei Spalten anordnet. Da Hannah die beiden Aspekte allerdings gemeinsam auf einer farbigen Karte verschriftlicht, wird hier ein Cluster angenommen. Das Legevideo bestätigt diese Annahme, da während der Arbeit an diesem thematischen Bereich zwischen den beiden Spalten des Warum? und Wie? immer wieder strukturelle Verbindungen verbalisiert und optisch eingebaut werden und die Lehrerin so eine enge Zusammengehörigkeit ausdrückt. Damit lassen sich im Legebild von Hannah die folgenden neun Cluster ausmachen: 1) „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“, 2) „Kirche als sakraler Raum“, 3) „Vorgaben durch den LP der GS“, 4) „Organisatorisches“, 5) „Rahmenbedingungen“, 6) „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“, 7) „Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“, 8) „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“, 9) „Meine Vorstellung vom RU“. Die neun Bereiche werden in der Legesitzung von Hannah inhaltlich durch insgesamt 103 Inhaltskarten gefüllt. Die grobe Clusterkarte (vgl. Abb. 2) zeigt die räumliche Anordnung, die Ausdehnung sowie die Namen der Cluster im Struktur-Lege-Bild der Lehrkraft Hannah. Die Zahlen geben die Reihenfolge der Entstehung der Cluster während der Legesitzung wieder.
Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU
7
2
Kirche als sakraler Raum
Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft
1
Vorgaben durch den LP der GS
3
9
Voraussetzung en bei den Schülern / Elternhaus
6
Meine Vorstellung vom RU
4
8
Rahmenbedingungen
Unterrichtsgang Warum? / Wie?
Organisatorisches
5
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
5. E RGEBNISSE | 143
Abbildung 2: Grobe Clusterkarte der Lehrerin Hannah
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5.1.3 Analyse der Cluster Cluster 1: Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft Erste erkennbare Strukturierungsversuche in ihrem Legebild unternimmt die Lehrerin Hannah an einem Cluster, dessen Inhalte ihre persönlichen Voraussetzungen betreffen: Hannah, 20:20 KK: Ich sehe schon, dass Sie anfangen, Ihre einzelnen Bereiche zu ordnen. Wollen wir das einfach mal gemeinsam machen? Hannah: Ja. (...) Wobei ich jetzt noch nicht so ganz meine Überpunkte für mich im Klaren habe. Hm, aber prinzipiell denke ich, ist mal so ein Bereich der, was ich von meiner Seite her mitbringe als Lehrerin für den Religionsunterricht ALLGEMEIN. Jetzt gar nicht unbedingt nur, was den Unterrichtsgang anbelangt.
In ihrem Legebild gibt es für Hannah zunächst einmal einen Bereich, der beschreibt, „was ich von meiner Seite mitbringe als Lehrerin für den Religionsunterricht“. Wie sie diesen Bereich interpretiert, macht die Lehrerin unmittelbar deutlich, denn es geht um Sie als Religionslehrkraft „ALLGEMEIN“ und nicht nur mit Blick auf Unterrichtsgänge. So erscheint es folgerichtig, dass Hannah diesen Bereich kurz darauf mit der Überschrift Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft betitelt. Sieben Inhaltskarten, die Hannah in einer Spalte untereinander anordnet, füllen diesen Bereich aus. Diese allgemeinen Voraussetzungen, die in ihrer eigenen Person begründet liegen, konkretisiert Hannah weiter: Hannah, 20:52 Hannah: Also dass ich selber von mir behaupte, ich bin ein Mensch mit einer religiösen, also mit einer religiösen Rückbindung und das bedeutet mir was, in den Gottesdienst zu gehen und dort meine Ruhepunkte zu finden, den Gottesdienst mitzufeiern. Beziehungsweise die Ruhepunkte in der Kirche auch außerhalb des Gottesdienstes zu finden. Und so weiter. (…) Also deshalb ist für mich auch der Kirchenraum wichtig.
Hannah bescheinigt sich selbst eine „religiöse[n] Rückbindung“. Eine solche Rückbindung sieht sie vor allem in der Teilnahme am Gottesdienst begründet. Diesen Gedanken überträgt sie unmittelbar auf den Kirchenraum. Dieser ist für sie einmal im Gottesdienstgeschehen von Bedeutung, dann aber auch „außerhalb des Gottesdienstes“ in seiner Funktion als „Ruhepunkt[e]“. Vier untereinander platzierte Inhaltskarten veranschaulichen genau diesen Gedankengang. Die erste Karte wirkt wie eine Art Überschrift und thematisiert die Kirche als Ruhepunkt (ich brauche Ruhepunkte wie die Kirche). Die darunter platzierten Inhaltskarten führen aus, wann der Kirchenraum für Hannah ein Ruhepunkt ist, nämlich einmal im Gottesdienstgeschehen (ich gehe häufig in den Gottesdienst), dann aber auch außerhalb der Gottesdienstzeiten (die Kirche ist für mich ein Raum zum stillen Beten). Die letzte Kar-
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te der Vierergruppe wirkt wie ein Abschluss dieses Gedankenganges, in dem Hannah die atmosphärische Dimension des Kirchenraumes anspricht (die Kirche ist für mich atmosphärisch wichtig). Die vier Karten bilden drei Kategorien, die alle das Verhältnis der Lehrkraft zum Kirchenraum spezifizieren: „Ruhepunkt im Gottesdienst“ (H_1_1), „Ruhepunkt zum stillen Beten“ (H_1_2), „atmosphärisch wichtig“ (H_1_3). Zwei am unteren Ende der Spalte platzierte Inhaltskarten scheinen zunächst nicht wirklich in diesen Bereich zu gehören, konzentriert er sich doch auf Voraussetzungen bei der Lehrkraft. Beide erwecken eher den Anschein von Zielformulierungen: ich möchte den Kindern mitgeben, dass die Kirche ein besonderer Raum ist; ich hoffe, dass die Kinder das Gefühl im Raum mitnehmen. Warum Hannah diese beiden Inhaltskarten diesem Cluster zuordnet, erläutert sie folgendermaßen: Hannah, 30:36 Hannah: Das ist ja jetzt wieder noch was, was von mir ausgeht. Das ist meine, von meiner Einstellung her. Ich möchte den Kindern mitgeben, dass die Kirche ein besonderer Raum ist. Und ich hoffe so, dass die Kinder auch das Gefühl in dem Raum mitnehmen. So.
Die beiden Karten, die auf die Zielsetzung des Unterrichtsganges gerichtet sind, sind für Hannah etwas „was von mir ausgeht“. Es ist eine „Einstellung“, mit der sie Unterrichtsgänge gestaltet und angeht. Zentral ist für sie, dass die Kinder die Besonderheit des Kirchenraumes erfahren und ein „Gefühl in dem Raum mitnehmen“. Beide Karten bilden die Kategorie „Raumgefühl mitnehmen“ (H_1_4). Am Ende der Legesitzung erläutert Hannah noch einmal, wie wichtig für sie diese eigene Einstellung ist, den Kindern den Kirchenraum „nicht nur unter einem sachlichen Gesichtspunkt“ nahezubringen, sondern „auch den emotionalen Bereich“: Hannah, 1:36:12 Hannah: Das ist ein besonderer Raum, das ist ein Raum zum stillen Beten. Und ich hoffe eben, oder mir ist es deshalb wichtig, dass es nicht nur unter einem sachlichen Gesichtspunkt ne so, es ist Lehrplanthema in der 1., 2., 3., 4. Klasse, dass das so rüberkommt. Sondern dass es eben auch den emotionalen Bereich, dass es in den greift. Ja.
Am oberen Ende dieser Spalte platziert Hannah im Laufe der Legesitzung schließlich eine Inhaltskarte, die ihre Ausbildung zur Gestaltpädagogin thematisiert. Wie wichtig für die Lehrkraft dieser Gedanke ist, zeigt ihre ausführliche Erläuterung: Hannah, 1:33:58 KK: Einen Bereich, den haben Sie ganz zu Beginn strukturiert. Da haben Sie aber nur kurz was zu erläutert. Könnten Sie mir den grade nochmal erklären? Hannah: Also die Voraussetzungen bei mir als Lehrkraft. Jetzt steht auf einem Kärtchen: Ich habe eine Ausbildung zur Gestaltpädagogin. Die liegt zwar weit zurück, aber es ist für mich auch weiterhin so ein Grundgedanke, dass es eine Aufgabe von mir ist, als Lehrerin oder als Begleiterin der Kinder, den Kindern Möglichkeiten zu schaffen, wo
146 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER sie verschiedene Facetten oder verschiedene Bereiche, verschiedene Anlagen in sich, wo die Gestalt annehmen können, Gestalt bekommen können. Und jetzt im Bezug auf das Thema Kirche und Unterrichtsgänge in die Kirche denke ich, (.) ist es mir ein Anliegen, dass ich das für Kinder erfahrbar mache, was mir das bedeutet. (…) Oder ich denke es ist ja meistens so, dass ich nur dann was glaubhaft vermitteln kann, wenn ich das selber auch so empfinde, (…) dass Kirche eben EINMAL das architektonische Gebäude ist, aber dass es eben auch ein Raum ist, der ein Sammlungsort für mich sein kann, ein Ruheort.
Obwohl ihre Ausbildung zur Gestaltpädagogin schon einige Jahre zurückliegt, ist sie für Hannah ein „Grundgedanke“, der ihre Arbeit im Religionsunterricht prägt. Ihre Rolle als „Lehrerin“ interpretiert sie dabei als eine „Begleiterin der Kinder“. Sie konkretisiert, was genau diese Ausbildung in ihren Augen mit Unterrichtsgängen in die Kirche zu tun hat. Ihr Anliegen ist es, ihren eigenen Zugang zum Kirchenraum für die Kinder „erfahrbar“ zu machen. Dieser eigene Zugang zielt vor allem auf die Kirche als Ruheort ab. Diese Dimension des Kirchenraumes kann man aber nur „glaubhaft vermitteln […] wenn ich das selber auch so empfinde“. Die Karte wird in die eigenständige Kategorie „Gestaltpädagogin“ (H_1_5) überführt. Im Rahmen der gestaltpädagogischen Arbeit spricht Hannah gleichzeitig das Prinzip des authentischen Arbeitens im Religionsunterricht an. Denn in ihren Augen kann sie nur Inhalte „glaubhaft vermitteln“, hinter denen sie selber steht und die sie selbst als solche erlebt. Abbildung 3: Teilkarte Cluster 1 Hannah: Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft
Gestaltpädagogin (H_1_5)
Ruhepunkt im Gottesdienst (H_1_1)
Ruhepunkt zum stillen Beten (H_1_2)
atmosphärisch wichtig (H_1_3)
Raumgefühl mitnehmen (H_1_4)
Die Teilkarte in Abbildung 3 gibt das Cluster 1 auf einen Blick wieder. Im Cluster „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“ arrangiert Hannah diejenigen Inhalte, die „ich von meiner Seite her mitbringe als Lehrerin für den Religionsunterricht“ (Hannah, 20:25). Dabei handelt es sich für Hannah um in ihr selbst verortete Voraussetzungen für Unterrichtsgänge in die Kirche, aber auch für Religionsunterricht allge-
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mein. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass sie selbst eine religiöse Rückbindung hat und regelmäßig am Gemeindeleben teilnimmt. Das bestimmt ihren Zugang zum Kirchenraum. Kirche ist für Hannah ein Ruhepunkt, und zwar in doppelter Hinsicht. Einmal findet sie hier Ruhe während des Gottesdienstes, den sie regelmäßig besucht (H_1_1). Dann ist er aber auch eine Anlaufstelle außerhalb der Gottesdienstzeiten, um hier in Ruhe zu beten (H_1_2). Sowohl während als auch außerhalb des Gottesdienstes ist für Hannah die Kirche als atmosphärischer Raum von Bedeutung (H_1_3). Diesen Ansatz des Ruheortes möchte sie auch an die Kinder weitergeben, die bei Unterrichtsgängen ein Gefühl in diesem besonderen Raum mitnehmen sollen (H_1_4). Prägend für diese Einstellung ist für Hannah ihre Ausbildung als Gestaltpädagogin (H_1_5), die für eine authentische Arbeitsweise im Religionsunterricht steht. Nur, was sie selbst spürt und erlebt, kann sie auch glaubhaft an die Kinder weitergeben. Cluster 2: Kirche als sakraler Raum Mit insgesamt 17 Inhaltskarten legt die Lehrkraft Hannah einen Bereich an, den sie mit Kirche als sakraler Raum überschreibt. In diesem Themenfeld geht es für Hannah „dann schon konkreter um den Kirchenraum“, allerdings in einer ganz bestimmten Perspektive, wie sie selbst zu Beginn der Legesitzung erläutert: Hannah, 22:57 Hannah: Jetzt geht’s dann schon konkreter um den Kirchenraum. Also auch wieder erst einmal mehr, was bedeutet der Kirchenraum für mich auch. Da spielt ja meine eigenen Vorstellung mit, wenn ich das als, weil ich das als stillen und meditativen Raum empfinde, als sakralen Raum, als besonderen Raum und auch als Ruhepunkt. Hm, ja.
In Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ legt Hannah einen Bereich an, der den Kirchenraum beschreibt, wie sie ihn selbst vor allem wahrnimmt, nämlich Kirche als „stillen und meditativen Raum“, „als sakralen Raum“, „als besonderen Raum“ und „auch als Ruhepunkt“. So platziert Hannah in diesem Bereich erst einmal sieben Inhaltskarten, die sie untereinander anordnet und die ihre Vorstellung von der Kirche konkretisieren. Dass es hier um einen persönlich geprägten Zugang zu diesem Raum geht, macht Hannah in folgendem Kommentar noch einmal deutlich, in dem sie auf „viele Erinnerungen an besondere Gottesdienste“ anspielt: Hannah, 23:32 Hannah: Ja und das ist auch für mich halt, verbinden sich auch viele Erinnerungen an besondere Gottesdienste oder an den herkömmlichen Gemeindegottesdienst, den wöchentlichen Sonntagsgottesdienst.
Wie schon bei Cluster 1, in dem sie ihren persönlichen Zugang zum Kirchenraum darstellt, setzt sie hier die Funktion des Kirchenraumes als Ruhepunkt mittels einer Inhaltskarte an eine herausgehobene Stelle. Die darunter liegenden Karten nehmen
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den Kirchenraum als Raum des Gottesdienstes in den Blick, aber auch als meditativen und stillen Raum. Es werden zwei Kategorien gebildet: „Ruhepunkt im Gottesdienst“ (H_2_1) sowie „meditativer Raum“ (H_2_2). Für die Lehrkraft scheint sich dieser zuletzt genannte Bereich vor allem auf die Funktion des Kirchenraumes außerhalb des Gottesdienstes zu konzentrieren, denn an die Kategorie „meditativer Raum“ (H_2_2) werden noch zwei Inhaltskarten angebunden. Zunächst einmal eine Karte, die diese Rolle des Kirchenraumes außerhalb des Gottesdienstgeschehens unterstreicht: man kann auch außerhalb des Gottesdienstes in die Kirche gehen. Als Hannah diese Karte im Legebild platziert, erläutert sie: Hannah, 26:58 Hannah: Ja. Das ist ein besonderer Raum. Das ist ein Ruheraum, ein Ruhepunkt. Das heißt auch, dass ich, dass man das auch außerhalb des Gottesdienstes besuchen kann. Hannah verbindet die Inhaltskarte „man kann auch außerhalb des Gottesdienstes in die Kirche gehen“ durch die Strukturkarte „das ist / das heißt“ mit der Inhaltskarte „die Kirche ist ein meditativer, stiller Raum“. Und diesen Ruhepunkt, den kann ich ja nicht nur während des Gottesdienstes aufsuchen.
Die entsprechende Inhaltskarte wird in die eigenständige Kategorie „außerhalb des Gottesdienstes“ (H_2_3) überführt. Die zweite Karte, die Hannah an die Kategorie „meditativer Raum“ (H_2_2) anbindet, thematisiert die Gefühlslage der Lehrerin bei Kirchenraumbesuchen im Rahmen des Religionsunterrichts: bei Unterrichtsgängen freue ich mich. Diese wird erst gegen Ende der Legesitzung an dieser Stelle platziert und ihre Lage im Legebild von Hannah folgendermaßen interpretiert: Hannah, 1:31:40 Hannah: Bei Unterrichtsgängen freue ich mich. Also wenn diese, wenn diese, wenn das atmosphärisch ankommt. Also dass das eine Chance ist, so einen Raum zu nutzen. Hannah bindet die Inhaltskarte „bei Unterrichtsgängen freue ich mich“ durch die selbst gestaltete Strukturkarte „wenn“ an die Kategorie „meditativer Raum“ (H_2_2) an.
Das bis zu diesem Punkt vor allem aus sachlichen Aussagen bestehende Cluster erhält mit dieser Inhaltskarte einen eindeutig emotionalen Bezug. Hannah berichtet über positive Gefühle bei einem Unterrichtsgang. Diese Gefühle sind für sie mit einem bestimmten Erleben des Kirchenraumes verbunden. Die Strukturkarte wenn macht diesen Zusammenhang auch noch einmal strukturell deutlich. Es entsteht die eigenständige Kategorie „Freude bei U-Gängen“ (H_2_10). In ihrer Kommentierung spricht Hannah allerdings nicht den Kirchenraum als meditativen Raum an, sondern hebt seine besondere Atmosphäre hervor. Diese Atmosphäre ist auf zwei Inhaltskarten festgehalten, einmal eher als sachliche Aussage (die Kirche ist ein Raum mit besonderer Atmosphäre), dann aber auch bereits mit Blick auf die methodische Arbeit im Raum (beim Singen war eine besondere Atmosphäre spürbar). Beide Karten liegen unmittelbar nebeneinander und werden in die Kategorie „be-
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sondere Atmosphäre“ (H_2_4) überführt. Um sowohl der Gestaltung im Legebild als auch den Kommentierungen von Hannah Rechnung zu tragen, wird in der Clusterkarte 2 (vgl. Abb. 4) die Kategorie „Freude bei U-Gängen“ (H_2_10) so platziert, dass sie sich sowohl auf die Kategorie „meditativer Raum“ (H_2_3), als auch auf die Kategorie „besondere Atmosphäre“ (H_2_4) bezieht. Drei weitere Inhaltskarten nehmen den Kirchenraum unter einer sachlichen Perspektive in den Blick. Die Inhaltskarte die Kirche ist ein besonderer Raum scheint für Hannah die oberen Kategorien noch einmal zusammenzufassen. Durch die Bestimmung des Kirchenraumes als sakralen Raum, der mit einem besonderen Geist beseelt ist, kommt allerdings auf zwei Inhaltskarten ein neuer Gedanke dazu. Für Hannah hat der Kirchenraum „was Sakrales, nicht nur während des Gottesdienstes“ (Hannah, 23:21). Die Inhaltskarten werden in die Kategorie „sakraler Raum“ (H_2_5) überführt. Diese von der Lehrkraft ausgeführten Aspekte des Kirchenraumes, die seine Besonderheit ausmachen, haben für sie konkrete Folgen für die unterrichtliche Arbeit. Diese Folgen legt sie in drei Gruppen an, die alle durch die Strukturkarte führt zu aus den eben aufgeführten Kategorien abgeleitet werden. Zunächst einmal hat die Besonderheit des Raumes für Hannah Folgen für das Verhalten im Raum, was zwei Inhaltskarten veranschaulichen (man muss Rücksicht nehmen auf die Leute, die gerade in der Kirche sind; in der Kirche gelten bestimmte Verhaltensregeln, z.B. nicht rumrennen, andere nicht stören). Für Hannah gibt es also spezielle „Verhaltensregeln“ (H_2_6), die es im Kirchenraum einzuhalten gilt, um seiner Besonderheit Rechnung zu tragen. Mit der nächsten Folgerung nimmt die Lehrerin diejenigen Kinder in den Blick, die ihrer Ansicht nach besonders von einem Unterrichtsgang angesprochen werden, der auf die sakrale Raumkomponente ausgerichtet ist, und bezieht ihre Aussage vor allem auf das „Atmosphärische“: Hannah, 23:37 Hannah: Das hat zur Folge – das ist jetzt wieder ein neuer Punkt – dass gerade Kinder, die auch so ein Empfinden haben für Atmosphärisches, dass die das eben auch so erleben können, dass das so ein besonderer Raum ist. Also sicherlich die, die emotional ansprechbar sind.
Die entsprechende Inhaltskarte wird in die Kategorie „emotional ansprechbar“ (H_2_7) überführt. Schließlich führt die unterrichtliche Nutzung des Kirchenraumes als sakraler Raum dazu, dass Hannah sich verschiedene Aktivitäten in der Kirche vorstellen kann, die den Raum in dieser Dimension erfahrbar machen. Diese Aktivitäten sind auf drei Inhaltskarten festgehalten und umfassen beispielsweise das gemeinsame Singen (in der 1. Klasse haben wir zum Abschluss ein Lied gesungen), das sie tatsächlich schon bei einem Unterrichtsgang durchgeführt hat. Hannah nennt aber auch hypothetische Überlegungen (z.B. ich kann mir vorstellen, mal in die
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Kirche zu gehen um Kerzen anzuzünden und Bitten zu sprechen). Was diese drei Inhaltskarten miteinander verbindet, erklärt Hannah selbst in der Legesitzung: Hannah, 28:03 Hannah: Also das führt dazu, dass ich das eben dort auch erlebbar mache, dadurch dass ich zum Beispiel verschiedene Aktivitäten da einbinde, wie eine Lichterfeier. Oder, hm. Wie hängen die jetzt zusammen? (…) Also das gehört vielleicht noch dazu, hier. Das führt dazu, dass ich Aktivitäten wie eine Lichterfeier mache. Ich kann mir vorstellen, mal in die Kirche zu gehen und Kerzen / also ne, um diesen Raum als solchen erlebbar zu machen.
Die hier platzierten Aktivitäten zielen für Hannah darauf ab, „diesen Raum als solchen erlebbar“ zu machen. Die Karten werden zur Kategorie „Raum erlebbar machen“ (H_2_8) überführt. Nimmt Hannah im oberen Bereich des Clusters den Kirchenraum in seinen verschiedenen Dimensionen in den Blick, spielt sie hier unterrichtspraktische Maßnahmen ein. Hannah ist sich dessen durchaus bewusst, was ihr Umgang mit der Inhaltskarte in der 1. Klasse haben wir zum Abschluss ein Lied gesungen zeigt. Diese Karte ist zunächst einem Bereich zugeordnet, den Hannah später mit Vorgaben durch den LP der GS betitelt und der die Lehrplanvorgaben für die Arbeit im Kirchenraum fasst. Allerdings möchte sie die entsprechende Karte doch lieber dem Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ zuordnen. Hannah, 31:46 Hannah hat die Inhaltskarte „in der 1. Klasse haben wir zum Abschluss ein Lied gesungen“ in der Hand, die gerade noch in Cluster 3 „Vorgaben durch den LP der GS“ lag. Hannah: Wobei das vielleicht noch dazu gehört. Also das sind ja jetzt mehr so Maßnahmen, die das besondere, die besondere Atmosphäre der Kirche EMOTIONAL erlebbar machen. So, ja.
Einige unterrichtspraktische Inhalte sind für Hannah also auf „die besondere Atmosphäre der Kirche“ hin ausgerichtet und werden von ihr bewusst in diesem Bereich des Legebildes angeordnet. Allerdings wird die für Hannah so zentrale Überlegung, Kirche als „Raum erlebbar machen“ (H_2_8), am Ende der Legesitzung von ihr selbst relativiert: Hannah, 1:18:16 Hannah: Ja, das ist jetzt nochmal, es ist schwierig mit den Kindern die Atmosphäre in der Kirche länger durchzuhalten. Das ist natürlich immer so eine, eine Einschränkung zu dem Bemühen, das auch als meditativen Raum erfahrbar zu machen. Und das ist natürlich auch was, wo ich mir sage, das ist ganz klar auch von der Tagesverfassung der Klasse, der Kinder abhängig. Wie ist die. Es ist nicht ein Tag wie der andere. Und manchmal sind relativ viele Kinder ansprechbar von einer bestimmten Atmosphäre und ein anderes Mal platzt das halt. Ich denke, das muss man halt auch akzeptieren. (lacht) Weil heute ein langer Probeaufsatz war oder weiß der Geier. Weil sie einfach auch müde sind oder ja.
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Die Ausführungen von Hannah beziehen sich auf die Inhaltskarte es ist schwierig, mit den Kindern die Atmosphäre in der Kirche länger durchzuhalten. Sie möchte die Kirche als „meditativen Raum erfahrbar [zu] machen“, gleichzeitig aber ist dieses Bemühen von der „Tagesverfassung der Klasse, der Kinder abhängig“ und kann meist – wenn überhaupt – nur für kurze Zeit erzeugt werden. Um dieses Dilemma auch optisch auszudrücken, legt Hannah die Strukturkarte aber ins Bild, um die Kategorien „Raum erlebbar machen“ (H_2_8) durch die Kategorie „Atmosphäre durchhalten schwierig“ (H_2_9) zu relativieren bzw. das Problempotential der Kategorie anzuzeigen. Abbildung 4: Teilkarte Cluster 2 Hannah: Kirche als sakraler Raum Ruhepunkt im Gottesdienst (H_2_1)
meditativer Raum Freude bei Uwenn Gängen (H_2_10)
das heißt
(H_2_2)
außerhalb des Gottesdienstes (H_2_3)
besondere Atmosphäre (H_2_4)
sakraler Raum (H_2_5)
(H_2_6)
führt zu →
füh rt z u →
Verhaltensregeln
emotional ansprechbar (H_2_7)
fü hr tz u
→
Atmosphäre Raum erlebbar ← aber → durchhalten schwierig machen (H_2_9) (H_2_8)
In Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ entwickelt Hannah eine Mischung aus einem sachlichem Zugang zum Kirchenraum, der persönlich gefärbt ist, und unterrichtspraktischen Schlussfolgerungen (vgl. Abb. 4). Wie auch schon bei Cluster 1 stellt Hannah hier die Kirche zunächst als Raum für die gemeinsame Feier des Gottesdienstes heraus (H_2_1). Der Schwerpunkt des Clusters liegt allerdings auf der Funktion des Raumes außerhalb der Gottesdienstzeiten (H_2_3), denn auch dann ist er ein sakraler Raum (H_2_5). Für Hannah ist Kirche außerhalb des Gottesdienstes ein ruhiger und meditativer Raum (H_2_2) mit einer besonderen Atmosphäre (H_2_4). Positive Erlebnisse bei Unterrichtsgängen hat Hannah vor allem dann, wenn sie diese Dimensionen des Kirchenraumes mit den Kindern erleben kann (H_2_10). Aus dieser inhaltlichen Sichtweise auf den Kirchenraum ergeben sich drei unterrichtspraktische Schlussfolgerungen. Zunächst einmal ist es für Hannah wichtig, andere BesucherInnen im Raum nicht zu stören und sich an bestimmte Re-
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geln zu halten (H_2_6). Dann legt dieser Zugang zum Raum aber auch nahe, wer besonders von Unterrichtsgängen profitiert. Für Hannah sind es vor allem die Kinder, die im emotionalen Bereich ansprechbar sind (H_2_7). Das gilt für Aktivitäten, die den Kirchenraum als sakralen Raum erlebbar machen (H_2_8), wie etwa das gemeinsame Singen. Allerdings ist ein solches gemeinsames Erleben der Atmosphäre im Kirchenraum mit der Klasse nicht immer möglich (H_2_9). Cluster 3: Vorgaben durch den LP der GS Das dritte Cluster, an dem Hannah erkennbare Strukturierungsversuche unternimmt, fasst sie selbst mit den folgenden Worten zusammen: Hannah, 31:02 Hannah: Jetzt ist ja irgendwie so ein ganz großer Bereich, den ich jetzt einfach mal inhaltlich so als, als das bezeichnen würde, was durch Lehrplanthemen, durch die lehrplanmäßigen Vorgaben schon vorstrukturiert ist. Ne? Also ich habe da jetzt einfach mal nach den Jahrgangsstufen geordnet.
In Anlehnung an die von Hannah selbst gesetzte Überschrift und an ihren O-Ton wird Cluster 3 als „Vorgaben durch den LP der GS“ betitelt. Für Hannah ist das „so ein ganz großer Bereich“, dessen maßgebendes Strukturierungsprinzip „die lehrplanmäßigen Vorgaben“ sind, die laut Hannah „äußere Fixpunkte“ (Hannah, 44:07) markieren. Die Lehrplanthemen im Katholischen Religionsunterricht der Grundschule geben für sie damit vor, wann sich ein Unterrichtsgang anbietet. Das Ordnungsprinzip dafür sind die einzelnen Jahrgangsstufen. So legt Hannah dieses Cluster chronologisch von der 1. bis zur 4. Klasse an: „Na, ich mach’s jetzt erstmal jahrgangsmäßig.“ (Hannah, 32:08) Zwei der hier aufgeführten Kirchenraumbesuche hat sie schon selbst durchgeführt, nämlich den Unterrichtsgang in der 1. Klasse zum Thema Osterkerze sowie in der 4. Klasse den Besuch der evangelischen Kirche. Acht Inhaltskarten thematisieren den in diesem Schuljahr selbst durchgeführten Unterrichtsgang in der 1. Jahrgangsstufe. Thematischer Aufhänger ist die Osterkerze. Mit der an oberster Stelle platzierten Karte macht Hannah deutlich, dass es nicht um den Kirchenraum selbst ging, sondern die Osterkerze als Ausstattungsstück im Zentrum stand (in der 1. Klasse war der Kirchenraum an sich kein Thema). Darunter platziert Hannah drei Inhaltskarten, die religiöse Praktiken im Kirchenraum beschreiben (z.B. in der 1. Klasse haben wir beim Betreten das Kreuzzeichen mit Weihwasser gemacht). Verbindendes Element dieser drei Inhaltskarten ist für Hannah der Aspekt „Körpersprache“ bzw. „Körpergesten“, wie sie selbst ausführt: Hannah, 38:07 Hannah: Und das Kreuzzeichen, die Verbindung mit der Körpersprache, den Körpergesten, die Kniebeuge. Das gehört ja zusammen. Und das schon im VORFELD im Unterricht thematisiert worden im Herbst. Ist dann nochmal aufgegriffen worden. Und deshalb ist das jetzt einfach im Unterrichtsgang nochmal aufgegriffen und praktisch ange-
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wendet worden. Das macht man ja im Klassenraum dann weniger, dass man Weihwasser nimmt. Oder eine Kniebeuge macht.
Die „Körpergesten“ wurden im Religionsunterricht bereits vor dem Besuch im Kirchenraum besprochen, sind allerdings erst vor Ort „praktisch angewendet worden“. Der Grund für diese Trennung von Theorie und Praxis liegt für Hannah letztlich im Lernort begründet, denn religiöse Praktiken „macht man ja im Klassenzimmer dann weniger“. Eine unmittelbar darunter platzierte Inhaltskarte beschreibt ein weiteres methodisches Vorgehen im Raum, das von der Lehrkraft ebenfalls reflektiert und didaktisch begründet wird: Hannah, 37:24 Hannah: Also das war das erste Mal, dass wir mit der Klasse, mit der Religionsklasse einen Unterrichtsgang gemacht haben. Da haben wir zu BEGINN eine Wanderung mit den Augen gemacht, dass wir überhaupt jetzt erstmal bestimmte Haltepunkte da finden im Kirchenraum.
Der hier von der Lehrkraft thematisierte Unterrichtsgang war das erste Mal, dass die Erstklässler den Kirchenraum im Rahmen des Religionsunterrichts besucht haben. Um „bestimmte Haltepunkte“ im Kirchenraum zu finden, setzt Hannah nicht sofort an der Osterkerze an, sondern lässt die Kinder erst einmal mit den Augen wandern. Die soeben beschriebenen methodisch-didaktischen Vorgehensweisen der Lehrkraft werden in die drei Kategorien „Kirchenraum an sich kein Thema“ (H_3_1), „Körpergesten“ (H_3_2) sowie „Augenwanderung“ (H_3_3) überführt. Das Zentrum dieses Unterrichtsganges bildet schließlich die Osterkerze, wie drei Inhaltskarten festhalten. Dabei wurde die Osterkerze gemeinsam angeschaut und ihre Symbolik und Bedeutung besprochen. Es wird die Kategorie „Osterkerze als Thema“ (H_3_4) gebildet. Ebenfalls in die 1. Jahrgangsstufe ordnet Hannah einen Unterrichtsgang zum Thema Schöpfung ein, den sie für das Ende dieses Schuljahres plant. Dabei geht dem Kirchenraumbesuch ein Unterrichtsgang in die Natur voraus, bei dem die Kinder draußen Dinge entdecken und sammeln und dann „in einem Dankelement in die Kirche einbinden“: Hannah, 39:01 Hannah arbeitet gerade an den Inhaltskarten „in der 1. Klasse kann man einen Unterrichtsgang zum Thema Schöpfung machen“ und „mit der 1. Klasse möchte ich dieses Schuljahr noch zum Thema Schöpfung ein Dankelement in der Kirche machen“. Hannah: Gut, das ist ein Ausblick. Einen Unterrichtsgang Das könnte ich mir jetzt vorstellen oder ist so ein Ausblick für die Zeit nach Pfingsten. Dass man einen Unterrichtsgang jetzt nicht nur in die Kirche, sondern eben überhaupt RAUS macht. Und vielleicht mit Dingen, die man entdeckt hat draußen, die sammelt. Das wäre dann der Vorlauf oder die Voraussetzung dafür, dass wir das mitbringen in die Kirche.
154 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER KK: Ach so, ich habe das, was Sie zum Thema Schöpfung gesagt haben, alles auf die Kirche hin interpretiert. Hannah: Nein, also so einen Unterrichtsgang. Und das dann so in einem Dankelement in die Kirche einbinden. Dass wir das vor den Altar bringen und dann eine kleine Feier machen. So. Daraufhin verbindet Hannah die beiden Karten durch die Strukturkarte „Voraussetzung für“.
Die beiden durch die Strukturkarte Voraussetzung für verbundenen Inhaltskarten bilden zwei Kategorien: „U-Gang Natur“ (Hannah_3_5) sowie „Dankelement Kirche“ (Hannah_3_6). Hier koppelt Hannah zwei außerschulische Lernsituationen, wobei die erste in der Natur, die zweite im Kirchenraum stattfindet. Die nächsten drei Inhaltskarten zeigen einen deutlich erkennbaren räumlichen Abstand zueinander und thematisieren Möglichkeiten für Unterrichtsgänge in der 2. Klasse. Zunächst kann sich Hannah einen Unterrichtsgang zum Thema Beten vorstellen. Hier steht allerdings weniger der „Raum als architektonische Größe“ im Mittelpunkt, sondern als sakraler Ort und damit in seiner Funktion als stiller und meditativer Raum. Hannah erläutert: Hannah, 40:04 Hannah: Ja, ein Unterrichtsgang, das ist natürlich jetzt (…) schwierig. (…) Unterrichtsgang (.), da versteht man (.) immer mehr was Inhaltliches. Zum Thema Gebet würde ich jetzt in der 2. Klasse eben auch eher den Unterrichtsgang als meditatives oder eben eher praktisches Element sehen. Nicht, dass es jetzt speziell um den Raum als architektonische Größe geht, sondern um den sakralen Raum. Wo das mit dem Gebet, mit dem Beten halt anders umgesetzt wird. Oder eine andere Komponente noch hat als im Klassenraum.
Im Vergleich zum Klassenzimmer bietet der Kirchenraum „eine andere Komponente“, um dem Gebet einen Ort zu geben. Hier geht es also nicht um „Inhaltliches“, sondern um ein praktisches Umsetzen im Raum: „Thema Beten“ (H_3_7). Anders verhält es sich dagegen mit dem Thema Taufe, bei dem konkrete Gegenstände im Raum behandelt werden: Hannah, 40:49 Hannah: Zum Thema Taufe, da ist es jetzt wieder eher, denke ich so, da geht’s um das Taufbecken, um die Osterkerze und so weiter. Um den Taufritus. Ja.
Schließlich sieht Hannah noch die Möglichkeit, in der 2. Klasse die Kinder selbst eine Traumkirche gestalten zu lassen und in diesem Rahmen einen Unterrichtgang durchzuführen. Es werden die beiden Kategorien „Thema Taufe“ (H_3_8) und „Thema Traumkirche“ (H_3_9) gebildet. Zwei Karten nehmen schließlich die dritte Jahrgangsstufe in den Blick (z.B. in der 3. Klasse würde ich die Elemente in der Kirche am Ablauf des Gottesdienstes besprechen):
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Hannah, 41:12 Hannah: 3. Klasse, wie gesagt, habe ich bis jetzt nicht so häufig gemacht, weil das ja meistens der Unterricht des Pfarrers oder des Diakons ist oder Gemeindereferenten. Aber ich denke, da geht’s ja ganz konkret um die Einrichtung, um spezielle Orte in der Kirche, an die sich der Gottesdienst eben auch andockt oder wo die im Gottesdienst zum Einsatz kommen dann, ne. Ja.
Ähnlich wie beim „Thema Taufe“ (H_3_8) geht es für Hannah in der 3. Klasse „ja ganz konkret um die Einrichtung, um spezielle Orte in der Kirche“. Diese Einrichtungsgegenstände werden mit Blick auf ihre Funktion im Gottesdienst besprochen. Allerdings hat Hannah diese Art von Unterrichtsgang selbst noch nie durchgeführt, da die 3. Jahrgangsstufe in Katholischer Religionslehre häufig von VertreterInnen der Kirchengemeinde unterrichtet wird. Die Karten werden zur Kategorie „Einrichtung der Kirche“ (H_3_10) verbunden. Fünf Inhaltskarten thematisieren schließlich den Besuch der evangelischen Kirche, den Hannah bereits mit einer 4. Klasse umgesetzt hat. Hier hat die Klasse zunächst den Kirchenraum auf sich wirken lassen (in der 4. Klasse haben wir den Raum der evangelischen Kirche auf uns wirken lassen). Voraussetzung dafür war, dass der evangelische Pfarrer in der Vorbereitung als Experte fungierte und der Lehrerin Hinweise zur Inszenierung der Raumbegegnung gegeben hat (für die evangelische Kirche hat mir der evangelische Pfarrer Tipps gegeben, wie man die präsentieren kann). Im evangelischen Kirchenraum wurden aber auch konkrete Gestaltungselemente besprochen, wobei vor allem der Vergleich mit dem katholischen Kirchenraum im Mittelpunkt stand, wie drei Inhaltskarten veranschaulichen (z.B. in der 4. Klasse haben wir die evangelische und die katholische Kirche verglichen, z.B. keine Heiligenfiguren). Es werden drei Kategorien gebildet: „Tipps evangelischer Pfarrer“ (H_3_11), „Raum wirken lassen“ (H_3_12) sowie „Vergleich evangelisch – katholisch“ (H_3_13). Dass der Schwerpunkt bei der Raumbegegnung in der evangelischen Kirche aber nicht nur auf der Innenausstattung, sondern auch auf der Raumwirkung lag, führt Hannah abschließend noch einmal aus: Hannah, 42:07 Hannah: Und das ging aber eben nicht nur (.), ging nicht nur darum, das als reines Sachthema aufzubereiten, hm, sondern das war auch ein besonderer Raum mit einer besonderen Wirkung und da hatte mir eben der Pfarrer schon ein paar Tipps gegeben, wie er das mit seinen Firmlingen macht. Und das war dann auch wirklich ganz wirkungsvoll. (.) Hm, dadurch konnten die Kinder den Raum schon auch erfahren. Er hatte das dann auch noch mit so (.) Musikinstrumenten untermalt, dass der Raum so ein bisschen, im unteren Bereich wie so eine Höhle gewirkt hat. KK: Also nicht reines Sachthema. Hannah: Ja, war schon auch eher eine emotionale Komponente noch dabei. Genau.
Im evangelischen Kirchenraum ging es nicht nur um die Kirche „als reines Sachthema“, sondern um die „besondere[n] Wirkung“ des Raumes und um eine „emo-
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tionale Komponente“ – obwohl mit dem Vergleich der Kirchenräume ein sachlich ausgerichtetes Lehrplanthema im Vordergrund stand. Schließlich bildet eine einzelne Karte zum Thema Kirchenjahr (einen Unterrichtsgang kann man zum Thema Kirchenjahr machen, z.B. Krippe, Kreuzweg, Maria) den Abschluss des Clusters, den Hannah allerdings nur knapp erläutert: Hannah, 1:19:51 Hannah: Einen Unterrichtsgang kann man zum Thema Kirchenjahr machen. Das ist jetzt nochmal was Allgemeines zu den Lehrplanthemen.
Die Karte bildet die eigenständige Kategorie „Kirchenjahr“ (H_3_14). Abbildung 5: Teilkarte Cluster 3 Hannah: Vorgaben durch den LP der GS Kirchenraum an sich nicht Thema (H_3_1)
Körpergesten (H_3_2)
Augenwanderung (H_3_3)
Osterkerze als Thema (H_3_4)
U-Gang Natur (H_3_5)
Voraussetzung für →
Dankelement Kirche (H_3_6)
Thema Beten (H_3_7)
Thema Taufe (H_3_8)
Thema Traumkirche (H_3_9)
Einrichtung der Kirche (H_3_10)
Tipps evangelischer Voraussetzung Pfarrer für →
Raum wirken lassen
(H_3_11)
Vergleich evangelisch katholisch (H_3_13)
Thema Kirchenjahr (H_3_14)
(H_3_12)
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In Cluster 3 sammelt Hannah „äußere Fixpunkte“ (Hannah, 44:07), die der Grundschullehrplan vorgibt und die sich in ihren Augen als Ankerpunkte für Unterrichtsgänge eignen (vgl. Abb. 5). Diese Lehrplanthemen ordnet sie chronologisch von der 1. bis zur 4. Klasse an. Die Ausnahme bildet dabei das Thema Kirchenjahr (H_3_14), das ohne Bezug auf eine konkrete Klassenstufe bleibt. Die an oberster Stelle platzierten Kategorien zeichnen das Bild eines Unterrichtganges, den Hannah in diesem Schuljahr selbst durchgeführt hat. Thema war dabei nicht der Kirchenraum an sich (H_3_1), sondern den Schwerpunkt bildete die Osterkerze (H_3_4). Da es sich für diese Schulklasse um die erste unterrichtliche Begegnung mit dem Kirchengebäude handelte, hatten die Kinder durch eine Augenwanderung (H_3_2) zunächst die Möglichkeit, sich in der Kirche zu orientieren. Körperliche Praktiken im Raum wie etwa das Bekreuzigen mit Weihwasser wurden bereits vorab im Klassenzimmer besprochen und dann vor Ort durchgeführt (H_3_2). Eine Besonderheit stellt eine Dankfeier in der Kirche zum Thema Schöpfung dar (H_3_6), der laut Hannah ein Unterrichtsgang in die Natur vorgeschaltet wird (H_3_5). Als weitere Themen für außerschulisches Lernen bietet sich das Thema Beten an (H_3_7) oder aber die Gestaltung einer Traumkirche (H_3_9). Beim Thema Taufe in der 2. Jahrgangsstufe (H_3_8) stehen dagegen Einrichtungsgegenstände im Zentrum, ähnlich wie in der 3. Klasse, wenn die Elemente in der Kirche in ihrer Bedeutung für das Gottesdienstgeschehen besprochen werden (H_3_10). Schließlich legt der Lehrplan der 4. Klasse den Besuch der evangelischen Kirche und den Vergleich mit dem katholischen Kirchenraum nahe (H_3_13). Auch diesen Unterrichtsgang hat die Lehrerin bereits umgesetzt, dabei den Kirchenraum allerdings nicht nur sachlich abgehandelt, sondern auch die Raumwirkung (H_3_12) und damit eine emotionale Komponente einbezogen. Um diese Raumwirkung methodisch ansprechend zu inszenieren, hat sie im Vorfeld fachliche Unterstützung vom evangelischen Pfarrer erhalten (H_3_11). Cluster 4: Organisatorisches Mit neun Inhaltskarten gestaltet Hannah einen Bereich, den sie später mit Organisatorisches überschreibt und der auch als Titel für Cluster 4 übernommen wird. Die hier platzierten Karten liegen in enger räumlicher Nähe zu einem angrenzenden thematischen Bereich, der laut Hannah Rahmenbedingungen beinhaltet. Nach einer kleinen Unsicherheit ist Hannah überzeugt, dass sie Organisatorisches und Rahmenbedingungen getrennt anlegen möchte: Hannah, 44:33 Hannah: Dann würde ich einen Bereich hier festmachen, hm, Organisatorisches. Organisatorisches oder so Rahmenbedingungen wären vielleicht noch so. KK: Wir können auch zwei Überschriften für einen Bereich bilden. Hannah: Eigentlich sind es zweierlei.
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Ausgangspunkt für ihre Strukturierungsarbeit am Cluster „Organisatorisches“ ist für die Lehrkraft Hannah eine Karte, die ihr eigene Person betrifft: ich bin jemand, der im Vorfeld viel abklärt. Hannah schreibt sich selbst die Eigenschaft zu, Dinge gut vorzubereiten, und führt dazu aus: Hannah, 44:49 Hannah: Also ich bin jemand, der was ganz gut vorbereitet. Das führt dazu, dass ich mir vorher überlege, was ich alles mitnehme. Klar. Ob ich was brauche für den Unterrichtsgang. Habe ich da genug Platz, um zum Beispiel einen Stehkreis zu bilden? Hm, auch so Dinge wie: Ist die Kirche offen? Passt das überhaupt? Wie gesagt, ich bin einmal dazugekommen, da waren gerade die Putzfrauen im Gehen. Das wäre ja ganz ungünstig, wenn ich jetzt da, wenn die vorher noch da gewesen wären. Klar muss ich mich in der Schule abmelden, dass die wissen, wo ich mit den Kindern gerade bin. Und das ist ja selbstverständlich, dass man das vorher abklärt.
Die eigene „gute Vorbereitung“ (H_4_1) hat für Hannah entsprechende Folgen, die die organisatorische Arbeit im Vorfeld eines Unterrichtsganges betreffen. Diese Folgen stehen auf fünf Inhaltskarten, die die Lehrerin in drei Gruppen anlegt. Jede dieser drei Gruppen ist durch die strukturelle Verbindung führt zu mit der Kategorie „gute Vorbereitung“ (H_4_1) verbunden und sternförmig um sie herum angeordnet. Zunächst einmal gilt es Überlegungen zum Material und den räumlichen Gegebenheit vor Ort zu treffen. Hannah muss überlegen „Ob ich was brauche für den Unterrichtsgang. Habe ich da genug Platz, um zum Beispiel einen Stehkreis zu machen?“ Beide Sachverhalte sind auf zwei Inhaltskarten festgehalten und gehören für Hannah eng zusammen. Sie selbst gibt hier keine zusammenfassende Begrifflichkeit vor, aber beide Karten sprechen die Arbeitsumgebung an, bei der Hannah einmal Material, dann aber auch spezielle räumliche Umgebungen des Lernortes Kirche im Blick hat. Dann bezieht sich Hannah auf zwei Inhaltskarten, die thematisieren, ob die Klasse überhaupt in den Kirchenraum gehen kann: „Ist die Kirche offen? Passt das überhaupt?“. Hier hat sie ein Erlebnis im Blick, bei dem ein Unterrichtsgang aufgrund von Reinigungsarbeiten beinahe abgebrochen werden musste. Schließlich beachtet die Lehrerin noch die Tatsache, dass sie in der Schule Bescheid geben muss, „dass die wissen, wo ich mit den Kindern grade bin“. Die Anordnung der Strukturkarten macht deutlich, dass Hannah innerhalb der fünf Inhaltskarten drei Gruppen sieht. Folglich werden auch drei Kategorien gebildet: „Arbeitsumgebung“ (H_4_2), „Absprache mit Verantwortlichen“ (H_4_3) sowie „Abmeldung Schule“ (H_4_4). Schließlich ordnet Hannah im organisatorischen Bereich noch vier weitere Inhaltskarten an, die unter der eben beschriebenen sternförmigen Anordnung liegen. Die erste Karte thematisiert zunächst einmal die rechtliche Vorschrift, eine Begleitperson mitzunehmen. Hannah ist sich bewusst, dass sie für Unterrichtsgänge eigentlich eine solche Begleitperson braucht, relativiert diesen Anspruch aber wieder, da die Kirche sich unmittelbar neben der Schule befindet:
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Hannah, 47:05 Hannah: Hm, ja gut, (.) das ist jetzt auch(.) was Organisatorisches. Eigentlich braucht man eine Begleitperson. Das ist aber, fällt in dem Fall jetzt flach, weil die Kirche gleich das Nachbargebäude ist.
Die Karte wird in die Kategorie „Begleitperson“ (H_4_5) überführt. Außerdem platziert Hannah in diesem Cluster eine Inhaltskarte, die die gemeinsame Vorarbeit im Klassenzimmer betrifft (vor dem Unterrichtsgang habe wir einige Dinge im Klassenzimmer besprochen, z.B. Verhalten in der Kirche). Die Ausführungen der Lehrkraft machen deutlich, dass es sich dabei weniger um inhaltliche Absprachen zum Kirchenraum handelt, sondern um „Allgemeine Belehrungen beim Unterrichtsgang.“: Hannah, 48:05 Hannah: Organisatorisches. (…) Ja, manches muss auch im Vorfeld abgeklärt oder besprochen werden. Einfach nochmal aufgreifen. Allgemeine Belehrungen beim Unterrichtsgang. Und in die Kirche im Besonderem. Da geht’s mir einfach auch um Dinge: Wie gehen wir auf dem Gehsteig. Und wir rennen nicht über die Straße. Und solche Sachen, ne. Und ja schon auch, wir rennen in der Kirche nicht rum. Aber das taucht hier ja noch einmal auf. Hannah zeigt auf Cluster 2. Also das gehört dann irgendwo auch zusammen, aber ich würde es jetzt in dem Fall in dem Bereich lassen.
Für Hannah geht es hier weniger um inhaltliche Absprachen zum Verhalten im Kirchenraum, als vielmehr um Absprachen, die den Weg zur Kirche betreffen, etwa „Wie gehen wir auf dem Gehsteig?“. Die Karte bildet die Kategorie „Vorbereitung Klassenzimmer“ (H_4_6). Am unteren Ende von Cluster 4 „Organisatorisches“ liegen schließlich zwei Inhaltskarten, die beide Verhaltensprobleme im Kirchenraum thematisieren. Zunächst liegt hier eine Karte, die angibt, dass Hannah mit schwierigen Klassen keinen Unterrichtsgang machen würde. Den Grund dafür erklärt sie selbst noch einmal in der Legesitzung. Sie nimmt dabei auf einen Fall Bezug, in dem bei einem Kind mit dem Asperberger Syndrom – einer besonderen Ausprägung des Autismus – ein Unterrichtsgang nicht ohne Weiteres möglich ist: Hannah, 1:30:33 Hannah: Ja, also bei dem Satz habe ich mich erinnert oder da hatte ich diesen einen Schüler im Blick, der so Asperberger hat. Und wo auch der Kinder- und Jugendpsychiater gesagt hat, also der kann auf Unterrichtsgänge nicht ohne zusätzliche Begleitperson mit.
Schließlich beschriftet Hannah während der Sitzung noch eine Inhaltskarte, die diesen Sachverhalt noch einmal verallgemeinernd ausführt, denn im Kirchenraum selbst steht ihr nur ein begrenztes pädagogisches Repertoire zur Verfügung:
160 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Hannah, 56:13 KK: Haben Sie denn bei Unterrichtsgängen das Gefühl, dass Sie sich da pädagogisch sicher fühlen? Hannah: Pädagogisch jetzt von der, ach so, pädagogisch. Also jetzt nicht von der didaktisch-methodisch Aufbereitung, sondern obs denn so vom Ablauf her und vom Eingreifen her. Also, hm. (...) Es ist ganz sicher NICHT, weil es natürlich ein Raum ist, wo ich sage, in einem Klassenzimmer kann ich anders eingreifen als in der Kirche. Ja? Da habe ich andere Möglichkeiten zu sagen: „Weiß du was? Setz dich jetzt mal grade an einen anderen Platz oder ne.“ Ich kann ja nicht in der Kirche jetzt (lacht) was weiß ich, jemand energisch zurechtweisen oder so. Also von daher ist das vom Pädagogischen ganz ganz anderes Feld, wo manche Maßnahmen, die ich woanders ergreifen könnte, da nicht so zum Zuge kommen. Hannah möchte für diesen Sachverhalt eine eigene Inhaltskarte beschriften, ringt aber mit der Formulierung. Hannah: Also die üblichen pädagogischen Maßnahmen, würde ich mal sagen, die kann man / ja also ich habe im Kirchenraum halt nicht eine Klangschale dabei, wo ich sage: Das ist unser Leise-Symbol. KK: Also übliche pädagogische Maßnahmen gehen nicht? Hannah: Ich würde mal sagen, die sind nur begrenzt so durchführbar. Schließlich beschriftet Hannah die Inhaltskarte mit „übliche pädagogische Maßnahmen nur begrenzt durchführbar“.
Hannah stellt hier den Kirchenraum und das Klassenzimmer gegenüber. Während sie am gewohnten Lernort Klassenzimmer über ein entsprechendes pädagogisches Repertoire verfügt, kann sie dieses im Kirchenraum nicht ausschöpfen. Hier kann sie SchülerInnen nicht an einen anderen Platz setzen oder „energisch zurechtweisen“. Gegen Ende der Legesitzung erläutert sie noch einmal, dass das eingeschränkte pädagogische Repertoire im Kirchenraum schließlich dazu führen kann, dass sie auf einen Unterrichtsgang verzichtet, „weil das bringt keinem was“: Hannah, 1:32:58 Hannah: Das gehört auch irgendwie zusammen. DA ging’s jetzt um das Kind mit Asperger. Aber Grenze ist dem Unterrichtsgang natürlich auch darin gesetzt, wenn ich eine Klasse habe, die gar nicht dadrauf eingehen kann oder wo halt eine größere Anzahl von Kindern sind, die da schwer sich einfügen können und das ganze regelmäßig schmeißen. (...) Ich glaube dann (.) und ich weiß, in der Kirche greifen halt die üblichen Maßnahmen nicht oder die kann ich nicht so anwenden, dann würde ich in dem Fall drauf verzichten, weil das bringt keinem was. Und wenn das der Raum ist, wo dann doch auch nur geschimpft wird oder dann ist es auch für die, die sich eigentlich gerne drauf einlassen würden auch kein positives Erlebnis. Aber ich denke, das sind eher die Ausnahmen.
Die beiden Inhaltskarten werden zur Kategorie „pädagogische Maßnahmen begrenzt“ (H_4_7) verbunden.
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Abbildung 6: Teilkarte Cluster 4 Hannah: Organisatorisches gute Vorbereitung (H_4_1)
r füh
t zu
→ (H_4_2)
führt zu →
Arbeitsumgebung
füh rt z u →
Abmeldung Schule
Absprache mit Verantwortlichen
(H_4_4)
(H_4_3)
Begleitperson (H_4_5)
Vorbereitung Klassenzimmer (H_4_6)
pädagogische Maßnahmen begrenzt (H_4_7)
Insgesamt sieben Kategorien bilden das Cluster „Organisatorisches“ (vgl. Abb. 6). Ausgangspunkt dieses Clusters ist Hannahs Feststellung, dass sie selbst stets gut plant und vorbereitet (H_4_1). Bei Unterrichtsgängen in die Kirche beinhaltet diese Planungsphase zunächst Überlegungen zur Arbeitsumgebung, also dem Unterrichtsmaterial, aber auch räumlichen Gegebenheiten vor Ort (H_4_2). Planung bedeutet aber auch die Absprache mit Verantwortlichen vor Ort (H_4_3) sowie die Information der Schule über den Unterrichtsgang (H_4_4). Die Lehrkraft Hannah ist sich bewusst, dass sie eine Begleitperson braucht, hält diese aber aufgrund der geringen Entfernung zwischen Schulhaus und Kirchengebäude für nicht unbedingt erforderlich (H_4_5). Ebenfalls unter den Punkt Organisatorisches fällt für Hannah die Vorbereitung des Unterrichtsganges mit den Kindern (H_4_6). Hier geht es vor allem um Belehrungen über das Verhalten auf dem Weg zur Kirche, weniger aber um inhaltliche Aspekte, die die Kirche selbst betreffen. Schließlich ist sich Hannah bewusst, dass sie im Kirchenraum über ein anderes pädagogisches Repertoire verfügt als im Klassenzimmer (H_4_7), was Unterrichtsgänge in ihren Augen erschwert und mit einigen Klassen auch unmöglich macht. Cluster 5: Rahmenbedingungen Deckt Cluster 4 mit den organisatorischen Punkten die Vorbereitung des Unterrichtsganges ab, die Hannah selbst, aber auch in Zusammenarbeit mit der Klasse unternimmt, konzentriert sie sich in diesem thematischen Bereich ausschließlich auf
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die äußeren Gegebenheiten, die „äußere Situation“ (Hannah, 49:28), unter der sie arbeitet. Diese Gegebenheiten bezeichnet sie selbst als Rahmenbedingungen, wie die entsprechende Überschrift zeigt. In Cluster 5 „Rahmenbedingungen“ lassen sich drei thematische Felder ausmachen. Zunächst einmal stellt Hannah in diesem Cluster zwei äußere Gegebenheiten gegenüber. War sie früher an der Schule in yyy, so unterrichtet sie heute in xxx. Die Schulorte haben für sie maßgeblichen Einfluss auf die Realisierung von Unterrichtsgängen, wie Hannah selbst kommentiert: Hannah, 49:26 Hannah: Also, zu Rahmenbedingungen gehört natürlich jetzt einfach (.) meine äußere Situation. Dass ich früher in yyy an der Schule war und die Unterrichtsbesuche ganz schwer MÖGLICH waren. (.) Oder was heißt ganz schwer, nicht häufig praktiziert wurden, weil der Weg dorthin (.) oder die Entfernung (.) zwischen Kirche und Schule so weit war, dass das einfach zu viel Zeit in Anspruch genommen hat und wir in yyy meistens Einzelstunden hatten. Gerade in den unteren Klassen. Und dann ja, war das so nicht gut möglich. Zumal auch die Klassen oft dann kombiniert waren. Sonst hätte man ja oft auch eine Stunde aus dem eigenen Grundlegenden Unterricht mit dranhängen können. Aber und wenn’s dann immer noch eine andere Klasse mitbetrifft. (…) Also es ist einfach organisatorisch schwierig so manchmal.
An ihrem früheren Schulort yyy erwies sich laut Hannah die Umsetzung von Unterrichtsgängen im Schulalltag als problematisch, „weil der Weg dorthin oder die Entfernung zwischen Kirche und Schule so weit war, dass das einfach zu viel Zeit in Anspruch genommen hat“. Die Teilung der Klasse aufgrund der konfessionellen Anlage des Religionsunterrichts erschwerte dieses Problem. Im Legebild drückt Hannah diesen Sachverhalt mit vier Inhaltskarten aus. Eine thematisiert ihren Einsatz an der früheren Schule (früher war ich an der Schule in yyy), die direkt darunter liegende Karte die Problematik des weiten Weges (in yyy waren Unterrichtsgänge nicht einfach, weil die Kirche so weit von der Schule entfernt lag). Die dritte Inhaltskarte wird von Hannah in der Sitzung neu gestaltet und trägt in Anlehnung an ihren O-Ton die Aufschrift kombinierte Klassen. Dieser Sachverhalt führt schließlich dazu, dass Kirchenraumbesuche im Unterrichtsalltag von Hannah bislang nicht verankert waren. Es entstehen zwei Kategorien, die strukturell miteinander in Verbindung stehen: „früher große Entfernung“ (H_5_1) führt zu „nicht im Plan“ (H_5_2). Dieser Situation am alten Schulort stellt Hannah auf drei Inhaltskarten ihren neuen Einsatzort gegenüber und erläutert dazu: Hannah, 50:38 Hannah: Und dass ich eben seit drei Jahren jetzt in xxx bin. Wo vieles dann doch leichter ist dadurch, dass die Kirche in direkter Nachbarschaft zur Schule liegt.
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Die beiden Inhaltskarten, die den Einsatz am neuen Schulort und die geringe Entfernung zwischen dem Schulhaus und der Kirche in xxx betreffen, bilden gemeinsam die Kategorie „geringe Entfernung“ (H_5_3). Diese geringe Entfernung führt auch dazu, dass die Schulgottesdienste in xxx nun in der katholischen Kirche gefeiert werden: Hannah, 51:43 Hannah: Was auch was rein Organisatorisches ist, hm, wir feiern die Schulgottesdienste in der katholischen Kirche. Am früheren Schulort war’s so, dass wir manchmal die Sache aufgeteilt haben und in kleineren Gruppen auch einmal die evangelische Kirche genutzten haben. Also das war eigentlich auch ganz angenehm.
Diese gemeinsame Feier der „Schulgottesdienste“ (H_5_4) zählt für Hannah ebenfalls zu den Rahmenbedingungen, unter dem sich Unterrichtsgänge ereignen. Schließlich platziert Hannah in diesem Bereich noch eine Karte, die ihren Einsatz als Religionslehrkraft thematisiert, denn: Hannah, 50:46 Hannah: Rahmenbedingungen ist natürlich auch, dass ich schwerpunktmäßig in der 1., 2. Klasse unterrichte und dadurch mehr Erfahrungen auch in dem Bereich habe.
Die Karte bildet die eigenständige Kategorie „Einsatz als Religionslehrerin“ (H_5_5). Für Hannah ist der schwerpunktmäßige Einsatz in diesen Klassenstufen ausschlaggebend für ihre Vorstellungen von Unterrichtsgängen, da sie „dadurch mehr Erfahrungen auch in dem Bereich“ hat. Abbildung 7 zeigt die in Cluster 5 identifizierten Kategorien sowie ihr räumliches Zueinander im Überblick. Abbildung 7: Teilkarte Cluster 5 Hannah: Rahmenbedingungen Einsatz als Religionslehrerin (H_5_5)
früher große Entfernung führt zu → nicht im Plan (H_5_2)
(H_5_1)
geringe Entfernung (H_5_3)
Schulgottesdienste (H_5_4)
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Cluster 6: Voraussetzung bei den Schülern / Elternhaus In Cluster 6 gruppiert Hannah einen Bereich, in dem sie sich den SchülerInnen und deren Lernvoraussetzungen für Unterrichtsgänge in den Kirchenraum widmet. Sie entwickelt ihn als eine Art Pendent zu Cluster 1 „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“: Hannah, 52:53 Hannah: Es gibt ja noch so, so einen anderen Bereich. Rahmenbedingungen, oder Voraussetzungen so (.), also vielleicht sagt man da besser Voraussetzungen, so wie hier bei mir als Lehrkraft. (.) Voraussetzungen bei den Schülern. Oder im Elternhaus.
So wie es bei ihr selbst als Lehrkraft Voraussetzungen für einen Kirchenraumbesuch gibt, existieren für Hannah auch „Voraussetzungen bei den Schülern. Oder im Elternhaus“. Es erscheint konsequent, dass sie das entsprechende Cluster analog zu Cluster 1 mit Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus betitelt. In Cluster 6 entwickelt Hannah mit mehreren Inhaltskarten eine Argumentationskette. Liegen die Karten zunächst unsortiert nebeneinander, so bildet sie einen Gedankengang, der vom Verhalten der Eltern im Kirchenraum bis hin zu ihrer eigenen Gefühlslage bei Schulgottesdiensten reicht. Ausgangspunkt dieses Gedankenganges ist eine Inhaltskarte, die ein Erlebnis der Lehrkraft Hannah bei der diesjährigen Kommunion beschreibt: beim Kommuniongottesdienst haben sich viele Erwachsene in der Kirche respektlos verhalten. Hannah verallgemeinert diese Karte allerdings vom Kommuniongottesdienst auf ein generelles Fehlverhalten im Kirchenraum, denn ihrer Ansicht nach verhalten sich „viele Erwachsene [sich] auch nicht besonders respektvoll in der Kirche“ und das Gebäude hat „keinen Stellenwert im Leben vieler Eltern“. Folgende Kommentierung von Hannah zeigt die gedankliche Verbindung der acht Inhaltskarten, die beim Verhalten der Eltern ihren Ausgangspunkt hat: Hannah, 53:56 Hannah: Also das, das ist jetzt so eine Sache, es ist aber nicht nur beim Komm/, also (.) beim, beim KOMMUNIONgottesdienst ist es so augenscheinlich geworden, dass viel Erwachsene sich auch nicht besonders (lacht) resPETKTvoll in der Kirche verhalten. Oder dass es ihnen zumindest nichts VERTRAUTES ist. Das führt dazu (.), hm, (.) dass es (.) Probleme gibt auch. Also. (.) Jetzt guck ich grade. (…) Wo haben wirs denn? (.) Äh, also das war ja zwar zeitlich davor. Aber ich denke ich so prinzipiell, dieses, die Tatsache, dass Kinder eigentlich (.) Kirche nicht oder nur ganz wenig im Gottesdienst erleben. Hm (.), weil die Eltern das eben auch gar nicht praktizieren. Und weils auch keinen Stellenwert im Leben vieler Eltern, jetzt grade ich spreche da auch speziell von diesem Ort. Das führt dazu, dass die Kinder da auch relativ wenig mit anfangen konnten. Das führt dazu, dass es bei diesen Gottesdiensten Probleme gab. Es natürlich auch, wenn man jetzt so einen Unterrichtsgang macht. Also hm, dass die Kinder sehr laut sind und rennen. Also (.) noch nie gehört haben, dass das vielleicht in einer Kirche gar nicht üblich ist. Also viele Kinder haben keine Verbindung zur Kirche. Das führt dazu, dass natürlich ein Schulgottesdienst, also IMMER ein Kraftakt, kann ich jetzt nicht sagen. Aber oftmals so, hm, schon was, wo man sagt: Naja, mal gucken, wie‘s wird. Hoffentlich
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kriegen wir das gut hin. (.) Da war noch so ein ähnliches Kärtchen. Habe ich immer ein bisschen Bauchweh. Das ist also jetzt nichts ganz Entspanntes.
Bedingt durch die Tatsache, dass „Kirche für Eltern nichts Vertrautes“ (H_6_1) ist, haben Kinder keine Möglichkeit, den Kirchenraum während des Gottesdienstgeschehens zu erleben bzw. haben keine Verbindung zu diesem Gebäude, wie die entsprechende Inhaltskarte es beschreibt. Diesen Sachverhalt drückt die Religionslehrerin auch optisch im Legebild durch folgende strukturelle Anordnung aus: „Kirche für Eltern nichts Vertrautes“ (H_6_1) führt zu „fehlende Verbindung der Kinder“ (H_6_2). Diese fehlende Verbindung sieht Hannah nicht nur zur Kirche am Schulort, „sondern zu Kirche überhaupt“ (Hannah, 1:31:18). „Die Tatsache, dass Kinder die Kirche nicht oder eigentlich ganz wenig im Gottesdienst erleben“ führt für sie schließlich zu Verhaltensproblemen, wie drei Inhaltskarten verdeutlichen (z.B. in der Kirche gab es Probleme beim Verhalten, z.B. zu laut sein, rennen). Die drei Karten werden zur Kategorie „Verhaltensprobleme“ (H_6_3) verbunden. Hannah entwickelt ihre Gedankenkette weiter, denn diese Probleme im Verhalten beeinflussen ihre eigene Gefühlslage beim Aufenthalt im Kirchenraum. Dieser negative Einfluss betrifft zunächst einmal die Schulgottesdienste, wie zwei Inhaltskarten veranschaulichen (Schulgottesdienste sind für mich ein Kraftakt; die xxx-er Kirche ist heute für mich von den Schulgottesdiensten bestimmt und daher mit Anspannung verbunden). Die negative Gefühlslage, die Hannah während Schulgottesdiensten verspürt, wirkt sich also auch auf ihre Einstellung gegenüber dem Kirchenraum am Schulort aus. Die Karten bilden die Kategorie „negative Gefühle bei Schulgottesdiensten“ (H_6_4). Auch Unterrichtsgänge sind von dieser negativen Gefühlslage betroffen, denn da hat Hannah „immer ein bisschen Bauchweh. Das ist jetzt nichts ganz Entspanntes“. Die Verhaltensprobleme der Klasse im Kirchenraum führen also letztlich auch dazu, dass Hannah „negative Gefühle bei Unterrichtsgängen“ (H_6_5) verspürt.
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Abbildung 8: Teilkarte Cluster 6 Hannah: Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus Kirche für Eltern keine Verbindung nichts Vertrautes führt zu → zur Kirche (H_6_1)
(H_6_2)
führt zu → Verhaltensprobleme (H_6_3)
führt zu → negative Gefühle bei Schulgottesdiensten (H_6_4)
negative Gefühle bei Unterrichtsgängen (H_6_5)
In Cluster 6 widmet sich Hannah ihren SchülerInnen, vor allem aber deren Lernvoraussetzungen, die sie durch das Elternhaus mitbringen (vgl. Abb. 8). So hat dieses Cluster mit „Lernvoraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“ einen doppelten Titel. Hannah legt in diesem Cluster einen Argumentationsgang an, der zunächst einmal gar nicht bei den Kindern selbst ansetzt, sondern im Elternhaus beginnt. Sie stellt fest, dass viele Eltern heute keinen Zugang mehr zur Kirche haben und daher selbst diesem Gebäude ohne Respekt gegenübertreten (H_6_1). Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Kinder. Ihnen fehlt die Möglichkeit, Kirche im Gottesdienst zu erleben, eine Verbindung zu diesem Raum aufzubauen (H_6_2) und ein adäquates Verhalten im Kirchenraum an den Tag zu legen. Es kommt zu Verhaltensproblemen (H_6_3). Diese Probleme haben letztlich Auswirkungen auf die Gefühlslage von Hannah, und zwar in doppelter Hinsicht. Zunächst einmal sieht sie in diesem Verhalten Folgen für Schulgottesdiente, die für sie einen Kraftakt darstellen und auch ihre Gefühlslage gegenüber der Kirche am Schulort negativ beeinflussen(H_6_4). Schließlich haben Verhaltensprobleme auch einen negativen Einfluss auf ihre Gefühlslage bei Unterrichtsgängen (H_6_5).
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Cluster 7: Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU Hat Hannah in Cluster 2 ihre Vorstellungen vom Kirchengebäude als sakralen Raum entworfen, gibt es im Legebild noch einen weiteren thematischen Bereich, der sich dem Kirchenraum unter einem sachlichen Gesichtspunkt zuwendet: Hannah, 1:00:04 Hannah: Ich habe jetzt, ich sehe hier noch einen Bereich, wo‘s um die Kirche mehr so als Raum geht, der im Hinblick auf Architektur, auf Kunstgeschichte oder auch sagen wir mal auf den Heimat- und Sachunterricht irgendwie von Bedeutung ist, ne. Weiß jetzt auch nicht, wie ich das nennen soll.
Zunächst fällt es Hannah schwer, diesen Bereich begrifflich zu fassen und mit „Architektur“, „Kunstgeschichte“ und „Heimat- und Sachunterricht“ bringt sie drei verschiedene Aspekte ein. Sie entschließt sich letztlich dazu, alle drei Begriffe in die Überschrift des Clusters einzubinden und grenzt es dadurch auch gleichzeitig von Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ ab: Hannah, 1:00:34 Hannah deutet auf Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“. Hannah: Ah ja, genau, im Vergleich dazu. Also hier geht’s eher so um Kirche als sakralen Raum, ne. Ich würde das jetzt mal so sagen. Die Stimmung, aber auch der Kirchenraum, der Gottesdienstraum. (.) Beides. Der Meditationsraum und auch(.) der Feierraum. Hannah wendet sich Cluster 7 zu. Und hier geht’s mehr um hm (.) die Kirche im Interesse der Architektur oder vom Blickwinkel her, ne. Ich sage mal aus dem Blickwinkel der Architektur, Kunstgeschichte, beziehungsweise des Heimat- und Sachunterrichts bei uns auch. Hannah gestaltete daraufhin die Überschrift des Clusters.
Während die Kirche als sakraler Raum für sie den Kirchenraum als „Meditationsraum“ und auch als „Feierraum“ bestimmt, geht es in diesem Bereich also um „Architektur, Kunstgeschichte, beziehungsweise […] Heimat- und Sachunterricht“. Analog zu diesem Kommentar gestaltet sie die Überschrift der hier angeordneten Inhaltskarten. Was genau Kirche unter dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte und HSU für sie bedeutet, führt Hannah auf acht Inhaltskarten aus. Zunächst einmal legt sie eine Inhaltskarte unmittelbar unter die Überschrift: die Kirche ist ein Raum mit besonderer Architektur. Dieser steht wie eine Art Überbau über den nun folgenden Karten. Unmittelbar darunter platziert Hannah noch eine Inhaltskarte, die die besondere Architektur der evangelischen Kirche an ihrem ehemaligen Schulort yyy hervorhebt. Beide Karten werden in die Kategorie „Raum mit besonderer Architektur“ (H_7_1) überführt. Mit der darunter liegenden Inhaltskarte verdeutlich die Lehrkraft noch einmal, wo genau sie im Kontext Schule diese Dimension des Kirchenraumes einordnet,
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nämlich in den Heimat- und Sachunterricht bzw. in das Fach Kunst. Beispielhaft werden dabei die Lage der Kirche im Ortsbild oder die Stilkunde genannt. Warum genau sie bei diesen Themen eine fachliche Verortung außerhalb des Religionsunterrichts sieht, erklärt Hannah folgendermaßen: Hannah, 1:02:03 Hannah: Das wäre jetzt irgendwie sowas, hm, was ich im Bereich Heimat- und Sachunterricht unterbringen würde. Das ist ja so ein Orientierungspunkt. Also die Himmelsrichtungen. lacht (…) JA, wenn man am Wandertag sagt: „Wo sind Orientierungspunkte hier bei uns? Aha, da ist die Kirche. Und dort ist die Kapelle von zzz.“ (.) Ja, das würde ich jetzt eher so da einordnen. Hannah ordnet die Inhaltskarten zu ortsspezifischen Besonderheiten wie etwa die Lage der Kirche in xxx oder die Feier von Johannes‘ Enthauptung. (…) Ein besonders erhabener Ort. (.) Und DAS ist ja sowas wie Kunstgeschichte. Ist eher ein Thema für HSU oder Kunsterziehung. Zum BEISPIEL auch diese Statue vom Johannes. (…) Wobei. (.) Wobei natürlich der Johannes dann auch als Person in den Bereich des Religionsunterrichts gehört. Aber es hat auch eine heimatgeschichtliche Komponente, (.) weil das halt für den Ort sowas Bedeutendes ist.
Die Lage der Kirche interpretiert Hannah vor allem mit Blick auf die „Himmelsrichtungen“ und damit als „Orientierungspunkt“. In ihrer Kommentierung nimmt sie aber noch weitere Bereiche in den Blick. Es geht nicht mehr nur allgemein um die Lage der Kirche, sondern auch um ortsspezifische Besonderheiten des Kirchenraumes in xxx, wie etwa die Statue des Heiligen Johannes. Insgesamt liegen hier drei Inhaltskarten, die Besonderheiten der xxx-er Kirche beschreiben (z.B. in xxx wird Johannes‘ Enthauptung gefeiert und dabei eine Statue verehrt). Die vier Inhaltskarten, die den Fachbezug, aber auch ortsspezifische Besonderheiten beinhalten, gehören für Hannah eng zusammen, was nicht nur ihre Anordnung im Legebild, sondern auch der obige Kommentar zeigt. Es werden zwei Kategorien gebildet: „Thema für HSU, Kunst“ (H_7_2) und „Besonderheiten der Ortskirche“ (H_7_3). Obwohl Hannah hier den Schwerpunkt im Heimat- und Sachunterricht sieht, macht sie gleichzeitig deutlich, dass zum Beispiel die Figur des Johannes „auch als Person in den Bereich des Religionsunterrichts gehört“. Eine eindeutige fachliche Trennung scheint ihr schwer zu fallen. Die Tatsache, dass sich der Kirchenraum durch eine besondere Architektur und letztlich auch durch ortsspezifische Besonderheiten auszeichnet, hat für Hannah eine unmittelbare Folge für ihre eigene fachliche Vorbereitung, wie sie durch die Strukturkarte führt zu und eine entsprechende Anmerkung deutlich macht: Hannah, 1:03:30 Hannah: Hm, die muss ich erstmal kennenlernen. Ich kenne die eigentlich seit meiner Kindheit. Ich muss die genauer kennenlernen. Also so die Hintergründe. Wer sind denn jetzt die Künstler, die sich da mit eingebracht haben und so weiter. Raum mit besonderer Architektur. (…) Ja, ja, das führt jetzt dazu, dass ich mich vielleicht mal mit irgendeinem Kirchenführer befasse und frage: Wer hat denn überhaupt diesen Johannes geschnitzt und gefasst? (.) Ja so.
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Obwohl ihr der Kirchenraum am Schulort bereits aus ihrer Kindheit vertraut ist, sieht Hannah die Notwendigkeit, die „Hintergründe“ kennenzulernen. Unter diesen Hintergründen versteht sie vor allem Künstler. Als Informationsquelle kann ein Kirchenführer dienen. Die Karte bildet die eigenständige Kategorie „eigene Vorbereitung notwendig“ (H_7_4). Gegen Ende der Strukturierungsarbeit an diesem Cluster kommentiert die Lehrkraft Hannah noch eine Inhaltskarte, die sich am unteren Ende des Clusters befindet: es wäre sicher interessant, mit dem Heimat- und Geschichtsverein zusammenzuarbeiten. Eine solche Kooperation fällt für sie in den Heimat- und Sachunterricht: Hannah, 1:04:21 Hannah: Ja, ich denke das ist auch etwas, was in den Bereich Heimat- und Sachunterricht fällt, dass man eben auch die Quellen vor Ort nutzt. Wir haben in xxx einen ziemlich rührigen Heimat- und Geschichtsverein.
Es entsteht die Kategorie „Zusammenarbeit Heimatverein“ (H_7_5). Im Vergleich zu Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ finden sich in diesem Cluster nur wenige unterrichtspraktische Überlegungen. Einzig die Fachbezüge zum Heimat- und Sachunterricht bzw. zum Kunstunterricht lassen Ideen der Lehrkraft zur Unterrichtspraxis erkennen. Am Ende der Legesitzung möchte die Forscherin noch einmal wissen, ob dieses Element der Architektur in den Vorstellungen von Hannah überhaupt bei Kirchenraumbesuchen im Religionsunterricht zum Tragen kommt: Hannah, 1:41:40 KK: Sie haben ja erzählt, dass Sie mit den Kindern an der Osterkerze gearbeitet haben. War dann nur der sakrale Bereich drinnen? Oder auch der mit Architektur? Hannah: Beide. Schon beide. Also da kommen ja immer verschiedene Aspekte zum Tragen. Natürlich DER Bereich. Hannah deutet auf Cluster 2, danach auf Cluster 7. (…) Dann ja, wo steht die überhaupt. Und auch dieses Thema Ostern in der 1. Klasse, wenn man nochmal / es sind ja nicht alle Kinder, die wirklich so Osternacht schon erlebt haben. Ne, dass wir dann erzählt haben, nochmal aufgegriffen haben, das war schon im Religionsbuch anhand von so einem Bild auch gezeigt, wie das ist, wenn die Kirche dunkel ist (.), hm, in der Osternacht. Und der Pfarrer trägt diese Osterkerze da rein und es wird langsam hell und so. Das hat eigentlich Verbindung zu, also da greifen verschiedene Bereiche ineinander.
Obwohl Hannah während der Strukturierungsarbeit an diesem Cluster keinen konkreten Bezug auf ihre bisher durchgeführten Unterrichtsgänge genommen hat, entdeckt sie nun eine Verbindung. Beim Unterrichtsgang mit der 1. Jahrgangsstufe zum Thema Osterkerze weist sie der architektonischen Dimension des Kirchenraumes durchaus eine Rolle zu. Beim Unterrichtsgang wurde der Standort der Osterkerze zum Thema. Schließlich spielte die Architektur des Raumes eine Rolle, als die Klasse ein Foto der Osternacht im Religionsbuch angeschaut hat. Hier hat die
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Lehrkraft offensichtlich den Kirchenraum als architektonische Größe („und es wird langsam hell und so“) eingebunden. Abbildung 9 zeigt das Zueinander der einzelnen Kategorien in Cluster 7. Abbildung 9: Teilkarte Cluster 7 Hannah: Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU Raum mit besonderer eigene Vorbereitung führt zu → Architektur notwendig (H_7_1)
(H_7_4)
Thema für HSU, Kunst (H_7_2)
Besonderheiten der Ortskirche (H_7_3)
Zusammenarbeit Heimatverein (H_7_5)
Als Gegenentwurf zu Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“ entwirft die Lehrkraft Hannah hier einen Zugang zur Kirche, den sie als „Kirche im Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“ bezeichnet. Dabei schreibt sie dem Kirchengebäude zunächst einmal zu, ein Raum mit besonderer Architektur zu sein (H_7_1). Sachliche Gegebenheiten wie seine Lage im Ortsbild, aber auch ortsspezifische Besonderheiten wie etwa die Figur des Heiligen Johannes (H_7_3) machen sie zu einem Gegenstand für den Heimat- und Sachunterricht, aber auch für Kunsterziehung (H_7_2). Wird ein solcher Zugang zum Kirchenraum gewählt, ist eine eigene fachliche Vorbereitung – etwa mit einem Kirchenführer – notwendig (H_7_4). Zudem besteht hier die Möglichkeit, mit dem Heimat- und Geschichtsverein vor Ort zusammenzuarbeiten (H_7_5). Cluster 8: Unterrichtsgang – Warum? / Wie? Hannah legt in ihrem Legebild schließlich einen Bereich an, der sich der Begründung für Unterrichtsgänge sowie der praktischen Umsetzung widmet. Diese beiden Aspekte scheinen für sie eng zusammenzugehören, wie folgende Szene aus der Legesitzung dokumentiert: Hannah, 1:05:33 Hannah: Da geht’s ja mehr allgemein darum, warum. Hm. Hannah blickt im Legebild hin und her und deutet schließlich auf den Bereich, der später Cluster 9 bildet. Es war hier schonmal ein Bereich, wo’s mehr dadrum geht, was Religionsunterricht allgemein soll und will. Das hier würde ich jetzt eher als Bereich sehen, wo es um das WARUM und WIE des Unterrichtsgangs an für sich geht. Hannah gestaltet die Über-
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schrift für dieses Cluster: „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“ Also Unterrichtsgang warum und wie. Ich habe schon gesehen, es ist nicht nur WARUM mache ich das äh, sondern auch WIE.
Die Ideen des Warum? und Wie? eines Unterrichtsganges werden zwar im Folgenden von Hannah in zwei nebeneinander liegen Spalten entworfen, gehören für sie aber so eng zusammen, dass sie hier eine gemeinsame Überschrift entwirft. Folglich wird hier auch nur ein Cluster gebildet, das analog zur Überschrift den Titel „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“ erhält. Hannah eröffnet ihre Strukturierungsarbeit im linken Bereich des Clusters, in der Warum?-Seite: Hannah, 1:07:45 Hannah: Also das WARUM ist erstmal was ganz Individuelles bei mir, weil ich das in meinem Studium als was ganz, hm, ja, Erfahrungsreiches und Hilfreiches erlebt habe. Und eindringlich eben bei dieser Frau aaa. Und das gerne dann auch ausprobiert habe und übernommen habe.
Unmittelbar unter der Überschrift platziert Hannah eine Inhaltskarte, die eine Erfahrung aus dem Studium thematisiert: im Studium habe ich bei aaa im Museum Erfahrungen mit Erlebnispädagogik gemacht. Die Frage nach dem Warum von Unterrichtsgängen bezieht Hannah also zunächst einmal auf „was ganz Individuelles bei mir“, nämlich die „Erfahrung mit Erlebnispädagogik“ (H_8_1). Diese Aussage ist allgemein gehalten und nicht auf Unterrichtsgänge in den Kirchenraum spezifiziert. Ähnlich verhält es sich bei den beiden nächsten Inhaltskarten, die Hannah unmittelbar darunter platziert. Unterrichtsgänge sind in ihren Augen eine Chance, die Dinge direkt vor Ort zu sehen. Das führt schließlich dazu, dass Kinder den Unterrichtsgang als etwas Interessantes erleben. Hannah kommentiert diesen Legeversuch folgendermaßen: Hannah, 1:08:13 Hannah: Hm, ein Grund, ja, für Kinder ist das immer was Konkretes, was außerhalb des herkömmlichen Unterrichts liegt, außerhalb des normalen, gewohnten Ablaufs und von daher sicher spannend. (…) Spannend ist vielleicht übertrieben, aber zumindest interessant (lacht). Genau, das jetzt zum Warum. Daraufhin verbindet Hannah die Inhaltskarte „bei einem Unterrichtsgang kann man die Dinge direkt vor Ort sehen und nicht nur im Buch, z.B. Osterkerze“ durch die Strukturkarte „führt zu“ mit der Inhaltskarte „für die Kinder ist ein Unterrichtsgang etwas Spannendes“.
Dass Unterrichtsgänge von Kindern als interessant wahrgenommen werden, sieht Hannah vor allem darin begründet, dass ein solches Geschehen „außerhalb des herkömmlichen Unterrichts liegt, außerhalb des normalen, gewohnten Ablaufs“. Es entstehen zwei eigenständige Kategorien: „Dinge vor Ort sehen“ (H_8_2) und „In-
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teresse“ (H_8_3). Waren die bisherigen Ausführungen allgemein auf Unterrichtsgänge bezogen, wendet sich Hannah schließlich konkret dem Kirchenraum zu: Hannah, 1:08:25 Hannah: Hm, jetzt beim Unterrichtsgang in die Kirche im Speziellen ist es natürlich eine Möglichkeit, diesen Raum zu erleben außerhalb des Gottesdienstes. Weil wenn überhaupt erleben es die Kinder ja eher WÄHREND des Gottesdienstes. Ja, dass es halt eine originale Begegnung ist.
Außerschulisches Lernen in der Kirche bietet für Hannah die Möglichkeit, diesen Raum zu erleben, und zwar außerhalb des eigentlichen Gottesdienstgeschehens, „weil wenn überhaupt erleben es die Kinder ja eher WÄHREND des Gottesdienstes“. Die unmittelbar darunter platzierte Inhaltskarte spricht wieder das Raumerleben an, diesmal aber mit Blick auf diejenigen Kinder, die laut der Lehrkraft besonders von einem Unterrichtsgang profitieren (für Kinder mit wenig Bezug zur Kirche ist das eine Chance, den Raum zu erleben). Die beiden Inhaltskarten bilden zwei Kategorien: „Kirche außerhalb des Gottesdienstes erleben“ (H_8_4) sowie „Kinder mit wenig Bezug zur Kirche“ (H_8_5). Auf der Warum?-Seite platziert Hannah schließlich eine Inhaltskarte, die über das eigentliche Unterrichtsgeschehen hinausweist: vielleicht ist das ein Anreiz, die Kirche außerhalb der Schule in Anspruch zu nehmen, z.B. zum Gottesdienst. Hannah hofft, dass der Kirchenraumbesuch über die Schule hinaus in das Privatleben der Kinder wirkt und diese möglicherweise „Kirche privat in Anspruch nehmen“ (H_8_6) und zwar außerhalb des schulischen Settings. Dieses „LUST“-Machen auf Kirche, dass auch mit ihrem eigenen religiös geprägten Lebensstil zusammenhängt, erläutert Hannah am Ende der Legesitzung noch einmal ausführlich: Hannah, 1:35:46 Hannah: Und ja, (.) ich selber gehe relativ häufig in den Gottesdienst, das bedeutet mir viel. (.) Und das möchte ich natürlich auch (.) / oder es würde mich freuen, wenn Kinder auch diese Erfahrung machen. Natürlich wahrscheinlich weniger im Erwachsenengottesdienst, aber es gibt ja auch in xxx ein ganz rühriges Familiengottesdienstteam. Und ja, wäre natürlich schön, wenn die Kinder diese Möglichkeiten nutzen. Wenn sie LUST dadrauf bekämen.
In der rechten Spalte des Clusters sortiert Hannah schließlich ihre Gedanken zum Wie? eines Unterrichtsganges in den Kirchenraum, also zur konkreten methodischen Umsetzung, aber auch zu didaktischen Grundgedanken. Einen solchen Grundgedanken platziert Hannah unmittelbar unter der Überschrift: bevor man Inhalte zur Kirche macht, muss man langsam anbahnen. Ein solches Anbahnen hat für sie Konsequenzen für die Zeitplanung, wie selbst erläutert:
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Hannah, 1:09:34 Hannah: Und zum Wie. Also erstmal langsam anbahnen. Inhalte zum Kirchenraum langsam anbahnen. Das heißt, ich würde eben ganz kurze Einheiten erst einmal wählen.
Um die Arbeit im Kirchenraum langsam anzubahnen hat Hannah auch gleich eine praktische Umsetzungsmöglichkeit parat. Ein „langsames Anbahnen“ (H_8_7) bedeutet für sie ein Vorgehen in kurzen zeitlichen Einheiten. Diesen Gedankengang drückt sie bildlich aus, indem sie die Kategorie „langsames Anbahnen“ (H_8_7) durch die Strukturkarte das ist / das heißt mit einer Inhaltskarte verbindet, die die Zeitplanung thematisiert: wir waren ca. 25 Minuten in der Kirche. Dieser zeitliche Rahmen, der für Hannah eine wie im obigen Kommentar angesprochene „kurze Einheit“ (H_8_8) darstellt ist, also in ihren Augen für ein solches langsames Anbahnen angemessen. Unmittelbar darunter finden sich in enger räumlicher Nähe drei Inhaltskarten, die optisch eine Gruppe bilden. Ausgangspunkt für das Anlegen dieser Gruppe ist eine einzelne Inhaltskarte: für die Kinder war die Wand mit den Kommunionkindern das Interessanteste. Die Karte spielt auf eine Erzählung von Hannah an, die sie im Interview zu ihrem letzten Unterrichtsgang mit der 1. Jahrgangsstufe gemacht hat. Bei der Augenwanderung ist dabei vielen SchülerInnen die Wand mit den diesjährigen Kommunionkindern aufgefallen. Diesen Vorfall wandelt sie nun in ein didaktisches Prinzip um, nämlich exemplarisches Lernen, wie folgender Auszug aus der Legesitzung zeigt: Hannah, 1:10:19 Hannah: Ja wie. Ich würde an einem, an einer Sache es erstmal festmachen. Jetzt in dem Fall wollten wir eigentlich die Osterkerze zum Beispiel angucken. Es war aber auch interessant, jetzt die aktuellen Kommunionkinder anzuschauen. Also das war dann aber auch o.k. Ne, das war jetzt eine Sache rausgegriffen. Und nicht Gemälde eins, zwei, drei, vier, fünf. KK: Wie können wir diese Idee noch im Legebild festhalten? Daraufhin nimmt Hannah eine bereits bestehende Inhaltskarte „es würde sich anbieten, ein Bild oder Gemälde zu einer Bibelstelle zu machen“, dreht sie um und beschriftet sie neu: „eine Sache herausgreifen“. Hannah: Also das heißt dann zum Beispiel (.) diese (.) Wand mit den Kommunionkindern. (...) Wobei das jetzt ja nicht der eigentliche Inhalt war. Aber das war halt jetzt so wichtig, dass ich dann der Meinung war, das bringt dann nichts oder die Aufmerksamkeit lässt sich dann schlecht auf das Eigentliche konzentrieren, wenn wir das nicht vorher angeschaut haben. Aber dann ist auch gut. (.) Aber dann nicht noch drei andere Sachen. Bei Erstklässlern zumindest.
Leitendes Prinzip für die Arbeit in Kirchenraum ist für Hannah „an einer Sache es erstmal festmachen“. Gerade für Erstklässler hält sie eine solche Vorgehensweise für erforderlich. Dabei muss diese Konzentration auf eine Sache nicht unbedingt von der Lehrkraft ausgehen, sondern die Initiative kann – wie im Fall der Wand mit den Kommunionkindern – auch von der Klasse kommen. Wenig später wird zu den
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beiden Inhaltskarten noch eine dritte Karte ergänzt, die diese Sichtweise noch einmal untermauert: mit der 1. Klasse war der Unterrichtgang ganz einfach und schlicht. Für Hannah ist es entscheidend, „dass man eben eine Sache rausgreift“: Hannah, 1:13:41 Hannah: Wie. Also ganz einfach und schlicht. Das hängt damit zusammen, ne. Also dass man eben eine Sache rausgreift. Einfach. Also jetzt nicht so komplex. Und da ist der Gottesdienstraum und da ist das, wo Wortfeier und und, das würde sie ja total überfordern. Sondern halt jetzt erst einmal eine Sache rausgreifen.
Die drei Karten bilden gemeinsam eine Kategorie, die in Anlehnung an den O-Ton der Lehrkraft mit „eine Sache herausgreifen“ (H_8_9) betitelt wird. Zum Wie? von Unterrichtsgängen gehört für Hannah schließlich auch, dass die Kinder alle Bereiche im Kirchenraum betreten dürfen: Hannah, 1:12:05 Hannah: Also ich meine nur dann, wenn die Kinder auch wirklich den Raum in allen Bereichen erleben dürfen, dann ist es auch interessant und spannend. Wenn ich also nicht NUR AM PLATZ SITZE und vielleicht auch grade den Bereich betreten darf, der sonst während dem Gottesdienst ja tabu ist. Vielleicht einfach allgemein zum Wie. Ich muss immer alles erleben dürfen. Also es eine Voraussetzung. Verbindung von Wie und Warum.
Entscheidend ist für Hannah, dass die Kinder „wirklich den Raum in allen Bereichen erleben dürfen“ und nicht nur am Platz sitzen. In ihrer Kommentierung entwirft sie dabei einen Kontrapunkt zum Kirchenraum während des Gottesdienstes, in dem Bereiche wie der Altarraum tabu sind. Die Kategorie „alle Bereiche betreten“ (H_8_10) ordnet sie zunächst der Wie?-Spalte zu, sieht hier aber auch eine strukturelle Verbindung zum Warum?. Es ist für sie eine Voraussetzung dafür, dass die Kinder den Unterrichtsgang als spannend und interessant erleben, wie sie durch die entsprechende Strukturkarte verdeutlicht. Auch die im Folgenden von Hannah angeordneten drei Inhaltskarten bilden eine solche Verbindungsbrücke zwischen dem Wie? und Warum?. Ausgangspunkt dieser Verbindung ist eine Inhaltskarte auf der Wie?-Seite, die beschreibt, dass Unterrichtsgänge in die Kirche kein einmaliges Ereignis darstellen, sondern öfters stattfinden sollten: Hannah, 1:13:25 Hannah: WIE. Ich denke, das ist auch ganz wichtig, dass das keine einmalige Sache ist. Einfach damit man da so eine gewisse Sicherheit bei den Kindern auch erreicht.
Die Ausführungen von Hannah machen deutlich, dass sie mit der mehrmaligen Umsetzung von Unterrichtsgängen ein Ziel im Blick hat, nämlich dass „man so eine gewisse Sicherheit bei den Kindern auch erreicht“. Diesen zunächst einmal verbal
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angelegten Zusammenhang verdeutlicht sie auch optisch, indem sie mit der Kategorie „mehrmalige Durchführung“ (H_8_11) durch die Strukturkarte führt zu zwei Inhaltskarten anbindet, die sie auf der Warum?-Seite platziert. Beide Karten tragen Formulierungen, die Lernzielcharakter haben. Einmal erhofft sich die Lehrkraft, dass die Kinder durch mehrmalige Unterrichtsgänge mit dem Raum vertrauter werden. Dann aber auch, dass das Verhalten in der Kirche für sie klarer wird. Hannah kommentiert dazu: Hannah, 1:17:15 Hannah: Hm, dieses öfters machen denke ich oder da hoffe ich, dass das dazu führt, dass den Kindern klarer wird, wie man sich da verhält, einfach auch dadurch, dass sie sicherer werden in dem „Aha, jetzt gehen wir da rein, dann geht man da langsam vor und dann geht man in diese Bank und dann sitzt man zu soundsovielt. Zu acht und nicht zu fünfzehnt.“ So halt mehr so vom Ablauf her, dass dann, dass diese Sicherheit dann auch dazu führt, dass das irgendwie klarer wird.
Von der mehrmaligen Durchführung des Unterrichtsganges erhofft sich die Lehrkraft also zwei Folgen. Einmal, dass die Kinder „sicherer werden“ in ihrem Umgang mit dem Raum. Dann aber auch, dass dadurch das Verhalten im Raum für die Kinder klarer und verständlicher wird. Aus den zwei Inhaltskarten werden zwei Kategorien gebildet: „mehr Sicherheit“ (H_8_12) sowie „Verhalten klarer“ (H_8_13). Im unteren Bereich der Wie?-Seite des Clusters liegt schließlich eine Inhaltskarte, die die Nachbereitung des Unterrichtsganges im Klassenzimmer betrifft (den Unterrichtsgang haben wir nicht mehr nachbereitet). Hannah scheint das Bedürfnis zu haben, diese fehlende Nachbereitung gegenüber der Forscherin zu erklären: Hannah, 1:14:09 Hannah: Das hat jetzt einfach was rein Organisatorisches. Denn das wir das nicht mehr nachbereitet haben und nicht mehr aufgegriffen haben, weil da die Stunde rum war (.) und die Kinder zum Bus mussten. Und dann danach eine Woche lang kein Religion war. (.) Und dann war’s einfach zu weit weg. Also ansonsten wäre das schon auch ganz gut gewesen, vielleicht am nächsten Morgen dann nochmal dadran anzuknüpfen. Daraufhin gestaltete Hannah eine neue Karte mit der Aufschrift „nächste Relistunde zu weit weg“, die sie durch die selbst gestaltete Strukturkarte „weil“ mit der Karte „den Unterrichtsgang haben wir nicht mehr nachbereitet“ verbindet.
Für den Unterrichtsgang stand nur eine einzelne Religionsstunde zur Verfügung. Diese war für Hannah zu kurz, um den Kirchenraumbesuch unmittelbar im Anschluss nachzubereiten. Die nächste Religionsstunde lag allerdings in der nächsten Woche, so dass Hannah der zeitliche Abstand zu lange erschien. Sie bewertet ihr Vorgehen allerdings kritisch, denn „ansonsten wäre das schon auch gut gewesen, vielleicht am nächsten Morgen dann nochmal dadran anzuknüpfen“. Die beiden Karten bilden zwei eigenständige Kategorien: „keine Nachbereitung“ (H_8_14) und „Zeitproblem“ (H_8_15). Den Abschluss des Clusters bildet schließlich eine ein-
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zelne Inhaltskarte, in der Hannah die Option in Erwägung zieht, mit dem Pfarrer zu kooperieren: Hannah, 1:15:11 Hannah: Das ist auch so eine organisatorische Sache, dass man sagt: „O.k., jetzt holen wir mal den Fachmann her dazu und der kann uns das auch vielleicht noch ganz anders erläutern.“
Für Hannah ist es also durchaus eine Option, den „Pfarrer als Fachmann“ (H_8_16) für einen Unterrichtsgang anzufragen. Abbildung 10: Teilkarte Cluster 8 Hannah: Unterrichtsgang – Warum? / Wie? Erfahrung mit Erlebnispädagogik
das heißt kurze Einheiten
langsames Anbahnen
(H_8_1)
(H_8_8)
(H_8_7)
Dinge vor Ort Interesse führt zu → sehen (H_8_3) (H_8_2)
Kirche außerhalb des Gottesdienstes erleben
Vo rau s ← setzu für ng
(H_8_4)
eine Sache herausgreifen (H_8_9)
alle Bereiche betreten (H_8_10)
Kinder mit wenig Bezug zur Kirche (H_8_5)
Kirche privat in Anspruch nehmen (H_8_6)
mehr Sicherheit (H_8_12)
← führt zu
mehrmalige Durchführung (H_8_11)
Verhalten klarer (H_8_13)
keine Nachbereitung (H_8_14)
weil →
Zeitproblem (H_8_15)
Pfarrer als Fachmann (H_8_16)
Cluster 8 ist eine Kombination aus Argumenten, warum aus Hannahs Sicht außerschulisches Lernen im Kirchenraum durchgeführt werden sollte und der tatsächlichen unterrichtspraktischen Umsetzung desselben (vgl. Abb. 10). Die beiden Komponenten des Warum? und Wie? sind eng miteinander verwoben, was strukturelle Verbindungen zwischen Kategorien beider Seiten zeigen. Die Begründung von Unterrichtsgängen in den Kirchenraum sieht Hannah zunächst einmal in ihrer eigenen Person angelegt. Im Studium hat sie erlebnispädagogische Arbeitsweisen kennengelernt (H_8_1) und die Kirche scheint einen Raum zu bieten, in dem solche
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Arbeitsweisen umgesetzt werden können. Einen Vorteil im Lernen außerhalb des Klassenzimmers sieht Hannah darin, dass die Kinder in der Originalbegegnung Dinge vor Ort sehen können (H_8_2) und so ihr Interesse geweckt wird (H_8_3). Hier zeigt sich bereits eine Verbindung zum Wie? des Clusters, denn dass die Kinder im Kirchenraum alle Bereiche betreten dürfen ist für Hannah die Voraussetzung für ein solches Interesse. Weitere Argumente für einen Unterrichtsgang sind, dass Kinder hier die Kirche auch außerhalb der Gottesdienstzeiten erleben können (H_8_4) und gerade Kinder mit wenig Bezug einen Zugang zu diesem Raum bekommen (H_8_5). Hannah erhofft sich davon, dass die Kinder so vielleicht die Kirche auch einmal in ihrer privaten Zeit und außerhalb der Schule in Anspruch nehmen (H_8_6). Die unterrichtspraktische Umsetzung und das Wie? des Unterrichtsganges ist für Hannah zunächst einmal von einem langsamen Anbahnen bestimmt (H_8_7). Ein solches Anbahnen bedeutet eine Begegnung mit dem Kirchenraum, die einen geringen Zeitumfang hat (H_8_8). Im Einklang mit diesem langsamen Anbahnen steht ein exemplarisches Lernen an ausgewählten Inhalten, um gerade Kinder der unteren Jahrgangsstufen nicht mit stofflicher Fülle zu überfordern (H_8_9). Schließlich sollten Unterrichtsgänge kein einmaliges Erlebnis bleiben, sondern mehrmals stattfinden (H_8_11). Von einer mehrmaligen Durchführung erhofft sich Hannah, dass die Kinder mit dem Kirchenraum vertrauter und sicherer werden (H_8_12) und sich dadurch auch ihr Verhalten in diesem Raum ändert (H_8_13). Zu der unterrichtspraktischen Umsetzung gehört für Hannah schließlich auch die Nachbereitung des Unterrichtsganges, die sie allerdings aufgrund zeitlicher Probleme ausgespart hat (H_8_14, H_8_15). Schließlich kann sie sich noch die Zusammenarbeit mit dem Ortspfarrer vorstellen, der als Fachmann die Kirchenraumbegegnung bereichert (H_8_16). Cluster 9: Meine Vorstellung vom RU Das letzte Cluster, dem sich Hannah in ihrer Strukturierungsarbeit am Legebild zuwendet, versieht sie mit der Überschrift Meine Vorstellung vom RU. Zunächst einmal ist es für Hannah wichtig, dass Religionsunterricht einen Bezug zum Leben der Kinder und der Jetzt-Zeit hat. Das macht sie mit der unmittelbar unter der Überschrift platzierten Inhaltskarte deutlich und kommentiert dies ausführlich: Hannah, 1:21:20 Hannah: Also ja, das ist so was Zentrales. Religionsunterricht ist nicht nur so SchöneGeschichten-Unterricht, wo man methodisch vielleicht etwas abwechslungsreicher arbeitet als in anderen Unterrichtsfächern, sondern Religionsunterricht ist etwas, was mit mir zu tun hat und mit der jetzigen Zeit zu tun hat, in der ich jetzt hier lebe. Und deshalb ist es wichtig für mich, dass es zunächst einmal was / (.) also damit Kindern sich da überhaupt (.) öffnen für die Thematik ist es wichtig, dass es ein Unterricht ist, der nicht nur das rein Kognitive anspricht, sondern eben alle Bereiche. Und wenn das entsprechend methodisch und didaktisch aufbereitet ist und den Kindern auch Freude macht, so
178 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER dass es wirklich ankommt, dann ist das ja was, was guttut. Und dass es für Kinder auch erlebbar wird und (.) spürbar wird, es geht nicht um das was ich kann und was ich leiste. Oder oder um das was ich weiß und dass ich mir die Geschichten merke oder, sondern dass das etwas ist, was mich auch innerlich anrührt. Und das passiert natürlich, also ich hoffe, dass dann auch so innere Bilder dadurch entstehen und wachsen, damit das etwas positiv Besetztes ist. Ja, sollte man dann natürlich auch erleben: Das sind Dinge, die mir guttun, die da passieren im Religionsunterricht.
Hannah stellt heraus, dass Religionsunterricht „nicht nur so Schöne-GeschichtenUnterricht“ ist, sondern einen Bezug zur „jetzigen Zeit“ und damit zum Leben der Kinder hat: „Bezug zum eigenen Leben“ (H_9_1). Eine Voraussetzung stellt dafür eine entsprechende methodische und didaktische Aufbereitung der Inhalte dar, wie die Inhaltskarte mir ist es wichtig, dass der Religionsunterricht methodisch gut durchmischt ist, verdeutlicht. Diese methodische Durchmischung hat für Hannah aber noch eine andere Dimension. Ihr ist es wichtig, dass Religionsunterricht nicht nur „das rein Kognitive anspricht“, sondern „erlebbar“ und „spürbar“ wird. Die „methodische Vielfalt“ (H_9_2) hat so auch eine lernpsychologische Intention. Ziel eines solchen Zugangs zum Religionsunterricht ist für Hannah, dass ihr Unterricht „etwas positiv Besetztes ist“. Diesen Sachverhalt drückt sie im Legebild mit drei Inhaltskarten aus (z.B. mein Ziel ist, dass die Kinder merken: Religion ist schön), die sie durch die strukturelle Verbindung führt zu aus der Kategorie „Bezug zum eigenen Leben“ (H_9_2) abgleitet. In Anlehnung an den O-Ton von Hannah werden die Karten zur Kategorie „positive Haltung zum Religionsunterricht“ (H_9_3) überführt. Allerdings schränkt Hannah das zunächst positiv entworfene Bild ihres Religionsunterrichtes ein: Hannah, 1:27:29 Hannah: ABER mir ist auch klar, dass der Religionsunterricht da natürlich nur einen ganz begrenzten Einfluss hat. Weil das ist natürlich so ein ORCHIDEENnfach, das sind zwei Schulstündchen in der Woche und die können was anstoßen, aber die können / ja vielleicht einen Impuls geben. Aber man sollte sich schon dessen bewusst sein, dass der Einfluss (…) oder der Einfluss anderer Faktoren da noch viel gewichtiger ist zum Teil. Weil ich denke, da sollte man auch realistisch sein, ne. Das auch zu sehen. Ja, aber vielleicht kann es ja doch kleine Impulse geben, die vielleicht auch erst (.) mit großer zeitlicher Versetzung irgendwann mal so zum Tragen kommen.
Hannah stellt heraus, dass der Religionsunterricht als „ORCHIDEENfach“ mit seinen „zwei Schulstündchen“ nur einen begrenzten Einfluss auf die Entwicklung der SchülerInnen nehmen kann. So verbindet sie die Inhaltskarte im Religionsunterricht kann man Dinge unterstützen, aber der Einfluss ist begrenzt durch die Strukturkarte aber mit der Kategorie „Bezug zum eigenen Leben“ (H_9_1). Hannah ist sich bewusst, dass beim Religionsunterricht der „Einfluss begrenzt“ (H_9_4) ist, zeigt sich aber trotzdem optimistisch, schließlich kann er „kleine Impulse geben, die vielleicht
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auch erst mit großer zeitlicher Versetzung irgendwann mal so zum Tragen kommen“. Bei der Arbeit an diesem Cluster ist sich die Forscherin in der Legesitzung nicht sicher, inwieweit die hier entwickelten Vorstellungen der Lehrkraft von ihrem Religionsunterricht tatsächlich mit Außerschulischem Lernen in Verbindungen stehen. Auf Nachfrage erklärt Hannah den Zusammenhang folgendermaßen: Hannah, 1:21:58 Hannah: Das hat schon dann auch was damit zu tun, wenn ich, ja, wenn ich diesen Raum als etwas erlebe, hm, also einen Raum erlebe, in dem ich auch angenehme Erfahrungen oder in dem ich angenehme Erfahrungen verknüpfe. Also wo ich vielleicht besonders, also ja so angerührtes EmPFINDEN hatte. Vielleicht wenn man jetzt grade bei dem Singen. Also da habe ich gesagt, da war’s jetzt ganz still und – also das klingt jetzt sehr hochgegriffen – mich gespürt würde man jetzt als Erwachsener sagen. Ich weiß nicht, wie man das jetzt auf Kinderebene sagt. Das zu Verbalisieren auf Kinderebene tue ich mir jetzt direkt schwer. Weil die das auch denke ich (.) eben (.) so (.) nicht sagen können, trotzdem aber spüren. Das sind ja auch Dinge, die man nicht so wirklich fixmachen kann, sondern die eben wachsen. Aber die man glaube ich schon anstoßen kann. Auch durch das, was ich da in diesem Kirchenraum erlebe. Also Kinder sollen merken Religion ist schön, hat was mit mir zu tun. Das geht ja alles in den Bereich. Warum ist Religion schön? Weil es eben mit mir zu tun hat. Das setzt natürlich voraus, dass der Unterricht einfach gut vorbereitet ist und methodisch gut aufbereitet ist.
Hannah setzt hier vor allem darauf, dass ein Unterrichtsgang in den Kirchenraum von den Kindern als „angenehme Erfahrung“, „angerührtes EmPFINDEN“ wahrgenommen wird und man dabei etwas „anstoßen kann“. Dieses Erfahren und Empfinden bezieht die Lehrerin dabei wieder auf einen emotional-affektiv geprägten Zugang zum Kirchenraum, nämlich das Singen. Abbildung 11: Teilkarte Cluster 9 Hannah: Meine Vorstellung vom RU Einfluss begrenzt (H_9_4)
Bezug zum ← aber → eigenen Leben (H_9_1)
Voraussetzung ← für
methodische Vielfalt (H_9_2)
führt zu → positive Haltung zum Religionsunterricht (H_9_3)
In Cluster 9 verortet Hannah die Leitlinien ihres eigenen Religionsunterrichts, die sie gleichzeitig auf Unterrichtsgänge in den Kirchenraum bezieht (vgl. Abb. 11). Ansatzpunkt ihrer Arbeit als Religionslehrerin ist es, einen Bezug zur heutigen Welt
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und damit zum Leben der Kinder herzustellen (H_9_1). Davon erhofft sie sich, dass die Kinder den Unterricht als etwas Positives erleben (H_9_3). Voraussetzung für einen solchen Zugang ist für Hannah eine methodische Vielfalt, bei der es nicht nur um fachliches Wissen, sondern auch um persönliches Erleben geht (H_9_2). Hier sieht sie auch eine unmittelbare Verbindung zu den Kirchenraumbesuchen, die bei den Kindern zu positiven Erfahrungen führen sollen. Gleichzeitig ist sich Hannah der Grenzen dieses Einflusses bewusst (H_9_4) und geht davon aus, dass die eigentliche Wirkung des Religionsunterrichts – wenn überhaupt – häufig erst im späteren Leben der SchülerInnen zum Tragen kommt. 5.1.4 Verbindung der Cluster Gegen Ende der Legesitzung verbindet Hannah schließlich noch einige Themenbereiche ihres Legebildes untereinander und setzt so die verschiedenen und bislang eher lose nebeneinander liegenden Cluster miteinander in Beziehung. Sie beginnt diese Strukturierungsarbeit mit einer Verbindung zwischen Cluster 1 „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“ und Cluster 2 „Kirche als sakraler Raum“: Hannah, 1:37:11 KK: Haben Sie noch eine Idee, wie Sie die einzelnen Bereiche untereinander verbinden möchten? Oder möchten Sie die überhaupt verbinden? Hannah: Ja, also ich sehe jetzt zum Beispiel eine Verbindung zwischen diesen beiden Bereichen. Deutet auf die Cluster 1 und 2. Wenn ich selber Kirche so nicht erlebe, kann ich das auch nicht Kindern vermitteln. Daraufhin verbindet Hannah Cluster 1 durch die Strukturkarte „Voraussetzung für“ mit Cluster 2.
Doch nicht nur ihre eigene Person ist für Hannah die Voraussetzung dafür, den Kirchenraum in seiner sakralen Dimension und damit als Gottesdienst- und Meditationsraum mit den Kindern bei einem Unterrichtsgang zu erarbeiten. Auch ihre Vorstellung von Religionsunterricht bildet dafür eine entscheidende Grundlage, wie sie selbst erläutert: Hannah, 1:38:57 Hannah: Die Vorstellungen von Religionsunterricht, die haben dann auch / also ne, das ist natürlich auch einmal die Voraussetzung bei mir als Lehrkraft, aber auch meine Vorstellung von Religionsunterricht sind die Voraussetzung dafür, dass ich / dass es mir wichtig ist, Kirche auch als sakralen Raum erfahrbar zu machen. Und ist natürlich auch eine Voraussetzung dafür, dass ich, warum / also dass ich sage: Ja, ich möchte Unterrichtsgänge machen und auch wie die durchgeführt werden.
Den genauen Zusammenhang der Cluster 9 „Mein Religionsunterricht“ und 2 „Kirche als sakraler Raum“ lässt Hannah unkommentiert, drückt ihn jedoch im Legebild durch die Strukturkarte Voraussetzung für aus. Gleichzeitig spielt sie hier
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noch einen weiteren strukturellen Zusammenhang ein. Ihre Vorstellung vom Religionsunterricht bildet nicht nur die Grundlage dafür, Kirchenraum als sakralen Raum zu erschließen bzw. „erfahrbar zu machen“, sondern auch für die Entscheidung, Kirchenraumbesuche in der Unterrichtspraxis auf eine bestimmte Art zu realisieren. Auch diese Beziehung wird mit der Strukturkarte Voraussetzung für optisch verdeutlicht. Eine letzte clusterübergreifende Verbindung legt Hannah schließlich zwischen Cluster 6 „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“ und Cluster 8 „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“ an. Ausgangspunkt ist dabei folgende Überlegung: Hannah, 1:40:40 Hannah: Also dass sich halt sage, wenn Schüler wenig Erfahrung damit haben, dann werde ich kleinschrittig arbeiten, dann werde ich immer nur einzelne, kleine Bereiche mal rausgreifen. Und gucke, dass die Kinder eben dadurch vertrauter werden. Hannah verbindet das Cluster 6 durch die Strukturkarte „Voraussetzung für“ mit Cluster 8.
Hannah geht von der Idee aus, dass „Schüler wenig Erfahrung damit haben“, also im Privatleben kaum mit diesem Gebäude in Kontakt kommen. Dieser Sachverhalt hat für sie zunächst einmal Auswirkungen auf das Wie und damit ihre methodischdidaktische Grundlegung von Unterrichtsgängen. Hier greift sie vor allem das exemplarische und kleinschrittige Arbeiten heraus, mit dem sie die Zielsetzung verfolgt, dass die Kinder mit dem Raum vertrauter werden. Ausgangspunkt ihrer Praxisarbeit sind also vor allem Kinder, die bislang kaum mit dem Kirchenraum vertraut sind. Die differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Hannah ist in Kapitel 5.2.8 dargestellt.
5.2 D IE DER
INDIVIDUELLEN S UBJEKTIVEN T HEORIEN L EHRPERSONEN IN DER K URZDARSTELLUNG
Im Folgenden werden nicht mehr die einzelnen in Kapitel 5.1 aufgezeigten Analyseschritte dargestellt, sondern die Subjektive Theorie jeder einzelnen Lehrperson zusammenfassend wiedergegeben. Dabei werden zunächst die identifizierten Cluster sowie ihr strukturelles Zueinander im Überblick beschrieben. Bei den Clustern handelt es sich um als eigenständig identifizierte Bereiche innerhalb des Legebildes. Im Anschluss an den Überblick werden die einzelnen in den Clustern angelegten Inhalte und die dort von den Lehrkräften entwickelten Argumentations- und Gedankengänge aufgezeigt. Die jeweiligen Clusternamen sind in Anführungszeichen und kursiv gesetzt. Jede Darstellung schließt mit der differenzierten Clusterkarte, die die räumliche Ausdehnung der Cluster, ihr strukturelles Zueinander, ihren
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Titel sowie den dort von der Lehrkraft verorteten Inhalt in einer Art Abstract bildlich darstellt. Die Reihenfolge der Darstellung orientiert sich am Zeitpunkt der Datenerhebung, wobei mit der Lehrerin Angela (Kap. 5.2.1) das erste Interview stattfand, mit der Lehrkraft Hannah (Kap. 5.2.8) das letzte Interview durchgeführt wurde. 5.2.1 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Angela Ihr Struktur-Lege-Bild zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum legt die Lehrerin Angela in sieben thematischen Bereichen an. Sechs davon beziehen sich auf Unterrichtsgänge in den Kirchenraum im Religionsunterricht, ein Bereich auf Kirchenraumbesuche in anderen Unterrichtsfächern. Die sechs Bereiche, die sich direkt auf den Katholischen Religionsunterricht beziehen, thematisieren sowohl die Persönlichkeit der Lehrperson als auch inhaltliche und methodisch-didaktische Umsetzungen sowie Zielvorstellungen von außerschulischem Lernen in der Kirche. Die differenzierte Clusterkarte zeigt die Subjektive Theorie von Angela auf einen Blick (vgl. Abb. 12). Die entscheidende Voraussetzung für Unterrichtsgänge bildet für Angela der Bereich der eigenen Persönlichkeit (Cluster „Ich“). Sie selbst mit ihrer individuellen Biografie ist es, die die Herangehensweise an Unterrichtsgänge beeinflusst. Dieser Bereich der Persönlichkeit ist für Angela zweigeteilt. Es gibt Erfahrungen mit dem Kirchenraum, die im privaten Bereich liegen und bis in ihre Kindheit zurückführen. Daneben gibt es Erfahrungen mit dem Kirchenraum als Lernort, die durch ihre Arbeit als Lehrkraft geprägt sind. Für beide Bereiche der Persönlichkeit betont Angela ein positives Verhältnis zum Kirchenraum und sie bilden schließlich die Grundlage für ihre positive und aufgeschlossene Einstellung zu Kirchenraumbesuchen im Religionsunterricht. Gleichzeitig interpretiert Angela sie als Voraussetzung dafür, ob Unterrichtsänge mit Kindern zu einem Erfolg führen oder nicht. An diesen Bereich der Persönlichkeit schließen sich drei Cluster zu konkreten unterrichtspraktischen Überlegungen an. Hier teilt die Lehrkraft den Kirchenraumbesuch in verschiedene zeitliche bzw. örtliche Phasen ein: die „Vorbereitung des UGanges“, die Arbeit „vor dem Eintreten“ und die Arbeit „im Kirchenraum“ selbst. Die Vorbereitungsphase ist für Angela geprägt von der Überlegung, ob man sich als Lehrkraft überhaupt zu einem Unterrichtsgang entschließt. Entsprechende Vorbehalte von KollegInnen kann sie gut nachvollziehen, auch wenn sie diese selbst nicht hat. Die Vorbereitungsphase beinhaltet für Angela schließlich die Vorarbeit gemeinsam mit den SchülerInnen sowie eigene inhaltliche und organisatorische Überlegungen. Maßgebendes Prinzip dafür ist die Zielorientierung. Sie macht es möglich, Inhalte und Methoden schülergerecht auszuwählen und den Unterrichtsgang entsprechend zu planen. Wie stark die Zielorientierung ihre Subjektive Theorie
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prägt, veranschaulicht Angela noch einmal im Legebild durch das Einfügen einer zweiten Überschrift unterhalb der Fixkarte: Wer sein Ziel kennt, findet den Weg. Teil dieser Zielorientierung ist es für Angela auch, entsprechende Rahmenbedingungen, wie etwa Besonderheiten der Ortskirche oder aber rechtliche Bestimmungen zum Verlassen des Schulgeländes im Blick zu behalten. Ist diese Vorbereitungsphase abgeschlossen, kann der eigentliche Unterrichtsgang stattfinden. Für den Unterrichtsgang selbst legt Angela im Legebild einen eigenen Bereich an, den sie der Arbeit vor dem Kirchengebäude widmet. Diese Arbeitsphase ist für Angela so elementar, dass sie nicht einfach unter der Arbeit im Kirchenraum subsumiert werden kann. Die Religionslehrerin unterscheidet zwei verschiedene Komponenten der Annäherung an den Innenraum. Während die eine überwiegend körperlich orientiert ist, hat die andere einen Schwerpunkt im kognitiven Bereich. Bei der körperlichen Ausrichtung geht es für Angela um eine von entdeckendem Lernen geprägte Erkundung des Gebäudes von außen. Unter einer kognitiven Annäherung dagegen versteht sie eine geistige Auseinandersetzung der Kinder mit der – ihnen häufig unbekannten – Andersartigkeit des Raumes, insbesondere mit den hier geltenden Verhaltensregeln. Beide Komponenten der Annäherung an den Innenraum verfolgen für Angela das Ziel, eine Erwartungshaltung aufzubauen und die Kinder innerlich auf den Kirchenraum vorzubereiten. So ist es möglich, die Schwelle vom profanen in den sakralen Raum bewusst zu überschreiten. Das Herz des Legebildes ist die Arbeit in der Kirche. Sie steht im Zentrum des Struktur-Lege-Bildes, bildet den größten Bereich und wird von Angela selbst mit einer herzförmigen Überschrift versehen. Bei der Arbeit im Kirchenraum unterscheidet Angela drei Zugänge: 1) Wissensvermittlung, 2) Spüren, Wahrnehmen und 3) religiöses Gefühl. Der zentrale Ansatz bei der Begegnung mit dem Kirchenraum ist für Angela das Spüren und Wahrnehmen. Der Einbezug möglichst vieler Sinne soll es allen Kindern – auch kirchenfernen – ermöglichen, sich auf den Raum einzulassen. Ein solches körperliches Raumerleben kann für Angela eine Möglichkeit sein, dass Kinder eine Kontrasterfahrung zur negativen Haltung ihrer Eltern gegenüber Kirche machen. Gleichzeit bietet eine solche wahrnehmungsorientierte Herangehensweise an den Kirchenraum das Potential für religiöse Erfahrungen im Raum. So etwa regt gemeinsames Beten und Feiern die Kinder zu religiösen Fragen an, fordern die Lehrerin auch als Glaubenszeugin heraus und bringt letztendlich eine Tiefe in den Kirchenraumbesuch, wobei Angela darunter eine emotionale Tiefe versteht. Schließlich kann ein Besuch im Kirchenraum auch Wissensvermittlung sein. Eine solche Wissensvermittlung ist für Angela vor allem mit einzelnen Gegenständen im Kirchenraum verbunden. Werden ExpertInnen zu einem Unterrichtsgang eingeladen, dann sind sie vor allem als Wissensvermittler gefragt. Die Vermittlung von Fachwissen zum Raum kann durch ein Spüren, Wahrnehmen und Erfahren des Kirchenraumes angeregt werden. Gleichzeitig ist sie die Voraussetzung dafür, reli-
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giöse Erfahrungen im Raum zu machen, da sie ein Verständnis für die Kirche grundlegt. Während des gesamten Kirchenbesuchs ist jederzeit ein Abbruch („Exit, Stop!“) möglich. Diese Abbruch-Option scheint in der Subjektiven Theorie von Angela eine zentrale Stellung einzunehmen, da sie diese als eigenen Bereich herausstellt. Treten Verhaltensprobleme auf, so kann die Lehrkraft jederzeit mit den Kindern ins Klassenzimmer zurückkehren. Dabei berücksichtigt Angela auch die Möglichkeit, den Unterrichtsgang bereits vor dem eigentlichen Betreten des Raumes zu beenden. In ihrer Subjektiven Theorie leitet Angela aus den methodisch-didaktischen Überlegungen zum außerschulischen Lernen im Kirchenraum schließlich die „Ziele des U-Ganges“ ab, die sie erreichen möchte. Ähnlich wie bei der Arbeit im Kirchenraum zeigt sich hier ebenfalls eine Trias: 1) Kirche kennenlernen, 2) Kirche als guter Raum und 3) Glaubenserfahrung und Lebenshilfe. Wieder sind diese Bereiche eng aufeinander bezogen. So ist es für Angela zuerst einmal notwendig, die grundsätzliche Funktion der Kirche zu verstehen. Erst dann können sich die Kinder in der Kirche beheimaten, sich hier vertraut fühlen und die Kirche so als positiven Raum erfahren. Fühlen sie sich dort geborgen, so ist die Erfahrung der Nähe Gottes möglich, die eventuell in späteren Lebenssituationen eine Hilfe sein kann. Die bisherigen thematischen Bereiche sind in einer chronologischen Reihenfolge angelegt: von den persönlichen Voraussetzungen der Lehrkraft, über die Vorbereitung, die Arbeit im Kirchenraum bis hin zu den Zielvorstellungen. Diese zeitliche Anordnung macht die Lehrkraft auch optisch sichtbar, indem sie über diesen Cluster einen Zeitstrahl anlegt. Diese chronologische Ordnung bezieht auch das letzte Cluster mit ein. In ihrem Legebild drückt Angela auch aus, dass Unterrichtsgänge in den Kirchenraum nicht auf den Religionsunterricht beschränkt bleiben müssen, sondern auch im Heimatund Sachunterricht oder in Kunsterziehung stattfinden können. Hier kann sich Angela eine (kunst-)historische Ausrichtung vorstellen. Wird der Kirchenraum in diesen Fächern als Lernort aufgesucht, so sollte für Angela bereits im Vorfeld ein Unterrichtsgang in Religionslehre stattgefunden haben. Dieser legt vor allem mit Blick auf das Verhalten der Kinder im Kirchenraum und ein Verständnis für seine Besonderheit die Grundlage dafür, dass ein Kirchenbesuch in anderen Fächern gelingen kann. Das Cluster „Unterrichtsgänge zur Kirche außerhalb des RU“ beschließt die Zeitleiste.
Auch im Kunst- und Heimat- und Sachunterricht sind Kirchenraumbesuche möglich. Die Ausrichtung ist hier (kunst-)historisch.
Unterrichtsgänge zur Kirche außerhalb des RU
ng tzu sse r u ü a f r Vo ←
Der Bereich der Persönlichkeit unterteilt sich in private und berufliche Erfahrungen mit dem Kirchenraum, die beide als positiv interpretiert Voraussetzung werden. Gemeinsam für → bedingen sie die eigene Einstellung zu Unterrichtsgängen, die letztlich die Voraussetzung für eine gelungene Umsetzung darstellt.
Ich
Sind die Vorbehalte gegenüber einem Unterrichtsgang überwunden, gilt es, in einer Vorbereitungsphase Themen und Methoden zielorientiert auszuwählen. Dabei ist es erforderlich, örtliche Gegebenheiten - wie etwa Besonderheiten der Ortskirche sowie rechtliche Grundlagen für außerschulisches Lernen zu berücksichtigen.
Vorbereitung des U-Ganges Die Annäherung an den Kirchenraum geschieht bei einem Unterrichtsgang auf zweifache Weise. Durch Erkundungsaufträge können sich die Kinder der Kirche körperlich nähern. Gleichzeitig soll eine kognitive Auseinandersetzung mit der Andersartigkeit des Raumes und dem dort geltenden Verhalten erfolgen. Die Quintessenz der Arbeitsphase außerhalb des Kirchengebäudes ist der Aufbau von Neugierde, einer Erwartungshaltung, aber auch Sicherheit im Umgang mit dem Raum, so dass schließlich ein bewusster Schwellenübertritt von außen nach innen stattfinden kann.
vor dem Eintreten
Wer sein Ziel kennt, findet den Weg.
Zeitstrahl
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
Das Herzstück des Unterrichtsganges bildet die Arbeit im Kirchenraum, bei der drei methodischdidaktische Schwerpunkte gesetzt werden können: 1) Spüren bzw. Wahrnehmen, 2) religiöses Gefühl und 3) Wissen. Zentraler Zugang ist das Spüren bzw. Wahrnehmen, dessen entscheidendes Moment die Wahrnehmung des Raumes mit verschiedenen Sinnen ist. Dieser Zugang ist auch kirchenfernen Kindern möglich. Die Aktivierung der Wahrnehmung birgt das Potential, während eines Unterrichtsganges religiöse Erfahrungen im Kirchenraum machen zu können und so zu einer emotionalen Tiefe zu gelangen. Daneben kann der Kirchenraum auch kognitiv erschlossen werden, etwa wenn seine Prinzipalstücke im Mittelpunkt stehen.
im Kirchenraum
Treten Verhaltensprobleme auf, so besteht jederzeit die Möglichkeit, den Unterrichtsgang abzubrechen.
Exit Stop!
führt zu →
Ziel eines Unterrichtsganges ist zunächst ein basales Kennenlernen der Kirche. Dabei kann Kirche von den Kindern als positiver Raum erlebt werden und sie können hier die Erfahrung der Nähe Gottes machen. Als Nebeneffekt werden verschiedene lehrplanrelevante Themen bearbeitet.
Ziele des U-Ganges
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Abbildung 12: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Angela
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5.2.2 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Beate Die differenzierte Clusterkarte zeigt die Subjektive Theorie der Lehrkraft Beate auf einen Blick (vgl. Abb. 13). Ihre Vorstellungen über außerschulisches Lernen im Kirchenraum gliedert sie in acht thematische Bereiche. Durch den Einsatz von Strukturierungshilfen lassen sich innerhalb dieser acht Bereiche wiederum vier Gruppen ausmachen. Die erste Gruppe bildet mit der Persönlichkeit, der Planung, dem Faktenwissen zum Kirchenraum und den Vorerfahrungen der Kinder die Voraussetzung für die Begegnung mit dem Kirchenraum. Die methodisch-didaktische Gestaltung des Kirchenbesuchs ist in den Verhaltensregeln und Inhalten dargestellt. Schließlich verfolgt die Lehrerin mit dieser Umsetzung bestimmte Ziele und kann sich auch daran anschließende Unterrichtsgänge im Religionsunterricht vorstellen. Beate stellt die eigene Persönlichkeit („Ich“) als Voraussetzung für Begegnungen mit dem Kirchenraum im Rahmen des Religionsunterrichts heraus. Sie platziert den Bereich der Persönlichkeit am linken äußeren Rand des Legebildes, so dass er den noch folgenden Reigen der Voraussetzungen für einen Unterrichtsgang eröffnet. Hinsichtlich der Persönlichkeit unterscheidet Beate zwei Bereiche. Auf der einen Seite gibt es private Erfahrungen mit dem Kirchenraum und persönliche Beziehungen zu diesem Gebäude. Auf der anderen Seite steht die Kirche als Lerngegenstand und Lernort im Religionsunterricht. Während sie negative Erfahrungen mit dem Kirchenraum bewusst aus ihrem Religionsunterricht ausklammert, dürfen positive Gefühle gegenüber dem Kirchengebäude ihre Unterrichtsgestaltung beeinflussen. Beim schulischen Umgang mit Kirche betont die Lehrkraft ihre Sicherheit beim Vorgehen, sieht aber auch fachliche Wissenslücken bei sich selbst. Diese stellen für sie kein Hindernis für einen Unterrichtsgang dar und lassen sich durch die Begleitung einer Kollegin problemlos ausgleichen. Ebenfalls als Voraussetzung für den Unterrichtsgang sieht Beate eine Phase der „Planung“, in der sie drei Aspekte unterscheidet: Vorbedingungen, zeitlicher Ablauf und Rahmenbedingungen. Zuerst hat sie als Lehrkraft die Aufgabe, aus den Lehrplanthemen diejenigen auszuwählen, in deren Rahmen sich ein Unterrichtsgang umsetzen lässt (Vorbedingungen). Ist diese Auswahl erfolgt, dann wird der Unterrichtsgang nicht isoliert vom Geschehen im Klassenzimmer gedacht, sondern in eine Sequenz integriert. Diese endet schließlich in einer Probearbeit (zeitlicher Ablauf). Dabei muss die Lehrkraft an gewisse Rahmenbedingungen denken, wie etwa den benötigten Zeitumfang für den Unterrichtsgang. Die Lehrkraft zeichnet in ihrem Legebild einen gesonderten Bereich für die Vorerfahrungen der Kinder aus („Voraussetzungen“). Sie werden nicht unter die Planungsphase subsumiert, sondern eigenständig verhandelt. Für Beate gibt es mit Blick auf die Lernvoraussetzungen ihrer Klasse zwei Gruppen: Kinder mit viel Vorwissen zum Kirchenraum und solche mit nur geringen Vorerfahrungen. Bei den
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zuletzt genannten fehlt ein häusliches Vorbild für das richtige Verhalten im Kirchenraum, so dass es hier häufig zu nicht-regelkonformem Verhalten in der Kirche kommt. Diese Kinder sind es für Beate letztlich, die besonders von einem Unterrichtsgang profitieren. Schließlich gibt es im Legebild ein Cluster, in dem die Lehrkraft vereinzeltes Wissen zu „Fakten“ zum Kirchenraum verortet. Dieses Fachwissen bezieht sich auf Funktionen des Kirchengebäudes, die ihn als Raum der Nähe zu Gott qualifizieren, aber auch auf Wissen zur Architektur des Gebäudes oder Spezifika der Kirche am Schulort. Dieses Faktenwissen liegt am unteren Rand des Legebildes und schon durch diese Positionierung drückt Beate die geringe Bedeutung des Bereichs in ihrer Subjektive Theorie aus. Dass er trotzdem als Voraussetzung für die Umsetzung der Unterrichtsgänge angesehen und nicht aus dem Legebild entfernt wird, spricht allerdings dafür, dass er für Beate eine gewisse Relevanz besitzt. Die eigentliche Umsetzung des Unterrichtsganges legt die Lehrkraft in den beiden Bereichen an, die sie als „Verhaltensregeln“ und „Inhalte“ betitelt. Durch einen entsprechenden Einsatz von Strukturierungshilfen wird die enge Verbindung dieser beiden Bereiche in der Subjektiven Theorie von Beate deutlich. Das Einhalten bestimmter Regeln im Kirchenraum ist für sie wichtig und innerhalb dieser Verhaltensregeln lässt sie den Kindern im Raum Bewegungsfreiheit. Eben jene Freiheit wird allerdings durch die Arbeit mit einem Stationenheft eingeschränkt bzw. gelenkt. Einige Kinder nutzen diese Freiheit allerdings aus, was zu pädagogischen Interventionen der Lehrkraft führt. Das Stationenheft ist zentrales Medium der Arbeit im Kirchenraum und lenkt den Blick der Kinder an diesem für sie unbekannten Lernort auf einzelne Gegenstände im Raum („Inhalte“). Das Anschauen wird so zum zentralen methodischen Moment, egal ob es im Kirchenraum alleine mit dem Stationenhehft oder aber mit der gesamten Klasse vonstattengeht. Davon grenzt Beate das Besprechen räumlicher Besonderheiten im Raum und auch gemeinsame spirituelle Aktivitäten, wie etwa das Entzünden von Kerzen, ab. Mit dem Unterrichtsgang verfolgt Beate bestimmte „Ziele“. Zum einen sieht sie hier die Chance, allgemeine Zielvorstellungen ihres Religionsunterrichts, wie etwa eine Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit oder auch eine Wissensvermittlung, zu realisieren. Zum anderen geht es um spezifisch auf den Kirchenraum bezogene Ziele, wie etwa das Kennenlernen der realen Gegenstände, dann aber auch um die Vermittlung eines Gefühls des Angenommen-Seins im Kirchenraum. Wird den Kindern dieses Gefühl vermittelt, besteht die Chance, dass der Kirchenraum in zukünftigen Lebensphasen für sie eine Anlaufstelle sein kann und der Religionsunterricht so für ihr späteres Leben Bedeutung hat. Schließlich sollte ein Unterrichtsgang in die Kirche kein einmaliges Erlebnis bleiben, sondern für Beate immer wieder und zu verschiedenen Anlässen stattfinden Als eine sich thematisch anschließende „Fortführung“ kann Beate sich beispielsweise auch den Besuch des außerschulischen Lernortes Friedhof vorstellen.
Der Bereich der Persönlichkeit ist zweitgeteilt in die eigene Beziehung zum Kirchenraum und die Kirche im Unterricht. Bei der persönlichen Beziehung der Lehrkraft zum Kirchenraum dürfen nur positive Erlebnisse das Unterrichtsgeschehen beeinflussen, negative Erfahrungen werden dagegen aus dem Religionsunterricht ausgeklammert. In pädagogischer Hinsicht fühlt sich die Lehrerin sicher. Mangelnde fachliche Sicherheit kann durch die Zusammenarbeit mit einer Kollegin ausgeglichen werden. Der Ortspfarrer ist aufgrund fehlender pädagogischer Kompetenz dafür keine Option.
Ich
Bei der Arbeit in der Kirche gelten bestimmte Verhaltensregeln. Mit dem Stationenheft arbeiten die Kinder in der Kirche weitgehend selbstständig und hier werden die Arbeitsergebnisse gesammelt. Nicht immer werden dabei die vereinbarten Verhaltensregeln eingehalten, so dass die Lehrkraft intervenieren muss. Das führt zu Anspannung.
Verhaltensregeln
Voraussetzung für →
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
Der Kirchenraum ist ein offener Raum sowie ein Raum der Nähe zu Gott. Er zeichnet sich durch verschiedene architektonische Besonderheiten aus.
Faktenwissen
Die Planungsphase setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Zunächst gilt es, Themen aus dem Lehrplan mit Blick auf den Unterrichtsgang passend auszuwählen (Vorbedingungen). Der Kirchenraumbesuch selbst ist dabei in eine Unterrichtssequenz eingebunden und wird im Klassenzimmer vor- und nachbereitet (zeitlicher Ablauf). Die Rahmenbedingungen umfassen schließlich Aspekte wie den Zeitumfang oder die konfessionelle Anlage des Religionsunterrichts.
Planung
Gerade Kinder mit wenig Vorerfahrung zeigen im Kirchenraum problematisches Verhalten. Grund dafür ist ein fehlendes Vorbild durch die Eltern. Diese Kinder sind es, die besonders von einem Unterrichtsgang profitieren.
Voraussetzungen
Zusammenfassen der Beobachtungen
Bei der Arbeit in der Kirche lassen sich drei Zugänge unterscheiden: Anschauen, Besprechen und Tun. Gegenstände und Bereiche in der Kirche werden gezielt angeschaut, bauliche Besonderheiten besprochen und religiöse Praktiken gemeinsam durchgeführt. Alle Zugänge sind geeignet, um bei den Kindern positive Emotionen hervorzurufen.
Inhalte
u rt z füh →
Ein Unterrichtsgang in die Kirche sollte wiederholt stattfinden. Auch der Besuch des Friedhofes wurde bereits durchgeführt.
Fortführung
später
Beim Unterrichtsgang lassen sich allgemeine Ziele des Religionsunterrichts realisieren, etwa die Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit. Konkretes Ziel des Kirchenraumbesuchs ist zunächst das Kennenlernen von Originalgegenständen sowie Verhaltensregeln. Gelingt es den Kindern auch emotional, einen Zugang zu diesem Raum zu finden, hat dieser vielleicht einen Platz in ihrem späteren Leben.
Ziele
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Abbildung 13: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Beate
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5.2.3 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Carla Carla legt ihr Struktur-Lege-Bild in vier voneinander getrennten Themenfeldern an (vgl. Abb. 14). Methodische Vorgehensweisen, Grundgedanken und Zielsetzungen von Unterrichtsgängen in den Kirchenraum verortet sie dabei in den Bereichen „Kirche zum Anfassen“ sowie „Wissensvermittlung + Verhalten“. Beide Bereiche haben eine ähnliche Ausdehnung und bilden die beiden größten Cluster. Mit dem Cluster „U-Gänge allgemein / in die Kirche“ gibt sie ihren Kirchenraumbesuchen einen organisatorischen Rahmen und zeigt deren Rückbezug zur Arbeit im Klassenzimmer. Schließlich sieht Carla auch Möglichkeiten, um am außerschulischen Lernort Kirche „fächerübergreifend“ zu arbeiten, was für sie aber nicht unabhängig vom Religionsunterricht gedacht werden kann. Bei der Arbeit am thematischen Bereich „Kirche zum Anfassen“ hebt Carla mehrmals hervor, dass in ihrer Subjektiven Theorie zu Unterrichtsgängen der Spaß und die Freude am Kirchenraumbesuch entscheidend sind. Die „Kirche zum Anfassen“ scheint für sie der zentrale Weg, um diese Zielsetzung zu verwirklichen. Nahezu alle Methoden, die sie am Lernort Kirche durchführt, ordnet sie diesem Gedanken unter. Für ihre SchülerInnen entwirft sie verschiedene Arbeitsaufträge im Kirchenraum, die sie gemeinsam mit dem Partner ausführen dürfen. Sie gesteht den Kindern Bewegungsfreiheit in der Kirche zu, lässt Gegenstände in Gebrauch nehmen oder singt und betet mit der Klasse. Die von ihr selbst erlebten positiven Gefühle im Kirchenraum verbindet Carla vor allem mit denjenigen Kindern, die bereits einen Sozialisationsprozess mit diesem Raum durchlaufen haben und hier ihr Vorwissen einbringen und als ExpertInnen fungieren können. Das macht für Carla den Unterrichtsgang zu einem wechselseitigen Lernprozess, bei dem das asymmetrische Lehrer-Schüler-Verhältnis aufgehoben wird und die SchülerInnen auch Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung haben. Carla ist es wichtig, dass der für sie zunächst sachliche und trockene Gegenstand Kirche in ihre allgemeine Zielsetzung des Religionsunterrichts – als Herzensangelegenheit und als Gefühl des GeborgenSeins bei Gott – eingepasst werden kann. Dabei betont sie, dass sie dem Kirchenraum selbst zwar positiv gegenübersteht und ihn in seiner Funktion als Gottesdienstraum wahrnimmt, gleichzeitig hält sie aber fest, dass Gebet und Andacht in jedem Raum möglich sind. Immer wieder macht Carla deutlich, dass Kirche eigentlich ein sachlicher Gegenstand ist und auch ihr eigener Bezug zu diesem Gebäude sachlich geprägt ist. Damit leitet sie vom Sachgegenstand Kirchenraum ihre eigentlichen Zielvorstellungen ab, die sie mit einem Unterrichtsgang in die Kirche verbindet, nämlich Wissen über die Prinzipalstücke zu vermitteln. Dieses Wissen wird dann durch eine Probearbeit abgefragt. Dabei konkretisiert Carla, was sie den Kindern inhaltlich mitgeben möchte, wobei in diesem Bereich methodische Elemente völlig fehlen. In der Sub-
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jektiven Theorie von Carla scheint es so eine Inkonsistenz zu geben zwischen den sachlichen Zielen, die sie bei einem Unterrichtsgang erreichen möchte, und dem von ihr eingesetzten Methodenrepertoire, das sie ja klar von diesen sachlichen Zielen abzugrenzen versucht. Zu dieser Sachlichkeit gehört für die Lehrkraft auch das Vermitteln von entsprechenden Verhaltensregeln im Kirchenraum. Eine konkrete Verhaltensvorschrift – nämlich das Ausweisen des Altarbereichs als Zone, die nicht betreten werden darf – führt die Lehrkraft auf ihren eigenen Sozialisationsprozess mit diesem Raum zurück. Einigen SchülerInnen attestiert die Lehrkraft Vorerfahrungen mit diesem Raum, die sie vor allem auf das Elternhaus zurückführt. So etwa erinnern sich die Kinder gegenseitig an das Bekreuzigen mit Weihwasser. Um Wissen zu den Gegenständen und auch zum Verhalten im Kirchenraum vor Ort vermitteln zu können, bedarf es für Carla eines disziplinierten Verhaltens im Raum. Das ist für sie nicht immer gegeben, wobei sie vor allem Kindern mit wenig Bezug zum Kirchenraum ein solches Fehlverhalten zuschreibt. Negative Gefühle beim Unterrichtsgang verbindet Carla mit denjenigen SchülerInnen, die keine entsprechende Sozialisation mit diesem Raum erfahren haben und so dauerhaft stören. Sie selbst fühlt sich aber beim Unterrichtsgang pädagogisch sicher und berücksichtigt die Option, notfalls auch abbrechen zu können. Carla hebt im Legebild hervor, dass der Kirchenraumbesuch nur eine unter vielen Möglichkeiten darstellt, außerhalb des Klassenzimmers zu arbeiten. Sowohl bei ihr selbst als auch bei den SchülerInnen ist das Verlassen des Schulgeländes mit positiven Gefühlen verbunden. Dass die Kirche nur fünf Minuten vom Schulhaus entfernt liegt, ist für Carla ein weiterer entscheidender Aspekt, warum sie einen Unterrichtsgang in die Kirche realisiert. Ihre Subjektive Theorie dreht sich dabei um Unterrichtsgänge mit der 3. Jahrgangsstufe, die sie im Rahmen der Kommunionvorbereitung durchgeführt hat. Sie macht dabei deutlich, dass der Unterrichtsgang nicht isoliert von der Arbeit im Klassenzimmer steht. Gemeinsam mit den Kindern bereitet sie diesen inhaltlich vor und erarbeitet etwa zentrale Gegenstände oder auch Gebetshaltungen bereits in der Schule. Unmittelbar nach dem Unterrichtsgang findet im Klassenzimmer eine typische Reflexionsphase statt. Um diese zu gewährleisten, plant Carla einen entsprechenden Zeitrahmen ein. Unterrichtsgänge in anderen Jahrgangsstufen kann sich die Lehrerin zwar vorstellen, hat sie aber selbst noch nicht umgesetzt. Schließlich macht Carla deutlich, dass der Kirchenraum auch in anderen Fächern als außerschulischer Lernort genutzt werden kann, etwa im Kunstunterricht. Sie selbst hat bereits mit den Kindern im Rahmen des Musikunterrichts die Orgel in der Kirche angeschaut. Dass die Kinder hier auch Fragen zu anderen Dingen im Kirchenraum stellen, macht Carla bewusst, dass auch ein solcher Unterrichtsgang nicht frei von theologischen Bezügen gedacht werden kann.
Der Kirchenraum bietet auch thematische Ansatzpunkte für den Kunst- und Musikunterricht. Im Musikunterricht wurde das bereits durchgeführt und die Orgel angeschaut. Dieser Unterrichtsgang hat die Lehrkraft daran erinnert, dass der Kirchenraum hier nicht nur als Hülle für das Instrument dient, sondern die Kinder auch weiterführende Fragen zum Raum stellen. Auch Schulgottesdienste stellen ein fächerübergreifendes Arbeiten mit dem Kirchenraum dar.
fächerübergreifend
dun Verbin
g zu
→
Der Unterrichtsgang soll den Kindern Spaß und Freude machen. Die Kirche soll nicht sachlich, sondern als Kirche zum Anfassen erlebt werden. Dazu dienen verschiedene methodische Ansätze wie die Partnerarbeit, das Ingebrauchnehmen von Gegenständen oder das gemeinsame Beten und Singen. Das asymmetrische Lehrer-Schüler-Verhältnis kann sich in der Kirche verschieben, da mit dem Raum sozialisierte Kinder der Lehrkraft hier Dinge zeigen und als ExpertInnen fungieren können. Durch einen solchen Zugang zum Kirchenraum möchte die Lehrkraft allgemeine Zielvorstellungen ihres Religionsunterrichts wie etwa Religion als persönliche Herzensangelegenheit oder ein Geborgensein bei Gott realisieren. Trotzdem bricht in diesen Bereich die Sachlichkeit des Kirchenraumes ein.
Kirche zum Anfassen
Der eigene Zugang der Lehrkraft zum Kirchenraum ist sachlich geprägt und auch im Unterricht dominiert beim Thema Kirche die Sachlichkeit. Ziel ist es, den Kindern bei einem Unterrichtsgang Wissen über Gegenstände im Raum zu vermitteln, die schließlich auch in einer Probearbeit abgefragt werden können. Zudem sollen die Kinder lernen, wie man sich in einem Kirchenraum verhält. Kinder, die durch das Elternhaus bereits eine Sozialisation mit diesem Raum erfahren haben, wissen das bereits. Tritt störendes Verhalten auf, so sind die VerursacherInnen meist die Kinder ohne Bezug zu diesem Raum. Durch dauerhafte Unruhe fühlt sich die Lehrkraft gestört, so dass der Unterrichtsgang notfalls abgebrochen werden muss. Denn nur, wenn ein diszipliniertes Verhalten gegeben ist, kann es gelingen, ein entsprechendes Wissen im Kirchenraum zu vermitteln.
Wissensvermittlung + Verhalten
Sowohl die Kinder als auch die Lehrkraft selbst gehen gerne aus dem Klassenzimmer raus. Da die Kirche neben der Schule liegt, bietet sich ein Unterrichtsgang hier an. Der Kirchenraumbesuch wird im Klassenzimmer vorbereitet, sowohl mit Blick auf Inhalte als auch auf Verhalten im Raum. Der Besuch in der Kirche wird unmittelbar danach im Klassenzimmer reflektiert, so dass ein entsprechender Zeitrahmen eingeplant wird. Den Unterrichtsgang in den Kirchenraum sieht die Lehrkraft vor allem in der Kommunionvorbereitung der 3. Jahrgangsstufe verortet.
U-Gänge allgemein / in die Kirche
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Abbildung 14: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Carla Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
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5.2.4 Die Subjektive Theorie des Lehrers Daniel In der Struktur-Lege-Sitzung ordnet Daniel seine Inhaltskarten zu außerschulischem Lernen im Kirchenraum in fünf Bereichen an. Drei der Bereiche stellen verschiedene Formen bzw. Umsetzungsmöglichkeiten eines Unterrichtsganges dar. Die Cluster „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“ sind dabei auf katholische Kirchenräume bezogen, wobei das erste einen sachlich orientierten Zugang zum Kirchenraum meint, das zweite die Kirche als Ort für Meditation und Gebet verhandelt. Mit dem Cluster „Evang.-kath. Gemeinsamkeiten“ berücksichtigt Daniel auch einen Unterrichtsgang in ein protestantisches Kirchengebäude. Hier vereinen sich der sachlich orientierte Zugang und meditative Elemente. Obwohl Daniel hinsichtlich des „Schülerverhaltens“ bei Kirchenbesuchen keine Bedenken hat, gibt es für ihn auch verschiedene Argumente, auf einen Unterrichtsgang zu verzichten („Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen“). Mit dem „Sachwissen Kirche“ beschreibt Daniel eine Form des Unterrichtsganges, unter der er primär die Vermittlung von Wissen über den Kirchenraum versteht. Die Kirche wird als Lerngegenstand behandelt, der sich mit liturgischen Bereichen und Kunstgegenständen noch einmal in Themenfelder gliedern lässt. Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Kirchenraum erfordert auch von der Lehrkraft ein entsprechendes Sachwissen und eine fachliche Vorbereitung. Zudem gilt es, bestimmte organisatorische Aspekte zu berücksichtigen, etwa die Genehmigung des Unterrichtsganges durch die Schulleitung. Eine Vorbereitungsphase im Klassenzimmer betrifft v.a. das Verhalten auf dem Weg zur Kirche und im Kirchenraum selbst. Daniel weiß, dass nicht alle Kinder über Erfahrungen mit diesem Raum verfügen, ihn allerdings zumindest zum Schulgottesdienst schon einmal betreten haben. Die Arbeit in der Kirche kann für Daniel mit verschiedenen Methoden gestaltet werden, wobei er sich für seine aktuelle Unterrichtspraxis vor allem schüleraktivierende Herangehensweisen vorstellen kann, wie etwa die Erarbeitung des Kirchenraumes mittels Laufplan und Beobachtungsaufträgen. Wichtig ist für ihn, dass die Kinder ganz nahe an die Gegenstände im Kirchenraum herankommen und so auch einmal hinter die Kulissen schauen können. Letztlich hebt Daniel hervor, dass es ihm wichtig ist, dass die Kinder die katholische Kirche am Ort überhaupt einmal kennenlernen und sich ihrer Funktion als Gottesdienstraum bewusst werden. Die aufwändige und teure Gestaltung soll zu einer Ehrfurcht und Wertschätzung gegenüber dem Kirchenraum führen. Im Klassenzimmer lassen sich durch das Vorstellen der Arbeitsergebnisse und durch das Anlegen eines Eucharistiebuches die Inhalte nachbereiten, vertiefen und verbinden. Diesen Unterrichtsgang sieht der Religionslehrer vor allem in der 3. Jahrgangsstufe und damit im Rahmen der Kommunionvorbereitung verortet.
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Einen Gegenentwurf zu dieser sachlichen und kognitiven Auseinandersetzung mit der Kirche stellt der Bereich „Religiöser Raum“ dar. Hier wird die Kirche als Ort für Meditationen genutzt. Das ist für Daniel nur dann möglich, wenn er selbst als Lehrkraft diesen Raum als meditativen Ort erfahren hat und so diesen Zugang authentisch anbieten kann. Wie auch schon beim Sachwissen bedenkt er hier seine Persönlichkeit als Lehrperson mit, hier jedoch scheinen andere Komponenten davon tragend zu sein. Voraussetzung ist auch, dass im Religionsunterricht eine entsprechende Arbeitshaltung und Stimmung grundgelegt wird. Durch die Nutzung der Kirche als „Religiösen Raum“ sollen die Kinder das Gefühl im Kirchenraum bewusst erleben. So erfahren sie, dass sie hier einen Zufluchtsort und eine Anlaufstelle für das Gespräch mit Gott haben. Dieser Unterrichtsgang ist für Daniel nicht an eine konkrete Jahrgangsstufe gebunden. Im Gegensatz zur sachlichen Erschließung des Kirchenraumes wird Kirche hier nicht als Lerngegenstand betrachtet, sondern als atmosphärische Hülle. Die Ziele werden dabei nicht durch Arbeitsaufträge oder Unterrichtsgespräche erreicht, sondern durch die meditativen Tätigkeiten selbst. Bis zuletzt scheint sich Daniel allerdings unsicher zu sein, ob Elemente der hier dargestellten Zugangsweise zum Kirchenraum bei einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem katholischen Kirchenraum vorkommen dürfen. Immer wieder schwankt er in der Legesitzung zwischen einer strikten Trennung und einer Vermischung der beiden Formen. Beim protestantischen Kirchenraum dagegen kann er sich eine solche Vermischung der beiden Zugangsformen gut vorstellen. Sie stellen für ihn sogar Voraussetzungen dar, um diesen Raum überhaupt mit den Kindern zu erschließen. Dabei richtet er diesen Bereich auf einen konkreten Unterrichtsgang aus, den er beim nächsten Wandertag mit seiner Klasse umsetzen möchte. Daniel will eine Kirche besuchen, die zwar zu einer evangelischen Gemeinde gehört, allerdings viele katholische Elemente aufweist. Dieser Unterrichtsgang lässt sich seiner Ansicht nach gut in das entsprechende Lehrplanthema der 4. Jahrgangsstufe einpassen. Daniel wünscht sich, dass die Kinder hier die Einzigartigkeit eines jeden Kirchenraumes erfahren. Da er diesen Unterrichtsgang in einem ökumenischen Setting plant, erhofft er sich anregende Diskussionen von den Kindern der verschiedenen Konfessionen. Trotzdem scheint dieser Unterrichtsgang für ihn Bestandteil des Katholischen Religionsunterrichts zu sein, was der Bezug zum Lehrplan und auch die inhaltliche Vorbereitung im Klassenzimmer noch einmal unterstreichen. Methodische Umsetzungsmöglichkeiten sind in diesem Cluster nur grob angedeutet. Obwohl Daniel in seinem Legebild drei verschiedene Zugänge für die Begegnungen mit Kirchenräumen entwirft, gesteht er im Bereich „Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen“ ein, dass er außerschulisches Lernen in der Kirche aufgrund von Bequemlichkeit nur selten realisiert. Auch dass er selbst hier wenig Routine und Unterrichtsmaterial hat, macht er als Grund geltend, eher im Klassenzimmer zu arbeiten. Er gibt allerdings auch Gründe zu bedenken, die nicht in seiner Person an-
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gelegt sind. Das Thema Kirchenraum wird in der 3. Jahrgangsstufe bereits im Religionsunterricht vom Pfarrer ausführlich behandelt und auch in der Kommunionvorbereitung der Pfarrgemeinde thematisiert. Aber auch die Stofffülle in Religionslehre macht es laut Daniel schwer, Kirchenraumbesuche zu realisieren. Mit schwierigen Klassen würde er eventuell auf einen Unterrichtsgang verzichten, gibt aber beim „Schülerverhalten“ zu bedenken, dass er selbst Verhaltensprobleme nicht als Grund für negative Gefühle gegenüber Unterrichtsgängen ansieht und sich bei seiner pädagogischen Arbeit außerhalb des Klassenzimmers sicher fühlt. Abbildung 15 zeigt die räumliche Anordnung, die inhaltliche Ausgestaltung sowie das Zueinander der einzelnen Cluster im Legebild von Daniel auf einen Blick.
Primärer Grund, einen Unterrichtsgang in die Kirche nicht umzusetzen, ist die Scheu vor organisatorischem Aufwand. Aber auch die ausführliche Bearbeitung des Themas in der 3. Jahrgangsstufe, die die Lehrkraft selbst nicht unterrichtet, die fehlende Routine sowie die Stofffülle werden als Argumente gegen Unterrichtsgänge angeführt.
Schülerverhalten
Auch den evangelischen Kirchenraum bedenkt die Lehrperson bei ihren Ausführungen mit. Ein Unterrichtsgang in diesen Raum wird im Rahmen eines Wandertages geplant, so dass die SchülerInnen beider Konfessionen daran teilnehmen und sich austauschen können. Als konkrete Kirche wird ein evangelischer Raum gewählt, der aber auch verschiedene katholische Gestaltungsmerkmale aufweist. Neben der sachlichen Auseinandersetzung sind auch meditative Elemente geplant. Ziel ist es, dass die Kinder jede Kirche als einzigartiges Gebäudes anerkennen und auch fremde Kirchen anderer Konfessionen als Anlaufstellen erfahren.
Evang. - kath. Gemeinsamkeiten
Unterrichtsgänge bereiten der Lehrkraft keine aber trotzdem → Bedenken, da sie mit Verhaltensschwierigkeiten der SchülerInnen umgehen kann.
Eine Möglichkeit für Unterrichtsgänge in den Kirchenraum stellen Meditationen im Raum dar. Sie können nur gelingen, wenn die Lehrkraft selbst den Raum auch in dieser Funktion anerkennt und bereits im Religionsunterricht im Klassenzimmer die Grundlage für eine ruhige und meditative Arbeit legt. Die Kirche wird hier als Ort zum Singen und Beten genutzt. Ziel ist dabei, den Kindern das besondere Gefühl zu vermitteln, in der Kirche zu sein. Sie sollen erfahren, dass sie hier einen Zufluchtsort für das Gespräch mit Gott haben und dieser Raum ihnen jederzeit offen steht. Der Raum selbst wird nicht thematisiert, sondern dient als Hülle für die hier durchgeführten Aktivitäten.
Der Kirchenraum kann im Rahmen eines Unterrichtsganges als Lerngegenstand erschlossen und damit wie ein Thema im Heimat- und Sachunterricht bearbeitet werden. Voraussetzung dafür sind neben organisatorischen Aspekten eine inhaltliche Vorarbeit im Klassenzimmer. Der Kirchenraum selbst lässt sich auf sachlicher Ebene in zwei Schwerpunkte gliedern: liturgische Bereiche im Raum sowie Kunstgegenstände. Beide können bei einem Unterrichtsgang mit den Kindern thematisiert werden, wobei unterschiedliche Herangehensweisen erforderlich sind. Ziel eines solchen Unterrichtsganges ist das Kennenlernen der Kirche als Gottesdienstraum, aber auch eine Ehrfurcht und Wertschätzung gegenüber diesem Raum. Dieser Respekt soll bei den Kindern durch das Bewusstmachen der aufwändigen Raumgestaltung erzeugt werden. Die Inhalte des Unterrichtsganges können im Klassenzimmer nachbereitet und vertieft werden.
Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen
Religiöser Raum Vo rau ss für etz un → g
Religiöser Raum
Sachwissen Kirche
Sachwissen Kirche
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
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Abbildung 15: Differenzierte Clusterkarte des Lehrers Daniel
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5.2.5 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Elke Die differenzierte Clusterkarte (Abb. 16) zeigt, dass Elke in ihrem Struktur-LegeBild die Inhaltskarten in sieben Themenfeldern anordnet, wobei sie hier zwischen einzelnen Clustern noch einmal eine engere Verbindung sieht. Die Bereiche „Religionslehrkraft als Person“, „Kinder“ sowie „Verhaltensweisen, evtl. Einschränkungen“ befassen sich mit den Voraussetzungen für Unterrichtsgänge auf Seiten der Lehrerkraft und ihrer SchülerInnen und werden von Elke als eine eng zusammengehörige Einheit interpretiert. Zwischen den Clustern „Unterrichtsgang, vom Allgemeinen zum Speziellen“ und „Kirche, Allgemein im Speziellen (xxx)“ sieht Elke als verbindendes Element den Ortspfarrer. Im Cluster „So gehe ich vor:“ stellt die Lehrkraft den konkreten Ablauf eines Unterrichtsanges in der 4. Jahrgangsstufe dar, und differenziert schließlich, welche Unterrichtsgänge bereits durchgeführt wurden bzw. welche sie für die Zukunft plant („Unterrichtsgänge, die bereits gemacht wurden bzw. in Planung sind“). Für sich selbst konstatiert Elke im Cluster „Religionslehrkraft als Person“ einen positiven Bezug zum Kirchenraum, den sie auch außerhalb der Gottesdienstzeiten besucht. Bei einem solchen Besuch hatte sie in der Kirche ihrer Heimatgemeinde schon einmal ein spirituelles Erlebnis. Überhaupt sieht Elke sich selbst als die Hauptvoraussetzung dafür, dass überhaupt Unterrichtsgänge in die Kirche durchgeführt werden, was auch ihre Ergänzung der Fixkarte „Unterrichtsgänge in den Kirchenraum im Religionsunterricht“ um den Passus „Hauptvoraussetzung für – Fixkarte – ist die Lehrkraft“ zeigt. Trotzdem ist es ihr wichtig, eine neutrale Haltung gegenüber dem Raum einzunehmen, wenn er im Religionsunterricht zum Thema gemacht wird. Da gerade jüngere Kinder Elkes Ansicht nach noch keinen Zugang zur Stille des Kirchenraumes finden können, wird eine rein meditative Arbeit vor Ort dem Raum auch nicht gerecht. In diesem Cluster beschreibt Elke auch Leitlinien ihres Religionsunterrichts. Grundlegende Voraussetzung für eine gelingende Arbeit ist hier, dass kein Zeitdruck herrscht und durch einen emotionalen Zugang alle Kinder mit ins Boot geholt werden können. Elke ist es wichtig, dass die Kinder Gott als Gesprächspartner erfahren, dieses Unterrichtsfach mit positiven Gefühlen besetzt ist und eine gute und ungezwungene Arbeitsatmosphäre herrscht. Als schwierig für Unterrichtsgänge erweist sich allerdings, dass die SchülerInnen aus verschiedenen Gemeinden kommen, so dass die Kirche am Schulort nicht für alle die Heimatkirche darstellt. Mit Blick auf die Voraussetzungen der „Kinder“ stellt die Lehrerin Elke fest, dass außerschulisches Lernen grundsätzlich besser hängenbleibt als alltäglicher Unterricht im Klassenzimmer und gerade für SchülerInnen geeignet ist, die ein eher gering ausgeprägtes Abstraktionsvermögen haben. Bei Kirchenraumbesuchen diagnostiziert die Lehrkraft verschiedene Problemfelder, da viele Kinder aus schwieri-
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gen familiären Verhältnissen kommen und zudem nur auf dem Papier ChristInnen sind und daher mit religiösen Themen kaum etwas anfangen können. Selbst Kinder, die bereits die erste Heilige Kommunion empfangen haben, haben beim Thema Kirchenraum Wissenslücken. Diese Voraussetzungen der Kinder haben unmittelbare Konsequenzen für das Verhalten in der Kirche, was bereits die Überschrift dieses Themenfeldes „Verhaltensweisen, evtl. Einschränkungen“ deutlich macht. Vielen Kindern fehlt laut Elke ein Gefühl dafür, wie sie sich im Kirchenraum angemessen verhalten sollen, so dass dies bei der Vorbereitung des Unterrichtsganges im Klassenzimmer thematisiert wird. Vor Ort steckt die Lehrkraft enge Grenzen und geht strukturiert vor. Dabei behält sie sich auch vor, mit einer unruhigen Klasse keinen Unterrichtsgang zu machen. Schließlich thematisiert Elke im Cluster „Unterrichtsgang, vom Allgemeinen zum Speziellen“ zunächst allgemeingültige Vorstellungen über die Arbeit außerhalb des Klassenzimmers, die sie dann mehr und mehr auf Unterrichtsgänge in die Kirche spezifiziert. Ein Kirchenraumbesuch darf für sie nicht nur kognitiv ausgerichtet sein, sondern sollte auch emotionale Elemente berücksichtigen. Für die Lehrkraft gilt es, die personellen (z.B. Begleitperson), räumlichen (z.B. Toilette) und zeitlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Trotz dieser manchmal schwierigen Bedingungen fühlt sich die Lehrerin bei einem Unterrichtsgang sicher. Die Kinder haben hier die Chance, den Kirchenraum außerhalb der Gottesdienstzeiten zu erleben, so dass ein Kirchenraumbesuch in der 3. Jahrgangsstufe nach Ansicht von Elke Pflicht ist. Das verbindende Element zwischen den Clustern „Unterrichtsgang, vom Allgemeinen zum Speziellen“ sowie „Kirche, Allgemein bzw. im Speziellen (xxx)“ ist der Ortspfarrer. Er ist das Bindeglied zwischen dem Raum selbst und der lebendigen Ortsgemeinde. Bei der Kirche ist es der Lehrkraft wichtig, dass diese ein Gotteshaus ist und kein Museum. Sie zeichnet sich etwa dadurch aus, dass sie für die BesucherInnen permanent geöffnet ist und eine besondere Akustik hat. Gerade diese erweist sich allerdings bei der Kirche am Schulort xxx als problematisch. Schulgottesdienste werden für die Lehrkraft eine Belastung, da die akustischen Verhältnisse für sie unerträglich sind. Außerdem ist die Kirche verhältnismäßig düster und gehört ihrer Ansicht nach dringend renoviert. So steht Elke der Kirche an ihrem Schulort eher abgeneigt gegenüber. Eine Möglichkeit für ein konkretes unterrichtspraktisches Vorgehen stellt die Lehrerin schließlich im Cluster „So gehe ich vor:“ dar. Hier veranschaulicht sie einen Unterrichtsgang, den sie sich für die 4. Jahrgangsstufe vorstellen kann. Dabei gliedert sie den Ablauf vor Ort in einzeln aufeinanderfolgende Unterrichtsphasen. Nach einer freien Phase, in der die Kinder die Kirche entdecken und Fragen stellen dürfen, folgt eine arbeitsteile Gruppenarbeit an Gegenständen im Raum. Diese Ergebnisse werden dann gemeinsam ausgewertet, wobei es der Lehrkraft wichtig ist,
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dass die SchülerInnen Gegenstände im Raum auch unmittelbar in Gebrauch nehmen. Mit dem Besuch im Kirchenraum verbindet Elke kognitive und emotionale Ziele. Bei den kognitiven Zielen geht es ihr um ein Wissen über Gegenstände im Raum, während sie unter dem emotionalen Bereich vor allem die Atmosphäre des Raumes und ein positives Raumgefühl versteht. Dieses kann laut Elke allerdings nur angebahnt werden. Ein solcher Unterrichtsgang ist in Planung, wobei Kirchenraumbesuche zu anderen Themen bereits durchgeführt wurden („Unterrichtsgänge, die bereits gemacht wurden bzw. in Planung sind“). So wurden schon die Krippe in der Kirche am Schulort, der Erntedankaltar sowie der Friedhof an der Kirche besucht.
Für die Lehrerin ist Kirche ein positiv besetzter Raum, bei dem sie sich auch fachlich sicher fühlt. Trotzdem sieht sie es als ihre Aufgabe als Religionslehrkraft an, sich im Unterricht neutral zu verhalten. Sie selbst berichtet von einer Art spirituellem Erlebnis im Kirchenraum. Allerdings sieht sie es als schwierig an, dass junge Kinder sich auf die Stille des Raumes einlassen und ein rein meditativer Zugang zum Raum greift für sie zu kurz. Ziel ihres Unterrichts ist es, den Kindern Freude an der Auseinandersetzung mit religiösen Themen zu vermitteln, die nicht nur kognitiv vermittelt werden. Sie sollen erfahren, dass Gott immer für sie da ist. So sind für die Lehrerin Unterrichtsgänge besonders wichtig für Kinder, die mit diesem Raum nur wenige Vorerfahrungen haben. All das kann im Religionsunterricht nur gelingen, weil hier - im Vergleich zu anderen Unterrichtsfächern - kein Zeitdruck herrscht. Als problematisch erweist sich allerdings, dass die SchülerInnen aus verschiedenen Ortschaften kommen, so dass es keine gemeinsame Heimatkirche gibt.
Religionslehrkraft als Person
Hauptvoraussetzung für
evtl. Einschränkungen Für die Lehrerin gibt es beim Verhalten in der Kirche enge Grenzen. Als Vorbereitung auf den Besuch wird das Verhalten auf dem Weg zur Kirche und in der Kirche thematisiert. Trotzdem treten Probleme auf, mit denen die Lehrkraft nicht gerechnet hat.
Kinder
Ein Unterrichtsgang ist ein nichtalltägliches Ereignis, so dass hier bei den Kindern mehr hängenbleibt und gerade Kinder mit geringem Abstraktionsvermögen davon profitieren. Viele Kinder haben Kirche nie erlebt und kommen zudem aus schwierigen Familienverhältnissen. So fehlt auch einigen der Respekt vor der Kirche.
bedingt Verhaltensweisen, →
Ortspfarrer
Ein Unterrichtsgang braucht immer eine emotionale Ebene. Dabei bleibt ungewiss, ob diese tatsächlich bei den Kindern ankommt. Für das Verlassen des Klassenzimmers bedarf es einer organisatorischen Vorbereitung seitens der Lehrkraft, die personelle, zeitliche und räumliche Faktoren betrifft. Trotzdem fühlt sich die Lehrkraft hier sicher. Beim Unterrichtsgang haben die Kinder die Gelegenheit, die Kirche außerhalb des Gottesdienstes kennenzulernen.
Unterrichtsgang vom Allgemeinen zum Speziellen
ist die Lehrkraft
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
Kirche ist ein Gotteshaus und kein Museum. Sie zeichnet sich durch eine besondere Akustik aus, die allerdings gerade bei der Kirche am Schulort xxx zu Problemen bei Schulgottesdiensten führt. Zudem ist diese Kirche düster und zu kalt. So können katholische Kirchenräume auch abschreckend wirken.
Kirche Allgemein im Speziellen (xxx) Unterrichtsgänge, die bereits gemacht
In der 4. Jahrgangsstufe wurden bzw. in ereignet sich die Begegnung mit dem Kirchenraum Planung sind zunächst in einer freien Der Besuch der Phase, danach werden Krippe, des ErnteArbeitsaufträge an Grupdankaltars sowie des pen verteilt, die schließlich Friedhofes wurden im Plenum ausgewertet bereits umgesetzt. werden. Dabei werden die Der Unterrichtsgang Gegenstände im Raum mit der 4. Klasse in auch aktiv ausprobiert. die Kirche vor Ort ist Zentrales Ziel ist es, dass in Planung. Aufgrund die Kinder die Kirche als der Entfernung zum Gotteshaus kennenlernen. protestantischen Die Ziele unterteilen sich Kirchengebäude wird dabei in kognitive und dieses nicht besucht. emotionale Zielvorstellungen. Während es bei kognitiven Zielen um ein Wissen zu Gegenständen im Kirchenraum geht, sollen die Kinder auch emotional angesprochen werden, die besondere Atmosphäre des Raumes erleben und sich hier wohlfühlen. Diese zuletzt genannte Ebene lässt sich allerdings nur anbahnen.
So gehe ich vor:
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Abbildung 16: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Elke
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5.2.6 Die Subjektive Theorie des Lehrers Frank Die differenzierte Clusterkarte in Abbildung 17 zeigt das Produkt der StrukturLege-Sitzung der Lehrkraft Frank auf einen Blick. Seine bildliche Darstellung zu Kirchenraumbesuchen legt er in acht thematischen Bereichen an. Die Cluster „Meine Grundhaltungen zum RU / Mein Fachwissen“, „Das bringe ich als Person mit“ sowie „Mein Kirchenraumverständnis“ bilden laut Frank den Unterbau für außerschulisches Lernen im Kirchenraum. Diese drei Bereiche beeinflussen die allgemeine Sichtweise der Lehrkraft auf Kirchenraumbesuche („So sehe ich Unterrichtsgänge“), aber auch seine Ziele, die er mit den Kindern erreichen möchte („Lernziele Kirchenraum“). Frank hat bereits Unterrichtsgänge in die Kirche realisiert, die er entlang der Klassenstufen systematisiert. Aus deren Reflexion leiten sich wiederum Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge ab („meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“). Schließlich weist das Legebild noch den Bereich „ortsbezogene Facts“ auf, in denen sich Aussagen zur Kirche am Schulort finden. Außerdem trifft Frank „private Aussagen“, die zwar sein persönliches Verhältnis zum Kirchenraum bestimmen, aber für die unterrichtspraktische Arbeit außen vor bleiben. Im Cluster „Meine Grundhaltungen zum RU / Mein Fachwissen“ verortet Frank allgemeine Aussagen zu seiner Person als Religionslehrkraft. Er möchte den Kindern einen Zugang zum Glauben vermitteln, der auch für ihr späteres Leben trägt. Dieser Zugang ist auch an ein konkretes Wissen über religiöse Themen gebunden. Gleichzeitig fasst Frank unter diesen Bereich seine eigene fachliche Ausbildung, wie etwa die Zusatzqualifikation als Gestaltpädagoge. Der gesamte Bereich der Grundhaltungen liefert ein schlüssiges Bild über Franks Religionsunterricht und er selbst sieht diesen als Unterbau für Unterrichtsgänge an. Ebenfalls als Unterbau bzw. Voraussetzung für Kirchenraumbesuche interpretiert Frank seinen eigenen Bezug zu diesem Raum: „Das bringe ich als Person mit“. Diesen Zugang beschreibt er mit Blick auf zwei verschiedene Dimensionen des Kirchenraumes, nämlich die Kirche als kunsthistorischen Raum und als Wahrnehmungsraum, während er die zuletzt genannte als die wichtigere qualifiziert. Diese auf privaten Erfahrungen basierenden Aussagen werden von Frank unmittelbar mit seiner unterrichtspraktischen Arbeit verbunden. Die dritte Komponente, die für Frank eine grundlegende Voraussetzung für Kirchenraumbegegnungen im schulischen Kontext darstellt ist „Mein Kirchenraumverständnis“. Was Frank hier inhaltlich verortet, ist zunächst eine Beschreibung verschiedener Dimensionen des Kirchenraumes. Während einige dieser Dimensionen für Frank dem Kirchenraum per se und damit gewissermaßen als Funktionen anhaften (z.B. Ort der gemeinschaftlichen Feier), werden andere Dimensionen erst durch die Interpretation und das Erleben der Besuchenden realisiert (z.B. Ort der
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Stille). Einige Raumfunktionen, wie etwa die Kirche als Ort der Begegnung mit Gott, nehmen hier eine Zwischenstellung ein. Das eigene Kirchenraumverständnis ist für Frank eng mit unterrichtspraktischen Vorgehensweisen verbunden, was die unmittelbare Ableitung methodisch-didaktischer Überlegungen aus diesen Raumdimensionen zeigt. Die oben beschriebenen drei Bereiche führen laut Frank zu seiner allgemeinen Sichtweise auf Unterrichtsgänge: „So sehe ich Unterrichtsgänge“. Dabei handelt es sich um allgemeine Erfahrungen und Leitlinien, die wiederum von unterrichtspraktischen Leitlinien durchsetzt sind. Maßgebendes Kriterium ist für den Religionslehrer die Beobachtung, dass Kinder immer weniger Erfahrung mit der Kirche als Gottesdienstraum machen und immer weniger Vorwissen mit in den Unterricht bringen. In diesem Bereich trifft Frank grundlegende Aussagen zu Unterrichtsgängen, die vor allem die Andersartigkeit des Kirchenraumes gegenüber dem Klassenraum herausstellen und ihn als besonderen Lernort qualifizieren. Hier ordnet er auch alle Aussagen an, die seine eigene Gefühlslage bei Unterrichtsgängen sowie die Gefühle der Kinder betreffen. Beide Seiten empfinden laut Frank bei Unterrichtsgängen Freude. Trotzdem wird hier auch ein Problembereich angesprochen, nämlich Verhaltensprobleme im Kirchenraum. Ein richtiges Verhalten an diesem Ort wird von Frank trotzdem nicht explizit zum Thema gemacht, sondern erst dann angesprochen, wenn Schwierigkeiten auftreten. Im Cluster „Lernziele Kirchenraum“ differenziert Frank drei Arten von Zielen, die er mit Unterrichtsgängen realisieren möchte und die gleichzeitig als eigene Vorüberlegungen dienen. Zunächst gibt es kognitive Ziele, die das Fachwissen zu einzelnen Gegenständen im Kirchenraum und Besonderheiten der Ortskirche betreffen. Auf emotionaler Ebene möchte Frank den Kindern positive Gefühle gegenüber dem Raum vermitteln. Und nicht zuletzt sollen die Kinder den Raum als Ort der Begegnung mit Gott erfahren. Konkrete unterrichtspraktische Umsetzungsvorschläge sind im Themenfeld „meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“ strukturell angeordnet. Bereits durchgeführte Kirchenraumbesuche ordnet Frank nach Klassenstufen. Das Vorgehen in der Jahrgangsstufe 2 und 3 ähnelt sich dabei inhaltlich, denn beide Male geht es um einen eher kognitiven Zugang zum Raum, der bestimmte Ausstattungsstücke in den Blick nimmt. Abgrenzendes Merkmal ist für Frank die Zielgerichtetheit, die sich beispielsweise im Methodeneinsatz zeigt. Während in der 2. Klasse im Kirchenraum ausschließlich mündlich gearbeitet wird, gehen die Drittklässler mit einem Laufzettel vor, auf dem sie ihre Ergebnisse schriftlich fixieren. Gleichzeitig baut Frank in seinem Strukt-Lege-Bild eine Art Reflexionsinstanz ein, nämlich Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge, in denen sich ein stark erfahrungsorientiert geprägter Zugang findet. So kann er sich bei zukünftigen Kirchenraumbesuchen etwa eine kleine spirituelle Feier vorstellen.
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Im Legebild legt Frank seine Vorstellungen zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum in einer Art Pendelbewegung zwischen theoretischen Überlegungen und praktischen Erfahrung an, die sich immer wieder gegenseitig beeinflussen. Von diesem Kreislauf ausgenommen ist der Bereich mit dem Titel „ortsbezogene Facts“, der mit keinem anderen Cluster in Verbindung steht. Hier verortet der Religionslehrer Informationen zur Kirche am Schulort, die kunsthistorische Besonderheiten, aber auch organisatorische Komponenten (z.B. Zugang zum Schlüssel), betreffen. Auch das Cluster „private Aussagen“, das sich in unmittelbarer Nähe des Clusters „Das bringe ich als Person mit“ befindet, steht isoliert. Hier verortet Frank sein eigenes reges Gottesdienstverhalten mit der Familie sowie die Abneigung gegenüber seiner Kirche am Heimatort. Dieses Cluster interpretiert Frank – im Gegensatz zu „Das bringe ich als Person mit“ – nicht als Unterbau für Unterrichtsgänge.
Hier finden sich Aussagen, die eine allgemeine Sichtweise auf Unterrichtsgänge thematisieren. Zunächst einmal gibt es einen Rahmen, der den Zeitfaktor, die Schülerschaft aber auch Inhalte betrifft. Das Thema Verhalten wird von der Lehrkraft bewusst nicht als Bestandteil des Unterrichtsganges aufgenommen. Schließlich gibt es allgemeine Grundaussagen, die vor allem die Andersartigkeit des Kirchenraumes gegenüber dem Klassenraum thematisieren. Die erfahrungsbezogenen Aussagen umfassen schließlich Gefühle der Lehrkraft und der Kinder, die positiv geprägt sind, aber auch Verhaltensprobleme beim Unterrichtsgang. Die Sichtweise auf Unterrichtsgänge wird entscheiden bestimmt durch die Lernvorausssetzungen der Kinder, die zunehmend weniger Erfahrung mit Kirche mitbringen.
So sehe ich Unterrichtsgänge
Private Erfahrungen wie etwa Gottesdienstbesuche beeinflussen den Unterricht nicht.
private Aussagen
Es gibt persönliche Erfahrungen mit dem Kirchenraum, die gleichzeitig das unterrichtliche Geschehen beeinflussen. So ist für die Lehrkraft selbst der kunsthistorische Zugang zum Kirchenraum nicht dominant und daher auch bei Unterrichtsgängen kein Thema. Wichtig dagegen scheint die sinnliche Wahrnehmung des Raumes.
U u ba er nt ↓
Die Lernziele lassen sich in drei Bereiche unterteilen: emotional, Fachwissen und erfahrungsbezogen. Emotionale Lernziele umfassen ein Wohlfühlen im Raum, das gleichzeitig auch bei zukünftigen Kirchenbesuchen nachwirken soll. Daneben gibt es kognitiv ausgerichtete Lernziele, wie das fachliche Wissen zu Prinzipalstücken und Besonderheiten der Ortskriche. Erfahrungsbezogene Lernziele nehmen schließlich den Kirchenraum als Kraftort, als Ort für die Begegnung mit Gott, aber auch als symbolischen Ort in den Blick.
Lernziele Kirchenraum
r fü
führt zu →
Sowohl mit der 2. als auch mit der 3. Jahrgangsstufe wurden bereits Unterrichtsgänge in den Kirchenraum realisiert. In der 3. Klasse ging es um Gegenstände im Kirchenraum, die mit Blick auf Eucharistie und damit die Kommunionvorbereitung von den Kindern mit Hilfe eines Laufzettels erarbeitet wurden. In der 2. Klasse lag der Schwerpunkt ebenfalls auf dem Fachwissen über Prinzipalstücke. Das unterrichtliche Vorgehen war hier allerdings weniger zielgerichtet als mit der 3. Jahrgangsstufe. So fand z. B. eine schriftliche Fixierung erst im Klassenzimmer statt. Die Reflexion der bereits gemachten unterrichtspraktischen Erfahrungen führen zu Überlegungen für weitere Unterrichtsgänge. Hier kann sich die Lehrperson zum Beispiel den Einbezug des Pfarrers vorstellen, der gemeinsam mit den Kindern eine kleine spirituelle Feier hält und in diesem Zusammenhang liturgische Gewänder erklärt.
Zu den ortsbezogenen Fakten zählen Aussagen zur Kirche am Schulort. Hierunter fasst die Lehrkraft organisatorische Bedingungen, wie etwa das Besorgen des Schlüssels, aber auch Aussagen zu seiner Haltung gegenüber der künstlerischen Gestaltung des Kirchenraumes und zu künstlerischen Besonderheiten der Ortskirche.
ortsbezogene Facts
Ziel des Religionsunterrichts ist es, dass die Kinder Glaube als Lebenshilfe erfahren. Der Unterricht ist prozessorientiert, gleichzeit steht aber Glaubenswissen im Mittelpunkt. Das Fachwissen, das der Religionslehrer für seinen Unterricht mitbringt, wird vor allem durch die Ausbildung zum Gestaltpädagogen und Fortbildungen bestimmt.
Meine Grundhaltungen zum RU / Mein Fachwissen
meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
Sein Verständnis vom Kirchenraum umfasst für die Lehrkraft zunächst funktionale Aussagen zum Kirchengebäude, wie etwa seine Funktion als Gottesdienstraum. Daneben gibt es persönliche Aussagen zum Kirchenraum, zum Beispiel die Kirche als Ort der Stille. Eigenschaften des Kirchenraumes wie seine Atmosphäre nehmen eine Zwischenstellung zwischen Funktionen und persönlichen Aussagen ein. Das eigene Verständnis des Kirchenraumes ist die Voraussetzung für unterrichtliche Praxis wie etwa eine missionarische Grundhaltung, die den Unterrichtsgang bestimmt.
Mein Kirchenraumverständnis
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Das bringe ich als Person mit
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Abbildung 17: Differenzierte Clusterkarte des Lehrers Frank
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5.2.7 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Gerda Ihr Struktur-Lege-Bild zu Kirchenraumbesuchen im Religionsunterricht legt die Religionslehrerin Gerade als zyklische Abfolge an. Ausgangspunkt ist dabei zunächst sie selbst als „Privatperson“, dann aber auch als „Lehrperson“. Unterrichtsgänge sind für Gerda durch eine entsprechende methodische und organisatorische Grundlegung und Vorbereitung („Methodik / Organisation“) gekennzeichnet und in jeder Jahrgangsstufe finden sich lehrplanrelevante Themen, die durch außerschulisches Lernen umgesetzt werden können („Mögliche Inhalte“). Als besonders ergiebig erweist sich dabei das Thema Kirchenjahr, wie ihre bisher realisierten Unterrichtsgänge zeigen („Praktische Durchführung“). Was sie mit solchen Kirchenraumbesuchen erreichen möchte, legt Gerda im Cluster „Schulkind“ dar. Welche Elemente davon aber tatsächlich Eingang ins Leben der Kinder findet, hängt vom Elternhaus ab und korreliert mit der „Privatperson“, so dass sich der Kreis hier schließt. Den Kern dieses Kreises bildet eine Kombination aus Sachinformationen und grundlegenden unterrichtspraktischen Hinweisen zum Thema „Kirche“. In der differenzierten Clusterkarte in Abbildung 18 ist diese Kreisstruktur deutlich erkennbar. Im Themenbereich „Privatperson“ stellt Gerda ihre persönliche Beziehung zum Kirchenraum dar. In ihrer Kindheit und auch heute mit ihrer eigenen Familie besucht sie immer wieder Kirchen. Dabei nutzt sie das Kirchengebäude nicht nur aus touristischem Interesse. Sie geht auch gerne in den Gottesdienst, wobei vor allem der Ostergottesdienst bei ihr stark emotional konnotiert ist. Auch außerhalb der Gottesdienstzeiten und touristischer Besuche nimmt sie den Kirchenraum privat in Gebrauch, etwa zum Entzünden einer Kerze. Dieser enge private Kontakt zum Kirchengebäude war laut Gerda ein Grund für ihre Berufsentscheidung, nämlich Religionslehrerin zu werden. Dieser Gedanke leitet zum Bereich der „Lehrperson“ über. Hier verortet Gerda Überlegungen zu ihrem Religionsunterricht, die sowohl sie als Lehrkraft als auch ihre SchülerInnen betreffen. Ihr selbst ist eine authentische Arbeitsweise wichtig. Singen, Beten und Rituale bilden einen wichtigen methodischen Rahmen. Den Kindern möchte sie einen Zugang zum Gespräch mit Gott vermitteln, aber auch einen Überblick über das Kirchenjahr geben. Diese allgemeinen Aussagen sind für sie der Überbau für Kirchenraumbesuche, bei denen das Kirchenjahr den thematischen Ankerpunkt bildet. In diesem Bereich verortet Gerda auch ihre eigene Gefühlslage bei Unterrichtsgängen, die trotz emotionaler Rückschläge durch Verhaltensprobleme der SchülerInnen positiv geprägt ist. Bevor es an konkrete unterrichtspraktische Überlegungen geht, entwirft Gerda einen Bereich, den sie mit „Methodik / Organisation“ überschreibt. Dieser betrifft zunächst einmal sie als Lehrkraft. So finden sich hier Argumente gegen außerschulisches Lernen, beispielsweise der erhöhte private Zeitaufwand, den es für die Vor-
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bereitung zu investieren gilt. Allerdings relativiert die Lehrerin diese Gegenargumente, denn ihrer Ansicht nach würde man den Kindern eine Chance nehmen, wenn man auf den Kirchenraumbesuch verzichtet. Zur Vorbereitung gehören v.a. methodische Überlegungen. Dabei ist auch entscheidend, dass der Kirchenraum kein Klassenzimmer ist und hier anders gearbeitet wird. Mit Blick auf die Kinder ist es Gerda wichtig, dass diese den Kirchenraum in erster Linie mit den Augen bewusst wahrnehmen. Schließlich gibt es für Gerda noch Punkte wie den Umgang mit Verhaltensproblemen oder aber das Einbinden bekannter Rituale zu bedenken. „Mögliche Inhalte“ für Unterrichtsgänge in den Kirchenraum gliedert Gerda zunächst nach der Jahrgangsstufe. Hier bietet sich in der 2. Jahrgangsstufe etwa das Thema Taufe an, in der 4. Jahrgangsstufe der Vergleich evangelischer und katholischer Kirchenräume. Auch ein fächerübergreifendes Arbeiten im Heimat- und Sachunterricht oder Musikunterricht kann Gerda sich vorstellen. Schließlich bietet das Kirchenjahr unabhängig von der Klassenstufe viele Möglichkeiten, die Ortskirche zu besuchen und hier Gegenstände oder Besonderheiten des Kirchenjahres anzuschauen. Vor allem die Arbeit zum Kirchenjahr hat die Lehrerin schon mehrere Male in ihren Unterrichtsgängen umgesetzt. Diese „Praktische Durchführung“ hat für Gerda eine Vorphase im Klassenzimmer, wo bereits bestimmte Inhalte besprochen werden. Im Kirchenraum selbst wird dann beispielsweise an der Osterkerze und deren Symbolik gearbeitet oder eine Bildbetrachtung an der Marienfigur durchgeführt und hier gemeinsam getanzt. Unabhängig von konkreten Gegenständen sieht Gerda methodische Vorgehensweisen wie etwa das freie Erkunden oder das gemeinsame Beten und Singen. An den Unterrichtsgang schließt sich eine Nachbereitungsphase an. Hier geht es nicht nur um eine inhaltliche Sicherung, sondern auch um eine gemeinsame Reflexion des Erlebten im Klassenzimmer. Wie im gesamten Legebild gestaltet Gerda auch die unterrichtspraktische Umsetzung in Chronologie, und zwar sowohl mit Blick auf die Unterrichtsphasen (Klassenzimmer – Kirchenraum – Klassenzimmer) als auch mit Blick auf das Kirchenjahr (von Weihnachten bis zum Marienmonat Mai). Mit dem Besuch im Kirchenraum möchte Gerda dem „Schulkind“ ein Mehr an optischen Eindrücken vermitteln. Der Wissenserwerb in Form von Fakten tritt dabei eher in den Hintergrund. Als besonders bereichernd findet die Lehrerin es, wenn bei einem Kirchenraumbesuch etwas überspringt und die Kinder das Erlernte auch in ihren privaten Bereich mitnehmen und an die Eltern weitergeben, indem sie ihnen beispielsweise beim Gottesdienstbesuch Details im Kirchenraum zeigen. Ob das gelingt, hängt letztlich vom Elternhaus ab und somit schließt sich für Gerda der Kreis zur „Privatperson“. Denn auch bei ihr war das Elternhaus ausschlaggebend für ihren eigenen Bezug zum Kirchenraum. Das Zentrum des Legebildes und das, woraufhin alles ausgerichtet ist, bildet für Gerda die „Kirche“. Sie ist ein Raum des Gottesdienstes, die von jedem anders und
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individuell wahrgenommen wird. Dass hier auch besondere Regeln gelten, führt für sie unmittelbar zu unterrichtspraktischen Überlegungen. Die in diesem Raum geltenden Verhaltensregeln werden gemeinsam besprochen. Trotzdem sollen die SchülerInnen erfahren, dass die Kirche ein Raum zum Lachen, Fröhlichsein und Tanzen ist. Schließlich ist der Unterrichtsgang für die Kinder eine Chance, den Kirchenraum außerhalb des Gottesdienstes zu erleben.
das ist / das heißt
Dabei schlägt die Lehrkraft den Bogen auch zu unterrichtspraktischen Hinweisen. Kinder sollen die Kirche beim Unterrichtsgang als fröhlichen Ort und außerhalb des Gottesdienstes erleben.
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
In diesem Bereich finden sich fachliche Informationen zum Kirchenraum, wie etwa seiner liturgischen Funktion, seinem Symbolgehalt oder seiner individuellen Raumwirkung.
Kirche
Die möglichen Inhalte für einen Besuch in der Kirche werden in drei Gruppen angelegt. Zunächst gibt es jahrgangsstufengebundene Themen, wie etwa die Taufe in der 2. Klasse. Dann gibt es Themen, die dem Kirchenjahr zuzuordnen sind, wie etwa die Osterkerze oder Maria. Schließlich bieten Musik und der Heimat- und Sachunterricht die Möglichkeit für fächerverbindendes Arbeiten mit dem Kirchenraum.
Mögliche Inhalte
fü hr t → zu
Die praktische Arbeit im Kirchenraum wird im Klassenzimmer inhaltlich vor- und nachbereitet. In der Kirche unterscheidet die Lehrerin allgemeine Methoden wie etwa das freie Erkunden oder das gemeinsame Singen und Beten, die bei jedem Unterrichtsgang eingesetzt werden können. Daneben gibt es auch konkrete thematische Schwerpunkte, die alle am Kirchenjahr orientiert sind. Hier hat sie beispielsweise die Osterkerze mit den Kindern erarbeitet oder aber an der Marienfigur eine Bildbetrachtung durchgeführt und einen vorab einstudierten Tanz aufgeführt.
Praktische Durchführung
Hier werden drei Bereiche unterschieden: die Lehrkraft, die Kinder sowie Organisatorisches. Unterrichtsgänge bedeuten für die Lehrperson privaten Vorbereitungsaufwand, wobei dieser vor allem methodischer Natur ist, denn die Lernorte Kirchenraum und Klassenzimmer unterscheiden sich voneinander. Allerdings bieten Unterrichtsgänge für die Kinder eine Chance. Während des Gottesdienstes nehmen sie den Kirchenraum nicht bewusst wahr, bei einem Unterrichtsgang geht es dagegen um ein genaues Hinschauen und Anschauen. Dieser originalen Begegnung schreibt die Lehrerin eine hohe Nachhaltigkeit zu. Organisatorisch kann vor allem die Zeit einen Hinderungsgrund darstellen. Treten Probleme im Verhalten auf, so wird der Unterrichtsgang notfalls abgebrochen. Organisatorisches Element ist auch das Mitnehmen von Ritualen aus dem Klassenzimmer in die Kirche, wie etwa das Entzünden der Jesuskerze.
Methodik / Organisation
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Im Privatleben hat die Lehrerin einen engen Bezug zu Kirchenräuführt zu men, der sich schon in ihrer Schulkind ← Kindheit entwickelt hat. Sie hat Ihren SchülerInnen möchte die Lehrerin eine bewusste selbst schon viele Kirchen geseWahrnehmung des Kirchenraums ermöglich, die vor hen und pflegt diesen Kontakt korreliert allem auf optischen Eindrücken beruht. Es geht zwar auch mit ihrer eigenen Familie. ←→ auch um Wissenserwerb, dieser steht aber nicht im Sie besucht die Kirche aber nicht Vordergrund. Vielmehr erhofft sich die Lehrkraft, dass nur zum Anschauen im Urlaub, beim Unterrichtsgang etwas überspringt, was die sondern auch zu Gottesdiensten Kinder in ihren privaten Bereich mitnehmen. Ob eine oder außerhalb liturgischer solche Verbindung von der Schule zum Privatleben Zeiten, etwa zum Entzünden von gelingt, hängt aber letztlich von den Eltern ab. Kerzen.
Privatperson
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Die allgemeine Gestaltung ihres Religionsunterrichts hat für die Lehrerin zwei Bezugspunkte: sie als Lehrperson und ihre SchülerInnen. Ihr selbst ist eine authentische Arbeitsweise und ein wertschätzender Umgang miteinander wichtig. Methodisch legt sie Wert auf Rituale und gemeinsames Singen. Im Religionsunterricht möchte sie alle Kinder einbeziehen und ihnen verschiedene Kontaktformen mit Gott sowie einen Zugang zum Kirchenjahr nahebringen. Das Kirchenjahr ist auch beim Unterrichtsgang maßgebendes Thema. Emotional steht sie außerschulischem Lernen grundsätzlich positiv gegenüber.
Lehrperson
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Abbildung 18: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Gerda
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5.2.8 Die Subjektive Theorie der Lehrerin Hannah Ihre Vorstellungen über Kirchenraumbesuche gliedert Hannah in neun Themenfelder (vgl. Abb. 19). Ankerpunkt des Legebildes ist die „Kirche als sakraler Raum“, die einen Gegenentwurf zur „Kirche aus dem Blickwinkel der Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“ darstellt. Die sakrale Raumkomponente wird mit Rückgriff auf ihre eigene Person („Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“) entwickelt. Der konkreten Umsetzung von Unterrichtsgängen gehen organisatorische Überlegungen („Organisatorisches“) voraus und gleichzeitig sind sie in „Rahmenbedingungen“ eingebunden. Die Gründe für einen Unterrichtsgang sowie die methodischdidaktische Umsetzung desselben („Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“) verhandelt Hannah in einem gemeinsamen Themenbereich. Hier gilt es, die Lernvoraussetzungen der SchülerInnen zu berücksichtigen („Voraussetzung bei den Schülern / Elternhaus“). Gleichzeitig steht die unterrichtspraktische Arbeit für Hannah im Einklang mit den grundlegenden Vorstellungen ihres Religionsunterrichts („Meine Vorstellung vom RU“). Der Inhalt der Unterrichtsgänge wird in den einzelnen Jahrgangsstufen durch die „Vorgaben durch den LP der GS“ bestimmt. Im Themenbereich „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“ entwickelt Hannah ihre Vorstellung davon, was sie selbst als Person für außerschulisches Lernen in der Kirche mitbringt. Der Kirchenraum spielt in ihrem religiösen Leben eine zentrale Rolle. Er dient als Ruhepunkt, zum einen während des Gottesdienstes, dann aber auch außerhalb des Gottesdienstgeschehens. Die Lehrerin schreibt der Kirche eine besondere Atmosphäre zu und den Kindern möchte sie bei Unterrichtsgängen ein besonderes Raumgefühl vermitteln. Ihre Ausbildung als Gestaltpädagogin steht ihrer Ansicht nach mit diesem emotionalen Raumerleben in enger Verbindung. Ihr eigener Zugang zum Kirchenraum ist für Hannah eng verwoben mit ihrer fachlichen Sicht auf dieses Gebäude, die gleichzeitig ihre unterrichtspraktische Arbeit mitbestimmt. Zentral ist hier das Verständnis der „Kirche als sakraler Raum“. Diese Besonderheit wohnt dem Kirchenraum nicht nur während des Gottesdienstgeschehens inne, sondern auch außerhalb des Gottesdienstes kann die Kirche als atmosphärischer Raum der Stille erfahren werden. Gelingt ein solcher Zugang bei Unterrichtsgängen, so löst das bei Hannah positive Gefühle aus. Gleichzeitig leiten sich aus der sakralen Raumfunktion bestimmte Folgen für ihre praktische Arbeit ab. Gerade emotional ansprechbare Kinder können diese Dimension des Raumes erleben. Gleicheizeitig erweist es sich als schwierig, eine gemeinsame Atmosphäre im Kirchenraum mit einer Schulklasse für längere Zeit aufrecht zu erhalten. Das Gegenstück zur Kirche als sakralem Raum bildet die „Kirche aus dem Blickwinkel der Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“. Obwohl die Lehrkraft diese Raumdimension in ihr Legebild integriert, ist sie für Hannah weniger im Re-
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ligionsunterricht, als vielmehr im Heimat- und Sachunterricht angesiedelt. Ihre Vorstellungen über außerschulisches Lernen werden so vor allem von den sakralen Raumkomponenten beeinflusst. Bevor es um die konkrete unterrichtspraktische Umsetzung des Unterrichtsganges geht, legt Hannah „Organisatorisches“ fest. Ausgangspunkt ist ihre Überlegung, dass sie selbst gut plant und vorbereitet. So hat sie Dinge wie die Absprache mit Verantwortlichen vor Ort, aber auch die Vorbereitung der Lernumgebung im Blick. Zur organisatorischen Vorbereitung zählt für sie auch die Vorarbeit mit den Kindern im Klassenzimmer. Diese ist allerdings nicht spezifisch auf den Kirchenraum bezogen, sondern vielmehr auf allgemeine Verhaltensregeln auf dem Weg in die Kirche. Dabei wird auch deutlich, dass Hannah nicht mit allen Klassen einen Unterrichtsgang wagt, denn im Vergleich zum Klassenzimmer steht ihr hier nur ein eingeschränktes pädagogisches Repertoire zur Verfügung. Direkt neben „Organisatorisches“ befindet sich das Cluster „Rahmenbedingungen“. Die Rahmenbedingungen sind bestimmt vom Wechsel des Schulortes, den Hannah vor kurzer Zeit erlebt hat. War am alten Schulort die Entfernung zwischen Schulhaus und Kirche so groß, dass Unterrichtsgänge nicht durchgeführt wurden, so zeigt sich jetzt eine gegenteilige Situation. Die Entfernung zwischen Schulgebäude und Kirchenraum wird so für Hannah zum maßgebenden Faktor, ob außerschulisches Lernen realisiert wird oder eben nicht. Mit dem Cluster „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“ entwirft die Lehrerin einen zweigeteilten Bereich, der sich einmal mit Argumenten für einen Kirchenraumbesuch, dann aber auch mit der methodisch-didaktische Umsetzung von Unterrichtsgängen befasst. Bei einem Unterrichtsgang können Kinder Dinge vor Ort sehen und eine solche originale Begegnung führt zu Interesse. Konkret beim Kirchenraum kann dieser als Ort außerhalb des eigentlichen Gottesdienstgeschehens erlebt und erfahren werden; und das von Kindern, die sonst kaum einen Bezug zu diesem Gebäude haben. Davon erhofft sich Hannah, dass die Kinder diesen Raum vielleicht auch einmal außerhalb der Schule in Anspruch nehmen. Beim konkreten Vorgehen setzt die Lehrerin auf kurze Zeiteinheiten und mehrmalige Besuche. Dabei wird jeweils exemplarisch an ausgewählten Dingen gelernt. Die Auswahl kann durch die Lehrkraft erfolgen, aber auch von den Kindern mitbestimmt werden. Durch ein solches Vorgehen sollen die SchülerInnen langsam an den Raum herangeführt werden, hier ein Gefühl der Vertrautheit und Sicherheit gewinnen und so auch ihr Verhalten diesem Raum anpassen. Hannahs Zielvorstellungen sind vor allem im Bereich der Einstellungsentwicklung angesiedelt. In diesem Themenfeld handelt Hannah auch den Gedanken der Nachbereitung eines Unterrichtsganges im Klassenzimmer ab, die für sie sinnvoll erscheint, aber aufgrund zeitlicher Rahmenbedingungen nicht immer durchführbar ist. Der Bereich „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“ leitet sich für Hannah aus den Leitlinien ihres Religionsunterrichts ab („Meine Vorstellung vom RU“). Hier
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möchte sie den Kindern nicht nur einen kognitiven Zugang zu Religion eröffnen, sondern vor allem eine positive Haltung gegenüber diesem Fach fördern. Hannah weiß, dass der Einfluss ihres Faches begrenzt ist, hofft aber, Impulse setzen zu können, die vielleicht im späteren Leben der Kinder zum Tragen kommen. Maßgeblich beeinflusst werden die unterrichtspraktischen Überlegungen auch von den „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“. Bedingt durch die fehlende religiöse Sozialisation haben die Kinder kaum eine Verbindung zum Kirchenraum, was zu problematischem Verhalten an diesem Ort führen kann. Solche Verhaltensprobleme führen zu negativen Gefühlen bei der Lehrkraft, die sie nicht nur während Unterrichtsgängen, sondern auch während Schulgottesdiensten erlebt. Welche konkreten Inhalte im Kirchenraum bearbeitet werden, wird für Hannah von den „Vorgaben durch den LP der GS“ bestimmt. In der 1. Klasse ist für sie das Thema Ostern der Anlass, die Osterkerze im Kirchenraum aufzusuchen. Allerdings setzt sie inhaltlich nicht gleich mit der Osterkerze ein, sondern gibt den SchülerInnenn zunächst die Gelegenheit, sich durch eine Augenwanderung im Raum zu orientieren. Auch körperliche Praktiken wie das Bekreuzigen mit Weihwasser werden gemeinsam durchgeführt, wurden sie doch im Vorfeld bereits im Religionsunterricht besprochen, aber eben nicht praktiziert. In der 4. Jahrgangsstufe hat die Lehrkraft mit ihrer Klasse einen Unterrichtsgang in die evangelische Kirche unternommen, um den evangelischen und den katholischen Kirchenraum zu vergleichen. Hannah gibt auch hier ihren SchülerInnen zuerst einmal Gelegenheit zur Wahrnehmung des Raumes, bevor konkrete Elemente der Innenausstattung besprochen werden. Weitere Themenbereiche des Lehrplans, bei denen sich ein Unterrichtsgang anbietet, sind für Hannah die Schöpfung, die Taufe, aber auch Einrichtungsgegenstände des katholischen Kirchenraumes.
Die Kirche ist ein Raum mit besonderer Atmosphäre, vor allem aber ein Ort der Ruhe. Das gilt einmal für den Gottesdienst, den die Lehrkraft regelmäßig besucht, aber auch außerhalb der Gottesdienstzeiten. Aus diesem Umstand und der Tatsache, dass sie selbst Gestaltpädagogin ist, möchte die Lehrerin den Kindern ein besonderes Gefühl in diesem Raum mitgeben, das sie ja selbst auch so erlebt.
Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft
Unter die architektonischen und kunstgeschichtlichen Besonderheiten der Kirche fallen für die Lehrerin beispielsweise die herausgehobene Lage oder aber ortsspezifische Dinge wie eine Heiligenfigur. Solche Themen gehören eher in den Heimat- und Sachunterricht oder aber in den Kunstunterricht. Werden sie angesprochen, muss sich die Lehrkraft fachlich vorbereiten. Es bietet sich aber auch eine Kooperation mit dem Heimatverein an.
Vo ra u fü s se r tzu → n g
Bei den Rahmenbedingungen stellt die Lehrerin ihren alten und den aktuellen Schulort gegenüber. Früher waren Unterrichtsgänge aufgrund der großen Entfernung zur Kirche kaum umsetzbar. Heute kann sie diese durchführen. Ihre Erfahrungen beruhen dabei besonders auf der Arbeit in der 1. und 2. Jahrgangsstufe.
Rahmenbedingungen
Unterrichtsgang - Warum? / Wie?
Die Lehrkraft selbst klärt im Vorfeld viel ab, etwa zu räumlichen Gegebenheiten am Ort, aber auch mit Verantwortlichen vor Ort. Auch mit den Kindern gibt es eine Vorbereitung, v.a. zum Verhalten auf dem Weg. In der Kirche selbst ist im Vergleich zum Klassenzimmer nur ein eingeschränktes pädagogisches Repertoire verfügbar.
Organisatorisches
Unterrichtsgänge in die Kirche im Religionsunterricht
Grund für einen Unterrichtsgang in die Kirche ist zunächst die originale Begegnung vor Ort, die bei den Kindern Interesse weckt. Bei einem Da nur noch wenige Eltern einen Unterrichtsgang können die Kinder zudem die Bezug zum Kirchenraum haben, Kirche außerhalb des Gottesdienstes erleben, fehlt auch den Kindern eine Verbinwas vielleicht zu einer privaten Nutzung des dung zu diesem Gebäude. Das führt Raumes führt. Bei der methodisch-didaktischen zu Fehlverhalten auf beiden Seiten. Vorgehensweise ist für die Lehrerin ein langsaDie Verhaltensprobleme der Kinder mes Anbahnen notwendig, das kurze Zeiteinin der Kirche führen bei der Lehrerin heiten, das Arbeiten an exemplarisch ausgezu negativen Gefühlen sowohl bei wählten Dingen, aber auch wiederholte BesuUnterrichtsgängen als auch bei che beinhaltet. So sollen sich die Kinder an den Schulgottesdiensten. Raum gewöhnen und mit ihm vertraut werden. Eine Nachbereitung hält sie für sinnvoll, aber Voraussetzu ng aufgrund der Zeit nicht immer machbar. für →
Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus
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Für die Lehrerin ist es wichtig, dass der Religionsunterricht einen aktuellen Bezug zum Leben der Kinder hat. Dabei werden nicht nur kognitive Verarbeitungsstrategien angeboten, sondern sie setzt auf methodische Abwechslung. So können die Kinder eine positive Haltung gegenüber Religion entwickeln. Ihr ist bewusst, dass der Einfluss des Religionsunterrichts auf das Leben Ihrer SchülerInnen begrenzt ist.
Meine Vorstellung vom RU
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Mit der Kirche als sakralen Raum meint die Lehrkraft den Kirchenraum als Gottesdienstraum, aber auch als meditativen und atmosphärischen Raum außerhalb der Gottesdienstzeiten. Diese Dimension des Kirchenraumes kann z.B. durch gemeinsames Singen erlebt werden. Für die Lehrerin erweisen sich v.a. emotional sensible Kinder für diese Raumdimension als ansprechbar. Wird diese Dimension des Kirchenraumes in Unterrichtsgängen gemeinsam erlebbar, so löst das bei ihr positive Gefühle aus. Gleichzeitig weiß sie aber, dass es nicht immer gelingt, ein solches Raumerleben gemeinsam zu erreichen.
Kirche als sakraler Raum
g un tz se s u → ra r Vo fü
Kirche aus dem Blickwinkel der Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU
Der Lehrplan gibt inhaltliche Fixpunkte vor, die in jeder Jahrgangsstufe Unterrichtsgänge in den Kirchenraum nahelegen. In der 1. Klasse hat die Lehrkraft selbst gerade einen Kirchenraumbesuch gemacht, um die Osterkerze anzuschauen. In der 2. Klasse kann sie sich einen Besuch zum Thema Beten oder aber ein Dankelement zum Thema Schöpfung vorstellen. Der Kirchenraum ist hier allerdings eher Ort für das Gebet, weniger Lerngegenstand. Diese Funktion hat er dagegen beim Thema Taufe und Gottesdienstraum. In der 4. Klasse hat sie bereits die evangelische Kirche besucht. Hier ging es um den Vergleich mit der katholischen Kirche und um die Raumwahrnehmung.
Vorgaben durch den LP der GS
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Abbildung 19: Differenzierte Clusterkarte der Lehrerin Hannah
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5.3 G ESAMTANALYTISCHE D ARSTELLUNG – O RDNUNGSPRINZIPIEN Ab diesem Kapitel wird die individuelle Darstellungsebene verlassen und es werden personenübergreifende Inhalts-Struktur-Kombinationen identifiziert. In einem ersten Analyseschritt werden die Struktur-Lege-Bilder nach grundlegenden Prinzipien befragt, nach denen die LehrerInnen ihre Inhalte gliedern, strukturieren und anordnen. In den Legebildern lassen sich drei verschiedene Prinzipien identifizieren, die für die Lehrpersonen bei der Organisation ihrer Inhaltskarten leitend sind. Bei zwei Lehrkräften ist der Kirchenraum selbst und damit der Lernort maßgebendes Ordnungsprinzip, das im Folgenden als „Der Lernort Kirchenraum“ bezeichnet wird (Kap. 5.3.1). Bei drei Lehrkräften wird das Legebild von der Vorstellung eines zeitlichen Ablaufes dominiert, so dass für dieses Systematisierungsprinzip der Titel „Der Unterrichtsprozess“ gewählt wird (Kap. 5.3.2). Bei drei Lehrpersonen ist auch am Ende der Legesitzung kein umfassendes Ordnungsprinzip erkennbar (Kap. 5.3.3). Die beiden ordnungsleitenden Prinzipien „Der Lernort Kirchenraum“ und „Der Unterrichtsprozess“ werden im Folgenden dargestellt und am empirischen Material aus der Legesitzung erhärtet. Mit den Legebildern ohne erkennbares Ordnungsprinzip wird analog verfahren. 5.3.1 Der Lernort Kirchenraum Zwei Lehrkräfte orientieren ihr Struktur-Lege-Bild am Kirchenraum und damit am außerschulischen Lernort selbst. Sie befragen den Kirchenraum danach, wie er im unterrichtlichen Geschehen genutzt werden kann, wobei sie dies immer unter der Perspektive des außerschulischen Lernens tun. Damit wird der Kirchenraum konsequent auf sein Potential als Lernort befragt und dieses Potential bildet für die Lehrkräfte die Orientierungsgrundlage, anhand derer sie ihre Vorstellungen zu Unterrichtsgängen dorthin systematisieren. Allerdings unterscheiden sich die beiden VertreterInnen in der Art und Weise, wie sie dies tun. Während Daniel seine Theorie auf zwei verschiedenen Dimensionen des Kirchenraumes aufbaut, nutzt Carla den Lernprozess als maßgebendes Ordnungsprinzip. Dimensionale Perspektive (Daniel) Daniel organisiert sein Legebild in fünf Clustern. Die drei Cluster „Sachwissen Kirche“, „Religiöser Raum“ und „Evang.-kath. Gemeinsamkeiten“ zeigen verschiedene Zugriffsweisen auf den Kirchenraum, wie er im Rahmen eines Unterrichtsganges laut Daniel realisiert werden kann. Dabei nutzt er verschiedene Dimensionen, die der Lernort Kirche für außerschulisches Lernen bereithält. Diese drei Cluster bilden die zentralen Themenbereiche des Legebildes. Am unteren Rand
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finden sich zwei weitere Cluster. Im thematischen Bereich „Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen“ platziert Daniel Argumente, auf Kirchenraumbesuche mit der Schulklasse zu verzichten. Das Cluster „Schülerverhalten“ thematisiert den Umgang mit Disziplinschwierigkeiten während Unterrichtsgängen. Beide Cluster beanspruchen laut Daniel für jeden Unterrichtsgang in den Kirchenraum Gültigkeit, unabhängig von dessen Ausrichtung. Er platziert sie unterhalb der drei zentralen Cluster und baut keine strukturelle Verbindung zu diesen auf. Durch ihre räumliche Anordnung im Legebild und ihren geringen Umfang bilden sie somit auch optisch einen Nebenschauplatz. Das Zentrum von Daniels Legebild machen damit eindeutig die Cluster „Sachwissen Kirche“, „Religiöser Raum“ und „Evang.-kath. Gemeinsamkeiten“ aus. Sie sind nebeneinander angeordnet. Die beiden Cluster „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“ fokussieren zwei verschiedene Dimensionen des Kirchengebäudes, die sich schließlich im dritten zentralen Cluster „Evang.-kath. Gemeinsamkeiten“ verbinden. Bereits zu Beginn der Legesitzung erläutert Daniel selbst, was er unter den beiden Dimensionen versteht und wie er sie gegeneinander abgrenzt: Daniel, 15:06 Daniel: Das sind für mich wirklich jetzt auch ein wenig Unterschiede. Wobei man schon beides miteinander macht. Aber im Prinzip, von der Planung, von der ganzen Idee her, ist es schon ein Unterschied, mit welcher ZIELsetzung ich das Ganze angehe. Ob ich jetzt wirklich in eine Kirche reingehe, um eine kleine Andacht zu machen und vielleicht Verhalten in der Kirche mir ein bisschen mit den Kindern überlege. Oder ob ich mir wirklich die Kirche so anschaue als ORT, was gibt’s da alles.
Kirche bietet für die Lehrkraft Daniel zunächst einmal einen Raum, in dem gemeinsam mit der Klasse eine Feier – in diesem Fall eine „kleine Andacht“ – gehalten werden kann. Die Kirche verhandelt der Lehrer hier weniger als Lerngegenstand, sondern vielmehr als auratischen Ort für ein gemeinschaftliches spirituell-religiöses Erleben, etwa in Form von gemeinsamem Singen oder Beten. Auch das Verhalten im Raum fällt für Daniel in diesen thematischen Bereich („und vielleicht Verhalten in der Kirche mir ein bisschen mit den Kindern überlege“), legt doch ein Raum der Andacht ein bestimmtes Verhalten nahe. Als „Religiöser Raum“ nutzt Daniel das Gebäude in seiner eigentlichen Funktion – nämlich als Raum der Versammlung und gemeinsamen Feier. Ein Wissenserwerb tritt hier in den Hintergrund. Der religiösen Dimension des Kirchenraumes stellt Daniel das „Sachwissen Kirche“ gegenüber. Hier geht es für die Lehrkraft darum, dass „ich mir wirklich die Kirche so anschaue als ORT, was gibt’s da alles“. War das Gebäude als „Religiöser Raum“ eine atmosphärische Hülle, so wird es hier zum Lerngegenstand. Es geht um die „Kunstgegenstände und die Teile der Kirche“ (Daniel, 42:25). Somit wird außerschulisches Lernen durch den Raum, wie er sich in seiner physischen Gegebenheit dar-
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stellt, bestimmt, definiert doch die Innenausstattung der Kirche letztlich den Inhalt des Unterrichts. Das dritte zentrale Cluster, das er am rechten Rand seines Legebildes positioniert, überschreibt Daniel mit dem Titel „Evang.-kath. Gemeinsamkeiten“. Hier veranschaulicht der Lehrer seine Vorstellungen vom Besuch einer evangelischen Kirche. Dieser Bereich ergibt sich aus einer Mischung aus den Clustern „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“, wie Daniel selbst erläutert: Daniel, 1:00:45 Daniel: Und wenn man dieses andere machen würde, was wir noch haben, mit evangelisch- katholisch, das wäre ja quasi so ein Zusammenbringen. (lacht) Ich finde, da steckt beides drin. Zum einen lernt man ja die Dinge nochmal kennen, wiederholt die nochmal. Wo ist der Ambo? Ist hier ein Ambo? Ist hier ein Altar? Und so weiter. (.) Aber zum anderen / ich würde es auf jeden Fall auch mit diesem mittleren Bereich angehen. Ich würde es nicht sachlich angehen, wenn man gerade diesen evangelischen Bereich hat. Das wäre quasi so / naja (...) die anderen beiden wären ja fast Voraussetzungen dafür. (.) Hm.
Daniel sieht im Besuch eines evangelischen Kirchenraumes ein „Zusammenbringen“ der beiden von ihm im Legebild bereits grundgelegten Raumdimensionen. Hier verbinden sich für den Religionslehrer die sachliche Seite („Wo ist ein Ambo? Ist hier ein Ambo?“) sowie der spirituell-religiöse Zugang zum Raum („mittlerer Bereich“). Seinen Kommentar schließt Daniel damit, dass „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“ in seiner Vorstellung letztlich die „Voraussetzungen“ für den Besuch des evangelischen Kirchenraumes darstellen. Um dieses „Zusammenbringen“ auch optisch herauszuarbeiten, verbindet Daniel die beiden Cluster „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“ durch die Strukturkarte Voraussetzung für mit dem Cluster zum evangelisch-katholischen Kirchenbesuch. Die Lehrkraft Daniel stellt mit der Kirche als Raum für religiöses Erleben und als Träger von Sachinformationen zwei Dimensionen des Gebäudes gegenüber und baut sein Legebild entlang dieser beiden Dimensionen auf. Er fragt, welches Potenzial der Kirchenraum für außerschulisches Lernen bietet. Ausgangspunkt seiner Überlegungen zu außerschulischem Lernen ist, „mit welcher ZIELsetzung ich das Ganze angehe“ (Daniel, 15:12), in anderen Worten ausgedrückt, welche Raumdimension er mit einem Unterrichtsgang betonen möchte. Dieses Ordnungsprinzip gilt sowohl für den katholischen als auch für den evangelischen Kirchenraum. Überlegungen zu Hinderungsgründen für einen Unterrichtsgang sowie zum Schülerverhalten gelten, egal welche Raumdimension betont wird, und besitzen daher Allgemeingültigkeit. Didaktische Perspektive (Carla) Carla ordnet ihr Struktur-Lege-Bild in vier Clustern an. Die beiden Cluster „Wissensvermittlung + Verhalten“ sowie „Kirche zum Anfassen“ liegen in der Mitte des
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Legebildes und dominieren es – auch in ihrer räumlichen Ausdehnung – optisch. Sie stellen zwei didaktische Perspektiven auf außerschulisches Lernen im Kirchenraum dar. Daneben entwickelt Carla noch zwei weitere thematische Bereiche, die sie an den Rändern ihres Struktur-Lege-Bildes platziert. Im unteren linken Bereich legt die Lehrerin mit „fächerübergreifend“ ein Cluster an, in dem sie die unterrichtspraktische Arbeit im Kirchenraum in anderen Fächern thematisiert. Bei einigen Themen sieht Carla hier Berührungspunkte zum Religionsunterricht („Also da erinnern die [Kinder, KK] mich dran, dass das wieder Religion ist.“; Carla, 1:23:45), so dass sie dieses Cluster mit Hilfe der Strukturkarte Verbindung zu mit dem übrigen Legebild in Beziehung setzt. Schließlich gibt es für sie noch Rahmenfaktoren, die außerschulisches Lernen bedingen und beeinflussen, wie sie in „UGänge allgemein / in die Kirche“ darstellt. In diesem Cluster, das keine strukturelle Verbindung zu anderen thematischen Bereichen aufweist, verortet Carla all diejenigen Inhalte, die für sie nicht den konkreten methodisch-didaktischen Zugriff auf den Kirchenraum bestimmen, sondern vielmehr organisatorische und curriculare Rahmenbedingungen (z.B. Lehrplanbezug) beschreiben, oder aber zeitlich außerhalb des eigentlichen Unterrichtsganges liegen (z.B. Vor- und Nachbereitung im Klassenzimmer). Gegen Ende der Legesitzung erläutert Carla auf Nachfrage der Forscherin noch einmal zusammenfassend, was die beiden zentralen Bereiche „Wissensvermittlung + Verhalten“ sowie „Kirche zum Anfassen“ ausmacht und wie sie aufeinander bezogen sind: Carla, 1:17:33 KK: Also ich muss jetzt nochmal kurz fragen zu den beiden Bereich. Die sind schon immer beide mit drin bei einem Unterrichtsgang bei dir? Carla: Bei einem Unterrichtsgang? Sowieso. Ich denke, dass es gerade bei einem Unterrichtsgang einfach ist, beide Bereiche anzusprechen. Ja? Weil ja die Kinder auf der einen Seite dieses Wissen vermittelt bekommen. Wie ist es in einer katholischen Kirche? Und auf der anderen Seite dieser ganze Bereich angesprochen. Was bereitet mir Freude? Oder: „Oh, da erkenne ich was wieder in der Kirche. Und da kann ich auch etwas dazu erzählen.“ Oder: „Oh, das ist ja ganz anders, mit dem Partner dürfen wir uns in der Kirche bewegen. Und mit dem Partner dürfen wir etwas rausfinden.“ KK: Also beides? Carla: Also Religionsunterricht ist eher eine Herzensangelegenheit, aber eben auch Wissensvermittlung. Und durch Unterrichtsgänge oder durch einen Unterrichtsgang in die Kirche kann ich das eben beides weitergeben. Diese beiden Bereiche.
Bei Kirchenraumbesuchen geht es der Lehrkraft Carla zunächst einmal darum, dass „Kinder auf der einen Seite dieses Wissen vermittelt bekommen“. Kirche wird hier als ein Lerngegenstand betrachtet, über den die Lehrkraft den Kindern Wissen vermitteln möchte. Leitend für dieses Wissen ist die Frage „Wie ist es in einer katholischen Kirche?“. „Wissensvermittlung + Verhalten“ repräsentiert im Legebild von Carla den Inhalt, den sie im Rahmen eines Unterrichtsganges weitergeben möchte.
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Der Bereich „Kirche zum Anfassen“ zeigt, wie die Lehrerin mit diesen Inhalten umgeht. Leitend dafür ist die Frage „Was bereitet mir Freude?“. Am Lernort Kirche setzt sie darauf, die Kinder für den Raum zu begeistern und sie zu aktivieren, sei es durch das Einbringen von Vorwissen („‚Oh, da erkenn ich was wieder in der Kirche. Und da kann ich auch etwas dazu erzählen.‘“) oder durch Sozialformen („‚Oh, das ist ja ganz anders, mit dem Partner dürfen wir uns in der Kirche bewegen. Und mit dem Partner dürfen wir etwas rausfinden.‘“). Carlas Legebild ist davon getragen, die sachliche Dimension der Kirche didaktisch-methodisch zu wenden. Während sie auf der einen Seite die Wissensvermittlung sieht, ist es auf der anderen Seite die Kirche zum Anfassen, die in den Augen von Carla Unterrichtsgänge so wertvoll machen. Es ist die Verbindung von der „Herzensangelegenheit“ und der „Wissensvermittlung“ denn „durch einen Unterrichtsgang in die Kirche kann ich das eben beides weitergeben“. Die beiden flankierenden Cluster „fächerübergreifend“ sowie „U-Gänge allgemein / in die Kirche“ wirken dabei optisch und auch inhaltlich wie eine Art Rahmen für diese von Carla entwickelten didaktischen Zugriffsweisen auf den Kirchenraum. In diesen Nebenschauplätzen verortet Carla curriculare und organisatorische Rahmenbedingungen des Kirchenraumbesuchs oder unterrichtliche Aktivitäten, die zeitlich außerhalb des Unterrichtsganges liegen. Im Gegensatz zu Daniel sind es also nicht verschiedene Dimensionen des Lernortes Kirche, die Carla Orientierung für die Ordnung ihrer Inhaltskarten geben, sondern die verschiedenen Umgangsweisen mit der sachlich geprägten Raumdimension. 5.3.2 Der Unterrichtsprozess Drei Lehrpersonen orientieren ihr Legebild am Prinzip einer zeitlichen Abfolge. Der Unterrichtsgang in den Kirchenraum wird als ein prozesshaftes Geschehen dargestellt. Zwei Lehrerinnen legen diesen Prozess im Sinne einer linear aufgebauten Zeitleiste an, bei einer lässt sich ein zyklisches Prozessverständnis identifizieren. Linearer Prozess (Angela und Beate) Die Lehrkräfte Angela und Beate ordnen ihre thematischen Bereiche nach dem Prinzip eines linearen Prozesses an. Beide entwickeln ein Struktur-Lege-Bild, das von links nach rechts in einer zeitlichen Abfolge gelesen werden kann. Diese Leserichtung gibt die Lehrkraft Angela sogar optisch in ihrem Legebild vor. Die Legesitzung beendet sie mit der Gestaltung eines langen Pfeiles, den sie unmittelbar unter der Überschrift platziert. Er zeigt nach rechts und ist mit Zeitstrahl überschrieben. Diesen Zeitstrahl erklärt Angela zum ordnenden Prinzip ihres Legebildes, wie die folgende Szene aus der Legesitzung dokumentiert:
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Angela, 1:53:14 Angela: Und das sind mh Themen. Genau. (...) Die aber in in einer ZEITLICHEN Reihenfolge LIEGEN. KK: Das heißt? Angela: Wenn man’s ganz genau haben will, ist es eigentlich eine zeitliche Einordnung. (.) Zeit.
Die sieben Themengebiete ihres Legebildes liegen für Angela „in einer ZEITLICHEN Reihenfolge“, haben eine „zeitliche Einordnung“. Das Ordnungsprinzip ist damit die „Zeit“, wie Angela selbst kommentiert. Diese zeitliche Abfolge ihres Legebildes beginnt auf der linken Seite mit dem Cluster „Ich“, in dem Angela ihren eigenen Zugang zum Kirchenraum und zum Religionsunterricht darstellt. Die sich daran anschließenden fünf Cluster beschreiben schließlich den Ablauf des Unterrichtsganges. Dieser beginnt bei der „Vorbereitung des U-Ganges“, den die Lehrkraft am Schreibtisch bzw. gemeinsam mit den Kindern im Klassenzimmer durchführt. Vor dem eigentlichen Unterrichtsgang gibt es also eine Vorphase. Der Unterrichtsgang selbst ist in zwei Phasen getrennt, die sich zeitlich und räumlich unterscheiden lassen, nämlich „vor dem Eintreten“ sowie „im Kirchenraum“. Treten vor Ort Verhaltensprobleme auf, so kann die Lehrkraft jederzeit die Option „Exit, Stop!“ wählen und den Kirchenraumbesuch abbrechen. Die „Ziele des U-Ganges“ repräsentieren schließlich die Zeit nach dem Unterrichtsgang und das, was Angela bei den Kindern erreichen möchte. Die Lehrerin denkt dabei inhaltlich und zeitlich auch über die Kirchenraumbesuche im Fach Katholischer Religionslehre hinaus, denn sie kann sich auch „U-Gänge zur Kirche außerhalb des RU“ vorstellen. Diese werden von Angela noch einmal mit einem Wollfaden vom übrigen Legebild abgetrennt, durch die Strukturkarte Voraussetzung für aber gleichzeitig damit verbunden und in das zeitliche Ordnungsprinzip eingepasst. Denn „Zumindest einmal sollte so ein Unterrichtsgang in religiöser Form schon da sein, dass die Kinder wissen, ich bewege mich jetzt in einem Gotteshaus.“ (Angela, 1:41:27) Dieses linear-prozesshafte Ordnungsprinzip findet sich auch bei der Lehrkraft Beate. Die einzelnen Themenfelder ihres Legebildes sind als „zeitlicher Ablauf“ (Beate, 1:13:42) angelegt, wie sie selbst erläutert: Beate, 1:17:18 Beate macht mit ihrer Hand eine Deutebewegung, die von der linken bis zur rechten Seite des Legebildes reicht. Beate: Es fängt an bei dem ICH, also was ich mitbringe, was ich für ein Bild von der Kirche habe, wie die Kirche im Unterricht / wie ich Kirche im Unterricht sehe und behandle. Dann spielen die Vorbedingungen vom Lehrplan mit rein, der zeitliche Ablauf der Unterrichtsgestaltung. (.) Die Vorerfahrungen der Kinder fließen mit ein. Und das alles führt dann im Grunde zu den (.) Inhalten, die wiederum zu den Zielen führen.
Wie bei Angela so gibt es auch bei Beate eine zeitlich vorgelagerte Phase, die in ihrem Struktur-Lege-Bild vier Themenfelder umfasst. Wie auch bei Angela fällt in
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diese Vorphase mit dem „Ich“ die Person der Lehrkraft sowie eine organisatorische Phase der „Planung“. Außerdem widmet Beate den „Voraussetzungen“ der Kinder sowie dem „Faktenwissen“ über den Kirchenraum zwei eigene Bereiche, die für sie dem Unterrichtsgang vorgeschaltet sind. Bei dieser zeitlichen Phase vor dem Kirchenraumbesucht stellt Beate selbst fest, dass in ihrem Legebild zwar die Zeit das maßgebende Ordnungsprinzip ist, dieses Prinzip allerdings nicht stringent durchgehalten werden kann, sich also die vier Bereiche der Vorphase nicht eindeutig ordnen lassen: Beate, 1:18:15 Beate: Im Großen und Ganzen würde ich sagen: Ja, es ist ein zeitlicher Ablauf. ABER (.) es bedingt sich auch immer wieder wechselseitig.
Auf eine fixe zeitliche Anordnung dieser vier Themenfelder möchte sich Beate also nicht festlegen, sie bilden gemeinsam und „wechselseitig“ eine dem Unterrichtsgang zeitlich vorgeschaltete Phase. An dieser Stelle wird deutlich, dass das ordnende Prinzip in Beates Denken der Unterrichtsprozess ist, dessen Vorbereitung sich interdependent zwischen den oben angesprochenen vier Themenfeldern ereignet. Die zeitliche Ordnung des Legebilds ist dem Unterrichtsprozess untergeordnet, weshalb sie für die Phase der Vorbereitung nicht im strengen Sinn gilt: Mit Rücksicht auf die Sache wird auf eine verbindliche zeitliche Anordnung der vier Themenfelder verzichtet. Der Kirchenraumbesuch selbst wird dann durch „Verhaltensregeln“ und „Inhalte“ bestimmt. Das Ergebnis des Lernens vor Ort fasst Beate analog zu Angela im Cluster „Ziele“ zusammen und auch sie gibt mit dem Cluster „Fortführung“ einen Ausblick auf zukünftige Unterrichtsgänge in den Kirchenraum, auch wenn diese im Gegensatz zu Angela fachspezifisch und damit auf den Katholischen Religionsunterricht beschränkt bleiben. Dass auch diese Unterrichtsgänge in ihr lineares zeitliches Schema passen, macht Beate noch einmal deutlich, indem sie über die Clusterüberschrift eine selbst gestaltete Strukturkarte mit der Aufschrift später platziert. Angela und Beate stellen beide den Unterrichtsprozess als ordnungsleitendes Prinzip ihres Legebildes heraus und ordnen ihre Inhaltskarten entlang eines linearen Geschehens an. Bei beiden Lehrpersonen hat dieser Prozess einen klaren Ausgangspunkt, was Beates Kommentar „Es fängt an“ (Beate, 1:17:18) verdeutlicht. Beide Lehrerinnen weisen in ihrem Legebild eine Phase aus, die dem eigentlichen Unterrichtsgang vorgeschaltet ist. Diese Vorphase ist zunächst einmal geprägt durch die eigene Persönlichkeit, die beide am linken Rand ihres Legebildes platzieren. Daneben verorten die Lehrkräfte in dieser Vorphase inhaltliche, organisatorische oder auch lernpsychologische Überlegungen. Der lineare Prozess hat auch einen Punkt, auf den hin seine Abfolge ausgelegt ist. In beiden Fällen ist die Anordnung im Legebild auf das ausgerichtet, was bei den Kindern durch einen Unter-
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richtsgang bewirkt werden soll. Zudem weisen beide Struktur-Lege-Bilder eine zeitlich nachgeordnete Phase aus, in der die Befragten weitere Unterrichtsgänge in die Kirche – bei Angela auch außerhalb des Religionsunterrichts – verorten. Zyklischer Prozess (Gerda) Auf einem Prozess-Prinzip baut auch das Legebild der Lehrkraft Gerda auf, das sie in sieben Clustern anlegt. Wie bei Angela und Beate, die eine lineare Perspektive verfolgen, so ist für Gerda sie selbst als „Privatperson“ sowie „Lehrperson“ es, die den Ausgangspunkt ihres Legebildes darstellt. Über die Cluster „Methodik / Organisation“ und „Mögliche Inhalte“ gelangt sie schließlich zur unterrichtspraktischen Arbeit. Wie Angela und Beate, so richtet auch Gerda ihr Legebild darauf aus, was sie mit außerschulischem Lernen bei den SchülerInnen erreichen möchte. Diesem Cluster gibt sie die Überschrift „Schulkind“. Von der „Privatperson“ bis hin zum „Schulkind“ verbindet Gerda die einzelnen Cluster durch die Strukturkarten führt zu und legt eine konsekutive Abfolge an. Ein Blick auf die optische Gestaltung des Legebildes zeigt, dass der Prozess nicht im Sinne einer linearen Abfolge gedacht wird. Gerda orientiert ihre thematischen Bereiche entlang einer Kreisstruktur. Den Kern dieses Kreises bilden sachliche Informationen zum Kirchenraum. Zwischen ihrer eigenen Person als Ausgangspunkt und den Zielen des Unterrichtsganges als Endpunkt sieht Gerda eine Verbindung. Diese Verbindung ist für die Lehrerin eine Korrelation, wie sie durch eine selbst gestaltete Strukturkarte im Legebild verdeutlicht. Die Lehrerin möchte mit Unterrichtsgängen bei den Kindern nicht nur einen Lernzuwachs erreichen, sondern auch, dass die SchülerInnen diesen Lernzuwachs in ihr Privatleben mitnehmen und sich mit den Eltern darüber austauschen, auch wenn dieses Ziel außerhalb von Gerdas Einflussbereich liegt. Auch in ihrer eigenen Biographie waren es die Eltern, die ihren Zugang zur Kirche mitgeprägt haben. Diesen Zugang gibt sie nun an ihre SchülerInnen weiter. Damit wird die rein konsekutive zu einer sich wiederholenden Abfolge, die wie ein Zyklus verläuft: Gerda, 23:21 Gerda: SOOO. Das wär nämlich jetzt mein Stichwort. Manche Kinder erzählen ihren Eltern beim Gottesdienst Dinge vom Unterrichtsgang. Auf das ELTERNHAUS kommt es an. Und dann bin ich nämlich bei meinem eigenen Ich. Ne?
Mit diesem „Spagat rüber zur Privatperson“ (Gerda, 1:07:22) schließt Gerda ihre Anordnung zu einem Kreis und bildet so ihr Legebild als einen sich wiederholender Kreislauf ab. Der prozesshafte Charakter bleibt dabei trotzdem erhalten. Auch bei ihr wird so deutlich, dass das Unterrichtsgeschehen im Sinne einer zeitlichen Abfolge gedacht wird, das bei ihr selbst als Person seinen Anfang nimmt, organisato-
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risch geplant und vorbereitet wird und über die unterrichtspraktische Arbeit eine Veränderungen bei den Kindern bewirken soll. 5.3.3 Kein vollständiges Ordnungsprinzip Drei Lehrkräfte bieten keine Strategie an, die die einzelnen Bereiche ihres Legebildes nach einem Ordnungsprinzip erkenntnisleitend miteinander verbindet. Allerdings entwickeln sie strukturelle Beziehungen zwischen einzelnen thematischen Bereiche, so dass hier zwar nicht von einem vollständigen Ordnungsprinzip gesprochen werden kann, sich aber durchaus Ansätze eines solchen zeigen. Während Elke die einzelnen thematischen Bereiche additiv aneinanderreiht, entwickeln Hannah und Frank die Vorstellung eines personal getragenen Unterbaus. Additiv (Elke) Die Lehrkraft Elke gruppiert in ihrem Legebild die Inhalte nach sieben thematischen Feldern, die sie von links nach rechts nebeneinander anlegt und folgendermaßen betitelt: „Religionslehrkraft als Person“, „Kinder“, „Verhaltensweisen, evtl. Einschränkungen“, „Unterrichtsgang, vom Allgemeinen zum Speziellen“, „Kirche, Allgemein im Speziellen (xxx)“, „So gehe ich vor:“ sowie „Unterrichtsgänge, die bereits gemacht wurden bzw. in Planung sind“. Nachdem sie in der Legesitzung diese thematischen Bereiche entwickelt und die dort platzierten Inhalte strukturell geordnet hat, wird sie von der Forscherin gebeten, diese miteinander zu verbinden. Auf diesen Impuls reagiert die Lehrerin folgendermaßen: Elke, 1:15:31 KK: Es wäre prima, wenn Sie es noch schaffen, die einzelnen Bereiche untereinander in Beziehung zu setzen. Elke: Hm, ne (.), ich müsste (.), aber das kriegen wir ÜBERHAUPT nicht hin. (…) Ich müsste das fast als Kreis legen. Ich würde die Religionskraft nah an die Kinder legen. (..) Also wir machen einen Faden.
Die Lehrerin Elke identifiziert gegen Ende der Sitzung in ihrem Legebild ein Defizit. Dieses Defizit besteht für sie darin, dass sie mit der von ihr auf dem Tisch konstruierten räumlichen Anordnung der Cluster nicht zufrieden ist. Folglich kann sie die gestellte Aufgabe, nämlich die thematischen Bereiche untereinander zu verbinden, für sich nicht zufriedenstellend lösen. Elke bringt das deutlich zum Ausdruck, denn auf den Impuls der Forscherin reagiert sie mit den Worten „das kriegen wir ÜBERHAUPT nicht hin“. Sie wählt schließlich eine Hilfslösung („Also wir machen einen Faden.“). Mit diesem Faden umschließt sie die thematischen Bereiche, die sie selbst („Religionslehrkraft als Person“), die SchülerInnen („Kinder“) sowie Regeln und Verhalten beim Unterrichtsgang („Verhaltensweisen, evtl. Einschränkungen“) betreffen, denn „Die gehören alle zusammen.“ (Elke, 1:16:15). Unmittel-
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bar danach ergänzt sie: „Wobei natürlich die Verhaltensweisen und die Kinder stärker zusammengehören.“ (Elke, 1:16:18) Den verbindenden Gedanken zwischen den Clustern entwickelt die Lehrerin noch weiter: Elke, 1:17:39 Elke: Ja dann, dann ist es abgestuft im Prinzip. Das ist erstmal so diese ganze Einheit. (.) Also die Lehrkraft natürlich, die überlegt sich das bei einem Unterrichtsgang. (.) Der dann in der Kirche stattfindet, der dann SO vorgehen könnte. (.) Und überlegt sich dann danach, welche Unterrichtsgänge noch stattfinden KÖNNTEN. (…) Ja?
Elke geht ihre einzelnen von links nach rechts angelegten Cluster noch einmal in Gedanken durch. Nach der Lehrperson und den SchülerInnen kommt für sie eine Reihung, die sie als „abgestuft“ definiert. Als Religionslehrerin trifft sie Überlegungen zu „einem Unterrichtsgang“, der am Lernort „Kirche stattfindet“. Als optisches Verbindungsglied integriert sie hier noch die Kooperation mit dem Ortspfarrer, der den schulischen „Unterrichtsgang“ und den privaten „Kirchenbesuch“ (Elke, 1:00:44) verbindet. Aus bereits umgesetzten Unterrichtsgängen entwickelt Elke schließlich Ideen für weitere, die noch „stattfinden KÖNNTEN“. Die Lehrerin Elke lässt ihre einzelnen thematischen Bereiche nicht völlig unverbunden nebeneinander stehen, sondern bietet durchaus einzelne strukturelle Verbindungen an, die im Legebild optisch erkennbar sind und die sie entsprechend kommentiert. Allerdings wirken diese bis zum Schluss wie eine additive Aneinanderreihung der einzelnen Cluster. Was genau deren verbindendes Element und damit das Ordnungsprinzip jenseits der einzelnen thematischen Felder ist, bleibt bis zum Schluss offen. Personaler Unterbau (Hannah und Frank) Bei den Lehrkräften Hannah und Frank beträgt die Anzahl der Cluster acht bzw. neun und auch die thematische Aufteilung ist vergleichbar. So existiert bei beiden ein Bereich, der der eigenen Personen gewidmet ist (Hannah: „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“, Frank: „Das bringe ich als Person mit“), ein oder mehrere Cluster, die einen fachlichen Zugang zum Kirchenraum beschreiben (Hannah: „Kirche als sakraler Raum“, „Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“, Frank: „Mein Kirchenraumverständnis“) sowie ein Bereich für die unterrichtspraktische Arbeit (Hannah: „Unterrichtsgang – Warum? / Wie?“, Frank: „meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“). Beide Lehrkräfte zeigen in ihren Legebildern eine Mischung aus Clustern mit persönlichen, fachlichen und unterrichtspraktischen Schwerpunkten. Auch Hannah und Frank erhalten am Ende der Sitzung den Impuls, ihre einzelnen thematischen Bereiche miteinander in Beziehung zu setzen. Beide gehen diese Aufgabe auf ähnliche Weise an, nämlich indem sie bei ihrer eigenen Person (Hannah: „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“, Frank: „Das bringe ich als Person
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mit“) beginnen und auf diese Basis die anderen thematischen Bereiche beziehen. Hannah erläutert diese Verbindung in der Legesitzung mit den folgenden Worten: Hannah, 1:38:57 Hannah: Die Vorstellungen von Religionsunterricht, die haben dann auch / also ne, das ist natürlich auch einmal die Voraussetzung bei mir als Lehrkraft, aber auch meine Vorstellung von Religionsunterricht sind die Voraussetzung dafür, dass ich / dass es mir wichtig ist, Kirche auch als sakralen Raum erfahrbar zu machen. Und ist natürlich auch eine Voraussetzung dafür, dass ich, warum / also dass ich sage: Ja, ich möchte Unterrichtsgänge machen und auch wie die durchgeführt werden.
Den Ausgangspunkt für eine clusterübergreifende Perspektive sieht Hannah bei ihrer eigenen Person („bei mir als Lehrkraft“) und ihrer „Vorstellung von Religionsunterricht“. Sie selbst ist die „Voraussetzung dafür“, sich überhaupt zur Durchführung von Unterrichtsgängen zu entschließen und wie sie diese umsetzt. Schließlich wird die Entscheidung für die methodische Arbeit noch von ihrer eigenen Person und ihrer Vorstellung von Religionsunterricht auf die SchülerInnen ausgeweitet, die häufig „wenig Erfahrung“ (Hannah, 1:40:43) mit dem Kirchenraum haben und so eine entsprechende methodisch-didaktische Herangehensweise erforderlich machen. Frank folgt bei seinem Aufbau einem ähnlichen Gedanken wie Hannah. Er identifiziert in seinem Legebild einen „Unterbau“. Diesen Unterbau bilden seine eigene Person, sein Kirchenraumverständnis und seine Grundhaltung zum Religionsunterricht. Auf diesem Unterbau ruhen „zunächst mal meine Aussagen überhaupt zu Unterrichtsgängen“, wie Frank am Ende der Legesitzung selbst erläutert: Frank, 1:41:27 Frank: Das ist so der Unterbau ein Stück weit. Ja? Und (.) dadurch ergeben sich dann zunächst mal (.) meine (.) Aussagen überhaupt zu Unterrichtsgängen. Daraus ergeben sich natürlich auch die, die Lernziele, was ich so (.) mitgeben will, meine Ideen sage ich jetzt mal. Und das sind jetzt halt letztlich die Erfahrungen und (.) bisher er äh bisher gebrachten / Aussagen zu bisherigen Unterrichtsgängen. Ja? Und führt dann zur Reflexion für zukünftige. Wäre jetzt so mein, (.) meine Gesamtaussagen.
Diese allgemeinen Aussagen zu Unterrichtsgängen führen schließlich zu den Lernzielen, zu dem „was ich so mitgeben will, meine Idee“. Aus ihnen leitet die Lehrkraft Frank schließlich unterrichtspraktische Gedanken für bereits durchgeführte und zukünftig geplante Unterrichtsgänge ab. Sowohl Hannah als auch Frank entwickeln in ihrem Struktur-Lege-Bild clusterübergreifende Verbindungen, die bei ihnen als Lehrperson ihren Ausgang nehmen. Auf diesen personalen Unterbau richten sie weitere thematische Bereiche des Legebildes aus. Wie Elke diagnostizieren auch diese beiden Lehrkräfte in ihrem Legebild ein Defizit. Ihre entwickelte räumliche Anordnung widerspricht den von ihnen intendierten strukturellen Beziehungen zwischen den Clustern. In der folgenden
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Szene, in der Hannah die Cluster noch einmal anders arrangieren möchte, wird dies deutlich: Hannah, 1:44:13 Hannah: Grade Kirche als sakraler Raum und Kirche aus dem Blickwinkel der (nuschelt die Überschrift des Clusters vor sich hin) Architektur, Kunstgeschichte, des Heimat- und Sachunterricht. Das müsste ich jetzt eigentlich DA nebeneinander legen.
Die von den Lehrkräften Frank und Hannah entwickelten Verbindungen wirken zwar weniger bruchstückhaft als bei der Lehrerin Elke, trotzdem fehlt ein umfassendes erkenntnisleitendes Ordnungsprinzip und die einzelnen strukturellen Beziehungen wirken auch hier stark reihend. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass bei beiden Lehrkräften einzelne Cluster unverbunden stehenbleiben (Frank: „ortsbezogene Facts“, „private Aussagen“, Hannah: „Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“, „Organisatorisches“, „Rahmenbedingungen“) und sich in den personalen Unterbau scheinbar nicht reibungslos integrieren lassen.
5.4 G ESAMTANALYTISCHE D ARSTELLUNG – I NHALTLICH - STRUKTURELLE D IMENSIONIERUNG Wurden in Kapitel 5.3 die Struktur-Lege-Bilder aus der Vogelperspektive betrachtet, um darin aufscheinende Ordnungsprinzipien identifizieren zu können, erfolgt in Kapitel 5.4 ein Zoomen in die einzelnen Bereiche der Legebilder. Hier werden Inhalte und Strukturen personenübergreifend verglichen, mit dem Ziel, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Subjektiven Theorien herauszuarbeiten. Im Folgenden werden die identifizierten Themen dargestellt, die sich personenübergreifend rekonstruieren lassen. Maßgebend für die Identifikation eines Themas ist das Datenmaterial selbst. Es werden diejenigen Bereiche und InhaltsStruktur-Kombinationen der Legebilder genauer analysiert und verglichen, die sich für die Lehrkräfte als sinnbestimmend erweisen. Im Datenmaterial konnten sechs Themen identifiziert werden: der Einfluss des persönlichen Bezugs zum Lernort Kirche auf die unterrichtspraktische Arbeit (Kap. 5.4.1), der Umgang mit dem Kirchenraum im Kontext außerschulischer Lernsettings (Kap. 5.4.2), die mit Unterrichtsgängen verfolgten Ziele (Kap. 5.4.3), die Verbindung zwischen der Arbeit am Lernort Klassenzimmer und der am außerschulischen Lernort Kirche (Kap. 5.4.4), der pädagogische Umgang mit den Vorerfahrungen der SchülerInnen (Kap. 5.4.5) sowie die Zusammenarbeit mit ExpertInnen (Kap. 5.4.6). Jedes Thema wird im Folgenden ausführlich dargestellt, indem die verschiedenen innerhalb der Subjektiven Theorien identifizierten Ausprägungen nachgezeich-
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net werden. Dabei nimmt die Forscherin den induktiven Umgang mit dem Datenmaterial ernst, so dass sich dieser Analyseschritt weitgehend jenseits pädagogischer und fachdidaktischer Konzepte und Begrifflichkeiten bewegt. Die Forscherin macht dies auch dadurch deutlich, indem sie die einzelnen Ausprägungen – soweit möglich – nahe am Sprachgebrauch der Befragten anlehnt und diese mit Rückgriff auf Originaltöne labelt. Ist dies der Fall, so wird der Bezug zum O-Ton durch Anführungszeichen in der jeweiligen Überschrift kenntlich gemacht. Der Bezug zum Sprachgebrauch der UntersuchungspartnerInnen ist bei der Labelung der Ausprägungen allerdings nicht immer möglich, so dass in einigen Fällen auch auf abstrakte Begrifflichkeiten zurückgegriffen wird, insofern sie den Kern der Ausprägung prägnant wiederzugeben. Welche Inhalts-Struktur-Kombinationen analysiert werden, gibt die Logik des Datenmaterials vor. Die Reihenfolge in der Darstellung der einzelnen Themen orientiert sich dabei an der Reihenfolge, wie die Forscherin während ihrer Analyse vorgegangen ist. Damit werden zuerst die Themen aufgeführt, die besonders augenscheinlich im Material zu Tage treten. Für jedes Thema können mindestens drei Ausprägungen identifiziert werden. In fast allen Themenbereichen sind diese Ausprägungen in der Art gestaltet, dass eine Lehrperson in ihrer Subjektiven Theorie auch mehrere Ausprägungen gleichzeitig aufweisen kann. 5.4.1 Einfluss des persönlichen Bezugs zum Lernort auf die unterrichtspraktische Arbeit: Zwischen Authentizität und Neutralität In den Struktur-Lege-Bildern aller Lehrkräfte finden sich Inhaltskarten, die einen persönlichen Bezug zum Kirchenraum thematisieren. Bis auf eine Ausnahme weisen alle LehrerInnen für diese Inhalte in ihrem Legebild einen eigenen Bereich aus. Sechs Lehrpersonen legen dafür ein eigenes Cluster an (Angela: „Ich“, Beate: „Ich“, Elke: „Religionslehrkraft als Person“, Frank: „Das bringe ich als Person mit“, Gerda: „Privatperson“, Hannah: „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“), Daniel konzipiert mit Lehrerpersönlichkeit zweimal eine clusterinterne Überschrift. Manchmal konstruieren die Lehrkräfte mit Blick auf sich selbst eine Unterscheidung zwischen Privat- und Berufsleben. So etwa gibt es im Legebild von Gerda ein Cluster mit dem Titel „Privatperson“ und eines, das sie mit „Lehrperson“ überschreibt. In einigen Fällen fließen diese Bereiche aber auch ineinander über, was der Clustertitel „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“ im Legebild der Lehrerin Hannah deutlich macht. Gemeinsam ist allen ReligionslehrerInnen, dass sie sich während des Legeprozesses intensiv damit auseinandersetzen, welchen Bezug sie selbst zum Lerngegenstand und Lernort Kirche haben. Besonders wichtig ist für sie die Frage, ob und in welcher Weise dieser persönliche und oftmals emotional ge-
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prägte Zugang mit ihren Unterrichtsgängen in Verbindung steht. Es lassen sich vier Ausprägungen ausmachen, je nachdem, in welcher Weise und wie stark das eigene Ich in den Vorstellungen der Lehrkräfte außerschulisches Lernen am Lernort Kirche beeinflusst. Die Ausprägungen erweisen sich als exklusiv, innerhalb einer Subjektiven Theorie kann also nur eine der identifizierten Ausprägungen gezeigt werden. 1) „Authentisches“ Einbringen des Ichs aufgrund starker biographischer Bindung an den Raum Die vier Lehrerinnen Angela, Gerda, Hannah und Carla sehen ihren persönlichen und bereits in Kindertagen entwickelten Raumbezug als entscheidenden Faktor für die Unterrichtsgestaltung am Lernort Kirche. Während bei den ersten drei Lehrkräften dieser Biographie-Faktor eindeutig positiv besetzt ist, zeigt sich bei Carla eine spiegelbildliche Anordnung. Auch sie bringt ihre eigenen Raumerfahrungen durchaus authentisch ein, allerdings mit einem kritisch distanzierten Bezug zum Lernort Kirche. Die drei Lehrerinnen Angela, Gerda und Hannah legen für ihren persönlichen Bezug zum Kirchenraum ein eigenes Clustern an, dass sie mit „Ich“ (Angela), „Privatperson“ (Gerda) bzw. „Voraussetzungen bei mir: Lehrkraft“ (Hannah) betiteln. Bei allen drei Lehrkräften zeigt sich in diesem Cluster ein stark biographischer, erlebnisbezogener und emotionaler Bezug zum Ort Kirche. Als die Lehrerin Gerda in der Legesitzung ihren „Privatbezug zu dem Thema KIRCHE“ (Gerda, 49:32) offenlegt, betont sie zunächst einmal, dass dieser vor allem durch „das viele Anschauen von Kirchen (.), egal, ob im heimischen Umfeld, im Urlaub, mit den eigenen Kindern oder eben für mich alleine“ (Gerda, 49:49) geprägt ist. Die Lehrerin weist durch ihre Biographie weniger einen Bezug zu einem konkreten Kirchengebäude auf, sondern nennt Erfahrungen mit verschiedenen Kirchenräumen in unterschiedlichen Kontexten und personalen Konstellationen. Sie selbst hat durch ihr Elternhaus einen sehr regelmäßigen Kontakt zu Kirchengebäuden erlebt, wobei sie eine besondere emotionale Bindung zur Feier der Osternacht, der für sie „DER Gottesdienst“ ist, hervorhebt: Gerda, ZZ. 195-199 Gerda: Ja, klar. Ich meine, ich bin in vielen Kirchen sage ich mal rumgekommen, weil mein Vater war damals / ich weiß auch nicht (.) , haben wir dann oft Ostern, Osternacht, Freiburger Münster, München, Münsterschwarzach und so. Weil Osternacht ist für mich sowieso DER Gottesdienst, der was hat. (lacht) Und von daher, wenn man verschiedene Kirchenräume kennt (…) , ja, hat das einfach auch mit jeder Person für sich selber zu tun.
Auch die Lehrerin Angela platziert im Legebild verschiedene Inhaltskarten zu ihrer eigenen Person, die alle von einem positiven Verhältnis zum Kirchenraum zeugen, der sowohl von der atmosphärischen (Kirche ist für mich ein Ort der Ruhe) als auch
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von der liturgischen Dimension des Raumes (Ich gehe ganz gerne in den Gottesdienst) geprägt ist. Ähnlich wie bei Gerda zeigt sich auch bei Angela eine stark biographische Prägung aus der Kindheit. Bei ihr ist diese Kindheitserinnerung allerdings an einen spezifischen Kirchenraum geknüpft, hat sie doch selbst „gegenüber einer Kirche gewohnt“ und diese gemeinsam mit Freunden als Spielfläche genutzt, etwa um Kasualgottesdienste nachzuspielen: Angela, ZZ. 527-535 Angela: Für mich ist Kirche ein angenehmer Ort. Also positiv besetzt. Ich habe mich schon immer in Kirchen auch wohl gefühlt. Ich habe als Kind schon in Kirchen gespielt. Ich habe gegenüber einer Kirche gewohnt. Ja. Und ich habe auch in der Kirche mit unseren Straßenkindern – früher hat man ja auf der Straße gespielt, also wir haben auf der STRASSE gespielt – und dann sind wir ab und zu auch in die Kirche. (.) Da haben wir dann mal Hochzeit gespielt oder Kommunion. KK: Also wie so eine erweiterte Spielfläche? Angela: Ja wir haben schon gewusst, dass das besonders ist. (.) Aber ab und zu haben wir’s mal gemacht. (.) War lustig. Einer von uns war dann der Pfarrer und / (lacht) ja, das war goldig, das war goldig. Das hat natürlich viel Spaß gemacht.
Die Kindheitserinnerungen an den Raum sind stark emotional geprägt, was Worte wie „lustig“, „goldig“ oder „viel Spaß“ zeigen. Unmittelbar vor ihrer Story bringt Angela mit „angenehmer Ort“, „positiv besetzt“ und „schon immer […] wohl gefühlt“ ein zusammenfassendes Statement ihres Raumbezugs. Die Lehrkraft Hannah sieht ihren eigenen Bezug zur Kirche noch einmal stärker im Licht „einer religiösen Rückbindung“, wie sie in der Legesitzung selbst erläutert: Hannah, 20:52 Hannah: Also dass ich selber von mir behaupte, ich bin ein Mensch mit einer religiösen, also mit einer religiösen Rückbindung und das bedeutet mir was, in den Gottesdienst zu gehen und dort meine Ruhepunkte zu finden, den Gottesdienst mitzufeiern. Beziehungsweise die Ruhepunkte in der Kirche auch außerhalb des Gottesdienstes zu finden. Und so weiter. (…) Also deshalb ist für mich auch der Kirchenraum wichtig.
Hannah führt noch einmal verschiedene Situationen an, in denen sie den Kirchenraum nutzt („in den Gottesdienst zu gehen“, „Ruhepunkte in der Kirche auch außerhalb des Gottesdienstes zu finden“) und klassifiziert den Raum in ihrem abschießenden Statement als für sie selbst „wichtig“. Wie auch bei den anderen beiden Lehrpersonen ist der Kirchenraum für Hannah stark positiv konnotiert. Bei allen drei Lehrkräften findet sich im Legebild ein vergleichbarer Umgang mit dem auf sie selbst bezogenen Cluster. Sie sehen ihre eigene Person in ihrer Gänze als entscheidenden Faktor für Unterrichtsgänge und auch deren Gelingen an, wie die strukturellen Verbindungen (Voraussetzung für; führt zu) zu den sich daran anschließenden unterrichtspraktisch ausgerichteten Clustern zeigen. Folgender Auszug aus der Legesitzung mit der Lehrerin Gerda veranschaulicht noch einmal
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die Genese eben dieses Gedankens. Die Lehrkraft ist sich zunächst unsicher, ob sie den Bereich der eigenen Person überhaupt in das Legebild integrieren soll: Gerda, 14:14 Gerda: Das brauchen Sie doch für Ihre Arbeit nicht, das (.) das (.) den den privaten Vorbau. KK: Wenn Sie sagen, das gehört für Sie zum Thema dazu. Gerda: (…) Ja, es inspiriert ja. (…) Ähm, weil ich das dann weitergeben kann.
Nach kurzem Nachdenken entschließt sich Gerda doch dazu, den „privaten Vorbau“, wie sie es nennt, in ihrem Legebild zu belassen. Dabei führt sie einen doppelten Grund an. Zunächst einmal scheint der schulische Umgang mit dem Kirchenraum als Lernort maßgeblich von ihrem eigenen Zugang zu diesem Ort bestimmt („es inspiriert ja“). Zudem hat sie den Gedanken, dass sie diesen persönlichen Bezug „dann weitergeben kann“. Zu einem späteren Zeitpunkt der Legesitzung äußert sie dazu noch einmal: „Eben diese Hoffnung, dass etwas überspringt.“ (Gerda, 1:11:21) Die Metapher „überspringt“ deutet weniger auf kognitive Lerninhalte hin, als vielmehr auf die Weitergabe eines affektiven Raumbezugs, auch wenn dieser im Kommentar nicht weiter ausgeführt wird. Eben jene Koppelung von persönlichem Raumbezug und unterrichtlichen Erfolgen findet sich auch bei Angela: Angela, 1:47:19 Angela: Wenn ich mich selber in der Kirche nicht wohlfühle, dann kann ich auch das schlecht vermitteln, dass Kirche schön ist oder dass sich andere drin wohlfühlen. Hm, es gelingt mir vielleicht, ein gewisses WISSEN zu vermitteln, aber nicht unbedingt dann diese TIEFE oder (.) dass mir das dann Spaß macht.
Nur wer selbst einen positiven Zugang zum Raum hat, kann nach Angela über die Wissensvermittlung hinaus den SchülerInnen einen emotionalen oder sogar spirituellen („diese TIEFE“) Zugang zur Kirche ermöglichen. Zur Beschreibung dessen, was über das „WISSEN“ hinausgeht, finden sich bei Angela ähnliche Formulierungen, mit denen sie im Interview ihren eigenen Raumzugang ausführt („Spaß“, Angela Z. 535; „wohl gefühlt“, Angela Z. 528). Die persönliche Hintergrundfolie, die Gerda mit den Worten „es inspiriert“ (Gerda, 14:19) noch eher zurückhaltend beschreibt, erhält bei Angela durch das Schlagwort „authentisch“ deutliche Prägnanz, geht es in ihren Augen doch um ein „überzeugt sein“ und eine „positive Einstellung zur Kirche“: Angela, 1:49:02 Angela: Also authentisch heißt auch, dass ich selber davon auch in gewisser Weise überzeugt sein muss und selbst auch irgendwie eine positive Einstellung zur Kirche habe.
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Wie wichtig ihr diese authentische Arbeitsweise ist, legt Angela auch in ihrem Legebild noch einmal optisch dar, indem sie die betreffende Inhaltskarte durch das Unterlegen eines farbigen Tonpapiers betont und unmittelbar unter ihrer Clusterüberschrift Ich platziert. Was Angela als „authentisch“ und „überzeugt sein“ beschreibt, ist für Carla das „glaubhaft[e]“ Vermitteln: Hannah, 30:49 Hannah: Und jetzt im Bezug auf das Thema Kirche und Unterrichtsgänge in die Kirche denke ich, (.) ist es mir ein Anliegen, dass ich das für Kinder erfahrbar mache, was mir das bedeutet. (…) Oder ich denke es ist ja meistens so, dass ich nur dann was glaubhaft vermitteln kann, wenn ich das selber auch so empfinde, (…) dass Kirche eben EINMAL das architektonische Gebäude ist, aber dass es eben auch ein Raum ist, der ein Sammlungsort für mich sein kann, ein Ruheort.
Für außerschulisches Lernen in der Kirche gilt für Hannah der Grundsatz, dass sie etwas nur dann „glaubhaft vermitteln kann“, wenn sie selbst einen entsprechenden Zugang zur Thematik hat („wenn ich das selber auch so empfinde“). Die Wortwahl „erfahrbar mache“ und „empfinde“ deutet weniger auf ein kognitives Erschließen und Fassen des Raumes hin, sondern wie auch bei Gerda und Angela geht es der Lehrkraft Hannah um ein Gefühl für den Raum, einen emotionalen und sogar schon spirituellen Zugang zum Lernort Kirche (Hannah: „ein Sammlungsort“, „ein Ruheort“; Angela: „diese Tiefe“; Gerda: „etwas überspringt“). Auch im Legebild der Lehrkraft Carla erweisen sich unterrichtspraktische Inhalte als stark biographisch beeinflusst. Als einzige Lehrkraft weist sie keinen eigenen Bereich für ihre Person aus, sondern verwebt diese Inhalte derart mit ihren beiden zentralen Clustern „Wissensvermittlung + Verhalten“ und „Kirche zum Anfassen“, dass diese optisch fast untergehen. Im Cluster „Wissensvermittlung + Verhalten“ beschreibt die Lehrerin ihren Raumbezug passend zum Clusternamen als „oft sehr sachlich“. Sie selbst hat „manchmal Bedenken, dass ich ZUUU sachlich bin“ (Carla, 1:08:00) und diagnostiziert hier ein persönliches Defizit im Umgang mit dem Raum. Zur Kirche selber zeigt sie sich respektvoll distanziert (seit meiner Kindheit ist der Altarraum ein Bereich, den nur Priester und Ministranten betreten dürfen). Diese biographische Erfahrung ist in ihren Augen ausschlaggebend für bestimmte Vorgehensweisen im Unterricht (den Altarraum dürfen die Kinder nicht betreten, lieber schauen wir uns dazu Bilder im Klassenzimmer an). Die eigene distanziertrespektvolle Haltung zum Raum führt Carla als Grund an, auf eine originale Begegnung zu verzichten und stattdessen lieber mit verschiedenen Medien im Klassenzimmer zu arbeiten. Dazu korrespondieren persönliche Aussagen zum Kirchenraum, die sie im Cluster „Kirche zum Anfassen“ verortet. Hier relativiert die Lehrerin die Bedeutung des Raumes für ihr eigenes Leben, kann sie doch überall „Ruhe“ und „Besinnung“ finden:
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Carla, 55:11 Carla: Aber wenn ich Ruhe brauche (.) oder Besinnung, (.) dann ist es da für mich in Ordnung jeden Raum zu besuchen. Also da bin ich nicht auf den Kirchenraum jetzt ähm (.) festgelegt. Oder dass ich selber sage, jetzt gehe ich in die Kirche, auch obwohl kein Sonntag ist.
Auch für Carla stellt der persönliche und seit der Kindheit geprägte Raumbezug eine entscheidende Determinante für die Arbeit am Lernort Kirche dar. Allerdings lässt sich ihr Bezug zum Raum als sachlich-distanziert beschreiben. Trotzdem zeigt sie ein konsequentes Zusammenspiel zwischen eigener Person und unterrichtlichem Handeln, bis hin zu der Tatsache, dass sie sogar auf eine originale Begegnung verzichtet. 2) Partielles Einbringen des Ichs auf Grundlage des unterrichtlichen Zugangs zum Kirchenraum Während die Vertreterinnen der Ausprägung 1) ihre eigene Person vollständig im Kirchenraumbesuch aufgehen lassen, zeigt Daniel mit Blick auf seinen persönlicher Zugang zum Raum und dessen Auswirkungen auf unterrichtspraktisches Arbeiten einen differenzierteren Umgang. Diese Differenziertheit lässt sich optisch deutlich erkennen. Daniel orientiert sein Legebild am Lerngegenstand Kirche, der im Religionsunterricht eher sachlich erschlossen (Cluster „Sachwissen Kirche“) oder aber als meditativer Raum genutzt werden kann (Cluster „Religiöser Raum“). Seine eigene Person bringt Daniel je nach Ausrichtung des Unterrichtsganges partiell ein. Für beide Zugriffsweisen auf den Kirchenraum legt er unmittelbar unter der Clusterüberschrift einen Bereich an, den er mit Lehrerpersönlichkeit betitelt. Sie zählt für ihn zu den „ganzen Voraussetzungen“ (Daniel, 1:11:06) für außerschulisches Lernen und beim Sortieren bearbeitet er die betreffenden Inhaltskarten als erstes. Im Cluster „Sachwissen Kirche“ umfasst diese Lehrerpersönlichkeit für Daniel vor allem die eigene fachliche Sicherheit mit Blick auf die Ortskirche (in der Kirche in xxx kenne ich mich aus), aber auch die eigene Aktivität in und Vertrautheit mit der Pfarrgemeinde seines Schulortes (ich und meine Familie sind in der Pfarrei xxx aktiv und dort kenne ich die Leute). Wird Kirche beim Unterrichtsgang als sachlicher Lerngegenstand verhandelt, sieht Daniel also vor allem einen fachlich kompetenten und organisatorischen Zugriff auf den Kirchenraum als entscheidend an. Anders verhält es sich dagegen, wenn Kirche im Unterricht als „Religiöser Raum“ genutzt wird. Hier stellt Daniel zunächst einmal klar: „Man muss so sein, wie man ist.“ (Daniel, 31:11) Diesen Kommentar zu einer Inhaltskarte, die ganz allgemein seinen Religionsunterricht charakterisiert, münzt der Lehrer in seinem Legebild nun auf den meditativ geprägten Zugang zum Raum um und erläutert kurze Zeit später den Grund dafür:
230 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Daniel, 35:12 Daniel: Um so etwas zu machen, einen meditativen Unterrichtsgang, muss man erstmal vom Typ her denke ich dazu passen.
Worauf genau sich die Passung des „Typ[s]“ bezieht, führt Daniel zwar nicht weiter aus. Eine weitere Inhaltskarte im Bereich der Lehrerpersönlichkeit lässt das allerdings erahnen: ich gehe auch außerhalb des Gottesdienstes gerne in die Kirche, z.B. im Urlaub, um eine Kerze anzuzünden. Die Karte verweist auf einen persönlichen Bezug zur Kirche, die eben mit jener unterrichtlichen Nutzung des Raumes als „Religiöser Raum“ konnotiert. So zeigt sich auch bei Daniel ein authentisches Aufgehen der eigenen Person in der unterrichtlichen Arbeit, nur dass dieses im Vergleich zur Ausprägung 1) deutlich weniger biographisch geprägt ist, er es dafür aber mit Blick auf das methodisch-didaktische Handeln vor Ort differenzierter betrachtet. 3) Partielles Einbringen des Ichs aufgrund persönlicher Distanz zum Kirchenraum Beate und Frank klammern ausgewählte Bereiche der eigenen Persönlichkeit von ihrer schulischen Arbeit am Lernort Kirche völlig aus und klassifizieren so Elemente ihres Raumbezugs, die dem Privatleben vorbehalten bleiben. Die Lehrerin Beate legt in ihrem Cluster „Ich“ zwei nebeneinander liegende Bereiche an, die sie mit Kirche für mich (linke Spalte) und Kirche im Unterricht (rechte Spalte) betitelt. Während Kirche für mich den persönlichen Bezug der Lehrkraft zum Kirchenraum beinhaltet, ordnet sie bei Kirche im Unterricht klar schulbezogene Themen wie etwa die Kooperation mit KollegInnen ein. Der Forscherin ist nicht ganz klar, wie sich die Inhalte von Kirche für mich und Kirche im Unterricht zueinander verhalten und sie fragt deshalb nach: Beate, 51:42 KK: Wollen wir das „Kirche für mich“ und „Kirche im Unterricht“ noch irgendwie verbinden? Beate: Hm. (Atmet tief ein.) Da muss glaube ich (…) / das ist so ein Gegensatz. Da müsste etwas Rotes hin. Wie ähmmm … Irgendwie ist / es ist eine Diskrepanz im Grunde. KK: Äh, magst du das so hinschreiben? Beate: (…) Nää, obwohl, (…) auch nicht alles. (.) Ein beruhigender Ort ist ja was Schönes eigentlich, ne. (...) (Atmet tief ein.) Ne, stimmt auch nicht wirklich. Das steht einfach so nebeneinander. Es sind zwei getrennte Sachen. Einmal Kirche für MICH persönlich und dann die Kirche im Unterricht. (.) Eines überschneidet sich davon. Ja? Also dass Kirche ein beruhigender Ort ist. Ich würde die mal rausziehen. Weil Kirche ist ein beruhigender Ort, das kann ich auch gerne weitervermitteln. Und dass man auch so in die Kirche gehen kann, auf Städtereisen um einfach mal zu gucken und eine Kerze anzuzünden ist auch gut. Dass man hingehen kann, wenn es einem schlecht geht, auch. Und dass ich mich gut auskenne ist ja auch gut dann wieder für den Unterricht. Beate zieht die erwähnten Inhaltskarten nach rechts und damit in Richtung der Spalte „Kirche im Unterricht“. Und das sind mehr so DIE beiden, DIE. Beate zeigt auf die Inhaltskarten „ich gehe nur selten in den Gottesdienst“ und „das macht mich traurig, wenn Kirchen geschlossen sind“. Also das sind jetzt / kann man sagen, das ist ja nichts schlim-
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mes, aber (…) das würde ich jetzt den Kindern nicht irgendwie (.) mitteilen. Dass ich traurig bin, dass Kirchen oft geschlossen sind. (.) Ja, das wäre jetzt für mich nichts, was ich denen beibringen möchte.
Auf die Nachfrage der Forscherin, wie sich die beiden Bereiche Kirche für mich und Kirche im Unterricht zueinander verhalten, reagiert die Lehrkraft zunächst einmal mit einer sehr klaren Ansage, nämlich dass ihr persönlicher Bezug zum Kirchenraum und ihre unterrichtliche Arbeit eine „Diskrepanz“ darstellen, die sie auch farblich („etwas Rotes“) im Legebild ausdrücken möchte. Diesen „Gegensatz“ mildert sie kurze Zeit später mit den Worten „Das steht einfach so nebeneinander. Es sind zwei getrennt Sachen.“ ab. Schließlich weicht Beate die Trennung auf, denn „einiges überschneidet sich“. Die Lehrerin prüft daraufhin jede einzelne Inhaltskarte, die sie der Spalte Kirche für mich zugeordnet hat, auf ihre Passung für ihren Religionsunterricht. Eine solche Passung liegt für Beate immer dann vor, wenn die für ihre Person gültigen Aussagen zum Kirchenraum das Prädikat „gut“ verdienen und sie diese in der Schule „weitervermitteln“ kann. Dieses Kriterium sieht sie etwa bei den Aussagen, dass „Kirche ein beruhigender Ort“ ist, den man auch mal auf „Städtereisen“ oder auch in existenziell schwierigen Lebenslagen („wenn es einem schlecht geht“) besuchen kann, gegeben. Diejenigen Inhaltkarten, bei denen sie eine Passung feststellt, zieht sie leicht nach rechts und damit in Richtung der Spalte Kirche im Unterricht. Allerdings klassifiziert Beate auch zwei Inhalte („DIE beiden, DIE“), die sie „nicht irgendwie mitteilen“ möchte. Die Lehrerin bezieht sich hier auf die beiden Aussagen, dass sie selbst nur selten einen Gottesdienst besucht und ein Kirchenbesuch außerhalb des Gottesdienstes nicht immer möglich ist, weil „Kirchen oft geschlossen sind“. Beide Inhaltskarten klassifiziert die Lehrkraft als durchaus für sich zutreffend, allerdings als nichts, was sie SchülerInnen „beibringen“ möchte. In der Vorstellung von Beate handelt es sich hier um Inhalte, „die mich ganz persönlich betreffen“ und die „ich aber eigentlich aus der Schule heraushalte“ (Beate, 45:32). Damit klassifiziert sie in der Legesitzung eindeutig Komponenten ihres persönlichen Raumbezugs, die ihre unterrichtliche Arbeit am Lernort Kirche nicht tangieren sollen. Ein ähnliches Abgrenzungsphänomen findet sich beim Religionslehrer Frank. Er identifiziert zunächst einmal Aussagen zu seiner Person, die in seinen Augen die Gestaltung von Unterrichtsgängen beeinflussen, was schon der sprechende Clustertitel „Das bringe ich als Person mit“ deutlich macht. In diesem Cluster verortet Frank etwa einen stark wahrnehmungsbezogenen und sinnlichen Zugang zum Kirchenraum, den er schon seit seiner Kindheit bei sich selbst erlebt, wie er im Interview beschreibt: Frank, ZZ. 279-282 Frank: Ja, aber war für mich auch als Kind wichtig. Wie riecht ein Raum? Wie nehme ich einen Raum wahr? Wirkt er auf mich muffig oder einladend? Ist er dunkel oder hell?
232 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Gibt’s irgendwelche Kristallisationspunkte, wo meine Augen irgendwie sofort drauf gerichtet sind?
Daneben gibt es Inhaltskarten, die ebenfalls einen persönlichen Bezug zum Raum aufweisen, die Frank aber als „Restposten“ (Frank, 1:28:23) zunächst einmal in seinem Ordnungsprozess zurückstellt und sich ihnen erst gegen Ende der Legesitzung noch einmal widmet. Intuitiv wendet er sich dem Cluster „Das bringe ich als Person mit“ zu, zögert allerdings, diese Inhalte tatsächlich dort zu verorten: Frank, 1:29:06 Frank: Also das ist ja eher (.) / ich würde es jetzt nennen, PRIVATE Aussagen. KK: Gehört das zu dem oben dazu? Frank: Ja, (.) aber ich würde es jetzt eher als private Aussagen bezeichnen. KK: Was ist denn dann da jetzt der Unterschied? Frank: Also das, das bringe ich als Person mit für Kirchenraumerkundung oder Kirchenraumpädagogik. Frank macht mit einem in der Hand gehaltenen Stift eine Kreisbewegung um die Inhaltskarten des Clusters „Das bringe ich als Person mit“. Danach wendet er sich den beiden Karten zu, die er kurze Zeit später mit der Überschrift „Private Aussagen“ überschreibt. Und das ist ja (.) finde ich (atmet tief ein) / also diese zwei Aussagen könnten auch irgendwo anders, in irgendeiner anderen Mindmap auch stehen. Sind private Aussagen. (.) Hat jetzt mit der Kirchenraumerkundung an sich nicht wirklich was zu tun.
Die „Restposten“ passen für Frank nicht wirklich zum Thema „Kirchenraumpädagogik“. Konkret handelt es sich um zwei Inhaltskarten, die sein eigenes reges Gottesdienstverhalten, aber auch seine ablehnende Haltung zum Kirchengebäude seines Heimatortes betreffen. Sie überschreibt er kurze Zeit später mit der Überschrift Private Aussagen, die in der Analyse als eigenständiges Cluster identifiziert werden. Dass diese Aussagen „mit der Kirchenraumerkundung an sich nicht wirklich was zu tun“ haben, arbeitet Frank in seinem Legebild auch noch einmal optisch heraus. Alle Cluster, die für ihn als Unterbau für seine unterrichtliche Arbeit dienen, umschließt er mit einem Faden. Während er das Cluster „Das bringe ich als Person mit“ hier einbezieht, bleibt der Bereich „private Aussagen“ außen vor und wird strukturell mit den anderen Clustern des Legebildes nicht verbunden. Frank und Beate klassifizieren einige Bereiche ihres Legebildes als „ganz persönlich“ (Beate, 45:32) bzw. „PRIVAT“ (Frank, 1:29:07) und grenzen sie von der schulischen Arbeit am Lernort Kirche ab. Der Abgrenzungsgrund ist allerdings nicht identisch. Einmal werden die persönlichen Beziehungen zum Raum als für den Religionsunterricht unpassend klassifiziert („Ja, das wäre jetzt für mich nichts, was ich denen beibringen möchte.“, Beate 52:13), das andere Mal schlicht als irrelevant angesehen („Hat jetzt mit der Kirchenraumerkundung an sich nicht wirklich was zu tun“, Frank 1:29:28). Auch der Prozesscharakter des Trennungsvorgangs ist unterschiedlich. Trotzdem vertreten die Lehrkräfte Beate und Frank gemeinsam eine Ausprägung. Sie zeigen nicht nur beide ein Abgrenzungsphänomen,
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sondern wenden dieses auch noch auf vergleichbare persönliche Aussagen (eigene Gottesdienstbesuche und negative Erfahrungen mit dem Raum) an. 4) Kein Einbringen des Ichs aufgrund von „Neutralität“ Die Religionslehrerin Elke legt für ihren persönlichen Zugang zum Raum ein eigenes Cluster mit dem Titel „Religionslehrkraft als Person“ an. Elke schreibt sich selbst ein positives Verhältnis zum Kirchenraum zu, das nicht nur von einer gottesdienstlichen Nutzung des Raumes, sondern auch von einer als spirituell zu qualifizierenden Raumerfahrung (in meiner Heimatkirche hatte ich ein besonders Erlebnis, Geborgenheitsgefühl) geprägt ist. Ihr Verhältnis zum Kirchenraum am Schulort beschreibt sie als problematisch, was vor allem an den dort herrschenden akustischen (die Akustik in der Kirche in xxx bringt mich fast um) und optischen Verhältnisse (die Kirche in xxx ist düster und gehört renoviert) liegt. Diese stark emotional geprägten Aussagen verortet sie allerdings nicht im Cluster zur „Religionslehrkraft als Person“, sondern im thematischen Bereich „Kirche, Allgemein bzw. im Speziellen (xxx)“. Die Lehrkraft verweist in der Legesitzung mehrmals auf eine personale Bindung des Religionsunterrichts, ist dieser doch „ganz stark mit mir als Person gekoppelt“ (Elke, 1:15:17) und wird durch sie als „PERSON. Und die Erfahrungen, die ich hab.“ (Elke, 16:54) bedingt. Allerdings bringt Elke zu keinem Zeitpunkt der Legesitzung konkretes unterrichtliches Arbeiten mit ihrem persönlichen Raumbezug in Verbindung. Die Rolle der „PERSON“ und „die Erfahrungen, die ich hab“ relativiert sie außerdem, wie eine Szene am Beginn der Legesitzung dokumentiert. Hier möchte Elke gerade die Clusterüberschrift Religionslehrkraft als Person festhalten: Elke, 16:52 Elke: Das bin ich, nur zur Erklärung, das bin ich jetzt so als PERSON. Und die Erfahrungen, die ich hab. Und die bedingen (.) bedingen ja alles Weitere. So, dann schreib ich mal hin. Elke nimmt den Stift in die Hand und legt sich das beige Tonpapier so zurecht, dass sie die Überschrift schreiben kann. Sie hat bereits zum Schreiben angesetzt, unterbricht sich dann allerdings selbst. Und weil ich ziemlich NEUTRAL ja sein sollte, deshalb hab ich auch (.) ja diesen Farbton gewählt. (lacht)
Als die Lehrerin bereits den Stift angesetzt hat, um die Überschrift für ihren Themenbereich zu verschriftlichen, unterbricht sie sich selbst. Was folgt, ist eine Relativierung ihrer eigenen Rolle, die sie in einem Sollens-Anspruch formuliert. Sie selbst „sollte“ „ziemlich NEUTRAL“ sein und bringt diesen Gedanken plötzlich mit dem „Farbton“ des von ihr gewählten Tonpapiers in Verbindung, hat sie hier doch einen beigen und damit den aus der Farbpalette unscheinbarsten Ton herausgegriffen. Ob Elke diese Farbwahl tatsächlich bewusst getroffen hat oder aber einem zufällig gewählten Farbton im Nachhinein einen Symbolgehalt zuspricht, kann nicht rekonstruiert werden. Die Szene schließt mit einem kurzen Lachen von
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Elke. Es scheint fast so, als ob sie hier eine Dilemma-Situation feststellt. Sie selbst weiß, dass sie als „PERSON“ den Unterricht beeinflusst, gleichzeitig soll sie aber in ihren Augen „NEUTRAL“ sein. Die eingangs dargestellte Bindung zwischen Lehrperson und Religionsunterricht erscheint nun in einem völlig anderen Licht, handelt es sich doch für Elke weniger um einen beabsichtigten Zustand, als vielmehr um eine Diagnose, der sie mit einem Neutralitätsanspruch entgegenwirken will. 5.4.2 Zugriff auf den Kirchenraum beim Unterrichtsgang: Zwischen Sachlichkeit und religiösem Erleben Ein Schwerpunkt in den Ausführungen der Lehrkräfte bildet die Frage, wie der Kirchenraum als außerschulischer Lernort unterrichtspraktisch erschlossen werden kann. Für diese Überlegungen arrangieren die Befragten stets eigene Themenbereiche, die meist den Mittelpunkt des Legebildes ausmachen. Hier legen sie die fachliche Ausrichtung des Unterrichtsganges fest und entwickeln didaktische Prinzipien, die sie durch methodische Arbeitsweisen veranschaulichen und konkretisieren. Damit zeigen sie, welche Bedeutung sie dem Kirchenraum als außerschulischen Lernort zuschreiben und wie sie diesen im Kontext eines außerschulischen Lernsettings interpretieren. Dieser Umgang mit dem Raum wird im Folgenden als „Zugriff“ bezeichnet. Im Datenmaterial lassen sich drei verschiedene methodischdidaktische Umgangsweisen mit dem Raum und Ausprägungen dieses Themas identifizieren – je nachdem, wie die Lehrpersonen die Aufbereitung der originalen Lernumgebung für ihre SchülerInnen darstellen. Das Spektrum reicht dabei von der sachlichen Arbeit an materiellen Elementen des Lernortes über eine sinnlichemotionale Raumerschließung bis hin zu gemeinsamen spirituell-religiösen Aktivitäten. Die Ausprägungen zeigen damit charakteristische Vorstellungen, wie Unterricht im Kirchenraum ablaufen kann. Die drei identifizierten Ausprägungen stehen sich nicht exklusiv gegenüber, sondern können auch gleichzeitig von einer Lehrkraft vertreten werden. 1) Sachlich-kognitiver Zugriff auf den Raum Im sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum verhandeln die Lehrkräfte den Erwerb von Wissen über den Kirchenraum, der sich in der Regel in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit den originalen Gegenständen des Raumes ereignet. Dabei ist dieser Zugriff durch zwei Merkmale gekennzeichnet. Er ist zunächst einmal sachlich, da hier einzelne materielle Bestandteile der Kirche im Mittelpunkt stehen. Durch den Einsatz verschiedener Methoden soll den SchülerInnen ein Zugang zur Sachebene dieser Dinge ermöglicht werden. Ziel dieser Arbeit am Lernort Kirche ist der Erwerb von Wissen, so dass der Zugriff als kognitiv bezeichnet werden kann. Dabei zeigt sich bei den Lehrpersonen ein breites Spektrum möglicher Inhal-
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te, das von liturgischen Prinzipalstücken über Ausstattungsstücke des Kirchenjahres bis hin zu kunsthistorischen Besonderheiten des Raumes reicht. Einige Inhalte dieses Zugriffs ordnen die Lehrkräfte dabei anderen Unterrichtsfächern zu. Der sachlich-kognitive Zugriff auf den Raum ist zunächst einmal dadurch bestimmt, dass die Lehrkräfte ausgewählte materielle Elemente des Kirchenraumes zum inhaltlichen Schwerpunkt ihres Unterrichtsganges machen. Durch eine Auseinandersetzung mit den originalen Gegenständen vor Ort werden diese Inhalte bearbeitet. Ein Auszug aus der Legesitzung mit dem Lehrer Frank zeigt dies auf typische Weise: Frank, 38:08 Frank: In der 3. Klasse habe ich, hm, einzelne Gegenstände besprochen. Hm, genau. Im Blick auf (.) Kommunion (.) und (.) Eucharistie. Die hatten einen Laufzettel und haben in verschiedenen Sozialformen gearbeitet. Also da geht’s um die äußere Form hier, bei diesen zwei Sachen. Frank deutet auf die Inhaltskarten zur Arbeit mit dem Laufzettel und den darauf formulierten Arbeitsaufträgen für die SchülerInnen. Und da oben geht’s um das Inhaltliche. Frank deutet auf die Inhaltskarten, die die thematisierten Gegenstände im Kirchenraum und die Kommunionvorbereitung konkretisieren.
Für Frank machen „das Inhaltliche“ des Unterrichtsganges „einzelne Gegenstände“ im Kirchenraum aus. Diese werden beim Aufenthalt vor Ort „besprochen“, wobei die Wortwahl bereits eine bestimmte Art der Auseinandersetzung impliziert. Gelenkt durch einen Laufzettel haben die SchülerInnen den Auftrag, Gegenstände wie den Altar oder den Tabernakel zu bearbeiten, etwa indem sie deren äußeren Besonderheiten beschreiben. Dabei kommen auch Partner- und Gruppenarbeit zum Einsatz („verschiedene Sozialformen“). Bei der Arbeit vor Ort konzentriert sich Frank auf die sachliche Ebene. Das macht er während der Legesitzung mehrmals deutlich, etwa als er in der 2. Jahrgangsstufe die Arbeit mit der Osterkerze beschreibt: Frank, 43:55 Frank: Dann, was habe ich da gemacht? Sie durften sie schon anfassen. (...) Ich aber da jetzt nicht wirklich gestaltpädagogische Elemente eingebaut.
Ausgangspunkt für diesen Kommentar ist die Tatsache, dass Frank selbst eine Ausbildung als Gestaltpädagoge hat, die sehr stark auf ein wahrnehmungsorientiertes und emotionales Methodenrepertoire hin geprägt ist. Solche Zugangsformen schließt er für die Begegnung im Kirchenraum allerdings aus und nennt als die für ihn stärkste methodische Annäherung an die Osterkerze das „anfassen“, ohne aber Wirkung und Grund für die Methode zu spezifizieren. Frank zeigt damit die Möglichkeit eines unmittelbaren taktilen Umgangs mit dem originalen Gegenstand auf. Als methodisches Charakteristikum für diese Ausprägung des Zugriffs auf den Kirchenraum erweist sich allerdings eine distanzierte Arbeit an den Gegenständen, die über das Schauen und Betrachten läuft. So etwa gibt es im Legebild von Beate
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einen eigenen „Anschau-Punkt“ (Beate, 39:35), bei dem sie verschiedene Inhalte des Unterrichtsganges unter dem methodischen Leitprinzip „gezielt gucken“ (Beate, 39:39) subsumiert. Die Lehrerin Elke beschreibt schon im Interview die Arbeit am Altar mit den folgenden Worten: Elke, ZZ. 425-427 Elke: Ja beim Altar, dass wir uns auch mal drum rumstellen, dass man erst mal sieht, wie groß dieses Teil überhaupt ist. Solche Sachen. (...) Nah ran. (.) Nur mit den AUGEN gucken. Und einfach auch wirklich mal anschauen. Was steht da alles drauf? Was ist da alles drauf?
Die originale Begegnung mit dem Lerngegenstand Altar leitet Elke vor allem über die visuelle Ebene an („Nur mit den AUGEN gucken.“), die der Ausgangspunkt für verschiedene Sachfragen zum Altar („Was steht da alles drauf?“) ist. Den Umgang mit dem Ambo, den sie als Bestanteil einer arbeitsteiligen Gruppenarbeit plant, stellt sie folgendermaßen dar: Elke, ZZ. 560-567 KK: Also arbeitsteilig? Elke: Ja, ja. Natürlich. (…) Und dann würde wieder klar PLEnum zusammengefasst. Und dann dürfen sich die Kinder / würde ich nochmal eine freie Phase machen, wo dann vielleicht die Gruppe 3, die jetzt mit der Gruppe 1 von der Arbeitsphase her nichts mitbekommen hat, die stellen natürlich ihre Ergebnisse vor. Aber dann darf jeder trotzdem nochmal gucken. Würde sagen, Mensch, die eine Gruppe, die hat jetzt den, bleibe beim Ambo, den Ambo so dargestellt. Den würde ich mir aber gerne nochmal von der Nähe angucken. (.) Einfach nach diesen Erkenntnissen, nach der Erarbeitung, nach den Ergebnissen, die ich neu erfahren habe, nochmal hingehen. Anschauen.
Wieder bilden hier Aktivitäten wie „gucken“ und „anschauen“ den methodischen Bezugspunkt. Zudem weist die Reihung „nach diesen Erkenntnissen, nach der Erarbeitung, nach den Ergebnissen“ auf eine Zielgerichtetheit und gewünschte Effektivität des Unterrichtsganges hin. Hier deutet sich bereits ein weiteres Spezifikum dieses Zugriffs an, nämlich die Ausrichtung auf den Erwerb von Wissen über den Kirchenraum. So etwa betitelt Carla einen Themenbereich ihres Legebildes mit Wissensvermittlung + Verhalten und bringt dessen Inhalt folgendermaßen auf den Punkt: Carla, 1:17:45 Carla: Weil ja die Kinder auf der einen Seite dieses Wissen vermittelt bekommen. Wie ist es in einer katholischen Kirche?
Diese kognitive Ausrichtung lässt sich – wie bei Carla – manchmal bereits in den Überschriften der Legebilder ausmachen (Daniel: „Sachwissen Kirche“, Angela: Überschrift Wissen im Cluster „im Kirchenraum“). Aber auch Kommentare während der Legesitzung („Wissensvermittlung“, Carla, 15:15; „das Kognitive“, Elke,
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30:41; „Fachwissen über den Kirchenraum“, Frank, 41:10; „einzelne Fakten“, Daniel, 43:44) zeigen, dass ein sachlicher Zugang von den Lehrkräften mit einem Lernzuwachs verbunden wird. Dabei variieren die gewählten inhaltlichen Schwerpunkte eines solchen sachlich-kognitiven Zugriffs. Die oben aufgeführten Beispiele zeigen bereits, dass häufig liturgische Prinzipalstücke den Inhalt des Unterrichtsganges bestimmen und der Kirchenraum so in seiner Funktion als Gottesdienstraum inhaltlich erschlossen wird. Daneben gibt es auch Lehrkräfte, die sich verstärkt am Kirchenjahr orientieren und dieses als Anlass für einen Unterrichtsgang nehmen. So etwa ist Gerdas gesamtes Legebild vom Thema Kirchenjahr dominiert. Dieses zieht sich von allgemeinen Aussagen zu Unterrichtsgängen im Cluster „Lehrperson“ (meine Unterrichtsgänge mache ich am Kirchenjahr fest) über das Cluster „Mögliche Inhalte“ („Kirchenjahr als Oberbegriff. Also Oberkategorie. Dann haben wir ja Krippe, Karwoche, Ostern, Maria.“, Carla, 1:06:03) bis hin zum Cluster „Praktische Durchführung“, das sich vor allem um die Osterkerze dreht. Daneben können auch kunsthistorische Elemente des Kirchenraumes den inhaltlichen Schwerpunkt bilden. So etwa sortiert Daniel in seinem Cluster „Sachwissen Kirche“ die möglichen Themen für einen Unterrichtsgang unter die Überschriften Kirchenbereiche und Kunstgegenstände. Im daran entwickelten sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum sieht Daniel eine starke Nähe zum Heimat- und Sachunterricht, was zwei direkt unter der Überschrift platzierte Inhaltskarte deutlich machen: meine Ziele bei einem Unterrichtsgang sind mehr HSU-Ziele und die Themen zur Kirche überlappen sich in HSU und Religion. Bei Daniel deutet sich bereits an, dass die Lehrkräfte einen sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum auch anderen Unterrichtsfächern zuschreiben. So nehmen Daniel, Gerda, Angela, Hannah und Carla fachfremde Zugänge zum Raum in ihr Legebild auf. Besonders häufig wird dabei der Heimat- und Sachunterricht erwähnt. So etwa findet sich in Hannahs Legebild ein eigenständiges Cluster mit dem Titel „Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“. Bereits durch die Überschrift macht sie klar, dass sie den hier beschriebenen unterrichtspraktischen Zugang zum Raum nicht nur im Sinne von Themenschwerpunkten („Architektur, Kunstgeschichte“) interpretiert, sondern gleichzeitig auch mit der Zuordnung zu einem Unterrichtsfach („HSU“) gleichsetzt. Dabei stehen einzelne Elemente des Kirchenraumes „Zum BEISPIEL auch diese Statue vom Johannes.“ (Hannah, 1:02:24) im Mittelpunkt der Arbeit. Diese Gegenstände werden als Anschauungsobjekte genutzt, wie die Lehrerin Carla bereits im Interview – hier am Beispiel der Orgel – deutlich macht:
238 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Carla, ZZ. 438-444 Carla: Ja, da war aber die Orgel im Vordergrund gestanden. Da war ja nicht der Kirchenraum an sich im Vordergrund gestanden, sondern die Orgel als Instrument. Das war ja der Musikunterricht. KK: War das dann für dich ein Unterrichtsgang in die Kirche? Carla: Ja schon. Aber wir haben in der Kirche aber die Orgel angeschaut. Das war im Musikunterricht. Ergibt sich aber dann, dass einige Kinder auch andere Sachen wissen vom Kirchenraum. Und dass das dann plötzlich auch noch thematisiert wird. (.) Ja.
Gleich zweimal hebt Carla hervor, dass der hier erwähnte Unterrichtsgang im „Musikunterricht“ stattfindet. Es geht nicht um den Kirchenraum an sich, sondern um die Orgel als Musikinstrument, die sich eben in der Kirche befindet. Allerdings zeigen die Ausführungen von Carla auch, dass sie den Raum bei der unterrichtlichen Arbeit vor Ort nicht einfach ausblenden kann. Die Kinder sind es, die die Aufmerksamkeit der Lerngruppe – vermutlich durch Wortbeiträge – auf andere Aspekte der Kirche lenken. Die entsprechende Inhaltskarte macht Carla schließlich in der Legesitzung mit Hilfe der selbst gestalteten Strukturkarte Verbindung zu zu einer Brücke zwischen der Arbeit im Religionsunterricht und einem Themenbereich, in dem sie fachfremde Unterrichtsgänge in die Kirche verorten. Diesen Bereich betitelt sie schließlich mit fächerübergreifend, wobei schon die Wortwahl verdeutlicht, dass Carla hier keine eindeutige Abgrenzung zum Religionsunterricht aufmacht, sondern vielmehr eine Vermischung der Fächer sieht, die in ihrem Fall durch das Verhalten der Kinder inspiriert ist: „Also da erinnern die mich dran, dass das wieder Religion ist.“ (Carla, 1:23:48) 2) Sinnlich-emotionaler Zugriff auf den Raum Im Datenmaterial lässt sich ein Zugriff auf den Kirchenraum rekonstruieren, der als sinnlich-emotional beschrieben werden kann. Dieser Zugriff zeichnet sich dadurch aus, dass die Lehrpersonen die Arbeit in der Kirche in der Art beschreiben, dass sie Raumwirkung und die Atmosphäre bewusst in Szene setzen. Es geht um einen erfahrungsorientierten Umgang mit dem Raum, der alle Sinne anspricht und der die Kirche für die SchülerInnen emotional erlebbar machen soll. Dieser Zugriff definiert sich stark über eine Aktivierung der Wahrnehmung und ein Einbeziehen verschiedener Sinne. Der folgende Auszug aus der Legesitzung mit Hannah zeigt ein typisches unterrichtspraktisches Beispiel für diesen Zugriff: Hannah, 42:07 Hannah: Und das ging aber eben nicht nur (.), ging nicht nur darum, das als reines Sachthema aufzubereiten, hm, sondern das war auch ein besonderer Raum mit einer besonderen Wirkung und da hatte mir eben der Pfarrer schon ein paar Tipps gegeben, wie er das mit seinen Firmlingen macht. Und das war dann auch wirklich ganz wirkungsvoll. (.) Hm, dadurch konnten die Kinder den Raum schon auch erfahren. Er hatte das dann auch noch mit so (.) Musikinstrumenten untermalt, dass der Raum so ein bisschen, im unteren Bereich wie so eine Höhle gewirkt hat. KK: Also nicht reines Sachthema. Hannah: Ja, war schon auch eher eine emotionale Komponente noch dabei. Genau.
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Hannah hebt zunächst hervor, wo sie in der oben geschilderten Unterrichtssituation einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt. Ihr geht es um die Kirche als „besonderer Raum mit einer besonderen Wirkung“. An anderer Stelle bezeichnet sie diese Raumwirkung als etwas „Atmosphärisches“ (Hannah, 23:41). Dabei grenzt sie diesen Umgang mit dem Raum bewusst davon ab, ihn nur „als reines Sachthema aufzubereiten“ und argumentiert so über einen Kontrast zur Ausprägung 1). Die besondere atmosphärische Wirkung des Raumes versucht sie durch verschiedene Methoden, wie etwa dem Einsatz von Musikinstrumenten, für ihre SchülerInnen zugänglich zu machen. Der sinnlich-emotionale Zugriff zeichnet sich also zunächst einmal durch ein spezifisches Methodenrepertoire aus, das Angela noch einmal auf einer eher allgemeinen Ebene „mit dem Einsatz der verschiedenen Sinne“ umschreibt. Dieser sinnliche Raumzugang ermöglicht es, die Kirche zu „erfahren“, wobei die Lehrkräfte Hannah und Angela hier auf ein identisches Vokabular zurückgreifen. „Erfahren“ erhebt Angela schließlich sogar zum „Stichwort“ und führt aus: Angela, 1:14:08 Angela: Die Kinder sollen den Kirchenraum ERFAHREN. Das ist das Stichwort. Erfahren. Und das ist / zum einen geht das über musische Bereiche und mit dem Einsatz der verschiedenen Sinne. Natürlich überschneidet sich musischer Bereich und Sinne. Nur musischer Bereich ist ja hauptsächlich Akustik. Was man sieht und hört. Wobei Sinne noch anders sind, zum Beispiel dieses erfassen mit den / intuitiv etwas erfassen. Zum Beispiel, das ist die Wohnung Gottes. Oder an dem Platz gefällt es mir.
Gegen Ende der Arbeit an diesem Themenbereich spezifiziert Angela diesen Zugriff noch einmal. Ausgangspunkt ist die Inhaltskarte mit der Beschriftung die Arbeitsaufträge werden gemeinsam ausgewertet, z.B. Rundgang zu Lieblingsplätzen. Dabei kritisiert die Lehrkraft den Begriff ausgewertet als unpassend, da er für sie eine Bewertung und einen kognitiven Lernerfolg beinhaltet. Durch Kontrastbeispiele macht sie noch einmal klar, was genau sie sich hier vorstellt bzw. nicht vorstellt: Angela, 1:21:01 Angela: Das ist ganz anders. Das ist eigentlich keine Auswertung. Das, was ich da gemeint habe. Das ist nochmal ein Erleben oder Zeigen. KK: Wir können die Karte einfach anders beschriften. Angela: Also ausgewertet würde ich da (…) / gemeinsam nachempfunden würde ich das jetzt nennen. Weil dadurch, dass der das jetzt an dem Ort vorliest, EMPFINDE ICH DAS MIT. Ich lerne da nichts dazu, aber ich empfinde das mit. (…) Ich tue auch keinen Arbeitsauftrag in dem Fall auswerten und sagen: „Der hat das gut gemacht, das Gedicht.“, sondern das soll kommentarlos sein. Das ist nur das Erspüren. (.) Oder wenn ich sehe, was der gemalt hat dort. „Oh, wo hast du denn das gemalt? Ach (.) DAS hast du gemalt. Ach ja, lass mich mal gucken. Ah ja, stimmt, da habe ich noch gar nicht hingeguckt. Das ist mir gar nicht aufgefallen.“ Oder wenn ein Kind jetzt einfach nur den Ort toll findet. Und dann sind Kinder ja so offen und sagen: „Lass mich da auch mal da
240 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER hinsetzen. Ich will mal wissen, wie das da ist.“ Den Begriff „ausgewertet“ streicht Angela auf der Inhaltskarte und ersetzt ihn durch „nachempfunden“.
Zentral ist für Angela, dass die Kinder beim Besuch im Kirchenraum „gemeinsam nachempfinden“, „erspüren“. Wieder argumentiert sie hier über einen wahrnehmungsorientierten Zugang und grenzt diesen von einem kognitiven Zugriff ab. Auch Hannah betont in ihrem unterrichtspraktischen Beispiel, dass es „nicht nur“ um das Sachthema Kirche geht, sondern um eine „emotionale Komponente“. Besonders eindrücklich kommt diese emotionale Komponente in den Ausführungen von Carla zum Tragen. Entscheidendes Prinzip für einen Unterrichtsgang ist für sie die „Kirche zum Anfassen“, das sie in den Ausführungen zu diesem Cluster mit folgenden Worten erläutert: Carla, 1:20:02 Carla: Kirche zum Anfassen. (.) Das heißt für mich, dass die Kinder zum Beispiel ihre Bewegungszeit brauchen. Die Kinder dürfen in der Kirche auch frei rumlaufen. Hm, jetzt zum Beispiel, wenn sie irgendwelche Aufträge haben. Mit dem Partner. Entdeckungsaufträge, die sie erfüllen sollten. (…) Ja. (.) Beispiele sind auch für mich, dass die verschiedenen Gebetshaltungen in den Sitzbänken ausprobiert werden. Dass die Kinder am Ambo was vortragen können, zum Beispiel irgendwelche Geschichten von Jesus oder Fürbitten. Ja, hm, wir singen ein Lied in der Kirche. Wir beten gemeinsam das Vater-Unser, (.) auch mit Bewegungen. Ja. Genau. Das sind eigentlich alles auch Beispiele, wie ich es vermitteln oder wie ich den Kindern zeigen kann, dass der Kirchenraum oder die Kirche kann Spaß machen, kann mir Freude bereiten. Genau. Dass die Kinder mit dem Partner zusammenarbeiten. Dass die Partneraufträge unterschiedlich gestaltet sind, also dass man was entdecken können, mal was aufmalen können. Hm, genau.
Die emotionale Komponente erhält hier noch einmal eine etwas andere Akzentuierung. Carla führt zunächst ein Sammelsurium verschiedener Methoden an, deren Gemeinsamkeit vor allem ein bewegungsorientierter Umgang mit dem Raum ist. All diese zum Teil sehr unterschiedlichen Aktivitäten richtet sie schließlich auf ein gemeinsames Ziel hin aus, das konkrete Gefühle bei der Arbeit im Raum thematisiert: „Kirche kann Spaß machen, kann mir Freude bereiten“. 3) Religiöser Zugriff auf den Raum Beim religiösen Zugriff nutzen die Lehrpersonen die Kirche als Ort für gemeinsame religiöse Aktivitäten und als Raum für religiöse Erfahrungen. Dabei wird diese Ausprägung denjenigen Lehrkräften zugesprochen, die nicht nur typische Aktivitäten des Religionsunterrichts, wie etwa gemeinsames Singen oder Beten, anführen, sondern diese Methoden auch im Sinne einer Raumerfahrung deuten und einen Schwerpunkt darauf legen, die Kirche als Ruhe- und Gebetsort erfahrbar zu machen. Dabei kann die religiöse Aktivität selbst im Zentrum des Unterrichtsganges stehen, oder aber auch mit einer inhaltlichen Arbeit im Raum verbunden sein.
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Ein solcher Zugriff auf den Raum kann sich zunächst einmal in einer gemeinsamen Feier oder Andacht zeigen. So widmet Daniel in seinem Legebild ein eigenes Cluster dem Thema Kirche als „Religiöser Raum“. Mit diesem Themenfeld verbindet der Religionslehrer „mehr so was Meditatives“ (Daniel, 08:15). Konkret geht es ihm darum, „eine kleine Andacht zu machen“, wie er in der Legesitzung ausführt: Daniel, 15:06 Daniel: Das sind für mich wirklich jetzt auch ein wenig Unterschiede. Wobei man schon beides miteinander macht. Aber im Prinzip, von der Planung, von der ganzen Idee her, ist es schon ein Unterschied, mit welcher ZIELsetzung ich das Ganze angehe. Ob ich jetzt wirklich in eine Kirche reingehe, um eine kleine Andacht zu machen und vielleicht Verhalten in der Kirche mir ein bisschen mit den Kindern überlege. Oder ob ich mir wirklich die Kirche so anschaue als ORT, was gibt’s da alles.
Wie schon bei Ausprägung 2), so lässt sich auch hier feststellen, dass explizit über einen Kontrast zum sachlich-kognitiven Zugriff argumentiert wird, den Daniel mit den Worten „Kirche so [...] als Ort, was gibt’s da alles“ umschreibt. In seinem Legebild wird dieser Kontrast auch optisch sehr deutlich sichtbar, denn das Zentrum von Daniels Legebild machen die beiden Cluster „Sachwissen Kirche“ und „Religiöser Raum“ aus. Auch Frank erzählt, dass er sich bei einem Kirchenraumbesuch „eine kleine, spirituelle religiöse Feier“ (Frank, 33:57) vorstellen kann. Der Schwerpunkt des Zugriffs kann die religiöse Aktivität sein, wobei der Kirchenraum als der Ort dient, der dieser Aktivität „eine andere Komponente“ (Hannah, 40:23) verleiht als andere Räume, wie der Kommentar von Hannah deutlich macht: Hannah, 40:04 Hannah: Ja, ein Unterrichtsgang, das ist natürlich jetzt (…) schwierig. (…) Unterrichtsgang (.), da versteht man (.) immer mehr was Inhaltliches. Zum Thema Gebet würde ich jetzt in der 2. Klasse eben auch eher den Unterrichtsgang als meditatives oder eben eher praktisches Element sehen. Nicht, dass es jetzt speziell um den Raum als architektonische Größe geht, sondern um den sakralen Raum. Wo das mit dem Gebet, mit dem Beten halt anders umgesetzt wird. Oder eine andere Komponente noch hat als im Klassenraum.
Dabei zeigt ein Auszug aus dem Interview mit Hannah, dass dieser Raumzugriff nicht alleine „als meditatives oder eben eher praktisches Element“ den Unterrichtsgang dominieren muss, sondern der Ausgangspunkt dafür auch die Arbeit an konkreten Objekten im Raum sein kann: Hannah, ZZ. 521-530 Hannah: Ja, also natürlich zum einen, wie ist denn so ein Kirchenraum eingerichtet. Und wenn der Ablauf vom Gottesdienst besprochen wird, dann denke ich, das an den einzelnen Stationen festmachen. Aber (.), also (...) , ich denke, es ist halt auch (.) wichtig oder mir wäre es wichtig, erlebbar zu machen: Was heißt, sich um den Altar versammeln? Zum Beispiel so, was da entsteht und was da / in unseren Kirchen ist der Altar so
242 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER oft dieser Steinblock und das ist immer so eher was Kaltes, was Kühles. Aber dass das noch eine ganz andere Bedeutung hat. Da könnte ich mir jetzt wieder gut vorstellen, dass man das so in einer kleinen – muss ja gar kein Gottesdienst sein – aber einfach in einer Feier und irgendwas, was auch die Gemeinschaft so erlebbar macht, aufgreift. Also, diese einzelnen Phasen aus dem Gottesdienst, denke ich, die sind für die Kinder ja so theoretisch und so statisch und so weit weg. Das wäre mir ein Anliegen, die zu füllen.
In ihren Ausführungen bezieht sich Hannah auf die Einrichtungsgegenstände und ihre Bedeutung beim gottesdienstlichen Geschehen. Am konkreten Beispiel Altar erläutert sie ihre Zielsetzung, nämlich Gegenstände „erlebbar zu machen“. Um zu erfahren „Was heißt, sich um den Altar versammeln?“ reichen für sie allerdings Worte und Erklärungen nicht aus. Erschwerend kommt für Hannah die optische Erscheinung des Gegenstandes und seine Wirkung hinzu („dieser Steinblock und das ist immer so eher was Kaltes, was Kühles“). Den Erkenntniszugang sucht sie daher über eine Feier und das Erleben von Gemeinschaft. Die Kinder arbeiten sich am Gegenstand Altar nicht etwa kognitiv ab, sondern er wird zum Mittelpunkt und materiellen Bestandteil eines religiösen Gemeinschaftserlebens. Hannah argumentiert dabei über die emotionale Ebene. Angela betitelt die entsprechenden Inhaltskarten im Cluster „im Kirchenraum“ mit der Überschrift Religiöses Gefühl. Diese „religiöse Dimension“ (Angela, 59:53) umfasst für sie nicht nur das gemeinsame StillWerden oder Beten im Raum („Also zum Beispiel eine Stillephase, eine Gebetsphase, eine meditative Phase.“, Angela, 57:16). Durch das Tun brechen bei den Kindern auch theologische Fragen zur Kirche auf, etwa „ ‘Ist da wirklich, ist da Gott da?‘ “ (Angela, 1:18:32), bei denen die Religionslehrkraft in der Pflicht steht, nicht nur als Sachexperte zu reagieren, sondern „ICH als Glaubenszeuge antworte“ (Angela, 1:24:45). Die religiöse Raumerfahrung wird damit plötzlich zum Ausgangspunkt theologischer Gespräche und damit auch fachlich bedeutsam. 5.4.3 Ziele des Unterrichtsganges: Zwischen Grundwissen und privater Nutzung Einen großen Teil des Legebildes und oftmals dessen Zentrum bildet die unterrichtspraktische Arbeit am Lernort Kirche, deren mögliche Ausprägungen in Kapitel 5.4.2 dargestellt sind. In unmittelbarer räumlicher Nähe und meist durch die Strukturkarte führt zu verbunden, machen die Lehrpersonen in ihren Legebildern kenntlich, was sie mit dieser Arbeit vor Ort erreichen möchten. Einige Lehrkräfte legen dafür eigenständige Cluster an (Angela: „Ziele des U-Ganges“, Beate: „Ziele“, Frank: „Lernziele Kirchenraum“, Gerda: „Schulkind“, Hannah: „Unterrichtsgang – Warum? Wie?“). Der Logik des Materials folgend werden in dieses Thema auch nur diejenigen Inhalte und Strukturen aufgenommen, die sich tatsächlich in denen als Zielvorstellungen ausgewiesenen Themenfeldern finden lassen. Das Spektrum der Ausprägungen reicht dabei von einer Wissensvermittlung über die
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Entwicklung einer positiven Einstellung dem Raum gegenüber, die Ermöglichung emotional positiver und religiös-spiritueller Raumerfahrungen bis hin zu einer Beeinflussung des zukünftigen Nutzungsverhaltens der SchülerInnen. Wieder können hier einzelne Lehrpersonen auch mehrere Ausprägungen zeigen. 1) „Mehr an Wissen“ In dieser Ausprägung vertreten die Lehrpersonen den Standpunkt, dass ein Unterrichtsgang dazu dient, das Kirchengebäude kennenzulernen und Wissen über den Raum zu erwerben. Dieses Wissen bezieht sich vor allem auf die Bedeutung von Gegenständen im Raum, aber auch auf die Funktionen des Kirchenraumes und auf das Verständnis für ein angemessenes Verhalten vor Ort. Unabhängig vom konkreten Inhalt wird dabei stets ein kognitiver Lernzuwachs intendiert. Dabei zeichnet sich diese Ausprägung durch zwei Charakteristika aus. Zunächst einmal wird sie meist als vorrangige bzw. grundlegende Zielsetzung interpretiert, auf der weitere Ziele aufbauen. Zudem werden Situationen im Leben der SchülerInnen mitbedacht, in denen das im schulischen Kontext gewonnene Wissen angewendet werden und so ein Transfer stattfinden kann. Die wissensbezogene Zielebene wird bei vielen Lehrkräften noch einmal explizit im Legebild durch eine eigene Überschrift herausgearbeitet (Angela: Kirche, Was ist das?, Frank: Fachwissen, Gerda: Lernzuwachs). Die hier verorteten Inhaltskarten thematisieren etwa ein Wissen über angemessenes Verhalten vor Ort („dass den Kindern klarer wird, wie man sich da verhält“, Hannah, 1:17:21) oder aber Prinzipalstücke des Raumes und die damit verbundene Funktion der Kirche als Gottesdienstraum („Sie sollen die Gegenstände in der Kirche kennenlernen.“, Beate, 33:37). Solche Zielvorstellungen werden dabei häufig als „kognitiv“ gelabelt. So etwa kommentiert Elke ihre Ordnungsversuche an Inhaltskarten, die das Kennenlernen von Heiligenfiguren und Gegenständen im Raum thematisieren, mit den folgenden Worten: Elke, 1:07:52 Elke: Kognitiv. (.) Jawoll kognitiv. (.) Das ist alles kognitiv. (…) Das ist auch zu (.) kognitiv alles.
Dabei werden die von Elke als „kognitiv“ kategorisierten Ziele von einigen Lehrkräften auch als primäre Zielsetzung von Unterrichtsgängen interpretiert. Das lässt sich zunächst einmal optisch in den Legebildern nachweisen, nämlich indem die entsprechenden Inhaltskarten in den jeweiligen Clustern im oberen Bereich platziert sind und so gemäß des Regelwerkes der Struktur-Lege-Technik als besonders wichtig herausgehoben werden. Beate kommentiert diesen Sachverhalt in der Legesitzung noch einmal. Ihre Inhaltskarten zum Wissenserwerb über den Raum ordnet sie im oberen Bereich ihres Clusters „Ziele“ an und erklärt dazu:
244 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Beate, 33:37 Beate: Sie sollen die Gegenstände in der Kirche kennenlernen. Das gehört für mich schon an oberste Stelle erstmal auch.
Der Begriff „oberste“ verweist dabei auf die räumliche Lage im Struktur-Lege-Bild, gleichzeitig aber auch auf die von Beate zugesprochene Priorität. Das Kennenlernen des Raumes und ein basales Wissen über die Kirche werden dabei häufig als grundlegend für weitere Zielebenen interpretiert. So etwa erläutert die Lehrkraft Angela zu ihrer Überschrift Kirche, Was ist das? im Themenfeld „Ziele des U-Ganges“ Folgendes: Angela, 1:36:30 Angela: Das ist das Grundsätzliche. Wenn ich da jetzt / wenn ich gar nicht weiß, was eine Kirche überhaupt IST, dann kann ich alle anderen Themen damit nicht erreichen. Ich muss das erstmal wissen. Und für manche Kinder ist DAS das Ziel. Und da ist für manche Kinder schon viel erreicht, wenn ich DA was schaffe.
Folglich platziert auch Angela die entsprechenden Inhaltskarten im Cluster an oberster Stelle und unterstreicht so auch räumlich ihre Aussage, nämlich dass sie mit dem Kennenlernen der Kirche als Gotteshaus „das Grundsätzliche“ eines Unterrichtsganges verbindet. Als zweites Charakteristikum dieses Zugriffs erweist sich das Antizipieren von Kontakten mit dem Kirchenraum, die nach dem Unterrichtsgang stattfinden. Dieses Phänomen wird von der Lehrkraft Gerda bereits im Interview angesprochen. Hier erwähnt sie immer wieder ein „Mehr an Wissen“ (z.B. Gerda, Z. 282), das die Kinder aus der Begegnung mit der Kirche mitnehmen sollen. Auf die Nachfrage der Interviewerin, was genau dieses „Mehr an Wissen“ eigentlich bedeutet, äußert sich Gerda folgendermaßen: Gerda, ZZ. 283-298 KK: Was ist denn dieses „Mehr an Wissen“? Gerda: Dieses Vorher – Nachher. Dieses: Was ist schon da? (.) Ich komm jetzt wieder zu meiner Marienstatue. Weil, wenn man in der Kirchenbank sitzt, im normalen Gottesdienst, dann schweifen ja vielleicht manchmal die Augen. Aber eben so dieses bewusste Wahrnehmen, denke ich, ist bei vielen nicht da. Wenn man aber dann AUSSERHALB eines Gottesdienstes – sprich im Religionsunterricht – mal rüber geht und sich wirklich direkt davorstellt, vielleicht auch ein Sitzkissen mitnimmt, dass die sich da auch hinsetzen können. Weil Stehen auf Dauer halten sie dann ja auch nicht durch. Und dann (.) mal sagt: „Naja, jetzt wandert mal mit einer Lupe.“ (.) Oder (.) man nimmt noch eine Taschenlampe mit und lässt das alles einfach auch noch so ein bisschen anleuchten. (.) Hm, und dieses Mehr an Wissen. (...) Und DAS haben dann manche Kinder sogar tatsächlich gemacht. Dann haben sie erzählt: „Ja, wir waren ja am Sonntag in der Kirche. Und da hab ich der Mama da unten die Schlange gezeigt und da oben die Sichel.“ (Gerda imitiert eine Kinderstimme.) Das ist das, was ich so meine. Dass sie das, was sie erlebt haben, auch weitergeben. Und nicht nur denken: „Ach, war ja jetzt ganz nett, aber jetzt ist wieder gut.“ Aber wenn dann so eine Rückmeldung kommt: „Ich hab da
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der Mama oder der Oma / und ich hab da erzählt: Ja, hast du da unten schonmal die Schlange gesehen.“ Das ist so für mich dieses MEHR. (...) Ja.
Die Lehrerin Gerda beschreibt hier eine konkrete Szene bei einem Unterrichtsgang. Durch den methodischen Einsatz von Lupe oder Taschenlampe sollen die Kinder das Äußere der Marienstatue genau betrachten und so zu einem „Mehr an Wissen“ kommen. Im konkreten Beispiel geht es darum, bestimmte Attribute („Schlange“, „Sichel“) der Strahlenkranzmadonna zu sehen. Nach Gerda soll das „bewusste Wahrnehmen“ und das damit assoziierte „MEHR“ aber idealerweise nicht auf den Religionsunterricht beschränkt bleiben und hier verpuffen („ ‘Ach, war ja ganz nett, aber jetzt ist wieder gut.‘ “). Vielmehr geht es Gerda um eine unmittelbare Anwendung des Gelernten im privaten Bereich. So bildet der Besuch des Kirchenraumes zum „normalen Gottesdienst“ den Rahmen ihrer Unterrichtsszene. Bei einem sonntäglichen Gottesdienstbesuch, bei dem der Raum sonst nur oberflächlich und als Hülle für die dort stattfindenden Aktivitäten wahrgenommen wird, kann das erworbene Wissen über die Kirche an Familienmitglieder weitergegeben werden. Diese Verschränkung von Wissenserwerb und außerschulischer Anwendung arbeitet Gerda auch in ihr Legebild ein. Den Themenbereich der Ziele, den sie mit dem Titel „Schulkind“ versieht, unterteilt sie noch einmal in die beiden Teilbereiche Lernzuwachs und Weitergabe und erläutert die Verbindung der beiden Bereiche folgendermaßen: Gerda, 1:11:10 Gerda: Da geht es mir jetzt ums Kind. Schreibt die Überschrift des Clusters „Schulkind“ und spricht langsam dazu. SCH(.)U(.)L(.)K(.)I(.)ND. (.) Lernzuwachs. (.) Und Weitergabe. Ist jetzt wieder unverständlich, ne? (lacht) Das, was die Kinder durch den Unterrichtsgang gelernt haben SOLLEN (.), wäre schön zu erfahren, es wäre spannend, ob sie eben das Wissen WEITERgeben. (.) Eben diese Hoffnung, dass etwas überspringt. Lege ich mal so dazwischen. Tschup. Gerda platziert die Inhaltskarte „ich habe diese Hoffnung, dass beim Unterrichtsgang etwas überspringt“ dazwischen“. Und es eben dann den (.) Eltern (.) erzählen.
Eine solche Konstellation, in der es um die unmittelbare Anwendung von Wissen aus dem Unterrichtsgang geht, findet sich auch bei Angela. Konkretes Beispiel der folgenden Ausführungen ist die Arbeit mit dem Kreuzweg, der Bestandteil eines jeden Kirchenraumes ist: Angela, ZZ. 219-225 Angela: Und ich sage dann: „Wenn du in der Kirche sitzt, kannst du dir das anschauen. Hast du vielleicht schon angeschaut.“ Weil die Bilder ja oft bis vor gehen. „Ja, aber bei uns sieht das so aus und da ist das gemalt. Und da ist das so und.“ (Angela imitiert eine Kinderstimme) Ne? „Jede Kirche hat das ja ein bisschen anders.“, habe ich gesagt. „Aber (.) wenn du in eine Kirche kommst, FINDEST du das. (.) Das ist zwar vielleicht ein bisschen anders gemalt, aber es ist immer (.) die gleiche Geschichte. Und immer die Bilder. Genau SO viele Bilder. Und wirst es erkennen, wenn du da hinguckst.“
246 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Und dann haben die halt auch einen Ankerpunkt, wo sie in der Kirche mal was mit anfangen können.
Was Angela hier beschreibt, beinhaltet mehr als nur das Kennenlernen eines konkreten Kreuzweges. Als festes Ausstattungsstück des Raumes können die Kinder diesen – egal in welcher Kirche – wiederfinden, zeigt er doch immer „die gleiche Geschichte“ in immer der gleichen Anzahl an Szenen („genau SO viele Bilder“). Damit gibt die Lehrkraft den Kindern einen visuellen „Ankerpunkt“ in jedem belieben Kirchenraum – das Lernen am konkreten Beispiel wird als exemplarisch interpretiert. Dabei geht es nicht nur um die Reproduktion von erworbenem Wissen – wie bei Gerda – sondern um die Anwendung in einer analogen Situation („ ‘Jede Kirche hat das ein bisschen anders.‘ “), so dass von Angela hier bereits ein Transfer mitbedacht wird. 2) „Wertschätzung“ Diese Ausprägung ist durch die Intention gekennzeichnet, beim Unterrichtsgang den Kindern eine „Ehrfurcht“ (Daniel, Z. 217) bzw. „Wertschätzung“ (Daniel, 47:58) gegenüber dem Raum zu vermitteln und wird nur von der Lehrkraft Daniel vertreten. Ehrfurcht und Wertschätzung betreffen dabei den Raum in seiner Funktion als kulturell und historisch bedeutsamer Ort, nicht aber – wie der Begriff der Ehrfurcht vermuten lässt – in seiner religiösen Dimension. Im Interview erläutert Daniel dieses Ziel mit den folgenden Worten: Daniel, ZZ. 216-225 Daniel: Das sind eigentlich mehr so HSU-Ziele würde ich jetzt fast sagen. Also weniger religiöse, sondern einfach diese Ehrfurcht vor dieser Leistung, so ein Gebäude zu erstellen. Also auch bei den Zweitklässlern, auch bei den Kleinen. Und dass es einfach ein besonderer Raum ist. Also ich denke, die sollen einfach fühlen, das hier (.) ist etwas Besonderes. Das sieht anders aus wie daheim oder in der Schule. Oder es haben sich Leute viel Mühe gegeben, damit der Raum so ausschaut. Also mich selber fasziniert einfach immer die Schnitzerei an den Bänken, die GANZ NORMALEN Bänke, (.) wo jeder drinsitzt. Und wenn ich mir vorstelle, wie viel Arbeit das alleine gemacht hat, eine Bank da zu schnitzen. Und wenn man das dann hochrechnet auf die Anzahl der Bänke, also das fasziniert MICH zum Beispiel. (.) Vielleicht fasziniert das (.) auch ein Kind. Dann hätten wir schon denke ich was erreicht. Also ich denke, das wären so die Ziele. Einfach diese Ehrfurcht vor diesem besonderen Raum.
Zu Beginn und auch am Ende seiner Ausführungen spielt Daniel den Begriff der „Ehrfurcht“ ein. Bereits im Interview macht er deutlich, dass er mit dieser Zielsetzung „weniger religiöse“ Intentionen verbindet, sondern sie als „HSU-Ziele“ einstuft. Er möchte den Kindern die bauliche und künstlerische Leistung, die eine Kirche in ihrer Erscheinung als „besonderen Raum“ auszeichnet und sie von anderen Gebäuden unterscheidet, nahebringen. Als konkretes Beispiel zieht Daniel die kunstvolle und individuelle Gestaltung der Kirchenbänke heran, von denen er selbst
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„fasziniert“ ist. Dabei argumentiert Daniel ausschließlich über die äußere Gestalt des Raumes („damit der Raum so ausschaut“). So erscheint es auch folgegerichtet, dass Daniel in der Legesitzung diese Zielkategorie seinem Cluster „Sachwissen Kirche“ zuordnet, in dem er einen sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum verhandelt. Dabei grenzt er die „Wertschätzung“ noch von einem abfragbaren Sachwissen („Probearbeit“) ab, und interpretiert sie somit eher als Einstellung denn als Wissensbereich: Daniel, 47:54 Daniel: Also sie sollen auf jeden Fall auch so eine Art Wertschätzung finden. Also nicht nur für eine Probearbeit. (...) Hier habe ich das. Ehrfrucht und Wertschätzung. Daniel sortiert die Inhaltskarten, die für ihn zum Thema „Wertschätzung“ gehören. Das ist auf jeden Fall ein wichtiges Ziel. Sehr aufwändig gestalteter Raum. Das gehört ja da zusammen. (...) Da hab ich ziemlich viel zu. Also man sieht schon so Prioritäten, die ich dann immer wieder genannt habe.
3) „Angenehme Gefühle“ Schließlich lässt sich eine Ausprägung identifizieren, die auf eine emotionale Ebene ausgerichtet ist. Die SchülerInnen sollen den Kirchenraum als einen Ort erfahren, an dem es ihnen gutgeht und wo sie sich wohlfühlen. In dieser Ausprägung werden positive Emotionen im Raum verhandelt, ohne aber dass diese Gefühle automatisch einen spirituellen oder religiösen Gehalt haben müssen. Für die Lehrpersonen bleibt die Überprüfbarkeit offen bzw. die Zielerreichung selbst wird in Frage gestellt. Wie Ausprägung 1) lässt sich auch hier eine Ausrichtung auf zukünftige Begegnungen mit dem Raum feststellen. Besonders anschaulich wird diese Ausprägung im Legebild von Frank, der in seinem Cluster „Lernziele Kirchenraum“ eine Gruppe von Inhaltskarten mit der Überschrift emotionale LZ’e versieht und dazu erläutert: Frank, 1:02:22 Frank: Also ein Stück weit ein Heimatgefühl entwickelt. Also sprich, den Kirchenraum so erkunden, dass man sagt: „Oh ja, da fühle ich mich wohl.“
Als zentrales Ziel stellt Frank heraus, dass die Kinder im Kirchenraum „ein Heimatgefühl“ entwickeln, nämlich indem sie sich wohlfühlen und den Kirchenraum als positiven Raum erfahren. Dabei werden die positiven Gefühle von den Lehrkräften sprachlich unterschiedlich gefasst. Carla etwa greift auf den Begriff „Freude“ (Carla, 29:27) bzw. „Spaß“ zurück: Carla, 15:15 Carla: Na, naja, ich will ja, dass es den Kindern Spaß macht in der Kirche. Aber es ist trotzdem noch Wissensvermittlung. Also es ist beides.
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Als charakteristisch für diese Ausprägung erweist sich eine Argumentation über den Kontrast zur „Wissensvermittlung“ bzw. den „kognitiven Zielen“, wie Elke sie nennt: Elke, 35:58 Elke: Und hier, das sind mehr so die kognitiven Ziele. (.) Und hier die emotionalen.
Ein Abgrenzungskriterium zu einer kognitiv ausgerichteten Zielperspektive ist schließlich die Überprüfbarkeit. Diesen Sachverhalt äußert Frank in der Legesitzung, als er die Inhaltskarten zur „Gefühlsebene“, die er kurze Zeit später mit emotionale LZ’e betitelt, sortiert: Frank, 1:00:24 Frank: Also da würde ich jetzt mal sagen, das ist die Gefühlsebene. Die Ebene, wo man nicht eins zu eins am Ende abfragen kann, ist das jetzt rübertransportiert worden. Aber trotzdem denke ich, ist es mir wichtig, dass es irgendwie mit reinspielt. (…) Gut, dann könnte man das nennen non-verbale Lernziele oder Gefühlslernziele. Oder(.) emotionale Lernziele.
Für Frank ist offensichtlich, dass die Vermittlung der „Gefühlslernziele“ im Gegensatz zu den von ihm daneben angeordneten Ziele, die er mit Fachwissen betitelt, nicht überprüft werden kann. Trotzdem entscheidet er sich dazu, sie nicht außen vor zu lassen und letztendlich als „emotionale Lernziele“ zu deklarieren. Ein ähnliches Phänomen findet sich bei der Lehrkraft Elke. Auch sie spricht im Kontext derjenigen Ziele, die sie in der Legesitzung als „emotionale Sache“ (Elke, 1:09:59) bezeichnet, von einem Wohlfühlen im Raum. Allerdings ist auch sie dabei eher zurückhaltend. Elke geht es allerdings weniger um die Überprüfbarkeit, sondern um die Frage, ob solche Lernziele überhaupt bei einem Unterrichtsgang erreicht werden können: Elke, 1:09:59 Elke: Nein, das ist ja das (.) / mir liegt / mir ist es wichtig, so beim persönlichen Empfinden und sowas kann ich nur schwer initiieren. Kann’s anstoßen, aber ob’s dann letztendlich in Gang kommt, das liegt nicht in meiner Macht. (.) Und dann ist es vielleicht so eine Hoffnung, dass ich denke: „Oh, das wäre jetzt schön.“ (...) Aber ich würde mich dadrauf nicht so versteifen, weil ich glaube, ich wäre dann zu sehr enttäuscht. Wenn es einfach nicht so wird, wenn ich mir so ein Ziel setze.
Trotz dieser Zurückhaltung wird auch dieses Ziel – ähnlich wie Ausprägung 1) – auf seine Wirkung für zukünftige Begegnungen mit dem Kirchenraum hin interpretiert. So spricht Frank im Interview davon, dass von einem Unterrichtsgang „angenehme Gefühle“ „im Bauch“ bleiben, die bei einem späteren Kontakt mit dem Raum aktiviert werden können. Die entsprechende Inhaltskarte platziert er schließ-
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lich unter seiner Überschrift emotionale LZ’e. Wieder wird hier ein Kontrast zu einem kognitiven Wissenszuwachs („nicht nur im Kopf“) deutlich: Frank, ZZ. 316-321 Frank: Meine Hoffnung, mein Wunsch ist, dass einfach da was hängenbleibt. Was auch immer nicht nur im Kopf, sondern eben auch so im Bauch. Dass dann ein Stück weit, wenn wieder mal ein Kontakt ist mit Kirchenraum (.) irgendwann später / (.) dass da vielleicht Erinnerungen, Gefühle, (.) angenehme Gefühle bleiben. Oder geblieben sind. Ja. (.) Deswegen eher auch bei meinen Kirchenräumen jetzt nicht reglementieren und ja. Mit Trillerpfeife arbeitend. (lacht)
4) Spirituell-religiöse Erfahrungen im Raum „anbahnen“ Im Material lässt sich eine Ausprägung rekonstruieren, bei der die Lehrkräfte die Begegnung mit dem Kirchenraum auf eine Zielebene hin ausrichten, die als spirituell-religiös beschrieben werden kann. Hier geht es um mehr als nur um ein positives Gefühl im Raum, nämlich um spirituell-religiöse Erfahrungen vor Ort. Dabei wird diese Ausprägung nur denjenigen Lehrkräften zugesprochen, bei denen die spirituell-religiöse Zielebene nicht nur als Wissen um eine Raumfunktion, sondern als ein Erfahren eben jener Raumfunktion dargestellt wird. Dass eine Lehrerin eine solche Raumerfahrung im Rahmen eines Unterrichtsganges sogar explizit ausschließt, zeigt eine entscheidende Problematik dieser Ausprägung auf. Von Angela wird eine religiöse Erfahrung im Kirchenraum ganz explizit in den Themenbereich der „Ziele des U-Ganges“ aufgenommen. Eine Gruppe von Inhaltskarten überschreibt sie hier mit Gott erfahren → Lebenshilfe. Unter diesem Leitgedanken platziert sie vor allem Karten, die gar nicht spezifisch außerschulisches Lernen betreffen, sondern die Ausrichtung ihres Religionsunterrichts, in dem sie den Kindern ein Vertrauen in Gott und Glaubenserfahrungen nahebringen möchte. Was genau diese Leitgedanken ihres Religionsunterrichts nun mit einem Unterrichtsgang zu tun haben, erläutert sie folgendermaßen: Angela, 1:28:06 Angela: Wenn ich mich in der Kirche, in SEINEM Raum, geborgen fühle, dann kann ich auch eher den Satz mitsprechen: „Ich fühle mich in Gottes Hand geborgen. Ich fühle mich in Gott geborgen.“
Die Kirche interpretiert Angela als den Raum Gottes, was sie mit der Betonung des Possessivpronomens „in SEINEM Raum“ noch einmal unterstreicht. Ziel des gemeinsamen Kirchenraumbesuchs ist für sie ein Gefühl der Geborgenheit, das sie als Erfahrung von Gottes Nähe interpretiert. Das drückt sie bereits in der Überschrift Gott erfahren aus. Was Angela so explizit zur Sprache bringt, findet sich auch bei anderen Lehrkräften – allerdings in vorsichtigeren Formulierungen. So etwa spricht Daniel davon, dass die SchülerInnen „feinfühlig“ (Daniel, Z. 403) dafür werden sollen, dass die Kirche ein Ort ist, um nachzudenken, zur Ruhe zu kommen oder aber
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Kontakt mit Gott aufzunehmen. Ähnlich zurückhaltend äußert sich auch Frank. Er betitelt eine Reihe von Inhaltskarten mit erfahrungsbezogenen LZ’e. Diese beziehen sich unter anderem auf den folgenden Abschnitt aus dem Interview: Frank, ZZ. 299-301 Frank: Und von daher denke ich: Zumindestens anbieten, das ist ein Ort, wo man für sich sein kann, wo man auch Kraft schöpfen kann. Zur Ruhe kommen kann. Ja, einfach ein Ort, Kontakt mit Gott aufzunehmen. (.) Ja. (.) Kann man, zumindestens in so ein, zwei, drei Kirchenraumerkundungsstunden anbahnen.
Frank benutzt hier die Begriffe „anbieten“ und „anbahnen“ und zeigt damit eine deutliche Zurückhaltung, ob und inwieweit es gelingen kann, den Kindern im Kontext eines oder auch mehrerer Besuche die Kirche als spirituell-religiösen Raum zu eröffnen. Elke schließt das sogar bewusst aus. Im Vorspann zum unten angeführten OTon berichtet die Lehrerin noch davon, dass sie im Religionsunterricht den Kindern ein Grundvertrauen auf Gott mitgeben möchte. Auf die Nachfrage der Forscherin, ob Sie ein solches Ziel auch bei einem Unterrichtsgang in irgendeiner Form realisieren kann, antwortet Elke: Elke, ZZ. 82-95 Elke: Das weiß ich nicht, ob mir das gelingt. (...) Ich selbst, ich persönlich habe so eine Erfahrung mal gemacht, wo ich einfach mal in die Kirche rein bin. (...) Aber da hat dann auch einfach alles gepasst. Ich war in der richtigen STIMMUNG, TEMPERATUREN haben gepasst. Also ich habe nicht geschwitzt und ich habe nicht gefroren. Das ist ja immer so ganz wichtig. Die Sonne hat PASSENST durch gewisse Fenster geschienen. Und es war einfach nur SCHÖN. (...) Und da war so ein (.) Geborgenheitsgefühl. (.) Aber ob ich das jetzt Kindern vermitteln kann mit einem Unterrichtsgang, das glaube ich eher nicht. Für mich hat das halt den Effekt, dass ich dem ganzen positiv gegenüberstehe. Und dann macht man’s vielleicht auch eher. Aber ob ich das vermitteln kann, das glaube ich nicht. Man versucht es vielleicht. Aber ich glaube nicht, dass das dann in einer Kirche gelingt. (.) Weil Kirchen an für sich, (.) gerade unsere katholischen Kirchen, ja da eher abschreckend sind. (.) Sie sind groß, sie sind düster, es riecht nicht gut. Und es sind vielleicht auch wirklich so die Jahreszeiten, wenn man geht, 6. Januar, es ist kalt. Und Erntedank, da ist es oft einfach auch kalt. Und dann ist es / ich glaube, da muss man einfach ein bisschen älter sein. (.) Dass man sowas auch mal so Stille genießen kann. (.) Für die ist es nur ein (.) luftleerer Raum.
Elke erzählt von einer biographischen „Erfahrung“ im Kirchenraum, die durchaus als religiös eingestuft werden kann. Sie berichtet von optimalen Rahmenbedingungen – und zwar sowohl mit Blick auf sich selbst („ich war in der richtigen STIMMUNG“), als auch mit Blick auf den Raum („TEMPERATUREN haben gepasst.“, „Sonne hat PASSENST durch gewisse Fenster geschienen“). Eben jene Rahmenbedingungen auf Seiten des Raumes sieht sie bei einem Unterrichtsgang allerdings nicht gegeben, da das katholische Kirchengebäude selbst eine ungünstige Atmo-
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sphäre erzeugt. Eine spirituell-religiöse Erfahrung nimmt sie folglich in ihrem Legebild auch nicht in den Bereich auf, in dem sie ihre Zielvorstellungen anordnet. 5) „Selber auch mal hingehen“ Schließlich gibt es eine Ausprägung, in der außerschulisches Lernen als Chance verhandelt wird, dass Kinder später den Kirchenraum auch privat nutzen. Kennzeichnend ist dabei nicht etwa die Anwendung von Wissen oder die Erinnerung an ein positives Raumgefühl – wie in den Ausprägungen 1) und 3). Es geht darum, dass die Nutzung des Raumes von den Kindern selbst initiiert wird. Besonders eindrücklich zeigt sich diese Ausprägung im Legebild der Lehrkraft Beate. Im Cluster „Ziele“ legt sie verschiedene Gruppen an, aus denen sie schließlich mit der Strukturkarte führt zu eine einzige Inhaltskarte mit der Beschriftung einige Kinder nehmen die Kirche später vielleicht für sich in Gebrauch ableitet. Alle darüber angeordneten Inhaltskarten sind auf diesen optischen Höhepunkt des Clusters hin ausgerichtet: Beate, 35:26 Beate: Und dann kommt das eigentlich nach unten. (…) Dann kommt Hemmschwelle verlieren. Die Kirche ist immer offen. Die Kinder sind willkommen. Raum für Gebet. Und DAS führt dann hoffentlich dazu, dass sie selber auch mal hingehen. Beate legt die Inhaltskarte „einige Kinder nehmen die Kirche später vielleicht für sich in Gebrauch“ ans untere Ende des Clusters „Ziele“.
Ein Unterrichtgang dient für Beate dazu, dass die Kinder die Kirche als einen offenen Raum erfahren, den sie jederzeit betreten dürfen („Hemmschwelle verlieren“). Diese Erfahrung erfüllt dabei keinen Selbstzweck. Die Lehrkraft erhofft sich davon, dass ihre SchülerInnen den Kirchenraum später selbst einmal aufsuchen. Dabei lässt sie offen, ob es sich bei diesem „selber“ initiierten Aufsuchen des Raumes um einen Gottesdienstbesuch handelt oder nicht. Die Lehrerin Hannah wird hier konkreter. Bei der Arbeit an ihrem Cluster „Unterrichtsgang – Warum? Wie?“ kommt auch sie auf den zukünftigen Gebrauch des Kirchenraumes zu sprechen. Der Unterrichtsgang soll „LUST“ machen, den Kirchenraum auch einmal im Kontext eines Gottesdienstes zu erleben: Hannah, 1:35:46 Hannah: Und ja, (.) ich selber gehe relativ häufig in den Gottesdienst, das bedeutet mir viel. (.) Und das möchte ich natürlich auch (.) / oder es würde mich freuen, wenn Kinder auch diese Erfahrung machen. Natürlich wahrscheinlich weniger im Erwachsenengottesdienst, aber es gibt ja auch in xxx ein ganz rühriges Familiengottesdienstteam. Und ja, wäre natürlich schön, wenn die Kinder diese Möglichkeiten nutzen. Wenn sie LUST dadrauf bekämen.
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5.4.4 Vom Klassenzimmer in den Kirchenraum: Zwischen Regelkatalog und Setting-Sensibilität In ihren Ausführungen verweisen die Lehrpersonen immer wieder auf verbindende Elemente zwischen der Arbeit am Lernort Schule und der am Lernort Kirche. Dieses Thema zeigt, welches Zusammenspiel von schulischem und außerschulischem Arbeiten sich in den Vorstellungen der Lehrkräfte rekonstruieren lässt. Die Analyse konzentriert sich dabei auf diejenigen Aspekte, die die Lehrpersonen als Vorbereitung des Unterrichtsganges verhandeln, sind diese doch in den Legebildern besonders auffällig gestaltet. Bis auf eine Person zeigen alle Lehrkräfte in ihren StrukturLege-Bildern eine solche Verbindung zwischen den Lernorten Klassenzimmer und Kirchenraum. Dabei wird diese Vorphase von den Lehrkräften im Legebild in der Art herausgehoben, dass sie die entsprechenden Inhalte von der praktischen Arbeit im Kirchenraum trennen, meist auf der linken Seite ihres Legebildes platzieren und so im Sinne einer zeitlich-örtlichen Vorphase und als Voraussetzung für Unterrichtsgänge optisch herausstellen. In den Vorstellungen der Lehrkräfte zur Verbindung schulischen und außerschulischen Lernens lassen sich pädagogische, inhaltliche und methodische Aspekte identifizieren. Wieder können einzelne Lehrkräfte auch mehrere dieser drei Ausprägungen gleichzeitig aufweisen. Als exklusiv erweist sich lediglich Ausprägung 4), bei der keine Verbindung zwischen Klassenzimmer und Kirchenraum konstruiert wird. 1) „Wie ich mich verhalte“ Sechs Lehrpersonen sehen es als grundlegenden Bestandteil ihrer Planungsphase für außerschulisches Lernen an, im Klassenzimmer vorab das Verhalten während des Unterrichtsganges zu besprechen. Dabei erweist sich das Thema Verhalten nicht nur als Spezifikum für den Lernort Kirchenraum, sondern auch als eine rechtlich-organisatorische Voraussetzung, um überhaupt das Klassenzimmer verlassen zu können. Es geht also nicht nur um die Gewährleistung eines angemessenen Rahmens für den Unterricht vor Ort, sondern auch um den Weg zum außerschulischen Lernort. Die Lehrerin Hannah verweist während ihrer Legeversuche am Cluster „Organisatorisches“ auf eben jene „Belehrungen“: Hannah, 48:05 Hannah: Organisatorisches. (…) Ja, manches muss auch im Vorfeld abgeklärt oder besprochen werden. Einfach nochmal aufgreifen. Allgemeine Belehrungen beim Unterrichtsgang. Und in die Kirche im Besonderem. Da geht’s mir einfach auch um Dinge: Wie gehen wir auf dem Gehsteig. Und wir rennen nicht über die Straße. Und solche Sachen. Ne? Und ja schon auch, wir rennen in der Kirche nicht rum. Aber das taucht hier ja noch einmal auf. Hannah zeigt auf den thematischen Bereich „Kirche als sakraler Raum“. Also das gehört dann irgendwo auch zusammen, aber ich würde es jetzt in dem Fall in dem Bereich lassen.
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Unter dem Stichpunkt „Organisatorisches“ verhandelt Hannah Punkte, die vor dem Unterrichtsgang in der Klasse „abgeklärt oder besprochen werden“ müssen. Diese beinhalten zwei Aspekte. Zunächst einmal geht es um „die Kirche im Besonderen“. Als Beispiel nennt Hannah die Verhaltensregel „wir rennen in der Kirche nicht rum“, die aber auch im Raum selbst noch einmal thematisiert wird, so dass Hannah sie im Cluster „Kirche als sakraler Raum“ belässt. Im Themenbereich „Organisatorisches“ steht für sie die Frage im Mittelpunkt, welcher pädagogische Rahmen auf dem Weg zum außerschulischen Lernort Kirche gilt und hier besonders das Verhalten im Straßenverkehr. „Organisatorisches“ umfasst für die Lehrerin damit vor allem den Punkt „Allgemeine Belehrungen beim Unterrichtsgang“. Dieser findet sich auch im Legebild von Angela. Die Inhaltskarte über die Belehrung im Straßenverkehr und den Eintrag dieser Belehrung ins Klassenbuch verortet sie im Themenbereich „Vorbereitung des U-Ganges“ und hier noch einmal unter der extra angelegten Überschrift rechtliche Bedingungen berücksichtigen. Für die Lehrkräfte Hannah und Angela geht es bei der Festlegung der Verhaltensregeln vor allem um eine rechtliche Absicherung, wobei sie im Weg zur Kirche eine besondere Gefahrenquelle identifizieren. Auch die Lehrerin Carla kommt bei der Erläuterung ihrer Vorbereitungsphase auf das Thema Verhalten zu sprechen, das sie noch einmal als für sie zentral heraushebt („vor allem auch“). Sie bezieht sich in ihren Ausführungen nicht explizit auf den Kirchenraum, sondern ganz allgemein auf den „Unterrichtsgang“ und ähnlich wie Hannah und Angela stellt sie dabei den „Weg zur Kirche“ als besonders bedeutsam heraus: Carla, 1:03:59 Carla: Aber dann vor allem auch, wie ich mich verhalte, im Unterrichtsgang. Oder auf dem Weg zur Kirche.
Die Lehrkräfte Elke, Beate und Daniel sehen ebenfalls die Notwendigkeit, das Verhalten beim Unterrichtsgang bereits im Klassenzimmer anzusprechen. Die Lehrerin Elke legt ein eigenes Cluster zu „Verhaltensweisen evtl. Einschränkungen“ an, wobei sich mehrere Inhaltskarten der Vorbereitungsphase im Klassenzimmer und auch dem Verhalten auf dem Weg widmen (z.B. im Klassenzimmer besprechen wir vorher die Verhaltensregeln auf dem Weg zur Kirche, z.B. Wie laufen wir?), den sie als „besonders anstrengend“ (Elke, 51:52) einstuft. Bei der Arbeit im Raum setzt sie einen engen Rahmen, den sie den Kindern allerdings vor dem Unterrichtsgang mitteilt. Dabei entwirft sie bereits im Klassenzimmer ein Szenario für den Fall, dass die vereinbarten Regeln nicht eingehalten werden. Elke, 47:03 Elke: Jetzt kommt mh Verhalten. (.) Grenzen und die stecke ich ganz eng. Das mache ich, das sage ich vorher. Wenn sie wild sind, gehe ich heim. Und wenn sie GANZ
254 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER schlimm wild sind, würde ich glaube ich in der Klasse bleiben. (.) Besprechen wir vorher die Verhaltensregeln. So machen wir das.
Daniel kommentiert noch einmal in eher flapsigen Worten, warum er vorab eben solche Verhaltensregeln vereinbart: „Kinder, dass die keinen Quatsch machen.“ (Daniel, 40:35) Die Religionslehrerin Beate platziert eine entsprechende Inhaltskarte in ihrem Cluster „Planung“. Alle sechs Lehrpersonen beziehen bei ihren Überlegungen zur Vorbereitungsphase eines Unterrichtsganges das Thema Verhalten mit ein. Der Schwerpunkt liegt dabei weniger auf einer inhaltlicher Vorarbeit – etwa zur Bedeutung religiöser Praktiken im Raum – als vielmehr auf der Gewährleistung eines angemessenen Rahmens, um überhaupt mit den Kindern außerhalb des vertrauten Lernortes Klassenzimmer Religionsunterricht gestalten zu können. Vier Lehrkräfte legen dabei ein besonderes Augenmerk auf den Weg zum außerschulischen Lernort, der durch den Straßenverkehr und daher durch einen mit Gefahrenquellen behafteten Raum führt. Aber auch der Lernort Kirche fordert durch seine Besonderheit noch einmal eine spezifische Auseinandersetzung mit dem Thema Verhalten. 2) Unterrichtsinhalte vorbereiten Für fünf Lehrkräfte erweist es sich als bedeutsam, dass im Klassenzimmer eine inhaltliche Vorarbeit zu dem stattfindet, was mit den Kindern später im Kirchenraum im Original betrachtet und erarbeitet wird. Es geht um die Vorbereitung bzw. Vorentlastung von Unterrichtsinhalten. Besonders anschaulich wird dieser Sachverhalt im Legebild der Lehrerin Gerda. Die Überschrift ihres Clusters „Praktische Durchführung“ ergänzt sie mit der Zeitangabe davor. Am Beispiel der Osterkerze macht sie deutlich, was genau dieses davor für sie bedeutet. Schaut sie mit ihren SchülerInnen im Kirchenraum die Osterkerze an, werden im Klassenzimmer vorab Karwoche und Osternacht besprochen. Erst wenn dieses Kontextwissen erarbeitet ist, wird die Osterkerze bei einem Kirchenraumbesuch zum Thema gemacht. Einen solchen chronologischen Ablauf legt auch Daniel in seinem thematischen Bereich „Sachwissen Kirche“ an. Auch er entwickelt im Legebild eine zeitliche Vorphase, die wie bei Gerda links von der unterrichtspraktischen Arbeit im Kirchenraum liegt und eine Voraussetzung für diese darstellt. Diese Vorarbeit beinhaltet etwa eine Einführung in die Baugeschichte der Ortskirche. Auch bei Carla sind Unterrichtsgänge in die Kirche eng mit einer inhaltlichen Vorarbeit verknüpft. Das zeigt sich bereits im Interview. Gleich zu Beginn präsentiert sie hier Arbeitsmaterial, mit dem sie den Religionsunterricht vor dem Besuch der Kirche gestaltet. Bei dem Material handelt es sich um eine Folie, die die prototypische Ansicht eines Kirchenraumes von innen zeigt. Die einzelnen Einrichtungsgegenstände sind ebenfalls auf Folie gedruckt und jeder für sich frei verschiebbar.
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In den ersten Minuten des Interviews orientiert sich Carla stark an diesem Unterrichtsmaterial und kommt immer wieder darauf zu sprechen: Carla, ZZ. 48-52 Carla: Und da durften sie / (.) also das war ein Kirchenraum und dann durften sie die Einrichtungsgegenstände eben richtig hinlegen oder sie zuordnen. Carla ordnet auf der Folie mit der Skizze des Kirchenraumes die einzelnen Gegenstände, die als Folienausschnitte frei verschiebbar sind, an. Der Altar (.) in der Mitte. (.) Das Kreuz. Gut das ist jetzt der Ambo. Ja, also. Das hatte ich mit den Kindern als Vorbereitung.
Die dazu korrespondierende Inhaltskarte platziert Carla später im Cluster „UGänge allgemein / in die Kirche“, in dem sie organisatorische und inhaltliche Rahmenbedingungen von außerschulischem Lernen beschreibt. Dazu gehört eben auch eine inhaltliche Vorarbeit: Carla, 1:03:59 Carla: Auch im Klassenzimmer vermittle ich den Kindern schon einiges. Hm, zu Gebetshaltungen. AUCH zu Einrichtungsgegenständen.
Auch die Lehrerin Beate bedenkt eine solche inhaltliche Vorarbeit mit und auch sie eröffnet das Interview mit einem sehr ausführlichen Kommentar dazu. Dabei beschreibt sie eine Arbeitsphase im Klassenzimmer, die – wenn auch methodisch anders arrangiert – inhaltlich der von Carla sehr ähnelt. Wieder geht es um die Einrichtungsgegenstände („was so in eine Kirche gehört“), die durch Bildmaterial vorbereitet werden: Beate, ZZ. 18-22 Beate: Dann haben wir uns erst mal anhand (.) von Bildern angeguckt, was so in die Kirche gehört und welche Dinge meiner Ansicht nach (.) oder auch nach Lehrplan die Kinder lernen sollten. Ne? (.) Dazu gehört halt Altar, Tabernakel, Ewiges Licht, was ist überhaupt drin im Tabernakel, Ambo, Taufbecken und noch so ein paar andere Sachen. Das haben wir erst mal mit Bilder gemacht und dann auch so darüber erzählt, was die Kinder wussten. Das war im VORfeld.
Mit der entsprechenden Inhaltskarte verfährt Beate ähnlich wie Carla und platziert diese außerhalb der eigentlichen unterrichtspraktischen Arbeit. Sie ordnet im Cluster „Vorbereitung“ eine Gruppe von Karten an, die sie mit zeitlicher Ablauf überschreibt. An oberster Stelle platziert sie hier die Inhaltskarte Unterrichtsgang und Unterricht im Klassenzimmer müssen sich ergänzen, wobei die aus dem obigen OTon erzeugte Karte verdeutlicht, was genau Beate unter dieser Ergänzung versteht. Abschließend kommentiert sie noch einmal: Beate, 1:06:52 Beate: Das ist ja der chronologische Ablauf. Klassenzimmer. Unterrichtsgang.
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Unter die inhaltliche Vorbereitungsphase fassen die Befragten auch die Thematisierung von religiösen Praktiken und Ritualen im Kirchenraum. Bei ihrer Arbeit am Cluster „Vorgaben durch den LP der GS“ erläutert Hannah die folgende Verbindung zwischen den Lernorten Klassenzimmer und Kirchenraum: Hannah, 38:07 Hannah: Und das Kreuzzeichen, die Verbindung mit der Körpersprache, den Körpergesten, die Kniebeuge. Das gehört ja zusammen. Und das schon im VORFELD im Unterricht thematisiert worden im Herbst. Ist dann nochmal aufgegriffen worden. Und deshalb ist das jetzt einfach im Unterrichtsgang nochmal aufgegriffen und praktisch angewendet worden. Das macht man ja im Klassenraum dann weniger, dass man Weihwasser nimmt. Oder eine Kniebeuge macht.
Für Hannah sind „Körpersprache“ und „Körpergesten“ im Kirchenraum – wie sie beim „Kreuzzeichen“ oder der „Kniebeuge“ vollzogen werden – etwas, was zwar „im VORFELD“ inhaltlich im Klassenzimmer besprochen wird, allerdings hier auf einer theoretischen Ebene bleibt. Die praktische und damit konkrete körperliche Umsetzung erfolgt erst vor Ort und damit außerhalb des Klassenzimmers. Die VertreterInnen dieser Ausprägung heben hervor, dass außerschulisches Lernen in ihrer Vorstellung einen direkten inhaltlichen Bezug zur Arbeit im Klassenzimmer aufweist. Wie genau dieser Bezug aussieht, ist durchaus unterschiedlich. Beate, Carla und Hannah erarbeiten konkrete Inhalte, die sie dann später vor Ort im Original sehen bzw. als Tätigkeit praktisch umsetzen. Was vorab im Klassenzimmer medial repräsentiert oder aber theoretisch besprochen wurde, gewinnt im Kirchenraum authentische Gestalt. Gerda und Daniel dagegen geht es eher um einen einführenden Kontext, den die Kinder benötigen, um das im Kirchenraum thematisierte überhaupt einordnen zu können. Allen Lehrkräften ist gemeinsam, dass in der Vorbereitungsphase im Klassenzimmer eine kognitive Grundlage für die originale Begegnung mit dem außerschulischen Lernort Kirche gelegt wird. 3) Bekannte Methoden „leicht wieder einsetzen“ Ausprägung 3) beinhaltet verbindende methodische Elemente zwischen der Arbeit im Klassenzimmer und der am außerschulischen Lernort. Den Impuls für diese Überlegung geben bei den beiden Lehrkräfte Angela und Daniel Inhaltskarten, die gar keinen spezifischen Bezug zum außerschulischen Lernen aufweisen, sondern allgemein die Gestaltung ihres Religionsunterrichts beschreiben. Bei Angela sind es zwei Inhaltskarten, die Rituale als leitendes Prinzip ihrer Unterrichtsgestaltung im Fach Religionslehre nennen. Für die Lehrerin besitzen diese Inhaltskarten für Unterrichtsgänge unmittelbare Relevanz. Sie verortet sie deshalb im Cluster „Vorbereitung des U-Ganges“ und erläutert ihren Legeprozess folgendermaßen:
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Angela, 26:30 Angela hat die beiden Inhaltskarten in der Hand, die Rituale im Religionsunterricht thematisieren. Angela: Das ist jetzt so, dass ich mir überlegen kann, ja welche Methoden können die Kinder schon. Was habe ich denn schon gemacht? (.) Und DAS kann ich dann auch wieder in einem anderen Umfeld leicht wieder einsetzen. Weil die Kinder wissen, was ist ein Stehkreis. Die Kinder wissen, SO machen wir das immer beim GEBET. Da machen wir das jetzt genauso. (…) Jetzt zum Beispiel mit dem Fuß vorstellen. Angela tritt neben den Tisch, stellt einen Fuß nach vorne und ahmt so die Körperhaltung beim Gebetskreis im Religionsunterricht nach. Das sind diese Methoden, die kann ich mir dann auch überlegen, was ich schon als Voraussetzung habe.
Als sie das Cluster „Vorbereitung des U-Ganges“ entwickelt, widmet sich Angela in einem ausführlichen Kommentar den „Methoden“. Diese geben ihrem Religionsunterricht einen festen Rahmen und sind den Kindern vertraut, was die Lehrerin durch die Wiederholung der Phrase „die Kinder wissen“ noch einmal unterstreicht. Durch diese Vertrautheit und Beständigkeit („SO machen wir das immer“) erweisen sich eingespielte Elemente des Unterrichts wie das gemeinsame „GEBET“ als unabhängig vom Lernort („in einem anderen Umfeld leicht wieder einsetzen“). Damit beschreibt Angela ein Spezifikum ihres Religionsunterrichts, das mit dem Thema Kirchenraum zunächst einmal nichts zu tun hat, sich aber in ihrer Vorstellung für außerschulisches Lernen als durchaus relevant erweist. Eingespielte und vertraute Methoden lassen sich an einen außerschulischen Lernort übertragen und geben somit der gemeinsamen Arbeit dort einen vertrauten und ritualisierten Rahmen. Auch Daniel äußert in der Legesitzung eine solche Vorstellung. Er bildet bei der Arbeit am Cluster „Religiöser Raum“ eine Gruppe mit Inhaltskarten, die ganz allgemein seinen Religionsunterricht charakterisieren, in dem ihm etwa das gemeinsame Singen und auch meditative Elemente wichtig sind. Was genau diese Inhalte mit außerschulischem Lernen zu tun haben, erläutert er folgendermaßen: Daniel, 31:54 Daniel: Hm, hier ist jetzt zum Unterricht. Im Religionsunterricht. (.) Wie die Kinder im Religionsunterricht arbeiten. Das muss ja auch ein wenig zusammenpassen. Ne? Wenn ich NIE was singe und nie was Meditatives mache, kann ich schlecht in die Kirche gehen und das dann dort machen. Ich denke, das muss ein bisschen zusammengehören.
Daniel bearbeitet im Themenbereich „Religiöser Raum“ einen Zugang zum Lernort Kirche, der stark affektiv und emotional geprägt ist und mit einer spirituellen Raumerfahrung einhergeht. Als Voraussetzung für einen solchen Unterrichtsgang sieht er seine methodische Arbeit im Religionsunterricht, in dem er mit den Kindern häufig gemeinsam singt oder auch meditative Elemente anbietet. Für ihn ist es wichtig, dass die Arbeit im Klassenzimmer und am Lernort Kirche „ein bisschen zusammengehören“. Im Gegensatz zu Angela wird Daniel in seinen Ausführungen weniger konkret, er nennt beispielsweise kein bestimmtes Lied. Vielmehr scheint es
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Daniel um einen grundlegenden Unterrichtsstil zu gehen, der die gemeinsame Arbeit im Klassenzimmer prägt und daher im Kirchenraum analog dargeboten und aktiviert werden kann. Auch die Lehrkraft Gerda zeigt in ihren Ausführungen eine Sensibilität gegenüber der methodischen Verschränkung zwischen der Arbeit im Klassenzimmer und der im Kirchenraum. So äußert sie sich im Interview bei der Frage nach Gestaltungsprinzipien ihres Religionsunterrichts folgendermaßen: Gerda, ZZ. 358-360 Gerda: JESUSkerze. (…) Ja, die ist dann mit dabei, wenn ich sie nicht vergesse. (lacht) Aber einfach als ,ne, Symbol von der Klasse, jetzt rübergehen in die Kirche.
Ein zentrales Moment in jeder Religionsstunde ist für die Lehrerin die „JESUSkerze“. Im Interview erzählt sie zunächst ausführlich, wie die Klasse diese Kerze zu Schuljahresbeginn gemeinsam gestaltet und sie das Anfangsritual der Religionsstunde begleitet. Das Entzünden der Kerze markiert den „BEGINN der Relistunde“ (Gerda, Z. 336). Als „Symbol von der Klasse“ und als materielles Zeichen dafür, dass jetzt Religionsunterricht stattfindet, wird diese Kerze bei einem Unterrichtsgang mit in die Kirche genommen. Die entsprechende Inhaltskarte platziert die Lehrerin Gerda in ihrem Legebild im Cluster „Methodik / Organisation“, in dem sie den Rahmen für die Arbeit außerhalb des Klassenzimmers festlegt. Dass sie die entsprechende Karte nicht im unmittelbar daneben liegenden Themenbereich „Mögliche Inhalte“ verortet, bestätigt, dass Gerda die Jesuskerze als methodisches Verbindungselement zwischen Klassenzimmer und Kirchenraum und als unabhängig von einem konkreten Unterrichtsinhalt erachtet. Die drei Lehrpersonen Angela, Daniel und Gerda zeigen ein Bewusstsein dafür, dass im Klassenzimmer grundgelegte methodische Elemente die Arbeit am Lernorte Kirche begleiten. Durchführung und Bedeutung dieser Methoden sind den Kindern aus dem Klassenzimmer vertraut und können so in den Kirchenraum wie eine Art Arbeitsrahmen transportiert werden. Auffällig ist, dass alle drei Befragten auf Methoden verweisen, die sich als spezifisch religionspädagogisch klassifizieren lassen, eine sinnlich-affektive Ausrichtung haben und dabei vor allem eine spirituelle Raumdimension betonen. Bei der Lehrkraft Daniel wird dies durch die Verortung im Cluster „Religiöser Raum“ besonders augenscheinlich. Die drei Lehrpersonen zeigen sich somit sensibel für das Lernsetting im Kirchenraum, bei dem sie auch bei einem Ortswechsel konstante Elemente identifizieren. 4) „Vorbereitet habe ich im Vorfeld nichts“ Religionslehrer Frank gibt bereits im Interview Auskunft darüber, dass er auf eine vorbereitende Phase im Klassenzimmer verzichtet:
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Frank, ZZ. 31-36 Frank: Aber vorbereitet habe ich im Vorfeld nichts, sondern das wurde dann nachgearbeitet, in Anführungszeichen. Ich wollte einfach mal auch aus Neugier, was die Kinder alles wissen und kennen, einfach mal OHNE Vorwissen in den Raum gehen. (.) Ich meine die Kinder kennen den Raum, (.) weil das einfach von der Nähe zur Schule der Ort ist, wo wir unsere Schulanfangs- und Schulschlussgottesdienste feiern.
Für Frank steht der Besuch im Kirchenraum nicht isoliert, schließlich verweist er darauf, dass im Klassenzimmer Inhalte aus dem Unterrichtsgang „nachgearbeitet“ werden. Eine gemeinsame Vorbereitung im Klassenzimmer schließt er dagegen aus und begründet dies auch. Frank möchte, dass die Kinder unbefangen („OHNE Vorwissen“) in die Kirche gehen. Dabei ist er sich im Klaren, dass er die SchülerInnen nicht mit einem für sie völlig unbekannten Raum konfrontiert, finden hier doch die Schulgottesdienste statt. Frank baut auf diese Vorerfahrung und zeigt sich gespannt, welches Vorwissen die Kinder hier einbringen können („einfach mal auch aus Neugier“), erleben sie den Raum bei einem Unterrichtsgang doch in einem völlig anderen Kontext. Sein unterrichtliches Vorgehen bekommt so einen experimentellen Charakter, den er allerdings mit Rückgriff auf die Vorerfahrungen der Kinder abwägt und mit einer pädagogischen Zielsetzung – nämlich der Diagnose von Vorwissen – begründet. Die entsprechende Inhaltskarte platziert er später im Cluster „Meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“. Hier bedenkt Frank auch verschiedene Änderungen für seine zukünftige unterrichtspraktische Arbeit am Lernort Kirche, wobei er eine Vorbereitungsphase weiter ausspart. 5.4.5 Pädagogischer Umgang mit den Vorerfahrungen: Zwischen Kompensationsleistung und Expertenrolle Bei allen Lehrkräften findet sich in den Legebildern eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Erfahrungen die SchülerInnen mit dem Kirchengebäude gemacht haben, bevor es im Religionsunterricht gemeinsam als außerschulischer Lernort aufgesucht wird. Für drei Lehrkräfte ist dies so zentral, dass sie dieser Frage ein eigenes Cluster widmen (Beate: „Vorerfahrungen“, Elke: „Kinder“, Hannah: „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“). Dabei unterscheiden die Lehrkräfte zunächst einmal zwei Gruppen von Kindern, nämliche SchülerInnen, die eine ausgeprägte Sozialisation mit dem Kirchenraum mitbringen und solche, denen eine Vorerfahrung mit und folglich ein Vorwissen über diesen Raum fehlt. Diejenigen Kinder, die in ihrem privaten Umfeld regelmäßig mit dem Kirchenraum in Kontakt kommen, erleben ihn in seiner Funktion als Gottesdienstraum und können sich so routiniert in ihm bewegen. Anderen fehlt diese Routine und die Kirche ist ein für sie weitgehend fremder Raum. In den Legebildern leiten die Lehrkräfte aus diesen diagnostizierten Vorerfahrungen verschiedene Konsequenzen für ihre unterrichts-
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praktische Arbeit ab, so dass sich drei Ausprägungen des Themas identifizieren lassen. Der Fokus der ersten Ausprägung liegt auf einer Kompensation fehlender Vorerfahrungen mit dem Raum, während in der zweiten Ausprägung diejenigen Kinder in den Blick genommen werden, die schon umfangreiche Vorerfahrungen mitbringen und so eine Expertenrolle bei Unterrichtsgängen einnehmen können. Die Ausprägung 3) schließt die beiden anderen Handlungsoptionen, die jeweils einen aktiven Umgang mit den diagnostizierten Vorerfahrungen zeigen, automatisch aus. Auch die beiden durch Aktivität gekennzeichneten Ausprägungen 1) und 2) erweisen sich im Datenmaterial als exklusiv. Enthält ein Legebild inhaltlich für beide Ausprägungen einen Ansatz, so wird stets einer der beiden Ansätze durch entsprechende strukturelle Verknüpfungen von der Lehrkraft weiterentwickelt und als eindeutig sinngebend herausgearbeitet. Folglich können alle drei Ausprägungen auf einer Dimension angelegt werden, die die diagnostizierten Vorerfahrungen und den Aktivitätsgrad der daraufhin ausgerichteten pädagogischen Handlungsoption wiedergibt. 1) „Vieles von Grund auf erklären“ Vier Lehrpersonen schenken in ihrem Legeprozess primär denjenigen Kindern Beachtung, die mit dem Kirchenraum kaum oder gar nicht vertraut sind. Nach Ansicht der Lehrkräfte machen diese Kinder den Großteil oder aber sogar die gesamte Lerngruppe aus. Eben jene SchülerInnen werden zum Ausgangspunkt verschiedener struktureller Verknüpfungen. Die Verbindungen werden überwiegend clusterintern angelegt (Angela: „Vor dem Eintreten“ sowie „Im Kirchenraum“, Beate: „Vorerfahrungen“, Frank: „So sehe ich Unterrichtsgänge“), bei einer Person auch zwischen zwei Clustern (Hannah: „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“ sowie „Unterrichtsgänge – Warum? / Wie?“). Zunächst werden die Kinder mit geringer religiöser Sozialisation von den Lehrkräften als potentielle Problemfaktoren gesehen, sind sie doch mit einem angemessenen Verhalten im Kirchenraum nicht vertraut. Hannah kommentiert ihre strukturelle Verbindung zwischen einer Inhaltskarte, die die geringe Sozialisation der Kinder mit dem Kirchenraum betrifft, und Verhaltensproblemen beim Kirchenraumbesuch folgendermaßen: Hannah, 54:18 Hannah: Also hm, dass die Kinder sehr laut sind und rennen. Also (.) noch nie gehört haben, dass das vielleicht in einer Kirche gar nicht üblich ist. Also viele Kinder haben keine Verbindung zur Kirche.
Das Fehlverhalten macht Hannah an einer erhöhten Lautstärke und einem für sie nicht angemessenen Bewegungsverhalten im Kirchenraum fest („laut sein und rennen“). Diese Symptome führt sie ohne längeres Nachdenken darauf zurück, dass die Kinder mit entsprechenden Regeln an diesem Ort nicht vertraut sind („noch nie ge-
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hört haben“) und schlicht nicht wissen, was hier „üblich“ ist. Doch die strukturellen Verknüpfungen im Legebild sind noch weitaus komplexer und tiefgreifender ausgeprägt. Die Lehrkräfte ordnen grundlegende Überlegungen zu Unterrichtsgängen oder aber ihrem konkreten methodisch-didaktischen Vorgehen nach ihnen an. Damit interpretiere sie ihre Unterrichtspraxis als Kompensation. Als beispielhaft für diese Verbindung kann ein Ausschnitt aus dem Legebild von Frank gelten, der sein gesamtes Cluster „So sehe ich Unterrichtsgänge“ auf die zwei Inhaltskarten das Vorwissen der Kinder über den Kirchenraum nimmt ab und immer weniger Kinder gehen regelmäßig in den Gottesdienst ausrichtet und dabei bedauert, „dass dieser regelmäßige Gottesdienstbesuch abnimmt beziehungsweise ganz einbricht“ (Frank, 1:33:07). Folglich setzt er methodisch an einem elementaren Grundwissen („Altar“, „Ambo“, „Tabernakel“) über den Raum an. Frank, 41:17 Frank: Weil da eben Defizite waren. Fachliche Defizite von den Kindern. Was überhaupt ein Altar ist, ein Altarraum, ein Ambo, ein Tabernakel.
Angela argumentiert ähnlich und richtet eine ganze zeitliche und örtliche Phase des Unterrichtsganges (Angela: „Vor der Kirche“) methodisch an jenen Kindern aus, die mit der Andersartigkeit und Besonderheit des Kirchenraumes nicht vertraut sind. Ihr methodisches Vorgehen vor der Kirche, wie etwa kleine Suchaufträge, bezeichnet sie als „BRIMBORIUM“, um eben diese Kinder auf den besonderen Raum einzustimmen. Angela, 41:41 Angela: Die Kirche ist anders als normale Häuser. Das wissen aber Kinder nicht. Also das IST so, aber das wissen Kinder nicht. Deswegen machen wir da auch da vorher so ein wenig ein BRIMBORIUM, dass den Kindern das bewusst wird, dass das jetzt etwas (.) anderes ist. Nicht drinnen das Schreien anfangen und schimpfen, reinstürmen lassen und dann schreien. Als Lehrer ist man dann ja auch kein Vorbild und macht ja dann auch selber das kaputt, was man eigentlich will. Sondern man muss vieles von Grund auf erklären, bestimmte Verhaltensregeln. Im Raum. Und das sind zum Beispiel Rituale, besondere Praktiken, wie geht eine Kniebeuge.
Die Lehrerin Angela geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie sieht die Gestaltung ihres Unterrichtsganges nicht nur als Ausgleich für fehlende Vorerfahrungen, sondern möchte mit gemeinsamen Erfahrungen beim Kirchenbesuch eine „Kontrasterfahrung“ (Angela, 1:16:30) zur ablehnenden Haltung mancher Familien gegenüber Kirche setzen, wie sie im Cluster „im Kirchenraum“ festhält. Bei Angela dominieren also in mehreren Clustern die kirchenfernen Kinder die strukturelle Organisation des Legebildes und die Lehrerin weist so in der Kompensationsleistung den höchsten Aktivitätsgrad des Samples auf.
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Bei zwei VertreterInnen dieser Ausprägung tauchen im Legebild auch diejenigen Kinder auf, die bereits Vorwissen und Erfahrung mit diesem Raum mitbringen (Angela: „in der Kirche“, Beate: „Vorerfahrungen“). Allerdings werden sie im Legeprozess nicht weiter strukturell verbunden und auch nicht weiter hervorgehoben oder kommentiert, so dass sich die kompensatorische Ausprägung bei beiden Lehrkräften als die eindeutig sinnbestimmende erweist und diejenigen Kinder, die Vorerfahrungen mit dem Kirchenraum mitbringen, regelrecht überlagert. 2) „In der Kirche lernen wir gegenseitig voneinander“ Als einzige Lehrkraft weist Carla den Kindern mit Vorwissen und Vorerfahrung eine Schlüsselstellung innerhalb ihres Legebildes zu. Gleich in zwei Clustern werden sie zum Ausgangspunkt struktureller Beziehungen (Carla: „Wissensvermittlung + Verhalten“ sowie „Kirche zum Anfassen“). Im Cluster „Wissensvermittlung + Verhalten“ verweist Carla explizit auf diejenigen Kinder, die „von klein auf mit der Kirche umzugehen lernen“ (Carla, 1:16:32). Sie sind es, die beim Unterrichtsgang durch regelkonformes Verhalten auffallen („Die wissen diese Dinge einfach“, Carla, 1:16:37) und die übrige Klasse zu eben solchem animieren. Der folgende Auszug aus dem Interview, in dem die Lehrerin erläutert, ob und wie sie religiöse Praktiken im Raum mit den Kindern thematisiert, zeigt dies am Beispiel des Bekreuzigens mit Weihwasser: Carla, ZZ. 199-204 KK: Hast du das dann erklärt? Kannst du mal beschreiben, wie du das mit denen dann gemacht hast? Carla: Nein. Die ersten haben‘s gewusst. Die haben’s von sich aus gemacht. Und dann habe ich die anderen Kinder auch darauf hingewiesen, dass sie das doch schon angefangen haben. Und die haben das dann auch gemacht. Also (.) die wussten das dann schon, so ist die Begrüßung oder so ist der Eintritt in den Kirchenraum. Mit dem Zeichen fängt der an. Ja, genau. Also das ging von den Kindern auch aus. Das habe ich nicht aufgezwängt.
Im Cluster „Kirche zum Anfassen“ werden genau diese Kinder für Carla noch einmal bedeutsam: Carla, 31:57 Carla: In der Kirche lernen wir gegenseitig voneinander. DIE Kinder, die wirklich schon viel mit Kirche und, und dem Raum zu tun haben und mir das dann erzählen, die haben mit Sicherheit auch Spaß und Freude daran, mir die Kirche zu zeigen. Weil sie das als das IHRE mir weitergeben können.
Für Carla hebeln diejenigen Kinder, die „wirklich schon viel mit Kirche und dem Raum zu tun haben“ die asymmetrische Lehrer-Schüler-Beziehung aus und werden selbst zu Lehrenden. Mit ortsspezifischen Besonderheiten sind sie oft besser vertraut als die Lehrerin selbst und können so das „IHRE“ weitergeben und eine Rolle
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als Experte bzw. Expertin einnehmen. Kinder mit einer geringen religiösen Sozialisation sind für Carla lediglich Verursacher von Störungen während des Unterrichtsganges (Carla: „Wissensvermittlung + Verhalten“), wobei diese Feststellung pädagogisch von der Lehrerin nicht weiter bearbeitet wird. 3) Indifferenz Bei den Religionslehrpersonen Elke, Gerda und Daniel findet in den Legebildern eine Auseinandersetzung mit der Frage statt, welche Vorerfahrungen die Lerngruppe mit dem Kirchenraum mitbringt. Elke legt dafür sogar ein eigenes Cluster an (Elke: „Kinder“). Alle drei Lehrkräfte geben an, in ihren Lerngruppen sowohl Kinder zu haben, die umfangreiches Vorwissen und Vorerfahrungen mit dem Raum mitbringen (Elke: „Kinder“, Gerda: „Schulkind“, Daniel: „Sachwissen Kirche“), etwa weil sie aus religiös geprägten Elternhäusern kommen oder aber sich in der Kommunionvorbereitung der Gemeinde bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Daneben gibt es aber auch Kinder, bei denen der Schulgottesdienst die einzige Erfahrung mit dem Raum darstellt. Alle drei Lehrpersonen diagnostizieren also heterogene Lernvoraussetzungen ihrer Lerngruppe, leiten daraus aber keine Konsequenzen für Unterrichtsgänge ab. Weitere Inhalte, die sie im Legebild präsentieren, richten sie nicht explizit an den diagnostizierten Lernvoraussetzungen der Kinder aus, zeigen also was den pädagogischen Umgang mit dieser Diagnose angeht einen indifferenten Zugriff. 5.4.6 Kooperation mit schulinternen und -externen Personen: Zwischen Sicherheitsanker und Zelebrant Wird das Klassenzimmer verlassen, so ändert sich nicht nur die Örtlichkeit des Lerngeschehens, auch personell können sich Veränderungen ergeben. Das ist dann der Fall, wenn schulinterne (z.B. KollegInnen) oder -externe Personen (z.B. Führungspersonal) die Arbeit am außerschulischen Lernort mitbestimmen. Bedenken die Lehrkräfte solche Begleitpersonen bei außerschulischem Lernen mit, so schreiben sie ihnen verschiedene Rollen zu, je nachdem auf welche Weise diese den Unterrichtsprozess beeinflussen. Im Datenmaterial konnten drei Ausprägungen herausgearbeitet werden, wobei diese parallel innerhalb einer Subjektiven Theorie auftauchen können. Die der Kooperationsperson zugewiesene Rolle kann dabei in einer fachlichen und pädagogischen Absicherung liegen, die Person kann die Funktion als Sachexperte und Wissensvermittler einnehmen oder aber in ihrer Rolle als Ortspfarrer einen spirituell-religiösen Zugriff auf den Raum ermöglichen. In allen Ausprägungen geht es um mehr als nur eine schlichte Begleitung der Lerngruppe aus rechtlichen Gründen, die Kooperationspersonen nehmen in den Subjektiven
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Theorien der Lehrkräfte die Rolle von ExpertInnen ein und werden für sie zu einem entscheidenden Bestandteil außerschulischen Lernens. 1) „Sicherheitsanker“ In dieser Ausprägung interpretieren die Lehrkräfte ihre KollegInnen als elementare Voraussetzung für das Verlassen des Klassenzimmers. Bei Beate ist es eine Kollegin, die gleichzeitig Gemeindereferentin vor Ort ist und zunächst einmal die Rolle der Wissensexpertin ausfüllt. Dabei nimmt diese Kollegin für Beate mehr als nur eine ergänzende Funktion ein, sondern ist für sie gleichzeitig eine Absicherung bei eigener fachlicher Unsicherheit, ein „Sicherheitsanker“, wie sie bei einem Kommentar zum Themenbereich „Ich“ erläutert: Beate, 50:29 Beate: Frau aaa kennt sich gut aus und ,hm, (.) ist mitgekommen. Und (.) da müsste jetzt ein „deswegen“ hin oder ein „ABER zum Glück“. (lacht) Bei einigen Dingen bin ich mir fachlich UNsicher. Zum Glück ist Frau aaa mein Sicherheitsanker gewesen (…). KK gestaltet auf Wunsch von Beate eine neue Strukturkarte mit der Aufschrift „aber zum Glück“. (…) Sicherheitsanker. Die ist nämlich da immer mitgekommen. So. (.) Oder besser gesagt ich durfte bei ihr mitgehen. Wie man‘s auch nimmt.
Im Kommentar dreht Beate plötzlich das hierarchische Verhältnis zur Begleitperson um. Frau aaa ergänzt nicht ihren Unterrichtsgang, sondern scheint der Ausgangspunkt dessen zu sein: „ich durfte bei ihr mitgehen“. Dabei wird die Kollegin zum „Sicherheitsanker“, nämlich dann, wenn Beate mit ihrem eigenen Sachwissen an Grenzen stößt. Das ist laut Inhaltskarten dann der Fall, wenn es um Baustile oder liturgische Fragen geht, aber auch um Gepflogenheiten vor Ort (bei manchen Dingen bin ich mir nicht sicher, ob man das in der Kirche darf, z.B. Sakristeiglocke läuten). Hier setzt Beate auf ihre versierte Kollegin, die zur örtlichen Kirchengemeinde gehört, damit gewissermaßen eine aktive Insiderin ist und solche fachlichen Unsicherheiten der Lehrerin auffangen kann. Einen solchen Sicherheitsanker konstruiert auch Angela, der in ihrem Fall aber weniger fachlicher Natur ist, sondern generell Risikofaktoren außerschulischen Lernens und damit verbundene Unsicherheiten ausgleichen soll. In ihrem Legebild macht sie eine Gruppe von Inhaltskarten auf, die sie mit Vorbehalte betitelt und zwischen den Clustern „Ich“ und „Vorbereitung des U-Ganges“ platziert. Die im oberen Bereich angeordneten Inhaltskarten sind dabei stark affektiv konnotiert (z.B. für einen Unterrichtsgang braucht man Mut) und spielen auf das Unfallrisiko bei Unterrichtsgängen an: Angela, 20:25 Angela: Man muss sich überlegen, will ich ÜBERHAUPT Unterrichtsgänge machen, weil Unterrichtsgänge haben ein gewisses RISIKO. Und es gibt Leute, die haben Angst,
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überhaupt einen Unterrichtsgang zu machen. Wenn ich keinen (.) machen will, sollte ich lieber keinen machen. Sag ich jetzt mal.
Das erhöhte „RISIKO“ beim Verlassen des Klassenzimmers sieht Angela als legitimen Grund, auf einen Unterrichtsgang zu verzichten („lieber keinen machen“). Gleichzeitig legen ihre Ausführungen nahe, dass sie mit diesem Szenario weniger sich selbst meint („es gibt Leute“). Statt aus „Angst“ auf den Unterrichtsgang zu verzichten, empfiehlt sie eine Kooperation und die Möglichkeit, so die „Verantwortung“ zu teilen. Dabei wirken die Ausführungen so, als ob Angela sich selbst als Sicherheitsanker interpretiert: Angela, 20:41 Angela: Da würde ich jetzt vorschlagen, mal mit einem anderen Kollegen, der das GERNE macht, mitzugehen. Oder dann zu sagen: „O.k., ich gehe da halt dann, bevor die Kinder das überhaupt nicht erleben, gehen wir halt mit zwei Klassen.“ Dann habe ich erstens zwei Aufsichtspersonen dabei und kann mich an jemanden anhängen und habe nicht alleine die Verantwortung für alles.
Angela und Beate verhandeln beide die Zusammenarbeit mit KollegInnen und damit mit schulinternen Personen im Sinne einer Absicherung, die Problemfaktoren außerschulischen Lernens ausgleicht, den Unterrichtsgang überhaupt erst möglich macht und psychisch entlastet. Damit erhält diese Ausprägung der Kooperation eine stark persönliche Komponente, die auch noch einmal in Verortung und struktureller Anbindung der Inhaltskarten im Legebild sichtbar wird. Beide Lehrkräfte positionieren diese Art der Kooperation entweder direkt oder nahe am thematischen Bereich der eigenen Persönlichkeit und entwickeln hier eine ganze argumentative Abfolge mehrerer Inhaltskarten. 2) Wissensvermittler mit „Schlüssel“funktion Kooperationen begründen die Lehrkräfte vor allem damit, dass bestimmte Personen ein vertieftes Wissen über den Kirchenraum haben und so einen anderen fachlichen Zugang zum Raum gewährleisten können als sie selbst. In der Regel übernimmt diese Expertenrolle der Ortspfarrer. So etwa hebt die Lehrerin Hannah bei der Arbeit am Cluster „Unterrichtsgang – Warum? Wie?“ hervor, dass sie den Pfarrer als „Fachmann“ sieht, denn „der kann das auch vielleicht noch ganz anders erläutern“ (Hannah, 1:15:14), auch wenn sie diese Vorstellung nur hypothetisch verhandelt. Ähnlich verfährt Frank bei seinem Themenfeld „Meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“. Anstatt sich über die Besonderheiten der Ortskirche selbst kundig zu machen, überlegt er, „dass ich da wirklich eben Fachleute dazunehme, wie den Pfarrer“ (Frank, 1:30:42). Für Angela übernimmt diese Expertenrolle eine Person aus dem Heimatverein, wie sie bereits im Interview herausstellt:
266 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Angela, ZZ. 349-354 Angela: Ja, also wenn ich jetzt das Geschichtliche, ich kenne in xxx, da gibt’s einen Heimatverein und wenn ich den Herrn aaa anrufe, dann kommt der. […]. Der kommt dazu und das erklärt der dann. Der kommt dann und erklärt es den Kindern. Also so etwas ist auch gut, wenn ein Experte dabei ist.
Für die Lehrerin ist es ein Mitglied aus dem örtlichen „Heimatverein“, der Sachwissen über ortsspezifische Besonderheiten wie bestimmte „Figuren“ (Angela, Z. 358) oder „Votivtafeln“ (Z. 366) parat hat. Die Rolle als sachlicher Wissensvermittler unterstreicht Angela in der Legesitzung noch einmal durch die Verortung der entsprechenden Inhaltskarte. Ihre Inhalte zur unterrichtspraktischen Arbeit im Cluster „im Kirchenraum“ gliedert sie in die drei Bereiche Wissen, dann Spüren bzw. Wahrnehmen und Religiöses Gefühl. Der Experte gehört für sie eindeutig in den Bereich Wissen. Auch bei der Lehrerin Hannah kommt der personelle Kontakt zum „Heimat- und Geschichtsverein“ zur Sprache, und zwar dann, als sie am Cluster „Kirche aus dem Blickwinkel von Architektur, Kunstgeschichte, bzw. HSU“ arbeitet: Hannah, 1:04:21 Hannah: Ja, ich denke das ist auch etwas, was in den Bereich Heimat- und Sachunterricht fällt, dass man eben auch die Quellen vor Ort nutzt. Wir haben in xxx einen ziemlich rührigen Heimat- und Geschichtsverein.
Ähnlich argumentiert auch Daniel. In seinem Legebild geht er an zwei Stellen auf die Expertenrolle ein, wobei er einmal den Pfarrer als schulexterne Person bedenkt und einmal eine Kollegin, die ebenfalls Religionslehrerin ist und gleichzeitig einer Ordensgemeinschaft angehört. Die Kollegin wird für Daniel im Cluster „Evang.kath. Gemeinsamkeiten“ von Bedeutung, in dem er seine Überlegungen zum Unterrichtsgang in eine bestimmte evangelische Kirche ausführt. Dort ist seine Kollegin eine ausgewiesen Sachexpertin, denn „sie führt ja auch immer Gruppen“ (Daniel, 55:23). Gleichzeitig setzt sie für Daniel die Hemmschwelle herab, einen solchen Unterrichtsgang zu unternehmen: „dann macht man‘s auch mehr, leichter“ (Daniel, 55:44). Die Inhaltskarte zur Kooperation mit dem Pfarrer verortet Daniel im „Sachwissen Kirche“. Im Interview interpretiert Daniel diese Zusammenarbeit zunächst einmal pragmatisch, erlaubt sie es doch, die Klasse bei einem Kirchenraumbesuch in zwei Gruppen aufzuteilen: „Quasi so, dass man nicht so viele Kinder auf einmal hat, ne.“ (Daniel, ZZ. 20-21) Gleichzeitig eröffnet sie für Daniel aber auch noch einen anderen Vorteil, nämlich Zutritt zu Bereichen des Kirchenraumes zu bekommen, die dem normalen Besucher verschlossen bleiben: Daniel, ZZ. 21-24 Daniel: Hm, dann war natürlich wichtig, dass wir so die einzelnen Bereiche von der Kirche anschauen. Also angefangen von der Sakristei, wo wir reindurften, weil die die
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Schränke ja aufgemacht haben. Ministrantenkleider. Und ich denke der Pfarrer hat dann noch mehr gezeigt, weil er noch mehr die Schränke kennt, wo was drin ist.
Durch das Öffnen der Sakristei gewährt der Pfarrer einen Blick in die „Schränke“ und so gewissermaßen hinter die Kulissen der Kirche. Er eröffnet damit einen Zugang zum Lerngegenstand Kirche, der ohne ihn in dieser Art nicht möglich wäre. Bei der Lehrerin Beate nimmt diese Rolle die „Gemeindereferentin“ ein, die gleichzeitig eine Kollegin an ihrer Schule ist und die Schlüsselgewalt für „Nebenräume“ und „Schränke“ hat: Beate: ZZ. 46-54 Beate: Dann waren wir in der Sakristei, durften da rein. Und haben / durften auch in die Schränke gucken, wo die Kleider von den Priestern hängen. Und in den Schrank, in dem die ganzen goldenen Kelche stehen. KK: Da durften Sie rein oder hatten Sie jemanden dabei? Beate: Die Frau aaa durfte. Die Frau aaa ist ja Gemeindereferentin (.) und sie hatte halt die Schlüssel. Denn in die Kirche kann ich auch so immer rein, die ist schon immer offen in xxx, aber halt die Nebenräume nicht. Und dann durften wir halt da rein und dann hat sie uns alles gezeigt. Und wo dann auch die Messdiener ihre Gewänder aufhängen und sich umkleiden können und das war auch so ganz praktische (.) Dinge. Auch für die Kinder ganz interessant.
Für Beate und Daniel zählt zur Expertenrolle nicht nur das Sachwissen, sondern es geht auch darum, Zutritt zu sonst verschlossenen Bereichen der Kirche zu gewährleisten, so dass die Kinder liturgische Gegenstände und Kleidung im Original und aus der Nähe anschauen können. Auffällig ist, an welcher Stelle Beate schließlich die entsprechende Inhaltskarte im Legebild platziert. Diese verortet sie im Themenbereich „Ich“ und dabei im Kontext ihrer eigenen fachlichen Sicherheit beim Thema Kirchenraum. Bei dieser Gelegenheit kommentiert sie auch noch einmal, warum der Pfarrer nicht die Rolle des Sachexperten einnimmt, die bei Beate die Gemeindereferentin innehat: Beate, 50:13 Beate: ABER bei manchen Dingen bin ich mir fachlich unsicher. Der Pfarrer könnte es besser, kann es aber nicht rüberbringen.
Die Expertenrolle schreibt Beate ausschließlich ihrer Kollegin zu, der Pfarrer dagegen bleibt außen vor und seine Inhaltskarte platziert sie schließlich in räumlichem Abstand: „Und der Pfarrer, der liegt so ein bisschen daneben.“ (Beate, 50:35) In ihrer Aussage oben deutet Beate ein Dilemma an. Der Pfarrer hält ein Sachwissen zum Kirchenraum, über das sie selbst als Religionslehrkraft nicht verfügt („Der Pfarrer könnte es besser“). Gleichzeitig nimmt sie dieses Expertenwissen bei einem Unterrichtsgang aber nicht in Anspruch und nennt als Grund die fehlende didaktische Kompetenz des Geistlichen, dieses Wissen an GrundschülerInnen weiterzuge-
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ben („kann es aber nicht rüberbringen“). Ähnliche Bedenken bezüglich der Vermittlungskompetenz finden sich auch bei der Lehrerin Elke, die im Interview erläutert: Elke, ZZ. 300-304 Elke: Ja, auf alle Fälle. Wenn ich jetzt ein KirchenGEBÄUDE so untersuchen würde, würde ich den Ortspfarrer fragen. Denke ich, (.) hängt aber auch vom Ortspfarrer ab. Wenn ich nämlich Angst hätte, dass der mir zu viel einschüchtert. Oder sprich: Er würde mir zu viel kaputt machen von dem, was ich eigentlich initiieren möchte. Solche Pfarrer gibt es ja durchaus. Dann (.) möchte ich ihn glaube ich nicht mitnehmen.
Ähnlich wie Beate spielt auch Elke auf eine fehlende Vermittlungskompetenz an. Diese kann in ihren Augen so weit führen, dass die Kooperation kontraproduktiv wirkt. Elke möchte, dass die Kinder Kirche als einen Raum kennenlernen „wo ich mich eventuell wohl fühle“ (Elke, ZZ. 306). Den Pfarrer sieht sie als potentielle Bedrohung für dieses Ziel. Trotzdem belässt sie ihn im Legebild, „Weil (.) den Ortspfarrer von xxx, den würde ich jederzeit mitnehmen. Aber eben nicht jeden. (lacht)“ (Elke, 59:55). Dabei scheint diese Problematik vor allem für schulexternes Personal zuzutreffen, denn auch der Mitarbeiter des Heimatvereins birgt laut Angela die Gefahr, dass hier Lernvoraussetzungen der Kinder nicht differenziert genug eingeschätzt werden und ein entsprechendes Briefing durch die Lehrkraft notwendig ist: „So und so stelle ich mir das vor. So und so lang.“ (Angela, Z. 357) In dieser Ausprägung bedenken die Lehrkräfte eine Kooperation mit anderen Personen, die als sachliche Vermittler zwischen dem Lerngegenstand Kirche und ihren SchülerInnen fungieren. Diese Rolle schreiben sie schulexternen Personen wie dem Pfarrer (Hannah, Frank, Daniel, Elke) oder kundigen Fachleuten vor Ort (Angela) zu, aber auch schulinternen KollegInnen, die gleichzeitig bei der Kirchengemeinde tätig sind (Beate, Frank). Als ExpertInnen kennen diese Personen Besonderheiten der jeweiligen Ortskirche und können einen Zugang zum Raum ermöglichen, der ohne sie nicht möglich wäre. Dazu zählt auch der Zutritt zu sonst verschlossenen Bereichen, den die Lehrkraft selbst nicht gewährleisten kann. Gleichzeitig verweisen einige Lehrkräfte auf die Problematik, dass im Falle der schulexternen Kooperation hier Personen das Lerngeschehen anleiten, deren hauptberufliche Tätigkeit nicht im Unterrichten liegt. Bei KollegInnen, die sowohl unterrichten als auch in der Kirchengemeinde tätig sind, wird dieses Problem dagegen nicht diskutiert. Die Ausführungen zeigen, dass ExpertInnen bei vorliegender Vermittlungskompetenz als Bereicherung, aber nicht als zwingende Voraussetzung für Unterrichtsgänge interpretiert werden. 3) Emotionaler-spiritueller Zugriff über den „Pfarrer“ Die drei Lehrpersonen Frank, Elke und Hannah sehen die Möglichkeit, den Kindern beim Unterrichtsgang durch die Kooperation mit dem Ortspfarrer als Hausherrn einen emotionalen oder spirituellen Zugang zum Raum zu ermöglichen. Besonders
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deutlich zeigt sich diese Ausprägung in der Legesitzung mit Frank. In seinem Cluster „Meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“ platziert er die beiden Inhaltskarten zum Einbezug des Pfarrers als Fachmann und zur Gestaltung einer kleinen religiösen Feier nebeneinander und stellt plötzlich auch einen gedanklichen Bezug her: Frank, 33:53 Frank: Und ihn als FACHMANN mit einfach einzubinden. (.) Vielleicht hält er mit uns sogar eine kleine, spirituelle religiöse Feier. (.) Mit (.) entsprechender Berufskleidung. (.) Und da kann er ja vieles noch auch erklären. Warum hat denn ein Pfarrer so eine Kleidung an. Stola und so weiter. Gibt ja oft auch Stolas mit speziellen Bildern auch, bestimmte Farbsymbolik der Kleidung des Pfarrers.
Die Rolle des Pfarrers als „FACHMANN“ bedenkt Frank hier speziell für liturgische „Berufskleidung“. Dabei verhandelt Frank diese Kleidung aber nicht als reinen Gegenstand, den der Pfarrer vorzeigt, sondern indem er sie als Zelebrant aktiv in Gebrauch nimmt. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist eine „kleine, spirituelle religiöse Feier“, die der Pfarrer in Berufskleidung durchführt und zusätzlich diese Kleidung in Name und Symbolik erläutert. Frank schreibt hier dem Pfarrer eine Expertenrolle zu, die sich in erster Linie in der Durchführung einer religiösen Handlung zeigt, durch die er bei einem Unterrichtsgang den Raum in seiner liturgischen Dimension für die SchülerInnen erfahrbar macht. In dem von Frank geschilderten Szenario zeigt sich auch, dass diese Rolle lediglich von einem Pfarrer – und nicht etwa von beliebigen MitarbeiterInnen der Kirchengemeinde – übernommen werden kann. Gleichzeitig bestätigt Frank dem Pfarrer als „FACHMANN“ ein spezifisches Wissen („Stolas mit speziellen Bildern“, „Farbsymbolik“), ohne aber dass dessen Vermittlung auf eine rein erklärende Ebene beschränkt bleibt. Auch Hannah sieht in der Expertenrolle des Pfarrers mehr als nur Sachwissen. Im Cluster „Vorgaben durch den LP der GS“ durchdenkt sie verschiedene Themen, bei denen sich laut Lehrplan ein Unterrichtsgang anbietet. In der 4. Jahrgangsstufe ist das beim Thema Konfessionen der Fall. Bei der Planung des Unterrichtsganges in die evangelische Kirche holt Hannah sich Anregungen beim evangelischen Pfarrer. Dabei gestaltet sich die beratende Rolle des Pfarrers in der Art, dass er konkrete methodisch-didaktische Anleitungen gibt, um Sachaspekte der Kirche beim Unterrichtsgang erfahrbar zu machen: Hannah, 42:07 Hannah: Und das ging aber eben nicht nur (.), ging nicht nur darum, das als reines Sachthema aufzubereiten, hm, sondern das war auch ein besonderer Raum mit einer besonderen Wirkung und da hatte mir eben der Pfarrer schon ein paar Tipps gegeben, wie er das mit seinen Firmlingen macht. Und das war dann auch wirklich ganz wirkungsvoll. (.) Hm, dadurch konnten die Kinder den Raum schon auch erfahren. Er hatte das dann auch noch mit so (.) Musikinstrumenten untermalt, dass der Raum so ein bisschen, im unteren Bereich wie so eine Höhle gewirkt hat.
270 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER KK: Also nicht reines Sachthema. Hannah: Ja, war schon auch eher eine emotionale Komponente noch dabei. Genau.
Der evangelische Pfarrer wirkt nicht unmittelbar beim Unterrichtsgang mit, sondern nimmt eine beratende Funktion in der Vorbereitung ein, die aber das Unterrichtsgeschehen laut Hannah maßgeblich mitbestimmt. Hannah beschreibt den Pfarrer als Experten für den methodischen Zugriff auf den Raum, dessen „Tipps“ ein besonderes Raumerleben ermöglichen und dem Kirchenbesuch eine „emotionale Komponente“ geben. Im Legebild selbst hebt sie die entsprechende Inhaltskarte derart hervor, dass die Kooperation die Voraussetzung darstellt, um diese Raumdimension überhaupt erarbeiten zu können. Elke schließlich stellt den Pfarrer in ihrem Legebild optisch noch einmal heraus. Obwohl die Lehrerin in der gesamten Legesitzung sehr sparsam im Umgang mit strukturellen Verbindungen und visuellen Gliederungshilfen ist, setzt sie eine solche beim Pfarrer ein. Die Inhaltskarte, die ihn als Sachexperten ausweist, platziert sie zwischen den Clustern „Unterrichtsgang, vom Allgemeinen zum Speziellen“ und „Kirche, Allgemein im Speziellen“. Die Karte liegt auf einem farbigen Wollfaden, der die Clusterüberschriften verbindet und Elke erklärt dazu: Elke, 1:00:44 Elke: Und er ist so das Bindeglied. Unterrichtsgang und Kirchenbesuch. (.) Also Unterrichtsgang und Gemeinde.
Was Elke hier optisch und sprachlich – wenn auch nur in knappen Worten – ausdrückt, geht über die Rolle des Sachexperten hinaus. Der „Ortspfarrer“ (Elke, 59:53) ist für die Lehrkraft ein Verbindungselement zwischen dem in einem formalen schulischen Rahmen stattfinden Unterrichtsgang und dem besuchten Raum Kirche, der mehr als nur eine materielle Hülle darstellt, sondern von einer bestimmten Gruppe – nämlich der (Kirchen-)“Gemeinde“ – genutzt wird. Personeller Repräsentant dieser Gemeinde ist der Pfarrer. Im Gegensatz zu Frank und Hannah wird der Pfarrer hier nicht in einer aktiven Rolle beschrieben, sondern als automatisch wirkendes „Bindeglied“, das dem Raum eine ganz bestimmte Bedeutung, nämlich als Haus der „Gemeinde“, verleiht. Ähnlich wie bei Frank so zeigt sich auch hier, dass der Pfarrer in dieser Funktion nicht beliebig ausgewechselt werden kann.
5.5 G ESAMTANALYTISCHE D ARSTELLUNG – U NTERRICHTLICHE S TRUKTURLOGIK Den abschließenden Analysefokus der gesamtanalytischen Darstellung bildet die Rekonstruktion unterrichtlicher Strukturmerkmale. Innerhalb der Subjektiven Theorien fallen immer wieder stark schulische Prägungen auf, indem die Lehrpersonen
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didaktische bzw. schulpädagogische Muster anwenden, um Ordnung in ihre Vorstellungen zu außerschulischem Lernen einzutragen. Der theoretische Referenzpunkt zur Systematisierung dieser als schulisch identifizierten Bestandteile innerhalb der Subjektiven Theorien sind die fünf Strukturmomente (Zielstruktur, Inhaltsstruktur, Sozialstruktur, Handlungsstruktur und Prozessstruktur), wie sie im didaktischen Modell nach JANK und MEYER (2002: 61-97), dem sog. „Strukturmodell des Unterrichts“, grundgelegt sind (vgl. Kap. 2.2.3). Im vorliegenden Kapitel wird dargestellt, inwieweit die Lehrpersonen in ihren Subjektiven Theorien über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum Inhalte verhandeln, die als typisch für einen schulischen Zugriff angesehen werden können, in welchen Bestimmungsmomenten sich dieser schulische Umgang zeigt, aber auch, wann von den Lehrkräften klassischer Religionsunterricht im Kirchenraum als problematisch angesehen wird bzw. die schulische Logik bei der Arbeit vor Ort ihrer Ansicht nach bricht oder sich ihre Übertragbarkeit an den außerschulischen Lernort als sperrig erweist. Entsprechende Bezüge zur schulpädagogischen Literatur untermauern diesen Analyseschritt in theoretischer Hinsicht. Kapitel 5.5.1 widmet sich der Zielstruktur, in Kapitel 5.5.2 werden die Handlungs- und Sozialstruktur dargestellt, und Kapitel 5.5.3 zeigt die Bestimmungsmomente der Prozessstruktur. Die Handlungs- und Sozialstruktur werden in einem gemeinsamen Kapitel beschrieben, da diese sowohl in der theoretischen Diskussion nahe beieinanderliegen und sich in vielen Themengebieten überlappen, sich aber auch im Denken der Lehrpersonen als eng verschränkte und kaum analytisch zu trennende Momente erweisen. Die Inhaltsstruktur bleibt ausgespart. Kapitel 5.5 fokussiert schulspezifische Momente außerschulischen Lernens, die Inhaltsstruktur aber beansprucht für jede Lernsituation – und damit auch für nicht-schulische Kontexte – Gültigkeit. Zudem wurden bereits wesentliche Aspekte der Inhaltsstruktur in den verschiedenen Zugriffen auf den Lernort Kirchenraum, wie sie in der inhaltlichstrukturellen Dimensionierung dargestellt sind (vgl. Kap. 5.4.2), entfaltet. 5.5.1 Zielstruktur: Lernzielorientierung, Kategorisierungsprinzipien und Überprüfung Für JANK und MEYER stellt die Zielstruktur das erste unter insgesamt fünf Strukturmomenten des Unterrichts dar (2002: 72 ff.). Die Zielstruktur nimmt in den Blick, mit welcher Absicht unterrichtliches Handeln entworfen und gestaltet wird. Diese Absichten schlagen sich unter anderem in der Formulierung von Lernzielen nieder. Lernziele bezeichnen „ein (von außen) gesetztes Ziel“ (Kiper 2009: 140), konkretisieren also ein von Lehrerseite vorweggenommenes und erwünschtes Wissen, Können oder Verhalten, das durch unterrichtliches Handeln realisiert, weiter-
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entwickelt oder verändert werden soll. Nahezu alle didaktischen Modelle berücksichtigen Lernziele als elementare Bestandteile unterrichtlicher Planungs- und Analysearbeit. Dabei stellen sie häufig nicht nur einen unter vielen Bestimmungsfaktoren für Unterricht dar, sondern sind noch einmal spezifisch in der Form herausgehoben, dass Lernziele zum Ausgangs- oder Endpunkt didaktischer Arbeit gemacht werden. So beginnt das Regelkreismodell der Kybernetischen Didaktik mit der Aussage „Gegeben sei das Lernziel“ (Cube 1868: 186). Im Konsens mit dieser Ansicht unterstellt HEIMANN in seiner Lerntheoretische Didaktik: „Keiner von Ihnen wird der Ansicht sein, dass er absichtslos in seinen Unterricht geht.“ (Heimann 1976: 107) Im Lernzielorientierten Ansatz (vgl. Möller 1986) wird schließlich der „Primat der Zielentscheidungen“ (Jank & Meyer 2002: 65) eindeutig postuliert. „Dabei dürfen Lernziele keine schwammigen, allgemeinen Absichts- oder Wunschformulierungen sein, sondern antizipieren und ganz konkret beschreiben, was Schüler können, kennen, wissen müssen, damit das Lernziel als ‚erreicht‘ gelten kann.“ (Gonschorek & Schneider 2010: 178) Eine Zielstruktur beinhaltet also nicht nur die Festlegung und Klarheit über bestimmte Lernziele, die es zu erreichen gilt, sondern gleichzeitig auch, wie „Lernleistungen erfassbar werden“ (Kiper 2009: 142) und damit den Aspekt der Überprüfbarkeit. In den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen lässt sich die Zielstruktur anhand von drei Bestimmungsmomente nachzeichnen. Zunächst einmal kann festgestellt werden, dass alle Lehrkräfte ausnahmslos Lernziele berücksichtigen, ihnen einen erheblichen Stellenwert zuweisen und diese teilweise auch grundlegende Organisationsprinzipien des Legebildes bestimmen. Danach wird dargestellt, dass die Lehrpersonen klassische unterrichtliche Kategorisierungsprinzipien, wie etwa die Lernzieltaxonomie (vgl. Krathwohl, Bloom & Masia 1975; Bloom & Engelhardt 1976), anwenden, um Ordnung und Struktur in ihre Lernziele einzutragen. Den ersten beiden Bestimmungsmomenten geht es damit um die Stellung und strukturelle Anordnung der Lernziele innerhalb der Subjektiven Theorien. Die inhaltliche Ausgestaltung eben jener Zielvorstellungen bleibt dabei unberücksichtigt und wurde bereits in den Modalthemen (vgl. Kap. 5.4.3) herausgearbeitet. Das dritte Bestimmungsmoment zeigt, inwieweit die Lehrpersonen bei Unterrichtsgängen auf eine schriftliche Überprüfbarkeit von Lernzielen in Form von Tests setzen. Innerhalb ihrer Subjektiven Theorien verhandeln die Lehrpersonen das, was sie mit Unterrichtsgängen erreichen möchten, unter der Perspektive von Lernzielen. Kompetenzen dagegen werden – außer von einer Lehrkraft – nicht zur Sprache gebracht. Kompetenzen bezeichnen die psychische Disposition einer Person, erworbenes Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten situationsgerecht und in neuen und unbekannten Kontexten anzuwenden (vgl. Brown 1993: 28). Welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler zu welchem Zeitpunkt in welchem Unterrichtsfach erwerben sollen, ist in den Bildungsstandards festgelegt (vgl. BMBF 2007: 19 ff.). Hier werden allgemeine und fachspezifische Bildungsziele in konkrete Kompetenz-
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anforderungen überführt. Lernziele und Kompetenzen stehen damit nicht in Konkurrenz zueinander, vielmehr beschreiben Lernziele angestrebte Kompetenzerweiterungen (vgl. Köck 1995: 78). Für den Katholischen Religionsunterricht in der Grundschule sind die Bildungsstandards in den Kirchlichen Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz (2006) grundgelegt. Für die Lehrpersonen scheint das Konzept der Lernziele ausreichend zu sein, um die Frage danach, was sie mit Lernzielen erreichen und bewirken möchten, zu bearbeiten. Lernzielorientierung Dass in den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen die Zielorientierung des Unterrichtsganges eine tragende Rolle einnimmt, lässt sich anhand der Legebilder eindeutig erkennen. Sieben Lehrpersonen heben die Lernziele in ihrem Struktur-LegeBild in der Art heraus, dass sie diesen einen eigenständigen Bereich zuweisen. Dabei fällt zunächst auf, dass das Labeln dieser Bereiche unterschiedlich ausfällt. Einige Lehrpersonen gestalten die Zuweisung in der Art, dass der jeweilige Bereich explizit mit dem Bezug auf Ziele benannt ist. So entwickeln zwei Lehrkräfte in ihrem Legebild die Überschrift Ziele (Beate und Daniel), Angela konkretisiert diese noch einmal auf das außerschulische Lernen (Cluster „Ziele des U-Ganges“), Frank auf den Lerngegenstand (Cluster „Lernziele Kirchenraum“). Daneben gibt es Lehrpersonen, die in ihrem Legebild eine solche Lernzielorientierung zwar zeigen, diese aber nicht explizit als solche benennen. Ein Beispiel dafür ist die Lehrkraft Gerda. Für diejenigen Inhaltskarten, die ihre Zielvorstellungen eines Unterrichtsganges betreffen, wählt sie die Überschrift Schulkind, die auch als Titel des Clusters identifiziert wird. Die folgende Passage aus der Legesitzung zeigt den Kontext der Beschriftung: Gerda, 1:11:10 Gerda: Da geht es mir jetzt ums Kind. Schreibt die Überschrift des Clusters „Schulkind“ und spricht langsam dazu. SCH(.)U(.)L(.)K(.)I(.)ND. (.) Lernzuwachs. (.) Und Weitergabe. Ist jetzt wieder unverständlich, ne? (lacht) Das, was die Kinder durch den Unterrichtsgang gelernt haben SOLLEN (.), wäre schön zu erfahren, es wäre spannend, ob sie eben das Wissen WEITERgeben. (.) Eben diese Hoffnung, dass etwas überspringt. Lege ich mal so dazwischen. Tschup. Gerda platziert die Inhaltskarte „ich habe diese Hoffnung, dass beim Unterrichtsgang etwas überspringt“ dazwischen“. Und es eben dann den (.) Eltern (.) erzählen.
Obwohl es Gerda offensichtlich um Lernziele und um – wie sie selbst sagt – „Lernzuwachs“ und „Weitergabe“ geht, wählt sie für die betreffenden Karten eine andere Überschrift, nämlich Schulkind und damit den unmittelbaren Adressaten ihrer Lernziele. Ihre Zielvorstellungen wirken damit deutlich subjektorientierter, wobei sie deren Bedeutung für den familiären Kontext hervorhebt („Eltern“, „Weitergabe“, „überspringt“).
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Wird die Zielorientierung während der Legesitzung von den Lehrpersonen zur Sprache gebracht, geschieht dies in einigen Fällen in der Art, dass es grundlegende Organisationsprinzipien des Struktur-Lege-Bildes beeinflusst. Das wird bei den beiden Lehrpersonen Angela und Carla sehr deutlich, auch wenn sich die Art und Weise, wie diese Zielvorstellungen ordnungsleitend werden, grundlegend unterscheidet. Die Lehrkraft Angela macht ihre Zielvorstellungen vor allem am Ende der Legesitzung stark. Als bereits alle Cluster in eine Ordnung gebracht und auch abschließend von ihr kommentiert wurden, platziert sie im oberen Bereich des Legebildes einen Zeitstrahl, der die einzelnen Teile des Legebildes chronologisch verbindet, und gestaltet darunter eine farbige Karte. Diese Karte übertrifft alle anderen von Angela gestalteten Überschriften in der Größe deutlich und trägt die Aufschrift Wer sein Ziel kennt, findet den Weg. Durch diese herausgehobene optische Stellung im Legebild erhebt Angela diesen Satz gewissermaßen zum Motto ihrer Subjektiven Theorie. Das bestätigt sich auch in einzelnen Bereichen des Legebildes. Bei Angela existiert nicht nur ein eigenes Cluster mit dem Titel „Ziele des U-Ganges“, das sich am Ende der von ihr entworfenen Zeitleiste befindet. Auch am Beginn dieser Zeitleiste, im Cluster „Vorbereitung des U-Ganges“, verhandelt sie das von ihr gesetzte Motto bereits. Unmittelbar unter der Clusterüberschrift gestaltet Angela auf einem farbigen Streifen den Hinweis Zielorientierung didakt.-method., und platziert unmittelbar darunter die Inhaltskarte mit der Aufschrift Ziele im Religionsunterricht bestimmen die Methoden. In der Vorstellung von Angela muss Unterricht explizit auf ein Ziel hin ausgerichtet sein. Das zeigt sich in der Motto-Überschrift, aber auch in den beiden Clustern „Vorbereitung des U-Ganges“ und „Ziele des U-Ganges“, die beide diesen Gedanken tragen und sich wie eine Spange um die gesamte sich dazwischen angeordnete unterrichtspraktische Arbeit legen. Angela geht es um eine „Zielklarheit“ (Kiper 2009: 142) bzw. eine „Zielorientierung“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 322). Dabei erhebt sie das Lernziel zum „Fixpunkt“ (Velica 2010: 10) aller das Unterrichtsgeschehen planenden und vorbereitenden Überlegungen und Maßnahmen. Die Formulierung der Inhaltskarte Ziele im Religionsunterricht bestimmen die Methoden zeigt auch, dass es sich hier für Angela nicht um ein spezifisch für Unterrichtsgänge gültiges Prinzip handelt. Vielmehr scheint es um einen für den gesamten Religionsunterricht geltenden Grundsatz zu gehen, der für den Unterricht in der Kirche ebenso seine Gültigkeit besitzt wie für die Arbeit im Klassenzimmer. Außerschulisches Lernen unterliegt für Angela mit Blick auf die Zielorientierung also den gleichen Regeln wie Lernen innerhalb der Schulmauern. Dabei wirkt bei der Lehrkraft Angela diese Zielorientierung sehr harmonisch, passt sich diese für sie doch bruchlos in außerschulisches Lernen ein. Das Beispiel von Carla dagegen veranschaulicht, wie Zielvorstellungen auch dann zu einem grundlegenden Ordnungsprinzip für außerschulisches Lernen gemacht werden können, wenn sie für die Lehrkraft konträr verlaufen und sich gewissermaßen gegenseitig im Weg stehen. Als einzige Lehrkraft weist Carla in ihrem
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Legebild die Lernziele nicht explizit aus. Allerdings spielen bereits zu Beginn der Legesitzung Zielvorstellungen eine entscheidende Rolle für die Anlage des Struktur-Lege-Bildes, wie ein Auszug aus der 16. Minute der Sitzung zeigt: Carla, 15:02 Carla legt ihren Zeigefinger auf die Karte „ein Unterrichtsgang in die Kirche ist für mich Wissensvermittlung“. Carla: Ein Unterrichtsgang in die Kirche ist für mich Wissensvermittlung. Ja. Wissensvermittlung. Naja, in Teilbereichen, im Kirchenraum schon. Aber der Religionsunterricht an sich ist auch eine Herzensangelegenheit. Wobei der Unterrichtsgang in die Kirche ist eher WISSENSvermittlung. Hm. (…) KK: Worüber grübelst du denn? Carla: Na, naja, ich will ja, dass es den Kindern Spaß macht in der Kirche. Aber es ist trotzdem noch Wissensvermittlung. Also es ist beides.
Folglich entschließt sie sich dazu, in ihrem Legebild zwei Cluster anzulegen, die mit „Wissensvermittlung + Verhalten“ sowie „Kirche zum Anfassen“ eben jene Zielvorstellungen im Titel tragen. Damit wirken die Zielvorstellungen wie zwei Pole, die sich im Legebild gegenüberstehen und dessen Ordnung dominieren, und die Carla trotz der für sie aufscheinenden Widersprüchlichkeit („trotzdem noch“) beide erreichen möchte. Kategorisierungsprinzipien Betrachtet man die Strukturierung der Ziele, greifen die Lehrkräfte auf typische unterrichtliche Denkmuster zurück. In den Subjektiven Theorien der Befragten können drei klassische Kategorisierungsprinzipien identifiziert werden, nämlich die Systematisierung der Lernziele nach deren Abstraktionsgrad, nach dem Komplexitätsgrad sowie den Lernzielbereichen. Dabei schließen sich diese Kategorisierungsprinzipien nicht gegenseitig aus, sondern können durchaus auch parallel innerhalb einer Subjektiven Theorie auftreten. Der Abstraktionsgrad als bestimmendes Kategorisierungsprinzip lässt sich bei der Lehrkraft Daniel finden. Im Cluster „Religiöser Raum“ platziert Daniel unter seiner Überschrift Ziele eine weitere farbige Karte, die er mit der Aufschrift Grobziel versieht. Durch die Strukturkarte Oberkategorie / Unterkategorie werden aus diesem Hauptziel weitere Zielvorstellungen abgeleitet. Während das Hauptziel sehr allgemein formuliert ist (bei einem Unterrichtsgang können die Kinder das besondere Gefühl mitkriegen, in einer Kirche zu sein), bezeichnen die darunter platzierten Inhaltskarten deutlich konkretere Zielvorstellungen (z.B. die Kinder sollen erfahren, dass die Kirche ein Ort ist, wo man hingehen kann, wenn es einem mal schlecht geht). Diese Anordnung der Ziele nach Abstraktionsniveau repliziert Daniel schließlich noch einmal im Cluster „Sachwissen Kirche“, wobei er hier den Begriff Grobziel durch Hauptziel ersetzt. Daniels Gliederungsprinzip erinnert stark an die von MÖLLER (1986) im Rahmen der Curricularen Didaktik entwickelte Systemati-
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sierung für Lernziele. MÖLLER entwirft hier je nach Abstraktionsgrad einzeln abgestufte und aufeinander aufbauende Zielebenen, wobei dieser Abstraktionsgrad vom Richtziel über das Grobziel bis hin zum Feinziel abnimmt. Richtziele rekurrieren auf Vorgaben aus Bildungsstandards und Lehrplänen, Grobziele auf Lernetappen, wie sie sich beispielsweise in einer Sequenz oder auch einer Unterrichtsstunde zeigen, Feinziele schließlich auf konkret operationalisierte Zielvorstellungen (vgl. Möller 1986). Dieses Kategorisierungsprinzip lässt sich bei Daniel nur ansatzweise nachzeichnen, beziehen sich doch alle Ziele konkret auf den Kirchenraumbesuch. Deutlich offensichtlicher wird das Abstraktionsniveau als Kategorisierungsprinzip bei der Lehrerin Beate. Für sie gibt es im Cluster „Ziele“ noch einmal zwei getrennte Gruppen, deren Unterscheidungsmerkmal sie folgendermaßen erläutert: Beate, 32:24 Beate hat alle Karten, die für sie Ziele darstellen, im rechten oberen Bereich des Legebildes platziert und mit der Überschrift „Ziele“ versehen. Diese Karten möchte sie nun noch einmal sortieren. Beate: Jetzt würde ich die gerne nochmal in sich ordnen. Es ist aber im Grunde jetzt ein bisschen durcheinander. Weil es sind Ziele, die jetzt speziell auf den Unterrichtsgang in die Kirche ausgerichtet sind. Und welche, die allgemein zutreffen. Zwei Rubriken. KK: Gut, dann machen wir zwei Rubriken draus. Beate: Da könnte man jetzt so ein feines Kärtchen hinlegen, ne. Beate greift zur Strukturkarte „Oberkategorie / Unterkategorie“. Und nochmal Unterüberschriften. Oder man sieht es einfach so. Ich lege jetzt erstmal.
Was Beate hier zunächst in ihrem Kommentar andeutet, setzt sie schließlich im Legebild optisch um. Im Cluster „Ziele“ legt sie noch einmal zwei getrennte Gruppen von Lernzielen an, die sie mit den Überschriften allgemein und U-Gang Kirche versieht. Diese Gruppen ordnet sie untereinander an. Die oben liegende Gruppe mit der Überschrift allgemein beinhaltet Zielvorstellungen, die laut Beate für ihren gesamten Religionsunterricht Gültigkeit beanspruchen (z.B. mein Religionsunterricht ist Sensibilisierung der Kinder in ihrer Wahrnehmung). Die darunter platzierten Inhaltskarten nehmen dann auf den Kirchenraumbesuch Bezug und sind „Ziele, die jetzt speziell auf den Unterrichtsgang in die Kirche ausgerichtet sind“, z. B. bei einem Unterrichtsgang können die Kinder die Kirche mit allen Sinnen erfahren. Dabei wirken die im oberen Bereich platzierten Inhaltskarten wie Grobziele, die für den gesamten Religionsunterricht Gültigkeit beanspruchen, die im unteren Bereich platzierten Karten sind schließlich Feinziele für den Unterrichtsgang. Das Abstraktionsniveau der Lernziele als für die gelegte Struktur maßgebendes Kriterium tritt so bei Beate deutlich zu Tage. Als zweites Prinzip, nach dem die Lehrkräfte ihre Lernziele für Unterrichtsgänge anordnen, lässt sich eine „Hierarchie von Lernzielen“ (Kiper 2009: 141) ausmachen. Während bei der Anordnung nach Abstraktionsniveau die untergeordneten
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Ziele in ihrer Summe das oben angeordnete Ziel ergeben, bauen in der Lernzielhierarchie Ziele systematisch aufeinander auf. Dabei wird ein als grundlegend und basal eingestufte Lernziele als erstes genannt und weitere Zielvorstellungen daraus abgeleitet. Das Erreichen eines Lernziels ist Bedingung für das Erreichen weiterer Ziele, deren Komplexitätsgrad ansteigt. Die Ziele, die Beate unter der Überschrift U-Gang Kirche für außerschulisches Lernen vorgesehen hat, ordnet sie noch einmal von oben nach unten an. Diese Anordnung kommentiert sie folgendermaßen: Beate, 33:37 Beate: Sie sollen die Gegenstände in der Kirche kennenlernen. Das gehört für mich schon an oberste Stelle erstmal auch. Beate platziert die Inhaltskarte „die Kinder sollen die Gegenstände in der Kirche kennenlernen z.B. Name, Funktion“ unmittelbar unter der Überschrift „U-Gang Kirche“. Beate, 35:06 Beate: Und im Grunde daraus resultiert dann, aus dem, dass sie das kennengelernt haben, dass sie VIELLEICHT später mal dann von der Kirche selber Gebrauch machen. Da würde ich einen Pfeil hinlegen. Daraufhin platziert Beate die Strukturkarte „führt zu“ unter die bislang arrangierten Inhaltskarten zu den Lernzielen und legt darunter die Karte „einige der Kinder nehmen die Kirche später vielleicht für sich in Gebrauch“.
Für die Lehrkraft bewegen sich die einzelnen von ihr festgesetzten Ziele für einen Unterrichtsgang nicht auf der gleichen hierarchischen Ebene. In ihrer Subjektiven Theorie gibt es Lernziele, die kaum für sich alleine stehen können, sondern an andere Ziele rückgebunden sind bzw. auf diesen aufbauen. So scheint ihr Ziel, dass die Kinder „von der Kirche selber Gebrauch machen“ an ein grundlegendes Verständnis vom Kirchenraum („die Gegenstände in der Kirche kennenlernen“) gekoppelt zu sein. Gleichzeitig nimmt auch das Komplexitätsniveau der angesprochenen Lernziele zu. Geht es auf der unteren Ebene um ein Wissen über die Gegenstände im Raum, steht am Ende der Gedankenkette und dort, wo der „Pfeil“ hinführt, ein selbstständiges In-Gebrauch-Nehmen des Kirchenraumes und damit ein eigenständige aktive Tätigkeit. Damit legt Beate in ihrer hierarchischen Anordnung auch ein Komplexitätsniveau zu Grunde. Dieses Komplexitätsniveau drückt die Lehrkraft Angela noch einmal explizit aus. Analog zu Beate wählt auch sie eine Anordnung der Ziele, die sich von oben nach unten orientiert. An oberster Stelle platziert sie Inhaltskarten, die mit der Überschrift Kirche – Was ist das? versehen werden, darunter weitere Zielbereiche wie etwa Kirche ist ein guter Raum und Gott erfahren → Lebenshilfe. Dass diese verschiedenen Gruppen von Lernzielen durchaus in Verbindung miteinander stehen, kommentiert Angela gegen Ende ihres Legeprozesses. Als ihr Cluster „Ziele des U-Ganges“ bereits vollständig entwickelt ist, wendet sie sich der an oberster
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Stelle platzierten Gruppe mit der Überschrift Kirche – Was ist das? noch einmal zu und erklärt: Angela, 1:36:30 Angela: Das ist das Grundsätzliche. Wenn ich da jetzt / wenn ich gar nicht weiß, was eine Kirche überhaupt IST, dann kann ich alle anderen Themen damit nicht erreichen. Ich muss das erstmal wissen. Und für manche Kinder ist DAS das Ziel. Und da ist für manche Kinder schon viel erreicht, wenn ich DA was schaffe.
Wie auch Beate baut die Lehrerin Angela eine Abhängigkeitsstruktur („ist das Grundsätzliche“) und gleichzeitig auch eine Komplexitätsstruktur auf, denn dieses Ziel sollte – im Gegensatz zu den sich daran anschließenden Zielen – von allen SchülerInnen erreicht werden. Damit folgen Beate und Angela im Aufbau ihrer Ziele einer klassischen Lernzieltaxonomie nach BLOOM et al. (vgl. Krathwohl, Bloom & Masia 1975; Bloom & Engelhardt 1976), bei der ein reines Wissen über Fakten und Sachverhalte die unterste Ebene repräsentiert, auf der weitere Lernzielebenen aufbauen. Neben einer Gliederung nach Abstraktionsniveau und Komplexitätsgrad lässt sich bei der Kategorisierung der Ziele durch die Lehrpersonen ein drittes Ordnungsprinzip ausmachen. So identifiziert Elke in ihrem Legebild „kognitive Ziele“ (Elke, 36:00) und grenzt diese von den „emotionalen“ (Elke, 26:04) Lernzielen ab. Die Lehrerin Elke ordnet die Lernziele also nach dem jeweils zu realisierenden Lernbereich an und unterscheidet dabei einen kognitiven Bereich (vgl. Bloom & Engelhardt 1976) und einen, der das Pendant zum affektiven Bereich nach KRATHWOHL, BLOOM und MASIA (1975) bildet. Die in der schulpädagogischen und fachdidaktischen Literatur häufig verwendete klassische Dreigliederung in kognitive, affektive und psychomotorische Lernziele (vgl. Möller 1986; Meyer 1974) lässt sich zwar in keinem der Legebilder nachweisen, dafür wendet Frank eine Variation dieser Trias an. In seinem Cluster „Lernziele Kirchenraum“ unterscheidet er zunächst einmal – ähnlich wie Elke – eine „Gefühlsebene“ und eine „Sachebene“, die er später mit den Überschrift emotionale LZ’e und Fachwissen überschreibt: Frank, 59:52 Frank: Also ich versuche das jetzt mal so zu ordnen, ich merke schon, dass ich da immer wieder dieses, diese Gefühlsebene und diese Sachebene, die will ich jetzt grade mal so ein bisschen trennen.
Kurze Zeit später legt Frank noch eine dritte Gruppe von Lernzielen an, die er nach einigem Überlegen und Ringen nach einer angemessenen Formulierung schließlich mit erfahrungsbezogene LZ’e betitelt. Was genau er darunter versteht, lässt er unkommentiert, allerdings zeigen die dort platzierten Inhaltskarten, dass es hier im Gegensatz zur „Gefühlsebene“ nicht nur um ein positives Raumerleben geht, sondern um spirituell-religiöse Erfahrungen im Raum (z.B. die Kinder sollen erkennen,
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dass die Kirche ein Ort für sich selbst, ein Kraftort sein kann; die Kinder sollen erfahren, dass der Kirchenraum ein Ort ist, wo man Gott begegnen kann). Damit nutzt Frank zum einen die gängige Unterscheidung in affektive und kognitive Lernbereiche, variiert die klassische Dreigliederung aber gleichzeitig und weitet sie für sich stimmig auf den Kirchenraumbesuch aus. Überprüfung In der unterrichtlichen Denklogik stellt das Überprüfen der Lernziele eine unmittelbare Schlussfolgerung aus deren Festsetzung dar, wobei eine solche Überprüfung meist mit der schriftlichen Leistungsfeststellung in Form von Tests verbunden ist (vgl. Kiper 2009). Durch die Art ihres Umgangs mit Lernzielen für einen Kirchenraumbesuch offenbaren die Lehrpersonen ein didaktisch geprägtes und für Schule spezifisches Denken, das sich ausnahmslos durch alle Subjektiven Theorien zieht. Bei der Leistungsorientierung im Sinne einer schriftlichen Überprüfung des Gelernten hingegen lässt sich kein solcher Konsens feststellen. Während es Lehrkräfte gibt, die eine Abfrage über die Inhalte eines Unterrichtsganges durchaus in Betracht ziehen, scheint für andere die Überprüfung der Lernziele nicht mit der Idee des außerschulischen Lernens vereinbar zu sein. Einige Lehrpersonen verhandeln den Besuch im Kirchenraum als selbstverständlichen Bestandteil einer Unterrichtssequenz, der auch überprüfbares Wissen und Können beinhaltet. Augenscheinlich zu Tage tritt dieser Sachverhalt im Interview mit der Lehrerin Beate. Auf die Frage der Nachbereitung des Unterrichtsganges antwortet sie Folgendes: Beate, ZZ. 61-70 Beate: Ja. Wir haben danach dann nochmal im Unterricht diese Heftchen, die die Kinder ja bearbeitet haben, angeschaut, haben geguckt, die Lösungen verglichen, geguckt, was die Kinder da herausgefunden haben. Sie hatten dann in der Schule noch Zeit, die Kirche auch zu malen. Da war auch eine Aufgabe dabei, dass die Kinder die Kirche malen durften. Und dann haben wir noch dazugeschrieben, wie die Kirche heißt. Ja. Im Grunde nochmal zusammengefasst. (.) Genau. (…) Und dann natürlich eine Probe drüber geschrieben KK: Das ist für Sie also ein ganz regulärer Religionsunterricht. Beate: Ja. Da habe ich zum Beispiel gefragt „Wie heißt unsere Pfarrkirche?“, war eine Frage. Oder: „Nenne drei Dinge, die in jedem Altarraum stehen.“ oder „Was brennt vor dem Tabernakel?“. Was hatten wir noch?
Beate stellt ihre Nachbereitungsphase als einen Abgleich der Arbeitsergebnisse des Unterrichtsganges („Lösungen verglichen“) und eine Zusammenfassung der Erkenntnisse, die die SchülerInnen vor Ort gemacht haben („geguckt, was die Kinder da herausgefunden haben“), dar. Diese Erläuterungen schließt sie mit dem Hinweis, dass über diesen Stoff auch eine Leistungsfeststellung in Form einer „Probe“ stattgefunden hat, was sie als „natürlich“ bewertet. Auch bei der Lehrkraft Carla findet
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sich ein vergleichbares Argumentationsmuster. Zum Interview bringt sie einige Arbeitsmaterialien mit, darunter auch die Probearbeit zum Thema Kirchenraum, die sie später als „Quintessenz“ (Carla, Z. 73) des Unterrichtsganges bezeichnet und auch in ihr Legebild integriert. Dazu erläutert sie: Carla, 1:01:10 Carla: Gut. Und das bietet sich einfach an. Über den Stoff beim Unterrichtgang schreibe ich eine Probearbeit. (.) Weil das ja eine ganz andere Art (.) der Wissensvermittlung dann den Kindern wieder gibt. Ich überlege grade, wo ich’s mit reinbaue. (…) Weil Probearbeit verbinde ich immer eher mit Wissensvermittlung und Wissensabfrage. Carla platziert die entsprechende Inhaltskarte im Cluster „Wissensvermittlung + Verhalten“.
In beiden Fällen fokussieren die Lehrpersonen beim Unterrichtsgang unter anderem einen Wissenserwerb, der für sie nahtlos in eine Überprüfung mittels Probearbeit führt. Beate bewertet dieses Vorgehen als ganz „natürlich“ (Beate, Z. 66), für Carla scheint es geradezu prädestiniert für außerschulisches Lernen. Eine Probearbeit ist für sie „Wissensvermittlung“ und der außerschulische Lernort kann dies im Vergleich zum Klassenzimmer auf eine „ganz andere Art“ leisten. Dabei gibt es auch Lehrkräfte, die diese Überprüfbarkeit in Frage stellen. Für Daniel gibt es bei den Lernzielen seines Cluster „Sachwissen Kirche“ zwei Gruppen. Zunächst gibt es Ziele, die er durchaus mit einer „Probearbeit“ assoziiert, da man diese Inhalte „lernen“ und „einfach wissen“ kann (Daniel, 49:56). Daneben gibt es aber auch Lernziele, zu denen er sich folgendermaßen äußert: Daniel, 47:54 Daniel: Also sie sollen auf jeden Fall auch so eine Art Wertschätzung finden. Also nicht nur für eine Probearbeit. Hier habe ich das. Ehrfurcht und Wertschätzung.
Was Daniel hier mit den Worten „nicht nur für eine Probearbeit“ bereits andeutet, nämlich dass es Lernziele gibt, die in seiner Vorstellung nicht unmittelbar an die Überprüfung in Form einer Probearbeit gebunden sind, zeigt sich bei Frank noch einmal deutlicher. Für ihn gibt es beim Unterrichtsgang eine Ebene, die sich einem „eins zu eins“-Abfragen schlichtweg entzieht: Frank, 1:00:24 Frank: Also da würde ich jetzt mal sagen, das ist die Gefühlsebene. Die Ebene, wo man nicht eins zu eins am Ende abfragen kann, ist das jetzt rübertransportiert worden. Aber trotzdem denke ich, ist es mir wichtig, dass es irgendwie mit reinspielt. (…) Gut, dann könnte man das nennen non-verbale Lernziele oder Gefühlslernziele. Oder emotionale Lernziele.
Die beiden Religionslehrer Daniel und Frank machen zunächst einmal nur deutlich, dass es eben Lernziele gibt, deren Erreichen sich der Feststellung durch die Lehr-
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kraft entzieht. Dabei handelt es sich allerdings um ein grundlegendes Dilemma von Zielen, sobald diese unter die Kategorie „Gefühlslernziele“ fallen. Gerda geht noch einen Schritt weiter und stellt bei einem Kirchenraumbesuch ungeachtet der Art des Lernziels jegliche Form der Überprüfung in Frage. Obwohl die Religionslehrerin Gerda im Interview noch die Leistungsfeststellung in Form von Probearbeiten in Betracht zieht („Naja, also konkret, Altar, Ambo und sowas, kann man das machen. Das ist ja so Fachwissen abfragen.“, Gerda, ZZ. 661-662), revidiert sie in der Legesitzung ihre Meinung. Schließlich entscheidet sie sich dazu, die entsprechende Inhaltskarte nicht in ihr Legebild zu integrieren. Sie sortiert sie aus und begründet ihren Entschluss folgendermaßen: Gerda, 1:22:41 Gerda: Probearbeit ist jetzt nicht so das Ding. Man kann. Aber ich will das Ganze nicht, sage ich mal so, unter dem Leistungsaspekt sehen. Sondern eher über diese Emotionalen: Was können Kinder mitnehmen?
So macht Gerda beim Thema der Leistungsfeststellung einen deutlichen Gegenentwurf zu Beate und auch Carla auf, lehnt sie eine schriftliche Lernzielüberprüfung für Unterrichtsgänge doch konsequent ab („nicht so das Ding“). Probearbeit verbindet Gerda mit einem „Leistungsaspekt“. Und dieser Leistungsaspekt scheint sich nicht mit dem Charakter von Unterrichtsgängen zu vertragen. Im Gegensatz zu Daniel und Frank trifft sie hier eine generalisierende Aussage und bindet die Überprüfbarkeit nicht an die Art der Lernziele. Während sich für Daniel und Frank nur bestimmte Bereiche einer Überprüfbarkeit entziehen, stellt Gerda diese bei Unterrichtsgängen grundsätzlich und ungeachtet ihres Inhaltes in Frage. 5.5.2 Handlungs- und Sozialstruktur: Methodische Planung, Arbeitsmaterialien, Sozialformen und Umgang mit Verhalten In der Sozialstruktur wird bestimmt, „welche Interaktionsformen geeignet sind, um die gemeinsame Arbeit am Unterrichtsinhalt in Gang zu setzen“ (Jank & Meyer 2002: 77). Die Sozialstruktur stellt somit den personellen Rahmen für das Unterrichtsgeschehen bereit. Die Handlungsstruktur definiert, wie der Lehrer „selbst handeln und zu welchen Handlungen er seine Schülerinnen und Schüler bringen will“ (Jank & Meyer 2002: 82). Diese beiden Elemente bilden gewissermaßen die Muskulatur, die der Ziel- und Inhaltsstruktur als Skelett des Unterrichts Bewegung ermöglichen, zeigt sich in ihnen doch die konkrete unterrichtspraktische Umsetzung, das methodische Vorgehen und das Miteinander innerhalb der Lerngruppe. Sie determinieren die Art und Weise, wie die grundgelegten Inhalte und Ziele im konkreten Unterrichtsgeschehen reale Gestalt annehmen und bilden damit den Kern
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didaktischer Modelle (vgl. Meyer 1987: 38 ff). Dabei sind Handlungs- und Sozialstruktur im Unterrichtsalltag eng miteinander verschränkt, etwa wenn der Einsatz bestimmter Arbeitsmaterialien eine bestimmte Sozialform nahelegt. Die beiden Strukturmomente erweisen sich auch im Datenmaterial als so eng verwoben, dass eine empirische Trennung kaum möglich erscheint. Als zentraler Bestandteil des unterrichtspraktischen Handelns werden die Handlungs- und Sozialstruktur in diesem Kapitel gemeinsam dargestellt. Die folgenden Ausführungen fokussieren dabei vier Bestimmungsmomente. Zunächst wird herausgearbeitet, inwieweit die Lehrkräfte bei der Gestaltwerdung von Unterricht außerhalb des Klassenzimmers bereits in der methodischen Planungsphase gezielt auf Elemente und Analogien aus dem Unterricht im Klassenzimmer verweisen bzw. zurückgreifen. Das zweite Bestimmungsmoment umfasst den Einsatz von Arbeitsmaterialien, leitet dieser doch die Übermittlung und den Austausch von Informationen beim Aufenthalt im Kirchenraum (vgl. Tulodziecki 2014: 419 f.). Schließlich verhandeln die Lehrkräfte auch den Einsatz verschiedener Sozialformen und damit die innere personale Beziehungsstruktur und die Interaktion und Kommunikation ihrer Arbeit vor Ort. Diese wird auch bestimmt durch den Umgang mit dem Verhalten der SchülerInnen, das als viertes Bestimmungsmoment das Kapitel schließt. Methodische Planung In der Kirche Unterricht zu gestalten ist für die Lehrkräfte eng an konkrete methodische Vorstellungen gekoppelt. Diese spielen sie bereits dann ein, wenn es um ihre methodische Planungs- und Vorbereitungsarbeit zum Lernen außerhalb des Klassenzimmers geht. Ein Auszug aus dem Interview mit Hannah macht das deutlich. Was sie später im Cluster „Organisatorisches“ verortet, erläutert sie im Interview folgendermaßen: Hannah, ZZ. 294-307 KK: Gibt es sonst noch was, wo Sie sagen, da bereiten Sie sich in irgendeiner Weise besonders vor? Hannah: Also ich, wenn ich ein meditatives Element mit einbaue, ich meine, dann ist das ja ähnlich wie im Unterricht auch. Dass ich mir überlege, was brauche ich da noch (.) an Utensilien. (.) Brauche ich irgendwelche Legematerialien. Brauche ich irgendwas. Tücher, Kerzen oder sonst was. Brauche ich eine Musik? (.) Ja, solche organisatorischen Dinge. (...) Und also jetzt grade wenn man sagt, ich will das jetzt nicht in den Bänken machen, das war jetzt noch meine Überlegung, deshalb habe ich es bei dem letzten Unterrichtsgang dann gar nicht gemacht. Weil ich vorher nicht dazu gekommen bin, hinzugehen. Hm, dass ich auch nochmal gucke, wie ist denn der Platz, wenn ich vielleicht einen Kreis stellen möchte oder so. Ist der Platz überhaupt da? Oder ja, wenn man jetzt vielleicht auch einen kleinen Tanz oder irgendwas machen möchte. Ist da so viel Platz zwischen Kommunionbank und den Sitzbänken? Und dann steht man drin und merkt: „Oh Mist, geht ja gar nicht. Wie machen wir das jetzt?“ (lacht) Wo ist die Steckdose? Falls ich einen CD-Player dabei habe oder so. Ja, also ich hab jetzt meistens eine
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Gitarre. Aber CD-Player, wenn ich jetzt sage, ich will mit den Kindern irgendwie einen Tanz machen und dann hab ich vielleicht selber meine Hände frei oder so. Ja.
Mit der Aussage „ähnlich wie im Unterricht auch“ macht die Lehrerin bereits zu Beginn des Kommentars eine Parallele zu ihrer alltäglichen Arbeit im Klassenzimmer auf. Wie dort auch, so gilt es bei einem Unterrichtsgang Überlegungen zu den benötigten Lernmaterialien („Utensilien“) anzustellen, was ein wesentliches Element der Vorbereitungsphase für Unterricht darstellt (vgl. Jank & Meyer 2002: 82; Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 9). Allerdings stellt Hannah dabei auch fest, dass sie bei der Arbeit in der Kirche aufgrund der anderen räumlichen Gegebenheiten plötzlich deutlich mehr Dinge beachten muss. Es geht nicht mehr nur darum, die typischen Materialien für den Religionsunterricht wie „Tücher, Kerzen“ oder einen „CD-Player“ bereitzuhalten, sondern auch um die Frage, ob diese überhaupt in der geplanten Unterrichtsaktivität zum Einsatz kommen können. Wo im Klassenzimmer das Abspielen einer CD oder eine Formation im Kreis problemlos möglich sind, kann das Replizieren dieser Methode in der Kirche an räumlichen Rahmenbedingungen scheitern und der Kirchenraum erweist sich in gewisser Hinsicht als sperrig gegenüber diesen Methoden („Ist der Platz überhaupt da?“, „Wo ist denn die Steckdose?“). Damit offenbart der Kommentar von Hannah zwei wesentliche Sichtweisen auf außerschulisches Lernens. Einmal zeigt er, dass dieser – wie Religionsunterricht im Klassenzimmer auch – in ihrer Vorstellung methodisch durchdacht und geplant werden muss. Zum anderen verweist ihr Kommentar darauf, dass im Kirchenraum auf klassenraumspezifische Arbeitsweisen und im konkreten Fall auf typische religionspädagogische Materialien und Methoden zurückgegriffen wird, was Hannah auch explizit zur Sprache bringt („wie im Unterricht auch“). Eine ähnliche Analogie zwischen Klassenraum und Kirchenraum konstruiert Angela bei der Arbeit an ihrem Cluster „Vorbereitung des U-Ganges“: Angela, 26:30 Angela hat die beiden Inhaltskarten in der Hand, die Rituale im Religionsunterricht thematisieren. Angela: Das ist jetzt so, dass ich mir überlegen kann, ja welche Methoden können die Kinder schon. Was habe ich denn schon gemacht? (.) Und DAS kann ich dann auch wieder in einem anderen Umfeld leicht wieder einsetzen. Weil die Kinder wissen, was ist ein Stehkreis. Die Kinder wissen, SO machen wir das immer beim GEBET. Da machen wir das jetzt genauso. (…) Jetzt zum Beispiel mit dem Fuß vorstellen. Angela tritt neben den Tisch, stellt einen Fuß nach vorne und ahmt so die Körperhaltung beim Gebetskreis im Religionsunterricht nach. Das sind diese Methoden, die kann ich mir dann auch überlegen, was ich schon als Voraussetzung habe.
Ähnlich wie Hannah verhandelt Angela diesen Aspekt der methodischen Analogie in einer dem Unterrichtsgang zeitlich vorgelagerten Planungsphase. Auch bei ihr
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wird das im Legebild deutlich, bezieht sich der obigen Kommentar doch auf ihre Legeprozesse im Cluster „Vorbereitung des U-Ganges“. Wie bei Hannah geht es wieder um methodische Planungsarbeit, die mit dem Unterricht im Klassenraum verbunden wird. Im Vergleich zu Hannah tritt hier allerdings noch eine weitere Komponente hinzu. Es geht nicht nur um methodische Vorbereitung „wie im Unterricht auch“ (Hannah, Z. 295-296), sondern um die Aktivierung klassenzimmertypischer und den Kindern bekannter Methoden („SO machen wir das immer beim GEBET“). Im konkreten Fall sind diese weniger an Material gebunden, sondern es geht um den Kindern bekannte körperliche Aktivitäten. Dass Angela während ihrer Ausführungen neben den Esstisch, auf dem das Struktur-Lege-Bild entsteht, tritt und eben jene Körperhaltung beim gemeinsamen Gebet der Forscherin noch einmal vormacht, unterstreicht dies. Dieses gemeinsame Ritual erweist sich für Angela als unabhängig vom Lernort und kann folglich auch außerhalb des Klassenzimmers reaktiviert werden. In diesem Punkt unterscheiden sich die beiden Lehrerinnen voneinander. Wo für Hannah bei der methodischen Planungsarbeit im Kirchenraum Hindernisse auftreten („Ist der Platz überhaupt da?“, Z. 302; „Wo ist denn die Steckdose?“, Z. 305), konstruiert Angela eine fließende methodische Übertragbarkeit vom Klassenraum in den Kirchenraum. Auch bei der Arbeit in der Kirche tritt damit etwas zu Tage, was für Angela elementarer Bestandteil ihres Religionsunterrichts ist, wie die entsprechende Inhaltskarte in meinem Religionsunterricht habe ich Rituale veranschaulicht. Rituale als sich wiederholende und gleichbleibende Abläufe innerhalb einer Gruppe dienen der „Darstellung sozialer Gemeinsamkeit“ (Richert 2009: 169) und gelten als wesentlicher Bestandteil von Lehr-Lern-Situationen (vgl. Ophardt & Thiel 2013: 79). Was sich beim Unterricht im Klassenzimmer als wirksam erweist, wird von Angela auch für den außerschulischen Lernort als gewinnbringendes Gestaltungselement erachtet. Arbeitsmaterialien Das vorherige Bestimmungsmoment fokussiert die Vorbereitungsarbeit der Lehrkräfte, die durch methodische Planungstätigkeiten gekennzeichnet ist und die sie durch den Rückgriff auf Analogien zu ihrer Unterrichtstätigkeit im Klassenzimmer ausformulieren. Auch wenn sie beim Einsatz von Arbeitsmaterialien nicht explizit auf diesen Vergleich zum Klassenzimmer zurückgreifen, präsentieren die Lehrkräfte bei der Inszenierung des Kirchenraumes als Lernraum doch ein Materialrepertoire, das sich häufig als stark lenkend und instruierend erweist. Im folgenden Interviewauszug mit dem Religionslehrer Frank, in dem er einen fiktiven Unterrichtsgang mit einer 3. Klasse darstellt, wird das deutlich: Frank, ZZ. 119-132 KK: Sie dürfen auch gerne erzählen, wie Sie es heute machen würden. Also wenn Sie jetzt eine 3. Klasse bekommen.
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Frank: Also ich würde – wie gesagt – auf jeden Fall gezielter abfragen. (.) Wenn ich jetzt an eine 3. Klasse denke. (.) Sofern man mal das Glück hat, in eine 3. Klasse zu kommen. Weil das ist oft anderen vorbehalten. Trotz der wenigen Zeit, die Pfarrer heutzutage haben. (.) Ja, ich würde dann auf jeden Fall im Hinblick auf Kommunion in der 3. Klasse auch bestimmte Dinge besprechen. Ja, also den Altar vielleicht nochmal genauer besprechen und so. Irgendwie Bezug nehmend auf die Bibel. Ich würde, ja, wie der Pfarrer da agiert und wo er denn überhaupt steht. Tabernakel und die Bedeutung der Aufbewahrung des Heiligen Brotes. Und da würde ich eher in die / würde mein Schwerpunkt sein Eucharistie feiern, denke ich. Und ich würde dann eher / anders als in Eins-Zwei also da habe ich’s nicht gemacht, wir haben das alles mündlich besprochen und dann uns eben gemerkt und dann hatte ich so mein Arbeitsblatt in der Schule, in 2 jetzt. In drei würde ich – oder auch 4 noch mehr – würde ich einfach stärker auf / würde ich ein Arbeitsblatt mitgeben und da stärker schon bestimmte Dinge abfragen.
Was Frank hier beschreibt ist seine Vorstellung eines Kirchenraumbesuches für die 3. Jahrgangsstufe, auch wenn er diese Klassenstufe selbst schon seit einigen Jahren nicht mehr unterrichtet hat. Den Rahmen seiner Ausführungen bildet der Begriff „abfragen“, den er am Beginn mit dem Adjektiv „gezielter“ noch einmal schärft. Während er den Unterrichtsgang in der 1. und 2. Jahrgangsstufe methodisch eher freier gestaltet („wir haben das alles mündlich besprochen“), scheint das für ihn in einer 3. Jahrgangsstufe nicht mehr denkbar zu sein. Vielmehr ist der Unterrichtsgang hier durch einen spezifischen Inhaltsbezug gekennzeichnet („Kommunion“, „Eucharistie“), den er mit einem methodisch „gezielter“ gestalteten Vorgehen koppelt. Konkret stellt er sich hier ein „Arbeitsblatt“ vor, das das Lerngeschehen der Kinder in der Kirche anleitet. Gleich mehrmals tauch dabei das Verb „besprechen“ auf, das den Organisationsduktus des Arbeitsblattes zu bestimmen scheint. Ein solches zielgerichtetes Vorgehen, das Frank im Interview anspricht, arbeitet die Lehrkraft Beate in ihrem Struktur-Lege-Bild noch einmal explizit heraus. In ihrem Legebild findet sich ein Cluster mit dem Titel „Inhalte beim Unterrichtsgang“. Die dort platzierten Inhaltskarten ordnet sie nach den Aktivitäten schauen, besprechen und tun. In unmittelbarer Nähe entwickelt sie das Cluster „Regeln“, in dem sie ausführt, wie sie die Arbeitsweisen im Kirchenraum organisiert, ihre eigene Lehrerrolle definiert und das Verhalten der SchülerInnen vor Ort reglementiert. Eine Inhaltskarte wird schließlich zum Verbindungselement zwischen den beiden Clustern „Inhalte beim Unterrichtsgang“ und „Regeln“, nämlich: die Kinder arbeiten mit einem Stationenheft mit Arbeitsaufträgen, z.B. Altarraum abmalen, Wohlfühlplatz finden. Der folgende Auszug aus der Legesitzung zeigt, wie sich bei Beate der Gedanke zu diesem verbindenden Element ihres Legebildes entwickelt: Beate, 56:57 KK: Was wollen wir denn mit der Karte hier machen, die liegt so außerhalb? KK deutet auf die Inhaltskarte „die Kinder arbeiten mit einem Stationenheft mit Arbeitsaufträgen, z.B. Altarraum abmalen, Wohlfühlplatz finden“ im Cluster „Regeln“, die etwas abseits der anderen Inhaltskarten liegt.
286 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Beate: Das bekommt eine Querverbindung. (…) Aaach, da fehlt eine Karte, um das logisch einzubauen, finde ich. Und zwar: Einmal haben wir hier die Regeln. Zu zweit arbeiten. Stationenheft. Beate deutet auf das Cluster „Regeln“. Hier haben wir etwas, was die alles anschauen, besprechen und so weiter. Beate deutet auf das Cluster „Inhalte beim Unterrichtsgang“. Und im Grunde das, was die alles anschauen, das was sie GEZIELT gucken sollen, das können sie / damit das nicht ins Leere läuft, wird das zusammengefasst und dafür brauchen die das Stationenheft. KK: O.k., äh o.k., wie wollen wir das festhalten? Beate: Hm, das Stationenheft, einmal stehen da die Aufgaben drin, aber es ist auch die Zusammenfassung dessen / es ist eine wechselseitige Geschichte eigentlich, ne. Jetzt hatte ich doch gerade eine Idee, was ich da auf die Karte schreiben wollte. Schon wieder weg. (.) Ähm, mal überlegen. (…) Bündelung der Ergebnisse. Oder: Zusammenfassung der Ergebnisse. Oder sowas. Weißt du, was ich meine? Aufschreiben dessen, was sie alles gesehen haben. Zusammenfassung der Ergebnisse oder der Beobachtungen eigentlich. Beate nimmt eine farbige Karte und beschriftet diese mit „Zusammenfassung der Beobachtungen“. Mit einem roten Wollfaden möchte sie diese Karte als verbindendes Element der beiden Cluster integrieren und damit die von ihr angedeutete Leerstelle füllen. Beate: Da kommt er runter der ROTE FADEN. Ja? (lacht) Das Schauen, Schauen, Schauen, Schauen. Dann wird’s zusammengefasst. Und in das Stationenheft reingeschrieben. (.) SCHÖN. Beate legt einen roten Wollfaden in das Legebild. Dieser läuft entlang der rechten Seite aller Inhaltskarten, die sie im Cluster „Inhalte beim Unterrichtsgang“ unter der Überschrift „schauen“ angeordnet hat. Er endet an der Inhaltskarte zu der Arbeit mit dem Stationenheft. Mitten auf dem Wollfaden platziert sie die neu gestaltete farbige Karte „Zusammenfassung der Beobachtungen“, die nun die beiden Cluster „Inhalte beim Unterrichtsgang“ und „Verhaltensregeln“ verbindet.
Was zunächst nur eine einzelne Inhaltskarte ist, nämlich die Arbeit mit dem Stationenheft, wird von Beate in der Legesitzung zum zentralen methodischen Element ihres Unterrichtsganges erhoben. Dabei hat das Stationenheft eine doppelte Funktion bzw. ist – wie Beate es ausdrückt – „eine wechselseitige Geschichte“. Einmal leitet es die SchülerInnen bei der Arbeit im Kirchenraum an, gleichzeitig ermöglicht es eine „Zusammenfassung der Ergebnisse“. Was zunächst nur eine Aktivität ist, nämlich „anschauen“ und „GEZIELT gucken“, bedarf in der Subjektiven Theorie von Beate unbedingt einer schriftlichen Fixierung. Dieser Gedanke scheint für sie so wichtig zu sein, dass sie ihn auf einer farbigen Karte mit der Aufschrift Zusammenfassung der Beobachtungen in ihr Legebild integriert. Dabei zeigt die Aufschrift der Inhaltskarte, dass es hier nicht nur um Aufträge zum Schauen geht. Auch stark affektive Komponenten – wie etwa das Finden eines Lieblingsplatzes – sind im Stationenheft als Arbeitsauftrag enthalten und werden dort schriftlich festgehalten. Im Legebild von Angela lässt sich eine ähnliche räumliche Anordnung ausmachen. Die Lehrerin Angela gliedert ihr Cluster „Im Kirchenraum“ in die drei Bereiche Wissen, dann Spüren / Wahrnehmen sowie schließlich Religiöses Gefühl. Die beiden Bereiche Spüren / Wahrnehmen und Religiöses Gefühl verbindet sie mit einer Inhaltskarte: die Kinder arbeiten mit einem Arbeitsbüchlein am Lieblingsplatz,
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z.B. mit Psalmen, Malen, Schreiben. Eine solche angeleitete und ergebniszentrierte Auseinandersetzung mit dem Kirchenraum bietet sich in der Vorstellung von Angela also gerade dann an, wenn es nicht primär um Sachliches und den Wissenserwerb, sondern um einen sinnlich-emotionalen bzw. religiösen Zugang zum Raum geht. Die Fixierung von Arbeitsergebnissen scheint damit unabhängig vom erarbeiteten Inhalt zu sein und lässt sich gewissermaßen universal einsetzen. Arbeitsblatt (Frank), Stationenheft (Beate) und Arbeitsbüchlein (Angela) ermöglichen ein gezieltes Anleiten einerseits und ein schriftliches Fixieren der Arbeitsergebnisse andererseits. Durch die Gestaltung dieser Arbeitsaufträge erweist sich die Lehrkraft als stark lenkend, ist sie doch indirekt im Material präsent und legt per se zu bearbeitende Themengebiete und die jeweiligen Arbeitsmethoden fest. Damit wird der Aufenthalt im Kirchenraum zu einem lehrergelenkten bzw. geleiteten Unterrichtsgeschehen. Die Lehrkräfte greifen hier auf Arbeitsmaterialien zurück, die als typisch für die schulische Arbeit im Klassenzimmer interpretiert werden können (vgl. Thomas 2011: 365; Kron, Jürgens & Standop 2014: 210). Ein Auszug aus dem Interview der Lehrkraft Gerda zeigt aber auch, dass eben jene Methoden mit „Klassenzimmercharakter“ für den Einsatz bei einem Unterrichtsgang durchaus kritisch verhandelt werden: Gerda, ZZ. 227-234 Gerda: Also entweder, (.) wenn ich sage, (.) ich mache es mehr frei, dass sie’s versuchen, halt wirklich kein Stift, kein Blatt Papier festhalten. Macht ja denke ich nochmal einen Unterschied, wie mache ich’s methodisch. (...) Wenn ich jetzt wieder sage: „Hier, viele Fragen, Arbeitsaufträge. Schreibe!“ Hm. (.) Ist es etwas anderes, hat dann für mich schon wieder eher so Klassenzimmercharakter, als wenn ich sage, ich lasse sie etwas freier schauen. (...) Und kann das, was so geschrieben werden kann, dann eher wieder (.) so (.) auf den Klassenzimmertisch verlagern. Auf der anderen Seite vergisst man vielleicht ja manches, wenn man kein Papier dabei hat und keinen Stift und will’s dann eben aus der Erinnerung machen.
Religionsunterricht im Klassenzimmer definiert sich für Gerda zunächst einmal über die klassischen Arbeitsmittel „Stift“ und „Papier“ sowie über das Abarbeiten von Fragen und dem schriftlichen Fixieren der Arbeitsergebnisse: „‘Schreibe!‘“. Eben jenen „Klassenzimmercharakter“ möchte Gerda bei der Arbeit am Lernort Kirche vermeiden. Der Zugang soll hier weniger über das Arbeitsmaterial gesteuert werden, als „etwas freier“ sein. Bis zu diesem Punkt setzt die Lehrkraft den Unterrichtsgang tatsächlich von einer klassenzimmertypischen Denkweise ab. Allerdings zeigt ihr Kommentar auch, wie sie dann ein unterrichtstypisches Denkmuster anwendet. Denn auch für außerschulisches Lernen sieht sie eine Phase der Arbeitssicherung vor, die sie eben „auf den Klassenzimmertisch“ verlagert. Die hier beschriebene Vorgehensweise ähnelt stark den oben dargestellten Ausführungen des Religionslehrers Frank. Auch wenn er in der 2. Klasse bei einem Kirchenraumbesuch methodisch deutlich weniger strukturiert vorgeht, gibt es doch im Klassen-
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zimmer eine Sicherungsphase, denn „dann hatte ich so mein Arbeitsblatt in der Schule, in 2 jetzt“ (Frank, ZZ. 129-130). Räumen die Lehrkräfte den Kindern im Kirchenraum die Möglichkeit eines methodisch freien Arbeitens ein, heben sie diese Freiheit letztlich durch das Sequenzdenken und eine Aufbereitung der originalen Begegnung im Klassenzimmer wieder auf. Sozialformen Bei der Frage, wie die Lernprozesse im Kirchenraum gestaltet werden, spielen die Lehrpersonen Überlegungen zur „‘Sozialformwahl‘“ (Jank & Meyer 2002: 77) ein. Sozialformen „beschreiben das äußere Zueinander von Lehrer und Schülern bei der Bearbeitung von Lerninhalten“ (Köck 1995: 204). Gemeinsame Arbeitsformen, in denen keine Einzelarbeit und kein durchgehender Unterricht im Plenum stattfindet, bringen die Lehrkräfte meist dann zur Sprache, wenn es um eher sachlich orientierte Erarbeitungsphasen geht und die im vorangegangenen Abschnitt dargestellten Arbeitsmaterialien wie das Arbeitsblatt (Frank) oder das Stationenheft (Beate) zum Einsatz kommen. Dass Partner- und Gruppenarbeit für die Lehrkräfte vor allem dann eine Rolle spielen, wenn es darum geht, den Kirchenraum in seiner sachlichen Dimension zu erschließen, zeigt der Auszug aus der Legesitzung mit Frank. Die „verschiedenen Sozialformen“ kommen dann zum Einsatz, wenn es um die stark inhaltlich fokussierte Arbeit vor Ort – in diesem Fall um liturgische Gegenstände – geht: Frank, 38:08 Frank: In der 3. Klasse habe ich einzelne Gegenstände besprochen. Genau. Im Blick auf Kommunion und Eucharistie. Die hatten einen Laufzettel und haben in verschiedenen Sozialformen gearbeitet. Also da geht’s um die äußere Form hier, bei diesen zwei Sachen. Und da oben geht’s um das Inhaltliche.
Bei der Lehrkraft Daniel wird diese gedankliche Verschränkung von Sozialform und Inhalt besonders augenscheinlich. Eine seiner Inhaltskarten trägt ausschließlich einen Bezug zu einer Sozialform und einer Klassenstufe, ohne aber im Inhalt konkretisiert zu sein: in der 2. Klasse würde ich die Kinder in Gruppen arbeiten lassen. Diese Inhaltskarte ordnet er während der Struktur-Lege-Sitzung im Cluster „Sachwissen Kirche“ an und erläutert dazu Folgendes: Daniel, 1:11:17 Daniel: Dann was man eben anschaut. Entweder diese Bereiche oder mehr diese auf Künstlerisches eingehen. Wobei man kann schon beides machen beim Unterrichtsgang. Also grade, wenn man eine Gruppenarbeit macht, könnte gut sein, dass man vielleicht was weiß ich, drei Aufgaben sind Kirchenbereiche zu finden und eine Aufgabe noch „Suche dir einen Kunstgegenstand aus.“
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Die zunächst inhaltlich unbestimmte Inhaltskarte zur Gruppenarbeit baut Daniel in sein Legebild an der Stelle ein, an der es darum geht, den Kirchenraum in seinen einzelnen liturgischen Bereichen oder aber seine Kunstwerke kennenzulernen. Im Cluster „Religiöser Raum“ findet sich keine solche Sozialform. Dabei scheinen der Einsatz von Partner- und Gruppenarbeit für die Lehrkräfte nicht nur an die sachliche Ausrichtung des Unterrichtsganges, sondern auch an die Jahrgangsstufe gekoppelt zu sein. Der Religionslehrer Frank gliedert seine konkrete Vorgehensweise bei Unterrichtsgängen noch einmal nach den folgenden Überschriften: U-Gang 2.: Inhalt, Ablauf sowie U-Gang 3. Klasse. Das Trennungskriterium für die Jahrgangsstufen ist für Frank der Grad der Zielgerichtetheit, der sich auch in der Wahl der Sozialformen zeigt: Frank, 1:51:05 Frank: Also ich würde sagen, in Eins-Zwei ist es einfach noch nicht so zielgerichtet in dem Sinn, dass ich da mit schwarz auf weiß nach Hause tragen und mit auch vielleicht von den Sozialformen her, dass sie da strikt in Zweier- oder Dreiergruppen laufen. Das würde ich in Eins-Zwei noch nicht ganz so strikt angehen wie in der 3. oder 4. Klasse. Für mich ist Dritte-Vierte dann auch nochmal, auch vom Level her, da sehe ich den Unterricht und auch Unterrichtsmethoden nochmal anders. Nochmal höher anzusiedeln, ja auf einem anderen Niveau, höher ist jetzt vielleicht das falsche Wort.
Für die Arbeit in der 3. Klasse, die sich – wie bereits im Kommentar zu Beginn des Abschnitts deutlich wurde – vor allem an den liturgischen Gegenständen orientiert, sieht Frank gleichzeitig auch die Arbeit auf einem anderen „Level“ bzw. „Niveau“ vor. Dieses andere Arbeitslevel spiegelt sich unter anderem in den Sozialformen wieder, die in der 3. und 4. Klasse durch die Arbeit in „Zweier- oder Dreiergruppen“ gekennzeichnet ist. Ein vergleichbares Phänomen der Verschränkung der Sozialform mit dem Inhalt und der Klassenstufe lässt sich auch bei der Lehrerin Elke beobachten. So platziert sie im Cluster „So gehe ich vor:“ die folgende Inhaltskarte: in der 4. Klasse würde ich die Kinder die Kirche in arbeitsteiliger Gruppenarbeit erkunden lassen, z.B. Beichtstuhl, Heiligenbild, Ambo. Während in den unteren Klassenstufen der Frontalunterricht dominiert (mit den Kleinen habe ich schon die Krippe und den Erntedankaltar angeschaut), werden Partner- und Gruppenarbeit erst in höheren Klassenstufen relevant. Über die Sozialformen machen die Lehrkräfte eine „Vorgabe des äußeren sozialen Rahmens“ (Köck 1995: 204). An den Beispielen wird deutlich, dass Überlegungen zu den Sozialformen der Partner- und Gruppenarbeit für die Lehrkräfte dann eine Rolle spielen, wenn der Kirchenraum in seiner sachlichen Dimension erarbeitet wird, weniger aber, wenn es um ein religiöses Raumerleben geht. Gleichzeitig nimmt der Grad an Variationen der Sozialform mit der Klassenstufe zu; eine Arbeit außerhalb des Plenums sehen die Befragten vor allem für die 3. und 4. Jahrgangsstufe vor.
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Umgang mit Verhalten Verhalten ist für die Lehrkräfte nicht nur ein Lerngegenstand im Kirchenraum, sondern wird gleichzeitig auch als elementare Voraussetzung verhandelt, überhaupt am Lernort Kirche zu arbeiten. Ein regelkonformes Verhalten ist vor allem für die drei Lehrkräfte Elke, Carla und Beate sehr bedeutsam, widmen sie ihm im Legebild doch jeweils einen eigenen thematischen Bereich. Elke betitelt diesen mit „Verhaltensweisen evtl. Einschränkungen“. An oberster Stelle platziert die Lehrkraft hier eine Inhaltskarte, die besagt, dass sie beim Thema Verhalten enge Grenzen steckt. Die darunter platzierten Karten führen diesen Gedanken weiter aus. Elke verlässt mit einer von ihr als problematisch eingestuften Klasse entweder gar nicht das Klassenzimmer (bei einer vogelwilden Klasse würde ich im Klassenzimmer bleiben), alternativ stimmt sie das methodische Vorgehen vor Ort auf die Verhaltensvoraussetzungen der Klasse ab: mit einer wilden Klasse wäre ich in der Kirche strukturiert und kleinschrittig. Damit orientiert Elke ihre Methodenwohl am Verhalten der Kinder. Auch Beate verschränkt ihr methodisches Vorgehen mit dem Thema Verhalten, allerdings mit einem völlig anderen Grundverständnis als es Elke tut. In Beates Legebild findet sich eine Gruppe von Inhaltskarten, die das Cluster „Regeln“ bilden. An oberster Stelle platziert Beate ihre Vorstellung über den Verhaltensrahmen in der Kirche: in der Kirche gelten bestimmte Verhaltensregeln, z.B. andere beim Beten nicht stören. Die darunter angeordneten Inhaltskarten beschreiben dann, wie die Lehrkraft die Arbeit im Kirchenraum methodisch umsetzt und Lernprozesse anleitet, sprich den Lernrahmen vor Ort organisiert. Dabei arbeiten die SchülerInnen in Zweiergruppen eigenverantwortlich an einem Stationenheft, die Lehrkraft selbst ist jederzeit ansprechbar und hilft bei Bedarf. Diese Inhaltskarten zur methodischen Umsetzung des Lernens vor Ort kommentiert Beate mit den Worten: „Das sind im Grunde so die Regeln erstmal.“ (Beate, 55:34) Daran schließen sich durch die Strukturkarte aber diejenigen Fälle an, bei denen dieser Regelrahmen in den Augen von Beate nicht greift: Beate, 55:38 Beate: Und dann bräuchte ich hier ein ABER. Das kommt dahin. (…) Aber manchmal haben die Kinder keine Lust zum Arbeiten. Die machen Blödsinn.
Die Lehrerin Beate arrangiert im Cluster „Regeln“ das für sie zentrale methodische Vorgehen am Lernort Kirche, nämlich die Arbeit mit dem Stationenheft, die den Kindern ein weitgehend selbstständiges Arbeiten im Raum ermöglichen soll. Dabei interpretiert sie dieses methodische Vorgehen als Regelrahmen für die Arbeit und Wissensvermittlung vor Ort. Dieser Rahmen fordert von den Kindern ein hohes Maß an Selbstorganisation – und das innerhalb eines Raumes, der in der Vorstellung der Lehrkraft besondere Verhaltensweisen voraussetzt. Diese Kombination
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kann scheitern, nämlich dann, wenn die Kinder eben dieses eigenverantwortliche Arbeiten verweigern („keine Lust“, „machen Blödsinn“). Beate bindet ihr methodisches Vorgehen also an das Thema Verhalten an, wobei sich dieser Methodenrahmen im Gegensatz zu Elke als fix gesetzt erweist. Auch Carla stellt in der Legesitzung das Verhalten im Kirchenraum als für sie besonders bedeutsam heraus und beschreibt im Cluster „Wissensvermittlung + Verhalten“ einen disziplinierten Arbeitsrahmen als Grundlage für Wissensvermittlung. Die Inhaltskarten in diesem Cluster bilden drei Gruppen. Die Karten der ersten Gruppe entfallen auf die Vermittlung von Wissensinhalten zu den Einrichtungsgegenständen eines katholischen Kirchenraumes und das eigene sachliche Verhältnis der Lehrkraft zum Raum. Bei der zweiten Gruppe geht es um ein respektvolles Verhalten in der Kirche und um konkrete Verhaltensregeln, die in der Kirche gelten. Die dritte Gruppe umfasst schließlich Disziplinschwierigkeiten vor Ort und die Reaktion der Lehrkraft darauf. Im folgenden Kommentar erläutert Carla, warum sie diese drei Gruppen innerhalb eines thematischen Bereichs anlegt und was sie miteinander verbindet: Carla, 1:09:09 Carla: Um Wissen zu vermitteln gehört natürlich auch dazu, dass sich die Kinder entsprechend verhalten. (.) Hm, auch wenn wir an einem anderen Ort als im Klassenzimmer sind. Also um das Wissen hier zu erwerben, wie es in einer katholischen Kirche ausschaut, muss vor allem dieses Verhalten da sein. Also dass es eben nicht aus dem Ruder läuft. Und dass sie eben nicht nur rumwuseln, sondern wieder am Platz sitzen oder wieder in den Bänken sitzen. (…) Carla verbindet daraufhin den Bereich der Wissensvermittlung zum Kirchenraum mit dem Bereich, der Verhaltensprobleme beschreibt durch die die Strukturkarte „Voraussetzung für“. Also das disziplinierte Verhalten führt dann wieder zur Wissensvermittlung. Die dann möglich ist.
Ihre Ausführungen leitet die Lehrerin mit der Darstellung einer von ihr als problematisch empfundenen Situation ein. Religionsunterricht ist Wissensvermittlung und der dafür angestammte Ort ist das Klassenzimmer. Sollen auch außerhalb des Klassenzimmers Unterrichtsinhalte vermittelt werden, steht Carla vor der Herausforderung, ein „diszipliniertes Verhalten“ zu gewährleisten. Dabei erläutert sie auch, wie ein solcher Verhaltensrahmen für sie aussieht: „am Platz sitzen oder wieder in den Bänken sitzen“. Anders als Elke und Beate spricht Carla nicht von einer konkreten Arbeitsmethode, die einen Disziplinrahmen gewährleisten soll, sondern von der Erzeugung einer Sitzordnung, die derjenigen im Klassenzimmer ähnelt und durch die frontale Anordnung der Bänke im Kirchenraum möglich wird. Was Carla hier beschreibt erinnert dabei stark an Frontalunterricht als eine Möglichkeit einer direkten Instruktionsmethode, die sich durch zwei Merkmale auszeichnet: „Zum einen wird der gesamte Ablauf des Lehr-Lernprozesses in zentraler Weise durch die Lehrkraft gesteuert und zum anderen bilden Effektivität und Effizienz der Vermittlung diszi-
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plinärer Lehrziele das zentrale Kriterium für den Unterrichtserfolg.“ (vgl. Wiechmann 2009: 200) Beide Merkmale spricht Carla in ihrem Kommentar an. Alle drei Lehrkräfte bearbeiten das Dilemma, in einem nicht als Unterrichtsraum konzipierten Gebäude Unterricht halten und gestalten zu müssen. Ein entscheidender Aspekt dieser Unterrichtsgestaltung außerhalb des Klassenraumes ist für sie die Erzeugung eines Disziplinrahmens, um überhaupt Lerngelegenheiten schaffen zu können. Alle drei lösen dieses Dilemma also durch eine bewusste Gestaltung und Steuerung des Lernsettings. In ihren Ausführungen geht es dabei nicht um Verhaltensbelehrung, sondern um die bewusste Inszenierung des Lerngeschehens vor Ort – von der Sitzordnung bis hin zum Stationenheft. Argumentative Grundlage ist dabei weniger die Besonderheit des Lernortes Kirche, als vielmehr die Tatsache, ein Lerngeschehen außerhalb des Klassenzimmers zu moderieren, zu dem eben ein disziplinierter Arbeitsrahmen die Voraussetzung bildet (vgl. Seidel 2015: 109). Die „Beziehungsregeln der Schule“ (Jank & Meyer 2002: 81) gelten für die Lehrkräfte also auch außerhalb des Schulgeländes. Gleichzeitig macht die Lehrerin Hannah deutlich, dass es nicht immer möglich ist, das im Klassenzimmer gültige Regelsystem an einen außerschulischen Lernort zu übertragen, wie der unten stehende Kommentar aus der Legesitzung zeigt. Ausgangspunkt ist eine Erzählung der Lehrerin über einen Schüler mit Asperberger Syndrom, der eine zusätzliche Begleitperson benötigt. Auf die Frage der Forscherin zur Selbsteinschätzung ihrer pädagogischen Fähigkeiten außerhalb des Klassenzimmers reagiert die Lehrerin folgendermaßen: Hannah, 56:13 KK: Haben Sie denn bei Unterrichtsgängen das Gefühl, dass Sie sich da pädagogisch sicher fühlen? Hannah: Pädagogisch jetzt von der, ach so, pädagogisch. Also jetzt nicht von der didaktisch-methodisch Aufbereitung, sondern obs denn so vom Ablauf her und vom Eingreifen her. Also, hm. (...) Es ist ganz sicher NICHT, weil es natürlich ein Raum ist, wo ich sage, in einem Klassenzimmer kann ich anders eingreifen als in der Kirche. Ja? Da habe ich andere Möglichkeiten zu sagen: „Weiß du was? Setz dich jetzt mal grade an einen anderen Platz oder ne.“ Ich kann ja nicht in der Kirche jetzt (lacht) was weiß ich, jemand energisch zurechtweisen oder so. Also von daher ist das vom Pädagogischen ganz ganz anderes Feld, wo manche Maßnahmen, die ich woanders ergreifen könnte, da nicht so zum Zuge kommen. Hannah möchte für diesen Sachverhalt eine eigene Inhaltskarte beschriften, ringt aber mit der Formulierung. Hannah: Also die üblichen pädagogischen Maßnahmen, würde ich mal sagen, die kann man / ja also ich habe im Kirchenraum halt nicht eine Klangschale dabei, wo ich sage: Das ist unser Leise-Symbol. KK: Also übliche pädagogische Maßnehmen gehen nicht? Hannah: Ich würde mal sagen, die sind nur begrenzt so durchführbar. Schließlich beschriftet Hannah die Inhaltskarte mit „übliche pädagogische Maßnahmen nur begrenzt durchführbar“.
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In ihren Ausführungen grenzt Hannah die beiden Lernorte „Klassenzimmer“ und „Kirchenraum“ gegeneinander ab. Abgrenzungskriterium ist für sie die Frage nach dem Reglementieren bei Fehlverhalten, dem „Eingreifen“. Der Kirchenraum erweist sich hier als „ganz ganz anderes Feld“ als der Klassenraum, in dem die sonst üblichen Maßnahmen entweder aufgrund fehlender Medien nicht möglich sind („halt nicht eine Klangschale dabei“) oder es die Eigenart des Raumes schlichtweg verbietet („kann ja nicht […] energisch zurechtweisen oder so“). Damit erweist sich der Kirchenraum für sie als sperrig, was die „üblichen pädagogischen Maßnahmen“ angeht. Ein ähnliches Phänomen findet sich bei der Lehrerin Beate. Auch für sie ist ein Reglementieren innerhalb des Kirchenraumes nur bis zu einem gewissen Grad denkbar: Beate, ZZ. 446-452 Beate: Im schlimmsten Fall, wenn’s überhaupt nicht mehr funktionieren würde, würde ich die Kinder halt zusammentrommeln und mit denen rausgehen. Aus der Kirche. Ja, wenn ich merke, es geht jetzt gar nicht, (.) die Aufmerksamkeit ist nicht da, die lärmen da rum und (.) machen Quatsch, dann müsste ich halt die Konsequenz ziehen und sagen „Jetzt gehen wir raus.“ Und dann vielleicht draußen mal ein bisschen bewegen und mal nochmal Tacheles reden, wie man sich in der Kirche benimmt. Vielleicht nochmal zweite Chance, je nachdem. Ist aber auch noch nie vorgekommen, dass ich rausgehen musste. Nein.
Kommt es zu gravierenden Schwierigkeiten vor Ort („wenn’s überhaupt nicht mehr funktionieren würde“, „die Aufmerksamkeit ist nicht da, die lärmen da rum und (.) machen Quatsch“), ist die letzte Konsequenz das Verlassen des Kirchenraumes („rausgehen. Aus der Kirche.“). Die eigentlichen Maßnahmen („ein bisschen bewegen und mal nochmal Tacheles reden“) finden dann außerhalb des Kirchenraumes statt. Im Raum selbst scheint für die Lehrkraft ein solches Reglementieren unangemessen zu sein. Wie auch Hannah bedenkt Beate beim Umgang mit dem Verhalten der SchülerInnen die Besonderheit des Lernortes mit. Diese Besonderheit des Kirchenraumes und die Koppelung zwischen Ort und spezifischem Verhalten dort bringt auch Daniel im Interview zur Sprache: Daniel, ZZ. 337-343 Daniel: Während dem Weg, das ist so ein Stück, da können sie frei springen und laufen und laut sein. Und dann stellen wir uns auch zwei und zwei vor der Kirche an. Und das klar ist, ab HIER ist jetzt wirklich Kirche. Also es ist / machen wir zum Beispiel auch immer, wenn wir hier in die Kirche gehen. Es ist immer ein Anfangsgottesdienst und ein Schlussgottesdienst. Und da ist es auch immer so, dass sie auf dem Weg können sie ruhig auch mal brüllen oder können singen oder laut sein. Aber dann ist irgendwie klar: Jetzt beginnt (.) ja, die Kirche quasi. Da warte ich auch wirklich, bis alle leise dastehen. Und weise sie nochmal drauf hin.
Für Daniel gibt es zwei verschiedene Räume, in denen sich die SchülerInnen während eines Unterrichtsganges bewegen. Da ist zunächst der Bereich „vor der Kir-
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che“. Als profaner Raum dürfen die Kinder hier „ruhig auch mal brüllen oder können singen oder laut sein“. Der Übertritt in die Kirche selbst markiert eine Grenze („ab HIER ist jetzt wirklich Kirche“, „Jetzt beginnt (.) ja, die Kirche quasi.“) und das Beschreiten des heiligen Raumes fordert plötzlich von den Kindern einen Verhaltenswechsel („leise dastehen“), den die Lehrkraft auch vehement einfordert („weise sie nochmal drauf hin“). In diesem Fall ist es also weniger der schulische Rahmen als vielmehr der Lernort selbst, der die Sichtweise der Lehrkraft auf das Verhalten der Kinder bestimmt. Im Klassenzimmer sonst gültige Verhaltensweise wie das Leise-Sein scheinen – zumindest für den Weg von der Schule zum Lernort – außer Kraft gesetzt und der Weg selbst wirkt eher wie eine Pausensituation, in der sich die Kinder mit einer größeren Freiheit bewegen können. 5.5.3 Prozessstruktur: Zeitrahmen, Verlaufsplanung und Unterrichtsphasen Sind die übrigen Strukturmomente bestimmt, gilt es laut JANK und MEYER, diese zusammenzuführen und in eine „Prozessstruktur des Unterrichts“ (2002: 86) zu bringen. Eine solche Prozessstruktur bestimmt den Ablauf und Takt des unterrichtlichen Geschehens und damit das Aufeinanderfolgen der einzelnen zuvor geplanten Inhalte und Methoden sowie die zeitliche Rahmung, in die sich diese einpassen. In den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen lässt sich zunächst einmal feststellen, dass für sie die zeitliche Komponente hohe Relevanz besitzt, da sie außerschulisches Lernen einer schulischen Zeitordnung unterwerfen und die Zeit schließlich zu einem entscheidenden Faktor wird, an dem Unterrichtsgänge scheitern können. Im zweiten Bestimmungsmoment wird dargestellt, wie sie die Zeit beim Unterrichtsgang gliedern und verplanen und damit Teile ihrer Subjektiven Theorie als eine „Artikulation des Unterrichts“ (Standop & Jürgens 2015: 24) im Sinne einer Gestaltung in Zeitrhythmen anlegen. Unterrichtliche Schritte werden aber nicht nur auf den Kirchenraum selbst begrenzt. So werden Anfang und Ende des Religionsunterrichts nicht ausschließlich durch Betreten und Verlassen des Kirchengebäudes bestimmt, sondern letztlich durch die unterrichtliche Inszenierungstätigkeit der Lehrkraft, so dass sich das Unterrichtsgeschehen in verschiedenen Phasen über verschiedene Räume hinweg erstreckt, was im dritten Bestimmungsmoment herausgearbeitet wird. Zeitrahmen Unterricht im Klassenraum ist ein zeitlich fixiertes Geschehen (vgl. Eikenbusch 2010). Er ereignet sich meist im 45-Minuten-Rhythmus, manchmal auch im Takt von Doppelstunden. Darüber hinausgehende Zeitgliederungen sind – zumindest an den meisten Grundschulen – im Schulalltag bislang noch kaum vorgesehen. Ein auf
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dem gesamten Schulgelände zu hörendes akustisches Signal – in der Regel ein Schulgong – erinnert während des Schultages ständig an eben jene Taktung schulischen Lernens. Denken die Lehrkräfte über Unterrichtsgänge in den Kirchenraum nach, wird eben jene zeitliche Taktung des schulischen Alltags als Referenzrahmen herangezogen. In einer Interviewpassage mit Frank wird das offensichtlich: Frank, ZZ. 182-188 KK: Da haben Sie jetzt also jetzt, als Sie mit den Kindern reingegangen sind, nichts in der Richtung gemacht? Frank: Nein. Wissen Sie, wir sind halt hier so im Dreiviertelstunden-Takt. Das ist so auch aufgrund dessen aus Organisationsgründen so, dass da evangelisch, katholisch, ethisch alles parallel läuft. Mittlerweile sogar ISU [Islamischer Unterricht, KK]. Läuft bei uns auch in bestimmten Jahrgangsstufen. Und das legt man dann dadrauf und dann ist das einstündig. Das wäre nochmal eine dritte Stunde gewesen für MICH. Um da möglichst sage ich mal stressfreie (.) eine kleine Feier, (.) 20-minütige Feier zu machen.
Für Frank ist es die „Dreiviertelstunde[n]“, die den „Takt“ des Unterrichts an seiner Schule vorgibt und der sich folglich auch außerschulisches Lernen unterwerfen muss. Wird dieser schulische Takt überschritten, muss ein weiterer Unterrichtsgang folgen, damit „stressfrei“ gearbeitet werden kann. So wird die schulische Unterrichtszeit zu einem entscheidenden Bestimmungsmoment, was außerhalb der Schule gemacht – oder eben nicht gemacht – werden kann. Auch Carla gibt während der Legesitzung ein Beispiel dafür, wie der schulische Takt das außerschulische Lernen bestimmt: Carla, 1:05:22 Carla erläutert die Inhaltskarte „für einen Unterrichtsgang nehme ich mir eine Doppelstunde Zeit“ Carla: Und sonst halt, hm, (.) in Absprache mit dem Rektor oder mit anderen Kollegen. Also eine Doppelstunde fände ich (.) schon schön, wenn man sich nehmen kann. Für sowas oder grundsätzlich für einen Unterrichtsgang ist das eigentlich fast die mindeste Zeit. DOPPELSTUNDE. Carla unterstreicht das Wort „Doppelstunde“ auf der Inhaltskarte.
Wie Frank denkt auch Carla außerschulisches Lernen in einem klassischen schulischen Zeitmaß, nämlich der „DOPPELSTUNDE“, was sie durch das Unterstreichen des Wortes auf ihrer Inhaltskarte noch einmal optisch hervorhebt. Dabei stuft sie eben jene Doppelstunde als „fast die mindeste Zeit“ ein. Da sich die unterrichtspraktischen Beispiele von Carla auf eine 3. Jahrgangsstufe beziehen, steht dieser Zeitrahmen einer Doppelstunde im Schulalltag in der Regel zur Verfügung. Wird er allerdings überschritten, kommt es zu einem erhöhten organisatorischen Aufwand, wie etwa der „Absprache mit dem Rektor oder mit anderen Kollegen“. Der schulische Zeittakt bedingt somit „Organisationsgründe[n]“ (Frank, Z. 185), die außerschulisches Lernen bestimmen, aber auch erschweren oder – wie im nächsten Bei-
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spiel von Hannah – schließlich verhindern können. Bei der Arbeit an ihrem Cluster „Rahmenbedingungen“ erläutert sie: Hannah, 49:26 Hannah: Also, zu Rahmenbedingungen gehört natürlich jetzt einfach (.) meine äußere Situation. Dass ich früher in yyy an der Schule war und die Unterrichtsbesuche ganz schwer MÖGLICH waren. (.) Oder was heißt ganz schwer, nicht häufig praktiziert wurden, weil der Weg dorthin (.) oder die Entfernung (.) zwischen Kirche und Schule so weit war, dass das einfach zu viel Zeit in Anspruch genommen hat und wir in yyy meistens Einzelstunden hatten. Gerade in den unteren Klassen. Und dann ja, war das so nicht gut möglich. Zumal auch die Klassen oft dann kombiniert waren. Sonst hätte man ja oft auch eine Stunde aus dem eigenen Grundlegenden Unterricht mit dranhängen können. Aber und wenn’s dann immer noch eine andere Klasse mitbetrifft. (…) Also es ist einfach organisatorisch schwierig so manchmal.
Hannah stellt fest, dass sie Besuche des Kirchenraumes an ihrem alten Einsatzort kaum realisiert hat, da sie „zu viel Zeit“ in Anspruch nahmen und sich nicht wirklich in den regulären Ablauf einer „Einzelstunde“ haben einpassen lassen. Ein Abweichen von diesem Stunden-Schema wäre laut Hannah zwar grundsätzlich denkbar („hätte man ja oft auch eine Stunde aus dem eigenen Grundlegenden Unterricht mit dranhängen können“). Religionsunterricht findet allerdings aufgrund seiner konfessionellen Anlage in der Regel nicht im Klassenverband statt („Klassen oft dann kombiniert waren“) und folglich wären auch andere Klassen und Lehrkräfte von einem solchen Abweichen von der schulischen Zeitordnung betroffen. So kommt Hannah zu dem zusammenfassenden Fazit, dass es „einfach organisatorisch schwierig so manchmal“ ist. Dieser Zeitfaktor ist es letztlich, der in der Vorstellung von Hannah Unterrichtsgänge verhindert. Eben jener Sachverhalt wird von der Lehrerin Elke noch einmal knapp aber präzise auf den Punkt gebracht. Obwohl sie während der Legesitzung zahlreiche Vorteile außerschulischen Lernens präsentiert, erklärt sie gegen Ende: Elke, 1:18:34 Elke: Ja sie muss erreichbar sein. Wenn das jetzt irgendeine Ortskirche ist, wo ich vielleicht erstmal einen Wandertag hin unternehmen muss, dann werde ich das lassen. Ganz einfach.
Wird der Unterrichtsgang auf zeitlicher Ebene zu einem „Wandertag“ aufgebläht, lässt er sich plötzlich nicht mehr in die alltägliche schulische Zeitstruktur, in der Religionsunterricht normalerweise stattfindet, einpassen. Er wird zu einem zeitlich außergewöhnlichen Ereignis und damit – wie im Fall von Elke – „Ganz einfach.“ verworfen.
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Verlaufsplanung Ein zweites Bestimmungsmoment der Prozessstruktur offenbart sich, wenn die Lehrpersonen die unterrichtspraktische Umsetzung des Kirchenraumbesuchs erläutern. Hier lässt sich in der Darstellungslogik einiger Lehrkräfte eine Planung des Unterrichts in „Unterrichtsschritten“ (Jank & Meyer 2002: 88) ausmachen. An Franks Struktur-Lege-Bild ist diese Anlage in einzelnen zeitlich aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten deutlich erkennbar. So arrangiert er in seinem Cluster „meine bisherigen Unterrichtsgänge / Überlegungen für zukünftige Unterrichtsgänge“ die Inhaltskarten getrennt nach Klassenstufen. Seine Inhaltskarten zur 2. Jahrgangsstufe ordnet er unter der Überschrift U-Gang 2.: Inhalt, Ablauf an. Was Frank in dieser Überschrift grundlegt, spiegelt sich auch in der Anordnung seiner Inhaltskarten wieder. Der konkrete Unterrichtsablauf ist hier auf vier Inhaltskarten festgehalten, die Frank in der Legesitzung in einer chronologischen Reihenfolge anordnet. Die ersten zwei Karten bezeichnen einen eher freien und individuell gestalteten Zugriff auf den Raum, z.B. die Kinder sollen die Kirche für sich erschließen. Diese Karte ergänzt Frank in der Legesitzung noch einmal handschriftlich durch den Zusatz in einem 1. Schritt und kennzeichnet so, dass es sich hier um den Einstieg in das Unterrichtsgeschehen im Kirchenraum handelt. Die darunter liegenden Inhaltskarten beziehen sich dann auf die sich daran anschließenden Unterrichtsphasen, die deutlich stärker lehrergelenkt und inhaltszentriert sind, z.B. in der 2. Klasse habe ich bei den allgemeinen Dingen die Kinder gefragt und ich habe mit meinem Wissen ergänzt, z.B. Tabernakel, Altar, Osterkerze, Kreuz. Als er diese Anordnung verbalisiert, leitet Frank seine Ausführungen mit den Worten „Also vielleicht vom Ablauf her“ (Frank, 42:32) ein. Noch einmal eindrücklicher und für die Ordnung des Legebildes deutlich prägender zeigt sich diese Verlaufsplanung bei Elke, wobei sie diese Systematik bereits im Interview grundlegt. So beschreibt die Lehrkraft einen Unterrichtsgang in der 4. Klasse folgendermaßen: Elke, ZZ. 556-567 Elke: Also es gibt eine freie Phase. So würde ich das jetzt angehen wollen. (.) Eine freie Phase, (.) wo wir Sachen sammeln, wo Fragen erstmal beantwortet werden. Und dann würde ich sie je nachdem, was der Kirchenraum hergibt, in Partnerarbeit oder in einer Kleingruppe, maximal vier Kinder, losschicken und sagen: „Untersucht bitte das und das näher.“ Oder: „Zeichne mal dieses näher.“ KK: Also arbeitsteilig. Elke: Ja, ja. Natürlich. (…) Und dann würde wieder klar PLEnum zusammengefasst. Und dann dürfen sich die Kinder / würde ich nochmal eine freie Phase machen, wo dann vielleicht die Gruppe 3, die jetzt mit der Gruppe 1 von der Arbeitsphase her nichts mitbekommen hat, die stellen natürlich ihre Ergebnisse vor. Aber dann darf jeder trotzdem nochmal gucken. Würde sagen, Mensch, die eine Gruppe, die hat jetzt den, bleibe beim Ambo, den Ambo so dargestellt. Den würde ich mir aber gerne nochmal von der Nähe angucken. (.) Einfach nach diesen Erkenntnissen, nach der Erarbeitung, nach den Ergebnissen, die ich neu erfahren habe, nochmal hingehen. Anschauen.
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Das maßgebende Organisationsprinzip für die Darstellung des Kirchenraumbesuchs ist der Faktor Zeit. Die gesamte Arbeit vor Ort stellt Elke in ihrer chronologischen Abfolge dar. Diese Abfolge gliedert sie in konkret voneinander abgrenzbare Phasen. So beginnt für Elke der Unterricht im Kirchenraum mit einer „freie[n] Phase“, die inhaltlich offen gestaltet ist („Sachen sammeln“, „Fragen beantworten“) und die Elke als Eröffnung für die Arbeit im Kirchenraum sieht. Die nächste Arbeitsphase ist durch einen Wechsel in Inhalt („je nachdem, was der Kirchenraum hergibt“) und Sozialform („Partnerarbeit oder in einer Kleingruppe“) gekennzeichnet. An diese arbeitsteilige Phase schließt sich eine Darstellung der „Ergebnisse“ und eine gemeinsame Zusammenfassung im „PLEnum“ an. Diese wird schließlich durch die Möglichkeit einer individuell von den SchülerInnen gewählten Vertiefung („darf jeder trotzdem nochmal gucken“) abgelöst. Damit präsentiert Elke den Unterrichtsgang gemäß einer klassischen Stundenstruktur: Eröffnung – Erarbeitung – Zusammenführung – individuelle Vertiefung (vgl. Jank & Meyer 2002: 88; Unruh & Petersen 2011: 37 ff.). Eben jene Struktur repliziert Elke schließlich auch in ihrem Legebild, nämlich indem sie die betreffenden Inhaltskarten in einer zeitlichen Abfolge im Cluster „So gehe ich vor:“ anordnet und während ihres Legeprozesse kommentiert: Elke, 1:04:52 Elke: Dann gehen wir da rein. Dann lassen wir die Kirche entdecken. (.) Dann (.) dürfen sie ausprobieren. (.) Dann Plenum. (…) Zusammenfassung. (.) Denke ich.
Bei Elke wird offensichtlich, was MARAS, AMETSBICHLER und ECKERT-KALTHOFF als „Strukturierung des zu gestaltenden Unterrichtsablaufs“ (2010: 24) bezeichnen. Das Zusammenspiel von Lehrkraft und SchülerInnen ereignet sich nicht einfach so. Und auch außerhalb des Klassenzimmers scheint dieses Zusammenspiel einer „Artikulation des Unterrichts“ (Kron, Jürgens & Standop 2014: 58) zu folgen, nimmt man die obigen Befunde ernst. Durch die Gliederung in einzelne Arbeitsschritte realisiert sich im außerschulischen Lernen ein entscheidendes Kriterium für unterrichtliche Arbeit (Standop & Jürgens 2015: 24). Unterrichtsphasen Die Analyse der Subjektiven Theorien zeigt, dass auch bei außerschulischem Lernen Unterricht in den Vorstellungen der Lehrkräfte nicht einfach so zu beginnen scheint. Vielmehr konstruieren die Lehrpersonen eine Art „Vorbereitungsphase“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 26) bzw. „Anfangsphase“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 28), die den Unterricht eröffnet und das Lerngeschehen einleitet. Die oben genannten Ausführungen von Elke lassen darauf schließen, dass die von ihr genannte „freie Phase“ (Elke, Z. 556) eben jene Funktion erfüllt, können die Kinder hier doch offensichtlich nur von ihrem eigenen Inte-
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resse gelenkt die Blicke im Kirchenraum schweifen lassen und Fragen stellen, bevor die Lehrkraft den Lernprozess im nächsten Schritt inhaltlich gezielt anleitet („‚Untersucht bitte das und das näher.‘“, Elke, Z. 559). Das im vorherigen Abschnitt dargestellte Ablaufschema, das die Artikulation des Unterrichts repräsentiert und die Denklogik einiger Lehrkräfte bestimmt, ist dabei nicht auf den Aufenthalt im Kirchenraum begrenzt, sondern wirkt auch davor und danach. Beispielhaft lässt sich dieses Davor im Legebild von Angela ausmachen. Bei ihr findet eine Eröffnungsphase nicht im Raum selbst, sondern unmittelbar vor dem Betreten statt. Diese Phase legt Angela in einem eigenen Cluster mit dem Titel „Vor dem Eintreten“ an und schreibt ihr unter anderem die folgende Funktion zu: Angela, 32:45 Angela: Die WOLLEN jetzt in die Kirche gehen, sind also motiviert. Jetzt (.) wenn wir uns das schon alles außen ANgeguckt haben, jetzt will ich mal gucken, wie sieht das denn innen aus, das Fenster? Oder wieso ist da so eine große Tür da dran?
Durch eine farbige Karte mit der Aufschrift Neugierde, Motivation, Erwartungshaltung macht Angela noch einmal deutlich sichtbar, welchen didaktischen Zweck diese Anfangsphase erfüllt. Mit ihr realisiert die Lehrerin eine „Einstimmung auf den Inhalt“, den „Aufbau einer Motivation“ und die „Weckung der inneren Teilnahme“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 28). Eine zweite Funktion dieser Phase ist ein basales Vertrautmachen mit der Andersartigkeit und Besonderheit des Kirchenraumes: Angela, 41:41 Angela: Die Kirche ist anders als normale Häuser. Das wissen aber Kinder nicht. Also das IST so, aber das wissen Kinder nicht. Deswegen machen wir da auch da vorher so ein wenig ein BRIMBORIUM, dass den Kindern das bewusst wird, dass das jetzt etwas anderes ist.
Durch diese Anfangsphase des Unterrichts sorgt Angela also unter anderem für die „Schaffung eines gemeinsamen Informationsstandes bzw. annähernder Voraussetzungen“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 28), um überhaupt mit dem Lernprozess innerhalb des Kirchenraumes beginnen zu können. Damit realisiert die Lehrerin wie aus dem Lehrbuch didaktische Funktionen einer Stundeneröffnung. Den Startpunkt für den eigentlichen Beginn des Unterrichtsgeschehens markiert nicht die physische Präsenz im Raum, sondern die unterrichtliche Inszenierungsarbeit der Lehrperson. Ein ähnliches Beispiel findet sich bei der Lehrkraft Carla. Hier ist allerdings nicht der Beginn des Religionsunterrichts betroffen, sondern dessen Ende. Das Unterrichtsgeschehen selbst bricht nicht mit dem Verlassen des Kirchenraumes ab, sondern setzt sich bei ihr bis ins Klassenzimmer fort:
300 | D IE W ELT ALS KLASSENZIMMER Carla, ZZ. 123-125 Carla: Ja. (.) Das war eine 5. und 6. Stunde. Genau. Ja, ich habe mir also eine Doppelstunde dafür Zeit genommen. Und das ist auch schön, dass man dann sich wieder im Klassenzimmer trifft (.) und dann kann man eben diese Nachbereitung noch im Klassenzimmer machen.
Den Unterrichtsgang legt Carla zeitlich so an, dass unmittelbar nach dem Besuch im Kirchenraum noch Zeit für eine „Nachbereitung“ im Klassenzimmer bleibt. In der Legesitzung gibt sie noch einmal einen genaueren Einblick, wie sie diese Phase ausgestaltet: Carla, 1:05:35 Carla: Wenn wir zurückkommen von dem Unterrichtsgang, dann ist grundsätzlich die Nachbereitung da. Auch wenn sie nur ein paar Minuten ist. „Was ist dir jetzt Besonderes in Erinnerung geblieben? Was hat dir besonders gefallen? Was habe ich vermisst?“ Also diese typischen Fragen einfach. KK: Typisch? Carla: Ja, also so typisch eben.
Auch wenn die Klasse wieder im Schulhaus angekommen ist, ist der Unterrichtsgang inhaltlich noch nicht abgeschlossen. Was folgt ist eine Phase der „Nachbereitung“. Was genau dabei passiert, konkretisiert Carla mit beispielhaften Impulsfragen („ ‚Was ist dir jetzt besonders in Erinnerung geblieben?‘ “). Ihre Lehrerfragen stuft sie schließlich mit dem Adjektiv „typisch“ ein. Diese Kategorisierung legt den Schluss nahe, dass Carla hier auf für sie unterrichtstypische Muster einer Schlussoder Reflexionsphase zurückgreift, die etwa ein „Bewusstmachen des Lernzuwachses“ (Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 29) intendieren. Diese Deutung scheint naheliegend, da die Forscherin selbst, die diese „typischen Frage“ eigentlich gerne etwas näher erläutert bekommen möchte, die knappe Antwort „Ja, also typisch eben.“ erhält. Carla scheint keinen Grund zu sehen, warum sie solche offensichtlich unterrichtstypischen Aktivitäten für ihr Gegenüber noch präziser ausführen sollte. Dass sich die unterrichtliche Inszenierungsarbeit zeitlich sogar über den Schultag hinaus erstrecken kann, zeigt das Beispiel von Daniel: Daniel, ZZ. 674-686 KK: Wenn Sie sagen, die sollen das so merken, dass ist ein Raum des Gebets, wo ich rein kann, also auch außerhalb von Gottesdienstzeiten, sagen Sie das den Kindern dann bei dem Unterrichtsgang oder würden Sie auch schauen, dass die das erfahren oder wie? Daniel: (…) Hm (.), also ich hätte ihnen das jetzt gesagt. Aber andererseits wäre es auch kein Fehler ihnen quasi Hausaufgabe zu geben. Vielleicht an dem Tag, wo man den Unterrichtsgang hat oder an einem anderen Tag. Hm, (.) für alle Kinder, die an der Kirche vorbeilaufen (.) oder (.) die in der Nähe laufen: „Schaut mal, ob die Türe offen ist.“ Oder auf dem Heimweg zum Beispiel. Oder Hausaufgabe bis Montag, sage ich jetzt mal – es wird auch nicht jeder machen: „Geh an der Kirche vorbei und schaue, ob sie offen
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ist. Und schreibe die Uhrzeit hin.“ Das wäre zum Beispiel eine ganz nette Idee. Ich meine / dann werden von 20 Kindern haben’s nur 10 gemacht. Aber wenn dann einer sagt:“ Ich war um 13 Uhr und die war offen. Und ich war früh um 8, da war sie noch nicht offen.“ Ne, dann kann man das vielleicht mal kurz ansprechen. Und warum die offen ist und dass sie auch manchmal zu sein muss, weil man sie einfach nachts absperrt, oder.
In ihrer Frage möchte die Forscherin wissen, wie der Religionslehrer Daniel den Kindern die Kirche als „Raum des Gebets“ nahebringt. Nach kurzem Nachdenken und Zögern entwickelt Daniel die Idee, diesen Inhalt als „quasi Hausaufgabe“ zeitlich auszulagern und den Kindern hier einen Arbeitsauftrag zu geben („ ‚Gehe an der Kirche vorbei und schaue, ob sie offen ist.‘ “). Dieser Auftrag lässt sich nicht Zuhause am Schreibtisch lösen, sondern erfordert von den SchülerInnen ein erneutes Aufsuchen des Lernortes. Dass der Kirchenraumbesuch selbst einen nicht alltäglichen Religionsunterricht darstellt, hindert Daniel nicht daran, hier eine reguläre Unterrichtspraxis, nämlich das Aufgeben von Hausaufgaben (vgl. Becker 2007: 16) einzusetzen und dabei die „Anwendung des Themas“ (Kron, Jürgens & Standop 2014: 58) in den Privatbereich der SchülerInnen zu verlegen.
6. Diskussion
Die Arbeit fragt nach den Vorstellungen von Lehrkräften über Lernen außerhalb des Klassenzimmers und konzentriert sich dabei auf den Bereich der Grundschule. Das Verständnis von Unterricht in dieser Schulstufe ist durch Konzepte wie Lebensnähe, Kindorientierung oder authentisches und entdeckendes Lernen geprägt, so dass ein Verlassen des Klassenzimmers hier besonders nahe liegt. Zudem gehört das Aufsuchen außerschulischer Lernorte wie etwa der Bäckerei, der Feuerwehr oder des Walds seit Jahrzehnten zum gängigen Unterrichtsrepertoire in der Grundschule. Es ist daher verwunderlich, dass sich bisherige Studien zum außerschulischen Lernen auf den Sekundarbereich konzentrieren. Hier nutzen die ForscherInnen vor allem einen quantitativen Zugriff, um die Sichtweisen der Lehrpersonen empirisch zu untersuchen. In der vorliegenden Arbeit hat sich die Forscherin dazu entschieden, Grundschullehrkräfte als UntersuchungspartnerInnen zu wählen und deren Vorstellungen zum Lernen außerhalb des Klassenzimmers mittels eines qualitativen Zugangs zu rekonstruieren. Das in der Bildungsforschung etablierte psychologische Konstrukt der Subjektiven Theorien rahmt die Sichtweisen der Lehrkräfte methodologisch und methodisch. Befragt wurden acht Grundschullehrkräfte, deren Subjektive Theorien über außerschulisches Lernen mit Hilfe problemzentrierter Interviews sowie videografierter Struktur-Lege-Sitzungen erhoben wurden. Als exemplarisches Beispiel dienen die Sichtweisen von Religionslehrkräften auf Unterrichtsgänge in den Kirchenraum. Die Diskussion widmet sich in Kapitel 6.1 zunächst den Forschungsergebnissen. Sie konzentriert sich dabei auf die überindividuellen Analyseergebnisse und möchte so das Spektrum der Subjektiven Theorien über Lernen außerhalb des Klassenzimmers aufzeigen. Die idiographische Ebene und damit die Subjektiven Theorien der einzelnen Lehrpersonen bleiben ausgeklammert, dienen sie in der vorliegenden Arbeit doch vor allem als Vorstufe zur vergleichenden Analyse. Die Diskussion widmet sich aber nicht nur den Forschungsergebnissen, sondern auch der eingesetzen Forschungsmethode. Mit der „Siegener Variante“ zur Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien wurde im Rahmen der Arbeit ein Verfahren entwi-
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ckelt, dessen forschungspraktische Anwendung Kapitel 6.2 kritisch reflektiert. Es werden innovative Elemente der Struktur-Lege-Sitzung diskutiert sowie Vor- und Nachteile der Auswertungsmethode beleuchtet. Kapitel 6.3 zeigt schließlich Leerstellen der Studie auf und öffnet den Blick auf weitere Forschungsfelder zum außerschulischen Lernen.
6.1 D ISKUSSION
DER
B EFUNDE
Nachdem die individuellen Subjektiven Theorien der teilnehmenden Lehrkräfte analysiert wurden, konzentrierte sich die Darstellung der Ergebnisse auf die nomothetische und damit überindividuelle Ebene und ging hier in drei Schritten vor. Zunächst wurden die Struktur-Lege-Bilder aus der Vogelperspektive betrachtet und dabei Prinzipien, nach denen die Lehrkräfte ihre Inhaltskarten gliedern und strukturieren, herausgearbeitet (vgl. Kap. 5.3). Danach wurde innerhalb der Legebilder nach Inhalts-Struktur-Kombinationen gesucht, die im Datenmaterial als konstitutiv für die Subjektiven Theorien identifiziert werden konnten, und anhand derer sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Subjektiven Theorien der einzelnen Lehrpersonen analysieren ließen (vgl. Kap. 5.4). Schließlich wurde dargestellt, inwieweit die Lehrkräfte in ihren Subjektiven Theorien typisch schulische Denkmuster anwenden, so dass die im Datenmaterial liegende schulische Unterrichtslogik dargestellt wurde (vgl. Kap. 5.5). Die Diskussion der Befunde orientiert sich an diesen drei Schritten der nomothetischen Analyse. Bereits zu Beginn der Arbeit wurde das theoretische Bezugsfeld aufgespannt: Außerschulisches Lernen stellt im Schulalltag eine Besonderheit dar, die sich nicht nur durch seine geographische Andersartigkeit bestimmt, sondern auch durch eine andere und eigene Lernkultur, wie sie in der Lernortpädagogik grundgelegt ist. Außerschulisches Lernen als pädagogisches Konzept bestimmt sich über Merkmale wie die authentische Begegnung vor Ort, das Lernen in Situationszusammenhängen, ein sinnliches und ganzheitliches Lernerleben, einen hohen Grad an Aktivität und Selbststeuerung, den verstärkten Einsatz kooperativer Lernformen, die Abkehr vom 45-Minuten-Rhythmus oder den Einbezug von ExpertInnen. Ein solches Vorgehen ist an Hoffnungen geknüpft, was Lernprozesse und -effekte im affektiven, kognitiven und sozialen Bereich angeht. Gleichzeitig birgt der veränderte Lernort Hindernisse, die eben jenen Mehrwert unterlaufen können. Die pädagogische Konzeption außerschulischen Lernens wird dabei in einem schulischen Bezugsrahmen entworfen. So können innerhalb der Lernortpädagogik räumliche, inhaltliche sowie methodisch-strukturelle Verbindungsmomente zum Lernen innerhalb des Klassenzimmers identifiziert werden. Lernen an außerschulischen Lernorten bleibt bis zu einem gewissen Grad den Charakteristika schulischen Lernens unterworfen und die
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Lernortpädagogik nimmt eine Mittlerstellung zwischen diesen beiden Polen ein. Diese Konstellation konvergiert in der Frage, wie Lehrkräfte in ihren Subjektiven Theorien Unterrichtsgänge in eben jenem Spannungsfeld der Charakteristika außerschulischen Lernens und einer schulischen Unterrichtslogik entfalten. In der vorliegenden Arbeit erhält diese Frage durch die Wahl des Lernortes Kirchenraum als exemplarischen Untersuchungsgegenstand eine besondere Brisanz. Für ihn steht mit der Kirchenraumpädagogik ein innerhalb der Religionspädagogik etabliertes Fachgebiet zur Verfügung, das die Kirche als Lernort bearbeitet. Ziele und Prinzipien der Lernortpädagogik lassen sich hier wiederfinden, werden aber auch noch einmal anders gedeutet bzw. auf den Kirchenraum hin spezifiziert. So verfolgt die Kirchenraumpädagogik das Ziel, die BesucherInnen mit der Symbolsprache des Raumes vertraut zu machen („Alphabetisierung“), den Aufenthalt im Kirchenraum mit individuellen (Glaubens-)Erfahrungen in Verbindung zu bringen („Er-Innerung“) und einen Beitrag zum Gemeindeaufbau zu leisten („Beheimatung“) (vgl. Rupp 2008: 18). In methodisch-didktischer Hinsicht orientiert sich kirchenraumpädagogische Arbeit an den Prinzipien der Verlangsamung, der Berücksichtigung von Leiblichkeit und individualisierten Zugangsweisen sowie der Arbeit mit der Multidimensionalität des Kirchenraumes. Entscheidend für das Verständnis dieser Ziele und Prinzipien ist die historische Entwicklung der Kirchenraumpädagogik. Diese ist kein genuin schulisches Fachgebiet, sondern im Kontext der Gemeindearbeit entstanden. Zielgruppe der MitarbeiterInnen aus Gemeinde und Kirchenführungsdiensten waren damit von Beginn an nicht ausschließlich SchülerInnen, sondern vor allem kirchenferne Menschen, denen ein pädagogisch durchdachter Zugang zu dem für sie oftmals fremden Raum gewährt werden sollte. So sitzt die Kirchenraumpädagogik gewissermaßen zwischen den Stühlen. Entwickelt im Kontext von Gemeindearbeit wird die Begegnung mit dem Kirchenraum mittlerweile häufig von Lehrkräften selbst angeleitet. Ein solcher in einem schulischen Rahmen stattfindender Kirchenraumbesuch muss sich – nimmt man die Anliegen der Lernortpädagogik ernst – aber an anderen Kriterien messen lassen, als es die Kirchenraumpädagogik tut. Dieses Spannungsfeld zwischen schulischem und außerschulischem Lernen sowie das Verhältnis zwischen Lernortpädagogik und Kirchenraumpädagogik sind maßgebend für die Diskussion der Befunde, die sich entlang der drei oben dargestellten nomothetischen Analyseschritte vollzieht. In Kapitel 6.1.1 werden die drei Ordnungsprinzipien zusammenfassend dargestellt und dahingehend befragt, inwieweit sich in diesen ein typisches didaktisches Denken von Lehrkräften zeigt. Kapitel 6.1.2 gibt einen Überblick über die identifizierten Themen und Ausprägungen der inhaltlich-strukturellen Dimensionierung und bindet diese an den Diskurs der Lernortpädagogik sowie der Kirchenraumpädagogik an. Schließlich werden in Kapitel 6.1.3 die Bestimmungsmomente der unterrichtlichen Strukturlogik angeführt
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und es wird aufgezeigt, inwieweit die Lehrkräfte hier typische Elemente der Planung und Durchführung von Unterricht realisieren. In den Ergebnissen der drei Analyseschritte lassen sich verschiedene Argumentationslinien identifizieren, die darauf verweisen, dass die Subjektiven Theorien der Lehrkräfte entlang eines schulischen Referenzrahmens orientiert sind. Durch diese schulisch geprägte Perspektive auf Unterrichtsgänge wird deutlich, dass die Lehrkräfte den Aufenthalt außerhalb des Klassenzimmers nicht als Ausflug mit „Wandertagscharakter“ (Overwien 2000: 145) ansehen, sondern im Referenzrahmen eines Schulsettings entwickeln und damit durchaus als „‘eigentlichen‘ Unterricht“ (Claussen 2004: 4) interpretieren. Der Wortbestandteil „außer“ in „außerschulisch“ wird in einigen Aspekten von den Lehrkräften vor allem physisch, nicht aber konzeptuell interpretiert. Damit lässt sich festhalten, dass die Mauern der Schule zwar verlassen werden, der institutionelle Rahmen aber gewahrt bleibt. Gleichzeitig wird im Folgenden auch dargestellt, wo die Lehrkräfte eben jenen schulischen Bezug selbst in Frage stellen und durchbrechen. Durch eine Einbettung in den Gesamtkontext des Diskurses um außerschulisches Lernen sowie den Vergleich mit anderen empirischen Arbeiten auf diesem Gebiet unternimmt dieses Kapitel einen letzten analytischen und abstrahierenden Schritt. Dieser wird angereichert durch die Kontrastierung der Befunde mit Diskurslinien aus dem Sachunterricht, der das genuine Feld außerschulischen Lernens repräsentiert (vgl. Feige 2006: 4). Die Diskussion gibt dabei auch Impulse für die Weiterentwicklung der Lernortpädagogik sowie der Kirchenraumpädagogik als theoretische Bezugspunkte der Arbeit. Außerdem wird auf den Nutzen der Ergebnisse mit Blick auf praktische Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen von Lehrkräften im Bereich des außerschulischen Lernens eingegangen. Damit folgt die Arbeit den Empfehlungen der Lernortpädagogik, die nachdrücklich dafür plädiert, die Eigenart des Lernens vor Ort auch in der Ausbildung der LehrerInnen zu berücksichtigen (vgl. Messmer, Rempfler & Wilhelm 2011: 147) – was umso mehr gilt, wenn die Lehrenden nicht auf pädagogische Angebote vor Ort zurückgreifen können, sondern Lernsituationen dort selbst erzeugen müssen, wie es beim Kirchenraum meist der Fall ist. 6.1.1 Ordnungsprinzipien In der Struktur-Lege-Sitzung stand jede Lehrkraft vor der Herausforderung, die ca. 100 aus ihrem Interview extrahierten Inhaltskarten in eine Ordnung zu bringen und so ihre Subjektive Theorie optisch darzustellen. Durch das gelockerte Regelwerk der „Siegener Variante“ der Legesitzung konnten die Lehrkräfte Inhaltskarten in größeren Gruppen – sog. „Clustern“ – anordnen und optisch kenntlich machen, welche Inhalte für sie eng zusammengehören und in welchen größeren Zusammenhängen sie gruppierte Inhalte sehen. Der erste Schritt der überindividuellen Analyse
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fragte nach eben jenen übergreifenden Prinzipien, nach denen die Lehrkräfte die Inhalte ihres Struktur-Lege-Bildes organisieren und nach welcher Systematik sie die bildliche Darstellung ihrer Subjektiven Theorie anlegen (vgl. Kap. 5.3). Dabei konnten drei Ordnungsprinzipien identifiziert werden. Im Folgenden sind die Titel der Ordnungsprinzipien in Kursivschrift wiedergegeben. Die Namen identifizierter Cluster sind kursiv und in Anführungszeichen gesetzt. Bei Prinzip 1) Der Lernort Kirchenraum nutzen die Lehrkräfte das Kirchengebäude als Orientierungsrahmen für die Anordnung der Inhalte. Dabei lassen sich zwei Varianten ausmachen. Der Vertreter der Dimensionalen Perspektive gliedert seine Inhalte entlang der verschiedenen Dimensionen des Kirchenraums (Raum für religiöses Erleben und Träger von Sachinformationen), die für ihn bei einem Unterrichtsgang mögliche inhaltliche Bezugspunkte darstellen. In der Didaktischen Perspektive bildet die Frage, wie der Kirchenraum methodisch-didaktisch genutzt werden kann, den Orientierungsrahmen für die Anordnung der Inhalte. Hier stehen sich die Vermittlung von Wissen und Verhalten sowie die erfahrungsorientierte und emotionale Auseinandersetzung mit dem Raum gegenüber. Das Ordnungsprinzip 2) Der Unterrichtsprozess zeichnet sich durch eine zeitliche Abfolge aus, nach denen die Lehrkräfte ihr Legebild arrangieren. Als Voraussetzung für die unterrichtspraktische Arbeit am Lernort Kirche werden verschiedene Komponenten, wie etwa das persönliche Verhältnis zum Kirchenraum, die Lernvoraussetzungen der Kinder, organisatorische und inhaltliche Vorbereitungen oder auch sachliche Aspekte des Kirchenraumes im Allgemeinen und der Ortskirche im Besonderen, interpretiert. Daraus wird das konkrete Vorgehen in der Unterrichtspraxis abgeleitet, das auf die Realisierung bestimmter Ziele hin ausgerichtet ist. Auch hier lassen sich wieder zwei verschiedene Realisierungsformen des Prinzips finden. Im Linearen Prozess gibt es einen klaren Ausgangs- und Endpunkt des prozesshaften Geschehens. Beim Zyklischen Prozess legt die Lehrkraft einen sich wiederholenden Kreislauf an. In drei Legebildern lässt sich schließlich kein Ordnungsprinzip erkennen, das alle Cluster in eine sinngebende Systematik bringt: 3) Kein vollständiges Ordnungsprinzip. Allerdings entwickeln die Lehrpersonen auch hier strukturelle Beziehungen zwischen einzelnen thematischen Bereichen, wobei zwei Realisierungsvarianten identifiziert werden können. Einzelne Cluster werden entweder Additiv aneinandergereiht oder aber im Struktur-Lege-Bild wird ein Personaler Unterbau als Voraussetzung für das Unterrichtsgeschehen interpretiert. Die Gliederung der Inhaltskarten in einzelne Cluster ähnelt stark derjenigen im Ordnungsprinzip Der Unterrichtsprozess. Der Unterrichtsprozess und Kein vollständiges Ordnungsprinzip unterscheiden sich dadurch, dass beim letztgenannten einzelne Themenbereiche bis zum Ende der Legesitzung als unverbunden im Struktur-Lege-Bild verbleiben. Entscheidender Unterschied zwischen beiden Ordnungsprinzipien sind also nicht die angelegten Cluster, da diese in der inhaltlichen Aufteilung vergleichbar sind, sondern deren strukturelles Zueinander.
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Fünf der acht Lehrkräfte organisieren ihr Struktur-Lege-Bild nach einer eindeutig erkennbaren Strategie, die entweder am Lernort oder aber am Unterrichtsprozess orientiert ist. Beide Male ist ein Ordnungsprinzip erkennbar, das nicht nur einzelne Elemente des Legebildes strukturell aufeinander bezieht, sondern als umfassender Ordnungsgedanke für die hier präsentieren Inhalte angesehen werden kann. Dieser Ordnungsgedanke ist bei allen fünf Lehrkräften bereits in einer frühen Phase der Legesitzung erkennbar und wird von einigen auch verbal expliziert. Bei den beiden Lehrpersonen, die ihr Legebild nach dem Prinzip Der Lernort Kirchenraum aufbauen, liegt dieser Sachverhalt einer frühen Konstruktionsidee auf der Hand. Anderenfalls hätte die von ihnen entwickelte optische Gliederung des Bildes nicht zustande kommen können, ist ihr Legebild doch an zentralen Raumdimensionen bzw. methodisch-didaktischen Zugriffsweisen auf den Lernort Kirche ausgerichtet. Bei Der Unterrichtsprozess lässt sich die frühe Entscheidung für die Organisationsstruktur ebenfalls empirisch belegen. So etwa erklärt Gerda bereits in Minute 16 der Legesitzung, dass sie ihr Legebild in einer Kreisstruktur anlegen möchte: Gerda, 15:46 Gerda: Da bin ich ja mal gespannt, wie wir nachher die Verbindungspfeile legen. Weil wir sind irgendwann beim Kreis. (lacht)
Beate und Angela, die beiden anderen Vertreterinnen des Prinzips Der Unterrichtsprozess, äußern sich erst auf Nachfrage der Forscherin zu ihrem Organisationsprinzip. Dabei erläutern sie die zeitliche Anordnung ihres Legebildes und setzen diese optisch durch Fäden und Strukturkarten um. Beide müssen dabei in die grobe räumliche Anordnung ihrer Cluster auf dem Tisch nicht eingreifen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dieses Systematisierungsprinzip – wenn auch nicht explizit geäußert – so doch zumindest implizit bereits während der Legesitzung vorhanden war. Die Legebilder werden als optische Repräsentationen und damit empirisch fassbare Darstellungen der Subjektiven Theorien angesehen. Folglich lässt sich bei diesen fünf Lehrkräften zum Thema Unterrichtsgänge in den Kirchenraum eine Subjektive Theorie mit einem ordnungsleitenden Prinzip nachweisen, das die verschiedenen Inhalte umfassend miteinander verbindet. Die verbindende Stärke dieses Ordnungsprinzips ist dabei unterschiedlich ausgeprägt. So hat das Prinzip Der Unterrichtsprozess eine höhere verbindende Kraft als Der Lernort Kirchenraum. Beim letztgenannten siedeln beide Vertreterinnen des Prinzips einzelne Clusters abseits ihres ordnungsleitenden Zentrums an (z.B. Daniel: „Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen“, Carla: „U-Gänge allgemein / in die Kirche“) und weisen diese als allgemeingültig für jeglichen Umgang mit dem Lernort Kirchenraum aus. Bei drei Religionslehrpersonen ist in den Struktur-Lege-Bildern kein vollständiges Ordnungsprinzip rekonstruierbar. Es findet zwar eine thematische Ordnung der
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einzelnen Inhalte zu Clustern statt, diese werden allerdings nur teilweise verbunden und bleiben manchmal auch verinselt im Legebild stehen. Es stellt sich die Frage, ob diese Legebilder überhaupt Repräsentationen einer Subjektiven Theorie darstellen oder ob es nicht eher um eine lose Inhaltssammlung zum Thema Unterrichtsgänge handelt. Zwei Beobachtungen sprechen gegen diese zweite Annahme. Zunächst einmal gibt es keine Lehrkraft, die die einzelnen Cluster im Legebild völlig unverbunden nebeneinander stehenlässt. Vielmehr scheinen bei diesen Lehrpersonen die Cluster des Legebildes und damit die thematischen Bereiche der Subjektiven Theorie weniger stringent und konsistent aufeinander bezogen zu sein, als das bei den Lehrpersonen mit erkennbarem Ordnungsprinzip der Fall ist. Außerdem zeigen alle drei Lehrkräfte, deren Legebilder kein vollständiges Ordnungsprinzip aufweisen, innerhalb der Cluster strukturelle Verbindungen, so dass – auch wenn ein die gesamte Subjektive Theorie umfassender Ordnungsgedanke fehlt – so doch zumindest Strukturen und argumentative Zusammenhänge zwischen einzelnen Inhalten vorhanden sind. Auch bei diesen drei Lehrpersonen kann also von einer Subjektiven Theorie gesprochen werden. Gerade die ausführliche Darstellung der Subjektiven Theorie von Hannah in Kapitel 5.1 als Beispiel für die Analyse auf individueller Ebene macht das deutlich. Die drei im Datenmaterial identifizierten Systematisierungen Der Lernort Kirchenraum, Der Unterrichtsprozess sowie Kein vollständiges Ordnungsprinzip werden im Folgenden dahingehend befragt, ob und inwieweit hier didaktisch geprägte Denkmuster der Lehrpersonen zu Tage treten und sich bereits in diesen groben Ordnungsprinzipien Bestandteile etablierter Modelle der Unterrichtsplanung und gestaltung zeigen. Die Gliederung und Systematisierung der Inhalte, die die Lehrpersonen in Der Unterrichtsprozess sowie Kein vollständiges Ordnungsprinzip präsentieren, erinnert stark an unterrichtliche Planungsprozesse, wie sie sich in allgemein-didaktischen und schulpädagogischen Standardwerken wiederfinden, die den Weg bis zur fertigen Unterrichtsstunde beschreiben. Auch hier werden Überlegungen zum gewählten Inhalt, den Lernvoraussetzungen der SchülerInnen und grundsätzliche methodisch-didaktische Erwägungen in unterrichtspraktisches Handeln überführt, mit dem bestimmte Ziele intendiert sind (vgl. Jank & Meyer 2002: 61 ff.; Wiater 2011: 151 ff.; Esslinger-Hinz u.a. 2013: 19 ff.). Häufig wird dieser unterrichtliche Planungsprozess mit der Didaktischen Analyse nach WOLFGANG KLAFKI (1958) in Verbindung gebracht. Laut KLAFKI steht die Lehrperson für die Auswahl und Strukturierung der Unterrichtsinhalte vor der Aufgabe, eine dreifache Analyse vorzunehmen, deren einzelne Schritte er unter dem Begriff „Didaktische Analyse“ (Klafki 1958) subsumiert: Die Sachanalyse widmet sich dem gewählten Inhalt und den wesentlichen damit verbundenen fachwissenschaftlichen Fragen. Im Kern der Didaktischen Analyse geht es darum, die Themenwahl zu legitimieren und Ziele, Inhalte und Methoden mit Blick auf die Lernenden sinnvoll auszuwählen und miteinander zu verknüpfen. Die Methodische Analyse schließlich nimmt den konkreten
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Unterrichtsverlauf in den Blick und wendet die vorherigen Überlegungen unterrichtspraktisch an. Im Ordnungsprinzip Der Unterrichtsprozess, aber auch in denjenigen Legebildern, die Kein vollständiges Ordnungsprinzip zeigen, lassen sich eben jene Elemente der Didaktischen Analyse als leitend und sinngebend für die Strukturierungsversuche der Lehrkräfte identifizieren. Allerdings erweisen sich die Trennlinien zwischen den drei von KLAFKI entworfenen Analyseschritten in den Subjektiven Theorien als unscharf. So etwa existiert bei Angela in der Grobgliederung des Legebildes keine eigene Sachanalyse, vielmehr integriert sie diese in das Cluster „im Kirchenraum“ und damit in einen eindeutig auf die unmittelbare Unterrichtspraxis ausgerichteten Themenbereich. Hannah entwirft zwar das Cluster „Kirche als sakraler Raum“ und platziert hier überwiegend fachliche Aussagen zu bestimmten Raumdimensionen, mischt diese aber mit methodisch-didaktischen Überlegungen. Ähnlich verhält es sich bei Franks Themenbereich „Mein Kirchenraumverständnis“ oder bei Gerdas „Kirche“, deren stark fachlich orientierte Aussagen immer wieder von methodisch-didaktischen Aspekten durchbrochen werden. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen zwar grundsätzlich dem Prinzip der Didaktischen Analyse folgen und damit eine für LehrerInnen typische Denkweise abbilden, sich zwischen den Analyseschritten allerdings keine klare Trennung rekonstruieren lässt, sondern diese vielmehr „in einem integrierten Argumentationszusammenhang“ (Meyer 2014: 197) verhandelt werden. Damit offenbart sich bei den Lehrpersonen ein Denkmuster, das die These von MEYER „Es gibt keine reine ‚Sachanalyse‘. Was die ‚Sache‘ des Unterrichts ist, ergibt sich erst im Horizont didaktischer Anfragen an das Thema der Stunde.“ (2014: 199) bestätigt. Zumindest für die Subjektiven Theorien der Lehrkräfte, die das Systematisierungsprinzip Der Unterrichtsprozess und Kein vollständiges Ordnungsprinzip zeigen, scheint diese „reine ‚Sachanalyse‘ “ für die Rekonstruktion von Lerngeschehen außerhalb des Klassenzimmers nicht von Bedeutung zu sein. Beim Ordnungsprinzip Der Lernort Kirchenraum bildet das Kirchengebäude und damit zunächst einmal die Sache an sich den Referenzpunkt der ordnenden Maßnahmen für die Vielzahl an Inhaltskarten. Dieser Befund ist überraschend, da hier im Gegensatz zu den beiden anderen Ordnungsprinzipien auf den ersten Blick keine typisch schulpädagogische Perspektive erkennbar ist, sondern es der Sachgegenstand ist, der sich als konstitutiv für die Subjektiven Theorien erweist. Dabei unterscheiden sich die beiden VertreterInnen dieses Prinzips, Daniel und Carla, noch einmal darin, nach welchen Kriterien sie die Sache gliedern. In der Dimensionalen Perspektive fragt Daniel nach dem Potential des Kirchenraumes für außerschulische Lernprozesse und geht von der Zielsetzung für Unterrichtsgänge aus. Mit den Clustern „Sachwissen Kirche“ und Kirche als „Religiöser Raum“ unterscheidet er zwei Raumdimensionen, die er bei der Arbeit vor Ort mit den Kindern thematisieren kann. Carla wendet die sachliche Dimension des Kirchenraumes ganz
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offensiv methodisch-didaktisch. Für sie sind es die beiden Komponenten „Wissensvermittlung + Verhalten“ sowie „Kirche zum Anfassen“, die durch Unterrichtsgänge in Kombination realisiert werden können (Didaktische Perspektive). Beide VertreterInnen des Prinzips Der Lernort Kirche bewegen sich auffallend nahe an Grundgedanken der Kirchenraumpädagogik, indem sie den Ort selbst mit Blick auf sein Potential für die originale Begegnung befragen und so das Prinzip eines mehrdimensionalen Zugriffs auf den Raum als Systematisierungsgedanken ihrer Inhalte nutzen. Blickt man auf den Sachunterricht, wäre das Äquivalent hier die sog. „Vielperspektivität“ (vgl. Köhnlein 2000). Grundgedanke der Vielperspektivität ist die „übergreifende Wahrnehmung der inhaltlichen Dimensionen des Lernfeldes“ (Köhnlein, Marquardt-Mau & Duncker 2013: 1), so dass Fachbezüge bewusst aufgegeben werden. Hier lässt sich fragen, inwieweit nicht der Eigenwert des Lerngegenstandes in der Lernortpädagogik stärker Beachtung finden sollte und damit die Vielperspektivität als grundlegendes Prinzip zu ergänzen wäre. Der Unterrichtsgang in den Wald kann mehr sein als die Beschäftigung mit verschiedenen Pflanzenarten, sondern könnte auch Anknüpfungspunkt für die Auseinandersetzung mit dem Sinn der menschlichen Kultivierung von Naturräumen oder für die Verantwortung des Menschen gegenüber der Schöpfung sein. Genauso gut könnte er Anregungen geben für künstlerisches Gestalten und die Schulung ästhetischer Wahrnehmung. Durch den vielperspektivischen Zugriff rücken all diese inhaltlichen Bezugspunkte ins Blickfeld und das Konzept der Vielsperspektivität lässt sich letztlich an jedem beliebigen Lernort durchspielen. Die Zuordnung eines Lernortes zu einem konkreten Unterrichtsfach muss dabei fast zwangsläufig aufgegeben werden. Dabei unterscheiden sich die beiden VertreterInnen des Prinzips Der Kirchenraum als Lernort zunächst darin, dass sie zwar unterschiedliche Kriterien für die Aufteilung des Lernortes Kirche ansetzen. Beiden Aufteilungen ist aber gemeinsam, dass der Kirchenraum als Sachgegenstand nicht fachwissenschaftlich zergliedert, sondern von vorneherein mit Blick auf die Unterrichtspraxis gedacht wird. Daniel geht konsequent von der Frage aus, „mit welcher ZIELsetzung ich das Ganze angehe“ (Daniel, 15:12). Folglich lässt sich Der Lernort Kirchenraum zwar klar von den beiden anderen oben aufgeführten Systematisierungen Der Unterrichtsprozess sowie Kein vollständiges Ordnungsprinzip unterscheiden und zeigt ein Denkmuster, das sich zunächst einmal als weniger typisch für LehrerInnen einstufen lässt. Alle identifizierten Ordnungsprinzipien offenbaren allerdings, dass die Lehrpersonen in ihren Subjektiven Theorien die Sachanalyse, den Kern der Didaktischen Analyse und die methodische Analyse miteinander verweben. Dieser Befund macht deutlich, dass sich Elemente, wie sie in den Planungsmodellen von KLAFKI (vgl. 2007: 272 ff.) oder auch von WIATER (vgl. 2011: 152 f.) grundgelegt sind, in den Vorstellungen der PraktikerInnen finden lassen. Dabei ist allerdings naheliegend, dass die PraktikerInnen einzelne Elemente dieser Modelle in ihrer Denklogik miteinander verweben und die in den Modellen entworfene idealtypische Trennung
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und fixe Reihenfolge einzelner Planungselemente für die Unterrichtsgestaltung so nicht rekonstruierbar sind. Ein ähnliche Schlussfolgerung kann gezogen werden, gleicht man die Ordnungsprinzipien mit dem Expertenmodell nach BAUMERT und KUNTER (2006) ab, das in der vorliegenden Arbeit als Grundlage für die Entwicklung der Leitfragen des problemzentrierten Interviews diente. Die Lehrpersonen integrieren in ihr Legebild durchgehend und konsequent die verschiedenen Bereiche (Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, pädagogisches Wissen, Überzeugungen/Werthaltungen/Ziele, motivationalen Orientierung, selbstregulative Fähigkeiten), wie sie im Expertenmodell grundgelegt sind. Dabei gilt es stets zu bedenken, dass dieses Expertenmodell zwar erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelt wurde, aber auf verschiedenen historischen Vorläufermodellen (vgl. Shulman 1986; Bromme 1992) beruht und letztlich auch die Art und Weise der ersten und zweiten Phase der Lehramtsausbildung widerspiegelt. Allerdings zeigt die Analyse der Ordnungsprinzipien auch, dass die befragten PraktikerInnen eben jene von BAUMERT und KUNTER theoretisch grundgelegten Bereiche nicht getrennt voneinander sehen, sondern auch hier – vergleichbar zu den Planungsmodellen der Unterrichtsgestaltung – miteinander mischen und teilweise ineinander aufgehen lassen. Trotzdem sei an dieser Stelle hervorgehoben, dass die Lehrpersonen mit ihren Struktur-Lege-Bildern das Expertenmodell bestätigen. Die Befragten haben zu jeder Phase der Legesitzung die Möglichkeit, von ihnen als thematisch nicht passend klassifizierte Inhaltskarten auszusortieren. Tatsächlich sortieren die LehrerInnen in der Legesitzung Inhaltskarten nur vereinzelt aus, meist werden alle Karten in das Legebild integriert. Innerhalb der aussortierten Inhaltskarten lässt sich keine Systematik erkennen. So etwa entscheidet sich eine Lehrerin dazu, Aussagen zu ihrem eigenen Religionsunterricht nicht in das Legebild zu integrieren, da diese zwar grundsätzlich für den eigenen Unterricht zutreffen, nach Ansicht der Lehrkraft aber für außerschulisches Lernen keine Rolle spielen. Oder aber Lehrkräfte nehmen Inhaltskarten nicht in das Legebild auf, da sie zwar als passend für das Thema Unterrichtsgänge eingestuft werden, die aber bereits im Legebild ausgedrückten Inhalts-Struktur-Kombinationen in ihren Augen nur noch einmal doppeln und keinen neuen Aussagegehalt in das Bild eintragen. Mit der Identifikation der Ordnungsprinzipien betritt die vorliegende Arbeit insofern Neuland, als bisherige Studien zu den Sichtweisen von Lehrpersonen auf außerschulisches Lernen aufgrund der gewählten Erhebungsverfahren eine solche Perspektive nicht erlauben. Entweder werden hier mittels quantitativer Verfahren vorab ausgewählte Perspektiven auf Unterrichtsgänge erfragt (vgl. Geyer 2008; Pohl 2008; Schockemöhle 2009; Asmussen 2010; Lößner 2011) oder aber das mittels Interviews gewonnene Datenmaterial inhaltsanalytisch in der Art ausgewertet, dass themen- und konzeptübergreifende Gliederungsprinzipien und Argumentationsmuster der Befragten nicht sichtbar werden können (vgl. Traub 2003; Klaes
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2008; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011; Paetsch 2014). Die in der vorliegenden Studie gewonnene Perspektive auf die Ordnungsprinzipien bestätigt den Mehrwert der Struktur-Lege-Technik, besonders aber des Vorgehens der Siegener Variante, deren gelockertes Regelwerk das Clustern der Inhalte und damit das Anlegen und Verbinden größerer Themenbereiche und das Identifizieren von Ordnungsprinzipien überhaupt erst ermöglicht. 6.1.2 Inhaltlich-Strukturelle Dimensionierung Der zweite überindividuelle Analyseschritt konzentrierte sich darauf, die Inhalte und Strukturen der Subjektiven Theorien zu vergleichen und dabei Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten (vgl. Kap. 5.4). Es konnten sechs Themen identifiziert werden, die sich als konstitutiv für die Subjektiven Theorien über außerschulisches Lernen im Kirchenraum erweisen und anhand deren sich verschiedene Ausprägung von Inhalts-Struktur-Kombinationen darstellen lassen. Im Folgenden werden ebene jene Themen und die verschiedenen Ausprägungen zusammenfassend dargestellt und an den theoretischen Diskurs um außerschulisches Lernen rückgebunden. Die Titel der einzelnen Ausprägungen sind in Kursivschrift wiedergegeben. Ist der Titel oder ein Teil davon in einfache Anführungszeichen gesetzt, so handelt es sich hier um den Originalton einer Lehrkraft. Innerhalb der Struktur-Lege-Bilder identifizierte Cluster sind kursiv und in doppelten Anführungszeichen wiedergegeben. Einfluss des persönlichen Bezugs zum Lernort auf die unterrichtspraktische Arbeit Bereits die Platzierung der Cluster, in denen die Lehrpersonen Inhaltskarten zum eigenen Ich und ihrer eigenen Persönlichkeit sammeln, ist auffällig. Häufig liegen diese am linken Rand des Struktur-Lege-Bildes und damit – geht man von der üblichen Leserichtung aus – am Beginn. Dabei machen sich die Lehrpersonen zum Ausgangspunkt dafür, welche Dimensionen des Raumes sie überhaupt mit SchülerInnen erschließen, welche Inhalte sie bei einem Unterrichtsgang zur Sprache bringen und wie sie dies tun. Als sinnbestimmend für die Subjektiven Theorien der Lehrpersonen erweist sich damit die Frage, welchen Einfluss ihr persönlicher Bezug zum Kirchenraum auf ihre Art des Umgangs mit diesem Lernort hat. Dieses Thema offenbart ein doppeltes Spezifikum von Unterrichtsgängen in die Kirche. Zunächst ist Kirche ein Lernort, der bei allen Religionslehrkräften eine persönliche und oftmals biographisch verankerte Bedeutung hat, die die gemeinsame Arbeit vor Ort mitbestimmt. Keine Lehrperson entwickelt ihr Legebild frei von persönlichen Bezügen und Erfahrungen mit dem Kirchengebäude. Allerdings erweist sich die Art
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und Weise, wie dieser persönliche Raumbezug das schulische Arbeiten in den Augen der Lehrkräfte beeinflusst, als sehr unterschiedlich. Es konnten drei Ausprägungen identifiziert werden, die sich als exklusiv erweisen, eine Lehrkraft also nicht mehrere Ausprägungen gleichzeitig aufweisen kann. Das eine Extrem des Themas definieren mit Ausprägung 1) Lehrkräfte, in deren Biographie sich der Raum Kirche als sehr prägnant erweist und deshalb DAS konstitutive Moment beim außerschulischen Lernen darstellt (‚Authentisches‘ Einbringen des Ichs aufgrund starker biographischer Bindung an den Raum). Dabei kann die Biographie in beide Richtungen geprägt sein, sowohl mit stark positivem und emotionalem Zugang zum Raum als auch sachlich und distanziert. Stets erweisen sich Privatperson und Religionslehrperson als vollständig deckungsgleich. Auch Daniel als Vertreter der Ausprägung 2) zeigt ein authentisches Einbringen der eigenen Person, das er allerdings je nach Ausrichtung des Unterrichtsganges – sachlich oder meditativ – differenziert betrachtet (Partielles Einbringen des Ichs auf Grundlage des unterrichtlichen Zugangs zum Kirchenraum). Mit Ausprägung 3) ist innerhalb des Themas ein Punkt erreicht, bei dem nicht mehr die ganze Persönlichkeit in der unterrichtlichen Arbeit aufgeht, sondern in den Augen der Lehrkräfte nur einzelne Komponenten ihres persönlichen Raumbezugs unterrichtliche Entscheidungen und unterrichtliches Handeln berühren (Partielles Einbringen des Ichs aufgrund persönlicher Distanz zum Kirchenraum). Mit einer selbstverordneten neutralen Haltung gegenüber dem Kirchenraum definiert Elke mit der Ausprägung 4) schließlich das andere Extrem dieses Themas (Kein Einbringen des Ichs aufgrund von ‚Neutralität‘). Religionslehrperson und Privatperson sollten nach ihrem Verständnis idealerweise keinen Überschneidungsbereich zeigen, obwohl sie selbst diese Trennung auch teilweise wieder aufgibt. Ihren persönlichen Bezug zum Kirchenraum definieren die Lehrkräfte nicht als einzigen Einflussfaktor auf die unterrichtspraktische Arbeit. So erweist sich beispielsweise auch die Klärung der Lernausgangslage der SchülerInnen oder sachliche Aspekte zum Kirchenraum im Allgemeinen und der Ortskirche im Besonderen als durchaus sinnbestimmend. Allerdings wird mit der Dominanz des Verhältnisses zwischen eigenem Ich und Unterrichtspraxis innerhalb der Subjektiven Theorien eine typisch religionsunterrichtliche Perspektive auf Unterrichtsgänge deutlich, die durch eine Kontrastierung dieses Befundes mit der Rolle der Lehrperson in anderen Unterrichtsfächern offensichtlich wird. Wendet man sich dem sachunterrichtlichen Diskurs zu, repräsentiert das Kind mit seinen Vorerfahrungen, Lernvoraussetzungen und Bedürfnissen die zentrale Ausgangskategorie der Planung und Gestaltung unterrichtlicher Lernprozesse (vgl. Bäuml-Roßnagel 1985; Köhnlein 2011; FöllingAlbers 2015). Kind und zu erschließende Sache bilden ein dialogisches Verhältnis, so dass inhaltliche Erschließung nicht alleine von der Sache aus gedacht, sondern mit Blick auf das Kind und unterrichtliches Vorgehen gestaltet wird. Das Verhältnis der Lehrperson zu seinem Gegenstand bleibt außen vor und wird nicht weiter be-
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rücksichtigt. Ein ähnliches Phänomen findet sich in der Kirchenraumpädagogik, setzt hier doch die Herleitung kirchenraumpädagogischer Prinzipien und Methoden in der Regel bei einer Diagnose der Ausgangslage der Lernenden und ihrer Bedürfnisse bei der Begegnung mit dem Kirchengebäude an (vgl. Rupp 2008: 10 f.; Burrichter 2013: 201 ff.). Diejenigen, die den Kirchenraum vermitteln und den BesucherInnen nahebringen, bleiben unsichtbar im Hintergrund. Für die befragten Lehrkräfte muss ein Zugang zum Raum und die Arbeit im Raum glaubwürdig oder – wie Angela es ausdrückt – „authentisch“ (Angela, 1:49:04) sein. Ein Schlagwort, das auch im religionsunterrichtlichen Diskurs um die Rolle der Lehrperson immer wieder fällt (vgl. Ritter 2015: 142; Schulte, Stubbe & Lorenz 2015: 297), wobei Authentizität nicht mit einer unkritischen Haltung gleichgesetzt ist, sondern vielmehr eine Reflexion eben dieser Haltung betrifft. Religionslehrkräfte sollten glaubwürdige ZeugInnen des durch sie vermittelten Unterrichtsstoffes sein. Durch diese stark persönlich geprägte Rolle der Lehrkraft lässt sich in den Subjektiven Theorien ein Moment identifizieren, das sich als typisch für einen schulischen religionspädagogischen Diskurs erweist, in der Kirchenraumpädagogik allerdings bislang keine Beachtung fand. Die Analyse zeigt auch, dass diese biographische Bindung an den Raum nicht zwingend zu einer positiven Haltung führen muss, sondern durchaus auch distanziert und ablehnend sein kann. Diese Feststellung der Dominanz der eigenen Persönlichkeit trifft auch für die Ausprägung 4) Kein Einbringen des Ichs aufgrund von ‚Neutralität‘ zu. Elke konstatiert zwar für sich als Religionslehrkraft eine neutrale Haltung dem Lerngegenstand gegenüber und grenzt ihre eigene biographische Bindung an den Raum vom Vorgehen im Unterricht ab. Trotzdem gibt es für sie einen indirekten Bezug, nämlich indem letztlich das gesamte Geschehen des Religionsunterrichts durch sie selbst bedingt wird. So wirkt die neutrale Haltung wie ein aufoktroyiertes und vernunftgesteuertes Prinzip, das sie selbst in Frage stellt. Religionslehrpersonen bringen – wie LehrerInnen in anderen Unterrichtsfächern auch – ihre Lebensbiographie in das unterrichtliche Geschehen ein. Die Lebensbiographie ist gekennzeichnet durch das Aufwachsen in einer bestimmten Kultur und das Durchlaufens verschiedener Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen, in denen Werte und Normvorstellungen vermittelt und geteilt werden (vgl. Ziebertz 2015: 181 f.). Innerhalb dieser Lebensbiographie tritt bei Religionslehrpersonen eine besondere Komponente zutage, nämlich die Glaubensbiographie. Hier wird eine enge Verbindung zwischen dem Privat- und Berufsfeld offenbar, denn ReligionslehrerInnen üben Religion nicht nur aus, sondern „haben Religion zum Beruf“ (Ziebertz 2015: 182; vgl. Tzscheetzsch 1999: 105 ff.). Als „personale Komponente der Glaubenshilfe“ (Ritter 2015: 141) wird an sie die Anforderung gestellt, einen persönlichen Bezug zu den unterrichteten Inhalten zu haben. Das zeigt sich auch in der Ausbildung und beruflichen Stellung, indem der Religionsunterricht nicht nur vom Staat, sondern ebenso von der Kirche verantwortet wird (vgl. DBK 2006). Im Sy-
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nodenbeschluss von 1974 mit dem Titel „Der Religionsunterricht in der Schule“ ist von einem glaubwürdigen Bezeugen die Rede, bei dem die Lehrpersonen nicht nur die Sache darstellen, sondern einen eigenen Bezug zur Sache erkennen lassen sollen (vgl. Punkt 2.8.3). Die Deutsche Bischofskonferenz greift in ihrem Papier zum Thema „Die Bildende Kraft des Religionsunterrichts“ eben jenen Gedanken wieder auf (vgl. DBK 2009: 56, 61). Indem die befragten Religionslehrkräfte ihre eigene Persönlichkeit und ihre Vorerfahrungen mit dem Raum derart betonen und herausstellen, werden sie diesem Prinzip gerecht. Nimmt die Kirchenraumpädagogik den Befund dieses Themas ernst, gilt es in Zukunft, die Klärung der eigenen Bindung an den Raum und des reflexiven Umgangs damit als konstitutives Moment zu berücksichtigen und nicht wie bisher hier eine Leerstelle zu lassen und ausschließlich von den Lernenden auszugehen. Das erscheint auch insofern erforderlich, da kirchenraumpädagogische Arbeit mittlerweile nicht mehr nur von MitarbeiterInnen aus Gemeinde und Kirchenführungsdiensten getragen wird, sondern zunehmend seinen Weg zu den Religionslehrkräften in der Schule gefunden hat (vgl. Sendler-Koschel 2016: 69). Inwieweit dieser eigene Bezug zum Kirchenraum als fruchtbares Moment in der kirchenraumpädagogischen Aus- und Weiterbildung genutzt werden kann, darauf wird im folgenden Thema genauer eingegangen. Gleichzeitig lässt sich kritisch anfragen, ob nicht auch andere Unterrichtsfächer den Zugang der eigenen Person zum Lerngegenstand stärker reflektieren sollten, anstatt ausschließlich vom dialogischen Verhältnis Sache und Kind aus zu denken. Das gilt zum einen für die Lernortpädagogik. Denkt man an außerschulische Lernorte wie etwa den Wald, so wird der unterrichtliche Zugang – wenn auch implizit – sicherlich von der Einstellung der Lehrkraft gegenüber den Lerninhalten und damit verbundenen methodischen Erschließungsformaten bestimmt. So kann Kindern der Wald als Naturraum, Kulturraum, Erholungsraum oder Raum für ästhetische und sogar spirituelle Erfahrungen angeboten werden. Die Lehrkraft ist es, die über den Schwerpunkt entscheidet. Diese Idee gewinnt vor allem dann an Relevanz, wenn es sich um ideologisch hochgradig sensible Lernorte handelt, die gemeinsam mit den SchülerInnen aufgesucht werden. Beispielhaft sei hier auf den Besuch von Gedenkstätten verwiesen. Stringent zu Ende gedacht trifft das für unterrichtliches Vorgehen im Allgemeinen zu, ist also nicht auf außerschulisches Lernen beschränkt. Hier ließe sich anfragen, welchen Mehrwert die Klärung der eigenen Position gegenüber dem Lerngegenstand hätte und ob nicht der vielperspektivische Zugang (vgl. Köhnlein 2000; Köhnlein, Marquardt-Mau & Duncker 2013), wie ihn der Sachunterricht vorsieht, von einer Ergänzung der Position der Lehrkraft profitieren könnte. Es könnte ein Anlass sein, die eigene Unterrichtspraxis daraufhin zu reflektieren und blinde Flecken oder zu dominante Schwerpunktsetzungen auf einzelne Inhalte und Erschließungsformate zu identifizieren.
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Zugriff auf den Kirchenraum Mehrere Leitfragen des problemzentrierten Interviews regen die Lehrkräfte dazu an, ihre Vorstellungen auszuführen, wie der Kirchenraum inhaltlich und methodischdidaktisch aufbereitet und so als außerschulischen Lernort genutzt werden kann. Für diese unterrichtspraktischen Überlegungen entwickeln die Befragten stets eigene Themenbereiche, die meist den Mittelpunkt des Legebildes ausmachen. Im Datenmaterial lassen sich drei verschiedene methodisch-didaktische Zugriffe auf den Raum und damit drei Ausprägungen dieses Themas identifizieren – je nachdem, wie die Lehrpersonen die Aufbereitung der originalen Lernumgebung für ihre SchülerInnen darstellen. Im Gegensatz zum vorherigen Thema kann eine Lehrkraft auch mehrere Ausprägungen gleichzeitig zeigen. In Ausprägung 1) Sachlichkognitiver Zugriff auf den Raum fokussieren die Lehrpersonen in ihren Darstellungen konkrete materielle Bestandteile des Raumes, die vor allem in ihrer Sachlichkeit erschlossen werden. Außerschulisches Lernen im Kirchenraum definiert sich bei dieser Ausprägung in erster Linie über einen Informationserwerb und wird von den Lehrkräften mit Schlagworten wie „Wissensvermittlung“ (Carla, 15:15), „das Kognitive“ (Elke, 30:41) oder „Fachwissen über den Kirchenraum“ (Frank, 41:10) assoziiert. Eine solche Arbeitsweise ist nicht exklusiv dem Religionsunterricht vorbehalten, sondern für die Lehrkräfte auch in anderen Unterrichtsfächern denkbar. Machen die UntersuchungspartnerInnen bei Ausprägung 1) ihre Erläuterungen an einzelnen Gegenständen fest, so argumentieren sie bei Ausprägung 2) vor allem über ein wahrnehmungsorientiertes Raumerleben, so dass diese mit Sinnlichemotionaler Zugriff auf den Raum überschrieben ist. Die VertreterInnen dieser Ausprägung zeigen eine starke Sensibilität gegenüber dem Raum als Gesamtkonzept, den sie erlebbar machen wollen. Dass sich die Lehrkraft Angela in diesem Kontext vehement gegen eine Inhaltskarte mit der Beschriftung „Auswertung“ (Angela, 1:21:03) wehrt und hier Begriffe wie „Freude bereiten“ (Carla, 1:20:45), „erspüren“ (Angela, 1:10:27) oder „erfahren“ (Hannah, 42:17) den Duktus der Argumentation bestimmen, macht den Kern des Zugriffs noch einmal deutlich. In Ausprägung 3) Religiöser Zugriff auf den Raum schließlich interpretieren die Lehrpersonen den Kirchenraum als einen Ort für religiöse und spirituelle Aktivitäten, die dort „eine andere Komponente“ (Hannah, 40:23) haben als in anderen Räumen. Auch hier wird der Kirchenraum in seiner Gesamtheit bedeutsam, stellt er doch in den Augen der Lehrkräfte einen angemessenen Ort für diese Tätigkeiten dar. Werden einzelne Gegenstände wie der Altar einbezogen, so sind sie weniger Anschauungsobjekt, als vielmehr unmittelbar in eine religiöse Aktivität involviert. Es lässt sich fragen, inwieweit dieser Befund mit den in der Kirchenraumpädagogik beschriebenen Zugriffsweisen auf den Raum korrespondiert. Kirchenraumpädagogik setzt auf die Multidimensionalität des Raumes (vgl. Kindermann & Riegel 2013: 70 ff.). Dieser Leitgedanke kirchenraumpädagogischer Arbeit bedeutet nicht, dass beim Aufenthalt im Kirchengebäude stets alle Raumdimensionen thematisiert
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und aktiviert werden müssen. Vielmehr beinhaltet es die Forderung, dass diejenigen Personen, die im Kirchenraum Lernprozesse anleiten, sich der Multidimensionalität bewusst sein sollten. Während sich der 1) Sachlich-kognitive Zugriff auf den Raum bei allen acht Lehrkräften identifizieren lässt, wird der 2) Sinnlich-emotionale Zugriff auf den Raum nur von einigen berücksichtigt. Gerade dieser Umgang mit dem Lernort ist es, bei dem Raumwirkung und Aura der Kirche bewusst in Szene gesetzt werden und ein ganzheitlicher und wahrnehmungsorientierter Umgang mit dem Raum und seiner besonderen Atmosphäre stattfindet (vgl. Beyer 2006: 2014). In diesem Zugriff offenbart sich der Unterschied zwischen Museum und Kirche, in der Artefakte nicht künstlich isoliert, sondern an ihrem authentischen Ort und in ihrem originalen Verwendungszusammenhang erfahrbar werden. Auch ein 3) Religiöser Zugriff auf den Raum wird nicht durchgehend vertreten, sondern lässt sich nur bei der Hälfte der befragten Lehrkräfte identifizieren. Hier werden typische Aktivitäten des Religionsunterrichts wie etwa gemeinsames Singen oder Beten nicht einfach nur genannt, sondern im Sinne einer Raumerfahrung gedeutet. Der 2) Sinnlichemotionale Zugriff auf den Raum sowie der 3) Religiöse Zugriff auf den Raum wird von Lehrkräften dabei vor allem durch das In-Gebrauch-Nehmen von Gegenständen in der Kirche realisiert, etwa dadurch, dass die Lerngruppe Prinzipalstücke wie Altar (Hannah, ZZ. 521-530) oder Ambo (Carla, 1:43:02) nicht nur anschaut und sich ein Unterrichtsgespräch darüber entwickelt, sondern auch, dass sie an den Gegenständen liturgische Handlungen erproben. Lediglich bei Angela und Hannah lassen sich in den Subjektiven Theorien alle drei Zugriffsweisen rekonstruieren und nur ihnen kann damit ein echtes Bewusstsein für die in der Kirchenraumpädagogik so wirkmächtige Multidimensionalität zugesprochen werden. Dieser Befund ist insofern überraschend, da alle Lehrpersonen in der sachlichen Darstellung des Kirchenraumes sowie ihres eigenen Verhältnisses zum Raum seine besondere Atmosphäre und seine Funktion als Ruhe- und Gebetsort und damit sein Potential für spirituelle und religiöse Erfahrungen ansprechen und häufig auch davon berichten, wie wichtig für sie selbst diese Raumfunktionen im Privatleben sind. Warum sich diese dann nur vereinzelt in den unterrichtspraktischen Darstellungen wiederfinden und der Schwerpunkt auf der sachlichen Erschließung liegt, wird nur selten begründet. Elke bezieht hier Stellung und spricht vor allem jüngeren SchülerInnen die Fähigkeit ab, „Dass man sowas auch mal so Stille genießen kann. Für die ist es nur ein luftleerer Raum.“ (Elke, ZZ. 94-95). Gleichzeitig macht sie die ungünstigen atmosphärischen Bedingungen im Innern des katholischen Kirchengebäudes („düster“, „riecht nicht gut“, „kalt“, Elke, ZZ. 91-92) für ihre Konzentration auf den 1) Sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum verantwortlich. Eine andere Begründung findet sich bei Beate, die sich selbst nicht in der Lage sieht, einen solchen Umgang mit dem Lernort überzeugend anzuleiten und Angst hat, dass erlebnisorientierte Rauminszenierungen wie eine Lichterprozession zum „Faschingsumzug“ (Beate, Z. 371) ausarten. Elke und Beate sprechen hier zwei sensible Punkte
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kirchenraumpädagogischer Arbeit an, was den 2) Sinnlich-emotionalen auf den Raum und 3) Religiösen Zugriff auf den Raum betrifft. Diese hängen für die Lehrkräfte entscheidend von ihrer eigenen Inszenierungsfähigkeit und der Fähigkeit der Lerngruppe ab, mit eben solchen Inszenierungen umzugehen. Aber auch der Raum selbst und ungünstige atmosphärische Bedingungen scheinen diese zu stören. Bei einigen Lehrkräften bleibt allerdings die fehlende Passung zwischen den auf Sachebene von ihnen identifizierten Raumdimensionen der Kirche und der Arbeit im Unterricht unkommentiert, so dass hier eine Inkonsistenz innerhalb der Subjektiven Theorie angenommen werden kann. Dabei ist die Dominanz des 1) Sachlich-kognitiven Zugriffs auf den Raum, der sich in allen Subjektiven Theorien rekonstruieren lässt, nicht per se als negativ zu beurteilen. So wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts und nach einer mittlerweile mehrere Jahrzehnte dauernden Geschichte der Kirchenraumpädagogik, die „von Inszenierungen und evozierten Raumgefühlen mit spiritueller Eindrücklichkeit“ (Sendler-Koschel 2016: 68) begeistert war, der Ruf nach einer eben solchen distanzierten und reflektierten Sachorientierung laut. Besonders kritisch äußert sich hier GÖRNANDT (2002). Kirchenraumpädagogisches Arbeiten kann ihrer Meinung nach nicht nur darin bestehen, durch religiöse Vollzüge – beispielhaft wird hier das Reichen von Brot und Trauben am Altar genannt – spirituelle Erfahrung und Gottesbegegnung zu ermöglichen. Vielmehr ist es gerade in Anbetracht der oft fehlenden religiösen Sozialisation der Lernenden durch das Elternhaus notwendig, „sich zu distanzieren“ (Görnandt 2002: 9). Eine solche Distanzierung macht letztlich einen 1) Sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum erforderlich. So braucht Raumbegegnung einen Sachbezug, den die Lehrpersonen innerhalb ihrer Subjektiven Theorien deutlich zeigen. Es sollte nur nicht bei diesem Zugriff bleiben. Problematisch wird es dann, wenn dieser Zugriff nicht durch andere ergänzt wird, sondern in der Subjektiven Theorie alleine steht. An dieser Stelle lässt sich kritisch anfragen, was den Mehrwert des Kirchenraumbesuchs im Vergleich zum Unterricht im Klassenzimmer ausmacht, wenn dieser sich nur unter den Vorzeichen eines 1) Sachlich-kognitiven Zugriffs auf den Raum ereignet. Zum Lernort Kirche äußert sich DRESSLER folgendermaßen: „Erst die Erschließung einer Religion in ihren eigentümlichen Gestaltungsformen sprengt den kognitiv-distanzierten, gleichsam ethnologischen Umgang mit Religion als einem bestenfalls interessanten, mehr oder weniger für das eigene religiöse ’Patchwork‘ disponiblen Traditionsfundus auf. Sonst droht das Bewußtsein dafür verlorenzugehen, daß nicht einfach wir die Religion ergreifen können, sondern daß wir uns von einer Religion ergreifen lassen müssen, wenn sie denn mehr sein soll als ein für unsere Lebensführung äußerliches Bildungsgut.“ (2003: 89)
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Nimmt man dieses Zitat ernst, dann kann sich die Begegnung mit dem Kirchenraum nicht damit begnügen, sich sonst im Schulbuch mittels Bildern repräsentierte Ausstattungsstücke im Original anzusehen und damit auf einer „kognitiv-distanzierten“ Ebene zu bleiben. Vielmehr sollte es zu einer Auseinandersetzung mit dem Raum kommen, die auch auf anderen Verständnisebenen ansetzt. Das wiederum macht die Subjektiven Theorien der Lehrerinnen Elke und Beate tatsächlich angreifbar, konzentrieren sich doch beide sehr stark auf diesen Zugang zum Lernort Kirche und blenden damit seine Funktionen als Raum für sinnlich-emotionale und religiöse Erfahrungen aus. Ihr Umgang mit dem Lernort Kirche kann beinahe schon als säkularisiert bezeichnet werden. Die Dominanz der Ausprägung 1) Sachlich-kognitiver Zugriff auf den Raum und die Leerstellen bei den anderen Zugriffen offenbaren, dass das Potential originaler Begegnung mit dem Kirchengebäude von den Lehrpersonen nicht durchgehend und nur in Ansätzen ausgeschöpft wird. Hier könnte ein fruchtbarer Ansatzpunkt für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich des außerschulischen Lernens im Kirchenraum liegen. Diese sollten gezielt kirchenraumpädagogisches Repertoire anbieten, das ein bewusstes Wahrnehmen der Atmosphäre und ein spirituelles und religiöses Raumerleben intendiert. Gerade Lehrpersonen, die sich solche Arbeitsweisen nicht per se zutrauen und sich hier unsicher fühlen („Faschingsumzug“, Beate, Z. 371), könnten zum Erproben solcher Zugänge angeregt werden. Das bedeutet nicht, den 1) Sachlich-kognitiven Zugriff auf den Raum aufzugeben oder als weniger wertvoll darzustellen, sondern diesen um weitere Zugriffsvarianten zu ergänzen und damit einen multidimensionalen Umgang mit dem Lernort Kirche zu fördern. Dabei zeigen die Subjektiven Theorien der Lehrkräfte auch, dass diese zwar häufig gängiges methodisches Repertoire aus dem alltäglichen Religionsunterricht wie etwa gemeinsames Singen oder Beten im Kirchenraum einsetzen, dieses aber letztlich als reine Reproduktion der Aktivitäten aus dem Klassenzimmer anbieten und die Lehrpersonen es nicht auf die Raumdimensionen bezogen deuten. Ein Ansatzpunkt könnte darin bestehen, gängiges Methodenrepertoire aus dem Religionsunterricht mit Blick auf seinen Einsatz im Kirchenraum zu reflektieren und entsprechend zu adaptieren. Ein weiterer Impuls zur Förderung des multidimensionalen Umgangs mit dem Raum könnte darin bestehen, den eigenen Bezug zum Kirchenraum – der bei den befragten Lehrpersonen häufig atmosphärische, spirituelle und religiöse Bestandteile beinhaltet – bewusst zu reflektieren und so blinde Flecken bei der unterrichtspraktischen Arbeit deutlich zu machen. Damit könnte gerade die Aktivierung der eigenen Vorstellungen zum Kirchenraum sowie der eigenen Bindung an den Raum bei der Aus- und Weiterbildung die Quelle für die Entwicklung unterrichtspraktischer Vorgehensweisen bilden. Zum Schluss sei noch auf das Legebild der Lehrerin Angela verwiesen, bei der sich die drei Zugriffe nicht nur rekonstruieren lassen, sondern die Lehrkraft diese selbst auch durch entsprechende Überschriften in ihrem Legebild labelt und sie
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auch gegeneinander abwägt, was für ein explizites Bewusstsein für diese drei verschiedenen Umgangsweisen mit dem Kirchenraum spricht. Sie realisieren das kirchenraumpädagogische Anliegen, dass die Begegnung mit Kirche auch immer ein Sich-In-Beziehung-Setzen zum Raum und ein „Glauben im Raum erleben“ (Grünewald 2000) intendiert. Außerdem setzt Angela die drei verschiedenen Zugriffe auf die Kirche zueinander in Beziehung und entwickelt zwischen ihnen eine Hierarchie. Intuitiv könnte man davon ausgehe, dass diese Hierarchie vom 1) Sachlichkognitiven Zugriff auf den Raum eröffnet wird, stellt ein solcher an Gegenständen und Sachinformationen orientierter Umgang mit dem Kirchengebäude doch den niederschwelligsten Zugang dar und ist – wie die Ergebnisse zeigen – allgemeiner Konsens. Für Angela ist es aber der sinnlich-emotional geprägte Umgang mit dem Raum, der den Ausgangspunkt für alles Weitere bildet. Die Überschrift zu den entsprechenden Inhaltskarten versieht sie mit dem Zusatz „WICHTIG: für alle Kinder möglich (auch Kirchenferne)“ und kommentiert dazu: Angela, 1:05:31 Angela: Jetzt kommt das, was für mich SEHR wichtig ist. Und vor allem für Kinder, die wenig WISSEN, ist das der erste Zugang eigentlich (.) dieses Spüren. (.) Die Wahrnehmung und diese anderen Sinne.
Die Tatsache, dass dieser Zugriff auf das „Menschliche geht, auf die Sinne, die jeder hat“ (Angela, 1:27:14) macht ihn für Angela so universal. Indem sie die sinnliche Erfahrung des Raumes als Ausgangspunkt des Lernens setzt, offenbart Angela ein Verständnis von Unterrichtsgängen, dessen Mehrwert auch in der jüngsten Forschung um außerschulisches Lernen im Kirchenraum bestätigt werden konnte. So zeigt eine aktuelle Studie (vgl. Riegel & Kindermann 2016), dass ein kognitiver Mehrwert von Unterrichtsgängen im Vergleich zum Lernen im Klassenzimmer nur dann erzielt werden kann, wenn die SchülerInnen vor Ort die Möglichkeit haben, den Raum mit allen Sinnen wahrzunehmen und mit dem für sie unvertrauten und möglicherweise völlig fremden Lernort in Ruhe Kontakt aufzunehmen. So erhält Angelas Subjektive Theorie auch mit Blick auf den kognitiven Lernerfolg von Unterrichtsgängen deutliche Brisanz. An dieser Stelle lässt sich fragen, inwieweit ein solcher 2) Sinnlich-emotionaler Zugriff auf den Raum, der letztlich den Anspruch des ganzheitlichen Lernens innerhalb der Lernortpädagogik par excellence realisiert, nicht auch für andere außerschulische Lernorte Gültigkeit beanspruchen sollte. So wie ein Kirchenraum stellen auch außerschulische Lernorte wie ein Wald, eine Bäckerei oder ein Museum für die Kinder zunächst einmal einen ungewohnten und nicht-alltäglichen Lernraum dar, an dem sie mit vielen verschiedenen optischen, akustischen und olfaktorischen Eindrücken parallel konfrontiert sind. Hier liegt zweifelsohne großes Diskussionspotential für die Lernortpädagogik, in der es das optimale Zueinander der verschiedenen Zugriffe auszuloten gilt.
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Ziele des Unterrichtsganges In unmittelbarer räumlicher Nähe zu den unterrichtspraktischen Überlegungen und der hier rekonstruierten Umgangsweisen mit dem Kirchenraum in außerschulischen Lernsettings machen die Lehrpersonen in ihren Legebildern kenntlich, was sie mit ihrer Arbeit vor Ort erreichen möchten. Diese Zielvorstellungen werden meist noch einmal explizit hervorgehoben, etwa durch das Anlegen eines eigenen Clusters. Wie auch beim oben behandelten Thema der Zugriffe auf den Kirchenraum kann eine Lehrkraft hier mehrere Ausprägungen gleichzeitig aufweisen. Bei Ausprägung 1) ‚Mehr an Wissen‘ geht es den Lehrkräften um ein Kennenlernen der Kirche und den Erwerb von Wissen zum Raum, was mit Begriffen wie „kognitiv“ (Elke, 1:07:52) oder auch „Lernzuwachs“ (Gerda, 1:11:34) assoziiert wird. Diese Wissensebene wird mit Ausprägung 2) ‚Wertschätzung‘ verlassen. Mit „Ehrfurcht“ (Daniel, Z. 217) und „Wertschätzung“ (Daniel, 47:58) wird hier eine Einstellung ins Spiel gebracht, die sich auf die (kunst-)historische Dimension des Raumes bezieht. Während die Lehrkräfte mit den Ausprägungen 1) und 2) vor allem die materielle Ebene des Kirchenraumes im Blick haben, sind die Ausprägungen 3) und 4) auf Gefühle und Erfahrungen fokussiert. Bei Ausprägung 3) ist es den Lehrkräften wichtig, dass die Kinder mit dem Aufenthalt im Raum ‚Angenehme Gefühle‘ verbinden und hier ein „Heimatgefühl“ (Daniel, 1:02:25) entwickeln. Bei Ausprägung 4) intendieren die Befragten eine Erfahrung des Kirchenraumes in seiner spirituell-religiösen Dimension (Spirituell-religiöse Erfahrungen im Raum ‚anbahnen‘). Diese emotionalen und erfahrungsorientierten Zielvorstellungen werden in ihrer Erreichbarkeit eher zurückhaltend verhandelt, was Begriffe wie „anstoßen“ (Elke, 1:10:06) oder „feinfühlig dafür werden“ (Daniel, Z. 403) zeigen. Mit Ausprägung 5) bringen die Religionslehrkräfte eine in die Zukunft gerichtete Vorstellung zum Verhalten der SchülerInnen ein, nämlich dass ein schulischer Kirchenraumbesuch sich auch in der privaten Nutzung des Gebäudes niederschlagen kann: ‚Selber auch mal hingehen‘. Betrachtet man, wie häufig sich einzelne Ausprägungen innerhalb der Subjektiven Theorien finden lassen, so erweist sich das Ergebnis als stimmig mit den oben aufgeführten Zugriffen auf den Kirchenraum. Wird hier die Ausprägung 1) Sachlich-kognitiver Zugriff auf den Raum von allen Lehrpersonen vertreten, so lässt sich für die dazu analoge Ausprägung im Thema Ziele des Unterrichtsganges, nämlich 1) ‚Mehr an Wissen‘, ebenfalls ein allgemeiner Konsens bei den Lehrkräften feststellen. Für die Lehrkräfte scheint es unbestritten, dass der Unterrichtsgang zu einem Aufbau von Wissen über den Lerngegenstand führen soll. Für die Zielvorstellungen dagegen, die sich stärker auf die spirituelle und religiöse Dimension des Raumes beziehen, kann wiederum keine allgemeingültige Aussage getroffen werden und diese Ausprägungen werden nur von einzelnen Lehrkräften genannt. Dieser Befund verstärkt die oben bereits angebrachte Forderung, in kirchenraumpädagogischen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auf die Multidimensionalität des Raumes als entscheidenden Leitgedanken zu setzen.
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Die Ziele umfassen ein breites Spektrum, das Wissen, Einstellungen, Gefühle, Erfahrungen und Verhalten beinhaltet. Damit erweisen sich die Zielvorstellungen als anschlussfähig an den Diskurs der Lernortpädagogik, der mit dem Aufenthalt vor Ort mehr als nur einen kognitiven Lernzuwachs intendiert, sondern der in der originalen Begegnung gerade auch Erleben und Veränderungen im affektiven Bereich anspricht. Vergleicht man die im Datenmaterial identifizierten Ziele mit denen der Kirchenraumpädagogik (Alphabetisierung, Er-Innerung, Beheimatung; vgl. Rupp 2008: 18), so entspricht die Ausprägung 1) ‚Mehr an Wissen‘ der Alphabetisierung. Dabei setzen die Lehrkräfte – ganz im Sinne der Alphabetisierung – bei einem basalen Grundwissen an. Es geht um ein Verständnis dafür, was Kirche überhaupt ist, um „das Grundsätzliche“ (Angela, 1:36:31), wie eine Lehrerin es ausdrückt. Darunter subsumieren die Lehrpersonen ein Wissen um die Besonderheit des Raumes, die Ausstattungsstücke, die Bedeutung von Bildern und Symbolen, aber auch um das angemessene Verhalten vor Ort. Die Alphabetisierung deuten die Lehrkräfte dabei als die basale Stufe einer Religious Literacy, die ein Kennen- und Lesenlernen religiöser Zeichen und Symbole beinhaltet (vgl. Moore 2014). Die Ausprägungen 3) ‚Angenehme Gefühle‘ sowie 4) Spirituell-religiöse Erfahrungen im Raum ‚anbahnen‘ erinnern stark an die kirchenraumpädagogische Zielperspektive der Er-Innerung. Hier setzen die Lehrpersonen „beim persönlichen Empfinden“ (Elke, 1:10:05) an und intendieren einen individuellen und selbstreflektierten Umgang mit dem Raum. Eine in der Kirchenraumpädagogik dagegen eher wenig beachtete Perspektive spielen die Lehrpersonen mit den Ausprägungen 2) ‚Wertschätzung‘ und 5) ‚Selber auch mal hingehen‘ ein. Diese werden im Folgenden ausführlich diskutiert. Ausprägung 2) ‚Wertschätzung‘ vertritt nur Religionslehrer Daniel. Diese Wertschätzung, die Daniel bei den Kindern durch einen Unterrichtsgang entwickeln möchte, bezieht er auf die bauliche und künstlerische „Leistung, so ein Gebäude zu erstellen“ (Daniel, Z. 217). Daniels Begriffswahl „Wertschätzung“ (Daniel, 47:58) erinnert dabei stark an einen Gedanken, der durch die „ ‘Alte Heimatkunde‘ “ (vgl. Rauterberg 2002) in den Sachunterricht eingetragen wurde. Ein Hineinwachsen des Kindes in die Heimat und Lebenswelt geht mit einer Entwicklung der wertschätzenden Haltung gegenüber derselben einher (vgl. Rauterberg 2002: 187). Ein Gedanke, der sich auch heute noch in den Lehrplänen und Richtlinien findet (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000: 15; Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2003: 10). Auch beim außerschulischen Lernen im naturwissenschaftlichen Bereich findet er Beachtung (vgl. Lude 2001). Daniel selbst ordnet diesen in die Kategorie „HSU-Ziele“ (Daniel, Z. 216) ein und verortet die entsprechenden Inhalte im Cluster „Sachwissen Kirche“. Er verharrt aber nicht auf einer rein sachunterrichtlichen Perspektive. Zwar geht es ihm zunächst um die bauliche Leistung an sich, dahinter verbirgt sich aber die Idee, dass Kirche einfach „ein besonderer Raum ist“ (Daniel, Z. 218) und die Kinder in dieser
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Wertschätzung der Bauleistung und der künstlerischen Ausgestaltung eben jene Besonderheit und Andersartigkeit erfahren können. Damit korrespondiert auch die Wortwahl, da Daniel neben „Wertschätzung“ (Daniel, 47:58) mit „Ehrfurcht“ (Daniel, Z. 217) auch einen – zumindest implizit – religiös konnotierten Begriff einspielt. Hier kann eine Zielvorstellung identifiziert werden, die so bislang in der Kirchenraumpädagogik nicht diskutiert wird und gewinnbringende Aspekte und Entwicklungsmöglichkeiten für die unterrichtspraktische Arbeit bietet. Auch ein zunächst sachlich ausgerichtet Umgang mit der Kirche, der sich auf materielle Details wie „die Schnitzerei an den Bänken, die ganz normalen Bänke“ (Daniel, Z. 221) konzentriert, die kein theologisches Programm verbildlichen und in ihrer künstlerischen Gestaltung aus sich heraus wirken, kann einen Zugang zu diesem Raum ermöglichen, der schließlich auf seine Funktion als Gottesdienstraum und Raum der Begegnung mit Gott verweist. Gleichzeitig muss diese von Daniel eingebrachte Zielvorstellung kritisch gesehen werden. Daniel unterrichtet an einem Schulort mit einer kunsthistorisch bedeutsamen Kirche, die auch von zahlreichen Touristen frequentiert wird und sich durch ihre künstlerisch hochwertige Innengestaltung auszeichnet. Gleichzeitig liegt das Spezifikum von Unterrichtsgängen in den Kirchenraum darin, dass hier meist die Kirche vor Ort aufgesucht wird, bei der es sich auch um einen eher schlicht und künstlerisch wenig aufwändig gestalteten Raum handeln kann. Dies wiederum schränkt die 2) ‚Wertschätzung‘ als allgemeingültige Zielvorstellung ein und seine Umsetzbarkeit sollte mit Blick auf den jeweiligen Kirchenraum geprüft werden. Mit den Ausprägungen 3) ‚Angenehme Gefühle‘ sowie 5) ‚Selber auch mal hingehen‘ bringen die Lehrkräfte zwei Zielvorstellungen zur Sprache, in denen sie auffallend zukunftsorientiert und mit Blick auf Nachhaltigkeit argumentieren. Unter beiden Ausprägungen verstehen die Lehrpersonen ein Wirken des Kirchenraumbesuches in das Privatleben der Kinder, und zwar in der Form, dass die SchülerInnen für den Raum „ein Heimatgefühl entwickeln“ (Frank, 1:02:25), „dass sie selber auch mal hingehen“ (Beate, 35:38) oder, wie Gerda es bildlich formuliert: „Eben diese Hoffnung, dass etwas überspringt.“ (Gerda, 1:31:10) Für Beate ist diese persönliche Einflussnahme sogar die oberste Zielkategorie, auf die alle anderen Intentionen des Kirchenraumbesuchs hin ausgerichtet sind, so dass diese nur noch wie notwendige Schritte hin zum eigentlichen großen Ziel wirken: „Und im Grunde daraus resultiert dann, aus dem, dass sie das kennengelernt haben, dass sie VIELLEICHT später mal dann von der Kirche selber Gebrauch machen.“ (Beate, 35:06) Mit diesen stark in die Zukunft gerichteten Zielvorstellungen lösen die Lehrkräfte das ein, was in der Kirchenraumpädagogik unter dem Schlagwort „Beheimatung“ (Rupp 2008: 18) diskutiert wird, geben dem aber eine andere Akzentuierung. Den Lehrkräften geht es – zumindest nicht ausschließlich – um einen privaten Gottesdienstbesuch oder den Gemeindeaufbau, sondern vielmehr darum, dass der Kirchenraum im Leben der Kinder überhaupt eine Rolle spielt und sie diesen als ange-
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nehmen Aufenthaltsort und als Anlaufstelle für verschiedene Lebenssituationen kennenlernen. Das erweist sich für sie als unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Gemeinde: „Die Kirche ist offen und wenn ich beten möchte, darf ich da immer hingehen. Dass sie wissen, sie sind da auch willkommen.“ (Beate, ZZ. 88-89) Diese Färbung ist nachvollziehbar, bedenkt man, dass die Unterrichtsgänge nicht im gemeindepädagogischen Kontext gedacht, sondern von den befragten Personen in ihrer Rolle als Lehrkräfte verhandelt werden. Schulischer Religionsunterricht in seiner diakonischen und reflexiven Ausrichtung (vgl. Mendl 2006: 8f.) zielt nicht primär auf eine Einbindung in das Gemeindeleben. Mit Blick auf Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Kirchenraumpädagogik sollten diese beiden Zielvorstellungen allerdings kritisch hinterfragt werden. Gerade die Nachhaltigkeit von Unterrichtsgängen und ein Hineinwirken in das Privatleben der Kinder erscheinen als sehr ambitionierte Pläne, für die es vermutlich längerer und wiederholter Kontaktphasen bedarf. Erstrebenswert wäre also, dass Unterrichtsgänge – auch unter den oftmals schwierigen Anforderungen des Unterrichtsalltags – nicht nur ein einmaliges und außergewöhnliches Ereignis im Religionsunterricht bleiben, sondern sie wiederholt und auch in regelmäßigen Abständen in das reguläre Unterrichtsgeschehen integriert werden. Das Ziel eines Vertraut-Werdens mit dem Raum und einer Beheimatung innerhalb des Kirchengebäudes könnte so tatsächlich realisierbar sein. Vom Klassenzimmer in den Kirchenraum Die befragten Religionslehrkräfte betrachten den Besuch im Kirchenraum nicht als isoliertes Ereignis, sondern stellen verbindende Elemente zu ihrer Arbeit im Religionsunterricht her. Besonders intensiv setzen sie sich dabei mit der Frage auseinander, wie ein Unterrichtsgang mit den Kindern im Klassenzimmer vorbereitet werden kann und soll. Fast alle sehen es als Aufgabe der Vorphase im Klassenzimmer, mit den SchülerInnen einen Verhaltensrahmen für den Unterrichtsgang festzulegen, der einen sicheren Weg zum außerschulischen Lernort und einen geordneten Arbeitsrahmen außerhalb des Klassenzimmers gewährleistet. Ausprägung 1) wird deshalb mit ‚Wie ich mich verhalte‘ betitelt. Bei Ausprägung 2) Unterrichtsinhalte vorbereiten betrachten die Lehrkräfte die Vorphase im Klassenzimmer als inhaltliche Vorbereitung, um den SchülerInnen ein Kontextwissen für die Begegnung mit dem Kirchenraum zu vermitteln, wobei hier auch bereits teilweise originale Gegenstände aus dem Kirchenraum medial dargestellt oder religiöse Praktiken und Rituale besprochen werden. Ausprägung 3) zeigt schließlich, dass eine Vorbereitung auf den Unterrichtsgang auch methodisch interpretiert werden kann (Bekannte Methoden ‚leicht wieder einsetzen‘). Dabei werden grundsätzliche Gestaltungsmerkmale des gemeinsamen Religionsunterrichts als fixe Bestandteile des Lernsettings gesehen, die an den außerschulischen Lernort übertragen werden können und so gewissermaßen vom Lernort Klassenzimmer an den Lernort Kirchenraum mitgenommen
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werden. Die VertreterInnen dieser Ausprägung bringen hier weniger eine explizite Vorbereitung des Unterrichtsganges an, als vielmehr den Rückgriff auf einen von langer Hand etablierten Methodenrahmen, der sowieso vorhanden ist und am außerschulischen Lernort nur aktiviert werden muss. Lediglich Frank verzichtet in seiner Darstellung völlig auf eine Verbindung zwischen der Arbeit im Klassenzimmer und der im Kirchenraum. Ein solches Vorgehen erweist sich für ihn als experimentell und er begründet seinen Entschluss mit der eigenen „Neugier“ (Frank, Z. 33) darauf, wie sich die Kinder ohne entsprechende Vorentlastung auf den Raum einlassen und was sie bereits an Vorwissen mitbringen. Er definiert damit die Ausprägung 4) ‚Vorbereitet habe ich im Vorfeld nichts‘. Der Befund, dass bis auf Daniel alle Lehrkräfte in ihrem Legebild eine Vorbereitungsphase des Unterrichtsganges anlegen und dieser teilweise auch eigene Cluster zuweisen (z.B. Angela: „Vorbereitung des U-Ganges“) ist ein Indiz für den starken schulischen Bezug von Unterrichtsgängen, der von den Lehrkräften in Verbindung mit der Arbeit im Klassenzimmer gesehen wird. Damit folgen die Befragten einem in der Lernortpädagogik immer wieder hervorgehobenen Prinzip, dass mit dem Arrangement des Dreischritts „Vorbereitung – Durchführung – Nachbereitung“ (vgl. Burk & Claussen 1981: 26ff; Schönknecht 2008: 104 ff.; Bönsch 2010b: 43; Lindner & Hilger 2014: 425 f.) die Anbindung an die Arbeit im Klassenzimmer vorsieht. Bei der Analyse der Subjektiven Theorien stechen drei Befunde heraus. Erstens bezieht sich der von der Lernortpädagogik genannte Dreischritt vor allem auf eine inhaltliche Verbindung zwischen der Arbeit im Klassenzimmer und der am außerschulischen Lernort. In der Ausprägung 2) Unterrichtsinhalte vorbereiten lässt sich dieser Gedanken in den Subjektiven Theorien rekonstruieren. Als besonders dominant erweist sich allerdings die Ausprägung 1) ‚Wie ich mich verhalte‘, wird sie doch von sechs der acht Lehrpersonen angebracht. Den Lehrkräften geht es hier um die Gewährleistung eines angemessenen Rahmens, um überhaupt mit den Kindern außerhalb des vertrauten Lernortes Klassenzimmer Religionsunterricht gestalten zu können. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Weg zum außerschulischen Lernort, der in den Augen der Lehrkräfte risikobehaftet ist („Und wir rennen nicht über die Straße.“, Hannah, 48:17). Die Beobachtung, dass für die Lehrkräfte gerade die Auseinandersetzung mit dem Thema Verhalten so entscheidend ist, scheint also nicht spezifisch für den Kirchenraum zu sein. Zweitens bringen die Lehrkräfte mit der Ausprägung 3) Bekannte Methoden ‚leicht wieder einsetzen‘ einen bislang in der Literatur kaum beachteten Aspekt zur Sprache. Zwar werden im Diskurs um außerschulisches Lernen Methoden als Bestandteile der Vorbereitungsphase interpretiert. Ist dies der Fall, geht es aber stets um das gezielte Einüben neuer Methoden, die die SchülerInnen vor Ort benötigen, und die folglich eine eigens und extra durchgeführte methodische Vorarbeit umfassen (vgl. Asmussen 2010: 6; Lößner 2011: 99). Angela, Gerda und Daniel hingegen
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verhandeln die methodische Vorbereitung auf andere Art und Weise. Mit dem Gebetskreis (Angela, 26:30), der „JESUSkerze“ (Gerda, Z. 358) und der meditativen Arbeit (Daniel, 32:54) geht es um bereits etablierte Arbeitsweisen bzw. Rituale im Unterricht, die außerhalb des Klassenzimmers aktiviert werden. Damit eröffnet diese Ausprägung eine neue Perspektive auf die Verbindung zwischen Klassenzimmer und Kirchenraum, die so in der Literatur bislang nicht beachtet wurde. Es geht um Methoden, die sich gewissermaßen als transportabel von einem Lernort zum anderen erweisen und die Arbeit vor Ort erleichtern können. Die Ausprägung 3) Bekannte Methoden ‚leicht wieder einsetzen‘ könnte entscheidendes Potential für die Arbeit an außerschulischen Lernorten bergen. Während das Klassenzimmer der angestammte und vertraute Lernort ist, sind die SchülerInnen bei einem Unterrichtsgang mit einer unvertrauten Lernumgebung und einem sogenannten „Novelty Space“ (Orion & Hofstein 1994: 1097) konfrontiert. Hier sind sie einer Vielzahl neuer Eindrücke ausgesetzt und stehen gleichzeitig vor der Herausforderung, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Empirische Befunde belegen, dass eine kognitive Vorentlastung den Lernerfolg bei einem Unterrichtsgang positiv beeinflusst (vgl. Orion & Hofstein 1994). Idealerweise sollten die SchülerInnen also schon im Klassenzimmer die Gelegenheit erhalten, sich mit dem Lernort vertraut zu machen, was der Ausprägung 2) Unterrichtsinhalte vorbereiten entspricht. Denkbar wäre, dass auch die Aktivierung bekannter Methoden vor Ort einen solchen Effekt des Vertraut-Werdens unterstützt und den Novelty-Space-Effekt reduziert. Zudem könnte außerschulisches Lernen so weniger Gefahr laufen, als Event wahrgenommen zu werden. Ob dem tatsächlich so ist, müsste empirisch untersucht werden. Drittens gibt es mit Frank auch eine Lehrperson, die eine vorbereitende Phase im Klassenzimmer für sich ausschließt und sich dadurch eindeutig gegen den lernortpädagogischen Mainstream stellt. Diese Entscheidung begründet er und verweist darauf, dass er sich für das Verhalten der Kinder ohne entsprechende wie auch immer geartete Vorentlastung interessiert und so den Lernstand erst vor Ort feststellen möchte. Damit spricht Frank einen sensiblen Punkt der Vorbereitungsphase an. Ein unbefangener Zugang zum Lernort wird den Kindern nur dann ermöglicht, wenn sie nicht schon im Klassenzimmer damit konfrontiert werden. Dass ein solches Vorgehen auch Probleme mit sich bringt, steht außer Frage und muss an dieser Stelle nicht eigens diskutiert werden. In den Augen von Frank birgt es aber auch Chancen für Lehrende und Lernende, die nicht unterschätzt werden sollten, so dass die von ihm vertretene Ausprägung durchaus ihre Berechtigung besitzt. Damit bewegt sich Frank auch nahe an einer kirchenraumpädagogischen Realität, wie sie sich außerhalb des schulischen Kontextes zeigt. Hier stehen MitarbeiterInnen von Kirchenführungsdiensten nicht selten vor der Herausforderung, SchülerInnen auch ohne unmittelbare Vorbereitung durch den Religionsunterricht den Kirchenraum nahezubringen. Oft fungiert das Kirchengebäude in dieser Konstellation als Ausflugsziel für einen Wandertag (vgl. Grünewald 1998). Frank sieht darin weniger
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eine Herausforderung, als vielmehr eine Chance. So haben die SchülerInnen die Möglichkeit, sich unbefangen auf den Raum einzulassen, die Lehrperson die Chance, sie dabei zu beobachten. Es wäre also kritisch zu diskutieren, ob nicht gerade die inhaltliche Vorbereitung im Klassenzimmer den Blick der Kinder auf die originalen Gegenstände vor Ort verstellen oder aber ihnen die Neugierde auf den außerschulischen Lernort nehmen kann. Schließlich wird dieser so schon vor dem eigentlichen Unterrichtsgang als Thema im alltäglichen Unterricht entfaltet und könnte seine Anreizfunktion verlieren. Keine Vorbereitung bzw. eine Vorphase im Klassenzimmer, die sich nur auf die unbedingt erforderlichen Punkte beschränkt, wäre dabei durchaus im Konsens mit der Konzeption außerschulischen Lernens, setzt diese doch darauf, den formalisierten Umgang der Schule mit den Lerngegenständen aufzubrechen (vgl. Keck & Thomas 2014: 427) und bei den Lernenden eine Neugier für das Unbekannte hervorzurufen (vgl. Birkenhauer 1995: 9). Das könnte für die Lernortpädagogik Anlass sein, ihren Dreischritt neu zu überdenken. Pädagogischer Umgang mit den Vorerfahrungen Bei allen Lehrkräften findet sich in den Legebildern eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Erfahrungen die SchülerInnen mit dem Kirchengebäude gemacht haben, bevor es im Religionsunterricht gemeinsam als außerschulischer Lernort aufgesucht wird. Für drei Lehrkräfte ist dieses Themenfeld so zentral, dass sie ihm ein eigenes Cluster widmen (Beate: „Vorerfahrungen“; Elke: „Kinder“; Hannah: „Voraussetzungen bei den Schülern / Elternhaus“). Allerdings zeigt sich, dass die Konsequenzen, die die Lehrpersonen aus der Diagnose der Lernausgangslage ziehen, unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Hälfte der befragten Lehrkräfte ist der Ausprägung 1) ‚Vieles von Grund auf erklären‘ zuzuordnen. Ihre Subjektive Theorie über Unterrichtsgänge wird von der Vorstellung geleitet, den Kirchenraumbesuch an denjenigen Kindern auszurichten, die im Elternhaus eine geringe religiöse Sozialisation erfahren und wenig Wissen und Erfahrung mit dem Kirchengebäude mitbringen. Außerschulisches Lernen interpretieren sie als eine Kompensationsleistung. Eine Lehrperson vertritt die entgegengesetzt Ausprägung: 2) ‚In der Kirche lernen wir gegenseitig voneinander‘. Sie schreibt erfahrenen Kindern eine Expertenrolle zu und lässt diese ihre Subjektive Theorie dominieren. In keiner Subjektiven Theorie lässt sich eine Mischung dieser beiden Ausprägungen nachweisen. Somit wird von keinem der Befragten der Unterrichtsgang als adaptiv gestaltete Lerngelegenheit gedacht, die gleichzeitig auf Kinder mit wenig und umfangreichen Vorerfahrungen ausgerichtet ist und damit das gesamte Spektrum einer heterogenen Lerngruppe berücksichtigt. Bei drei Lehrpersonen fehlt in der Subjektiven Theorie sogar jegliche Art eines pädagogischen Umgangs mit der diagnostizierten Sozialisation, so dass hier eine dritte Ausprägung mit dem Titel Indifferenz identifiziert werden kann.
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Alle befragten Lehrkräfte diagnostizieren bei ihren SchülerInnen ein Defizit in der religiösen Sozialisation durch das Elternhaus und fehlende Primärerfahrungen mit dem Kirchenraum. Damit greifen sie einen entscheidenden Gedanken aus dem kirchenraumpädagogischen Diskurs auf (vgl. Rupp 2008: 10 f.; Burrichter 2013: 201 ff.). Diese Defizit-Diagnose treffen auch diejenigen Befragten, die den Ausprägungen 2) ‚In der Kirche lernen wir gegenseitig voneinander‘ und 3) Indifferenz zugeordnet werden. Dies ist zunächst naheliegend, da der Interviewleitfaden explizit nach den Lernvoraussetzungen fragt und die von den Lehrkräften bezogene Position allgemeiner Konsens innerhalb der Religionspädagogik ist (vgl. Dressler 2002; Klie & Leonhard 2008; Mendl 2008). Nur die Lehrkräfte der Ausprägung 1) ‚Vieles von Grund auf erklären‘ sind es allerdings, die diese als defizitär und problematisch diagnostizierte Lernausgangslage auch unmittelbar mit ihrer unterrichtspraktischen Arbeit in Verbindung bringen, indem sie die Auswahl von Inhalten und auch ihr eingesetztes Methodenrepertoire daran ausrichten. Was den Kindern an routiniertem Umgang mit dem Kirchenraum fehlt, wird durch die originale Begegnung ausgeglichen. Bei Angela wird dies besonders deutlich, indem sie vor allem mit einer sinnlich-wahrnehmungs–orientierten Arbeitsweise im Kirchenraum eine „Kontrasterfahrung“ (Angela, 1:16:30) zur ablehnenden Haltung mancher Familien gegenüber Kirche setzen möchte und dabei die fehlenden Vorerfahrungen seitens der SchülerInnen noch einmal zuspitzt. Hier zeigt sich eine Stärke des Strukturlegens. Es werden nicht nur einzelne Inhalte – in diesem Fall das diagnostizierte Sozialisationsdefizit und die Arbeit vor Ort – sichtbar, sondern auch, ob die Lehrkräfte hier strukturelle Verknüpfungen herstellen. Dass das nicht bei allen der Fall ist, offenbart einen wichtigen Ansatzpunkt für die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Kirchenraumpädagogik, die nicht bei der Diagnose der Lernausgangslage stehen bleiben darf. Vielmehr sollte hier verstärkt auf eine unmittelbare Reflexion eingesetzter Methoden auf deren Passung für Kinder mit verschiedenen Lernausgangslagen gesetzt und Arbeitsweisen gezielt daraufhin entwickelt und ausgerichtet werden. Die Frage nach den Lernvoraussetzungen und Sozialisationsbedingungen der SchülerInnen ist kein Spezifikum der Kirchenraumpädagogik, sondern wird auch in der Lernortpädagogik intensiv diskutiert. Das ist besonders dann der Fall, wenn diese Diskussion im Rahmen des Sachunterrichts stattfindet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem fehlenden Primärkontakt der Kinder zu den besuchten Lernorten, der als entscheidendes Begründungsmoment für die Notwendigkeit authentischer Begegnungen an außerschulischen Lernorten angesehen wird (vgl. Burk & Claussen 1980: 20; Bönsch 2003: 5; Thomas 2009: 283; Gaedtke-Eckardt 2007: 45; Feige 2006: 3 f.). Die Defizit-Diagnose, die die befragten Lehrkräfte stellen, gilt also sicherlich nicht exklusiv für den Kirchenraum. So kann gerade für außerschulische Lernorte im Bereich der Natur wie etwa die Wiese, den Wald oder den Bach davon ausgegangen werden, dass nicht alle Kinder hier entsprechende Vorerfahrungen
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mitbringen. Dabei lassen sich die obigen Befunde übertragen: Es kann nicht alleine darum gehen, aus dieser Feststellung heraus die Notwendigkeit von Unterrichtsgängen zu begründen. Vielmehr sollte die Frage nach einem angemessenen pädagogischen Umgang mit diesen fehlenden Vorerfahrungen im Zentrum stehen. Je geringer diese sind, desto stärker wird der Novelty-Space-Effekt ausgeprägt sein und desto höher ist das Risiko, dass der neue Lernort die Kinder schlicht überfordert. Mit der Ausprägung 2) ‚In der Kirche lernen wir gegenseitig voneinander‘ eröffnet Carla eine bislang völlig unbeachtet Perspektive. In dieser Ausprägung wird außerschulisches Lernen als Möglichkeit verhandelt, dass Kinder mit umfangreichen Vorerfahrungen ihr Wissen an die Lerngruppe und auch die Lehrkraft weitergeben und so das sonst hierarchische Lehrer-Schüler-Verhältnis aufgelöst wird. SchülerInnen nehmen die Rolle von ExpertInnen ein. Hier könnte eine Bereicherung des Diskurses um außerschulisches Lernen liegen. Lernortpädagogik und Kirchenraumpädagogik konzentrieren sich stark auf Defizite, die von Carla angedachte Expertenrolle bleibt dagegen unbeachtet. So sollte die Lernortpädagogik Unterrichtsgänge nicht nur als Kompensationsleistung interpretieren, sondern mit der Expertenrolle auch deren Gegenpol Beachtung schenken und auch diesen facettenreich entfalten. Nur so kann es gelingen, in der Arbeit vor Ort tatsächlich den Lernvoraussetzungen einer heterogenen Schülerschaft gerecht zu werden. Kooperation mit schulinternen und -externen Personen Bedenken die Lehrkräfte schulinterne (z.B. KollegInnen) oder -externe Personen (z.B. Führungspersonal) bei außerschulischem Lernen mit, so schreiben sie ihnen verschiedenen Rollen zu, je nachdem, auf welche Weise diese den Unterrichtsgang beeinflussen. In den Ausführungen der Lehrkräfte lassen sich drei verschiedene Arten der Kooperation identifizieren. Von den VertreterInnen der Ausprägung 1) wird eine Kooperation als so wichtig erachtet, dass sie eine elementare Voraussetzung für das Verlassen des Klassenzimmers darstellt. Die Rolle der Begleitperson als ‚Sicherheitsanker‘ wird dabei nicht ausschließlich fachlich, sondern auch pädagogisch interpretiert. Ausprägung 2) zeigt, dass die Lehrpersonen schulinterne und -externe AkteurInnen vor allem als Wissensvermittler mit ‚Schlüssel‘funktion ansehen, wobei diese Rolle von unterschiedlichen Personengruppen eingenommen werden kann (z.B. Person aus dem Lehrerkollegium, Ortspfarrer, Mitglied des Heimatvereins). Einmal erachten die Lehrpersonen ihr eigenes Grundlagenwissen über den Kirchenraum aufgrund ortsspezifischer Besonderheiten als defizitär. Zudem ist die Kirche zwar ein öffentlich zugängliches Gebäude, einen Blick in Nebenräume und hinter die Kulissen können allerdings nur die ExpertInnen gewähren. In der Ausprägung 3) zeigt sich schließlich noch einmal eine besondere Rolle, die die Lehrkräfte dem Ortspfarrer zuschreiben. Kirche kann durch seine Beteiligung am Unterrichtsgang für die Kinder als mehr als nur ein Sachgegenstand erfahrbar werden. Dabei zeigt sich auch, dass die Person des Pfarrers in dieser Rolle nicht beliebig austauschbar
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ist – zumindest als Zelebrant und Bindeglied zur Gemeinde sind es seine berufliche Stellung und die damit verbundenen Aufgaben, die ihm diese Rolle erst ermöglichen. So wird diese Ausprägung mit Emotional-spiritueller Zugriff über den ‚Pfarrer‘ betitelt. Bei der Frage, wer als KooperationspartnerIn in Betracht kommt, führen die Lehrkräfte ein weites Spektrum an, das von KollegInnen über den Ortspfarrer bis hin zu Mitgliedern des Heimatvereins reicht und damit sowohl Mitglieder des alltäglichen Schulbetriebs als auch schulexterne Personen betrifft. Als auffällig erweist sich, dass Eltern in diesem Spektrum nicht vorkommen. Selbst dann, wenn es sich nur um eine pädagogische Absicherung handelt und dies naheliegend wäre. Auch wenn es wie bei Angela vorrangig um das erhöhte Unfallrisiko außerhalb des Schulgeländes geht, wird dafür schulinternes Fachpersonal vorgesehen. Überhaupt wird die Kooperation mit schulexternem Personal als kritisch angesehen. Bringen die Lehrkräfte diese ins Spiel, so werden sie als ExpertInnen für die fachlichen Inhalte dargestellt oder erleichtern organisatorische Aspekte, wie den Zugang zu bestimmten Bereichen des Kirchenraumes. Auf methodisch-didaktischer Ebene scheinen sie keine Bereicherung zu sein, eher das Gegenteil ist der Fall. ExpertInnen müssen entweder von der Lehrkraft pädagogisch gebrieft werden: „Da muss man aber auch, das ist auch nicht ohne. Man darf also nicht den anrufen und sagen: ‚Kommen Sie mal.‘“ (Angela, ZZ. 354-355) Im Extremfall werden Personen aufgrund mangelnder pädagogischer Eignung erst gar nicht als KooperationspartnerIn in Betracht gezogen: „Der Pfarrer könnte es besser, kann es aber nicht rüberbringen.“ (Beate, 50:20) Das eigentliche unterrichtliche Geschehen als „Kerngeschäft“ der Lehrkraft (Baumert & Kunter 2006: 473; Kraler 2008: 768) geben die Befragten letztlich nicht aus der Hand. Die Frage der Kooperation mit anderen Personen wird in bisherigen Studien zu den Sichtweisen von Lehrpersonen auf außerschulisches Lernen kaum berücksichtigt. Wird dieses Thema in eine Befragung einbezogen, so liegt der Fokus meist darauf, ob vor Ort überhaupt eine Kooperation mit anderen Personen stattfindet (vgl. Geyer & Lewalter 2008: 143; Lößner 2011: 97 f.), aber nicht, wer genau von den Lehrkräften als ExpertIn angesehen bzw. angefragt wird, welche Beweggründe hinter der Kooperation stehen und welche Rolle sie den KooperationspartnerInnen zuweisen. Einzig SCHOCKEMÖHLE gibt hier einen kleinen Einblick und stellt fest, dass eine Lehrkraft im Interview „die Bedeutung der persönlichen Begegnung von Teilnehmern mit externen Experten wie Landwirten, Auszubildenden u.a.“ als besonders gewinnbringend erlebt, da diese „ein sehr intensives Erlebnis darstellen“ (2009: 244). Grundsätzlich ist hier ein empirisches Desiderat zu beklagen, das in zukünftigen Studien intensiver bearbeitet werden sollte. Schließlich kann die Kooperation mit schulinternen und -externen Personen – wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen – außerschulisches Lernen in verschiedener Hinsicht bereichern, aber eben auch Hindernisse mit sich bringen.
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Gerade der Befund, dass die Lehrkräfte die Kooperation mit schulexternen Personen als kritisch erachten, kann auch auf andere Lernorte übertragen werden. Was in der Kirche der Pfarrer oder der Heimatpfleger ist, ist im Wald der Gemeindearbeiter, im Rathaus der Bürgermeister oder im Betrieb der Geschäftsführer. Diesen ist gemeinsam, dass sie aufgrund langjähriger Berufserfahrung ExpertInnen für ihren Bereich sind, aber in der Regel nicht über eine pädagogische Ausbildung verfügen. Hier zeigt sich ein Charakteristikum außerschulischen Lernens: Je authentischer der Lernort und je eher es sich hier um die Begegnung mit „reale[n] Welten“ (Bönsch 2010b: 44) handelt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, auf KooperationspartnerInnen zu treffen, deren primäres Aktivitätsfeld nicht im pädagogischen Bereich liegt. Anders ist dies sicherlich bei speziell für Lernprozesse „zubereitete[n] Welten“ und „simulierte[n] Wirklichkeiten“ (Bönsch 2010b: 44). So verfügen MitarbeiterInnen eines museumspädagogischen Dienstes oder einer Zooschule über ein breiteres methodisch-didaktisches Repertoire und sind im Umgang mit Lerngruppen geschult und geübt. Auf der anderen Seite liegt gerade bei pädagogisch ungeschulten KooperationspartnerInnen der realen Welten der Mehrwert der Authentizität. Die SchülerInnen werden hier mit Personen aus Arbeits- und Lebenswelt konfrontiert, die ihnen einen Zugriff auf den Lernort ermöglichen, der eben nicht schultypisch ist und dabei auch andere Blickwinkel eröffnen kann. Dieser Mehrwert wird noch einmal in Ausprägung 3) Emotional-spiritueller Zugriff über den ‚Pfarrer‘ offensichtlich. Strukturelle Leerstellen innerhalb der Subjektiven Theorien Innerhalb der Subjektiven Theorien lassen sich auch Leerstellen in der Art identifizieren, dass entsprechende Inhalte zwar durch den Interviewleitfaden eingespielt werden, sie aber später von den Lehrkräften nur zurückhaltend mit anderen Inhalten des Legebildes in Verbindung gebracht werden und sich für sie als wenig sinnbestimmend für die Entwicklung von Begründungszusammenhängen erweisen. Ein solcher Fall liegt bei den Chancen außerschulischen Lernens vor, die in der Lernortpädagogik ein zentrales Argumentationsfeld darstellen. Elementarer Bestandteil des lernortpädagogischen Diskurses ist die Auseinandersetzung mit Vorteilen, die mit dem Verlassen des Klassenzimmers verbunden sind, den Mehrwert zum Lernen im Klassenzimmer ausmachen und so außerschulisches Lernen letztlich legitimieren (vgl. Michie 1998: 43; Behrendt & Franklin 2014). Positive und gewinnbringende Aspekte des Lernens außerhalb des Klassenzimmers werden zwar von den befragten Lehrkräften angeführt, allerdings eher zurückhaltend und selten mit Blick auf eine Abgrenzung zur Arbeit im Klassenzimmer verhandelt. So etwa sprechen sie an, dass die SchülerInnen Unterrichtsgänge „grundsätzlich gerne machen“ (Carla, Z. 420) und es einen Unterschied gibt, ob sie Gegenständen medial repräsentiert oder aber „in realo“ (Beate, 34:50) sehen. Von der Lernortpädagogik immer wieder angeführte Vorteile wie etwa ein größerer Lernerfolg durch die originale Begeg-
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nung vor Ort, die auch Anlass für verschiedene empirische Arbeiten sind, die sich den Prozessen und Effekten authentischer Lernsituationen auf Seiten der SchülerInnen widmen (vgl. Klaes 2007; Hauan & Kolstø 2014), scheinen für die Lehrkräfte nahezu keine Rolle zu spielen. Lediglich bei Hannah findet sich mit „Unterrichtsgang – Warum? Wie?“ ein eigenes Cluster, das sich diesem Themenfeld widmet und in dem Hannah auf der Warum-Seite eben jene Vorteile der originalen Begegnung strukturell anordnet. Ebenso wie die Chancen, so diskutiert die Lernortpädagogik auch Grenzen und Problemfelder, die mit dem Lernen außerhalb des Klassenzimmers verbunden sind (vgl. Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 4 f.). Solche Faktoren, die sich als hinderlich für die außerschulische Arbeit erweisen, finden sich vereinzelt in den Subjektiven Theorien der Religionslehrkräfte, wobei sie hier vor allem zwei Aspekte anbringen. Einmal ist es das Verhalten der SchülerInnen am Lernort Kirche, das als Problemfaktor identifiziert und mit eigenen negativen Emotionen bei Unterrichtsgängen in Verbindung gebracht wird. Dann ist es der Faktor Zeit bzw. die Entfernung zur Ortskirche, die die Lehrkräfte als Hinderungsgrund für Kirchenraumbesuche anbringen. Beide Problemfelder erweisen sich als so stark, dass sie für die Lehrkräfte außerschulisches Lernen nicht nur erschweren, sondern letztlich auch verhindern können. Wie die Chancen und Vorteile, so scheinen auch die Grenzen und Problemfelder in den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen aber eine vergleichsweise geringe Rolle einzunehmen. Lediglich im Struktur-Lege-Bild von Daniel lässt sich ein Cluster mit dem Titel „Grund, keinen Unterrichtsgang zu machen“ finden. Bei der Datenanalyse wird nur dann ein eigenständiges Thema erzeugt, wenn es als konstitutiv für die Subjektiven Theorien identifiziert werden kann und sich daran Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Befragten herausarbeiten lassen. Aufgrund der Zurückhaltung, wie die Lehrpersonen die Chancen und Problemfelder außerschulischen Lernens in ihren Struktur-Lege-Bilder präsentieren und der Tatsache, dass diese in den Legebildern nahezu untergehen, wird in der inhaltlichstrukturellen Dimensionierung in Kapitel 5.4 kein eigenständiges Thema dafür angelegt. Das legt den Schluss nahe, dass die außerschulische Lernsituation von den Lehrpersonen nicht durchgehend als außergewöhnlich und besonders, sondern in vielen Momenten als natürlich und selbstverständlich verhandelt wird. Gleichzeitig stellt dieser Befund das Vorgehen bisheriger Studien in Frage. So etwa verwendet LÖSSNER insgesamt 39 Items eines Fragebogens zu Exkursionen auf die Gründe für und gegen deren Einsatz (vgl. 2011: 105 ff.). Auch in anderen Studien erweist sich diese Frageperspektive als auffallend dominant (vgl. Traub 2003: 109 f.; Schmidt, di Fuccia & Ralle 2011: 363 f; Paetsch 2014: 68 f.). Nimmt man die Befunde der vorliegenden Studie ernst, so scheint dieses Feld für die Lehrkräfte eher von geringer Bedeutung zu sein. Hier kann die Erhebungsmethode als möglicher Grund für den zurückhaltenden Umgang der Lehrkräfte mit den Chancen und Vorteilen angebracht werden. Allerdings werden alle Befragten durch das Interview explizit dazu
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angeregt, sich mit diesem Feld auseinanderzusetzen und alle haben die Möglichkeit, die daraus generierten Inhaltskarten beliebig in ihrem Struktur-Lege-Bild anzuordnen. Sie haben also die bewusste Entscheidung getroffen, die Inhalte optisch entsprechend zurückhaltend zu gewichten. 6.1.3 Unterrichtliche Strukturlogik Der dritte und letzte Schritt der nomothetischen Analyse schaut auf schulische Denkstrukturen innerhalb der Subjektiven Theorien. Das sog. „Strukturmodell des Unterrichts“ nach JANK und MEYER (2002: 61-97) bildet in diesem Analyseschritt den theoretischen Referenzrahmen, anhand dessen eben jene schulisch geprägten Aspekte geordnet werden (vgl. Kap. 5.5). Entlang der Strukturmomente der Zielstruktur, der Handlungs- und Sozialstruktur sowie der Prozessstruktur kann aufgezeigt werden, ob und inwieweit die Subjektiven Theorien der befragten Grundschullehrkräfte über Unterrichtsgänge typische Merkmale einer schulischen Unterrichtskultur tragen. Dieser Rückgriff auf alltägliche schulische Denkmuster scheint ihnen auf der einen Seite Sicherheit bei der Rekonstruktion ihrer Subjektiven Theorien zu geben und es wird offensichtlich, dass ein „schulisches Lernen“ (Wiesemann 2008) in verschiedenen Punkten von den befragten Lehrkräften als so selbstverständlich erachtet wird, dass sie es bruchlos auf außerschulische Lernsituationen übertragen. Auf der anderen Seite wird eben jenes schulische Lernen auch an verschiedenen Stellen von den UntersuchungspartnerInnen in Frage gestellt. Für jeden Strukturmoment wurden einzelne Bestimmungsmomente identifiziert, die im Folgenden zusammengefasst und diskutiert werden. Die identifizierten Bestimmungsmomente sind in Kursivschrift wiedergegeben. Zielstruktur Die Lehrkräfte arrangieren in ihren Struktur-Lege-Bildern nicht nur einen Pool von Lernzielen für ihre Unterrichtsgänge. Vielmehr können drei Bestimmungsmomente identifiziert werden, anhand derer sich ihr Umgang mit den Zielvorstellungen als schulisch geprägt erweist. Erstens lässt sich innerhalb der Struktur-Lege-Bilder eine starke Lernzielorientierung ausmachen. Lernziele erweisen sich in allen Legebildern als sinnbestimmend für das Gliedern der Inhalte und die Lehrkräfte legen eigenständige Themenbereiche und Cluster an, die sich eben jenen Zielvorstellungen widmen. Nicht selten werden die Lernziele zum „Fixpunkt“ (Velica 2010: 10) aller vorbereitenden Überlegungen und Maßnahmen für das Geschehen außerhalb des Klassenzimmers. Zweitens zeigt die Analyse, dass die Befragten auf seit Jahrzehnten innerhalb der LehrerInnenbildung etablierte und bis heute in klassischen Werken der Unterrichtsplanung aufgeführte Kategorisierungsprinzipien (vgl. Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 62; Meyer 2014: 194 ff.; Riegel 2014:
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31) zurückgreifen. Diese scheinen sich als so sinnbestimmend zu erweisen, dass sie von den Lehrkräften auch auf außerschulische Lernsituationen übertragen werden. Zu den identifizierten Kategorisierungsprinzipien zählen die Einteilung der Lernziele nach Abstraktionsgrad (vgl. Möller 1986), nach dem Komplexitätsgrad sowie den Lernzielbereichen (vgl. Krathwohl, Bloom & Masia 1975; Bloom & Engelhardt 1976). Was die Lehrkräfte dabei offenbaren, trägt deutliche Bestimmungsmomente einer lernzielorientierten Didaktik (vgl. Möller 1986). Diese Orientierung setzt sich bei einigen Lehrpersonen auch dann fort, wenn es um die Überprüfung eben jener Lernziele und die Frage „Auf welche Weise kann der Lehrer erfahren, ob seine Schüler wirklich das gelernt haben, was er sie zu lehren beabsichtigte?“ (Monzen & Rademacker 1965: VI) geht. Unterricht im Kirchenraum ist mit Lernzielen verbunden, die – stringent zu Ende gedacht – sich auch in einer schriftliche Leistungsmessung des vor Ort thematisierten Stoffes in Form einer „Probe“ (Beate, Z. 66) niederschlagen kann. „Unterricht ist ein hoch komplexes Geschehen, das durch Zielorientierung und Planmäßigkeit gekennzeichnet ist.“ Diese Feststellung von SANDFUCHS (2009: 512) scheint auch für Lernen außerhalb des Klassenzimmers Gültigkeit zu besitzen, betrachtet man die Subjektiven Theorien der befragten Lehrpersonen. Die Präsenz von Lernzielen in den Legebildern und die drei identifizierten Bestimmungsmomente zeigen deutlich, dass Kirchenraumbesuche im Rahmen des Religionsunterrichts in den Subjektiven Theorien der Lehrkräfte keinen Ausflugscharakter haben, sondern „planvoll, bewusst und zielgerichtet“ (Sandfuchs 2009: 512) verhandelt werden. Den Kirchenraumbesuch stellen sie damit als „zielgerichtete, schulische Unterrichtsveranstaltung“ (Bönsch 2003: 7) dar. Diese Fokussierung auf die Ziele scheint wenig verwunderlich, ist doch eine Lehramtsausbildung ohne sie kaum denkbar: „Ein Stundenentwurf ohne Lernziele ist für die meisten Ausbilder wie eine Hochzeit ohne Braut.“ (Meyer 2014: 192) Trotzdem ist dieser Befund auch deshalb hervorzuheben, weil kirchenraumpädagogische Literatur eine solche strukturierte Zielorientierung und Reflexivität des praktischen Vorgehens nicht selten vermissen lässt. Häufig steht nur die Aktivität selbst, nicht aber die damit verbundenen Zielvorstellungen und Intentionen hinter den Aktivitäten im Zentrum der Darstellungen. Das macht Vorwürfe gegen die Kirchenraumpädagogik als „‘Event‘“ (Gärtner 2002: 27) oder „Methodenfeuerwerk[s]“ (Klie 2003: 99) nachvollziehbar. Ein möglicher Grund für diese fehlende Zielorientierung könnte die Tatsache sein, dass tragende Wurzeln der Kirchenraumpädagogik in der Gemeindearbeit liegen, sie hier zunächst verstärkt von pastoralen MitarbeiterInnen entwickelt und durchgeführt wurde und Lehrkräfte sie erst später adaptierten. So stellt SENDLER-KOSCHEL fest: „Mittlerweile ist der Kirchenraum selbstverständlicher als noch in den 1990er Jahren im Blick von Lehrerinnen und Lehrern.“ (Sendler-Koschel 2016: 69) Von der Lernzielorientierung und den Kategorisierungsprinzipien könnte die Kirchenraumpädagogik profitieren. Methodische
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Vorgehensweisen sollte die Kirchenraumpädagogik konsequent dahingehend befragen, was mit ihnen intendiert wird. Und Zielvorstellungen sollten nicht nur intuitiv entlang von Inhalten gegliedert werden. Vielmehr könnten die in der schulpädagogischen Praxis etablierten Kategorisierungsprinzipien als Orientierungsrahmen dienen. Hier lässt sich anfragen, ob die im Datenmaterial rekonstruierte Ausrichtung der Subjektiven Theorien auf die Ziele nicht ein Produkt der Methodenwahl ist. Schließlich werden die Lehrkräfte im Interview danach gefragt, was sie den SchülerInnen bei Kirchenraumbesuchen mitgeben und vermitteln möchten. So erscheint es zunächst einmal naheliegend, dass sich in den Struktur-Lege-Bildern aller Befragten Ziele finden lassen. Gerade die Zielstruktur und damit die Betrachtung der Legebilder durch die Brille unterrichtlicher Strukturlogik macht aber deutlich, auf welche Art und Weise die Lehrkräfte diese Zielvorstellungen verhandeln. Die LehrerInnen geben ihnen eine innere Ordnung und weisen sie als zentral für ihre Subjektive Theorie aus. Besonders augenscheinlich wird das bei der Lehrerin Angela, die das Motto ihrer Subjektiven Theorie auf einem farbigen Papier unter der Fixkarte „Unterrichtsgänge in den Kirchenraum im Religionsunterricht“ platziert: „Wer sein Ziel kennt, findet den Weg“. In dieser Formulierung wird deutlich, dass Angela – was die Lernzielorientierung angeht – keinen Unterschied zwischen Klassenzimmer und außerschlischem Lernort macht. Das Gestalten einer solchen Motto-Überschrift veranschaulicht beispielhaft den kreativen Umgang der Lehrerin mit den zur Verfügung stehenden Legematerialien, von dem auch die Forscherin selbst überrascht war und den sie nicht mitbedacht hatte. Gleichzeitig bestätigt Angelas Vorgehen am Beispiel des Bestimmungsmomentes Lernzielorientierung, dass diese nicht durch die Methode in das Material eingetragen wird, die Methode den UntersuchungspartnerInnen aber sehr wohl die Freiheit gibt, eine solche bei individuellem Bedarf optisch auszudrücken. In den Subjektiven Theorien lässt sich auch nachweisen, dass die Lehrkräfte die schulischen Bestimmungsmomente der Zielstruktur in Frage stellen und kritisch gegeneinander verhandeln. Besonders deutlich wird das beim Bestimmungsmoment der Überprüfung. Die Leistungsfeststellung mittels klassischer Formate von Lernbeweisführungen ist der Vorstellung von schulischem Lernen inhärent (vgl. Wiesemann 2008: 164). Für die Lehrerin Gerda lässt sich außerschulisches Lernen aber nur sperrig mit einer Lernzielfeststellung in Form einer Probearbeit vereinbaren. Auch der Kommentar von Daniel zu Zielen, die „nicht für eine Probearbeit“ (Daniel, 47:58) bestimmt sind, legt den Schluss nahe, dass Lehrkräfte mit Kirchenraumbesuchen weit mehr intendieren als abprüfbare Lernzuwächse. Damit treiben sie die Zielvorstellungen zwar stärker in Richtung von „Absichts- oder Wunschformulierungen“ (Gonschorek & Schneider 2010: 178) denn klarer Operationalisierungen. Gleichzeitig nehmen die Religionslehrpersonen so von schulischen Denkprinzipien Abstand und tragen der Besonderheit außerschulischen Lernens Rech-
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nung. Hier zeigen die Lehrkräfte einen Konsens mit der Lernortpädagogik. Sie konstatiert, dass sich außerschulisches Lernen nur schwerlich mit herkömmlichen Mitteln der Leistungsbewertung vereinbaren lässt und sich der hier hervorgerufene Lernzuwachs einer Messung anhand geläufiger Kriterien entzieht (vgl. Sauerborn & Brühne 2012: 74; Karpa, Lübbecke & Adam 2015: 5). Bei der Lehrerin Carla wird zudem beispielhaft ersichtlich, dass die Lehrpersonen in einem ständigen Aushandlungsprozess stehen, was die Zielvorstellungen betrifft. Carla steht im Widerspruch, inwieweit sie außerschulisches Lernen dem Ziel der Wissensvermittlung unterwerfen darf („die Kinder auf der einen Seite dieses Wissen vermittelt bekommen. Wie ist es in einer katholischen Kirche?“ Carla, 1:17:49) oder eben doch „Spaß und Freude“ (Carla, 14:16) die primäre Zielorientierung sein sollte. Die Bestimmungsmomente der Zielstruktur, die in der Lernortpädagogik eher zurückhaltend zur Sprache gebracht werden, scheinen für die Lehrkräfte nicht selten DilemmaSituationen darzustellen. Zuletzt soll noch auf die von den Lehrpersonen verwendeten Begrifflichkeiten eingegangen werden. Im Interview selbst werden die ReligionslehrerInnen danach befragt, was sie den Kindern bei einem Unterrichtsgang in den Kirchenraum vermitteln und mitgeben möchten. Auffällig ist, dass die meisten Lehrpersonen in der Struktur-Lege-Sitzung die entsprechenden Inhaltskarten ausschließlich als Ziele bzw. Lernziele verhandeln. Obwohl in den Bildungsstandards für den Religionsunterricht in der Grundschule durchgehend von „Kompetenzen“ (DBK 2006: 5) gesprochen wird, nimmt nur Frank überhaupt auf diesen Begriff Bezug. Frank selbst ist an der Implementierung des neuen Lehrplans in seinem Schulbezirk beteiligt, in dem nun auch erstmals die von der Deutschen Bischofskonferenz grundgelegte Kompetenzorientierung umgesetzt wird. Als grundlegende Neuerung sieht Frank eine starke Ausrichtung auf „das Ziel“, so dass Religionsunterricht „von hinten her“ (Frank, Z. 540) und letztlich outputorientiert gedacht wird. Die Idee von Religionsunterricht als „Prozess“, „konstruktivistisch angeleitet[es]“ Fach und „was Entdeckendes“ (Frank, Z. 542) scheint für ihn mit der Kompetenzorientierung verloren zu gehen. So bringt Frank gegenüber der Kompetenzorientierung eine deutliche Skepsis zum Ausdruck. Was genau diese Kompetenzen inhaltlich ausmachen bzw. vom bisherigen Lehrplan unterscheiden, führt er dagegen nicht weiter aus und hat die Erwartung: „Hm, vielleicht ändert sich gar nicht so viel.“ (Frank, Z. 539) Dass er die Kompetenzen erst am Ende seines Interviews zur Sprache bringt und diese in der Legesitzung überhaupt nicht mehr aufgreift, zeigt deutlich, dass der Religionslehrer zwar um diese Art des Umgangs mit Zielvorstellungen weiß, sie in seiner Subjektiven Theorie zu Unterrichtsgängen aber keinerlei Rolle spielen. Obwohl die Kompetenzorientierung seit ungefähr zehn Jahren in den Kirchlichen Richtlinien vorgegeben ist (vgl. DBK 2006), nimmt diese in den Subjektiven Theorien der Lehrkräfte eine auffallend untergeordnete Stellung ein. Das ist insofern verwunderlich, als viele von ihnen vorgebrachte Zielformulierungen mühelos anschlussfähig
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an den religionspädagogischen Kompetenzdiskurs wären. Auch hier liegt Potential für die Aus- und Weiterbildung im Bereich des außerschulischen Lernens, das konsequent an einer Kompetenzorientierung ansetzten sollte (vgl. Messmer, Rempfler & Wilhelm 2011: 148). Gleichzeitig gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass PraktikerInnen diese scheinbar als sperrig bzw. praxisuntauglich empfinden und den Zusammenhang zwischen Kompetenzen und Zielen nicht unbedingt sehen bzw. diesen nicht zwangsläufig für ihre unterrichtspraktische Arbeit nutzen. Handlungs- und Sozialstruktur Einen großen Teil der Ausführungen im Interview und auch der Struktur-LegeBilder widmen die Lehrkräfte ihrem unterrichtspraktischen Handeln und ihrem methodisch-didaktischen Vorgehen bei Unterrichtsgängen in den Kirchenraum. In der Analyse konnten vier Bestimmungsmomente identifiziert werden, in denen die Lehrkräfte eine unterrichtliche Handlungs- und Sozialstruktur anwenden. In der Methodischen Planung erzeugen die befragten Lehrkräfte Parallelen und Analogien zu ihrer Arbeit im Klassenzimmer. Diese wird für die Vorbereitung des Kirchenraumbesuchs letztlich nur dupliziert. Im Einsatz von Arbeitsmaterialien zeigt sich schließlich, welche Vorstellungen die Befragten zur materialgestützten Inszenierung der Arbeit vor Ort haben. Hier präsentieren sie ein Repertoire an Arbeitsmaterialien, das sich häufig als stark lenkend und instruierend erweist. Das zeigt sich in den verschiedenen Variationen der materialgelenkten Stationenarbeit, die als „Stationenheft“ (Beate, 57:17), „kleine Büchlein“ (Angela, Z. 163) oder „Arbeitsblatt“ (Frank, Z. 31) bezeichnet werden und die Arbeit der SchülerInnen im Raum lenken. In den Sozialformen legen die UntersuchungspartnerInnen fest, wie der soziale Rahmen gestaltet werden kann. Überlegungen zu den Sozialformen der Partnerund Gruppenarbeit spielen für die Lehrkräfte dann eine Rolle, wenn der Kirchenraum in seiner sachlichen Dimension erarbeitet wird, weniger aber, wenn es um ein religiöses Raumerleben geht. Schließlich thematisieren sie auch den Umgang mit Verhalten in einer schulisch geprägten Denklogik. Dabei ist gerade ein regelkonformes Verhalten vor Ort für sie entscheidend. Einen disziplinierten Arbeitsrahmen definieren sie als entscheidenden Bestandteil eines erfolgreichen schulisches Arbeits- und Lernsettings. In der Methodischen Planung, dem Einsatz von Arbeitsmaterialien und Sozialformen sowie dem Umgang mit Verhalten zeigt sich, wie die Lehrkräfte das Unterrichtsgeschehen vor Ort anleiten und in Szene setzen und es veranschaulicht, wie der Aufenthalt der Klasse im Raum in den Augen der Lehrkräfte überhaupt zu Unterricht wird. Was sich innerhalb der Schulmauern als eingespieltes, erfolgreiches und über viele Dienstjahre hinweg manifestiertes Handeln für Unterricht ausgebildet hat, übertragen die Lehrpersonen häufig bruchlos auf den Kirchenraum. Das geschieht selbst dann, wenn räumliche Hindernisse auftauchen („Ist der Platz überhaupt da?“, Hannah, Z. 302; „Wo ist denn die Steckdose?“, Hannah, Z. 305).
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Augenscheinlich wird das unterrichtliche Vorgehen vor allem beim Einsatz der Arbeitsmaterialien. Durch sie inszenieren Lehrpersonen eine bestimmte „Form der Erfahrung“ (Tulodziecki 2014: 402). Außerschulisches Lernen ist zunächst einmal eine unmittelbare Form der Erfahrung und der Raum selbst sowie die sich darin befindenden Gegenstände sind originaler Natur. Auch ein außerschulischer Lernort muss dabei in den Vorstellungen der Lehrkräfte durch sie aufbereitet und Materialien in der Art zur Verfügung gestellt werden, dass seine „Zugänglichkeit und Darstellbarkeit“ (Klafki 2007: 271) erhalten bleibt. Dabei lässt sich kein Zusammenhang zwischen der inhaltlichen Ausrichtung des Unterrichtsganges und dem Materialeinsatz erkennen. Materialgestützte und lenkende Erfahrungsformen finden sich sowohl bei der sachlichen Erschließung des Raumes als auch, wenn Kirche bei einem Unterrichtsgang in ihrer spirituellen Dimension erfahren werden soll. Diskutieren die Lehrkräfte die Arbeit im Innenraum unter einem größeren methodischen Aspekt, werden häufig Arbeitsformen angegeben, bei denen sich die Kinder den Kirchenraum in einer Art Stationenarbeit erschließen können. Diese Materialien für die Arbeit vor Ort werden als „Stationenheft“ (Beate, 57:17), „kleine Büchlein“ (Angela, Z. 163) oder „Arbeitsblatt“ (Frank, Z. 31) bezeichnet und leiten die Aktivitäten der SchülerInnen im Raum an. Inwieweit diese methodischen Arrangements der Konzeption außerschulischen Lernens tatsächlich gerecht werden, ist durchaus ambivalent zu beurteilen. Auf der einen Seite ermöglichen sie den SchülerInnen zumindest einen gewissen Gestaltungsspielraum bei ihrer Arbeit vor Ort und lösen damit die Vorgabe der Lernortpädagogik nach einer Begegnung mit dem Lernort ein, die „weitgehend selbstständig erfolgen kann“ (Dühlmeier 2008: 32) und ohne eine permanente Lenkung der Lehrkraft auskommt. Zudem lassen die Lehrkräfte gerade in diesen methodischen Arrangements kooperative Arbeitsformen zu („Die hatten einen Laufzettel und haben in verschiedenen Sozialformen gearbeitet.“ Frank, 38:16) und realisieren so eine weitere Anforderung an das Lernen außerhalb des Klassenzimmers, bei dem die Einzelarbeit zwar als möglich erachtet wird, aber die „Sozialformen der Partner- und Gruppenarbeit bevorzugt werden“ (Sauerborn & Brühne 2012: 63) sollten. Dieser Befund ist vor allem deshalb hervorzuheben, weil die Lehrkräfte ihre Ausführungen mit Bezug auf einen Lernort entwickeln, dessen besondere sakrale Atmosphäre nicht unbedingt solche freien Arbeitsformen nahelegt. Auf der anderen Seite erinnert gerade die Arbeit an verschiedenen Stationen an ein Setting, das ebenso im Klassenzimmer arrangiert werden könnte und durchaus auch Bestandteil einer regulären Unterrichtskultur ist. Die Lehrkräfte greifen hier auf Arbeitsmaterialien zurück, die als typisch für die schulische Arbeit im Klassenzimmer interpretiert werden können (vgl. Thomas 2011: 365; Kron, Jürgens & Standop 2014: 210). Die einzelnen Inhalte und Arbeitsaufträge scheinen dabei auch nicht unbedingt weniger verpflichtend zu sein als bei der Arbeit in der Schule. Anmerkungen der Lehrkräfte zur Nachbesprechung der Arbeitsaufträge im Klassenzimmer, da hier „alle Kinder mir zuhören“ (Beate, Z.
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310), oder zum schriftlichen Abprüfen des erworbenen Wissens durch Tests (Beate, Z. 66) legen diesen Schluss nahe. Die Ansicht, außerschulisches Lernen führe „zu anderen Interaktionsformen […], als der Unterricht üblicherweise nahelegt“ (Keck & Thomas 2014: 427), kann anhand dieser Datenlage nicht bestätigt werden. Hier offenbart sich ein grundlegendes Dilemma außerschulischen Lernens. Die oben dargestellten unterrichtsähnlichen Handlungsmöglichkeiten der Stationenarbeit können dazu genutzt werden, selbstständige Erfahrungs- und Erkundungsprozesse vor Ort zu unterstützen und zu fördern. Gleichzeitig laufen sie Gefahr, den Aufenthalt am außerschulischen Lernort stark zu verschulen und so den Mehrwert der originalen Begegnung zu unterlaufen. Dieses Dilemma ergibt sich vor allem dann, wenn die Lehrkraft mit der Lerngruppe „reale Welten“ (Bönsch 2010b: 44) und damit Orte nutzt, die erst durch den Besuch der SchülerInnen zu einem Lernort werden und nicht per se als solcher aufbereitet sind. Es gilt daher gründlich abzuwägen, inwieweit der authentische Ort solche künstlichen schulischen Handlungsstrukturen verträgt und wann sie dem Ort nicht mehr gerecht werden. Diese Grenze gilt es sicherlich lernortspezifisch zu definieren. Dabei stellen die Lehrkräfte eben jenen „Klassenzimmercharakter“ (Gerda, Z. 230) des Lernens auch in Frage, wie die Ausführungen der Lehrerin Gerda veranschaulichen. „Stift“ und „Papier“ (Gerda, Z. 228) scheinen sich für sie nicht wirklich mit dem außerschulischen Lernen im Kirchenraum zu vertragen. Solche Grenzen des Kirchenraumes als Unterrichtsraum zeigt auch Hannah auf, denn jemanden „an einen anderen Platz“ (Hannah, 56:26) setzen oder „energisch zurechtweisen“ (Hannah, 56:30) ist hier kaum möglich. Gleichzeitig wird hier ein Spezifikum des Kirchenraumes offenbar, soll er als Unterrichtsraum genutzt werden. Ob und inwieweit Gerda und Hannah sich bei der Frage nach anderen Lernorten ähnlich geäußert hätten, darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Wahrscheinlich ist aber, dass außerschulische Lernorte wie ein Museum, eine Burg oder ein Wald keine analogen Reaktionen hervorgerufen hätte. Kirche ist ein Raum, der zwar niederschwellig zugänglich ist, aber auch in einem schulisch genutzten Kontext und auch bei einem sachlich-kognitiven Zugriff ein sakraler Ort bleibt (vgl. Grünewald 1998: 49). Dies gilt noch einmal besonders für den Kirchenraum im katholischen Verständnis, was die Lehrerin Carla deutlich zum Ausdruck bringt. Sie zieht didaktisch aufbereitetes Material, das im Klassenzimmer angeboten wird, der originalen Begegnung im Raum teilweise vor: „Das mach ich jetzt wieder lieber, Bilder im Klassenzimmer dazu anschauen. Zum Altarraum.“ (Carla, 25:24) Gerade den Altarraum betrachtet sie als sensiblen Bereich, den die Kinder „NICHT betreten sollten“ (Carla, ZZ. 290-291) und den man nicht ohne weiteres als Unterrichtsraum nutzen kann. Damit konstruieren die Lehrkräfte den Unterrichtsgang zwar in einem schulischen Bezugsrahmen und bedienen sich einer schulischen Denklogik, entwerfen ihn aber nicht als reine Kopie des in der Schule stattfindenden Unterrichtsgeschehens.
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Vielmehr geben sie diese an bestimmten Stellen zugunsten der Spezifika des Kirchenraumes als Lernort auf. Gerade in der Handlungs- und Sozialstruktur wird deutlich, dass sich scharfe Konturen zwischen einem „schulisch“ und „außerschulisch“ in den Subjektiven Theorien nur selten ausmachen lassen, sondern diese fließend ineinander übergehen, die Lehrkräfte ein „schulisch“ in einigen Fällen bruchlos auf ein „außerschulisch“ übertragen, die beiden Pole aber auch teilweise konträr verhandelt werden. Ein möglicher Grund könnte sein, dass Arbeitsweisen des Katholischen Religionsunterrichts in der Grundschule häufig bereits Grundsätzen folgen, die sich auch im Diskurs um außerschulisches Lernen sowie der Kirchenraumpädagogik ausmachen lassen. Für die Aus- und Weiterbildung von Religionslehrkräften zum außerschulischen Lernen im Kirchenraum bedeutet das, dass der Schwerpunkt nicht darauf liegen kann, mit den Lehrkräften völlig neue methodische Zugänge zu erarbeiten. Vielmehr sollte angeregt werden, gängige Methoden des alltäglichen Religionsunterrichts auch im Kirchenraum einzusetzen. Leitender Gedanke sollte dabei sein, den Kirchenraum nicht als ausgelagertes Klassenzimmer zu betrachten. Eine solche stark schulisch geprägte Sichtweise hätte zur Folge, seine Besonderheit als Lernraum nicht vollends gerecht zu werden und Lernchancen dort von vorneherein zu erschweren. Vielmehr gilt es, methodisches Vorgehen auf seine jeweilige Passung für die Arbeit im Kirchenraum zu hinterfragen, diese konstruktiv zu erweitern und so an bereits gängiges Methodenrepertoire anzuknüpfen. Als schulisch identifizierte Denkmuster, wie etwa die Stationenarbeit oder auch die Leistungsüberprüfung, können dabei bewusst in Frage gestellt werden. Prozessstruktur Die Prozessstruktur bestimmt den Ablauf und Takt des Unterrichts und damit das Aufeinanderfolgen der einzelnen zuvor ausgewählten Inhalte und geplanten Methoden sowie die zeitliche Rahmung, in die sich diese einpassen. Im Datenmaterial lassen sich drei schulische Bestimmungsmomente erkennen, die eben jenen Unterrichtsprozess ausformen. Zunächst einmal orientieren sich die Lehrkräfte in ihren Subjektiven Theorien an einem schulisch geprägten Zeitrahmen. Es ist der „Dreiviertelstunden-Takt“ (Frank, Z. 184), der auch den Takt für außerschulisches Lernen vorgibt. Bei der Darstellung der unterrichtspraktischen Arbeit lässt sich die Gliederung nach klassischen unterrichtlichen Abläufen und damit eine Verlaufsplanung erkennen, die typische Artikulationsschritte wie etwa eine Anfangsphase zur Motivation und den Aufbau einer Erwartungshaltung (Angela, 32:54), eine „Erarbeitung“ (Elke, Z. 566) oder „Zusammenfassung“ (Elke, 1:04:57) enthält. Zeitrahmen und Verlaufsplanung bestimmen dabei die äußere Struktur des Unterrichtsgeschehens. Ein Blick auf die innere Struktur und die einzelnen Unterrichtsphasen zeigt schließlich, dass die Lehrkräfte diese unterrichtliche Prozesslogik außerschulischen Lernens nicht auf den Aufenthalt im Kirchenraum beschränken. Wann der
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Unterricht in der betreffenden Religionsstunde beginnt und endet, wird durch die Lehrkraft festgesetzt und kann bereits „vor dem Eintreten“ (Angela) eröffnet werden und sich bis zu einer „Nachbereitung noch im Klassenzimmer“ (Carla, Z. 125) ziehen oder auch in Form einer „Hausaufgabe“ (Frank, Z. 678) fortsetzen. In ihren Subjektiven Theorien verhandeln die Lehrkräfte neben den Unterrichtsschritten im Kirchenraum auch außerhalb des Kirchengebäudes typische Phasen des Unterrichts, die sie ganz selbstverständlich mit dem Lernen im Kirchenraum verbinden. Die „rigide Zeitinszenierung“ (Jank & Meyer 2002: 87) ist es, der sich offensichtlich auch Unterrichtsgänge unterwerfen müssen. Auch wenn der Schulgong, der sonst auf dem Schulgelände permanent an die zeitliche Taktung des Lernens erinnert, in der Kirche sicherlich nicht mehr zu hören ist, so scheint er doch in den Köpfen der Lehrkräfte präsent zu sein. Damit diskutieren die Lehrpersonen ein Problemfeld, wie es sich auch in der Literatur um außerschulisches Lernen finden lässt (vgl. Dühlmeier 2008: 27; Einsiedler 1975: 55). Zwar werden für das Arbeiten vor Ort längere Arbeitsphasen oder ganze Projektvormittage als ideal erachtet (vgl. Lankes 1998). Wird bei einem Unterrichtsgang der schulische Zeittakt aber nicht eingehalten, kann das in den Augen der Lehrkräfte zu erhöhtem Organisationsaufwand oder auch schlicht zum Scheitern des Unterrichtsganges führen. Hier könnte zunächst argumentiert werden, dass gerade Lehrpersonal in der Grundschule durch das Klassenlehrer-Prinzip von dieser Zeittaktung nicht so stark betroffen ist wie die Lehrpersonen im Sekundarbereich. Allerdings ergibt sich für den Religionsunterricht eine Besonderheit, die Beate anspricht (Beate, ZZ. 329-331). Durch die konfessionelle Anlage des Religionsunterrichts findet dieser nicht im Klassenverband statt, sondern es werden nur bestimmte SchülerInnen einer Klasse unterrichtet bzw. es stoßen Kinder aus anderen Klassen dazu. Das offenbart eine Dilemma-Situation. Auf der einen Seite handelt es sich beim Kirchenraum um einen hochgradig religiös konnotierten Raum, dessen fachliche Verortung im Religionsunterricht als schlüssig erscheint. Das gilt vor allem dann, wenn die spirituelle und religiöse Dimension des Raumes im Zentrum des Unterrichtsganges steht. Auf der anderen Seite werden gerade ein wiederholtes Aufsuchen des Lernortes und längere Aufenthalte durch die konfessionelle Anlage des Religionsunterrichts erheblich erschwert. Dabei bietet der Kirchenraum auch gewinnbringende inhaltliche Ansatzpunkte für andere Unterrichtsfächer. Eine Lösungsmöglichkeit könnte also darin bestehen, den Kirchenraum als Lernort in ein fächerverbindendes Unterrichtsgeschehen zu integrieren und – je nach konfessioneller Zusammensetzung der Klasse – Inhalte auszuwählen und anzubieten, die auch Kinder ansprechen, die nicht getauft sind. Die Kirchenraumpädagogik bietet hier vielversprechende Praxisentwürfe, bei denen die Begegnung mit dem Kirchenraum einen ganzen Vormittag umfasst und projektartig angelegt ist (vgl. Nicolai 2002) und auch bewusst SchülerInnen anderer Religionen einbezieht (vgl. Grünewald 2002). So könnte nicht nur eine zeitliche Entspannung eintreten, sondern die originale Erfahrung mit dem Kirchenraum auch ungeahntes Lernpoten-
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tial bieten, bringen Kinder unterschiedlicher Konfessionen und Religionen doch unterschiedliche Sichtweisen auf diesen Raum mit. Ein bereicherndes Moment für die Kirchenraumpädagogik kann in der von den Lehrkräften vorgebrachten „Artikulation des Unterrichts“ (Standop & Jürgens 2015: 24) liegen. Dabei strukturieren die Befragten das Lernen vor Ort in einer Verlaufsplanung, in der sie einzelne Aktivitäten von Lehrenden und Lernenden in ihrer Anordnung und Sequenzierung im zeitlichen Verlauf des Unterrichtsganges beschreiben. Gerade dieses innerhalb der Prozessstruktur identifizierte Bestimmungsmoment zeigt, dass die Lehrkräfte den Aufenthalt vor Ort entlang eines unterrichtlichen Ablaufschemas gliedern, ihnen dieses Schema Orientierung gibt und der Unterrichtsgang in ihrer Vorstellung nicht einfach so vor sich hinplätschert bzw. aus dem situativen Moment heraus bestimmt wird. Dem Sammelsurium an Inhalten und Methoden, das sie auf den Inhaltskarten finden, geben sie durch die Anwendung klassischer unterrichtlicher Artikulationsschritte (vgl. Keck 1983: 105 ff.; Maras, Ametsbichler & Eckert-Kalthoff 2010: 26 ff.) eine Struktur. Ein Beispiel dafür ist die Anfangsphase der Begegnung der Kinder mit dem Kirchenraum, die oft als „freie Phase“ (Elke, Z. 556) geplant wird, eine fragende Haltung unterstützen soll („Fragen erstmal beantworten“, Elke, Z. 557) und in den Augen der Lehrkräfte die Kinder für die Erfahrungen vor Ort „motiviert“ (Angela, 32:53). Dabei interpretieren die Lehrpersonen ihr Vorgehen gerade in dieser Anfangsphase als durchaus flexibel, was die Auswahl der Inhalte angeht, auch wenn diese von ihrem eigentlich geplanten Vorgehen offensichtlich abweichen (Hannah, 1:10:19). Die Lehrkräfte zeigen eine deutliche Offenheit gegenüber den thematisierten Lerninhalten und es scheint nicht nur darum zu gehen, dass der Raum Interesse weckt, sondern die „Bedürfnis- und Interessenslage“ (Keck & Thomas 2014: 427) der Lernenden durchaus ernst genommen wird. Damit weisen sie bestimmten Phasen des Aufenthalts im Kirchenraum bestimmte Intentionen zu.
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DER
„S IEGENER V ARIANTE “
Mit der „Siegener Variante“ (vgl. Kindermann & Riegel 2016) wurde im Rahmen dieser Arbeit ein neues Verfahren zur Erhebung und Analyse Subjektiver Theorien entwickelt und erprobt. Im Folgenden werden vor allem die Modifikationen des FST, welche im Rahmen der „Siegener Variante“ erstmals zur Anwendung kamen, diskutiert.1 Kapitel 6.2.1 konzentriert sich dabei auf die Neuerungen der Struktur-
1
Die „Siegener Variante“ der Erhebung und Rekonstruktion Subjektiver Theorien wird ausführlich diskutiert in: Kindermann, Katharina / Riegel, Ulrich (2016). Subjektive Theorien von Lehrpersonen. Variationen und methodische Modifikationen eines For-
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Lege-Sitzung und hier konkret auf die inhaltliche Validierung der Inhaltskarten in allen drei Phasen der Legesitzung, die Öffnung des Regelwerks, die Erweiterung des Legematerials sowie die Dokumentation der Legesitzung mittels Handkamera. In Kapitel 6.2.2 wird die Auswertungsmethode diskutiert. Es werden vor allem die Gliederung des Legebildes in Cluster, entlang derer sich die Analysearbeit vollzieht, die Teilkarten und die differenzierte Clusterkarte als Dokumentationsmethode sowie das Legevideo reflektiert. Kapitel 6.2.3 setzt sich schließlich kritisch mit der Frage auseinander, inwieweit die „Siegener Variante“ den methodologischen und methodischen Anforderungen des FST gerecht wird oder aber diese überzieht. 6.2.1 Erhebungsmethode Die Legesitzung selbst ist in drei Phasen angelegt: Lesen der Inhaltskarten durch die UntersuchungspartnerInnen und erste Ordnungsversuche, Erzeugen des Legebildes, Kommentieren des Legebildes. In jeder der drei Phasen hatten die Lehrpersonen die Möglichkeit, die Beschriftung der Inhaltskarten zu verändern, Inhaltskarten auszusortieren oder neue zu gestalten. Dieses Vorgehen wurde von den LehrerInnen konsequent genutzt, was eine Szene aus der Legesitzung mit Angela veranschaulicht. Eine Inhaltskarte trägt die Aufschrift „die Arbeitsaufträge werden gemeinsam ausgewertet, z.B. Rundgang zu Lieblingsplätzen“. Als Angela diese Inhaltskarte im Cluster „im Kirchenraum“ platziert und kommentiert, ist sie mit deren Beschriftung unzufrieden und äußert das gegenüber der Forscherin auch deutlich. An dieser Stelle soll die Lehrerin Angela zu Wort kommen. Ihre Äußerung veranschaulicht den kritischen Umgang der Lehrkräfte mit der Beschriftung der Inhaltskarten, bei denen sie keineswegs immer mit der Wortwahl der Forscherin einverstanden sind: Angela, 1:21:01 Angela: Das ist ganz anders. Das ist eigentlich keine Auswertung. Das, was ich da gemeint habe. Das ist nochmal ein Erleben oder Zeigen. KK: Wir können die Karte einfach anders beschriften. Angela: Also ausgewertet würde ich da (…) / gemeinsam nachempfunden würde ich das jetzt nennen. Weil dadurch, dass der das jetzt an dem Ort vorliest, EMPFINDE ICH DAS MIT. Ich lerne da nichts dazu, aber ich empfinde das mit. (…) Ich tue auch keinen Arbeitsauftrag in dem Fall auswerten und sagen: „Der hat das gut gemacht, das Gedicht.“, sondern das soll kommentarlos sein. Das ist nur das Erspüren. (.) Oder wenn ich sehe, was der gemalt hat dort. „Oh, wo hast du denn das gemalt? Ach (.) DAS hast du gemalt. Ach ja, lass mich mal gucken. Ah ja, stimmt, da habe ich noch gar nicht hingeguckt. Das ist mir gar nicht aufgefallen.“ Oder wenn ein Kind jetzt einfach nur den Ort toll findet. Und dann sind Kinder ja so offen und sagen: „Lass mich da auch mal da
schungsprogramms [51 Absätze]. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17/2, Art. 1.
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hinsetzen. Ich will mal wissen, wie das da ist.“ Den Begriff „ausgewertet“ streicht Angela auf der Inhaltskarte und ersetzt ihn durch „nachempfunden“.
In der obigen Szene wird das Potential der inhaltlichen Validierung sichtbar. Angela ersetzt nicht nur den ihrer Ansicht nach von der Forscherin nicht treffend gewählten Begriff auf der Inhaltskarte. Das Missverständnis bietet Anlass zu tiefergehenden Ausführungen, die im Interview von der Lehrerin nicht angebracht wurden, in der Legesitzung nun aber für sie wichtig erscheinen. Solche Szenen spielten sich vor allem in der zweiten und dritten Phase der Legesitzung ab, setzen sich die Lehrkräfte hier doch mit jeder einzelnen Karte intensiv auseinander. So erscheint es naheliegend, die inhaltliche Validierung der Inhaltskarten nicht ausschließlich – wie im idealtypischen Vorgehen des FST vorgesehen – vor das Erzeugen der Theoriestruktur zu stellen, sondern diese starre Abgrenzung zugunsten der kommunikativen Validierung aufzugeben. Nach den Erfahrungen der Vorstudie (vgl. Kap. 4.2) war es das Ziel, das vergleichsweise starre Regelwerk der Struktur-Lege-Sitzung zu öffnen. Es wurde darauf verzichtet, jede Inhaltskarte mittels Strukturkarte anbinden zu lassen, stattdessen konnten strukturelle Bezüge auch räumlich ausgedrückt werden. Die Lehrkräfte nutzten das, indem sie Inhaltskarten in Gruppen arrangierten und Beziehungen zwischen einzelnen Karten und Gruppen durch räumliche Nähe oder Distanz ausdrückten. Wurde in der Vorstudie das optische Sichtbarmachen des strukturellen Zueinanders als mühsam bewertet, zeigten die Lehrpersonen beim „lockeren“ Anordnen der Inhaltskarten keine Schwierigkeiten und ließen sich durchgehend intuitiv und kreativ auf diese Vorgehensweise ein. So etwa setzte die Lehrkraft Gerda das Verfahren in der Art um, dass sie ihr gesamtes Legebild in einer Kreisstruktur und damit in einer Darstellungsform anordnete, die nur mit dem geöffneten Regelwerk möglich wurde. DANNs Befürchtung, dass ein individualisiertes Regelwerk die UntersuchpartnerInnen überfordern würde (vgl. 1992: 39), kann durch die Erfahrungen in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden. Als besonders gewinnbringend erwies sich die Erweiterung des Legematerials um farbige Karten, Wollfäden und Blanko-Strukturkarten. Die farbigen BlankoKarten nutzten alle Lehrkräfte dazu, um für Inhaltskarten oder Gruppen von Inhaltskarten Überschriften zu entwickeln. In einigen Fällen wurden diese auch als Zeichnungen gestaltet, so etwa versieht Angela ihr Cluster „vor dem Eintreten“ zusätzlich zur geschriebenen Überschrift mit der Skizze einer Tür. Ihren Clustertitel „im Kirchenraum“ platziert sie auf einem vorher von ihr ausgeschnittenen farbigen Herz, denn „Das ist das Herzstück, der Kirchenraum.“ (Angela, 51:39), das „Kernding“ (Angela, 1:31:04). Über ihr gesamtes Legebild erstreckt sich ein in Papier gestalteter Zeitpfeil, der für die darunter platzierten Cluster die Vorstellung einer chronologischen Abfolge verdeutlicht. Die Zeichnungen und Papier-Piktogramme erfüllen keinen Selbstzweck, sondern veranschaulichen den Inhalt und ordnungslei-
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tende Strukturen des Legebildes. Auch zusätzliche Strukturkarten im Stil des alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels, die etwa die Relationen „wenn", „obwohl" oder „weil" repräsentieren, gestalteten die Lehrpersonen auf dem Blanko-Material. Zudem variierten die UntersuchungspartnerInnen die Blanko-Strukturkarten in der Art, dass sie darauf ausschließlich Symbole darstellten. Wie das farbige Papier wurden diese nicht nur genutzt, um Struktur zwischen einzelnen Inhaltskarten einzutragen, sondern auch, um clusterübergreifende Ordnungsprinzipien deutlich zu machen. Im Legebild von Frank etwa findet sich eine Strukturkarte mit dem Titel „Unterbau für“, die einige Cluster als Grundlage bzw. Fundament für Unterrichtsgänge ausweist. Die Wollfäden machten es möglich, thematisch eng zusammengehörige Inhaltskarten auch optisch zusammenzufassen oder aber Inhaltskarten, die unter einer Überschrift liegen und so zunächst eine enge thematische Zusammengehörigkeit suggerieren, noch einmal gegeneinander abzugrenzen. Die Lehrpersonen setzten die Fäden zusätzlich ein, um strukturelle Beziehungen zwischen räumlich weit voneinander entfernten Inhaltskarten oder Clustern deutlich zu machen. Diese Erweiterung des Materials birgt zwei Risikofaktoren, die allerdings im Einsatz in der Praxis nicht bestätigt werden konnten. Zunächst einmal bedingt die Erweiterung des Materials auf den ersten Blick eine Steigerung von Komplexität– liegen den UntersuchungspartnerInnen nun doch noch mehr Materialien vor, mit denen sie arbeiten können. Dies erwies sich als unproblematisch, da die Lehrkräfte die Materialien intuitiv und ohne größere Erklärung einsetzten. Ein zweites potentielles Problemfeld stellt die Tatsache dar, dass der Einsatz der Materialien nicht durch ein Regelwerk vorgegeben war, sondern die Lehrpersonen diese nach individuellem Bedarf anwenden konnten. Hier konnte die Forscherin Unklarheiten und Ambivalenzen durch kommunikative Validierung leicht klären. Durch das Legevideo sind diese zusätzlich in Bild und Ton dokumentiert. Das Legevideo als Dokumentationselement wurde in der „Siegener Variante“ erstmalig im Bereich der Bildungsforschung eingesetzt. Standen die Lehrkräfte in der Legesitzung bereits vor der Herausforderung, das Legematerial stimmig anzuordnen, kam durch die Dokumentation der Sitzung mittels Legevideo noch eine weitere Aufgabe hinzu: Parallel zu ihrem Legeprozess waren sie angehalten, diesen durch die Technik des lauten Denkens – im Idealfall durchgehend – zu reflektieren und zu kommentieren. Dieses Vorgehen wurde von den Lehrkräften gerade in der Anfangsphase der Sitzung als herausfordernd und anstrengend erlebt oder aber schlicht vergessen. So musste die Forscherin die Lehrkräfte immer wieder zu Verbalisierungen anregen. Allerdings zeigte sich auch, dass das Kommentieren nach einer anfänglichen Gewöhnungsphase zunehmend leichter fiel und der Eindruck entstand, dass die Lehrkräfte es vermehrt nicht nur einsetzten, um Einblicke in ihre Gedankenwelt zu gewähren, sondern auch, um sich selbst über ihre Anordnungsversuche Klarheit zu verschaffen oder Widersprüche mit sich selbst zu diskutieren. So erwecken die Verbalisierungen an manchen Stellen des Legevideos den An-
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schein eines Selbstgesprächs. Zudem empfanden es die Lehrkräften häufig als Entlastung, strukturelle Beziehungen und inhaltliche Ergänzungen nur zu verbalisieren, statt diese im bereits sehr komplexen Struktur-Lege-Bild optisch darstellen zu müssen. Dabei stellte das Legevideo auch erhöhte Anforderungen an die Forscherin: Zusätzlich zur Moderation der Sitzung und dem Dialog-Konsens hatte sie die Aufgabe der Videodokumentation mittels Kamera. Um stets der Zone-of-Interaction zu folgen und die Aufschriften der Karten im Videomaterial einigermaßen sichtbar festzuhalten, wurde für die vorliegende Studie die Aufzeichnung mittels Handkamera gewählt. Hier wäre die Beteiligung einer dritten Person an der Struktur-LegeSitzung wünschenswert gewesen, die ausschließlich den technischen Part der Videodokumentation übernimmt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Lehrpersonen die enorme Herausforderung, ca. 100 Inhaltskarten mittels der verschiedenen Strukturierungshilfen in eine für sie stimmige Anordnung zu bringen und diesen Anordnungsprozess parallel zu kommentieren, äußerst motiviert, kreativ und erfolgreich gemeistert haben. Hier darf vermutet werden, dass dies vor allem aufgrund der Passung der Erhebungsmethode für die UntersuchungspartnerInnen der Fall war. Lehrkräfte sind den Umgang mit Materialien wie etwa Wortkarten oder Moderationskarten gewöhnt und verfügen durch ihre tägliche Unterrichtserfahrung über eine ausgeprägt entwickelte verbale Kompetenz, die im Schulalltag häufig auch parallel zu Interaktionen mit einem oder mehreren Kindern verlaufen muss. Der professionelle Umgang der Lehrkräfte mit den Legematerialien stärkt die Forderung, Modifikationen des methodischen Vorgehens, wie es das FST vorsieht, immer mit Blick auf die konkrete Zielgruppe vorzunehmen. Inwieweit sich die Erhebungsmethode der vorliegenden Studie auch für andere Berufsgruppen eignet, gilt es daher eigens in der Forschungspraxis zu prüfen. 6.2.2 Auswertungsmethode Das heuristische Konzept „Cluster“ war für die Forscherin das maßgebende Orientierungsprinzip für die Analyse des Legebildes und damit die Rekonstruktion der Subjektiven Theorien. Es half, die Komplexität der Struktur-Lege-Bilder zu ordnen und bildete damit die grundlegende Einheit für deren Analyse. Die Anzahl der Cluster sowie ihre Label konnte die Forscherin in der Regel problemlos identifizieren, da die Lehrpersonen für sie zusammengehörige thematische Bereiche meist durch die Verwendung verschiedenfarbiger Überschriften in ihren Legebildern optisch deutlich hervorgehoben haben. In Zweifelsfällen gab stets das Legevideo Aufschluss. Für die erfolgreiche Analyse der einzelnen Cluster war die Erfüllung dreier Kriterien erforderlich: Erstens war es notwendig, dass die einzelnen Inhaltskarten in Gruppen angeordnet waren. So war es bereits auf optischer Ebene möglich, erste
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Gliederungsprinzipien innerhalb des Clusters auszumachen. In einigen Fällen waren diese Gruppen noch einmal mit sinngebenden Labeln oder Symbolen versehen, was die Analyse erleichterte, sich aber nicht als zwingende Voraussetzung erwies. Zweitens war zumindest ein vereinzelter Einsatz von Strukturkarten erforderlich, um strukturelle Beziehungen innerhalb des Clusters zu erkennen. Und drittens sollten die im Cluster dargestellten Inhalte und ihr strukturelles Zueinander möglichst umfassend durch die Lehrkraft erläutert und kommentiert sein. Probleme bei der Analyse der Cluster entstanden immer dann, wenn eines dieser Kriterien nicht erfüllt war und der Wegfall nicht ausgeglichen werden konnte. So etwa gab es Lehrpersonen, die zwar strukturelle Gliederungshilfen sehr sparsam einsetzten, dafür aber Zusammenhänge und Beziehungen ausführlich verbalisierten und vice versa. War beides nicht der Fall und konnte etwa der fast vollständige Verzicht auf Strukturkarten nicht durch entsprechende Erläuterungen kompensiert werden, war es nur sehr schwer möglich, das Cluster entlang der Eigenlogik der Lehrkraft zu beschreiben. Gerade das Bilden und Labeln der Kategorien fiel dann schwer, weil beispielsweise nicht klar war, ob mehrere Inhaltskarten zu einer Kategorie zusammengefasst werden oder aber eigenständige Kategorien bilden sollten. Das Analyseergebnis der einzelnen Cluster wird in Teilkarten abgebildet, in der die einzelnen Kategorien und ihr strukturelles Zueinander dargestellt sind. Da sich die Analyse einer Legesitzung stets über mehrere Tage erstreckte, erwiesen sich die Teilkarten als äußerst gewinnbringend, da diese der Forscherin für die zusammenfassende Darstellung der Subjektiven Theorie einen schnellen Zugriff auf die Inhalte der einzelnen Cluster und deren strukturelle Anordnung ermöglichten. In der differenzierten Clusterkarte wird schließlich die gesamte Subjektive Theorie in einer Art Abstract dargestellt. Diese differenzierten Clusterkarten erwiesen sich vor allem im weiteren Verlauf des Forschungsprozesses als gewinnbringend. Auf nomothetischer Ebene waren diese Clusterkarten eine Hilfe, sich die Subjektiven Theorien der einzelnen UntersuchungspartnerInnen innerhalb kurzer Zeit zu vergegenwärtigen. Zudem war es der Forscherin möglich, personenübergreifende Inhalts- und Strukturkombinationen bereits anhand der Clusterkarten zu identifizieren. Als letzte Neuerung nutzte die „Siegener Variante“ Videomaterial, um den Legeprozess zu dokumentieren. Gerade in der Analyse der einzelnen Cluster zeigte sich das Potenzial dieser Videos. Sie dienten nicht nur dazu, optisch bereits repräsentierte strukturelle Verbindungen zu validieren oder aber fehlende Beziehungen anhand des Sprachmaterials herauszuarbeiten, sondern geben auch Einblicke in den Rekonstruktionsprozess selbst. An dieser Stelle sei auf zwei Beispiele verwiesen, in denen sich diese Dokumentation als besonders gewinnbringend erwies. Das war einmal dann der Fall, wenn die Lehrpersonen mit Beschriftungen der Inhaltskarten nicht zufrieden waren und diese noch einmal änderten, was das Beispiel von Angela in Kapitel 6.2.1 veranschaulicht. Hier wurden häufig Missverständnisse zwischen der befragten Lehrkraft und der Forscherin vor Ort deutlich, die Auszüge aus dem
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Interview falsch oder unzureichend festgehalten hatte. Gerade dann konkretisierten die Lehrpersonen noch einmal einzelne Aspekte ihrer Subjektiven Theorie und gewährten tiefe Einblicke in ihre individuelle Erklärungs- und Denklogik. Aufschlussreich waren außerdem Prozesse des Umlegens und Umstrukturierens durch die Lehrkräfte. Dabei wurden nicht nur einzelne Inhaltskarten innerhalb des StrukturLege-Bildes verschoben, sondern auch ganze Bereiche noch einmal neu organisiert oder einzelne Cluster am Ende der Legesitzung neu zueinander in Beziehung gesetzt, um ein stimmiges optisches Abbild der gesamten Subjektiven Theorie zu erreichen. Auch solche Momente der Legesitzung kommentierten die Lehrpersonen häufig sehr ausführlich und legten Aushandlungsprozesse offen, um zu einer für sie stimmigen optischen Darstellung zu gelangen. Das Beispiel aus Beates Legesitzung zeigt dies noch einmal eindrücklich. In der dargestellten Szene grenzt sie im eigentlich bereits fertig angeordneten Cluster „Ich“ die unter der Überschrift „Kirche für mich“ platzierten Inhaltskarten noch einmal gegeneinander ab. Ausgangspukt ist ein Impuls der Forscherin, die gerne wissen möchte, wie die unter „Kirche für mich“ arrangierten Inhaltskarten mit denjenigen in Verbindung stehen, die Beate unter der Überschrift „Kirche im Unterricht“ angeordnet hat. Beate, 51:42 KK: Wollen wir das „Kirche für mich“ und „Kirche im Unterricht“ noch irgendwie verbinden? Beate: Hm. (Atmet tief ein.) Da muss glaube ich (…) / das ist so ein Gegensatz. Da müsste etwas Rotes hin. Wie ähmmm … Irgendwie ist / es ist eine Diskrepanz im Grunde. KK: Äh, magst du das so hinschreiben? Beate: (…) Nää, obwohl, (…) auch nicht alles. (.) Ein beruhigender Ort ist ja was Schönes eigentlich, ne. (...) (Atmet tief ein.) Ne, stimmt auch nicht wirklich. Das steht einfach so nebeneinander. Es sind zwei getrennte Sachen. Einmal Kirche für MICH persönlich und dann die Kirche im Unterricht. (.) Eines überschneidet sich davon. Ja? Also dass Kirche ein beruhigender Ort ist. Ich würde die mal rausziehen. Weil Kirche ist ein beruhigender Ort, das kann ich auch gerne weitervermitteln. Und dass man auch so in die Kirche gehen kann, auf Städtereisen um einfach mal zu gucken und eine Kerze anzuzünden ist auch gut. Dass man hingehen kann, wenn es einem schlecht geht, auch. Und dass ich mich gut auskenne ist ja auch gut dann wieder für den Unterricht. Beate zieht die erwähnten Inhaltskarten nach rechts und damit in Richtung der Spalte „Kirche im Unterricht“. Und das sind mehr so DIE beiden, DIE. Beate zeigt auf die Inhaltskarten „ich gehe nur selten in den Gottesdienst“ und „das macht mich traurig, wenn Kirchen geschlossen sind“. Also das sind jetzt / kann man sagen, das ist ja nichts schlimmes, aber (…) das würde ich jetzt den Kindern nicht irgendwie (.) mitteilen. Dass ich traurig bin, dass Kirchen oft geschlossen sind. (.) Ja, das wäre jetzt für mich nichts, was ich denen beibringen möchte.
6.2.3 Programmkonformität der „Siegener Variante“ mit dem FST Fragt man nach der Programmkonformität der „Siegener Variante“ mit dem FST, so lässt sich zunächst einmal feststellen, dass das epistemische Subjektmodell hinrei-
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chend berücksichtigt und diesem in der Auseinandersetzung mit den UntersuchungspartnerInnen in den beiden Sitzungen Rechnung getragen wird. Kritisch anzufragen ist allerdings, ob das geöffnete Regelwerk der Struktur-Lege-Sitzung noch ein Ergebnis hervorbringt, das den strukturanalogen Funktionen zum wissenschaftlichen Theoretisieren genügt, was ja der eigentliche Sinn des psychologischen Konstrukts Subjektive Theorie ist (vgl. Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 22). Hier stellt sich vor allem die Frage, ob der Verzicht auf durchgehende strukturelle Verbindungen sowohl zwischen den Inhaltskarten als auch den Clustern noch mit dem Grundanliegen des FST vereinbar ist. Betrachtet man nur das Datenmaterial des Struktur-Lege-Bildes, ist dies sicher nicht mehr der Fall, denn lose nebeneinander liegende Inhaltskarten sind nicht im Sinne wohlorganisierter Theorien lesbar. Allerdings wurde in der „Siegener Variante“ mit dem Legevideo auch ein methodisches Element eingeführt, diese Leerstelle auszugleichen. In der verbalen Rekonstruktion der Bedeutung(en) der einzelnen Cluster durch die UntersuchungspartnerInnen sind die notwendigen Verbindungen zwischen den einzelnen Inhaltskarten gegeben und anhand der Legevideos für die Forscherin nachvollziehbar. In diesem Sinne sollten die für das FST charakteristischen strukturanalogen Funktionen zum wissenschaftlichen Theoretisieren in der „Siegener Variante“ gegeben sein, und die Öffnung des Regelwerkes wird nicht durch einen Präzisionsverlust erkauft. Allerdings setzt diese Öffnung sowohl auf Seiten der Forscherin als auch der Befragten eine ausgeprägte kommunikative Fähigkeit und eine hohe Bereitschaft zum Dialog-Konsens voraus. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so stellt die „Siegener Variante“ zur Erhebung und Rekonstruktion Subjektiver Theorien keine Überziehung des FST, sondern eine produktive Modifikation dar, anhand derer untersucht werden kann, wie PraktikerInnen ihr eigenes Tun rationalisieren und dies in lebensweltlich relevanten Aspekten und Episoden tun. Ferner lässt sich in der „Siegener Variante“ nicht nur das Produkt selbst rekonstruieren, sondern auch der Weg zu diesem Produkt. Damit erlaubt es diese Methode, auch Entscheidungen und innere Aushandlungsprozesse der UntersuchungspartnerInnen abzubilden und für die Datenanalyse fruchtbar zu machen.
6.3 L IMITATIONEN DER S TUDIE Einschränkungen zum Geltungsbereich der Studie ergeben sich sowohl mit Blick auf die Datenerhebung als auch auf den Untersuchungsgegenstand. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass das Struktur-Lege-Bild ein im situativen Moment erzeugtes Abbild der Subjektiven Theorie und damit „ein momentanes Artefakt der Untersuchungssituation ist“ (Dann 1992: 5). Es hängt ent-
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scheidend von der aktuellen Stimmung und Gemütslage sowie der kommunikativen Kompetenz sowohl der Befragten als auch der Forschenden ab. Dieser Eindruck wurde während den Struktur-Lege-Sitzungen immer wieder bestätigt. Obwohl in der Legesitzung stets ein Punkt spürbar war, an dem die Lehrpersonen selbst ihr Legebild als fertig erachteten, sahen auch sie selbst dieses nicht als fixes und unveränderliches Produkt an, wie Hannah am Ende der Sitzung deutlich zum Ausdruck bringt: „Wenn ich`s noch dreimal durchlese, würde ich wahrscheinlich nochmal einzelne Kärtchen verschieben.“ (Hannah, 1:44:10) Allerdings macht Hannahs Kommentar auch deutlich, dass sie zwar „einzelne[n] Kärtchen“ noch einmal anders arrangieren würde, ihre Aussage macht allerdings nicht den Eindruck, als ob sie ihr Legebild entlang einer anderen Systematik völlig neu aufbauen und arrangieren würde. So lässt sich festhalten, dass das Legebild selbst sicherlich „ein momentanes Artefakt“ (Dann 1992: 5) der Subjektiven Theorie dargestellt, es darf aber auch vermutet werden, dass es sich in seiner grundlegenden Anlage als relativ stabil erweist. Die Datenerhebung selbst fand nicht unmittelbar im Anschluss an einen Unterrichtsgang in den Kirchenraum statt. Voraussetzung war lediglich, dass die Lehrkraft in ihrer Unterrichtspraxis bereits einen solchen realisiert hatte. Hier ließe sich kritisch anmerken, ob nicht eine Erhebung unmittelbar nach einem Kirchenraumbesuch und damit eine Aktivierung und Aktualisierung der Subjektiven Theorie angebracht gewesen wäre. So etwa könnten die Subjektiven Theorien einen höheren Realitätsbezug und eine stärkere prognostische Kraft für die tatsächliche unterrichtspraktische Arbeit aufweisen. Eine Befragung in zeitlicher Nähe zu einem Unterrichtsgang erwies sich zunächst aus forschungsökonomischer Perspektive als problematisch. Der Zeitaufwand für die Teilnahme an der vorliegenden Studie war für die Lehrkräfte bereits sehr hoch, so dass diese nicht noch an weitere Anforderungen gekoppelt werden sollte. Zudem entspringen in der vorliegenden Arbeit die von den Lehrkräften geäußerten Ansichten zu Unterrichtsgängen nicht kürzlich stattgefundenen Erfahrungen, sondern konnten auf einer distanzierteren Ebene rekonstruiert werden. Der Mehrwert dieses Vorgehens zeigt sich vor allem darin, dass die Befragten sich zwar auf konkrete unterrichtspraktische Ereignisse und Erfahrungen bezogen, hier aber häufig auf verschiedene Unterrichtsgänge rekurrierten oder aber Überlegungen im hypothetischen Bereich äußerten. Die Gefahr, dass lediglich der zuletzt durchgeführte Unterrichtsgang die rekonstruierte Subjektive Theorie mittlerer Reichweite dominiert, war damit nicht gegeben. Die Wirkweise der Befunde muss in der Art eingeschränkt werden, als dass sie lediglich Einblicke in die Vorstellungen zu außerschulischem Lernen in einer bestimmten Schulstufe gewähren. Inwieweit die hier rekonstruierten Subjektiven Theorien mit denen von in der Sekundarstufe tätigen Lehrpersonen verglichen werden können, lässt sich kaum einschätzen. Es kann vermutet werden, dass die Subjektiven Theorien von SekundarlehrerInnen eine geringere Übereinstimmung mit
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der Lernortpädagogik sowie der Kirchenraumpädagogik aufweisen, als es bei den Grundschullehrkräften der Fall ist, da der alltägliche Religionsunterricht im Sekundarbereich noch einmal anderen Prinzipien als der in der Grundschule folgt. Untersuchungsgegenstand der Studie sind die Subjektiven Theorien von Religionslehrkräften in der Grundschule zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum. Im Sample wurden bewusst nur Lehrpersonen berücksichtigt, die ein Lehramtsstudium durchlaufen haben. Das schließt gleichzeitig UntersuchungspartnerInnen wie PastoralreferentInnen, GemeindereferentInnen, ReligionslehrerInnen im Kirchendienst oder aber Pfarrer aus. Da dieses Lehrpersonal aus einem anderen Berufsfeld stammt, wäre es lohnenswert, auch ihre Subjektiven Theorien – gerade mit Blick auf den Einsatz kirchenraumpädagogischer Elemente sowie unterrichtlicher Strukturmerkmale – zu erfragen. Außerdem bleibt festzuhalten, dass der Kirchenraum zwar ein universell einsetzbarer Lerngegenstand ist, die vorliegende Arbeit aber auch auf diesen Lernort begrenzt bleibt. Wünschenswert wären daher weitere Untersuchungen, die auch andere Lernorte in anderen Unterrichtsfächern berücksichtigen oder aber eine Subjektive Theorie zu außerschulischem Lernen erfragen, die sich als unabhängig vom konkreten Lernort erweist. Damit hat die vorliegende Studie explorativen Charakter, der Erweiterungen bedarf. Schlussendlich soll noch einmal herausgestellt werden, dass die vorliegende Arbeit sich ausschließlich auf die erste Forschungsphase des FST konzentriert, das ursprünglich in einer zweiphasigen Forschungsstruktur angelegt ist (vgl. Scheele & Groeben 1988: 18 ff.; Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988: 180 ff.). Die vorliegende Studie fokussiert die erste Forschungsphase und fragt nach den Subjektiven Theorien der Lehrpersonen; und spart dabei die zweite Forschungsphase und die explanative Validierung aus. Die Ergebnisse liefern damit einen Einblick in die Sichtweisen der Lehrpersonen, es können allerdings keine Aussagen zu deren tatsächlichem Unterrichtshandeln getroffen werden oder aber, inwieweit sich ihre Subjektiven Theorien als handlungssteuernd und -leitend erweisen. Solche Aussagen lassen sich nur durch eine Beobachtung des tatsächlichen Unterrichtsgeschehens machen. Damit sieht sich die vorliegende Arbeit als ein erster explorativer Auftakt zur genaueren Erforschung außerschulischen Lernens in der Grundschule, der in der Zukunft sicherlich weiterer methodischer Zugänge bedarf, um dieses Forschungsfeld intensiver zu beleuchten.
Anhang
A
I NTERVIEWLEITFADEN
MIT
F ALLBEISPIELEN
Einleitungsfrage Im Kurzfragebogen habe ich gelesen, dass … Bitte erzählen Sie von einem Unterrichtsgang in die Kirche, an den Sie sich noch möglichst gut erinnern können.
I: Bestimmungsmerkmale Unterrichtsgang 1.
Was verstehen Sie unter Unterrichtsgängen in den Kirchenraum? Inwieweit ist für Sie ein Unterrichtsgang in die Kirche regulärer Religionsunterricht, auch wenn dieser nicht im Klassenzimmer stattfindet? … mit Blick auf Inhalte, Mitarbeit, Relevanz des Stoffes für Proben, Einbindung in eine Sequenz, …
2.
Ich möchte mit Ihnen etwas genauer darüber nachdenken, wann ein Besuch im Kirchenraum ein Unterrichtsgang ist und wann nicht. a) Wenn Sie mit den Kindern im Religionsunterricht in die Kirche gehen und dort beten oder singen, ist das für Sie ein Unterrichtsgang? b) Gibt es für Sie einen Unterschied zwischen dem Besuch des Kirchenraumes im Religionsunterricht und während eines Wandertages? c) Ist für Sie ein Schulgottesdienst bereits ein Unterrichtsgang in die Kirche?
II: Lernvoraussetzungen und Zielvorstellungen 1.
Welche Lernvoraussetzungen haben die Kinder Ihrer Meinung nach für einen Unterrichtsgang in die Kirche? a) Inwieweit haben Ihre Kinder in der Schule oder im privaten Bereich schon Erfahrungen mit dem Kirchenraum gesammelt? b) Was wissen die Kinder über den Kirchenraum?
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c) Was wissen die Kinder über das Verhalten im Kirchenraum? d) Sind die Vorerfahrungen Ihrer Ansicht nach sehr verschieden? Was könnten die Ursachen dafür sein? 2.
Was sollen die SchülerInnen bei einem Unterrichtsgang in die Kirche lernen bzw. was möchten Sie den Kindern mitgeben? a) mit Blick auf das erlernte Wissen b) mit Blick auf das Verhalten im Raum c) mit Blick auf die Haltung gegenüber dem Kirchenraum d) mit Blick auf Soziales e) Denken Sie, dass die SchülerInnen im Kirchenraum auch Dinge „nebenbei“ lernen, ohne dass es von Ihnen beabsichtigt ist? Was könnte das sein?
3.
Wie erleben Sie den Lernprozess der Kinder im Kirchenraum? a) Was fasziniert und motiviert die SchülerInnen Ihrer Meinung nach im Kirchenraum besonders? b) Gibt es bestimmte Gegenstände oder Darstellungen, welche die SchülerInnen auch abschrecken können?
4.
Bei welchen Lehrplanthemen und Jahrgangsstufen können Sie sich vorstellen, mit den Kindern in die Kirche zu gehen?
5.
Jede Lehrkraft verbindet mit ihrem Religionsunterricht eine Vorstellung, was sie bei den SchülerInnen langfristig bewirken möchte. Was ist das bei Ihnen?
III: Inhalte und unterrichtspraktische Umsetzung 1.
Kirchenräume erfüllen bestimmte Funktionen. Welche Funktionen sind das Ihrer Ansicht nach? a) Welche Funktion hat der Kirchenraum für Sie persönlich? b) Können Sie hier konkrete Beispiele nennen?
2.
Inwieweit würden Sie bei einem Unterrichtsgang diese Funktionen des Kirchenraumes einbeziehen?
3.
Inwieweit würden Sie bei einem Unterrichtsgang konkrete Gegenstände im Kirchenraum thematisieren? a) Bitte beschreiben Sie bei einem Gegenstand, wie Sie diesen mit den Kindern erarbeiten. b) Bitte beschreiben Sie bei einem Gegenstand, was Sie Ihren Kindern bei einem Unterrichtsgang darüber mitgeben möchten.
4.
Inwieweit würden Sie die Baustile thematisieren? a) Spielt es für Sie eine Rolle, ob Sie mit den Kindern in eine romanische, gotische oder barocke Kirche oder sogar in eine moderne Kirche gehen? b) Auf welche Merkmale würden Sie Ihre SchülerInnen bei den Baustilen aufmerksam machen?
A NHANG
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5.
Inwieweit würden Sie die besondere Lage einer Kirche im Ortsbild/Stadtbild einbeziehen? a) Wenn ja, welche Aspekte? b) Wie würden Sie diese mit den Kindern erarbeiten?
6.
Inwieweit würden Sie die Ausrichtung des Kirchengebäudes einbeziehen? a) Wenn ja, welche Aspekte? b) Wie würden Sie diese mit den Kindern erarbeiten?
7.
Denken Sie bitte an die Kirche in dem Ort, in dem Sie unterrichten. Gibt es dort Besonderheiten, die Sie in den Unterrichtsgang einbeziehen würden? a) Wenn ja, welche? b) Wie würden Sie diese mit den Kindern erarbeiten?
8.
Inwieweit würden Sie mit Ihren SchülerInnen Verhaltensweisen im Kirchenraum thematisieren? a) Wenn ja, welche? b) Wie würden Sie diese mit den Kindern erarbeiten?
9.
Inwieweit würden Sie den Unterrichtsgang im Klassenzimmer vor- und nachbereiten?
10. Wie bereiten Sie sich selbst auf den Unterrichtsgang vor? 11. Inwieweit würden Sie ExpertInnen (z.B. den Pfarrer) in einen Unterrichtsgang einbeziehen? 12. Inwieweit würden Sie mit KollegInnen (z.B. Parallelklasse) kooperieren? 13. Ich möchte Ihnen nun drei Beispiele zeigen, wie so ein Unterrichtsgang in die Kirche aussehen kann. Lesen Sie sich die Beispiele in Ruhe durch. Welches der drei genannten Beispiele kommt Ihrer Vorstellung von einem gelungenen Unterrichtsgang nahe? Fallbeispiel A1 – kunsthistorisch Fallbeispiel A2 – liturgisch Fallbeispiel A3 – spirituell-auratisch Versuchen Sie bitte, die Beispiele in eine Reihenfolge zu bringen, je nachdem, welches Sie am stärksten anspricht. Sie können auch eine für Sie ideale Mischform bilden. 14. Wie würden Sie sich in den folgenden Situationen verhalten? Fallbeispiel B1 – Im Altarraum Fallbeispiel B2 – Auf der Bank Fallbeispiel B3 – Sakristeiglocke 15. Jede Lehrkraft gestaltet ihren Unterricht anders. Wenn Sie nun an Ihren Religionsunterricht denken, gibt es bestimmte Methoden (Sozialformen, Medien, …), die Sie gerne einsetzen?
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16. Wenn Sie an Ihren Religionsunterricht denken, gibt es bestimmte Prinzipien (z.B. Vorstellungen zum Lernen), die Ihnen wichtig sind?
IV: Chancen und Probleme 1.
Sie haben schon einige Inhalte angesprochen, die Sie mit den Kindern im Kirchenraum erarbeiten können. Warum halten Sie es für sinnvoll, hier mit den Kindern in die Kirche zu gehen? … mit Blick auf Lernerfolg, Motivation, Interesse, soziales Lernen, …
2.
Können Sie sich auch Gründe vorstellen, warum man das entsprechende Thema doch lieber im Klassenzimmer bearbeitet?
3.
Denken Sie, dass es SchülerInnen gibt, die besonders von einem Unterrichtsgang profitieren?
4.
Inwieweit bedarf ein Unterrichtsgang einer organisatorischen Vorbereitung?
V. Motivationale Orientierungen 1.
Welche Gefühle und Stimmungen haben Sie, wenn Sie sich in einem Kirchenraum aufhalten?
2.
Ein Unterrichtsgang gehört im Religionsunterricht nicht zum Alltag. Welche Gefühle verbinden Sie mit einem solchen Ereignis? a) Wie sind Ihre Gefühle vor dem Unterrichtsgang in die Kirche? b) Welche Gefühle haben Sie während des Kirchenbesuchs? c) Motiviert Sie die Erfahrung, die Sie bei einem solchen Unterrichtsgang machen, für Ihre weitere Arbeit als ReligionslehrerIn?
3.
Denken Sie, dass der Kirchenbesuch wie von Ihnen geplant gelingt?
4.
Wie schätzen Sie Ihre eigenen Fähigkeiten mit Blick auf einen solchen Unterrichtsgang ein? a) Wie sehen Sie ihre fachliche Kompetenz mit Blick auf die Heimatkirche? b) Wo sehen Sie mit Blick auf sich selbst Probleme oder sogar Hinderungsgründe, den Kirchenraum mit einer Klasse aufzusuchen?
Abschluss Gibt es noch Aspekte und Themenbereiche, die Sie im Zusammenhang mit Unterrichtsgängen in die Kirche gerne ansprechen möchten?
A NHANG
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Fallbeispiele Beispiel A1 – Kunsthistorisch Eine Religionslehrerin unternimmt mit ihren SchülerInnen einen Unterrichtsgang in die Kirche. Sie möchte, dass die Klasse etwas über die Geschichte des Kirchenraumes und seine Kunstwerke darin erfährt. Die Kinder erarbeiten Informationen über den Bau der Kirche und deren Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte. Außerdem setzen sie sich mit Kunstwerken eines lokalen Künstlers auseinander. Beispiel A2 – Liturgisch Eine Religionslehrerin unternimmt mit ihren SchülerInnen einen Unterrichtsgang in die Kirche. Sie möchte, dass die Kinder etwas über den Kirchenraum als Ort des Gottesdienstes und der Beziehung zu Gott lernen. Die Klasse erarbeitet die Gegenstände, die im Gottesdienst eine Rolle spielen, und erfährt wichtige Informationen über deren Bedeutung. Die Lehrerin zeigt den Kindern auch die Ecke mit Kerzen und das Besucherbuch. Beispiel A3 – Spirituell-auratisch Eine Religionslehrerin unternimmt mit ihren SchülerInnen einen Unterrichtsgang in die Kirche. Sie gestaltet mit den Kindern eine Lichterprozession durch den Kirchenraum. Die Kinder singen und erhellen mit ihren Lichtern den düsteren Raum. Danach spricht die Klasse ein gemeinsames Gebet. Beispiel B1 – Im Altarraum Sie haben den Kindern den Arbeitsauftrag gegeben, sich im Kirchenraum genau umzusehen. Die Kinder dürfen dabei frei durch die Kirche laufen. Einige gehen auch in den Altarraum. Die SchülerInnen sind neugierig und wollen sich dort Gegenstände aus der Nähe anschauen. Beispiel B2 – Auf der Bank Im Kirchenraum haben Sie den SchülerInnen den Arbeitsauftrag gegeben, sich ein Kunstwerk genau anzusehen und sich alle Details gut einzuprägen. Ein Mädchen hat sich die Decke ausgesucht. Es legt sich mit dem Rücken auf eine Kirchenbank und schaut nach oben. Beispiel B3 – Sakristeiglocke Sie stehen mit Ihrer Klasse im Altarraum. Ein Schüler schaut sich neugierig um. Er entdeckt die Sakristeiglocke und fragt, ob er sie einmal läuten darf.
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B
I NFORMATIONSSCHREIBEN ZUR S TRUKTUR -L EGE -S ITZUNG UND L EGE -L EITFADEN
Informationsschreiben zur Struktur-Lege-Sitzung Liebe Frau X / Lieber Herr X, bei unserem ersten Treffen haben Sie mir viele Informationen darüber gegeben, wie Sie sich Unterrichtsgänge in die Kirche vorstellen. Sie haben mir einen Einblick in Ihre Subjektive Theorie zu Kirchenbesuchen mit Schulklassen gewährt. In den kommenden Tagen werde ich Ihr Interview verschriftlichen und auswerten. So vertiefe ich meinen Überblick darüber, welche Inhalte Sie angesprochen haben. Diese Inhalte stehen sicher nicht unverbunden nebeneinander, sondern in bestimmten Beziehungen zueinander – sie weisen eine Struktur auf. In der zweiten Sitzung möchte ich gerne diese Struktur gemeinsam mit Ihnen erstellen. Das ist mit der Struktur-Lege-Technik möglich. Den Ablauf der Sitzung finden Sie auf dem beiliegenden Infoblatt erläutert. Für unser zweites Treffen wäre es gut, wenn Sie bereits vorab einen kurzen Blick in den Ablauf und die „Spielregeln“ werfen. Zudem wäre es hilfreich, wenn wir bei unserem nächsten Treffen eine möglichst große Legefläche (z.B. großer Esstisch) zur Verfügung haben, auf der wir mit der Struktur-LegeTechnik arbeiten können. Für Rückfragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung! Ich freue mich auf unser zweites Treffen und verbleibe mit herzlichen Grüßen
A NHANG
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Lege-Leitfaden 1. Material In der zweiten Sitzung erstellen Sie ein Struktur-Lege-Bild. Dafür bekommen Sie zwei Arten von Legekarten: Inhaltskarten: Im Interview haben Sie verschiedene Inhalte zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum geäußert. Diese Inhalte finden Sie zusammengefasst auf den Inhaltskarten. Die Inhaltskarten sind weiß. Unten sehen Sie ein Beispiel für eine solche Inhaltskarte. im Kirchenraum führe ich mit meiner Klasse immer eine religiöse Praktik durch (z.B. singen, beten)
Strukturkarten: Die Strukturkarten ermöglichen Ihnen, die Inhaltskarten miteinander zu verbinden. So bekommen Ihre Inhalte eine innere Logik und Argumentationsstruktur. Die Strukturkarten sind gelb. im Kirchenraum führe ich mit meiner Klasse immer eine religiöse Praktik durch (z.B. singen, beten)
der Unterrichtsgang bereitet mir selbst Freude
2. Ablauf Sie haben zuerst in Ruhe Zeit, die Inhaltskarten durchzulesen. So können Sie sich selbst das Interview noch einmal ins Gedächtnis rufen. Stellen Sie während der Sitzung fest, dass einige der Inhaltskarten nicht Teil Ihrer Vorstellung zu Unterrichtsgängen in den Kirchenraum sind, können Sie diese aussortieren. Falls Sie Inhalte verändern möchten oder Ihnen noch wichtige Inhalte einfallen, die wir im Interview nicht angesprochen haben, können wir jederzeit zusätzliche Inhaltskarten beschriften. Dann dürfen Sie die Inhaltskarten mit den Strukturkarten verbinden. So wird Ihre Subjektive Theorie zu den Unterrichtsgängen für uns beide bildlich sichtbar. Natürlich dürfen Sie die Erklärungen auf dem Lege-Leitfaden als Hilfe benutzen oder mich bei Verständnisschwierigkeiten jederzeit fragen. Sie können die Karten
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so lange verschieben und neu verbinden, bis Sie selbst mit dem Ergebnis zufrieden sind. Es müssen nicht alle Inhaltskarten miteinander verbunden werden. Sie können die Inhaltskarten auch in Gruppen anlegen und es steht Ihnen weiteres Material (z.B. farbiges Papier) zur Verfügung, um Zusammenhänge bildlich auszudrücken. Das Ergebnis sieht aus wie eine Mindmap, allerdings haben Sie im Unterschied zu einer Mindmap die Beziehungen zwischen den Inhalten konkret festgelegt. Ihr Struktur-Lege-Bild fotografiere ich am Ende, da auch die Ergebnisse der zweiten Sitzung Teil meiner Forschungsarbeit sind. Außerdem zeichne ich die Struktur-Lege-Sitzung auf Video auf. Mich interessiert, wie Sie beim Strukturlegen vorgehen. Ich werde Sie deshalb auch immer wieder auffordern, Ihre Legeversuche zu kommentieren und zu erläutern. Gefilmt werden nur der Tisch, die Legekarten und Ihre Hände. Ihr Gesicht wird auf dem Video nicht zu sehen sein. Wie bereits bei unserem ersten Treffen werden auch alle Ergebnisse dieser Sitzung anonymisiert.
3. So funktioniert’s! Strukturkarten Im Folgenden werden die Strukturkarten kurz erläutert. Sie finden dabei jeweils ein Beispiel aus dem Bereich „Zähneputzen“. das ist / das heißt Steht für eine Erklärung, was ein bestimmter Inhalt bedeutet. Zähneputzen
regelmäßiges Bürsten der Zähne
A NHANG
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Oberkategorie / Unterkategorie Zu einem Oberbegriff werden Unterkategorien gebildet. beim Zähneputzen soll der gesamte Mund gereinigt werden
Zähne
Zahnzwischenräume
Zahnfleisch
zum Beispiel Zu einem Begriff werden Beispiele gegeben. Zahnpflegemittel
Zahnbürste
Zahnseide
Munddusche
führt zu Steht für eine Verbindung von Ursache und Wirkung, oder für ein Ziel, das man erreichen möchte.
gut gepflegte Zähne
angenehmes Mundgefühl
Voraussetzung für Steht für die Voraussetzung, um etwas überhaupt erst durchführen zu können. Motivation zum Zähneputzen
Zähneputzen
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aber Steht für einen Gegensatz. ich möchte keine Karies bekommen
ich liebe Süßes
Gewichtungen Wenn Sie die Inhaltskarten nebeneinander anordnen, haben die darauf notierten Inhalte für Sie die gleiche Wichtigkeit. Sie können Ihren Inhaltskarten aber auch unterschiedliche Gewichtungen geben und so ausdrücken, dass Ihnen einige Inhalte wichtiger sind als andere. Um das zu verdeutlichen, können Sie die Karten untereinander anordnen. Die Karte, die oben steht, hat für Sie dann die größte Bedeutung, die unterste Karte die geringste. Zahnpflegemittel
Zahnbürste Zahnseide Munddusche
Wichtig: Beim Struktur-Lege-Bild gibt es keine richtige oder falsche Lösung. Entscheidend ist, dass Sie selbst am Ende der Sitzung mit dem Ergebnis zufrieden und einverstanden sind. Wünschen Sie sich andere Strukturkarten, können wir diese spontan während der Sitzung erstellen. Zudem erhalten Sie eine Reihe von Hilfen, die Ihnen das Legen erleichtern (z.B. farbiges Tonpapier für Überschriften).
Abkürzungsverzeichnis
FST: Forschungsprogramm Subjektive Theorien GS: Grundschule HSU: Heimat- und Sachunterricht LP: Lehrplan LZ: Lernziel RU: Religionsunterricht U-Gang: Unterrichtsgang U-Gänge: Unterrichtsgänge Z.: Zeile im Interviewtranskript ZZ.: Zeilen im Interviewtranksript
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Pädagogik Anselm Böhmer
Bildung als Integrationstechnologie? Neue Konzepte für die Bildungsarbeit mit Geflüchteten 2016, 120 S., kart. 14,99 E (DE), 978-3-8376-3450-1 E-Book PDF: 12,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3450-5 EPUB: 12,99 E (DE), ISBN 978-3-7328-3450-1
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Bewegung und Gesundheit in der Kita Analysen und Konzepte für die Praxis 2016, 248 S., kart. 19,99 E (DE), 978-3-8376-3485-3 E-Book PDF: 17,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3485-7
Elisabeth Kampmann, Gregor Schwering
Teaching Media Medientheorie für die Schulpraxis — Grundlagen, Beispiele, Perspektiven (unter Mitarbeit von Linda Leskau, Kathrin Lohse, Arne Malmsheimer und Jens Schröter) März 2017, 304 S., kart., zahlr. Abb., 24,99 E (DE), 978-3-8376-3053-4 E-Book PDF: 21,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3053-8
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Pädagogik Juliette Wedl, Annette Bartsch (Hg.)
Teaching Gender? Zum reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung 2015, 564 S., kart., zahlr. z.T. farb. Abb. 34,99 E (DE), 978-3-8376-2822-7 E-Book PDF: 34,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-2822-1
Tobias Leonhard, Christine Schlickum (Hg.)
Wie Lehrer_innen und Schüler_innen im Unterricht miteinander umgehen Wiederentdeckungen jenseits von Bildungsstandards und Kompetenzorientierung 2014, 208 S., kart. 29,99 E (DE), 978-3-8376-2909-5 E-Book PDF: 26,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-2909-9
Peter Bubmann, Eckart Liebau (Hg.)
Die Ästhetik Europas Ideen und Illusionen 2016, 206 S., kart., zahlr. z.T. farb. Abb. 29,99 E (DE), 978-3-8376-3315-3 E-Book PDF: 26,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3315-7
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